Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die
Sitzung ist eröffnet.
Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich
dem Kollegen Ernst Bahr ({0}), der am 11. Juni
seinen 60. Geburtstag feierte, nachträglich die besten
Glückwünsche des Hauses aussprechen.
({1})
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die
verbundene Tagesordnung ergänzt werden. Die Punkte
sind in der Zusatzpunktliste aufgeführt:
ZP 5 a) Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschusses
nach Art. 77 des Grundgesetzes ({2})
zu dem Gesetz zur Neuordnung des Lebensmittel- und
des Futtermittelrechts
- Drucksachen 15/3657, 15/4244, 15/4632, 15/5733 Berichterstattung:
Abgeordneter Michael Müller ({3})
b) Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschusses
nach Art. 77 des Grundgesetzes ({4})
zu dem Gesetz zur Umsetzung der EG-Richtlinie über
die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm
- Drucksachen 15/3782, 15/3921, 15/4024, 15/4377,
15/4412, 15/5734 Berichterstattung:
Abgeordneter Michael Müller ({5})
c) Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschusses
nach Art. 77 des Grundgesetzes ({6})
zu dem Siebten Gesetz zur Änderung des Gesetzes ge-
gen Wettbewerbsbeschränkungen
- Drucksachen 15/3640, 15/5049, 15/5430, 15/5735 -
Berichterstattung:
Abgeordneter Ludwig Stiegler
d) Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschusses
nach Art. 77 des Grundgesetzes ({7})
zu dem Zweiten Gesetz zur Neuregelung des Energie-
wirtschaftsrechts
- Drucksachen 15/3917, 15/4068, 15/5268, 15/5429,
15/5736 -
Berichterstattung:
Abgeordneter Ludwig Stiegler
e) Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschusses
nach Art. 77 des Grundgesetzes ({8})
zu dem Gesetz zur Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 3. März 2004 ({9})
- Drucksachen 15/4533, 15/5486, 15/5621, 15/5737 Berichterstattung:
Abgeordneter Dr. Norbert Röttgen
ZP 6 Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren
({10})
Beratung des Antrags der Abgeordneten Birgit Homburger,
Angelika Brunkhorst, Michael Kauch, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der FDP: Umwandlungskonzept für Truppenübungsplatz Münsingen erarbeiten und umsetzen
- Drucksache 15/5275 Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit ({11})
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Verteidigungsausschuss
ZP 7 Weitere abschließende Beratungen ohne Aussprache
({12})
a) Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Luftreinhaltungsge-
setze vollziehen - Risiken durch Feinstaub senken
- Drucksache 15/5687 -
b) Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD, der CDU/
CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der
FDP: Erinnerung und Gedenken an die Vertreibungen
und Massaker an den Armeniern 1915 - Deutschland
muss zur Versöhnung zwischen Türken und Arme-
niern beitragen
- Drucksache 15/5689 -
c) Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Für eine parlamen-
tarische Mitwirkung im System der Vereinten Na-
tionen
- Drucksache 15/5690 -
d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Sabine Bätzing,
Ute Berg, Renate Gradistanac, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Jutta
Dümpe-Krüger, Volker Beck ({13}), Ekin Deligöz, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN: Schwule und lesbische Jugend-
liche - Mittendrin statt außen vor
- Drucksache 15/5691 -
e) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des
Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit ({14}) zu dem Antrag der Abgeordneten
Redetext
Präsident Wolfgang Thierse
Dr. Peter Paziorek, Dr. Maria Flachsbarth, Dr. Klaus
W. Lippold ({15}), weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der CDU/CSU: Langfristiges Gesamtkonzept
zur Reduzierung der Schadstoffbelastung in der Luft
notwendig
- Drucksachen 15/5330, 15/5721 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Astrid Klug
Dr. Maria Flachsbarth
Winfried Hermann
Birgit Homburger
f) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des
Ausschusses für Tourismus ({16})
- zu dem Antrag der Abgeordneten Annette Fasse,
Renate Gradistanac, Bettina Hagedorn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Undine Kurth ({17}), Werner
Schulz ({18}), Volker Beck ({19}), weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/
DIE GRÜNEN: Öffnungszeiten der Außengastro-
nomie während der Fußballweltmeisterschaft
2006 flexibel handhaben
- zu dem Antrag der Abgeordneten Jürgen Klimke,
Klaus Brähmig, Ernst Hinsken, weiterer Abgeordne-
ter und der Fraktion der CDU/CSU: Deutschland
für die Fußballweltmeisterschaft 2006 fit ma-
chen - Längere Öffnungszeiten der Außengastro-
nomie ermöglichen
- zu dem Antrag der Abgeordneten Ernst Burgbacher,
Gudrun Kopp, Detlef Parr, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der FDP: Sperrzeiten für Außen-
gastronomie zur Fußballweltmeisterschaft 2006
verbraucherfreundlicher gestalten - Freigabe der
Ladenöffnungszeiten ermöglichen
- Drucksachen 15/5585, 15/5452, 15/5581, 15/5716 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Brunhilde Irber
Jürgen Klimke
g) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des
Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung ({20}) zu dem Antrag der Abgeordneten Dagmar Schmidt ({21}), Karin Kortmann,
Sabine Bätzing, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der SPD sowie der Abgeordneten Thilo Hoppe, Volker
Beck ({22}), Irmingard Schewe-Gerigk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN: Geschlechtergerechtigkeit bleibt zentrale
Voraussetzung für Entwicklung - Zehn Jahre nach
der UN-Weltfrauenkonferenz in Peking
- Drucksachen 15/5031, 15/5643 Berichterstattung:
Abgeordnete Dagmar Schmidt ({23})
Dr. Conny Mayer ({24})
Thilo Hoppe
Markus Löning
h) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des
Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung ({25}) zu dem Antrag der Abgeordneten Dagmar Schmidt ({26}), Karin Kortmann,
Lothar Binding ({27}), weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Thilo
Hoppe, Volker Beck ({28}), Katrin Göring-Eckardt,
Krista Sager und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN: Entwicklungspartnerschaften mit der
Wirtschaft weiterentwickeln - gemeinsam Armut bekämpfen
- Drucksachen 15/3327, 15/5638 Berichterstattung:
Abgeordnete Dagmar Schmidt ({29})
Dr. Christian Ruck
Thilo Hoppe
Markus Löning
i) Beratung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses ({30})
Übersicht 11
über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten
Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht
- Drucksache 15/5696 ZP 8 Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Gesundheit und Soziale Sicherung ({31})
- zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Dieter Thomae,
Detlef Parr, Dr. Heinrich L. Kolb, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der FDP: Altersgrenze für Vertragsärzte beseitigen
- zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Dieter Thomae,
Detlef Parr, Dr. Heinrich L. Kolb, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der FDP: Freie Wahl der Kostenerstattung in der gesetzlichen Krankenversicherung
- zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Dieter Thomae,
Daniel Bahr ({32}), Rainer Brüderle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel wieder als Leistung der
gesetzlichen Krankenversicherung verankern
- Drucksachen 15/940, 15/3511, 15/3995, 15/5516 Berichterstattung:
Abgeordneter Dr. Hans Georg Faust
ZP 9 Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Arzneimittelversorgung
bei schwerwiegenden chronischen Erkrankungen gewährleisten
- Drucksache 15/5688 ZP 10 Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages - Verhaltensregeln für Mitglieder des Deutschen Bundestages
- Drucksache 15/5698 Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung ({33})
Rechtsausschuss
Von der Frist für die Beratung soll, soweit erforderlich,
abgewichen werden.
Darüber hinaus ist vereinbart worden, den
Tagesordnungspunkt 16 - Graffiti-Bekämpfungsgesetz -
mit Tagesordnungspunkt 18 - Änderung des Dritten Bu-
ches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze - zu tau-
schen. Der Tagesordnungspunkt 26 - Übereinkommen
der Vereinten Nationen gegen grenzüberschreitende or-
ganisierte Kriminalität - soll abgesetzt werden. Sind Sie
mit diesen Vereinbarungen einverstanden? - Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 10 a bis 10 d auf:
a) Abgabe einer Erklärung durch den Bundeskanz-
ler zum bevorstehenden Europäischen Rat in
Brüssel am 16. und 17. Juni 2005
b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für die Angelegenheiten
der Europäischen Union ({34})
- zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Angelica
Schwall-Düren, Günter Gloser, Kurt Bodewig,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
SPD sowie der Abgeordneten Rainder
Präsident Wolfgang Thierse
Steenblock, Ulrike Höfken, Marianne Tritz,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Für eine zukunftsgerichtete Weiterführung
der Lissabon-Strategie - Neue Impulse zur
wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen
Erneuerung
- zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Werner
Hoyer, Jürgen Türk, Dr. Claudia Winterstein,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
FDP
Zur Tagung des Europäischen Rates am 22./
23. März 2005 - Stabilität und Wachstum
stärken
- Drucksache 15/5116, 15/5131, 15/5711 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Kurt Bodewig
Veronika Bellmann
Marianne Tritz
Dr. Claudia Winterstein
c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für die Angelegenheiten
der Europäischen Union ({35}) zu dem
Antrag der Abgeordneten Dr. Werner Hoyer,
Dr. Claudia Winterstein, Sabine LeutheusserSchnarrenberger, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP
Die finanzielle Vorausschau der EU den neuen
Aufgaben anpassen
- Drucksachen 15/2978, 15/5709 Berichterstattung:
Abgeordnete Axel Schäfer ({36})
Holger Haibach
Dr. Claudia Winterstein
d) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Claudia Winterstein, Dr. Werner Hoyer,
Dr. Andreas Pinkwart, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der FDP
EU-Haushalt auf höchstens 1 Prozent des
Bruttonationaleinkommens begrenzen
- Drucksache 15/5361 Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union ({37})
Auswärtiger Ausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Haushaltsausschuss
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache im Anschluss an die Regierungserklärung eineinhalb Stunden vorgesehen. - Ich höre keinen
Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Das Wort zur Abgabe einer Regierungserklärung hat
der Bundeskanzler, Gerhard Schröder.
({38})
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Eigentlich wollten wir am Donnerstag und
Freitag dieser Woche in Brüssel die finanzielle Vorausschau für die Jahre 2007 bis 2013 - und nur diese - beschließen. Aber es besteht kein Zweifel: Die Referenden
in Frankreich einerseits und in den Niederlanden andererseits haben die Europäische Union in eine besondere
Situation - es ist durchaus erlaubt, zu sagen: in eine
Krise - gebracht. Die Frage, über die wir zu reden und
die wir zu entscheiden haben, ist: Wie wird in der Europäischen Union auf diese Krise reagiert?
In der europäischen und auch in der deutschen Debatte zeichnen sich zwei Reaktionsmöglichkeiten ab:
Die eine besteht darin, dass man in durchaus populistischer Weise vorhandene Schwierigkeiten diskutiert und
beschreibt, um das Integrationskonzept Europas über
diese Schwierigkeiten mindestens infrage zu stellen,
wenn nicht sogar ernsthaft zu gefährden. Die andere Reaktionsmöglichkeit ist, das Projekt Europa weiterhin als
ein einiges, alle Europäer und alle europäischen Länder
umfassendes Projekt, als ein integratives Projekt, zu begreifen und auf dieser Basis die aufgetretenen Schwierigkeiten zu lösen und das, was noch vor uns steht, offensiv anzugehen.
({0})
Es wird Sie nicht überraschen, dass es die Politik der
Bundesregierung ist, die zweite Strategie zu verfolgen.
Das hat Gründe. Diese Gründe liegen darin, was
Deutschland immer von und für Europa gedacht und wonach es sich gerichtet hat. Insbesondere Deutschland
- seine Geschichte nach dem Zweiten Weltkrieg zeigt
das - hat - ökonomisch wie politisch - ein großes Interesse daran, dass dieses Europa zusammengeführt wird,
dass es zusammenbleibt, dass es nicht nur als Markt
existiert, auf dem das Wirtschaften stattfindet, sondern
auch als politische Union, also integriert und als ein besonderes Gesellschaftsmodell existiert, das ökonomische
Effizienz mit sozialer Sensibilität verbindet.
({1})
Darum geht es gegenwärtig und jeder europäische
Mitgliedstaat hat sich zu entscheiden. Der Verfassungsvertrag, den wir gemacht haben, ist ein Vertrag, der den
ernst gemeinten Versuch unternimmt, dieses Europa einerseits als ganzes Europa, andererseits aber auch als integriertes Europa zusammenzuhalten, ihm ein Fundament zu geben. Wir haben diesen Verfassungsvertrag vor
knapp vier Wochen mit überwältigender Mehrheit hier
im Hohen Hause beschlossen. Bis auf eine Enthaltung
wurde er auch im Bundesrat einstimmig beschlossen.
Wenn ich mir gelegentlich kritische Debatten über diese
Verfassung anschaue, frage ich mich: Was hat sich
eigentlich verändert, was die Substanz dieser Verfassung
angeht und die Zustimmungsfähigkeit zu dieser Verfassung aus Deutschland heraus, aus beiden Hohen Häusern
heraus? Da hat sich gar nichts verändert. Das, was wir
diskutiert haben, als der Verfassungsvertrag hier zur Entscheidung anstand, nämlich ein erweitertes, integriertes
Europa mit einem sicheren Fundament zu versehen, galt
damals und gilt auch heute noch.
({2})
Deswegen stehe ich ohne Wenn und Aber zu dieser Entscheidung, zur gemeinsamen Entscheidung Deutschlands für diesen Verfassungsvertrag. Ganz nebenbei: Mit
der Entscheidung in beiden Häusern hat Deutschland Ja
gesagt und nicht Nein - damit wir uns richtig verstehen.
({3})
Wir sollten aufpassen, dass die Entscheidung, die hier
getroffen wurde, nicht uminterpretiert werden kann, von
wem auch immer.
({4})
Nein, meine Damen und Herren, der Verfassungsvertrag war richtig, er ist richtig und ich glaube, es wird sich
auch erweisen, dass er ein Stück Zukunft einer einigen
Europäischen Union sein wird. Im Übrigen: Alle Mitgliedstaaten haben sich verpflichtet, zu ratifizieren, jeweils nach den nationalen Notwendigkeiten und Gesetzlichkeiten. Zehn haben ratifiziert - wir auch. Andere
haben angekündigt, zu ratifizieren. Denen jetzt mit Sprüchen zu kommen, wie ich sie aus dem Europäischen Parlament höre - die Verfassung sei tot; oder was auch immer -, ist nach meiner festen Überzeugung ganz falsch
und diskreditiert auch unser eigenes Abstimmungsverhalten.
({5})
Hinzu kommt: Wer wollte den Dänen, den Portugiesen, den Polen, in deren Ländern demnächst Referenden
bevorstehen - Luxemburg kommt dazu -, vorschreiben,
wie sie mit der neuen Lage umzugehen haben? Es ist die
souveräne Entscheidung eines jeden Landes, ob und
nach welchem Verfahren es ratifizieren will oder nicht.
Der Europäische Rat, der am heutigen Donnerstag und
am morgigen Freitag vermutlich noch länger über diese
Fragen diskutieren wird, kann natürlich Vorschläge machen, aber er kann doch nicht die Ratifizierungsprozesse abbrechen oder darüber befinden, in welcher
Form, in welchen Zeiträumen sie stattzufinden haben.
Das sind souveräne, nationale Entscheidungen, die wir
zu respektieren haben. Ich füge hinzu: Wir haben doch
das Dokument - Nr. 30 ist es, glaube ich - gemacht, in
dem steht, dass der Europäische Rat neu zusammenkommen muss, wenn eine bestimmte Anzahl von Ratifizierungen nicht erfolgreich ausgegangen sein sollte. Insofern ist das, was wir vorgeschlagen haben - eine
Zwischenbilanz zu ziehen, vermutlich während der österreichischen Präsidentschaft; das ist zu Beginn des
nächsten Jahres -, die richtige Vorgehensweise, jedenfalls eine, die andere nicht bevormundet, sondern ihnen
ihr souveränes Recht lässt, über diese Verfassung zu entscheiden, eine Verfassung im Übrigen, in der sehr viel
mehr von sozialem Zusammenhalt drinsteht, als in den
Diskussionen bisher deutlich geworden ist.
({6})
Wir haben doch diese Verfassung gemacht - sie ist
doch maßgeblich unter deutscher Beteiligung zustande
gekommen -, weil wir einen verbindlichen Grundrechtskatalog für die Europäische Union wollten. Wir haben
diese Verfassung doch gemacht, weil wir eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik wollten und weiter
wollen, ja, wollen müssen. Wir haben diese Verfassung
doch auch deshalb gemacht, weil in ihr steht, dass es in
Europa nicht nur um ökonomische Effizienz, sondern
auch und gerade um sozialen Zusammenhalt geht.
({7})
Neben der finanziellen Vorausschau, zu der ich gleich
etwas sagen werde, werden wir auch darüber zu reden
haben, wie es mit der Erweiterung weitergeht. Wir müssen damit ganz offen und für meine Begriffe auch offensiv umgehen. Was ist denn der Hintergrund für die stattgefundenen Erweiterungsprozesse? Polen, Tschechien,
die Slowakei, Ungarn und die anderen Länder sind doch
nicht Teil der Europäischen Union geworden, weil uns
nichts anderes eingefallen ist, sondern sie sind als alte
europäische Kulturnationen Teil der Europäischen
Union geworden, weil der Fall des Eisernen Vorhangs
genau diesen Prozess ermöglicht hat.
({8})
Der Fall des Eisernen Vorhangs hat natürlich auch
weitere Konsequenzen. Es wird über die zehn neuen
Mitgliedstaaten hinausgehen, die am 1. Mai 2004 Mitglied geworden sind. Ich warne all diejenigen, die jetzt
meinen, man könnte die eingegangenen Verpflichtungen
wenn nicht auflösen, so doch zumindest auf die lange
Bank schieben.
({9})
Ich warne davor, den Rumänen und Bulgaren, mit denen
wir Verträge abgeschlossen haben, zu sagen, dass es uns
Leid tut, dass wir die eingegangenen Verpflichtungen
nicht erfüllen können, weil die Referenden in Frankreich
und in den Niederlanden nicht so ausgegangen sind, wie
sich die Europäer das wünschten. Ich warne deshalb davor, weil die Rückkehr zu alten Nationalismen und zu
mehr als dem die sichere Konsequenz in diesen Ländern
wäre. Es würde zu einer Rückkehr zu alten Nationalismen, zum Verlust der ökonomischen Möglichkeiten und
damit zu mehr statt weniger Schwierigkeiten für Europa
und auch Deutschland, das sich mittendrin befindet,
kommen.
Nein, ich glaube: Wenn die Länder, um die es geht,
ihre Verpflichtungen erfüllen - bei der Justiz, beim InneBundeskanzler Gerhard Schröder
ren und bei der Korruptionsbekämpfung sind noch einige Fragen offen, aber sie sind auf dem Weg dorthin -,
dann muss die Europäische Union auch zu ihren Verpflichtungen stehen. Eine andere Politik halte ich nicht
für denkbar.
({10})
Was tun wir denn auf dem Balkan, wenn wir, wie einige es jetzt vorschlagen, den Ländern des westlichen
Balkans zum Beispiel die europäische Perspektive abschneiden oder sie ad calendas graecas vertagen? Was
sind die politischen Lösungsansätze, die dann zur Verfügung stehen? Sind sie besser, weil sie in einem sehr umfassenden Sinne preiswerter für Europa und Deutschland
sind, oder ist nicht vielmehr das Gegenteil der Fall?
Wenn wir diese Länder des westlichen Balkans allein
lassen und ihnen die Perspektive abschneiden, sind die
mutmaßlichen Konflikte dann nicht in einem umfassenden Sinne - übrigens auch materiell - allemal teurer, als
es Vorbeitrittshilfen und Beitrittshilfen je sein könnten?
({11})
Wer sich einmal anschaut, was wir als Europäer und
besonders als Deutsche in den Konflikten auf dem Balkan zu leisten haben und welche materiellen Anforderungen gestellt werden, der wird sehr schnell ausrechnen
können, dass Frieden in einem sehr umfassenden Sinne
allemal preiswerter als solche Konflikte ist, die wir alle
kennen.
({12})
Ich habe mal eine sehr konkrete Frage. Entweder war
es übertrieben oder aber er hat die Wahrheit gesagt. Frau
Merkel, Herr Stoiber, was sagen Sie denn Herrn Sanader,
dem Sie im Wahlkampf geholfen und versprochen haben, dass Sie eine ganz schnelle Beitrittsperspektive für
Kroatien unterstützen würden?
({13})
Was sagen Sie ihm denn, wenn er das erfüllt, was der
Internationale Strafgerichtshof und damit auch die Europäische Union zu Recht von ihm erwarten? Sagen wir
diesem Land „Eine Aufnahme von Verhandlungen gibt
es nicht“ oder sagen wir ihm „Wir nehmen Verhandlungen auf“? Dazu werden Sie sich verhalten müssen. Ich
bin der Meinung, dass Kroatien ein Land ist, das ökonomisch und, wenn die Bedingungen erfüllt sind - ich habe
sie genannt -, politisch dazugehört. Das kann doch gar
keine Frage sein.
({14})
Aber man kann sich nicht so verhalten, diesem Land
in bestimmten Gesprächen Unterstützung für die Aufnahme von Verhandlungen zuzusagen, aber dann öffentlich möglichst gar nicht darüber zu reden oder sogar das
Gegenteil zu erklären. Das ist keine sonderlich rationale
und auch keine sonderlich ehrliche Politik.
({15})
Im Prinzip gilt das Gleiche für die Türkei. Wir haben
hier darüber debattiert. In diesen Debatten ist deutlich
geworden, dass wir der Türkei - vorneweg die Regierung Kohl, massiv unterstützt vom Abgeordneten Glos,
gegen manchen Zweifel auf der Seite der demokratischen Linken im Hause - immer wieder versichert haben: Wenn die Bedingungen durch eine entsprechende
Reformpolitik und durch die Klärung eures Verhältnisses
zu Zypern erfüllt sind, dann werden Beitrittsverhandlungen aufgenommen werden. Diese lange Diskussion
wurde schon über 40 Jahre geführt.
Dann hat man erklärt: Man kann sich ja eines Besseren besinnen. Das ist aber in der internationalen Politik
ein bisschen schwierig, weil sich natürlich sehr viele auf
die Gültigkeit von Vereinbarungen und Zusagen verlassen haben.
({16})
Außerdem gilt das, was wir gesagt haben. Gelänge es,
eine Beziehung zwischen einem nicht fundamentalistischen islamischen Land, der Türkei, und der europäischen Aufklärung herzustellen und wirksam werden zu
lassen - das kann nur in europäischen Zusammenhängen
geschehen -, wäre das sowohl ökonomisch als auch politisch ein Segen für die Sicherheit Europas und auch für
die Sicherheit unseres Landes.
({17})
Die Risiken solcher Verhandlungen, die ich gar
nicht verschweige, sind beherrschbar. Wir haben immer
gesagt: Verhandlungen über einen Beitritt der Türkei
werden zehn bis 15 Jahre dauern. Das Verhandlungskonzept sieht vor, dass die Zuwanderung in den Arbeitsmarkt anderer EU-Länder bis auf Null begrenzt werden
kann. Das Verhandlungskonzept sieht auch vor, dass jede
der beiden Seiten die Verhandlungen jederzeit aussetzen
oder abbrechen kann. Damit ist dieses Verhandlungskonzept ein angemessenes Instrument zur Erreichung des
Zieles, einen Beitritt der Türkei herbeizuführen, ohne ein
Mitgliedsland der Europäischen Union - Deutschland
zumal - in unüberwindbare Schwierigkeiten zu bringen.
Nein, wer in der jetzigen Situation, in der es sicherlich
eine krisenhafte Entwicklung in Europa gibt, meint, die
Probleme mit Kleinmut, mit Wegducken lösen zu können, der irrt gründlich.
({18})
Er wird auch erleben, dass er seiner historischen Verantwortung in einer Weise nicht gerecht wird, die ihm noch
Kinder und Kindeskinder, so es sie denn gibt, vorwerfen
werden.
Ich glaube, dass man damit einen guten Einstieg für
die Debatten hat, die am heutigen Donnerstag und am
Freitag, bezogen auf die finanzielle Vorausschau, beginnen werden und sollen. Ich habe immer gesagt, dass unsere materiellen Ressourcen begrenzt sind, was die
Möglichkeiten Deutschlands angeht, europäische
Kompromisse zu finanzieren, um in der europäischen
Geschichte als große Europäer dazustehen. Für diese
Möglichkeit Deutschlands, eine solche Strategie zu verfolgen, die doch sehr lange getragen hat, sind die
Ressourcen nicht mehr vorhanden, selbst wenn man sie
denn nutzen wollte.
({19})
Man muss sich also in das tägliche Geschäft der europäischen Verhandlungen schon im Interesse Deutschlands einmischen. Das war übrigens der Grund, warum
wir gesagt haben: Wir möchten gerne erreichen, dass das
Budget der Europäischen Union auf 1 Prozent des
Bruttonationaleinkommens begrenzt wird. Das hätte immer noch eine Menge für Deutschland bedeutet, wäre
aber auskömmlicher gewesen als jeder andere denkbare
Kompromiss.
Dann wurden wir mit der Forderung der Europäischen Kommission nach 1,24 Prozent des Bruttonationaleinkommens konfrontiert. In Zahlen ausgedrückt
hätte dies bedeutet, dass wir mit dem Betrag in Höhe von
etwa 22 Milliarden Euro brutto, den wir jetzt an das europäische Budget abführen, im Jahre 2013 bei deutlich
über 40 Milliarden Euro gelandet wären, und das bei im
Verhältnis sinkenden Rückflüssen, was damit zusammenhängt, dass es den neuen Ländern in vielen Bereichen wirtschaftlich besser geht, als das noch vor fünf
oder acht Jahren der Fall war. Sie werden leicht einsehen, dass wir eine solche Position nicht einnehmen
konnten.
({20})
Nun gibt es - das sage ich wegen der Einheitlichkeit
der Argumentation - den berühmten Bericht des Europäischen Parlaments, den so genannten Böge-Bericht.
Böge ist ein Abgeordneter der CDU, der dort haushaltspolitischer Sprecher ist. Er hat für die CDU/CSUGruppe im Europäischen Parlament gesagt, dass unter
1,18 Prozent des BNE gar nichts laufe. Dazu sollten Sie
sich einmal verhalten; denn das ist sehr teuer, was Herr
Böge da aufgeschrieben hat.
({21})
Es geht natürlich nicht, mich hier zum Sparen aufzufordern und dann munter durch die Angehörigen der mittleren Ebene die Forderungen immer weiter nach oben zu
treiben. Das ist eine Form von Politik, die nicht trägt, jedenfalls nicht auf Dauer.
({22})
Lassen wir also einmal den Böge-Bericht beiseite und
reden wir über das, was im Zusammenhang mit dem zu
diskutieren ist, was die Präsidentschaft vorgeschlagen
hat.
({23})
- Ich komme gleich zu dem, was ich machen muss. - Es
sind ganz vernünftige Vorschläge, die da auf dem Tisch
liegen.
({24})
Das, was dort veröffentlicht worden ist - das will ich sagen -, reicht noch nicht. Wir haben noch einige Probleme; denn wir müssen in der Tat darauf achten, dass
die Nettosalden nicht uferlos steigen. Das ist auch die
Mahnung all derer, die sich im Europaausschuss unter
Leitung des sehr verehrten Vorsitzenden dazu gestern
geäußert haben. Nur, damit es nicht so ganz im Unklaren
bleibt, wie sich die Nettosalden in der letzten Zeit entwickelt haben, will ich das einmal vorlesen. Wir hatten
1993 einen Nettosaldo von 12 Milliarden, 1994 von
14 Milliarden, 1998 - wir sind erst im Oktober in das
Amt gekommen; Sie werden das nicht vergessen haben von rund 12 Milliarden. Dann sinkt dieser Nettosaldo
von 12 Milliarden über 10 Milliarden auf 8,754 Milliarden im Jahr 2004. Wer mich also auffordert, für entsprechende Rückflüsse zu sorgen, der sollte wenigstens ein
bisschen selbstkritisch mit der Frage umgehen, was er
bzw. sie in den 90er-Jahren gemacht hat.
({25})
Ich bin der Meinung, dass Deutschlands Ressourcen begrenzt sind und wir deswegen aufpassen müssen, dass
dieser sehr positive Trend, den meine Regierung erreicht
hat, nicht wieder abbricht oder sich gar in das Gegenteil
verkehrt. Das ist ein ganz wichtiger Gesichtspunkt.
({26})
Nun habe ich gesagt, dass wir bei 1 Prozent des BNE
starten und dass wir, was Zahlungen angeht, möglichst
dicht in die Nähe kommen wollen. Wir starten da und es
wäre wirklich wichtig, wenn das gelänge. Gerade in der
jetzigen Situation wäre es wunderbar, wenn von Brüssel
das Signal ausginge, dass die Union in dieser so wichtigen Frage der finanziellen Vorausschau bei allen
Schwierigkeiten handlungsfähig ist. Ich bin dafür - weil
wir gute Europäer sind -, dass wir einen Beitrag leisten,
damit das gelingt.
({27})
Aber wie kann dieser Beitrag nur aussehen? Es gibt Länder, die sagen: Es muss alles, was die Erwartungen und
Forderungen bei den Strukturfonds und den Kohäsionsfonds betrifft, so bleiben, wie es ist, jedenfalls dann,
wenn es uns angeht. - Das kann nicht angehen. Dann
gibt es Länder - das sind die neuen Mitgliedstaaten -,
die völlig zu Recht sagen: Der durchschnittliche Wohlstand in unseren Ländern liegt unter dem der Länder, die
bisher von der Solidarität profitiert haben. Das Mindeste,
was wir wollen, ist, gleich behandelt zu werden. - Das
ist nachvollziehbar, aber schwer zu bezahlen.
Einige Länder sind Nettozahler, vorneweg die Niederlande, Schweden und Deutschland. Deutschland zahlt
in absoluten Zahlen das Meiste, die Niederlande in relativen Zahlen, also pro Kopf. Schweden liegt dazwischen.
Diese Länder sagen zu Recht: Wir brauchen eine Entlastung von dieser Nettozahlerposition und wir kämpfen
darum, dass das auch geschieht. Ich bin guter Hoffnung,
dass wir dabei weiterkommen. Auch dabei wird nicht jeder Blütentraum reifen; das ist keine Frage. Das sage ich
auch den Kollegen, die im selben Boot sitzen. Aber wir
müssen damit weiterkommen.
Dreh- und Angelpunkt ist indessen nicht nur, dass die
Länder entlastet werden müssen, die viel zahlen - ohne
dass ihre Nettozahlerposition deswegen aufhört zu existieren -, und die Länder, die viel bekommen oder viel
wollen, ihre Erwartungen zurückschrauben müssen
- auch das ist notwendig -, sondern Dreh- und Angelpunkt ist auch ein bestimmtes Instrument, über das man
ein paar Worte verlieren muss. Dieses Instrument nennt
sich „britischer Rabatt“. Er ist nicht von dieser Regierung ausgehandelt worden; damit wir uns völlig klar verstehen.
({28})
Dieser britische Rabatt - er liegt zurzeit bei etwa
4,5 Milliarden Euro, wenn ich es richtig im Kopf habe würde, wenn er unverändert beibehalten würde, im Zeitraum der finanziellen Vorausschau auf 7 Milliarden Euro und mehr hochschnellen. Angesichts der Tatsache, dass Großbritannien beim Pro-Kopf-Einkommen
seiner Bevölkerung die Nummer sechs ist, aber bei den
Pro-Kopf-Zahlungen weit im Hinterfeld liegt, gibt es für
den Rabatt überhaupt keine wirkliche Rechtfertigung
mehr. Allerdings ist damals, anders als bei vielen anderen finanziellen Gegebenheiten, beschlossen worden,
dass dieser Rabatt nur einstimmig geändert werden
kann. Angesichts der vorgegebenen Einstimmigkeit ist
die Aufforderung an mich, ich sollte - bei Landwirtschaftsverhandlungen oder sonst wo - mal eben dafür
sorgen, dass dieser Rabatt verschwindet, ein bisschen
naiv.
({29})
Trotzdem hat die Oppositionsführerin der britischen
Presse zufolge gemeint, das tun zu sollen.
Dann werden Sie, Frau Merkel, sich zum britischen
Rabatt - ich entnehme das britischen Zeitungsberichten - äußern müssen. Darin steht nämlich, Tony Blair
habe nach einem Gespräch mit Ihnen Hoffnung; denn
Sie hätten seinen Rabatt mit dem Hinweis darauf, dass er
weniger Agrarsubventionen bekäme als Frankreich, ausdrücklich verteidigt.
({30})
Wenn das stimmen sollte und die Zeitungen nichts Falsches berichtet haben, dann haben Sie Juncker und
Deutschland damit einen Bärendienst erwiesen. Das
muss man sehr deutlich sagen, meine Damen und Herren.
({31})
Es wäre gut, wenn Sie sich in aller Klarheit hier dazu
äußern würden, ob Sie mit der Bundesregierung der Auffassung sind, dass ein Ergebnis nur dann zustande kommen kann, wenn sich auch die britische Regierung beim
Rabatt bewegt, wie sich auch alle anderen bewegen müssen.
({32})
Das ist die Erwartung, die ich an Sie habe, wenn Sie sich
nicht vorwerfen lassen wollen, die Verhandlungsposition
in große Schwierigkeiten gebracht zu haben.
Ich habe wenig Hoffnung - ich bin mir darin mit
dem luxemburgischen EU-Ratspräsidenten Jean-Claude
Juncker einig -, dass das, was wir wollen - dass sich alle
bewegen -, zu den gleichen Einsichten führt wie bei uns,
nämlich dass man sich bewegen muss. Ich weiß nicht, ob
alle der europäischen Idee folgen. Ich habe mir gelegentlich in diesem Hause von der rechten Seite anhören müssen, jemand zu sein, der zu rational, zu wenig emotional
mit der europäischen Frage umgeht.
({33})
- Ja, ist klar. Aber in der Krise zeigt sich, wer steht und
wer nicht steht.
({34})
Ich fahre heute einigungsbereit nach Brüssel.
Deutschland wird sich bewegen. Es darf nicht die finanzielle Leistungsfähigkeit des Landes übersteigen. Diese
haben wir im Blick zu behalten.
Aber gleichermaßen hat diese Regierung für Deutschland im Blick, dass dieses unser Land ökonomisch in ungeheurer Weise von einem gemeinsamen Markt profitiert. Wir sind in all den Ländern, um die es geht
- sowohl in denjenigen, die beigetreten sind, als auch in
denjenigen, mit denen verhandelt wird -, im Handel die
Nummer eins. Wir haben unserer Außenwirtschaft und
der damit zusammenhängenden Arbeitsplätze wegen das
größte Interesse daran, dass dieses Europa als ein einiges, integriertes Europa funktioniert. Gerade in einer
Situation wie der jetzigen kommt es darauf an - daran
haben wir aus politischen Gründen das allergrößte Interesse -, dass man bei dem Unterfangen nicht nachlässt,
dieses Europa durch Erweiterung und Integration zu einem Ort dauerhaften Friedens und dauerhaften Wohlergehens seiner Menschen zu machen. Das und nichts anderes ist unser Ziel. An dem werden wir unbeirrt
festhalten.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
({35})
Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort Kollegin Angela Merkel, CDU/CSU-Fraktion.
({0})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Debatte über die Ratifizierung des Verfassungsvertrages am
12. Mai dieses Jahres habe ich für die große Mehrheit
der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gesagt:
Wir sagen Ja dazu, mit diesem Vertrag die Einigung
Europas institutionell weiter zu festigen; denn wir
vergessen nicht die Lehren von denen, die vor uns
politische Verantwortung trugen, von Konrad
Adenauer über Willy Brandt bis Helmut Kohl, die
Lehren aus den Katastrophen der beiden Weltkriege
auf europäischem Boden. Europa als Friedens- und
Wertegemeinschaft stärken, dazu gibt es keine Alternative.
({0})
Was am 12. Mai richtig war, hier im Deutschen Bundestag gesagt zu werden, das ist auch am 16. Juni richtig.
({1})
Deshalb ist es allerdings genauso richtig, dass wir
hinzufügen, was ich am 12. Mai ebenfalls gesagt habe:
Ich glaube, dass wir an einem solchen historischen
Tag … auch sehen müssen - das hat etwas mit der
Zustimmung zu Europa zu tun -, dass wir in zweierlei Hinsicht am Scheideweg stehen: zum einen,
was die Integrationstiefe anbelangt, und zum anderen, was die Ausdehnung der Europäischen Union
anbelangt.
({2})
Auch dieser zweite Teil gilt heute genauso wie am
12. Mai. Er hat seine Verstärkung - darum kann man gar
nicht herumreden - durch das Nein der Mehrheit der Bevölkerungen in Frankreich und in den Niederlanden erfahren.
({3})
Genau deshalb ist es notwendig, dass von dem Rat, der
heute und morgen stattfindet, ein Signal der Entschlossenheit ausgeht, dass es ein einfaches Weiter-so nicht
gibt,
({4})
sondern dass um Europa willen die notwendigen Konsequenzen gezogen werden müssen. Herr Bundeskanzler,
mit Verlaub, ich habe den Mut und die Entschlossenheit,
auf diese Krise adäquat zu reagieren, bei Ihnen heute
völlig vermisst.
({5})
Ich bin mit Ihnen völlig einer Meinung, dass es in Bezug auf die Frage, wie es mit dem Ratifizierungsprozess weitergeht, natürlich nicht unsere Sache ist - damit
meine ich uns, die wir ratifiziert haben -, anderen, die
noch zu ratifizieren haben, Vorschriften zu machen, wie
sie damit umzugehen haben. Ich bin auch der Meinung:
Wenn alle zu der Überzeugung kommen - das ist die Sache derjenigen, die sich noch entscheiden müssen, die
die Ratifizierung noch vor sich haben -, der Prozess
solle weitergehen, dann soll er weitergehen.
Meine Damen und Herren, ich bin aber auch der Meinung, dass wir dann nur fragen müssen: Wann ziehen
wir Zwischenbilanz? Dazu sehen das Ratifikationsverfahren und der Vertrag folgende Regelung vor: Wenn
20 Länder ratifiziert haben, gibt es eine Zwischenbilanz.
Wir wünschen dem Rat allen Erfolg, damit dieser Prozess weitergehen kann.
Wir müssen uns allerdings auch auf die Frage vorbereiten, was denn passiert, wenn einige Länder sagen,
dass sie diesen Prozess nicht fortsetzen wollen. Dazu haben Sie heute hier gar nichts gesagt.
({6})
Meine Damen und Herren, ich glaube, wir sollten uns
auch ganz klar vor Augen führen: Das Nein in Frankreich und in den Niederlanden ist keine Haltung, die sich
gegen Europa an sich richtet. Eines ist vollkommen klar:
Wenn der niederländische Schriftsteller Leon de Winter
sagt: „Wir haben mit ‚Nee‘ gestimmt, um Europa zu
schützen“,
({7})
müssen wir uns fragen und uns Gedanken darüber machen - Sie können darüber lachen; ich glaube nur, dann
wird die europäische Krise nicht behoben werden -,
({8})
was die Menschen dazu bewogen hat, Nein zu sagen.
Nur so können wir das europäische Einigungswerk fortführen
({9})
und einen Ausweg aus der Krise finden.
({10})
Wir müssen doch zur Kenntnis nehmen, dass viele
Menschen in Europa das Erreichte - dauerhafter Frieden, wirtschaftliche Freiheit - inzwischen als selbstverständlich hinnehmen. Wir müssen zur Kenntnis nehmen,
dass viele Menschen in den europäischen Mitgliedstaaten Sorgen und Ängste um die Globalisierung haben.
({11})
Genau diese Sorgen und Ängste müssen wir aufnehmen,
meine Damen und Herren. Sich über die Köpfe der Menschen hinwegzusetzen, hat noch nie ein politisches Problem gelöst.
({12})
Die Menschen haben den Eindruck: Es gibt ein grenzenloses Europa, sowohl was die Vertiefung als auch
was die Erweiterung anbelangt. Genau auf diese Frage
müssen wir präzise Antworten geben, meine Damen und
Herren.
({13})
Wir sollten auch ernst nehmen, wenn der französische
Innenminister Nicolas Sarkozy sagt: Die Menschen haben viel zu lange von der Politik keine Antworten auf
ihre Fragen bekommen.
({14})
Deshalb müssen wir schauen, wie wir genau auf diese
Fragen Antworten geben.
({15})
Das kann nur mit Mut gelingen. Das kann nur gelingen,
indem wir eine kritische Analyse des Bestehenden machen und deutlich sagen, wie es weitergehen soll.
({16})
In diesem Zusammenhang muss ganz klar definiert
werden:
({17})
Welche Ziele haben wir? Wohin wollen wir?
({18})
- Meine Damen und Herren, Ihr Lachen wird nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Ziele für die Menschen nicht erkennbar sind. Sie fragen sich: Wo sind die
Grenzen Europas? Wo ist die Grenze der Vertiefung?
Auf diese Fragen müssen wir eine Antwort geben.
({19})
Dazu sage ich als Erstes - das hat damit zu tun, dass
es ein einfaches Weiter-so für mich nicht gibt -:
({20})
Stopp der inneren Überdehnung Europas.
({21})
Europa wird von vielen als ein bürokratisches Wesen
wahrgenommen, das die Menschen nicht verstehen. Sie
sehen nicht, dass Europa sich wirklich nur um das kümmert, was Europas Sache ist.
({22})
Meine Damen und Herren, das eigentlich Tragische
an dem Prozess, den wir im Augenblick zu beobachten
haben, ist, dass der Verfassungsvertrag ja gerade versucht hat, auf diese Sorgen der Menschen Antworten zu
geben. Genau aus diesem Punkt heraus sage ich auch:
Der Verfassungsvertrag ist ein Schritt in die richtige
Richtung und das, was dort angelegt ist, muss fortgesetzt
und darf nicht infrage gestellt werden; denn Kompetenzen für Europa müssen begrenzt und beschränkt werden.
Genau das hat der Verfassungsvertrag versucht, auch
wenn es noch nicht zu 100 Prozent gelungen ist.
({23})
Es ist doch gar keine Frage, dass wir Europa brauchen, wenn es um die Bewältigung der Globalisierung
geht. Wir brauchen Europa, wenn es beispielsweise um
Antworten auf folgende Fragen geht: Wie können wir
Boeing in die Schranken weisen und Airbus nach vorne
bringen? Wie können wir uns mit Microsoft auseinander
setzen? Wie können wir im Textilbereich Handelsabkommen mit China treffen? Alle diese Fragen kann ein
einzelnes Land allein in der heutigen Welt doch überhaupt nicht mehr lösen. Deshalb brauchen wir Europa.
Wir brauchen Europa in einer gemeinsamen Außenund Sicherheitspolitik, meine Damen und Herren.
({24})
Daran gibt es doch überhaupt keinen Zweifel. Das sind
die Aufgaben, denen sich Europa widmen muss. Das
muss nach vorne gebracht werden.
({25})
Die Menschen machen sich halt Sorgen, wenn sie hören, dass es 400, 500 oder 600 neue Richtlinien geben
könnte. Die Menschen machen sich Sorgen, wenn sie erleben, dass es Regelungstatbestände gibt, von denen sie
sagen, dass wir sie in Europa wirklich nicht brauchen.
Die Menschen machen sich Sorgen, wenn Sie sich mit
einer Chemikalienrichtlinie auseinander setzen, zu der
allein 4 000 Änderungsanträge vorliegen. Herr Bundeskanzler, vielleicht wäre es einmal eine Überlegung wert,
symbolisch zu sagen: Lasst uns politisch entscheiden,
was wir im Sinne des Lissabon-Prozesses, also des
Wachstumsprozesses, brauchen und was nicht! Lasst uns
Prioritäten setzen! - Die Völker Europas wären dankbar
für eine solche politische Haltung. Das ist es, was wir
heute von Ihnen erwartet hätten.
({26})
Frau Kollegin Merkel, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Weisskirchen?
Nein, ich gestatte keine Zwischenfrage.
({0})
Unsere Antwort auf die Krise, in der wir uns befinden, wäre gewesen, zu sagen, welche politische Selbstbeschränkung sich Europa auferlegt, um deutlich zu machen: „Wir haben verstanden, was die Menschen uns
sagen wollten“, oder - andersherum - zu sagen, dass wir
eine Notwendigkeitskontrolle für das, was Europa regeln
muss, einführen, um deutlich zu machen: Wir sind einem
Ziel verpflichtet, nämlich soziale Marktwirtschaft in Europa in Zeiten der Globalisierung durchzusetzen. Das
soll das Selbstbild Europas sein und daran muss sich alles ausrichten: wachstumsgetriebene Politik und nicht
Bürokratie an Stellen, wo sie nicht notwendig ist.
({1})
Es ist auch die Frage nach der Erweiterung zu stellen.
Nun weiß ich nicht, Herr Bundeskanzler - um das „Kroatien-Problem“ gleich anzusprechen -, ob Ihnen entgangen ist, dass der bayerische Ministerpräsident jüngst in
Kroatien war und dort ein ganz klares Bekenntnis zur
Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Kroatien abgegeben hat.
({2})
Das war unsere Haltung vor den Referenden und das ist
unsere Haltung nach den Referenden. Ich stimme Ihnen
vollkommen zu, Herr Bundeskanzler, dass es absurd
wäre, weil die Franzosen und die Niederländer Probleme
mit Europa haben, den Kroaten zu sagen, dass die Zusagen, die wir gemacht haben, jetzt nicht eingehalten werden.
({3})
Ich habe aber schon Kritik zu üben, nicht daran, dass
Bulgarien und Rumänien eine europäische Perspektive
haben. Das ist gar keine Frage; das wird von uns unterstützt.
({4})
Aber wir sind der Meinung, dass Bulgarien und Rumänien die Kriterien erfüllen müssen, die gelten, wenn man
Mitglied der Europäischen Union werden möchte. Wir
halten den Beschluss, dass Bulgarien und Rumänien am
1. Januar 2007 beitreten, wenn sie die Kriterien erfüllen,
ausdrücklich für richtig; wir werden die entsprechenden
Fortschrittsberichte abzuwarten haben. Aber den Beschluss, dass, wenn sie die Kriterien bis zum 1. Januar
2007 nicht erfüllen, sie automatisch am 1. Januar 2008
beitreten können, halte ich für falsch; denn in jedem Fall
müssen die Kriterien erfüllt werden.
({5})
Herr Bundeskanzler, wir haben immer mit offenen
Karten gespielt, was die europäische Perspektive der
Türkei anbelangt.
({6})
Ich bin selber in der Türkei gewesen und habe dem türkischen Ministerpräsidenten gesagt: Wir wollen enge Beziehungen zur Türkei, aber wir glauben, dass das im
Rahmen einer privilegierten Partnerschaft stattfinden
sollte. Die Diskussionen sind nun so weit gediehen, dass
die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei am 3. Oktober
aufgenommen werden sollen. Es ist aber wichtig - das
haben Sie heute auch nicht gesagt -, dass die Türkei
dann auch alle ihr aufgetragenen Vorbedingungen erfüllen muss. Da darf man kein Auge zudrücken. Es ist ein
ziemlich verheerender Zustand, dass die Türkei heute
weder mit Armenien noch mit Zypern diplomatische Beziehungen pflegt. Zumindest mit Zypern muss dieser Zustand geändert werden.
({7})
Natürlich muss man sich an geschlossene Verträge
halten. Aber wir werden unsere Haltung, dass die privilegierte Partnerschaft die beste Möglichkeit zur Integration der Türkei in Europa ist, nicht aufgeben, sondern
dies in den Verhandlungen immer wieder einbringen.
Das können wir schon heute sagen, meine Damen und
Herren.
({8})
Wir müssen natürlich auch versuchen - das wäre
ebenfalls ein Signal an den jetzt stattfindenden EU-Gipfel -, die finanziellen Perspektiven zu klären. Dass die
Verhandlungen nicht einfach sind, kann man erahnen.
({9})
Deshalb ist es auch richtig, dass Sie einen kleinen kritischen Schlenker zu den Festlegungen des Europäischen
Parlaments gemacht haben. Es gibt in der Tat den so genannten Böge-Bericht, der allerdings sozusagen angefeuert wurde vom Präsidenten des Europäischen Parlaments, einem Sozialisten; wir beide haben mit ihm
gesprochen.
({10})
Dieser Böge-Bericht - das sage ich nur, damit Ihnen das
Lachen jetzt vergeht - hat die Zustimmung von
420 Parlamentariern im Europäischen Parlament bekommen; darunter waren auch Sozialdemokraten.
({11})
Das ist etwas, was Sie genauso bekümmern sollte. Deshalb, Herr Bundeskanzler, war das ziemlich kleine
Münze, was Sie da angeführt haben.
Es gibt halt unterschiedliche Perspektiven. Das Europäische Parlament ist zwar hinter dem Vorschlag der
Kommission zurückgeblieben, aber das Europäische
Parlament ist weit über die Vorschläge des Rates hinausgegangen. Deshalb werden wir alle, so wie wir hier im
nationalen Parlament sitzen, ob Sozialdemokraten oder
Christdemokraten, immer wieder die Diskussion mit unseren europäischen Freunden suchen müssen und versuchen müssen, dort die gleiche Perspektive zu erreichen.
Da sind Sie nicht besser dran als wir. Insofern sollten wir
uns das hier nicht vorwerfen.
Was die finanzielle Vorausschau und die finanzielle
Perspektive anbelangt, so wäre es wünschenswert, ein
Ergebnis zu erzielen. Um dieses Ergebnis zu bekommen, werden sich alle bewegen müssen. Nun gibt es aber
etwas, das sich auf die Verhandlungen natürlich nicht
förderlich auswirkt. Das ist die Tatsache, dass man sich
über einen großen Teil der finanziellen Perspektive bis
2013 schon 2002 geeinigt hat, nämlich über die Agrarausgaben. Sie haben selbst gesagt, dass der Britenrabatt
etwas mit Agrarausgaben zu tun hat.
({12})
Von daher ist es natürlich nicht ganz einfach, wenn die
einen sagen können: „Agrarsubventionen sind sakrosankt; da gehen wir überhaupt nicht mehr ran“ und von
den anderen Flexibilität erwartet wird. Ich bin der festen
Überzeugung: Wenn sich genau in diesem Bereich alle
ein Stück bewegen, dann ist es möglich, auf dem Rat die
finanzielle Vorausschau zu verabschieden. Ich bin viel
zu sehr eine gute Deutsche, um nicht zu sagen, dass sich
ganz unzweifelhaft auch die Briten bewegen müssen.
Aber es kann nicht sein - das ist der Punkt -, dass von
der einen Seite Flexibilität erwartet wird und von der anderen Seite gesagt werden kann: Für uns sind diese
Dinge sakrosankt.
({13})
Sie haben kein Wort darüber gesagt, dass durch die
Festlegung der Agrarsubventionen für die gesamten
Zukunftsaufgaben jetzt natürlich nur noch ein sehr geringer Spielraum vorhanden ist; denn die nationalen Beiträge müssen sich - das ist richtig - im Rahmen halten.
Das erkennt man, wenn man insbesondere einen Blick in
den eichelschen Haushalt wirft. Aber die Tatsache, dass
das so ist, nämlich dass wir jetzt praktisch nur noch bei
den Zukunftsbereichen reduzieren können, wirft wieder
kein gutes Licht auf Europa; denn gerade im Forschungsbereich und den anderen Zukunftsbereichen, in
denen wir angesichts der Globalisierung Nachholbedarf
haben, müsste Europa stark sein. Aber da sind jetzt äußerste Restriktionen angesagt. Auch das macht die Verhandlungen so schwierig.
Der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft hat gestern dazu seine Sicht niedergeschrieben.
({14})
Er hat deutlich gemacht: Von dieser Perspektive muss
ein Zukunftssignal ausgehen und darf nicht ein Signal
der Vergangenheit ausgehen. - Das würden wir gern sehen, meine Damen und Herren.
