Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die
Sitzung ist eröffnet.
Interfraktionell ist vereinbart worden, die heutige Tagesordnung um weitere, in einer Zusatzpunktliste aufgeführte Punkte zu erweitern:
ZP 6 Erste Beratung des von den Abgeordneten Birgit
Homburger, Dirk Niebel, Rainer Brüderle, weiteren Abgeordneten sowie der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Erhöhung der Rechtssicherheit
von sozialversicherungspflichtig beschäftigten Ehepartnerinnen und Ehepartnern in Familienunternehmen
- Drucksache 15/1594 Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit ({0})
Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
ZP 7 Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des
Haushaltsausschusses ({1}) zu dem Antrag der
Abgeordneten Dr. Günter Rexrodt, Jürgen Koppelin, Otto
Fricke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Regierung muss Haushaltssicherungsgesetz vorlegen
- Drucksachen 15/997, 15/1750, 15/1751 Berichterstattung:
Abgeordnete Steffen Kampeter
Walter Schöler
Otto Fricke
ZP 8 Beratung des Antrags der Abgeordneten Carl-Ludwig
Thiele, Joachim Günther ({2}), Dr. Andreas Pinkwart,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Neugestaltung der Eigenheimzulage
- Drucksache 15/1731 Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss ({3})
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Haushaltsausschuss
Außerdem soll bei Tagesordnungspunkt 21 a von der
Frist für den Beginn der Beratung abgewichen werden.
Des Weiteren mache ich auf eine nachträgliche Überweisung im Anhang zur Zusatzpunktliste aufmerksam:
Der in der 64. Sitzung des Deutschen Bundestages
überwiesene nachfolgende Gesetzentwurf soll zusätzlich dem Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung
und Landwirtschaft und dem Ausschuss für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit zur Mitberatung
überwiesen werden:
Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN zur Änderung
steuerlicher Vorschriften
({4})
- Drucksache 15/1562 ({5})
überwiesen:
Finanzausschuss ({6})
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 GO
Sind Sie mit diesen Vereinbarungen einverstanden? -
Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlos-
sen.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 19 a und 19 b so-
wie Zusatzpunkt 6 auf:
19 a) - Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen
am Arbeitsmarkt
- Drucksache 15/1515 ({7})
- Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines
Redetext
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt
- Drucksache 15/1637 ({8})
- Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen
am Arbeitsmarkt
- Drucksache 15/1516 ({9})
- Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines
Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt
- Drucksache 15/1638 ({10})
- Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung der Existenzgrundlagen ({11})
- Drucksache 15/1523 ({12})
- Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes ({13})
- Drucksache 15/1527 ({14})
aa) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit
({15})
- Drucksachen 15/1728, 15/1749 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Klaus Brandner
Dr. Thea Dückert
Dirk Niebel
bb) Bericht des Haushaltsausschusses ({16}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
- Drucksachen 15/1732, 15/1733 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Hans-Joachim Fuchtel
Otto Fricke
Volker Kröning
b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit
({17})
- zu dem Antrag der Abgeordneten Dirk Niebel,
Dr. Heinrich L. Kolb, Daniel Bahr ({18}),
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
FDP
Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zu einem
beschäftigungsfördernden kommunalen Sozialgeld zusammenführen
- zu dem Antrag der Abgeordneten Dirk Niebel,
Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Neuordnung der Bundesanstalt für Arbeit
- Drucksachen 15/1531, 15/1576, 15/1728,
15/1749 Berichterstattung:
Abgeordnete Klaus Brandner
Dr. Thea Dückert
Dirk Niebel
ZP 6 Erste Beratung des von den Abgeordneten Birgit
Homburger, Dirk Niebel, Rainer Brüderle, weiteren Abgeordneten sowie der Fraktion der FDP
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
Erhöhung der Rechtssicherheit von sozialversicherungspflichtig beschäftigten Ehepartnerinnen und Ehepartnern in Familienunternehmen
- Drucksache 15/1594 Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit ({19})
Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Über die Entwürfe eines Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt werden wir
später ebenso namentlich abstimmen wie über den Entwurf eines Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt der Fraktionen der SPD und des
Bündnisses 90/Die Grünen. Der gleichlautende Entwurf
der Bundesregierung zu Letzterem soll abgesetzt werden. - Ich sehe, Sie sind damit einverstanden. Dann ist
das so beschlossen.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. - Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr Bundesminister Wolfgang Clement.
({20})
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Ich bitte Sie heute um Zustimmung zu zwei Gesetzentwürfen, die im Zentrum unseres Kampfes gegen
die bedrückend hohe Arbeitslosigkeit stehen. Es geht bei
diesen beiden Gesetzentwürfen um den Umbau der
Bundesanstalt für Arbeit und um die Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe, zwei Begriffe,
die sich sehr technisch anhören, die aber bedeuten, dass
wir in Deutschland in der Arbeitsmarktpolitik zu neuem
Denken und zu neuem Handeln kommen.
Sie wissen, dass wir diese neue Arbeitsmarktpolitik
zu Beginn der Legislaturperiode mit zwei Gesetzen, den
so genannten Hartz-Gesetzen, eingeleitet haben. Diese
stützen sich auf die Arbeit der Kommission unter der
Leitung von Peter Hartz und mit denen haben wir zunächst einmal und vor allen Dingen neue Beschäftigungsmöglichkeiten am Arbeitsmarkt geschaffen. Das
heißt, wir haben Mini- und Midijobs in einem sehr umfassenden Sinne legalisiert.
({0})
Wir haben, aufbauend auf den Erfahrungen mit dem
Überbrückungsgeld, den Weg aus der Arbeitslosigkeit in
die Selbstständigkeit wesentlich erleichtert, und zwar
insbesondere mit dem, was unter dem Stichwort Ich-AG
bekannt ist. Wir haben die Leih- und Zeitarbeit aus der
Schmuddelecke, in der sie bisher in Deutschland zum
großen Teil war, herausgeholt. Durch tarifliche Vereinbarungen haben die Beteiligten dies abgesichert. Die
Zeit- und Leiharbeit kann und wird ebenfalls zu einem
Abbau der Arbeitslosigkeit beitragen. Am deutlichsten
wird dies in den Personal-Service-Agenturen, die inzwischen recht erfolgreich arbeiten. Wir haben mit diesen
neuen Beschäftigungsmöglichkeiten den Arbeitsmarkt in
Bewegung gebracht.
Wir befinden uns zurzeit in Deutschland noch in einer
wirtschaftlichen Stagnation. Die Beschäftigungsschwelle in der Bundesrepublik ist auf etwa 1,5 Prozent
gesunken. Sie lag, wie Sie wissen, bei 2 bis 2,5 Prozent.
Ich gehe davon aus, dass die neuen Beschäftigungsmöglichkeiten - namentlich auch die, die wir im Bereich der
niedrig entlohnten und gering qualifizierten Tätigkeiten
schaffen mussten - bei uns zu einer weiteren Senkung
der Beschäftigungsschwelle beitragen werden, so wie
das in unseren Nachbarstaaten, die im Kampf gegen die
Arbeitslosigkeit schon weiter sind, erfolgt ist.
Das sind die ersten Schritte. All diese neuen Beschäftigungsmöglichkeiten, die Ich-AG, das Überbrückungsgeld, der Weg in die Selbstständigkeit aus der Arbeitslosigkeit, Mini- und Midijobs, Zeit- und Leiharbeit, sind
erfolgreicher, als in vielen Unkenrufen - wir sind ja in
Deutschland in Unkenrufen Spezialisten - vorhergesagt
worden ist.
Wir rechnen damit, dass allein in diesem Jahr mehr
als 200 000 Menschen den Weg aus der Arbeitslosigkeit
in die Selbstständigkeit riskieren und damit zu einem
Abbau der Arbeitslosigkeit beitragen. Nach unseren Erfahrungen mit dem Überbrückungsgeld bleiben etwa
zwei Drittel dieser Unternehmen bestehen.
Wir haben Reformen im Bereich des Arbeitsrechts
eingeleitet. Insbesondere haben wir den Kündigungsschutz in einer sehr vorsichtigen Weise etwas gelenkiger
gemacht. Außerdem haben wir begonnen, die Arbeitslosenversicherung umzubauen, und zwar insbesondere dadurch, dass wir den Bezug von Arbeitslosengeld für Ältere deutlicher befristet haben, als es bisher der Fall war,
und gleichzeitig Mittel und Instrumente auf den Weg gebracht haben, mit denen die Arbeitslosigkeit älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bekämpft werden
kann. Über diesen Gesetzentwurf wird heute im Bundesrat abgestimmt werden. Ich hoffe sehr, dass der Bundesrat ihn passieren lässt.
In der heutigen Diskussion geht es, wie gesagt, um
den Umbau der Bundesanstalt für Arbeit und um die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe, das so
genannte Hartz-III- und das Hartz-IV-Gesetz. Wir haben
bereits im vergangenen Jahr mit dem Umbau der Bundesanstalt für Arbeit begonnen. Seitdem hat die Bundesanstalt eine neue Führungsstruktur. Auch hier sage ich
entgegen manchem, was man lesen und hören kann:
Diese Bundesanstalt arbeitet unter der neuen Führung
wesentlich erfolgreicher, als von vielen relativ oberflächlichen Betrachtern angenommen wird. Der Umbau
der Bundesanstalt für Arbeit ist in vollem Gange.
({1})
Ziel des Umbaus ist es, endlich das wahr zu machen,
was jede und jeder von uns bei allen möglichen Gelegenheiten immer wieder gepredigt hat: Wir müssen weg von
der Administration und der Finanzierung von Arbeitslosigkeit und hin zur Vermittlung in Arbeit kommen. Das
ist die Aufgabe und der Sinn dieser Reform.
Deshalb führen wir mit dem Gesetzentwurf, der Ihnen
vorliegt, die Bundesanstalt hin zu einer Konzentration
auf die Vermittlung in Arbeit. Deshalb bauen wir die
Personal- und Organisationsstrukturen in der Bundesanstalt um, die in Zukunft „Bundesagentur für Arbeit“
heißen wird. Deshalb steuern wir um: von detailreichen
Einzelregelungen hin zu Zielvereinbarungen, die wir mit
der Führung der Bundesanstalt treffen wollen und aus
denen wir die weitere Arbeit ableiten wollen.
Die Politik muss zu diesem Unternehmen Bundesagentur auf Distanz gehen. Wenn eine solche Bundesagentur erfolgreich arbeiten soll, muss sie in eigener
Verantwortung arbeiten können, auch als ein Unternehmen, das eine öffentliche Aufgabe wahrnimmt. Deshalb
müssen wir von detailreichen Gesetzen, Verordnungen
und Erlassen Abstand nehmen. Das gilt für die Politik,
für das Parlament und die Regierung. Die Bundesagentur für Arbeit hat in Zukunft die prioritäre Verantwortung für den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit in
Deutschland. Ich bin überzeugt, dass sie dieser Verantwortung auch gerecht werden wird.
Damit die Bundesagentur so arbeiten kann, vereinfachen wir zugleich das Förderungs- und Leistungsrecht. Wir machen es einfacher und überschaubarer. Wir
führen beispielsweise die Arbeitsbeschaffungs- und die
Strukturanpassungsmaßnahmen zu einem Instrument zusammen. Wir erwarten, dass allein durch die Reduktion
und Vereinfachung des Förder- und Leistungsrechts etwa
3 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundesanstalt, die bisher mit administrativen Aufgaben beschäftigt waren, für die Vermittlungsarbeit frei werden. Dafür
brauchen wir wesentlich mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als bisher.
Umsteuern auf Vermittlung heißt, dass in Zukunft auf
75 Arbeitssuchende ein Arbeitsvermittler, ein Fallmanager kommen soll, der sich wirklich konkret um den einzelnen Arbeitsuchenden kümmern können soll. Das war
bisher nicht möglich, weil bis jetzt ein Berater für etwa
800 Arbeitsuchende zuständig ist. Dieses Umsteuern
muss und wird in Zukunft möglich werden, wie es in
vergleichbaren Volkswirtschaften auch möglich ist.
({2})
Die Erfahrungen in Großbritannien oder Skandinavien haben gezeigt, dass wir allein dadurch in der vor
uns liegenden Zeit die Arbeitslosenquote um etwa 15 bis
20 Prozent werden senken können. Das sind die Erwartungen, die wir haben.
Ich möchte an dieser Stelle Folgendes hinzufügen,
weil es zu diesem Punkt Diskussionen gegeben hat: Wir
werden bei der Bundesanstalt keine zusätzlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einstellen, sondern werden
die Strukturen umbauen und die Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter vor allen Dingen aus der Administration herausnehmen, damit sie sich ganz auf die Vermittlung und
auf die Arbeit mit den Arbeit suchenden Menschen konzentrieren können.
Ein weiteres Ziel, das wir mit dem Hartz-IV-Gesetz
verfolgen, ist die Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe. Das ist eine Maßnahme, die inzwischen von fast allen Seiten bejaht und unterstützt wird.
Wir müssen den Zustand beenden, dass in Deutschland
zwei Fürsorgesysteme nebeneinander bestehen: einmal
die Arbeitslosenhilfe als ein Fürsorgesystem des Staates
und zum anderen die Sozialhilfe als ein Fürsorgesystem
der Kommunen. Diese beiden Systeme haben sich nebeneinander entwickelt, sind voller Widersprüche und
wirken manchmal sogar gegeneinander. Wir müssen sie
zusammenführen, um endlich gezielt mit einem Instrument arbeiten zu können, das auf alle Arbeitsuchenden
hin ausgerichtet ist.
({3})
Wir müssen erreichen, dass jeder Arbeitsuchende und
jede Arbeitsuchende in Deutschland eine Anlaufstelle
hat, bei der er bzw. sie Rat, Hilfe und Unterstützung auf
dem Weg zurück in den Arbeitsmarkt bekommt.
({4})
Das ist aber kein rein technischer Gesichtspunkt; denn
damit verbindet sich der von uns schon oft angesprochene Grundsatz des Förderns und des Forderns. Wir
müssen erwarten, dass Arbeitsuchende, die ein Angebot
für einen Arbeitsplatz bekommen, dieses auch annehmen. Damit Menschen, die aus der Arbeitslosigkeit
kommen - ob sie Arbeitslosenhilfebezieher oder Sozialhilfeempfänger sind, ist egal -, wieder in Arbeit gehen,
schaffen wir Anreize.
Gleichzeitig muss aber gelten: Wer zumutbare
Arbeit ablehnt, der kann nicht damit rechnen, dass er öffentliche Hilfe aus den Kassen der Steuer- und Beitragszahler bekommt. Diesem Grundsatz der Zumutbarkeit,
der für jeden Einzelnen gilt, müssen wir in Deutschland
Geltung verschaffen. Es ist Ausdruck des Prinzips der
Solidarität, dass derjenige, der Anspruch auf die Unterstützung durch die Gemeinschaft erhebt - das ist sein
Recht; er muss unterstützt werden - gleichzeitig bereit
sein muss, zu tun, was die Gemeinschaft entlastet. Derjenige muss deshalb eine zumutbare Arbeit annehmen.
({5})
Eine zumutbare Arbeit ist grundsätzlich jede legale
Arbeit. Dazu zählen also auch die Minijobs, um das ganz
klar zu sagen, auch wenn sie eine geringere Qualifikation erfordern und schwächer dotiert sind. Jeder, der sich
mit diesem Thema beschäftigt, erkennt, dass wir Schritte
brauchen, mit denen wir den Menschen den Weg zurück
in den Arbeitsmarkt ermöglichen. Dazu kann auch der
Weg über einen Minijob gehören. Dass dies funktioniert,
ist natürlich nicht zwingend, aber durchaus möglich.
Wir sagen allerdings - das haben wir in sehr intensiven Diskussionen in der Koalition erörtert; wir sind dort
aus meiner Sicht zu einem vernünftigen Ergebnis gekommen -: Eine solche zumutbare Arbeit muss sich
selbstverständlich im Rahmen tariflicher Regelungen,
die in Deutschland gelten, bewegen. Soweit es keine tarifliche Regelung gibt, muss sich das Entgelt im Rahmen
des ortsüblichen Entgelts bewegen. Niemand will - dazu
zählt selbstverständlich auch die Bundesregierung - dass
Lohndumping gefördert wird.
({6})
Wir haben, wie Sie alle wissen, in den Koalitionsfraktionen außerordentlich intensive Diskussionen über den
Vorschlag der Bundesregierung geführt. Dabei haben wir
zu einigen Klarstellungen gefunden, beispielsweise zu
der Klarstellung, dass Eltern selbstverständlich nicht ihr
Leben lang für die finanzielle Unterstützung ihrer erwachsenen, in Arbeitslosigkeit geratenen Kinder verantwortlich sind. Die Gerichte haben in vielen Fällen entschieden, dass Eltern nicht auf Dauer für ihre
erwachsenen Kinder, soweit sie arbeitslos sind, in Anspruch genommen werden können. Dieser Rechtsprechung wollen wir aber durch eine klarstellende Regelung
im Gesetz Rechnung tragen. - Das sind Klarstellungen,
die wir vorgenommen haben.
Neu hinzugefügt haben wir - das ist das Wichtigste;
das will ich deutlich sagen - eine Schutzvorschrift für
die Altersvorsorge. Das folgt aus der Überlegung, dass
wir den Menschen, die in Arbeitslosigkeit geraten sind
und die sich während ihrer Zeit in Arbeit neben dem
Rentenanspruch eine zusätzliche Altersvorsorge aufgebaut haben, ihre Altersvorsorge, soweit es vertretbar ist,
erhalten sollten.
Das ist nur vernünftig, wenn wir heute gleichzeitig vor
allen Dingen den jungen Menschen empfehlen, sich neben der Rentenversicherung eine eigene Altersvorsorge
zuzulegen. Ich hoffe, vor allen Dingen die Jüngeren tun
das mit der Riester-Rente und den Betriebsrenten. Beide
Formen der Altersvorsorge sind bei Arbeitslosigkeit
auch in Zukunft vor einem Zugriff geschützt.
Wir fügen jetzt eine dritte Möglichkeit hinzu. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können sich im Laufe
ihres Lebens eine zusätzliche Altersvorsorge, in welcher
Form der Geldanlage auch immer, zulegen. Diese Geldanlage wollen wir schützen, soweit sie ausschließlich für
die Altersvorsorge gedacht ist, soweit sie also erst ab
dem Renteneintritt in Anspruch genommen werden
kann. Die Grenze, bis zu der sie nicht angerechnet wird,
wollen wir auf 200 Euro pro Lebensjahr festlegen, sodass sie für einen 60-Jährigen bei 12 000 Euro liegen
wird.
({7})
Diese von uns vorgenommenen Änderungen und
Klarstellungen unterstütze ich ausdrücklich.
Ich füge hinzu, dass wir uns in besonderer Weise des
Problems der Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland annehmen. Dies ist unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit von Arbeit besonders wichtig. Sie wissen, dass
die Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland dramatisch
hoch ist, wenn sie auch im Vergleich etwa mit Frankreich oder anderen europäischen Staaten noch niedrig
ist. Sie bedrückt uns aber auch mit Blick auf die gesamte
europäische Union. Tatsächlich ist die Jugendarbeitslosigkeit mit derzeit deutlich über 500 000 Betroffenen
wirklich dramatisch hoch. Etwa 250 000 dieser jungen
Leute unter 25 Jahren beziehen heute Sozialhilfe. 60 000
bis 70 000 erhalten Arbeitslosenhilfe. Deshalb muss es
unsere vorrangige Aufgabe sein, diese jungen arbeitslosen Leute unter 25 Jahren so rasch wie möglich aus der
Arbeitslosigkeit herauszuholen.
({8})
Wir müssen der Arbeitslosigkeit in Deutschland den
Nachwuchs entziehen. Deshalb müssen wir uns neben
vielem anderen auch auf diese Aufgabe konzentrieren.
Es ist unser Ziel, dass jeder dieser jungen Leute, jeder
junge Mann und jede junge Frau, die heute arbeitslos
sind und insbesondere Arbeitslosen- und Sozialhilfe erhalten, in sehr überschaubarer Zeit entweder ein Angebot für eine Qualifikation, für berufsvorbereitende
Maßnahmen, für ein Praktikum, für einen Arbeitsplatz
oder für eine sonstige Qualifikation erhält. Wir müssen
dann auch erwarten können, dass die jungen Leute von
solchen Angeboten Gebrauch machen.
Deshalb haben wir im Gesetzentwurf vorgesehen, dass
junge Leute entsprechende Angebote auch annehmen
müssen, also tatsächlich in eine Qualifikationsmaßnahme,
Ausbildung oder Ähnliches gehen müssen. Wenn sie sich
dem zu entziehen versuchen - was wir ja nicht völlig ausschließen können -, dann kann für sie - darauf müssen
wir hinweisen - eine öffentliche Förderung in Gestalt
von Geldzuwendungen nicht mehr zur Verfügung stehen. Sie werden dann auf andere Weise unterstützt werden. Der Druck und die Erwartung der Solidargemeinschaft und der gesamten Gesellschaft, dass sie von
solchen Möglichkeiten Gebrauch machen, müssen in
deutlicher Form klar werden.
Darum geht es bei den Gesetzen zur Reform des Arbeitsmarktes, zum Umbau der Bundesanstalt und des Arbeitsmarktes und zum neuen Denken und Handeln am
Arbeitsmarkt, im Kern.
Wenn ich es richtig sehe, dann gibt es bei der Diskussion mit der Opposition, namentlich mit der Union, vor
allen Dingen noch zwei Kernunterschiede. Vor allem
geht es um die Frage, wie wir die Aufgaben zwischen
der Bundesanstalt und den Kommunen bei der Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe aufteilen.
Ich sage sehr klar, dass die Federführung für diese Aufgabe bei der Bundesagentur für Arbeit liegen muss, und
ich bin davon überzeugt, dass ein großer Teil der Union,
insbesondere in den Städten, Gemeinden und Ländern,
ebenfalls dieser Auffassung ist.
Ich sage Ihnen ganz offen: Ich möchte die Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer in Deutschland, in Ost
und in West sowie in Nord und in Süd, sehen, die in voller Kenntnis dessen, worüber wir reden, dafür eintreten,
dass jede Stadt und jede Gemeinde in Deutschland in
Zukunft die Verantwortung für ihre Langzeitarbeitslosen
übernehmen soll.
({9})
Deshalb lautet meine Bitte, dass wir hier keine möglicherweise dogmatische Diskussion führen. Wir sollten
uns darüber einig werden, dass die Bundesagentur für
Arbeit diese Verantwortung in Zukunft zwar übernimmt,
dass sie auf diesem Feld aber selbstverständlich auch mit
den Städten und Gemeinden, mit denen, die in den Sozial- und Jugendämtern, in der Drogenberatung und in
anderen Stellen tätig sind, zusammenarbeitet. Sie müssen, wie es heutzutage so schön heißt, auf gleicher Augenhöhe, also gleichberechtigt, zusammenarbeiten. Dies
muss auch für die Zusammenarbeit mit den freien Trägern, die eine wertvolle Arbeit auf dem Gebiet der Beschäftigungsförderung und der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in der Bundesrepublik Deutschland leisten,
gelten. Das ist die Kernaufgabe.
({10})
Meine dringende Bitte ist, dass wir uns nicht künstlich auseinander dividieren lassen, sondern dass wir diejenigen, die wir im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit
brauchen, zusammenbringen, nämlich die Bundesanstalt
für Arbeit in ihrer neuen Gestalt, die Kommunen und die
freien Träger. Diese Einrichtungen müssen vernünftig
zusammenarbeiten. Wir müssen vor allen Dingen dafür
sorgen, dass ein Arbeitsuchender in Deutschland in Zukunft eine Anlaufstelle in Form eines Jobcenters hat,
und zwar in jeder Stadt und jeder Gemeinde. Darauf
kommt es an. Die Frage der Organisation müssten wir
sehr rasch und einvernehmlich lösen können.
({11})
Wir stehen im nationalen Bereich vor einer sehr umfassenden Aufgabe. Auch die internationale Politik, die
Wirtschafts- und Finanzpolitik sowie die europäische
Geldpolitik spielen eine wichtige Rolle. Wenn es um den
Arbeitsmarkt geht, dann sind wir in der Bundesrepublik
Deutschland in die internationale Wirtschaftsentwicklung besonders stark eingebunden. Die Nachricht, dass
Deutschland das exportstärkste Land der Welt ist, fand
im Ausland stärkere Beachtung als hier in der Bundesrepublik. Diese Einbindung in die Weltwirtschaft ist für
uns eine besondere Verpflichtung.
({12})
Wir müssen in nationaler Verantwortung das tun, was
in der gegenwärtig äußerst schwierigen und labilen Wirtschaftslage notwendig ist. Dazu gehört, dass wir die
Spielräume für Investitionen nutzen und den Konsum
der Verbraucherinnen und Verbraucher fördern. Deshalb
müssen wir dafür sorgen - das steht in einem unmittelbaren Zusammenhang -, dass die Steuern herabgesetzt
werden und die Lohnnebenkosten sinken.
({13})
Wir brauchen ein neues Denken am Arbeitsmarkt.
Wir müssen die Umgestaltung des Arbeitsmarktes anpacken. Wir müssen die Lehre daraus ziehen, dass die bisherigen Instrumente am Arbeitsmarkt in Deutschland
trotz eines außerordentlich hohen Mitteleinsatzes nicht
erfolgreich waren. Deshalb brauchen wir ein neues Handeln. Wir müssen zudem den Güter- und Dienstleistungsbereich in Deutschland stärker öffnen. Wir müssen
die Telekommunikationsdienstleistungen weiter liberalisieren. Wir müssen die Energieversorgungsnetze öffnen.
Wir müssen aber auch dafür sorgen, dass Hemmnisse,
die es aus traditionellen Gründen gibt, ob im Handwerksrecht oder in sonstigen berufsständischen Regelungen, beseitigt werden. Wir müssen Kräfte freisetzen und
uns aus bisherigen Fesselungen lösen.
Das, was ich eben für den Arbeitsmarkt gesagt habe,
gilt auch für das Handwerksrecht und in anderen berufsständischen Regelungen. Wer in diesem System Arbeit
hat, der hat es gut. Aber wer von außen Arbeit sucht, der
hat es verteufelt schwer, in den Arbeitsmarkt hineinzukommen. Gleiches gilt für andere Bereiche mit ihren berufsständischen Regelungen.
Wir müssen selbstverständlich auch Bildung und
Qualifikation, Wissenschaft, Forschung und Entwicklung in Deutschland einen höheren Stellenwert geben,
als dies in den zurückliegenden Jahren und Jahrzehnten
der Fall war. Wir müssen die innovativen Kräfte in
Deutschland bündeln. Dazu müssen wir mit den jetzt
eingebrachten Reformen den Weg frei machen. Im Mittelpunkt dieser Reformen stehen die neuen Zielsetzungen für den Arbeitsmarkt. Ich bitte Sie sehr herzlich, den
vorliegenden Gesetzentwürfen für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt Ihre Zustimmung zu geben.
Ich danke Ihnen sehr.
({14})
Das Wort hat der Ministerpräsident des Landes Hessen, Roland Koch.
({0})
Roland Koch, Ministerpräsident ({1}):
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Die Bundesrepublik Deutschland befindet sich
im Augenblick in der größten Haushaltskrise und zugleich in der größten Beschäftigungskrise ihrer Geschichte.
({2})
Das ist ein Ergebnis von inzwischen fünf Jahren Bundesregierung Schröder und Fischer und der Grund, warum
wir heute streiten müssen.
Heute Morgen habe ich in der Zeitung gelesen, dass
der Kanzler bei dem „Wunder von Bern“ weint. Er
müsste viel mehr weinen, wenn er die fehlenden Ergebnisse seiner Politik sieht. Denn wir reden heute nur über
die Verwaltung von Mangel.
({3})
Ich sage das zu Beginn der Diskussion, weil wir uns
über die Frage der Arbeitsmarktorganisation sehr wohl
unterhalten können und wollen, auch zwischen den Ländern und dem Bund.
({4})
Aber die Bundesregierung hat ein Jahr lang Werbung damit gemacht, dass sie das Problem der Arbeitslosigkeit
löse, indem sie die Vermittlung besser organisiere.
Wir müssen uns um eine bessere Vermittlung kümmern. Aber jeder muss klar wissen: Solange man den
Arbeitsmarkt nicht öffnet, ist das entgegen den erweckten Erwartungen nur eine andere Verteilung des Mangels. Die grundlegenden Reformen sind Sie an anderer
Stelle schuldig. Sie werden sie durch Hartz III und Hartz
IV nicht ersetzen können. Das muss man der Öffentlichkeit sagen.
({5})
Sie wissen, dass es eine Übereinstimmung darüber gibt,
dass wir eine Reform von Arbeitslosen- und Sozialhilfe
wollen - je schneller sie kommt, desto besser. Mit dem
Gesetzentwurf, den der Deutsche Bundestag wahrscheinlich heute beschließen wird, und dem Existenzgrundlagengesetz, das der Bundesrat zugleich beschließt, gibt es im Vermittlungsausschuss die
Möglichkeit, über die Fragen zu verhandeln. Keiner
braucht dem anderen zu sagen, er habe keine Alternative; denn es gibt zwei geschlossene Konzepte. Wir werden uns über die Unterschiede auseinander setzen.
Dabei muss aber klar sein, dass die Bundesregierung
und die Mehrheit hier im Deutschen Bundestag einen Weg
Ministerpräsident Roland Koch ({6})
zur Finanzierung des Problems vorschlagen, der weder
von den CDU/CSU- noch von den sozialdemokratisch regierten Ländern akzeptiert werden wird. Sie nehmen eine
Umsatzsteuerumverteilung vor. Am Ende bekommen die
Gemeinden im kommunalen Finanzausgleich weniger
Geld.
({7})
Das ist Ihre Vorstellung; das steht im Gesetz.
Diese Verteilung kommt Ländern zugute, die das Problem überhaupt nicht haben. Sie verteilen Umsatzsteuer
zur Finanzierung, geben Ländern, die es nicht brauchen,
das Geld und übertragen anderen eine Aufgabe, die sie
nicht angemessen finanzieren können. Sie wissen aus
den Ausschussberatungen, dass das nicht seriös ist.
({8})
Auch in den Reihen der unionsregierten Bundesländer, die über das Existenzgrundlagengesetz reden, besteht immer noch eine Diskussion zwischen Ost und
West, wie die Finanzen im Detail verteilt werden sollen.
Aber das Modell, das Sie vorgelegt haben, vergisst
schlicht die Antwort auf die zentrale Frage, ob wir dies
den Kommunen in den neuen und in den alten Ländern
überhaupt zumuten können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie lösen
wieder eine ganze Reihe von Fragen in Ihrem großen
Vertrauen auf Bürokratie. Sie ändern mehr als
200 Rechtsvorschriften, um aus der Bundesanstalt die
Bundesagentur zu machen. Haben wir in diesem Land
wirklich nichts Besseres zu tun? Mit diesen alten Formelstreitigkeiten ist nichts zu bewegen.
({9})
Herr Kollege Clement, dahinter steckt in der Tat ein
von Ihnen benannter grundsätzlicher Punkt. Sie sagen:
Das geht alles nur, wenn wir es in Deutschland zentral
regeln. Sie alle haben in Wahlkreisen eigene Erfahrungen mit Arbeitsvermittlung. Wer hat sich denn in der
Vergangenheit um die 20 oder 25 Prozent der Menschen
gekümmert, die länger als ein Jahr arbeitslos sind?
Schauen Sie sich doch einmal die Arbeitsämter an! Sie
sind inzwischen recht gut, wenn jemand drei Monate
keinen Job hat und einen neuen finden muss. Da leisten
sie Ordentliches. Das soll man nicht immer schlechtreden. Aber wenn die Leute ein Jahr oder anderthalb Jahre
arbeitslos waren, dann sagen sie: Wir können mit denen
nichts mehr anfangen; es gibt eine kommunale Beschäftigungsinitiative.
Sie, die bisher darauf bauen mussten, sagen jetzt: Die
Kommunen brauchen wir nicht mehr; das machen wir
in Deutschland alles zentral und behalten das Geld. Das
ist nicht die richtige Antwort.
({10})
In diesen Tagen höre ich Schalmeienklänge: Natürlich
brauchen wir die Kommunen; selbstverständlich wollen
wir mit ihnen zusammenarbeiten. - Warum haben Sie
denn ein Gesetz gemacht, in dem alle Kompetenzen und
Finanzierungen zentral an einer Stelle liegen und die
Kommunen entweder Bittsteller oder Büttel sind, aber
nicht mehr Partner der Veranstaltung? Ich glaube nicht,
dass Sie das Problem so lösen können.
({11})
Dann gibt es ein weiteres entscheidendes Problem.
Das Problem liegt schlicht und ergreifend darin, dass Sie
in dieses Gesetz keine Regelungen aufgenommen haben,
um den Markt für neue Arbeitsplätze zu erweitern.
({12})
Was soll eine Kommune oder die Bundesanstalt für Arbeit eigentlich machen, wenn sie nicht mehr Arbeitsplätze zu vermitteln hat? Wir wissen doch, dass diejenigen, über die wir sprechen, Beschäftigung in einem
bestimmten Segment suchen. Ob uns das gefällt oder
nicht, wir können im Augenblick mit unserem Lohngefüge in bestimmten Bereichen keine Arbeit anbieten.
Das ist der Punkt, an dem Sie einen weiteren Kompromiss in Ihrer Fraktion geschlossen haben, um eine Mehrheit zu sichern, der im Ergebnis dazu führen wird, dass
das Gesetz jetzt rein gar nichts mehr bewirkt; denn Sie
haben an der entscheidenden Stelle eine neue Blockade
im alten Arbeitsmarkt eingeführt, anstatt neue Chancen
für Beschäftigung in Deutschland zu schaffen.
({13})
Die Auseinandersetzung über diesen Punkt, den ich
Ideologie nenne, müssen wir wirklich führen. Sie sagen:
Wenn es für jemanden keine Arbeit für einen Stundenlohn in Höhe von 7 Euro gibt - ich nenne jetzt einen Betrag, der wahrscheinlich in dem Bereich dessen, was Sie
als ortsüblich definiert haben, liegt -, dann hat er eben
keine Arbeit. Sie sagen weiter: Wenn dieser Mensch mit
4 Euro bezahlt würde, dann wäre das Lohndumping,
selbst wenn er zusätzlich Sozialhilfe erhielte, damit er
am Ende ein höheres Einkommen hätte, als wenn er nur
Sozialhilfe bekäme.
({14})
Wenn Sie das in aller Ruhe durchdenken, dann bedeutet das, dass es Ihnen lieber ist, dass sich der 4-Euro-Job
in Tschechien statt in Deutschland befindet, obwohl Sie
glauben, Sie könnten das andere durchsetzen.
({15})
Das hat doch mit Realität nichts zu tun. Sie denken immer noch, wir leben in einer Wirtschaft, in der der Staat
oder große Tarifvertragsparteien bestimmen können, wie
viel für Arbeit gezahlt wird. Gleichzeitig soll die Arbeit
aber auf jeden Fall in Deutschland gemacht werden und
nicht in einem anderen Land. Das stimmt aber nicht
mehr. Das ist die Denkweise des letzten Jahrhunderts.
Wir müssen uns aber auf dieses Jahrhundert einrichten.
({16})
Ministerpräsident Roland Koch ({17})
Es ist ärgerlich, dass der Gesetzentwurf auf die entscheidende Frage, wie es den Menschen geht, keine Antwort gibt. Es ist doch dem Bürger, demjenigen, der Arbeit sucht, nicht so wichtig, wie Ihre Theorien über
Finanzierung, Gewerkschaften oder Tarifverträge aussehen, sondern er möchte wissen, was er am Ende mit Erwerbsarbeit verdienen kann: ob er eine Chance hat, mit
Erwerbsarbeit plus sozialer Unterstützung ein besseres
Einkommen zu erzielen.
({18})
Wir schlagen ein Modell vor, nach dem Arbeit zu dem
Preis aufgenommen werden soll, zu dem sie auf dem
Markt vorhanden ist. Wir verdrücken nicht alles in andere
Teile der Welt, nur weil wir ein Kartell beschlossen haben, das diese Arbeit nicht mehr organisiert. Wir geben
dem Bürger und dem Arbeitnehmer trotzdem die Chance,
damit besser zu leben, als wenn ihm Arbeit verboten und
Sozialhilfe gezahlt wird. Darin liegt doch der Witz.
({19})
Was wir im Existenzgrundlagengesetz vorschlagen,
gibt dem einzelnen Bürger eine Chance für Beschäftigung und bietet damit eine Chance für Wirtschaftswachstum und Wertschöpfung in Deutschland. Es gibt
dem Bürger eine Chance, mehr zu verdienen, als er heute
an Sozialhilfe erhält, und es ermöglicht dem Staat
gleichzeitig, weniger Sozialhilfe zu zahlen. Es ist schon
ziemlich verantwortungslos, ein solches Modell, das es
heute in Amerika, in Großbritannien, in Dänemark und
in den Niederlanden gibt, den Menschen in Deutschland
vorzuenthalten.
({20})
Deshalb sage ich Ihnen auch ganz klar: Sie werden mit
der Union im Bundestag und auch im Bundesrat keine
Regelung verabschieden können, mit der Sie durch eine
neue Einführung des Mindestlohns einen weiteren Teil
des Arbeitsmarkts verriegeln, obwohl das einzige, was in
Kombination mit besserer Arbeitsvermittlung Sinn machen würde, wäre, endlich den Arbeitsmarkt in Deutschland zu öffnen. Darüber müssten wir uns eigentlich auseinander setzen.
({21})
Zu guter Letzt: Wenn man denjenigen, die sich in der
Sozialhilfe eingerichtet haben - die gibt es und das wissen alle, die sich auf der kommunalen Ebene damit beschäftigen; sie sind nicht die Mehrheit, sie sind nicht die
alleinige Ursache unseres Problems und es gibt Strukturunterschiede zwischen Ost und West -, zu Leibe rücken
will - was die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes
erwarten - dann muss man das nicht dadurch organisieren, dass man am Ende bestimmte Hilfeleistungen entzieht, sondern dann muss man vorher auch glaubwürdig
prüfen können, ob denn wirklich eine Erwerbswilligkeit besteht oder nicht. Das ist kein Problem, das man
auf den Schreibtisch des Arbeitsamtsmitarbeiters oder
des Jobcentermitarbeiters verlagern kann, sondern das
kann man nur glaubwürdig prüfen, wenn man an der anderen Stelle eine Beschäftigungspflicht für den Staat einführe. Das ist eine große Herausforderung für alle Beteiligten. Übrigens ist auch das eine klar korrespondierende
Aufgabe. Sie ist nur mit einer kommunalen Verantwortung zu bewältigen, weil Sie dafür auf gemeinnützige
Arbeit angewiesen sind.
({22})
- Verehrter Herr Kollege Dreßen, das ist keine Zwangsarbeit. Ich bin mit Minister Clement einer Meinung: Wer
entweder im ersten und zweiten Arbeitsmarkt, in der
Ausbildung, in gemeinnütziger Arbeit oder - wenn er
erst integriert werden muss - in therapeutischer Arbeit
ein Angebot vom Staat bekommt, es aber nicht annimmt,
verliert damit den Anspruch auf die Unterstützung der
Gesellschaft. Denn er könnte selbst etwas zu seinem Erwerb beitragen. Auch das ist völlig klar und muss deutlich gemacht werden.
({23})
Aber wer diese Feststellung trifft, muss auch ein entsprechendes Angebot schaffen. Wenn dieses Angebot jedoch nur fakultativ ist, dann wird auf jeder staatlichen
Ebene - das haben wir bei der Bundesanstalt für Arbeit
in der Vergangenheit erlebt - über die Frage der Angemessenheit gestritten.
Nein, ich glaube, an dieser Stelle muss bei dem Leitsatz „Fördern und Fordern“ auch der Staat in die Pflicht
- so schmerzhaft das für die staatlichen Ebenen ist -, und
zwar muss er in dieser Kaskade von Beschäftigungsmöglichkeiten - darin sind wir uns einig; Herr Clement hat
das genauso dargelegt - ein entsprechendes Angebot
vorhalten. Wenn es im ersten Arbeitsmarkt ein entsprechendes Angebot gibt, entsteht endlich der Druck, dort
Arbeit zu finden, und zwar auch für den Staat. Wenn im
zweiten Arbeitsmarkt entsprechende Angebote notwendig sind, müssen sie eben definiert werden, wenn eine geeignete Qualifikation gegeben ist. Andernfalls muss eben
ein gemeinnütziger Arbeitsplatz geschaffen werden. Das
ist eine Erfahrung, die weltweit gemacht worden ist.
Sie betrachten in diesem Zusammenhang immer wieder das Modell von Wisconsin. Das halte ich zwar für
richtig, weil dieses Modell sehr erfolgreich war. Wenn
Ihnen aber dieses Modell so wenig gefällt, schauen Sie
doch auf die Niederlande! Wenn Ihnen das niederländische Modell nicht gefällt, können Sie nach Dänemark
schauen. Wenn Ihnen auch das nicht gefällt, können Sie
ebenso nach Österreich schauen. Es gibt um uns herum
die verschiedensten Länder, in denen bereits Erfahrungen gesammelt worden sind.
Wenn wir nicht in der Lage sind, einem erwerbsfähigen Menschen, der staatliche Unterstützung haben will,
eine Beschäftigung zu garantieren, dann entsteht bei ihm
die Motivation, die finanzielle Unterstützung zu beziehen, ohne im Gegenzug beschäftigt zu sein. Es ist eine
Verpflichtung des Staates, einen solchen Zustand zu verhindern, statt sich im Nachhinein über den Missbrauch
staatlicher Unterstützung zu beschweren. Es besteht eine
Chance, das zu erreichen. Diese Chance müssen wir gemeinsam nutzen.
({24})
Ministerpräsident Roland Koch ({25})
Deshalb werbe ich erneut für ein Modell auf der Basis
kommunaler Verantwortung unter einer engen Mitwirkung der Bundesanstalt für Arbeit. So wie wir Verhandlungen darüber fordern, wie die Kommunen in Ihr Modell integriert werden können, werden auch Sie im
Zusammenhang mit dem Existenzgrundlagengesetz darüber verhandeln wollen, wie die Bundesanstalt integriert
werden kann. Das ist nicht streitig. Möglich ist dies auf
der Basis einer fairen Finanzierung, die durch eine Absicherung im Grundgesetz sicherstellt, dass die Kommunen nicht mehr die Ausgebeuteten des Systems sind; vielmehr sollten sie mit einem System, das dafür sorgt, dass
die kommunale Wettbewerbssituation - wer kann das
wohl am besten machen? - Druck in die Vermittlung von
Arbeitskräften bringt - wenn die Kommunen diese Aufgabe auch manchmal mit Herzklopfen übernehmen -, die
Garantie erhalten, dass sie nicht anschließend vom Bund
ausgebeutet werden. Die Tatsache, dass der Bund die
Kosten für dieses Modell zu rund 70 Prozent zu tragen
hat, würde den Bund bei Laune halten, für Gesetze zu
sorgen, mit denen die Kommunen etwas anfangen können.
({26})
So entstehen Balancen untereinander, indem sich jeder auf den anderen verlassen kann, indem derjenige, der
ortsnah ist, Entscheidungen treffen und die Initiative ergreifen kann, aber in der Frage der Finanzierung nicht
mehr allein gelassen wird, und indem er gleichzeitig die
Chance bekommt, dass sich der Markt, in dem ein entsprechender Bedarf besteht, über die geringfügige Beschäftigung öffnet, damit er die Möglichkeit zur Vermittlung hat, sodass schließlich eine Situation entsteht, in der
er über die Instrumente verfügt, diejenigen, die sich vor
Arbeit drücken wollen, vorzuführen und ihnen klar zu
machen, dass die Gesellschaft dazu nicht bereit ist.
Das ist unser Angebot; das ist unser Modell.
({27})
Es ist schlüssig und rund und würde zwei Kriterien
gleichzeitig erfüllen - darin besteht ein weiterer Unterschied zu Ihrem Vorhaben -: Es würde einerseits eine
Verbesserung der Beschäftigungssituation und der Vermittlung von Beschäftigung erreichen und wäre gleichzeitig ein erster Schritt zur Änderung des Arbeitsmarktes, indem wir zusätzliche Arbeit nach Deutschland
holen bzw. verhindern, dass Arbeit ins Ausland abwandert, statt die Menschen zwischen nicht vorhandenen Arbeitsplätzen hin und her zu schieben und über die Lage
zu lamentieren. Denn es ist besser, die Arbeit auf allen
Beschäftigungsstufen in unserem Land zu halten und,
sofern Sozialhilfeleistungen notwendig sind, den sozialen Ausgleich zusätzlich zu leisten, als die Arbeit ins
Ausland zu vertreiben und allein den sozialen Ausgleich
zu finanzieren. Darum wird es in dieser Auseinandersetzung gehen.
Vielen, herzlichen Dank.
({28})
Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Thea Dückert,
Bündnis 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Herr Koch, Sie haben Recht: Wir stehen im Vermittlungsausschuss vor einer umfänglichen Debatte. Das ist
den Machtverhältnissen in unserem Land geschuldet.
Deswegen bin ich sehr erstaunt, dass Sie mit so viel Unehrlichkeit und Demagogie die Debatte eröffnen.
({0})
Sie haben Recht: Selbstverständlich brauchen wir die
Kommunen. Sie haben Know-how, weil sie sich in der
Vergangenheit um die Langzeitarbeitslosen gekümmert
haben. Wir haben einen entsprechenden Gesetzentwurf
vorbereitet. Wir haben Ihnen angekündigt - das hat auch
der Minister gerade getan -, dass wir uns auf ein Modell
verständigen werden, durch das beide Seiten quasi auf
gleicher Augenhöhe eingebunden werden. Es ist eine
Mär, dass sich entweder alleine die Kommunen oder alleine die Bundesanstalt für Arbeit um die vielen Langzeitarbeitslosen werden ordentlich kümmern können.
Die Kommunen und die Bundesanstalt für Arbeit müssen zusammenarbeiten. Das ist klar und das liegt auch
unserem Konzept bzw. unserem Gesetzentwurf zugrunde.
Was machen Sie aber in Hessen? Wie können Sie angesichts dessen, was Sie einklagen, erklären, dass bei Ihnen im Moment kommunale Angebote im Beschäftigungsbereich, soziale Dienste und Betreuungsangebote
durch einen landespolitischen Kahlschlag bedroht werden?
({1})
Sie scheinen Ihren eigenen politischen Botschaften überhaupt nicht zu glauben.
({2})
Herr Koch, glauben Sie angesichts der schwierigen
Arbeitsmarktsituation in Deutschland sowie der europäischen und internationalen Konkurrenz im Ernst, dass Ihr
Vorschlag - den haben Sie gerade gemacht -, man solle
in Deutschland Bedingungen schaffen, die es ermöglichten, mit tschechischen Löhnen zu konkurrieren, helfen
wird, die Zukunft unseres Landes zu sichern? Deutschland ist doch ein hoch qualifiziertes Land. Die Behauptung bzw. das Versprechen, dass wir die hohe Arbeitslosigkeit in Deutschland mit Dumpinglöhnen, die mit den
Löhnen in Tschechien vergleichbar sind, abbauen können, ist falsch.
({3})
Wir haben einen vollkommen anderen arbeitsmarktpolitischen Ansatz. Dennoch werden wir uns im Vermittlungsverfahren einigen müssen. Ich glaube, dass das
möglich sein wird, wenn Sie von Ihren Positionen ein
bisschen herunterkommen.
Ich möchte jetzt auf unser Gesamtkonzept zu sprechen kommen. Erstens. Wir haben die Agenda 2010 auf
den Weg gebracht. Sie hat das Ziel, Investitionen und
Arbeit voranzubringen. Zweitens. Die Hartz-Gesetze
sind ein Teil davon. Natürlich kann man nicht mit einzelnen Instrumenten Arbeitsplätze schaffen. Aber man kann
den deutschen Arbeitsmarkt fit machen und die strukturellen Defizite abbauen - das ist uns international ins
Stammbuch geschrieben worden -, um mithilfe der
Agenda 2010 und der Vorziehung der letzten Stufe der
Steuerreform dieses Land wieder in Schwung zu bringen. Wir werden einen vorbereiteten Arbeitsmarkt, eine
vorbereitete Arbeitsverwaltung und eine Betreuung aus
einer Hand für die Arbeitslosen haben. Auch diese werden besser vorbereitet sein. Es geht also um eine Rundumerneuerung des Arbeitsmarktes.
Die Bundesanstalt für Arbeit mit ihren 90 000 Beschäftigten wird eine Dienstleistungsagentur werden, die
die einzelnen Menschen ordentlich, direkt, schneller und
effizienter betreuen wird. Wir werden die Instrumente
vollkommen neu gestalten sowie die Leistungen entbürokratisieren und schlanker machen. Mit dem, was wir
heute vorschlagen - das ist für uns Grüne ein wichtiger
Punkt -, packen wir etwas an, über das Sie Jahr für Jahr
nur geredet haben, nämlich die Notwendigkeit, die
Arbeitslosenhilfe und die Sozialhilfe in eine Hand zu
legen, den Menschen so eine Anlaufadresse zu geben
und sie durch das Angebot einer bedarfsorientierten
Grundsicherung - zumindest teilweise - aus der diskriminierenden Situation herauszuholen, in der sie sich als
Sozialhilfeempfänger befinden. Dieses Angebot an die
Menschen macht nicht nur Schluss mit der Diskriminierung der Sozialhilfe insgesamt, sondern es richtet sich
vielmehr an alle, die mehr als drei Stunden täglich arbeiten können. Es wird in diesem Land auch sozialpolitisch
viel verändern.
Viele Kritiker bemängeln, dass die neue Leistung auf
dem Niveau der Sozialhilfe gezahlt wird. Denen möchte
ich Folgendes sagen: Die vielen heutigen Sozialhilfeempfänger sind von der aktiven Arbeitsmarktpolitik ausgeschlossen. Sie werden den Zugang dazu finden. Für
sie bestehen keine bzw. nur minimale Anreize hinzuzuverdienen. Sie werden Einstiegshilfen bekommen, allerdings andere als im Unionskonzept, in dem die Leistung
zunächst einmal unter das Existenzminimum gedrängt
wird. Die Einstiegshilfen werden sie auch in Abhängigkeit von der Anzahl ihrer Kinder bekommen. Wenn sie
geringe Einkommen haben, werden sie einen Kinderzuschlag beanspruchen können. Alleinerziehende werden
einen Mehrbedarfszuschlag und insbesondere auch Hilfen bei der Kinderbetreuung bekommen. Es wird eine
pauschalierte Leistung und vieles mehr geben.
Meine Damen und Herren, wir nehmen hier eine ungeheuer umfassende Änderung für die Menschen vor.
Ich glaube, dass es in diesem Bereich auf der einen Seite
richtig ist, bei ehemaligen Arbeitslosenhilfeempfängern
- in der Regel bei denjenigen, die keine Familie haben in bestimmten Fällen auch Leistungsabsenkungen vorzunehmen. Auf der anderen Seite ist es aber auch richtig,
dass es keine zwei Klassen von Langzeitarbeitslosen
mehr geben wird und dass die Leistung, die ich eben beschrieben habe, zum Beispiel der Zugang zur aktiven
Arbeitsmarktpolitik, für alle derzeitigen Sozialhilfeempfänger in Zukunft ein besseres und direkteres Angebot
darstellen wird, das ihre Selbstbestimmung stärken wird.
({4})
Was macht die Union? Wir haben es gerade gehört:
Sie will diesen Zug stoppen und ihn in eine ganz andere
Richtung umsteuern. Bei der Zumutbarkeit fängt es an.
Herr Koch, Sie propagieren hier im Ernst - ich war wirklich erstaunt, wie überzeugt Sie davon offenbar sind -,
dass es Sinn macht, in Deutschland Dumpinglöhne zu
zahlen. Sie bieten den Erwerbslosen - schauen Sie sich
einmal das EGG an - eine Leistung unterhalb des Existenzminimums an - das ist übrigens für jeden ein verfassungsrechtlich verbrieftes Recht -, die sie nur dann auf
das Niveau des Existenzminimums aufstocken können,
wenn sie irgendeine Arbeit annehmen. Meine Damen
und Herren, das Sozialstaatsgebot des deutschen Grundgesetzes in Wisconsin zu vergraben - das ist Ihr Ansatz.
({5})
Ich sage Ihnen: Das hilft den Sozialhilfeempfängern
und den Arbeitslosen kein bisschen. Aber es ist noch
schlimmer. Das, was Sie anbieten, ist ökonomischer Unsinn. Sie schwächen die Investitionskraft der Kommunen,
({6})
weil Sie für das Handwerk flächendeckend absolut negative Auswirkungen vorbereiten.
Wenn Sie im Ernst davon ausgehen, dass die Kommunen - übrigens ohne die Einbeziehung des Kriteriums der
Zusätzlichkeit - Arbeitsmöglichkeiten in der Größenordnung zwischen 900 000 und 1,5 Millionen anbieten können, dann wären dies fünfmal so viele wie heute. Wenn
Sie davon ausgehen, dass sie das schaffen, dann - das hat
das Ifo-Institut ausgerechnet - würde dies die Kommunen mit etwa 6,9 Milliarden Euro jährlich belasten.
Es kann nur funktionieren, wenn die Kommunen viele
Leistungen, die heute vom Handwerk, von kleinen
Dienstleistern oder kleinen Unternehmen angeboten
werden, von den Arbeitlosen verrichten lassen. Ich sage
Ihnen: Jede Schule, jedes Schwimmbad und jede Bibliothek in einer Kommune, die irgendeine Renovierungsarbeit braucht, wird das demnächst nicht vom Handwerk,
sondern von Arbeitslosenhilfeempfängern erledigen lassen. Anders sind diese Angebote gar nicht zu schaffen.
({7})
Das ist unsozial sowie unökonomisch und schadet dem
Handwerk.
({8})
Es kommt aber noch besser: Sie wollen nicht nur
900 000 bis 1,5 Millionen dieser Jobs schaffen, sondern
auch flächendeckend einen Niedriglohnsektor installieren. Wie das finanziert werden soll, sagen Sie nicht;
denn auch Sie können das Geld dafür nirgendwo eintreiben. Auch auf dieser Ebene soll den kleinen Handwerksbetrieben mit einem auf Lohnsenkung hinauslaufenden
Mechanismus das Wasser abgegraben werden.
({9})
Das wird für Deutschland kein Ansatz sein.
Sie treten für die gegenseitige Unterhaltspflicht von
Eltern und Kindern ein. Sie halten es für schädlich
- Herr Kauder hat in den letzten Tagen in der Presse starke
Kritik geübt -, dass wir dies nicht umsetzen. In welcher
Welt leben Sie eigentlich? In diesem Land ist es so geregelt, dass diejenigen füreinander verantwortlich sind, die
zusammen wohnen. Es gibt Familienverhältnisse, die dadurch gekennzeichnet sind, dass man sich aus den Augen
verloren und nichts mehr miteinander zu tun hat.
({10})
Wir stehen für die bedarfsorientierte Grundsicherung
im Alter, damit die vorhandenen Regelungen, die Eltern
und Kinder verpflichten, füreinander einzustehen, aufgehoben werden. Damit wollen wir die verschämte Altersarmut bekämpfen. Sie haben uns eine schlimme Hypothek hinterlassen.
({11})
Nicht nur, dass Sie das, was wir in diesem Bereich geschaffen haben, wieder abschaffen wollen, sondern Sie
stellen auch infrage, dass die verschämte Armut Erwachsener bekämpft werden muss. Was stellen Sie sich eigentlich vor? Wollen Sie im Ernst, dass ein arbeitsloser
40- oder 50-jähriger Facharbeiter aus dem Osten seinen
80-jährigen Vater oder seine 80-jährige Mutter aufsucht
- mit ihnen hat er vielleicht nichts mehr zu tun -, damit
sie ihn unterstützen? Was haben Sie für ein soziales
Bild? Auch Arbeitslose haben einen Anspruch auf
Selbstständigkeit und auf Selbstbestimmung. Das wollen
wir in diesem Gesetz verankern.
({12})
Sie haben hier groß davon gesprochen, Zuverdienstmöglichkeiten zu schaffen. Wissen Sie, was in Ihrem
Gesetzentwurf vorgesehen ist?
({13})
Sie streichen jede Zuverdienstmöglichkeit für Sozialhilfeempfänger im Bereich bis 400 Euro. Was ist denn
das für ein Ansatz? Wollen Sie den Leuten helfen, in den
Arbeitsmarkt hineinzukommen, oder wollen Sie sie davon abhalten? Für Alleinerziehende und für Leute mit
kleinen Einkommen müssen Anreize gesetzt werden, damit sie in den Arbeitsmarkt schrittweise zurückkehren
können. Die Brücke, die wir herunterlassen wollen, um
den Leuten den Eintritt in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen, wollen Sie hochziehen.
({14})
Herr Koch, Ihre Reise nach Wisconsin muss sehr anregend gewesen sein.
({15})
Sie verpacken das Konzept des Working Poor in immer
neue Worthülsen und legen es dem Bundestag oder dem
Bundesrat vor. Das war zunächst beim OFFENSIV-Gesetz so; jetzt gilt es für das EGG, also das Existenzgrundlagengesetz.
Wir wollen weder in Deutschland noch in Europa das
Konzept des Working Poor installieren. Sie erzählen einfach arbeitsmarktpolitischen Unsinn, wenn Sie erklären,
dieses Konzept werde in Dänemark oder in Holland
praktiziert. Dort verfolgt man nämlich ganz andere Ansätze. Dänemark können wir uns durchaus zum Vorbild
nehmen.
Ich möchte noch etwas zum mageren arbeitsmarktpolitischen Ansatz der FDP sagen. Die FDP handelt nach
dem einfachen Motto: Die Arbeitslosen interessieren uns
nicht; uns interessieren Klientele wie Handwerker oder
Apotheker. Mir fehlt die Zeit, darauf genauer einzugehen. Wir werden darüber an anderer Stelle diskutieren.
Sie sollten einmal nachlesen, was Ihre eigenen Leute
schreiben, zum Beispiel Dahrendorf oder andere. Wenn
Sie das täten, dann wüssten Sie, wie wichtig das soziale
Gleichgewicht auch auf dem Gebiet der Arbeitsmarktpolitik ist.
Zum Schluss sage ich Ihnen noch eines: Es wird zu
einem Vermittlungsverfahren kommen.
