Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 12/20/2002

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sitzung ist eröffnet. Bei drei Mitgliedern des Beirats nach § 39 des StasiUnterlagen-Gesetzes läuft die fünfjährige Mitgliedschaft Ende des Jahres aus. Sie müssen daher vom Bundestag neu gewählt werden. Die Fraktion der CDU/CSU benennt hierfür wieder die Abgeordneten Hartmut Büttner und Hartmut Koschyk, die Fraktion der SPD Herrn Professor Dr. Richard Schröder. Sind Sie mit diesen Vorschlägen einverstanden? - Ich höre keinen Widerspruch. Damit sind die genannten Personen in den Beirat nach § 39 des Stasiunterlagengesetzes gewählt. Interfraktionell wird vorgeschlagen, den in der zehnten Sitzung bereits überwiesenen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft auf Drucksache 15/38 nachträglich dem Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zu überweisen. Sind Sie damit einverstanden? - Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 13 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses ({0}) zu dem Antrag der Bundesregierung Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz einer Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan auf Grundlage der Resolutionen 1386 ({1}) vom 20. Dezember 2001, 1413 ({2}) vom 23. Mai 2002 und 1444 ({3}) vom 27. November 2002 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen - Drucksachen 15/128, 15/223 Berichterstattung: Abgeordnete Gert Weisskirchen ({4}) Dr. Ludger Volmer Dr. Werner Hoyer Bericht des Haushaltsausschusses ({5}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache 15/231 Berichterstattung: Abgeordnete Antje Hermenau Lothar Mark Herbert Frankenhauser Dietrich Austermann Jürgen Koppelin Ich weise darauf hin, dass wir nach der Aussprache über die Beschlussempfehlung namentlich abstimmen werden. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. - Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Bundesminister der Verteidigung, Peter Struck, das Wort.

Dr. Peter Struck (Minister:in)

Politiker ID: 11002278

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Afghanistan braucht Hilfe und wir wollen diese Hilfe heute beschließen. ({0}) Dafür ist das nachhaltige Engagement der internationalen Gemeinschaft erforderlich. Wir übernehmen heute zusätzliche Verantwortung. Wir wissen, die Stabilisierung des Landes, die Festigung einer multiethnischen Regierung der nationalen Aussöhnung und die Schaffung von Rahmenbedingungen für die wirtschaftliche Entwicklung und die gesellschaftliche Demokratisierung sind von zentraler Bedeutung für den Erfolg im Kampf gegen den internationalen Terrorismus. Dieser Kampf ist noch lange nicht beendet, wie der gestrige Vorfall vor unserem Lager in Kabul zeigt. Dort wurde ein Selbstmordanschlag mit inzwischen drei Toten verübt. Das heißt, die Lage ist äußerst instabil und sehr gefährlich für unsere Soldatinnen und Soldaten. Unsere herausragende Rolle für die Zukunft Afghanistans wird vom Vertrauen der afghanischen Bevölkerung und der afghanischen Regierung getragen. Das spürt jeder, der sich in Kabul ein Bild von der Situation macht. Das hat übrigens auch Präsident Karzai während der Petersberg-Konferenz am 2. Dezember erneut hervorgehoben. Wir verstehen unser Engagement in einem sehr umfassenden Sinne, weil Stabilität und Sicherheit im Lande nur durch ein umfassendes Herangehen gefördert werden können. Die Petersberg-Konferenzen, die wirtschaftliche Unterstützung unter dem Dach der Europäischen Union, der Aufbau der Polizei und der Anteil der Bundeswehr an der Sicherheitspräsenz in Kabul stehen für den deutschen Beitrag. Unser Engagement geht weiter. Es ist schon Beeindruckendes geleistet worden. Doch 20 Jahre Bürgerkrieg und das grausame Erbe der Taliban können nicht in ein oder zwei Jahren bewältigt werden. Ohne fortgesetztes internationales Engagement kann es das afghanische Volk nicht schaffen. Es ist hierbei völlig unstreitig: In Afghanistan wie in