Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die
Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren, heute Nacht hat der Krieg
im Irak begonnen. Die Bemühungen, den Konflikt
friedlich zu lösen und den Diktator zu entwaffnen, haben
den Krieg nicht verhindern können. Wir sind uns einig in
der Sorge über die möglichen, die wahrscheinlichen Opfer. Wir hoffen gemeinsam, dass es nicht zum Einsatz
von Massenvernichtungswaffen kommt und dass das
verbrecherische Regime des Diktators Saddam Hussein
schnell beendet werden kann. W ir sind uns der V erantwortung auch Deutschlands für eine geordnete, friedliche, demokratische Zukunft im Nahen Osten bewusst.
Die Fraktionen des Hauses haben sich darauf geeinigt, angesichts der aktuellen Ereignisse die T agesordnung zu verändern und jetzt mit einer Runde von Stellungnahmen der Fraktionen zu beginnen. Danach wird
das Plenum unterbrochen, um Fraktionssitzungen zu ermöglichen. Die Plenardebatte wird dann um 10.15 Uhr
fortgesetzt.
Ich erteile zunächst dem Kollegen Franz Müntefering,
SPD-Fraktion, das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Irak beginnt der Krieg. W ir denken an die Menschen vor Ort,
die unmittelbar betroffen sind. Wir hoffen, dass die Opfer an Menschenleben und di e Zerstörungen so gering
wie möglich bleiben, und wi ssen doch: Es wird diese
Opfer geben, viel zu viele.
Die Bemühungen um eine friedliche Lösung hatten
keinen Erfolg. Trotzdem: Sie waren richtig und sie bleiben richtig. Wo es eine Chance gibt, Krieg zu verhindern,
Not und Elend zu verhindern, ist es nötig, diese Chance zu
suchen, sie zu nutzen und zu versuchen, im Interesse der
Menschen eine friedliche Lösung durchzusetzen.
Das bleibt auch für die Zukunft so. Die Lehre aus
dem, was wir in diesen Tagen und Stunden erleben, muss
auch sein, dass die Bemühungen im Rahmen der Völkergemeinschaft weitergehen müssen, Wege zu finden, wie
die Menschheit in Zukunft mit der Frage des Gewaltmonopols umgeht, und gemeinsam Wege zu finden, um
Gewalt vorzubeugen, Gewalt zu verhindern und Kriegen
vorzubeugen.
Die Menschen in Deutschland haben Angst, die Älteren aus eigener Erfahrung un d Betroffenheit, die Jüngeren, weil sie erleben, dass sich in diesen T agen in der
Welt der Stärkste durchsetzt und nicht das Recht, weil es
eine Erfahrung ist, die für die Menschen gefährlich ist,
dass es keine Regeln gibt, nach denen in einer solchen
Situation Frieden gesucht und Krieg verhindert wird.
Wir müssen in Deutschland in diesen T agen und Wochen darauf achten, dass wi r mithelfen, mit den Sor gen
und der Angst, die die Menschen haben, so rational wie
möglich umzugehen, und dazu beitragen, dass alle Entwicklungen in Richtung eine r antiamerikanischen Haltung, einer antiislamischen Haltung und von Dingen, die
im Zusammenhang mit Israel diskutiert werden könnten,
sowie alle extremen Regungen in unserem Land unter
Kontrolle gehalten werden. W ir müssen den Menschen
helfen, dass sie solchen Tendenzen nicht verfallen.
Wir wollen, dass die UNO ihre Funktion behält. W ir
wollen auch in Zukunft in Freundschaft mit dem amerikanischen Volk und mit all denen, bei denen wir zurzeit
nicht in Übereinstimmung mit dem Handeln ihrer Regierungen sind, leben. W ir wollen in diesen W ochen die
Unterschiede, die es in der Beurteilung der jetzigen Situation gibt - das sind Unterschiede, die es auch hier im
Parlament gibt -, nach den Regeln der Demokratie austragen. Wir wollen miteinander über das diskutieren, was
uns eint, und über das, was uns unterscheidet, weil es
auch in einer solch schwie rigen Situation aus unserer
Sicht darauf ankommt, dass man die Dinge nicht verdrängt, sondern sie offen anspricht und deshalb eine Debatte führt, die ehrlich und offen ist.
Wir sind - auch nach den In formationen, die wir von
der Bundesregierung und den zuständigen Stellen bekommen haben - sicher , dass im Lande selbst alles Erforderliche und erdenklich Mögliche getan wird, damit
Redetext
die Menschen hier in Sicherheit sind. Dieses Bemühen
gilt natürlich auch für die Einrichtungen der Amerikaner,
der Briten und anderer Natio nen. Wir sind sicher, dass
wir, wenn wir in diesen Tagen und Wochen so of fen,
aber auch so fair wie mö glich miteinander diese Dinge
behandeln, ein gutes Zeichen ins Land geben können für
die Menschen, die sicher in besonderer W eise auf uns
schauen, um zu sehen, wie man seitens der politischen
Parteien und seitens des De utschen Bundestages mit einer solchen Situation umgeht.
Wir alle hoffen, dass die Opfer in diesem Krieg so gering wie möglich sein werden. Aber wir wissen eben
auch: Es wird viele Opfer ge ben. Ganz besonders an sie
denken wir natürlich in dieser Stunde und an diesem Tag.
Vielen Dank.
({0})
Ich erteile das W ort Kollegin Angela Merkel, CDU/
CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! W ir alle
sind zutiefst besorgt und betroffen und wir verstehen die
Sorgen und Ängste der Menschen in unserem Lande. Wir
alle haben gehofft, dass wir diesen Krieg nicht erleben
müssen. CDU und CSU bedauern sehr, dass es nicht gelungen ist, die Entwaffnung des Irak mit friedlichen Mitteln zu erreichen. Denn wir dürfen nie vergessen: Krieg ist
immer eine Niederlage von Diplomatie und Politik.
In dieser Stunde sind unsere ersten Gedanken bei dem
leidgeprüften Volk im Irak. Es ist eine T ragödie für die
betroffenen Menschen, die bereits seit vielen Jahren die
menschenverachtende Herrschaft und die Kriege Saddam
Husseins ertragen müssen, dass sie nun nochmals wegen
dieses Diktators einen Krieg zu erleiden haben. Wir hoffen deshalb, dass der Krieg mit möglichst wenigen - unschuldigen - Opfern in mö glichst kurzer Zeit zum Abschluss gebracht wird.
Unsere Gedanken sind auch bei den Soldatinnen und
Soldaten, die in einen schwierigen und gefährlichen
Einsatz gehen.
CDU und CSU stimmen den von der Bundesregierung
zugesagten Unterstützungsleistungen für die Vereinigten
Staaten von Amerika und zum Schutz der Türkei und Israels zu. Mit Blick auf die Zukunft setzen wir alles daran,
dass sich die Kraft und die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union, des transatlantischen Bündnisses und
der Vereinten Nationen durch Geschlossenheit und Einigkeit neu entfalten können. Innerhalb dieser Institutionen und Gemeinschaften sind wir nicht zuletzt mit den
Vereinigten Staaten von Amerika durch gemeinsame
Werte verbunden. Deshalb stehen wir an ihrer Seite.
So schwer es im Augenblick vorstellbar sein mag, so
sehr hoffen wir doch, dass es nach diesem Krieg zu mehr
Frieden und Sicherheit in der Region kommen kann.
Danke schön.
({0})
Ich erteile das Wort Kollegin Katrin Göring-Eckardt,
Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Liebe Ko lleginnen und Kollegen!
Alle Bemühungen, einen Kr ieg zu verhindern, waren
nicht erfolgreich. Das ist di e bittere Erkenntnis der vergangenen Nacht.
Es hat Alternativen zu diesem Krieg gegeben und wir
bedauern, dass diese Alternativen nicht erfolgreich genutzt worden sind. Wir sind in Gedanken bei den Menschen im Irak, die Opfer dieses Krieges sein werden,
aber auch bei den britischen und amerikanischen Soldatinnen und Soldaten und ihren Angehörigen.
Jetzt, nachdem der Krieg begonnen hat, können wir
nur hoffen, dass sich unse re schlimmen Befürchtungen
nicht bestätigen und dass di e Zahl der Opfer möglichst
gering ausfallen wird. W ir müssen alles dafür tun, dass
es nicht zu mehr religiösem Fundamentalismus oder zu
Hass auf die westliche Welt kommt.
Die weltweite Friedensbewegung, aber auch die klaren und entschiedenen W orte des Papstes haben dazu
beigetragen und einen großen Anteil daran. Dazu gehören auch die Bemühungen von Gerhard Schröder ,
Joschka Fischer und vielen anderen Europäern. Für ihr
Engagement will ich ihnen hier noch einmal ausdrücklich danken.
({0})
Viele Menschen in unsere m Land haben sich gegen
diesen Krieg engagiert und we rden sich auch weiter dagegen engagieren. Sie sind au f die Straße gegangen. Sie
haben demonstriert und sie haben gebetet.
In diesen Tagen sind es besonders die Kinder und Jugendlichen, die sich Sorgen um die Zukunft machen. Wir
müssen mit ihnen sprechen und ihnen Halt geben. W ir
müssen mit ihnen über unser e Werte Frieden, Demokratie und Menschenrechte rede n und darüber , wie diese
Werte durchsetzbar sind, immer zuerst und so lange wie
irgend möglich mit friedlichen Mitteln.
In den kommenden W ochen brauchen vor allem die
Menschen in der Region unsere Hilfe und Unterstützung
- humanitär, aber auch, was die Flüchtlinge angeht. Unsere
Verantwortung bleibt es, dafür zu sorgen und unseren Beitrag dazu zu leisten, dass sich friedliche Perspektiven für
den Nahen Osten eröffnen und offen bleiben. Auch dafür
bedarf es eines starken Europa wie auch der Zusammenarbeit zwischen einem starken Europa und den starken
USA. Ohne diese Zusammenarbeit wird es nicht gehen.
Unsere Gedanken sind in diesen T agen auch bei der
Bevölkerung der USA, die in diesen Stunden Angst und
Sorge empfinden wie wir. Die Freundschaft unserer Völker steht nicht infrage.
Ich danke Ihnen.
({1})
Ich erteile dem Kollegen W olfgang Gerhardt, FDPFraktion, das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor
wenigen Stunden hat ein Kr ieg begonnen. Unsere Gedanken sind bei dem irakischen Volk, das jahrelang das
Terrorregime Saddam Husseins ertragen musste und
jetzt trotz eines Krieges hoffentlich vor weiterem schweren Leiden bewahrt werden kann.
Unsere Sorge gilt aber auch den Soldatinnen und Soldaten, die sich nun im Einsatz befinden. W ir denken an
sie und ihre Familien. Dem Schutz und der Sicherheit
der in dieser Krisenregion stationierten deutschen Bundeswehrsoldaten muss unsere Aufmerksamkeit gelten.
Sie müssen auch im Vordergrund unserer politischen Bemühungen stehen. Wir müssen alles tun, um ihre Sicherheit zu erhöhen. W ir werden nichts unterlassen, um die
Bundeswehrsoldaten zu schützen. Unsere Aufmerksamkeit gilt aber auch den Menschen, die in Deutschland leben, ihren Ängsten, ihren Sorgen und der Sicherheit, die
sie brauchen.
Der irakische Diktator Sa ddam Hussein ist - darüber
will ich keine Unklarheit aufkommen lassen - die Ursache für die nun eingetretene Situation. Saddam Hussein
ist nach Überzeugung der Fr eien Demokraten Täter und
nicht Opfer.
({0})
Er hat gegen 17 Resolutionen der Vereinten Nationen
verstoßen. Er hat das Völkerrecht vielfach gebrochen. Er
hat in der V ergangenheit Giftgas gegen die eigenen
Landsleute eingesetzt. Er hat sein Land mit großem Terror überzogen. Hätte er rechtzeitig eingelenkt, hätte ein
Krieg vermieden werden können. Auch das gehört zu
dem, was gesagt werden muss.
({1})
Wir alle, auch die FDP, haben die Empfindungen des
amerikanischen Volkes nach den Anschlägen am
11. September 2001 geteilt. W ir haben verstanden, was
unsere amerikanischen Freunde berührt hat. Ein militärischer Konflikt aber o hne Beschlussfassung des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen und ohne Ausschöpfung weiterer Möglichkeiten der Inspektion, wie ihn die
amerikanische Regierung begonnen hat, kann trotz der
geschilderten Umstände nicht die Billigung der FDP finden.
({2})
Es bleibt jedoch bei der tr ansatlantischen Bindung, die
für die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik unverzichtbar ist, und bei der Freundschaft mit dem amerikanischen Volk. Auch dies gehört zu dem, was in dieser Situation gesagt werden muss.
Dass jetzt eine gefährlich e Situation eingetreten ist,
liegt auch an den gescheiter ten transatlantischen diplomatischen Bemühungen und an der mangelnden europäischen Einigung. Wenn wir Konsequenzen aus der jetzt
eingetretenen Lage ziehen wollen, dann müssen unsere
gemeinsamen Anstrengungen weiteren Fortschritten in
der Europäischen Union, dem Aufbau einer eigenen europäischen Sicherheits- und Verteidigungskapazität, gelten. Nie mehr darf eine solche Situation eintreten, ohne
dass zuallererst eine eu ropäische Einigung versucht
wird.
({3})
Wir wollen deshalb gemeinsame Anstrengungen unternehmen und auch alle Anstrengungen, die andere unternehmen, unterstützen, die darauf abzielen, die Europäische Union zu einer stärkeren Initiative zu machen.
Ich sage in diesen Minute n: Die Vereinten Nationen,
insbesondere der Sicherheit srat dieser W eltgemeinschaft, sind und bleiben trotz allem, was jetzt eingetreten
ist, der Ort für gemeinsame internationale Konfliktlösungen.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
({4})
Die Sitzung wird nun bis circa 10.15 Uhr unterbrochen. Der W iederbeginn der Sitzung wird rechtzeitig
durch Klingelzeichen angekündigt.
({0})
Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.
Wir setzen die Haushaltsberatungen - T agesordnungspunkt I - fort:
Zweite Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundes haushaltsplans für das
Haushaltsjahr 2003 ({0})
- Drucksachen 15/150, 15/402 ({1})
Ich rufe dazu den Tagesordnungspunkt I. 18 auf:
Präsident Wolfgang Thierse
Einzelplan 09
Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit
- Drucksachen 15/559, 15/572 Berichterstattung
Abgeordnete Volker Kröning
Hans-Joachim Fuchtel
Dr. Günter Rexrodt
Zum Einzelplan 09 liegen zwei Änderungsanträge der
Fraktion der CDU/CSU, vi er Änderungsanträge der
Fraktion der FDP und drei Änderungsanträge der Abgeordneten Gesine Lötzsch und Petra Pau vor. Über einen
Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU werden
wir später namentlich abstimmen.
Nach einer interfraktionellen V ereinbarung sind für
die Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. - Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Kollegen
Hans-Joachim Fuchtel das Wort.
({2})
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion will ich
zunächst erklären, dass wir die heutige Haushaltsdebatte
angesichts des Krieges natürlich möglichst moderat führen möchten. Gleichzeitig mö chte ich feststellen, dass
die heutige Haushaltslage nichts mit dem Krieg im Irak
zu tun hat. Das gilt auch für die künftige Haushaltslage.
({0})
Das muss man hier festhalten, weil in den letzten W ochen ständig Stimmen zu hören waren, die bereits im
Vorfeld dieses Krieges darum bemüht waren, alles, was
hier schief gelaufen ist, mit internationalen Geschehnissen zu begründen.
Vor dem Hintergrund der Rede des Kanzlers am vergangenen Freitag möchte ic h Sie von Rot-Grün fragen:
Ist Ihnen eigentlich bewusst, dass Sie dabei sind, bereits
den dritten für W irtschaft oder Finanzen zuständigen
Superminister zu verschleißen? Der erste ist bekanntlich
auf Kosten der Steuerzahler geflohen, der zweite hat sich
im Schuldengebirge verirrt und der dritte wird scheitern,
wenn Sie nicht dazu beitragen, dass in diesem Lande
endlich Wesentliches geschieht. An der Mitarbeit der
Union fehlt es dabei nicht.
({1})
Der Minister Clement hat we nigstens seine Brille gewechselt, seit er nicht mehr Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen ist.
({2})
- Sie können mir Fragen ste llen. Ich habe mir für Sie
heute Morgen extra Zeit genommen.
({3})
Ich habe mir das noch einmal ein bisschen angeschaut. Am 18. Mai 1998 wurde im Deutschlandfunk die
Frage gestellt: Ist es eigentlich mit dem innovativen Anspruch einer neuen SPD-geführten Bundesregierung zu
vereinbaren, dass der erste Schritt die Rücknahme jetzt
umgesetzter Reformen ist? - Darauf antwortete Clement
um 11.05 Uhr im Deutschlandfunk: Ja, selbstverständlich. - Das meine ich, wenn ich sage: konzeptions- und
orientierungslos.
In der „Welt“ vom gleichen Tag wurde er wie folgt zitiert: Den W eg des sozialen Kahlschlags werde seine
Partei nicht mitgehen.
Vier Jahre hat dieser Supe rminister als Ministerpräsident den Weg in die wirtschaftliche Abstiegszone begleitet. Haben Sie deshalb Verständnis dafür, meine Damen
und Herren, dass wir den Ankündigungen dieses Superministers etwas kritisch gegenüberstehen.
({4})
Konzeptionslosigkeit habe ich gerade nachgewiesen.
Nun zur Erfolglosigkeit. Wir erinnern uns noch an einen
Schnellschuss kurz vor der Bundestagswahl. „Vermittlungsagentur und V ermittlungsgutschein“ hieß das
Thema. Eine Nachfrage beim Arbeitsamt Nagold von
letzter Woche hat ergeben: In einem Dreivierteljahr wurden ganze acht Vermittlungsgutscheine abgerechnet. - Es
ist ein Flop erster Klasse, der da stattgefunden hat.
({5})
Ich-AG war das nächste Zauberwort. Eine Nachfrage
beim Arbeitsamt Nagold von letzter Woche hat ergeben:
Zwei Ich-AGs wurden auf den Weg gebracht.
({6})
Meine Damen und Herren, bitte haben Sie V erständnis dafür, dass wir mehr Eile anmahnen. Deutschland
kann es sich nicht erlauben , in diesem Schneckengang
voranzugehen. Wir brauchen mehr Schwung. Wir brauchen mehr Verwirklichung. Wie unser Kollege Friedrich
Merz gesagt hat: Wir brauchen nicht 100 Baustellen; wir
brauchen endlich Richtfeste auf diesen Baustellen.
({7})
Als die Partei Konrad Adenauers wissen wir sehr
wohl, dass man niemanden hindern soll, jeden T ag klüger zu werden. V on daher wü nschen wir uns natürlich
sehr, dass Sie auf das einschwenken, was von der Union
und von der FDP konzeptionell vorgedacht wurde.
Eines ist klar: Die geistige Führerschaft in Fragen der
Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik in diesem Land
liegt bei CDU/CSU und FDP.
({8})
- Ihre Zwischenrufe sind so wenig qualifiziert wie Ihre
inhaltlichen Aussagen.
({9})
Spätestens seit dieser Ka nzlerrede, seitdem in allen
Kommentaren stand, dass alles das, was in diesem Land
jetzt so mühsam hervor gebracht wird, eigentlich schon
1998 als richtig erkannt worden war , sollten Sie ruhig
sein und uns nicht weiter beschimpfen.
({10})
Rot-Grün muss endlich lern en: Die Zeiten, in denen
man einen zweiten Arbeitsmarkt fast grenzenlos finanzieren konnte, sind vorbei . Künftig muss jeder seinen
Beitrag leisten und Leistungen müssen sich auf die wirklich Schwachen konzentrieren. Das werden wir mittragen.
({11})
Der größte Posten im Haushalt des Ministers für Wirtschaft und Arbeit ist die Arbeitslosenhilfe mit immerhin
12,3 Milliarden Euro. Wenn der größte Posten im Haushalt eines Wirtschaftsministers die Arbeitslosenhilfe ist
- das muss man sich einmal überlegen! -, dann zeigt das,
wie verfehlt diese Politik in Deutschland in den letzten
Jahren gestaltet wurde.
({12})
Die CDU/CSU sieht es als zentrale Aufgabe an, die
Beschäftigungsschwelle zu senken. In Deutschland entstehen Arbeitsplätze erst ab einem W achstum von
2 Prozent. Das kann so nich t bleiben. In anderen Ländern entstehen sie bereits bei einem Wirtschaftswachstum von 0,5 Prozent. Wenn Deutschland wieder ein führendes Wirtschaftsland werden soll, dann muss es
gelingen, die Beschäftigungsschwelle auf einen W ert
von unter 1 Prozent Wachstum zu drücken. Erst dann
können wir wieder positive Entwicklungen erwarten.
({13})
Das bedeutet, dass nichts an einer Deregulierung des
Arbeitsmarktes vorbeiführt. Sie muss kommen.
({14})
Mithilfe des Bundesrates - alleine hätten S ie das nicht
geschafft - wurde bei den geringfügig Beschäftigten und
in einigen anderen Sektoren ein erster Schritt getan. Jetzt
muss es den Betrieben leichter gemacht werden, Leute
einzustellen. Die Flucht in die Überstunden ist geradezu
Ausdruck einer Überregulierung des Arbeitsmarktes und
muss beseitigt werden.
Die Union als Partei der Arbeitnehmer
({15})
- irgendwo müssen die 50 Prozent der Stimmen in Niedersachsen und Hessen ja herkommen, meine Damen
und Herren; das müssen Sie als Demokraten einfach akzeptieren -, als Partei der jungen Leute, der jungen Leistungsträger, die noch ihr ga nzes Arbeitsleben vor sich
haben, will die soziale Marktwirtschaft mit der Reform
des Arbeitsrechts so modernisieren, dass sie den Herausforderungen der Globalisierung gewachsen ist.
Die Union hat Konzepte. W ir wollen den Kündigungsschutz und andere Rahmenbedingungen verändern, und zwar schnell, dami t es Arbeit für mehr Menschen gibt.
Weisen Sie für Ihre Konzep te im Deutschen Bundestag Ihre eigenständige Mehrheit nach. Dann werden wir
im Bundesrat dafür sorgen, dass solche Konzepte durchgehen.
({16})
Das alles hat für den Haushalt zentrale Bedeutung. Deswegen ist es ein großer Schwerpunkt unserer Politik.
Ich möchte als weiteren Punkt noch die Gemeinschaftsaufgabe „Aufbau-Ost“ ansprechen. Wir sehen,
dass Sie den Osten aus dem Auge verlieren. Wir Haushälter haben hinnehmen müssen, dass Sie hier eine Kürzung
von 60 Millionen Euro vollziehen, dass Sie seit 1998 auf
die Hälfte heruntergekürzt haben. Herr Clement, glauben
Sie eigentlich, die Aufgabe im Osten sei schon erledigt?
Hier geht es darum, Bildung und Forschung zu fördern.
Deswegen müssen wir die entsprechenden Aufgaben
möglichst hoch dotieren, damit Impulse entstehen können.
({17})
Ich möchte Sie herzlich bitte n, dazu nachher in Ihren
Ausführungen konkret Stellung zu nehmen. Das wird
von dieser Bundesregierung seit Beginn dieser Legislaturperiode viel zu wenig getan. Wir leben in einem Land
der Wiedervereinigung. Deswegen verlangen wir von
dieser Bundesregierung, dass das, was unter unserer Regierung begonnen wurde, die Verwirklichung der Einheit
und die Schaffung gleicher Lebensverhältnisse,
({18})
von der jetzigen Regierung entsprechend fortgesetzt
wird. Wir verlangen eine richtige Prioritätensetzung.
({19})
Kollege Fuchtel, Sie müssen bitte zum Ende kommen.
Mein Kollege Rossmanith wird zur Wirtschaftspolitik
noch Stellung nehmen. Ich jedenfalls möchte mich, Herr
Minister Clement, für die persönliche, sachliche Zusammenarbeit bei der Erstellung des Haushalts bedanken.
({0})
Ich erteile das Wort Kollegen Volker Kröning, SPDFraktion.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Der Haushalt des Bundesministers für W irtschaft und Arbeit spiegelt di e Schlüsselrolle dieses Ressorts für Erneuerung und Zusammenhalt unserer Gesellschaft wider, folgt also de r Leitidee der SPD und auch
der Überschrift des Jahreswirtschaftsberichts 2003: „Reformen gemeinsam voranbringen“, oder, um es im Klartext zu sagen: Wir müssen unser Land von der Geißel der
Dauer- und Massenarbeitslosi gkeit befreien. In Zeiten
des Krieges möchte ich es so ausdrücken: W ir müssen
den Frieden gewinnen.
Der Einzelplan 09 hat ein Ausgabenvolumen von
18,5 Milliarden Euro. Doch zu dem Geschäftsbereich
des Ministeriums gehört auch die Bundesanstalt für
Arbeit, die tief greifend umgebaut wird. Mit der von der
Regierungskoalition und de r Unionsmehrheit im Bundesrat eingeleiteten Reform des Arbeitsmarktes soll die
Bundesanstalt gegenüber dem Ist-Er gebnis des letzten
Jahres von 56,5 Milliarden Euro in diesem Jahr mit
3,4 Milliarden Euro weniger auskommen, das heißt auch
ohne einen Bundeszuschuss. Ich stelle fest: Keine Fraktion - nur die Kolleginnen von der PDS - hat den Antrag
gestellt, einen Bundeszuschuss wieder einzustellen.
Doch die Entwicklung der Konjunktur und des Arbeitsmarktes stellt die Finanzen der Bundesanstalt für
Arbeit unter äußersten Druck. Wegen der Ungleichzeitigkeit von Einnahmen- und Ausgabenentwicklung fehlen
zurzeit rund 1,5 Milliarden Euro. Doch da die Liquiditätshilfe nach § 364 SGB III von 5 auf 7 Milliarden Euro
aufgestockt wird, ist die Liquidität der Anstalt auf absehbare Zeit gesichert. Es wird gar nichts nützen - das erwarte ich von der Debatte -, über Bundeszuschuss und
Liquiditätshilfe zu reden, wenn die Effekte der Arbeitsmarktreform und die Impulse aus der Regierungserklärung vom 14. März 2003 vielleicht nicht ausreichen, um
den Haushalt dieses Jahres durch die Fährnisse der weiteren weltwirtschaftlichen und weltpolitischen Entwicklung zu steuern. Wir werden das aber nicht zum Vorwand
für Nichtstun nehmen, sondern bei der Realisierung der
Entscheidungen, die der Bundeskanzler verkündet hat,
vor allen Dingen auch bei der Umsetzung von Gesetzen,
die wir beschlossen haben un d - hoffentlich einmütig noch beschließen werden, Druck machen.
Lassen Sie uns festhalten: Arbeitsmarktreform ist
praktizierte Hauhalts- und Wirtschaftspolitik. Sie soll
nicht nur den Bundeshausha lt entlasten, sondern auch
die Lohnnebenkosten begrenzen und reduzieren, die die
Arbeitgeber und Arbeitnehmer mehr als alle Steuern belasten und deshalb das Wachstums- und Beschäftigungshindernis Nummer eins sind.
Mit der Arbeitsmarktreform hat Minister Clement - das
sage ich auf den Vorwurf, er sei ein Ankündigungsminister - ein Beispiel für den fortdauernden Willen zur Haushaltssanierung und zu einer nachhaltigen Reform der
sozialen Sicherungssysteme gegeben.
({0})
Auch zu der Auflösung der globalen Minderausgabe
in Höhe von 1,3 Milliarden Euro, die im Regierungsentwurf enthalten war, hat das Ressort einen beachtlichen
Anteil, nämlich 52,7 Millionen Euro, beigesteuert. Ich
danke dem Ministerium dafür , wie kooperativ und lautlos die Beratungen erfolgt sind, ebenso dem Bundesfinanzministerium, das geholfen hat, und auch der Opposition, mit der eine sachliche Beratung möglich war.
Trotz der Minderausgabe, die wir durchsetzen mussten, sind die Prioritäten de s Regierungsentwurfes erhalten geblieben, nämlich die Aufgaben eines Doppelressorts für Arbeit und Wirtschaft. Ich bin stolz darauf, dass
die Fusion des bisherigen Ministeriums für W irtschaft
und Technologie und des Ressortteils Arbeit des ehemaligen Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung beinahe abgeschlossen ist und dass das neue Ministerium in
Hochform arbeitet. Es erbrin gt sogar, ebenso wie das
neue Ministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung,
eine beträchtliche Fusionsrendite, die dem Gesamthaushalt zugute kommt.
Was sind nun die Prioritäten des Einzelplans W irtschaft und Arbeit? Ich nenne zehn Punkte.
Erstens. 12,3 Milliarden Euro müssen 2003 für Arbeitslosenhilfe ausreichen, 2,5 Milliarden Euro weniger als
2002. Wenn wir über diese Za hlen streiten, möchte ich
noch einmal daran erinne rn, welche menschlichen
Schicksale dahinter stehen und dass die Menschen für die
Arbeitsmarktreform und mit der Arbeitsmarktreform insgesamt mitgenommen werden müssen.
({1})
Zweitens. 2,68 Milliarden Euro fordert noch immer
der Strukturwandel im Steinkohlebergbau, der ein
Musterbeispiel für „Sicherh eit im Wandel“ ist - gegen
alles Gerede von einem Subventionsabbau nach dem Rasenmäherprinzip.
Nimmt man beides zusammen, sind das rund drei Viertel des Budgets für Wirtschaft und Arbeit, allerdings mit
abnehmender Tendenz. Die weiteren Schwerpunkte zeigen dagegen die Zukunftsorientierung des Ressorts - jeweils verglichen mit den Ist-Ergebnissen des Vorjahres und zeigen, was trotz Einspa rungen getan werden kann
und auch getan werden soll.
Ich nenne als dritten Pu nkt Forschung, Entwicklung
und Innovation im Mittelstand. Von diesem Etat gehen
deutliche Verbesserungen für die Indirekte Förderung der
Forschungszusammenarbeit und von Unternehmensgründungen - 152 gegenüber 142 Millionen Euro -, für Innovative Netzwerke - 12,5 gegenüber 7,3 Millionen Euro einschließlich des Netzwerkmanagements Ost - 6,0 gegenüber 1,3 Millionen Euro -, für IT-Anwendungen vor
allem in kleinen und mittleren Unternehmen - 14,7 geVolker Kröning
genüber 11,6 Millionen Euro - und für die bewährte bundesweite Industrielle Gemeinschaftsforschung und -entwicklung - 97 gegenüber 90 Millionen Euro - aus,
während die Forschungsförderung in den neuen Ländern
mit rund 100 Millionen Euro auf gleicher Höhe wie im
Vorjahr fortgeführt wird.
Forschung, Entwicklung und Innovation drücken den
Übergang von alter zu neuer W irtschafts- und Arbeitspolitik aus und sind Teile der Industrie- und Wissensstrategie, die sich auf europäischer Ebene durchzusetzen beginnt, sozusagen von der Lissaboner Strategie bis zu dem
bevorstehenden Brüsseler Gipfel, zu dem die Staats- und
Regierungschefs Frankreichs, Deutschlands und des Vereinigten Königreichs einen wichtigen Anstoß gegeben
haben.
Viertens. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Förderung
der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit kleiner und
mittlerer Unternehmen einschließlich der freien Berufe:
319,4 Millionen Euro gegenüber 248,4 Millionen Euro
im Jahr 2002. Darunter finden sich Zinszuschüsse und Erstattungen im Rahmen des Eigenkapitalhilfeprogramms
zur Förderung selbstständiger Existenzen: 153 Millionen
Euro gegenüber 102 Millionen Euro, ferner die Beratung
von Existenzgründern und bestehenden kleinen und mittleren Unternehmen sowie die Förderung der Innovationsfähigkeit solcher Unternehmen mit zusammen 41 Millionen Euro - das ist mehr als bisher -, die Förderung der
beruflichen Aufstiegsfortbildung, das so genannte Meister-BAföG: 45,4 Millionen Euro gegenüber 35,6 Millionen Euro, die Förderung der überbetrieblichen Bildung im
Handwerk: 42 Millionen Euro gegenüber 41 Millionen
Euro sowie überbetrieblicher Fortbildungseinrichtungen
- ebenfalls schwerpunktmäßig im Handwerk -: 34 Millionen Euro gegenüber 24 Millionen Euro. Übrigens sind
alle Titel mit hohen Verpflichtungsermächtigungen für die
nächsten Jahre verbunden.
({2})
Offenbar verfängt auch - das möchte ich gerade zu
diesem Teil der Arbeitspolitik, nämlich der Ausbildungspolitik sagen - die Anstrengung des Staates. Denn der
Appell des Bundeskanzlers an die Wirtschaft, ihre Ausbildungsverpflichtungen zu erfüllen, scheint nach dem
Treffen von Minister Clement mit den V erbänden in
München Wirkung zu zeitigen. Dafür ist es auch höchste
Zeit.
Fünftens. Der dritte mitt elstandspolitische Schwerpunkt von großer Bedeutung ist die Außenwirtschaft.
Die Ausgaben wachsen von 89 Millionen Euro in 2002
auf 121 Millionen in 2003, darunter die Beteiligung des
Bundes an Auslandsmessen, die alle Fraktionen einmütig von 33,5 Millionen Euro auf 35 Millionen Euro aufgestockt haben.
Ein neuer Titel für Beratungshilfen in den GUS- und
MOE-Staaten ist mit Barmitteln und mit einem Volumen
an Verpflichtungsermächtigungen von insgesamt
5,5 Millionen Euro ausgestattet worden. Dem entspricht
ein weiterer neuer T itel zur Förderung des Dialogs mit
den Sozialpartnern aus den EU-Beitrittsländern mit
1,5 Millionen Euro in bar und 3,5 Millionen Euro an
Verpflichtungsermächtigungen. Dies ist sicherlich ein
wichtiger Beitrag nicht nur zum ökonomischen, sondern
auch zum sozialen Zusammenwachsen Europas.
Sehr interessant ist im Übrigen der Beitrag des Ressorts zur Entsorgung russischer Atom-U-Boote. In Zeiten, in denen wir über Prolif eration reden, kann dieses
Thema nicht ernst genug genommen werden. Den Beitrag hat der Bundeskanzler auf dem letzten G-8-Gipfel
zugesagt. Für dieses Jahr werden 25 Millionen Euro an
Barmitteln zur Verfügung gestellt und für die Folgejahre
275 Millionen Euro als V erpflichtungsermächtigungen.
Zur Finanzierung des gesamt en Betrages erwartet der
Haushaltsausschuss noch ein Konzept der Regierung.
Sechstens. Große innovations- und mittelstandspolitische Bedeutung haben auch die Energieforschung und
die rationelle, sparsame Energieverwendung in zwei Titelgruppen mit insgesamt 164 Millionen Euro. Daneben
sind 250 Millionen Euro zur Förderung erneuerbarer
Energien aus dem W irtschafts- in das Umweltressort
umgeschichtet worden. Energie und Umwelt bleiben ein
ressortübergreifender Schwerpunkt der Politik dieser
Koalition. Das zeigt sich auch in diesem Ressort. Denn
die Außenwirtschaft wird mit neuen 28,5 Millionen Euro
für den Export erneuerbarer Energien unterstützt.
({3})
Siebtens. Struktur- wie regionalpolitisch von Bedeutung bleiben die Förderung der Luftfahrtforschung
und -technologie sowie die Hilfen für die Werftindustrie. Sie wachsen von 68 Millionen auf 76 Millionen
Euro bzw. bleiben mit 95 Millionen Euro auf hohem Niveau erhalten, darunter di e Wettbewerbshilfen in Höhe
von 55,5 Millionen Euro.
Im Hinblick auf das Auslaufen der Schiffbauhilfen im
nächsten Jahr bleibt die Frage, wie es mittelfristig - auch
auf europäischer Ebene - in der maritimen W irtschaft
weitergeht. Als Vertreter der Küstenregion begrüße ich
es, dass der Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung diesen Punkt gegenübe r der EU betont hat. Ich
hoffe, dass in dieser Hi nsicht die bevorstehende
3. Maritime Konferenz in Lübeck ein Erfolg wird. Der
Deutsche Bundestag muss dieses Thema im Auge behalten.
({4})
Achtens. Ein Wort zur Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der r egionalen Wirtschaftsstruktur“: Sie
wird mit 945 Millionen Euro fortgeführt, ebenso das
Stilllegungs- und Rekultivierungsprojekt W ismut mit
236 Millionen Euro.
In diesem Zusammenhang erwähne ich gerne, dass
wir den Ansatz zur Förderung der Leistungssteigerung
des Tourismus, wie der Bandwurmbegrif f heißt, von
1,8 Millionen auf 3 Millionen Euro erhöht haben, um
den vom Elbehochwasser geschädigten Regionen so
schnell wie möglich zu helfen.
({5})
Doch von Interesse ist auch das Verhältnis der Mittel,
die im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe auf Ost und
West entfallen. Dies sind in bar 809 Millionen zu
135 Millionen Euro, also ein V erhältnis von mehr als
5 : 1. Bei den Verpflichtungsermächtigungen sind es immerhin 700 Millionen zu 133 Millionen Euro. Man kann
also nicht davon sprechen, dass der weitere Aufbau Ost
vernachlässigt wird. Wir halten daran fest: Er muss mit
einer Stärkung strukturschwacher Regionen im W esten
verbunden bleiben. Denn Aufbau Ost kann nicht heißen:
Abbau West.
({6})
Zum Änderungsantrag der CDU/CSU-Fraktion, zu
dem sie eine namentliche Ab stimmung begehrt, sei gesagt, dass die ostdeutschen Länder im Vorjahr die Mittel
der Gemeinschaftsaufgabe leider lediglich zu 95 Prozent
genutzt haben. Thüringen und Berlin lagen sogar darunter.
Ich möchte neuntens schließl ich nicht vergessen, darauf hinzuweisen, dass in diesem Budget auch der nachgeordnete Bereich des Ministeriums, das Bundesarbeitsgericht, die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit, die technischen, außenwirtschaftlichen und
wissenschaftlichen Bundesbehörden und die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post, mit einer 3-prozentigen Kürzung seiner Verwaltungsausgaben zu einem Ausgleich beigetragen hat.
Ich danke diesen Behörden für ihr V erständnis. Im
Übrigen muss ich sagen: Wir sind auf dieses Verständnis
angewiesen. Denn es bleibt in diesem Ressort eine globale Minderausgabe von 55 Millionen Euro zu erwirtschaften. Sie ist allerdings von 229 Millionen Euro auf
diesen Betrag reduziert worden. Dies ist eine stolze Leistung, für die ich mich bei den Ministerien, die uns beraten, und bei den Kollegen Mitberichterstattern bedanke.
Diese Leistung rechtfertigt übrigens die unter uns einmütig beschlossene Personalv erstärkung beim Bundeskartellamt, dessen Arbeit ma ßgeblich zu Mehreinnahmen im Geschäftsbereich de s Ressorts W irtschaft und
Arbeit beiträgt.
Zum Schluss möchte ich erwähnen - das war streitig -,
dass die Koalition 15 Millionen Euro für Kommunikation und Evaluation ihrer wirtschafts- und arbeitspolitischen Vorhaben beschlossen hat. Mit Blick auf das
ebenso ambitionierte wie dringliche Programm der Regierung zur Reform des Arbeitsmarktes und des Arbeitsrechts über die Offensive für den Mittelstand bis zu den
Anteilen des Ressorts am Masterplan Bürokratieabbau
sind diese Mittel für ein ziel- und adressatengenaues
Handeln unentbehrlich. W ir als Abgeordnete können
diese Arbeit der Vermittlung von oben nach unten jenseits von Fraktionsdif ferenzen nicht allein leisten. Ich
betone: Es geht dabei nicht um die Öffentlichkeitsarbeit
des Ministers, sondern um den Versuch, im Rahmen dieser Reformen alle Akteure in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zusammenzuführen. Ich denke zum Beispiel
bei der Reform des Handwerksrechts oder auch des Vergaberechts an die Notwendi gkeit - ich betone es noch
einmal -, das Denken zu verändern und die Menschen zu
gewinnen.
({7})
Ich begrüße in diesem Zusammenhang, dass sich der
Minister in der Aussprache zu der Regierungserklärung
am 14. März auch zu dem Vorschlag so genannter Innovationszonen geäußert hat. Es geht um Verfahrensvereinfachungen, nicht um einen Steinbruch an demokratisch
legitimierten Gesetzen. Es geht um Initiativen der Länder,
die auf konkrete, beispielhafte Projekte zielen und für die
natürlich in Bundestag und Bundesrat Mehrheiten gefunden werden müssen. Sie sollen aber nicht - dies ist die
Haltung unserer Fraktion und der Koalition - von einer
Verfassungsänderung abhängig gemacht werden.
Ich fasse zusammen: An Ideen und Initiativen mangelt es nicht, auch ist genüg end Geld bereitgestellt. Was
wir nun brauchen, ist eine Konzentration auf die Umsetzung politischer und gesetz geberischer Entscheidungen.
Was wir erwarten, ist gutes Regierungs- und V erwaltungshandeln. Dies werden wir vonseiten der Koalitionsfraktionen nach Kräften unterstützen.
Danke schön.
({8})
Ich erteile dem Kollegen Rainer Brüderle, FDP-Fraktion, das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sicherlich
können diese Haushaltsberatungen nicht in der üblichen
Routine durchgeführt werden. Unsere Gedanken und
Empfindungen sind bei den Menschen in der Golfregion,
bei den Soldatinnen und Soldaten und bei den Menschen
in unserem Land, die Angst und Sor gen haben. Dies zu
leugnen oder zu ignorieren wäre falsch. Aber gerade
weil Fragen der inneren und äußeren Sicherheit einen
anderen Stellenwert bekomme n haben, ist es wichtig,
das eigene Haus in Ordnung zu bringen und für innere
Stabilität sowie Wachstums- und Beschäftigungschancen
einzutreten und zu kämpfen. Unser außenpolitisches Gewicht, in der Diplomatie und in internationalen Verhandlungen unsere V orstellungen und Empfindungen zum
Tragen zu bringen, hängt im mer auch von wirtschaftlichen Erfolgen, von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit unseres Landes ab.
({0})
Hier gibt es einen inneren Zusammenhang; deshalb sind
diese Fragen so drängend.
Deutschland befindet sich in der längsten Stagnationsphase der letzten 50 Jahre. Wir haben rezessive Tendenzen; der Irakkrieg wird dies nicht leichter machen. Es
kommen neue Risiken hinzu: Wie wird sich das amerikanische Haushaltsdefizit auswirken? W ie werden die
Finanzmärkte reagieren? Wie wird sich der Ölpreis entwickeln? Wie schnell wird man in Europa die Gelegenheit nutzen, die von vielen als lästig empfundenen Stabilitätskriterien aufzuweichen? Wie schnell wird man die
Lage zum Vorwand nehmen, sich von den eigenen Hausaufgaben zu befreien und den weicheren W eg zu gehen,
also lieber die Steuern und Abgaben zu erhöhen, statt die
eigenen Dinge in Ordnung zu bringen?
({1})
Ich denke in diesem Zusa mmenhang an die Reaktionen dieser Bundesregierung nach dem 1 1. September
2001, nach den schrecklichen Anschlägen in Manhattan,
die letztlich Ursache für die weitere Entwicklung gewesen sind. Damals haben Sie falsch reagiert: Sie haben die
Verunsicherung und die Ängste verstärkt, indem Sie
nicht Raum für wirtschaftli che Entwicklung und Dynamik gegeben, sondern Steuern - die T abaksteuer, die
Versicherungsteuer, die Ökosteuer - erhöht haben. Das
waren die völlig falschen Signale.
({2})
Ich habe mir manche hämischen Kommentare aus Ihren Reihen anhören müssen, als ich damals ein Blitzprogramm gefordert habe, wie es die Amerikaner mit erheblichen steuerlichen Entlastungen - mit Steuerschecks als
Abschlagszahlungen auf künftige steuerliche Entlastungen - aufgelegt haben, um so V ertrauen zu halten
und neues Vertrauen zu gewinnen, die Verunsicherung in
der Wirtschaft abzubremsen und ein weiteres Abgleiten
zu verhindern. Wir stehen jetzt vor einer Situation des
„double dip“, wie die Fachle ute sagen, also vor einem
Abgleiten in die Rezession. Wir haben dies knapp verhindern können. W ir haben keine Dynamik; ob wir
0,1 Prozent Wachstum haben oder nicht, ist eigentlich
nicht entscheidend, wenn man die Genauigkeit der
volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung kennt. Deshalb
ist es jetzt geradezu Pflicht - in der aktuellen Situation
sogar doppelte Pflicht -, die W eichen für mehr Wachstum zu stellen.
({3})
Die Erwartungen an die Regierungserklärung von
letztem Freitag, die durch lancierte Mitteilungen an die
Presse von der Bundesregierung selbst geweckt wurden,
wurden nicht erfüllt. Die Erklärung enthielt auch Maßnahmen, die sinnvoll sind, etwa die Zusammenlegung
der Arbeitslosen- und der Sozialhilfe. Machen Sie es,
machen Sie es richtig! V ieles hat aber gefehlt. W ie
Guido Westerwelle sagte, enthielt die Regierungserklärung eine Liste von Maßnahmen, aber kein konsistentes,
in sich schlüssiges und von ordnungspolitischen Prinzipien getragenes Gesamtkonzept. Sie müssen die Grundachsen in der W irtschaftspolitik anders ausrichten, Sie
müssen Kräfte freisetzen und entfesseln, Sie müssen
Barrieren wegräumen, damit das W achstumspotenzial
zur Wirkung gebracht wird.
({4})
Sie helfen den Gemeinden nicht durch weitere Kredite; denn sie sind schon bis zur Halskrause verschuldet.
({5})
Vielmehr brauchen sie Geld. Einnahmen bekommen sie
aber nur, indem Sie Wachstum auslösen und Tempo machen, statt die Steuern und Abgaben zu erhöhen. Dies ist,
wie gesagt, das falsche Signal.
In einer solchen Situation muss man sich darauf besinnen, wie in der sozialen Marktwirtschaft Arbeitsplätze
entstehen. Sie entstehen nicht durch Demonstrationen,
durch Fähnchen, durch Winken, durch Selbstbelobigung,
sondern dadurch, dass man Nachfrage auslöst, dass jemand etwas kaufen will bzw . eine Dienstleistung nachsucht. Um diese Produkte herzustellen oder diese Dienstleistung zu erbringen, werden andere Frauen und Männer
benötigt. So entstehen Arbeitsplätze. Deshalb ist das, was
Sie machen, falsch.
Dabei nehme ich übrigens auch einige aus den Reihen
der Union nicht aus. Ich war heute Mor gen beunruhigt,
als ich im Deutschlandfunk hörte, der Ministerpräsident
des Saarlandes Müller und de r Ministerpräsident Sachsen-Anhalts Böhmer reflektierten schon, man könne die
Mehrwertsteuer doch erhöhen. W iederholen Sie bitte
nicht die Fehler , die nach dem 1 1. September gemacht
wurden, indem Sie erneut Steuern erhöhen!
({6})
Sie müssen Freiraum geben, Sie müssen Geld zurückgeben, Nachfragemöglichkeiten schaffen und sie nicht einengen, Sie dürfen sie nicht erneut durch Steuern belasten. Eine Erhöhung dieser Steuer um zwei Prozentpunkte
bringt 15 Milliarden Euro.
({7})
- Herr Müntefering ist noch nicht freigesprochen. Ich
habe die beiden genannt, Müller und Böhmer,
({8})
aber Müntefering gehört eben auch zu denen, die das reflektieren. Dann sagen Sie doch heute definitiv, dass Sie
eine Erhöhung der Mehrwertsteuer ausschließen.
({9})
- Das glaubt Ihnen keiner . Sie haben auch gesagt, Sie
würden Steuern senken, und haben es nicht gemacht. Sie
haben Ihr Versprechen nicht eingehalten. Ihnen glaubt
keiner mehr.
({10})
Die Tatsache, dass Ihnen keiner mehr glaubt, ist doch ein
Teil der Verunsicherung der deutschen Volkswirtschaft
und damit des gesamtes Problems. Also Finger weg von
weiteren steuerlichen Belastungen!
Die notwendigen Maßnahme n sind relativ einfach;
Sie können es beim Sachverständigenrat, aber auch im
Hilfeschrei der Bundesbank nachlesen. Herr W elteke,
Sozialdemokrat und damit unverdächtig, jetzt Helfershelfer der Opposition zu sein, reklamiert: Wenn Sie nicht
nachhaltig verändern, kommen wir auf einen W achstumspfad mit einer Ober grenze von 1 Prozent. Die
Schwelle zur Rezession ist also deutlich niedriger angesetzt, verbunden mit hohen Gefahren für die weitere
wirtschaftliche Entwicklung und die gesellschaftliche
Stabilität.
Sie müssen die Kraft haben, steuerlich zu entlasten.
Sie müssen im Haushalt umschichten. Sie dürfen die jetzige Lage nicht zum Vorwand nehmen, wieder massiv in
die Verschuldung einzusteigen. Die Worte des Bundeskanzlers, die Maastricht-Kriterien seien nicht statisch zu
verstehen, sind doch schon das Menetekel. Das heißt,
Sie wollen doch wieder mehr Schulden machen.
({11})
Die Ankündigung, die Gewerbesteuer zu erneuern,
bedeutet, dass Sie sie auf die freien Berufe erweitern und
dass Sie den Mittelstand komplett einbeziehen wollen.
Das ist grottenfalsch. Wenn Sie davon sprechen, Bündnisse im Betrieb zu ermöglichen, aber nur mit Zustimmung der Tarifvertragsparteien, dann ist das eine Totgeburt. Geben Sie doch den Betriebsräten, den Mitarbeitern
in den Betrieben und den Unternehmensleitungen, den
mittelständischen Betrieben die Chance, sich selbst besser aufstellen zu können. W ir sagen: Wenn 75 Prozent
der Mitarbeiter andere Rege lungen wollen, müssen sie
das Recht dazu haben. Das ist mehr als eine verfassungsändernde Mehrheit. Geben Sie ihnen doch das Stück
Freiheit, sich selbst helfen zu können.
({12})
Sie haben doch alles versch limmert. Sie haben überreglementiert, den Kündigungsschutz und die Lohnfortzahlung verschärft. Sie sind genau in die falsche Richtung gegangen. Die Aufstellung ist das Problem. V ieles
von dem, was jetzt draußen geschieht, können wir nicht
beeinflussen, aber wir trag en die Verantwortung dafür,
dass es sich bei uns stärke r als anderswo niederschlägt,
weil wir falsch aufgestellt sind. Daraus leitet sich unsere
nationale Aufgabe ab. In dies er Stunde muss die Kraft
bestehen, das Richtige zu tun: die ideologischen Schützengräbern zu verlassen, die Barrieren zu überwinden
und die Marktwirtschaft wieder zum T ragen zu bringen.
Nehmen Sie Belastungen zurück und schaf fen Sie Freiräume! Warum erlauben Sie keine Experimentierklauseln, die es Kommunen oder Ländern ermöglichen, Gesetze zeitlich befristet außer Kraft zu setzen? Dadurch
könnte endlich Bürokratie abgebaut werden.
({13})
Herr Clement, es ist schön, dass wir einen Masterplan
und einen Small-Business-Act haben. Die Begrif fe sind
zwar durchaus eindrucksvoll, aber am Schluss zählen
nur die Ergebnisse. Sie müssen eine Kurskorrektur vornehmen, sich an die Erfolgskriterien der sozialen
Marktwirtschaft erinnern, die soziale Marktwirtschaft
erneuern und die Staatsquote auf ein erträgliches Maß
senken. Ein Staatsanteil von 50 Prozent muss fehlleiten.
