Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 7/2/2003

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Guten Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sitzung ist eröffnet. Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf: Befragung der Bundesregierung Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Kabinettssitzung mitgeteilt: Bundesverkehrswegeplan 2003. Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht hat der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Achim Großmann.

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Heute ist im Bundeskabinett der Bundesverkehrswegeplan beschlossen worden. Mit der Vorlage dieses Planes wird ein Weg erfolgreich beendet, der von zwei Koalitionsvereinbarungen und dem Verkehrsbericht 2000 vorgezeichnet war. Der für das Wirtschaftswachstum und den notwendigen Aufschwung erforderliche Ausbau der Verkehrswege, aber auch die immer wichtiger werdende Erhaltung des Bestandes hat aktuell eine Grundlage bekommen, deren Planungshorizont bis zum Jahr 2015 reicht. Angesichts unserer zentralen Lage in Europa, der kommenden EU-Osterweiterung und der daraus resultierenden Zuwächse müssen wir unser Verkehrsnetz europatauglich weiterentwickeln. Wir müssen die Herausforderungen, die durch eine zunehmend mobilere Gesellschaft entstehen, aufnehmen und über ein integriertes Verkehrsnetz umsetzen. Unser Ziel ist es, die prognostizierten Zuwächse in die richtigen Bahnen zu lenken, um dadurch Verkehre vermeiden zu helfen, Verkehre zu verlagern und Verkehre umweltfreundlicher zu organisieren. Mobilität soll ökonomisch und ökologisch unterlegt werden. Über neue Systeme wie Galileo und Telematik, über Maut, Betreibermodelle und Verkehrsvernetzung setzen wir diese Ziele mit innovativen und zum großen Teil verkehrslenkenden Maßnahmen um. Die Investitionen in Schiene und Bundesfernstraßen sollen dafür gleichwertig entwickelt werden. Ganz wichtig: Wir setzen Prioritäten auch bei den Bestands- und Erhaltungsinvestitionen. Hier ist Einiges liegen geblieben. Wir dürfen nicht immer nur neue Verkehrswege beschließen, wir müssen auch sicherstellen, dass die bestehenden Verkehrswege, das bestehende Netz erhalten und sicherer gestaltet wird. Der Bundesverkehrswegeplan ist in ein Gesamtverkehrskonzept eingebunden, das die spezifischen Vorteile aller Verkehrsträger zur Geltung bringen will; denn ein Verkehrsträger allein wird den Zuwachs von etwa 65 Prozent im Güterfernverkehr und 25 Prozent im Personenverkehr nicht bewältigen. Der Bundesverkehrswegeplan ist zugleich die Grundlage für zwei Entwürfe, für den Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundesschienenwegeausbaugesetzes sowie für den Entwurf des Fünften Gesetzes zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes. Auch diese Gesetzentwürfe hat das Kabinett heute beschlossen. Beide Gesetzentwürfe haben als Anlage die Bedarfspläne für die Bundesschienenwege- bzw. die Bundesfernstraßenvorhaben, die hinsichtlich der Einstufung in die Bedarfskategorien „vordringlicher Bedarf“ und „weiterer Bedarf“ mit den Projektlisten des Bundesverkehrswegeplans derzeit noch identisch sind. Hier beginnt die Aufgabe des Parlamentes. Inwieweit die parlamentarischen Beratungen Änderungen des Bundesverkehrswegeplanes bringen, die dann in die neuen Ausbaugesetze eingearbeitet werden, bleibt abzuwarten. Das ist, wie gesagt, die Aufgabe des Parlamentes. Die Koalitionsvereinbarung, das am 6. März 2002 vom Bundeskabinett beschlossene Zukunftsprogramm Mobilität sowie der Verkehrsbericht 2000 - diesen habe ich schon erwähnt -, nicht zuletzt aber auch die fachlichen Arbeiten am Bundesverkehrswegeplan selbst haben Ziele und Schwerpunkte vorgegeben, die wir mit diesem Plan erreichen wollen. Dazu zählt: Es sollen möglichst hohe Anteile des Zuwachses im Straßen- und Luftverkehr auf Schiene und Wasserstraßen verlagert werden. Geplant ist, den modalen Anteil des Güterverkehrs auf der Straße bis 2015 erstmals zurückzufahren. Die Redetext Schiene muss hier natürlich entsprechend zulegen. Es geht um die Investitionen in Schiene und Bundesfernstraßen. Diese wollen wir gleichmäßig gestalten; das habe ich schon gesagt. Wir haben das Ziel, dass Natur und Landschaft sowie nicht erneuerbare Ressourcen in geringem Umfang in Anspruch genommen werden, und das Ziel der Reduktion der Emission von Lärm, Schadstoffen und Klimagasen. Hierüber wird in der Öffentlichkeit eine verquere Diskussion geführt. Natürlich gibt es bei den Verkehren Zuwächse. Jetzt geht es darum, dass es nicht im gleichen Maße einen Zuwachs von CO2 gibt. Wir wollen das endlich entkoppeln. Das wird uns mit dem Bundesverkehrswegeplan ganz gut gelingen, wenn wir ihn vernünftig umsetzen. Des Weiteren wollen wir Engpässe im Autobahnnetz beseitigen, die Stärkung der Infrastruktur in Ostdeutschland voranbringen, die Investitionen in das Bestandsnetz erhöhen und die Stärkung des maritimen Standorts durch Ausbau von Hinterlandanbindungen betreiben. Schließlich geht es um die Verkehrsentlastung in den Städten. Im Zukunftsprogramm Mobilität war noch von 300 Ortsumgehungen bis 2009 die Rede. Im vorliegenden Bundesverkehrswegeplan haben wir 740 Ortsumgehungen in den vordringlichen Bedarf gesetzt. Ich meine, diese Zahl ist sehr erfreulich für die Menschen, die unter Verkehr, Abgasen und Lärm zum Teil sehr stark leiden. Der Bundesverkehrswegeplan steht unter dem Leitbild „Aufbau Ost und Ausbau West“. Wir müssen beides tun. Wir müssen vor allem in den Ballungsgebieten Staustellen abarbeiten, damit Wachstum nicht im Stau erstickt. Gleichzeitig müssen wir dafür sorgen, dass strukturschwache Gebiete angebunden werden, dass hierfür ein beschleunigter Zugang zu Verkehrsnetzen geschaffen wird. Deshalb haben wir ein Straßenbauprogramm für strukturschwache Gebiete aufgelegt und dabei eine Abkopplung vom ansonsten geltenden NutzenKosten-Verhältnis vorgesehen. 60 Prozent der Maßnahmen aus diesem Programm sind für die neuen Bundesländer geplant. Die Überarbeitung des Bundesverkehrswegeplans war von einer noch nie da gewesenen Transparenz gekennzeichnet. Bereits während der Bewertungsphase haben wir die Länder eingebunden. Die Abgeordneten des Deutschen Bundestags wurden in dieser Phase wie auch später umfassend informiert; bei jeder Etappe haben wir die Abgeordneten informiert. ({0}) Wir haben lange Wegstrecken im Rahmen der Überarbeitung gemeinsam mit dem BMU zurückgelegt, haben so die Ressortabsprache, wenn man so will, parallelisiert und damit auch Zeit gewonnen. Das war auch notwendig, um die bedeutenden Umweltaspekte bei der Infrastrukturplanung gebührend zu würdigen. Der Entwurf des Bundesverkehrswegeplans, der am 20. März vorgestellt wurde, ist mit den Ländern, mit Abgeordneten, mit Fachkreisen und mit 60 Verbänden und Organisationen sowie mit einer Vielzahl von Landräten, Oberbürgermeistern und Bürgermeistern besprochen worden. Wohl noch niemals zuvor ist über einen Bundesverkehrswegeplan so intensiv kommuniziert worden wie dieses Mal. Ich bin sehr froh, dass wir mit dem 2. Juli eine Punktlandung geschafft haben. Wir haben immer gesagt, wir brauchen den Zeitrahmen bis Mitte Juli, und heute ist erst Anfang Juli. Damit komme ich zum Finanzrahmen. Es sind 150 Milliarden Euro für die Jahre 2001 bis 2015 vorgesehen, davon 82,7 Milliarden Euro - 56 Prozent - für die Erhaltung. In den Ausbau und Neubau von Strecken fließen 66,2 Milliarden Euro, 44 Prozent. Die Verteilung auf die Verkehrsträger stellt sich wie folgt dar: 77,5 Milliarden Euro fließen in die Straße. Für die Schiene sind 63,9 Milliarden Euro aus dem Bundesverkehrswegeplan vorgesehen. Hinzu kommen, wie in der Koalitionsvereinbarung festgelegt, die Mittel aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz und aus dem Regionalisierungsgesetz in Höhe von 14 Milliarden Euro. Damit kommen wir für die Schiene auf 77,9 Milliarden DM. Hinzu kommen Mittel für die Wasserstraßen in Höhe von 7,5 Milliarden Euro. Gegenüber dem Entwurf vom März haben wir die Planungsreserve leicht angehoben. Im Bereich der Straße liegt sie unter 30 Prozent. Die Länder hatten uns gebeten, die Planungsreserve für den Bereich der Straße auf 30 Prozent anzuheben. Wir sind aber unter 30 Prozent geblieben. Bei der Schiene liegen wir mit 33 Prozent knapp darüber. Da Schienenprojekte bekanntlich länderübergreifend sind, sind die Maßnahmen hier besonders groß und teuer. Wenn wir ein Schienenprojekt für den vordringlichen Bedarf vorsehen, dann können wir nicht nur ein Teilstück nehmen, sondern müssen das ganze Projekt berücksichtigen. Deshalb ist die Planungsreserve in diesem Bereich etwas höher. Wir alle sind froh, dass wir das geschafft haben. Ich freue mich auf die parlamentarischen Beratungen in den Monaten nach der Sommerpause. ({1})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Es liegt bereits eine größere Zahl von Wortmeldungen vor. Als Erste hat sich die Kollegin Dr. Gesine Lötzsch gemeldet.

Dr. Gesine Lötzsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003584, Fraktion: Fraktionslos (Fraktionslos)

Herr Staatssekretär, Sie haben gesagt, dass ein wichtiges Kriterium für die Aufstellung des Bundesverkehrswegeplans die Erweiterung der Europäischen Union nach Osten hin ist. Hat die Bundesregierung, dieser Überlegung folgend, dem Wunsch des Landes Berlin entsprochen, den Ausbau der Ostbahn von Berlin nach Küstrin in den Bundesverkehrswegeplan aufzunehmen?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Frau Kollegin Lötzsch, wir reden hier über insgesamt 1 600 Projekte. Sie werden Verständnis dafür haben, dass ich über den Bundesverkehrswegeplan insgesamt berichte, dass ich aber nicht in der Lage bin, hier zu 1 600 Projekten Stellung zu nehmen. Das ist Aufgabe der parlamentarischen Beratungen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Möchten Sie eine Zusatzfrage stellen? - Es ist zwar eigentlich nicht zulässig, aber ich gewähre sie Ihnen.

Dr. Gesine Lötzsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003584, Fraktion: Fraktionslos (Fraktionslos)

Herr Staatssekretär, es wäre hilfreich, wenn Sie meine Frage bezüglich des für das Land Berlin doch sehr zentralen Projekts zumindest schriftlich beantworten würden.

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Das will ich gerne tun. Wir arbeiten daran und schaffen es vielleicht noch heute Nachmittag, den gesamten Bundesverkehrswegeplan ins Internet zu stellen; denn wir sind daran interessiert, dass die Informationen möglichst schnell auch zu den Abgeordneten gelangen. Da Sie kein Mitglied einer Fraktion sind, haben Sie auch keinen verkehrspolitischen Sprecher. Diese sind bereits informiert worden. Ich sage Ihnen zu, dass ich die Frage schriftlich beantworten werde. Gleichzeitig verweise ich aber auch auf das Internet. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Die nächste Frage hat der Kollege Dirk Fischer.

Dirk Fischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000549, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, gemäß der Koalitionsvereinbarung 1998 hat die Bundesregierung nun den Bundesverkehrswegeplan beschlossen und ihn sowie die Ausbaugesetze vorgelegt - allerdings mit einer deutlichen Verspätung. Darin macht sie die Realisierung von den Möglichkeiten des Bundeshaushaltes abhängig. Nachdem der Entwurf des Bundeshaushaltes angekündigt worden ist, möchte ich die Frage stellen, ob nach dem Vermittlungsverfahren im Gesetz stehen wird, dass die Gelder aus der Maut zusätzlich für die Verkehrsinfrastruktur bereitgestellt werden. Die Bundesregierung hat jetzt ein Nullsummenspiel veranstaltet, an dessen Ende trotz der Mauteinnahmen 100 Millionen Euro weniger für die Verkehrsinfrastruktur bereitgestellt werden. Wie bewertet die Bundesregierung den Einfluss dieser Haushaltsentscheidung auf die Realisierung der Bedarfspläne Straße und Schiene sowie der Wasserstraßenprojekte? Ist das, was im Haushalt 2004 veranschlagt werden soll, bereits während der Vorarbeiten zu diesen Plänen berücksichtigt worden?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Herr Kollege Fischer, Sie wissen, dass wir heute über den Bundesverkehrswegeplan und somit über die Bedarfspläne reden. Diesen unterlegen wir mit einem finanziellen Horizont, der aus dem resultiert, was in den letzten Jahren für die Verkehrswegeinfrastruktur eingesetzt wurde. Es ist deutlich mehr als in früheren Jahren; das ergibt sich aus der Perspektive der mittelfristigen Finanzplanung, die man bis zum Jahre 2015 logisch weiterführen muss, weil es keine fortgeschriebene mittelfristige Finanzplanung gibt. Das ist ungefähr unsere Linie. Ich glaube, dies ist realistisch, unabhängig davon, ob in dem einen oder anderen Haushaltsjahr etwas mehr oder weniger zur Verfügung gestellt werden kann. Wir haben das Ganze auch insofern seriös unterlegt, als wir unterstellen, dass die Einnahmen aus der Maut in den nächsten Jahren nicht wachsen werden. Wir wissen aber, dass der Güterverkehr um 65 Prozent zunehmen wird. Das heißt, wir haben auf einer sehr seriösen Grundlage gerechnet, sodass ich glaube, dass Abweichungen in dem einen oder anderen Haushaltsjahr nach oben oder nach unten den Plafond insgesamt nicht berühren werden. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Im Prinzip ja, es gibt allerdings eine große Anzahl an Fragewünschen. Damit möglichst viele die Möglichkeit erhalten, an die Reihe zu kommen, bitte ich darum, sich auf eine Frage zu konzentrieren und sich später noch einmal zu melden. - Ich vermerke Ihren Wunsch, Herr Fischer. Als Nächster hat der Kollege Reinhard Weis das Fragerecht.

Reinhard Weis (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002457, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, die Kritik am Bundesverkehrswegeplan 1992 machte sich vor allen Dingen daran fest, dass der vordringliche Bedarf nicht an den finanziellen Möglichkeiten orientiert war. Der ehemalige Verkehrsminister Müntefering nannte das einmal „Wunsch und Wolke“. Können Sie zusagen, dass der vordringliche Bedarf im neuen Bundesverkehrswegeplan besser an den finanziellen Möglichkeiten und damit auch an den Realisierungsmöglichkeiten orientiert ist?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Wenn man sich den alten Bundesverkehrswegeplan anschaut, dann wird man feststellen, dass es bei dessen Umsetzung im Jahre 2012 - bis dahin wäre der alte Bundesverkehrswegeplan gelaufen - unrealisierte Straßenprojekte im Wert von ungefähr 40 bis 45 Milliarden Euro gegeben hätte. Bei der Vorlage des neuen Bundesverkehrswegeplans wollten wir nicht die Hoffnung erwecken, dass der Vermerk, es bestehe ein vordringlicher Bedarf zum Beispiel für eine Straße, gleichzeitig bedeutet, dass sie auch gebaut werden kann, während die Bürger- und Oberbürgermeister später vielleicht zur Kenntnis nehmen müssen, dass sie doch nicht zu realisieren ist. Wir haben darauf gesetzt, dass dieses Mal eine realistische Prognose aufgenommen wird. Wir haben jetzt in Absprache mit den Ländern die Planungsreserve für die Straße auf 30 Prozent begrenzt. Das entspricht ungefähr einem Umfang von drei oder vier Jahren. Das heißt, wir sind in diesem Bereich flexibel. Wir wissen schließlich, dass nicht alle Straßen gebaut werden können, manche Straßenbauprojekte werden beklagt. Unter Umständen können ökologische Probleme nicht ausgeräumt werden. Ich glaube, dass wir mit der Planungsreserve von etwa 11 Milliarden Euro eine seriösere und realisierbarere Vorlage als die des Bundesverkehrswegeplanes von 1992 erarbeitet haben. ({0}) Man muss zwar den Bedarfsplan und den Finanzierungsplan weitgehend trennen, aber ein Stück weit muss man diese Ideen auch zusammenführen. ({1})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Die nächste Frage hat der Kollege Dirk Niebel.

Dr. h. c. Dirk Niebel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003198, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, Sie haben vorhin zwar festgestellt, dass Sie schwerlich zu Einzelprojekten Stellung nehmen können. Es gibt allerdings Projekte, die in Ihrem Hause so bekannt sind, dass sie Ihnen vermutlich im Gedächtnis haften geblieben sind. Mir geht es um die Umfahrung des ICE-Knotenpunktes Mannheim, den der Bahnchef, Herr Mehdorn, gerne im Bundesverkehrswegeplan abgesichert gehabt hätte. Nun gab es in der letzten Woche eine gemeinsame Presseerklärung der Abgeordneten Lothar Mark, SPD, und Fritz Kuhn, Bündnis 90/Die Grünen, die entsprechend der Gesamtstimmung in der Region des Landes Baden-Württemberg, aller Parteienvertreter, des ehemaligen Bundesverkehrsministers Bodewig und des aktuellen Verkehrsministers, Herrn Stolpe, die Umfahrung Mannheims ablehnen. Deswegen meine Frage: Ist es so, dass gemäß der Pressemitteilung im Bundesverkehrswegeplan eine Umfahrung des Hauptbahnhofs ausgeschlossen wird? Ich frage vor allem vor dem Hintergrund, dass die von der Region gewünschte Anbindung des Hauptbahnhofs Mannheim an das Schnellbahnnetz ungefähr 500 Millionen Euro günstiger ist als die von der Bahn gewünschte Umfahrung. Dadurch könnten für andere Projekte zusätzliche Mittel zur Verfügung stehen.

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Sie wissen, dass die Deutsche Bahn AG ein privatisiertes Unternehmen ist, das in eigener Verantwortung über Trassenführungen entscheidet und dies anmeldet. ({0}) - Das stimmt. - Deshalb muss man sowohl die Wünsche der Deutschen Bahn AG als auch die der Region berücksichtigen. Beide müssen nicht immer identisch sein; das haben Sie schon dargelegt. ({1}) Weder die Deutsche Bahn AG noch die Region muss in jedem Fall Recht haben. Wir haben versucht, einen Weg zur Vertrauensbildung in der Region zu finden, da es Äußerungen gegeben hat, die darauf schließen lassen, unter Umständen Personenfernverkehre am Hauptbahnhof Mannheim vorbeizuführen. Wir haben eine Lösung gefunden, die der Region zunächst einmal weiterhilft. Wir haben folgende Protokollnotiz vereinbart: Die Neubaustrecke wird in einer Weise realisiert, die es der Deutschen Bahn AG und Dritten ermöglicht, die Personenfernverkehre über den Mannheimer Hauptbahnhof zu führen. Dies erfolgt in einem ersten Bauabschnitt. - Damit wird klar: Wir legen großen Wert darauf, dass die Personenfernverkehre durch den Mannheimer Hauptbahnhof geführt werden. Ob man dann bei weiteren Planungen zu dem Ergebnis kommt, einen Teil der zunehmenden Personenfernverkehre - beispielsweise wird neben anderen Zügen der ICE aus Frankreich angebunden - über den Knotenpunkt Mannheim zu führen und einen Teil, zum Beispiel den Güterfernverkehr, umzuleiten, ist noch offen. Weitere Abstimmungen werden noch erfolgen. All das muss noch im Parlament beraten werden. Das Land Baden-Württemberg hat Wünsche angemeldet. Zudem bedarf das Schienenwegeausbaugesetz noch der Zustimmung des Bundesrates. Wir stehen also am Anfang einer Debatte. Das, was wir jetzt als Protokollnotiz vorgelegt haben, hilft, Vertrauen in der Region zu bilden; denn wir haben klargemacht, dass wir den Ausbau des Knotenpunkts Mannheim Hauptbahnhof unterstützen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Die nächste Frage hat die Kollegin Karin RehbockZureich.

