Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 3/20/2003

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sitzung ist eröffnet. Meine Damen und Herren, heute Nacht hat der Krieg im Irak begonnen. Die Bemühungen, den Konflikt friedlich zu lösen und den Diktator zu entwaffnen, haben den Krieg nicht verhindern können. Wir sind uns einig in der Sorge über die möglichen, die wahrscheinlichen Opfer. Wir hoffen gemeinsam, dass es nicht zum Einsatz von Massenvernichtungswaffen kommt und dass das verbrecherische Regime des Diktators Saddam Hussein schnell beendet werden kann. W ir sind uns der V erantwortung auch Deutschlands für eine geordnete, friedliche, demokratische Zukunft im Nahen Osten bewusst. Die Fraktionen des Hauses haben sich darauf geeinigt, angesichts der aktuellen Ereignisse die T agesordnung zu verändern und jetzt mit einer Runde von Stellungnahmen der Fraktionen zu beginnen. Danach wird das Plenum unterbrochen, um Fraktionssitzungen zu ermöglichen. Die Plenardebatte wird dann um 10.15 Uhr fortgesetzt. Ich erteile zunächst dem Kollegen Franz Müntefering, SPD-Fraktion, das Wort.

Franz Müntefering (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001570, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Irak beginnt der Krieg. W ir denken an die Menschen vor Ort, die unmittelbar betroffen sind. Wir hoffen, dass die Opfer an Menschenleben und di e Zerstörungen so gering wie möglich bleiben, und wi ssen doch: Es wird diese Opfer geben, viel zu viele. Die Bemühungen um eine friedliche Lösung hatten keinen Erfolg. Trotzdem: Sie waren richtig und sie bleiben richtig. Wo es eine Chance gibt, Krieg zu verhindern, Not und Elend zu verhindern, ist es nötig, diese Chance zu suchen, sie zu nutzen und zu versuchen, im Interesse der Menschen eine friedliche Lösung durchzusetzen. Das bleibt auch für die Zukunft so. Die Lehre aus dem, was wir in diesen Tagen und Stunden erleben, muss auch sein, dass die Bemühungen im Rahmen der Völkergemeinschaft weitergehen müssen, Wege zu finden, wie die Menschheit in Zukunft mit der Frage des Gewaltmonopols umgeht, und gemeinsam Wege zu finden, um Gewalt vorzubeugen, Gewalt zu verhindern und Kriegen vorzubeugen. Die Menschen in Deutschland haben Angst, die Älteren aus eigener Erfahrung un d Betroffenheit, die Jüngeren, weil sie erleben, dass sich in diesen T agen in der Welt der Stärkste durchsetzt und nicht das Recht, weil es eine Erfahrung ist, die für die Menschen gefährlich ist, dass es keine Regeln gibt, nach denen in einer solchen Situation Frieden gesucht und Krieg verhindert wird. Wir müssen in Deutschland in diesen T agen und Wochen darauf achten, dass wi r mithelfen, mit den Sor gen und der Angst, die die Menschen haben, so rational wie möglich umzugehen, und dazu beitragen, dass alle Entwicklungen in Richtung eine r antiamerikanischen Haltung, einer antiislamischen Haltung und von Dingen, die im Zusammenhang mit Israel diskutiert werden könnten, sowie alle extremen Regungen in unserem Land unter Kontrolle gehalten werden. W ir müssen den Menschen helfen, dass sie solchen Tendenzen nicht verfallen. Wir wollen, dass die UNO ihre Funktion behält. W ir wollen auch in Zukunft in Freundschaft mit dem amerikanischen Volk und mit all denen, bei denen wir zurzeit nicht in Übereinstimmung mit dem Handeln ihrer Regierungen sind, leben. W ir wollen in diesen W ochen die Unterschiede, die es in der Beurteilung der jetzigen Situation gibt - das sind Unterschiede, die es auch hier im Parlament gibt -, nach den Regeln der Demokratie austragen. Wir wollen miteinander über das diskutieren, was uns eint, und über das, was uns unterscheidet, weil es auch in einer solch schwie rigen Situation aus unserer Sicht darauf ankommt, dass man die Dinge nicht verdrängt, sondern sie offen anspricht und deshalb eine Debatte führt, die ehrlich und offen ist. Wir sind - auch nach den In formationen, die wir von der Bundesregierung und den zuständigen Stellen bekommen haben - sicher , dass im Lande selbst alles Erforderliche und erdenklich Mögliche getan wird, damit Redetext die Menschen hier in Sicherheit sind. Dieses Bemühen gilt natürlich auch für die Einrichtungen der Amerikaner, der Briten und anderer Natio nen. Wir sind sicher, dass wir, wenn wir in diesen Tagen und Wochen so of fen, aber auch so fair wie mö glich miteinander diese Dinge behandeln, ein gutes Zeichen ins Land geben können für die Menschen, die sicher in besonderer W eise auf uns schauen, um zu sehen, wie man seitens der politischen Parteien und seitens des De utschen Bundestages mit einer solchen Situation umgeht. Wir alle hoffen, dass die Opfer in diesem Krieg so gering wie möglich sein werden. Aber wir wissen eben auch: Es wird viele Opfer ge ben. Ganz besonders an sie denken wir natürlich in dieser Stunde und an diesem Tag. Vielen Dank. ({0})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich erteile das W ort Kollegin Angela Merkel, CDU/ CSU-Fraktion.

Dr. Angela Merkel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001478, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! W ir alle sind zutiefst besorgt und betroffen und wir verstehen die Sorgen und Ängste der Menschen in unserem Lande. Wir alle haben gehofft, dass wir diesen Krieg nicht erleben müssen. CDU und CSU bedauern sehr, dass es nicht gelungen ist, die Entwaffnung des Irak mit friedlichen Mitteln zu erreichen. Denn wir dürfen nie vergessen: Krieg ist immer eine Niederlage von Diplomatie und Politik. In dieser Stunde sind unsere ersten Gedanken bei dem leidgeprüften Volk im Irak. Es ist eine T ragödie für die betroffenen Menschen, die bereits seit vielen Jahren die menschenverachtende Herrschaft und die Kriege Saddam Husseins ertragen müssen, dass sie nun nochmals wegen dieses Diktators einen Krieg zu erleiden haben. Wir hoffen deshalb, dass der Krieg mit möglichst wenigen - unschuldigen - Opfern in mö glichst kurzer Zeit zum Abschluss gebracht wird. Unsere Gedanken sind auch bei den Soldatinnen und Soldaten, die in einen schwierigen und gefährlichen Einsatz gehen. CDU und CSU stimmen den von der Bundesregierung zugesagten Unterstützungsleistungen für die Vereinigten Staaten von Amerika und zum Schutz der Türkei und Israels zu. Mit Blick auf die Zukunft setzen wir alles daran, dass sich die Kraft und die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union, des transatlantischen Bündnisses und der Vereinten Nationen durch Geschlossenheit und Einigkeit neu entfalten können. Innerhalb dieser Institutionen und Gemeinschaften sind wir nicht zuletzt mit den Vereinigten Staaten von Amerika durch gemeinsame Werte verbunden. Deshalb stehen wir an ihrer Seite. So schwer es im Augenblick vorstellbar sein mag, so sehr hoffen wir doch, dass es nach diesem Krieg zu mehr Frieden und Sicherheit in der Region kommen kann. Danke schön. ({0})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich erteile das Wort Kollegin Katrin Göring-Eckardt, Bündnis 90/Die Grünen.

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003132, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Präsident! Liebe Ko lleginnen und Kollegen! Alle Bemühungen, einen Kr ieg zu verhindern, waren nicht erfolgreich. Das ist di e bittere Erkenntnis der vergangenen Nacht. Es hat Alternativen zu diesem Krieg gegeben und wir bedauern, dass diese Alternativen nicht erfolgreich genutzt worden sind. Wir sind in Gedanken bei den Menschen im Irak, die Opfer dieses Krieges sein werden, aber auch bei den britischen und amerikanischen Soldatinnen und Soldaten und ihren Angehörigen. Jetzt, nachdem der Krieg begonnen hat, können wir nur hoffen, dass sich unse re schlimmen Befürchtungen nicht bestätigen und dass di e Zahl der Opfer möglichst gering ausfallen wird. W ir müssen alles dafür tun, dass es nicht zu mehr religiösem Fundamentalismus oder zu Hass auf die westliche Welt kommt. Die weltweite Friedensbewegung, aber auch die klaren und entschiedenen W orte des Papstes haben dazu beigetragen und einen großen Anteil daran. Dazu gehören auch die Bemühungen von Gerhard Schröder , Joschka Fischer und vielen anderen Europäern. Für ihr Engagement will ich ihnen hier noch einmal ausdrücklich danken. ({0}) Viele Menschen in unsere m Land haben sich gegen diesen Krieg engagiert und we rden sich auch weiter dagegen engagieren. Sie sind au f die Straße gegangen. Sie haben demonstriert und sie haben gebetet. In diesen Tagen sind es besonders die Kinder und Jugendlichen, die sich Sorgen um die Zukunft machen. Wir müssen mit ihnen sprechen und ihnen Halt geben. W ir müssen mit ihnen über unser e Werte Frieden, Demokratie und Menschenrechte rede n und darüber , wie diese Werte durchsetzbar sind, immer zuerst und so lange wie irgend möglich mit friedlichen Mitteln. In den kommenden W ochen brauchen vor allem die Menschen in der Region unsere Hilfe und Unterstützung - humanitär, aber auch, was die Flüchtlinge angeht. Unsere Verantwortung bleibt es, dafür zu sorgen und unseren Beitrag dazu zu leisten, dass sich friedliche Perspektiven für den Nahen Osten eröffnen und offen bleiben. Auch dafür bedarf es eines starken Europa wie auch der Zusammenarbeit zwischen einem starken Europa und den starken USA. Ohne diese Zusammenarbeit wird es nicht gehen. Unsere Gedanken sind in diesen T agen auch bei der Bevölkerung der USA, die in diesen Stunden Angst und Sorge empfinden wie wir. Die Freundschaft unserer Völker steht nicht infrage. Ich danke Ihnen. ({1})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich erteile dem Kollegen W olfgang Gerhardt, FDPFraktion, das Wort.

Dr. Wolfgang Gerhardt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002659, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor wenigen Stunden hat ein Kr ieg begonnen. Unsere Gedanken sind bei dem irakischen Volk, das jahrelang das Terrorregime Saddam Husseins ertragen musste und jetzt trotz eines Krieges hoffentlich vor weiterem schweren Leiden bewahrt werden kann. Unsere Sorge gilt aber auch den Soldatinnen und Soldaten, die sich nun im Einsatz befinden. W ir denken an sie und ihre Familien. Dem Schutz und der Sicherheit der in dieser Krisenregion stationierten deutschen Bundeswehrsoldaten muss unsere Aufmerksamkeit gelten. Sie müssen auch im Vordergrund unserer politischen Bemühungen stehen. Wir müssen alles tun, um ihre Sicherheit zu erhöhen. W ir werden nichts unterlassen, um die Bundeswehrsoldaten zu schützen. Unsere Aufmerksamkeit gilt aber auch den Menschen, die in Deutschland leben, ihren Ängsten, ihren Sorgen und der Sicherheit, die sie brauchen. Der irakische Diktator Sa ddam Hussein ist - darüber will ich keine Unklarheit aufkommen lassen - die Ursache für die nun eingetretene Situation. Saddam Hussein ist nach Überzeugung der Fr eien Demokraten Täter und nicht Opfer. ({0}) Er hat gegen 17 Resolutionen der Vereinten Nationen verstoßen. Er hat das Völkerrecht vielfach gebrochen. Er hat in der V ergangenheit Giftgas gegen die eigenen Landsleute eingesetzt. Er hat sein Land mit großem Terror überzogen. Hätte er rechtzeitig eingelenkt, hätte ein Krieg vermieden werden können. Auch das gehört zu dem, was gesagt werden muss. ({1}) Wir alle, auch die FDP, haben die Empfindungen des amerikanischen Volkes nach den Anschlägen am 11. September 2001 geteilt. W ir haben verstanden, was unsere amerikanischen Freunde berührt hat. Ein militärischer Konflikt aber o hne Beschlussfassung des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen und ohne Ausschöpfung weiterer Möglichkeiten der Inspektion, wie ihn die amerikanische Regierung begonnen hat, kann trotz der geschilderten Umstände nicht die Billigung der FDP finden. ({2}) Es bleibt jedoch bei der tr ansatlantischen Bindung, die für die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik unverzichtbar ist, und bei der Freundschaft mit dem amerikanischen Volk. Auch dies gehört zu dem, was in dieser Situation gesagt werden muss. Dass jetzt eine gefährlich e Situation eingetreten ist, liegt auch an den gescheiter ten transatlantischen diplomatischen Bemühungen und an der mangelnden europäischen Einigung. Wenn wir Konsequenzen aus der jetzt eingetretenen Lage ziehen wollen, dann müssen unsere gemeinsamen Anstrengungen weiteren Fortschritten in der Europäischen Union, dem Aufbau einer eigenen europäischen Sicherheits- und Verteidigungskapazität, gelten. Nie mehr darf eine solche Situation eintreten, ohne dass zuallererst eine eu ropäische Einigung versucht wird. ({3}) Wir wollen deshalb gemeinsame Anstrengungen unternehmen und auch alle Anstrengungen, die andere unternehmen, unterstützen, die darauf abzielen, die Europäische Union zu einer stärkeren Initiative zu machen. Ich sage in diesen Minute n: Die Vereinten Nationen, insbesondere der Sicherheit srat dieser W eltgemeinschaft, sind und bleiben trotz allem, was jetzt eingetreten ist, der Ort für gemeinsame internationale Konfliktlösungen. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. ({4})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Die Sitzung wird nun bis circa 10.15 Uhr unterbrochen. Der W iederbeginn der Sitzung wird rechtzeitig durch Klingelzeichen angekündigt. ({0})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet. Wir setzen die Haushaltsberatungen - T agesordnungspunkt I - fort: Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundes haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2003 ({0}) - Drucksachen 15/150, 15/402 ({1}) Ich rufe dazu den Tagesordnungspunkt I. 18 auf: Präsident Wolfgang Thierse Einzelplan 09 Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit - Drucksachen 15/559, 15/572 Berichterstattung Abgeordnete Volker Kröning Hans-Joachim Fuchtel Dr. Günter Rexrodt Zum Einzelplan 09 liegen zwei Änderungsanträge der Fraktion der CDU/CSU, vi er Änderungsanträge der Fraktion der FDP und drei Änderungsanträge der Abgeordneten Gesine Lötzsch und Petra Pau vor. Über einen Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU werden wir später namentlich abstimmen. Nach einer interfraktionellen V ereinbarung sind für die Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. - Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Kollegen Hans-Joachim Fuchtel das Wort. ({2})

Hans Joachim Fuchtel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000616, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion will ich zunächst erklären, dass wir die heutige Haushaltsdebatte angesichts des Krieges natürlich möglichst moderat führen möchten. Gleichzeitig mö chte ich feststellen, dass die heutige Haushaltslage nichts mit dem Krieg im Irak zu tun hat. Das gilt auch für die künftige Haushaltslage. ({0}) Das muss man hier festhalten, weil in den letzten W ochen ständig Stimmen zu hören waren, die bereits im Vorfeld dieses Krieges darum bemüht waren, alles, was hier schief gelaufen ist, mit internationalen Geschehnissen zu begründen. Vor dem Hintergrund der Rede des Kanzlers am vergangenen Freitag möchte ic h Sie von Rot-Grün fragen: Ist Ihnen eigentlich bewusst, dass Sie dabei sind, bereits den dritten für W irtschaft oder Finanzen zuständigen Superminister zu verschleißen? Der erste ist bekanntlich auf Kosten der Steuerzahler geflohen, der zweite hat sich im Schuldengebirge verirrt und der dritte wird scheitern, wenn Sie nicht dazu beitragen, dass in diesem Lande endlich Wesentliches geschieht. An der Mitarbeit der Union fehlt es dabei nicht. ({1}) Der Minister Clement hat we nigstens seine Brille gewechselt, seit er nicht mehr Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen ist. ({2}) - Sie können mir Fragen ste llen. Ich habe mir für Sie heute Morgen extra Zeit genommen. ({3}) Ich habe mir das noch einmal ein bisschen angeschaut. Am 18. Mai 1998 wurde im Deutschlandfunk die Frage gestellt: Ist es eigentlich mit dem innovativen Anspruch einer neuen SPD-geführten Bundesregierung zu vereinbaren, dass der erste Schritt die Rücknahme jetzt umgesetzter Reformen ist? - Darauf antwortete Clement um 11.05 Uhr im Deutschlandfunk: Ja, selbstverständlich. - Das meine ich, wenn ich sage: konzeptions- und orientierungslos. In der „Welt“ vom gleichen Tag wurde er wie folgt zitiert: Den W eg des sozialen Kahlschlags werde seine Partei nicht mitgehen. Vier Jahre hat dieser Supe rminister als Ministerpräsident den Weg in die wirtschaftliche Abstiegszone begleitet. Haben Sie deshalb Verständnis dafür, meine Damen und Herren, dass wir den Ankündigungen dieses Superministers etwas kritisch gegenüberstehen. ({4}) Konzeptionslosigkeit habe ich gerade nachgewiesen. Nun zur Erfolglosigkeit. Wir erinnern uns noch an einen Schnellschuss kurz vor der Bundestagswahl. „Vermittlungsagentur und V ermittlungsgutschein“ hieß das Thema. Eine Nachfrage beim Arbeitsamt Nagold von letzter Woche hat ergeben: In einem Dreivierteljahr wurden ganze acht Vermittlungsgutscheine abgerechnet. - Es ist ein Flop erster Klasse, der da stattgefunden hat. ({5}) Ich-AG war das nächste Zauberwort. Eine Nachfrage beim Arbeitsamt Nagold von letzter Woche hat ergeben: Zwei Ich-AGs wurden auf den Weg gebracht. ({6}) Meine Damen und Herren, bitte haben Sie V erständnis dafür, dass wir mehr Eile anmahnen. Deutschland kann es sich nicht erlauben , in diesem Schneckengang voranzugehen. Wir brauchen mehr Schwung. Wir brauchen mehr Verwirklichung. Wie unser Kollege Friedrich Merz gesagt hat: Wir brauchen nicht 100 Baustellen; wir brauchen endlich Richtfeste auf diesen Baustellen. ({7}) Als die Partei Konrad Adenauers wissen wir sehr wohl, dass man niemanden hindern soll, jeden T ag klüger zu werden. V on daher wü nschen wir uns natürlich sehr, dass Sie auf das einschwenken, was von der Union und von der FDP konzeptionell vorgedacht wurde. Eines ist klar: Die geistige Führerschaft in Fragen der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik in diesem Land liegt bei CDU/CSU und FDP. ({8}) - Ihre Zwischenrufe sind so wenig qualifiziert wie Ihre inhaltlichen Aussagen. ({9}) Spätestens seit dieser Ka nzlerrede, seitdem in allen Kommentaren stand, dass alles das, was in diesem Land jetzt so mühsam hervor gebracht wird, eigentlich schon 1998 als richtig erkannt worden war , sollten Sie ruhig sein und uns nicht weiter beschimpfen. ({10}) Rot-Grün muss endlich lern en: Die Zeiten, in denen man einen zweiten Arbeitsmarkt fast grenzenlos finanzieren konnte, sind vorbei . Künftig muss jeder seinen Beitrag leisten und Leistungen müssen sich auf die wirklich Schwachen konzentrieren. Das werden wir mittragen. ({11}) Der größte Posten im Haushalt des Ministers für Wirtschaft und Arbeit ist die Arbeitslosenhilfe mit immerhin 12,3 Milliarden Euro. Wenn der größte Posten im Haushalt eines Wirtschaftsministers die Arbeitslosenhilfe ist - das muss man sich einmal überlegen! -, dann zeigt das, wie verfehlt diese Politik in Deutschland in den letzten Jahren gestaltet wurde. ({12}) Die CDU/CSU sieht es als zentrale Aufgabe an, die Beschäftigungsschwelle zu senken. In Deutschland entstehen Arbeitsplätze erst ab einem W achstum von 2 Prozent. Das kann so nich t bleiben. In anderen Ländern entstehen sie bereits bei einem Wirtschaftswachstum von 0,5 Prozent. Wenn Deutschland wieder ein führendes Wirtschaftsland werden soll, dann muss es gelingen, die Beschäftigungsschwelle auf einen W ert von unter 1 Prozent Wachstum zu drücken. Erst dann können wir wieder positive Entwicklungen erwarten. ({13}) Das bedeutet, dass nichts an einer Deregulierung des Arbeitsmarktes vorbeiführt. Sie muss kommen. ({14}) Mithilfe des Bundesrates - alleine hätten S ie das nicht geschafft - wurde bei den geringfügig Beschäftigten und in einigen anderen Sektoren ein erster Schritt getan. Jetzt muss es den Betrieben leichter gemacht werden, Leute einzustellen. Die Flucht in die Überstunden ist geradezu Ausdruck einer Überregulierung des Arbeitsmarktes und muss beseitigt werden. Die Union als Partei der Arbeitnehmer ({15}) - irgendwo müssen die 50 Prozent der Stimmen in Niedersachsen und Hessen ja herkommen, meine Damen und Herren; das müssen Sie als Demokraten einfach akzeptieren -, als Partei der jungen Leute, der jungen Leistungsträger, die noch ihr ga nzes Arbeitsleben vor sich haben, will die soziale Marktwirtschaft mit der Reform des Arbeitsrechts so modernisieren, dass sie den Herausforderungen der Globalisierung gewachsen ist. Die Union hat Konzepte. W ir wollen den Kündigungsschutz und andere Rahmenbedingungen verändern, und zwar schnell, dami t es Arbeit für mehr Menschen gibt. Weisen Sie für Ihre Konzep te im Deutschen Bundestag Ihre eigenständige Mehrheit nach. Dann werden wir im Bundesrat dafür sorgen, dass solche Konzepte durchgehen. ({16}) Das alles hat für den Haushalt zentrale Bedeutung. Deswegen ist es ein großer Schwerpunkt unserer Politik. Ich möchte als weiteren Punkt noch die Gemeinschaftsaufgabe „Aufbau-Ost“ ansprechen. Wir sehen, dass Sie den Osten aus dem Auge verlieren. Wir Haushälter haben hinnehmen müssen, dass Sie hier eine Kürzung von 60 Millionen Euro vollziehen, dass Sie seit 1998 auf die Hälfte heruntergekürzt haben. Herr Clement, glauben Sie eigentlich, die Aufgabe im Osten sei schon erledigt? Hier geht es darum, Bildung und Forschung zu fördern. Deswegen müssen wir die entsprechenden Aufgaben möglichst hoch dotieren, damit Impulse entstehen können. ({17}) Ich möchte Sie herzlich bitte n, dazu nachher in Ihren Ausführungen konkret Stellung zu nehmen. Das wird von dieser Bundesregierung seit Beginn dieser Legislaturperiode viel zu wenig getan. Wir leben in einem Land der Wiedervereinigung. Deswegen verlangen wir von dieser Bundesregierung, dass das, was unter unserer Regierung begonnen wurde, die Verwirklichung der Einheit und die Schaffung gleicher Lebensverhältnisse, ({18}) von der jetzigen Regierung entsprechend fortgesetzt wird. Wir verlangen eine richtige Prioritätensetzung. ({19})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Kollege Fuchtel, Sie müssen bitte zum Ende kommen.

Hans Joachim Fuchtel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000616, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Mein Kollege Rossmanith wird zur Wirtschaftspolitik noch Stellung nehmen. Ich jedenfalls möchte mich, Herr Minister Clement, für die persönliche, sachliche Zusammenarbeit bei der Erstellung des Haushalts bedanken. ({0})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich erteile das Wort Kollegen Volker Kröning, SPDFraktion.

Volker Kröning (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002707, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Haushalt des Bundesministers für W irtschaft und Arbeit spiegelt di e Schlüsselrolle dieses Ressorts für Erneuerung und Zusammenhalt unserer Gesellschaft wider, folgt also de r Leitidee der SPD und auch der Überschrift des Jahreswirtschaftsberichts 2003: „Reformen gemeinsam voranbringen“, oder, um es im Klartext zu sagen: Wir müssen unser Land von der Geißel der Dauer- und Massenarbeitslosi gkeit befreien. In Zeiten des Krieges möchte ich es so ausdrücken: W ir müssen den Frieden gewinnen. Der Einzelplan 09 hat ein Ausgabenvolumen von 18,5 Milliarden Euro. Doch zu dem Geschäftsbereich des Ministeriums gehört auch die Bundesanstalt für Arbeit, die tief greifend umgebaut wird. Mit der von der Regierungskoalition und de r Unionsmehrheit im Bundesrat eingeleiteten Reform des Arbeitsmarktes soll die Bundesanstalt gegenüber dem Ist-Er gebnis des letzten Jahres von 56,5 Milliarden Euro in diesem Jahr mit 3,4 Milliarden Euro weniger auskommen, das heißt auch ohne einen Bundeszuschuss. Ich stelle fest: Keine Fraktion - nur die Kolleginnen von der PDS - hat den Antrag gestellt, einen Bundeszuschuss wieder einzustellen. Doch die Entwicklung der Konjunktur und des Arbeitsmarktes stellt die Finanzen der Bundesanstalt für Arbeit unter äußersten Druck. Wegen der Ungleichzeitigkeit von Einnahmen- und Ausgabenentwicklung fehlen zurzeit rund 1,5 Milliarden Euro. Doch da die Liquiditätshilfe nach § 364 SGB III von 5 auf 7 Milliarden Euro aufgestockt wird, ist die Liquidität der Anstalt auf absehbare Zeit gesichert. Es wird gar nichts nützen - das erwarte ich von der Debatte -, über Bundeszuschuss und Liquiditätshilfe zu reden, wenn die Effekte der Arbeitsmarktreform und die Impulse aus der Regierungserklärung vom 14. März 2003 vielleicht nicht ausreichen, um den Haushalt dieses Jahres durch die Fährnisse der weiteren weltwirtschaftlichen und weltpolitischen Entwicklung zu steuern. Wir werden das aber nicht zum Vorwand für Nichtstun nehmen, sondern bei der Realisierung der Entscheidungen, die der Bundeskanzler verkündet hat, vor allen Dingen auch bei der Umsetzung von Gesetzen, die wir beschlossen haben un d - hoffentlich einmütig noch beschließen werden, Druck machen. Lassen Sie uns festhalten: Arbeitsmarktreform ist praktizierte Hauhalts- und Wirtschaftspolitik. Sie soll nicht nur den Bundeshausha lt entlasten, sondern auch die Lohnnebenkosten begrenzen und reduzieren, die die Arbeitgeber und Arbeitnehmer mehr als alle Steuern belasten und deshalb das Wachstums- und Beschäftigungshindernis Nummer eins sind. Mit der Arbeitsmarktreform hat Minister Clement - das sage ich auf den Vorwurf, er sei ein Ankündigungsminister - ein Beispiel für den fortdauernden Willen zur Haushaltssanierung und zu einer nachhaltigen Reform der sozialen Sicherungssysteme gegeben. ({0}) Auch zu der Auflösung der globalen Minderausgabe in Höhe von 1,3 Milliarden Euro, die im Regierungsentwurf enthalten war, hat das Ressort einen beachtlichen Anteil, nämlich 52,7 Millionen Euro, beigesteuert. Ich danke dem Ministerium dafür , wie kooperativ und lautlos die Beratungen erfolgt sind, ebenso dem Bundesfinanzministerium, das geholfen hat, und auch der Opposition, mit der eine sachliche Beratung möglich war. Trotz der Minderausgabe, die wir durchsetzen mussten, sind die Prioritäten de s Regierungsentwurfes erhalten geblieben, nämlich die Aufgaben eines Doppelressorts für Arbeit und Wirtschaft. Ich bin stolz darauf, dass die Fusion des bisherigen Ministeriums für W irtschaft und Technologie und des Ressortteils Arbeit des ehemaligen Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung beinahe abgeschlossen ist und dass das neue Ministerium in Hochform arbeitet. Es erbrin gt sogar, ebenso wie das neue Ministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung, eine beträchtliche Fusionsrendite, die dem Gesamthaushalt zugute kommt. Was sind nun die Prioritäten des Einzelplans W irtschaft und Arbeit? Ich nenne zehn Punkte. Erstens. 12,3 Milliarden Euro müssen 2003 für Arbeitslosenhilfe ausreichen, 2,5 Milliarden Euro weniger als 2002. Wenn wir über diese Za hlen streiten, möchte ich noch einmal daran erinne rn, welche menschlichen Schicksale dahinter stehen und dass die Menschen für die Arbeitsmarktreform und mit der Arbeitsmarktreform insgesamt mitgenommen werden müssen. ({1}) Zweitens. 2,68 Milliarden Euro fordert noch immer der Strukturwandel im Steinkohlebergbau, der ein Musterbeispiel für „Sicherh eit im Wandel“ ist - gegen alles Gerede von einem Subventionsabbau nach dem Rasenmäherprinzip. Nimmt man beides zusammen, sind das rund drei Viertel des Budgets für Wirtschaft und Arbeit, allerdings mit abnehmender Tendenz. Die weiteren Schwerpunkte zeigen dagegen die Zukunftsorientierung des Ressorts - jeweils verglichen mit den Ist-Ergebnissen des Vorjahres und zeigen, was trotz Einspa rungen getan werden kann und auch getan werden soll. Ich nenne als dritten Pu nkt Forschung, Entwicklung und Innovation im Mittelstand. Von diesem Etat gehen deutliche Verbesserungen für die Indirekte Förderung der Forschungszusammenarbeit und von Unternehmensgründungen - 152 gegenüber 142 Millionen Euro -, für Innovative Netzwerke - 12,5 gegenüber 7,3 Millionen Euro einschließlich des Netzwerkmanagements Ost - 6,0 gegenüber 1,3 Millionen Euro -, für IT-Anwendungen vor allem in kleinen und mittleren Unternehmen - 14,7 geVolker Kröning genüber 11,6 Millionen Euro - und für die bewährte bundesweite Industrielle Gemeinschaftsforschung und -entwicklung - 97 gegenüber 90 Millionen Euro - aus, während die Forschungsförderung in den neuen Ländern mit rund 100 Millionen Euro auf gleicher Höhe wie im Vorjahr fortgeführt wird. Forschung, Entwicklung und Innovation drücken den Übergang von alter zu neuer W irtschafts- und Arbeitspolitik aus und sind Teile der Industrie- und Wissensstrategie, die sich auf europäischer Ebene durchzusetzen beginnt, sozusagen von der Lissaboner Strategie bis zu dem bevorstehenden Brüsseler Gipfel, zu dem die Staats- und Regierungschefs Frankreichs, Deutschlands und des Vereinigten Königreichs einen wichtigen Anstoß gegeben haben. Viertens. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Förderung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen einschließlich der freien Berufe: 319,4 Millionen Euro gegenüber 248,4 Millionen Euro im Jahr 2002. Darunter finden sich Zinszuschüsse und Erstattungen im Rahmen des Eigenkapitalhilfeprogramms zur Förderung selbstständiger Existenzen: 153 Millionen Euro gegenüber 102 Millionen Euro, ferner die Beratung von Existenzgründern und bestehenden kleinen und mittleren Unternehmen sowie die Förderung der Innovationsfähigkeit solcher Unternehmen mit zusammen 41 Millionen Euro - das ist mehr als bisher -, die Förderung der beruflichen Aufstiegsfortbildung, das so genannte Meister-BAföG: 45,4 Millionen Euro gegenüber 35,6 Millionen Euro, die Förderung der überbetrieblichen Bildung im Handwerk: 42 Millionen Euro gegenüber 41 Millionen Euro sowie überbetrieblicher Fortbildungseinrichtungen - ebenfalls schwerpunktmäßig im Handwerk -: 34 Millionen Euro gegenüber 24 Millionen Euro. Übrigens sind alle Titel mit hohen Verpflichtungsermächtigungen für die nächsten Jahre verbunden. ({2}) Offenbar verfängt auch - das möchte ich gerade zu diesem Teil der Arbeitspolitik, nämlich der Ausbildungspolitik sagen - die Anstrengung des Staates. Denn der Appell des Bundeskanzlers an die Wirtschaft, ihre Ausbildungsverpflichtungen zu erfüllen, scheint nach dem Treffen von Minister Clement mit den V erbänden in München Wirkung zu zeitigen. Dafür ist es auch höchste Zeit. Fünftens. Der dritte mitt elstandspolitische Schwerpunkt von großer Bedeutung ist die Außenwirtschaft. Die Ausgaben wachsen von 89 Millionen Euro in 2002 auf 121 Millionen in 2003, darunter die Beteiligung des Bundes an Auslandsmessen, die alle Fraktionen einmütig von 33,5 Millionen Euro auf 35 Millionen Euro aufgestockt haben. Ein neuer Titel für Beratungshilfen in den GUS- und MOE-Staaten ist mit Barmitteln und mit einem Volumen an Verpflichtungsermächtigungen von insgesamt 5,5 Millionen Euro ausgestattet worden. Dem entspricht ein weiterer neuer T itel zur Förderung des Dialogs mit den Sozialpartnern aus den EU-Beitrittsländern mit 1,5 Millionen Euro in bar und 3,5 Millionen Euro an Verpflichtungsermächtigungen. Dies ist sicherlich ein wichtiger Beitrag nicht nur zum ökonomischen, sondern auch zum sozialen Zusammenwachsen Europas. Sehr interessant ist im Übrigen der Beitrag des Ressorts zur Entsorgung russischer Atom-U-Boote. In Zeiten, in denen wir über Prolif eration reden, kann dieses Thema nicht ernst genug genommen werden. Den Beitrag hat der Bundeskanzler auf dem letzten G-8-Gipfel zugesagt. Für dieses Jahr werden 25 Millionen Euro an Barmitteln zur Verfügung gestellt und für die Folgejahre 275 Millionen Euro als V erpflichtungsermächtigungen. Zur Finanzierung des gesamt en Betrages erwartet der Haushaltsausschuss noch ein Konzept der Regierung. Sechstens. Große innovations- und mittelstandspolitische Bedeutung haben auch die Energieforschung und die rationelle, sparsame Energieverwendung in zwei Titelgruppen mit insgesamt 164 Millionen Euro. Daneben sind 250 Millionen Euro zur Förderung erneuerbarer Energien aus dem W irtschafts- in das Umweltressort umgeschichtet worden. Energie und Umwelt bleiben ein ressortübergreifender Schwerpunkt der Politik dieser Koalition. Das zeigt sich auch in diesem Ressort. Denn die Außenwirtschaft wird mit neuen 28,5 Millionen Euro für den Export erneuerbarer Energien unterstützt. ({3}) Siebtens. Struktur- wie regionalpolitisch von Bedeutung bleiben die Förderung der Luftfahrtforschung und -technologie sowie die Hilfen für die Werftindustrie. Sie wachsen von 68 Millionen auf 76 Millionen Euro bzw. bleiben mit 95 Millionen Euro auf hohem Niveau erhalten, darunter di e Wettbewerbshilfen in Höhe von 55,5 Millionen Euro. Im Hinblick auf das Auslaufen der Schiffbauhilfen im nächsten Jahr bleibt die Frage, wie es mittelfristig - auch auf europäischer Ebene - in der maritimen W irtschaft weitergeht. Als Vertreter der Küstenregion begrüße ich es, dass der Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung diesen Punkt gegenübe r der EU betont hat. Ich hoffe, dass in dieser Hi nsicht die bevorstehende 3. Maritime Konferenz in Lübeck ein Erfolg wird. Der Deutsche Bundestag muss dieses Thema im Auge behalten. ({4}) Achtens. Ein Wort zur Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der r egionalen Wirtschaftsstruktur“: Sie wird mit 945 Millionen Euro fortgeführt, ebenso das Stilllegungs- und Rekultivierungsprojekt W ismut mit 236 Millionen Euro. In diesem Zusammenhang erwähne ich gerne, dass wir den Ansatz zur Förderung der Leistungssteigerung des Tourismus, wie der Bandwurmbegrif f heißt, von 1,8 Millionen auf 3 Millionen Euro erhöht haben, um den vom Elbehochwasser geschädigten Regionen so schnell wie möglich zu helfen. ({5}) Doch von Interesse ist auch das Verhältnis der Mittel, die im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe auf Ost und West entfallen. Dies sind in bar 809 Millionen zu 135 Millionen Euro, also ein V erhältnis von mehr als 5 : 1. Bei den Verpflichtungsermächtigungen sind es immerhin 700 Millionen zu 133 Millionen Euro. Man kann also nicht davon sprechen, dass der weitere Aufbau Ost vernachlässigt wird. Wir halten daran fest: Er muss mit einer Stärkung strukturschwacher Regionen im W esten verbunden bleiben. Denn Aufbau Ost kann nicht heißen: Abbau West. ({6}) Zum Änderungsantrag der CDU/CSU-Fraktion, zu dem sie eine namentliche Ab stimmung begehrt, sei gesagt, dass die ostdeutschen Länder im Vorjahr die Mittel der Gemeinschaftsaufgabe leider lediglich zu 95 Prozent genutzt haben. Thüringen und Berlin lagen sogar darunter. Ich möchte neuntens schließl ich nicht vergessen, darauf hinzuweisen, dass in diesem Budget auch der nachgeordnete Bereich des Ministeriums, das Bundesarbeitsgericht, die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit, die technischen, außenwirtschaftlichen und wissenschaftlichen Bundesbehörden und die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post, mit einer 3-prozentigen Kürzung seiner Verwaltungsausgaben zu einem Ausgleich beigetragen hat. Ich danke diesen Behörden für ihr V erständnis. Im Übrigen muss ich sagen: Wir sind auf dieses Verständnis angewiesen. Denn es bleibt in diesem Ressort eine globale Minderausgabe von 55 Millionen Euro zu erwirtschaften. Sie ist allerdings von 229 Millionen Euro auf diesen Betrag reduziert worden. Dies ist eine stolze Leistung, für die ich mich bei den Ministerien, die uns beraten, und bei den Kollegen Mitberichterstattern bedanke. Diese Leistung rechtfertigt übrigens die unter uns einmütig beschlossene Personalv erstärkung beim Bundeskartellamt, dessen Arbeit ma ßgeblich zu Mehreinnahmen im Geschäftsbereich de s Ressorts W irtschaft und Arbeit beiträgt. Zum Schluss möchte ich erwähnen - das war streitig -, dass die Koalition 15 Millionen Euro für Kommunikation und Evaluation ihrer wirtschafts- und arbeitspolitischen Vorhaben beschlossen hat. Mit Blick auf das ebenso ambitionierte wie dringliche Programm der Regierung zur Reform des Arbeitsmarktes und des Arbeitsrechts über die Offensive für den Mittelstand bis zu den Anteilen des Ressorts am Masterplan Bürokratieabbau sind diese Mittel für ein ziel- und adressatengenaues Handeln unentbehrlich. W ir als Abgeordnete können diese Arbeit der Vermittlung von oben nach unten jenseits von Fraktionsdif ferenzen nicht allein leisten. Ich betone: Es geht dabei nicht um die Öffentlichkeitsarbeit des Ministers, sondern um den Versuch, im Rahmen dieser Reformen alle Akteure in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zusammenzuführen. Ich denke zum Beispiel bei der Reform des Handwerksrechts oder auch des Vergaberechts an die Notwendi gkeit - ich betone es noch einmal -, das Denken zu verändern und die Menschen zu gewinnen. ({7}) Ich begrüße in diesem Zusammenhang, dass sich der Minister in der Aussprache zu der Regierungserklärung am 14. März auch zu dem Vorschlag so genannter Innovationszonen geäußert hat. Es geht um Verfahrensvereinfachungen, nicht um einen Steinbruch an demokratisch legitimierten Gesetzen. Es geht um Initiativen der Länder, die auf konkrete, beispielhafte Projekte zielen und für die natürlich in Bundestag und Bundesrat Mehrheiten gefunden werden müssen. Sie sollen aber nicht - dies ist die Haltung unserer Fraktion und der Koalition - von einer Verfassungsänderung abhängig gemacht werden. Ich fasse zusammen: An Ideen und Initiativen mangelt es nicht, auch ist genüg end Geld bereitgestellt. Was wir nun brauchen, ist eine Konzentration auf die Umsetzung politischer und gesetz geberischer Entscheidungen. Was wir erwarten, ist gutes Regierungs- und V erwaltungshandeln. Dies werden wir vonseiten der Koalitionsfraktionen nach Kräften unterstützen. Danke schön. ({8})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich erteile dem Kollegen Rainer Brüderle, FDP-Fraktion, das Wort.

Rainer Brüderle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003059, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sicherlich können diese Haushaltsberatungen nicht in der üblichen Routine durchgeführt werden. Unsere Gedanken und Empfindungen sind bei den Menschen in der Golfregion, bei den Soldatinnen und Soldaten und bei den Menschen in unserem Land, die Angst und Sor gen haben. Dies zu leugnen oder zu ignorieren wäre falsch. Aber gerade weil Fragen der inneren und äußeren Sicherheit einen anderen Stellenwert bekomme n haben, ist es wichtig, das eigene Haus in Ordnung zu bringen und für innere Stabilität sowie Wachstums- und Beschäftigungschancen einzutreten und zu kämpfen. Unser außenpolitisches Gewicht, in der Diplomatie und in internationalen Verhandlungen unsere V orstellungen und Empfindungen zum Tragen zu bringen, hängt im mer auch von wirtschaftlichen Erfolgen, von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit unseres Landes ab. ({0}) Hier gibt es einen inneren Zusammenhang; deshalb sind diese Fragen so drängend. Deutschland befindet sich in der längsten Stagnationsphase der letzten 50 Jahre. Wir haben rezessive Tendenzen; der Irakkrieg wird dies nicht leichter machen. Es kommen neue Risiken hinzu: Wie wird sich das amerikanische Haushaltsdefizit auswirken? W ie werden die Finanzmärkte reagieren? Wie wird sich der Ölpreis entwickeln? Wie schnell wird man in Europa die Gelegenheit nutzen, die von vielen als lästig empfundenen Stabilitätskriterien aufzuweichen? Wie schnell wird man die Lage zum Vorwand nehmen, sich von den eigenen Hausaufgaben zu befreien und den weicheren W eg zu gehen, also lieber die Steuern und Abgaben zu erhöhen, statt die eigenen Dinge in Ordnung zu bringen? ({1}) Ich denke in diesem Zusa mmenhang an die Reaktionen dieser Bundesregierung nach dem 1 1. September 2001, nach den schrecklichen Anschlägen in Manhattan, die letztlich Ursache für die weitere Entwicklung gewesen sind. Damals haben Sie falsch reagiert: Sie haben die Verunsicherung und die Ängste verstärkt, indem Sie nicht Raum für wirtschaftli che Entwicklung und Dynamik gegeben, sondern Steuern - die T abaksteuer, die Versicherungsteuer, die Ökosteuer - erhöht haben. Das waren die völlig falschen Signale. ({2}) Ich habe mir manche hämischen Kommentare aus Ihren Reihen anhören müssen, als ich damals ein Blitzprogramm gefordert habe, wie es die Amerikaner mit erheblichen steuerlichen Entlastungen - mit Steuerschecks als Abschlagszahlungen auf künftige steuerliche Entlastungen - aufgelegt haben, um so V ertrauen zu halten und neues Vertrauen zu gewinnen, die Verunsicherung in der Wirtschaft abzubremsen und ein weiteres Abgleiten zu verhindern. Wir stehen jetzt vor einer Situation des „double dip“, wie die Fachle ute sagen, also vor einem Abgleiten in die Rezession. Wir haben dies knapp verhindern können. W ir haben keine Dynamik; ob wir 0,1 Prozent Wachstum haben oder nicht, ist eigentlich nicht entscheidend, wenn man die Genauigkeit der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung kennt. Deshalb ist es jetzt geradezu Pflicht - in der aktuellen Situation sogar doppelte Pflicht -, die W eichen für mehr Wachstum zu stellen. ({3}) Die Erwartungen an die Regierungserklärung von letztem Freitag, die durch lancierte Mitteilungen an die Presse von der Bundesregierung selbst geweckt wurden, wurden nicht erfüllt. Die Erklärung enthielt auch Maßnahmen, die sinnvoll sind, etwa die Zusammenlegung der Arbeitslosen- und der Sozialhilfe. Machen Sie es, machen Sie es richtig! V ieles hat aber gefehlt. W ie Guido Westerwelle sagte, enthielt die Regierungserklärung eine Liste von Maßnahmen, aber kein konsistentes, in sich schlüssiges und von ordnungspolitischen Prinzipien getragenes Gesamtkonzept. Sie müssen die Grundachsen in der W irtschaftspolitik anders ausrichten, Sie müssen Kräfte freisetzen und entfesseln, Sie müssen Barrieren wegräumen, damit das W achstumspotenzial zur Wirkung gebracht wird. ({4}) Sie helfen den Gemeinden nicht durch weitere Kredite; denn sie sind schon bis zur Halskrause verschuldet. ({5}) Vielmehr brauchen sie Geld. Einnahmen bekommen sie aber nur, indem Sie Wachstum auslösen und Tempo machen, statt die Steuern und Abgaben zu erhöhen. Dies ist, wie gesagt, das falsche Signal. In einer solchen Situation muss man sich darauf besinnen, wie in der sozialen Marktwirtschaft Arbeitsplätze entstehen. Sie entstehen nicht durch Demonstrationen, durch Fähnchen, durch Winken, durch Selbstbelobigung, sondern dadurch, dass man Nachfrage auslöst, dass jemand etwas kaufen will bzw . eine Dienstleistung nachsucht. Um diese Produkte herzustellen oder diese Dienstleistung zu erbringen, werden andere Frauen und Männer benötigt. So entstehen Arbeitsplätze. Deshalb ist das, was Sie machen, falsch. Dabei nehme ich übrigens auch einige aus den Reihen der Union nicht aus. Ich war heute Mor gen beunruhigt, als ich im Deutschlandfunk hörte, der Ministerpräsident des Saarlandes Müller und de r Ministerpräsident Sachsen-Anhalts Böhmer reflektierten schon, man könne die Mehrwertsteuer doch erhöhen. W iederholen Sie bitte nicht die Fehler , die nach dem 1 1. September gemacht wurden, indem Sie erneut Steuern erhöhen! ({6}) Sie müssen Freiraum geben, Sie müssen Geld zurückgeben, Nachfragemöglichkeiten schaffen und sie nicht einengen, Sie dürfen sie nicht erneut durch Steuern belasten. Eine Erhöhung dieser Steuer um zwei Prozentpunkte bringt 15 Milliarden Euro. ({7}) - Herr Müntefering ist noch nicht freigesprochen. Ich habe die beiden genannt, Müller und Böhmer, ({8}) aber Müntefering gehört eben auch zu denen, die das reflektieren. Dann sagen Sie doch heute definitiv, dass Sie eine Erhöhung der Mehrwertsteuer ausschließen. ({9}) - Das glaubt Ihnen keiner . Sie haben auch gesagt, Sie würden Steuern senken, und haben es nicht gemacht. Sie haben Ihr Versprechen nicht eingehalten. Ihnen glaubt keiner mehr. ({10}) Die Tatsache, dass Ihnen keiner mehr glaubt, ist doch ein Teil der Verunsicherung der deutschen Volkswirtschaft und damit des gesamtes Problems. Also Finger weg von weiteren steuerlichen Belastungen! Die notwendigen Maßnahme n sind relativ einfach; Sie können es beim Sachverständigenrat, aber auch im Hilfeschrei der Bundesbank nachlesen. Herr W elteke, Sozialdemokrat und damit unverdächtig, jetzt Helfershelfer der Opposition zu sein, reklamiert: Wenn Sie nicht nachhaltig verändern, kommen wir auf einen W achstumspfad mit einer Ober grenze von 1 Prozent. Die Schwelle zur Rezession ist also deutlich niedriger angesetzt, verbunden mit hohen Gefahren für die weitere wirtschaftliche Entwicklung und die gesellschaftliche Stabilität. Sie müssen die Kraft haben, steuerlich zu entlasten. Sie müssen im Haushalt umschichten. Sie dürfen die jetzige Lage nicht zum Vorwand nehmen, wieder massiv in die Verschuldung einzusteigen. Die Worte des Bundeskanzlers, die Maastricht-Kriterien seien nicht statisch zu verstehen, sind doch schon das Menetekel. Das heißt, Sie wollen doch wieder mehr Schulden machen. ({11}) Die Ankündigung, die Gewerbesteuer zu erneuern, bedeutet, dass Sie sie auf die freien Berufe erweitern und dass Sie den Mittelstand komplett einbeziehen wollen. Das ist grottenfalsch. Wenn Sie davon sprechen, Bündnisse im Betrieb zu ermöglichen, aber nur mit Zustimmung der Tarifvertragsparteien, dann ist das eine Totgeburt. Geben Sie doch den Betriebsräten, den Mitarbeitern in den Betrieben und den Unternehmensleitungen, den mittelständischen Betrieben die Chance, sich selbst besser aufstellen zu können. W ir sagen: Wenn 75 Prozent der Mitarbeiter andere Rege lungen wollen, müssen sie das Recht dazu haben. Das ist mehr als eine verfassungsändernde Mehrheit. Geben Sie ihnen doch das Stück Freiheit, sich selbst helfen zu können. ({12}) Sie haben doch alles versch limmert. Sie haben überreglementiert, den Kündigungsschutz und die Lohnfortzahlung verschärft. Sie sind genau in die falsche Richtung gegangen. Die Aufstellung ist das Problem. V ieles von dem, was jetzt draußen geschieht, können wir nicht beeinflussen, aber wir trag en die Verantwortung dafür, dass es sich bei uns stärke r als anderswo niederschlägt, weil wir falsch aufgestellt sind. Daraus leitet sich unsere nationale Aufgabe ab. In dies er Stunde muss die Kraft bestehen, das Richtige zu tun: die ideologischen Schützengräbern zu verlassen, die Barrieren zu überwinden und die Marktwirtschaft wieder zum T ragen zu bringen. Nehmen Sie Belastungen zurück und schaf fen Sie Freiräume! Warum erlauben Sie keine Experimentierklauseln, die es Kommunen oder Ländern ermöglichen, Gesetze zeitlich befristet außer Kraft zu setzen? Dadurch könnte endlich Bürokratie abgebaut werden. ({13}) Herr Clement, es ist schön, dass wir einen Masterplan und einen Small-Business-Act haben. Die Begrif fe sind zwar durchaus eindrucksvoll, aber am Schluss zählen nur die Ergebnisse. Sie müssen eine Kurskorrektur vornehmen, sich an die Erfolgskriterien der sozialen Marktwirtschaft erinnern, die soziale Marktwirtschaft erneuern und die Staatsquote auf ein erträgliches Maß senken. Ein Staatsanteil von 50 Prozent muss fehlleiten. Die Verkrustung der Gesellschaft ist per se eine Fehlleitung. Das zu große Abnehmen schafft keine Möglichkeiten. Sie müssen für Klarheit sor gen, weil Sie Vertrauen brauchen. Eine Marktwirtschaft, die auf Einzelentscheidungen beruht und in die ke in Vertrauen gesetzt wird, kann nicht funktionieren. Deshalb müssen Sie umkehren. ({14}) Sie haben jetzt die Möglichkeit, der Öf fentlichkeit klar zu machen, dass die Verflechtungen der gesellschaftlichen Institutionen geändert werden müssen. Es gibt Situationen - wir befinden uns in einer solchen -, in denen die Regeln von gestern - auch Ihre - nicht mehr gültig sein sollten. Haben Sie die Kraft, über den Tellerrand zu blicken! Lassen Sie uns unser Land gemeinsam neu ausrichten, damit wir das Haus wenigstens intern in Ordnung bringen! Dadurch gewinnen wir mehr Gewicht und ein höheres Wachstumstempo. Die Lösung aller Probleme ist W achstum, weil dadurch Arbeitsplätze geschaffen werden. Ohne W achstum wird es nicht gehen. Die grüne Ideologie, dass Wachstum schlecht sei - diesen Unsinn haben Sie in der V ergangenheit erzählt -, müssen Sie -

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Kollege Brüderle, Sie haben Ihre Redezeit und die Ihrer ganzen Fraktion schon deutlich überschritten. ({0})

Rainer Brüderle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003059, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident, ich möchte den Satz beenden. Bei Ihrer Fraktion sind Sie manchmal großzügiger.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Entschuldigen Sie, Herr Kollege Brüderle, diese Unterstellung weise ich zurück.

