Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Grüß Gott, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sitzung ist eröffnet.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:
Fragestunde
- Drucksachen 15/523, 15/529 Zu Beginn der Fragestunde rufe ich gemäß Ziffer 10
der Richtlinien für die Fragestunde die dringlichen Fragen auf Drucksache 15/529 auf.
Wir kommen zunächst zur dringlichen Frage 1 des
Kollegen Eckart von Klaeden:
Hat der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung, Walter Kolbow, auf einer öffentlichen
Veranstaltung am 5. März 2003 den Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, George W. Bush, einen „Diktator“
genannt - vergleiche „Kitzinger Zeitung“ vom 7. März 2003 -,
und wenn ja, welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung
daraus?
Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Herr Wagner, zur
Verfügung.
Herr Kollege von Klaeden, Ihre erste Frage beantworte ich mit Nein.
({0})
Herr von Klaeden, Sie können zwei Nachfragen stellen.
Herr Staatssekretär, in der „Welt am Sonntag“ und in
einer dpa-Meldung vom Montag wird Staatssekretär
Kolbow zitiert. Es heißt, er habe im Hinblick auf den
amerikanischen Präsidenten von einem „Diktator der
einseitigen Entscheidungen“ gesprochen. Ist es Ansicht
Ihres Hauses, dass der Staatssekretär erneut falsch zitiert
worden ist?
Diese Zitate sind so in der Presse zu finden. Ob sie allerdings zutreffend sind, weiß man nicht.
Die Zeitung „die tageszeitung“ schreibt am 10. März
von zwei verschiedenen Versionen. Zum einen wird ein
Artikel der „Main-Post“ genannt. Der Verfasser Torsten
Schleicher sagt, er sei sich sicher, sich nicht verhört zu
haben. Es sei nicht gesagt worden, der Präsident sei kein
Partner, sondern ein Diktator. Die Kritik sei nicht auf den
Präsidenten bezogen worden, sondern auf die Entscheidung, die getroffen worden ist.
Die „Kitzinger Zeitung“, die auch danach gefragt
worden ist, erklärt, man könne nicht alles buchstabengetreu mitschreiben. Kolbow habe Bush nicht als Diktator
im Sinne eines Saddam Hussein bezeichnet, sondern als
einen Politiker, der dem Rest der Welt seine Meinung
diktiert. Es hieß, es würde sich hierbei um ein sinngemäßes Zitat handeln. Die Situation ist also völlig unklar.
Ich glaube das, was Herr Kolbow erklärt hat, nämlich
dass er Herrn Bush nicht mit diesem Ausdruck belegen
wollte.
Herr Kollege von Klaeden, Ihre zweite Zusatzfrage,
bitte schön.
Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen für den Einblick
in die Presselandschaft des Wochenendes.
Sie haben auch zwei Zeitungen zitiert.
Richtig, auch ich habe aus zwei Zeitungen zitiert. Meine Frage war aber - ich wiederhole sie -, ob das Zitat Ihres Kollegen zutreffend ist, das er in Korrektur der
Berichterstattung der Aschermittwochsveranstaltung
wiedergegeben hat, nämlich dass er nach der Veranstaltung, nachdem die Sache öffentlich diskutiert worden ist,
nicht von einem „Diktator“, sondern von einem „Diktator der einseitigen Entscheidungen“ gesprochen habe.
Oder wurde Staatssekretär Kolbow in der „Welt am
Sonntag“ und in der Meldung der dpa am Montag wieder
falsch zitiert? Wenn das der Fall ist, dann muss ich Sie
fragen: Was unternehmen Sie, wenn Ihr Kollege ständig
falsch zitiert wird? Das muss doch Konsequenzen haben.
Sie wissen, dass der Bundeskanzler und der Bundesminister der Verteidigung als Konsequenz eine Rüge
ausgesprochen haben. Damit ist die Sache für die Bundesregierung erledigt. Was die Zeitungen jetzt daraus
machen, ist deren Vergnügen.
Zu dieser Frage gibt es eine weitere Zusatzfrage des
Abgeordneten Koppelin.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie fragen - das haben
Sie schon angesprochen -, wer genau gerügt worden ist:
die Journalisten oder der Staatssekretär?
So weit ich es der Presse entnommen habe, betrifft es
den Staatssekretär.
({0})
Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Schmidt.
Herr Staatssekretär, können Sie uns sagen, welche
Äußerung des Staatssekretärs Kolbow gerügt worden
ist?
Das war die ursprünglich in der Zeitung zitierte. Man
muss zunächst ja davon ausgehen, dass diejenigen, die
dabei waren und zugehört haben, wissen, was sie aufschreiben. Es ist sehr gut, dass das durch Herrn Kolbow
anders dargestellt worden ist; dies hat ihn entlastet.
({0})
- Er hat gesagt, dass es bei den Entscheidungen ein Diktat gegeben habe. Von „Diktator“ war keine Rede.
Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Grindel.
Herr Staatssekretär, es ist eine Rüge ausgesprochen
worden für eine Äußerung, die die Zeitungen jetzt selbst
relativieren. Werden der Bundeskanzler und der Verteidigungsminister die Rüge wieder zurücknehmen?
Das prüft die Bundesregierung zurzeit.
({0})
Wir kommen zur zweiten dringlichen Frage des Abgeordneten Eckart von Klaeden:
Hat der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung, Walter Kolbow, erklärt, der Verteidigungsminister der Vereinigten Staaten von Amerika, Donald
Rumsfeld, solle „erst einmal diplomatischen Anstand lernen“
- vergleiche „Welt am Sonntag“ vom 9. März 2003 -, und
wenn ja, spricht er insoweit für die Bundesregierung?
Herr Kollege von Klaeden, das genannte Zitat ist am
5. März im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung aus
Anlass des politischen Aschermittwochs gefallen. Wie
Sie wissen, hat der Parlamentarische Staatssekretär beim
Bundesminister der Verteidigung bei dieser Veranstaltung nicht als Mitglied der Bundesregierung, sondern als
stellvertretender Landesvorsitzender gesprochen.
Lassen Sie mich einen Punkt ergänzen: Sie wissen so
gut wie ich, dass Verteidigungsminister in aller Welt dafür bekannt sind, dass sie sehr offen und klar ausführen.
Diejenigen, die die Befehle entgegennehmen, müssen
wissen, um was es geht. Die Äußerungen von Herrn
Rumsfeld unterscheiden sich in keiner Weise davon.
Ich weiß nicht genau, ob Sie auf der Münchener Konferenz für Sicherheitspolitik waren.
({0})
Dort wurde er gefragt, wie seine deftigen Äußerungen
gegenüber der Bundesrepublik Deutschland zu werten
seien. Er hat erklärt - ich habe es mir sinngemäß aufgeschrieben -: Sie wissen, dass meine Wurzeln in Norddeutschland liegen, in einer Gegend, in der man Leuten
nachsagt, dass sie eine derbe, aber klare Ausdrucksweise
bevorzugen.
Ich weiß, dass Verteidigungsminister selten diplomatische Schulungen durchlaufen. Insofern kann ich die Irritation meines feinfühligen bayerischen Kollegen,
Walter Kolbow, über die Äußerungen von Herrn
Rumsfeld verstehen. Deshalb hat er ihm einen diplomatischen Nachhilfeunterricht empfohlen. Das könnte Tony
Blair jetzt ebenfalls tun, da sich Herr Rumsfeld gestern
auch der Engländer in einer durchaus verständlichen
Weise angenommen hat.
({1})
Insofern kann man dem nicht die Bedeutung zumessen,
die öffentlich unterstellt worden ist.
({2})
Bitte schön, Herr von Klaeden.
Ich möchte kurz anmerken, dass wir über ein Zitat
von Herrn Kolbow sprechen. Er sagte, er habe
„Rumsfeld gegenübergesessen. Es war kein Vergnügen“.
Des Weiteren hat er gesagt, Rumsfeld solle „erst einmal
diplomatischen Anstand lernen“.
Meine Frage lautet: Ist es mit den Vorstellungen der
Bundesregierung bezüglich des diplomatischen Anstands vereinbar, dass Positionen, die unter Verbündeten
im persönlichen Gespräch behandelt werden, bei Wahlkampfveranstaltungen auf Marktplätzen zur Schau getragen werden?
Herr Kollege von Klaeden, Aschermittwochstreffen
gibt es immer. Wie Sie wissen, gab es immer Verteidigungsminister, die sich sehr offen geäußert haben. Wenn
jede Äußerung des ehemaligen Verteidigungsministers
Franz Josef Strauß hier im Bundestag behandelt worden
wäre, hätte man sich stundenlang damit befassen müssen. Insofern war das nichts Neues.
Es kann, muss aber kein Vergnügen sein, dem amerikanischen Verteidigungsminister gegenüberzusitzen.
Das zu beurteilen obliegt der Einschätzung jedes Einzelnen. Das zu sagen ist das Vergnügen derjenigen, die dies
tun.
Eine weitere Zusatzfrage, Kollege von Klaeden.
Reihen sich die Zitate von Staatssekretär Kolbow, der
eigentlich als ein besonnener Mann bekannt ist, nicht in
eine Reihe von Zitaten der Bundesregierung und der
größten Koalitionspartei, der SPD, mit antiamerikanischer Diktion ein?
({0})
Ich erinnere an das Zitat von Frau Däubler-Gmelin, an
die Zitate des Kollegen Stiegler, des früheren Ministerpräsidenten Gabriel usw. Glauben Sie nicht, dass das
Meinungsklima, das von der Spitze der größten Koalitionspartei geschaffen wurde, ein Grund dafür ist, dass
sich Herr Kolbow auf Aschermittwochsveranstaltungen
zu solchen Äußerungen hinreißen ließ?
Herr Kolbow ist ein anerkannter Amerikafreund. Ich
gehe davon aus, dass absolut nichts daran sein kann, dass
er es bewusst gemacht hat. Sie kennen offenbar die Atmosphäre auf Aschermittwochstreffen in Bayern nicht.
Ich empfehle Ihnen: Fahren Sie beim nächsten Mal nach
Passau und hören Sie, was der Kollege Stoiber dort von
sich gibt!
({0})
- Ja, so etwas hat er nicht gesagt. Aber das, was er über
uns gesagt hat, zeugt auch nicht von einem höchsten
Maß an diplomatischem Können.
Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Koppelin.
({0})
Herr Staatssekretär, nach Ihren Aussagen möchte ich
Sie fragen: Wie beurteilen Sie es, dass der Bundeskanzler einen Staatssekretär rügt, obwohl nach Ihren Aussagen der Wahrheitsgehalt der Berichte über die Äußerungen des Staatssekretärs vorher gar nicht überprüft
worden ist?
Ich habe eben schon einmal gesagt, dass diese Frage
zurzeit geprüft wird.
({0})
Eine weitere Zusatzfrage der Kollegin Teuchner.
Herr Staatssekretär, wir gehen davon aus, dass an die
Bundesregierung der Auftrag ergehen wird, zu prüfen,
mit welchen Konsequenzen in diesem Fall zu rechnen
ist. Wie beurteilen Sie die Äußerung des bayerischen
Ministerpräsidenten anlässlich eines öffentlichen Empfangs in der Münchner Residenz am 6. März dieses Jahres zum Thema Familie: Oder wollen Sie sich im Alter
von einer Thailänderin oder Koreanerin behandeln lassen?
({0})
Ihre Frage ist berechtigt, aber sie ist nicht Gegenstand
der Anfrage, die ich zu beantworten habe. Ich würde die
Äußerung des bayerischen Ministerpräsidenten als eine
in die von ihm vertretene Richtung gehende bezeichnen.
Aber ich will das nicht kommentieren, weil das nicht
Gegenstand dieser Erörterung ist.
({0})
Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Höfer.
Herr Staatssekretär, können Sie sich der Meinung des
Direktors des Aspen-Institutes anschließen, der in den
„Tagesthemen“ gesagt hat:
Wer Rumsfeld kennt, weiß, wie das bei ihm ist: jeden Tag eine neue Beleidigung. Ich würde das nicht
so ernst nehmen.
Das ist exakt meine Auffassung.
({0})
Ich bin schon der Auffassung, dass man Donald
Rumsfeld ernst nehmen muss. Von seiner Art her aber
formuliert er oft etwas deftiger, als Diplomaten dies vielleicht tun würden. Das ist bekannt; aber es ist keine
Schande, dass er so ist. Man könnte nicht nur ihm, sondern auch dem einen oder anderen Verteidigungsminister
empfehlen, sich in Bezug auf diplomatische Formulierungen gegenüber Freunden einmal schulen zu lassen.
Aber das muss nicht unbedingt sein.
({1})
- Ich habe einen genannt. Vermutlich können Sie noch
einige Namen ergänzen.
Nachdem die dringlichen Fragen aufgerufen und beantwortet worden sind - ich sehe keine weiteren Zusatzfragen -, rufe ich jetzt die Fragen auf Drucksache 15/523
in der üblichen Reihenfolge auf.
Die Frage 1 des Abgeordneten Gerald Weiß ({0}) zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums
für Gesundheit und Soziale Sicherung wird schriftlich
beantwortet.
Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz. Zur Beantwortung steht der
Parlamentarische Staatssekretär Alfred Hartenbach zur
Verfügung.
Wir kommen zur Frage 2 der Abgeordneten Sibylle
Laurischk:
Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen
bzw. wird sie noch ergreifen, um entsprechend dem Vorschlag
für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 72/166/EWG, 845/5/EWG
und 90/232/EWG des Rates sowie der Richtlinie 2000/26/EG
über die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung auch weiterhin
die Möglichkeit einer Befreiung von der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherungspflicht für selbstfahrende Arbeitsmaschinen und bestimmte Anhänger in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben zu erhalten?
Verehrte Frau Laurischk, ich beantworte Ihre Frage
sehr gern.
Nach dem Vorschlag der Kommission soll die bisherige Regelung, dass bestimmte Fahrzeuge von der Versicherungspflicht ausgenommen werden können, gestrichen werden. Die Bundesregierung hat diesen Vorschlag
als zu bürokratisch abgelehnt und für eine Beibehaltung
der bisherigen Regelung plädiert.
Die Bundesregierung sieht keine Notwendigkeit für
eine Einbeziehung langsam fahrender Arbeitsmaschinen
und landwirtschaftlicher Anhänger in die Kfz-Haftpflichtversicherung. Derartige Fahrzeuge werden kaum
im grenzüberschreitenden Verkehr eingesetzt. Im Übrigen greift für viele dieser Fahrzeuge die Betriebshaftpflichtversicherung. Deutschland wird sich weiterhin mit
Nachdruck für die Befreiung dieser Fahrzeuge von der
Versicherungspflicht einsetzen.
Frau Kollegin Laurischk, Sie haben zwei Zusatzfragen.
Meine erste Zusatzfrage lautet folgendermaßen: Wie
viele solcher Arbeitsmaschinen und Anhänger in landSibylle Laurischk
und forstwirtschaftlichen Betrieben sind in Deutschland
von der Versicherungspflicht befreit?
Ich bin für meine Ehrlichkeit bekannt. Daher sage ich
Ihnen: Diese Frage kann ich Ihnen heute nicht beantworten. Ich bin noch nicht einmal sicher, ob das Bundesministerium der Justiz dafür verantwortlich ist. Sobald mir
aber das Protokoll vorliegt, verehrte Frau Kollegin,
werde ich alles daransetzen, um Ihnen diese Frage zu beantworten.
Ich habe eine weitere Nachfrage: Welcher zusätzliche
Aufwand bzw. welche zusätzlichen Kosten würden den
zuständigen Behörden und der heimischen Wirtschaft,
insbesondere der Land- und Forstwirtschaft, entstehen,
sofern die bisherige Versicherungsbefreiung entfällt?
Hierzu gibt es keine verlässlichen Zahlen. Gleichwohl
werde ich auch dies prüfen lassen.
({0})
Wir sind damit am Ende des Geschäftsbereiches des
Bundesministeriums der Justiz. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung auf.
Zur Beantwortung steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Hans Georg Wagner zur Verfügung.
Wir kommen zur Frage 3 der Abgeordneten Petra
Pau, fraktionslos:
Wie oft haben Mitglieder der Bundesregierung im Jahr
2002 die Flugbereitschaft in Anspruch genommen - bitte nach
Anzahl der Flüge, Bundesministerien und Bundeskanzleramt
aufschlüsseln - und wie viele Kosten sind dadurch insgesamt
entstanden?
Frau Kollegin Pau, über die Inanspruchnahme der
Flugbereitschaft des Bundesverteidigungsministeriums
durch den politisch-parlamentarischen Bereich informiert das Bundesverteidigungsministerium halbjährlich
nach einem mit dem Bundestag abgestimmten und eingespielten Verfahren. Im Einzelnen ist, wie durch Beschluss des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages vom 29. November 1973 festgelegt, jeweils
nach Ablauf der Jahreshälften den Obleuten des Haushaltsausschusses per Auflistung der politisch-parlamentarischen Flüge in das Ausland zu berichten. Dies ist für
das erste Halbjahr 2002 bereits erfolgt.
Innerdeutsche Flüge werden aus Sicherheitsgründen
nicht in ihren einzelnen Einsätzen aufgelistet. Hier erfolgt nur eine Zusammenfassung, die der Meldung als
Anlage beigefügt ist. Für das erste Halbjahr 2002 ist
diese Meldung bereits vorgelegt worden. Ich gehe davon
aus, dass Sie hierzu Zugang haben. Die Daten für das
zweite Halbjahr 2002 liegen noch nicht komplett überprüft vor. Die Erstellung der Meldung wird jedoch Ende
dieser Woche abgeschlossen sein. Eine Aufstellung der
durch diese Flüge entstandenen Kosten kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht erfolgen, da die Gesamtkosten zum
Betrieb der Luftfahrzeuge der Flugbereitschaft für das
Jahr 2002 im Detail erst im Mai dieses Jahres vorliegen
werden.
Frau Kollegin, Sie haben zwei Zusatzfragen.
Erstens. Kann ich davon ausgehen, dass diese Informationen - auch wenn wir keine Fraktion mehr bilden auch der Kollegin Lötzsch zukommen werden und dass
sie die entsprechenden Unterlagen eventuell im Haushaltsausschuss, obwohl wir dort keine Obfrau bzw. keinen Obmann haben, einsehen kann?
Zweitens. Ist es Ihnen möglich, zumindest qualitativ
einzuschätzen, inwieweit sich das Flugaufkommen im
Vergleich zu den vergangenen Jahren erhöht hat oder ob
die Anforderungen zurückgegangen sind?
Nein, es sind gegenüber vorher keine großen feststellbaren Veränderungen eingetreten.
Sie müssten sich einmal mit den Obleuten unterhalten
- von der FDP ist ja einer anwesend -, wie Frau Lötzsch
an die Listen herankommen kann. Ich sehe hier keine
Schwierigkeiten, dass Sie informiert werden.
({0})
Dann rufe ich die Zusatzfrage des Kollegen Koppelin
auf.
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, dass
die Maschinen der Flugbereitschaft so alt sind, dass es
kein Vergnügen bereitet, mit der Flugbereitschaft zu fliegen?
({0})
Ich teile diese Auffassung.
Damit sind wir am Ende des Geschäftsbereichs des
Bundesministeriums der Verteidigung.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen auf. Für die
Beantwortung der Fragen 4 bis 6 steht uns Frau Parlamentarische Staatssekretärin Iris Gleicke zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 4 des Abgeordneten Dr. Peter Jahr
auf:
Plant die Bundesregierung als langfristig neues Verkehrsmittel im Korridor IV des Transeuropäischen Netzes Berlin-Prag-Südosteuropa eine Transrapidstrecke?
Herr Kollege Jahr, nach deutscher Beschlusslage derzeitig nein. Die Bundesregierung hat die Potenziale einer
möglichen Verlängerung der Transrapidstrecke Hamburg-Berlin auch im Zuge des Korridors IV untersucht.
Mit dem Beschluss der Bundesregierung zur Aufgabe
der Strecke Hamburg-Berlin ist keine Möglichkeit einer
wirtschaftlichen Betriebsführung für den anschließenden
Abschnitt zu erkennen. Die Planung wird daher seitens
der Bundesregierung derzeit nicht weiter verfolgt.
Ihre Zusatzfrage, bitte.
Meine erste Zusatzfrage lautet: Gibt es seitens der
Bundesregierung andere Pläne, die Verkehrsanbindung
nach Südosteuropa - uns interessiert insbesondere die
über den Freistaat Sachsen - zu verbessern, und wenn ja:
welche?
Herr Kollege Jahr, Sie wissen, dass es im Rahmen der
Transeuropäischen Netze Vereinbarungen gibt. Die
TEN-Projekte, die sich derzeit im Bau befinden, sind
zum Beispiel die Strecken von Berlin über Dresden
Richtung Prag und auch die von Berlin über Frankfurt/
Oder Richtung Warschau. Diese befinden sich im
Korridor IV sowie im Korridor II und sind derzeit im
Bau. Wir werden selbstverständlich auch weiterhin die
Verbesserung der Schieneninfrastruktur in Richtung Osteuropa fördern.
Sie haben noch eine weitere Zusatzfrage.
Meine zweite Frage ist: Könnten Sie heute schon eine
Prognose über die zu erwartenden Fahrzeiten abgeben?
Herr Kollege Jahr, ich bitte Sie um Verständnis dafür,
dass ich diese Frage nicht aus dem Stand beantworten
kann. Ich werde versuchen, die Antwort schriftlich nachzureichen.
Herr Kollege Nitzsche, Sie haben eine Zusatzfrage.
Frau Staatssekretärin, Sie erwähnten die Strecke Berlin-Dresden. Wird sich diese Strecke im vordringlichen
Bedarf des Bundesverkehrswegeplanes im Schienenbereich wiederfinden?