Bosnien-Herzegowina, im Kosovo und auch an anderen Orten, wo Gewalt und Zerstörung zu Hause waren, zeigt sich, dass mit Geld allein die Probleme nicht zu lösen sind, sondern nur mit internationaler, auch militärischer Präsenz. Der Wiederaufbau von Polizei und Armee kann nicht über Nacht erfolgen. Die gewaltigen ethnischen und gesellschaftlichen Spannungen sowie die latente Gefahr der noch nicht vollständig besiegten Taliban werden die eigenen Möglichkeiten der afghanischen Regierung noch für geraume Zeit überfordern. Deshalb ist die Schaffung eines sicheren Umfelds für Aufbau und Stabilisierung unverzichtbar. Wir verhindern einen Rückfall in Zeiten der Unterdrückung und des Bürgerkrieges. Wir stellen sicher, dass Terroristen in Afghanistan kein sicheres Rückzugsgebiet und keinen Ausbildungsraum finden. Wir leisten einen wesentlichen Beitrag, um die Erfolgsaussichten der global operierenden radikalen Islamisten zu begrenzen. Wir tragen dazu bei, dass eine von vielerlei Krisen und Spannungspotenzialen geprägte Region nicht weiter destabilisiert wird. Der Bundeswehr fällt dabei durch die Übernahme der anspruchsvollen Leitfunktion für ISAF zusammen mit unseren niederländischen Freunden ab Februar 2003 weiterhin eine besondere Rolle zu. Die Verstärkung auf bis zu 2 500 Soldaten trägt dieser erhöhten Verantwortung Rechnung. Erstmalig wird dieser Einsatz auch durch die Bereitstellung ausgewählter Fähigkeiten der NATO unterstützt. Dies ist vielleicht ein erster Schritt zu mehr Verantwortung der NATO in Afghanistan und vielleicht ein Hinweis auf die Übernahme der Lead-Funktion durch die NATO nach Beendigung unserer Verantwortung. Die Leistungen unserer Soldatinnen und Soldaten im Einsatz sind durchgehend beispielhaft. ({1}) Ich habe dies gerade erst wieder am vergangenen Wochenende während meiner Besuche bei unseren Soldaten in Dschibuti, Mombasa und Kuwait feststellen können. Diese Leistungen werden durch erstklassige Ausbildung, hohe Motivation und die Unterstützung der vielen in der Bundeswehr gewährleistet, die hier in Deutschland die internationalen Einsätze ermöglichen. Ich denke dabei gerade auch an die Familien unserer Soldatinnen und Soldaten, für die jeder Einsatz eine schwierige Zeit mit vielen persönlichen Belastungen darstellt. Ich spreche allen meinen Dank und meine besondere Anerkennung aus. ({2}) Vor zwei Wochen habe ich an dieser Stelle deutlich gemacht, dass sich die Weiterentwicklung der Reform der Bundeswehr noch konsequenter als bisher an dem wahrscheinlichsten Einsatzspektrum unserer Streitkräfte ausrichten muss. Seit Jahren bestimmen vorrangig Aufgaben im Rahmen der internationalen Konfliktverhütung und der Krisenbewältigung die Einsatzrealität der Bundeswehr. Dies muss sich in Strukturen, Umfängen, Fähigkeiten und Ausrüstung niederschlagen; sonst wird die Bundeswehr wegen struktureller und materieller Defizite immer wieder an die Grenzen der Belastbarkeit geführt. Genau diesen Weg habe ich mit ersten Entscheidungen zu verschiedenen Beschaffungsvorhaben eingeleitet. Weitere mittelfristige Weichenstellungen werden, wie angekündigt, im Frühjahr erfolgen. Unsere Überlegungen gehen von der Annahme aus, dass der Schwerpunkt der Aufgaben der Bundeswehr auf absehbare Zeit im multinationalen Einsatz und jenseits unserer Grenzen liegen wird. Die Verteidigung an den Grenzen unseres Landes ist glücklicherweise zu einer unwahrscheinlichen Option geworden. Um zu verdeutlichen, worum es wirklich geht, habe ich davon gesprochen, dass unsere Sicherheit auch am Hindukusch verteidigt wird. Deutschland ist sicherer, wenn wir zusammen mit Verbündeten und Partnern den internationalen Terrorismus dort bekämpfen, wo er zu Hause ist, auch mit militärischen Mitteln. Unsere Sicherheit wird größer, wenn sich die Bundeswehr mit Erfolg am Wiederaufbau unter demokratischen Vorzeichen auf dem Balkan und in Afghanistan beteiligt, indem sie hilft, dort das dringend benötigte sichere Umfeld zu schaffen. ({3}) Wo wären wir denn