Rainer Brüderle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003059, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ich danke für die Aufmerksamkeit. ({0})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich erteile das Wort der Kollegin Anja Hajduk, Bündnis 90/Die Grünen.

Anja Hajduk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003547, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Angesichts der aktu ellen Entwicklung im Irak werde auch ich meine Rede in dieser Debatte kürzer halten. Wir alle wissen, dass di e Arbeit des neuen W irtschafts- und Arbeitsministeriums eine ganz zentrale BeAnja Hajduk deutung für den Erfolg der Regierung und für die Menschen in unserer Gesellschaft hat. Anfang dieses Jahres haben wir damit angefangen, den Haushalt intensiv zu beraten. Zu dieser Zeit wurde der Jahreswirtschaftsbericht vorgelegt, der ganz wesentliche Änderungen in den Prognosen enthielt, die klar machen - darüber haben wir oft gestritten -, dass die Entwicklung schwierig und krisenhaft ist. Im Jahreswirtschaftsbericht wird ein W achstum von 1 Prozent angenommen; das entspricht einer Absenkung um eine halbes Prozent. Aktuelle Aussagen gehen davon aus, dass diese Quote vielleicht nicht erreicht werden kann. Prognosen sind zurzeit extrem unsicher. Kollege Fuchtel, ob und wi e sich der Irakkrieg auswirken wird, kann keiner richtig einschätzen. T rotzdem - da gibt es zwischen uns keine Dif ferenz - haben wir unsere Hausaufgaben zu machen. Wir werden aber nicht unsere Haushaltszahlen ände rn; denn wie die Auswirkungen auf unsere W irtschaft sein werden, hängt mit dem Verlauf des Krieges, mit den Auswirkungen auf die amerikanische Wirtschaft und dem Ölpreis zusammen, und das ist wirklich unsicher. Wir müssen schauen, wo unsere Hauptprobleme liegen. Ein Hauptproblem - darüber gibt es nicht viel Streit - ist die zu hohe Arbeitslosigkeit. Die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen hat für uns Prio rität. Angesichts der Entwicklung, die unsere Gesellsc haft in den letzten Jahren und Jahrzehnten genommen hat, müssen wir erkennen, dass wir uns nicht einseitig um Wachstum kümmern und uns nur daran orientieren dürfen. Wir dürfen nicht davon ausgehen, dass wir nur durch mehr W achstum zu mehr Beschäftigung kommen, sondern müssen versuchen, unmittelbar mehr Beschäftigung zu schaf fen. Das setzt dann vielleicht auch Wachstumsimpulse frei. ({0}) Wir müssen erkennen, dass bei uns die Schwelle von 2 Prozent Wachstum, ab der Beschäftigung entsteht, zu hoch ist. Wir müssen auch mit weniger Wachstum mehr Beschäftigung erreichen. ({1}) Ich möchte in diesem Zusammenhang auf eine Differenz eingehen, die bei dies em Thema zwischen Ihnen von der FDP, Herr Brüderle, und uns besteht. Wir wollen qualifiziertes Wachstum; das ist keine Frage. Aber wir müssen uns vorher darüber klar werden, wo wir die Prioritäten setzen und worauf wir unsere Aufmerksamkeit lenken. Ich bin davon überze ugt, dass die Belastung des Faktors Arbeit durch die Lohnnebenkosten viel zu hoch ist. Die Entwicklung, die wir in den letzten 30 Jahren bei den Sozialabgaben im Verhältnis zu den Steuern zu verzeichnen hatten, ist dramatisch. Deswegen muss die Politik im Rahmen ihrer Aufgaben, die sie wahrnehmen muss, insbesondere auf di e Lohnnebenkosten abheben und dort Änderungen vornehmen. ({2}) - Das tun wir auch. Im Bereich der Krankenversicherung haben Sie von der Opposition sich sogar bescheidenere Ziele gesetzt als wir. Wir haben uns vorgenommen, die Lohnnebenkosten in diesem Bereich um 1,5 Prozent zu senken. Mir ist noch nicht zu Ohren gekommen, dass Sie mehr erreichen wollen. Ich glaube, man sollte realistisch sein. Das sind wir. Wir wollen auf einen Beitragssatz von unter 13 Prozent kommen. Dafür haben wir Maßnahmen vorgeschlagen. ({3}) Zum Thema Rentenversicherung. Ich bin froh darüber, dass der Bundeskanzler gesagt hat, dass wir auch in diesem Bereich noch einmal Reformen angehen müssen. Die demographische Entwicklung muss stärker berücksichtigt werden. ({4}) Außerdem müssen wir die ökonomische Situation, nämlich die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt, integrieren. Auch das werden wir ange hen. Sonst kommen wir mit der Größenordnung, die wir anstreben, nicht aus. Ich komme nun auf das Kernthema im Bereich W irtschaft und Arbeit zu sprechen, nämlich auf die Absenkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung. Darum geht es. Dazu haben wir Vorschläge gemacht. Durch eine Begrenzung des Arbeitslosengeldes haben wir einen Spielraum geschaffen, um auch dort die Lohnnebenkosten zu senken. ({5}) Wenn wir erfolgreich sein wollen, dann ist es wichtig, dass hinsichtlich des Ziels, die Lohnnebenkosten zu senken, Einigkeit besteht. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir auch etwas bei der Bundesanstalt für Arbeit tun. Der erste Schritt muss sein, darauf hinzuwirken, dass die Bundesanstalt ohne Zuschuss auskommen muss. Darum möchte ich Sie bitten. W ir müssen das Steuer ergreifen, um zu mehr Vermittlung und einer Kostenbegrenzung zu kommen. W enn wir darin d’accord sind, dann müssen wir bereit sein, uns dieses ehrgeizige Ziel zu setzen. Wir sind bereit, anzuerkennen, dass es ein Risiko bleibt, ob wir bei ei ner noch schlechteren wirtschaftlichen Entwicklung wirklich mit einem Nullzuschuss wirklich auskommen. Aber die Zielsetzung ist richtig. Ich möchte Sie von der Opposition um eine Sache bitten. Ich glaube, hier haben Sie auch eine V erpflichtung. Wir haben deutlich gemacht, dass wir bereit sind, Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zusammenzulegen; dies ist für einige mit einer Absenkung verbunden. Dazu haben wir konkrete Vorschläge gemacht. Diese werden wir auch umsetzen. Wenn wir bereit sind, beim Arbeitslosengeld etwas zu ändern, dürfen wir den Blick nicht davor verschließen, dass es auch in anderen Bereichen Verkrustungen gibt. Ich bin davon überzeugt, dass Flexibilität und soziale Sicherung nicht als Gegensätze aufgefasst werden dürfen. Das unterbindet Dynamik. Dadurch bekommen wir ein starres System. Aber dann darf es nicht sein - hier würde ich Sie gerne mit ins Boot nehmen -, dass in bestimmten Bereichen Starrheit und Verkrustung zu finden sind. Es hat mich erschreckt, wie Herr Seehofer und der Kollege von der FDP im Bereich des freien V ersandhandels bei den Apotheken an solchen Strukturen festhalten wollen.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Frau Kollegin, denken Sie bitte an Ihre Redezeit.

Anja Hajduk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003547, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich komme sofort zum Schl uss. - Machen Sie mit, auch in den Bereichen der Handwerksordnung und der Medikamentenvergabe Verkrustungen aufzubrechen. Wir werden in beide Richtungen denken; denn das brauchen wir. Sonst bekommen wir keine Dynamik und keine Entlastung auf dem Ar beitsmarkt. Wir brauchen mehr Arbeitsplätze. Das ist ein gemeinsames Anliegen. Das werden wir vorantreiben. ({0})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Nächster Redner ist der Kollege Kurt Rossmanith, CDU/CSU-Fraktion. ({0})

Kurt J. Rossmanith (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001887, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen! Wir haben heute bereits den Kollegen Kröning vernommen. ({0}) Ich muss sagen: Er hat einige von der Beschlusslage her richtige Ausführungen gemacht. Nur , lieber Kollege Kröning, Sie haben es geha lten wie der Bundeskanzler vor exakt sechs Tagen: Sie haben sich mit Detailfragen befasst, die große Linie haben Sie aber schlicht und einfach ausgelassen. ({1}) Die Kernfrage, die bei un s in der Bundesrepublik Deutschland beantwortet werden muss, lautet: W ie können wir es schaffen, dass in diesem Land wieder ein entsprechendes Wirtschaftswachstum erreicht wird? ({2}) Genau das ist der Punkt. Diese Frage hat weder Bundeskanzler Schröder vor sechs Tagen noch Kollege Kröning heute beantwortet. Unsere Grundforderungen, die heute noch einmal dargestellt werden müssen, auch wenn sie in weiten T eilen des Landes bekannt sind, sind klar: Notwendig sind keine Steuererhöhungen, sondern Steuersenkungen. ({3}) Die Lohnzusatzkosten müssen gesenkt werden; Kollegin Hajduk hat bereits darauf hingewiesen. ({4}) Weshalb liegt die Beschäft igungsschwelle denn bei 2 Prozent Wachstum? ({5}) Frau Kollegin Hajduk, Sie müssen sich mit weiten Teilen Ihres Koalitionspartners auseinander setzen und dürfen nicht auf uns blicken. Die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes ist eine ganz wesentliche Aufgabe, die wir nicht irgendwann in ferner Zukunft, sondern sehr rasch bewältigen müssen. ({6}) Ein sehr wichtiger Punkt ist auch der Bürokratieabbau. Das gilt für den gesamten mittelständischen Bereich. Fragen Sie doch einmal nach; Sie haben ja gerade das Handwerk angesprochen. Ein Handwerksmeister ist fast ein Drittel seiner Zeit - wenn nicht noch mehr - damit beschäftigt, den gesamten bürokratischen W ust, der ihm Tag für Tag auferlegt wird - zusätzliche und neue Aktionen, Befragungen und Bewertungen -, abzuarbeiten. ({7}) Er kann seiner eigentlichen Arbeit und der Requirierung von Aufträgen kaum mehr nachkommen. Es hat keinen Wert, wenn hier gesagt wird: wir müssen, wir sollen und wir können. Nein, diese Regierung, die am 22. September 2002 eine Mehrheit erhalten hat - wenn auch nur mit 6 000 Stimmen -, ({8}) ist aufgefordert, Gesetzesvorl agen in dieses Parlament einzubringen, damit hier Entscheidungen getroffen werden können. Mit großen W orten und Sonntagsreden ist es schlicht und einfach nicht getan. ({9}) Im vergangenen Jahr hatten wir ein Wirtschaftswachstum von 0,2 Prozent. Darauf sind Sie sogar noch stolz. Wissen Sie, wie hoch das Wirtschaftswachstum im vergangenen Jahr gewesen wäre, wenn wir die Weltwirtschaft - Bundeskanzler Schr öder hat in seinen Reden immer wieder davon gesprochen, dass die Schuld bei der Weltwirtschaft und nicht in Deutschland liegt - nicht gehabt hätten? Das W irtschaftswachstum hätte minus 1,4 Prozent betragen, weil der Export im ver gangenen Jahr mit einem Plus von 1,6 Prozent zu Buche geschlaKurt J. Rossmanith gen hat. Das heißt, wir hätten im ver gangenen Jahr ein Wirtschaftsminus und kein Wirtschaftswachstum gehabt. ({10}) Das ist doch die Realität. Hören Sie bitte auf, die Verantwortung immer auf die Weltwirtschaft zu schieben! Geben Sie zu, dass Ihre Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik bislang völlig versagt ha t! Geben Sie sich endlich einen Ruck und leiten Sie die notwendige Wende ein! ({11}) Ich sage es nicht gerne, ab er das sind leider die Fakten: Jeden Tag gehen 100 deutsche Unternehmen Pleite. ({12}) - Es sind rund 130. Kolleg e Hinsken, ich bedanke mich für diese Korrektur. Es tut weh, zu hören, dass zusätzlich täglich 6 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer das Los der Arbeitslosigkeit auf sich nehmen müssen. Wer jetzt noch nicht begriffen hat, dass es nicht mehr fünf vor zwölf, sondern schon längst fünf nach zwölf ist, der sollte seine Sachen packen und erklären: Ich kann nicht mehr weitermachen; ich trete zurück. - Am besten wäre es, wenn die ganze Regierung zurücktreten würde. Dann hätten wir in der Zukunft wieder die Möglichkeit, eine vernünftige Politik zu gestalten. ({13}) Ich weiß, dass es wehtut, wenn man eigene Fehler vorgehalten bekommt. Bis heute haben große Teile - ich nehme nicht alle von der SPD in die V erantwortung nicht begriffen, dass sie fa lsch gehandelt haben. Aber was machen Sie? Sie handeln konfus und verwickeln sich in Widersprüche. Die Bundesregierung hat zu Beginn dieses Jahres die Steuern erhöht und damit die Konjunktur weiter abgewürgt. Gleichzeitig aber will sie die Schulden erhöhen, um die Konjunktur mit einem Investitionsprogramm anzukurbeln. Am ver gangenen Freitag im Bundesrat hat diese Bundesregierung auf der Kürzung der Eigenheimzulage be standen. Gleichzeitig aber hat sie ein Kreditprogramm für die Bauwirtschaft angekündigt. Mit der Erhöhung der Gewe rbesteuerumlage hat die Bundesregierung den Kommunen in vier Jahren Einnahmen in Höhe von 10 Milliarden Euro weggenommen. Jetzt will sie ihnen zinsverbilligte Kredite anbieten. Den Kommunen steht das Wasser inzwischen nicht mehr bis zum Hals, sondern bis zu r Unterlippe. Sie sind nicht mehr in der Lage, einen Kred it aufzunehmen. Sie brauchen Barmittel, um überhau pt etwas bewegen zu können. Die Situation der Kommunen spiegelt sich auch im Bundeshaushalt wider. Ich möchte mich bei den Berichterstattern Volker Kröning, Anja Hajduk, Dr . Günter Rexrodt und HansJoachim Fuchtel bedanken, di e sich insbesondere beim Einzelplan 09 sehr bemüht ha ben, den einen oder anderen Schwerpunkt zu setzen . Ich bin allen Kolleginnen und Kollegen dafür dankbar, dass die Mittel für die Auslandsmessen - dies wurde von allen getragen - gegenüber dem Regierungsentwurf um 1,5 Millionen Euro erhöht werden konnten. ({14}) Das ist ein ganz wichtiger Aspekt. ({15}) Allein mit dieser Maßnah me werden über 200 mittelständische Unternehmen in die Lage versetzt, sich im Ausland auf Messen zu präsentieren und damit W irtschaftskraft für Deutschland zu mobilisieren. Zu den Wettbewerbshilfen für Schiffswerften. Wir alle bedauern, lieber Kollege Kröning, dass es mit Südkorea zu keiner Einigung ge kommen ist. Südkorea besteht trotz vorheriger Zusagen darauf, die eigene Schif fbauindustrie weiterhin zu unterstützen. Deshalb haben wir auch aufgrund der Klammheit der Länderhaushalte einen entsprechenden Antrag eingebracht. Ich möchte in diesem Zusammenhang Schleswig-Holstein erwähnen. Die Ministerpräsidentin Heide Simonis, SPD, hat deutlich gemacht, dass Schleswig-Holstein seinen Anteil von zwei Dritteln an dieser Hilfe nicht mehr erbringen kann. Daher fordern wir in unserem Antrag die Bundesregierung auf, den Anteil des Bundes an dieser Hilfe auf 50 Prozent zu erhöhen. Zur Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ möchte ich gerne noch ein paar Worte sagen. Lieber Kollege Kröning, Sie müssen doch wissen, warum die Mittel im ver gangenen Jahr nicht komplett abfließen konnten. W esentliche Gründe dafür waren die Kosten für die Fluthilfe und die schwierige wirtschaftliche Lage in den neuen Bundesländern. Hier wollen wir etwas verändern, damit diese Mittel in Zukunft besser abfließen können. ({16}) Ich will noch die Deutsche Zentrale für T ourismus nennen, weil sie sich durc h die Umstrukturierung als wichtiges Instrument erwiesen hat. Sie wäre es wert gewesen, dass ihr mehr Mittel zugewiesen worden wären. Ich sage das als jemand, der selbst aus einer wunderschönen Urlaubsregion, dem Allgäu, kommt. Ich sehe aber auch, dass die Tourismuswirtschaft dort in Schwierigkeiten geraten ist. ({17})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Herr Kollege Rossmanith, Ihre Redezeit ist überschritten.

Kurt J. Rossmanith (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001887, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Dies bedauere ich sehr , verehrte Frau Präsidentin. Die Luft- und Raumfahrt wäre noch ein ganz wichtiges Thema gewesen. Mein Schlusssatz: Geben Si e sich endlich den Ruck, von dem schon lange gesprochen wird. ({0}) Gehen Sie mit uns gemeinsam an die Reformen in der Wirtschaft und im Arbeitsmarkt heran. ({1}) Dann werden wir wieder nach vorne kommen. ({2}) Wenn Sie dies nicht wollen, dann soll Ihre Regierung abtreten. Herzlichen Dank. ({3})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Der nächste Redner ist der Kollege Klaus Brandner , SPD-Fraktion.

Klaus Brandner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003053, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Der Kollege Fuchtel begann seine Rede mit den Worten, dass er angesichts des Kriegsausbruchs im Irak eine moderate Rede halten wolle. ({0}) Wir haben aber gesehen, dass er Moderatheit vor getäuscht und sogleich wieder geholzt hat. Herr Fuchtel, ich sage es ganz of fen: Sie haben in der Tat wieder einmal Ihrem Namen alle Ehre gemacht. Sie haben rumgefuchtelt. ({1}) - Ich werde es besser machen, Frau Kollegin. Sie haben in der Tat von den Problemen, in denen Sie als Partei, in diesem Fall auch als vermeintlich christlich-soziale und christlich-demokratische Partei stecken, abgelenkt. ({2}) Sie haben sich aus meiner Si cht nicht zwischen dem katholischen Papst und dem Präsidenten Bush in der entscheidenden Frage, vor der wi r zurzeit stehen, entscheiden können. ({3}) Auch das ist ein Punkt, me ine Damen und Herren, den Sie zur Kenntnis nehmen sollten. ({4}) Die Haushaltsdebatte ist die Stunde der Wahrheit und Klarheit. Deshalb will ich auch kein Blatt vor den Mund nehmen und die ungünstige Wirtschafts- und Arbeitsmarktlage nicht bestreiten. Maximal 1 Prozent Wirtschaftswachstum ist aus unserer Sicht zu wenig. Die Arbeitslosigkeit steigt mome ntan aus konjunkturellen Gründen, wie wir wissen; strukturelle Gründe kommen noch hinzu. Wir werden die Probleme nur lösen können, wenn wir die Strukturreformen zügig auf den W eg bringen und zum Erfolg führen. ({5}) Deutschland ist zwar zum Glück längst nicht so schlecht, wie man es nach dem Miesmacher gerede der Opposition glauben könnte, wir sind aber auch nicht so gut, dass wir das Potenzial, das wir tatsächlich haben, voll ausschöpfen. Wir brauchen mehr Innovationen und einen Schub für Strukturrefo rmen, auch wenn die Umbruchphase für viele Beteiligte schwierig sein wird. Das ist die Herausforderung, vor der wir stehen und der wir uns stellen werden. ({6}) Dabei stehen wir mit unseren Problemen keineswegs allein. Die Arbeitslosenquote - laut EU-Statistik beträgt sie 8,6 Prozent - liegt im europäischen Mittelfeld. Der Anstieg der Arbeitslosigkeit war zuletzt in einigen europäischen Ländern noch höher. Das muss deutlich gesagt werden. Auch in den USA liegt die Arbeitslosenquote bei immerhin 5,7 Prozent. Die Nennung dieser Zahlen soll nicht - um es deutlich zu sagen - die Flucht aus der Verantwortung vorbereiten, sondern ein Hinweis sein, dass wir - ich meine uns alle - keine Patentlösung an der Hand haben. Die Opposition, die das verspricht, insbesondere die CDU/CSU heute wi eder, ist bisher nicht in der Lage gewesen, ein klares Konzept vorzulegen. ({7}) Bisher haben wir nur Wolkiges gehört. Zumindest ist das Konzept, das Sie vorschlagen, unseriös, aus meiner Sicht einfallslos und ratlos. Das gilt auch für das Ersc heinungsbild, das Sie nach der Kanzlerrede am letzten Freitag in der Öf fentlichkeit abgegeben haben. Seehofer greift Stoiber an, um es deutlich zu sagen. Er sagt, nichts sei in der Rentenpolitik, der Arbeitsmarktpolitik und der Krankenversicherungspolitik abgestimmt. Da ist eine Riesendifferenz in der Öffentlichkeit deutlich geworden. Wulff aus Niedersachsen sagt: Stoiber vertritt nicht die CDU. Stoiber war der gemeinsame Kanzlerkandidat, aber er muss of fenbar einen anderen Weg gehen. Der saarländische Ministerpräsident Müller sagt, was Stoiber sage, sei bundesweit nicht übertragbar. Da frage ich: Gibt es einen bayerischen Sonderweg, meine Damen und Herren? Merz will den Gewerkschaften den Garaus machen und Sie, lieber Kollege Laumann, wollen die Rente nach 45 Versicherungsjahren ohne Abschlag. Merz dagegen will das Rentenalter auf 70 Jahre anheben. Wenn man das tut, werden Ihre V orKlaus Brandner schläge vielleicht finanzierb ar sein, ansonsten bleiben sie Luftnummern, um es deutlich zu sagen. ({8}) Die Opposition präsentiert sich wie ein Hühnerhof: Viele Hennen gackern, die Hähne gackern noch lauter und die Obermutter Merkel ha t viel zu tun, sie zusammenzuhalten. Eine Alternative sind Sie nicht. ({9}) Wir stellen uns der Verantwortung, wir sitzen nicht alles aus. Die Wachstums- und Vertrauenskrise wird durch unsere Politik überwunden werden müssen. W ir wissen auch, dass die schlechte W irtschafts- und Arbeitsmarktlage voll auf den Haushalt durchschlägt. Deshalb will ich deutlich sagen: Wir haben zu beklagen, dass im Haushalt Wirtschaft und Arbeit die Arbeitslosigkeit mit etwa 80 Milliarden Euro Kosten zu Buche schlägt. Dieser Posten ist viel zu hoch. Es muss uns gelingen, aus Arbeitslosen wieder Steuer- und Beitragszahler zu machen. Dafür brauchen wir eine nachhaltige Strategie ({10}) und dafür brauchen wir auch die Zurückführung der Staatsverschuldung. Der Haushalt Wirtschaft und Arbeit muss wie alle anderen Haushalte auch seinen Beitrag dazu leisten. Deshalb sagen wir ganz deutlich und reden es nicht schön: Alle, Arbeitslose und die T räger der arbeitsmarktpolitischen Leistungen, können von Einsparungen nicht ausgenommen werden. Alle müssen dazu ihren Beitrag leisten. ({11}) Der Bundeskanzler hat im Übrigen am Freitag in seiner Rede die Richtung aufgezeigt. Um harte Einschnitte kommen wir nicht herum. Si e sind allerdings kein Selbstzweck, sondern notwendig, um den Arbeitsmarkt beweglicher zu machen, die Arbeitskosten zu senken und Luft in den öffentlichen Haushalten zu gewinnen.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Herr Kollege Brandner, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Fuchtel?

Klaus Brandner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003053, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Bitte. ({0})

Hans Joachim Fuchtel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000616, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege, Sie haben wie in Ihren übelsten Oppositionszeiten zu einem Rundum schlag ausgeholt. Ist Ihnen bekannt, dass Sie unsere Mitwirkung spätestens im Bundesrat brauchen? Können Sie sich vor diesem Hintergrund vielleicht zu einer konzeptionellen und sachlichen Zusammenarbeit bereit finden und sich konstruktiv zu dem äußern, was wir in die Debatte eingebracht haben? Dazu haben Sie bisher nämlich nichts gesagt. Das können wir von Ihnen erwarten. ({0})

Klaus Brandner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003053, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Fuchtel, ich habe sehr wohl vermerkt, dass uns Herr Rossmanith aus Ihrer Fraktion in seiner Rede vorgeworfen hat, wir würden uns nur mit Details befassen und nicht an die Kernfragen herangehen. Ich meine, wir befassen uns mit beidem. Na türlich nehmen wir die Kernfragen auf, aber wir müssen uns auch mit den Details befassen. Ich hof fe, dass Sie dabei nicht wegtauchen. ({0}) Herr Fuchtel, bleiben Sie bitte stehen. ({1}) - Ich hoffe, dass Sie als Fraktion nicht wegtauchen. Ich habe sehr genau beobachtet, dass der Kollege Hinsken offensiv Beifall gespendet hat, als es um den bürokratischen Wust ging. ({2}) Ich hoffe, er hilft offensiv, wenn wir die Handwerksordnung modernisieren. ({3}) Dann könnten wir dazu kommen, dass die Ich-AGs zu einer Gründungswelle in unserem Land führen und wir zumindest auf diesem Gebiet keine Hemmschwelle mehr haben, Wachstum in den Bereichen zu fördern, in denen wir dringend V eränderungen brauchen. Sie sind dazu aufgefordert, dieses Problem offensiv mit anzufassen. ({4}) Wir werden handeln, wir werden bis zur Osterpause einen Gesetzentwurf vorlegen, der die Kernelemente zur Entbürokratisierung, zum Kündigungsschutz, zur Bezugsdauer des Arbeitslosenge ldes und zur Modernisierung des Handwerksrechts be inhaltet. Dann werden wir sehen, inwiefern Sie - Kollege Fuchtel, Sie haben es gerade eingefordert - wirklich bereit sind, die notwendigen Veränderungen konstruktiv aufzugreifen. Wir freuen uns darauf. ({5}) Wir sind nicht ideologisch verbohrt, sondern wir wollen mit Ihnen gemeinsam den Weg gehen, aber Sie müssen ihn dann auch mitgehen. Sie dürfen dann keine Klientelpolitik betreiben. ({6}) Wir zeigen zurzeit, dass wir mit of fenen Augen und Händen an die Arbeit herangehen, um die notwendigen Veränderungen in unserem Land zu organisieren. ({7}) Sie sind gefordert. Wir werden sehen, wie beweglich Sie sind. ({8}) Der Kanzler - ich habe es bereits gesagt - hat in seiner Rede die Richtung vorgegeben. Die Kommunen werden mit einem Infrastrukturprogramm entlastet. Sie werden finanzielle Spielräume erhalten, ({9}) um die notwendigen Investitionen anzugehen. Das ist ein wichtiger Schritt. Durch di e Strukturreformen - ich denke dabei an die Zusammenlegung der Arbeitslosenhilfe und der Sozialhilfe - wird es zu Effizienzsteigerungen kommen. ({10}) Das ist arbeitsmarktpolitisch sinnvoll und wird zu einer Nettoentlastung der Kommunen führen. Dabei sollten Sie nicht zur V erunsicherung beitragen. Denn all die Maßnahmeträger, die derzeit in den Kommunen tätig sind, um arbeitslose Sozialhilfeempfänger in Arbeit zu vermitteln und sie zu fördern, ({11}) werden wir auch dann brauch en. Es ist deshalb wichtig, ihnen jetzt ein Signal zu geben. Sie können mithelfen, zu verhindern, dass jetzt Strukturen zerbrechen, die anschließend für eine Arbeitsmarktpolitik, die dem Prinzip des Förderns und Forderns gerecht wird, wiederher gestellt werden müssten. ({12}) Den Bundeshaushalt ohne einen Bundeszuschuss an die Bundesanstalt für Arbeit zu verabschieden ist eine ehrgeizige Maßnahme. ({13}) - Sie bezeichnen das als sehr gewagt. Ich bin gespannt, wie Sie den Prozess unterstützen wollen, in dem wir mutig darangehen, die Strukturen effizienter zu gestalten. Was ich heute erlebe, ist, dass gerade Sie von der FDP und der CDU/CSU die Finger eher in die W unde legen, indem Sie in Bezug auf die Umstellungen bei den T rägern und den Maßnahmen, die nicht immer reibungslos verlaufen, der Bundesregierung die Schuld in die Schuhe schieben. Damit zeigen Sie aber, dass Sie nicht der Motor der Reform sind. V ielmehr picken Sie sich mit der Politik, die Sie betreiben, die Rosinen heraus: W enn Sie sich sonnen können, sind Si e dabei; wenn es schwierig wird, tauchen Sie weg. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen, meine Damen und Herren. ({14}) Die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit ist eine wichtige Aufgabe, der wir eine hohe Priorität beimessen. ({15}) Ich muss in diesem Zusamm enhang aber auch Kritik an den Arbeitsämtern äußern, die die Fördermaßnahmen teilweise nicht bewilligt oder zu stark gekürzt haben. Wir wollen nicht zulassen, dass Träger zusammenzubrechen drohen. Die Meldungen, die wir hören, sind nicht immer befriedigend. Deshalb hat es eine Reihe von Gesprächen gegeben, die dazu beitragen sollen, dass die Maßnahmen auch zukünftig in sinnvoller Weise zur Verfügung gestellt werden. Lassen Sie mich zum S chluss anmerken: Vor allem die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit hat für uns eindeutig Priorität. Sie ist und bleibt ein Markenzeichen dieser Regierung. Fördermaßnahmen dürfen jetzt nicht einfach wegbrechen. Gerade auch benachteiligte Jugendliche können sich auf die Sozialdemokraten und die Grünen in diesem Lande verlassen. Wir als Koalition werden diese jungen Menschen nicht im Abseits stehen lassen. ({16}) Die Bundesanstalt für Arbeit - das möchte ich betonen - darf nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Sparen heißt nicht, die ar beitsmarktpolitischen Ziele über den Haufen zu werfen. Helfen Sie mit, dass die notwendigen Reformen zügig umgesetzt werden können! Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. ({17})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Zu einer Kurzintervention erteile ich dem Kollegen Niebel das Wort.

Dr. h. c. Dirk Niebel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003198, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Kollege Brandner, Sie haben eben ausgeführt, die FDP-Fraktion sei nicht bereit, Strukturveränderungen und Ef fizienzsteigerungen bei der Bundesanstalt mitzutragen. ({0}) Das ist falsch. Die FDP-Bu ndestagsfraktion hat schon lange vor Ihnen - ehe Sie da s durch den Bundeskanzler aufgegriffen haben - in diesem Hause Strukturveränderungen bei der Bundesanstalt für Arbeit beantragt und eine bessere Ef fizienzkontrolle der arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen gefordert. Nichtsdestotrotz ist insbesondere aus den Ihnen zugeneigten Gewerkschaftskreisen das Lamento über die Einsparung außerordentlich groß; denn Herr Gerster spart 600 Millionen Euro in der Arbeitsförderung ein. Das ist übrigens im Verwaltungsrat mit den Stimmen der Gewerkschaftsvertreter so beschlossen worden. Der Haushalt der Bundesanstal t beinhaltet immer noch 21,5 Milliarden Euro für aktive Arbeitsmarktpolitik. Vor diesem Hintergrund und angesichts der knappen Kassen ist es notwendig, dass die Mittel der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler sinnvoll eingesetzt werden. Deswegen ist der Vorschlag von Herrn Gerster, nur noch Maßnahmen mit einer Verbleibsquote von 70 Prozent zu fördern, effektiv, aber nicht wirklich mutig. Das wäre er nur, wenn er sich auf die Eingliederungsquote beziehen würde, die 2001 bundesweit 44,2 Prozent betragen hat. Dabei handelt es sich um di ejenigen, die entgegen der Verbleibsquote nach sechs Monaten nicht nur nicht wieder arbeitslos gemeldet sind, sondern auch eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen haben. Zieht man davon die Folgeförderung ab, so wird man finden, dass die Einglie derungsquote 2001 nur bei sage und schreibe 35 Prozent gelegen hat. Das ist keine Erfolgsbilanz, sondern Verschwendung. Deswegen muss die Selbstve rwaltung, die über diese Mittel mit entscheidet, umgebaut werden. Die FDP-Bundestagsfraktion hat schon im vergangenen Jahr in diesem Hause beantragt, die drittelparitätische Selbstverwaltung aus Gewerkschaftsfunktionären, Arbeitgeberfunktionären und denjenigen, die ih re öffentlichen Hände am liebsten in die Taschen der Bürger stecken, abzuschaffen und Leistungsgewährung un d Arbeitsmarktpolitik wieder zu trennen. Das würde zu einer Redemokratisierung der Arbeitsmarktpolitik führen, weil wir dann hier über die Verteilung der Mittel und ihre effiziente Verwendung diskutieren könnten. Das hätte allerdings auch zur Folge, dass insbesondere die großen Bildungsträger noch mehr klagen würden. Wir alle wiss en, dass zu diesen neben dem Bildungswerk der W irtschaft unter anderem das BFW des DGB und die DAA zu zählen sind, die heute zu Verdi gehört. Verdi wird von dem Grünen Bsirske geführt. Das ist der Funktionär - Sie erinnern sich bestimmt -, der sich als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Lufthansa selbst bestreikt hat. Hinterher waren es dann wieder die anderen, die daran schuld sind, dass es so viele Arbeitslose gibt. Vielen Dank. ({1})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Herr Kollege Brandner, Sie können antworten.

Klaus Brandner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003053, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Kollege Niebel, zu der Ef fizienz Ihres Redeschwalls möchte ich nichts sagen. ({0}) Ich möchte Ihnen zur Kenntnis geben, dass ich es sehr begrüße, wenn Sie Aktivitäten der Bundesregierung und der sie tragenden Fraktionen unterstützen, die darauf abzielen, die Effizienz der Vermittlungstätigkeit zu verbessern. Ich möchte das Hohe Haus daran erinnern, dass wir vor zwei Jahren das Job-AQTIV -Gesetz verabschiedet haben, ({1}) das ein ganz entscheidender Reformschritt im Hinblick auf die Effizienzüberprüfung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente ist, und dass Sie meines Wissens gegen dieses Gesetz gestimmt haben. Damals sind die Grundlagen dafür gelegt worden, arbeitsmarktpolitische Maßnahmen durch wissenschaftliche Begleitung zu evaluieren und so die Effizienzsicherung flächendeckend darzustellen. Ihre Aktivitäten gegen die Gewerkschaften in diesem Land - das sagt ja einige s über Sie aus - sind ja inzwischen hinlänglich bekannt. Ich möchte in diesem Zusammenhang nur auf Folgendes hinweisen: Ich bekam dieser Tage eine Mitteilung auf den Tisch, in der es unter der Überschrift „Volkswirtschaften funktionieren besser mit einem koordinierten Arbeitsmarkt“ heißt: Wer einer Gewerkschaft angehört, verdient mehr , arbeitet kürzer, wird besser ausgebildet und bleibt durchschnittlich länger an einem Arbeitsplatz als nicht organisierte Beschäftigte. Das ist nicht einer Pressemitteilung der IG Metall oder des Deutschen Gewerkscha ftsbundes zu entnehmen, sondern das ist das Ergebnis einer neuen Weltbankstudie über die Bedeutung von Gewerkschaften und Kollektivverhandlungen in der Weltwirtschaft. Darin heißt es weiter: Gesamtwirtschaftlich betrachtet führt ein hoher gewerkschaftlicher Organisationsgrad zu geringen Einkommensunterschieden und unter Umständen zu einer höheren Leistungskraft ({2}). Insofern wird deutlich, welchen Beitrag Gewerkschaften zur Stabilität und zu r sozialen Sicherheit in der Welt und auch in Deutschland leisten. Weiter heißt es in dieser Studie - lassen Sie mich diesen Punkt noch hinzufügen -: In Ländern mit einem hohen Maß an Koordinierung durch Kollektivverhandlungen ist die Arbeitslosigkeit häufiger als in anderen niedriger und leichter abbaubar, Einkommensunterschiede sind geringer , Streiks seltener und kürzer. Insbesondere die Koordinierung zwischen Unternehmern scheint zu einer niedrigen Arbeitslosenrate beizutragen. Im Gegensatz dazu sind eine geteilte Gewerkschaftsbewegung und eine Vielzahl gewerkschaftlicher Dachverbände häufig gleichzeitig mit einer hohen Inflations- und Arbeitslosenrate zu finden. Insofern sind die Spal tungsaktivitäten und die Schlechtmacherei, die Sie gegenüber den deutschen Gewerkschaften betreiben, kontraproduktiv , schaden diesem Land und nützen in der T at nicht der V olkswirtschaft. Ich bitte, das zur Kenntnis zu nehmen. ({3})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Nächste Rednerin ist die Kollegin Dagmar Wöhrl, CDU/CSU-Fraktion. ({0})

Dagmar G. Wöhrl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002829, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Lieber Kollege Brandner , mich verwundert, dass Sie das Job-AQTIV-Gesetz als Erfolg verkauft haben; denn es ist, glaube ich, der größte Flop der von Ihnen jemals auf den Weg gebrachten Gesetze. ({0}) Vergleichbar mit diesem Flop ist auch der uns vorliegende Haushaltsentwurf: Er ist unseriös und enthält Risiken in Milliardenhöhe. Sie gehen beispielsweise noch immer von einer Arbeitslos enzahl von 4,14 Millionen aus, obwohl die Arbeitslos enzahl schon bei 4,7 Millionen liegt. Hinzu kommen la ut IAB noch 700 000 Menschen in Fort- und W eiterbildungsmaßnahmen sowie 1,8 Millionen Menschen, die offiziell nicht arbeitslos gemeldet sind und die auf eige ne Faust einen Job suchen. Das ist eine „Reserve“ von insgesamt 2,5 Millionen. Man kann also sagen: Nullwahrscheinlichkeit, dass es zu einem Nullzuschuss zur Bundesanstalt für Arbeit kommt! Wenn man bedenkt, dass schon Ende Februar die Ausgaben der Bundesanstalt für Arbeit ihre Einnahmen um 1,5 Milliarden Euro - ich betone: 1,5 Milliarden - überstiegen haben und dass am Ende des Jahres mit einem Defizit von 8 Milliarden Euro zu rechnen ist - davon gehen jedenfalls die Experten aus; das ist noch mehr als letztes Jahr; damals lag das Defizit bei 5,6 Milliarden Euro -, dann können Sie uns doch nicht weismachen, dass Sie noch immer daran glauben, mit einem Nullzuschuss auszukommen. ({1}) Lieber Herr Minister , ich möchte Ihnen einen guten Rat geben - ich weiß, dass Sie von mir wahrscheinlich keinen Ratschlag annehmen -: ({2}) Unterlassen Sie bitte diese permanente Ankündigungsrhetorik, von der wir hier da uernd berieselt werden, und handeln Sie endlich! ({3}) Es ist klar, dass die Maßnahmen, die Sie hier immer wieder verkünden, nicht dazu beitragen werden, dass es auf dem Binnenmarkt zu mehr W achstum kommt. Die von Ihnen vor geschlagene Neuregelung des Kündigungsschutzes ist eine nebu löse Angelegenheit. Diese Neuregelung bewirkt, dass Abfindungen teurer werden und die - schon jetzt vorhandene - Rechtsunsicherheit in Unternehmen größer wird. Außerdem hat der Kanzler letzten Freitag einen Appell an die Tarifvertragsparteien gerichtet, betriebliche Bündnisse zu schließen. Ein Appell reicht aber nicht mehr aus. Das haben wir doch schon in der Vergangenheit gesehen. Auch wir wissen: Dieses Gelände ist vermint und die Tarifparteien müssen zusammengebracht werden. W er in der momentanen Krisensi tuation aber den Spielraum für betriebliche Lösungen und die Flexibilisierung des Tarifvertragsrechts ablehnt, der hat die dramatische Lage, in der sich unsere W irtschaft befindet, wirklich noch nicht erkannt. ({4}) Es geht doch nicht darum, Arbeitnehmer zu entrechten. Es geht darum, für die Zukunft Jobs abzusichern. Deswegen müssen die betrieblichen Bündnisse auch gesetzlich festgeschrieben werden - ein einfacher Appell reicht nicht aus -, und zwar ohne Tarifvorbehalt. Herr Kollege Brandner, Sie haben vorhin die großen Hoffnungen angesprochen, die mit einem Kreditprogramm für die Kommunen verbunden sind. Dieses Programm ist doch wieder nur ein Feigenblatt. Über 70 Prozent aller Kommunen haben mittlerweile keinen ausgeglichenen Haushalt mehr. ({5}) Die Gewerbesteuereinnahmen sind weggebrochen und die Gewerbesteuerumlage hat sich erhöht. Dazu kommen die Ökosteuer und die Grundsicherung, die Sie eingeführt haben. All das belastet die Kommunen. Das haben Sie, die Mitglieder dieser Bundesregierung, zu verantworten. Wir alle hier wissen doch, was wir von Kredit- und Konjunkturprogrammen zu halten haben. Es sind Strohfeuer, also Feuer, die so schnell erlöschen, wie sie aufgeflammt sind. Die Kommunen können aufgrund ihrer Haushaltslage - die meis ten sind doch schon jetzt verschuldet - überhaupt keine Kredite mehr aufnehmen. Auch das wissen Sie. Di e Kommunen können Kredite nicht kofinanzieren. Außerdem würden sie für die Aufnahme von Krediten keine Genehmigung von der kommunalen Aufsicht bekommen. Führen Sie lieber die Ge werbesteuerumlage zurück und tätigen Sie mehr Investitionen zum Wohle der Kommunen! Dadurch würde man in diesem Bereich viel mehr bewirken als durch de n Weg, den Sie mittlerweile eingeschlagen haben. ({6}) Liebe Kollegen von der Regi erung, ich gestehe ein: Sie haben hier auch einige richtige Schritte angekündigt. Doch es geht nicht darum, hier einzelne T reffer zu landen. Man könnte sagen: Au ch ein blindes Huhn findet einmal ein Korn. Unser eigent liches Drama ist, dass Sie immer wieder isolierte Einzelmaßnahmen und hektische Notoperationen verkünden, aber keine durchdachte Therapie anbieten, die zu irgendeinem Erfolg führen könnte. ({7}) Es gelingt Ihnen nicht, ein Gesamtbild zu schaf fen. Sie haben in den letzten Jahren schon oft bewiesen, dass Sie keine Visionen haben. Ich unterstelle uns allen hi er, dass wir Werte bewahren wollen. Somit ist es wichtig, die Strukturreformen in Angriff zu nehmen. Ich gl aube, die Menschen haben noch nie so viel Bereitschaft wie momentan gezeigt, Reformen zu akzeptieren, auch wenn sie von ihnen selbst betroffen sind. Die Menschen sind aber verunsichert; sie sehen keine Zukunftsperspektiven mehr . Somit sind sie nicht bereit, zu investieren und zu konsumieren. ({8}) Eines muss klar sein: Ein Staat kann nur dann dauerhaft sozial sein, wenn sein e Wirtschaft wächst. Wer war denn im letzten Jahr unser W achstumsträger? Das war - es wurde schon vorhin angesprochen - der Export. Wir wissen, dass es in diesem Jahr beim Export bei weitem nicht so rosig sein wird und dass wir den T itel „Exportvizeweltmeister“ für di e Zukunft nicht in Erbpacht haben. Ein Unternehmer kann nur dann ein sozialer Arbeitgeber sein, wenn er profitabel arbeitet und nicht am Rande des Ruins balanciert. Auch das müssen wir in Zukunft noch klar aussprechen dürfen. ({9}) Deswegen müssen wir auch wieder der W ertschaffung Vorrang geben und von de r Umverteilungspolitik, die Sie auf den Weg gebracht haben, wegkommen. Wir haben in unserem Land immens viele kreative Menschen. An vielen tausend zentralen Stellen - ob das die Dönerbude an der Ecke oder ein großer Hightechkonzern ist - muss es wieder lukrativ sein, mit Engagement zu produzieren, Arbeitsplätze zu schaffen und neue Produkte zu entwickeln. Es stellt sich schon die Fr age, warum in Deutschland die Zahl der Unternehmensgründungen seit 1997 auf die Hälfte zurückgegangen ist. Im Zeitraum von Januar bis November 1997 gab es noch 66 000 Unternehmensgründungen. Im gleichen Zeitraum des letzten Jahres gab es nur noch knapp 33 000 Unternehmensgründungen. Wenn man davon ausgeht, da ss jede erfolgreiche Neugründung drei bis vier Arbeitsplätze schaf ft, dann kommt man zu dem Er gebnis: Es fehlen uns allein dadurch über 100 000 Arbeitsplätze. Man muss sich auch fragen: W arum ist das Gründungsklima bei uns nicht gerade sonnig? Weil die Belastungen, die auf die jungen Menschen zukommen, wenn sie sich selbstständig gema cht haben, abschrecken und weil das Vertrauen der Menschen in die Gestaltungskraft der Regierung, also darauf, dass sich etwas ändert, sehr , sehr niedrig ist. Auch desw egen ist es notwendig, dass die Sozialbeiträge gesenkt werden. Sicherlich müssen Sozialbeiträge und Steuern sein, aber es ist auch notwendig, dass trotz der Abgabenbelastung Freiräume bleiben, Freiräume dafür, dass ein Familienvater mit seiner Familie noch in Urlaub fahren kann und dass ein Unternehmer auch zukünftig noch Gewinn machen kann. Wir müssen es auch schaf fen, von unserem Gängelstaat wegzukommen. Denken Sie nur daran, was der Kanzler am Freitag letzter Woche wieder angedroht hat! Er hat wieder von der Ausbildungsplatzabgabe gesprochen. Das ist eine neue bürokratische Gängelung. ({10}) Sicherlich ist die Lehrstellens ituation katastrophal - das wissen wir alle in diesem Saal -, aber eine Ausbildungsplatzabgabe ist der falsche W eg. Wir wissen doch, dass sich die Unternehmen dann freikaufen würden. Sie ist kein Rezept für mehr Lehrstellen. ({11}) Das ist eine Idee, die inzwis chen wirklich an Altersschwäche leidet und auch einen planwirtschaftlichen Geburtsfehler hat. Ich hof fe, dass Sie das ir gendwann erkennen. Sie müssen auch fragen: Warum bilden die Unternehmen, die kleinen und mittleren Betriebe, weniger aus? ({12}) Der Grund dafür ist doch ni cht die mangelnde Begeisterung für die Ausbildung. Ein Mittelständler weiß, dass er für die Zukunft Nachwuchs br aucht. Der Grund ist die finanzielle Schwäche. Jede Ausbildung ist mit Kosten verbunden. Dank Ihrer Politik, meine Damen und Herren von Rot-Grün, leben sehr viele kleine und mittlere Betriebe inzwischen von der Substanz. ({13}) Fast ein Drittel macht keinen Gewinn mehr und über die Hälfte der Mittelständler mit einem Umsatz von unter 5 Millionen Euro hat kein Ei genkapital. Man muss den Würgegriff lockern und darf nicht dauernd die Steuerpeitsche schwingen.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Frau Kollegin Wöhrl, ich muss auch Sie an die Redezeit erinnern. ({0})

Dagmar G. Wöhrl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002829, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Neue Arbeitsplätze entstehen nicht durch Regelungswut, sondern nur durch Wirtschaftswachstum. Wir müssen die W ahrheit sagen: Ge fordert sind mehr Arbeit, mehr Leistung, mehr Eigenverantwortung. Für den Aufschwung muss sich jeder aufschwingen, auch Sie von der Regierung. Vielen Dank. ({0})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Nächster Redner ist der Kollege Fritz Kuhn, Bündnis 90/ Die Grünen.