Die Verkrustung der Gesellschaft ist per se eine Fehlleitung. Das zu große Abnehmen schafft keine Möglichkeiten. Sie müssen für Klarheit sor gen, weil Sie Vertrauen
brauchen. Eine Marktwirtschaft, die auf Einzelentscheidungen beruht und in die ke in Vertrauen gesetzt wird,
kann nicht funktionieren. Deshalb müssen Sie umkehren.
({14})
Sie haben jetzt die Möglichkeit, der Öf fentlichkeit
klar zu machen, dass die Verflechtungen der gesellschaftlichen Institutionen geändert werden müssen. Es
gibt Situationen - wir befinden uns in einer solchen -, in
denen die Regeln von gestern - auch Ihre - nicht mehr
gültig sein sollten. Haben Sie die Kraft, über den Tellerrand zu blicken! Lassen Sie uns unser Land gemeinsam
neu ausrichten, damit wir das Haus wenigstens intern in
Ordnung bringen! Dadurch gewinnen wir mehr Gewicht
und ein höheres Wachstumstempo. Die Lösung aller Probleme ist W achstum, weil dadurch Arbeitsplätze geschaffen werden. Ohne W achstum wird es nicht gehen.
Die grüne Ideologie, dass Wachstum schlecht sei - diesen Unsinn haben Sie in der V ergangenheit erzählt -,
müssen Sie -
Kollege Brüderle, Sie haben Ihre Redezeit und die Ihrer ganzen Fraktion schon deutlich überschritten.
({0})
Herr Präsident, ich möchte den Satz beenden. Bei Ihrer Fraktion sind Sie manchmal großzügiger.
Entschuldigen Sie, Herr Kollege Brüderle, diese Unterstellung weise ich zurück.
Ich danke für die Aufmerksamkeit.
({0})
Ich erteile das Wort der Kollegin Anja Hajduk, Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Angesichts der aktu ellen Entwicklung im Irak
werde auch ich meine Rede in dieser Debatte kürzer halten.
Wir alle wissen, dass di e Arbeit des neuen W irtschafts- und Arbeitsministeriums eine ganz zentrale BeAnja Hajduk
deutung für den Erfolg der Regierung und für die Menschen in unserer Gesellschaft hat. Anfang dieses Jahres
haben wir damit angefangen, den Haushalt intensiv zu
beraten. Zu dieser Zeit wurde der Jahreswirtschaftsbericht vorgelegt, der ganz wesentliche Änderungen in den
Prognosen enthielt, die klar machen - darüber haben wir
oft gestritten -, dass die Entwicklung schwierig und krisenhaft ist. Im Jahreswirtschaftsbericht wird ein W achstum von 1 Prozent angenommen; das entspricht einer
Absenkung um eine halbes Prozent. Aktuelle Aussagen
gehen davon aus, dass diese Quote vielleicht nicht erreicht werden kann. Prognosen sind zurzeit extrem unsicher.
Kollege Fuchtel, ob und wi e sich der Irakkrieg auswirken wird, kann keiner richtig einschätzen. T rotzdem
- da gibt es zwischen uns keine Dif ferenz - haben wir
unsere Hausaufgaben zu machen. Wir werden aber nicht
unsere Haushaltszahlen ände rn; denn wie die Auswirkungen auf unsere W irtschaft sein werden, hängt mit
dem Verlauf des Krieges, mit den Auswirkungen auf die
amerikanische Wirtschaft und dem Ölpreis zusammen,
und das ist wirklich unsicher.
Wir müssen schauen, wo unsere Hauptprobleme liegen. Ein Hauptproblem - darüber gibt es nicht viel Streit
- ist die zu hohe Arbeitslosigkeit. Die Arbeitslosigkeit
zu bekämpfen hat für uns Prio rität. Angesichts der Entwicklung, die unsere Gesellsc haft in den letzten Jahren
und Jahrzehnten genommen hat, müssen wir erkennen,
dass wir uns nicht einseitig um Wachstum kümmern und
uns nur daran orientieren dürfen. Wir dürfen nicht davon
ausgehen, dass wir nur durch mehr W achstum zu mehr
Beschäftigung kommen, sondern müssen versuchen, unmittelbar mehr Beschäftigung zu schaf fen. Das setzt
dann vielleicht auch Wachstumsimpulse frei.
({0})
Wir müssen erkennen, dass bei uns die Schwelle von
2 Prozent Wachstum, ab der Beschäftigung entsteht, zu
hoch ist. Wir müssen auch mit weniger Wachstum mehr
Beschäftigung erreichen.
({1})
Ich möchte in diesem Zusammenhang auf eine Differenz eingehen, die bei dies em Thema zwischen Ihnen
von der FDP, Herr Brüderle, und uns besteht. Wir wollen
qualifiziertes Wachstum; das ist keine Frage. Aber wir
müssen uns vorher darüber klar werden, wo wir die Prioritäten setzen und worauf wir unsere Aufmerksamkeit
lenken. Ich bin davon überze ugt, dass die Belastung des
Faktors Arbeit durch die Lohnnebenkosten viel zu hoch
ist. Die Entwicklung, die wir in den letzten 30 Jahren bei
den Sozialabgaben im Verhältnis zu den Steuern zu verzeichnen hatten, ist dramatisch. Deswegen muss die Politik im Rahmen ihrer Aufgaben, die sie wahrnehmen
muss, insbesondere auf di e Lohnnebenkosten abheben
und dort Änderungen vornehmen.
({2})
- Das tun wir auch.
Im Bereich der Krankenversicherung haben Sie von
der Opposition sich sogar bescheidenere Ziele gesetzt als
wir. Wir haben uns vorgenommen, die Lohnnebenkosten
in diesem Bereich um 1,5 Prozent zu senken. Mir ist
noch nicht zu Ohren gekommen, dass Sie mehr erreichen
wollen. Ich glaube, man sollte realistisch sein. Das sind
wir. Wir wollen auf einen Beitragssatz von unter
13 Prozent kommen. Dafür haben wir Maßnahmen vorgeschlagen.
({3})
Zum Thema Rentenversicherung. Ich bin froh darüber, dass der Bundeskanzler gesagt hat, dass wir auch in
diesem Bereich noch einmal Reformen angehen müssen.
Die demographische Entwicklung muss stärker berücksichtigt werden.
({4})
Außerdem müssen wir die ökonomische Situation, nämlich die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt, integrieren.
Auch das werden wir ange hen. Sonst kommen wir mit
der Größenordnung, die wir anstreben, nicht aus.
Ich komme nun auf das Kernthema im Bereich W irtschaft und Arbeit zu sprechen, nämlich auf die Absenkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung. Darum geht es. Dazu haben wir Vorschläge gemacht. Durch
eine Begrenzung des Arbeitslosengeldes haben wir einen
Spielraum geschaffen, um auch dort die Lohnnebenkosten zu senken.
({5})
Wenn wir erfolgreich sein wollen, dann ist es wichtig,
dass hinsichtlich des Ziels, die Lohnnebenkosten zu senken, Einigkeit besteht. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir auch etwas bei der Bundesanstalt für Arbeit
tun. Der erste Schritt muss sein, darauf hinzuwirken,
dass die Bundesanstalt ohne Zuschuss auskommen
muss. Darum möchte ich Sie bitten. W ir müssen das
Steuer ergreifen, um zu mehr Vermittlung und einer Kostenbegrenzung zu kommen. W enn wir darin d’accord
sind, dann müssen wir bereit sein, uns dieses ehrgeizige
Ziel zu setzen. Wir sind bereit, anzuerkennen, dass es ein
Risiko bleibt, ob wir bei ei ner noch schlechteren wirtschaftlichen Entwicklung wirklich mit einem Nullzuschuss wirklich auskommen. Aber die Zielsetzung ist
richtig.
Ich möchte Sie von der Opposition um eine Sache bitten. Ich glaube, hier haben Sie auch eine V erpflichtung.
Wir haben deutlich gemacht, dass wir bereit sind, Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zusammenzulegen; dies
ist für einige mit einer Absenkung verbunden. Dazu haben wir konkrete Vorschläge gemacht. Diese werden wir
auch umsetzen.
Wenn wir bereit sind, beim Arbeitslosengeld etwas zu
ändern, dürfen wir den Blick nicht davor verschließen,
dass es auch in anderen Bereichen Verkrustungen gibt.
Ich bin davon überzeugt, dass Flexibilität und soziale Sicherung nicht als Gegensätze aufgefasst werden dürfen.
Das unterbindet Dynamik. Dadurch bekommen wir ein
starres System. Aber dann darf es nicht sein - hier würde
ich Sie gerne mit ins Boot nehmen -, dass in bestimmten
Bereichen Starrheit und Verkrustung zu finden sind. Es
hat mich erschreckt, wie Herr Seehofer und der Kollege
von der FDP im Bereich des freien V ersandhandels bei
den Apotheken an solchen Strukturen festhalten wollen.
Frau Kollegin, denken Sie bitte an Ihre Redezeit.
Ich komme sofort zum Schl uss. - Machen Sie mit,
auch in den Bereichen der Handwerksordnung und der
Medikamentenvergabe Verkrustungen aufzubrechen.
Wir werden in beide Richtungen denken; denn das brauchen wir. Sonst bekommen wir keine Dynamik und
keine Entlastung auf dem Ar beitsmarkt. Wir brauchen
mehr Arbeitsplätze. Das ist ein gemeinsames Anliegen.
Das werden wir vorantreiben.
({0})
Nächster Redner ist der Kollege Kurt Rossmanith,
CDU/CSU-Fraktion.
({0})
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren Kollegen! Wir haben heute bereits den Kollegen
Kröning vernommen.
({0})
Ich muss sagen: Er hat einige von der Beschlusslage her
richtige Ausführungen gemacht. Nur , lieber Kollege
Kröning, Sie haben es geha lten wie der Bundeskanzler
vor exakt sechs Tagen: Sie haben sich mit Detailfragen
befasst, die große Linie haben Sie aber schlicht und einfach ausgelassen.
({1})
Die Kernfrage, die bei un s in der Bundesrepublik
Deutschland beantwortet werden muss, lautet: W ie können wir es schaffen, dass in diesem Land wieder ein entsprechendes Wirtschaftswachstum erreicht wird?
({2})
Genau das ist der Punkt. Diese Frage hat weder Bundeskanzler Schröder vor sechs Tagen noch Kollege Kröning
heute beantwortet.
Unsere Grundforderungen, die heute noch einmal dargestellt werden müssen, auch wenn sie in weiten T eilen
des Landes bekannt sind, sind klar: Notwendig sind
keine Steuererhöhungen, sondern Steuersenkungen.
({3})
Die Lohnzusatzkosten müssen gesenkt werden; Kollegin
Hajduk hat bereits darauf hingewiesen.
({4})
Weshalb liegt die Beschäft igungsschwelle denn bei
2 Prozent Wachstum?
({5})
Frau Kollegin Hajduk, Sie müssen sich mit weiten Teilen
Ihres Koalitionspartners auseinander setzen und dürfen
nicht auf uns blicken. Die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes ist eine ganz wesentliche Aufgabe, die wir
nicht irgendwann in ferner Zukunft, sondern sehr rasch
bewältigen müssen.
({6})
Ein sehr wichtiger Punkt ist auch der Bürokratieabbau. Das gilt für den gesamten mittelständischen Bereich. Fragen Sie doch einmal nach; Sie haben ja gerade
das Handwerk angesprochen. Ein Handwerksmeister ist
fast ein Drittel seiner Zeit - wenn nicht noch mehr - damit beschäftigt, den gesamten bürokratischen W ust, der
ihm Tag für Tag auferlegt wird - zusätzliche und neue
Aktionen, Befragungen und Bewertungen -, abzuarbeiten.
({7})
Er kann seiner eigentlichen Arbeit und der Requirierung
von Aufträgen kaum mehr nachkommen.
Es hat keinen Wert, wenn hier gesagt wird: wir müssen, wir sollen und wir können. Nein, diese Regierung,
die am 22. September 2002 eine Mehrheit erhalten hat
- wenn auch nur mit 6 000 Stimmen -,
({8})
ist aufgefordert, Gesetzesvorl agen in dieses Parlament
einzubringen, damit hier Entscheidungen getroffen werden können. Mit großen W orten und Sonntagsreden ist
es schlicht und einfach nicht getan.
({9})
Im vergangenen Jahr hatten wir ein Wirtschaftswachstum von 0,2 Prozent. Darauf sind Sie sogar noch
stolz. Wissen Sie, wie hoch das Wirtschaftswachstum im
vergangenen Jahr gewesen wäre, wenn wir die Weltwirtschaft - Bundeskanzler Schr öder hat in seinen Reden
immer wieder davon gesprochen, dass die Schuld bei der
Weltwirtschaft und nicht in Deutschland liegt - nicht gehabt hätten? Das W irtschaftswachstum hätte minus
1,4 Prozent betragen, weil der Export im ver gangenen
Jahr mit einem Plus von 1,6 Prozent zu Buche geschlaKurt J. Rossmanith
gen hat. Das heißt, wir hätten im ver gangenen Jahr ein
Wirtschaftsminus und kein Wirtschaftswachstum gehabt.
({10})
Das ist doch die Realität. Hören Sie bitte auf, die Verantwortung immer auf die Weltwirtschaft zu schieben! Geben Sie zu, dass Ihre Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik bislang völlig versagt ha t! Geben Sie sich endlich
einen Ruck und leiten Sie die notwendige Wende ein!
({11})
Ich sage es nicht gerne, ab er das sind leider die Fakten: Jeden Tag gehen 100 deutsche Unternehmen Pleite.
({12})
- Es sind rund 130. Kolleg e Hinsken, ich bedanke mich
für diese Korrektur.
Es tut weh, zu hören, dass zusätzlich täglich
6 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer das Los der
Arbeitslosigkeit auf sich nehmen müssen. Wer jetzt noch
nicht begriffen hat, dass es nicht mehr fünf vor zwölf,
sondern schon längst fünf nach zwölf ist, der sollte seine
Sachen packen und erklären: Ich kann nicht mehr weitermachen; ich trete zurück. - Am besten wäre es, wenn die
ganze Regierung zurücktreten würde. Dann hätten wir in
der Zukunft wieder die Möglichkeit, eine vernünftige
Politik zu gestalten.
({13})
Ich weiß, dass es wehtut, wenn man eigene Fehler
vorgehalten bekommt. Bis heute haben große Teile - ich
nehme nicht alle von der SPD in die V erantwortung nicht begriffen, dass sie fa lsch gehandelt haben. Aber
was machen Sie? Sie handeln konfus und verwickeln
sich in Widersprüche. Die Bundesregierung hat zu Beginn dieses Jahres die Steuern erhöht und damit die Konjunktur weiter abgewürgt. Gleichzeitig aber will sie die
Schulden erhöhen, um die Konjunktur mit einem Investitionsprogramm anzukurbeln. Am ver gangenen Freitag
im Bundesrat hat diese Bundesregierung auf der Kürzung der Eigenheimzulage be standen. Gleichzeitig aber
hat sie ein Kreditprogramm für die Bauwirtschaft angekündigt.
Mit der Erhöhung der Gewe rbesteuerumlage hat die
Bundesregierung den Kommunen in vier Jahren Einnahmen in Höhe von 10 Milliarden Euro weggenommen. Jetzt will sie ihnen zinsverbilligte Kredite anbieten.
Den Kommunen steht das Wasser inzwischen nicht mehr
bis zum Hals, sondern bis zu r Unterlippe. Sie sind nicht
mehr in der Lage, einen Kred it aufzunehmen. Sie brauchen Barmittel, um überhau pt etwas bewegen zu können. Die Situation der Kommunen spiegelt sich auch im
Bundeshaushalt wider.
Ich möchte mich bei den Berichterstattern Volker
Kröning, Anja Hajduk, Dr . Günter Rexrodt und HansJoachim Fuchtel bedanken, di e sich insbesondere beim
Einzelplan 09 sehr bemüht ha ben, den einen oder anderen Schwerpunkt zu setzen . Ich bin allen Kolleginnen
und Kollegen dafür dankbar, dass die Mittel für die Auslandsmessen - dies wurde von allen getragen - gegenüber dem Regierungsentwurf um 1,5 Millionen Euro erhöht werden konnten.
({14})
Das ist ein ganz wichtiger Aspekt.
({15})
Allein mit dieser Maßnah me werden über 200 mittelständische Unternehmen in die Lage versetzt, sich im
Ausland auf Messen zu präsentieren und damit W irtschaftskraft für Deutschland zu mobilisieren.
Zu den Wettbewerbshilfen für Schiffswerften. Wir
alle bedauern, lieber Kollege Kröning, dass es mit Südkorea zu keiner Einigung ge kommen ist. Südkorea besteht trotz vorheriger Zusagen darauf, die eigene Schif fbauindustrie weiterhin zu unterstützen. Deshalb haben
wir auch aufgrund der Klammheit der Länderhaushalte
einen entsprechenden Antrag eingebracht. Ich möchte in
diesem Zusammenhang Schleswig-Holstein erwähnen.
Die Ministerpräsidentin Heide Simonis, SPD, hat deutlich gemacht, dass Schleswig-Holstein seinen Anteil von
zwei Dritteln an dieser Hilfe nicht mehr erbringen kann.
Daher fordern wir in unserem Antrag die Bundesregierung auf, den Anteil des Bundes an dieser Hilfe auf
50 Prozent zu erhöhen.
Zur Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ möchte ich gerne noch
ein paar Worte sagen. Lieber Kollege Kröning, Sie müssen doch wissen, warum die Mittel im ver gangenen Jahr
nicht komplett abfließen konnten. W esentliche Gründe
dafür waren die Kosten für die Fluthilfe und die schwierige wirtschaftliche Lage in den neuen Bundesländern.
Hier wollen wir etwas verändern, damit diese Mittel in
Zukunft besser abfließen können.
({16})
Ich will noch die Deutsche Zentrale für T ourismus
nennen, weil sie sich durc h die Umstrukturierung als
wichtiges Instrument erwiesen hat. Sie wäre es wert gewesen, dass ihr mehr Mittel zugewiesen worden wären.
Ich sage das als jemand, der selbst aus einer wunderschönen Urlaubsregion, dem Allgäu, kommt. Ich sehe
aber auch, dass die Tourismuswirtschaft dort in Schwierigkeiten geraten ist.
({17})
Herr Kollege Rossmanith, Ihre Redezeit ist überschritten.
Dies bedauere ich sehr , verehrte Frau Präsidentin. Die Luft- und Raumfahrt wäre noch ein ganz wichtiges
Thema gewesen.
Mein Schlusssatz: Geben Si e sich endlich den Ruck,
von dem schon lange gesprochen wird.
({0})
Gehen Sie mit uns gemeinsam an die Reformen in der
Wirtschaft und im Arbeitsmarkt heran.
({1})
Dann werden wir wieder nach vorne kommen.
({2})
Wenn Sie dies nicht wollen, dann soll Ihre Regierung abtreten.
Herzlichen Dank.
({3})
Der nächste Redner ist der Kollege Klaus Brandner ,
SPD-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen!
Liebe Kollegen! Der Kollege Fuchtel begann seine Rede
mit den Worten, dass er angesichts des Kriegsausbruchs
im Irak eine moderate Rede halten wolle.
({0})
Wir haben aber gesehen, dass er Moderatheit vor getäuscht und sogleich wieder geholzt hat. Herr Fuchtel,
ich sage es ganz of fen: Sie haben in der Tat wieder einmal Ihrem Namen alle Ehre gemacht. Sie haben rumgefuchtelt.
({1})
- Ich werde es besser machen, Frau Kollegin.
Sie haben in der Tat von den Problemen, in denen Sie
als Partei, in diesem Fall auch als vermeintlich christlich-soziale und christlich-demokratische Partei stecken,
abgelenkt.
({2})
Sie haben sich aus meiner Si cht nicht zwischen dem katholischen Papst und dem Präsidenten Bush in der entscheidenden Frage, vor der wi r zurzeit stehen, entscheiden können.
({3})
Auch das ist ein Punkt, me ine Damen und Herren, den
Sie zur Kenntnis nehmen sollten.
({4})
Die Haushaltsdebatte ist die Stunde der Wahrheit und
Klarheit. Deshalb will ich auch kein Blatt vor den Mund
nehmen und die ungünstige Wirtschafts- und Arbeitsmarktlage nicht bestreiten. Maximal 1 Prozent Wirtschaftswachstum ist aus unserer Sicht zu wenig. Die Arbeitslosigkeit steigt mome ntan aus konjunkturellen
Gründen, wie wir wissen; strukturelle Gründe kommen
noch hinzu. Wir werden die Probleme nur lösen können,
wenn wir die Strukturreformen zügig auf den W eg bringen und zum Erfolg führen.
({5})
Deutschland ist zwar zum Glück längst nicht so
schlecht, wie man es nach dem Miesmacher gerede der
Opposition glauben könnte, wir sind aber auch nicht so
gut, dass wir das Potenzial, das wir tatsächlich haben,
voll ausschöpfen. Wir brauchen mehr Innovationen und
einen Schub für Strukturrefo rmen, auch wenn die Umbruchphase für viele Beteiligte schwierig sein wird. Das
ist die Herausforderung, vor der wir stehen und der wir
uns stellen werden.
({6})
Dabei stehen wir mit unseren Problemen keineswegs
allein. Die Arbeitslosenquote - laut EU-Statistik beträgt
sie 8,6 Prozent - liegt im europäischen Mittelfeld. Der
Anstieg der Arbeitslosigkeit war zuletzt in einigen europäischen Ländern noch höher. Das muss deutlich gesagt
werden. Auch in den USA liegt die Arbeitslosenquote
bei immerhin 5,7 Prozent. Die Nennung dieser Zahlen
soll nicht - um es deutlich zu sagen - die Flucht aus der
Verantwortung vorbereiten, sondern ein Hinweis sein,
dass wir - ich meine uns alle - keine Patentlösung an der
Hand haben. Die Opposition, die das verspricht, insbesondere die CDU/CSU heute wi eder, ist bisher nicht in
der Lage gewesen, ein klares Konzept vorzulegen.
({7})
Bisher haben wir nur Wolkiges gehört. Zumindest ist das
Konzept, das Sie vorschlagen, unseriös, aus meiner Sicht
einfallslos und ratlos.
Das gilt auch für das Ersc heinungsbild, das Sie nach
der Kanzlerrede am letzten Freitag in der Öf fentlichkeit
abgegeben haben. Seehofer greift Stoiber an, um es deutlich zu sagen. Er sagt, nichts sei in der Rentenpolitik, der
Arbeitsmarktpolitik und der Krankenversicherungspolitik abgestimmt. Da ist eine Riesendifferenz in der Öffentlichkeit deutlich geworden. Wulff aus Niedersachsen
sagt: Stoiber vertritt nicht die CDU. Stoiber war der gemeinsame Kanzlerkandidat, aber er muss of fenbar einen
anderen Weg gehen. Der saarländische Ministerpräsident
Müller sagt, was Stoiber sage, sei bundesweit nicht übertragbar. Da frage ich: Gibt es einen bayerischen Sonderweg, meine Damen und Herren? Merz will den Gewerkschaften den Garaus machen und Sie, lieber Kollege
Laumann, wollen die Rente nach 45 Versicherungsjahren
ohne Abschlag. Merz dagegen will das Rentenalter auf
70 Jahre anheben. Wenn man das tut, werden Ihre V orKlaus Brandner
schläge vielleicht finanzierb ar sein, ansonsten bleiben
sie Luftnummern, um es deutlich zu sagen.
({8})
Die Opposition präsentiert sich wie ein Hühnerhof:
Viele Hennen gackern, die Hähne gackern noch lauter
und die Obermutter Merkel ha t viel zu tun, sie zusammenzuhalten. Eine Alternative sind Sie nicht.
({9})
Wir stellen uns der Verantwortung, wir sitzen nicht alles aus. Die Wachstums- und Vertrauenskrise wird durch
unsere Politik überwunden werden müssen. W ir wissen
auch, dass die schlechte W irtschafts- und Arbeitsmarktlage voll auf den Haushalt durchschlägt. Deshalb will ich
deutlich sagen: Wir haben zu beklagen, dass im Haushalt
Wirtschaft und Arbeit die Arbeitslosigkeit mit etwa
80 Milliarden Euro Kosten zu Buche schlägt. Dieser
Posten ist viel zu hoch. Es muss uns gelingen, aus Arbeitslosen wieder Steuer- und Beitragszahler zu machen.
Dafür brauchen wir eine nachhaltige Strategie
({10})
und dafür brauchen wir auch die Zurückführung der
Staatsverschuldung.
Der Haushalt Wirtschaft und Arbeit muss wie alle anderen Haushalte auch seinen Beitrag dazu leisten. Deshalb sagen wir ganz deutlich und reden es nicht schön:
Alle, Arbeitslose und die T räger der arbeitsmarktpolitischen Leistungen, können von Einsparungen nicht ausgenommen werden. Alle müssen dazu ihren Beitrag leisten.
({11})
Der Bundeskanzler hat im Übrigen am Freitag in seiner Rede die Richtung aufgezeigt. Um harte Einschnitte
kommen wir nicht herum. Si e sind allerdings kein
Selbstzweck, sondern notwendig, um den Arbeitsmarkt
beweglicher zu machen, die Arbeitskosten zu senken
und Luft in den öffentlichen Haushalten zu gewinnen.
Herr Kollege Brandner, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Fuchtel?
Bitte.
({0})
Herr Kollege, Sie haben wie in Ihren übelsten Oppositionszeiten zu einem Rundum schlag ausgeholt. Ist Ihnen bekannt, dass Sie unsere Mitwirkung spätestens im
Bundesrat brauchen? Können Sie sich vor diesem Hintergrund vielleicht zu einer konzeptionellen und sachlichen Zusammenarbeit bereit finden und sich konstruktiv
zu dem äußern, was wir in die Debatte eingebracht haben? Dazu haben Sie bisher nämlich nichts gesagt. Das
können wir von Ihnen erwarten.
({0})
Herr Fuchtel, ich habe sehr wohl vermerkt, dass uns
Herr Rossmanith aus Ihrer Fraktion in seiner Rede vorgeworfen hat, wir würden uns nur mit Details befassen
und nicht an die Kernfragen herangehen. Ich meine, wir
befassen uns mit beidem. Na türlich nehmen wir die
Kernfragen auf, aber wir müssen uns auch mit den Details befassen. Ich hof fe, dass Sie dabei nicht wegtauchen.
({0})
Herr Fuchtel, bleiben Sie bitte stehen.
({1})
- Ich hoffe, dass Sie als Fraktion nicht wegtauchen. Ich
habe sehr genau beobachtet, dass der Kollege Hinsken
offensiv Beifall gespendet hat, als es um den bürokratischen Wust ging.
({2})
Ich hoffe, er hilft offensiv, wenn wir die Handwerksordnung modernisieren.
({3})
Dann könnten wir dazu kommen, dass die Ich-AGs zu
einer Gründungswelle in unserem Land führen und wir
zumindest auf diesem Gebiet keine Hemmschwelle
mehr haben, Wachstum in den Bereichen zu fördern, in
denen wir dringend V eränderungen brauchen. Sie sind
dazu aufgefordert, dieses Problem offensiv mit anzufassen.
({4})
Wir werden handeln, wir werden bis zur Osterpause
einen Gesetzentwurf vorlegen, der die Kernelemente zur
Entbürokratisierung, zum Kündigungsschutz, zur Bezugsdauer des Arbeitslosenge ldes und zur Modernisierung des Handwerksrechts be inhaltet. Dann werden wir
sehen, inwiefern Sie - Kollege Fuchtel, Sie haben es gerade eingefordert - wirklich bereit sind, die notwendigen
Veränderungen konstruktiv aufzugreifen. Wir freuen uns
darauf.
({5})
Wir sind nicht ideologisch verbohrt, sondern wir wollen mit Ihnen gemeinsam den Weg gehen, aber Sie müssen ihn dann auch mitgehen. Sie dürfen dann keine
Klientelpolitik betreiben.
({6})
Wir zeigen zurzeit, dass wir mit of fenen Augen und
Händen an die Arbeit herangehen, um die notwendigen
Veränderungen in unserem Land zu organisieren.
({7})
Sie sind gefordert. Wir werden sehen, wie beweglich Sie
sind.
({8})
Der Kanzler - ich habe es bereits gesagt - hat in seiner Rede die Richtung vorgegeben. Die Kommunen werden mit einem Infrastrukturprogramm entlastet. Sie werden finanzielle Spielräume erhalten,
({9})
um die notwendigen Investitionen anzugehen. Das ist ein
wichtiger Schritt. Durch di e Strukturreformen - ich
denke dabei an die Zusammenlegung der Arbeitslosenhilfe und der Sozialhilfe - wird es zu Effizienzsteigerungen kommen.
({10})
Das ist arbeitsmarktpolitisch sinnvoll und wird zu einer
Nettoentlastung der Kommunen führen. Dabei sollten
Sie nicht zur V erunsicherung beitragen. Denn all die
Maßnahmeträger, die derzeit in den Kommunen tätig
sind, um arbeitslose Sozialhilfeempfänger in Arbeit zu
vermitteln und sie zu fördern,
({11})
werden wir auch dann brauch en. Es ist deshalb wichtig,
ihnen jetzt ein Signal zu geben. Sie können mithelfen, zu
verhindern, dass jetzt Strukturen zerbrechen, die anschließend für eine Arbeitsmarktpolitik, die dem Prinzip
des Förderns und Forderns gerecht wird, wiederher gestellt werden müssten.
({12})
Den Bundeshaushalt ohne einen Bundeszuschuss an
die Bundesanstalt für Arbeit zu verabschieden ist eine
ehrgeizige Maßnahme.
({13})
- Sie bezeichnen das als sehr gewagt. Ich bin gespannt,
wie Sie den Prozess unterstützen wollen, in dem wir mutig darangehen, die Strukturen effizienter zu gestalten.
Was ich heute erlebe, ist, dass gerade Sie von der FDP
und der CDU/CSU die Finger eher in die W unde legen,
indem Sie in Bezug auf die Umstellungen bei den T rägern und den Maßnahmen, die nicht immer reibungslos
verlaufen, der Bundesregierung die Schuld in die Schuhe
schieben. Damit zeigen Sie aber, dass Sie nicht der Motor der Reform sind. V ielmehr picken Sie sich mit der
Politik, die Sie betreiben, die Rosinen heraus: W enn Sie
sich sonnen können, sind Si e dabei; wenn es schwierig
wird, tauchen Sie weg. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen, meine Damen und Herren.
({14})
Die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit ist eine
wichtige Aufgabe, der wir eine hohe Priorität beimessen.
({15})
Ich muss in diesem Zusamm enhang aber auch Kritik an
den Arbeitsämtern äußern, die die Fördermaßnahmen
teilweise nicht bewilligt oder zu stark gekürzt haben.
Wir wollen nicht zulassen, dass Träger zusammenzubrechen drohen. Die Meldungen, die wir hören, sind nicht
immer befriedigend. Deshalb hat es eine Reihe von Gesprächen gegeben, die dazu beitragen sollen, dass die
Maßnahmen auch zukünftig in sinnvoller Weise zur Verfügung gestellt werden.
Lassen Sie mich zum S chluss anmerken: Vor allem
die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit hat für uns
eindeutig Priorität. Sie ist und bleibt ein Markenzeichen
dieser Regierung. Fördermaßnahmen dürfen jetzt nicht
einfach wegbrechen. Gerade auch benachteiligte Jugendliche können sich auf die Sozialdemokraten und die Grünen in diesem Lande verlassen. Wir als Koalition werden
diese jungen Menschen nicht im Abseits stehen lassen.
({16})
Die Bundesanstalt für Arbeit - das möchte ich betonen - darf nicht das Kind mit dem Bade ausschütten.
Sparen heißt nicht, die ar beitsmarktpolitischen Ziele
über den Haufen zu werfen. Helfen Sie mit, dass die notwendigen Reformen zügig umgesetzt werden können!
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
({17})
Zu einer Kurzintervention erteile ich dem Kollegen
Niebel das Wort.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Kollege
Brandner, Sie haben eben ausgeführt, die FDP-Fraktion
sei nicht bereit, Strukturveränderungen und Ef fizienzsteigerungen bei der Bundesanstalt mitzutragen.
({0})
Das ist falsch. Die FDP-Bu ndestagsfraktion hat schon
lange vor Ihnen - ehe Sie da s durch den Bundeskanzler
aufgegriffen haben - in diesem Hause Strukturveränderungen bei der Bundesanstalt für Arbeit beantragt und
eine bessere Ef fizienzkontrolle der arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen gefordert.
Nichtsdestotrotz ist insbesondere aus den Ihnen zugeneigten Gewerkschaftskreisen das Lamento über die
Einsparung außerordentlich groß; denn Herr Gerster
spart 600 Millionen Euro in der Arbeitsförderung ein.
Das ist übrigens im Verwaltungsrat mit den Stimmen der
Gewerkschaftsvertreter so beschlossen worden. Der
Haushalt der Bundesanstal t beinhaltet immer noch
21,5 Milliarden Euro für aktive Arbeitsmarktpolitik.
Vor diesem Hintergrund und angesichts der knappen
Kassen ist es notwendig, dass die Mittel der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler sinnvoll eingesetzt werden.
Deswegen ist der Vorschlag von Herrn Gerster, nur noch
Maßnahmen mit einer Verbleibsquote von 70 Prozent zu
fördern, effektiv, aber nicht wirklich mutig. Das wäre er
nur, wenn er sich auf die Eingliederungsquote beziehen
würde, die 2001 bundesweit 44,2 Prozent betragen hat.
Dabei handelt es sich um di ejenigen, die entgegen der
Verbleibsquote nach sechs Monaten nicht nur nicht wieder arbeitslos gemeldet sind, sondern auch eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen
haben. Zieht man davon die Folgeförderung ab, so wird
man finden, dass die Einglie derungsquote 2001 nur bei
sage und schreibe 35 Prozent gelegen hat. Das ist keine
Erfolgsbilanz, sondern Verschwendung.
Deswegen muss die Selbstve rwaltung, die über diese
Mittel mit entscheidet, umgebaut werden. Die FDP-Bundestagsfraktion hat schon im vergangenen Jahr in diesem
Hause beantragt, die drittelparitätische Selbstverwaltung
aus Gewerkschaftsfunktionären, Arbeitgeberfunktionären und denjenigen, die ih re öffentlichen Hände am
liebsten in die Taschen der Bürger stecken, abzuschaffen
und Leistungsgewährung un d Arbeitsmarktpolitik wieder zu trennen. Das würde zu einer Redemokratisierung
der Arbeitsmarktpolitik führen, weil wir dann hier über
die Verteilung der Mittel und ihre effiziente Verwendung
diskutieren könnten. Das hätte allerdings auch zur Folge,
dass insbesondere die großen Bildungsträger noch mehr
klagen würden. Wir alle wiss en, dass zu diesen neben
dem Bildungswerk der W irtschaft unter anderem das
BFW des DGB und die DAA zu zählen sind, die heute
zu Verdi gehört. Verdi wird von dem Grünen Bsirske geführt. Das ist der Funktionär - Sie erinnern sich bestimmt -, der sich als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Lufthansa selbst bestreikt hat. Hinterher
waren es dann wieder die anderen, die daran schuld sind,
dass es so viele Arbeitslose gibt.
Vielen Dank.
({1})
Herr Kollege Brandner, Sie können antworten.
Kollege Niebel, zu der Ef fizienz Ihres Redeschwalls
möchte ich nichts sagen.
({0})
Ich möchte Ihnen zur Kenntnis geben, dass ich es sehr
begrüße, wenn Sie Aktivitäten der Bundesregierung und
der sie tragenden Fraktionen unterstützen, die darauf abzielen, die Effizienz der Vermittlungstätigkeit zu verbessern. Ich möchte das Hohe Haus daran erinnern, dass wir
vor zwei Jahren das Job-AQTIV -Gesetz verabschiedet
haben,
({1})
das ein ganz entscheidender Reformschritt im Hinblick
auf die Effizienzüberprüfung der arbeitsmarktpolitischen
Instrumente ist, und dass Sie meines Wissens gegen dieses Gesetz gestimmt haben. Damals sind die Grundlagen
dafür gelegt worden, arbeitsmarktpolitische Maßnahmen
durch wissenschaftliche Begleitung zu evaluieren und so
die Effizienzsicherung flächendeckend darzustellen.
Ihre Aktivitäten gegen die Gewerkschaften in diesem Land - das sagt ja einige s über Sie aus - sind ja inzwischen hinlänglich bekannt. Ich möchte in diesem Zusammenhang nur auf Folgendes hinweisen: Ich bekam
dieser Tage eine Mitteilung auf den Tisch, in der es unter
der Überschrift „Volkswirtschaften funktionieren besser
mit einem koordinierten Arbeitsmarkt“ heißt:
Wer einer Gewerkschaft angehört, verdient mehr ,
arbeitet kürzer, wird besser ausgebildet und bleibt
durchschnittlich länger an einem Arbeitsplatz als
nicht organisierte Beschäftigte.
Das ist nicht einer Pressemitteilung der IG Metall oder
des Deutschen Gewerkscha ftsbundes zu entnehmen,
sondern das ist das Ergebnis einer neuen Weltbankstudie
über die Bedeutung von Gewerkschaften und Kollektivverhandlungen in der Weltwirtschaft. Darin heißt es weiter:
Gesamtwirtschaftlich betrachtet führt ein hoher gewerkschaftlicher Organisationsgrad zu geringen
Einkommensunterschieden und unter Umständen
zu einer höheren Leistungskraft ({2}).
Insofern wird deutlich, welchen Beitrag Gewerkschaften zur Stabilität und zu r sozialen Sicherheit in der
Welt und auch in Deutschland leisten. Weiter heißt es in
dieser Studie - lassen Sie mich diesen Punkt noch hinzufügen -:
In Ländern mit einem hohen Maß an Koordinierung
durch Kollektivverhandlungen ist die Arbeitslosigkeit häufiger als in anderen niedriger und leichter abbaubar, Einkommensunterschiede sind geringer ,
Streiks seltener und kürzer. Insbesondere die Koordinierung zwischen Unternehmern scheint zu einer
niedrigen Arbeitslosenrate beizutragen. Im Gegensatz dazu sind eine geteilte Gewerkschaftsbewegung
und eine Vielzahl gewerkschaftlicher Dachverbände
häufig gleichzeitig mit einer hohen Inflations- und
Arbeitslosenrate zu finden.
Insofern sind die Spal tungsaktivitäten und die
Schlechtmacherei, die Sie gegenüber den deutschen Gewerkschaften betreiben, kontraproduktiv , schaden diesem Land und nützen in der T at nicht der V olkswirtschaft. Ich bitte, das zur Kenntnis zu nehmen.
({3})
Nächste Rednerin ist die Kollegin Dagmar Wöhrl,
CDU/CSU-Fraktion.
({0})
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Lieber Kollege Brandner , mich verwundert, dass
Sie das Job-AQTIV-Gesetz als Erfolg verkauft haben;
denn es ist, glaube ich, der größte Flop der von Ihnen jemals auf den Weg gebrachten Gesetze.
({0})
Vergleichbar mit diesem Flop ist auch der uns vorliegende Haushaltsentwurf: Er ist unseriös und enthält Risiken in Milliardenhöhe. Sie gehen beispielsweise noch
immer von einer Arbeitslos enzahl von 4,14 Millionen
aus, obwohl die Arbeitslos enzahl schon bei 4,7 Millionen liegt. Hinzu kommen la ut IAB noch 700 000 Menschen in Fort- und W eiterbildungsmaßnahmen sowie
1,8 Millionen Menschen, die offiziell nicht arbeitslos gemeldet sind und die auf eige ne Faust einen Job suchen.
Das ist eine „Reserve“ von insgesamt 2,5 Millionen.
Man kann also sagen: Nullwahrscheinlichkeit, dass es zu
einem Nullzuschuss zur Bundesanstalt für Arbeit
kommt!
Wenn man bedenkt, dass schon Ende Februar die
Ausgaben der Bundesanstalt für Arbeit ihre Einnahmen um 1,5 Milliarden Euro - ich betone: 1,5 Milliarden
- überstiegen haben und dass am Ende des Jahres mit einem Defizit von 8 Milliarden Euro zu rechnen ist - davon gehen jedenfalls die Experten aus; das ist noch mehr
als letztes Jahr; damals lag das Defizit bei 5,6 Milliarden
Euro -, dann können Sie uns doch nicht weismachen,
dass Sie noch immer daran glauben, mit einem Nullzuschuss auszukommen.
({1})
Lieber Herr Minister , ich möchte Ihnen einen guten
Rat geben - ich weiß, dass Sie von mir wahrscheinlich
keinen Ratschlag annehmen -:
({2})
Unterlassen Sie bitte diese permanente Ankündigungsrhetorik, von der wir hier da uernd berieselt werden, und
handeln Sie endlich!
({3})
Es ist klar, dass die Maßnahmen, die Sie hier immer
wieder verkünden, nicht dazu beitragen werden, dass es
auf dem Binnenmarkt zu mehr W achstum kommt. Die
von Ihnen vor geschlagene Neuregelung des Kündigungsschutzes ist eine nebu löse Angelegenheit. Diese
Neuregelung bewirkt, dass Abfindungen teurer werden
und die - schon jetzt vorhandene - Rechtsunsicherheit in
Unternehmen größer wird. Außerdem hat der Kanzler
letzten Freitag einen Appell an die Tarifvertragsparteien
gerichtet, betriebliche Bündnisse zu schließen. Ein Appell reicht aber nicht mehr aus. Das haben wir doch
schon in der Vergangenheit gesehen.
Auch wir wissen: Dieses Gelände ist vermint und die
Tarifparteien müssen zusammengebracht werden. W er
in der momentanen Krisensi tuation aber den Spielraum
für betriebliche Lösungen und die Flexibilisierung des
Tarifvertragsrechts ablehnt, der hat die dramatische
Lage, in der sich unsere W irtschaft befindet, wirklich
noch nicht erkannt.
({4})
Es geht doch nicht darum, Arbeitnehmer zu entrechten. Es geht darum, für die Zukunft Jobs abzusichern.
Deswegen müssen die betrieblichen Bündnisse auch gesetzlich festgeschrieben werden - ein einfacher Appell
reicht nicht aus -, und zwar ohne Tarifvorbehalt.
Herr Kollege Brandner, Sie haben vorhin die großen
Hoffnungen angesprochen, die mit einem Kreditprogramm für die Kommunen verbunden sind. Dieses Programm ist doch wieder nur ein Feigenblatt. Über 70 Prozent aller Kommunen haben mittlerweile keinen
ausgeglichenen Haushalt mehr.
({5})
Die Gewerbesteuereinnahmen sind weggebrochen und
die Gewerbesteuerumlage hat sich erhöht. Dazu kommen die Ökosteuer und die Grundsicherung, die Sie eingeführt haben. All das belastet die Kommunen. Das haben Sie, die Mitglieder dieser Bundesregierung, zu
verantworten.
Wir alle hier wissen doch, was wir von Kredit- und
Konjunkturprogrammen zu halten haben. Es sind
Strohfeuer, also Feuer, die so schnell erlöschen, wie sie
aufgeflammt sind. Die Kommunen können aufgrund ihrer Haushaltslage - die meis ten sind doch schon jetzt
verschuldet - überhaupt keine Kredite mehr aufnehmen.
Auch das wissen Sie. Di e Kommunen können Kredite
nicht kofinanzieren. Außerdem würden sie für die Aufnahme von Krediten keine Genehmigung von der kommunalen Aufsicht bekommen.
Führen Sie lieber die Ge werbesteuerumlage zurück
und tätigen Sie mehr Investitionen zum Wohle der Kommunen! Dadurch würde man in diesem Bereich viel
mehr bewirken als durch de n Weg, den Sie mittlerweile
eingeschlagen haben.
({6})
Liebe Kollegen von der Regi erung, ich gestehe ein:
Sie haben hier auch einige richtige Schritte angekündigt.
Doch es geht nicht darum, hier einzelne T reffer zu landen. Man könnte sagen: Au ch ein blindes Huhn findet
einmal ein Korn. Unser eigent liches Drama ist, dass Sie
immer wieder isolierte Einzelmaßnahmen und hektische
Notoperationen verkünden, aber keine durchdachte Therapie anbieten, die zu irgendeinem Erfolg führen könnte.
({7})
Es gelingt Ihnen nicht, ein Gesamtbild zu schaf fen.
Sie haben in den letzten Jahren schon oft bewiesen, dass
Sie keine Visionen haben.
Ich unterstelle uns allen hi er, dass wir Werte bewahren wollen. Somit ist es wichtig, die Strukturreformen in
Angriff zu nehmen. Ich gl aube, die Menschen haben
noch nie so viel Bereitschaft wie momentan gezeigt, Reformen zu akzeptieren, auch wenn sie von ihnen selbst
betroffen sind. Die Menschen sind aber verunsichert; sie
sehen keine Zukunftsperspektiven mehr . Somit sind sie
nicht bereit, zu investieren und zu konsumieren.
({8})
Eines muss klar sein: Ein Staat kann nur dann dauerhaft sozial sein, wenn sein e Wirtschaft wächst. Wer war
denn im letzten Jahr unser W achstumsträger? Das war
- es wurde schon vorhin angesprochen - der Export.
Wir wissen, dass es in diesem Jahr beim Export bei weitem nicht so rosig sein wird und dass wir den T itel „Exportvizeweltmeister“ für di e Zukunft nicht in Erbpacht
haben.
Ein Unternehmer kann nur dann ein sozialer Arbeitgeber sein, wenn er profitabel arbeitet und nicht am
Rande des Ruins balanciert. Auch das müssen wir in Zukunft noch klar aussprechen dürfen.
({9})
Deswegen müssen wir auch wieder der W ertschaffung Vorrang geben und von de r Umverteilungspolitik,
die Sie auf den Weg gebracht haben, wegkommen.
Wir haben in unserem Land immens viele kreative
Menschen. An vielen tausend zentralen Stellen - ob das
die Dönerbude an der Ecke oder ein großer Hightechkonzern ist - muss es wieder lukrativ sein, mit Engagement zu produzieren, Arbeitsplätze zu schaffen und neue
Produkte zu entwickeln.
Es stellt sich schon die Fr age, warum in Deutschland
die Zahl der Unternehmensgründungen seit 1997 auf
die Hälfte zurückgegangen ist. Im Zeitraum von Januar
bis November 1997 gab es noch 66 000 Unternehmensgründungen. Im gleichen Zeitraum des letzten Jahres gab
es nur noch knapp 33 000 Unternehmensgründungen.
Wenn man davon ausgeht, da ss jede erfolgreiche Neugründung drei bis vier Arbeitsplätze schaf ft, dann
kommt man zu dem Er gebnis: Es fehlen uns allein dadurch über 100 000 Arbeitsplätze.
Man muss sich auch fragen: W arum ist das Gründungsklima bei uns nicht gerade sonnig? Weil die Belastungen, die auf die jungen Menschen zukommen, wenn
sie sich selbstständig gema cht haben, abschrecken und
weil das Vertrauen der Menschen in die Gestaltungskraft
der Regierung, also darauf, dass sich etwas ändert, sehr ,
sehr niedrig ist. Auch desw egen ist es notwendig, dass
die Sozialbeiträge gesenkt werden. Sicherlich müssen
Sozialbeiträge und Steuern sein, aber es ist auch notwendig, dass trotz der Abgabenbelastung Freiräume bleiben,
Freiräume dafür, dass ein Familienvater mit seiner Familie noch in Urlaub fahren kann und dass ein Unternehmer auch zukünftig noch Gewinn machen kann.
Wir müssen es auch schaf fen, von unserem Gängelstaat wegzukommen. Denken Sie nur daran, was der
Kanzler am Freitag letzter Woche wieder angedroht hat!
Er hat wieder von der Ausbildungsplatzabgabe gesprochen. Das ist eine neue bürokratische Gängelung.
({10})
Sicherlich ist die Lehrstellens ituation katastrophal - das
wissen wir alle in diesem Saal -, aber eine Ausbildungsplatzabgabe ist der falsche W eg. Wir wissen doch, dass
sich die Unternehmen dann freikaufen würden. Sie ist
kein Rezept für mehr Lehrstellen.
({11})
Das ist eine Idee, die inzwis chen wirklich an Altersschwäche leidet und auch einen planwirtschaftlichen Geburtsfehler hat. Ich hof fe, dass Sie das ir gendwann erkennen.
Sie müssen auch fragen: Warum bilden die Unternehmen, die kleinen und mittleren Betriebe, weniger aus?
({12})
Der Grund dafür ist doch ni cht die mangelnde Begeisterung für die Ausbildung. Ein Mittelständler weiß, dass er
für die Zukunft Nachwuchs br aucht. Der Grund ist die
finanzielle Schwäche. Jede Ausbildung ist mit Kosten
verbunden. Dank Ihrer Politik, meine Damen und Herren
von Rot-Grün, leben sehr viele kleine und mittlere Betriebe inzwischen von der Substanz.
({13})
Fast ein Drittel macht keinen Gewinn mehr und über die
Hälfte der Mittelständler mit einem Umsatz von unter
5 Millionen Euro hat kein Ei genkapital. Man muss den
Würgegriff lockern und darf nicht dauernd die Steuerpeitsche schwingen.
Frau Kollegin Wöhrl, ich muss auch Sie an die Redezeit erinnern.
({0})
Neue Arbeitsplätze entstehen nicht durch Regelungswut, sondern nur durch Wirtschaftswachstum. Wir müssen die W ahrheit sagen: Ge fordert sind mehr Arbeit,
mehr Leistung, mehr Eigenverantwortung. Für den Aufschwung muss sich jeder aufschwingen, auch Sie von
der Regierung.
Vielen Dank.
({0})
Nächster Redner ist der Kollege Fritz Kuhn, Bündnis 90/
Die Grünen.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Wenn man sich die Zahl der Arbeitslosen im
Land anschaut und wenn man die Risiken, die durch den
Krieg im Irak dazukommen m ögen, bedenkt, dann ist
jetzt eines ganz klar: Es ist die Stunde, in der alle zusammen versuchen müssen, die Reformen, die in Deutschland anstehen, auch umzuse tzen. Es hat überhaupt keinen Sinn, wenn die einen ein paar V orschläge machen
und die anderen sie niedermachen, wenn man das taktische Spiel fortsetzt nach dem Muster: Wenn man gegen
die Vorschläge der Regierung redet, wird es der Opposition schon irgendwie nützen.
Ich glaube, dass die Situation zu ernst ist, um dieses
Ritual, das von einigen begon nen worden ist, fortzusetzen.
({0})
Wenn Sie einmal - das gilt auch für den Kollegen aus
dem Allgäu, aus Kaufbeuren - in das „Handelsblatt“ von
gestern schauen, dann können Sie sehr genau feststellen,
was eigentlich los ist. Lothar Späth wird dort zitiert mit
den Worten: „Im Grunde hat der Kanzler etwas ganz
Vernünftiges getan“. Lothar Späth war übrigens Ihr Kandidat für das Ministerium Wirtschaft und Arbeit.
({1})
Dann haben wir den Konj unkturindikator vom ZEW
Mannheim. Dort heißt es: „Kanzler-Rede hellt die Stimmung auf“. So lauten die positiven Äußerungen aus vielen Bereichen der Wirtschaft.
({2})
Das deutet auf ein Gesamtkonzept hin, das etwas bewirken kann.
Dann kommt mit dem Kollegen Koch aus Hessen, der
Kanzlerkandidat werden will, die Politik ins Spiel. Überschrift: „Gerhard Schröder hat seine letzte Chance verpasst“.