({15})
Deshalb, Herr Bundeskanzler, wünsche ich und wünschen wir von ganzem Herzen, dass dieser Rat, ein entscheidender Rat, heute und morgen das Signal an die
Bürgerinnen und Bürger Europas aussendet, dass die
Staats- und Regierungschef verstanden haben: Ein einfaches Weiter-so wird Europa zerstören.
({16})
Es muss eine Veränderung geben.
({17})
Es wäre gut, wenn Deutschland genau in diesem Prozess
eine führende Rolle spielen könnte. Die Menschen
schauen auf uns. Die Menschen in Europa wissen, dass
die wirtschaftliche Schwäche Deutschlands dazu beiträgt, dass auch Europa wirtschaftlich nicht stark genug
ist.
({18})
Deshalb muss es nach meiner festen Überzeugung
eine klare Priorität für die Lissabon-Agenda geben, das
heißt eine klare Priorität für Wachstum und wirtschaftliche Entwicklung, um in Europa Beschäftigung zu bekommen. Alle Richtlinien müssen auf den Prüfstand, um
zu klären, ob sie genau diesem Ziel dienen. Es muss eine
politische Kontrolle dessen geben, was in der Kommission an Richtlinien verabschiedet wird. Es muss ein politisches Bekenntnis geben in den Fragen: Was brauchen
wir? Was brauchen wir nicht? Wo sind wir vielleicht
falsch vorgegangen? Nach meiner festen Überzeugung
müssen Tatsachen geschaffen werden in der Frage: Wie
geht es über das hinaus, was Sie heute gesagt haben, mit
dem Erweiterungsprozess weiter?
Wir glauben, dass die Türkei-Frage in den Abstimmungen der Länder eine wichtige Rolle gespielt hat.
Dies dürfen wir nicht unterschätzen und auch nicht verdrängen. Ich sage schon heute: Es wäre ganz unverantwortlich, wenn man über zehn Jahre Verhandlungen mit
der Türkei immer mit der Perspektive einer Vollmitgliedschaft führte, wissend, dass in den Ländern, in denen zum Schluss Referenden stattfinden, nie eine Mehrheit für den entsprechenden Beschluss zu bekommen ist.
Das ist unverantwortliche Außenpolitik, Herr Bundeskanzler.
({19})
Eine solche Außenpolitik machen wir nicht mit. Wir sagen das, was wir meinen, im Inland genauso wie im
Ausland. Manchmal sind die Gespräche schwieriger,
wenn man nicht alles versprechen kann. Aber Wahrhaftigkeit und Verlässlichkeit müssen wieder ein Zeichen
deutscher Politik werden. Dies ist im Augenblick leider
nicht so.
({20})
Zu einer Kurzintervention erteile ich dem Kollegen
Gert Weisskirchen das Wort.
Liebe Frau Kollegin Merkel, ich habe Ihnen sehr aufmerksam zugehört.
({0})
Ich habe allerdings zwei Bemerkungen zu Ihrer Rede zu
machen. Sie haben auf meine Frage leider nicht geantwortet.
({1})
Ich hätte Sie gern gefragt, wo denn der weiterführende
Gedanke in Ihrem Debattenbeitrag geblieben sei.
({2})
Gert Weisskirchen ({3})
Auch nach 20 Minuten Ihrer Rede habe ich nicht eine
Sekunde lang bemerkt, dass Sie einen weiterführenden
Gedanken dargestellt hätten.
Die Union ist so, wie sie sich gegenwärtig in ihrer Kakophonie zeigt, nicht europafähig.
({4})
Ich will Ihnen auch sagen, warum, liebe Frau Merkel.
Sie haben nichts zu dem gesagt, was der
Wo blieb Ihre Antwort auf die Frage,
was Sie mit Tony Blair besprochen haben?
({0})
Ich führe einen zweiten Punkt an, liebe Kollegin
Merkel: Wo bleibt eigentlich Ihre Antwort auf das, was
Herr Wissmann erklärt? Wo bleibt Ihre Antwort auf das,
was der saarländische Ministerpräsident erklärt? Wie gehen Sie damit um, dass diese Union zeigt, dass sie nicht
fähig ist, ein klares und überzeugendes europapolitisches
Konzept vorzulegen? Wo bleibt auf all dies Ihre Antwort? Ihre Antwort war ein Nichts. Sie sind durchgefallen, was Ihren eigenen Anspruch auf einen weiterführenden Gedanken anlangt.
({1})
Frau Merkel? - Sie verzichten.
Dann erteile ich dem Kollegen Franz Müntefering,
SPD-Fraktion, das Wort.
({0})
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Anlass für die
heutige Debatte ist dreierlei: zum Ersten der Brüsseler
Gipfel, der heute beginnt und zu dem der Kanzler über
die wichtigsten Punkte informiert hat, die dort zu besprechen sind; zum Zweiten die Situation, in der sich Europa
insgesamt im Umgang mit dem Verfassungsvertrag befindet; und zum Dritten natürlich auch die Instrumentalisierung des Themas Europa durch die Opposition und im
Speziellen durch die CDU/CSU.
Wie eben schon gesagt worden ist, stimmten wir vor
einem Monat im Deutschen Bundestag mit großer Mehrheit dem Verfassungsvertrag zu. Am 27. Mai tat dies der
Bundesrat in gleicher Weise. Deutschland hat also seine
Zustimmung zu diesem Verfassungsvertrag gegeben.
Damit haben insgesamt zehn Länder in Europa bisher
mit Ja gestimmt; zwei Länder, in denen Referenden stattfanden, haben mit Nein gestimmt.
Dies ist die Grundlage für Sie, Frau Merkel, in dieser
Woche einen Bericht an Ihre Fraktion zu fertigen, in
dem steht:
… wird die CDU/CSU-Fraktion die Mitverantwortung der Regierung Schröder an der schwierigen Situation der EU deutlich machen.
Zehn Länder dafür und zwei dagegen - Sie aber schreiben Ihrer Fraktion: Lasst uns jetzt im Deutschen Bundestag die Regierung der Bundesrepublik Deutschland dafür
verantwortlich machen, dass bei den Referenden in
Frankreich und den Niederlanden mit Nein gestimmt
worden ist. Dazu kann ich nur sagen: Eine famose Opposition!
({0})
Aber Sie werden noch ein bisschen genauer. In Ihrem
an die Fraktion gerichteten Papier schreiben Sie außerdem, das habe mit dem EU-Beitritt der Türkei - Sie
schreiben nicht „Beitrittsverhandlungen“, sondern „EUBeitritt der Türkei“ -, der Schwächung des Stabilitätspaktes und der engen Zusammenarbeit zwischen
Deutschland und Frankreich zu tun. Das sind die drei
Vorwürfe, die Sie der Bundesregierung entgegenhalten
und die Sie, wie Sie ankündigen, auch heute alle miteinander wieder erheben wollen. Darüber wird im Einzelnen noch zu sprechen sein.
Zum Vorwurf der engen Zusammenarbeit zwischen
Deutschland und Frankreich: Die Geschichte der
deutsch-französischen Zusammenarbeit kennt meine Generation noch. Frankreich und Deutschland waren
Feinde. Sie haben sich gegenüber gestanden. Das ist
Gott sei Dank seit über 60 Jahren vorbei.
({1})
Die Art und Weise, wie Sie heute die Freundschaft zwischen unseren Völkern und unseren Regierungen kommentieren, ist unter dem Niveau, das sich eine Opposition hier leisten sollte.
({2})
Dagegen - das kann man wohl sagen - ist Absurdistan
geradezu ein Hort der Logik. Sie wissen, dass Ihre Beweisführung Unsinn ist.
Mit dem Verhalten, das Sie nach den beiden Referenden in Frankreich und den Niederlanden gezeigt haben,
verbinden Sie ein einziges Interesse: Sie wollen das
Diffamierbarkeitspotenzial von Fremdenfeindlichkeit in
dem anziehenden Wahlkampf der nächsten Monate hier
in Deutschland parteitaktisch für sich nutzen. Das Diffamierbarkeitspotenzial von Fremdenfeindlichkeit nutzen - darauf stellen Sie es ab. Das ist eine famose Opposition, die sich bei dem ersten Gegenwind zum europäischen Projekt in die Büsche schlägt, statt mit uns zusammen für die Sache einzustehen und den Menschen zu
sagen: Jawohl, es gibt Probleme und Dinge, die geklärt
werden müssen, aber wir wollen gemeinsam dieses Europa. Wir reden es nicht herunter, sondern machen uns
daran, die Probleme zu lösen und die Details zu klären,
und sorgen dafür, dass es in diesem Europa wieder vorangeht.
({3})
An Ihrem Verhalten gegenüber dieser Frage, Frau
Merkel, wird Ihre Handlungsweise und die Ihrer Fraktion sehr plastisch. Es geht Ihnen nicht um die Klärung
von Details. Es geht Ihnen nicht um die Lösung von Problemen. In Ihrer Rede eben haben Sie säuberlich aufgezählt, was es für Probleme gibt. Die kennen wir auch.
Sie haben aber nichts dazu gesagt, was man tun kann,
um diese Probleme zu lösen und aus dem Weg zu räumen. Darum geht es aber.
({4})
Es geht Ihnen nicht um die Lösung der Probleme, es geht
Ihnen auch nicht um unser Land, es geht Ihnen nicht um
Europa, sondern es geht Ihnen um Ihre persönliche
Macht.
({5})
Ihre Sprüche über Patriotismus werden an dieser Stelle
besser entlarvt, als wir es vorher mit unseren Worten hätten tun können. Sie führen sich selbst ad absurdum in der
Art und Weise des Umgangs mit diesem Thema.
({6})
1990, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen
und Herren, wurde die deutsche Einheit möglich und
auch Realität. 1990 wurde auch die europäische Einheit
möglich. Wir sind auf dem Weg dahin. Neue Demokratien entstanden nach Jahrzehnten, die von Diktaturen
und Kriegen geprägt waren. Die Kommunisten haben
nicht nur Mauern gebaut und eiserne Vorhänge heruntergelassen, sie haben auch die Volkswirtschaften dieser
Länder schrottreif gemacht und demokratische Bestrebungen unterdrückt.
({7})
Die westeuropäische Union - das waren wir: eine westeuropäische Union - hat nun die Chance, zu einer europäischen Union zu wachsen. Seitdem sind wir auf dem
Weg dahin. Sie aber wissen nichts Besseres, als das
Ganze parteitaktisch zu wenden und vor dieser Folie zu
argumentieren. Es geht um das Ergreifen einer riesigen
historischen Chance, wie sie Europa noch nie gehabt hat.
Aber Sie als Oppositionsvorsitzende reden kleinkariert.
({8})
Die Erweiterung der EU, das wissen wir alle, ist einer der wichtigsten Prozesse im Rahmen der Neuordnung der Welt in diesem Jahrzehnt und hat damit wahrlich eine historische Dimension. Das Gelingen dieses
Prozesses ist die Bedingung dafür, dass dieses Europa
ein friedliches und Frieden stiftendes Europa ist, ein
ökonomisch reiches und ein sozial gerechtes Europa ist.
Dies wollen wir miteinander erreichen. Dafür streiten
wir und daran arbeiten wir. Wir lassen uns auch nicht
irremachen durch Rückschläge, die es gibt, oder Zweifel, die berechtigt sind oder nicht.
Wir arbeiten an den Lösungen, zum Beispiel was die
praktische Organisation und die demokratische Legitimation dieses Gebildes angeht, dieses Gebildes, das einmalig auf der Welt ist, das kein Bundesstaat ist, das kein
Staatenbund ist, das ein Verbund ist, der seine Wege
sucht, wie man demokratisch legitimiert Politik in Europa organisieren kann. Dazu ist dieser Verfassungsvertrag ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Das
glauben wir und deshalb versuchen wir, daran zu arbeiten.
Aber ist es denn so verwunderlich, dass es beim Erwachsenwerden von Europa auch Schwierigkeiten gibt,
dass dieses Zusammenwachsen, das so einmalig ist und
das es noch nie gegeben hat, dazu führt, dass diese
25 Völker nach dem richtigen Weg suchen müssen? Das
ist doch keine Schande. Was sollen denn die Generationen nach uns dazu sagen, dass, wenn zehn Länder in Europa beschließen, dem Verfassungsvertrag zuzustimmen,
und zwei das noch nicht wollen, uns - bzw. Ihnen, Frau
Merkel - nichts Besseres einfällt, als für Panik zu sorgen
und das mit kleinkarierter Parteipolitik zu verbinden?
Wir müssen doch den nachfolgenden Generationen sagen: Wir haben an dieser Stelle nicht mal eben nachgegeben, sondern wir suchen einen Weg, weil wir dieses
Europa wollen.
({9})
Wir arbeiten an den Lösungen, zum Beispiel was die
Verlässlichkeit von Verträgen angeht. Frau Merkel hat
eben mit Blick auf Rumänien und Bulgarien gesagt,
dass sie deren zukünftigem Beitritt positiv gegenübersteht. Das will ich so zur Kenntnis nehmen; das freut
einen ja auch. Ich empfehle Ihnen, Frau Merkel, allerdings: Schicken Sie einmal einen Rundbrief an die eigene Partei, damit das auch alle erfahren.
({10})
Ich habe da in der letzten Zeit alle möglichen Geschichten gelesen und gehört. Möglicherweise ist das, was Sie
gesagt haben, Ihre persönliche Meinung; aber offensichtlich wissen das längst noch nicht alle in Ihrer Partei.
({11})
Wenn Sie einen solchen Rundbrief schreiben, dann
schreiben Sie auch gleich zur Türkei etwas dazu und erklären Sie Ihren Mitgliedern einmal eindeutig, was denn
nun gilt: Verhandlung ergebnisoffen oder in Richtung
„auf keinen Fall Mitgliedschaft“? Sie müssen sich einmal für eines von beiden entscheiden.
({12})
Entweder stehen wir am Beginn einer Verhandlung, die
ergebnisoffen ist, oder wir stehen am Beginn einer Verhandlung, die nie zu einer Mitgliedschaft führen soll.
Klären Sie einfach einmal dieses kleine Problem untereinander und lassen Sie Herrn Glos gleich sagen, was er an
dieser Stelle meint: ergebnisoffen oder Ausschluss der
Mitgliedschaft? Sie müssen sich schon für eines von beiden entscheiden.
({13})
Wir arbeiten an den Lösungen und dazu gehört auch
die Bekämpfung von unerwünschten Folgen nach
Öffnung der Grenzen. Das hat übrigens relativ wenig
mit der Vergrößerung der EU zu tun. Das ist etwas, was
in den Jahren 1989/90 begonnen hat. Oder wollen Sie
uns ernsthaft erzählen, das sei eine Konsequenz aus der
Erweiterung der EU um zehn Länder zum 1. Mai des
vergangenen Jahres? Oder wollen Sie uns erzählen, das
habe etwas damit zu tun, ob Bulgarien oder Rumänien
zur EU gehören oder nicht? Seit es den Eisernen Vorhang nicht mehr gibt, ist die Grenze offen - Gott sei
Dank. Seitdem haben wir in Deutschland diese Problematik, die uns allen miteinander Sorge macht, die dazu
geführt hat, dass es in unserem Land in hohem Maße illegale Beschäftigung und Schwarzarbeit gibt, dass es die
Entsendung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern
nach Deutschland gibt. Dagegen müssen wir etwas tun.
Eines, was man dagegen tun kann, ist, diese Länder in
die EU aufzunehmen und mit ihnen ordentliche Verträge
abzuschließen. Das ist besser als nicht geregelte Verhältnisse zwischen diesen Ländern.
({14})
Wir arbeiten daran, dass es in diesem Europa in Sachen Mitbestimmung und Arbeitnehmerrechten vorangeht. Da sind wir Sozialdemokraten ganz besonders
stolz auf das, was die Bundesregierung - der Bundeskanzler, aber auch der Wirtschafts- und Arbeitsminister - geleistet hat. Die Idee der Arbeitnehmerrechte und
der Mitbestimmung ist in keinem anderen europäischen
Land so ausgeprägt wie bei uns in Deutschland; nirgendwo sind sie so umfangreich. Wir haben diese Idee
nach Europa getragen und den anderen Ländern gesagt:
Schaut euch das an! Damit ist Deutschland gut gefahren.
Wir haben gelernt, dass soziale Marktwirtschaft einschließlich Arbeitnehmerrechte ein konkurrenzfähiges
System ist. Der soziale Frieden in Deutschland hängt
ganz eng damit zusammen, dass wir solche Arbeitnehmerrechte haben und gehabt haben. Bitte, seid in Bezug
auf Europa klug! Macht etwas Vergleichbares! Nehmt
uns zumindest unsere Möglichkeiten nicht! Wir haben
mit verschiedenen europäischen Verträgen dazu beigetragen, dass die Mitbestimmung in deutschen Betrieben
durch die europäische Dimension nicht zerstört wird.
Wir treten dafür ein, dass in Europa das Verständnis dafür wächst, dass man mit sozialem Frieden im eigenen
Land politisch und auch ökonomisch besser als in denjenigen Ländern dasteht, wo das nicht an der Tagesordnung ist.
({15})
Wir arbeiten für dieses Europa, auch was die Lösung
der Probleme im Hinblick auf die soziale Ordnung angeht. Der Verfassungsvertrag, um den es geht, enthält
entsprechende Vorgaben. Sie haben diesem Vertrag zugestimmt, auch wenn Sie darüber jetzt nicht mehr sprechen.
({16})
Frau Merkel, würden Sie diesem Vertrag heute noch einmal zustimmen, ja oder nein? Wie soll ich Ihre in der
Zwischenzeit abgegebenen Kommentare verstehen?
In der europäischen Verfassung steht, dass wir eine
soziale Marktwirtschaft wollen. Eine soziale Marktwirtschaft zu schaffen, das ist eine große Herausforderung.
Damit verbunden ist die Chance, die Region Europa zu
einer Wirtschaftsregion mit sozialem Hintergrund in einer globalisierten Welt zu machen. In einer Zeit, in der
Märkte und Geld entgrenzt sind, kann dieses Europa die
große Chance sein, in unserem Land und auch in den anderen europäischen Ländern dafür zu sorgen, dass die
soziale Ordnung nicht weggespült wird, und zu zeigen,
dass die Ökonomisierung eben nicht das Einzige ist, was
diese Welt zusammenhält. Ich wiederhole: Wir wollen
eine soziale Ordnung - in unserem Land, aber auch in
Europa.
({17})
Wir arbeiten an der Lösung der Probleme. Das kann
man zum Beispiel daran erkennen, dass wir eine Steuerpolitik in Europa anstreben, die nicht zu einem Steuerdumpingwettbewerb zwischen den europäischen
Ländern führt. Die Bundesregierung versucht, Bemessungsgrundlagen zu finden, die für alle Länder gelten.
Mit anderen Worten: Die Bundesregierung bemüht sich,
einen Korridor zu finden, in dem man sich vernünftig
bewegen kann. Das ist vernünftig, auch für unsere eigene Volkswirtschaft. Es macht doch keinen Sinn, dass
sich die europäischen Länder mit Lohndumping und mit
Steuerdumping gegenseitig bekämpfen. Wir müssen die
Stärken Europas bündeln, um daraus die Stärke Europas
zu entwickeln, die es braucht, um als Wirtschaftsregion
im Wettbewerb mit anderen Regionen der Welt bestehen
zu können. Daran arbeiten wir.
({18})
Bundeskanzler und Bundesregierung haben deshalb
die Dienstleistungsrichtlinie in der hier vorgelegten
Fassung zurückgewiesen. Sie haben in Richtung Europa
gesagt: So geht das nicht. Wir wissen, dass der Dienstleistungsmarkt in Europa harmonisiert werden muss.
Wir sind da nicht blauäugig. Wir wissen: Da muss man
sich bewegen. Wir wollen es aber nicht so, wie es Bolkestein und Co aufgeschrieben haben, und deshalb wird
das so auch nicht kommen. Was wäre daraus geworden,
wenn Sie darüber zu entscheiden gehabt hätten? Was
wäre dann auf dem Dienstleistungsmarkt in Deutschland
eigentlich los? Dazu sollten Sie einmal etwas sagen.
({19})
Millionen Menschen sind dort beschäftigt und sie haben
Angst vor dem, was aus ihnen wird, wenn es in diesem
Bereich zu großen Veränderungen kommt.
Wir arbeiten an den Lösungen der mit dem Entsendegesetz verbundenen Probleme. Schönen Gruß! Vielleicht
sollten Sie sich an dieser Stelle bewegen und einmal etwas Konstruktives dazu sagen, was Sie davon halten, die
Entsenderichtlinie so zu gestalten, dass der Geltungsbereich des Entsendegesetzes bei uns in Deutschland
verbreitert werden kann, wodurch die Fragen in den
Niedriglohnbereichen in vernünftiger Weise beantwortet werden können.
Wir haben in Europa einiges unternommen, um gegen
Terrorismus und organisierte Kriminalität gemeinsam
vorzugehen. Wir sind längst der größte Handelspartner,
was Investitionen angeht, aber auch was den Handel mit
allen neuen Mitgliedstaaten betrifft. Auf die Nettobeiträge und auf Deutschlands Engagement in Europa ist
der Bundeskanzler eben eingegangen.
Frau Merkel, da Sie es angesprochen haben, möchte
ich zum Thema „Forschung in Europa“ Folgendes nachtragen: Der Lissabon-Prozess verläuft gut. Die Entscheidung der Bundesregierung und dieser Koalition, im
Jahre 2010 so weit zu sein, dass wir 3 Prozent unseres
Bruttoinlandsprodukts für Forschung und Technologie
ausgeben, bleibt eine der Grundlagen dafür, dass Europa
an seinem 3-Prozent-Ziel festhalten kann.
({20})
Diese 3 Prozent - dieses Ziel hat sich Europa gesteckt - werden doch nicht aus der europäischen Kasse
gezahlt; vielmehr werden sie zu 85 Prozent oder zu
90 Prozent in den Haushalten der einzelnen Nationalstaaten ausgewiesen. Unsere Koalition hat seit der Regierungsübernahme 1998 den Haushalt für Forschung
und Entwicklung um 35 Prozent erhöht.
({21})
Sie, Frau Merkel, Herr Kohl und auch die FDP haben
diesen Haushalt in den 90er-Jahren dagegen heruntergefahren. Wir wollen, dass Europa 3 Prozent seines Einkommens für Forschung und Entwicklung ausgibt; aber
das muss vor allen Dingen über die nationalstaatlichen
Haushalte und damit über die entsprechenden Wirtschaften, also unter anderem über die Unternehmen in den jeweiligen Ländern, finanziert werden.
Eines ist heute Morgen noch in ganz besonderer
Weise anzusprechen. Es geht nicht nur um die Lösung
solcher Probleme, an der wir arbeiten, sondern auch darum, dass wir uns voll bewusst sind, dass dieses Europa
eine Friedensmacht ist, auf die viele in dieser Welt gucken. Die Integration Europas bleibt im Kern ein Friedensprojekt. Frieden zu schaffen und zu bewahren, ist
der Kern des europäischen Einigungsprozesses. So ist er
entstanden. Als man sich nach dem Krieg 1945 zusammentat, war das die große und erste Idee: Das darf nicht
mehr passieren. Wir müssen aneinander rücken. Wir
müssen Freunde werden.
Wir haben durch Europa seit mehr als fünf Jahrzehnten Frieden. Wir haben Demokratie. Wir haben Schutz
der Menschenrechte. Wir dürfen uns im Klein-Klein der
europäischen Integration nicht von dieser großen Perspektive abbringen lassen.
({22})
Friedenserhalt im Innern ist Voraussetzung für eine aktive Friedenspolitik nach außen.
Die Erwartungen an die EU sind in der ganzen Welt
groß. Mehr europäisches Engagement in den Bereichen
humanitäre Hilfe und Konfliktbewältigung erwartet
die Welt von uns. Unsere Partner bei der UNO und anderswo in der Welt wissen: Europa hat wertvolle Erfahrung, wie man mit Konflikten umgeht, wie man Frieden
schafft, wie man friedliche Zusammenarbeit und Wohlstand organisiert.
Die Bundesregierung von Gerhard Schröder steht zu
dieser Politik, und nicht nur das: Sie prägt diese Politik
der Friedensstiftung und der Friedenserhaltung in ganz
entscheidender Weise mit, nicht nur in Europa, sondern
weit darüber hinaus in der ganzen Welt.
({23})
Die Haltung der CDU/CSU in der Irakfrage ist nicht
vergessen. Damals, als Bundeskanzler Gerhard Schröder
eine schwierige und richtige Entscheidung traf, stahlen
Sie sich davon und wetterten im Ausland gegen die Politik Deutschlands. Frau Merkel, deutsche Interessen in
Europa und der Welt vertreten, das können Sie nicht.
({24})
Wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten
wollen weiter für dieses Europa kämpfen und streiten.
Wir wissen: Da wird es auch Rückschritte geben. Wir
wissen: Da liegt mancher Stein im Wege. Aber wir wollen diesen Weg weitergehen. Wir wollen helfen, dass
Europa in eine gute Zukunft geht. Soziale Marktwirtschaft, Vollbeschäftigung, sozialer Fortschritt, Förderung sozialer Gerechtigkeit und sozialer Schutz, Gleichstellung von Frauen und Männern, Solidarität zwischen
den Generationen und der Kampf gegen soziale Ausgrenzung und Diskriminierung sind Ziele europäischer
Politik geworden. Das soll so bleiben. Europa ist und
bleibt für uns zu wichtig, um uns auf dem bislang Erreichten auszuruhen. Wir wollen, dass es mit Europa vorangeht.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
({25})
Zu einer Kurzintervention erteile ich Kollegen
Friedbert Pflüger das Wort.
Herr Müntefering, wie alle anderen Kollegen auch
habe ich eben gehört, dass Sie einen Bericht von Frau
Merkel an die Fraktion vom Dienstag dieser Woche zitiert haben. Sie haben gesagt, in diesem Brief habe Frau
Merkel der Regierung Schröder die Mitverantwortung
für drei Fehler zugeschoben: die Forcierung des EU17086
Beitritts der Türkei, die Schwächung des Stabilitätspaktes und - so haben Sie gesagt - die enge deutsch-französische Zusammenarbeit.
Ich habe mir den Bericht in der Zwischenzeit kommen lassen und will Sie einfach nur darauf hinweisen,
dass Sie nicht korrekt zitiert haben. Frau Merkel hat
nicht die deutsch-französische Zusammenarbeit kritisiert, die für uns nach wie vor von entscheidender Wichtigkeit für den Frieden auf unserem Kontinent bleibt,
sondern „ein falsch verstandenes deutsch-französisches
Tandem“, das die EU „dominiert“ habe.
({0})
Das ist in der Tat ein entscheidender Unterschied.
({1})
Herr Müntefering, stellen Sie doch bitte nicht das infrage, was für alle in diesem Haus zu den wichtigsten
Dingen gehört, die nach dem Krieg geschaffen worden
sind: die deutsch-französische Zusammenarbeit, die Zusammenarbeit zwischen Adenauer und de Gaulle,
Schmidt und Giscard, Kohl und Mitterrand. Daran gilt es
selbstverständlich festzuhalten. In den letzten Jahren ist
es aber so gewesen, dass das deutsch-französische Tandem weniger als Führung ernst genommen worden ist
und man ihm vielmehr in den kleinen und mittleren Ländern zunehmend Misstrauen wegen seines Dominanzversuches entgegengebracht hat. Das gilt es in der Tat zu
kritisieren. Das hat Frau Merkel getan, auch in ihrer heutigen Rede.
({2})
Kollege Müntefering, Sie haben Gelegenheit zur Antwort.
Herr Kollege, ich kann das, was Sie gesagt haben,
ausdrücklich bestätigen. Ich will Ihnen den Gesamtzusammenhang darstellen. Nachdem zehn Länder der EUVerfassung zugestimmt haben und in zwei Ländern die
Referenden nicht erfolgreich waren, haben Sie sich in
Ihrer Fraktion am Dienstag auf die Debatte heute mit einem Brief von Frau Merkel vorbereitet, der wie folgt
lautet - ich lese die Passage einfach vor; dann kann sich
jeder sein eigenes Bild machen -:
Anlässlich der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zum Europäischen Rat in Brüssel am
16./17. Juni 2005 wird die CDU/CSU-Fraktion die
Mitverantwortung der Regierung Schröder an der
schwierigen Situation der EU deutlich machen.
({0})
- Klatschen Sie ruhig. Die Forcierung des EU-Beitritts der Türkei, die
Schwächung des Stabilitätspaktes und der Versuch,
über ein falsch verstandenes deutsch-französisches
Tandem die EU zu dominieren, haben zu einem
vielschichtigen Misstrauen gegenüber dem europäischen Integrationsprozess geführt.
({1})
Das ist noch schlimmer, als Sie es eben zitiert haben.
({2})
Was für eine Logik ist das denn: Vor drei Wochen im
Bundesrat und vor vier Wochen hier haben Sie dem Verfassungsvertrag zugestimmt und im Nachhinein, weil die
Menschen in Frankreich und in den Niederlanden andere
Entscheidungen getroffen haben, unterstellen Sie, die
Bundesregierung sei für die Schwierigkeiten verantwortlich, die in Europa vorhanden sind. Was für eine kleinkarierte, famose Opposition haben wir hier im Deutschen
Bundestag!
({3})
Ich erteile das Wort Kollegen Wolfgang Gerhardt,
FDP-Fraktion.
({0})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Müntefering, wenn es so einfach wäre, dass wir mit
dem gemeinsamen Bekenntnis, dass wir die deutschfranzösische Freundschaft für wichtig halten - das tun
wir -, dass wir auf Europa angewiesen sind - das wissen
wir - und dass die Wiedervereinigung Europas, also die
Erweiterung um die ost- und mittelosteuropäischen Reformstaaten, richtig ist - davon sind wir überzeugt -, Öffentlichkeiten gewinnen könnten, dann wäre es ja schön.
Aber, Herr Kollege Müntefering, Sie wissen selbst, dass
das, was Sie hier vorgetragen haben, die Menschen nicht
erreicht.
({0})
Denn dann hätten die Referenden anders ausgehen müssen. Es gibt über die europäische Frage und die Angewiesenheit der Nationalstaaten keinen Dissens - weder
mit den Niederländern noch mit den Franzosen noch mit
den Briten noch mit den Dänen. Aber es gibt in der Gesellschaft anscheinend einige andere Argumente als die,
die üblicherweise hier im Bundestag ausgetauscht werden.
Diese liegen klar auf der Hand. Wenn Sie und ich sagen, dies sei nicht nur eine Entscheidung zum Verfassungsvertragsentwurf gewesen, sondern es hätten viele
weitere Gründe hineingespielt - diese kann man nachlesen; man hört entsprechende Stimmen -, dann ist festzustellen, dass in Bezug auf diese Gründe ein Punkt unverkennbar und unbestreitbar ist: die mangelnde Zuversicht
der Menschen. Die hätte es in Deutschland auch im Hinblick auf die Zukunft, die Arbeitsplätze und die sozialen
Chancen gegeben.
Dies ist immer - auch von vielen Staatsmännern der
Luxusklasse in den Mitgliedstaaten - in Form eines Verschiebebahnhofes auf Brüssel gelenkt worden. Es ist
aber die nationale Aufgabe einer jeden Regierung, den
Menschen soziale Chancen zu geben, für BeschäftiDr. Wolfgang Gerhardt
gungsdynamik zu sorgen und damit die Atmosphäre herzustellen, dass die Menschen Europa als Benefit empfinden und keine Verängstigung zeigen, wenn wir nun eine
größere Union werden.
({1})
Eine der klaren Voraussetzungen ist nicht, dass wir
zehnmal sagen: Wir brauchen Europa. Das haben wir
schon zwanzigmal gesagt. Die Voraussetzung dafür,
Europa wieder in Gang zu bringen, beginnt bei uns, bei
der Beschäftigungsdynamik in Deutschland und dem
Zutrauen der Menschen und nicht nur beim Durchlesen
des Verfassungsvertragswerks.
({2})
Herr Kollege Müntefering, auch wenn Sie Ihre Frage
nur rhetorisch gemeint haben, sage ich Ihnen: Wenn das
Verfassungsvertragswerk heute noch einmal zur Abstimmung stünde, würde die Fraktion der FDP ihm wieder
zustimmen.
({3})
Trotzdem müssen Sie die Frage beantworten, was Sie
tun, wenn es auch in anderen Ländern nicht ratifiziert
wird. Auf diese Frage haben Sie keine Antwort gegeben.
Sie haben gesagt: Wir halten Kurs. Man muss aber immer aufpassen, dass Kurshalten nicht mit einem Verhalten nach dem Motto „Mit dem Kopf durch die Wand“
verwechselt wird und so in Misskredit gerät.
Wenn das derzeitige Verfassungsvertragswerk keine
Zustimmung findet - allerdings betone ich: wir haben
Interesse daran, dass es sie findet -, müssen wir uns vorsorglich auf einen erneuten Anlauf vorbereiten, der dann
unternommen werden muss, wenn sich Europa hoffentlich wieder in einer besseren wirtschaftlichen Situation
befindet; denn derzeit schwächelt auch das berühmte
Tandem Frankreich/Deutschland und hält die roten Laternen.
Daher müssen wir uns Gedanken darüber machen,
vielleicht ein etwas schmaleres Verfassungsvertragswerk
auf den Weg zu bringen,
({4})
statt den Bürgern eine so große Portion zuzumuten, in
der auch Gemeinschaftsverträge beinhaltet sind, die
man allerdings herausnehmen und sekundärrechtlich regeln könnte. Wissen Sie: Die Begreifbarkeit Europas
hängt auch an der Fähigkeit, das einfach und konzentriert darzustellen. Es geht nicht darum, ein möglichst
großes Kompendium zu entwickeln.
({5})
Herr Kollege Müntefering, Herr Bundeskanzler, an
Ihre Adresse gerichtet sage ich sehr offen: Sie wissen genauso gut wie ich, dass die Frage der Erweiterung und
speziell die Frage, ob die Türkei dereinst Mitglied der
Europäischen Union sein sollte, in den Köpfen der Menschen eine Rolle spielt. Sie hat wahrscheinlich auch bei
den Referenden in Frankreich und in den Niederlanden
eine Rolle gespielt. Wenn wir unsere Landsleute in
Deutschland ebenfalls befragen würden, würde sie mit
an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch hier
eine Rolle spielen. Ich wage sogar die Behauptung: eine
größere Rolle als das Vertragswerk selbst.
Es gibt sehr kluge Menschen in Deutschland, die mit
intellektueller Präzision sagen: Die Politik muss auch die
Frage der Identität Europas beantworten, damit es sich
nicht unheimlich grenzenlos entwickelt.
({6})
Wenn die Menschen Europa nicht irgendwann als in seiner Gestalt abgeschlossen empfinden, werden sie Probleme haben, es zu befürworten.
Deshalb, Herr Kollege Müntefering, stelle ich die
Frage, was gegenüber der Türkei ehrlicher ist. Ebenso
wie ich erachten auch Sie den Prozess der Verhandlung
für notwendig, weil Zusagen gemacht worden sind.
Gleichzeitig aber sagen Sie, dieser Prozess sei ergebnisoffen. Herr Kollege Müntefering, wäre es nicht ehrlicher, von vornherein auch eine Alternative zur Vollmitgliedschaft gedanklich einzubeziehen,
({7})
weil Sie die Situation nicht ausschließen können, dass es
am Ende zu einem Verhandlungsergebnis kommt, das
durch Referenden in den Mitgliedsländern der Europäischen Union zunichte gemacht wird? Auch das gehört
zur Wahrheit. Wer das verschweigt, nicht einkalkuliert
und sich nicht vorsorglich damit befasst, der würde einen großen außenpolitischen und europapolitischen Fehler und einen Fairnessfehler gegenüber der Türkei machen.
({8})
Der Ehrlichkeit halber muss gesagt werden: Die Europäische Union ist ein großer Stabilitätsanker. Sie hat
uns die größte Periode des Friedens geschenkt, die wir je
hatten. Auch bietet sie eine unglaubliche Chance, um
dem Wettbewerb in einer globalisierten Welt standzuhalten. Aber die Menschen haben auch ein Recht darauf, zu
erfahren, wo sie endet. Sie ist kein allgemeiner Mitgliederverein, sondern eine Europäische Union mit Kontur.
Wir wollen sie vertiefen und ihr eine Verfassung geben.
Wer ihr beitreten will, muss - das ist ganz klar - Bedingungen erfüllen, aber nicht nur formal auf dem Papier.
Vielmehr muss sich als Grundlage der Vertragswerke
auch eine Gesellschaft entwickeln, die diesen Geist atmet und diese Einstellung hat. Das alles ist nicht nur formal zu verstehen.
Ich komme deshalb auf diesen Punkt zu sprechen,
weil eine europäische Idee völlig auf der Strecke geblieben ist, die für die europäischen Gesellschaften eigentlich die am meisten motivierende gewesen wäre: der
Lissabon-Prozess. Neben dem Verfassungsvertrag war
eine Zielsetzung der Europäischen Union, der innovativste wissensbasierte Raum der Welt zu werden und den
Menschen das Selbstbewusstsein zu geben, dass wir das
wirklich packen und den weltweiten Wettbewerb bestehen können.
Aber das ist nicht nur eine Aufgabe für Brüssel gewesen. Man hört ja auch heute noch Reden über den Lissabon-Prozess und über die Kommissionsentscheidungen
dazu. Meine Damen und Herren, das liegt dort gar nicht.
Wenn man, Herr Bundeskanzler, in Lissabon einen solchen Prozess verabredet, muss man als verantwortlicher
Regierungschef für die Bundesrepublik Deutschland das
Nötige veranlassen, damit wir ihn in Gang bekommen.
Da ist - bei allem Respekt vor Ihrer Richtungsanzeige
mit der Agenda 2010 - jetzt seit wenigen Wochen das
Abbruchunternehmen SPD zu beobachten.
({9})
Sie haben nicht mehr die Kraft, die Veränderungs- und
Reformentscheidungen, die eigentlich notwendig wären,
einen neuen Ehrgeiz und neues Selbstbewusstsein nach
Europa zu bringen, in der nationalen Gesetzgebung mit
ihren parteipolitischen Ausrichtungen zu vereinbaren.
Sie haben sich hier abgemeldet; denn anders ist die Vertrauensfrage ja nicht zu werten.
({10})
Das ist aber eine der wichtigsten Voraussetzungen für
Europa: Den Verfassungsvertrag, die Bewältigung der
Erweiterung, das alles schaffen wir nur, wenn die jeweilige Gesellschaft auf diesem Weg mitgenommen wird.
Bisher ist Europa zum sehr großen Teil ein Europa, das
unter den politischen Eliten verhandelt ist. Wenn wir es
stabilisieren wollen, muss es ein Europa der Gesellschaften werden; nur mit deren Konsens geht es.
({11})
Das Referendum ist deshalb nicht nur ein Referendum in Frankreich oder in den Niederlanden. Eigentlich
haben uns die Bürger aufgefordert, über Tempo, Größenordnung und innere Gestalt der Europäischen Union
nachzudenken. Schon die erste Kernfrage - damit will
ich abschließen -, die bei den Finanzverhandlungen
jetzt aufgekommen ist, kann nicht allein aus dem alten
Tandem Deutschland/Frankreich beantwortet werden,
weil man sich gegenseitig Zusagen gemacht hat. Auch
dieses alte Tandem muss sich jetzt bewegen; das sage ich
hier sehr offen. Ein Tandem ist nur so gut, wie es auch
selbst Konsequenzen aus den Referenden zieht. Ohne
Bewegung - gemeinsam verabredet mit den französischen Freunden - im Agrarbereich und ohne ein Bekenntnis zu Forschung, die ja der innovativste Teil ist,
werden wir nicht weiterkommen, Herr Bundeskanzler.
Niemand bestreitet die deutsch-französische Freundschaft. Wahr ist aber auch, dass sich Freundschaften
manchmal bewähren müssen und sich gegenseitig Anstöße zur Bewegung geben müssen. Sie müssen jetzt in
den Finanzverhandlungen ein Stück Führung übernehmen und den französischen Partner auf diesem Weg auch
mitnehmen; sonst wird es nicht gelingen.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
({12})
Ich erteile Kollegin Krista Sager, Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau
Merkel, ich bin gerne bereit, Ihr Wort aufzunehmen, es
könne nach dem Nein zur Verfassung in Frankreich und
in den Niederlanden nicht einfach ein Weiter-so geben.
Aber dann müssen wir uns auch darüber unterhalten,
was das denn heißt. Was heißt das zum Beispiel für Ihre
Partei? Davon habe ich heute nichts gehört,
({0})
sondern Sie haben heute ein Weiter-so gemacht. Ich will
gar nicht bestreiten, dass wir nicht einfach nur eine Krise
im europäischen Prozess haben, sondern dass dieses
Nein in Frankreich und in den Niederlanden auch auf andere Länder übergeschwappt ist und dass vieles dafür
spricht, dass wir jetzt auch in den anderen Ländern, die
Referenden geplant haben, Zeit brauchen, um wieder
Vertrauen aufzubauen, wo es verloren gegangen ist, oder
auch dort zu stabilisieren, wo es gefehlt hat; dass wir dafür Zeit brauchen und dass wir auch darüber reden müssen, wie wir diese Störung im Verhältnis der politischen
Eliten zu den Bürgerinnen und Bürgern beheben müssen
und was die Eliten eventuell auch anders machen müssen. Ich glaube, es ist richtig, dass es hier nicht einfach
ein Weiter-so geben kann.
Aber in der Art und Weise, wie heute hier gerade von
den letzten Rednern versucht worden ist, Ängste der
Bürgerinnen und Bürger wieder auf nationale parteipolitische Mühlen zu lenken, das war das typische Weiterso, das es in vielen Staaten in Europa seit Jahren viel zu
viel gibt.
({1})
Einige von Ihnen hatten Gelegenheit, mit dem Präsidenten des Europäischen Parlaments, Josep Borrell, zu
reden. Ich finde, er hat etwas sehr Wahres gesagt. Er hat
gesagt, dass viele europäische Politiker, wenn sie im tagespolitischen Blaumann unterwegs sind, also die Alltagsmontur anhaben, immer gerne sagen, dass nicht sie
die unbequemen Reformen und sozialen Einschnitte haben wollten, sondern dass es Europa war. Wenn es darum geht, Defizite in der nationalen Politik zu erklären,
dann wird Europa als Grund angeführt. Wenn es darum
geht, die Bürokratie zu kritisieren - aber sind
16 Länderregelungen zu Umweltstandards wirklich besser als eine entsprechende EU-Regelung? -, dann ist immer Europa schuld. Wir, die Politiker in den europäischen Ländern, sind immer gut dabei, entweder Europa
vorzuschieben oder uns hinter Europa zu verstecken,
wenn es um nationale Defizite geht. In den Sonntagsreden allerdings sind wir dann immer gut dabei, wenn
sich Europa auf Freiheit, Demokratie, Wohlstand und
Gerechtigkeit reimt.
Ich glaube, mit diesem Weiter-so müssen wir Schluss
machen. Die Bürgerinnen und Bürger merken nämlich,
dass es hier bei der politischen Elite in Europa eine Kluft
zwischen den Alltagsreden und den Sonntagreden gibt.
Diese Kluft müssen wir auch in diesem Hause schließen.
Damit hätten wir heute eigentlich beginnen müssen.
({2})
Aus meiner Sicht brauchen wir Besonnenheit. Zur
Besonnenheit gehört auch, dass Europa jetzt nicht mit
Vertragsbruch auf die Ratifizierungsprobleme reagieren
darf. Wir können erwarten, dass Bulgarien und Rumänien ihre Verträge einhalten. Aber auch wir müssen zu
diesen Verträgen stehen.
({3})
Wir können die Menschen in Rumänien und Bulgarien
jetzt nicht zum Blitzableiter machen, weil es in Frankreich und in den Niederlanden gedonnert hat. Auch das
gehört zur Besonnenheit, die wir jetzt brauchen.
({4})
Frau Merkel, ich habe Ihnen bei diesem Punkt sehr
genau zugehört.
({5})
Ich habe herausgehört, dass Sie das im Prinzip auch so
sehen. Sie müssen dann aber auch dafür sorgen, dass
Ihre Partei in diesem Punkt auch draußen im Land mit
einer Stimme spricht. Es macht die Bürgerinnen und
Bürger wuschig, wenn Sie hier im Bundestag sagen, dass
das wohl nicht anders geht und dass wir wohl vertragstreu sein müssen, während Ihre Leute im Wahlkampf draußen bei den Kreisverbänden etwas völlig anderes sagen. Hier fängt es schon damit an, dass es mit
dem Weiter-so nicht weitergehen kann.
({6})
Auch noch ein Wort zur Türkei: Frau Merkel, auch
hier kann es mit dem Weiter-so nicht weitergehen. Sie
können sich diese Sache nicht so leicht machen, wie Sie
das tun; Sie können sich nicht derart in die Büsche schlagen. Es ist auch Teil der Verängstigung der Bürgerinnen
und Bürger, wenn man ständig den Eindruck erweckt, als
stünde der Beitritt der Türkei unmittelbar bevor und als
wäre das aufgrund der Vertragsverhandlungen praktisch
entschieden. Auch das ist eine parteipolitische Angstmacherei. Das entspricht nämlich nicht den Tatsachen.
Der Streit geht um etwas völlig anderes. Wir wissen,
dass die Entscheidung darüber, ob die Türkei Mitglied
werden kann oder nicht, in zehn oder 15 Jahren getroffen
wird. Dann gibt es eine andere Türkei, ein anderes Europa und es werden wahrscheinlich auch viele andere
Politiker darüber zu entscheiden haben. Das vernebeln
Sie aber. Der Streit geht darum, dass Sie heute die Möglichkeit vom Tisch nehmen wollen, dass die Entscheidung in zehn Jahren überhaupt so getroffen werden
könnte, dass es zu einer Mitgliedschaft kommt. Das ist
verantwortungslos, weil das zu einer Destabilisierung in
der Türkei und in der ganzen Region beiträgt. Das müssen die zukünftigen Generationen ausbaden.
Sie können es den zukünftigen Generationen nicht
verwehren, dass sie in dieser Entscheidung frei sein
müssen.
({7})
Es ist doch keine rot-grüne Erfindung, dass es diese
Möglichkeit zumindest geben soll. Wir stehen damit
doch in der Kontinuität der Politik auch konservativer
Regierungen in diesem Lande. Sie machen es sich zu
einfach, wenn Sie sich hier in die Büsche schlagen. Damit wollen Sie verwischen, dass Sie hier Ihre eigene
Kontinuität durchbrochen haben. Das ist billiger Populismus. Mit diesem billigen Populismus darf es auch
nicht weitergehen.
({8})
Herr Gerhardt, Sie haben gesagt, man müsse sehen,
wovor die Menschen Angst haben. Das ist richtig. Dazu
gibt es Umfragen; auch das haben Sie erwähnt. In den
Niederlanden haben die Menschen hauptsächlich davor
Angst, als ein kleines Land unter die Räder zu kommen.
Das haben wir auch in Dänemark erlebt. Das kann uns
aber auch das Vertrauen geben, solche Krisen zu überwinden. Die europäische Verfassung gibt hier doch gerade Antworten. Wenn die nationalen Parlamente eine
stärkere Kontrolle darüber erlangen, dass Europa nicht
all das regelt, was national und regional besser geregelt
werden kann, dann stellt dies eine Verbesserung dar. Es
ist wichtig, den Bürgern klar zu machen: Das, was ihr
nicht wollt, kann durch die Verfassung gerade vermieden
werden. Ein Nein zur Verfassung bedeutet demgegenüber ein „Weiter-so“ mit dem, was ihr kritisiert, nämlich
Demokratie-, Transparenz-, Kontroll- und Mitwirkungsdefizite.
Zu einer Sache haben Sie gar nichts gesagt, Herr
Gerhardt. Bei den Franzosen war es eindeutig. Die Franzosen haben hauptsächlich Angst, dass das europäische
Sozialmodell baden geht. Auch in diesem Punkt muss
man die Ängste der Bürgerinnen und Bürger ernst nehmen. Dazu habe ich von Ihnen kein Wort gehört.
({9})
Tatsache ist doch: Die Bürgerinnen und Bürger stehen
zum europäischen Gesellschafts- und Sozialmodell.
({10})
Aber sie haben im Moment - das hat die Diskussion
über die Bolkestein-Direktive gezeigt - Angst, dass ihnen das, was sie schon auf nationaler Ebene nicht
wollen, nämlich die Schleifung von Arbeitnehmerrechten, die Schwächung von Gewerkschaften und die
Vorherrschaft von kaltem Marktradikalismus, auf dem
Umweg über die europäische Ebene übergestülpt wird,
ohne dass sie dies verhindern können. Dazu, wie Sie den
Menschen diese Angst nehmen wollen, haben Sie heute
kein Wort gesagt.
({11})
Wenn wir die Ängste der Menschen ernst nehmen,
dann ist es extrem wichtig - das sage ich auch in Richtung der Linken in diesem Hause -, dass wir nicht den
Eindruck verfestigen, die Globalisierung sei erst mit der
europäischen Erweiterung über Westeuropa gekommen.
({12})
Das ist völlig falsch. Das Gegenteil ist der Fall: Europa
ist die Antwort auf die Globalisierung, weil die Nationalstaaten zu schwach geworden sind, sich gegen die
Herausforderungen der Globalisierung zu behaupten.
({13})
Europa bietet gerade auch Deutschland die Chance, dass
durch die Globalisierung nicht nur Arbeitsplätze verloren gehen - das kann man möglicherweise nicht immer
verhindern -, sondern auch neue Arbeitsplätze entstehen. Das muss aber auch die Linke in Deutschland den
Menschen viel deutlicher machen.
({14})
Wir dürfen nicht der Versuchung erliegen, Europa, die
Globalisierung und all das, was noch von außen kommt,
miteinander zu vermischen. Hier müssen wir aufpassen,
dass wir nicht unnötig Ängste schüren, sondern wir müssen den Menschen deutlich machen: Wer zu Europa
Nein sagt, der wird die Folgen der Globalisierung noch
härter zu spüren bekommen.
({15})
Was wir jetzt brauchen, ist ein handlungsfähiges
Europa. Ein Nein führt zu einem Rückfall in nationalstaatliche Egoismen.
({16})
Die europäischen Staaten müssen als Gemeinschaft den
Rückfall in nationalstaatliche Egoismen verhindern. Das
kann kein einzelner Staat alleine machen. Für das Ziel,
dass Europa gemeinschaftlich Ja zu Handlungsfähigkeit
und Nein zu nationalstaatlichen Egoismen sagt, wünsche
ich dem Bundeskanzler auf dem Gipfel Fortune. Wir alle
gemeinsam werden es brauchen.
({17})
Ich erteile das Wort Kollegen Michael Glos, CDU/
CSU-Fraktion.
({0})
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Ich möchte Sie bitten, dass die Redezeit, die
Herr Müntefering am Schluss für sich in Anspruch genommen hat, nicht auf meine Redezeit angerechnet
wird; denn Sie, Herr Müntefering, haben sehr exakt all
unsere Argumente vorgelesen. Ich bedanke mich ganz
herzlich dafür.
({0})
Der Herr Bundeskanzler musste zum europäischen
Gipfel. Er hat mir versichert, dass er nicht wegen meiner
Rede weggeht, sondern dass er sie im Gegenteil gerne
gehört hätte.
({1})
Er hat mir aber nicht versichert, dass er die Reden von
Rot-Grün heute gern gehört hat. Normalerweise hätte ich
gesagt, Sie könnten ihm das ausrichten. Aber man weiß
heute nicht mehr, wer wem was überhaupt ausrichtet;
denn Sie bestehen inzwischen aus verschiedenen Fraktionierungen und die Grünen sind der ehemalige Koalitionspartner.
({2})
Es wäre gut, wenn bei diesem schwierigen Zustand unseres Landes zumindest Europa in Ordnung wäre. Aber
dass Europa nicht in Ordnung ist, ist Rot-Grün auch mit
zu verdanken.