Herr Kollege Nitzsche, Sie wissen, dass sich die Erarbeitung des Referentenentwurfs in der Endphase befindet. Er wird Ende des Monats an die Verbände und auch
an die Länder verschickt werden. Nach dem Beschluss
durch das Bundeskabinett - wir hoffen, dass er noch vor
der Sommerpause erfolgt - wird der Entwurf das parlamentarische Verfahren durchlaufen. Nach der Diskussion im Deutschen Bundestag wird darüber abgestimmt,
welche Verkehrsprojekte im vordringlichen Bedarf auszuweisen sind. Erst dann kann dazu eine endgültige Aussage getroffen werden.
Herr Kollege Nitzsche, Sie können leider nur eine Zusatzfrage stellen, weil Sie nicht der Verfasser der Ausgangsfrage waren.
Ich rufe die Frage 5 der Abgeordneten Renate Blank
auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, dass in Belgien und in
den Niederlanden während der letzten Monate finanziell gut
ausgestattete neue Fördertöpfe zur Unterstützung des dortigen
Binnenschifffahrtsgewerbes bereitgestellt wurden?
Frau Kollegin Blank, der Bundesregierung ist bekannt, dass in Belgien und den Niederlanden Förderprogramme zur Unterstützung der Binnenschifffahrt eingerichtet wurden bzw. werden sollen.
Ihre Zusatzfrage bitte, Frau Kollegin.
Frau Staatssekretärin, was hat die Bundesregierung
dagegen unternommen, dass diese neuen Fördertöpfe
eingerichtet werden können? Haben Sie bei der EU daRenate Blank
gegen protestiert oder haben Sie das Vorhaben einfach
durchlaufen lassen?
Es gibt keine Anzeichen dafür, dass in dieser Frage
beihilferechtliche Schwierigkeiten bestehen. Deshalb ist
nicht dagegen protestiert worden.
Sie haben noch eine Zusatzfrage.
Frau Staatssekretärin, warum haben wir dann im Verkehrsausschuss bestimmten Beihilfemaßnahmen in den
Niederlanden und in Frankreich zustimmen müssen und
weshalb gibt es eine Übergangslösung für diese Beihilfen? Ich bin dezidiert der Meinung, dass diese Frage von
der Bundesregierung hätte aufgegriffen werden müssen.
Frau Kollegin, ich kann Ihnen gerne zumindest das
belgische Förderprogramm im Wortlaut überreichen.
Zum niederländischen Förderprogramm sind bisher über
die Medien nur Grundzüge bekannt geworden. Es soll
sich dabei um ein CO2-Minderungsprogramm handeln,
in dem auch vorgesehen sein soll, dass umweltfreundliche Motoren in Binnenschiffe eingebaut werden können.
Aber unseres Wissens ist dieses Programm noch nicht
aufgelegt worden.
Ich rufe die Frage 6 der Kollegin Renate Blank auf:
Wenn ja, zieht die Bundesregierung als Reaktion auf diese
Entwicklung ebenfalls eine stärkere Beihilfe für das heimische Binnenschifffahrtsgewerbe in Betracht oder wird sie auf
EU-Ebene im Zuge der Harmonisierung gegen diese Wettbewerbsverzerrung zulasten des deutschen Gewerbes vorgehen?
Frau Kollegin Blank, Ziel der Bundesregierung ist es,
bessere Rahmenbedingungen zur Wahrnehmung der
Marktchancen der deutschen Binnenschifffahrt zu schaffen. Die Bundesregierung hat deshalb ein Gutachten in
Auftrag gegeben, um die aktuelle Situation und die Potenziale der deutschen Binnenschifffahrtsunternehmen
untersuchen zu lassen, aber auch, um umsetzbare Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen zu erhalten. Nach der Vorlage des Gutachtens
wird die Bundesregierung prüfen, welche Handlungsempfehlungen der Gutachter weiterzuverfolgen sind.
Ihre Zusatzfrage bitte.
Frau Staatssekretärin, nachdem Sie heute zum ersten
Mal von einem Gutachten sprachen, frage ich Sie: Wann
ist mit der Vorlage des Gutachtens im Parlament zu rechnen und - das frage ich aus heutiger Sicht, wenn das
Gutachten sehr lange auf sich warten lässt - geht es auch
um Maßnahmen finanzieller Art, die die Bundesregierung anstrebt, um dem deutschen Partikuliergewerbe zu
helfen?
Frau Kollegin Blank, das Gutachten soll im Sommer
2003 vorliegen. Dann werden wir über Handlungsempfehlungen, aber auch über finanzielle Dimensionen diskutieren.
Ihre zweite Zusatzfrage.
Frau Staatssekretärin, wäre die Bundesregierung auch
bereit - das wäre sicherlich EU-kompatibel -, die Regelung des § 6 b Einkommensteuergesetz, die das Investieren des Erlöses aus dem Verkauf von Schiffen in den
Kauf neuer Schiffe betrifft, zugunsten der Binnenschifffahrt zu ändern?
Frau Kollegin Blank, Sie werden sicherlich verstehen,
dass ich dem Gutachten, das wir, wie gesagt, abwarten
wollen, um anschließend über die Potenziale der Binnenschifffahrt in Gänze zu diskutieren, nicht vorgreifen
möchte.
Wir kommen zur Frage 7 des Abgeordneten Dirk
Fischer ({0}):
Was wird die Bundesregierung in ihrer politischen Verantwortung bezüglich der Güterumgehungsbahn HamburgHorn-Hamburg-Eidelstedt zur Lärmsanierung im Bereich der
so genannten Ertüchtigungsstrecke tun, um auf die zu erwartende zusätzliche Lärmbelästigung der betroffenen Anwohner
in Höhe von dann voraussichtlich 70 Dezibel am Tag und
in der Nacht zu reagieren?
Zur Beantwortung steht Frau Parlamentarische Staatssekretärin Angelika Mertens zur Verfügung.
Herr Kollege Fischer, die Güterumgehungsbahn
Hamburg zwischen Hamburg-Eidelstedt und HamburgHorn hat nach Inbetriebnahme des Rangierbahnhofs
Maschen an Bedeutung verloren, da die Zugbildungsaufgaben mit entsprechenden Bedienungsfahrten nicht mehr
im Rangierbahnhof Eidelstedt wahrgenommen wurden.
Erst seit der Eröffnung der festen Verbindung über den
Großen Belt in Dänemark wurde der Güterverkehr von
und nach Skandinavien, der bis dahin über die Vogelfluglinie Hamburg-Lübeck-Puttgarden geführt wurde,
wieder mit einem höheren Aufkommen auf der Strecke
Hamburg-Elmshorn-Neumünster-Flensburg durchgeführt.
Die eingleisige Strecke soll jetzt in einen zeitgemäßen
Standard versetzt werden. Dies löst allerdings keinen
Rechtsanspruch auf Lärmschutz aus. Aufgrund der kürzlich von der DB Netz AG vorgelegten Prognose, dass die
Lärmsanierungsgrenzwerte für reine Wohngebiete mit
60 Dezibel in der Nacht an der Güterumgehungsbahn Hamburg zukünftig um voraussichtlich 10 Dezibel überschritten werden, sind aber Überlegungen
zur Aufnahme der Güterumgehungsbahn Hamburg in
die Prioritätenreihung der Lärmsanierung möglich. Die
DB Netz AG wird bis Ende 2003 eine bundesweite Gesamtkonzeption für den Lärmsanierungsbedarf an Schienenwegen der Eisenbahnen des Bundes vorlegen.
Im Vorgriff auf das Gesamtkonzept hat die DB
Netz AG vorgeschlagen, die Güterumgehungsbahn
Hamburg in das Sanierungsprogramm für Schienenwege
aufzunehmen. Diesem Vorschlag wird vonseiten des
Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen zugestimmt. Damit kann die DB Netz AG dort
Lärmsanierungsmaßnahmen planen und durchführen. Es
liegt in ihrem Ermessen, ob sie Lärmsanierungs- und
Lärmvorsorgemaßnahmen an der Güterumgehungsbahn
Hamburg zeitlich und inhaltlich koordiniert.
Der Bau eines zusätzlichen Gleises oder eine wesentliche Änderung im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes ist mittelfristig nur in kürzeren Abschnitten der
Güterumgehungsbahn zu erwarten. In diesen Bereichen
wird Lärmschutz gemäß der 16. Bundes-Immissionsschutzverordnung gewährt. Das Eisenbahn-Bundesamt
führt nach den geltenden Vorschriften hierfür auf Antrag
der DB Netz AG ein Planfeststellungsverfahren durch,
mit dem der gesetzlich notwendige Lärmschutz festgestellt wird. Das Planfeststellungsverfahren unterliegt
strengen Verfahrensvorschriften, die auch dem Schutz
der Anwohnerrechte dienen. Dass die Bundesregierung
Einfluss auf gesetzlich geordnete Planfeststellungsverfahren nimmt, muss grundsätzlich außer Betracht bleiben.
Ihre Zusatzfragen, bitte, Herr Kollege Fischer.
Frau Präsidentin, ich möchte zuerst eine Zusatzfrage
zur Frage 7 stellen und dann erst zur Frage 8. Ich sage das
nur, weil ich den Eindruck habe, dass die Staatssekretärin teilweise im Vorgriff auf Frage 8 geantwortet hat.
Meine Zusatzfrage zu Frage 7 lautet: Frau Staatssekretärin, bestätigt die Bundesregierung auch nach der
Prioritätensetzung hier einen uneingeschränkten Handlungsbedarf? Schließlich haben Sie eben ausdrücklich
darauf hingewiesen, dass sichergestellt werden müsse,
dass der Lärmsanierungsgrenzwert von 60 Dezibel
nachts nicht überschritten wird. In der angesprochenen
Prognose wird aber davon ausgegangen, dass diese
Grenze deutlich überschritten werden wird. Auch eigenhändig vorgenommene Messungen der SPD-Wahlkreisabgeordneten Frau Hartnagel haben ergeben, dass dort
sogar Werte von über 70 Dezibel erreicht werden.
Die vorgenommenen Messungen entsprechen nicht
den Berechnungen, die wir in der Regel anstellen. Es
stimmt aber, dass die DB Netz AG erwartet, dass
70 Dezibel erreicht werden. Ich glaube, dass wir
jetzt eine ordentliche Lösung gefunden haben. Sie wissen, dass das Programm, das wir 1999 aufgelegt haben,
etwas problematisch ist, weil sich mit ihm nur die Lärmspitzen an bestehenden Schienenwegen abbauen lassen.
Da jahrelang bzw. sogar jahrzehntelang versäumt wurde,
in diesem Fall etwas zu unternehmen, haben wir einen
enormen Reformstau, wenn es darum geht, die Lärmspitzen an bestehenden Schienenwegen sozusagen abzubrechen. Wir müssen also sehr viel abarbeiten. Momentan
gibt es aber kein zukunftsweisendes Programm. Deshalb
brauchen wir eine neue Gesamtkonzeption, in der sich
nach Rücksprache mit der DB Netz AG - diese hat bereits stattgefunden - Ansätze zur Lösung dieses Problems wiederfinden werden.
Sie haben noch eine Zusatzfrage zur Frage 7.
Frau Staatssekretärin, ich würde gerne wissen, ob die
Bundesregierung die Auffassung vertritt, dass Lärmberechnungen generell zuverlässigere Informationen liefern als konkrete Lärmmessungen. Ist dies die Auffassung der Bundesregierung oder nicht?
Es ist schon jahrzehntelang Brauch, dass man den
Lärm berechnet und ihn nicht misst. Ich gehe davon aus,
dass es keine andere Methode gibt, die Lärmbelastung
zuverlässig zu ermitteln.
Ich rufe Frage Nr. 8 des Abgeordneten Dirk Fischer
auf:
Ist die Güterumgehungsbahn Hamburg-Horn-HamburgEidelstedt im Lärmsanierungsprogramm des Bundes für bestehende Schienenwege enthalten und, wenn nein, warum
nicht, obwohl Bundesmittel für die Lärmsanierung in den vergangenen Jahren häufig nicht vollständig abgeflossen sind?
Die Güterumgehungsbahn ist im derzeit gültigen
Lärmsanierungsprogramm des Bundes nicht enthalten.
Wegen der vergleichsweise geringen Nutzung der Güterumgehungsbahn Hamburg in den zurückliegenden Jahren waren die Kriterien für eine Förderung aus dem Sanierungsprogramm an Schienenwegen der Eisenbahnen
des Bundes bisher nicht gegeben.
Ansonsten verweise ich auf die Antwort zur Frage 7.
Ihre Zusatzfragen, bitte.
Frau Staatssekretärin, kann ich die Antwort der Bundesregierung so interpretieren, dass es jetzt erlaubt ist,
der Bevölkerung verbindlich zu sagen, dass auf dieser in
der Zukunft zu ertüchtigenden und dann sehr viel intensiver genutzten Güterumgehungsstrecke dort, wo die
Lärmwerte entsprechende Maßnahmen erfordern, auch
tatsächlich konkrete Maßnahmen erfolgen?
Neben den Lärmsanierungsprogrammen an bestehenden Schienenwegen ist es Auffassung der Koalition - so
steht es auch in der Koalitionsvereinbarung -, dass man
insgesamt eine Verbesserung für die Bevölkerung - nicht
nur bei der Schiene, sondern auch bei den Straßen - erreichen sollte. Sie können davon ausgehen, dass wir alles
daransetzen, die Wohnbevölkerung vor allem in den Metropolen so zu schützen, dass das Leben in diesen Städten weiterhin lebenswert ist. Wir erwarten dabei von den
Kommunen natürlich eine Unterstützung.
Ihre zweite Zusatzfrage.
Ist es jetzt möglich, der Bevölkerung konkret mitzuteilen, dass zeitgleich zu der intensiveren Nutzung Lärmsanierungsmaßnahmen erfolgen - ja oder nein?
Sie wissen, Herr Fischer, dass das nicht in unserer
Kompetenz liegt. Die DB AG führt diese Maßnahmen
durch. Die DB AG hat mit der Aufnahme in das Programm alle Möglichkeiten zu planen und ihre Planungen
zeitgerecht umzusetzen.
Eine Zusatzfrage des Kollegen Grindel.
Frau Staatssekretärin, der Kollege Fischer hat in seiner Frage angedeutet, dass Mittel für die Lärmsanierung
in den vergangenen Jahren häufig nicht abgeflossen sind.
Können Sie das bestätigen? Wenn ja: Wie kann das sein?
Ich frage vor dem Hintergrund Ihrer Aussage, dass es einen erheblichen Stau gibt, weil in diesem Programm in
der Tat viel mehr Strecken aufgeführt sind, als überhaupt
finanziert werden können. Warum trifft man nicht entsprechende Vorkehrungen, um dann, wenn eine Maßnahme nicht abgearbeitet werden kann, eine andere vorzuziehen?
Wir haben dieses Programm erst seit 1999; das muss
man sehen. Es gab keinen Vorlauf bei der DB AG. Sie
hatte nicht die Schubladen voll mit Maßnahmen, die ergriffen werden konnten. Sie wissen, Herr Grindel, dass
wir immer Planfeststellungsverfahren für die größeren
Maßnahmen, also Maßnahmen des aktiven Lärmschutzes, durchführen müssen. In den ersten Jahren ist vor allen Dingen im Bereich der Maßnahmen des passiven
Lärmschutzes - das ist schnell umzusetzen - gehandelt
worden. Im letzten Jahr sind 41 Millionen Euro abgeflossen. Es gibt eine Vorleistung der DB AG, was Planungen angeht, von 10 Millionen Euro. Wir gehen davon
aus, dass in diesem Jahr alle Mittel abfließen. Insofern
ist der Widerspruch, der darin liegt, dass es zwar genügend Projekte gibt, sie aber nicht alle realisiert werden,
vor allen Dingen darin begründet, dass wir immer eine
gesetzliche Grundlage haben müssen, wenn wir zum
Beispiel Lärmschutzwände bauen wollen.
Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Feibel.
Frau Staatssekretärin, kann das nicht daran liegen,
dass die Deutsche Bahn AG aufgrund ihrer Personalpolitik nicht mehr die notwendigen Fachkräfte hat, um Ausschreibungen ordnungsgemäß vorzunehmen und Maßnahmen auch abzuwickeln? Schließlich braucht man
Fachleute - bei der Deutschen Bahn gab es sie früher in
großer Zahl und heute fehlen sie -, um solche Maßnahmen - dazu gehören auch Lärmschutzmaßnahmen durchzuführen.
Herr Feibel, ich gebe Ihnen Recht, dass es, was das
Planungspersonal angeht, Probleme gegeben hat; im
Zeitraum vom Beginn der Bahnreform bis 1998 ist in
diesem Bereich viel Personal abgebaut worden. Das war
sicherlich eine unternehmerische Entscheidung, die sich
gerächt hat. Dadurch, dass die Verwendung von Planungskapazitäten koordiniert wurde, ist aber massiv Abhilfe geschaffen worden. Vorhin habe ich Ihnen gesagt,
welche Mittel im letzten Jahr abgeflossen sind. Daran sehen Sie, dass es mittlerweile Früchte trägt, dass besser
koordiniert worden ist und mehr Personal da war.
Ich rufe die Frage 9 der Kollegin Laurischk auf:
Warum erklärt der Parlamentarische Staatssekretär beim
Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen,
Achim Großmann, auf meine schriftlichen Fragen 66 und 67
auf Bundestagsdrucksache 15/512 vom 21. Februar 2003
einerseits, dass laut Antwort zur Frage 67 vom 21. Februar 2003 ein kurzfristiger Ausbau der Verkehrsinfrastruktur
nicht möglich sei, während er andererseits erklärt, dass der in
der Vereinbarung über die Schnellbahnanbindung Paris-Ostfrankreich-Südwestdeutschland geplante Ausbau der deutschen Streckenabschnitte 1998 begann und der Ausbau in
Frankreich 2002 folgte, obwohl andererseits in der Antwort zu
Frage 66 vom 21. Februar 2003 mitgeteilt wird, dass ein Zeitpunkt für den Beginn der Arbeiten in Frankreich nicht abzusehen sei?
Zur Beantwortung steht Frau Parlamentarische Staatssekretärin Iris Gleicke zur Verfügung.
Frau Kollegin Laurischk, die Antwort auf Ihre schriftliche Frage 67 auf Bundestagsdrucksache 15/512, wonach ein kurzfristiger Ausbau der Schnellbahnverbindung Paris-Ostfrankreich-Südwestdeutschland nicht
möglich sei, bezieht sich auf den Gesamtzeitbedarf für
die Fertigstellung der Schnellbahnverbindung. Die genannten Jahreszahlen, 1998 und 2002, beziehen sich auf
den Beginn von Bauarbeiten an Bauabschnitten in
Deutschland und Frankreich.
Frankreich baut mit der Schnellbahnverbindung Paris-Ostfrankreich-Südwestdeutschland in einer ersten
Baustufe eine Neubaustrecke von Vaires bei Paris bis
Baudrecourt in Lothringen. Der Zeitpunkt für den Weiterbau der Strecke von Baudrecourt nach Straßburg und
nach Forbach bei Saarbrücken lässt sich noch nicht absehen. Hierauf wurde in der Antwort auf Frage 66 hingewiesen.
Ihre erste Zusatzfrage, bitte.
Frau Staatssekretärin, ist der Bundesregierung bekannt, dass der TGV-Est, die seit 20 Jahren geplante
Hochgeschwindigkeitsstrecke Paris-Straßburg, durch
ein von der französischen Regierung in Auftrag gegebenes Gutachten nicht mehr unter den Verkehrsprojekten
mit Priorität eingestuft wird? Welche Konsequenzen
zieht sie daraus?
Frau Kollegin Laurischk, dieses Gutachten ist mir
persönlich nicht bekannt. Wie Sie vielleicht wissen,
plant Frankreich aber auch, einen TGV auszurüsten.
Wenn die Strecke zwischen Vaires und Baudrecourt befahrbar ist, die vorhandene Strecke zwischen Baudrecourt und Saarbrücken vollständig nutzbar ist und die
Bauarbeiten auf der Strecke Saarbrücken-Mannheim abgeschlossen sind, dann sollen dort im Jahre 2007 ausgerüstete TGVs, die entsprechende Leit- und Sicherungstechnik an Bord haben, im Einsatz sein. Ähnlich verhält
es sich mit dem ICE 3, der derzeit in Frankreich in der
Erprobung ist.
Sie dürfen eine weitere Zusatzfrage stellen.
Frau Staatssekretärin, wie ist in diesem Zusammenhang die Erklärung der deutschen und der französischen
Regierung aus Anlass des 40. Jahrestags der Unterzeichnung des Élysée-Vertrags zu bewerten, im Eurodistrikt
Straßburg-Kehl gute Verkehrsanbindungen zu unterstützen, und welche Maßnahmen plant die Bundesregierung?
Frau Kollegin, dabei handelt es sich um den so genannten Südast dieser Schnellbahnverbindung. Wie Sie
wissen - das habe ich dargestellt -, kommen der Bau des
Nordastes und der Bau der langen Strecke von Baudrecourt nach Vaires gut voran. Aber auf französischer Seite
ist der Bau des Streckenabschnitts Baudrecourt-Straßburg nicht terminiert. Der Finanzbedarf für den Bau des
kleinen Abschnitts in Deutschland - es geht um die Strecke nach Kehl, die 17 Kilometer lang ist - ist sehr hoch;
er liegt bei ungefähr 300 Millionen Euro. Die Fahrzeitverbesserung auf dieser 17 Kilometer langen Strecke
liegt bei nur drei Minuten. Das steht natürlich in keinem
Verhältnis. Deshalb bedeutet die Erklärung, dass, wenn
die französische Seite an dem Südast weiterbaut, auch
wir unsere kleine Strecke an dieser Stelle weiterbauen.
Eine weitere Zusatzfrage, und zwar des Kollegen
Feibel.
Frau Staatssekretärin, ist damit zu rechen, dass die
Realisierung des Nordastes, also von Baudrecourt über
Saarbrücken nach Mannheim, zumindest zeitgleich mit
der Realisierung des Südastes erfolgt und dass dann
beim Ausbau bzw. Neubau dieser beiden Strecken das
eingehalten wird, was einmal in Frankreich vereinbart
wurde, nämlich dass beide Strecken mit der gleichen GeAlbrecht Feibel
schwindigkeit bzw. in der gleichen Reisezeit befahren
werden, oder wird es da erhebliche Unterschiede geben,
einerseits bei der Fertigstellung und andererseits bei den
Reisezeiten?
