Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die
Sitzung ist eröffnet.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 5 auf:
Beratung und Beschlussfassung des Antrags der
Bundesregierung
Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem NATO-geführten
Einsatz auf mazedonischem Territorium zum
Schutz von Beobachtern internationaler Organisationen im Rahmen der weiteren Implementierung des politischen Rahmenabkommens
vom 13. August 2001 auf der Grundlage des Ersuchens der mazedonischen Regierung vom
8. Oktober 2002 und der Resolution 1371 ({0})
des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom
26. September 2001
- Drucksache 15/10 Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Stunde vorgesehen. - Ich höre keinen
Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Bundesminister der Verteidigung, Peter Struck, das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Engagement der internationalen Gemeinschaft in Mazedonien ist eine Erfolgsgeschichte.
({0})
Wenn wir die heutige Situation dieses Landes mit der Lage
vergleichen, in der es war, als wir zum ersten Mal über ein
internationales Mandat entscheiden mussten, können wir
sagen, dass das Engagement der internationalen Gemeinschaft Mazedonien auf den Weg der inneren Versöhnung
gebracht sowie zum Erhalt eines multiethnischen Charakters und zur Festigung der Demokratie geführt hat.
NATO, Europäische Union und OSZE haben unter
dem Dach der Vereinten Nationen so zusammengewirkt,
dass eine weitere Eskalation der Gewalt und ein drohender Bürgerkrieg im Keim erstickt werden konnten. Es ist
dabei in mustergültiger Weise gelungen, zivile und militärische Instrumente mit dem gemeinsamen Ziel der
Friedenssicherung zu verknüpfen.
Die gesamte Region hat nunmehr eine wirkliche Perspektive für die Zukunft gewonnen. Eines der wichtigsten
Ziele aber bleibt, das nur langsam wachsende Vertrauen
zwischen den slawischen und albanischen Mazedoniern
weiter zu festigen.
Bei der Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit
und Ordnung gibt es sichtbare Fortschritte; der Aufbau
der multiethnischen Polizei ist auf einem guten Weg. Jetzt
kommt es darauf an, diese Erfolge umsichtig und beharrlich zu konsolidieren. Nur mit einem umfassenden Ausbau der multiethnischen Polizei und deren kontinuierlicher Präsenz in den vorwiegend von Albanern bewohnten
Gebieten wird es gelingen, ein fortdauerndes Sicherheitsvakuum zu vermeiden. Dieser Prozess braucht allerdings
noch Zeit.
Zöge sich die internationale Gemeinschaft jetzt zurück,
würden diese positiven Entwicklungen leichtfertig aufs
Spiel gesetzt. Wir dürfen Mazedonien nicht zu früh sich
selbst überlassen,
({1})
insbesondere deshalb nicht, weil es noch immer rund
15 000 Vertriebene gibt, die in ihre Heimat zurückkehren
wollen und integriert werden müssen.
Der jüngste Meilenstein auf dem Weg Mazedoniens zu
einer vollständigen Normalisierung des öffentlichen Lebens waren die Parlamentswahlen am 15. September.
Diese Wahlen sind geordnet und störungsfrei verlaufen;
alle Parteien haben sich den demokratischen Spielregeln
unterworfen. Das Ergebnis dieser Wahlen wird landesweit
akzeptiert. Der friedliche Regierungswechsel ist mittlerweile eingeleitet.
In der neuen mazedonischen Regierung werden aller
Voraussicht nach alle Ethnien angemessen vertreten sein.
Der künftige Ministerpräsident Crvenkovski beweist
politische Klugheit, indem er albanische Partner in sein
Kabinett aufnehmen wird, obwohl er das von den Mehrheitsverhältnissen her nicht bräuchte.
({2})
Die NATO hat entscheidend dazu beigetragen, den politischen Prozess der inneren Versöhnung und der Normalisierung der Lebensbedingungen voranzubringen. Die
Bundeswehr hat hierbei seit Beginn der Operation Fox im
Juni vergangenen Jahres substanzielle Beiträge geleistet.
Deutschland ist mit rund 220 Soldaten zweitgrößter Truppensteller. Wir können mit Stolz feststellen, dass unsere
Soldaten und Soldatinnen mit ihrem ausgeprägten Fingerspitzengefühl und ihrem klaren und zugleich zurückhaltenden Auftreten das Vertrauen der gesamten mazedonischen Bevölkerung gewonnen haben.
({3})
Den Beobachtern der Europäischen Union und der
OSZE kommt bei der Wiederherstellung normaler Lebensverhältnisse in Mazedonien weiterhin herausragende
Bedeutung zu. Die Situation im Land ist allerdings noch
nicht so stabil, dass die Beobachter auf militärischen
Schutz verzichten können. Bei der Entscheidung des
Bundestages geht es deswegen darum, für die Beobachter
der Europäischen Union und der OSZE militärischen
Schutz zu gewährleisten. Präsident Trajkovski hat daher
gebeten, die Operation Fox zunächst bis zum 15. Dezember dieses Jahres fortzusetzen. Es liegt in unserem Interesse und in unserer Verantwortung, uns der Bitte der mazedonischen Regierung um diese Unterstützung nicht zu
versagen.
({4})
Die internationale Gemeinschaft, insbesondere die EU
und die OSZE, bleibt in gleicher Weise umfassend gefordert, das Land politisch, ökonomisch und gesellschaftlich
an das Europa der Integration heranzuführen.
In Mazedonien und in internationalen Organisationen,
auch in der NATO, beginnen Diskussionen über die Frage,
ob auch im Jahre 2003, also über den beabsichtigen Zeitraum hinaus, ein internationales militärisches Engagement
erforderlich sein wird. Hier sollte der Maßstab sein, ob die
Stabilität, die wir so mühsam aufgebaut haben, ausreicht,
um auf den militärischen Schutz der Beobachter verzichten zu können. Ich meine, es wäre unverantwortlich, das
Vertrauen der Mazedonier in die internationale Gemeinschaft zu enttäuschen und den Aussöhnungsprozess
leichtfertig einer unnötigen Belastungsprobe zu unterziehen. Die internationale Gemeinschaft hat in Mazedonien
mit großer Berechenbarkeit und hoher Verlässlichkeit
agiert. Daran darf sich nichts ändern.
Nach wie vor besteht die Möglichkeit, dass die Europäische Union die Führung in Mazedonien übernimmt,
was die Bundesregierung begrüßen würde. Der Schlüssel
für eine EU-geführte Operation in Mazedonien bleibt eine
Dauervereinbarung zur Zusammenarbeit zwischen NATO
und EU unter der Überschrift „Berlin plus“. Diese liegt
noch nicht vor. Deshalb kann es jetzt nur darum gehen, der
NATO die Möglichkeit zu geben, ihre wichtige Aufgabe
zunächst bis zum 15. Dezember zu erfüllen. Ich denke,
meine Damen und Herren, dass der Bundestag, indem er
dem Antrag der Bundesregierung zustimmt, in einer guten
Kontinuität zum Aufbau stabiler Verhältnisse auf dem
Balkan beitragen kann.
({5})
Ich erteile das Wort dem Kollegen Paul Breuer,
CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Mandat für den Einsatz der Bundeswehr zum Schutz der internationalen Beobachter in Mazedonien soll heute über
den 26. Oktober hinaus bis zum 15. Dezember dieses Jahres verlängert werden.
Ich stimme dem Bundesverteidigungsminister, Herrn
Struck, zu, wenn er sagt, der Einsatz der Bundeswehr im
Rahmen des Einsatzes von 13 NATO-Nationen sei ein Erfolg gewesen.
({0})
Ich will jedoch darauf hinweisen, dass wir bei der Abstimmung im vergangenen Jahr, nachdem wir hier im
Deutschen Bundestag darüber debattiert hatten, feststellen mussten, dass die rot-grüne Regierung Schröder für
diesen Einsatz über keine eigene Mehrheit verfügte.
({1})
Wir von der Opposition waren es, die Ihnen, Herr Bundeskanzler, damals die Möglichkeit gegeben haben, diesen Einsatz der Bundeswehr im Rahmen der NATO zu einer Erfolgsgeschichte werden zu lassen.
({2})
- Liebe Kolleginnen und Kollegen, dass Sie das schmerzt,
kann ich verstehen; es ist aber die Wahrheit. ({3})
Mit dieser Abstimmung des Deutschen Bundestages
wurde die deutsche Handlungsfähigkeit im Rahmen der
NATO, aber auch innerhalb der Europäischen Union gesichert.
Für uns als CDU/CSU ist es oberster Grundsatz, dass
die außenpolitische Handlungsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der Bündnissysteme und
in der Verbindung von politischen und militärischen Elementen für die Zukunft gesichert sein muss. Wir betreiben
keine billige Oppositionspolitik,
({4})
sondern eine Politik für die Verlässlichkeit der Bundesrepublik Deutschland.