Frau Kollegin, beachten Sie bitte die Zeit.
Deswegen komme ich jetzt zum Schluss.
({0})
Im Vermittlungsverfahren wird es darum gehen, auch
die Kommunen einzubinden. Wir wollen in diesem Vermittlungsverfahren zwei Dinge erreichen:
({1})
Erstens wollen wir sicherstellen, dass in Deutschland ein
faires System von Fördern und Fordern verankert wird.
Zweitens wollen wir das Prinzip Working Poor aus
Deutschland raushalten, übrigens auch aus Hessen.
Vielen Dank.
({2})
Nächster Redner ist der Kollege Dr. Guido
Westerwelle, FDP-Fraktion.
({0})
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Heute Morgen bekommen wir eine Fülle von
Meldungen, die schlaglichtartig offenbaren, wie die derzeitige Lage in Deutschland ist.
({0})
Wir haben heute Morgen im Ticker eine Meldung
vom Statistischen Bundesamt bekommen, nach der der
Anstieg der Insolvenzen auch im Juli anhält. Die Insolvenzen sind gegenüber dem Juli des Vorjahres um über
20 Prozent gestiegen.
Der Schätzerkreis der Rentenversicherer meldet heute
Morgen: „Anstieg des Rentenbeitrages auf 20,3 Prozent
droht.“
In der Zeitung „Die Welt“ wird Herr Bsirske, Ihr grüner Parteifreund von der Verdi, zitiert mit den Worten:
„Ein Beitragssatz von 24 Prozent ist doch kein Drama …“
({1})
Heute Morgen lasen wir in der „Bild“-Zeitung, dass
sich Herr Eichel darüber beklagt, dass Herr Schumacher
und Herr Becker in die Schweiz gehen. Als ob sie dorthin gingen, weil die Berge so hoch und die Täler so grün
sind! Sie müssen endlich kapieren, dass Sie die Rahmenbedingungen in Deutschland verändern müssen, weil Sie
sonst keine Investitionen in Deutschland haben werden.
Das ist die eigentliche Schicksalsfrage unseres Landes.
Wir brauchen eine marktwirtschaftliche Erneuerung und
nicht die Fortsetzung Ihrer bürokratischen Staatswirtschaft.
({2})
Das, was Sie heute vorgelegt haben, verlangsamt vielleicht das Tempo Ihrer falschen Politik; eine Richtungswende, ein Wechsel zu einer vernünftigeren Politik ist
das aber mit Sicherheit noch nicht.
({3})
Als Sie die Agenda 2010 in Ihrer Regierungserklärung vorgestellt haben, haben wir Ihnen ein Angebot gemacht.
({4})
Wir haben Ihnen gesagt: Es gibt in diesem Bundestag
eine Mehrheit der marktwirtschaftlichen Vernunft. Eine
Zeit lang hatten die Vertreter der Wirtschaft und auch
wir in der Opposition die Hoffnung, dass Sie auf einem
vernünftigen Weg mitgehen wollen. Wir dachten, dass
Sie es ernst meinen.
In den letzten beiden Wochen haben Sie sich dann
von Ihren Abweichlern weich kochen lassen. In Wahrheit haben Sie sich gegen die Neue Mitte und für die alte
Linke entschieden. Sie haben das, was mit der Agenda
2010 ohnehin nur als Minimalprogramm begonnen hat,
so weich gekocht,
({5})
so bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt, dass dadurch
keine neuen Initiativen auf dem Arbeitsmarkt entstehen
werden.
({6})
In Wahrheit drücken Sie sich vor der Beantwortung
der entscheidenden Fragen. Was ist denn zumutbar? Es
ist sehr gut, dass wir in dieser Debatte die verschiedenen
Auffassungen einander gegenüberstellen. Was ist in diesem Lande zumutbar? Sie sind der Überzeugung, dass
einfach bezahlte Arbeit nicht zumutbar ist. Deswegen
führen Sie - das ist die Wahrheit - durch die Hintertür
Mindestlöhne ein.
({7})
Der Hinweis auf die Ortsüblichkeit bzw. auf die Tariflöhne in Art. 1 § 10 Ihres vorliegenden Gesetzes macht
das geradezu offensichtlich. Sie sagen, es sei nicht zumutbar, in den Arbeitsmarkt mit einer geringer bezahlten
Tätigkeit zurückzugehen.
Aus unserer Sicht wird daran der ganze Unterschied
im politischen Ansatz erkennbar: Wir sind der Überzeugung, dass es kein Verstoß gegen die Menschenwürde
ist, Arbeit anzunehmen, die Millionen andere Menschen
machen. Ein Verstoß gegen die Menschenwürde ist es,
wenn Menschen in der Arbeitslosigkeit verharren müssen. Es liegt nämlich auch ein Stück Selbstverwirklichung darin, durch eigenes Schaffen sein Leben zu gestalten. Wir finden, Sozialhilfe ist nicht besser als Arbeit,
sondern Arbeit ist besser als Sozialhilfe, auch wenn
diese Arbeit schlechter bezahlt wird.
({8})
Wir haben vor kurzem bei dem Geburtstag des BDAPräsidenten Hundt zusammengesessen,
({9})
auf den Sie sich - insbesondere Herr Clement tut das die ganze Zeit berufen. Wir erleben - das ist faszinierend -, wie der Bundeskanzler bei dem Festakt sitzt, den
Reden zuhört, freundlich Beifall spendet - in der Hoffnung, jetzt gehe es voran.
Ich will Ihnen vortragen, was diejenigen, mit denen
Sie doch Arbeitsplätze schaffen wollen, über das sagen,
was heute zur Abstimmung steht. Allein die Reaktion in
diesem Haus ist bezeichnend. Ich zitiere Herrn Bsirske
und Sie schweigen. Ich sage, dass ich Herrn Hundt zitieren will, und Sie ärgern sich.
({10})
Wo sind wir denn? Wer soll denn Arbeitsplätze schaffen? Herr Bsirske schafft keine Arbeitsplätze. Eher wird
der BDI oder die BDA Arbeitsplätze schaffen.
({11})
Herr Hundt hat dargestellt, wie es in der Praxis bei
Hartz aussehen wird. Ein Dreher, der arbeitslos wird,
muss in einem anderen Unternehmen die gleiche Tätigkeit aufnehmen, auch wenn er dort bis zu 20 Prozent
weniger verdient; anderenfalls - das ist Hartz - kann ihm
das Arbeitslosengeld gestrichen werden. Für einen langzeitarbeitslosen Dreher, der in Zukunft Arbeitslosengeld II beziehen wird, soll das hingegen nicht gelten. Er
soll die gleiche Stelle ohne Folgen ablehnen dürfen,
wenn für diese Arbeit nicht der vergleichbare Tariflohn
gezahlt wird.
({12})
Ein zweiter Punkt, über den wir hier reden müssen.
Sie sind dabei, einen handwerklichen Fehler nach dem
anderen zu machen. Jetzt sollen neben den Arbeitslosen
auch noch die erwerbsfähigen Sozialhilfeempfänger in
die Zuständigkeit der Bundesanstalt für Arbeit eingegliedert werden. Das sind vielleicht 1 Million. Dazu kommen die Familienangehörigen. Das sind noch einmal
4,5 Millionen. Bei 4,5 Millionen Arbeitslosen wollen
Sie die Bundesanstalt für Arbeit auch noch für weitere
5,5 Millionen Menschen zuständig machen. In Wahrheit
ist das die Fortsetzung des Chaos.
({13})
Was Sie bei der Maut und dem Dosenpfand begonnen
haben, wird fortgesetzt. Was Sie hier vorlegen, stimmt
handwerklich nicht und das ist das Problem. Das nächste
Chaos ist vorprogrammiert.
({14})
Was muss stattdessen geschehen? Es muss dazu kommen, dass grundsätzlich jede Arbeit, die in einem Land
angeboten wird, auch einfache Arbeit, als zumutbar gilt.
Das ist nicht Turbokapitalismus, wie es von Ihnen jahrelang immer gesagt worden ist, sondern das ist die Realität in Europa. Die Niederlande zum Beispiel gelten nun
mit Sicherheit nicht gerade als ein kapitalistisches, rücksichtsloses Land. Ich glaube, dass die Sozialstaatstradition der Niederlande mit der Deutschlands ganz gewiss
mithalten kann. Dort ist das ganz anders geregelt - das
kann man auf jeder Website aus den Niederlanden erkennen -: einfacher, prägnant, für jeden berechenbar. Nach
sechs Monaten muss eine Arbeit auf niedrigerem Niveau
angenommen werden, nach zwölf Monaten erfolgt eine
weitere Herabstufung und nach 18 Monaten Arbeitslosigkeit ist jede Arbeit zumutbar.
({15})
Da ist die eigentlich mutige Frage, die Sie beantworten
müssen.
Herr Minister Clement, Sie haben hier formuliert: Wir
müssen den Nachwuchs der Arbeitslosigkeit abgraben.
Was Sie vorlegen, ist aber nicht die Antwort darauf. Sie
müssen dafür sorgen, dass nicht eine Entwicklung fortgesetzt wird, bei der sich in Wahrheit schon die zweite
und dritte Generation in den staatlichen Lohnersatzleistungen eingerichtet hat. An dieser Wahrheit führt nichts
vorbei.
({16})
Das wird wieder zu heftigen Beschimpfungen Ihrerseits
und den Klassenkampfargumenten führen, aber Sie werden von der Realität eingeholt werden.
Mich erinnern die Diskussionen, die wir jetzt führen,
an die Diskussionen, die wir vor ziemlich genau einem
Jahr geführt haben. Vor einem Jahr haben Sie sich sogar
geweigert, ein Minimalprogramm in Richtung marktwirtschaftliche Erneuerung vorzulegen. Heute sind Sie
der Meinung, dass das, was Sie vorgelegt haben, ausreicht. Wir sehen uns in einem Jahr wieder und Sie werden erneut von der Realität eingeholt werden, weil das,
was Sie vorgelegt haben, nicht einmal geeignet ist, das
Ansteigen der Arbeitslosigkeit zu begrenzen, geschweige denn den Rückgang der Arbeitslosigkeit zu erreichen.
({17})
Wir müssen an Dinge herangehen, über die überhaupt
nicht gesprochen wird, die für Sie eine heilige Kuh sind.
Es ist schade, dass Sie sich immer noch weigern, diese
Themen aufzugreifen. Aber auch damit werden Sie sich
auseinander setzen müssen.
({18})
Ich nenne das Thema Tarifautonomie und Flächentarifverträge. Weil Sie uns ja nicht glauben, zitiere ich
den früheren Bundeskanzler Helmut Schmidt, der Mitglied Ihrer Sozialdemokratischen Partei ist:
Im Bereich der Lohnfindung muss der flächendeckende Tarifvertrag verschwinden. Dazu muss im
Tarifvertragsgesetz die Verordnung der „Allgemeinverbindlichkeit“ gestrichen und im Betriebsverfassungsgesetz müssen jene Paragrafen abgeschafft werden, die es den Geschäftsleitungen und
Betriebsräten verbieten, Betriebsvereinbarungen
über Löhne, Arbeitszeiten und -bedingungen abzuschließen.
({19})
Also gibt es doch einige, die das längst verstanden haben. Sie werden von der Vernunft eingeholt werden. Sie
haben heute auf eine Mehrheit der Vernunft im Bundestag verzichtet, weil es Ihnen wichtiger war, die eigenen
Linken zu befriedigen. Damit kommen Sie nicht durch.
Die Probleme holen Sie nämlich ein.
Deswegen sage ich Ihnen: Wir sehen uns im Vermittlungsausschuss wieder.
({20})
Darüber, wie die Abstimmung heute ausgehen wird, ist
längst entschieden.
({21})
Ihre Nagelprobe wird später sein. Ob Sie bereit sind, der
Vernunft zur Mehrheit zu verhelfen im Interesse der
Menschen, die Arbeit suchen, wird sich im Dezember
entscheiden, wenn wir die Ergebnisse aus dem Vermittlungsausschuss hier zu beraten haben.
({22})
Nächster Redner ist der Kollege Klaus Brandner,
SPD-Fraktion.
({0})
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten
Damen und Herren! Nach den Reden von Herrn Koch
und Herrn Westerwelle ist uns klar geworden, dass das
Konzept der Opposition in Lohndrückerei und Daumenschrauben, dem Verzicht auf strukturelle Reformen besteht. Mit Lohnverhältnissen wie in Tschechien lässt sich
die Arbeitslosigkeit in Deutschland nicht wirksam bekämpfen.
({0})
Das wäre ein Irrweg, den wir nicht beschreiten werden. Wir wollen strukturelle Reformen. Wir wollen die
menschenunwürdigen Verschiebebahnhöfe beseitigen,
wir wollen, dass die Verantwortung für die Menschen
nicht länger zwischen den Kommunen und der Bundesanstalt für Arbeit hin und her geschoben wird. Wir
wollen Hilfen aus einer Hand. Erst fördern und dann fordern: Wir wissen, dass der Schlüssel zur Bekämpfung
der Arbeitslosigkeit in unserem Land darin liegt, dass
wir die Menschen qualifizieren und fördern. Wenn wir
das tun, haben wir auch das Recht, die Menschen zu fordern. Das ist ein Weg, der aus der Krise führt - nicht die
massive Absenkung des Lohnniveaus.
({1})
Hartz III und Hartz IV setzen den Schlusspunkt bei
der Aufgabe dieser Regierung, den Arbeitsmarkt flexibler zu gestalten. Das gilt für die Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer, für die Arbeitgeber und auch für die
Arbeitsämter, die neuen Agenturen für Arbeit - ein Musterbeispiel, wie ich meine, für das Konzept Flexibilität
und Sicherheit. Wir geben Langzeitarbeitslosen umfassende Sicherheit, auf bescheidenerem Niveau, aber dafür
mit voller Sozialversicherung. Wir wollen Sicherheit vor
Armut für alle Langzeitarbeitslosen.
({2})
Dadurch werden auch hilfebedürftige Kinder aus der Armut herausgeführt.
({3})
Das ist ein sozial gerechtes Konzept.
Flexibilität bedeutet fördern und fordern, geben und
nehmen, Leistung und Gegenleistung. Was gibt es Besseres als individuelle Betreuung? Wolfgang Clement hat
heute Morgen darauf hingewiesen: Wir wollen, dass man
im Arbeitsamt nicht mehr Schlange stehen und auf dunklen Fluren warten muss, bis man die Dienstleistung erhält, die man benötigt. Wir wollen mehr Fallmanager.
Wir wollen, dass auf 75 Arbeitssuchende ein Fallmanager kommt, der die Instrumente der Arbeitsmarktpolitik
flexibel einsetzen kann.
Ein solches Konzept fehlt bei der Opposition völlig.
Wir wollen keine Mammutbehörde. Wir wollen auch
nicht, dass diese Fallmanager bei der Bundesanstalt für
Arbeit angestellt werden. Nein, in den Kommunen und
Wohlfahrtsverbänden, wo in vielen Einzelfällen schon
gute Arbeit geleistet wird, sollen auch zukünftig ein solches Fallmanagement möglich sein und die notwendigen
Hilfen erbracht werden können.
Es fällt auf, dass die Krokodilstränen, die Herr Koch
in der heutigen Debatte geweint hat, als er behauptet hat,
dass die Kommunen und Wohlfahrtsverbände nicht auf
gleicher Augenhöhe betrachtet würden, lediglich von
seinen eigenen Untaten ablenken sollen.
({4})
Denn in seinem eigenen Landeshaushalt werden genau
die Mittel gestrichen, die die Wohlfahrtsverbände benötigen, um zum Beispiel eine Schuldnerberatung oder
eine Familienberatung durchzuführen. Insofern hat die
CDU/CSU kein schlüssiges Konzept vorgelegt, Herr
Koch.
({5})
Sie sollten wissen, dass uns das nicht überzeugt.
({6})
Wir sind überzeugt, dass es auf eine faire Balance ankommt. Diese wollen wir mit der Zumutbarkeitsregelung erreichen. Denn Minijobs sind in unseren Augen
zumutbar. Das sind keine Arbeitsverhältnisse in einer
Schmuddelecke. Aber wir wollen diese Arbeit nicht zu
Dumpinglöhnen.
({7})
Das gibt uns das Recht, Minijobs - aber nicht unter menschenunwürdigen Bedingungen - als zumutbar anzusehen.
Eine steuerfinanzierte Leistung darf mit Sicherheit
kein Ruhekissen sein. Es muss Anreize zur Arbeitsaufnahme geben. Deshalb haben wir die Selbstbehalte erhöht. Die Kollegin Dückert hat darauf hingewiesen, dass
Einstiegsgeld und Kinderzuschläge hinzukommen. Wir
wollen nämlich nicht, dass Menschen wegen der Kinderzuschläge in der Hilfebedürftigkeit bleiben. Wir haben
die Regelungen bewusst verändert, um deutlich zu machen, dass die Menschen heraus aus der Fürsorgeleistung und hinein in die Arbeitsverhältnisse kommen müssen. Dafür muss der Selbstbehalt erhöht werden. Arbeit
muss sich lohnen. Diesem Grundsatz stimmen wir zu.
Ich darf in diesem Zusammenhang auf das hinweisen,
was die „Financial Times Deutschland“ in den letzten
Tagen in einem großen Artikel mit der Überschrift
„Chancen für Arbeitslose und Arme“ geschrieben hat:
Jugendliche bekommen ein gigantisches Angebot.
Wer sich verweigert, muss aber auch mit Sanktionen rechnen. Sonst stimmt die Balance nicht.
Genau dem stimmen wir zu. Jawohl, Jugendliche sollen
einen Anspruch auf Ausbildungs-, Trainings- oder Arbeitsmaßnahmen haben. Wer diese zumutbaren Angebote nicht annimmt, der muss wissen, dass es Sanktionen
gibt. Wir können nämlich nicht hinnehmen, dass man
sich in eine Hängematte legt. Es muss vielmehr so sein,
dass man offensiv gefordert wird.
({8})
Die CDU/CSU kann sich diesen Einsichten nicht verweigern, jedenfalls nicht aus sachlichen Gründen. Alles
andere wäre aus meiner Sicht pure Parteitaktik. Davon
haben die Bürger in unserem Land die Nase gestrichen
voll.
({9})
Wir setzen darauf, eine neue Bundesanstalt für Arbeit zu
bauen, nämlich eine Bundesagentur für Arbeit. Wir
müssen wegkommen von dem Begriff „Anstalt“. Deshalb muss nicht nur die Überschrift des Gesetzes geändert werden. Die Rahmenbedingungen müssen verändert
werden, sodass wir weg von einer Anstalt und hin zu einer Agentur für Arbeit kommen.
({10})
Deshalb sage ich: Es muss eine Rundummodernisierung
und nicht nur eine neue Fassade geben. Der Bund bekennt sich in diesem Zusammenhang voll zu seiner Verantwortung.
Lassen Sie mich sagen, dass es schon ganz interessant
ist, wie die CDU in den letzten Wochen und Monaten
über die Bundesanstalt für Arbeit herzieht. Sie läßt fast
keine Möglichkeit aus, zu sagen, die Behörde habe das
Vertrauen der Menschen in diesem Land nicht verdient;
sie sei nicht leistungsfähig. Die CDU sagt dies, obwohl
sie sich ihrer Verantwortung in der Vergangenheit bewusst sein müsste. Denn fast zwei Jahrzehnte lang war
ein CDU-geführtes Ministerium für die Bundesanstalt
für Arbeit zuständig.
({11})
Über zwei Jahrzehnte lag die Führung dieser Bundesanstalt bei der CDU nahestehenden Personen. Ich denke,
man sollte ein bisschen fairer mit den Menschen umgehen, denen man über Jahrzehnte das Vertrauen ausgesprochen hat, anstatt sie jetzt in der Öffentlichkeit so unfair zu behandeln.
({12})
Wir wollen nicht, dass die Bundesanstalt für Arbeit
zukünftig die Arbeitslosigkeit verwaltet. Sie muss durch
Kundenfreundlichkeit, durch schnelle Vermittlung,
durch weniger Vorschriften, durch direkte und bessere
Zusammenarbeit mit den Arbeitgebern, durch weniger
Sonderregelungen und durch die Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den Kommunen und freien Trägern
auf gleicher Augenhöhe aktiv zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit beitragen.
Ich möchte in diesem Zusammenhang ganz deutlich
sagen, dass das, was die CDU/CSU vorhat, einer Abrissbirne gleichkommt. Sie hält die Bundesanstalt für Arbeit
offensichtlich nicht für reformfähig. Sie hält sie nicht für
in der Lage, die Langzeitarbeitslosigkeit wirksam zu bekämpfen.
Ich möchte an dieser Stelle allen Mitarbeitern der BA
- nicht nur dem Vorstand - zurufen: Zeigen Sie mit Ihrer
Kompetenz und Ihrem Engagement, dass Sie es können,
dass Sie einen überzeugenden Beitrag zum Umbau der
Bundesanstalt für Arbeit leisten können!
({13})
Wir haben Florian Gerster nicht zum Abwickler der
Bundesanstalt für Arbeit bestellt, sondern zum Baumeister einer neuen Bundesagentur. Die Bundesanstalt für
Arbeit ist erneuerungsbedürftig; sie ist aber auch erneuerungsfähig. Darauf bauen wir.
Wir wollen im Übrigen, dass die Kommunen und die
freien Träger voll in die Verpflichtung zur Zusammenarbeit eingebunden werden. Deshalb haben wir im Gesetz
von einem Kontrahierungszwang, von einer Verpflichtung zur Zusammenarbeit, gesprochen. Deshalb haben
wir in unserem Gesetz für die Bundesanstalt für Arbeit ein
Zurückhaltungsgebot vorgesehen: Sie soll keine Aktivitäten entwickeln, die schon bei der Kommune oder bei
freien Trägern vorhanden sind. Deshalb haben wir noch
einmal in Änderungsanträgen festgeschrieben, dass die
freien Träger ihren festen Platz in der Arbeitsmarktpolitik
haben. Deshalb sind zum Beispiel Befürchtungen, die Jugendhilfe werde vernachlässigt, völlig unbegründet.
({14})
Wir bekennen uns zur Verantwortung des Bundes bei
der Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit. Denkbar
wäre trotzdem, dass für die Kommunen weitere Pflichtaufgaben zu definieren sind. Das sollte aber nur im Konsens erfolgen. Die Verantwortung für die Langzeitarbeitslosen sollte aber nicht komplett auf die Kommunen, also
quasi mit dem Holzhammer, wie es die Union vorsieht,
übertragen werden. Das Ifo-Institut sagt, 1,5 Millionen
Arbeitsgelegenheiten zu schaffen sei den Kommunen
nicht möglich. Dies würde zwangsläufig zur Verdrängung
der Privatwirtschaft führen.
Das Land Hamburg sagt zu dem Gesetzentwurf der
CDU/CSU ganz konkret - wenn ich dies in diesem Zusammenhang ansprechen darf -, dass die gesetzliche
Verpflichtung der Kommunen, für alle Erwerbslosen
Arbeitsgelegenheiten zu schaffen, wie dies als Möglichkeit vorgegaukelt wird, überhaupt nicht leistbar ist. In
der Begründung des Gesetzentwurfs heißt es dazu:
Eine umfassende gesetzliche Verpflichtung der
Kommunen, Arbeitsgelegenheiten für alle erwerbslosen Hilfe suchenden Personen zu schaffen, würde
die kommunale Ebene vor kaum lösbare Herausforderungen stellen: Insgesamt müssten nach heutigem
Stand knapp 3 Millionen kommunaler Beschäftigungsverhältnisse eingerichtet werden, allein eine
Großstadt wie Hamburg müsste einen „Zweiten Arbeitsmarkt“ für mindestens 50 000-60 000 Menschen bereitstellen, eine Größenordnung, die dem
gesamten heutigen Stellenbestand in der Hamburger Verwaltung nahe kommt. Damit wäre nicht nur
die kommunale Ebene völlig überfordert,
- schreibt die Regierung
Herr Kollege, denken Sie bitte an Ihre Zeit.
- ich komme sofort zum Schluss ein Vergleich mit der Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ({0}) macht auch deutlich, dass schwerwiegende
- ich betone: schwerwiegende … Rückwirkungen und Wettbewerbsverzerrungen
für private Unternehmen als Konsequenz eines derartig ausgeweiteten kommunalen zweiten Arbeitsmarktes unvermeidlich wären. Solche gravierenden
Substitutionseffekte an den regulären Arbeits- und
Gütermärkten mit ihren entsprechend negativen Effekten … müssen vermieden werden.
Lassen Sie sich das von den Kolleginnen und Kollegen des Landes Hamburg noch einmal erklären! Herr
Koch, sehen Sie ein, dass Ihr Konzept nicht schlüssig
und nicht machbar ist! Wir sind bereit, im Vermittlungsausschuss zu einem vernünftigen Ergebnis zu kommen.
Wir wollen die Kommunen auf gleicher Augenhöhe einbinden. Das ist unser Ziel. Insofern hoffe ich auf konstruktive Verhandlungen.
({1})
Nächster Redner ist der Kollege Johannes
Singhammer, CDU/CSU-Fraktion.
({0})
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Das Krebsgeschwür der Arbeitslosigkeit bekämpft man nicht mit Kamillentee. Rot-Grün hat nicht
mehr die Kraft, die notwendige wirksame Medizin für
einen Gesundungsprozess des Arbeitsmarkts zu verabreichen.
({0})
Ich sage das ohne Häme. Wir würden uns freuen, wenn
Sie bessere Ergebnisse erzielen würden und erzielt hätten. Aber die weich gespülten Hartz-III- und Hartz-IVKonzepte sind ebenso wenig die richtige Arznei gegen
die wuchernde Arbeitslosigkeit wie alle anderen zuvor
von Ihnen angepriesenen Arzneimittel: JUMP-Programm, Jobfloater, Mainzer Modell, Job-AQTIV-Gesetz, Hartz I und II.
Die Folgen sind: Wir nähern uns in diesem Winter
erstmals der Fünfmillionenmarke bei der Arbeitslosigkeit. Noch schlimmer ist: Allein in einem Jahr, von Juni
vergangenen Jahres bis Juni dieses Jahres, sind
622 000 Beschäftigungsverhältnisse entfallen. Das ist
eine niederschmetternde Bilanz. All Ihre Rezepturen haben nichts bewirkt.
({1})
Die Menschen in Deutschland haben deshalb das Vertrauen in all Ihre Rezepte, die Sie jetzt wieder neu ankündigen, verloren. Die Zeit ist zu kostbar, um mit neuen
Placebos die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen.
Ich nenne Ihnen dafür ein Beispiel: In den Plänen der
Bundesregierung spielen die so genannten PersonalService-Agenturen, PSA genannt, eine zentrale Rolle.
Sie sind eines der Herzstücke Ihres Programms. Die
„Süddeutsche Zeitung“ berichtete vor zwei Tagen, am
15. Oktober: 879 Agenturen sind seit dem April dieses
Jahres entstanden und diese haben 907 Menschen dauerhaft vermittelt. - Der Bundeskanzler hat feierlich versprochen, die Hartz-Vorschläge eins zu eins umzusetzen.
Jetzt wird die verhängnisvolle Doppeldeutigkeit dieses
Versprechens sichtbar: Eine Agentur vermittelt einen Arbeitslosen. Dadurch bessert sich nichts.
({2})
Das ist kein Fortschritt. Die Arbeitsämter in ihrer bisherigen Organisation hätten mit Sicherheit auch keine
schlechteren Ergebnisse erzielt.
({3})
Die Menschen in unserem Land spüren, dass der Karren viel tiefer im Dreck steckt, als dies durch offizielle
Bekundungen der Regierung verkündet wird. Die Menschen in unserem Land sind voller Unruhe, weil sie spüJohannes Singhammer
ren, dass Schweiß und Tränen auf uns warten, und weil
sie fürchten, dass ihnen die volle Wahrheit noch immer
nicht gesagt worden ist.
Die entscheidende Ursache unserer derzeitigen
Schwäche - Ministerpräsident Koch hat in seinem dramatischen Appell schon darauf hingewiesen - ist das
fehlende Wachstum. Umverteilung von Arbeitsplätzen
schafft keinen einzigen neuen Arbeitsplatz.
({4})
Welches ist neben dem geschlossenen Arbeitsmarkt
und der mangelnden Produktivität die größte Wachstumsbremse? - Das ist der zunehmende demographische
Verfall unseres Landes.
({5})
Allein in diesem Jahr müssen wir ein Wirtschaftswachstum von 1 Prozent, das möglich gewesen wäre, abschreiben, weil die demographische Entwicklung zunehmend
als Bremsklotz wirkt.
Deswegen sage ich Ihnen: Wenn Sie an die Probleme
grundsätzlich herangehen wollen, wenn Sie wirklich
eine Wurzelbehandlung machen wollen - und die
braucht Deutschland -, müssen Sie das Problem der
Demographie angehen und dürfen es nicht ständig verschweigen und tabuisieren.
({6})
Wir sind gern bereit, Ihnen die Hand zu reichen, auch
im Vermittlungsausschuss, um im Interesse der Menschen in unserem Land ein gutes Ergebnis zu erzielen.
Dafür müssen aber bei all den Gesetzen, die Sie heute
mit Mehrheit beschließen werden, zwei Voraussetzungen
erfüllt sein:
Erstens. Wir wollen keine bloße Verwaltung der Arbeitslosigkeit oder Umverteilung der Arbeit, sondern wir
wollen, dass ein neuer Kurs in Richtung Wirtschaftswachstum gefahren wird.
Zweitens. Wir wollen nicht, dass zusätzliche Bürokratien errichtet werden. Wir wollen vielmehr, dass schnellere und effizientere Entscheidungsprozesse installiert
werden.
({7})
Worin liegen die Gemeinsamkeiten und worin liegen
die Unterschiede? Die Gemeinsamkeiten sind: Wir glauben übereinstimmend, dass wir Arbeitslosen- und Sozialhilfe zusammenlegen müssen. Wir wissen auch alle,
dass es bei einer solchen Umorganisation, dass es bei der
Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe,
von der 2,5 Millionen Menschen betroffen sind, unter
keinen Umständen zu einem Fehlschlag kommen darf.
Die Unterschiede liegen darin, dass wir meinen, dass
die Kommunen besser geeignet sind, die Federführung
bei diesem gemeinsamen großen Projekt zu übernehmen.
({8})
Warum ist das so? Die Bundesanstalt - Sie erfahren das
im Gespräch mit den verantwortlichen Leitern der Arbeitsämter vor Ort - ist nicht in der Lage, die neue
Klientel in einer Größenordung von 800 000 bis
900 000 Menschen, die das so genannte Arbeitslosengeld II beziehen sollen, entsprechend Ihren eigenen Vorgaben zu betreuen.
Sie wollen, dass die Bundesanstalt zu einem neuen
Monstersozialamt mit 10 000 bis 15 000 neuen Dienststellen aufgebläht wird.
({9})
Damit werden Sie dem Problem nicht gerecht. Denn die
Menschen, die bislang Sozialhilfe beziehen, brauchen
eine sehr viel intensivere Betreuung als diejenigen, die
erst seit drei Monaten arbeitslos sind. Hierbei handelt es
sich um Problemfälle, die eine personalintensive Betreuung erfordern. Die Kommunen haben darin Erfahrung
und sind erfolgreich. Deshalb muss dieser Bereich bei
den Kommunen bleiben bzw. angesiedelt werden.
In der größten deutschen Kommune, der Landeshauptstadt München, ist ein Arbeitsvermittler zurzeit für
800 Arbeitslose zuständig. Dieses Verhältnis wird sich
auch mit der geplanten Einstellung von Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern und mit einem Umbau der Strukturen,
den Sie planen, nicht verbessern. Diese Maßnahmen
werden nicht dazu führen, dass eine intensive Betreuung
von Menschen erfolgt, die schon längere Zeit dem Arbeitsmarkt entwöhnt sind. Im Gegenteil: Sie werden die
Menschen parken. Sie werden nicht erfüllen, was Sie
hier versprochen haben, nämlich diesen Menschen eine
bessere Betreuung zukommen zu lassen.
({10})
Gleichzeitig bauen Sie einen neuen babylonischen
Turm aus Bürokratie und Paragraphen auf. Dazu
möchte ich Ihnen ein Beispiel nennen: Nach Ihren Vorstellungen bleibt es nach wie vor dabei, dass denjenigen
Sozialhilfe gezahlt wird, die aufgrund eines Handicaps
nicht am Arbeitsleben teilnehmen können. Nun sehen
Sie aber vor, dass das nur für diejenigen gelten soll, die
nicht länger als drei Stunden am Tag arbeiten können.
Sie wollen eine neue Einigungsstelle gründen, die diese
Differenzierung bei den Menschen vornehmen soll.
Alle Experten und all diejenigen, die betroffen sind,
schlagen die Hände über dem Kopf zusammen und fordern
Sie auf, diesen Unsinn zu lassen. Das führt nämlich zu einem katastrophalen Verwaltungsaufwand. Durch diese absurde Konstruktion einer neuen Bürokratie müssen neue
Gutachter eingeschaltet werden, der Streit mit den Versicherungsträgern ist vorprogrammiert, ein neues Einigungsverfahren mit neuen Rechtswegen soll eröffnet werden. Das stellt alles bisher Dagewesene in den Schatten.
({11})
Während landauf, landab die Notwendigkeit des Abbaus
von Bürokratie betont wird, bauen Sie eine neue Bürokratie auf.
({12})
Niemand versteht in diesem Land, warum Sie nicht bereits bestehende Strukturen nutzen, mit denen diese
Ziele ebenfalls erreicht werden könnten, sondern eine
neue Parallelbürokratie aufbauen. Kein vernünftiger
Mensch kann zu diesem Unsinn seine Hand reichen.
Auch wir werden das nicht tun.
({13})
Die Kommunen brauchen Unterstützung. Deshalb
sieht unser Entwurf eines Existenzgrundlagengesetzes
vor, dass die Arbeitsämter und die Sozialverbände mit
ihrer Erfahrung eingebunden werden. Ich bitte Sie sehr
herzlich: Wenn Sie schon erwarten, dass die Opposition
mitarbeitet und Verantwortung übernimmt, dann machen
Sie hier nicht rücksichtslos von Ihrer Mehrheit Gebrauch, sondern kommen Sie auf uns zu. Dann sind wir
in der Lage, einen Kompromiss zu finden.
Ich will ein weiteres Beispiel nennen,
({14})
nämlich die Forderung von Rot-Grün dass ortsübliche
Löhne gezahlt werden müssten. Sie sagen, unsere Forderung, dass eine Beschäftigung auch zu untertariflichen
Löhnen angenommen werden muss, sei unsozial.
({15})
Ich frage Sie an dieser Stelle: Ist es sozial, wenn ein Lagerarbeiter in den neuen Bundesländern, der nur einen
Job gefunden hat, der unter Tarif bezahlt wird, mit seinen Steuern und Abgaben dafür sorgen muss, dass ein
anderer Arbeitsloser weiterhin Arbeitslosengeld erhält,
weil Sie ihm den Weg zu einer untertariflichen Beschäftigung versperren? Das ist nicht sozial.
({16})
All Ihre Rezepte haben nicht zu einem erkennbaren
Gesundungsprozess am Arbeitsmarkt geführt. Es wird
Zeit für eine neue Politik, die bei den Menschen wieder
Vertrauen erzeugt und die nachprüfbar neue Arbeitsplätze schafft. Sozial ist es nicht, wenn man nur über
neue Arbeitsplätze spricht; sozial ist, nachprüfbar neue
Arbeitsplätze zu schaffen. Dieses Ziel haben Sie bisher
nicht erreicht und werden es auch mit diesem Placebogesetz nicht erreichen.
({17})
Nächste Rednerin ist die Kollegin Petra Pau.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die PDS im Bundestag wird gegen die vorliegenden Gesetze stimmen; denn mit Hartz III und Hartz IV wird es
nicht weniger Arbeitslose geben, sondern mehr arme Arbeitslose. Der ganze Ansatz, die Philosophie der Gesetze, stimmt nicht. Sie wollen die Auswirkungen des
Versagens der Politik privatisieren und die davon Betroffenen zur Kasse bitten. Das ist falsch und das lehnen wir
ab.
Ich hörte dasselbe von den so genannten Abweichlern
bei Rot-Grün. „Abweichler“ war in Ihrer Debatte als
Schimpfwort gemeint. „Dissident“ hätte wohl zu positiv
geklungen. Über den vermeintlichen Unterschied können wir gelegentlich einmal diskutieren.
Nun verweisen die Sprecherinnen und Sprecher von
SPD und Grünen darauf, es habe inzwischen Verbesserungen gebeten, was die Opposition zur Rechten wiederum beklagt. Die Substanz dieser Gesetze bleibt aber:
Der Sozialstaat wird nicht um-, sondern abgebaut. Dagegen ist die PDS im Bundestag.
({0})
Eine übergroße Abbruchkoalition ist allerdings dafür.
Sie reicht von der SPD bis zur CDU/CSU und von den
Grünen bis zu den Unternehmerverbänden. Aus den Gewerkschaften kamen zwar Widerworte, allerdings kein
Widerstand. Auch das gehört zur Vorbilanz der heute anstehenden Entscheidungen.
Am 1. November wird es in Berlin eine bundesweite
Demonstration gegen den unsozialen Kurs, der mit der
Agenda 2010 verbunden ist, geben. Sie kommt spät, aber
ich werbe dennoch für diese Demonstration;
({1})
denn das, was hier sozial kalt durchgestimmt wird, führt
in anderen - nicht nur wärmeren - Ländern zu belebendem Generalwiderstand.
Nun komme ich noch zu zwei Besonderheiten. Sie,
Herr Bundeskanzler, haben Ihr politisches Schicksal daran geknüpft, ob Sie heute eine rot-grüne Mehrheit erzwingen können. Das ist Machogehabe - allemal, wenn
es regelmäßig wiederholt wird.
({2})
Es gibt aber noch einen zweiten Punkt, der sehr viel
schwerer wiegt. Sie wissen, dass die Gesetze, über die
heute abgestimmt wird, für den Osten untauglich, ja Gift
sind. Das unterscheidet den
Ex-Kanzler Kohl hat die
Menschen im Osten belogen, Sie aber schreiben sie ab.
Das finde ich noch viel schlimmer.
({0})
Der Schriftsteller und Soziologe Wolfgang Engler hat
analysiert: „Mit der Hoffnung auf Arbeit ging die Arbeit
an der Hoffnung verloren.“ Er beschrieb den Osten zehn
Jahre nach der Vereinigung. Seitdem ist Rot-Grün am
Werk und verfolgt ein weiteres Programm zur Beerdigung der Hoffnung für die ganze Bundesrepublik.
Ich habe Ihnen hier in Debatten schon mehrfach vorgerechnet, dass man 50 Arbeitslose nicht auf eine freie
Stelle vermitteln kann. Ich habe Ihnen auch vorgerechnet, dass allein die Senkung der Arbeitslosenhilfe Millionen Menschen in Armut stürzen, zusätzliche Konkurse
bringen und damit die Arbeitslosigkeit noch forcieren
wird. Um das zu erkennen, muss man nicht in der PDS
sein, man muss schlicht und einfach nur rechnen können.
Allein in den neuen Bundesländern werden die Beschlüsse von heute einen zusätzlichen Kaufkraftverlust
von 1,8 Milliarden Euro bewirken. Ähnlich wird es in
den großen Regionen der alten Bundesländer aussehen,
wie im Saarland, in Oberfranken und anderswo. Anders
gesagt: Sie bürden heute den Armen die Lasten auf und
begünstigen weiter jene, denen es ohnehin besser geht.
Das ist bei den Steuern so. Dies trifft die Länder. Sie
nennen das heute hier mutige Reformen. Ich nenne das
schlicht politische Kapitulation.
({1})
Noch gibt es in unserem Land eine Sozialpflicht der
Unternehmer und das Gebot der gleichen Lebenschancen für alle. Sie deuten das alles ohne Recht und Vernunft um. Ich nenne ein ganz konkretes Beispiel: Hier in
Berlin, in Reinickendorf, gibt es ein namhaftes Unternehmen. Vergangenes Jahr entließ es Spezialisten, weil es an
Aufträgen mangelte. Nun werden dieselben Spezialisten
zum halben Lohn wieder unter Vertrag genommen - nicht
als Mitarbeiter, sondern als Ich-AGs. Die rot-grüne Wundertüte entpuppt sich also als Abbaukröte - zur Freude der
FDP und zum Schaden für die Betroffenen.
Die Medien werden heute nur zählen, ob es eine
Kanzlermehrheit gibt oder nicht. Das mag zwar spannend sein. Weitreichender ist aber die geistig-moralische
Wende, die Rot-Grün forciert und in Gesetze fasst. Wer
arm dran ist, ist selbst schuld und gehört bestraft - das ist
der Kern Ihres Gesetzes. Die PDS dagegen wirbt für ihre
Agenda Sozial. Sie liegt als moderne Alternative vor.
Wir wollen Reformen zum Besseren.
Liebe Genossinnen und Genossen von der SPD, einen
Schlusssatz erspare ich Ihnen nicht: Sie beschließen
heute nicht mehr und nicht weniger als Ihre Absage an
Bebel und Brandt. Auch deshalb stimmt die PDS im
Bundestag mit Nein.
({2})
Nächste Rednerin ist die Kollegin Karin Roth, SPDFraktion.
({0})
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Von der Zusammenführung der Sozialhilfe und
der Arbeitslosenhilfe, also zweier steuerfinanzierter
Leistungen, sind in unserem Land vier Millionen Menschen betroffen. Sie erwarten von uns zu Recht, dass ihre
materielle Situation gesichert ist. Sie erwarten aber auch,
dass sie die Möglichkeit erhalten, besser in Arbeit integriert zu werden. Es ist schon eine unglaubliche Zumutung für diese Menschen, Herr Ministerpräsident Koch,
wie Sie über diese Schicksale sprechen. Das haben die
Menschen in diesem Land nicht verdient.
({0})
Wir setzen auf Aktivierung der Betroffenen, indem
sie gezielt gefördert werden, und wir setzen auf ihre Beteiligung, indem wir von ihnen Verantwortung fordern.
({1})
Erstmals gibt es die Öffnung für bisher erwerbsfähige
Sozialhilfeempfänger; so integrieren wir 900 000 Menschen in eine neue Leistung. Damit haben sie Zugang zu
allen Leistungen und Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik.
({2})
Auch diejenigen, die bisher keinen Anspruch auf aktive
Arbeitsmarktmaßnahmen hatten, erhalten Zugang zu
diesen Leistungen. Dazu gehört auch, dass die Langzeitarbeitslosen, die keine Arbeit finden, in Arbeitsmarktprojekte integriert werden können.
Nun ein zweites Mal zu Ihnen, Herr Koch: Sie haben
vorgeschlagen, alle Langzeitarbeitslosen im Rahmen
von ehrenamtlicher Arbeit zu beschäftigen. Was bedeutet das für die Kommunen? Das bedeutet, dass in allen Bereichen 1,5 Millionen Arbeitsplätze geschaffen
werden müssen. Das heißt, Sie wollen einerseits in den
Kommunen eine gigantische, staatlich geförderte Beschäftigungsgesellschaft gründen
({3})
und andererseits den Handwerkern und dem Mittelstand
die Aufträge wegnehmen. Das ist aus meiner Sicht keine
Mittelstandspolitik. Sie vernichten Arbeitsplätze im ersten Arbeitsmarkt, obwohl Sie angeblich das Gegenteil
erreichen wollen.
({4})
Wir machen eine gezielte Förderung der Langzeitarbeitslosen. Wir versuchen, sie aus ihrer Isolation herauszuholen, indem wir ihr Selbstbewusstsein stärken,
und setzen darauf, dass sie danach wieder in Arbeit integriert werden. Das ist die einzig reale Chance, damit
sie ein gleichwertiges Mitglied in der Gesellschaft bleiben.
Es geht um Schicksale von Menschen, die ihre Arbeit
verloren haben. Es geht darum, diesen Menschen wieder
Karin Roth ({5})
eine Arbeitsperspektive und damit auch eine Lebensperspektive zu geben. Das ist unsere soziale und sozialdemokratische Verantwortung.
({6})
Es ist allemal besser, Arbeit anstatt Arbeitslosigkeit zu
finanzieren. Deshalb öffnen wir den Zugang zu allen
Leistungen für alle Erwerbsfähigen, auch für jene, die
keine passiven Leistungen im Rahmen des Arbeitslosengeldes II erhalten.
Eine gute Botschaft geht insbesondere an die Frauen. Sie
erhalten nunmehr besondere Eingliederungsmaßnahmen;
denn Kindererziehung darf kein Eingliederungshemmnis
sein. Es ist vorgesehen, den Frauen eine Betreuung der Kinder anzubieten. Wir wollen die Erwerbstätigkeit der
Frauen in Verbindung mit Betreuungsmaßnahmen unterstützen und fördern. So sieht für uns Vereinbarkeit von
Beruf und Familie aus; das ist aktive Frauen-, Gleichstellungs- und Familienpolitik.
({7})
Das gilt insbesondere für die Berufsrückkehrerinnen,
denn auch sie sollen nach unserem Willen Zugang zu arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen haben. Auch die
Kommunen werden entlastet, denn 1,5 Milliarden Euro
werden wir für Kinderbetreuung im Rahmen des Länderfinanzausgleichs zur Verfügung stellen.
({8})
Das ist ein ganz wichtiges Signal für die Frauenpolitik.
Darüber hinaus beziehen wir jetzt die Arbeitslosengeld-II-Bezieher in die Rentenversicherung ein; das betrifft insbesondere die bisherigen Sozialhilfeempfänger.
So sieht aus unserer Sicht soziale Gerechtigkeit aus. Interessant ist, dass nun endlich auch die Union entdeckt,
dass man den Personenkreis der Arbeitslosengeld-II-Bezieher nicht von Anfang an mit Sozialhilfeempfängern
gleichstellen kann, wie es der Herr Koch in seinem Existenzgrundlagengesetz vorschlägt. Die CDU/CSU schlägt
nunmehr vor, für ein Jahr einen Zuschlag für Arbeitslosenhilfebezieher vorzusehen. Jetzt frage ich die Union
und vor allen Dingen Sie, Herr Laumann, welche neuen
Erkenntnisse die CDU hat, dass sie einen solchen Sinneswandel vollzieht. Wollen Sie mit diesem Vorschlag
etwa eine neue Sozialdemokratisierung der CDU auf den
Weg bringen? Dann müssen Sie sich allerdings noch mit
Herrn Koch abstimmen, denn der ist offensichtlich dagegen.
({9})
Ich denke allerdings, dass es sich hier vielmehr um eine
späte Einsicht handelt, dass unser Vorgehen richtig ist.
Insofern könnte die CDU ja heute unserem Gesetz zustimmen.
({10})
Sie könnte nicht nur aus diesem Grund, sondern auch
deshalb zustimmen, weil wir die Anrechnungsvoraussetzungen von Vermögen in einem wichtigen Punkt verändert haben. Wir gewähren nämlich für die private
Altersvorsorge einen zusätzlichen Freibetrag von
200 Euro pro Lebensjahr, unabhängig davon, wie die
Altersversorgung gestaltet ist. Zukünftig können dann
eben auch diejenigen, die eine Lebensversicherung haben oder andere Altersvorsorgemaßnahmen treffen, das
Arbeitslosengeld II erhalten. Mit dieser wichtigen Regelung verhindern wir Altersarmut, unterstützen wir die
private Altersvorsorge.
Als Letztes zum Punkt Zumutbarkeit von Arbeit: Herr
Koch, Sie müssten eigentlich die Gesetze der Bundesrepublik Deutschland kennen. Ihr Vorschlag ist nach unserem Bürgerlichen Gesetzbuch sittenwidrig.
({11})
Ein Lohn, der beispielsweise 30 Prozent unter der ortsüblichen Entlohnung liegt, ist gesetzes- und damit sittenwidrig.
({12})
Wir schlagen im Gesetz eine Regelung vor, die die
Zumutbarkeit der Annahme von Arbeit an tariflich
festgesetzte bzw. ortsübliche Löhne bindet. Damit leisten wir einen Beitrag zur Sicherheit und sozialen Gerechtigkeit. Vor allen Dingen ist das ein Beitrag dazu,
dass die Menschen für die Arbeit, die sie leisten, einen
gerechten Lohn erhalten und nicht dafür bestraft werden,
dass sie früher einmal arbeitslos waren.
({13})
Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist zu Ende.
Zu guter Letzt können Sie, meine Damen und Herren,
froh sein, dass wir mit diesem Gesetz ein verpflichtendes
Angebot für die Jugendlichen schaffen. Damit geben wir
das eindeutige Signal, dass Jugendliche nach der Schule
nicht in die Arbeitslosigkeit entlassen werden dürfen.
Ich erwarte von der Union und von der Wirtschaft, dass
sie dazu beitragen, dass dies auch gelingt.
({0})
Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege KarlJosef Laumann, CDU/CSU-Fraktion.
({0})
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Ich glaube, dass heute Morgen in dieser Debatte
noch einmal wieder sehr deutlich geworden ist: Unser
größtes Problem in Deutschland ist, dass wir seit Jahren
eine große Wachstumsschwäche haben, die zu einer Beschäftigungskrise geführt hat. Unser Problem in
Deutschland ist, Herr Clement, dass wir zurzeit eine
Bundesregierung haben, die überhaupt keine Philosophie hat, womit Deutschland in Zukunft sein Geld verdienen soll, um den Staat zu finanzieren und unseren
Wohlstand erhalten zu können. Da sind Sie richtungslos,
darauf haben Sie keine Antwort.
({0})
Darauf gibt auch dieses Gesetz keine Antwort. Dieses
Gesetz ist ohnehin nur notwendig geworden, weil diese
Regierung keine Antworten gefunden hat. Innerhalb von
diesen knapp fünf Jahren rot-grüner Regierung sind in
unserem Land die Energiepreise aufgrund neuer staatlicher Belastungen erheblich gestiegen. So etwas ist
nicht beschäftigungsfördernd; das wissen Sie genauso
gut wie ich. Der Wirtschaftsminister hat das vor Wochen
thematisiert, aber man hat ihm die Zuständigkeit entzogen und diese Bundesregierung unternimmt gar nichts,
um die Kostenentwicklung, die wir in diesem Bereich
haben, zumindest zu dämpfen.
({1})
Ich nehme einen weiteren Bereich: Sie haben gesagt,
wir müssten die Bürokratie in diesem Land abbauen.
Jetzt lese ich in den Zeitungen, dass die Kompetenz für
den Bürokratieabbau von Ihrem Haus in das Innenministerium wechselt. Das ist ungefähr so, als wenn Sie die
Frösche fragen, ob der Sumpf ausgetrocknet werden soll.
Wir brauchen in Deutschland eine Deregulierung.
({2})
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Mikrofonanlage
ist nicht mehr lauter einzustellen. Es klappt nur, wenn
die Kolleginnen und Kollegen leiser sind. Bitte hören
Sie dem letzten Redner noch zu! Dann ist er auch in den
mittleren und hinteren Reihen verständlich.
Bitte schön, Herr Kollege Laumann.
({0})
Danke schön, Frau Präsidentin.
Natürlich brauchen wir die betrieblichen Bündnisse
für Arbeit.
({0})
Ich werde nie begreifen, warum es in Deutschland möglich ist, im Krisenfall alles zu machen, was die Gewerkschaften befürchten - etwa einen Sozialplan aufzustellen -, aber im Vorfeld nichts getan wird, um das Problem
erst gar nicht entstehen zu lassen, nämlich dass die Menschen langzeitarbeitslos werden und Sozialpläne überhaupt erstellt werden müssen. Ich werde es einfach nicht
begreifen, warum es nicht geht, dass man sich vorher
vernünftig darüber unterhält.
({1})
Ich glaube auch, dass wir in Deutschland durch mehr
Arbeit zu mehr Beschäftigung kommen müssen. Wir
brauchen längere Wochen-, Jahres- und Lebensarbeitszeiten.
({2})
Ich bin ganz sicher, dass kein Weg daran vorbeiführt, anders aus dieser Beschäftigungskrise herauszukommen.
Es wäre das erste Mal in der Geschichte der Erde, dass
ein Volk, das in einer Krise steckt, durch weniger Arbeit
aus dieser Krise herauskommt. Das hat es in der Vergangenheit auf jeden Fall noch nie gegeben.
({3})
Deswegen gehen Sie in Ihrem Gesetzentwurf mit den
Veränderungen zur Altersteilzeit wieder einen verkehrten Weg, indem Sie das Eintreten in den Vorruhestand
noch leichter machen. Es ist schon verrückt, dass diese
Regierung auf der einen Seite die Rürup-Kommission
einsetzt, in der man davon redet, das Renteneintrittsalter
zu erhöhen, und gleichzeitig im Bundestag Gesetze einbringt, mit denen der Vorruhestand in Deutschland zementiert wird. Ich kann das einfach nicht begreifen.
({4})
Herr Clement, zu einer wahrhaften Politik, die unsere
Probleme löst, gehört auch, dass man sich nichts mehr
vormacht. Hartz - das war eine Schöpfung gewaltiger
Worte.
({5})
Die „Quick-Vermittlung“ - wissen Sie überhaupt noch,
dass Sie das bei Hartz II drin hatten? - sollte
300 000 Jobs bringen. Aus dem Quickie ist nichts geworden. Das ist die Wahrheit.
({6})
Heute hat sich Herr Clement hier ans Rednerpult gestellt und gesagt: Die PSAs sind ein Erfolg. Wir haben
870 PSAs und 900 Vermittlungen, das heißt, pro PSA
eine Vermittlung. Herr Clement, glauben Sie wirklich,
dass uns das aus der Krise führt und das ein Angebot für
die 4 Millionen Leute ist, über die wir heute Morgen reden? Das können Sie als einigermaßen normal denkender Mensch doch gar nicht glauben; es glaubt Ihnen ohnehin schon keiner mehr.
Das Problem ist, dass Sie sich etwas vormachen, wie
wir den Arbeitsmarkt in den Griff bekommen. Das Gesetz, das Sie vorlegen, ist so nicht zustimmungsfähig,
weil Sie sich in vielen entscheidenden Punkten etwas
vormachen.
({7})
- Dazu kommen wir gleich.
Zur Trägerschaftsfrage. Man muss schon ein großer
Optimist sein, wenn man glaubt, es könne funktionieren,
dass man die Kompetenz bei der Bundesanstalt für Arbeit ansiedelt, obwohl diese zurzeit im schwersten Umbau ihrer Geschichte ist. Es wird nicht funktionieren.
Das ist auch der Unterschied zu dem, was wir in unserem Gesetz vorschlagen. Wir brauchen den Wettbewerb
der Ideen für Beschäftigung. Einen solchen Wettbewerb
bekommen Sie in Hunderten von Kommunen und Landkreisen eher hin als bei der zentralen Bundesanstalt für
Arbeit.
({8})
Wir von der Union wollen, dass sich unsere Gemeinderäte, unsere Kreistage und die Stadträte damit beschäftigen, was mit den Mitbürgerinnen und Mitbürgern in
der Kommune, die zurzeit keine Beschäftigung haben,
geschehen soll. Sie sollen sich fragen, wie man den
Menschen eine Sinnerfüllung im Leben geben und
gleichzeitig in der Gemeinde Leistungen anbieten kann,
von denen die Leute sagen: Es ist gut, dass es in unserer
Gemeinde diese Leistungen gibt. - Das kann doch nicht
besser funktionieren, als wenn das die Kommunalpolitik
entscheidet.
Deswegen werden wir im Vermittlungsausschuss eine
Lösung finden müssen, bei der diese kommunalpolitischen Elemente mit den Kompetenzen der Bundesanstalt
zusammengeführt werden.
Ich wünsche mir aber, dass die Kommunalpolitiker
auf dieser Veranstaltung Mut aufbringen; schließlich
sind sie durch Wahlen demokratisch legitimiert. Die
Bundesanstalt hingegen ist nicht viel mehr als ein
Machtkartell in einer nicht mehr funktionierenden
Selbstverwaltung. Das ist doch die Wahrheit!
({9})
In Ihrem Gesetzentwurf haben Sie definiert, welche
Arbeit als zumutbar gilt. Herr Clement, ich frage Sie:
Haben Sie nicht gesehen, welcher Regelung Sie an dieser Stelle zugestimmt haben? Wenn zum Beispiel ein
junger Schlosser arbeitslos wird, der vorher zum Tariflohn gearbeitet hat
({10})
- er wird arbeitslos, weil seine Firma durch Ihre Politik
in die Insolvenz gegangen ist -, dann muss er eine Beschäftigung annehmen, deren Bruttoentgelt sein früheres
Gehalt bis zu 20 Prozent unterschreiten kann. Das ist
derzeit geltendes Recht in der Arbeitslosenversicherung.
Wird dieser Mensch demnächst, wenn es das neue
Arbeitslosengeld II gibt, arbeitslos, dann ist er nur noch
gehalten, eine Beschäftigung mit einem Bruttoentgelt in
der Höhe des Tariflohns anzunehmen. Wollen Sie das
wirklich? So ist es im Gesetzentwurf vorgesehen, lieber
Herr Clement. Das ist die Wahrheit.
({11})
Ich bin mir ziemlich sicher, dass Sie selber diese Regelung im Vermittlungsausschuss revidieren werden und
dass Sie froh darüber sind, dass es den Vermittlungsausschuss gibt, damit diese Regelung letztlich verhindert
wird. Denn sie funktioniert einfach nicht.
Wir müssen noch über eine weitere Frage diskutieren.
Ich bin mir völlig darüber im Klaren, dass wir in unserem Land nur dann richtig Geld verdienen können, wenn
die Menschen gut ausgebildet sind, wenn es hoch innovative Betriebe mit toll ausgebildeten Mitarbeitern gibt,
wenn die großen Forschungsstandorte mit den Hochschulen und Fachhochschulen vernetzt sind. Dabei müssen wir aber eines sehen: Für einen bestimmten Teil der
Bevölkerung sind auch einfach strukturierte Tätigkeiten
erforderlich. Das Dilemma ist, dass diese Arbeit in den
vergangenen zehn bis 15 Jahren in die Billiglohnländer
abgewandert ist, während die Menschen - die zudem in
aller Regel unbeweglicher sind als andere -, die solche
Aufgaben brauchen, unverändert in Deutschland wohnen. Unserem Menschenbild entspricht es nun - es geht
nicht, wie Sie meinen, um Lohndrückerei; wir haben es
nicht nötig, uns das von Ihnen vorhalten zu lassen -,
({12})
dass auch diese Menschen in dieser modernen Industrie-,
Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft Platz finden
müssen.