Fritz Kuhn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003577, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Sehr geehrte Frau Präsiden tin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man sich die Zahl der Arbeitslosen im Land anschaut und wenn man die Risiken, die durch den Krieg im Irak dazukommen m ögen, bedenkt, dann ist jetzt eines ganz klar: Es ist die Stunde, in der alle zusammen versuchen müssen, die Reformen, die in Deutschland anstehen, auch umzuse tzen. Es hat überhaupt keinen Sinn, wenn die einen ein paar V orschläge machen und die anderen sie niedermachen, wenn man das taktische Spiel fortsetzt nach dem Muster: Wenn man gegen die Vorschläge der Regierung redet, wird es der Opposition schon irgendwie nützen. Ich glaube, dass die Situation zu ernst ist, um dieses Ritual, das von einigen begon nen worden ist, fortzusetzen. ({0}) Wenn Sie einmal - das gilt auch für den Kollegen aus dem Allgäu, aus Kaufbeuren - in das „Handelsblatt“ von gestern schauen, dann können Sie sehr genau feststellen, was eigentlich los ist. Lothar Späth wird dort zitiert mit den Worten: „Im Grunde hat der Kanzler etwas ganz Vernünftiges getan“. Lothar Späth war übrigens Ihr Kandidat für das Ministerium Wirtschaft und Arbeit. ({1}) Dann haben wir den Konj unkturindikator vom ZEW Mannheim. Dort heißt es: „Kanzler-Rede hellt die Stimmung auf“. So lauten die positiven Äußerungen aus vielen Bereichen der Wirtschaft. ({2}) Das deutet auf ein Gesamtkonzept hin, das etwas bewirken kann. Dann kommt mit dem Kollegen Koch aus Hessen, der Kanzlerkandidat werden will, die Politik ins Spiel. Überschrift: „Gerhard Schröder hat seine letzte Chance verpasst“. ({3}) Das heißt, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Sachverstand spricht von einem positiven Gesamtkonzept, ({4}) durch das etwas bewegt werd en kann, während es von dort, wo die Ideologie, wo Machtpolitik und Parteipolitik der Union vorherrschen, heißt: Alles Mist, alles nichts gewesen! ({5}) Deswegen sage ich Ihnen klipp und klar: W enn Sie sich einmal das Gesamtkonzept ansehen ({6}) - hören Sie zu! -, erkennen Sie eine stimmige Gesamtbotschaft in Bezug auf die Frage, wie neue Investitionen in Deutschland entstehen können: Erstens. W ir senken die Sozialbeiträge durch einschneidende Reformen, die weh tun. ({7}) Dadurch werden mehr Investitionen in Arbeit ermöglicht. Das haben Sie doch selber immer gesagt! Sie haben jetzt ein taktisches Pr oblem, weil plötzlich Dinge umgesetzt werden, die auch kluge Leute von Ihnen in der Vergangenheit gefordert haben. ({8}) Nun müssen Sie springen, Herr Laumann, wie Sie es auch beim Hartz-Konzept getan haben; dort ist es Ihnen ja gut gelungen. Zweiter Punkt. Wir machen eine verlässliche Steuerpolitik, die die Steuersätze senkt. Wir haben mit einem Eingangssteuersatz von 25,9 Prozent begonnen, der das Ergebnis Ihrer Politik war. 2005 werden wir bei 15 Prozent sein.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Fritz Kuhn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003577, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Lassen Sie mich diesen Gedanken noch beenden, Frau Präsidentin. - Beim Spitzensteuersatz haben wir mit 53 Prozent begonnen; im Jahr 2005 werden wir bei 42 Prozent sein. Auch dies ist eine Bedingung für Investitionen der Unternehmen in Arbeit und die der Leute in den Konsum. ({0}) Dagegen können Sie nichts haben. Das müssen Sie mittragen.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Gestatten Sie nun eine Zwischenfrage des Kollegen Rossmanith?

Fritz Kuhn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003577, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ja, bitte. ({0})

Kurt J. Rossmanith (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001887, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Kuhn, ich möchte Sie nur fragen, wann wir mit den von Ihnen jetzt angekündigten Maßnahmen in Form eines Gesetzentwurfes der Bundesregierung und der sie tragenden Fraktionen in diesem Hause rechnen können.

Fritz Kuhn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003577, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Das ist doch sowohl vom Wirtschaftsminister als auch vom Kanzler angekündigt worden. W ir werden diese Vorschläge bis zum Sommer umsetzen. Dann wird darüber diskutiert. Dabei kommt es auf Sie an. ({0}) Es ist ganz klar gemacht worden, dass Sie den Maßnahmen, die wir für Investition en in Arbeit brauchen, im Bundestag zustimmen müssen. Ich finde, jetzt ist wirklich Schluss mit lustig, jetzt muss gehandelt werden. ({1}) Eine Opposition, die den Standort weiter mobbt, hat überhaupt keinen Sinn. Packen Sie das Thema an und sorgen Sie mit dafür, dass die Arbeitslosigkeit abgebaut werden kann! ({2}) Der dritte Punkt ist die Haushaltskonsolidierung. Es ist doch völlig klar , dass wir, was den strukturellen T eil der Defizite angeht, an der Haushaltskonsolidierung festhalten. Von den 3,7 Prozent Neuverschuldung im Jahr 2002 haben 2,9 Prozent strukturelle Ursachen. Deswegen brauchen wir Reformen bei den Strukturen. Der Rest hat konjunkturelle Ursachen. Deswegen müssen wir natürlich auch konjunkturell re agieren, um die Krise nicht zu verschleppen. Das ist di e Konzeption unseres Pakets und daran werden wir festhalten. ({3}) Dann kommt die neue Arbeitsmarktpolitik. Im Rahmen des Hartz-Konzeptes ha ben wir schon einiges zusammen machen können. Jetzt kommt es darauf an, dass wir das Arbeitslosengeld II und die SGB-III-Reform vernünftig umsetzen. Da habe ich eine Bitte an den Bundeswirtschaftsminister. Ich glaube, dass es gegenwärtig eine ganze Reihe von sinnvollen Beschäftigungsinitiativen durch Kommunen und freie T räger gibt, die fortgesetzt werden müssen. Es wäre fals ch, sie jetzt zu beerdigen. Man muss jetzt dort einsteig en. Nicht alle Menschen in Deutschland werden über PS As und über die Jobcenter direkt in Leiharbeit vermittelt werden können. Es gibt Menschen, die da große Schwierigkeiten haben, die aber bisher erfolgreich in solchen Projekten gearbeitet haben. Ich will klar für meine Fraktion sagen: Dies muss fortgesetzt werden. In der ganzen Neukonstruktion des Arbeitslosengelds II kommt es darauf an, dass wir Wege und Mittel finden, diese Menschen weiter zu beschäftigen - nicht weil wir einen extensiven, riesigen zweiten Arbeitsmarkt wollen, sondern weil es Menschen gibt, die die Brücke in den ersten Arbeitsmarkt nicht so schnell finden. Deswegen stehen wir dafür , dass diese Menschen geschützt werden. Ich bin optimistisch, dass es uns gelingt, Wege dafür zu finden. ({4}) Ich möchte zum Schluss ei nen Appell - der mir sehr ernst ist - an alle Seiten des Hauses richten: Bei dem Gesamtpaket, das wir jetzt umsetzen müssen und das für viele Menschen schmerzhaft ist, muss das Spiel der gegenseitigen Schuldzuweisungen - ihr seid schuld, weil sich die Gewerkschaften nicht bewegen, und andersherum - aufhören. Es ist doch klar, dass Maßnahmen wie die Kürzung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes - da haben Sie ja selber Pr obleme, Merkel und Stoiber sind da unterschiedlicher Au ffassung - für sich genommen schmerzhaft sind und wehtun. Aber weil es ein Gesamtkonzept gibt, das die Solidarität der Beschäftigten mit den 4,7 Millionen Arbeitslosen möglich macht -

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Herr Kollege Kuhn, schauen Sie bitte einmal auf die Uhr.

Fritz Kuhn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003577, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ja, gut. Ich bin gerade bei meinen Schlussbemerkungen. Sie haben mich jetzt wirklich abgestoppt; das ist Ihnen gut gelungen. Deswegen können wir verlangen, dass alle an diesem Gesamtkonzept partizipieren. Das heißt für Ihre Seite: Es geht nicht, dass man fröhlich und zünftig mit der Ärzteund Pharmalobby gegen die Gewerkschaften arbeitet. ({0}) So kann man kein Gesamtkonzept durchsetzen. Ich fordere uns alle auf, di e Arbeitslosen in den Vordergrund zu rücken und das vorgeschlagene Gesamtpaket umzusetzen. Das hilft und schaf ft neue Arbeitsplätze in Deutschland. Ich danke Ihnen. ({1})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Nächster Redner in der Debatte ist der Kollege KarlJosef Laumann, CDU/CSU-Fraktion. ({0})

Karl Josef Laumann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001294, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Man kann die heutige Debatte über den Haushalt Arbeit und Wirtschaft so zusammenfassen: Der Haushalt ist genauso katastrophal wie die Arbeitsmarktzahlen in Deutschland. ({0}) Ich wette mit Ihnen, Herr Bundesminister , um eine gute Kiste Rolinck-Bier aus dem Münsterland, dass Sie den Haushalt der Bundesanstalt fü r Arbeit dieses Jahr nicht ohne Bundeszuschuss durchhalten, was bedeutet, dass Sie an einer ganz entscheide nden Stelle einen unsoliden Haushalt haben. ({1}) Als Sie Minister wurden, ha tten wir in diesem Land 4 Millionen Arbeitslose. Heute, da wir diese Debatte führen, haben wir 4,7 Millionen Arbeitslose. ({2}) Das macht deutlich, was passiert ist. W ir hatten im November 2002 470 000 jugendliche Arbeitslose; heute reden wir über 580 000. ({3}) Wir haben eine dramatische Situation bei den Lehrstellen. Das Vermittlungsjahr ist jetzt schon längst abgeschlossen und die Zahlen liegen uns vor: Im letzten Jahr haben in Deutschland von 71 1 000 Menschen, die sich bei den Arbeitsämtern um eine Lehrstelle beworben haben, nur 342 000 eine Lehrstelle im normalen dualen Ausbildungssystem bekommen - das heißt, nur 48 Prozent. Allein 30 000 Menschen sind in überbetrieblichen Maßnahmen beschäftigt. 135 000 Menschen nehmen irgendwelche schulischen Angebote wahr - oft auch junge Leute, die den theoretischen Unterricht eigentlich schon längst satt haben. Deswegen, finde ich, sollten wir ganz schnell ein paar Zeichen für mehr Ausbildung in Deutschland beschließen, die uns im Übrigen alle kein Geld kosten. W as hindert uns eigentlich, zu sagen: Wir nehmen die Lehrlinge aus der Berechnung von allen Schwellen, die es im Betriebsverfassungsgesetz und in anderen Gesetzen gibt, heraus, weil sie in einem Ausbildungsverhältnis und nicht in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt sind? ({4}) Das würde uns keine Mark kosten und würde auch niemandem wehtun, wäre aber ein Zeichen. Wir müssen die Ausbildungsbetriebe und die Ausbildungsberechtigungen erweitern; wir müssen es aber mit Sinn und Verstand machen. ({5}) Wir müssen dafür sor gen, dass wir den Berufsschulunterricht, Herr Bundesminister , auf die wichtigen Fächer konzentrieren, die man braucht, um den Facharbeiterbrief oder Gesellenbrief zu bestehen. ({6}) Das heißt, wir sollten den Unterricht an der Berufsschule auf Fachkunde, Fachrechnen und Fachzeichnen konzentrieren und Fächer wie Sport und Religion herausnehmen. So können wir außerdem die betrieblichen Ausbildungszeiten steigern. Der Lehrling ist nicht wie zu meiner Zeit 14, sondern heute in der Regel 18 Jahre alt. Keinem Studenten an der Uni schreiben wir einen Zwangssportunterricht vor, wohl aber den Lehrlingen, obwohl sie heute fast gleichaltrig sind. ({7}) Ich glaube, wir müssen mit den beiden T arifvertragsparteien vernünftig über Ausbildungsvergütungen sprechen; denn das hat auch etwas mit Lehrstellen zu tun. Die IG Metall in Nordrhein-Westfalen, die im Tarifvertrag die Übernahme für mindestens ein Jahr nach der Lehre durchgesetzt hatte, hat jetzt gesagt: Macht betriebliche Bündnisse für Ausbildung! Dann können wir von der Übernahmegarantie absehen; Hauptsache, es gibt mehr Lehrstellen. - So die IG Metall Nordrhein-Westfalen. Die Bereitschaft für betriebliche Bündnisse für Ausbildung ist also vorhanden. W ir sollten sie nutzen und über weitere Fragen miteinander sprechen. ({8}) Herr Bundesminister, es wi rd wohl Ihr Geheimnis bleiben, warum Sie in dieser Situation die Geringverdienergrenze von 325 Euro unbedingt auf 400 Euro erhöhen mussten. Damit sind wir jetzt in der Situation - bei einer Grenze von 325 Euro spielte es keine Rolle, weil die Lehrlingsvergütungen alle darüber lagen; jetzt haben wir aber gerade in den neuen Ländern den Fall, dass sie in diesem Korridor liegen -, dass die Kosten für einen Ausbildungsplatz beispielsweise eines Bäckerlehrlings in Dresden monatlich um 70 Euro höher liegen. Ich möchte einmal wissen, wer aus der politischen Führung diese Vorschrift aus Ihrem Hause unterschrieben hat. Jedenfalls ist diese Vorschrift zurzeit, um es ganz deutlich zu sagen, ziemlich gaga. ({9}) Am letzten Freitag hat der Bundeskanzler Vorschläge gemacht. Ich möchte Sie wirklich bitten, dass wir über ein paar Vorschläge und deren Auswirkungen reden. Ich bin auch namens meiner Frak tion sehr gerne bereit, dafür zu sor gen, dass die Ei nsparvolumen, die durch bestimmte Vorschläge erzielt werden sollen, auch wirklich erreicht werden. Aber wir müssen darüber reden, dass Sie es sich bei der Änderung der Struktur des ArbeitsKarl-Josef Laumann losengeldes zu einfach machen. Es kann nicht sein, dass derjenige, der mit 14 Jahren angefangen hat, zu arbeiten, und der mit 54 Jahren arbeitslos wird - er hat also 40 Jahre lang eingezahlt -, nur zwölf Monate Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, genauso lange wie der 24-Jährige, der 24 Monate eingezahlt hat. Dabei wissen wir doch genau, dass wir für diesen Menschen keinen Arbeitsplatz haben. Wir drücken ihn in die Sozialhilfe. Daneben haben Sie noch vor einem halben Jahr beschlossen, dass er nur 13 000 Euro Vermögen in der Arbeitslosenhilfe beha lten darf. Ich sage Ihnen: Wenn Sie diese Regelung nicht ändern und wir hier nicht zu einer anderen Struktur des Arbeitslosengeldes kommen, wenn Sie nicht bereit sind, eher am Anfang des Berufslebens zu kürzen, wo da s Problem Sozialhilfe nicht auftritt, und wenn Sie dieses Ding gegen die Älteren durchziehen, dann verspreche ich Ihnen: Ich jage Sie durch Ihre Wahlkreise und von Podiumsdiskussion zu Podiumsdiskussion; ({10}) denn das, was Sie vorhaben, ist nicht nur unsozial, sondern schlicht und ergreifend unanständig. ({11}) Ich sage noch einmal: Ich bin bereit, darüber zu reden, wie wir das Einsparvolumen erreichen können. Aber man kann es auch durch eine andere Struktur schaf fen. Es so platt zu machen, wie Sie es am Freitag vorgeschlagen haben, geht nicht. Das hat mit Versicherung und Beitragsbezogenheit nichts mehr zu tun. Dieser V orschlag ist unmoralisch. ({12})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Herr Kollege Laumann, gestatten Sie eine Zwischenfrage Ihres Kollegen Schauerte?

Karl Josef Laumann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001294, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ja, gerne. ({0}) - Das regeln wir unter uns.

Hartmut Schauerte (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002770, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Laumann, ange sichts der dramatischen Arbeitslosigkeit möchte ich eine Frage stellen, die mir wichtig ist und die leider viel zu wenig diskutiert wird. Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen den rapide steigenden Energiepreisen, die ein wichtiger Standortfaktor sind, und der Zunahme der Arbeitslosigkeit in diesem Land? Oder haben diese beiden Dinge nichts miteinander zu tun? ({0})

Karl Josef Laumann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001294, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich glaube schon, dass die Debatte über die Höhe der Sozialversicherungsbeiträge und der Lohnnebenkosten in Deutschland um eine Debatte über die Höhe der Energiepreise ergänzt werden muss. Denn die Ener giepreise haben auch mit der Schaf fung von Arbeit zu tun. W enn in Deutschland aufgrund der Ökosteuern der Betrieb einer Aluminiumhütte bzw. einer Chlorfabrik nicht mehr möglich ist, weil dort die Stromkosten 36 bis 40 Prozent der Produktionskosten ausmachen, dann ist es viel wichtiger, auf diesem Gebiet Maßnahmen zu er greifen, als bei den Lohnnebenkosten. Wir müssen uns entscheiden, ob wir in Deutschland solche energieintensiven Bereiche überhaupt noch haben wollen oder nicht. Herr Kollege Schauerte, da es so ist, dass Einsparungen in Höhe von 7,5 Milliarden Euro, die sich seit 1998 durch die Liberalisierung der Strommärkte er geben haben, mittlerweile durch staatliche Belastungen in Höhe von rund 10 Milliarden Euro, die im Rahmen der Erhöhung der Ökosteuer, des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und der Kräfte-Wärme-Koppelung angefallen sind, mehr als aufgebraucht worden sind , sollte sich die Koalition fragen, wie weit sie es mi t der Bezuschussung bestimmter Energiearten über den Strompreis treiben will. Ich kann Ihnen nur sagen: Die Mehrbelastungen bei Heizung, Auto und Strom machen für einen privaten Haushalt 400 Euro pro Jahr aus. Dieses Geld steht für den privaten Konsum nicht mehr zur Verfügung. ({0}) Deswegen besteht nach meiner Meinung in Deutschland ein Zusammenhang zwischen dem Umfang der Beschäftigung und der Höhe der Energiekosten. ({1}) Zum Schluss möchte ich noch auf den Kollegen Brandner eingehen. Der Ko llege Brandner hat heute Morgen in dieser Debatte gesagt, wir hätten uns gegen den Papst und für den amerikanischen Präsidenten entschieden. Dem Kollegen Brandner möchte ich eines sagen: Das Verhältnis, das der einzelne Mensch in Deutschland zum Papst hat, ist sehr persönlich, sehr religiös. Sie sollten solche Vergleiche unterlassen. ({2}) Denn auch wir sagen nicht: Sie haben sich beim Schutz des ungeborenen Lebens bewusst gegen den Papst entschieden. Eine solch platte Debatte führen wir nicht. ({3}) Wie nicht feststeht, über welchen W eg wir den Schutz ungeborener Kinder erreichen, genauso wenig steht fest, über welchen Weg man auf dieser Erde für Frieden, Freiheit und Menschenwürde sorgen kann. Deswegen sollten Sie, Herr Kollege Brandner , mit solchen V ergleichen sehr vorsichtig sein. ({4})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Nächster Redner ist der Bundesminister für W irtschaft und Arbeit, Wolfgang Clement. ({0})

Wolfgang Clement (Minister:in)

Politiker ID: 11005301

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! An diesem sehr schwierigen Tag und angesichts einer ungewöhnlichen Haushaltsdebatte möchte ich innerhalb von neun Minuten ei nige Bemerkungen zu dem machen, was die W irtschafts- und Haushaltspolitik angeht. Dies kann natürlich nur in Stichworten erfolgen. Erstens. Ihnen geht es wahrscheinlich so wie mir: Ich werde in diesen Tagen oft gefragt, was dieser Krieg für die Weltwirtschaft und damit für die deutsche Wirtschaft bedeutet. Meine Antwort darauf ist, dass zurzeit wahrscheinlich unser aller Gedanken vor allem bei den Menschen in der Region, in der diese kriegerische Auseinandersetzung stattfindet, sind. Ansonsten kann ich nur auf das hinweisen, was bereits im Jahreswirtschaftsbericht dargestellt worden ist. Da lautet es: Die wirtschaftlichen Folgen eines Krieges sind - wie auch andere Folgen, die wichtiger, schwieriger und belastender sind - unkalkulierbar. Wichtig ist, dass die Staaten, die Volkswirtschaften auf alle Eventualitäten vorbereitet sind. Deshalb ist es mir wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Internationale Energie-Agentur sowohl weltweit als auch im Hinblick auf uns sagt - auch ich kann das feststellen -, dass beispielsweise die Ölversorgung gesichert ist und keinerlei Anlass zu Unruhe besteht. ({0}) Natürlich müssen die Verantwortlichen darauf vorbereitet sein, dass eine solc he kriegerische Entwicklung tiefer gehende Wirkungen auf die Weltwirtschaft haben und die Abschwächungstendenzen, die es zurzeit in der Weltwirtschaft gibt, insgesamt verstärken kann. Es ist mir wichtig, darauf hinzuwei sen, dass im europäischen Stabilitätspakt für diesen Fall, für solche außergewöhnlichen Situationen, Reaktionsmöglichkeiten vor gesehen sind. Es kommt darauf an, diese Reaktionsmöglichkeiten, insbesondere in Europa und im Rahmen der G-8-Staaten, im Rahmen des Stabilitätspaktes so koordiniert wie möglich zu nutzen. W ir sollten uns vor Augen führen, dass solche Reaktionsmöglichkeiten selbstverständlich möglich sind, ohne dass deshalb das V ertrauen in den Stabilitätspakt und damit in die europäische Währungspolitik gefährdet würde. Die zweite Bemerkung: Ich bedanke mich sehr herzlich bei den Berichterstattern zum Haushalt, bei Kollegin Hajduk sowie den Kollegen Kröning, Rossmanith, Fuchtel und Rexrodt. Die Be ratung, die wir geführt haben, habe ich als gelegentlich hart, aber fair empfunden. Daher frage ich mich, warum wir nicht die Fähigkeit aufbringen, diese Fairness auch in einer solchen Debatte, zumal an einem so schwierigen Tag, zu dokumentieren. ({1}) Die dritte Bemerkung: Der Haushalt des Wirtschaftsund Arbeitsministeriums umfasst 18,5 Milliarden Euro; davon sind 12,3 Milliarden Euro für die Arbeitslosenhilfe reserviert. Dies zeigt wie auch andere Daten, dass wir uns in einer überaus sc hwierigen Arbeitsmarktsituation befinden und alle Kräfte darauf konzentrieren müssen, die Arbeitsmarktlage zu verbessern. Die vierte Bemerkung: Der Bundeskanzler hat am 14. März die Leitlinie der Bundesregierung und die konkreten Vorhaben dargestellt. Wir haben dies unter dem Stichwort Agenda 2010 in ganz konkreten Reformschritten diskutiert; angesich ts der Bedingungen, unter denen wir heute diese Debatte führen, muss dies nicht wiederholt werden. Daher weise ich nur darauf hin, worum es geht: Wenn wir über eine Verbesserung der Situation am Arbeitsmarkt sprechen, dann sprechen wir vor allen Dingen darüber, dass wir mehr öffentliche und private Investitionen brauchen, dass die Investitionsfähigkeit der Städte und Gemeinden wiederhergestellt werden muss und dass die private Investitionskraft gesteigert werden muss. In diesem Zusammenhang - darüber muss man sich im Klaren sein - reden wir über Steuern, Abgaben und Tarifpolitik. Auf allen drei Feldern brauchen wir T endenzen nach unten und nicht nach oben. Deshalb sind Beiträge zu Steuererhöhungs diskussionen, wie sie beispielsweise Herr Kollege Müller aus dem Saarland jetzt geliefert hat, in der gegenwärtigen Situation Gift. ({2}) Die Lage in unserem Land ist unsicher genug; da sind solche Beiträge alles andere als hilfreich. ({3}) Der Bundeskanzler hat de utlich gemacht, worum es geht; ich wiederhole es anhand von drei Stichworten. Erstens. Wir müssen die allgemeinen Rahmenbedingungen für Investitionen verbessern. Dies bedeutet weitere Steuersenkungen und ein Festhalten an den nächsten Steuerreformrunden in den Jahren 2004 und 2005. Dies betrif ft auch die so genannten Lohnnebenkosten, die wir mit den Refo rmen im Renten-, Gesundheits- und nicht zuletzt im Arbeitsmarktbereich ebenfalls absenken werden. Hinsichtlich des Arbeitsmarktes verweise ich auf die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe. Fast alle dazu notwendigen Gesetzentwürfe werden Sie vor der Sommerpause vor gelegt bekommen. Wir werden Sie bitten, sie so rechtzeitig zu beraten, dass sie am 1. Januar 2004 in Kraft treten können. Frau Kollegin Wöhrl, das hat nichts mit Ankündigungen zu tun, sondern mit parlamentarischem Handeln. Aber zu jedem Handeln gehört, dass man darüber zumindest ein Wort austauschen darf. Das tun wir hiermit. Insbesondere am Arbeitsmarkt stehen wir vor der tiefst greifenden Veränderung, die in der Geschichte der Bundesregierung auf diesem Feld jemals vor genommen worden ist. In der Arbeitsm arktpolitik - das sage ich jetzt schlagwortartig - werd en wir damit ernst machen müssen, dass es nicht unsere Aufgabe ist, Arbeitslosigkeit zu finanzieren, sondern dass es darum geht, die Vermittlung in Arbeit zu fördern. Dazu werden wir Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fördern und fordern müssen. Zweitens. Wir müssen Kräfte freisetzen, Spielräume eröffnen und den Zutritt zum Arbeitsmarkt so leicht wie möglich machen. Das betr ifft die Reformen, die der Bundeskanzler angekündigt hat: Reformen des Arbeitsrechtes und beim Kündigungsschutz. Das betrifft die Reform des Handwerksrechtes, Herr Kollege Hinsken, und das betrifft Reformen im berufsständischen Bereich, wo wir uns fragen müssen, welche Regulierungen in Deutschland abgebaut werden können. Das betrif ft auch den Bürokratieabbau und reicht von der Arbeitsstättenverordnung bis hin zu den Verpflichtungen, Statistiken zu liefern. Dies alles sind Kosten und Arbeitsbelastungen für die Unternehmen, die wir überwinden müssen, soweit es irgend geht. ({4}) Drittens. Einen Bereich, de r am wichtigsten ist, aber am wenigsten erwähnt wird, überschreibe ich mit „Stärken stärken und dadurch die Zukunft sichern“. Dies betrifft Bildung und Ausbildung und bedeutet Investitionen in Forschung und Entwicklung. ({5}) Ich setze darauf, Herr Kollege Laumann, dass die Reformen, die seit PISA unabwe isbar und für jeden unübersehbar notwendig sind, in den Ländern, die beispielsweise für die Berufsschulen V erantwortung tragen, auf den Weg gebracht werden. Ich bitte von hier aus - dies ist heute mein wichtigstes Anliegen - alle Unternehmer, alle Vorstände, alle Manager, alle Gewerkschafter, alle Tarifpartner, alle Betriebsräte, alle Personalräte, die Wissenschaftler und die in der Verwaltung Tätigen, die dafür V erantwortung tragen: Tun Sie mehr für die Ausbildung in Deutschland! ({6}) Wir dürfen nicht zulassen, dass der gegenwärtige T rend des Abbaus von Ausbildungsplätzen anhält. Wir müssen unser Ziel erreichen, dass jeder junge Mann und jede junge Frau in Deutschland, die eine berufliche Ausbildung wahrnehmen wollen und können, dazu auch einen Ausbildungsplatz erhalten. Lassen Sie uns für dieses Ziel zusammenarbeiten! Ich bin sehr froh darüber, dass das Signal, das der Bundeskanzler gegeben hat, of fensichtlich verstanden worden ist. In München konnte ich Gespräche mit den vier großen Wirtschaftsverbänden Deutschlands führen. Sie werden eine, wie dies heutzu tage heißt, Task Force einrichten und gemeinsam mit der Bundesregierung sowie allen anderen, die sich daran beteiligen können - dazu möchte ich auffordern und darum möchte ich Sie bitten -, das Nötige tun, damit wir di e drohende Misere am Ausbildungsmarkt in diesem Jahr verhindern können. ({7}) Trotz der Probleme, die der Haushalt bereitet, müssen wir - auch das geht sowohl an die Adresse der W irtschaft wie an unsere eigene Adresse und an die Adresse aller Verantwortlichen in den Ländern - alles tun, um mehr Investitionen in Fo rschung und Entwicklung zu mobilisieren. Wir brauchen hier eine wesentlich größere Anstrengung, wenn wir das Ziel erreichen wollen, Deutschland bzw. Europa wieder zur innovativ stärksten Wachstumsregion der Welt zu machen. Meine Damen und Herren, ich weise noch auf zwei andere Probleme hin. Erstens geht es mir um Probleme, die wir zurzeit mit der Finanzierung des Mittelstandes, der kleinen und mittleren Unternehmen haben, und zwar sowohl wegen der konjunkturellen Lage als auch wegen der strukturellen Veränderungen der deutschen Kreditwirtschaft. Wenn soeben ei ne Umfrage des „Handelsblattes“ ergeben hat, dass jeder vierte Manager sagt, er habe kein Kreditangebot seiner Bank bekommen, und wenn 72 Prozent der Manager in Deutschland sagen, dies behindere einen wirtschaftlichen Aufschwung, dann sind die Signale klar. Meine Bitte an die Banken lautet, ihre Aufgabe besser wahrzunehmen, den Mittelstand ausreichend mit Krediten zu versor gen und ihm Eigenkapital zur Verfügung zu stellen. ({8}) Auch hinsichtlich einer Koop eration in diesen Sektoren muss alles getan werden, um hier besser zu werden. Mit der neuen öf fentlich-rechtlichen Mittelstandsbank werden wir alles tun, um die Ba nken dabei zu unterstützen; die Verbriefungsaktion - eine ganz ungewöhnliche Aktion - für die Kredite der Hausbanken ist ein Signal dafür. Zweitens wollen wir uns um die innovativen jungen Technologieunternehmen kümmern, die im Zuge der Entwicklung um die New Economy in Bedrängnis geraten sind. Die Beteiligungskap italzufuhr ist fast versiegt. Wir werden deshalb versuchen, ein positives Signal für eine Trendumkehr zu setzen. Mit innovativen Produkten, Verfahren und Dienstleistungen entstehen neue Arbeitsplätze. Deshalb ist die Arbeit meines Hauses schwerpunktmäßig auf die Unterstützung des innovativen Mittelstandes, auf die Verbreiterung von Informations- und Kommunikationstechnologien sowie auf die Bereiche der Energie- und der Luftfahrtforschung gerichtet. W ir haben dazu im Haushalt rund 1 Milliarde Euro vorgesehen, allein für kleine und mittlere Unternehmen circa eine halbe Milliarde Euro, davon - weil Sie sich auf Ostdeutschland bezogen haben, Herr Kollege - etwa die Hälfte für die ostdeutschen Unternehmen. ({9}) Wir haben eine ganze Menge weiterer Punkte angepackt, zum Beispiel das Ladenschlussgesetz und das Gesetz gegen den unlauteren W ettbewerb. Hier leiten wir Reformschritte ein; Sonderaktionen des Handels zum Beispiel werden in größerem Rahmen erlaubt sein. Der Bundeskanzler, der französische Präsident und der britische Premierminister werden eine neue industriepolitische Initiative auf europäis cher Ebene einleiten, die nichts anderes zum Ziel hat, als die W ettbewerbsfähigkeit der europäischen Unte rnehmen zu sichern, die Märkte zu öffnen, neue bürokratische Auflagen für die Industrie zu verhindern und eine bessere V ermarktung von Forschungsergebnissen zu erzielen. Frau Präsidentin, ich bitte um V ergebung, dass ich meine Redezeit schon überschritten habe; ich komme zum Schluss meiner Ausführungen. Meine Damen und Herren, wir haben uns viel vor genommen. Jetzt kommt es darauf an, diese Maßnahmen nicht kaputtzureden, sondern sie auch tatsächlich umzusetzen. Das ist meine dringende Bitte an uns. Die Lage am Arbeitsmarkt und die Notwendigkeit der kons equenten Modernisierung unserer sozialen Marktwirts chaft verpflichten uns alle dazu. Es geht um nicht weniger als um die Sicherung der wirtschaftlichen und sozialen Zukunft Deutschlands, um die Sicherung des Wohlstandes für alle, um soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit, um unser Modell einer modernen und sozialen Gesellschaft. Seit der Regierungserklärung des Bundeskanzlers habe ich eine Reihe von Gesprächen mit V ertretern der führenden Wirtschaftsverbände, mit Gewerkschaftern in München, Düsseldorf und viel en Regionen der Bundesrepublik geführt. Diese Gesp räche haben mich sehr ermutigt. Alle haben noch Wü nsche und Kritik geäußert, aber ich habe den Eindruck, dass die Bereitschaft zu einer großen Kraftanstrengung in Deutschland, dazu, alles Sonstige zurückzustellen und sich auf das zu konzentrieren, was jetzt zu entscheiden ist, besteht. Was diese vortragen, unterscheidet sich in Wahrheit nicht sehr von dem, was die Bundesregierung vor gelegt hat. Sie beschäftigen sich nicht bei jedem Problem mit der Frage, wie ich dem Nächsten ein Be in stelle. V ielmehr wird sich mit der Frage beschäftigt: W ie kommen wir zum Ziel, die Modernisierung der modernen Marktwirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland voranzubringen? Ich bin davon überzeugt, dass wir erfolgreich sein werden. Ich bin auch davon überzeugt - das habe ich schon gesagt -, dass sich niemand von Ihnen den jetzt fälligen Entscheidungen en tziehen kann. Wir sollten es anpacken. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. ({10})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über den Einzelplan 09, Bundesministerium für W irtschaft und Arbeit, in der Ausschussfassung. Es liegen mehrere Änderungsanträge vor, über die wir zuerst abstimmen. Ich weise darauf hin, dass das V erlangen der Fraktion der CDU/ CSU auf namentliche Abstimmung über einen ihrer Änderungsanträge zurückgezogen wurde. Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 15/648: Wer stimmt dafür? - W er stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der CDU/CSU und der FDP bei Enthaltung der beiden fraktionslosen Mitglieder abgelehnt. Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 15/649: Wer stimmt dafür? - W er stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der CDU/CSU bei Zustimmung der beiden fraktionslosen Mitglieder abgelehnt. Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 15/690: Wer stimmt dafür? - W er stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Koalition und der beiden fraktionslosen Mitglieder gegen die Stimmen der CDU/CSU und FDP abgelehnt. Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 15/691: Wer stimmt dafür? - W er stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der CDU/ CSU und der FDP bei Enthaltung der beiden fraktionslosen Mitglieder abgelehnt. Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 15/692: Wer stimmt dafür? - W er stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Koalition und der beiden fraktionslosen Mitglieder gegen die Stimmen der CDU/CSU und der FDP abgelehnt. Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 15/693: Wer stimmt dafür? - W er stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der CDU/ CSU und der FDP bei Enthaltung der beiden fraktionslosen Mitglieder abgelehnt. Änderungsantrag der Abgeordneten Dr . Gesine Lötzsch und Petra Pau auf Drucksache 15/663: Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der beiden fraktionslosen Mitglieder abgelehnt. Änderungsantrag der Abgeordneten Dr . Gesine Lötzsch und Petra Pau auf Drucksache 15/664: Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? Der Änderungsantrag ist mit demselben Er gebnis wie der vorhergehende Antrag abgelehnt. Änderungsantrag der Abgeordneten Dr . Gesine Lötzsch und Petra Pau auf Drucksache 15/665: Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? Der Änderungsantrag ist mit demselben Er gebnis wie die beiden vorhergegangenen Anträge abgelehnt. Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner Wir kommen zur Abstimmung über den Einzelplan 09 in der Ausschussfa ssung. Wer stimmt dafür? Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Einzelplan 09 ist mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP sowie der beiden fraktionslosen Mitglieder Dr . Gesine Lötzsch und Petra Pau angenommen. Ich rufe nun Punkt I. 14 auf: Einzelplan 05 Auswärtiges Amt - Drucksachen 15/555, 15/572 Berichterstattung: Abgeordnete Antje Hermenau Herbert Frankenhauser Jürgen Koppelin Es liegen ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/ CSU und zwei Änderungsanträge der Fraktion der FDP vor. Nach einer interfraktionellen V ereinbarung sind für die Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. - Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache . Diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die an dieser Debatte nicht teilnehmen wollen, bitte ich, umgehend de n Saal zu verlassen. Das Wort hat der Bundesminister des Auswärtigen, Joseph Fischer. ({0})

Joseph Fischer (Minister:in)

Politiker ID: 11000552

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich denke, es geht mir so wie den anderen Kollegen: Es fällt mir schwer, am heutigen T ag eine sicherlich wichtige, aber dennoch übliche Haushaltsdebatte zu einem Einzelplan zu führen. Angesichts des Beginns der ersten Militäraktionen gilt das, was Kofi Annan gestern bei der Sitzung des Sicherheitsrats de r Vereinten Nationen gesagt hat, nämlich dass dies ein trauriger Tag ist. Ich möchte hinzufügen: Für mich und die Bundesregierung ist dies eine bittere Nachricht; denn Krieg ist die schlechteste aller Lösungen. ({0}) Krieg darf immer nur letz tes Mittel sein. Diese Bundesregierung hat sowohl im Kosovo wie auch in Afghanistan keine Alternative hierzu gesehen und hat, so schwer es ihr gefallen ist, zu diesem letzten Mittel gegriffen. Bevor man aber zu diesem letzten Mittel greifen kann, bedarf es immer der Kl ärung, welches Risiko besteht und ob tatsächlich alle friedlichen Mittel ausgeschöpft sind. Das sind vor allen Dingen die Gründe, warum die Bundesregierung diesen Krieg ablehnt und sich nicht daran beteiligen wird. Wenn man sich die Situation im Irak anschaut, dann wird man feststellen: Saddam Hussein ist ein furchtbarer Diktator. Er hat zweimal seine Nachbarn überfallen. Er verfügte über Massenvernichtungswaffen und es gab den begründeten V erdacht, dass er auch weiterhin Massenvernichtungswaffen habe. Aus all diesen Gründen hat man gegenüber dem Irak seit dem ersten Golfkrieg eine Containment-Polit ik aufrechterhalten, hat Flugverbotszonen eingerichtet und ein scharfes Embargo verhängt, Letzteres auch mi t fatalen Konsequenzen für weite Teile der Bevölkerung. Man hat in der ganzen Ze it aber keine AppeasementPolitik gegenüber dem Irak gemacht. Dennoch hat man sich im Sicherheitsrat entschieden, eine neue Resolution zu formulieren. Die Resolution 1441 hat dazu geführt, dass die Inspektoren wieder ins Land kamen. Die Inspektoren haben bei ihrer Arbeit Fortschritte gemacht. Der Irak hat nur zögerlich kooperiert, am Anfang mehr schlecht als recht. Dennoch ist es mit dem Instrument der Inspektionen gelungen, das Risiko zu minimieren. Kann man eine zögerliche Kooperation allen Ernstes als Kriegsgrund anführen, wenn gleichzeitig die Kontrolle verstärkt und das Risiko redu ziert wurde? Wir meinen: eindeutig Nein. ({1}) Es hat sich gezeigt, dass das Mittel der Inspektionen wirkt. Es wird aber immer gesagt, es wirke nur in V erbindung mit einer militärischen Drohkulisse. Am heutigen Tag müssen wir das allerdings hinterfragen. W er in den letzten T agen amerikanische Zeitungen wie die „Washington Post“, die „New York Times“ oder das „Wall Street Journal“ gelesen hat, für den ist es klar und eindeutig, dass es sich um einen militärischen Aufbau gehandelt hat, der mehr ist als Drohkulisse und eine entsprechende Wirkung hatte. In diesem Zusammenhang wird auch die Begrenztheit der Vorwürfe deutlich, die gestern die Oppositionsführerin, Frau Merkel, gegenüber dem Bundeskanzler und die Bundesregierung erhoben hat. Solche Vorwürfe gegenüber der Bundesregierung zu erheben halte ich für schlichtweg abwegig. ({2}) Es hat eine friedliche Alternative zu dieser Entscheidung zum Krieg gegeben. Das wurde gerade am gestrigen Tag wieder klar. Hans Blix hatte eine Entscheidung bezogen auf die al-Samud-Raketen getrof fen. Diese Raketen waren Teil des entsprechend der Sicherheitsratsresolution vorgelegten Berichts. Die Inspektoren haben gearbeitet und eine Reichweitenüberschreitung festgestellt. Nach Feststellung dieser Reichweitenüberschreitung war klar, dass die Raketen abgerüstet, zerstört werden mussten. Hans Blix hat den Begi nn der Zerstörung auf den 1. März terminiert und das Prozedere festgelegt. Ich bin mir sicher: Hätte sich Saddam Hussein damals ablehnend verhalten, wären wir schon wesentlich früher in eine Militäraktion geraten. Als die Inspektionen positiv zu wirken begannen - bis heute sind über 70 dieser Raketen zerstört worden -, hieß es plötzlich, dass das irrelevant sei. Gestern hat jedoch Hans Blix auf genau dieser Grundlage seinen konkre ten Arbeitsbericht vor gelegt. Warum sage ich Ihnen das alles? Ich tue das, weil ich der festen persönlichen und politischen Überzeugung bin, dass wir die Chance gehabt haben, den Irak friedlich umfassend abzurüsten und die Gefahr , die aufgrund möglicher Massenvernichtungswaffen von dort ausgegangen ist, zu beseitigen. ({3}) Man muss hier ebenfalls klar sagen - das habe ich schon mehrfach getan -: Wir hätten damit allerdings nicht die Beseitigung Saddam Husseins von der Macht erreicht. Dies war aber auch niemals Gegenstand der Sicherheitsratsresolution und der Politik, die der Sicherheitsrat vertreten hat. Ich komme zu dem entscheidenden Punkt: Warum ist es nicht gelungen, die Kluft im Sicherheitsrat zu überwinden? Ich verstehe die begrenzte innenpolitische Sicht und das innenpolitische Kalkül nicht, mit der hier der Bundesregierung Vorwürfe wegen einer zu frühen Festlegung und Ähnlichem gemacht werden. Mit den objektiven Fakten hat dies nichts zu tun. ({4}) Wir haben es im Sicherheitsrat gestern wieder erlebt: An den Mehrheitsverhältnissen im Sicherheitsrat hat sich auch nach monatelanger De batte und sehr schwierigen Situationen für einzelne Mitglieder tatsächlich nichts geändert. Die Mehrheitsverhältnisse sind so geblieben, wie sie zu Anfang waren. Die eindeutige Mehrheit im Sicherheitsrat ist genauso wie die Bundesregierung, die für die Bundesrepublik Deutschlan d im Sicherheitsrat vertreten ist, der Meinung, dass es ein Fehler ist, zu militärischen Mitteln zu greifen, weil sich die friedlichen Mittel noch nicht erschöpft haben. Auch das hat der gestrige Tag klar gemacht. Man muss doch endlich einmal zur Kenntnis nehmen, dass die eindeutige Mehrheit im Sicherheitsrat dagegen ist. Das hat nichts damit zu tun, dass sich ir gendjemand zu früh festgelegt hat, er isoliert werden soll oder Ähnliches mehr. Es sind teilweise engste Partner - so wie wir - der Vereinigten Staaten von Amerika, etwa Mexiko und Chile. Es sind ke ine Länder, an deren Beziehungen zu den V ereinigten Staaten auch nur ein Jota Zweifel bestehen kann, wie dies bei den Europäern ebenfalls nicht der Fall ist. Man muss doch feststellen, dass dies gravierende Argumente sind. Ich trage das hier deshalb nochmals vor , weil ich glaube, dass das über den Tag hinaus von großer Bedeutung ist. Ich will Ihnen auch sagen, warum: Selbst wenn ich nicht das negativste Bedrohungsszenario zugrunde lege, wird das nicht die letzte Problemlage dieser Art auf dieser Welt sein. Das wissen Sie so gut wie wir . Heißt das in der Konsequenz, da ss die neue Weltordnung auf Abrüstungskriege gegenüber Diktatoren, die in dem Verdacht stehen oder bei denen man schon begründete Hinweise hat, dass sie Massenvernichtungswaf fen haben, gegründet wird? Müssen wir nicht vielmehr darauf setzen - das ist die Auf fassung der Mehrheit im Sicherheitsrat -, dass die Strukturen und Instrumente, die wir jetzt entwickelt haben und die an die Vereinten Nationen angebunden sind, uns mehr Sicherheit geben? Ein wirksames Nichtverbreitungsregime soll die neuen Gefahren und Risiken tatsächlich bekämpfen, Grundlagen dafür sollen aber nicht die i ndividuellen Entscheidungen einer einzelnen Macht, sondern die zu entwickelnden gemeinsamen Regeln kollektiver Sicherheit und entsprechende Instrumente sein. Da s ist die Position der Bundesregierung. ({5}) Unsere tiefe Sor ge gilt dem Schicksal der Menschen. Wir alle hof fen - ich möchte ausdrücklich die eingesetzten Soldaten einb eziehen -, dass die Kampfhandlungen möglichst schnell beendet werden und vor allen Dingen die Zivilbevölkerung, die in den vergangenen Jahrzehnten unter diesem Diktator , aber auch unter anderen Bedingungen genug zu leiden hatte, geschützt wird. Auf keinen Fall - das betone ich nochmals - darf es zu einem Einsatz von Massenvernichtungswaffen kommen und auf keinen Fall darf es zu einem Angrif f auf Israel kommen. Ich hof fe, darin sind wir uns völlig einig. ({6}) Anders als in früheren Zeiten war es für die Bundesregierung eine Selbstverständ lichkeit, dass wir auf Anfrage Patriot-Raketen nach Israel geliefert haben. Es muss alles getan werden - das hat gestern ein beeindruckender Beitrag von Kofi Annan zum Ende der Sicherheitsratssitzung klar gemacht -, um eine humanitäre Katastrophe zu verhindern. ({7}) Die Vereinten Nationen haben auf diesem Gebiet in den vergangenen Jahren Großes geleistet. Über 2 Millionen Menschen waren und sind direkt von den Nahrungsmittellieferungen der Vereinten Nationen abhängig. Gerade die Schwächsten - Kranke, Alte, Behinderte und Kinder - sind auf diese Lieferungen angewiesen. Deshalb kommt es ganz entscheidend darauf an, dass wir hier unser Engagement verstärken. Ich möchte mich schon jetzt für die Zusage aus den Fraktionen recht herzlich bedanken, dass diese Verstärkung Realität wird; denn wir müssen alles tun, um eine humanitäre Katastrophe zu verhindern. Entscheidend aber ist, dass der Sicherheitsrat und die VN die zentralen Instanzen bleiben. Gleiches gilt für die Verhandlungen über eine politische Lösung und die Wiederherstellung des Friedens in der Region. Das ist von entscheidender Bedeutung, wenn wir tatsächlich ein Ende der Bedrohungen erreichen wollen. Ein kurzer Rückblick. Ich habe nach den Ereignissen vom 11. September bei meinen Besuchen in W ashington am 18. und 19. September versucht, eine Diskussion über mögliche Defizite zu führen. Der eine oder andere Kollege von Ihnen weiß das; denn wir haben unter vier oder manchmal unter sechs Augen mit V ertretern der Opposition darüber gesprochen. Ich kenne also Ihre Bedenken und Sor gen. Wenn es nach dem 1 1. September ein Defizit gegeben hat, dann ist die entscheidende Frage nicht, ob sich die W elt angesichts der neuen Bedrohungen verändern muss, sondern wie sie sich verändern muss. Die strategische Debatte im transatlantischen Raum hat eben nicht stattgefunden. Das ist meines Erachtens das entscheidende Problem. Darüber werden wir uns auch nicht mit historisch en Reminiszenzen - dabei wende ich mich an die größere Oppositionsfraktion hinwegretten können. W ir müssen begreifen, dass wir mit unserer strategischen Or ientierung nicht alles hinnehmen müssen. Mir geht es nicht um Polemik. Aber man muss doch sehen, dass es in nahezu allen Demokratien außerhalb der USA massive Widerstände der Bevölkerung gegen den Krieg gibt. Das gilt für die engsten lateinamerikanischen Verbündeten ebenso wie die engsten europäischen Verbündeten. Diese Widerstände reflektieren genau dieses Diskussionsdefizit. Wie soll eine neue Weltordnung gestaltet werden? Soll sie kooperativ sein? Soll sie auf multilateraler Grundlage aufgebaut werden? Oder ist es eine unilaterale Weltordnung, die substanzielle Unterschiede entlang der Machtverteilung macht? Über diese Fragen müssen vor allen Dingen die Europäer diskutieren, und zwar nicht in Konfrontatio n mit den USA, sondern es geht darum, unsere eigenen Fähigkeiten zu entwickeln. Ich finde es überhaupt nicht schlimm, dass die Europäer erkennen, dass sie in di eser Frage noch nicht einig sind. Die Europäische Union ist an Krisen und neuen Herausforderungen immer gewachsen. Ich füge ausdrücklich hinzu: Ich verstehe nur zu gut die andere Sicht vieler Osteuropäer, vor allen Dingen die unserer polnischen Freunde. Angesichts der Erfahrung mit vier polnischen Teilungen, mit Russland und auch mit uns ist es selbstverständlich, dass sie eine andere Sichtweise haben. Gerade wir Deutsche wissen aus unserer eigenen Erfahrung mit dem Zusammen wachsen nach der deutschen Einheit, welche Schwierigkeiten bestehen, welche Geduld und welche Sensibilität im Aufeinanderzugehen notwendig sind. Diese größere Union wird eine zerklüftetere Union werden. Bis sich die 50-jährige T eilung Europas überwinden lässt, wird sehr vi el Erfahrung notwendig sein. Eine neue Generation wird entstehen müssen. Das setzt aber auch voraus, dass wir gleichzeitig stabile, diese größere und schwierigere Union integrierende Institutionen schaffen. Das ist die Voraussetzung. Damit stehen wir als Europäer natürlich vor einer größeren, auch globalen Verantwortung. Das ist auch eine der Konsequenzen der Erfahrungen der letzten Mo nate. Dieser Verantwortung müssen wir gerecht werden. ({8}) Denn wenn Europa für einen erweiterten Sicherheitsbegriff steht, wenn Europa für Multilateralismus steht, für eine kooperative neue Weltordnung, dann muss Europa auch in der ganzen Breite die Möglichkeiten und den politischen Willen, die Institutionen und die Fähigkeiten haben, um dieses zu leisten. Das wird ganz entscheidend von unserem Land als dem größten Mitgliedstaat der Europäischen Union mitgestaltet werden. Diese strategische Diskussion muss über den T ag hinaus geführt werden und sie muss dann zu Entscheidungen führen. Gerade am heutigen T ag werden die Staatsund Regierungschefs, wenn sie zusammentreten, dieses nicht vergessen dürfen. Ich sage nochmals: Für mich ist das eine bittere Nachricht, weil eine friedliche A lternative praktisch vorhanden war. ({9}) - Was ist daran unglaublich? ({10}) - Ich habe gerade ausführlich dargestellt, dass die Mehrheit im Sicherheitsrat das so gesehen hat. ({11}) - Entschuldigung, diesen Zwischenruf verstehe ich jetzt wirklich nicht. Ihr Zwischen ruf behauptet ja, dass eine friedliche Abrüstungsperspektive nicht bestanden hätte und das, was Blix und al-Baradei uns vor gelegt haben -, ja, was soll es gewesen sein? ({12}) Blix hat gesagt: Nicht W ochen, nicht Jahre fehlen uns, was wir brauchen, sind Monate. Diese Chance hat bestanden. Wenn Sie das Gegenteil behaupten wollen, dann sollten Sie es hier tun. ({13}) Nein, es ist ein bitterer T ag. Unsere Sor ge gilt den Menschen. Wir wünschen uns und hof fen, dass dieser Krieg möglichst schnell zu Ende geht. Unsere tiefe Sorge gilt der Abwendung einer humanitären Katastrophe. Im Rahmen und unter der Leitung der VN wollen wir das Unsere dazu beitra gen, dass es dazu nicht kommt. Darüber hinaus wollen wir eine multilaterale Weltordnung, wir wollen starke Vereinten Nationen. Ich halte die These, der Sicherheitsrat sei geschwächt worden, schlicht für falsch. Starke V ereinte Nationen setzen voraus, dass die Europäer zusammenfinden und das Ihre dazu beitragen, dass eine multilaterale Weltordnung auf kooperativer Sicherheitsgrundlage Wirklichkeit wird. ({14})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Der nächste Redner ist der Kollege Dr . Wolfgang Schäuble, CDU/CSU-Fraktion. ({0})