Karin Rehbock-Zureich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002756, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ich habe eine Frage zum vordringlichen und zum weiteren Bedarf. Unter anderem sind im vordringlichen Bedarf neue Kriterien zum Naturschutz einbezogen worden, Stichwort: naturschutzfachlicher Planungsauftrag. Könnten Sie das bitte näher erläutern? Im weiteren Bedarf gibt es die Kategorie „weiterer Bedarf mit Planungsrecht“. Könnten Sie uns erklären, was vonseiten der Bundesregierung darunter verstanden wird?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Verkehrsinfrastrukturinvestitionen unterliegen zunehmend europäischem Recht. Deshalb müssen wir bestimmte Vorgaben, die das europäische Recht vorsieht, vernünftig umsetzen. Dazu gehört, dass wir in einem Planungsverfahren - wir haben uns jetzt schon für das Bedarfsverfahren entschieden - feststellen, ob es naturschutzfachliche Probleme gibt, die berücksichtigt werden müssen. Jeder von uns kennt Gerichtsurteile, aufgrund derer Straßenarbeiten eingestellt worden sind, weil bei der Planung versäumt worden ist, Gutachten zu erstellen oder einen Katalog ökologischer Fragen abzuarbeiten. Deshalb haben wir uns darauf verständigt, sozusagen ein eigenes Etikett für Straßen zu schaffen, bei denen festgestellt worden ist, dass naturschutzfachlicher Planungsbedarf besteht, bei denen also ökologische Belange zu berücksichtigen sind. Dabei muss man sagen, dass es sich um ganz unterschiedliche Straßen handelt. Es gibt Straßen, die schon seit 20 oder 30 Jahren geplant sind, bei denen alles gemacht ist und für die kein einziges neues Gutachten erstellt werden muss. Es wurde nur festgestellt, dass es noch ein Problem gibt. Es gibt auf der anderen Seite Straßen, die zunächst einmal aufgrund eines Vorscreenings dieses Etikett erhalten haben und über die wahrscheinlich relativ schnell entschieden werden kann, weil es bei dem Trassenraum, durch den eine Schienenstrecke oder eine Straßenstrecke gebaut werden soll, ökologische Probleme gibt. Dass das ganz vernünftig zwischen den Beteiligten funktioniert, zeigt, dass wir vom Entwurf im März 2003 bis heute bereits 41 Maßnahmen geklärt haben, die jetzt ohne den naturschutzfachlichen Planungsbedarf in den vordringlichen Bedarf aufgenommen worden sind. Wir sind auf dem besten Wege, das abzuschichten und dem Rechnung zu tragen, was der gesunde Menschenverstand fordert: Es muss ökonomisch sinnvoll sein, es muss aber auch ökologisch machbar sein. Zum weiteren Bedarf mit Planungsrecht: Wir haben teilweise sehr große Maßnahmenplanungen, die 1 Milliarde Euro überschreiten. Da macht es Sinn, dass man nicht nur eine Teiltrasse plant - ich denke an weitere Maßnahmen im vordringlichen Bedarf, die vielleicht eine Bundesstraße mit mehreren Ortsumgehungen, wo man die Kette bilden will, betreffen -, sondern dafür sorgt, dass das Ganze insgesamt schon geplant werden kann, damit man weiß, ob die vorgesehene Linie baubar ist. Deshalb haben wir für einige Straßenprojekte die Möglichkeit des Planungsrechtes vorbehalten. Das bedeutet, dass die Straßen- oder die Schienenprojekte baureif gemacht werden können, aber noch keine Aufnahme in den vordringlichen Bedarf erfolgen kann. Normalerweise wird man bei einer solchen Straße bis zur Realisierung warten müssen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Die nächste Frage hat die Kollegin Renate Blank.

Renate Blank (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000194, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, alle Straßenbauprojekte im Bundesverkehrswegeplan unterliegen einer Nutzen-KostenBewertung. Wenn ich richtig informiert bin, liegt die Grenze bei 5,2. Wie kann es passieren, dass Straßenbauprojekte mit einem Nutzen-Kosten-Verhältnis von 10 nicht im Bundesverkehrswegeplan enthalten sind, aber auf der anderen Seite Minister und der Bundeskanzler Projekte zusagen, die immerhin einen Wert von rund 3 Milliarden Euro haben und deren Nutzen-Kosten-Verhältnis weit unter 5,2 liegt, teilweise sogar nur bei 3?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Sie haben vom Bundeskanzler und von Bundesministern gesprochen. Sie haben beispielsweise den Vorsitzenden des Verkehrsausschusses, Herrn Oswald, vergessen ({0}) oder die Herren Minister Wiesheu und Beckstein. Wir haben - das ist in der Kleinen Anfrage auch so beantwortet worden - ein theoretisches Modell, nach dem die Straßen mit dem höchsten NKV in den vordringlichen Bedarf aufgenommen werden. Wenn man das sauber umsetzen würde, Herr Goldmann, würde das bedeuten, dass man den Deutschen Bundestag nicht mehr braucht, sondern dass die Gutachter festlegen, welche Straße gebaut wird. Nun wissen wir aber alle, dass das Nutzen-KostenVerhältnis das eine ist, aber andere Gründe auch eine Rolle spielen müssen. Es kann beispielsweise sein, dass eine bestimmte Ortsumgehung nur in Form einer Untertunnelung durchführbar ist, durch die Stadt aber gerade einmal 35 000 Autos fahren. Man entscheidet sich dann für die einzig mögliche Lösung, nämlich die Untertunnelung, was bedeutet, dass man ein NKV von 1,2 erhält und nicht eines von 5,2. Das heißt, wir haben Planungsstände, die Topographie vor Ort und das NKV berücksichtigt. Wir haben uns in Einzelgesprächen nicht nur vom Bundeskanzler und von Ministern, sondern auch von Landräten, Bürgermeistern und Abgeordneten überzeugen lassen. Das gelang nicht immer; die Überzeugung ist zum Beispiel dann nicht gelungen, wenn ein Oberbürgermeister nur das Argument hatte, ein Gewerbegebiet anschließen zu wollen, während wir über den Bundesfernstraßenplan reden. Die Länder haben eigene Vorschläge unterbreitet; das hat auch etwas mit dem Planungsstand von Straßen zu tun. Ich glaube, daraus ist ein durchaus ergebnisorientierter Bundesverkehrswegeplan entstanden. ({1})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Die nächste Frage stellt die Kollegin Ilse Aigner.

Ilse Aigner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003028, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ich möchte gerne eine Frage zum Nutzen-Kosten-Verhältnis stellen. Es haben Veranstaltungen stattgefunden, in denen die gewählten Mandatsträger, die bestimmte Projekte befürworten, im Gegensatz zu den Bürgerinitiativen, die dagegen waren, von Ihrem Hause nicht befragt worden sind. Das hat sich über das Nutzen-Kosten-Verhältnis hinaus auf die Entscheidung ausgewirkt. Die entscheidende Frage für mich ist: Könnten sich noch Änderungen ergeben, wenn sich im Laufe des Auftragsverfahrens Rahmenbedingungen, die die Grundlage für das Nutzen-Kosten-Verhältnis gebildet haben, verändern? Beispielsweise ist für den Landkreis Miesbach kein Projekt vorgesehen. Was ein konkretes Projekt in Holzkirchen angeht, so hat sich die örtliche SPD massiv dagegen ausgesprochen. Bestimmte Maßnahmen - zum Beispiel die Verlegung der Bahnstrecke - sind nicht in das Projekt einbezogen worden. Ist eventuell eine Umgestaltung möglich, ohne den örtlichen Einfluss außer Acht zu lassen?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Zu Ihrem ersten Einwand: Ich glaube, Sie führen - ohne die Sache beim Namen genannt zu haben - die B 303 in die Diskussion ein. Ein Kollege von Ihnen hat in einer Pressemitteilung behauptet, ich habe nur mit Gegnern des Projekts gesprochen. ({0}) - Ach so. Die Gegner des Projekts waren nämlich die Einzigen, die einen Fotoapparat mitgebracht hatten. An dem Tisch saßen auch alle Befürworter dieser Straße. Sie können versichert sein, dass ich immer zwei Ohren und zwei Augen offen halte und versuche, alles aufzunehmen. ({1}) Wir übergeben heute die weitere Beratung des Bundesverkehrswegeplans dem Parlament. Das Parlament hat in seinen Beratungen die Möglichkeit, sich mit der einen oder anderen Maßnahme zu befassen und zu prüfen, ob es gegebenenfalls sinnvoll ist, den von uns erstellten Bedarfsplan noch im Detail zu ändern. Bei dieser Gelegenheit kann sicherlich noch das eine oder andere Argument ausgetauscht werden, das noch nicht ausreichend berücksichtigt worden ist.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Die nächste Frage hat der Kollege Klaus Brähmig.

Klaus Brähmig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000240, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, beabsichtigt die Bundesregierung, das Kriterium der Erreichbarkeit von Tourismusregionen, die allesamt in strukturschwachen Regionen unseres Landes liegen, stärker als bisher in die Beratungen des Bundesverkehrswegeplans einzubeziehen?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Dieses Anliegen hat uns auch aus der SPD-Bundestagsfraktion erreicht. Im Rahmen des Bundesverkehrswegeplans erfolgt auch die Planung für das Bundesfernstraßennetz. Dabei müssen viele Gesichtspunkte berücksichtigt werden. Wenn ein schwerwiegendes Argument dafür spricht, die eine oder andere Region stärker zu berücksichtigen, sind wir selbstverständlich bereit, dies zu prüfen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Die nächste Frage stellt der Kollege Alexander Dobrindt.

Alexander Dobrindt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003516, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ich möchte vorausschicken, dass ich mich zwischenzeitlich viermal schriftlich an Ihr Ministerium gewendet habe. Seit dem ersten Brief sind schon acht Wochen vergangen. Bisher war es offensichtlich nicht möglich, die Briefe in irgendeiner Form zu beantworten. Ich habe nicht einmal eine Eingangsbestätigung erhalten. ({0}) Ich bitte Sie, im Ministerium nachzufragen, ob diese Briefe noch vorhanden sind und ob man sich ihrer annehmen könnte. Zur Sache: Beim Bundesverkehrswegeplan sind Schwerpunkte wie die Beseitigung von Verkehrsengpässen und die Verkehrsentlastung der Städte und Gemeinden - auch der so genannte Lückenschluss wird angeführt - gesetzt worden. Ich wüsste gerne, ob dieses Ziel nach Ihrer Einschätzung erreicht wird. Hinsichtlich der Maßnahmen, bei denen das offensichtlich nicht gelungen ist und die vom vordringlichen Bedarf in den weiteren Bedarf mit Planungsrecht abgestuft worden sind, frage ich Sie: Wie schätzen Sie die Möglichkeit einer Realisierung dieser Maßnahmen bis zum Jahre 2015 ein? Ich verweise in diesem Zusammenhang auf Kollegen aus dem Deutschen Bundestag, die angekündigt haben: Wenn die erforderlichen Mittel zur Verfügung stehen, dann werden auch diese Maßnahmen umgesetzt.

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Lassen Sie mich zunächst eine entschuldigende Erklärung zu der Beantwortung von Briefen geben. Ich muss die Beamten in meinem Hause in Schutz nehmen. Wir bekommen ohne Übertreibung Hunderte von Briefen. ({0}) Wir versuchen immer, so schnell wie möglich zu antworten. Acht Wochen sind angesichts der Tatsache, dass wir täglich Hunderte von Briefen erhalten, noch eine verParl. Staatssekretär Achim Großmann hältnismäßig geringe Wartezeit. Wir sind dabei, alles abzuarbeiten. Viele Kolleginnen und Kollegen, die anwesend sind, wissen, dass ich auch vieles telefonisch erledigt habe. Ein Griff zum Telefonhörer hätte also ausgereicht. Viele haben das auch getan. Ich glaube, ich bin vielen von Ihnen keine Antwort schuldig geblieben und habe innerhalb von wenigen Minuten eine entsprechende Infonotiz durchgegeben, wenn es mein Terminkalender zugelassen hat. Noch einmal zu den Projekten im vordringlichen Bedarf: Die Tatsache, dass wir den Bundesverkehrswegeplan mit einer Planungsreserve aufstellen - sie soll bei 25 bis 30 Prozent liegen; momentan liegt sie bei 29,4 oder 29,5 Prozent -, bedeutet, dass wir nicht alles, was wir planen, durch den Plafond finanziell unterlegt haben. Es kann nicht jede Straße gebaut werden, weil zum Beispiel geklagt wird oder weil es ökologische Probleme gibt. Wir haben deshalb den Topf vergrößert, damit die Länder flexibel reagieren können. Hinzu kommt der so genannte weitere Bedarf mit Stern. Das heißt, dass Straßen baureif gemacht werden können, die dann, wenn mehr Geld zur Verfügung steht - darüber würden sich einige sicherlich freuen -, auch gebaut werden können. Aber weiterer Bedarf bedeutet: So etwas wird also nur möglich sein - ich verweise auf § 6 des Fernstraßenausbaugesetzes -, wenn nachträglich ein hoher Verkehrsnutzen festgestellt wird, der bei der Aufstellung des Bedarfsplans nicht berücksichtigt wurde. Des Weiteren werden wir - das sollte man wissen - den Bedarfsplan, den wir jetzt aufgestellt haben, alle fünf Jahre überarbeiten. Wenn sich also das Verkehrsaufkommen in einer Region oder auf einer Straße entscheidend verändert hat, dann kann korrigierend eingegriffen werden. Wir haben also mehrere Stellschrauben, um sehr flexibel auf neue Entwicklungen zu reagieren.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Die nächste Frage hat der Kollege Horst Friedrich.

Horst Friedrich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000593, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, Sie haben ausgeführt, dass in dem Zeitraum, der zwischen dem Referentenentwurf und dem jetzigen Kabinettsentwurf liegt, auch Gespräche mit den Vertretern der Länder stattgefunden hätten. In dieser Zeit hat sich zum Beispiel in Bayern die Zahl der Projekte, die im vordringlichen Bedarf sind, im Vergleich zum Referentenentwurf um 30 erhöht. Ich gehe davon aus, dass das in anderen Ländern ähnlich gewesen ist. Da sich die Mittel nicht so erhöht haben, dass man die zusätzlich aufgenommenen Projekte umsetzen kann, gehe ich davon aus, dass diese Projekte in die Planungsreserve eingehen; denn wenn diese Projekte realisiert werden sollten, dann hätte das zur Konsequenz, dass andere Projekte ausscheiden müssten. Können Sie mir das bestätigen oder hat sich inzwischen etwas anderes ergeben? Wenn ja, wie hat sich der Finanzrahmen erhöht?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Herr Friedrich, ich weiß nicht, ob Sie von Anfang an dabei sein konnten. Ich bin zu Beginn meiner Ausführungen darauf eingegangen, dass wir die Planungsreserve erhöht haben, und zwar bei der Straße von 25,1 auf 29,4 Prozent und bei der Schiene von 25,5 auf 33,3 Prozent. Das ist die eine Sache. Die andere ist - diese Zahlen werden Sie sicherlich auch interessieren -: Nach den Gesprächen, vor allen Dingen den bilateralen, die wir mit den Vertretern der Länder geführt haben - sehr vieles ist ja im Konsens geschehen -, haben wir 133 Vorhaben des weiteren Bedarfs mit einem Investitionsvolumen von 2,5 Milliarden Euro in den vordringlichen Bedarf hochgestuft. Wir haben des Weiteren 52 Vorhaben des vordringlichen Bedarfs mit einem Investitionsvolumen von etwa 1 Milliarde Euro in den weiteren Bedarf herabgestuft. Dies ging zu 100 Prozent auf Vorschläge der Länder zurück. Die Ländervertreter haben zum Beispiel gesagt: Wir bieten als Kompensation an, dieses oder jenes Straßenprojekt in den weiteren Bedarf aufzunehmen, weil der Planungsstand noch nicht so ist, dass wir es bis 2015 realisieren können, weil es noch keinen Konsens in der Regierung gibt oder weil die ökologischen Probleme so groß sind, dass sie wahrscheinlich nicht bis 2015 gelöst werden können. Wir haben zwar die Planungsreserve leicht erhöht. Wir haben aber auch einen reellen Tausch vorgenommen, sodass ein Teil der neu aufgenommenen Projekte nicht nur aus der Erhöhung der Planungsreserve resultiert.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Ich lasse jetzt die letzte Frage zu diesem Themenbereich zu. Das Fragerecht hat der Kollege Henry Nitzsche.

Henry Nitzsche (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003601, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist Ihnen der teilungsbedingte Nachholbedarf in den neuen Bundesländern im Bereich der Verkehrsinfrastruktur bekannt? Sind Ihnen die aufgrund der EU-Osterweiterung zu erwartenden Verkehrsströme bekannt? Ist Ihnen auch die Olympiabewerbung Leipzigs bekannt? Wenn ja, warum haben diese drei Fakten keinen Niederschlag im Bundesverkehrswegeplan gefunden?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Herr Nitzsche, seien Sie mir nicht böse, wenn ich diese Frage - ({0}) - Auf die Fakten warte ich noch heute. Ich habe mit mehreren Kolleginnen und Kollegen von Ihnen gesprochen. Ich habe sie gefragt: Welches Projekt im Rahmen der EU-Osterweiterung fehlt aus eurer Sicht noch? ({1}) - Herr Nitzsche, es ist kein Projekt genannt worden. Das Projekt B 93 ist enthalten. Die B 93 endet an der Grenze zu Tschechien. Wir wissen noch nicht einmal, ob die Tschechen diese Straße weiterführen. Diese Überlegungen stehen erst am Anfang. Wenn sie in einem halben Jahr ausgereift sind, dann wird dieses Projekt vielleicht in den weiteren Bedarf mit Stern aufgenommen. Sie sind zu Unrecht unruhig. Als ich darum gebeten habe, uns Projekte zu nennen, die im Bundesverkehrswegeplan nicht enthalten sind, wurde kein Projekt genannt.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Jetzt möchte noch der Kollege Klaus Hofbauer eine Frage zu einem anderen Themenbereich der heutigen Kabinettssitzung stellen. Bitte schön.

Klaus Hofbauer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003149, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich möchte eine Frage an die Bundesregierung stellen. Ist in der heutigen Sitzung des Kabinetts auch über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ beraten worden? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Ganz konkret: Mir ist gesagt worden, dass man im Kabinett heute entschieden hat, die GA West auslaufen zu lassen bzw. in Gänze abzuschaffen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Bitte schön.

Not found (Gast)

Herr Kollege, das war kein eigenständiges Thema der heutigen Kabinettsberatung. Es war aber im Zusammenhang mit dem Haushalt 2004 in der Tat Gegenstand der Beratung. ({0}) - Mit dem Ergebnis, das Sie beschrieben haben. ({1})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Bitte schön, einmal noch.

Klaus Hofbauer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003149, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, es ist schon bemerkenswert, dass Sie einfach den Beschluss gefasst haben, eine zentrale, im Grundgesetz verankerte Strukturmaßnahme der letzten dreißig Jahre sowohl für West- als auch für Ostdeutschland - ich sehe Strukturpolitik als ganzheitliche Aufgabe in unserer Republik an - ohne jegliche Vorankündigung, ohne jegliche Diskussion fast über Nacht zu beenden. Wenn meine Informationen stimmen, dann soll es dafür ab sofort keine Gelder mehr geben. Das heißt, dass Unternehmen, die investieren möchten, über Nacht keine Strukturförderung mehr erhalten. Ich halte das - ich möchte das hier einmal so deutlich ansprechen - für einen unglaublichen Vorgang, weil hier Politik auf Kosten der strukturschwachen Gebiete gemacht wird. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Herr Staatsminister Schwanitz, bitte.

Not found (Gast)

Dass ab sofort kein Geld zur Verfügung steht, kann ich nicht bestätigen. Sie wissen, dass eine Gemeinschaftsaufgabe immer einen Vorlauf hat und dass die Bewilligungen, die bis Ende 2003 gewährt werden, selbstverständlich mit einer entsprechenden Rechtsverpflichtung verbunden sind. Ich denke, dass das nicht infrage stehen wird. Ich habe für Ihre Frage und für die Betroffenheit in den Regionen natürlich Verständnis. Im Zuge der Haushaltsberatungen im Deutschen Bundestag wird über diese Fragen sowie über andere Fragen, die im Zusammenhang mit den nicht einfachen Haushaltsentscheidungen des Deutschen Bundestages in den nächsten Wochen und Monaten stehen, zu reden sein.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Vielen Dank. Nun möchte der Kollege Dirk Niebel eine Frage stellen, die nicht den Themenbereich der heutigen Kabinettssitzung betrifft.

Dr. h. c. Dirk Niebel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003198, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Frage bezieht sich auf ein geplantes Langzeitarbeitslosenprogramm. Ausweislich einer dpa-Meldung von heute Morgen, die sich auf einen Bericht der „Financial Times Deutschland“ bezieht, hat das Kabinett heute über ein zusätzliches Sonderprogramm zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit, das von der Tagesordnung der Kabinettssitzungen wegen unklarer Finanzierung schon zweimal abgesetzt worden ist, beraten. Auch vor dem Hintergrund, dass der Bundesrechnungshof in seinem Prüfbericht festgestellt hat, 87 Millionen Euro pro Jahr würden in solchen Programmen verschwendet, möchte ich gern wissen, ob sich das Kabinett heute mit diesem Programm beschäftigt hat und, wenn ja, wie die Finanzierung aussehen soll. In der dpa-Meldung werden der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Frau Dückert, unterschiedliche Zahlen zugeschrieben. Im ersten Absatz heißt es, dass das gesamte Programm den Bund 800 Millionen Euro kosten soll und bis Ende 2003 befristet ist. Im zweiten Absatz heißt es, dass das Programm den Bund in diesem Jahr 130 Millionen Euro kosten soll und dass dafür im nächsten Jahr 600 Millionen vorgesehen sind, die dann allerdings von der Bundesanstalt für Arbeit und den Kommunen zu fiDirk Niebel nanzieren sind. Mich interessiert daher: Wie ist es denn nun?