({5})
Das ist dringender denn je.
({6})
Dabei muss die billige und populistische Art und Weise,
mit der dieser Bundeskanzler im Bundestagswahlkampf
die deutsche Verlässlichkeit riskiert hat, heute ebenfalls
debattiert werden.
({7})
Gleichwohl unterstützen wir die deutsche Politik.
({8})
Deutschland wird seinen Beitrag auch in Zukunft leisten.
({9})
Deutschland wird seinen Beitrag auch dadurch leisten,
dass CDU und CSU im Deutschen Bundestag
({10})
die Verlässlichkeit Deutschlands unterstützen.
Der Einsatz der 13 NATO-Staaten in Mazedonien und
die politischen Bemühungen der NATO, der Europäischen Union und der OSZE stehen beispielhaft für eine
erfolgreiche und kooperative Vermittlungsarbeit gegenüber dem Land Mazedonien, in dem es zu großen Stabilitätskonflikten, die aus interethnischen Problemen entstanden sind, gekommen ist. Diese bestehen teilweise
nach wie vor. Europa und Deutschland haben ihren Beitrag dazu geleistet, dass eine Verständigung und Vermittlung zwischen den ethnischen Gruppen in Mazedonien
und darüber hinaus stattgefunden haben. Man kann nicht
von der Hand weisen, dass die Instabilität, die von Mazedonien ausstrahlte, eine Bedeutung auch im Hinblick auf
die ohnehin tief greifenden Probleme des Kosovo und darüber hinaus gehabt hätte.
Wir können froh sein, dass wir Europäer zusammen
mit unseren NATO-Partnern in der Lage waren, das Rahmenabkommen von Ohrid zumindest zu begleiten. Wir
haben für eine Verständigung in einem Balkanland mit
großen Schwierigkeiten Schrittmacherdienste geleistet.
Wir sind unserer europäischen Sicherheitsverantwortung
gerecht geworden.
Wichtig ist, darauf hinzuweisen, dass dies nur in Verbindung mit der NATO möglich war. Wir Europäer sollten uns nicht überheben. Nur zusammen mit der NATO
und zusammen mit den amerikanischen Partnern waren
wir in der Lage, diese Arbeit - eine wichtige Arbeit für die
Stabilität unseres Kontinents - zu leisten.
({11})
Mehr Rechte für die nationale Minderheit, die Wiederherstellung der staatlichen Autorität im Lande und die
Konfliktminimierung sind mit einem starken deutschen
Beitrag vorangetrieben worden. Ich möchte an dieser
Stelle den Soldaten der Bundeswehr, die in Mazedonien
einen hervorragenden Dienst geleistet haben und mit Engagement und Hingabe im Einsatz waren und sind, im Namen der CDU/CSU-Fraktion herzlich danken.
({12})
Die Bundeswehr hat in diesem Einsatz nicht nur Einsatzstärke, sondern auch insofern Charakter bewiesen, als
deutsche Truppenführer in heiklen Situationen das richtige Maß an Entschlossenheit, aber auch an Rücksichtnahme und Vermittlungsbemühungen an den Tag gelegt
haben. Das hat sich vor allen Dingen in dem Dreivierteljahr
der deutschen Führungsfunktion in Mazedonien erwiesen.
Mit Sicherheit wird dieses Mandat und seine Wahrnehmung durch die Bundeswehr in einer hervorragenden
Weise in die Geschichte der internationalen Einsätze der
Bundeswehr eingehen.
Wir sollten nicht vernachlässigen, dass dieses Engagement deutscher Soldaten auf dem Balkan ein Engagement
ist, für das in dieser Gesellschaft immer wieder Unterstützung gefunden werden muss. Mir wird von deutschen
Soldaten oft gesagt: Wir leben in Deutschland in einer
Friedensgesellschaft; schon unsere näheren Nachbarn haben kein Verständnis dafür, dass der Vater, der Sohn, möglicherweise auch die Mutter und Frau, über längere Zeit in
einem völlig anderen und gefährlichen Umfeld eingesetzt
werden. - Wir alle müssen nicht nur dafür sorgen, dass
den Soldaten der Bundeswehr der Dank entgegengebracht
wird, den wir ihnen schulden; vielmehr müssen wir sie in
dieser gesellschaftlichen Situation auch angemessen unterstützen.
({13})
Wir müssen die Bundeswehr bei ihrer Aufgabenwahrnehmung im Hinblick auf ihre Ausrüstung angemessen
unterstützen.
({14})
Ich komme nicht daran vorbei, an dieser Stelle zu sagen,
dass das, was im rot-grünen Koalitionsvertrag zur Zukunft der Bundeswehr festgehalten wurde, keine Grundlage für eine vernünftige Weiterentwicklung der Bundeswehr in Bezug auf ihre Aufträge enthält. Es ist
stümperhaft, was Sie dort zu Papier gebracht haben.
({15})
Es deutet sich an, dass die Bundeswehr in einer fernen
Region, in Asien, mehr Verantwortung übernehmen muss,
als sie dort ohnehin bereits übernommen hat. Ich kann nur
eines feststellen: Die Grundlage für die Übernahme von
mehr Verantwortung durch die Bundeswehr ist nicht richtig gelegt worden und man kann von Ihnen auch nicht erwarten, dass dies in der Zukunft geschieht.
Wir werden - wie es derzeit bereits der Fall ist - Soldaten nach Afghanistan schicken, die sich darauf einrichten müssen, lange Zeit dort zu bleiben. Die notwendige Ausrüstung und die Grundlagen für die weitere
Entwicklung der Bundeswehr werden nach dem, was Sie
in Ihrem Koalitionsvertrag festgehalten haben, jedoch
nicht in ausreichendem Maße bereitgestellt.
({16})
Man kommt in einer Debatte wie dieser, in der es auch
darum geht, sich darüber zu freuen, dass wir der Verantwortung gerecht geworden sind, nicht umhin, kritisch
dazu Stellung zu nehmen, dass Ihre Politik gegenüber der
Bundeswehr deutliche Defizite aufweist. Mehr Verantwortung ohne mehr Unterstützung für die Bundeswehr
und die deutschen Soldaten ist auf Dauer nicht möglich.
({17})
Meine Damen und Herren, ich stimme mit dem Verteidigungsminister, Herrn Struck, darin überein, dass wir die
Entwicklung in Mazedonien im Blick behalten müssen.
Ich stimme auch darin überein - das entspricht einer alten
Forderung der Union -, dass wir in zunehmendem Maße
eine europäische Verantwortung gegenüber dem Balkan
und insbesondere gegenüber Mazedonien übernehmen
müssen. Ein erstes Beispiel dafür könnte ein EU-geführter Präventiveinsatz zur Stabilisierung des Balkans bzw.
Mazedoniens sein.
Ich muss aber den Außenminister und den Verteidigungsminister darauf hinweisen, dass wir ein deutliches
Engagement von deutscher Seite in den europäischen
Gremien in der Vergangenheit leider vermissen mussten.
({18})
Es ist kein klares deutsches Engagement im Hinblick auf
die Erweiterung der europäischen Verantwortung gegenüber dem Balkan erkennbar.
({19})
Das hat auch etwas mit der Frage zu tun, welche Verantwortung Sie für die Bundeswehr übernehmen.
Lassen Sie mich eines feststellen: Es kann nicht sein,
dass wegen einer Verstärkung der Anstrengungen in Afghanistan die notwendigen Stabilitätsbemühungen auf
dem Balkan hintangestellt werden.
({20})
Damit würden wir unserer Verantwortung nicht umfassend gerecht werden. In einer solchen Debatte ist es notwendig, im Bewusstsein der Verantwortung in aller Klarheit und kritisch darüber nachzudenken.
Die CDU/CSU wird der Verlängerung des Mandats der
Bundeswehr zur Beteiligung an dem NATO-geführten
Einsatz heute zustimmen. Wir sind als Opposition dazu
bereit, die damit verbundene Verantwortung zu übernehmen.
Herzlichen Dank.
({21})
Ich erteile dem Kollegen Günther Nolting für die FDPFraktion das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundesminister der Verteidigung hat zu Recht auf den Erfolg
des Einsatzes in Mazedonien hingewiesen. Dafür gebührt
unseren Soldatinnen und Soldaten unser Dank.
({0})
Es ist allerdings bemerkenswert, zu welchen Leistungen die Bundeswehr trotz der zum Teil desolaten materiellen Ausstattung, trotz der Unterfinanzierung und der
nicht immer von Fürsorge gekennzeichneten Behandlung
seitens Ihrer politischen Führung in der Lage ist.
({1})
Darauf werde ich noch eingehen.