({3})
Wer gefährdet das Projekt Europa? Das Projekt
Europa gefährden diejenigen, die Europa überfordert haben. Die Warnungen der Opposition und die Bitte, zu
versuchen, eine Gemeinsamkeit herzustellen, hat man
glatt in den Wind geschlagen. Das betrifft Hinweise sowohl in der Sache - wir haben vor Entwicklungen gewarnt - als auch den Umgang miteinander. Ich erinnere
daran, dass es zu Helmut Kohls Zeiten immer auch einen
EU-Kommissar gab, der nicht Parteifreund gewesen ist
bzw. auch einmal eine andere Meinung eingebracht hat.
({4})
Man hat nach dem Motto gehandelt: Wir brauchen die
Opposition nicht. - Dabei hat man vergessen, dass man
auf dem Weg nach Europa das Parlament und nicht zuletzt über das Parlament insbesondere auch die Menschen im Land mitnehmen muss.
({5})
Ich bekenne mich auch nach dem Debakel, das es
jetzt in Frankreich und Holland gegeben hat, zu meinem
Abstimmungsverhalten. Ich würde heute diesem Vertrag
trotz aller Mängel, die er hat, wieder zustimmen.
({6})
Aber wenn das deutsche Volk hätte abstimmen müssen,
dann, so befürchte ich, wäre die Abstimmung so ausgeMichael Glos
gangen, wie sie in Frankreich und in Holland ausgegangen ist.
({7})
Es hat nämlich die Gemeinsamkeit gefehlt und letztendlich hat auch die Erklärung für viele Schritte, die gemacht worden sind, gefehlt.
Ich frage noch einmal: Wer hat das Projekt Europa infrage gestellt? Das Projekt Europa ist von einer Politik
infrage gestellt worden, die die Menschen in Europa
überfordert hat. Dazu gehört zum Beispiel das rot-grüne
Projekt, Deutschland mit allen Mitteln zu einem
Einwanderungsland zu machen. Das war eines der
Hauptmotive, warum Sie die Vollmitgliedschaft der
Türkei gewollt haben.
({8})
Nicht zuletzt daran ist das leider gescheitert.
({9})
Wir müssen schauen - dafür können Sie noch sorgen; die
Bundesregierung ist ja wohl noch ein bisschen im
Amt -, dass jetzt, bevor man mit Beitrittsverhandlungen
beginnt, also wenn die Weichen gestellt werden, die
Staaten, die sich ein Stück festgelegt haben - das ist ja
keine Vereinbarung mit der Türkei, sondern eine innerhalb der 25 -, nicht nur allein die Vollmitgliedschaft zum
Ziel haben. Wir haben unmittelbar vorher im Bundestag
darüber debattiert und herzlich gebeten, man möge das
Ergebnis offen halten und auch eine privilegierte Partnerschaft in Betracht ziehen. Sie haben das ausdrücklich abgelehnt. Das können Sie jetzt nachholen.
({10})
Frau Merkel und ich hatten ein Gespräch mit dem türkischen Ministerpräsidenten Erdogan und dem Außenminister Gül. Wir haben in diesem Gespräch - das war
bei seinem letzten Besuch hier - für das Projekt der privilegierten Partnerschaft geworben. Der Ministerpräsident hat uns gesagt: Wissen Sie, ich habe ein gewisses
Verständnis dafür. Aber warum soll ich mit der Opposition über die privilegierte Partnerschaft reden, wenn mir
die Bundesregierung die Vollmitgliedschaft anbietet? Genau so ist es gewesen.
({11})
Die Aussicht der Türkei auf die Vollmitgliedschaft in der
Europäischen Union hat dazu geführt, dass die Franzosen so abgestimmt haben, wie sie abgestimmt haben.
({12})
Dasselbe gilt für die Holländer.
({13})
Sie werden auch bei der Bundestagswahl die Quittung
dafür bekommen.
({14})
- Sie haben zugestimmt - die zehn Länder, nicht Sie; Sie
müssen keine Angst haben, dass ich Sie meine; ich beantworte gerade die Frage -; Frankreich hat auf Regierungsebene deshalb zugestimmt, weil es der deutsche
Bundeskanzler wollte und weil man darin eine große Gemeinsamkeit gesehen hat.
Das war auch sehr früh absehbar. Ich habe damals bei
der Feier zum 40-jährigen Bestehen des Élysée-Vertrags
in Paris beim Mittagessen neben Herrn Fabius gesessen
und ihn gefragt, wie er über eine Vollmitgliedschaft der
Türkei in der Europäischen Union denkt. Er antwortete,
dass er zwar als Mitglied der Sozialistischen Partei dafür
sei, aber er wisse, dass die Mehrheit der Wähler dagegen
sei; er wisse deshalb noch nicht, auf welche Seite er sich
in der Auseinandersetzung stellen werde. Inzwischen haben wir gemerkt, auf welche Seite er sich gestellt hat.
Sarkozy hat uns bei seinem Besuch bei uns in Kreuth
ebenfalls erklärt, dass seines Wissens die Mehrheit der
Franzosen dagegen sei. Als letzter Versuch wurde die
französische Verfassung dahin gehend geändert, dass
über den Beitritt eines weiteren Landes oder weiterer
Länder in die Europäische Union separat abgestimmt
werden muss. Das gilt schon für einen möglichen Beitritt
der Türkei. Sie werden doch nicht im Ernst glauben, dass
das nach diesen Abstimmungen noch möglich ist. Deswegen halte ich die Politik des „Weiter-so“ und die Hoffnung, dass andere Länder in Aussicht einer Vollmitgliedschaft der Türkei den Verfassungsvertrag in der
vorliegenden Fassung ratifizieren - Blair hat das schon
abgelehnt - nicht für realistisch.
({15})
Es gibt noch weitere Gründe, warum wir in der Europapolitik jetzt quasi vor einem Scherbenhaufen stehen.
Das hängt damit zusammen, dass es alle Bundeskanzler
der Bundesrepublik Deutschland - auch Willy Brandt
und Helmut Schmidt - geschafft haben, auf der einen
Seite mit unserem wichtigsten Partner Frankreich und
auf der anderen Seite auch mit den Vereinigten Staaten
von Amerika ein gutes Verhältnis zu pflegen, und dass
nicht versucht wurde, zu spalten, sondern dass wir Deutschen immer wieder zusammengeführt haben. Das haben Schröder und die rot-grüne Bundesregierung nicht
getan. Sie haben Europa gespalten.
Wir haben vor und während des Irakkriegs erlebt,
dass Europa nur noch durch den Euro zusammengehalten wurde. Ansonsten hat sich Europa ein Stück weit in
ein „altes“ und ein „neues“ Europa aufgelöst. Ohne die
Vereinigten Staaten von Amerika wird es aber niemals
ein einiges Europa geben.
({16})
Sie waren - damit meine ich den Bundeskanzler als
Institution - nie ein ehrlicher Makler. Das begann schon
schlimm: Ich erinnere daran, wie unser kleines Nachbarland Österreich behandelt wurde,
({17})
weil Schüssel es gewagt hatte, eine andere Koalitionsregierung zu bilden, als es sich die europäische Internationale des Sozialismus vorgestellt hat. So hat es angefangen!
({18})
Man hat sich dann immer wieder über die Interessen
der kleinen Länder hinweggesetzt. Es war die Stärke
von Helmut Kohl, dass er sich dafür eingesetzt hat, gerade die kleinen Länder freundlich zu behandeln;
({19})
denn die haben in der Regel einen Komplex gegenüber
ihrem großen Nachbarn.
Ein weiterer Grund dafür, dass das Vertrauen bei uns
sehr geschwunden ist, besteht darin, dass der europäische Stabilitätspakt einfach in den Wind geschossen
und die Warnungen nicht ernst genommen wurden. Gerade die Deutschen haben aufgrund ihrer historischen
und damit verbundenen monetären Erfahrungen ein anderes Verhältnis zu einer stabilen Währung als zum Beispiel unsere italienischen Freunde.
Inzwischen kaufen die Italiener unsere Banken auf.
({20})
Aber darüber regt sich auch niemand mehr auf.
({21})
- Diese Einwände habe ich erwartet. Ich will nur darauf
hinweisen, wohin es mit uns Deutschen ein Stück weit
gekommen ist. Wir haben damals, als Theo Waigel und
Helmut Kohl mit der Unterstützung der CDU/CSUFraktion und selbstverständlich auch der FDP den Stabilitätspakt, die Maastricht-Kriterien usw. durchgesetzt haben, niemals gedacht, dass ausgerechnet die Deutschen
die Ersten sein werden, die voll dagegen verstoßen.
({22})
Oder nehmen Sie die Bildung dieser seltsamen Achse
Paris-Berlin-Moskau als Beispiel. Inzwischen ist
schon ein Stück abgebrochen. Die Achse läuft in Richtung Frankreich nicht mehr ganz so gut. Nun gibt es eine
Überbetonung der Achse Berlin-Moskau. Das allein
kann es auch nicht sein, insbesondere nicht, wenn dabei
der Eindruck entsteht, dass man sich über die Länder
glatt hinwegsetzt, die dem Eisernen Vorhang entkommen sind und nun Mitglied und Teil Europas sind.
({23})
Über die überhastete Osterweiterung ist schon gesprochen worden, genauso wie über Rumänien und Bulgarien. Dort ist es der deutschen Verhandlungsstrategie
- entweder aus Unfähigkeit oder aus mangelndem politischen Willen - nicht gelungen, die gleichen Konditionen
festzulegen, wie sie zum Beispiel Österreich mit diesen
beiden Ländern vereinbart hat.
({24})
Wir müssen die Ängste der Bürger vor ständigen Arbeitsplatzverlagerungen aus Deutschland hinaus oder
vor Lohndumping, das mit der Dienstleistungsrichtlinie
ein Stück weit einhergeht, ernst nehmen. Hier werden
die seltsamsten Regelungen ausgenutzt.
({25})
Dass das die Bürgerinnen und Bürger wirklich interessiert, zeigt, dass sich Ihr ehemaliger Parteivorsitzender
Lafontaine dieses Themas auf seine Art angenommen
hat.
({26})
- Nein, das kann kein Vorbild sein. - Er hat das mit gewaltigen Entgleisungen gemacht; das können Sie in der
„Bild“-Zeitung von heute nachlesen. Er hat von „massenhaften Fremdarbeitern“ gesprochen, obwohl dieser
Ausdruck aus der Nazizeit kommt. Er meint damit, dass
die Menschen vor der großen Illegalität - insbesondere
auf dem Arbeitsmarkt - Angst haben. Dafür hat er gewaltigen Beifall bekommen. Sie sollten keine Angst vor
uns und unserer Politik haben. Vielmehr sollten Sie
Angst vor dem Populismus haben, der nun auf üble Art
ausgebrochen ist. Als Willy Brandt gesagt hat: „Jetzt
wächst zusammen, was zusammengehört“, hat er eigentlich gemeint, dass die beiden deutschen Staaten zusammenwachsen sollen. Dieses Zusammenwachsen ist sicherlich schwierig. Aber das Zusammenwachsen der
Linken, die immer ein Stück weit linke Sozialdemokraten waren, und der PDS-Kommunisten ist erstaunlich
rasch gegangen.
({27})
Im Populismus der Reden unterscheidet sich Lafontaine
inzwischen in keiner Weise mehr
({28})
von Herrn Gysi. Hier werden wir noch allerhand zu erwarten haben.
Ein einfaches „Weiter-so“ in Europa kann es nicht geben. Ich hoffe natürlich, dass sehr viele Länder den Verfassungsvertrag noch ratifizieren werden. Trotzdem
muss man sich Gedanken machen, wie es weitergehen
soll. Dazu gehört - das wurde schon gesagt; ich möchte
es wiederholen -, dass nicht alle Lebensbedingungen bis
in das kleinste Detail durch Richtlinien der Bürokratie
in Europa geregelt werden dürfen. An dem, was Frau
Sager gesagt hat, ist natürlich etwas dran. Unpopuläre
Dinge wurden als Begründung immer auf Europa geschoben - vielleicht wäre sonst manche Frosch- und
Krötenrichtlinie von Ihnen ganz alleine gemacht worden, Frau Sager -, obwohl in Wirklichkeit die deutschen
Bürokraten und die deutschen Ministerien dafür verantwortlich waren. Insbesondere die von Ihnen geführten
Ministerien haben Dinge durchgesetzt, die die Leute
heute gewaltig ärgern.
({29})
Die finanzielle Konsolidierung Europas muss mit
großer Vorsicht angegangen werden. Wir haben nichts
mehr zu verteilen; denn die deutschen Kassen sind vollkommen leer. Der Vorschlag, bei neuen Lösungen den
Britenrabatt zu berücksichtigen und gleichzeitig auf die
Nettorückflüsse zu achten, könnte zwar bedeuten, dass
wir mit nur sehr wenig zusätzlichem deutschen Geld einen Kompromiss finden; dagegen hätte ich auch nichts.
Aber das darf nicht auf dem Rücken der deutschen Bauern ausgetragen werden.
({30})
Denn die Kofinanzierung ist entscheidend. Hätte man
unseren Rat, von Beginn an auf Kofinanzierung zu bestehen, angenommen, dann hätte man heute nicht solch
große Schwierigkeiten.
({31})
Ich meine auch, Europa braucht ein Stück Gemeinsamkeit. Dazu gehört auch eine europäische Identität.
Wenn wir Europa in jeder Hinsicht überfordern, wenn
wir es finanziell überfordern, indem wir zu rasch aufnehmen, indem Hilfsgelder jetzt schon im Hinblick auf eine
mögliche Mitgliedschaft bis nach Kleinasien fließen,
wenn wir vergessen, dass zu einem Gemeinsamkeitsgefühl auch gemeinsame Traditionen, gemeinsame Bräuche und ein gemeinsamer historischer Hintergrund gehören, dann überfordern wir, wie ich meine, die Menschen
auf dem Weg nach Europa.
Vor allen Dingen, meine sehr verehrten Damen und
Herren, können wir Europa wieder vorwärts bringen,
wenn wir statt Wachstumsbremse wieder Wachstumsmotor in Europa werden.
({32})
Insofern gibt es nicht nur gute Aussichten und gute Möglichkeiten für Deutschland, sondern über die Wahlen in
Deutschland, die hoffentlich wie vorgesehen stattfinden
werden, auch gute Aussichten für Europa.
Herzlichen Dank.
({33})
Ich erteile das Wort Kollegin Angelica SchwallDüren, SPD-Fraktion.
({0})
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!
„Europa lässt die Menschen nicht mehr träumen. Das
Europa, wie es ist, liebt man nicht, und deshalb wird das
Europa, wie es laut Verfassung sein sollte, abgelehnt.“
Das sagte vor wenigen Tagen der Ratspräsident JeanClaude Juncker.
In der Tat befinden wir uns am Vorabend einer wichtigen Konferenz des Europäischen Rates europapolitisch
in Schwierigkeiten. Wir alle müssen uns fragen: Wollen
wir ein nach innen und außen handlungsfähiges Europa?
Und wenn ja, worauf kommt es jetzt an? Von der Opposition habe ich dazu jedenfalls heute keinerlei Antworten
gehört
({0})
außer einigen populistischen Entgleisungen und widersprüchlichen Aussagen.
Bevor man Antworten auf die Fragen gibt, muss man
allerdings verstehen, was die Bürger und Bürgerinnen
mit ihrem Wahlverhalten ausdrücken wollten. „Le nouvel Observateur“, eine französische Wochenzeitung, hat
kurz vor dem Referendum getitelt: „Die Antwort lautet
Nein, aber was war die Frage?“ Diese Frage müssen wir
uns wirklich beantworten.
Der Präsident des Europäischen Parlaments hat uns
gesagt: Die Menschen haben nicht über den Verfassungstext abgestimmt und Nein gesagt, sondern sie haben über den Kontext abgestimmt. Ich glaube, das ist
richtig. Abgesehen von einigen unverbesserlichen Souveränisten, Nationalisten und Euroskeptikern hat bei vielen Gegnern des Verfassungsvertrages eine Vielzahl von
Motiven, vor allem vielerlei innenpolitische Motive,
eine Rolle gespielt: Unzufriedenheit mit der Regierung,
Angst vor Arbeitslosigkeit, vor weiteren sozialen Einschnitten, vor sozialer Ausgrenzung, Unsicherheit über
die eigene Zukunftsperspektive. Die Menschen sind
auch der bewusst geschürten Angst aufgesessen, die
schnelle Erweiterung sei nicht zu bewältigen. Herr Glos
hat dazu heute wieder einen Beitrag geleistet.
({1})
Man hat die politische Integration Europas und die konkrete Politik nicht als richtige Antwort auf die Herausforderungen der Globalisierung verstanden. Im Gegenteil, viele Verfassungsgegner haben sich einreden lassen,
die EU sei das Trojanische Pferd einer bedrohlichen ungesteuerten Globalisierung.
Die Menschen wollen aber kein Europa der Konzerne, des Sozialabbaus, des ungehemmten Wettbewerbsradikalismus. Das ist die Gemeinsamkeit. Phänomene von illegaler Arbeitnehmerüberlassung, von
Scheinselbstständigkeit, nicht nur im nationalen, sondern auch im europäischen Rahmen, sind ja nicht zu
leugnen. Aber Ursache dafür ist nicht die EU. Diese
Phänomene verdunkeln die Sicht auf die Chancen, die
uns die EU bietet als Wachstumsmotor und als erfolgreiches Gesellschaftsmodell im internationalen Wettbewerb. Bundeskanzler Schröder und unser Fraktionsvorsitzender haben darauf hingewiesen, dass
Deutschland am meisten von der Öffnung der Märkte in
Mittel- und Osteuropa profitiert hat. Hunderttausende
von Arbeitsplätzen sind dadurch gesichert.
Meine Damen und Herren, Willy Brandt hat als Alterspräsident des ersten frei gewählten gesamtdeutschen
Bundestages gesagt: „Wir haben die Einheit Deutschlands im Innern zu vollenden, die Einheit Europas voranzubringen und unserer gewachsenen Verantwortung
in der Welt gerecht zu werden.“ Deshalb heißt es zuallererst, das erfolgreiche europäische Friedensprojekt voranzubringen und eingegangene Vereinbarungen einzuhalten. Die befriedende Wirkung der EU-Perspektive ist gar
nicht hoch genug einzuschätzen. Es darf daher nicht aus
populistischen Gründen ein Abrücken vom vertraglich
vereinbarten Fahrplan geben.
({2})
Helmut Kohl hat vor zwei Tagen auf einer Konferenz
der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik Folgendes gesagt: Ich kann nur davor warnen, außenpolitische Entscheidungen unter kurzfristigen wahlkampftaktischen Gesichtspunkten infrage zu stellen.
({3})
Recht hat der Altbundeskanzler, liebe Kolleginnen und
Kollegen von der CDU/CSU. Wer sich vom Beitritt Rumäniens und Bulgariens distanziert oder wie Herr
Wissmann sagt, die EU sei für längere Zeit an der
Grenze ihrer Aufnahmefähigkeit angelangt, der beweist,
dass er nicht regierungsfähig ist.
({4})
Ein wichtiges Vertrauensgut der EU ist es, dass sie verlässlich ist und sich an ihre Zusagen hält. Das war immer
Konsens in Deutschland. Die EU darf das Vertrauen, das
sie genießt, nicht aus kurzfristigen opportunistischen
Gründen aufs Spiel setzen; denn eine interne Vertrauenskrise wird nicht durch eine externe Vertrauenskrise gelöst.
({5})
Auch ohne die Zustimmung der Franzosen und der
Niederländer ist die EU-Verfassung weiterhin wichtig;
denn sie schafft mehr Demokratie, Effizienz und Transparenz innerhalb der EU. Deswegen kann es nicht auf
Dauer mit dem Nizza-Vertrag weitergehen. Ohne die
Verfassung wird es schwierig, die Erweiterung zu meistern. Ohne die Verfassung könnte Europa zu einer Freihandelszone ohne soziale und ökologische Grundpfeiler
werden. Ohne die Verfassung wird es schwieriger für
Europa, als weltpolitischer Akteur mit Gewicht aufzutreten und zur gestaltenden Kraft bei der Globalisierung zu
werden. Die Ratifikation jetzt auszusetzen ist deshalb
keine Alternative. Das wäre auch ein Schlag gegen die
Länder, die die Verfassung bereits ratifiziert haben. Deswegen kann ich nicht verstehen, dass Ihr Kollege von
der EVP, Ingo Friedrich, anfängt, sich von dieser Verfassung zu distanzieren.
({6})
Gleichzeitig müssen wir noch deutlicher als bisher für
die Grundwerte und die politischen Ziele der Verfassung
werben. Wir wollen mit der Verfassung die Verankerung
der sozialen Marktwirtschaft als grundlegendes Prinzip des Wirtschaftens erreichen. Die Verpflichtung der
EU, ihre Politik auf Vollbeschäftigung und sozialen
Fortschritt auszurichten sowie soziale Gerechtigkeit und
sozialen Schutz zu fördern, muss in der Arbeit der europäischen Institutionen sichtbar werden. Eine Abschottung europäischer Volkswirtschaften vom Weltmarkt
und vom Wettbewerb ist kein taugliches Konzept. Deswegen müssen wir den populistischen Wirrungen von
rechts und links eine überzeugende Argumentation entgegensetzen.
({7})
Sowohl mit der Renationalisierung als auch mit Versprechungen auf unbezahlbare Sozialromantik werden die
Menschen belogen.
Ich darf hier Jürgen Habermas zitieren:
({8})
Die Regierungskraft des Nationalstaates reicht
längst nicht mehr aus, um ambivalente Folgen der
wirtschaftlichen Globalisierung abzufedern.
Und weiter:
Allein auf europäischer Ebene kann ein Teil der
politischen Steuerungsfähigkeit zurückgewonnen
werden, die auf nationaler Ebene so oder so verloren geht.
Deshalb ist es unverantwortlich, wenn beispielsweise
Ministerpräsident Stoiber bei jeder Gelegenheit gegen
den - angeblichen - europäischen Superstaat polemisiert. So mobilisieren Sie antieuropäische Ressentiments
in Deutschland. So wecken Sie einen Geist, den Sie nicht
mehr in die Flasche zurückbekommen. Der europäische
Superstaat, der Ihrer Meinung nach die Nationen vernichtet, ist ein Popanz. Niemand will ihn.
Welche Konsequenzen müssen wir konkret ziehen?
Wir haben heute schon über die Chancen gesprochen,
die sich mit der Lissabon-Strategie bieten, um in Europa,
auch in Deutschland, wieder in mehr Bereichen an die
Spitze zu kommen. Aber wir müssen dies in einer Art
und Weise tun, dass der frische Wind, den wir brauchen,
nicht zu einem Durchzug wird, der die Schwachen auf
die Seite bläst und nur die Starken standhalten lässt.
({9})
Deswegen müssen wir auch den Entwurf der Dienstleistungsrichtlinie zurückweisen.
Die Europäische Union steht vor großen Herausforderungen. Wir setzen Vertrauen in den Europäischen Rat
und seinen Vorsitzenden, Jean-Claude Juncker, dass es
gelingt, diese Herausforderungen zu meistern. KurzfrisDr. Angelica Schwall-Düren
tige innenpolitische Erwägungen dürfen nicht dazu führen, dass das europäische Friedensprojekt gefährdet
wird. Die EU ist der Garant für dauerhaften Frieden auf
dem Kontinent, Freiheit, Demokratie und Wohlstand.
Deswegen appelliere ich auch an die europapolitische
Verantwortung der Union.
Verantwortliche und verlässliche Europapolitik ist das
Markenzeichen dieser Bundesregierung. Unser Bundeskanzler hat deswegen für die schwierigen Verhandlungen auf dem heute beginnenden EU-Gipfel die volle Unterstützung der sozialdemokratischen Fraktion des
Deutschen Bundestages.
({10})
Wir haben Vertrauen in sein Verhandlungsgeschick und
seine Fähigkeit, Krisen zu meistern.
Wir Sozialdemokraten nehmen die besorgte Haltung
der Bevölkerung ernst.
({11})
Aber gerade deshalb sind wir auch für Europa, für ein
Europa mit sozialen Werten, dessen Erbe wir fortsetzen
wollen, dessen Erbe nur wir fortsetzen können,
({12})
für einen Kontinent des sozialen Fortschritts. Das war
die Linie Willy Brandts, mit der er die Überwindung der
Spaltung zwischen West und Ost vorangebracht hat.
Diese Linie wird für uns heute und auch in Zukunft Gültigkeit haben.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
({13})
Das Wort hat jetzt die Kollegin Petra Pau.
({0})
Ihr Zwischenruf, Frau Sager, war unter Ihrem Niveau.
({0})
Sie sollten meine Position kennen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Es ist bestimmt nicht übertrieben, wenn ich für die PDS
im Bundestag festhalte: Die Europäische Union ist in einer tiefen Krise. Eigentlich steckt sie in mindestens drei
Krisen: Wir haben eine EU-Verfassungskrise, wir haben
eine EU-Haushaltskrise und wir haben eine tief gehende
EU-Legitimationskrise. Das alles ist nicht gut. Es hat
sich lange abgezeichnet. Schauen Sie auf die Wahlen
zum Europäischen Parlament in den zurückliegenden
Jahren! Die Teilnahme sank von Wahl zu Wahl. Immer
mehr Menschen wurde die Europäische Union gleichgültig; viele finden sie sogar abstoßend. Das halte ich für
schlimm; denn eine soziale, eine friedliche, eine demokratische Union ist eine urlinke Vision und sie wäre eine
gute Antwort auf die Geschichte. Sie wäre ein wichtiger
Beitrag für die Welt.
Deshalb mahnen wir alle: Wir dürfen die Krise der
Europäischen Union nicht kleinreden. Wir müssen sie
annehmen und vor allem müssen wir sie meistern. Für
viele Bürgerinnen und Bürger ist die EU ein fernes Gebilde, das ihnen nicht viel Gutes verheißt. Das kann
stimmen, das muss aber nicht stimmen; in vielen Fällen
stimmt es auch nicht. Aber eine solche ablehnende Stimmung ist nun einmal weit verbreitet und sie hat ganz
reale Ursachen. Politisch gesagt: Es mangelt der EU an
Transparenz und an Demokratie. Genau dieses Manko
musste sich über kurz oder lang negativ auswirken und
es hat sich bei den Volksabstimmungen über die EU-Verfassung in Frankreich und den Niederlanden auch ausgewirkt.
Umso mehr warne ich allerdings davor, dass sich
Deutschland nun als Musterländle fühlt, nur weil Bundestag und Bundesrat die EU-Verfassung ratifiziert haben. Aus meiner Sicht war dies sogar ein großer Fehler;
denn sie haben damit hierzulande das Demokratiedefizit der EU erhöht. Eine Volksabstimmung über die
EU-Verfassung wurde in Deutschland verhindert. Die
Verhinderer haben damit den Bürgerinnen und Bürgern
signalisiert: Wir schaffen die EU alleine, dazu werdet ihr
eigentlich nicht gebraucht. Eine EU aber, die ihre Bürgerinnen und Bürger nicht braucht, kann natürlich auch
keine Europäische Union der Bürgerinnen und Bürger
sein.
Dieses Demokratiedefizit und die Folgen daraus sind
das Resultat Ihrer Politik: der Politik von CDU/CSU, der
SPD und den Grünen.
({1})
Nur die FDP und die PDS haben mehrfach gemahnt,
auch in Deutschland eine Volksabstimmung und damit
generell mehr Demokratie zu ermöglichen. Die genannten Parteien, Bundeskanzler Schröder, Außenminister
Fischer und Kanzlerkandidatin Merkel, sie alle haben
sich selbstherrlich darüber hinweggesetzt. Nun haben
wir ein riesiges Problem, das vorhersehbar war. Kurzum,
selbst nach sieben Jahren Rot-Grün ist Deutschland in
Sachen Demokratie schlicht ein EU-Entwicklungsland.
({2})
Wir haben eine EU-Krise, die niemand ernsthaft gutheißen kann. Das Problem allerdings liegt noch tiefer. Es
erschöpft sich nicht in der Form. Bürgerinnen und Bürger, die eine EU wollen, wollen natürlich auch eine EU
für sich. Was sonst? Das führt dann zu der Frage, inwiefern in der EU wirklich das drinsteckt, was von der großen Politik versprochen wird.
Nicht nur in der Demokratiefrage, sondern auch hier
gibt es große Defizite. Nehmen wir nur einmal den
Stabilitätspakt, der den Euro hart halten soll. Er setzt
Grenzen für die Verschuldung der EU-Mitgliedstaaten;
er ist in aller Munde und umstritten. Der CDU/CSU gilt
der Stabilitätspakt sogar noch immer als Vorwand, um
noch tiefer in soziale Netze einzuschneiden, als es RotGrün ohnehin schon tut. Dies führt dazu, dass viele sozial Betroffene die EU eher mit „Verlust“ übersetzen.
Wir aber wollen EU als Gewinn.
Die PDS im Bundestag war immer skeptisch, wenn es
um den Stabilitätspakt ging. Wir haben ihn damals abgelehnt. Die Alternativ- oder Ergänzungsforderung der
PDS hieß immer Sozialpakt; denn wir brauchen in der
EU endlich verbindliche Vereinbarungen, die Lohndumping verhindern, Steuerflucht erschweren und soziale,
ökologische und demokratische Werte manifestieren.
Genau dies wurde aber immer abgewehrt. Im Gegenteil,
mit der so genannten Dienstleistungsrichtlinie sollte der
allgemeine Sozialabbau sogar regelrecht als EU-Fortschritt verordnet werden. Dieser kapitale Unsinn verdient natürlich Widerstand; dagegen gibt es in der EU
auch zu Recht Widerstand. Ein Sozialpakt indes könnte
die EU für viele entschärfen und sogar interessant machen. Darum geht es mir und darum geht es auch der
PDS.
Danke.
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Rainder
Steenblock.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen!
Alle meine Vorredner haben an dieser Stelle deutlich gemacht, dass es in der Europäischen Union eine Krise
gibt. Das ist überhaupt keine Frage. Wenn man aber analysiert, welche Konsequenzen von der deutschen Bevölkerung aus dieser Debatte gezogen werden könnten und
welche Antworten auf die gemeinsame Feststellung, es
könne nicht so weitergehen und wir müssten die Menschen in diesem Lande und in Europa ernst nehmen, gegeben wurden, dann kommt man, glaube ich, zu folgendem Ergebnis: Die Kollegin Merkel, die heute ihre erste
Rede als Kanzlerkandidatin gehalten hat, hat keine einzige Antwort auf diese Herausforderung gegeben, vor
der wir als deutsche Politikerinnen und Politiker stehen.
Keine!
({0})
Das Einzige, was sie gesagt hat, ist - ich grübele immer noch darüber, was sie damit gemeint hat -: Wir
müssen zu einem Stopp der inneren Überdehnung Europas kommen. - Was wollte sie uns damit sagen?
({1})
Ich glaube, das Problem ist, dass die Rede von Frau
Merkel, die etwas geschickter war als die plumpe Rede
des Kollegen Glos,
({2})
im Ansatz und vom Muster her genau gleich angelegt
war. Es ging auch ihr nämlich darum, die Befürchtungen
und die Ängste, die es in der Bevölkerung bezüglich
Europas gibt, aufzunehmen
({3})
sowie sie zu schüren und weiterzuentwickeln, um innenpolitisch daraus Kapital zu schlagen.
({4})
Das ist verantwortungslos.
({5})
Das ist verantwortungslos vor dem Hintergrund, dass Sie
zu Recht - wir begrüßen das - dieser europäischen Verfassung zugestimmt haben. Sie haben hier deutlich gemacht, dass die europäischen Verträge eingehalten werden müssen. Nun aber stellen Sie sich hier hin und sagen
unterschwellig, dass diese Regierung nicht das machen
würde, was wir hier gemeinsam verabredet haben,
({6})
und dass diese Verfassung nicht das beste Ergebnis sei,
das in den Verhandlungen zwischen den 25 Mitgliedstaaten zu erreichen gewesen war.
Darüber hinaus sagen Sie dann auch immer noch, wie
Herr Glos: Fremdenangst ist etwas, was real in unserer
Bevölkerung vorhanden ist. - Ja, das ist sie. Aber wenn
Sie ferner meinen, dass jetzt die Türken kämen bzw. dass
diese Bundesregierung dafür gesorgt habe, dass wir ein
Einwanderungsland ohne Schranken wären,
({7})
dann scheinen Sie überhaupt nicht mitbekommen zu haben, was diese Regierung geleistet hat!
({8})
Während Sie in dieser Frage völlig versagt und unbeschränkte Einwanderung zugelassen haben, hat die rotgrüne Bundesregierung Kriterien für die Einwanderung
nach Deutschland aufgestellt. Genau das ist es, was wir
tun müssen.
({9})
Kollege Glos dagegen hat sich einzig und allein aus der
Instrumentenkiste des Populismus bedient. Ich kann das
ja vor dem Hintergrund verstehen, dass Sie jetzt Konkurrenz durch den ehemaligen Kollegen Lafontaine bekommen haben, denn in der Diktion der Fremdenfeindlichkeit unterscheiden Sie sich wenig.
({10})
Ich finde das unerträglich, dass es so etwas in diesem
Land gibt.
Auch in der Frage der Osterweiterung hätten Sie
sich heute Morgen anders positionieren können. Natürlich gibt es in Deutschland Ängste, dass dadurch Arbeitsplätze gefährdet werden. Das ist überhaupt keine
Frage. Es kommt auch zur Verlagerung von Arbeitsplätzen. Aber selbst der BDI, der ja nun nicht gerade das
Zentralorgan der Grünen ist, hat heute Morgen erklärt,
dass durch die Osterweiterung in Deutschland sehr viel
mehr Arbeitsplätze innerhalb der Exportwirtschaft entstanden sind, als wir durch die Verlagerung verloren haben. Die Nettobilanz an Arbeitsplätzen ist positiv.
({11})
Es wäre Ihre Aufgabe gewesen, heute den Menschen in
Deutschland auch einmal zu sagen, dass die Erweiterung
der Europäischen Union nicht nur ein Friedensprojekt
und ein Projekt der europäischen Integration,
({12})
die wir alle wollen, ist, sondern auch ein ökonomisches
Erfolgsprojekt für Deutschland. Das hätten Sie den Menschen, die Zweifel haben, sagen sollen, statt Ängste und
Zweifel zu schüren.
({13})
Nein, lieber Kollege Glos, aus dieser Verantwortung
können Sie sich nicht stehlen. Sie arbeiten denjenigen
zu, die sich als Brandstifter am europäischen Einigungsprozess betätigen. Sie unterstützen sie mit Ihrer Argumentation, wenn vielleicht auch nicht gewollt.
({14})
So gefährdet man das Projekt der europäischen Integration.
Wir können nicht weiter so machen. Das ist richtig.
Wir müssen den Menschen sagen, wer Verantwortung
trägt. Aber man darf nicht so tun, als ob sich in Brüssel
Bürokraten völlig unkontrolliert auf ihren Spielwiesen
austoben könnten. Vielmehr muss man den Menschen
ehrlicherweise sagen, wie das Gesetzgebungsverfahren
in Europa funktioniert und dass der Ministerrat, die Repräsentanten der nationalen Regierungen, im Wesentlichen dafür verantwortlich ist, welche Politik in Brüssel
gemacht wird. Dahinter stehen alle Regierungen gemeinsam und nicht irgendwelche Buhmänner in Brüssel.
Diese Verantwortlichkeiten müssen den Menschen klar
gemacht werden, dann werden sie auch einsehen, dass
sie auf nationaler Ebene kontrollieren können, was in
Brüssel passiert, anstatt diese Mär von der unkontrollierten Brüsseler Bürokratie immer weiter auszuschmücken.
Denn das ist auch kontraproduktiv mit Blick auf die
Ziele, die wir in Europa haben. Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit auch von Ihnen sind da erforderlich.
({15})
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben eine Riesenaufgabe vor uns: die Konsequenzen zu ziehen aus
den Abstimmungen in Frankreich und den Niederlanden.
Viele haben gesagt, dass auch eine ganze Reihe von innenpolitischen Gründen zu dem Ausgang der Abstimmungen geführt haben. Trotzdem müssen wir ernst nehmen, dass die Idee der europäischen Integration von
vielen Menschen in Europa nicht nur positiv gesehen
wird, sondern dass mit dieser europäischen Integration
ebenso Ängste verbunden sind. Wir müssen die Alternativen dazu deutlich machen: Es gibt die reale Alternative
der Rückkehr zu den Nationalstaaten in Europa. Die
Krise hat deutlich gemacht, dass dies politisch-populistisch auch umsetzbar ist. Ich bin massiv gegen diese Alternative,
({16})
weil ich glaube, dass Europa unter den Bedingungen der
Globalisierung die Antwort ist - die Integration Europas,
nicht die Überdehnung, sondern die Vertiefung der
Spielregeln, die wir in Europa haben. Wir werden in dieser einen Welt als Europäerinnen und Europäer nur dann
eine Zukunft haben, wenn wir Europa ausbauen und vertiefen, wenn wir den Menschen deutlich machen: Das ist
der Schutzmechanismus gegen einen wilden Wettbewerb, ein Schutzmechanismus, den wir innerhalb Europas errichten müssen gegen Herrn Bolkestein und andere, die in Europa eine neoliberale Konzeption der
Weltwirtschaft umsetzen wollen. Das wollen wir nicht.
({17})
Europa steht für soziale Gerechtigkeit, ökologischen
Fortschritt und Innovation. Das ist die Zukunft, für die
wir gemeinsam arbeiten müssen. Das ist unser Auftrag
hier.
Vielen Dank.
({18})
Ich schließe damit die Aussprache.
Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen
Union auf Drucksache 15/5711. Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung die Annahme des Antrags der Fraktionen der SPD und des
Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 15/5116 mit
dem Titel „Für eine zukunftsgerichtete Weiterführung
der Lissabon-Strategie - Neue Impulse zur wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Erneuerung“. Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist
mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die
Stimmen von CDU/CSU und FDP angenommen worden.
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
Unter Nr. 2 empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion der FDP auf Drucksache 15/5131 mit dem Titel „Zur Tagung des Europäischen Rates am 22./23. März 2005 - Stabilität und
Wachstum stärken“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Gegenstimmen? - Darf ich noch einmal
die Stimmen der CDU/CSU sehen?
({0})
- Es gab Gegenstimmen; deswegen wollte ich das wissen.
({1})
Darf ich bitte die Enthaltungen sehen? - Die Beschluss-
empfehlung ist mit den Stimmen von SPD und
Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der FDP
und einige Stimmen aus der CDU/CSU bei Enthaltung
der Mehrheit der CDU/CSU angenommen worden.
Beschlussempfehlung des Ausschusses für die An-
gelegenheiten der Europäischen Union auf Druck-
sache 15/5709 zu dem Antrag der Fraktion der FDP mit
dem Titel „Die finanzielle Vorausschau der EU den
neuen Aufgaben anpassen“. Der Ausschuss empfiehlt,
den Antrag auf Drucksache 15/2978 abzulehnen. Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Gegenstim-
men? - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist
mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen
gegen die Stimmen der FDP bei Enthaltung der CDU/
CSU angenommen worden.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 15/5361 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? - Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 11 a und 11 b auf:
a) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Michael Meister, Heinz Seiffert, Dietrich
Austermann, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der CDU/CSU
Steigende Staatsverschuldung verhindern Aufweichung des europäischen Stabilitätsund Wachstumspakts zurücknehmen
- Drucksache 15/5250 Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss ({2})
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss
b) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Ernst Burgbacher, Rainer Funke, Otto
Fricke, weiteren Abgeordneten und der Fraktion
der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Änderung des Grundgesetzes ({3})
- Drucksache 15/3721 ({4})
Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses ({5})
- Drucksache 15/5703 Berichterstattung:
Abgeordnete Hermann Bachmaier
Jerzy Montag
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen - Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst
der Abgeordnete Georg Fahrenschon.
({6})
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Es ist offensichtlich: Rot-Grün hat es binnen sieben Jahren Regierungszeit geschafft, aus dem einstigen
Wachstumsmotor und Stabilitätsanker Deutschland einen Bremser in Europa, was das Wachstum angeht, und
ein weltweites Inflationsrisiko, was die Währung angeht,
zu machen.
({0})
Das ist symptomatisch für diese Bundesregierung.
Noch ist Deutschland die größte Volkswirtschaft innerhalb der Europäischen Union. Deshalb ist die rechtliche
Basis für die gemeinsame europäische Währung eine der
zentralen Fragen in Bezug auf das Wohl und Weh unserer Wirtschaftsverfassung.
Der Deutsche Bundestag debattiert mittlerweile zum
achten Mal über die Zukunft des wichtigsten Grundpfeilers der europäischen Finanzpolitik. Dem Bundesfinanzminister war es kein einziges Mal möglich, an einer dieser Debatten teilzunehmen. Das muss kritisiert werden.
({1})
Auch die Entschuldigung für das Fernbleiben von der
heutigen Sitzung - der Finanzminister muss in Brüssel
sein - gilt nicht: Der Finanzminister hätte dafür Sorge
tragen müssen, dass er wenigstens in einer einzigen der
acht Debatten über die Zukunft des Stabilitäts- und
Wachstumspaktes dem deutschen Parlament und damit
der Öffentlichkeit Rede und Antwort steht; er hätte sich
nicht immer entschuldigen lassen dürfen.
({2})
Unter Helmut Kohl und Theo Waigel fand das historische Ereignis statt, dass der Europäischen Union eine
gemeinsame Währung gegeben wurde. In diesem Zusammenhang ist nicht zu unterschätzen, dass alle
Staaten, die der Einführung der gemeinsamen Währung zugestimmt haben, in derselben Einsicht und freiwillig ein Stück Souveränität abgegeben haben. Mit dem
Ziel, eine stabile gemeinsame Währung und eine nachhaltige Finanzpolitik zu gewährleisten, haben sie sich
einheitliche finanzpolitische Regeln gegeben, die für alle
gleich gelten sollten. Das waren die Grundlagen für den
Vertrag von Maastricht von 1993 und für den Stabilitätsund Wachstumspakt von 1997.
Wir werden nicht müde, die beiden zentralen Bedingungen in Erinnerung zu rufen: 3 Prozent Defizit - kein
einziger Prozentpunkt mehr - und maximal 60 Prozent
Gesamtschulden; diesen Wert müssen wir unter- und
dürfen ihn nicht überschreiten. Diese Regeln sind eindeutig, klar und transparent und sie machen Politik europaweit messbar.
({3})
Das war der Geist von Maastricht und das ist die Basis
für eine erfolgreiche gemeinsame stabile Währung.
Vor diesem Hintergrund ist die am 22. März vorgeschlagene Flexibilisierung des Stabilitätspaktes eine
Farce. Es steht zwar noch „Pakt“ drauf, aber darin ist
keine Stabilität mehr. Das werfen wir Ihnen vor. Sie haben Schuld daran; denn Sie haben, erstens, diesen Pakt
in den vergangenen vier Jahren ständig verletzt, Sie haben, zweitens, die notwendigen Sanktionen der EU mit
massivem Druck verhindert und Sie haben, drittens, das
Regelwerk Stück für Stück demontiert. Jetzt stellen Sie
sich vor die staunende Öffentlichkeit und wollen den
Menschen klar machen, dass unverbindlichere Vorgaben
eine höhere Bindungswirkung entfalten. Das ist aberwitzig.
({4})
Das erinnert an einen Zahnarzt, der dem Patienten erst
alle Zähne zieht und ihm dann viel Vergnügen beim kräftigen Zubeißen wünscht. So gehen Sie voran.
Der Kompromiss, den Sie am 22. März dieses Jahres
durchgesetzt haben, ist die schlechteste aller Varianten.
Dieser Kompromiss verschafft der rot-grünen Regierung
Schröder/Fischer/Eichel zwar kurzfristig Vorteile, mittel- und langfristig wird damit aber ein Sprengsatz gelegt; denn er symbolisiert die Rückkehr zum Nationalen
und die Abkehr von internationaler finanzpolitischer Solidität. Er zeigt im Grunde, wie ratlos die Regierung vor
den Problemen der Globalisierung steht und wie gern
Rot-Grün Deutschlands Zukunft verkauft, um die eigene
schmale Gegenwart zu sichern.
So macht man keine Politik. So kauft man einen Teppich. Aber die Grundlagen für eine europaweite
Finanzpolitik, die Grundregeln, nach denen in einer Gemeinschaft von mehreren Nationalstaaten die Wirtschafts- und Finanzpolitik solide und zukunftssicher
konsolidiert werden soll, haben Sie verletzt. Sie haben
der gemeinsamen europäischen Währung in den letzten
Jahren die Basis entzogen.
({5})
Sie tragen die Verantwortung dafür, dass mittlerweile
alle Staaten, die Interesse an der gemeinsamen europäischen Währung haben, sich nicht mehr dem Regelwerk
unterwerfen. Sie tragen die Verantwortung dafür, dass
wir nicht mehr klar sagen können, dass die gemeinsame
europäische Währung genauso stabil und sicher wie die
D-Mark ist. Sie tragen die Verantwortung dafür, dass unsere gesamtstaatliche Verschuldung sich mittlerweile auf
über 1 400 Milliarden Euro summiert.
({6})
Sie tragen die Verantwortung dafür, dass wir nicht mehr
die Möglichkeit haben, umzukehren und mit einer stabilen Währung Europa wieder zum Wachstumsmotor und
zum Stabilitätsanker zu machen.
({7})
- Lieber Herr Runde, wir lassen Sie da nicht aus der Verantwortung. Sie haben mitgestimmt und Sie haben die
Grundlage dafür gelegt, dass auch unsere Kinder und
Kindeskinder keinen Weg aus dem Schuldenstaat mehr
sehen - unter der Maßgabe, dass Rot-Grün weiter dieses
Land regiert. Deswegen müssen wir das beenden.
({8})
Wir werden Sie mit Ihren eigenen Zitaten konfrontieren. Es war Ihr Noch-Bundesfinanzminister, der gesagt
hat: Schulden sind keine Investitionen in die Zukunft.
Schulden sind die Steuern von morgen. - Er hat Recht.
Nur hält er sich nicht daran. Tagtäglich bricht er mit seiner Politik seine eigenen Thesen, die er in die Welt gesetzt hat.
Meine Damen und Herren, für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion steht fest: Wir müssen den Vertrag von
Maastricht nicht ändern. Wir müssen den Vertrag von
Maastricht nicht aufweichen. Wir müssen ihn einhalten.
Deshalb fordern wir Sie auf: Kehren Sie um! Nutzen Sie
die Zeit! Nutzen Sie die Krise bezüglich der Finanzverfassung der Europäischen Union, um die Grundlage unserer gemeinsamen Währung wiederherzustellen! Kehren Sie zu dem Stabilitäts- und Wachstumspakt in seiner
ursprünglichen Variante zurück! Hören Sie auf, ihn zu
unterminieren!
Vielen herzlichen Dank.
({9})
Das Wort hat jetzt die Parlamentarische Staatssekretärin Barbara Hendricks.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Zunächst zur Nichtanwesenheit von Hans Eichel. Zum
einen ist Ihnen schon klar, dass er natürlich entschuldigt
ist, weil er zum Europäischen Rat muss. Insofern dürfte
nahe liegen, dass er nicht gleichzeitig hier sein kann.
Zum anderen aber finde ich, wenn ich die aufgebotene
Riege der Rednerinnen und Redner ansehe, dass Sie mit
mir mehr als gut bedient sind.
({0})
Ich habe nämlich den Eindruck, dass insbesondere die
CDU/CSU ganz offenbar Redner entsendet, von denen
sie ganz genau weiß, dass sie, wie auch immer die Wahl
ausgehen wird, keine weiter gehende Verantwortung
werden übernehmen müssen. Denn diejenigen unter Ihnen, die möglicherweise eine weiter gehende Verantwortung werden übernehmen müssen, wissen genau, was los
ist, und wissen auch: Wenn sie heute groß tönen würden,
dann würden sie möglicherweise im Herbst gezwungen
sein, ihre eigenen Worte zu fressen.
({1})
Deswegen erscheinen sie heute hier nicht und geben sich
sozusagen mit Rednern aus der dritten Reihe zufrieden,
die jedenfalls keine weiter gehende Verantwortung werden übernehmen müssen, wie auch immer die Wahl ausgeht.
({2})
- Zunächst will ich ganz sachlich auf Ihre Anträge eingehen und dann noch ein bisschen dazu sagen.
CDU und CSU versuchen, einvernehmlich getroffene
Beschlüsse auf europäischer Ebene infrage zu stellen.
Gerade die bisherige starre Anwendung bzw. Umsetzung
des Regelwerkes des Stabilitäts- und Wachstumspaktes
hat dazu geführt, dass im Rat immer stärker Prozederefragen diskutiert wurden und die inhaltliche Debatte total in den Hintergrund trat. Insbesondere dieser Ansatz
wird jedoch im EG-Vertrag gefordert. Die Mitgliedstaaten sollen nämlich ihre Wirtschaftspolitik im Rat koordinieren. Verfahrensfragen lenken, wie man sich denken
kann, von den eigentlichen Problemen in der Europäischen Union ab.
Der „neue“ Pakt wird dafür sorgen, dass mehr ökonomische Rationalität ins Verfahren kommt. Dazu sind
inhaltliche Debatten unausweichlich, sodass die Mitgliedstaaten eben nicht, wie im CDU/CSU-Antrag unterstellt, unwahre Behauptungen zur finanzpolitischen Situation aufstellen können. Insofern wird also in Ihrem
Antrag eine unwahre Behauptung aufgestellt.
Zur Rolle der Bundesregierung will ich mich gerne
äußern. Die Bundesregierung hat sich zu Beginn der Debatte zur Reform des Stabilitäts- und Wachstumspaktes sehr bewusst zurückhaltend gezeigt, weil sich
das Regelwerk in seinem Grundsatz ja bewährt hat. Erst
nachdem die Kommission im September 2004 ihre Vorstellungen zu einer solchen Reform publiziert hatte, hat
sich die Bundesregierung eindeutig positioniert. Eine
konstruktive, zielorientierte Teilhabe an europäischen
Prozessen wird nicht dadurch möglich sein, sich in die
innere Emigration zurückzuziehen. Der Stabilitäts- und
Wachstumspakt ist maßgeblich auf deutsche Initiative
zustande gekommen. Auch vor diesem Hintergrund ist
die Bundesregierung dafür eingetreten, dass die von der
Kommission initiierte Debatte über eine Reform eine
kluge und ökonomisch sinnvolle Weiterentwicklung des
Paktes ermöglicht.
({3})
- Können Sie mir nicht folgen? Soll ich langsamer sprechen?
({4})
- Gut.
Der Einschätzung in Ihrem Antrag, wonach die Entwicklung der öffentlichen Verschuldung in Deutschland besorgniserregend sei, stimme ich natürlich grundsätzlich zu, auch wenn dieses Bild viel zu dramatisch
gemalt wird. In der Tat werden die Handlungsspielräume
für die öffentlichen Haushalte immer enger. Der Anteil
an politisch frei verfügbaren Ausgaben wird immer geringer.
Es stimmt aber nicht, wie behauptet wird, dass die
Bundesregierung nichts zur Lösung dieser Problematik
unternehme. Die Bundesregierung hat vielmehr - das
wissen Sie sehr genau - substanzielle Schritte zur Sicherung der langfristigen Tragfähigkeit unternommen. Das
wird uns übrigens ausdrücklich auch vom Internationalen Währungsfonds bestätigt, der nicht gerade im Verdacht steht, überschwängliches oder ungerechtfertigtes
Lob zu verteilen.
({5})
Das von Ihnen angemahnte Umsteuern findet also
längst statt. Im Gegenteil, es ist bedauerlicherweise so,
dass die Opposition ihrerseits mit ihrer Blockade des
Subventionsabbaus ein schnelleres Vorankommen auf
diesem Weg verhindert. Ich will kurz daran erinnern:
Gestern tagte wieder einmal der Vermittlungsausschuss.
Können Sie noch sagen, zum wievielten Mal - zum
sechsten Mal oder zum achten Mal? - der Abbau der Eigenheimzulage mit Ihrer Geschäftsordnungsmehrheit
vertagt worden ist?