Not found (Gast)

Herr Kollege Niebel, ich will zunächst vorausschicken: Der Zusammenhang zwischen dem, was Sie als Feststellung des Bundesrechnungshofs wiedergegeben haben, und dem, was wir beraten haben, ist so nicht herzustellen. Wir haben heute im Kabinett im Zusammenhang mit den Beratungen zum Bundeshaushalt 2004 in der Tat auch über dieses Programm entschieden. Es ist Bestandteil des Bundeshaushalts 2004. Ich kann Ihnen die Zahlen jetzt nicht punktgenau sagen. Es ist beabsichtigt, dieses Programm, das wir für äußerst wichtig halten - Sie wissen das -, nicht nur zur Unterstützung und vor allem zur Förderung der Betroffenen sowie zur Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit, sondern auch zum Erhalt der dafür notwendigen Strukturen im September dieses Jahres zu starten. Nach meiner Erinnerung ist für dieses Jahr ein Gesamtbetrag von 65 Millionen Euro vorgesehen und ist ein Anschlussbetrag von über 600 Millionen Euro - wenn ich mich richtig erinnere: 625 Millionen Euro - in 2004 vorgesehen. Es wird außerdem einen Übergang in das dann folgende Jahr geben. Aber auch das - da bitte ich um Verständnis - wird wahrscheinlich Gegenstand der Beratungen zum Haushalt sein. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Bitte, eine Nachfrage.

Dr. h. c. Dirk Niebel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003198, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatsminister, ist es richtig, dass in der Folge die Kosten dieses Sonderprogramms faktisch als Vorgriff auf die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe auf die Kommunen übergeleitet werden sollen? Ich frage das vor allem vor dem Hintergrund, dass die Bundesregierung diese gemeinsame neue Leistung offenkundig durch die Bundesanstalt verwalten lassen will.

Not found (Gast)

Das kann ich nicht bestätigen, Herr Kollege. Sie wissen, dass wir mit der anstehenden Reform von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe gerade Entlastungen für die Kommunen organisieren wollen. Insofern stellt sich aus meiner Sicht dieser Zusammenhang so nicht dar.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Vielen Dank, Herr Staatsminister Schwanitz. Ich beende damit die Befragung der Bundesregierung. Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde - Drucksache 15/1264 Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Gerald Thalheim zur Verfügung. Ich rufe Frage 1 des Kollegen Bernhard SchulteDrüggelte auf: Treffen Meldungen zu - vergleiche Agra-Europe vom 10. Juni 2003 -, dass zur Finanzierung der vom Bundesminister der Finanzen, Hans Eichel, verlangten Einsparung der Zuschuss zur landwirtschaftlichen Krankenversicherung herangezogen werden soll? Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Kollege SchulteDrüggelte! Vor dem Hintergrund geringerer Steuereinnahmen und einer geänderten Prioritätensetzung bei der Aufstellung des Bundeshaushalts 2004 zugunsten wichtiger Zukunftsaufgaben kommt es in einigen Bereichen zu Kürzungen der Haushaltsansätze. Wegen des hohen Anteils der Ausgaben für die landwirtschaftliche Sozialversicherung an den Gesamtausgaben des Einzelplans 10 - es sind rund 72 Prozent - müssen auch in diesem Bereich Einschnitte vorgenommen werden. Meldungen, nach denen auch der Zuschuss zur landwirtschaftlichen Krankenversicherung für Einsparungen herangezogen werden soll, sind zutreffend.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage.

Bernhard Schulte-Drüggelte (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003629, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, können Sie etwas über den Umfang der Senkung des Zuschusses sagen? Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft: In diesem Bereich sollen gut 200 Millionen Euro eingespart werden.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zweite Zusatzfrage, bitte schön.

Bernhard Schulte-Drüggelte (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003629, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Können Sie Auskunft darüber geben, ob dann der AOK-Vergleichsbeitrag erreicht oder zum Teil auch überschritten wird? Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft: Das hängt von der konkreten Umsetzung ab. Wie Sie wissen, gilt zurzeit ein Wert von 90 Prozent des AOKVergleichsbeitrages. Wenn im Gesetzgebungsverfahren daran festgehalten wird, ergeben sich bei den anderen Parl. Staatssekretär Dr. Gerald Thalheim Beitragssätzen sozusagen spiegelbildlich entsprechend höhere Zahlungen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine weitere Frage des Kollegen Albert Deß.

Albert Deß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000376, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, sind Ihnen Berechnungen der landwirtschaftlichen Krankenkassen bekannt, dass es zu Beitragssteigerungen von bis zu 40 Prozent bei der Krankenversicherung kommen kann? Können Sie sich vorstellen, dass die Landwirte ein solches Anwachsen der finanziellen Belastungen verkraften können? Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft: Solche Berechnungen sind uns bekannt. Ob tatsächlich am Ende Belastungen in dieser Höhe eintreten, wird davon abhängen, welche Änderungen am Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte vorgenommen werden. Sie werden in der genannten Höhe nur dann eintreten, wenn die Einsparungen unter Beibehaltung der derzeit geltenden Rechtsgrundlage vorgenommen werden.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Wir kommen damit zur Frage 2 des Kollegen SchulteDrüggelte: Kann die Bundesregierung Auskunft darüber geben, welche Auswirkungen eine mögliche Beitragserhöhung für die aktiven Landwirte als Pflichtversicherte der landwirtschaftlichen Krankenversicherung haben könnte, wenn der Bundeszuschuss zurückgefahren werden sollte? Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft: Herr Kollege, um die Kürzungen der Bundeszuschüsse im Bereich der landwirtschaftlichen Krankenversicherung aufzufangen, werden die Selbstverwaltungen Beitragserhöhungen vornehmen müssen. Die Auswirkungen hängen im Einzelnen von der Ausgestaltung der erforderlichen gesetzlichen Regelungen wie auch von der Umsetzung durch die Selbstverwaltungen der einzelnen landwirtschaftlichen Krankenkassen ab. Ziel muss es sein, die für die Versicherten unausweichlichen Beitragserhöhungen möglichst sozial ausgewogen auszugestalten.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Erste Zusatzfrage.

Bernhard Schulte-Drüggelte (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003629, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wie beurteilen Sie, wenn diese starken Beitragssteigerungen, die ja gerade schon konkret benannt wurden, kommen, die Zukunft des Pflichtversicherungssystems für Landwirte? Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft: Wir werden als Erstes, Herr Kollege, in intensive Diskussionen und Beratungen eintreten, wie das Zweite Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte zu ändern ist, um am Ende, wie bereits beschrieben, zu einer einigermaßen sozial ausgewogenen Beitragsbelastung zu kommen. Wir werden dabei auch zu schauen haben, welche Beitragssätze zur gleichen Zeit in den anderen Versicherungen gelten.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zweite Zusatzfrage.

Bernhard Schulte-Drüggelte (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003629, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wie beurteilen Sie denn die Auswirkungen auf den Risikostrukturausgleich zwischen den Krankenkassen, bei dem es dadurch ja eventuell zu Änderungen kommen könnte? Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft: Auch das ist ein Punkt, der bei den Beratungen mit zu berücksichtigen sein wird.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine weitere Frage des Kollegen Albert Deß.

Albert Deß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000376, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, in Anlehnung an meine erste Frage möchte ich doch noch einmal nachfragen: Kennen Sie eine andere Berufsgruppe, die im Rahmen der sozialen Einschnitte, die aufgrund der nötigen Einsparungen entstehen, in ähnlicher Höhe belastet wird, wie es bei den Landwirten anscheinend geplant ist? Sehen Sie nicht auch die Gefahr, dass damit das ganze landwirtschaftliche Sozialversicherungssystem infrage gestellt wird? Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft: Herr Kollege Deß, die Auswirkungen auf das gesamte landwirtschaftliche Sozialversicherungssystem sind selbstverständlich bei der Umsetzung der Haushaltsbeschlüsse abzuwägen. Zum ersten Teil Ihrer Frage ist zu sagen, dass natürlich bei der konkreten Umsetzung des Gesetzes auch zu berücksichtigen sein wird, in welchem Umfang die Landwirtschaft von Subventionen profitiert. Insgesamt sind es rund 14 Milliarden Euro, Gelder, die sowohl aus Brüssel als auch aus dem Bundeshaushalt und den Länderhaushalten kommen. Diese Zahlungen sind natürlich in die Betrachtungen einzubeziehen und bei der konkreten Entscheidung zu berücksichtigen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine weitere Frage des Kollegen Max Straubinger.

Max Straubinger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002812, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, sind abgesehen von den Krankenversicherungen noch bei weiteren landwirtschaftlichen Sozialversicherungen Einsparungen vonseiten der Bundesregierung vorgesehen? Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft: Nein, solche Einsparungen sind nicht vorgesehen. Die niedrigeren Haushaltsansätze beziehen sich ausschließlich auf den Zuschuss zur landwirtschaftlichen Krankenversicherung. Die Zuschüsse im Bundeshaushalt von rund 250 Millionen zu den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften und von etwa 2,3 bis 2,4 Milliarden Euro - diese Zahl habe ich jetzt nicht genau im Kopf zu den landwirtschaftlichen Alterskassen bleiben wie in den Vorjahren bestehen bzw. steigen wegen des Strukturwandels - das gilt für die landwirtschaftlichen Alterskassen - weiter.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Abweichend von der Drucksache steht zur Beantwortung Staatsministerin Kerstin Müller aus dem Auswärtigen Amt zur Verfügung. Ich rufe die Frage 3 der Kollegin Gesine Lötzsch auf: Was hat die Bundesregierung im Rahmen der Arbeiten des europäischen Konvents konkret unternommen, um die „Sonderstellung des Euratom-Vertrages ({0}) im Rahmen der nächsten Reform des EU-Vertragswerkes“ zu beenden, und welche Schritte wird die Bundesregierung unternehmen, um das Thema Euratom auf die Tagesordnung der nächsten Regierungskonferenz zu setzen?

Not found (Gast)

Frau Kollegin, die Bundesregierung hat sich im Rahmen der Arbeiten des europäischen Konvents dafür eingesetzt, dass der Euratom-Vertrag grundlegend überarbeitet wird. Aufgrund der fortbestehenden unterschiedlichen Auffassungen unter den Mitgliedstaaten und Beitrittsländern bezüglich der Frage der friedlichen Nutzung der Kernenergie konnte jedoch kein Konsens über eine inhaltliche Änderung des Vertrages erzielt werden. Es ist aber erreicht worden, dass der EuratomVertrag nicht Teil der Verfassung wird. Das heißt, nach den derzeitigen Entwürfen des Präsidiums bleibt der Euratom-Vertrag als eigenständiger Vertrag bestehen. Damit ist die Möglichkeit eröffnet, zu einem späteren Zeitpunkt eine inhaltliche Überprüfung anzustreben. In diesem Rahmen wird sich die Bundesregierung darum bemühen, ihre Position durchzusetzen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage, Frau Lötzsch?

Dr. Gesine Lötzsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003584, Fraktion: Fraktionslos (Fraktionslos)

Frau Staatsministerin, nun haben sich ja etliche der Gründerstaaten der EG, die diesem Vertrag damals ihre Zustimmung gegeben haben, für einen Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie entschieden, zum Beispiel Belgien und nicht zuletzt Deutschland. Wie sehen Sie die Chancen, dass dieser Vertrag dahin gehend geändert werden kann, dass er nach einer bestimmten Zeit ausläuft, und, falls Sie diese Chance sehen, welche Erfolgsvorstellungen haben Sie in Bezug auf den Zeithorizont, was das Auslaufen dieses Vertrages angeht?

Not found (Gast)

Das steht leider nicht zur Debatte. Ich glaube, mit Belgien und Deutschland ist die Aufzählung auch schon beendet. Ein weiteres Land fällt mir jedenfalls nicht ein. Ich kann mich da nur wiederholen: Zur Änderung oder gar Abschaffung des Euratom-Vertrages bedarf es eines Konsenses aller Vertragsstaaten. Unsere Position ist klar: Wie wollten eine Änderung und wir wollen langfristig eine Abschaffung des Euratom-Vertrages. Da wir erreicht haben, dass dieser Vertrag eigenständig bleibt, können wir auf dieser Basis weiterarbeiten und dazu zum Beispiel längerfristig die Einberufung einer Konferenz der Vertreter der Mitgliedstaaten anstreben. Über ein Auslaufen des Vertrages gab es aber keinen Konsens; deshalb ist das auch nicht vereinbart worden.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Weitere Zusatzfrage?

Dr. Gesine Lötzsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003584, Fraktion: Fraktionslos (Fraktionslos)

Noch etwas konkreter nachgefragt: Sie haben einige Schritte beschrieben, die sich die Bundesregierung vorstellen kann. Welche konkreten Schritte haben Sie unternommen und welchen Zeithorizont sehen Sie, um zum Beispiel die von Ihnen eben beschriebene Konferenz einzuberufen und das Ziel, das sich die Bundesrepublik gestellt hat, nämlich den Ausstieg aus der Kernenergie, zu erreichen?

Not found (Gast)

Zunächst zu dem, was wir gemacht haben. Bekanntermaßen haben wir eine substanzielle Änderung des Euratom-Vertrag angestrebt. Bundesminister Fischer hat sich dafür im Konventsprozess eingesetzt. Zum Zeithorizont bezüglich einer möglichen Konferenz kann man zum jetzigen Zeitpunkt nichts sagen. Wir bleiben jedenfalls bei unserer Position; das heißt, wir werden entsprechend den Beschlüssen Schritt für Schritt aus der Kernenergie aussteigen und auf europäischer Ebene weiter dafür werben, dass der Euratom-Vertrag, geändert wird. Mehr kann man zum jetzigen Zeitpunkt leider nicht sagen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Vielen Dank, Frau Staatsministerin. Die Frage 4 zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Bildung und Forschung soll schriftlich beantwortet werden. Das Gleiche gilt für die Frage 5 zu dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes und für die Fragen 6 und 7 zu dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz. Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Rezzo Schlauch zur Verfügung. Wir kommen zur Frage 8 des Kollegen Helge Braun: Welche nationalen Programme zur Förderung von Verbundprojekten gibt es, bei denen marktnahe Innovationen durch das Zusammenwirken sowohl von Beteiligten aus der Wirtschaft miteinander als auch mit der Wissenschaft entwickelt werden, und werden in diesen Programmen Projekte mit europäischen Partnern genauso gefördert wie mit nationalen Verbänden?

Rezzo Schlauch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002777

Herr Kollege Braun, das Programm „Innovationskompetenz mittelständischer Unternehmen“ - abgekürzt: PRO INNO - des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit fördert solche marktnahen Verbundprojekte in Form von gemeinsamen Forschungs- und Entwicklungsprojekten sowohl zwischen kleinen und mittleren Unternehmen als auch zwischen KMUs und Forschungseinrichtungen. Dabei werden gemeinsame transnationale Projekte deutscher KMUs mit ausländischen Unternehmen oder Forschungseinrichtungen - übrigens auch außerhalb Europas - genauso gefördert wie nationale Kooperationsprojekte. Jedoch erhält der ausländische Partner keine Zuwendung aus dem Bundeshaushalt. Verbundprojekte der industriellen Forschung zwischen Forschungseinrichtungen und KMUs werden auch mit dem BMWA-Programm Inno-Net gefördert. Die Zuwendungen gehen hierbei ausschließlich an Forschungseinrichtungen. Ausländische Partner sind hier nicht beteiligt. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert im Rahmen des so genannten „Inno-Regio-Prozesses für die neuen Länder“ mit drei Maßnahmen die Entstehung von innovativen regionalen Bündnissen zwischen Wirtschaft, überwiegend kleinen und mittleren Unternehmen, und Wissenschaft, also Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Bei diesen drei Maßnahmen handelt es sich um die Programme „Inno-Regio“ und „Innovative regionale Wachstumskerne“ sowie um die Initiative „Interregionale Allianzen für die Märkte von morgen“. Voraussetzung einer Förderung bei allen drei Maßnahmen ist, dass Innovationen im Mittelpunkt stehen, die kurz- oder mittelfristig am Markt Erfolg haben können. Soweit dabei Forschungs- und Entwicklungsprojekte gefördert werden - das sind die Programme „InnoRegio“ und „Wachstumskerne“ -, darf aber unter Rücksichtnahme auf das EU-Beihilferecht die Grenze der vorwettbewerblichen Entwicklung nicht überschritten werden. Die Förderung von europäischen Projektpartnern der geförderten Forschungs- und Entwicklungsprojekte ist nicht möglich, da nur Antragsteller aus den neuen Ländern antragsberechtigt sind. Dennoch kooperieren einzelne geförderte Bündnisse eng mit europäischen Partnern.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage, Kollege Braun.

Prof. Dr. Helge Braun (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003510, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wie erklärt sich die Bundesregierung die zurückhaltende Beteiligung deutscher Unternehmen und deutscher Wissenschaftsorganisationen an den EUREKA-Projekten, die genau diese Zielsetzung haben? Gilt das, was Sie eingangs für die Förderprogramme des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit gesagt haben, auch für die Förderprogramme des Bundesministeriums für Bildung und Forschung? Die Frage war also nicht, ob Unternehmen im Ausland eine Förderung erhalten, sondern ob auch deutsche Unternehmen, die in einem Verbundprojekt nur ausländische Partner haben, ein Anrecht auf Förderung haben.

Rezzo Schlauch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002777

Ich habe keine Erkenntnisse darüber, dass es im Rahmen der von mir genannten Projekte eine Zurückhaltung bei der Wirtschaft gibt. Ganz im Gegenteil: Mir ist von zahlreichen Veranstaltungen bekannt, dass diese Förderprogramme sehr stark nachgefragt werden. Insofern verstehe ich nicht - das ist für mich nicht nachvollziehbar -, wie Sie zu diesem Ergebnis kommen. Vielleicht könnten Sie mir Ihre Erkenntnisse über eine Zurückhaltung mitteilen. Mir ist, wie gesagt, nur bekannt, dass diese Förderprogramme sehr stark nachgefragt werden. Klar ist auch, dass nur bei den anfangs genannten Förderprogrammen auch eine Förderung ausländischer Partner möglich ist. In anderen Programmen ist die Förderung ausländischer Partner aufgrund der Richtlinien, die bei solchen Programmen immer mit verabschiedet werden, ausgeschlossen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zweite Zusatzfrage, Herr Braun? - Bitte schön.

Prof. Dr. Helge Braun (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003510, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ich werde die Frage, um die es mir eigentlich geht, präzise stellen: Erhalten deutsche Unternehmen, die ein Verbundprojekt mit ausländischen Partnern durchführen, genauso eine Förderung wie deutsche Unternehmen, die mit deutschen Partnern in einem Verbundprojekt sind? Gilt dies auch für die von Ihnen erHelge Braun wähnten Programme des Bundesministeriums für Bildung und Forschung?

Rezzo Schlauch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002777

Da ich nicht so nah an den Programmen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung dran bin, kann ich dies nicht mit letzter Sicherheit sagen. In diesem Fall jedenfalls - das kann ich wiederholen - werden Förderungen nur dann gewährt, wenn Deutsche mit deutschen Firmen kooperieren, nicht aber dann, wenn sie mit ausländischen Firmen zusammenarbeiten. Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, kam dies in der von mir vorgelesenen Antwort sehr klar zum Ausdruck.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Wir kommen zur Frage 9 der Kollegin Dr. Gesine Lötzsch: Trifft es zu, dass der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Ditmar Staffelt am 20. Januar 2000, damals Fraktionsvorsitzender der SPD im Berliner Abgeordnetenhaus, als Aufsichtsratsmitglied der Landesbank Berlin, LBB, einer Vorlage, in der die Übernahme von Bußgeldern in Höhe von 400 000 DM, die gegen Vorstandsmitglieder wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung verhängt wurden, durch die Bank empfohlen wurde, zugestimmt hat - „Berliner Zeitung“ vom 20. Juni 2003 -, und wenn ja, ist die Bundesregierung der Meinung, dass ein Staatssekretär, der Bankvorstände, die Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet haben, mit Steuergeldern von Bußgeldern befreit, geeignet ist, den bundesdeutschen Steuerbürger zu mehr Steuerehrlichkeit zu bewegen?

Rezzo Schlauch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002777

Frau Kollegin Lötzsch, der im ersten Teil Ihrer Frage erwähnte Beschluss des Aufsichtsrates der Landesbank Berlin, LBB, fällt nicht in den Verantwortungsbereich der Bundesregierung. Die Bundesregierung sieht im Übrigen keinen Zusammenhang zwischen der Zahlung von Bußgeldern aus Mitteln der LBB und dem Bemühen um mehr Steuerehrlichkeit, der im zweiten Teil der Frage hergestellt ist.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine Zusatzfrage? - Bitte schön.