({13})
Das wird nicht nur in den staatlich geschützten Bereichen möglich sein. Es muss vielmehr auch im ersten Arbeitsmarkt gewährleistet werden. Dabei ist unsere Philosophie - Herr Koch hat das bereits ausgeführt -, dass
Menschen, die acht Stunden am Tag einer solchen Beschäftigung nachgehen, mehr Geld bekommen sollen,
als wenn sie beschäftigungslos sind. Das ist auch in sozialpolitischer Hinsicht eine vernünftige Position.
({14})
Wir müssen uns also darüber verständigen, wie wir
die Situation in den Griff bekommen können. Ich glaube
nicht, dass uns der Niedriglohnbereich wirtschaftspolitisch entscheidend nach vorne bringen wird. Er ist aber
notwendig, um für einen bestimmten Prozentsatz von
Menschen, die eine bestimmte Veranlagung haben, Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen, die diese brauchen, um sich in die Gesellschaft einbringen und an der
Arbeitswelt dieser Gesellschaft als vollwertige Mitglieder teilnehmen zu können.
({15})
Liebe Frau Kollegin Roth, Sie haben eben gesagt,
eine Beschäftigung, deren Entlohnung 30 Prozent unter
ortsüblich liegt, sei sittenwidrig. Das kann man so sehen.
Aber sittenwidrig ist es erst recht, gar nichts anzubieten.
Ein Problem sind die hohen Abgaben. Eine Politik, die
den Normalverdienern mittlerweile 50 Prozent ihres Gehaltes wegnimmt, ist viel sittenwidriger als Arbeit im
Niedriglohnbereich. Auch davon bin ich zutiefst überzeugt.
({16})
Wir müssen nun im Vermittlungsausschuss zu einer
Lösung kommen. Ich kann Ihnen nur sagen: Wir, die
Union, werden nur etwas mittragen, das auch funktionieren wird. Wir können uns angesichts von 4,3 Millionen
Arbeitslosen nicht erlauben, ein so schlechtes Gesetz zu
machen, wie das unter dieser Bundesregierung - zum
Beispiel beim Dosenpfand oder bei der Maut - üblicherweise der Fall ist. Wir müssen vielmehr eine Lösung finden, die auch tatsächlich funktioniert.
Schönen Dank.
({17})
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich erteile dem
Wirtschafts- und Arbeitsminister Clement das Wort zu
einer Kurzintervention.
({0})
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Ich möchte die Debatte nicht fortsetzen, sondern
nur auf einen Punkt hinweisen, der auch schon von anderen Kollegen erwähnt worden ist. Herr Kollege
Laumann, Sie unterliegen einem Irrtum, wenn Sie unterstellen, dass ein arbeitsloser Schlosser - dieses Beispiel
haben Sie gerade angeführt - nur in seinen Beruf und nur
zu Tarifbedingungen wieder vermittelt werden könne.
Dass das ein Irrtum ist, ist Ihnen schon im Ausschuss
mehrfach dargelegt worden.
Im Gesetzentwurf heißt es: Prinzipiell ist jede Arbeit
zumutbar. Es gibt also keinen Berufsschutz. Ein gelernter Schlosser kann also auch in einen anderen Beruf vermittelt werden. Wenn er in einen anderen Beruf vermittelt wird, dann geschieht das zu tariflichen Bedingungen
oder - soweit nicht vorhanden - zu dem ortsüblichen
Entgelt. So ist die Regelung. Deshalb ist das Klischee,
auf das Sie, Herr Laumann - ich glaube, auch der Kollege Singhammer hat das getan -, mehrfach zurückgegriffen haben, schlichtweg falsch. Die Regelung ist so,
wie ich Ihnen das gerade dargestellt habe. Ich wäre
dankbar, wenn das in den künftigen Diskussionen beachtet werden könnte.
({0})
Zur Erwiderung auf die Kurzintervention des Wirtschafts- und Arbeitsministers gebe ich dem Kollegen
Laumann das Wort.
Herr Minister, da Sie mich persönlich angesprochen
haben, möchte ich an dem bereits erwähnten Beispiel
klarstellen, welche Folgen Ihr Gesetz haben wird: Ein
Schlosser, der zu Tariflohn beschäftigt ist, wird arbeitslos. Er muss in den ersten Monaten, in denen er Arbeitslosengeld bezieht - das ist geltendes Recht in Deutschland -, eine Stelle als Schlosser oder jede andere
annehmen - damit haben Sie Recht -, bei der er
20 Prozent weniger Lohn erhält als vorher. Wenn er vor
seiner Arbeitslosigkeit zu Tariflohn beschäftigt war und
dann wieder als Schlosser arbeitet, dann bedeutet das
also, dass er 20 Prozent unter Tarif bezahlt wird. Das ist,
wie gesagt, die heutige Rechtslage.
Wenn man den gleichen Fall unter den Bedingungen
des neuen Arbeitslosengeldes II durchdekliniert, dann
stellt man fest, dass ein arbeitsloser Schlosser die Annahme einer solchen Stelle mit Verweis auf den Tariflohn verweigern kann. Diese Regelung haben Sie im
Gesetzentwurf verankert. Das ist Irrsinn, das ist
Schwachsinn, das ist falsch. Dabei bleiben wir.
({0})
Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über die von den Frak-
tionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen so-
wie von der Bundesregierung eingebrachten Entwürfe
eines Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am
Arbeitsmarkt, Drucksachen 15/1515 und 15/1637. Dazu
liegen etliche schriftliche Erklärungen nach § 31 der Ge-
schäftsordnung vor.1)
({0})
- Bevor wir zur namentlichen Abstimmung kommen,
müssen wir eine einfache Abstimmung durchführen.
Bitte eilen Sie also jetzt noch nicht zur Urne.
Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit empfiehlt
unter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 15/1728, die genannten Gesetzentwürfe als
Drittes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeits-
markt in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte
diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfas-
sung zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Gegen-
stimmen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist da-
mit in zweiter Beratung mit den Stimmen der Koalition
gegen die Stimmen der CDU/CSU und der FDP ange-
nommen.
Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Die Fraktionen der SPD und
des Bündnisses 90/Die Grünen verlangen namentliche
Abstimmung. Ich bitte die Schriftführerinnen und
Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen.
Sind alle Urnen besetzt? - Das ist der Fall. Ich eröffne
die Abstimmung.
Gibt es ein Mitglied des Hauses, das seine Stimme
noch nicht abgegeben hat? - Ich frage noch einmal: Sind
alle Stimmen abgegeben oder gibt es ein Mitglied des
Hauses, das seine Stimme noch nicht abgegeben hat? -
Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Abstim-
mung. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer,
mit der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis der Ab-
stimmung wird Ihnen später bekannt gegeben.2)
1) Anlagen 2 und 3
2) siehe Seite 5794 D
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir setzen die Ab-
stimmungen fort. Ich bitte Sie, die Lobby freizumachen
und Ihre Plätze einzunehmen.
Abstimmung über den von den Fraktionen der SPD
und des Bündnisses 90/Die Grünen eingebrachten Ent-
wurf eines Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistun-
gen am Arbeitsmarkt, Drucksache 15/1516. Auch hierzu
liegen uns Erklärungen zur Abstimmung nach § 31 unse-
rer Geschäftsordnung vor.1) Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit empfiehlt unter Buchstabe b seiner
Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/1728, den Gesetzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich
bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der CDU/CSU
und der FDP angenommen.
Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Die Fraktionen der SPD und
des Bündnisses 90/Die Grünen verlangen namentliche
Abstimmung. Ich bitte die Schriftführerinnen und
Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. Sind die Plätze an den Urnen besetzt? - Das ist der Fall.
Dann eröffne ich die Abstimmung.
({1})
Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das noch
nicht die Gelegenheit hatte, seine Stimme abzugeben? -
Ich sehe keine entsprechenden Signale. Dann schließe
ich jetzt die Abstimmung. Ich bitte die Schriftführerin-
nen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen.
Auch das Ergebnis dieser Abstimmung werden wir spä-
ter bekannt geben.2)
Unter Buchstabe g seiner Beschlussempfehlung auf
der Drucksache 15/1728 empfiehlt der Ausschuss die
Annahme einer Entschließung. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Wer stimmt gegen diese Beschlussempfehlung? - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist bei weitgehender Abstinenz im
Abstimmungsverhalten der meisten Anwesenden angenommen.
({0})
Es würde die Präzision des Verfahrens fördern, wenn
sich diejenigen, die im Saal sind, auch an der Abstim-
mung beteiligten, und diejenigen, die das nicht wollen,
den Plenarsaal verließen.
Wir sind immer noch bei Tagesordnungspunkt 19 a
und stimmen nun über den von der Fraktion der CDU/
CSU eingebrachten Gesetzentwurf zur Sicherung der
1) Anlagen 2 bis 7
2) siehe Seite 5799 C
Existenzgrundlagen auf Drucksache 15/1523 ab. Hierzu
liegt eine Reihe von schriftlichen Erklärungen nach § 31
unserer Geschäftsordnung vor, die wir dem Protokoll
beifügen.3)
Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit empfiehlt
unter Buchstabe c seiner Beschlussempfehlung auf der
Drucksache 15/1728, den Gesetzentwurf abzulehnen.
Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen
wollen, um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? -
Wer möchte sich enthalten? - Der Gesetzentwurf ist in
zweiter Beratung abgelehnt. Damit entfällt nach unserer
Geschäftsordnung die weitere Beratung.
Wir stimmen nun über den von der Fraktion der CDU/
CSU eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Ände-
rung des Grundgesetzes - Einfügung eines Art. 106 b -
ab. Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit empfiehlt
unter Buchstabe d seiner Beschlussempfehlung auf der
Drucksache 15/1728, den Gesetzentwurf auf der Druck-
sache 15/1527 abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzei-
chen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Der
Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung abgelehnt. Damit
entfällt nach unserer Geschäftsordnung die weitere Bera-
tung.
Wir setzen die Abstimmung über die Beschlussemp-
fehlungen des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit auf
der Drucksache 15/1728 fort. Der Ausschuss empfiehlt
unter Buchstabe e seiner Beschlussempfehlung die Ab-
lehnung des Antrags der Fraktion der FDP auf Druck-
sache 15/1531 mit dem Titel „Arbeitslosenhilfe und
Sozialhilfe zu einem beschäftigungsfördernden kommu-
nalen Sozialgeld zusammenführen“. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? - Wer stimmt dagegen? - Wer
enthält sich? - Die Beschlussempfehlung ist angenom-
men.
Unter Buchstabe f seiner Beschlussempfehlung emp-
fiehlt der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der
FDP-Fraktion auf Drucksache 15/1576 mit dem Titel
„Neuordnung der Bundesanstalt für Arbeit“. Wer stimmt
für diese Beschlussempfehlung? - Wer stimmt dage-
gen? - Wer enthält sich? - Die Beschlussempfehlung ist
angenommen.
Wir kommen nun zu Zusatzpunkt 6. Interfraktionell
wird die Überweisung der Vorlage auf der Drucksache
15/1594 an die in der Tagesordnung aufgeführten Aus-
schüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? -
Das ist offensichtlich der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.
Da mir die Ergebnisse der namentlichen Abstimmun-
gen noch nicht vorliegen, möchte ich, Ihr Einverständnis
vorausgesetzt, in der Tagesordnung fortfahren. Die Er-
gebnisse der namentlichen Abstimmungen kann ich Ih-
nen auch während der Debatte mitteilen. - Dazu gibt es
offenkundig keinen Widerspruch.
3) Anlagen 4, 8 und 9
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 20 a bis 20 i sowie
die Zusatzpunkte 7 und 8 auf:
20 a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Haushaltsbegleitgesetzes 2004 ({1})
- Drucksachen 15/1502, 15/1639 ({2})
Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses ({3})
- Drucksachen 15/1750, 15/1751 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Steffen Kampeter
Walter Schöler
Otto Fricke
b) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes und anderer
Verbrauchsteuergesetze
- Drucksache 15/1313 ({4})
aa) Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses ({5})
- Drucksache 15/1726 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Horst Schild
Hans Michelbach
bb)Bericht des Haushaltsausschusses ({6}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
- Drucksache 15/1735 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Steffen Kampeter
Walter Schöler
Jürgen Koppelin
c) - Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Förderung der Steuerehrlichkeit
- Drucksachen 15/1521, 15/1661 ({7})
- Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/
DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Förderung der Steuerehrlichkeit
- Drucksachen 15/1309 ({8})
- Zweite und dritte Beratung des von den
Abgeordneten Dr. Hermann Otto Solms,
Dr. Andreas Pinkwart, Rainer Brüderle, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
vereinfachten Nachversteuerung als Brücke in die Steuerehrlichkeit
- Drucksache 15/470 ({9})
aa) Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses ({10})
- Drucksache 15/1722 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Gabriele Frechen
Heinz Seiffert
bb)Bericht des Haushaltsausschusses ({11}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
- Drucksache 15/1724 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Steffen Kampeter
Walter Schöler
Abg. Antje Hermenau
Otto Fricke
d) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses ({12}) zu
dem Antrag der Abgeordneten Dr. Hermann Otto
Solms, Dr. Andreas Pinkwart, Carl-Ludwig Thiele,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Zinsabgeltungsteuer einführen - Fluchtkapital
zurückholen
- Drucksachen 15/217, 15/1722 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Gabriele Frechen
Heinz Seiffert
e) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Umsetzung der Protokollerklärung der
Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung
zum Steuervergünstigungsabbaugesetz
- Drucksachen 15/1518, 15/1665 ({13})
aa) Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses ({14})
- Drucksache 15/1684 Berichterstattung:
Abgeordnete Reinhard Schultz ({15})
Stefan Müller ({16})
bb)Bericht des Haushaltsausschusses ({17}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
- Drucksache 15/1736 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Steffen Kampeter
Walter Schöler
Jürgen Koppelin
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert
f) - Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Reform der Gewerbesteuer
- Drucksachen 15/1517, 15/1664 ({18})
- Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Soforthilfegesetzes für die Gemeinden ({19})
- Drucksache 15/1470 ({20})
aa) Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses ({21})
- Drucksachen 15/1727, 15/1760 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Horst Schild
Heinz Seiffert
bb)Bericht des Haushaltsausschusses ({22}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
- Drucksachen 15/1738, 15/1739 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Steffen Kampeter
Walter Schöler
Jürgen Koppelin
g) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses ({23}) zu
dem Antrag der Abgeordneten Gerda Hasselfeldt,
Peter Götz, Günter Baumann, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion der CDU/CSU
Finanzkraft der Kommunen stärken - Kom-
munale Selbstverwaltung sichern
- Drucksachen 15/1217, 15/1727, 15/1760 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Horst Schild
Heinz Seiffert
h) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Andreas Pinkwart, Dr. Hermann Otto
Solms, Gisela Piltz, weiteren Abgeordneten und
der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes ({24})
- Drucksache 15/1247 ({25})
Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses ({26})
- Drucksache 15/1729 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Joachim Stünker
Marco Wanderwitz
Jerzy Montag
Rainer Funke
i) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses ({27}) zu
dem Antrag der Abgeordneten Hans-Michael
Goldmann, Birgit Homburger, Dr. Christel
Happach-Kasan, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP
Antragsverfahren bei Agrardiesel deutlich
vereinfachen
- Drucksachen 15/833, 15/1261 Berichterstattung:
Abgeordnete Reinhard Schultz ({28})
Norbert Schindler
ZP 7 Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses ({29})
zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Günter
Rexrodt, Jürgen Koppelin, Otto Fricke, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Regierung muss Haushaltssicherungsgesetz
vorlegen
- Drucksachen 15/997, 15/1750, 15/1751 Berichterstattung:
Abgeordnete Steffen Kampeter
Walter Schöler
Otto Fricke
ZP 8 Beratung des Antrags der Abgeordneten CarlLudwig Thiele, Joachim Günther ({30}),
Dr. Andreas Pinkwart, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der FDP
Neugestaltung der Eigenheimzulage
- Drucksache 15/1731 Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss ({31})
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Haushaltsausschuss
Ich weise darauf hin, dass wir über die Entwürfe eines
Haushaltsbegleitgesetzes 2004 und eines Gesetzes zur
Reform der Gewerbesteuer sowie über einen Teil des
Gesetzentwurfs zur Änderung des Grundgesetzes, soweit er die kommunale Finanzreform betrifft, später namentlich abstimmen werden.
Des Weiteren mache ich darauf aufmerksam, dass zu
den genannten Gegenständen mehrere Entschließungsanträge vorliegen.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache 90 Minuten vorgesehen, wobei die FDP
zwölf Minuten erhalten soll. - Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Bundesminister der Finanzen, Hans Eichel, das Wort.
({32})
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Die Gesetzentwürfe, über die wir heute zu beschließen haben, stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Haushalt 2004.
Nach drei Jahren Stagnation sind die Haushaltslage
- ich habe das bereits bei der Einbringung des Haushaltsentwurfs deutlich gemacht - für Bund, Länder und
Gemeinden sowie die Finanzlage der sozialen Sicherungssysteme dramatisch.
({0})
- Herr Michelbach, das wird alles so sein. Damit Sie
nicht zu früh triumphieren, will ich aber auf Folgendes
hinweisen: In meine Amtszeit fallen die niedrigsten
Neuverschuldungen des Bundes. 1999, 2000 und noch
2001 ist die Neuverschuldung heruntergegangen - das
sind Zahlen, die Sie nie erreicht haben -,
({1})
obwohl sich im Jahr 2001 die Defizite der Länderhaushalte bereits vervierfacht haben. Das ist schon spannend.
Auch wenn Herr Koch jetzt nicht mehr hier ist, sage ich
Ihnen: Sehen Sie sich einmal an, was in dieser Zeit zum
Beispiel mit dem hessischen Landeshaushalt passiert ist.
So einfach läuft das nicht!
({2})
Wahr ist aber, dass die Haushaltslage dramatisch ist.
Wahr ist auch, dass sie nach der Steuerschätzung im
November - das kann jeder voraussehen - noch schwieriger werden wird. Es hat keinen Sinn, um diesen Sachverhalt herumzureden, und ich will das auch gar nicht
tun.
Das heißt, dass wir nur erstens mit grundlegenden Reformen, so wie wir sie in dieses Haus eingebracht haben,
also mit den Strukturreformen in allen sozialen Sicherungssystemen, auf dem Arbeitsmarkt, bei der Handwerksordnung und in vielen anderen Bereichen, zweitens mit rigider Haushaltskonsolidierung und drittens
mit Maßnahmen mit dem Ziel, das Wachstum wieder in
Gang zu bringen, auch fiskalisch - das heißt: Vorziehen
der Steuerreform -, dass wir also nur in diesem Dreiklang aus dem Loch herauskommen. Genau dieser Aufgabe müssen wir uns gemeinsam stellen.
({3})
Ohne jedes Problem räume ich ein: Als ich die Konsolidierung 1999 eingeleitet habe - wir befanden uns
damals im Wachstum, es ging weiter bergauf -, war die
Devise - ich habe sie auch vertreten; es war damals richtig -, dass wir Geld aus dem Kreislauf herausnehmen
müssen, und zwar ganz massiv. Dazu ist von Ihrer Seite
immer gesagt worden - ich erinnere mich noch lebhaft -:
So viel kriegst du gar nicht. - Der Bundesrat, um auch
das deutlich zu sagen, war ebenfalls nicht hilfreich. Aber
wir konnten noch viel aus dem Bundeshaushalt herausnehmen.
An der Stelle will ich gleich etwas sagen, weil Sie
sonst wieder mit Vorwürfen kommen: Natürlich haben
wir ausgabenseitig konsolidiert. Wenn man den Bundeshaushalt in Prozent vom Bruttoinlandsprodukt betrachtet, dann liegt er heute 1 Prozentpunkt niedriger als zu
der Zeit, zu der Sie die Regierungsverantwortung abgeben mussten, weil die Wählerinnen und Wähler so entschieden hatten.
({4})
Damit man weiß, was wir da geleistet haben - Sie erwähnen das öffentlich nirgendwo, wie das bei guten
Nachrichten immer so ist -, will ich Ihnen Folgendes sagen: Wir haben beim öffentlichen Dienst ordentlich eingegriffen. Das große wiedervereinigte Deutschland hat
weniger Mitarbeiter des Bundes im öffentlichen Dienst,
als die alte, kleinere westdeutsche Bundesrepublik hatte.
({5})
Heute sind 288 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
beim Bund im öffentlichen Dienst. Das sind weniger, als
die alte westdeutsche Bundesrepublik im Jahr 1970 gehabt hat; damals waren es nämlich 300 000.
Wenn die Bürgerinnen und Bürger sagen, der Staat
solle zuerst bei sich selber sparen - damit haben sie
Recht -, dann stimme ich ihnen zu, sage aber gleichzeitig: Der Staat tut es auch. - Da ich überhaupt keine Gräben aufreißen will, weil im Herbst und im Winter dieses
Jahres die Entscheidungen von den Mehrheiten des Bundesrates und des Bundestages gemeinsam getroffen werden müssen, will ich anerkennen: Sie haben auch schon
damit angefangen. Wir konsolidieren aber auch schon
fünf Jahre lang konsequent und es geht konsequent so
weiter.
({6})
Ich will daran erinnern, dass schon in meinem Konsolidierungskonzept von 1999 stand, dass ich die Gehälter
im öffentlichen Dienst, auch die Beamtengehälter, nur in
Höhe der Inflationsrate anpassen wolle. Wer hat mir das
kaputtgemacht? Es war - Herr Koch ist nicht mehr da der Bundesrat, obwohl in diesem Falle die Länder die
am meisten Begünstigten gewesen wären.
Was wir heute hier auf den Tisch legen und auch in
das Haushaltsbegleitgesetz geschrieben haben, ist die
Absicht, an die Sonderzahlungen im öffentlichen
Dienst zu gehen. Täten das alle Länder, wäre der Gesamtstaat schon weiter, als er sein wird, wenn die Länder
nächstes Jahr die Öffnungsklausel nutzen.
({7})
Meine Damen und Herren, wir gehen konsequent gegen Schwarzarbeit und Steuerhinterziehung vor. Das
will ich ganz leise sagen. Nach dem, was ich von Ihnen,
Herr Merz, gelesen habe, habe ich den Eindruck, dass
Sie nunmehr bereit sind - ich bin sehr gespannt darauf,
was wirklich in Ihrem Vorschlag stehen wird -, die Forderung des Bundesverfassungsgerichtes nach einem
Nachweis dafür, dass jemand seine Steuer entrichtet hat,
zu akzeptieren. Ich hätte mir gewünscht, Sie hätten diesen Nachweis schon im Frühjahr bei unserem Gesetz
zum Abbau von Steuervergünstigungen akzeptiert. Dann
wären wir nämlich einen Schritt weiter.
({8})
Ich sage nachdrücklich: Wir gehen gegen Schwarzarbeit und Steuerhinterziehung nicht mit bürokratischen
Monstergebilden vor - das ist gar nicht mein Thema -,
aber jeder Mensch in diesem Lande muss wissen - dafür
brauchen wir auch eine andere moralische Einstellung;
ich sage das gerade vor dem Hintergrund einer Diskussion, die ich am Donnerstagabend in einer Talksendung
geführt habe -: Man kann hier nicht nur sein Geld verdienen, sondern man muss hier auch seine Steuern bezahlen.
({9})
Anders kann es nicht gehen. Stellen Sie bitte niemanden
als Helden dar, der hier sein Geld verdient, aber lieber
woanders niedrigere Steuern zahlt. Auch da haben wir
eine gemeinsame Verantwortung.
Es ist nicht alles mit dem Einsatz von Polizei zu lösen. Ich will das auch gar nicht. Es ist ganz entscheidend, dass die Menschen in diesem Lande in ihrem Denken und Fühlen eine andere Haltung einnehmen.
Herr Dr. Gerhardt, Sie reden zu Recht davon, dass wir
eine Gesellschaft mit Vollkaskomentalität sind. Schauen
Sie dabei aber bitte nicht nur auf die Arbeitnehmer in
unserem Lande, schauen Sie auf alle, auch auf die Unternehmer.
({10})
Leider ist das überall der Fall. Das muss sich ändern.
({11})
Wir suchen nach Alternativen zu Steuererhöhungen,
trotz des riesigen Haushaltsloches, das wir haben. Ich
sage ganz ausdrücklich: Ich will keine Steuererhöhungen.
({12})
Dann müssen wir aber endlich an die Finanzhilfen und
Steuervergünstigungen herangehen.
({13})
Wenn Sie sich diese Position zu Eigen machen, Herr
Merz, bin ich sehr froh.
Bei den Finanzhilfen, bei denen wir alleine handeln
konnten, sind wir gut vorangekommen. Bei meinem
Amtsantritt beliefen sich die Finanzhilfen des Bundes
auf 11,4 Milliarden Euro. In diesem Jahr sind wir bei
7,7 Milliarden Euro. Der Haushaltsplanentwurf für 2004
sieht noch 7 Milliarden Euro vor. Der mittelfristige Finanzplan bis 2007 geht von 5,4 Milliarden Euro aus. Das
heißt, wir haben bereits im Haushalt 2004 gegenüber
dem, was wir vorgefunden haben, die Finanzhilfen um
rund 40 Prozent abgebaut. Mittelfristig - bis 2007 - werden wir sie um 55 Prozent abgebaut haben. Das betrifft
insbesondere die Steinkohle, aber auch das Wohnungswesen und den Agrarbereich.
Meine Damen und Herren, ich erinnere mich noch an
die Wahlkämpfe. Sie von der Opposition sagten immer:
runter mit den Steuervergünstigungen, runter mit den Finanzhilfen, runter mit den Subventionen! - Aber es geht
doch nicht - das sage ich auch zu Frau Merkel, die im
Moment nicht hier ist -, dass Sie uns dann bei konkreten
Vorschlägen, bei den tief greifenden Vorschlägen, die
wir zur Eigenheimzulage und zur Entfernungspauschale
machen, nie unterstützen.
({14})
Herr Minister, gestatten Sie mir für einen kleinen Augenblick eine Unterbrechung. - Ich würde gerne die Geschäftsführer, die bei ihren eigenen Bemühungen nicht
gänzlich erfolgreich waren, dabei unterstützen, das gebotene Maß an Aufmerksamkeit für die Debatte herzustellen.
({0})
Dazu würde auch sehr beitragen, wenn informelle
Verhandlungsrunden, die sicherlich dringlich sind, nicht
am Rande des Plenarsaals, sondern außerhalb des Plenarsaals durchgeführt würden.
Danke schön Herr Präsident.
Ich rede im Moment nur über Dinge, über die in diesem Haus Einvernehmen besteht. Vielleicht ist das der
Grund für die vielen Gespräche.
({0})
Zurück zu den Steuervergünstigungen. Ich erinnere
mich noch lebhaft, wie viel Prügel wir - vor allen Dingen ich - bezogen haben, als wir vor einem Jahr das Gesetz zum Abbau von Steuervergünstigungen auf den
Tisch gelegt haben.
({1})
Sie haben erklärt, es handele sich um Steuererhöhungen.
({2})
- Ganz vorsichtig! - Auf der Pressekonferenz, die Herr
Koch und Herr Steinbrück gemeinsam abgehalten haben,
hat Herr Koch erstens erklärt, der Abbau von Steuervergünstigungen sei keine Steuererhöhung; das habe er
auch nie anders gesagt.
({3})
Den letzten Teil der Aussage werde ich noch überprüfen.
Er hat zweitens gesagt, man brauche das Geld zur Konsolidierung der Haushalte. Dazu sage ich: wunderbar.
Wenn er diese Einsicht ein Jahr früher gehabt hätte, dann
würden wir schon dieses Jahr weniger Schulden machen.
Das ist wohl wahr.
({4})
Ich bin froh über das, was erreicht wurde. Herr Merz,
zu Ihrem Vorschlag, Steuervergünstigungen generell abzubauen, sage ich wieder: wunderbar. Damit bin ich einverstanden. Sie können daher doch jetzt der Abschaffung der Eigenheimzulage und der Kürzung der
Pendlerpauschale - so schwierig das ist, wie ich sehr
wohl weiß - zustimmen. Sie müssen nicht bis zu einem
fernen Jahr warten. Sie können es jetzt tun.
({5})
In der Anhörung hat sich gezeigt, dass es niemanden
mit ökonomischen Sachverstand mehr gibt, der beispielsweise die Eigenheimzulage für eine vernünftige
Veranstaltung hält. Die Bundesbank sagt: weg; der Sachverständigenrat sagt: weg; die wissenschaftlichen Forschungsinstitute sagen: weg.
Wir streichen aber nicht ersatzlos; denn an die Stelle
der Eigenheimzulage setzen wir ein Investitionsprogramm für Bund, Länder und Gemeinden in Höhe von
25 Prozent der Ersparnis. Damit ergibt sich die Chance,
das modernste Instrument zur Wohnungsbauförderung
und zur Städtebauförderung, das für jede Region angemessen gestaltet werden kann, in Deutschland zu entwickeln. Beispielsweise kann im Großraum München der
Neubau auf der grünen Wiese weiter gefördert werden,
wenn das notwendig ist. In Ostdeutschland wird man das
nicht tun. Dort wird man in die Innenstädte investieren,
die anderenfalls - das ist die Gefahr in Ostdeutschland sozusagen leerlaufen würden.
({6})
Weil dieses Programm mit Investitionen verbunden ist,
kommt es den Arbeitsplätzen unmittelbar zugute. Deswegen ist es eine vernünftige Veranstaltung.
Was Herr Koch und Herr Steinbrück vorgeschlagen
haben, ist ebenfalls vernünftig. Mit diesem Vorschlag
wird das Thema „Steuervergünstigungen“ endlich enttabuisiert. Darüber bin ich außerordentlich froh. Ich sage
allerdings angesichts der aktuellen Finanzlage mit allem
Nachdruck, dass das, was vorgeschlagen wurde, nicht
reicht. Wenn die Steuerschätzung vorliegt, wird es noch
deutlicher werden, dass das nicht reicht. Wir werden im
Vermittlungsverfahren noch wesentlich weiter gehen
müssen, als Sie sich das gegenwärtig vorstellen können,
wenn wir noch in diesem Jahr zu einer Lösung kommen
wollen. Das ist die Realität in diesem Lande.
({7})
Ich will noch ein paar Bemerkungen zur Gemeindefinanzreform machen. Über die Zusammenlegung von
Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe haben wir vorhin geredet. Der entsprechende Gesetzentwurf zeigt, dass der
Bund Wort hält, bereits mit dieser Maßnahme die Kommunen ab 2005 nachhaltig um 2,5 Milliarden und im
nächsten Jahr um 1,9 Milliarden Euro zu entlasten.
Die Reform der Gewerbesteuer zur Verstetigung
der Einnahmen - ich mache keinen Hehl daraus, dass es
in diesem Punkt Meinungsverschiedenheiten gegeben
hat; das weiß jeder - zeigt, dass die Verhandlungen zwischen den Koalitionsfraktionen und der Bundesregierung zu einem vernünftigen Ergebnis geführt haben.
Man kann sagen, dass mit dieser Reform die Kommunen
bekommen, was sie wollen, nämlich eine verstetigte Einnahmequelle. Die Regelungen sind aber so, dass die
Wirtschaft damit leben kann. Um dieses Ergebnis haben
wir gemeinsam gerungen.
({8})
Durch die Reform der Gewerbesteuer erhalten die
Kommunen nachhaltig 3 Milliarden Euro. Es ergeben
sich also insgesamt 5,5 Milliarden Euro Mehreinnahmen
für die Kommunen.
Bei dem Abbau von Steuervergünstigungen sind die
Kommunen übrigens auch dabei. Wir lösen die Probleme dieses Landes nur dann, wenn wir die sozialen Sicherungssysteme und die öffentlichen Haushalte von
Bund, Ländern und Gemeinden zusammen betrachten.
Jedesmal, wenn Sie sich weigern, eine Steuervergünstigung abzubauen, dann verweigern Sie auch den Kommunen ihren Anteil an den Mehreinnahmen, die sich aus
dem Abbau dieser Steuervergünstigungen ergeben.
({9})
Bei der Einkommensteuer zum Beispiel sind Sie jedes
Mal mit Forderungen nach einem Eingangssteuersatz
von 15 Prozent dabei. Wenn Sie Einsparungen bei der
Eigenheimzulage ablehnen, dann sollten Sie auch wissen, dass Sie den Kommunen nachhaltig ungefähr
1,7 Milliarden Euro verweigern. Das ist die Wahrheit,
auf die hingewiesen werden muss.
({10})
Kernpunkte des Arbeitsergebnisses der Gemeindefinanzreformkommission waren - Kollege Faltlhauser
war ja Mitglied der Kommission -: Erstens. Wir sind genau im Zeitplan. Zweitens. Es ist ein gutes Ergebnis.
Drittens. Die große Mehrheit - inklusive aller von CDU
oder CSU geführten Länder - war für eine grundlegende
Gemeindefinanzreform auf der Basis einer reformierten
Gewerbesteuer zum 1. Januar nächsten Jahres. Das war
die gemeinsame Beschlusslage. Nur die Wirtschaftsverbände haben gegen eine grundlegend reformierte Gewerbesteuer gestimmt; gegen den 1. Januar nächsten Jahres
waren sie nicht. Alle anderen waren für eine solche Reform, auch Sie, Herr Faltlhauser.
Kein Mensch, jedenfalls keiner von der CDU/CSU,
hat übrigens gesagt - das finde ich hochspannend -, dass
er gegen die Einbeziehung der Freiberufler sei. In der
Kommission gab es kein einziges Wort dazu. Bei allen
Modellen, die auf dem Tisch lagen, war vielmehr klar,
dass die Selbstständigen bzw. die Freiberufler in die Gewerbesteuer einbezogen werden.
({11})
Das finde ich spannend. Wir wollen einmal sehen, wie
dieser Herbst angesichts dessen, was Sie in der Kommission gesagt haben und was Sie tatsächlich tun, verläuft.
({12})
Zudem geht es um die sachliche Verbreiterung der
Bemessungsgrundlage. Ein entscheidender Punkt ist - damit bin ich schon bei der Umsetzung der Protokollerklärung, wobei ich mich daran erinnere, dass sich Herr
Kauder ausdrücklich zu dieser Protokollerklärung bekannt hat, was übrigens Ihre Kollegen im Haushaltsausschuss gar nicht wussten; auch das fand ich hochspannend -, dass wir Umgehungsmöglichkeiten, also
Möglichkeiten, wie Gewinne in Unternehmen umdefiniert werden, beseitigen wollen. Das betrifft das Thema
der Gesellschafterfremdfinanzierung.
({13})
Das ist ein Thema, das auch Bestandteil der Reform der
Gemeindefinanzen ist und das Sie in unserem Gesetzentwurf und in dem, was zwischen den Koalitionsfraktionen und der Bundesregierung verabredet worden ist, finden.
Meine Damen und Herren, wir hatten auch den Auftrag, uns mit der Frage zu beschäftigen, wie wir eine
Verstetigung erreichen, wie es also gelingen kann, dass
die Verlustverrechnung nicht dazu führt, dass über
große Zeiträume hinweg - auf dieser Basis gibt es ja
ganze Unternehmensstrategien - keine Steuern gezahlt
werden, obwohl die Unternehmen Gewinne machen.
({14})
Die Antwort ist ganz einfach: Ein Unternehmen, das
Gewinne macht - und nur dieses -, soll Steuern zahlen.
Das heißt, die Verlustverrechnung, die übrigens in fast
allen Ländern, verehrter Herr Michelbach, auf unterschiedliche Weise eingeschränkt wird, wird von uns
nicht gekappt. Es ist vielmehr eine Streckung auf der
Zeitachse vorgesehen, damit die Kommunen eine berechenbarere Einkommensquelle haben.
({15})
Das alles, was wir hier vorlegen, ist ein vernünftiges
Paket.
({16})
- Sie sollten vorsichtig sein. - Ihre Kommunalpolitiker,
an der Spitze die Präsidentin des Deutschen Städtetages,
sind ausdrücklich für dieses Konzept.
({17})
Sie sollten einmal klar machen, wieso Sie in der Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen für eine
grundlegende Änderung zum 1. Januar nächsten Jahres
stimmen, wieso Sie alle in der Kommission ausdrücklich
sagen, dass dies auf der Basis einer modernisierten
Gewerbesteuer erfolgen soll, und wieso Herr Merz und
die CDU/CSU-Bundestagsfraktion fordern, dass die Gewerbesteuer abgeschafft wird. Das sollten Sie einmal erklären, übrigens zuerst Ihren Kommunalpolitikern.
({18})
Fazit: Es ist eindeutig einzuräumen, dass das alles anders als 1999, als wir den Konsolidierungskurs eingeleitet haben - hätten wir ihn nicht eingeleitet, hätten wir
dieses Jahr mindestens 20 Milliarden Euro mehr Schulden beim Bund -, nicht mehr nur von Bundesseite geleistet werden kann. In einem föderalen Staat ist ein solches Problem nur zu lösen, wenn wir es für Bund,
Länder und Gemeinden gleichmäßig angehen. Das
heißt selbstverständlich auch, dass es zu einer gemeinsamen Beschlussfassung von Bundestag und Bundesrat
kommt. Das liegt nicht in der Verantwortung der Opposition im Deutschen Bundestag; das ist nicht mein
Thema. Das liegt vielmehr in der Verantwortung der
deutschen Länder.
Ich darf im Zusammenhang mit der Gemeindefinanzreform auf Folgendes hinweisen: Verfassungsrechtlich
sind die Kommunen Bestandteil der Länder. Verfassungsrechtlich sind die Länder für die Kommunalhaushalte verantwortlich, nicht der Bund.
({19})
Wir haben einen Vorschlag unterbreitet, wie wir auch
mit Bundesmitteln helfen können, die kommunalen Finanzprobleme tatsächlich zu lösen. Es ist aber höchste
Zeit, dass auch die Mehrheit im Bundesrat zu einem Ergebnis in dieser Frage kommt und nicht nur - was damals in der Kommission, Herr Kollege Faltlhauser, ausdrücklich abgelehnt worden ist - eine Zwischenlösung
für ein oder zwei Jahre findet. In diesem Herbst muss
eine grundsätzliche Lösung gefunden werden.
({20})
Ich sage das ohne jede Schärfe. Gestern fand hier eine
sehr spannende Debatte über die Frage, wie der Föderalismus in Deutschland neu justiert werden muss, statt.
Ich habe sehr genau zugehört. Da ich schon auf allen
Seiten gesessen habe und wahrscheinlich auch für fast
alle Positionen zitierbar bin - ich sage das mit aller Offenheit -, will ich eines festhalten: Der föderale Staat,
so, wie wir ihn haben, funktioniert nur dann, wenn es abseits aller parteipolitischen Unterschiede eine Grundgemeinsamkeit in der Frage gibt, welches die Aufgaben
des Staates sind und mit welchen Mitteln sie erfüllt werden sollen.
({21})
Da wir die Verfassungsreform - wie auch immer man
das sehen will - noch nicht in diesem Herbst bekommen
werden, muss sich diese Grundgemeinsamkeit in diesem
Herbst bewähren. Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Sie
blockieren - dann werden Sie sehen, was das Volk davon
hält ({22})
oder Sie kommen jetzt nach der Bayernwahl endlich - ich
dachte eigentlich, Ihr Verantwortungsbewusstsein erwacht früher - zu dem Ergebnis, dass wir hier eine große
gemeinsame Aufgabe im Interesse unseres Landes zu erfüllen haben. Genau das erwarte ich von Ihnen.
({23})
Das heißt nicht, dass alles genau so gemacht werden
muss, wie wir es vorgeschlagen haben; denn eines ist
klar: Wenn in Bundestag und Bundesrat unterschiedliche
Mehrheiten zustande kommen, muss man bereit und fähig sein, Kompromisse zu schließen.
In einem Punkt jedoch dürfen wir alle keine Kompromisse wollen: Wir müssen grundlegende und harte
Reformen machen, damit dieses Land wirklich vorankommt. An dieser Stelle darf es keine Nachlässigkeiten
geben.
({24})
In diesem Sinne fordere ich Sie dazu auf, in diesem
Herbst Ihrer Verantwortung - das sage ich ausdrücklich
in Richtung der Länder - gerecht zu werden. Wir müssen
ein großes Paket schultern, das dazu führt, dass die
grundlegenden Finanzprobleme von Bund, Ländern und
Gemeinden gelöst werden.
({25})
Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, bitte
ich um Aufmerksamkeit für einen kurzen Verfahrenshinweis.
({0})
In dem Bemühen um möglichst schleunige Auszählung bei den beiden ersten namentlichen Abstimmungen
sind offenkundig Urnen von beiden Wahlgängen gleichzeitig ausgeschüttet worden.
({1})
Das führt zu einer wundersamen Vermehrung der Zahl
der Mitglieder des Deutschen Bundestages, die der Er-
mittlung eines zweifelsfreien Abstimmungsergebnisses
erkennbar im Wege steht. Deswegen wird es keine Alter-
native dazu geben, dass diese beiden Abstimmungen
wiederholt werden müssen.1) Ich schlage nach Rücksprache mit den Geschäftsführern vor, dass wir das in Verbindung mit den ohnehin beantragten namentlichen Abstimmungen zu diesem Tagesordnungspunkt vornehmen.
({2})
- Mit dem Zusammenwerfen haben wir ja dann gewisse
Erfahrungen.
({3})
Es möge sich bitte jeder darauf einrichten, dass im
Anschluss an die Beiträge zu diesen Tagesordnungspunkten zunächst die dazu beantragten namentlichen
Abstimmungen durchgeführt und unmittelbar im Anschluss daran die beiden Abstimmungen wiederholt werden, die wir zu den vorherigen Tagesordnungspunkten
bereits durchgeführt haben. Das wird nach 13 Uhr sein. Ich stelle dazu zwar keine Begeisterung, wohl aber Einvernehmen fest.
({4})
- Ich habe doch gerade auf die Absprache unter den Geschäftsführern verwiesen. Wenn jemand eine andere
Meinung hat, wäre es hilfreich, wenn er sie mir mitteilte.
Solange das nicht der Fall ist, gehe ich von dem festgestellten Einvernehmen aus, wobei das der Abfolge der
gemeldeten Redner nicht im Wege steht.
Ich erteile nun dem Kollegen Friedrich Merz das
Wort.
({5})
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach dem, was wir hier gerade erlebt haben, könnte
man geneigt sein, zu sagen: Sie können noch nicht einmal mehr die Stimmen einer Abstimmung im Deutschen Bundestag ordnungsgemäß auszählen.
({0})
- Wenn Sie sich darüber so aufregen, dann gibt es umso
mehr einen Grund, nachzufragen, was wirklich stattgefunden hat.
({1})
Ich möchte an dieser Stelle unterbrechen. - Herr Kol-
lege Merz, es gibt keine Veranlassung, mit der Panne bei
1) Siehe Seite 5757 D und 5788 A
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert
der Abstimmung irgendwelche Vermutungen zu verbinden. Darauf lege ich allergrößten Wert.
({0})
Nun hat der Kollege Beck gebeten, eine Zwischenfrage stellen zu dürfen. Lassen Sie diese zu, Herr Merz?
Bitte, Herr Kollege Beck.
Angesichts Ihrer Bemerkung frage ich Sie, ob Ihnen
bekannt ist, dass bei Auszählungen sowohl Schriftführer
der Koalition als auch Schriftführer der Opposition zugegen sind? Es hat hier offensichtlich ein Versehen gegeben. Ich finde es bitter, dass das auf diese Art und Weise
zum Gegenstand dieser Debatte wird.
({0})
Herr Kollege Beck, wenn Sie mir zugehört hätten,
dann wüssten Sie, dass ich gleich zu Beginn die Formulierung „man könnte geneigt sein“ verwendet habe.
({0})
Daraufhin hat es bei Ihnen eine derart nervöse Reaktion
gegeben, dass ich mich zu einem zweiten Satz veranlasst
gefühlt habe. Wenn an der Sache nichts dran ist, dann ist
das in Ordnung, dann kann man das bereinigen. Aber
dass wir nach dem, was wir mit Ihnen in den letzten Jahren hier erlebt haben, bei solchen Vorfällen kritisch
nachfragen, das können Sie uns nun wirklich nicht verübeln.
({1})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt
einige Kollegen, die mir heute Morgen geraten haben,
mit dem Bundesfinanzminister schonend umzugehen.
Er stehe mit dem Rücken so sehr an der Wand, dass es in
der Öffentlichkeit als nicht anständig empfunden werde,
wenn man ihn hier hart kritisiere.
({2})
Ich habe offen gestanden überlegt, ob ich dem Rat tatsächlich folgen soll, schließlich kann man mit Ihnen,
Herr Finanzminister, in diesen Tagen wirklich nur Mitleid haben. Aber nachdem Sie sich entschlossen haben,
hier heute Morgen wieder einmal in der Strategie den
Ausweg zu suchen, ständig die Opposition zu kritisieren
und uns dafür zu beschimpfen, dass die Dinge bei Ihnen
nicht so laufen, wie Sie es gerne hätten, nehme ich von
diesem Vorhaben ausdrücklich Abstand.
({3})
Lassen Sie mich zunächst sagen, was mir bei Ihrer
Rede besonders aufgefallen ist. Wenn ich mich richtig
erinnere - das Zuhören fiel mir schwer, weil Unruhe im
Saal war -, haben Sie über folgendes Thema, obwohl wir
uns immerhin in der zweiten und dritten Lesung befinden, nicht gesprochen: Sie haben in Ihrer Rede kein einziges Wort darüber gesagt, dass Sie noch immer beabsichtigen, die dritte Stufe der Steuerentlastung auf das
Jahr 2004 vorzuziehen.
({4})
- Dann habe ich das überhört. Ich bitte um Nachsicht.
({5})
- Entschuldigung, ich habe das überhört. Es ist unruhig
gewesen. Einigen Kollegen ging es genauso wie mir
- ich habe sie gefragt -, dass sie das nicht gehört haben.
Da Sie zu diesem Thema also etwas gesagt haben,
möchte ich kurz darauf eingehen und aus meiner Sicht
sagen: Bilden wir alle uns nicht ein, dass Sie mit der dritten Stufe der Steuerentlastung, die Sie auf das Jahr 2004
vorziehen wollen, die Probleme lösen, die wir in
Deutschland gegenwärtig haben. Als der Bundeskanzler
das Vorziehen der dritten Stufe im August vor großer
Kulisse angekündigt hat, klang es so, als sei damit ein
großer Durchbruch zu erzielen.
Damit wir uns keine Illusionen machen - das gilt für
uns alle -: Es hat in Deutschland noch nie einen wirtschaftlichen Aufschwung gegeben, der über die Nachfrageseite der Volkswirtschaft ausgelöst worden ist.
({6})
- Nein, das ist nicht neu. ({7})
In der Geschichte gibt es nur eine Ausnahme davon,
nämlich die Sonderkonjunktur deutsche Einheit, die es
in den Jahren 1992 und 1993 gegeben hat. Sie war ganz
überwiegend kreditfinanziert, zum Teil wurde sie sogar
durch Steuererhöhungen finanziert. Wir alle wissen, dass
sie nicht zu einem tragfähigen und dauerhaften Aufschwung mit Wachstum und Beschäftigung in den Folgejahren geführt hat.
Ich sage Ihnen das nur, damit wir uns alle keine
Illusionen über die Dimension der Aufgaben, die jetzt zu
bewältigen sind, machen. Dazu muss natürlich auch die
Steuer- und Finanzpolitik einen Beitrag leisten. Die Bearbeitung dieses Themas wird uns aus der Krise aber
nicht herausholen.
({8})
Herr Bundesfinanzminister, Sie haben hier die grundlegenden Reformen, über die wir auch heute Morgen in
der wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Debatte
schon diskutiert haben, gelobt. Anschließend haben Sie
gesagt, dass es jetzt konsequent so weiter geht.
({9})
Da das aus Ihrem Munde kommt, Herr Bundesfinanzminister, kann man das wirklich nur als die denkbar
schlimmste Drohung empfinden, die in diesem Haus
überhaupt ausgesprochen werden kann.
({10})
Die desolate Lage der Staatsfinanzen, zu der es in den
letzten Jahren und insbesondere in den letzten Monaten
gekommen ist, haben doch nicht wir zu verantworten.
({11})
- Nein, nein, Herr Kollege, schuld ist auch nicht eine angebliche Blockade im Bundesrat. Ich werde Ihnen das an
verschiedensten Punkten deutlich machen.
({12})
- Da Sie über den Bundesrat reden, nenne ich Ihnen ein
konkretes Beispiel. Das ist nicht Gegenstand der heutigen Gesetzgebung, aber es gehört in diesen Gesamtzusammenhang und wird im November behandelt.
Aller Voraussicht nach müssen wir jetzt die Vorschriften zur Gewinnermittlung und das Körperschaftsteuergesetz zugunsten der Kranken- und Lebensversicherung in
Deutschland korrigieren. Herr Eichel, diese milliardenschwere Korrektur ist das Ergebnis einer völlig falschen
steuerpolitischen Weichenstellung des Jahres 2000,
({13})
nämlich der Einführung des so genannten Halbeinkünfteverfahrens, also der Entscheidung dieser Koalition -,
leider mit Zustimmung des Bundesrates und nicht gegen
den Bundesrat -, dass die Gewinne von Kapitalgesellschaften steuerfrei bleiben und die Verluste nicht mehr
anerkannt werden können. Das ist das Ergebnis Ihrer
Steuergesetzgebung.
({14})
Wir haben jetzt mit den Folgen Ihrer Steuergesetzgebung der letzten Jahre zu kämpfen, die Sie allein zu verantworten haben. Gegen diese Steuergesetzgebung habe
ich mich persönlich auch von dieser Stelle aus - damals
noch in Bonn und danach in Berlin - vehement ausgesprochen. Ich empfinde wenig Genugtuung dabei, dass
ich gerade in diesen Fragen im Nachhinein in einer
Weise Recht bekomme und behalte, wie ich es mir für
die Staatsfinanzen eigentlich nicht gewünscht hätte;
denn wir haben es hier mit Steuerausfällen in Milliardenhöhe zu tun. Herr Eichel, diese haben Sie und nicht wir
zu verantworten.
({15})
Aus dem Katalog der Steuergesetze, die hier heute zur
Verabschiedung stehen, nenne ich Ihnen einen zweiten
Punkt. Dann wird auch deutlich, mit welcher Nachlässigkeit Sie mittlerweile mit dem Haushalt umgehen. Hier
steht eine Steuererhöhung im Tabaksteuergesetz zur
Abstimmung. Herr Eichel, Sie haben zugestimmt - wir
auch -, dass es eine Gesundheitsreform gibt
({16})
- bevor Sie sich zu früh freuen, warten Sie ab -, deren Ergebnis es unter anderem ist, dass wir ab dem Jahre 2006
die gesetzliche Krankenversicherung in Deutschland mit
4,2 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt subventionieren. Sie haben gesagt: Dagegen rechne ich eine Tabaksteuererhöhung. Wir werden die Tabaksteuer so erhöhen, dass sie diese Subvention abdeckt und der
Bundeshaushalt somit nicht belastet wird.
({17})
Ergebnis ist: Aus dieser Tabaksteuererhöhung werden
Sie ab dem Jahre 2006 günstigstenfalls rund 2 Milliarden
Euro jährlich einnehmen und der Bundeshaushalt wird
mit jährlich über 4 Milliarden Euro an Subventionen zugunsten der gesetzlichen Krankenversicherung belastet.
({18})
Als Bundesfinanzminister hätten Sie dieser Entscheidung nie zustimmen dürfen. Es sind nämlich wieder
Subventionen. Wir können hier so lange und so viel wir
wollen über Subventionsabbau reden: Wenn Sie auf
diese Art und Weise neue Subventionen für die Zukunft
zulassen und sie nicht aus Ihrem Haushalt decken, dann
beschweren Sie sich bitte nicht bei der Opposition über
die Probleme, die Sie mit Ihrem Haushalt haben.
({19})
Sie haben hier die Fernsehsendung, in der Sie vor einigen Tagen waren, erwähnt. Ich habe sie zwar nicht gesehen, aber ich habe davon gehört, dass Sie sich dort vehement gegen Steuerflüchtlinge ausgesprochen haben.
Auch ich habe kein Verständnis für diejenigen, die ihre
Karriere und ihren Wohlstand diesem Land verdanken
und ihm dann, wenn sie viel Geld verdienen, den Rücken
kehren. Darin bin ich mit Ihnen einer Meinung.
({20})
Aber wir reden hier doch nicht über Boris Becker oder
die beiden Schumachers. Das ist doch nicht unser
Thema. Unser Thema sind die vielen Tausend Betriebe,
die diesem Land mitsamt den Arbeitsplätzen den Rücken
kehren, weil sie vor der Last der Sozialgesetzgebung, der
Steuergesetzgebung und der Arbeitsmarktgesetzgebung
die Flucht ergreifen. In der Summe sind die Belastungen
für die Betriebe und die Arbeitsplätze zu hoch. - Die
Flucht dieser Unternehmen ist unser Problem, nicht
Boris Becker.
({21})
Das hat einen konkreten Bezug zu einem der vorliegenden Gesetzentwürfe, dem Gesetz zur Wiederherstellung der Steuerehrlichkeit. Glauben Sie denn im Ernst,
dass mit Ihrer Steuerpolitik, mit diesem ewigen Hin und
Her, mit der ständigen Diskussion über weitere Steuererhöhungen, die nicht nur vom Bundestag, sondern auch
vom Bundesrat geführt wurde - Erbschaftsteuer, Wiedereinführung der Vermögensteuer und viele andere
Steuererhöhungen -, ein einziger Euro in dieses Land
zurückkehrt, wenn Sie ein solches Gesetz beschließen
und ansonsten so weitermachen wie in den letzten fünf
Jahren? Das Gegenteil wird der Fall sein. Sie zerstören
jedes Vertrauen in die Ehrlichkeit, Beständigkeit und
Verlässlichkeit der Politik in diesem Lande. Deswegen
wird es zu einer weiteren Kapitalflucht kommen und
kein Euro in die Bundesrepublik Deutschland zurückkehren.
({22})
Ich wende mich einem weiteren großen Themenkomplex zu. Sie haben den zweiten Durchgang zum so genannten Steuervergünstigungsabbaugesetz angesprochen.
Ich habe immer gesagt: Über eine Neustrukturierung der
Eigenheimzulage können wir uns gerne unterhalten.
Wir können auch über eine Neustrukturierung der
Pendlerpauschale reden. Ich bin immer der Meinung
gewesen, dass wir auf viele dieser Dinge ganz verzichten
könnten, wenn wir die Steuersätze in Deutschland so
weit senken, dass es unter dem Strich egal ist, ob die
Menschen ihren Arbeitsplatz in der Nähe oder in der
Ferne haben, solange es sich wieder lohnt zu arbeiten.
Eines machen wir aber nicht mit: Wir werden Ihnen
bei diesen Steuervergünstigungen nicht helfen, Ihre
Haushaltsprobleme im laufenden Etat zu lösen, weil Sie
sie selber nicht mehr in den Griff bekommen, und uns
anschließend als Blockierer beschimpfen lassen. Wenn
es um diese Fragen geht, dann stehen wir Ihnen nicht zur
Verfügung.
({23})
Ich habe einmal das mitgeschrieben, was Sie gesagt haben: Es würde nun eine Mindeststeuer eingeführt, was
ganz einfach sei. So könne man die Probleme lösen, weil
es viele Unternehmen gebe, die keine Steuern mehr zahlen. Sie aber würden dafür sorgen, dass sie das in Zukunft
täten, jedenfalls dann, wenn sie Gewinne machten. - Ich
kann Neugierige nur warnen. Wenn es durch das Anspringen der Konjunktur im nächsten Jahr zu einem gewissen Wachstumsschub kommen wird - das wird wahrscheinlich geschehen, weil die Konjunktur in Asien und
in Amerika besser läuft als in Europa und insbesondere
in Deutschland - und Unternehmen in diesem Land im
Saldo wieder geringe Gewinne machen, diese Gewinne
aber nicht mit den Verlusten verrechnen dürfen, die in
den schlechten Jahren angefallen sind, dann wird die Eigenkapitalbasis dieser Betriebe noch weiter ausgehöhlt.
In diesem Fall ist die Insolvenz dieser Unternehmen in
der Zeit des Aufschwungs programmiert. Sie sind von
allen guten Geistern verlassen, diesen Weg vorzuschlagen, Herr Finanzminister.
({24})
Ich will Ihnen etwas zur Gewerbesteuer sagen, und
zwar ganz offen und genau so, wie ich es an anderer
Stelle verkünde und auch schreibe: Ich bin der festen
Überzeugung, dass die Gewerbesteuer keine Zukunft
hat.
({25})
Nun sagen uns unsere Städte und Gemeinden völlig zu
Recht: Das ist eine der wesentlichen Einnahmequellen
der Städte und Gemeinden in Deutschland. Wenn die
Gewerbesteuer wegfällt, dann muss an ihre Stelle ein angemessener Ersatz treten. - Dies ist völlig unstreitig.
Von mir ist nie in Abrede gestellt worden, dass die Gemeinden einen angemessenen, vollständigen, ich möchte
sogar weitergehen: überkompensierten Ersatz für den
Wegfall der Gewerbesteuer brauchen, weil die Gemeinden auch in Zukunft ihre Aufgaben erfüllen müssen. Dafür brauchen sie eine vernünftige finanzielle Ausstattung.
Das, was Sie uns vorschlagen, ist doch keine Reform.
Sie wollen die Freiberufler in die Gewerbesteuer einbeziehen. Dafür werden dann 700 000 bis 800 000 zusätzliche Gewerbesteuerbescheide notwendig. Dazu werden
wahrscheinlich 2 000 oder 3 000 zusätzliche Steuerbeamte in der Steuerverwaltung benötigt. Dieser ganze
Aufwand ist erforderlich, damit eine Steuer erhoben
werden kann, die anschließend von der Einkommensteuer wieder abgezogen werden darf. Was ist es für ein
Unfug, eine Steuer zu erheben, die von einer bereits bestehenden Steuer wieder abgezogen werden darf und für
die eine solche Bürokratie in Gang gesetzt werden muss?