Dr. Wolfgang Schäuble (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001938, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist wirklich ein trauriger Tag. Der Beginn eines Krieges ist immer auch ein Scheitern von Politik und Diplomatie. Deswegen haben wir uns heute zwischen den Fraktionen vorgenommen, dass wir dies in der Art, wie wir die Debatte führen, auch in der Tonart, zum Ausdruck bringen wollen. Deswegen will ich gleich hinzufügen: Der Bundeskanzler hat gestern gesagt, wir sollten nicht in erster Linie über völkerrechtliche Fragen, bei denen man unterschiedlicher Meinung sein kann, streiten, es sei eine politische Frage. Dem stimme ich zu. Deswegen will ich noch nich t einmal über die Auf fassung streiten, die der Bundeskanzler gestern zu der Frage einer Bundestagsbefassung bezüglich des Einsatzes deutscher Soldaten bei den ABC-Abwehreinheiten in Kuwait und den AWACS-Systemen über der Türkei vertreten hat. Darüber will ich keine verfassungsrechtliche Debatte führen. Ich will aber hinzufügen, dass es dazu unterschiedliche verfassungsrechtliche Auffassungen gibt. Deswegen habe ich eine Bitte an die Bundesregierung: W ir dürfen die eingesetzten S oldaten im Interesse von Rechtsklarheit und wegen unserer Fürsor gepflicht für sie nicht in einer rechtlichen Grauzone belassen. Ich bitte Sie daher, eine Bundestagsbefassung zu ermöglichen. ({0}) Ich sage Ihnen die Zusti mmung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu. Wenn etwas gescheitert ist, kann man vielleicht in einer nicht konfrontativen Debatte versuchen, aus dem Scheitern Lehren zu ziehen. Es ist ganz sicher gescheitert, im Weltsicherheitsrat zu einer einheitlichen Position zu kommen. Eine einheitliche, gemeinsame Position des Weltsicherheitsrates wäre die Voraussetzung dafür gewesen, maximalen Druck auf Saddam Hussein auszuüben. Das ist nicht gelungen. Wenn sich verschiedene Seiten nicht einigen können, ist es meistens so, dass der Streit darüber, wer welche Schuld daran hat, nicht weiterbringt. Im Zweifel ist es so, dass beide Seiten, die sich nicht einigen konnten, ihre Beiträge zu einem solchen St reit geleistet haben. V ielleicht ist die Stunde gut, darüber nachzudenken, was von beiden Seiten hätte getan werden können. Wir brauchen eine stärkere Kooperation, wenn wir eine multipolare W eltordnung aufbauen wollen. W enn das transatlantische Verhältnis dazu alternativlos wichtig ist, dann muss man sich mit der Frage beschäftigen, wie viel Vertrauen in den vergangenen Monaten im transatlantischen Verhältnis zerstört worden ist. ({1}) Es gibt einen berühmten Br iefwechsel aus den 30er Jahren zwischen Albert Einstein und Sigmund Freud. In diesem Briefwechsel hat Freud darauf hingewiesen, dass das Verhältnis zwischen Staaten wie das zwischen Personen ist. Sie können noch so viel miteinander reden, manchmal hilft es nicht. Of t ist es sogar so, dass sie umso mehr Vertrauen zerstören, je mehr sie miteinander reden. Weil dies so ist, auch im Verhältnis zwischen Staaten, sage ich: Es wird ganz wi chtig sein, beschädigtes V ertrauen im atlantischen V erhältnis wieder herzustellen. Das Vertrauen beginnt damit, dass man sich gegenseitig besser versteht. In dieser De batte hat ein Teil der Europäer und Amerikaner fast aneinander vorbeigeredet. Die Amerikaner haben eine andere Einstellung zu der Frage, was Krieg bedeutet. Sie haben nie die Opfer in der Zivilbevölkerung so erlebt wie die Europäer . Die Vereinigten Staaten von Amer ika leben seit ihrer Gründung in dem festen Glauben, dass man bei genügend Entschlossenheit und Einsatz - das ist etwas Großartiges bei den Amerikanern - Proble me auch lösen kann. Die Europäer sind durch Erfahrungen skeptischer geworden. Heute steht in einer der gr oßen Tageszeitungen, dass die deutsche politische Kultur bezüglich des Friedens viel damit zu tun hat, dass uns durch die Amerikaner 50 Jahre lang der Schutz der äußeren Sicherheit abgenommen worden ist. Auch das hat etwas mit unserer politischen Kultur zu tun. Wenn wir mehr V ertrauen herstellen wollen, sollten wir einander besser verstehen. Das ist ganz wichtig. Ich glaube, wir haben die Amerikaner nicht ausreichend verstanden. Es mag wohl sein, dass auch die Amerikaner uns nicht in allem richtig verstanden haben. W enn wir aber wirklich lernen wollen, müssen wir auf beiden Seiten voneinander lernen. ({2}) Wir dürfen einen weiteren Aspekt nicht unterdrücken, wir müssen ihn vielmehr au ssprechen, damit nicht der Eindruck entsteht, der Streit bestünde in erster Linie zwischen den verschiedenen Mitgliedern des W eltsicherheitsrates: Bei der Resolution 1441 war sich der W eltsicherheitsrat noch einig, da ss von dem verbrecherischen Regime Saddam Husseins eine Gefahr für den W eltfrieden ausgeht. Wir dürfen auch in der Sorge um die Opfer des Krieges in dieser Debatte nicht ver gessen, dass bereits mehr als 1 Million Me nschen Opfer des verbrecherischen Regimes Saddam Husseins geworden sind. W er dies nicht sagt, der verschie bt die Achse ein wenig; das gehört dazu. ({3}) Der deutsche Außenminister, Herr Fischer, hat immer wieder gesagt: Die Frage von Krieg und Frieden liegt letzten Endes allein in den Händen von Saddam Hussein. Sie sollten das auch heute und mor gen wieder sagen. Saddam Hussein trägt die V erantwortung dafür und Saddam Hussein ist die Gefahr für den Weltfrieden. Es ist traurig, dass es nicht gelungen ist - das ist auch unser Ziel gewesen -, ihn mit friedlichen Mitteln zu entwaffnen. Damit sind wir gescheitert. Aber die Verantwortung liegt in aller erster Linie bei Saddam Hussein. ({4}) - Ich würde sehr dafür werben, Herr Kollege Büttner - damit wir heute nicht streiten müssen -, darüber nachzudenken, ob es klug ist, den amerikanischen Präsidenten Bush und den verbrecherischen irakischen Diktator Saddam Hussein auf eine Stufe zu stellen. ({5}) - Wenn Sie das nicht so meinen, sollten Sie mit solchen Zwischenrufen aufhören. Desw egen sage ich: Ich rate, das nicht zu tun. Wenn wir uns im atlantisch en Verhältnis gegenseitig besser verstehen wollen, mu ss sich jeder darum bemühen, Missverständnisse zu vermeiden. Dafür werbe ich. Ich will eine Bemerkung zu der Frage machen: W as können wir in der Zukunft besser machen, damit wir aus der mangelnden Einigkeit ein wenig lernen und sich so etwas nicht wiederholt? Es mag sein, dass amerikanische Regierungen und Präsidenten Entscheidungen tref fen, die man nicht für richtig hält - ich glaube, dass man über die jetzt getroffene Entscheidung sehr wohl unterschiedlicher Meinung sein kann -, aber das ändert nichts daran, dass die Vereinigten Staaten von Amerika eine der verlässlichsten und größten Demokratien in der Geschichte und der verlässlichste und stärkste Partner sind, dass wir in unserem eigenen Interesse auch in Zukunft alternativlos auf die enge, unverbrüchliche und von Vertrauen getragene Partnerschaft mit Amerika angewiesen sind und dass wir den Amerikanern unendlich viel verdanken. ({6}) Wenn wir im atlantischen V erhältnis mehr Kooperation erreichen wollen, muss das Vertrauen wieder hergestellt werden. Wir müssen uns als Europäer fragen, was schief gelaufen ist. Auch bei der Beantwortung dieser Frage bin ich sehr zurückhaltend, möchte aber auf eine Erfahrung hinweisen, die in diesen Wochen und Monaten aufs Neue gemacht worden ist - sodass man es hätte wissen können - und die es festzu halten gilt. Herr Bundesaußenminister, wer die europäische Einigung als Alternative zur atlantischen Partne rschaft oder als Gegengewicht zu den Vereinigten Staaten von Amerika versteht, wird Europa nicht einen, so ndern spalten. Das ist der Grundfehler dieser Politik. ({7}) - Letzte Woche war der polnische Außenminister hier. Unsere osteuropäischen Nachbarn verstehen die europäische Einigung eben nicht nur als W irtschaftsgemeinschaft, sondern zuerst und vor allem als Sicherheitsverbund. Wenn sie vor die Alternative Europa oder atlantische Gemeinschaft gestellt werden, werden sie sich für die atlantische Gemeinschaft entscheiden. Deshalb darf man diese Alternative nicht aufbauen. ({8}) Nach dem Ersten W eltkrieg gab es schon einmal Bemühungen, Europa zu einigen. Das ist nicht neu. Coudenhove-Calergi ist in diesem Zusammenhang ein berühmter Name. Stresemann und Briand haben es auch versucht. Es ist nicht gelu ngen, nicht zuletzt deshalb, weil sich die Amerikaner nach dem Ersten W eltkrieg zu schnell aus Europa zurückgezogen haben. ({9}) Nach dem Zweiten Weltkrieg sind sie auf dem europäischen Kontinent geblieben und die europäische Einigung ist eine große Erfolgsg eschichte geworden. Sie ist aber in der untrennbaren Verbindung mit der atlantischen Partnerschaft zu dieser Erfolgsgeschichte geworden. Zur Westintegration gehörte sowo hl die europäische Einigung als auch die atlantis che Partnerschaft. Das muss auch in Zukunft so bleiben; sonst können wir Europa nicht einigen. Wir können nicht einmal die Grenzen des Eisernen Vorhangs überwinden. Das gilt es aus den Erfahrungen dieser Tage und Wochen festzuhalten. Europa ist nicht gegen Amerika, sondern Europa ist gespalten. Das ist die Rea lität unter den europäischen Regierungen. Das kann man an folgendem Beispiel sehen: Die osteuropäischen Länder, die künftig Mitglied der EU sein werden - eine r der größten T riumphe der Nachkriegspolitik ist ja, dass wir den Eisernen Vorhang in Europa überwinden können; jetzt haben wir die Chance, ganz Europa zu einigen -, waren über die Art und Weise schockiert, wie mit ihnen und über sie geredet wurde. Das war ganz gewiss kein guter Beitrag zur Einigung Europas; das will ich sagen. ({10}) Noch eine Bemerkung: Die deutsch-französische Zusammenarbeit bzw. Freundschaft ist für den europäischen Einigungsprozess nun wirklich unverzichtbar. Wir von der CDU/CSU haben Kerneuropa - zusammen mit Karl Lamers habe ich für diesen Begrif f eine Art Copyright; ich weiß, dass wir alle ab und zu versucht sind, unsere Eitelkeit zu befriedi gen - niemals als einen Kern verstanden, der spaltet, sondern es als ein Element begriffen, das den Einigungspro zess voranbringt. So und nur so darf die deutsch-französische Zusammenarbeit verstanden werden. ({11}) Mit allem Respekt: Mein Wahlkreis endet - ich sage das nur, damit Sie wissen, wer hier redet - an der Stadtgrenze von Straßbur g. Deswegen ist mir die deutschfranzösische Zusammenarbeit ein Herzensanliegen. Aber die deutsch-französische Zusammenarbeit muss dem europäischen Einigungsprozess dienen. Frankreich hat in der Nachkriegsgeschichte aufgrund eigener geschichtlicher Erfahrungen und V oraussetzungen immer eine gewisse eige nständige Rolle gespielt. Das war für Europa erträglich, weil Deutschland darauf bedacht war, die besondere Rolle und Bedeutung Frankreichs mit dem atlantischen Engagement zu verbinden. Deswegen haben wir immer darauf geachtet, dass wir nicht vor die Alternative Paris oder London gestellt wurden oder zwischen Paris und W ashington wählen zu müssen; denn dann würde di e deutsch-französische Zusammenarbeit der europäischen Einigung nicht nutzen, sondern schaden. Die deutsch-französische Zusammenarbeit darf außerdem nicht als Möglichkeit verstanden werden, die kleineren Staaten in Europa zu bevormunden. ({12}) Nun zu dem, was der Bundeskanzler gestern angesprochen hat: Nicht die Tatsache, dass sich die französische und die deutsche Regierung auf gemeinsame V orschläge verständigt haben, sondern die Art und W eise, wie sie präsentiert wurden, hat die Einigung im Europäischen Konvent nicht vorangebracht und hat Widerstand hervorgerufen. Denn die anderen Länder haben gesagt: Wir wollen nicht von Frankreich und Deutschland dominiert werden, sondern mitreden. Deswegen muss man vorsichtig sein. Die deutsch-französische Zusammenarbeit, die für die Einigung Europas notwendig ist - ohne sie kommt in Europa nichts voran -, muss immer so ausgestaltet werden, dass sich durch sie andere nicht abgestoßen oder bevormundet fühlen. Sie muss ein Motor für die Einigung Europas sein. Dagegen ist in den letzten Monaten verstoßen worden. Die Balance muss wieder hergestellt werden. ({13}) Ein großes Europa - eine richtig verstandene deutschfranzösische Zusammenarbeit kann zu seinem Zustandekommen gute Dienste leisten - muss einen Beitrag zu einer starken transatlantischen Partnerschaft leisten. Deswegen sollten wir uns, bevor wir ein Übermaß an amerikanischem Potenzial kritisieren oder über die Eingrenzung der amerikanischen Hegemonie fabulieren, mit der Frage beschäftigen, welchen Beitrag wir Europäer zu einem ausbalancierten transatl antischen Verhältnis leisten können. Wir müssen also vor der eigenen Tür kehren und müssen Europa politisch, wirtschaftlich und militärisch stärker, einiger und handlungsfähiger machen. Das dient der atlantischen Partnerschaft. Nur so geht es. ({14}) Wenn wir in der von mir beschriebenen Weise vorgehen, dann werden wir eine bessere Chance haben, die atlantische Partnerschaft auch dafür einzusetzen, dass die Welt eine stabilere Struktur gewinnt. Es geht um multilaterale Führung und nicht um Unilateralismus. Unilateralismus wäre im Übrigen am Ende die größte Bedrohung für die Führungsmacht. Deswegen wäre Unilateralismus auch nicht im amerikanischen Interesse. Davon bin ich tief überzeugt. ({15}) Frau Kollegin Sager, ich möchte auf das, was gestern vielleicht ein Missverständnis war, zurückkommen. Was ist das Problem der neuen Be drohung in der W elt des 21. Jahrhunderts? Ich glaube, den alten Satz von Clausewitz, dass der Krieg die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln sei, können wir Europäer und wir Deutsche nach den Erfahrungen des 20. Jahrhunderts so nicht einfach hinnehmen und zum Bestandteil unserer Politik machen. ({16}) - Ja, Moment! Lassen Sie uns einen Moment überlegen! In der Nachkriegszeit, in der bipolaren Ordnung des Ost-West-Gegensatzes haben wir - mit großen Schwierigkeiten, mit vielen Risiken, aber am Ende nicht erfolglos - die Fähigkeit hoch entwickelt, militärische Gewalt so einzusetzen, dass die bloße Drohung ihrer Anwendung ausgereicht hat, das Ziel zu erreichen, militärische Gewalt nicht anwenden zu müssen. Das hat - trotz vieler Sorgen und viel Emotionalisierung - am Ende funktioniert. ({17}) Ich habe gesagt: Man muss die Fragen doch angehen; die Antworten darauf müssen ja noch nicht richtig sein. Darüber muss man reden. Aber man darf die Suche nach Antworten nicht verweigern. Von Ländern mit nicht vorhandener oder zerfallender staatlicher Ordnung geht plötzlich eine neue Bedrohung für alle anderen Teile der Welt aus. Damit verbunden is t das Problem von internationalem Terrorismus, asymmetrischer Kriegsführung usw. Wie kann in einer solchen W elt mit militärischer Gewalt so umgegangen werden, dass die Androhung ihres Einsatzes ausreicht? Die von der gegenseitigen Drohung, sich zu vernichten, ausgehende Abschreckung allein funktioniert nicht. Di esbezüglich stimme ich der Analyse der Amerikaner zu. In der internationalen Ordnung ist es wie im Staat: Am Ende braucht das Recht immer die Macht zu seiner Durchsetzung; Recht ohne die Fähigkeit zur Durchsetzung schafft keine Ordnung, schaf ft keinen Frieden, schafft keine Gerechtigkeit, schafft keine Stabilität. ({18}) Auch deswegen sage ich: V on all den vielen Übeln, zwischen denen am Schluss zu wählen war, wäre das demütigende Scheitern der Vereinigten Staaten von Amerika für den Frieden in der Zukunft und für die Stabilität in der Welt möglicherweise ein noch größeres Risiko gewesen als der Krieg, den wir jetzt erleben - selbst wenn dieser Krieg auch mir ohne einen neuen Beschluss des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen ein großes Risiko zu sein scheint. Wenn wir eine auf Vertrauen gegründete multipolare Weltordnung schaffen wollen, Herr Außenminister , dann brauchen wir die ri chtige Kombination aus Führung der Amerikaner - wir verdanken der amerikanischen Führungsmacht viel; die Welt wäre weniger stabil und weniger friedlich, wenn wir die amerikanische Führungsmacht nicht hätten - und stärkerer Kooperation. Dazu müssen die Europäer ei nen größeren Beitrag leisten. Dazu brauchen wir mehr Vertrauen in den atlantischen Beziehungen. ({19}) An diesem Tag drohen den unschuldigen Menschen im Irak viele Opfer. Sie drohen ihnen, weil ein Diktator nicht anders von seinem verbrecherischen Tun abzubringen ist, obwohl ihn der W eltsicherheitsrat dazu in den vergangenen zwölf Jahren mit einer Resolution nach der anderen aufgefordert hat. Auch dieser Hinweis gehört dazu. Wenn wir unserer V erantwortung an einem solchen Tag gerecht werden wollen, dann sollten wir die richtigen Lehren ziehen, damit wir es beim nächsten Mal wieder schaffen, dafür zu sorgen, dass verbrecherische Diktatoren durch die Einigkeit der Europäer , der atlantischen Partner, der zivilisierten Welt davon abgebracht werden, ihr verbrecherisches T un fortzusetzen. Das muss die Lehre an diesem Tag sein. Herzlichen Dank. ({20})

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Gernot Erler.

Dr. h. c. Gernot Erler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000489, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein Krieg hat begonnen und wir sind uns of fenbar einig darüber, dass er schon groß en Schaden angerichtet hat, bevor er überhaupt richtig begonnen hat. Herr Kollege Schäuble, auch wenn Sie heute Ihre Schuldzuweisungen in ruhigerem Ton und in ei ner anderen Weise vorgetragen haben als Ihre Parteivor sitzende gestern in diesem Haus, können wir diesen Sc huldzuweisungen nicht zustimmen. ({0}) Die unaufhaltsame Vorbereitung dieses Krieges war es, die wichtige internationale und globale Familien auseinander gerissen hat: die Familie der Vereinten Nationen, die transatlantische Familie, die wachsende Familie der Europäischen Union. Diese Risse gehen tief. Da werden auch zwischen Freunde n und Partnern Hassworte gewechselt und das ist die eigentliche T ragödie; denn wir sind doch nach dem 11. September nicht ohne Grund zusammengerückt - in dem Bewusstsein, dass nur dieses Zusammenrücken eine adäquate Antwort auf die unheimliche, unberechenbare neue Gefahr des globalen Terrorismus ist. Jetzt hat die Durchsetzung dieses Krieges alles das, was da zusammen war , auseinander gesprengt. Mit anderen Worten: Genau das Gegenteil dessen, was eigentlich notwendig ist, ist jetzt eingetreten. Deswegen muss uns doch klar sein, dass wir eine prioritäre Aufgabe haben: Wir müssen jetzt eine Umkehr organisieren. Das ist das Gebot der Stunde. Dazu passen keine Schuldzuweisungen, sc hon gar nicht diese ungeheuerlichen von gestern, mit denen ausgerechnet diejenigen, die bis zur letzten Minute versucht haben, den Frieden zu erhalten, und für ihn gekämpft haben, für das Scheitern verantwortlich gemacht werden. Das weisen wir von dieser Stelle aus noch einmal in aller Schärfe zurück. ({1}) Umkehr ist in der Tat notwendig. Jetzt werden Legenden gestrickt. Diese Legenden sind gefährlich, zum Beispiel die Legende über das Scheitern oder über die Unfähigkeit der Vereinten Nationen. Präsident Bush hat in seiner Rede am 17. März wörtlich gesagt: Der UN-Sicherheitsrat ist seinen V erpflichtungen nicht nachgekommen. - Er hat der W eltöffentlichkeit noch einmal weismachen wollen, dass es einen Unterschied gibt: auf der einen Seite Handlungsfähigkeit und Entschlossenheit bei den Vereinigten Staaten, auf der anderen Seite Untätigkeit, Un fähigkeit zum Handeln bei den Vereinten Nationen. - Das ist eine Legende, die wir zurückweisen. ({2}) Tatsache ist: Die V ereinten Nationen haben ihre Pflicht wahrgenommen. Es war die Pflicht, bis zur letzten Minute zu versuchen, eine Entwaf fnung des Irak ohne Krieg zu erreichen. W ir danken Kofi Annan und den Chefinspekteuren Blix und al-Baradei und ihren Leuten für ihren mutigen un d zielstrebigen Einsatz in diesem Zusammenhang. ({3}) Joschka Fischer, der Außenminister , hat mit Recht gesagt: Wer auch nur die Dokumente der letzten T age und jetzt den 83 Seiten langen Bericht von Blix noch einmal liest, weiß: Es hat diese Chance wirklich gegeben. Ich will etwas Grundsätzlic hes sagen. Es ist falsch, dass Entschlossenheit zum Handeln erst anfängt, wenn man das Gewehr anlegt. ({4}) Die Helden dieser fragilen W elt sind nicht die Kriegsherren, sondern die, die mit Geduld und auch mit politischer Durchsetzungskraft Wege aus der Gefahr aufzeigen und auch gehen. T atsache ist, dass die UN die Chance, diesen Weg zu Ende und bis zum Erfolg zu gehen, einfach nicht bekommen haben. Sichtbar wird das zum Beispiel an den Al-Samud-Raketen. W as für ein Wahnsinn! 70 von 120 sind ze rstört. Jetzt wird der Prozess abgebrochen - vielleicht mit der Folge, dass die restlichen 50 mit zerstörerischer Kraft in einem Krieg eingesetzt werden. W arum konnte diese Alternative nicht verfolgt werden? ({5}) Es handelt sich um etwas ganz anderes als um die Unfähigkeit der Vereinten Nationen. Als die amerikanische Diplomatie den Versuch unternahm, den Sicherheitsrat von der Notwendigkeit des Krieges zu überzeugen, stand es 11 : 4 dagegen. Als die amerikanische Diplomatie den Versuch aufgab, den Sicherheitsrat von der Notwendigkeit des Krieges zu überzeugen, stand es immer noch 11 : 4 dagegen. Das ist kein e Krise der Vereinten Nationen; das ist eine Krise von Ar gumenten und Überzeugungskraft und nichts anderes. Ich muss sagen: Ich habe großen Respekt - und möchte ihn vor diesem Haus zum Ausdruck bringen vor dem Verhalten der sechs Länder Mexiko, Chile, Pakistan, Angola, Kamerun und Guinea, die größtem Druck widerstanden haben, die ein Beispiel gegeben haben, die sich nicht verbogen haben und die etwas gegeben haben, wovon wir in der künftigen Politik noch zehren können. Respekt für diese Haltung! ({6}) Ich habe auch das Bedürfnis, dem Außenminister meinen Respekt dafür auszudrücken, wie er mit Botschafter Pleuger und seinem T eam in den letzten W ochen im Rahmen der Vereinten Nationen gearbeitet hat. Er hat eine klare Linie vertre ten, diese aber immer in einem Ton vorgetragen, der di e wichtige Arbeit an einer Umkehr möglich macht. Die nächste Gelegenheit fü r die Vereinten Nationen wird kommen, meine Damen und Herren. Der amerikanische Präsident hat schon angedeutet, dass er die V ereinten Nationen braucht. Er braucht sie, um eine humanitäre Katastrophe im Irak abzuwenden. Es gibt keine andere Organisation als die Vereinten Nationen, die über ein Netzwerk zur Verteilung von Lebensmitteln und Medizin in dieser Region verfügt. 60 Prozent der irakischen Bevölkerung waren schon in den letzten Jahren von diesem Netzwerk abhängig. Aber das bedeutet, es besteht die Möglichkeit und die Wahrscheinlichkeit, dass die Weltgemeinschaft wieder in das politische Geschehen einbezogen wird. Wenn das der Fall ist, dann hat diese Weltgemeinschaft auch das Recht, die Frage nach der Umkehr zu stellen, die Frage zu stellen, ob es der richtige Weg ist, womöglich zu versuchen, eine ganze Region nach den eigenen V orstellungen umzuorganisieren, und ob dieser Krieg in W irklichkeit die Umsetzung, die Implementierung jener nationalen Sicherheitsstrategie ist, die am 17. September letzten Jahres vom amerikanischen Präsidenten genehmigt worden ist und die bedeutet, dass das internationale Recht auf Selbstverteidigung in ein Er stschlagsrecht gegen andere Länder umgedeutet wird und damit nicht nur für den Fall einer unmittelbaren Bedrohung, sondern auch im Fall einer potenziellen Bedrohung gilt. Es ist unser Recht und unse re Pflicht, eine Umkehr von der Entwicklung zu eine r Weltordnung, in der wir nicht leben wollen, zu versuc hen, wenn die internationale Gemeinschaft hier wieder gefordert wird. ({7}) Wir werden Hilfe leisten, um eine humanitäre Katastrophe abzuwenden, auch indem wir die Entscheidung treffen, die Mittel für humanitär e Hilfe im Bundeshaushalt von 40 Millionen Euro auf 80 Millionen Euro zu erhöhen. ({8}) Wir rechnen da mit Ihrer Mithilfe. W ir werden das entweder im Einzelplan 60 oder durch eine Entscheidung im April dieses Jahres durchsetzen, auf jeden Fall durch eine Erwirtschaftung aus dem Gesamthaushalt. Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie selber mit einem Antrag, der andere Größenordnungen enthält, hier eine Initiative ergriffen haben. Wir sind zu dieser Hilfe und zu neuer Kooperation bereit. Aber im gleichen Atem zug sage ich auch: Es gilt, dass wir uns jeder Arbeitsteilung verweigern werden, die dieser von mir eben beschr iebenen Doktrin einer Ordnung, in der es um Erstschlag geht, in irgendeiner Weise zur Durchsetzung verhilft. ({9}) Das darf nicht die Folge unserer Hilfe und Kooperationsbereitschaft sein. Deswegen sage ich heute in dieser Situation: Wir setzen das Ziel der Umkehr, die wir über den Dialog, auch den transatlantischen Dialog , organisieren müssen, mit aller Entschlossenheit auf die Tagesordnung. Wir tun das gegen die Gefühle von Beklemmung und von Hilflosigkeit, die wir alle heute empfinden und die sich in den Stunden ausbreiten, in denen statt der Menschen die Waffen sprechen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. ({10})

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Werner Hoyer.

Dr. Werner Hoyer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000967, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Heute ist weiß Gott ein trauriger Tag. Es ist Krieg. Eines Tages werden die Historiker die Geschichte dieses Irakkrieges aufzuarbeiten versuchen, werden versuchen, he rauszufinden, was Ursachen und was Konsequenzen waren. Sie werden sich verwunDr. Werner Hoyer dert die Augen reiben, weil kaum nachzuvollziehen sein wird, warum dieser Krieg tatsächlich oder vermeintlich unausweichlich geworden war , warum so viele Menschenleben aufs Spiel gesetzt und geopfert worden sind, warum der Fortschritt von Jahrzehnten in den internationalen Beziehungen - insbesondere was die Systeme kooperativer Sicherheit, mit den Vereinten Nationen an der Spitze, angeht - zurückgeworfen worden ist, warum sich die Völkergemeinschaft - insbesondere die V ereinten Nationen, Abteilung W eltsicherheitsrat und dort vor allem die ständigen fünf Mitglieder - so hat auseinander dividieren lassen, warum da s Gleiche leider auch für NATO und Europäische Union gilt und warum wir auch so unehrlich miteinander umgehen. Ich bin davon überzeugt, dass die Möglichkeiten der nicht militärischen Konflikt lösungen noch nicht voll ausgeschöpft waren. Umgekehrt sage ich: W ir müssen doch zugestehen, dass die Fortschritte, die durch die Inspekteure erzielt worden sind, nie möglich gewesen wären ohne die militärische Drohkulisse, die aufgebaut worden ist. Diese beiden Dinge gehören doch zusammen. ({0}) Meine Damen und Herren, es liegt ein Hauch von 1914 in der Luft. Nachträglich wird jeder sagen: Das hat ja keiner so gewollt, das waren einfach die Umstände. Ich denke aber, so einfach können wir es uns nicht machen. Ich höre nie auf, dara n zu glauben, dass Fehler doch noch vermieden werden können. Ich fürchte aber , jetzt müssen wir uns darauf konzentrieren, das Schlimmste zu verhüten und Schadensbegrenzung zu betreiben; denn die Schäden werden beträchtlich sein. Man kann nur hoffen, dass sich di e Zahl der Opfer unter der Zivilbevölkerung wie unte r den Soldaten in Grenzen hält. Es wird aber auch Schäden weit darüber hinaus geben. Bereits gestern ist klargestellt worden, dass wir Freien Demokraten diesen amerik anischen Alleingang ohne neues Mandat nicht billigen können. Aber jetzt läuft der Krieg. Daher ist es wünschenswert und in unserem Interesse, dass das Ziel, diesen widerwärtigen V erbrecher Saddam Hussein zu entwaffnen, schnell und unter Inkaufnahme nicht zu vieler Opfer erreicht werden kann. Ich fürchte, unsere amerikanischen Freunde haben einen Fehler gemacht. Sie sind und sie bleiben aber unsere Freunde. ({1}) Freunde, bei denen man das Ge fühl hat, sie haben vielleicht einen Fehler gemacht, bedürfen der freundschaftlichen Zuwendung ganz besonders. Deswegen ist es wichtig, dass wir schon jetzt da mit beginnen, das, was im transatlantischen Verhältnis kaputt gegangen ist, schnellstens und so gut es geht zu reparieren. Drei Verlierer - neben den Toten und Verwundeten stehen schon fest: UNO, NATO und EU. Die Kollateralschäden, wie man sie so schön nennt, sind schon jetzt sichtbar. Deutschlands Außenpolitik hat sich in den letzten Jahrzehnten ausgerechnet auf diese drei Institutionen gestützt. Wir sind in der V ergangenheit sehr gut damit gefahren. Eben deshalb sollte uns klar sein, dass Schäden an UNO, NATO und EU Schäden an deutschen Interessen sind. ({2}) Die Historiker werden sich auch wundern, wie diese Kommunikationsunfähigkeit zustande kommen konnte. Sie liegt nicht nur daran, dass es offensichtlich manchem in der amerikanischen Administration schwer fällt, zuzuhören und gerade auf ein kritisches Ar gument von Freunden und Partnern zu reagieren, sich damit auseinander zu setzen. Es wird für die Menschen eines Tages auch völlig unbegreiflich sein, wi e es in Zeiten modernster Kommunikationstechnologien, ständiger Reisediplomatie und ständiger persönlicher Begegnungen möglich ist, dass die Führer der wichtigsten Nationen dieser W elt Amerika und Deutschland zählen dazu - in kritischster Situation nicht in direktem Kontakt miteinander stehen. ({3}) Sicherlich sind auf beiden Seiten Fehler gemacht worden. Man kann sich über die amerikanische Seite auch kräftig beschweren. Aber was erwarten wir denn von einem amerikanischen P räsidenten, der gewissermaßen schon präventiv zu einem verantwortungslosen Abenteurer abgestempelt wird und dessen Methoden von der deutschen Justizministerin mit den Methoden Hitlers verglichen werden? Ich denke, auf beiden Seiten des Atlantiks, insbesondere auch bei uns, ist einiges an Aufräumarbeit zu leisten. Meine Damen und Herren, ich habe das Gefühl, die deutsche Außenpolitik ist an drei Stellen dejustiert. Einige Punkte dazu hat Herr Schäuble schon aufgegriffen da kann ich es kurz machen. Ich möchte folgenden Punkt voranstellen. Ich glaube, dass es in den letzten Jahr en ein gewisses Faszinosum war, zu glauben, klassische Machtpolitik spielen zu können. Man hat geradezu da s Leuchten in den Augen einiger Beteiligter gesehen, als es darum ging, die Zehn im Weltsicherheitsrat aufzumischen ({4}) und Koalitionen gegen denjenig en zu bilden, der of fenbar zum Krieg entschlossen ist. ({5}) Man hat es sogar geschaf ft und fand es wahrscheinlich auch noch toll, ausgerechnet Colin Powell vor den Kameras der Weltöffentlichkeit geradezu vorzuführen, ({6}) also ausgerechnet denjenigen , der noch am ehesten ein offenes Ohr für die Europäer und für die Deutschen gehabt hat und der ein guter Freund Deutschlands ist. Ich halte die Rückkehr zum integrativen Kurs der deutschen Außenpolitik für unverzichtbar . Das gilt mit Blick auf alle drei Organe: EU, NATO und UNO. ({7}) Alles andere ist Selbstüberschätzung. ({8}) Ich glaube, diese Überheblichkeit werden wir noch teuer bezahlen müssen. Die zweite fundamentale Fehleinschätzung besteht darin - Herr Schäuble hat au sführlich darauf hingewiesen -, dass man geglaubt ha t, man könne die Entscheidung zwischen transatlantischer Einbindung und europäischer Integration, also zwis chen Washington und Paris, auf den Punkt bringen. Dabei war es gerade der Imperativ deutscher Außenpolitik, sich nie in eine Situation zu manövrieren, in der man diese Wahlentscheidung treffen musste. ({9}) Nachdem diese alte Regel über Bord geworfen ist, sind wir in der Situation, dass der Bundeskanzler mit seiner gesamten Außenpolitik auf eine Karte gesetzt hat, nämlich auf den französischen Staatspräsidenten. ({10}) Frankreich hat aber eine ganz andere Agenda. Es hat sich als führende Kontinentalmacht in Europa zurückgemeldet. Frankreich wird diese Position zu wahren wissen, wenn sich die Dinge verändert haben. Nicht überraschend hat UN-Botschafter Lévitte gestern schon einmal Rückfallpositionen aufgebaut: Wenn Saddam Hussein im Krieg auf Massenvernichtungswaffen gegen die Amerikaner zurückgreifen sollte, würde Frankreich seine Position überdenken und möglic herweise die USA in diesem Krieg sogar doch noch militärisch unterstützen. Machen wir das in diesem Fall eigentlich auch? Drittens begeht die Bundesregierung einen Fehler , wenn sie meint, mit der weiß Gott überfälligen Annäherung Berlins an Paris käme automatisch wieder Schwung in die Europapolitik. Um es in die Sprache der Mathematik zu übersetzen: Der französisch-deutsche Akkord ist in der Europapolitik notwendige Bedingung für jeden Fortschritt, aber keine hinreichende Bedingung. ({11}) Zur hinreichenden Bedingung gehört immer der Dialog mit den anderen, insbesondere auch der Dialog mit den kleineren Ländern. Die Tatsache, dass der Brief der acht europäischen Länder geschrieben worden ist - und nicht sein Inhalt, den ich unterschre iben kann - ist eine Katastrophe. Dass es so weit gekommen ist, ist auch eine Reaktion auf das, was Deutschland und Frankreich gemeinsam angezettelt haben. ({12}) Ich muss mich aufgrund meiner zu Ende gehenden Redezeit auf den letzten Pu nkt beschränken. Die FDPBundestagsfraktion wird in Sachen AWACS einen Entschließungsantrag einbringen. 1994 hat das Bundesverfassungsgericht unmissverständlich festgelegt, dass selbst ein Einsatz deutscher Streitkräfte im Bündnisfall der vorhergehenden konstitutiven Zustimmung des Parlaments zu dem konkreten Einsatz bedarf. Die Bundesregierung verstößt nach Auf fassung der FDP-Fraktion im Falle der Beteiligung an dem NA TOAWACS-Einsatz mit Bundeswehrsoldaten hier gegen. In diesem Zusammenhang ist noch darauf hinzuweisen, dass die Türkei bei der NA TO am 10. Februar gemäß Art. 4 des NATO-Vertrages um Unterstützung nachgesucht hat, unter anderem au ch durch den Einsatz von AWACS-Flugzeugen über türkischem Hoheitsgebiet. Die NATO hat dieser Forderung am 19. Februar Folge geleistet. Die Besatzungen der vier eingesetzten A WACSFlugzeuge bestehen zu etwa einem Drittel aus Bundeswehrsoldaten. Nach Auffassung der FDP-Fraktion kann es sich bei einem Antrag gemäß Art. 4 des NATO-Vertrages niemals um einen Routinevorgang handeln. ({13}) Darüber hinaus ist festzust ellen, dass sich gerade AWACS-Soldaten nicht künstlich blind machen können. Wenn sie über türkischem Hoheitsgebiet fliegen, entdecken sie notgedrungen einfli egende oder sich nähernde Luftfahrzeuge. Deswegen fordern wir die Bundesregierung auf, ihrer V erpflichtung durch das Grundgesetz nachzukommen und die Zust immung des Deutschen Bundestages für die Beteiligung deutscher Soldaten bei dem Einsatz über der Türkei unverzüglich zu beantragen. Ich sage ausdrücklich dazu: W ir stellen diese Forderung nicht, um die Soldaten aus diesen Flugzeugen herauszuholen, sondern um sie in diesen Flugzeugen mit der notwendigen Rechtssicherheit auszustatten. Herzlichen Dank. ({14})

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Das Wort hat der Abgeordnete Dietmar Nietan.

Dietmar Nietan (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003199, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir erleben heute den Beginn eines Krieges, den nicht nur die Mehrheit der Staaten im Sicherheitsrat der V ereinten Nationen ablehnt. W ir erleben einen Krieg - das sollten auch die Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU-Fraktion zur Kenntnis nehmen -, den die überwiegende Mehrheit der Menschen in unserem Land und in allen anderen Ländern in Europa ablehnt. ({0}) Natürlich wünschen wir un s ein möglichst schnelles Ende dieses Krieges. Natürlich ist es richtig, dass es fatal wäre, sich in die Ecke zu st ellen und zu sagen: Nun sollen diejenigen, die diesen Krieg begonnen haben, die Suppe auslöffeln. Wir alle werden uns der V erantwortung stellen müssen; denn das Weltgeschehen geht weiter. Es wäre nicht richtig, mit verschränkten Armen auf diejenigen zu schauen, die den Krieg begonnen haben. Wenn wir aber den transatlantischen Dialog verstärken wollen und mehr voneinander lernen wollen - so wie es Kollege Schäuble angesprochen hat - dann kann das nur funktionieren, wenn sich Europäer und Amerikaner auf gleicher Augenhöhe treffen und nicht der Satz gilt: Wer nicht für uns ist, ist gegen uns. Ich glaube, da ist etwas aus der Balance geraten. ({1}) Wir brauchen ein starkes und einiges Europa. Herr Kollege Schäuble, es ist für mich sehr interessant, zu sehen, dass Sie - aber nicht nur Sie - zu denen gehört haben, die immer wieder darauf hingewiesen haben - Sie haben das quasi vor sich hergetragen -, wie schlecht der deutsch-französische Motor laufe, und festgestellt haben, dass der Gipfel in Nizza kein Erfolg gewesen sei, weil Deutschland und Fran kreich nicht zusammengekommen seien, ({2}) und nun auf einmal der Meinung sind, dass das Funktionieren des deutsch-französischen Motors andere bevormunde - so hat man hören müssen - und die Balance auseinander bringe. Sie haben davon gesprochen - das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen -, dass die deutsch-französische Zusammenarbeit dem europäischen Interesse dienen muss. Ich schließe daraus, dass Sie davon ausgehen, dass da s im Moment nicht der Fall ist. Das ist starker Tobak; das muss ich Ihnen ehrlich sagen. Wie Sie mit dem deutsch-französischen V erhältnis umgehen, stellt eine Beliebigkeit dar , die diesem V erhältnis nicht gerecht wird und ihm eher schadet. ({3}) Ich weiß nicht, ob Sie das gesagt haben, um verblümt Kritik an Ihrem konservativen Kollegen Chirac zu üben. Dass die Art und W eise, wie er die Beitrittskandidaten behandelt hat, nicht die rich tige ist, dürfen Sie gerne sagen. Ich weiß auch nicht, ob diese Äußerung dazu dient, das zu erreichen, was wir wirklich brauchen: eine V erstärkung des transatlantischen Dialogs auf gleicher Augenhöhe. Ich glaube, dass dieser Dialog sehr wichtig ist. Denn wir Europäerinnen und Europäer haben etwas anzubieten: das europäische Modell, das der Logik des Krieges entgegensteht. Die Erfolgsstory der Europäischen Union beruht nicht au f Drohung und Aggression. Sie beruht auf Integration, da rauf, andere Staaten in die Europäische Union einzulad en, was wir in einem großen, beispiellosen Akt erleben werden, wenn wir am 1. Mai des nächsten Jahres zehn weitere Mitgliedsländer in die Europäische Union aufnehmen. Für uns alle als Demokraten ist es faszinierend, festzustellen, dass ein Konvent eingerichtet wurde, in dem Parlamentarierinnen und Parlamentarier der nationalen Parlamente und Regierungsvertreter konstruktiv an einer gemeinsamen europäischen Verfassung arbeiten. Das ist ein Modell, das wir als Europäer stärker als bisher in die Welt tragen sollten. Das ist eine Alternative zur Kriegslogik. Wenn wir das wollen, da nn sollten wir als gleichberechtigte Partner agieren. Ihre Äußerungen, Herr Schäuble, waren in diesem Zusammenhang nicht hilfreich. ({4}) Wir sollten als Lehre aus dem, was passiert ist, mitnehmen, dass wir alle dafür kämpfen müssen, Europa zu stärken - dies nicht im Gegens atz zu den USA; das möchte ich ausdrücklich betonen -, um Europa in die Lage zu versetzen, die amerikanischen Freundinnen und Freunde von unseren Ideen zu überzeugen und mit ihnen dafür zu kämpfen, dass wir eine friedliche, multipolare Welt, eine Welt der Kooperation und der Zusammenarbeit hinbekommen. In diesem Sinne sollten wir keine Legenden bilden, sondern das, was jetzt zu tun ist, gemeinsam und in Geschlossenheit angehen. D azu fordere ich Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, auf. Vielen Dank. ({5})

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Matthias Wissmann.

Matthias Wissmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002534, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! An einem Tag wie dem heutigen, an dem ein Krieg begonnen hat, gibt es Punkte, über di e wir streiten, aber sicherlich auch Punkte, in Bezug auf die wir übereinstimmend fühlen und denken. Wir fühlen mit Menschen, die Sorge um ihr Leben haben, wir fühlen mit Soldaten, die ihren Kopf hinhalten, wir fühlen mit Menschen in den Nachbarländern des Irak, die unter den wirtschaftlichen Folgen eines Krieges leiden. An einem Punkt müssen wi r auch gemeinsam handeln; ich greife einen vom Kollegen Erler angesprochenen Aspekt ausdrücklich auf. Ich freue mich, Herr Kollege Erler, dass Sie die In itiative zur Stärkung des Budgets für humanitäre Hilfe aufnehmen wollen, die Kollegen unserer Fraktion bereits im Auswärtigen Ausschuss eingebracht haben. Ich bin sicher, dass wir Sie dabei unterstützen werden, da wir viel humanitäre Hilfe für die Region - nicht nur für den Irak, sondern auch für die Nachbarländer - brauchen werden. Hier müssen wir bei allem, was uns trennt, gemeinsam handeln. ({0}) Meine Damen und Herren, klar ist auch - dies ist heute von mehreren Rednern zum Ausdruck gebracht worden -, dass der Begi nn eines Krieges ein Versagen der Politik offenbart: ein Versagen von internationaler Politik und internationalen Institutionen, von europäischer Politik, aber auch vo n deutscher Politik, auch von deutscher Außenpolitik. Eine Zeitung, die nicht im V erdacht steht, der Außenpolitik der Regierung besonders kritisch gegenüberzustehen, der „Tagesspiegel“ in Berlin, schrieb gestern: Die selbst ernannte Achse des Guten, die deutschfranzösische Achse, hat aber keinen ernsthaften Versuch unternommen, eine für die USA einigungsfähige Position zu benennen, also sich zum Beispiel auf ein realistisches Ultimatum festzulegen, bis zu dem der Irak abzurüsten hätte. Diese eine Stimme zeigt wie viele andere Stimmen, dass wir uns die Frage stellen mü ssen, ob der deutsche Bundeskanzler und der deutsche Außenminister wirklich alle Kraft eingesetzt haben, um Europa zu einigen und mit dem gemeinsamen Gewicht Europas einen gemeinsamen Weg auch mit den Amerikanern zu finden. ({1}) In den ver gangenen Jahrzehnten war es für jeden deutschen Bundeskanzler, für sozialdemokratische wie für christlich-demokratische, und für jeden Außenminister selbstverständlich, immer wieder die Mitte zwischen der großen Amerikaskepsis, die häufig in Frankreich zu beobachten war, und der manchmal überbetonten Amerikanähe mancher britischer Premierminister zu finden. Weil wir die Mitte zwischen europäischer Einigung und transatlantischer Partnerschaft gefunden haben, haben sozialdemokratische und christlich-demokratische Kanzler Europa dazu gebracht, sich auf eine Position zu verständigen, um dann eine ge meinsame Position auch mit den Amerikanern zu finden. Dies geschah diesmal nicht. Das Wort vom deutschen Sonderweg stand am Anfang. Es stammt nicht von Ihnen, Herr Fischer; Sie haben selbst darunter gelitten, wie Sie es im „Guardian“ zum Ausdruck gebracht haben. Aber es ist leider zu eine m Signum dieser Bundesregierung geworden. Dies ist keine gute Perspektive. ({2}) Jetzt stehen wir vor einem Scherbenhaufen der europäischen Außen- und Sicherheitspolitik. ({3}) Ich will fair sein und sage daher , dass dies keineswegs nur dieser deutschen Bundesregierung anzulasten ist. Kein europäischer Regierungschef oder Außenminister hat sich Lorbeeren verdient, als es um eine gemeinsame europäische Position zum Irak ging. Die Außenpolitik der Europäischen Union befindet sich in einer tiefen Krise. Jetzt kommt es darauf an, dass alle politischen Kräfte in Deutschland und Europa diese tiefe Krise als Chance nutzen. Wir stehen mitten im Prozess der Erweiterung und der Vertiefung der Europäischen Union. Mir gefällt es zum Beispiel gar nicht, dass gegenwärtig schon wieder über die Frage diskutiert wird, ob der Konvent verschoben werden solle. Wenn Europa jemals dringend eine V erfassung brauchte, die zu einer gemeinsamen Institution für Außenpolitik führt, dann gerade jetzt. Wir sollten die Vertiefung der Europäischen Union nicht verschieben, sondern sie voranbringen. ({4}) Mehrheitsentscheidungen im europäischen Ministerrat, einen europäischen Außenminister und einen vom Parlament gewählten Kommissionspräsidenten - wann, wenn nicht heute, brauchen wir eine V ertiefung der Europäischen Union? Meine Damen und Herren, in Bezug auf die V ertiefung der Europäischen Union in einem Moment, in dem die Erweiterung um zehn Mitgliedstaaten im Gange ist, hat Kollege Schäuble vorhin zu Recht darauf hingewiesen, dass wir dieses größere Europa der 25 Staaten nur zusammenhalten werden, wenn wir gleichzeitig alles für die transatlantische Partnerschaft tun und verstehen, dass Litauen, Estland, Lettland, Polen, Ungarn, die Slowakei und viele andere von denen, die zu uns kommen, die Sicherheitskomponente als ein wesentliches Motiv für ihre Hinwendung zum Westen betrachten und sich nie auf eine Politik einlassen werden, die europäische Einigung und transatlantische Partnerschaft gegeneinander ausspielt. ({5}) Deswegen haben uns die Worte des französischen Präsidenten an die Beitritt sstaaten nach dem Brief der Acht nicht gefallen und desw egen empfinde ich es als vollkommen unverständlich, dass gestern der Sprecher der Sozialdemokraten im Auswärtigen Ausschuss des Europäischen Parlaments den Beitritt Polens zur Europäischen Union mit der Begründung ablehnte, vonseiten Polens sei der Brief der Acht unterzeichnet worden. Es kann keine Europäische Union, keine Union von 25 Staaten nach dem Motto geben, dass die einen am Katzentisch sitzen und die anderen die Herren im Hause sind. ({6}) Wenn wir die kleinen Länder nicht respektieren, dann schaffen wir die Einigung Europas nicht; dann bringen wir den Prozess der Vertiefung nicht an ein gutes Ziel. Gestern hat der Direktor der V ereinigung zu Förderung und Studium der Internationalen Sicherheit, Curt Gasteyger, in einem Beitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ gefordert, die Zusammensetzung des UN-Sicherheitsrates neu zu ordnen, da auch die Ordnung der W elt heute eine andere sei als zur Zeit der Gründung der UNO im Jahre 1945. Ich weiß, dass man in einer solchen Krise lange brauchen wird, bis man das Ziel eines europäischen Sitzes im Sicherheitsrat oder zumindest eines weiteren Sitzes im Sicherheitsrat mit Vetorecht für Europa erreicht. Ab er ich glaube, dass wir uns in der gegenwärtigen tiefen Krise jener Institutionen, auf die unsere Sicherheit aufbaut, Gedanken machen müssen, wie die Strukturen von morgen aussehen sollen. Wenn die letzten Monate eines erwiesen haben, dann dies, dass die Zersplitterung Europas keinen Sinn macht, dass wir eine kraftvolle eu ropäische Außenpolitik brauchen, dass wir einen Sitz im Sicherheitsrat für Europa, nicht aber für einzelne weite re Länder, anstreben sollten und dass wir aus den Fehlern lernen müssen, ({7}) die diese Regierung gemacht hat - das gebe ich gerne zu -, aber die auch Sie gemacht haben. Herr Fischer, Sie haben das professioneller und mit moderateren Tönen als andere gemacht, ({8}) aber Sie sind leider diesen sehr einseitigen W eg mitgegangen. Ich hoffe, auch Sie lernen aus Ihren Fehlern. ({9})

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Ludger Volmer.