({6})
Sie finden sich in Ihrer Blockadepolitik doch selber nicht
mehr zurecht. Das war gestern Abend und ist ganz aktuell.
({7})
Auch die Unterstellung in Ihrem Antrag, wir betrachteten eine Fortsetzung der Konsolidierung als wachstumsfeindlich, ist natürlich völlig an den Haaren herbeigezogen. Langfristig ist die Konsolidierung natürlich ein
wichtiger Teil einer nachhaltigen Wachstumspolitik.
Dennoch gilt dies nicht grundsätzlich. Gerade hier argumentieren Sie in Ihrem Antrag geradezu ökonomisch
fahrlässig. Zusätzliche Konsolidierungsmaßnahmen in
Zeiten einer schlechten Konjunkturlage würden sehr
wohl beträchtliche negative Effekte nach sich ziehen.
Dies haben wir im europäischen Zusammenhang zum
Beispiel im Fall Portugal schmerzlich sehen müssen.
Dies war doch ein wesentlicher Aspekt bei den Diskussionen über eine Reform des Stabilitätspaktes. Das können Sie doch nicht einfach aus Ihrer Wahrnehmung ausblenden.
({8})
- Ich vergleiche auch nicht die deutsche Volkswirtschaft
mit der portugiesischen.
({9})
- Nein, das ist nicht meine Strategie. Herr Fahrenschon,
wenn wir aber Wert darauf legen wollen, die deutsche
Volkswirtschaft nicht zum Beispiel mit der portugiesischen zu vergleichen, dann sollten wir bitte auch zur
Kenntnis nehmen, dass ein Umsteuern in kleinen Volkswirtschaften leichter ist als in großen Volkswirtschaften.
({10})
Auch wenn wir uns insofern nicht mit Portugal vergleichen, sollten wir zumindest davon ausgehen, dass wir es
schwerer haben.
({11})
Es gibt in Ihrem Antrag weitere abwegige Forderungen; dazu will ich kurz etwas sagen. Die Reform des Stabilitäts- und Wachstumspaktes ist nahezu abgeschlossen.
Der Bundestag, also auch die Opposition, ist im Plenum
und in den Ausschüssen mehrfach und detailliert über
die Reform unterrichtet worden. Nunmehr die Aufhebung eines Beschlusses des Europäischen Rats vom
März 2005 zu fordern ist natürlich völlig an der Realität
vorbei. Aber so ist das nun einmal: Man wird häufig von
der Realität überholt, wenn man die Opposition in diesem Hause stellt.
({12})
Die Europäische Zentralbank war jederzeit an der
Debatte zur Weiterentwicklung des Stabilitäts- und
Wachstumspaktes beteiligt und hatte aktiv die Möglichkeit zu Stellungnahmen und Kommentaren.
({13})
Übrigens ist der Beschluss des Europäischen Rates der
Wirtschafts- und Finanzminister vom März 2005 in Anwesenheit des Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Herrn Trichet, getroffen worden. Auch die Bundesbank hat sich auf ihre Weise - so will ich einmal
sagen - an dieser Reformdebatte beteiligt. Im Übrigen
hat Minister Eichel wiederholt den konstruktiven Meinungsaustausch zur Weiterentwicklung des Paktes mit
Bundesbankpräsident Professor Weber gesucht und auch
geführt.
Die Politik der Bundesregierung gefährdet nicht die
Stabilität des Euro. Alle Aussagen in dieser Richtung
sind völlig verrückt und abwegig. Immer noch ist es so,
dass der Euro deutlich höher notiert, als wir jemals angenommen haben. Die leichten Abwertungstendenzen der
letzten Wochen kommen der deutschen Wirtschaft eigentlich entgegen. Wir sind immer noch weit von dem
entfernt, was man allgemein erwartet hat: dass sich der
Euro in Parität zum Dollar einrichten wird.
Zum Gesetzentwurf der FDP-Fraktion will ich mich
nur ganz kurz äußern. Eine Änderung des Grundgesetzes widerspricht dem Geist der einstimmig beschlossenen Reform des Stabilitäts- und Wachstumspaktes, weil
man dann gerade nicht mehr auf ökonomische Gegebenheiten reagieren könnte. Das ist der eine Punkt, der es
praktisch unmöglich macht, Ihrem Vorschlag zu folgen.
({14})
Der zweite Punkt ist: Durch Ihren Vorschlag blenden
Sie völlig aus, dass wir dann auch auf der Ebene zwischen Bund und Ländern keine Regelung hätten. Dazu
sagen Sie kein Wort; denn damit kämen Sie in die
schwierigen Gefilde der Diskussion über die Föderalismusreform, sodass Sie sich an dieser Stelle lieber zurückhalten. Auch deswegen kann man Ihrem Vorschlag
nicht zustimmen.
Ganz kurz will ich noch auf die einleitenden Worte
des Kollegen Fahrenschon eingehen. Kollege
Fahrenschon hat behauptet, dass Deutschland unter der
Verantwortung von Rot-Grün zum Wachstumsschlusslicht geworden sei und dass es den Anker der Stabilität,
der die Bundesrepublik früher gewesen sei, jetzt nicht
mehr gebe.
Zu Ihrer Erinnerung: Das Jahr 1991 war - sowohl in
den gesamten 90er-Jahren als auch danach, also während
unserer gesamten Regierungszeit - das einzige Jahr, in
dem wir, wenn ich das richtig im Kopf habe, ein Minuswachstum von 1,3 Prozent zu verzeichnen hatten. Seit
1995, also lange bevor Rot-Grün die Verantwortung
übernommen hat, war die Bundesrepublik Deutschland
jedes Jahr das so genannte Wachstumsschlusslicht in der
Europäischen Gemeinschaft. Ich wiederhole: jedes Jahr
seit 1995. Das hat also nichts mit der Politik von RotGrün zu tun.
({15})
Im vergangenen Jahr waren wir erstmals nicht mehr
Schlusslicht. Es beruhigt einen zwar nicht besonders,
wenn man an der 14. statt an der 15. Stelle steht. Aber es
geschah unter Ihrer Regierungsverantwortung, dass wir
auf die letzte Stelle gerückt sind, die wir seit 1995 ununterbrochen eingenommen haben.
({16})
Diese Schlusslichtdebatte, die Sie uns anzuhängen versuchen, fällt auf Sie zurück. Es hilft niemandem, wenn
Sie hier wahrheitswidrige Behauptungen aufstellen.
Hinzu kommt: Die Inflationsraten in der Bundesrepublik sind seit Jahren beständig die niedrigsten in der
Europäischen Union. Sie liegen im Regelfall deutlich
unter den von der Europäischen Zentralbank angepeilten
2 Prozent. Normalerweise betragen sie zwischen
0,9 Prozent und 1,2 Prozent, manchmal vielleicht auch
1,4 Prozent; sie sind aber immer die niedrigsten in der
Europäischen Union. Wenn Sie trotzdem vor diesem Hohen Hause behaupten, Deutschland sei kein Stabilitätsanker mehr, frage ich Sie: Wie kommen Sie überhaupt
zu solch einer Behauptung? Das ist mir wirklich unerklärlich.
({17})
Ich will noch einen Punkt zum Gesamtschuldenstand und zum 3-Prozent-Kriterium sagen. Anfang der
90er-Jahre hat der Gesamtschuldenstand in der Bundesrepublik Deutschland - nimmt man alle Ebenen und die
Sozialversicherungsträger zusammen - 40 Prozent des
Bruttoinlandsproduktes ausgemacht.
({18})
Als wir Ende 1998 die Regierungsverantwortung
übernommen haben, war der Gesamtschuldenstand - das
hatte natürlich auch etwas mit den Kosten der deutschen
Einheit zu tun - auf über 60 Prozent gestiegen. Er hat
also in sieben Jahren um 50 Prozentpunkte zugenommen. Mittlerweile haben wir seit sieben Jahren die Regierungsverantwortung. Der Gesamtschuldenstand liegt
jetzt bei 66 Prozent. Das heißt, er hat in den letzten sieben Jahren um 10 Prozentpunkte zugenommen. Allerdings haben wir noch immer die gleichen Kosten der
deutschen Einheit zu tragen, die auch unter Ihrer Regierungsverantwortung zu schultern waren. Wenn Sie auch
dies einmal zur Kenntnis nehmen würden, wären wir
schon einen Schritt weiter.
({19})
Wenn Sie bitte auch zur Kenntnis nehmen würden,
dass Ihr Kollege Kampeter vor kurzem gesagt hat, es
werde wohl nicht vor dem Jahre 2009 gelingen, die
Maastricht-Kriterien einzuhalten, dann kann ich Ihnen
nur sagen: Halten Sie sich bitte auch an diesem Punkt
mit Kritik an uns zurück.
Herzlichen Dank.
({20})
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Ernst Burgbacher.
({0})
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Frau Staatssekretärin Hendricks, den Stil Ihrer Eingangsbemerkung will ich hier nicht kommentieren, aber wenn
Sie einen Hauch von Anstand hätten, würden Sie sich
dafür entschuldigen.
({0})
Meine Damen und Herren, der europäische Stabilitätsund Wachstumspakt - und seine Einhaltung, wohlgemerkt - hatte eigentlich eine doppelte Bedeutung: Er war
einmal die ganz entscheidende Basis für das Vertrauen
der Bürger in den Euro und er war zum anderen das Versprechen der Mitgliedstaaten, mit einer soliden Haushaltspolitik die Grundlagen für mehr Wachstum und Beschäftigung zu schaffen. Das sehen wir durch diese
Bundesregierung nun zerstört.
Der europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt ist
von Deutschland durchgesetzt worden, er war doch unser Pfand. Erinnern wir uns doch daran - das gilt für
Sie genauso wie für unsere Seite -: In unzähligen Gesprächen mit den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes haben wir für den Euro geworben und wir haben ihnen versichert, dieser Euro werde so stabil sein wie die
D-Mark. Wir haben das immer damit begründet, dass
dieser Stabilitäts- und Wachstumspakt unumstoßbar ist.
Sie haben jetzt im März 2005 dem Euro und einer soliden Wirtschafts- und Haushaltspolitik die Grundlagen
entzogen. Was Sie hier gemacht haben, ist eigentlich ein
Verbrechen, das, glaube ich, in seinen Konsequenzen
erst in den nächsten Jahren sichtbar werden wird.
({1})
Meine Damen und Herren, es war - das ist das
Zweite, was so schlimm ist - die deutsche Bundesregierung, die ihn damals eingeführt hat, und jetzt war es die
rot-grüne Bundesregierung, auf deren Drängen der Stabilitäts- und Wachstumspakt so entkräftet wurde, dass er
das, wofür er einmal angelegt war, nicht mehr garantieren kann.
Wir wollen die Stabilität des Euro. Wir wollen alles
dafür tun und deshalb werden wir auch den Antrag der
CDU/CSU unterstützen; das ist die europäische Komponente. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union,
Sie schreiben selbst in der Begründung Ihres Antrags
- ich zitiere -:
Die Konsolidierung der Staatsfinanzen liegt im ureigenen Interesse Deutschlands.
Wie wahr! Auch wir als FDP haben uns Gedanken darüber gemacht, wie wir das wirklich garantieren können.
({2})
Herr Kollege Müntefering, unser Gesetzentwurf
stammt aus der Zeit der Föderalismuskommission.
Lassen Sie mich da anmerken: Ich verstehe es nach wie
vor nicht, dass sich dieses Hohe Haus mit dem Scheitern
der Föderalismuskommission bisher nur zweimal beschäftigt hat - auf Antrag der FDP -; dass Sie in der ganzen Zeit nie eine Debatte darüber herbeigeführt haben,
dass die Föderalismuskommission nicht zu einem Ergebnis gekommen ist.
({3})
Wir haben diesen Gesetzentwurf damals eingebracht,
weil wir, wie Sie wissen, Herr Kollege Müntefering,
weitergehen wollten. Wir wollen Steuerautonomie für
die Länder, wir wollen Steuerwettbewerb in unserem
Land, weil nach unserer festen Überzeugung eine Föderalismusreform ohne mehr Steuerautonomie und Steuerwettbewerb von vornherein zum Scheitern verurteilt ist.
({4})
Wir haben uns Gedanken darüber gemacht, wie wir
gewährleisten können, dass die Stabilität im Lande
bleibt und wir den Stabilitäts- und Wachstumspakt weiter einhalten. Vor diesem Hintergrund ist unser Gesetzentwurf zu sehen: Das gelingt, indem wir Bund, Länder
und Gemeinden verpflichten, die Stabilitätskriterien einzuhalten, und damit zur Stabilität im Land insgesamt
sorgen. Das ist ja auch die Verpflichtung des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes.
({5})
Wir haben klare Vorstellungen, wie das geregelt werden
kann. Ich kann Sie nur noch einmal eindringlich bitten,
unserem Gesetzentwurf zuzustimmen.
Es geht in dieser Phase nach meiner Überzeugung um
sehr, sehr viel: Es geht um die Verantwortung gegenüber
Europa, es geht um unser Versprechen an die Bürger, den
Übergang von der D-Mark zu einem stabilen, langfristig
sicheren Euro zu garantieren. Es geht um die Zukunftsfähigkeit unseres Landes. Es geht darum, ob wir künftigen Generationen einen Gestaltungsspielraum geben und
sagen, dass auch sie die Möglichkeit haben, weiterhin
die Politik zu beeinflussen, oder ob wir ihnen nur einen
riesigen Schuldenberg hinterlassen. Wer das tut, versündigt sich an den künftigen Generationen.
({6})
Deshalb bitte ich Sie herzlich: Stimmen Sie unserem
Gesetzentwurf zu!
({7})
Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Anja Hajduk.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Zu Beginn meines Beitrags möchte ich festhalten, dass ich vor allem das, was Herr Fahrenschon für
die Union gesagt hat - teilweise gilt das aber auch für
das, was der Kollege von der FDP gesagt hat -, als Rede
von gestern empfand.
({0})
- Vielleicht auch von vorgestern.
Nach einer langen Diskussion auf der europäischen
Ebene haben wir Ende März eine Einigung über den europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt erzielt. Es
war wichtig, dass es eine Einigung auf der europäischen
Ebene gab; Frau Hendricks hat darauf hingewiesen.
({1})
Dort sind gewisse Dinge festgehalten worden, nämlich
zum Beispiel, dass die Rolle der Kommission stark
bleibt und dass die Einhaltung der Kriterien wichtig ist.
Es ist aber auch darauf hingewiesen worden, dass einigen Ländern - zum Beispiel auch Deutschland - wahrscheinlich mehr Zeit gegeben werden muss, bis sie das
3-Prozent-Kriterium wieder einhalten können. Diese
Regelung ist ehrlich. Jeder von uns würde dieses Kriterium gerne schneller wieder einhalten können. Aber für
die Bundesrepublik ist das eine sinnvolle Regelung.
Herr Fahrenschon, ich frage Sie zu Ihrer gerade gehaltenen Rede von gestern: Wie kann sie im Einklang
mit dem Wort von Ihrem Parteikollegen Herrn Kampeter
stehen, der nach der Ankündigung der Neuwahl am
22. Mai 2005 in der „Financial Times Deutschland“ vom
7. Juni 2005 gesagt hat, eine neue Regierung - er hat dabei wahrscheinlich an die Union gedacht - werde vielleicht bis 2009 brauchen, bis sie die Defizitziele wieder
einhalten kann? Wie kann diese Aussage im Einklang
mit Ihrer plumpen, schlichten und politisch naiven Anforderung stehen, dass wir den Stabilitätspakt nicht brechen oder aufweichen dürfen, sondern einhalten müssen?
({2})
Das hält der Realität doch nicht stand. Sie müssen
dann nämlich sagen, dass Deutschland in der Situation,
in der wie uns nach der Defizitüberschreitung befinden,
einen zweistelligen Milliardenbetrag als Sanktion aufbringen muss. Ist das Ihre Forderung? Ist das die Konsequenz für die Jahre 2005, 2006, 2007, 2008 und 2009?
Das, was Sie hier machen, kann wirklich nicht ernst
genommen werden. Ich muss sagen: Seit dem
22. Mai 2005 zeigen Teile der Union einen neuen Realitätssinn. Sie sagen nämlich, dass sie die Defizitziele
wahrscheinlich erst ab 2009 wieder einhalten können
und dass sie bis 2013 Schulden machen. Das haben Sie
uns in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 15. Juni kundgetan. Sie müssen mal ein wenig aufräumen, solche Reden wie die von heute vermeiden und vielleicht auch einmal die Zeitung von vorgestern lesen.
Wir können für uns auch nicht in Anspruch nehmen,
dass wir alles so gerichtet haben, dass wir die Haushaltsziele jetzt einhalten können. Ich möchte jetzt aber einmal
etwas zu den Ursachen dafür sagen. Es ist gerade von
dem Kollegen der FDP gesagt worden - Zitat aus dem
CDU/CSU-Antrag -:
Die Konsolidierung der Staatsfinanzen liegt im ureigenen Interesse Deutschlands.
Ich kann dazu nur feststellen: Die Konsolidierung liegt
tatsächlich im Interesse Deutschlands, aber anscheinend
hat sie nicht im Interesse der Union gelegen.
({3})
Es gibt eine strukturell bedingte Lücke zwischen den
Einnahmen und den Ausgaben. Seit über zweieinhalb
Jahren gibt es eine Blockade von Ihnen, sodass die Einnahmesituation nicht verbessert werden kann. Sie verhindern eine Einnahmeverbesserung für die öffentlichen
Haushalte in Höhe von 17 Milliarden Euro. Das betrifft
alle Ebenen, also Bund, Länder und Gemeinden. Auf der
Einnahmeseite verhindern Sie bisher eine Konsolidierung in Höhe von 17 Milliarden Euro.
Sie schämen sich aber nicht, mittlerweile zu sagen
- es war wiederum Herr Kampeter -, dass es, wenn Sie
regieren, notwendig ist, Steuervergünstigungen abzubauen.
Sie haben sich noch vor einigen Wochen nicht gescheut, hier immer wieder zu sagen: Der Abbau von
Steuervergünstigungen läuft nur auf das Prinzip linke
Tasche, rechte Tasche hinaus. - Der Populismus in Ihren
Reihen ist ungebrochen. Wir werden Sie mit diesem Populismus im Wahlkampf konfrontieren. Die Bürgerinnen
und Bürger sind es satt, Versprechen zu hören, die erst
dementiert, aber nachher doch umgesetzt werden. Aber
wahrscheinlich werden Sie sich mit der FDP nicht einigen können. Dann geht es mit dem Haushalt völlig den
Bach herunter.
({4})
Ich möchte Ihnen Folgendes sagen: Eine ehrliche Politik zu den Einnahmen des Staates ist notwendig. Das
hat etwas mit einer ehrlichen Steuerpolitik zu tun. Ich
hoffe darauf, dass Sie sich irgendwann auch beim Subventionsabbau einmal bewegen. Das hängt auch mit einer ehrlichen Konsolidierung auf der Ausgabenseite zusammen.
({5})
Diese Regierung hat in den Jahren der Stagnation auf der
Ausgabenseite extrem sparsam gewirtschaftet.
({6})
Wie Sie wissen, hat sie Ausgaben zurückgefahren. Aber
sie hat auf dem Arbeitsmarkt im Moment tatsächlich
Mehrausgaben zu verantworten,
({7})
weil wir eine schwierige Situation auf dem Arbeitsmarkt
haben; das leugnen wir nicht.
Jetzt will ich Sie noch mit einem allerletzten, sehr aktuellen Beispiel konfrontieren, damit Sie noch einmal in
sich gehen. Sie sind immer relativ flott dabei, lauthals zu
fordern, im Bundeshaushalt die konsumptiven Ausgaben
zurückzufahren. Mit solchen Forderungen sind Sie immer schnell bei der Hand. Die Regierung hat Ende Mai
einen Entwurf vorgelegt, die Beamtenpensionen an die
Entwicklung bei der Rentenversicherung anzupassen.
Wissen Sie, was aus den Reihen der Union und speziell
aus Bayern als Reaktion gekommen ist? Es hieß: Das
lehnen wir ab. Das ist eine überproportionale Belastung
der Beamten. Das können wir nicht verantworten.
Beamtenpensionen sind eine klassische Ausgabe im
Haushalt. Es ist ein wichtiger Punkt, gerade Kosten für
die Altersvorsorge zu begrenzen. Aber immer, wenn es
konkret wird, dann werfen Sie sich in die Büsche. Sie
haben schon wieder Sorge um eine Zielgruppe für die
Wahlen. Angesichts von Generationengerechtigkeit,
Nachhaltigkeit und Verantwortung für die Zukunft ist es
ein trauriges Beispiel dafür, dass Sie nicht bereit sind,
die Belastungen in Form von fairen Ausgleichszahlungen, mit denen die Rentenversicherung ins Lot gebracht
werden soll, auf die Beamten zu übertragen.
Es ist wiederum klassisch: Nicht nur bei der Konsolidierung für die Einnahmenseite versagen Sie, sondern
auch auf der Ausgabenseite. Mit Ihnen wird es leider nie
gesunde Finanzen in Deutschland geben. Das werden
wir im Wahlkampf deutlich machen. Sie werden sich
noch wundern, was sich vom heutigen Tage an ändern
kann.
({8})
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Klaus-Peter
Willsch.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Liebe Kollegen! Frau Hajduk, ich bin nach Ihren Ausführungen geneigt, Ihre Kollegin Hermenau, die
geschätzte frühere Haushaltsausschusskollegin, zu zitieren: „Die SPD ist in Auflösung begriffen und derzeit
nicht mehr fähig, zu regieren.“ - Wir können nachher
noch darüber reden, ob Sie das unterschreiben würden.
({0})
Ich will mit einem Zitat beginnen, das ich mir heute
Morgen während der Rede des Bundeskanzlers aufgeschrieben habe. Er hat heute Morgen erklärt:
Aber in der Krise zeigt sich, wer steht und wer nicht
steht.
- Ich finde es bemerkenswert, dass dies jemand sagt, der
am 22. Mai dieses Jahres aufgegeben und den
Lafontaine gemacht hat, der uns das Land vor die Füße
wirft, wie ein Kind ein Spielzeug wegwirft, dessen es
überdrüssig geworden ist. Es ist allerhand, einen Satz
wie „In der Krise kommt es darauf an, dass man steht“ in
so einer Stunde zu sagen.
({1})
Ich will diesen Satz auf andere Bereiche übertragen.
Gerade in der Frage des europäischen Stabilitäts- und
Wachstumspaktes kommt es darauf an, dass man nicht
nur in guten Zeiten, sondern auch in der Krise steht. In
der Krise haben Sie aber nicht gestanden.
({2})
Das Ziel des Stabilitäts- und Wachstumspaktes waren
ausgeglichene Haushalte. Im Pakt war eine Abweichungstoleranz von 3 Prozent vorgesehen. Da nützt
auch das ganze Gerede von einer flexiblen Anwendung
nichts; denn die 3 Prozent sind schon Ausdruck der Flexibilität. Ein früherer Finanzminister hat das einmal
- das war gut so - ganz schlicht ausgedrückt. Waigel hat
dazu gesagt: 3 Prozent sind 3 Prozent. Eichel redet die
ganze Zeit von „close to balance“ und macht dazu alle
möglichen Verrenkungen, um sich nicht auf diesen
Punkt festnageln zu lassen.
Wir haben am 2. Dezember 1992 gemeinsam mit der
SPD hier in diesem Parlament beschlossen:
Der Deutsche Bundestag wird sich jedem Versuch
widersetzen, die Stabilitätskriterien aufzuweichen,
die in Maastricht vereinbart worden sind.
Dieses Versprechen, gegeben an die Bürger, haben Sie
gebrochen. Wir fordern Sie auf, das rückgängig zu machen und wieder zu diesem Wort zu stehen.
({3})
Denjenigen, die sich schon länger mit Finanzpolitik
beschäftigen, ist der Juliusturm noch ein Begriff. Das ist
der Turm der Spandauer Zitadelle, in dem früher der
Reichsschatz verwahrt worden ist, der überwiegend
durch die französischen Zahlungen nach dem Krieg
1870/71 und nach der Reichsgründung gespeist worden
ist. Fritz Schäffer hat zu Beginn der Bundesrepublik
Deutschland ein „Juliusturm“ genanntes Vermögen aufgebaut, indem er weniger ausgegeben als eingenommen
hat. 1957 betrug der Überschuss 8 Milliarden D-Mark.
Wenn man die Kaufkraft hochrechnet, entspricht das
heute 38 Milliarden Euro. 38 Milliarden Euro ist genau
der Betrag, den Sie 2005 für Zinsen in diesem Land ausgeben werden. So wirtschaften Sie in diesem unserem
Lande.
({4})
- Frau Hendricks, seien Sie still! Es kommt noch
dicker. - Sie wollten 2006 die Neuverschuldung auf null
reduzieren. Das war das Versprechen, das Sie gaben.
Jetzt sage ich Ihnen einmal die Tatsachen: Wir hatten
1998 eine Bundesschuld von 743 Milliarden Euro,
Ende 2005 werden wir bei 900 Milliarden Euro liegen,
und das, obwohl Sie zwischenzeitlich 51 Milliarden Euro aus der Versteigerung der UMTS-Lizenzen erlöst haben. Das ist schon eine Differenz von fast
210 Milliarden Euro.
Schauen wir einmal weiter. Sie haben massiv Vermögen abgebaut. Sie haben alles in diesem Land verkloppt,
was nicht niet- und nagelfest war. Sie haben Aktienpakete der Post und der Telekom im Rahmen von Platzhaltergeschäften an die KfW übertragen. Sie haben die
Wohnungen der Rentenversicherung verkauft. Sie haben
die Rücklage der Rentenversicherung geplündert. Sie
haben Forderungen, die wir an Russland haben, vorzeitig
in den Markt gegeben, mit einem Verlust von 1,2 Milliarden Euro, wie wir gestern in einem Bericht des Bundesrechnungshofs im Haushaltsausschuss gehört haben.
Das sind noch einmal 75 Milliarden Euro, die man zu
den eben genannten Zahlen hinzurechnen muss. Und Sie
stellen sich hierhin und reden von solider Finanzwirtschaft und Nachhaltigkeit. Das ist unerhört.
({5})
Die Grünen reden von Nachhaltigkeit in der Finanzpolitik. Sie von der SPD hatten einmal einen Generalsekretär, der die Lufthoheit über den Kinderbetten erringen
wollte. Wissen Sie, was Sie hier in diesem Land machen? Ihr Verhalten gleicht dem eines Familienvaters,
der die Kinderbetten zerlegt und verbrennt, um noch einmal mit einem warmen Hintern über den Winter zu kommen. Es ist unerhört, wie Sie mit dem Schicksal der
künftigen Generationen umgehen.
Sie sind - das ist eben in den Schlussworten angeklungen - bei einem zentralen Punkt gescheitert. Damit
das Jubiläum nicht vergessen wird, will ich daran erinnern: In genau zwei Monaten ist es drei Jahre her, dass
Herr Hartz gemeinsam mit dem Bundeskanzler nicht
weit von hier, im Französischen Dom, eine Art politisches Hochamt zelebrierte, in dem er vorstellte, wie man
in drei Jahren von damals 4 Millionen auf 2 Millionen Arbeitlose kommen könnte. Das war ein festes Versprechen. Er hat damals gesagt: Punkt 11 Uhr fangen wir
an. Die Maßnahmen sind umsetzbar. - Nichts als warme
Luft! Wir sind bei 5,4 Millionen Arbeitslosen.
({6})
Sie haben auf dieser Baustelle vollständig versagt. Sie
können es nicht.
({7})
Wir haben heute 5,4 Millionen Arbeitslose und verlieren
Tag für Tag 1 000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse. Die treiben Sie mit Ihrer schlechten
Politik aus dem Lande.
({8})
Rot-Grün macht arm, arbeitslos und hat das Land in den
finanzpolitischen Abgrund geführt. Machen Sie Platz!
Vielen Dank.
({9})
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Ortwin Runde.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr
Willsch, ich weiß nicht, ob Sie schon Schwierigkeiten
mit dem Gedächtnis haben. Will man mit Schäffer anfangen, dann ist es natürlich etwas schwer, zur Gegenwart zu kommen. Aber Sie dürften doch so weit auf der
Höhe der Zeit sein, dass man bei der Zahl der Arbeitslosen 4,8 Millionen und 5,4 Millionen nicht durcheinander
wirft.
({0})
Das mit dem Juliusturm von Schäffer ist ja gut. Ich
glaube, 1998 wäre die rot-grüne Regierung sehr zufrieden gewesen, wenn die Übergabe zu den Bedingungen
unter Schäffer stattgefunden hätte.
({1})
Wenn Sie über den Schuldenstand reden, dann müssen
Sie nicht nur das aufgreifen, was Frau Hendricks ausgeführt hat, sondern dann müssen Sie auch die falsch finanzierte deutsche Einheit erwähnen, die in den Folgejahren zu einem ständigen Schuldenaufbau geführt hat,
den man kaum korrigieren konnte.
({2})
Herr Glos hat uns in seinem Beitrag ein Rätsel aufgegeben, Herr Fahrenschon.
({3})
- Man kann auch sagen: Er ist ein Rätsel. Vielleicht können Sie mir bei der Auflösung des Rätsels helfen. Herr
Glos hat in seinen Ausführungen von den Südländern,
insbesondere den Italienern mit ihren Inflationsgelüsten,
gesprochen und in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die Italiener gerade die bayerische HypoVereinsbank übernehmen.
Was lehrt uns das? Heißt das, dass die Südländer
durch den europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt
inzwischen ihre Inflationsgelüste und ihr nicht immer
wirtschaftliches Gehabe begraben haben, sodass sie
stark genug sind, die bayerische Hypo-Vereinsbank zu
übernehmen? Ist das die Konsequenz, auf die uns Herr
Glos hinweisen will? Oder hat das etwas mit Fremdenfeindlichkeit zu tun? Ich habe das nicht ganz verstanden.
({4})
Frau Hajduk hat zu Recht darauf hingewiesen, dass
der Stabilitäts- und Wachstumspakt, was das Erreichen
des Stabilitätsziels sowohl hinsichtlich der Binnenstabilität - das kann anhand der Inflationsentwicklung berechnet werden - als auch der Außenstabilität - das lässt
sich aus den Währungsrelationen ableiten - angeht, ein
Erfolg gewesen ist. Aber darüber, dass es in Bezug auf
das Wachstum ein Problem gibt, ist bereits überall in
Europa diskutiert worden. Das ist nicht nur eine deutsche oder portugiesische Diskussion, sondern sie wird
auch in Frankreich, den Niederlanden und anderen europäischen Staaten geführt.
Konsequenz war doch, dass sich alle gefragt haben:
Hat die seinerzeit geschaffene Konstruktion das Wachstum vielleicht eher behindert als gefördert? Daraufhin
hat man sich im März darauf geeinigt, den Stabilitätspakt konjunkturgerecht anzulegen. Dass Sie jetzt dahinter zurückfallen wollen, kann ich nicht ganz nachvollziehen.
Aber die Diskussion umfasst auch sehr viele nationale
Aspekte, die ich näher beleuchten möchte. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, Herr Fahrenschon,
wie Sie Ihre Aussagen und Forderungen zum Stabilitätsund Wachstumspakt mit den Konzepten vereinbaren
wollen, die Sie für alle möglichen Bereiche vorsehen:
Wie zum Beispiel wollen Sie die Kopfpauschale finanzieren? Dafür sind 28 Milliarden Euro notwendig,
die zunächst einmal zu dem bestehenden Defizit hinzukämen. Wie wollen Sie das finanzieren?
Oder nehmen wir das so genannte Konzept 21, Ihr
Steuerkonzept, das Merz und Faltlhauser miteinander
vereinbart haben: Dieses Konzept führt zu einer Deckungslücke von 10 Milliarden Euro. Das Ganze beruht
ja auf dem veränderten Bierdeckel merzscher Prägung,
bei dem etwa 30 Milliarden Euro gefehlt hätten. Aber
wie wollen Sie allein die 10 Milliarden Euro finanzieren?
Die nächste Frage: Was ist mit Ihrem Vorschlag einer
Abschaffung der Gewerbesteuer? Das würde Einnahmeausfälle in Höhe von 23 Milliarden Euro bedeuten.
Wie wollen Sie die ersetzen?
Sie müssen endlich Ihre Konzepte zusammenbringen.
Wie in den vergangenen Wochen und Monaten, als Sie
immer wieder ein Konzept neben das andere gestellt haben, ohne das Ganze miteinander zu verbinden, kann es
doch nicht weitergehen.
({5})
Nun gibt es erste Aussagen, wie das Ganze nach Ihrer
Vorstellung funktionieren könnte. Zum Beispiel ist von
einer Mehrwertsteuererhöhung um vier Prozentpunkte
die Rede, wie sie Herr Stratthaus, Ministerpräsident
Müller und andere vorgeschlagen haben. Dann höre ich,
dass Sie die Pendlerpauschale abschaffen wollen. Dabei
muss man wissen, für welche Belastungen bereits eine
Senkung dieser Pauschale allein um 5 Cent pro Kilometer bei den Betroffenen sorgen würde. Dann höre ich,
dass Sie die Steuerfreiheit von Zuschlägen für Sonn-,
Feiertags- und Nachtarbeit - mit entsprechenden Auswirkungen - abschaffen wollen. Wenn man das alles zusammennimmt, stellt man fest, dass Sie deutliche Belastungen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
planen, um all das zu finanzieren, was Sie vorhaben.
({6})
- Das können Sie gern tun. Sie müssen mir dann aber
auch erklären, ob es nicht verabredeter Wahlbetrug ist
- zu diesem Schluss komme ich, wenn ich mir die Gesamtzahlen sowie Ihre Aussagen über den Stabilitätsund Wachstumspakt und die verschiedenen anderen konzeptionellen Bereiche vor Augen führe -, wenn Sie Ihr
Konzept vor der Wahl nicht offen legen und vertreten.
({7})
Ich empfehle Ihnen sehr deutlich, sich auf den Stabilitäts- und Wachstumspakt in seiner neueren Fassung zu
stützen, an seiner Weiterentwicklung mitzuarbeiten und
dann die schwierige Aufgabe einer seriösen Haushaltskonsolidierung anzugehen. Dann kann dieses Land in
der Tat auf einen besseren Weg geführt werden.
Schönen Dank.
({8})
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Marco
Wanderwitz.
({0})
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren Kollegen! Wir debattieren heute neben dem
CDU/CSU-Antrag über einen Gesetzentwurf der FDPFraktion. Auf diesen möchte ich meinen Schwerpunkt
legen, auch wenn beide Vorlagen zweifellos von großer
Wichtigkeit sind. Ein innerstaatlicher Stabilitätspakt ist
in Deutschland dringend notwendig. Es darf nicht erst
langfristig, sondern es muss mittelfristig Schluss mit
ausufernder Schuldenmacherei sein. Ich sage an dieser
Stelle als einer der jüngeren Abgeordneten im Deutschen
Bundestag ganz bewusst: Es darf nicht sein, dass Sie mit
Ihrer Politik die über Generationen geschaffenen Werte
dieses Landes verfrühstücken, ohne die Frage nach dem
Morgen zu stellen.
({0})
Die CDU/CSU steht mit dieser Einschätzung nicht allein. Die Wissenschaft, die Deutsche Bundesbank, die
Europäische Zentralbank und viele andere mahnen uns,
die Mitglieder des Deutschen Bundestages, seit vielen
Jahren - vor allen Dingen immer mehr Menschen in unserem Land erkennen die Situation -, dass die Blase des
Wohlstands, den Sie vorgaukeln, bald platzen wird. Ich
will nicht schönreden, dass auch Ihre Vorgängerregierung einen Teil dazu beigetragen hat. Der Unterschied ist
aber, dass wir unsere Hausaufgaben gemacht haben,
({1})
während Sie uns in Ihrem siebten Regierungsjahr noch
immer die gleichen Ausreden wie zu Beginn Ihrer Regierungszeit vorhalten. Ich muss ganz ehrlich sagen: Das
finde ich nur noch erbärmlich. Die Menschen im Land
sehen das ganz genauso.
({2})
Zudem kann ich mich entsinnen - auch das ist als offenes Wort gedacht -, dass ja die Sozialdemokratische
Partei Deutschlands im großen Verteilungs- und Beglückungsreigen der 80er- und zu Beginn der 90er-Jahre
immer mitgetan hat und den Wechsel zulasten künftiger
Generationen mit ausgestellt hat. Die Menschen sind
aber Ihrer tagespolitisch motivierten Flickschustereien
überdrüssig. Das können Sie an den Umfragewerten und
vor allen Dingen im Gespräch mit den Bürgerinnen und
Bürgern - ich rate Ihnen, dieses in Ihren Wahlkreisen zu
suchen - erkennen. Kein Mensch glaubt Ihrem Finanzminister noch ein Wort. Vom „Sparhans“ in der ersten
zum „Lügenhans“ in der zweiten Legislaturperiode!
Die Menschen in unserem Land stehen insbesondere
zu ihrer Verantwortung für die künftigen Generationen.
Gerade die älteren Menschen in unserem Land finden es
nicht gut, dass für die künftigen Generationen, die jungen Menschen, die Zukunft immer dunkler wird. Leider
macht jeder Tag des Zauderns es künftig schwerer und
schmerzhafter. Deshalb müssen wir schnell handeln.
Bund und Länder - Stichwort: nationaler Stabilitätspakt - müssen aber mit an diesem Strang ziehen, wenn
wir langfristig erfolgreich sein wollen, weil die Bundesrepublik als föderaler Bundesstaat nach außen einheitlich auftritt. Die bestehenden Mechanismen - das greift
die FDP dankenswerterweise auf - funktionieren dazu
nur unzureichend. Der Anstoß ist bedenkenswert, allerdings nicht neu und insbesondere eben nicht nur bei der
FDP, sondern auch bei der CDU/CSU gegeben.
Auch ich glaube, dass das Grundgesetz in der Tat die
beste Stelle zur Verankerung dieser Problematik ist.
Dazu brauchen wir allerdings eine handwerklich saubere
Regelung und vor allen Dingen die notwendige verfassungsändernde Mehrheit. Deshalb bitte ich alle Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses, dabei mitzuwirken.
Die begonnene Reform des Föderalismus - die Föderalismuskommission wurde bereits angesprochen dürfen wir jetzt nicht einfach wegwerfen, sondern wir
müssen an dieser Stelle weiterarbeiten. Noch ist das Eisen heiß. Meine Damen und Herren Kolleginnen und
Kollegen - ich spreche auch die Kolleginnen und Kollegen in den Länderparlamenten an -, wir haben eine
große Verantwortung für unser Land. Lassen Sie uns an
dieser Stelle weitertun!
Konkret zum Gesetzentwurf der FDP: Die Sachverständigenanhörung des Finanzausschusses am 19. Januar
dieses Jahres hat gezeigt, dass dieser Entwurf noch
Schwächen hat. Beispielsweise weist das Institut für
Weltwirtschaft der Universität Kiel in seiner Stellungnahme darauf hin, dass wir weitere Konkretisierungen,
etwa hinsichtlich der Aufteilung des Budgetsaldos des
Staates auf Bund und Länder, brauchen.
Meine Damen und Herren von Rot-Grün und von der
Bundesregierung, ein wirklicher Kassensturz, den Sie
seit Jahren verweigern, würde uns an dieser Stelle schon
viel weiterhelfen. Deswegen bitte ich Sie: Tun Sie diesem Land wenigstens den einen Dienst. Machen Sie diesen Kassensturz, bevor Sie den Weg für eine Bundesregierung unter Angela Merkel freimachen!
({3})
Der wissenschaftliche Beirat der Stiftung Marktwirtschaft weist neben der Einführung eines eigenen Vorschlages zur Änderung des Grundgesetzes in der Debatte
auf eine mögliche Fehlinterpretation des vorliegenden
Gesetzentwurfes der FDP hin. Man könnte den Entwurf
in der Tat auch so lesen, dass Bund und Länder jeweils
drei Prozent Defizit nicht überschreiten dürfen, was in
der Summe nicht gewünschte sechs Prozent ausmachen
würde. Genau das wollen wir nicht. Derartige Unklarheiten, so sie denn vorhanden sind, müssen wir vermeiden.
Schließlich müssen wir uns vor einer Änderung des
Grundgesetzes natürlich auch auf die Ausführungsgesetze verständigt haben. Ich bitte Sie alle: Tun wir das
gemeinsam für die Zukunft unseres Landes!
Danke schön.
({4})
Ich danke auch und schließe damit die Aussprache zu
diesem Punkt.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 15/5250 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? - Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.
Wir haben jetzt einen gemeinsamen Leistungsnach-
weis vor uns. Wir kommen nämlich zu einem Abstim-
mungsmarathon, wie ich ihn - zumindest während mei-
ner Dienstzeit hier oben im Präsidium - noch nicht erlebt
habe. Das werden wir zusammen bestehen.
Tagesordnungspunkt 11 b: Abstimmung über den Ge-
setzentwurf der Fraktion der FDP zur Änderung des
Grundgesetzes - Aufnahme von Stabilitätskriterien in
das Grundgesetz - auf Drucksache 15/3721. Der Rechts-
ausschuss empfiehlt auf Drucksache 15/5703, den Ge-
setzentwurf abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzei-
chen. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Ge-
setzentwurf ist in zweiter Beratung abgelehnt mit den
Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen
der FDP, während sich die CDU/CSU enthalten hat.
Damit entfällt nach unserer Geschäftsordnung die
weitere Beratung.
Ich rufe die Zusatzpunkte 5 a bis 5 c sowie Zusatz-
punkt 5 e auf:
a) Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes
({0}) zu dem Gesetz zur
Neuordnung des Lebensmittel- und des Futtermittelrechts
- Drucksachen 15/3657, 15/4244, 15/4632,
15/5733 Berichterstattung:
Abgeordneter Michael Müller ({1})
b) Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes ({2}) zu dem Gesetz zur Umsetzung der EG-Richtlinie über die Bewertung
und Bekämpfung von Umgebungslärm
- Drucksachen 15/3782, 15/3921, 15/4024,
15/4377, 15/4412, 15/5734 Berichterstattung:
Abgeordneter Michael Müller ({3})
c) Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes ({4}) zu dem Siebten Gesetz zur
Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbs-
beschränkungen
- Drucksachen 15/3640, 15/5049, 15/5430,
15/5735 -
Berichterstattung:
Abgeordneter Ludwig Stiegler
e) Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes
({5}) zu dem Gesetz zur Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 3. März 2004 ({6})
- Drucksachen 15/4533, 15/5486, 15/5621,
15/5737 -
Berichterstattung:
Abgeordneter Dr. Norbert Röttgen
Mir wurde mitgeteilt, dass das Wort zur Berichterstat-
tung und zur Erklärung nicht gewünscht wird.
Zu Zusatzpunkt 5 a liegt eine schriftliche Erklärung
des Abgeordneten Michael Müller vor. Diese Erklärung
nehmen wir mit Ihrer Zustimmung zur Kenntnis.1)
Wir kommen nun zur Abstimmung. Der Vermitt-
lungsausschuss hat gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 seiner Ge-
schäftsordnung beschlossen, dass im Deutschen Bundes-
tag über die Änderung gemeinsam abzustimmen ist.
Dies gilt auch für die noch folgenden Beschlussempfeh-
lungen.
Ich weise darauf hin, dass zur Annahme der Be-
schlussempfehlung des Vermittlungsausschusses zur Än-
derung des nach Art. 87 Abs. 3 des Grundgesetzes mit
absoluter Mehrheit angenommenen Gesetzentwurfs
ebenfalls die absolute Mehrheit, das sind 301 Stimmen,
für erforderlich gehalten wird.
Beratung der Beschlussempfehlung des Vermittlungs-
ausschusses zu dem Gesetz zur Neuordnung des Lebens-
mittel- und des Futtermittelrechts, Drucksache 15/5733.
Berichterstatter im Bundestag ist der Abgeordnete
Michael Müller, Berichterstatter im Bundesrat Minister
Dr. Wolfgang Reinhart. Wer stimmt für die Beschluss-
empfehlung des Vermittlungsausschusses auf Drucksa-
che 15/5733? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? -
Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der
Mehrheit der Mitglieder des Hauses, und zwar der Stim-
men von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und CDU/CSU,
gegen die Stimmen der FDP angenommen worden.
1) Anlage 2
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
Beratung der Beschlussempfehlung des Vermittlungs-
ausschusses zu dem Gesetz zur Umsetzung der EG-
Richtlinie über die Bewertung und Bekämpfung von
Umgebungslärm, Drucksache 15/5734. Berichterstatter
im Bundestag ist der Abgeordnete Michael Müller, Be-
richterstatter im Bundesrat Staatsminister Erwin Huber.
Wer stimmt für die Beschlussempfehlung des Vermitt-
lungsausschusses auf Drucksache 15/5734? - Stimmt je-
mand dagegen? - Gibt es Enthaltungen? - Die Be-
schlussempfehlung ist einstimmig angenommen worden.
Beratung der Beschlussempfehlung des Vermittlungs-
ausschusses zu dem Siebten Gesetz zur Änderung des
Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, Drucksa-
che 15/5735. Berichterstatter im Bundestag ist der Abge-
ordnete Ludwig Stiegler, Berichterstatter im Bundesrat
Minister Harald Schliemann. Wer stimmt für die Be-
schlussempfehlung des Vermittlungsausschusses auf
Drucksache 15/5735? - Stimmt jemand dagegen? - Gibt
es Enthaltungen? - Auch diese Beschlussempfehlung ist
einstimmig angenommen worden.
Beratung der Beschlussempfehlung des Vermittlungs-
ausschusses zu dem Gesetz zur Umsetzung des Urteils
des Bundesverfassungsgerichts vom 3. März 2004,
Drucksache 15/5737. Hierbei geht es um die akustische
Wohnraumüberwachung. Berichterstatter im Bundestag
ist der Abgeordnete Norbert Röttgen, Berichterstatter im
Bundesrat Staatsminister Geert Mackenroth. Wer stimmt
für die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschus-
ses auf Drucksache 15/5737? - Gegenstimmen? - Ent-
haltungen? - Die Beschlussempfehlung ist angenommen
mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und
CDU/CSU gegen die Stimmen der FDP.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 29 a bis 29 l sowie
Zusatzpunkt 6 auf:
29 a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuorganisation der Bundesfinanzverwaltung
- Drucksache 15/5567 Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss ({7})
Innenausschuss
Haushaltsausschuss
b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuchs ({8})
- Drucksache 15/5653 Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss ({9})
Innenausschuss
c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die
Conterganstiftung für behinderte Menschen
({10})
- Drucksache 15/5654 Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ({11})
Rechtsausschuss
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 10. November und 19. Dezember
2003 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über die
grenzüberschreitende Zusammenarbeit zur
polizeilichen Gefahrenabwehr und in strafrechtlichen Angelegenheiten
- Drucksache 15/5568 Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss ({12})
Rechtsausschuss
e) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Düngemittelgesetzes und des Saatgutverkehrsgesetzes
- Drucksache 15/5655 Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft ({13})
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
f) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD
und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung
des Siebten Buches Sozialgesetzbuch
- Drucksache 15/5669 Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung ({14})
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO
g) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-
kommen vom 25. August 2004 zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und der Repu-
blik Aserbaidschan zur Vermeidung der Dop-
pelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern
vom Einkommen und vom Vermögen
- Drucksache 15/5518 -
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss
h) Beratung des Antrags der Abgeordneten Renate
Gradistanac, Annette Faße, Bettina Hagedorn,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Undine Kurth ({15}), Irmingard Schewe-Gerigk, Volker Beck
({16}), weiterer Abgeordneter und der Fraktion
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Familienurlaub in Deutschland zukunftsfähig
gestalten
- Drucksache 15/5685 Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Tourismus ({17})
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Kultur und Medien
Haushaltsausschuss
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
i) Beratung des Antrags der Abgeordneten Renate
Blank, Dirk Fischer ({18}), Eduard Oswald,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU
Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Binnenschifffahrt durch konsequente Ausschöpfung
aller EU-kompatiblen Beihilfemaßnahmen
stärken
- Drucksache 15/4386 Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen ({19})
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss
j) Beratung des Antrags der Abgeordneten Renate
Blank, Dirk Fischer ({20}), Eduard Oswald,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU
Das Verkehrssystem Wasserstraße in Deutschland nachhaltig stärken - Handlungskonzept
für zukunftsfähige Binnenschifffahrt rasch
umsetzen
- Drucksache 15/5022 Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen ({21})
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Haushaltsausschuss
k) Beratung des Antrags der Abgeordneten Klaus
Hofbauer, Maria Eichhorn, Eduard Oswald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/
CSU
Europäische Metropolen München und Prag
auf dem Schienenweg attraktiv verbinden
- Drucksache 15/5107 Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen ({22})
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss
l) Beratung des Antrags der Abgeordneten Horst
Friedrich ({23}), Joachim Günther ({24}),
Eberhard Otto ({25}), weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der FDP
Keine Rezentralisierung der Deutschen
Bahn - Kurs der Bahnreform beibehalten
- Drucksache 15/5124 Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen ({26})
Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss
ZP 6 Beratung des Antrags der Abgeordneten Birgit
Homburger, Angelika Brunkhorst, Michael
Kauch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP
Umwandlungskonzept für Truppenübungsplatz Münsingen erarbeiten und umsetzen
- Drucksache 15/5275 Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit ({27})
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Verteidigungsausschuss
Es handelt sich um Überweisungen im vereinfachten
Verfahren ohne Debatte.
Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an
die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu
überweisen. Die Vorlage auf Drucksache 15/5669 - Tagesordnungspunkt 29 f - soll jedoch nicht an den Haushaltsausschuss überwiesen werden. Sind Sie damit einverstanden? - Das ist der Fall. Dann sind die
Überweisungen so beschlossen.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 30 a bis 30 x sowie
Zusatzpunkt 7 a bis 7 i auf. Es handelt sich um die Beschlussfassung zu Vorlagen, zu denen keine Aussprache
vorgesehen ist.
Tagesordnungspunkt 30 a:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten
Gesetzes zur Änderung des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes
- Drucksache 15/5557 ({28})
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
({29})
- Drucksache 15/5683 Berichterstattung:
Abgeordnete Renate Blank
Der Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/5683, den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich
bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung mit den Stimmen des ganzen Hauses angenommen.
Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Sie dürfen sich erheben, wenn
Sie dem Gesetzentwurf zustimmen wollen. - Stimmt jemand dagegen? - Gibt es Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen worden.
Tagesordnungspunkt 30 b:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Änderung des Gemeindefinanzreformgesetzes und anderer Gesetze
- Drucksache 15/5565 ({30})
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses ({31})
- Drucksache 15/5704 Berichterstattung:
Abgeordnete Horst Schild
Heinz Seiffert
Der Finanzausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/5704, den Gesetzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte
diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist in
zweiter Beratung angenommen mit den Stimmen von
SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der CDU/CSU bei
Enthaltung der FDP; es gab keine Gegenstimmen.
Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Sie dürfen sich wieder erheben, wenn Sie dem Gesetzentwurf zustimmen wollen. Stimmt jemand dagegen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist mit dem eben festgestellten Stimmverhältnis,
also mit großer Mehrheit, angenommen worden.
Tagesordnungspunkt 30 c:
Zweite Beratung und Schlussabstimmung des
von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 31. Juli
2002 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und dem Obersten Rat der
Europäischen Schulen über die Europäische
Schule in Frankfurt am Main
- Drucksache 15/5517 ({32})
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Kultur und Medien ({33})
- Drucksache 15/5699 Berichterstattung:
Abgeordnete Monika Griefahn
Erika Steinbach
Grietje Bettin
Hans-Joachim Otto ({34})
Zweite Beratung
und Schlussabstimmung: Der Ausschuss für Kultur und
Medien empfiehlt auf Drucksache 15/5699, den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. Stimmt jemand dagegen? - Gibt es Enthaltungen? - Das
ist nicht der Fall. Der Gesetzentwurf ist damit einstimmig angenommen worden.