Dr. Gesine Lötzsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003584, Fraktion: Fraktionslos (Fraktionslos)

Herr Staatssekretär Schlauch, dass es nicht in Ihre Kompetenz fällt, im Aufsichtsrat der Landesbank Beschlüsse zu fassen, ist mir natürlich bewusst. Ich hatte bereits am 8. Dezember nach der fachlichen Kompetenz des Staatssekretärs Staffelt im Zusammenhang mit der Landesbank gefragt; die Antwort war ähnlich ausweichend. Daher frage ich nach, ob Ihnen bekannt ist und vielleicht auch von der Bundesregierung diskutiert wurde, dass sich der Untersuchungsausschuss im Berliner Abgeordnetenhaus, der sich mit der Aufklärung der Bankenaffäre befasst, sehr verärgert darüber war - er hat dieser Verärgerung auch in einer Pressekonferenz öffentlich Ausdruck gegeben -, dass ausgerechnet Staatssekretär Dr. Staffelt die Aufklärungsarbeit des Ausschusses behindert hat, indem er nicht bereit war, entsprechende Fragen zu beantworten.

Rezzo Schlauch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002777

Mir sind Vorgänge in Untersuchungsausschüssen des Landes Berlin nicht bekannt; ich habe sie auch nicht zu bewerten.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zweite Zusatzfrage.

Dr. Gesine Lötzsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003584, Fraktion: Fraktionslos (Fraktionslos)

Herr Staatssekretär Schlauch, bei der Beantwortung meiner Frage vom 8. Dezember durch Herrn Staatssekretär Andres hat die Bundesregierung den Eindruck erweckt, dass sie sich mit den fachlichen Kompetenzen ihrer Staatssekretäre befasst; ich denke, das ist auch völlig richtig so. Natürlich sollte dies die Frage einschließen, ob sie politische Aufklärungsarbeit in Angelegenheiten, die letztlich auch den Bundeshaushalt betreffen, unterstützen will. In ihrer Antwort vom 8. Dezember hat die Bundesregierung ausgeführt, Herr Staatssekretär Staffelt habe nur politische Verantwortung für die Konstruktion der Bankgesellschaft übernommen, aber keinerlei Einfluss auf die fachliche Kontrolle gehabt. Daher frage ich, ob nicht die Mitgliedschaft in einem Aufsichtsrat aus Sicht der Bundesregierung auch etwas mit fachlicher Kontrolle zu tun hat.

Rezzo Schlauch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002777

Ich wiederhole, dass die Bundesregierung die Vorgänge in einem Untersuchungsausschuss auf Landesebene und damit zusammenhängende Fragen weder im Einzelnen verfolgt noch bewertet. Im Übrigen kommt es dann, wenn Organe von Institutionen für ihr Verhalten zu haften haben, meistens zu einer so genannten Organhaftung, mit der keine persönliche Haftung verbunden ist. Insofern ist das Verfahren in diesem Fall nicht unüblich. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine weitere Frage stellt der Kollege Jürgen Koppelin.

Dr. h. c. Jürgen Koppelin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001180, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, wenn ein Mitglied des Deutschen Bundestages eine Frage stellt, die - wie das bei der Frage der Kollegin der Fall ist - einen Staatssekretär betrifft, wird dann in Ihrem Hause darüber diskutiert, wie man diese Frage beantwortet? In diesem Zusammenhang möchte ich wissen, ob Sie mit dem in der Frage genann4550 ten Staatssekretär über die Angelegenheit gesprochen haben, um sich selbst zu informieren.

Rezzo Schlauch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002777

Ich habe mich sowohl mit denjenigen aus dem Haus, die mit der Beantwortung der Frage befasst sind, als auch mit dem Kollegen Staatssekretär diesbezüglich besprochen; wobei ich mich in tieferem Maße zur Beantwortung der Frage mit dem Sachbearbeiter auseinander gesetzt habe. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Die Frage 10 der Abgeordneten Gudrun Kopp sowie die Frage 11 des Abgeordneten Max Straubinger sollen schriftlich beantwortet werden. - Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Wir kommen dann zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Hans Georg Wagner zur Verfügung. Zunächst rufe ich die Frage 12 des Kollegen Günther Friedrich Nolting auf: Welche rechtliche und politische Grundlage gibt es für den Abzug der im Rahmen von Enduring Freedom in Kuwait stationierten ABC-Kräfte der Bundeswehr?

Hans Georg Wagner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002406

Herr Kollege Nolting, ein Verbleib deutscher ABCAbwehrkräfte in Kuwait ist nach Auflösung der im Rahmen der Operation Enduring Freedom übergeordneten Combined Joint Taskforce zum 30. Mai 2003 nicht mehr erforderlich. Die zuletzt noch vor Ort befindlichen Soldatinnen und Soldaten sind gestern Abend in die Heimat zurückgekehrt.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage, Kollege Nolting.

Günther Friedrich Nolting (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001622, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, trifft es nicht zu, dass der ursprüngliche Anlass, die Soldaten dort zu stationieren, die Terrorismusbekämpfung gewesen ist - ich fasse das jetzt einmal darunter -, und ist diese Bedrohung jetzt entfallen?

Hans Georg Wagner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002406

Ja, zumindest ist die Bedrohung, die vom Irak ausgegangen ist, entfallen und damit auch der Grund der dortigen Stationierung unserer Soldatinnen und Soldaten.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zweite Zusatzfrage.

Günther Friedrich Nolting (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001622, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Erinnere ich mich richtig, dass vonseiten der Bundesregierung immer betont wurde, dass diese Soldaten nicht wegen des seinerzeit anstehenden Irakkrieges dort stationiert wurden, und hat sich diese Meinung der Bundesregierung jetzt geändert?

Hans Georg Wagner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002406

Nein, Sie erinnern sich genau richtig. Es waren terroristische Angriffe seitens des Iraks zu erwarten und nach Lage der Dinge ist diese Gefahr jetzt entfallen. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Wir kommen dann zur Frage 13: Wann ist mit dem Entwicklungsabschluss der Drohne Taifun für die Bundeswehr zu rechnen und wann ist mit deren Zulauf in die Truppe zu rechnen?

Hans Georg Wagner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002406

Herr Kollege Nolting, aufgrund massiver technischer Probleme im Verlauf der Entwicklung des Vorhabens „Kampfdrohne Heer - Taifun“, die zu einer 24-monatigen Programmverzögerung führten, sowie erheblicher Kostensteigerungen hinsichtlich der Beschaffung wird zurzeit mit dem Unternehmen über die einvernehmliche Beendigung des Vertrages verhandelt. Da die Forderung des Bedarfsträgers nach abstandsfähiger, präziser Waffenwirkung in der Tiefe unverändert besteht, werden in einem neu abzuschließenden risikogeminderten Forschungs- und Technologievertrag neue technische Ansätze für die Fortführung des Vorhabens untersucht. Diese Untersuchung läuft zurzeit. Das Bundesministerium der Verteidigung hat überdies die Berichterstatter zum Einzelplan 14 bereits mehrfach ausführlich über den Stand des Vorhabens und die beabsichtigte weitere Vorgehensweise informiert, zuletzt noch letzte Woche.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Erste Zusatzfrage, Kollege Nolting.

Günther Friedrich Nolting (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001622, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, können Sie uns mitteilen, ob es schon eine Zeitschiene gibt, sodass abschätzbar ist, wann mit dem Zulauf zu rechnen ist, und - ich füge die zweite Zusatzfrage gleich an - sind schon entsprechende Ver- träge abgeschlossen worden oder in Vorbereitung?

Hans Georg Wagner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002406

Die Verträge zur Weiterführung der Maßnahme mit geänderten Anforderungen sind in Vorbereitung. Ein Ab- schluss könnte nach Aussagen, die uns gegenüber auch von der Firma gemacht worden sind, noch in diesem Monat erfolgen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Wir kommen zur Frage 14 der Kollegin Ina Lenke: Wie plant die Bundesregierung, die durch die Verabschie- dung des Kriegsdienstverweigerungs-Neuregelungsgesetzes mögliche Kosteneinsparung in Höhe von 2,4 Millionen Euro, bei 66 nicht mehr benötigten Planstellen im Bereich des Bundesministeriums der Verteidigung, konkret herbeizu- führen?1)

Hans Georg Wagner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002406

Frau Kollegin Lenke, als Folge der Neuregelung des Rechts der Kriegsdienstverweigerung wird die territoriale Wehrverwaltung um die in den Ausschüssen und Kammern für Kriegsdienstverweigerung anfallenden Aufgaben entlastet. Zur Abdeckung dieser Aufgaben wurden bislang 66 zivile Haushaltsstellen im Stellenplan des Verteidigungshaushaltes in Anspruch genommen, was jährlichen Ausgaben von circa 2,4 Millionen Euro entspricht. Das Bundesverteidigungsministerium ist in gleicher Weise wie alle übrigen Bundesressorts verpflichtet, die gesetzliche Einsparauflage von derzeit 1,5 Prozent durch Reduzierung des Haushaltsstellenbestandes zu erfüllen. Tatsächlich leistet das Bundesverteidigungsministerium jedoch bereits seit mehreren Jahren eine weitaus höhere jährliche Einsparung des zivilen Stellenbestandes. In der Ausplanung für die kommenden Jahre sind unter anderem auch die für die KDV-Angelegenheiten nicht mehr benötigten Haushaltsstellen berücksichtigt. Ein Nachvollzug der Verlagerung der KDV-Aufgaben in den Stellenplänen des Bundesverteidigungsministeriums und des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ist nicht möglich.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Frau Lenke, eine Zusatzfrage, bitte.

Ina Lenke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003170, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, ich möchte Sie doch bitten, etwas konkreter zu werden. Wie plant die Bundesregierung die durch die Verabschiedung des Kriegsdienstverweige- rungs-Neuregelungsgesetzes möglichen Kosteneinspa- rungen konkret herbeizuführen?

Hans Georg Wagner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002406

Die Stellen sind im allgemeinen Stellenpool enthal- ten. Man kann also nicht festmachen, wo die Einsparun- gen wirklich vorgenommen werden. Bezüglich der wei- teren Finanzierung erhöhten Vollzugsaufwandes ist Einvernehmen zwischen dem Bundesfinanzminister, un- serem Hause und dem betroffenen Ministerium erzielt 1) siehe hierzu auch Frage 18 worden, dass die Kosten in diesem Jahr aus dem Einzelplan 14 erstattet werden und ab dem nächsten Jahr in den dafür zuständigen Einzelplan des Haushalts 2005 aufgenommen werden.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Weitere Zusatzfrage? - Nein. Ihre zweite Frage, Frau Kollegin Lenke, wird unter einem anderen Geschäftsbereich beantwortet. Wir kommen jetzt zur Frage 15 der Kollegin Petra Pau; diese Frage soll - abweichend von der Drucksache vom Parlamentarischen Staatssekretär Rezzo Schlauch beantwortet werden: Trifft es zu, dass die Bundesrepublik Deutschland auch unter der gegenwärtigen Bundesregierung eine Ratifizierung der ILO/IAO-Konvention Nr. 169 von 1989 und damit den Beitritt Deutschlands zu diesem bisher einzigen internationalen Vertragswerk zum umfassenden Schutz der indigenen Völker nicht realisiert hat und damit einer wichtigen Verpflichtung der langfristigen Krisenprävention nicht nachkommt, und trifft es weiterhin zu, dass ein Beitritt unter Hinweis auf das im Rahmen der NATO mit Kanada bestehende Abkommen über Ausbildungsflüge bundesdeutscher Flugstaffeln über Kanada und die dadurch berührten Lebensräume von Menschen, die zu den betroffenen indigenen Völkern gehören, nach wie vor verhindert wird?

Rezzo Schlauch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002777

Frau Kollegin Pau, die Bundesregierung hat die Prüfung der Ratifizierbarkeit des Übereinkommens Nr. 169 der Internationalen Arbeitsorganisation über eingeborene und in Stämmen lebende Völker bisher nicht abgeschlossen. Die Prüfung durch die betroffenen Ressorts konnte deshalb noch nicht abschließend vorgenommen werden, weil von insgesamt drei an das Internationale Arbeitsamt gerichteten Interpretationsanfragen betreffend das Überkommen Nr. 169 eine noch nicht beantwortet wurde. Sollte die Ratifikation des Übereinkommens Nr. 169 zur Folge haben, dass bundesdeutsche Ausbildungsflüge aufgrund des Abkommens mit Kanada nicht mehr durchgeführt werden können, könnte sich dieser Umstand als Ratifikationshindernis erweisen. Ein Zusammenhang zwischen einer etwaigen Ratifizierung des Übereinkommens Nr. 169 und der langfristigen Krisenprävention ist für die Bundesregierung nicht erkennbar.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage, Frau Pau.

Petra Pau (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003206, Fraktion: Fraktionslos (Fraktionslos)

Herr Staatssekretär, beabsichtigt die Bundesregierung, in der weiteren Ausgestaltung ihrer Verhandlungen über die Beziehungen der EU mit den Mercosur-Staaten eine Veränderung ihrer bisherigen Position vorzunehmen und zum Beispiel gemeinsame Initiativen mit Brasilien zum Beitritt beider Länder zu dieser Konvention zu unternehmen?

Rezzo Schlauch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002777

Eine solche Absicht ist mir nicht bekannt. Ich bin aber gern bereit, nachzufragen, ob die Bundesregierung diesbezügliche Initiativen plant. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Danke, Herr Staatssekretär. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes- ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Zur Beantwortung der Fragen steht die Parlamentarische Staatssekretärin Christel Riemann-Hanewinckel zur Ver- fügung. Die Fragen 16 und 17 der Kollegin Maria Eichhorn sollen schriftlich beantwortet werden. Ich rufe daher die Frage 18 der Kollegin Ina Lenke auf: Warum kann nach Auffassung der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Renate Schmidt, nicht sofort eine vollkommene Angleichung der Dauer von Zivil- und Wehrdienst vollzogen werden, sondern frühestens nach einer Entscheidung über die zukünftige Länge des Wehrdiens- tes - Interview in der „Frankfurter Rundschau“ vom 21. Juni 2003?1)

Christel Hanewinckel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000802

Frau Kollegin Lenke, beide Entscheidungen, die Änderung des Wehrpflichtgesetzes und die Änderung des Zivildienstgesetzes, erfordern ein Gesetzgebungsverfahren. Die entsprechenden Änderungen beider Gesetze sind aufeinander abzustimmen. Deshalb ist die Entscheidung über die Dauer des Grundwehrdienstes abzuwarten. Erst danach können die Konsequenzen für den Zivildienst gezogen werden.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage, Frau Kollegin Lenke.

Ina Lenke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003170, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Staatssekretärin, jetzt wird es langsam komisch. Am 1. Juli sollten Minister Struck und die SPD-Bundes- tagsfraktion zusammen mit den Grünen über die Dauer des Grundwehrdienstes entscheiden. Diese Entschei- dung ist aufgeschoben worden; die aus Ihren wie aus un- seren Reihen gleichermaßen erhobene Forderung, dass die Dauer des Grundwehrdienstes der des Zivildienstes entsprechen soll, steht nach wie vor im Raum. Ich frage Sie: Sorgen Sie dafür, dass die Dauer des Zi- vildienstes ab dem 1. Januar 2004 an die Dauer des Grundwehrdienstes angeglichen wird? 1) siehe hierzu auch Frage 14

Christel Hanewinckel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000802

Frau Kollegin Lenke, ich kann nur noch einmal darauf hinweisen, dass beides eng miteinander zusammenhängt. Wir alle wissen, dass der Zivildienst gegenüber der Wehrpflicht nachrangig ist. Die Entscheidung über die Dauer des Zivildienstes hängt davon ab, welche Entscheidung im Hinblick auf die Wehrpflicht getroffen wird. Über die Dauer des Grundwehrdienstes wird, wie Sie wissen, jetzt noch nicht entschieden, da andere Entscheidungsabläufe vorgesehen sind. Ich kann Ihnen aber versichern, dass es dann, wenn hinsichtlich der Wehrpflicht Klarheit besteht, auch eine Entscheidung zum Zivildienst geben wird. Ich nenne ein Beispiel: Wenn entschieden ist, dass die Dauer des Grundwehrdienstes weiter neun Monate beträgt, dann wird es eine Prüfung hinsichtlich der Belastung der beiden Dienste und wahrscheinlich eine zeitnahe Entscheidung über diese Frage geben. Wir von unserer Seite treten dabei dafür ein, dass der Zivildienst von heute zehn auf neun Monate verkürzt wird.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Ihre zweite Zusatzfrage, Frau Lenke.

Ina Lenke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003170, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Staatssekretärin, Sie wissen, dass man die alte Begründung schon lange nicht mehr anführen kann, warum der Zivildienst einen Monat länger dauern muss. Vor diesem Hintergrund frage ich Sie, ob Sie nicht sofort einen Gesetzentwurf einbringen können - unabhängig davon, wann die Bundesregierung ihre Entscheidungen trifft; anscheinend kommen Sie in diesem Jahr nämlich nicht zu einer Entscheidung -, der besagt, dass der Zivildienst ab sofort neun Monate und damit genauso lang wie der Grundwehrdienst dauern soll.

Christel Hanewinckel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000802

Frau Kollegin Lenke, es ist nicht so einfach, das zu ändern, wie Sie es hier gerade dargestellt haben. Bevor verkürzt werden kann, muss verglichen werden - ich denke, das wissen alle hier im Haus -, wie hoch die tatsächliche Belastung bei den Wehrpflichtigen und bei den Zivildienstleistenden ist. Wir wissen, dass sich in der letzten Zeit einiges geändert hat. Ein wesentlicher Grund, warum es im Moment keinen Sinn macht, die Zeit des Zivildienstes zu verkürzen, ist der, dass wir uns in Zukunft, vielleicht in einem Vierteljahr, mit Blick auf den Wehrdienst neu orientieren werden. Deshalb muss das zusammen passieren. Der zweite Grund, weshalb eine Änderung zurzeit nicht nur nicht klug, sondern für alle Betroffenen nicht hinnehmbar wäre, ist folgender: Sowohl die Zivildienstleistenden als auch die Zivildienststellen haben sich für dieses Jahr - Sie wissen, dass die Haupteinberufungszeit für den Zivildienst im Oktober ist - auf die jetzige SituaParl. Staatssekretärin Christel Riemann-Hanewinckel tion eingestellt. Wenn wir infolge einer Überprüfung der Dauer des Grundwehrdienstes von neun Monaten dahin kommen, zu sagen, wir können auch den Zivildienst auf neun Monate verkürzen, dann macht es großen Sinn, die Änderung zum übernächsten Zivildienstjahr, das heißt ab dem Jahre 2004, in Geltung zu setzen. Sie fordern, mit dem Gesetzgebungsverfahren sofort zu beginnen und die Änderung vorzunehmen. Das macht - das meine ich nicht ironisch - keinen Sinn. Jetzt haben wir Juli. Wenn wir am Ende des Jahres so weit wären, dann wäre mit dem 1. Januar auch nicht gedient, weil eben die Haupteinberufung zum Zivildienst im Oktober eines jeden Jahres ansteht.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine weitere Frage des Kollegen Nolting.

Günther Friedrich Nolting (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001622, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Staatssekretärin, wann werden Sie denn eine Entscheidung treffen, wie es mit der Wehrpflicht weitergehen soll? Würden Sie bei Ihren weiteren Überlegungen auch die Forderung der FDP einbeziehen, die Wehrpflicht auszusetzen?

Christel Hanewinckel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000802

Herr Kollege Nolting, die Frage, wann wir die Entscheidung treffen werden, kann ich Ihnen jetzt hier nicht beantworten. Es ist nicht der richtige Ort ({0}) - Moment! -, um hier darüber befinden zu können, wann in den Parteien Entscheidungen gefällt werden. Sie müssen verstehen, dass ich als Parlamentarische Staatssekretärin des Bundesministeriums Ihnen und dem Parlament gegenüber das nicht beantworten kann. Ich gehe aber davon aus - das ist meine persönliche Meinung -, dass darüber im Laufe des Jahres entschieden wird. Zu Ihrem zweiten Teil der Frage. Die Wehrpflicht werden wir vermutlich nicht aussetzen. Sie wissen aber aus der Berichterstattung und sicherlich auch aus Gesprächen, dass es in der SPD ähnliche Überlegungen gibt. Natürlich wird darüber eine Debatte geführt werden. Allerdings muss ich sagen: Der Begriff Aussetzen bedeutet, wenn ich ihn ernst nehme, dass wir die Wehrpflicht irgendwann wieder einführen. Deshalb geht Ihre Frage nicht in die richtige Richtung. Wenn darüber zu befinden ist, dann muss eine Entscheidung getroffen werden, ob es bei der Wehrpflicht bleibt oder ob sie tatsächlich aufgehoben wird.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine weitere Frage des Kollegen Koppelin.

Dr. h. c. Jürgen Koppelin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001180, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Staatssekretärin, erinnere ich mich richtig, dass die SPD, als sie in der Opposition war, immer wieder die Forderung erhoben hat, die jetzt auch die Kollegin Lenke aufgestellt hat, nämlich die Forderung nach der Angleichung der Dauer von Zivil- und Grundwehrdienst? Sie regieren jetzt fünf Jahre und haben es immer noch nicht geschafft, dies umzusetzen. Können Sie mir erklären, warum Sie das, was Sie in der Opposition gefordert haben - Sie persönlich waren ja auch dabei -, bis heute nicht umgesetzt haben?