Dr. Ludger Volmer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002393, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Schäuble hat seine Rede in dieser Debatte mit leisen Tönen und dem scheinbar nachdenklichen Satz begonnen, wir müssten nun zu Kriegsbeginn über Gemeinsamkeiten und über Fehler nachdenken. Während er scheinbar von Versöhnung und konstruktiver Zusammenarbeit redet, lässt er gleichzeitig über dpa die Meldung verteilen, die Regierung habe die Grundlage gemeinsamer Außenpolitik aufgegeben. ({0}) Was ist das nun, die Suche nach konstruktiven gemeinsamen Lösungen oder eine Kampfansage? ({1}) Herr Schäuble, Sie können hier noch so leise und zurückhaltend reden, aber Sie haben heute im Prinzip nicht viel anderes gesagt als Ihre Fraktionschefin gestern, die Sie heute offensichtlich aus dem Verkehr gezogen haben. ({2}) Herr Schäuble, Sie haben gesagt, der Krieg sei eingetreten, weil es im Weltsicherheitsrat an Einigkeit gemangelt habe. Danach haben Sie den Maßstab für Einigkeit festgelegt. Sie haben gesagt, es fehlte an maximalem Druck. Das heißt, Sie wollen, dass Einigkeit auf der Basis maximalen Drucks, also auf der Basis der US-Politik hergestellt wird. Aber das ist doch keine Definition konstruktiver und partnerschaftlicher Haltung im Sicherheitsrat! Das ist der V ersuch, die deutsche Politik im Sinne der CDU-Politik - die das Ultimatum befürwortet hat -, also auf der Seite der Kriegsbefürworter zu definieren. Das machen wir nicht mit, auch wenn Sie das hier noch so nachdenklich formulieren. ({3}) Um es deutlich zu sagen: Ich halte niemanden von der Union für einen Kriegshetzer . Ich halte solche Begrif fe für völlig unangebracht. Sie aber haben einen ganz fundamentalen Irrtum begangen: Die UN-Resolution 1441 hat zwei eigentlich unvereinbare Positionen miteinander in Einklang gebracht, nämlich die Position der USA, die schon vor einem Jahr planten, einen Krieg zu führen, weil sie Saddam Hussein für schuldig am internationalen Terrorismus hielten - der Nachweis dafür wurde übrigens nie angetreten -, und die Position der Mehrheit der internationalen Staatengemeinschaft - unter anderem Frankreich und Deutschland -, die gegen einen Krieg war. Beide Positionen wurden in der Resolution 1441 zusammengefasst. Es wurde eine Agenda entwickelt, wie über die UNOInspektoren im Irak ein Abrüstungsprozess in Gang gesetzt werden kann. Die Agenda zur Resolution 1441 bezog sich also auf die Abrüstung durch UNO-Inspektoren und sie war mit einer Drohung als Ultima Ratio bewehrt. Aber warum genau ist dies e Agenda nun gescheitert, obwohl - wie der Außenminister zuvor eindrucksvoll dargestellt hat - Blix und al -Baradei hervorragende Arbeit geleistet haben, obwohl diese Mission erfolgs- und hoffnungsträchtig war? - Si e ist gescheitert, weil die Macht, die zurzeit die stärkste auf dem Globus ist, eine andere Agenda verfolgt ha t. Das ist der eigentliche Grund für ihr Scheitern. Di e USA haben sich auf die Agenda Abrüstung durch In spektoren von Anfang an nicht ernsthaft eingelassen, weil sie die Agenda „regime change“ im Sinn hatten. Das führte zum Scheitern der Mission. ({4}) Diese Agenda „regime change“, die nicht durch die Resolution 1441 gedeckt ist, haben Sie faktisch mit unterstützt, indem Ihre Sprecher zum Beispiel im Auswärtigen Ausschuss, aber auch bei allen möglichen öf fentlichen Stellungnahmen immer wieder gesagt haben, die Mission der UNO-Inspektoren sei letztlich negativ zu bewerten. Sie haben die Erfolge, die dort zu verzeichnen waren, klein- und weggeredet. Sie haben sich immer auf die militärische Option konzen triert, die darin enthalten ist. So haben Sie dazu beig etragen, die Perspektive auf eine militärische Lösung zu verengen, die eigentlich einer ganz anderen Agenda diente, und sich von der Möglichkeit einer friedlichen Lösung dieses Konflikts zu entfernen. Sie waren Helfershelfer einer Agenda, die nicht durch die Resolution 1441 abgedeckt ist. ({5}) Ich finde es im Prinzip ri chtig, vorwärts gerichtet im Sinne der Schadensbegrenzung zu diskutieren. Die Bundesregierung macht das jetzt auf dem Wege der humanitären Hilfe. Es muss auch über eine Stärkung Europas nachgedacht werden. Herr Sc häuble, auch da haben Sie wieder Dinge insinuiert, die so nicht stehen gelassen werden können. Sicherlich arbeitet die Bundesregierung an der Stärkung Europas, ab er nicht, um einen Kern zu bekommen, der andere spaltet. Sie arbeitet auch nicht an einem gegen Amerika gerichteten Europa, wie Sie uns mit Ihrer sanften Stimme einzureiben versuchen. Die GASP, die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, ist nicht gegen Amerika gerichtet. Sie steht Amerika vielmehr in einer W eise gegenüber, wie sich zwei Widerlager gegenüberstehen. Bei der transatlantischen Brücke, die wir bauen wollen, gibt es auf der einen Seite das Widerlager USA - das ist schon heute gut konstruiert und auf der anderen Seite das W iderlager Europa, das noch eine etwas bessere Konstruktion und ein etwas besseres Fundament braucht. Daran arbeiten wir. Wir arbeiten am Widerlager Europa, um die transatlantische Brücke fertig zu stellen. ({6}) Ich komme nun auf das Verhältnis der Vereinigten Staaten zur UNO zu sprechen. Wir wollen - das hat der Außenminister gerade deutlich gemacht - in einer multipolaren Welt leben, in einer Welt der regionalen Integration, in der die verschiedenen Regionen und Staaten in einem multilateralen System zusammenarbeiten. Basis hierfür ist die Anerkennung der UNO, die W ahrung des Völkerrechts und die gegenseitige Achtung. Eine solche Vision der Weltinnenpolitik kann allerdings nur dann Wirklichkeit werden, wenn die Vereinigten Staaten mitmachen. Wenn wir für eine Stärkung der UNO eintreten, dann ist das nicht gegen die V ereinigten Staaten gerichtet; denn wir wissen, dass es eine multilaterale Politik und eine Integration auf Basis der UNO nur geben kann, wenn die V ereinigten Staaten konstruktiv mitarbeiten. Eine starke UNO, die sich daran beteiligt, die Probleme in dieser Welt zu lösen, ist meiner Meinung nach aber auch im Sinn der USA. Denn nach dem Ende des Kalten Krieges steht die Neuordnung der W elt auf der Tagesordnung. Wir müssen uns entscheiden: Wollen wir Multilateralismus oder wollen wir diese Aufgabe einer Supermacht und ihren Getreuen überlassen? W enn man sich in Gedanken einmal auf den zweiten Standpunkt stellt, erkennt man unweigerlich die Grenzen dieses Ansatzes: Keine noch so starke Supermacht wird es schaffen, in der Zukunft alle Pr obleme auf diesem Globus zu lösen. Dafür brauchen wir die multilaterale Gemeinschaft. Und weil wir diese brauchen, müssen wir sie und ihre Mitgliedstaaten ernst nehmen, dürfen deren Loyalität nicht überstrapazieren und müssen den Dialog zwischen den Kulturen und die Völkerverständigung pflegen. Das ist die Vision grüner Politik. ({7})

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Dr . Gesine Lötzsch.

Dr. Gesine Lötzsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003584, Fraktion: Fraktionslos (Fraktionslos)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir sind in der zivilisatorischen Entwicklung um ein Jahrhundert zurückgeworfen worden. Es gilt wieder das Faustrecht und nicht das Völkerrecht. Dieser Krieg ist ein terroristischer Akt, der durch nichts zu rechtfertigen ist. Er ist durch nichts legitimiert. W er diesen Krieg unterstützt, macht sich strafbar und schuldig. ({0}) Heute Morgen haben die Fraktionsvorsitzenden nichts sagende Erklärungen zum Beginn des Krieges abgegeben. Eine Wortmeldung der PDS wurde nicht akzeptiert. Das sehen wir als einen schweren Verstoß gegen die Geschäftsordnung an. Offensichtlich hatte man Angst, mit unangenehmen Wahrheiten konfrontiert zu werden. Wir führen die Debatte zur deutschen Außenpolitik wenige Stunden nachdem der angekündigte Angrif fskrieg der US-Regierung auf den Irak begonnen hat. Ich spreche ausdrücklich von der US -Regierung, weil es Millionen Menschen in den USA gibt, die diese Politik der Bush-Administration nicht mittragen. Auch in den USA gibt es eine starke Friedensbewegung. Amerikaner demonstrieren sogar in Be rlin jeden T ag gegen den Krieg. Die Mehrheit der Bevölk erung der Bundesrepublik lehnt diesen Krieg entschieden ab. Erst am letzten Sonnabend haben wieder Hunderttausende Berlinerinnen und Berliner ihren Friedenswillen zum Ausdruck gebracht, indem sie sich an einer Lichterkette, die quer durch die Stadt ging, beteiligt haben. Ic h finde, es sollte auch die einstimmige Meinung der M itglieder des Bundestages sein - sie müssen diese auch öf fentlich kundtun und nicht nur hinter vorgehaltener Hand auf den Gängen sagen -, dass dieser Krieg ge gen das Völkerrecht verstößt und verbrecherisch ist. ({1}) Er wird Tausenden Menschen das Leben kosten, Millionen Menschen die Gesundheit ruinieren und die Ärmsten der Armen um ihr Hab und Gut bringen. Wenn die CDU/CSU hier im Hause immer wieder die Behauptung aufstellt, die Bu ndesregierung habe mit ihrer frühen Festlegung auf ein Nein zum Irakkrieg zum Ausbruch dieses Krieges beigetragen, dann ist das mehr als absurd. ({2}) Es ist nicht meine Aufgabe, die Bundesregierung zu verteidigen, aber mit dieser Behauptung beleidigen Sie, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, alle diejeDr. Gesine Lötzsch nigen, die sich mit vielfältigen Aktionen dem drohenden Krieg entgegengestellt haben. ({3}) Ihre Logik, die darin besteht, dass diejenigen, die sich einem Krieg entgegenstellen, für ihn verantwortlich gemacht werden, ist einfach absurd. Meine Damen und Herren von der rot-grünen Bundesregierung, warum betonen Sie bei jeder Gelegenheit, dass Sie Ihre Bündnisverpflichtung gegenüber den USA einhalten wollen? Ich denke, es gibt keine Bündnisverpflichtung, einen Angriffskrieg zu unterstützen. Ganz im Gegenteil: Unser Grundgesetz stellt die Vorbereitung und Unterstützung eines Angrif fskrieges unter Strafe. Die Gewährung von Überflugrechten für US-Bomber , die Beteiligung von deutschen Soldaten an AWACS-Einsätzen und der Einsatz der Fu chs-Panzer in Kuwait verstoßen damit gegen die Verfassung unseres Landes. ({4}) Die Bundesregierung kann sich auch nicht auf NATOVerpflichtungen berufen. Die NA TO ist ein V erteidigungsbündnis und kein Angriffsbündnis. Durch das Statut der NATO - genauer gesagt: durch das Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut von 1994 - lässt sich das Handeln der Bundesregierung nicht legitimieren. W enn Sie diesen Angriffskrieg unterstützen, begehen Sie einen Verfassungsbruch. Wir als PDS fordern Sie auf: Erstens. Untersagen Sie den Überflug von US-Militärmaschinen über das T erritorium der Bundesrepublik Deutschland! ({5}) Zweitens. Ziehen Sie die Bundeswehrsoldaten ab, die an Bord von AWACS-Flugzeugen an der Zielplanung für Angriffe auf den Irak beteiligt sind! Drittens. Holen Sie die ABC-Spürpanzer aus Kuwait zurück! Wir fordern die sofortige Einberufung des UN-Sicherheitsrats; denn nur er kann laut UN-Charta feststellen, ob eine Bedrohung oder ein Bruch des Friedens oder eine Angriffshandlung vorliegt. Meine Damen und Herren, in der Debatte ist mir aufgefallen, dass über die Zeit vor dem Krieg und über die Zeit nach dem Krieg geredet wurde. Niemand hat sich aber dazu geäußert, was jetzt getan werden muss, um den Krieg zu beenden. W ir erwarten von der Bundesregierung, dass sie jetzt alles tut, um einen aktiven Beitrag zur sofortigen Beendigung dieses Krieges zu leisten. ({6})

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herbert Frankenhauser.

Herbert Frankenhauser (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000572, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Nach der bish erigen Debatte an diesem Tag ist es zu diesem Zeitpunkt außerordentlich schwierig, deutlich zu machen, dass wir uns eigentlich in einer Haushaltsdebatte befinden. Da eine gute Politik ohne die nötige Finanzausstattung nur se hr schwer möglich ist - das hat selbst der Herr Bundesaußenminister schon festgestellt -, ({0}) versuche ich aber doch, hier einige Anmerkungen zum Haushalt zu machen, der so, wie er wohl beschlossen wird, bereits obsolet geworden ist, weil die Rahmenbedingungen nicht mehr stimmen. ({1}) Hinzu kommt - darauf habe ich leider schon des Öfteren vergeblich hingewiesen -, dass der Haushaltsplan des Auswärtigen Amtes einen grundsätzlichen Strukturfehler enthält. ({2}) Außerdem wird zwar eine Menge von Vorhaben verkündet und beschlossen; man macht sich aber erst anschließend Gedanken darüber, wo das eigentlich etatisiert werden soll. Der Außenminister hat jetzt eine militärische Aufrüstung innerhalb der Europäischen Union gefordert. Ich befürchte, dass, wenn es denn dazu käme, auch dies noch zulasten dieses Haushaltes ginge. Als weiteres Beispiel, das ich inhaltlich-po litisch gar nicht kritisieren möchte, ist das G-8-Programm, der deutsche Beitrag zur Beseitigung ehemaliger sowjetischer Massenvernichtungswaffen, ({3}) im Umfang von immerhin 150 Millionen Euro zu nennen. Man versucht stückwei se, in diesem Haushalt eine Finanzierungsmöglichkeit zu finden. Ich möchte noch einmal auf das Strukturproblem eingehen. Die Ausgaben im Einzelplan 05 - Auswärtiges Amt - betragen etwa 2,2 Milliarden Euro. Die so genannten Pflichtbeiträge - beispielhaft nenne ich die Beiträge für die V ereinten Nationen, die Europäische Union und den Europarat - in einer Größenordnung von 600 Millionen Euro sind festgeschrieben und kurzfristig nicht veränderbar. Das sind knapp 27 Prozent der Ausgaben. Kurzfristig ebenfalls nicht veränderbar sind die Personalkosten in einer Größenordnung von etwa 660 Millionen Euro. Das heißt, dass etwa 57 Prozent des Haushaltes zumindest kurzfristig gar nicht veränderbar sind. Der Gesamtanteil des Einzelplanes 05 am Haushalt liegt knapp unter 1 Prozent. Bei den zurückliegenden Sparrunden in 2002 und 2003 ist es dem Außenminister nicht gelungen, den Finanzmi nister davon abzubringen, die Mittel im Einzelplan 05 mit einer Quote von über 3 Prozent zu kürzen. Das ist nicht auf Kante, sondern unter Kante genäht. ({4}) Wenn wir diese so genannten unveränderlichen Beträge herausrechnen würden, hätten wir bei über 12,6 Millionen Euro mehr zur Verfügung. ({5}) Immerhin ist es den Berichterstattern der Koalition - das will ich anerkennen - gelungen, dass auf weitere globale Minderausgaben verzichtet wurde. Wie sehr uns dieses strukturelle Problem berührt, zeigt sich darin, dass gemeinsame, interfraktionelle Beschlüsse aus dem Auswärti gen Ausschuss oder dem Ausschuss für humanitäre Hilfe und Menschenrechte im Haushaltsausschuss nicht berü cksichtigt und umgesetzt werden konnten. ({6}) Ich denke beispielsweise an unseren Antrag, in dem wir in Erwartung der fürchterlichen Entwicklung, wie wir sie heute nun leider verzeichnen müssen, eine Erhöhung der Mittel für humanitäre Hilfsmaßnahmen um 13 Millionen Euro forderten. Für diese Erhöhung liegen einstimmige Beschlüsse de r Fachausschüsse vor; aber im Haushaltsausschuss konnte dafür leider keine Mehrheit gefunden werden. Wir haben uns nun in Anbetracht des ausgebrochenen Konfliktes bereit erklärt, diesen Ansatz von 53 auf 80 Millionen Euro zu erhöhen. Das wäre dringend notwendig. Leider ist hierüber keine Einigung zustande gekommen, sodass wir auf der Abstimmung über unseren Antrag bestehen. Ich komme zur Etatisierung des Minenbeseitigungsprogramms und seine Entwicklung in den letzten Jahren. Die Grünen hatten einst Mittel in der Größenordnung von 100 Millionen Euro gefordert. Gelandet sind wir bei 13 Millionen Euro. Zur V ollfinanzierung der Ausstattungshilfe sind eben falls keine ausreichenden Mittel vorhanden. Wir von der Opposition haben die positive Entwicklung dieses Haushaltes durchaus konstruktiv und aufgeschlossen begleitet und waren zu entsprechenden Änderungen immer bereit. Hier gilt mein Dank den Mitberichterstattern für eine sehr kollegiale Zusammenarbeit, aber auch dem Auswärtigen Amt. W ir unterstützen zum Beispiel die Vereinigung der Stellenpläne sowie die Reforminitiative für den Auswärtigen Dienst und halten eine ausreichende Personaldecke für dringend geboten. Wir sind froh, dass für Frau Roth, die die menschliche Kälte ihrer eigenen Part ei erfahren musste, nun im Auswärtigen Amt eine wärmere, menschlichere Umgebung gefunden werden konnte. ({7}) Wir freuen uns sehr auf ihren ersten Bericht zur Lage der Menschenrechte, insbesondere zu Tschetschenien. Ich möchte einen weiteren Punkt herausgreifen. Die auswärtige Bildungs- und Kulturpolitik ist nicht nur aus bildungs- und kulturpolitischer Sicht, sondern auch aus friedens- und außenpolitischer Sicht von großer Bedeutung. Ich nenne beispielhaft unsere Auslandsschulen - der Kollege Hoyer hat sie einmal als Juwel bezeichnet und unsere Stipendienprogramme für ausländische S tudierende, weil nur durch solche Maßnahmen die Friedensbemühungen auf einem hohen Niveau fortgesetzt werden. Wir unterstützen gern alles, was zur V erstetigung, aber vor allem zur weiteren Intensivierung unserer auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik beiträgt. Wir begrüßen auch die guten Fortschritte der Fusion des Goethe-Institutes mit Inter Nationes. Wir hoffen und wünschen, dass die vielen, mannigfaltigen Tätigkeiten, Aufgaben und Leistungen auch der Mitarbeiter dazu beitragen werden, dass wir so lche Auseinandersetzungen, wie sie heute begonnen habe n, in Zukunft vermeiden können. Vielen Dank. ({8})

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Das Wort zu einer Kurzintervention erhält jetzt die Kollegin Antje Hermenau.

Antje Hermenau (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002673, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Der von mir sehr geschätzte Kollege Frankenhauser hat vorgetragen, dass es noc h eine laufende Diskussion darüber gibt, ob man für die humanitäre Hilfe vorsor glich mehr Geld einstellen könnte. Dem Vernehmen nach gibt es in der Sache keine unterschiedlichen Auffassungen. Wir wollen das alle machen. Im Moment kann man keine genauen Abschätzungen treffen. Erste Beratungen heute im Sicherheitskabinett haben gezeigt, dass man von einem zweistelligen Millionenbetrag ausgeht. Ich nehm e an, dass das zwei- bis dreimal so viel ist, wie die Union ursprünglich vor geschlagen hat. Ich rege an, dass die Union nicht darauf besteht, über ihren Antrag abstimmen zu lassen. W enn doch, dann werden wir ihn ablehnen müssen. Zurzeit stehen mehr als 130 Millionen Euro sowohl im Einzelplan 05 - Auswärtiges Amt - als auch im Einzelplan 23 - dem Bundesmi nisterium für wirtschaftliche Zusammenarbeit - zur Verfügung, die als Flüchtlings-, Not- und Soforthilfe eingesetzt werden können. Es besteht also kein akuter Geldmangel, sondern wir haben Vorräte angelegt. Die Fragen, die noch auftauchen werden, zum Beispiel eine im Zusammenhang mit konkreten Krisensituation und einem Flüchtlingsproblem im Irak, sollten in geordnetem Verfahren geregelt werden. Das ist kurzfristig, innerhalb weniger Stunden, nicht zu leisten. Deswegen wird sich in 14 Tagen der Haushaltsausschuss mit dieser Problematik beschäftigen. ({0})

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Eine Antwort wird nicht gewünscht. Dann hat jetzt der Kollege Lothar Mark das Wort. ({0}) - Ich habe nur auf ein Recht hingewiesen, nicht auf eine Pflicht.

Lothar Mark (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003190, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Herr Kollege Frankenhauser hat mit Recht darauf hingewiesen, dass wir Haushaltsberatungen haben, dass es aber unabdingbar war, sich mit der Außenpolitik und der aktuellen S ituation zu beschäftigen. Wenn man die Debatte hier verfolgt hat, dann fällt es einem sehr schwer, nun direkt zu den Zahlen und den Entwicklungen überzugehen. Aber es sind viele Punkte angesprochen worden, die einfach nicht unwidersprochen stehen bleiben können. Herr Dr. Hoyer hat unter anderem den Hinweis gegeben, der immer wieder kommt, es seien zwar Fortschritte durch die Inspektoren erzielt worden, diese seien aber nur durch den militärischen Druck möglich gewesen. Das ist richtig. Aber müssen es 300 000 Mann sein, die den Druck ausüben, sodass im Grunde genommen keine Umkehrmöglichkeit mehr besteht? Diese Frage ist nicht beantwortet worden; sie ist aber sehr wichtig. Zum anderen muss darauf hingewiesen werden - das haben einige getan -, dass der amerikanische Präsident seinen Forderungskatalog gegenüber Saddam Hussein permanent verändert hat. Je nachdem wie die Situation und das Empfinden in der Weltöffentlichkeit oder im Sicherheitsrat waren, wurden die Ziele umformuliert, um dann die Möglichkeit zu haben, den Kriegswunsch umzusetzen. Wenn Sie, Herr Dr . Hoyer, sagen, dass die deutsche Außenpolitik nicht integrativ genug sei, dann muss dem widersprochen werden, weil dazu genügend Willige vorhanden sein müssen, die dies wirklich wollen. Einer allein kann das nicht bewälti gen. Ich denke, dass unser Außenminister und unser Bund eskanzler in diesem Bereich unendlich viel Ehrenw ertes und Aufopferungsvolles geleistet haben. ({0}) Ich kann also nicht feststel len, dass die deutsche Außenpolitik in ir gendeiner Weise versagt habe, weder nach innen, von der Bundesregierung her gesehen, noch nach außen in Richtung internationale Einrichtungen. ({1}) Ich möchte Michael Bothe, den Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Völke rrecht, erwähnen. Er sagte, dass die Bush-Administration derzeit of fensichtlich eine hegemoniale Weltordnung anstrebe. Wer die Diskussionen und die Äußerungen des US-Präsidenten verfolgt hat, wird dies bestätigen kö nnen. So sagte er in seiner Erklärung, in der er das 48 -stündige Ultimatum stellte, dass der UN-Sicherheitsrat seiner V erantwortung nicht gerecht geworden sei und die USA deswegen ihrem Gerechtigkeitssinn folgen müssten. Ich hatte ursprünglich vor gesehen, mit zwei Zitaten von Cicero über den Haushalt zu beginnen. Ich lasse das, obwohl sie genau gepasst hätten. Die Zeit läuft mir allerdings davon. Ich möchte unter anderem darauf hinweisen, dass aufgrund des kollektiven V ergessenssyndroms der CDU/ CSU immer wieder geleugnet wird, dass wir uns in einer Schulden- und Zinssituation befinden, die entscheidend dafür verantwortlich ist, dass wir in vielen Bereichen in unserem Haushalt nicht alles umsetzen können, was wir umsetzen möchten. Hinzu ko mmt, dass bis 1998 nicht gespart wurde und heute die V erantwortung dafür nicht anerkannt wird. CDU/CSU und FDP haben während der Haushaltsberatungen über den Einzelplan des Auswärtigen Amtes im Haushaltsausschuss massive Erhöhungsanträge gestellt, die zeigen, dass die Problematik nach wie vor nicht verinnerlicht wurde. Es ist schon auf unseren Umgang mit den globalen Minderausgaben im Auswärtigen Amt eingegangen worden. Ich möchte das nicht wiederholen, sondern darauf hinweisen, dass wir in den nächsten Debatten sehr wohl darüber sprechen müssen, welchen Stellenwert das Auswärtige Amt für uns hat; denn es wird zum Beispiel vonseiten der FDP immer wieder versucht, Zwietracht zwischen Entwicklungsministerium und Auswärtigem Amt zu säen. Wir bekennen uns ganz klar zu ihrer Aufgabenteilung und sind mit den Leistungen der beiden Ministerien, der Ministerin und des Ministers sehr zufrieden. ({2}) Wir müssen aber auch darauf aufmerksam machen, dass wir in einigen Bereic hen des Auswärtigen Amtes verstärkte Anstrengungen unternehmen müssen, da existenzielle Fragestellungen für die Zukunft Deutschlands anliegen. Wir müssen uns verstärkt um das Auslandsschulwesen, den Stipendienfonds, die auswärtige Kulturpolitik, Messen und Außenhandelskammern, aber auch um die ganz normale diplomatische Vertretung vor Ort kümmern. Ich denke aber auch an hu manitäre Hilfe, Krisenprävention und Demokratie- und Ausstattungshilfe. Nach meinem Dafürhalten sind da s rentierliche Investitionen. Ich möchte hierzu die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Mary Robinson, zitieren: Die Menschenrechtsverletzungen von heute sind die Kriege von morgen. ({3}) Es wäre angebracht, auch ei nige strategische Überlegungen zum Haushalt des Auswärtigen Amtes anzustellen. Das kann ich hier jetzt nicht mehr tun. ({4}) Ich werde aber versuchen, die Diskussion darüber im Haushaltsausschuss anzustoßen. Ich stimme den Ausführungen bezüglich des Auswärtigen Amtes und der Vertretung des Bundes im Ausland von Herrn Frankenhauser zu. Gleichzeitig möchte ich darauf hinweisen, dass wir im Bezug auf die Struktur verstärkt darüber nachdenken müssen, dass ein Zuschussempfänger nur einem Ministerium zugeordnet werden sollte, sodass und wir nicht gezwungen sind, in mehreren Haushalten nachzuschauen. Ich denke, dass die Flexibilisierung und die Budgetierung die Effizienz im Haushalt des Auswärtigen Amtes weiter steigern werden. Angesichts der neuen Herausforderungen, denen sich Deutschland nach dem Ende des Kalten Krieges und vor dem Hintergrund des zunehm enden Staatenzerfalls innerhalb und außerhalb Euro pas gegenübersah, hat die Bundesregierung im Jahr 2000 ein Gesamtkonzept zur zivilen Krisenprävention, Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung erstellt und dieses den Vereinten Nationen zur Kenntnis gegeben. Wir sind fest in den Vereinten Nationen verankert, respektieren und erkennen aus voller Überzeugung die Vorgaben und Ergebnisse an, die dort erzielt werden. ({5}) Aus diesem Grund trägt Deutschland einen wesentlichen Teil - fast ein Zehntel - zum Gesamthaushalt der V ereinten Nationen bei. Wir sind nicht nur in dies em Sektor engagiert, sondern auch im Europarat, bei der OSZE und - das betone ich ausdrücklich - beim Internationalen Strafgerichtshof mit seiner generalpräventiven Wirkung. Deutschland trägt auch von dessen Hausha lt fast 20 Prozent. Im Namen meiner Fraktion gratuliere ich sehr herzlich HansPeter Kaul, der vor wenigen Tagen als deutscher Richter vereidigt wurde. Der Internationale Strafgerichtshof beruht auf dem Römischen Statut von 1998, das inzwischen von 87 Vertragsparteien voll anerkannt und ratifiziert wurde. Wir wünschen uns, dass auch die Vereinigten Staaten ihren Boykott und W iderstand gegen den Internationalen Strafgerichtshof aufgeben und ihn voll anerkennen. ({6}) Denn dies könnte für die internationale Wertegemeinschaft einen riesigen Sprung nach vorne bedeuten. Für den Stabilitätspakt für Südosteuropa und Afghanistan haben wir in unserer Regierungszeit sehr viel getan. Wir haben die entsprechenden Mittel zur V erfügung gestellt und damit einen deutlichen Beitrag zur Finanzierung des Antiterrorpak ets geleistet. Diese Mittel sind in die humanitäre Hilfe, das Minenräumen und in die Krisenprävention geflossen. Es ist mehrfach darauf hi ngewiesen worden, dass die für humanitäre Hilfe in den Haushalt eingestellten Mittel in Höhe von 40 Millionen Euro nach der derzeitigen Entwicklung nicht ausreichen werden und dass wir erwägen, sie in der nächsten Sitzungswoche um 40 Millionen Euro zu erhöhen, um die humanitäre Hilfe, die jetzt sehr wahrscheinlich in einem größeren Ausmaß notwendig wird, zu gewährleisten. Für die humanitäre Minenräumung sind eigentlich wesentlich mehr Mittel notwendig, weil in vielen Regionen der Welt ein sehr großer Bedarf besteht. Aber wir müssen uns auch in diesen Bereichen nach den Möglichkeiten unseres Haushalts richten. Ich denke, dass wir uns als drittgrößter Geldgeber in diesem Sektor international durchaus sehen lassen können. ({7}) Die Demokratisierungs- und Ausstattungshilfe ist bereits angesprochen worden. W ir haben sie um 2,5 Millionen Euro erhöht, damit auch dem Kofi-AnnanFriedenszentrum in Ghana die notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt werden können. Auch die sowjetischen Massenvernichtungswaf fen sind schon genannt worden. Ich meine, dass wir im Hinblick auf ihre Beseitigung ebenfalls einen sehr wichtigen internationalen Beitrag leisten. Die Deutsche Welle hat beim Aufbau in Afghanistan eine besondere Aufgabe üb ernommen und leistet eine ausgezeichnete Arbeit. ({8}) Wir werden die Programmarbeit der Deutschen W elle für Afghanistan mit weiteren 1,2 Millionen Euro sichern. ({9}) Wir sind auch sehr erfreut darüber, dass die Deutsche Welle in Zukunft verstärkt mit dem Goethe-Institut Inter Nationes kooperieren wird. ({10}) In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass wir mit dem deutsch-französischen Kulturinstitut in Moskau neue Wege einschlagen, die in der Kooperation zwischen GIIN und dem spanischen Instituto Cervantes sowie dem Britis h Council fortgeführt werden. Damit wird die europä ische Kulturarbeit auf internationaler Ebene verstärkt. ({11}) Die Fusionsrendite beim Goethe-Institut Inter Nationes wurde schon angesprochen. Ich will nicht weiter darauf eingehen; aber es ist sicherlich notwendig, Planungssicherheit für die Zukunft zu erreichen, um auch die Bereitschaft zu ei nem kulturpolitischen Dialog zu intensivieren und verstärkt vor Ort agieren zu können, wo es erforderlich ist. Notwendig ist auch das Programm „Dialog mit dem Islam“. Dieses Programm wird insbesondere vom Goethe-Institut Inter Nationes, vom DAAD und von verschiedenen nicht staatlichen Organisationen vermittelt. ({12}) Im Kampf gegen den T error gelte es, Misstrauen, V orurteile und Feindseligkeiten abzubauen, Schwarz-W eißMalerei zu vermeiden und deutlich zu machen, dass es nicht um einen Kampf der Kulturen gehe, so Gunter Mulack, Islambeauftragter des Auswärtigen Amtes, kürzlich gegenüber dem Ausschuss für Kultur und Medien. Ich möchte ferner darauf hinweisen, dass die Bedeutung der Auslandsschulen von uns anerkannt und zunehmen wird. Deswegen haben wir den entsprechenden Ansatz um 5 Millionen Euro erhöht. ({13}) Bei den Stipendien und be im Wissenschaftleraustausch müssen wir in nächster Zeit aber noch einiges tun. Wir haben auch noch in anderen Bereichen geringfügige Veränderungen erreicht, die ich aber im Einzelnen nicht mehr aufzählen möchte. Ich bin jedenfalls davon überzeugt - das haben die Diskussi onen gezeigt -, dass das Auswärtige Amt sehr aufgesch lossen ist und erkennt, in welchen Bereichen noch Hilfe notwendig ist. Abschließend ein herzliches Dankeschön an die Berichterstatter. Während der Beratungen im Haushaltsausschuss und bei den Berichterstattergesprächen herrschten ein sehr gutes Klima und große Offenheit. Dem Auswärtigen Amt möchte ich eine vorzügliche kooperative und konstruktive Zusammenarbeit bescheinigen. Dem Bundeskanzler und dem Außenmin ister sage ich Danke für ihren unermüdlichen und uner schütterlichen Einsatz für den Frieden und für Deutschlands Ansehen in der Welt. Vielen Dank. ({14})

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Ich schließe damit die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über den Einzelplan 05 - Auswärtiges Amt - in der Ausschussfassung. Hierzu liegen drei Änderung santräge vor, über die wir zuerst abstimmen. Ich möchte außerdem bekannt geben - damit keine Verwirrung entsteht -, dass erst in der dritten Lesung über den Entschließungsantrag der FDP auf Drucksache 15/711 namentlich abgestimmt werden wird. Wir stimmen über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 15/667 ab. W er stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit de n Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP bei Enthaltung zweier Abgeordneter abgelehnt worden. Wer stimmt für den Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 15/694? - W er stimmt dagegen? Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfrakti onen gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP abgelehnt worden. Wer stimmt für den Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 15/695? - Wer stimmt dagegen? Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP abgelehnt worden. Wer stimmt für den Einzelplan 05 in der Ausschussfassung? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Einzelplan 05 ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der ge samten Opposition angenommen worden. Ich rufe den Tagesordnungspunkt I. 22 auf: Haushaltsgesetz 2003 - Drucksachen 15/573 ({0}), 15/574 Berichterstattung: Abgeordnete Dietrich Austermann Steffen Kampeter Walter Schöler Dr. Günter Rexrodt Eine Aussprache ist nich t vorgesehen. Wir kommen deshalb gleich zur Abstimmung. Zunächst lasse ich über die Änderungsanträge abstimmen. Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 15/619. Die Fraktion der CDU/CSU verlangt namentliche Abstimmung. Ich bitte die Schriftführerinnen und Sc hriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. - Sind die Plätze an den Urnen besetzt? - Das ist der Fall. Ich eröffne die Abstimmung. Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme nicht abgegeben hat? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen später bekannt gegeben. Wir setzen die Abstimmungen fort. Ich bitte die Kolleginnen und Kollegen, ihre Plätze einzunehmen, damit ich Übersicht habe. Wer stimmt für den Änderungsantrag der Fraktion der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 15/616? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposition angenommen. Wer stimmt für den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 15/620? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposition abgelehnt worden. Wer stimmt für den Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch und Petra Pau auf Drucksache 15/666? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit de n Stimmen des ganzen Hauses gegen die Stimmen de r beiden Abgeordneten Lötzsch und Pau abgelehnt worden. Bis zum Vorliegen des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung muss ich die Sitzung unterbrechen. ({1})

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Die Sitzung ist wieder eröffnet. Ich gebe Ihnen das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung bekannt. Abgegebene Stimmen 578. Mit Ja haben gestimmt 279, mit Nein haben gestimmt 299. Der Änderungsantrag ist damit abgelehnt worden. Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 578; davon ja: 279 nein: 299 Ja CDU/CSU Ulrich Adam Ilse Aigner Peter Altmaier Dietrich Austermann Norbert Barthle Dr. Wolf Bauer Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck ({0}) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Otto Bernhardt Dr. Rolf Bietmann Clemens Binninger Renate Blank Peter Bleser Antje Blumenthal Dr. Maria Böhmer Wolfgang Börnsen ({1}) Dr. Wolfgang Bötsch Jochen Borchert Wolfgang Bosbach Klaus Brähmig Dr. Ralf Brauksiepe Helge Braun Monika Brüning Georg Brunnhuber Hartmut Büttner ({2}) Verena Butalikakis Cajus Caesar Manfred Carstens ({3}) Peter H. Carstensen ({4}) Gitta Connemann Leo Dautzenberg Hubert Deittert Albert Deß Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Vera Dominke Maria Eichhorn Rainer Eppelmann Anke Eymer ({5}) Georg Fahrenschon Ilse Falk Dr. Hans Georg Faust Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer ({6}) Dirk Fischer ({7}) Axel E. Fischer ({8}) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Dr. Hans-Peter Friedrich ({9}) Erich G. Fritz Hans-Joachim Fuchtel Dr. Jürgen Gehb Norbert Geis Roland Gewalt Eberhard Gienger Georg Girisch Michael Glos Ralf Göbel Dr. Reinhard Göhner Tanja Gönner Josef Göppel Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Kurt-Dieter Grill Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg Olav Gutting Holger-Heinrich Haibach Gerda Hasselfeldt Klaus-Jürgen Hedrich Helmut Heiderich Ursula Heinen Siegfried Helias Uda Carmen Freia Heller Michael Hennrich Jürgen Herrmann Bernd Heynemann Ernst Hinsken Robert Hochbaum Joachim Hörster Klaus Hofbauer Martin Hohmann Hubert Hüppe Susanne Jaffke Dr. Peter Jahr Dr. Egon Jüttner Steffen Kampeter Irmgard Karwatzki Bernhard Kaster Siegfried Kauder ({10}) Volker Kauder Gerlinde Kaupa Eckart von Klaeden Jürgen Klimke Julia Klöckner Kristina Köhler Norbert Königshofen Manfred Kolbe Hartmut Koschyk Rudolf Kraus Michael Kretschmer Günther Krichbaum Günter Krings Dr. Martina Krogmann Dr. Hermann Kues Werner Kuhn ({11}) Dr. Karl A. Lamers ({12}) Barbara Lanzinger Vera Lengsfeld Werner Lensing Peter Letzgus Ursula Lietz Walter Link ({13}) Eduard Lintner Dr. Klaus W. Lippold ({14}) Patricia Lips Dr. Michael Luther Dorothee Mantel Erwin Marschewski ({15}) Stephan Mayer ({16}) Conny Mayer ({17}) Dr. Martin Mayer ({18}) Wolfgang Meckelburg Dr. Michael Meister Friedrich Merz Laurenz Meyer ({19}) Doris Meyer ({20}) Maria Michalk Hans Michelbach Klaus Minkel Marlene Mortler Stefan Müller ({21}) Bernward Müller ({22}) Dr. Gerd Müller Hildegard Müller Bernd Neumann ({23}) Henry Nitzsche Michaela Noll Claudia Nolte Günter Nooke Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Melanie Oßwald Eduard Oswald Rita Pawelski Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Dr. Friedbert Pflüger Beatrix Philipp Ronald Pofalla Ruprecht Polenz Daniela Raab Thomas Rachel Hans Raidel Dr. Peter Ramsauer Peter Rauen Christa Reichard ({24}) Katherina Reiche Hans-Peter Repnik Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Hannelore Roedel Dr. Norbert Röttgen Franz-Xaver Romer Heinrich-Wilhelm Ronsöhr Dr. Klaus Rose Dr. Christian Ruck Volker Rühe Albert Rupprecht ({25}) Peter Rzepka Anita Schäfer ({26}) Hartmut Schauerte Andreas Scheuer Norbert Schindler Georg Schirmbeck Bernd Schmidbauer Christian Schmidt ({27}) Andreas Schmidt ({28}) Dr. Andreas Schockenhoff Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Wilhelm Josef Sebastian Horst Seehofer Kurt Segner Matthias Sehling Marion Seib Heinz Seiffert Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Erika Steinbach Christian von Stetten Gero Storjohann Andreas Storm Max Straubinger Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer Matthäus Strebl Thomas Strobl ({29}) Michael Stübgen Antje Tillmann Edeltraut Töpfer Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Uwe Vogel Angelika Volquartz Andrea Astrid Voßhoff Gerhard Wächter Marko Wanderwitz Peter Weiß ({30}) Gerald Weiß ({31}) Ingo Wellenreuther Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Willy Wimmer ({32}) Werner Wittlich Elke Wülfing Wolfgang Zeitlmann Wolfgang Zöller FDP Daniel Bahr ({33}) Ernst Burgbacher Helga Daub Jörg van Essen Otto Fricke Horst Friedrich ({34}) Rainer Funke Hans-Michael Goldmann Joachim Günther ({35}) Dr. Karlheinz Guttmacher Dr. Christel Happach-Kasan Christoph Hartmann ({36}) Klaus Haupt Ulrich Heinrich Birgit Homburger Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Jürgen Koppelin Sibylle Laurischk Harald Leibrecht Ina Lenke Sabine LeutheusserSchnarrenberger Markus Löning Günther Friedrich Nolting Hans-Joachim Otto ({37}) Detlef Parr Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Andreas Pinkwart Dr. Günter Rexrodt Marita Sehn Dr. Hermann Otto Solms Carl-Ludwig Thiele Dr. Dieter Thomae Jürgen Türk Dr. Guido Westerwelle Dr. Claudia Winterstein Nein SPD Dr. Lale Akgün Gerd Andres Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Hermann Bachmaier Sabine Bätzing Ernst Bahr ({38}) Doris Barnett Dr. Hans-Peter Bartels Eckhardt Barthel ({39}) Klaus Barthel ({40}) Sören Bartol Uwe Karl Beckmeyer Klaus Uwe Benneter Dr. Axel Berg Ute Berg Hans-Werner Bertl Petra Bierwirth Rudolf Bindig Lothar Binding ({41}) Kurt Bodewig Gerd Friedrich Bollmann Willi Brase Bernhard Brinkmann ({42}) Hans-Günter Bruckmann Marco Bülow Dr. Michael Bürsch Hans Büttner ({43}) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Hans Martin Bury Marion Caspers-Merk Dr. Herta Däubler-Gmelin Dr. Peter Danckert Karl Diller Martin Dörmann Peter Dreßen Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann Marga Elser Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Annette Faße Elke Ferner Gabriele Fograscher Rainer Fornahl Gabriele Frechen Dagmar Freitag Lilo Friedrich ({44}) Iris Gleicke Günter Gloser Uwe Göllner Renate Gradistanac Angelika Graf ({45}) Dieter Grasedieck Monika Griefahn Kerstin Griese Gabriele Groneberg Achim Großmann Wolfgang Grotthaus Karl-Hermann Haack ({46}) Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Alfred Hartenbach Michael Hartmann ({47}) Hubertus Heil Reinhold Hemker Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Petra Heß Monika Heubaum Gabriele Hiller-Ohm Stephan Hilsberg Gerd Höfer Jelena Hoffmann ({48}) Walter Hoffmann ({49}) Iris Hoffmann ({50}) Frank Hofmann ({51}) Eike Hovermann Klaas Hübner Christel Humme Lothar Ibrügger Brunhilde Irber Renate Jäger Jann-Peter Janssen Klaus-Werner Jonas Johannes Kahrs Ulrich Kasparick Dr. h.c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Hans-Peter Kemper Klaus Kirschner Hans-Ulrich Klose Astrid Klug Dr. Heinz Köhler Fritz Rudolf Körper Walter Kolbow Karin Kortmann Rolf Kramer Anette Kramme Ernst Kranz Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Dr. Hans-Ulrich Krüger Horst Kubatschka Ernst Küchler Helga Kühn-Mengel Dr. Uwe Küster Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange ({52}) Christine Lehder Waltraud Lehn Dr. Elke Leonhard Eckhart Lewering Gabriele Lösekrug-Möller Götz-Peter Lohmann Erika Lotz Dr. Christine Lucyga Dirk Manzewski Tobias Marhold Caren Marks Christoph Matschie Hilde Mattheis Markus Meckel Ulrike Mehl Petra-Evelyne Merkel Ulrike Merten Angelika Mertens Ursula Mogg Michael Müller ({53}) Christian Müller ({54}) Dr. Rolf Mützenich Gesine Multhaupt Volker Neumann ({55}) Dr. Erika Ober Holger Ortel Heinrich Paula Johannes Pflug Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Karin Rehbock-Zureich Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Christel RiemannHanewinckel Walter Riester Reinhold Robbe René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth ({56}) Michael Roth ({57}) Gerhard Rübenkönig Ortwin Runde Marlene Rupprecht ({58}) Thomas Sauer Anton Schaaf Gudrun Schaich-Walch Rudolf Scharping Bernd Scheelen Siegfried Scheffler Horst Schild Otto Schily Horst Schmidbauer ({59}) Ulla Schmidt ({60}) Dagmar Schmidt ({61}) Wilhelm Schmidt ({62}) Heinz Schmitt ({63}) Carsten Schneider Walter Schöler Karsten Schönfeld Fritz Schösser Olaf Scholz Wilfried Schreck Ottmar Schreiner Gerhard Schröder Gisela Schröter Brigitte Schulte ({64}) Reinhard Schultz ({65}) Swen Schulz ({66}) Dr. Angelica Schwall-Düren Dr. Martin Schwanholz Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer Rolf Schwanitz Erika Simm Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk Dr. Cornelie SonntagWolgast Wolfgang Spanier Dr. Margrit Spielmann Jörg-Otto Spiller Dr. Ditmar Staffelt Ludwig Stiegler Rolf Stöckel Christoph Strässer Rita Streb-Hesse Dr. Peter Struck Joachim Stünker Jörg Tauss Jella Teuchner Dr. Gerald Thalheim Franz Thönnes Hans-Jürgen Uhl Rüdiger Veit Jörg Vogelsänger Ute Vogt ({67}) Dr. Marlies Volkmer Hans Georg Wagner Hedi Wegener Andreas Weigel Reinhard Weis ({68}) Petra Weis Matthias Weisheit Gunter Weißgerber ({69}) Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker Jochen Welt Dr. Rainer Wend Lydia Westrich Dr. Margrit Wetzel Andrea Wicklein Jürgen Wieczorek ({70}) Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Dieter Wiefelspütz Brigitte Wimmer ({71}) Engelbert Wistuba Barbara Wittig Dr. Wolfgang Wodarg Verena Wohlleben Waltraud Wolff ({72}) Heidi Wright Uta Zapf Manfred Helmut Zöllmer Dr. Christoph Zöpel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck ({73}) Volker Beck ({74}) Cornelia Behm Birgitt Bender Matthias Berninger Grietje Bettin Alexander Bonde Ekin Deligöz Dr. Thea Dückert Jutta Dümpe-Krüger Franziska Eichstädt-Bohlig Dr. Uschi Eid Hans-Josef Fell Joseph Fischer ({75}) Katrin Dagmar GöringEckardt Winfried Hermann Peter Hettlich Ulrike Höfken Thilo Hoppe Michaele Hustedt Renate Künast Undine Kurth ({76}) Markus Kurth Dr. Reinhard Loske Anna Lührmann Jerzy Montag Kerstin Müller ({77}) Winfried Nachtwei Christa Nickels Friedrich Ostendorff Simone Probst Claudia Roth ({78}) Krista Sager Christine Scheel Irmingard Schewe-Gerigk Rezzo Schlauch Albert Schmidt ({79}) Petra Selg Ursula Sowa Rainder Steenblock Silke Stokar von Neuforn Hans-Christian Ströbele Jürgen Trittin Marianne Tritz Hubert Ulrich Dr. Antje Vogel-Sperl Dr. Ludger Volmer Josef Philip Winkler Margareta Wolf ({80}) Fraktionslose Abgeordnete Petra Pau CDU/CSU Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung mit der angenommenen Änderung zustimmen wollen, um das Handzeichen. - W er stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposition angenommen worden. Interfraktionell ist vereinbart, die heutige Tagesordnung um den Antrag der Fraktion der FDP mit dem Titel „Haushaltsentwurf 2003 überarbeitet vorlegen“ zu erweitern und jetzt als Zusatzpunkt 4 ohne Aussprache aufzurufen. - Ich sehe, Sie sind damit einverstanden. Dann ist so beschlossen. Ich rufe Zusatzpunkt 4 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Jür gen Koppelin, Dr. Günter Rexrodt, Otto Fricke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Haushaltsentwurf 2003 überarbeitet vorlegen - Drucksache 15/458 Wer stimmt für diesen Antrag? - W er stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Antrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der gesamten Opposition abgelehnt worden. Ich rufe Tagesordnungspunkt III sowie Zusatzpunkt 2 auf: III Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll betreffend Schwermetalle vom 24. Juni 1998 im Rahmen des Über einkommens von 1979 über weiträumige gr enzüberschreitende Luftverunreinigung - Drucksache 15/509 Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit ZP 2 Beratung der Abgeordneten Hubertus Heil, Klaus Brandner, Doris Barnett, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Michaele Hustedt, Ul rike Höfken, Friedrich Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitglied schaft in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates und der WEU, der Parlamentarischen Versammlung der NATO, der OSZE oder der IPU Rauber, Helmut Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer Ostendorff, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Die Bestimmungen der Post-Universald ienstleistungsverordnung verbraucherfreundlich durchsetzen - Drucksache 15/615 Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit ({81}) Innenausschuss Rechtsausschuss Finanzausschuss Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Es handelt sich um Überweisungen im vereinfachten Verfahren ohne Debatte. Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an die in der T agesordnung aufgeführten Ausschüsse zu überweisen. Sind Sie einverstanden? - Das ist der Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen. Ich rufe nun T agesordnungspunkt IV a bis f auf. Es handelt sich um die Beschlussfassung zu Vorlagen, zu denen keine Aussprache vorgesehen ist. Tagesordnungspunkt IV a: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für V erkehr, Bau- und Wohnungswesen ({82}) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Stellungnahme der Kommission gemäß Art. 251 Abs. 2 Unterabs. 3 Buchstabe c EGVertrag zu den Abänderungen des Eur opäischen Parlaments am gemeinsamen Standpunkt des Rates zum Vorschlag für eine Richtlinie des Eur opäischen Parlaments und des Rates zur Änderung de r Richtlinie 94/25/EG über die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Sportboote KOM ({83}) 602 endg.; Ratsdok. 15133/02 - Drucksachen 15/392 Nr. 2.25, 15/497 Berichterstattung: Abgeordneter Siegried Scheffler Der Ausschuss empfiehlt, eine Entschließung anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist einstimmig angenommen worden. Tagesordnungspunkt IV b: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses ({84}) Sammelübersicht 14 zu Petitionen - Drucksache 15/366 Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 15/647 vor, über den wir zuerst abstimmen. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag der CDU/CSU? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die S timmen der Opposition abgelehnt worden. Wer stimmt für Sammelübersicht 14? - W er stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Sammelübersicht 14 ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposition angenommen worden. Tagesordnungspunkt IV c: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses ({85}) Sammelübersicht 22 zu Petitionen - Drucksache 15/582 Wer stimmt dafür? - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Sammelübersicht 22 ist einstimmig angenommen worden. Tagesordnungspunkt IV d: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses ({86}) Sammelübersicht 23 zu Petitionen - Drucksache 15/583 Wer stimmt dafür? - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Sammelübersicht 23 ist ebenfalls einstimmig angenommen worden. Tagesordnungspunkt IV e: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses ({87}) Sammelübersicht 24 zu Petitionen - Drucksache 15/584 Wer ist dafür? - Gegensti mmen? - Enthaltungen? Sammelübersicht 24 ist eben falls einstimmig angenommen worden. Tagessordnungspunkt IV f: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses ({88}) Sammelübersicht 25 zu Petitionen - Drucksache 15/585 Wer stimmt dafür? - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Auch Sammelübersicht 25 ist einstimmig angenommen worden. Da vom 31. März bis zum 4. April die nächste Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Europarats stattfindet, soll auf Wunsch der Fraktion der CDU/CSU bei zwei ihrer Mitglieder noch heute ein T ausch vorgenommen werden. Der Kollege Karl-Theodor von und zu Guttenberg, der bisher stellvertretendes Mitglied war, soll ordentliches Mitglied werden. Der Kollege Rudolf Kraus, bisher ordentliches Mitglied, soll nunmehr stellvertretendes Mitglied werden. Sind Sie damit einverstanden? - Ich höre keinen Widerspruch. Damit sind die Kollegen wie vo rgeschlagen auch gewählt. Herzlichen Glückwunsch! Ich rufe Punkt II der Tagesordnung auf: Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2003 ({89}) - Drucksachen 15/150, 15/402, 15/551 bis 15/571, 15/572, 15/573 ({90}), 15/574 Berichterstattung: Abgeordnete Dietrich Austermann Steffen Kampeter Walter Schöler Dr. Günter Rexrodt Interfraktionell ist vereinbart, heute in die dritte Beratung einzutreten, obwohl am Dienstag und heute Änderungen in zweiter Beratung angenommen worden sind. Sind Sie mit diesem Vorgehen einverstanden? - Das ist der Fall. Dann ist mit der erforderlichen Mehrheit des Hauses auch so beschlossen. Über den Gesetzentwurf so wie über einen Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU und einen Entschließungsantrag der Fraktion der FDP werden wir nach der Aussprache namentlich abstimmen; dabei geht es auch um den berühmten „grünen Antrag“. Zu einer Reihe weiterer Entschließungsanträge erfolgt einfache Abstimmung. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine Stunde vorgesehen, wobei die FDP acht Minuten erhalten soll. - Ich höre dazu keinen W iderspruch. Dann ist auch so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile das W ort dem Abgeordneten Manfred Carstens, CDU/CSU-Fraktion. ({91})