Die internationale Präsenz verhinderte einen Bürgerkrieg in Mazedonien. Daran besteht kein Zweifel und das
wird auch von der FDP gewürdigt. Der politische Versöhnungsprozess befindet sich weiterhin auf einem guten
Kurs. Aber bei allem Optimismus muss auch erwähnt
werden, dass die Lage in Mazedonien noch nicht so stabil
ist, wie wir uns das wünschen. Die Fortsetzung von Amber Fox ist deshalb nach Auffassung der FDP-Fraktion
unverändert notwendig.
Die wünschenswerte Übernahme der Führung der
Operation in Mazedonien durch die ESVP kann leider
noch nicht stattfinden. Auch wenn es Fortschritte in der
Zusammenarbeit gegeben hat, sagen wir von der FDP:
Europa muss auch in dieser Frage sichtbar Flagge zeigen.
({2})
Im Interesse der Stabilität Mazedoniens muss die
NATO ihre militärische Präsenz auch über den 15. Dezember 2002 hinaus vorbereiten. Dabei muss selbstverständlich die Auftragsübernahme durch die ESVP forciert
werden. Aber es muss flankierend eine politische Gesamtstrategie für die Region erarbeitet werden. Die FDP hat
im letzten Jahr Vorschläge dazu gemacht. Wir werden
diese Vorschläge auch in diesem Jahr wieder einbringen.
Wir brauchen eine politische Lösung; denn eine dauerhafte sicherheitspolitische Absicherung politischer Lösungen ist nicht darstellbar.
Die Belastungsgrenzen werden sichtbar, und zwar überall. In Deutschland sind sie allerdings besonders gravierend, da die Bundeswehr falsch strukturiert ist und die
Bundesregierung vier Jahre hat ins Land ziehen lassen,
ohne wirkungsvoll gegenzusteuern.
({3})
Es muss endlich die Reform der Reform der Bundeswehr
angepackt werden.
Im zweiten Halbjahr 2001 hat die FDP-Bundestagsfraktion einen Mazedonien-Einsatz mit einem ehrlichen Mandat gefordert. Zu diesem Mandat gehörten und gehören ein
klarer Auftrag, eine verlässliche Finanzierung, ein begrenzter Zeitrahmen und eine auftragsgerechte Ausrüs38
tung. Dazu stehen wir als FDP-Bundestagsfraktion auch
noch heute.
({4})
Damals haben wir nach langem Ringen dem Mandat für
ein drittes Einsatzgebiet auf dem Balkan zugestimmt. Wir
haben diesen Einsatz - dies sage ich ganz offen - sehr kritisch gesehen. Gerungen haben wir aber auch, weil dieser
Einsatz für die Soldatinnen und Soldaten eine zusätzliche
Belastung darstellt. Die Voraussetzungen müssen einfach
stimmen. Hier ist die Bundesregierung maßlos im Verzug.
Die versorgungsrechtlichen Ansprüche der Soldaten
sind zum Beispiel mehr als schlecht gestaltet. Auf eine
schriftliche Anfrage antwortete die Bundesregierung mir
Anfang dieses Monats - hören Sie gut zu -, es handle sich
um eine systembedingt - ich betone: systembedingt - unterschiedliche Ausgestaltung der Unfallversorgung. Dies
ist aus meiner Sicht eine menschenverachtende Aussage.
({5})
Verunglückt zum Beispiel ein Zeitsoldat, ist die Versorgung alles andere als ausreichend. Seine Existenz und die
seiner Familie sind dann gefährdet.
Neben der unverzüglichen Verbesserung des Versorgungsrechts stünde es der Bundesregierung gut an, unter
anderem sehr schnell die Einsatzdauer bei Auslandseinsätzen generell auf vier Monate zu reduzieren,
({6})
grundsätzlich mehr Flexibilität bei der Dienstpostenbesetzung zu praktizieren und die bei der Truppe Unruhe
stiftenden Experimente bei der Auslandsverwendungszulage zu unterlassen.
({7})
Hier sollte übrigens neben dem Gefährdungsgrad auch die
Belastungsstärke einbezogen werden.
Die FDP-Bundestagsfraktion wird heute der Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte
an dem NATO-geführten Einsatz auf mazedonischem
Territorium zustimmen. Aber wir haben noch eine Menge
Kritik an der Regierung zu üben. Es kann nicht angehen,
dass die Fraktionen gestern erst nach 18 Uhr benachrichtigt wurden, wie die Beschlusslage der Bundesregierung
aussieht. Dies ist nicht hinnehmbar, Herr Bundeskanzler.
Sie hätten Zeit gehabt, dies vorzubereiten.
({8})
In der Vergangenheit hat es durchaus Beispiele gegeben,
die zeigen, dass es auch anders gehen kann. Als es um den
Kosovo-Einsatz ging, haben das alte und das neue Parlament gemeinsam beraten. Dies ist alles machbar, wenn
man nur will.
Herr Bundeskanzler, ich sage Ihnen: Wenn hier keine
Veränderung eintritt, müssen Sie in Zukunft sehen, woher
Sie Ihre Mehrheiten bekommen.
({9})
Dies gilt schon für die Beschlussfassung im Dezember.
Ich erwarte von Ihnen, dass Sie dann den Bundestag rechtzeitig beteiligen.
Herr Minister Struck, Sie haben vor dem Verteidigungsausschuss insbesondere in Bezug auf die Informationspolitik Besserung gelobt. Ich muss leider feststellen,
dass es hier seit der Amtszeit von Herrn Scharping keine
Veränderungen gibt. Ich fordere Sie auf, endlich für Verbesserungen zu sorgen und das Parlament rechtzeitig zu
beteiligen. Wir haben keine Regierungsarmee, wir haben
eine Parlamentsarmee. Wir wollen, dass auch Sie sich danach richten.
({10})
Meine Damen und Herren, ich wünsche unseren Soldatinnen und Soldaten, wie allen für den Frieden arbeitenden Menschen, viel Glück.
Vielen Dank.
({11})
Ich erteile das Wort Bundesminister Joseph Fischer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wurde
zu Recht darauf hingewiesen, dass die Politik zu einer erfolgreichen Entwicklung in Mazedonien beigetragen hat:
Sie hat hier nicht einen barbarischen Bürgerkrieg, der oftmals verbunden ist mit Metzeleien, Massenvergewaltigungen und der Zerstörung eines ganzen Landes, in Form
einer Intervention unterbunden, sondern hat vorher gehandelt. Ich denke, das ist der entscheidende Punkt. Dafür
haben wir den beteiligten Soldaten - unseren Soldaten,
aber auch denen anderer Verbündeter - zu danken.
Ich möchte hier aber auch ausdrücklich den Hohen Beauftragten der Europäischen Union, Javier Solana, und
den Generalsekretär der NATO, Lord Robertson, erwähnen. Deren Einsatz hat es ermöglicht, dass an die Stelle
von Gewalt, Zerstörung und furchtbaren Grausamkeiten
in Mazedonien ein Vertrag getreten ist.
({0})
Mit dem Abkommen von Ohrid ist es gelungen, eine
Grundlage zu schaffen, auf deren Basis freie und geheime
Wahlen und sodann ein demokratischer Machtwechsel
möglich wurden. Damit hat die internationale Staatengemeinschaft und damit hat vor allen Dingen Europa gezeigt, dass man aus den Tragödien der jugoslawischen
Erbfolgekriege die Lehren gezogen hat. Daraus erwächst
eine politische Verantwortung für die gesamte Region, die
ja Teil Europas ist. Dieser Verantwortung müssen wir uns
stellen.
Um auch das zu erwähnen: Es wird hier bisweilen der
Eindruck erweckt - bedingt durch unsere Verfassung; ich
meine das nicht kritisch, sondern stelle das nur fest -, als
wenn die Hauptaufgabe darin bestehe, einen Beschluss
über die Verlängerung des militärischen Mandats herbeizuführen. Dabei wissen alle Beteiligten, insbesondere die
Kolleginnen und Kollegen in den Fachausschüssen, dass
die überwiegende Arbeit heute bereits im zivilen Bereich
geschieht. Nur: Dadurch, dass wir konstitutiv über einen
Militäreinsatz beschließen müssen, rücken diese Fakten
nicht so sehr in den Vordergrund, wie sie es eigentlich verdient hätten.
Die Europäische Union ist heute dort bereits politisch
im Rahmen von Demokratieentwicklung und im Bereich Infrastruktur tätig. Deswegen wäre es nur konsequent, wenn auch die letzte Rückversicherung, die militärische Sicherungskomponente, von der Europäischen
Union übernommen werden könnte. Dies trifft innerhalb
der Europäischen Union auf breite Unterstützung. Allerdings bedarf es hier noch einiger Klärungen. Ich hoffe,
dass es Javier Solana in den vor uns liegenden Wochen gelingen wird, diese Klärungen - vor allen Dingen zwischen
der Türkei und Griechenland - herbeizuführen, sodass es
hier zu einem ersten rein europäischen Einsatz kommen
kann. Die Europäische Union wäre dann umfassend in
Mazedonien engagiert. Mazedonien hat nämlich eine
Schlüsselrolle für die friedliche Entwicklung der ganzen
Region hin zu einem Europa der Integration. Insofern
wäre das meines Erachtens ein konsequenter Schritt.