Christel Hanewinckel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000802

Warum wir das nicht umgesetzt haben, will und kann ich Ihnen nicht beantworten. ({0}) Aber Sie wissen genauso gut wie ich, dass dabei eine Reihe von Punkten mit zu bedenken ist und geprüft werden muss. Außerdem gab es unterschiedliche Aussagen über die Belastungen. ({1})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Herr Kollege Koppelin, Sie hatten eine Frage. ({0})

Christel Hanewinckel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000802

Ich kann nur wiederholen: Genauso wie Ministerin Schmidt gehe ich davon aus, dass wir uns dann, wenn die Entscheidung für die Wehrpflicht gefallen ist - das ist ja die Voraussetzung -, auch über den Zivildienst unterhalten müssen. Wir gehen davon aus, dass es dann die zeitliche Angleichung geben wird.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine weitere Frage des Kollegen Dörflinger.

Thomas Dörflinger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003069, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, können Sie ausschließen oder bestätigen, dass die Einsparungen in Kapitel 17 04 des Einzelplanes 17 des Bundeshaushalts für das Jahr 2004 in einem Zusammenhang mit der möglichen Dauer des Zivildienstes stehen?

Christel Hanewinckel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000802

Das kann ich für 2004 ausschließen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine weitere Frage des Kollegen Heinrich.

Ulrich Heinrich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000851, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Staatssekretärin, ist Ihnen bekannt, dass wichtige Kabinettsmitglieder wie die Frau Familienministerin, die Frau Staatsministerin im Auswärtigen Amt Müller und Frau Staatssekretärin Vogt der Meinung sind, dass die Wehrpflicht abgeschafft werden sollte?

Christel Hanewinckel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000802

Das ist mir bekannt.

Ulrich Heinrich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000851, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Was ist das denn dann für ein Schluss, den Sie heute daraus ziehen, indem Sie uns bis zum Ende des Jahres vertrösten?

Christel Hanewinckel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000802

Ich vertröste Sie nicht, um das noch einmal klarzustellen. Aber Sie alle wissen doch, dass die Dauer des Zivildienstes immer auch von der Dauer des Grundwehrdienstes abhängig ist. Davon gehe ich zurzeit aus, da das die geltende Gesetzeslage ist. Das, was dann kommt, werden wir, wie ich eben schon dargestellt habe, nicht nur prüfen, sondern darüber werden wir auch in diesem Hause zu befinden haben. Wenn es denn eine Änderung bzw. die weitere Festlegung der Dauer des Grundwehrdienstes auf neun Monate gibt, dann sind wir hier am Zuge, um zu klären, wie lang der Zivildienst dauern soll.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung. Die Fragen 19 und 20 des Kollegen Hartwig Fischer sollen schriftlich beantwortet werden. Damit kommen wir zur Frage 21 des Kollegen Helge Braun: Trifft es zu, dass nach der Approbationsordnung für Ärzte für jeden Studienabschnitt eine bestimmte Studiendauer vorgeschrieben wird, sodass auch bei vorzeitigem Erbringen aller Leistungsnachweise eine Verkürzung des Studiums durch früheres Ablegen des jeweiligen Staatsexamens nicht möglich ist, und, wenn ja, hält die Bundesregierung diese Regelung für richtig? Zur Beantwortung steht die Parlamentarische Staatssekretärin Marion Caspers-Merk zur Verfügung.

Marion Caspers-Merk (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000325

Sehr geehrter Kollege Braun, nach § 1 Abs. 3 der Approbationsordnung für Ärzte ist für das Ablegen der einzelnen ärztlichen Staatsprüfungen bzw. Prüfungsabschnitte eine Mindeststudiendauer vorgesehen. Im Einzelnen lautet die Regelung wie folgt: Die Prüfungen nach Abs. 2 Nr. 6 werden abgelegt: 1. die Ärztliche Vorprüfung nach einem Studium der Medizin von zwei Jahren, 2. der Erste Abschnitt der Ärztlichen Prüfung nach einem Studium der Medizin von einem Jahr nach Bestehen der Ärztlichen Vorprüfung, 3. der Zweite Abschnitt der Ärztlichen Prüfung nach Bestehen des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung und einem Studium der Medizin von drei Jahren nach Bestehen der Ärztlichen Vorprüfung und 4. der Dritte Abschnitt der Ärztlichen Prüfung nach einem Studium der Medizin von einem Jahr nach Bestehen des Zweiten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung. Ein früheres Ablegen der entsprechenden Prüfungen ist somit nicht möglich. Damit komme ich zu der Frage, ob die Bundesregierung der Auffassung ist, dass diese Regelung zielführend und sachgemäß ist. Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass diese Regelung richtig ist, da die Studienstruktur auf diese Zeiträume angelegt ist und mit Erwerb der Leistungsnachweise lediglich die Mindestvorgaben erfüllt werden. Leistungsstarke Studierende haben die Möglichkeit der Vertiefung bis hin zur Erstellung einer Doktorarbeit. Darüber hinaus ist schon allein nach den Vorgaben in der Richtlinie 93/16/EWG eine Studienzeit von mindestens sechs Jahren vorgegeben, sodass ein früheres Ablegen einer Prüfung letztlich nicht zu einer Reduzierung der Gesamtstudienzeit führen dürfte, da ansonsten die durch die oben genannte Richtlinie gewährleistete EUweite Anerkennung des Examens nicht mehr gegeben wäre. Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass wir die EU-Regelungen übernehmen sollten, damit den Absolventen des Humanmedizinstudiums die Möglichkeit eröffnet wird, auch in anderen EU-Mitgliedstaaten ihren Beruf auszuüben.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage, Kollege Braun.

Prof. Dr. Helge Braun (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003510, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass wir darüber diskutieren, dass die Lebensarbeitszeit länger werden soll und die Studiengänge gestrafft werden sollen, stellt sich mir die Frage: Ist die Bundesregierung nicht der Auffassung, dass ein Student, der die Leistungsnachweise - gegebenenfalls auch mit einem guten Ergebnis schneller erbringt, selbstständig darüber entscheiden können sollte, ob er seine Studien schneller abschließt? Umgedreht: Wenn man für jeden einzelnen Studiengang konkret festlegt, wie lang er mindestens zu sein hat, führt das dazu, dass man eine Verlängerung in einem Studienabschnitt in einem anderen Studienabschnitt nicht mehr aufholen kann, sodass es auch dadurch zu einer Verlängerung der Studienzeiten kommt. Deshalb frage ich Sie: Glauben Sie, dass der Eigeninitiative der Studenten damit in geeigneter Weise entgegengekommen wird? Ist es nicht vielmehr eine Regulation, die nicht mehr zeitgemäß ist?

Marion Caspers-Merk (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000325

Herr Kollege, ich habe auf die EU-rechtlichen Aspekte verwiesen. Innerhalb der EU hat man sich darauf verständigt, dass es einer Mindeststudienzeit von sechs Jahren bedarf, um als Arzt oder Ärztin europaweit tätig werden zu können. Daher würde es wenig Sinn machen, national andere Regelungen vorzusehen und dadurch den jungen Medizinerinnen und Medizinern die Möglichkeit zu nehmen, ihren Beruf EU-weit ausüben zu können. Darüber hinaus hat sich die EU ausdrücklich gegen die so genannte Freischussregelung ausgesprochen. Somit bleibt auch uns diese Möglichkeit verwehrt. Mit der neuen Approbationsordnung haben wir durch die Modernisierung der Studieninhalte dazu beigetragen, dass auch für diejenigen, die die Prüfungen jetzt ablegen, eine qualitativ hochwertige Ausbildung sichergestellt wird und dass genügend Zeit bleibt, um die Dissertation vorzubereiten. Eine andere Flexibilisierung ist uns aufgrund der EU-rechtlichen Vorgaben nicht möglich.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zweite Zusatzfrage.

Prof. Dr. Helge Braun (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003510, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Stützt die Bundesregierung die Meinung, die seitens der EU hier vorgegeben wird, ungeteilt oder wäre sie auch bereit, in Verhandlungen für eine Flexibilisierung zu treten?

Marion Caspers-Merk (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000325

Herr Kollege Braun, ich habe Ihnen eben schon dargelegt, dass wir innerhalb der EU über die so genannte Freischussregelung verhandelt haben. Wir haben diese Flexibilisierungsmöglichkeit ausgelotet. Wir haben uns mit dieser Forderung aber nicht durchsetzen können. Da wir wollen, dass Freizügigkeit künftig auch in der Berufsausübung herrscht, macht es Sinn, dass wir die Mindestauflagen und -studienzeiten einhalten.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen. Die Fragen 22 und 23 sollen schriftlich beantwortet werden. Wir kommen dann zur Frage 24 des Kollegen Michael Kretschmer: Plant die Bundesregierung für das zu gründende Osteuropazentrum für Wirtschaft und Kultur eine zentrale Projektmittelverantwortlichkeit für die Osteuropaforschung in der Bundesrepublik Deutschland, und wann gibt die entsprechende Expertenrunde, die bis Ende Juli 2003 berät, ihre Empfehlung für einen der vier Bewerber ab? Zur Beantwortung steht die Parlamentarische Staatssekretärin Angelika Mertens zur Verfügung.

Angelika Mertens (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002734

Herr Kollege Kretschmer, die Bundesregierung hat die in der Antwort vom 30. Juni dieses Jahres auf Ihre schriftliche Frage genannten Experten gebeten, ihre Stellungnahmen zu den von den vier Bundesländern vorgelegten Konzeptentwürfen für ein Osteuropazentrum für Wirtschaft und Kultur bis zum 14. Juli 2003 zu übermitteln. Eine Neustrukturierung der Verantwortlichkeiten für Projektmittel ist von der Bundesregierung weder beabsichtigt noch wird sie in den Konzeptentwürfen angeregt.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage, Kollege Kretschmer.

Michael Kretschmer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003572, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, die Kompetenz des Verkehrsministeriums für die Kultur- und Osteuropaforschung ist selbsterklärend. Deswegen will ich Sie fragen: Können Sie uns erläutern, ob es auch in anderen Bereichen, zum Beispiel in den Bereichen Sinologie, Afrikanistik und Ähnliches, geografisch abgegrenzte Forschungsinstitute gibt, die die Forschung in diesem Bereich koordinieren sollen, so wie das beim Osteuropazentrum für die Osteuropaforschung geplant ist?

Angelika Mertens (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002734

Sie trauen dem Verkehrsministerium eine ganze Menge zu, aber ich kann Ihnen nicht sagen, ob das so ist. Ich kann Ihnen aber sagen, dass wir uns in einer besonderen Situation befinden. Der Beitritt der MOE-Staaten wird uns mit der Notwendigkeit konfrontieren, eine Koordinierungs- und Netzwerkfunktion aufzubauen. Genau deshalb soll dieses Osteuropazentrum - man sollte eher sagen: Mittelosteuropazentrum - seine Arbeit aufnehmen. Das, was gemacht werden kann, ist unbestritten: Zum einen geht es um die Arbeit der Bundesrepublik, um mit den MOE-Staaten Kontakt zu halten, zum anderen ist der einzelne Bürger gefordert, Aufklärung zu betreiben. Beides ist eine gute Sache.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zweite Zusatzfrage.

Michael Kretschmer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003572, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Es ist unbestritten, dass die Osterweiterung und die Integration wichtige Aufgaben sind. Natürlich handelt es sich mehr um Mitteleuropa. Niemand möchte im Übrigen zu Osteuropa gehören. Selbst in Russland, das ganz am Rande Europas liegt, definiert man sich über Mitteleuropa. Ich möchte noch folgende Frage anschließen. In Deutschland arbeiten mehr als 2 000 Menschen in irgendeiner Art und Weise in der Osteuropaforschung. In diesem Bereich werden mehrere Hundert Millionen Euro jedes Jahr an Forschungsmitteln umgesetzt. In der Wirtschaft gibt es die IHK sowie Wirtschafts, -forschungsund Beratungsunternehmen. Nun will die Bundesregierung ein Osteuropazentrum mit zehn oder 15 Stellen als Kopfstelle einrichten. Das hat Herr Matschie im Ausschuss für Bildung und Forschung gesagt. Wie sollen bitte schön diese zehn oder auch 15 Personen 2 000 Menschen koordinieren und vernetzen? Ist das eine gängige Lösung? Ist das nicht vielmehr eine Beruhigungspille, die die Bundesregierung ausgeben möchte, um zu beweisen, dass sie etwas für die Osterweiterung tut?

Angelika Mertens (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002734

Ihre indirekte Frage, ob dieses Institut eine Konkurrenzveranstaltung ist, beantworte ich mit Nein. Einige wenige gute Leute können diese Netzwerkfunktion durchaus wahrnehmen. Das ist genau die Aufgabe, die das Mittelosteuropazentrum erfüllen soll. Also noch einmal: Es ist keine Konkurrenzveranstaltung, sondern die Wahrnehmung einer Netzwerkfunktion.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine weitere Frage des Kollegen Braun.

Prof. Dr. Helge Braun (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003510, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich habe eine Frage zur inhaltlichen Ausgestaltung. Welche inhaltlichen Schwerpunkte werden mit dem Osteuropazentrum verfolgt? Welche Unterschiede gibt es in den von Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin und Leipzig vorgelegten Konzepten?

Angelika Mertens (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002734

Herr Kollege Braun, vielleicht könnten Sie bis zum 14. Juli warten. Dann werden wir alle Unterlagen vorliegen haben. Fragen Sie mich danach bitte noch einmal. Im Nebel zu stochern, was die Gutachter sagen könnten, bringt nichts. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. Wir kommen dann zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Zur Beantwortung steht die Parlamentarische Staatssekretärin Dr. Uschi Eid zur Verfügung. Wir kommen zunächst zur Frage 25 des Kollegen Dr. Rainer Stinner: Wie beurteilt die Bundesregierung die andauernde Unterstützung von Rebellen in Ituri durch Ruanda und Uganda - vergleiche „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ vom 2. Juni 2003 -, und welche Konsequenzen zieht sie daraus für die weitere Entwicklungszusammenarbeit mit beiden Ländern?

Ursula Eid-Simon (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000454

Herr Abgeordneter Stinner, die Bundesregierung verfügt über Hinweise, dass Milizen in der Region Ituri von Ruanda und Uganda unterstützt werden. MONUC, die UN-Mission, konnte aber bisher nicht abschließend feststellen, ob Ruanda und Uganda Milizen in Ostkongo unterstützen oder dort mit Truppen präsent sind. Allerdings verweist MONUC auf das beschränkte Aktionsfeld seiner Militärbeobachter. Dennoch überprüft die Bundesregierung laufend die Entwicklungszusammenarbeit mit Ruanda und Uganda sowie der Demokratischen Republik Kongo im Lichte der politischen und militärischen Entwicklung. Dabei streben wir eine mit unseren Partnern in der EU abgestimmte Haltung in den internationalen Finanzinstitutionen wie zum Beispiel der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds an. Die Entwicklungszusammenarbeit ist neben anderen Elementen ein wichtiges Element des Einwirkens auf die wichtigsten Akteure des Verhandlungsprozesses in der Region der Großen Seen. Diesen Zusammenhang hat die Bundesregierung in all ihren Gesprächen den Akteuren, auch dem ruandischen Außenminister bei seinem Besuch in Deutschland in der vergangenen Woche, deutlich gemacht.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage, Kollege Stinner.

Dr. Rainer Stinner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003640, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Staatssekretärin, mich würde interessieren, was die Bundesregierung angesichts ihrer Erkenntnisse, auf die Sie Bezug genommen haben, konkret tut, wie die Einwirkungsmöglichkeiten konkret genutzt werden. Teilt die Bundesregierung die Anschauung von Experten, dass allein die Drohung mit dem Entzug der Entwicklungshilfe dazu führen könnte, die Unterstützung für die Rebellen zu reduzieren?

Ursula Eid-Simon (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000454

Herr Abgeordneter Stinner, mir ist kein Experte bekannt, der klar sagt, der Entzug der Entwicklungshilfe durch die Bundesregierung würde die unfriedlichen Akteure in der Region so beeindrucken, dass sie dadurch mit den Gewalttaten aufhören würden. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir die Namen dieser Experten, auf die Sie verweisen, nennen würden. Dann würde ich mich mit ihnen ins Benehmen setzen. Unsere Erfahrung, Herr Abgeordneter Stinner, ist eine andere. Wir haben zum Beispiel die Entwicklungskooperation mit Simbabwe seit dem Jahr 2000 eingefroren. Herr Mugabe hat sich keineswegs von dem Entzug der Entwicklungshilfe beeindrucken lassen. Er macht weiter. Wir hatten Äthiopien und Eritrea die Entwicklungshilfe entzogen, als wir gesehen haben, dass beide in einen Krieg ziehen. Beide Akteure haben sich durch den Entzug der Entwicklungshilfe nicht beeindrucken lassen. Wir haben die Entwicklungshilfe für Indien und Pakistan eingefroren, nachdem Indien und Pakistan Atomwaffentests durchgeführt haben. Beide Länder haben sich von dem Entzug unserer Entwicklungshilfe nicht beeindrucken lassen. Ich wüsste insofern gerne, auf welche Expertisen Sie sich stützen. Ich bin gerne bereit, meine Meinung zu ändern. Aber unsere Erfahrungen weisen eigentlich in eine andere Richtung.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Weitere Zusatzfrage, Kollege Stinner.

Dr. Rainer Stinner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003640, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Staatssekretärin, muss ich Ihrer Antwort entnehmen, dass Sie Herrn Mugabe und die anderen von Ihnen genannten Staatschefs mit den gegenwärtigen Herrschern in Uganda und Ruanda gleichsetzen?

Ursula Eid-Simon (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000454

Das ist nicht der Fall, denn jeder Konflikt hat seine eigene Historie und seine eigene Dynamik. Ich bin nicht bereit, ein Land wie Ruanda zum Beispiel mit Simbabwe gleichzusetzen, weil Ruanda einen Völkermord erlebt hat und 1995 hat mit ansehen müssen, wie die Mörder unter internationaler Kontrolle in den Ostkongo haben fliehen können. Ich habe damals hier im Deutschen Bundestag gefordert, dass man die zivilen Flüchtlinge von den bewaffneten Flüchtlingen trennt. Ein Kollege von Ihnen, den ich sonst sehr schätze, der heute nicht mehr im Deutschen Bundestag ist und damals Ihr außenpolitischer Sprecher war, hat mir widersprochen und gesagt, das könne man gar nicht machen. Hätte man damals die bewaffneten Milizen, Interahamwe und Ex-FAR, die in den Ostkongo geflohen sind, entwaffnet, dann wäre diese Region vielleicht nicht so traumatisiert worden, wie dies in den letzten sieben Jahren der Fall war. Insofern bitte ich darum, dass wir nicht immer ein Land mit einem anderen gleichsetzen. Jedes Land hat seine eigene historische Entwicklung. Deswegen muss man jeden einzelnen Fall anschauen. Trotzdem erlaube ich mir, auf die Frage, die Sie gestellt haben, nämlich ob der Entzug der Entwicklungshilfe wirksam ist, mit Beispielen zu antworten, die belegen, dass das nicht so einfach der Fall ist.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Weitere Frage des Kollegen Ströbele.

Hans Christian Ströbele (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002273, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Staatssekretärin, teilen Sie die Auffassung, dass gerade die Fortsetzung der Entwicklungszusammenarbeit - etwa mit Ruanda - der Bundesregierung und übrigens auch dem Deutschen Bundestag, dem zuständigen Ausschuss und den Delegationen, die nach Ruanda gefahren sind, die hervorragenden Möglichkeiten eröffnet hat, auf die dortige Politik - insbesondere auch auf den Staatspräsidenten - Einfluss zu nehmen, dass Ruanda seine Truppen aus dem Kongo zurückzieht und dass dieser Schritt zumindest weit gehend - möglicherweise sogar vollständig - erfolgreich war und insofern eher ein Argument dafür ist, die Entwicklungszusammenarbeit fortzusetzen, um die Einwirkungsmöglichkeiten gerade in Ruanda zu erhalten und auch weiterhin solche Ergebnisse zu erzielen?

Ursula Eid-Simon (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000454

Ich stimme Ihnen zu, Herr Kollege Ströbele.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Wir kommen zur Frage 26 des Kollegen Stinner: Nach welchen Kriterien entscheidet die Bundesregierung über die Fortsetzung der bisherigen Form der Entwicklungszusammenarbeit mit Uganda und Ruanda als Schwerpunktländer deutscher Entwicklungshilfe und unter welchen Bedingungen würde sie eine Fortsetzung als nicht sinnvoll betrachten?