({26})
Damit an dieser Stelle kein Missverständnis entsteht,
möchte ich festhalten: Niemand von uns spricht sich dagegen aus, dass die Freiberufler in angemessener Weise
an der Finanzierung kommunaler Aufgaben beteiligt
werden. Das ist völlig selbstverständlich.
({27})
Im Übrigen tragen die Freiberufler ja bereits heute zur
Finanzierung kommunaler Infrastruktur bei: Sie zahlen
Einkommen- und Umsatzsteuer. Ich gebe zu, dass da
Diskrepanzen zwischen einer Steuerberatungs-GmbH
und der BGB-Gesellschaft eines Rechtsanwaltsbüros bestehen. Das ist wahr; das muss korrigiert werden, aber
doch bitte nicht so, wie Sie es hier vorhaben, und erst
recht nicht mit einem solchen Aufwand.
Ich bleibe bei meiner festen Überzeugung, dass es
richtig ist, im Zuge einer Korrektur die Städte und Gemeinden zukünftig in anderer Weise an der Einkommensteuer
({28})
und auch grundsätzlich an der Körperschaftsteuer teilhaben zu lassen.
({29})
Mit einem vernünftigen Beteiligungsmodell könnte man
den Einnahmeausfall durch Wegfall der Gewerbesteuer
für die Gemeinden kompensieren. Ich gebe zu, dass das
kurzfristig nicht möglich ist; dazu brauchen wir Zeit.
Das kann man jetzt nicht mal eben schnell am Jahresende beschließen.
Den Städten und Gemeinden rufe ich aber in Erinnerung, da sie uns Bundespolitiker - das betrifft uns alle - ja
häufig kritisieren, dass alle Kompensationen, die die Gemeinden in Deutschland in den letzten Jahren durch den
Bundesgesetzgeber bekommen haben, im Saldo ein gutes Geschäft waren. So wurden sie 1969 für die Einführung der Gewerbesteuerumlage mit einer Beteiligung an
der Einkommensteuer entschädigt, was ihnen mehr Einnahmen brachte
({30})
- ich freue mich, dass Sie zustimmen - und 1996 gegen
den erbitterten Widerstand der Sozialdemokraten an der
Umsatzsteuer als Ausgleich für den Wegfall der Gewerbekapitalsteuer beteiligt. Das haben wir schließlich im
Bundesrat gegen Ihren Willen durchgesetzt, weil diese
Maßnahme auch verfassungsrechtlich nötig war.
({31})
Im Ergebnis erzielen die Gemeinden über die Beteiligung an der Umsatzsteuer höhere Einnahmen, als sie
durch den Wegfall der Gewerbekapitalsteuer verloren
haben.
({32})
Ich sage das an die Adresse der Städte und Gemeinden,
damit sie verstehen, dass ich es für richtiger halte, eine
langfristige Reform in ihrem Interesse vorzunehmen,
statt heute etwas zu beschließen, was uns den Weg zu einer solchen Reform verbaut.
({33})
Wenn wir heute etwas machen wollen - ich finde, wir
müssen etwas machen, weil die finanzielle Situation der
Gemeinden sehr schwierig ist -, dann sollten wir die
Gemeinden noch stärker an der Umsatzsteuer beteiligen,
ihnen noch mehr von der Gewerbesteuer lassen, also die
Umlage senken, und darüber reden, wie wir den Gemeinden auf der Aufgabenseite ein Stück der Belastungen durch Arbeitslosenhilfe und insbesondere Sozialhilfe abnehmen können. Das bieten wir Ihnen an, meine
Damen und Herren.
Sie wissen doch, Herr Clement - damit knüpfe ich an
die Debatte an, die wir heute Morgen geführt haben -,
dass es mittlerweile in Deutschland in großem Umfang
in der zweiten und dritten Generation Sozialhilfekarrieren gibt. Daran müssen wir etwas ändern.
({34})
Nur, das Gesetz, das Sie uns heute Morgen dazu vorgelegt haben, ändert an der finanziellen Lage der Gemeinden nichts, sondern verschärft sie eher. Deshalb müssen
wir uns über dieses Thema noch einmal im Vermittlungsausschuss verständigen.
({35})
Ich will noch eine abschließende Bemerkung zur
Gewerbesteuer machen, denn Sie sind dabei, erneut einen wirklich schweren Fehler zu machen. Offensichtlich
verstehen Sie, Herr Eichel, nicht - ich weiß nicht, ob Sie
von Ihrem Hause darauf hingewiesen werden -, dass das
finanzpolitische Tagesgeschäft immer wieder Folgeprobleme mit sich bringt, die man dann irgendwann wieder
lösen muss. Es geht um Folgendes: Wenn Sie jetzt allen
Ernstes so genannte ertragsunabhängige Bestandteile
wie Mieten, Pachten, Zinsen und Leasingraten mit der
Gewerbesteuer belegen wollen, dann entsteht zum einen
das innerstaatliche Problem, dass Sie dem Mittelstand
eine wesentliche Finanzierungsbasis entziehen.
({36})
Wir klagen alle über Basel II, aber jeder, der genau hinschaut, weiß, dass sich die Gemeinden mittlerweile überwiegend über Leasing finanzieren. Jetzt wollen Sie aber
allen Ernstes Gewerbesteuer nicht nur auf Einnahmen
aus Leasing, sondern auch auf die Leasingraten erheben.
Das ist wirtschaftspolitisch grober Unfug, auch wenn Sie
es nur für verbundene Unternehmen vorsehen. Da ist sofort Streit über die Frage vorprogrammiert, was verbundene Unternehmen sind.
Dieses Vorhaben hat zum anderen aber auch die Konsequenz, dass die auf ertragsunabhängige Bestandteile
zu zahlende Gewerbesteuer - das kann eine erhebliche
zusätzliche Steuerlast mit sich bringen - in den meisten
Doppelbesteuerungsabkommen nicht als inländische
Ertragsteuer anerkannt ist, sodass ausländische Kapitalgesellschaften diese in Deutschland gezahlte Steuer in
ihren jeweiligen Herkunftsländern anschließend nicht
auf ihre Steuerlast anrechnen können. Um es etwas einfacher zu sagen: Tochtergesellschaften amerikanischer
Unternehmen, die hier in Deutschland tätig sind, werden
die zusätzliche Belastung, die durch die Erhebung von
Gewerbesteuer auf ertragsunabhängige Bestandteile zustande kommt, in Amerika nicht mehr auf ihre in Amerika fällige Steuer anrechnen können. Das hat zur Folge,
dass es eine fatale Steuererhöhung, die nicht auf die inländische Steuer anrechenbar ist, insbesondere für Konzerngesellschaften ausländischer Herkunft in Deutschland geben wird. Wollen Sie das?
({37})
Herr Finanzminister, wenn Sie das bisher nicht richtig
durchdacht haben, dann korrigieren Sie das um Gottes
Willen. Wenn Sie es selber nicht wollen, müssen wir Sie
dazu zwingen, dass Sie dies korrigieren.
({38})
Sie haben zu Beginn Ihrer Rede erneut die Behauptung
aufgestellt, die Probleme, die Sie jetzt im öffentlichen
Gesamthaushalt und insbesondere im Bundeshaushalt
haben, seien im Wesentlichen darauf zurückzuführen,
dass wir einen Konjunktureinbruch hätten und das
Wachstum nicht mehr in ausreichender Weise da wäre.
Dass Sie dazu beigetragen haben, dass das Wachstum so
zusammengebrochen ist, ist eine ganz andere Frage. Das
ist nicht das Ergebnis des Konjunktureinbruchs, sondern
das Ergebnis Ihrer jahrelangen Fehleinschätzungen der
tatsächlichen wirtschaftlichen Entwicklung dieses Landes. Sie haben in jeder finanziellen Vorausschau in den
letzten Jahren, seitdem Sie im Amt sind, andere Wachstumszahlen zugrunde gelegt, als tatsächlich eingetreten
sind.
({39})
Jeder kann sich irren. Wer von uns irrt sich nicht? Aber
wenn Sie den Irrtum zur Methode erheben, weil Sie von
Anfang an immer viel zu günstige Wachstumszahlen zugrunde gelegt haben,
({40})
dann dürfen Sie sich anschließend nicht darüber wundern, wenn Ihnen sämtliche Daten Ihres Haushalts auseinander brechen.
Um es konkret zu sagen: Sie haben in den Jahren
2000 bis 2004 2,5 Prozent Wachstum im Jahresdurchschnitt vorausgesagt. Im ersten Jahr dieser Voraussage
sind 0,6 Prozent eingetreten. Das ist eine Fehlerquote
mit dem Faktor 4. Sie haben für den Zeitraum 2001 bis
2005 ein Wachstum von 2,25 Prozent vorausgesagt. Im
ersten Jahr des Prognosezeitraums gab es 0,2 Prozent,
ein Fehler um den Faktor 12. Sie haben für den Zeitraum
2002 bis 2006 erneut 2,25 Prozent vorausgesagt. Bei der
Verabschiedung des Haushalts im März 2003 waren wir
bei 0,75 Prozent. Die tatsächliche Entwicklung im Jahr
2003 ist null. Das ist das Ergebnis grandioser Fehleinschätzungen der wirtschaftlichen Lage dieses Landes.
Das ist nicht die Opposition, Herr Eichel, das sind Sie.
({41})
Wer solche Fehleinschätzungen des Wachstums zum
System erhebt, der darf sich anschließend nicht darüber
beklagen, dass er in die Geschichte der Bundesrepublik
Deutschland als der Finanzminister eingehen wird, der
den absolut und relativ höchsten Schuldenstand hinterlässt, den es jemals in der Bundesrepublik Deutschland
gegeben hat. Denn das ist die Lage.
({42})
Am Ende dieses Jahres werden wir eine Neuverschuldung allein des Bundes von rund 42 Milliarden Euro für
das Jahr 2003 haben. Es liegt immer noch kein Nachtragshaushalt vor. Wir warten immer noch darauf. Für
das Jahr 2004 werden die Zahlen nicht viel besser sein.
Hören Sie auf, Theo Waigel zu beschimpfen! Sie sind
derjenige, der den höchsten Schuldenstand der Bundesrepublik Deutschland zu verantworten hat.
Ich sage es so, wie ich es denke, Herr Eichel: Sie sind
als Bundesfinanzminister der Bundesrepublik Deutschland das größte finanzpolitische Risiko, das den Vordereingang des Bundesfinanzministeriums der Bundesrepublik Deutschland jemals betreten hat. Es wird Zeit, dass
Sie gehen.
({43})
Das Wort hat nun die Kollegin Anja Hajduk, Bündnis 90/
Die Grünen.
({0})
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir verabschieden heute das Haushaltsbegleitgesetz, welches ein Entlastungs- und Konsolidierungsvolumen von 4 Milliarden Euro beinhaltet. Dies ist ein Teil
von insgesamt 14 Milliarden Euro, die in dem so genannten Haushaltsstabilisierungskonzept für den Haushalt 2004 enthalten sind.
Ich meine, es sollte in diesem Hause keine unterschiedlichen Meinungen über das Ziel geben, die Staatsausgaben zu begrenzen und einen mutigen Subventionsabbau zu betreiben. Mit Blick auf die Haushaltssituation
sollten wir uns über diese Zielsetzung einig sein.
Ich denke auch, dass im Verlauf der Diskussionen in
dieser Woche mit Blick auf die Entwicklung des Haushalts im Jahr 2003 jedem klar geworden sein muss, dass
die vorgesehenen Ausgabenreduzierungen unumgänglich sind und dass wir es uns wahrhaftig nicht leisten
können, einzelne Bausteine herauszubrechen, wo immer
es uns gerade passt.
({0})
Wir stehen auch in den laufenden Haushaltsberatungen noch vor großen Herausforderungen, was die Frage
angeht, welche zusätzlichen Risiken noch zu berücksichtigen sind. Das möchte ich durchaus zugeben, weil sich
daran die ein oder andere Kritik der Opposition aufhängt. Wir stehen nämlich noch vor der NovemberSteuerschätzung und es kann gut sein, dass das Ergebnis zu weiteren Korrekturen und zusätzlichen Belastungen für den Haushalt 2004 führen wird.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auf zwei
Punkte eingehen, den Subventionsabbau und die Rente. Die
Regierung hat ihre Vorschläge dazu vorgelegt, in einem, wie
ich finde, sehr weit gehenden Schritt Subventionsabbau zu
betreiben. Dies ist mutig und es ist in unserer Gesellschaft nicht einfach durchzusetzen. Es leistet auch im
Hinblick auf die nächsten Jahre einen großen Beitrag,
eine Perspektive für die Konsolidierung der Staatsfinanzen zu schaffen. Das wird im Prinzip von der Opposition
auch nicht bestritten. Die Ministerpräsidenten Koch und
Steinbrück haben ebenfalls einen Beitrag zu einem Subventionsabbau mit Perspektive geleistet, der in der Tat
notwendig ist.
Aber zu den Vorschlägen von Koch und Steinbrück
weise ich darauf hin, dass sie nicht ausreichen. Unsere
Vorschläge im Haushalt 2004 gehen im Volumen deutlich darüber hinaus. Das ist auch notwendig. Sie von der
Union weisen in Ihren Beiträgen selber darauf hin, dass
der Haushalt 2004 eher Risiken birgt, als dass er klar
finanziert sei. Deswegen möchte ich deutlich machen,
dass wir unsere Vorschläge zum Subventionsabbau - ich
nenne als Stichworte die Eigenheimzulage und die EntAnja Hajduk
fernungspauschale - aufrecht erhalten müssen und werden.
Im Zusammenhang mit den Ausführungen des Kollegen Merz möchte ich eines deutlich machen. Ich meine,
es reicht heute nicht mehr aus zu sagen, wir können über
die Eigenheimzulage und Entfernungspauschale sprechen. Wir können nicht jahrelang nur darüber sprechen;
wir müssen vielmehr heute Entscheidungen treffen. Die
Zeit des Redens muss irgendwann vorbei sein.
({1})
Herr Merz, ich halte Ihre Äußerung, dass Sie uns
nicht aus unseren Haushaltsproblemen heraushelfen
wollen, für einen Riesenfehler. Es sind wahrhaft nicht
nur unsere Haushaltsprobleme.
({2})
Es sind zwar auch unsere Probleme, aber - weil wir zu
wenig Mut zu Veränderungen aufgebracht haben - es
sind auch die der unionsgeführten Regierung bis 1998.
({3})
Deswegen ist es falsch, in diesem Bereich als Sprecher
der größeren Oppositionspartei die Position zu vertreten,
dass Sie uns nicht aus unseren Haushaltsproblemen heraushelfen werden.
({4})
Ich glaube auch, dass Ihnen das niemand so abnehmen
wird.
Der von Ihnen geschätzte und erwähnte Experte Professor Homburg hat in der Anhörung auch für mich sehr
überzeugende Argumente geliefert. In seiner Antwort
auf meine Frage nach dem Subventionsabbau führte er
Folgendes aus:
Ich appelliere an alle Abgeordneten - weil es auf
das Zusammenwirken zweier Kammern ankommt -, beim Subventionsabbau jetzt wirklich voranzugehen. Man kann den Subventionsabbau nicht
einfach wieder mit populären Argumenten aufschieben.
({5})
Wenn das so ist - ich weiß, dass Sie persönlich dafür
einstehen und entsprechend inhaltlich argumentieren -,
dann gebe ich Ihnen zu, dass wir eine Differenz über das
richtige Ausmaß der Steuerreform und der Herabsetzung
des Spitzensteuersatzes haben. Hier können wir im Wettbewerb stehen. Unsere diesbezüglichen Meinungsverschiedenheiten werden wir in den nächsten Jahren noch
austragen müssen. Aber eines möchte ich deutlich sagen:
Sie von der Union dürfen wegen einer Differenz über die
Steuerreform den Subventionsabbau, über den wir uns
heute einig sind, heute nicht durch Ihre Ablehnung verhindern. Das wäre unlauter. Ich fordere Sie auf, sich anders zu entscheiden.
({6})
Ich möchte noch kurz - mir bleibt nicht mehr viel Zeit auf das Thema Rente eingehen. Angesichts der heutigen
Berichterstattung stelle ich fest, dass wir uns nicht nur
perspektivisch, sondern ganz aktuell in einer sehr
schwierigen Situation befinden. Ich möchte auch mit
Blick auf meine eigene Fraktion und die Regierung sagen: Wir müssen die Rentendebatte bereits heute noch
ehrlicher führen. Angesichts der Gefahr, dass der Beitragssatz auf 20,5 Prozentpunkte steigt, sage ich, dass
wir dieses Problem nicht dadurch in den Griff bekommen werden, dass wir die Schwankungsreserve nur ein
bisschen weiter senken, dass wir den Bundeszuschuss
zur Rentenversicherung doch nicht um 2 Milliarden
Euro kürzen und dass wir die Rentenanpassung ein bisschen verschieben. Das alles wird kaum ausreichen.
({7})
- Ich gehe gleich auch auf Sie ein.
Mit Blick auf die Entscheidungen, die am kommenden Wochenende getroffen werden sollen und die ein
paar Jahre Bestand haben sollen, werden wir noch einmal über den Krankenversicherungsbeitrag der Rentner
sprechen müssen. Wir sollten - dafür werbe ich - ehrlichere Entscheidungen treffen, die nicht in eine Salamitaktik münden.
({8})
- Doch! Das, was heute zur Entscheidung ansteht, ist das
Mindeste, was wir tun können. Das müssten Sie doch
wissen! Schauen Sie sich den Haushalt nicht an? Es ist
unglaublich, dass die CDU/CSU ankündigt - das hat sie
sowohl gestern als auch heute getan -: Die Sofortmaßnahmen betreffend die Rentenversicherung würden Sie
blockieren. Über die langfristige Perspektive sind Sie
sich sowieso noch nicht einig. Wie können Sie angesichts Ihrer angekündigten Blockade es noch wagen, zu
argumentieren, dass Sie die Einzigen seien, die auf die
Einhaltung des Maastricht-Kriteriums achteten? Das ist
peinlich, unehrlich und inkonsequent. Das werden wir
Ihnen vorrechnen. Das wird auch die Öffentlichkeit verstehen.
({9})
Frau Kollegin Hajduk, Sie haben wahrscheinlich
übersehen, dass Sie Ihre Redezeit bereits deutlich überschritten haben.
Ich komme zum Schluss. - Wir werden heute Arbeitsmarktreformen beschließen und am Wochenende Rentenreformen beraten. Ich sage mit Blick auf meine
eigene Fraktion und die Regierung: Wir brauchen mehr
Mut als bisher, um aus der heutigen Krise, die sehr groß
ist und in der wir sehr tief stecken, herauszukommen. Ich
hoffe, dass wir entsprechend handeln werden.
Danke schön.
({0})
Nun hat das Wort der Kollege Dr. Hermann Otto
Solms für die FDP-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Herr Bundesfinanzminister, Sie sind nun wirklich der Letzte, der vor Blockade warnen darf. Sie waren
als hessischer Ministerpräsident mit verantwortlich, dass
1998 unter Lafontaine die Steuerreform im Bundesrat
blockiert worden ist.
({0})
Wo stünden wir heute, wenn die damalige Steuerreform
in Kraft getreten wäre?
({1})
Dann würden wir uns über viele Probleme, mit denen
wir es heute zu tun haben, nicht mehr streiten müssen.
Das ist Ihre persönliche Verantwortung.
({2})
Nach der Tagung der Bundesregierung in Neuhardenberg, wo verkündet wurde, die letzte Stufe der Steuerreform solle um ein Jahr vorgezogen werden, hat unser
Bundesvorsitzender Guido Westerwelle erklärt: Wenn es
darum geht, Wachstumsimpulse auszulösen, werden
wir das unterstützen. Diese Zusage ist damals gemacht
worden. Was ist aber in der Zwischenzeit aus Ihren Vorhaben geworden? Können wir diese Zusage überhaupt
noch einhalten? Ich sage es gleich: Das können wir
nicht; denn das vorliegende Gesetzespaket wird überhaupt keine Wachstumsimpulse hervorrufen. Ganz im
Gegenteil: Es hat eine deutlich dämpfende Wirkung. Sie
machen den Menschen ständig vor, dass sie entlastet
würden. Das Gegenteil ist der Fall: Es gibt Mehrbelastungen für die Bürger. Ich kann Ihnen das kurz vorrechnen. Allein das vorliegende Haushaltsbegleitgesetz, das
heute zur Verabschiedung ansteht, enthält eine Reihe
von steuerlichen Mehrbelastungen: die Streichung der
Eigenheimzulage und die Senkung der Entfernungspauschale sowie die Maßnahmen betreffend die Landwirtschaft und den öffentlichen Dienst. Für den Bürger ist
der Wegfall einer Steuerbegünstigung selbstverständlich
eine Steuererhöhung. Sollte Herr Koch etwas anderes
gesagt haben, hat er Unrecht. Das sind Steuererhöhungen in Höhe von 5,5 Milliarden Euro.
({3})
Hinzu kommen die Erhöhungen der Tabaksteuer in einem Umfang von 2 Milliarden Euro sowie die Belastungen aus der Protokollerklärung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz in Höhe von etwa 1,5 Milliarden
Euro. Zusammen sind das etwa 9 Milliarden Euro Steuermehreinnahmen, denen Steuermindereinnahmen in
Höhe von 15 Milliarden Euro aus dem Vorziehen der
Steuerreform gegenüber stehen.
Hinzu kommt aber - das wird immer verschwiegen -,
dass die Steuerreform längst gegenfinanziert war.
({4})
Bis heute beträgt der Saldo für die Steuerpflichtigen in
Deutschland eine Mehrbelastung von 15 Milliarden
Euro. Rechnet man die oben genannten 9 Milliarden
hinzu, so beträgt die Mehrbelastung trotz Steuerreform
24 Milliarden Euro.
Das ist die Botschaft, die von Ihrer Steuerreform ausgeht. Sie wird dämpfende Wirkungen haben und zum
Schluss zu großen Enttäuschungen führen, nämlich
dazu, dass die Arbeitslosigkeit hoch bleibt oder gar noch
weiter steigt und dass noch mehr Firmen in Konkurs gehen. Das wollen wir verhindern. Deswegen können wir
Ihnen zu dieser falschen Maßnahme nicht die Hand reichen.
({5})
Herr Bundesfinanzminister, eingangs haben Sie gesagt, dass es um grundlegende Reformen geht. Ja, lassen
Sie uns zusammen grundlegende Reformen angehen.
Wir sind für eine radikale Steuerreform, durch die
sämtliche Ausnahmen verschwinden. Wir haben einen
Gesetzentwurf für eine neue Einkommensteuer ausgearbeitet, in der es überhaupt keine Ausnahmen, dafür aber
einen niedrigen Tarif gibt. Das können wir gemeinsam
verabreden, nicht aber solche Mogelpackungen, bei denen verdeckte Steuererhöhungen beschlossen und Steuersenkungen vermieden werden.
({6})
Ich möchte noch etwas zum Kollegen Merz sagen.
- Herr Kollege Merz, könnten Sie bitte einen Moment
aufmerksam sein? - Er hat ja in vielen Zeitungen seine
Vorstellungen über eine Steuerreform angekündigt, die
unseren Auffassungen sehr nahe kommen. Ich begrüße
das ausdrücklich und wünsche Ihnen, dass Sie dafür
auch die Zustimmung der CDU/CSU und auf Ihren Parteitagen die Mehrheit bekommen. Denn wenn ich sehe,
dass Sie Haushaltsmittel in Höhe von 35 Milliarden
Euro für die Gesundheitspolitik vorsehen, habe ich
Zweifel, ob Sie das erreichen können. Denn wo soll dann
noch Spielraum für eine Steuerreform bestehen? Daher
sage ich auch an die CDU: Die Themen gehören zusammen. Man kann sie nicht isoliert betrachten.
({7})
Meine Damen und Herren, ich möchte noch etwas
zum Thema Gewerbesteuer sagen. Mit Ihrem Gewerbesteuerreformvorschlag sind Sie schon in Ihren eigenen
Reihen gescheitert. Er wird den Ansprüchen einer umfassenden Reform der Gemeindefinanzen nicht gerecht.
Die Gewerbesteuer hat in unserem Rechtsraum nichts zu
suchen. Sie ist eine einseitige Belastung der deutschen
Wirtschaft.
({8})
Die Gemeinden müssen anders finanziert werden: durch
einen höheren Umsatzsteueranteil und selbstverständlich
durch einen Zuschlag auf die Körperschaftsteuer und die
Einkommensteuer mit eigenem Hebesatzrecht.
({9})
Das wäre ein vernünftiger Vorschlag. Dieses Vorgehen
würde auch den Weg für eine radikale Einkommensteuerreform freimachen.
({10})
Bei Beibehaltung der Gewerbesteuer geht das nicht.
({11})
Um die Ernsthaftigkeit Ihrer Bemühungen zur Verbesserung der Gemeindefinanzen zu überprüfen, geben
wir Ihnen heute die Chance, der Einführung des Konnexitätsprinzips in namentlicher Abstimmung zuzustimmen. Das heißt nämlich, dass derjenige, der Ausgaben festlegt und bestimmt, dann auch die Zeche zu
zahlen hat. Wenn also der Bund höhere Ausgaben der
Gemeinden beschließt, dann muss er auch für die entsprechenden Finanzmittel sorgen. Gleiches gilt auch für
die Länder.
({12})
In Hessen hat es dazu eine Volksabstimmung gegeben,
die positiv entschieden worden ist. Daraufhin ist das
Konnexitätsprinzip in die hessische Landesverfassung
eingeführt worden. Das sollten wir auch auf Bundesebene tun.
Eine Bemerkung zu Ihrem Vorschlag bezüglich der
Steueramnestie. Wir haben diesen Vorschlag immer begrüßt. Eigentlich geht er auch auf unsere Vorstellungen
zurück. Aber er funktioniert nur, wenn Sie umfassendes
Vertrauen in den Kapitalmarkt Deutschland herstellen.
({13})
Das heißt selbstverständlich, dass Sie eine solche Regelung mit der Einführung einer dauerhaften Abgeltungsteuer bei der Zinsbesteuerung verbinden müssen, dass
Sie ein Verbot der Vermögensteuer in die Verfassung
aufnehmen müssen, dass die Diskussion über die Erhöhung der Erbschaftsteuer auf dem bevorstehenden Parteitag der SPD beendet werden muss, dass Sie die unsinnigen Kontrollmitteilungen fallen lassen müssen und
dass das Bankgeheimnis gestärkt werden muss.
({14})
Denn man braucht keine Kontrollmitteilungen, wenn
die Zinsen schon an der Quelle, also bei der Bank, besteuert werden. Das ist völlig unnötig. Stellen Sie sich
diesen Wahnsinn einmal bei Millionen Bankkonten in
Europa vor. Wie soll die Anwendung solcher Kontrollmitteilungen dann funktionieren? Das ist, allein aus
administrativen Gründen, überhaupt nicht zu leisten.
Herr Bundesfinanzminister, über den Haushalt will
ich gar nicht reden. Das wird der Kollege Rexrodt tun.
Dieses Thema ist noch schlimmer als das Thema Steuern. Sie haben am 9. November 2000 in der HumboldtUniversität gesagt:
({15})
„Zukunftsvorsorge statt Zinsausgaben“. Das ist das
Motto für die Finanzpolitik der Zukunft. Schulden
machen heißt die Zukunft verspielen.
Damit haben Sie sich damals den Ruf des Sparministers
erworben. Heute haben Sie leider den Ruf des Pumpministers, des Schuldenministers, bekommen.
({16})
Warum haben Sie sich nicht an Ihre eigenen Vorstellungen gehalten? Jetzt kann Ihren Ruf niemand mehr retten.
Sie haben ihn selbst verkommen lassen.
({17})
Ich bedauere das; aber es ist so.
Wir halten im Vermittlungsausschuss die Tür für
eine vernünftige Finanzierung des Vorziehens der Steuerreform auf. Wir sagen heute nicht, dass wir das ablehnen werden. Aber ich weise schon jetzt darauf hin: Die
Maßstäbe werden sehr streng sein. Wir sehen uns also im
Dezember hier wieder.
Vielen Dank.
({18})
Ich erteile dem Kollegen Joachim Poß, SPD-Fraktion,
das Wort.
({0})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Eingangsbemerkung von Herrn Merz war für die deutsche
Öffentlichkeit sicherlich sehr aufschlussreich. Herr Merz
hat sich wirklich als das entlarvt, was er in den letzten
Wochen zunehmend geworden ist: als jemand, der auch
zu den billigsten Mitteln greift, um der Koalition am
Zeug zu flicken.
({0})
Das ist ein Niveauverlust, den man sich schlimmer gar
nicht vorstellen kann. Hier den billigen Jakob zu geben
ist nicht nur die Methode Merz, sondern auch die
Methode CDU/CSU. Sie sind nämlich in wichtigen Fragen völlig uneinig. Das ist die Realität.
({1})
Im Übrigen hat der Kollege Merz auch noch die
Übersicht verloren. Er hat gesagt, wir berieten die Besteuerung der Lebens- und der Krankenversicherungen gar nicht heute, sondern Anfang November. Er
scheint sich mit den Details wohl nicht mehr so genau
auszukennen. Natürlich beraten wir das heute. Im Übrigen waren die Verhandlungen mit der Union im Finanzausschuss einvernehmlich. Auch die Verhandlungen mit
den Ländern waren einvernehmlich. Herr Austermann
hat gesagt, wir stünden für eine Gesetzgebung auf Zuruf.
Das ist nicht so. Wir haben die Regelung dieser Frage
bereits im Frühjahr im Vermittlungsausschuss verabredet. Heute steht dieser Punkt auf der Tagesordnung und
wir befinden darüber.
Wenn sich Herr Merz damals in der Frage der Besteuerung durchgesetzt hätte, dann hätten diese Versicherungsgesellschaften ihre Verluste in 2001 und 2002 in
vollem Umfang geltend machen können. Durch den Börsencrash befinden wir uns seit dem Frühjahr 2001 in einer Situation, die man leider als wirtschaftliche Stagnation bezeichnen muss.
Herr Kollege Poß, gestatten Sie eine Zwischenfrage
des Kollegen Dautzenberg?
Ja, gerne.
Herr Kollege Poß, nehmen Sie zur Kenntnis, dass im
Finanzausschuss gerade die Fragen der Lebens- und der
Krankenversicherungen nicht einvernehmlich beraten
worden sind? Nehmen Sie auch zur Kenntnis, dass die
CDU/CSU-Fraktion einen weiter gehenden Antrag gestellt hat, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird,
gerade die Jahre 2001 und 2002 einzubeziehen?
({0})
Nehmen Sie darüber hinaus zur Kenntnis, dass nicht
unser, sondern Ihr Antrag angenommen worden ist und
dass die SPD-Fraktion nachher in Aussicht gestellt hat,
das wieder in Abrede zu stellen, was sie einseitig durchgesetzt hat? Mit anderen Worten: Als Sie zu der Erkenntnis kamen, dass Ihre Entscheidung gerade für den Finanz- und Kapitalmarkt fatale Folgen hat, haben Sie sie
zurückgenommen; andernfalls hätte keine Sondersitzung
durchgeführt werden müssen.
Herr Kollege, ich bitte zur Kenntnis zu nehmen, dass
wir diese Frage in Abstimmung mit den Ländern einer
Lösung zugeführt haben.
({0})
Sie haben weiter gehende Vorstellungen, denen wir
nicht folgen wollen, weil wir meinen, dass das im Interesse der Versicherten nicht erforderlich ist. Wir wollen
der Versicherungswirtschaft in der Tat nicht zu weit entgegenkommen.
({1})
Deswegen bitte ich Sie, den Kollegen Austermann über
diesen Sachverhalt in Kenntnis zu setzen. Dass Ihr haushaltspolitischer Sprecher nicht einmal weiß, was im
Finanzausschuss besprochen wird, ist ein Beleg dafür,
wie chaotisch es bei Ihnen zugeht.
({2})
- Ich möchte jetzt auf das nächste Thema zu sprechen
können.
Im Hinblick auf die weitere wirtschaftliche Entwicklung halte ich es für unverantwortlich, dass sich CDU
und CSU über die Frage der Vorziehung der Steuerreform bis heute Morgen nicht im Klaren waren. Wo soll
denn Sicherheit für Investoren, Unternehmer und Verbraucher herkommen, wenn eine große Volkspartei in einer für die weitere wirtschaftliche Stabilisierung so
wichtigen Frage keine klare Position hat? Das ist doch
die traurige Realität dieser CDU/CSU.
({3})
Deswegen sagen wir: Sie haben nicht das Recht, sich
einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung entgegenzustellen; denn es geht hier - auch da lag Herr Merz
falsch - nicht nur um Nachfrageaspekte, sondern es geht
auch um die Stärkung der Angebotsseite, um die Stärkung der Investitionskraft der mittelständischen Wirtschaft. Wer das nicht versteht, kann keinerlei Kompetenz
in der Ökonomie oder Finanzpolitik vorweisen. Herr
Merz hat heute Morgen demonstriert, dass er diese beiden Aspekte nicht versteht.
({4})
Wir brauchen darüber hinaus Klarheit über die Perspektiven für die Städte und Kommunen. Sie haben einen Anspruch darauf, dass wir ihnen zum 1. Januar 2004
umfassende Klarheit über ihre zukünftige Einnahmenund Ausgabensituation verschaffen.
({5})
Das, was wir heute hier verabschieden, wird über den
Tag hinaus Bestand haben. Das ist die erste umfassende
Gemeindefinanzreform seit über 30 Jahren, mit der wir
die Einnahmensituation der Kommunen stabilisieren und
die Ausgabenseite - das ist für die Großstädte besonders
wichtig, die hohe Sozialleistungen zu tragen haben entlasten. Wir werden die Städte und Gemeinden von
den Lasten der Langzeitarbeitslosigkeit befreien. Das ist
wahrlich historisch. Über dieses Gesamtprojekt befinden
wir hier.
({6})
Dazu wollen Sie Nein sagen? Hier wollen Sie sich
sperren und die Situation der Kommunen nicht verbessern? Eine solide Finanzsituation der Kommunen ist
auch für die kleinen und mittleren Unternehmen wichtig;
denn die Kommunen sind ein wichtiger Auftraggeber.
Außerdem müssen sie auch in der Lage sein, die soziale
und kulturelle Infrastruktur zu finanzieren. Aus parteitaktischen Gründen und weil Sie konzeptionell in der
Frage der Gewerbesteuer zerstritten sind, verweigern Sie
den Kommunen die notwendige Hilfestellung. Das ist
schäbig, das ist gegenüber den Kommunen, dem Bund
und den Ländern unverantwortlich.
({7})
Es ist doch nicht so, dass sich nur Deutschland in einer Stagnationsphase befindet. Leider ist in ganz Europa
seit drei Jahren Stagnation zu verzeichnen. Das spiegelt
sich in den öffentlichen Finanzen auf allen Ebenen wider. Deshalb müssen Sie Ihrer Verantwortung gerecht
werden, das gilt insbesondere für Frau Merkel, aber auch
für Herrn Stoiber. Herr Faltlhauser wird gleich zu uns
sprechen.
Wir stehen vor einer fundamentalen Herausforderung.
Es geht um die Erhaltung und Sicherung der finanziellen Handlungsfähigkeit des Staates auf allen Ebenen.
Dabei sind zwei Dinge von entscheidender Bedeutung:
ein möglichst schnelles und nachhaltiges Wiederanspringen von Konjunktur und Wachstum und eine Weiterführung der Konsolidierung der öffentlichen Haushalte auf
allen Ebenen.
Man kann Bundesfinanzminister Eichel überhaupt
nicht absprechen, dass er in der Frage der nachhaltigen
Finanzpolitik glaubwürdig ist.
({8})
Anders als Sie ist er glaubwürdig. Das haben auch die
Zahlen, die er heute Morgen genannt hat, belegt.
({9})
Die Regierungskoalition geht dies alles konsequent
und unbeirrt an und hat umfangreiche Gesetzentwürfe
vorgelegt, mit denen Deutschland entscheidende Schritte
vorankommen kann. Wir bieten mit diesen Gesetzentwürfen nicht nur erhebliche Entlastungen für den Bund,
sondern auch für die Haushalte der Länder, Herr
Faltlhauser, und der Kommunen.
Die Länder würden, wenn sie den heute zu beschließenden Gesetzen im Bundesrat zustimmen würden, bereits im nächsten Haushaltsjahr um mehr als
4 Milliarden Euro entlastet, und zwar mit steigender
Tendenz in den Folgejahren. Es ist also auch im Interesse CDU/CSU-geführter Länder, diesen Gesetzentwürfen zuzustimmen. Die Kommunen würden bereits im
kommenden Jahr um mehr als 1 Milliarden Euro entlastet.
Hier stehen insbesondere Frau Merkel als Parteivorsitzende - Herr Merz spielt nicht die entscheidende
Rolle ({10})
und Herr Stoiber in der Verantwortung. Sie müssen sich
über das klar werden, was sie wirtschafts- und finanzpolitisch eigentlich wollen. Die Obstruktion reicht nicht
mehr aus, sie ist für die weitere Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland unverantwortlich.
({11})
Wir haben ein Paket geschnürt - mit der Reform der
Gewerbesteuer und den Entlastungen aus der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe -, das Verbesserungen für die Kommunen bedeutet: schon im
nächsten Jahr um 4,5 Milliarden Euro und ab dem Jahr
2005 um 5,5 Milliarden Euro.
Wir beweisen, dass diese Koalition ein verlässlicher
Partner für alle Städte und Gemeinden in Deutschland
ist. Wir haben ein Konzept vorgelegt, mit dem wir die
gemeindliche Finanzautonomie stärken. Es wird doch
überall gefordert, die Städte und Gemeinden nicht ans
Gängelband zu legen. Genau dieser Forderung entsprechen wir mit unserem Konzept. Wir stärken die gemeindliche Finanzautonomie.
({12})
Deshalb sind die Kommunalpolitiker von CDU/CSU mit
Frau Roth an der Spitze auch dafür.
Ich kann Sie hier nur dringend bitten, sich von dem
Dogmatismus zu verabschieden, den Herr Merz heute
Morgen wieder einmal bewiesen hat, und zu einer pragmatischen Lösung zu kommen, die sowohl im Interesse
der mittelständischen Wirtschaft als auch im Interesse
der Kommunen liegt.
({13})
- Wir entlasten die Großunternehmen nicht.
({14})
Wenn Sie sich das Modell einmal genauer anschauen,
stellen Sie fest: Wir entlasten insbesondere die kleinen
und mittleren Unternehmen. Schauen Sie sich das einmal genau an! Mein Kollege Scheelen wird Ihnen das
auch noch im Einzelnen erläutern können. Machen Sie
sich einmal sachkundig!
({15})
Mit Ablauf des heutigen Tages tritt die Gesetzgebung
in ihre abschließende Phase im Bundesrat. Damit ist der
Zeitpunkt erreicht, an dem die Union in der Finanzpolitik endlich Farbe bekennen muss.
({16})
Wenn es die Union heute nicht macht, nicht machen
kann, weil sie nicht sortiert ist, im Bundesrat muss sie zu
jeder einzelnen Maßnahme konkret und abschließend sagen, wie sie dazu steht. Es liegt in der Verantwortung der
CDU/CSU und insbesondere von Frau Merkel und Herrn
Stoiber, endlich zu entscheiden, ob Sie an der Stabilisierung der wirtschaftlichen Entwicklung durch das Vorziehen der Steuerentlastung, die erst für das Jahr 2005
vorgesehen war, mitwirken wollen. Es ist Ihre Verantwortung, endlich zu entscheiden, ob Ihre Seite bei den
nötigen Strukturreformen mitmacht oder ob Sie eine
Sonthofen-Strategie à la Merz verfolgen wollen.
({17})
Sie müssen sich entscheiden und Sie müssen die Entscheidung allein treffen. Wir haben umfangreiche, gute
Vorlagen geliefert, von denen nicht nur der Bund, sondern auch Länder und Kommunen profitieren. Heute ist
ein guter Tag für die deutschen Kommunen.
({18})
Das Wort hat nun der Staatsminister Professor
Faltlhauser für den Freistaat Bayern.
({0})
Dr. Kurt Faltlhauser, Staatsminister ({1}):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Städte
und Gemeinden sind in Not. In manchen Bereichen haben bis zu einem Drittel der Städte und Gemeinden keine
Chance, einen genehmigungsfähigen Haushalt vorzulegen. Bundestag und Bundesrat, beide zusammen, haben
nur noch knapp zwei Monate Zeit, Abhilfe zu schaffen.
Es gibt kaum einen Bereich, in dem die Politik unter
so hohem Einigungszwang steht wie in diesem. Oder
glauben Sie etwa, Herr Poß, dass Sie Ihren Oberbürgermeistern in Nordrhein-Westfalen sagen können: „Wir
haben ja den Stein der Weisen gefunden, aber der Bundesrat war nicht einsichtig“? Tatsache ist also schlicht
und einfach, dass sich Bundestag und Bundesrat zusammenraufen müssen.
Wenn das so ist, dann müssen wir zunächst einmal
schauen, ob wir Gemeinsamkeiten haben. Ich glaube,
dass wir eine Gemeinsamkeit im Grundsätzlichen haben:
Wir sind mittlerweile auf einem gemeinsamen Trägerschiff, der Gewerbesteuer. Die Arbeitsgruppen der Kommission für die Gemeindefinanzreform haben eine Reihe
von Daten und Fakten vorgelegt, die uns zu der Erkenntnis geführt haben, dass man zumindest in kurzer Zeit
eine andere Reform, etwa ein Zuschlagsystem, nicht
realisieren kann. Es ist ein Zeitproblem. Frühestens 2006
könnte ein Zuschlagsystem nach dem VCI-Vorschlag
realisiert werden, vielleicht auch erst später. Dabei - das
hat eine andere Arbeitsgruppe festgestellt - gibt es administrative Probleme. Schließlich bestehen Verzerrungen
zwischen Stadt und Umland. Deshalb ist diese Art der
Regelung der Gemeindefinanzen gegenwärtig - ich unterstreiche zweimal: gegenwärtig - nicht relevant.
Dies, Herr Bundesfinanzminister, war die einzige relevante Gemeinsamkeit in der Kommission für die Gemeindefinanzreform. Ich bitte, den Konsens nicht dahin
gehend zu interpretieren, dass über alle Einzelheiten
Einigkeit geherrscht hätte; denn so war es nicht. Wir waren uns nur darüber einig, dass wir die Gemeindefinanzreform auf der Basis der Gewerbesteuer durchführen.
Darüber hinausgehende Interpretationen können Sie in
Ihrem Ortsverband machen, aber bitte nicht im Bundestag.
({2})
Wir haben mit unserer Mehrheit im Bundesrat ein
Sofortprogramm beschlossen. Einer der Kernpunkte
- ich bin noch immer bei den Gemeinsamkeiten - war
die Senkung der Gewerbesteuerumlage von 28 auf
20 Prozent. Allein schon der Anstand gegenüber den
Kommunen gebietet eine solche Entlastung. Die Anhebung erfolgte schließlich nur als Gegengewicht zu vermuteten Steuermehreinnahmen, zu denen es aber aufgrund der Streichung der Abschreibungstabellen gar
nicht gekommen ist.
({3})
In diesem Punkt besteht ebenfalls Gemeinsamkeit.
Auch wir haben die Senkung der Gewerbesteuerumlage
gefordert. Hier sind wir uns ein Stück entgegengekommen.
Aber es gab schon mehr Gemeinsamkeiten. Die Bundesregierung wollte den Mehrwertsteueranteil für die
Kommunen von jetzt 2,2 Prozent auf 3,6 Prozent anheben. In dem Kompromissvorschlag, den offenbar die
Vorkämpfer für den Fortschritt - wie Herr Poß - durchgesetzt haben, ist davon nichts mehr zu sehen. Das halte
ich nicht nur für schade, sondern schlicht und einfach für
einen Fehler.
({4})
Denn wenn Sie nur die Gewerbesteuerumlage senken,
bringt das Vorteile lediglich für diejenigen Gemeinden,
die durch die Gewerbesteuer große Einnahmen erzielen.
Es gibt aber viele Gemeinden, gerade kleine, für die die
Gewerbesteuer relativ irrelevant ist. Ein höherer Anteil
von nichts bringt nichts.
({5})
Deshalb müssen Sie zusätzlich eine entsprechende Regelung für die Mehrwertsteuer schaffen.
({6})
Das Sofortprogramm ist in diesem Punkt sehr gut austariert. Wenn Sie mit Ihrem Gemeindeverband darüber
sprechen, wird dieser Ihnen bestätigen, dass die GeStaatsminister Dr. Kurt Faltlhauser ({7})
meinde allein von einer Senkung der Gewerbesteuerumlage nichts hat.
Die Bundesregierung war auch an einem anderen
Punkt schon weiter, die Gemeinsamkeiten waren schon
umfänglicher, zum Beispiel in der Frage der Substanzbesteuerung. Ich erinnere mich noch gut an eine denkwürdige Sitzung der Kommission für die Gemeindefinanzreform, in der zunächst einmal der Innenminister
von Nordrhein-Westfalen gesagt hat, dass eine möglichst
breite Bemessungsgrundlage hergestellt werden sollte.
Darauf hat Bundeswirtschaftsminister Clement gegenüber seinem ehemaligen Minister eine bemerkenswerte
Wortmeldung gewagt. Er hat darauf hingewiesen, dass
das entscheidende Problem, das wir in diesem Lande
hätten, das fehlende Wachstum sei; nur durch Wachstum
könnten wir Arbeitsplätze schaffen. Wenn die Substanzbesteuerung in massiver Weise eingeführt würde, würde
das Wachstum ebenso massiv behindert.
Das Ergebnis war, dass die Bundesregierung die Substanzbesteuerung aus dem ersten Entwurf wieder herausgenommen hat. Das war für uns ein erstaunlicher, aber
auch erfreulicher Vorgang.
Jetzt Salto rückwärts, offenbar dank der „Fortschrittskräfte“ in der SPD-Fraktion. Es gibt in dem Vorentwurf
keine wesentliche Differenzierung zwischen Groß und
Klein. Im Gegenteil, eine Reihe von Dingen schaden gerade dem Mittelstand. Man muss zum Beispiel daran
denken, dass eine gängige Finanzierungsform mittelständischer Kapitalgesellschaften folgende ist: Die
Firma bekommt von der Bank nicht mehr so leicht Geld;
also holt sich der Gesellschafter mit seinem Privatvermögen als Sicherheit Geld, weil er kreditwürdig ist, und
gibt es an die Firma weiter. Dieser Vorgang wird durch
die Vorlage unmöglich gemacht. Dadurch werden insbesondere mittelständische Firmen geschädigt.
({8})
Es gibt also keine Vorteile für den Mittelstand. Durch
das, was Sie vornehmen, ergibt sich ein massiver Rückschritt. Ich glaube, dieser Arbeitsgruppenkompromiss ist
ein Sieg der Ideologie über wirtschaftspolitische Vernunft.
Herr Minister Clement, ich verstehe gar nicht, wie
man in Berlin mit Ihnen umgeht. Trotz Ihrer Überzeugungen wird ein solcher Beschluss gefasst. Wir gehen
mit unseren Superministern besser um.
({9})
Die Freiberufler werden im Zuge der Kompromissfindung, die wir durchstehen müssen, ein harter Punkt
sein. Herr Kollege Merz hat schon darauf hingewiesen:
Etwa 10 Prozent der 780 000 Freiberufler werden zusätzlich belastet.
({10})
Ich füge noch hinzu, dass die Masse der Freiberufler,
wie Rechtsanwälte und Steuerberater, vor allem in großen Städten wie Frankfurt und München tätig ist. Wir
haben es genau durchgerechnet: Bei einem Gewerbesteuerhebesatz von 490 Prozent ergibt sich für einen
Freiberufler, der im Jahr 100 000 Euro verdient, eine zusätzliche Belastung von immerhin 2 693 Euro. Draußen
im Land, wo die Hebesätze entsprechend niedriger sind,
wird es diese Mehrbelastung nicht geben. Es kommt also
zu einer dramatischen Verzerrung mit all ihren Folgewirkungen nicht nur im Hinblick auf die Gerechtigkeit, sondern auch auf die Verlagerung von Firmensitzen und Sitzen von Freiberuflern.
Entscheidend ist aber - Herr Kollege Merz hat richtigerweise darauf hingewiesen -: Für 90 Prozent der Freiberufler wird ein ungeheurer Aufwand betrieben, als hätten wir tatsächlich noch die Möglichkeit, mehr
Steuerbeamte einzustellen. Wir haben sie nicht, Herr
Eichel. Im Gegenteil: Wir müssen in allen Ländern
schauen, dass wir Personal abbauen, weil wir uns aufgrund Ihrer Wachstumspolitik haushaltspolitisch übernommen haben.
Wenn wir nicht die Möglichkeit haben, zusätzliches
Personal einzustellen, dann haben wir auch nicht die
Möglichkeit, die Feststellungen zur Gewerbesteuerpflicht für Freiberufler durchzuführen und diese Feststellungen an die Städte weiterzugeben. Dies geht nicht; der
administrative Wust ist völlig unsinnig. Deshalb meinen
wir, dass dies ein harter Punkt in der Auseinandersetzung ist. Einen derartigen Unsinn können und werden
wir nicht mitmachen.
({11})
Wir sollten vielleicht etwas mehr auf die Ausgabenseite schauen. Die Kommunen werden durch eine Vielzahl sich ständig vermehrender Aufgaben belastet, die
sich zudem noch unglaublich dynamisch entwickeln.
Wir haben dies in unserem Sofortprogramm berücksichtigt. Das Sozialgesetzbuch VIII muss im Hinblick auf
die Leistungen im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe
unbedingt geändert werden. In diesem Bereich gibt es
dynamische Entwicklungen, die keine Kommune mehr
bewältigen kann.
Der Gesetzgeber schaut bis jetzt zu. Dieser Zustand
muss beendet werden. Wir können den Kommunen doch
nicht per Gesetz Pflichten auferlegen, deren Umfang von
Jahr zu Jahr um 10, 15 oder 20 Prozent steigt. Da muss
die Politik reagieren. Ich verlange, dass die Bundesregierung in diesem Punkt endlich reagiert. Wir können nicht
immer von einer Verbesserung der Einnahmeseite für die
Kommunen reden. Wir müssen auch von einer Entlastung der Kommunen auf der Ausgabenseite sprechen.
Herr Poß, ich fordere Sie dringend auf, dass Sie uns bei
den Verhandlungen im Vermittlungsausschuss in diesem
Punkt etwas entgegenkommen.
({12})
Sie haben gesagt, dass Sie nicht wissen, was die
Union bei der Finanzreform eigentlich will. Ich will sagen, was wir unter dem Sofortprogramm verstehen. Es
handelt sich um ein notwendigerweise kurzfristig wirkendes Hilfsprogramm. Eine dauerhafte Lösung kann es
Staatsminister Dr. Kurt Faltlhauser ({13})
schon deshalb nicht sein, weil wesentliche Elemente die
Verschiebung von Lasten von den Kommunen auf den
Bund und auf die Länder sind. Das ist keine Reform im
Großen. Von einer großen Reform muss man mehr erwarten.
Nach der Verabschiedung eines entsprechenden Kompromisses müssen wir intensiv an die Arbeit gehen und
eine große Reform unter der Überschrift „Vereinfachung
und Konzentration des Steuerrechts“ angehen. Professor
Kirchhof hat hier dankenswerte Vorarbeit geleistet, die
wir massiv unterstützt haben. Die Vereinfachung, die im
Vordergrund stehen sollte, bedeutet nicht nur eine Millimeterkorrektur bei den Sätzen. So wie es jedoch Kirchhof vorgeschlagen hat, wird es mit Sicherheit nicht umsetzbar sein. Ich persönlich hätte massive Bedenken,
eine Flat Tax in Höhe von 25 Prozent in diesem Land zu
akzeptieren.
Aber ich stelle fest - damit gehe ich auf das ein, was
Herr Kollege Solms gesagt hat -: Die Oppositionsfraktionen sind hier aktiv und machen langfristige, konstruktive Vorschläge.
({14})
Das zeigen die Drucksachen, die von der Opposition
vorgelegt worden sind, und das, was Herr Merz vorstellen wird und was die CSU ihrerseits erarbeiten und dann
sicherlich gemeinsam mit der CDU vertreten wird.
({15})
- Warten Sie es ab und prüfen Sie es! Auch Sie hätten
genug Luft, Ihrerseits entsprechende Konzepte zu entwickeln.
({16})
Was tun Sie stattdessen? - Sie basteln herum, indem
Sie erst die Steuerreform um ein Jahr vorziehen wollen
und dann doch einen Kompromiss anstreben. Mit derartigen Basteleien werden Sie in diesem Land keinen
Millimeter zusätzlichen Wachstums bekommen.
({17})
Nur wenn Sie tatsächlich eine Perspektive eröffnen, wohin die Steuerpolitik in diesem Land langfristig geht,
({18})
werden die Leute wieder Mut zu Investitionen haben.
Nur dann werden wieder Investoren nach Deutschland
kommen.
({19})
In ein derartig langfristiges Konzept müssen wir sofort und schnell auch die Finanzierung der Kommunen
einbauen. Das gehört sachnotwendig zusammen. Das sehen Sie an dem bereits vorliegenden Konzept von Herrn
Kirchhof und das werden Sie sicherlich an den noch ausstehenden Konzepten sehen. Zu einem solchen großen
Wurf muss es im Jahre 2004 kommen.
({20})
Durch Millimeterstolpereien nach vorne, Herr Poß,
werden Sie nichts erreichen. Wir müssen schnell, mutig
und weitgreifend die Steuern reformieren
({21})
und die Gemeindefinanzen in dieses Reformkonzept einbauen. Die Kommunen sind in Not. Ihnen muss kurzfristig geholfen werden. Aber sie brauchen auch eine langfristige Perspektive. Wir werden daran mitarbeiten.
({22})
Ich bedanke mich beim letzten Redner insbesondere
für den konstruktiven Beitrag zum Einspielen eines Teils
der überschrittenen Redezeit, was es uns erleichtert, einigermaßen im Zeitplan zu bleiben.
Nun hat das Wort die Kollegin Kerstin Andreae für
Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Kommune ist Lebensqualität. Hier sind die Kindergärten, die Schulen, die Volkshochschulen, die Theater, die Parks und die Schwimmbäder. Wir haben schöne
Städte und starke Städte. Wir haben eigenständige
Städte.
Aber um dies zu erhalten, brauchen die Kommunen
eine bessere Finanzkraft.
({0})
Die Kommunen wollen eine Finanzkraft aus eigener
Kraft. Sie wollen eine eigene Steuer. Herr Merz hat vorhin gesagt, die Kommunen seien damit zufrieden, wenn
die Gewerbesteuer abgeschafft und ein entsprechender
Ausgleich geschaffen werde. Das ist falsch. Die Kommunen haben immer gesagt, sie wollten eine eigene,
wirtschaftskraftbezogene Steuer mit einem kommunalen Hebesatzrecht.
({1})
Bei der Reform der Gemeindefinanzen, wie wir sie
heute auf den Weg bringen, und der Entwicklung der Gewerbesteuer hin zu einer Gemeindewirtschaftsteuer
sind vielleicht ein paar Details des vorliegenden Gesetzentwurfes durcheinander geraten. Natürlich belassen wir
bei den nicht verbundenen Unternehmen die Bemessungsgrundlage so, wie sie derzeit festgelegt ist. Und wir
senken die Steuermesszahl auf 3,2 Prozentpunkte.
({2})
Natürlich sehen wir einen Freibetrag in Höhe von
25 000 Euro vor, der für alle, übrigens auch für die Freiberufler, gilt.
Es ist aber auch so, dass wir im Hinblick auf die verbundenen Unternehmen - hier besteht nun einmal ein
ausgewiesener Steuergestaltungsspielraum - einer Forderung nachkommen, die im Übrigen in vielen Landtagswahlkämpfen und im Bundestagswahlkampf immer
wieder aufgetaucht ist und die da hieß: Schließt diese
Gestaltungsmöglichkeiten! Verhindert, dass Finanzierungspotenziale so genutzt werden, dass die großen
Konzerne keine Gewerbesteuer mehr zahlen! Dies tun
wir mit diesem Gesetzentwurf.
({3})
Das Ganze hat ja auch eine wirtschaftspolitische
Komponente. Die Kommunen sind der große Auftraggeber im Bereich der Bauwirtschaft. Wenn wir die
Kommunen mit einer ordentlichen Finanzkraft ausstatten, dann sind sie wieder in der Lage, Investitionen in
die Infrastruktur, in Schulen und Straßen zu tätigen.
({4})
Das wird genau so geschehen.
Jetzt komme ich zur Union. Seit Monaten ist diese
Reform im Gespräch; aber die Union findet keine eigene
Position. Man hat so das Gefühl, als ob Sie nach dem
Motto handeln: Der Berg kreißte und gebar ein Mäuschen.
Dieses Sofortprogramm ist ein alter Hut und enthält
zwei Punkte. Einer betrifft die Senkung der Gewerbesteuerumlage. Herr Michelbach, ich kann mich noch
gut daran erinnern, wie wir hier am 4. Juli dieses Jahres
darüber gesprochen haben. Ich habe Ihnen damals gesagt, dass die Senkung der Gewerbesteuerumlage für uns
der richtige Weg ist. Daraufhin haben Sie einen Zuruf
gemacht, der lautete: Dann tun Sie es! Herr Michelbach,
wir tun es. Wir senken mit diesem Gesetzentwurf die
Gewerbesteuerumlage auf 20 Prozent. Das ist der richtige Weg.
({5})
Es ist aber auch richtig, dass die Kommunen gesagt
haben, sie wollten keinen höheren Anteil an der Umsatzsteuer; stattdessen wollen sie die Senkung der Gewerbesteuerumlage. Aber eine Senkung der Gewerbesteuerumlage macht nur dann Sinn, wenn wir die
Gewerbesteuer neu fassen. Sonst bekommen sie tatsächlich ein Mehr von nichts. Wir fassen die Gewerbesteuer
neu, senken die Umlage und können damit die Einnahmen der Kommunen deutlich erhöhen.
Frau Kollegin Hajduk hat es vorhin im Zusammenhang mit der Eigenheimzulage gesagt: Sie von der Opposition können nicht ewig nur darüber reden und vielleicht irgendwann einmal ein Konzept entwickeln. Sie
müssen jetzt springen; heute, nicht morgen! Sie müssen
den Kommunen gegenüber Ihrer Verantwortung gerecht
werden und dem Konzept, das wir vorgelegt haben, zustimmen.