Manfred Carstens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000322, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Verehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es geht jetzt in der Abschlussrunde noch einmal um den Bundeshaushalt 2003. Dieser Haushalt wird in einer wirtschaftlich schw ierigen Lage - wir befinden uns wohl in einer Stagnati on - und in einer immer schwieriger werdenden internationalen Lage beraten. Es ist schade, dass wohl niemand hier im Saal den Mut hat zu sagen, dass es sich be i dem Bundeshaushalt 2003 um einen Haushalt handelt, der als gelungen in die Geschichte eingehen wird. ({0}) Der Haushalt 2002 kann als misslungen beschrieben werden. ({1}) Art. 115 des Grundgesetzes konnte nicht eingehalten werden, die Maastricht-Kriterien ebenfalls nicht. W ie der Haushalt 2003 letztlich abschließend zu bewerten ist, kann man heute nicht sagen. Es gibt den Spruch: Man soll den Tag nicht vor dem Ab end loben. So möchte ich als Vorsitzender des Ausschusses auch nicht schon im März den Haushalt 2003 in Stücke zerreißen. Es ist aber zumindest davon auszugehen, dass gewisse Annahmen nicht so einzuhalten sein werden, wie sie unterstellt werden. Dazu kann ich vielleicht gleich noch ein paar Sätze sagen. Ich möchte aber auf keinen Fall etwas vergessen, was nach meiner Meinung zu den Beratungen des Haushalts gehört; denn wenn dem Bundestag solch ein Haushalt heute und in der ganzen W oche zur Beratung vor gelegt wird, dann steckt dahinter ei n ganzes Stück Arbeit. Die leistete in diesem Fall der Haushaltsausschuss, aber nicht er allein. So habe ich als Vorsitzender des Haushaltsausschusses Veranlassung, mich im Namen aller - so denke ich - ganz herzlich bei den Mitstreitern des Bundesfinanzministeriums und des Bundesrechnungshofes zu bedanken: Herzlichen Dank dafür! ({2}) Wenn Sie jetzt auf die Bundesratsbank schauen, dann stellen Sie fest, dass dort die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Sekretariats des Haushaltsausschusses sitzen, die uns um die Uhr, oft bis spät in die Nacht, beigestanden und zugearbeitet haben. Sie haben großes Lob verdient. Herzlichen Dank! ({3}) Ich möchte mich auch bei den Fachausschüssen bedanken, die mitberatend tätig waren. Sie haben uns viele Vorschläge gemacht und Antr äge gestellt. Einige konnten übernommen werden. Aber es liegt in der Natur der Sache, dass dies nicht bei allen Anträgen möglich war . Auch dafür herzlichen Dank! Insbesondere möchte ich mich bei allen Damen und Herren Abgeordneten bedanken, die dem Haushaltsausschuss angehören. Es herrsch te eine tolle Atmosphäre. Die Koalition hat sich bemü ht, angemessen kollegial zu sein. ({4}) Die Opposition war imstande, zur Klimaverbesserung beizutragen. Mein V orschlag an alle Mitglieder des Haushaltsausschusses ist, dass wir unsere Arbeit in Zukunft in diesem Geiste fortsetzen. ({5}) Letztendlich ist aber das Ergebnis zu bewerten und zu gewichten, das uns in dem Entwurf, der heute verabschiedet wird, vorgelegt worden ist. Herr Minister Eichel wird gleich noch das Wort nehmen. ({6}) Im letzten Jahr wurden zwei wichtige Bedingungen nicht eingehalten. Ob wir die V orschrift in Art. 115 des Grundgesetzes diesmal erfüllen, kann niemand mit Sicherheit sagen. Aber ausgeschlossen ist es nicht. Die Maastricht-Kriterien sind ähnlich zu bewerten. Man hat einiges unternommen, um diese Ziele zu erreichen, aber ich meine, nicht genug, auch nicht mit den MaßnahManfred Carstens ({7}) men, über die, ausgehend von der Regierungserklärung des Bundeskanzlers, in der vorigen und in dieser Woche diskutiert wurde. Mir steht ein Bild vor Auge n, das unsere Situation durchaus passend beschreibt: Einem Hausbesitzer läuft der Keller mit W asser voll. Was jetzt auf den W eg gebracht wurde, ist sozusagen bestenfalls das Leerschöpfen des Kellers mit einigen Eimern. ({8}) Aber wichtiger ist es, das Loch zu stopfen, damit nicht noch mehr Wasser in den Keller läuft. Dazu gehört ein größeres Maßnahmenpaket. Es muss mehr gemacht werden, als wir bislang auf den Weg gebracht haben. Seitens der Regierung und auch seitens der Opposition muss sicherlich noch zugelegt werden. Wir haben eine Chance auf Einigung im Vermittlungsausschuss, der heute Abend noch tagt. Ich will für unser Land hof fen, dass dort gute Lösungen erarbeitet werden. ({9}) Denn es besteht jetzt die Gefahr , dass die Zahl der Arbeitslosen auf 5 Millionen steigen könnte, wenn es noch ein Jahr so weiter laufen würde. Das wäre angesichts der Herausforderungen, die man sich ver gegenwärtigen muss, und angesichts der internationalen Schwierigkeiten, die sicherlich noch zunehmen werden, eine Katastrophe. Daher ist mein Wunsch und meine Hoffnung, dass wir es gemeinsam anpacken und dass wir die Maßnahmen benennen, die notwendig sind. Die Regierung muss all das vorlegen, was zum W ohle unseres Landes und zum Wohle unseres ganzen Volkes notwendig ist. Herzlichen Dank. ({10})

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Das Wort hat jetzt der Kollege Joachim Poß.

Joachim Poß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001740, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte auch ich dem Ausschussvorsitzenden, Manfred Carstens, für seine souveräne Art, den Ausschuss zu leiten, herzlich danken. ({0}) Ihm gebührt sicherlich ein hohes Verdienst an dem verbesserten Klima in diesem Ausschuss. Das kann ich hier deutlich sagen. Auch dafür herzlichen Dank. ({1}) Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Bundeshaushalt, den wir heute hier beschließen werden, ist in besonderer Weise zu bewerten, weil er in einer ganz besonderen Situation und unter besonderen Umständen aufgestellt wird. Die Vereinigten Staaten von Amerika und leider auch Großbritannien sind heute in einen Krieg eingetreten, einen Krieg mit unkalkulierbaren und unübersehbaren Folgen, auch ökonomisch en und sozialen Folgen. Wir sehen das mit äußerstem Bedauern; unsere Rednerinnen und Redner haben das gestern und heute deutlich gemacht. Es ist nicht unwahrscheinli ch, dass der heute begonnene Krieg Reaktionen auslös en oder verstärken wird, die weit über den Irak hinausgehen. Es ist dabei auch für die heutige Debatte von großer Bedeutung, dass der Irak und die angrenzenden Länder wegen ihres Ölreichtums zu den ökonomisch relevantesten Regionen der Erde gehören. All dies bedeutet, dass ein bundesrepublikanisches Parlament selten unter größerer Unsicherheit und Ungewissheit über die weitere Entw icklung einen Bundeshaushalt aufstellen musste. Allenfalls Anfang der 90er Jahre, zu Beginn des Eini gungsprozesses, hat es eine vergleichbare Unsicherheit und Ungewissheit gegeben; Hans Eichel hat am Dienstag darauf hingewiesen. Weder Hans Eichel noch ich noch andere Redner aus der Koalition leugnen, dass es in den letzten Wochen eine Reihe von Analysten und W irtschaftsforschern gegeben hat, die für dieses Jahr im Gegensatz zu uns von einem geringeren realen Wirtschaftswachstum als 1 Prozent ausgehen. Aber auch für all diese Experten gilt, dass ihre Prognosen extrem ungewiss si nd. Dies bringen diese Experten auch deutlich zum Ausdruck. Wir haben uns bewusst dafür entschieden, es bei diesem 1 Prozent zu belassen, um klarzustellen, dass wir im Gegensatz zum Beispiel zur Opposition nicht mit Schwarzmalerei, sondern mit Zuversicht an die weitere wirtschaftliche Entwicklung herangehen. ({2}) Selbstverständlich ist aber dieses 1 Prozent angesichts der bestehenden großen weltwi rtschaftlichen Risiken in starkem Maße eine politische Zielmarke. Gleichzeitig ist es ein Anspruch an unsere Politik, den wir im Laufe des Jahres durch richtige Ents cheidungen und entschlossenes Handeln erfüllen werden . Eben deshalb werden wir unsere Reformanstrengungen vertiefen und intensivieren, und zwar nicht nur punktuell, sondern, wie es der Kanzler in seiner Regierungserklärung am 14. März 2003 ausgeführt hat, in einer Reihe von Bereichen. Ähnlich ist der Zusammenha ng bei unserer Festlegung, in diesem Jahr in den Bundeshaushalt keinen Zuschuss an die Bundesanstalt für Arbeit einzustellen. Auch hiermit haben wir uns ein ehrgeiziges Ziel gesetzt. Angesichts der bedrückend en Lage auf dem Arbeitsmarkt ist es unsere Verantwortung, die Struktur und Arbeitsweise der Bundesanstalt für Arbeit sowie das Instrumentarium der Arbeitsmarktpolitik schnell und in einer Weise umzugestalten, dass für die Arbeitslosen und für die von Arbeitslosigkeit Bedrohten eine reale und tragfähige Perspektive aufgebaut wird. Dabei ist ein besonderes Augenmerk auf die verschärften Problemlagen in strukturschwachen Regionen nicht nur in Ostdeutschland, sondern auch im Westen zu legen. Die bereits begonnene Reform der Arbeitsmarktpolitik ist so umfassend und innovativ , dass es erst im Laufe der nächsten Monate möglich sein wird, sicher zu erkennen, ob die der Bundesanstalt zugestandene Finanzdecke alles Notwendige abdecken kann. ({3}) - Das ist eine realistische Beschreibung der Situation, lieber Kollege. Wir sollten die Situation realistisch beschreiben, so, wie sie ist, und sollten keine Schönfärberei und keine Schwarzmalerei - das ist die Aufforderung an Ihre Adresse - betreiben. Diese Woche zeigt in alle r Deutlichkeit: Die CDU/ CSU als größte Oppositionspartei hier im Bundestag und als Mehrheitspartei im Bu ndesrat steht endgültig am Scheideweg. ({4}) Kollege Carstens hat es zum Ausdruck gebracht: Es beginnt am heutigen Abend. Mit dem heutigen Kriegsbeginn und nach dem gestrigen Auftritt von Frau Merkel hier im Deutschen Bundestag werden in der Union endgültig die bisher verdeckten Strategie- und Richtungsauseinandersetzungen ausbrechen. ({5}) Das, was wir seit einer W oche zwischen Frau Merkel, Herrn Seehofer und Herrn St oiber beobachten, wird nur der Anfang sein. ({6}) Im Gegensatz zur sozialen Kahlschlagpolitik der Neoliberalen in den Reihen der Opposition ({7}) werden wir Sozialdemokraten bei den notwendigen Veränderungen für Arbeitslose Regelungen finden, die es eben nicht selbstverständli ch machen, dass Menschen, die ihre Arbeit verlieren, innerhalb kurzer Zeit in eine Unterstützung auf Sozialhilfeniveau durchgereicht werden. ({8}) Die Eingrenzung von Transferleistungen für Arbeitslose setzt nach unserem Verständnis zudem voraus, dass gleichlaufend für genau diese Arbeitslosen verbesserte Beschäftigungsperspektiven erarbeitet werden. Eine der drängendsten Aufgaben in der Finanzpolitik ist die Verbesserung der Kommunalfinanzen; dies hat gestern schon insbesondere in der Rede von Herrn Müntefering eine große Rolle gespielt. Hier werden Regierung und Regierungsfraktionen bis zum Sommer einen Gesetzentwurf erarbeiten , der die Finanzsituation der Gemeinden und ihre Investitionskraft nachhaltig verbessern wird. Dabei sollte nicht ver gessen werden, dass die erste Verantwortung für die Kommunen bei den Ländern liegt. ({9}) In den letzten Monaten hat man gelegentlich den Eindruck gewinnen können, dass nur auf Berlin gezeigt wird. Die erste V erantwortung dafür, unterschiedliche Verhältnisse insbesondere in den Flächenländern auszugleichen, liegt bei den Bu ndesländern, meine Damen und Herren. ({10}) - Dies gilt für Nordrhein-Westfalen, für Bayern und für andere Flächenländer. Die Basis bei der Erarbeit ung dieses Gesetzentwurfs werden die Entlastung der Kommunen durch die Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe sowie die Modernisierung der Gewerbesteuer sein, wie es der Kanzler letzten Freitag in seiner Regierungserklärung dargelegt hat und wie es von den kommunalen Spitzenverbänden einhellig begrüßt worden ist. Damit ist das Modell der W irtschaftsverbände BDI und VCI vom Tisch, das die Lasten der Finanzierung der kommunalen Haushalte einseitig auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verlagert hätte. Da eine Lösung bis zum Beginn des nächsten Jahres nötig ist, ist es jetzt end lich Zeit für eine konkrete und eindeutige Positionierung seitens der CDU/CSU. ({11}) Die Union ist nämlich auch in dieser Frage nicht aufgestellt; sie hat es nur geschickt verstanden, dass das bisher nicht so transparent wurde. Sie hat kein konkretes Konzept. Die Interessenlinien gehen quer durch CDU und CSU. Die SPD-Bundestagsfraktion steht dagegen in dieser Frage an der Seite der kommunalen Familie und der kommunalen Spitzenverbände. ({12}) Für die Zeit bis zur umfassenden Reform haben wir für die Städte und Gemeinden ein ganzes Maßnahmenbündel vorgesehen, das ihre Finanzkraft bereits kurzfristig verbessern wird, sofern die Union mitmacht. Dies ist die Voraussetzung; das muss man im Lande wissen. W ir können bereits in diesem Jahr unmittelbare Hilfe leisten, wenn die Union im Bundesrat mitspielt. ({13}) - Wären wir Ihren Vorschlägen gefolgt, ({14}) den Spitzensteuersatz bei der Einkommensteuer auf 35 Prozent zu senken und die Staatsquote herunterzufahJoachim Poß ren, dann wären alle Kommunen in der Bundesrepublik Deutschland pleite. Das wäre die Konsequenz Ihrer Vorschläge gewesen, meine Damen und Herren von der CDU/CSU. ({15}) Neben dem Verzicht auf eine finanzielle Beteiligung der Kommunen am Flutopfersolidaritätsfonds und dem kommunalen Investitionsprogramm gehören dazu die Einnahmen der Kommunen aus der vor gesehenen Abgabe auf rückkehrendes Steuerfluchtkapital und aus dem Steuervergünstigungsabbaugesetz. Den Unionsvertretern im Vermittlungsausschuss und im Bundesrat muss klar sein: Wenn sie auch im Vermittlungsverfahren das Steuer vergünstigungsabbaugesetz scheitern lassen - man könnte dieses Gesetz auch Gesetz für mehr Steuer gerechtigkeit in diesem Lande nennen; diesen Aspekt werden wir noch deutlicher beleuchten -, wird dies nicht nur zur Konsequenz haben, dass im Bundeshaushalt Geld fehlen wi rd, sondern auch bedeuten, dass die Kommunen allein bis 2006 auf fast 7 Milliarden Euro und die Länder im selben Zeitraum gar auf fast 17 Milliarden Euro verzichten müssen. Das ist Ihre Verantwortung, meine Damen und Herren von der CDU/ CSU! ({16}) Ohne dieses Geld werden weder die Kommunen noch die Länder ihre Arbeit für die Bür gerinnen und Bürger tun können. Wenn Sie sich nicht bewegen, ist dieses Geld weg. Auf andere Art und W eise werden diese Mittel nämlich nicht bereitgestellt werden. Ei nen Plan B gibt es nicht und wird es auch nicht geben. Schon gar nicht wird es als Ersatz eine Mehrwertsteuererhöhung geben, auch wenn dies von den CDU-Ministerpräsidenten Müller und Böhmer in dieser W oche erneut gefordert worden ist. Bewegung und Kooperation oder leer bleibende Kassen - das ist präzise die Alternative für die Union beim Gesetz für mehr Steuergerechtigkeit. Meine Damen und Herren von der Opposition, die in der Finanzpolitik zu tref fenden Entscheidungen rücken unaufhörlich immer näher. Damit rückt für Sie auch der Zeitpunkt näher, endlich Farbe zu bekennen. Ich bin gespannt, ob die andere große Volkspartei, die Union, sich tatsächlich ihrer gesamtstaatlichen V erantwortung stellen wird, die sie so gern für sich reklamiert und die sie leider in den Fragen, über die wir gestern und heute geredet haben, oft genug nicht wahr genommen hat, wenn es darauf ankam. Meine Damen und Herren, Sie sind im Interesse des gesamten Gemeinwesens am Zuge! ({17})

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Das Wort hat jetzt Herr Kollege Wolfgang Gerhardt.

Dr. Wolfgang Gerhardt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002659, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als vorhin der V orsitzende des Haushaltsausschusses, Kollege Carstens, so schön gesprochen hat, habe ich meinen Kollegen Koppelin gefragt, ob ich nicht auch in diesem Ausschuss mitarbeiten dürfe. ({0}) Dort muss wohl eine freudige Stimmungslage herrschen, die der Verbesserung der atmosphärischen Beziehungen dient. Als ich jetzt Herrn Kollegen Poß zuhörte, habe ich von meinem Wunsch sofort wieder Abstand genommen. ({1}) Wir diskutieren heute den Ha ushalt in einer ganz bestimmten politischen Situation, die all unsere Gedanken und Beiträge bestimmt. Es fällt schwer, in einer solchen Situation konzentrierte, auf den Punkt gebrachte, rein finanztechnisch ausgerichtete Haushaltsberatungen durchzuführen. Wichtig ist, bei diesem Haushalt und den ihn begleitenden politischen Diskussionen Folgendes anzumerken: Ein Stück der außenpolitisch en Bedeutung der Bundesrepublik Deutschland, ein gutes Stück ihres Gewichts in internationalen Beziehungen lag nicht nur darin begründet, dass die Bundesrepublik Deutschland erklärt hat, sie wolle in internationalen Or ganisationen mitarbeiten, dass wir streitfrei erklärt haben, für uns seien die Vereinten Nationen der Ort der Entscheidungen, dass wir gesagt haben, das transatlantische Bündnis könne nie zur Disposition gestellt werden oder dass wir erklärt haben, wir wollten die europäische Einigung. Das ist zwar alles richtig, aber der entscheidende Grund des internationalen Gewichts unseres Landes bestand in seiner volkswirtschaftlichen Stärke, in der Bewunderung in weiten Teilen der Welt, welche Leistungsfähigkeit dieses Land entwickelt, welche Prosperität seine Volkswirtschaft hat und welche Dynamik das Land entfalten kann. ({2}) Dies gehört in die heutige Debatte, weil wir in der großen Gefahr stehen, erneut um unsere internationale Position ringen zu müssen; denn aufgrund handwerklicher Fehler in außenpolitischen Fragen und falscher politischer Entscheidungen hat die Bundesrepublik Deutschland unverkennbar immens an wirtschaftlichem Gewicht verloren. ({3}) Wenn wir diese Fehler beheben wollen - ich bin kein Haushälter, der wie viele de r Kolleginnen und Kollegen aus allen Fraktionen bereits jahrelang im Haushaltsausschuss gearbeitet hat -, muss aber ein Haushalt vorgelegt werden, dessen Daten zumindest den Anschein der Richtigkeit erwecken. Das ist erste und grundlegende Voraussetzung für einen Haushalt. ({4}) Nun steht hier keine böse Opposition, die die Daten bestreitet. Der Finanzminister müsste die Haushaltsrisiken ja selbst referieren. Ich setze Ihnen einen Preis aus, Herr Kollege Tauss: Wenn Sie mir einen Sachverständigen nennen, der die Wachstumsprognose der Bundesregierung noch teilt, schicke ich Ihnen einen Kasten trockenen Rheingauer Riesling in Ihr Haus. ({5}) Es gibt keinen solchen Sachverständigen mehr. Die Haushaltsrisiken haben Größ enordnungen erreicht, die man sich praktisch gar nicht vorstellen kann. W enn der Haushalt schon in einem solc hen Zustand ist, muss man sich fragen: Gibt es denn auf anderen Feldern Anstrengungen, um Wachstumsdynamik zu stärken? ({6}) Sie unternehmen keine An strengungen auf dem Feld der Steuerpolitik. Nennen Sie das Steuervergünstigungsabbaugesetz, wie Sie wollen. Der T itel verheißt anderes, aber in den Portemonnaies der Menschen wirkt es wie eine Steuererhöhung . Das ist das Kontraproduktivste, was man in dieser Situation unternehmen kann. Damit ist auch kein Trost für die kommunalen Finanzen verbunden. ({7}) Blenden Sie die Regierungserklärung des Bundeskanzlers in diese Schlussdebatte noch einmal ein: Er hat eine Kette von Maßnahmen benannt, denen wir zustimmen können, soweit sie Arbeitslosenhilfe, Sozialhilfe und Arbeitslosengeld betreffen. Er hat aber ebenso eine Kette von Maßnahmen genannt, die Sie schon einkalkuliert haben, die aber nach dem, was man in den Parlamentsdebatten wahrnehmen konnte, noch nicht einmal mit Sicherheit in den Reih en der Koalitionsfraktionen ungeteilte Zustimmung finden. Die Gesetzentwürfe liegen uns überhaupt noch nicht vor. Wir könnten in Kernpunkten eine Beschäftigungsdynamik entfalten. Einer der zentralen Punkte ist dabei die Öffnung von T arifverträgen; dort gibt es überhaupt keine Bewegung. Die Erklärung des Kommissionsvorsitzenden Rürup, dass eine zweite Rentenreform notwendig sei, erinnert mich daran, dass meine Frak tion dies schon im Zusammenhang mit der ersten Rentenreform von Herrn Riester vorgetragen hat. Rürup bestätigt uns in allen Punkten: Die Lebenserwartung ist zu gering angesetzt, alle Angaben über Arbeitslosigkeit sind eher geschönt als realistisch betrachtet. Nun stehen wir wieder vor dieser Aufgabe. ({8}) Der Bundeskanzler hat das nicht in ausreichendem Maße angesprochen. Zum zweiten großen Sicherungssystem, der Gesundheitspolitik, ist bis heute keine einzige konkrete Aussage der Bundesregierung vernehmbar. Sie sind zu einer Diskussion darüber eigentlich gar nicht in der Lage. Sie können lediglich außerhalb dieses Saales runde T ische einrichten. Aber Sie können hier keine Antwort auf die Frage geben, wie Sie diesen Wachstumsmarkt so neu ordnen wollen, dass er wettbewerbsfähig wird und Dynamik auslöst. Damit haben Sie in einem Kernbereich der Solidarität kein modernes, zeitgemäßes sozialdemokratisches Konzept. ({9}) - Herr T auss, viele schreibe n, Sie stünden vor einem zweiten Godesberg. Das wollen wir einmal abwarten. Sie werden nicht darum herumkommen, weil die Realität Sie dazu zwingt. ({10}) Sie geben in den Kernbereichen keine klare Antwort. Wir alle sind vor die Frage gestellt, ob Schwerpunkt unserer Politik bezüglich der sozialen Sicherungssysteme der alte Kampf über die Verteilung der Kosten für die soziale Begleitung von Arbeitsl osigkeit sein soll oder ob wir die Courage und den Mut haben, Maßnahmen zu ergreifen, um die größte soziale Sicherheit wieder zu erhalten, und zwar durch die St ärkung der Wachstumskräfte und somit durch die Schaf fung von Arbeitsplätzen. Darauf kommt es an. Die polit ischen Begleitmaßnahmen, die bisher in den Haushaltsberatungen vor getragen worden sind, reichen nicht aus. ({11}) Ich sage das deshalb, weil es auch einem Oppositionspolitiker nicht gleichgültig ist, welche Zukunftschancen ein Land hat, in dem andere regieren. Wir haben ein massives Interesse daran, dass die Bundesrepublik Deutschland, eine der chance nreichsten Volkswirtschaften dieser Welt, wieder auf die Füße kommt. W ir haben aber, insbesondere angesichts der weltpolitischen Situation, allergrößte Zweifel, ob Deutschland mit den Haushaltsdaten, die selbst vom Finanzminister in Zweifel gezogen werden müssen, und mit der Mentalität bei den politischen Entscheidungsprozessen - es dauert quälend lange, bis man in der Koa lition die W irklichkeit zur Kenntnis nimmt - wirklich wieder reaktiviert werden kann. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass die kritischen Auseinandersetzungen hier so stattfinden, als wolle man Deutschland schlec htreden, wie es in den Mehrheitsfraktionen heißt. Uns geht es um eine bessere Politik für Deutschland. ({12}) Wer dies will, kann dem Haushalt nicht zustimmen. Wer dies will, muss sich schon jetzt darauf einstellen, dass wir sobald wie möglich über Nachtragshaushalte reden müssen. Wer dies will, muss wissen: Es darf kein T ag mehr vergehen, ohne dass auch unangenehme politische Entscheidungen getroffen werden. Wenn Sie das bei Ihren V orlagen berücksichtigen, werden wir sie gern im Haushaltsausschuss beraten. Wir sind auch bereit, Konzepte n zuzustimmen, die wir seit einem Jahrzehnt vorschlagen. Sparen Sie sich den AusDr. Wolfgang Gerhardt druck Neoliberalismus! W enn die Bundesrepublik Deutschland wieder auf die Beine kommen soll, werden Sie das beschließen müssen, was wir seit einem Jahrzehnt vorschlagen. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. ({13})

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Anja Hajduk.

Anja Hajduk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003547, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Gerhardt, leider büxen Sie bei einer entscheidenden Frage aus. ({0}) - Bezüglich des Haushaltsausschusses muss man zur Richtigstellung sagen: Sie können getrost kommen, Herr Gerhardt; denn Herr Poß ist kein Mitglied dieses Ausschusses. Aber wenn Herr Poß Mitglied wäre, wäre das auch interessant. ({1}) Es ist unstreitig, dass dieser Haushalt nicht nur in einer ganz schwierigen Zeit, sondern auch an einem ganz traurigen Tag abschließend beraten wird. In den letzten T agen habe ich vonseiten der Opposition den Vorwurf gehört, er sei auf Sand geba ut und er sei gar nicht verlässlich. Ich möchte Sie fragen: Was ist eigentlich der Kern Ihres Vorwurfs? Zugegebenermaßen besteht aufgrund der äußeren Rahmenbe dingungen eine besondere Prognoseunsicherheit. ({2}) Es gibt hinsichtlich der Voraussagen, welches Wachstum wir erwarten können, eine gewisse Marge. Manche gehen von einem W achstum von 0,4 Prozent aus, andere von einem Wachstum in Höhe von 0,9 Prozent. Wir haben 1 Prozent angesetzt. Diese Zahl kann man natürlich kritisieren, aber dass Prognosen zugrunde gelegt werden, dürfte unstreitig sein. ({3}) Ich muss Sie fragen, wie Ihr Vorwurf genau lautet. Wir können es uns doch nicht aussuchen, in welcher Zeit wir leben. Da wir in einer so unsicheren Zeit leben, müssen wir überlegen, welche Konsequenzen sich für uns ergeben. ({4}) - Ich will auf Ihren Zuruf eingehen. Ich frage mich, was Sie damit meinen, Risiken wü rden nicht einkalkuliert. Wenn ich mir überlege, welche Konsequenzen wir in einer so unsicheren Zeit hinsichtlich des Haushaltes ziehen müssen, fällt mir nur eine Antwort ein: Wir müssen endlich Reformen umsetzen und dürfen keine neuen Schulden machen. ({5}) Sie dagegen kritisieren selbst vor dem Hinter grund der schwierigen Rahmenbedingungen, dass wir dem Haushalt der Bundesanstalt für Arbeit einen Deckel auflegen. Das kann ich nicht nachvollziehen; denn das bedeutet, dass Sie Reformdruck wegnehmen. So kommen wir bei den Aufgaben, die im Bereich des Arbeitsmarktes anstehen, nicht weiter. Deshalb können wir Ihre Vorschläge nicht annehmen. Gleichwohl muss ich zugeben, dass wir mit dem ehr geizigen Ziel, der Bundesanstalt keine Zuschüsse mehr zu gewähren, ein gewisses Risiko eingehen. Wenn Sie die Zeitungen lesen - das tun Sie; da bin ich mir sicher -, dann können Si e in den Kommentaren lesen, es sei wichtig, bei der seit langer Zeit unveränderten Anstalt von politischer Seite her Reformdruck zu erzeugen. Das unterstützt uns da rin, dass es richtig war , dass wir uns dieses ehr geizige Ziel gesetzt haben und dass wir es auch beibehalten. Sie dagegen empfehlen uns eine Erhöhung der konsumtiven Ausgaben, was Sie sonst immer geißeln. ({6}) Ich finde es nicht richtig - auch das muss ich hier ansprechen -, dass Sie sich in ein Loch fallen lassen und nur auf pessimistische Prognos en hören. Das kann man auch so auffassen, dass Sie hierin Schutz suchen. Wichtiger ist, auch in einer Kris e die Chance zur Veränderung zu nutzen. Dazu gehört Mut. Ich hätte es besser gefunden, Sie hätten uns mit mutig en Vorschlägen überrollt, anstatt uns nur davor zu warnen, die Verwirklichung von ehrgeizigen Zielen anzugehen. ({7}) Es ist sicherlich unstreitig, dass Deutschland kein Land ist, dem man nachsagen kann, wir seien bei unseren Reformen flott vorangekommen. Im Gegenteil: Man sagt uns, wir müssten bei unseren Reformen schneller und besser werden. Herr Austermann, ich habe mich gewundert und mit einem gewissen Befremden zur Kenntnis genommen, welche ausführliche Wunschliste Sie am Dienstag zu Beginn unserer abschließenden Beratungen vorgetragen haben. Sie sind doch sonst jemand, der für eine Konsolidierung des Haushalts eintritt und dafür argumentiert, doch nun haben auch Sie einen ganzen Strauß an Investitionswünschen vorgetragen, die Sie gerne in den Bereichen Verkehr, Städtebau sowie Bildung und Forschung erfüllt sähen. Gegen solche Investitionen haben wir im Kern nichts einzuwenden. Aber wenn ich die Vielzahl Ihrer Investitionswünsche sehe - darübe r hinaus nenne ich den Wunsch, die Gelder für das Nationale Raumfahrtprogramm, die Werften und die diversen Gemeinschaftsaufgaben zu erhöhen -, dann muss ich feststellen, dass Sie keine soliden Finanzierungsvorschläge haben. Das passt also nicht zusammen. Es muss eine Beschränkung her . Wenn Sie seriöse Finanzierungsvorschläge gemacht hätten, würde ich das anerkennen . Da Sie solche nicht vorlegen konnten, kann ich nicht verstehen, dass Sie für eine solche Ausweitung plädieren. ({8}) Ich möchte auf ein andere s Thema eingehen, das mir sehr wichtig ist, nämlich auf den europäischen Stabilitätspakt. Ich muss zugeben, dass mir die öf fentliche Debatte hierzu nicht gefällt und dass ich die Kommentare hierzu kritisch sehe. Ich bin froh darüber , dass Herr Clement heute Morgen deutlich gemacht hat, dass dieser Pakt nicht infrage gestellt wird und dass die Regeln auch weiterhin gelten werden. Innerhalb des Paktes gibt es durchaus Spielräume - da s ist unstreitig -, um auf spezifische Situationen wi e zum Beispiel den Krieg, dessen ökonomische Folgen nicht absehbar sind, reagieren zu können. Ich möchte der Regierung ganz deutlich sagen: Ich halte die Regeln des europäischen Stabilitätspaktes für sinnvoll. ({9}) Ich hoffe, dass in dem Rahmen der Gespräche auf europäischer Ebene die deutsche Regierung ihren Beitrag dazu leisten wird, dass diese Regeln auch weiterhin ernst genommen werden. Ich glaube, nicht ohne Grund hat die deutsche Regierung damals unter Herrn W aigel diesen Pakt mitformuliert. ({10}) Das habe ich auch deswegen ausgeführt, weil gerne der Vorwurf gemacht wird, man müsse die wirtschaftspolitischen Notwendigkeiten sehen. Dessen bin ich mir bewusst. Ich bin überzeugt, dass Finanzpolitik und Wirtschaftspolitik sinnvoll inei nander greifen müssen. Ich möchte darauf verweisen - die griechische Präsidentschaft legt das in ihrem Papier zum W ochenende dar -, dass eine prozyklische Finanzpolitik vermieden werden muss. Das ist in der wirtscha ftsschwachen Situation, in der wir uns befinden, sicher lich richtig. Deshalb wollen wir die automatischen Stabilisatoren wirken lassen. ({11}) Ich denke, wenn das W achstum bei uns auf unter 1 Prozent fällt, wird die EU von uns nicht verlangen, die automatischen Stabilisatoren nicht wirken zu lassen. Aufgrund dieser EU-Regelung besteht also nicht die Gefahr, in eine prozyklische Finanzpolitik zu verfallen. Deswegen stelle ich mich ausdrücklich hinter diesen Pakt. Es könnte passieren - das muss ganz klar sein -, dass wir mit unserem Haushalt am Ende nicht so dastehen, wie wir es heute geplant haben; das hat Herr Eichel schon gesagt. Ich finde es eh rlich und richtig, zuzugeben, dass in unsicheren Zeit en Unsicherheiten bestehen. Das bedeutet nicht fehlende politische Qualität. Man sollte keine falschen Prognosen abgeben und trotzdem handlungsfähig bleiben. Trotz der Gefahr, dass wir in der zweiten Hälfte des Jahres vielleicht kein W achstum und keinen Aufbruch erreichen können - das möch te ich deutlich sagen -, werden wir jetzt Ausgaben- und Aufgabenr eformen angehen; eine mangelnde Reformbereitschaft wird nicht hingenommen. Schwierige wirtschaftliche Umstände werden nicht als Ausrede zugelassen. ({12}) Ich sage das auch vor dem Hintergrund des europäischen Stabilitätspakts, weil ich davon überzeugt bin, dass wir mit Blick auf unsere konsumtiven Ausgaben mehr Disziplin in Deutschland brauchen, um mehr Freiräume für die wirklichen Zukunftsaufgaben zu erhalten. ({13}) Wir müssen für den Bereich Bildung und Forschung und - ich glaube, das ist un s heute sehr deutlich geworden - für internationale Aufgaben Freiräume erstreiten. Dafür müssen wir alle diese Disziplin einhalten. Das gilt auch für die Regierungskoali tion und nicht nur für die Opposition. ({14}) Ich komme zum Schluss: Auf unserer Agenda stehen große Veränderungen. Wir haben ein ganz konkretes politisches Zeitfenster, innerhalb dessen wir mit unseren Reformen gemeinsam vorankommen wollen. Es ist klar, dass wir in vielen Bereic hen gemeinsam voranschreiten und auch Sie überzeugen mü ssen. Ich sage das nicht, weil ich denke, dass Reformen zum W ohle unserer rotgrünen Regierung sind. Ich glaube, wir brauchen diese Reformen zum Wohle der Menschen in unserem Land, und zwar besonders derer, die Arbeit suchen. Ich möchte noch einmal deutlich sagen, dass auch die Opposition hier Verantwortung zu tragen hat. Deswegen habe ich vorhin darauf verw iesen, dass Sie nicht e inerseits sagen können, dass wir manches richtig machen - die Richtung ist also nicht falsch -, und andererseits - das sage ich als Grüne - ma nche Bereiche quasi unter Naturschutz stellen können. ({15}) Es macht keinen Sinn, sich im Gesundheitsbereich - ich denke an bestimmte Lobbyisten der Apotheker - und im Mittelstand - ich denke an V eränderungen in der Handwerksordnung - stur zu stel len. Sie müssen mithelfen, hier Verkrustungen aufzubrechen. Daran werden wir Ihre Reformbereitschaft messen. ({16}) Ich sagte schon, dass zu einer wachstumsfördernden Wirtschaftspolitik eine gute Finanzpolitik gehört. Nur wenn wir Ausgabendisziplin walten lassen, werden wir in der Lage sein, die Zukunftsaufgaben zu meistern. In einer Zeit, in der eine starke ökonomische V erunsicherung herrscht, muss die Po litik Führung beweisen. Dies werden wir tun. W ir wären froh, wenn die Opposition unseren Weg mitgehen würde. Hierdurch könnte sie Verantwortung zeigen. Das wäre zum W ohle der gesamten Entwicklung in unserem Land und das ist notwendig. Vielen Dank. ({17})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Ich erteile das W ort dem Kollegen Bartholomäus Kalb, CDU/CSU-Fraktion. ({0})

Bartholomäus Kalb (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001055, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind heute nicht so zum Streiten aufgelegt, wie es vielleicht üblich und notwendig wäre. Aber ich muss Ihnen widersprechen, Herr Müntefering. Sie haben gestern in einer Kurzintervention ausgeführt, dass Sozialdemokraten nie einem Krieg zugestimmt haben. Das ist objektiv falsch. Ich erinne re an den Kosovo-Krieg, an dem Deutschland beteiligt war. ({0}) Wir alle haben ihn gemeinsam mitzuverantworten. Außerdem haben Sie gestern wieder versucht, der Union den Stempel der Krie gswilligen aufzudrücken. Auch das ist nicht hinnehmbar. Uns ging es im Interesse eines Erfolges der diplomatischen Bemühungen immer darum, ein höchstmögliches Maß an Geschlossenheit innerhalb der UNO, der NA TO und der Europäischen Union herzustellen. ({1}) Nach diesem bitteren Krieg müssen sich alle gemeinsam darum bemühen, die entstandenen tiefen Gräben in der NATO, der UNO und der Europäischen Union wieder zuzuschütten, sodass wieder gemeinsam gearbeitet werden kann. Der Bundeskanzler hat immer gesagt, es werde keine irgendwie geartete Beteiligung Deutschlands am Irakkonflikt geben. In W irklichkeit leistet Deutschland umfangreiche Unterstützung. Wir kritisieren das nicht. Aber Tatsache ist: Wir haben mehr Aufgaben und Verantwortung in Afghanistan übernommen. W ir haben die Überwachung der amerikanischen Einrichtungen und Kasernen in Deutschland überno mmen und verstärkt. W ir haben ABC-Spürpanzer in Kuwait stehen. AWACS-Maschinen werden von Deutschen geflogen. Zudem gewähren wir den USA Überflugrechte. - So viel zur Wahrheit. Mehr könnte Deutschland, selbst wenn es wollte und sich die Regierung anders ge äußert hätte, objektiv nicht leisten. ({2}) An die Kanzlerrede letzte Woche sind viele Erwartungen geknüpft worden; diese si nd aber wohl nicht erfüllt worden. Es war wohl mehr eine Ruckel-Zuckel-Rede. Zwar sind einzelne Maßnahmen angekündigt worden. Aber warum sollten die Menschen und die gesellschaftlichen Gruppen bis hin zu den Gewerkschaften bereit sein, Veränderungen mitzutragen, wenn ihnen nicht erklärt wird, warum diese Veränderungen notwendig sind? ({3}) Sie hätten erstens sagen kö nnen, dass wir uns in einem internationalen Wettbewerb - Stichwort Globalisierung - befinden, der so stark is t wie nie zuvor . Es gibt heute praktisch keine Grenzen mehr für Kapital, W aren, Dienstleistungen und damit auch für Arbeit. Sie hätten zweitens erwähnen können, da ss sich eine dramatische Veränderung im Altersaufbau unserer Bevölkerung vollzieht. In 20 Jahren wird mehr als ein Drittel unserer gesamten Bevölkerung älter als 60 Jahre sein. In w enigen Jahren wird der Anteil der unter 20-Jährigen von 21 auf 17 Prozent zurückgehen. Viele sprechen in diesem Zusammenhang von einer besonderen Herausforderung für unsere Sozialsysteme. Das ist richtig. Aber das ist nicht nur eine Aufgabe für unsere Sozialsysteme, sondern eine riesige Herausforderung für unsere V olkswirtschaft und deren Leistungsf ähigkeit und damit auch für die Sicherung des Wohlstands in der Zukunft. ({4}) Diese Entwicklungen lassen sich an auch an den Aktienmärkten ablesen. Es kommt doch nicht von ungefähr , dass der deutsche Aktienmarkt sehr viel stärker gefallen ist als alle anderen Akti enmärkte in Europa und auf der Welt. Die genannten Schw ierigkeiten gibt es natürlich auch anderswo. Aber nirgendwo ist eine solche Entwicklung eingetreten. Wir müssen den Menschen deutlich machen, dass der Staat und die öffentlichen Hände nur über das Geld verfügen, das sie vorher dem Bü rger über Steuern, Abgaben, Beiträge und Gebühren aus der Tasche gezogen haben. ({5}) Dabei geht es vor allen Dingen um Vertrauen. Nie gab es einen so großen Verlust an Vertrauen und Glaubwürdigkeit wie zuzeiten von Gerhard Schröder und Hans Eichel. ({6}) Wie sollen denn die W irtschaft und die Menschen Vertrauen haben können, wenn ein Finanzminister wider besseres Wissen bis zum September des ver gangenen Jahres behauptet, der Haushalt sei zwar auf Kante genäht, aber man werde die Ec kwerte einhalten? Ebenso wurde mit dem Hartz-Konzept ein ganzes Feuerwerk an Maßnahmen versprochen: Die Zahl der Arbeitslosen sollte auf 3,5 Millionen gesenkt oder sogar halbiert werden. Der Zug fährt heute aber mit 4,7 Millionen Arbeitslosen genau in die entgegengesetzte Richtung. Ein paar Monate später präsentiert derselbe Finanzminister einen Nachtragshaushalt, für den er die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts feststellen lassen muss. Anstelle von 21,1 Milliarden Euro muss er am Jahresende 32,7 Milliarden Euro - also 50 Prozent mehr - Nettokreditaufnahme verbuchen. Die Einhaltung der Maastricht-Kriterien ist besonders wichtig, aber leider Gottes seit der Kanzlerrede in weite Ferne gerückt. Die konjunkturelle Erholung ist nicht in Sicht. Das IfW geht mittlerweile stat t des erwarteten W achstums von 1 Prozent nur noch von einer Zunahme um 0,4 Prozent aus. Die Hälfte des W irtschaftswachstums wird dabei durch den Außenbe itrag geleistet. Bundeskanzler Schröder hat sich, um auf den Maastricht-V ertrag zurückzukommen, in seiner Rede am ver gangenen Freitag vom Stabilitätspak t praktisch verabschiedet, wenn er sagte, dass dieser Pakt nicht statisch interpretiert werden dürfe. Er sagte weiter, dass er Raum für Reaktionen auf unvorhergesehene Ereignisse und Phasen wirtschaftlicher Schwäche lassen müsse. In Deutschland und Europa seien wir in einer solchen Phase und diese Phasen dürften nicht durch eine prozyklische Politik ausgeglichen werden. Abweichend von seinem Manuskript fügte er dann hinzu: Wir werden diese Möglichkeiten zusammen mit unseren Partnern offensiv nutzen. Die schlechte wirtschaftliche Lage wird dabei durch Ihre ständigen Diskussionen über Steuer- und Abgabenerhöhungen verschärft. Gabriel hat Recht, wenn er in der „Passauer Neuen Presse“ vom 10. März 2003 zitiert wird: Man kann nicht in Zeiten der Krise die Ener gien teurer machen, die Eige nheimzulage streichen und 48 einzelne Steuererhöhungen bereithalten, die die wirtschaftliche Verunsicherung wachsen lassen. Schröder hat selbst am 26. Juli gesagt: Steuererhöhungen sind in der jetzigen konjunkturellen Situation ökonomisch unsinnig und desweg en ziehen wir sie nicht in Betracht. ({7}) Dann kam das größte Steuererhöhungsprogramm in der Nachkriegsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland. ({8}) Es ist bei Steuern und Ab gaben ein Ausmaß erreicht worden, bei dem viele Arbe itgeber und Arbeitnehmer nicht mehr mitmachen könn en und nicht mehr mitmachen wollen. Das haben die Wähler in Hessen, in Niedersachsen und Schleswig-Holstein zum Ausdruck gebracht. Theo Waigel hat Recht, wenn er schreibt: Heute rächt sich, dass Rot-Grün de n Ernst der Lage nicht verstanden hat und Deutschlands Wirtschaft zu einem Sanierungsfall werden ließ. Hätte Hans Eichel, so Theo Waigel, 1997 im Bundesrat an der Seite von Gerhard Schröder das Petersberger Steuermodell nicht blockiert, stünde Deutschland heute im W ettbewerb besser da. Falsch sei auch die Rücknahme der neuen Rentenformel und der Abbau der Selbstbeteiligungselemente in der Gesundheitsreform. Dem ist nichts hinzuzufügen. ({9}) Sie kündigen jetzt ein milliardenschweres kommunales Kreditprogramm an. Die Kommunen brauchen aber in der jetzigen Situation ke in Kreditprogramm, sondern eine Verbesserung ihrer Einnahmen. Deshalb fordern wir mit Nachdruck die Absenkung der Gewerbesteuerumlage. ({10}) Man kann den Gemeinden ni cht vorher das Geld wegnehmen und ihnen anschließend Kredite anbieten. ({11}) Der Bundeskanzler hat in Aussicht gestellt, den Gemeinden die Einzahlungen in den Fluthilfefonds zurückzugeben. Ich habe das seit W ochen gefordert. Wir begrüßen diese Absicht und fordern Si e daher auf, unserem Entschließungsantrag auf Drucksache 15/640 anschließend zuzustimmen. Zum Abschluss darf ich namens der Haushaltsgruppe der CDU/CSU-Fraktion, insbesondere im Namen des Kollegen Austermann, dem Vorsitzenden des Haushaltsausschusses Manfred Carstens für seine ausgezeichnete Führung und Sitzungsleitung danken, aber auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeite rn des Haushaltsausschusses, mit denen wir teilweise schon seit vielen Jahren sehr gut zusammenarbeiten und die uns immer bestens unterstützen. Ich danke auch den Kolleginnen und Kollegen insgesamt für die gute Zusammenarbeit, vor allen Dingen den Sprechern, allen voran dem Sprecher der Regierungskoalition, Kollegen W alter Schöler, Kollegin Antje Hermenau und dem Kollegen Jürgen Koppelin. Sie werden verstehen, dass ich al s CSU-Mann auch unserem CDU/CSU-Sprecher Dietrich Austermann ganz herzlich für seine Führung danke. ({12}) Ich möchte auch nicht die für den Haushalt zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bundesfinanzministerium und in den Fachressorts ver gessen. Die Zuarbeit und das Klima waren gute Voraussetzungen dafür, auch strittige Fragen kultiviert zu beraten und einer Entscheidung zuzuführen, auch wenn wir im Er gebnis natürlich zu höchst unterschiedlichen Auf fassungen gekommen sind. Ich danke Ihnen. ({13})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Das Wort hat der Bundesfinanzminister Hans Eichel.