Ursula Eid-Simon (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000454

Herr Abgeordneter Stinner, die Kriterien unserer Entwicklungskooperation sind die Beachtung der Menschenrechte, die Beteiligung der Bevölkerung an politischen Entscheidungen, Rechtsstaatlichkeit und die Gewährleistung von Rechtssicherheit, Marktwirtschaft und eine sozialorientierte Wirtschaftsordnung sowie entwicklungsorientiertes staatliches Handeln. Dementsprechend stellen die Entwicklungsorientierung staatlichen Handelns, die Armutsorientierung der Regierungspolitik und die Schaffung der für eine wirksame Armutsbekämpfung erforderlichen Rahmenbedingungen durch die Partnerregionen für uns wesentliche Kriterien dar. Das gilt für alle Länder, auch für Ruanda, Uganda und die Demokratische Republik Kongo. Die Zusammenarbeit mit jedem Partnerland - auch mit den drei genannten - wird dann als nicht sinnvoll erachtet, wenn eine wesentliche und dauerhafte Verschlechterung der entwicklungsfördernden Rahmenbedingungen schuldhaft durch die Partnerregierung zu vertreten ist und als Folge weitere Fortschritte in der Armutsbekämpfung nicht zu erwarten sind.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine Zusatzfrage, bitte.

Dr. Rainer Stinner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003640, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Staatssekretärin, könnten Sie noch erläutern, inwiefern Sie gerade in Bezug auf Ruanda und Uganda zwischen Maßnahmen der Entwicklungshilfe, die eindeutig der Armutsbekämpfung dienen, die Menschenrechte fördern etc., und denen, die eventuell zu überprüfen wären, weil sie möglicherweise diesen Zwecken nicht unmittelbar dienen, differenzieren?

Ursula Eid-Simon (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000454

Erlauben Sie mir eine generelle Feststellung. Ich glaube, dass wir ein unterschiedliches Verständnis der Kriterien haben. Es handelt sich dabei nicht um Ausschlusskriterien; vielmehr sind es Orientierungskriterien. Das heißt, wenn unsere Partnerländer anhand dieser Kriterien Maßnahmen zur Verbesserung ihrer Situation durchführen wollen und zum Beispiel Präsident Kabila Wahlen durchführen möchte, würden wir - auch wenn ein Staat wie die Demokratische Republik Kongo derzeit ohne Zweifel nicht demokratisch ist - unsere Unterstützung nicht verweigern. Vielmehr unterstützen wir die kongolesische Regierung, wenn zum Beispiel ein Wählerverzeichnis erstellt werden soll oder Kampagnen zur Bewusstseinsbildung durchgeführt werden sollen. Das Gleiche gilt für Uganda. Ruanda und Uganda können zwar nicht gerade als Beispiele einer Westminster-Demokratie gelten, aber beide Staaten befinden sich auf dem Weg zur Demokratisierung. Als Ruanda kürzlich Kommunalwahlen durchgeführt hat, haben wir die Wahlkommission unterstützt. Wir haben auch die Menschenrechtskommission und die juristische Aufarbeitung des Völkermordes unterstützt. Wir unterstützen die Bekämpfung von Aids; auch in Uganda. Insofern unterstützen wir diese Länder bei dem Bemühen, die Kriterien zu erfüllen, die wir für unsere Kooperation als wichtig erachten. Wenn man diese Kriterien zugrunde legt, dann gibt es auch im Sinne dessen, was Herr Ströbele ausgeführt hat, zurzeit keinen Grund, die Entwicklungskooperation einzustellen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auf der Besuchertribüne hat der Präsident des philippinischen Parlaments, Jose de Venecia, mit einer Delegation Platz genommen. Herr Präsident, wir begrüßen Sie sehr herzlich, wünschen Ihnen einen interessanten und erfolgreichen Aufenthalt in Deutschland und hoffen, dass Sie wohlbehalten nach Hause zurückkehren. ({0}) Die Frage 27 des Kollegen Guido Westerwelle soll schriftlich beantwortet werden. Wir kommen zur Frage 28 des Kollegen Jürgen Koppelin: Trifft die Meldung vom 22. Juni 2003 in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, Seite 2 - Politik, Ausland zu, dass die Bundesregierung auf dem EU-Gipfel keine Mittel zur Bekämpfung von Aids, Malaria und Tuberkulose in den Entwicklungsländern bereitgestellt hat und dadurch ein entsprechender Beschluss verhindert wurde?

Ursula Eid-Simon (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000454

Herr Kollege Koppelin, es war nicht geplant, auf dem Europäischen Rat in Thessaloniki eine feste Zusage für den Globalen Fonds zur Bekämpfung von HIV/Aids, Tuberkulose und Malaria zu vereinbaren. Mangels einer durchstrukturierten Bedarfsanalyse wurde auch davon abgesehen, für die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten der Europäischen Union eine konkrete Zielgröße für weitere Beiträge in den Blick zu nehmen oder einen Verteilungsschlüssel für die Festlegung von Beiträgen durch die einzelnen Mitgliedstaaten und die Kommission zu vereinbaren. Das heißt, es war nicht geplant, auf diesem Gipfel Mittel zur Bekämpfung von HIV/Aids, Malaria und Tuberkulose in den Entwicklungsländern bereitzustellen. Ich möchte noch hinzufügen, dass das Abschlussdokument des Europäischen Rates, auf das Sie Bezug nehmen, keine Festlegung zur Finanzierung der internationalen HIV/Aids-Bekämpfung, sondern nur Überlegungen zu einem von mehreren Finanzierungsinstrumenten enthält, nämlich zu dem genannten Fonds. Er ist, wie gesagt, nur ein Instrument von vielen. Insofern treffen Sie mit der Frage, die Sie gestellt haben, nicht ganz den Inhalt des Abschlussdokuments.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Koppelin.

Dr. h. c. Jürgen Koppelin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001180, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Staatssekretärin, wenn ich Sie richtig verstehe - das gilt vor allem für den ersten Teil Ihrer Ausführungen -, dann ist dieses Thema auf dem Gipfel gar nicht angesprochen worden.

Ursula Eid-Simon (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000454

Doch, es ist angesprochen worden. Aber es ist keine Bedarfsanalyse auf den Tisch gelegt worden, anhand deren bestimmte Beiträge der einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder der Kommission festgelegt worden wären. Es ist auch kein Verteilungsschlüssel vorgelegt worden. Es gab lediglich eine allgemeine Aussprache. Es war, wie gesagt, auch nicht geplant, auf diesem Gipfel zu einer konkreten Festlegung der Mittel zu kommen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zweite Zusatzfrage.

Dr. h. c. Jürgen Koppelin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001180, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Trifft es zu, dass die USA bereit sind, 1 Milliarde Euro zur Verfügung zu stellen, wenn auch Europa dies tut, dass Präsident Chirac angedeutet hat, dass Europa dazu bereit sei, dass aber anscheinend Deutschland und die Niederlande - aus welchen Gründen auch immer; das werden Sie uns sicherlich gleich erklären - das abgelehnt haben?

Ursula Eid-Simon (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000454

In die gleiche Richtung gehen auch die eingereichten Fragen des Abgeordneten Löning. Vielleicht kann ich das zusammenhängend darstellen. Zuerst möchte ich klarstellen, dass die Bundesregierung die Stärkung dieses Fonds zu ihrem politischen Ziel erklärt hat. Wir haben von vornherein 200 Millionen Euro für diesen Fonds zur Verfügung gestellt. Das ist mehr als das, was manche europäischen Nachbarländer bereitgestellt haben. Wir haben nun beschlossen, für die Jahre 2005 bis 2007 100 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung zu stellen. Damit stellen wir insgesamt 300 Millionen Euro für diesen Fonds bereit. Damit sehen wir im Vergleich mit anderen Ländern ganz gut aus. Wir begrüßen es natürlich außerordentlich, dass die US-amerikanische Regierung beabsichtigt, eine Milliarde Euro in diesen Fonds einzuzahlen. Allerdings ist uns nicht bekannt, welche Bedingungen für welche Länder sie daran knüpft. Wir haben jedenfalls beschlossen, diesen Fonds mit 300 Millionen Euro zu unterstützen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine Frage der Kollegin Karin Kortmann.

Karin Kortmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003161, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Staatssekretärin, ich freue mich sehr, dass weitere 100 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden. Das ist ein Riesenbeitrag, den die Bundesrepublik Deutschland sowohl für den bilateralen als auch für den multilateralen Bereich des globalen Aidsfonds zur Verfügung stellt. Wir alle wissen aber auch, dass die Aidsepidemie Anfang der 80er-Jahre begonnen hat. Meine Frage lautet deshalb: Wie hoch waren die Beiträge in den Jahren 1987 bis 1997, als CDU/CSU und FDP regierten? Können Sie uns diese Vergleichszahlen bitte nennen? ({0})

Ursula Eid-Simon (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000454

Die Bundesregierung - das habe ich noch nicht erwähnt - stellt im Schnitt 300 Millionen Euro pro Jahr für die Aidsbekämpfung zur Verfügung. Für den Global Fund haben wir bislang 200 Millionen Euro zugesagt. Das ist wie folgt zustande gekommen: Bundeskanzler Schröder hat Kofi Annan bei dem allerersten Gespräch, das während des G-8-Gipfels in Genua stattfand - dort wurde die Unterstützung dieses Fonds zur Aidsbekämpfung durch die Europäische Gemeinschaft beschlossen; Mitinitiator war Bundeskanzler Gerhard Schröder -, 150 Millionen Euro zugesagt. Dann hat Bundesministerin Wieczorek-Zeul noch einmal 50 Millionen Euro zugesagt. Mittlerweile haben wir noch einmal 100 Millionen Euro draufgelegt. Somit zahlen wir allein in diesen Fonds 300 Millionen Euro ein. Das ist natürlich insofern interessant, als die CDU/ CSU-FDP-Regierung von 1987 bis 1997, also in mehr als zehn Jahren, insgesamt 190 Millionen Euro für die Aidsbekämpfung zur Verfügung gestellt hat. Das ist weniger als das, was diese Regierung in einem Jahr bereitstellt. Man kann aber nicht sagen, dass die Dramatik der Aidspandemie erst im Jahre 1998 bekannt geworden ist. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Wir kommen zur Frage 29 des Kollegen Koppelin: Wie beurteilt die Bundesregierung die Entscheidung der USA, für die Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria den Entwicklungsländern einen Betrag von circa einer Milliarde Euro bereitzustellen?

Ursula Eid-Simon (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000454

Ich glaube, ich habe darauf schon geantwortet. Wir beurteilen das positiv.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage.

Dr. h. c. Jürgen Koppelin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001180, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Staatssekretärin, steht das Geld aus den USA zur Verfügung, obwohl keine Entscheidung über einen Beitrag der EU getroffen wurde, weil sich - so berichten die Medien - Deutschland und Holland daran nicht beteiligen wollten? Oder steht es nicht zur Verfügung, weil die Europäer ihren Beitrag nicht geleistet haben?

Ursula Eid-Simon (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000454

Herr Koppelin, ich kann den Zusammenhang, den Sie hier ganz kurz dargestellt haben, nicht nachvollziehen. Zunächst einmal möchte ich Ihnen folgende Daten mitteilen: Kanada hat ursprünglich einen Beitrag von 100 Millionen US-Dollar zugesagt und danach keine weiteren Zusagen gemacht. Die EU-Kommission hat zunächst 137 Millionen US-Dollar und dann zusätzlich 340 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Frankreich hat zunächst 180 Millionen US-Dollar und dann zusätzlich 300 Millionen Euro bereitgestellt. Wir haben - ich erklärte es bereits - eine Zusage über 200 Millionen Euro gegeben und stellen für die Jahre 2005 bis 2007 weitere 100 Millionen Euro zur Verfügung. Italien hat ursprünglich 200 Millionen US-Dollar und nun 200 Millionen Euro zusätzlich zugesagt. Japan stellt 200 Millionen US-Dollar bereit und hat noch keine weiteren Zusagen gemacht. Die Niederlande geben 157 Millionen US-Dollar und haben noch keine weiteren Zusagen gemacht. Man muss dazu sagen, dass die Niederlande pro Kopf die höchsten Beiträge in den Fonds zahlen. In der Öffentlichkeit wird es so dargestellt, als gehörten die Niederlande zu denjenigen, die in Thessaloniki eine Beschlussfassung verhindert hätten. Man muss aber feststellen, dass die Niederlande hohe Beiträge zahlen. Großbritannien hat ursprünglich 120 Millionen US-Dollar und mittlerweile weitere 160 Millionen US-Dollar zugesagt. Die USA haben ursprünglich 625 Millionen US-Dollar bereitgestellt und geben nun 1 Milliarde US-Dollar zusätzlich. Ich möchte hinzufügen, dass sich sämtliche Zusagen auf ganz unterschiedliche Zeiträume beziehen; deswegen kann man das nicht ohne weiteres vergleichen. Es entzieht sich meiner Kenntnis, wie die Entscheidung der USA darüber zustande kommt, wer noch Leistungen erbringen muss. Ich möchte allerdings nicht verhehlen, dass ich es hinsichtlich des Umgangs demokratischer Staaten miteinander für nicht sehr glücklich halte, wenn die Finanzhoheit des Deutschen Bundestages etwas eingeschränkt werden soll, indem ihm Parlamente befreundeter Länder Bedingungen stellen. Dieser Zusammenhang sollte einmal unter diesem Gesichtspunkt betrachtet werden. Ich glaube aber, dass die USA die eine Milliarde US-Dollar angesichts der verschiedenen Zusagen letztendlich doch zur Verfügung stellen müssen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zweite Zusatzfrage.

Dr. h. c. Jürgen Koppelin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001180, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ich bin außerordentlich dankbar dafür, dass Sie in Ihrer Antwort im Hinblick auf Zeitschienen usw. durchaus differenziert haben. Ich sage das bewusst, weil eine Kollegin der SPD vorhin eine, wie ich finde, sehr peinliche „Vergleichsfrage“ gestellt hat. Bei so einem Thema darum zu bitten, einen Vergleich mit 1987 zu ziehen, ist einfach peinlich. ({0}) Nachdem Sie uns gesagt haben, dass die Bundesregierung Mittel zur Verfügung stellt, möchte ich von Ihnen gern wissen, ob die Bundesregierung der Auffassung ist, dass diese Mittel ausreichen, oder ob sie bereit ist, weitere Mittel zur Verfügung zu stellen.

Ursula Eid-Simon (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000454

Herr Abgeordneter Koppelin, als wir vor einem Jahr beim G-8-Gipfel in Kanada im Rahmen des Afrika-Aktionsplans über das Thema Aids diskutiert haben, mussten wir feststellen, dass Geld in dem Fonds nicht abgerufen werden konnte, weil die Absorptionsfähigkeit vieler Länder, die sehr mit HIV zu kämpfen haben, nicht gegeben war. Daraufhin haben wir beraten und beschlossen, dass die GTZ, unsere Durchführungsorganisation, in Partnerländern spezifische Beratungsleistungen anbietet. Sie hat aus Eigenmitteln 25 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, damit wir die Partnerländer beraten können, um - ich muss natürlich diplomatisch sein - die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Gelder, die für die Projekte gebraucht werden, auch ohne Probleme abfließen können. Beim G-8-Gipfel in Evian haben wir Bilanz gezogen. Siehe da: Der Abfluss der Mittel nach Afrika hat sich um 60 Prozent erhöht, ohne dass ein Cent mehr hineingegeben worden ist. Ich will damit nicht sagen, dass wir kein zusätzliches Geld dafür brauchen, aber die Frage der Effizienzsteigerung, der verbesserten Voraussetzungen in den Partnerländern dafür, dass dieses Geld auch abgerufen werden kann, ist ganz entscheidend. Nicht allein das Einzahlen ist wichtig, sondern auch der Abfluss der Gelder. Dabei hat die Bundesregierung ganz massiv Hilfe geleistet. Darauf können wir, glaube ich, stolz sein.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Vielen Dank. Ich rufe die Frage 30 des Kollegen Harald Leibrecht auf: Wann wird die Bundesregierung ihre für das Jahr 2003 im Haushalt geplante finanzielle Unterstützung von 32,5 Millionen Euro an den GFATM auszahlen?

Ursula Eid-Simon (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000454

Herr Abgeordneter Leibrecht, von den für dieses Jahr zugesagten 32,5 Millionen Euro sind am 2. Juni dieses Jahres 16,25 Millionen an den Fonds ausgezahlt worden. Die gleiche Summe wird am 10. Juli, also in einigen Tagen, überwiesen werden.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage.

Harald Leibrecht (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003581, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Staatssekretärin, bei zugesagten Geldern in Höhe von 200 Millionen Euro, die über fünf Jahre verteilt werden, wären es pro Jahr eigentlich 40 Millionen Euro. Weshalb zahlt die Bundesregierung mit 32,5 Millionen Euro - immerhin! - weniger, als sie vielleicht zahlen könnte und sollte?

Ursula Eid-Simon (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000454

Herr Abgeordneter Leibrecht, wir haben Globalsummen zugesagt, zunächst einmal 200 Millionen Euro. Die Mittel wurden bzw. werden folgendermaßen ausbezahlt - ich kann es Ihnen einmal aufschlüsseln -: 2002 wurden 12 Millionen Euro ausbezahlt. 2003 - das habe ich eben gesagt - wurden 16,25 Millionen Euro am 2. Juni und werden weitere 16,25 Millionen Euro am 10. Juli ausbezahlt. Die Zahlen, die ich jetzt nenne, beziehen sich noch auf die Gesamtsumme von 200 Millionen Euro, die ja auf 300 Millionen Euro aufgestockt wird. Vorgesehen waren für das Jahr 2004 38 Millionen Euro, für das Jahr 2005 39 Millionen Euro, für das Jahr 2006 39 Millionen Euro und für das Jahr 2007 39,5 Millionen Euro. Wir haben dies dem Fonds mitgeteilt, weil es uns ganz wichtig ist, dass er eine Planungsgrundlage hat, dass er genau weiß, wann wie viel Geld aus der Bundesrepublik Deutschland kommt. Dazu stehen wir. Insofern wird diese Zusage eingehalten und es wird auch termingerecht ausbezahlt.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zweite Zusatzfrage.

Harald Leibrecht (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003581, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ich begrüße natürlich, dass Gelder jetzt ausbezahlt sind. Wie Sie gerade mitgeteilt haben, wurde die erste Tranche aber erst kürzlich unter Druck ausbezahlt. ({0}) Wir haben im Vorfeld mitbekommen, dass die Gelder nur sehr schleppend fließen. Im ersten Halbjahr ist überhaupt nichts bezahlt worden. Können Sie sicherstellen, dass die nächsten Tranchen pünktlich gezahlt werden, sodass der Fonds kalkulieren kann und das Geld pünktlich eingesetzt werden kann?

Ursula Eid-Simon (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000454

Genau dies habe ich eben gesagt. Ich bestätige es noch einmal.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Ich rufe die Frage 31 des Kollegen Leibrecht auf: Welchen Betrag wird die Bundesregierung dem GFATM auf der Geberkonferenz im Juli 2003 in Frankreich zur Verfügung stellen?

Ursula Eid-Simon (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000454

Herr Abgeordneter Leibrecht, die Frage habe ich jetzt natürlich schon verschiedentlich beantwortet. Es geht genau darum, wie viel Geld wir noch zur Verfügung stellen. Ich brauche das nicht zu wiederholen. Zu den 200 Millionen Euro kommen noch 100 Millionen Euro für die Jahre 2005 bis 2007 hinzu, sodass insgesamt 300 Millionen Euro an den Globalen Fonds zur Bekämpfung von HIV/Aids, Malaria und Tuberkulose gezahlt werden.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Möchten Sie eine Zusatzfrage stellen? - Bitte schön.

Harald Leibrecht (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003581, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Eine Zusatzfrage: Stehen diese weiteren 100 Millionen ab sofort bzw. ab diesem Datum dann auch zur Verfügung?

Ursula Eid-Simon (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000454

Nein, erst 2005 bis 2007. Im Rahmen des Verfahrens der Haushaltsaufstellung wird das dann festgeklopft werden.

Harald Leibrecht (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003581, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Okay, da bestand bei mir noch eine gewisse Unklarheit. Danke schön.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Ich rufe die Frage 32 des Kollegen Heinrich auf: Wie rechtfertigt die Bundesregierung ihre Verweigerung, der Bitte des Präsidenten Jacques Chirac und des Premierministers Tony Blair in ihrem Brief vom 14. Juni 2003 um großzügigere Unterstützung der Aidsbekämpfung nachzukommen, vergleiche „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ vom 22. Juni 2003 -, und welche Auswirkungen wird diese Verweigerungshaltung haben?

Ursula Eid-Simon (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000454

Herr Abgeordneter Heinrich, es liegt selbstverständlich in unserem Interesse, dass der Fonds auch in Zukunft ausreichend mit Mitteln ausgestattet wird. Niemand hat in Thessaloniki eine mögliche Aufstockung der Beiträge abgelehnt. Sie wissen aber, dass der Fonds eine Gemeinschaftsaufgabe privater und öffentlicher Geber ist. Es ist ja das Tolle an diesem Konstrukt, dass nicht nur Länder bzw. Regierungen einbezahlen, sondern eben auch Privatunternehmer. Ich appelliere an die FDP, ihre guten Beziehungen zur Privatwirtschaft einzusetzen, damit die Privatwirtschaft dem Appell von Blair und Chirac nachkommt. Leider beträgt der Anteil der Privatwirtschaft am Fondsaufkommen weniger als 5 Prozent. ({0})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Zusatzfrage, Herr Kollege Heinrich.