({6})
In den letzten Monaten haben wir aus den Kommunen
Berge von Resolutionen bekommen, aber nicht nur von
schwarzen Gemeinderäten. Darunter waren viele von
grünen und roten, aber eben auch von schwarzen Gemeinderäten.
({7})
Diese haben uns aufgefordert: Ändert die Gewerbesteuer
im Sinne des Kommunalmodells! Entwickelt euch in
Richtung einer auf die Wirtschaftskraft bezogenen
Steuer. Diese Resolutionen liegen bei uns auf dem Tisch
und wir sind diesen nachgekommen. Ich kann den Gemeinderäten vor Ort nur sagen: Der Adressat ist neu, es
sind nämlich die Ministerpräsidenten der schwarz regierten Länder. Appelliert an diese, unser Modell im Bundesrat nicht zu blockieren!
({8})
Es kann nicht sein, dass ein kleiner Teil - ich behaupte, es ist nur ein kleiner Teil - der CDU/CSU-Bundestagsfraktion den Kommunen die Zukunft verbaut.
Die Union ist sich nicht einig. Es gibt in Ihren Reihen
unterschiedlichste Positionen. Unser Modell ist richtig.
So und nicht anders soll es gemacht werden. Ich kann
nur an Sie appellieren, ihm zuzustimmen.
Vielen Dank.
({9})
Ich erteile der Kollegin Dr. Gesine Lötzsch das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste! Ich bin Abgeordnete der PDS.
({0})
Der Kanzler und sein Finanzminister erklären immer
wieder, dass man nicht mehr ausgeben kann, als man
einnimmt, und dass wir alle über unsere Verhältnisse leben. Angesichts dessen stelle ich mir die Frage, warum
die Steuerreform vorgezogen werden soll, wenn in diesem Jahr mit einer Rekordneuverschuldung von 40 Milliarden Euro gerechnet wird. Wie können Sie, Herr
Eichel, es zulassen, dass auf Steuereinnahmen in Höhe
von 22 Milliarden Euro verzichtet wird, wenn gleichzeitig klar ist, dass Sie damit eine noch höhere Neuverschuldung riskieren? Das ist Steuerpolitik nach Börsenlage.
({1})
Herr Eichel, Sie handeln nicht wie ein Finanzminister,
sondern wie ein Spekulant an der Börse, der mit geborgtem Geld auf steigende Kurse setzt. Das Spekulieren an
der Börse ist hoch riskant, das wissen wir alle. Da es
auch nicht Ihr Geld, sondern das der Steuerzahler ist, ist
diese Politik unverantwortlich.
Ich habe den Eindruck, dass sich die Argumentationen von Herrn Eichel von Fall zu Fall um 180 Grad drehen. Wenn es um einfache Lohn- und Gehaltsempfänger,
um Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger geht, dann ist
bei der SPD und der CDU das große Kürzen angesagt.
Da wird unentwegt der Gürtel enger geschnallt. Wenn es
aber um Steuersenkungen und insbesondere um Steuergeschenke für Konzerne und Großverdiener geht, wird
mit vollen Händen ausgeteilt.
Das ist nicht nur so dahergesagt, sondern dafür gibt es
harte Fakten: Die Lohnquote, die den Anteil der Arbeitnehmerentgelte am Volkseinkommen ausdrückt, ist in
den letzten Jahren kontinuierlich gesunken und hat im
Jahre 2002 das Niveau der 70er-Jahre erreicht.
In Anbetracht dieser Tatsache, meine Damen und
Herren von der FDP, finde ich es - um es höflich auszudrücken - sehr verwunderlich, wenn Sie in dem vorliegenden Entschließungsantrag die Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer in diesem Land auffordern, länger unentgeltlich zu arbeiten. Wo leben wir denn?
({2})
- Natürlich steht es darin. In Drucksache 15/1753
schreibt die FDP unter Punkt 4 - ich darf zitieren -:
Der Deutsche Bundestag appelliert an Arbeitnehmer und Arbeitgeber, durch eine Verlängerung der
unbezahlten Arbeitszeit zur Steigerung des Bruttoinlandsprodukts und damit zu höheren Steuereinnahmen beizutragen.
Sie fordern Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer also
auf, unentgeltlich länger zu arbeiten.
Die Bundesregierung ist offensichtlich nicht bereit,
auf das Vorziehen der Steuerreform zu verzichten. Warum gehen Sie nicht wenigstens auf den Vorschlag der
Bürgermeister von Hamburg und Bremen, von Beust
und Scherf, ein, in diesem Jahr auf die Senkung der Spitzensteuersätze von 45 auf 42 Prozent zu verzichten?
Diesen Kompromissvorschlag würde auch die PDS unterstützen; denn er wäre ein Signal an die Gesellschaft,
dass wenigstens der Versuch unternommen wird, die soziale Schieflage dieser Politik etwas zu korrigieren.
Das von Ihnen vorgelegte Haushaltsbegleitgesetz
sieht unter anderem vor, die Entfernungspauschale für
Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu senken.
Sie wollen die Eigenheimzulage abschaffen, die Bundeszuschüsse für die Rentenversicherung um 2 Milliarden
Euro kürzen sowie beim Erziehungsgeld sparen. Insgesamt sollen 2004 durch Wirkungen dieses Gesetzes
10 Milliarden Euro weniger in die Kasse fließen und in
den Folgejahren jeweils 11 bis 12 Milliarden Euro mehr
eingenommen werden.
Angesichts dieser Zahlen könnte bei den Bürgerinnen
und Bürgern der Eindruck entstehen, dass die Bundesregierung Geld in die eine Tasche steckt, um es aus einer
anderen Tasche wieder herauszuziehen. Doch dieser Eindruck ist leider falsch. Richtig ist: Bei vielen Bürgern
zieht die Bundesregierung Geld aus der Tasche, um es
einigen wenigen - ich nenne das Stichwort Steuergeschenke für die Reichen - in die Tasche zu stecken.
Wir als PDS lehnen dieses Gesetz wegen seiner sozialen
Schieflage ab. Ich bin mir sicher, dass das Gesetz, wenn es
im Vermittlungsausschuss durch die Hände der CDU gegangen ist, nicht besser, sondern schlechter sein wird.
({3})
Von einigen Kollegen aus der CDU ist schon diskutiert
worden, dass sie endlich eine Entsozialdemokratisierung
der CDU wollen. Das kann man an Ihren Vorschlägen,
wie zum Beispiel an den Vorschlägen der Herzog-Kommission zur Entsolidarisierung der Krankenversicherung, auch klar erkennen. Schlimm ist aber, dass nicht
nur die CDU einen Prozess der Entsozialdemokratisierung durchmacht, sondern vor allen Dingen die Sozialdemokraten, die SPD selbst. Das werden Ihnen von der
SPD Ihre Wählerinnen und Wähler nicht danken - das
sehen Sie schon an den Umfragen -, sie werden Ihnen
bei den nächsten Wahlen die Quittung erteilen.
Vielen Dank.
({4})
Das Wort hat nun der Kollege Günter Rexrodt für die
FDP-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Rahmen dieses wichtigen Gesetzgebungsverfahrens stehen
zwei Fragen im Mittelpunkt: Kommt es zum Vorziehen
der Steuerreform und wenn ja, wie wird sie finanziert?
Ich sage eingangs: Es wird höchste Zeit, dass es eine
Entlastung bei der Einkommensteuer gibt. Die Spreizung zwischen den Spitzensätzen bei der Körperschaftsteuer mit 38 Prozent und der Einkommensteuer mit
48,5 Prozent ist die Ursache für die Verdrossenheit im
Mittelstand und den Attentismus bei den Investitionen in
den letzten Jahren.
({0})
Nachdem 2002 der Bundesfinanzminister die Steuerreform, weil sie nicht zu finanzieren war, unter Hinweis auf
die Flut verschoben hat, wollen Sie diese nun vorziehen.
Die Weisheit, wie das solide zu finanzieren ist, bleibt uns
verschlossen. Herr Diller und Herr Finanzminister Eichel,
Verlässlichkeit drückt eine solche Politik nicht aus. In Ihrer
Steuerpolitik wie auch in anderen Politikbereichen legen
Sie keine Verlässlichkeit an den Tag. Es ist aber gerade
Verlässlichkeit, was die Wirtschaft braucht.
({1})
Steuersenkungen werden vorgenommen, damit die
Wirtschaft wieder investiert, damit sich das Rad wieder
dreht. Aber wie soll daraus etwas werden, wenn den Entlastungen von 15,6 Milliarden Euro im Jahr 2004 durch
Ihre Finanzierungsvorschläge zunächst 5,5 Milliarden
Euro an neuen Belastungen gegenüberstehen und diese
zusätzlichen Belastungen aufgrund von Steuererhöhungen in den Jahren 2005 bis 2007 auf sage und schreibe
mehr als 12 Milliarden Euro steigen? Das ist keine Entlastung; das konterkariert den Effekt, aufgrund dessen
man Steuern senkt.
Zur Klarstellung bezüglich der Finanzierung: Ein
Subventionsabbau ist gut. Er macht aber wirklich nur
Sinn und führt nur dann zu dem Effekt, den wir erreichen wollen, wenn ihm eine umfassende Steuerreform
gegenübersteht, die zu klaren, berechenbaren, kalkulierbaren und niedrigen Steuersätzen führt, so wie wir als
FDP sie immer angemahnt haben. Sie haben diese aber
nicht durchgeführt. Weil eine solche fehlt, sind Ihre Finanzierungsvorschläge falsch und sogar kontraproduktiv.
({2})
Wir können in dieser Diskussion erst recht nicht die Tatsache übersehen, dass das Vorziehen der Steuerreform in
der vorgesehen Art und Weise die enorm hohe Staatsverschuldung in dann astronomische Höhen treiben würde.
2003 beträgt die Neuverschuldung 42 Milliarden Euro.
Im Jahre 2004 wird sie wahrscheinlich 50 Milliarden
Euro betragen. Wie es so schön hieß, wollten Sie im
Jahre 2004 close to balance sein, also einen fast ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Plötzlich hieß es nicht
mehr 2004, sondern 2006. Heute sagt Herr Eichel kein
Wort mehr darüber, weil seine Finanz- und seine Haushaltspolitik total gescheitert sind.
({3})
Der Bundeskanzler, der Finanzminister und die rotgrüne Koalition haben in den Jahren 1999 und 2000, als
sie noch von der Konjunktur und den Privatisierungseinnahmen, die auf unsere Reformen zurückzuführen waren,
lebten, nie ein Wort über die Finanzierung der Wiedervereinigung in den Mund genommen. Heute verschanzen
Sie sich dahinter. Sie haben von Konsolidierung, Sparen
und Generationengerechtigkeit gesprochen und dabei so
getan, als ob Sie dies erfunden hätten. In Wirklichkeit hat
die rot-grüne Koalition in der Haushaltspolitik von der
Hand in den Mund gelebt und auf der Ausgabenseite nie
wirklich konsolidiert.
({4})
Herr Eichel hat sich heute hier hingestellt und gesagt,
dass wir bei denAusgaben heute 1 Prozent niedriger als
1998 liegen - diese 1 Prozent sind vor dem Hintergrund
dessen, was auf uns zugekommen ist, viel zu wenig. Sie
sagen, dass die Weltwirtschaft schuld an der heutigen Situation ist. Das stimmt gar nicht. Von der Weltwirtschaft
gehen Wachstumsimpulse auf die deutsche Wirtschaft
aus. Sie haben vier Jahre mit Bündnissen für Arbeit und
für sonst etwas vertan. Das von ihnen gewollte Schmieden von Bündnissen war ein Herummogeln um die wirklichen Probleme und um einschneidende Reformen.
({5})
Nun sieht es so aus: Aus einem Land, das bei der wirtschaftlichen Entwicklung einen Spitzenplatz eingenommen hat, ist ein Land geworden, dem das Vertrauen in
die Regierung fehlt. Wir sind ein Land, das nicht mehr
zukunftsorientiert ist. Verzagtheit ist entstanden und Vertrauen wurde verspielt.
Meine Damen und Herren, niemand kann erwarten,
dass wir dafür die Hand heben.
Schönen Dank.
({6})
Ich erteile das Wort Kollegen Bernd Scheelen, SPDFraktion.
({0})
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Heute ist ein guter Tag für die deutschen Kommunen.“
({0})
Mit diesem Satz hat Joachim Poß seinen Redebeitrag beendet.
({1})
Ich will ihn an den Anfang stellen; denn wegen des Gesetzes, das wir gleich verabschieden werden - nicht unbedingt wegen der Redebeiträge der Opposition, Herr
Kollege Michelbach -, ist es tatsächlich ein guter Tag für
die deutschen Kommunen.
({2})
Meine Aufgabe besteht jetzt darin, in den verbleibenden fünf Minuten einen Teil des Unsinns auszuräumen,
den Sie diesem Hohen Hause zugemutet haben.
({3})
Ich will mit dem Kollegen Merz beginnen.
Der Kollege Merz hat gesagt, die Gewerbesteuer
habe keine Zukunft. Herr Kollege Merz, ich weiß nicht,
ob Sie das beobachtet haben: Bis auf zwei oder drei
Hardliner hat daraufhin fast niemand aus Ihrer Fraktion
geklatscht. Aber Sie hatten die FDP auf Ihrer Seite. Das
ist in Ordnung. Bei der FDP weiß man wenigstens, woran man ist. Bei Ihnen weiß man nicht, worum es geht.
Wollen Sie jetzt die Gewerbesteuer oder nicht?
({4})
Sie sind für die Abschaffung, Frau Merkel ist für die
Beibehaltung der Gewerbesteuer. Auch Herr Koch war
einmal für die Stärkung der Gewerbesteuer, aber aus taktischen Gründen ist er jetzt dagegen. Ich möchte Ihnen
vorschlagen: Einigen Sie sich! Denken Sie daran: Union
heißt Einheit. Das wollte ich Ihnen nur in Erinnerung rufen.
({5})
Einigen Sie sich in der Frage der Gemeindefinanzen und
machen Sie dann ein anständiges Konzept. Oder noch
besser: Stimmen Sie heute unserem Gesetzentwurf zu;
denn es ist ein guter Gesetzentwurf.
({6})
Ein zweiter Punkt, Herr Merz. Sie haben von der
Einbeziehung der Freiberufler in die Gewerbesteuer
gesprochen und beklagt, dass dabei Menschen mit einer
neuen Steuer überzogen werden.
({7})
Ich werde Ihnen zwei Gründe nennen, warum die Einbeziehung der Freiberufler Sinn ergibt: Zum einen gleichen
sich die Berufsbilder heutzutage immer mehr an. Sie
können niemandem erklären, warum zum Beispiel der
Inhaber eines Zahnlabors Gewerbesteuer zahlt, aber der
Zahnarzt mit eigenem Labor nicht. Das heißt, dabei wird
dieselbe Arbeit steuerlich unterschiedlich bewertet. Das
ist in vielen anderen Bereichen auch so. Deswegen ergibt es aus Gerechtigkeitsgründen Sinn, auch die Freiberufler in die Gemeindewirtschaftsteuer einzubeziehen.
({8})
Zum anderen wollen wir dieser Gruppe von fast
800 000 Menschen nicht zumuten, diese Steuer separat
und neu zu zahlen, also eine Steuererhöhung in Kauf zu
nehmen. Daher schlagen wir vor, das Verfahren, das bisher schon für Personengesellschaften gilt, nämlich die
Verrechnung mit der Einkommensteuer, auch hier durchzuführen. Sie haben gefragt: Was soll der Unsinn, Geld
aus der einen Steuer einer anderen Steuer zuzurechnen?
Ich werde Ihnen genau sagen, was der Sinn dieser Sache
ist. Wir verschieben damit Einnahmen aus der Einkommensteuer, auf die die Kommunen überhaupt keinen
Einfluss haben, in die Gemeindewirtschaftsteuer, die die
Gemeinde selber verwalten und gestalten können. Damit
stärken wir die kommunale Selbstverwaltung.
({9})
Was die Frage einer eventuellen Mehrbelastung von
Freiberuflern angeht, so will ich Ihnen hier ein paar Zahlen
eines Steuerberaters aus Berlin nennen, der für seine Mandantschaft ein Rundschreiben verfasst hat. Er hat verschiedene Gewinnlagen zwischen 50 000 und 150 000 Euro
durchgespielt. Er kommt bei dem Maximalsatz von
150 000 Euro zu dem Ergebnis: Die Mehrbelastung beträgt 1 125 Euro. Fazit: Wenn die Gemeindewirtschaftsteuer eingeführt wird, dann wird sie eben nicht zu der
viel angekündigten Pleitewelle führen.
Der Mann hat Recht. Man muss noch einmal deutlich
herausstellen, dass es in den Ballungszentren um marginale Mehrbeträge geht. Vorhin sind hier München,
Frankfurt und andere Städte angesprochen worden. Für
Berlin stellt sich das wie gehabt dar.
({10})
- Herr Michelbach, ich habe noch fast zwei Minuten Redezeit. Ich sage Ihnen gleich noch etwas zu Mieten und
Pachten.
Vorher möchte ich noch ein Wort zu Herrn Solms sagen. Damit dieses Märchen von der Steuerreform 1998,
die angeblich das Paradies der Glückseligen in Deutschland gebracht hat, nicht ständig wiederholt wird und unkommentiert bleibt, will ich Ihnen sagen, Herr Solms,
warum wir diese Steuerreform 1998 im Bundesrat mit
unserer Mehrheit abgelehnt haben. Sie haben nämlich
die Entlastung der Spitzenverdiener durch eine Belastung der unteren Einkommen erreichen wollen. Wir sind
stolz darauf, das verhindert zu haben.
({11})
Sie wollten die Nacht- und Feiertagszuschläge abschaffen, was eine Mehrbelastung der unteren Einkommen
bedeutet hätte, und damit die Senkung des Spitzensteuersatzes finanzieren.
Jetzt komme ich zu Herrn Faltlhauser, der einmal in
diesem Hause tätig war. Er hat auf die Gemeinsamkeiten
hingewiesen. Er war der Ansicht, die Rückführung der
Gewerbesteuerumlage sei eine Frage des Anstandes.
Wenn das stimmt, dann stelle ich fest, dass Bayern relativ unanständig ist.
({12})
In Bayern hat es im Landtag mehrere Anträge der SPDOpposition gegeben, den bayerischen Anteil der erhöhten Gewerbesteuerumlage an die bayerischen Kommunen zurückzuzahlen. Diesen Antrag hat die CSU jedes
Mal abgelehnt. Das finde ich unanständig.
({13})
Jetzt zur Substanzbesteuerung, Herr Michelbach.
Diesen Vorwurf hat auch Herr Faltlhauser vorgetragen.
Wenn Sie unseren Gesetzentwurf genau lesen, dann werden Sie feststellen, dass er mit Substanzbesteuerung
überhaupt nichts zu tun hat. Wir wollen nur in den Fällen, in denen Mieten, Pachten, Leasingraten und Lizenzgebühren benutzt werden, um Gewinne zu verstecken
und sie der Besteuerung zu entziehen, die Gemeindewirtschaftsteuer erheben. Das hat nichts mit Substanzbesteuerung, sondern mit dem Schließen von Steuerschlupflöchern zu tun. Das ist sinnvoll.
({14})
Interessant war in diesem Zusammenhang eine Frage,
die Sie vorgestern im Finanzausschuss gestellt haben.
Sie wollten wissen, ob diese unterschiedliche Behandlung von Unternehmen eventuell verfassungswidrig sei.
Dazu kann ich nur sagen: Was ist das für ein Verständnis
von Steuerpolitik in Deutschland, wenn das Schließen
von Steuerschlupflöchern von Ihrer Seite als verfassungswidrig angesehen wird? Das ist Ihre Art, mit Steuern umzugehen.
({15})
Ich sage am Ende noch einmal: Heute ist ein guter
Tag für die deutschen Kommunen. Petra Roth, die nicht
der SPD angehört, sondern CDU-Mitglied ist - sie ist
Präsidentin des Deutschen Städtetages und Frankfurter
Oberbürgermeisterin -, hofft, dass dieses Gesetz heute
beschlossen wird. Sie fordert Sie öffentlich auf: Stimmen Sie zu! Wenn Sie heute nicht zustimmen, dann
stimmen Sie zumindest im Bundesrat zu.
Herzlichen Dank.
({16})
Ich schließe die Aussprache.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weise noch ein-
mal darauf hin, dass wir, wie bereits angekündigt, die na-
mentlichen Abstimmungen zu den Entwürfen eines Drit-
ten und Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen
am Arbeitsmarkt im Anschluss an die Abstimmungen zu
diesem Tagesordnungspunkt wiederholen werden.
Damit kommen wir zum Tagesordnungspunkt 20 a
und zur Abstimmung über den von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurf eines Haushaltsbegleitgesetzes
2004, Drucksachen 15/1502 und 15/1639. Der Haus-
haltsausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschluss-
empfehlung auf Drucksache 15/1750, den Gesetzent-
wurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte
diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfas-
sung zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Wer
stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf
ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmen von
Bündnis 90/Die Grünen und der SPD gegen die Stim-
men des übrigen Hauses angenommen.
Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Die Fraktionen der SPD und
des Bündnisses 90/Die Grünen verlangen namentliche
Abstimmung. Zu dieser Abstimmung sind eine Reihe
von Erklärungen von Abgeordneten nach § 31 der Ge-
schäftsordnung abgegeben worden.1)
Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die
vorgesehenen Plätze einzunehmen. - Sind die Plätze be-
setzt? - Das ist der Fall. Ich eröffne die Abstimmung.
Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
Stimme nicht abgegeben hat? - Das ist offensichtlich
nicht der Fall. Ich schließe die Abstimmung und bitte die
Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszäh-
lung zu beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird
Ihnen später bekannt gegeben.2)
1) Anlagen 10 bis 12
2) Ergebnis Seite 5784 D
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, wieder
Platz zu nehmen. Wir haben noch eine Reihe von Abstimmungen vor uns. Es wird einen kleinen Moment bis
zur nächsten namentlichen Abstimmung dauern.
Wir setzen die Abstimmungen fort und kommen zur
Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 15/1752. Wer
stimmt für diesen Entschließungsantrag? - Wer stimmt
dagegen? - Enthaltungen? - Der Entschließungsantrag
ist mit den Stimmen der SPD und des Bündnisses 90/Die
Grünen gegen die Stimmen der CDU/CSU und der FDP
abgelehnt.
Zusatzpunkt 7: Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses auf Drucksache 15/1750 zu dem Antrag der
Fraktion der FDP mit dem Titel „Regierung muss Haushaltssicherungsgesetz vorlegen“. Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung, den Antrag auf Drucksache 15/997 abzulehnen. Wer stimmt für
diese Beschlussempfehlung? - Wer stimmt dagegen? Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist mit den
Stimmen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen
gegen die Stimmen der FDP und eines Teils der CDU/
CSU-Fraktion bei Enthaltung eines anderen Teils der
CDU/CSU-Fraktion angenommen.
Zusatzpunkt 8: Interfraktionell wird die Überweisung
der Vorlage auf Drucksache 15/1731 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind
Sie damit einverstanden? - Das ist der Fall. Dann ist die
Überweisung so beschlossen.
Tagesordnungspunkt 20 b: Abstimmung über den von
den Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen eingebrachten Gesetzentwurfs zur Änderung des Tabaksteuergesetzes und anderer Verbrauchsteuergesetze,
Drucksache 15/1313. Der Finanzausschuss empfiehlt in
seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/1726,
den Gesetzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der
Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Stimmenthaltungen? Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den
Stimmen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen
gegen die Stimmen der CDU/CSU und der FDP bei Enthaltung der beiden fraktionslosen Abgeordneten angenommen.
Dritte Beratung
und Schlussabstimmung: Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist mit den Stimmen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen gegen die Stimmen der CDU/CSU
und der FDP bei Stimmenthaltung der beiden fraktionslosen Abgeordneten angenommen.
Tagesordnungspunkt 20 c: Abstimmung über die von
den Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen sowie von der Bundesregierung eingebrachten Entwürfe eines Gesetzes zur Förderung der Steuerehrlichkeit, auf Drucksachen 15/1309, 15/1521 und 15/1661.
Der Finanzausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner
Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/1722, die
Präsident Wolfgang Thierse
genannten Gesetzentwürfe als Gesetz zur Förderung der
Steuerehrlichkeit anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? ({0})
Stimmenthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist damit in
zweiter Beratung mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen des übrigen Hauses angenommen.
Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist damit mit der gleichen Mehrheit wie eben angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 15/1745. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der
Entschließungsantrag ist mit den Stimmen von SPD und
Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen des übrigen
Hauses abgelehnt.
Noch zu Tagesordnungspunkt 20 c: Abstimmung über
den von der Fraktion der FDP eingebrachten Gesetzentwurf zur vereinfachten Nachversteuerung als Brücke in
die Steuerehrlichkeit, Drucksache 15/470. Unter Nr. 2
seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/1722
empfiehlt der Finanzausschuss den Gesetzentwurf abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Der Gesetzentwurf ist in
zweiter Beratung mit den Stimmen von SPD und
Bündnis 90/Die Grünen und den beiden fraktionslosen
Abgeordneten bei Enthaltung der CDU/CSU-Fraktion
und Zustimmung der FDP-Fraktion abgelehnt. Damit
entfällt nach unserer Geschäftsordnung die weitere Beratung.
Tagesordnungspunkt 20 d: Wir setzen die Abstimmung
über die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses auf
Drucksache 15/1722 fort. Der Finanzausschuss empfiehlt unter Nr. 3 seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags der Fraktion der FDP auf Drucksache 15/217 mit dem Titel „Zinsabgeltungsteuer
einführen - Fluchtkapital zurückholen“. Wer stimmt für
diese Beschlussempfehlung? - Wer stimmt dagegen? Wer enthält sich? - Die Beschlussempfehlung ist mit den
Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der beiden fraktionslosen Abgeordneten gegen die Stimmen der
FDP bei Enthaltung der CDU/CSU-Fraktion angenommen.
Tagesordnungspunkt 20 e: Abstimmung über den von
der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz, Drucksachen 15/1518 und
15/1665. Der Finanzausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/1684, den Gesetzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich
bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Stimmenthaltungen? Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den
Stimmen von SPD und 0Bündnis 90/Die Grünen gegen
die Stimmen von CDU/CSU und FDP bei Stimmenthaltung der beiden fraktionslosen Abgeordneten angenommen.
Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Der Gesetzentwurf ist mit dem gleichen Stimmenverhältnis wie bei
der zweiten Beratung angenommen.
Wir setzen die Abstimmungen fort und kommen zur
Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen auf
Drucksache 15/1762. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Entschließungsantrag ist mit den Stimmen von SPD und
Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen von CDU/
CSU und FDP bei Enthaltung der beiden fraktionslosen
Abgeordneten angenommen.
Ich teile das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten
Entwurf eines Haushaltsbegleitgesetzes 2004, Drucksachen 15/1502, 15/1639 und 15/1750, mit. Abgegebene
Stimmen 602. Mit Ja haben gestimmt 305, mit Nein haben gestimmt 297, Enthaltungen keine. Der Gesetzentwurf ist damit angenommen.
({1})
Präsident Wolfgang Thierse
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 602;
davon
ja: 306
nein: 296
Ja
SPD
Dr. Lale Akgün
Gerd Andres
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr ({2})
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel ({3})
Klaus Barthel ({4})
Sören Bartol
Sabine Bätzing
Uwe Beckmeyer
Klaus Uwe Benneter
Dr. Axel Berg
Ute Berg
Hans-Werner Bertl
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding ({5})
Kurt Bodewig
Gerd Friedrich Bollmann
Willi Brase
Bernhard Brinkmann
({6})
Hans-Günter Bruckmann
Edelgard Bulmahn
Marco Bülow
Ulla Burchardt
Dr. Michael Bürsch
Hans Martin Bury
Hans Büttner ({7})
Marion Caspers-Merk
Dr. Peter Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Karl Diller
Martin Dörmann
Peter Dreßen
Detlef Dzembritzki
Sebastian Edathy
Siegmund Ehrmann
Marga Elser
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Karin Evers-Meyer
Annette Faße
Elke Ferner
Gabriele Fograscher
Rainer Fornahl
Gabriele Frechen
Dagmar Freitag
Lilo Friedrich ({8})
Iris Gleicke
Günter Gloser
Uwe Göllner
Renate Gradistanac
Angelika Graf ({9})
Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Achim Großmann
Wolfgang Grotthaus
Karl-Hermann Haack
({10})
Hans-Joachim Hacker
Bettina Hagedorn
Klaus Hagemann
Alfred Hartenbach
Michael Hartmann
({11})
Anke Hartnagel
Nina Hauer
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Petra Heß
Monika Heubaum
Gabriele Hiller-Ohm
Stephan Hilsberg
Gerd Höfer
Jelena Hoffmann ({12})
Walter Hoffmann
({13})
Iris Hoffmann ({14})
Frank Hofmann ({15})
Eike Hovermann
Klaas Hübner
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Brunhilde Irber
Renate Jäger
Jann-Peter Janssen
Klaus-Werner Jonas
Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Dr. h.c. Susanne Kastner
Ulrich Kelber
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Hans-Ulrich Klose
Astrid Klug
Dr. Heinz Köhler ({16})
Walter Kolbow
Karin Kortmann
Rolf Kramer
Anette Kramme
Ernst Kranz
Nicolette Kressl
Volker Kröning
Angelika Krüger-Leißner
Dr. Hans-Ulrich Krüger
Horst Kubatschka
Ernst Küchler
Helga Kühn-Mengel
Ute Kumpf
Dr. Uwe Küster
Christine Lambrecht
Christian Lange ({17})
Christine Lehder
Waltraud Lehn
Dr. Elke Leonhard
Eckhart Lewering
Götz-Peter Lohmann
Gabriele Lösekrug-Möller
Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dirk Manzewski
Tobias Marhold
Lothar Mark
Caren Marks
Christoph Matschie
Hilde Mattheis
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Petra-Evelyne Merkel
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Ursula Mogg
Michael Müller ({18})
Christian Müller ({19})
Gesine Multhaupt
Franz Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Volker Neumann ({20})
Dietmar Nietan
Dr. Erika Ober
Holger Ortel
Heinz Paula
Johannes Pflug
Dr. Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Karin Rehbock-Zureich
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Christel RiemannHanewinckel
Walter Riester
Reinhold Robbe
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Karin Roth ({21})
Michael Roth ({22})
Gerhard Rübenkönig
Ortwin Runde
Marlene Rupprecht
({23})
Thomas Sauer
Anton Schaaf
Axel Schäfer ({24})
Gudrun Schaich-Walch
Rudolf Scharping
Dr. Hermann Scheer
Siegfried Scheffler
Horst Schild
Otto Schily
Horst Schmidbauer
({25})
Ulla Schmidt ({26})
Silvia Schmidt ({27})
Dagmar Schmidt ({28})
Wilhelm Schmidt ({29})
Heinz Schmitt ({30})
Carsten Schneider
Walter Schöler
Olaf Scholz
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Wilfried Schreck
Ottmar Schreiner
Gerhard Schröder
Gisela Schröter
Brigitte Schulte ({31})
Reinhard Schultz
({32})
Swen Schulz ({33})
Dr. Angelica Schwall-Düren
Dr. Martin Schwanholz
Rolf Schwanitz
Erika Simm
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie SonntagWolgast
Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Ludwig Stiegler
Christoph Strässer
Rita Streb-Hesse
Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Jörg Tauss
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Franz Thönnes
Hans-Jürgen Uhl
Rüdiger Veit
Simone Violka
Jörg Vogelsänger
Ute Vogt ({34})
Dr. Marlies Volkmer
Hans Georg Wagner
Hedi Wegener
Andreas Weigel
Reinhard Weis ({35})
Petra Weis
Gunter Weißgerber
Matthias Weisheit
Gert Weisskirchen
({36})
Dr. Ernst Ulrich von
Weizsäcker
Jochen Welt
Dr. Rainer Wend
Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Margrit Wetzel
Andrea Wicklein
Jürgen Wieczorek ({37})
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dr. Dieter Wiefelspütz
Brigitte Wimmer ({38})
Engelbert Wistuba
Barbara Wittig
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Waltraud Wolff
({39})
Heidi Wright
Uta Zapf
Manfred Helmut Zöllmer
Präsident Wolfgang Thierse
Dr. Christoph Zöpel
BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN
Marieluise Beck ({40})
Volker Beck ({41})
Cornelia Behm
Birgitt Bender
Matthias Berninger
Grietje Bettin
Alexander Bonde
Ekin Deligöz
Jutta Dümpe-Krüger
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Joseph Fischer ({42})
Katrin Göring-Eckardt
Winfried Hermann
Antje Hermenau
Peter Hettlich
Ulrike Höfken
Thilo Hoppe
Michaele Hustedt
Fritz Kuhn
Renate Künast
Undine Kurth ({43})
Dr. Reinhard Loske
Anna Lührmann
Jerzy Montag
Kerstin Müller ({44})
Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Friedrich Ostendorff
Simone Probst
Claudia Roth ({45})
Krista Sager
Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Rezzo Schlauch
Albert Schmidt ({46})
Werner Schulz ({47})
Petra Selg
Ursula Sowa
Rainder Steenblock
Silke Stokar von Neuforn
Hans-Christian Ströbele
Jürgen Trittin
Marianne Tritz
Hubert Ulrich
Dr. Antje Vogel-Sperl
Dr. Antje Vollmer
Dr. Ludger Volmer
Josef Philip Winkler
Margareta Wolf ({48})
Nein
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Dietrich Austermann
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Ernst-Reinhard Beck
({49})
Veronika Bellmann
Dr. Christoph Bergner
Otto Bernhardt
Dr. Rolf Bietmann
Renate Blank
Peter Bleser
Antje Blumenthal
Dr. Maria Böhmer
Jochen Borchert
Wolfgang Börnsen
({50})
Wolfgang Bosbach
Dr. Wolfgang Bötsch
Klaus Brähmig
Dr. Ralf Brauksiepe
Helge Braun
Monika Brüning
Georg Brunnhuber
Hartmut Büttner
({51})
Cajus Caesar
Manfred Carstens ({52})
Peter H. Carstensen
({53})
Gitta Connemann
Hubert Deittert
Albert Deß
Alexander Dobrindt
Vera Dominke
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Maria Eichhorn
Rainer Eppelmann
Anke Eymer ({54})
Georg Fahrenschon
Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Albrecht Feibel
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Hartwig Fischer ({55})
Dirk Fischer ({56})
Axel E. Fischer ({57})
Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Herbert Frankenhauser
Dr. Hans-Peter Friedrich
({58})
Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Dr. Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Dr. Peter Gauweiler
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Roland Gewalt
Eberhard Gienger
Georg Girisch
Michael Glos
Ralf Göbel
Dr. Reinhard Göhner
Tanja Gönner
Josef Göppel
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Kurt-Dieter Grill
Reinhard Grindel
Hermann Gröhe
Michael Grosse-Brömer
Markus Grübel
Manfred Grund
Karl-Theodor Freiherr von
und zu Guttenberg
Olav Gutting
Holger-Heinrich Haibach
Gerda Hasselfeldt
Klaus-Jürgen Hedrich
Helmut Heiderich
Ursula Heinen
Siegfried Helias
Uda Carmen Freia Heller
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann
Bernd Heynemann
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Robert Hochbaum
Klaus Hofbauer
Martin Hohmann
Joachim Hörster
Hubert Hüppe
Susanne Jaffke
Dr. Dieter Jahr
Dr. Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Steffen Kampeter
Irmgard Karwatzki
Bernhard Nikolaus Kaster
Siegfried Kauder ({59})
Volker Kauder
Gerlinde Kaupa
Eckart von Klaeden
Jürgen Klimke
Julia Klöckner
Kristina Köhler ({60})
Manfred Kolbe
Norbert Königshofen
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Rudolf Kraus
Michael Kretschmer
Günther Krichbaum
Günter Krings
Dr. Martina Krogmann
Dr. Hermann Kues
Werner Kuhn ({61})
Dr. Karl A. Lamers
({62})
Helmut Lamp
Barbara Lanzinger
Vera Lengsfeld
Peter Letzgus
Ursula Lietz
Walter Link ({63})
Eduard Lintner
Dr. Klaus W. Lippold
({64})
Patricia Lips
Dr. Michael Luther
Dorothee Mantel
Erwin Marschewski
({65})
Stephan Mayer ({66})
Conny Mayer ({67})
Dr. Martin Mayer
({68})
Wolfgang Meckelburg
Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel
Laurenz Meyer ({69})
Doris Meyer ({70})
Maria Michalk
Hans Michelbach
Klaus Minkel
Marlene Mortler
Stefan Müller ({71})
Bernward Müller ({72})
Dr. Gerd Müller
Hildegard Müller
Bernd Neumann ({73})
Henry Nitzsche
Michaela Noll
Claudia Nolte
Dr. Georg Nüßlein
Franz Obermeier
Eduard Oswald
Melanie Oßwald
Rita Pawelski
Dr. Peter Paziorek
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Daniela Raab
Thomas Rachel
Hans Raidel
Dr. Peter Ramsauer
Helmut Rauber
Peter Rauen
Christa Reichard ({74})
Katherina Reiche
Hans-Peter Repnik
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Hannelore Roedel
Franz-Xaver Romer
Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Dr. Klaus Rose
Kurt J. Rossmanith
Dr. Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Volker Rühe
Albert Rupprecht ({75})
Peter Rzepka
Anita Schäfer ({76})
Dr. Wolfgang Schäuble
Hartmut Schauerte
Andreas Scheuer
Norbert Schindler
Georg Schirmbeck
Präsident Wolfgang Thierse
Bernd Schmidbauer
Christian Schmidt ({77})
Andreas Schmidt ({78})
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Ole Schröder
Bernhard Schulte-Drüggelte
Uwe Schummer
Wilhelm Josef Sebastian
Horst Seehofer
Kurt Segner
Matthias Sehling
Marion Seib
Heinz Seiffert
Bernd Siebert
Johannes Singhammer
Jens Spahn
Erika Steinbach
Christian von Stetten
Gero Storjohann
Andreas Storm
Max Straubinger
Thomas Strobl ({79})
Lena Strothmann
Michael Stübgen
Antje Tillmann
Edeltraut Töpfer
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Volkmar Uwe Vogel
Andrea Astrid Voßhoff
Gerhard Wächter
Marko Wanderwitz
Peter Weiß ({80})
Gerald Weiß ({81})
Ingo Wellenreuther
Annette Widmann-Mauz
Klaus-Peter Willsch
Willy Wimmer ({82})
Matthias Wissmann
Werner Wittlich
Dagmar Wöhrl
Elke Wülfing
Wolfgang Zeitlmann
Wolfgang Zöller
Willi Zylajew
FDP
Daniel Bahr ({83})
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Horst Friedrich ({84})
Rainer Funke
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther ({85})
Dr. Karlheinz Guttmacher
Dr. Christel Happach-Kasan
Christoph Hartmann
({86})
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Michael Kauch
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Ina Lenke
Sabine LeutheusserSchnarrenberger
Markus Löning
Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
({87})
Eberhard Otto ({88})
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Dr. Andreas Pinkwart
Marita Sehn
Dr. Max Stadler
Dr. Rainer Stinner
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Dieter Thomae
Jürgen Türk
Dr. Claudia Winterstein
Fraktionslose Abgeordnete
Petra Pau
Wir kommen damit zu Tagesordnungspunkt 20f: Ab-
stimmung über den von der Bundesregierung einge-
brachten Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Gewer-
besteuer, Drucksachen 15/1517 und 15/1664. Der
Finanzausschuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner Be-
schlussempfehlung auf Drucksache 15/1727, den Ge-
setzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich
bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Aus-
schussfassung zustimmen wollen, um das Handzei-
chen. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Ge-
setzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stim-
men von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen die
Stimmen des Hauses im Übrigen angenommen.
Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Die Fraktionen der SPD und des
Bündnisses 90/Die Grünen verlangen namentliche Ab-
stimmung. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftfüh-
rer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. - Sind die
Plätze an den Urnen besetzt? - Das ist der Fall. Ich eröffne
die Abstimmung.
Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
Stimme noch nicht abgegeben hat? - Das ist offensicht-
lich nicht der Fall. Dann schließe ich die Abstimmung
und bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit
der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis der nament-
lichen Abstimmung wird Ihnen später bekannt gege-
ben1).
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte Sie bit-
ten, wieder Platz zu nehmen, damit wir mit unserem Ab-
1) Ergebnis Seite 5788 C
stimmungsmarathon fortfahren und die Abstimmungen
ordnungsgemäß durchführen können.
Wir kommen nun zur Abstimmung über die Ent-
schließungsanträge. Wer stimmt für den Entschlie-
ßungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Druck-
sache 15/1746? - Wer stimmt dagegen? - Stimmenthal-
tungen? - Der Entschließungsantrag ist mit den Stimmen
von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stim-
men von CDU/CSU und FDP abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über den Entschlie-
ßungsantrag der Fraktion der FDP auf Druck-
sache 15/1753. Dieser Entschließungsantrag bezieht
sich nicht nur auf das Gesetz zur Reform der Gewerbe-
steuer, sondern auch auf das Haushaltsbegleitgesetz
2004 sowie die Gesetze zur Änderung des Tabaksteuer-
gesetzes, zur Förderung der Steuerehrlichkeit und zur
Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregie-
rung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünsti-
gungsabbaugesetz, über die wir soeben abgestimmt ha-
ben. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? -
Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Entschlie-
ßungsantrag ist mit den Stimmen des Hauses gegen die
Stimmen der FDP-Fraktion abgelehnt.
Abstimmung über den vom Bundesrat eingebrachten
Entwurf eines Soforthilfegesetzes für die Gemeinden,
Drucksache 15/1470. Der Finanzausschuss empfiehlt
unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 15/1727, den Gesetzentwurf abzulehnen.
Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen
wollen, um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? -
Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist in zweiter Bera-
tung mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die
Präsident Wolfgang Thierse
Grünen gegen die Stimmen von CDU/CSU bei Enthal-
tung der FDP-Fraktion abgelehnt. Damit entfällt nach
unserer Geschäftsordnung die weitere Beratung.
Tagesordnungspunkt 20 g: Abstimmung über die
Beschlussempfehlung des Finanzausschusses auf Druck-
sache 15/1727 zu dem Antrag der Fraktion der CDU/
CSU mit dem Titel „Finanzkraft der Kommunen stärken
- Kommunale Selbstverwaltung sichern“. Der Aus-
schuss empfiehlt unter Buchstabe c seiner Beschluss-
empfehlung, den Antrag auf Drucksache 15/1217 abzu-
lehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? -
Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Die Beschluss-
empfehlung ist mit den Stimmen von SPD und
Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der CDU/
CSU bei Enthaltung der FDP-Fraktion angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzent-
wurf der Fraktion der FDP auf Drucksache 15/1247 zur
Änderung des Grundgesetzes - Kommunale Finanzre-
form. Der Rechtsausschuss empfiehlt auf Drucksache
15/1729, den Gesetzentwurf abzulehnen. Die Fraktion
der FDP hat getrennte Abstimmung zu einigen Vor-
schriften verlangt.
Art. 1 Nr. 1 Buchstabe a: Ich bitte diejenigen, die zu-
stimmen wollen, um das Handzeichen. - Wer stimmt da-
gegen? - Enthaltungen? - Art. 1 Nr. 1 Buchstabe a ist
mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen
bei Enthaltung der CDU/CSU-Fraktion und Zustimmung
der FDP abgelehnt.
Art. 1 Nr. 1 Buchstabe b: Die Fraktion der FDP ver-
langt namentliche Abstimmung. Ich bitte die Schriftfüh-
rerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze ein-
zunehmen. - Sind die Plätze an den Urnen besetzt? -
Das ist der Fall. Ich eröffne die Abstimmung.
Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das noch nicht
abgestimmt hat? - Das ist offensichtlich nicht der Fall.
Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schriftführe-
rinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu begin-
nen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen später
bekannt gegeben.1)
Ich gebe das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen
Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur
Reform der Gewerbesteuer bekannt; das sind die
Drucksachen 15/1517, 15/1664 und 15/1727. Abgegebene Stimmen 603. Mit Ja haben gestimmt 306, mit Nein
haben gestimmt 297, Enthaltungen keine. Der Gesetzentwurf ist damit angenommen.
({89})
1) Ergebnis Seite 5791 C
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 601;
davon
ja: 305
nein: 296
Ja
SPD
Dr. Lale Akgün
Gerd Andres
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr ({90})
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel ({91})
Klaus Barthel ({92})
Sören Bartol
Sabine Bätzing
Uwe Beckmeyer
Klaus Uwe Benneter
Dr. Axel Berg
Ute Berg
Hans-Werner Bertl
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding ({93})
Kurt Bodewig
Gerd Friedrich Bollmann
Willi Brase
Bernhard Brinkmann
({94})
Hans-Günter Bruckmann
Edelgard Bulmahn
Marco Bülow
Ulla Burchardt
Dr. Michael Bürsch
Hans Martin Bury
Hans Büttner ({95})
Marion Caspers-Merk
Dr. Peter Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Karl Diller
Martin Dörmann
Peter Dreßen
Detlef Dzembritzki
Sebastian Edathy
Siegmund Ehrmann
Marga Elser
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Karin Evers-Meyer
Annette Faße
Elke Ferner
Gabriele Fograscher
Rainer Fornahl
Gabriele Frechen
Dagmar Freitag
Lilo Friedrich ({96})
Iris Gleicke
Günter Gloser
Uwe Göllner
Renate Gradistanac
Angelika Graf ({97})
Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Achim Großmann
Wolfgang Grotthaus
Karl-Hermann Haack
({98})
Hans-Joachim Hacker
Bettina Hagedorn
Klaus Hagemann
Alfred Hartenbach
Michael Hartmann
({99})
Anke Hartnagel
Nina Hauer
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Petra Heß
Monika Heubaum
Gabriele Hiller-Ohm
Stephan Hilsberg
Gerd Höfer
Jelena Hoffmann ({100})
Walter Hoffmann
({101})
Iris Hoffmann ({102})
Frank Hofmann ({103})
Eike Hovermann
Klaas Hübner
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Brunhilde Irber
Renate Jäger
Jann-Peter Janssen
Klaus-Werner Jonas
Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Dr. h.c. Susanne Kastner
Ulrich Kelber
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Hans-Ulrich Klose
Astrid Klug
Dr. Heinz Köhler ({104})
Walter Kolbow
Karin Kortmann
Rolf Kramer
Anette Kramme
Ernst Kranz
Nicolette Kressl
Volker Kröning
Angelika Krüger-Leißner
Dr. Hans-Ulrich Krüger
Horst Kubatschka
Ernst Küchler
Helga Kühn-Mengel
Ute Kumpf
Präsident Wolfgang Thierse
Dr. Uwe Küster
Christine Lambrecht
Christian Lange ({105})
Christine Lehder
Waltraud Lehn
Dr. Elke Leonhard
Eckhart Lewering
Götz-Peter Lohmann
Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dirk Manzewski
Tobias Marhold
Lothar Mark
Caren Marks
Christoph Matschie
Hilde Mattheis
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Petra-Evelyne Merkel
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Ursula Mogg
Michael Müller ({106})
Christian Müller ({107})
Gesine Multhaupt
Franz Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Volker Neumann ({108})
Dietmar Nietan
Dr. Erika Ober
Holger Ortel
Heinz Paula
Johannes Pflug
Dr. Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Karin Rehbock-Zureich
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Christel RiemannHanewinckel
Walter Riester
Reinhold Robbe
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Karin Roth ({109})
Michael Roth ({110})
Gerhard Rübenkönig
Ortwin Runde
Marlene Rupprecht
({111})
Thomas Sauer
Anton Schaaf
Axel Schäfer ({112})
Gudrun Schaich-Walch
Rudolf Scharping
Dr. Hermann Scheer
Siegfried Scheffler
Horst Schild
Otto Schily
Horst Schmidbauer
({113})
Ulla Schmidt ({114})
Silvia Schmidt ({115})
Dagmar Schmidt ({116})
Wilhelm Schmidt ({117})
Heinz Schmitt ({118})
Carsten Schneider
Walter Schöler
Olaf Scholz
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Wilfried Schreck
Ottmar Schreiner
Gerhard Schröder
Gisela Schröter
Brigitte Schulte ({119})
Reinhard Schultz
({120})
Swen Schulz ({121})
Dr. Angelica Schwall-Düren
Dr. Martin Schwanholz
Rolf Schwanitz
Erika Simm
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie SonntagWolgast
Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Ludwig Stiegler
Christoph Strässer
Rita Streb-Hesse
Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Jörg Tauss
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Franz Thönnes
Hans-Jürgen Uhl
Rüdiger Veit
Simone Violka
Jörg Vogelsänger
Ute Vogt ({122})
Dr. Marlies Volkmer
Hans Georg Wagner
Hedi Wegener
Andreas Weigel
Reinhard Weis ({123})
Petra Weis
Gunter Weißgerber
Matthias Weisheit
Gert Weisskirchen
({124})
Dr. Ernst Ulrich von
Weizsäcker
Jochen Welt
Dr. Rainer Wend
Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Margrit Wetzel
Andrea Wicklein
Jürgen Wieczorek ({125})
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dr. Dieter Wiefelspütz
Brigitte Wimmer ({126})
Engelbert Wistuba
Barbara Wittig
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Waltraud Wolff
({127})
Heidi Wright
Uta Zapf
Manfred Helmut Zöllmer
Dr. Christoph Zöpel
BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN
Marieluise Beck ({128})
Volker Beck ({129})
Cornelia Behm
Birgitt Bender
Matthias Berninger
Grietje Bettin
Alexander Bonde
Ekin Deligöz
Jutta Dümpe-Krüger
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Joseph Fischer ({130})
Katrin Göring-Eckardt
Winfried Hermann
Antje Hermenau
Peter Hettlich
Ulrike Höfken
Thilo Hoppe
Michaele Hustedt
Fritz Kuhn
Renate Künast
Undine Kurth ({131})
Dr. Reinhard Loske
Anna Lührmann
Jerzy Montag
Kerstin Müller ({132})
Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Friedrich Ostendorff
Simone Probst
Claudia Roth ({133})
Krista Sager
Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Rezzo Schlauch
Albert Schmidt ({134})
Werner Schulz ({135})
Petra Selg
Ursula Sowa
Rainder Steenblock
Silke Stokar von Neuforn
Hans-Christian Ströbele
Jürgen Trittin
Marianne Tritz
Hubert Ulrich
Dr. Antje Vogel-Sperl
Dr. Antje Vollmer
Dr. Ludger Volmer
Josef Philip Winkler
Margareta Wolf ({136})
Nein
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Dietrich Austermann
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Ernst-Reinhard Beck
({137})
Veronika Bellmann
Dr. Christoph Bergner
Otto Bernhardt
Dr. Rolf Bietmann
Renate Blank
Peter Bleser
Antje Blumenthal
Dr. Maria Böhmer
Jochen Borchert
Wolfgang Börnsen
({138})
Wolfgang Bosbach
Dr. Wolfgang Bötsch
Klaus Brähmig
Dr. Ralf Brauksiepe
Helge Braun
Monika Brüning
Georg Brunnhuber
Hartmut Büttner
({139})
Cajus Caesar
Manfred Carstens ({140})
Peter H. Carstensen
({141})
Gitta Connemann
Hubert Deittert
Albert Deß
Alexander Dobrindt
Vera Dominke
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Maria Eichhorn
Rainer Eppelmann
Anke Eymer ({142})
Georg Fahrenschon
Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Albrecht Feibel
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Hartwig Fischer ({143})
Dirk Fischer ({144})
Axel E. Fischer ({145})
Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Herbert Frankenhauser
Dr. Hans-Peter Friedrich
({146})
Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Dr. Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Präsident Wolfgang Thierse
Dr. Peter Gauweiler
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Roland Gewalt
Eberhard Gienger
Georg Girisch
Michael Glos
Ralf Göbel
Dr. Reinhard Göhner
Tanja Gönner
Josef Göppel
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Kurt-Dieter Grill
Reinhard Grindel
Hermann Gröhe
Michael Grosse-Brömer
Markus Grübel
Manfred Grund
Karl-Theodor Freiherr von
und zu Guttenberg
Olav Gutting
Holger-Heinrich Haibach
Gerda Hasselfeldt
Klaus-Jürgen Hedrich
Helmut Heiderich
Ursula Heinen
Siegfried Helias
Uda Carmen Freia Heller
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann
Bernd Heynemann
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Robert Hochbaum
Klaus Hofbauer
Martin Hohmann
Joachim Hörster
Hubert Hüppe
Susanne Jaffke
Dr. Dieter Jahr
Dr. Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Steffen Kampeter
Irmgard Karwatzki
Bernhard Nikolaus Kaster
Siegfried Kauder ({147})
Volker Kauder
Gerlinde Kaupa
Eckart von Klaeden
Jürgen Klimke
Julia Klöckner
Kristina Köhler ({148})
Manfred Kolbe
Norbert Königshofen
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Rudolf Kraus
Michael Kretschmer
Günther Krichbaum
Günter Krings
Dr. Martina Krogmann
Dr. Hermann Kues
Werner Kuhn ({149})
Dr. Karl A. Lamers
({150})
Helmut Lamp
Barbara Lanzinger
Vera Lengsfeld
Peter Letzgus
Ursula Lietz
Walter Link ({151})
Eduard Lintner
Dr. Klaus W. Lippold
({152})
Patricia Lips
Dr. Michael Luther
Dorothee Mantel
Erwin Marschewski
({153})
Stephan Mayer ({154})
Conny Mayer ({155})
Dr. Martin Mayer
({156})
Wolfgang Meckelburg
Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel
Laurenz Meyer ({157})
Doris Meyer ({158})
Maria Michalk
Hans Michelbach
Klaus Minkel
Marlene Mortler
Stefan Müller ({159})
Bernward Müller ({160})
Dr. Gerd Müller
Hildegard Müller
Bernd Neumann ({161})
Henry Nitzsche
Michaela Noll
Claudia Nolte
Dr. Georg Nüßlein
Franz Obermeier
Eduard Oswald
Melanie Oßwald
Rita Pawelski
Dr. Peter Paziorek
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Daniela Raab
Thomas Rachel
Hans Raidel
Dr. Peter Ramsauer
Helmut Rauber
Peter Rauen
Christa Reichard ({162})
Katherina Reiche
Hans-Peter Repnik
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Hannelore Roedel
Franz-Xaver Romer
Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Dr. Klaus Rose
Kurt J. Rossmanith
Dr. Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Volker Rühe
Albert Rupprecht ({163})
Peter Rzepka
Anita Schäfer ({164})
Dr. Wolfgang Schäuble
Hartmut Schauerte
Andreas Scheuer
Norbert Schindler
Georg Schirmbeck
Bernd Schmidbauer
Christian Schmidt ({165})
Andreas Schmidt ({166})
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Ole Schröder
Bernhard Schulte-Drüggelte
Uwe Schummer
Wilhelm Josef Sebastian
Horst Seehofer
Kurt Segner
Matthias Sehling
Marion Seib
Heinz Seiffert
Bernd Siebert
Johannes Singhammer
Jens Spahn
Erika Steinbach
Christian von Stetten
Gero Storjohann
Andreas Storm
Max Straubinger
Thomas Strobl ({167})
Lena Strothmann
Michael Stübgen
Antje Tillmann
Edeltraut Töpfer
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Volkmar Uwe Vogel
Andrea Astrid Voßhoff
Gerhard Wächter
Marko Wanderwitz
Peter Weiß ({168})
Gerald Weiß ({169})
Ingo Wellenreuther
Annette Widmann-Mauz
Klaus-Peter Willsch
Willy Wimmer ({170})
Matthias Wissmann
Werner Wittlich
Dagmar Wöhrl
Elke Wülfing
Wolfgang Zeitlmann
Wolfgang Zöller
Willi Zylajew
FDP
Daniel Bahr ({171})
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Horst Friedrich ({172})
Rainer Funke
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther ({173})
Dr. Karlheinz Guttmacher
Dr. Christel Happach-Kasan
Christoph Hartmann
({174})
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Michael Kauch
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Ina Lenke
Sabine LeutheusserSchnarrenberger
Markus Löning
Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
({175})
Eberhard Otto ({176})
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Dr. Andreas Pinkwart
Marita Sehn
Dr. Max Stadler
Dr. Rainer Stinner
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Dieter Thomae
Jürgen Türk
Dr. Claudia Winterstein
Fraktionslose Abgeordnete
Petra Pau
Präsident Wolfgang Thierse
Wir fahren in den Abstimmungen fort.
Art. 1 Nr. 2 bis Nr. 5 und Art. 2 sowie Einleitung und
Überschrift: Ich bitte diejenigen, die zustimmen wollen,
um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Art. 1 Nr. 2 bis Nr. 5 und Art. 2 sowie Einleitung und Überschrift sind mit den Stimmen von SPD
und Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung von CDU/
CSU und Zustimmung der FDP abgelehnt.
Das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zu
Art. 1 Nr. 1 Buchstabe b steht noch aus.
Tagesordnungspunkt 20 i: Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses auf Drucksache 15/1261 zu dem Antrag der Fraktion der FDP mit
dem Titel „Antragsverfahren bei Agrardiesel deutlich
vereinfachen“.
Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache
15/833 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Die
Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von SPD und
Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen von CDU/
CSU und FDP angenommen.
Wir werden jetzt die Sitzung unterbrechen und das
Ergebnis der namentlichen Abstimmung abwarten. Danach wiederholen wir die beiden namentlichen Abstimmungen, bei denen es vorhin bei der Auszählung Probleme gegeben hat. Ich unterbreche die Sitzung für
einige Minuten.
({177})
Wir setzen die unterbrochene Sitzung fort.