Herr Kollege Feibel, ich bitte um Verständnis, dass
ich Ihnen zu den Reisezeiten im Moment nichts sagen
kann; ich habe das nicht im Detail im Kopf.
Was die Fertigstellung des so genannten Nordastes
und die Strecke von Baudrecourt nach Vaires angeht,
habe ich gerade gesagt, dass diese auf französischer wie
auf deutscher Seite 2007 erfolgt sein soll. Ich habe eben
auf die Frage der Kollegin geantwortet, dass die Bauzeit
für die Strecke von Baudrecourt nach Straßburg, den so
genannten Südast, von französischer Seite nicht terminiert ist. Deshalb ist davon auszugehen, dass sie auch
nicht gleichzeitig fertig wird.
Wir sind damit am Ende dieses Geschäftsbereiches.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit.
Zur Beantwortung der Fragen steht Frau Staatssekretärin
Simone Probst zur Verfügung.
Ich rufe Frage 10 des Kollegen Feibel auf:
Trifft es vor dem Hintergrund der Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit Margareta Wolf auf meine
Frage 42 in der Fragestunde am 19. Februar 2003, Plenarprotokoll 15/27, Seite 2125 D, in der lediglich auf eine Baumaßnahme durch das Bundesamt für Strahlenschutz verwiesen
wurde, zu, dass in anderen Liegenschaften sowie in der Liegenschaft Salzgitter-Lebenstedt seitens des Bundesamtes keinerlei Baumaßnahmen - auch keine Umbauten - im Jahr
2003/2004 vorgenommen werden?
Sehr geehrter Herr Feibel, zunächst möchte ich mich
für Ihr Interesse am Bundesamt für Strahlenschutz bedanken. Dieses Interesse freut uns immer, gerade bei
Mitgliedern des Haushaltsausschusses.
Ihre Frage bezieht sich ja auf die letzte Fragestunde.
Ich beantworte sie in aller Klarheit: Weder in SalzgitterLebenstedt noch in anderen Liegenschaften sind nach
derzeitiger Planung für das Jahr 2003/2004 Baumaßnahmen vorgesehen. Damit wir uns richtig verstehen - da
ich weiß, dass Sie Mitglied des Haushaltsausschusses
sind -: Das sind die Maßnahmen, die unter den
Tit. 711 01 oder 712 01 fallen würden.
Ihre Zusatzfragen, bitte.
Das heißt, auch vor 2002 und nach 2005 sind keine
Maßnahmen durchgeführt worden bzw. werden keine
durchgeführt, die man unter Umbau- oder auch unter Erhaltungsbaumaßnahmen einordnen könnte?
Das sind zwei verschiedene Dinge. Sie haben ganz
konkret nach Baumaßnahmen gefragt. Ich habe geantwortet, dass wir im jetzigen Haushaltsjahr in diesen Titeln
keine Baumaßnahmen vorgesehen haben. Davon unberührt sind natürlich Bauunterhaltungsarbeiten, die sich im
Haushalt in Kap. 519 01 befinden. Sie wissen, dass uns
insbesondere unsere BfS-Dienststelle in Berlin-Karlshorst sehr am Herzen liegt. Wir haben dort in Gesprächen
mit dem Verkehrsministerium für ein Sanierungskonzept
geworben und uns auch geeinigt. Die Bauunterhaltungsmaßnahmen haben Sie in Ihrer ursprünglichen Frage nicht
angesprochen.
Können Sie zu den Bauerhaltungsmaßnahmen in
Salzgitter-Lebenstedt etwas sagen oder müsste ich erneut
eine Frage einreichen? Wenn Sie jetzt dazu Auskunft geben können, würde sich eine erneute Anfrage erübrigen.
Wir können Ihnen selbstverständlich all das, was in
diesem Titel geplant ist, in einer Fragestunde oder auch
als Mitglied des Haushaltsausschusses zur Verfügung
stellen. Ob Sie dazu erneut eine schriftliche Frage oder
eine Frage für die Fragestunde einreichen, liegt in Ihrer
Entscheidung. Ich habe jetzt nicht all das, was in diesem
Titel für Bauunterhaltungsmaßnahmen geplant ist, vorliegen.
Dann rufe ich jetzt Frage 11 auf:
Welche Baumaßnahmen mit welchem Finanzbedarf sind
in anderen Liegenschaften sowie in Salzgitter-Lebenstedt in
2003/2004 vorgesehen?
Herr Kollege, ich habe diese Frage bereits mit beantwortet.
Ich werde mich dann wieder melden.
Dann rufe ich die Frage 12 des Kollegen Günter
Baumann auf:
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Ist der Bundesregierung bekannt, dass die Umweltbelastung durch Luftverschmutzung im sächsischen Grenzbereich
zu Tschechien in den vergangenen Monaten zugenommen hat
und dass eine Ursache hierfür die Emissionen veralteter tschechischer Industrieanlagen ist?
Ihre Frage, ob der Bundesregierung bekannt ist, dass
die Umweltbelastung durch Luftverschmutzung im sächsischen Grenzgebiet zu Tschechien in den vergangenen
Monaten zugenommen hat, beantworte ich mit Ja. In den
letzten zwei Jahren - seit Anfang der 90er-Jahre arbeiten
wir mit dem tschechischen Umweltministerium sehr intensiv zusammen - sind verstärkt unerträgliche Geruchsbelästigungen in Verbindung mit einer höheren Benzolkonzentration aufgetreten. Ich möchte für diejenigen, die
dort wohnen, betonen, dass eine solche Geruchsbelästigung nicht zwangsläufig mit einer Schadstoffbelastung
oberhalb der Grenzwerte in Verbindung stehen muss,
dass vielmehr auch bei Einhaltung der Grenzwerte unerträgliche Zustände entstehen können.
Sie wissen, dass wir in den letzten Jahren durch Immissionsmessungen in Zusammenarbeit mit Geruchsprobanden den Bereich der Emittenten sehr stark eingrenzen
konnten. Die Geruchsquellen sind vermutlich in der Region Litvinov/Zaluzi zu suchen. Dort kommen zwei Industrieunternehmen infrage, und zwar die Chemopetrol
Litvinov und die Ceska Rafinerska. Auf diese Unternehmen konzentrieren wir unsere Bemühungen. Sie wissen,
dass in der vergangenen Woche eine Sitzung der
deutsch-tschechischen Umweltkommission stattgefunden hat. Dies war eines der wesentlichen Themen der
Beratungen mit dem dortigen Umweltministerium.
Ihre Zusatzfrage, bitte.
Frau Staatssekretärin, kann ich davon ausgehen, dass
Sie beide Fragen zusammen beantwortet haben?
Nein.
Ist der Bundesregierung konkret bekannt, um welche
Verursacher - Sie haben zwei Firmen genannt - und um
welche Schadstoffe es sich handelt? Können Sie verbindlich ausführen, dass diese Belastung keine gesundheitlichen Schäden für die Menschen bedeutet?
Die Frage der Grenzwerte berührt auch Ihre zweite
Frage. Die erhöhte Benzolkonzentration, die von der
sächsischen Behörde gemessen wurde, gibt natürlich
Anlass zur Besorgnis. Dem gehen wir nach. Alle Ergebnisse von in der Vergangenheit durchgeführten Messungen lagen unterhalb der in der Tschechischen Republik
geltenden Grenzwerte. Nichtsdestotrotz sind diese Geruchsbelästigungen nicht akzeptabel.
Bei den von uns durchgeführten Messungen konnte
die Region, die für die Verursachung verantwortlich ist,
sehr stark eingegrenzt werden. Wir konnten eingrenzen,
um welche beiden Unternehmen es geht. Gemeinsam mit
dem tschechischen Umweltministerium haben wir sowohl das Ministerium für Industrie und Handel als auch
die Verantwortlichen in der Region aufgefordert, sich
einzuschalten. Die deutsch-tschechische Umweltkommission befürwortet, dass sich die sächsische Seite beim
Auftreten von Geruchsbelästigungen mit den Unternehmen in der Tschechischen Republik direkt in Verbindung
setzen kann. Auf diese Weise können wir den Produktionsprozessen auf den Grund gehen.
Ihre zweite Zusatzfrage.
Sind die Maßnahmen zur Information der Bevölkerung bei Überschreiten der Grenzwerte aus Ihrer Sicht
ausreichend?
Ich komme auf die Ergebnisse der in der vergangenen
Woche durchgeführten Tagung der Umweltkommission
zurück. Bei dieser Gelegenheit möchte ich Ihre zweite
Frage hinsichtlich der Hinwirkung auf die Einhaltung
von umweltpolitischen Mindeststandards in tschechischen Industrieanlagen im grenznahen Bereich beantworten.
Ich rufe also jetzt Frage 13 des Kollegen Baumann
auf:
Was gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen, um
auf eine Einhaltung von umweltpolitischen Mindeststandards
in tschechischen Industrieanlagen im grenznahen Bereich hinzuwirken?
Die Tschechische Republik ist in Zukunft verpflichtet,
die EU-Anforderungen einzuhalten. Für die Industrieunternehmen gilt in erster Linie die Richtlinie zur integrierten
Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung;
das ist die IVU-Richtlinie. Für die Unternehmen gibt es
Merkblätter über die zurzeit beste verfügbare Technik. Die
deutschen Emissionsanforderungen und die ergänzenden
Anforderungen an den Betrieb von Anlagen, wie wir sie in
Deutschland haben, haben in der Tschechischen Republik
naturgemäß keine Geltung. Aufgrund dieser Situation haben wir zur Verminderung von Umweltbelastungen in den
letzten Jahren konkrete Umweltschutzprojekte in der
Grenzregion durchgeführt. Sie wissen, dass wir uns hier mit
40 Millionen Euro finanziell beteiligt haben, insbesondere
bei der Errichtung von Rauchgasreinigungsanlagen für die
Kraftwerksblöcke im grenznahen Bereich. Zu erwähnen ist
noch der Fonds Luftreinhaltung, der Ihnen sicherlich bekannt ist.
Zusätzlich zu diesen Maßnahmen haben wir in der
deutsch-tschechischen Umweltkommission neu vereinbart, dass wir eine gegenseitige Meldepflicht auch für
nicht meldepflichtige Ereignisse einführen wollen. Ich
hoffe, dass dies zur Information der Bevölkerung beiträgt und dass auch unabhängig von der IVU-Richtlinie
die deutsche Seite informiert wird, wenn erhöhte Schadstoffkonzentrationen, Geruchsbelästigungen und Wasserverschmutzungen auftreten. Dadurch sollen mehr
Transparenz und mehr Sicherheit für die Bevölkerung
geschaffen werden.
Das Melden dieser nicht meldepflichtigen Ereignisse
soll vor allen Dingen dazu dienen, den Ursachen auf den
Grund zu gehen. Nur wenn wir Informationen auch über
nicht meldepflichtige Ereignisse haben, ist es uns möglich, genau nachzuverfolgen, welche Stoffe in diesen
Anlagen produziert worden sind.
Ihre Zusatzfragen, bitte.
Frau Staatssekretärin, ich habe Ihrer Antwort entnommen, dass Sie mit Tschechien in ständigen Verhandlungen stehen. Ich möchte Sie daher gerne fragen, ob Sie
bekannt geben können - das wäre auch für die Bevölkerung interessant -, bis wann eine Abhilfe bei den unerträglichen Belastungen erfolgen kann.
Es wäre unseriös, Ihnen jetzt Daten zu nennen. Sie
wissen, unser Ressort hat aufgrund eines Regierungsabkommens die Zusammenarbeit mit dem tschechischen
Umweltministerium in den letzten Jahren vorangetrieben. Wir haben alle Maßnahmen, die wir für sinnvoll
hielten - zum Beispiel die Durchführung von Messprogrammen -, umgesetzt.
Die Geruchsbelästigungen haben kontinuierlich abgenommen. Seit zwei Jahren treten sie wieder verstärkt
auf, so auch in den vergangenen Monaten. Wir können
nicht davon ausgehen, dass sie in Zukunft nicht auftreten
werden. Daher haben wir uns zusammen mit dem tschechischen Umweltministerium an das tschechische Ministerium für Industrie und Handel gewandt, damit wir bei
der Ursachenforschung vorankommen. Es gibt eine sehr
gute Kooperation mit den Bundesländern, insbesondere
mit dem Umweltministerium in Sachsen. Sie können sicher sein, dass wir all das, was in unseren Möglichkeiten
steht, tun werden.
Für mich ist ein ganz wesentlicher Schritt, dass die
Regionen, die als Verwaltungseinheiten neu geschaffen
worden sind, einbezogen werden und dass wir uns nicht
allein auf Messprogramme beschränken. Diese allein
bringen uns nicht weiter. Wir müssen vielmehr in die Betriebe gehen, auf deren Kooperation wir angewiesen
sind. Wir hoffen, auch im tschechischen Ministerium für
Industrie und Handel die entsprechende Unterstützung
zu finden.
Sie haben noch eine Zusatzfrage.
Frau Staatssekretärin, welche Möglichkeit sehen Sie,
in der jetzigen Phase gemeinsam mit der Europäischen
Union auf Tschechien einzuwirken, dass Tschechien bis
zum Beitritt am 1. Mai 2004 wenigstens die Mindestnormen für die umgeweltgerechte Produktion in Chemiewerken einhält?
Das können wir sicherstellen. Sie wissen, dass Tschechien das Land im Rahmen der EU-Osterweiterung ist,
das die wenigsten Übergangsregelungen, nämlich nur
drei, beantragt hat. Es ist eines der engagiertesten Länder, wenn es darum geht, die EU-Standards umzusetzen.
Die Kooperation in der gemeinsamen Arbeitsgruppe, die
sich mit Störfällen beschäftigt, und im Rahmen von
Twinning-Projekten, in denen es um die Umweltverträglichkeitsprüfung und um die IVU-Richtlinie geht, ist
hervorragend. Bis zum Beitritt werden die Mindeststandards eingeführt.
Wir dürfen uns allerdings nicht zurücklehnen und uns
damit zufrieden geben, dass die Mindeststandards und
Grenzwerte eingehalten werden; denn die Geruchsbelästigungen, die für die ganze Region unerträglich sind,
können auch dann auftreten, wenn die Mindeststandards
eingehalten werden. Die chemischen Prozesse haben
aufgrund der besonderen Reliefformation im Erzgebirge
unglücklicherweise zur Folge, dass gerade die Menschen
auf der deutschen Seite des Erzgebirges durch sie belastet werden.
Wir sind damit am Ende dieses Geschäftsbereichs.
Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern. Zur Beantwortung steht der
Parlamentarische Staatssekretär Fritz Rudolf Körper zur
Verfügung.
Ich rufe die Frage 14 des Abgeordneten Reinhard
Grindel auf:
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Hat der Bundesminister des Innern, Otto Schily, in der
letzten Sitzung des EU-Innenministerrats einer Richtlinie zum
Familiennachzug zugestimmt, die im deutschen Ausländerrecht eine Regelung über den Nachzug von Kindern mit einem Nachzugsalter unterhalb von zwölf Jahren nicht mehr
möglich macht?
Herr Kollege Grindel, ich beantworte Ihre Frage wie
folgt: Der Bundesminister des Innern hat bei der Sitzung
des Rates „Justiz und Inneres“ am 27. Februar 2003 einer Regelung zugestimmt, die eine Begrenzung des
Nachzugs von Kindern über zwölf Jahren zulässt. Nach
dieser Regelung kann in den Fällen, in denen ein Nachzug unabhängig vom Familienverband erfolgt, die Entscheidung über den Nachzug vom Nachweis von Integrationsvoraussetzungen abhängig gemacht werden.
Auf Vorschlag von Bundesinnenminister Otto Schily
ist überdies ein Erwägungsgrund in die Richtlinie aufgenommen worden, der das Ziel der Nachzugsregelung erläutert. Dieser Erwägungsgrund besagt, dass die Begrenzung des Nachzugsanspruchs von Kindern über zwölf
Jahren der Integrationsfähigkeit von Kindern im frühen
Alter Rechnung tragen und den notwendigen Bildungsund Spracherwerb gewährleisten soll.
Ihre Zusatzfragen, bitte.
Herr Staatssekretär, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf: Sie haben meine Frage nicht beantwortet.
Ich habe nicht nach den Kindern über zwölf gefragt.
Vielmehr bezog sich die Frage auf eine Regelung für
Kinder unter zwölf. Deswegen versuche ich es noch einmal ganz präzise: Bedeutet der Beschluss über die EURichtlinie, dass der deutsche Gesetzgeber, etwa bei den
Beratungen über ein neues Zuwanderungsgesetz, keine
Regelung treffen kann, die ein Nachzugsalter unter
zwölf Jahren vorsieht? Mit anderen Worten: Ist damit
ausgeschlossen, dass wir uns etwa auf ein Kindernachzugsalter von sechs oder von zehn Jahren verständigen?
Herr Kollege Grindel, was das bedeutet, will ich am
Richtlinientext an dieser Stelle konkretisieren. Beispielsweise ist folgende Ausnahmeregelung zum grundsätzlichen Nachzugsanspruch minderjähriger Kinder formuliert worden:
Abweichend kann ein Mitgliedstaat bei einem Kind
über 12 Jahren, das nicht im Familienverband einreist, prüfen, ob es ein zum Zeitpunkt der Umsetzungsfristen dieser Richtlinie in den innerstaatlichen Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats
vorgesehenes Integrationskriterium erfüllt, bevor er
ihm die Einreise und den Aufenthalt gemäß dieser
Richtlinie gewährt.
Es geht also um die Definition von Integrationskriterien.
Des Weiteren ist ein Erwägungsgrund für diese Ausnahmeregelung hinzugefügt worden:
Die Möglichkeit, das Recht auf Familienzusammenführung für Kinder über 12 Jahren, deren Lebensmittelpunkt nicht beim Zusammenführenden
liegt, zu begrenzen, soll der gesteigerten Integrationsfähigkeit von Kindern im frühen Alter Rechnung tragen und den notwendigen Bildungs- und
Spracherwerb durch das schulische Angebot gewährleisten.
Im Übrigen bleibt es, bei dem, was im Entwurf des
Zuwanderungsgesetzes geregelt ist. Den Kindernachzug
haben wir in dem vorliegenden § 32 geregelt. Da sehen
Sie, was bei Kindern ab dem zwölften Lebensjahr möglich ist, und Sie sehen die Möglichkeiten, die für Kinder
unter zwölf Jahren bestehen. Das wird nämlich in § 32
Abs. 2 und 3 geregelt. Diese EU-Richtlinie steht dazu
nicht in Widerspruch.
Herr Staatssekretär, wenn uns jetzt Zuschauer zusehen würden, glaube ich, dass sie denken würden, dass
wir uns ein bisschen als Komödianten betätigen.
({0})
Ich habe gerade eben gesagt, dass ich nicht nach den
Kindern über zwölf Jahren gefragt habe. Sie haben die
Ausnahmen und die Integrationsanstrengungen wieder
nur auf die Kinder über zwölf Jahren bezogen. Ich habe
aber nach einer Regelung für Kinder unter zwölf Jahren
gefragt.
Staatssekretärin Vogt hat gerade bei den Beratungen
im Innenausschuss meine Frage klipp und klar beantwortet: Nein, hat sie gesagt, es gibt keine Regelung für
Kinder unter zwölf Jahren, die mit EU-Recht vereinbar
wäre. - Ich gehe davon aus, dass Sie wegen der breiten
Diskussion im Innenausschuss vor dieser Fragestunde
mit Frau Vogt Rücksprache gehalten haben.
Können Sie die Frage beantworten, ob dieser Bundestag und der Bundesrat noch in der Lage sind, sich auf ein
Nachzugsalter zu verständigen, dass bei sechs oder bei
zehn Jahren liegen würde?
Sie wissen, dass es das Interesse der Bundesregierung
war - so wurden auch die Verhandlungen geführt -,
diese EU-Richtlinie kompatibel mit unserem Entwurf eines Zuwanderungsgesetzes zu gestalten. Dies ist vorliegend der Fall und das gilt auch für den von Ihnen abgefragten Bereich.
Es gibt eine Zusatzfrage des Kollegen Binninger.
Herr Staatssekretär, ich muss noch einmal darauf abheben, was Ihre Kollegin heute Morgen im Innenausschuss gesagt hat. Dort gab es die klare, präzise Frage
des Kollegen Grindel, ob es vor dem Hintergrund dieser
EU-Richtlinie möglich ist, dass Deutschland eine Regelung trifft, mit der die Grenze für das Nachzugsalter für
Kinder auf zehn oder sechs Jahre gesenkt wird. Sie hat
gesagt: Nein. Sie sagen jetzt etwas anderes. Wie kommt
das?
Ich überlasse es Ihnen, zu beurteilen, wer etwas anderes sagt. Ich kann nur das sagen, was ich hier vertreten
habe. Dennoch will ich mir den Hinweis erlauben: Wenn
es hier im Deutschen Bundestag und im Bundesrat nicht
zur Zuwanderungsgesetzgebung käme,
({0})
bliebe es beim bisherigen § 20 des Ausländergesetzes,
wo derzeit die Altersgrenzen geregelt sind. Die Regelung dort deckt auch die Bereiche ab, nach denen Sie gefragt haben, gilt also sowohl für Kinder über 16 Jahren
als auch für Kinder unter 16 Jahren. Eine Änderung
würde dann nicht erfolgen. Das beantwortet, so glaube
ich, ihre Frage präzise.
Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Koschyk.
Herr Staatssekretär, Sie wissen, dass die Unionsparteien in der Diskussion über das Zuwanderungsgesetz,
das die rot-grüne Bundesregierung und die sie tragenden
Parteien unverändert in Bundestag und Bundesrat eingebracht haben, den Standpunkt vertreten, dass im Hinblick auf eine bessere Integration der Kinder von Ausländern mit einem Aufenthaltstitel, die nach Deutschland
nachziehen, ein Höchstalter von zehn Jahren festgeschrieben werden sollte. Ich frage Sie, ob bei den anstehenden parlamentarischen Beratungen über den Entwurf
eines Zuwanderungsgesetzes eine solche Einigung auf
zehn Jahre vor dem Hintergrund der neuen EU-Richtlinie möglich wäre.