Tagesordnungspunkt 30 d:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten
Gesetzes zur Änderung des Allgemeinen
Eisenbahngesetzes
- Drucksache 15/5408 ({35})
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
({36})
- Drucksache 15/5708 Berichterstattung:
Abgeordneter Enak Ferlemann
Der Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 15/5708, den Gesetzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen
wollen, um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? Gibt es Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist damit in
zweiter Beratung einstimmig angenommen worden.
Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Bitte erheben Sie sich wiederum, wenn Sie zustimmen wollen. Wer stimmt
dagegen? - Gibt es Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf
ist einstimmig angenommen worden.
Tagesordnungspunkt 30 e:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts ({37})
- Drucksache 15/5092 ({38})
Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses ({39})
- Drucksache 15/5693 Berichterstattung:
Abgeordnete Olaf Scholz
Friedrich Merz
Jerzy Montag
Der Rechtsausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/5693, den Gesetzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte
diejenigen, die dem zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der
Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung einstimmig
angenommen worden.
Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte Sie herzlich, sich zu
erheben, wenn Sie zustimmen wollen. - Gibt es Gegenstimmen oder Enthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Der
Gesetzentwurf ist damit in dritter Lesung einstimmig angenommen worden.
Tagesordnungspunkt 30 f:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Einführung von Kapitalanleger-Musterverfahren
- Drucksache 15/5091 ({40})
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses ({41})
- Drucksache 15/5695 Berichterstattung:
Abgeordnete Olaf Scholz
Friedrich Merz
Jerzy Montag
Der Rechtsausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/5695, den Gesetzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte
diejenigen, die dem Gesetzentwurf in dieser Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist
damit in zweiter Beratung ebenfalls einstimmig angenommen worden.
Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Bitte erheben Sie sich, wenn
Sie zustimmen wollen. - Stimmt jemand dagegen? Gibt es Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist in dritter
Lesung einstimmig angenommen worden.
Tagesordnungspunkt 30 g:
- Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Vierzehnten Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes
- Drucksache 15/5316 ({42})
- Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierzehnten Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes
- Drucksache 15/5656 ({43})
- Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Werbung auf
dem Gebiete des Heilwesens
- Drucksache 15/4117 ({44})
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit und Soziale Sicherung
({45})
- Drucksache 15/5728 Berichterstattung:
Abgeordnete Annette Widmann-Mauz
Der Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 15/5728, den Gesetzentwurf der Fraktionen
der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen auf
Drucksache 15/5316 in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der
Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung mit den Stimmen von
SPD, Bündnis 90/Die Grünen und CDU/CSU ohne Gegenstimmen und bei Enthaltung der FDP-Fraktion angenommen worden.
Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Bitte erheben Sie sich, wenn
Sie zustimmen wollen. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung
mit dem eben festgestellten Stimmenverhältnis angenommen worden.
Der Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung empfiehlt unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf
Drucksache 15/5656 für erledigt zu erklären. Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist damit einstimmig angenommen worden.
Unter Nr. 3 empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung
des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Werbung auf
dem Gebiete des Heilwesens. Ich bitte diejenigen, die
dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmen
von SPD und Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung
von CDU/CSU und FDP abgelehnt. Damit entfällt nach
unserer Geschäftsordnung die weitere Beratung.
Unter Nr. 4 seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/5728 empfiehlt der Ausschuss, eine Entschließung anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? Die Beschlussempfehlung ist einstimmig angenommen.
Unter Nr. 5 seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/5728 empfiehlt der Ausschuss, eine weitere Entschließung anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Wer stimmt dagegen? Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist mit den
Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen
die Stimmen von CDU/CSU und FDP angenommen.
Tagesordnungspunkt 30 h:
- Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Abfallverbringungsgesetzes sowie zur Auflösung und
Abwicklung der Anstalt Solidarfonds Abfallrückführung
- Drucksache 15/5243 ({46})
- Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Abfallverbringungsgesetzes sowie zur Auflösung und
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
Abwicklung der Anstalt Solidarfonds
Abfallrückführung
- Drucksache 15/5523 ({47})
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit ({48})
- Drucksache 15/5726 Berichterstattung:
Abgeordnete Gerd Friedrich Bollmann
Werner Wittlich
Dr. Antje Vogel-Sperl
Birgit Homburger
Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 15/5726, die genannten Gesetzentwürfe zusammenzuführen und als Gesetz zur Änderung des Abfallverbringungsgesetzes sowie zur Auflösung und Abwicklung der Anstalt Solidarfonds Abfallrückführung
anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um
das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung
mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen
gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP angenommen.
Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte Sie, sich zu erheben,
wenn Sie dem Gesetzentwurf mit dem schönen und
komplizierten Namen zustimmen wollen. - Wer stimmt
dagegen? - Gibt es Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf
ist damit auch in dritter Lesung mit den Stimmen von
SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen
von CDU/CSU und FDP angenommen.
Tagesordnungspunkt 30 i:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Kontrolle hochradioaktiver Strahlenquellen
- Drucksache 15/5284 ({49})
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit ({50})
- Drucksache 15/5719 Berichterstattung:
Abgeordnete Martina Eickhoff
Dr. Rolf Bietmann
Dr. Antje Vogel-Sperl
Birgit Homburger
Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 15/5719, den Gesetzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen
wollen, um das Handzeichen. - Stimmt jemand dagegen? - Gibt es Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist
damit in zweiter Beratung einstimmig angenommen.
Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Bitte erheben Sie sich, wenn
Sie dem Gesetzentwurf zustimmen wollen. - Stimmt jemand dagegen? - Gibt es Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist damit in dritter Lesung angenommen.
Tagesordnungspunkt 30 j:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
über das Zweckvermögen des Bundes bei der
Landwirtschaftlichen Rentenbank und zur
Änderung des Gesetzes über die Landwirtschaftliche Rentenbank
- Drucksache 15/5566 ({51})
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft ({52})
- Drucksache 15/5681 Berichterstattung:
Abgeordnete Gabriele Hiller-Ohm
Friedrich Ostendorff
Der Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/5681, den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf
zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/
Die Grünen angenommen. FDP und CDU/CSU haben
sich enthalten. Es gab keine Gegenstimmen.
Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte Sie, sich zu erheben,
wenn Sie zustimmen wollen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Mit dem eben festgestellten Stimmverhältnis ist der Gesetzentwurf angenommen.
Tagesordnungspunkt 30 k:
Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des
NS-Verfolgtenentschädigungsgesetzes ({53})
- Drucksache 15/5576 ({54})
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
aa) Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses ({55})
- Drucksache 15/5684 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Stephan Hilsberg
Manfred Kolbe
bb)Bericht des Haushaltsausschusses ({56}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
- Drucksache 15/5725 Berichterstattung:
Abgeordnete Steffen Kampeter
Walter Schöler
Otto Fricke
Der Finanzausschuss empfiehlt auf Drucksache 15/5684,
den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der
Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung einstimmig
angenommen.
Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Bitte erheben Sie sich, wenn
Sie dem Gesetzentwurf zustimmen wollen. - Stimmt jemand dagegen? - Gibt es Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung einstimmig angenommen.
Tagesordnungspunkt 30 l:
Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Reichsvermögen-Gesetzes
- Drucksache 15/2135 ({57})
Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses ({58})
- Drucksache 15/5537 Berichterstattung:
Abgeordnete Jochen-Konrad Fromme
Bernhard Brinkmann ({59})
Otto Fricke
Der Haushaltsausschuss empfiehlt auf Drucksache
15/5537, den Gesetzentwurf abzulehnen. Ich bitte dieje-
nigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um
das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? -
Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den
Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und CDU/
CSU abgelehnt worden, während die FDP ihm zuge-
stimmt hat.1) Damit entfällt nach unserer Geschäftsord-
nung die weitere Beratung.
1) Anlage 5
Tagesordnungspunkt 30 m:
Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reorganisation der Bundesanstalt für
Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost und zur Änderung anderer Gesetze
- Drucksache 15/5573 ({60})
Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses ({61})
- Drucksache 15/5727 Berichterstattung:
Abgeordnete Steffen Kampeter
Walter Schöler
Otto Fricke
Der Haushaltsausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/5727, den Gesetzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich
bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung mit den Stimmen von
SPD, Bündnis 90/Die Grünen und CDU/CSU gegen die
Stimmen der FDP angenommen. Es gab keine Enthaltungen.
Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Bitte erheben Sie sich, wenn
Sie dem Gesetzentwurf zustimmen wollen. - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist
damit mit dem eben festgestellten Stimmverhältnis auch
in der dritten Lesung angenommen.
Tagesordnungspunkt 30 n:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr, Bau- und
Wohnungswesen ({62})
- zu dem Antrag der Abgeordneten Karin
Rehbock-Zureich, Reinhard Weis ({63}),
Sören Bartol, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten
Winfried Hermann, Kerstin Andreae, Volker
Beck ({64}), weiterer Abgeordneter und der
Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Entlastung des süddeutschen Raumes vom
Fluglärm des Flughafens Zürich durchsetzen
- zu dem Antrag der Abgeordneten Thomas
Dörflinger, Siegfried Kauder ({65}),
Hans-Peter Repnik, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der CDU/CSU
Rechtsverordnung nach der Luftverkehrsordnung umgehend erlassen - RücküberVizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
tragung der Flugsicherung über süddeutschem Gebiet
- zu dem Antrag der Abgeordneten Birgit
Homburger, Ernst Burgbacher, Horst Friedrich
({66}), weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP
Lärmschutz durch Rechtsverordnung über
süddeutschem Raum sichern - Flugsicherheit gewährleisten
- Drucksachen 15/744, 15/651, 15/755, 15/1028 Berichterstattung:
Abgeordnete Karin Rehbock-Zureich
Thomas Dörflinger
Albert Schmidt ({67})
Horst Friedrich ({68})
Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/1028 die Annahme des Antrags der Fraktionen von SPD und
Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 15/744 mit dem
Titel „Entlastung des süddeutschen Raumes vom Fluglärm des Flughafens Zürich durchsetzen“. Wer stimmt
für diese Beschlussempfehlung? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist
mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen
gegen die Stimmen von CDU/CSU und bei Enthaltung
der FDP angenommen.
Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt
der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion
der CDU/CSU auf Drucksache 15/651 mit dem Titel
„Rechtsverordnung nach der Luftverkehrsordnung umgehend erlassen - Rückübertragung der Flugsicherung
über süddeutschem Gebiet“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung des Ausschusses? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist
mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen
gegen die Stimmen von CDU/CSU angenommen. Die
FDP hat sich enthalten.
Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Nr. 3 seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/1028 die
Ablehnung des Antrags der Fraktion der FDP auf Drucksache 15/755 mit dem Titel „Lärmschutz durch Rechtsverordnung über süddeutschem Raum sichern - Flugsicherheit gewährleisten“. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen
von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der FDP bei Enthaltung der CDU/CSU angenommen.
Tagesordnungspunkt 30 o:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Tourismus ({69}) zu dem Antrag der Abgeordneten
Engelbert Wistuba, Horst Kubatschka, Annette
Faße, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
SPD sowie der Abgeordneten Undine Kurth
({70}), Ursula Sowa, Volker Beck ({71}),
weiterer Abgeordneter und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Die vielfältigen Potenziale des Wirtschaftsfaktors Kulturtourismus weiter erschließen
- Drucksachen 15/5120, 15/5667 Berichterstattung:
Abgeordnete Edeltraut Töpfer
Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 15/5120 anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen
von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP angenommen.
Tagesordnungspunkt 30 p:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr, Bau- und
Wohnungswesen ({72}) zu dem Antrag
der Abgeordneten Sören Bartol, Sabine Bätzing,
Uwe Beckmeyer, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten
Franziska Eichstädt-Bohlig, Volker Beck ({73}),
Peter Hettlich, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Das Programm „Soziale Stadt“ weiterentwickeln und ausweiten
- Drucksachen 15/4660, 15/5712 Berichterstattung:
Abgeordneter Peter Götz
Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache
15/4660 anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die
Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von SPD,
Bündnis 90/Die Grünen und CDU/CSU angenommen;
keine Gegenstimmen. Die FDP hat sich enthalten.
Tagesordnungspunkt 30 q:
Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD
und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Abrüstungsbefugnisse der Vereinten Nationen
stärken - UNMOVIC-Kompetenzen erhalten
- Drucksache 15/5589 Wer stimmt für diesen Antrag? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Antrag ist mit den Stimmen
von SPD und Bündnis 90/Die Grünen angenommen;
keine Gegenstimmen, Enthaltung von CDU/CSU und
FDP.
Tagesordnungspunkt 30 r:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr, Bau- und
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
Wohnungswesen ({74}) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Städtebaulicher Bericht der Bundesregierung
2004 Nachhaltige Stadtentwicklung - ein Gemeinschaftswerk
- Drucksachen 15/4610, 15/4903 Nr. 2, 15/5710 Berichterstattung:
Abgeordneter Peter Götz
Der Ausschuss empfiehlt, in Kenntnis der Unterrichtung auf Drucksache 15/4610 eine Entschließung anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von SPD und
Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen von CDU/
CSU und FDP angenommen; keine Enthaltung.
Tagesordnungspunkt 30 s:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr, Bau- und
Wohnungswesen ({75}) zu dem Antrag
der Abgeordneten Sören Bartol, Ludwig Stiegler,
Uwe Beckmeyer, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Albert
Schmidt ({76}), Volker Beck ({77}),
Cornelia Behm, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Car-Sharing als innovative Verkehrsdienstleistung im Umweltverbund fördern
- Drucksachen 15/5586, 15/5707 Berichterstattung:
Abgeordneter Klaus Hofbauer
Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache
15/5586 anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von SPD und
Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der CDU/
CSU angenommen; die FDP hat sich enthalten.
Tagesordnungspunkt 30 t:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses ({78}) zu
dem Antrag der Fraktionen der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Steuervereinfachung im Vollzug - Vorteil für
Bürger, Betriebe und Verwaltung
- Drucksachen 15/5466, 15/5692 Berichterstattung:
Abgeordnete Gabriele Frechen
Peter Rzepka
Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache
15/5466 anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die
Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von SPD und
Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen von CDU/
CSU und FDP angenommen; keine Enthaltung.
Tagesordnungspunkt 30 u:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Gesundheit und Soziale Sicherung ({79})
- zu dem Antrag der Abgeordneten Silvia
Schmidt ({80}), Angelika Krüger-Leißner,
Gudrun Schaich-Walch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Ursula Sowa, Volker Beck ({81}),
Birgitt Bender, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Stärkung der Künstlersozialversicherung
- zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Heinrich
L. Kolb, Hans-Joachim Otto ({82}), Ernst
Burgbacher, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP
Finanzierung der Künstlersozialversicherung sichern
- Drucksachen 15/5119, 15/5476, 15/5713 Berichterstattung:
Abgeordneter Matthias Sehling
Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung die Annahme des Antrags der Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen auf
Drucksache 15/5119 mit dem Titel „Stärkung der Künstlersozialversicherung“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die
Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von SPD und
Bündnis 90/Die Grünen angenommen; keine Gegenstimmen, aber Enthaltung von CDU/CSU und FDP.
Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt
der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion
der FDP auf Drucksache 15/5476 mit dem Titel „Finanzierung der Künstlersozialversicherung sichern“. Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist
mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der FDP bei Enthaltung der CDU/CSU
angenommen.
Tagesordnungspunkt 30 v:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend ({83}) zu dem
Antrag der Fraktionen der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP
Deutsch-Russischen Jugendaustausch ausweiten und stärken
- Drucksachen 15/4530, 15/5715 Berichterstattung:
Abgeordnete Jürgen Wieczorek ({84})
Antje Blumenthal
Jutta Dümpe-Krüger
Klaus Haupt
Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 15/4530 in der Ausschussfassung anzunehmen.
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung
ist einstimmig angenommen.
Tagesordnungspunkt 30 w - gut, dass das Alphabet so
viele Buchstaben hat -:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses ({85}) zu dem Antrag der Abgeordneten Gert
Weisskirchen ({86}), Gernot Erler, Kerstin
Griese, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der SPD sowie der Abgeordneten Dr. Ludger
Volmer, Claudia Roth ({87}), Marianne
Tritz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Der Nahe und Mittlere Osten als Nachbar und
Partner der EU
- Drucksachen 15/3206, 15/5697 Berichterstattung:
Abgeordnete Gert Weisskirchen ({88})
Joachim Hörster
Marianne Tritz
Dr. Rainer Stinner
Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 15/3206 anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von
SPD, Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen von
CDU/CSU und FDP angenommen. Es gab keine Enthaltungen.
Wir kommen zu den Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses.
Tagesordnungspunkt 30 x:
- Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses ({89})
Sammelübersicht 211 zu Petitionen
- Drucksache 15/5594 - Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses ({90})
Sammelübersicht 212 zu Petitionen
- Drucksache 15/5595 - Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses ({91})
Sammelübersicht 213 zu Petitionen
- Drucksache 15/5596 - Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses ({92})
Sammelübersicht 214 zu Petitionen
- Drucksache 15/5597 - Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses ({93})
Sammelübersicht 215 zu Petitionen
- Drucksache 15/5598 Sammelübersicht 211 auf Drucksache 15/5594: Wer
stimmt dafür? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Sammelübersicht 211 ist einstimmig angenommen.
Sammelübersicht 212 auf Drucksache 15/5595: Wer
stimmt dafür? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Auch Sammelübersicht 212 ist einstimmig angenommen.
Sammelübersicht 213 auf Drucksache 15/5596: Wer
stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? Sammelübersicht 213 ist mit den Stimmen von SPD und
Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen von CDU/
CSU und FDP angenommen. Es gab keine Enthaltungen.
Sammelübersicht 214 auf Drucksache 15/5597: Wer
stimmt dafür? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Sammelübersicht 214 ist mit den Stimmen von SPD,
Bündnis 90/Die Grünen und CDU/CSU gegen die Stimmen der FDP angenommen.
Sammelübersicht 215 auf Drucksache 15/5598: Wer
stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? Sammelübersicht 215 ist mit den Stimmen von SPD,
Bündnis 90/Die Grünen und FDP gegen die Stimmen
der CDU/CSU angenommen.
Zusatzpunkt 7 a:
Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD
und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Luftreinhaltungsgesetze vollziehen - Risiken
durch Feinstaub senken
- Drucksache 15/5687 Wer stimmt für diesen Antrag? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Antrag ist mit den Stimmen
von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP angenommen.
Zusatzpunkt 7 b:
Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD,
der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN und der FDP
Erinnerung und Gedenken an die Vertreibungen und Massaker an den Armeniern 1915 Deutschland muss zur Versöhnung zwischen
Türken und Armeniern beitragen
- Drucksache 15/5689 Wer stimmt für diesen Antrag? - Stimmt jemand dagegen? - Enthaltungen? - Der Antrag ist mit den Stimmen des ganzen Hauses angenommen.
Zusatzpunkt 7 c:
Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD
und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Für eine parlamentarische Mitwirkung im
System der Vereinten Nationen
- Drucksache 15/5690 Wer stimmt für diesen Antrag? - Gegenstimmen? Enthaltungen? - Der Antrag ist mit den Stimmen von
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
SPD und Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung von
CDU/CSU und FDP angenommen; keine Gegenstimmen.
Zusatzpunkt 7 d:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Sabine
Bätzing, Ute Berg, Renate Gradistanac, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie
der Abgeordneten Jutta Dümpe-Krüger, Volker
Beck ({94}), Ekin Deligöz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN
Schwule und lesbische Jugendliche - Mittendrin statt außen vor
- Drucksache 15/5691 Es ist vereinbart, dass über die Ziffern I und II dieses
Antrags getrennt abgestimmt wird.
Wir stimmen über Ziffer I des Antrags auf Drucksache 15/5691 ab. Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Ziffer I des Antrags ist mit den
Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen
die Stimmen von CDU/CSU und FDP angenommen;
keine Enthaltungen.
Wer stimmt für Ziffer II des Antrags auf Drucksache
15/5691? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? Ziffer II des Antrags ist mit den Stimmen von SPD,
Bündnis 90/Die Grünen und FDP gegen die Stimmen der
CDU/CSU angenommen.
Damit ist der Antrag insgesamt angenommen.
Zusatzpunkt 7 e:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit ({95}) zu dem
Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Paziorek,
Dr. Maria Flachsbarth, Dr. Klaus W. Lippold ({96}), weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU
Langfristiges Gesamtkonzept zur Reduzierung der Schadstoffbelastung in der Luft notwendig
- Drucksachen 15/5330, 15/5721 Berichterstattung:
Abgeordnete Astrid Klug
Dr. Maria Flachsbarth
Winfried Hermann
Birgit Homburger
Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache
15/5330 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die
Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von SPD und
Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der CDU/
CSU angenommen. Die FDP hat sich enthalten.
Zusatzpunkt 7 f:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Tourismus ({97})
- zu dem Antrag der Abgeordneten Annette
Faße, Renate Gradistanac, Bettina Hagedorn,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
SPD sowie der Abgeordneten Undine Kurth
({98}), Werner Schulz ({99}), Volker
Beck ({100}), weiterer Abgeordneter und der
Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Öffnungszeiten der Außengastronomie während der Fußballweltmeisterschaft 2006 flexibel handhaben
- zu dem Antrag der Abgeordneten Jürgen
Klimke, Klaus Brähmig, Ernst Hinsken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/
CSU
Deutschland für die Fußballweltmeisterschaft 2006 fit machen - Längere Öffnungszeiten der Außengastronomie ermöglichen
- zu dem Antrag der Abgeordneten Ernst
Burgbacher, Gudrun Kopp, Detlef Parr, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Sperrzeiten für Außengastronomie zur Fußballweltmeisterschaft 2006 verbraucherfreundlicher gestalten - Freigabe der Ladenöffnungszeiten ermöglichen
- Drucksachen 15/5585, 15/5452, 15/5581,
15/5716 Berichterstattung:
Abgeordnete Brunhilde Irber
Jürgen Klimke
Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung die Annahme des Antrags der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 15/5585 mit dem Titel „Öffnungszeiten der
Außengastronomie während der Fußballweltmeisterschaft 2006 flexibel handhaben“. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen
von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP angenommen.
Unter Nr. 2 empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung
des Antrags der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache
15/5452 mit dem Titel „Deutschland für die Fußballweltmeisterschaft 2006 fit machen - Längere Öffnungszeiten der Außengastronomie ermöglichen“. Wer stimmt
für diese Beschlussempfehlung des Ausschusses? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die
Grünen gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP angenommen.
Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Nr. 3 seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
der Fraktion der FDP auf Drucksache 15/5581 mit dem
Titel „Sperrzeiten für Außengastronomie zur Fußballweltmeisterschaft 2006 verbraucherfreundlicher gestalten - Freigabe der Ladenöffnungszeiten ermöglichen“.
Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Wer
stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/
Die Grünen gegen die Stimmen der FDP angenommen,
während sich die CDU/CSU enthalten hat.
Zusatzpunkt 7 g:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ({101})
zu dem Antrag der Abgeordneten Dagmar
Schmidt ({102}), Karin Kortmann, Sabine
Bätzing, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der SPD sowie der Abgeordneten Thilo Hoppe,
Volker Beck ({103}), Irmingard Schewe-Gerigk,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Geschlechtergerechtigkeit bleibt zentrale Voraussetzung für Entwicklung - Zehn Jahre
nach der UN-Weltfrauenkonferenz in Peking
- Drucksachen 15/5031, 15/5643 Berichterstattung:
Abgeordnete Dagmar Schmidt ({104})
Dr. Conny Mayer ({105})
Thilo Hoppe
Markus Löning
Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache
15/5031 anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von SPD
und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der
CDU/CSU bei Enthaltung der FDP angenommen.
Zusatzpunkt 7 h:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ({106})
zu dem Antrag der Abgeordneten Dagmar
Schmidt ({107}), Karin Kortmann, Lothar
Binding ({108}), weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten
Thilo Hoppe, Volker Beck ({109}), Katrin GöringEckardt, Krista Sager und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Entwicklungspartnerschaften mit der Wirtschaft weiterentwickeln - gemeinsam Armut
bekämpfen
- Drucksachen 15/3327, 15/5638 Berichterstattung:
Abgeordnete Dagmar Schmidt ({110})
Dr. Christian Ruck
Thilo Hoppe
Markus Löning
Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache
15/3327 anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von SPD
und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der
CDU/CSU bei Enthaltung der FDP angenommen.
Zusatzpunkt 7 i:
Beratung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses ({111})
Übersicht 11
über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht
- Drucksache 15/5696 Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Gibt es
Gegenstimmen oder Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist einstimmig angenommen.
Wir kommen nun zu einer weiteren Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses, die mir gerade zugereicht worden ist. Ich rufe den Zusatzpunkt 5 d auf:
Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes ({112}) zu dem Zweiten Gesetz zur
Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts
- Drucksachen 15/3917, 15/4068, 15/5268,
15/5429, 15/5736 ({113}) -
Berichterstattung:
Abgeordneter Ludwig Stiegler
Gibt es hierzu Erklärungen? - Das ist der Fall. Dann
nehmen wir eine Erklärung nach § 30 der Geschäftsord-
nung des Abgeordneten Stiegler und eine Erklärung
nach § 31 der Geschäftsordnung der Kollegin Uli
Höfken zu Protokoll.1) Sind Sie damit einverstanden? Das ist der Fall.
Der Vermittlungsausschuss hat gemäß § 10 Abs. 3
Satz 1 seiner Geschäftsordnung beschlossen, dass im
Deutschen Bundestag über die Änderungen gemeinsam
abzustimmen ist. Wir stimmen also über die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses auf Drucksache 15/5736 ({114}) ab. Wer stimmt dafür? - Stimmt jemand dagegen oder gibt es Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist einstimmig angenommen.
Na bitte, es ging doch. Wir sind damit am Ende der
Abstimmungen.
({115})
Man kann von einem sehr fleißigen Parlament sprechen.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 12 a und 12 b auf:
a) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD
und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN einge-
brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Beschleu-
nigung der Umsetzung von öffentlich-privaten
1) Anlagen 3 und 4
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
Partnerschaften und zur Verbesserung gesetzlicher Rahmenbedingungen für öffentlich-private Partnerschaften
- Drucksache 15/5668 Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit ({116})
Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Haushaltsausschuss gem. § 96 GO
b) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Klaus W. Lippold ({117}), Hartmut
Schauerte, Christian Freiherr von Stetten, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
Wachstumsstrategie für Deutschland: Public
Private Partnership weiterentwickeln und
nunmehr realisieren - Infrastruktur optimieren, Investitionsstau auflösen
- Drucksache 15/5676 Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen ({118})
Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Kultur und Medien
Haushaltsausschuss
Nach interfraktioneller Vereinbarung ist für die Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. - Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist auch so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst
der Abgeordnete Michael Bürsch.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir arbeiten in schwierigen Zeiten; womöglich
kommen Neuwahlen auf uns zu. Es gibt aber mitunter
Möglichkeiten der Gemeinsamkeit. Das Thema, über das
wir jetzt sprechen, bietet aus meiner Sicht eine Möglichkeit, dass wir, sachlich-fachlich betrachtet, zusammenkommen und etwas verabschieden, was die öffentlichprivaten Partnerschaften in Deutschland voranbringt.
Auf einer Veranstaltung vor einer Woche hat es ein
Redner aus meiner Sicht auf einen guten Nenner gebracht, was die öffentlich-privaten Partnerschaften in
Deutschland brauchen. Sie müssen entmystifiziert werden und sie müssen dazu beitragen, dass entbürokratisiert wird. Beide Stichworte unterstütze ich ausdrücklich.
Ich möchte bei der Einbringung unseres Gesetzentwurfes grundsätzlich ein paar Dinge in Erinnerung rufen, die manchmal immer noch missverstanden werden
oder nicht überall bekannt sind, also die Grundfrage, worüber wir reden und was öffentlich-private Partnerschaften eigentlich sind. Sie stellen keine Privatisierung dar.
Sie gehen auf der einen Seite von den Finanzierungsproblemen öffentlicher Haushalte, von erheblichen Vorbelastungen aus Schuldendiensten aus. Auf der anderen
Seite stellen sie in Rechnung, dass wir in Deutschland
ein hohes Leistungsniveau und einen enormen Infrastrukturbedarf haben. Die kommunalen Spitzenverbände
haben errechnet, dass wir über die nächsten fünf Jahre
allein bei der kommunalen Infrastruktur einen Investitionsbedarf von rund 700 Milliarden Euro haben. An
dieser Stelle machen uns die anderen Länder vor, wie
man mithilfe des Ansatzes öffentlich-privater Partnerschaften tatsächlich vorankommen kann. Das ist kein
Patentrezept gegen die Verschuldung des kommunalen
Sektors, aber es ist ein Weg, etwas voranzubringen und
jetzt Investitionen vorzunehmen.
Mit öffentlich-privaten Partnerschaften wird eine dauerhafte Kooperation zwischen den öffentlichen Händen
und der Privatwirtschaft angestrebt. Diese Kooperation
liegt im Interesse aller: im Interesse der Wirtschaft, im
Interesse der Gesellschaft und auch im Interesse der Politik. Insoweit dient sie auch dem Gemeinwohl.
Aus meiner Sicht stellen öffentlich-private Partnerschaften einen wichtigen Baustein zur Modernisierung
des Staates dar. Dabei treten die öffentlichen Hände
häufig nur noch als Nachfrager von Dienstleistungen
auf. Die Privatwirtschaft erbringt diese Dienstleistungen
und wird dafür von der öffentlichen Hand mit einem entsprechenden jährlichen Entgelt bezahlt.
So verstanden handelt es sich also nicht um eine Privatisierung. Vielmehr gehen wir mit öffentlich-privaten
Partnerschaften einen dritten Weg. Die Kooperation von
öffentlicher Hand und privater Wirtschaft findet statt
beim Entwerfen, bei der Planung, bei der Erstellung, bei
der Finanzierung, beim Management, beim Betreiben
und schließlich beim Verwerten öffentlicher Leistungen,
die bisher allein in staatlicher Verantwortung erbracht
worden sind.
Unser Ziel ist, mehr Effizienz zu erzielen. Das ist
- auch das sage ich sehr deutlich - kein Patentrezept.
Aber die Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass
wir Effizienzgewinne in einer Größenordnung von 10,
12 oder sogar 15 Prozent erzielen können. Das erfordert
einen sehr klaren Wirtschaftlichkeitsvergleich, führt aber
auch zu einer Entmystifizierung.
Das ist nicht der Königsweg für die Wahrnehmung aller öffentlichen Aufgaben. Vielmehr müssen wir einen
sehr genauen Wirtschaftlichkeitsvergleich anstellen.
Auf der einen Seite müssen wir fragen: Was würden
diese Aufgabenwahrnehmung und das Betreiben einer
solchen Infrastruktur auf die lange Sicht von 25 Jahren
unter dem Strich kosten? Auf der anderen Seite müssen
wir fragen: Was würde dasselbe privat investiert und betrieben kosten? Diesen Vergleich müssen wir in aller
Sorgfalt und unter Zugrundelegung der nüchternen Zahlen und der vier Grundrechenarten anstellen.
Worum es dann allerdings geht - das ist ein neuer Ansatz, den wir zum Beispiel auch auf die Bundeshaushaltsordnung anwenden wollen -, ist, bei den öffentlichprivaten Partnerschaften die Risiken zu verteilen. Dabei
geht es um etwas anderes als bei Wirtschaftlichkeitsvergleichen oder der Anforderung nach § 7 der Bundeshaushaltsordnung. Nach § 7 der Bundeshaushaltsordnung soll natürlich immer festgestellt werden, welcher
Weg für eine Maßnahme der wirtschaftlichste ist. Daher
müssen, wie es in der Bundeshaushaltsordnung heißt,
angemessene Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen vorgenommen werden.
An dieser Stelle haben wir weder die Welt umgestülpt
noch sind wir zu einem völlig anderen Ansatz gekommen. Vielmehr soll § 7 der Bundeshaushaltsordnung, der
beispielhaft für etliche andere Änderungen steht, die wir
vorgenommen haben, nur um einen Risikovergleich ergänzt werden.
({0})
In § 7 der Bundeshaushaltsordnung - das sage ich nur zur
Beruhigung aller Haushälter und Haushaltspolitiker wollen wir nur folgende Betrachtung aufnehmen: Wenn
Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen vorgenommen werden, dann bitte schön mit Blick darauf, dass es um eine
Risikoverteilung zwischen der öffentlichen und der privaten Seite geht, was bei einer Aufgabe, die nur von der
öffentlichen Hand wahrgenommen wird, nicht erforderlich ist.
Zur Verbesserung der Rahmenbedingungen öffentlich-privater Partnerschaften haben wir eine Reihe von
Vorschlägen gemacht, die in dem Gesetzentwurf, den
wir heute vorlegen, enthalten sind. Dabei haben wir fünf
Themenbereiche bearbeitet: Es handelt sich um Vorschläge zum Gebührenrecht, zum Vergaberecht, zum Investmentgesetz, zum Steuerrecht und schließlich zum
Haushaltsrecht. Ein Beispiel aus der Bundeshaushaltsordnung habe ich soeben erwähnt.
An dieser Stelle möchte ich in grundsätzlicher Form
darstellen: Wir haben uns, um öffentlich-private Partnerschaften in Deutschland zu fördern, für sie zu werben
und Vertrauen für diesen Ansatz zu schaffen, eine Umsetzungsstrategie überlegt, die auf drei Säulen basiert:
Die erste Säule habe ich Ihnen beschrieben. Sie umfasst die Verbesserung der Rahmenbedingungen. Hier
und heute legen wir Vorschläge vor, wie an verschiedenen Stellen, im Gebührenrecht und in anderen Rechtsbereichen, konkrete Verbesserungen vorgenommen werden
können.
Die zweite Säule unserer Umsetzungsstrategie ist die
Schaffung von Kompetenz. Diese habe ich auch im
Unionsantrag gesehen. Es geht also darum, die gleichen
Voraussetzungen zu schaffen, die wir auch in anderen
Ländern erleben. Wenn wir die öffentlich-privaten Partnerschaften propagieren wollen, müssen wir auch dafür
sorgen, dass viele Menschen besser wissen, wie man damit umgeht, was man dabei berücksichtigen muss.
({1})
Wir müssen dafür die entsprechende Kompetenz
schaffen. Das ist in Ihrem Antrag genauso wie in unserem Gesetzentwurf enthalten. Das betrifft die kommunale Ebene, das betrifft die Länderebene - da gibt es
auch schon solche Ansätze - und natürlich die Bundesebene, bei der ich - wie Sie es in Ihrem Antrag schreiben sehr dafür wäre, die Kompetenz nicht nur in den Bereichen Wohnen und Verkehr anzusiedeln, sondern wie in
anderen Ländern, zum Beispiel England, im Finanzministerium, das im Grunde die Verantwortung für alle Geschäftsbereiche und alle Ressorts hat; das wäre aus meiner Ansicht die passende Stelle.
Wir müssen - auch das habe ich gelernt - in Deutschland offenbar noch bei verschiedenen Stellen, die die Regierung, das Regierungshandeln und das politische Handeln kritisch beurteilen sollen, für Vertrauen werben.
({2})
Ich meine konkret den Bundesrechnungshof. Ich habe
die entsprechende Stelle in London besucht. Man war
dort vor zehn Jahren, als die Bewegung in England losging, gegenüber diesem Ansatz auch eher kritisch. Ich
sehe bei dem, was der Bundesrechnungshof bei uns dazu
veröffentlicht, eine eher kritische Haltung. Ich bin gern
dazu bereit und fordere auch Sie auf: Lassen Sie uns vertrauensbildend mit dem Bundesrechnungshof reden, um
Skepsis oder manche Missverständnisse an dieser Stelle
auszuräumen.
Unsere zweite Säule heißt also Kompetenz schaffen
und dann auch verzahnen. Das meine ich allerdings nicht
nur auf unsere nationale Ebene, sondern durchaus auch
auf die internationale Ebene bezogen. Denn Sie wissen
wie ich: Es gibt inzwischen schon eine Reihe von internationalen Projekten, die über die Grenzen Deutschlands
hinaus ausgeschrieben und vergeben werden; auch da
müssen wir zusammen mit der europäischen Ebene entsprechende Kompetenz schaffen und für den Austausch
sorgen.
Die dritte Säule in unserer Umsetzungsstrategie lautet: verbesserte Eigenmittelausstattung. Es ist in
Deutschland bei dem Thema öffentlich-private Partnerschaften noch immer festzustellen, dass wir zu wenig Eigenmittel, zu wenig Eigenkapitalausstattung haben. Wir
plädieren insofern dafür, auch die öffentlichen Finanzierungsinstitute hier mit hineinzubringen, also zum Beispiel bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau dafür zu
werben, sich diesem Marktsegment zu öffnen, und wir
plädieren dafür, dass sich eine Bank wie die Europäische
Investitionsbank dazugesellt, um auch an der Stelle die
Möglichkeiten zu verbessern, Kapital, das wir dringend
brauchen, um öffentlich-private Partnerschaften voranzubringen, zu gewinnen.
Ich freue mich, dass wir heute die Möglichkeit haben,
dieses Thema gemeinsam voranzubringen. Bei dem guten Willen, den ich sehe, werden wir in zwei Wochen in
zweiter und dritter Lesung auch zu einer Verabschiedung
kommen. Viele in der Wirtschaft und in den Kommunen
würden das sehr begrüßen. Also: Lassen Sie uns dieses
Thema gemeinsam verabschieden.
Danke schön.
({3})
Das Wort hat der Kollege Dr. Klaus Lippold, CDU/
CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Bürsch, einige Anmerkungen müssen erlaubt
sein.
({0})
Ich meine, es muss in aller Deutlichkeit gesagt werden:
Unter der Koalition, die Sie mit vertreten, haben sich die
Investitionsbedingungen, die Wachstumsbedingungen
und die Beschäftigungsbedingungen in der Bundesrepublik Deutschland dramatisch verschlechtert.
({1})
Sie haben die Mittel für die Investitionen gekürzt: Nie
hatten wir eine so niedrige Investitionsquote wie jetzt.
Das hat sich natürlich negativ auf Wachstum und Beschäftigung ausgewirkt; das muss man sauber analysieren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich meine,
dass die Frage, wie wir jetzt vorangehen, deshalb auch
unter dem Aspekt gesehen werden muss, dass die Privatisierung nach wie vor ein Weg bleibt.
({2})
- Wir müssen Privatisierung vor ÖPP, vor öffentlich-privater Partnerschaft, realisieren können. Gleichzeitig
müssen wir aber auch sehen, Herr Kollege Friedrich,
dass Privatisierung nicht überall möglich ist.
({3})
Weil sie nicht überall möglich ist, müssen wir neue
Wege finden. Ich glaube, Herr Kollege Bürsch, wir sind
uns einig, dass mit öffentlich-privater Partnerschaft ein
solches Instrument gegeben ist. Wir haben es bislang
nicht eingesetzt. Wir haben sehr lange darüber diskutiert.
Sie haben es sehr lange angekündigt und es hat sehr
lange gedauert, bis Sie jetzt endlich zur Umsetzung
schreiten.
({4})
- Darüber könnte man sehr lange diskutieren, Herr
Bürsch.
Herr Kollege Bürsch, wir sind nicht dafür, bei dem
Ganzen jetzt polemisch zu agieren, vielmehr bin ich der
festen Überzeugung, dass wir gemeinschaftlich daran arbeiten müssen und werden. Lassen Sie mich dabei zwei
Positionen in den Vordergrund stellen.
Erster Punkt. Ich glaube, es wird sehr wichtig sein,
dass wir im Rahmen der Gesetzgebung und auch im
Rahmen dessen, was wir um diese Gesetzgebung herum
vereinbaren, den Mittelstandsaspekt, die Möglichkeiten, dass der Mittelstand an PPP teilhaben kann, sehr
deutlich herausarbeiten.
({5})
Herr Bürsch, wenn ich mir anschaue, wie in unserem
eigenen Beritt PPP-Projekte auch kommunal angegangen werden, dann wird mir klar, dass es sehr wichtig ist,
dass wir dabei Mittelstandsziffern vereinbaren, dass die
Einbeziehung des Mittelstands vorgesehen wird und
dass das Ganze nicht am lokalen Mittelstand vorbeiläuft.
Das ist für uns zentral und unabdingbar.
({6})
Nach Ihrem Zwischenruf glaube ich aber, dass wir uns
darauf dann auch verständigen können.
({7})
Zweiter Punkt. Ich glaube, wir müssen sehr schnell
Erfahrungen sammeln, systematisieren und in Handreichungen, insbesondere für die Kommunen, umsetzen,
damit die Unsicherheiten in den Kommunen weitestgehend beseitigt werden können.
({8})
Ich glaube nicht, dass wir das vollständig schaffen können und dass standardisierte Verträge Hilfsmittel sind,
die einfach so angewandt werden können, weil jede
Situation verschieden ist und einzeln erarbeitet werden
muss. Wichtig ist aber, dass wir Handreichungen haben
und dass sich unsere Kommunalpolitiker schnell dort hineinfinden und die Chancen und Risiken bei einer adäquaten Risikoverteilung abschätzen können; da gebe
ich Ihnen ganz ausdrücklich Recht. Darüber werden wir
nachdenken müssen.
Ich glaube, dass wir dabei eine ganze Reihe von Positionen mit berücksichtigen sollten. Wir brauchen Rahmenbedingungen, die deutlich machen, dass Controlling
ein unverzichtbarer Bestandteil ist. Wir müssen in den
Infrastrukturbereichen - insbesondere im Bereich der
Verkehrsinfrastruktur - neue Möglichkeiten eröffnen.
Wir brauchen eine unabhängige Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft, in die wir stetig Mittel einfließen lassen, über die dann im Rahmen ständiger, investiver Arbeit verfügt werden kann. Ich glaube, dass das
absolut notwendig ist.
Ich glaube auch, dass wir hier zusätzliche Aspekte erarbeiten müssen, um zu sehen, wie wir in den Bereichen,
die Sie angesprochen haben, aufklären und Vertrauen
schaffen können. Dabei müssen wir auch die Rahmenbedingungen, die unsere Haushälter setzen, mit berücksichtigen. Gleichzeitig dürfen wir die Dinge aber nicht
Dr. Klaus W. Lippold ({9})
überall so lassen, wie sie sind. Nein, hier brauchen wir
Änderungen.
Ich bitte Sie deshalb noch einmal, unseren Antrag
sehr sorgfältig danach durchzusehen, wo und wie wir zusammenkommen können. Wenn Sie Ihre Bereitschaft erkennen lassen, auf die Positionen einzugehen, die wir im
Antrag vorgeschlagen haben - das berührt zum Teil den
Gesetzentwurf, zum Teil aber auch Formulierungen, die
ergänzend zum Gesetzentwurf gestaltet werden können -,
dann sichern wir Ihnen zu, dass wir dieses konstruktiv
prüfen, ähnlich wie wir auch im Bereich des Energiewirtschaftsgesetzes deutlich gemacht haben, dass wir
eine konstruktive Opposition sind und dass wir überall
dort, wo es um Beschäftigung und Wachstum geht, versuchen, mit Ihnen so weit zusammenzuarbeiten, dass die
Dinge weiterlaufen können. Ich glaube, dass wir dann zu
einem Ergebnis kommen und dass dieses Ergebnis nicht
nur im Interesse vieler Firmen, sondern auch im Interesse der Beschäftigten liegen wird, die hinter diesen
Firmen stehen.
Ich habe neulich an Tagungen von baugewerblichen
Unternehmen teilgenommen. Denen steht das Wasser bis
zum Hals. Wenn wir diese Wege jetzt nicht bereiten und
neu öffnen, dann, so glaube ich, werden wir eine Fülle
von Unternehmenspleiten zusätzlich zu den von Ihnen
jetzt erreichten Rekorden erleben. Diese Pleiten müssen
wir verhindern. In diesem Sinne kann das Ganze ein Instrument sein.
Ich hoffe auf eine gute und konstruktive Zusammenarbeit in den anstehenden Beratungen und darauf, dass
wir zu einem Ergebnis kommen, das den arbeitslosen
Bürgern weiterhilft und ihnen wirklich etwas an die
Hand gibt.
Herzlichen Dank.
({10})
Das Wort hat die Kollegin Jutta Krüger-Jacob, Bündnis 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
ÖPP haben sich weltweit, insbesondere im Hochbau und
Infrastrukturbereich, etabliert. Die internationalen Erfahrungen zeigen, dass ÖPP ein neuer und oft kostengünstigerer Weg sein können, um öffentliche Güter und Leistungen bereitzustellen. ÖPP stehen auch für einen
modernen Staat, den wir alle anstreben, der bestimmte
Teilbereiche seiner öffentlichen Leistungen quasi
outsourcet.
Ein Vorteil besteht darin, dass durch die Einbindung
Privater, insbesondere auch solcher vor Ort, eine marktnähere Bewertung von Leistungen und damit eine erhöhte Markttransparenz und Kostenreduktion erreicht
werden kann. Mit ÖPP geht der Trend dahin, dass die
Nutzer öffentlicher Güter Gebühren für die Inanspruchnahme zahlen, zum Beispiel bei Brücken und Tunneln.
Dies ermöglicht eine fairere Anteilhabe der Nutzer einer
Straße oder einer öffentlichen Einrichtung an deren
Finanzierung.
Die positiven Erfahrungen zeigen Einsparpotenziale von bis zu 20 Prozent. Im Durchschnitt gesehen
sind 8 Prozent an Einsparpotenzial im Vergleich zur öffentlichen Bereitstellung gegeben. Das sind Beträge, auf
die wir nicht verzichten können. Allerdings muss man
auch berücksichtigen, dass es eine Garantie für diese
Einsparziele nicht gibt und der Einsatz von Fall zu Fall
geprüft werden muss. Angesichts knapper öffentlicher
Mittel und des enormen Investitionsbedarfs - die Zahl
von 700 Milliarden Euro für den kommunalen Bereich
in diesem Jahrzehnt ist schon genannt worden - sind wir
auf neue Finanzierungsinstrumente abseits einer einfachen Kreditaufnahme dringend angewiesen. Wo notwendige Sanierungen wegen leerer Kassen und hoher Investitionskosten nicht angegangen werden, bieten ÖPP gute
Ansätze, Investitionen kostengünstig anzuschieben.
In Deutschland gewinnen ÖPP aus den eben ausgeführten Gründen zunehmend an Bedeutung. Die dabei in
der Praxis auftretenden Schwierigkeiten und Hemmnisse
wollen wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf - hoffentlich gemeinsam - beseitigen.
({0})
Da aber - so ehrlich müssen wir sein und sind es offensichtlich auch - ÖPP kein Allheilmittel sind, werden
hohe Anforderungen an die Entscheidungsträger in
den Kommunen und Ländern gestellt. Zu einer verantwortungsvollen Politik gehört aber auch, zu erkennen
- hier sind wir uns, so habe ich die Ausführungen zumindest verstanden, einig -, dass ÖPP nicht uneingeschränkt angewendet werden können. Bei Schulen und
Verwaltungsgebäuden sind zwar die Erstellung, Sanierung und der gebäudetechnische Betrieb an Private übertragbar, aber eben nicht das Betreiben selbst.
Klar ist, dass vor der Entscheidung für ÖPP projektspezifisch ein Kostenvergleich stattfinden muss, insbesondere im Hinblick auf die langfristigen finanziellen
Verpflichtungen. Wir versprechen uns von einem verantwortungsvollen und verstärkten Einsatz von ÖPP vielfältige Vorteile: Die Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitiker
sehen Investitionen, Arbeitsplätze und höhere Effizienz,
die Haushälter Entlastungen für die öffentlichen Haushalte, die Verkehrspolitiker die zusätzlichen Investitionsmöglichkeiten für Straßen, die Bildungspolitiker für
Schulen, die Umweltpolitiker für den Bereich der Energieeffizienz.
ÖPP sind unstreitig eine innovative Finanzierungsform für die staatlichen Gebietskörperschaften. Der vorliegende Gesetzentwurf bietet einen gelungenen Ansatz,
Hemmnisse für ÖPP im Sinne einer effizienten öffentlichen Leistungserstellung aus dem Weg zu räumen. Wir
Grüne wollen einen verantwortungsvollen Einsatz von
ÖPP. Es muss klar sein, dass diese nur unter bestimmten
Bedingungen ihre volle Wirkkraft entfalten können.
Ein ganz wichtiger Prüfstein ist dabei der Refinanzierungsbereich. Solange sich für ÖPP-Projekte kein Markt
gebildet hat, solange keine standardisierten Bewertungskriterien entwickelt wurden, so lange macht es aus unserer Sicht keinen Sinn, die Refinanzierung über Vehikel
zu organisieren, die auf genau solche Merkmale eines
etablierten Marktes angewiesen sind. Aus Gründen des
Anlegerschutzes dürfen Finanzierungsrisiken auf keinen
Fall einseitig auf Kleinanleger übertragen werden.
Transparente und auf Solidarität bedachte Regeln im Bereich der Refinanzierung liegen gleichzeitig auch im Interesse der Projektbetreiber von ÖPP.
Außerdem gilt es auch darauf zu achten, dass im Bereich des Gebühren- und Vergaberechts nicht Regelungen implementiert werden, die nicht zu optimalen
Ergebnissen führen können, beispielsweise weil die Regelungen unnötig kompliziert ausgestaltet werden. Wir
sollten unbedingt verhindern, dass dadurch Kostenrisiken auf die Nutzer von ÖPP-Projekten abgewälzt werden können. Wir werden uns in den noch ausstehenden
Beratungen dafür einsetzen, dass diese Punkte klar im
Gesetz geregelt werden. Wir begrüßen - das möchte ich
an dieser Stelle betonen - ausdrücklich den verantwortungsvollen, an Effizienz ausgerichteten Einsatz von
ÖPP, da unserer Meinung nach diese in Zeiten begrenzter Haushaltsmittel die Chance bieten, sinnvolle Investitionen anzustoßen, Infrastrukturen und öffentliche Leistungen zu modernisieren und gleichzeitig - das sollten
wir alle anstreben - dauerhaft Arbeitsplätze in Deutschland zu schaffen.
Danke schön.
({1})
Das Wort hat der Kollege Horst Friedrich, FDP-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Herr Kollege Bürsch hat erklärt, dass der vorgelegte Gesetzentwurf ein wesentlicher Schritt nach vorne sei. Er
hat aufgezeigt, welche Möglichkeiten das ÖPP-Gesetz
eröffnet. Daran muss man dann auch die Messlatte für
die Details dieses Gesetzentwurfs anlegen. Man muss
hinterfragen, ob er tatsächlich die Problemstarre und das
Investitionshemmnis, die Sie erwähnt haben, beseitigt.
Geht man ins Detail, dann wird man sehen, dass der
Entwurf des ÖPP-Gesetzes alles andere als ein großer
Wurf ist. Man kann in der Summe sagen: Er macht zumindest nichts kaputt und deswegen werden wir ihm
auch zustimmen; denn einige wichtige Schritte sind damit in die richtige Richtung gemacht worden. Das Gesetz wird aber erkennbar nicht den großen Run der privaten Investoren auslösen und nicht den Durchbruch
bringen.
({0})
Man muss aus zwei Gründen zwischen dem Hochbau
auf kommunaler Seite und dem Verkehrswegebau
unterscheiden. Der eine Grund besteht in den Investitionsvolumina. Auf der einen Seite reden wir über zwei,
drei, vier oder fünf Millionen Euro - das ist in aller Regel kein Problem -, auf der anderen Seite bewegen wir
uns beim Verkehrswegebau in Größenordnungen von 20,
30, 40, 50 oder 100 Millionen Euro oder sogar noch
mehr.