Am Ende dieser Entwicklung müsste dann aber auch
die militärische Komponente Schritt für Schritt zurückgefahren werden, sodass die zivilen Komponenten unter
Einschluss der polizeilichen in den Vordergrund treten
können. Das ist die Politik, die wir gemeinsam mit unseren Partnern in der Europäischen Union vertreten.
({1})
Wer die Entwicklung auf dem Balkan kennt, weiß allerdings auch, dass dort alles mit allem zusammenhängt.
Man muss sehen, dass Mazedonien aufs Engste mit der
Sicherheitslage im Kosovo verbunden ist. Im Kosovo hat
- lassen Sie mich an dieser Stelle einen weiteren Namen erwähnen - Michael Steiner hervorragende Arbeit geleistet.
({2})
Er hat entscheidend dazu beigetragen, dass im Kosovo die
Wahlen ermöglicht werden.
({3})
- Das ist ohne jeden Zweifel richtig, Herr Glos. Sie sollten aber doch zumindest anerkennen, dass Herr Steiner
dort eine sehr gute Arbeit leistet. Da dürfen auch Sie ruhig einmal klatschen.
({4})
Wichtig ist, dass wir begreifen, dass die Sicherheitssituation auf dem Balkan, vor allen Dingen im Kosovo, von
entscheidender Bedeutung für die Stabilisierung ist. Solange wir nicht weitere substanzielle Fortschritte im Kosovo machen, so lange wird es schwierig sein, einen vollständigen Abzug des militärischen Sicherungspotenzials
aus Mazedonien zu erreichen. Das würde wenig Sinn machen, solange die Instabilität in Mazedonien jederzeit
wieder aufflackern kann, weil es in diesem Fall zu einer
neuen Entsendung kommen müsste. Insofern ist hier die
Gesamtverantwortung zu sehen. Die Bundesrepublik
Deutschland hat sich dieser Gesamtverantwortung immer
gestellt.
Lassen Sie mich im diesem Zusammenhang nochmals
die politische Entwicklung auf dem gesamten Balkan beleuchten. Wichtig wird sein, dass wir uns auch nach den
Wahlen in Montenegro weiter engagieren und dass wir im
ehemaligen Jugoslawien insgesamt vorankommen, gerade auch im Zusammenhang mit dem Verfassungsprozess in Serbien und dem Verhältnis zwischen Serbien und
Montenegro. Wir müssen zudem weiter daran arbeiten, in
Bosnien, dem ersten Land, in dem es zu einem entsprechenden militärischen Engagement kam, die Verfestigung
der ethnischen Konfrontation zu überwinden und ein Zusammengehörigkeitsgefühl zu entwickeln, damit der militärische Ansatz auch dort langsam in den Hintergrund
treten kann, die Versöhnungsarbeit Erfolge zeitigt und
Bosnien eine Zukunft als multiethnisches Staatswesen
hat.
Der Gesamtansatz, den wir auf dem Balkan vertreten,
ist alternativlos, wenn man - denn eigentlich ist im Leben
nie etwas alternativlos - den Frieden zum Maßstab seiner
Politik macht.
({5})
Ein Zurückziehen des europäischen und damit auch deutschen Engagements hätte zur Konsequenz, dass sich das
Risiko der Destabilisierung, des Wiederaufbrechens ethnischer Konflikte erhöhen würde. Das kann niemand wollen, auch und gerade angesichts dessen, was wir geleistet
haben.
({6})
Unter all diesen Gesichtspunkten ist es wichtig, dass
wir in diesen Fragen jetzt möglichst geschlossen vorgehen. Herr Breuer, Sie haben zu Recht darauf hingewiesen
- ich möchte mich bei der Opposition dafür bedanken -,
dass es hier nicht nur um die Vertretung europäischer und,
darin eingebunden, deutscher Interessen geht, sondern
auch um die Sicherheit unserer Soldaten. Darüber hinaus - das möchte ich hier nochmals unterstreichen - geht
es um die Sicherheit unserer Diplomaten, unserer zivilen
Helfer und der Deutschen im EU- und im OSZE-Auftrag
vor Ort, die dort eine notwendige und meines Erachtens
teilweise auch gefahrvolle Arbeit leisten, sowie um die
vielen Landsleute, die dort auf vielfältige Art und Weise
in Nichtregierungsorganisationen tätig sind. All denen
muss unser Interesse, auch unser Schutzinteresse, gelten.
Ich kann nur nochmals betonen: Wer einmal in Prizren
war und gesehen hat, wie das militärische Element mit
dem zivilen, nicht militärischen Element und dem Nichtregierungselement zusammenarbeitet, der weiß, welche
Bedeutung dort ein umfassendes Engagement hat und was
„Nationen bauen“ tatsächlich bedeutet. Das nämlich ist
der entscheidende Auftrag, um den es dort geht: das
Bauen einer demokratischen Friedensordnung. Das bedeutet das Schaffen demokratischer Nationen, eines de40
mokratischen Selbstbewusstseins in diesen Nationen sowie verlässlicher sozialer und ökonomischer Grundlagen.
Das ist der Auftrag, an dem wir arbeiten. Dafür stehen unsere Soldaten; dafür steht dieses Mandat.
Im Namen der Bundesregierung bitte ich um Ihre breite
Unterstützung.
({7})
Ich erteile das Wort dem Kollegen Christian Schmidt,
CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und
Kollegen! Der Bundesaußenminister hat soeben von Konsens gesprochen und sich bei dir, lieber Paul Breuer, für
eine wirklich außerordentlich gute Rede bedankt,
({0})
in der alle Aspekte der Gemeinsamkeit im Hinblick darauf
enthalten waren, wie sich sowohl die Regierungsfraktionen als auch die Oppositionsparteien verhalten haben.
Die Oppositionsparteien, wir, haben den Weg der gemeinsamen außenpolitischen Basis nicht verlassen. Wer
hat ihn denn verlassen? Es war die außenpolitische Charakterlosigkeit des Gerhard Schröder.
({1})
Es war der abgetauchte Joschka Fischer, der schon drei
Wochen nach der Wahl einer britischen Zeitung gesagt
hat, das Wort vom deutschen Weg, mit dem Stimmen gesammelt worden seien, sollten die anderen vergessen.
Vergessen, vorbei? So einfach wird das nicht gehen. Darüber werden wir zu sprechen haben - nicht um den Wahlkampf fortzusetzen,
({2})
sondern um darzulegen, welcher Schaden unserem Land
daraus erwachsen ist und noch erwachsen wird.
({3})
Herr Struck hat von dem ausgeprägten Fingerspitzengefühl der Soldatinnen und Soldaten in Mazedonien gesprochen. Jawohl, das haben sie. Leider hat die Regierung
nicht das Fingerspitzengefühl, die deutschen Interessen
im Ausland vernünftig darzustellen.
({4})
Es ist jetzt zu hören, welche Diskussionen sich in Vorbereitung auf den NATO-Gipfel, der in vier Wochen in
Prag stattfinden wird, abspielen, welche Forderungen aus
Washington kommen und was bis heute nicht geklärt worden ist. Herr Außenminister, Sie hatten angesichts Ihres
Wahlsiegs von dem süßen Augenblick der Freude und den
bitteren Zeiten, die kommen werden, gesprochen. Die
sind relativ schnell da.
Sie werden wohl beantworten müssen, ob Sie eine europäische Eingreiftruppe, die derzeit Papierstatus hat,
zur Realität werden lassen wollen und ob Sie einer
NATO-Eingreiftruppe nach amerikanischem Vorschlag
zustimmen. Dann werden Sie sich in wirkliche außenpolitische Solidaritäten hineinbegeben und deutsche Interessen wahren müssen. Ich sage Ihnen voraus: Das wird für
Sie nicht einfach sein, und zwar aus zweierlei Gründen:
zum einen, weil die in der Außenpolitik Verlässlicheren
auf unserer Seite des Hauses sitzen,
({5})
und zum anderen, weil Sie nicht davon ausgehen sollten,
dass wir den Schlamassel, den Sie vielleicht jeweils in Ihrer Fraktion haben werden, ohne weiteres ausbügeln werden.
({6})
Sie werden darüber hinaus, wenn der neue Haushalt 2003
eingebracht wird, darlegen müssen, wie Sie all die Aufgaben, mit denen Sie die Bundeswehr zu belasten neigen,
finanzieren wollen. Das sind Fragen, die nicht beantwortet worden sind.