Diese Frage will ich theoretisch beantworten. Vor der
EU-Richtlinie wäre das theoretisch möglich. Ob das
praktisch sinnvoll ist, ist eine ganz andere Frage.
Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Edathy.
Herr Staatssekretär, geben Sie mir Recht, dass es vor
dem Hintergrund von Art. 6 des Grundgesetzes, der Ehe
und Familie unter den Schutz des Staates stellt
({0})
und zugleich den Erziehungsanspruch der Eltern regelt,
schon etwas seltsam anmutet, wenn Vertreter der Union
indirekt nahe legen, die Bundesregierung hätte auf europäischer Ebene eine Position vertreten sollen, wonach
zehn- und elfjährigen Kindern der Nachzug zu ihren in
Deutschland lebenden Eltern verweigert würde?
Herr Kollege Edathy, ich kann Ihnen nur voll zustimmen. Bei allen Fragen, die hier politisch motiviert gestellt werden, ist doch eines ganz wichtig: dass wir das
Wohl der Familie und das Wohl des Kindes nicht außer
Acht lassen dürfen. Das ist, wie ich glaube, ein ganz entscheidender Punkt. Deswegen war Ihre Frage richtig und
wichtig.
Herr Kollege, Sie haben noch eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wie soll es möglich sein, dass die
Bundesrepublik Deutschland - dies war Ihre Aussage
eben - unterhalb der in einer Richtlinie der Europäischen
Union festgeschriebenen Grenze von zwölf Jahren
bleibt? Ihre Kollegin Staatssekretärin hat im Innenausschuss heute gesagt, dass das so nicht gehe. Sie sagen
jetzt hier das Gegenteil. Was stimmt denn nun?
Ich lasse es dahingestellt, was das Gegenteil davon
ist. Ihnen dürfte nicht entgangen sein, dass ich im wahrsten Sinne des Wortes heute Morgen nicht körperlich anwesend war.
({0})
- Das freut mich, Herr Binninger. Dass Sie das bedauert
haben, wollen wir doch im Protokoll festhalten.
Ich möchte noch - das ist auch Gegenstand meiner
Antwort auf die zweite Frage des Kollegen Grindel - auf
die Umsetzungsfrist von 24 Monaten hinweisen, die vereinbart worden ist. Es hängt ganz entscheidend vom Ergebnis des Gesetzgebungsverfahrens ab - ich habe auf
§ 32 des vorliegenden Gesetzentwurfes verwiesen -, ob
das eine Mehrheit findet. In der Tat sollte bei allen Diskussionen, die wir darüber führen, das beachtet werden,
was Herr Edathy auf den Punkt gebracht hat. Ich glaube,
es ist ganz wichtig, dass das Berücksichtigung findet.
Wir haben eine weitere Zusatzfrage des Kollegen von
Klaeden.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit uns der Ansicht, dass
es dem Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 des
Grundgesetzes und dem Kindeswohl, aber auch den Integrationschancen der Kinder am meisten dient, wenn sie
vor dem zwölften Lebensjahr zu ihren Eltern nachziehen
und nicht erst danach?
Herr Kollege von Klaeden, ich kann Ihnen in dieser
Form nicht zustimmen.
({0})
Ich glaube, dass man im Hinblick auf den Nachzug von
Kindern relativ heftig über die Altersgrenze streiten
kann, darüber also, ob man die Grenze bei zwölf Jahren
festlegen soll. Man hätte auch zehn Jahre und sieben
Monate in das Gesetz hineinschreiben können.
Wichtig ist, dass man das Kindeswohl im Auge hat.
Es kommt ganz entscheidend auf die Integration und die
Integrationsfähigkeit an. Die Passage der EU-Richtlinie,
die ich zitiert habe, bezieht sich im Grunde genommen
auf die Integrationskriterien, die dann angewendet werden können; das ist der entscheidende Punkt.
Ich kann nur dafür werben, aus dem Nachzugsalter
keine ideologische Frage zu machen. Ich glaube, wir wären alle gut beraten, wenn wir in der Debatte über die
Zuwanderung so vorgehen würden.
Wir haben eine weitere Zusatzfrage des Kollegen
Veit.
Herr Staatssekretär Körper, können Sie bestätigen,
dass es als ein Erfolg angesehen werden muss - wohlgemerkt: aus der Sicht der nachfragenden Kollegen aus der
CDU/CSU-Fraktion und nicht aus der Sicht der SPDFraktion, die anderes beschlossen hat -, wenn, ausgehend
von der Ursprungsfassung der Familienzusammenführungsrichtlinie, in der ein Nachzugsalter von bis zu
18 Jahren vorgesehen war - das war 1999 der Ausgangspunkt -, nunmehr auf europäischer Ebene eine Nachzugsaltersgrenze von zwölf Jahren vereinbart worden ist?
Herr Kollege Veit, Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass es darauf ankommt, aus welcher Perspektive man diese Entscheidung beurteilt. So wie Sie es darlegen, kann ich Ihnen zustimmen. Es ist bekannt, dass in
dieser Frage aus guten Gründen auch andere Positionen
vertreten worden sind. Aber die Entscheidung ist auf europäischer Ebene so getroffen worden, wie Sie es dargestellt haben.
Wir kommen zur Frage 15 des Kollegen Reinhard
Grindel:
Wenn ja, warum wartet die Bundesregierung auf EUEbene mit der Zustimmung zu Richtlinien, die das Ausländerund Asylrecht betreffen, nicht bis zu einer abschließenden
Entscheidung über ein neues Zuwanderungsgesetz?
Herr Kollege Grindel, gerade bei dieser Regelung hat
die Bundesregierung darauf bestanden, dass das Gesetzgebungsverfahren zum Zuwanderungsgesetz abgewartet
werden müsse. Die ursprünglich im Richtlinienvorschlag
enthaltene Regelung sah nämlich vor, die Möglichkeit,
den Nachzug von Kindern über zwölf Jahre an die Erfüllung innerstaatlicher Integrationskriterien zu knüpfen,
ausschließlich auf bereits zum Zeitpunkt der Annahme
der Richtlinie im Mitgliedstaat geltende Regelungen zu
begrenzen. Die Folge wäre gewesen, dass eine Begrenzung des Nachzugsalters nur auf die jetzt im Ausländerrecht geltende Altersgrenze von 16 Jahren zulässig gewesen wäre.
Dieser Bezug auf das geltende innerstaatliche Recht
wurde durch eine Bezugnahme auf die Umsetzungsfrist
ersetzt. Auf Initiative des Bundesinnenministers Otto
Schily wurde eine Umsetzungsfrist von 24 Monaten vereinbart. Es hängt damit vom Ergebnis des Gesetzgebungsverfahrens ab, ob im künftigen Recht das Nachzugsalter auf zwölf Jahre begrenzt wird oder nicht.
Ihre Zusatzfragen, bitte.
Herr Staatssekretär, wir haben gerade darüber gestritten, unter welchen Bedingungen diese Richtlinie überhaupt umgesetzt werden kann. Es ist offenbar strittig nicht nur zwischen uns, sondern auch unter den Staatssekretären -, ob eine Begrenzung des Nachzugsalters auf
unter zwölf Jahre möglich ist oder nicht. Ich möchte Sie
fragen, welchen Sinn es gemacht hat, dass die Bundesregierung bei den Verhandlungen in Nizza - ich finde, zu
Recht - dafür gesorgt hat, dass Entscheidungen im Bereich des Ausländer-, Asyl- und Flüchtlingsrechts weiterhin einstimmig zu treffen sind, wenn die Bundesregierung bei laufenden Gesetzgebungsverfahren in der
Bundesrepublik Deutschland davon keinen Gebrauch
macht. Der Hinweis des Kollegen Veit geht völlig fehl.
Eine Verhandlung über eine Absenkung des Nachzugsalters wäre allenfalls zu bedenken, wenn das Mehrheitsprinzip gelten würde. Da beim Ausländer- und Asylrecht
aber das Einstimmigkeitsprinzip gilt, liegt es in unserer
Hand, eine Richtlinie zu verhindern oder eben nicht. Insofern möchte ich Sie gern fragen, warum an dieser
Stelle vom Vetorecht kein Gebrauch gemacht worden ist,
bis wir in Deutschland eine klare und abschließende Zuwanderungsregelung gefunden haben.
Zum Ersten haben wir in Europa ein gutes Ergebnis
erzielt.
({0})
Das muss man sehen. Ich könnte Ihnen dies in Bezug auf
diese Richtlinie auch noch im Einzelnen erläutern.
Zum Zweiten habe ich Ihnen bereits deutlich gemacht, dass wir wegen der verankerten Umsetzungsfrist
von 24 Monaten hinsichtlich unserer Zuwanderungsdebatte und unserer Entscheidung über das Zuwanderungsgesetz noch keine Vorentscheidung getroffen und uns
keine Türen zugeschlagen haben. Das will ich hier noch
einmal mit aller Deutlichkeit festhalten. Ich glaube, dass
der Bundesinnenminister hier außerordentlich erfolgreich in unserem Sinne verhandelt hat.
Herr Staatssekretär, da Sie das Verhandlungsergebnis
noch einmal gelobt haben und hier über den Schutz von
Ehe und Familie sowie über das Kindeswohl diskutiert
worden ist, möchte ich Sie fragen: Halten Sie es vor dem
Hintergrund der Ergebnisse der PISA-Studie, in der
beklagt wird, dass gerade Kinder ausländischer Nationalität im Grundschulalter über eine immer weiter zurückgehende Sprachkompetenz verfügen, und vor dem Hintergrund etwa der Aussagen des Berliner Innensenators
bei Vorlage der Kriminalitätsstatistik bezüglich der Integrationsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen zum
Beispiel hier in Berlin nicht für überlegenswert, dass
man sich nicht wie beispielsweise bei Tarifverhandlungen, wenn der eine achtzehn und der andere sechs sagt,
dann auf zwölf einigt?
Es spricht schon einiges dafür, den Kindernachzug am
Schulbeginn oder zumindest an der Beschulung im
Grundschulbereich auszurichten und zu sagen: Für die
Integration ausländischer Kinder und damit für das Kindeswohl ist es ganz entscheidend, dass diese Kinder
möglichst früh mit unserer Sprache und auch mit deutschen Mitschülern in Kontakt kommen. Dadurch wird
die Integration gestärkt.
Herr Kollege Grindel, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie
sagen, dass die Debatte über das Zuwanderungsgesetz
sowie die Entscheidungswege nicht wie Tarifverhandlungen geführt werden sollen. Ich glaube, das ist sehr
wichtig und sinnvoll. Diese Entscheidungen muss man
insbesondere an Inhalten festmachen.
Angesichts der Defizite bei den Kindern ausländischer Herkunft im Grundschulalter, von denen Sie gesprochen haben, ist es wichtig, den Aufarbeitungsbedarf
deutlich zu machen. Ferner müssen wir deutlich machen,
dass wir unsere Integrationsleistungen verstärken müssen, dass wir insbesondere für diese Kinder im Grundschulalter mehr tun müssen.
Im Übrigen ist die Frage, was wir ermöglichen und
was wir nicht ermöglichen, sehr stark mit Blick auf das
Kindeswohl und die Familien zu beantworten. Das
scheint mir ganz wichtig zu sein. Deswegen halte ich die
im Rahmen dieses Zuwanderungsgesetzentwurfes getroffenen Entscheidungen für gut, wegweisend und perspektivisch. Ich würde mir wünschen, Sie würden dem
zustimmen.
Wir haben eine weitere Zusatzfrage des Kollegen
Strobl.
Herr Staatssekretär, Sie haben wiederholt erklärt, dass
Sie beim Nachzugsalter durchaus Spielräume sehen. Ich
möchte hier doch noch einmal nachhaken. Heute Morgen hat die Bundesregierung durch Ihre Kollegin, die
Staatssekretärin Vogt, im Innenausschuss definitiv erklärt, dass es eine EU-Regelung gibt, der die Bundesregierung nicht widersprochen hat, die es unmöglich
macht, eine nationale Regelung über den Nachzug von
Kindern mit einem Nachzugsalter unterhalb der Grenze
von zwölf Jahren zu treffen, dies also in einem deutschen
Zuwanderungsgesetz zu regeln.
Ist es nicht etwas scheinheilig, wenn Sie der deutschen Öffentlichkeit einerseits hier und jetzt suggerieren,
es gebe diese Spielräume hinsichtlich des Nachzugsalters noch, in Wahrheit aber andererseits die Bundesregierung über die EU das Nachzugsalter längst festgezurrt
hat?
Oder besteht innerhalb der Bundesregierung eine völlige Konfusion dergestalt, dass der eine Staatssekretär
nicht weiß, was die Staatssekretärin des gleichen Ministeriums am Vormittag im Innenausschuss des Bundestages erklärt hat?
Lieber Herr Strobl, es besteht vielleicht Konfusion in
Ihrer Fraktion oder in Ihrer Arbeitsgruppe Innenpolitik,
Sie können aber davon ausgehen, dass das bei der Bundesregierung nicht der Fall ist. Bei Ihnen hat es aber zumindest hier und da den Anschein.
Egal wie oft ich das wiederhole, meine Antwort bleibt
immer gleich.
Im Übrigen will ich mit Ihnen nicht über den Inhalt
streiten. Ich bin fest davon überzeugt, dass das, was wir
in § 32 unseres Entwurfs in Bezug auf den Kindesnachzug und die Möglichkeiten hierzu festgelegt haben, richtig und wichtig ist. Ich kann nur dafür werben, dies auch
so zu verabschieden. Die EU-Richtlinie verschlägt, was
die Frage der nationalen Gesetzgebung anbelangt, überhaupt nichts; das sage ich ganz deutlich. Deswegen ist
eine Umsetzungsfrist von 24 Monaten vereinbart worden. Die Situation ist also klar. Dem habe ich nichts
mehr hinzuzufügen.
Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Binninger.
Herr Staatssekretär, der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen hat zur Jahreswende in der Zeitung
„Die Welt“ gesagt, dass Rot-Grün den Weg über die EU
beschreiten werde, wenn die entsprechenden Vorstellungen zum Zuwanderungsgesetz im Bundestag nicht
durchgesetzt werden könnten. Wie bewerten Sie diese
Aussage? Im Moment sieht es doch danach aus, dass Sie
diesen Umweg gehen und dass Sie so das deutsche Parlament und die Opposition aus der Diskussion ausklammern.
Lieber Kollege Binninger, Sie wissen, dass ich Ihnen
Sympathie entgegenbringe. Das sage ich ganz offen. Ich
habe aber nicht zu kommentieren, was ein Parlamentarischer Geschäftsführer in einer Zeitung geäußert hat.
Ich glaube, der Begriff „Umweg“ ist an dieser Stelle
falsch gewählt. Ich werbe dafür, dass wir den Gesetzentwurf zur Zuwanderung mit der Vielzahl an vernünftigen
Regelungen, die wir getroffen haben - es hat im Übrigen
ein langer Diskussionsprozess stattgefunden -, mit
Mehrheiten versehen. Die Problemlage erfordert dies.
Ich glaube, wir sind Manns genug, das auf nationaler
Ebene regeln zu können. Deswegen sollten wir das auch
tun.
Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Koschyk.
Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung die
Auffassung des Berliner Innensenators Körting, der den
Anstieg der Kriminalität unter ausländischen Jugendlichen in Berlin auch auf die unzureichende Integration
zurückführt? Er hat die Situation im „Tagesspiegel“ von
heute so beschrieben:
Die Kinder lernen kaum Deutsch, scheitern in der
Schule, haben schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt und verkehren nur in ihrem eigenen Milieu.
Statt Integration steht am Ende Isolation und Ausgrenzung.
Lieber Herr Kollege Koschyk, solche Zustände, die
Sie durch dieses Zitat beschreiben, wollen wir nicht.
Deswegen unternimmt die Bundesregierung, unterlegt
durch das Zuwanderungsgesetz, verstärkte Anstrengungen im Bereich der Integration. Dies ist nach meinem
Dafürhalten notwendig. Ich appelliere an die Länder und
an Sie, uns dabei zu unterstützen, indem Sie, unter anderem aus diesen Gründen, diesem guten Zuwanderungsgesetz zustimmen.
({0})
Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Dr. Schröder.
Herr Staatssekretär, Sie haben betont, dass Innenminister Schily ein hervorragendes Verhandlungsergebnis
erzielt habe und dass wir auf nationaler Ebene alle Möglichkeiten haben, unsere eigenen gesetzlichen Vorstellungen umzusetzen. Sind Sie auch der Meinung, dass
uns alle Möglichkeiten zur Verfügung stehen, um den
Zugang zum Arbeitsmarkt von nachziehenden Familienangehörigen zu regeln? Inwieweit besteht die Möglichkeit, das auf nationaler Ebene zu regeln, nachdem sich
der Innenminister mit den anderen europäischen Innenministern auf diese Richtlinie zum Familiennachzug geeinigt hat?
Sie wissen, dass die Regelungen beim Arbeitsmarkt
Gegenstand einer anderen EU-Richtlinie sind. Sie wissen auch, dass es zum Beispiel zwischen Bund und Ländern eine Debatte gegeben hat und dass wir im Sinne eines gemeinsamen fruchtbaren Dialogs diese Regelungen
in Europa erzielen konnten. Diese Formulierung habe
ich letztes Mal zitiert. Ich denke, das ist richtig so. Von
daher sehe ich das nicht als ein Problem an.
Herr Kollege Schröder, es tut mir Leid; Sie haben nur
eine Zusatzfrage.
Es folgt nun die Zusatzfrage des Kollegen Gewalt.
Herr Staatssekretär, Ihre Antwort war für mich ein
wenig irritierend. Deshalb frage ich ganz konkret: Sind
Sie mit mir der Auffassung, dass eine Richtlinie der Europäischen Union, in der ein Alter von zwölf Jahren festRoland Gewalt
gelegt ist, für die nationale Gesetzgebung verbindlich
ist?
Sind Sie mit mir auch der Auffassung, dass das Zuwanderungsgesetz der Bundesrepublik an diese Vorgabe gebunden wäre, wenn dies auf europäischer Ebene - der
Herr Bundesinnenminister hat sich auf der europäischen
Ebene insoweit ja verständigt - so geregelt werden sollte?
Ich will Ihnen noch einmal das sagen, was ich bereits
in der Antwort auf die Frage 15 gesagt habe:
Auf Initiative des Bundesministers des Innern
- wir sind stolz darauf, dass Innenminister Otto Schily
dies erreichten konnte wurde eine Umsetzungsfrist von 24 Monaten vereinbart. Es hängt damit vom Ergebnis des Gesetzgebungsverfahrens ab, ob im künftigen Recht das
Nachzugsalter auf zwölf Jahre begrenzt wird oder
nicht.
Das ist der entscheidende Punkt und beantwortet Ihre
Frage.
Es gibt keine weiteren Zusatzfragen.
Wir kommen zur Frage 16 des Abgeordneten Hartmut
Koschyk:
Wie soll nach Auffassung der Bundesregierung das Problem der Feuerwehrleute, die als Atemschutzgeräteträger bisher ein so genanntes Rescue Tool als Selbstrettungswerkzeug
benutzen, das aber ab dem 1. April 2003 nach dem neuen
Waffenrecht verboten ist, gelöst werden?
Herr Kollege Koschyk, ein Motiv und Ziel des Gesetzgebers bei der Novellierung des Waffenrechtes war,
aufgrund rechtsstaatlicher Belege eines verstärkten kriminellen Missbrauchs und einer gesteigerten Gewaltbereitschaft von Jugendlichen, unter anderem die Vorschriften betreffend Hieb- und Stoßwaffen zu verschärfen.
Das Problem der Einstufung von Rettungswerkzeugen wurde bei der Erarbeitung des neuen Waffengesetzes
gesehen. Die einschlägigen Verbotsvorschriften wurden
mit den Ländern, die Träger der Berufs- und freiwilligen
Feuerwehren sind, und den Verbänden, mit Einschluss
des Industrieverbandes Schneidwaren und Bestecke, eingehend abgestimmt. Bei diesen Abstimmungen, die
bereits im Frühjahr 2001 stattfanden, wurde davon ausgegangen, dass durch die Neufassung des Taschenmesserprivilegs die marktgängigen Rettungsmesser abgedeckt seien.
Gegenwärtig wird auf der Grundlage einer Umfrage
des Landes Brandenburg bei den Ländern geprüft, ob im
Zusammenhang mit dem neuen Waffenrecht gesonderte
Maßnahmen hinsichtlich der Ausstattung der Feuerwehrmänner mit Messern erforderlich sind. Die Prüfung
ist derzeit weder hinsichtlich der konkreten Ausstattung
der Feuerwehren noch hinsichtlich der Möglichkeiten
der Ersatzbeschaffung abgeschlossen.
Ihre Zusatzfragen.
Herr Staatssekretär, mich wundert es schon, dass die
Bundesregierung eine Umfrage durch das Land Brandenburg durchführen lassen muss. Die Beschwernisse
der Rettungsorganisationen sind allgemein bekannt.
Herr Staatssekretär, ich frage Sie: Ist die Bundesregierung bereit, sich eigene Erkenntnisse darüber zu verschaffen, ob das Problem, wie ich es in meiner Frage
beschrieben habe, wirklich existiert? Wird die Bundesregierung von der in § 40 Abs. 4 des Waffengesetzes vorgesehenen Ausnahmeregelung über das Bundeskriminalamt Gebrauch machen, wenn sie nach einem hoffentlich
zügigen Klärungsprozess die Überzeugung gewinnt,
dass hier Handlungsbedarf besteht?
Herr Kollege Koschyk, Sie wissen, warum wir diese
Umfrage durch ein Bundesland durchführen lassen. Ich
glaube, das ist ganz normal. Es liegt nämlich daran, dass
die Waffenbehörden auf Landesebene organisiert sind.