Da beginnen die Probleme, was die Ausschreibungsbedingungen angeht, was die Finanzierungsmöglichkeiten angeht und was die Regeln angeht, die Sie selbst mit
Ihrer Mehrheit bei den von Ihnen auszulobenden so genannten A-Modellen, also beim Anbau weiterer Fahrspuren an bestehende Autobahnen durch Private, vorgeben. Nach dem, was ich weiß, ist aufgrund Ihrer
Vorgaben der deutsche Mittelstand von diesen Verfahren aus zwei Gründen faktisch ausgeschlossen. Das betrifft zum einen die Finanzierungssituation und zum anderen den Nachweis der praktischen Erfahrungen mit
solchen Modellen. Wie kann man in Deutschland in der
Ausschreibung den Nachweis praktischer Erfahrungen
mit solchen Modellen verlangen, wenn es sie bisher
überhaupt nicht gegeben hat? Diejenigen, die überhaupt
in der Lage sind, so etwas vorzulegen, sind die großen
Baumultis, die international arbeiten, die in anderen
Ländern diese Projekte durchziehen - Sie haben das ja
schon richtigerweise genannt - und die seit langer Zeit
Erfahrung haben. Die können das machen. Selbst wenn
man noch so eindringlich fordert, dass darauf geachtet
werden muss, dass der Mittelstand entsprechende Bedingungen erhält - wenn man das nicht umsetzt, was man
selber kann, dann ist ein gewisses Misstrauen bei der
Gesetzgebung angebracht. Das ist das eine Thema.
Das zweite Thema, auf das ich hinaus will, ist folgendes: Sie haben schon nach sieben Jahren erkannt, dass
ein Gesetz, nämlich das Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz, das im Übrigen aus dem Jahr 1994 stammt
und von der Union und der FDP damals gegen Ihre Stimmen umgesetzt worden ist, an zwei Stellen wichtige
Veränderungen braucht. Die Praxiserfahrung mit den
ersten zwei Projekten, nämlich der Warnowquerung in
Rostock und der Travequerung in Lübeck, zeigt, dass es
nicht ausreicht, wie bisher ausschließlich eine öffentlichrechtliche Gebühr zu verlangen, sondern dass man zumindest die Wahlmöglichkeit schaffen muss, ein privatrechtliches Entgelt zu verlangen, weil man damit mehr
Spielraum hat. Ich habe die Hoffnung, dass damit wenigstens eine Chance zur besseren Finanzierung der
Warnowquerung besteht.
Aber wenn Sie das Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz nicht ausweiten und konsequent über das hinaus ausdehnen, was zum Zeitpunkt der Gesetzgebung
möglich war - seinerzeit waren die Möglichkeiten begrenzt, weil es in Europa eine LKW-Vignette für die Autobahnbenutzung gab und deshalb aus europarechtlichen
Gründen andere Finanzierungsinstrumente begrenzt einsetzbar waren -, dann werden Sie den großen Schub für
die deutsche Bauindustrie und ein Aufholen des Rückstands nicht auslösen.
Horst Friedrich ({1})
Was bedeutet denn das A-Modell derzeit? Sie refinanzieren die Kosten für den Erbringer der Bauleistung
zu maximal 50 Prozent über die Abtretung der LKWMauteinnahmen. Das Geld steht dann an anderer Stelle
nicht mehr für Bauinvestitionen zur Verfügung. Die übrigen maximal 50 Prozent werden durch klassische
Staatsfinanzierung aufgebracht. Da aber die Mittel für
den Baubereich nicht erhöht worden sind, müssen sie an
anderer Stelle weggenommen werden.
Was Sie erreichen, ist bestenfalls - wenn überhaupt ein kurzfristiger Auftrieb,
({2})
aber spätestens nach zwei Jahren gibt es an einer anderen
Stelle einen Einbruch, weil andere Projekte, deren Finanzierung Sie versäumen, nicht angegangen werden.
Deshalb bleiben wir bei unserer Reihenfolge. Grundsätzlich hat für uns Vorrang, mögliche Privatisierungen
richtig durchzuführen. Wenn Privatisierungen nicht
möglich sind, müssen öffentlich-private Partnerschaften
an der Risikoverteilung, an ihrem Nutzen und an den damit verbundenen Chancen für den Mittelstand gemessen
werden. Erst dann ist gegebenenfalls die Umsetzung
möglich. Es ist völlig unstrittig, dass Plan, Bau, Betrieb
und Finanzierung von Verkehrswegen in privater Hand
besser ausgeführt werden können.
Alles in allem werden wir dem Gesetzentwurf zustimmen, weil er, wie gesagt, unschädlich ist. Aber er reicht
bei weitem nicht aus, um die in ihn gesetzten Erwartungen zu erfüllen.
Danke schön.
({3})
Nächste Rednerin ist die Kollegin Margrit Wetzel,
SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Lieber Herr Friedrich, in einem haben Sie nicht Recht.
Bei der Ausschreibung zum Ausbau der A 8 in Bayern
haben sich auch Arbeitsgemeinschaften von Mittelständlern beteiligt. Das zeigt, dass das auch nach bisherigem
Recht durchaus möglich ist.
Nichtsdestotrotz wollen wir die Bedingungen verändern und verbessern. Das ist keine Frage. Darin besteht
auch völlige Übereinstimmung mit den betroffenen
Wirtschaftsbereichen. Ich darf an dieser Stelle darauf
hinweisen, wie der Gesetzentwurf entstanden ist. Denn
auch die Entstehung ist bisher einmalig in unserer Parlamentsgeschichte.
Wir haben mit Beratern aus allen betroffenen Wirtschaftsbereichen zusammengesessen, die mit Planung,
Entwicklung, Bau, Betrieb und Finanzierung, aber gegebenenfalls auch mit Klagen im Zusammenhang mit Projekten zu tun haben. Das heißt, wir haben das gesamte
Praxiswissen mit der in den Ministerien vorhandenen
Kompetenz zusammengebracht und dann als Parlamentarier entschieden, wie wir das Gesetz verbessern wollen.
Insofern kann man sagen: Eigentlich ist schon der Gesetzentwurf in einer - wenn auch etwas eigenwilligen Form von öffentlich-privater Partnerschaft zustande gekommen. Das ist für mich ein Grund zur Freude.
Als Verkehrspolitikerin freue ich mich aber auch darüber, dass wir das Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz jetzt angehen. Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass es 1994 von der damaligen Koalition aus
CDU/CSU und FDP ins Leben gerufen wurde. Es hatte,
weil es um eine völlig neue Form der Finanzierung ging,
mit der man noch keine Erfahrung hatte, zunächst einige
Kinderkrankheiten. Das ist kein Vorwurf, sondern eine
Tatsache. Wir haben 2003 einige dieser Kinderkrankheiten geheilt und versprochen, dass wir als Verkehrspolitiker in dieser Legislaturperiode noch einmal versuchen
werden, dieses Gesetz zu optimieren.
Ich glaube, wir sind einen großen Schritt vorangekommen. Wir wissen, dass das Interesse an der privaten
Finanzierung von Tunneln und Brücken immer noch
ziemlich gering ist. Beim Ausbau von Autobahnen ist
die private Finanzierung stärker gefragt.
Trotzdem müssen wir Anreize bieten, um öffentlichprivate Partnerschaften attraktiver zu machen. Dabei
geht es nicht nur um die Mobilisierung privaten Kapitals
für die öffentliche Infrastruktur, sondern auch um die
Beschleunigung der Vorhaben und eine höhere Effizienz. Denn wenn jeder das einbringt, was er besser,
schneller oder günstiger kann als der jeweils andere,
dann haben alle Seiten einen Vorteil davon. Das Gleiche
gilt für die Verteilung der Risiken, die immer derjenige
übernehmen sollte, der sie besser minimieren oder beherrschen kann.
Das heißt, der Vorteil liegt nicht nur auf der Seite der
privaten und öffentlichen Vertragspartner, sondern auch
bei den zukünftigen Nutzern der Projekte - das gilt speziell für Verkehrsprojekte -, weil durch ÖPP-Projektgesellschaften Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen schneller
realisiert werden können.
Ein Wirtschaftlichkeitsvergleich, wie ihn die CDU/
CSU in ihrem Antrag sehr dezidiert fordert, ist für uns
ganz selbstverständlich. Wir wissen, dass die Betreiber
von Warnowquerung und Travequerung - Herr Friedrich
hat das schon erwähnt - seit langem das Wegkommen
von der Mautgebührenverordnung verlangen. Nichtsdestotrotz muss man festhalten, dass mit dieser Verordnung diese ÖPPs sehr wohl möglich waren und dass
de facto keine große inhaltliche Veränderung erfolgt,
egal ob es eine öffentlich-rechtliche Gebühr oder ein privates Entgelt gibt. Wir eröffnen trotzdem eine Wahlmöglichkeit, damit der Betreiber selbst die Vor- und Nachteile - diese sind auf beiden Seiten vorhanden - abwägen
und dann auswählen kann. Das ist nur recht und billig;
wir halten das für richtig.
An die Stelle der Mautgebührenverordnung wird dann
eine Tarifgenehmigung als Verwaltungsakt treten. Der
Genehmigungsbescheid wird auf Antrag des Betreibers
festgesetzt. Das heißt, er hat ein einklagbares Recht
darauf und damit - das ist in psychologischer Hinsicht
wahrscheinlich viel wichtiger - das Heft des Handelns in
der Hand. Anträge bezüglich der Mautgebührenverordnung kann er zwar bereits jetzt stellen; aber vielleicht ist
der andere Weg den Betreibern sympathischer. Dann sollen sie ihn auch wählen dürfen.
Wichtig ist jeweils der faire Risikotransfer auf denjenigen der beiden Partner, der die Risiken am besten abwettern kann, aber bezogen auf den gesamten Lebenszyklus der Projekte. Bei Verkehrsinfrastrukturprojekten
ist zweifellos von einer Laufzeit von 25 Jahren oder vielleicht sogar 30 Jahren auszugehen. Für die Betreiber ist
es sicherlich interessant, dass sie in verkehrsarmen Zeiten günstigere Tarife anbieten können, damit die Nutzung der Straßen effizienter ist. Das wiederum ist reizvoll für diejenigen, die Maut zahlen müssen; denn dann
kostet es weniger. Man kann das Interesse der Nutzer an
einer neuen verkehrlichen Alternative erhöhen, indem
man in den ersten Jahren eine relativ niedrige Maut erhebt. Das alles rechnet sich dann über die Laufzeit des
Projektes. Die Betreiber der Infrastrukturprojekte haben
also mehr Anreizmöglichkeiten. Wir hoffen, dass die Attraktivität der Projekte deutlich steigen wird.
Es ist völlig klar, dass die Maßstäbe für die Berechnung einer öffentlich-rechtlichen Gebühr und eines privaten Entgelts gleich sein müssen. Das wollen wir im
Gesetz festlegen. Die Kompetenz für die Tarifgenehmigung soll an die obersten Landesstraßenbaubehörden gegeben werden. Das heißt, die Länder bleiben hier Auftragsverwalter des Bundes. Der Bund muss natürlich
zustimmen. Wir stellen ergänzend zur bisher festgelegten angemessenen Eigenkapitalverzinsung klar - das
hatten Sie schon in Ihrem ursprünglichen Entwurf eines
Fernstraßenfinanzierungsgesetzes vorgesehen -, dass es
eine Betrachtung über den gesamten Konzessionszeitraum geben muss. Damit hat der Betreiber die Sicherheit, die er für die Kalkulation seiner Tarife braucht. Das
kann für ihn nur gut sein.
Herr Friedrich und Herr Lippold - ich sehe ihn im
Moment nicht mehr; das ist auch egal -, was den Mittelstand betrifft, das werden wir im Zuge der Beratungen
noch klären.
({0})
- Es stimmt, er war die ganze Zeit da. Das war kein Vorwurf, Herr Hinsken. Im Gegenteil: Ich freue mich, dass
Sie Kooperationsbereitschaft signalisiert haben. Ich
wollte ihm gerade entgegenkommen; das war es schon.
Wir sind durchaus kooperations- und beratungsbereit,
wenn es darum geht, das Ganze gegebenenfalls durch
kleine Änderungen mittelstandsfreundlicher zu machen,
gar keine Frage. Wir sind der Meinung, dass durch den
Verzicht auf gesetzliche Eigenleistungsquoten im Vergaberecht der Kreis der potenziellen Bieter erweitert wird.
Wir wollen ganz bewusst die Projektfinanzierung durch
institutionelle Kapitalgeber erleichtern. Wir versprechen
uns davon, dass solche Projekte dann auch für kleine und
mittlere Unternehmen interessanter sind.
Wir haben in Übereinstimmung mit Ihrem Antrag den
europarechtlich bevorzugten wettbewerblichen Dialog
in unserem Gesetzentwurf aufgenommen. Das alles ist
mit der Bauwirtschaft und der Finanzwirtschaft einvernehmlich besprochen. Das ist in der Praxis handhabbar;
das halten wir für wichtig. Ihre Forderung nach Einrichtung eines Infrastrukturfonds nehmen wir ebenfalls auf.
Offene Immobilien- und Sondervermögen sowie Investmentaktiengesellschaften sollen sich unter festgelegten
Modalitäten an ÖPP-Projekten - das ist wichtig - in der
risikoarmen Betreiberphase beteiligen können. Wir denken, dass das ein optimaler Weg ist, um diese Projekte
für alle attraktiv zu machen.
Wir hoffen, dass Sie unserem Gesetzentwurf zustimmen, nachdem wir über ihn gemeinsam beraten haben,
dass wir daraus ein gemeinsames Projekt machen; denn
es ist mit Sicherheit ein wichtiger Schritt in die richtige
Richtung. Das lässt uns Spielraum für spätere Optimierungen, wenn wir entsprechende Erfahrungen damit gesammelt haben.
Wir vertrauen darauf, dass die Wirtschaft, die uns beraten hat, sehr genau weiß, was möglich ist und was
nicht möglich ist. Wir laden Sie gern ein, in der Zielgeraden auf unseren rot-grünen Zug mit aufzuspringen und
einen rot-grün-gelb-schwarzen Zug daraus zu machen.
Herzlichen Dank.
({1})
Nächster Redner ist der Kollege Christian von
Stetten, CDU/CSU-Fraktion.
({0})
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Unser stellvertretender Fraktionsvorsitzender
Dr. Lippold hat den Antrag der CDU/CSU zum Thema
PPP vorgestellt und Sie, Herr Dr. Bürsch, haben den rotgrünen Gesetzentwurf zum Thema ÖPP in den Bundestag eingebracht. Das sind zwei unterschiedliche Abkürzungen, die aber die gleichen Finanzierungs- und Betreibermodelle beschreiben.
Ich denke, es lohnt sich wirklich - die Vorredner haben auch schon darauf aufmerksam gemacht -, dass wir
gemeinsam beide Initiativen auf Gemeinsamkeiten untersuchen und vielleicht doch zu einer zügigen Beratung
kommen. Ich glaube, wir alle wollen Zeit- und Bürokratiekosten, welche der Realisierung von PPP-Modellen
im Wege stehen, ja möglichst umfassend alle Hemmnisse, auch die, die im Steuerrecht noch auf uns warten,
zügig gemeinsam beseitigen.
({0})
Auch der Gesetzentwurf von Rot-Grün geht in diese
Richtung. Er wird von uns genauestens geprüft; denn
nicht nur der Staat braucht PPP-Modelle, sondern auch
im Interesse unserer Wirtschaft müssen wir dringend
eine PPP-Offensive in Gang setzen.
In dieser Woche hören wir wieder die Horrorzahlen
von monatlich 3 000 Unternehmensinsolvenzen und von
wegbrechenden Steuereinnahmen. Unser Wirtschaftswachstum ist von prognostizierten 1,6 Prozent auf
0,8 Prozent weggebrochen, beträgt also nur noch die
Hälfte von dem, was wir und vor allem unsere Unternehmen brauchen.
Auch wenn wir uns im Ziel einig sind, gestatten Sie
mir eine Zwischenbemerkung. Wenn im Wahlkampf
jetzt langsam wieder der Klassenkampf gepredigt wird,
wenn angebliche Milliardengewinne der deutschen Wirtschaft umverteilt werden sollen, dann ist das eben nur
die halbe Wahrheit. Natürlich haben wir Betriebe, die
Milliardengewinne machen. Gott sei Dank, haben wir sie
noch. Aber das sind die Betriebe, die im Ausland investieren, übrigens gerade in PPP-Modelle im Ausland. Das
sind die Betriebe, die weltweit aktiv sind. Ich sage immer: Das sind die Betriebe, die sich ihre Regierungen
aussuchen können, die dort hingehen, wo Regierungen
die Rahmenbedingungen schaffen, damit sich Investitionen noch lohnen.
Wir wollen aber, dass die Firmen hier bleiben. Wir
wollen, dass sie hier investieren. Wir wollen, dass die
Arbeitsplätze hier geschaffen werden. Deshalb ist die
von Ihnen und uns gemeinsam verfolgte Initiative so
wichtig. Wir müssen die Rahmenbedingungen in
Deutschland verbessern.
({1})
Es wurde auch schon angesprochen, dass PPP kein
Allheilmittel ist. Damit sind nicht alle wirtschaftlichen
und fiskalischen Probleme lösbar. Ich freue mich aber,
dass sich in allen Fraktionen die Erkenntnis durchgesetzt
hat, dass der Staat nicht alles selber machen muss. Wir
haben im Gegenteil gelernt: Die Privaten können es in
der Regel besser und billiger. Deswegen muss unser
Land freier werden. Wir brauchen Vorrang für privatwirtschaftliches Handeln und da, wo bürokratische,
vergaberechtliche und steuerrechtliche Vorschriften eine
Kooperation zwischen der öffentlichen Hand und einem
privaten Investor oder, was mir noch viel wichtiger ist,
zwischen der öffentlichen Hand und einem privaten Betreiber behindern, müssen wir als Gesetzgeber tätig werden und die Rahmenbedingungen schnellstens verändern.
Wenn Sie und wir in den nächsten Tagen nach gemeinsamer Prüfung zu einem gemeinsamen Ergebnis
kommen, wenn wir den Mittelstand - das ist uns besonders wichtig - mit ins Boot nehmen können, sodass auch
der Mittelstand von diesen Maßnahmen profitieren kann,
dann sollten wir unserem Land zuliebe den Gesetzentwurf eventuell ergänzen und ihn gemeinsam verabschieden, auch wenn aufgrund der angekündigten Vertrauensfrage die Zeit wirklich knapp ist. Vielleicht gelingt es
uns in der nächsten Sitzungswoche, beim Thema PPP
oder ÖPP die letzte gemeinsame Initiative vor dem Ende
der rot-grünen Regierung zu verabschieden.
Herzlichen Dank.
({2})
Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Ernst
Hinsken, CDU/CSU-Fraktion.
({0})
Verehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und
Kollegen! Der Grundsatz von CDU und CSU lautet: So
viel privat wie möglich und nur so viel Staat wie unbedingt erforderlich.
({0})
Deshalb setzt die Union auf PPP.
Wenn Helmut Schmidt genauso gedacht hat, hat er
richtig gedacht.
({1})
Ich nehme das gerne auf. Wichtig ist mir nur, dass Sie
bereit sind, mitzumachen und das zu beherzigen, was
Helmut Schmidt einmal gesagt hat. Das ist nämlich nicht
immer der Fall.
({2})
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen
verstärkt privates Kapital, weil die Kassen des Staates
leer sind.
({3})
Wenn PPP richtig gemacht wird, werden erstens die öffentlichen Haushalte entlastet, wird zweitens die Staatsquote zurückgeführt und drittens der Standort Deutschland verbessert, werden viertens kurz- und mittelfristig
dringend erforderliche Wachstums- und Beschäftigungsimpulse geschaffen und fünftens mehrere Milliarden
Euro privates Kapital mobilisiert.
Was sich in anderen Ländern bewährt hat, sollte auch
bei uns gemacht werden. Die Erfahrungen aus dem
Ausland zeigen, dass mit PPP Infrastrukturprojekte
schneller und kostengünstiger realisiert werden. Hier
können wir lernen. Spitzenreiter in Europa bei PPP ist
Großbritannien. Dort gibt es bereits mehr als 600 Projekte im Gesamtwert von knapp 58 Milliarden Euro; das
sind rund 12 Prozent der Gesamtinvestitionen der öffentlichen Hand dieses Landes. Die Effizienzgewinne sind
enorm und im ganzen Land zu sehen: Straßen, Brücken,
Schulen, Büros und Krankenhäuser, aber auch Bereiche
wie der soziale Wohnungsbau, die Luftraumüberwachung und vieles mehr werden über PPP abgewickelt.
Nicht verschweigen will ich, dass einige Länder wie
Österreich, Spanien, Portugal und Griechenland in der
Startphase Probleme hatten. Doch im Gegensatz zu unserer Bundesregierung haben diese Regierungen den
Kopf nicht in den Sand gesteckt. Dort wurde weitergemacht.
({4})
Leider hat unsere Bundesregierung jahrelang erforderliches Handeln verschleppt.
({5})
Außer der Auftragserteilung für ein Gutachten, dessen
Ergebnisse seit 2003 vorliegen, hat sie nichts getan. Jetzt
wird noch schnell ein ÖPP-Beschleunigungsgesetz angekündigt.
Es ist doch schlimm, was Sie machen: Sie fahren den
Investitionsanteil des Bundeshaushaltes immer weiter
zurück und puschen Alternativen nicht nach vorn. Vor
allem bei der Verkehrsinfrastruktur und beim öffentlichen Hochbau macht sich der finanzielle Engpass bereits
standortschädigend bemerkbar; die Kollegen Friedrich
und von Stetten haben bereits darauf verwiesen. Es ist
deshalb dringend erforderlich, sämtliche Rahmenbedingungen für PPP-Projekte zu verbessern und Hemmnisse
abzubauen.
Wir wollen staatliches Handeln zunehmend auf die
Kernaufgaben konzentrieren. Es sollen mehr Aufgaben
durch private Unternehmen erledigt werden. Dadurch
werden dringend notwendige Arbeitplätze geschaffen;
zudem wird die Infrastruktur verbessert. Unser Motto
lautet: Mittelstand und PPP gehören zusammen. Da
sind wir gar nicht so weit auseinander, Kollege
Friedrich. Das hohe Innovationspotenzial des Mittelstandes muss so weit wie möglich in PPP-Projekte integriert
werden.
({6})
- Das sieht auch der mittelstandspolitische Sprecher der
CDU/CSU-Fraktion, Herr Schauerte, so; er klatscht hier
sehr intensiv.
({7})
Unabhängig von einer Beteiligung auf der Nachunternehmerebene müssen mittelständische Unternehmen und
Handwerksbetriebe als direkter Partner an solchen Projekten beteiligt werden.
({8})
Hierfür sind die Rahmenbedingungen zu verbessern.
Schließen wir uns doch zusammen! Bewältigen wir
diese Probleme gemeinsam!
Für PPP gibt es ein breites Einsatzspektrum: Verkehrsinfrastruktur, öffentlicher Hochbau und viele andere Bereiche wie die Telekommunikation, die ich hier
besonders erwähnen möchte. Das ist doch interessant
- ich möchte einen kurzen Blick auf das werfen, was wir
in der Bundesrepublik Deutschland zu verzeichnen haben -: In Deutschland wurden bei der Ausschreibung
und Vergabe der ersten echten PPP-Schulprojekte in Offenbach, Monheim und Frechen die Effizienzvorteile gegenüber einer konventionellen Realisierung zwischen
10 und 19 Prozent beziffert. Das hört sich doch gut an.
Dem kann man nacheifern. Das ist meiner Meinung nach
richtungsweisend.
Ich meine deshalb, uns allen zurufen zu müssen: Weitere Schritte müssen gewagt werden, und zwar möglichst
schnell, nicht erst dann, wenn wieder Jahre vergangen
sind. Das können wir uns vor dem Hintergrund der vielen Arbeitslosen, die darauf warten, einen Arbeitsplatz
zu bekommen, nicht leisten, zumal durch einen solchen
Einsatz von Mitteln auch die Infrastruktur in der ganzen
Republik verbessert wird.
({9})
Schnelles Handeln ist deshalb ein Gebot der Stunde. Sie
dürfen überzeugt sein, verehrte Kolleginnen und Kollegen auf der linken Seite: Wir machen mit. Wir wollen
das Notwendige nach vorn treiben, damit sich PPP entfalten kann.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
({10})
Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 15/5668 - Tagesordnungspunkt 12 a - an
die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse, an
den Haushaltsausschuss jedoch nicht gemäß § 96 der
Geschäftsordnung, vorgeschlagen. Die Vorlage auf
Drucksache 15/5676 - Tagesordnungspunkt 12 b - soll
zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Ver-
kehr, Bau- und Wohnungswesen sowie zur Mitberatung
an den Innenausschuss, den Rechtsausschuss, den Fi-
nanzausschuss, den Haushaltsausschuss, den Ausschuss
für Wirtschaft und Arbeit, den Ausschuss für Verbrau-
cherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, den Verteidi-
gungsausschuss, den Ausschuss für Bildung, Forschung
und Technikfolgenabschätzung sowie an den Ausschuss
für Kultur und Medien überwiesen werden. Sind Sie da-
mit einverstanden? - Das ist der Fall. Dann sind die
Überweisungen so beschlossen.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 13 a bis 13 k auf:
a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verbraucherschutz,
Ernährung und Landwirtschaft ({0})
zu dem Antrag der Abgeordneten Gerda
Hasselfeldt, Peter H. Carstensen ({1}),
Marlene Mortler, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der CDU/CSU
Ländliche Räume durch eine moderne und innovative Landwirtschaft stärken und damit
Arbeitsplätze sichern
- Drucksachen 15/5249, 15/5647 Berichterstattung:
Abgeordnete Waltraud Wolff ({2})
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Marlene Mortler
Friedrich Ostendorff
b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verbraucherschutz,
Ernährung und Landwirtschaft ({3})
zu dem Antrag der Abgeordneten Marlene
Mortler, Peter H. Carstensen ({4}), Gerda
Hasselfeldt, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der CDU/CSU
Das deutsche Biosiegel erfolgreich umsetzen
- Drucksachen 15/4840, 15/5645 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Gustav Herzog
Marlene Mortler
Friedrich Ostendorff
c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verbraucherschutz,
Ernährung und Landwirtschaft ({5})
zu dem Antrag der Abgeordneten Gitta
Connemann, Marlene Mortler, Ursula Heinen,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU
Mehr Verbraucherschutz durch eindeutigere
Kennzeichnung und sendungsbezogene Rück-
standsuntersuchungen von Geflügelfleischim-
porten in die EU aus Drittländern
- Drucksachen 15/5247, 15/5646 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Manfred Helmut Zöllmer
Gitta Connemann
Ulrike Höfken
d) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit ({6})
- zu dem Antrag der Abgeordneten Gitta
Connemann, Dr. Peter Jahr, Peter H.
Carstensen ({7}), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
Projekt des Umweltbundesamtes zur so genannten unangekündigten Feldbeobachtung endgültig stoppen
- zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Christel
Happach-Kasan, Hans-Michael Goldmann,
Dr. Volker Wissing, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der FDP
Verdeckte und unangekündigte Feldbeobachtung durch Umweltbundesamt ({8})
stoppen
- Drucksachen 15/4935, 15/5033, 15/5526 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Gabriele Lösekrug-Möller
Helmut Lamp
Winfried Hermann
Angelika Brunkhorst
e) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verbraucherschutz,
Ernährung und Landwirtschaft ({9})
zu dem Antrag der Abgeordneten Hans-Michael
Goldmann, Dr. Christel Happach-Kasan,
Dr. Volker Wissing, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der FDP
Agrarischen Veredlungsstandort Deutschland
stärken - Bürokratie abbauen und Rahmenbe-
dingungen verbessern
- Drucksachen 15/3103, 15/4409 -
Berichterstattung:
Abgeordnte Dr. Wilhelm Priesmeier
Gitta Connemann
Friedrich Ostendorff
f) Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundstückverkehrsgesetzes und
des Landpachtverkehrsgesetzes
- Drucksache 15/4535 ({10})
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft ({11})
- Drucksache 15/5613 -
Berichterstattung:
Abgeordnte Elvira Drobinski-Weiß
Kurt Segner
Friedrich Ostendorff
g) Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat
eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur
Änderung des Gesetzes über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“
- Drucksache 15/4113 ({12})
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft ({13})
- Drucksache 15/4544 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Holger Ortel
Bernhard Schulte-Drüggelte
Friedrich Ostendorff
h) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Christel Happach-Kasan, Hans-Michael
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Goldmann, Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
EU-Nitratrichtlinie in nationales Recht umsetzen - Wettbewerbsnachteile für heimische
Landwirte durch Düngeverordnung verhindern
- Drucksache 15/4432 Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft ({14})
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
i) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Agrarpolitischer Bericht 2005 der Bundesregierung
- Drucksache 15/4801 Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft ({15})
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss
j) Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten
Dr. Christel Happach-Kasan, Hans-Michael
Goldmann, Angelika Brunkhorst, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion der FDP
Weichenstellungen der Bundesregierung im
Düngemittelrecht zur Verwertung von Sekun-
därrohstoffen in der Landwirtschaft und ihre
Folgen für die Kreislaufwirtschaft
- Drucksachen 15/1627, 15/2535 -
k) Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten
Hans-Michael Goldmann, Dr. Christel HappachKasan, Jürgen Türk, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der FDP
Situation der Landwirtschaft in den neuen
Bundesländern
- Drucksachen 15/3624, 15/4384 Zum Agrarpolitischen Bericht 2005 der Bundesregierung liegen ein Entschließungsantrag der Fraktion der
SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen sowie ein Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU vor.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. - Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Gerald Thalheim.
Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Als ich 1990 Mitglied der SPD-Bundestagsfraktion und der Arbeitsgruppe Landwirtschaft wurde, ging
es den Kolleginnen und Kollegen nicht allein um Agrarpolitik; die Entwicklung des ländlichen Raums stand im
Vordergrund, nicht wegen mangelnder Wertschätzung
der Agrarpolitik, sondern aus dem Wissen heraus, dass
wir Arbeitsplätze im ländlichen Raum auch außerhalb
der Landwirtschaft brauchen und dass wir die Möglichkeiten der nachwachsenden Rohstoffe nutzen müssen.
Das war zu einer Zeit - das füge ich hinzu -, als mancher
Umweltpolitiker, auch aus dem grünen Bereich, noch
seine Bedenken hatte. Wir wussten, dass wir vor allem
den Bereich der ländlichen Dienstleistungen entwickeln
müssen.
Damals - es ist mir ein besonderes Anliegen, darauf
hinzuweisen - gab es sehr revolutionäre Vorstellungen in
unserer Arbeitsgruppe, die insbesondere der unvergessene Jan Oostergetelo vertreten hat;
({16})
zu nennen ist aber auch Rudi Müller. Es ging um die
Frage einer stärkeren Marktorientierung der Landwirtschaft. Wir wussten ganz genau, dass diese stärkere
Marktorientierung zunehmenden Strukturwandel bedeuten würde. Uns war klar, dass dieser Strukturwandel
auch finanziell abgefedert werden muss. Wir nannten
das damals: direkte Einkommensübertragung. Uns war
klar, dass es dafür in der Öffentlichkeit nur Akzeptanz
gibt, wenn dem eine nachhaltige und umweltgerechte
Landwirtschaft mit mehr Tierschutz gegenübersteht. Das
war eine der Forderungen von damals. Ich erinnere an
Marianne Klappert und die Forderung: Tierschutz ins
Grundgesetz.
({17})
Für Ostdeutschland war eine genauso revolutionäre
Forderung, wie ich es einmal formulieren will, die Großbetriebe nicht zu zerschlagen, sondern mehr Chancengleichheit für alle Betriebsformen und eine breite Eigentumsverteilung zu erreichen. Zugegeben: Das war
damals natürlich sehr ehrgeizig, sehr zukunftsweisend.
Ich habe mir nicht vorstellen können, dass in 15 Jahren
fast alles umgesetzt sein würde.
({18})
Einer der herausragenden Erfolge war das Agrarreformgesetz des vergangenen Jahres. Was ist die Prämie
nach der Entkopplung anderes als die direkte Einkommensübertragung von damals?
({19})
Was ist Cross Compliance anderes als die Bindung dieser Zahlungen an die Leistungen der Landwirtschaft im
Umwelt- und Naturschutz?
Ich hätte mir damals nicht vorstellen können, dass dafür einmal rund 5 Milliarden Euro im Jahr ausgegeben
würden. Ich hätte mir auch nicht vorstellen können, dass
eine solche Entscheidung getroffen wird und niemand
Danke sagt. Auch hätte ich mir das nicht vorstellen können, was wir hier heute gemeinsam erlebt haben, Herr
Kollege Goldmann: dass die CDU-Politiker in den LänParl. Staatssekretär Dr. Gerald Thalheim
dern diese Summe für nicht ausreichend halten, zugleich
aber die Fraktionsvorsitzende Frau Merkel hier zumindest den Anschein erweckt, diese Zahlungen seien der
CDU/CSU nicht wichtig, und sie letztendlich zur Disposition stellt.
({20})
Das ist an dieser Stelle, Herr Kollege Hinsken, ein Stück
weit verlogene Politik. Es gäbe noch mehr Gründe, auf
diese Punkte hinzuweisen.
Bei der Marktorientierung, Herr Kollege Hinsken,
will ich fair sein: Die ersten Schritte zur Marktorientierung hat damals Ignaz Kiechle mit der McSherry-Reform unternommen. Allerdings muss man hinzufügen,
dass dies außerordentlich halbherzig und nicht konsequent war. Wir haben das gemerkt, als es am Ende um
die Folgen der WTO-Beschlüsse ging. Man kann nicht
auf der einen Seite Marktzugang und mehr Liberalisierung fordern, auf der anderen Seite aber die betroffenen
Landwirte über die Folgen im Unklaren lassen. Die Folgen sind bis heute zu spüren, wenn wir an die Zuckerund die Milchmarktordnung denken. Manche Folgen
werden erst heute richtig wirksam. Auch wurde am Ende
eine Mitwirkung verhindert. Dies haben wir nach Übernahme der Regierung gemerkt, als wir die Präsidentschaft innehatten. Im Hinblick auf die Agenda 2000 gab
es aufgrund der Verhinderung der Mitwirkung keinerlei
Vorbereitung.
Karl-Heinz Funke hat dann in den Verhandlungen
um die Agenda 2000 ein gutes Ergebnis erzielt.
({21})
- In den CDU-Ländern, Herr Hinsken, wurden damals
Mahnfeuer abgebrannt. Die Leute, die damals diese
Feuer anzündeten, sagen einem heute unter vier Augen,
es sei schon richtig gewesen, was wir damals entschieden hätten. So haben wir etwa beim Rindfleisch ausgewogene Marktverhältnisse mit entsprechend guten Preisen. Ich kann an dieser Stelle nur sagen, was ich in
vielen Bauernversammlungen ausgeführt habe: Dass
Planwirtschaft im Kapitalismus besser als im Sozialismus funktioniert, ist eine Illusion. Darauf beruhte aber
ein Großteil der alten Agrarpolitik.
({22})
Der Anpassungsprozess steht uns insbesondere bei
der Milch noch bevor. Ich weiß natürlich ganz genau,
wie schwierig die Situation der Milchbauern ist. Nur
sind auch hier die Konsequenzen der WTO-Beschlüsse
zu sehen. Man kann den Leuten nicht die Philosophie
einreden, über Mengenbegrenzungen ließen sich höhere
Preise erzielen, zugleich aber in der WTO den Marktzugang erweitern. Dies aber ist die Konsequenz der Uruguay-Runde von 1995 gewesen. Wer damals regierte,
haben Sie hoffentlich nicht vergessen. Man hat ja den
Eindruck, dass Ihr Gedächtnis an dieser Stelle sehr kurz
ist.
({23})
Hinsichtlich der Milchquote müssen wir noch einmal
gemeinsam über die Vor- und Nachteile nachdenken. Ich
habe in unserem Haus einmal ausrechnen lassen, was der
Quotentransfer seit 1984 gekostet hat.
({24})
Zwischen 8 und 10 Milliarden Euro mussten die aktiven
Milchbauern dafür ausgeben.
({25})
Den Jungen dämmert, dass sie diese Gelder am Ende nie
wiederbekommen werden. Über diese Frage wird letztendlich zu diskutieren sein. Ich bin versucht, hinzuzufügen, dass wir uns in diesem Hause schon über geringere
Beträge als über 8 Milliarden Euro gestritten haben.
({26})
Meine Damen und Herren, für mich geht es heute
auch um ein Stück Bilanz der sieben Jahre Bundesregierung, der anzugehören ich die Ehre hatte. Bei dieser Bilanz, Herr Hinsken, kommen wir wieder nicht an der
Ausgangssituation, an der Erblast vorbei. Hier sind zwei
Dinge zu nennen; das Erste ist BSE. Ich war noch im
Ausschuss, als der damalige Gesundheitsminister BSE
mit Aids verglich und die Dramatik beschrieb, die uns
ins Haus stünde. Ich war auch dabei, als Jochen Borchert
ein Denkverbot im Hinblick auf diesen Punkt ausgesprochen hat.
({27})
- Nein, Herr Goldmann. - Die Folgen sind bekannt. Gerade die rot-grüne Bundesregierung hat sie im Interesse
der Betriebe hervorragend gemeistert. Selbst Präsident
Sonnleitner konnte das im „Focus“-Interview nicht leugnen.
({28})
Als ich gestern via Bürofernseher die Rede von Frau
Mortler verfolgte - leider ist sie heute nicht da -, war ich
entsetzt über den Unsinn, der von ihr bezüglich BSE erzählt wurde.
({29})
Ich nenne in diesem Zusammenhang zwei Stichworte:
Erstens: das Verbot der Fette. Ich kann mich noch erinnern, als Frau Widmann-Mauz dafür kämpfte, Fette
und anderes miteinzubeziehen. Ihre Unkenntnis werfe
ich ihr nicht vor, aber der eine oder andere könnte sich
Parl. Staatssekretär Dr. Gerald Thalheim
einmal am Ärmel zupfen und eingestehen, was die CDU
alles vertreten hat.
Zweitens: das Testalter von 24 Monaten.
({30})
Darüber lässt sich in der Tat streiten. Aber nach wie vor,
Herr Goldmann, werden 10 Prozent der Rinder getestet,
ehe sie 24 Monate alt sind. Das zu verhindern, wäre eine
gemeinsame Anstrengung wert gewesen. Auch das kostet die Bauern Geld. Am Ende ist daran auch der eine
oder andere Freund aus der Wirtschaft mitbeteiligt.
Die Liste ließe sich fortsetzen. Die schlimmste Erblast, die wir 1998 von Ihnen übernommen haben, ist der
riesige Schuldenberg. Wenn es überhaupt ein Versäumnis gibt, das der Bundesregierung anzulasten ist, dann
dies, dass wir 1998 zu höflich waren, um auf dieses Problem nicht nur ein halbes, sondern mehrere Jahre hinzuweisen. Ich war Mitglied dieser Fraktion, als uns 1996
noch die Schulden, die Helmut Schmidt gemacht hat,
vorgeworfen wurden. Das alles lief nach dem Strickmuster: Bis 1982 gab es schlechte Schulden, dann wurden
die Schulden schon besser, von 1990 bis 1998 gab es
sehr gute Schulden und dann gab es wieder schlechte
Schulden. Das Problem ist nur, alle Schulden, die guten
wie die schlechten, waren zu bedienen. Als wir am Ende
die Konsequenzen aus dem Schuldenberg zogen, nämlich die strukturellen Probleme im Haushalt zu beseitigen, da ging das Wolfsgeheul los. Dieses Wolfsgeheul
setzt sich bis heute fort. Denken Sie nur an Edmund
Stoiber. Ich war Zeuge, als er im Bundesrat der Bundesregierung vorwarf, ihr fehle der Mut zum Subventionsabbau. Ihm aber fehlte letztendlich nicht der Mut, all die
Dinge im Vermittlungsausschuss einzukassieren.
({31})
Meine Damen und Herren, leider fehlt mir die Zeit,
die positive Bilanz der Bundesregierung noch weiter
darzustellen. Es wäre sehr viel zu der außerordentlich
positiven Entwicklung zu sagen, die wir in Ostdeutschland angestoßen haben.
({32})
Ich denke insbesondere an die Verhinderung der Degression. Manche Legende ist ja in Umlauf gebracht worden.
Ich möchte die Gelegenheit heute nutzen, Frau Künast
dafür zu danken. Manch anderer, auch aus den eigenen
Reihen, hat uns nicht im erforderlichen Maße unterstützt, als es darum ging, diese zu verhindern. Weitere
Erfolgsgeschichten waren die Verlängerung der Pachtverträge und die Lösung der Altschuldenfrage. Die Liste
ließe sich, wie gesagt, problemlos fortsetzen.
Die SPD-Agrarpolitiker haben in den letzten
15 Jahren wenig versprochen und die Wahrheit gesagt.
Ich habe hier einige Punkte angeführt. Das wäre eine
gute Basis für eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit
mit den Landwirten und den berufsständischen Organisationen. Wir waren in der Vergangenheit ein verlässlicher Partner. Ich denke, meine Kolleginnen und Kollegen werden das dank des Fundaments, das in den letzten
Jahren gelegt wurde, auch in der Zukunft sein.
Recht herzlichen Dank.
({33})
Das Wort hat die Kollegin Gerda Hasselfeldt, CDU/
CSU-Fraktion.
({0})
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wir beraten heute eine ganze Reihe von verschiedenen
Agrarvorlagen. Ich möchte mich auf zwei davon konzentrieren, in denen, wie ich glaube, die Unterschiede
zwischen der Bundesregierung auf der einen Seite und
der Unionsfraktion auf der anderen Seite besonders deutlich zum Ausdruck kommen. Es handelt sich einmal um
den Agrarpolitischen Bericht der Bundesregierung und
zum Zweiten um den von uns vorgelegten Antrag zur
Stärkung ländlicher Räume.
Im Agrarpolitischen Bericht ist deutlich nachzulesen,
wie sich die Entwicklung der Landwirtschaft und der
ländlichen Räume vollzogen hat: Die Einkommen der
Landwirte sind von 2001 bis heute um 15 bis 20 Prozent
gesunken.
({0})
Die Investitionen sind zurückgegangen. 1998 betrugen
sie noch 560 Euro pro Hektar, heute liegen sie bei
360 Euro pro Hektar. Der Strukturwandel hat sich beschleunigt.
Das sind einige der Fakten, meine Damen und Herren. Durch den Investitionsrückgang sind Arbeitsplätze
nicht nur in der Landwirtschaft - auch im vor- und nachgelagerten Bereich, in der Landtechnik und ebenso bei
den Bauten - auf der Strecke geblieben, sondern auch
technischer Fortschritt und Interessen in den Bereichen
Tierschutz und Pflanzenschutz.
({1})
Denn Investitionen in neue Ställe bedeuten in aller Regel
auch bessere Tierhaltungsbedingungen.
({2})
Investitionen in neue Geräte bedeuten in Bezug auf den
Pflanzenschutz auch eine bessere Feinabstimmung beispielsweise bei der Ausbringung und vieles andere mehr.
Das alles haben Sie mitzuverantworten: den Investitionsrückgang, den Verlust der Arbeitsplätze, das, was
an technischem Fortschritt, an Umweltschutz, an Tierschutz auf der Strecke geblieben ist.
({3})
Dies alles ist nicht gottgegeben oder von irgendjemandem veranlasst, sondern das ist das Ergebnis Ihrer Politik,
einer Politik, die jede Gelegenheit genutzt hat, Kürzungen im Agrarhaushalt zu erreichen und die Produktionsbedingungen beispielsweise durch eine höhere Agrardieselsteuer zu verschlechtern
({4})
sowie den Landwirten Tausende von Vorschriften aufzubürden. Dies ist Ergebnis einer Politik, die zusätzlich
Misstrauen zum Beispiel durch die verdeckten Feldbeobachtungen geschürt hat und die den deutschen Landwirten mit ständigen nationalen Alleingängen und mit
Draufsatteln auf Vorschriften der Europäischen Union
das Leben schwerer gemacht, die Produktionsbedingungen verschlechtert und die Produktion in Deutschland im
landwirtschaftlichen Bereich verteuert hat.
({5})
Unser Ansatz ist ein völlig anderer. Ich will Ihnen einmal drei Grundsätze darlegen, damit Sie das im Zusammenhang verstehen können.
Erstens. Ich glaube, dass Landwirtschaftspolitik nicht
immer nur als Berufsstandspolitik betrachtet werden
kann, sondern ein ganz wichtiger Teil der gesamten
Wirtschaftspolitik ist.
({6})
Deshalb sind die 4,3 Millionen Beschäftigten, die wir im
gesamten Agribusiness haben, einzukalkulieren, wenn
wir über den Stellenwert der Landwirtschaftspolitik im
Gesamtkontext der Wirtschaftspolitik reden.
Zweite Bemerkung. Die Landwirtschaft ist der Kern,
wenn nicht sogar die Seele des ländlichen Raums.
({7})
Ohne Landwirtschaft können Sie meines Erachtens einen ökonomisch und ökologisch lebendigen ländlichen
Raum vergessen.
({8})
Das müssen wir mit Blick auf alle, die im ländlichen
Raum wohnen und diesen genießen, auch als Erholungsbereich, wissen.
({9})
Dritte Bemerkung. Wenn Sie der Landwirtschaft die
ökonomische Basis abschneiden, indem Sie die Produktionsbedingungen immer weiter verschlechtern, wie Sie
es die ganze Zeit gemacht haben
({10})
- ich habe Ihnen schon Beispiele genannt; ich kann das
auch vertiefen -,
({11})
dann brauchen Sie sich über Pflanzenschutz und Tierschutz überhaupt keine Gedanken mehr zu machen, weil
die Produktion dann nämlich nicht mehr in Deutschland
stattfindet, sondern in den anderen Ländern.
({12})
Auch ich weiß natürlich, dass wir nicht immer so tun
können, als könne es im Agrarbereich weitergehen wie
bisher; denn auf den Weltmärkten hat sich vieles verändert und vieles verändert sich nach wie vor. Die Zeit der
abgeschotteten Agrarmärkte ist vorbei.
({13})
Unsere Landwirte stehen zunehmend im internationalen
Wettbewerb. Wenn das so ist und wenn auch Sie das
konzedieren, dann muss ich Sie fragen: Welche Konsequenzen ziehen wir denn daraus?
({14})
- Das sage ich Ihnen gerne. - Wenn die Landwirte immer mehr im internationalen Wettbewerb stehen, dann
muss die oberste Maxime für die Politik sein, die Wettbewerbsbedingungen der deutschen Landwirte denen der
anderen europäischen Landwirte anzugleichen.
({15})
Das kostet überhaupt kein Geld. Wenn Sie sämtliche
EU-Vorschriften eins zu eins umsetzen und weder beim
Pflanzenschutz noch beim Tierschutz nationalen Alleingänge starten, dann haben Sie schon einen wesentlichen
Beitrag zur Verbesserung der Wettbewerbssituation der
deutschen Landwirtschaft geleistet.
({16})
Was die Wettbewerbssituation betrifft, gilt Ähnliches
für den Agrardieselbereich. Es geht auch darum, die
Hausaufgaben im nationalen Bereich zu machen. Wie
gehen Sie beispielsweise mit dem Problem der Agrarsozialpolitik um? Sie schieben den Versuch, es zu lösen,
hinaus. In den letzten Jahren fiel Ihnen nichts anderes
ein, als permanent die Zuschüsse zu den agrarsozialen
Systemen zu kürzen. Sie haben sich von dem parteiübergreifenden Konsens der 70er-Jahre verabschiedet und
Sie haben dazu beigetragen, dass die Beiträge in der Sozialversicherung der Landwirte permanent gestiegen
sind.
({17})
Wir haben deutlich gemacht, dass es um eine Angleichung und um eine engere Verzahnung mit der gesetzlichen Sozialversicherung geht. Vor allem in der Unfallversicherung geht es darum, Vorschläge, die sogar vom
Berufsstand auf den Tisch gelegt wurden, zu akzeptieren, wenigstens einmal anzudiskutieren, um auf diesem
Weg zu einer Absenkung der Beiträge in der Sozialversicherung zu kommen.
Ich will nicht allzu sehr ausholen, was Bürokratieabbau angeht. Wir haben Ihnen oft genug gesagt, was wir
meinen. Wer sich nur anschaut, wie viele Seiten Landwirte im Zusammenhang mit der Umsetzung der GAPReform zu lesen und zu bearbeiten haben, der weiß ein
Lied davon zu singen.
Wir müssen auch neue Chancen nutzen, zum Beispiel
im Bereich der nachwachsenden Rohstoffe.
({18})
Lassen Sie mich auf Folgendes hinweisen: Heute wird so
getan, als wäre dies eine Idee der Grünen oder jetzigen
Regierung. Wie ich hier bereits einmal gesagt habe,
stammt diese Idee von uns. Wir haben damals, Ende der
80er- bis Mitte der 90er-Jahre, gegen erbitterte Widerstände der Grünen die Grundlagen gelegt.
({19})
Dies will ich bloß einmal festhalten, damit es nicht vergessen wird.
Man muss aber auch die Chancen im Bereich der
Grünen Gentechnologie nutzen. Man muss sich seiner
großen Verantwortung bewusst sein und darf nicht einseitig vorgehen. Der Bundeskanzler preist auf großen
Veranstaltungen zwar die Chancen einer neuen Technologie,
({20})
die Regierungsarbeit sieht faktisch aber ganz anders aus.
Das kann nicht richtig sein. Wir wollen, dass die sich aus
dieser Technologie ergebenden Chancen - Innovationen
und Arbeitsplätze - nicht nur in anderen Ländern, sondern auch in Deutschland genutzt werden.
({21})
Diese Ministerin hat mittlerweile einige Jahre Zeit gehabt, Zeichen für die ländlichen Räume, für die Landwirtschaft zu setzen. Frau Ministerin, Sie haben diese
Chance meines Erachtens vertan. Geblieben sind PRträchtige Sprüche. Geblieben ist eine Klientelpolitik. Geblieben ist aber vor allem, liebe Frau Künast, Ihr Beitrag
dazu, dass die Arbeitslosigkeit so hoch ist. Die Höhe der
Arbeitslosigkeit ist ein Ergebnis der Politik dieser Bundesregierung.
Nachdem Herr Thalheim heute seine Abschiedsrede
gehalten hat, will ich nicht versäumen, ihm für seine Arbeit zu danken.
({22})
Sie haben Ihre Stimme immer wieder zugunsten aller
Landwirte erhoben, manchmal gegen Widerstände in
den eigenen Reihen. Ich möchte Ihnen herzlich danken
und wünsche Ihnen alles Gute.
({23})
Das Wort hat die Bundesministerin Renate Künast.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen
Sie mich mit einem Lob für Frau Hasselfeldt beginnen.
({0})
Ich finde es gut, dass Frau Hasselfeldt immerhin erkannt
hat, dass wir analysieren müssen, wie die Bedingungen
der Landwirtschaft vor dem Hintergrund der Globalisierung aussehen. Ich fand bedauerlich, dass Sie darüber
nicht hinausgekommen sind. Sie sagten „Wir müssen
uns doch fragen …“ und wandten sich an die Reihen der
SPD-Fraktion. Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir uns
diese Frage schon lange gestellt haben. Mir wäre wohl
gewesen, wenn Sie schon vor vier Jahren mitgemacht
hätten und nicht erst jetzt mittun.
Ansonsten muss ich Ihnen sagen: Hauptsache ist für
Sie noch immer, dass die Menschen irgendwie eingelullt
sind. Das Wort „Verbraucher“ oder „Verbraucherin“
habe ich überhaupt nicht gehört. Sie haben es überhaupt
nicht nötig gehabt, an dieser Stelle auch nur ein einziges
Mal darauf hinzuweisen, dass der ganze Sinn der Produktion eines Landwirtes und einer Landwirtin darin besteht, Verbraucher und Verbraucherinnen zufrieden zu
stellen und irgendwie zu beglücken. Das taucht bei Ihnen immer noch nicht auf. Sie machen immer noch Politik nach dem Motto: „Vorfahrt für die Lobby!“
({1})
Ich gebe zu: Für uns ist es schwierig, zu beurteilen,
was Sie überhaupt wollen, weil wir von Ihnen täglich etwas anderes lesen.
({2})
Einmal wollen Sie beim Ökolandbau alles streichen;
dann wollen Sie doch wieder Ökolandbau und erneuerbare Energien. Herr Stoiber erklärt uns, alle Subventionen müssten radikal gekürzt werden, auch vor der Landwirtschaft könne man nicht Halt machen; der Nächste
erzählt es wieder anders.