Ulrich Heinrich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000851, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ich möchte das jetzt nicht kommentieren, nachdem die Bundesregierung erst am 2. Juni die erste Tranche überwiesen hat. ({0}) - Ja, für dieses Jahr, aber ein halbes Jahr ist nichts bezahlt worden. Das ist natürlich kein besonders gutes Bild, das Sie da abgeben. Es stimmt auch nicht, dass Sie 300 Millionen im Jahr zur Verfügung stellen, sondern es wurden 200 Millionen zugesagt und weitere 100 Millionen von 2005 bis 2007. Diese Zahlen haben Sie etwas verwirrend dargestellt. Sie haben vorhin auch davon gesprochen, dass es Probleme beim Abfluss der Gelder gebe. Ist Ihnen bekannt, dass die zur Verfügung stehenden Gelder durch die anerkannten Projekte bereits ausgeschöpft sind, das heißt, dass die erste und die zweite Runde damit finanziert worden sind, jetzt aber für die Finanzierung einer dritten Runde dringend Geld gebraucht wird? Ist Ihnen auch bekannt, dass sich die Empfängerländer auf die neue Art der Förderung, wie sie mit dem Global Fund to Fight Aids seit anderthalb Jahren gegeben ist, erst einstellen mussten und es somit auch Anlaufschwierigkeiten gab? Können Sie den von mir gezogenen Schluss nachvollziehen, dass in Zukunft in diesen Ländern entsprechende Programme sehr viel schneller und sinnvoller umgesetzt werden können, als es in der Vergangenheit der Fall war?

Ursula Eid-Simon (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000454

Herr Abgeordneter Heinrich, ich kann Ihnen nicht darin zustimmen, dass die Länder erst Vorbereitungen treffen konnten, nachdem dieser Fonds eingerichtet war. Das ist kein ernsthaftes Argument. Die Pandemie Aids ist spätestens seit Mitte der 80erJahre bekannt. Über bilaterale Kooperationen, die zwischen uns und sehr vielen Ländern bestehen, haben wir schon ganz massiv zur Aidsbekämpfung beigetragen. Beispielsweise haben wir Straßentheatergruppen unterstützt, an Berufsbildungszentren mit Schülern innovative Methoden entwickelt oder mit Daimler-Chrysler im Rahmen einer Public Private Partnership Programme für Aidsprävention am Arbeitsplatz entwickelt. Insofern können sich die Länder nicht damit herausreden, dass sie zu wenig Zeit für die Etablierung von Strukturen gehabt haben, um Geld aus diesem Fonds bekommen zu können. Uganda - dieses Beispiel hatten wir ja vorhin schon ist dabei ein vorbildliches Land. Uganda ist das einzige Land auf dem afrikanischen Kontinent, in dem jetzt die Lebenserwartung wieder steigt. Ansonsten besteht in Afrika die Situation, dass die Lebenserwartung der Menschen wegen Aids ganz massiv sinkt. Wo sie von 40 Jahren auf 50 Jahre gestiegen ist, fällt sie jetzt wieder auf 45, teilweise sogar auf unter 40 Jahre. Uganda ist das einzige Land, in dem es anders ist, da dort die Aidsbekämpfung vorbildlich betrieben wird. Insofern gibt es in der Tat eine Menge von Erfahrungen. Ich glaube, die afrikanischen Staaten können auch voneinander lernen. Deswegen möchte ich Ihrer Argumentation nicht folgen.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Weitere Zusatzfrage, Herr Heinrich? - Das ist nicht der Fall. Dann rufe ich die Frage 33 des Kollegen Heinrich auf. ({0}) - Entschuldigung, das habe ich übersehen. Der Kollege Niebel hatte sich rechtzeitig zu einer Zusatzfrage gemeldet.

Dr. h. c. Dirk Niebel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003198, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Solange ich nicht an politischem Gewicht verliere, soll mir das recht sein. Frau Staatssekretärin, die Ausgangsfrage des Kollegen Heinrich bezog sich in erster Linie auf das Verhältnis zu unseren Partnerländern Frankreich und Großbritannien, weil die Bitten um ein zusätzliches Engagement der Bundesrepublik von den beiden jeweiligen Staatsoder Regierungschefs an uns gerichtet worden sind. Nun ist die Frage, wie sich die Verweigerung der Bundesregierung auf die betroffenen Menschen auswirkt, wichtig. Es ist sehr bedrückend, insbesondere wenn man weiß, dass es vor allem Kinder sind, die von Aids betroffen sind. Ich beziehe mich aber auf den zweiten Teil der Frage des Kollegen Heinrich. Wie bewerten Sie die politischen Auswirkungen in der Zusammenarbeit mit unseren europäischen Partnern Frankreich und Großbritannien? Wird durch diese Verweigerungshaltung der Bundesrepublik nicht das Klima weiter verschlechtert und das Vertrauensverhältnis und die vertrauensvolle Zusammenarbeit für die Zukunft schwer geschädigt?

Ursula Eid-Simon (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000454

Zunächst einmal weise ich den ersten Teil Ihrer Frage zurück. Ich lasse es nicht zu, dass Sie insinuieren, diese Regierung sei mitverantwortlich für den Tod so vieler Aidsinfizierter. ({0}) - Doch, das haben Sie gemacht. Ich weise das hier klar zurück. Zweitens zu der Beziehung zu unseren Nachbarländern: Wir haben unser großes Engagement bei der Einrichtung dieses Fonds unter Beweis gestellt. Bundeskanzler Schröder hat diesen Fonds in Genua als Mitinitiator mit aus der Taufe gehoben. Erst im Juni 2001 wurde der Fonds dann bei einer UN-Sondergeneralversammlung wirklich beschlossen. Wir zahlen in diesen Fonds insgesamt 300 Millionen Euro ein, also zusätzlich 100 Millionen Euro. Deswegen ist Ihre Aussage, dass wir uns verweigert hätten, falsch; denn wir stellen ab dem Jahr 2005 bis zum Jahr 2007 100 Millionen Euro mehr zur Verfügung.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Nun rufe ich die Frage 33 des Kollegen Heinrich auf: Welche Erklärung hat die Bundesregierung für ihre Weigerung, den GFATM stärker zu unterstützen, angesichts der Tatsache, dass täglich mehr als 6 000 Menschen in Afrika an den Folgen von HIV/Aids sterben, und in Anbetracht der Schätzungen des Joint United Nations Programme on HIV/ Aids ({0}), dass in den nächsten zwei Jahrzehnten weltweit rund 70 Millionen Menschen an Aids sterben werden?

Ursula Eid-Simon (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000454

Herr Abgeordneter Heinrich, die Bundesregierung trägt im Rahmen ihrer bilateralen und multilateralen Entwicklungszusammenarbeit in wesentlichem Umfang zur weltweiten Aidsbekämpfung bei. Das habe ich schon dargestellt. Insgesamt stellt die Bundesregierung jährlich 300 Millionen Euro für die Bekämpfung von HIV/Aids zur Verfügung. Die Mittel werden für Prävention und Behandlung ausgegeben. Darüber hinaus finanziert die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit aus Eigenmitteln für vier Jahre Maßnahmen zur Verbesserung der Antragstellung von Entwicklungsländern für den Fonds mit mindestens 25 Millionen Euro. Der Fonds soll die sonstigen Finanzierungsinstrumente nicht ersetzen, sondern ergänzen. Der Beitrag der Bundesregierung zur weltweiten HIV-/Aidsbekämpfung beschränkt sich nicht auf Leistungen zum Fonds; auch das habe ich vorhin schon ausgeführt. Die eingesetzten Haushaltsmittel wurden in den letzten Jahren deutlich erhöht und mit der Zusage von weiteren 100 Millionen Euro zusätzlich gestärkt. Damit trägt die Bundesregierung der dramatischen Lage der von HIV und Aids bedrohten Menschen in vielen Ländern Rechnung.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Zusatzfrage? - Bitte.

Ulrich Heinrich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000851, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Staatssekretärin, das ist eine subjektive Betrachtungsweise. Wir alle wissen, dass unsere Entwicklungszusammenarbeit, unsere Nothilfeprogramme und unsere Wiedereingliederungsprogramme für Kindersoldaten etc. nur dann erfolgreich sind, wenn die Gesundheitssituation deutlich verbessert, das heißt in dem Fall: Aids massiv bekämpft wird. Ich frage Sie: Ist die Bundesregierung bereit, hierfür mehr zu tun? Wenn das nicht der Fall ist, würden ihre Anstrengungen auf anderen Gebieten nur halb so wirkungsvoll sein.

Ursula Eid-Simon (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000454

Herr Abgeordneter Heinrich, Ihre Fraktion stellte bis 1998 den Außenminister. Man könnte manchmal den Eindruck haben, als hätten Sie Ihr eigenes Engagement bei der Aidsbekämpfung in der Zeit vor 1998 vergessen. Ich kann zwar verstehen, dass man in Bezug auf die Vergangenheit eine selektive Wahrnehmung hat. Aber ich muss schon sagen, dass Sie es in den Jahren, in denen Sie an der Regierung waren, in der Hand gehabt hätten, ausreichende Mittel für die Aidsbekämpfung zur Verfügung zu stellen. Sie haben in zehn Jahren insgesamt 190 Millionen Euro für die Aidsbekämpfung bereitgestellt. Wir stellen 300 Millionen Euro in einem Jahr zur Verfügung. Deswegen müssen wir uns Ihren Vorwurf, nicht gefallen lassen. Ich weise diesen Vorwurf hier zurück. ({0}) Ich bin in diesem Punkt unnachgiebig, Herr Kollege. Wenn man nämlich wie Sie und ich erlebt hat, wie Menschen in Afrika an Aids sterben, dann kann man kein Verständnis für jemanden haben, der seine Augen vor dieser Situation verschließt. Aber es ist auch klar - das ist ein Schwerpunkt unserer Kooperation -, dass wir mit den Partnern, die aus ideologischer Verbohrtheit oder aus Unwissenheit ihre Augen vor den Problemen verschließen - dazu zähle ich auch verantwortliche Politiker in bestimmten Ländern -, einen sehr ernsthaften politischen Dialog führen müssen und dass wir in diesen Ländern Basisorganisationen unterstützen, die zum Teil Methoden anwenden, die ihre Staatschefs nicht goutieren.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Weitere Zusatzfrage?

Ulrich Heinrich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000851, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ja, ich möchte nachfragen. Ich stimme mit Ihnen darin überein, dass wir alle gesellschaftlichen Gruppen vor Ort unterstützen müssen, um auf diesem Gebiet erfolgreich zu sein. Aber unabhängig von der Tatsache, dass wir bis 1998 die Regierung gestellt haben, gilt, dass wir jetzt im Jahr 2003 Lösungen für die Menschen finden müssen, die heute von dieser Krankheit betroffen sind. Müssen wir, um unserer Verantwortung gerecht zu werden, nicht mehr tun als das, was Sie gerade erwähnt haben? Stimmen Sie mit mir darin überein, dass wir uns nicht ausgrenzen lassen dürfen, sondern dass Sie sich zusammen mit Chirac und Blair an einen Tisch setzen und dieses Problem gemeinsam angehen müssen?

Ursula Eid-Simon (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000454

Diese Bundesregierung hat ihre Verantwortung voll wahrgenommen. Das gilt auch hinsichtlich der finanziellen Unterstützung. Wir zahlen 300 Millionen Euro in den Fonds und stellen der Europäischen Union und der Weltgesundheitsorganisation sowie auf bilateraler Ebene 300 Millionen Euro pro Jahr für die Aidsbekämpfung zur Verfügung. Ich lasse nicht zu, dass Sie unsere Aidsbekämpfungspolitik ausschließlich daran messen, ob wir jetzt ganz schnell noch einige Hundert Millionen Euro in den globalen Aidsfonds einzahlen oder nicht. Was Sie tun, ist nicht ganz redlich; denn Sie müssen das berücksichtigen, was wir mit bilateralen Projekten und Programmen leisten. Ich möchte anregen, dass Sie mit einer Delegation des AWZ in Länder fahren, in denen wir Gesundheitsprojekte und Projekte zur Aidsbekämpfung durchführen. Schauen Sie sich vor Ort die Qualität dieser Programme an! Wir haben im Rahmen der GTZ, bei der KfW und in Nichtregierungsorganisationen allerbeste Experten, die wir finanzieren. Wenn Sie sich ein Bild gemacht haben, können wir über diesen Punkt noch einmal diskutieren. Der Redlichkeit halber bitte ich Sie: Messen Sie unsere Aidsbekämpfungspolitik nicht nur an unseren Zahlungen in diesen Fonds.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Die Fragen 34 und 35 der Kollegin Sibylle Pfeiffer werden schriftlich beantwortet. Ich rufe die Frage 36 des Abgeordneten Markus Löning auf: Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, ob die fehlende Zusage der EU, den GFATM mit 1 Milliarde Euro zu unterstützen, Einfluss auf die Zahlungen der USA an den GFATM hat, die für die Auszahlung ihrer geplanten Gelder von 1 Milliarde US-Dollar eine „Kofinanzierung“ anderer Staaten gefordert haben?

Ursula Eid-Simon (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000454

Herr Abgeordneter Löning, die Ankündigung der USA, 2004 zusätzlich 1 Milliarde Euro für den Fonds zur Verfügung zu stellen, steht unter dem Vorbehalt, dass weitere 2 Milliarden Euro von anderen Gebern aufgebracht werden. Woher diese Mittel kommen sollen, ist bislang unklar. Darum liegen der Bundesregierung auch keine Erkenntnisse über den Einfluss der Beiträge vonseiten der EU und ihrer Mitgliedstaaten auf das Beitragsverhalten der USA vor.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Zusatzfrage.

Markus Löning (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003583, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Staatssekretärin, wäre es nach Auffassung der Bundesregierung nicht ein wichtiges politisches Signal gewesen, wenn die EU an dieser Stelle gemeinsam einen deutlich sichtbaren Schritt unternommen hätte, indem sie auf die Amerikaner zugeht und eine Zusage macht?

Ursula Eid-Simon (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000454

Ich habe vorhin schon die zusätzlichen Zusagen dargelegt. Die Bundesregierung hat zusätzlich 100 Millionen Euro zur Verfügung gestellt; dies ist, glaube ich, kein schlechtes Angebot. Vielleicht beteiligen sich an dem Fonds noch andere EU-Mitgliedstaaten oder reiche Ölförderländer, aber auch die Privatwirtschaft. Ich beharre schon darauf, dass auch die Privatwirtschaft ein bisschen stärker einbezahlt; denn nur gemeinsam können wir das Problem lösen. Herr Löning, die USA haben nicht gesagt, die Deutschen oder die Belgier müssten soundso viel Geld einbezahlen, sondern es geht um ein Angebot an andere Geber. Das sind mehr als Frankreich, Deutschland und die Beneluxstaaten.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Eine weitere Zusatzfrage.

Markus Löning (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003583, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Staatssekretärin, wir fragen hier die Bundesregierung und nicht die Privatwirtschaft. Daher wiederhole ich meine Frage: Wäre es nicht besser gewesen, wenn die EU geschlossen das politische Signal gegeben hätte, hier einen deutlichen Schritt voranzugehen? Wäre es angesichts der Tatsache, dass die Bundesregierung nach Ihren Worten auf diesem Gebiet schon viel leistet, nicht richtig gewesen, dies gegenüber unseren Freunden in Amerika auch zu dokumentieren?

Ursula Eid-Simon (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000454

Herr Löning, wir sollten einfach einmal abwarten, was die Partnerkonferenz in Paris bringt. Dann können wir darüber noch einmal diskutieren.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Ich rufe die Frage 37 des Kollegen Löning auf: Wird die Bundesregierung der Aufforderung der USA zu einer stärkeren Unterstützung des GFATM folgen, und wenn nein, warum nicht?

Ursula Eid-Simon (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000454

Herr Abgeordneter Löning, die Bundesregierung unterstützt wie die USA und andere wichtige Geber den Fonds nachdrücklich in seiner Arbeit und wirkt in dessen Verwaltungsrat aktiv mit. Im Übrigen gilt natürlich auch im Hinblick auf diese Frage, dass wir die Mittel von bisher 200 Millionen Euro auf 300 Millionen Euro aufgestockt haben.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Zusatzfrage.

Markus Löning (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003583, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Staatssekretärin, ist es richtig, dass die zugesagten zusätzlichen 100 Millionen Euro auch für weitere Jahre bestimmt sind, sodass die zugesagten 300 Millionen Euro für einen längeren Zeitraum als die bisher zugesagten 200 Millionen Euro gelten?

Ursula Eid-Simon (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000454

Nein, das ist nicht der Fall. Die zusätzlichen 100 Millionen Euro sind für die Jahre 2005 bis 2007. Vorhin habe ich bereits vorgetragen, dass von den bereits beschlossenen 200 Millionen Euro die letzte Tranche in Höhe von 39,5 Millionen Euro im Jahre 2007 überwiesen wird. Insofern gelten die Mittel für dieselben Jahre.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Eine weitere Zusatzfrage.

Markus Löning (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003583, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Staatssekretärin, wie erklären Sie sich den Widerspruch, dass nach Auskunft des Global Aids Fonds Projekte nicht angefangen werden können, weil die zugesagten Mittel nicht fließen, während Sie sagen, mit den Projekten könne nicht begonnen werden, weil die Mittel nicht abgerufen würden?

Ursula Eid-Simon (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000454

Nein, das habe ich nicht gesagt. Ich habe gesagt, wir freuen uns, dass in diesem Jahr 60 Prozent der Mittel nach Afrika abgeflossen sind. In der Anfangsphase gab es Probleme nicht nur beim Fonds, sondern auch bei den Antragstellern. Diese Probleme haben wir mit Beratungsleistungen zum Beispiel der GTZ zu lösen versucht. Insofern ist diese Phase überwunden.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Ich sehe keine weiteren Zusatzfragen. Ich weise darauf hin, dass die Fragen 38 und 39 der Abgeordneten Conny Mayer schriftlich beantwortet werden. Wir sind damit am Ende dieses Geschäftsbereichs. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes auf. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Staatssekretär Béla Anda zur Verfügung. Zunächst rufe ich die Frage 40 des Kollegen Günter Krings auf: Wie begreift die Bundesregierung ihre Auskunftspflicht gegenüber Journalisten und kommt es in diesem Zusammenhang vor, dass die Bundesregierung bzw. deren Sprecher Journalisten gegenüber die Auskunft verweigert?

Not found (Staatssekretär:in)

Verehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Abgeordneter, Ihre Frage beantworte ich wie folgt: Die Auskunftspflicht der Bundesregierung gegenüber der Presse erstreckt sich auf Beschlüsse des Bundeskabinetts und deren Umsetzung sowie auf das Handeln der Bundesregierung und ihrer nachgeordneten Organe im In- und Ausland, soweit es von öffentlichem Interesse ist und nicht der Geheimhaltung oder dem Vertrauensschutz unterliegt. Die Bundesregierung kommt dieser Auskunftspflicht gegenüber der Presse in vollem Umfang nach. Jedes Ministerium verfügt über eine Pressestelle, die Auskunft erteilt. Das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung und die Sprecher der Bundesregierung, die für den Amtsbereich des Bundeskanzlers, aber auch in Angelegenheiten, die die Bundesregierung insgesamt betreffen, zuständig sind, geben ebenfalls Auskünfte. Die Regierungssprecher sowie die Sprecher aller Ressorts stehen den Journalisten und Journalistinnen darüber hinaus dreimal pro Woche Rede und Antwort. Heute um 13.30 Uhr hat parallel zu dieser Fragestunde eine dieser Regierungspressekonferenzen stattgefunden. Fragen aller Art können dort erörtert werden und Fragen aller Art werden dort beantwortet. Über seine Auskunftspflicht hinaus bietet das Presseund Informationsamt der Bundesregierung ein umfangreiches Serviceangebot zur Information von Journalisten. So können die Medien im Internet in einer geschlossenen Benutzergruppe zu jeder Zeit zahlreiche Informationen abrufen: von Terminhinweisen über Mitschriften von Pressekonferenzen bis zu Hintergrundmaterialien. Das ist eine Seite, die wir eingeführt haben und die bis zum jetzigen Zeitpunkt schon 4 500 Abnehmerinnen und Abnehmer gefunden hat, die dieses Angebot gern nutzen, wie uns noch einmal versichert worden ist. Die Ressorts verfügen ebenfalls über ständig aktualisierte Internetseiten, von denen Pressemitteilungen und andere Informationen abgerufen werden können. Darüber hinaus - also neben der Beantwortung von Journalistenfragen im Rahmen der Pressekonferenzen und neben der Zur-Verfügung-Stellung von Internetangeboten, die ich erwähnt habe - organisieren sowohl die Ressorts als auch das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung im Bedarfsfall Hintergrundgespräche „unter zwei“ oder „unter drei“ - was das heißt, ist Ihnen ja geläufig - und Pressekonferenzen zur Erläuterung besonders wichtiger Vorgänge. Insofern dokumentiert all dies, dass das Bundespresseamt und die Pressestellen der Bundesregierung eine auch nach internationalem Maßstab außerordentlich transparente Informationspolitik betreiben und Kommunikation im wahrsten Sinne des Wortes als Dienstleistung begreifen.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Zusatzfrage, Herr Kollege Krings?