Ich gebe das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über Art. 1 Nr. 1 Buchstabe b des Gesetzentwurfs
der Fraktion der FDP zur Änderung des Grundgesetzes Kommunale Finanzreform - bekannt. Abgegebene Stimmen 600. Mit Ja haben gestimmt 47, mit Nein haben gestimmt 553, Enthaltungen keine. Damit ist Art. 1 Nr. 1
Buchstabe b abgelehnt. Der Gesetzentwurf ist damit in
zweiter Beratung insgesamt abgelehnt. Nach unserer Geschäftsordnung entfällt die weitere Beratung.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 598;
davon
ja: 46
nein: 552
Ja
FDP
Daniel Bahr ({0})
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Horst Friedrich ({1})
Rainer Funke
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther ({2})
Dr. Karlheinz Guttmacher
Dr. Christel Happach-Kasan
Christoph Hartmann
({3})
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Michael Kauch
Gudrun Kopp
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Ina Lenke
Sabine LeutheusserSchnarrenberger
Markus Löning
Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
({4})
Eberhard Otto ({5})
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Dr. Andreas Pinkwart
Marita Sehn
Dr. Max Stadler
Dr. Rainer Stinner
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Dieter Thomae
Jürgen Türk
Dr. Claudia Winterstein
Nein
SPD
Dr. Lale Akgün
Gerd Andres
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr ({6})
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel ({7})
Sören Bartol
Sabine Bätzing
Uwe Beckmeyer
Klaus Uwe Benneter
Dr. Axel Berg
Ute Berg
Hans-Werner Bertl
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding ({8})
Kurt Bodewig
Gerd Friedrich Bollmann
Willi Brase
Bernhard Brinkmann
({9})
Hans-Günter Bruckmann
Edelgard Bulmahn
Marco Bülow
Ulla Burchardt
Dr. Michael Bürsch
Hans Martin Bury
Hans Büttner ({10})
Marion Caspers-Merk
Dr. Peter Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Karl Diller
Martin Dörmann
Peter Dreßen
Detlef Dzembritzki
Sebastian Edathy
Siegmund Ehrmann
Marga Elser
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Karin Evers-Meyer
Annette Faße
Elke Ferner
Gabriele Fograscher
Rainer Fornahl
Gabriele Frechen
Dagmar Freitag
Lilo Friedrich ({11})
Iris Gleicke
Günter Gloser
Uwe Göllner
Renate Gradistanac
Angelika Graf ({12})
Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Achim Großmann
Wolfgang Grotthaus
Karl-Hermann Haack
({13})
Hans-Joachim Hacker
Bettina Hagedorn
Klaus Hagemann
Alfred Hartenbach
Michael Hartmann
({14})
Anke Hartnagel
Nina Hauer
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Petra Heß
Monika Heubaum
Gabriele Hiller-Ohm
Stephan Hilsberg
Gerd Höfer
Jelena Hoffmann ({15})
Walter Hoffmann
({16})
Iris Hoffmann ({17})
Frank Hofmann ({18})
Eike Hovermann
Klaas Hübner
Christel Humme
Präsident Wolfgang Thierse
Lothar Ibrügger
Brunhilde Irber
Renate Jäger
Jann-Peter Janssen
Klaus-Werner Jonas
Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Dr. h.c. Susanne Kastner
Ulrich Kelber
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Hans-Ulrich Klose
Astrid Klug
Dr. Heinz Köhler ({19})
Walter Kolbow
Karin Kortmann
Rolf Kramer
Anette Kramme
Ernst Kranz
Nicolette Kressl
Volker Kröning
Angelika Krüger-Leißner
Dr. Hans-Ulrich Krüger
Horst Kubatschka
Ernst Küchler
Helga Kühn-Mengel
Ute Kumpf
Dr. Uwe Küster
Christine Lambrecht
Christian Lange ({20})
Christine Lehder
Waltraud Lehn
Dr. Elke Leonhard
Eckhart Lewering
Götz-Peter Lohmann
Gabriele Lösekrug-Möller
Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dirk Manzewski
Tobias Marhold
Lothar Mark
Caren Marks
Christoph Matschie
Hilde Mattheis
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Petra-Evelyne Merkel
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Ursula Mogg
Michael Müller ({21})
Christian Müller ({22})
Gesine Multhaupt
Franz Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Volker Neumann ({23})
Dietmar Nietan
Dr. Erika Ober
Holger Ortel
Heinz Paula
Johannes Pflug
Dr. Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Karin Rehbock-Zureich
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Christel RiemannHanewinckel
Walter Riester
Reinhold Robbe
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Karin Roth ({24})
Michael Roth ({25})
Gerhard Rübenkönig
Ortwin Runde
Marlene Rupprecht
({26})
Thomas Sauer
Anton Schaaf
Axel Schäfer ({27})
Gudrun Schaich-Walch
Rudolf Scharping
Dr. Hermann Scheer
Siegfried Scheffler
Horst Schild
Otto Schily
Horst Schmidbauer
({28})
Ulla Schmidt ({29})
Silvia Schmidt ({30})
Dagmar Schmidt ({31})
Wilhelm Schmidt ({32})
Heinz Schmitt ({33})
Carsten Schneider
Walter Schöler
Olaf Scholz
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Wilfried Schreck
Ottmar Schreiner
Gerhard Schröder
Gisela Schröter
Brigitte Schulte ({34})
Reinhard Schultz
({35})
Swen Schulz ({36})
Dr. Angelica Schwall-Düren
Dr. Martin Schwanholz
Rolf Schwanitz
Erika Simm
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie SonntagWolgast
Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Ludwig Stiegler
Christoph Strässer
Rita Streb-Hesse
Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Jörg Tauss
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Franz Thönnes
Hans-Jürgen Uhl
Rüdiger Veit
Simone Violka
Jörg Vogelsänger
Ute Vogt ({37})
Dr. Marlies Volkmer
Hans Georg Wagner
Hedi Wegener
Andreas Weigel
Reinhard Weis ({38})
Petra Weis
Gunter Weißgerber
Matthias Weisheit
Gert Weisskirchen
({39})
Dr. Ernst Ulrich von
Weizsäcker
Jochen Welt
Dr. Rainer Wend
Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Margrit Wetzel
Andrea Wicklein
Jürgen Wieczorek ({40})
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dr. Dieter Wiefelspütz
Brigitte Wimmer ({41})
Engelbert Wistuba
Barbara Wittig
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Waltraud Wolff
({42})
Heidi Wright
Manfred Helmut Zöllmer
Dr. Christoph Zöpel
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Dietrich Austermann
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Ernst-Reinhard Beck
({43})
Veronika Bellmann
Dr. Christoph Bergner
Otto Bernhardt
Dr. Rolf Bietmann
Renate Blank
Peter Bleser
Antje Blumenthal
Dr. Maria Böhmer
Jochen Borchert
Wolfgang Börnsen
({44})
Wolfgang Bosbach
Dr. Wolfgang Bötsch
Klaus Brähmig
Dr. Ralf Brauksiepe
Helge Braun
Monika Brüning
Georg Brunnhuber
Hartmut Büttner
({45})
Cajus Caesar
Manfred Carstens ({46})
Peter H. Carstensen
({47})
Gitta Connemann
Hubert Deittert
Albert Deß
Alexander Dobrindt
Vera Dominke
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Maria Eichhorn
Rainer Eppelmann
Anke Eymer ({48})
Georg Fahrenschon
Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Albrecht Feibel
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Hartwig Fischer ({49})
Dirk Fischer ({50})
Axel E. Fischer ({51})
Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Herbert Frankenhauser
Dr. Hans-Peter Friedrich
({52})
Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Dr. Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Dr. Peter Gauweiler
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Roland Gewalt
Eberhard Gienger
Georg Girisch
Michael Glos
Ralf Göbel
Dr. Reinhard Göhner
Tanja Gönner
Josef Göppel
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Kurt-Dieter Grill
Reinhard Grindel
Hermann Gröhe
Michael Grosse-Brömer
Markus Grübel
Manfred Grund
Karl-Theodor Freiherr von
und zu Guttenberg
Olav Gutting
Holger-Heinrich Haibach
Gerda Hasselfeldt
Klaus-Jürgen Hedrich
Helmut Heiderich
Ursula Heinen
Siegfried Helias
Uda Carmen Freia Heller
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann
Bernd Heynemann
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Robert Hochbaum
Präsident Wolfgang Thierse
Klaus Hofbauer
Martin Hohmann
Joachim Hörster
Hubert Hüppe
Susanne Jaffke
Dr. Peter Jahr
Dr. Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Steffen Kampeter
Irmgard Karwatzki
Bernhard Kaster
Siegfried Kauder ({53})
Volker Kauder
Gerlinde Kaupa
Eckart von Klaeden
Jürgen Klimke
Julia Klöckner
Kristina Köhler ({54})
Manfred Kolbe
Norbert Königshofen
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Rudolf Kraus
Michael Kretschmer
Günther Krichbaum
Günter Krings
Dr. Martina Krogmann
Dr. Hermann Kues
Werner Kuhn ({55})
Dr. Karl A. Lamers
({56})
Helmut Lamp
Barbara Lanzinger
Vera Lengsfeld
Peter Letzgus
Ursula Lietz
Walter Link ({57})
Eduard Lintner
Dr. Klaus W. Lippold
({58})
Patricia Lips
Dr. Michael Luther
Dorothee Mantel
Erwin Marschewski
({59})
Stephan Mayer ({60})
Conny Mayer ({61})
Dr. Martin Mayer
({62})
Wolfgang Meckelburg
Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel
Laurenz Meyer ({63})
Doris Meyer ({64})
Maria Michalk
Hans Michelbach
Klaus Minkel
Marlene Mortler
Stefan Müller ({65})
Bernward Müller ({66})
Dr. Gerd Müller
Hildegard Müller
Bernd Neumann ({67})
Henry Nitzsche
Michaela Noll
Claudia Nolte
Dr. Georg Nüßlein
Franz Obermeier
Eduard Oswald
Melanie Oßwald
Rita Pawelski
Dr. Peter Paziorek
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Daniela Raab
Thomas Rachel
Hans Raidel
Dr. Peter Ramsauer
Helmut Rauber
Peter Rauen
Christa Reichard ({68})
Katherina Reiche
Hans-Peter Repnik
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Hannelore Roedel
Franz-Xaver Romer
Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Dr. Klaus Rose
Kurt J. Rossmanith
Dr. Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Volker Rühe
Albert Rupprecht ({69})
Peter Rzepka
Anita Schäfer ({70})
Dr. Wolfgang Schäuble
Hartmut Schauerte
Andreas Scheuer
Norbert Schindler
Georg Schirmbeck
Bernd Schmidbauer
Christian Schmidt ({71})
Andreas Schmidt ({72})
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Ole Schröder
Bernhard Schulte-Drüggelte
Uwe Schummer
Wilhelm Josef Sebastian
Horst Seehofer
Kurt Segner
Matthias Sehling
Marion Seib
Heinz Seiffert
Bernd Siebert
Johannes Singhammer
Jens Spahn
Erika Steinbach
Christian von Stetten
Gero Storjohann
Andreas Storm
Max Straubinger
Thomas Strobl ({73})
Lena Strothmann
Michael Stübgen
Antje Tillmann
Edeltraut Töpfer
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Volkmar Uwe Vogel
Andrea Astrid Voßhoff
Gerhard Wächter
Marko Wanderwitz
Peter Weiß ({74})
Gerald Weiß ({75})
Ingo Wellenreuther
Annette Widmann-Mauz
Klaus-Peter Willsch
Willy Wimmer ({76})
Matthias Wissmann
Werner Wittlich
Dagmar Wöhrl
Elke Wülfing
Wolfgang Zeitlmann
Wolfgang Zöller
BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN
Marieluise Beck ({77})
Volker Beck ({78})
Cornelia Behm
Birgitt Bender
Matthias Berninger
Grietje Bettin
Alexander Bonde
Ekin Deligöz
Jutta Dümpe-Krüger
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Joseph Fischer ({79})
Katrin Göring-Eckardt
Winfried Hermann
Antje Hermenau
Peter Hettlich
Ulrike Höfken
Thilo Hoppe
Michaele Hustedt
Fritz Kuhn
Renate Künast
Undine Kurth ({80})
Dr. Reinhard Loske
Anna Lührmann
Jerzy Montag
Kerstin Müller ({81})
Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Friedrich Ostendorff
Simone Probst
Claudia Roth ({82})
Krista Sager
Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Rezzo Schlauch
Albert Schmidt ({83})
Werner Schulz ({84})
Petra Selg
Ursula Sowa
Rainder Steenblock
Silke Stokar von Neuforn
Hans-Christian Ströbele
Jürgen Trittin
Marianne Tritz
Hubert Ulrich
Dr. Antje Vogel-Sperl
Dr. Antje Vollmer
Dr. Ludger Volmer
Josef Philip Winkler
Margareta Wolf ({85})
Fraktionslose Abgeordnete
Petra Pau
Präsident Wolfgang Thierse
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir kommen zu Ta-
gesordnungspunkt 19 a zurück, und zwar zur Abstim-
mung über die von den Fraktionen der SPD und des Bünd-
nisses 90/Die Grünen sowie von der Bundesregierung
eingebrachten Entwürfe eines Dritten Gesetzes für mo-
derne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, Drucksachen
15/1515 und 15/1637. Wir wiederholen die namentliche
Schlussabstimmung. Ich bitte die Schriftführerinnen und
Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. -
Das ist erfolgt. Ich eröffne die Abstimmung.
Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das noch nicht
abgestimmt hat? - Das ist offensichtlich nicht der Fall.
Dann schließe ich die Abstimmung. Ich bitte die Schrift-
führerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu
beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen
später bekannt gegeben.1)
Wir setzen die Abstimmungen fort und wiederholen
nun die namentliche Schlussabstimmung über den von
den Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grü-
nen eingebrachten Entwurf eines Vierten Gesetzes für
moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, Druck-
sache 15/1516. Ich bitte die Schriftführerinnen und
Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. -
Ist das erfolgt? - Die Plätze sind besetzt. Dann eröffne
ich die Abstimmung.
Haben alle Kolleginnen und Kollegen ihre Stimm-
karte abgegeben? - Das ist offensichtlich der Fall. Dann
schließe ich die Abstimmung und bitte die Schriftführe-
rinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu begin-
nen. Die Ergebnisse der beiden namentlichen Abstim-
mungen werden Ihnen später bekannt gegeben.2)
Ich rufe nunmehr die Tagesordnungspunkte 21 a und
21 b auf:
a) - Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/
DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch
- Drucksache 15/1514 ({86})
- Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch
- Drucksache 15/1636 ({87})
1) Ergebnis Seite 5794 D
2) Ergebnis Seite5799 C
aa) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit und Soziale Sicherung ({88})
- Drucksachen 15/1734, 15/1761 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Verena Butalikakis
bb)Bericht des Haushaltsausschusses ({89})
gemäß § 96 der Geschäftsordnung
- Drucksache 15/1740 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Michael Luther
Otto Fricke
Waltraud Lehn
b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Nationaler Aktionsplan für Deutschland zur
Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung 2003 bis 2005
Strategien zur Stärkung der sozialen Integration
- Drucksache 15/1420 Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung ({90})
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
Über den von den Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch, zu dem ein Entschließungsantrag der
Fraktion der CDU/CSU vorliegt, werden wir später namentlich abstimmen.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. - Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Bevor ich die Aussprache eröffne, kann ich das von
den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte
Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den
von den Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die
Grünen sowie der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, Drucksachen 15/1515, 15/1637
und 15/1728, mitteilen. Abgegebene Stimmen 599. Mit
Ja haben gestimmt 304, mit Nein haben gestimmt 294,
Enthaltungen 1. Der Gesetzentwurf ist damit angenommen.
({91})
Präsident Wolfgang Thierse
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 599;
davon
ja: 304
nein: 294
enthalten: 1
Ja
SPD
Dr. Lale Akgün
Gerd Andres
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr ({92})
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel ({93})
Klaus Barthel ({94})
Sören Bartol
Sabine Bätzing
Uwe Beckmeyer
Klaus Uwe Benneter
Dr. Axel Berg
Ute Berg
Hans-Werner Bertl
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding ({95})
Kurt Bodewig
Gerd Friedrich Bollmann
Willi Brase
Bernhard Brinkmann
({96})
Hans-Günter Bruckmann
Edelgard Bulmahn
Marco Bülow
Ulla Burchardt
Dr. Michael Bürsch
Hans Martin Bury
Hans Büttner ({97})
Marion Caspers-Merk
Dr. Peter Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Karl Diller
Martin Dörmann
Peter Dreßen
Detlef Dzembritzki
Sebastian Edathy
Siegmund Ehrmann
Marga Elser
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Karin Evers-Meyer
Annette Faße
Elke Ferner
Gabriele Fograscher
Rainer Fornahl
Gabriele Frechen
Dagmar Freitag
Lilo Friedrich ({98})
Iris Gleicke
Günter Gloser
Uwe Göllner
Renate Gradistanac
Angelika Graf ({99})
Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Achim Großmann
Wolfgang Grotthaus
Karl-Hermann Haack
({100})
Hans-Joachim Hacker
Bettina Hagedorn
Klaus Hagemann
Alfred Hartenbach
Michael Hartmann
({101})
Anke Hartnagel
Nina Hauer
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Petra Heß
Monika Heubaum
Gabriele Hiller-Ohm
Stephan Hilsberg
Gerd Höfer
Jelena Hoffmann ({102})
Walter Hoffmann
({103})
Iris Hoffmann ({104})
Frank Hofmann ({105})
Eike Hovermann
Klaas Hübner
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Brunhilde Irber
Renate Jäger
Jann-Peter Janssen
Klaus-Werner Jonas
Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Dr. h.c. Susanne Kastner
Ulrich Kelber
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Hans-Ulrich Klose
Astrid Klug
Dr. Heinz Köhler ({106})
Walter Kolbow
Karin Kortmann
Rolf Kramer
Anette Kramme
Ernst Kranz
Nicolette Kressl
Volker Kröning
Angelika Krüger-Leißner
Dr. Hans-Ulrich Krüger
Horst Kubatschka
Ernst Küchler
Helga Kühn-Mengel
Ute Kumpf
Dr. Uwe Küster
Christine Lambrecht
Christian Lange ({107})
Christine Lehder
Waltraud Lehn
Dr. Elke Leonhard
Eckhart Lewering
Götz-Peter Lohmann
Gabriele Lösekrug-Möller
Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dirk Manzewski
Tobias Marhold
Lothar Mark
Caren Marks
Christoph Matschie
Hilde Mattheis
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Petra-Evelyne Merkel
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Ursula Mogg
Michael Müller ({108})
Christian Müller ({109})
Gesine Multhaupt
Franz Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Volker Neumann ({110})
Dietmar Nietan
Dr. Erika Ober
Holger Ortel
Heinz Paula
Johannes Pflug
Dr. Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Karin Rehbock-Zureich
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Christel RiemannHanewinckel
Walter Riester
Reinhold Robbe
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Karin Roth ({111})
Michael Roth ({112})
Gerhard Rübenkönig
Ortwin Runde
Marlene Rupprecht
({113})
Thomas Sauer
Anton Schaaf
Axel Schäfer ({114})
Gudrun Schaich-Walch
Rudolf Scharping
Dr. Hermann Scheer
Siegfried Scheffler
Horst Schild
Otto Schily
Horst Schmidbauer
({115})
Ulla Schmidt ({116})
Silvia Schmidt ({117})
Dagmar Schmidt ({118})
Wilhelm Schmidt ({119})
Heinz Schmitt ({120})
Carsten Schneider
Walter Schöler
Olaf Scholz
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Wilfried Schreck
Ottmar Schreiner
Gerhard Schröder
Gisela Schröter
Brigitte Schulte ({121})
Reinhard Schultz
({122})
Swen Schulz ({123})
Dr. Angelica Schwall-Düren
Dr. Martin Schwanholz
Rolf Schwanitz
Erika Simm
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie SonntagWolgast
Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Ludwig Stiegler
Christoph Strässer
Rita Streb-Hesse
Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Jörg Tauss
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Franz Thönnes
Hans-Jürgen Uhl
Rüdiger Veit
Simone Violka
Jörg Vogelsänger
Ute Vogt ({124})
Dr. Marlies Volkmer
Hans Georg Wagner
Hedi Wegener
Andreas Weigel
Reinhard Weis ({125})
Petra Weis
Gunter Weißgerber
Matthias Weisheit
Gert Weisskirchen
({126})
Dr. Ernst Ulrich von
Weizsäcker
Jochen Welt
Dr. Rainer Wend
Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Margrit Wetzel
Andrea Wicklein
Jürgen Wieczorek ({127})
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dr. Dieter Wiefelspütz
Brigitte Wimmer ({128})
Engelbert Wistuba
Barbara Wittig
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Waltraud Wolff
({129})
Heidi Wright
Uta Zapf
Präsident Wolfgang Thierse
Manfred Helmut Zöllmer
Dr. Christoph Zöpel
BÜNDNIS 90 / DIE
GRÜNEN
Marieluise Beck ({130})
Volker Beck ({131})
Cornelia Behm
Birgitt Bender
Matthias Berninger
Grietje Bettin
Alexander Bonde
Ekin Deligöz
Jutta Dümpe-Krüger
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Joseph Fischer ({132})
Katrin Göring-Eckardt
Winfried Hermann
Antje Hermenau
Peter Hettlich
Ulrike Höfken
Thilo Hoppe
Fritz Kuhn
Renate Künast
Undine Kurth ({133})
Dr. Reinhard Loske
Anna Lührmann
Jerzy Montag
Kerstin Müller ({134})
Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Friedrich Ostendorff
Simone Probst
Claudia Roth ({135})
Krista Sager
Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Rezzo Schlauch
Albert Schmidt ({136})
Petra Selg
Ursula Sowa
Rainder Steenblock
Silke Stokar von Neuforn
Hans-Christian Ströbele
Jürgen Trittin
Marianne Tritz
Hubert Ulrich
Dr. Antje Vogel-Sperl
Dr. Antje Vollmer
Dr. Ludger Volmer
Josef Philip Winkler
Margareta Wolf ({137})
Nein
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Dietrich Austermann
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Ernst-Reinhard Beck
({138})
Veronika Bellmann
Dr. Christoph Bergner
Otto Bernhardt
Dr. Rolf Bietmann
Renate Blank
Peter Bleser
Antje Blumenthal
Dr. Maria Böhmer
Jochen Borchert
Wolfgang Börnsen
({139})
Wolfgang Bosbach
Dr. Wolfgang Bötsch
Klaus Brähmig
Dr. Ralf Brauksiepe
Helge Braun
Monika Brüning
Georg Brunnhuber
Hartmut Büttner
({140})
Cajus Caesar
Manfred Carstens ({141})
Peter H. Carstensen
({142})
Gitta Connemann
Hubert Deittert
Albert Deß
Alexander Dobrindt
Vera Dominke
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Maria Eichhorn
Rainer Eppelmann
Anke Eymer ({143})
Georg Fahrenschon
Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Albrecht Feibel
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Hartwig Fischer ({144})
Dirk Fischer ({145})
Axel E. Fischer ({146})
Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Herbert Frankenhauser
Dr. Hans-Peter Friedrich
({147})
Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Dr. Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Dr. Peter Gauweiler
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Roland Gewalt
Eberhard Gienger
Georg Girisch
Michael Glos
Ralf Göbel
Dr. Reinhard Göhner
Tanja Gönner
Josef Göppel
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Kurt-Dieter Grill
Reinhard Grindel
Hermann Gröhe
Michael Grosse-Brömer
Markus Grübel
Manfred Grund
Karl-Theodor Freiherr von
und zu Guttenberg
Olav Gutting
Holger-Heinrich Haibach
Gerda Hasselfeldt
Klaus-Jürgen Hedrich
Helmut Heiderich
Ursula Heinen
Siegfried Helias
Uda Carmen Freia Heller
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann
Bernd Heynemann
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Robert Hochbaum
Klaus Hofbauer
Martin Hohmann
Joachim Hörster
Hubert Hüppe
Susanne Jaffke
Dr. Dieter Jahr
Dr. Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Steffen Kampeter
Irmgard Karwatzki
Bernhard Nikolaus Kaster
Siegfried Kauder ({148})
Volker Kauder
Gerlinde Kaupa
Eckart von Klaeden
Jürgen Klimke
Julia Klöckner
Kristina Köhler ({149})
Manfred Kolbe
Norbert Königshofen
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Rudolf Kraus
Michael Kretschmer
Günther Krichbaum
Günter Krings
Dr. Martina Krogmann
Dr. Hermann Kues
Werner Kuhn ({150})
Dr. Karl A. Lamers
({151})
Helmut Lamp
Barbara Lanzinger
Vera Lengsfeld
Peter Letzgus
Ursula Lietz
Walter Link ({152})
Eduard Lintner
Dr. Klaus W. Lippold
({153})
Patricia Lips
Dr. Michael Luther
Dorothee Mantel
Erwin Marschewski
({154})
Stephan Mayer ({155})
Conny Mayer ({156})
Dr. Martin Mayer
({157})
Wolfgang Meckelburg
Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel
Laurenz Meyer ({158})
Doris Meyer ({159})
Maria Michalk
Hans Michelbach
Klaus Minkel
Marlene Mortler
Stefan Müller ({160})
Bernward Müller ({161})
Dr. Gerd Müller
Hildegard Müller
Bernd Neumann ({162})
Henry Nitzsche
Michaela Noll
Claudia Nolte
Dr. Georg Nüßlein
Franz Obermeier
Eduard Oswald
Melanie Oßwald
Rita Pawelski
Dr. Peter Paziorek
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Daniela Raab
Thomas Rachel
Hans Raidel
Dr. Peter Ramsauer
Helmut Rauber
Peter Rauen
Christa Reichard ({163})
Katherina Reiche
Hans-Peter Repnik
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Hannelore Roedel
Franz-Xaver Romer
Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Dr. Klaus Rose
Kurt J. Rossmanith
Dr. Norbert Röttgen
Volker Rühe
Albert Rupprecht ({164})
Peter Rzepka
Anita Schäfer ({165})
Dr. Wolfgang Schäuble
Hartmut Schauerte
Andreas Scheuer
Norbert Schindler
Georg Schirmbeck
Bernd Schmidbauer
Christian Schmidt ({166})
Andreas Schmidt ({167})
Präsident Wolfgang Thierse
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Ole Schröder
Bernhard Schulte-Drüggelte
Uwe Schummer
Wilhelm Josef Sebastian
Horst Seehofer
Kurt Segner
Matthias Sehling
Marion Seib
Heinz Seiffert
Bernd Siebert
Johannes Singhammer
Jens Spahn
Erika Steinbach
Christian von Stetten
Gero Storjohann
Andreas Storm
Max Straubinger
Thomas Strobl ({168})
Lena Strothmann
Michael Stübgen
Antje Tillmann
Edeltraut Töpfer
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Volkmar Uwe Vogel
Andrea Astrid Voßhoff
Gerhard Wächter
Marko Wanderwitz
Peter Weiß ({169})
Gerald Weiß ({170})
Ingo Wellenreuther
Annette Widmann-Mauz
Klaus-Peter Willsch
Willy Wimmer ({171})
Matthias Wissmann
Werner Wittlich
Dagmar Wöhrl
Elke Wülfing
Wolfgang Zeitlmann
Wolfgang Zöller
Willi Zylajew
FDP
Daniel Bahr ({172})
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Horst Friedrich ({173})
Rainer Funke
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther ({174})
Dr. Karlheinz Guttmacher
Dr. Christel Happach-Kasan
Christoph Hartmann
({175})
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Michael Kauch
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Ina Lenke
Sabine LeutheusserSchnarrenberger
Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
({176})
Eberhard Otto ({177})
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Dr. Andreas Pinkwart
Marita Sehn
Dr. Max Stadler
Dr. Rainer Stinner
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Dieter Thomae
Jürgen Türk
Dr. Claudia Winterstein
Fraktionslose Abgeordnete
Petra Pau
Enthalten
BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN
Werner Schulz ({178})
Ich eröffne die Aussprache zu den Tagesordnungspunkten 21 a und 21 b und erteile dem Kollegen Rolf
Stöckel, SPD-Fraktion, das Wort.
({179})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist
wohl Zufall, aber es ehrt dieses Haus, dass wir heute, am
Internationalen Tag der Bekämpfung der Armut der Vereinten Nationen, die längst überfällige Novelle der Sozialhilfe beschließen.
Die Sozialhilfe wird meist auf zwei Ebenen diskutiert: Da ist zum einen der Missbrauch - das aktuelle
Beispiel Florida-Rolf kennen alle - und da ist zum anderen die Sicht der Wohlfahrt, dass die Höhe der finanziellen Leistung den Grad der Bekämpfung der Armut oder
den Grad der sozialen Gerechtigkeit ausmacht.
Alle Fachleute bestätigen, dass die Sozialhilfe vor allem daran krankt, dass sie ihre Ziele als Hilfe zur Selbsthilfe zu wenig erreicht und seit Jahrzehnten als Notnagel
herhalten muss, wenn es um Massenarbeitslosigkeit,
mangelnde Integration und fehlende Kinderbetreuung
geht. Das alles geschieht auf Kosten der Kommunen,
aber vor allem auch der Betroffenen selbst.
Falsche Anreize, Verfestigung von Armutslagen und
Ausgrenzung sind die Folge. Vieles, was schon lange an
aktivierenden Hilfen zur Selbsthilfe hätte getan werden
müssen, wurde nicht angeboten. Dies geschah erst unter
dem enormen Finanzdruck und das meist unzulänglich.
Jahrzehntelang wurde die Sozialhilfe als reine Armutsverwaltung durchgeführt.
Die Würde und Selbstachtung der Betroffenen, aber
auch das Gemüt der Fachkräfte, die über diese Hilfen
entscheiden müssen, blieben dabei meist auf der Strecke.
Nicht wenige - wer will es in Zeiten der Massenarbeitslosigkeit und fehlender aktivierender Hilfen verdenken haben die Sozialhilfe legal genutzt, obwohl sie eigene
Kräfte hätten einsetzen können. Eine Minderheit hat die
komplizierten Regelungen mit kleinen Betrügereien ausgenutzt. Warum sollten gerade sie sich anders verhalten
als jene, die eine Steuererklärung machen müssen? Warum sollten sie solidarischer sein mit dem Gemeinwohl
als die Steuerjuristen großer Unternehmen?
({0})
Natürlich hat die Sozialhilfe jahrzehntelang für viele
Betroffene ihren ursprünglichen Zweck erfüllt, zum Beispiel für circa 1,5 Millionen Behinderte und Pflegebedürftige in und außerhalb von Einrichtungen, die sich
aus eigener Kraft nicht oder nur unzureichend helfen
können. Sie ist für diese Menschen als unterstes soziales
Netz gar nicht wegzudenken.
Die Regierungskoalition hat sich die Aufgabe gestellt,
die Sozialhilfe im Zusammenhang mit den Hartz-Reformen und der seit 2003 eingerichteten Grundsicherung
für Bedürftige über 65 Jahre und auf Dauer Erwerbsunfähige ab 18 Jahre so zu erneuern, dass sie ihrem eigentlichen Ziel gerecht werden kann: das Referenzsystem für
alle vorrangigen staatlichen Fürsorgeleistungen und die
unterste Sicherung für die kleine Zahl jener zu sein, die
nicht unter die Leistungsberechtigung der anderen
Grundsicherungen fallen.
Kritisiert wird von der Opposition und von einigen
Bundesländern, dass nicht gleich alle Fürsorgeleistungen
zusammengepackt werden oder - wahlweise - dass die
Sozialhilfe erst nach Erfahrungen mit der Grundsicherung für Arbeitsuchende reformiert wird. Diese Bedenken sind aber im Grunde den jeweiligen finanzpolitischen Interessen und taktischen Erwägungen geschuldet.
Die Städte und Gemeinden sehen das im Grunde genauso.
Das Konzept der Union, das Existenzgrundlagengesetz von Herrn Koch, abgekürzt EGG - das ist wirklich
ein faules Ei -, bedeutet nicht nur die Rückkehr zum Almosenstaat und zu Zwangsarbeit, sondern ist auch völlig
unzureichend, was die aktuellen Herausforderungen angeht. Das mangelnde Engagement, mit dem die Sozialpolitiker der Union diese Bundesratsinitiative unterstützen, spricht Bände.
Sie sollten sich einmal vorstellen, was in Deutschland
passiert, wenn die Kommunen ab 1. Juli 2004 verpflichtet würden - so Herr Kochs Vorschlag -, ad hoc
1,5 Millionen neue öffentliche Beschäftigungsangebote
bereitzustellen, was das kostet und wie sich das örtliche
Handwerkswesen darauf freuen wird. Meine Damen und
Herren von der Union, Sie schaffen weder die Doppelzuständigkeiten der Kommunen und der Bundesanstalt für
Arbeit ab noch haben Sie wirklich Ideen dafür, wie Bürokratieschnüffelei vermieden und die Eigenverantwortung und das Selbstwertgefühl behinderter Menschen gestärkt werden können.
({1})
Nein, Sie wollen die Sozialhilfe kürzen oder ganz abschaffen. Das gehört sich nun wirklich nicht für die Partei mit dem großen „C“ im Namen.
({2})
Ich möchte feststellen, dass wir mit der Zustimmung
des Hauses bei der gerade wiederholten namentlichen
Abstimmung die Basis dafür gelegt haben, dass alle bisherigen erwerbsfähigen Sozialhilfeempfänger und ihre
Angehörigen, also annähernd 1,3 Millionen Menschen,
in das neue bundesfinanzierte Arbeitslosengeld II überführt werden und sie damit alle persönlichen aktivierenden Hilfen erhalten werden, die zur Überwindung der
Hilfebedürftigkeit beitragen können.
({3})
Die meisten werden nicht nur in Hinsicht auf qualifizierende Angebote, sondern auch in der finanziellen Leistung besser gestellt. Wir stellen mit der Sozialhilfereform
sicher, dass alle, auch diejenigen, die als erwerbsunfähig
oder -gemindert gelten, aktivierende Hilfen erhalten.
({4})
Wir erreichen die lange geforderte Verwaltungsvereinfachung durch eine Pauschalisierung einmaliger Leistungen und die Anpassung der Grundsicherungen, sodass
keine ergänzende Sozialhilfe mehr geleistet werden
muss und eine ausufernde Bürokratie sowie Verschiebebahnhöfe der Vergangenheit angehören.
({5})
Das Regelsatzsystem wird durch Anbindung an die
Einkommens- und Verbrauchsstichproben nicht nur
transparenter und für alle nachvollziehbarer, sondern zukünftig auch regelmäßig angepasst und so für die Betroffenen gerechter. Für die Behinderten und Pflegebedürftigen - darauf gibt Ihr Existenzgrundlagengesetz auch
keine Antwort - verwirklichen wir die Leitbilder „ambulant vor stationär“ und „mehr Selbstbestimmung“ durch
das persönliche Budget mit einer freiwilligen Einführungsphase.
({6})
Damit legen wir die entscheidenden Grundlagen für ein
zukünftiges System der Hilfe aus einer Hand.
Wenn die beteiligten Akteure im unvermeidbaren
Vermittlungsverfahren - das wissen wir alle - klug handeln und diejenigen, die letztlich vor Ort für die Umsetzung sorgen müssen, wirklich zusammenarbeiten, wird
es einen effizienten Umbau unseres untersten sozialen
Sicherungssystems im Interesse der Betroffenen und des
Gemeinwesens geben. Es wird ein Gesetz möglich, das
in der Sozialgeschichte der Bundesrepublik wirklich einmalig sein wird, weil es dem Prinzip des Förderns und
Forderns sowie den Zielen der Agenda 2010 gerecht
wird.
Denjenigen, die uns aus Unverständnis oder wider
besseres Wissen - das gilt teilweise auch für die eigenen
Reihen - vorwerfen, wir setzten den Sozialstaat aufs
Spiel, kann ich nur entgegnen: Es ist nicht sozial gerecht
und demokratisch, Millionen Menschen vom Arbeitsmarkt, von selbstbewusster gesellschaftlicher Teilhabe
auszuschließen und Sozialhilfedynastien zu verfestigen,
unabhängig davon, wie hoch die Transferleistungen auch
sein mögen.
({7})
Mit dieser Novelle des Sozialhilferechts und den Reformen auf dem Arbeitsmarkt machen wir den Sozialstaat des Grundgesetzes, den Herr Koch abschaffen
möchte, auch unter veränderten Bedingungen zukunftsfest und zielgenauer.
({8})
Wir achten den Grundsatz, dass auch diejenigen ein
menschenwürdiges Leben und gesellschaftliche Teilhabe
beanspruchen und verwirklichen können, die das aus eigener Kraft nicht schaffen. Die für beide Seiten entwürdigende und für die Betroffenen entmündigende Bürokratie wird endlich ein Ende haben.
({9})
Im Rahmen des Nationalen Aktionsplans zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung, der
hier heute vorgestellt wird, ist die Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch ein wichtiger und
mutiger Schritt. Ich möchte mich herzlich bei allen bedanken: bei der zuständigen Abteilung des neuen Ministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung, bei der
Koalitionsarbeitsgruppe und bei meiner Fraktion, die gut
ein Jahr lang daran gearbeitet haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich kann Ihnen hier
mit gutem Gewissen raten: Stimmen Sie unserem Gesetzentwurf zu!
({10})
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich der
nächsten Rednerin das Wort erteile, möchte ich das von
den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte
Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den von
den Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen eingebrachten Entwurf eines Vierten Gesetzes für
moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, Drucksachen 15/1516 und 15/1728, mitteilen. Abgegebene
Stimmen 598. Mit Ja haben gestimmt 306, mit Nein haben gestimmt 291, Enthaltungen 1. Der Gesetzentwurf
ist damit angenommen.
({0})
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 597;
davon
ja: 305
nein: 291
enthalten: 1
Ja
SPD
Dr. Lale Akgün
Gerd Andres
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr ({1})
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel ({2})
Klaus Barthel ({3})
Sören Bartol
Sabine Bätzing
Uwe Beckmeyer
Klaus Uwe Benneter
Dr. Axel Berg
Ute Berg
Hans-Werner Bertl
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding ({4})
Kurt Bodewig
Gerd Friedrich Bollmann
Willi Brase
Bernhard Brinkmann
({5})
Hans-Günter Bruckmann
Edelgard Bulmahn
Marco Bülow
Ulla Burchardt
Dr. Michael Bürsch
Hans Martin Bury
Hans Büttner ({6})
Marion Caspers-Merk
Dr. Peter Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Karl Diller
Martin Dörmann
Peter Dreßen
Detlef Dzembritzki
Sebastian Edathy
Siegmund Ehrmann
Marga Elser
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Karin Evers-Meyer
Annette Faße
Elke Ferner
Gabriele Fograscher
Rainer Fornahl
Gabriele Frechen
Dagmar Freitag
Lilo Friedrich ({7})
Iris Gleicke
Günter Gloser
Uwe Göllner
Renate Gradistanac
Angelika Graf ({8})
Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Achim Großmann
Wolfgang Grotthaus
Karl-Hermann Haack
({9})
Hans-Joachim Hacker
Bettina Hagedorn
Klaus Hagemann
Alfred Hartenbach
Michael Hartmann
({10})
Anke Hartnagel
Nina Hauer
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Petra Heß
Monika Heubaum
Gabriele Hiller-Ohm
Stephan Hilsberg
Gerd Höfer
Jelena Hoffmann ({11})
Walter Hoffmann
({12})
Iris Hoffmann ({13})
Frank Hofmann ({14})
Eike Hovermann
Klaas Hübner
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Brunhilde Irber
Renate Jäger
Jann-Peter Janssen
Klaus-Werner Jonas
Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Dr. h.c. Susanne Kastner
Ulrich Kelber
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Hans-Ulrich Klose
Astrid Klug
Dr. Heinz Köhler ({15})
Walter Kolbow
Karin Kortmann
Rolf Kramer
Anette Kramme
Ernst Kranz
Nicolette Kressl
Volker Kröning
Angelika Krüger-Leißner
Dr. Hans-Ulrich Krüger
Horst Kubatschka
Ernst Küchler
Helga Kühn-Mengel
Ute Kumpf
Dr. Uwe Küster
Christine Lambrecht
Christian Lange ({16})
Christine Lehder
Waltraud Lehn
Dr. Elke Leonhard
Eckhart Lewering
Götz-Peter Lohmann
Gabriele Lösekrug-Möller
Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dirk Manzewski
Tobias Marhold
Lothar Mark
Caren Marks
Christoph Matschie
Hilde Mattheis
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Petra-Evelyne Merkel
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Ursula Mogg
Michael Müller ({17})
Christian Müller ({18})
Gesine Multhaupt
Franz Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Volker Neumann ({19})
Dietmar Nietan
Dr. Erika Ober
Holger Ortel
Heinz Paula
Johannes Pflug
Dr. Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Karin Rehbock-Zureich
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Christel RiemannHanewinckel
Walter Riester
Reinhold Robbe
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Karin Roth ({20})
Michael Roth ({21})
Gerhard Rübenkönig
Ortwin Runde
Marlene Rupprecht
({22})
Thomas Sauer
Anton Schaaf
Axel Schäfer ({23})
Gudrun Schaich-Walch
Rudolf Scharping
Präsident Wolfgang Thierse
Dr. Hermann Scheer
Siegfried Scheffler
Horst Schild
Otto Schily
Horst Schmidbauer
({24})
Ulla Schmidt ({25})
Silvia Schmidt ({26})
Dagmar Schmidt ({27})
Wilhelm Schmidt ({28})
Heinz Schmitt ({29})
Carsten Schneider
Walter Schöler
Olaf Scholz
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Wilfried Schreck
Ottmar Schreiner
Gerhard Schröder
Gisela Schröter
Brigitte Schulte ({30})
Reinhard Schultz
({31})
Swen Schulz ({32})
Dr. Angelica Schwall-Düren
Dr. Martin Schwanholz
Rolf Schwanitz
Erika Simm
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie SonntagWolgast
Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Ludwig Stiegler
Christoph Strässer
Rita Streb-Hesse
Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Jörg Tauss
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Franz Thönnes
Hans-Jürgen Uhl
Rüdiger Veit
Simone Violka
Jörg Vogelsänger
Ute Vogt ({33})
Dr. Marlies Volkmer
Hans Georg Wagner
Hedi Wegener
Andreas Weigel
Reinhard Weis ({34})
Petra Weis
Gunter Weißgerber
Matthias Weisheit
Gert Weisskirchen
({35})
Dr. Ernst Ulrich von
Weizsäcker
Jochen Welt
Dr. Rainer Wend
Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Margrit Wetzel
Andrea Wicklein
Jürgen Wieczorek ({36})
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dr. Dieter Wiefelspütz
Brigitte Wimmer ({37})
Engelbert Wistuba
Barbara Wittig
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Waltraud Wolff
({38})
Heidi Wright
Uta Zapf
Manfred Helmut Zöllmer
Dr. Christoph Zöpel
BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN
Marieluise Beck ({39})
Volker Beck ({40})
Cornelia Behm
Birgitt Bender
Matthias Berninger
Grietje Bettin
Alexander Bonde
Ekin Deligöz
Jutta Dümpe-Krüger
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Joseph Fischer ({41})
Katrin Göring-Eckardt
Winfried Hermann
Antje Hermenau
Peter Hettlich
Ulrike Höfken
Thilo Hoppe
Michaele Hustedt
Fritz Kuhn
Renate Künast
Undine Kurth ({42})
Dr. Reinhard Loske
Anna Lührmann
Jerzy Montag
Kerstin Müller ({43})
Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Friedrich Ostendorff
Simone Probst
Claudia Roth ({44})
Krista Sager
Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Rezzo Schlauch
Albert Schmidt ({45})
Petra Selg
Ursula Sowa
Rainder Steenblock
Silke Stokar von Neuforn
Hans-Christian Ströbele
Jürgen Trittin
Marianne Tritz
Hubert Ulrich
Dr. Antje Vogel-Sperl
Dr. Antje Vollmer
Dr. Ludger Volmer
Josef Philip Winkler
Margareta Wolf ({46})
Nein
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Dietrich Austermann
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Ernst-Reinhard Beck
({47})
Veronika Bellmann
Dr. Christoph Bergner
Otto Bernhardt
Dr. Rolf Bietmann
Renate Blank
Peter Bleser
Antje Blumenthal
Dr. Maria Böhmer
Jochen Borchert
Wolfgang Börnsen
({48})
Wolfgang Bosbach
Dr. Wolfgang Bötsch
Klaus Brähmig
Dr. Ralf Brauksiepe
Helge Braun
Monika Brüning
Georg Brunnhuber
Hartmut Büttner
({49})
Cajus Caesar
Manfred Carstens ({50})
Peter H. Carstensen
({51})
Gitta Connemann
Hubert Deittert
Albert Deß
Alexander Dobrindt
Vera Dominke
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Maria Eichhorn
Rainer Eppelmann
Anke Eymer ({52})
Georg Fahrenschon
Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Albrecht Feibel
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Hartwig Fischer ({53})
Dirk Fischer ({54})
Axel E. Fischer ({55})
Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Herbert Frankenhauser
Dr. Hans-Peter Friedrich
({56})
Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Dr. Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Roland Gewalt
Eberhard Gienger
Georg Girisch
Michael Glos
Ralf Göbel
Dr. Reinhard Göhner
Tanja Gönner
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Kurt-Dieter Grill
Reinhard Grindel
Hermann Gröhe
Michael Grosse-Brömer
Markus Grübel
Manfred Grund
Karl-Theodor Freiherr von
und zu Guttenberg
Olav Gutting
Holger-Heinrich Haibach
Gerda Hasselfeldt
Klaus-Jürgen Hedrich
Helmut Heiderich
Ursula Heinen
Siegfried Helias
Uda Carmen Freia Heller
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann
Bernd Heynemann
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Robert Hochbaum
Klaus Hofbauer
Martin Hohmann
Joachim Hörster
Hubert Hüppe
Susanne Jaffke
Dr. Dieter Jahr
Dr. Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Steffen Kampeter
Irmgard Karwatzki
Bernhard Nikolaus Kaster
Siegfried Kauder ({57})
Volker Kauder
Gerlinde Kaupa
Eckart von Klaeden
Jürgen Klimke
Julia Klöckner
Kristina Köhler ({58})
Manfred Kolbe
Norbert Königshofen
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Rudolf Kraus
Michael Kretschmer
Günther Krichbaum
Günter Krings
Dr. Martina Krogmann
Dr. Hermann Kues
Werner Kuhn ({59})
Dr. Karl A. Lamers
({60})
Präsident Wolfgang Thierse
Helmut Lamp
Barbara Lanzinger
Vera Lengsfeld
Peter Letzgus
Ursula Lietz
Walter Link ({61})
Eduard Lintner
Dr. Klaus W. Lippold
({62})
Patricia Lips
Dr. Michael Luther
Dorothee Mantel
Erwin Marschewski
({63})
Stephan Mayer ({64})
Conny Mayer ({65})
Dr. Martin Mayer
({66})
Wolfgang Meckelburg
Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel
Laurenz Meyer ({67})
Doris Meyer ({68})
Maria Michalk
Hans Michelbach
Klaus Minkel
Marlene Mortler
Stefan Müller ({69})
Bernward Müller ({70})
Dr. Gerd Müller
Hildegard Müller
Bernd Neumann ({71})
Henry Nitzsche
Michaela Noll
Claudia Nolte
Dr. Georg Nüßlein
Franz Obermeier
Eduard Oswald
Melanie Oßwald
Rita Pawelski
Dr. Peter Paziorek
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Daniela Raab
Thomas Rachel
Hans Raidel
Dr. Peter Ramsauer
Helmut Rauber
Peter Rauen
Christa Reichard ({72})
Katherina Reiche
Hans-Peter Repnik
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Hannelore Roedel
Franz-Xaver Romer
Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Dr. Klaus Rose
Kurt J. Rossmanith
Dr. Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Volker Rühe
Albert Rupprecht ({73})
Peter Rzepka
Anita Schäfer ({74})
Dr. Wolfgang Schäuble
Hartmut Schauerte
Andreas Scheuer
Norbert Schindler
Georg Schirmbeck
Bernd Schmidbauer
Christian Schmidt ({75})
Andreas Schmidt ({76})
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Ole Schröder
Bernhard Schulte-Drüggelte
Uwe Schummer
Wilhelm Josef Sebastian
Horst Seehofer
Kurt Segner
Matthias Sehling
Marion Seib
Heinz Seiffert
Bernd Siebert
Johannes Singhammer
Jens Spahn
Erika Steinbach
Christian von Stetten
Gero Storjohann
Andreas Storm
Max Straubinger
Thomas Strobl ({77})
Lena Strothmann
Michael Stübgen
Antje Tillmann
Edeltraut Töpfer
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Volkmar Uwe Vogel
Andrea Astrid Voßhoff
Gerhard Wächter
Marko Wanderwitz
Peter Weiß ({78})
Gerald Weiß ({79})
Ingo Wellenreuther
Annette Widmann-Mauz
Klaus-Peter Willsch
Willy Wimmer ({80})
Matthias Wissmann
Werner Wittlich
Dagmar Wöhrl
Elke Wülfing
Wolfgang Zeitlmann
Wolfgang Zöller
Willi Zylajew
FDP
Daniel Bahr ({81})
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
Otto Fricke
Horst Friedrich ({82})
Rainer Funke
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther ({83})
Dr. Karlheinz Guttmacher
Dr. Christel Happach-Kasan
Christoph Hartmann
({84})
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Michael Kauch
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Ina Lenke
Sabine LeutheusserSchnarrenberger
Markus Löning
Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
({85})
Eberhard Otto ({86})
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Marita Sehn
Dr. Max Stadler
Dr. Rainer Stinner
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Dieter Thomae
Jürgen Türk
Dr. Claudia Winterstein
Fraktionslose Abgeordnete
Petra Pau
Enthalten
BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN
Werner Schulz ({87})
Nun erteile ich der Kollegin Verena Butalikakis,
CDU/CSU-Fraktion, das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir
befinden uns inhaltlich eigentlich in einer Fortsetzung
der Diskussion zum ersten Punkt unserer heutigen Tagesordnung. Es geht um die Reform des Sozialhilferechts. Derzeit bestimmt das Bundessozialhilfegesetz
entsprechend dem Gedanken des Grundgesetzes, welche
Hilfen Menschen in bestimmten Notlagen erhalten, um
ein Leben führen zu können, das der Würde des Menschen entspricht.
Durch die von allen Fraktionen in diesem Hause gewollte und zukünftig auch im Gesetz verankerte
Gleichbehandlung von Menschen, die aufgrund längerfristiger Arbeitslosigkeit aus Steuergeldern finanzierte
Leistungen beziehen, nämlich die Arbeitslosen- und
die Sozialhilfe, werden zwangsläufig Änderungen beim
derzeit gültigen Bundessozialhilfegesetz notwendig.
Dieser Änderungsbedarf besteht grundsätzlich, unabhängig davon, welche gesetzliche Grundlage - ob nun
das SGB II der Bundesregierung bzw. der Regierungskoalition oder der Vorschlag der CDU/CSU für ein
Existenzgrundlagengesetz - zukünftig für diese Personengruppen gilt.
Damit stehen wir vor der entscheidenden Frage: Welche rechtlichen Regelungen brauchen wir für die Menschen, die bisher und weiterhin Hilfe zum Lebensunterhalt brauchen, Hilfen finanzieller, aber auch anderer Art,
wie sie das Bundessozialhilfegesetz derzeit vorsieht?
Der von der rot-grünen Regierungskoalition vorgelegte Entwurf eines SGB XII sieht neben der formalen
Eingliederung des Sozialhilferechts in die Sozialgesetzgebung einige wenige inhaltliche Änderungen des bisherigen Bundessozialhilfegesetzes vor.
Aus Sicht der CDU/CSU-Fraktion sind einige Ansätze
davon in ihrer Zielsetzung sinnvoll, wie beispielsweise
die Stärkung der Selbstverantwortung des Leistungsberechtigten durch die Pauschalierung von Sozialhilfeleistungen oder das Festschreiben der Zielsetzung eines
selbstbestimmten Lebens durch ein persönliches Budget
für Menschen mit Behinderungen. Aber schon in der ersten Lesung des Gesetzentwurfes hier in diesem Hause
haben wir erheblichen Klärungs- und Änderungsbedarf
gesehen, und zwar grundsätzlicher Art wie auch hinsichtlich von Einzelregelungen und vor allem auch in Abgrenzung zu anderen Gesetzen.
Wie war das noch bei der ersten Lesung des Gesetzentwurfes? Die rot-grüne Regierungskoalition überschlug sich förmlich beim Eigenlob. Es war von einer
„neuen Systematik“ mit „Verlässlichkeit und Klarheit“
die Rede, von einer „Strukturreform mit Nachhaltigkeit“. Es fiel der Satz - auch das ist ein Zitat aus dem
Wortprotokoll der entsprechenden Sitzung -: „Finanzielle Leistungen werden bedarfsgerechter und nachvollziehbarer bemessen“.
Die Anhörung der Sachverständigen am 24. September hat aber sehr deutlich gemacht, dass so wie die CDU/
CSU-Fraktion alle Experten, von den Vertretern der
Wohlfahrtsverbände über die des DGB bis zu den Vertretern der kommunalen Spitzenverbände, eine gründliche
Überarbeitung des vorliegenden Gesetzentwurfes für
erforderlich halten.
Im Folgenden nenne ich nur die gravierendsten
Punkte, die bei der Befragung von den Sachverständigen
- trotz der Vertretung unterschiedlicher Interessen übereinstimmend genannt worden sind:
Erstens. Das Finanztableau zu diesem Gesetz ist völlig unverständlich. Die ausgewiesenen Einsparungen für
Länder und Kommunen in Höhe von 66 Millionen Euro
in 2004 sind in keiner Weise nachvollziehbar.
Zweitens. Eine Pauschalierung der einmaligen Leistung wird ebenso wie die Einführung eines personenbezogenen Budgets grundsätzlich begrüßt. Unbedingt notwendig sind dabei aber, wie im Übrigen auch an anderen
Stellen des Gesetzes, weitere Klärungen der Details.
Drittens. Es besteht ein unmittelbarer Zusammenhang
mit dem Entwurf des SGB II. Eine eindeutige Abstimmung und Abgrenzung beider Entwürfe und die Abgrenzung zu anderen Gesetzen - angesprochen wurde in der
Anhörung das Grundsicherungsgesetz - muss unbedingt
erfolgen.
Viertens. Nachdrücklich bemängelten die Sachverständigen, dass die Regelsatzverordnung von der Bundesregierung noch nicht vorgelegt worden ist; sie fehle
bei der Anhörung. So waren für die Sachverständigen
Ausführungen sowohl zu den finanziellen Auswirkungen - immerhin sind im Finanztableau 5 Millionen Euro
an Einsparungen in 2004 ausgewiesen - wie auch zu der
grundsätzlichen Einschätzung, ob zum Beispiel mit dem
zukünftigen Regelsatz das Existenzminimum abgesichert wird, nicht möglich.
Fünftens. Alle Sachverständigen plädierten für eine
Aussetzung des Gesetzesvorhabens - Kollege Stöckel
hat das eben erwähnt -, bis die grundsätzliche Entscheidung für die Personengruppe der Arbeitsfähigen getroffen ist, sprich, bis klar ist, wie es mit Hartz IV nach der
Behandlung im Vermittlungsausschuss weitergeht.
({0})
So weit einstimmig die Sachverständigen! Ich betone
noch einmal: Es ist völlig klar, dass sie unterschiedliche
Interessen vertreten. Ein Vertreter eines Wohlfahrtsverbandes verfolgt natürlich andere Interessen als ein Vertreter der kommunalen Spitzenverbände. Trotzdem waren alle dieser Auffassung. Nachzulesen ist das im
Wortprotokoll der Anhörung.
({1})
- Herr Kollege Kurth, Sie haben schon im Ausschuss
eine solche Bemerkung gemacht. Ich habe mir lange
überlegt, ob ich Sie heute zitiere oder nicht. Eigentlich
hatte ich es beiseite geschoben, aber Sie ermuntern mich
jetzt fast dazu.
Zur abschließenden Beratung am Mittwoch im Ausschuss hat die Regierungskoalition mehrere Änderungsanträge vorgelegt. Dazugelernt? Argumente der Sachverständigen aufgegriffen? - Nein!
Die Änderungen betrafen Marginalien, sie betrafen
die Abgrenzung zu anderen Gesetzen - allerdings auch
nur teilweise - und sie betrafen eine Neuerung, nämlich
die Änderung des § 24 im Gesetzentwurf. Dazu sage ich
nachher noch etwas.
Also: Wozu werden Anhörungen zu Gesetzesentwürfen durchgeführt, wenn die Regierungsmehrheit die
Aussagen aller Experten zu gravierenden Tatbeständen
vollständig ignoriert? Diese Frage habe ich schon im
Ausschuss sehr verärgert gestellt, weil ich es wirklich
nicht richtig finde.
({2})
- Danke schön, Herr Kollege Kolb. - Im Prinzip stellt
sich natürlich auch die Frage, wie die Gesetze in unserem Land mittlerweile gemacht werden. Das Zauberwort, das diese Regierung im Jahre 1999 geprägt hat,
drängt sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf sofort
auf: die Nachbesserung.
({3})
Nein, die CDU/CSU geht einen anderen Weg. Wer die
Arbeit eines Sozialamtes und die Arbeit im Sozialamt
kennt - in hatte in Berlin häufig Gelegenheit dazu, sie
mir anzuschauen -, weiß, wie wichtig es sowohl für die
Bezieher von Leistungen als auch für die Mitarbeiter und
Mitarbeiterinnen ist, eindeutige, einfache und klare Regelungen festzulegen.
({4})
Wer das Bundessozialhilferecht kennt, das seit 1961
zahlreiche Änderungen, teilweise auch Auslagerungen,
wie zum Beispiel das Asylbewerberleistungsgesetz, erlebt hat, der weiß, dass jetzt grundlegende Änderungen
angegangen werden müssen und dass jetzt der richtige
Zeitpunkt für eine wirkliche Strukturreform ist. Die Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe für
die erwerbsfähigen Sozialhilfeempfänger ist dabei der
erste Schritt.
Die Einordnung der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen in das Sozialhilferecht ist fachlich
nicht stimmig. Das ist bisher von allen Fraktionen in diesem Hause auch immer unbestritten so gesehen worden.
Bei der Eingliederungshilfe geht es nämlich in erster Linie um einen Nachteilsausgleich und nicht um Fürsorge
im herkömmlichen Sinne. Deshalb muss es das Ziel sein,
dass die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung aus dem Recht der Sozialhilfe herausgelöst wird.
Wir wollen für Menschen mit Behinderung ein eigenständiges, steuerfinanziertes Leistungsgesetz schaffen.
({5})
Die Gewährung von Sozialhilfe im Ausland - selbstverständlich abgesehen von den aus unserer Geschichte
begründeten Altfällen - ist systemfremd. Auch hier wollen wir eine Ausgliederung, nämlich die Übernahme der
Regelungen ins Konsulargesetz.