Sie behalten nicht im Kalkül, dass das, was Sie ab und
zu in Form eines politischen Ablasshandels versuchen,
nämlich sich in anderen Bereichen der Welt im Rahmen einer militärischen Sicherung zu engagieren, auf keinen Fall
billiger sein wird als das, was man als verlässliche Politik
bezeichnen kann. Es wird uns teuer zu stehen kommen.
Wir werden sehr intensiv über ein neues AfghanistanMandat sprechen müssen. Wir wissen, dass sich die Situation in Mazedonien stabilisiert hat; darauf wurde
mehrfach hingewiesen. Wir wissen, dass in Mazedonien
trotzdem noch politischer Mord geschieht und an der Tagesordnung ist. In Tetovo gab es erst vor kurzem wieder
zwei dieser Todesopfer. Das heißt, dass die Stabilität noch
nicht vollständig hergestellt worden ist. Wenn Sie sich
über die Situation in Afghanistan informieren, dann stellen Sie fest, dass man dort von Stabilität noch sehr, sehr
weit entfernt ist und dass man auch mit der Vorstellung,
mit zivilen oder polizeilichen Maßnahmen Sicherheit zu
schaffen, sehr weit von der Realität entfernt ist. Dann
stellt sich allerdings die A-Frage, die Ausrüstungsfrage.
Wer A sagt, der muss auch B wie „Budget“ sagen und der
muss über die Frage der Ausrichtung der Bundeswehr als
eines Teils einer Bündnisarmee Auskunft erteilen. Das
wollen unsere Verbündeten wissen. Da ist bisher komplette Fehlanzeige.
Das macht das Ganze so schal und das macht es uns innerlich so schwer, dem heute die für unser Land und für
unseren Kontinent notwendige Zustimmung zu geben.
Wir werden sie geben. Wir behalten in Erinnerung, dass
es vor einem Jahr nur uns zu verdanken war, dass der Einsatz überhaupt zustande gekommen ist. Wir hoffen, dass
sich die Stabilität dort so gut entwickelt, dass nicht weitere Verlängerungen der Operation notwendig sind. Darüber werden wir zu gegebener Zeit zu reden haben.
Lassen Sie mich bei der Gelegenheit noch einmal auf
das deutsch-amerikanische Verhältnis zurückkommen,
Christian Schmidt ({7})
dem Sie in Ihrer Koalitionsvereinbarung ein außerordentlich langes Kapitel an Prosa gewidmet haben. Daraus ist
aber allenfalls ein schlechtes Gewissen zu erkennen sowie
der Versuch, Signale in der Richtung zu geben: So haben
wir es doch nicht gemeint; wir mussten nur das deutsche
Volk vor der Bundestagswahl - augenzwinkernd, lässig,
wie das der Stil dieser Bundesregierung und dieses Bundeskanzlers ist - ein bisschen hinters Licht führen. - Das
wird nicht reichen!
Nicht nur die Damen und Herren in der politischen
Szenerie in Washington, sondern auch die in den europäischen Hauptstädten beginnen, an Deutschland zu zweifeln.
({8})
Sie beginnen daran zu zweifeln, ob wir verlässlich sind,
ob wir in der Lage sind, beispielsweise auf europäischer
Ebene die Dinge, die mit einer gemeinsamen europäischen Eingreiftruppe zusammenhängen, wirklich zu befördern. Ich darf wiederholen: Wir reden seit fast einem
Jahr darüber, dass gerade der Mazedonieneinsatz von einer europäischen Führung im Rahmen der ESVP übernommen werden sollte. Außer dem Dank an Herrn
Solana - dem schließe ich mich gern an; denn der kann
nichts dafür; aber andere können was dafür, dass nichts
passiert ist - habe ich dazu nichts gehört. Die Berlin-plusVereinbarung wurde von Herrn Struck angesprochen. Was
sind denn die Konsequenzen daraus? Wie geht es voran?
Wie werden Fragestellungen zwischen Griechenland und
der Türkei beantwortet? Hat es dazu deutsche Initiativen
gegeben? Welche Intentionen gibt es? Was verbinden wir
eigentlich mit unseren Auslandseinsätzen? Wollen wir mit
diesen Auslandseinsätzen unseren eigenen Interessen dienen? Wer ist denn überhaupt bereit, unsere eigenen Interessen zu definieren? Ich stelle fest, dass in den letzten
Jahren und vor allem in den letzten Monaten gravierend
gegen deutsche Interessen verstoßen worden ist.
In einem Kommentar einer in Frankfurt erscheinenden
Zeitung steht heute eine ganz lesenswerte Passage. Die,
finde ich, sollten wir uns alle, auch Sie, Herr Fischer, noch
einmal vor Augen führen. Ich zitiere:
Der Triumph der „Operation Wiederwahl“ hat eben
einen - hohen - Preis. Das Land wird zu spüren bekommen, dass er vielleicht zu hoch war, Europa
auch. Aber es musste ja sein.
({9})
Ich erteile dem Kollegen Gernot Erler, SPD-Fraktion,
das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es
gibt in der Tat gute Nachrichten aus Mazedonien. Am
15. September haben Wahlen zur Sobranie, dem mazedonischen Parlament, stattgefunden. Der Verlierer dieser Wahl, der bisherige Premierminister Georgievski, hat
sie als die friedlichsten Wahlen seit 12 Jahren bezeichnet.
Das wird auch durch 850 internationale Wahlbeobachter
und etwa ebenso viele akkreditierte, für diese Wahlen
nach Mazedonien gekommene internationale Journalisten
bestätigt.
Gewonnen hat diese Wahl die bisherige Opposition,
die SDSM, die Sozialdemokratische Union Mazedoniens,
mit ihren Partnern. Man ist als Wahlbündnis „Gemeinsam
für Mazedonien“ angetreten. Die SDSM wird mit Branko
Crvenkovski den nächsten Premierminister stellen. Sie
wird die Regierung bilden zusammen mit einer neuen albanischen Partei, der DUI, der Demokratischen Union für
Integration, die sich vor allen Dingen aus ehemaligen
Angehörigen der albanischen Einheiten zusammensetzt,
die das Land an den Rand eines Bürgerkriegs gebracht hatten. Diese Koalition wird eine stabile Mehrheit von 76 von
120 Mandaten in dem mazedonischen Parlament haben.
Man reibt sich allerdings die Augen, wenn man sich einige Besonderheiten und Premieren in diesem Prozess anschaut. Wir erinnern uns ja noch daran, dass dieses Land
im letzten Jahr mit mehr als einem Bein mitten in einem
blutigen Bürgerkrieg gestanden hat. Bei dieser Wahl hat
es erstmals Wahlzettel gegeben, die nicht nur in Mazedonisch, sondern auch auf Albanisch, Romanes, Serbisch,
Vlahisch, Türkisch und Bosnisch geschrieben waren. Von
120 gewählten Abgeordneten sind 22 Frauen; erstmals ist
auch eine albanische Frau Abgeordnete. Das ist ein enormer Wandel in diesem Land. Bei der konstituierenden Sitzung der Sobranie am 3. Oktober haben erstmals ethnisch
albanische Abgeordnete Albanisch im Parlament gesprochen. Dies geschah in Umsetzung der Friedensgesetze
von Ohrid, die im August letzten Jahres verabschiedet
worden sind.
Welche Strecke der politischen Stabilisierung dort
tatsächlich zurückgelegt wurde, zeigt sich, wenn man einen Blick auf diese neue albanische Partei und überhaupt
auf die Zusammensetzung der ethnisch albanischen
Abgeordneten wirft. Unter ihnen befinden sich nämlich
elf amnestierte ehemalige Kommandanten der UCK.
Dazu kommen drei Abgeordnete, deren Status nicht klar
ist und die es nicht gewagt haben, an der konstituierenden
Sitzung teilzunehmen. Das bedeutet aber, dass man den
Übergang von einer Bürgerkriegssituation zu einer Normalisierung in Form eines parlamentarischen Wettbewerbs
dramatischer gar nicht beschreiben kann; die Entwicklung ging vom bewaffneten Kampf zum parlamentarischen Wettbewerb. Ich finde, auch die Tatsache, dass der
Machtwechsel so glatt vor sich gegangen ist, ist schon ein
kleines Wunder.
({0})
Bei dieser Gelegenheit muss ich Ihnen, Herr Breuer,
Herr Nolting und Herr Schmidt, sagen: Ich finde es schon
bedauerlich und auch ein bisschen traurig, dass Sie hier
auf diese Situation, auf diese Entwicklung praktisch überhaupt nicht eingegangen sind,
({1})
sondern dass Sie die uns bekannten Wahlstereotypen
wiederholt haben, die auch durch Wiederholung nicht
überzeugender werden. Damit haben Sie eigentlich nur
eines bewiesen: dass Sie schlechte Wahlverlierer sind.