({3})
Das heißt, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Sachverstand spricht von einem positiven Gesamtkonzept,
({4})
durch das etwas bewegt werd en kann, während es von
dort, wo die Ideologie, wo Machtpolitik und Parteipolitik der Union vorherrschen, heißt: Alles Mist, alles
nichts gewesen!
({5})
Deswegen sage ich Ihnen klipp und klar: W enn Sie
sich einmal das Gesamtkonzept ansehen
({6})
- hören Sie zu! -, erkennen Sie eine stimmige Gesamtbotschaft in Bezug auf die Frage, wie neue Investitionen
in Deutschland entstehen können: Erstens. W ir senken
die Sozialbeiträge durch einschneidende Reformen, die
weh tun.
({7})
Dadurch werden mehr Investitionen in Arbeit ermöglicht. Das haben Sie doch selber immer gesagt! Sie haben jetzt ein taktisches Pr oblem, weil plötzlich Dinge
umgesetzt werden, die auch kluge Leute von Ihnen in
der Vergangenheit gefordert haben.
({8})
Nun müssen Sie springen, Herr Laumann, wie Sie es
auch beim Hartz-Konzept getan haben; dort ist es Ihnen
ja gut gelungen.
Zweiter Punkt. Wir machen eine verlässliche Steuerpolitik, die die Steuersätze senkt. Wir haben mit einem
Eingangssteuersatz von 25,9 Prozent begonnen, der das
Ergebnis Ihrer Politik war. 2005 werden wir bei 15 Prozent sein.
Lassen Sie mich diesen Gedanken noch beenden,
Frau Präsidentin. - Beim Spitzensteuersatz haben wir
mit 53 Prozent begonnen; im Jahr 2005 werden wir bei
42 Prozent sein. Auch dies ist eine Bedingung für Investitionen der Unternehmen in Arbeit und die der Leute in
den Konsum.
({0})
Dagegen können Sie nichts haben. Das müssen Sie mittragen.
Gestatten Sie nun eine Zwischenfrage des Kollegen
Rossmanith?
Ja, bitte.
({0})
Herr Kollege Kuhn, ich möchte Sie nur fragen, wann
wir mit den von Ihnen jetzt angekündigten Maßnahmen
in Form eines Gesetzentwurfes der Bundesregierung und
der sie tragenden Fraktionen in diesem Hause rechnen
können.
Das ist doch sowohl vom Wirtschaftsminister als auch
vom Kanzler angekündigt worden. W ir werden diese
Vorschläge bis zum Sommer umsetzen. Dann wird darüber diskutiert. Dabei kommt es auf Sie an.
({0})
Es ist ganz klar gemacht worden, dass Sie den Maßnahmen, die wir für Investition en in Arbeit brauchen, im
Bundestag zustimmen müssen. Ich finde, jetzt ist wirklich Schluss mit lustig, jetzt muss gehandelt werden.
({1})
Eine Opposition, die den Standort weiter mobbt, hat
überhaupt keinen Sinn. Packen Sie das Thema an und
sorgen Sie mit dafür, dass die Arbeitslosigkeit abgebaut
werden kann!
({2})
Der dritte Punkt ist die Haushaltskonsolidierung. Es
ist doch völlig klar , dass wir, was den strukturellen T eil
der Defizite angeht, an der Haushaltskonsolidierung festhalten. Von den 3,7 Prozent Neuverschuldung im Jahr
2002 haben 2,9 Prozent strukturelle Ursachen. Deswegen brauchen wir Reformen bei den Strukturen. Der Rest
hat konjunkturelle Ursachen. Deswegen müssen wir natürlich auch konjunkturell re agieren, um die Krise nicht
zu verschleppen. Das ist di e Konzeption unseres Pakets
und daran werden wir festhalten.
({3})
Dann kommt die neue Arbeitsmarktpolitik. Im Rahmen des Hartz-Konzeptes ha ben wir schon einiges zusammen machen können. Jetzt kommt es darauf an, dass
wir das Arbeitslosengeld II und die SGB-III-Reform vernünftig umsetzen. Da habe ich eine Bitte an den Bundeswirtschaftsminister. Ich glaube, dass es gegenwärtig eine
ganze Reihe von sinnvollen Beschäftigungsinitiativen
durch Kommunen und freie T räger gibt, die fortgesetzt
werden müssen. Es wäre fals ch, sie jetzt zu beerdigen.
Man muss jetzt dort einsteig en. Nicht alle Menschen in
Deutschland werden über PS As und über die Jobcenter
direkt in Leiharbeit vermittelt werden können.
Es gibt Menschen, die da große Schwierigkeiten haben,
die aber bisher erfolgreich in solchen Projekten gearbeitet haben. Ich will klar für meine Fraktion sagen: Dies
muss fortgesetzt werden. In der ganzen Neukonstruktion
des Arbeitslosengelds II kommt es darauf an, dass wir
Wege und Mittel finden, diese Menschen weiter zu beschäftigen - nicht weil wir einen extensiven, riesigen
zweiten Arbeitsmarkt wollen, sondern weil es Menschen
gibt, die die Brücke in den ersten Arbeitsmarkt nicht so
schnell finden. Deswegen stehen wir dafür , dass diese
Menschen geschützt werden. Ich bin optimistisch, dass
es uns gelingt, Wege dafür zu finden.
({4})
Ich möchte zum Schluss ei nen Appell - der mir sehr
ernst ist - an alle Seiten des Hauses richten: Bei dem Gesamtpaket, das wir jetzt umsetzen müssen und das für
viele Menschen schmerzhaft ist, muss das Spiel der gegenseitigen Schuldzuweisungen - ihr seid schuld, weil
sich die Gewerkschaften nicht bewegen, und andersherum - aufhören. Es ist doch klar, dass Maßnahmen wie
die Kürzung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes
- da haben Sie ja selber Pr obleme, Merkel und Stoiber
sind da unterschiedlicher Au ffassung - für sich genommen schmerzhaft sind und wehtun. Aber weil es ein Gesamtkonzept gibt, das die Solidarität der Beschäftigten
mit den 4,7 Millionen Arbeitslosen möglich macht -
Herr Kollege Kuhn, schauen Sie bitte einmal auf die
Uhr.
Ja, gut. Ich bin gerade bei meinen Schlussbemerkungen. Sie haben mich jetzt wirklich abgestoppt; das ist Ihnen gut gelungen.
Deswegen können wir verlangen, dass alle an diesem
Gesamtkonzept partizipieren. Das heißt für Ihre Seite: Es
geht nicht, dass man fröhlich und zünftig mit der Ärzteund Pharmalobby gegen die Gewerkschaften arbeitet.
({0})
So kann man kein Gesamtkonzept durchsetzen.
Ich fordere uns alle auf, di e Arbeitslosen in den Vordergrund zu rücken und das vorgeschlagene Gesamtpaket
umzusetzen. Das hilft und schaf ft neue Arbeitsplätze in
Deutschland.
Ich danke Ihnen.
({1})
Nächster Redner in der Debatte ist der Kollege KarlJosef Laumann, CDU/CSU-Fraktion.
({0})
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau
Präsidentin! Man kann die heutige Debatte über den
Haushalt Arbeit und Wirtschaft so zusammenfassen: Der
Haushalt ist genauso katastrophal wie die Arbeitsmarktzahlen in Deutschland.
({0})
Ich wette mit Ihnen, Herr Bundesminister , um eine gute
Kiste Rolinck-Bier aus dem Münsterland, dass Sie den
Haushalt der Bundesanstalt fü r Arbeit dieses Jahr nicht
ohne Bundeszuschuss durchhalten, was bedeutet, dass
Sie an einer ganz entscheide nden Stelle einen unsoliden
Haushalt haben.
({1})
Als Sie Minister wurden, ha tten wir in diesem Land
4 Millionen Arbeitslose. Heute, da wir diese Debatte
führen, haben wir 4,7 Millionen Arbeitslose.
({2})
Das macht deutlich, was passiert ist. W ir hatten im November 2002 470 000 jugendliche Arbeitslose; heute
reden wir über 580 000.
({3})
Wir haben eine dramatische Situation bei den Lehrstellen. Das Vermittlungsjahr ist jetzt schon längst abgeschlossen und die Zahlen liegen uns vor: Im letzten Jahr
haben in Deutschland von 71 1 000 Menschen, die sich
bei den Arbeitsämtern um eine Lehrstelle beworben haben, nur 342 000 eine Lehrstelle im normalen dualen
Ausbildungssystem bekommen - das heißt, nur 48 Prozent. Allein 30 000 Menschen sind in überbetrieblichen
Maßnahmen beschäftigt. 135 000 Menschen nehmen irgendwelche schulischen Angebote wahr - oft auch junge
Leute, die den theoretischen Unterricht eigentlich schon
längst satt haben.
Deswegen, finde ich, sollten wir ganz schnell ein paar
Zeichen für mehr Ausbildung in Deutschland beschließen, die uns im Übrigen alle kein Geld kosten. W as hindert uns eigentlich, zu sagen: Wir nehmen die Lehrlinge
aus der Berechnung von allen Schwellen, die es im Betriebsverfassungsgesetz und in anderen Gesetzen gibt,
heraus, weil sie in einem Ausbildungsverhältnis und
nicht in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt sind?
({4})
Das würde uns keine Mark kosten und würde auch niemandem wehtun, wäre aber ein Zeichen.
Wir müssen die Ausbildungsbetriebe und die Ausbildungsberechtigungen erweitern; wir müssen es aber mit
Sinn und Verstand machen.
({5})
Wir müssen dafür sor gen, dass wir den Berufsschulunterricht, Herr Bundesminister , auf die wichtigen Fächer konzentrieren, die man braucht, um den Facharbeiterbrief oder Gesellenbrief zu bestehen.
({6})
Das heißt, wir sollten den Unterricht an der Berufsschule
auf Fachkunde, Fachrechnen und Fachzeichnen konzentrieren und Fächer wie Sport und Religion herausnehmen.
So können wir außerdem die betrieblichen Ausbildungszeiten steigern. Der Lehrling ist nicht wie zu meiner Zeit
14, sondern heute in der Regel 18 Jahre alt. Keinem Studenten an der Uni schreiben wir einen Zwangssportunterricht vor, wohl aber den Lehrlingen, obwohl sie heute fast
gleichaltrig sind.
({7})
Ich glaube, wir müssen mit den beiden T arifvertragsparteien vernünftig über Ausbildungsvergütungen
sprechen; denn das hat auch etwas mit Lehrstellen zu
tun. Die IG Metall in Nordrhein-Westfalen, die im Tarifvertrag die Übernahme für mindestens ein Jahr nach der
Lehre durchgesetzt hatte, hat jetzt gesagt: Macht betriebliche Bündnisse für Ausbildung! Dann können wir von
der Übernahmegarantie absehen; Hauptsache, es gibt
mehr Lehrstellen. - So die IG Metall Nordrhein-Westfalen. Die Bereitschaft für betriebliche Bündnisse für Ausbildung ist also vorhanden. W ir sollten sie nutzen und
über weitere Fragen miteinander sprechen.
({8})
Herr Bundesminister, es wi rd wohl Ihr Geheimnis
bleiben, warum Sie in dieser Situation die Geringverdienergrenze von 325 Euro unbedingt auf 400 Euro erhöhen
mussten. Damit sind wir jetzt in der Situation - bei einer
Grenze von 325 Euro spielte es keine Rolle, weil die
Lehrlingsvergütungen alle darüber lagen; jetzt haben wir
aber gerade in den neuen Ländern den Fall, dass sie in
diesem Korridor liegen -, dass die Kosten für einen Ausbildungsplatz beispielsweise eines Bäckerlehrlings in
Dresden monatlich um 70 Euro höher liegen. Ich möchte
einmal wissen, wer aus der politischen Führung diese
Vorschrift aus Ihrem Hause unterschrieben hat. Jedenfalls ist diese Vorschrift zurzeit, um es ganz deutlich zu
sagen, ziemlich gaga.
({9})
Am letzten Freitag hat der Bundeskanzler Vorschläge
gemacht. Ich möchte Sie wirklich bitten, dass wir über
ein paar Vorschläge und deren Auswirkungen reden. Ich
bin auch namens meiner Frak tion sehr gerne bereit, dafür zu sor gen, dass die Ei nsparvolumen, die durch bestimmte Vorschläge erzielt werden sollen, auch wirklich
erreicht werden. Aber wir müssen darüber reden, dass
Sie es sich bei der Änderung der Struktur des ArbeitsKarl-Josef Laumann
losengeldes zu einfach machen. Es kann nicht sein, dass
derjenige, der mit 14 Jahren angefangen hat, zu arbeiten,
und der mit 54 Jahren arbeitslos wird - er hat also
40 Jahre lang eingezahlt -, nur zwölf Monate Anspruch
auf Arbeitslosengeld hat, genauso lange wie der 24-Jährige, der 24 Monate eingezahlt hat.
Dabei wissen wir doch genau, dass wir für diesen
Menschen keinen Arbeitsplatz haben. Wir drücken ihn in
die Sozialhilfe. Daneben haben Sie noch vor einem halben Jahr beschlossen, dass er nur 13 000 Euro Vermögen
in der Arbeitslosenhilfe beha lten darf. Ich sage Ihnen:
Wenn Sie diese Regelung nicht ändern und wir hier nicht
zu einer anderen Struktur des Arbeitslosengeldes kommen, wenn Sie nicht bereit sind, eher am Anfang des Berufslebens zu kürzen, wo da s Problem Sozialhilfe nicht
auftritt, und wenn Sie dieses Ding gegen die Älteren
durchziehen, dann verspreche ich Ihnen: Ich jage Sie
durch Ihre Wahlkreise und von Podiumsdiskussion zu
Podiumsdiskussion;
({10})
denn das, was Sie vorhaben, ist nicht nur unsozial, sondern schlicht und ergreifend unanständig.
({11})
Ich sage noch einmal: Ich bin bereit, darüber zu reden,
wie wir das Einsparvolumen erreichen können. Aber
man kann es auch durch eine andere Struktur schaf fen.
Es so platt zu machen, wie Sie es am Freitag vorgeschlagen haben, geht nicht. Das hat mit Versicherung und Beitragsbezogenheit nichts mehr zu tun. Dieser V orschlag
ist unmoralisch.
({12})
Herr Kollege Laumann, gestatten Sie eine Zwischenfrage Ihres Kollegen Schauerte?
Ja, gerne.
({0})
- Das regeln wir unter uns.
Herr Kollege Laumann, ange sichts der dramatischen
Arbeitslosigkeit möchte ich eine Frage stellen, die mir
wichtig ist und die leider viel zu wenig diskutiert wird.
Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen den rapide
steigenden Energiepreisen, die ein wichtiger Standortfaktor sind, und der Zunahme der Arbeitslosigkeit in diesem Land? Oder haben diese beiden Dinge nichts miteinander zu tun?
({0})
Ich glaube schon, dass die Debatte über die Höhe der
Sozialversicherungsbeiträge und der Lohnnebenkosten
in Deutschland um eine Debatte über die Höhe der Energiepreise ergänzt werden muss. Denn die Ener giepreise
haben auch mit der Schaf fung von Arbeit zu tun. W enn
in Deutschland aufgrund der Ökosteuern der Betrieb einer Aluminiumhütte bzw. einer Chlorfabrik nicht mehr
möglich ist, weil dort die Stromkosten 36 bis 40 Prozent
der Produktionskosten ausmachen, dann ist es viel wichtiger, auf diesem Gebiet Maßnahmen zu er greifen, als
bei den Lohnnebenkosten. Wir müssen uns entscheiden,
ob wir in Deutschland solche energieintensiven Bereiche
überhaupt noch haben wollen oder nicht.
Herr Kollege Schauerte, da es so ist, dass Einsparungen in Höhe von 7,5 Milliarden Euro, die sich seit 1998
durch die Liberalisierung der Strommärkte er geben haben, mittlerweile durch staatliche Belastungen in Höhe
von rund 10 Milliarden Euro, die im Rahmen der Erhöhung der Ökosteuer, des Erneuerbare-Energien-Gesetzes
und der Kräfte-Wärme-Koppelung angefallen sind, mehr
als aufgebraucht worden sind , sollte sich die Koalition
fragen, wie weit sie es mi t der Bezuschussung bestimmter Energiearten über den Strompreis treiben will. Ich
kann Ihnen nur sagen: Die Mehrbelastungen bei Heizung, Auto und Strom machen für einen privaten Haushalt 400 Euro pro Jahr aus. Dieses Geld steht für den privaten Konsum nicht mehr zur Verfügung.
({0})
Deswegen besteht nach meiner Meinung in Deutschland
ein Zusammenhang zwischen dem Umfang der Beschäftigung und der Höhe der Energiekosten.
({1})
Zum Schluss möchte ich noch auf den Kollegen
Brandner eingehen. Der Ko llege Brandner hat heute
Morgen in dieser Debatte gesagt, wir hätten uns gegen
den Papst und für den amerikanischen Präsidenten entschieden. Dem Kollegen Brandner möchte ich eines sagen: Das Verhältnis, das der einzelne Mensch in Deutschland zum Papst hat, ist sehr persönlich, sehr religiös. Sie
sollten solche Vergleiche unterlassen.
({2})
Denn auch wir sagen nicht: Sie haben sich beim Schutz
des ungeborenen Lebens bewusst gegen den Papst entschieden. Eine solch platte Debatte führen wir nicht.
({3})
Wie nicht feststeht, über welchen W eg wir den Schutz
ungeborener Kinder erreichen, genauso wenig steht fest,
über welchen Weg man auf dieser Erde für Frieden, Freiheit und Menschenwürde sorgen kann. Deswegen sollten
Sie, Herr Kollege Brandner , mit solchen V ergleichen
sehr vorsichtig sein.
({4})
Nächster Redner ist der Bundesminister für W irtschaft und Arbeit, Wolfgang Clement.
({0})
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! An diesem sehr schwierigen Tag und angesichts
einer ungewöhnlichen Haushaltsdebatte möchte ich innerhalb von neun Minuten ei nige Bemerkungen zu dem
machen, was die W irtschafts- und Haushaltspolitik angeht. Dies kann natürlich nur in Stichworten erfolgen.
Erstens. Ihnen geht es wahrscheinlich so wie mir: Ich
werde in diesen Tagen oft gefragt, was dieser Krieg für
die Weltwirtschaft und damit für die deutsche Wirtschaft
bedeutet. Meine Antwort darauf ist, dass zurzeit wahrscheinlich unser aller Gedanken vor allem bei den Menschen in der Region, in der diese kriegerische Auseinandersetzung stattfindet, sind. Ansonsten kann ich nur auf
das hinweisen, was bereits im Jahreswirtschaftsbericht
dargestellt worden ist. Da lautet es: Die wirtschaftlichen
Folgen eines Krieges sind - wie auch andere Folgen, die
wichtiger, schwieriger und belastender sind - unkalkulierbar. Wichtig ist, dass die Staaten, die Volkswirtschaften auf alle Eventualitäten vorbereitet sind. Deshalb ist es
mir wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Internationale
Energie-Agentur sowohl weltweit als auch im Hinblick
auf uns sagt - auch ich kann das feststellen -, dass beispielsweise die Ölversorgung gesichert ist und keinerlei
Anlass zu Unruhe besteht.
({0})
Natürlich müssen die Verantwortlichen darauf vorbereitet sein, dass eine solc he kriegerische Entwicklung
tiefer gehende Wirkungen auf die Weltwirtschaft haben
und die Abschwächungstendenzen, die es zurzeit in der
Weltwirtschaft gibt, insgesamt verstärken kann. Es ist
mir wichtig, darauf hinzuwei sen, dass im europäischen
Stabilitätspakt für diesen Fall, für solche außergewöhnlichen Situationen, Reaktionsmöglichkeiten vor gesehen
sind. Es kommt darauf an, diese Reaktionsmöglichkeiten, insbesondere in Europa und im Rahmen der G-8-Staaten, im Rahmen des Stabilitätspaktes so koordiniert wie
möglich zu nutzen. W ir sollten uns vor Augen führen,
dass solche Reaktionsmöglichkeiten selbstverständlich
möglich sind, ohne dass deshalb das V ertrauen in den
Stabilitätspakt und damit in die europäische Währungspolitik gefährdet würde.
Die zweite Bemerkung: Ich bedanke mich sehr herzlich bei den Berichterstattern zum Haushalt, bei Kollegin
Hajduk sowie den Kollegen Kröning, Rossmanith,
Fuchtel und Rexrodt. Die Be ratung, die wir geführt haben, habe ich als gelegentlich hart, aber fair empfunden.
Daher frage ich mich, warum wir nicht die Fähigkeit
aufbringen, diese Fairness auch in einer solchen Debatte,
zumal an einem so schwierigen Tag, zu dokumentieren.
({1})
Die dritte Bemerkung: Der Haushalt des Wirtschaftsund Arbeitsministeriums umfasst 18,5 Milliarden Euro;
davon sind 12,3 Milliarden Euro für die Arbeitslosenhilfe reserviert. Dies zeigt wie auch andere Daten, dass
wir uns in einer überaus sc hwierigen Arbeitsmarktsituation befinden und alle Kräfte darauf konzentrieren müssen, die Arbeitsmarktlage zu verbessern.
Die vierte Bemerkung: Der Bundeskanzler hat am
14. März die Leitlinie der Bundesregierung und die konkreten Vorhaben dargestellt. Wir haben dies unter dem
Stichwort Agenda 2010 in ganz konkreten Reformschritten diskutiert; angesich ts der Bedingungen, unter
denen wir heute diese Debatte führen, muss dies nicht
wiederholt werden. Daher weise ich nur darauf hin, worum es geht: Wenn wir über eine Verbesserung der Situation am Arbeitsmarkt sprechen, dann sprechen wir vor
allen Dingen darüber, dass wir mehr öffentliche und private Investitionen brauchen, dass die Investitionsfähigkeit der Städte und Gemeinden wiederhergestellt werden
muss und dass die private Investitionskraft gesteigert
werden muss.
In diesem Zusammenhang - darüber muss man sich
im Klaren sein - reden wir über Steuern, Abgaben und
Tarifpolitik. Auf allen drei Feldern brauchen wir T endenzen nach unten und nicht nach oben. Deshalb sind
Beiträge zu Steuererhöhungs diskussionen, wie sie beispielsweise Herr Kollege Müller aus dem Saarland jetzt
geliefert hat, in der gegenwärtigen Situation Gift.
({2})
Die Lage in unserem Land ist unsicher genug; da sind
solche Beiträge alles andere als hilfreich.
({3})
Der Bundeskanzler hat de utlich gemacht, worum es
geht; ich wiederhole es anhand von drei Stichworten.
Erstens. Wir müssen die allgemeinen Rahmenbedingungen für Investitionen verbessern. Dies bedeutet
weitere Steuersenkungen und ein Festhalten an den
nächsten Steuerreformrunden in den Jahren 2004 und
2005. Dies betrif ft auch die so genannten Lohnnebenkosten, die wir mit den Refo rmen im Renten-, Gesundheits- und nicht zuletzt im Arbeitsmarktbereich ebenfalls
absenken werden. Hinsichtlich des Arbeitsmarktes verweise ich auf die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe. Fast alle dazu notwendigen Gesetzentwürfe werden Sie vor der Sommerpause vor gelegt
bekommen. Wir werden Sie bitten, sie so rechtzeitig zu
beraten, dass sie am 1. Januar 2004 in Kraft treten können. Frau Kollegin Wöhrl, das hat nichts mit Ankündigungen zu tun, sondern mit parlamentarischem Handeln.
Aber zu jedem Handeln gehört, dass man darüber zumindest ein Wort austauschen darf. Das tun wir hiermit.
Insbesondere am Arbeitsmarkt stehen wir vor der
tiefst greifenden Veränderung, die in der Geschichte der
Bundesregierung auf diesem Feld jemals vor genommen
worden ist. In der Arbeitsm arktpolitik - das sage ich
jetzt schlagwortartig - werd en wir damit ernst machen
müssen, dass es nicht unsere Aufgabe ist, Arbeitslosigkeit zu finanzieren, sondern dass es darum geht, die Vermittlung in Arbeit zu fördern. Dazu werden wir Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fördern und fordern
müssen.
Zweitens. Wir müssen Kräfte freisetzen, Spielräume
eröffnen und den Zutritt zum Arbeitsmarkt so leicht
wie möglich machen. Das betr ifft die Reformen, die der
Bundeskanzler angekündigt hat: Reformen des Arbeitsrechtes und beim Kündigungsschutz. Das betrifft die Reform des Handwerksrechtes, Herr Kollege Hinsken, und
das betrifft Reformen im berufsständischen Bereich, wo
wir uns fragen müssen, welche Regulierungen in
Deutschland abgebaut werden können. Das betrif ft auch
den Bürokratieabbau und reicht von der Arbeitsstättenverordnung bis hin zu den Verpflichtungen, Statistiken
zu liefern. Dies alles sind Kosten und Arbeitsbelastungen für die Unternehmen, die wir überwinden müssen,
soweit es irgend geht.
({4})
Drittens. Einen Bereich, de r am wichtigsten ist, aber
am wenigsten erwähnt wird, überschreibe ich mit „Stärken stärken und dadurch die Zukunft sichern“. Dies betrifft Bildung und Ausbildung und bedeutet Investitionen in Forschung und Entwicklung.
({5})
Ich setze darauf, Herr Kollege Laumann, dass die Reformen, die seit PISA unabwe isbar und für jeden unübersehbar notwendig sind, in den Ländern, die beispielsweise für die Berufsschulen V erantwortung tragen, auf
den Weg gebracht werden.
Ich bitte von hier aus - dies ist heute mein wichtigstes
Anliegen - alle Unternehmer, alle Vorstände, alle Manager, alle Gewerkschafter, alle Tarifpartner, alle Betriebsräte, alle Personalräte, die Wissenschaftler und die in der
Verwaltung Tätigen, die dafür V erantwortung tragen:
Tun Sie mehr für die Ausbildung in Deutschland!
({6})
Wir dürfen nicht zulassen, dass der gegenwärtige T rend
des Abbaus von Ausbildungsplätzen anhält. Wir müssen
unser Ziel erreichen, dass jeder junge Mann und jede
junge Frau in Deutschland, die eine berufliche Ausbildung wahrnehmen wollen und können, dazu auch einen
Ausbildungsplatz erhalten. Lassen Sie uns für dieses Ziel
zusammenarbeiten!
Ich bin sehr froh darüber, dass das Signal, das der Bundeskanzler gegeben hat, of fensichtlich verstanden worden ist. In München konnte ich Gespräche mit den vier
großen Wirtschaftsverbänden Deutschlands führen. Sie
werden eine, wie dies heutzu tage heißt, Task Force einrichten und gemeinsam mit der Bundesregierung sowie
allen anderen, die sich daran beteiligen können - dazu
möchte ich auffordern und darum möchte ich Sie bitten -,
das Nötige tun, damit wir di e drohende Misere am Ausbildungsmarkt in diesem Jahr verhindern können.
({7})
Trotz der Probleme, die der Haushalt bereitet, müssen
wir - auch das geht sowohl an die Adresse der W irtschaft wie an unsere eigene Adresse und an die Adresse
aller Verantwortlichen in den Ländern - alles tun, um
mehr Investitionen in Fo rschung und Entwicklung zu
mobilisieren. Wir brauchen hier eine wesentlich größere
Anstrengung, wenn wir das Ziel erreichen wollen,
Deutschland bzw. Europa wieder zur innovativ stärksten
Wachstumsregion der Welt zu machen.
Meine Damen und Herren, ich weise noch auf zwei
andere Probleme hin. Erstens geht es mir um Probleme,
die wir zurzeit mit der Finanzierung des Mittelstandes,
der kleinen und mittleren Unternehmen haben, und zwar
sowohl wegen der konjunkturellen Lage als auch wegen
der strukturellen Veränderungen der deutschen Kreditwirtschaft. Wenn soeben ei ne Umfrage des „Handelsblattes“ ergeben hat, dass jeder vierte Manager sagt, er
habe kein Kreditangebot seiner Bank bekommen, und
wenn 72 Prozent der Manager in Deutschland sagen,
dies behindere einen wirtschaftlichen Aufschwung, dann
sind die Signale klar. Meine Bitte an die Banken lautet,
ihre Aufgabe besser wahrzunehmen, den Mittelstand
ausreichend mit Krediten zu versor gen und ihm Eigenkapital zur Verfügung zu stellen.
({8})
Auch hinsichtlich einer Koop eration in diesen Sektoren
muss alles getan werden, um hier besser zu werden. Mit
der neuen öf fentlich-rechtlichen Mittelstandsbank werden wir alles tun, um die Ba nken dabei zu unterstützen;
die Verbriefungsaktion - eine ganz ungewöhnliche Aktion - für die Kredite der Hausbanken ist ein Signal dafür.
Zweitens wollen wir uns um die innovativen jungen
Technologieunternehmen kümmern, die im Zuge der
Entwicklung um die New Economy in Bedrängnis geraten sind. Die Beteiligungskap italzufuhr ist fast versiegt.
Wir werden deshalb versuchen, ein positives Signal für
eine Trendumkehr zu setzen. Mit innovativen Produkten,
Verfahren und Dienstleistungen entstehen neue Arbeitsplätze. Deshalb ist die Arbeit meines Hauses schwerpunktmäßig auf die Unterstützung des innovativen Mittelstandes, auf die Verbreiterung von Informations- und
Kommunikationstechnologien sowie auf die Bereiche
der Energie- und der Luftfahrtforschung gerichtet. W ir
haben dazu im Haushalt rund 1 Milliarde Euro vorgesehen, allein für kleine und mittlere Unternehmen circa
eine halbe Milliarde Euro, davon - weil Sie sich auf Ostdeutschland bezogen haben, Herr Kollege - etwa die
Hälfte für die ostdeutschen Unternehmen.
({9})
Wir haben eine ganze Menge weiterer Punkte angepackt, zum Beispiel das Ladenschlussgesetz und das Gesetz gegen den unlauteren W ettbewerb. Hier leiten wir
Reformschritte ein; Sonderaktionen des Handels zum
Beispiel werden in größerem Rahmen erlaubt sein. Der
Bundeskanzler, der französische Präsident und der britische Premierminister werden eine neue industriepolitische Initiative auf europäis cher Ebene einleiten, die
nichts anderes zum Ziel hat, als die W ettbewerbsfähigkeit der europäischen Unte rnehmen zu sichern, die
Märkte zu öffnen, neue bürokratische Auflagen für die
Industrie zu verhindern und eine bessere V ermarktung
von Forschungsergebnissen zu erzielen.
Frau Präsidentin, ich bitte um V ergebung, dass ich
meine Redezeit schon überschritten habe; ich komme
zum Schluss meiner Ausführungen. Meine Damen und
Herren, wir haben uns viel vor genommen. Jetzt kommt
es darauf an, diese Maßnahmen nicht kaputtzureden,
sondern sie auch tatsächlich umzusetzen. Das ist meine
dringende Bitte an uns. Die Lage am Arbeitsmarkt und
die Notwendigkeit der kons equenten Modernisierung
unserer sozialen Marktwirts chaft verpflichten uns alle
dazu. Es geht um nicht weniger als um die Sicherung der
wirtschaftlichen und sozialen Zukunft Deutschlands, um
die Sicherung des Wohlstandes für alle, um soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit, um unser Modell einer modernen und sozialen Gesellschaft.
Seit der Regierungserklärung des Bundeskanzlers
habe ich eine Reihe von Gesprächen mit V ertretern der
führenden Wirtschaftsverbände, mit Gewerkschaftern in
München, Düsseldorf und viel en Regionen der Bundesrepublik geführt. Diese Gesp räche haben mich sehr ermutigt. Alle haben noch Wü nsche und Kritik geäußert,
aber ich habe den Eindruck, dass die Bereitschaft zu einer großen Kraftanstrengung in Deutschland, dazu, alles
Sonstige zurückzustellen und sich auf das zu konzentrieren, was jetzt zu entscheiden ist, besteht. Was diese vortragen, unterscheidet sich in Wahrheit nicht sehr von
dem, was die Bundesregierung vor gelegt hat. Sie beschäftigen sich nicht bei jedem Problem mit der Frage,
wie ich dem Nächsten ein Be in stelle. V ielmehr wird
sich mit der Frage beschäftigt: W ie kommen wir zum
Ziel, die Modernisierung der modernen Marktwirtschaft
in der Bundesrepublik Deutschland voranzubringen?
Ich bin davon überzeugt, dass wir erfolgreich sein
werden. Ich bin auch davon überzeugt - das habe ich
schon gesagt -, dass sich niemand von Ihnen den jetzt
fälligen Entscheidungen en tziehen kann. Wir sollten es
anpacken.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
({10})
Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den Einzelplan 09, Bundesministerium für W irtschaft und Arbeit,
in der Ausschussfassung. Es liegen mehrere Änderungsanträge vor, über die wir zuerst abstimmen. Ich weise
darauf hin, dass das V erlangen der Fraktion der CDU/
CSU auf namentliche Abstimmung über einen ihrer Änderungsanträge zurückgezogen wurde.
Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf
Drucksache 15/648: Wer stimmt dafür? - W er stimmt
dagegen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist
mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der
CDU/CSU und der FDP bei Enthaltung der beiden fraktionslosen Mitglieder abgelehnt.
Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf
Drucksache 15/649: Wer stimmt dafür? - W er stimmt
dagegen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist
mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der
CDU/CSU bei Zustimmung der beiden fraktionslosen
Mitglieder abgelehnt.
Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 15/690: Wer stimmt dafür? - W er stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den
Stimmen der Koalition und der beiden fraktionslosen
Mitglieder gegen die Stimmen der CDU/CSU und FDP
abgelehnt.
Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 15/691: Wer stimmt dafür? - W er stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den
Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der CDU/
CSU und der FDP bei Enthaltung der beiden fraktionslosen Mitglieder abgelehnt.
Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 15/692: Wer stimmt dafür? - W er stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den
Stimmen der Koalition und der beiden fraktionslosen
Mitglieder gegen die Stimmen der CDU/CSU und der
FDP abgelehnt.
Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 15/693: Wer stimmt dafür? - W er stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den
Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der CDU/
CSU und der FDP bei Enthaltung der beiden fraktionslosen Mitglieder abgelehnt.
Änderungsantrag der Abgeordneten Dr . Gesine
Lötzsch und Petra Pau auf Drucksache 15/663: Wer
stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen von SPD,
Bündnis 90/Die Grünen, CDU/CSU und FDP gegen die
Stimmen der beiden fraktionslosen Mitglieder abgelehnt.
Änderungsantrag der Abgeordneten Dr . Gesine
Lötzsch und Petra Pau auf Drucksache 15/664: Wer
stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? Der Änderungsantrag ist mit demselben Er gebnis wie
der vorhergehende Antrag abgelehnt.
Änderungsantrag der Abgeordneten Dr . Gesine
Lötzsch und Petra Pau auf Drucksache 15/665: Wer
stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? Der Änderungsantrag ist mit demselben Er gebnis wie
die beiden vorhergegangenen Anträge abgelehnt.
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Wir kommen zur Abstimmung über den Einzelplan 09 in der Ausschussfa ssung. Wer stimmt dafür? Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Einzelplan 09 ist mit den Stimmen der Koalition gegen die
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP sowie der beiden fraktionslosen Mitglieder Dr . Gesine
Lötzsch und Petra Pau angenommen.
Ich rufe nun Punkt I. 14 auf:
Einzelplan 05
Auswärtiges Amt
- Drucksachen 15/555, 15/572 Berichterstattung:
Abgeordnete Antje Hermenau
Herbert Frankenhauser
Jürgen Koppelin
Es liegen ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/
CSU und zwei Änderungsanträge der Fraktion der FDP
vor.
Nach einer interfraktionellen V ereinbarung sind für
die Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. - Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache . Diejenigen Kolleginnen
und Kollegen, die an dieser Debatte nicht teilnehmen
wollen, bitte ich, umgehend de n Saal zu verlassen. Das
Wort hat der Bundesminister des Auswärtigen, Joseph
Fischer.
({0})
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich
denke, es geht mir so wie den anderen Kollegen: Es fällt
mir schwer, am heutigen T ag eine sicherlich wichtige,
aber dennoch übliche Haushaltsdebatte zu einem Einzelplan zu führen. Angesichts des Beginns der ersten Militäraktionen gilt das, was Kofi Annan gestern bei der Sitzung des Sicherheitsrats de r Vereinten Nationen gesagt
hat, nämlich dass dies ein trauriger Tag ist. Ich möchte
hinzufügen: Für mich und die Bundesregierung ist dies
eine bittere Nachricht; denn Krieg ist die schlechteste aller Lösungen.
({0})
Krieg darf immer nur letz tes Mittel sein. Diese Bundesregierung hat sowohl im Kosovo wie auch in Afghanistan keine Alternative hierzu gesehen und hat, so
schwer es ihr gefallen ist, zu diesem letzten Mittel gegriffen. Bevor man aber zu diesem letzten Mittel greifen
kann, bedarf es immer der Kl ärung, welches Risiko besteht und ob tatsächlich alle friedlichen Mittel ausgeschöpft sind. Das sind vor allen Dingen die Gründe, warum die Bundesregierung diesen Krieg ablehnt und sich
nicht daran beteiligen wird.
Wenn man sich die Situation im Irak anschaut, dann
wird man feststellen: Saddam Hussein ist ein furchtbarer Diktator. Er hat zweimal seine Nachbarn überfallen.
Er verfügte über Massenvernichtungswaffen und es
gab den begründeten V erdacht, dass er auch weiterhin
Massenvernichtungswaffen habe. Aus all diesen Gründen hat man gegenüber dem Irak seit dem ersten Golfkrieg eine Containment-Polit ik aufrechterhalten, hat
Flugverbotszonen eingerichtet und ein scharfes Embargo
verhängt, Letzteres auch mi t fatalen Konsequenzen für
weite Teile der Bevölkerung.
Man hat in der ganzen Ze it aber keine AppeasementPolitik gegenüber dem Irak gemacht. Dennoch hat man
sich im Sicherheitsrat entschieden, eine neue Resolution
zu formulieren. Die Resolution 1441 hat dazu geführt,
dass die Inspektoren wieder ins Land kamen. Die Inspektoren haben bei ihrer Arbeit Fortschritte gemacht.
Der Irak hat nur zögerlich kooperiert, am Anfang mehr
schlecht als recht. Dennoch ist es mit dem Instrument
der Inspektionen gelungen, das Risiko zu minimieren.
Kann man eine zögerliche Kooperation allen Ernstes als
Kriegsgrund anführen, wenn gleichzeitig die Kontrolle
verstärkt und das Risiko redu ziert wurde? Wir meinen:
eindeutig Nein.
({1})
Es hat sich gezeigt, dass das Mittel der Inspektionen
wirkt. Es wird aber immer gesagt, es wirke nur in V erbindung mit einer militärischen Drohkulisse. Am heutigen Tag müssen wir das allerdings hinterfragen. W er in
den letzten T agen amerikanische Zeitungen wie die
„Washington Post“, die „New York Times“ oder das
„Wall Street Journal“ gelesen hat, für den ist es klar und
eindeutig, dass es sich um einen militärischen Aufbau
gehandelt hat, der mehr ist als Drohkulisse und eine entsprechende Wirkung hatte.
In diesem Zusammenhang wird auch die Begrenztheit
der Vorwürfe deutlich, die gestern die Oppositionsführerin, Frau Merkel, gegenüber dem Bundeskanzler und die
Bundesregierung erhoben hat. Solche Vorwürfe gegenüber der Bundesregierung zu erheben halte ich für
schlichtweg abwegig.
({2})
Es hat eine friedliche Alternative zu dieser Entscheidung zum Krieg gegeben. Das wurde gerade am gestrigen Tag wieder klar. Hans Blix hatte eine Entscheidung
bezogen auf die al-Samud-Raketen getrof fen. Diese Raketen waren Teil des entsprechend der Sicherheitsratsresolution vorgelegten Berichts. Die Inspektoren haben gearbeitet und eine Reichweitenüberschreitung festgestellt.
Nach Feststellung dieser Reichweitenüberschreitung war
klar, dass die Raketen abgerüstet, zerstört werden mussten. Hans Blix hat den Begi nn der Zerstörung auf den
1. März terminiert und das Prozedere festgelegt.
Ich bin mir sicher: Hätte sich Saddam Hussein damals
ablehnend verhalten, wären wir schon wesentlich früher
in eine Militäraktion geraten. Als die Inspektionen positiv zu wirken begannen - bis heute sind über 70 dieser
Raketen zerstört worden -, hieß es plötzlich, dass das irrelevant sei. Gestern hat jedoch Hans Blix auf genau dieser Grundlage seinen konkre ten Arbeitsbericht vor gelegt.
Warum sage ich Ihnen das alles? Ich tue das, weil ich
der festen persönlichen und politischen Überzeugung
bin, dass wir die Chance gehabt haben, den Irak friedlich
umfassend abzurüsten und die Gefahr , die aufgrund
möglicher Massenvernichtungswaffen von dort ausgegangen ist, zu beseitigen.
({3})
Man muss hier ebenfalls klar sagen - das habe ich schon
mehrfach getan -: Wir hätten damit allerdings nicht die
Beseitigung Saddam Husseins von der Macht erreicht.
Dies war aber auch niemals Gegenstand der Sicherheitsratsresolution und der Politik, die der Sicherheitsrat vertreten hat.
Ich komme zu dem entscheidenden Punkt: Warum ist
es nicht gelungen, die Kluft im Sicherheitsrat zu überwinden? Ich verstehe die begrenzte innenpolitische Sicht
und das innenpolitische Kalkül nicht, mit der hier der
Bundesregierung Vorwürfe wegen einer zu frühen Festlegung und Ähnlichem gemacht werden. Mit den objektiven Fakten hat dies nichts zu tun.
({4})
Wir haben es im Sicherheitsrat gestern wieder erlebt: An
den Mehrheitsverhältnissen im Sicherheitsrat hat sich
auch nach monatelanger De batte und sehr schwierigen
Situationen für einzelne Mitglieder tatsächlich nichts geändert. Die Mehrheitsverhältnisse sind so geblieben, wie
sie zu Anfang waren. Die eindeutige Mehrheit im Sicherheitsrat ist genauso wie die Bundesregierung, die für
die Bundesrepublik Deutschlan d im Sicherheitsrat vertreten ist, der Meinung, dass es ein Fehler ist, zu militärischen Mitteln zu greifen, weil sich die friedlichen Mittel
noch nicht erschöpft haben. Auch das hat der gestrige
Tag klar gemacht. Man muss doch endlich einmal zur
Kenntnis nehmen, dass die eindeutige Mehrheit im Sicherheitsrat dagegen ist.
Das hat nichts damit zu tun, dass sich ir gendjemand
zu früh festgelegt hat, er isoliert werden soll oder Ähnliches mehr. Es sind teilweise engste Partner - so wie
wir - der Vereinigten Staaten von Amerika, etwa Mexiko und Chile. Es sind ke ine Länder, an deren Beziehungen zu den V ereinigten Staaten auch nur ein Jota
Zweifel bestehen kann, wie dies bei den Europäern ebenfalls nicht der Fall ist. Man muss doch feststellen, dass
dies gravierende Argumente sind.
Ich trage das hier deshalb nochmals vor , weil ich
glaube, dass das über den Tag hinaus von großer Bedeutung ist. Ich will Ihnen auch sagen, warum: Selbst wenn
ich nicht das negativste Bedrohungsszenario zugrunde
lege, wird das nicht die letzte Problemlage dieser Art auf
dieser Welt sein. Das wissen Sie so gut wie wir . Heißt
das in der Konsequenz, da ss die neue Weltordnung auf
Abrüstungskriege gegenüber Diktatoren, die in dem Verdacht stehen oder bei denen man schon begründete Hinweise hat, dass sie Massenvernichtungswaf fen haben,
gegründet wird? Müssen wir nicht vielmehr darauf setzen - das ist die Auf fassung der Mehrheit im Sicherheitsrat -, dass die Strukturen und Instrumente, die wir
jetzt entwickelt haben und die an die Vereinten Nationen
angebunden sind, uns mehr Sicherheit geben? Ein wirksames Nichtverbreitungsregime soll die neuen Gefahren und Risiken tatsächlich bekämpfen, Grundlagen dafür sollen aber nicht die i ndividuellen Entscheidungen
einer einzelnen Macht, sondern die zu entwickelnden gemeinsamen Regeln kollektiver Sicherheit und entsprechende Instrumente sein. Da s ist die Position der Bundesregierung.
({5})
Unsere tiefe Sor ge gilt dem Schicksal der Menschen. Wir alle hof fen - ich möchte ausdrücklich die
eingesetzten Soldaten einb eziehen -, dass die Kampfhandlungen möglichst schnell beendet werden und vor
allen Dingen die Zivilbevölkerung, die in den vergangenen Jahrzehnten unter diesem Diktator , aber auch unter
anderen Bedingungen genug zu leiden hatte, geschützt
wird. Auf keinen Fall - das betone ich nochmals - darf
es zu einem Einsatz von Massenvernichtungswaffen
kommen und auf keinen Fall darf es zu einem Angrif f
auf Israel kommen. Ich hof fe, darin sind wir uns völlig
einig.
({6})
Anders als in früheren Zeiten war es für die Bundesregierung eine Selbstverständ lichkeit, dass wir auf Anfrage Patriot-Raketen nach Israel geliefert haben.
Es muss alles getan werden - das hat gestern ein beeindruckender Beitrag von Kofi Annan zum Ende der Sicherheitsratssitzung klar gemacht -, um eine humanitäre Katastrophe zu verhindern.
({7})
Die Vereinten Nationen haben auf diesem Gebiet in
den vergangenen Jahren Großes geleistet. Über
2 Millionen Menschen waren und sind direkt von den
Nahrungsmittellieferungen der Vereinten Nationen abhängig. Gerade die Schwächsten - Kranke, Alte, Behinderte und Kinder - sind auf diese Lieferungen angewiesen. Deshalb kommt es ganz entscheidend darauf an,
dass wir hier unser Engagement verstärken. Ich möchte
mich schon jetzt für die Zusage aus den Fraktionen recht
herzlich bedanken, dass diese Verstärkung Realität wird;
denn wir müssen alles tun, um eine humanitäre Katastrophe zu verhindern.
Entscheidend aber ist, dass der Sicherheitsrat und die
VN die zentralen Instanzen bleiben. Gleiches gilt für die
Verhandlungen über eine politische Lösung und die Wiederherstellung des Friedens in der Region. Das ist von
entscheidender Bedeutung, wenn wir tatsächlich ein
Ende der Bedrohungen erreichen wollen.
Ein kurzer Rückblick. Ich habe nach den Ereignissen
vom 11. September bei meinen Besuchen in W ashington am 18. und 19. September versucht, eine Diskussion
über mögliche Defizite zu führen. Der eine oder andere
Kollege von Ihnen weiß das; denn wir haben unter vier
oder manchmal unter sechs Augen mit V ertretern der
Opposition darüber gesprochen. Ich kenne also Ihre Bedenken und Sor gen. Wenn es nach dem 1 1. September
ein Defizit gegeben hat, dann ist die entscheidende Frage
nicht, ob sich die W elt angesichts der neuen Bedrohungen verändern muss, sondern wie sie sich verändern
muss.
Die strategische Debatte im transatlantischen Raum
hat eben nicht stattgefunden. Das ist meines Erachtens
das entscheidende Problem. Darüber werden wir uns
auch nicht mit historisch en Reminiszenzen - dabei
wende ich mich an die größere Oppositionsfraktion hinwegretten können. W ir müssen begreifen, dass wir
mit unserer strategischen Or ientierung nicht alles hinnehmen müssen. Mir geht es nicht um Polemik. Aber
man muss doch sehen, dass es in nahezu allen Demokratien außerhalb der USA massive Widerstände der Bevölkerung gegen den Krieg gibt. Das gilt für die engsten
lateinamerikanischen Verbündeten ebenso wie die engsten europäischen Verbündeten.
Diese Widerstände reflektieren genau dieses Diskussionsdefizit. Wie soll eine neue Weltordnung gestaltet
werden? Soll sie kooperativ sein? Soll sie auf multilateraler Grundlage aufgebaut werden? Oder ist es eine unilaterale Weltordnung, die substanzielle Unterschiede
entlang der Machtverteilung macht? Über diese Fragen
müssen vor allen Dingen die Europäer diskutieren, und
zwar nicht in Konfrontatio n mit den USA, sondern es
geht darum, unsere eigenen Fähigkeiten zu entwickeln.
Ich finde es überhaupt nicht schlimm, dass die Europäer erkennen, dass sie in di eser Frage noch nicht einig
sind. Die Europäische Union ist an Krisen und neuen
Herausforderungen immer gewachsen. Ich füge ausdrücklich hinzu: Ich verstehe nur zu gut die andere Sicht
vieler Osteuropäer, vor allen Dingen die unserer polnischen Freunde. Angesichts der Erfahrung mit vier polnischen Teilungen, mit Russland und auch mit uns ist es
selbstverständlich, dass sie eine andere Sichtweise haben. Gerade wir Deutsche wissen aus unserer eigenen
Erfahrung mit dem Zusammen wachsen nach der deutschen Einheit, welche Schwierigkeiten bestehen, welche
Geduld und welche Sensibilität im Aufeinanderzugehen
notwendig sind.
Diese größere Union wird eine zerklüftetere Union
werden. Bis sich die 50-jährige T eilung Europas überwinden lässt, wird sehr vi el Erfahrung notwendig sein.
Eine neue Generation wird entstehen müssen. Das setzt
aber auch voraus, dass wir gleichzeitig stabile, diese größere und schwierigere Union integrierende Institutionen
schaffen. Das ist die Voraussetzung. Damit stehen wir als
Europäer natürlich vor einer größeren, auch globalen
Verantwortung. Das ist auch eine der Konsequenzen der
Erfahrungen der letzten Mo nate. Dieser Verantwortung
müssen wir gerecht werden.
({8})
Denn wenn Europa für einen erweiterten Sicherheitsbegriff steht, wenn Europa für Multilateralismus
steht, für eine kooperative neue Weltordnung, dann muss
Europa auch in der ganzen Breite die Möglichkeiten und
den politischen Willen, die Institutionen und die Fähigkeiten haben, um dieses zu leisten. Das wird ganz entscheidend von unserem Land als dem größten Mitgliedstaat der Europäischen Union mitgestaltet werden.
Diese strategische Diskussion muss über den T ag hinaus geführt werden und sie muss dann zu Entscheidungen führen. Gerade am heutigen T ag werden die Staatsund Regierungschefs, wenn sie zusammentreten, dieses
nicht vergessen dürfen.
Ich sage nochmals: Für mich ist das eine bittere Nachricht, weil eine friedliche A lternative praktisch vorhanden war.
({9})
- Was ist daran unglaublich?
({10})
- Ich habe gerade ausführlich dargestellt, dass die Mehrheit im Sicherheitsrat das so gesehen hat.
({11})
- Entschuldigung, diesen Zwischenruf verstehe ich jetzt
wirklich nicht. Ihr Zwischen ruf behauptet ja, dass eine
friedliche Abrüstungsperspektive nicht bestanden hätte
und das, was Blix und al-Baradei uns vor gelegt haben -, ja, was soll es gewesen sein?
({12})
Blix hat gesagt: Nicht W ochen, nicht Jahre fehlen uns,
was wir brauchen, sind Monate. Diese Chance hat bestanden. Wenn Sie das Gegenteil behaupten wollen,
dann sollten Sie es hier tun.
({13})
Nein, es ist ein bitterer T ag. Unsere Sor ge gilt den
Menschen. Wir wünschen uns und hof fen, dass dieser
Krieg möglichst schnell zu Ende geht. Unsere tiefe
Sorge gilt der Abwendung einer humanitären Katastrophe. Im Rahmen und unter der Leitung der VN wollen
wir das Unsere dazu beitra gen, dass es dazu nicht
kommt.