Das Gleiche gilt beispielsweise auch für die Feuerwehren. Das ist logisch und liegt in der Natur der Sache. Ich
denke, das ist richtig.
Sie wissen, dass momentan die Gespräche zu der notwendigen Verordnung und zu den Verwaltungsvorschriften zum Waffengesetz geführt werden. Ich sage Ihnen zu
- davon gehe ich aus -, dass wir diese Geschichte noch
einmal prüfen werden. Ich sage auch ganz deutlich - das
muss ich offen und fairerweise eingestehen -, dass sie in
bestimmten Gesprächen keine Rolle gespielt haben. Das
Thema ist auf den Tisch gekommen und wir werden uns
ihm nähern und sehen, welche Lösung wir finden.
Ihre weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie vor allem für die betroffenen Rettungsorganisationen und die dort Tätigen
schon einen Zeithorizont nennen, innerhalb dessen mit
einer Klärung zu rechnen ist?
Die Klärung sollte mit der Erarbeitung der Verordnung und der Verwaltungsvorschrift in Zusammenhang
gebracht werden. Da wir diese Arbeiten in Bälde zum
Abschluss bringen wollen, gehe ich davon aus, dass auch
der Prüfungsvorgang in Bälde abgeschlossen wird.
Wir kommen zur Frage 17 des Kollegen Koschyk:
Wie stellt die Bundesregierung eine gleiche Behandlung
bei einer gegebenenfalls erforderlichen Ausnahmegenehmigungserteilung sicher und wie kann verhindert werden, dass
das Verfahren nicht zulasten der Feuerwehrleute, die sich das
überlebensnotwendige Werkzeug selbst beschafft haben,
geht?
Herr Kollege Koschyk, diese Fragen sind zum Teil deckungsgleich. Sollte die Umfrage ergeben, dass es marktgängige und für Rettungszwecke erforderliche Rescue
Tools gibt, die unbeabsichtigterweise unter das Verbot
der Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.4.1 zu subsumieren sind,
so besteht die Möglichkeit, entweder eine entsprechende
Befreiungsvorschrift für Rettungswerkzeuge im Waffengesetz selbst zu schaffen oder derartige Rettungswerkzeuge durch eine Allgemeinverfügung des Bundeskriminalamtes nach § 40 Abs. 4 Satz 1 des neuen Waffengesetzes von dem Verbot auszunehmen. Beides setzt
natürlich eine eingehende Beschreibung und konkrete
Benennungen der auszunehmenden Gegenstände voraus.
In beiden Fällen wäre eine Einheitlichkeit der Behandlung sichergestellt. Darauf käme es an. Das Bundesministerium des Innern ist gerne bereit, Ihnen über das
Ergebnis der im Zuge der Länderbefragung erfolgten
Prüfung einschließlich der Markterhebung sowie die gegebenenfalls veranlassten Maßnahmen Informationen
zukommen zu lassen. Sie wissen, dass wir diese Zusage
auch einhalten.
Sie verzichten auf Ihre Zusatzfragen? - Dann komme
ich zur Frage 18 der Kollegin Petra Pau:
Wie hoch war die Zahl der Einbürgerungen im Jahr 2002
und wie viele doppelte oder Mehrfachstaatsbürgerschaften
sind dadurch entstanden?
Frau Kollegin Pau, die Bundesregierung verfügt noch
nicht über statistisch aufbereitete Daten zu den Einbürgerungszahlen für das Jahr 2002; denn nach § 36 Abs. 2
des Staatsangehörigkeitsgesetzes haben die Einbürgerungsbehörden der Länder diese erst zum Stichtag
1. März 2003 an die Statistischen Landesämter zu melden. Dort werden die statistischen Daten auf Plausibilität
überprüft und dann im Mai - so ist der Lauf der Dinge an das Statistische Bundesamt zur Erstellung der
Einbürgerungsstatistik 2002 weitergeleitet.
Dabei ist immer zu berücksichtigen - Sie haben bereits eine ähnliche Frage gestellt -, dass es für die Meldungen bestimmte Fristen gibt. Für diese Statistik kann
von den Ländern bis zum 1. März gemeldet werden. Erst
danach geht der Bearbeitungsvorgang los und fließt in
den Mai hinüber, in dem die Zahlen dann veröffentlicht
werden können.
Ihre Zusatzfragen, Frau Kollegin.
Wir werden dann sicherlich im Mai über diesen Fluss
debattieren. Ist es gelungen, den Einbürgerungsstau, der
in fast allen Bundesländern beklagt wurde, abzubauen?
Frau Kollegin Pau, dass sich die Zahl der Einbürgerungen erhöht hat, kann man sagen. Die Frage, ob der
Einbürgerungsstau abgearbeitet worden ist, kann ich derzeit nicht beantworten, nicht weil ich nicht will, sondern
weil in der Tat die Zahlen noch nicht aufbereitet vorliegen. Wenn sie vorliegen, dann lassen sich Ihre Fragen
konkret beantworten. Das tue ich gerne, auf welche Art
und Weise auch immer.
Danke.
Keine weitere Zusatzfrage mehr? - Gut.
Die Fragen 19 und 20 des Kollegen Dietrich
Austermann werden schriftlich beantwortet. Damit bin
ich am Ende des Geschäftsbereichs des Bundesministeriums des Innern.
Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen. Zur Beantwortung steht
Frau Parlamentarische Staatssekretärin Dr. Barbara
Hendricks zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 21 der Abgeordneten Hannelore
Roedel auf:
Kann die Bundesregierung die Steuerausfälle beziffern,
die bei Einführung der Zinsabschlagsteuer dadurch entstehen,
dass nicht der persönliche, progressive, bis zu 48 Prozent
hohe Steuersatz angewendet wird, sondern der pauschale von
25 Prozent, und, wenn ja, um welchen Betrag handelt es sich
bei den Steuermindereinnahmen?
Frau Kollegin Roedel, die Bundesregierung wird die
finanziellen Auswirkungen der vorgesehenen Neuordnung der Besteuerung von Zinsen wie bei anderen steuergesetzlichen Maßnahmen auch in dem entsprechenden
Gesetzentwurf aufzeigen.
Eine Zusatzfrage, Frau Kollegin? - Nein.
Dann rufe ich die Frage 22 der Kollegin Hannelore
Roedel auf:
Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass zum Beispiel Rentner oder Kinder ohne weitere Einkünfte, deren Zinserträge über dem Sparerfreibetrag liegen, nicht mit 25 Prozent
Zinsabschlag belastet werden, obwohl sie unter dem Grundfreibetrag liegen bzw. ihr persönlicher Steuersatz niedriger ist
als der 25-prozentige Zinsabschlag?
In dem Gesetzentwurf soll ein Wahlrecht enthalten
sein, das es ermöglicht, für sämtliche Kapitalerträge eine
Veranlagung nach den allgemeinen Vorschriften des Einkommensteuerrechts durchzuführen. Damit kann im Einzelfall sichergestellt werden, dass Steuerpflichtige, deren
persönlicher Steuersatz unterhalb von 25 Prozent liegt,
nicht mit dem 25-prozentigen Steuersatz belastet werden.
Ihre Zusatzfragen, bitte.
Können Sie den Verwaltungsaufwand beziffern, der
mit dieser Art und Weise der Sicherstellung zusammenhängen wird?
Dieser Verwaltungsaufwand kann nicht höher sein,
als er zurzeit ist. Denn zurzeit haben wir ja eine Zinsabschlagsteuer von 30 Prozent, sodass diejenigen, die unter
einem 30-prozentigen Steuersatz liegen, genau denselben Vorgang einleiten.
Es gibt eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Weiß.
Frau Staatssekretärin, besteht denn mittlerweile Einvernehmen zwischen dem Bundesfinanzministerium und
den beiden großen Kirchen, was die Ausfälle bei der
Kirchensteuer anbelangt, die sich bei Einführung einer
Zinsabschlagsteuer automatisch ergeben werden? Wie
hoch ist der Betrag? Gibt es mittlerweile Pläne, die auch
die Zustimmung der Kirchen finden, wie diese Kirchensteuerausfälle eventuell anderweitig ausgeglichen werden können?
Zu den denkbaren Ausfällen, was die Kirchensteuer
anbelangt, kann ich Ihnen noch keine Auskunft geben,
weil dies, wie ich eben auf die Grundsatzfrage der Kollegin Roedel geantwortet habe, an der Ausgestaltung des
Gesetzes liegt. Wir wollen aber sicherstellen, dass die
Kirchen selbstverständlich auch in Zukunft ein Zuschlagsrecht, sozusagen die Annexsteuer, ausüben werden. Deswegen haben wir den Kirchen Gespräche angeboten.
Mir liegen keine weiteren Zusatzfragen vor.
Ich rufe Frage 23 des Kollegen Hans Michelbach auf:
Wie hoch ist die Summe der Gelder, die im Rahmen des
Konjunkturprogrammes verwendet werden sollen, und wie
sollen die Verteilung und Vergabe der Gelder im Einzelnen
aussehen?
Herr Kollege Michelbach, es ist normaler Bestandteil
der Regierungsarbeit, stets zu überprüfen, ob zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage Maßnahmen erforderlich sind und wie diese gegebenenfalls auszugestalten
sind. Es gibt dazu jedoch keine abgeschlossenen Überlegungen. Über die konkrete Ausgestaltung entsprechender Maßnahmen kann daher gegenwärtig nicht berichtet
werden.
Ihre Zusatzfragen, bitte.
Frau Staatssekretärin, da wir heute überall in der
Presse lesen, dass die SPD-Fraktion gestern über Investitionsprogramme informiert wurde, die der Bundeskanzler persönlich in einer Regierungserklärung am kommenden Freitag hier vorstellen wird, frage ich Sie: Sind
Sie nicht selbst über Ihre Antwort verwundert? Können
Sie zumindest bejahen, dass diese schuldenfinanzierten
Kreditprogramme in Verbindung mit der KfW einerseits
für die Wirtschaft und andererseits für die Kommunen
aufgelegt werden sollen?
Herr Kollege Michelbach, Sie haben in Ihrer Frage
schon einen wesentlichen Punkt genannt: Der Herr Bundeskanzler wird diesem Hohen Haus die Pläne der Regierung übermorgen vortragen.
Sie haben eine weitere Zusatzfrage? - Bitte.
Frau Staatssekretärin, nachdem Sie unserer Fragestellung nachdrücklich ausgewichen sind, frage ich Sie noch
einmal: Ist Ihnen bekannt, dass es in Verbindung mit der
KfW ein Investitionsprogramm für die Kommunen und
die Wirtschaft geben wird? Welche Folgen würde ein
solches Programm haben?
Selbstverständlich wird der Bundeskanzler seine
Rede, die er hier halten wird, sorgfältig vorbereiten. Insofern finden natürlich Überlegungen und auch Vorbereitungen inhaltlicher Art dazu statt. Ich werde Ihnen, da
ich dem, was der Bundeskanzler im Einzelnen ankündigen wird, nicht vorgreifen kann, auch die Folgerungen
nicht im Einzelnen nennen können. Aber beabsichtigt ist
eine konjunkturelle Belebung. Diese wird sicherlich
auch eintreten.
Ich rufe Frage 24 des Kollegen Hans Michelbach auf:
Ist es richtig, dass die Gelder für Städte und Gemeinden
zweckgebunden vergeben werden sollen, und wenn ja, gibt es
einen Strukturreformplan, der eine Verzerrung der Angebotsund Nachfragestruktur am Markt und eine möglicherweise damit verbundene Fehlleitung der Investitionen verhindern
würde?
Gegenwärtig werden unterschiedliche Ansätze geprüft, um Investitionen in den Ländern und Gemeinden
zu erleichtern. Erst bei Vorliegen eines konkreten Vorhabens wäre über die weitere Ausgestaltung zu entscheiden.
Ihre Zusatzfragen, bitte.
Frau Staatssekretärin, sind Sie mit mir der Auffassung, dass Sie dem Parlament in dieser Fragestunde die
Existenz des Programms hartnäckig verschweigen wollen? Sind Sie auch mit mir der Auffassung, dass ein solches Programm, über das schon in der Presse zu lesen
ist, dahin gehend sehr zweischneidig ist, dass die Kommunen zwar Investitionen gebrauchen können, dass sie
aber aufgrund ihrer Leistungsfähigkeit gar nicht mehr in
der Lage sind, Kredite aufzunehmen?
Nein, Herr Kollege, ich teile Ihre Auffassung nicht.
Es ist zwecklos.
Verzichten Sie auf Ihre weitere Zusatzfrage? - Ja.
Die Fragen 25 und 26 der Kollegin Gudrun Kopp
werden schriftlich beantwortet. Damit sind wir am Ende
dieses Geschäftsbereichs.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit auf. Zur Beantwortung
steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Gerd Andres
zur Verfügung.
Die Fragen 27 und 28 der Kollegin Dagmar Wöhrl
werden schriftlich beantwortet.
Ich komme damit zu Frage 29 der Kollegin Dr. Gesine
Lötzsch:
Wie wirken sich die Kürzungen der Mittel der BA für den
zweiten Arbeitsmarkt konkret auf die Zahl der dort Beschäftigten aus und welche arbeitsmarktpolitischen Wirkungen erhofft man sich durch diese Maßnahmen insbesondere für
Langzeitarbeitslose?
Frau Präsidentin, wenn Frau Dr. Lötzsch es gestattet,
würde ich gerne beide Fragen zusammen beantworten,
weil sie in einem engen Zusammenhang stehen.
Ich rufe außerdem die Frage 30 der Abgeordneten
Dr. Gesine Lötzsch auf:
Welche Auswirkungen werden diese Kürzungen auf die
Zahl der Bildungsträger haben, die auf dem zweiten Arbeitsmarkt bisher tätig sind, und welche Übergangsregelungen gibt
es für diese Bildungsträger?
Zunächst zu Frage 29: Der Bundesanstalt für Arbeit
stehen im Jahr 2003 für Ermessensleistungen der Arbeitsmarktpolitik Mittel in nahezu derselben Höhe zur
Verfügung wie im Jahr 2002. Die örtlichen Arbeitsämter
entscheiden in alleiniger Verantwortung im Rahmen ihrer Budgetkompetenz darüber, wie die Mittel auf die einzelnen arbeitsmarktpolitischen Instrumente aufgeteilt
werden. Daher ist eine Angabe zur Entwicklung der Teilnehmerzahlen bei Maßnahmen des zweiten Arbeitsmarktes nicht möglich.
Der Bundesanstalt für Arbeit steht künftig mit den
Personal-Service-Agenturen, PSA, ein weiteres Instrument für die Wiedereingliederung Arbeitsloser zur Verfügung. Die Mittel dafür werden zusätzlich zu den bisherigen aus dem genannten Eingliederungstitel für
Leistungen der aktiven Arbeitsmarktpolitik abgedeckt
werden müssen. Daraus kann auch eine Beschränkung
der Neubewilligung für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen
und Strukturanpassungsmaßnahmen resultieren. Hinzu
kommt, dass der Spielraum für Neubewilligungen durch
unterschiedlich hohe Vorbindungen der Arbeitsämter für
ABM und SAM für das Jahr 2003 eingeschränkt ist.
Mit den PSA sollen Arbeitslose über eine Verleihtätigkeit in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden. Das
ist erheblich anspruchsvoller und für den Arbeitslosen
letztendlich auch vorteilhafter als ABM. Die einzelnen
Instrumente für den Arbeitsmarkt haben auch unterschiedlich hohe Entlastungswirkungen für den Haushalt
der Bundesanstalt für Arbeit. Während mit ABM Arbeitslose in der Regel höchstens für ein Jahr lang gefördert werden und danach eine Wiedereingliederung ungewiss ist, werden von den PSA nachhaltigere Wirkungen
und damit auch höhere Einsparungen bei den Lohnersatzleistungen als bei ABM erwartet.
Nun komme ich zu Ihrer zweiten Frage, zu Frage 30,
Frau Dr. Lötzsch. Die Bundesregierung legt zunächst
Wert auf die Feststellung, dass die Neuausrichtung der
Arbeitsmarktpolitik insgesamt und die von der Bundesanstalt für Arbeit eingeleiteten Bemühungen zur Verbesserung der Effizienz beruflicher Weiterbildung die Eingliederungschancen nach der Weiterbildung trotz der
insgesamt schwierigen Arbeitsmarktsituation voraussichtlich deutlich verbessern werden. Davon profitieren
Teilnehmer an Weiterbildungen, die Beitragszahler zur
Arbeitsförderung und letztlich auch die Bildungsträger.
Die Bundesregierung geht davon aus, dass bisher gut
und erfolgreich arbeitende Weiterbildungsträger die Situation gemeinsam mit der Bundesanstalt meistern werden. Die Auswirkungen einer stärkeren Effizienzorientierung auf die Zahl der Bildungsträger insgesamt
werden davon abhängen, inwieweit es Bildungsträgern
gelingt, ihr Bildungsangebot und ihre Geschäftspolitik
stärker als bisher an den regionalen und überregionalen
arbeitsmarktlichen Erfordernissen auszurichten und
Marktchancen außerhalb der von der Bundesanstalt geförderten Weiterbildung zu erschließen. Eine Bestandsgarantie für einzelne Weiterbildungslehrgänge und -träger gibt es in einem unter Wettbewerbsgesichtspunkten
funktionierenden Markt nicht.
Zu Ihrer Frage nach Übergangsregelungen für Bildungsträger kann ich auf Folgendes hinweisen: Die Vorgabe einer prognostizierten Mindestverbleibsquote von
70 Prozent ist eine geschäftspolitische Entscheidung der
Bundesanstalt für Arbeit, die den Dienststellen mit
Rundbrief vom 23. Dezember 2002 bekannt gegeben
wurde. Eine Übergangsregelung gibt es nur insoweit, als
die Vorgabe für bereits laufende Weiterbildungslehrgänge keine Anwendung findet.
Frau Kollegin, Ihre Zusatzfragen, bitte.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Da Sie die Fragen
im Zusammenhang beantwortet haben, will ich auch die
Nachfragen möglichst im Zusammenhang stellen. Ist Ihnen bekannt, Herr Staatssekretär, wie vielen Arbeitslosen, denen bereits eine Weiterbildungsmaßnahme zugesagt worden war, aufgrund der veränderten Politik der
Bundesanstalt für Arbeit diese Zusage wieder entzogen
worden ist? Ist Ihnen auch bekannt, dass bereits begonnene Bildungsmaßnahmen der Bildungsträger von einzelnen Arbeitsämtern gestoppt worden sind? Wenn ja,
wie schätzen Sie diese Entwicklung und ihre Auswirkung auf den Arbeitsmarkt ein?
Beides ist mir nicht bekannt.
Dann empfehle ich Ihnen, sich einen Überblick zu
verschaffen; denn das ist sowohl in der Presse nachlesbar als auch in persönlichen Kontakten erfahrbar.
Es gibt keine weiteren Zusatzfragen. - Dann komme
ich zur Frage 31 des Kollegen Hartwig Fischer ({0}):
Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über die
Auswirkungen der Streichung des Bundeszuschusses zum
Haushalt der BA für die berufliche Weiterbildung von Arbeitslosen vor?
Herr Kollege Fischer, gestatten Sie mir, bevor ich auf
Ihre Frage nach den Folgen der Streichung des Bundeszuschusses zur Bundesanstalt für Arbeit für die berufliche Weiterbildung antworte, folgenden Hinweis: Die
Bundesregierung hat den Bundeszuschuss nicht gestrichen. Der von der Bundesanstalt für Arbeit zur Genehmigung vorgelegte Haushalt für das Jahr 2003 sah vielmehr von Anfang an keinen Bundeszuschuss vor. Ich
möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass der Vorstandsvorsitzende der Bundesanstalt für Arbeit schon im
vergangenen Herbst erklärt hat, dass er keinen Bundeszuschuss brauche.
Der Haushalt der Bundesanstalt für Arbeit sieht für
den Eingliederungstitel, aus dem die Ermessensleistungen der aktiven Arbeitsförderung finanziert werden, ein
Ausgabevolumen von 13,5 Milliarden Euro vor. Im Rahmen dieses Budgets entscheidet die Selbstverwaltung
der örtlichen Arbeitsämter nach den jeweiligen arbeitsmarktpolitischen Erfordernissen, in welchem Umfang
Mittel für die Weiterbildungsförderung zur Verfügung
gestellt werden. Hierauf nimmt die Bundesregierung keinen Einfluss.
Im Jahr 2002 haben die Arbeitsämter insgesamt rund
6,7 Milliarden Euro für die Weiterbildungsförderung
ausgegeben. Der durchschnittliche Teilnehmerbestand in
Förderung beruflicher Weiterbildung lag 2002 bundesweit bei rund 331 500 und am Jahresende 2002 bei rund
318 000. Im Jahr 2003 haben die Arbeitsämter rund
5,3 Milliarden Euro für die Weiterbildungsförderung
eingeplant. Bei ihren Entscheidungen müssten die Verwaltungsausschüsse der Arbeitsämter berücksichtigen,
dass für die auf der Basis der Hartz-Vorschläge neu geschaffenen Instrumente der Personal-Service-Agenturen
und der Entgeltsicherung - das hat schon eben bei der
Beantwortung der Frage der Frau Abgeordneten
Dr. Lötzsch eine Rolle gespielt - Mittel eingeplant werden müssen.
Die Neuausrichtung der gesamten Arbeitsmarktpolitik und die von der Bundesanstalt eingeleiteten Bemühungen zur Verbesserung der Effizienz beruflicher Weiterbildung werden die Eingliederungschancen nach einer
Weiterbildung trotz der insgesamt schwierigen Arbeitsmarktsituation voraussichtlich deutlich verbessern. Davon profitieren die Teilnehmer an Weiterbildungsmaßnahmen, die Beitragszahler, die die Arbeitsförderung
finanzieren, und die Bildungsträger gleichermaßen, auch
wenn sich nicht jeder Weiterbildungswunsch realisieren
lassen wird.