Das ist eigentlich das, was man aus dieser Diskussion
mitnehmen muss.
({2})
Das kleine Wunder, das ich hier zu beschreiben versucht habe, kommt nicht von ungefähr. Der Deutsche
Bundestag dankt denen in Mazedonien, die zu diesem
kleinen Wunder, die zur friedlichen Wahl und zu einem
guten Übergang zu einem parlamentarischen System, beigetragen haben.
({3})
Wir dürfen ebenfalls darauf hinweisen, dass diese Entwicklung auch ein Erfolg europäischer Friedenspolitik,
wie wir sie uns wünschen, ist, einer Politik, die zwar in
vier blutigen Konflikten auf dem Balkan in den 90er-Jahren leider nicht zum Erfolg geführt hat, jetzt aber tatsächlich greift. Aus unserer Sicht ist Mazedonien ein Stück
weit ein europäisches Modell für Friedensvermittlung in
einem regionalen Konflikt. Dieses Modell besteht aus drei
Komponenten. Erste Komponente: Europa ist zum ersten
Mal mit einem einheitlichen politischen Konzept vorangegangen - das war ein großer Erfolg -, und zwar in Kooperation mit der NATO, mit der OSZE, mit den UN und
mit den Vereinigten Staaten. Zweite Komponente: Ein
Friedensprozess wurde auf der Basis eines Friedensabkommens verbindlich organisiert, nämlich des Abkommens von Ohrid vom 13. August letzten Jahres, das eine
eindeutige Priorität der Politik vorsieht. Dritte Komponente: Man war bereit, diesen Friedensprozess durch den
Einsatz bewaffneter Kräfte abzusichern. Auch das war
wichtig.
So erfreulich die geschilderte Entwicklung ist: Die
Normalisierung des Stabilisierungsprozesses in Mazedonien ist noch nicht abgeschlossen. Die radikalen Kräfte
auf beiden Seiten, die auch gewaltbereit sind, haben noch
nicht aufgegeben. Wir haben gerade gehört: Es gibt bis
heute blutige Zwischenfälle, bei denen Opfer zu beklagen
sind. Eine ganze Reihe von Gesetzen, die zum OhridProzess gehören, sind noch nicht verabschiedet, auch solche, die schwierig sind und bei denen es Widerstände geben wird.
Zwar konnte die Rückkehr der mazedonischen Sicherheitskräfte in jene 138 Ortschaften, die längere Zeit unter
UCK-Kontrolle waren, im Juli dieses Jahres abgeschlossen werden, aber wir befinden uns noch in einem sehr
komplizierten und sensiblen Prozess des Übergangs im
Rahmen jenes auf sechs Monate angelegten so genannten
Community Policing Transition Plan zur Reetablierung
der mazedonischen Regierungs- und Staatskontrolle in
diesen Ortschaften. Wir benötigen weiterhin jene
200 OSZE-Beobachter und jene etwa 40 EU-Beobachter,
die diesen Normalisierungsprozess begleiten sollen.
Diese Beobachter benötigen ihrerseits, da die mazedonische Seite ihnen den Schutz noch nicht garantieren kann,
den internationalen Schutz durch die Task Force Fox mit
ihren 1 000 Kräften, von denen im Augenblick etwa
225 aus Deutschland kommen.
Wir benötigen diese Beobachter und diesen Schutz
auch noch für einen weiteren wichtigen Schritt in Mazedonien: Vom 1. bis zum 15. November soll eine Volkszählung durchgeführt werden. Diese Volkszählung ist
geradezu konstitutiv für den Erfolg des Ohrid-Prozesses.
Da er ja überall darauf beruht, dass in unterschiedlichen
ethnischen Verhältnissen unterschiedliche Regeln angewandt werden sollen, muss man diese ethnischen Verhältnisse kennen. Die EU bemüht sich mithilfe ihres statistischen Fachdienstes Eurostat, das zu einem Erfolg zu
führen.
Auch in Anbetracht dessen wäre es ein fataler Fehler,
sich jetzt aus Mazedonien zurückzuziehen. Deswegen
sind wir auch heute hier, um das Mandat zu verlängern.
Der mazedonische Präsident und die neue mazedonische
Regierung haben ausdrücklich den Wunsch geäußert, dass
diese Mission verlängert werden möge. Wir brauchen in
dieser Frage eine Kontinuität im Engagement, auch um zu
zeigen, dass wir die Mahnung von Kofi Annan, die er im
Deutschen Bundestag vor uns ausgesprochen hat, beherzigen. Er meinte, dass wir eine neue Qualität von Friedenspolitik im Sinne einer nachhaltigen Friedensstrategie, eines „sustainable peace“, brauchen. Diese Qualität
bedeutet, dass man sich in solchen Fällen nicht hineinund dann sofort wieder herausbegeben darf, sondern dass
man eine Kontinuität des Engagements zeigen muss. Das
ist eine neue Qualität von Friedenspolitik; das ist das europäische Modell, das in Mazedonien jetzt zum Erfolg geführt werden kann. Dazu müssen und sollten wir hier im
Deutschen Bundestag beitragen.
({4})
Mazedonien kann tatsächlich zu einem ersten Beispiel
für eine gelingende europäische Friedenspolitik werden,
wenn wir weiterhin an diesem Prozess Anteil nehmen,
wenn wir uns nicht durch dramatische Entwicklungen in
anderen Weltregionen von unserer europäischen Verantwortung ablenken lassen und wenn wir fortfahren - wie
es insbesondere Deutschland in den letzten Monaten getan hat -, auf allen Ebenen, die wichtig sind, unsere Hilfe
und unsere Unterstützung für den Erfolg des Ohrid-Prozesses zu geben.
Der konkrete Beschluss, der hier ansteht, hat alle erforderlichen Voraussetzungen: Es liegt die Anforderung
des mazedonischen Präsidenten vor; es liegt der Beschluss des NATO-Rates vom 11. Oktober dieses Jahres
vor. Die UN-Resolution 1371 vom 26. September letzten
Jahres ist weiterhin gültig, die diese gesamte Mission indossiert, das heißt, sie sich zu Eigen macht und gutheißt.
Ebenso liegt der gestrige Beschluss des neuen Bundeskabinetts vor, der ja nicht früher gefasst werden konnte.
Jetzt geht es darum, dass dieses Hohe Haus zum fünften Mal die konstitutive Zustimmung zur Fortsetzung dieser wichtigen Mission gibt. Das ist ein Stück europäische
Verantwortung. Die SPD-Bundestagsfraktion wird aus
Überzeugung und einmütig Ja zur Fortsetzung der Mission sagen.
Ich bitte alle Kolleginnen und Kollegen des Deutschen
Bundestages, dies auch zu tun. Wir wünschen den Soldaten der Bundeswehr bei ihrer schwierigen und verantwortungsvollen Mission Glück und Erfolg.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
({5})
Ich erteile das Wort der Kollegin Petra Pau.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich
gehöre dem Bundestag genauso lange an, wie SPD und
Grüne die Bundesregierung stellen, also seit 1998. Im selben Zeitraum hatte ich 17-mal über Auslands- bzw.
Kriegseinsätze der Bundeswehr zu entscheiden.
({0})
Ich habe 17-mal mit Nein gestimmt und ich werde es
heute zum 18. Mal tun.
({1})
Als wir das erste Mal über einen Bundeswehreinsatz
in Mazedonien stritten, ging es angeblich darum, eine
halbe Million Feuerwaffen - ein gefährliches Arsenal der
Zerstörung, wie sich sehr leicht denken lässt - einzusammeln.
({2})
Eingesammelt und vernichtet wurde nicht einmal 1 Prozent davon, sondern lediglich 4 000 Waffen.
Eine andere Prognose, die schon damals von der PDS
aufgestellt wurde, trat allerdings ein: Der MazedonienEinsatz war eben nicht nach 30 Tagen beendet, sondern
wurde ein ums andere Mal verlängert.
({3})
Wir haben leider Recht behalten.
Dabei geht es nicht nur um eine gefährliche Gewöhnung, es geht auch um einen militärischen Brückenkopf.
Mein Kollege Gehrcke stellte in der Bundestagsdebatte
am 14. Juni dieses Jahres fest:
Mit dem jetzt stattfindenden Probelauf in Mazedonien soll die vorgesehene europäische Sicherheitstruppe, eine Interventionstruppe mit 60 000 Personen, durchgesetzt werden.
Sie wissen, wie unheimlich nahe Wolfgang Gehrcke den
inzwischen fortgesetzten Planungen damit kam. Deshalb
sage ich Ihnen: Diesen Kurs der weiteren Militarisierung
der europäischen Politik können wir nicht mittragen.