Hans Eichel (Minister:in)

Politiker ID: 11003522

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da es of fensichtlich der Nachmittag der Danksagungen ist, will auch ich meinen Beitrag leisten. Ich sage ausdrücklich herzlichen Dank an den V orsitzenden und alle Mitglieder des Haushaltsausschusses für die unbeschadet allen Streits sehr konstruktive und im Umgang freundliche Art der Zusamme narbeit. Man ist dort ja nicht in der Öffentlichkeit; es macht keinen Sinn, sich im Ausschuss so zu traktieren, wie wir es leider gelegentlich in der Öffentlichkeit tun. Da kann jeder vor seiner eigenen Tür kehren. Ich möchte auch den Mita rbeiterinnen und Mitarbeitern des Sekretariats Dank sagen und bitte den Vorsitzenden, meinen Dank weiterzugeben. Ich freue mich, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundesfinanzministeriums, die übrigens länger als jeder Minister im Hause sind - das ist bekannt -, ebenfalls von allen Seiten des Hauses Anerkennung für ihre Arbeit finden. Das freut mich als derzeitiger Ch ef dieses Hauses und ich werde den Dank und die Anerkennung selbstverständlich weitergeben. ({0}) Wir befinden uns in der Tat in einer besonderen Situation. Diese wischt die unterschiedlichen Konzepte der Parteien nicht beiseite, aber ich denke, sie bringt uns dazu, ein wenig anders mit ihnen umzugehen. Ich will als Finanzminister ein paar Betrachtungen über unsere internationale Situation anstellen; denn - das will ich festhalten, das hat tiefe hist orische Ursachen - Deutschland ist in Bezug auf die V erwendung seiner Finanzmittel international außerorden tlich stark engagiert, und zwar in allen zivilen Bereichen, weniger in den militärischen. Das hat Gründe, die jeder nachvollziehen kann. Bei den Japanern ist das übrigens nicht sehr viel anders. Die Gründe für dieses Verhalten reichen bis zum Zweiten Weltkrieg und zu seinen Folgen zurück. Deutschland steht bezüglich seiner Beiträge zu allen internationalen Organisationen mustergültig da. W enn sich alle so verhielten, hätten die internationalen Organisationen ein anderes Gewicht; denn an der Zahlungsmoral der Mitglieder lässt sich einiges darüber ablesen, welche Bedeutung man den internationalen Or ganisationen zumisst. ({1}) Deutschland steht weltweit bei der Entwicklungshilfe an dritter Stelle. Man kann natürlich sagen: Das reicht nicht; wir sind vom 0,7-Prozent-Ziel noch sehr weit entfernt. - Aber andere Länder , die ökonomisch stärker sind, sind noch weiter davon entfernt. Unter den Großen dieser Erde haben wir jedenfalls unseren angemessenen Platz. Wenn Sie fragen, wie es mit der europäischen Einigung und mit der Entwickl ung Mittel- und Osteuropas und mit Russland aussieht, mu ss ich sagen: Es gibt kein Land, das in solch intensivem Maße die europäische Einigung, und zwar im W esten wie im Osten, finanziert wie Deutschland. Ich denke, das ist eine angemessene Antwort auf die Rolle, die wi r früher in Europa gespielt haben. Das können wir mit Selbstbewusstsein sagen und das sollten wir auch tun. ({2}) Ich stimme denjenigen nich t zu, die sagen, Deutschland habe an wirtschaftspolitischem Gewicht in der Welt verloren; denn das Gegent eil ist richtig. Wir haben - im Januar ist es wieder deutlich geworden - einen Zuwachs beim Export von 6,7 Prozent. Wir sind die drittgrößte Wirtschaftsnation der Erde und im Export Vizeweltmeister. Wenn Sie den Export der großen W irtschaftsnationen pro Kopf umrechnen, werden Sie sehen: Wir Deutschen sind Weltmeister im Export - und das mit wachsendem Anteil. Man kann wirklich nicht sagen - das wäre eine völlig falsche Diagnose und man wü rde dann völlig falsche Konsequenzen ziehen -, dass die deutsche Wirtschaft am Abgrund steht. Das Gegenteil ist der Fall. Die deutsche Wirtschaft ist hoch wettbewerbsfähig und hat in den letzten zehn Jahren - ich sage au sdrücklich: in den letzten zehn Jahren - an W ettbewerbsfähigkeit außerordentlich hinzugewonnen. Das ist die Wahrheit zu Beginn des Jahres 2003. ({3}) Das Problem, vor dem wir stehen, ist eine ausgesprochene Schwäche bei der Binnenkonjunktur . Wir müssen jedoch genauer hinschauen. Ich habe am Montag ein Gespräch mit dem Chef eines großen, weltweit tätigen amerikanischen Unternehmens geführt, der das sehr klar analysiert hat. Deutschland hat im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung enorme Verpflichtungen - ich sage jetzt nicht: Lasten - auf sich genommen. Auch das müssen wir in die Analyse mit einbeziehen. Es geht mir nicht, weil das immer wieder aufkommt, um einen Blick zurück im Zorn - das hilft uns auch nicht weiter -, sondern darum, dass wir geme insam die richtige Zustandsanalyse erstellen. Wir haben in den 90er -Jahren den Anteil der Staatsschuld am Bruttoinlandsprodukt um 20 Prozent gesteigert. Wir haben enorme Lasten den sozialen Sicherungssystemen aufgebürdet. Dies es Problem zu lösen stellt eine Generationenaufgabe da r. Darin liegen die großen Vorbelastungen. In diesem Hause wurde das übrigens deutlich, als wir über den So lidarpakt II entschieden haben, der bis 2020 gilt und bis dahin die Infrastrukturlücke schließen soll, die zwischen den ostdeutschen und den westdeutschen Ländern besteht. W ir schultern insofern eine Aufgabe, die kein anderes Land in diesem Umfang hat. Da ich heute Abend wieder mit den europäischen Kollegen zusammenkomme, lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch eines anmerken: Bei allen Sor gen, die uns die Arbeitslosigkeit be reitet: Sie ist in Deutschland niedriger als in Frankreich und Italien, in Ländern also, die eine solche Aufgabe nicht zu schultern haben. Das ändert zwar nichts an unsere Lage, aber wir müssen uns einordnen, um festste llen zu können, was wir tatsächlich geleistet haben und wo wir stehen. Zwar liegen in der T at große Herausforderungen vor uns, aber wir dürfen sie nicht im Geist der Mutlosigkeit angehen. Das haben wir auch nicht nötig, weil wir schon so viel geleistet haben und über eine Ausgangsbasis verfügen, von der aus wir unsere Aufgaben wahrnehmen können. ({4}) Der Haushalt 2003 ist außerordentlich anspruchsvoll. Es trifft zwar zu, dass man nicht garantieren kann, ob er am Ende so abgeschlossen werden kann. Das kann man übrigens nie, aber die Unsi cherheiten sind dieses Jahr größer als sonst während der letzten zehn Jahre. Das ist aber nicht nur negativ zu beurteilen, wie die Wirtschaftsdaten - wenn man die derzeit bestehenden großen geopolitischen Probleme außer Acht lässt - gerade im Frühjahr dieses Jahres zeigen: Der Ifo-Geschäftsklimaindex ist zum zweiten Mal in Folge stark angestiegen. Das gilt auch für den Index des ZEW, der im dritten Jahr in Folge angestiegen ist. Faktoren wie Auftragseingang und Produktion weisen nach oben. Das heißt, wir haben guten Grund, etwas optim istischer in die Zukunft zu sehen. Aber es bestehen in der Tat große Unsicherheiten, die ich am Dienstag auch benannt habe. Im wöchentlichen W echsel ändern sich die Stimmungslage und die Daten. Auf der Basis dieser wöchentlichen Veränderungen kann man keine Planung aufbauen. Deshalb bleibt es da bei, dass wir unsere Daten mit dem Jahreswirtschaftsbericht sowie der Mai- und der November-Steuerschätzung aufstellen. Dabei erkennen wir ebenfalls, ob wir Korre kturen vornehmen müssen, die dann auch erfolgen. Gerade angesichts der best ehenden großen Unsicherheiten empfehle ich, kein e voreiligen V eränderungen herbeizuführen. Denn niemand weiß wirklich, was der Krieg im Irak bedeutet. Wir haben den IWF und die Europäische Kommission gebeten, das zu untersuchen. Auch sie können, ausgehend von Annahmen über die Dauer des Krieges, die Höhe des Ölpreises und mögliche Versorgungsengpässe, nur ein entsprechendes Szenario entwerfen. Was aber wirklich geschehen wird, weiß niemand. Deshalb rate ich dringend zur Ruhe. Ich betone ausdrücklich: Die Tatsache, dass ein Krieg ausgebrochen ist, ist kein V orwand dafür, unabhängig davon bestehende Probleme auf dieses Ereignis zu beziehen. ({5}) Auch vor dem 1 1. September 2001 gab es eine Reihe von wirtschaftlichen Problemen. V iele haben dann den Ereignissen des 1 1. September die Schuld daran gegeben. Auch ohne den Irakkrieg st ehen wir vor einer Reihe großer Aufgaben, die wir bewältigen müssen. Die Strukturreformen, die der Bundes kanzler am Freitag benannt hat, müssen durchgeführt werden. Sie werden eher noch dringlicher, weil die Hera usforderungen größer geworden sind. Deswegen muss auch die Haushalts- und Finanzpolitik in konsequenten Bahnen verlaufen. Ob dann auch die Wirtschaft läuft, ist eine an dere Frage. Deswegen versichere ich der Kollegin Hajduk, dass es zwischen uns - das gilt auch für die Regierung - darin keine Meinungsunterschiede gibt. Aber eines haben manche ni cht erkannt. Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang die einzige kritische Bemerkung heute machen. Ich fi nde es in Ordnung, wenn die Opposition erklärt, dass man in jedem Fall zum Stabilitäts- und Wachstumspakt stehe. Wenn Sie auch Ihre Wahlprogramme im Hinblick darauf aufgestellt hätten, ob sie zum Stabilitäts- und Wachstumspakt und zur Finanzplanung passen, dann wären Sie heute glaubwürdiger. Das musste ich sagen, weil ich es ein bisschen leid bin. ({6}) Der Stabilitätspakt - mein Eindruck ist, dass wir im Augenblick in Europa weiter sind als in diesem Hause - ist kein mechanistisches Gebilde - als solches würde er scheitern -, sondern ein ökonomisches. Dabei spielt natürlich genau das, was Sie, Herr Kalb, zu Recht angesprochen haben, eine Rolle, nämlich dass unsere Gesellschaft immer älter wird. Nur , verehrter Herr Kalb, ich muss eine kritische Bemerkung machen: Daran, dass Deutschland eine alternde Gesellschaft geworden ist - das betrifft jetzt vor allen Dinge n Westdeutschland -, waren Sie nicht ganz unbeteiligt; denn in Ihrer 16-jährigen Regierungszeit ist zu wenig für die Familien und für die Chancengleichheit der Frau en getan worden. Andere Länder waren in diesem Punkt besser. So sind die Skandinavier und die Franzosen von diesem Problem nicht in gleichem Maße betroffen wie wir. Hier müssen wir etwas nachholen. Strukturreformen sind also dringend notwendig. ({7}) Wir brauchen alles, was hilft, um mehr Wachstum und Beschäftigung zu erzielen. Nur in einem Punkt bleibt die rot-grüne Koalition, insbesondere die Sozialdemokraten, hart: Es wird zwar viele Zumutungen geben. Aber es darf nicht alles einseitig bei den Arbeitslosen und den Arbeitnehmern abgeladen werden. Zukunftssicherheit brauchen nicht nur Betrie be, sondern auch die Menschen. Das sollten wir bitte nie vergessen. ({8}) - Zu diesem Punkt sage ic h Ihnen Folgendes: Die Finanzpolitik, insbesondere die Haushaltspolitik, muss den Weg nicht nur für weitere Einsparungen und für den Schuldenabbau - diesen sind wir gegangen -, sondern auch für weitere Steuersenkungen in den Jahren 2004 und 2005 freimachen. Wir müssen deshalb auch die Subventionen abbauen. Verehrter Herr Kollege, es ist zwar offenkundig leicht - das ze igen mir die Reaktionen in diesem Land -, den Arbeitslosenhilfeempfängern Geld wegzunehmen. Wenn es aber - ich sage das ganz zugespitzt - an die Dienstwagenbesitzer geht, geht gar nichts mehr. Das ist unter verteilungspolitischen Gesichtspunkten nicht in Ordnung. ({9}) Übrigens, wissen Sie, dass es der Kollege Waigel war, der die Dienstwagensteuer eingeführt hat? Als er das damals getan hat, ist nichts weiter passiert, außer dass es in den Amtsstuben höherer Beamter - das habe ich als Ministerpräsident selber erlebt - eine ziemliche Aufregung gegeben hat. W enn man das Ganze aber ökonomisch sauber betrachtet, dann stellt man fest: W enn man Arbeitslosenhilfeempfängern Geld wegnimmt - das tun wir, weil es nicht zu vermeiden ist -, dann ist das ökonomisch betrachtet kein anderer Vorgang, als wenn man einem Steuerpflichtigen mit einem höheren Einkommen eine etwas höhere Steuerlast auferlegt. Es sind nur unterschiedliche Personengruppen. ({10}) Wir müssen aber aufpassen, dass die Zumutungen - das gilt vor allem für die rechte Seite dieses Hauses - gerecht verteilt werden. Es darf nicht sein, dass diejenigen, die große Besitzstände haben und unanständig hohe Abfindungen kassieren, andere n, die weit weniger haben, predigen, den Gürtel enger zu schnallen. So können wir die Zukunft nicht gewinnen. ({11}) Ich glaube nicht, dass Sie das anders sehen. Lassen Sie mich zum Schluss sagen: Es stimmt zwar, dass es unterschiedliche Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat gibt und dass di e Opposition keine Konzepte - das ist Sache der Regierun g - im Bundestag vorlegen muss. Aber im Bundesrat, in dem die Vertreter der Landesregierungen sitzen, haben Sie die gleiche Verantwortung. Die Länder sind finanzpolitisch autonom und müssen ebenfalls ihren Beitrag le isten. Die Länder und die Kommunen - das haben sich die Länder ausbedungen sind schließlich zu 55 Prozent beteiligt, wenn es darum geht, das für 2004 zulässige Defizit nicht zu überschreiten. Damit haben sie auch 55 Prozent der Verantwortung dafür, dass wir unsere V erpflichtungen im Rahmen des Europäischen Stabilitäts- u nd Wachstumpaktes einhalten. Das wird heute Abend das erste Mal sichtbar werden. ({12}) Ich hoffe, dass es unbeschadet des Streits über unterschiedliche parteipolitische Konzepte - sie sollen ja nicht hintangestellt werden - und der Tatsache, dass wir uns angesichts der untersch iedlichen Mehrheitsverhältnisse in Bundestag und Bundesrat zusammenraufen müssen, eine gemeinsame Verantwortung gibt und dass wir gerade unter dem Eindru ck der jetzigen Situation den Willen aufbringen werden, vernünftige Kompromisse im Interesse des Landes zu erzielen. Ich danke. ({13})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Jochen-Konrad Fromme, CDU/CSU-Fraktion. ({0})

Jochen Konrad Fromme (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003126, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine se hr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Aus Zeitgründen und wegen der besondere n Situation will ich mich dem Dank anschließen. Herr Eichel und Frau Hajduk, ich finde es unredlich von Ihnen, über unsere Ford erungen zu sprechen, ohne dabei unsere Einsparvorschläge zu berücksichtigen. Damit erwecken Sie den Eindruck von Unseriosität; dabei sind Sie selbst unseriös. Wir haben entsprechende Einsparvorschläge gemacht; deswegen war unser V orgehen in Ordnung. ({0}) Der Finanzminister hat eine Grundregel, die für jeden Kassenwart und für jeden Kä mmerer gilt, verletzt: Einnahmen sind vorsichtig zu schätzen und Ausgaben sind großzügig anzusetzen, damit man keinen Schiffbruch erleidet. Sie gehen genau umgekehrt vor: Die Einnahmen werden zu hoch und die Ausgaben zu niedrig angesetzt. Die Risiken berücksichtigen Sie gar nicht. Wundern Sie sich nicht, wenn Ihre Rechnung am Ende nicht aufgeht! ({1}) Die Risiken gibt es nicht erst se it gestern. Das zu behaupten ist doch eine neue Ausrede. Seit Ende letzten Jahres wissen wir von den Experten, dass die W achstumsraten anders als erwartet ausfallen und dass es Risiken gibt. Sie sagen: Man muss sich für ir gendetwas entscheiden, wenn man die Risiken bewertet. - Um eine solche Entscheidung zu tref fen, gibt es doch Gremien, Sachverständigengutachten und Ähnliches. Es ist falsch, wie Sie den Finger in den W ind zu halten, um dann zu dem Ergebnis zu kommen, das Sie gerade brauchen. Wir lassen es nicht zu, dass Sie den Krieg als Ausrede benutzen. Mit dem Krieg sind zusätzliche Risiken verbunden. Die anderen Risiken haben Sie auch nicht berücksichtigt. ({2}) Herr Eichel, Sie sind ein schlechter Kassenwart. Mit der Umstellung auf das Ha lbeinkünfteverfahren haben Sie die Auszahlung der Körperschaftsteuerguthaben mutwillig losgetreten. Wir haben Sie davor gewarnt. Die Unternehmen haben Ihnen aus guten Gründen sozusagen einen zinslosen Kredit von 36 Milliarden Euro gegeben. Das heißt, Sie haben jedes Jahr 2 bis 3 Milliarden Euro für die Bezahlung von Zinsen gespart. Jetzt müssen Sie die entsprechenden Guthaben auszahlen, weil Sie eine falsche Politik gemacht habe n, und Sie wundern sich, dass das möglich ist. Den Ka ssenwart eines Vereins, der so etwas machen würde, würde man zum Teufel jagen. ({3}) Sie haben von den Kommunen gesprochen. Die Kommunen liegen auch uns am Herzen. Aber was haben Sie denn gemacht? Sie haben alle Risiken, alle Aufgaben - Herr Schröder hat es in Niedersachsen vorexerziert den Kommunen zugeschoben und möglichst viel Geld aus dem Finanzausgleich herausgeholt. Sie haben wie niemand sonst einen Raubzug durch die kommunalen Kassen gemacht und wundern sich jetzt über das Er gebnis. Das ist doch der Punkt. ({4}) Zuletzt haben Sie behauptet, die Kommunen verschuldeten sich zu hoch, deswegen kämen wir mit Brüssel in Schwierigkeiten und daher sollten doch die Kommunen die Strafe zahlen. Das ist doch wohl der Gipfel der Unseriosität! ({5}) Herr Poß hat die Gemeindefinanzreform hier als Wundertüte dargestellt und so getan, als wenn durch diese Reform alle Probleme gelöst würden. Wenn das so ist, dann frage ich mich, warum Sie mit dieser Reform vier Jahre gewartet haben; schließlich haben Sie Ihre Versprechungen schon vor vier Jahren gemacht. Außerdem haben Sie den Eindruck erweckt, dass durch diese Reform Finanzprobleme gelöst werden, obwohl Sie gleichzeitig gesagt haben: Zusätzliches Geld von Bund und Ländern gibt es nicht. Da Sie den Kommunen keine Aufgaben nehmen, bedeutet das, dass Sie die Steuern und damit die Staatsquote erhöhen wollen. Das ist genau der falsche Weg. ({6}) Diesen Weg gehen wir nicht mit. Sie fordern uns auf, unsere Konzepte auf den Tisch zu legen. Gestern haben Sie, auch Herr Müntefering, gesagt: Wir sorgen für die Modernisierung der Gewerbesteuer. Das heißt, Sie folgen dem Vorschlag des Städtetages oder dem des Landes No rdrhein-Westfalen. In der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ habe ich ebenfalls gestern gelesen, dass Herr Clement der Wirtschaft genau das Gegenteil versprochen hat, nämlich das BDI-Modell. Ich kann Ihnen nur sagen: Ma chen Sie erst einmal mit der Kakophonie in Ihrem eigenen Laden Schluss und machen Sie Vorschläge! Wenn das geschehen ist, dann werden wir, die Opposition, Stellung nehmen. Eines sage ich Ihnen schon jetzt: Bei gewinnunabhängigen Elementen werden wir nicht mitmachen, weil das ordnungspolitisch der falsche W eg ist. Wir können bei den Betrieben, denen keine Gewinne ins Haus stehen, über Steuern doch nicht noch Liquidität abziehen. Damit würden sie in ihren wirtschaftlichen Aktivitäten noch mehr behindert. Das ist schlic ht und einfach der falsche Weg. ({7}) Auch hier handeln Sie wied er nach dem alten Strickmuster: Kommission einsetzen, wenn es populär ist, und irgendwann, bevor überhaupt die Kommission zu einem Ende gekommen ist, sagt de r Kanzler: Wir machen das so! ({8}) Andere wollen es dann ande rs machen. Daraufhin streiten Sie sich und es kommt nichts dabei heraus. Erst einmal müssen die Zahlen auf dem T isch liegen. Sie machen die Gemeindefinanzreform in einem Blindflug. Das kann es doch wohl nicht sein! Man muss die Auswirkungen sehen. Erst dann kann man entscheiden. Die besondere Situation Deutschlands hängt damit zusammen, dass wir etwas anders gemacht haben als andere Länder. Warum sind die Franzosen, die Engländer , die Griechen und die Italiener mit den Ereignissen besser fertig geworden? Auch sie haben die Auswirkungen des 11. September, der amerikanischen Wirtschaftsschwäche und der Umstellung auf den Euro zu tragen. Herr Eichel hat eben gesagt: Der Export boomt. - Das kann durch Ihre Außenpolitik übrigens sehr gefährdet werden. - Es liegt also an der Binnenschwäche. Die Binnenschwäche haben Sie selb st verursacht. Wenn Sie den Menschen über Ökosteuer , Tabaksteuer, Versicherungsteuer, Benzinsteuer und Stromsteuer das Geld wegnehmen, dann dürfen Sie sich doch nicht wundern, dass die Menschen kein Geld mehr zum Ausgeben haben. ({9}) Wenn die Menschen kein Ge ld mehr zum Ausgeben haben, dann kaufen sie nichts. Wenn sie nichts kaufen, gibt es keine Arbeit, weil nichts produziert werden muss. Dann gibt es weniger Steuereinnahmen und mehr Sozialhilfeausgaben. Das ist die Spirale, die Sie in Gang gesetzt haben und die Sie stän dig weiter beschleunigen, statt endlich für eine Richtungsumkehr in der W irtschaftspolitik zu sorgen. ({10}) Sie sagen den Kommune n: Ihr kriegt die 850 Millionen Euro aus dem Fluthilfefonds erlassen. ({11}) Im Haushaltsausschuss ist gesagt worden: W ir wollen das nicht im Haushalt etatisieren. - Das kann doch nur zwei Gründe haben: Entweder wollen Sie bei den Inves- C) D) titionen türken - das zählt ja als Investition - oder Sie wollen es den Kommunen in W ahrheit nicht geben. Haushaltsrechtlich können Sie es gar nicht; denn es kann keine außerplanmäßige Ausgabe mehr sein. W ir haben es erörtert. Sie haben es ab gelehnt. Das ist Ihre Art von Politik! ({12}) Sie suggerieren den Menschen und der EU, dass Sie einen Sparhaushalt beschließen, machen aber genau das Gegenteil. Sie verlagern in andere Kassen. Sie formulieren oben eine große Überschrift „Wir sparen“ oder „Wir erfüllen die Maastricht-Kriterien“ und im Kleingedruckten schreiben Sie: Das geht aber nur, wenn, wenn, wenn. Dabei wissen Sie ganz genau, dass dieser Fall gar nicht eintritt. Sie vertrauen dara uf, dass die Menschen das Kleingedruckte nicht lesen, und so ist es ja wahrscheinlich auch. Ich nenne das: tarnen, täuschen, verschleiern. Man kann dafür auch andere Worte finden, die im Strafgesetzbuch stehen. ({13}) Das ist Ihre Art, Politik zu machen! Die Menschen haben es begrif fen; denn sonst hätten Sie die Ergebnisse von Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Hessen nicht kassieren müssen. ({14}) Sie haben davon gesprochen, wir hätten die Spenden. Aber Sie haben die Quittung! ({15}) Wenn es in Deutschland wieder aufwärts gehen soll, dann müssen wir zu einer redlichen Haushaltspolitik zurückkommen und wir müssen das Klima verbessern. Wenn Sie nach V orschlägen fragen, dann antworte ich Ihnen: Ein Vorschlag kostet überhaupt nichts, nämlich: Rücktritt der Regierung. Das wäre das beste Konjunkturprogramm. ({16})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Schlussabstimmung über das Haushaltsgesetz 2003; das sind die Drucksachen 15/150, 15/402, 15/551 bis 15/571, 15/572, 15/573 ({0}), 15/574 und 15/704. Die Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/ Die Grünen verlangen name ntliche Abstimmung. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. - Sind die Plätze an den Abstimmungsurnen besetzt? - Das scheint so zu sein. Dann eröffne ich die Abstimmung. Ich weise darauf hin, dass nach dieser namentlichen Abstimmung zwei weitere namentliche Abstimmungen anstehen. ({1}) Wir kommen nun zum Antrag der FDP auf Drucksache 15/711. Auch zu diesem Antrag ist eine namentliche Abstimmung beantragt. Zu einer Erklärung nach § 31 unserer Geschäftsordnung zu ihrem Abstimmungsverhalten hat die Abgeordnete Pau um das W ort gebeten. Es wäre vielleicht ganz schön, wenn die zwar nicht ungemütliche, aber der Zweckbestimmung nicht ganz entsprechende Belagerung des Pultes aufgegeben würde, damit die Frau Kollegin Pau Gelegenheit hat, ihre Erklärung vorzutragen. Ich bitte darum, auch das unmittelbare Umfeld des Rednerpultes ein bisschen freizuhalten. Bitte schön, Frau Pau, Sie haben das Wort.

Petra Pau (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003206, Fraktion: Fraktionslos (Fraktionslos)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Abgeordnete Gesine Lötzsch und ich werden den Antrag der FDP ablehnen, ({0}) obwohl wir der Auffassung sind: Solange AWACS-Flug- zeuge mit deutscher Besatzung in der Krisenregion un- terwegs sind und solange Bu ndeswehrsoldaten in der Kriegsregion präsent sind, wird die Bundesrepublik in- direkt an einem völkerrechtswidrigen Angrif fskrieg be- teiligt. Wir hätten mit Ja gestimmt, wenn Sie die Befassung des Bundestages entsprechend dem Verfassungsgerichts- urteil und der Gesetzeslage beantragt hätten. Wir müssen 1) Ergebnis Seite 2920 C 2) Ergebnis Seite 2922 D Vizepräsident Dr. Norbert Lammert aber mit Nein stimmen, da wir nur in einer These Ihres Antrages mit Ihnen übereinstimmen. Wir meinen auch, dass sich der Bundestag mit diesem Thema befassen muss. Sie wollen mitsprechen und - wie ich Ihrem Antrag entnehme - zustimmen. W ir wollen mitsprechen und dieses ab lehnen. Deshalb müssen wir Ihren Antrag ebenfalls ablehnen. Danke schön. ({1})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Bevor ich die dritte namentliche Abstimmung eröffne, gebe ich Ihnen das von de n Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Schlussabstimmung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung über den Bundeshaushalt für das Haushaltsjahr 2003 bekannt. Abgegebene Stimmen 583. Mit Ja haben gestimmt 301, mit Nein haben gestimmt 282 Mitglieder des Bundestages. Enthaltungen gab es keine. Damit ist der Gesetzentwurf angenommen. Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 583; davon ja: 301 nein: 282 Ja SPD Dr. Lale Akgün Gerd Andres Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Hermann Bachmaier Sabine Bätzing Ernst Bahr ({0}) Doris Barnett Dr. Hans-Peter Bartels Eckhardt Barthel ({1}) Klaus Barthel ({2}) Sören Bartol Uwe Beckmeyer Klaus Uwe Benneter Dr. Axel Berg Ute Berg Hans-Werner Bertl Petra Bierwirth Rudolf Bindig Lothar Binding ({3}) Kurt Bodewig Gerd Friedrich Bollmann Willi Brase Bernhard Brinkmann ({4}) Hans-Günter Bruckmann Marco Bülow Dr. Michael Bürsch Hans Büttner ({5}) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Hans Martin Bury Marion Caspers-Merk Dr. Herta Däubler-Gmelin Dr. Peter Wilhelm Danckert Karl Diller Martin Dörmann Peter Dreßen Detlef Dzembritzki Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann Marga Elser Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Annette Faße Elke Ferner Gabriele Fograscher Rainer Fornahl Gabriele Frechen Dagmar Freitag Lilo Friedrich ({6}) Iris Gleicke Günter Gloser Uwe Göllner Renate Gradistanac Angelika Graf ({7}) Dieter Grasedieck Monika Griefahn Kerstin Griese Gabriele Groneberg Achim Großmann Wolfgang Grotthaus Karl-Hermann Haack ({8}) Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Alfred Hartenbach Michael Hartmann ({9}) Hubertus Heil Reinhold Hemker Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Petra Heß Monika Heubaum Gabriele Hiller-Ohm Stephan Hilsberg Gerd Höfer Jelena Hoffmann ({10}) Walter Hoffmann ({11}) Iris Hoffmann ({12}) Frank Hofmann ({13}) Eike Hovermann Klaas Hübner Christel Humme Lothar Ibrügger Brunhilde Irber Renate Jäger Jann-Peter Janssen Klaus-Werner Jonas Johannes Kahrs Ulrich Kasparick Dr. h.c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Hans-Peter Kemper Klaus Kirschner Hans-Ulrich Klose Astrid Klug Dr. Heinz Köhler Fritz Rudolf Körper Walter Kolbow Karin Kortmann Rolf Kramer Anette Kramme Ernst Kranz Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Dr. Hans-Ulrich Krüger Horst Kubatschka Ernst Küchler Helga Kühn-Mengel Dr. Uwe Küster Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange ({14}) Christine Lehder Waltraud Lehn Dr. Elke Leonhard Eckhart Lewering Gabriele Lösekrug-Möller Götz-Peter Lohmann Erika Lotz Dr. Christine Lucyga Dirk Manzewski Tobias Marhold Caren Marks Christoph Matschie Hilde Mattheis Markus Meckel Ulrike Mehl Petra-Evelyne Merkel Ulrike Merten Angelika Mertens Ursula Mogg Michael Müller ({15}) Christian Müller ({16}) Dr. Rolf Mützenich Gesine Multhaupt Volker Neumann ({17}) Dr. Erika Ober Holger Ortel Heinrich Paula Johannes Pflug Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Karin Rehbock-Zureich Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Christel RiemannHanewinckel Walter Riester Reinhold Robbe René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth ({18}) Michael Roth ({19}) Gerhard Rübenkönig Ortwin Runde Marlene Rupprecht ({20}) Thomas Sauer Anton Schaaf Axel Schäfer ({21}) Gudrun Schaich-Walch Rudolf Scharping Bernd Scheelen Dr. Hermann Scheer Siegfried Scheffler Horst Schild Otto Schily Horst Schmidbauer ({22}) Ulla Schmidt ({23}) Dagmar Schmidt ({24}) Wilhelm Schmidt ({25}) Heinz Schmitt ({26}) Carsten Schneider Walter Schöler Karsten Schönfeld Fritz Schösser Olaf Scholz Vizepräsident Dr. Norbert Lammert Wilfried Schreck Ottmar Schreiner Gerhard Schröder Gisela Schröter Brigitte Schulte ({27}) Reinhard Schultz ({28}) Swen Schulz ({29}) Dr. Angelica Schwall-Düren Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Erika Simm Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk Dr. Cornelie SonntagWolgast Dr. Margrit Spielmann Jörg-Otto Spiller Dr. Ditmar Staffelt Ludwig Stiegler Rolf Stöckel Christoph Strässer Rita Streb-Hesse Dr. Peter Struck Joachim Stünker Jörg Tauss Jella Teuchner Dr. Gerald Thalheim Franz Thönnes Hans-Jürgen Uhl Rüdiger Veit Jörg Vogelsänger Ute Vogt ({30}) Dr. Marlies Volkmer Hans Georg Wagner Hedi Wegener Andreas Weigel Reinhard Weis ({31}) Petra Weis Matthias Weisheit Gunter Weißgerber ({32}) Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker Jochen Welt Dr. Rainer Wend Lydia Westrich Inge Wettig-Danielmeier Dr. Margrit Wetzel Andrea Wicklein Jürgen Wieczorek ({33}) Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Dieter Wiefelspütz Brigitte Wimmer ({34}) Engelbert Wistuba Barbara Wittig Dr. Wolfgang Wodarg Verena Wohlleben Waltraud Wolff ({35}) Heidi Wright Uta Zapf Manfred Helmut Zöllmer Dr. Christoph Zöpel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck ({36}) Volker Beck ({37}) Cornelia Behm Birgitt Bender Matthias Berninger Grietje Bettin Alexander Bonde Ekin Deligöz Dr. Thea Dückert Jutta Dümpe-Krüger Franziska Eichstädt-Bohlig Dr. Uschi Eid Hans-Josef Fell Joseph Fischer ({38}) Katrin-Dagmar GöringEckardt Winfried Hermann Peter Hettlich Ulrike Höfken Thilo Hoppe Michaele Hustedt Renate Künast Undine Kurth ({39}) Markus Kurth Dr. Reinhard Loske Anna Lührmann Jerzy Montag Kerstin Müller ({40}) Winfried Nachtwei Christa Nickels Friedrich Ostendorff Simone Probst Claudia Roth ({41}) Krista Sager Christine Scheel Irmingard Schewe-Gerigk Rezzo Schlauch Albert Schmidt ({42}) Werner Schulz ({43}) Petra Selg Ursula Sowa Rainder Steenblock Silke Stokar von Neuforn Hans-Christian Ströbele Jürgen Trittin Marianne Tritz Hubert Ulrich Dr. Antje Vogel-Sperl Dr. Ludger Volmer Josef Philip Winkler Margareta Wolf ({44}) Nein CDU/CSU Ulrich Adam Ilse Aigner Peter Altmaier Dietrich Austermann Norbert Barthle Dr. Wolf Bauer Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck ({45}) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Otto Bernhardt Dr. Rolf Bietmann Clemens Binninger Renate Blank Peter Bleser Antje Blumenthal Dr. Maria Böhmer Wolfgang Börnsen ({46}) Dr. Wolfgang Bötsch Jochen Borchert Wolfgang Bosbach Klaus Brähmig Dr. Ralf Brauksiepe Helge Braun Monika Brüning Georg Brunnhuber Hartmut Büttner ({47}) Verena Butalikakis Cajus Caesar Manfred Carstens ({48}) Peter H. Carstensen ({49}) Gitta Connemann Leo Dautzenberg Hubert Deittert Albert Deß Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Vera Dominke Maria Eichhorn Rainer Eppelmann Anke Eymer ({50}) Georg Fahrenschon Ilse Falk Dr. Hans Georg Faust Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer ({51}) Dirk Fischer ({52}) Axel E. Fischer ({53}) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Dr. Hans-Peter Friedrich ({54}) Erich G. Fritz Dr. Michael Fuchs Dr. Jürgen Gehb Norbert Geis Roland Gewalt Eberhard Gienger Georg Girisch Michael Glos Ralf Göbel Dr. Reinhard Göhner Tanja Gönner Josef Göppel Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Kurt-Dieter Grill Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg Olav Gutting Holger-Heinrich Haibach Gerda Hasselfeldt Klaus-Jürgen Hedrich Helmut Heiderich Ursula Heinen Siegfried Helias Uda Carmen Freia Heller Michael Hennrich Jürgen Herrmann Bernd Heynemann Ernst Hinsken Robert Hochbaum Joachim Hörster Klaus Hofbauer Martin Hohmann Hubert Hüppe Susanne Jaffke Dr. Peter Jahr Dr. Egon Jüttner Steffen Kampeter Irmgard Karwatzki Bernhard Kaster Siegfried Kauder ({55}) Volker Kauder Gerlinde Kaupa Eckart von Klaeden Jürgen Klimke Julia Klöckner Kristina Köhler Norbert Königshofen Manfred Kolbe Hartmut Koschyk Rudolf Kraus Michael Kretschmer Günther Krichbaum Günter Krings Dr. Martina Krogmann Dr. Hermann Kues Werner Kuhn ({56}) Dr. Karl A. Lamers ({57}) Barbara Lanzinger Vera Lengsfeld Werner Lensing Peter Letzgus Ursula Lietz Walter Link ({58}) Eduard Lintner Dr. Klaus W. Lippold ({59}) Patricia Lips Dr. Michael Luther Vizepräsident Dr. Norbert Lammert Dorothee Mantel Erwin Marschewski ({60}) Stephan Mayer ({61}) Conny Mayer ({62}) Dr. Martin Mayer ({63}) Wolfgang Meckelburg Dr. Michael Meister Friedrich Merz Laurenz Meyer ({64}) Doris Meyer ({65}) Maria Michalk Hans Michelbach Klaus Minkel Marlene Mortler Stefan Müller ({66}) Bernward Müller ({67}) Dr. Gerd Müller Hildegard Müller Bernd Neumann ({68}) Henry Nitzsche Michaela Noll Claudia Nolte Günter Nooke Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Melanie Oßwald Eduard Oswald Rita Pawelski Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Dr. Friedbert Pflüger Beatrix Philipp Ronald Pofalla Ruprecht Polenz Daniela Raab Thomas Rachel Hans Raidel Dr. Peter Ramsauer Peter Rauen Christa Reichard ({69}) Katherina Reiche Hans-Peter Repnik Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Hannelore Roedel Dr. Norbert Röttgen Franz-Xaver Romer Heinrich-Wilhelm Ronsöhr Dr. Klaus Rose Dr. Christian Ruck Volker Rühe Albert Rupprecht ({70}) Peter Rzepka Anita Schäfer ({71}) Hartmut Schauerte Andreas Scheuer Norbert Schindler Georg Schirmbeck Bernd Schmidbauer Christian Schmidt ({72}) Andreas Schmidt ({73}) Dr. Andreas Schockenhoff Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Wilhelm Josef Sebastian Horst Seehofer Kurt Segner Matthias Sehling Marion Seib Heinz Seiffert Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Erika Steinbach Christian von Stetten Gero Storjohann Andreas Storm Max Straubinger Matthäus Strebl Thomas Strobl ({74}) Michael Stübgen Antje Tillmann Edeltraut Töpfer Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Uwe Vogel Angelika Volquartz Andrea Astrid Voßhoff Gerhard Wächter Marko Wanderwitz Peter Weiß ({75}) Gerald Weiß ({76}) Ingo Wellenreuther Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Willy Wimmer ({77}) Werner Wittlich Elke Wülfing Wolfgang Zeitlmann Wolfgang Zöller FDP Daniel Bahr ({78}) Ernst Burgbacher Helga Daub Jörg van Essen Otto Fricke Horst Friedrich ({79}) Rainer Funke Hans-Michael Goldmann Joachim Günther ({80}) Dr. Karlheinz Guttmacher Dr. Christel Happach-Kasan Christoph Hartmann ({81}) Klaus Haupt Ulrich Heinrich Birgit Homburger Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Jürgen Koppelin Sibylle Laurischk Harald Leibrecht Ina Lenke Sabine LeutheusserSchnarrenberger Markus Löning Günther Friedrich Nolting Hans-Joachim Otto ({82}) Detlef Parr Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Andreas Pinkwart Dr. Günter Rexrodt Marita Sehn Dr. Hermann Otto Solms Carl-Ludwig Thiele Dr. Dieter Thomae Jürgen Türk Dr. Guido Westerwelle Dr. Claudia Winterstein Fraktionslose Abgeordnete Petra Pau CDU/CSU Wir kommen zur dritten namentlichen Abstimmung. Sind alle Urnen besetzt? - Das scheint der Fall zu sein. Dann eröffne ich hiermit die dritte namentliche Abstimmung. Gibt es ein anwesendes Mitglied des Bundestages, das seine Stimmkarte noch nicht abgegeben hat? - Das scheint nicht der Fall zu sein. Dann schließe ich die Ab- stimmung. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen . Das Er gebnis dieser na- mentlichen Abstimmung gebe ich später bekannt.1) 1) Ergebnis Seite 2926 D Ich kann inzwischen das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Kalb, Dr . Ramsauer, Dr. Meister, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 2003 bekannt geben. Abgege bene Stimmen 578. Mit Ja haben gestimmt 279, mit Nein haben gestimmt 299. Der Entschließungsantrag ist damit abgelehnt. Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen V ersammlungen des Europarates und der WEU, der Parlamentarischen Versammlung der NATO, der OSZE oder der IPU Rauber, Helmut Vizepräsident Dr. Norbert Lammert Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 578; davon ja: 279 nein: 299 Ja CDU/CSU Ulrich Adam Ilse Aigner Peter Altmaier Dietrich Austermann Norbert Barthle Dr. Wolf Bauer Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck ({83}) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Otto Bernhardt Dr. Rolf Bietmann Clemens Binninger Renate Blank Peter Bleser Antje Blumenthal Dr. Maria Böhmer Jochen Borchert Wolfgang Börnsen ({84}) Dr. Wolfgang Bötsch Wolfgang Bosbach Klaus Brähmig Dr. Ralf Brauksiepe Helge Braun Monika Brüning Georg Brunnhuber Hartmut Büttner ({85}) Verena Butalikakis Cajus Caesar Manfred Carstens ({86}) Peter H. Carstensen ({87}) Gitta Connemann Leo Dautzenberg Hubert Deittert Albert Deß Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Vera Dominke Maria Eichhorn Rainer Eppelmann Anke Eymer ({88}) Georg Fahrenschon Ilse Falk Dr. Hans Georg Faust Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer ({89}) Dirk Fischer ({90}) Axel E. Fischer ({91}) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Dr. Hans-Peter Friedrich ({92}) Erich G. Fritz Dr. Michael Fuchs Dr. Jürgen Gehb Norbert Geis Roland Gewalt Georg Girisch Michael Glos Ralf Göbel Dr. Reinhard Göhner Tanja Gönner Josef Göppel Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Kurt-Dieter Grill Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg Olav Gutting Holger Haibach Gerda Hasselfeldt Klaus-Jürgen Hedrich Helmut Heiderich Ursula Heinen Siegfried Helias Uda Carmen Freia Heller Michael Hennrich Jürgen Herrmann Bernd Heynemann Ernst Hinsken Robert Hochbaum Joachim Hörster Klaus Hofbauer Martin Hohmann Hubert Hüppe Susanne Jaffke Dr. Peter Jahr Dr. Egon Jüttner Steffen Kampeter Irmgard Karwatzki Bernhard Kaster Siegfried Kauder ({93}) Volker Kauder Gerlinde Kaupa Eckart von Klaeden Jürgen Klimke Julia Klöckner Kristina Köhler Norbert Königshofen Manfred Kolbe Hartmut Koschyk Rudolf Kraus Michael Kretschmer Günther Krichbaum Günter Krings Dr. Martina Krogmann Dr. Hermann Kues Werner Kuhn ({94}) Dr. Karl A. Lamers ({95}) Barbara Lanzinger Vera Lengsfeld Werner Lensing Peter Letzgus Ursula Lietz Walter Link ({96}) Eduard Lintner Dr. Klaus W. Lippold ({97}) Patricia Lips Dr. Michael Luther Dorothee Mantel Erwin Marschewski ({98}) Stephan Mayer ({99}) Conny Mayer ({100}) Dr. Martin Mayer ({101}) Wolfgang Meckelburg Dr. Michael Meister Friedrich Merz Laurenz Meyer ({102}) Doris Meyer ({103}) Maria Michalk Hans Michelbach Klaus Minkel Marlene Mortler Stefan Müller ({104}) Bernward Müller ({105}) Dr. Gerd Müller Hildegard Müller Bernd Neumann ({106}) Henry Nitzsche Michaela Noll Claudia Nolte Günter Nooke Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Melanie Oßwald Eduard Oswald Rita Pawelski Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Dr. Friedbert Pflüger Beatrix Philipp Ronald Pofalla Ruprecht Polenz Daniela Raab Thomas Rachel Hans Raidel Dr. Peter Ramsauer Peter Rauen Christa Reichard ({107}) Katherina Reiche Hans-Peter Repnik Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Hannelore Roedel Dr. Norbert Röttgen Franz-Xaver Romer Heinrich-Wilhelm Ronsöhr Dr. Klaus Rose Dr. Christian Ruck Volker Rühe Albert Rupprecht ({108}) Peter Rzepka Anita Schäfer ({109}) Hartmut Schauerte Andreas Scheuer Norbert Schindler Georg Schirmbeck Bernd Schmidbauer Christian Schmidt ({110}) Andreas Schmidt ({111}) Dr. Andreas Schockenhoff Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Wilhelm Josef Sebastian Horst Seehofer Kurt Segner Matthias Sehling Marion Seib Heinz Seiffert Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Erika Steinbach Christian von Stetten Gero Storjohann Andreas Storm Max Straubinger Matthäus Strebl Thomas Strobl ({112}) Michael Stübgen Antje Tillmann Edeltraut Töpfer Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Uwe Vogel Angelika Volquartz Andrea Astrid Voßhoff Gerhard Wächter Marko Wanderwitz Peter Weiß ({113}) Gerald Weiß ({114}) Ingo Wellenreuther Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Willy Wimmer ({115}) Werner Wittlich Elke Wülfing Wolfgang Zeitlmann Wolfgang Zöller FDP Daniel Bahr ({116}) Ernst Burgbacher Helga Daub Jörg van Essen Otto Fricke Horst Friedrich ({117}) Rainer Funke Hans-Michael Goldmann Vizepräsident Dr. Norbert Lammert Joachim Günther ({118}) Dr. Karlheinz Guttmacher Dr. Christel Happach-Kasan Christoph Hartmann ({119}) Klaus Haupt Ulrich Heinrich Birgit Homburger Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Jürgen Koppelin Sibylle Laurischk Harald Leibrecht Ina Lenke Sabine LeutheusserSchnarrenberger Markus Löning Günther Friedrich Nolting Hans-Joachim Otto ({120}) Detlef Parr Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Andreas Pinkwart Dr. Günter Rexrodt Marita Sehn Dr. Hermann Otto Solms Carl-Ludwig Thiele Dr. Dieter Thomae Jürgen Türk Dr. Guido Westerwelle Dr. Claudia Winterstein Dr. Gersine Lötzsch Nein SPD Dr. Lale Akgün Gerd Andres Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Hermann Bachmaier Sabine Bätzing Ernst Bahr ({121}) Doris Barnett Dr. Hans-Peter Bartels Eckhardt Barthel ({122}) Klaus Barthel ({123}) Sören Bartol Uwe Beckmeyer Klaus Uwe Benneter Dr. Axel Berg Ute Berg Hans-Werner Bertl Petra Bierwirth Rudolf Bindig Lothar Binding ({124}) Kurt Bodewig Gerd Friedrich Bollmann Willi Brase Bernhard Brinkmann ({125}) Hans-Günter Bruckmann Marco Bülow Dr. Michael Bürsch Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Hans Martin Bury Marion Caspers-Merk Dr. Herta Däubler-Gmelin Dr. Peter Danckert Karl Diller Martin Dörmann Peter Dreßen Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann Marga Elser Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Annette Faße Elke Ferner Gabriele Fograscher Rainer Fornahl Gabriele Frechen Dagmar Freitag Lilo Friedrich ({126}) Iris Gleicke Günter Gloser Uwe Göllner Renate Gradistanac Angelika Graf ({127}) Dieter Grasedieck Monika Griefahn Kerstin Griese Gabriele Groneberg Achim Großmann Wolfgang Grotthaus Karl-Hermann Haack ({128}) Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Alfred Hartenbach Michael Hartmann ({129}) Hubertus Heil Reinhold Hemker Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Petra Heß Monika Heubaum Gabriele Hiller-Ohm Stephan Hilsberg Gerd Höfer Jelena Hoffmann ({130}) Walter Hoffmann ({131}) Iris Hoffmann ({132}) Frank Hofmann ({133}) Eike Hovermann Klaas Hübner Christel Humme Lothar Ibrügger Brunhilde Irber Renate Jäger Jann-Peter Janssen Klaus-Werner Jonas Johannes Kahrs Ulrich Kasparick Dr. h.c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Hans-Peter Kemper Klaus Kirschner Hans-Ulrich Klose Astrid Klug Dr. Heinz Köhler Fritz Rudolf Körper Walter Kolbow Karin Kortmann Rolf Kramer Anette Kramme Ernst Kranz Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Dr. Hans-Ulrich Krüger Horst Kubatschka Ernst Küchler Helga Kühn-Mengel Dr. Uwe Küster Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange ({134}) Christine Lehder Waltraud Lehn Dr. Elke Leonhard Eckhart Lewering Gabriele Lösekrug-Möller Götz-Peter Lohmann Erika Lotz Dr. Christine Lucyga Dirk Manzewski Tobias Marhold Caren Marks Christoph Matschie Hilde Mattheis Markus Meckel Ulrike Mehl Petra-Evelyne Merkel Ulrike Merten Angelika Mertens Ursula Mogg Michael Müller ({135}) Christian Müller ({136}) Dr. Rolf Mützenich Gesine Multhaupt Volker Neumann ({137}) Dr. Erika Ober Holger Ortel Heinrich Paula Johannes Pflug Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Karin Rehbock-Zureich Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Christel RiemannHanewinckel Walter Riester Reinhold Robbe René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth ({138}) Michael Roth ({139}) Gerhard Rübenkönig Ortwin Runde Marlene Rupprecht ({140}) Thomas Sauer Anton Schaaf Axel Schäfer ({141}) Gudrun Schaich-Walch Rudolf Scharping Bernd Scheelen Dr. Hermann Scheer Siegfried Scheffler Horst Schild Otto Schily Horst Schmidbauer ({142}) Ulla Schmidt ({143}) Dagmar Schmidt ({144}) Wilhelm Schmidt ({145}) Heinz Schmitt ({146}) Carsten Schneider Walter Schöler Karsten Schönfeld Fritz Schösser Olaf Scholz Wilfried Schreck Ottmar Schreiner Gerhard Schröder Gisela Schröter Brigitte Schulte ({147}) Reinhard Schultz ({148}) Swen Schulz ({149}) Dr. Angelica Schwall-Düren Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Erika Simm Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk Dr. Cornelie SonntagWolgast Dr. Margrit Spielmann Jörg-Otto Spiller Dr. Ditmar Staffelt Ludwig Stiegler Rolf Stöckel Christoph Strässer Rita Streb-Hesse Dr. Peter Struck Joachim Stünker Jörg Tauss Jella Teuchner Dr. Gerald Thalheim Franz Thönnes Hans-Jürgen Uhl Rüdiger Veit Jörg Vogelsänger Ute Vogt ({150}) Dr. Marlies Volkmer Hans Georg Wagner Hedi Wegener Andreas Weigel Reinhard Weis ({151}) Petra Weis Matthias Weisheit Gunter Weißgerber Vizepräsident Dr. Norbert Lammert ({152}) Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker Jochen Welt Dr. Rainer Wend Lydia Westrich Inge Wettig-Danielmeier Dr. Margrit Wetzel Andrea Wicklein Jürgen Wieczorek ({153}) Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Dieter Wiefelspütz Brigitte Wimmer ({154}) Engelbert Wistuba Barbara Wittig Dr. Wolfgang Wodarg Verena Wohlleben Waltraud Wolff ({155}) Heidi Wright Uta Zapf Manfred Helmut Zöllmer Dr. Christoph Zöpel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck ({156}) Volker Beck ({157}) Cornelia Behm Birgitt Bender Matthias Berninger Grietje Bettin Alexander Bonde Ekin Deligöz Dr. Thea Dückert Jutta Dümpe-Krüger Franziska Eichstädt-Bohlig Dr. Uschi Eid Hans-Josef Fell Joseph Fischer ({158}) Katrin Dagmar GöringEckardt Winfried Hermann Peter Hettlich Ulrike Höfken Thilo Hoppe Michaele Hustedt Renate Künast Undine Kurth ({159}) Markus Kurth Dr. Reinhard Loske Anna Lührmann Jerzy Montag Kerstin Müller ({160}) Winfried Nachtwei Christa Nickels Friedrich Ostendorff Simone Probst Claudia Roth ({161}) Krista Sager Christine Scheel Irmingard Schewe-Gerigk Rezzo Schlauch Albert Schmidt ({162}) Werner Schulz ({163}) Petra Selg Ursula Sowa Rainder Steenblock Silke Stokar von Neuforn Hans-Christian Ströbele Jürgen Trittin Marianne Tritz Hubert Ulrich Dr. Antje Vogel-Sperl Dr. Ludger Volmer Josef Philip Winkler Margareta Wolf ({164}) Fraktionslose Abgeordnete Petra Pau CDU/CSU Wir setzen die Abstimmungen fort. Ich rufe nun den Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 15/635 auf. W er stimmt für diesen Entschließungsantrag? - Wer stimmt dagegen? - W er enthält sich? - Der Entschließungsantrag ist abgelehnt. Ich rufe den Entschließungs antrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 15/639 auf. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? - Wer stimmt dagegen? Enthaltungen? - Auch dieser Antrag ist abgelehnt. Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 15/671. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Entschließungsantrag ist mit gleicher Mehrheit abgelehnt. Ich rufe den Entschließungs antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 15/676 auf. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? - W er stimmt dagegen? - W er enthält sich? - Der Entschließungsantrag ist ebenfalls abgelehnt. Das noch nicht vorliegende Er gebnis der letzten namentlichen Abstimmung werde ich später bekannt geben. Ich schlage vor, dass wir in der Tagesordnung fortfahren, und rufe deshalb den Zusatzpunkt 3 unserer Tagesordnung auf: - Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses ({165}) zu dem Antrag der Bundesregierung: Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem EU-geführten Einsatz auf mazedonischem Territorium zur weiteren Stabilisierung des Friedensprozesses und zum Schutz von Beobachtern internationaler Organisationen im Rahmen der weiter en Implementierung des politischen Rahmenabkommens vom 13. August 2001 auf der Grundlage des Ersuchens des mazedonischen Präsidenten T rajkovski vom 17. Januar 2003 und der Resolution 1371 ({166}) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 26. September 2001 - Drucksachen 15/696, 15/709 Berichterstattung: Abgeordnete Volker Rühe Gert Weisskirchen ({167}) Dr. Friedbert Pflüger Dr. Werner Hoyer - Bericht des Haushaltsausschusses ({168}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache 15/710 Berichterstattung: Abgeordnete Antje Hermenau Herbert Frankenhauser Jürgen Koppelin Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitglied schaft in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates und der WEU, der Parlamentarischen Versammlung der NATO, der OSZE oder der IPU Rauber, Helmut Vizepräsident Dr. Norbert Lammert Interfraktionell ist vereinbart worden, dass von der Frist für den Beginn der Beratung abgewichen werden soll. Sind Sie damit einverstanden? - Ich stelle keinen Widerspruch fest. Dann haben wir das so beschlossen. Ich weise darauf hin, dass wir über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu diesem Tagesordnungspunkt später namentlich abstimmen werden. Interfraktionell ist für die Aussprache eine Fünfminutenrunde vereinbart worden. - Auch dazu gibt es of fensichtlich keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Als ersten Redner erteile ich dem Kollegen Gert Weisskirchen für die SPD-Fraktion das Wort.