Ihre Zusatzfragen, bitte.
Herr Staatssekretär, Sie haben angedeutet, dass Sie
keinerlei Einfluss auf die Bundesanstalt für Arbeit genommen hätten. Sie haben das dann aber relativiert, als
Sie darauf hingewiesen haben, dass die Finanzierung der
Personal-Service-Agenturen und der Strukturanpassungsmaßnahmen, SAM, mit aus den Mitteln für die
Eingliederungshilfen erfolgen muss, was bedeutet, dass
Mittel in diesem Bereich fehlen. Deshalb lautet meine
Frage: Sind auch Sie der Meinung, dass deswegen Arbeitslose mit Vermittlungshemmnissen oder Einschnitten
bei längeren Qualifizierungsmaßnahmen rechnen müssen und dass ein Ausfall bei der Kofinanzierung der EUProjekte entstehen kann, was gerade Arbeitsamtsbezirke
wie zum Beispiel Goslar und Göttingen in Niedersachsen mit einer überdurchschnittlichen Arbeitslosenquote
von fast 14 Prozent besonders träfe?
Herr Fischer, ich möchte Folgendes wiederholen: Der
jetzige Eingliederungstitel ist mit 13,5 Milliarden Euro
genauso hoch wie im vergangenen Jahr. Die Bundesanstalt für Arbeit stellt damit - das möchte ich klarstellen umgerechnet rund 27 Milliarden DM für Eingliederungsleistungen zur Verfügung. Nun haben wir neue Instrumente eingeführt - ich habe zwei aufgezählt -, mit
denen wir die aktive Arbeitsmarktpolitik verändern. Das
kann aber nicht dazu führen, dass auf den Etat draufgesattelt wird. Es gibt lediglich unterschiedliche Instrumente, die eingesetzt werden können. Darüber, wie sie
eingesetzt werden, entscheiden die örtlichen Arbeitsämter, die auch über die Verteilung der Mittel aus dem Eingliederungstitel befinden. Von daher habe ich an dem,
was ich eben in meiner Antwort gesagt habe, überhaupt
keine Abstriche zu machen.
Wie beurteilen Sie dann die Kritik der an der Weiterbildung beteiligten Maßnahmenträger, aber zum Beispiel
auch derjenigen, die in den angesprochenen Arbeitsämtern sitzen und sagen, dass wir hier eine neue Struktur
aufbauen, während wir die alte Struktur, die derzeit jedenfalls in diesen Regionen bewährt arbeitet, zerschlagen, weil eben die 20 Prozent aus dem einen Etat zur
Verfügung gestellt werden müssen?
Ich will Ihnen noch einmal ausdrücklich sagen: Ich
teile diese Kritik so nicht. Es werden in diesem Jahr
5,6 Milliarden Euro für die Förderung der beruflichen
Weiterbildung ausgegeben. Selbstverständlich ist es am
schönsten, wenn alle Träger sagen könnten: „Es geht alles immer so weiter, wie es bisher war“, und wir legen in
jedem Jahr etwas obendrauf. Das tun wir nicht. Der Etat
für die Förderung der beruflichen Weiterbildung ist ein
Stück zurückgegangen, das stimmt. Wie diese Kürzung
in der Verteilung umgelegt wird, entscheiden die Arbeitsämter vor Ort.
Wir haben mit dem neuen Instrument des Bildungsgutscheins und mit anderen Verfahren dafür gesorgt,
dass in diesem Markt mehr Wettbewerb zustande kommt
und dass es eine genauere Effizienzkontrolle in diesem
ganzen Bereich gibt. Dass es dabei dann Träger gibt, die
unzufrieden sind und die der Meinung sind, das sei alles
so nicht richtig, kann ich gut verstehen; davon können
wir uns aber leider nicht beeinflussen lassen. Wir haben
die politischen Entscheidungen getroffen. Ich habe Ihnen
die Daten genannt. Ich will noch einmal darauf hinweisen: Der Eingliederungstitel ist in diesem Jahr genauso
hoch wie im vergangenen Jahr.
Herr Kollege Niebel hat eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ich stimme Ihnen zu - das ist
auch eine alte Forderung der FDP -, dass man den Einsatz der Beitragsmittel nach Effizienzkriterien bewerten
soll. Sie haben nun in Ihrer Antwort auf die Frage des
Kollegen Fischer zu Recht darauf hingewiesen, dass der
Vorstandsvorsitzende der Bundesanstalt, Herr Gerster,
gesagt hat - auch bei uns im Ausschuss noch -, er werde
in diesem Jahr ohne Zuschuss der Bundesregierung,
ohne Mittel aus diesem Bundeshalt auskommen. Mittlerweile aber äußert er sich öffentlich, dass er so lange wie
möglich ohne Bundeszuschuss auskommen möchte.
Deswegen frage ich Sie vor diesem Hintergrund: Geht
die Bundesregierung trotz der veränderten Zahlen der
Arbeitslosigkeit, die ja im Moment höher als eingeplant
sind, trotz der geringeren Wachstumskräfte in der deutDirk Niebel
schen Wirtschaft weiterhin davon aus, dass im Jahre
2003 ein Bundeszuschuss für die Bundesanstalt für Arbeit nicht notwendig sein wird?
Herr Abgeordneter Niebel, wir werden in der nächsten Woche den Bundeshaushalt verabschieden. Sie wissen so gut wie ich, dass in diesem Bundeshaushalt kein
Bundeszuschuss vorgesehen ist. Deswegen geht die
Bundesregierung auch davon aus, dass es keinen Bundeszuschuss gibt.
Wir kommen zur Frage 32 des Kollegen Hartwig
Fischer:
Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung darüber
vor, dass besonders Programme für lernbehinderte Jugendliche von den aktuellen Sparmaßnahmen betroffen sind, und
wie will die Bundesregierung Abhilfe schaffen?
Herr Kollege Fischer, für Pflichtleistungen zur Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben sind keine
Kürzungen erfolgt. Im Gegenteil: Einschließlich der
Leistungen zur beruflichen Ausbildung behinderter Jugendlicher stehen den Arbeitsämtern in diesem Jahr insgesamt Ausgabemittel von 2,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Das sind 205,8 Millionen Euro - plus
8,1 Prozent - mehr, als im Vorjahr für diesen Verwendungszweck ausgegeben wurden. Vor diesem Hintergrund geht die Bundesregierung davon aus, dass auch in
diesem Jahr jeder behinderte Jugendliche im Bedarfsfalle die zu seiner beruflichen Eingliederung erforderliche Förderung durch das für ihn zuständige Arbeitsamt
erhalten wird. Welche Hilfe im Einzelfall in Betracht
kommt, entscheidet das zuständige Arbeitsamt nach
pflichtgemäßem Ermessen. Ihm allein obliegt auch die
Auswahl der für die Durchführung von Bildungsmaßnahmen für behinderte Jugendliche infrage kommenden
Bildungseinrichtungen und -träger.
Ihre Zusatzfragen, bitte.
Herr Staatssekretär, vor dem Hintergrund Ihrer Antwort frage ich noch einmal nach: Wenn es derzeit zu
Kürzungen bei den Programmen für benachteiligte Jugendliche kommt, liegt das dann in der alleinigen Verantwortung der jeweiligen regionalen Arbeitsämter?
Davon gehe ich aus, weil die Arbeitsämter darüber
entscheiden und befinden und da das auch im Einzelfall
geprüft werden muss. Dazu habe ich in meiner Antwort
schon genug gesagt.
Sie gehen nicht davon aus, dass das durch die Pflicht
von Umschichtungen in andere Programme, zum Beispiel durch PSA und Ähnliches, entstanden sein kann?
Nein, das hat zunächst einmal mit den PSAen nichts
zu tun. Das habe ich zu der Frage vorhin schon geantwortet: Wenn Sie einen bestimmten Titel haben, in dem
zusätzliche Instrumente vorgesehen sind, und der Titel
nicht höher wird, dann haben Sie für den einzelnen Arbeitslosen sozusagen eine andere Form von Maßnahme
zur Verfügung. Es kann ja wohl nicht so sein, dass mit
der Einführung eines neuen Instruments auch die entsprechenden Haushaltstitel aufgestockt werden.
Eine weitere Zusatzfrage stellt der Kollege Dr. Luther.
Herr Staatssekretär, als ich kürzlich im Arbeitsamt
Zwickau war, wurden die Sorgen zum Ausdruck gebracht, die damit verbunden sind, dass das Geld für den
Bereich Eingliederung sehr knapp ist, da wesentlich weniger als im letzten Jahr zur Verfügung steht. Was empfehlen Sie den Arbeitsämtern angesichts der Tatsache,
dass weniger finanzielle Mittel für die Unterstützung
von Lernbehinderten zur Verfügung stehen? Welche
neuen, alternativen Instrumente stehen für diese schwierige Klientel zur Verfügung?
Herr Kollege Luther, auf so eine allgemeine Frage
kann ich schlecht antworten. Ich würde mir gerne die
konkrete Situation dieses Arbeitsamtes anschauen. Ich
habe schon eben ein paar Ausführungen gemacht. Sie
haben noch spezifische Fragen, auf die man hier eingehen wird.
Wie man dort vorgeht, das hängt ganz von der Situation ab. Es hängt davon ab, wie viele Bindungen es aus
dem Vorjahr für bestimmte Titel und Bereiche schon
gibt. Es hängt davon ab, welche Schwerpunkte das jeweilige Arbeitsamt setzt: Führt man mehr ABM durch?
Nimmt man mehr Lohnkostenzuschüsse vor? Welchen
Umfang hat die Förderung der beruflichen Weiterbildung? Was für einen Schwerpunkt und welchen Stellenwert haben Benachteiligtenprogramme? All das muss
man sich im Einzelnen anschauen. Es ist nicht möglich,
auf eine allgemeine Frage sozusagen locker aus der
Ferne eine Antwort zu geben, die eine Empfehlung enthält. Wir kommen gleich, in einem anderen Zusammenhang, auf Ihre Fragestellung zurück.
Ich rufe die Frage 33 des Kollegen Dirk Niebel auf:
Welche Haltung nimmt die Bundesregierung gegenüber
der Vorlage des Verwaltungsrates der BA ein, nach der beim
Umbau der BA 41,1 Millionen Euro für externe Berater vorgesehen sind - vergleiche „Focus“ 10/2003 -, und werden
diese Beratungsverträge öffentlich ausgeschrieben?
Herr Abgeordneter Niebel, die Bundesregierung begrüßt, dass externe Berater den Umbauprozess der Bundesanstalt begleiten. Aus Sicht der Bundesregierung erfordert eine erfolgreiche Verwaltungsmodernisierung die
Hinzuziehung externen Sachverstands. Die Beratungsverträge wurden von der Bundesanstalt für Arbeit europaweit nach Lose ausgeschrieben. Die Angebotsfrist endete am 14. November 2002. Für jedes Angebot und
jedes Los wurde im Dezember 2002 eine Präsentation
durchgeführt. Es handelte sich um insgesamt
60 Präsentationen, die nach einheitlichen Kriterien bewertet wurden. Mit den jeweils fachlich geeignetsten Beratungsunternehmen wurden weitere inhaltliche, konzeptionelle Gespräche und Preisverhandlungen geführt,
bevor eine endgültige Entscheidung getroffen wurde.
Zutreffend berichtet der „Focus“, dass für dieses und
nächstes Jahr Beratungsleistungen in einem Umfang von
41,1 Millionen Euro einschließlich Mehrwertsteuer vorgesehen sind. Davon entfallen auf das Jahr 2003 rund
27,44 Millionen Euro. Im Haushalt der Bundesanstalt
sind für zusätzliche Beratungsleistungen im Zusammenhang mit dem Umbau der BA rund 30 Millionen Euro
veranschlagt.
Beim Umfang der Beratungsleistungen ist die Größe
der Bundesanstalt für Arbeit zu berücksichtigen. In einer
Behörde mit rund 90 000 Mitarbeitern, die sich auf
180 Arbeitsämter, elf Landesarbeitsämter und eine
Hauptstelle verteilt, ist der Beratungsbedarf bei einer
Neuorganisation auf allen Ebenen naturgemäß sehr
hoch.
Ihre erste Zusatzfrage, Herr Kollege.
Herr Staatssekretär, der „Focus“ berichtet weiterhin,
dass von diesen 41,1 Millionen Euro 23 Millionen Euro
an die Firma McKinsey und 8,5 Millionen Euro an die
Firma Roland Berger vergeben worden sind. Vertreter
beider Firmen waren Mitglieder der so genannten
Hartz-Kommission. Haben die internen Kenntnisse aus
dieser Kommission für diese Bewerber eine Verbesserung im Ausschreibungsverfahren gebracht oder gab es
irgendeinen Grund, dass diese beiden - in der HartzKommission vertretenen - Firmen mit einem Großteil
der insgesamt zur Verfügung stehenden Geldmittel bedacht worden sind?
Ich weiß nicht, worauf Sie spekulieren. Ich habe Ihnen eben gesagt, wie man vorgegangen ist. Man hat eine
europaweite Ausschreibung vorgenommen und es hat
Präsentationen gegeben, die bewertet worden sind. In die
Bewertungen sind die Qualität des Beratungsangebotes
und deren Preis eingeflossen. Ich gehe davon aus, dass
die Bundesanstalt für Arbeit das alles ordnungsgemäß
gemacht hat.
Alle anderen Spekulationen können Sie sich schenken. Auf die damit verbundenen Fragen werde ich Ihnen
nicht antworten.
Herr Kollege, Sie dürfen noch eine Zusatzfrage stellen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Herr Andres, können
Sie mir sagen, aus welchem Titel der Bundesanstalt für
Arbeit diese 41,1 Millionen Euro finanziert werden?
Da muss ich kurz nachschauen. Ich habe hier eine
Vorstandsvorlage. - Nein, das kann ich Ihnen jetzt nicht
sagen; das muss ich heraussuchen.
Würden Sie mir das nachliefern?
Ja, das ist kein Problem. Wenn Ihnen das weiterhilft,
gern.
Das werden wir dann wissen.
Ich nenne Ihnen alle Titel, die Sie gerne wissen wollen.
Wir kommen zur Frage 34 des Kollegen Dr. Michael
Luther:
Trifft es zu, dass 24 Modellprojekte in Deutschland zur
„Entwicklung einer neuen Förderstruktur für Jugendliche mit
besonderem Förderbedarf“ nach In-Kraft-Treten des Bundeshaushalts 2003 nicht mehr fortgesetzt werden können, da der
Bundeszuschuss an die BA 2003 auf null gestellt werden soll
und die BA ihren Haushalt so gestaltet hat, dass diese ModellVizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
projekte in der Mitte ihrer Laufzeit ab Mitte dieses Jahres
nicht mehr finanziert werden können, obwohl die Laufzeit
dieser Projekte auf fünf Jahre ausgelegt war, und, wenn ja,
was gedenkt die Bundesregierung für die betroffenen Jugendlichen zu tun?
Herr Dr. Luther, jetzt stellt sich das gleiche Problem,
das wir eben schon einmal hatten: Die Aussage in
Frage 34 trifft in dieser Form nicht zu.
Frage 35 möchte ich gleich mit beantworten.
Dann rufe ich auch Frage 35 des Kollegen
Dr. Michael Luther auf:
Wie ist die Vertragsgestaltung für die 24 Modellprojekte
zur „Entwicklung einer neuen Förderstruktur für Jugendliche
mit besonderem Förderbedarf“ hinsichtlich ihrer Laufzeit und
einer möglicherweise notwendigen kurzfristigen Kündbarkeit
durch die BA?
Die Vertragsgestaltung dieser komplexen Maßnahmen mit in der Regel mehreren Partnern ist jeweils vor
Ort durch das Arbeitsamt erfolgt und deshalb nicht einheitlich. Eine pauschale Aussage zur Laufzeit und zu den
Kündigungsmöglichkeiten ist deswegen nicht möglich.
Ihre Zusatzfragen, bitte.
Hintergrund der Frage sind - ich habe Ihnen die entsprechenden Unterlagen zugesandt - zwei Konsistorialträger - insgesamt sind daran acht Maßnahmenträger beteiligt -, die an diesen 24 Modellprojekten teilnehmen,
um andere Formen zu finden, gerade sozial benachteiligten Jugendlichen die Berufsvorbereitung zu ermöglichen. Das Arbeitsamt in Zwickau hat uns bei einem Besuch berichtet, dass das Geld im Mai aufgebraucht ist.
Das hat zwei Ursachen: Erstens gibt es zu wenig Geld.
Zweitens war es früher möglich, die Titel innerhalb der
Bundesanstalt für Arbeit untereinander auszugleichen,
was heute nicht mehr gegeben ist. Der vorgeschriebene
Titelansatz allein ist nicht ausreichend. Ist Ihnen diese
Situation, wenn nicht bundesweit für alle 24 Modellprojekte, so zumindest für dieses eine Arbeitsamt in
Zwickau, bekannt?
Herr Abgeordneter Dr. Luther, ich kann zu der Situation in Zwickau unmittelbar nichts sagen. Aber es ist sicherlich richtig, dass einzelne Arbeitsämter begonnen
haben, bestimmte Maßnahmen zu überprüfen und Neubewilligungen zurückzustellen. Dieses konkrete Projekt
wird nach meiner Kenntnis aus dem Titel „Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme“ des SGB III finanziert.
Dieser Titel ist bei den Haushaltsplanungen der Bundesanstalt für Arbeit abgesenkt worden. Das kann aber nicht
dazu führen, dass sozusagen für den ganzen Arbeitsamtsbereich, den Sie geschildert haben, keine derartigen
Maßnahmen mehr möglich sind.
Ich will das präzisieren. Ich habe nicht gefragt, ob
neue Maßnahmen, also Maßnahmen für den Wiedereinstieg von Jugendlichen, noch möglich sind, sondern darauf hingewiesen, dass für die sich zurzeit in einer Maßnahme befindenden Jugendlichen diese nicht mehr
gesichert ist, da sie ab Mai nicht mehr finanziert werden
kann. Noch einmal die Frage: Ist Ihnen diese Dramatik
bekannt und hat Ihr Haus aufgrund der Unterlagen, die
ich Ihnen geschickt habe, vor, diese Sachlage im Arbeitsamt Zwickau zu überprüfen?
Wir haben sogar vor, das ganze Programm bundesweit zu überprüfen; denn wir sind nicht nur in Bezug auf
das Arbeitsamt Zwickau damit befasst. Ich habe in der
Zwischenzeit Informationen darüber, dass auch bei einer
Reihe von Standorten in Baden-Württemberg die Beendigung dieser Maßnahmen erfolgen soll.
Dafür müssen Sie sich aber das Modellprojekt genauer anschauen. Ich komme gleich im Zusammenhang
mit zwei anderen Fragen darauf zurück. Es handelt sich
hier um ein gesondertes Modellprojekt für besonders zu
fördernde junge Menschen, das in mehreren Phasen
stattfindet. Wenn die jungen Menschen eine solche Maßnahme verlassen, bedeutet das nicht, dass die Arbeitsverwaltung keine andere Perspektive für sie hat, beispielsweise über das Jugendsofortprogramm oder über die
Standardmaßnahmen.
Ich kann gegenwärtig nicht beurteilen, warum und
vor welchem Hintergrund im Mai bzw., wie mir von einem Fall in Baden-Württemberg bekannt ist, im März
eine Beendigung erfolgen soll. Wir gehen dem aber
nach.
Ich rufe die Frage 36 des Kollegen Marco
Wanderwitz auf:
Wie viele Jugendliche nehmen gegenwärtig an den Maßnahmen der BA der 24 Modellprojekte in Deutschland zur
„Entwicklung einer neuen Förderstruktur für Jugendliche mit
besonderem Förderbedarf“ teil und wie hoch ist die regelmäßige Ein- und Austrittsquote?
Der Kollege Wanderwitz fragt nach genau diesem
Modellprojekt mit dem Titel „Entwicklung einer neuen
Förderstruktur für Jugendliche mit besonderem Förderbedarf“.
Die Antwort auf Ihre Frage 36 lautet wie folgt: Im
Jahr 2001 waren Modellmaßnahmen mit mehr als
2 700 Teilnehmerinnen und Teilnehmern in die Modellversuchsreihe einbezogen. Seit Oktober 2002 befinden
sich über 6 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in
den Maßnahmen der neuen Förderstruktur. Die Gesamtteilnehmerzahl der Entwicklungsinitiative hat sich
somit mehr als verdoppelt. Dabei ist festzuhalten, dass
im zweiten Jahr der Entwicklungsinitiative fast alle
Modellregionen die Teilnehmerzahl aufgestockt haben.
({0})
Aussagen über die Austrittsquoten können zurzeit
noch nicht gemacht werden, da aussagekräftige Zahlen
voraussichtlich erst Ende des Jahres vorliegen werden.
Zusatzfrage?
Nein.
Dann rufe ich die Frage 37 des Abgeordneten
Wanderwitz auf:
Welche Alternativen stehen den Jugendlichen zur Verfügung, wenn es die Möglichkeit der 24 Modellprojekte in
Deutschland zur „Entwicklung einer neuen Förderstruktur für
Jugendliche mit besonderem Förderbedarf“ nicht gäbe?
Die benachteiligen Jugendlichen könnten, soweit dies
erforderlich ist, an einer konventionellen berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme des Arbeitsamtes teilnehmen, soweit keine vorrangigen schulischen Angebote
der Berufsvorbereitung zur Verfügung stehen. Ferner
könnten sie an ausbildungsbegleitenden Hilfen oder einer außerbetrieblichen Ausbildung in konventioneller
Form teilnehmen.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, teilen Sie mit mir die Ansicht,
dass dieser Weg viele der betroffenen Jugendlichen zum
Sozialamt führen kann?
Diese Modellprojekte hatten eine ursprüngliche Laufzeit von fünf Jahren. In einigen Arbeitsamtsbezirken
werden diese Projekte augenscheinlich bereits jetzt, im
dritten Jahr, abgebrochen. Womit erklären oder begründen Sie diese neue Entwicklung?