Darüber hinaus wollen wir eine multilaterale Weltordnung, wir wollen starke Vereinten Nationen. Ich halte die
These, der Sicherheitsrat sei geschwächt worden,
schlicht für falsch. Starke V ereinte Nationen setzen voraus, dass die Europäer zusammenfinden und das Ihre
dazu beitragen, dass eine multilaterale Weltordnung auf
kooperativer Sicherheitsgrundlage Wirklichkeit wird.
({14})
Der nächste Redner ist der Kollege Dr . Wolfgang
Schäuble, CDU/CSU-Fraktion.
({0})
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Es ist wirklich ein trauriger Tag. Der Beginn eines Krieges ist immer auch ein Scheitern von Politik
und Diplomatie. Deswegen haben wir uns heute zwischen den Fraktionen vorgenommen, dass wir dies in der
Art, wie wir die Debatte führen, auch in der Tonart, zum
Ausdruck bringen wollen. Deswegen will ich gleich hinzufügen: Der Bundeskanzler hat gestern gesagt, wir sollten nicht in erster Linie über völkerrechtliche Fragen, bei
denen man unterschiedlicher Meinung sein kann, streiten, es sei eine politische Frage. Dem stimme ich zu.
Deswegen will ich noch nich t einmal über die Auf fassung streiten, die der Bundeskanzler gestern zu der
Frage einer Bundestagsbefassung bezüglich des Einsatzes deutscher Soldaten bei den ABC-Abwehreinheiten in
Kuwait und den AWACS-Systemen über der Türkei vertreten hat. Darüber will ich keine verfassungsrechtliche
Debatte führen.
Ich will aber hinzufügen, dass es dazu unterschiedliche verfassungsrechtliche Auffassungen gibt. Deswegen
habe ich eine Bitte an die Bundesregierung: W ir dürfen
die eingesetzten S oldaten im Interesse von Rechtsklarheit und wegen unserer Fürsor gepflicht für sie nicht in
einer rechtlichen Grauzone belassen. Ich bitte Sie daher,
eine Bundestagsbefassung zu ermöglichen.
({0})
Ich sage Ihnen die Zusti mmung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu.
Wenn etwas gescheitert ist, kann man vielleicht in einer nicht konfrontativen Debatte versuchen, aus dem
Scheitern Lehren zu ziehen. Es ist ganz sicher gescheitert, im Weltsicherheitsrat zu einer einheitlichen Position
zu kommen. Eine einheitliche, gemeinsame Position des
Weltsicherheitsrates wäre die Voraussetzung dafür gewesen, maximalen Druck auf Saddam Hussein auszuüben.
Das ist nicht gelungen.
Wenn sich verschiedene Seiten nicht einigen können,
ist es meistens so, dass der Streit darüber, wer welche
Schuld daran hat, nicht weiterbringt. Im Zweifel ist es
so, dass beide Seiten, die sich nicht einigen konnten, ihre
Beiträge zu einem solchen St reit geleistet haben. V ielleicht ist die Stunde gut, darüber nachzudenken, was von
beiden Seiten hätte getan werden können.
Wir brauchen eine stärkere Kooperation, wenn wir
eine multipolare W eltordnung aufbauen wollen. W enn
das transatlantische Verhältnis dazu alternativlos
wichtig ist, dann muss man sich mit der Frage beschäftigen, wie viel Vertrauen in den vergangenen Monaten im
transatlantischen Verhältnis zerstört worden ist.
({1})
Es gibt einen berühmten Br iefwechsel aus den 30er Jahren zwischen Albert Einstein und Sigmund Freud. In
diesem Briefwechsel hat Freud darauf hingewiesen, dass
das Verhältnis zwischen Staaten wie das zwischen Personen ist. Sie können noch so viel miteinander reden,
manchmal hilft es nicht. Of t ist es sogar so, dass sie
umso mehr Vertrauen zerstören, je mehr sie miteinander
reden.
Weil dies so ist, auch im Verhältnis zwischen Staaten,
sage ich: Es wird ganz wi chtig sein, beschädigtes V ertrauen im atlantischen V erhältnis wieder herzustellen.
Das Vertrauen beginnt damit, dass man sich gegenseitig
besser versteht. In dieser De batte hat ein Teil der Europäer und Amerikaner fast aneinander vorbeigeredet.
Die Amerikaner haben eine andere Einstellung zu der
Frage, was Krieg bedeutet. Sie haben nie die Opfer in
der Zivilbevölkerung so erlebt wie die Europäer . Die
Vereinigten Staaten von Amer ika leben seit ihrer Gründung in dem festen Glauben, dass man bei genügend
Entschlossenheit und Einsatz - das ist etwas Großartiges
bei den Amerikanern - Proble me auch lösen kann. Die
Europäer sind durch Erfahrungen skeptischer geworden.
Heute steht in einer der gr oßen Tageszeitungen, dass
die deutsche politische Kultur bezüglich des Friedens viel
damit zu tun hat, dass uns durch die Amerikaner 50 Jahre
lang der Schutz der äußeren Sicherheit abgenommen
worden ist. Auch das hat etwas mit unserer politischen
Kultur zu tun.
Wenn wir mehr V ertrauen herstellen wollen, sollten
wir einander besser verstehen. Das ist ganz wichtig. Ich
glaube, wir haben die Amerikaner nicht ausreichend verstanden. Es mag wohl sein, dass auch die Amerikaner
uns nicht in allem richtig verstanden haben. W enn wir
aber wirklich lernen wollen, müssen wir auf beiden Seiten voneinander lernen.
({2})
Wir dürfen einen weiteren Aspekt nicht unterdrücken,
wir müssen ihn vielmehr au ssprechen, damit nicht der
Eindruck entsteht, der Streit bestünde in erster Linie zwischen den verschiedenen Mitgliedern des W eltsicherheitsrates: Bei der Resolution 1441 war sich der W eltsicherheitsrat noch einig, da ss von dem verbrecherischen
Regime Saddam Husseins eine Gefahr für den W eltfrieden ausgeht. Wir dürfen auch in der Sorge um die Opfer
des Krieges in dieser Debatte nicht ver gessen, dass bereits mehr als 1 Million Me nschen Opfer des verbrecherischen Regimes Saddam Husseins geworden sind. W er
dies nicht sagt, der verschie bt die Achse ein wenig; das
gehört dazu.
({3})
Der deutsche Außenminister, Herr Fischer, hat immer
wieder gesagt: Die Frage von Krieg und Frieden liegt
letzten Endes allein in den Händen von Saddam Hussein.
Sie sollten das auch heute und mor gen wieder sagen.
Saddam Hussein trägt die V erantwortung dafür und
Saddam Hussein ist die Gefahr für den Weltfrieden. Es ist
traurig, dass es nicht gelungen ist - das ist auch unser Ziel
gewesen -, ihn mit friedlichen Mitteln zu entwaffnen. Damit sind wir gescheitert. Aber die Verantwortung liegt in
aller erster Linie bei Saddam Hussein.
({4})
- Ich würde sehr dafür werben, Herr Kollege Büttner - damit wir heute nicht streiten müssen -, darüber nachzudenken, ob es klug ist, den amerikanischen Präsidenten Bush
und den verbrecherischen irakischen Diktator Saddam
Hussein auf eine Stufe zu stellen.
({5})
- Wenn Sie das nicht so meinen, sollten Sie mit solchen
Zwischenrufen aufhören. Desw egen sage ich: Ich rate,
das nicht zu tun.
Wenn wir uns im atlantisch en Verhältnis gegenseitig
besser verstehen wollen, mu ss sich jeder darum bemühen, Missverständnisse zu vermeiden. Dafür werbe ich.
Ich will eine Bemerkung zu der Frage machen: W as
können wir in der Zukunft besser machen, damit wir aus
der mangelnden Einigkeit ein wenig lernen und sich so
etwas nicht wiederholt? Es mag sein, dass amerikanische
Regierungen und Präsidenten Entscheidungen tref fen,
die man nicht für richtig hält - ich glaube, dass man über
die jetzt getroffene Entscheidung sehr wohl unterschiedlicher Meinung sein kann -, aber das ändert nichts daran,
dass die Vereinigten Staaten von Amerika eine der verlässlichsten und größten Demokratien in der Geschichte
und der verlässlichste und stärkste Partner sind, dass wir
in unserem eigenen Interesse auch in Zukunft alternativlos auf die enge, unverbrüchliche und von Vertrauen getragene Partnerschaft mit Amerika angewiesen sind und
dass wir den Amerikanern unendlich viel verdanken.
({6})
Wenn wir im atlantischen V erhältnis mehr Kooperation
erreichen wollen, muss das Vertrauen wieder hergestellt
werden.
Wir müssen uns als Europäer fragen, was schief gelaufen ist. Auch bei der Beantwortung dieser Frage bin
ich sehr zurückhaltend, möchte aber auf eine Erfahrung
hinweisen, die in diesen Wochen und Monaten aufs
Neue gemacht worden ist - sodass man es hätte wissen
können - und die es festzu halten gilt. Herr Bundesaußenminister, wer die europäische Einigung als Alternative zur atlantischen Partne rschaft oder als Gegengewicht zu den Vereinigten Staaten von Amerika versteht,
wird Europa nicht einen, so ndern spalten. Das ist der
Grundfehler dieser Politik.
({7})
- Letzte Woche war der polnische Außenminister hier.
Unsere osteuropäischen Nachbarn verstehen die europäische Einigung eben nicht nur als W irtschaftsgemeinschaft, sondern zuerst und vor allem als Sicherheitsverbund. Wenn sie vor die Alternative Europa oder
atlantische Gemeinschaft gestellt werden, werden sie sich
für die atlantische Gemeinschaft entscheiden. Deshalb
darf man diese Alternative nicht aufbauen.
({8})
Nach dem Ersten W eltkrieg gab es schon einmal
Bemühungen, Europa zu einigen. Das ist nicht neu.
Coudenhove-Calergi ist in diesem Zusammenhang ein
berühmter Name. Stresemann und Briand haben es auch
versucht. Es ist nicht gelu ngen, nicht zuletzt deshalb,
weil sich die Amerikaner nach dem Ersten W eltkrieg zu
schnell aus Europa zurückgezogen haben.
({9})
Nach dem Zweiten Weltkrieg sind sie auf dem europäischen Kontinent geblieben und die europäische Einigung ist eine große Erfolgsg eschichte geworden. Sie ist
aber in der untrennbaren Verbindung mit der atlantischen
Partnerschaft zu dieser Erfolgsgeschichte geworden. Zur
Westintegration gehörte sowo hl die europäische Einigung als auch die atlantis che Partnerschaft. Das muss
auch in Zukunft so bleiben; sonst können wir Europa
nicht einigen. Wir können nicht einmal die Grenzen des
Eisernen Vorhangs überwinden. Das gilt es aus den Erfahrungen dieser Tage und Wochen festzuhalten.
Europa ist nicht gegen Amerika, sondern Europa ist
gespalten. Das ist die Rea lität unter den europäischen
Regierungen. Das kann man an folgendem Beispiel sehen: Die osteuropäischen Länder, die künftig Mitglied
der EU sein werden - eine r der größten T riumphe der
Nachkriegspolitik ist ja, dass wir den Eisernen Vorhang
in Europa überwinden können; jetzt haben wir die
Chance, ganz Europa zu einigen -, waren über die Art
und Weise schockiert, wie mit ihnen und über sie geredet
wurde. Das war ganz gewiss kein guter Beitrag zur Einigung Europas; das will ich sagen.
({10})
Noch eine Bemerkung: Die deutsch-französische
Zusammenarbeit bzw. Freundschaft ist für den europäischen Einigungsprozess nun wirklich unverzichtbar. Wir
von der CDU/CSU haben Kerneuropa - zusammen mit
Karl Lamers habe ich für diesen Begrif f eine Art Copyright; ich weiß, dass wir alle ab und zu versucht sind, unsere Eitelkeit zu befriedi gen - niemals als einen Kern
verstanden, der spaltet, sondern es als ein Element begriffen, das den Einigungspro zess voranbringt. So und
nur so darf die deutsch-französische Zusammenarbeit
verstanden werden.
({11})
Mit allem Respekt: Mein Wahlkreis endet - ich sage das
nur, damit Sie wissen, wer hier redet - an der Stadtgrenze von Straßbur g. Deswegen ist mir die deutschfranzösische Zusammenarbeit ein Herzensanliegen.
Aber die deutsch-französische Zusammenarbeit muss
dem europäischen Einigungsprozess dienen.
Frankreich hat in der Nachkriegsgeschichte aufgrund
eigener geschichtlicher Erfahrungen und V oraussetzungen immer eine gewisse eige nständige Rolle gespielt.
Das war für Europa erträglich, weil Deutschland darauf
bedacht war, die besondere Rolle und Bedeutung Frankreichs mit dem atlantischen Engagement zu verbinden.
Deswegen haben wir immer darauf geachtet, dass wir
nicht vor die Alternative Paris oder London gestellt wurden oder zwischen Paris und W ashington wählen zu
müssen; denn dann würde di e deutsch-französische Zusammenarbeit der europäischen Einigung nicht nutzen,
sondern schaden. Die deutsch-französische Zusammenarbeit darf außerdem nicht als Möglichkeit verstanden
werden, die kleineren Staaten in Europa zu bevormunden.
({12})
Nun zu dem, was der Bundeskanzler gestern angesprochen hat: Nicht die Tatsache, dass sich die französische und die deutsche Regierung auf gemeinsame V orschläge verständigt haben, sondern die Art und W eise,
wie sie präsentiert wurden, hat die Einigung im Europäischen Konvent nicht vorangebracht und hat Widerstand
hervorgerufen. Denn die anderen Länder haben gesagt:
Wir wollen nicht von Frankreich und Deutschland dominiert werden, sondern mitreden. Deswegen muss man
vorsichtig sein. Die deutsch-französische Zusammenarbeit, die für die Einigung Europas notwendig ist - ohne
sie kommt in Europa nichts voran -, muss immer so ausgestaltet werden, dass sich durch sie andere nicht abgestoßen oder bevormundet fühlen. Sie muss ein Motor für
die Einigung Europas sein. Dagegen ist in den letzten
Monaten verstoßen worden. Die Balance muss wieder
hergestellt werden.
({13})
Ein großes Europa - eine richtig verstandene deutschfranzösische Zusammenarbeit kann zu seinem Zustandekommen gute Dienste leisten - muss einen Beitrag zu einer starken transatlantischen Partnerschaft leisten.
Deswegen sollten wir uns, bevor wir ein Übermaß an
amerikanischem Potenzial kritisieren oder über die Eingrenzung der amerikanischen Hegemonie fabulieren, mit
der Frage beschäftigen, welchen Beitrag wir Europäer zu
einem ausbalancierten transatl antischen Verhältnis leisten können. Wir müssen also vor der eigenen Tür kehren
und müssen Europa politisch, wirtschaftlich und militärisch stärker, einiger und handlungsfähiger machen. Das
dient der atlantischen Partnerschaft. Nur so geht es.
({14})
Wenn wir in der von mir beschriebenen Weise vorgehen, dann werden wir eine bessere Chance haben, die atlantische Partnerschaft auch dafür einzusetzen, dass die
Welt eine stabilere Struktur gewinnt. Es geht um multilaterale Führung und nicht um Unilateralismus. Unilateralismus wäre im Übrigen am Ende die größte Bedrohung
für die Führungsmacht. Deswegen wäre Unilateralismus
auch nicht im amerikanischen Interesse. Davon bin ich
tief überzeugt.
({15})
Frau Kollegin Sager, ich möchte auf das, was gestern
vielleicht ein Missverständnis war, zurückkommen. Was
ist das Problem der neuen Be drohung in der W elt des
21. Jahrhunderts? Ich glaube, den alten Satz von Clausewitz, dass der Krieg die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln sei, können wir Europäer und wir Deutsche nach den Erfahrungen des 20. Jahrhunderts so nicht
einfach hinnehmen und zum Bestandteil unserer Politik
machen.
({16})
- Ja, Moment! Lassen Sie uns einen Moment überlegen!
In der Nachkriegszeit, in der bipolaren Ordnung des
Ost-West-Gegensatzes haben wir - mit großen Schwierigkeiten, mit vielen Risiken, aber am Ende nicht erfolglos - die Fähigkeit hoch entwickelt, militärische Gewalt
so einzusetzen, dass die bloße Drohung ihrer Anwendung ausgereicht hat, das Ziel zu erreichen, militärische
Gewalt nicht anwenden zu müssen. Das hat - trotz vieler
Sorgen und viel Emotionalisierung - am Ende funktioniert.
({17})
Ich habe gesagt: Man muss die Fragen doch angehen;
die Antworten darauf müssen ja noch nicht richtig sein.
Darüber muss man reden. Aber man darf die Suche nach
Antworten nicht verweigern. Von Ländern mit nicht vorhandener oder zerfallender staatlicher Ordnung geht
plötzlich eine neue Bedrohung für alle anderen Teile der
Welt aus. Damit verbunden is t das Problem von internationalem Terrorismus, asymmetrischer Kriegsführung
usw. Wie kann in einer solchen W elt mit militärischer
Gewalt so umgegangen werden, dass die Androhung ihres Einsatzes ausreicht? Die von der gegenseitigen Drohung, sich zu vernichten, ausgehende Abschreckung allein funktioniert nicht. Di esbezüglich stimme ich der
Analyse der Amerikaner zu.
In der internationalen Ordnung ist es wie im Staat:
Am Ende braucht das Recht immer die Macht zu seiner
Durchsetzung; Recht ohne die Fähigkeit zur Durchsetzung schafft keine Ordnung, schaf ft keinen Frieden,
schafft keine Gerechtigkeit, schafft keine Stabilität.
({18})
Auch deswegen sage ich: V on all den vielen Übeln,
zwischen denen am Schluss zu wählen war, wäre das demütigende Scheitern der Vereinigten Staaten von Amerika für den Frieden in der Zukunft und für die Stabilität
in der Welt möglicherweise ein noch größeres Risiko gewesen als der Krieg, den wir jetzt erleben - selbst wenn
dieser Krieg auch mir ohne einen neuen Beschluss des
Sicherheitsrats der Vereinten Nationen ein großes Risiko
zu sein scheint.
Wenn wir eine auf Vertrauen gegründete multipolare
Weltordnung schaffen wollen, Herr Außenminister ,
dann brauchen wir die ri chtige Kombination aus Führung der Amerikaner - wir verdanken der amerikanischen Führungsmacht viel; die Welt wäre weniger stabil
und weniger friedlich, wenn wir die amerikanische Führungsmacht nicht hätten - und stärkerer Kooperation.
Dazu müssen die Europäer ei nen größeren Beitrag leisten. Dazu brauchen wir mehr Vertrauen in den atlantischen Beziehungen.
({19})
An diesem Tag drohen den unschuldigen Menschen
im Irak viele Opfer. Sie drohen ihnen, weil ein Diktator
nicht anders von seinem verbrecherischen Tun abzubringen ist, obwohl ihn der W eltsicherheitsrat dazu in den
vergangenen zwölf Jahren mit einer Resolution nach der
anderen aufgefordert hat. Auch dieser Hinweis gehört
dazu.
Wenn wir unserer V erantwortung an einem solchen
Tag gerecht werden wollen, dann sollten wir die richtigen
Lehren ziehen, damit wir es beim nächsten Mal wieder
schaffen, dafür zu sorgen, dass verbrecherische Diktatoren durch die Einigkeit der Europäer , der atlantischen
Partner, der zivilisierten Welt davon abgebracht werden,
ihr verbrecherisches T un fortzusetzen. Das muss die
Lehre an diesem Tag sein.
Herzlichen Dank.
({20})
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Gernot Erler.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ein Krieg hat begonnen und wir sind uns of fenbar einig
darüber, dass er schon groß en Schaden angerichtet hat,
bevor er überhaupt richtig begonnen hat. Herr Kollege
Schäuble, auch wenn Sie heute Ihre Schuldzuweisungen
in ruhigerem Ton und in ei ner anderen Weise vorgetragen haben als Ihre Parteivor sitzende gestern in diesem
Haus, können wir diesen Sc huldzuweisungen nicht zustimmen.
({0})
Die unaufhaltsame Vorbereitung dieses Krieges war
es, die wichtige internationale und globale Familien auseinander gerissen hat: die Familie der Vereinten Nationen, die transatlantische Familie, die wachsende Familie
der Europäischen Union. Diese Risse gehen tief. Da werden auch zwischen Freunde n und Partnern Hassworte
gewechselt und das ist die eigentliche T ragödie; denn
wir sind doch nach dem 11. September nicht ohne Grund
zusammengerückt - in dem Bewusstsein, dass nur dieses
Zusammenrücken eine adäquate Antwort auf die unheimliche, unberechenbare neue Gefahr des globalen
Terrorismus ist. Jetzt hat die Durchsetzung dieses Krieges alles das, was da zusammen war , auseinander gesprengt. Mit anderen Worten: Genau das Gegenteil dessen, was eigentlich notwendig ist, ist jetzt eingetreten.
Deswegen muss uns doch klar sein, dass wir eine prioritäre Aufgabe haben: Wir müssen jetzt eine Umkehr organisieren. Das ist das Gebot der Stunde. Dazu passen
keine Schuldzuweisungen, sc hon gar nicht diese ungeheuerlichen von gestern, mit denen ausgerechnet diejenigen, die bis zur letzten Minute versucht haben, den Frieden zu erhalten, und für ihn gekämpft haben, für das
Scheitern verantwortlich gemacht werden. Das weisen
wir von dieser Stelle aus noch einmal in aller Schärfe zurück.
({1})
Umkehr ist in der Tat notwendig.
Jetzt werden Legenden gestrickt. Diese Legenden sind
gefährlich, zum Beispiel die Legende über das Scheitern
oder über die Unfähigkeit der Vereinten Nationen. Präsident Bush hat in seiner Rede am 17. März wörtlich gesagt: Der UN-Sicherheitsrat ist seinen V erpflichtungen
nicht nachgekommen. - Er hat der W eltöffentlichkeit
noch einmal weismachen wollen, dass es einen Unterschied gibt: auf der einen Seite Handlungsfähigkeit und
Entschlossenheit bei den Vereinigten Staaten, auf der anderen Seite Untätigkeit, Un fähigkeit zum Handeln bei
den Vereinten Nationen. - Das ist eine Legende, die wir
zurückweisen.
({2})
Tatsache ist: Die V ereinten Nationen haben ihre
Pflicht wahrgenommen. Es war die Pflicht, bis zur letzten Minute zu versuchen, eine Entwaf fnung des Irak
ohne Krieg zu erreichen. W ir danken Kofi Annan und
den Chefinspekteuren Blix und al-Baradei und ihren
Leuten für ihren mutigen un d zielstrebigen Einsatz in
diesem Zusammenhang.
({3})
Joschka Fischer, der Außenminister , hat mit Recht gesagt: Wer auch nur die Dokumente der letzten T age und
jetzt den 83 Seiten langen Bericht von Blix noch einmal
liest, weiß: Es hat diese Chance wirklich gegeben.
Ich will etwas Grundsätzlic hes sagen. Es ist falsch,
dass Entschlossenheit zum Handeln erst anfängt, wenn
man das Gewehr anlegt.
({4})
Die Helden dieser fragilen W elt sind nicht die Kriegsherren, sondern die, die mit Geduld und auch mit politischer Durchsetzungskraft Wege aus der Gefahr aufzeigen und auch gehen. T atsache ist, dass die UN die
Chance, diesen Weg zu Ende und bis zum Erfolg zu gehen, einfach nicht bekommen haben. Sichtbar wird das
zum Beispiel an den Al-Samud-Raketen. W as für ein
Wahnsinn! 70 von 120 sind ze rstört. Jetzt wird der Prozess abgebrochen - vielleicht mit der Folge, dass die
restlichen 50 mit zerstörerischer Kraft in einem Krieg
eingesetzt werden. W arum konnte diese Alternative
nicht verfolgt werden?
({5})
Es handelt sich um etwas ganz anderes als um die Unfähigkeit der Vereinten Nationen. Als die amerikanische
Diplomatie den Versuch unternahm, den Sicherheitsrat
von der Notwendigkeit des Krieges zu überzeugen, stand
es 11 : 4 dagegen. Als die amerikanische Diplomatie den
Versuch aufgab, den Sicherheitsrat von der Notwendigkeit des Krieges zu überzeugen, stand es immer noch
11 : 4 dagegen. Das ist kein e Krise der Vereinten Nationen; das ist eine Krise von Ar gumenten und Überzeugungskraft und nichts anderes.
Ich muss sagen: Ich habe großen Respekt - und
möchte ihn vor diesem Haus zum Ausdruck bringen vor dem Verhalten der sechs Länder Mexiko, Chile,
Pakistan, Angola, Kamerun und Guinea, die größtem
Druck widerstanden haben, die ein Beispiel gegeben haben, die sich nicht verbogen haben und die etwas gegeben haben, wovon wir in der künftigen Politik noch zehren können. Respekt für diese Haltung!
({6})
Ich habe auch das Bedürfnis, dem Außenminister
meinen Respekt dafür auszudrücken, wie er mit Botschafter Pleuger und seinem T eam in den letzten W ochen im Rahmen der Vereinten Nationen gearbeitet hat.
Er hat eine klare Linie vertre ten, diese aber immer in einem Ton vorgetragen, der di e wichtige Arbeit an einer
Umkehr möglich macht.
Die nächste Gelegenheit fü r die Vereinten Nationen
wird kommen, meine Damen und Herren. Der amerikanische Präsident hat schon angedeutet, dass er die V ereinten Nationen braucht. Er braucht sie, um eine humanitäre Katastrophe im Irak abzuwenden. Es gibt keine
andere Organisation als die Vereinten Nationen, die über
ein Netzwerk zur Verteilung von Lebensmitteln und Medizin in dieser Region verfügt. 60 Prozent der irakischen
Bevölkerung waren schon in den letzten Jahren von diesem Netzwerk abhängig.
Aber das bedeutet, es besteht die Möglichkeit und die
Wahrscheinlichkeit, dass die Weltgemeinschaft wieder in
das politische Geschehen einbezogen wird. Wenn das der
Fall ist, dann hat diese Weltgemeinschaft auch das Recht,
die Frage nach der Umkehr zu stellen, die Frage zu stellen, ob es der richtige Weg ist, womöglich zu versuchen,
eine ganze Region nach den eigenen V orstellungen umzuorganisieren, und ob dieser Krieg in W irklichkeit die
Umsetzung, die Implementierung jener nationalen Sicherheitsstrategie ist, die am 17. September letzten Jahres vom amerikanischen Präsidenten genehmigt worden
ist und die bedeutet, dass das internationale Recht auf
Selbstverteidigung in ein Er stschlagsrecht gegen andere
Länder umgedeutet wird und damit nicht nur für den Fall
einer unmittelbaren Bedrohung, sondern auch im Fall einer potenziellen Bedrohung gilt.
Es ist unser Recht und unse re Pflicht, eine Umkehr
von der Entwicklung zu eine r Weltordnung, in der wir
nicht leben wollen, zu versuc hen, wenn die internationale Gemeinschaft hier wieder gefordert wird.
({7})
Wir werden Hilfe leisten, um eine humanitäre Katastrophe abzuwenden, auch indem wir die Entscheidung
treffen, die Mittel für humanitär e Hilfe im Bundeshaushalt von 40 Millionen Euro auf 80 Millionen Euro
zu erhöhen.
({8})
Wir rechnen da mit Ihrer Mithilfe. W ir werden das entweder im Einzelplan 60 oder durch eine Entscheidung
im April dieses Jahres durchsetzen, auf jeden Fall durch
eine Erwirtschaftung aus dem Gesamthaushalt. Ich bin
Ihnen dankbar, dass Sie selber mit einem Antrag, der andere Größenordnungen enthält, hier eine Initiative ergriffen haben.
Wir sind zu dieser Hilfe und zu neuer Kooperation bereit. Aber im gleichen Atem zug sage ich auch: Es gilt,
dass wir uns jeder Arbeitsteilung verweigern werden, die
dieser von mir eben beschr iebenen Doktrin einer Ordnung, in der es um Erstschlag geht, in irgendeiner Weise
zur Durchsetzung verhilft.
({9})
Das darf nicht die Folge unserer Hilfe und Kooperationsbereitschaft sein.
Deswegen sage ich heute in dieser Situation: Wir setzen das Ziel der Umkehr, die wir über den Dialog, auch
den transatlantischen Dialog , organisieren müssen, mit
aller Entschlossenheit auf die Tagesordnung. Wir tun das
gegen die Gefühle von Beklemmung und von Hilflosigkeit, die wir alle heute empfinden und die sich in den
Stunden ausbreiten, in denen statt der Menschen die
Waffen sprechen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
({10})
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Werner Hoyer.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Meine Damen und Herren! Heute ist weiß Gott ein trauriger Tag. Es ist Krieg. Eines Tages werden die Historiker
die Geschichte dieses Irakkrieges aufzuarbeiten versuchen, werden versuchen, he rauszufinden, was Ursachen
und was Konsequenzen waren. Sie werden sich verwunDr. Werner Hoyer
dert die Augen reiben, weil kaum nachzuvollziehen sein
wird, warum dieser Krieg tatsächlich oder vermeintlich
unausweichlich geworden war , warum so viele Menschenleben aufs Spiel gesetzt und geopfert worden sind,
warum der Fortschritt von Jahrzehnten in den internationalen Beziehungen - insbesondere was die Systeme kooperativer Sicherheit, mit den Vereinten Nationen an der
Spitze, angeht - zurückgeworfen worden ist, warum sich
die Völkergemeinschaft - insbesondere die V ereinten
Nationen, Abteilung W eltsicherheitsrat und dort vor
allem die ständigen fünf Mitglieder - so hat auseinander
dividieren lassen, warum da s Gleiche leider auch für
NATO und Europäische Union gilt und warum wir auch
so unehrlich miteinander umgehen.
Ich bin davon überzeugt, dass die Möglichkeiten der
nicht militärischen Konflikt lösungen noch nicht voll
ausgeschöpft waren. Umgekehrt sage ich: W ir müssen
doch zugestehen, dass die Fortschritte, die durch die Inspekteure erzielt worden sind, nie möglich gewesen wären ohne die militärische Drohkulisse, die aufgebaut
worden ist. Diese beiden Dinge gehören doch zusammen.
({0})
Meine Damen und Herren, es liegt ein Hauch von
1914 in der Luft. Nachträglich wird jeder sagen: Das hat
ja keiner so gewollt, das waren einfach die Umstände.
Ich denke aber, so einfach können wir es uns nicht machen. Ich höre nie auf, dara n zu glauben, dass Fehler
doch noch vermieden werden können. Ich fürchte aber ,
jetzt müssen wir uns darauf konzentrieren, das
Schlimmste zu verhüten und Schadensbegrenzung zu betreiben; denn die Schäden werden beträchtlich sein. Man
kann nur hoffen, dass sich di e Zahl der Opfer unter der
Zivilbevölkerung wie unte r den Soldaten in Grenzen
hält. Es wird aber auch Schäden weit darüber hinaus geben.
Bereits gestern ist klargestellt worden, dass wir Freien
Demokraten diesen amerik anischen Alleingang ohne
neues Mandat nicht billigen können. Aber jetzt läuft der
Krieg. Daher ist es wünschenswert und in unserem Interesse, dass das Ziel, diesen widerwärtigen V erbrecher
Saddam Hussein zu entwaffnen, schnell und unter Inkaufnahme nicht zu vieler Opfer erreicht werden kann.
Ich fürchte, unsere amerikanischen Freunde haben einen Fehler gemacht. Sie sind und sie bleiben aber unsere
Freunde.
({1})
Freunde, bei denen man das Ge fühl hat, sie haben vielleicht einen Fehler gemacht, bedürfen der freundschaftlichen Zuwendung ganz besonders. Deswegen ist es wichtig, dass wir schon jetzt da mit beginnen, das, was im
transatlantischen Verhältnis kaputt gegangen ist, schnellstens und so gut es geht zu reparieren.
Drei Verlierer - neben den Toten und Verwundeten stehen schon fest: UNO, NATO und EU. Die Kollateralschäden, wie man sie so schön nennt, sind schon jetzt
sichtbar. Deutschlands Außenpolitik hat sich in den letzten Jahrzehnten ausgerechnet auf diese drei Institutionen
gestützt. Wir sind in der V ergangenheit sehr gut damit
gefahren. Eben deshalb sollte uns klar sein, dass Schäden an UNO, NATO und EU Schäden an deutschen Interessen sind.
({2})
Die Historiker werden sich auch wundern, wie diese
Kommunikationsunfähigkeit zustande kommen konnte. Sie liegt nicht nur daran, dass es offensichtlich manchem in der amerikanischen Administration schwer fällt,
zuzuhören und gerade auf ein kritisches Ar gument von
Freunden und Partnern zu reagieren, sich damit auseinander zu setzen. Es wird für die Menschen eines Tages auch
völlig unbegreiflich sein, wi e es in Zeiten modernster
Kommunikationstechnologien, ständiger Reisediplomatie und ständiger persönlicher Begegnungen möglich ist,
dass die Führer der wichtigsten Nationen dieser W elt Amerika und Deutschland zählen dazu - in kritischster
Situation nicht in direktem Kontakt miteinander stehen.
({3})
Sicherlich sind auf beiden Seiten Fehler gemacht worden. Man kann sich über die amerikanische Seite auch
kräftig beschweren. Aber was erwarten wir denn von einem amerikanischen P räsidenten, der gewissermaßen
schon präventiv zu einem verantwortungslosen Abenteurer abgestempelt wird und dessen Methoden von der
deutschen Justizministerin mit den Methoden Hitlers
verglichen werden? Ich denke, auf beiden Seiten des Atlantiks, insbesondere auch bei uns, ist einiges an Aufräumarbeit zu leisten.
Meine Damen und Herren, ich habe das Gefühl, die
deutsche Außenpolitik ist an drei Stellen dejustiert. Einige Punkte dazu hat Herr Schäuble schon aufgegriffen da kann ich es kurz machen.
Ich möchte folgenden Punkt voranstellen. Ich glaube,
dass es in den letzten Jahr en ein gewisses Faszinosum
war, zu glauben, klassische Machtpolitik spielen zu
können. Man hat geradezu da s Leuchten in den Augen
einiger Beteiligter gesehen, als es darum ging, die Zehn
im Weltsicherheitsrat aufzumischen
({4})
und Koalitionen gegen denjenig en zu bilden, der of fenbar zum Krieg entschlossen ist.
({5})
Man hat es sogar geschaf ft und fand es wahrscheinlich
auch noch toll, ausgerechnet Colin Powell vor den Kameras der Weltöffentlichkeit geradezu vorzuführen,
({6})
also ausgerechnet denjenigen , der noch am ehesten ein
offenes Ohr für die Europäer und für die Deutschen gehabt hat und der ein guter Freund Deutschlands ist.
Ich halte die Rückkehr zum integrativen Kurs der
deutschen Außenpolitik für unverzichtbar . Das gilt mit
Blick auf alle drei Organe: EU, NATO und UNO.
({7})
Alles andere ist Selbstüberschätzung.
({8})
Ich glaube, diese Überheblichkeit werden wir noch teuer
bezahlen müssen.
Die zweite fundamentale Fehleinschätzung besteht
darin - Herr Schäuble hat au sführlich darauf hingewiesen -, dass man geglaubt ha t, man könne die Entscheidung zwischen transatlantischer Einbindung und europäischer Integration, also zwis chen Washington und Paris,
auf den Punkt bringen. Dabei war es gerade der Imperativ deutscher Außenpolitik, sich nie in eine Situation zu
manövrieren, in der man diese Wahlentscheidung treffen
musste.
({9})
Nachdem diese alte Regel über Bord geworfen ist, sind
wir in der Situation, dass der Bundeskanzler mit seiner
gesamten Außenpolitik auf eine Karte gesetzt hat, nämlich auf den französischen Staatspräsidenten.
({10})
Frankreich hat aber eine ganz andere Agenda. Es hat
sich als führende Kontinentalmacht in Europa zurückgemeldet. Frankreich wird diese Position zu wahren wissen, wenn sich die Dinge verändert haben. Nicht überraschend hat UN-Botschafter Lévitte gestern schon einmal
Rückfallpositionen aufgebaut: Wenn Saddam Hussein
im Krieg auf Massenvernichtungswaffen gegen die Amerikaner zurückgreifen sollte, würde Frankreich seine Position überdenken und möglic herweise die USA in diesem Krieg sogar doch noch militärisch unterstützen.
Machen wir das in diesem Fall eigentlich auch?
Drittens begeht die Bundesregierung einen Fehler ,
wenn sie meint, mit der weiß Gott überfälligen Annäherung Berlins an Paris käme automatisch wieder Schwung
in die Europapolitik. Um es in die Sprache der Mathematik zu übersetzen: Der französisch-deutsche Akkord
ist in der Europapolitik notwendige Bedingung für jeden
Fortschritt, aber keine hinreichende Bedingung.
({11})
Zur hinreichenden Bedingung gehört immer der Dialog
mit den anderen, insbesondere auch der Dialog mit den
kleineren Ländern. Die Tatsache, dass der Brief der acht
europäischen Länder geschrieben worden ist - und nicht
sein Inhalt, den ich unterschre iben kann - ist eine Katastrophe. Dass es so weit gekommen ist, ist auch eine Reaktion auf das, was Deutschland und Frankreich gemeinsam angezettelt haben.
({12})
Ich muss mich aufgrund meiner zu Ende gehenden
Redezeit auf den letzten Pu nkt beschränken. Die FDPBundestagsfraktion wird in Sachen AWACS einen Entschließungsantrag einbringen. 1994 hat das Bundesverfassungsgericht unmissverständlich festgelegt, dass
selbst ein Einsatz deutscher Streitkräfte im Bündnisfall
der vorhergehenden konstitutiven Zustimmung des Parlaments zu dem konkreten Einsatz bedarf.
Die Bundesregierung verstößt nach Auf fassung der
FDP-Fraktion im Falle der Beteiligung an dem NA TOAWACS-Einsatz mit Bundeswehrsoldaten hier gegen. In
diesem Zusammenhang ist noch darauf hinzuweisen,
dass die Türkei bei der NA TO am 10. Februar gemäß
Art. 4 des NATO-Vertrages um Unterstützung nachgesucht hat, unter anderem au ch durch den Einsatz von
AWACS-Flugzeugen über türkischem Hoheitsgebiet.
Die NATO hat dieser Forderung am 19. Februar Folge geleistet. Die Besatzungen der vier eingesetzten A WACSFlugzeuge bestehen zu etwa einem Drittel aus Bundeswehrsoldaten. Nach Auffassung der FDP-Fraktion kann
es sich bei einem Antrag gemäß Art. 4 des NATO-Vertrages niemals um einen Routinevorgang handeln.
({13})
Darüber hinaus ist festzust ellen, dass sich gerade
AWACS-Soldaten nicht künstlich blind machen können.
Wenn sie über türkischem Hoheitsgebiet fliegen, entdecken sie notgedrungen einfli egende oder sich nähernde
Luftfahrzeuge. Deswegen fordern wir die Bundesregierung auf, ihrer V erpflichtung durch das Grundgesetz
nachzukommen und die Zust immung des Deutschen
Bundestages für die Beteiligung deutscher Soldaten bei
dem Einsatz über der Türkei unverzüglich zu beantragen.
Ich sage ausdrücklich dazu: W ir stellen diese Forderung nicht, um die Soldaten aus diesen Flugzeugen herauszuholen, sondern um sie in diesen Flugzeugen mit
der notwendigen Rechtssicherheit auszustatten.
Herzlichen Dank.
({14})
Das Wort hat der Abgeordnete Dietmar Nietan.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wir erleben heute den Beginn eines Krieges, den nicht
nur die Mehrheit der Staaten im Sicherheitsrat der V ereinten Nationen ablehnt. W ir erleben einen Krieg - das
sollten auch die Kolleginnen und Kollegen von der
CDU/CSU-Fraktion zur Kenntnis nehmen -, den die
überwiegende Mehrheit der Menschen in unserem Land
und in allen anderen Ländern in Europa ablehnt.
({0})
Natürlich wünschen wir un s ein möglichst schnelles
Ende dieses Krieges. Natürlich ist es richtig, dass es fatal
wäre, sich in die Ecke zu st ellen und zu sagen: Nun sollen diejenigen, die diesen Krieg begonnen haben, die
Suppe auslöffeln. Wir alle werden uns der V erantwortung stellen müssen; denn das Weltgeschehen geht weiter. Es wäre nicht richtig, mit verschränkten Armen auf
diejenigen zu schauen, die den Krieg begonnen haben.
Wenn wir aber den transatlantischen Dialog verstärken wollen und mehr voneinander lernen wollen - so
wie es Kollege Schäuble angesprochen hat - dann kann
das nur funktionieren, wenn sich Europäer und Amerikaner auf gleicher Augenhöhe treffen und nicht der Satz
gilt: Wer nicht für uns ist, ist gegen uns. Ich glaube, da
ist etwas aus der Balance geraten.
({1})
Wir brauchen ein starkes und einiges Europa. Herr
Kollege Schäuble, es ist für mich sehr interessant, zu sehen, dass Sie - aber nicht nur Sie - zu denen gehört haben, die immer wieder darauf hingewiesen haben - Sie
haben das quasi vor sich hergetragen -, wie schlecht der
deutsch-französische Motor laufe, und festgestellt haben, dass der Gipfel in Nizza kein Erfolg gewesen sei,
weil Deutschland und Fran kreich nicht zusammengekommen seien,
({2})
und nun auf einmal der Meinung sind, dass das Funktionieren des deutsch-französischen Motors andere bevormunde - so hat man hören müssen - und die Balance
auseinander bringe. Sie haben davon gesprochen - das
muss man sich auf der Zunge zergehen lassen -, dass die
deutsch-französische Zusammenarbeit dem europäischen Interesse dienen muss. Ich schließe daraus, dass
Sie davon ausgehen, dass da s im Moment nicht der Fall
ist. Das ist starker Tobak; das muss ich Ihnen ehrlich sagen. Wie Sie mit dem deutsch-französischen V erhältnis
umgehen, stellt eine Beliebigkeit dar , die diesem V erhältnis nicht gerecht wird und ihm eher schadet.
({3})
Ich weiß nicht, ob Sie das gesagt haben, um verblümt
Kritik an Ihrem konservativen Kollegen Chirac zu üben.
Dass die Art und W eise, wie er die Beitrittskandidaten
behandelt hat, nicht die rich tige ist, dürfen Sie gerne sagen.
Ich weiß auch nicht, ob diese Äußerung dazu dient,
das zu erreichen, was wir wirklich brauchen: eine V erstärkung des transatlantischen Dialogs auf gleicher Augenhöhe. Ich glaube, dass dieser Dialog sehr wichtig ist.
Denn wir Europäerinnen und Europäer haben etwas anzubieten: das europäische Modell, das der Logik des
Krieges entgegensteht. Die Erfolgsstory der Europäischen Union beruht nicht au f Drohung und Aggression.
Sie beruht auf Integration, da rauf, andere Staaten in die
Europäische Union einzulad en, was wir in einem großen, beispiellosen Akt erleben werden, wenn wir am
1. Mai des nächsten Jahres zehn weitere Mitgliedsländer
in die Europäische Union aufnehmen.
Für uns alle als Demokraten ist es faszinierend, festzustellen, dass ein Konvent eingerichtet wurde, in dem
Parlamentarierinnen und Parlamentarier der nationalen
Parlamente und Regierungsvertreter konstruktiv an einer
gemeinsamen europäischen Verfassung arbeiten. Das ist
ein Modell, das wir als Europäer stärker als bisher in die
Welt tragen sollten. Das ist eine Alternative zur Kriegslogik. Wenn wir das wollen, da nn sollten wir als gleichberechtigte Partner agieren. Ihre Äußerungen, Herr
Schäuble, waren in diesem Zusammenhang nicht hilfreich.
({4})
Wir sollten als Lehre aus dem, was passiert ist, mitnehmen, dass wir alle dafür kämpfen müssen, Europa zu stärken - dies nicht im Gegens atz zu den USA; das möchte
ich ausdrücklich betonen -, um Europa in die Lage zu
versetzen, die amerikanischen Freundinnen und Freunde
von unseren Ideen zu überzeugen und mit ihnen dafür zu
kämpfen, dass wir eine friedliche, multipolare Welt, eine
Welt der Kooperation und der Zusammenarbeit hinbekommen. In diesem Sinne sollten wir keine Legenden bilden, sondern das, was jetzt zu tun ist, gemeinsam und in
Geschlossenheit angehen. D azu fordere ich Sie, meine
Damen und Herren von der Opposition, auf.
Vielen Dank.
({5})
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Matthias
Wissmann.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! An einem Tag wie dem heutigen, an dem ein Krieg begonnen
hat, gibt es Punkte, über di e wir streiten, aber sicherlich
auch Punkte, in Bezug auf die wir übereinstimmend fühlen und denken. Wir fühlen mit Menschen, die Sorge um
ihr Leben haben, wir fühlen mit Soldaten, die ihren Kopf
hinhalten, wir fühlen mit Menschen in den Nachbarländern des Irak, die unter den wirtschaftlichen Folgen eines Krieges leiden.
An einem Punkt müssen wi r auch gemeinsam handeln; ich greife einen vom Kollegen Erler angesprochenen Aspekt ausdrücklich auf. Ich freue mich, Herr Kollege Erler, dass Sie die In itiative zur Stärkung des
Budgets für humanitäre Hilfe aufnehmen wollen, die
Kollegen unserer Fraktion bereits im Auswärtigen Ausschuss eingebracht haben. Ich bin sicher, dass wir Sie dabei unterstützen werden, da wir viel humanitäre Hilfe für
die Region - nicht nur für den Irak, sondern auch für die
Nachbarländer - brauchen werden. Hier müssen wir bei
allem, was uns trennt, gemeinsam handeln.
({0})
Meine Damen und Herren, klar ist auch - dies ist
heute von mehreren Rednern zum Ausdruck gebracht
worden -, dass der Begi nn eines Krieges ein Versagen
der Politik offenbart: ein Versagen von internationaler
Politik und internationalen Institutionen, von europäischer Politik, aber auch vo n deutscher Politik, auch von
deutscher Außenpolitik. Eine Zeitung, die nicht im V erdacht steht, der Außenpolitik der Regierung besonders
kritisch gegenüberzustehen, der „Tagesspiegel“ in Berlin, schrieb gestern:
Die selbst ernannte Achse des Guten, die deutschfranzösische Achse, hat aber keinen ernsthaften
Versuch unternommen, eine für die USA einigungsfähige Position zu benennen, also sich zum Beispiel
auf ein realistisches Ultimatum festzulegen, bis zu
dem der Irak abzurüsten hätte.
Diese eine Stimme zeigt wie viele andere Stimmen, dass
wir uns die Frage stellen mü ssen, ob der deutsche Bundeskanzler und der deutsche Außenminister wirklich alle
Kraft eingesetzt haben, um Europa zu einigen und mit
dem gemeinsamen Gewicht Europas einen gemeinsamen
Weg auch mit den Amerikanern zu finden.
({1})
In den ver gangenen Jahrzehnten war es für jeden
deutschen Bundeskanzler, für sozialdemokratische wie
für christlich-demokratische, und für jeden Außenminister selbstverständlich, immer wieder die Mitte zwischen
der großen Amerikaskepsis, die häufig in Frankreich zu
beobachten war, und der manchmal überbetonten Amerikanähe mancher britischer Premierminister zu finden.
Weil wir die Mitte zwischen europäischer Einigung und
transatlantischer Partnerschaft gefunden haben, haben
sozialdemokratische und christlich-demokratische Kanzler Europa dazu gebracht, sich auf eine Position zu verständigen, um dann eine ge meinsame Position auch mit
den Amerikanern zu finden.
Dies geschah diesmal nicht. Das Wort vom deutschen
Sonderweg stand am Anfang. Es stammt nicht von Ihnen, Herr Fischer; Sie haben selbst darunter gelitten, wie
Sie es im „Guardian“ zum Ausdruck gebracht haben.
Aber es ist leider zu eine m Signum dieser Bundesregierung geworden. Dies ist keine gute Perspektive.
({2})
Jetzt stehen wir vor einem Scherbenhaufen der europäischen Außen- und Sicherheitspolitik.
({3})
Ich will fair sein und sage daher , dass dies keineswegs
nur dieser deutschen Bundesregierung anzulasten ist.
Kein europäischer Regierungschef oder Außenminister
hat sich Lorbeeren verdient, als es um eine gemeinsame
europäische Position zum Irak ging.
Die Außenpolitik der Europäischen Union befindet
sich in einer tiefen Krise. Jetzt kommt es darauf an, dass
alle politischen Kräfte in Deutschland und Europa diese
tiefe Krise als Chance nutzen. Wir stehen mitten im Prozess der Erweiterung und der Vertiefung der Europäischen Union. Mir gefällt es zum Beispiel gar nicht, dass
gegenwärtig schon wieder über die Frage diskutiert wird,
ob der Konvent verschoben werden solle. Wenn Europa
jemals dringend eine V erfassung brauchte, die zu einer
gemeinsamen Institution für Außenpolitik führt, dann
gerade jetzt. Wir sollten die Vertiefung der Europäischen
Union nicht verschieben, sondern sie voranbringen.
({4})
Mehrheitsentscheidungen im europäischen Ministerrat,
einen europäischen Außenminister und einen vom Parlament gewählten Kommissionspräsidenten - wann, wenn
nicht heute, brauchen wir eine V ertiefung der Europäischen Union?
Meine Damen und Herren, in Bezug auf die V ertiefung der Europäischen Union in einem Moment, in dem
die Erweiterung um zehn Mitgliedstaaten im Gange ist,
hat Kollege Schäuble vorhin zu Recht darauf hingewiesen, dass wir dieses größere Europa der 25 Staaten nur
zusammenhalten werden, wenn wir gleichzeitig alles für
die transatlantische Partnerschaft tun und verstehen, dass
Litauen, Estland, Lettland, Polen, Ungarn, die Slowakei
und viele andere von denen, die zu uns kommen, die Sicherheitskomponente als ein wesentliches Motiv für ihre
Hinwendung zum Westen betrachten und sich nie auf
eine Politik einlassen werden, die europäische Einigung
und transatlantische Partnerschaft gegeneinander ausspielt.
({5})
Deswegen haben uns die Worte des französischen
Präsidenten an die Beitritt sstaaten nach dem Brief der
Acht nicht gefallen und desw egen empfinde ich es als
vollkommen unverständlich, dass gestern der Sprecher
der Sozialdemokraten im Auswärtigen Ausschuss des
Europäischen Parlaments den Beitritt Polens zur Europäischen Union mit der Begründung ablehnte, vonseiten
Polens sei der Brief der Acht unterzeichnet worden. Es
kann keine Europäische Union, keine Union von
25 Staaten nach dem Motto geben, dass die einen am
Katzentisch sitzen und die anderen die Herren im Hause
sind.
({6})
Wenn wir die kleinen Länder nicht respektieren, dann
schaffen wir die Einigung Europas nicht; dann bringen
wir den Prozess der Vertiefung nicht an ein gutes Ziel.
Gestern hat der Direktor der V ereinigung zu Förderung und Studium der Internationalen Sicherheit, Curt
Gasteyger, in einem Beitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ gefordert, die Zusammensetzung des
UN-Sicherheitsrates neu zu ordnen, da auch die Ordnung der W elt heute eine andere sei als zur Zeit der
Gründung der UNO im Jahre 1945. Ich weiß, dass man
in einer solchen Krise lange brauchen wird, bis man das
Ziel eines europäischen Sitzes im Sicherheitsrat oder zumindest eines weiteren Sitzes im Sicherheitsrat mit Vetorecht für Europa erreicht. Ab er ich glaube, dass wir uns
in der gegenwärtigen tiefen Krise jener Institutionen, auf
die unsere Sicherheit aufbaut, Gedanken machen müssen, wie die Strukturen von morgen aussehen sollen.