Sie sind jetzt schon wieder beim Thema Agrardiesel.
Das finde ich wirklich eine tolle Nummer. Auf der einen
Seite sagt Merz, auf einen Bierdeckel müsse eine Steuererklärung passen; auf der einen Seite sagt Frau Merkel,
jetzt beginne die Phase der neuen Ehrlichkeit. Ich denke:
Endlich, nach Jahren, nimmt sie zur Kenntnis, wie es in
Zeiten der Globalisierung um die Haushalte in Europa
bestellt ist. - Auf der anderen Seite wollen Sie doch
beim Agrardiesel bleiben.
Dann kommen Sie mit der Sozialversicherung. Ich
weiß, dass das ein Problem ist, Frau Hasselfeldt.
({3})
- Mein Gott, natürlich! Jeder in dieser Republik hat Belastungen. Ich habe es vor viereinhalb Jahren auf dem
Bauerntag gesagt und sage es Ihnen als alter Garde der
alten Agrarlobby noch einmal: Sagen Sie mir, woher das
Geld kommen soll! Sagen Sie mir, ob Sie es bei den Kindern und der Bildung streichen wollen! Sie lügen die
Bauern doch an.
({4})
- Ja, ja, ja. Sie lügen die Bauern an.
Ihr Möchtegernkoalitionspartner, Herr Goldmann,
sagt in der „Berliner Zeitung“ von heute zu dem, was Sie
machen, das sei unseriöse Agrarpolitik. Ich sage Ihnen:
Sie versprechen den Bauern und Bäuerinnen das Blaue
vom Himmel; aber es ist nicht vom Himmel zu holen.
Haben Sie doch endlich einmal Mut zur Ehrlichkeit und
erzählen Sie hier nicht stundenweise etwas anderes!
({5})
- Diesen Zwischenruf hätten Sie bei Frau Merkel machen können, die eine Dreiviertelstunde über Mut sprach
und dann mutlos das Podium verließ.
({6})
Darauf warte ich seit Stunden. Denn nur einlullen reicht
nicht.
({7})
Sie sind im Bereich Agrarpolitik eine Art Brummkreisel. Sie wissen wahrscheinlich selber nicht mehr,
was Sie wollen. Frau Merkel hat uns aber vorhin erklärt,
was sie will, als sie nämlich ganz klar sagte: Auch
Chirac, der französische Präsident, muss sich bewegen. Sie hat an dieser Stelle klar die Ansage gemacht, in
Europa Agrarsubventionen zu streichen. Streichen Sie
also Ihre Redebeiträge! Ihrer war doch offensichtlich
falsch.
({8})
- Wissen Sie, „städterschlau“ gibt es nicht, aber „bauernschlau“ gibt es. Mindestens die Junglandwirte in dieser Republik wissen, dass Sie sie belügen.
({9})
- Möchten Sie sich zu einer Zwischenfrage melden oder
eine Kurzintervention machen? Entweder rede ich oder
Sie reden, aber nicht ständig gleichzeitig.
({10})
Sie wollen zurück zu einer Scheinidylle der 80eroder 90er-Jahre, als es noch eine Art Personalunion zwischen Bauernverband und Landwirtschaftsministerium
gab,
({11})
als der Bauernverbandspräsident anrief und der Minister
seine Wünsche sofort aufschrieb.
({12})
Sie haben die Entwicklung verpasst und möchten zurück. Sie möchten eine Differenzierung und Diversifizierung gar nicht. Sie möchten sich gar nicht auf Globalisierung einstellen. Wenn Sie so weiterarbeiten, können
Sie die BSE-Krise problemlos wiederholen. Wir haben
sie hinter uns. Wir haben mit dem Lebensmittel- und
Futtermittelgesetzbuch eine neue Ära begonnen.
({13})
Das ist das Ende einer wichtigen Geschichte.
Ich freue mich im Übrigen darüber, dass Sie zwar alles Mögliche an unserer Agrarpolitik in ideologischer
Art und Weise kritisieren, aber nie unser Meisterstück:
das neue System der Berechnung ab dem 1. Januar
2005. Ich vergesse nichts. Erstens haben Sie sich jahrelang dagegen gewehrt, überhaupt eine Reform zu machen; sie saßen auf dem Schoß der Funktionäre des Bauernverbandes.
({14})
Zweitens haben Sie sich immer dagegen gewehrt, dass
wir endlich Gleichheit in den Prämien schaffen, dass
nicht einer, der besonders gut wirtschaftet, der besonders
viel Rücksicht auf die Umwelt und auf die Tiere nimmt,
bedeutend weniger kriegt als ein anderer, der die Tiere
dicht an dicht im Stall stehen hat. Ich bin froh, dass dies
anders sein wird. Genau diesen Punkt trauen Sie sich
aber in Ihrer ideologischen Debatte nicht als zur Disposition stehend zu bezeichnen.
({15})
Ich weiß, wie die Exportzahlen aussehen. Sie sind
von 24 Milliarden in 1999 auf 32 Milliarden Euro 2003
gestiegen. In diesem Jahr kommt es wohl noch einmal zu
einer Steigerung um 6 Prozent. Die Unternehmensgewinne sind letztes Jahr um 4,8 Prozent gestiegen, dieses
Jahr wahrscheinlich um 10 Prozent; so sagen uns die
Wissenschaftler.
({16})
- Ich weiß: Bauern jammern gerne. Zumindest die Funktionäre jammern immer auf hohem Niveau.
Ich weiß, dass die Erweiterung der Europäischen
Union für die Landwirte und die Lebensmittelwirtschaft
in dieser Republik zu höheren Absätzen geführt hat. Ich
weiß auch, dass selbst beim Deutschen Bauernverband
erkannt wurde, dass man mit Ökolandbau Geld verdienen kann. Wir haben bei den nachwachsenden Rohstoffen eine Produktivitätssteigerung ungeheuren Ausmaßes. Es gibt eine Warteliste für die Errichtung von
Biomasseanlagen und wir vergeben heute mehr Kredite
für Solaranlagen als für Stallneubauten. Ich muss Ihnen
sagen: Auf diese positive Entwicklung, die wir gegen Ihren erbitterten Widerstand durchgesetzt haben, sind wir
zu Recht stolz.
({17})
Wir setzen systematisch auf Qualität, auf Qualifikation und auf Innovation. Eines sage ich ganz klar:
Ich denke nicht im Traum daran, bei den Bauern zum
Beispiel in Bezug auf Pestizide und andere Chemikalien EU-weit Harmonisierungen vorzunehmen, die in
Deutschland zu dem gleichen schlechten Niveau, wie es
das in anderen Ländern gibt, führen. Ich will, dass die
deutschen Produkte bei den entsprechenden Tests nicht
negativ auffallen. Deshalb sind wir auf dem richtigen
Weg.
({18})
Man kann nicht beklagen, das sei teuer. Da muss man
überlegen: Wie werden diese Betriebe effizienter? Da
muss man überlegen: Wie macht man mit den Geldern
der CMA Werbung für die hiesigen hochqualitativen
Produkte? So wird ein Schuh daraus. Deshalb hat nämlich der liebe Gott die Werbung überhaupt erfunden.
({19})
Ich will auch auf das Thema Agrogentechnik zu
sprechen kommen. Sie reden ja gerne über die Bauernbefreiung. Ich würde jedem, der darüber spricht, empfehlen, in der Historie nachzulesen, wie die so genannte
Bauernbefreiung endete: für viele Bauern tödlich.
Wir wollen definitiv keine neue Abhängigkeit der Landwirtschaft schaffen. Früher gab es eine Abhängigkeit von
Interventionsaufkäufen und gekoppelten Zahlungen aus
Brüssel; in Zukunft würde es eine neue Abhängigkeit
von ein oder zwei großen Saatgutunternehmen geben. So
stelle ich mir die bäuerliche Tradition und die Landwirtschaft nicht vor.
({20})
Sie haben - das haben Sie jetzt wieder bewiesen keinen Plan und kein Ziel. Während andere jetzt versuchen, die junge Garde des Proletariats zu sein - die Betreffenden sind gerade nicht hier -, sind Sie leider Gottes
immer noch die alte Garde des Lobbyismus. Wir werden
auf Qualifikation und Qualität setzen und die Bauern
werden damit weiter Geld verdienen.
({21})
Das Wort hat der Kollege Michael Goldmann, FDPFraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ein bisschen ruhiger und sachlicher, Frau Künast, geht
es hoffentlich auch. Ich werde mich auf jeden Fall darum
bemühen.
({0})
- Sie haben sich schon vorhin durch Schreien verausgabt. Als Verbraucherschützer muss ich sagen: Man en
beetjen sinnig, dann bekommen wir das schon gemeinsam hin.
Herr Thalheim, herzlichen Dank für Ihre Arbeit! Ich bedauere es sehr, dass Sie gehen. Sie gehen wahrscheinlich
auch ein bisschen deshalb, weil Sie der letzte aufrichtige
Agrarexperte innerhalb der SPD sind. Jan Oostergetelo
kenne ich ziemlich gut und Karl-Heinz Funke ist mit mir
zusammen zur Schule gegangen. Da waren Sie in einer
Linie. Aber was die SPD jetzt in diesem Bereich bietet,
ist nicht sehr zukunftsfähig. Das ist im Grunde genommen ein ständiges Wegducken vor der rein ideologischen
Linie, die von den Grünen in den letzten Jahren im Ministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft praktiziert worden ist. Das, Herr Thalheim,
hätten Sie hier durchaus etwas kritischer anmerken können.
({1})
- Zur Sachlichkeit kann man sagen: Du weißt ja selbst,
dass der Kanzler hingeschmissen hat. Eure Abwahl wird
kommen.
({2})
All diejenigen, die mit Verbraucherschutz, Ernährung
und Landwirtschaft etwas zu tun haben, betrachten das
als eine Chance. Das sollte uns, die wir hier für die
Agrarpolitik insgesamt Verantwortung haben, schon zu
denken geben.
({3})
Ich gehe davon aus, dass es nach der Wahl im Bereich
der Agrarpolitik einen grundlegenden Richtungswechsel in der Rückbesinnung auf Fachlichkeit, Leistungsfähigkeit
({4})
und Innovationen gibt, um Arbeitsplätze in diesem Bereich auf einem immer globaler werdenden Markt zu
schaffen. Nationale Kuschelpolitik kann nicht die Antwort auf die Herausforderungen sein, vor denen die Ernährungswirtschaft, die Agrarwirtschaft und der Verbraucherschutz insgesamt stehen.
({5})
Wir werden diesen Weg nicht im Sinne von Lobbyismus gehen; glauben Sie das nicht. Wir waren bei
Raiffeisen nicht geladen und wir sitzen auch beim Deutschen Bauernverband nicht in der ersten Reihe. Wir setzen vielmehr auf Fachlichkeit und auf die unternehmerische Kraft des Einzelnen, die wir zur Entfaltung bringen
wollen: durch steuerpolitische und arbeitsmarktpolitische Überlegungen, die auf dem Ernährungs- und Agrarsektor in besonderer Weise zum Tragen kommen. Frau
Hasselfeldt hat gesagt, dass es sich hier um
4,3 Millionen Menschen handelt. Das entspricht in der
Rankingliste Platz 4. Jeder zweite Arbeitsplatz in Niedersachsen ist unmittelbar mit dem Ernährungssektor
und der Agrarwirtschaft verkoppelt. Ich freue mich darüber, dass wir zukünftig wieder eine Politik machen
können, die den Menschen, die in diesem Bereich tätig
sind, Chancen und Zukunft gibt.
Frau Künast, Sie wissen, dass ich Sie menschlich
durchaus schätze. Aber tun Sie doch nicht so, als sei Ihre
Politik von Fachlichkeit geprägt. Nein, Sie haben Ihr
Haus - Ihren Haushalt, Ihre Sachverständigen- und Beratergremien und die Beförderungsstrukturen Ihres
Hauses - systematisch genutzt, um Ihre ideologische
Linie - die Kampflinie zwischen der Ökolandwirtschaft
auf der einen Seite und der schlimmen konventionellen
Landwirtschaft auf der anderen Seite - durchzusetzen.
({6})
- Auch wenn Sie jetzt wieder schreien, Frau Künast,
muss ich Ihnen sagen: Sie sind fachlich gescheitert; denn
Sie sind mit Illusionen angetreten.
({7})
- Hören Sie mir doch wenigstens zu! Wenn Sie mich
schon anblaffen,
({8})
dann sollten Sie zumindest meine ruhigen, sachlichen
Ausführungen zur Kenntnis nehmen.
({9})
Frau Künast, was Sie jetzt machen, das ist genau Ihr
Stil - das will ich Ihnen einmal sagen, auch wenn ich mir
Ärger mit Ihnen einhandele -: rotzfrech sein, aber nicht
zuhören.
({10})
Frau Künast, Sie haben es nie für nötig gehalten, sich im
Ausschuss einer fachlichen Diskussion zu stellen.
({11})
Ihre Präsenz im Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft geht gegen null.
({12})
Wir haben uns intensiv darum bemüht, bestimmte Vorhaben gemeinsam umzusetzen. Aber Sie haben unsere
Vorschläge kassiert, ohne auch nur andeutungsweise auf
das, was wir Ihnen argumentativ vorgetragen haben, einzugehen.
Die EU-Agrarreform, die Sie auf den Weg gebracht
haben, war eine Idee der FDP. Die Kulturlandschaftsprämie war unsere Idee. Diesen Weg gehen wir mit Ihnen
gemeinsam. Aber wir bitten darum, dass Sie ein bisschen
Respekt vor den konventionellen Landwirten haben, vor
denen, die auf dem Schweinemarkt, dem Milchmarkt
und dem Kartoffelmarkt tätig sind.
Frau Künast, Sie hören mir schon wieder nicht zu;
({13})
das ist typisch für Sie.
({14})
Es ärgert mich nicht, sondern es betrübt mich, dass jemand wie Sie eine solche Arroganz an den Tag legt,
({15})
während es uns darum geht, wieder eine vernünftige
agrarpolitische Linie einzuschlagen.
({16})
Herr Kollege Goldmann, Sie müssen zum Ende kommen.
Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss.
Ich will Ihnen ehrlich sagen: Zwar hatte ich eigentlich
eine etwas andere Rede vorbereitet. Aber, Frau Künast,
ich muss feststellen: In diesem Bereich sind Sie fachlich
unterbemittelt.
Herr Kollege Goldmann, ich kann Sie jetzt nicht mehr
weiterreden lassen. Ihre Redezeit ist überschritten.
Sie haben personell Willkür betrieben. Es wird allerhöchste Zeit, dass Sie aus dieser Regierungsmannschaft
verschwinden.
({0})
Ich bin froh, dass bald gewählt wird. Wir werden dafür
sorgen, dass die rot-grüne Regierung abgelöst und dass
in Deutschland endlich wieder vernünftige Agrarpolitik
gemacht wird.
({1})
Herr Kollege Goldmann, wenn ich es richtig verstanden habe, haben Sie in Ihrem Debattenbeitrag gegenüber
der Ministerin das Wort „rotzfrech“ gebraucht. Das ist
ein unparlamentarischer Ausdruck. Ich bitte Sie herzlich, sich dafür bei der Ministerin zu entschuldigen.
Ich entschuldige mich dafür, weil das der Ministerin
gegenüber der Anstand des Parlaments gebietet. Aber
Frau Ministerin sollte einmal darüber nachdenken, ob
das, was sie gerade getan hat, ein angemessener ministerieller Umgang mit einem Kollegen ist, der sich in diesem Bereich engagiert.
({0})
Das Wort hat die Kollegin Waltraud Wolff, SPDFraktion.
({0})
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und
Herren! Ich glaube, wir alle haben für heute andere Reden vorbereitet. Herr Goldmann, Sie haben am Anfang
die Sachlichkeit angemahnt.
({0})
Ich hatte gehofft, Sie würden sachlich sein, aber weit gefehlt, wie fast immer.
({1})
Ich möchte den Anfang auch nutzen, um - das haben
hier schon mehrere getan - Dr. Gerald Thalheim zu
danken, der seit 1998 - schon unter Karl-Heinz Funke Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium
für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft
ist. Er hat mit Engagement und Weitsicht - ich glaube,
das sehen wir alle so - immer für gute Lösungen in der
Landwirtschaftspolitik gekämpft. Wir kennen ihn als einen, ich kenne dich als einen, Gerald, der immer deutliche Worte spricht,
({2})
der den Menschen kein X für ein U vormacht und der die
Probleme ganz ehrlich angeht. Dafür bist du bei den
Bauern nicht nur beliebt, sondern auch sehr hoch geachtet.
({3})
Die Betriebe in Ostdeutschland sind dir, glaube ich, zu
ganz besonderem Dank verpflichtet. Ich selber möchte
hier auch die Gelegenheit nutzen, ein herzliches Dankeschön zu sagen. Alles Gute für deine Zukunft!
({4})
Meine Damen und Herren, Landwirtschaft zukunftsund wettbewerbsfähig zu machen, war immer unser
oberstes Prinzip. Das war nicht immer leicht. Opposition
und Bauernverband verunsichern mit markigen und mit
plakativen Sprüchen. Ich will einmal ein paar Beispiele
nennen: Oktober 2003. Die GAP-Reform stelle die
landwirtschaftlichen Betriebe durch die gegenläufige
Entwicklung sinkender Preise und steigender Produktionskosten vor eine Zerreißprobe, so Bauernverbandspräsident Sonnleitner. Vor einer Woche hieß es:
Insgesamt birgt die EU-Agrarreform jedoch gerade
für die deutschen Landwirte gute Möglichkeiten
und Zukunftschancen.
So der gleiche Bauernverbandspräsident Sonnleitner. Da
frage ich mich: Was soll das denn? Nur Verunsicherung
des eigenen Berufsstandes? Oder ist es die Perspektivlosigkeit, die Sie in Ihrer Politik prägt?
({5})
Waltraud Wolff ({6})
Wir haben immer und immer wieder den Dialog mit dem
Bauernverband gesucht und uns bemüht, gemeinsam
beste Möglichkeiten zu finden. Jetzt kommt vom Bauernverbandspräsidenten die Aufkündigung der Zusammenarbeit - über die Presse, unter der Überschrift: Ein
potenzieller Regierungswechsel ist ein Befreiungsschlag
für die Bauern.
({7})
Das präsentiert zu bekommen, ist mehr als ein Fauxpas,
meine Damen und Herren. Und ich muss sagen: Zu früh
gebrüllt, Löwe!
({8})
Denn in den Tickermeldungen von heute steht, Sonnleitner
schrieb einen Brief an den Bundeskanzler, er braucht
Hilfe, weil er Angst hat um die EU-Agrarhilfen.
({9})
Wenn ich eine Regierung erst derartig beschimpfe, wie
kann ich sie dann anschließend um etwas bitten? Da
muss man sich schon einmal überlegen, was man will.
Unsere Regierung ist nicht gegen die Bauern, wie immer wieder von Ihnen suggeriert wird, sondern unsere
Entscheidungen helfen auf dem Weg in eine wettbewerbsfähige Zukunft. Es ist die rot-grüne Regierung gewesen, die das Krisenmanagement im Sinne der Produzenten und Verbraucher aufgebaut hat. Die rot-grüne
Regierung hat das Lebensmittel- und Futtermittelrecht
neu strukturiert und die Produktkennzeichnung von Lebensmitteln verbessert - blockiert haben CDU/CSU und
FDP.
({10})
Uns allen hier ein Mehr an Verbraucherrechten einzuräumen, habt ihr stets abgelehnt, nach dem Motto „Der
Markt wird es schon richten“. Wer hat das Verbraucherinformationsgesetz scheitern lassen? Schwarz-Gelb.
({11})
Meine Damen und Herren, der Markt richtet es eben
nicht. Deshalb halten wir an unseren Forderungen auch
künftig fest.
Ein anderer Punkt: erneuerbare Energien, wie wir
wissen ein Erfolgsschlager.
({12})
Das hätte Schwarz-Gelb auch haben können, aber Sie
haben es einfach verschlafen. In unserer Regierungszeit
sind hier im vor- und nachgelagerten Bereich ungefähr
130 000 Arbeitsplätze neu entstanden.
({13})
Speziell die Biomasseförderung - das hat auch Frau
Ministerin Künast angesprochen - eröffnet hier völlig
neue Einkommensquellen; und das ist super.
In der EU-Politik haben wir von der Regierungskoalition gestemmt, was nur ging. Die EU-Agrarreform
ist - das wissen wir alle - ein Paradigmenwechsel für
die deutsche Landwirtschaft.
Glauben Sie mir eines: CDU und CSU tönen jetzt,
dass sie bei einem Regierungswechsel alles - bis hin
zum Agrardiesel; das haben wir heute ja auch gehört wieder ändern wollen. Ich sage Ihnen aber von dieser
Stelle aus: Niemals! Sie sind froh, dass wir diese einschneidenden Maßnahmen vorgenommen haben. Sie
hätten nie den Mut dazu gehabt. Sie werden nicht einen
Deut davon zurückdrehen.
({14})
Selbst Herr Goldmann hat diese Ankündigungen als unseriöse Wahlversprechen bezeichnet; ich habe es in den
dpa-Tickermeldungen gesehen.
({15})
Stichwort Zuckermarktordnung: Diese Reformen
sind unumgänglich; das wissen wir. Die WTO hat entschieden, dass die EU ihren Export weit zurückfahren
muss. Daran führt kein Weg vorbei. Wir als SPD haben
zum Abbau des Außenschutzes - wie von der WTO verlangt - zu unseren Vorstellungen bezüglich der Umstrukturierungsmaßnahmen und dazu, dass die EU einmütig
in die WTO-Verhandlungen gehen muss - ansonsten haben wir an dieser Stelle nämlich keine Chance -, Stellung genommen.
({16})
Von daher finde ich die Forderung von CDU und CSU,
den landwirtschaftlichen Betrieben bei den WTO-Verhandlungen besser zu helfen und sie zu vertreten, ein
bisschen platt und einfach. Es tut mir Leid, aber es ist
einfach nur eine Floskel - ansonsten nichts.
Stichwort agrarsoziale Sicherung: Die SPD hat ihre
Modernisierungsvorschläge schon lange auf den Tisch
gelegt. Frau Hasselfeldt, Sie haben das angesprochen.
Ihre Fraktion ist abgetaucht. Von ihr war nichts zu sehen.
({17})
Das Einzige, was Sie können, ist, sich jährlich bei den
Haushaltsverhandlungen hinzustellen und immer wieder
um die gleichen Bundesmittel zu streiten.
({18})
Wo sind denn, bitte schön, Ihre Vorschläge? Wo haben
Sie je was aufgelegt?
Frau Kollegin Wolff, Sie müssen zum Ende kommen.
Ja, ich komme gleich zum Schluss, Frau Präsidentin.
Ja, Sie müssen wirklich gleich zum Schluss kommen.
Ja, das ist mein letzter Satz.
({0})
Ein Wort will ich noch zur Schweinehaltungsrichtlinie sagen.
Frau Kollegin!
750 000 Euro Vertragsstrafe täglich stehen uns ins
Haus, weil Sie das verdorben haben.
Frau Kollegin, ich drehe Ihnen den Ton ab.
750 000 Euro täglich - ein Dankeschön an die CDU/
CSU von allen Steuerzahlern dafür.
Herzlichen Dank.
({0}) Das waren fünf Sätze!)
Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Peter
Bleser, CDU/CSU-Fraktion.
({0})
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach
der grün-fundamentalistischen und kasperletheaterähnlichen Rede der Frau Ministerin
({0})
fällt es mir besonders leicht, hier ein paar wohlwollende
Worte zur Verabschiedung des Staatssekretärs Gerald
Thalheim zu sprechen.
Herr Thalheim hat sich in seinen vielen Jahren im
Deutschen Bundestag - wir sind zusammen ins Parlament gekommen - durch eine sachorientierte Politik ausgezeichnet. Ich behaupte, wir waren uns in vielen Fällen
geistig näher als er mit seiner Ministerin. Deswegen will
ich mich sehr herzlich für diese überfraktionelle Zusammenarbeit bedanken und ihm alles Gute wünschen. Ich
hoffe, dass Teile seiner Ideen in einer neuen Regierung
verwirklicht werden und er nicht noch einmal eine solche Zeit unter einer grünen Ministerin leiden muss.
Herzlichen Dank und alles Gute für die Zukunft!
({1})
Meine Damen und Herren, ich glaube, diese Bundesregierung hat noch nicht erkannt, was in diesem Land
geschieht: Mehr als 5 Millionen Menschen sind arbeitslos, Millionen sorgen sich um ihren Arbeitsplatz, die
Staatsfinanzen sind zerrüttet, die Bürger ächzen unter einer überbordenden Bürokratie
({2})
und diese Bundesregierung hinterlässt einen Scherbenhaufen. Deswegen muss sie weg. Sie haben es ja selbst
erkannt. Deswegen wird der Bundeskanzler die Vertrauensfrage stellen.
({3})
Frau Ministerin, in der Agrarpolitik sieht es nicht anders aus. Mit Ihrer grün-sozialistischen Bevormundungspolitik
({4})
haben Sie Tausenden Menschen in der Ernährungswirtschaft ihren Arbeitsplatz genommen.
({5})
Darüber hinaus haben zahllose Landwirte, Gärtner, Winzer, Obstbauern, Forstleute, Fischer täglich Sorge, dass
neue Horrormeldungen aus diesem rot-grünen Lager
kommen.
({6})
Sie befürchten, dass auch sie ihre Existenz in den selbstständigen Betrieben verlieren könnten.
({7})
Ganz anders ist das in Ihrem Ministerium. Da hat der
Run auf die Rettungsboote begonnen. Sie versorgen Ihre
Günstlinge. Diese werden - 27 an der Zahl - noch
schnell befördert. Hier wird bei Ihnen eine ganz andere
„soziale Einstellung“ sichtbar.
({8})
Die Bauern haben in den letzten Jahren deutliche Einkommensverluste hinnehmen müssen. So ist ihr Einkommen in den letzten fünf Jahren um 8 Prozent gesunken. Wenn die Einkommen durch die günstigen Preise
bei den Ackerbaubetrieben nicht gestiegen wären, wäre
die Bilanz noch viel negativer. Insbesondere die von Ihnen angeblich unterstützten Rind- und Milchviehbetriebe haben im letzten Jahr 7,8 Prozent ihres Einkommens verloren.
({9})
Seit Ihrem Amtsantritt sind es insgesamt 22 Prozent. Das
sind die Tatsachen, mit denen die Menschen leben müssen. Das Geschwätz, das Sie hier vortragen, nützt da
überhaupt nichts.
({10})
Leider hält dieser Trend noch an. Ich sage Ihnen:
Wenn es nicht gelingt, diese vermögensverzehrende Politik zu stoppen, dann werden wir insbesondere die Kulturlandschaft in den Grünlandregionen, sozusagen die
Heimat der Milchviehbetriebe, so wie wir sie heute kennen, nicht aufrechterhalten können.
({11})
- Frau Künast, ich habe Sie leider nicht verstanden. Sie
müssen, wenn Sie hinten sitzen, lauter rufen. Dann bekommen Sie auch eine Antwort.
Noch verheerender ist Ihre Bilanz, wenn Sie die Nettowertschöpfung mit der anderer EU-Staaten vergleichen. 2001 waren wir noch auf dem dritten Platz. Heute
sind wir unter den 25 EU-Staaten auf Platz 15 angekommen. Hier wird der Niedergang in großer Deutlichkeit
sichtbar. Folgerichtig sinken die Investitionen in der
Landwirtschaft, weil die Menschen kein Vertrauen in die
Zukunft haben. Die Politik dieser Regierung, Ihre Politik, Frau Künast, legt sich wie Mehltau auf die Investitionsbereitschaft des gesamten Agrargewerbes.
({12})
Es sind nicht nur mangelnde Fachkenntnis und Untätigkeit, die zu diesem Ergebnis geführt haben, sondern
Sie haben der deutschen Landwirtschaft durch einseitige
Belastungen ganz bewusst Schaden zugefügt.
({13})
Während unsere Nachbarn in der Europäischen Union
die Bedeutung der Landwirtschaft für die Volkswirtschaft erkannt haben und ihre Bauern im Wettbewerb
zum Beispiel durch die Senkung der Agrardieselbesteuerung begünstigt haben - in Frankreich beträgt diese
Steuer nur 1,66 Cent -, hat diese Bundesregierung die
Besteuerung im Durchschnitt auf 40 Cent erhöht.
({14})
- Ich werde dazu noch etwas sagen, Herr Herzog; keine
Sorge.
Was noch schlimmer ist: Keine andere Berufsgruppe
in Deutschland hat in diesem Jahr Beitragssteigerungen
in der gesetzlichen Krankenkasse und der Unfallversicherung von jeweils mehr als 15 Prozent hinnehmen
müssen. Der Grund dafür ist, dass Sie den wenigen verbleibenden jungen Bäuerinnen und Bauern, die die steigende Zahl der älteren Menschen mitversorgen müssen,
den Solidarausgleich des Staates verweigert haben. Wer
andere als Heuschrecken bezeichnet, aber selbst gerade
in dieser Frage den Begriff soziale Marktwirtschaft nicht
versteht, der sollte sich schämen, Frau Ministerin.
({15})
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der
Kollegin Wolff?
Bitte schön.
Herr Kollege Bleser, Sie haben hier mit einem leisen
Unterton eine Bemerkung gemacht, die ich gerne noch
einmal laut und deutlich hören möchte. Sie haben zum
Agrardiesel gesagt: Wir erhöhen die Steuern nach dem
Gewinn der Wahlen auf 40 Cent. - Ich wollte einmal
nachfragen, ob dem so ist.
({0})
Frau Wolff, ich will Ihnen nicht zu nahe treten, aber
Sie haben nicht richtig zugehört.
({0})
Ich habe gesagt, dass diese Bundesregierung die Besteuerung von Agrardiesel auf 40 Cent erhöht hat, während
die Franzosen das Gegenteil gemacht und die Besteuerung pro Liter auf 1,66 Cent gesenkt haben. Das habe ich
Ihnen vorgeworfen und dazu stehe ich auch. Eine solche
Politik ruft Wettbewerbsverzerrungen hervor.
({1})
Ich will das jetzt weiterführen, Frau Wolff.
({2})
Indem Sie bei den Sozialversicherungen gekürzt haben,
haben Sie 2003 35 Millionen Euro und 2004 und wohl
auch 2005 jeweils 20 Millionen Euro für das Bundesprogramm „Ökologischer Landbau“ verschleudert, wovon
bei den Bauern kaum etwas angekommen ist.
Ich will jetzt die Kritik des Rechnungshofes vortragen, die Sie einfach ignoriert haben. Ich zitiere:
Das Bundesministerium … hat … in weitem Umfang Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit finanziert, um die politische Grundausrichtung der
Bundesregierung darzustellen. Damit hat es gegen
Haushaltsrecht verstoßen.
Es geht weiter im Bericht des Bundesrechnungshofes:
Nicht die Fachinformation, sondern die Werbung
für die politischen Ziele des Bundesministeriums
steht dabei im Vordergrund. Die Maßnahmen hätten
daher nicht aus dem Bundesprogramm finanziert
werden dürfen.
Das sind Rügen, die nicht schlimmer formuliert werden
könnten. Das hat Sie überhaupt nicht gestört. Sie haben
Steuergelder veruntreut.
({3})
Gleiches gilt für die Kampagne „Echt gerecht - clever
kaufen“.
({4})
Sie haben auf dem Potsdamer Platz ein Riesenplakat für
56 000 Euro errichten lassen. Das war nichts anderes als
eine versteckte, aus Steuergeldern finanzierte Wahlkampfaktion.
Wie verfilzt das Ministerium mittlerweile ist, zeigt
nicht nur die Flucht in die Rettungsbote, die ich gerade
schon genannt habe,
({5})
sondern auch, dass Sie grüne Hilfstruppen mitfinanziert
haben. Sie haben zum Beispiel das Projekt des BUND
„Informationen für Bäuerinnen und Bauern zum Einsatz
der Gentechnik in der Landwirtschaft“ mit 130 000 Euro
mitfinanziert.
({6})
Auch das ist eine sachfremde Ausgabe für den Wahlkampf, die man Ihnen anlasten muss.
Dass die Menschen diese Politik erkennen, ist klar.
Sie, Frau Ministerin, haben in einer Umfrage des Marktforschungsinstituts Produkt + Markt die Schulnote 5,3
bekommen, also eine glatte Fünf. Damit müssen Sie leben. Das ist die schlechteste Note von allen Landwirtschaftsministern Deutschlands.
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der
Kollegin Künast?
Bitte.
Herr Bleser, Sie haben jetzt einige Zahlungen von uns
für Projektförderungen aufgeführt. Soll ich das so verstehen, dass Sie möchten, dass dieses Ministerium für
den nächsten Haushalt alle solche Projektförderungen
streicht? Das heißt dann aber auch, dass das ohne Ansehen der Parteimitgliedschaft erfolgen muss. Herr
Sonnleitner ist offensichtlich CSU-Mitglied.
({0})
- Er taucht doch immer auf den Veranstaltungen auf. Wenn Herr Sonnleitner nicht CSU-Mitglied ist, dann
gehe ich davon aus, dass auch die BUND-Mitglieder
nicht Mitglieder der Grünen sind. Ich habe darüber zumindest keine Erkenntnisse.
Meine Frage ist: Wenn solche Einzelprojekte Sie stören, soll ich mich dann bei den Beratungen mit dem Kollegen Eichel aufgefordert fühlen, im nächsten Haushalt
die Zuwendungen beispielsweise für den Berufswettbewerb des Deutschen Bauernverbandes zu streichen, weil
er auch eine gewisse inhaltliche Ausrichtung hat? Wohin
soll das führen?
Frau Ministerin, die Sorge, dass Sie noch einmal einen Haushalt aufstellen müssen, sollten Sie sich nicht
machen. Ich glaube, das ist erledigt.
({0})
Ich will Ihnen ganz klar sagen: Ich bin der festen
Überzeugung, dass uns die Menschen in den ökologisch
wirtschaftenden Betrieben mit sehr großer Mehrheit
wählen werden. Ich sage Ihnen auch, warum: Sie haben
mit Ihrer Politik der Angebotsausdehnung und mit der
Schwächung deutscher Biosiegel wie Demeter und Bioland dazu beigetragen, dass Biokartoffeln aus Ägypten
nach Deutschland eingeführt werden und die heimischen
Bauern auf ihren Kartoffeln sitzen bleiben, weil sie die
Preise, die sie brauchen, auf dem Markt nicht durchsetzen können. Sie haben gerade den biologisch wirtschaftenden Betrieben schwersten Schaden zugefügt.
({1})
Sie können sich wieder setzen, Frau Ministerin.
({2})
Der absolute Höhepunkt staatlicher Arroganz dieser
Bundesregierung besteht darin, dass Sie 300 Feldbeobachter losschicken, um die Bauern bei der Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln zu beobachten. Das
sind Stasimethoden. Das wirft ein bemerkenswertes
Licht auf Ihre Geisteshaltung.
({3})
Die Bürger trauen diesem Staat, dieser Bundesregierung
nicht mehr. Deshalb haben sie in Nordrhein-Westfalen
begonnen, diese Regierung abzuwählen. Ich hoffe sehr,
dass Ihr Wunsch, am 1. Juli hier das Vertrauen zu verlieren, in Erfüllung geht. Wir werden unsere Unterstützung
hier nicht versagen.
({4})
Sie haben aber auch danach gefragt, welche Vorstellungen wir in der Agrarpolitik haben. Die will ich Ihnen
jetzt gerne mitteilen. Wir wollen eine wissenschaftlich
begründete, wettbewerbsorientierte, tierartgerechte und
nachhaltige Landwirtschaft.
({5})
Dabei haben wir die Lebensmittelsicherheit immer im
Blickpunkt. Sie genießt bei uns absolute Priorität; damit
da überhaupt kein Zweifel entsteht.
({6})
Wir wollen die Rechte der Verbraucher stärken, damit
sie auf Augenhöhe mit den Anbietern am Markt teilnehmen können. Wir werden - das ist ganz wichtig - die
Ideologisierung der Landwirtschaft sofort beenden. Wir
werden aber auch die konventionelle und die ökologische Landwirtschaft gleich behandeln und gleich fördern. Da braucht sich niemand Sorgen zu machen. Der
Verbraucher soll entscheiden, welche Produkte er kauft.
Wir wollen ihn überhaupt nicht beeinflussen.
Wir wollen den 4,2 Millionen Menschen, die in der
Agrarwirtschaft beschäftigt sind, wieder eine Zukunft
geben. Deswegen lautet die Devise: Kein Arbeitsplatz
wandert mehr wegen selbstverschuldeter Verschlechterung der Wettbewerbsfähigkeit ins Ausland ab!
Daraus ergibt sich, dass wir bei den EU-Richtlinien
bei einer Umsetzung von eins zu eins bleiben müssen.
Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen.
({0})
Wettbewerbsverzerrungen müssen abgebaut und viele
weitere Schritte müssen erfolgen, die Frau Hasselfeldt
schon genannt hat.
Da meine Redezeit zu Ende geht, will ich mich auf einen Schlusssatz beschränken.
Nein, Ihre Redezeit geht nicht zu Ende, Herr Kollege;
sie ist bereits überschritten.
Sie können den Bäuerinnen und Bauern in diesem
Land mitteilen: Bald werden sie von dieser Regierung
befreit sein und dann haben sie eine gute Zukunft.
Herzlichen Dank.
({0})
Herr Kollege Bleser, Sie haben in Ihrer Rede der Ministerin, denke ich, vorgeworfen, dass sie Stasimethoden
angewandt hat.
({0})
Ich denke, das ist ein sehr ungebührlicher Vorgang, und
ich erteile Ihnen dafür einen Ordnungsruf.
({1})
Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft auf Drucksache 15/5647 zu dem Antrag der
Fraktion der CDU/CSU mit dem Titel „Ländliche
Räume durch eine moderne und innovative Landwirtschaft stärken und damit Arbeitsplätze sichern“.
({2})
- Ich bitte die Regierungsbank, sich zurückzuhalten,
Herr Kollege Hartenbach; wir sind bei den Abstimmungen. - Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf
Drucksache 15/5249 abzulehnen. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen
der Koalition bei Gegenstimmen der CDU/CSU und der
FDP angenommen.
Tagesordnungspunkt 13 b: Beschlussempfehlung des
Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft auf Drucksache 15/5645 zu dem Antrag
der Fraktion der CDU/CSU mit dem Titel „Das deutsche
Biosiegel erfolgreich umsetzen“. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 15/4840 abzulehnen.
Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist
mit den Stimmen der Koalition bei Gegenstimmen der
CDU/CSU und der FDP angenommen.
Tagesordnungspunkt 13 c: Beschlussempfehlung des
Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft auf Drucksache 15/5646 zu dem Antrag
der Fraktion der CDU/CSU mit dem Titel „Mehr Verbraucherschutz durch eindeutigere Kennzeichnung und
sendungsbezogene Rückstandsuntersuchungen von Geflügelfleischimporten in die EU aus Drittländern“. Der
Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 15/5247
abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koalition bei Gegenstimmen der CDU/CSU und der FDP angenommen.
Tagesordnungspunkt 13 d: Beschlussempfehlung des
Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit auf Drucksache 15/5526. Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU auf
Drucksache 15/4935 mit dem Titel „Projekt des Umweltbundesamtes zur so genannten unangekündigten
Feldbeobachtung endgültig stoppen“. Wer stimmt für
diese Beschlussempfehlung? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koalition bei Gegenstimmen der CDU/CSU
und der FDP angenommen.
Unter Nr. 2 empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung
des Antrags der Fraktion der FDP auf Drucksache 15/5033
mit dem Titel „Verdeckte und unangekündigte Feldbeobachtung durch Umweltbundesamt ({3}) stoppen“.
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist
mit den Stimmen der Koalition bei Gegenstimmen der
CDU/CSU und der FDP angenommen.
Tagesordnungspunkt 13 e: Beschlussempfehlung des
Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft auf Drucksache 15/4409 zu dem Antrag
der Fraktion der FDP mit dem Titel „Agrarischen Veredlungsstandort Deutschland stärken - Bürokratie abbauen
und Rahmenbedingungen verbessern“. Der Ausschuss
empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 15/3103 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung
ist mit den Stimmen der Koalition bei Gegenstimmen
der FDP und Enthaltung der CDU/CSU angenommen.
Tagesordnungspunkt 13 f: Abstimmung über den vom
Bundesrat eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur
Änderung des Grundstückverkehrsgesetzes und des
Landpachtverkehrsgesetzes, Drucksache 15/4535. Der
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 15/5613, den Gesetzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen
wollen, um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter
Beratung mit den Stimmen des ganzen Hauses angenommen.
Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist damit in dritter Beratung mit den Stimmen des
ganzen Hauses angenommen.
Tagesordnungspunkt 13 g: Abstimmung über den
vom Bundesrat eingebrachten Entwurf eines Gesetzes
zur Änderung des Gesetzes über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ auf Drucksache 15/4113. Der Ausschuss für
Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft empfiehlt auf Drucksache 15/4544, den Gesetzentwurf abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Wer stimmt
dagegen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist damit
in zweiter Beratung mit den Stimmen der Koalition bei
Gegenstimmen der CDU/CSU und bei Enthaltung der
FDP abgelehnt. Damit entfällt nach unserer Geschäftsordnung die weitere Beratung.
Tagesordnungspunkte 13 h und 13 i: Interfraktionell
wird Überweisung der Vorlagen auf den Drucksachen
15/4432 und 15/4801 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? - Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.
Wir kommen nun zur Abstimmung über die Entschließungsanträge zum Agrarpolitischen Bericht 2005.
Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Fraktion
der SPD auf Drucksache 15/5729? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Entschließungsantrag ist mit den Stimmen der Koalition bei Gegenstimmen der CDU/CSU
und der FDP angenommen.
Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 15/5680? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Entschließungsantrag ist
mit den Stimmen der Koalition bei Gegenstimmen der
CDU/CSU und Enthaltung der FDP abgelehnt.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 14 auf:
Erste Beratung des von den Abgeordneten
Joachim Stünker, Olaf Scholz, Hermann
Bachmaier, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD sowie den Abgeordneten Jerzy
Montag, Volker Beck ({4}), Birgitt Bender, weiteren Abgeordneten und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des
Mindestkapitals der GmbH ({5})
- Drucksache 15/5673 Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss ({6})
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. - Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
Herr Kollege Thalheim, weil ich die Aussprache eröffnen möchte, bitte ich, die Gespräche außerhalb des
Plenarsaals fortzusetzen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Parlamentarische Staatssekretär Alfred Hartenbach.
Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Der Kollege Hartenbach entschuldigt sich für
sein ungebührliches Benehmen. Ich habe Sie nur verteidigt, Frau Präsidentin, weil ich festgestellt habe, dass die
Landwirte der Opposition ganz offensichtlich Bohnen in
den Ohren hatten.
Ich komme nunmehr zur Sache. Mit dem heute eingebrachten Gesetzentwurf setzt die Regierungskoalition
ein wichtiges rechts- und wirtschaftspolitisches Signal.
Wie von Bundeskanzler Gerhard Schröder in seiner Regierungserklärung am 17. März dieses Jahres angekündigt, wollen wir durch eine substanzielle Senkung des
gesetzlich vorgeschriebenen Mindeststammkapitals
Bürokratie abbauen, Existenzgründungen erleichtern
und damit mehr Menschen den Weg in die Selbstständigkeit ermöglichen. Das Mindestkapitalgesetz ist nur ein
erster Schritt. Wir stellen das GmbH-Recht insgesamt
auf den Prüfstand und modernisieren es. Das GmbH-Gesetz ist nämlich in den letzten 25 Jahren immer nur
punktuell geändert worden. Eine grundlegende Durchsicht ist überfällig. Das Bundesministerium der Justiz
hat hierzu bereits umfassende Vorarbeiten geleistet. Mit
dem heute zur Abstimmung stehenden Vorschlag setzen
wir in einer ersten Stufe das um, was schon im jetzigen
Stadium unproblematisch ist. Wir erwarten eine breite
Zustimmung in diesem Hause.
Die Herabsetzung des Mindestkapitals ist richtig, weil
wir heute eine Diskrepanz zwischen dem aktuell geltenden Mindeststammkapital der GmbH von 25 000 Euro
und den tatsächlichen Anforderungen des Wirtschaftslebens haben. Die weit überwiegende Zahl von Unternehmensneugründungen findet heute auf dem Dienstleistungssektor statt, nämlich mehr als 85 Prozent der
Neugründungen. Diese Unternehmen können oftmals
mit relativ geringem Startkapital gegründet werden,
ohne danach unterkapitalisiert zu sein. Für solche Unternehmen ist das derzeitige Mindeststammkapital zu hoch
und damit ein Gründungshindernis.
Auch im europäischen Vergleich liegt Deutschland
mit dem geltenden Mindeststammkapital heute an der
Obergrenze. Nur Österreich liegt mit 34 000 Euro noch
darüber. Die Folge ist: Die Unternehmen machen sich
die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zunutze und weichen auf Gesellschaftsformen anderer
EU-Mitgliedstaaten aus. Es steht zu befürchten, dass
die deutsche GmbH in ihrer jetzigen Form an Bedeutung
verlieren könnte, und auch der Gläubigerschutz in unserem GmbH-Recht geht zunehmend ins Leere, wenn
wir die Attraktivität unserer GmbH im Wettbewerb der
europäischen Gesellschaftsformen nicht verbessern.
Der Gesetzentwurf sieht für GmbH-Neugründungen
nach dem 1. Januar 2006 eine Absenkung des vorgeschriebenen Mindeststammkapitals auf 10 000 Euro vor.
Damit eröffnen wir vielen kleinen und mittleren Unternehmen die Rechtsform der GmbH. Wir erleichtern ihnen damit den Schritt in die Selbstständigkeit und die
Schaffung neuer Arbeitsplätze. Zugleich bietet die Mindestkapitalgrenze von 10 000 Euro noch eine angemessene Seriositätsschwelle, auch im Hinblick auf die Funktion eines Gläubigerschutzes in der Gründungsphase.
Es wird immer wieder behauptet, die 10 000 Euro
seien willkürlich gegriffen und man hätte das Mindestkapital entweder gleich auf null Euro herabsetzen oder
aber alles beim Alten lassen können. Diese Zuspitzung
ist falsch. 10 000 Euro kennzeichnen eine Größe, bei der
gerade kleine Dienstleistungsgesellschaften einen Geschäftsumfang erreichen können, der ein Bedürfnis nach
Haftungsbeschränkung zur Folge hat, ohne dass die Gesellschaft notwendigerweise unterkapitalisiert sein muss.
Das bestätigt auch ein Blick ins europäische Ausland.
Mit einer Mindestkapitalgrenze von 10 000 Euro werden
wir im europäischen Vergleich in einem angemessenen
mittleren Rahmen liegen.
Mit einem Gründungskapital in Höhe von
10 000 Euro sind wir im Übrigen auch wieder ungefähr
dort, wo wir 1981 gewesen sind.
({0})
- Ich komme gleich noch auf Ihre Bemerkung zurück,
Herr Funke. - Damals war die rot-gelbe, man sagte auch,
die sozialliberale Koalition der Ansicht, man müsse die
Gläubiger besser schützen und sollte auch bei Insolvenzen Kapital zur Verfügung haben. Was damals vielleicht
richtig war, dass nämlich dem Geschäftsführer dieses
Kapital zur Verfügung steht - das muss er im Übrigen
auch versichern, wenn er eine Gesellschaft gründet -, hat
sich im Laufe der Zeit als nicht mehr richtig herausgestellt und eben zu einem Hemmnis bei der Gründung einer Gesellschaft entwickelt, wie immer wieder beklagt
wird.
Wir sollten nun das, was einmal richtig war, was dann
zwischenzeitlich nicht mehr richtig war und heute wieder auf den Prüfstand gehört, gemeinsam in Angriff nehmen. Wir sollten hier ein Signal setzen gegen Bürokratie, für neue Unternehmensgründungen und damit auch
für die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Ich wäre froh,
wenn wir dieses Signal noch in dieser Legislaturperiode
setzen könnten. Bei einem gemeinsamen guten Willen
ist das möglich.
Ich hoffe, Sie merken, Frau Präsidentin: Ich habe eine
Punktlandung gemacht.
Danke schön.
({1})
Das Wort hat die Kollegin Andrea Voßhoff, CDU/
CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! An diesem Gesetzentwurf ist eigentlich nur der
Hintergrund zu begrüßen.
({0})
Das will ich auch gern tun, denn es war gut und richtig,
dass das BMJ eine Bitte der Justizminister der Länder
aus dem Jahr 2002 aufgenommen hat, die Reformbedürftigkeit des GmbH-Rechtes auf den Prüfstand zu stellen. Seit 1980 hat es keine größere Revision zum Recht
der GmbH gegeben; der Herr Staatssekretär hat es vorhin erwähnt. Entwicklungstendenzen zur missbräuchlichen Verwendung der GmbH zum Nachteil von Gläubigern werfen Fragen nach Korrekturen auf. Auch die
unterschiedliche Ausgestaltung der Rechtsformen vergleichbarer Unternehmensformen in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union lässt eine kritische Betrachtung der bestehenden Rechtsform der GmbH
durchaus notwendig erscheinen.
Außerdem erleben wir, dass die Rechtsform der
GmbH mit dem bestehenden Gläubigerschutzsystem von
außen unter Druck zu geraten scheint. Durch die Rechtsprechung des EuGH und des BGH können Gesellschaften anderer EU-Länder ohne Mindestkapital ungehindert
am deutschen Markt auftreten. Ich denke dabei zum Beispiel an die Rechtsform der englischen Limited, deren
Mindestkapital 1 englisches Pfund beträgt und die sich
in Deutschland offenbar einer gewissen Beliebtheit erfreut. Es ist daher in regelmäßigen Abständen immer
wieder zu lesen und zu hören, dass die Limited der
GmbH nach deutschem Recht angeblich überlegen ist.
Auch sind immer wieder Rufe nach der 1-Euro-GmbH
laut geworden, um dem Bedürfnis nach Haftungsbeschränkung ohne Mindestkapital für Klein- und Kleinstunternehmer gerecht zu werden. Ich bezweifle diesen
Ansatz. Aber Sie sehen, es gibt genügend Gründe, das
bestehende GmbH-Recht unter die Lupe zu nehmen.
Meine Damen und Herren von Rot-Grün, Ihr heute zu
diskutierender Gesetzentwurf wird diesem Anspruch
nicht gerecht. Er ist schlicht nichts Halbes und nichts
Ganzes.
({1})
Er ist auch nicht frei von politischem Aktionismus; denn
der skizzierte Reformbedarf wird in einem ersten Schritt
allein auf die Herabsetzung des Stammkapitals reduziert
und weitere Reformschritte werden lediglich in einem
zweiten Gesetz angekündigt. Er erweckt auch den Eindruck einer vorschnellen Reaktion, vielleicht sogar einer
falsch verstandenen Konkurrenz mit anderen europäischen Rechtsformen, bei denen teilweise auf ein Mindestkapital mehr oder weniger verzichtet wird. Die
„neuen“ ausländischen GmbH-Modelle sind von einer
Etablierung bei uns, so denke ich, noch weit entfernt.
Im Gesetzentwurf begründet Rot-Grün die Reduzierung des Stammkapitals damit, dass so Existenzgründungen erleichtert werden, die GmbH im internationalen Wettbewerb der Rechtsformen gestärkt wird
und es im Übrigen ein Beitrag zum Bürokratieabbau ist.
Ich möchte mit Letzterem beginnen. Allein in der Reduzierung der Mindeststammeinlage kann ich keinen
nennenswerten Beitrag zum Bürokratieabbau sehen. Was
hat es mit Bürokratieabbau zu tun, wenn zur Gründung
der GmbH nur weniger einzuzahlen ist? Heißt bei Ihnen
weniger Geld auch weniger Bürokratie? Dann haben Sie
mit Blick auf den desaströsen Bundeshaushalt aus Ihrer
Sicht ja eine Menge zum Bürokratieabbau beigetragen.