Es kann passieren, dass junge Menschen aus diesem
Programm in der Tat Sozialhilfeempfänger werden,
wenn sie keine anderweitigen Versicherungsansprüche
haben.
In einzelnen Teilen der Bundesrepublik - das habe ich
eben bereits in einer Antwort deutlich gemacht - steigen
die Arbeitsverwaltungen aus diesen Modellprojekten offensichtlich aus. Das überprüfen wir gegenwärtig. Es ist
klar, dass die Bundesanstalt für Arbeit bei insgesamt begrenzten finanziellen Mitteln schauen muss, ob sie möglicherweise andere Maßnahmen nach dem Jugendsofortprogramm oder dem SGB III bevorzugt. Eine endgültige
Antwort kann ich aber noch nicht geben.
Eine weitere Frage des Kollegen Dr. Michael Luther.
Wie bewerten Sie nach der halben Laufzeit die Qualität der aufgelegten Modellmaßnahmen? Sind Sie nicht
auch der Meinung, dass es besser wäre, die Jugendlichen
praktisch auszubilden, als ihnen eine theoretische Schulbildung, die - so haben Sie es vorhin formuliert - von
den Ländern getragen werden müsste, zukommen zu lassen?
Dieses besondere Programm wird von dem Institut
für berufliche Bildung, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik,
INBAS, wissenschaftlich begleitet. Für diese wissenschaftliche Begleitung werden auch ESF-Mittel eingesetzt. Die Maßnahmen sind reguläre berufsvorbereitende
Bildungsmaßnahmen, ausbildungsbegleitende Hilfen
oder außerbetriebliche Ausbildungen, die aus dem Beitragsaufkommen zur Arbeitslosenversicherung finanziert werden. Ich kann eine Bewertung nicht vornehmen;
dafür wurde ja eine wissenschaftliche Begleitung vorgesehen. Erfahrungswerte liegen mir bisher nicht vor. Erste
Abschnitte des Projektes wurden allerdings schon bewertet. Diese Zahlen müssen wir uns erst anschauen.
Danach können wir uns darüber unterhalten.
Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Hartwig
Fischer.
Mit Datum vom 18. Februar 2003 hat sich die Bundesarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit, der Zusammenschluss aller Mitgliedsorganisationen der Jugendsozialarbeit, an Ihren Minister gewandt. Sie hat darauf
hingewiesen, dass die Umschichtungen und Kürzungen
zu einem dramatischen Anstieg der JugendarbeitslosigHartwig Fischer ({0})
keit führen werden. Wie beurteilen Sie diese Aussage
vor dem Hintergrund, dass bereits angekündigt wurde,
dass die Anzahl der Ausbildungsplätze des Vorjahres
aufgrund der konjunkturellen Situation nicht erreichbar
sein wird, sondern wir vielmehr mit 20 Prozent weniger
Ausbildungsplätzen rechnen müssen?
Sie wissen, dass wir sehr genau beobachten, was sich
auf dem Ausbildungsmarkt abspielt. Wir erhalten monatliche Berichte über die bei der Bundesanstalt für Arbeit
gemeldeten Ausbildungsplätze. Ich denke, allen ist klar,
dass in diesem Jahr besondere Anstrengungen unternommen werden müssen, um zusätzliche Ausbildungsplätze
zu gewinnen. Dazu haben entsprechende Gespräche mit
der Wirtschaft stattgefunden und werden auch weiterhin
stattfinden. Herr Abgeordneter, ich gehe davon aus, dass
sich am kommenden Freitag der Bundeskanzler in seiner
Regierungserklärung auch zu diesem Thema äußern
wird.
Wie im Vorjahr haben wir entsprechende finanzielle
Mittel - das habe ich bereits dargestellt - bereitgestellt.
Wir werden weitere Initiativen entwickeln, um zusätzliche Ausbildungsplätze zu gewinnen. Wenn sich die
Befürchtungen hinsichtlich der Ausbildungsplätze bestätigen sollten - wir befinden uns jetzt im Monat März;
man muss einmal schauen, wie sich die Situation im
Ausbildungssektor in den Frühjahrsmonaten weiterentwickelt -, wird die Bundesregierung sicherlich zusätzliche Anstrengungen unternehmen und entsprechende
Maßnahmen durchführen.
Vielen Dank, Herr Staatssekretär.
Wir kommen dann zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Gerald Thalheim zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 38 des Kollegen Helmut Heiderich
auf:
In wie vielen Zeitschriften und Zeitungen und zu wie vielen Terminen hat die Bundesregierung seit dem Beginn ihrer
Werbekampagne für den Ökolandbau Anzeigen geschaltet?
Herr Staatssekretär, bitte.
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Herr Kollege Heiderich, die Bundesregierung hat seit
Beginn ihrer Werbekampagne für den Ökolandbau eine
ganze Reihe von Anzeigen geschaltet. Dabei ist zwischen der Biosiegel-Kampagne und der übergeordneten
Informationskampagne im Rahmen des Bundesprogrammes „Ökologischer Landbau“ zu differenzieren.
Im Rahmen der Biosiegel-Kampagne sind Zeitungsanzeigen in 41 Publikumszeitschriften sowie dem „Lesezirkel“ erschienen. Insgesamt wurden 117 Anzeigen
bzw. 132 Anzeigen bei Zählung der einzelnen Titel pro
Kombi geschaltet. In der Fachpresse waren es 21 Titel
mit 33 Schaltungen.
Im Rahmen der Informationskampagne zum Bundesprogramm „Ökologischer Landbau“ sind im Jahr 2002
Anzeigen wie folgt geschaltet worden: in 18 Zeitschriften, Anzeigen zu 73 Terminen, davon 14 Anzeigen mit
Beiklebern. Es gab fünf Motive zuzüglich Motiv mit
Beikleber.
Im Jahr 2003 werden Anzeigen wie folgt geschaltet
werden: in 21 Zeitschriften, zu 47 Terminen. Es gibt insgesamt sechs Motive.
Zusatzfrage, Herr Kollege Heiderich, bitte schön.
Herr Staatssekretär, wären Sie vielleicht in der Lage,
mir darzulegen, welche Kosten für diese Anzeigenserien
bisher entstanden sind und welche Beträge Sie bis Ende
des Jahres 2003 noch eingeplant haben?
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Für die Anzeigen im Jahre 2002 sind 2,287 Millionen
Euro ausgegeben worden. Im Jahr 2003 wird der Betrag
etwas niedriger sein, was sich aus dem beabsichtigten
Umfang der Anzeigen ergibt, der - wie von mir dargelegt - geringer ist. Eine genaue Zahl kann ich Ihnen
nachreichen.
Weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, Sie haben vorhin darauf hingewiesen, dass es verschiedene Serien und Motive gab.
Wäre die Bundesregierung bereit, mir von den jeweiligen Motiven eine Kopie zur Verfügung zu stellen?
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Herr Kollege Heiderich, das werden wir gerne tun.
Sie werden bei Ihrer umfangreichen Zeitschriftenlektüre
sicherlich schon auf das eine oder andere Motiv - ich
nehme an: positiv - aufmerksam geworden sein.
Ich rufe die Frage 39 des Kollegen Helmut Heiderich
auf:
In welchen Fernsehsendern und in welcher Häufigkeit in
Kinos hat die Bundesregierung im Laufe dieser Kampagne
Werbespots senden lassen?
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Herr Kollege Heiderich, auch in den Fernsehsendern
sind Schaltungen dieser Kampagne gelaufen. Auch hier
ist zwischen der Biosiegel-Kampagne und dem Bundesprogramm „Ökologischer Landbau“ zu unterscheiden.
2002 wurden im Rahmen der Biosiegel-Kampagne
TV-Spots bei öffentlich-rechtlichen Sendern - ARD und
ZDF -, den großen Privaten - RTL, Sat 1 und Pro 7 und den kleineren Privaten - Vox, RTL 2, Kabel 1 und
SRTL - geschaltet. Insgesamt wurden 358 Frequenzen
realisiert.
Im Rahmen der übergeordneten Infokampagne „Ökologischer Landbau“ wurden im Jahr 2002 weder Fernseh- noch Kinospots geschaltet. Das ist auch 2003 nicht
geplant.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Auffassung,
dass mit diesen Werbekampagnen eine sehr ungleiche
Behandlung der verschiedenen Agrarbereiche stattfindet? Denn wenn ich richtig informiert bin, müssen die
Landwirte, die nach guter fachlicher Praxis arbeiten,
über eine Abgabe an die CMA ihre Werbung selbst finanzieren, während Sie die Werbung für den Ökolandbau aus dem Steuersäckel finanzieren.
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Herr Kollege Heiderich, es wird Sie nicht wundern:
Diese Auffassung teile ich nicht. Ich will das auch begründen. Die unterschiedlichen Formen der Landwirtschaft werden in unterschiedlicher Weise gefördert. Im
ökologischen Landbau sehen wir eine besonders umweltgerechte und beschäftigungsfördernde Form der
Landwirtschaft. In der Weise, wie wir umweltgerechte
Landwirtschaft sehr unterschiedlich und sehr aufwendig
in den Bundesländern fördern, haben wir das mit der
Werbekampagne auch für den ökologischen Landbau getan.
Eine Konkurrenz oder eine Benachteiligung der konventionellen Landwirtschaft vermag ich darin nicht zu
erkennen. Im Gegenteil, im Hinblick auf eine positive
Sicht auf die Landwirtschaft und den Zusammenhang
zwischen Qualität und Preis, der ein Teil der Botschaft
ist, erwarten wir sogar eine Ausstrahlung auf die konventionelle Landwirtschaft.
Zweite Zusatzfrage, Herr Heiderich, bitte.
Herr Staatssekretär, könnten Sie mir auch zu dem
zweiten Teil - den Werbungen in Fernsehsendern und
Ähnlichem, die Sie eben vorgestellt haben - die Kosten
darstellen? Gibt es bei Ihnen eine Agentur oder einen
Berater, der für diese Anzeigenserien verantwortlich
zeichnet?
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Bei den Fernsehspots sind circa 2 Millionen Euro ausgegeben worden, was den zurückliegenden Zeitraum anbelangt. Ich biete Ihnen wie bei der Beantwortung der
vorangegangenen Frage an, die Angaben zum laufenden
Jahr schriftlich zu machen. Nach diesen Zahlen war
nicht gefragt und ich kann sie auch nicht aus dem Gedächtnis vortragen.
Die Anzeigen sind aufgrund von Ausschreibungen erfolgt. Es sind entsprechende Präsentationen im Haus
vorgetragen worden. Danach lief die Entscheidung. Ich
bin gern bereit, Ihnen die Agentur zu nennen, die sowohl
die Fernsehspots als auch die Zeitungsanzeigen erarbeitet hat.
({0})
Eine weitere Frage der Kollegin Gitta Connemann.
Gibt es Erhebungen oder Untersuchungen, ob und in
welchem Umfang sich diese Art der Werbung verbrauchssteigernd ausgewirkt hat?
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Die gibt es in diesem Bereich nicht, wie im Übrigen
bei der Werbung insgesamt nicht. Es gilt ja bei der Werbung der Grundsatz: Jeder zweite Euro ist am Ende umsonst ausgegeben - man weiß nur nicht, welcher.
({0})
- Wenn ich das noch ergänzen darf: Herr Heiderich hat
die CMA-Werbung angesprochen. Auch im Verwaltungsrat der CMA, dem anzugehören ich einige Jahre die
Parl. Staatssekretär Dr. Gerald Thalheim
Ehre hatte, wurde genau diese Diskussion geführt. Es ist
in der Tat schwer, am Ende die Trefferwirkung von Werbung generell einzuschätzen, insbesondere in den Bereichen - das gilt sowohl für die CMA als auch hier -, wo
die Werbung relativ unspezifisch ist.
Wichtig war für uns insbesondere bei der Werbung für
das Biosiegel, ein Stück weit der Skepsis entgegenzuwirken, die allgemein in der Öffentlichkeit herrscht. Dass
Bio drin ist, wo Bio draufsteht, war ja der Sinn der
Übung, nämlich der Schaffung eines staatlichen Kennzeichens in diesem Bereich. Ich denke, die Kontrollen
und das Öffentlichmachen unserer Anstrengungen haben
insgesamt eine positive Wirkung, ohne dass man diese
auf den Euro genau beziffern könnte.
Eine weitere Frage des Kollegen Albert Deß.
Herr Staatssekretär, wie erklären Sie sich die Tatsache, dass trotz dieser aufwendigen Werbung für die Ökolandwirtschaft die Einkommen der Ökobauern stärker
rückläufig waren als die Einkommen in der modernen
nachhaltigen Landwirtschaft?
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Herr Kollege Deß, unmittelbar nach der BSE-Krise
gab es bei den Ökoprodukten sicher eine sehr positive
Preisentwicklung, wenn man so will, eine überproportional positive Entwicklung. Der Rückgang, der im letzten
Jahr zu verzeichnen war, folgt dem allgemeinen Trend
bei den Erträgen in der Landwirtschaft und den Preisen
für Nahrungserzeugnisse. Weil es sich aber erst um eine
einjährige Tendenz handelt, würde ich das nicht überinterpretieren. Mit der Kampagne bemühen wir uns gerade darum, über das Marketing ein Stück weit Einkommenssicherung für den Ökolandbau zu betreiben.
Eine weitere Frage der Kollegin Julia Klöckner.
Herr Staatssekretär, ich denke, einige PR-Leute sind
bei Ihrer Aussage, dass man in dieser Branche nicht
nachvollziehen kann, ob Werbung einen Kaufanreiz bietet, zusammengezuckt. Soweit ich weiß, gibt es ganz
klare Erhebungen für Produkt- und Markenwerbung.
Auch für Ihre Anzeigen ließe sich sicher feststellen, ob
auf der Ebene, wo Sie geworben haben, ein unmittelbarer Kaufanreiz festzustellen ist. Sonst wäre das fatal;
denn das hieße, das Geld einfach ziellos zu verpulvern.
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Sie haben mich etwas missverstanden. Weder beim
Biosiegel noch bei der CMA-Werbung, die zitiert wurde,
geht es um Markenwerbung. Vielmehr sind das mehr
oder weniger allgemeine Informationen: Im Falle von
CMA geht es um den Wert von Lebensmitteln aus deutscher Produktion, beim Biosiegel darum, deutlich zu machen, dass hinter dem Kennzeichen „Biosiegel“ auch
eine staatliche Kontrolle steht. Es sollte ein Bewusstsein
für das Biosiegel geschaffen und die Kenntnis darüber in
der Öffentlichkeit verankert werden. Am Ende gab es in
der Tat sehr positive Effekte, nämlich die vielen Lizenznehmer, die es für das Biosiegel mittlerweile gibt. Ich
kann Ihnen an dieser Stelle zwar keine Zahlen nennen,
aber wir waren äußerst positiv überrascht, wie viele Unternehmen der Ernährungsindustrie mittlerweile das Biosiegel verwenden. Insofern gibt es sehr wohl ein positives Ergebnis.
Eine weitere Frage des Kollegen Hartwig Fischer.
Beabsichtigen Sie, die existierende Wirkungsforschung für Produktwerbung in Anspruch zu nehmen, sodass Sie erkennen können, welche Zielgruppe Sie angesprochen haben und in welchem Umfang die Zielgruppe
von dem entsprechenden Markenzeichen beworben worden ist? Denn so könnte man die Effektivität Ihrer Werbung abfragen.
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Herr Kollege Fischer, es ging beim Biosiegel mehr
oder weniger darum, einen Anschub zu leisten. Ich
konnte eben davon berichten, dass uns das gelungen ist:
Sehr viele Firmen verwenden mittlerweile dieses Biosiegel. Die Werbeausgaben für diesen Bereich werden wir
in den nächsten Jahren sukzessive senken, wenn nicht
ganz einstellen.
Es schließt sich eine Frage des Kollegen Peter Bleser
an.
Kann es, da Sie keine Erfolgskontrolle bezüglich der
Wirkung der aufgewendeten Mittel machen, sein, dass
Sie nicht wissen, inwieweit ausländische Ökoprodukte
bei uns stärker verzehrt wurden, was im Grunde die Annahme bestätigen würde, dass es Ihnen mehr um die Bewerbung einer politischen Richtung geht?
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Nein, dem muss ich widersprechen. Gerade die Tatsache, dass die Anzahl der Lizenznehmer beim Biosiegel
so stark zugenommen hat, ist für uns ein Teil der Erfolgskontrolle. Wir sind damit sehr zufrieden. In dem
Maße, wie dieses Biosiegel in der Öffentlichkeit bekannt
wird und wie selbstverständlich Verwendung findet,
können wir unsere Bemühungen zurückfahren und am
Ende einstellen.
Die Fragen 40 und 41 des Kollegen Carstensen sollen
schriftlich beantwortet werden.
Damit kommen wir zur Frage 42 der Kollegin Julia
Klöckner:
Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass Nordrhein-Westfalen nach Bekanntgabe der in den Niederlanden
grassierenden Geflügelpest die Freilandhaltung von Geflügel
nicht sofort untersagt in Anbetracht des langen gemeinsamen
Grenzverlaufs mit den Niederlanden, und, wenn ja, sieht sie
Handlungsbedarf?
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Frau Kollegin Klöckner, die Länder sind für die Tierseuchenbekämpfung zuständig. Nordrhein-Westfalen
sieht für die Freilandhaltung von Geflügel nach Abschätzung des möglichen Seuchenrisikos keine unmittelbare
Gefährdung.
Ihre Zusatzfrage, bitte schön.
Das ist sicherlich eine Frage der Einschätzung - Sie
arbeiten ja miteinander und tauschen sich aus -: Für das
Freilandgeflügel wird also keine Gefährdung gesehen.
Es ist aber doch erwiesen, dass der Erreger unter anderem durch Zugvögel verbreitet werden kann. Da sind
doch gerade die Tiere in Freilandhaltung gefährdet und
können den Erreger weiter verbreiten. Dies betrifft besonders Nordrhein-Westfalen, das von der holländischen
Grenze nicht so weit entfernt ist wie Bayern, sondern in
unmittelbarer Nachbarschaft liegt.
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Wir verlassen uns an dieser Stelle nicht auf irgendwelche Einschätzungen, wie heute auch in der Beratung
des Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft deutlich geworden ist. Insbesondere aufgrund der Ausführungen des Präsidenten der Bundesforschungsanstalt für Viruskrankheiten der Tiere, dem Experten auf diesem Gebiet in Deutschland, muss man
festhalten, dass es durch das Auftreten der Seuche in den
Niederlanden nicht zu einem höheren Risiko des Eintrages in die Freilandhaltung kommt. Ein Risiko besteht generell, also unabhängig von dem aktuellen Seuchenereignis in den Niederlanden; denn in den Freiwild- bzw.
Wassergeflügelbeständen gibt es ein gewisses Reservoir
an niedrig pathogenen Viren. Dieses Risiko hat sich, wie
gesagt, durch das Seuchenereignis nicht vergrößert. Die
Wahrscheinlichkeit, dass es aus den in Holland befallenen Beständen zu einer Übertragung der Viren durch
Zugvögel in Freilandbestände in Deutschland und anderswo kommt, ist fast zu vernachlässigen. Das Risiko
eines Krankheitserregeraustrages ist über andere Wege
viel größer.
Eine weitere Zusatzfrage? - Bitte schön.
Herr Staatssekretär, wie erklären Sie sich dann, dass
zum Beispiel Niedersachsen, das auf tiermedizinischem
Gebiet nicht ganz unwissend ist, sehr schnell gehandelt
und gesagt hat: „Gerade die Freilandhaltung kann problematisch sein“ und hier Prophylaxe betrieben hat?
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Ich möchte an dieser Stelle die besondere Vorsorge in
Niedersachsen nicht in ein negatives Licht stellen. Wir
beide waren aber heute Ohrenzeugen bei den Ausführungen des Präsidenten der Bundesforschungsanstalt für
Viruskrankheiten der Tiere, der sagte, dass es aktuell
kein größeres Eintragsrisiko durch Zugvögel oder andere
Tiere in die Bestände gibt.
Das Vorgehen Niedersachsens dient der zusätzlichen
Sicherheit. Wie gesagt, ich möchte es nicht negativ bewerten. Es ist zu vermuten, dass damit denjenigen Betrieben, die so zu ihrer Sicherheit aufgrund eigener Entscheidung vorgehen, eine Möglichkeit gegeben wird, die
Eier der jetzt aufgestallten Legehennen noch als Freilandeier zu verkaufen. Wenn diese Verordnung nicht erlassen worden wäre, könnte es an dieser Stelle insbesondere bei der Vermarktung Probleme geben. Die
getroffenen Maßnahmen geben den Betrieben also zusätzliche Sicherheit.
Eine weitere Frage des Kollegen Michael Goldmann.
Herr Staatssekretär, Sie haben es bereits angesprochen und wir haben es im Ausschuss erörtert - ich beziehe mich jetzt auf Ihre letzte Antwort -: Würden Sie
den Niedersachsen empfehlen, die Einschränkung der
Freilandhaltung, die dort praktiziert wird - Sie wissen,
dass es gerade in der Region, aus der ich komme, und
in Osnabrück-Land bis zu 50 Betriebssperren gegeben
hat -, aufzugeben, und ihnen raten: „Lasst die Tiere
wieder frei! Holt sie aus den Ställen heraus!“? Es gibt
ja ein Problem: Die Tiere werden größer und unter Tierschutzgesichtspunkten ist natürlich das Hineindrängen
in engere Ställe nicht zu rechtfertigen.
Kurz und gut: Werden Sie sich an Ihren niedersächsischen Kollegen wenden und sagen: „Stellt das ab!“?
Denn es ist natürlich nicht erklärlich - die Kollegin hat
es schon angesprochen -, dass in unmittelbarer Nachbarschaft, an der Grenze zwischen Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, unterschiedliche Wege gegangen werden.