Wenn die letzten Monate eines erwiesen haben, dann
dies, dass die Zersplitterung Europas keinen Sinn macht,
dass wir eine kraftvolle eu ropäische Außenpolitik brauchen, dass wir einen Sitz im Sicherheitsrat für Europa,
nicht aber für einzelne weite re Länder, anstreben sollten
und dass wir aus den Fehlern lernen müssen,
({7})
die diese Regierung gemacht hat - das gebe ich gerne
zu -, aber die auch Sie gemacht haben. Herr Fischer, Sie
haben das professioneller und mit moderateren Tönen
als andere gemacht,
({8})
aber Sie sind leider diesen sehr einseitigen W eg mitgegangen. Ich hoffe, auch Sie lernen aus Ihren Fehlern.
({9})
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Ludger Volmer.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Herr Schäuble hat seine Rede in dieser Debatte
mit leisen Tönen und dem scheinbar nachdenklichen
Satz begonnen, wir müssten nun zu Kriegsbeginn über
Gemeinsamkeiten und über Fehler nachdenken. Während er scheinbar von Versöhnung und konstruktiver Zusammenarbeit redet, lässt er gleichzeitig über dpa die
Meldung verteilen, die Regierung habe die Grundlage
gemeinsamer Außenpolitik aufgegeben.
({0})
Was ist das nun, die Suche nach konstruktiven gemeinsamen Lösungen oder eine Kampfansage?
({1})
Herr Schäuble, Sie können hier noch so leise und zurückhaltend reden, aber Sie haben heute im Prinzip nicht
viel anderes gesagt als Ihre Fraktionschefin gestern, die
Sie heute offensichtlich aus dem Verkehr gezogen haben.
({2})
Herr Schäuble, Sie haben gesagt, der Krieg sei eingetreten, weil es im Weltsicherheitsrat an Einigkeit gemangelt habe. Danach haben Sie den Maßstab für Einigkeit festgelegt. Sie haben gesagt, es fehlte an maximalem
Druck. Das heißt, Sie wollen, dass Einigkeit auf der Basis maximalen Drucks, also auf der Basis der US-Politik
hergestellt wird. Aber das ist doch keine Definition konstruktiver und partnerschaftlicher Haltung im Sicherheitsrat! Das ist der V ersuch, die deutsche Politik im
Sinne der CDU-Politik - die das Ultimatum befürwortet
hat -, also auf der Seite der Kriegsbefürworter zu definieren. Das machen wir nicht mit, auch wenn Sie das
hier noch so nachdenklich formulieren.
({3})
Um es deutlich zu sagen: Ich halte niemanden von der
Union für einen Kriegshetzer . Ich halte solche Begrif fe
für völlig unangebracht. Sie aber haben einen ganz fundamentalen Irrtum begangen: Die UN-Resolution 1441
hat zwei eigentlich unvereinbare Positionen miteinander
in Einklang gebracht, nämlich die Position der USA, die
schon vor einem Jahr planten, einen Krieg zu führen,
weil sie Saddam Hussein für schuldig am internationalen
Terrorismus hielten - der Nachweis dafür wurde übrigens nie angetreten -, und die Position der Mehrheit der
internationalen Staatengemeinschaft - unter anderem
Frankreich und Deutschland -, die gegen einen Krieg
war. Beide Positionen wurden in der Resolution 1441
zusammengefasst.
Es wurde eine Agenda entwickelt, wie über die UNOInspektoren im Irak ein Abrüstungsprozess in Gang gesetzt werden kann. Die Agenda zur Resolution 1441 bezog sich also auf die Abrüstung durch UNO-Inspektoren
und sie war mit einer Drohung als Ultima Ratio bewehrt.
Aber warum genau ist dies e Agenda nun gescheitert,
obwohl - wie der Außenminister zuvor eindrucksvoll
dargestellt hat - Blix und al -Baradei hervorragende Arbeit geleistet haben, obwohl diese Mission erfolgs- und
hoffnungsträchtig war? - Si e ist gescheitert, weil die
Macht, die zurzeit die stärkste auf dem Globus ist, eine
andere Agenda verfolgt ha t. Das ist der eigentliche
Grund für ihr Scheitern. Di e USA haben sich auf die
Agenda Abrüstung durch In spektoren von Anfang an
nicht ernsthaft eingelassen, weil sie die Agenda „regime
change“ im Sinn hatten. Das führte zum Scheitern der
Mission.
({4})
Diese Agenda „regime change“, die nicht durch die
Resolution 1441 gedeckt ist, haben Sie faktisch mit unterstützt, indem Ihre Sprecher zum Beispiel im Auswärtigen Ausschuss, aber auch bei allen möglichen öf fentlichen Stellungnahmen immer wieder gesagt haben, die
Mission der UNO-Inspektoren sei letztlich negativ zu
bewerten. Sie haben die Erfolge, die dort zu verzeichnen
waren, klein- und weggeredet. Sie haben sich immer auf
die militärische Option konzen triert, die darin enthalten
ist. So haben Sie dazu beig etragen, die Perspektive auf
eine militärische Lösung zu verengen, die eigentlich einer ganz anderen Agenda diente, und sich von der Möglichkeit einer friedlichen Lösung dieses Konflikts zu entfernen. Sie waren Helfershelfer einer Agenda, die nicht
durch die Resolution 1441 abgedeckt ist.
({5})
Ich finde es im Prinzip ri chtig, vorwärts gerichtet im
Sinne der Schadensbegrenzung zu diskutieren. Die Bundesregierung macht das jetzt auf dem Wege der humanitären Hilfe. Es muss auch über eine Stärkung Europas
nachgedacht werden. Herr Sc häuble, auch da haben Sie
wieder Dinge insinuiert, die so nicht stehen gelassen
werden können. Sicherlich arbeitet die Bundesregierung
an der Stärkung Europas, ab er nicht, um einen Kern zu
bekommen, der andere spaltet. Sie arbeitet auch nicht an
einem gegen Amerika gerichteten Europa, wie Sie uns
mit Ihrer sanften Stimme einzureiben versuchen.
Die GASP, die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, ist nicht gegen Amerika gerichtet. Sie steht Amerika vielmehr in einer W eise gegenüber, wie sich zwei
Widerlager gegenüberstehen. Bei der transatlantischen
Brücke, die wir bauen wollen, gibt es auf der einen Seite
das Widerlager USA - das ist schon heute gut konstruiert und auf der anderen Seite das W iderlager Europa, das
noch eine etwas bessere Konstruktion und ein etwas besseres Fundament braucht. Daran arbeiten wir. Wir arbeiten am Widerlager Europa, um die transatlantische Brücke fertig zu stellen.
({6})
Ich komme nun auf das Verhältnis der Vereinigten
Staaten zur UNO zu sprechen. Wir wollen - das hat der
Außenminister gerade deutlich gemacht - in einer multipolaren Welt leben, in einer Welt der regionalen Integration, in der die verschiedenen Regionen und Staaten in
einem multilateralen System zusammenarbeiten. Basis
hierfür ist die Anerkennung der UNO, die W ahrung des
Völkerrechts und die gegenseitige Achtung.
Eine solche Vision der Weltinnenpolitik kann allerdings nur dann Wirklichkeit werden, wenn die Vereinigten Staaten mitmachen. Wenn wir für eine Stärkung der
UNO eintreten, dann ist das nicht gegen die V ereinigten
Staaten gerichtet; denn wir wissen, dass es eine multilaterale Politik und eine Integration auf Basis der UNO nur
geben kann, wenn die V ereinigten Staaten konstruktiv
mitarbeiten.
Eine starke UNO, die sich daran beteiligt, die Probleme in dieser Welt zu lösen, ist meiner Meinung nach
aber auch im Sinn der USA. Denn nach dem Ende des
Kalten Krieges steht die Neuordnung der W elt auf der
Tagesordnung. Wir müssen uns entscheiden: Wollen wir
Multilateralismus oder wollen wir diese Aufgabe einer
Supermacht und ihren Getreuen überlassen? W enn man
sich in Gedanken einmal auf den zweiten Standpunkt
stellt, erkennt man unweigerlich die Grenzen dieses Ansatzes: Keine noch so starke Supermacht wird es schaffen, in der Zukunft alle Pr obleme auf diesem Globus zu
lösen. Dafür brauchen wir die multilaterale Gemeinschaft. Und weil wir diese brauchen, müssen wir sie und
ihre Mitgliedstaaten ernst nehmen, dürfen deren Loyalität nicht überstrapazieren und müssen den Dialog zwischen den Kulturen und die Völkerverständigung pflegen. Das ist die Vision grüner Politik.
({7})
Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Dr . Gesine
Lötzsch.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir sind
in der zivilisatorischen Entwicklung um ein Jahrhundert
zurückgeworfen worden. Es gilt wieder das Faustrecht
und nicht das Völkerrecht. Dieser Krieg ist ein terroristischer Akt, der durch nichts zu rechtfertigen ist. Er ist
durch nichts legitimiert. W er diesen Krieg unterstützt,
macht sich strafbar und schuldig.
({0})
Heute Morgen haben die Fraktionsvorsitzenden nichts
sagende Erklärungen zum Beginn des Krieges abgegeben. Eine Wortmeldung der PDS wurde nicht akzeptiert.
Das sehen wir als einen schweren Verstoß gegen die Geschäftsordnung an. Offensichtlich hatte man Angst, mit
unangenehmen Wahrheiten konfrontiert zu werden.
Wir führen die Debatte zur deutschen Außenpolitik
wenige Stunden nachdem der angekündigte Angrif fskrieg der US-Regierung auf den Irak begonnen hat. Ich
spreche ausdrücklich von der US -Regierung, weil es
Millionen Menschen in den USA gibt, die diese Politik
der Bush-Administration nicht mittragen. Auch in den
USA gibt es eine starke Friedensbewegung. Amerikaner
demonstrieren sogar in Be rlin jeden T ag gegen den
Krieg.
Die Mehrheit der Bevölk erung der Bundesrepublik
lehnt diesen Krieg entschieden ab. Erst am letzten Sonnabend haben wieder Hunderttausende Berlinerinnen und
Berliner ihren Friedenswillen zum Ausdruck gebracht,
indem sie sich an einer Lichterkette, die quer durch die
Stadt ging, beteiligt haben. Ic h finde, es sollte auch die
einstimmige Meinung der M itglieder des Bundestages
sein - sie müssen diese auch öf fentlich kundtun und
nicht nur hinter vorgehaltener Hand auf den Gängen sagen -, dass dieser Krieg ge gen das Völkerrecht verstößt
und verbrecherisch ist.
({1})
Er wird Tausenden Menschen das Leben kosten, Millionen Menschen die Gesundheit ruinieren und die Ärmsten
der Armen um ihr Hab und Gut bringen.
Wenn die CDU/CSU hier im Hause immer wieder die
Behauptung aufstellt, die Bu ndesregierung habe mit ihrer frühen Festlegung auf ein Nein zum Irakkrieg zum
Ausbruch dieses Krieges beigetragen, dann ist das mehr
als absurd.
({2})
Es ist nicht meine Aufgabe, die Bundesregierung zu verteidigen, aber mit dieser Behauptung beleidigen Sie,
meine Damen und Herren von der CDU/CSU, alle diejeDr. Gesine Lötzsch
nigen, die sich mit vielfältigen Aktionen dem drohenden
Krieg entgegengestellt haben.
({3})
Ihre Logik, die darin besteht, dass diejenigen, die sich einem Krieg entgegenstellen, für ihn verantwortlich gemacht werden, ist einfach absurd.
Meine Damen und Herren von der rot-grünen Bundesregierung, warum betonen Sie bei jeder Gelegenheit,
dass Sie Ihre Bündnisverpflichtung gegenüber den USA
einhalten wollen? Ich denke, es gibt keine Bündnisverpflichtung, einen Angriffskrieg zu unterstützen. Ganz
im Gegenteil: Unser Grundgesetz stellt die Vorbereitung
und Unterstützung eines Angrif fskrieges unter Strafe.
Die Gewährung von Überflugrechten für US-Bomber ,
die Beteiligung von deutschen Soldaten an AWACS-Einsätzen und der Einsatz der Fu chs-Panzer in Kuwait verstoßen damit gegen die Verfassung unseres Landes.
({4})
Die Bundesregierung kann sich auch nicht auf NATOVerpflichtungen berufen. Die NA TO ist ein V erteidigungsbündnis und kein Angriffsbündnis. Durch das Statut der NATO - genauer gesagt: durch das Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut von 1994 - lässt sich das
Handeln der Bundesregierung nicht legitimieren. W enn
Sie diesen Angriffskrieg unterstützen, begehen Sie einen
Verfassungsbruch.
Wir als PDS fordern Sie auf:
Erstens. Untersagen Sie den Überflug von US-Militärmaschinen über das T erritorium der Bundesrepublik
Deutschland!
({5})
Zweitens. Ziehen Sie die Bundeswehrsoldaten ab, die
an Bord von AWACS-Flugzeugen an der Zielplanung für
Angriffe auf den Irak beteiligt sind!
Drittens. Holen Sie die ABC-Spürpanzer aus Kuwait
zurück!
Wir fordern die sofortige Einberufung des UN-Sicherheitsrats; denn nur er kann laut UN-Charta feststellen, ob eine Bedrohung oder ein Bruch des Friedens oder
eine Angriffshandlung vorliegt.
Meine Damen und Herren, in der Debatte ist mir aufgefallen, dass über die Zeit vor dem Krieg und über die
Zeit nach dem Krieg geredet wurde. Niemand hat sich
aber dazu geäußert, was jetzt getan werden muss, um
den Krieg zu beenden. W ir erwarten von der Bundesregierung, dass sie jetzt alles tut, um einen aktiven Beitrag
zur sofortigen Beendigung dieses Krieges zu leisten.
({6})
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herbert
Frankenhauser.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen
und Kollegen! Nach der bish erigen Debatte an diesem
Tag ist es zu diesem Zeitpunkt außerordentlich schwierig, deutlich zu machen, dass wir uns eigentlich in einer
Haushaltsdebatte befinden. Da eine gute Politik ohne die
nötige Finanzausstattung nur se hr schwer möglich ist - das
hat selbst der Herr Bundesaußenminister schon festgestellt -,
({0})
versuche ich aber doch, hier einige Anmerkungen zum
Haushalt zu machen, der so, wie er wohl beschlossen
wird, bereits obsolet geworden ist, weil die Rahmenbedingungen nicht mehr stimmen.
({1})
Hinzu kommt - darauf habe ich leider schon des Öfteren vergeblich hingewiesen -, dass der Haushaltsplan
des Auswärtigen Amtes einen grundsätzlichen Strukturfehler enthält.
({2})
Außerdem wird zwar eine Menge von Vorhaben verkündet und beschlossen; man macht sich aber erst anschließend Gedanken darüber, wo das eigentlich etatisiert werden soll.
Der Außenminister hat jetzt eine militärische Aufrüstung innerhalb der Europäischen Union gefordert. Ich
befürchte, dass, wenn es denn dazu käme, auch dies
noch zulasten dieses Haushaltes ginge. Als weiteres Beispiel, das ich inhaltlich-po litisch gar nicht kritisieren
möchte, ist das G-8-Programm, der deutsche Beitrag
zur Beseitigung ehemaliger sowjetischer Massenvernichtungswaffen,
({3})
im Umfang von immerhin 150 Millionen Euro zu nennen. Man versucht stückwei se, in diesem Haushalt eine
Finanzierungsmöglichkeit zu finden.
Ich möchte noch einmal auf das Strukturproblem eingehen. Die Ausgaben im Einzelplan 05 - Auswärtiges
Amt - betragen etwa 2,2 Milliarden Euro. Die so genannten Pflichtbeiträge - beispielhaft nenne ich die
Beiträge für die V ereinten Nationen, die Europäische
Union und den Europarat - in einer Größenordnung von
600 Millionen Euro sind festgeschrieben und kurzfristig
nicht veränderbar.
Das sind knapp 27 Prozent der Ausgaben. Kurzfristig
ebenfalls nicht veränderbar sind die Personalkosten in
einer Größenordnung von etwa 660 Millionen Euro. Das
heißt, dass etwa 57 Prozent des Haushaltes zumindest
kurzfristig gar nicht veränderbar sind.
Der Gesamtanteil des Einzelplanes 05 am Haushalt
liegt knapp unter 1 Prozent. Bei den zurückliegenden
Sparrunden in 2002 und 2003 ist es dem Außenminister
nicht gelungen, den Finanzmi nister davon abzubringen,
die Mittel im Einzelplan 05 mit einer Quote von über
3 Prozent zu kürzen. Das ist nicht auf Kante, sondern unter Kante genäht.
({4})
Wenn wir diese so genannten unveränderlichen Beträge
herausrechnen würden, hätten wir bei über 12,6 Millionen Euro mehr zur Verfügung.
({5})
Immerhin ist es den Berichterstattern der Koalition - das
will ich anerkennen - gelungen, dass auf weitere globale
Minderausgaben verzichtet wurde.
Wie sehr uns dieses strukturelle Problem berührt,
zeigt sich darin, dass gemeinsame, interfraktionelle Beschlüsse aus dem Auswärti gen Ausschuss oder dem
Ausschuss für humanitäre Hilfe und Menschenrechte im
Haushaltsausschuss nicht berü cksichtigt und umgesetzt
werden konnten.
({6})
Ich denke beispielsweise an unseren Antrag, in dem wir
in Erwartung der fürchterlichen Entwicklung, wie wir sie
heute nun leider verzeichnen müssen, eine Erhöhung der
Mittel für humanitäre Hilfsmaßnahmen um
13 Millionen Euro forderten. Für diese Erhöhung liegen
einstimmige Beschlüsse de r Fachausschüsse vor; aber
im Haushaltsausschuss konnte dafür leider keine Mehrheit gefunden werden. Wir haben uns nun in Anbetracht
des ausgebrochenen Konfliktes bereit erklärt, diesen Ansatz von 53 auf 80 Millionen Euro zu erhöhen. Das wäre
dringend notwendig. Leider ist hierüber keine Einigung
zustande gekommen, sodass wir auf der Abstimmung
über unseren Antrag bestehen.
Ich komme zur Etatisierung des Minenbeseitigungsprogramms und seine Entwicklung in den letzten Jahren. Die Grünen hatten einst Mittel in der Größenordnung von 100 Millionen Euro gefordert. Gelandet sind
wir bei 13 Millionen Euro. Zur V ollfinanzierung der
Ausstattungshilfe sind eben falls keine ausreichenden
Mittel vorhanden.
Wir von der Opposition haben die positive Entwicklung dieses Haushaltes durchaus konstruktiv und aufgeschlossen begleitet und waren zu entsprechenden Änderungen immer bereit. Hier gilt mein Dank den
Mitberichterstattern für eine sehr kollegiale Zusammenarbeit, aber auch dem Auswärtigen Amt. W ir unterstützen zum Beispiel die Vereinigung der Stellenpläne sowie
die Reforminitiative für den Auswärtigen Dienst und
halten eine ausreichende Personaldecke für dringend geboten. Wir sind froh, dass für Frau Roth, die die menschliche Kälte ihrer eigenen Part ei erfahren musste, nun im
Auswärtigen Amt eine wärmere, menschlichere Umgebung gefunden werden konnte.
({7})
Wir freuen uns sehr auf ihren ersten Bericht zur Lage der
Menschenrechte, insbesondere zu Tschetschenien.
Ich möchte einen weiteren Punkt herausgreifen. Die
auswärtige Bildungs- und Kulturpolitik ist nicht nur
aus bildungs- und kulturpolitischer Sicht, sondern auch
aus friedens- und außenpolitischer Sicht von großer Bedeutung. Ich nenne beispielhaft unsere Auslandsschulen
- der Kollege Hoyer hat sie einmal als Juwel bezeichnet und unsere Stipendienprogramme für ausländische S tudierende, weil nur durch solche Maßnahmen die Friedensbemühungen auf einem hohen Niveau fortgesetzt werden. Wir unterstützen gern alles, was zur V erstetigung,
aber vor allem zur weiteren Intensivierung unserer auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik beiträgt.
Wir begrüßen auch die guten Fortschritte der Fusion
des Goethe-Institutes mit Inter Nationes. Wir hoffen und
wünschen, dass die vielen, mannigfaltigen Tätigkeiten,
Aufgaben und Leistungen auch der Mitarbeiter dazu beitragen werden, dass wir so lche Auseinandersetzungen,
wie sie heute begonnen habe n, in Zukunft vermeiden
können.
Vielen Dank.
({8})
Das Wort zu einer Kurzintervention erhält jetzt die
Kollegin Antje Hermenau.
Der von mir sehr geschätzte Kollege Frankenhauser
hat vorgetragen, dass es noc h eine laufende Diskussion
darüber gibt, ob man für die humanitäre Hilfe vorsor glich mehr Geld einstellen könnte. Dem Vernehmen nach
gibt es in der Sache keine unterschiedlichen Auffassungen. Wir wollen das alle machen.
Im Moment kann man keine genauen Abschätzungen
treffen. Erste Beratungen heute im Sicherheitskabinett
haben gezeigt, dass man von einem zweistelligen Millionenbetrag ausgeht. Ich nehm e an, dass das zwei- bis
dreimal so viel ist, wie die Union ursprünglich vor geschlagen hat. Ich rege an, dass die Union nicht darauf besteht, über ihren Antrag abstimmen zu lassen. W enn
doch, dann werden wir ihn ablehnen müssen.
Zurzeit stehen mehr als 130 Millionen Euro sowohl
im Einzelplan 05 - Auswärtiges Amt - als auch im
Einzelplan 23 - dem Bundesmi nisterium für wirtschaftliche Zusammenarbeit - zur Verfügung, die als Flüchtlings-, Not- und Soforthilfe eingesetzt werden können.
Es besteht also kein akuter Geldmangel, sondern wir haben Vorräte angelegt.
Die Fragen, die noch auftauchen werden, zum Beispiel eine im Zusammenhang mit konkreten Krisensituation und einem Flüchtlingsproblem im Irak, sollten in
geordnetem Verfahren geregelt werden. Das ist kurzfristig, innerhalb weniger Stunden, nicht zu leisten. Deswegen wird sich in 14 Tagen der Haushaltsausschuss mit
dieser Problematik beschäftigen.
({0})
Eine Antwort wird nicht gewünscht.
Dann hat jetzt der Kollege Lothar Mark das Wort.
({0})
- Ich habe nur auf ein Recht hingewiesen, nicht auf eine
Pflicht.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Herr Kollege Frankenhauser hat mit Recht darauf
hingewiesen, dass wir Haushaltsberatungen haben, dass
es aber unabdingbar war, sich mit der Außenpolitik und
der aktuellen S ituation zu beschäftigen. Wenn man die
Debatte hier verfolgt hat, dann fällt es einem sehr
schwer, nun direkt zu den Zahlen und den Entwicklungen überzugehen. Aber es sind viele Punkte angesprochen worden, die einfach nicht unwidersprochen stehen
bleiben können.
Herr Dr. Hoyer hat unter anderem den Hinweis gegeben, der immer wieder kommt, es seien zwar Fortschritte
durch die Inspektoren erzielt worden, diese seien aber
nur durch den militärischen Druck möglich gewesen.
Das ist richtig. Aber müssen es 300 000 Mann sein, die
den Druck ausüben, sodass im Grunde genommen keine
Umkehrmöglichkeit mehr besteht? Diese Frage ist nicht
beantwortet worden; sie ist aber sehr wichtig.
Zum anderen muss darauf hingewiesen werden - das
haben einige getan -, dass der amerikanische Präsident
seinen Forderungskatalog gegenüber Saddam Hussein
permanent verändert hat. Je nachdem wie die Situation
und das Empfinden in der Weltöffentlichkeit oder im Sicherheitsrat waren, wurden die Ziele umformuliert, um
dann die Möglichkeit zu haben, den Kriegswunsch umzusetzen.
Wenn Sie, Herr Dr . Hoyer, sagen, dass die deutsche
Außenpolitik nicht integrativ genug sei, dann muss dem
widersprochen werden, weil dazu genügend Willige vorhanden sein müssen, die dies wirklich wollen. Einer allein kann das nicht bewälti gen. Ich denke, dass unser
Außenminister und unser Bund eskanzler in diesem Bereich unendlich viel Ehrenw ertes und Aufopferungsvolles geleistet haben.
({0})
Ich kann also nicht feststel len, dass die deutsche Außenpolitik in ir gendeiner Weise versagt habe, weder
nach innen, von der Bundesregierung her gesehen, noch
nach außen in Richtung internationale Einrichtungen.
({1})
Ich möchte Michael Bothe, den Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Völke rrecht, erwähnen. Er sagte,
dass die Bush-Administration derzeit of fensichtlich eine
hegemoniale Weltordnung anstrebe. Wer die Diskussionen und die Äußerungen des US-Präsidenten verfolgt
hat, wird dies bestätigen kö nnen. So sagte er in seiner
Erklärung, in der er das 48 -stündige Ultimatum stellte,
dass der UN-Sicherheitsrat seiner V erantwortung nicht
gerecht geworden sei und die USA deswegen ihrem Gerechtigkeitssinn folgen müssten.
Ich hatte ursprünglich vor gesehen, mit zwei Zitaten
von Cicero über den Haushalt zu beginnen. Ich lasse das,
obwohl sie genau gepasst hätten. Die Zeit läuft mir allerdings davon.
Ich möchte unter anderem darauf hinweisen, dass aufgrund des kollektiven V ergessenssyndroms der CDU/
CSU immer wieder geleugnet wird, dass wir uns in einer
Schulden- und Zinssituation befinden, die entscheidend
dafür verantwortlich ist, dass wir in vielen Bereichen in
unserem Haushalt nicht alles umsetzen können, was wir
umsetzen möchten. Hinzu ko mmt, dass bis 1998 nicht
gespart wurde und heute die V erantwortung dafür nicht
anerkannt wird. CDU/CSU und FDP haben während der
Haushaltsberatungen über den Einzelplan des Auswärtigen Amtes im Haushaltsausschuss massive Erhöhungsanträge gestellt, die zeigen, dass die Problematik nach
wie vor nicht verinnerlicht wurde.
Es ist schon auf unseren Umgang mit den globalen
Minderausgaben im Auswärtigen Amt eingegangen
worden. Ich möchte das nicht wiederholen, sondern darauf hinweisen, dass wir in den nächsten Debatten sehr
wohl darüber sprechen müssen, welchen Stellenwert das
Auswärtige Amt für uns hat; denn es wird zum Beispiel
vonseiten der FDP immer wieder versucht, Zwietracht
zwischen Entwicklungsministerium und Auswärtigem
Amt zu säen. Wir bekennen uns ganz klar zu ihrer Aufgabenteilung und sind mit den Leistungen der beiden Ministerien, der Ministerin und des Ministers sehr zufrieden.
({2})
Wir müssen aber auch darauf aufmerksam machen,
dass wir in einigen Bereic hen des Auswärtigen Amtes
verstärkte Anstrengungen unternehmen müssen, da existenzielle Fragestellungen für die Zukunft Deutschlands
anliegen. Wir müssen uns verstärkt um das Auslandsschulwesen, den Stipendienfonds, die auswärtige Kulturpolitik, Messen und Außenhandelskammern, aber auch
um die ganz normale diplomatische Vertretung vor Ort
kümmern.
Ich denke aber auch an hu manitäre Hilfe, Krisenprävention und Demokratie- und Ausstattungshilfe. Nach
meinem Dafürhalten sind da s rentierliche Investitionen.
Ich möchte hierzu die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Mary Robinson, zitieren:
Die Menschenrechtsverletzungen von heute sind
die Kriege von morgen.
({3})
Es wäre angebracht, auch ei nige strategische Überlegungen zum Haushalt des Auswärtigen Amtes anzustellen. Das kann ich hier jetzt nicht mehr tun.
({4})
Ich werde aber versuchen, die Diskussion darüber im
Haushaltsausschuss anzustoßen.
Ich stimme den Ausführungen bezüglich des Auswärtigen Amtes und der Vertretung des Bundes im Ausland
von Herrn Frankenhauser zu. Gleichzeitig möchte ich
darauf hinweisen, dass wir im Bezug auf die Struktur
verstärkt darüber nachdenken müssen, dass ein Zuschussempfänger nur einem Ministerium zugeordnet
werden sollte, sodass und wir nicht gezwungen sind, in
mehreren Haushalten nachzuschauen. Ich denke, dass
die Flexibilisierung und die Budgetierung die Effizienz
im Haushalt des Auswärtigen Amtes weiter steigern
werden.
Angesichts der neuen Herausforderungen, denen sich
Deutschland nach dem Ende des Kalten Krieges und vor
dem Hintergrund des zunehm enden Staatenzerfalls innerhalb und außerhalb Euro pas gegenübersah, hat die
Bundesregierung im Jahr 2000 ein Gesamtkonzept zur
zivilen Krisenprävention, Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung erstellt und dieses den Vereinten Nationen zur Kenntnis gegeben.
Wir sind fest in den Vereinten Nationen verankert, respektieren und erkennen aus voller Überzeugung die
Vorgaben und Ergebnisse an, die dort erzielt werden.
({5})
Aus diesem Grund trägt Deutschland einen wesentlichen
Teil - fast ein Zehntel - zum Gesamthaushalt der V ereinten Nationen bei.
Wir sind nicht nur in dies em Sektor engagiert, sondern auch im Europarat, bei der OSZE und - das betone
ich ausdrücklich - beim Internationalen Strafgerichtshof mit seiner generalpräventiven Wirkung. Deutschland
trägt auch von dessen Hausha lt fast 20 Prozent. Im Namen meiner Fraktion gratuliere ich sehr herzlich HansPeter Kaul, der vor wenigen Tagen als deutscher Richter
vereidigt wurde.
Der Internationale Strafgerichtshof beruht auf dem
Römischen Statut von 1998, das inzwischen von
87 Vertragsparteien voll anerkannt und ratifiziert wurde.
Wir wünschen uns, dass auch die Vereinigten Staaten ihren Boykott und W iderstand gegen den Internationalen
Strafgerichtshof aufgeben und ihn voll anerkennen.
({6})
Denn dies könnte für die internationale Wertegemeinschaft einen riesigen Sprung nach vorne bedeuten.
Für den Stabilitätspakt für Südosteuropa und Afghanistan haben wir in unserer Regierungszeit sehr viel
getan. Wir haben die entsprechenden Mittel zur V erfügung gestellt und damit einen deutlichen Beitrag zur Finanzierung des Antiterrorpak ets geleistet. Diese Mittel
sind in die humanitäre Hilfe, das Minenräumen und in
die Krisenprävention geflossen.
Es ist mehrfach darauf hi ngewiesen worden, dass die
für humanitäre Hilfe in den Haushalt eingestellten Mittel in Höhe von 40 Millionen Euro nach der derzeitigen
Entwicklung nicht ausreichen werden und dass wir
erwägen, sie in der nächsten Sitzungswoche um
40 Millionen Euro zu erhöhen, um die humanitäre Hilfe,
die jetzt sehr wahrscheinlich in einem größeren Ausmaß
notwendig wird, zu gewährleisten.
Für die humanitäre Minenräumung sind eigentlich
wesentlich mehr Mittel notwendig, weil in vielen Regionen der Welt ein sehr großer Bedarf besteht. Aber wir
müssen uns auch in diesen Bereichen nach den Möglichkeiten unseres Haushalts richten. Ich denke, dass wir uns
als drittgrößter Geldgeber in diesem Sektor international
durchaus sehen lassen können.
({7})
Die Demokratisierungs- und Ausstattungshilfe ist
bereits angesprochen worden. W ir haben sie um
2,5 Millionen Euro erhöht, damit auch dem Kofi-AnnanFriedenszentrum in Ghana die notwendigen Mittel zur
Verfügung gestellt werden können.
Auch die sowjetischen Massenvernichtungswaf fen
sind schon genannt worden. Ich meine, dass wir im Hinblick auf ihre Beseitigung ebenfalls einen sehr wichtigen
internationalen Beitrag leisten.
Die Deutsche Welle hat beim Aufbau in Afghanistan
eine besondere Aufgabe üb ernommen und leistet eine
ausgezeichnete Arbeit.
({8})
Wir werden die Programmarbeit der Deutschen W elle
für Afghanistan mit weiteren 1,2 Millionen Euro sichern.
({9})
Wir sind auch sehr erfreut darüber, dass die Deutsche
Welle in Zukunft verstärkt mit dem Goethe-Institut
Inter Nationes kooperieren wird.
({10})
In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass wir mit dem deutsch-französischen Kulturinstitut in Moskau neue Wege einschlagen, die in der Kooperation zwischen GIIN und dem spanischen Instituto
Cervantes sowie dem Britis h Council fortgeführt werden. Damit wird die europä ische Kulturarbeit auf internationaler Ebene verstärkt.
({11})
Die Fusionsrendite beim Goethe-Institut Inter
Nationes wurde schon angesprochen. Ich will nicht weiter darauf eingehen; aber es ist sicherlich notwendig,
Planungssicherheit für die Zukunft zu erreichen, um
auch die Bereitschaft zu ei nem kulturpolitischen Dialog
zu intensivieren und verstärkt vor Ort agieren zu können,
wo es erforderlich ist.
Notwendig ist auch das Programm „Dialog mit dem
Islam“. Dieses Programm wird insbesondere vom
Goethe-Institut Inter Nationes, vom DAAD und von verschiedenen nicht staatlichen Organisationen vermittelt.
({12})
Im Kampf gegen den T error gelte es, Misstrauen, V orurteile und Feindseligkeiten abzubauen, Schwarz-W eißMalerei zu vermeiden und deutlich zu machen, dass es
nicht um einen Kampf der Kulturen gehe, so Gunter
Mulack, Islambeauftragter des Auswärtigen Amtes, kürzlich gegenüber dem Ausschuss für Kultur und Medien.
Ich möchte ferner darauf hinweisen, dass die Bedeutung der Auslandsschulen von uns anerkannt und zunehmen wird. Deswegen haben wir den entsprechenden Ansatz um 5 Millionen Euro erhöht.
({13})
Bei den Stipendien und be im Wissenschaftleraustausch müssen wir in nächster Zeit aber noch einiges tun.
Wir haben auch noch in anderen Bereichen geringfügige
Veränderungen erreicht, die ich aber im Einzelnen nicht
mehr aufzählen möchte. Ich bin jedenfalls davon überzeugt - das haben die Diskussi onen gezeigt -, dass das
Auswärtige Amt sehr aufgesch lossen ist und erkennt, in
welchen Bereichen noch Hilfe notwendig ist.
Abschließend ein herzliches Dankeschön an die Berichterstatter. Während der Beratungen im Haushaltsausschuss und bei den Berichterstattergesprächen herrschten
ein sehr gutes Klima und große Offenheit. Dem Auswärtigen Amt möchte ich eine vorzügliche kooperative und
konstruktive Zusammenarbeit bescheinigen. Dem Bundeskanzler und dem Außenmin ister sage ich Danke für
ihren unermüdlichen und uner schütterlichen Einsatz für
den Frieden und für Deutschlands Ansehen in der Welt.
Vielen Dank.
({14})
Ich schließe damit die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den Einzelplan 05 - Auswärtiges Amt - in der Ausschussfassung.
Hierzu liegen drei Änderung santräge vor, über die wir
zuerst abstimmen. Ich möchte außerdem bekannt geben
- damit keine Verwirrung entsteht -, dass erst in der dritten Lesung über den Entschließungsantrag der FDP auf
Drucksache 15/711 namentlich abgestimmt werden
wird.
Wir stimmen über den Änderungsantrag der Fraktion
der CDU/CSU auf Drucksache 15/667 ab. W er stimmt
dafür? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der
Änderungsantrag ist mit de n Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP
bei Enthaltung zweier Abgeordneter abgelehnt worden.
Wer stimmt für den Änderungsantrag der Fraktion der
FDP auf Drucksache 15/694? - W er stimmt dagegen? Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfrakti onen gegen die Stimmen von
CDU/CSU und FDP abgelehnt worden.
Wer stimmt für den Änderungsantrag der Fraktion der
FDP auf Drucksache 15/695? - Wer stimmt dagegen? Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen von
CDU/CSU und FDP abgelehnt worden.
Wer stimmt für den Einzelplan 05 in der Ausschussfassung? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der
Einzelplan 05 ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der ge samten Opposition angenommen worden.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt I. 22 auf:
Haushaltsgesetz 2003
- Drucksachen 15/573 ({0}), 15/574 Berichterstattung:
Abgeordnete Dietrich Austermann
Steffen Kampeter
Walter Schöler
Dr. Günter Rexrodt
Eine Aussprache ist nich t vorgesehen. Wir kommen
deshalb gleich zur Abstimmung. Zunächst lasse ich über
die Änderungsanträge abstimmen.
Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion
der CDU/CSU auf Drucksache 15/619. Die Fraktion der
CDU/CSU verlangt namentliche Abstimmung. Ich bitte
die Schriftführerinnen und Sc hriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. - Sind die Plätze an den Urnen
besetzt? - Das ist der Fall. Ich eröffne die Abstimmung.
Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
Stimme nicht abgegeben hat? - Das ist nicht der Fall. Ich
schließe die Abstimmung und bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen.
Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen später bekannt gegeben.
Wir setzen die Abstimmungen fort. Ich bitte die Kolleginnen und Kollegen, ihre Plätze einzunehmen, damit
ich Übersicht habe.
Wer stimmt für den Änderungsantrag der Fraktion der
SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache
15/616? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der
Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposition angenommen.
Wer stimmt für den Änderungsantrag der Fraktion der
CDU/CSU auf Drucksache 15/620? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den
Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen
der Opposition abgelehnt worden.
Wer stimmt für den Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch und Petra Pau auf Drucksache
15/666? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der
Änderungsantrag ist mit de n Stimmen des ganzen Hauses gegen die Stimmen de r beiden Abgeordneten
Lötzsch und Pau abgelehnt worden.
Bis zum Vorliegen des Ergebnisses der namentlichen
Abstimmung muss ich die Sitzung unterbrechen.
({1})
Die Sitzung ist wieder eröffnet.
Ich gebe Ihnen das von den Schriftführerinnen und
Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen
Abstimmung bekannt. Abgegebene Stimmen 578. Mit
Ja haben gestimmt 279, mit Nein haben gestimmt 299.
Der Änderungsantrag ist damit abgelehnt worden.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 578;
davon
ja: 279
nein: 299
Ja
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Dietrich Austermann
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Ernst-Reinhard Beck
({0})
Veronika Bellmann
Dr. Christoph Bergner
Otto Bernhardt
Dr. Rolf Bietmann
Clemens Binninger
Renate Blank
Peter Bleser
Antje Blumenthal
Dr. Maria Böhmer
Wolfgang Börnsen
({1})
Dr. Wolfgang Bötsch
Jochen Borchert
Wolfgang Bosbach
Klaus Brähmig
Dr. Ralf Brauksiepe
Helge Braun
Monika Brüning
Georg Brunnhuber
Hartmut Büttner
({2})
Verena Butalikakis
Cajus Caesar
Manfred Carstens ({3})
Peter H. Carstensen
({4})
Gitta Connemann
Leo Dautzenberg
Hubert Deittert
Albert Deß
Alexander Dobrindt
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Vera Dominke
Maria Eichhorn
Rainer Eppelmann
Anke Eymer ({5})
Georg Fahrenschon
Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Hartwig Fischer ({6})
Dirk Fischer ({7})
Axel E. Fischer ({8})
Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Dr. Hans-Peter Friedrich
({9})
Erich G. Fritz
Hans-Joachim Fuchtel
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Roland Gewalt
Eberhard Gienger
Georg Girisch
Michael Glos
Ralf Göbel
Dr. Reinhard Göhner
Tanja Gönner
Josef Göppel
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Kurt-Dieter Grill
Reinhard Grindel
Hermann Gröhe
Michael Grosse-Brömer
Markus Grübel
Manfred Grund
Karl-Theodor Freiherr von
und zu Guttenberg
Olav Gutting
Holger-Heinrich Haibach
Gerda Hasselfeldt
Klaus-Jürgen Hedrich
Helmut Heiderich
Ursula Heinen
Siegfried Helias
Uda Carmen Freia Heller
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann
Bernd Heynemann
Ernst Hinsken
Robert Hochbaum
Joachim Hörster
Klaus Hofbauer
Martin Hohmann
Hubert Hüppe
Susanne Jaffke
Dr. Peter Jahr
Dr. Egon Jüttner
Steffen Kampeter
Irmgard Karwatzki
Bernhard Kaster
Siegfried Kauder ({10})
Volker Kauder
Gerlinde Kaupa
Eckart von Klaeden
Jürgen Klimke
Julia Klöckner
Kristina Köhler
Norbert Königshofen
Manfred Kolbe
Hartmut Koschyk
Rudolf Kraus
Michael Kretschmer
Günther Krichbaum
Günter Krings
Dr. Martina Krogmann
Dr. Hermann Kues
Werner Kuhn ({11})
Dr. Karl A. Lamers
({12})
Barbara Lanzinger
Vera Lengsfeld
Werner Lensing
Peter Letzgus
Ursula Lietz
Walter Link ({13})
Eduard Lintner
Dr. Klaus W. Lippold
({14})
Patricia Lips
Dr. Michael Luther
Dorothee Mantel
Erwin Marschewski
({15})
Stephan Mayer ({16})
Conny Mayer ({17})
Dr. Martin Mayer
({18})
Wolfgang Meckelburg
Dr. Michael Meister
Friedrich Merz
Laurenz Meyer ({19})
Doris Meyer ({20})
Maria Michalk
Hans Michelbach
Klaus Minkel
Marlene Mortler
Stefan Müller ({21})
Bernward Müller ({22})
Dr. Gerd Müller
Hildegard Müller
Bernd Neumann ({23})
Henry Nitzsche
Michaela Noll
Claudia Nolte
Günter Nooke
Dr. Georg Nüßlein
Franz Obermeier
Melanie Oßwald
Eduard Oswald
Rita Pawelski
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Daniela Raab
Thomas Rachel
Hans Raidel
Dr. Peter Ramsauer
Peter Rauen
Christa Reichard ({24})
Katherina Reiche
Hans-Peter Repnik
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Hannelore Roedel
Dr. Norbert Röttgen
Franz-Xaver Romer
Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Dr. Klaus Rose
Dr. Christian Ruck
Volker Rühe
Albert Rupprecht ({25})
Peter Rzepka
Anita Schäfer ({26})
Hartmut Schauerte
Andreas Scheuer
Norbert Schindler
Georg Schirmbeck
Bernd Schmidbauer
Christian Schmidt ({27})
Andreas Schmidt ({28})
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Ole Schröder
Bernhard Schulte-Drüggelte
Uwe Schummer
Wilhelm Josef Sebastian
Horst Seehofer
Kurt Segner
Matthias Sehling
Marion Seib
Heinz Seiffert
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Jens Spahn
Erika Steinbach
Christian von Stetten
Gero Storjohann
Andreas Storm
Max Straubinger
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
Matthäus Strebl
Thomas Strobl ({29})
Michael Stübgen
Antje Tillmann
Edeltraut Töpfer
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Volkmar Uwe Vogel
Angelika Volquartz
Andrea Astrid Voßhoff
Gerhard Wächter
Marko Wanderwitz
Peter Weiß ({30})
Gerald Weiß ({31})
Ingo Wellenreuther
Annette Widmann-Mauz
Klaus-Peter Willsch
Willy Wimmer ({32})
Werner Wittlich
Elke Wülfing
Wolfgang Zeitlmann
Wolfgang Zöller
FDP
Daniel Bahr ({33})
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
Otto Fricke
Horst Friedrich ({34})
Rainer Funke
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther ({35})
Dr. Karlheinz Guttmacher
Dr. Christel Happach-Kasan
Christoph Hartmann
({36})
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Birgit Homburger
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Ina Lenke
Sabine LeutheusserSchnarrenberger
Markus Löning
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto
({37})
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Dr. Andreas Pinkwart
Dr. Günter Rexrodt
Marita Sehn
Dr. Hermann Otto Solms
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Dieter Thomae
Jürgen Türk
Dr. Guido Westerwelle
Dr. Claudia Winterstein
Nein
SPD
Dr. Lale Akgün
Gerd Andres
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Sabine Bätzing
Ernst Bahr ({38})
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel ({39})
Klaus Barthel ({40})
Sören Bartol
Uwe Karl Beckmeyer
Klaus Uwe Benneter
Dr. Axel Berg
Ute Berg
Hans-Werner Bertl
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding ({41})
Kurt Bodewig
Gerd Friedrich Bollmann
Willi Brase
Bernhard Brinkmann
({42})
Hans-Günter Bruckmann
Marco Bülow
Dr. Michael Bürsch
Hans Büttner ({43})
Edelgard Bulmahn
Ulla Burchardt
Hans Martin Bury
Marion Caspers-Merk
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Dr. Peter Danckert
Karl Diller
Martin Dörmann
Peter Dreßen
Sebastian Edathy
Siegmund Ehrmann
Marga Elser
Petra Ernstberger
Karin Evers-Meyer
Annette Faße
Elke Ferner
Gabriele Fograscher
Rainer Fornahl
Gabriele Frechen
Dagmar Freitag
Lilo Friedrich ({44})
Iris Gleicke
Günter Gloser
Uwe Göllner
Renate Gradistanac
Angelika Graf ({45})
Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Achim Großmann
Wolfgang Grotthaus
Karl-Hermann Haack
({46})
Hans-Joachim Hacker
Bettina Hagedorn
Klaus Hagemann
Alfred Hartenbach
Michael Hartmann
({47})
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Petra Heß
Monika Heubaum
Gabriele Hiller-Ohm
Stephan Hilsberg
Gerd Höfer
Jelena Hoffmann ({48})
Walter Hoffmann
({49})
Iris Hoffmann ({50})
Frank Hofmann ({51})
Eike Hovermann
Klaas Hübner
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Brunhilde Irber
Renate Jäger
Jann-Peter Janssen
Klaus-Werner Jonas
Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Dr. h.c. Susanne Kastner
Ulrich Kelber
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Hans-Ulrich Klose
Astrid Klug
Dr. Heinz Köhler
Fritz Rudolf Körper
Walter Kolbow
Karin Kortmann
Rolf Kramer
Anette Kramme
Ernst Kranz
Nicolette Kressl
Angelika Krüger-Leißner
Dr. Hans-Ulrich Krüger
Horst Kubatschka
Ernst Küchler
Helga Kühn-Mengel
Dr. Uwe Küster
Ute Kumpf
Christine Lambrecht
Christian Lange ({52})
Christine Lehder
Waltraud Lehn
Dr. Elke Leonhard
Eckhart Lewering
Gabriele Lösekrug-Möller
Götz-Peter Lohmann
Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dirk Manzewski
Tobias Marhold
Caren Marks
Christoph Matschie
Hilde Mattheis
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Petra-Evelyne Merkel
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Ursula Mogg
Michael Müller ({53})
Christian Müller ({54})
Dr. Rolf Mützenich
Gesine Multhaupt
Volker Neumann ({55})
Dr. Erika Ober
Holger Ortel
Heinrich Paula
Johannes Pflug
Dr. Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Karin Rehbock-Zureich
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Christel RiemannHanewinckel
Walter Riester
Reinhold Robbe
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Karin Roth ({56})
Michael Roth ({57})
Gerhard Rübenkönig
Ortwin Runde
Marlene Rupprecht
({58})
Thomas Sauer
Anton Schaaf
Gudrun Schaich-Walch
Rudolf Scharping
Bernd Scheelen
Siegfried Scheffler
Horst Schild
Otto Schily
Horst Schmidbauer
({59})
Ulla Schmidt ({60})
Dagmar Schmidt ({61})
Wilhelm Schmidt ({62})
Heinz Schmitt ({63})
Carsten Schneider
Walter Schöler
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Olaf Scholz
Wilfried Schreck
Ottmar Schreiner
Gerhard Schröder
Gisela Schröter
Brigitte Schulte ({64})
Reinhard Schultz
({65})
Swen Schulz ({66})
Dr. Angelica Schwall-Düren
Dr. Martin Schwanholz
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
Rolf Schwanitz
Erika Simm
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie SonntagWolgast
Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Ludwig Stiegler
Rolf Stöckel
Christoph Strässer
Rita Streb-Hesse
Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Jörg Tauss
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Franz Thönnes
Hans-Jürgen Uhl
Rüdiger Veit
Jörg Vogelsänger
Ute Vogt ({67})
Dr. Marlies Volkmer
Hans Georg Wagner
Hedi Wegener
Andreas Weigel
Reinhard Weis ({68})
Petra Weis
Matthias Weisheit
Gunter Weißgerber
({69})
Dr. Ernst Ulrich von
Weizsäcker
Jochen Welt
Dr. Rainer Wend
Lydia Westrich
Dr. Margrit Wetzel
Andrea Wicklein
Jürgen Wieczorek ({70})
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dr. Dieter Wiefelspütz
Brigitte Wimmer ({71})
Engelbert Wistuba
Barbara Wittig
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Waltraud Wolff
({72})
Heidi Wright
Uta Zapf
Manfred Helmut Zöllmer
Dr. Christoph Zöpel
BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN
Kerstin Andreae
Marieluise Beck ({73})
Volker Beck ({74})
Cornelia Behm
Birgitt Bender
Matthias Berninger
Grietje Bettin
Alexander Bonde
Ekin Deligöz
Dr. Thea Dückert
Jutta Dümpe-Krüger
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Joseph Fischer ({75})
Katrin Dagmar GöringEckardt
Winfried Hermann
Peter Hettlich
Ulrike Höfken
Thilo Hoppe
Michaele Hustedt
Renate Künast
Undine Kurth ({76})
Markus Kurth
Dr. Reinhard Loske
Anna Lührmann
Jerzy Montag
Kerstin Müller ({77})
Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Friedrich Ostendorff
Simone Probst
Claudia Roth ({78})
Krista Sager
Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Rezzo Schlauch
Albert Schmidt ({79})
Petra Selg
Ursula Sowa
Rainder Steenblock
Silke Stokar von Neuforn
Hans-Christian Ströbele
Jürgen Trittin
Marianne Tritz
Hubert Ulrich
Dr. Antje Vogel-Sperl
Dr. Ludger Volmer
Josef Philip Winkler
Margareta Wolf ({80})
Fraktionslose Abgeordnete
Petra Pau
CDU/CSU
Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetzentwurf in
der Ausschussfassung mit der angenommenen Änderung
zustimmen wollen, um das Handzeichen. - W er stimmt
dagegen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist damit
in zweiter Beratung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposition angenommen worden.
Interfraktionell ist vereinbart, die heutige Tagesordnung um den Antrag der Fraktion der FDP mit dem Titel
„Haushaltsentwurf 2003 überarbeitet vorlegen“ zu erweitern und jetzt als Zusatzpunkt 4 ohne Aussprache
aufzurufen. - Ich sehe, Sie sind damit einverstanden.
Dann ist so beschlossen.
Ich rufe Zusatzpunkt 4 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Jür gen
Koppelin, Dr. Günter Rexrodt, Otto Fricke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Haushaltsentwurf 2003 überarbeitet vorlegen
- Drucksache 15/458 Wer stimmt für diesen Antrag? - W er stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Antrag ist mit den Stimmen
der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der gesamten Opposition abgelehnt worden.