Den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts
folgend, im Steuer- und Sozialrecht Benachteiligungen
der Familien weiter abzubauen, wollen wir beim Strukturwechsel einen ersten Schritt in das von der CDU/CSUBundestagsfraktion bereits in der letzten Legislaturperiode entwickelte Familiengeldkonzept vollziehen.
({6})
Ziel dabei ist, Kindern unabhängig von sozialen Transferleistungen eine eigenständige finanzielle Sicherheit
und damit auch den Familien verlässliche Rahmenbedingungen zu geben.
Diese von mir dargestellten Elemente unserer Strukturreform haben wir in unserem heute zur Abstimmung
vorliegenden Entschließungsantrag zum SGB XII aufgeführt. Ich kann Sie alle nur bitten, diesen Vorgaben für
eine grundlegende Strukturreform zuzustimmen.
Da Herr Stöckel es schon angesprochen hat, will ich
noch auf Folgendes eingehen: Bei der Vorlage unseres
Gesetzentwurfs - dem EGG, Existenzgrundlagengesetz haben wir ganz bewusst keine Änderungen außer jener
der Zusammenlegung der Arbeitslosen- und der Sozialhilfe für erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger vorgenommen; denn wir sind der Meinung, dass erst nach der
abschließenden Klärung darüber, wie diese Zusammenführung aussieht, weitere Änderungen angegangen werden können. Dabei sind wir im Gegensatz zu anderen der
Meinung - Ihre Bemerkung hat mich darin wieder bestärkt, Herr Kurth -, dass man sehr wohl auf die Fachleute aus der Praxis hören sollte. Eine Menge schriftlicher Vorschläge und Änderungswünsche zum jetzigen
BSHG und zum Entwurf der Regierungskoalition liegen
auf dem Tisch.
Wir wollen gemeinsam mit den Fachleuten einige
Punkte ändern und legen größten Wert darauf, dass dies
zum Wohle der Kommunen geschieht. Mit uns wird es
kein Gesetz geben, bei dem die finanziellen Fragen, die
die Kommunen unmittelbar betreffen, so ungeklärt sind
wie in dem vorliegenden Regierungsentwurf.
({7})
Bei der Gesetzgebung muss man in kleinen Schritten
vorgehen. Das vorliegende Gesetz ist dafür ein schlechtes Beispiel. Dass wir den Gesetzentwurf der Regierungskoalition ablehnen, brauche ich wohl nicht weiter
zu betonen.
Ich will aber den Kolleginnen und Kollegen von SPD
und Bündnis 90/Die Grünen einen Satz mitgeben, der für
die Abstimmung vielleicht nicht unwichtig ist. Ein Sachverständiger in der Anhörung wandte sich an alle und erklärte Folgendes: Unsere herzliche Bitte an den Gesetzgeber ist, in dieser Situation endlich einmal auf die
Praxis zu hören und nicht am grünen Tisch Dinge zu entwerfen, die entweder nicht praxistauglich oder die für
die Praxis so abwegig sind, dass sie von vornherein zu
ignorieren sind.
Ich danke Ihnen.
({8})
Ich erteile Kollegen Markus Kurth, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Frau Butalikakis, zunächst einmal freue ich mich, dass
wir uns wenigstens darin einig sind, dass das persönliche
Budget und die Pauschalierung der einmaligen Leistungen einen wichtigen Bestandteil zur Erhöhung von
Selbstbestimmung und Teilhabe darstellen. Ich kann nur
an Sie appellieren, bei einer Verhandlung im Vermittlungsausschuss als Ergebnis des Gesetzgebungsprozesses daran festzuhalten.
Jenseits dieser grundsätzlichen Einigkeit über diese
Punkte hört die Gemeinsamkeit schon auf. Ich kann den
Einwand nicht verstehen - ich finde es nicht gut, dass
Sie das immer wieder behaupten -, dass der Entwurf
keine Systematik enthält.
({0})
Auch den Vorwurf, es fehle eine Abgrenzung zu anderen
Gesetzen, insbesondere zum neu geplanten Sozialgesetzbuch II, kann ich nicht nachvollziehen.
Der Gesetzentwurf enthält eine klare Zuordnung bestimmter Gruppen von Hilfebedürftigen und Leistungsbeziehern. Sie sind jeweils einem spezifischen Leistungssystem zugeordnet. Es gibt das Arbeitslosengeld I
und das Arbeitslosengeld II, die Sozialhilfe für die vorübergehend voll erwerbsgeminderten Menschen und die
Grundsicherung.
({1})
- Die Regelsatzverordnung, Herr Kolb, ist eine Rechtsverordnung; das kommt nach der Verabschiedung dieses
Gesetzes.
({2})
Sie müssen doch wissen, in welcher Reihenfolge so etwas ablaufen muss. Sie waren doch einmal Staatssekretär.
Ihr so genanntes zweigliedriges System - Sie wollen
als Leistungen nur noch die Arbeitslosenhilfe anbieten
und den Rest in einen Topf werfen - wird die Verschiebebahnhöfe nicht abschaffen. Im Gegenteil: Es wird zu
Wucherungen im System kommen, und zwar unterhalb
der gesetzlichen Festlegungen. Die Kommunen, die die
ganzen Angebote machen sollen, von denen Herr Koch
heute Morgen gesprochen hat, haben nicht das Geld und
die Möglichkeiten, dies zu tun.
Das Land Hessen speziell ist dabei, eine Reihe sozialer Dienstleistungen abzuschaffen.
({3})
In vielen Bereichen sind die Landesmittel komplett gestrichen worden, zum Beispiel bei der Zuwendung zur
Jugendberufshilfe, bei der Landesmittelschuldnerberatung, der Drogenberatung, der Jugendhilfe, der Eingliederung Behinderter und natürlich bei lokalen Beschäftigungsinitiativen. Das ist die Situation in Hessen. Ihrer
Ansicht nach sollen diese Leistungen in einem System
zusammengefasst werden, in dem munter Kahlschlag
betrieben wird. Die Kommunen werden - das prophezeie ich Ihnen - viele Hilfebedürftige als voll erwerbsgemindert deklarieren und sie so innerhalb des Systems in
die Perspektivlosigkeit entlassen.
Da ich gerade bei der Opposition bin: Der FDP fällt
außer Absenkung überhaupt nichts ein.
({4})
Ich habe mir Gedanken über Ihre Forderung gemacht,
dass ein Sozialhilfeempfänger in Zukunft nachweisen
muss, dass er wirklich bedürftig ist, um eine Leistung zu
bekommen. Ich frage mich, wo Sie im Vergleich zur
heutigen Gesetzgebung eigentlich eine Lücke sehen.
({5})
Man muss doch schon jetzt alle möglichen Bescheinigungen vom Vermieter bis zur Oma unterschreiben lassen und beibringen, bevor man überhaupt Anspruch auf
Sozialhilfe hat.
({6})
Sie vernebeln also die gegenwärtige Gesetzeslage, um
dann aus dem Nebel hervorzuspringen und zu rufen: Wir
fordern aber den Nachweis der Hilfebedürftigkeit.
({7})
Auf diese Weise führen Sie ein politisches Täuschungsmanöver aus. Das muss man einmal klar sagen. Das erinnert mich an das Vorgehen von Herrn Stoiber, auf dessen
Aussage von der Abschaffung des Datenschutzes ich in
der letzten Debatte eingegangen bin. Von der Struktur
her hat er in gleicher Weise argumentiert: Er hat zunächst die geltende Rechtslage vernebelt und behauptet,
es gebe keinen Datenabgleich zwischen den Ämtern, um
diesen dann nach außen hin lauthals zu fordern und auf
den Zug des Geredes von der sozialen Hängematte aufzuspringen. Das ist keine seriöse politische Argumentation.
({8})
Mir bleibt jetzt leider nur noch wenig Zeit, um auf unser Gesetz an sich einzugehen. Ich möchte aber noch
einmal betonen, dass es sehr wohl eine ganze Reihe an
wichtigen Änderungen gegeben hat, die keinesfalls als
Marginalien zu bezeichnen sind. So haben wir eindeutig
geklärt - ich nenne jetzt nur die wichtigsten Dinge -,
dass sich die Wohnkostenpauschalen am Mietspiegel
orientieren müssen. Das war vielen ein wichtiges Anliegen, damit eine bedarfsgerechte Miete errechnet werden
kann. Wir haben noch deutlicher herausgestellt, dass
Kommunen im Bereich der Sozialhilfe weiterhin aktivierende Angebote machen können. Wir haben auch klargestellt, dass das Nichtwahrnehmen von Angeboten, deren
Erfolg von einer freiwilligen Teilnahme abhängt, nicht
sanktioniert wird, sondern nur das Verweigern der Aufnahme einer zumutbaren Tätigkeit.
Im Übrigen habe ich vorgestern mit einer Sachverständigen noch einmal gesprochen, die bei der Anhörung
gerade auf den Bereich der aktivierenden Hilfen und Angebote hingewiesen hat. Als ich ihr gesagt habe, dass wir
das so ins Gesetz aufgenommen haben, war sie erfreut.
Das war die Sozialdezernentin von Potsdam, Frau Müller. So weit zum Meinungsspektrum der Sachverständigen.
Wir haben zudem bei der Anrechnung des Einkommens von Menschen mit Behinderungen oberhalb der
Einkommensgrenze eine Differenzierung nach Art und
Schwere der Behinderung vorgenommen. Die Einkommensgrenzen sind ja abgesenkt worden; das brachte sicherlich für einige Härten mit sich. Wir haben aber hier
jetzt noch einmal für größere Einzelfallgerechtigkeit geMarkus Kurth
sorgt. Nicht zuletzt sind natürlich die Beschränkungen
für Ausländer, die in dem Entwurf zum Teil noch enthalten waren, wieder entschärft bzw. aufgehoben worden.
So können beispielsweise die wenigen Asylbewerber,
die Pflegefälle sind, Pflegeleistungen bekommen.
Ich bitte Sie noch einmal: Unterstützen Sie wenigstens den Ansatz, jedem ein persönliches Budget zu geben. Unterstützen Sie uns auch im Punkt Regelsatzverordnung.
({9})
Da können Sie Einfluss nehmen und unter Beweis stellen, dass das große „C“ im Namen Ihrer Partei noch aktuell ist. Wenn man sich manche Vorschläge der HerzogKommission anschaut, könnte man zu dem Schluss
kommen, dass das nicht mehr der Fall ist. Wir hingegen
verfolgen in Bezug auf Systematik und Bedarfsgerechtigkeit eine klare Linie.
Vielen Dank.
({10})
Ich erteile das Wort dem Kollegen Heinrich Kolb,
FDP-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Lieber Kollege Kurth, ob Sie es wahrhaben wollen oder
nicht: Der hier zu beratende Gesetzentwurf zur Änderung des SGB XII ist nichts anderes als der kranke
Wurmfortsatz der Arbeitsmarktreformen im Zuge von
Hartz IV, die wir heute Morgen hier schon beraten haben.
({0})
Ganz nach dem Motto „Avanti dilettanti!“ leidet dieses
Gesetz an eben dem Grundfehler, den wir auch heute
Morgen schon kritisiert haben,
({1})
nämlich dass Sie auf eine zentralistische Lösung setzen,
statt den Kommunen weitgehend die Ausgestaltung der
Sozialhilfe zu überlassen.
({2})
- Das wissen wir doch, Herr Stöckel. Aber in der Anhörung zu Ihrem Gesetzentwurf wurde so deutliche Kritik
geäußert, dass Sie sich hier mit Zwischenrufen absolut
zurückhalten sollten.
({3})
Es ist ohnehin verwunderlich, dass Sie nicht unserem
Antrag im Ausschuss gefolgt sind, die Beratung dieses
Gesetzentwurfs auszusetzen, bis man einigermaßen absehen kann, was bei der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe herauskommt. Das wäre besser
gewesen. Was hier vorliegt, ist „mit heißer Nadel im
Schweinsgalopp übers Knie gebrochen“. Die Folgen
werden sich schon sehr bald zeigen, wenn das Chaos in
den Sozialämtern der Kommunen ausbricht. Die vorgesehene Regelung stellt nämlich eine Überforderung der
Ämter dar. Es wird nicht funktionieren, das SGB II und
das SGB XII parallel umzusetzen.
({4})
- Nein, Herr Dreßen, wir wollen das nicht. Wir wollen,
dass vernünftige Rahmenbedingungen für den Vollzug in
den Kommunen vor Ort geschaffen werden. Das passiert
damit eben nicht.
Deswegen noch einmal: Sie können die Regelsatzverordnung natürlich verabschieden, Herr Kollege Kurth,
aber die Menschen würden schon gerne wissen, was Sie
im Nachgang vorhaben. Es ist ein Stück weit auch Feigheit, dass Sie sich bisher vor dem Entwurf einer solchen
Regelsatzverordnung gedrückt haben, vielleicht auch
weil Sie befürchten, dass das Auswirkungen auf das Abstimmungsverhalten des einen oder anderen Kollegen
oder der einen oder anderen Kollegin hier haben dürfte.
Auch das gehört zur Wahrheit.
Zentralismus und auch mehr Bürokratie stehen bei
Ihnen auf der Tagesordnung ganz oben. Das heißt, dass
die Menschen die schnelle Hilfe nicht bekommen werden, die sie eigentlich zu Recht erwarten dürfen. Ich
habe schon gesagt: Besser wäre es gewesen, die Länder
und die Kommunen die notwendigen Regelungen selbst
festlegen zu lassen. Es bedarf hier keiner detaillierten
Vorgaben durch den Bund. Sie beweisen aber damit, einen Tag nachdem der Deutsche Bundestag einvernehmlich eine Kommission zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung eingesetzt hat, wie ernst es Ihnen
tatsächlich mit der Kompetenzerweiterung für Länder
und Kommunen ist. Absolute Fehlanzeige! Es wäre
richtig, denen, die die Kostenträgerschaft haben, entsprechende Gestaltungsrechte einzuräumen. Wir haben
ein einfaches und transparentes Konzept vorgelegt. Sie
bleiben die Antwort schuldig.
Ich will aber, Herr Stöckel, nicht nur kritisieren. Es
gibt auch positive Ansätze. Das hat die Kollegin Butalikakis schon gesagt. Ich meine die Pauschalisierung der
Sozialhilfe und die Budgets zur Gestaltung selbstbestimmten Lebens für Menschen mit Behinderung. Aber
es bleibt bei den Ansätzen. Die Pauschalisierung der Sozialhilfe, also der § 29 des SGB XII, enthält leider keine
Öffnungsklausel zugunsten der Kommunen. Auf die Regelsatzverordnung habe ich schon hingewiesen. Es muss
auch darauf geachtet werden, dass das persönliche Budget nicht auf ein Kostendämpfungsinstrument hinausläuft und sich zulasten der betroffenen Menschen auswirkt. Es wäre unverantwortlich - das sage ich sehr
deutlich für meine Fraktion -, wenn es dazu käme.
Weil ich schon bei den behinderten Menschen in unserem Lande bin, will ich doch noch einmal an eines erinnern. Wir haben in der letzten Legislaturperiode gemeinsam einstimmig verabredet, dass wir in dieser
Legislaturperiode ernsthaft prüfen wollen, ein eigenstän5806
diges Leistungsgesetz für Menschen mit Behinderung
vorzulegen. Wenn Sie jetzt die §§ 39 ff. des BSHG in
das SGB XII überführen wollen und das ein bisschen mit
den persönlichen Budgets kaschieren, werden die behinderten Menschen zu Recht fragen, ob das Notwendige
getan worden ist. Das sage ich Ihnen voraus. Wir wären
bereit gewesen, mit Ihnen fraktionsübergreifend - ich
denke, auch die Kollegen von der Union wären dazu bereit gewesen - zusammenzuarbeiten, um dieses Versprechen aus der letzten Legislaturperiode einzuhalten. Leider ist die Chance vertan.
Ein letzter Punkt: Es gibt fast 1 Million Kinder, die
von Sozialhilfe leben. Aus unserer Sicht muss daher die
Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsarbeit im
Hinblick auf die große Zahl allein erziehender Frauen
mit Sozialhilfebezug gefördert werden. Ich sage klipp
und klar: Wir werden die Kinder nur dann aus der Sozialhilfe befreien, wenn wir allein erziehenden Frauen die
Chance geben, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.
Deshalb sollte hier ein Schwerpunkt gesetzt werden. Wir
haben das in unserem Antrag spezifiziert.
Es wäre besser gewesen, die Beratungen auszusetzen.
Vielleicht haben Sie das Gesetz heute nur vorgelegt, weil
Sie wissen, dass es so nicht in Kraft treten wird. Die
FDP ist bereit, im Bundesrat an einer Verbesserung der
Regelungen mitzuwirken. In diesem Sinne möchte ich
uns alle zu einem neuen Anlauf aufrufen.
Danke schön.
({5})
Ich erteile das Wort dem Parlamentarischen Staatssekretär Franz Thönnes.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben heute Nachmittag im Rahmen der Abstimmungen über Hartz III und Hartz IV über die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe
entschieden. Eng verwoben mit diesem Gesetz, auch
wenn Sie die Notwendigkeit bestreiten
({0})
- das ist kein Wurmfortsatz -, ist die Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch XII. Es geht auch
um eine Entscheidung über ein Referenzsystem, mit dem
die Grundlagen dafür geschaffen werden, dass die Leistungen, die den Menschen mit dem Reformgesetz
Hartz IV gewährt werden, sozial gerecht und bedarfsdeckend sind und dem entsprechen, was wir hier verabschiedet haben.
({1})
Mit der jetztigen Sozialhilfereform werden entgegen
allen Unkenrufen die Hilfeleistungen vereinfacht. Erstens werden die einmaligen Leistungen der Hilfe zum
Lebensunterhalt wie für Bekleidung oder Hausrat in den
Regelsatz mit einbezogen. Das stärkt die Eigenverantwortung der Leistungsberechtigten, entlastet die Verwaltung und ist auch ein wichtiger Beitrag zu dem immer wieder geforderten Bürokratieabbau.
Zweitens wird es statt fünf verschiedenen Gruppen
von Kindern in Zukunft nur noch zwei Gruppen geben.
Es wird nur noch zwischen Kindern unter und über
14 Jahre unterschieden, für die 60 bzw. 80 Prozent der
Regelsätze gelten sollen. Auch das wird die Auszahlung
von Leistungen vereinfachen.
Sowohl aus diesem Gesetzentwurf als auch aus
Hartz IV ist ersichtlich - das ist nämlich keineswegs undurchschaubar -, dass demnächst in Westdeutschland ein
Eckregelsatz von 345 Euro bzw. in Ostdeutschland einer
von 331 Euro gelten wird und dass die Differenz von
14 Euro auch bei der Umsetzung in den Ländern nicht
unterschritten werden darf.
Sehr wichtig ist auch - das muss an dieser Stelle
ebenfalls erwähnt werden -, dass erstmals alle Alleinerziehenden einen Mehrbedarfsanspruch für ihre Kinder
erhalten. Auch das trägt zur Verbesserung der Situation
von Alleinerziehenden bei.
({2})
Mit diesem Gesetzentwurf setzen wir unsere Anstrengungen fort, behinderten und pflegebedürftigen Menschen ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben
zu ermöglichen. Der Grundsatz „ambulant vor stationär“
wird auch in diesem Gesetzesvorhaben beibehalten und
stärker als bisher umgesetzt.
Benachteiligungen von nicht in Einrichtungen lebenden Menschen werden abgebaut. Das eben schon genannte persönliche Budget anstelle von Sachleistungen
soll nicht dazu dienen, Herr Kollege Kolb, die Rechtsansprüche des Einzelnen zu beschneiden. Es soll vielmehr dazu beitragen, ihn als selbstständig handelndes
Individuum mit einzubringen, ihm Wahlmöglichekeiten
zu eröffnen und damit den Wettbewerb unter den Anbietern anzuregen, um vielleicht auch auf diesem Weg zu
Einsparungen im System beizutragen. Der prinzipielle
Anspruch ist aber, Selbstbestimmung und Eigenverantwortung zu stärken.
({3})
Dieser Reform liegt auch die Überzeugung zugrunde,
dass die Hilfe zum Lebensunterhalt in der Sozialhilfe
als unterstes soziales Netz in unserer Gesellschaft dazu
beitragen muss, die Menschen vor Armut zu schützen.
An dieser Stelle, Frau Butalikakis, befinden wir uns im
Einklang mit dem, was auch die Wohlfahrtsorganisationen und die anderen Verbände in der Anhörung ausgeführt haben. Wir brauchen auch weiterhin ein differenziertes viergliedriges System, das den unterschiedlichen
Bedürfnissen der Menschen entspricht und ihnen entgegenkommt. Nur die Hilfe zum Lebensunterhalt der
Sozialhilfe ermöglicht die angemessene Berücksichtigung des individuellen Bedarfs; und darauf kommt
es an.
({4})
Wir erfüllen damit auch zwei sehr wichtige Artikel
unseres Grundgesetzes, nämlich den Art. 1, der die Menschenwürde schützt, und den Art. 20 mit seinem Sozialstaatsgebot. Bedürftige Bürgerinnen und Bürger können
damit auch künftig darauf vertrauen, dass der Staat seine
Rechtspflicht aus dem Grundgesetz einlöst.
({5})
Es bleibt dabei: In einer wirklichen Notsituation ist
man in Deutschland kein Bittsteller, sondern man hat
Anspruch auf Hilfe durch eine gesetzlich geregelte Leistung. Sie sichert den Lebensunterhalt, hilft in besonderen
Lebenslagen und trägt dort, wo es möglich ist, mit dem
Prinzip des Förderns und Forderns zur Überwindung
schwieriger Lebenssituationen aus eigener Kraft bei.
Wer das differenzierte viergliedrige Leistungssystem
infrage stellt und damit auch die Hilfe zum Lebensunterhalt in der Sozialhilfe aufgeben will, muss alle anderen
Leistungsarten zu einem Vollbedarfssystem mit eigener
Bedarfsbemessung ausbauen, und zwar nach dem Vorbild eben dieser Hilfe zum Lebensunterhalt. De facto
würde es sich dabei also lediglich um eine Umbenennung der Hilfe zum Lebensunterhalt handeln.
Ein noch wichtigeres Argument für unseren Gesetzentwurf ist aber, dass ohne die Hilfe zum Lebensunterhalt verschiedene Personengruppen durch dieses Netz
fallen würden. Ich denke zum Beispiel an Kinder unter
15 Jahre, die nicht bei ihren Eltern leben, an Zeitrentnerinnen und -rentner, an andere auf nicht absehbare Zeit
durch Krankheit behinderte Menschen und Behinderte
ohne Grundsicherung. Alle diese Menschen dürfen wir
nicht ohne sozialen Schutz lassen. Wer unverschuldet in
Not gerät, der soll sich darauf verlassen können, dass
ihm die Gesellschaft hilft,
({6})
und zwar so hilft, dass er in der Lage ist, sich dort, wo es
möglich ist, aus eigener Kraft aus einer Notsituation zu
befreien.
Wir können und wollen aber niemanden unterstützen,
der den Sozialstaat ausnutzt. Fördern und fordern - das
ist das Credo. Wer Unterstützung will, der muss auch
selbst alle Anstrengungen unternehmen, um die eigene
Situation zu verbessern. Solidarität ist keine Einbahnstraße und darf es auch nicht sein.
({7})
Deswegen wird es künftig nur noch in Ausnahmefällen
möglich sein, auch im Ausland von Sozialhilfe zu leben.
Wir schließen hier durch die klare Eingrenzung auf ganz
wenige Fallkonstellationen Schlupflöcher. Sozialmissbrauch wollen und dürfen wir auch an dieser Stelle nicht
dulden.
Wenn das grundgesetzliche Sozialstaatsgebot, das ich
gerade erwähnt habe, wirklich ernst genommen werden
soll, dann brauchen wir einen wirksamen Schutz vor Armut und sozialer Ausgrenzung aus der Gesellschaft. Das
erreichen wir am besten, indem wir allen Bürgerinnen
und Bürgern eine gleichberechtigte Teilhabe am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben ermöglichen.
Die Bundesregierung setzt dies mit dem „Nationalen
Aktionsplan zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung“ um. Ich glaube, die Schwerpunkte
dieses Aktionsplanes machen deutlich, worum es uns dabei geht, nämlich um die Erleichterung des Zugangs zur
Erwerbsarbeit und um die Förderung der Integration in
den Arbeitsmarkt. Die entsprechenden Gesetzentwürfe
haben wir vorhin verabschiedet. Wir machen die Gesellschaft dadurch kinder- und familienfreundlicher, dass
wir mehr Geld in Kinderbetreuung, in Ganztagsbetreuung sowie in Kindergärten investieren, dass wir das Kindergeld erhöht haben und dass wir bei den jetzt anstehenden Reformen einen Kinderzuschlag vorsehen.
({8})
Es geht um die Teilhabe und die Selbstbestimmung
von Menschen mit Behinderung. Das haben wir gemeinsam, also fraktionsübergreifend, im Bundestag mit der
Änderung des SGB IX - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - und dem Gesetz zur Bekämpfung
der Arbeitslosigkeit bei jungen Menschen mit Schwerbehinderung geregelt. Ich hoffe, dass wir auch einen Konsens finden werden, wenn es im nächsten Gesetzesvorhaben darum geht, die Ausbildung und die Beschäftigung
von Menschen mit Behinderung zu fördern. Es geht auch
darum, den Migrantinnen und Migranten in diesem Land
die Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen. Mehr
Teilhabe durch bessere Bildung und durch den Zugang
zur Erwerbstätigkeit, um so ein gesichertes Einkommen
zu erzielen, das ist der Kernpunkt der Strategie des vorliegenden Aktionsplans.
Alle sozialen Sicherungssysteme stehen vor großen
Herausforderungen. Die Demographie, die Konjunktur
und die Globalisierung fordern uns heraus. Ich glaube,
mit der Sozialhilfereform und der Zusammenlegung von
Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe - das ist ein wichtiges
Element - leisten wir einen fundamentalen Beitrag dazu,
dass die steuerfinanzierten sozialen Sicherungssysteme
für die Zukunft gut gerüstet sind, dass sie weiterhin ihren
Zweck und ihre Aufgabe erfüllen und dass sie auch in
schwieriger Zeit gerecht und sozial ausgewogen reformiert werden. Diese Politik nimmt Rücksicht auf die Lebenslagen besonders schutzbedürftiger Menschen in unserem Land, duldet keinen Missbrauch und - das ist
wichtig - garantiert und gibt Sicherheit im Wandel.
({9})
Ich erteile der Kollegin Gesine Lötzsch das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste, ich bin Abgeordnete der PDS. - Es gibt Bücher, die dem interessierten Leser erklären, wie man in
einem Jahr Millionär werden kann. Bei der nächsten
Buchmesse könnte zum Beispiel der Bundeskanzler mit
einem Buch auf den Markt kommen, das den Titel trägt:
Wie Sie in nur 36 Monaten arm werden. Denn das, was
heute im Bundestag beschlossen wird, sind Armutsgesetze. Sie schützen nicht vor Armut.
Die Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe wird Armut in einer bisher unbekannten Dimension in diesem Land schaffen. Der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband, der sich ja an uns alle
gewandt hat, geht davon aus, dass zusätzlich zu den derzeit rund 2,8 Millionen Sozialhilfebezieher 1,7 Millionen Menschen in die Einkommensarmut geschickt werden.
Ich möchte drei besonders kritikwürdige Punkte aus
dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Einordnung des
Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch hervorheben.
Mein erster Kritikpunkt: Obwohl hier gerade anderes behauptet wurde, wollen Sie wieder bei den Kindern sparen. Dazu reduzieren Sie bei der Berechnung des Regelsatzes einfach die Anzahl der Altersstufen. Zwar führt
die Neuregelung bei Kindern unter sieben Jahren zu einer leichten Anhebung, bei älteren Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren kommt es jedoch zu einer deutlichen Absenkung um 10 Prozent. Jeder, der Kinder hat,
weiß, dass das mit der Realität gar nichts zu tun hat;
denn Kinder werden mit jedem Jahr teurer.
({0})
Mein zweiter Kritikpunkt: die regionalen Regelsätze. Sie wollen mit diesem Gesetzentwurf die Träger
der Sozialhilfe ermächtigen, regionale Sätze festzuschreiben. Auch wenn Sie gesagt haben, dass es eine Untergrenze gibt, besteht hier die große Gefahr, dass die
Sozialhilfe in den Kommunen bei jeder Haushaltsberatung als Einsparpotenzial gesehen wird. Insbesondere in
den armen Kommunen wird der Druck auf die Sozialhilfeempfänger dramatisch anwachsen.
Der dritte Kritikpunkt, den ich hier hervorheben
möchte, ist die Umkehrung der Beweispflicht. Wenn
mehrere Personen in einem Haushalt leben, kann vermutet werden, dass sie gegenseitig füreinander aufkommen.
Dies wurde bis jetzt zwar unterstellt, allerdings soll die
Beweislast jetzt umgekehrt werden. Nun wissen wir ja,
dass viele, vor allem jüngere Menschen in Wohngemeinschaften zusammenleben. Als praktisches Beispiel
könnte man sich vorstellen, dass es auch für unseren jetzigen Außenminister Fischer nicht einfach wäre, den Beweis anzutreten, dass in seiner damaligen Wohngemeinschaft in Frankfurt am Main die Mitbewohnerinnen und
Mitbewohner - man wusste ja gar nicht genau, wer dort
wohnte - füreinander aufgekommen sind. Das wäre eine
sehr spannende Sache.
Meine Damen und Herren, ich glaube, dass die drei
Kritikpunkte, die ich hier genannt habe - es wären noch
weitere Punkte des Gesetzentwurfes hervorzuheben -,
ausreichen, um diesen Gesetzentwurf abzulehnen.
Vielen Dank.
({1})
Ich erteile dem Kollegen Matthäus Strebl für die
CDU/CSU-Fraktion das Wort.
({0})
- Nein, das Wort hat der Kollege Strebl.
({1})
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr verehrten
Damen und Herren! Der aktuelle Nationale Aktionsplan zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert; zum
einen, da die Bundesregierung die Ursachen von Armut
und sozialer Ausgrenzung darin richtig erkennt, zum anderen aber, da sie dagegen entweder nichts oder genau
das Falsche unternimmt.
Ungefähr 11 Prozent der deutschen Bevölkerung leben unterhalb von 60 Prozent des Durchschnittseinkommens und sind somit von Armut bedroht. Meine sehr
verehrten Damen und Herren, in Deutschland gibt es seit
fünf Jahren eine konstant hohe Arbeitslosenquote, die
sich bei über 4 Millionen Erwerbslosen eingependelt
hat. Dabei wollte sich der Bundeskanzler nach seiner
Wahl im Jahr 1998 daran messen lassen, wie gut er die
Arbeitslosigkeit bekämpfen wird.
Zu Recht erkennt die Bundesregierung in ihrem Aktionsplan, dass länger andauernde Arbeitslosigkeit die wesentliche Ursache von Armut und sozialer Ausgrenzung
ist. Demnach sollten die wichtigsten Eckpfeiler der Politik sein: die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, die Schaffung einer kinder- und familienfreundlichen Gesellschaft
in Deutschland und der Abbau der Abhängigkeit von der
Sozialhilfe bei Kindern.
({0})
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, mir
stellt sich daher folgende Frage: Warum hat Rot-Grün
dann die drei Kardinalfehler gemacht, die zur aktuellen
Krise der Sozialsysteme geführt haben? Ich meine die
Rücknahme der Sozialreformen der Kohl-Regierung,
eine verfehlte Wirtschafts-, Sozial- und Arbeitsmarktpolitik sowie völlig unzureichende Reformansätze bei
den Sozialsystemen. Die Folgen sind immer mehr Belastungen und Bürokratie, immer weniger Wohlstand und
soziale Sicherheit. Dieses Land wird unter Niveau regiert.
({1})
Gerade in diesen Punkten hat die rot-grüne Bundesregierung in den letzten fünf Jahren mit viel Leidenschaft vieles schlechter gemacht. Warum hat die Bundesregierung
diese Probleme nicht angepackt? Gerade bei dem Hauptproblem Arbeitslosigkeit wartet Deutschland schon fünf
Jahre auf eine tatkräftige Hand, erntet aber nur Negativschlagzeilen.
Das groß umworbene JUMP-Programm zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit hat sich zwar als Drehtür
erwiesen, aber nicht in den Arbeitsmarkt, sondern in die
Arbeitslosigkeit. Die Beschäftigungsbrücke Ost hat eher
zu einem Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit und zu einer Abwanderung von Jugendlichen aus Ostdeutschland
geführt. Die Lehrstellenlücke ist mit 20 200 fehlenden
Lehrstellen - dieser Wert zählt zu den historischen Rekorden - deutlich größer als im Vorjahresmonat mit
5 400 fehlenden Lehrstellen.
Die PISA-Studie hat belegt: Die Wirtschaftskraft
Deutschlands leidet unter immer offenkundigeren Qualifikationsmängeln. In diesem Bereich besteht ein dringender Handlungsbedarf, damit der Anschluss an die
Nachbarländer nicht verloren geht.
Bei anderen Vorschlägen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit bestand die Reform einzig und allein darin, dass der Name neu war. Das Job-AQTIV-Gesetz, der
Jobfloater, die Personal-Service-Agenturen und die IchAGs wurden groß angekündigt. Sie alle haben sich als
Flop erwiesen. Das ist der sozialdemokratische Rumpelstilzcheneffekt: Man meint, mit anderen Namen das Problem lösen zu können.
({2})
Auch die neuen Kompromisse bescheren eher Probleme als Lösungen. Die angeschlagene Bundesanstalt
für Arbeit soll als Träger der Jobcenter zu einem riesigen Sozialamt werden. Arbeitslose können nicht mehr
vermittelt, sondern nur noch verwaltet werden. Die Folgen sind mehr Bürokratie und mehr Zentralismus.
Gerade die CDU/CSU hat mit ihrem Existenzgrundlagengesetz das bessere Konzept vorgeschlagen. Demzufolge würden die Kommunen Träger der Jobcenter. Die
Bundesanstalt für Arbeit - sie wäre mit den arbeitsmarktpolitischen Leistungen beauftragt - wäre darin einbezogen. Die Verantwortung des Bundes würde gesichert, weil der Bund zwei Drittel der Leistungen
finanziert. Langzeitarbeitslose mit geringer Qualifizierung oder ohne Ausbildung sollen durch Lohnzuschläge
für Geringverdienende und durch wirklichkeitsnahe
Anforderungen an den Leistungsbezug eine Perspektive
erhalten. Herr Tauss, diese Maßnahmen wären effektiv.
Stattdessen ist und bleibt der deutsche Arbeitsmarkt
ein schwer kranker Patient. Ebenso stellt sich das Krankheitsbild in anderen Bereichen dar. Ein weiteres Versprechen der Bundesregierung war die Förderung der Familie. Trotzdem leben noch immer 1 Million Kinder
von der Sozialhilfe. Das derzeitige Kindergeld von
153 Euro im Monat deckt bei weitem nicht die Lebenshaltungskosten von 300 bis 400 Euro pro Monat. Familien und gerade auch Alleinerziehende sind durch die
Steuerpolitik der Bundesregierung grundsätzlich drangsaliert worden.
Die Pläne für den Ausbau der Möglichkeiten zur Kinderbetreuung sehen bestenfalls auf dem Papier gut aus;
denn die Quote der Betreuung von Kindern unter drei
Jahren liegt bei gerade einmal 7 Prozent. Die
4 Milliarden Euro, die für den Ausbau von 10 000 Ganztagsschulen in den nächsten vier bis fünf Jahren angedacht sind, reichen bei weitem nicht aus.
Die jahrelangen Versäumnisse, die Verschleierung der
Lage und vor allem die falschen Weichenstellungen von
Rot-Grün haben Deutschland zu den größten Veränderungen seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland vor gut 50 Jahren geführt. Darum ist jetzt zur Stärkung der sozialen Integration Folgendes notwendig:
Erstens. Die Lage des Landes muss schonungslos offen gelegt werden. Die jetzt notwendigen Veränderungen
müssen mit klaren Worten benannt werden.
Zweitens. Es muss eine moderne Sozialpolitik betrieben und ein gerechter sozialer Ausgleich für die Zukunft
geschaffen werden.
Drittens. Es müssen Rahmenbedingungen geschaffen
werden, in denen Familien bzw. Alleinerziehende mit
Kindern absolute Priorität haben.
Ich sage zum Schluss. Der Nationale Aktionsplan der
Bundesregierung hat wieder einmal gezeigt, wo die
Schwächen dieser Bundesregierung liegen.
Vielen Dank.
({3})
Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den von den
Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen
eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Einordnung
des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch, Druck-
sache 15/1514. Der Ausschuss für Gesundheit und So-
ziale Sicherung empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschluss-
empfehlung auf Drucksache 15/1734, den Gesetzent-
wurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte
diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfas-
sung zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Wer
stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf
ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmen von SPD
und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen von
CDU/CSU und FDP angenommen.
Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Die Fraktionen der SPD und des
Bündnisses 90/Die Grünen verlangen namentliche Ab-
stimmung. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schrift-
führer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. - Das ist
erfolgt.
Ich eröffne die Abstimmung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, hat jemand noch
nicht abgestimmt? - Das ist offensichtlich nicht der Fall.
Dann schließe ich die Abstimmung und bitte die Schrift-
führerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu
beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen
später bekannt gegeben.1)
1) Ergebnis Seite 5811 C
Präsident Wolfgang Thierse
Ich bitte Sie, Platz zu nehmen; denn wir müssen mit
den Abstimmungen fortfahren.
Wir setzen die Abstimmungen fort und kommen zur
Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 15/1747. Wer stimmt
für diesen Entschließungsantrag? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Entschließungsantrag ist mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen die
Stimmen der CDU/CSU bei Enthaltung der FDP abgelehnt.
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit und Soziale Sicherung zu dem Gesetzentwurf der
Bundesregierung zur Einordnung des Sozialhilferechts
in das Sozialgesetzbuch, Drucksache 15/1734. Der
Ausschuss empfiehlt unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung, den Gesetzentwurf auf Drucksache 15/1636 für
erledigt zu erklären. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Diese Beschlussempfehlung ist einstimmig angenommen.
Tagesordnungspunkt 21 b. Interfraktionell wird
Überweisung der Vorlage auf Drucksache 15/1420 an
die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es dazu anderweitige Vorschläge? Das ist nicht der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen.
Ich rufe nunmehr Tagesordnungspunkt 22 sowie Zusatzpunkt 5 auf:
22 Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht der Bundesregierung über die Erfahrungen bei der Umsetzung des „Vertrages zur
Kulturfinanzierung in der Bundeshauptstadt
2001 bis 2004“ sowie zur künftigen Förderung
der Kultur in der Bundesstadt Bonn
- Drucksache 14/9677 Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien ({0})
Ausschuss für Tourismus
ZP 5 Beratung des Antrags der Abgeordneten HansJoachim Otto ({1}), Rainer Brüderle, Ernst
Burgbacher, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Transparenz für den Hauptstadtkulturfonds
- Drucksache 15/1708 Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien ({2})
Ausschuss für Tourismus
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. - Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache und erteile der Staatsministerin Christina Weiss das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es scheint
in diesen Tagen so zu sein, als käme eine wirkungsvolle
Debatte über die Hauptstadt in Gang.
({0})
Während sich Honoratioren quer durch alle Parteien
noch Gedanken darüber machen, was Berlin wert sei,
kann der Bund diese Frage locker parieren: 340 Millionen Euro für die Kultur.
({1})
Wir diskutieren heute eine Kernaufgabe der Bundeskulturpolitik und sind gehalten, zu bilanzieren. Eine Erkenntnis schält sich heraus: Rot-Grün hat das Hilfsprogramm für die Berliner Kultur vom Kopf auf die Füße
gestellt.
({2})
Es herrscht keine Hasenfüßigkeit mehr im Verhältnis
zwischen Berlin und dem Bund, wie das noch Mitte der
90er-Jahre der Fall war. Der Hauptstadtkulturvertrag
ist nicht mehr das Ergebnis eines Gnadenaktes, sondern
das Produkt einer wirklich wachsenden Partnerschaft,
die sich in diesem Jahr bei der Hilfe zur Rettung der Berliner Opernhäuser besonders bewährt hat.
Das heißt nicht, dass wir den Berliner Senat aus der
Pflicht entlassen. Wir erwarten, dass Berlin die Bedeutung seiner Kultur gleichermaßen hoch einschätzt und
die finanziellen und strukturellen Anstrengungen zur Zukunftssicherung seiner Kulturlandschaft insgesamt nicht
einschränkt.
340 Millionen Euro also zahlt der Bund für Berliner
Kultureinrichtungen, aber er zahlt nicht nur. Wir haben
inzwischen auch die Gewissheit, dass dieses Geld wirklich für die Kultur ausgegeben wird. Es ist vielleicht die
wichtigste Erfahrung, die wir in den Jahren des neuen
Verhältnisses zwischen Berlin und Bonn und dem Bund
gewonnen haben: Das Geld versickert nicht mehr im
Berliner Landeshaushalt. Es ist auf Dauer gut und sicher
angelegt: in den Ausstellungen des Hauses der Kulturen
der Welt, im Jüdischen Museum, in den Aufführungen
der Berliner Festspiele GmbH, im Martin-Gropius-Bau
oder in den Einrichtungen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Es gibt klare Zuständigkeiten und klare Verantwortungen. Der Unsinn der Pauschalförderung ist beendet. Die Mittelvergabe ist transparent gestaltet.
Zu einem erfolgreichen Instrument für aktuelle Kunstproduktion in Berlin hat sich der Hauptstadtkulturfonds
entwickelt. Das gilt, auch wenn er in der letzten Zeit in
die Kritik geraten ist. Mit geringen Mitteln wird hier ein
Maximum an Wirkung entfaltet. Die Bundesregierung
tut gut daran, in die Vitalität der Hauptstadt zu investieren, diese zu unterstützen und nach neuen, nach ungewöhnlichen Kulturformaten zu suchen.
({3})
Zudem ist der Hauptstadtkulturfonds inzwischen eine
erste Adresse für internationalen Austausch in der Metropole Berlin geworden. Der Hauptstadtkulturfonds hat
sich profiliert. Ohne ihn ließen sich viele spannende,
weltweit beachtete Projekte nicht realisieren. Das sage
ich an die Adresse jener, die diese Einrichtung gerne
einer stärkeren politischen Kontrolle unterziehen wollen.
- Auch wenn Herr Otto jetzt nicht zuhört - er war gemeint. Aber wer sich anschickt, hier hineinzuregieren,
zensiert am Ende die Kunst.
({4})
Ich hoffe, Sie stimmen mit mir darin überein, dass wir
das nicht zulassen dürfen. Gleichwohl räume ich ein,
dass wir in den Vergabeverfahren höchste Transparenz
erreichen müssen. Aber die Politik sollte sich nur um die
Verfahrenskontrolle kümmern. Wenn hingegen über
Kunst zu entscheiden ist, dann geht es um die Qualität
eines Projektes, und darüber müssen die Fachleute abstimmen.
Der neue Kulturvertrag mit Berlin wird von der Hilfe
zur Selbsthilfe geprägt sein. Der Bund hat sich trotz seiner prekären Haushaltslage dazu entschlossen, schweren
Schaden von der hauptstädtischen Kultur abzuwenden,
und mit dem Senat einen wahrhaften Solidarpakt verhandelt. Wir wollen Berlin den Spielraum geben, den die
Stadt braucht, um die drei Opernhäuser erhalten zu können.
({5})
Alles in allem wird der Bund den Berliner Kultureinrichtungen im kommenden Jahr dafür 25 Millionen Euro zur
Verfügung stellen. Dieses Geld - ich bitte das zu beachten - kommt zusätzlich in meinen Etat.
Der Bund schwingt sich nicht zum Retter der Berliner
Kultur auf, aber er vermag Veränderungen im starr gewordenen System anzustacheln. Wir können und wir
wollen nicht die gesamte Berliner Kulturlandschaft
finanzieren, aber wir können und wir wollen helfen, Berlin zu entlasten. Dies tun wir mit Stetigkeit. Das schafft
eine Kulturstaatsministerin natürlich nicht allein. Dafür
braucht es starke Partner. Der Bundeskanzler und der
Finanzminister haben erkannt, dass sich diese Stadt vor
allem durch ihre Kultur darstellt.
({6})
Ich bin froh über diesen Gleichklang der Überzeugungen. Ich bin froh, dass wir die Entwicklung der deutschen Hauptstadt nicht nur beschreiben, sondern auch
wirklich vorantreiben.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
({7})
Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile,
gebe ich das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen
Abstimmung über den Gesetzentwurf der SPD und
des Bündnisses 90/Die Grünen zur Einordnung des
Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch, Drucksachen 15/1514 und 15/1734, bekannt. Abgegebene
Stimmen 593. Mit Ja haben gestimmt 305, mit Nein haben gestimmt 288, keine Enthaltung. Der Gesetzentwurf ist damit angenommen.
({0})
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 591;
davon
ja: 303
nein: 288
Ja
SPD
Dr. Lale Akgün
Gerd Andres
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr ({1})
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel ({2})
Klaus Barthel ({3})
Sören Bartol
Sabine Bätzing
Uwe Beckmeyer
Klaus Uwe Benneter
Dr. Axel Berg
Ute Berg
Hans-Werner Bertl
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding ({4})
Kurt Bodewig
Gerd Friedrich Bollmann
Willi Brase
Bernhard Brinkmann
({5})
Hans-Günter Bruckmann
Edelgard Bulmahn
Marco Bülow
Ulla Burchardt
Dr. Michael Bürsch
Hans Martin Bury
Hans Büttner ({6})
Marion Caspers-Merk
Dr. Peter Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Karl Diller
Martin Dörmann
Peter Dreßen
Detlef Dzembritzki
Sebastian Edathy
Siegmund Ehrmann
Marga Elser
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Karin Evers-Meyer
Annette Faße
Elke Ferner
Gabriele Fograscher
Rainer Fornahl
Gabriele Frechen
Dagmar Freitag
Lilo Friedrich ({7})
Iris Gleicke
Günter Gloser
Uwe Göllner
Renate Gradistanac
Angelika Graf ({8})
Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Achim Großmann
Wolfgang Grotthaus
Karl-Hermann Haack
({9})
Hans-Joachim Hacker
Bettina Hagedorn
Klaus Hagemann
Alfred Hartenbach
Michael Hartmann
({10})
Nina Hauer
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Petra Heß
Monika Heubaum
Gabriele Hiller-Ohm
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
Stephan Hilsberg
Gerd Höfer
Jelena Hoffmann ({11})
Walter Hoffmann
({12})
Iris Hoffmann ({13})
Frank Hofmann ({14})
Eike Hovermann
Klaas Hübner
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Brunhilde Irber
Renate Jäger
Jann-Peter Janssen
Klaus-Werner Jonas
Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Dr. h.c. Susanne Kastner
Ulrich Kelber
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Hans-Ulrich Klose
Astrid Klug
Dr. Heinz Köhler ({15})
Walter Kolbow
Karin Kortmann
Rolf Kramer
Anette Kramme
Ernst Kranz
Nicolette Kressl
Volker Kröning
Angelika Krüger-Leißner
Dr. Hans-Ulrich Krüger
Horst Kubatschka
Ernst Küchler
Ute Kumpf
Dr. Uwe Küster
Christine Lambrecht
Christian Lange ({16})
Christine Lehder
Waltraud Lehn
Dr. Elke Leonhard
Eckhart Lewering
Götz-Peter Lohmann
Gabriele Lösekrug-Möller
Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dirk Manzewski
Tobias Marhold
Lothar Mark
Caren Marks
Christoph Matschie
Hilde Mattheis
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Petra-Evelyne Merkel
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Ursula Mogg
Michael Müller ({17})
Christian Müller ({18})
Gesine Multhaupt
Franz Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Volker Neumann ({19})
Dietmar Nietan
Dr. Erika Ober
Holger Ortel
Heinz Paula
Johannes Pflug
Dr. Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Karin Rehbock-Zureich
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Christel RiemannHanewinckel
Walter Riester
Reinhold Robbe
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Karin Roth ({20})
Michael Roth ({21})
Gerhard Rübenkönig
Ortwin Runde
Marlene Rupprecht
({22})
Thomas Sauer
Anton Schaaf
Axel Schäfer ({23})
Gudrun Schaich-Walch
Rudolf Scharping
Dr. Hermann Scheer
Siegfried Scheffler
Horst Schild
Otto Schily
Horst Schmidbauer
({24})
Ulla Schmidt ({25})
Silvia Schmidt ({26})
Dagmar Schmidt ({27})
Wilhelm Schmidt ({28})
Heinz Schmitt ({29})
Carsten Schneider
Walter Schöler
Olaf Scholz
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Wilfried Schreck
Ottmar Schreiner
Gerhard Schröder
Gisela Schröter
Brigitte Schulte ({30})
Reinhard Schultz
({31})
Swen Schulz ({32})
Dr. Angelica Schwall-Düren
Dr. Martin Schwanholz
Rolf Schwanitz
Erika Simm
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie SonntagWolgast
Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Ludwig Stiegler
Christoph Strässer
Rita Streb-Hesse
Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Jörg Tauss
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Franz Thönnes
Hans-Jürgen Uhl
Rüdiger Veit
Simone Violka
Jörg Vogelsänger
Ute Vogt ({33})
Dr. Marlies Volkmer
Hans Georg Wagner
Hedi Wegener
Andreas Weigel
Reinhard Weis ({34})
Petra Weis
Gunter Weißgerber
Matthias Weisheit
Gert Weisskirchen
({35})
Dr. Ernst Ulrich von
Weizsäcker
Jochen Welt
Dr. Rainer Wend
Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Margrit Wetzel
Andrea Wicklein
Jürgen Wieczorek ({36})
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dr. Dieter Wiefelspütz
Brigitte Wimmer ({37})
Engelbert Wistuba
Barbara Wittig
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Waltraud Wolff
({38})
Heidi Wright
Uta Zapf
Manfred Helmut Zöllmer
Dr. Christoph Zöpel
BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN
Marieluise Beck ({39})
Volker Beck ({40})
Cornelia Behm
Birgitt Bender
Matthias Berninger
Grietje Bettin
Alexander Bonde
Ekin Deligöz
Jutta Dümpe-Krüger
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Joseph Fischer ({41})
Katrin Göring-Eckardt
Winfried Hermann
Antje Hermenau
Peter Hettlich
Ulrike Höfken
Thilo Hoppe
Michaele Hustedt
Fritz Kuhn
Renate Künast
Undine Kurth ({42})
Dr. Reinhard Loske
Anna Lührmann
Jerzy Montag
Kerstin Müller ({43})
Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Friedrich Ostendorff
Simone Probst
Claudia Roth ({44})
Krista Sager
Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Albert Schmidt ({45})
Werner Schulz ({46})
Petra Selg
Ursula Sowa
Rainder Steenblock
Silke Stokar von Neuforn
Hans-Christian Ströbele
Jürgen Trittin
Marianne Tritz
Hubert Ulrich
Dr. Antje Vogel-Sperl
Dr. Antje Vollmer
Dr. Ludger Volmer
Josef Philip Winkler
Margareta Wolf ({47})
Nein
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Dietrich Austermann
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Ernst-Reinhard Beck
({48})
Veronika Bellmann
Dr. Christoph Bergner
Otto Bernhardt
Dr. Rolf Bietmann
Peter Bleser
Antje Blumenthal
Dr. Maria Böhmer
Jochen Borchert
Wolfgang Börnsen
({49})
Wolfgang Bosbach
Dr. Wolfgang Bötsch
Klaus Brähmig
Dr. Ralf Brauksiepe
Helge Braun
Monika Brüning
Georg Brunnhuber
Hartmut Büttner
({50})
Cajus Caesar
Manfred Carstens ({51})
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
Peter H. Carstensen
({52})
Gitta Connemann
Hubert Deittert
Albert Deß
Alexander Dobrindt
Vera Dominke
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Maria Eichhorn
Rainer Eppelmann
Anke Eymer ({53})
Georg Fahrenschon
Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Albrecht Feibel
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Hartwig Fischer ({54})
Dirk Fischer ({55})
Axel E. Fischer ({56})
Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Herbert Frankenhauser
Dr. Hans-Peter Friedrich
({57})
Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Dr. Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Roland Gewalt
Eberhard Gienger
Georg Girisch
Michael Glos
Ralf Göbel
Dr. Reinhard Göhner
Tanja Gönner
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Kurt-Dieter Grill
Reinhard Grindel
Hermann Gröhe
Michael Grosse-Brömer
Markus Grübel
Manfred Grund
Karl-Theodor Freiherr von
und zu Guttenberg
Olav Gutting
Holger-Heinrich Haibach
Gerda Hasselfeldt
Klaus-Jürgen Hedrich
Helmut Heiderich
Ursula Heinen
Siegfried Helias
Uda Carmen Freia Heller
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann
Bernd Heynemann
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Robert Hochbaum
Klaus Hofbauer
Martin Hohmann
Joachim Hörster
Hubert Hüppe
Susanne Jaffke
Dr. Peter Jahr
Dr. Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Steffen Kampeter
Irmgard Karwatzki
Bernhard Kaster
Siegfried Kauder ({58})
Volker Kauder
Gerlinde Kaupa
Eckart von Klaeden
Jürgen Klimke
Julia Klöckner
Kristina Köhler ({59})
Manfred Kolbe
Norbert Königshofen
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Rudolf Kraus
Michael Kretschmer
Günther Krichbaum
Günter Krings
Dr. Martina Krogmann
Dr. Hermann Kues
Werner Kuhn ({60})
Dr. Karl A. Lamers
({61})
Helmut Lamp
Barbara Lanzinger
Vera Lengsfeld
Peter Letzgus
Ursula Lietz
Walter Link ({62})
Eduard Lintner
Dr. Klaus W. Lippold
({63})
Patricia Lips
Dr. Michael Luther
Dorothee Mantel
Erwin Marschewski
({64})
Stephan Mayer ({65})
Conny Mayer ({66})
Dr. Martin Mayer
({67})
Wolfgang Meckelburg
Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel
Laurenz Meyer ({68})
Doris Meyer ({69})
Maria Michalk
Hans Michelbach
Klaus Minkel
Marlene Mortler
Stefan Müller ({70})
Bernward Müller ({71})
Dr. Gerd Müller
Hildegard Müller
Bernd Neumann ({72})
Henry Nitzsche
Michaela Noll
Dr. Georg Nüßlein
Franz Obermeier
Eduard Oswald
Melanie Oßwald
Rita Pawelski
Dr. Peter Paziorek
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Daniela Raab
Thomas Rachel
Hans Raidel
Dr. Peter Ramsauer
Helmut Rauber
Peter Rauen
Christa Reichard ({73})
Katherina Reiche
Hans-Peter Repnik
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Hannelore Roedel
Franz-Xaver Romer
Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Dr. Klaus Rose
Kurt J. Rossmanith
Dr. Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Volker Rühe
Albert Rupprecht ({74})
Peter Rzepka
Dr. Wolfgang Schäuble
Hartmut Schauerte
Andreas Scheuer
Georg Schirmbeck
Bernd Schmidbauer
Christian Schmidt ({75})
Andreas Schmidt ({76})
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Ole Schröder
Bernhard Schulte-Drüggelte
Uwe Schummer
Wilhelm Josef Sebastian
Horst Seehofer
Kurt Segner
Matthias Sehling
Marion Seib
Heinz Seiffert
Bernd Siebert
Johannes Singhammer
Jens Spahn
Erika Steinbach
Christian von Stetten
Gero Storjohann
Andreas Storm
Max Straubinger
Thomas Strobl ({77})
Lena Strothmann
Michael Stübgen
Antje Tillmann
Edeltraut Töpfer
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Volkmar Uwe Vogel
Andrea Astrid Voßhoff
Gerhard Wächter
Marko Wanderwitz
Peter Weiß ({78})
Gerald Weiß ({79})
Ingo Wellenreuther
Annette Widmann-Mauz
Klaus-Peter Willsch
Willy Wimmer ({80})
Matthias Wissmann
Werner Wittlich
Dagmar Wöhrl
Elke Wülfing
Wolfgang Zeitlmann
Wolfgang Zöller
Willi Zylajew
FDP
Daniel Bahr ({81})
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Horst Friedrich ({82})
Rainer Funke
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther ({83})
Dr. Karlheinz Guttmacher
Christoph Hartmann
({84})
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Michael Kauch
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Ina Lenke
Sabine LeutheusserSchnarrenberger
Markus Löning
Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
({85})
Eberhard Otto ({86})
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Dr. Andreas Pinkwart
Marita Sehn
Dr. Max Stadler
Dr. Rainer Stinner
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Dieter Thomae
Jürgen Türk
Dr. Claudia Winterstein
Fraktionslose Abgeordnete
Petra Pau
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
Ich erteile jetzt dem Kollegen Günter Nooke von der
CDU/CSU-Fraktion das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Damen und
Herren! In dieser kleinen Runde lohnt sich eine ganz
große Berlin-Debatte ja eigentlich nicht mehr, was
schade ist,
({0})
denn wir liegen mit diesem Thema ganz gut. In diesen
Tagen wird viel darüber geredet, was uns Berlin wert ist,
was uns als Nation, vielleicht auch als Kulturnation, die
Hauptstadt wert sein kann. Aber diese ganzen philosophischen und grundsätzlichen Bemerkungen will ich mir
sparen.
Wir haben diese Debatte anlässlich des Berichtes der
Bundesregierung über die Erfahrungen bei der Umsetzung des Vertrages zur Kulturfinanzierung in der Bundeshauptstadt 2001 bis 2004 beantragt. Dieser wurde bereits im Juli 2002 von dem damaligen Staatsminister
Nida-Rümelin vorgelegt. Es war verabredet, ein Jahr
später im Bundestag eine erste Einschätzung über die
neu getroffenen Festlegungen vorzunehmen.
Das erschien uns damals notwendig; denn mit der Übernahme von vier großen Berliner Kultureinrichtungen in
die finanzielle Verantwortung des Bundes wurde insofern Neuland betreten, als der Bund sich erstmals in dieser Größenordnung kultureller Institutionen angenommen hat, an deren Gründung er selbst nicht beteiligt war.
Es handelt sich also um eine Adoption. Aus anderen Zusammenhängen wissen wir, dass Adoptionen bisweilen
nicht reibungslos verlaufen, besonders wenn sie erst im
Jugend- oder Erwachsenenalter erfolgen.