Dr. Günter Krings (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003574, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Nein, ich würde gern zwei Zusatzfragen zu meiner zweiten Frage stellen.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Dann rufe ich die Frage 41 des Abgeordneten Dr. Günter Krings auf: Vizepräsident Dr. Norbert Lammert Wenn ja, in welchen Fällen kommt dies vor, und gibt es bestimmte Journalisten, denen gegenüber die Auskunft grundsätzlich verweigert wird?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, die Verweigerung einer Auskunft kommt dann vor, wenn es sich um eine Angelegenheit handelt, für die keine Auskunftspflicht besteht, etwa aus Geheimhaltungsgründen. Dieses Verfahren bildet in der täglichen Arbeit der Sprecher und Sprecherinnen der Bundesregierung und der Ministerien die Ausnahme. Solche Ausnahmen - wenn sie denn überhaupt eintreten - ergeben sich aus dem Gegenstand der Anfrage. Die Pressegesetze der Länder Berlin und Nordrhein-Westfalen, - die für die Arbeit der Bundesregierung in Berlin und in Bonn relevant sind, nennen, wie Sie wissen, zum Beispiel Geheimhaltungsgründe oder schutzwürdige private Interessen. Gründe für eine Auskunftsverweigerung ergeben sich hingegen nicht aus der Person des anfragenden Journalisten. Die Auskunftsverweigerung betrifft in einem solchen Fall alle Medien und ist in keinem Fall gegen bestimmte Journalistinnen und Journalisten gerichtet, da die Bundesregierung die Medien in ihrer Arbeit gleichbehandelt. Aber die Ausnahmen, die ich erwähnt habe, können greifen, wenn es etwa - um ein Beispiel zu nennen - um Sitzungen des geheim tagenden Bundessicherheitsrats geht.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Die erste Zusatzfrage, bitte.

Dr. Günter Krings (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003574, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Meine erste Zusatzfrage: Herr Staatssekretär, ich will noch einmal präzisierend nachfragen. Hat es in letzter Zeit Fälle gegeben, bei denen die Bundesregierung bzw. Sprecher der Bundesregierung oder ihre Ministerien die Auskunft in Fällen verweigert haben, für die eine rechtliche Auskunftspflicht gegenüber Journalisten existierte? Kam es also außerhalb der von Ihnen angeführten Geheimhaltungsfälle- oder ähnlicher Fälle dazu, dass eine Auskunftspflicht bestand und eine Auskunft nicht erteilt wurde?

Not found (Staatssekretär:in)

Mir ist ein solcher Fall nicht bekannt. Herr Abgeordneter, leider haben Sie uns in Ihrer übermittelten mündlichen Anfrage auch keinerlei Hinweise auf einen konkreten Hintergrund Ihrer immer noch sehr allgemeinen Frage gegeben. Ich kann Ihren Hinweis, wenn er einer sein soll, nur ganz generell prüfen oder prüfen lassen, ohne aber bisher genau wissen zu können, in welche Richtung Sie zielen.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Zweite Zusatzfrage.

Dr. Günter Krings (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003574, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meines Wissens dürfen die Fragen auch durchaus allgemein formuliert sein. Ich möchte meine zweite Nachfrage dann aber etwas konkreter fassen, wie Sie es gerade gewünscht haben. Wie ist vor dem Hintergrund Ihrer Antworten zu erklären, dass der ehemalige Sprecher des Innenministers, Herr Lingenthal, einem Journalisten gegenüber, der ihn wiederholt schriftlich um Informationen über die Einführung von zusätzlichen Merkmalen in Ausweisen bat, zunächst gar nicht antwortete und dann schriftlich mit folgenden Zeilen reagierte - ich zitiere -: Ihre bisherigen Beiträge zeigen, dass Sie gezielt Fakten verdrehen. Dies bleibt Ihnen unbenommen. Nur, warum sollen wir dafür den Rohstoff liefern?

Not found (Staatssekretär:in)

Dieser Fall ist mir nicht bekannt. Herr Lingenthal - Sie haben selber darauf hingewiesen - ist nicht mehr Sprecher des Innenressorts, sondern leitet jetzt im Bundespresseamt die Abteilung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Er leistet hervorragende Arbeit. Ich werde Ihren Hinweis jedoch prüfen und biete Ihnen an, den Sachverhalt nach Rücksprache mit dem betreffenden Ressort darzulegen. Unabhängig davon betone ich noch einmal, dass die Bundesregierung in ihrer Pressearbeit grundsätzlich alle Medien gleichbehandelt. Dies gilt auch für alle Ressorts.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Zur Beantwortung der Fragen 42 bis 53 steht Staatsminister Rolf Schwanitz zur Verfügung. Ich rufe die Frage 42 des Kollegen Andreas Schmidt auf: Weshalb hat das Bundeskanzleramt in seiner Stellungnahme gegenüber der Staatsanwaltschaft Bonn die Formulierung gewählt, der Vorgang „Mitteldeutsche Kali“ sei „durch einen Zufall erhalten“ geblieben - vergleiche „Die Welt“ vom 20. Juni 2003 -, und welcher Zufall ist gemeint?

Not found (Gast)

Herr Kollege Schmidt, die Antwort lautet wie folgt: Der Begriff „Zufall“ wurde gewählt, da bei „Mitteldeutsche Kali/Kaliwerk Bischofferode“ trotz verschwundener Originalakte ohne erkennbaren Grund Schriftgut erhalten blieb. Bei den sieben anderen Privatisierungsvorgängen sind hingegen die Originalakten verschwunden, ohne dass Schriftgut erhalten blieb. In den anderen sieben Privatisierungsvorhaben, deren Akten dem Untersuchungsausschuss der 12. Legislaturperiode zur Verfügung gestellt wurden, blieb nichts erhalten. Diese Besonderheit der Privatisierung „Mitteldeutsche Kali/Kaliwerk Bischofferode“ besteht im Vergleich zu den übrigen sieben Privatisierungsvorhaben, ohne dass dafür ein Grund erkennbar ist. Auch die damals zuständigen Beamten konnten sich den Erhalt des Schriftgutes nicht erklären.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Herr Kollege Schmidt, Sie möchten dazu vermutlich eine Zusatzfrage stellen.

Andreas Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001999, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich möchte die Zusatzfrage stellen: Habe ich Sie richtig verstanden, Herr Staatsminister, dass Sie es mittlerweile für bemerkenswert halten, dass Akten vorhanden sind?

Not found (Gast)

Selbstverständlich ist mir ein gewisses Maß an Polemik fremd. Ich will aber doch sagen, dass mit Ausnahme dieses Sonderfalls bei den anderen Vorgängen - neben anderen ist auch dieser Vorgang in der 12. Legislaturperiode dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zugeleitet worden - der Aktenbestand im Original komplett nicht mehr erhalten ist. Wenn man will, kann man sagen: Die Unnormalität ist leider der Standard bei diesen Vorgängen.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Eine weitere Zusatzfrage.

Andreas Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001999, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sind die vorhandenen Akten diejenigen, von denen Sie hier noch im Juni dieses Jahres gesagt haben, sie seien verschwunden?

Not found (Gast)

Die Eingangsfeststellung ist falsch. Ich möchte hier auf die Frage der Kollegin Connemann verweisen, die ebenso wie die weiteren Fragen zu diesem Geschäftsbereich dieses Thema berührt; denn in ihnen wird die These aufgestellt, es seien Akten wiedergefunden worden. Das ist ausdrücklich nicht der Fall. Schon lange vor dem Regierungswechsel waren Unterlagen, Originalschriftgut, in diesem Bereich vorhanden; hierin unterscheidet sich dieser Fall von den anderen Privatisierungsvorgängen, von denen ich gerade gesprochen habe.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Ich rufe die Frage 43 des Kollegen Andreas Schmidt auf: Hat der Chef des Bundeskanzleramtes, Staatssekretär Dr. Frank-Walter Steinmeier, die Formulierung in der Stellungnahme des Bundeskanzleramtes gegenüber der Staatsanwaltschaft Bonn, der Vorgang „Mitteldeutsche Kali“ sei „durch einen Zufall erhalten“ geblieben - vergleiche „Die Welt“ vom 20. Juni 2003 -, gebilligt, und hält er sie auch weiterhin für angemessen?

Not found (Gast)

Die Antwort, Herr Kollege Schmidt, auf beide Teilfragen, die in der Frage enthalten sind, lautet: Ja.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Ich rufe die Frage 44 der Kollegin Gitta Connemann auf: Seit welchem Tag hat der Chef des Bundeskanzleramtes, Staatssekretär Dr. Frank-Walter Steinmeier, Kenntnis davon, dass der Vorgang „Mitteldeutsche Kali“ im Bundeskanzleramt im Original gefunden wurde - vergleiche „Die Welt“ vom 20. Juni 2003 -, und was hat er veranlasst?

Not found (Gast)

Frau Kollegin Connemann, Ihre Frage beruht wie auch die nachfolgenden Fragen der Kollegen Dr. Bergner und von Klaeden auf der Annahme, im Bundeskanzleramt seien in jüngster Zeit verschwunden geglaubte Akten wiedergefunden worden. Diese Annahme ist falsch. Im Bundeskanzleramt wurden seit dem Regierungswechsel 1998 keinerlei vermisste Akten aufgefunden. Nicht erst jetzt, sondern bereits 1995 bemerkte eine Registratorin des Kanzleramtes den Verlust der Originalakten „Mitteldeutsche Kali/Kaliwerk Bischofferode“. Zeitgleich heftete dieselbe Registratorin Schriftgut, welches bis dahin außerhalb der Registratur aufbewahrt worden war, zu einem Ersatzband „Mitteldeutsche Kali/Kaliwerk Bischofferode“ zusammen. Dies möchte ich erläutern und daher diesbezüglich zunächst einige Ausführungen im Zusammenhang machen. Wie ich bereits in der Fragestunde am 4. Juni 2003 mitgeteilt habe, bleibt es dabei: Die registrierten Originalakten zur Privatisierung der Mitteldeutschen Kali/Kaliwerk Bischofferode sind verschwunden. Sie sind auch nicht wieder aufgetaucht. Der Sachverhalt, so wie er sich heute darstellt, wurde von Herrn Dr. Hirsch ermittelt und ist in seinem Bericht ausführlich geschildert. Der Sachverhalt wurde auch dem Deutschen Bundestag berichtet, und zwar am 28. Juni 2000 dem Parteispenden-Untersuchungsausschuss. An diesem von Dr. Hirsch ermittelten Sachverhalt hat sich nichts geändert. Es wurden seither keine vermissten Akten aufgefunden, weder zur Mitteldeutschen Kali/Kaliwerk Bischofferode noch zu anderen vermissten Vorgängen. Die Aktenlage ist unverändert. Die Originalakten „Mitteldeutsche Kali/Kaliwerk Bischofferode“ wurden vor Übersendung an den Untersuchungsausschuss der 12. Legislaturperiode im Kanzleramt kopiert. Die Kopien wurden dem zuständigen Referat zur Verfügung gestellt. Auf dem ersten Band dieser Kopien befindet sich eine handschriftliche Notiz: Akte wurde an das BMF gesandt, Kopie für die zuständige Abteilung Diese Notiz ist unter dem 8. Juli 1994 im zuständigen Referat abgezeichnet. Die Originale gingen am 29. Juli 1994 in drei Ordnern an den Deutschen Bundestag. Die Rücksendung der Originale vom Bundestag über das BMF an das Bundeskanzleramt erfolgte am 26. Oktober 1994. Diese drei ursprünglichen Originalbände sind verschwunden. Sie sind nicht etwa wieder aufgetaucht, sondern sind und bleiben weg - leider. Das Verschwinden hat die Registratur zu einem recht frühen Zeitpunkt, nämlich schon 1995, bemerkt. Die damals zuständige Registratorin hat auf der Registraturkarte eingetragen: Bände 1 bis 3 nicht mehr vorhanden ({0}), ein Ersatzband angelegt! Die Akte hat in der Registratur eine Registraturkarte „Mitteldeutsche Kali/Kaliwerk Bischofferode“, Ka 66 NA 1. Die Eintragung auf der Registraturkarte ist undatiert. Sie stammt wahrscheinlich aus dem Jahr 1995; denn ab 1995 läuft die Akte „Mitteldeutsche Kali/Kaliwerk Bischofferode“ weiter. Außerdem ist der namentlich erwähnte Mitarbeiter im März 1995 aus dem Bundeskanzleramt ausgeschieden. Die Akte „Mitteldeutsche Kali/Kaliwerk Bischofferode“ besteht heute zunächst aus drei Hängeordnern, bei denen es sich offenkundig um die so genannten C-Kopien handelt, die im Kanzleramt verblieben waren. Diese Kopienbände beginnen mit dem 7. April 1993, dem 13. Juli 1993 und dem 24. September 1993. Die dazu gehörenden Originale sind verschwunden. Neben diesen Kopien gibt es - das ist, wenn auch nur für Kenner, ein altbekannter Sachverhalt - den von der Registratur angelegten „Ersatzband“. Dieser „Ersatzband“ wurde angelegt, nachdem die Registratorin das Verschwinden der Originalakte bemerkt hatte. Das Schriftgut in diesem „Ersatzband“ beginnt mit dem 12. Februar 1993 und endet am 22. Juli 1997. Erstaunlich daran ist, dass sich ein Teil dieses Bandes mit dem Zeitraum der verschwundenen drei Originalaktenbände überlappt. Der überlappende Zeitraum reicht vom 12. Februar 1993 bis zum 21. Dezember 1993. Der überlappende Zeitraum ändert jedoch nichts daran, dass die drei Originalaktenbände, die der Bundestag über das BMF an das Kanzleramt zurückgeschickt hatte, verschwunden sind und bleiben. Fraglich ist allerdings, wo die überlappenden Schriftstücke herkamen, aus denen die Registratorin den „Ersatzband“ anlegte. Diese Schriftstücke waren nicht Bestandteil der registrierten Originalakte „Mitteldeutsche Kali/Kaliwerk Bischofferode“, wurden außerhalb der Registratur des Bundeskanzleramtes verwahrt, wurden Aktenbestandteil erst in dem Moment, in dem die Registratorin das Verschwinden der registrierten Originalakte bemerkte, und bestehen fast ausschließlich aus Schriftstücken mit Paraphen des Bundeskanzlers oder mit Verfügungen des Chefs des Bundeskanzleramtes. Der „Ersatzband“ setzt sich dann ab 1995 mit normalem Originalpapier fort. Wie es zu dieser ausgesprochen merkwürdigen und keineswegs vorbildlichen Aktenbildung gekommen ist, ließ sich bisher nicht klären. Insbesondere konnte sich der damals zuständige Referent überhaupt nicht erinnern. Die Tatsache, dass die sich in dem „Ersatzband“ befindlichen Dokumente aus demselben Zeitraum stammen wie die im Kanzleramt noch vorhandenen C-Kopien, legt aber nahe, dass es sich dabei um Schriftgut handeln könnte, das im zuständigen Referat zurückgehalten und dort außerhalb der Registratur offenbar gesondert aufbewahrt worden ist. Wir gehen davon aus, dass es dann 1995 auf Drängen der Registratorin zur Konstruktion des auf der Registraturkarte vermerkten „Ersatzbandes“ der Registratur zugeleitet worden ist, nachdem diese das Fehlen der ausgeliehenen Akten bemerkt hatte und tätig geworden war. Außer der Registratorin interessierte sich offenbar niemand für den Aktenverlust. Dieser Sachverhalt ist nicht neu, sondern er wurde im disziplinarrechtlichen Vorermittlungsverfahren ermittelt, beschrieben und bewertet und sodann der Staatsanwaltschaft Bonn mitgeteilt. Ebenso wurde der Sachverhalt am 28. Juni 2000 dem Untersuchungssauschuss „Parteispenden“ der 14. Legislaturperiode mitgeteilt. Damit komme ich auf Ihre konkreten Fragen zurück. Ein Wiederauffinden der Originalakten „Mitteldeutsche Kali/Kaliwerk Bischofferode“ nach dem Regierungswechsel 1998 hat es nicht gegeben. Die Originalakten zur Privatisierung Mitteldeutsche Kali/Kaliwerk Bischofferode sind nach wie vor verschwunden. Die Tatsache, dass bereits vor dem Regierungswechsel mit Originalschriftgut, das vermutlich zur Akte „Mitteldeutsche Kali/Kaliwerk Bischofferode“ gehörte, ein „Ersatzband“ angelegt wurde, war Ergebnis der disziplinarrechtlichen Vorermittlungen im Bundeskanzleramt. Der Chef des Bundeskanzleramtes, Dr. Steinmeier, wurde darüber durch den Abschlussbericht von Bundestagsvizepräsident a. D. Dr. Burkhard Hirsch vom 31. Mai 2000 unterrichtet. Da das Anlegen eines „Ersatzbandes“ und der Umfang des Originalschriftgutes Rückschlüsse auf den Umgang mit Originalakten von „Mitteldeutsche Kali/Kaliwerk Bischofferode“ möglich machten, fand diese Tatsache Eingang in den Bericht von Bundestagsvizepräsident a. D. Dr. Hirsch über disziplinarrechtliche Vorermittlungen im Bundeskanzleramt, der der Staatsanwaltschaft Bonn am 14. Juli 2000 übergeben wurde. Außerdem hat Herr Dr. Hirsch den ParteispendenUntersuchungsausschuss der 14. Legislaturperiode am 28. Juni 2000 über den Zustand der Akten „Mitteldeutsche Kali/Kaliwerk Bischofferode“ unterrichtet. Anwesend waren für die CDU-Fraktion unter anderem Kollegin Voßhoff und Kollege Andreas Schmidt, weshalb diese Dinge Ihnen bereits seit drei Jahren bekannt sind. Ein weiteres Tätigwerden des Chefs des Bundeskanzleramtes über die Information der Staatsanwaltschaft und des Deutschen Bundestages hinaus war nicht erforderlich.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Zusatzfrage, Frau Kollegin Connemann.

Gitta Connemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003514, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich danke Ihnen für die wirklich außergewöhnlich ausführliche Beantwortung dieser Frage. Angesichts der sonstigen Kürze von Antworten bin ich darüber angenehm überrascht. Da ich diesem Hohen Hause erst seit kurzer Zeit angehöre, sehen Sie es mir bitte nach, dass ich vielleicht nicht so gut informiert bin wie die anderen Kollegen und dass ich die Antworten angesichts ihrer Länge nicht im Detail nachvollziehen kann. Zwei Nachfragen möchte ich dennoch stellen: Erstens. Auf welche Akten wird in dem Schreiben des Bundeskanzleramtes an die Staatsanwaltschaft Bonn vom 12. Juni 2003, in dem ja auf eine Aktenlage im Bereich „Mitteldeutsche Kali“ Bezug genommen wird, genau Bezug genommen, auf die C-Kopien, auf die B-Kopien, auf die A-Kopien? Vielleicht können Sie das noch einmal darstellen.

Not found (Gast)

Frau Connemann, ich will es Ihnen ersparen, dass ich das noch einmal vorlese. Selbstverständlich haben wir gegenüber der Staatsanwaltschaft auf die besondere Situation bei diesem Vorgang „Kali“ deshalb hingewiesen, weil in diesem Fall, anders als bei den anderen Vorgängen, in der Tat deutlich wird - das ist wohl auch für die Ermittlungen ein wichtiger Umstand -, dass das Bundeskanzleramt mit Privatisierungsvorgängen sehr wohl bis in den höchsten Leitungsbereich hinein betraut war. Ich denke, es war auch für den Untersuchungsausschuss der 12. Legislaturperiode eine schwierige Situation, dass das Kanzleramt aufgrund der damals übersandten Originalbelege in Erscheinung trat, als sei es mit Privatisierungsvorgängen nicht befasst. Gerade der Vorgang „Mitteldeutsche Kali“ und das im Zusammenhang damit 1995 erfolgte Anlegen eines „Ersatzbandes“ belegt anschaulich, dass das Bundeskanzleramt bis in die höchsten Leitungsebenen hinein mit Privatisierungsvorgängen befasst gewesen ist. Das lässt Rückschlüsse auch auf die anderen Privatisierungsvorgänge zu, die für die staatsanwaltschaftlichen Untersuchungen von Interesse sind.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Weitere Zusatzfrage, Frau Connemann.

Gitta Connemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003514, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sie haben in Ihren Ausführungen unter anderem bemerkt, dass sich der Referent nicht mehr erinnern könne. Konnte sich die Registratorin erinnern?

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Selbstverständlich konnte sich die Registratorin erinnern. Es handelte sich um hilfreiche Informationen über das Anlegen dieses „Ersatzbandes“.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Wir sind damit am Ende der heutigen Fragestunde. Je nach Betrachtungsweise mag das mit Bedauern oder Erleichterung zur Kenntnis genommen werden, es entspricht aber unseren präzisen Regeln. ({0}) Zu diesen gehört auch, dass die nun nicht mehr aufgerufenen Fragen schriftlich beantwortet werden. Wir sind damit zugleich am Ende der heutigen Tagesordnung. Bevor ich die Sitzung schließe, berufe ich die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, 9 Uhr, ein. Ich schließe die heutige Sitzung.