Ich rufe Tagesordnungspunkt III sowie Zusatzpunkt 2
auf:
III Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll betreffend Schwermetalle vom 24. Juni
1998 im Rahmen des Über einkommens von
1979 über weiträumige gr enzüberschreitende
Luftverunreinigung
- Drucksache 15/509 Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
ZP 2 Beratung der Abgeordneten Hubertus Heil, Klaus
Brandner, Doris Barnett, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Michaele Hustedt, Ul rike Höfken, Friedrich
Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitglied schaft in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates und der WEU, der Parlamentarischen Versammlung der NATO, der OSZE oder der IPU
Rauber, Helmut
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
Ostendorff, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Die Bestimmungen der Post-Universald ienstleistungsverordnung verbraucherfreundlich
durchsetzen
- Drucksache 15/615 Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit ({81})
Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Es handelt sich um Überweisungen im vereinfachten Verfahren ohne Debatte.
Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an
die in der T agesordnung aufgeführten Ausschüsse zu
überweisen. Sind Sie einverstanden? - Das ist der Fall.
Dann sind die Überweisungen so beschlossen.
Ich rufe nun T agesordnungspunkt IV a bis f auf. Es
handelt sich um die Beschlussfassung zu Vorlagen, zu
denen keine Aussprache vorgesehen ist.
Tagesordnungspunkt IV a:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für V erkehr, Bau- und
Wohnungswesen ({82}) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Stellungnahme der Kommission gemäß
Art. 251 Abs. 2 Unterabs. 3 Buchstabe c EGVertrag zu den Abänderungen des Eur opäischen Parlaments am gemeinsamen Standpunkt des Rates zum Vorschlag für eine Richtlinie des Eur opäischen Parlaments und des
Rates zur Änderung de r Richtlinie 94/25/EG
über die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über
Sportboote
KOM ({83}) 602 endg.; Ratsdok. 15133/02
- Drucksachen 15/392 Nr. 2.25, 15/497 Berichterstattung:
Abgeordneter Siegried Scheffler
Der Ausschuss empfiehlt, eine Entschließung anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist einstimmig angenommen worden.
Tagesordnungspunkt IV b:
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses ({84})
Sammelübersicht 14 zu Petitionen
- Drucksache 15/366 Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der
CDU/CSU auf Drucksache 15/647 vor, über den wir zuerst abstimmen. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag
der CDU/CSU? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen?
- Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die S timmen der Opposition abgelehnt worden.
Wer stimmt für Sammelübersicht 14? - W er stimmt
dagegen? - Enthaltungen? - Sammelübersicht 14 ist mit
den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposition angenommen worden.
Tagesordnungspunkt IV c:
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses ({85})
Sammelübersicht 22 zu Petitionen
- Drucksache 15/582 Wer stimmt dafür? - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Sammelübersicht 22 ist einstimmig angenommen worden.
Tagesordnungspunkt IV d:
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses ({86})
Sammelübersicht 23 zu Petitionen
- Drucksache 15/583 Wer stimmt dafür? - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Sammelübersicht 23 ist ebenfalls einstimmig angenommen worden.
Tagesordnungspunkt IV e:
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses ({87})
Sammelübersicht 24 zu Petitionen
- Drucksache 15/584 Wer ist dafür? - Gegensti mmen? - Enthaltungen? Sammelübersicht 24 ist eben falls einstimmig angenommen worden.
Tagessordnungspunkt IV f:
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses ({88})
Sammelübersicht 25 zu Petitionen
- Drucksache 15/585 Wer stimmt dafür? - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Auch Sammelübersicht 25 ist einstimmig
angenommen worden.
Da vom 31. März bis zum 4. April die nächste Tagung
der Parlamentarischen Versammlung des Europarats
stattfindet, soll auf Wunsch der Fraktion der CDU/CSU
bei zwei ihrer Mitglieder noch heute ein T ausch vorgenommen werden. Der Kollege Karl-Theodor von und
zu Guttenberg, der bisher stellvertretendes Mitglied
war, soll ordentliches Mitglied werden. Der Kollege
Rudolf Kraus, bisher ordentliches Mitglied, soll nunmehr stellvertretendes Mitglied werden. Sind Sie damit
einverstanden? - Ich höre keinen Widerspruch. Damit
sind die Kollegen wie vo rgeschlagen auch gewählt.
Herzlichen Glückwunsch!
Ich rufe Punkt II der Tagesordnung auf:
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
Dritte Beratung
des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des
Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2003
({89})
- Drucksachen 15/150, 15/402, 15/551 bis
15/571, 15/572, 15/573 ({90}), 15/574 Berichterstattung:
Abgeordnete Dietrich Austermann
Steffen Kampeter
Walter Schöler
Dr. Günter Rexrodt
Interfraktionell ist vereinbart, heute in die dritte Beratung einzutreten, obwohl am Dienstag und heute Änderungen in zweiter Beratung angenommen worden sind.
Sind Sie mit diesem Vorgehen einverstanden? - Das ist
der Fall. Dann ist mit der erforderlichen Mehrheit des
Hauses auch so beschlossen.
Über den Gesetzentwurf so wie über einen Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU und einen Entschließungsantrag der Fraktion der FDP werden wir
nach der Aussprache namentlich abstimmen; dabei geht
es auch um den berühmten „grünen Antrag“. Zu einer
Reihe weiterer Entschließungsanträge erfolgt einfache
Abstimmung.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Stunde vorgesehen, wobei die FDP acht
Minuten erhalten soll. - Ich höre dazu keinen W iderspruch. Dann ist auch so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache und erteile das W ort dem
Abgeordneten Manfred Carstens, CDU/CSU-Fraktion.
({91})
Verehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und
Kollegen! Es geht jetzt in der Abschlussrunde noch einmal um den Bundeshaushalt 2003. Dieser Haushalt wird
in einer wirtschaftlich schw ierigen Lage - wir befinden
uns wohl in einer Stagnati on - und in einer immer
schwieriger werdenden internationalen Lage beraten. Es
ist schade, dass wohl niemand hier im Saal den Mut hat
zu sagen, dass es sich be i dem Bundeshaushalt 2003 um
einen Haushalt handelt, der als gelungen in die Geschichte eingehen wird.
({0})
Der Haushalt 2002 kann als misslungen beschrieben
werden.
({1})
Art. 115 des Grundgesetzes konnte nicht eingehalten
werden, die Maastricht-Kriterien ebenfalls nicht. W ie
der Haushalt 2003 letztlich abschließend zu bewerten ist,
kann man heute nicht sagen. Es gibt den Spruch: Man
soll den Tag nicht vor dem Ab end loben. So möchte ich
als Vorsitzender des Ausschusses auch nicht schon im
März den Haushalt 2003 in Stücke zerreißen. Es ist aber
zumindest davon auszugehen, dass gewisse Annahmen
nicht so einzuhalten sein werden, wie sie unterstellt werden. Dazu kann ich vielleicht gleich noch ein paar Sätze
sagen.
Ich möchte aber auf keinen Fall etwas vergessen, was
nach meiner Meinung zu den Beratungen des Haushalts
gehört; denn wenn dem Bundestag solch ein Haushalt
heute und in der ganzen W oche zur Beratung vor gelegt
wird, dann steckt dahinter ei n ganzes Stück Arbeit. Die
leistete in diesem Fall der Haushaltsausschuss, aber nicht
er allein. So habe ich als Vorsitzender des Haushaltsausschusses Veranlassung, mich im Namen aller - so denke
ich - ganz herzlich bei den Mitstreitern des Bundesfinanzministeriums und des Bundesrechnungshofes zu bedanken: Herzlichen Dank dafür!
({2})
Wenn Sie jetzt auf die Bundesratsbank schauen, dann
stellen Sie fest, dass dort die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Sekretariats des Haushaltsausschusses sitzen,
die uns um die Uhr, oft bis spät in die Nacht, beigestanden und zugearbeitet haben. Sie haben großes Lob verdient. Herzlichen Dank!
({3})
Ich möchte mich auch bei den Fachausschüssen bedanken, die mitberatend tätig waren. Sie haben uns viele
Vorschläge gemacht und Antr äge gestellt. Einige konnten übernommen werden. Aber es liegt in der Natur der
Sache, dass dies nicht bei allen Anträgen möglich war .
Auch dafür herzlichen Dank!
Insbesondere möchte ich mich bei allen Damen und
Herren Abgeordneten bedanken, die dem Haushaltsausschuss angehören. Es herrsch te eine tolle Atmosphäre.
Die Koalition hat sich bemü ht, angemessen kollegial zu
sein.
({4})
Die Opposition war imstande, zur Klimaverbesserung
beizutragen. Mein V orschlag an alle Mitglieder des
Haushaltsausschusses ist, dass wir unsere Arbeit in Zukunft in diesem Geiste fortsetzen.
({5})
Letztendlich ist aber das Ergebnis zu bewerten und zu
gewichten, das uns in dem Entwurf, der heute verabschiedet wird, vorgelegt worden ist. Herr Minister Eichel
wird gleich noch das Wort nehmen.
({6})
Im letzten Jahr wurden zwei wichtige Bedingungen nicht
eingehalten. Ob wir die V orschrift in Art. 115 des
Grundgesetzes diesmal erfüllen, kann niemand mit Sicherheit sagen. Aber ausgeschlossen ist es nicht. Die
Maastricht-Kriterien sind ähnlich zu bewerten. Man
hat einiges unternommen, um diese Ziele zu erreichen,
aber ich meine, nicht genug, auch nicht mit den MaßnahManfred Carstens ({7})
men, über die, ausgehend von der Regierungserklärung
des Bundeskanzlers, in der vorigen und in dieser Woche
diskutiert wurde.
Mir steht ein Bild vor Auge n, das unsere Situation
durchaus passend beschreibt: Einem Hausbesitzer läuft
der Keller mit W asser voll. Was jetzt auf den W eg gebracht wurde, ist sozusagen bestenfalls das Leerschöpfen
des Kellers mit einigen Eimern.
({8})
Aber wichtiger ist es, das Loch zu stopfen, damit nicht
noch mehr Wasser in den Keller läuft. Dazu gehört ein
größeres Maßnahmenpaket. Es muss mehr gemacht werden, als wir bislang auf den Weg gebracht haben. Seitens
der Regierung und auch seitens der Opposition muss sicherlich noch zugelegt werden.
Wir haben eine Chance auf Einigung im Vermittlungsausschuss, der heute Abend noch tagt. Ich will für
unser Land hof fen, dass dort gute Lösungen erarbeitet
werden.
({9})
Denn es besteht jetzt die Gefahr , dass die Zahl der Arbeitslosen auf 5 Millionen steigen könnte, wenn es noch
ein Jahr so weiter laufen würde. Das wäre angesichts der
Herausforderungen, die man sich ver gegenwärtigen
muss, und angesichts der internationalen Schwierigkeiten, die sicherlich noch zunehmen werden, eine Katastrophe.
Daher ist mein Wunsch und meine Hoffnung, dass wir
es gemeinsam anpacken und dass wir die Maßnahmen
benennen, die notwendig sind. Die Regierung muss all
das vorlegen, was zum W ohle unseres Landes und zum
Wohle unseres ganzen Volkes notwendig ist.
Herzlichen Dank.
({10})
Das Wort hat jetzt der Kollege Joachim Poß.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte auch ich dem Ausschussvorsitzenden,
Manfred Carstens, für seine souveräne Art, den Ausschuss zu leiten, herzlich danken.
({0})
Ihm gebührt sicherlich ein hohes Verdienst an dem verbesserten Klima in diesem Ausschuss. Das kann ich hier
deutlich sagen. Auch dafür herzlichen Dank.
({1})
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Bundeshaushalt,
den wir heute hier beschließen werden, ist in besonderer
Weise zu bewerten, weil er in einer ganz besonderen Situation und unter besonderen Umständen aufgestellt
wird. Die Vereinigten Staaten von Amerika und leider
auch Großbritannien sind heute in einen Krieg eingetreten, einen Krieg mit unkalkulierbaren und unübersehbaren Folgen, auch ökonomisch en und sozialen Folgen.
Wir sehen das mit äußerstem Bedauern; unsere Rednerinnen und Redner haben das gestern und heute deutlich gemacht.
Es ist nicht unwahrscheinli ch, dass der heute begonnene Krieg Reaktionen auslös en oder verstärken wird,
die weit über den Irak hinausgehen. Es ist dabei auch für
die heutige Debatte von großer Bedeutung, dass der Irak
und die angrenzenden Länder wegen ihres Ölreichtums
zu den ökonomisch relevantesten Regionen der Erde gehören.
All dies bedeutet, dass ein bundesrepublikanisches
Parlament selten unter größerer Unsicherheit und Ungewissheit über die weitere Entw icklung einen Bundeshaushalt aufstellen musste. Allenfalls Anfang der 90er Jahre, zu Beginn des Eini gungsprozesses, hat es eine
vergleichbare Unsicherheit und Ungewissheit gegeben;
Hans Eichel hat am Dienstag darauf hingewiesen. Weder
Hans Eichel noch ich noch andere Redner aus der Koalition leugnen, dass es in den letzten Wochen eine Reihe
von Analysten und W irtschaftsforschern gegeben hat,
die für dieses Jahr im Gegensatz zu uns von einem geringeren realen Wirtschaftswachstum als 1 Prozent ausgehen. Aber auch für all diese Experten gilt, dass ihre Prognosen extrem ungewiss si nd. Dies bringen diese
Experten auch deutlich zum Ausdruck.
Wir haben uns bewusst dafür entschieden, es bei diesem 1 Prozent zu belassen, um klarzustellen, dass wir im
Gegensatz zum Beispiel zur Opposition nicht mit
Schwarzmalerei, sondern mit Zuversicht an die weitere
wirtschaftliche Entwicklung herangehen.
({2})
Selbstverständlich ist aber dieses 1 Prozent angesichts
der bestehenden großen weltwi rtschaftlichen Risiken in
starkem Maße eine politische Zielmarke. Gleichzeitig ist
es ein Anspruch an unsere Politik, den wir im Laufe des
Jahres durch richtige Ents cheidungen und entschlossenes Handeln erfüllen werden . Eben deshalb werden wir
unsere Reformanstrengungen vertiefen und intensivieren, und zwar nicht nur punktuell, sondern, wie es der
Kanzler in seiner Regierungserklärung am 14. März
2003 ausgeführt hat, in einer Reihe von Bereichen.
Ähnlich ist der Zusammenha ng bei unserer Festlegung, in diesem Jahr in den Bundeshaushalt keinen Zuschuss an die Bundesanstalt für Arbeit einzustellen.
Auch hiermit haben wir uns ein ehrgeiziges Ziel gesetzt.
Angesichts der bedrückend en Lage auf dem Arbeitsmarkt ist es unsere Verantwortung, die Struktur und Arbeitsweise der Bundesanstalt für Arbeit sowie das Instrumentarium der Arbeitsmarktpolitik schnell und in einer
Weise umzugestalten, dass für die Arbeitslosen und für
die von Arbeitslosigkeit Bedrohten eine reale und tragfähige Perspektive aufgebaut wird. Dabei ist ein besonderes Augenmerk auf die verschärften Problemlagen in
strukturschwachen Regionen nicht nur in Ostdeutschland, sondern auch im Westen zu legen.
Die bereits begonnene Reform der Arbeitsmarktpolitik ist so umfassend und innovativ , dass es erst im
Laufe der nächsten Monate möglich sein wird, sicher zu
erkennen, ob die der Bundesanstalt zugestandene Finanzdecke alles Notwendige abdecken kann.
({3})
- Das ist eine realistische Beschreibung der Situation,
lieber Kollege. Wir sollten die Situation realistisch beschreiben, so, wie sie ist, und sollten keine Schönfärberei und keine Schwarzmalerei - das ist die Aufforderung
an Ihre Adresse - betreiben.
Diese Woche zeigt in alle r Deutlichkeit: Die CDU/
CSU als größte Oppositionspartei hier im Bundestag und
als Mehrheitspartei im Bu ndesrat steht endgültig am
Scheideweg.
({4})
Kollege Carstens hat es zum Ausdruck gebracht: Es beginnt am heutigen Abend. Mit dem heutigen Kriegsbeginn und nach dem gestrigen Auftritt von Frau Merkel
hier im Deutschen Bundestag werden in der Union endgültig die bisher verdeckten Strategie- und Richtungsauseinandersetzungen ausbrechen.
({5})
Das, was wir seit einer W oche zwischen Frau Merkel,
Herrn Seehofer und Herrn St oiber beobachten, wird nur
der Anfang sein.
({6})
Im Gegensatz zur sozialen Kahlschlagpolitik der Neoliberalen in den Reihen der Opposition
({7})
werden wir Sozialdemokraten bei den notwendigen Veränderungen für Arbeitslose Regelungen finden, die es
eben nicht selbstverständli ch machen, dass Menschen,
die ihre Arbeit verlieren, innerhalb kurzer Zeit in eine
Unterstützung auf Sozialhilfeniveau durchgereicht werden.
({8})
Die Eingrenzung von Transferleistungen für Arbeitslose setzt nach unserem Verständnis zudem voraus,
dass gleichlaufend für genau diese Arbeitslosen verbesserte Beschäftigungsperspektiven erarbeitet werden.
Eine der drängendsten Aufgaben in der Finanzpolitik
ist die Verbesserung der Kommunalfinanzen; dies hat
gestern schon insbesondere in der Rede von Herrn
Müntefering eine große Rolle gespielt. Hier werden Regierung und Regierungsfraktionen bis zum Sommer einen Gesetzentwurf erarbeiten , der die Finanzsituation
der Gemeinden und ihre Investitionskraft nachhaltig verbessern wird. Dabei sollte nicht ver gessen werden, dass
die erste Verantwortung für die Kommunen bei den Ländern liegt.
({9})
In den letzten Monaten hat man gelegentlich den Eindruck gewinnen können, dass nur auf Berlin gezeigt
wird. Die erste V erantwortung dafür, unterschiedliche
Verhältnisse insbesondere in den Flächenländern auszugleichen, liegt bei den Bu ndesländern, meine Damen
und Herren.
({10})
- Dies gilt für Nordrhein-Westfalen, für Bayern und für
andere Flächenländer.
Die Basis bei der Erarbeit ung dieses Gesetzentwurfs
werden die Entlastung der Kommunen durch die Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe sowie die
Modernisierung der Gewerbesteuer sein, wie es der
Kanzler letzten Freitag in seiner Regierungserklärung
dargelegt hat und wie es von den kommunalen Spitzenverbänden einhellig begrüßt worden ist. Damit ist das
Modell der W irtschaftsverbände BDI und VCI vom
Tisch, das die Lasten der Finanzierung der kommunalen
Haushalte einseitig auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verlagert hätte.
Da eine Lösung bis zum Beginn des nächsten Jahres
nötig ist, ist es jetzt end lich Zeit für eine konkrete und
eindeutige Positionierung seitens der CDU/CSU.
({11})
Die Union ist nämlich auch in dieser Frage nicht aufgestellt; sie hat es nur geschickt verstanden, dass das bisher
nicht so transparent wurde. Sie hat kein konkretes Konzept. Die Interessenlinien gehen quer durch CDU und
CSU. Die SPD-Bundestagsfraktion steht dagegen in dieser Frage an der Seite der kommunalen Familie und der
kommunalen Spitzenverbände.
({12})
Für die Zeit bis zur umfassenden Reform haben wir
für die Städte und Gemeinden ein ganzes Maßnahmenbündel vorgesehen, das ihre Finanzkraft bereits kurzfristig verbessern wird, sofern die Union mitmacht. Dies ist
die Voraussetzung; das muss man im Lande wissen. W ir
können bereits in diesem Jahr unmittelbare Hilfe leisten,
wenn die Union im Bundesrat mitspielt.
({13})
- Wären wir Ihren Vorschlägen gefolgt,
({14})
den Spitzensteuersatz bei der Einkommensteuer auf
35 Prozent zu senken und die Staatsquote herunterzufahJoachim Poß
ren, dann wären alle Kommunen in der Bundesrepublik
Deutschland pleite. Das wäre die Konsequenz Ihrer Vorschläge gewesen, meine Damen und Herren von der
CDU/CSU.
({15})
Neben dem Verzicht auf eine finanzielle Beteiligung
der Kommunen am Flutopfersolidaritätsfonds und dem
kommunalen Investitionsprogramm gehören dazu die
Einnahmen der Kommunen aus der vor gesehenen Abgabe auf rückkehrendes Steuerfluchtkapital und aus dem
Steuervergünstigungsabbaugesetz.
Den Unionsvertretern im Vermittlungsausschuss und
im Bundesrat muss klar sein: Wenn sie auch im Vermittlungsverfahren das Steuer vergünstigungsabbaugesetz
scheitern lassen - man könnte dieses Gesetz auch Gesetz
für mehr Steuer gerechtigkeit in diesem Lande nennen;
diesen Aspekt werden wir noch deutlicher beleuchten -,
wird dies nicht nur zur Konsequenz haben, dass im Bundeshaushalt Geld fehlen wi rd, sondern auch bedeuten,
dass die Kommunen allein bis 2006 auf fast 7 Milliarden
Euro und die Länder im selben Zeitraum gar auf fast
17 Milliarden Euro verzichten müssen. Das ist Ihre Verantwortung, meine Damen und Herren von der CDU/
CSU!
({16})
Ohne dieses Geld werden weder die Kommunen noch
die Länder ihre Arbeit für die Bür gerinnen und Bürger
tun können.
Wenn Sie sich nicht bewegen, ist dieses Geld weg.
Auf andere Art und W eise werden diese Mittel nämlich
nicht bereitgestellt werden. Ei nen Plan B gibt es nicht
und wird es auch nicht geben. Schon gar nicht wird es
als Ersatz eine Mehrwertsteuererhöhung geben, auch
wenn dies von den CDU-Ministerpräsidenten Müller
und Böhmer in dieser W oche erneut gefordert worden
ist. Bewegung und Kooperation oder leer bleibende
Kassen - das ist präzise die Alternative für die Union
beim Gesetz für mehr Steuergerechtigkeit.
Meine Damen und Herren von der Opposition, die in
der Finanzpolitik zu tref fenden Entscheidungen rücken
unaufhörlich immer näher. Damit rückt für Sie auch der
Zeitpunkt näher, endlich Farbe zu bekennen. Ich bin gespannt, ob die andere große Volkspartei, die Union, sich
tatsächlich ihrer gesamtstaatlichen V erantwortung stellen wird, die sie so gern für sich reklamiert und die sie
leider in den Fragen, über die wir gestern und heute geredet haben, oft genug nicht wahr genommen hat, wenn
es darauf ankam. Meine Damen und Herren, Sie sind im
Interesse des gesamten Gemeinwesens am Zuge!
({17})
Das Wort hat jetzt Herr Kollege Wolfgang Gerhardt.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Als vorhin der V orsitzende des Haushaltsausschusses,
Kollege Carstens, so schön gesprochen hat, habe ich
meinen Kollegen Koppelin gefragt, ob ich nicht auch in
diesem Ausschuss mitarbeiten dürfe.
({0})
Dort muss wohl eine freudige Stimmungslage herrschen,
die der Verbesserung der atmosphärischen Beziehungen
dient. Als ich jetzt Herrn Kollegen Poß zuhörte, habe ich
von meinem Wunsch sofort wieder Abstand genommen.
({1})
Wir diskutieren heute den Ha ushalt in einer ganz bestimmten politischen Situation, die all unsere Gedanken
und Beiträge bestimmt. Es fällt schwer, in einer solchen
Situation konzentrierte, auf den Punkt gebrachte, rein finanztechnisch ausgerichtete Haushaltsberatungen durchzuführen.
Wichtig ist, bei diesem Haushalt und den ihn begleitenden politischen Diskussionen Folgendes anzumerken:
Ein Stück der außenpolitisch en Bedeutung der Bundesrepublik Deutschland, ein gutes Stück ihres Gewichts in
internationalen Beziehungen lag nicht nur darin begründet, dass die Bundesrepublik Deutschland erklärt hat, sie
wolle in internationalen Or ganisationen mitarbeiten,
dass wir streitfrei erklärt haben, für uns seien die Vereinten Nationen der Ort der Entscheidungen, dass wir gesagt haben, das transatlantische Bündnis könne nie zur
Disposition gestellt werden oder dass wir erklärt haben,
wir wollten die europäische Einigung. Das ist zwar alles
richtig, aber der entscheidende Grund des internationalen Gewichts unseres Landes bestand in seiner volkswirtschaftlichen Stärke, in der Bewunderung in weiten
Teilen der Welt, welche Leistungsfähigkeit dieses Land
entwickelt, welche Prosperität seine Volkswirtschaft hat
und welche Dynamik das Land entfalten kann.
({2})
Dies gehört in die heutige Debatte, weil wir in der
großen Gefahr stehen, erneut um unsere internationale
Position ringen zu müssen; denn aufgrund handwerklicher Fehler in außenpolitischen Fragen und falscher politischer Entscheidungen hat die Bundesrepublik
Deutschland unverkennbar immens an wirtschaftlichem
Gewicht verloren.
({3})
Wenn wir diese Fehler beheben wollen - ich bin kein
Haushälter, der wie viele de r Kolleginnen und Kollegen
aus allen Fraktionen bereits jahrelang im Haushaltsausschuss gearbeitet hat -, muss aber ein Haushalt vorgelegt
werden, dessen Daten zumindest den Anschein der Richtigkeit erwecken. Das ist erste und grundlegende Voraussetzung für einen Haushalt.
({4})
Nun steht hier keine böse Opposition, die die Daten
bestreitet. Der Finanzminister müsste die Haushaltsrisiken ja selbst referieren. Ich setze Ihnen einen Preis aus,
Herr Kollege Tauss: Wenn Sie mir einen Sachverständigen nennen, der die Wachstumsprognose der Bundesregierung noch teilt, schicke ich Ihnen einen Kasten trockenen Rheingauer Riesling in Ihr Haus.
({5})
Es gibt keinen solchen Sachverständigen mehr. Die
Haushaltsrisiken haben Größ enordnungen erreicht, die
man sich praktisch gar nicht vorstellen kann. W enn der
Haushalt schon in einem solc hen Zustand ist, muss man
sich fragen: Gibt es denn auf anderen Feldern Anstrengungen, um Wachstumsdynamik zu stärken?
({6})
Sie unternehmen keine An strengungen auf dem Feld
der Steuerpolitik. Nennen Sie das Steuervergünstigungsabbaugesetz, wie Sie wollen. Der T itel verheißt
anderes, aber in den Portemonnaies der Menschen wirkt
es wie eine Steuererhöhung . Das ist das Kontraproduktivste, was man in dieser Situation unternehmen kann.
Damit ist auch kein Trost für die kommunalen Finanzen
verbunden.
({7})
Blenden Sie die Regierungserklärung des Bundeskanzlers in diese Schlussdebatte noch einmal ein: Er hat
eine Kette von Maßnahmen benannt, denen wir zustimmen können, soweit sie Arbeitslosenhilfe, Sozialhilfe
und Arbeitslosengeld betreffen. Er hat aber ebenso eine
Kette von Maßnahmen genannt, die Sie schon einkalkuliert haben, die aber nach dem, was man in den Parlamentsdebatten wahrnehmen konnte, noch nicht einmal
mit Sicherheit in den Reih en der Koalitionsfraktionen
ungeteilte Zustimmung finden. Die Gesetzentwürfe liegen uns überhaupt noch nicht vor.
Wir könnten in Kernpunkten eine Beschäftigungsdynamik entfalten. Einer der zentralen Punkte ist dabei die
Öffnung von T arifverträgen; dort gibt es überhaupt
keine Bewegung.
Die Erklärung des Kommissionsvorsitzenden Rürup,
dass eine zweite Rentenreform notwendig sei, erinnert
mich daran, dass meine Frak tion dies schon im Zusammenhang mit der ersten Rentenreform von Herrn Riester
vorgetragen hat. Rürup bestätigt uns in allen Punkten:
Die Lebenserwartung ist zu gering angesetzt, alle Angaben über Arbeitslosigkeit sind eher geschönt als realistisch betrachtet. Nun stehen wir wieder vor dieser Aufgabe.
({8})
Der Bundeskanzler hat das nicht in ausreichendem Maße
angesprochen.
Zum zweiten großen Sicherungssystem, der Gesundheitspolitik, ist bis heute keine einzige konkrete Aussage der Bundesregierung vernehmbar. Sie sind zu einer
Diskussion darüber eigentlich gar nicht in der Lage. Sie
können lediglich außerhalb dieses Saales runde T ische
einrichten. Aber Sie können hier keine Antwort auf die
Frage geben, wie Sie diesen Wachstumsmarkt so neu
ordnen wollen, dass er wettbewerbsfähig wird und Dynamik auslöst. Damit haben Sie in einem Kernbereich
der Solidarität kein modernes, zeitgemäßes sozialdemokratisches Konzept.
({9})
- Herr T auss, viele schreibe n, Sie stünden vor einem
zweiten Godesberg. Das wollen wir einmal abwarten.
Sie werden nicht darum herumkommen, weil die Realität
Sie dazu zwingt.
({10})
Sie geben in den Kernbereichen keine klare Antwort.
Wir alle sind vor die Frage gestellt, ob Schwerpunkt unserer Politik bezüglich der sozialen Sicherungssysteme
der alte Kampf über die Verteilung der Kosten für die soziale Begleitung von Arbeitsl osigkeit sein soll oder ob
wir die Courage und den Mut haben, Maßnahmen zu ergreifen, um die größte soziale Sicherheit wieder zu erhalten, und zwar durch die St ärkung der Wachstumskräfte
und somit durch die Schaf fung von Arbeitsplätzen. Darauf kommt es an. Die polit ischen Begleitmaßnahmen,
die bisher in den Haushaltsberatungen vor getragen worden sind, reichen nicht aus.
({11})
Ich sage das deshalb, weil es auch einem Oppositionspolitiker nicht gleichgültig ist, welche Zukunftschancen ein Land hat, in dem andere regieren. Wir haben ein
massives Interesse daran, dass die Bundesrepublik
Deutschland, eine der chance nreichsten Volkswirtschaften dieser Welt, wieder auf die Füße kommt. W ir haben
aber, insbesondere angesichts der weltpolitischen Situation, allergrößte Zweifel, ob Deutschland mit den Haushaltsdaten, die selbst vom Finanzminister in Zweifel gezogen werden müssen, und mit der Mentalität bei den
politischen Entscheidungsprozessen - es dauert quälend
lange, bis man in der Koa lition die W irklichkeit zur
Kenntnis nimmt - wirklich wieder reaktiviert werden
kann. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass die kritischen Auseinandersetzungen hier so stattfinden, als
wolle man Deutschland schlec htreden, wie es in den
Mehrheitsfraktionen heißt.
Uns geht es um eine bessere Politik für Deutschland.
({12})
Wer dies will, kann dem Haushalt nicht zustimmen. Wer
dies will, muss sich schon jetzt darauf einstellen, dass
wir sobald wie möglich über Nachtragshaushalte reden
müssen. Wer dies will, muss wissen: Es darf kein T ag
mehr vergehen, ohne dass auch unangenehme politische
Entscheidungen getroffen werden.
Wenn Sie das bei Ihren V orlagen berücksichtigen,
werden wir sie gern im Haushaltsausschuss beraten. Wir
sind auch bereit, Konzepte n zuzustimmen, die wir seit
einem Jahrzehnt vorschlagen. Sparen Sie sich den AusDr. Wolfgang Gerhardt
druck Neoliberalismus! W enn die Bundesrepublik
Deutschland wieder auf die Beine kommen soll, werden
Sie das beschließen müssen, was wir seit einem Jahrzehnt vorschlagen.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
({13})
Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Anja Hajduk.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Herr Gerhardt, leider büxen Sie bei einer entscheidenden
Frage aus.
({0})
- Bezüglich des Haushaltsausschusses muss man zur
Richtigstellung sagen: Sie können getrost kommen, Herr
Gerhardt; denn Herr Poß ist kein Mitglied dieses Ausschusses. Aber wenn Herr Poß Mitglied wäre, wäre das
auch interessant.
({1})
Es ist unstreitig, dass dieser Haushalt nicht nur in einer
ganz schwierigen Zeit, sondern auch an einem ganz traurigen Tag abschließend beraten wird. In den letzten T agen habe ich vonseiten der Opposition den Vorwurf gehört, er sei auf Sand geba ut und er sei gar nicht
verlässlich. Ich möchte Sie fragen: Was ist eigentlich der
Kern Ihres Vorwurfs? Zugegebenermaßen besteht aufgrund der äußeren Rahmenbe dingungen eine besondere
Prognoseunsicherheit.
({2})
Es gibt hinsichtlich der Voraussagen, welches Wachstum
wir erwarten können, eine gewisse Marge. Manche gehen von einem W achstum von 0,4 Prozent aus, andere
von einem Wachstum in Höhe von 0,9 Prozent. Wir haben 1 Prozent angesetzt. Diese Zahl kann man natürlich
kritisieren, aber dass Prognosen zugrunde gelegt werden,
dürfte unstreitig sein.
({3})
Ich muss Sie fragen, wie Ihr Vorwurf genau lautet.
Wir können es uns doch nicht aussuchen, in welcher Zeit
wir leben. Da wir in einer so unsicheren Zeit leben, müssen wir überlegen, welche Konsequenzen sich für uns ergeben.
({4})
- Ich will auf Ihren Zuruf eingehen. Ich frage mich, was
Sie damit meinen, Risiken wü rden nicht einkalkuliert.
Wenn ich mir überlege, welche Konsequenzen wir in einer so unsicheren Zeit hinsichtlich des Haushaltes ziehen
müssen, fällt mir nur eine Antwort ein: Wir müssen endlich Reformen umsetzen und dürfen keine neuen Schulden machen.
({5})
Sie dagegen kritisieren selbst vor dem Hinter grund
der schwierigen Rahmenbedingungen, dass wir dem
Haushalt der Bundesanstalt für Arbeit einen Deckel
auflegen. Das kann ich nicht nachvollziehen; denn das
bedeutet, dass Sie Reformdruck wegnehmen. So kommen wir bei den Aufgaben, die im Bereich des Arbeitsmarktes anstehen, nicht weiter. Deshalb können wir Ihre
Vorschläge nicht annehmen. Gleichwohl muss ich zugeben, dass wir mit dem ehr geizigen Ziel, der Bundesanstalt keine Zuschüsse mehr zu gewähren, ein gewisses
Risiko eingehen.
Wenn Sie die Zeitungen lesen - das tun Sie; da bin ich
mir sicher -, dann können Si e in den Kommentaren lesen, es sei wichtig, bei der seit langer Zeit unveränderten
Anstalt von politischer Seite her Reformdruck zu erzeugen. Das unterstützt uns da rin, dass es richtig war ,
dass wir uns dieses ehr geizige Ziel gesetzt haben und
dass wir es auch beibehalten. Sie dagegen empfehlen uns
eine Erhöhung der konsumtiven Ausgaben, was Sie
sonst immer geißeln.
({6})
Ich finde es nicht richtig - auch das muss ich hier ansprechen -, dass Sie sich in ein Loch fallen lassen und
nur auf pessimistische Prognos en hören. Das kann man
auch so auffassen, dass Sie hierin Schutz suchen. Wichtiger ist, auch in einer Kris e die Chance zur Veränderung
zu nutzen. Dazu gehört Mut. Ich hätte es besser gefunden, Sie hätten uns mit mutig en Vorschlägen überrollt,
anstatt uns nur davor zu warnen, die Verwirklichung von
ehrgeizigen Zielen anzugehen.
({7})
Es ist sicherlich unstreitig, dass Deutschland kein Land
ist, dem man nachsagen kann, wir seien bei unseren Reformen flott vorangekommen. Im Gegenteil: Man sagt
uns, wir müssten bei unseren Reformen schneller und
besser werden.
Herr Austermann, ich habe mich gewundert und mit
einem gewissen Befremden zur Kenntnis genommen,
welche ausführliche Wunschliste Sie am Dienstag zu Beginn unserer abschließenden Beratungen vorgetragen haben. Sie sind doch sonst jemand, der für eine Konsolidierung des Haushalts eintritt und dafür argumentiert, doch
nun haben auch Sie einen ganzen Strauß an Investitionswünschen vorgetragen, die Sie gerne in den Bereichen
Verkehr, Städtebau sowie Bildung und Forschung erfüllt
sähen.
Gegen solche Investitionen haben wir im Kern nichts
einzuwenden. Aber wenn ich die Vielzahl Ihrer Investitionswünsche sehe - darübe r hinaus nenne ich den
Wunsch, die Gelder für das Nationale Raumfahrtprogramm, die Werften und die diversen Gemeinschaftsaufgaben zu erhöhen -, dann muss ich feststellen, dass Sie
keine soliden Finanzierungsvorschläge haben. Das passt
also nicht zusammen. Es muss eine Beschränkung her .
Wenn Sie seriöse Finanzierungsvorschläge gemacht hätten, würde ich das anerkennen . Da Sie solche nicht vorlegen konnten, kann ich nicht verstehen, dass Sie für
eine solche Ausweitung plädieren.
({8})
Ich möchte auf ein andere s Thema eingehen, das mir
sehr wichtig ist, nämlich auf den europäischen Stabilitätspakt. Ich muss zugeben, dass mir die öf fentliche
Debatte hierzu nicht gefällt und dass ich die Kommentare hierzu kritisch sehe. Ich bin froh darüber , dass Herr
Clement heute Morgen deutlich gemacht hat, dass dieser
Pakt nicht infrage gestellt wird und dass die Regeln
auch weiterhin gelten werden. Innerhalb des Paktes gibt
es durchaus Spielräume - da s ist unstreitig -, um auf
spezifische Situationen wi e zum Beispiel den Krieg,
dessen ökonomische Folgen nicht absehbar sind, reagieren zu können. Ich möchte der Regierung ganz deutlich
sagen: Ich halte die Regeln des europäischen Stabilitätspaktes für sinnvoll.
({9})
Ich hoffe, dass in dem Rahmen der Gespräche auf europäischer Ebene die deutsche Regierung ihren Beitrag
dazu leisten wird, dass diese Regeln auch weiterhin ernst
genommen werden. Ich glaube, nicht ohne Grund hat die
deutsche Regierung damals unter Herrn W aigel diesen
Pakt mitformuliert.
({10})
Das habe ich auch deswegen ausgeführt, weil gerne
der Vorwurf gemacht wird, man müsse die wirtschaftspolitischen Notwendigkeiten sehen. Dessen bin ich mir
bewusst. Ich bin überzeugt, dass Finanzpolitik und Wirtschaftspolitik sinnvoll inei nander greifen müssen. Ich
möchte darauf verweisen - die griechische Präsidentschaft legt das in ihrem Papier zum W ochenende dar -,
dass eine prozyklische Finanzpolitik vermieden werden
muss. Das ist in der wirtscha ftsschwachen Situation, in
der wir uns befinden, sicher lich richtig. Deshalb wollen
wir die automatischen Stabilisatoren wirken lassen.
({11})
Ich denke, wenn das W achstum bei uns auf unter
1 Prozent fällt, wird die EU von uns nicht verlangen, die
automatischen Stabilisatoren nicht wirken zu lassen.
Aufgrund dieser EU-Regelung besteht also nicht die Gefahr, in eine prozyklische Finanzpolitik zu verfallen.
Deswegen stelle ich mich ausdrücklich hinter diesen
Pakt.
Es könnte passieren - das muss ganz klar sein -, dass
wir mit unserem Haushalt am Ende nicht so dastehen,
wie wir es heute geplant haben; das hat Herr Eichel
schon gesagt. Ich finde es eh rlich und richtig, zuzugeben, dass in unsicheren Zeit en Unsicherheiten bestehen.
Das bedeutet nicht fehlende politische Qualität. Man
sollte keine falschen Prognosen abgeben und trotzdem
handlungsfähig bleiben.
Trotz der Gefahr, dass wir in der zweiten Hälfte des
Jahres vielleicht kein W achstum und keinen Aufbruch
erreichen können - das möch te ich deutlich sagen -,
werden wir jetzt Ausgaben- und Aufgabenr eformen
angehen; eine mangelnde Reformbereitschaft wird nicht
hingenommen. Schwierige wirtschaftliche Umstände
werden nicht als Ausrede zugelassen.
({12})
Ich sage das auch vor dem Hintergrund des europäischen
Stabilitätspakts, weil ich davon überzeugt bin, dass wir
mit Blick auf unsere konsumtiven Ausgaben mehr Disziplin in Deutschland brauchen, um mehr Freiräume für
die wirklichen Zukunftsaufgaben zu erhalten.
({13})
Wir müssen für den Bereich Bildung und Forschung
und - ich glaube, das ist un s heute sehr deutlich geworden - für internationale Aufgaben Freiräume erstreiten.
Dafür müssen wir alle diese Disziplin einhalten. Das gilt
auch für die Regierungskoali tion und nicht nur für die
Opposition.
({14})
Ich komme zum Schluss: Auf unserer Agenda stehen
große Veränderungen. Wir haben ein ganz konkretes politisches Zeitfenster, innerhalb dessen wir mit unseren
Reformen gemeinsam vorankommen wollen. Es ist klar,
dass wir in vielen Bereic hen gemeinsam voranschreiten
und auch Sie überzeugen mü ssen. Ich sage das nicht,
weil ich denke, dass Reformen zum W ohle unserer rotgrünen Regierung sind. Ich glaube, wir brauchen diese
Reformen zum Wohle der Menschen in unserem Land,
und zwar besonders derer, die Arbeit suchen.
Ich möchte noch einmal deutlich sagen, dass auch die
Opposition hier Verantwortung zu tragen hat. Deswegen
habe ich vorhin darauf verw iesen, dass Sie nicht e inerseits sagen können, dass wir manches richtig machen
- die Richtung ist also nicht falsch -, und andererseits
- das sage ich als Grüne - ma nche Bereiche quasi unter
Naturschutz stellen können.
({15})
Es macht keinen Sinn, sich im Gesundheitsbereich - ich
denke an bestimmte Lobbyisten der Apotheker - und im
Mittelstand - ich denke an V eränderungen in der Handwerksordnung - stur zu stel len. Sie müssen mithelfen,
hier Verkrustungen aufzubrechen. Daran werden wir Ihre
Reformbereitschaft messen.
({16})
Ich sagte schon, dass zu einer wachstumsfördernden
Wirtschaftspolitik eine gute Finanzpolitik gehört. Nur
wenn wir Ausgabendisziplin walten lassen, werden wir
in der Lage sein, die Zukunftsaufgaben zu meistern. In
einer Zeit, in der eine starke ökonomische V erunsicherung herrscht, muss die Po litik Führung beweisen. Dies
werden wir tun. W ir wären froh, wenn die Opposition
unseren Weg mitgehen würde. Hierdurch könnte sie Verantwortung zeigen. Das wäre zum W ohle der gesamten
Entwicklung in unserem Land und das ist notwendig.
Vielen Dank.
({17})
Ich erteile das W ort dem Kollegen Bartholomäus
Kalb, CDU/CSU-Fraktion.
({0})
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Wir sind heute nicht so zum Streiten aufgelegt,
wie es vielleicht üblich und notwendig wäre. Aber ich
muss Ihnen widersprechen, Herr Müntefering. Sie haben
gestern in einer Kurzintervention ausgeführt, dass Sozialdemokraten nie einem Krieg zugestimmt haben. Das ist
objektiv falsch. Ich erinne re an den Kosovo-Krieg, an
dem Deutschland beteiligt war.
({0})
Wir alle haben ihn gemeinsam mitzuverantworten.
Außerdem haben Sie gestern wieder versucht, der
Union den Stempel der Krie gswilligen aufzudrücken.
Auch das ist nicht hinnehmbar. Uns ging es im Interesse
eines Erfolges der diplomatischen Bemühungen immer
darum, ein höchstmögliches Maß an Geschlossenheit innerhalb der UNO, der NA TO und der Europäischen
Union herzustellen.
({1})
Nach diesem bitteren Krieg müssen sich alle gemeinsam
darum bemühen, die entstandenen tiefen Gräben in der
NATO, der UNO und der Europäischen Union wieder
zuzuschütten, sodass wieder gemeinsam gearbeitet werden kann.
Der Bundeskanzler hat immer gesagt, es werde keine
irgendwie geartete Beteiligung Deutschlands am Irakkonflikt geben. In W irklichkeit leistet Deutschland umfangreiche Unterstützung. Wir kritisieren das nicht. Aber
Tatsache ist: Wir haben mehr Aufgaben und Verantwortung in Afghanistan übernommen. W ir haben die Überwachung der amerikanischen Einrichtungen und Kasernen in Deutschland überno mmen und verstärkt. W ir
haben ABC-Spürpanzer in Kuwait stehen. AWACS-Maschinen werden von Deutschen geflogen. Zudem gewähren wir den USA Überflugrechte. - So viel zur Wahrheit.
Mehr könnte Deutschland, selbst wenn es wollte und
sich die Regierung anders ge äußert hätte, objektiv nicht
leisten.
({2})
An die Kanzlerrede letzte Woche sind viele Erwartungen geknüpft worden; diese si nd aber wohl nicht erfüllt
worden. Es war wohl mehr eine Ruckel-Zuckel-Rede.
Zwar sind einzelne Maßnahmen angekündigt worden.
Aber warum sollten die Menschen und die gesellschaftlichen Gruppen bis hin zu den Gewerkschaften bereit sein,
Veränderungen mitzutragen, wenn ihnen nicht erklärt
wird, warum diese Veränderungen notwendig sind?
({3})
Sie hätten erstens sagen kö nnen, dass wir uns in einem internationalen Wettbewerb - Stichwort Globalisierung - befinden, der so stark is t wie nie zuvor . Es gibt
heute praktisch keine Grenzen mehr für Kapital, W aren,
Dienstleistungen und damit auch für Arbeit. Sie hätten
zweitens erwähnen können, da ss sich eine dramatische
Veränderung im Altersaufbau unserer Bevölkerung
vollzieht. In 20 Jahren wird mehr als ein Drittel unserer
gesamten Bevölkerung älter als 60 Jahre sein. In w enigen Jahren wird der Anteil der unter 20-Jährigen von
21 auf 17 Prozent zurückgehen. Viele sprechen in diesem Zusammenhang von einer besonderen Herausforderung für unsere Sozialsysteme. Das ist richtig. Aber das
ist nicht nur eine Aufgabe für unsere Sozialsysteme, sondern eine riesige Herausforderung für unsere V olkswirtschaft und deren Leistungsf ähigkeit und damit auch für
die Sicherung des Wohlstands in der Zukunft.
({4})
Diese Entwicklungen lassen sich an auch an den Aktienmärkten ablesen. Es kommt doch nicht von ungefähr ,
dass der deutsche Aktienmarkt sehr viel stärker gefallen ist als alle anderen Akti enmärkte in Europa und auf
der Welt. Die genannten Schw ierigkeiten gibt es natürlich auch anderswo. Aber nirgendwo ist eine solche Entwicklung eingetreten.
Wir müssen den Menschen deutlich machen, dass der
Staat und die öffentlichen Hände nur über das Geld verfügen, das sie vorher dem Bü rger über Steuern, Abgaben, Beiträge und Gebühren aus der Tasche gezogen haben.
({5})
Dabei geht es vor allen Dingen um Vertrauen. Nie gab es
einen so großen Verlust an Vertrauen und Glaubwürdigkeit wie zuzeiten von Gerhard Schröder und Hans
Eichel.
({6})
Wie sollen denn die W irtschaft und die Menschen
Vertrauen haben können, wenn ein Finanzminister wider
besseres Wissen bis zum September des ver gangenen
Jahres behauptet, der Haushalt sei zwar auf Kante genäht, aber man werde die Ec kwerte einhalten? Ebenso
wurde mit dem Hartz-Konzept ein ganzes Feuerwerk
an Maßnahmen versprochen: Die Zahl der Arbeitslosen
sollte auf 3,5 Millionen gesenkt oder sogar halbiert werden. Der Zug fährt heute aber mit 4,7 Millionen Arbeitslosen genau in die entgegengesetzte Richtung.
Ein paar Monate später präsentiert derselbe Finanzminister einen Nachtragshaushalt, für den er die Störung
des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts feststellen
lassen muss. Anstelle von 21,1 Milliarden Euro muss er
am Jahresende 32,7 Milliarden Euro - also 50 Prozent
mehr - Nettokreditaufnahme verbuchen. Die Einhaltung
der Maastricht-Kriterien ist besonders wichtig, aber
leider Gottes seit der Kanzlerrede in weite Ferne gerückt.
Die konjunkturelle Erholung ist nicht in Sicht. Das
IfW geht mittlerweile stat t des erwarteten W achstums
von 1 Prozent nur noch von einer Zunahme um
0,4 Prozent aus. Die Hälfte des W irtschaftswachstums
wird dabei durch den Außenbe itrag geleistet. Bundeskanzler Schröder hat sich, um auf den Maastricht-V ertrag zurückzukommen, in seiner Rede am ver gangenen
Freitag vom Stabilitätspak t praktisch verabschiedet,
wenn er sagte, dass dieser Pakt nicht statisch interpretiert
werden dürfe. Er sagte weiter, dass er Raum für Reaktionen auf unvorhergesehene Ereignisse und Phasen wirtschaftlicher Schwäche lassen müsse. In Deutschland und
Europa seien wir in einer solchen Phase und diese Phasen dürften nicht durch eine prozyklische Politik ausgeglichen werden.
Abweichend von seinem Manuskript fügte er dann
hinzu:
Wir werden diese Möglichkeiten zusammen mit unseren Partnern offensiv nutzen.
Die schlechte wirtschaftliche Lage wird dabei durch Ihre
ständigen Diskussionen über Steuer- und Abgabenerhöhungen verschärft. Gabriel hat Recht, wenn er in der
„Passauer Neuen Presse“ vom 10. März 2003 zitiert
wird:
Man kann nicht in Zeiten der Krise die Ener gien
teurer machen, die Eige nheimzulage streichen und
48 einzelne Steuererhöhungen bereithalten, die die
wirtschaftliche Verunsicherung wachsen lassen.
Schröder hat selbst am 26. Juli gesagt: Steuererhöhungen sind in der jetzigen konjunkturellen Situation ökonomisch unsinnig und desweg en ziehen wir sie nicht in
Betracht.
({7})
Dann kam das größte Steuererhöhungsprogramm in der
Nachkriegsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland.
({8})
Es ist bei Steuern und Ab gaben ein Ausmaß erreicht
worden, bei dem viele Arbe itgeber und Arbeitnehmer
nicht mehr mitmachen könn en und nicht mehr mitmachen wollen. Das haben die Wähler in Hessen, in Niedersachsen und Schleswig-Holstein zum Ausdruck gebracht. Theo Waigel hat Recht, wenn er schreibt: Heute
rächt sich, dass Rot-Grün de n Ernst der Lage nicht verstanden hat und Deutschlands Wirtschaft zu einem Sanierungsfall werden ließ. Hätte Hans Eichel, so Theo
Waigel, 1997 im Bundesrat an der Seite von Gerhard
Schröder das Petersberger Steuermodell nicht blockiert,
stünde Deutschland heute im W ettbewerb besser da.
Falsch sei auch die Rücknahme der neuen Rentenformel
und der Abbau der Selbstbeteiligungselemente in der
Gesundheitsreform. Dem ist nichts hinzuzufügen.
({9})
Sie kündigen jetzt ein milliardenschweres kommunales Kreditprogramm an. Die Kommunen brauchen aber
in der jetzigen Situation ke in Kreditprogramm, sondern
eine Verbesserung ihrer Einnahmen. Deshalb fordern wir
mit Nachdruck die Absenkung der Gewerbesteuerumlage.
({10})
Man kann den Gemeinden ni cht vorher das Geld wegnehmen und ihnen anschließend Kredite anbieten.
({11})
Der Bundeskanzler hat in Aussicht gestellt, den Gemeinden die Einzahlungen in den Fluthilfefonds zurückzugeben. Ich habe das seit W ochen gefordert. Wir begrüßen
diese Absicht und fordern Si e daher auf, unserem Entschließungsantrag auf Drucksache 15/640 anschließend
zuzustimmen.