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Herr Kollege Goldmann, wenn Sie das zum Maßstab
nehmen, dann ist auch nicht erklärlich, dass es in denjenigen Regionen in den Niederlanden, die nicht zu den
Sperrbezirken gehören, einen solchen Erlass ebenfalls
nicht gegeben hat. Gerade weil man dort von der Seuche
betroffen ist und die Niederlande wie kaum ein anderes
Land von der Geflügelhaltung abhängig sind, gehe ich
davon aus, dass es dort Veterinäre gab, die sehr wohl abgewogen haben, welche Maßnahmen notwendig sind.
Im Umkehrschluss würde ich den niedersächsischen
Behörden nicht die Empfehlung geben, jetzt darauf zu
verzichten. Sie haben die Entscheidung sicher mit Blick
auf das besondere Sicherheitsbedürfnis der betroffenen
Landwirte getroffen. Ich will dies nicht in ein negatives
Licht stellen. Dennoch gilt das vorhin Ausgesagte, dass
das Austragrisiko für diese Viruserkrankung eher bei direkten Kontakten und weniger bei Zugvögeln besteht.
Weitere Frage der Kollegin Gitta Connemann.
Wenn ich mir Ihre Ausführungen zur Einschätzung
oder Beurteilung des Seuchenrisikos anhöre, habe ich
den Eindruck, dass Sie meinen, in Niedersachsen habe
man etwas vorschnell und in Nordrhein-Westfalen etwas
bewusster und sachlicher gehandelt, insbesondere hinsichtlich der Risikoeinschätzung.
Wie erklären Sie sich dann die Entscheidung der EUKommission, die sich sicherlich auch sehr ernsthaft mit
der Frage der Bedrohung durch diese Seuche auseinander gesetzt hat, ein Verbot der Ausfuhr aus den Niederlanden zu erlassen? Wie erklären Sie sich im Übrigen die
Ausbreitung der Seuche in den Niederlanden und nun
auch in Belgien und in der Nähe der niederländischen
Stadt Breda - heute aktuell gemeldet -; und das, obwohl
diese Gebiete weit auseinander liegen?
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Frau Kollegin Connemann, wir haben eben bezüglich
der Freilandhaltung über das Infektionsrisiko durch Zugvögel diskutiert. Eine ganz andere Frage ist, wie ernst
die Bundesregierung und die EU-Kommission den Ausbruch der Seuche in den Niederlanden und das Risiko
nehmen, dass die Krankheit verschleppt wird. Dieses Risiko nehmen wir außerordentlich ernst.
Wir sind sehr dankbar und zufrieden, dass die niederländischen Kollegen unmittelbar nach dem ersten Verdacht die Bundesregierung und die EU-Kommission informiert haben. Wir waren noch am selben Tag in der
Lage, die Bundesländer zu informieren. Wir stehen in
engem Kontakt.
Wir begrüßen außerdem die Quarantänemaßnahmen,
die in den Niederlanden beschlossen wurden. Darin liegt
unserer Meinung nach der eigentliche Schlüssel zur Eindämmung der Krankheit, indem mit aller Konsequenz
der Krankheitsherd in den Niederlanden ausgelöscht
wird, wobei das eine vornehme Umschreibung für die
Tötung der Tiere ist. Aber das ist für uns der einzige
Weg.
Nun zum dritten Teil Ihrer Frage: Diesen Neuausbruch in Belgien, bei dem wir noch nicht hundertprozentig sicher sind, dass es einen Zusammenhang mit den
bisher bekannten Fällen gibt, muss man in gleicher
Weise behandeln.
Wir kommen zur Frage 43 der Kollegin Julia
Klöckner:
Wie wird die Gefahr der Einschleppung des Geflügelpesterregers mittels Fertigfutter über die normalen Vertriebswege
und mittels Futterrohstoffen, die über die Binnenschifffahrt
aus Rotterdam nach Deutschland gelangen, unterbunden?
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Sehr geehrte Kollegin Klöckner, die Gefahr der Einschleppung des Geflügelpesterregers über Futtermittel
wird bei sachgerechtem Transport, also in geschlossenen
Schuten, als nicht bedeutsam angesehen. Maßnahmen
werden daher nicht für erforderlich gehalten.
Zusatzfrage, Frau Klöckner?
Ja.
Bitte.
Es wäre gut, wenn es auch dementsprechend geschehen würde. Es gibt aber auch Einwegverpackungen für
die so genannten Konsum- und Industrieeier, die also nur
einmal verwendet werden sollen. Es hat sich aber gezeigt, dass diese auch mehrfach verwendet werden.
Sie glauben, dass es keine Verbreitung über diesen
Weg gibt. Aber ist dies gesichert? Heute läuft über den
Ticker, dass die Bundesregierung davor warnt, dass die
Pest von Belgien aus nach Deutschland übergreift. Es
gibt verschiedene Faktoren, und deshalb frage ich, ob die
Prophylaxe nicht breiter angelegt sein müsste.
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Wir haben heute die Öffentlichkeit über den Fall in
Belgien informiert, um damit zu erreichen, dass all diejenigen, die in diesem Bereich tätig sind, dieses Seuchengeschehen sehr ernst nehmen.
Bezüglich Ihrer Frage zur Prophylaxe möchte ich auf
meine Antwort von vorhin verweisen. Der Schlüssel
liegt in der konsequenten Eingrenzung der Seuchenherde
in den Niederlanden und möglicherweise auch in Belgien. Damit sind wir beim Kern Ihrer Frage: Aus diesen
Sperrgebieten dürfen weder Futtermittel noch Bruteier
noch Legehenneneier raus. Das muss konsequent eingehalten werden. Es gibt lediglich noch die Erlaubnis, aus
den nicht unter Quarantäne gestellten Gebieten in den
Niederlanden Eier in die Bundesrepublik zu exportieren.
Das geschieht mit Billigung der EU-Kommission und
unter der Bedingung, dass Einwegverpackungen verwendet werden. Dieses Vorgehen wurde nicht erst aufgrund des Seuchengeschehens eingeführt; es ist schon
seit längerer Zeit insbesondere in Regionen in den Niederlanden mit hohem Tierbesatz, Praxis, um die Verschleppung von Erregern von vornherein zu vermeiden.
Wir kommen zur Frage 44 der Kollegin Gitta
Connemann:
Trifft es zu, dass weder die im Zusammenhang mit der so
genannten Geflügelpest gesperrten Betriebe noch Brütereien
einen Anspruch auf Entschädigung nach dem Tierseuchengesetz haben, da nach diesem wirtschaftliche Folgeschäden
nicht erstattungsfähig sind und Eier nicht als lebendes Tier
gelten, und, wenn ja, erwägt die Bundesregierung die Bereitstellung finanzieller Sondermittel für diese Betriebe, wie es
zum Beispiel im Herbst 1993 bei Ausbruch der Schweinepest
geschah, als Bundesmittel zur Verfügung gestellt wurden, mit
denen die damalige Bundesanstalt für landwirtschaftliche
Marktordnungen entsprechend der aktuellen Marktnotierungen Bestände - Mastschweine und Ferkel - aufkaufte?
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Frau Kollegin Connemann, es trifft zu, dass nach dem
Tierseuchengesetz eine Entschädigung für wirtschaftliche Folgeschäden nicht geleistet wird. Im Seuchenfall
wird der gemeine Wert der Tiere ersetzt. In bestimmten
Fällen besteht die Möglichkeit des Abschlusses einer
Privatversicherung. Die Frage nach einer Bereitstellung
finanzieller Sondermittel stellt sich in der gegenwärtigen
Seuchensituation nicht.
Eine Zusatzfrage, Frau Connemann? - Bitte.
Meine Frage war auch auf die Zukunft gerichtet. Ein
Ausbruch der Seuche in Deutschland könnte alleine in
meinem Wahlkreis bis zu 14,5 Millionen Geflügelmastplätze betreffen. Von daher habe ich die Parallele zu dem
Programm der damaligen Bundesregierung aus CDU/
CSU und FDP zur Unterstützung der Schweinemastbetriebe gezogen. Ich denke, dass sich die Bundesregierung im Rahmen einer vorsorglichen Planung ihrer Aktivitäten darüber Gedanken machen müsste.
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Frau Kollegin Connemann, im Gegensatz zu Ihnen
habe ich das Gezerre von 1993, das es damals hinsichtlich dieser Hilfe gegeben hat, noch in Erinnerung.
Der Reihe nach. Als Erstes gehen unsere Anstrengungen dahin, eine Seuchenausbreitung möglichst zu verhindern. Dabei unterstützen wir die niederländischen
bzw. die belgischen Kollegen. Sollte es doch dazu kommen, dass die Seuche nach Deutschland eingeschleppt
wird, müssen sehr konsequent vergleichbare Quarantänemaßnahmen eingeleitet werden.
Darüber hinaus haben die Unternehmer eine Eigenverantwortung. Wir reden nämlich schon wieder von einer möglichen Subvention in einem Fall, der möglicherweise eintreten könnte. - Da können Sie ruhig mit dem
Kopf schütteln. - Wenn es am Ende tatsächlich zu einem
traumatischen Ereignis kommen sollte, was wir nicht
hoffen, dann ist zu entscheiden. Aber Sie können doch
nicht erwarten, dass wir uns vorsorglich über Ausgaben
Gedanken machen, da doch in erster Linie die Länder
gefordert sind. Auch bei dem in Ihrer Frage erwähnten
Seuchenereignis, der Schweinepest in Niedersachsen,
hat der Bund einen Zuschuss geleistet; vor allen Dingen
hat aber das Land Niedersachsen Leistungen erbracht.
Eine weitere Zusatzfrage, Frau Connemann? - Bitte.
Würden Sie jede Seuche als kalkulierbares wirtschaftliches Risiko für einen Unternehmer ansehen?
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Bei der Tierhaltung selbstverständlich. Es besteht
doch die Möglichkeit des Abschlusses einer Privatversicherung.
Man muss ganz klar trennen: Es gibt zum einen - wir
haben darüber gesprochen - das Tierseuchengesetz,
durch das der Ersatz des Warenwertes geregelt ist. Was
durch das Tierseuchengesetz nicht erfasst ist, sind wirtschaftliche Folgeschäden. Diese Diskussion haben wir
auch geführt, als es um BSE ging. Damals gab es das
gleiche Problem: Die Tiere wurden ersetzt, der Milchgeldausfall dagegen nicht. Es bestand aber die Möglichkeit des Abschlusses einer Privatversicherung. Auch in
diesem Fall haben wir, bis auf Ausnahmen, keine staatlichen Mittel eingesetzt. Ich denke, für die betroffenen
Betriebe waren die Auswirkungen der BSE-Seuche dramatisch.
Wir kommen zur Frage 45 der Kollegin Connemann:
Wird die Bundesregierung sich angesichts der Tatsache,
dass von Verpackungen eine hohe Ansteckungsgefahr ausgeht, bei der EU-Kommission für eine Ausweitung des für die
Niederlande verhängten Ausfuhrverbots, das bislang nur für
Lebendgeflügel und Bruteier gilt, auf Konsum- und Industrieeier einsetzen, und, wenn nein, warum nicht?
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Frau Kollegin Connemann, der Ständige Ausschuss
für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit hat in seiner Sitzung am 5. März 2003 von Reglementierungen
des Verbringens von Konsumeiern aus den Niederlanden
abgesehen, weil sich die Niederlande verpflichtet haben,
Konsumeier nur aus nicht betroffenen Gebieten zu verbringen und nur Einwegverpackungen für diese Eier zu
verwenden.
Eine Zusatzfrage? - Bitte schön.
Wie erfolgt die Kontrolle dieses Versprechens?
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Für die Kontrolle sind in erster Linie die niederländischen Behörden zuständig, die die Eingrenzung in dem
Sperrbezirk überwachen. Daneben - ich spreche jetzt
von Deutschland - gibt es weitere zuständige Behörden,
nämlich die Veterinärämter bis hin zum Zoll und zur Polizei.
Eine weitere Frage des Kollegen Hans-Michael
Goldmann.
Herr Staatssekretär, da wir gerade über Verpackungen
sprechen, frage ich Sie: Trifft es zu, dass die Eier aus den
Betrieben, die bis jetzt Freilandbetriebe waren und in
Niedersachsen nun sozusagen Unter-Dach-Betriebe sind,
in Verpackungen für Freilandeier auf den Markt kommen, obwohl es keine Freilandeier mehr sind, und dass
das über den Verordnungsweg gesichert ist?
Haben Sie irgendwelche Anstrengungen unternommen, um den Verbraucher darüber aufzuklären, dass er in
dieser besonderen Situation kein Freilandei, sondern ein
anderes Ei erhält?
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Herr Kollege Goldmann, ich denke, an dieser Stelle
ist keine zusätzliche und besondere Aufklärung notwendig. Ich glaube, bei den Verbrauchern gibt es Verständnis
für die Entscheidung, im Interesse dieser Unternehmen,
aber auch im Interesse des Tierschutzes hier Einschränkungen vorzunehmen.
({0})
- Der Sachverhalt ist zutreffend, wobei ich das mit der
Hoffnung verbinden möchte, dass sich das Einstallen auf
eine kurze Zeit beschränkt und dass es den niederländischen Kollegen gelingt, die Seuchenherde auszumerzen,
sodass wir in Deutschland nicht mit Infektionen konfrontiert werden. Wie gesagt: Das ist eine Hoffnung.
Wenn das Gegenteil einträte, hätten wir riesige Probleme.
Wir kommen zur Frage 46 des Kollegen Albert Deß:
Wie wird der Geflügelverkehr zwischen Deutschland und
den Niederlanden kontrolliert und sichergestellt, dass ein
Übergriff der Geflügelpest auf deutsche Bestände unterbunden wird?
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Die Europäische Kommission hat das Verbringen von
Geflügel und Bruteiern aus den Niederlanden in Mitgliedstaaten und Drittländer bis auf weiteres verboten.
Die zuständigen Behörden in den Niederlanden und auch
im deutschen Grenzbereich kontrollieren die Einhaltung
dieser Norm.
Wir kommen gleich zur Frage 47 des Kollegen Deß:
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
Wie wird sichergestellt, dass Konsum- und Industrieeier
sowie Verpackungen aus gefährdeten niederländischen Gebieten nicht nach Deutschland gelangen?
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Herr Kollege Deß, die niederländischen Behörden haben verfügt, dass keine Eier aus den Betrieben im Sperrbezirk verbracht werden dürfen. Hinsichtlich der Verpackung wird auf die Antwort auf die Frage der Kollegin
Connemann verwiesen, in der ich gesagt habe, dass sich
die Niederlande verpflichtet haben, nur Einwegverpackungen zu verwenden.
Zusatzfrage, Kollege Deß.
Herr Staatssekretär, was ist unternommen worden,
nachdem bekannt wurde, dass Eier aus gewissen Gebieten, in denen die Geflügelpest ausgebrochen war, bereits
ausgeliefert worden waren, um festzustellen, in welche
Gebiete sie geliefert wurden? Welche Vorsichtsmaßnahmen sind hier ergriffen worden?
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Vorsichtsmaßnahmen sind vor allen Dingen bei Eintagesküken und bei den Bruteiern verfolgt worden, weil
die Weitergabe des Erregers über diesen Weg am wahrscheinlichsten ist. 250 Betriebe in den neuen Ländern
stehen unter Quarantäne. Dadurch verfolgen wir das
Ziel, dass es dort nicht zum Ausbruch kommt.
Was hinsichtlich der Eier, die für den menschlichen
Konsum bestimmt sind, erfolgt ist, müsste ich Ihnen telefonisch mitteilen.
Danke schön.
Wir kommen zur Frage 48 des Kollegen Peter Bleser:
Wie wird sichergestellt, dass auch die Hobby- und Kleintierhalter von den Maßnahmen zum Schutz gegen die Geflügelpest erfasst sind?
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Herr Kollege Bleser, nach Auskunft der Länder vom
6. März 2003 wurden insgesamt 250 Betriebe in neun
Ländern, unter denen sich auch Hobby- und Kleinbetriebe befinden können, unter amtliche Beobachtung gestellt. Mehr ist nicht notwendig.
Hobby- und Kleintierhalter würden natürlich in die
Quarantänemaßnahmen einbezogen werden, wenn es in
Deutschland zum Ausbruch der Krankheit kommen
sollte. In der gegenwärtigen Phase geht es vor allen Dingen darum, den Weg der Bruteier zu verfolgen, um die
Empfängerbetriebe unter Beobachtung zu stellen.
Herr Bleser, eine Zusatzfrage? - Bitte.
Herr Staatssekretär, haben Sie Vorsorge für den hoffentlich nicht eintretenden Fall getroffen, dass ein Seuchenzug in Deutschland einbricht und Tötungen von Geflügelbeständen in erheblichem Umfange anstehen, was
sich logistisch schwer umzusetzen lässt? Die tierschutzrelevanten Aspekte lasse ich einmal beiseite.
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Bei der Vorsorge haben wir den Schwerpunkt unserer
Tätigkeit auf die enge Zusammenarbeit mit den Länderbehörden gelegt, um die entsprechenden Quarantänemaßnahmen einzuleiten. Für eine mögliche Tötung der
Tiere und die Umsetzung der angeordneten Quarantänemaßnahmen sind die entsprechenden Unternehmen verantwortlich. Allerdings gibt es in diesem Bereich Hilfestellungen. Gegenwärtig werden die Niederlande
vonseiten Belgiens und Deutschlands bei der Tötung der
Tiere unterstützt. Ich gehe davon aus, dass es zu einer
ähnlichen Unterstützung kommen würde, wenn es - ich
wiederhole, dass dies hoffentlich nicht der Fall sein
wird - zu einer Infektion und zum Ausbruch der Krankheit in Deutschland käme.
Eine weitere Zusatzfrage? - Bitte sehr.
Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung die
Möglichkeit geprüft, dem Beispiel Italiens folgend, Geflügelbestände zu impfen?
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Diese Möglichkeit ist geprüft worden. Dabei muss
man sich vor Augen führen, dass die Impfung gegen Geflügelpest die letzte aller Maßnahmen ist. Sie ist nur
dann angebracht, wenn man die Krankheit mit anderen
Maßnahmen nicht mehr unter Kontrolle bringen kann.
Bei der Impfung gegen Geflügelpest ist das Problem,
dass es eine Vielzahl von Subtypen gibt. Für jeden dieser
Subtypen muss ein gesonderter Impfstoff entwickelt
werden. Die Impfstoffe haben nicht die Wirkung, dass
Parl. Staatssekretär Dr. Gerald Thalheim
die Weitergabe der Krankheit verhindert wird. Das heißt,
unter der Impfdecke kann sich die Krankheit trotzdem
ausbreiten. Aus diesem Grunde ist das äußerst problematisch. Man kann nicht unterscheiden, ob der Krankheitserreger, den man bei Untersuchungen feststellt, auf ein
Feldvirus oder auf ein Impfvirus zurückgeht. Wie gesagt,
diese Maßnahme käme erst dann zur Anwendung, wenn
wir eine Verseuchung von Geflügelbeständen in großem
Stil in Deutschland hätten. Unser Ziel ist es - das ist
machbar -, Deutschland von der Geflügelpest freizuhalten.
Eine weitere Frage der Kollegin Gitta Connemann.
Nach Ihren Worten dürfen die Erzeuger zunächst
nicht impfen. Danach haben sie die Kosten für den Schaden selbst zu tragen.
Seit 1999, also nicht erst seit kurzer Zeit, sondern
schon seit einigen Jahren, wird in Italien in den betroffenen Regionen nach der so genannten DIVA-Methode geimpft. Nach dem, was uns Veterinäre sagen, werden damit durchaus hervorragende Ergebnisse erzielt. Dabei
handelt es sich um einen markierten Impfstoff. Dass man
damit natürlich nicht jeden Virustyp erfassen kann, das
ist bei jeder Impfung so. Das ist auch bei der Impfung
von Menschen der Fall. Aber man kann in hohem Maße
die Tierbestände schonen und weiterhin gegen die Tierseuche kämpfen. Sind in dieser Hinsicht bereits Erfahrungen aus Italien eingeholt worden? Wann würde die
Bundesregierung eine Verseuchung als so schwerwiegend ansehen, dass an eine Impfung gedacht wird?
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Erstens. Das prophylaktische Impfen ist nach der EURichtlinie zur Bekämpfung der Geflügelpest nicht zulässig. Daher muss ich Ihre Interpretation zurückweisen,
dass wir den Geflügelhaltern zuerst das Impfen nicht erlauben und sie dann mit den Folgen allein lassen.
Zweitens. Zu Italien ist zu sagen: In Italien gab es in
den letzten Jahren zwei große Seuchenzüge, von denen
eine Vielzahl von Betrieben mit Millionen von Tieren
betroffen waren, die erkrankt sind und letztendlich getötet werden mussten. Auch nach der Impfung ist die Tötung erforderlich, wenn man an dem Ziel festhält, das
Land seuchenfrei zu bekommen.
Ich denke, diese Punkte machen deutlich, dass das
Impfen tatsächlich nicht die Maßnahme der ersten Wahl
ist, sondern erst dann zum Zuge kommen kann, wenn die
anderen Maßnahmen nicht greifen. Unser Ziel ist, die
Geflügelpest von Deutschland fern zu halten. Sollte sie
auftreten, müssten wir sie ausmerzen. Das Impfen wäre
erst dann eine Strategie, wenn man sich damit abgefunden hat, dass die Krankheit auf Dauer präsent ist.
Wir kommen zur Frage 49 des Kollegen Peter Bleser,
der letzten Frage in der heutigen Fragestunde:
Wie reagiert die Bundesregierung auf die Einschleppung
des Geflügelpesterregers durch Zugvögel im Hinblick auf die
Freilandhaltung von Geflügel?
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Herr Kollege Bleser, je nach der geographischen Lage
des Bundeslandes und den gegenwärtigen Wildvogelzügen sind entsprechend der Zuständigkeit der Länder für
die Bekämpfung von Tierseuchen Aufstallungen von
Geflügel empfohlen oder angeordnet worden.
Eine Zusatzfrage? - Das ist nicht der Fall. Dann beende ich hiermit die Fragestunde.
Damit sind wir am Schluss unserer heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 13. März 2003,
9 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.