Dass es ein weiteres Jahr gedauert hat, bis wir über
diesen Bericht im Plenum debattieren, und zwar auf
Drängen unserer Fraktion, legt den Verdacht nahe, dass
die Erfahrungen mit diesem Hauptstadtkulturvertrag
doch nicht positiv genug sind, dass die Regierung sie mit
Stolz hätte verkünden können.
({1})
Zweck des Hauptstadtkulturvertrages war vor allem
die finanzielle Unterstützung des Landes Berlin bei der
Erfüllung seiner Funktion als Sitz des Deutschen Bundestages und der Bundesregierung. Ich gehe nicht auf
Details ein, inwieweit das mit der Übernahme der Institutionen gelungen ist. In diesem Zusammenhang scheint
es mir weitaus dringlicher, darauf hinzuweisen, dass inzwischen eine ähnliche Situation wie vor der Vertragsschließung entstanden ist, in der der Bund erneut vorhat,
Berliner Kultureinrichtungen in seine Verantwortung zu
übernehmen.
({2})
Ich nenne beispielsweise die Akademie der Künste und
die Stiftung Deutsche Kinemathek.
Der Weg, dies zu erreichen, ist für die Bundesregierung nicht die Neufassung des Hauptstadtkulturvertrages, sondern die Einführung einer Titelzeile im Haushaltsentwurf. Das ist nicht nur systematisch anfechtbar,
sondern macht die Stringenz des Bundes - darum geht es
uns als Kulturpolitiker - bei seiner Förderung nicht gerade einleuchtender.
Dazu passt, dass sich die Bundesregierung nicht von
der Idee leiten lässt, diejenigen Institutionen zu fördern, die zur Erfüllung der Funktion Berlins als Sitz
von Bundestag und Bundesregierung unverzichtbar
sind. Stattdessen folgt man einer Idee, das Land Berlin
- ich zitiere die Netzseite der Bundesregierung - „dauerhaft um rund 22 Millionen Euro“ zu entlasten, „was
die Stadt in die Lage versetzt, das von der Kulturstaatsministerin unterstützte Reformmodell“ - es ist schon
angesprochen worden - „für die Berliner Opernhäuser
zu realisieren“.
Diese Aussage kommt nun, nachdem das vorgesehene Stiftungsmodell für die Opern diskutiert wurde,
fast schon einer Drohung gleich. Sie wird nur noch
übertroffen von der Feststellung, dass - so steht es wiederum auf der Netzseite - „diese Reform… zugleich
beispielhaft für die Kulturförderung im ganzen Lande
sein“ soll.
({3})
Frau Staatsministerin, ich habe meine größten Probleme damit. Das vorgesehene Modell löst nicht die Probleme Berlins und ist schon gar nicht beispielhaft für
ganz Deutschland. Es wird damit kein Beitrag geleistet
zur Erfüllung der Funktion Berlins als Sitz des Deutschen Bundestages und der Bundesregierung, wie es in
Ihrem Text heißt. Das aber ist genau Sinn und Zweck der
Übung und übrigens auch in den Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern unstrittig. Der Bericht stellt
völlig richtig fest:
Dem Land
- gemeint ist Berlin eine Budgethilfe zur Erfüllung von Landesaufgaben
zu gewähren, war freilich nicht Ziel des Hauptstadtvertrages.
Dies kann auch nicht Ziel der Kulturpolitik des Bundes
insgesamt sein.
Mit der Diskussion über die Finanzen Berlins erwecken wir ständig den falschen Eindruck, der Bund könne
durch die Rettung einer Oper in Berlin oder durch die
Übernahme eines Museums, was immerhin zweistellige
Millionenbeträge bedeutet, die strukturellen Haushaltsprobleme Berlins lösen. Diese liegen in der Größenordnung von ungefähr zweistelligen Milliardenbeträgen; sie
sind also tausendmal größer.
({4})
Wenn wir uns als Kulturpolitiker ständig diese Debatte
über die Rettung von Opern aufdrängen lassen und wenn
wir damit den Eindruck erwecken, man könne damit etwas für die Finanzen Berlins tun, dann haben wir schon
verloren. Wir sollten eigentlich viel systematischer darüber reden, was hier notwendig ist.
({5})
Wenn die Millionenbeträge für die Opernstiftung angesprochen werden, dann nährt das wiederum die Vermutung, dass alle Mittel des Bundes für die Kultur in
Berlin in ein Fass ohne Boden fließen. Wir kennen die
entsprechenden Debatten. Wenn die Strukturen nicht
klar sind, Frau Weiss, dann ist der Glaube daran, dass es
funktioniert, natürlich nicht sehr ausgeprägt.
({6})
Die gestern Vormittag beschlossene Einsetzung einer
Föderalismuskommission und die vom Bundespräsidenten angemahnte Neuformulierung der Rolle der deutschen Hauptstadt im föderalen System sind trotz aller
Diskussionen über Kultur unverzichtbar. Außerdem
stellt sich angesichts der im vorliegenden Bericht so positiv beurteilten gänzlichen Übernahme von Einrichtungen in die Zuständigkeit des Bundes die Frage, ob der
Bund mit Blick auf die zu lösende Opernfrage nicht besser beraten wäre, die Budgetverantwortung für eine der
Opern zu übernehmen.
({7})
Kommen wir auf den Hauptstadtkulturvertrag zurück.
Bei der Neufassung des Vertrages haben wir auf der Befristung bestanden. Schon jetzt wissen wir, das war notwendig und richtig. Daraus resultiert die Pflicht, aber
auch die Möglichkeit, das bestehende Regelwerk nicht
nur zu verändern, sondern auch gemeinsam zu verbessern und klarer zu strukturieren.
Es geht darum, herauszufinden, „welchen Kulturfeldern konkret nationaler Repräsentationscharakter zuzumessen ist“. So heißt es im vorliegenden Bericht der
Bundesregierung.
Da ist es dann schon abenteuerlich, dass der Bund
über den Hauptstadtkulturfonds Projekte im Palast der
Republik, dessen Abriss der Deutsche Bundestag beschlossen hat, finanziert.
({8})
- Angesichts dessen, dass der Bundestag mit Zweidrittelmehrheit einen Beschluss zum Wiederaufbau des
Schlosses und zum Abriss des Palastes getroffen hat, ist
es abenteuerlich, dass vom Hauptstadtkulturfonds Projekte im Palast der Republik mit öffentlichem Geld - dafür wollten wir es eigentlich nicht ausgeben - finanziert
werden.
Folgenden Hinweis möchte ich noch geben: Gleichzeitig erstarren Sie in Lähmung, wenn es darum geht,
den Beschluss des Bundestages zur Wiedererrichtung
des Berliner Stadtschlosses umzusetzen. Da wird einfach ein Moratorium, ein Vertagen auf den Sankt-Nimmerleins-Tag, beschlossen.
({9})
Wir sind der Auffassung, dass der Schlossneubau
ganz überwiegend kulturell genutzt werden sollte. Angesichts der Rolle des Bundes in Berlin sind wir überzeugt,
dass das Schloss einen „nationalen Repräsentationscharakter“ hätte, wie wir soeben festgestellt haben, und
alle das Ziel des Wiederaufbaus des Schlosses und der
überwiegend kulturellen Nutzung aufrechterhalten sollten - und das umso mehr, weil es sich nicht um einen
Beschluss handelt, der im Zuge der anstehenden Haushaltsberatungen - das weiß auch ich - ganz einfach umzusetzen sein wird.
({10})
Angesichts des grundsätzlichen politischen Wollens ist
es aber unmöglich, die Umsetzung als nicht machbar
hinzustellen und auf ewige Zeit zu vertagen.
Über die anstehende Neufassung des Hauptstadtkulturvertrages werden wir im kommenden Jahr ausführlich
zu debattieren haben. Dabei werden wir uns die vom
Bund geförderten Institutionen in Berlin von den Festspielen bis zum Hauptstadtkulturfonds ganz genau ansehen.
Frau Staatsministerin Weiss, Sie haben den Hauptstadtkulturfonds gelobt. Ich kann mir vorstellen, dass
man gerade in diesem Zusammenhang noch einmal über
die Art und Weise der Mittelvergabe sprechen sollte. Das
heißt nicht, in die Freiheit der Kunst einzugreifen. Aber
ich frage mich schon, warum Sie im Sommer die öffentliche Debatte über die RAF-Ausstellung so geführt haben, dass die Kuratorin, Frau Adrienne Goehler, am
Ende darüber gejubelt hat, dass es jetzt nur noch um
Kunst gehe und sie machen könne, was sie wolle. Wenn
so etwas im Ergebnis herauskommt, dann sollte man
sich schon fragen, ob die Debatte zuvor richtig verlaufen
ist. Ich bleibe auch hier etwas skeptisch.
({11})
Herr Barthel, lassen Sie mich schließen. Das Angebot, das wir hier machen, indem wir über die Neuformulierung des Hauptstadtkulturvertrages sprechen wollen,
ist etwas strukturierter und systematischer. Deshalb
muss jetzt der Bericht der Bundesregierung ausgewertet
werden. Wir fordern, baldmöglichst den nächsten Bericht zu erstellen, damit wir hier über die Erfahrungen
des letzten Jahres diskutieren können, bevor wir in die
Beratungen darüber eintreten, wie wir es ab dem Jahre
2005 noch besser machen können.
Viele Punkte dieses Berichtes sind zitiert worden. Sie
deuten, wenn man sie denn umsetzen würde, durchaus
auf Gemeinsamkeiten hin. Das Ganze ist gar nicht so
strittig. Nur, so wie es zurzeit funktioniert, können wir
noch nicht in der ganzen Republik rechtfertigen, dass
wir genau das tun, was wir im Rahmen des Hauptstadtkulturvertrages machen müssen, nämlich die Repräsentationsrolle Berlins als Sitz von Bundestag und Bundesregierung und als Hauptstadt einer Kulturnation ins Land
und aus Deutschland heraus in die Welt zu tragen. Auch
das wäre eine Aufgabe der Kulturförderung in Berlin.
Dafür werden wir weiter kämpfen.
Danke schön.
({12})
Die Kollegin Dr. Antje Vollmer vom Bündnis 90/Die
Grünen hat ihre Rede zu Protokoll gegeben.1)
({0})
Damit kommen wir zur Rede des Kollegen Hans-Joachim Otto von der FDP-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bericht der Bundesregierung ist überholt und schönfärberisch. Der Zustand meiner Stimme, aber auch die Kürze
meiner Redezeit gebieten es allerdings, dass ich mich
auf einen einzigen Aspekt beschränke, nämlich darauf,
den Antrag zu begründen, den die FDP hierzu eingebracht hat.
Die Vorgänge um die geplante RAF-Ausstellung haben gravierende Schwächen des Hauptstadtkulturfonds
offenbart. Solange durch diese Ausstellung der Terror
der RAF nicht verklärt und die Gefühle der Angehörigen
der Opfer nicht verletzt werden, habe ich zwar prinzipiell nichts gegen eine solche Ausstellung. Aber ich
muss nüchtern feststellen, dass die Förderentscheidung
des Hauptstadtkulturfonds nicht rechtmäßig abgelaufen
ist. Es gab weder ein präzises Konzept der Veranstalter
noch eine schriftliche Begründung der Kuratorin, warum
gerade diese Ausstellung mit immerhin 100 000 Euro zu
fördern sei.
Der damals als verbindlich erklärte Finanzplan ist
mittlerweile hinfällig, die Beteiligung der Bundeszentrale für politische Bildung abgesagt
({0})
und die Ausstellungsplanung ist inhaltlich und zeitlich
über den Haufen geworfen worden. Offenbar kommt
aber niemand auf die Idee, das bereits vor Monaten ausgezahlte Fördergeld vom Veranstalter zurückzufordern.
({1})
Die jetzt zu Tage getretenen Merkwürdigkeiten rund
um die RAF-Ausstellung sind aber nicht zufällig. Sie
sind Ausdruck eines schwerwiegenden Strukturfehlers
des Hauptstadtkulturfonds. Wir fordern, das Verfahren
um die Vergabe der Fördermittel endlich transparent zu
gestalten. Es ähnelt schon einer Bananenrepublik, wenn
Förderentscheidungen über manchmal eine halbe Mil-
lion Euro auf mündlichen Zuruf der Kuratorin erfolgen,
ohne jede schriftliche Vollmacht - Bananenrepublik!
1) Anlage 14
({2})
- Ich bin nicht dabei, Herr Barthel - das ist ein guter
Einwand -, denn wir dürfen nicht dabei sein. Ich komme
gleich darauf zu sprechen.
({3})
Es ist mit der Kontrollfunktion des Parlaments unvereinbar, wenn den Abgeordneten bisher noch nicht
einmal die Protokolle oder sonstigen Unterlagen des
Hauptstadtkulturfonds zugänglich gemacht werden. Darüber hinaus halten wir es für inakzeptabel, Herr Barthel,
dass im Entscheidungsgremium des Hauptstadtkulturfonds, dessen Mittel zu 100 Prozent vom Bund bereitgestellt werden, kein Mitglied des Parlaments vertreten ist.
Wie soll ich denn bei den Entscheidungen dabei sein,
wenn es mir verwehrt wird?
({4})
Wir schlagen vor, dass in Zukunft zwei Abgeordnete
im Entscheidungsgremium mitstimmen sollten. Ich sehe
übrigens nicht ein, warum die bisher dort entscheidenden Minister über mehr Kunstsachverstand und Objektivität verfügen sollten als Abgeordnete des Deutschen
Bundestages.
({5})
- Die entscheiden sehr wohl. Die gemeinsame Kommission entscheidet über die Vorschläge der Kuratorin; ich
habe mich sehr eingehend mit diesem Sumpf beschäftigt.
({6})
- Lieber Herr Barthel, Sie können nachher reden, Sie
können mir auch eine Frage stellen, Sie können mir aber
nicht meine Redezeit stehlen.
({7})
Wenn sich diese notwendigen Änderungen, die in unserem Antrag niedergelegt sind, nicht in den Verhandlungen mit dem Land Berlin durchsetzen lassen, muss
der Vertrag noch in diesem Jahr fristgerecht gekündigt
werden; denn ansonsten - Herr Kollege Nooke, das haben Sie übersehen - wird der Vertrag automatisch über
das Jahr 2004 hinaus verlängert. Es ändert sich nichts,
wenn nicht bis zum 31. Dezember 2003 die Kündigung
ausgesprochen wird. Ich hoffe allerdings, dass wir dies
betreffend in Verhandlungen mit dem Land Berlin für
ein bisschen Ordnung sorgen können.
Meine Damen und Herren, im Interesse von Kunst
und Kultur in Berlin braucht der Hauptstadtkulturfonds
eine Strukturreform, und zwar so schnell wie möglich.
Wir alle, auch Frau Dr. Weiss, wissen, dass es da Dinge
gibt, die aufzuräumen sind. Ich setze daher auf die Un terstützung aus allen Fraktionen.
Hans-Joachim Otto ({8})
Vielen Dank.
({9})
Das Wort hat jetzt die Kollegin Petra Pau.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die
Deutsche Nationalstiftung hat dieser Tage eine Frage
aufgegriffen, die seit 1990 einer Antwort harrt: „Berlin was ist uns die Hauptstadt wert?“ Die Fragestellung ist
sogar noch verkürzt; denn sie zielt so gestellt recht
schnell auf das Geld.
Die PDS hatte schon vor Jahren vorgeschlagen, erst
einmal die Sinnfrage in den Vordergrund zu stellen:
„Was soll eine deutsche Hauptstadt im 21. Jahrhundert
und im föderalen System?“ Aus den möglichen Antworten wäre dann die Frage abzuleiten, was die Hauptstadt
dem Bund und den anderen Bundesländern wert sein
muss.
Diese Denk- und Diskussionsaufgabe steht aber noch
an. Wenn ich höre, dass sich die gestern gebildete gemeinsame Föderalismuskommission des Bundestages
und des Bundesrates damit befassen will, dann sage ich:
Das ist gut, aber auch noch zu kurz gegriffen. Denn es
geht nicht nur um politische Aspekte, sondern zugleich
auch um philosophische, wissenschaftliche, internationale und natürlich auch um kulturelle Aspekte.
Frau Kollegin Pau, erlauben Sie eine Zwischenfrage
Ihrer Kollegin Frau Dr. Lötzsch? - Frau Dr. Lötzsch,
bitte schön.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Kollegin, Sie
sind mit mir sicher einer Meinung, dass diese Debatte
des besonderen Engagements der Berliner Abgeordneten
bedarf, die schließlich von Menschen dieser Stadt gewählt worden sind. Wie bewerten Sie in Anbetracht der
Abwesenheit der Berliner Abgeordneten der FDP und in
Anbetracht des Verzichts der Fraktion der Grünen auf einen Redebeitrag das Engagement der Kollegen in dieser
Frage?
({0})
Schön, dass es in dieser Runde bekennende Berliner
gibt, die zugezogen sind.
Es ist traurig, dass wir als Berliner Abgeordnete es in
den letzten Jahren nicht geschafft haben, über die Grenzen der Fraktionen und Gruppierungen hinweg unter unseren Kollegen mehr für Berlin zu werben. Insbesondere
ist es traurig, dass die FDP-Fraktion bei vielen dieser
Debatten, die mit Berlin an sich, mit der Zukunft der
Hauptstadt und mit den Sinnfragen, die ich eben angesprochen habe, zu tun haben, nur über das Schloss redet
oder darüber, wie man etwas besser kontrollieren kann.
Und heute ist Herr Rexrodt noch nicht einmal anwesend.
Ich komme im Folgenden aber noch auf den FDP-Antrag
zu sprechen, der hier vorgestellt wurde und der jetzt verhandelt wird.
Unabhängig von all dem, was schon gesagt wurde, ist
offensichtlich, dass die Berliner Kulturlandschaft städtische Aufgaben erfüllt, darüber hinaus aber auch hauptstädtische und nationale. Deshalb ist es richtig, dass
Berlin unterstützt wird, zum Beispiel über die Hauptstadtkulturförderung. Mit dem Hauptstadtkulturvertrag hat das Engagement des Bundes in Berlin an Profil
und Klarheit gewonnen. Das begrüßt die PDS im Bundestag ausdrücklich. Wir begrüßen auch, dass sich das
Engagement des Bundes nicht nur auf große und repräsentative Einrichtungen beschränkt, sondern auch das
zweite Standbein einer lebendigen und kreativen Kultur
im Blick hat, nämlich die so genannte freie Szene. Auch
das sollte so bleiben.
Deshalb lesen wir Ihren Antrag, liebe Kolleginnen
und Kollegen von der FDP, nicht ganz ohne Argwohn.
Sie wollen den Einfluss des Bundestages auf die Verwendung der Kulturförderung erhöhen. Sie wollen in höherem Maße kontrollieren und entscheiden können, ob
die Mittel auch sinngerecht verwendet werden.
({0})
Das klingt erst einmal logisch, getreu dem Motto: Wer
die Musik bezahlt, entscheidet, was gespielt wird. Beim
zweiten Hinhören klingt es ein wenig misstrauisch, sowohl gegenüber Berlin wie auch gegenüber der Kulturstaatsministerin. Das eigentliche Problem ist aber viel
grundsätzlicher: Sie wollen den inhaltlichen Einfluss des
Staates und der Politik gegenüber kulturellen Projekten
und auf die kulturelle Entwicklung erhöhen. Das halte
ich für falsch und für gefährlich und wundere mich, dass
ein solches Ansinnen von einer Partei kommt, die sich liberal nennt und auf anderen Gebieten liberale Ansichten
sehr wohl vertritt.
({1})
Damit bin ich bei einem letzten Problem. Der Hauptstadtkulturfonds ist beschränkt, auch weil der Hauptstadtkulturvertrag befristet ist. Eine systematische Klärung,
was gesamtstaatliche oder hauptstädtische Verpflichtungen des Bundes in Berlin sind, muss aber grundsätzlich
sein. Sie verträgt keine Vorläufigkeit und auch keine
Rückzugsoptionen, die im Übrigen in Ihrem Antrag wieder auftauchen.
Wer Berlin besucht, der weiß, welche kulturellen
Schätze es hier gibt, wie zum Beispiel das Weltkulturerbe Museumsinsel. Ich finde, auch das ist eine Bundesaufgabe. Dem müssen wir uns miteinander langfristig
und verlässlich stellen.
({2})
Kurzum: Das Programm ist fortzuführen und nach
Möglichkeit auszubauen. Das sagt die PDS im Bundestag.
({3})
Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat
der Kollege Eckhardt Barthel von der SPD-Fraktion das
Wort.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst
möchte ich an die Überschrift erinnern, unter der wir
hier diskutieren: Kulturfinanzierung in der Bundeshauptstadt 2001 bis 2004 sowie künftige Förderung der Kultur
in der Bundesstadt Bonn. Ich als Berliner bin erstaunt,
dass das Wort „Bonn“, obwohl es zum Thema gehört,
nicht ein einziges Mal ausgesprochen worden ist. Keiner
redet über Bonn. So will ich das als Berliner tun, der zugegebenermaßen eine Portion Lokalpatriotismus in sich
trägt.
({0})
Ich finde, das hat die Bundesstadt Bonn verdient.
Ich glaube, auch die Bundesregierung hat es verdient,
dass man einmal daran erinnert, dass durch den BonnVertrag 150 Millionen Euro für die Kultur nach Bonn
fließen. Auch als Berliner sage ich: Ich freue mich, dass
es der Stadt Bonn im Vergleich zu anderen Städten gut
geht und dass der Umzug nicht zuletzt auch Dank der
Hilfe, die die Bundesregierung geleistet hat, keine negativen Wirkungen auf die kulturelle Szene in Bonn hat.
Ich meine schon, dass man das erwähnen sollte.
({1})
Übrigens - erlauben Sie mir, dies zu sagen: Die Deutsche Welle ist jetzt auch in Bonn. Das ist zwar nicht Teil
der Bonner Kulturförderung, aber ich glaube, die Stadt
ist nicht traurig darüber, dass jetzt nicht nur die Telekom,
sondern auch die Deutsche Welle dort ist.
Lassen Sie mich nun doch noch zu Berlin kommen.
Ich glaube, zwei Dinge sollte man aufgrund der allgemeinen Diskussion in der Bundesrepublik immer erwähnen, wenn man über die Finanzierung der Hauptstadtkultur spricht. Erstens. Es gibt den großen Konsens aller
Fraktionen, dass der Bund eine Verpflichtung gegenüber der Hauptstadt Berlin hat.
({2})
Das ist keine Selbstverständlichkeit. Es war richtig, dass
Frau Weiss diesen Beschluss des Bundestages gleich am
Anfang noch einmal aufgeführt hat. Zweitens - auch das
möchte ich in diesem Zusammenhang gerne erwähnen.
In diesem Punkt gibt es zum Glück keine Auseinandersetzung zwischen dem Bund und den Ländern darüber,
ob der Bund das darf. Das erfreut mich in einem starken
Maße.
Ich möchte jetzt nicht weiter auf das eingehen, was
ich mir aufgeschrieben habe, sondern auf die netten
Dinge, die Sie hier gesagt haben. Ich fange mit der Übernahme der Institutionen an.
Frau Weiss hat richtigerweise gesagt, dass wir das
Berlin-Engagement nicht nur quantitativ erweitert haben, sondern dass wir es, um ihre Worte zu gebrauchen,
vom Kopf auf die Füße gestellt haben. Das heißt, wir haben ihm eine Struktur gegeben. Es wird immer die Frage
gestellt, ob wir die richtigen Institutionen übernommen
haben. Herr Nooke, Sie sagen, dass das alles falsch ist,
und sprechen von strukturellen Fehlern. Ich möchte
gerne wissen, was Sie übernommen hätten. Was wäre
das Richtige gewesen? Gibt es überhaupt die richtige Institution?
({3})
- Ich bitte Sie, das war ja unstrittig; darum geht es doch
nicht, das gab es vorher schon. - Es wird immer gesagt,
dass das, was wir übernommen haben, nicht das Richtige
war. Sie nennen aber keinerlei Alternativen dazu.
Ich finde es auch wichtig, dass sich der Bund - insbesondere durch Frau Weiss - nicht nur materiell engagiert. Besonders die Beteiligung an der Reform der
Opernstruktur ist für mich ein wichtiges Beispiel. Es
ist gut, dass sich der Bund auch in die Reformdiskussion
im Land Berlin einklinkt.
({4})
Wir haben vor kurzem gehört, was die Deutsche Nationalstiftung zu Berlin gesagt hat. Deshalb ist es eine gute
Sache, dass sich der Bund daran beteiligt. Ich finde den
Begriff „strukturelle Partnerschaft“ passend; denn ich
halte es für richtig, dass es hier, wenn wir als Bund unsere Verpflichtung ernst nehmen, nicht nur darum gehen
darf, Geld in die Stadt zu stecken. Wir müssen auch eine
Partnerschaft mit dem Land Berlin eingehen, ohne dass
der Eindruck entsteht, dass der Kulturausschuss des
Deutschen Bundestages ein Ersatz-Kulturausschuss des
Berliner Abgeordnetenhauses und die Staatsministerin
für Kultur und Medien eine Neben-Kultursenatorin des
Landes Berlin ist. Man muss aufpassen, dass dies nicht
durcheinander geht. Ich finde diese strukturelle Partnerschaft hervorragend.
Sie haben die Opernreform in einer negativen Form
geschildert. Ich kann Ihnen nur eines sagen: Sie wird nur
dann gelingen, wenn alle Beteiligten sie wollen und
wenn alle Beteiligten sich darum bemühen, dass sie ein
Erfolg wird.
({5})
Das ist eine Alternative für mich. Die Alternative dazu
wäre die Schließung einer großen Oper in Berlin.
({6})
Eckhardt Barthel ({7})
Das wäre ein fatales Signal für die gesamte Theaterlandschaft, von der wir erwarten, dass sie in ihren Häusern
Reformen betreibt. Es wäre ein scheußliches Signal,
wenn dies schief geht und eine Oper geschlossen werden
müsste. Wenn es gut geht und dieses Reformprojekt unter Beteiligung aller gelingt, dann löst dies einen starken
Impuls für die Reformbewegungen und -bestrebungen in
unserer gesamten Landschaft aus.
Eines ist mir klar: Wenn wir nicht auch im Kulturbereich Reformen voranbringen, dann werden wir die noch
immer blühende Kulturlandschaft und die Vielfältigkeit
unserer Kulturlandschaft in Zukunft bestimmt vermissen. Deshalb finde ich es gut, dass wir mit dieser Reform
der Opernstruktur exemplarisch etwas voranbringen,
was nicht nur für die Hauptstadt, sondern auch für das
ganze Land von Bedeutung ist.
Ich kann aufgrund der Beschränkung meiner Redezeit
nicht mehr auf weitere Punkte eingehen. Der Hauptstadtkulturfonds ist jedenfalls für mich eine Perle des
Hauptstadtkulturvertrages. Dabei geht es nicht nur um
Repräsentation, sondern auch darum, das Kreative und
Innovative in der Hauptstadt zu entwickeln. Dass Sie der
Meinung sind, dies sei ein Sumpf, finde ich bedauerlich.
Aber, Herr Otto, darüber werden wir uns im Ausschuss
noch genügend unterhalten können.
Ich bedanke mich.
({8})
Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
den Drucksachen 14/9677 und 15/1708 an die in der Ta-
gesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
Sind Sie damit einverstanden? - Ich höre keinen Wider-
spruch. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 23 a und 23 b auf:
a) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Joachim Stünker, Hermann Bachmaier, Sabine Bätzing, weiteren Abgeordneten und der
Fraktion der SPD sowie den Abgeordneten Jerzy
Montag, Hans-Christian Ströbele, Volker Beck
({0}), weiteren Abgeordneten und der Fraktion
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses des Rates vom
13. Juni 2002 zur Terrorismusbekämpfung
und zur Änderung anderer Gesetze
- Drucksache 15/813 ({1})
Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses ({2})
- Drucksache 15/1730 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Joachim Stünker
Dr. Norbert Röttgen
Hans-Christian Ströbele
Jörg van Essen
b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses ({3}) zu
dem Antrag der Abgeordneten Dr. Norbert Röttgen, Wolfgang Bosbach, Veronika Bellmann,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU
Verpflichtungen aus dem EU-Rahmenbeschluss zur Terrorismusbekämpfung zügig erfüllen
- Drucksachen 15/540, 15/1730 Berichterstattung:
Abgeordnete Joachim Stünker
Dr. Norbert Röttgen
Hans-Christian Ströbele
Jörg van Essen
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. - Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Als erste Rednerin hat die
Bundesministerin Brigitte Zypries das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am Dienstag dieser Woche war ich in Washington
und habe gemeinsam mit John Ashcroft das deutschamerikanische Rechtshilfeabkommen unterzeichnet.
Nach 20 Jahren Verhandlungen ist es uns endlich gelungen, diesen Vertrag abzuschließen.
Mit diesem Vertrag wird die bislang schon ausgezeichnete Zusammenarbeit zwischen Deutschland und
den Vereinigten Staaten in Strafsachen noch enger, weil
der Rechtshilfeverkehr vereinfacht und beschleunigt
wird. Der Vertrag zwischen diesen Staaten ist ein wichtiger Schritt im gemeinsamen Kampf gegen den internationalen Terrorismus. Nur wenn die Staaten im Kampf
gegen den Terrorismus miteinander kooperieren - davon
sind wir überzeugt -, werden wir die weltweit verzweigten Netzwerke erfolgreich zerschlagen können.
({0})
Deutschland hat auch dank der Rechtshilfe der Vereinigten Staaten den ersten Prozess gegen einen Mitverschwörer der Attentate vom 11. September erfolgreich
abgeschlossen. Das Urteil im Fall Motassadeq - 15 Jahre
Freiheitsstrafe - zeigt, dass ein starker Rechtsstaat Mittel
hat, auf terroristische Straftaten angemessen zu reagieren. Diese Stärke des Rechts muss uns immer bewusst
sein.
Mit Blick auf die Kritik des Roten Kreuzes an den
Haftumständen in Guantanamo habe ich dies gegenüber
meinem amerikanischen Amtskollegen verdeutlicht;
({1})
denn wenn wir islamistischen Terroristen ein rechtsstaatliches Verfahren vorenthalten, machen wir uns
angreifbar für die Ressentiments des islamistischen
Extremismus, aber auch hinsichtlich unserer eigenen
Prinzipien.
({2})
Der deutsch-amerikanische Rechtshilfevertrag ist nur
eine der Maßnahmen, die die Bundesregierung nach den
Anschlägen vom 11. September 2001 ergriffen hat.
Deutschland nimmt bei der Terrorismusbekämpfung in
Europa mittlerweile einen Spitzenplatz ein. Neben der
weltweit ersten und einzigen Verurteilung, die ich eben
schon ansprach, hat das Landgericht Hamburg im August die Hauptverhandlung gegen einen weiteren Angeklagten wegen Zugehörigkeit zur Hamburger Zelle um
Mohammed Atta eröffnet. Vor dem OLG Düsseldorf
wird gegenwärtig gegen einen mutmaßlichen Angehörigen der islamistischen Gruppe Al-Tawhid verhandelt.
Der Generalbundesanwalt führt über 100 Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit dem islamistischen
Terrorismus.
Sie sehen: Wir kommen voran, nicht zuletzt weil wir
in den letzten Jahren hervorragende Instrumente zur effektiven Bekämpfung des Terrorismus geschaffen haben.
({3})
Die umfangreichen Sicherheitspakete I und II sowie die
Einführung der Vorschrift über kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland - § 129 b StGB - greifen. Der Generalbundesanwalt stützt viele eingeleitete
Verfahren zunächst auf diese Norm.
Auf europäischer Ebene haben wir mit dem Rahmenbeschluss zum europäischen Haftbefehl, dem Rahmenbeschluss über gemeinsame Ermittlungsgruppen und
dem Beschluss über die Einrichtung von Eurojust die erforderlichen Schritte unternommen. Die Umsetzungsmaßnahmen zu diesen Rahmenbeschlüssen werden wir
in Kürze hier im Bundestag beraten können.
Meine Damen und Herren, der Rahmenbeschluss Terrorismus ist ein Teil des umfassenden europäischen Konzepts zur Bekämpfung des Terrorismus. Sobald er überall umgesetzt ist, ist es möglich, den Terrorismus in allen
europäischen Mitgliedstaaten auf einer vergleichbaren
rechtlichen Grundlage zu verfolgen. Zentrale Punkte
sind die gemeinsame Definition von terroristischen
Straftaten und die Vereinbarung gemeinsamer Zielsetzungen auf europäischer Ebene. Der Gesetzentwurf, der
heute hier beraten wird, stellt eine möglichst präzise
Umsetzung der bindenden europarechtlichen Vorgaben
des Rahmenbeschlusses nach Buchstaben und Geist dar.
Was machen wir jetzt im Einzelnen?
Erstens. Das, was bislang nach § 129 a Abs. 1 Nrn. 1
und 2 StGB strafbar ist, wird es auch in Zukunft im selben Umfang sein. Das heißt also, Gründer und Mitglieder einer Vereinigung, die auf Begehung von Mord,
Totschlag, Völkermord, erpresserischem Menschenraub
oder Geiselnahme gerichtet ist, können mit Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren bestraft werden. Rädelsführern und Hintermännern einer solchen Vereinigung
drohen sogar 15 Jahre - die zeitliche Höchststrafe in
Deutschland.
Zweitens. Der Straftatenkatalog des § 129 a StGB
wird um zahlreiche neue Delikte erweitert. Dazu zählen
die Computersabotage, die Zerstörung von Bauwerken,
die Zerstörung von Telekommunikationsanlagen,
schwere Gefährdung durch Freisetzung von Giften, bestimmte Verstöße gegen das Kriegswaffenkontroll- und
das Waffengesetz. Selbstverständlich nehmen wir in den
Entwurf auch die schwere Körperverletzung auf. Um das
zu erreichen, bedurfte es nicht eines eigenen Antrags der
CDU/CSU. Zugleich ergänzen wir den Begriff der „terroristischen Vereinigung“ durch die neuen Kriterien „terroristische Zielsetzung“ und „Schädigungseignung“.
Diese Formulierungen sind etwas präziser, als sie bisher
in § 129 a StGB waren, und sind im Übrigen an den
Sprachgebrauch des Strafgesetzbuches angepasst.
Drittens. Wir werden künftig auch Vereinigungen, deren Zweck oder Tätigkeit lediglich auf das Androhen
von terroristischen Straftaten gerichtet ist, strafrechtlich verfolgen können. Damit bezieht der neue Abs. 3 einen Bereich mit ein, der bislang von § 129 a StGB nicht
abgedeckt war.
Viertens. Unsere Strafrahmen werden an die Vorgaben des Rahmenbeschlusses angepasst und, wo erforderlich, auch heraufgesetzt. Die Höchststrafe für Unterstützer einer terroristischen Vereinigung soll künftig zehn
statt wie bisher fünf Jahre betragen. Das geht etwas über
den Rahmenbeschluss hinaus; dort werden nur acht
Jahre verlangt. Der Strafrahmen für das Werben um Mitglieder oder um Unterstützung einer terroristischen Vereinigung wird unverändert bleiben. Freiheitsstrafen bis
zu fünf Jahren sind hier angedroht. Gerade hier hat uns
die Anhörung gezeigt, dass es keinen Grund gibt,
§ 129 a StGB erneut zu ändern.
Meine Damen und Herren, Sie sehen, dass die Bundesregierung unter Beachtung rechtsstaatlicher Grundsätze alles das unternimmt, was notwendig und angemessen ist, um den internationalen Terrorismus wirksam
zu bekämpfen.
({4})
Das Wort hat jetzt der Kollege Thomas Silberhorn
von der CDU/CSU-Fraktion.
({0})
Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Gut zwei
Jahre liegen die Terroranschläge auf das World Trade
Center in New York nun zurück. Die internationale Gemeinschaft hat ihre Anstrengungen zur Bekämpfung des
Terrorismus seither erheblich verstärkt. Insbesondere
konnten in der Europäischen Union zahlreiche gemeinsame Maßnahmen im Rahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen verabschiedet
werden. Die Bekämpfung des internationalen Terrorismus ist eine Aufgabe, der sich die Europäische Union zu
Recht annimmt. Dass wir die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger nicht mehr im nationalen Alleingang
bewältigen können, leuchtet jedem ein. Hier wird für den
Einzelnen unmittelbar erfahrbar, dass europäische Integration Sinn macht. Deshalb ist es so wichtig, dass wir
hier EU-weit Erfolge erzielen.
Der Ministerrat hat mit seinem Rahmenbeschluss zur
Terrorismusbekämpfung vom 13. Juni 2002 ein ambitioniertes Programm zur Verfolgung terroristischer Straftaten vorgelegt. Die Frist zur Umsetzung dieses Rahmenbeschlusses in nationales Recht ist bereits am
31. Dezember letzten Jahres abgelaufen. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung hierzu wurde erst am 8. April
dieses Jahres eingereicht. Heute schreiben wir den
17. Oktober. Allein daran wird deutlich, welchen Stellenwert die Bundesregierung der Terrorismusbekämpfung beimisst. Einen Spitzenplatz nimmt sie jedenfalls
nicht ein.
({0})
Auch in der Sache muss sich die Bundesregierung
nicht übertriebenen Ehrgeiz vorhalten lassen. Der in
letzter Minute unternommene Versuch, die Mindestvorgaben des Rahmenbeschlusses dem Sprachgebrauch des
Strafgesetzbuches anzupassen, ist schon semantisch
misslungen, weil die Häufung von dehnbaren Begriffen
die Rechtsanwendung in der Praxis erschwert. Wann
zum Beispiel ist eine Tat dazu bestimmt „die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern“?
Vor allem aber werden durch die Einführung zahlreicher neuer Tatbestandsvoraussetzungen die bisher gegebenen Möglichkeiten der Strafverfolgung auch noch
eingeschränkt. Im Bereich der politisch motivierten Gewaltkriminalität wird kaum eine Gruppierung mehr als
terroristische Vereinigung strafrechtlich verfolgt werden
können, wenn sie nicht auf Tötungsdelikte oder Geiselnahme ausgerichtet ist. Gerade linksextremistische Gruppierungen, die „nur“ Gewalt gegen Sachen ausüben, wären dann allenfalls noch als kriminelle, aber nicht mehr
als terroristische Vereinigungen zu verfolgen. Das ist das
Ergebnis der Anhörung, das ein Richter des Bundesgerichtshofes dem Rechtsausschuss vorgetragen hat.
({1})
Da ist die Gelegenheit günstig, auch gleich die Werbung für terroristische Vereinigungen zu erleichtern. Die
Beschränkung der Strafbarkeit auf die reine Werbung
von Mitgliedern und Unterstützern ist nichts anderes als
eine Entkriminalisierung der geistigen Brandstifter. Mit
Bekämpfung des Terrorismus, Frau Zypries, hat das alles
wenig zu tun.
({2})
Im Klartext, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition: Sie missbrauchen die Umsetzung des
EU-Rahmenbeschlusses zur Terrorismusbekämpfung,
um die Verfolgung politisch motivierter Gewaltkriminalität in Deutschland zu erschweren, indem Sie unser Instrumentarium zur Strafverfolgung von Terroristen auf
das Niveau des EU-weiten Mindeststandards reduzieren.
({3})
Selbst diesen Mindestanforderungen wird Ihr Gesetzentwurf nicht gerecht. Der EU-Rahmenbeschluss
verlangt wörtlich, „Angriffe auf die körperliche Unversehrtheit einer Person“ als terroristische Straftat einzustufen, wenn sie mit terroristischer Zielsetzung begangen werden. Mit der Beschränkung auf schwere
Körperverletzungen haben Sie diese Verpflichtung, Frau
Bundesjustizministerin, nicht ordnungsgemäß umgesetzt. Nicht einmal gefährliche Körperverletzungen und
Körperverletzungen mit Todesfolge, die mit terroristischer Zielsetzung begangen werden, wollen Sie als terroristische Straftat verfolgen. Das ist kein Signal zur Bekämpfung des Terrorismus, das ist ein Signal zur
Verharmlosung der Gefahren, die vom internationalen
Terrorismus ausgehen.
({4})
Da kann es auch nicht verwundern, dass die Bundesregierung auch bei der Strafzumessung die Vorgaben der
Europäischen Union missachtet. Art. 5 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses legt klar und eindeutig fest, dass der
Strafrahmen für terroristische Straftaten höher sein muss
als für Straftaten ohne terroristische Zielsetzung. Die
Kommission ist nach Art. 11 Abs. 3 dieses Rahmenbeschlusses sogar ausdrücklich dazu verpflichtet, in ihrem
Bericht zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses „insbesondere“ anzugeben, wie die Mitgliedstaaten die Vorgabe eines höheren Strafrahmens für terroristische Straftaten in nationales Recht umgesetzt haben.
Während diese Frage also für die Europäische Union
eine besonders hohe Bedeutung hat, lässt die Bundesregierung das glatte Gegenteil erkennen. Ignoranz statt Initiative ist Ihr Beitrag zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Das bringen Sie schon mit der Wahl der
Beratungszeit am Freitag Nachmittag am unteren Ende
der Tagesordnung öffentlich zum Ausdruck.
Für die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag
appelliere ich an SPD und Grüne: Hören sie auf damit,
die Strafverfolgung von Terroristen zu erschweren! Nehmen Sie die Bedrohung durch den internationalen Terrorismus endlich ernst und erfüllen sie die EU-Vorgaben
zur Bekämpfung terroristischer Straftaten!
({5})
Die Beiträge der Kollegen Jerzy Montag, Bündnis 90/
Die Grünen, und Jörg van Essen, FDP, nehmen wir zu
Protokoll.1) Vielen Dank.
Dann kommen wir zum Beitrag des Kollegen Christoph Strässer von der SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Obwohl
wir gestern Abend eigentlich übereingekommen waren,
alle Reden zu Protokoll zu geben, bin ich nach Ihrem
Beitrag, Herr Kollege Silberhorn, doch froh, Ihren
1) Anlage 15
Ausführungen noch das eine oder andere hinzufügen zu
können. Denn Sie sind in Ihrer Rede ein Stück weit über
das hinaus geschossen, was wir im Rechtsausschuss vereinbart hatten, nämlich diese Diskussion sachlich zu führen, statt zu polemisieren und Stimmungen zu schüren,
wie Sie es getan haben.
({0})
Sie haben einen Begriff in die Diskussion eingebracht, der sehr gefährlich ist. Sie sollten sich sehr genau
überlegen, ob Sie diesen Begriff in der öffentlichen Diskussion in Bezug auf die Bundesregierung und die Regierungsmehrheit weiterhin anwenden wollen. Sie haben
von „geistiger Brandstiftung“ gesprochen.
({1})
Was ich wahrnehme, ist, dass die sachliche Auseinandersetzung, die wir bisher geführt haben, zu einem rationalen Umgang und zu einer effektiven strafrechtlichen Bekämpfung dessen, was wir alle beklagen, führt.
({2})
In dieser Diskussion von „geistiger Brandstiftung“ zu
sprechen ist - auch wenn Sie noch so oft dazwischenrufen, Herr Kollege - der falsche Weg. Denn damit emotionalisieren Sie und entfernen sich von der rationalen Auseinandersetzung, die wir in diesen Tagen führen müssen.
({3})
Der Rahmenbeschluss der Terrorismusbekämpfung
ist - das halte ich für gut und richtig; das wird auch von
allen anderen so gesehen - ein wesentlicher Bestandteil
zur Vereinheitlichung der Rechtssysteme in der Bekämpfung des organisierten Terrorismus.
Sie, Herr Kollege Silberhorn, haben die angeblich unzureichende Arbeit der Bundesregierung hinsichtlich der
zeitlichen Dimension angesprochen. Sie haben zu Recht
festgestellt, dass am 31. Dezember vergangenen Jahres
die Frist zur Umsetzung abgelaufen ist. Aber ich bitte
Sie - das meine ich mit der rationalen Diskussion über
strafrechtliche Sanktionen -, zu berücksichtigen, dass
sich diese Bundesregierung Zeit genommen hat - das
finde ich richtig und wichtig -, eine rationale Diskussion
zu führen und dann einen Gesetzentwurf vorzulegen, der
den Kriterien, die zumindest die Koalitionsfraktionen an
das Strafrecht und an Eingriffe in die persönlichen Freiheitsrechte stellen, Rechnung trägt. Das ist mit diesem
Gesetzentwurf eindeutig geschehen.
({4})
Das begrüße ich und darauf bin ich stolz. Ich spreche dafür dem Bundesministerium der Justiz mein Lob aus.
({5})
Wir hatten des Weiteren die Frage zu diskutieren, ob
die bisherige deutsche Gesetzgebung und Rechtsprechung nicht möglicherweise ausreicht, um den Terrorismus effektiv zu bekämpfen. Die Frau Ministerin hat, wie
ich meine, klare Aussagen dazu getroffen. Wir liegen
- das können Sie nicht kaputtreden - mit den gesetzlichen Regelungen innerhalb Europas an der Spitze. Wir
haben mit der Änderung des § 129 a StGB ein Instrumentarium gefunden, mit dem eine effektive, aber auch
rechtsstaatliche Bekämpfung des Terrorismus möglich
ist. Mit diesem Umsetzungsgesetz bauen wir unseren
Spitzenplatz in Europa weiter aus.
Im Kern erhalten wir den bestehenden § 129 a StGB.
Das bedeutet, dass Gründer und Mitglieder einer Vereinigung, die auf die Begehung von Mord, Totschlag, Völkermord, erpresserischen Menschenraub oder Geiselnahme gerichtet ist, auch weiterhin mit Freiheitsstrafen
von mindestens einem bis zu zehn Jahren bestraft werden können. Wir sind mit Ihnen der Meinung - das hat
die Frau Ministerin bereits ausgeführt -, dass der ursprüngliche Katalog dieses Tatbestands ausgedehnt werden muss. Das ist auch geschehen. Wir haben die Kritik
der Sachverständigen zum Anlass genommen, einige
Änderungen vorzunehmen, die wir im Rechtsausschuss
bereits ausführlich diskutiert haben.
Ich will noch auf zwei Punkte eingehen, die Sie angesprochen haben. Das ist zum einen die Frage, welche Körperverletzungsdelikte mit terroristischem Hintergrund
bestraft werden müssen. Wir sind der Auffassung, dass
die Aufnahme jeglicher Angriffe auf die körperliche Unversehrtheit die Strafbarkeit in unerträglichem Maße
ausdehnen würde. Die von uns geplante Änderung sieht
vor - das halte ich für eine gute Maßnahme -, die entsprechende Formulierung an die des Völkerstrafgesetzbuches anzupassen, sodass damit jede Zufügung schwerer körperlicher oder seelischer Schäden, aber
insbesondere der in § 226 StGB bezeichneten Art, im
Strafkatalog des § 129 a Abs. 2 enthalten ist.
Ich komme zu dem zweiten Punkt. Sie werfen uns
vor, neue Straftatbestände in die Diskussion einzuführen. Ich halte dem entgegen, dass das nicht neu ist. Wenn
Sie sich zum Beispiel mit der Rechtsprechung zum Nötigungstatbestand befassen, dann werden Sie erkennen,
dass es auch dort unbestimmte Rechtsbegriffe gibt, die
in der Rechtsprechung immer wieder Anlass zur Auslegung geben, obwohl dieser Paragraph mittlerweile sehr
alt ist. Wir haben offensichtlich mehr Vertrauen in die
Kompetenz der deutschen Richterschaft; denn wir sind
der Meinung, dass sie in der Lage ist, die Norm des Völkerstrafgesetzbuches so anzuwenden, dass die gemeinsame Zielsetzung erfüllt wird.
Wir werden dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
zustimmen. Wir sind auf einem richtigen und guten Weg
zur Bekämpfung des Terrorismus in einem vernünftigen
rechtsstaatlichen Rahmen.
Danke schön.
({6})
Als letztem Redner zu diesem Thema erteile ich das
Wort dem Kollegen Clemens Binninger von der CDU/
CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen!
Meine Damen und Herren! Vorweg eine Bemerkung,
Frau Ministerin Zypries: Wir wissen das, was getan
wird, schon zu schätzen. Das heißt aber nicht, dass das
ausreichend ist. Ich würde mich an Ihrer Stelle nicht damit rühmen, dass Deutschland das erste Land ist, das ein
Strafverfahren im Zusammenhang mit der Terrorismusbekämpfung abgeschlossen hat. Das mag zuerst positiv
klingen. Deutschland ist aber leider auch das Land, in
dem die Anführer der Terrorzelle, die für den Anschlag
vom 11. September 2001 verantwortlich ist, jahrelang
unerkannt leben konnten. Insofern halte ich das für einen
falschen Maßstab. Es war zwar richtig, dieses Strafverfahren zu betreiben. Aber ich würde es nicht unbedingt
als Beleg dafür verwenden, dass wir in Sachen Terrorismusbekämpfung alles getan haben.
({0})
Bei der Umsetzung des Rahmenbeschlusses zur Terrorismusbekämpfung - so steht es im Gesetzentwurf - geht
es darum, abzuschrecken und Rechtslücken zu schließen.
Man muss fragen, ob das Ziel der Abschreckung mit
dem, was Sie heute vorgelegt haben, tatsächlich erreicht
wird. Die Bedrohung durch den Terrorismus - das mag
Ihnen nicht gefallen - ist unverändert ernst und sogar
noch größer als vor dem 11. September 2001.
({1})
Das sagen alle Sicherheitsdienste in diesem Land. Deshalb müssen wir auch hier den Maßstab anlegen. Wenn
ich bei den rechtlichen Bemühungen, die Sie bisher auf
dem Feld der Terrorismusbekämpfung unternommen haben, Bilanz ziehe, dann kann ich nur sagen: zu spät, zu
lasch und zu wenig.
({2})
Der Vorwurf „zu spät“ - das hat der Kollege Silberhorn
schon vorhin ausgeführt - ist berechtigt, weil Sie - warum
auch immer - zehn Monate länger als geplant gebraucht
haben, um den Gesetzentwurf vorzulegen. Am Ergebnis
kann es nicht gelegen haben; denn dieses ist nicht besser,
sondern eher schlechter geworden. Die Sachverständigenanhörung, die vorhin kurz erwähnt wurde, war für Ihren Gesetzentwurf doch vernichtend. Das muss man mit
aller Deutlichkeit sagen.
({3})
Übrigens, wenn Sie sagen, dass Sie Vertrauen in die
deutsche Richterschaft hätten, dann werde ich Ihnen
nachher noch ein paar Beispiele - auch von Ihrem Kollegen Wiefelspütz aus dem Innenausschuss - nennen, die
deutlich machen, dass das Vertrauen eher infrage gestellt
wird.
Der Vorwurf „zu lasch“ ist berechtigt, weil in dem in Ihrem Gesetzentwurf geänderten § 129 a des Strafgesetzbuches der Straftatbestand der gefährlichen Körperverletzung fehlt. Sie haben bislang keinen Grund genannt,
warum Sie diesen Straftatbestand nicht aufgenommen
haben. Dieser gehört aber in § 129 a StGB hinein. Es gibt
kein Argument dafür, diesen Straftatbestand nicht aufzunehmen.
({4})
Vielleicht können Sie anschließend klarstellen, warum
kein § 223 a StGB aufgenommen wurde.
Sie haben auch nicht den terroristischen Einzeltäter berücksichtigt. Außerdem haben Sie den Straftatbestand
des Werbens für eine terroristische Vereinigung - das
ist für mich am schlimmsten - abgeschwächt. Das ist ein
völlig falsches Signal. So werden Sie im Kampf gegen
den Terrorismus nicht abschrecken, sondern eher das
Gegenteil erreichen. Wenn Sie den Text des Gesetzentwurfs genau lesen, dann werden Sie feststellen, dass man
sich nur noch auf das Werben von Mitgliedern und Unterstützern für eine terroristische Vereinigung und nicht
mehr auf die allgemeine Sympathiewerbung bezieht.
Letzteres gehört genauso unter Strafe gestellt, wenn man
wirklich abschrecken will und es mit der Bekämpfung
des Terrorismus ernst meint.
({5})
Dass es hier nicht um Einzelfälle geht, möchte ich
gern anhand einiger Beispiele darstellen, die deutlich
machen, wo noch Handlungsbedarf besteht. Sie werden
die Relevanz der folgenden Fälle nicht bestreiten können, die für uns alle in diesem Hause - ich denke, das
kann ich unterstellen - eher ärgerlich sind. Sie zeigen
aber, dass wir auf dem rechtlichen Gebiet noch sehr viel
mehr tun müssen.
Metin Kaplan kann nicht abgeschoben werden.
({6})
Wir alle sind uns doch sicherlich einig darüber, dass das
nicht akzeptabel ist. Oder finden Sie es gut, dass er nicht
abgeschoben werden kann?
({7})
Noch ist er hier und das ist für den deutschen Rechtsstaat
eigentlich unerträglich.
({8})
- Ich habe nur gesagt, dass ich die Situation beschreibe.
Hier werden Sie mir ja wohl Recht geben.
Zweites Beispiel: al-Aksa - ein Spendensammelverein für Hamas - wurde vom Bundesinnenminister verboten. Wir haben dieses Vorgehen unterstützt. Dieses
Verbot ist aber wieder aufgehoben worden; so viel zum
Thema Vertrauen in die Auslegung der Rechtsprechung.
({9})
Drittes Beispiel: Hizb ut-Tahir. Herr Innenminister,
Anfang dieses Jahres haben Sie diese islamistische Vereinigung verboten, aber ich weiß nicht, ob irgendein
Funktionär bislang abgeschoben werden konnte, weil
wegen Terrorismusverdachts nach wie vor keine Abschiebung durchgeführt wird.
({10})
- Nein, Herr Kollege Ströbele, nicht mit § 129 a. Wenn
Sie mir zugehört hätten, wüssten Sie, dass wir hier über
das Thema Terrorismus und darüber sprechen, was man
in diesem Bereich auf rechtlichem Gebiet noch tun
muss. Die Punkte, die ich angesprochen habe, gehören
dazu, nicht nur § 129 a. Das war auch mein einleitender
Satz.
Ein weiteres Beispiel dafür, dass im rechtlichen Bereich noch viele Regelungen fehlen, obwohl Sie sich
rühmen, alles zu tun, ist die doppelte Staatsbürgerschaft.
({11})
- Ich finde, das ist wenig witzig, sondern eher sehr ernst.
({12})
Wenn wir heute wissen, dass islamistische Vereinigungen wie Milli Görüs ihre Mitglieder dazu aufrufen, die
doppelte Staatsbürgerschaft anzunehmen, dann beschreibt das genau die Lücke bzw. Gefahr, auf die wir
immer hingewiesen und die Sie ignoriert haben.
Das letzte Beispiel betrifft eher den innerstaatlichen
Bereich, Herr Innenminister. Wir warten schon lange
darauf, dass Sie uns endlich einmal ein Luftsicherheitsgesetz mit entsprechenden Ausführungen über die Zuständigkeit und die notwendigen Verfassungsänderungen
präsentieren.
({13})
Zwar wurde es schon mehrfach angekündigt, aber uns
wurde nichts vorgelegt. Wir warten noch darauf.
({14})
Insofern muss man als Bilanz festhalten: Sie haben
§ 129 a nicht verbessert und auf vielen anderen Gebieten
fehlt es noch an entscheidenden Regelungen.
Vielen Dank.
({15})
Herr Kollege Binninger, würden Sie, bevor Sie gehen,
noch eine Abschlussfrage des Kollegen Körper erlauben?
Ja.
Bitte schön.
Herr Kollege Binninger, ich habe folgende ganz einfache und kurze Frage an Sie: Welche konkreten gesetzlichen Veränderungen möchten Sie denn gerne vorschlagen bzw. vornehmen, beispielsweise bezüglich der Frage
der Abschiebung, an der Sie ja vorhin deutlich gemacht
haben, wo Sie Defizite sehen?
({0})
Herr Kollege Ströbele, Herr Körper, wenn Sie mir zugehört hätten, hätten Sie mich durchaus verstehen können. Ich habe gesagt: In Deutschland haben wir auf
rechtlichem Gebiet Zustände, die für uns nicht akzeptabel sind.
({0})
Dazu gehört, dass ein Islamist wie Kaplan nicht abgeschoben werden kann.
({1})
Dazu gehören aber auch die anderen Beispiele, die ich
genannt habe. Diese Punkte müssen wir ändern. Aber
dafür tun Sie ja nichts. Insofern war meine Rede der
Auftrag an Sie, hierzu gesetzliche Regelungen vorzulegen.
({2})
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das war für den
heutigen Tag aller Voraussicht nach der letzte Redner.
Bevor noch jemand auf die Idee kommt, zu reden,
schließe ich die Aussprache.
({0})
Wir kommen zur Abstimmung über den von den
Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen
eingebrachten Gesetzentwurf zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 zur Terrorismusbekämpfung und zur Änderung anderer Gesetze,
Drucksache 15/813. Der Rechtsausschuss empfiehlt unVizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
ter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/1730, den Gesetzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, um ein Handzeichen.
- Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Dann ist der Gesetzentwurf in zweiter Beratung mit den Stimmen der
Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der CDU/CSU
und der FDP angenommen.
Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf
ist mit dem gleichen Mehrheitsverhältnis angenommen.
Beschlussempfehlung des Rechtausschusses auf
Drucksache 15/1730 zu dem Antrag der Fraktion der
CDU/CSU mit dem Titel „Verpflichtungen aus dem EURahmenbeschluss zur Terrorismusbekämpfung zügig erfüllen“. Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung, den Antrag auf Drucksache
15/540 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der FDP gegen die Stimmen der CDU/
CSU angenommen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 24 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Peter
Götz, Gerda Hasselfeldt, Dietrich Austermann,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU
Grünbuch der EU-Kommission zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse - Kommunale Selbstverwaltung sichern und fortentwickeln
- Drucksache 15/1326 Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit ({1})
Innenausschuss
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Alle Rednerinnen und Redner - die Kollegin Doris
Barnett von der SPD-Fraktion, der Kollege Peter Götz
von der CDU/CSU-Fraktion, die Kollegin Michaele
Hustedt von der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen
und die Kollegin Gudrun Kopp von der Fraktion der
FDP - haben ihre Reden zu Protokoll gegeben; deswe-
gen brauche ich die Aussprache nicht zu eröffnen.1)
({2})
Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 15/1326 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? - Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.
Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 22. Oktober 2003, 13 Uhr,
ein.
Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.
Die Sitzung ist geschlossen.