Zum Abschluss darf ich namens der Haushaltsgruppe
der CDU/CSU-Fraktion, insbesondere im Namen des
Kollegen Austermann, dem Vorsitzenden des Haushaltsausschusses Manfred Carstens für seine ausgezeichnete
Führung und Sitzungsleitung danken, aber auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeite rn des Haushaltsausschusses, mit denen wir teilweise schon seit vielen Jahren sehr
gut zusammenarbeiten und die uns immer bestens unterstützen.
Ich danke auch den Kolleginnen und Kollegen insgesamt für die gute Zusammenarbeit, vor allen Dingen den
Sprechern, allen voran dem Sprecher der Regierungskoalition, Kollegen W alter Schöler, Kollegin Antje
Hermenau und dem Kollegen Jürgen Koppelin. Sie werden verstehen, dass ich al s CSU-Mann auch unserem
CDU/CSU-Sprecher Dietrich Austermann ganz herzlich
für seine Führung danke.
({12})
Ich möchte auch nicht die für den Haushalt zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bundesfinanzministerium und in den Fachressorts ver gessen. Die Zuarbeit und das Klima waren gute Voraussetzungen dafür,
auch strittige Fragen kultiviert zu beraten und einer Entscheidung zuzuführen, auch wenn wir im Er gebnis natürlich zu höchst unterschiedlichen Auf fassungen gekommen sind.
Ich danke Ihnen.
({13})
Das Wort hat der Bundesfinanzminister Hans Eichel.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Da es of fensichtlich der Nachmittag der Danksagungen ist, will auch ich meinen Beitrag leisten. Ich
sage ausdrücklich herzlichen Dank an den V orsitzenden
und alle Mitglieder des Haushaltsausschusses für die unbeschadet allen Streits sehr konstruktive und im Umgang
freundliche Art der Zusamme narbeit. Man ist dort ja
nicht in der Öffentlichkeit; es macht keinen Sinn, sich im
Ausschuss so zu traktieren, wie wir es leider gelegentlich
in der Öffentlichkeit tun. Da kann jeder vor seiner eigenen Tür kehren.
Ich möchte auch den Mita rbeiterinnen und Mitarbeitern des Sekretariats Dank sagen und bitte den Vorsitzenden, meinen Dank weiterzugeben. Ich freue mich, dass
die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundesfinanzministeriums, die übrigens länger als jeder Minister im
Hause sind - das ist bekannt -, ebenfalls von allen Seiten
des Hauses Anerkennung für ihre Arbeit finden. Das
freut mich als derzeitiger Ch ef dieses Hauses und ich
werde den Dank und die Anerkennung selbstverständlich weitergeben.
({0})
Wir befinden uns in der Tat in einer besonderen Situation. Diese wischt die unterschiedlichen Konzepte der
Parteien nicht beiseite, aber ich denke, sie bringt uns
dazu, ein wenig anders mit ihnen umzugehen. Ich will
als Finanzminister ein paar Betrachtungen über unsere
internationale Situation anstellen; denn - das will ich
festhalten, das hat tiefe hist orische Ursachen - Deutschland ist in Bezug auf die V erwendung seiner Finanzmittel international außerorden tlich stark engagiert, und
zwar in allen zivilen Bereichen, weniger in den militärischen. Das hat Gründe, die jeder nachvollziehen kann.
Bei den Japanern ist das übrigens nicht sehr viel anders.
Die Gründe für dieses Verhalten reichen bis zum Zweiten Weltkrieg und zu seinen Folgen zurück.
Deutschland steht bezüglich seiner Beiträge zu allen
internationalen Organisationen mustergültig da. W enn
sich alle so verhielten, hätten die internationalen Organisationen ein anderes Gewicht; denn an der Zahlungsmoral der Mitglieder lässt sich einiges darüber ablesen, welche Bedeutung man den internationalen Or ganisationen
zumisst.
({1})
Deutschland steht weltweit bei der Entwicklungshilfe
an dritter Stelle. Man kann natürlich sagen: Das reicht
nicht; wir sind vom 0,7-Prozent-Ziel noch sehr weit entfernt. - Aber andere Länder , die ökonomisch stärker
sind, sind noch weiter davon entfernt. Unter den Großen
dieser Erde haben wir jedenfalls unseren angemessenen
Platz.
Wenn Sie fragen, wie es mit der europäischen Einigung und mit der Entwickl ung Mittel- und Osteuropas
und mit Russland aussieht, mu ss ich sagen: Es gibt kein
Land, das in solch intensivem Maße die europäische Einigung, und zwar im W esten wie im Osten, finanziert
wie Deutschland. Ich denke, das ist eine angemessene
Antwort auf die Rolle, die wi r früher in Europa gespielt
haben. Das können wir mit Selbstbewusstsein sagen und
das sollten wir auch tun.
({2})
Ich stimme denjenigen nich t zu, die sagen, Deutschland habe an wirtschaftspolitischem Gewicht in der
Welt verloren; denn das Gegent eil ist richtig. Wir haben
- im Januar ist es wieder deutlich geworden - einen
Zuwachs beim Export von 6,7 Prozent. Wir sind die
drittgrößte Wirtschaftsnation der Erde und im Export Vizeweltmeister. Wenn Sie den Export der großen W irtschaftsnationen pro Kopf umrechnen, werden Sie sehen:
Wir Deutschen sind Weltmeister im Export - und das mit
wachsendem Anteil.
Man kann wirklich nicht sagen - das wäre eine völlig
falsche Diagnose und man wü rde dann völlig falsche
Konsequenzen ziehen -, dass die deutsche Wirtschaft am
Abgrund steht. Das Gegenteil ist der Fall. Die deutsche
Wirtschaft ist hoch wettbewerbsfähig und hat in den letzten zehn Jahren - ich sage au sdrücklich: in den letzten
zehn Jahren - an W ettbewerbsfähigkeit außerordentlich
hinzugewonnen. Das ist die Wahrheit zu Beginn des Jahres 2003.
({3})
Das Problem, vor dem wir stehen, ist eine ausgesprochene Schwäche bei der Binnenkonjunktur . Wir müssen
jedoch genauer hinschauen. Ich habe am Montag ein Gespräch mit dem Chef eines großen, weltweit tätigen amerikanischen Unternehmens geführt, der das sehr klar analysiert hat. Deutschland hat im Zusammenhang mit der
Wiedervereinigung enorme Verpflichtungen - ich sage
jetzt nicht: Lasten - auf sich genommen. Auch das müssen wir in die Analyse mit einbeziehen. Es geht mir
nicht, weil das immer wieder aufkommt, um einen Blick
zurück im Zorn - das hilft uns auch nicht weiter -, sondern darum, dass wir geme insam die richtige Zustandsanalyse erstellen.
Wir haben in den 90er -Jahren den Anteil der Staatsschuld am Bruttoinlandsprodukt um 20 Prozent gesteigert. Wir haben enorme Lasten den sozialen Sicherungssystemen aufgebürdet. Dies es Problem zu lösen stellt
eine Generationenaufgabe da r. Darin liegen die großen
Vorbelastungen. In diesem Hause wurde das übrigens
deutlich, als wir über den So lidarpakt II entschieden haben, der bis 2020 gilt und bis dahin die Infrastrukturlücke schließen soll, die zwischen den ostdeutschen und
den westdeutschen Ländern besteht. W ir schultern insofern eine Aufgabe, die kein anderes Land in diesem Umfang hat.
Da ich heute Abend wieder mit den europäischen
Kollegen zusammenkomme, lassen Sie mich in diesem
Zusammenhang noch eines anmerken: Bei allen Sor gen,
die uns die Arbeitslosigkeit be reitet: Sie ist in Deutschland niedriger als in Frankreich und Italien, in Ländern
also, die eine solche Aufgabe nicht zu schultern haben.
Das ändert zwar nichts an unsere Lage, aber wir müssen
uns einordnen, um festste llen zu können, was wir tatsächlich geleistet haben und wo wir stehen.
Zwar liegen in der T at große Herausforderungen vor
uns, aber wir dürfen sie nicht im Geist der Mutlosigkeit
angehen. Das haben wir auch nicht nötig, weil wir schon
so viel geleistet haben und über eine Ausgangsbasis verfügen, von der aus wir unsere Aufgaben wahrnehmen
können.
({4})
Der Haushalt 2003 ist außerordentlich anspruchsvoll.
Es trifft zwar zu, dass man nicht garantieren kann, ob er
am Ende so abgeschlossen werden kann. Das kann man
übrigens nie, aber die Unsi cherheiten sind dieses Jahr
größer als sonst während der letzten zehn Jahre. Das ist
aber nicht nur negativ zu beurteilen, wie die Wirtschaftsdaten - wenn man die derzeit bestehenden großen geopolitischen Probleme außer Acht lässt - gerade
im Frühjahr dieses Jahres zeigen: Der Ifo-Geschäftsklimaindex ist zum zweiten Mal in Folge stark angestiegen. Das gilt auch für den Index des ZEW, der im dritten
Jahr in Folge angestiegen ist. Faktoren wie Auftragseingang und Produktion weisen nach oben. Das heißt, wir
haben guten Grund, etwas optim istischer in die Zukunft
zu sehen. Aber es bestehen in der Tat große Unsicherheiten, die ich am Dienstag auch benannt habe.
Im wöchentlichen W echsel ändern sich die Stimmungslage und die Daten. Auf der Basis dieser wöchentlichen Veränderungen kann man keine Planung aufbauen. Deshalb bleibt es da bei, dass wir unsere Daten
mit dem Jahreswirtschaftsbericht sowie der Mai- und der
November-Steuerschätzung aufstellen. Dabei erkennen
wir ebenfalls, ob wir Korre kturen vornehmen müssen,
die dann auch erfolgen.
Gerade angesichts der best ehenden großen Unsicherheiten empfehle ich, kein e voreiligen V eränderungen
herbeizuführen. Denn niemand weiß wirklich, was der
Krieg im Irak bedeutet. Wir haben den IWF und die Europäische Kommission gebeten, das zu untersuchen.
Auch sie können, ausgehend von Annahmen über die
Dauer des Krieges, die Höhe des Ölpreises und mögliche
Versorgungsengpässe, nur ein entsprechendes Szenario
entwerfen. Was aber wirklich geschehen wird, weiß niemand. Deshalb rate ich dringend zur Ruhe.
Ich betone ausdrücklich: Die Tatsache, dass ein Krieg
ausgebrochen ist, ist kein V orwand dafür, unabhängig
davon bestehende Probleme auf dieses Ereignis zu beziehen.
({5})
Auch vor dem 1 1. September 2001 gab es eine Reihe
von wirtschaftlichen Problemen. V iele haben dann den
Ereignissen des 1 1. September die Schuld daran gegeben.
Auch ohne den Irakkrieg st ehen wir vor einer Reihe
großer Aufgaben, die wir bewältigen müssen. Die Strukturreformen, die der Bundes kanzler am Freitag benannt
hat, müssen durchgeführt werden. Sie werden eher noch
dringlicher, weil die Hera usforderungen größer geworden sind.
Deswegen muss auch die Haushalts- und Finanzpolitik in konsequenten Bahnen verlaufen. Ob dann auch die
Wirtschaft läuft, ist eine an dere Frage. Deswegen versichere ich der Kollegin Hajduk, dass es zwischen uns - das
gilt auch für die Regierung - darin keine Meinungsunterschiede gibt.
Aber eines haben manche ni cht erkannt. Lassen Sie
mich in diesem Zusammenhang die einzige kritische Bemerkung heute machen. Ich fi nde es in Ordnung, wenn
die Opposition erklärt, dass man in jedem Fall zum Stabilitäts- und Wachstumspakt stehe. Wenn Sie auch Ihre
Wahlprogramme im Hinblick darauf aufgestellt hätten,
ob sie zum Stabilitäts- und Wachstumspakt und zur
Finanzplanung passen, dann wären Sie heute glaubwürdiger. Das musste ich sagen, weil ich es ein bisschen leid
bin.
({6})
Der Stabilitätspakt - mein Eindruck ist, dass wir im
Augenblick in Europa weiter sind als in diesem Hause
- ist kein mechanistisches Gebilde - als solches würde
er scheitern -, sondern ein ökonomisches. Dabei spielt
natürlich genau das, was Sie, Herr Kalb, zu Recht angesprochen haben, eine Rolle, nämlich dass unsere Gesellschaft immer älter wird. Nur , verehrter Herr Kalb, ich
muss eine kritische Bemerkung machen: Daran, dass
Deutschland eine alternde Gesellschaft geworden ist - das
betrifft jetzt vor allen Dinge n Westdeutschland -, waren
Sie nicht ganz unbeteiligt; denn in Ihrer 16-jährigen Regierungszeit ist zu wenig für die Familien und für die
Chancengleichheit der Frau en getan worden. Andere
Länder waren in diesem Punkt besser. So sind die Skandinavier und die Franzosen von diesem Problem nicht in
gleichem Maße betroffen wie wir. Hier müssen wir etwas nachholen. Strukturreformen sind also dringend notwendig.
({7})
Wir brauchen alles, was hilft, um mehr Wachstum und
Beschäftigung zu erzielen. Nur in einem Punkt bleibt die
rot-grüne Koalition, insbesondere die Sozialdemokraten,
hart: Es wird zwar viele Zumutungen geben. Aber es
darf nicht alles einseitig bei den Arbeitslosen und den
Arbeitnehmern abgeladen werden. Zukunftssicherheit
brauchen nicht nur Betrie be, sondern auch die Menschen. Das sollten wir bitte nie vergessen.
({8})
- Zu diesem Punkt sage ic h Ihnen Folgendes: Die Finanzpolitik, insbesondere die Haushaltspolitik, muss den
Weg nicht nur für weitere Einsparungen und für den
Schuldenabbau - diesen sind wir gegangen -, sondern
auch für weitere Steuersenkungen in den Jahren 2004
und 2005 freimachen. Wir müssen deshalb auch die Subventionen abbauen. Verehrter Herr Kollege, es ist zwar
offenkundig leicht - das ze igen mir die Reaktionen in
diesem Land -, den Arbeitslosenhilfeempfängern Geld
wegzunehmen. Wenn es aber - ich sage das ganz zugespitzt - an die Dienstwagenbesitzer geht, geht gar nichts
mehr. Das ist unter verteilungspolitischen Gesichtspunkten nicht in Ordnung.
({9})
Übrigens, wissen Sie, dass es der Kollege Waigel war,
der die Dienstwagensteuer eingeführt hat? Als er das damals getan hat, ist nichts weiter passiert, außer dass es in
den Amtsstuben höherer Beamter - das habe ich als Ministerpräsident selber erlebt - eine ziemliche Aufregung
gegeben hat. W enn man das Ganze aber ökonomisch
sauber betrachtet, dann stellt man fest: W enn man Arbeitslosenhilfeempfängern Geld wegnimmt - das tun
wir, weil es nicht zu vermeiden ist -, dann ist das ökonomisch betrachtet kein anderer Vorgang, als wenn man einem Steuerpflichtigen mit einem höheren Einkommen
eine etwas höhere Steuerlast auferlegt. Es sind nur unterschiedliche Personengruppen.
({10})
Wir müssen aber aufpassen, dass die Zumutungen - das
gilt vor allem für die rechte Seite dieses Hauses - gerecht verteilt werden. Es darf nicht sein, dass diejenigen,
die große Besitzstände haben und unanständig hohe Abfindungen kassieren, andere n, die weit weniger haben,
predigen, den Gürtel enger zu schnallen. So können wir
die Zukunft nicht gewinnen.
({11})
Ich glaube nicht, dass Sie das anders sehen.
Lassen Sie mich zum Schluss sagen: Es stimmt zwar,
dass es unterschiedliche Mehrheiten in Bundestag und
Bundesrat gibt und dass di e Opposition keine Konzepte
- das ist Sache der Regierun g - im Bundestag vorlegen
muss. Aber im Bundesrat, in dem die Vertreter der Landesregierungen sitzen, haben Sie die gleiche Verantwortung. Die Länder sind finanzpolitisch autonom und müssen ebenfalls ihren Beitrag le isten. Die Länder und die
Kommunen - das haben sich die Länder ausbedungen sind schließlich zu 55 Prozent beteiligt, wenn es darum
geht, das für 2004 zulässige Defizit nicht zu überschreiten. Damit haben sie auch 55 Prozent der Verantwortung
dafür, dass wir unsere V erpflichtungen im Rahmen des
Europäischen Stabilitäts- u nd Wachstumpaktes einhalten. Das wird heute Abend das erste Mal sichtbar werden.
({12})
Ich hoffe, dass es unbeschadet des Streits über unterschiedliche parteipolitische Konzepte - sie sollen ja
nicht hintangestellt werden - und der Tatsache, dass wir
uns angesichts der untersch iedlichen Mehrheitsverhältnisse in Bundestag und Bundesrat zusammenraufen
müssen, eine gemeinsame Verantwortung gibt und dass
wir gerade unter dem Eindru ck der jetzigen Situation
den Willen aufbringen werden, vernünftige Kompromisse im Interesse des Landes zu erzielen.
Ich danke.
({13})
Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege
Jochen-Konrad Fromme, CDU/CSU-Fraktion.
({0})
Herr Präsident! Meine se hr verehrten Damen und
Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Aus Zeitgründen und wegen der besondere n Situation will ich mich
dem Dank anschließen.
Herr Eichel und Frau Hajduk, ich finde es unredlich
von Ihnen, über unsere Ford erungen zu sprechen, ohne
dabei unsere Einsparvorschläge zu berücksichtigen. Damit erwecken Sie den Eindruck von Unseriosität; dabei
sind Sie selbst unseriös. Wir haben entsprechende Einsparvorschläge gemacht; deswegen war unser V orgehen
in Ordnung.
({0})
Der Finanzminister hat eine Grundregel, die für jeden
Kassenwart und für jeden Kä mmerer gilt, verletzt: Einnahmen sind vorsichtig zu schätzen und Ausgaben sind
großzügig anzusetzen, damit man keinen Schiffbruch erleidet. Sie gehen genau umgekehrt vor: Die Einnahmen
werden zu hoch und die Ausgaben zu niedrig angesetzt.
Die Risiken berücksichtigen Sie gar nicht. Wundern Sie
sich nicht, wenn Ihre Rechnung am Ende nicht aufgeht!
({1})
Die Risiken gibt es nicht erst se it gestern. Das zu behaupten ist doch eine neue Ausrede. Seit Ende letzten
Jahres wissen wir von den Experten, dass die W achstumsraten anders als erwartet ausfallen und dass es Risiken gibt. Sie sagen: Man muss sich für ir gendetwas entscheiden, wenn man die Risiken bewertet. - Um eine
solche Entscheidung zu tref fen, gibt es doch Gremien,
Sachverständigengutachten und Ähnliches. Es ist falsch,
wie Sie den Finger in den W ind zu halten, um dann zu
dem Ergebnis zu kommen, das Sie gerade brauchen. Wir
lassen es nicht zu, dass Sie den Krieg als Ausrede benutzen. Mit dem Krieg sind zusätzliche Risiken verbunden.
Die anderen Risiken haben Sie auch nicht berücksichtigt.
({2})
Herr Eichel, Sie sind ein schlechter Kassenwart. Mit
der Umstellung auf das Ha lbeinkünfteverfahren haben
Sie die Auszahlung der Körperschaftsteuerguthaben
mutwillig losgetreten. Wir haben Sie davor gewarnt. Die
Unternehmen haben Ihnen aus guten Gründen sozusagen
einen zinslosen Kredit von 36 Milliarden Euro gegeben.
Das heißt, Sie haben jedes Jahr 2 bis 3 Milliarden Euro
für die Bezahlung von Zinsen gespart. Jetzt müssen Sie
die entsprechenden Guthaben auszahlen, weil Sie eine
falsche Politik gemacht habe n, und Sie wundern sich,
dass das möglich ist. Den Ka ssenwart eines Vereins, der
so etwas machen würde, würde man zum Teufel jagen.
({3})
Sie haben von den Kommunen gesprochen. Die
Kommunen liegen auch uns am Herzen. Aber was haben
Sie denn gemacht? Sie haben alle Risiken, alle Aufgaben
- Herr Schröder hat es in Niedersachsen vorexerziert den Kommunen zugeschoben und möglichst viel Geld
aus dem Finanzausgleich herausgeholt. Sie haben wie
niemand sonst einen Raubzug durch die kommunalen
Kassen gemacht und wundern sich jetzt über das Er gebnis. Das ist doch der Punkt.
({4})
Zuletzt haben Sie behauptet, die Kommunen verschuldeten sich zu hoch, deswegen kämen wir mit Brüssel in Schwierigkeiten und daher sollten doch die Kommunen die Strafe zahlen. Das ist doch wohl der Gipfel
der Unseriosität!
({5})
Herr Poß hat die Gemeindefinanzreform hier als
Wundertüte dargestellt und so getan, als wenn durch
diese Reform alle Probleme gelöst würden. Wenn das so
ist, dann frage ich mich, warum Sie mit dieser Reform
vier Jahre gewartet haben; schließlich haben Sie Ihre
Versprechungen schon vor vier Jahren gemacht. Außerdem haben Sie den Eindruck erweckt, dass durch diese
Reform Finanzprobleme gelöst werden, obwohl Sie
gleichzeitig gesagt haben: Zusätzliches Geld von Bund
und Ländern gibt es nicht. Da Sie den Kommunen keine
Aufgaben nehmen, bedeutet das, dass Sie die Steuern
und damit die Staatsquote erhöhen wollen. Das ist genau
der falsche Weg.
({6})
Diesen Weg gehen wir nicht mit.
Sie fordern uns auf, unsere Konzepte auf den Tisch zu
legen. Gestern haben Sie, auch Herr Müntefering, gesagt: Wir sorgen für die Modernisierung der Gewerbesteuer. Das heißt, Sie folgen dem Vorschlag des Städtetages oder dem des Landes No rdrhein-Westfalen. In der
„Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ habe ich ebenfalls
gestern gelesen, dass Herr Clement der Wirtschaft genau
das Gegenteil versprochen hat, nämlich das BDI-Modell.
Ich kann Ihnen nur sagen: Ma chen Sie erst einmal mit
der Kakophonie in Ihrem eigenen Laden Schluss und
machen Sie Vorschläge! Wenn das geschehen ist, dann
werden wir, die Opposition, Stellung nehmen.
Eines sage ich Ihnen schon jetzt: Bei gewinnunabhängigen Elementen werden wir nicht mitmachen, weil das
ordnungspolitisch der falsche W eg ist. Wir können bei
den Betrieben, denen keine Gewinne ins Haus stehen,
über Steuern doch nicht noch Liquidität abziehen. Damit
würden sie in ihren wirtschaftlichen Aktivitäten noch
mehr behindert. Das ist schlic ht und einfach der falsche
Weg.
({7})
Auch hier handeln Sie wied er nach dem alten Strickmuster: Kommission einsetzen, wenn es populär ist, und
irgendwann, bevor überhaupt die Kommission zu einem
Ende gekommen ist, sagt de r Kanzler: Wir machen das
so!
({8})
Andere wollen es dann ande rs machen. Daraufhin streiten Sie sich und es kommt nichts dabei heraus.
Erst einmal müssen die Zahlen auf dem T isch liegen.
Sie machen die Gemeindefinanzreform in einem Blindflug. Das kann es doch wohl nicht sein! Man muss die
Auswirkungen sehen. Erst dann kann man entscheiden.
Die besondere Situation Deutschlands hängt damit
zusammen, dass wir etwas anders gemacht haben als andere Länder. Warum sind die Franzosen, die Engländer ,
die Griechen und die Italiener mit den Ereignissen besser
fertig geworden? Auch sie haben die Auswirkungen des
11. September, der amerikanischen Wirtschaftsschwäche
und der Umstellung auf den Euro zu tragen.
Herr Eichel hat eben gesagt: Der Export boomt. - Das
kann durch Ihre Außenpolitik übrigens sehr gefährdet
werden. - Es liegt also an der Binnenschwäche. Die
Binnenschwäche haben Sie selb st verursacht. Wenn Sie
den Menschen über Ökosteuer , Tabaksteuer, Versicherungsteuer, Benzinsteuer und Stromsteuer das Geld wegnehmen, dann dürfen Sie sich doch nicht wundern, dass
die Menschen kein Geld mehr zum Ausgeben haben.
({9})
Wenn die Menschen kein Ge ld mehr zum Ausgeben haben, dann kaufen sie nichts. Wenn sie nichts kaufen, gibt
es keine Arbeit, weil nichts produziert werden muss.
Dann gibt es weniger Steuereinnahmen und mehr Sozialhilfeausgaben. Das ist die Spirale, die Sie in Gang gesetzt haben und die Sie stän dig weiter beschleunigen,
statt endlich für eine Richtungsumkehr in der W irtschaftspolitik zu sorgen.
({10})
Sie sagen den Kommune n: Ihr kriegt die
850 Millionen Euro aus dem Fluthilfefonds erlassen.
({11})
Im Haushaltsausschuss ist gesagt worden: W ir wollen
das nicht im Haushalt etatisieren. - Das kann doch nur
zwei Gründe haben: Entweder wollen Sie bei den Inves- C) D)
titionen türken - das zählt ja als Investition - oder Sie
wollen es den Kommunen in W ahrheit nicht geben.
Haushaltsrechtlich können Sie es gar nicht; denn es kann
keine außerplanmäßige Ausgabe mehr sein. W ir haben
es erörtert. Sie haben es ab gelehnt. Das ist Ihre Art von
Politik!
({12})
Sie suggerieren den Menschen und der EU, dass Sie
einen Sparhaushalt beschließen, machen aber genau das
Gegenteil. Sie verlagern in andere Kassen. Sie formulieren oben eine große Überschrift „Wir sparen“ oder „Wir
erfüllen die Maastricht-Kriterien“ und im Kleingedruckten schreiben Sie: Das geht aber nur, wenn, wenn, wenn. Dabei wissen Sie ganz genau, dass dieser Fall gar nicht
eintritt. Sie vertrauen dara uf, dass die Menschen das
Kleingedruckte nicht lesen, und so ist es ja wahrscheinlich auch.
Ich nenne das: tarnen, täuschen, verschleiern. Man
kann dafür auch andere Worte finden, die im Strafgesetzbuch stehen.
({13})
Das ist Ihre Art, Politik zu machen!
Die Menschen haben es begrif fen; denn sonst hätten
Sie die Ergebnisse von Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Hessen nicht kassieren müssen.
({14})
Sie haben davon gesprochen, wir hätten die Spenden.
Aber Sie haben die Quittung!
({15})
Wenn es in Deutschland wieder aufwärts gehen soll,
dann müssen wir zu einer redlichen Haushaltspolitik zurückkommen und wir müssen das Klima verbessern.
Wenn Sie nach V orschlägen fragen, dann antworte ich
Ihnen: Ein Vorschlag kostet überhaupt nichts, nämlich:
Rücktritt der Regierung. Das wäre das beste Konjunkturprogramm.
({16})
Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Schlussabstimmung über das Haushaltsgesetz 2003; das sind die Drucksachen 15/150,
15/402, 15/551 bis 15/571, 15/572, 15/573 ({0}), 15/574
und 15/704. Die Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/
Die Grünen verlangen name ntliche Abstimmung. Ich
bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. - Sind die Plätze an den
Abstimmungsurnen besetzt? - Das scheint so zu sein.
Dann eröffne ich die Abstimmung.
Ich weise darauf hin, dass nach dieser namentlichen
Abstimmung zwei weitere namentliche Abstimmungen
anstehen.
({1})
Wir kommen nun zum Antrag der FDP auf
Drucksache 15/711. Auch zu diesem Antrag ist eine namentliche Abstimmung beantragt.
Zu einer Erklärung nach § 31 unserer Geschäftsordnung zu ihrem Abstimmungsverhalten hat die Abgeordnete Pau um das W ort gebeten. Es wäre vielleicht ganz
schön, wenn die zwar nicht ungemütliche, aber der
Zweckbestimmung nicht ganz entsprechende Belagerung des Pultes aufgegeben würde, damit die Frau Kollegin Pau Gelegenheit hat, ihre Erklärung vorzutragen. Ich
bitte darum, auch das unmittelbare Umfeld des Rednerpultes ein bisschen freizuhalten.
Bitte schön, Frau Pau, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die
Abgeordnete Gesine Lötzsch und ich werden den Antrag
der FDP ablehnen,
({0})
obwohl wir der Auffassung sind: Solange AWACS-Flug-
zeuge mit deutscher Besatzung in der Krisenregion un-
terwegs sind und solange Bu ndeswehrsoldaten in der
Kriegsregion präsent sind, wird die Bundesrepublik in-
direkt an einem völkerrechtswidrigen Angrif fskrieg be-
teiligt.
Wir hätten mit Ja gestimmt, wenn Sie die Befassung
des Bundestages entsprechend dem Verfassungsgerichts-
urteil und der Gesetzeslage beantragt hätten. Wir müssen
1) Ergebnis Seite 2920 C
2) Ergebnis Seite 2922 D
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert
aber mit Nein stimmen, da wir nur in einer These Ihres
Antrages mit Ihnen übereinstimmen.
Wir meinen auch, dass sich der Bundestag mit diesem
Thema befassen muss. Sie wollen mitsprechen und - wie
ich Ihrem Antrag entnehme - zustimmen. W ir wollen
mitsprechen und dieses ab lehnen. Deshalb müssen wir
Ihren Antrag ebenfalls ablehnen.
Danke schön.
({1})
Bevor ich die dritte namentliche Abstimmung eröffne,
gebe ich Ihnen das von de n Schriftführerinnen und
Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen
Schlussabstimmung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung über den Bundeshaushalt für das Haushaltsjahr
2003 bekannt. Abgegebene Stimmen 583. Mit Ja haben
gestimmt 301, mit Nein haben gestimmt 282 Mitglieder
des Bundestages. Enthaltungen gab es keine. Damit ist
der Gesetzentwurf angenommen.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 583;
davon
ja: 301
nein: 282
Ja
SPD
Dr. Lale Akgün
Gerd Andres
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Sabine Bätzing
Ernst Bahr ({0})
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel ({1})
Klaus Barthel ({2})
Sören Bartol
Uwe Beckmeyer
Klaus Uwe Benneter
Dr. Axel Berg
Ute Berg
Hans-Werner Bertl
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding ({3})
Kurt Bodewig
Gerd Friedrich Bollmann
Willi Brase
Bernhard Brinkmann
({4})
Hans-Günter Bruckmann
Marco Bülow
Dr. Michael Bürsch
Hans Büttner ({5})
Edelgard Bulmahn
Ulla Burchardt
Hans Martin Bury
Marion Caspers-Merk
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Dr. Peter Wilhelm Danckert
Karl Diller
Martin Dörmann
Peter Dreßen
Detlef Dzembritzki
Sebastian Edathy
Siegmund Ehrmann
Marga Elser
Petra Ernstberger
Karin Evers-Meyer
Annette Faße
Elke Ferner
Gabriele Fograscher
Rainer Fornahl
Gabriele Frechen
Dagmar Freitag
Lilo Friedrich ({6})
Iris Gleicke
Günter Gloser
Uwe Göllner
Renate Gradistanac
Angelika Graf ({7})
Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Achim Großmann
Wolfgang Grotthaus
Karl-Hermann Haack
({8})
Hans-Joachim Hacker
Bettina Hagedorn
Klaus Hagemann
Alfred Hartenbach
Michael Hartmann
({9})
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Petra Heß
Monika Heubaum
Gabriele Hiller-Ohm
Stephan Hilsberg
Gerd Höfer
Jelena Hoffmann ({10})
Walter Hoffmann
({11})
Iris Hoffmann ({12})
Frank Hofmann ({13})
Eike Hovermann
Klaas Hübner
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Brunhilde Irber
Renate Jäger
Jann-Peter Janssen
Klaus-Werner Jonas
Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Dr. h.c. Susanne Kastner
Ulrich Kelber
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Hans-Ulrich Klose
Astrid Klug
Dr. Heinz Köhler
Fritz Rudolf Körper
Walter Kolbow
Karin Kortmann
Rolf Kramer
Anette Kramme
Ernst Kranz
Nicolette Kressl
Angelika Krüger-Leißner
Dr. Hans-Ulrich Krüger
Horst Kubatschka
Ernst Küchler
Helga Kühn-Mengel
Dr. Uwe Küster
Ute Kumpf
Christine Lambrecht
Christian Lange ({14})
Christine Lehder
Waltraud Lehn
Dr. Elke Leonhard
Eckhart Lewering
Gabriele Lösekrug-Möller
Götz-Peter Lohmann
Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dirk Manzewski
Tobias Marhold
Caren Marks
Christoph Matschie
Hilde Mattheis
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Petra-Evelyne Merkel
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Ursula Mogg
Michael Müller ({15})
Christian Müller ({16})
Dr. Rolf Mützenich
Gesine Multhaupt
Volker Neumann ({17})
Dr. Erika Ober
Holger Ortel
Heinrich Paula
Johannes Pflug
Dr. Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Karin Rehbock-Zureich
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Christel RiemannHanewinckel
Walter Riester
Reinhold Robbe
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Karin Roth ({18})
Michael Roth ({19})
Gerhard Rübenkönig
Ortwin Runde
Marlene Rupprecht
({20})
Thomas Sauer
Anton Schaaf
Axel Schäfer ({21})
Gudrun Schaich-Walch
Rudolf Scharping
Bernd Scheelen
Dr. Hermann Scheer
Siegfried Scheffler
Horst Schild
Otto Schily
Horst Schmidbauer
({22})
Ulla Schmidt ({23})
Dagmar Schmidt ({24})
Wilhelm Schmidt ({25})
Heinz Schmitt ({26})
Carsten Schneider
Walter Schöler
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Olaf Scholz
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert
Wilfried Schreck
Ottmar Schreiner
Gerhard Schröder
Gisela Schröter
Brigitte Schulte ({27})
Reinhard Schultz
({28})
Swen Schulz ({29})
Dr. Angelica Schwall-Düren
Dr. Martin Schwanholz
Rolf Schwanitz
Erika Simm
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie SonntagWolgast
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Ludwig Stiegler
Rolf Stöckel
Christoph Strässer
Rita Streb-Hesse
Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Jörg Tauss
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Franz Thönnes
Hans-Jürgen Uhl
Rüdiger Veit
Jörg Vogelsänger
Ute Vogt ({30})
Dr. Marlies Volkmer
Hans Georg Wagner
Hedi Wegener
Andreas Weigel
Reinhard Weis ({31})
Petra Weis
Matthias Weisheit
Gunter Weißgerber
({32})
Dr. Ernst Ulrich von
Weizsäcker
Jochen Welt
Dr. Rainer Wend
Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Margrit Wetzel
Andrea Wicklein
Jürgen Wieczorek ({33})
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dr. Dieter Wiefelspütz
Brigitte Wimmer ({34})
Engelbert Wistuba
Barbara Wittig
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Waltraud Wolff
({35})
Heidi Wright
Uta Zapf
Manfred Helmut Zöllmer
Dr. Christoph Zöpel
BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN
Kerstin Andreae
Marieluise Beck ({36})
Volker Beck ({37})
Cornelia Behm
Birgitt Bender
Matthias Berninger
Grietje Bettin
Alexander Bonde
Ekin Deligöz
Dr. Thea Dückert
Jutta Dümpe-Krüger
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Joseph Fischer ({38})
Katrin-Dagmar GöringEckardt
Winfried Hermann
Peter Hettlich
Ulrike Höfken
Thilo Hoppe
Michaele Hustedt
Renate Künast
Undine Kurth ({39})
Markus Kurth
Dr. Reinhard Loske
Anna Lührmann
Jerzy Montag
Kerstin Müller ({40})
Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Friedrich Ostendorff
Simone Probst
Claudia Roth ({41})
Krista Sager
Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Rezzo Schlauch
Albert Schmidt ({42})
Werner Schulz ({43})
Petra Selg
Ursula Sowa
Rainder Steenblock
Silke Stokar von Neuforn
Hans-Christian Ströbele
Jürgen Trittin
Marianne Tritz
Hubert Ulrich
Dr. Antje Vogel-Sperl
Dr. Ludger Volmer
Josef Philip Winkler
Margareta Wolf ({44})
Nein
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Dietrich Austermann
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Ernst-Reinhard Beck
({45})
Veronika Bellmann
Dr. Christoph Bergner
Otto Bernhardt
Dr. Rolf Bietmann
Clemens Binninger
Renate Blank
Peter Bleser
Antje Blumenthal
Dr. Maria Böhmer
Wolfgang Börnsen
({46})
Dr. Wolfgang Bötsch
Jochen Borchert
Wolfgang Bosbach
Klaus Brähmig
Dr. Ralf Brauksiepe
Helge Braun
Monika Brüning
Georg Brunnhuber
Hartmut Büttner
({47})
Verena Butalikakis
Cajus Caesar
Manfred Carstens ({48})
Peter H. Carstensen
({49})
Gitta Connemann
Leo Dautzenberg
Hubert Deittert
Albert Deß
Alexander Dobrindt
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Vera Dominke
Maria Eichhorn
Rainer Eppelmann
Anke Eymer ({50})
Georg Fahrenschon
Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Hartwig Fischer ({51})
Dirk Fischer ({52})
Axel E. Fischer ({53})
Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Dr. Hans-Peter Friedrich
({54})
Erich G. Fritz
Dr. Michael Fuchs
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Roland Gewalt
Eberhard Gienger
Georg Girisch
Michael Glos
Ralf Göbel
Dr. Reinhard Göhner
Tanja Gönner
Josef Göppel
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Kurt-Dieter Grill
Reinhard Grindel
Hermann Gröhe
Michael Grosse-Brömer
Markus Grübel
Manfred Grund
Karl-Theodor Freiherr von
und zu Guttenberg
Olav Gutting
Holger-Heinrich Haibach
Gerda Hasselfeldt
Klaus-Jürgen Hedrich
Helmut Heiderich
Ursula Heinen
Siegfried Helias
Uda Carmen Freia Heller
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann
Bernd Heynemann
Ernst Hinsken
Robert Hochbaum
Joachim Hörster
Klaus Hofbauer
Martin Hohmann
Hubert Hüppe
Susanne Jaffke
Dr. Peter Jahr
Dr. Egon Jüttner
Steffen Kampeter
Irmgard Karwatzki
Bernhard Kaster
Siegfried Kauder ({55})
Volker Kauder
Gerlinde Kaupa
Eckart von Klaeden
Jürgen Klimke
Julia Klöckner
Kristina Köhler
Norbert Königshofen
Manfred Kolbe
Hartmut Koschyk
Rudolf Kraus
Michael Kretschmer
Günther Krichbaum
Günter Krings
Dr. Martina Krogmann
Dr. Hermann Kues
Werner Kuhn ({56})
Dr. Karl A. Lamers
({57})
Barbara Lanzinger
Vera Lengsfeld
Werner Lensing
Peter Letzgus
Ursula Lietz
Walter Link ({58})
Eduard Lintner
Dr. Klaus W. Lippold
({59})
Patricia Lips
Dr. Michael Luther
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert
Dorothee Mantel
Erwin Marschewski
({60})
Stephan Mayer ({61})
Conny Mayer ({62})
Dr. Martin Mayer
({63})
Wolfgang Meckelburg
Dr. Michael Meister
Friedrich Merz
Laurenz Meyer ({64})
Doris Meyer ({65})
Maria Michalk
Hans Michelbach
Klaus Minkel
Marlene Mortler
Stefan Müller ({66})
Bernward Müller ({67})
Dr. Gerd Müller
Hildegard Müller
Bernd Neumann ({68})
Henry Nitzsche
Michaela Noll
Claudia Nolte
Günter Nooke
Dr. Georg Nüßlein
Franz Obermeier
Melanie Oßwald
Eduard Oswald
Rita Pawelski
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Daniela Raab
Thomas Rachel
Hans Raidel
Dr. Peter Ramsauer
Peter Rauen
Christa Reichard ({69})
Katherina Reiche
Hans-Peter Repnik
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Hannelore Roedel
Dr. Norbert Röttgen
Franz-Xaver Romer
Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Dr. Klaus Rose
Dr. Christian Ruck
Volker Rühe
Albert Rupprecht ({70})
Peter Rzepka
Anita Schäfer ({71})
Hartmut Schauerte
Andreas Scheuer
Norbert Schindler
Georg Schirmbeck
Bernd Schmidbauer
Christian Schmidt ({72})
Andreas Schmidt ({73})
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Ole Schröder
Bernhard Schulte-Drüggelte
Uwe Schummer
Wilhelm Josef Sebastian
Horst Seehofer
Kurt Segner
Matthias Sehling
Marion Seib
Heinz Seiffert
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Jens Spahn
Erika Steinbach
Christian von Stetten
Gero Storjohann
Andreas Storm
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Thomas Strobl ({74})
Michael Stübgen
Antje Tillmann
Edeltraut Töpfer
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Volkmar Uwe Vogel
Angelika Volquartz
Andrea Astrid Voßhoff
Gerhard Wächter
Marko Wanderwitz
Peter Weiß ({75})
Gerald Weiß ({76})
Ingo Wellenreuther
Annette Widmann-Mauz
Klaus-Peter Willsch
Willy Wimmer ({77})
Werner Wittlich
Elke Wülfing
Wolfgang Zeitlmann
Wolfgang Zöller
FDP
Daniel Bahr ({78})
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
Otto Fricke
Horst Friedrich ({79})
Rainer Funke
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther ({80})
Dr. Karlheinz Guttmacher
Dr. Christel Happach-Kasan
Christoph Hartmann
({81})
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Birgit Homburger
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Ina Lenke
Sabine LeutheusserSchnarrenberger
Markus Löning
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto
({82})
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Dr. Andreas Pinkwart
Dr. Günter Rexrodt
Marita Sehn
Dr. Hermann Otto Solms
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Dieter Thomae
Jürgen Türk
Dr. Guido Westerwelle
Dr. Claudia Winterstein
Fraktionslose Abgeordnete
Petra Pau
CDU/CSU
Wir kommen zur dritten namentlichen Abstimmung.
Sind alle Urnen besetzt? - Das scheint der Fall zu sein. Dann
eröffne ich hiermit die dritte namentliche Abstimmung.
Gibt es ein anwesendes Mitglied des Bundestages,
das seine Stimmkarte noch nicht abgegeben hat? - Das
scheint nicht der Fall zu sein. Dann schließe ich die Ab-
stimmung.
Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit
der Auszählung zu beginnen . Das Er gebnis dieser na-
mentlichen Abstimmung gebe ich später bekannt.1)
1) Ergebnis Seite 2926 D
Ich kann inzwischen das von den Schriftführerinnen
und Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag der
Abgeordneten Kalb, Dr . Ramsauer, Dr. Meister, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU zur
dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes
2003 bekannt geben. Abgege bene Stimmen 578. Mit Ja
haben gestimmt 279, mit Nein haben gestimmt 299. Der
Entschließungsantrag ist damit abgelehnt.
Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen V ersammlungen des Europarates und der WEU, der Parlamentarischen Versammlung der NATO, der OSZE oder der IPU
Rauber, Helmut
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 578;
davon
ja: 279
nein: 299
Ja
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Dietrich Austermann
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Ernst-Reinhard Beck
({83})
Veronika Bellmann
Dr. Christoph Bergner
Otto Bernhardt
Dr. Rolf Bietmann
Clemens Binninger
Renate Blank
Peter Bleser
Antje Blumenthal
Dr. Maria Böhmer
Jochen Borchert
Wolfgang Börnsen
({84})
Dr. Wolfgang Bötsch
Wolfgang Bosbach
Klaus Brähmig
Dr. Ralf Brauksiepe
Helge Braun
Monika Brüning
Georg Brunnhuber
Hartmut Büttner
({85})
Verena Butalikakis
Cajus Caesar
Manfred Carstens ({86})
Peter H. Carstensen
({87})
Gitta Connemann
Leo Dautzenberg
Hubert Deittert
Albert Deß
Alexander Dobrindt
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Vera Dominke
Maria Eichhorn
Rainer Eppelmann
Anke Eymer ({88})
Georg Fahrenschon
Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Hartwig Fischer ({89})
Dirk Fischer ({90})
Axel E. Fischer ({91})
Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Dr. Hans-Peter Friedrich
({92})
Erich G. Fritz
Dr. Michael Fuchs
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Roland Gewalt
Georg Girisch
Michael Glos
Ralf Göbel
Dr. Reinhard Göhner
Tanja Gönner
Josef Göppel
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Kurt-Dieter Grill
Reinhard Grindel
Hermann Gröhe
Michael Grosse-Brömer
Markus Grübel
Manfred Grund
Karl-Theodor Freiherr von
und zu Guttenberg
Olav Gutting
Holger Haibach
Gerda Hasselfeldt
Klaus-Jürgen Hedrich
Helmut Heiderich
Ursula Heinen
Siegfried Helias
Uda Carmen Freia Heller
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann
Bernd Heynemann
Ernst Hinsken
Robert Hochbaum
Joachim Hörster
Klaus Hofbauer
Martin Hohmann
Hubert Hüppe
Susanne Jaffke
Dr. Peter Jahr
Dr. Egon Jüttner
Steffen Kampeter
Irmgard Karwatzki
Bernhard Kaster
Siegfried Kauder ({93})
Volker Kauder
Gerlinde Kaupa
Eckart von Klaeden
Jürgen Klimke
Julia Klöckner
Kristina Köhler
Norbert Königshofen
Manfred Kolbe
Hartmut Koschyk
Rudolf Kraus
Michael Kretschmer
Günther Krichbaum
Günter Krings
Dr. Martina Krogmann
Dr. Hermann Kues
Werner Kuhn ({94})
Dr. Karl A. Lamers
({95})
Barbara Lanzinger
Vera Lengsfeld
Werner Lensing
Peter Letzgus
Ursula Lietz
Walter Link ({96})
Eduard Lintner
Dr. Klaus W. Lippold
({97})
Patricia Lips
Dr. Michael Luther
Dorothee Mantel
Erwin Marschewski
({98})
Stephan Mayer ({99})
Conny Mayer ({100})
Dr. Martin Mayer
({101})
Wolfgang Meckelburg
Dr. Michael Meister
Friedrich Merz
Laurenz Meyer ({102})
Doris Meyer ({103})
Maria Michalk
Hans Michelbach
Klaus Minkel
Marlene Mortler
Stefan Müller ({104})
Bernward Müller ({105})
Dr. Gerd Müller
Hildegard Müller
Bernd Neumann ({106})
Henry Nitzsche
Michaela Noll
Claudia Nolte
Günter Nooke
Dr. Georg Nüßlein
Franz Obermeier
Melanie Oßwald
Eduard Oswald
Rita Pawelski
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Daniela Raab
Thomas Rachel
Hans Raidel
Dr. Peter Ramsauer
Peter Rauen
Christa Reichard ({107})
Katherina Reiche
Hans-Peter Repnik
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Hannelore Roedel
Dr. Norbert Röttgen
Franz-Xaver Romer
Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Dr. Klaus Rose
Dr. Christian Ruck
Volker Rühe
Albert Rupprecht ({108})
Peter Rzepka
Anita Schäfer ({109})
Hartmut Schauerte
Andreas Scheuer
Norbert Schindler
Georg Schirmbeck
Bernd Schmidbauer
Christian Schmidt ({110})
Andreas Schmidt ({111})
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Ole Schröder
Bernhard Schulte-Drüggelte
Uwe Schummer
Wilhelm Josef Sebastian
Horst Seehofer
Kurt Segner
Matthias Sehling
Marion Seib
Heinz Seiffert
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Jens Spahn
Erika Steinbach
Christian von Stetten
Gero Storjohann
Andreas Storm
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Thomas Strobl ({112})
Michael Stübgen
Antje Tillmann
Edeltraut Töpfer
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Volkmar Uwe Vogel
Angelika Volquartz
Andrea Astrid Voßhoff
Gerhard Wächter
Marko Wanderwitz
Peter Weiß ({113})
Gerald Weiß ({114})
Ingo Wellenreuther
Annette Widmann-Mauz
Klaus-Peter Willsch
Willy Wimmer ({115})
Werner Wittlich
Elke Wülfing
Wolfgang Zeitlmann
Wolfgang Zöller
FDP
Daniel Bahr ({116})
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
Otto Fricke
Horst Friedrich ({117})
Rainer Funke
Hans-Michael Goldmann
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert
Joachim Günther ({118})
Dr. Karlheinz Guttmacher
Dr. Christel Happach-Kasan
Christoph Hartmann
({119})
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Birgit Homburger
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Ina Lenke
Sabine LeutheusserSchnarrenberger
Markus Löning
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto
({120})
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Dr. Andreas Pinkwart
Dr. Günter Rexrodt
Marita Sehn
Dr. Hermann Otto Solms
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Dieter Thomae
Jürgen Türk
Dr. Guido Westerwelle
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Gersine Lötzsch
Nein
SPD
Dr. Lale Akgün
Gerd Andres
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Sabine Bätzing
Ernst Bahr ({121})
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel ({122})
Klaus Barthel ({123})
Sören Bartol
Uwe Beckmeyer
Klaus Uwe Benneter
Dr. Axel Berg
Ute Berg
Hans-Werner Bertl
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding ({124})
Kurt Bodewig
Gerd Friedrich Bollmann
Willi Brase
Bernhard Brinkmann
({125})
Hans-Günter Bruckmann
Marco Bülow
Dr. Michael Bürsch
Edelgard Bulmahn
Ulla Burchardt
Hans Martin Bury
Marion Caspers-Merk
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Dr. Peter Danckert
Karl Diller
Martin Dörmann
Peter Dreßen
Sebastian Edathy
Siegmund Ehrmann
Marga Elser
Petra Ernstberger
Karin Evers-Meyer
Annette Faße
Elke Ferner
Gabriele Fograscher
Rainer Fornahl
Gabriele Frechen
Dagmar Freitag
Lilo Friedrich ({126})
Iris Gleicke
Günter Gloser
Uwe Göllner
Renate Gradistanac
Angelika Graf ({127})
Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Achim Großmann
Wolfgang Grotthaus
Karl-Hermann Haack
({128})
Hans-Joachim Hacker
Bettina Hagedorn
Klaus Hagemann
Alfred Hartenbach
Michael Hartmann
({129})
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Petra Heß
Monika Heubaum
Gabriele Hiller-Ohm
Stephan Hilsberg
Gerd Höfer
Jelena Hoffmann ({130})
Walter Hoffmann
({131})
Iris Hoffmann ({132})
Frank Hofmann ({133})
Eike Hovermann
Klaas Hübner
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Brunhilde Irber
Renate Jäger
Jann-Peter Janssen
Klaus-Werner Jonas
Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Dr. h.c. Susanne Kastner
Ulrich Kelber
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Hans-Ulrich Klose
Astrid Klug
Dr. Heinz Köhler
Fritz Rudolf Körper
Walter Kolbow
Karin Kortmann
Rolf Kramer
Anette Kramme
Ernst Kranz
Nicolette Kressl
Angelika Krüger-Leißner
Dr. Hans-Ulrich Krüger
Horst Kubatschka
Ernst Küchler
Helga Kühn-Mengel
Dr. Uwe Küster
Ute Kumpf
Christine Lambrecht
Christian Lange ({134})
Christine Lehder
Waltraud Lehn
Dr. Elke Leonhard
Eckhart Lewering
Gabriele Lösekrug-Möller
Götz-Peter Lohmann
Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dirk Manzewski
Tobias Marhold
Caren Marks
Christoph Matschie
Hilde Mattheis
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Petra-Evelyne Merkel
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Ursula Mogg
Michael Müller ({135})
Christian Müller ({136})
Dr. Rolf Mützenich
Gesine Multhaupt
Volker Neumann ({137})
Dr. Erika Ober
Holger Ortel
Heinrich Paula
Johannes Pflug
Dr. Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Karin Rehbock-Zureich
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Christel RiemannHanewinckel
Walter Riester
Reinhold Robbe
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Karin Roth ({138})
Michael Roth ({139})
Gerhard Rübenkönig
Ortwin Runde
Marlene Rupprecht
({140})
Thomas Sauer
Anton Schaaf
Axel Schäfer ({141})
Gudrun Schaich-Walch
Rudolf Scharping
Bernd Scheelen
Dr. Hermann Scheer
Siegfried Scheffler
Horst Schild
Otto Schily
Horst Schmidbauer
({142})
Ulla Schmidt ({143})
Dagmar Schmidt ({144})
Wilhelm Schmidt ({145})
Heinz Schmitt ({146})
Carsten Schneider
Walter Schöler
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Olaf Scholz
Wilfried Schreck
Ottmar Schreiner
Gerhard Schröder
Gisela Schröter
Brigitte Schulte ({147})
Reinhard Schultz
({148})
Swen Schulz ({149})
Dr. Angelica Schwall-Düren
Dr. Martin Schwanholz
Rolf Schwanitz
Erika Simm
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie SonntagWolgast
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Ludwig Stiegler
Rolf Stöckel
Christoph Strässer
Rita Streb-Hesse
Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Jörg Tauss
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Franz Thönnes
Hans-Jürgen Uhl
Rüdiger Veit
Jörg Vogelsänger
Ute Vogt ({150})
Dr. Marlies Volkmer
Hans Georg Wagner
Hedi Wegener
Andreas Weigel
Reinhard Weis ({151})
Petra Weis
Matthias Weisheit
Gunter Weißgerber
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert
({152})
Dr. Ernst Ulrich von
Weizsäcker
Jochen Welt
Dr. Rainer Wend
Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Margrit Wetzel
Andrea Wicklein
Jürgen Wieczorek ({153})
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dr. Dieter Wiefelspütz
Brigitte Wimmer ({154})
Engelbert Wistuba
Barbara Wittig
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Waltraud Wolff
({155})
Heidi Wright
Uta Zapf
Manfred Helmut Zöllmer
Dr. Christoph Zöpel
BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN
Kerstin Andreae
Marieluise Beck ({156})
Volker Beck ({157})
Cornelia Behm
Birgitt Bender
Matthias Berninger
Grietje Bettin
Alexander Bonde
Ekin Deligöz
Dr. Thea Dückert
Jutta Dümpe-Krüger
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Joseph Fischer ({158})
Katrin Dagmar GöringEckardt
Winfried Hermann
Peter Hettlich
Ulrike Höfken
Thilo Hoppe
Michaele Hustedt
Renate Künast
Undine Kurth ({159})
Markus Kurth
Dr. Reinhard Loske
Anna Lührmann
Jerzy Montag
Kerstin Müller ({160})
Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Friedrich Ostendorff
Simone Probst
Claudia Roth ({161})
Krista Sager
Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Rezzo Schlauch
Albert Schmidt ({162})
Werner Schulz ({163})
Petra Selg
Ursula Sowa
Rainder Steenblock
Silke Stokar von Neuforn
Hans-Christian Ströbele
Jürgen Trittin
Marianne Tritz
Hubert Ulrich
Dr. Antje Vogel-Sperl
Dr. Ludger Volmer
Josef Philip Winkler
Margareta Wolf ({164})
Fraktionslose Abgeordnete
Petra Pau
CDU/CSU
Wir setzen die Abstimmungen fort. Ich rufe nun den
Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf
Drucksache 15/635 auf. W er stimmt für diesen Entschließungsantrag? - Wer stimmt dagegen? - W er enthält sich? - Der Entschließungsantrag ist abgelehnt.