Die alleinige Absenkung des Mindeststammkapitals
wird die Rechtsform der GmbH im europäischen Wettbewerb nicht stärken. Dazu bedarf es vielmehr einer Deregulierung des GmbH-Rechts insgesamt sowie gezielter
Maßnahmen zur schnelleren und unbürokratischeren
Gründung und einer schnelleren Handelsregistereintragung. Die Vorschriften des GmbH-Rechts zur Kapitalaufbringung und -erhaltung sind kompliziert und für
Nichtjuristen kaum noch nachvollziehbar. Schauen Sie
sich nur einmal den Belehrungskatalog in den notariellen
Gesellschaftsverträgen über die Haftungsrisiken der Gesellschafter in der Gründungsphase der GmbH bis zu deren Eintragung in das Handelsregister, über die Haftungsrisiken bei verdeckter Sacheinlage oder über die
Ausfallhaftung an!
Auch an Ihrer Begründung, die Reduzierung des
Stammkapitals werde Existenzgründungen fördern, ist
nur vordergründig etwas dran. Allein die Herabsetzung
des Mindeststammkapitals führt ja nicht zu einer Gründungserleichterung; denn Prüfungsumfang und Prüfungsaufwand für Bar- und Sachgründungen bleiben bestehen.
Selbst wenn es belegbar wäre, dass die Mehrzahl der
Existenzgründungen im Dienstleistungssektor zu registrieren ist, die mit einem geringeren Startkapital auskommen können, woraus ist eigentlich ersichtlich, dass
die Rechtsform der Kapitalgesellschaft für diese Unternehmen die richtige ist? Können diese Unternehmen die
Kosten, die mit dem Verwaltungsaufwand der Rechtsform der GmbH nun einmal verbunden sind, auch tragen? Was ist mit dem Steuerrecht? Eine Reduzierung des
Mindeststammkapitals hat nach Angaben des Verbands
der Vereine Creditreform eine eher kontraproduktive
Wirkung, nämlich eine deutliche Erhöhung der Insolvenzanfälligkeit, zur Folge. Creditreform hat festgestellt: Je
höher das Stammkapital, desto geringer die Insolvenzanfälligkeit.
Da nach geltendem GmbH-Recht das Stammkapital
bei der Gründung nur zur Hälfte eingezahlt werden
muss, bedeutet die von Ihnen beabsichtigte Reduzierung
der Stammeinlage im Ergebnis, dass zunächst nur
5 000 Euro zur Gründung einer GmbH einzuzahlen oder
durch Sacheinlagen abzudecken wären. Dass Sie sich Ihrer Sache selbst nicht so ganz sicher sind, meine Damen
und Herren von Rot-Grün, ergibt sich aus der Begründung Ihres Gesetzentwurfes. Sie schließen diesen nämlich mit der Warnung ab, Unternehmen mit höherem Kapitalbedarf seien freilich auch in Zukunft gut beraten,
schon bei der Gründung ein höheres Kapital zu zeichnen.
({2})
Für viele solcher Unternehmen seien 25 000 Euro von
Anfang an zu wenig, so mahnen Sie vorsorglich.
Mit diesem Gesetzentwurf wirft Rot-Grün deshalb
mehr Fragen auf, als dass konkrete Antworten auf den
Reformbedarf beim GmbH-Recht gegeben werden. Die
Waagschale zwischen der durch die Rechtsform der
GmbH gewährten Haftungsbeschränkung einerseits und
dem gesellschaftsrechtlichen Gläubigerschutz andererseits ist nicht im Gleichgewicht, wenn, wie Sie es vorschlagen, nur das Mindestkapital herabgesetzt wird,
ohne dass die sich daran anschließenden Fragen des
Gläubigerschutzes beantwortet werden.
Natürlich stellt sich die Frage, welche Bedeutung im
bestehenden Recht der GmbH die derzeit geforderte
Höhe des Mindeststammkapitals im Verhältnis zur Haftungsbeschränkung noch hat. Kreditinstitute - das wissen wir - machen ihre Darlehenszusagen oftmals nicht
vom eingezahlten Stammkapital abhängig, sondern fordern nur allzu oft die persönliche Haftung der Beteiligten. Ohne jede Aussage bleibt ihr Gesetzentwurf zu der
Frage der Bewertung, ob und wenn ja, inwieweit dieser
Haftungsrückgriff bei einer Reduzierung des Stammkapitals noch weiter ausgedehnt wird, und daher eher kontraproduktiv wirkt.
Ich komme zum Schluss. Bei der Debatte zur letzten
Änderung des GmbH-Rechts im Jahr 1980, als das Mindestkapital erhöht wurde, gab es 225 000 GmbHs in
Deutschland. Heute sind es 1 Million. Das System der
GmbH, denke ich, hat sich dem Grunde nach bewährt.
Dass Reformbedarf gegeben ist, habe ich skizziert. Dieser Reformbedarf kann aber nicht allein mit der Reduzierung des Stammkapitals gedeckt werden.
Es ist weder ersichtlich noch aus der Begründung erklärbar, wieso die Reduzierung des Stammkapitals unabAndrea Astrid Voßhoff
hängig von weiteren Fragen des GmbH-Rechts jetzt vorgezogen und entschieden werden muss.
Mit diesem Entwurf, meine Damen und Herren, geben Sie auf die wesentlichen Fragen der Reform des
GmbH-Rechts keine zufrieden stellende Antwort.
({3})
Die Rede des Kollegen Werner Schulz vom Bünd-
nis 90/Die Grünen nehmen wir zu Protokoll.1)
Jetzt hat der Kollege Rainer Funke von der FDPFraktion das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ge-
setzentwurf, der uns heute zur ersten Lesung vorliegt, ist
das eingedampfte Ergebnis der Beratung der Regierung
zur andauernden Debatte über die Reform der GmbH.
Dass der Gesetzentwurf mit einer einzigen inhaltlichen
Regelung heute so umfangreich debattiert wird, ist ein
deutliches Zeichen dafür, dass die Regierung mit ihm
Wahlkampf betreiben will. Sie möchte den Anschein er-
wecken, etwas für den deutschen Mittelstand zu tun. Ob
die vorgeschlagene Änderung wirklich hilft, müssen wir
erörtern und sicherlich auch im Ausschuss gründlich dis-
kutieren.
Mit den vom Bundeskanzler im März verkündeten
20 Maßnahmen zur Fortsetzung der Agenda 2010 wird
unter anderem das Ziel verfolgt, die Gründung einer
GmbH zu entbürokratisieren und erheblich zu erleich-
tern. Als einzige Lösung bieten Sie nunmehr diesen klei-
nen Gesetzentwurf zur Herabsetzung des Mindest-
stammkapitals.
Herr Kollege Hartenbach, man kann zu diesem Ent-
wurf so oder so stehen; das gebe ich zu. Wer Geschäfte
machen will, soll möglichst auch Kapital mitbringen.
Das braucht er für den Gläubigerschutz. Ferner muss er
gegenüber den Banken eine vernünftige Eigenkapitalba-
sis nachweisen; denn sonst bekommt er zum Beispiel
aufgrund der Regeln von Basel II nicht genügend Darle-
hen. Auf der anderen Seite, Herr Kollege Hartenbach,
das gestehe ich Ihnen zu, benötigen insbesondere
Dienstleister häufig gar nicht ein so hohes Eigenkapital,
zum Beispiel jene 25 000 Euro, weshalb man diesen mit-
telständischen Unternehmen durchaus die Möglichkeit
einräumen sollte - das finde ich richtig -, mit geringe-
rem Kapital zu wirtschaften. Aus diesem Grunde sind
wir bereit, diesen Entwurf auch noch in dieser Legisla-
turperiode mit Ihnen zu beraten und zu sehen, ob wir
dem Mittelstand auf diese Weise helfen können.
Wenn sich allerdings herausstellen sollte, dass das
insbesondere im Dienstleistungsbereich zu einem höhe-
ren Insolvenzrisiko führt, dann wären wir bereit, dieses
Gesetz wieder zu ändern und das Mindeststammkapital
erneut heraufzusetzen. Aus gutem Grund hat ja die da-
1) Anlage 6
malige sozialdemokratisch-liberal geführte Regierung
das Mindeststammkapital für die GmbH heraufgesetzt.
Wir sollten das jetzt gründlich beraten. Ich hoffe, dass
wir zu einem guten Ergebnis kommen.
Vielen Dank.
({0})
Das Wort hat jetzt der Kollege Olaf Scholz von der
SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Reform des GmbH-Rechts steht seit einiger Zeit an. Wir
haben bei diesem Thema Verschiedenes miteinander zu
diskutieren; das eine ist die Frage des Mindestkapitals.
Ich gebe gern zu, dass es auch weitere Fragen gibt. Aber
wenn man schnell über eine Frage Einigkeit erzielen
kann und das Ergebnis auch schnell hilft, dann sollte
man dies nicht unterlassen, nur weil weitere Fragen anstehen, zumal dann nicht, wenn man sich deren Lösung
für später vornimmt. Genau dies schlägt der Gesetzentwurf vor.
Warum brauchen wir diesen Gesetzentwurf? Zum
Ersten gibt es Hindernisse bei der Gründung von
Unternehmen, die von den Vorrednern schon zu Recht
dargestellt wurden. Manche Unternehmensgründer wünschen, in der Rechtsform der GmbH zu agieren, benötigen aber gar kein Eigenkapital, das den heute gültigen
Mindestkapitalvorschriften entspricht, und werden dadurch an einer GmbH-Gründung gehindert. Es ist nicht
einzusehen, warum wir in einer Zeit, in der wir Menschen ermuntern, der Arbeitslosigkeit zum Beispiel dadurch zu entgehen, dass sie selber unternehmerisch aktiv
werden, an rechtlichen Vorschriften festhalten, die dies
den Menschen erschweren. Darum bin ich mit dem Beitrag von Herrn Funke ganz einverstanden, der gesagt hat,
wir sollten dies einmal ausprobieren; sollten wir später
feststellen, dass es Probleme gibt, dann könnte man es
wieder ändern. Meine Vermutung ist, dass es keine Probleme geben, dies aber die Attraktivität dieser Rechtsform für Gründer erhöhen wird.
Dabei sollten wir zweierlei sehr ernsthaft bedenken.
Das Erste ist, dass die Banken und alle, die einem Gründer Geld leihen, sowieso zu ihrem Geld kommen. Die
Rechtsform der GmbH schützt niemanden davor; die
Banken holen sich das Geld von einem selbst und lassen
sich vorher alles Notwendige unterschreiben, damit es
gewissermaßen einen Haftungsdurchgriff auf den Gesellschafter des Unternehmens geben kann.
({0})
Niemand, der eine GmbH mit 25 000 Euro Mindeststammkapital hat, kommt um dieses Problem herum.
Das ist erst dann anders, wenn es sich um ein wesentlich
höheres Stammkapital und um ein gewachsenes und
solides Unternehmen handelt. Deshalb ist dies kein
wirklicher Grund, sich nicht zu trauen, die Herabsetzung
des Mindeststammkapitals jetzt vorzunehmen.
Das Zweite hat ein bisschen mit den Juristen und der
Veränderung der Rechtskultur zu tun. Immer mehr Menschen wollen, wenn sie ein Unternehmen gründen, eine
Kapitalgesellschaft - in diesem Fall die GmbH - gründen: wegen des Namens und vieler anderer Dinge. Als
Rechtsanwalt habe ich vielen gesagt, sie sollten ihr Unternehmen als Einzelkaufleute führen:
({1})
Ihr habt überhaupt keine Probleme und um die Haftungsfragen kommt ihr ohnehin nicht herum. Dies habe ich
eben bereits dargestellt. Als Rechtsanwalt ist man es ja
auch gewohnt, selbst mit seinem ganzen persönlichen
Vermögen für all den Unsinn geradezustehen, den man
anrichten könnte.
({2})
- Oder die Kollegen, ja. - Trotzdem müssen wir diese
Veränderung reflektieren. Die Zunahme der Rechtsform
„GmbH“ hat natürlich etwas damit zu tun, dass immer
mehr Menschen diese Rechtsform wählen. Wir leisten
einen Beitrag zur Wirtschaftsförderung, wenn wir dem
Wunsch dieser Menschen Rechnung tragen.
Der erste Punkt betrifft also die Förderung der Unternehmensgründung und die Schaffung vieler neuer Unternehmen in dem für uns so wichtigen Dienstleistungsbereich.
Der zweite Punkt ist aus meiner Sicht sehr wohl ein
zentraler Punkt: Im Rahmen der Globalisierung gibt es
auch so etwas wie einen Rechtsformenwettbewerb.
Manche tragen das Wort Globalisierung als Schlagwort
vor sich her und leiten daraus alles Mögliche ab. Auf
manche Veränderungen aber müssen wir in der Tat
Rücksicht nehmen. Es gibt ja die Schlechtberatung Tausender von Menschen auch durch deutsche Rechtsanwälte, die sagen, man könne einfach, billig und schnell
eine „Limited“ gründen und die dann auch in einem
deutschen Register eintragen lassen. Abgesehen davon,
dass damit viele Illusionen über die Geschwindigkeit der
Eintragung in das deutsche Register verbunden sind,
handelt es sich hier um etwas, wovor wir als Gesetzgeber die Menschen schützen müssen. Wir haben die Aufgabe, die Rechtsform der GmbH so attraktiv zu machen,
dass sich die Menschen nicht von Verführern auf ein falsches Gleis bringen lassen. Jeder, der die Rechtsformen
„Limited“ und „GmbH“ einmal sorgfältig verglichen
hat, weiß, dass es ein schlechter Rat ist, der nichts weiter
als Ärger und Kosten hat. Aber es geschieht jeden Tag.
Deshalb tun wir nach meiner festen Überzeugung gut daran, den Menschen dadurch zu helfen, dass wir die
Rechtsform der GmbH im internationalen Wettbewerb
attraktiver machen.
Im zweiten Schritt - dies ist richtigerweise schon gesagt worden - müssen wir dazu beitragen, dass sie
schneller eingetragen werden kann. Man muss die
GmbH, ohne dass die Gründung lange vorbereitet worden ist, in 24 Stunden bekommen können. Dies sollten
wir uns als Ziel setzen.
Letzte Bemerkung - als Sozialdemokrat ist mir das
wichtig -: Es gibt nicht nur begeisterte Aufsätze darüber,
was für eine tolle Rechtsform die „Limited“ sei, sondern
manche glauben auch, dass sie mit der Wahl einer solchen Rechtsform die deutschen Regelungen zur Mitbestimmung umgehen könnten. Es ist natürlich wahnwitzig, bei einer Unternehmensgründung schon ins Kalkül
zu ziehen, dass man später einmal 1 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben könnte. Trotzdem passiert so etwas. Warum sollten wir den Leuten da ihre
Illusionen lassen? Ich glaube vielmehr, dass wir, wenn
wir die Rechtsform der GmbH besser ausgestalten, der
Wirtschaft und den Menschen in diesem Land nützen.
Hierfür kann also Rechtspolitik einen wichtigen Beitrag
leisten.
Schönen Dank.
({3})
Das Wort hat jetzt der Kollege Otto Bernhardt von der
CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das
Gesellschaftsrecht in Deutschland ist in der Tat in Bewegung gekommen. Hintergrund ist im Wesentlichen
der Tatbestand, dass eine Kapitalgesellschaft, die in einem EU-Land gegründet wird, in allen anderen EU-Ländern tätig werden darf. Wenn die mir vorliegenden Zahlen stimmen, gibt es inzwischen mehr als 10 000
„Limiteds“ in Deutschland, aber auch eine Reihe von
französischen, baltischen und anderen Gesellschaftsformen.
Wenn wir uns anschauen, warum man auf diese Gesellschaftsformen ausweicht, dann stellen wir fest, dass
das Thema Eigen- bzw. Stammkapital nur ein Punkt unter anderen und mit Sicherheit nicht der wichtigste ist.
Es gibt darüber hinaus zwei weitere Gründe dafür
auszuweichen. So spielt dabei auch die Zeit eine Rolle,
die man benötigt, eine Gesellschaft zu gründen. Die
Gründung einer GmbH in Deutschland dauert einige
Monate, in anderen Ländern dauert dagegen die Gründung von Kapitalgesellschaften oft nur wenige Tage.
Ein dritter Punkt, vielleicht der wichtigste überhaupt,
ist, dass die Gründung einer GmbH in Deutschland einige tausend Euro kostet, während die Gründung einer
„Limited“ nur wenige hundert Euro kostet. Das hängt
nicht zuletzt mit der notariellen Eintragung und ähnlichen Dingen zusammen.
Das sind die entscheidenden Punkte. Vor diesem Hintergrund sollten wir uns wirklich überlegen, ob es sinnvoll ist, nur bei einem von diesen drei Punkten etwas zu
ändern, zumal wir - der Vorredner von den Sozialdemokraten hat es gesagt - die Gesellschaftsformen nicht so
einfach vergleichen können. In England brauchen Sie
zwar nur 1 Pfund Eigenkapital, aber die Haftung für einen Geschäftsführer ist dort eine ganz andere. Das heißt,
wir müssen den Zusammenhang zwischen Eigenkapital,
Gläubigerschutz und Haftung diskutieren. Wenn wir das
jetzt noch durchbringen wollten, stellt sich doch jeder
die Frage, ob der Deutsche Bundestag nichts anderes zu
tun hat, als eine solche Änderung im Schnellverfahren
herbeizuführen.
({0})
Gerade in diesen Dingen ist es, wie ich glaube, sehr
wichtig, vorher ausführlich mit Fachleuten aus dem Bereich des Gesellschafts- und Steuerrechts zu diskutieren.
Diese werden uns manche kritische Frage stellen. Wir
haben fraktionsintern solche Gespräche geführt. Dabei
warnten die Fachleute vor einem Schnellschuss. Ich sage
das mit aller Deutlichkeit.
Bei den Ausführungen mancher zur Thematik der
Existenzgründungen entsteht bei mir der Eindruck,
dass sie weit weg von der Wirklichkeit sind. Ich bin Unternehmensberater und führe noch Existenzgründungen
durch. Ich weiß, dass alle Förderinstitute sagen: Lasst
die Hände von der Kapitalgesellschaft und gründet eine
Einzelgesellschaft! Die meisten folgen diesem Rat - es
geht hier um eine Frage der Information - und wählen
nicht das Gebilde einer GmbH, die ja auch mit vielen
Kosten verbunden ist.
Heute konnten Sie in der Zeitung lesen, dass die
Stiftung Marktwirtschaft, die ein neues Steuermodell
entwickelt, sehr deutlich sagt, dass man sich vor dem
Hintergrund einer einheitlichen Besteuerung die Gesamtproblematik von Personen- und Kapitalgesellschaften noch einmal ansehen sollte. Selbstverständlich sind
wir bereit, darüber im Ausschuss zu beraten und, wenn
es sein muss, auch noch in dieser Legislaturperiode eine
Entscheidung herbeizuführen. Wir glauben aber, dass die
Erwartungen, die mit einer bloßen Senkung des Mindeststammkapitals von 25 000 auf 10 000 Euro verbunden sind, zu hoch gesteckt sind. Dieses wird nicht als Signalwirkung verstanden werden. Das Ganze wird
verpuffen. Daher bitten wir Sie, diesen Punkt, der wichtig, aber nicht der wichtigste ist, in eine Diskussion einzubringen, bei der es um die Überarbeitung des GmbHRechtes und - das sage ich angesichts der aktuellen
Steuerdiskussion - des Gesellschaftsrechtes in Deutschland insgesamt geht und bei der auch die europäischen
Entwicklungen einbezogen werden. Ich glaube, das wäre
sachgerechter als der jetzt vorgesehene Schnellschuss.
Danke schön.
({1})
Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
wurfs auf Drucksache 15/5673 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
anderweitige Vorschläge? - Das ist nicht der Fall. Dann
ist die Überweisung so beschlossen.
Ich rufe als letzten Punkt der heutigen Tagesordnung
15 a und 15 b auf:
a) Beratung des Antrags der Abgeordneten CarlLudwig Thiele, Gisela Piltz, Dr. Max Stadler,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Wiederherstellung des Bankgeheimnisses
- Drucksache 15/5043 Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss ({0})
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
b) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Michael Meister, Heinz Seiffert, Otto
Bernhardt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
Vorschriften zum Kontenabruf überarbeiten
- Drucksache 15/5334 Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss ({1})
Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die
FDP fünf Minuten erhalten soll. - Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner dem Kollegen Carl-Ludwig Thiele von der FDPFraktion das Wort.
Herzlichen Dank, Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren heute in
erster Lesung den Antrag der FDP-Fraktion auf Wiederherstellung des Bankgeheimnisses. Nach dem monatlichen Bericht der Bundesbank hatten wir in den ersten
drei Monaten dieses Jahres einen unglaublichen Kapitalabfluss von 150 Millionen Euro netto aus unserem
Lande. Diese gigantische Kapitalflucht zeigt, dass die
Bürger kein Vertrauen mehr in den Staat und Angst vor
einem Schnüffelstaat haben. Die FDP ist der Auffassung, dass den Bürgern diese Angst genommen werden
muss. Die FDP lehnt den gläsernen Bürger ab.
({0})
Deshalb betrachten Liberale es als eine ihrer besonderen
Aufgaben, Freiheit und Eigentum der Bürger zu schützen.
({1})
Wenn ich den Bürgern im Bereich der Steuern die
Angst nehmen will, dann benötige ich ein für die Bürger
akzeptables Steuerrecht. Das Steuerrecht muss klar, einfach und verständlich sein, auch was Kapitaleinkünfte
betrifft.
({2})
Vor allem müssen die Bürger wieder Vertrauen in die Politik gewinnen. Das setzt aber voraus, dass die Politik
planbar und verlässlich wird.
Das Bankgeheimnis ist nach Ablauf der Steueramnestie weggefallen. Diese Steueramnestie hätte ein Erfolg
werden können; sie wurde aber ein Flop. Es fehlte das
Vertrauen in die Politik; vor allem aber fehlte eine planbare und verlässliche Steuerpolitik mit klaren Konturen.
Deshalb ist die FDP der Auffassung, dass wir eine
Abgeltungsteuer für Kapitalerträge einführen sollten.
Denn bei der Einführung einer Abgeltungsteuer kann das
Bankgeheimnis seinen Stellenwert wiederbekommen, da
die Besteuerung unmittelbar bei den Erträgen erfolgt.
Die FDP, Herr Pronold - um direkt dem zu widersprechen, was Sie gleich sagen werden -, setzt sich für einen
leistungsfähigen Staat ein. Wir wollen, dass Kapital nach
Deutschland zurückkehrt, damit dieses Kapital in
Deutschland Erträge erwirtschaftet und für diese Erträge
in Deutschland und nicht im Ausland Steuern anfallen.
({3})
Wir - das ist eben der große Unterschied - versprechen uns langfristig höhere Einnahmen aus der Versteuerung der Kapitalerträge, wenn diese Besteuerung direkt
von den Banken vorgenommen wird. Hierdurch wird einerseits die Gleichmäßigkeit der Besteuerung gewährleistet und wird die Besteuerung der Zinseinkünfte
sichergestellt. Andererseits werden das Vertrauensverhältnis zwischen Bank und Kunden und die Daten der
einzelnen Bürger zuverlässig geschützt. Deshalb macht
die Zinsabgeltungsteuer Kontoabfragen der Finanzbehörden schlichtweg überflüssig.
({4})
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, die
derzeitige Regelung ist von einem grundsätzlichen Misstrauen des Staates in seine Bürger geprägt. Wir Liberale
wollen aber, dass der Staat seinen Bürgern grundsätzlich
vertraut und nicht von vornherein misstraut. Mit der Kapitalflucht reagieren die Bürger genau so, wie wir das in
der Anhörung und in den Debatten hier vorhergesagt haben. Wir brauchen eine Änderung der Zinsbesteuerung.
Dafür ist die Abgeltungsteuer der richtige Weg. Dieser
Weg wäre möglich gewesen.
Frau Parlamentarische Staatssekretärin Hendricks
hatte in den Beratungen des Vermittlungsausschusses
eine Erklärung vorgelegt, die eine Abgeltungsteuer
durchaus ermöglicht hätte. Dieser Vorschlag ist allerdings später leider an der Union gescheitert. Das ist aber
verschüttete Milch von gestern. Die FDP begrüßt, dass
jetzt auch maßgebliche Unionspolitiker - ich hoffe, dass
Ministerpräsident Koch ein solcher bei Ihnen ist - für
eine Abgeltungsteuer votieren.
Wir hoffen, dass auch die Union jetzt diesen Weg
geht, damit die Besteuerung von Kapitalerträgen anders
geregelt werden kann, wenn es in Deutschland zu einem
Neuanfang der Politik und damit auch der Steuerpolitik
kommt.
({5})
Wir alle haben unabhängig vom Wahlkampf und unabhängig von der jeweiligen Parteizugehörigkeit die
Aufgabe, die Zukunft dieses Landes neu zu gestalten.
Deshalb bitte ich alle, sich dafür einzusetzen, dass wir zu
einer grundsätzlichen Steuerreform und schnellstmöglich zur Einführung einer Abgeltungsteuer in unserem
Lande kommen. Die Kapitalflucht findet nämlich weiterhin statt. Sie muss gestoppt werden. Kapital ist ein
scheues Reh. Es braucht wieder Geborgenheit. Wir müssen dafür sorgen, dass das Kapital hier einen sichereren
Hafen hat.
Ich komme zum Schluss. Die FDP will keinen
Schnüffelstaat. Die FDP will den mündigen Bürger. Die
FDP will vor allem, dass der Staat seinen Bürgern vertraut, damit die Bürger diesem Staat wieder vertrauen
können.
Herzlichen Dank.
({6})
Das Wort hat jetzt der Kollege Florian Pronold von
der SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Sehr geehrter Herr Thiele, wenn man Ihnen folgte und
Ihre Forderung, den Bürgerinnen und Bürgern zu vertrauen, in allen Bereichen umsetzte, müsste man konsequenterweise eine Selbstveranlagung bei der Lohn- und
Einkommensteuer ermöglichen; schließlich ist der Bürger prinzipiell ehrlich und zahlt gern Steuern.
({0})
Ich weiß nicht, ob die FDP mit ihrer Forderung, den
Bürgerinnen und Bürgern zu vertrauen, so weit ginge.
Die spannende Frage lautet: Warum kommt es in diesem Maße zu Kapitalflucht? Etwa aufgrund - so lautet
Ihre Unterstellung - der Rechtslage?
({1})
Die Rechtslage und ihre Umsetzung geben zu einer solchen Behauptung bisher keinen Anlass. Seitdem sich die
Rechtslage im April geändert hat, ist die Anzahl der Abrufe pro Tag auf ein Viertel gesunken.
In der Kampagne, die betrieben worden ist, hat man in
den Medien immer so getan - aus Ihrem Bereich wurde
dies entsprechend unterfüttert -, als wäre es jetzt jedem
Finanzbeamten oder jedem Sachbearbeiter in irgendeiner
Verwaltung möglich, sich per Computer Kontobewegungen anzuschauen. Magazine und Interessenverbände,
der Bund der Steuerhinterzieher - Entschuldigung: Bund
der Steuerzahler - und andere, haben diese Angst bei den
Bürgerinnen und Bürgern geschürt. Man hat den Eindruck erweckt, als könnte sich zukünftig jeder, der so tut,
als hätte er daran irgendein Interesse, mir nichts, dir
nichts die Konten aller Bürger anschauen. „Focus“ hat
geschrieben: Täglich wird es 50 000 Abrufe geben. Zurzeit sind es pro Tag 25. Ich sage das nur, um deutlich zu
machen, wie weit Prognose und Wirklichkeit auseinander klaffen. Sie haben bei dieser Kampagne mitgemacht
und haben die Angst vieler Menschen immer wieder entsprechend geschürt.
Diese Angst war unbegründet. Warum? Weil es bei
uns ein - wir haben für das entsprechende Gesetz gesorgt - rechtsstaatliches Verfahren gibt. Übrigens hat das
Bundesverfassungsgericht, das zu dieser Frage angerufen worden ist, dieses Verfahren in einer Eilentscheidung
für rechtens erklärt.
({2})
- Natürlich muss man die Hauptsacheentscheidung abwarten. Das ist immer so; überhaupt keine Frage.
Da durch einen unmittelbaren Eingriff in die Privatsphäre möglicherweise Rechte von Bürgerinnen und
Bürgern verletzt werden, prüft das Bundesverfassungsgericht auch bei einer solchen Eilentscheidung sehr genau und wägt die Risiken und die Betroffenheit der unterschiedlichen Rechtsgüter ab.
Es ist doch klar, dass dieses Verfahren ganz anders ist,
als in der Öffentlichkeit suggeriert wurde. Wenn die Finanzverwaltung einen begründeten Verdacht hatte und
ein Bürger seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen ist, dann hatte sie schon bisher die Möglichkeit, das
Steueraufkommen auf dem Wege der Schätzung festzusetzen oder Konteneinblick zu nehmen, sofern ein vorhergehendes Verfahren nicht zum Erfolg geführt hat.
({3})
- Ja. Der weiß es jetzt auch.
Die neue Rechtslage ist in dieser Frage überhaupt
nicht anders als die alte.
({4})
Nehmen wir einen praktischen Fall! Ein armer FDPBundestagsabgeordneter gibt jährlich seine Steuererklärung ab. Seit Jahren meldet er überhaupt keine Zinseinkünfte. Es könnte sein, dass er ein sozialer Mensch
ist - was ja bei der FDP zu unterstellen ist -, seine ganzen Diäten an die Bürgerinnen und Bürger verschenkt,
deswegen nie Kapital gebildet hat und keine Zinsen bekommt. Es könnte auch sein, dass er das Geld versoffen
hat. Es könnte sein, dass seine Zinseinkünfte unter dem
Freibetrag liegen und er sie nicht melden muss. Das ist
überhaupt keine Frage.
Wenn der FDP-Abgeordnete keine Zinsen angibt, der
Finanzbeamte aber denkt, dieser sei sparsam und müsse
irgendwoher Zinsen bekommen, dann muss er den Steuerpflichtigen zuerst fragen: Könnte es sein, dass Sie vergessen haben, Zinseinkünfte zu melden? - Wenn der
FDP-Bundestagsabgeordnete antwortet, er habe keine,
weil er all sein Geld den Armen geschenkt habe, und der
Finanzbeamte das glaubt, dann ist das Verfahren schon
am Ende.
({5})
Wenn er Zweifel hat, hat er jetzt eine neue Möglichkeit, die er bisher nicht hatte. Bisher hätte er zu jeder
Sparkasse, jeder Volksbank dieser Republik laufen und
fragen müssen, ob der Abgeordnete, der Steuerbürger
XY, dort ein Konto hat. Damit wäre er bei der Vielzahl
von Banken, die wir haben, sehr lange beschäftigt gewesen.
({6})
Das Bundesverfassungsgericht hat gesagt, die Gleichmäßigkeit der Besteuerung könne nur dann sichergestellt
werden, wenn es eine reale Kontrollmöglichkeit gebe,
ob der Bürger steuerehrlich ist. Diese gibt es jetzt. Man
kann dabei jedoch nicht auf das Konto blicken. Vielmehr
ist man jetzt lediglich in der Lage, abzufragen, bei welcher Bank in der Bundesrepublik Deutschland jemand
überhaupt ein Konto hat.
({7})
Auch wenn ein Konto gefunden wird, kann nicht automatisch aufs Konto geschaut werden.
({8})
- Lassen Sie mich das noch ausführen. Dann lasse ich
die Zwischenfrage zu, wenn der Herr Präsident es erlaubt.
Bitte schön.
Die Finanzverwaltung muss den Steuerpflichtigen damit konfrontieren, doch ein Konto gefunden zu haben.
Dann sagt unser sozial tätiger FDP-Abgeordneter: Darauf liegen noch 3,50 Euro. Ich bin umgezogen und habe
das Konto vergessen. Wenn der Finanzbeamte das
glaubt, ist die Sache damit erledigt. Nur wenn er es nicht
glaubt, wenn er immer noch begründete Zweifel hat,
kann er das bisherige Verfahren einleiten.
Der einzige Unterschied ist, dass jetzt die Möglichkeit
besteht, festzustellen, ob und wenn ja, wo jemand überhaupt ein Konto hat. Wenn diese Kontostammdatenabfrage erfolgt, muss der Steuerpflichtige darüber informiert werden, egal ob sie zum Erfolg führt oder nicht.
Man kann juristisch darüber streiten, ob das im Gesetz
stehen muss oder ob eine Verwaltungsanweisung ausreicht.
Bitte schön.
Bitte schön. Wenn Sie das genehmigen, ist es in Ordnung.
Herr Kollege Pronold, ich finde es sehr angenehm,
dass Sie sich sehr viele Sorgen um die Kapitaleinkünfte
von FDP-Bundestagsabgeordneten machen. Ich bin mir
sicher, dass das bei SPD-Abgeordneten nicht der Fall ist;
denn dann würde man sich ja bestimmter Kapitalisten
bedienen und mit deren Hilfe irgendwelche Zinseinkünfte erzielen.
Aber Sie haben bei Ihren Ausführungen etwas verschwiegen. Sie haben nämlich verschwiegen, aus welchem Grunde der Finanzbeamte den Verdacht hat, der
Steuerpflichtige könnte doch Zinseinkünfte haben. Nach
Ihrer Argumentation - daraus ergibt sich die Frage müsste ein Finanzbeamter bei jedem Bürger, der keine
Zinseinkünfte hat, nachfragen.
Mich würde erstens interessieren, ob er bei jedem
nachfragen muss, der keine Zinseinkünfte angibt, egal
wie viel er verdient.
Zweitens. Wenn das Nachfragen so viel Arbeit
macht, ist es dann nicht viel besser, fairer und vor allen
Dingen sozial gerechter, gar nicht erst abzufragen, sondern - bevor ein Bürger bei der Angabe einen Fehler machen könnte - direkt an der Quelle das Geld bei denen zu
holen, die entsprechend leistungsfähig sind, und dafür zu
sorgen, dass dort der soziale Ausgleich erfolgt?
Natürlich muss nicht bei jedem Bürger nachgeprüft
werden. Auch wenn ein FDP-Abgeordneter es sich nicht
vorstellen kann: Die Masse der Bürgerinnen und Bürger
kommt überhaupt nicht in die Verlegenheit, Zinseinkünfte angeben zu müssen, nämlich weil sie zu niedrig
sind. Das ist so. Die Masse muss die entsprechende Anlage nicht abgeben.
Es muss also ein Verdacht vorhanden sein. Glauben
Sie, dass die Finanzverwaltung bei ihrer Überlastung
nichts Besseres zu tun hätte, als bei allen Bürgern nachzufragen? Wenn das der Fall wäre, dann müsste sich das
ja in den Zahlen niederschlagen. Dann müsste es jetzt
mehr Anfragen geben als vorher. Das ist aber nicht der
Fall. Außerdem ist die Verwaltung in Deutschland immer noch an Recht und Gesetz gebunden. Auch in der
Finanzverwaltung besteht ein gebundenes Verwaltungsermessen.
Wir können uns lang und breit über die Vorzüge der
Zinsabgeltungsteuer unterhalten. Ich erinnere daran,
wie erfolgreich die Quellenbesteuerung unter Waigel
umgesetzt worden ist. Das hätten Sie schon damals unter
Schwarz-Gelb hinbekommen können.
({0})
Das hat nicht funktioniert. Solange wir hier über ungelegte Eier reden - ({1})
- Es ist aber immer noch ungelegt.
({2})
- Ja, in Ihrem.
({3})
Sie müssen erst einmal den Herrn Merz, falls er noch Finanzexperte der Union ist und er noch etwas zu sagen
hat, überzeugen. Den Herrn Koch als Zeugen dafür zu
benennen, dass man den Geldtransfer ins Ausland verhindern will, halte ich angesichts der Vorgänge in der
Hessen-CDU für gewagt. Ich will aber keine unbewiesenen Verdachtsmomente in den Raum stellen.
Solange die Zinsabgeltung oder eine vergleichbare
Regelung, nach der diese Steuer an der Quelle abgeschöpft wird,
({4})
noch nicht im Gesetz steht - über die verwaltungstechnischen Aspekte können wir uns schnell einigen; es gibt
aber noch andere Gesichtspunkte, die bei einer Abgeltungsteuer natürlich auch zu bedenken sind; das ist ja
nicht die einzige Frage -, schwebt darüber das Damoklesschwert der Verfassungswidrigkeit, weil wir bei
den Kapitalerträgen keine Verifizierung vornehmen können. Das Bundesverfassungsgericht hat gesagt: Das
muss aber möglich sein. Der Staat muss in der Lage sein,
die Steuerehrlichkeit der Bürgerinnen und Bürger im
Zweifelsfall zu überprüfen, aber nicht in jedem Einzelfall. Er muss aber überhaupt in der Lage sein, dies überprüfen zu können. Das Bundesverfassungsgericht hat
Recht, wenn es sagt: Der ehrliche Steuerzahler darf nicht
der Dumme sein.
({5})
Deswegen haben wir eine Variante gewählt, die interessanterweise auch vom Bundesrat behandelt worden
ist. Bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit hatte die
Bayerische Staatsregierung die Federführung. Sie hatte
keinerlei Bedenken. Merkwürdigerweise reihte sich die
Bayerische Staatsregierung dann in den Chor derer ein,
die so wie im Unionsantrag etwas fordern, was bereits zu
99 Prozent geltende Rechtslage ist.
Man kann sich noch über die Frage streiten, die wir
gerade angesprochen haben, ob eine Verwaltungsanweisung ausreicht oder ob man die Informationspflicht gegenüber dem betroffenen Bürger in das Gesetz schreiben
muss. Das ist ein juristischer Unterschied, über den man
streiten kann. Praktisch hat dies aber für die Bürgerinnen
und Bürger überhaupt keine Auswirkungen. Wir können
in dieser Situation für mehr Steuergerechtigkeit sorgen,
weil wir jetzt in der Lage sind, Steuerhinterziehung bei
Kapitalerträgen theoretisch zu erfassen.
Auch eine zweite Variante wäre möglich gewesen.
Die hätte aber eine viel umfangreichere Offenbarung
durch die Bürgerinnen und Bürger erfordert, wäre aber
genauso verfassungsfest gewesen: Das wären Kontrollmitteilungen. Dann gäbe es für jede Zinszahlung entsprechende Kontrollmitteilungen. Das wäre eine viel
umfangreichere Offenlegung, als es in dem jetzigen Verfahren der Fall ist.
Der Bundesdatenschutzbeauftragte, der hier zitiert
worden ist, hat in der Anhörung deutlich gemacht, dass
er keine grundsätzlichen Bedenken hat, eine solche
Abfragemöglichkeit zu schaffen. Seine Bedenken richteten sich zum einen auf die Frage: Ist im Gesetz präzise
geregelt, wer abrufen kann? Dazu gibt es unterschiedliche Auffassungen; darüber wird das Bundesverfassungsgericht noch entscheiden. Aber es ist auch einzelgesetzlich in den Leistungsgesetzen geregelt, ob eine Behörde
dies machen kann oder nicht. Zum anderen ging es um
die Frage der Information der Betroffenen, wenn ein solcher Eingriff erfolgt. Auch das ist per Verwaltungsanweisung entsprechend geregelt worden, sodass es aus
rechtsstaatlichen Gesichtspunkten überhaupt keinen
Grund mehr gibt, daran zu zweifeln.
Wir können vielmehr die frohe Botschaft verkünden,
dass wir es durch die Möglichkeit der Kontrolle schaffen, mehr Steuerehrlichkeit zu erreichen, und dass die
ehrlichen Steuerzahler nicht länger die Dummen sind.
Das ist doch eine positive Botschaft. Wenn Sie wollen,
dass kein Kapital ins Ausland abwandert, dann unterstützen Sie diese fadenscheinigen Kampagnen nicht, die von
Leuten gemacht werden, die das Zahlen von Steuern an
sich schon für ein Verbrechen halten!
Herzlichen Dank.
({6})
Das Wort hat der Kollege Otto Bernhardt von der
CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit dem
1. April dieses Jahres kann und darf die Bundesanstalt
für Finanzdienstleistungsaufsicht die Stammdaten aller
fast 500 Millionen Konten in Deutschland abfragen, und
zwar ohne dass es das Kreditinstitut merkt und ohne dass
der Betroffene davon erfährt. Das sind zunächst einmal
die Fakten.
({0})
Zur Frage, wie oft davon Gebrauch gemacht wird, gibt
es in der Presse in der Tat sehr unterschiedliche Meldungen. Bankenverbände zum Beispiel sprechen von vielen
Tausend Abfragen.
({1})
- Ich habe gesagt: Sie wissen nichts von den einzelnen
Abfragen.
Entscheidend ist die Frage: Wie wirkt dies auf die
Bürger? Ich kann nur sagen: Die Banken in Österreich
jubeln. Das ist der Tatbestand.
({2})
Die entsprechende Summe ist bereits genannt worden.
Sie, Herr Thiele, sprachen irrtümlicherweise von
150 Millionen Euro. Aber es sind 150 Milliarden Euro,
die Deutschland verlassen.
({3})
Das ist die Wirkung.
Wenn es uns darum geht, den Finanzplatz Deutschland zu stärken, dann müssen wir uns mit den Fragen
auseinander setzen: Ist es gut, wie das läuft? Muss und
kann hier etwas verändert werden? Das Ganze dreht sich
letztlich um das viel zitierte Bankgeheimnis. Wenn ich
mich richtig erinnere, haben wir das letzte Mal im
Oktober 2001 darüber diskutiert, also einen Monat nach
dem 11. September 2001.
Damals forderte die PDS in einem Antrag, das Bankgeheimnis abzuschaffen. Alle Fraktionen, auch die Sozialdemokraten, haben in der damaligen Debatte ganz
klar gesagt: Wir sind für die Erhaltung des Bankgeheimnisses. Ich stelle das nur noch einmal fest. Ich habe in
dieser Debatte gesagt: Bin Laden wird seine Konten
nicht unter „Bin Laden“ führen. Wer also glaubt, dass
Regelungen in diesem Bereich helfen können, der irrt.
Natürlich weiß jeder, dass das Bankgeheimnis in
Deutschland seit vielen Jahren sehr stark ausgehöhlt ist
und wir eigentlich nur noch von einem Rest sprechen
können. Aber man muss auch wissen, dass in verschiedenen Ländern sehr unterschiedlich mit dem Bankgeheimnis umgegangen wird: In der Schweiz hat es Verfassungsrang, in Österreich und Luxemburg wird es sehr
eng ausgelegt, und die Vereinigten Staaten haben damit
überhaupt kein Problem, während der Deutsche daran
hängt und es Einfluss auf seine Entscheidungen hat.
({4})
- Ich meine: Dort gibt es kein Bankgeheimnis und die
Bevölkerung hat damit kein Problem; das ist der Punkt.
In Deutschland ist die Situation eine andere.
Jetzt müssen wir uns die Frage stellen: Wie reagieren
wir auf die Befindlichkeiten unserer Bevölkerung, um
sicherzustellen, dass ihr Geld hier bleibt? Die FDP
macht dazu zwei konkrete Vorschläge: Der eine lautet:
weg mit der Kontenabfrage. Der andere heißt: Übergang
zur Zinsabgeltungsteuer.
Wir haben an diesen Themen mitgewirkt. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Für uns kann es nicht darum gehen,
den Kontenabruf zu beseitigen. Uns geht es vielmehr
darum, ihn auf das notwendige Maß zu begrenzen und in
Abstimmung mit dem Datenschutzbeauftragten bestimmte Konkretisierungen vorzunehmen. Dies betrifft
zum Beispiel die Frage: Wer genau darf abfragen? Denn
Sie wissen: Es gibt eine ganze Reihe von Behörden, die
abfragen dürfen. Das führt zu Unsicherheit. Deshalb fordern wir in unserem Antrag bestimmte Konkretisierungen, zum Beispiel bezüglich der Pflicht, die Betroffenen
im Nachhinein über die Abfrage ihres Kontos zu informieren.
Sie wissen, dass es in unserer Fraktion, was die
Abgeltungsteuer betrifft, unterschiedliche Auffassungen
gibt. Ich bin sicher, dass dieser Aspekt bei der geplanten
großen Steuerreform eine wichtige Rolle spielen wird.
Ich verhehle nicht, dass ich Sympathien für die Abgeltungsteuer habe, nicht zuletzt, weil sie viel Bürokratie
ersparen würde und ihren Regelungen zufolge viele Offenlegungspflichten von vornherein überflüssig wären.
Aber genauso schnell, wie Sie gerade eben im Galopp
das Mindeststammkapital von GmbHs von 25 000 auf
10 000 Euro reduziert haben, zur Abgeltungsteuer überzugehen, das wäre, wie ich glaube, nicht der richtige
Weg.
Im Rahmen der Steuerreform, die wir, CDU/CSU und
FDP, gemeinsam vorhaben und die wir - ich bin sicher in Kürze gemeinsam durchsetzen werden, wird dies ein
wichtiger Punkt sein. Dabei wird auch das Thema Bankgeheimnis Platz in unseren Überlegungen haben. Denn
eines steht für uns fest: Wenn es uns nicht gelingt, das
Vertrauen der Deutschen in unser System wieder nachhaltig herzustellen, dann wird nicht nur kein Geld nach
Deutschland zurückkommen, sondern dann wird noch
mehr Geld Deutschland verlassen. Ich glaube, was wir in
unserem Antrag vorhaben - die Kontenabfrage auf ein
Minimum zu beschränken und bestimmte Dinge weiter
zu konkretisieren -, ist ein kleiner Schritt, ein kleiner
Beitrag - mehr kann das nicht sein -, um das Vertrauen
in das deutsche Bankensystem bei der Bevölkerung zu
stärken und sicherzustellen, dass zumindest das Geld,
das hier ist, hier bleibt. Es wird nicht ausreichen, um das
Geld zurückzuholen, das einmal gegangen ist.
Herzlichen Dank.
({5})
Als letzte Rednerin des heutigen Tages hat die Kollegin Jutta Krüger-Jacob von Bündnis 90/Die Grünen das
Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der
Antrag der FDP wird nicht die Zustimmung der Grünen
finden.
({0})
- Ich weiß, Sie sind nicht überrascht.
Schon der Titel des Antrages soll offensichtlich in die
Irre führen. Denn das zivilrechtliche Bankgeheimnis
- und nur ein solches kennen wir - besteht nur im Innenverhältnis zwischen Bank und Kunde und wurde durch
die Änderungen in der Abgabenordnung nicht berührt.
Die Forderung nach Wiederherstellung geht damit ins
Leere.
Die Kontenabfragemöglichkeit, die im Zuge der
Schaffung einer Brücke hin zur Steuerehrlichkeit implementiert wurde, ist ein wichtiger Baustein zu ebendieser
Steuerehrlichkeit. Der Deal bei der Steueramnestie war,
dass Schwarzgeld gegen eine Nachversteuerung durch
Straffreiheit legalisiert und im Gegenzug eine Möglichkeit zur Abfrage von Bankkonten implementiert wird.
Der Antrag zeigt, dass gerade die FDP zwar die Vorteile
der straffreien Legalisierung von Schwarzgeld gerne
mitnimmt, aber nicht bereit ist, die daraus folgenden
Konsequenzen zu tragen.
({1})
Zudem hat nur derjenige, der etwas zu verbergen hat,
Grund, sich über diese - im Übrigen nur eingeschränkte - Kontenabfragemöglichkeit aufzuregen.
({2})
Der ehrliche Steuerbürger hat keine Nachteile zu erwarten
({3})
und auch die Antragsteller von Sozialleistungen wie
BAföG und Wohngeld müssen keine Nachteile befürchten, wenn sie ihre Vermögensverhältnisse ehrlich darlegen. Der Bürger hat ein Recht darauf und darf darauf
vertrauen - Vertrauen ist hier ein ganz wichtiger Begriff -,
bei der Besteuerung gleichmäßig, nach einheitlichen
Maßstäben, behandelt zu werden. Ebenso hat der Bürger
das Recht, dass Leistungen des Staates nur an diejenigen
gezahlt werden, die tatsächlich Anspruch haben. Wir
mussten beim Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit eine Interessenabwägung vornehmen und haben uns
für die Steuergerechtigkeit als ganz zentrale bürgerliche Freiheit entschieden. Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht im März - der Kollege Pronold hat es erwähnt - ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die
gleichmäßige Erhebung von Steuern wichtiger Belang
des Gemeinwohls ist.
({4})
Viele Bürgerinnen und Bürger haben sich gerade zur
schwarz-gelben Regierungszeit über ungleiche und ungerechte Maßstäbe beschwert und sind bis vors Bundesverfassungsgericht gezogen. Mit dem Urteil zur Zinsbesteuerung wurde der Gesetzgeber - damals war die
FDP mit in der Verantwortung - ultimativ dazu aufgefordert, die bestehenden gesetzlichen Vorschriften auch
durchzusetzen. Daraufhin wurde die Zinsabschlagsteuer eingeführt, um Ermittlungsmöglichkeiten für die
Finanzbeamten zu schaffen; ansonsten hätte weiter eine
Ungleichbehandlung von Zins- und Arbeitseinkünften
bestanden.
Mit dem viel zitierten „gläsernen Bürger“ hat die
Kontenabfragemöglichkeit überhaupt nichts zu tun ebenso wenig wie das Aufstellen einer solchen Behauptung mit verantwortungsvoller Politik. Kontenabrufe erfolgen weder willkürlich noch heimlich. Im Übrigen ist
die Rechtmäßigkeit derselben auch gerichtlich nachprüfbar. Die Beamten in den Finanzämtern und anderen Behörden erfahren nichts über die Kontenstände und nichts
über die Kontenbewegungen. Sie bekommen nur AusJutta Krüger-Jacob
kunft, ob und wo ein Steuerpflichtiger Konten unterhält,
und dies auch nur dann, wenn es zur Festsetzung von
Steuern oder zur Bewilligung von Sozialleistungen erforderlich ist und - genau das ist der springende Punkt wenn der Bürger sich weigert, dem Finanzamt auf Anfrage richtige Auskunft zu erteilen.
Die FDP fordert auch die Einführung einer Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge. Die Behauptung, eine
solche Steuer sei einfach, transparent, könne Kapitalflucht verhindern und ein Mehraufkommen bringen, wie
wir eben gehört haben, taucht nicht das erste Mal auf.
Bei den intensiven Auseinandersetzungen mit der
Thematik mussten wir feststellen - auf die wiederholten
Aufforderungen hin haben wir uns damit auseinander
gesetzt -, dass es keineswegs einfach ist, wenn man eine
ansonsten unausweichliche Steuermehrbelastung der
Kleinsparer vermeiden will. Man bräuchte dafür ein
Freistellungs- oder Erstattungsverfahren für all die
Kleinsparer, die heute gar nicht oder deutlich geringer
als mit einer Abgeltungsteuer steuerlich belastet werden.
Dies würde einen erheblichen bürokratischen Mehraufwand bedeuten. Im Übrigen verhindert die Abgeltungsteuer keine Kapitalflucht, es sei denn, sie wäre so niedrig, dass wir mit Steuerausfällen in Milliardenhöhe statt
mit Steuermehreinnahmen rechnen müssten. Auch der
immer wieder kommende Verweis auf Österreich zieht
nicht, da bei der dortigen Einführung der Abgeltungsteuer der Steuersatz erhöht wurde. Das ist hier ja offensichtlich nicht gewünscht.
Es ist keine systematische Herangehensweise, eine
Abgeltungsteuer einzuführen, nur um die Kontrollmöglichkeiten des Staates zu verhindern, zumal auch diese
Steuer mit Kontrollmitteilungen verbunden wäre. Der
Antrag zeigt eigentlich nur, dass es einfacher ist, Forderungen zu erheben, als sie mit allen Konsequenzen zu
Ende zu denken und dann auch umzusetzen.
({5})
Danke schön.
({6})
Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
den Drucksachen 15/5043 und 15/5334 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
Sind Sie damit einverstanden? - Das ist der Fall. Dann
sind die Überweisungen so beschlossen.
Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Freitag, den 17. Juni 2005, 9 Uhr,
ein.
Die Sitzung ist geschlossen.