Gert Weisskirchen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002465, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Welch ein Gegensatz: Vorhin haben wir darüber debattiert, dass heute der erste T ag eines, wie wir fürchten, durchaus schrecklichen Krieges ist. Militärische Gewalt durchbricht jetzt im Irak ein politisches Handeln, mit dem versucht wurde, ein T errorregime mit friedlichen Mitteln abzurüsten. Jetzt debattieren wir darüber , wie es gelungen ist und weiterhin gelingen wird, dass politisches Handeln militärisches Handeln durchbricht und zugleich dafür sorgt, dass zivile Lösungswege in einem Land beschritten werden, das am Rande eines Bür gerkrieges oder fast schon mitten in einem Bür gerkrieg stand. Welch ein großer Gegensatz! Das ist genau die Alternative, vor der wir stehen: auf der einen Seite die militärische Option und auf der anderen Seite die zivile Option. Letztere wollen wir heute beschließen. Ein besseres, klareres und überzeugenderes Beispiel dafür , wie wir Europäer unsere Probleme lösen, kann man heute gar nicht finden. ({0}) Auch hier muss man noch einmal deutlich sagen, dass wir dazu selbstverständlich auch die USA brauchen. Wir brauchen sie, damit in Südosteuropa die Probleme wirklich gelöst werden. Wir wollen, dass die USA eine konstruktive Leistung in diesen Prozess einbringen. Am Anfang waren es die USA, die den Europäern, die zerstritten und durcheinander gewesen sind, gesagt haben, dass auch militärische Gewalt eingesetzt werden müsse. Wir haben uns dem im Kosovo und anderswo angeschlossen. Aber wir haben auch erkennen können, dass nur dann, wenn multilateral zusammengearbeitet wird, wenn also die USA dazu bereit sind, ihre starke Machtposition einzubringen, wenn die Europäische Union dazu bereit ist, ihre Kraft in den zivilen Aufbau zu stecken, und wenn die UNO dazu bereit ist, die Federführung zu übernehmen, ein Modell entsteht, das künftig besser geeignet ist, die Pr obleme zu lösen, als das M odell, das wir heute im Irak erleben. ({1}) Die Außenministerin von Mazedonien, Ilinka Mi treva, hat mir zu dieser Debatte gerade ein T elegramm geschickt, in dem sie schreibt: Eine Zustimmung zum Antrag der Bundesregierung bedeutete, dass die Präsenz der EU-Kräfte ein neues Kapitel ankündigt, indem die Europäische Union ein Mandat der NA TO übernehme und endlich dafür sorge, dass ESVP, über das viel debattiert wurde, endlich auch die militärische Kraft entwickelt, die erforderlich ist, damit wi r in Europa unsere eigenen Probleme selbstständig lösen können. Dies zeigt, dass in Mazedonien erwartet und gewü nscht, ja, sogar verlangt wird, dass wir heute diesen Beschluss fassen. Ich wiederhole: W as wir heute gemeinsam verabschieden, ist das richtige Modell. Ich bin froh darüber , dass das gesamte Haus diesen Beschluss fassen wird. Wir haben dabei gelernt - dies war in den beiden Koalitionsfraktionen durchaus schwierig -, dass wir auch bereit sein müssen, militärisc he Gewalt einzusetzen. Entscheidend dabei ist aber , Herr Gerhardt, dass die militärische Gewalt als ein Faktor der Stabilisierung von zivilen Prozessen einges etzt wird, nicht aber , um zivile Prozesse zu durchbrechen, wie es gegenwärtig im Irak geschieht. ({2}) Hieran zeigt sich deutlich, um welches Modell es uns geht. ({3}) Es ist ein Qualitätssprung, die von der NA TO beschlossene Operation Allied Harmony jetzt von der Europäischen Union fortzusetzen. Die Bundesregierung hat seit dem Gipfel in Köln dafür gesorgt, dass diese Chance eröffnet worden ist. Ich bin froh darüber , dass wir diese Chance - die Europäische Union macht mit diesem Beschluss einen Qualitätssprung - jetzt auch nutzen . ({4})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Bevor ich dem nächsten Redner das W ort gebe, gebe ich das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der dritten namentlichen Abstimmung bekannt. Sie bezog sich auf den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr . Westerwelle, Brüderle, Homburger und weiterer Abgeordneter sowie der Fraktion der FDP zur dritten Beratung des Haushaltsgesetzes 2003. Abgegebene Stimmen 583. Mit Ja haben gestimmt 274, mit Nein haben gestimmt 303 Mitglieder des Bundestages, Enthaltungen 6. Der Entschließungsantrag ist damit abgelehnt. Vizepräsident Dr. Norbert Lammert Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 583; davon ja: 274 nein: 303 enthalten: 6 Ja CDU/CSU Ulrich Adam Ilse Aigner Peter Altmaier Dietrich Austermann Norbert Barthle Dr. Wolf Bauer Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck ({0}) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Otto Bernhardt Dr. Rolf Bietmann Clemens Binninger Renate Blank Peter Bleser Antje Blumenthal Dr. Maria Böhmer Wolfgang Börnsen ({1}) Dr. Wolfgang Bötsch Jochen Borchert Wolfgang Bosbach Klaus Brähmig Dr. Ralf Brauksiepe Helge Braun Monika Brüning Georg Brunnhuber Hartmut Büttner ({2}) Verena Butalikakis Cajus Caesar Peter H. Carstensen ({3}) Gitta Connemann Leo Dautzenberg Hubert Deittert Albert Deß Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Vera Dominke Maria Eichhorn Rainer Eppelmann Anke Eymer ({4}) Georg Fahrenschon Ilse Falk Dr. Hans Georg Faust Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer ({5}) Dirk Fischer ({6}) Axel E. Fischer ({7}) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Dr. Hans-Peter Friedrich ({8}) Erich G. Fritz Dr. Michael Fuchs Dr. Jürgen Gehb Norbert Geis Roland Gewalt Eberhard Gienger Georg Girisch Michael Glos Ralf Göbel Dr. Reinhard Göhner Tanja Gönner Josef Göppel Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Kurt-Dieter Grill Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Olav Gutting Holger Haibach Gerda Hasselfeldt Helmut Heiderich Ursula Heinen Siegfried Helias Uda Carmen Freia Heller Michael Hennrich Jürgen Herrmann Bernd Heynemann Ernst Hinsken Robert Hochbaum Joachim Hörster Klaus Hofbauer Martin Hohmann Hubert Hüppe Susanne Jaffke Dr. Peter Jahr Steffen Kampeter Irmgard Karwatzki Bernhard Kaster Siegfried Kauder ({9}) Volker Kauder Gerlinde Kaupa Eckart von Klaeden Jürgen Klimke Julia Klöckner Kristina Köhler Norbert Königshofen Manfred Kolbe Hartmut Koschyk Rudolf Kraus Michael Kretschmer Günther Krichbaum Günter Krings Dr. Martina Krogmann Dr. Hermann Kues Werner Kuhn ({10}) Dr. Karl A. Lamers ({11}) Barbara Lanzinger Vera Lengsfeld Werner Lensing Peter Letzgus Ursula Lietz Walter Link ({12}) Eduard Lintner Dr. Klaus W. Lippold ({13}) Patricia Lips Dr. Michael Luther Dorothee Mantel Erwin Marschewski ({14}) Stephan Mayer ({15}) Conny Mayer ({16}) Dr. Martin Mayer ({17}) Wolfgang Meckelburg Dr. Michael Meister Friedrich Merz Laurenz Meyer ({18}) Doris Meyer ({19}) Maria Michalk Hans Michelbach Klaus Minkel Marlene Mortler Stefan Müller ({20}) Bernward Müller ({21}) Dr. Gerd Müller Hildegard Müller Bernd Neumann ({22}) Henry Nitzsche Michaela Noll Claudia Nolte Günter Nooke Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Melanie Oßwald Eduard Oswald Rita Pawelski Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Dr. Friedbert Pflüger Beatrix Philipp Ronald Pofalla Daniela Raab Thomas Rachel Hans Raidel Dr. Peter Ramsauer Peter Rauen Christa Reichard ({23}) Katherina Reiche Hans-Peter Repnik Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Hannelore Roedel Dr. Norbert Röttgen Franz-Xaver Romer Heinrich-Wilhelm Ronsöhr Dr. Klaus Rose Dr. Christian Ruck Albert Rupprecht ({24}) Peter Rzepka Anita Schäfer ({25}) Hartmut Schauerte Andreas Scheuer Norbert Schindler Georg Schirmbeck Bernd Schmidbauer Christian Schmidt ({26}) Andreas Schmidt ({27}) Dr. Andreas Schockenhoff Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Wilhelm Josef Sebastian Horst Seehofer Kurt Segner Matthias Sehling Marion Seib Heinz Seiffert Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Erika Steinbach Christian von Stetten Gero Storjohann Andreas Storm Max Straubinger Matthäus Strebl Thomas Strobl ({28}) Michael Stübgen Antje Tillmann Edeltraut Töpfer Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Uwe Vogel Angelika Volquartz Andrea Astrid Voßhoff Gerhard Wächter Marko Wanderwitz Peter Weiß ({29}) Gerald Weiß ({30}) Ingo Wellenreuther Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Willy Wimmer ({31}) Werner Wittlich Elke Wülfing Wolfgang Zeitlmann Wolfgang Zöller FDP Daniel Bahr ({32}) Ernst Burgbacher Helga Daub Jörg van Essen Otto Fricke Horst Friedrich ({33}) Rainer Funke Hans-Michael Goldmann Joachim Günther ({34}) Dr. Karlheinz Guttmacher Dr. Christel Happach-Kasan Christoph Hartmann ({35}) Klaus Haupt Vizepräsident Dr. Norbert Lammert Ulrich Heinrich Birgit Homburger Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Jürgen Koppelin Sibylle Laurischk Harald Leibrecht Ina Lenke Sabine LeutheusserSchnarrenberger Markus Löning Günther Friedrich Nolting Hans-Joachim Otto ({36}) Detlef Parr Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Andreas Pinkwart Dr. Günter Rexrodt Marita Sehn Dr. Hermann Otto Solms Carl-Ludwig Thiele Dr. Dieter Thomae Jürgen Türk Dr. Guido Westerwelle Dr. Claudia Winterstein Nein SPD Dr. Lale Akgün Gerd Andres Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Hermann Bachmaier Sabine Bätzing Ernst Bahr ({37}) Doris Barnett Dr. Hans-Peter Bartels Eckhardt Barthel ({38}) Klaus Barthel ({39}) Sören Bartol Uwe Beckmeyer Klaus Uwe Benneter Dr. Axel Berg Ute Berg Hans-Werner Bertl Petra Bierwirth Rudolf Bindig Lothar Binding ({40}) Kurt Bodewig Gerd Friedrich Bollmann Willi Brase Bernhard Brinkmann ({41}) Hans-Günter Bruckmann Marco Bülow Dr. Michael Bürsch Hans Büttner ({42}) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Hans Martin Bury Marion Caspers-Merk Dr. Herta Däubler-Gmelin Dr. Peter Danckert Karl Diller Martin Dörmann Peter Dreßen Detlef Dzembritzki Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann Marga Elser Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Annette Faße Elke Ferner Gabriele Fograscher Rainer Fornahl Gabriele Frechen Dagmar Freitag Lilo Friedrich ({43}) Iris Gleicke Günter Gloser Uwe Göllner Renate Gradistanac Angelika Graf ({44}) Dieter Grasedieck Monika Griefahn Kerstin Griese Gabriele Groneberg Achim Großmann Wolfgang Grotthaus Karl-Hermann Haack ({45}) Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Alfred Hartenbach Michael Hartmann ({46}) Hubertus Heil Reinhold Hemker Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Petra Heß Monika Heubaum Gabriele Hiller-Ohm Stephan Hilsberg Gerd Höfer Jelena Hoffmann ({47}) Walter Hoffmann ({48}) Iris Hoffmann ({49}) Frank Hofmann ({50}) Eike Hovermann Klaas Hübner Christel Humme Lothar Ibrügger Brunhilde Irber Renate Jäger Jann-Peter Janssen Klaus-Werner Jonas Johannes Kahrs Ulrich Kasparick Dr. h.c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Hans-Peter Kemper Klaus Kirschner Hans-Ulrich Klose Astrid Klug Dr. Heinz Köhler Fritz Rudolf Körper Walter Kolbow Karin Kortmann Rolf Kramer Anette Kramme Ernst Kranz Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Dr. Hans-Ulrich Krüger Horst Kubatschka Ernst Küchler Helga Kühn-Mengel Dr. Uwe Küster Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange ({51}) Christine Lehder Waltraud Lehn Dr. Elke Leonhard Eckhart Lewering Gabriele Lösekrug-Möller Götz-Peter Lohmann Erika Lotz Dr. Christine Lucyga Dirk Manzewski Tobias Marhold Caren Marks Christoph Matschie Hilde Mattheis Markus Meckel Ulrike Mehl Petra-Evelyne Merkel Ulrike Merten Angelika Mertens Ursula Mogg Michael Müller ({52}) Christian Müller ({53}) Dr. Rolf Mützenich Gesine Multhaupt Volker Neumann ({54}) Dr. Erika Ober Holger Ortel Heinrich Paula Johannes Pflug Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Karin Rehbock-Zureich Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Christel RiemannHanewinckel Walter Riester Reinhold Robbe René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth ({55}) Michael Roth ({56}) Gerhard Rübenkönig Ortwin Runde Marlene Rupprecht ({57}) Thomas Sauer Anton Schaaf Axel Schäfer ({58}) Gudrun Schaich-Walch Rudolf Scharping Bernd Scheelen Dr. Hermann Scheer Siegfried Scheffler Horst Schild Otto Schily Horst Schmidbauer ({59}) Ulla Schmidt ({60}) Dagmar Schmidt ({61}) Wilhelm Schmidt ({62}) Heinz Schmitt ({63}) Carsten Schneider Walter Schöler Karsten Schönfeld Fritz Schösser Olaf Scholz Wilfried Schreck Ottmar Schreiner Gerhard Schröder Gisela Schröter Brigitte Schulte ({64}) Reinhard Schultz ({65}) Swen Schulz ({66}) Dr. Angelica Schwall-Düren Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Erika Simm Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk Dr. Cornelie SonntagWolgast Dr. Margrit Spielmann Jörg-Otto Spiller Dr. Ditmar Staffelt Ludwig Stiegler Rolf Stöckel Christoph Strässer Rita Streb-Hesse Dr. Peter Struck Joachim Stünker Jörg Tauss Jella Teuchner Dr. Gerald Thalheim Franz Thönnes Hans-Jürgen Uhl Rüdiger Veit Jörg Vogelsänger Ute Vogt ({67}) Dr. Marlies Volkmer Hans Georg Wagner Hedi Wegener Andreas Weigel Reinhard Weis ({68}) Petra Weis Matthias Weisheit Gunter Weißgerber ({69}) Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker Jochen Welt Vizepräsident Dr. Norbert Lammert Dr. Rainer Wend Lydia Westrich Inge Wettig-Danielmeier Dr. Margrit Wetzel Andrea Wicklein Jürgen Wieczorek ({70}) Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Dieter Wiefelspütz Brigitte Wimmer ({71}) Engelbert Wistuba Barbara Wittig Dr. Wolfgang Wodarg Verena Wohlleben Waltraud Wolff ({72}) Heidi Wright Uta Zapf Manfred Helmut Zöllmer Dr. Christoph Zöpel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck ({73}) Volker Beck ({74}) Cornelia Behm Birgitt Bender Matthias Berninger Grietje Bettin Alexander Bonde Ekin Deligöz Dr. Thea Dückert Jutta Dümpe-Krüger Franziska Eichstädt-Bohlig Dr. Uschi Eid Hans-Josef Fell Joseph Fischer ({75}) Katrin Dagmar GöringEckardt Winfried Hermann Peter Hettlich Ulrike Höfken Thilo Hoppe Michaele Hustedt Renate Künast Undine Kurth ({76}) Markus Kurth Dr. Reinhard Loske Anna Lührmann Jerzy Montag Kerstin Müller ({77}) Winfried Nachtwei Christa Nickels Friedrich Ostendorff Simone Probst Claudia Roth ({78}) Krista Sager Christine Scheel Irmingard Schewe-Gerigk Rezzo Schlauch Albert Schmidt ({79}) Werner Schulz ({80}) Petra Selg Ursula Sowa Rainder Steenblock Silke Stokar von Neuforn Hans-Christian Ströbele Jürgen Trittin Marianne Tritz Hubert Ulrich Dr. Antje Vogel-Sperl Dr. Ludger Volmer Josef Philip Winkler Margareta Wolf ({81}) Fraktionslose Abgeordnete Petra Pau Enthalten CDU/CSU Manfred Carstens ({82}) Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg Klaus-Jürgen Hedrich Dr. Egon Jüttner Ruprecht Polenz Volker Rühe CDU/CSU Wir setzen die Debatte fort . Nächster Redner ist der Kollege Freiherr von und zu Guttenber g, CDU/CSUFraktion.

Karl Theodor Guttenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003543, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Weisskirchen, ich verstehe ja, dass man der abreisewütigen Kollegenschar mit scharfem Tonfall entgegentreten muss, damit sie zumindest zuhört. Insgesamt ist es aber doch ein erfreulicher Umstand, dass wir in den T agen, die wir gerade erleben müssen, einen außen- und sicherheitspolitischen Themenkomplex behandeln, der uns grundsätzlich Einigkeit abverlangt, sodass wir endlich einmal grundsätzlich und in vernünftigem T onfall debattieren können. Dieses Thema hier verlangt nicht de n Blick zurück im Zorn wie wir es in den letzten T agen erlebten und auch heute noch im Laufe der Debatte erleben mussten -, sondern vermag Perspektiven für Europa und für das gesamte außen- und sicherheitspolitische Gefüge aufzuweisen. ({0}) Das Stichwort Mazedonien steht zum einen für diesen Blick zurück im positiven Sinne, für ein Bündel von Erfolgen, die sich tatsächlich eingestellt haben. Es steht aber auch und gerade für diese klare Zukunftsperspektive. Für den Blick zurück und für die Gegenwart zeichnen unter anderem unsere Soldaten verantwortlich. Man kann ihnen an dieser Stelle nicht genug für ihre Arbeit und für ihren Einsatz danken. ({1}) Nun beabsichtigt die Europäische Union, eine NATOMission zu übernehmen, die meines Erachtens wirklich ein bedeutender Baustein in einer stets erneuerungsbedürftigen außen- und sicherheitspolitischen Architektur ist, vor der wir stehen. Die Europäische Union demonstriert hierbei endlich Entschlossenheit, diese V erantwortung zu übernehmen. Worum geht es? Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union in einem bestimmten, allerdings wesentlichen Bereich und an einem sehr neuralgischen Punkt. Dies erfordert nicht nur Entschlossenheit, sondern auch Geschlossenheit. Die ver gangenen Monate haben gezeigt, dass wir für diese Ge schlossenheit nicht genug kämpfen können. Zudem darf man heute höchstens leise die Frage stellen, ob etwa ige Achsenbildungen wirklich förderlich sind, um die Geschlossenheit, der wir in diesem Rahmen bedürfen, entsprechend voranzutreiben. Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitglied schaft in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates und der WEU, der Parlamentarischen Versammlung der NATO, der OSZE oder der IPU Rauber, Helmut Letztlich bedeutet die Übernahme dieses Mandats, dem meine Fraktion ausdrü cklich zustimmt, einen Beitrag zur Stärkung internationaler Organisationen in ihrer weiten Palette, eine Vertiefung der europäischen Integration, selbstverständlich einen Beitrag zur Konfliktprävention, aber eben auch ei nen Beitrag zu der Fähigkeit, Krisen notfalls auch mit eigenen militärischen Mitteln zu bewältigen. Dafür ist es alle rhöchste Zeit. Von daher ist dies ein richtiger und vernünftiger Ansatz. Das aktuelle Mandat erscheint hierbei leicht zu erfüllen. Es handelt sich um eine vergleichsweise geringe Zahl von Soldaten, maximal 70 aus Deutschland. Dies ist allerdings eine Folge de r verbesserten Sicherheitslage, vor der wir stehen, und rechtfertigt grundsätzlich in diesem einen Fall ein unbefrist etes Mandat, so wie es in Ihrem Antrag steht. Daraus sollten aber keine Analogien für etwaige Folgemandate gezogen werden; wir sprechen über Bosnien, über SFOR, für die dies ebenfalls schon im Gespräch ist. Das ist eine andere Dimension. ({2}) Hier sprechen wir über 12 000 Soldaten. Das bedarf eines anderen Ansatzes. Meine sehr verehrten Damen und Herren, sollte sich die Lage in Mazedonien allerdings wieder zuspitzen - Mazedonien ist und bleibt ein Land, dem diese Sicherheit nie innewohnte; wir müssen uns dessen bewusst sein -, halten wir eine erneute Befassung des Bundestages für erforderlich und geboten. Worum geht es noch? Es geht außerdem darum, die transatlantische Partnerschaft wiederum zu bestätigen und zu stärken. Auch dazu ist diese EU-Mission ein Beitrag. ({3}) Das mag zunächst fern klingen. Aber wenn wir Europäer nicht mit diesen Fähigkeiten zu überzeugen wissen, erreichen wir bei den V ereinigten Staaten nicht das Ausmaß an Interesse, das einer Festigung und Stärkung der transatlantischen Partnerschaft dienen könnte. So festigt dieser Einsatz auch bestehende Bündnisse, etwa die NATO. Die NATO dürfen wir in diesem Kontext nicht aus den Augen verlieren. Es so llte in unserem fundamentalen Interesse liegen, die NATO nicht zu schwächen und nicht schlecht zu reden. Die NA TO bleibt im europäischen und im nationalen Inte resse ein Fundament unserer Außen- und Sicherheitspolitik. ({4})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Herr Kollege, denken Sie an die Redezeit.

Karl Theodor Guttenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003543, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Jawohl, Herr Präsident. Ich war nun etwas laut. Aber wir gehen heute einen leisen europäischen Schritt. Jeder Schritt, der zukünftig ebenso leise an den Verlockungen gewisser Marktplätze, etwa des Goslarer Marktplatzes, vorbeiführt, ({0}) ist vielleicht nicht so me dienwirksam und gelegentlich langweilig, aber ein richtiger diplomatischer Fortschritt. Danke sehr. ({1})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Ich erteile das W ort dem Abgeordneten Ludger Volmer, Bündnis 90/Die Grünen.

Dr. Ludger Volmer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002393, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege von Guttenber g, ich fand die ersten vier Minuten Ihrer Rede so gut, dass ich Ihnen fürchterlich gerne meine Redezeit abgetreten hätte. Ich hätte das alles unterschreiben können, wenn Sie nicht diesen falschen Satz mit Goslar in den Mund genommen hätten. In einem Punkt haben Sie - genauso wie Kollege Weisskirchen - völlig Recht: Der Mazedonieneinsatz ist ein friedenserhaltender Eins atz par excellence. Er ist mittlerweile das Modell dafür , wie man durch Einigkeit unter den europäischen Partnern und einen kombinierten und rechtzeitigen Einsatz gezielter und durchdachter politischer Strategie und einer Sicherheitskomponente den drohenden Ausbruch eines Bür gerkrieges verhindern kann. Weil dies so ist, sollte n wir diesen Ansatz weiterführen. Wir sollten das Mand at verlängern. Dem wird unsere Fraktion selbstverständlich zustimmen. Erinnern wir uns, unter welchen Umständen das Mandat zum ersten Mal ausgespr ochen wurde! Damals standen zwei bis an die Zähne bewaf fnete, zum Bürgerkrieg bereite Parteien in Mazedoni en gegeneinander: auf der einen Seite der ethnisch mazedonische Staat, auf der anderen Seite die ethnisch kosovarische Minderheit. Die kosovarische Seite wollte nicht das Gewaltmonopol Mazedoniens anerkennen; die Mehrheitsseite wollte nicht die Minderheitenrechte anerkennen. Die Auseinandersetzung stand Spitz auf Knopf. In letzter Minute gelang es der internationalen Staatengemeinschaft unter Führung der Europäischen Union, einen Durchbruch - das Abkommen von Ohrid - zu vermitteln und einen Mechanismus zu entwickeln, der zur Deeskalation beitrug. Dies war ein Erfolgsmodell. Das kann man gar nicht deutlich genug betonen. ({0}) Bereits bei der letzten V erlängerung des Mandates war in der Diskussion gewe sen, die Europäische Union mit der Leitung des Einsatzes zu beauftragen. Damals waren die institutionellen V oraussetzungen noch nicht geschaffen, weil es die entsprechenden Absprachen zwischen der NATO und der Europäischen Union noch nicht gab. Nicht zuletzt aufgrund der Bemühungen dieser Bundesregierung haben wir die „Berlin plus“-Verabredungen treffen können. Auf dieser Basis war es möglich, dass die Europäische Union auf die Assets der NATO zurückgreifen konnte und sich so in die Lage versetzt hat, solche Missionen politisch und militärisch anzuleiten. Das ist zum einen ein Fortschritt bei den Möglichkeiten, die sich im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik eröffnen, und zum anderen ein sehr gutes Beispiel für die Zusamme narbeit zwischen der europäischen Ebene, der NA TO und unserem wichtigsten Bündnispartner in der NATO, den Vereinigten Staaten. ({1}) Fast möchte man sagen: Es waren gute alte Zeiten, als wir im Westen in allen Fragen bezüglich des Mazedonienkonflikts, bei denen es in davor liegenden Phasen der Balkankonflikte Differenzen gegeben hatte, an einem Strang zogen. Dies soll fü r uns aber auch ein Ansporn sein, zu diesen guten alten Zeiten zurückzufinden und rechtzeitig, nämlich dann, wenn Konflikte neu auftreten, die notwendigen Konsultationsprozesse in Gang zu setzen, und zwar erst innerhalb Europas und dann mit unseren Partnern in den Vereinigten Staaten. In Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen müssen wir dann alles tun, damit in den Konflikte n, die eskalationsträchtig sind, die Schwelle zur Gewalt nicht überschritten wird. Dass in Konflikten nicht die Schwelle zur Gewalt überschritten wird, das ist, wie ich finde, die wichtigste Aufgabe von Krisenprävention und ziviler Konfliktbearbeitung. Sie haben dafür gerade die entsprechenden Mittel im Haushalt bereitgestellt. Es ist nach wie vor die Priorität der Außenpolitik von Rot-Grün und dieser Bundesregierung, dafür zu sor gen, dass dieser W eg gewählt wird. Vor diesem Hinter grund stimmen wir der Verlängerung des Mandates selbstverständlich zu. Danke. ({2})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Letzter Redner in der Au ssprache ist der Kollege Dr. Stinner, FDP-Fraktion.

Dr. Rainer Stinner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003640, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir führen heute, am T ag des Beginns eines Krieges, den wir alle so gerne verhindert hätten, eine Debatte über die V erlängerung eines erfolgreichen, eines Frieden sichernden Einsatzes der Bundeswehr . Dies ist, gerade am heutigen T ag, ein Zeichen der Hof fnung, wenn auch nur ein kleines. Kriege können verhindert werden, wenn sich die Weltgemeinschaft einig ist. Diese Erfahrung sollten wir nicht vergessen. ({0}) Aus dieser Erfahrung müssen wir alle lernen. Die FDP stimmt der Übernahme der MazedonienMission durch die EU aus voller Überzeugung zu. Dieses Mandat haben wir auch zu Beginn der Diskussion im Dezember letzten Jahres gefordert. Wir haben allerdings - das ist schon erwähnt word en - ein gewisses Problem mit der noch unklaren Zeitda uer dieser Mission. Wir legen allergrößten Wert darauf - auch das ist schon gesagt worden; das haben wir im Auswärtigen Ausschuss zu Protokoll gegeben -, dass di eses Parlament, der Deutsche Bundestag, bei V eränderungen der Situation sich wiederum mit diesem Mandat befassen muss. ({1}) Meine Damen und Herren, dass wir heute aus vollem Herzen zustimmen, hat drei Gründe. Erstens. W ir alle wissen: Die Situation in Mazedonien und auf dem Balkan insgesamt ist alles andere als stabil. Für den Aufbau einer funktionierenden Zivilgesellschaft in Mazedonien, in der Recht und Gesetz die Sicherheit der Bür ger garantieren, bedarf es der Ab sicherung durch eine internationale Schutztruppe. Wir kommen mit diesem Mandat dem ausdrücklichen Wunsch der mazedonischen Regierung nach. Wir dürfen uns aber nicht darüber hinwegtäuschen: Es handelt sich auch bei diesem Einsatz um einen militärischen Einsatz mit entsprechenden Gefahren. W ir sind unseren Soldaten sehr dankbar, dass sie dieses Risiko für uns wie auch für die W eltgemeinschaft eingehen und dass sie seit Jahren in Ma zedonien eine hervorragende Arbeit leisten. ({2}) Zweitens. Nicht nur in Mazedonien bedarf es, wie wir am heutigen T ag feststellen müssen, einer Stabilisierung. Der Einsatz hat auch für die EU und alle Europäer eine große Bedeutung und wi chtige Funktion. Es ist in den vergangenen Wochen leider nicht gelungen - wir haben das lange diskutiert; ich will das jetzt nicht vertiefen -, eine gemeinsame europäische Position in einer grundsätzlichen Frage von Krieg und Frieden zu finden. Das hat - wir beklagen das alle gemeinsam - die EU weit zurückgeworfen. Ihre außen- und sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit ist nahezu zerstört. De shalb ist es hier und heute für uns gemeinsam wichtig, die gemeinsame europäische Handlungsfähigkeit durch diesen Einsatz in Mazedonien wieder herzustellen. ({3}) Wir brauchen diese gemeinsame europäische Politik dringend; das wissen wir al le. Der Einsatz in Mazedonien ist ein Baustein für eine solche Politik. Drittens. Dieser Einsatz is t auch deshalb so wichtig, weil in den letzten Monaten und Jahren eine strategische Arbeitsteilung diskutiert worden ist, die uns Europäern nicht recht sein kann. Nach dieser Arbeitsteilung übernehmen die USA den militärischen T eil von Konfliktlö2932 sungen und die Europäer rä umen anschließend auf und zahlen. Das kann auf Dauer nicht gehen. ({4}) Auch deshalb ist es wichtig, dass wir innerhalb einer gemeinsamen europäischen Schutztruppe mit der Bundeswehr eine entsprechende militärische Präsenz zeigen. Eines muss aber besonders klar sein: Ohne den Einsatz unserer amerikanischen Freunde und V erbündeten könnten wir diese Debatte he ute nicht führen. Ohne ihr großes und nachhaltiges Engagement auf dem Balkan wären wir alle gemeinsam dor t nicht so weit, wie wir heute sind. ({5}) Ohne die Amerikaner wäre ein Diktator dort nicht beseitigt worden. Europa - das beklagen wir - hätte weder die Entschlossenheit noch die Mittel gehabt, das zu erreichen. ({6}) Ich freue mich darüber, dass wir gemeinsam der Meinung sind, dass wir dieses Mandat durchführen und damit einen Beitrag zur Stabilisierung Mazedoniens leisten sollten. Es geht darum, Europa stark und handlungsfähig zu machen und das europäische Gewicht in der internationalen Politik zu stärken. Diese Ziele verfolgen wir . Deshalb richten wir diese Bo tschaft an unsere Soldaten und an die Menschen in Mazedonien. Stimmen wir gemeinsam für das neue EU-Mandat! Ich bedanke mich. ({7})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung zur Beteiligung bewaf fneter deutscher Streitkräfte an dem EU-geführten Einsatz auf mazedonischem Territorium. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 15/696 anzunehmen. Dazu wurde eine namentliche Abstimmung verlangt. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einz unehmen. Bis die Abstimmungsfähigkeit an allen Abstimmungsurnen sicher gestellt ist, nutze ich die Gele genheit, förmlich darauf hinzuweisen, dass nach einer V ereinbarung im Ältestenrat die Präsenzpflicht für den für mor gen vorgesehenen Sitzungstag aufgehoben ist. Sind alle Abstimmungsurnen besetzt? - Das scheint der Fall zu sein. Ich eröffne die Abstimmung. Ist ein Mitglied des Bundestages anwesend, das seine Stimmkarte noch nicht abgeben konnte? - Of fenkundig haben nun alle Mitglieder des Hauses Gelegenheit gehabt, ihre Abstimmungskarte n abzugeben. Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Bis zum Vorliegen des Ergebnisses dieser letzten namentlichen Abstimmung im Rahmen der heutigen T agesordnung unterbreche ich die Sitzung. ({0})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet. Ich gebe das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Er gebnis der namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu dem Antrag der Bundesregierung zur Beteiligung bewaf fneter deutscher Streitkräfte an dem EU-geführten Einsatz auf mazedonischem Territorium bekannt. Es handelt sich hierbei um die Drucksachen 15/696 und 15/709. Abgegebene Stimmen 579. Mit Ja haben ges timmt 575, mit Nein haben gestimmt 2, Enthaltungen 2. Damit diese Beschlussempfehlung mit einer großen Mehrheit angenommen. Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 579; davon ja: 575 nein: 2 enthalten: 2 Ja SPD Dr. Lale Akgün Gerd Andres Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Hermann Bachmaier Sabine Bätzing Ernst Bahr ({0}) Doris Barnett Dr. Hans-Peter Bartels Eckhardt Barthel ({1}) Klaus Barthel ({2}) Sören Bartol Uwe Beckmeyer Klaus Uwe Benneter Dr. Axel Berg Ute Berg Hans-Werner Bertl Petra Bierwirth Rudolf Bindig Lothar Binding ({3}) Kurt Bodewig Gerd Friedrich Bollmann Willi Brase Bernhard Brinkmann ({4}) Hans-Günter Bruckmann Marco Bülow Dr. Michael Bürsch Hans Büttner ({5}) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Hans Martin Bury Marion Caspers-Merk Dr. Herta Däubler-Gmelin Dr. Peter Danckert Karl Diller Martin Dörmann Peter Dreßen Detlef Dzembritzki Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann Marga Elser Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Annette Faße Elke Ferner Gabriele Fograscher Rainer Fornahl Gabriele Frechen Dagmar Freitag Lilo Friedrich ({6}) Iris Gleicke Günter Gloser Uwe Göllner Vizepräsident Dr. Norbert Lammert Renate Gradistanac Angelika Graf ({7}) Dieter Grasedieck Monika Griefahn Kerstin Griese Gabriele Groneberg Achim Großmann Wolfgang Grotthaus Karl-Hermann Haack ({8}) Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Alfred Hartenbach Michael Hartmann ({9}) Hubertus Heil Reinhold Hemker Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Petra Heß Monika Heubaum Gabriele Hiller-Ohm Stephan Hilsberg Gerd Höfer Jelena Hoffmann ({10}) Walter Hoffmann ({11}) Iris Hoffmann ({12}) Frank Hofmann ({13}) Eike Hovermann Klaas Hübner Christel Humme Lothar Ibrügger Brunhilde Irber Renate Jäger Jann-Peter Janssen Klaus-Werner Jonas Johannes Kahrs Ulrich Kasparick Dr. h.c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Hans-Peter Kemper Klaus Kirschner Hans-Ulrich Klose Astrid Klug Dr. Heinz Köhler Fritz Rudolf Körper Walter Kolbow Karin Kortmann Rolf Kramer Anette Kramme Ernst Kranz Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Dr. Hans-Ulrich Krüger Horst Kubatschka Ernst Küchler Helga Kühn-Mengel Dr. Uwe Küster Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange ({14}) Christine Lehder Waltraud Lehn Dr. Elke Leonhard Eckhart Lewering Gabriele Lösekrug-Möller Götz-Peter Lohmann Erika Lotz Dr. Christine Lucyga Dirk Manzewski Tobias Marhold Caren Marks Christoph Matschie Hilde Mattheis Markus Meckel Ulrike Mehl Petra-Evelyne Merkel Ulrike Merten Angelika Mertens Ursula Mogg Michael Müller ({15}) Christian Müller ({16}) Dr. Rolf Mützenich Gesine Multhaupt Volker Neumann ({17}) Dr. Erika Ober Holger Ortel Heinrich Paula Johannes Pflug Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Karin Rehbock-Zureich Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Christel RiemannHanewinckel Walter Riester Reinhold Robbe René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth ({18}) Michael Roth ({19}) Gerhard Rübenkönig Ortwin Runde Marlene Rupprecht ({20}) Thomas Sauer Anton Schaaf Axel Schäfer ({21}) Gudrun Schaich-Walch Rudolf Scharping Bernd Scheelen Dr. Hermann Scheer Siegfried Scheffler Horst Schild Otto Schily Horst Schmidbauer ({22}) Ulla Schmidt ({23}) Dagmar Schmidt ({24}) Wilhelm Schmidt ({25}) Heinz Schmitt ({26}) Carsten Schneider Walter Schöler Karsten Schönfeld Fritz Schösser Olaf Scholz Wilfried Schreck Ottmar Schreiner Gerhard Schröder Gisela Schröter Brigitte Schulte ({27}) Reinhard Schultz ({28}) Swen Schulz ({29}) Dr. Angelica Schwall-Düren Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Erika Simm Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk Dr. Cornelie SonntagWolgast Dr. Margrit Spielmann Jörg-Otto Spiller Dr. Ditmar Staffelt Ludwig Stiegler Rolf Stöckel Christoph Strässer Rita Streb-Hesse Dr. Peter Struck Jörg Tauss Jella Teuchner Dr. Gerald Thalheim Franz Thönnes Hans-Jürgen Uhl Rüdiger Veit Jörg Vogelsänger Ute Vogt ({30}) Dr. Marlies Volkmer Hans Georg Wagner Hedi Wegener Andreas Weigel Reinhard Weis ({31}) Petra Weis Matthias Weisheit Gunter Weißgerber ({32}) Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker Jochen Welt Dr. Rainer Wend Lydia Westrich Inge Wettig-Danielmeier Dr. Margrit Wetzel Andrea Wicklein Jürgen Wieczorek ({33}) Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Dieter Wiefelspütz Brigitte Wimmer ({34}) Engelbert Wistuba Barbara Wittig Dr. Wolfgang Wodarg Verena Wohlleben Waltraud Wolff ({35}) Heidi Wright Uta Zapf Manfred Helmut Zöllmer Dr. Christoph Zöpel CDU/CSU Ulrich Adam Ilse Aigner Peter Altmaier Dietrich Austermann Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck ({36}) Veronika Maria Bellmann Dr. Christoph Georg Bergner Otto Bernhardt Dr. Rolf Bietmann Clemens Binninger Renate Blank Peter Bleser Antje Blumenthal Dr. Maria Böhmer Wolfgang Börnsen ({37}) Dr. Wolfgang Bötsch Jochen Borchert Wolfgang Bosbach Klaus Brähmig Dr. Ralf Brauksiepe Helge Braun Monika Brüning Georg Brunnhuber Hartmut Büttner ({38}) Verena Butalikakis Cajus Caesar Peter H. Carstensen ({39}) Gitta Connemann Leo Dautzenberg Hubert Deittert Albert Deß Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Vera Dominke Maria Eichhorn Rainer Eppelmann Anke Eymer ({40}) Georg Fahrenschon Ilse Falk Dr. Hans Georg Faust Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer ({41}) Dirk Fischer ({42}) Axel E. Fischer ({43}) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Dr. Hans-Peter Friedrich ({44}) Erich G. Fritz Dr. Michael Fuchs Dr. Jürgen Gehb Norbert Geis Roland Gewalt Eberhard Gienger Georg Girisch Michael Glos Ralf Göbel Dr. Reinhard Göhner Vizepräsident Dr. Norbert Lammert Tanja Gönner Josef Göppel Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Kurt-Dieter Grill Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Karl-Theodor Freiherrr von und zu Guttenberg Olav Gutting Holger-Heinrich Haibach Gerda Hasselfeldt Klaus-Jürgen Hedrich Helmut Heiderich Ursula Heinen Siegfried Helias Uda Carmen Freia Heller Michael Hennrich Jürgen Herrmann Bernd Heynemann Ernst Hinsken Robert Hochbaum Joachim Hörster Klaus Hofbauer Martin Hohmann Hubert Hüppe Susanne Jaffke Dr. Dieter Peter Jahr Dr. Egon Jüttner Steffen Kampeter Irmgard Karwatzki Bernhard Nikolaus Kaster Siegfried Kauder ({45}) Volker Kauder Gerlinde Kaupa Eckart von Klaeden Jürgen Klimke Julia Klöckner Kristina Köhler Norbert Königshofen Manfred Kolbe Hartmut Koschyk Rudolf Kraus Michael Kretschmer Günther Krichbaum Günter Krings Dr. Martina Krogmann Dr. Hermann Kues Werner Kuhn ({46}) Dr. Karl A. Lamers ({47}) Barbara Lanzinger Vera Lengsfeld Werner Lensing Peter Letzgus Ursula Lietz Walter Link ({48}) Eduard Lintner Dr. Klaus W. Lippold ({49}) Patricia Lips Dr. Michael Luther Dorothee Mantel Erwin Marschewski ({50}) Stephan Mayer ({51}) Conny Mayer ({52}) Dr. Martin Mayer ({53}) Wolfgang Meckelburg Dr. Michael Meister Friedrich Merz Laurenz Meyer ({54}) Doris Meyer ({55}) Maria Michalk Hans Michelbach Klaus Minkel Marlene Mortler Stefan Müller ({56}) Bernward Müller ({57}) Dr. Gerd Müller Hildegard Müller Bernd Neumann ({58}) Henry Nitzsche Michaela Noll Claudia Nolte Günter Nooke Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Melanie Oßwald Eduard Oswald Rita Pawelski Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Dr. Friedbert Pflüger Beatrix Philipp Ronald Pofalla Ruprecht Polenz Daniela Raab Thomas Rachel Hans Raidel Dr. Peter Ramsauer Peter Rauen Christa Reichard ({59}) Katherina Reiche Hans-Peter Repnik Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Hannelore Roedel Dr. Norbert Röttgen Franz-Xaver Romer Heinrich-Wilhelm Ronsöhr Dr. Klaus Rose Dr. Christian Ruck Volker Rühe Albert Rupprecht ({60}) Peter Rzepka Anita Schäfer ({61}) Andreas Scheuer Norbert Schindler Georg Schirmbeck Bernd Schmidbauer Christian Schmidt ({62}) Andreas Schmidt ({63}) Dr. Andreas Schockenhoff Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Wilhelm Josef Sebastian Horst Seehofer Kurt Segner Matthias Sehling Marion Seib Heinz Seiffert Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Erika Steinbach Christian von Stetten Gero Storjohann Andreas Storm Max Straubinger Matthäus Strebl Thomas Strobl ({64}) Michael Stübgen Antje Tillmann Edeltraut Töpfer Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Uwe Vogel Angelika Volquartz Andrea Astrid Voßhoff Gerhard Wächter Marko Wanderwitz Peter Weiß ({65}) Gerald Weiß ({66}) Ingo Wellenreuther Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Werner Wittlich Elke Wülfing Wolfgang Zeitlmann Wolfgang Zöller BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck ({67}) Volker Beck ({68}) Cornelia Behm Birgitt Bender Matthias Berninger Grietje Bettin Alexander Bonde Ekin Deligöz Dr. Thea Dückert Jutta Dümpe-Krüger Franziska Eichstädt-Bohlig Dr. Uschi Eid Hans-Josef Fell Joseph Fischer ({69}) Katrin Dagmar GöringEckardt Winfried Hermann Peter Hettlich Ulrike Höfken Thilo Hoppe Michaele Hustedt Renate Künast Undine Kurth ({70}) Markus Kurth Dr. Reinhard Loske Anna Lührmann Kerstin Müller ({71}) Winfried Nachtwei Christa Nickels Friedrich Ostendorff Simone Probst Claudia Roth ({72}) Krista Sager Christine Scheel Irmingard Schewe-Gerigk Rezzo Schlauch Albert Schmidt ({73}) Werner Schulz ({74}) Petra Selg Ursula Sowa Rainder Steenblock Silke Stokar von Neuforn Hans-Christian Ströbele Jürgen Trittin Marianne Tritz Hubert Ulrich Dr. Antje Vogel-Sperl Dr. Ludger Volmer Josef Philip Winkler Margareta Wolf ({75}) FDP Daniel Bahr ({76}) Ernst Burgbacher Helga Daub Jörg van Essen Otto Fricke Horst Friedrich ({77}) Rainer Funke Hans-Michael Goldmann Joachim Günther ({78}) Dr. Karlheinz Guttmacher Dr. Christel Happach-Kasan Christoph Georg Hartmann ({79}) Klaus Haupt Ulrich Heinrich Birgit Homburger Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Jürgen Koppelin Sibylle Laurischk Harald Leibrecht Ina Lenke Sabine LeutheusserSchnarrenberger Markus Löning Günther Friedrich Nolting Hans-Joachim Otto ({80}) Detlef Parr Vizepräsident Dr. Norbert Lammert Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Andreas Pinkwart Dr. Günter Rexrodt Marita Sehn Dr. Hermann Otto Solms Carl-Ludwig Thiele Dr. Dieter Thomae Jürgen Türk Dr. Guido Westerwelle Dr. Claudia Winterstein Nein Fraktionslose Abgeordnete Petra Pau Enthalten CDU/CSU Dr. Wolf Bauer Manfred Carstens ({81}) CDU/CSU ({82}) Wir sind damit am Schluss der heutigen T agesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 2. April 2003, 13 Uhr, ein. Die Sitzung ist geschlossen.