Ich rufe den Entschließungs antrag der Fraktion der
CDU/CSU auf Drucksache 15/639 auf. Wer stimmt für
diesen Entschließungsantrag? - Wer stimmt dagegen? Enthaltungen? - Auch dieser Antrag ist abgelehnt.
Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf
Drucksache 15/671. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Entschließungsantrag ist mit gleicher Mehrheit abgelehnt.
Ich rufe den Entschließungs antrag der Fraktion der
FDP auf Drucksache 15/676 auf. Wer stimmt für diesen
Entschließungsantrag? - W er stimmt dagegen? - W er
enthält sich? - Der Entschließungsantrag ist ebenfalls
abgelehnt.
Das noch nicht vorliegende Er gebnis der letzten namentlichen Abstimmung werde ich später bekannt geben.
Ich schlage vor, dass wir in der Tagesordnung fortfahren, und rufe deshalb den Zusatzpunkt 3 unserer Tagesordnung auf:
- Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses ({165}) zu dem Antrag der Bundesregierung:
Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte
an dem EU-geführten Einsatz auf mazedonischem Territorium zur weiteren Stabilisierung
des Friedensprozesses und zum Schutz von Beobachtern internationaler Organisationen im
Rahmen der weiter en Implementierung des
politischen Rahmenabkommens vom 13. August 2001 auf der Grundlage des Ersuchens
des mazedonischen Präsidenten T rajkovski
vom 17. Januar 2003 und der Resolution 1371
({166}) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 26. September 2001
- Drucksachen 15/696, 15/709 Berichterstattung:
Abgeordnete Volker Rühe
Gert Weisskirchen ({167})
Dr. Friedbert Pflüger
Dr. Werner Hoyer
- Bericht des Haushaltsausschusses ({168}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
- Drucksache 15/710 Berichterstattung:
Abgeordnete Antje Hermenau
Herbert Frankenhauser
Jürgen Koppelin
Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitglied schaft in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates und der WEU, der Parlamentarischen Versammlung der NATO, der OSZE oder der IPU
Rauber, Helmut
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert
Interfraktionell ist vereinbart worden, dass von der
Frist für den Beginn der Beratung abgewichen werden
soll. Sind Sie damit einverstanden? - Ich stelle keinen
Widerspruch fest. Dann haben wir das so beschlossen.
Ich weise darauf hin, dass wir über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu diesem Tagesordnungspunkt später namentlich abstimmen werden.
Interfraktionell ist für die Aussprache eine Fünfminutenrunde vereinbart worden. - Auch dazu gibt es of fensichtlich keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Als ersten Redner erteile ich dem Kollegen Gert
Weisskirchen für die SPD-Fraktion das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Welch ein Gegensatz: Vorhin haben wir darüber debattiert, dass heute der erste T ag eines, wie wir fürchten,
durchaus schrecklichen Krieges ist. Militärische Gewalt
durchbricht jetzt im Irak ein politisches Handeln, mit
dem versucht wurde, ein T errorregime mit friedlichen
Mitteln abzurüsten. Jetzt debattieren wir darüber , wie es
gelungen ist und weiterhin gelingen wird, dass politisches Handeln militärisches Handeln durchbricht und
zugleich dafür sorgt, dass zivile Lösungswege in einem
Land beschritten werden, das am Rande eines Bür gerkrieges oder fast schon mitten in einem Bür gerkrieg
stand. Welch ein großer Gegensatz! Das ist genau die Alternative, vor der wir stehen: auf der einen Seite die militärische Option und auf der anderen Seite die zivile Option. Letztere wollen wir heute beschließen. Ein
besseres, klareres und überzeugenderes Beispiel dafür ,
wie wir Europäer unsere Probleme lösen, kann man
heute gar nicht finden.
({0})
Auch hier muss man noch einmal deutlich sagen, dass
wir dazu selbstverständlich auch die USA brauchen. Wir
brauchen sie, damit in Südosteuropa die Probleme wirklich gelöst werden. Wir wollen, dass die USA eine konstruktive Leistung in diesen Prozess einbringen. Am Anfang waren es die USA, die den Europäern, die
zerstritten und durcheinander gewesen sind, gesagt haben, dass auch militärische Gewalt eingesetzt werden
müsse. Wir haben uns dem im Kosovo und anderswo angeschlossen. Aber wir haben auch erkennen können,
dass nur dann, wenn multilateral zusammengearbeitet
wird, wenn also die USA dazu bereit sind, ihre starke
Machtposition einzubringen, wenn die Europäische
Union dazu bereit ist, ihre Kraft in den zivilen Aufbau zu
stecken, und wenn die UNO dazu bereit ist, die Federführung zu übernehmen, ein Modell entsteht, das künftig
besser geeignet ist, die Pr obleme zu lösen, als das M odell, das wir heute im Irak erleben.
({1})
Die Außenministerin von Mazedonien, Ilinka Mi treva,
hat mir zu dieser Debatte gerade ein T elegramm geschickt, in dem sie schreibt: Eine Zustimmung zum Antrag der Bundesregierung bedeutete, dass die Präsenz der
EU-Kräfte ein neues Kapitel ankündigt, indem die Europäische Union ein Mandat der NA TO übernehme und
endlich dafür sorge, dass ESVP, über das viel debattiert
wurde, endlich auch die militärische Kraft entwickelt,
die erforderlich ist, damit wi r in Europa unsere eigenen
Probleme selbstständig lösen können. Dies zeigt, dass in
Mazedonien erwartet und gewü nscht, ja, sogar verlangt
wird, dass wir heute diesen Beschluss fassen.
Ich wiederhole: W as wir heute gemeinsam verabschieden, ist das richtige Modell. Ich bin froh darüber ,
dass das gesamte Haus diesen Beschluss fassen wird.
Wir haben dabei gelernt - dies war in den beiden Koalitionsfraktionen durchaus schwierig -, dass wir auch bereit sein müssen, militärisc he Gewalt einzusetzen. Entscheidend dabei ist aber , Herr Gerhardt, dass die
militärische Gewalt als ein Faktor der Stabilisierung
von zivilen Prozessen einges etzt wird, nicht aber , um
zivile Prozesse zu durchbrechen, wie es gegenwärtig im
Irak geschieht.
({2})
Hieran zeigt sich deutlich, um welches Modell es uns
geht.
({3})
Es ist ein Qualitätssprung, die von der NA TO beschlossene Operation Allied Harmony jetzt von der Europäischen Union fortzusetzen. Die Bundesregierung hat seit
dem Gipfel in Köln dafür gesorgt, dass diese Chance eröffnet worden ist. Ich bin froh darüber , dass wir diese
Chance - die Europäische Union macht mit diesem Beschluss einen Qualitätssprung - jetzt auch nutzen .
({4})
Bevor ich dem nächsten Redner das W ort gebe, gebe
ich das von den Schriftführerinnen und Schriftführern
ermittelte Ergebnis der dritten namentlichen Abstimmung bekannt. Sie bezog sich auf den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr . Westerwelle, Brüderle,
Homburger und weiterer Abgeordneter sowie der Fraktion der FDP zur dritten Beratung des Haushaltsgesetzes 2003. Abgegebene Stimmen 583. Mit Ja
haben gestimmt 274, mit Nein haben gestimmt
303 Mitglieder des Bundestages, Enthaltungen 6. Der
Entschließungsantrag ist damit abgelehnt.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 583;
davon
ja: 274
nein: 303
enthalten: 6
Ja
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Dietrich Austermann
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Ernst-Reinhard Beck
({0})
Veronika Bellmann
Dr. Christoph Bergner
Otto Bernhardt
Dr. Rolf Bietmann
Clemens Binninger
Renate Blank
Peter Bleser
Antje Blumenthal
Dr. Maria Böhmer
Wolfgang Börnsen
({1})
Dr. Wolfgang Bötsch
Jochen Borchert
Wolfgang Bosbach
Klaus Brähmig
Dr. Ralf Brauksiepe
Helge Braun
Monika Brüning
Georg Brunnhuber
Hartmut Büttner
({2})
Verena Butalikakis
Cajus Caesar
Peter H. Carstensen
({3})
Gitta Connemann
Leo Dautzenberg
Hubert Deittert
Albert Deß
Alexander Dobrindt
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Vera Dominke
Maria Eichhorn
Rainer Eppelmann
Anke Eymer ({4})
Georg Fahrenschon
Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Hartwig Fischer ({5})
Dirk Fischer ({6})
Axel E. Fischer ({7})
Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Dr. Hans-Peter Friedrich
({8})
Erich G. Fritz
Dr. Michael Fuchs
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Roland Gewalt
Eberhard Gienger
Georg Girisch
Michael Glos
Ralf Göbel
Dr. Reinhard Göhner
Tanja Gönner
Josef Göppel
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Kurt-Dieter Grill
Reinhard Grindel
Hermann Gröhe
Michael Grosse-Brömer
Markus Grübel
Manfred Grund
Olav Gutting
Holger Haibach
Gerda Hasselfeldt
Helmut Heiderich
Ursula Heinen
Siegfried Helias
Uda Carmen Freia Heller
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann
Bernd Heynemann
Ernst Hinsken
Robert Hochbaum
Joachim Hörster
Klaus Hofbauer
Martin Hohmann
Hubert Hüppe
Susanne Jaffke
Dr. Peter Jahr
Steffen Kampeter
Irmgard Karwatzki
Bernhard Kaster
Siegfried Kauder ({9})
Volker Kauder
Gerlinde Kaupa
Eckart von Klaeden
Jürgen Klimke
Julia Klöckner
Kristina Köhler
Norbert Königshofen
Manfred Kolbe
Hartmut Koschyk
Rudolf Kraus
Michael Kretschmer
Günther Krichbaum
Günter Krings
Dr. Martina Krogmann
Dr. Hermann Kues
Werner Kuhn ({10})
Dr. Karl A. Lamers
({11})
Barbara Lanzinger
Vera Lengsfeld
Werner Lensing
Peter Letzgus
Ursula Lietz
Walter Link ({12})
Eduard Lintner
Dr. Klaus W. Lippold
({13})
Patricia Lips
Dr. Michael Luther
Dorothee Mantel
Erwin Marschewski
({14})
Stephan Mayer ({15})
Conny Mayer ({16})
Dr. Martin Mayer
({17})
Wolfgang Meckelburg
Dr. Michael Meister
Friedrich Merz
Laurenz Meyer ({18})
Doris Meyer ({19})
Maria Michalk
Hans Michelbach
Klaus Minkel
Marlene Mortler
Stefan Müller ({20})
Bernward Müller ({21})
Dr. Gerd Müller
Hildegard Müller
Bernd Neumann ({22})
Henry Nitzsche
Michaela Noll
Claudia Nolte
Günter Nooke
Dr. Georg Nüßlein
Franz Obermeier
Melanie Oßwald
Eduard Oswald
Rita Pawelski
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Daniela Raab
Thomas Rachel
Hans Raidel
Dr. Peter Ramsauer
Peter Rauen
Christa Reichard ({23})
Katherina Reiche
Hans-Peter Repnik
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Hannelore Roedel
Dr. Norbert Röttgen
Franz-Xaver Romer
Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Dr. Klaus Rose
Dr. Christian Ruck
Albert Rupprecht ({24})
Peter Rzepka
Anita Schäfer ({25})
Hartmut Schauerte
Andreas Scheuer
Norbert Schindler
Georg Schirmbeck
Bernd Schmidbauer
Christian Schmidt ({26})
Andreas Schmidt ({27})
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Ole Schröder
Bernhard Schulte-Drüggelte
Uwe Schummer
Wilhelm Josef Sebastian
Horst Seehofer
Kurt Segner
Matthias Sehling
Marion Seib
Heinz Seiffert
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Jens Spahn
Erika Steinbach
Christian von Stetten
Gero Storjohann
Andreas Storm
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Thomas Strobl ({28})
Michael Stübgen
Antje Tillmann
Edeltraut Töpfer
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Volkmar Uwe Vogel
Angelika Volquartz
Andrea Astrid Voßhoff
Gerhard Wächter
Marko Wanderwitz
Peter Weiß ({29})
Gerald Weiß ({30})
Ingo Wellenreuther
Annette Widmann-Mauz
Klaus-Peter Willsch
Willy Wimmer ({31})
Werner Wittlich
Elke Wülfing
Wolfgang Zeitlmann
Wolfgang Zöller
FDP
Daniel Bahr ({32})
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
Otto Fricke
Horst Friedrich ({33})
Rainer Funke
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther ({34})
Dr. Karlheinz Guttmacher
Dr. Christel Happach-Kasan
Christoph Hartmann
({35})
Klaus Haupt
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert
Ulrich Heinrich
Birgit Homburger
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Ina Lenke
Sabine LeutheusserSchnarrenberger
Markus Löning
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto
({36})
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Dr. Andreas Pinkwart
Dr. Günter Rexrodt
Marita Sehn
Dr. Hermann Otto Solms
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Dieter Thomae
Jürgen Türk
Dr. Guido Westerwelle
Dr. Claudia Winterstein
Nein
SPD
Dr. Lale Akgün
Gerd Andres
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Sabine Bätzing
Ernst Bahr ({37})
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel ({38})
Klaus Barthel ({39})
Sören Bartol
Uwe Beckmeyer
Klaus Uwe Benneter
Dr. Axel Berg
Ute Berg
Hans-Werner Bertl
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding ({40})
Kurt Bodewig
Gerd Friedrich Bollmann
Willi Brase
Bernhard Brinkmann
({41})
Hans-Günter Bruckmann
Marco Bülow
Dr. Michael Bürsch
Hans Büttner ({42})
Edelgard Bulmahn
Ulla Burchardt
Hans Martin Bury
Marion Caspers-Merk
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Dr. Peter Danckert
Karl Diller
Martin Dörmann
Peter Dreßen
Detlef Dzembritzki
Sebastian Edathy
Siegmund Ehrmann
Marga Elser
Petra Ernstberger
Karin Evers-Meyer
Annette Faße
Elke Ferner
Gabriele Fograscher
Rainer Fornahl
Gabriele Frechen
Dagmar Freitag
Lilo Friedrich ({43})
Iris Gleicke
Günter Gloser
Uwe Göllner
Renate Gradistanac
Angelika Graf ({44})
Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Achim Großmann
Wolfgang Grotthaus
Karl-Hermann Haack
({45})
Hans-Joachim Hacker
Bettina Hagedorn
Klaus Hagemann
Alfred Hartenbach
Michael Hartmann
({46})
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Petra Heß
Monika Heubaum
Gabriele Hiller-Ohm
Stephan Hilsberg
Gerd Höfer
Jelena Hoffmann ({47})
Walter Hoffmann
({48})
Iris Hoffmann ({49})
Frank Hofmann ({50})
Eike Hovermann
Klaas Hübner
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Brunhilde Irber
Renate Jäger
Jann-Peter Janssen
Klaus-Werner Jonas
Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Dr. h.c. Susanne Kastner
Ulrich Kelber
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Hans-Ulrich Klose
Astrid Klug
Dr. Heinz Köhler
Fritz Rudolf Körper
Walter Kolbow
Karin Kortmann
Rolf Kramer
Anette Kramme
Ernst Kranz
Nicolette Kressl
Angelika Krüger-Leißner
Dr. Hans-Ulrich Krüger
Horst Kubatschka
Ernst Küchler
Helga Kühn-Mengel
Dr. Uwe Küster
Ute Kumpf
Christine Lambrecht
Christian Lange ({51})
Christine Lehder
Waltraud Lehn
Dr. Elke Leonhard
Eckhart Lewering
Gabriele Lösekrug-Möller
Götz-Peter Lohmann
Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dirk Manzewski
Tobias Marhold
Caren Marks
Christoph Matschie
Hilde Mattheis
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Petra-Evelyne Merkel
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Ursula Mogg
Michael Müller ({52})
Christian Müller ({53})
Dr. Rolf Mützenich
Gesine Multhaupt
Volker Neumann ({54})
Dr. Erika Ober
Holger Ortel
Heinrich Paula
Johannes Pflug
Dr. Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Karin Rehbock-Zureich
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Christel RiemannHanewinckel
Walter Riester
Reinhold Robbe
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Karin Roth ({55})
Michael Roth ({56})
Gerhard Rübenkönig
Ortwin Runde
Marlene Rupprecht
({57})
Thomas Sauer
Anton Schaaf
Axel Schäfer ({58})
Gudrun Schaich-Walch
Rudolf Scharping
Bernd Scheelen
Dr. Hermann Scheer
Siegfried Scheffler
Horst Schild
Otto Schily
Horst Schmidbauer
({59})
Ulla Schmidt ({60})
Dagmar Schmidt ({61})
Wilhelm Schmidt ({62})
Heinz Schmitt ({63})
Carsten Schneider
Walter Schöler
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Olaf Scholz
Wilfried Schreck
Ottmar Schreiner
Gerhard Schröder
Gisela Schröter
Brigitte Schulte ({64})
Reinhard Schultz
({65})
Swen Schulz ({66})
Dr. Angelica Schwall-Düren
Dr. Martin Schwanholz
Rolf Schwanitz
Erika Simm
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie SonntagWolgast
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Ludwig Stiegler
Rolf Stöckel
Christoph Strässer
Rita Streb-Hesse
Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Jörg Tauss
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Franz Thönnes
Hans-Jürgen Uhl
Rüdiger Veit
Jörg Vogelsänger
Ute Vogt ({67})
Dr. Marlies Volkmer
Hans Georg Wagner
Hedi Wegener
Andreas Weigel
Reinhard Weis ({68})
Petra Weis
Matthias Weisheit
Gunter Weißgerber
({69})
Dr. Ernst Ulrich von
Weizsäcker
Jochen Welt
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert
Dr. Rainer Wend
Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Margrit Wetzel
Andrea Wicklein
Jürgen Wieczorek ({70})
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dr. Dieter Wiefelspütz
Brigitte Wimmer ({71})
Engelbert Wistuba
Barbara Wittig
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Waltraud Wolff
({72})
Heidi Wright
Uta Zapf
Manfred Helmut Zöllmer
Dr. Christoph Zöpel
BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN
Kerstin Andreae
Marieluise Beck ({73})
Volker Beck ({74})
Cornelia Behm
Birgitt Bender
Matthias Berninger
Grietje Bettin
Alexander Bonde
Ekin Deligöz
Dr. Thea Dückert
Jutta Dümpe-Krüger
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Joseph Fischer ({75})
Katrin Dagmar GöringEckardt
Winfried Hermann
Peter Hettlich
Ulrike Höfken
Thilo Hoppe
Michaele Hustedt
Renate Künast
Undine Kurth ({76})
Markus Kurth
Dr. Reinhard Loske
Anna Lührmann
Jerzy Montag
Kerstin Müller ({77})
Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Friedrich Ostendorff
Simone Probst
Claudia Roth ({78})
Krista Sager
Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Rezzo Schlauch
Albert Schmidt ({79})
Werner Schulz ({80})
Petra Selg
Ursula Sowa
Rainder Steenblock
Silke Stokar von Neuforn
Hans-Christian Ströbele
Jürgen Trittin
Marianne Tritz
Hubert Ulrich
Dr. Antje Vogel-Sperl
Dr. Ludger Volmer
Josef Philip Winkler
Margareta Wolf ({81})
Fraktionslose Abgeordnete
Petra Pau
Enthalten
CDU/CSU
Manfred Carstens ({82})
Karl-Theodor Freiherr von
und zu Guttenberg
Klaus-Jürgen Hedrich
Dr. Egon Jüttner
Ruprecht Polenz
Volker Rühe
CDU/CSU
Wir setzen die Debatte fort . Nächster Redner ist der
Kollege Freiherr von und zu Guttenber g, CDU/CSUFraktion.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Herr Kollege Weisskirchen, ich verstehe ja, dass
man der abreisewütigen Kollegenschar mit scharfem
Tonfall entgegentreten muss, damit sie zumindest zuhört. Insgesamt ist es aber doch ein erfreulicher Umstand, dass wir in den T agen, die wir gerade erleben
müssen, einen außen- und sicherheitspolitischen Themenkomplex behandeln, der uns grundsätzlich Einigkeit
abverlangt, sodass wir endlich einmal grundsätzlich und
in vernünftigem T onfall debattieren können. Dieses
Thema hier verlangt nicht de n Blick zurück im Zorn wie wir es in den letzten T agen erlebten und auch heute
noch im Laufe der Debatte erleben mussten -, sondern
vermag Perspektiven für Europa und für das gesamte
außen- und sicherheitspolitische Gefüge aufzuweisen.
({0})
Das Stichwort Mazedonien steht zum einen für diesen
Blick zurück im positiven Sinne, für ein Bündel von Erfolgen, die sich tatsächlich eingestellt haben. Es steht
aber auch und gerade für diese klare Zukunftsperspektive. Für den Blick zurück und für die Gegenwart zeichnen unter anderem unsere Soldaten verantwortlich. Man
kann ihnen an dieser Stelle nicht genug für ihre Arbeit
und für ihren Einsatz danken.
({1})
Nun beabsichtigt die Europäische Union, eine NATOMission zu übernehmen, die meines Erachtens wirklich
ein bedeutender Baustein in einer stets erneuerungsbedürftigen außen- und sicherheitspolitischen Architektur
ist, vor der wir stehen. Die Europäische Union demonstriert hierbei endlich Entschlossenheit, diese V erantwortung zu übernehmen.
Worum geht es? Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union in einem bestimmten, allerdings wesentlichen Bereich und an einem sehr neuralgischen Punkt.
Dies erfordert nicht nur Entschlossenheit, sondern auch
Geschlossenheit. Die ver gangenen Monate haben gezeigt, dass wir für diese Ge schlossenheit nicht genug
kämpfen können. Zudem darf man heute höchstens leise
die Frage stellen, ob etwa ige Achsenbildungen wirklich
förderlich sind, um die Geschlossenheit, der wir in diesem Rahmen bedürfen, entsprechend voranzutreiben.
Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitglied schaft in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates und der WEU, der Parlamentarischen Versammlung der NATO, der OSZE oder der IPU
Rauber, Helmut
Letztlich bedeutet die Übernahme dieses Mandats,
dem meine Fraktion ausdrü cklich zustimmt, einen Beitrag zur Stärkung internationaler Organisationen in ihrer
weiten Palette, eine Vertiefung der europäischen Integration, selbstverständlich einen Beitrag zur Konfliktprävention, aber eben auch ei nen Beitrag zu der Fähigkeit,
Krisen notfalls auch mit eigenen militärischen Mitteln zu
bewältigen. Dafür ist es alle rhöchste Zeit. Von daher ist
dies ein richtiger und vernünftiger Ansatz.
Das aktuelle Mandat erscheint hierbei leicht zu erfüllen. Es handelt sich um eine vergleichsweise geringe
Zahl von Soldaten, maximal 70 aus Deutschland. Dies
ist allerdings eine Folge de r verbesserten Sicherheitslage, vor der wir stehen, und rechtfertigt grundsätzlich in
diesem einen Fall ein unbefrist etes Mandat, so wie es in
Ihrem Antrag steht. Daraus sollten aber keine Analogien
für etwaige Folgemandate gezogen werden; wir sprechen über Bosnien, über SFOR, für die dies ebenfalls
schon im Gespräch ist. Das ist eine andere Dimension.
({2})
Hier sprechen wir über 12 000 Soldaten. Das bedarf eines anderen Ansatzes.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, sollte sich die
Lage in Mazedonien allerdings wieder zuspitzen - Mazedonien ist und bleibt ein Land, dem diese Sicherheit nie innewohnte; wir müssen uns dessen bewusst sein -, halten wir
eine erneute Befassung des Bundestages für erforderlich
und geboten.
Worum geht es noch? Es geht außerdem darum, die
transatlantische Partnerschaft wiederum zu bestätigen
und zu stärken. Auch dazu ist diese EU-Mission ein Beitrag.
({3})
Das mag zunächst fern klingen. Aber wenn wir Europäer
nicht mit diesen Fähigkeiten zu überzeugen wissen, erreichen wir bei den V ereinigten Staaten nicht das Ausmaß an Interesse, das einer Festigung und Stärkung der
transatlantischen Partnerschaft dienen könnte. So festigt
dieser Einsatz auch bestehende Bündnisse, etwa die
NATO.
Die NATO dürfen wir in diesem Kontext nicht aus
den Augen verlieren. Es so llte in unserem fundamentalen Interesse liegen, die NATO nicht zu schwächen und
nicht schlecht zu reden. Die NA TO bleibt im europäischen und im nationalen Inte resse ein Fundament unserer Außen- und Sicherheitspolitik.
({4})
Herr Kollege, denken Sie an die Redezeit.
Jawohl, Herr Präsident.
Ich war nun etwas laut. Aber wir gehen heute einen
leisen europäischen Schritt. Jeder Schritt, der zukünftig
ebenso leise an den Verlockungen gewisser Marktplätze,
etwa des Goslarer Marktplatzes, vorbeiführt,
({0})
ist vielleicht nicht so me dienwirksam und gelegentlich
langweilig, aber ein richtiger diplomatischer Fortschritt.
Danke sehr.
({1})
Ich erteile das W ort dem Abgeordneten Ludger
Volmer, Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber
Herr Kollege von Guttenber g, ich fand die ersten vier
Minuten Ihrer Rede so gut, dass ich Ihnen fürchterlich
gerne meine Redezeit abgetreten hätte. Ich hätte das alles
unterschreiben können, wenn Sie nicht diesen falschen
Satz mit Goslar in den Mund genommen hätten.
In einem Punkt haben Sie - genauso wie Kollege
Weisskirchen - völlig Recht: Der Mazedonieneinsatz ist
ein friedenserhaltender Eins atz par excellence. Er ist
mittlerweile das Modell dafür , wie man durch Einigkeit
unter den europäischen Partnern und einen kombinierten
und rechtzeitigen Einsatz gezielter und durchdachter politischer Strategie und einer Sicherheitskomponente den
drohenden Ausbruch eines Bür gerkrieges verhindern
kann. Weil dies so ist, sollte n wir diesen Ansatz weiterführen. Wir sollten das Mand at verlängern. Dem wird
unsere Fraktion selbstverständlich zustimmen.
Erinnern wir uns, unter welchen Umständen das Mandat zum ersten Mal ausgespr ochen wurde! Damals standen zwei bis an die Zähne bewaf fnete, zum Bürgerkrieg
bereite Parteien in Mazedoni en gegeneinander: auf der
einen Seite der ethnisch mazedonische Staat, auf der anderen Seite die ethnisch kosovarische Minderheit. Die
kosovarische Seite wollte nicht das Gewaltmonopol
Mazedoniens anerkennen; die Mehrheitsseite wollte
nicht die Minderheitenrechte anerkennen. Die Auseinandersetzung stand Spitz auf Knopf.
In letzter Minute gelang es der internationalen Staatengemeinschaft unter Führung der Europäischen Union,
einen Durchbruch - das Abkommen von Ohrid - zu vermitteln und einen Mechanismus zu entwickeln, der zur
Deeskalation beitrug. Dies war ein Erfolgsmodell. Das
kann man gar nicht deutlich genug betonen.
({0})
Bereits bei der letzten V erlängerung des Mandates
war in der Diskussion gewe sen, die Europäische Union
mit der Leitung des Einsatzes zu beauftragen. Damals
waren die institutionellen V oraussetzungen noch nicht
geschaffen, weil es die entsprechenden Absprachen zwischen der NATO und der Europäischen Union noch nicht
gab.
Nicht zuletzt aufgrund der Bemühungen dieser Bundesregierung haben wir die „Berlin plus“-Verabredungen
treffen können. Auf dieser Basis war es möglich, dass
die Europäische Union auf die Assets der NATO zurückgreifen konnte und sich so in die Lage versetzt hat, solche Missionen politisch und militärisch anzuleiten. Das
ist zum einen ein Fortschritt bei den Möglichkeiten, die
sich im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik eröffnen, und zum anderen ein sehr gutes Beispiel für die Zusamme narbeit zwischen der europäischen Ebene, der NA TO und unserem wichtigsten
Bündnispartner in der NATO, den Vereinigten Staaten.
({1})
Fast möchte man sagen: Es waren gute alte Zeiten, als
wir im Westen in allen Fragen bezüglich des Mazedonienkonflikts, bei denen es in davor liegenden Phasen der
Balkankonflikte Differenzen gegeben hatte, an einem
Strang zogen. Dies soll fü r uns aber auch ein Ansporn
sein, zu diesen guten alten Zeiten zurückzufinden und
rechtzeitig, nämlich dann, wenn Konflikte neu auftreten,
die notwendigen Konsultationsprozesse in Gang zu setzen, und zwar erst innerhalb Europas und dann mit unseren Partnern in den Vereinigten Staaten. In Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen müssen wir dann alles
tun, damit in den Konflikte n, die eskalationsträchtig
sind, die Schwelle zur Gewalt nicht überschritten wird.
Dass in Konflikten nicht die Schwelle zur Gewalt
überschritten wird, das ist, wie ich finde, die wichtigste
Aufgabe von Krisenprävention und ziviler Konfliktbearbeitung. Sie haben dafür gerade die entsprechenden Mittel im Haushalt bereitgestellt. Es ist nach wie vor die Priorität der Außenpolitik von Rot-Grün und dieser
Bundesregierung, dafür zu sor gen, dass dieser W eg gewählt wird. Vor diesem Hinter grund stimmen wir der
Verlängerung des Mandates selbstverständlich zu.
Danke.
({2})
Letzter Redner in der Au ssprache ist der Kollege
Dr. Stinner, FDP-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Wir führen heute, am T ag des Beginns eines
Krieges, den wir alle so gerne verhindert hätten, eine Debatte über die V erlängerung eines erfolgreichen, eines
Frieden sichernden Einsatzes der Bundeswehr . Dies ist,
gerade am heutigen T ag, ein Zeichen der Hof fnung,
wenn auch nur ein kleines. Kriege können verhindert
werden, wenn sich die Weltgemeinschaft einig ist. Diese
Erfahrung sollten wir nicht vergessen.
({0})
Aus dieser Erfahrung müssen wir alle lernen.
Die FDP stimmt der Übernahme der MazedonienMission durch die EU aus voller Überzeugung zu. Dieses Mandat haben wir auch zu Beginn der Diskussion im
Dezember letzten Jahres gefordert. Wir haben allerdings
- das ist schon erwähnt word en - ein gewisses Problem
mit der noch unklaren Zeitda uer dieser Mission. Wir legen allergrößten Wert darauf - auch das ist schon gesagt
worden; das haben wir im Auswärtigen Ausschuss zu
Protokoll gegeben -, dass di eses Parlament, der Deutsche Bundestag, bei V eränderungen der Situation sich
wiederum mit diesem Mandat befassen muss.
({1})
Meine Damen und Herren, dass wir heute aus vollem
Herzen zustimmen, hat drei Gründe. Erstens. W ir alle
wissen: Die Situation in Mazedonien und auf dem Balkan insgesamt ist alles andere als stabil. Für den Aufbau
einer funktionierenden Zivilgesellschaft in Mazedonien, in der Recht und Gesetz die Sicherheit der Bür ger
garantieren, bedarf es der Ab sicherung durch eine internationale Schutztruppe. Wir kommen mit diesem Mandat dem ausdrücklichen Wunsch der mazedonischen Regierung nach.
Wir dürfen uns aber nicht darüber hinwegtäuschen:
Es handelt sich auch bei diesem Einsatz um einen militärischen Einsatz mit entsprechenden Gefahren. W ir sind
unseren Soldaten sehr dankbar, dass sie dieses Risiko für
uns wie auch für die W eltgemeinschaft eingehen und
dass sie seit Jahren in Ma zedonien eine hervorragende
Arbeit leisten.
({2})
Zweitens. Nicht nur in Mazedonien bedarf es, wie wir
am heutigen T ag feststellen müssen, einer Stabilisierung. Der Einsatz hat auch für die EU und alle Europäer
eine große Bedeutung und wi chtige Funktion. Es ist in
den vergangenen Wochen leider nicht gelungen - wir haben
das lange diskutiert; ich will das jetzt nicht vertiefen -, eine
gemeinsame europäische Position in einer grundsätzlichen
Frage von Krieg und Frieden zu finden. Das hat - wir beklagen das alle gemeinsam - die EU weit zurückgeworfen. Ihre außen- und sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit ist nahezu zerstört. De shalb ist es hier und heute
für uns gemeinsam wichtig, die gemeinsame europäische
Handlungsfähigkeit durch diesen Einsatz in Mazedonien
wieder herzustellen.
({3})
Wir brauchen diese gemeinsame europäische Politik
dringend; das wissen wir al le. Der Einsatz in Mazedonien ist ein Baustein für eine solche Politik.
Drittens. Dieser Einsatz is t auch deshalb so wichtig,
weil in den letzten Monaten und Jahren eine strategische
Arbeitsteilung diskutiert worden ist, die uns Europäern
nicht recht sein kann. Nach dieser Arbeitsteilung übernehmen die USA den militärischen T eil von Konfliktlö2932
sungen und die Europäer rä umen anschließend auf und
zahlen. Das kann auf Dauer nicht gehen.
({4})
Auch deshalb ist es wichtig, dass wir innerhalb einer gemeinsamen europäischen Schutztruppe mit der Bundeswehr eine entsprechende militärische Präsenz zeigen.
Eines muss aber besonders klar sein: Ohne den Einsatz unserer amerikanischen Freunde und V erbündeten
könnten wir diese Debatte he ute nicht führen. Ohne ihr
großes und nachhaltiges Engagement auf dem Balkan
wären wir alle gemeinsam dor t nicht so weit, wie wir
heute sind.
({5})
Ohne die Amerikaner wäre ein Diktator dort nicht beseitigt worden. Europa - das beklagen wir - hätte weder die
Entschlossenheit noch die Mittel gehabt, das zu erreichen.
({6})
Ich freue mich darüber, dass wir gemeinsam der Meinung sind, dass wir dieses Mandat durchführen und damit einen Beitrag zur Stabilisierung Mazedoniens leisten
sollten. Es geht darum, Europa stark und handlungsfähig
zu machen und das europäische Gewicht in der internationalen Politik zu stärken. Diese Ziele verfolgen wir .
Deshalb richten wir diese Bo tschaft an unsere Soldaten
und an die Menschen in Mazedonien.
Stimmen wir gemeinsam für das neue EU-Mandat!
Ich bedanke mich.
({7})
Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung zur Beteiligung bewaf fneter
deutscher Streitkräfte an dem EU-geführten Einsatz auf
mazedonischem Territorium. Der Ausschuss empfiehlt,
den Antrag auf Drucksache 15/696 anzunehmen. Dazu
wurde eine namentliche Abstimmung verlangt.
Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die
vorgesehenen Plätze einz unehmen. Bis die Abstimmungsfähigkeit an allen Abstimmungsurnen sicher gestellt ist, nutze ich die Gele genheit, förmlich darauf hinzuweisen, dass nach einer V ereinbarung im Ältestenrat
die Präsenzpflicht für den für mor gen vorgesehenen Sitzungstag aufgehoben ist.
Sind alle Abstimmungsurnen besetzt? - Das scheint
der Fall zu sein. Ich eröffne die Abstimmung.
Ist ein Mitglied des Bundestages anwesend, das seine
Stimmkarte noch nicht abgeben konnte? - Of fenkundig
haben nun alle Mitglieder des Hauses Gelegenheit gehabt, ihre Abstimmungskarte n abzugeben. Ich schließe
die Abstimmung und bitte die Schriftführerinnen und
Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen.
Bis zum Vorliegen des Ergebnisses dieser letzten namentlichen Abstimmung im Rahmen der heutigen T agesordnung unterbreche ich die Sitzung.
({0})
Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.
Ich gebe das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Er gebnis der namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu dem Antrag der
Bundesregierung zur Beteiligung bewaf fneter deutscher
Streitkräfte an dem EU-geführten Einsatz auf mazedonischem Territorium bekannt. Es handelt sich hierbei um
die Drucksachen 15/696 und 15/709. Abgegebene Stimmen 579. Mit Ja haben ges timmt 575, mit Nein haben
gestimmt 2, Enthaltungen 2. Damit diese Beschlussempfehlung mit einer großen Mehrheit angenommen.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 579;
davon
ja: 575
nein: 2
enthalten: 2
Ja
SPD
Dr. Lale Akgün
Gerd Andres
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Sabine Bätzing
Ernst Bahr ({0})
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel ({1})
Klaus Barthel ({2})
Sören Bartol
Uwe Beckmeyer
Klaus Uwe Benneter
Dr. Axel Berg
Ute Berg
Hans-Werner Bertl
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding ({3})
Kurt Bodewig
Gerd Friedrich Bollmann
Willi Brase
Bernhard Brinkmann
({4})
Hans-Günter Bruckmann
Marco Bülow
Dr. Michael Bürsch
Hans Büttner ({5})
Edelgard Bulmahn
Ulla Burchardt
Hans Martin Bury
Marion Caspers-Merk
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Dr. Peter Danckert
Karl Diller
Martin Dörmann
Peter Dreßen
Detlef Dzembritzki
Sebastian Edathy
Siegmund Ehrmann
Marga Elser
Petra Ernstberger
Karin Evers-Meyer
Annette Faße
Elke Ferner
Gabriele Fograscher
Rainer Fornahl
Gabriele Frechen
Dagmar Freitag
Lilo Friedrich ({6})
Iris Gleicke
Günter Gloser
Uwe Göllner
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert
Renate Gradistanac
Angelika Graf ({7})
Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Achim Großmann
Wolfgang Grotthaus
Karl-Hermann Haack
({8})
Hans-Joachim Hacker
Bettina Hagedorn
Klaus Hagemann
Alfred Hartenbach
Michael Hartmann
({9})
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Petra Heß
Monika Heubaum
Gabriele Hiller-Ohm
Stephan Hilsberg
Gerd Höfer
Jelena Hoffmann ({10})
Walter Hoffmann
({11})
Iris Hoffmann ({12})
Frank Hofmann ({13})
Eike Hovermann
Klaas Hübner
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Brunhilde Irber
Renate Jäger
Jann-Peter Janssen
Klaus-Werner Jonas
Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Dr. h.c. Susanne Kastner
Ulrich Kelber
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Hans-Ulrich Klose
Astrid Klug
Dr. Heinz Köhler
Fritz Rudolf Körper
Walter Kolbow
Karin Kortmann
Rolf Kramer
Anette Kramme
Ernst Kranz
Nicolette Kressl
Angelika Krüger-Leißner
Dr. Hans-Ulrich Krüger
Horst Kubatschka
Ernst Küchler
Helga Kühn-Mengel
Dr. Uwe Küster
Ute Kumpf
Christine Lambrecht
Christian Lange ({14})
Christine Lehder
Waltraud Lehn
Dr. Elke Leonhard
Eckhart Lewering
Gabriele Lösekrug-Möller
Götz-Peter Lohmann
Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dirk Manzewski
Tobias Marhold
Caren Marks
Christoph Matschie
Hilde Mattheis
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Petra-Evelyne Merkel
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Ursula Mogg
Michael Müller ({15})
Christian Müller ({16})
Dr. Rolf Mützenich
Gesine Multhaupt
Volker Neumann ({17})
Dr. Erika Ober
Holger Ortel
Heinrich Paula
Johannes Pflug
Dr. Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Karin Rehbock-Zureich
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Christel RiemannHanewinckel
Walter Riester
Reinhold Robbe
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Karin Roth ({18})
Michael Roth ({19})
Gerhard Rübenkönig
Ortwin Runde
Marlene Rupprecht
({20})
Thomas Sauer
Anton Schaaf
Axel Schäfer ({21})
Gudrun Schaich-Walch
Rudolf Scharping
Bernd Scheelen
Dr. Hermann Scheer
Siegfried Scheffler
Horst Schild
Otto Schily
Horst Schmidbauer
({22})
Ulla Schmidt ({23})
Dagmar Schmidt ({24})
Wilhelm Schmidt ({25})
Heinz Schmitt ({26})
Carsten Schneider
Walter Schöler
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Olaf Scholz
Wilfried Schreck
Ottmar Schreiner
Gerhard Schröder
Gisela Schröter
Brigitte Schulte ({27})
Reinhard Schultz
({28})
Swen Schulz ({29})
Dr. Angelica Schwall-Düren
Dr. Martin Schwanholz
Rolf Schwanitz
Erika Simm
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie SonntagWolgast
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Ludwig Stiegler
Rolf Stöckel
Christoph Strässer
Rita Streb-Hesse
Dr. Peter Struck
Jörg Tauss
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Franz Thönnes
Hans-Jürgen Uhl
Rüdiger Veit
Jörg Vogelsänger
Ute Vogt ({30})
Dr. Marlies Volkmer
Hans Georg Wagner
Hedi Wegener
Andreas Weigel
Reinhard Weis ({31})
Petra Weis
Matthias Weisheit
Gunter Weißgerber
({32})
Dr. Ernst Ulrich von
Weizsäcker
Jochen Welt
Dr. Rainer Wend
Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Margrit Wetzel
Andrea Wicklein
Jürgen Wieczorek ({33})
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dr. Dieter Wiefelspütz
Brigitte Wimmer ({34})
Engelbert Wistuba
Barbara Wittig
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Waltraud Wolff
({35})
Heidi Wright
Uta Zapf
Manfred Helmut Zöllmer
Dr. Christoph Zöpel
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Dietrich Austermann
Norbert Barthle
Günter Baumann
Ernst-Reinhard Beck
({36})
Veronika Maria Bellmann
Dr. Christoph Georg Bergner
Otto Bernhardt
Dr. Rolf Bietmann
Clemens Binninger
Renate Blank
Peter Bleser
Antje Blumenthal
Dr. Maria Böhmer
Wolfgang Börnsen
({37})
Dr. Wolfgang Bötsch
Jochen Borchert
Wolfgang Bosbach
Klaus Brähmig
Dr. Ralf Brauksiepe
Helge Braun
Monika Brüning
Georg Brunnhuber
Hartmut Büttner
({38})
Verena Butalikakis
Cajus Caesar
Peter H. Carstensen
({39})
Gitta Connemann
Leo Dautzenberg
Hubert Deittert
Albert Deß
Alexander Dobrindt
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Vera Dominke
Maria Eichhorn
Rainer Eppelmann
Anke Eymer ({40})
Georg Fahrenschon
Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Hartwig Fischer ({41})
Dirk Fischer ({42})
Axel E. Fischer ({43})
Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Dr. Hans-Peter Friedrich
({44})
Erich G. Fritz
Dr. Michael Fuchs
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Roland Gewalt
Eberhard Gienger
Georg Girisch
Michael Glos
Ralf Göbel
Dr. Reinhard Göhner
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert
Tanja Gönner
Josef Göppel
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Kurt-Dieter Grill
Reinhard Grindel
Hermann Gröhe
Michael Grosse-Brömer
Markus Grübel
Manfred Grund
Karl-Theodor Freiherrr von
und zu Guttenberg
Olav Gutting
Holger-Heinrich Haibach
Gerda Hasselfeldt
Klaus-Jürgen Hedrich
Helmut Heiderich
Ursula Heinen
Siegfried Helias
Uda Carmen Freia Heller
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann
Bernd Heynemann
Ernst Hinsken
Robert Hochbaum
Joachim Hörster
Klaus Hofbauer
Martin Hohmann
Hubert Hüppe
Susanne Jaffke
Dr. Dieter Peter Jahr
Dr. Egon Jüttner
Steffen Kampeter
Irmgard Karwatzki
Bernhard Nikolaus Kaster
Siegfried Kauder ({45})
Volker Kauder
Gerlinde Kaupa
Eckart von Klaeden
Jürgen Klimke
Julia Klöckner
Kristina Köhler
Norbert Königshofen
Manfred Kolbe
Hartmut Koschyk
Rudolf Kraus
Michael Kretschmer
Günther Krichbaum
Günter Krings
Dr. Martina Krogmann
Dr. Hermann Kues
Werner Kuhn ({46})
Dr. Karl A. Lamers
({47})
Barbara Lanzinger
Vera Lengsfeld
Werner Lensing
Peter Letzgus
Ursula Lietz
Walter Link ({48})
Eduard Lintner
Dr. Klaus W. Lippold
({49})
Patricia Lips
Dr. Michael Luther
Dorothee Mantel
Erwin Marschewski
({50})
Stephan Mayer ({51})
Conny Mayer ({52})
Dr. Martin Mayer
({53})
Wolfgang Meckelburg
Dr. Michael Meister
Friedrich Merz
Laurenz Meyer ({54})
Doris Meyer ({55})
Maria Michalk
Hans Michelbach
Klaus Minkel
Marlene Mortler
Stefan Müller ({56})
Bernward Müller ({57})
Dr. Gerd Müller
Hildegard Müller
Bernd Neumann ({58})
Henry Nitzsche
Michaela Noll
Claudia Nolte
Günter Nooke
Dr. Georg Nüßlein
Franz Obermeier
Melanie Oßwald
Eduard Oswald
Rita Pawelski
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Daniela Raab
Thomas Rachel
Hans Raidel
Dr. Peter Ramsauer
Peter Rauen
Christa Reichard ({59})
Katherina Reiche
Hans-Peter Repnik
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Hannelore Roedel
Dr. Norbert Röttgen
Franz-Xaver Romer
Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Dr. Klaus Rose
Dr. Christian Ruck
Volker Rühe
Albert Rupprecht ({60})
Peter Rzepka
Anita Schäfer ({61})
Andreas Scheuer
Norbert Schindler
Georg Schirmbeck
Bernd Schmidbauer
Christian Schmidt ({62})
Andreas Schmidt ({63})
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Ole Schröder
Bernhard Schulte-Drüggelte
Uwe Schummer
Wilhelm Josef Sebastian
Horst Seehofer
Kurt Segner
Matthias Sehling
Marion Seib
Heinz Seiffert
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Jens Spahn
Erika Steinbach
Christian von Stetten
Gero Storjohann
Andreas Storm
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Thomas Strobl ({64})
Michael Stübgen
Antje Tillmann
Edeltraut Töpfer
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Volkmar Uwe Vogel
Angelika Volquartz
Andrea Astrid Voßhoff
Gerhard Wächter
Marko Wanderwitz
Peter Weiß ({65})
Gerald Weiß ({66})
Ingo Wellenreuther
Annette Widmann-Mauz
Klaus-Peter Willsch
Werner Wittlich
Elke Wülfing
Wolfgang Zeitlmann
Wolfgang Zöller
BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN
Kerstin Andreae
Marieluise Beck ({67})
Volker Beck ({68})
Cornelia Behm
Birgitt Bender
Matthias Berninger
Grietje Bettin
Alexander Bonde
Ekin Deligöz
Dr. Thea Dückert
Jutta Dümpe-Krüger
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Joseph Fischer ({69})
Katrin Dagmar GöringEckardt
Winfried Hermann
Peter Hettlich
Ulrike Höfken
Thilo Hoppe
Michaele Hustedt
Renate Künast
Undine Kurth ({70})
Markus Kurth
Dr. Reinhard Loske
Anna Lührmann
Kerstin Müller ({71})
Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Friedrich Ostendorff
Simone Probst
Claudia Roth ({72})
Krista Sager
Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Rezzo Schlauch
Albert Schmidt ({73})
Werner Schulz ({74})
Petra Selg
Ursula Sowa
Rainder Steenblock
Silke Stokar von Neuforn
Hans-Christian Ströbele
Jürgen Trittin
Marianne Tritz
Hubert Ulrich
Dr. Antje Vogel-Sperl
Dr. Ludger Volmer
Josef Philip Winkler
Margareta Wolf ({75})
FDP
Daniel Bahr ({76})
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
Otto Fricke
Horst Friedrich ({77})
Rainer Funke
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther ({78})
Dr. Karlheinz Guttmacher
Dr. Christel Happach-Kasan
Christoph Georg Hartmann
({79})
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Birgit Homburger
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Ina Lenke
Sabine LeutheusserSchnarrenberger
Markus Löning
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto
({80})
Detlef Parr
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert
Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Dr. Andreas Pinkwart
Dr. Günter Rexrodt
Marita Sehn
Dr. Hermann Otto Solms
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Dieter Thomae
Jürgen Türk
Dr. Guido Westerwelle
Dr. Claudia Winterstein
Nein
Fraktionslose Abgeordnete
Petra Pau
Enthalten
CDU/CSU
Dr. Wolf Bauer
Manfred Carstens ({81})
CDU/CSU
({82})
Wir sind damit am Schluss der heutigen T agesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 2. April 2003, 13 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.