({4})
Ich schlage Ihnen vor: Widmen Sie die 1,5 Millionen
Euro, die Sie für diesen Einsatz vorgesehen haben, um.
Stecken Sie sie in den Balkanstabilitätspakt; damit wäre
allen gedient.
({5})
Nun will ich die humanitären Erwägungen, die manch
einen von Ihnen umtreiben, nicht leichtfertig wegwischen,
({6})
obwohl es mir nach wie vor schwer fällt, humanitäre Absichten mit kriegerischen Einsätzen unter einen Hut zu bekommen.
Mit Blick auf die Balkan-Politik der Bundesrepublik
will ich auf einen anderen Widersinn hinweisen: Wenn es
darum geht, Auslandseinsätze der Bundeswehr zu begründen, dann gibt es entsprechend drastische Lageeinschätzungen. Dieselben Lageeinschätzungen gelten plötzlich
nicht mehr, wenn es darum geht, Bürgerkriegsflüchtlinge
oder Asylsuchende abzuschieben.
({7})
Auch deshalb werden Gesine Lötzsch und ich heute mit
Nein stimmen.
({8})
Bevor wir zur Abstimmung kommen, erteile ich dem
Kollegen Christian Ströbele das Wort zu einer Erklärung
nach § 31 der Geschäftsordnung.
Herr Präsident! Ich danke.
Ich bin auch deshalb in den Deutschen Bundestag gewählt worden, weil ich mich in der Öffentlichkeit konsequent gegen Kriegseinsätze der Bundeswehr ausgesprochen habe und hier im Deutschen Bundestag bisher gegen
sie gestimmt habe.
Vor einem Jahr habe ich gegen den Mazedonien-Einsatz der Bundeswehr gestimmt, weil ich der Meinung war,
dass er sich zu einem Kriegseinsatz entwickeln könnte.
Ich habe die NATO und insbesondere die USA für die falsche Sicherheitstruppe in Mazedonien angesehen, weil sie
zu stark mit einer der dort Krieg führenden Gruppierungen, der UCK, verbandelt waren. Außerdem habe ich die
Legitimation dieses Einsatzes angezweifelt, da die damalige Regierung in Mazedonien diesen Einsatz unter sehr
starkem Druck gewünscht hat.
Bei den weiteren Entscheidungen über den Einsatz der
Bundeswehr in Mazedonien habe ich mich der Stimme
enthalten, weil ich gemerkt habe, dass sich ein Teil meiner Befürchtungen - diese hatten auch viele andere - Gott
sei Dank nicht bewahrheitet haben, dass es nicht zu einer
kriegerischen Entwicklung, zu einer kriegerischen Eskalation in Mazedonien gekommen ist.
Ich stelle jetzt fest, dass sich die Bundeswehr in Mazedonien nicht in einem Kriegseinsatz befindet und dass
auch kein Kriegseinsatz bevorsteht,
({0})
weil die Bundeswehr nicht in Mazedonien ist, um zu töten, zu vernichten und zu zerstören, sondern ausschließlich zum Schutz der Beobachter.
({1})
Den Schutz der Beobachter halte ich für richtig und notwendig.
({2})
Allerdings wünsche ich mir, dass dieser Schutz nicht
durch die NATO und nicht durch die Bundeswehr, das
heißt: nicht durch das Militär, garantiert wird, sondern
dass wir dahin kommen, dass dieser Schutz nichtmilitärisch geleistet wird.
({3})
Die heutige Erklärung des Bundesaußenministers, dass
die Bundesregierung sobald wie möglich die Auswechselung durch nicht militärische Einheiten vornehmen wird,
hat mich bestärkt, heute dem zeitlich begrenzten Einsatz
der Bundeswehr ausschließlich zum Zwecke des Schutzes
zuzustimmen.
({4})
Diese Zustimmung wird mir ermöglicht, erstens, weil der
Einsatz der NATO in diesem Gebiet begrenzt ist, wahrscheinlich bis Dezember, zweitens, weil ich gehört und
gelesen habe, dass sich die US-Armee wahrscheinlich
spätestens ab 15. Dezember aus Mazedonien zurückziehen wird,
({5})
und drittens - das ist der entscheidende Punkt -, weil es
in Mazedonien eine neue, frei gewählte Regierung gibt,
die die Verlängerung dieses Mandats zum Schutz der Beobachter zweifellos aus freien Stücken wünscht.
({6})
Ich respektiere den ohne Druck zustande gekommenen
Willen des mazedonischen Parlamentes und der neuen
mazedonischen Regierung und sage: Ich will euch diesen
Schutz nicht verweigern, obwohl ich den Einsatz der
Bundeswehr nach wie vor sehr kritisch sehe. Deswegen
werde ich zustimmen.
Danke sehr.
({7})
Es liegt noch eine schriftliche Erklärung zur Abstimmung des Kollegen Winfried Hermann vor.
({0})
Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Bundesregierung zur Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte
an dem NATO-geführten Einsatz auf mazedonischem
Territorium auf Drucksache 15/10. Die Fraktionen der
SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen verlangen hierzu
namentliche Abstimmung.
Bei der Stimmabgabe bitte ich alle Kolleginnen und
Kollegen, sorgfältig darauf zu achten, dass sie nur Stimmkarten der 15. Wahlperiode verwenden und dass die
Stimmkarten ihren Namen tragen.
Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die
vorgesehenen Plätze einzunehmen. Ist das geschehen? Das ist der Fall. Ich eröffne die Abstimmung.
Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
Stimme nicht abgegeben hat?
({1})
- Dann warten wir noch einen Moment.
Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schriftfüh-
rerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu begin-
nen1). Bis zum Vorliegen des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung unterbreche ich die Sitzung.
({2})
Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.
Ich gebe das von den Schriftführerinnen und Schrift-
führern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstim-
mung über den Antrag der Bundesregierung zur Fortset-
zung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte
an dem NATO-geführten Einsatz auf mazedonischem
Territorium bekannt. Abgegebene Stimmen 596. Mit Ja
haben gestimmt 584, mit Nein haben gestimmt 6, Enthal-
tungen 6. Der Antrag ist damit angenommen.
1) Ergebnis Seite 46.
Präsident Wolfgang Thierse
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 596;
davon
ja: 584
nein: 6
enthalten: 6
Ja
SPD
Dr. Lale Akgün
Gerd Andres
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr ({0})
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel ({1})
Klaus Barthel ({2})
Sören Bartol
Sabine Bätzing
Uwe Beckmeyer
Klaus Uwe Benneter
Dr. Axel Berg
Ute Berg
Hans-Werner Bertl
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding ({3})
Kurt Bodewig
Gerd Friedrich Bollmann
Klaus Brandner
Willi Brase
Bernhard Brinkmann
({4})
Hans-Günter Bruckmann
Edelgard Bulmahn
Marco Bülow
Ulla Burchardt
Dr. Michael Bürsch
Hans Martin Bury
Hans Büttner ({5})
Marion Caspers-Merk
Dr. Peter Wilhelm Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Karl Diller
Martin Dörmann
Peter Dreßen
Detlef Dzembritzki
Sebastian Edathy
Siegmund Ehrmann
Hans Eichel
Marga Elser
Petra Ernstberger
Karin Evers-Meyer
Annette Fasse
Elke Ferner
Gabriele Fograscher
Rainer Fornahl
Gabriele Frechen
Dagmar Freitag
Lilo Friedrich ({6})
Iris Gleicke
Günter Gloser
Uwe Göllner
Renate Gradistanac
Angelika Graf ({7})
Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Achim Großmann
Wolfgang Grotthaus
Karl Hermann Haack
({8})
Hans-Joachim Hacker
Bettina Hagedorn
Klaus Hagemann
Alfred Hartenbach
Michael Hartmann
({9})
Anke Hartnagel
Nina Hauer
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Petra Heß
Monika Heubaum
Gabriele Hiller-Ohm
Gerd Höfer
Jelena Hoffmann ({10})
Walter Hoffmann
({11})
Iris Hoffmann ({12})
Frank Hofmann ({13})
Eike Hovermann
Klaas Hübner
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Brunhilde Irber
Renate Jäger
Jann-Peter Janssen
Klaus Werner Jonas
Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Susanne Kastner
Ulrich Kelber
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Hans-Ulrich Klose
Astrid Klug
Dr. Heinz Köhler
Walter Kolbow
Fritz Rudolf Körper
Karin Kortmann
Rolf Kramer
Anette Kramme
Ernst Kranz
Nicolette Kressl
Volker Kröning
Dr. Hans-Ulrich Krüger
Angelika Krüger-Leißner
Horst Kubatschka
Ernst Küchler
Helga Kühn-Mengel
Ute Kumpf
Dr. Uwe Küster
Christine Lambrecht
Christian Lange ({14})
Christine Lehder
Waltraud Lehn
Dr. Elke Leonhard
Eckhart Lewering
Götz-Peter Lohmann
({15})
Gabriele Lösekrug-Möller
Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dirk Manzewski
Tobias Marhold
Lothar Mark
Caren Marks
Christoph Matschie
Hilde Mattheis
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Petra-Evelyne Merkel
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Ursula Mogg
Michael Müller ({16})
Christian Müller ({17})
Gesine Multhaupt
Franz Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Volker Neumann ({18})
Dietmar Nietan
Dr. Erika Ober
Holger Ortel
Heinz Paula
Johannes Pflug
Joachim Poß
Dr. Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Karin Rehbock-Zureich
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Christel RiemannHanewinckel
Walter Riester
Reinhold Robbe
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Karin Roth ({19})
Michael Roth ({20})
Gerhard Rübenkönig
Ortwin Runde
Marlene Rupprecht
({21})
Thomas Sauer
Anton Schaaf
Axel Schäfer ({22})
Gudrun Schaich-Walch
Rudolf Scharping
Bernd Scheelen
Dr. Hermann Scheer
Siegfried Scheffler
Horst Schild
Horst Schmidbauer
({23})
Ulla Schmidt ({24})
Silvia Schmidt ({25})
Dagmar Schmidt ({26})
Wilhelm Schmidt ({27})
Heinz Schmitt ({28})
Carsten Schneider
Walter Schöler
Olaf Scholz
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Wilfried Schreck
Ottmar Schreiner
Gerhard Schröder
Gisela Schröter
Brigitte Schulte ({29})
Reinhard Schultz
({30})
Swen Schulz ({31})
Dr. Angelica Schwall-Düren
Dr. Martin Schwanholz
Rolf Schwanitz
Erika Simm
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie SonntagWolgast
Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Ludwig Stiegler
Rolf Stöckel
Christoph Strässer
Rita Streb-Hesse
Joachim Stünker
Jörg Tauss
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Franz Thönnes
Hans-Jürgen Uhl
Rüdiger Veit
Simone Violka
Jörg Vogelsänger
Ute Vogt ({32})
Dr. Marlies Volkmer
Hans Georg Wagner
Hedi Wegener
Andreas Weigel
Petra Weis
Reinhard Weis ({33})
Matthias Weisheit
Gunter Weißgerber
Gert Weisskirchen
({34})
Dr. Ernst Ulrich von
Weizsäcker
Jochen Welt
Dr. Rainer Wend
Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Margrit Wetzel
Andrea Wicklein
Jürgen Wieczorek ({35})
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dieter Wiefelspütz
Brigitte Wimmer ({36})
Engelbert Wistuba
Barbara Wittig
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Waltraud Wolff
({37})
Heidemarie Wright
Uta Zapf
Manfred Helmut Zöllmer
Dr. Christoph Zöpel
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Präsident Wolfgang Thierse
Dietrich Austermann
Norbert Barthle
Günter Baumann
Ernst-Reinhard Beck
({38})
Veronika Bellmann
Dr. Christoph Bergner
Dr. Rolf Bietmann
Clemens Binninger
Renate Blank
Peter Bleser
Antje Blumenthal
Dr. Maria Böhmer
Jochen Borchert
Wolfgang Bosbach
Dr. Wolfgang Bötsch
Klaus Brähmig
Dr. Ralf Brauksiepe
Helge Braun
Monika Brüning
Georg Brunnhuber
Verena Butalikakis
Hartmut Büttner
({39})
Cajus Caesar
Peter H. Carstensen
({40})
Gitta Connemann
Hubert Deittert
Albert Deß
Alexander Dobrindt
Vera Dominke
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Maria Eichhorn
Anke Eymer ({41})
Georg Fahrenschon
Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Albrecht Feibel
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Hartwig Fischer ({42})
Dirk Fischer ({43})
Axel E. Fischer
({44})
Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Herbert Frankenhauser
Dr. Hans-Peter Friedrich
({45})
Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Dr. Michael Fuchs
Dr. Peter Gauweiler
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Roland Gewalt
Eberhard Gienger
Georg Girisch
Michael Glos
Ralf Göbel
Dr. Reinhard Göhner
Tanja Gönner
Josef Göppel
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Reinhard Grindel
Hermann Gröhe
Michael Grosse-Brömer
Markus Grübel
Manfred Grund
Karl-Theodor Freiherr von
und zu Guttenberg
Olav Gutting
Holger Haibach
Gerda Hasselfeldt
Helmut Heiderich
Ursula Heinen
Siegfried Helias
Uda Carmen Freia Heller
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann
Bernd Heynemann
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Robert Hochbaum
Klaus Hofbauer
Martin Hohmann
Joachim Hörster
Hubert Hüppe
Susanne Jaffke
Dr. Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Irmgard Karwatzki
Bernhard Kaster
Volker Kauder
Siegfried Kauder
({46})
Gerlinde Kaupa
Eckart von Klaeden
Jürgen Klimke
Julia Klöckner
Kristina Köhler
Manfred Kolbe
Norbert Königshofen
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Rudolf Kraus
Michael Kretschmer
Günther Krichbaum
Günter Krings
Dr. Martina Krogmann
Dr. Hermann Kues
Werner Kuhn ({47})
Dr. Karl A. Lamers
({48})
Dr. Norbert Lammert
Barbara Lanzinger
Karl-Josef Laumann
Vera Lengsfeld
Werner Lensing
Peter Letzgus
Ursula Lietz
Walter Link ({49})
Eduard Lintner
Dr. Klaus W. Lippold
({50})
Patricia Lips
Dr. Michael Luther
Dorothee Mantel
Erwin Marschewski
({51})
Stephan Mayer ({52})
Cornelia Mayer
({53})
Dr. Martin Mayer
({54})
Wolfgang Meckelburg
Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel
Friedrich Merz
Laurenz Meyer ({55})
Doris Meyer ({56})
Maria Michalk
Hans Michelbach
Klaus Minkel
Marlene Mortler
Dr. Gerd Müller
Hildegard Müller
Stefan Müller ({57})
Bernward Müller ({58})
Bernd Neumann ({59})
Claudia Nolte
Günter Nooke
Dr. Georg Nüßlein
Franz Obermeier
Melanie Oßwald
Eduard Oswald
Rita Pawelski
Dr. Peter Paziorek
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Daniela Raab
Thomas Rachel
Hans Raidel
Dr. Peter Ramsauer
Helmut Rauber
Peter Rauen
Christa Reichard ({60})
Katherina Reiche
Hans-Peter Repnik
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Hannelore Roedel
Franz Romer
Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Dr. Klaus Rose
Kurt J. Rossmanith
Dr. Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Volker Rühe
Albert Rupprecht ({61})
Peter Rzepka
Anita Schäfer ({62})
Dr. Wolfgang Schäuble
Hartmut Schauerte
Andreas Scheuer
Georg Schirmbeck
Bernd Schmidbauer
Christian Schmidt ({63})
Andreas Schmidt ({64})
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Ole Schröder
Bernhard Schulte-Drüggelte
Uwe Schummer
Wilhelm Josef Sebastian
Horst Seehofer
Kurt Segner
Matthias Sehling
Marion Seib
Heinz Seiffert
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Jens Spahn
Erika Steinbach
Christian Freiherr von
Stetten
Gero Storjohann
Andreas Storm
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Thomas Strobl ({65})
Michael Stübgen
Michaela Tadjadod
Antje Tillmann
Edeltraut Töpfer
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Volkmar Uwe Vogel
Angelika Volquartz
Andrea Astrid Voßhoff
Gerhard Wächter
Marco Wanderwitz
Peter Weiß ({66})
Gerald Weiß ({67})
Ingo Wellenreuther
Annette Widmann-Mauz
Klaus-Peter Willsch
Matthias Wissmann
Werner Wittlich
Dagmar Wöhrl
Elke Wülfing
Wolfgang Zeitlmann
Wolfgang Zöller
Willi Zylajew
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Kerstin Andreae
Marieluise Beck ({68})
Volker Beck ({69})
Cornelia Behm
Birgitt Bender
Matthias Berninger
Grietje Bettin
Alexander Bonde
Ekin Deligöz
Dr. Thea Dückert
Jutta Dümpe-Krüger
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Joseph Fischer ({70})
Katrin Dagmar GöringEckardt
Anja Hajduk
Winfried Hermann
Antje Hermenau
Peter Hettlich
Ulrike Höfken
Thilo Hoppe
Michaele Hustedt
Fritz Kuhn
Renate Künast
Markus Kurth
Undine Kurth ({71})
Dr. Reinhard Loske
Anna Lührmann
({72})
Wir sind am Schluss unserer heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Dienstag, den 29. Oktober 2002, 10 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.