heute in Europa, wenn die Bundeswehr sich nicht über Jahre im multinationalen Verbund im kriegs- und bürgerkriegszerrissenen Südosteuropa engagiert hätte? Ein zeitgemäßes Verständnis von Sicherheit und Verteidigung hat zum Ziel, Bedrohungen und Krisen durch gemeinsames Handeln auf Distanz zu halten. Verteidigung heute umfasst mehr als Verteidigung an den Landesgrenzen, wobei Landesverteidigung grundsätzlich auch weiterhin möglich sein muss. Aber zeitgemäße Verteidigung umfasst die Verhütung von Konflikten und Krisen. ({4}) Sie umfasst die gemeinsame Bewältigung von Krisen. Sie umfasst ebenso die Krisennachsorge und die Beteiligung am Wiederaufbau und am Nation Building. Moderne Sicherheitspolitik heißt multilaterale Sicherheitsvorsorge im Rahmen der Vereinten Nationen, der NATO, der Europäischen Union und der OSZE. Diese moderne Sicherheitspolitik lässt sich geographisch nicht eingrenzen. Denn die Risiken und Bedrohungen in der heutigen Welt kennen keine Grenzen. Sie berühren uns auch über große Entfernungen hinweg. Wir sprechen hier - mit anderen Worten - nicht über ein tagespolitisches Szenario, sondern über einen grundlegenden Wandel der sicherheitspolitischen Lage seit dem Ende des letzten Jahrhunderts. Verteidigung heute ist Wahrung unserer Sicherheit, wo immer diese gefährdet ist. Es geht darum, den Herausforderungen für die Sicherheit zu begegnen, „aus welcher Richtung diese Herausforderungen auch kommen mögen“, wie es im Gipfelkommuniqué der NATO von Prag heißt. Wir müssen uns gegen äußere Bedrohungen, die, wie im Falle des internationalen Terrorismus, im Inland auftreten können, genauso wie gegen die akuten Risiken schützen können, die sich im weiteren internationalen Umfeld ergeben. Aus diesen Gründen wird der Bundestag heute für eine Fortsetzung des Bundeswehrengagements in Afghanistan stimmen. In Afghanistan tun wir das, was der Verantwortung Deutschlands, was unseren Möglichkeiten und unseren Sicherheitsinteressen entspricht, genauso wie auf dem Balkan und am Horn von Afrika - gemeinsam mit unseren Partnern und Freunden. Meine Damen und Herren, als Bundesminister der Verteidigung bin ich den Fraktionen des Hauses außerordentlich dankbar, dass wir dieses schwierige Mandat in Afghanistan mit einer sehr großen Zustimmung aller Fraktionen im Parlament beschließen werden. Darauf haben unsere Soldatinnen und Soldaten einen Anspruch, die eine schwierige Arbeit tun, denen ich auch von hier aus noch einmal ein frohes und gesundes Weihnachtsfest wünsche und denen ich sage: Kommen Sie alle gesund nach Hause! ({5})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich erteile das Wort dem Kollegen Friedbert Pflüger, CDU/CSU-Fraktion.

Dr. Friedbert Pflüger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001710, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vorgestern hat im Auswärtigen Ausschuss der Kollege Volmer von den Grünen gesagt: Die Grünen stimmen der Verlängerung des Mandats selbstverständlich zu. ({0}) Wir haben uns angesichts der Geschichte der Grünen auf diesem Gebiet über dieses „selbstverständlich“ etwas gewundert. ({1}) Aber wir stimmen im Ergebnis völlig zu. Auch wir sind der Meinung, dass dieses Mandat verlängert werden sollte. Selbstverständlich ist das für uns allerdings nicht, Herr Kollege Volmer. ({2}) Denn wir müssen bei einem so großen und risikoreichen Engagement sehr sorgfältig und sehr genau die Interessenlage unseres Landes und die Sicherheitslage für unsere Soldaten analysieren. Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass man vor einem solchen Engagement, das den Steuerzahler sehr viel Geld kostet, die Dinge wirklich ganz genau untersucht und nicht sagt: Wir sind selbstverständlich dafür. ({3}) Entscheidend ist in der Tat das, was der Kollege Struck eben völlig zu Recht ausgeführt hat, nämlich die Frage, wie es um die deutschen Sicherheitsinteressen steht. Wir dürfen nicht vergessen: In Afghanistan hat der Terrorismus seinen Anfang genommen. Al-Qaida, Osama Bin Laden und der 11. September verbinden sich mit Afghanistan. Deshalb ist es wichtig, dass wir in Afghanistan nicht nur den al-Qaida-Terror militärisch bekämpften, sondern dass wir auch dafür sorgen, dass dem Terrorismus der Nährboden durch die Arbeit unserer humanitären Hilfsorganisationen entzogen wird, die unmöglich wäre, wenn nicht die Internationale Sicherheitsunterstützungstruppe unter Beteiligung der Bundeswehr die Aufbauarbeit schützen würde. Wir wissen aus dem Bericht der Vereinten Nationen, dass al-Qaida noch nicht zerschlagen ist, sondern dabei ist, neue Trainingscamps in Afghanistan aufzubauen. Wir wissen des Weiteren, dass es dort nach wie vor sehr aktive Kräfte und auch Waffenlieferungen gibt. Daher ist es ganz wichtig, dass sich die ISAF-Truppe aus Afghanistan nicht zurückzieht. Das wäre sonst ein nachträglicher Sieg der Taliban. Deshalb - darin stimmen wir alle überein - ist es unter dem Strich notwendig, die Mission in Afghanistan fortzusetzen. Siba Shakib - sie ist eine Deutsch-Perserin und hat das fabelhafte Buch „Nach Afghanistan kommt Gott nur zum Weinen“ geschrieben; es geht in diesem Buch um die Geschichte von Shirin Gol, einer afghanischen Frau, die die ganzen Kriegs- und Bürgerkriegswirren miterlebt hat; das ist ein sehr bestürzendes und bedrückendes Buch - sagt uns: Wenn ihr Afghanistan verlasst, dann wird die ganze Welt daran Schaden nehmen, weil sich der Terrorismus hier wieder regruppieren kann und neue Bedrohungen von ihm ausgehen werden. Wir alle wissen doch - das wird von BKA, Bundesnachrichtendienst und Verfassungsschutz immer wieder unterstrichen -: Deutschland ist inzwischen nicht nur Ruhe- und Vorbereitungsraum, sondern auch ein möglicher Zielort für den Terrorismus geworden. Deshalb ist es wahr: Wenn es in Afghanistan keine Sicherheit gibt, wenn es dort keinen Wiederaufbau gibt, wenn wir uns dort zurückziehen, dann leidet auch die Sicherheit in unserem Land. Deshalb stimmen heute CDU und CSU der Verlängerung des Mandats zu. ({4}) Wir müssen anerkennen, dass es eine Reihe von wirklichen Fortschritten in Kabul gibt, die aber brüchig sind und an denen deshalb weitergearbeitet werden muss, damit sich die dortige Lage stabilisiert. Wir haben bei unserem kurzen Besuch in Kabul - auch die Kollegen Kossendey und Raidel sowie Kollegen von anderen Fraktionen waren dabei - eine Reihe von wirklichen Fortschritten gesehen: dass man zum Beispiel ohne Angst und Terror endlich wieder vernünftig leben kann, dass sich Frauen auf der Straße wieder alleine bewegen können, dass sie die Burka, die der totalen Verschleierung der Frauen dient, nicht mehr tragen müssen, dass in den Fußballstadien wieder Fußball gespielt wird und keine Menschen mehr exekutiert werden. Wir haben aber auch Fortschritte im täglichen Leben festgestellt. Es gibt wieder Handel auf den Straßen. Wir haben gesehen, dass wieder Felder angelegt werden und dass Häuser gebaut werden. Man muss bedenken, dass Kabul zu großen Teilen völlig zerstört ist. Ein bisschen stelle ich mir so unsere deutschen Großstädte 1945 vor. Jetzt sieht man, dass es zwischen den Ruinen erste Ansätze eines Wiederaufbaus gibt. Auch Mädchen können wieder in die Schule gehen. Frauen können wieder berufstätig sein. Das alles war unter der Herrschaft der Taliban nicht möglich. Das alles alleine zu lassen und nicht mehr abzusichern wäre ein großer Fehler. Die deutschen Hilfsorganisationen, die Nichtregierungsorganisationen - wir haben mit ihnen gesprochen leisten dort eine fantastische Arbeit. Ich nenne nur: Welthungerhilfe, Kinderwerk, Caritas, Misereor, Shelter Now, Malteser, Minenräuminitiativen, German Medical Service, aber auch THW-Freiwillige, Deutscher Entwicklungsdienst, Deutscher Akademischer Austauschdienst, GTZ, Goethe-Institut und BKA, das dort ein großes Polizeiprojekt durchführt. Dort findet also viel statt, auch mithilfe von privaten Spendern. Durch die Bank beschwören uns alle: Bleibt hier! Helft uns, dieses Land zu stabilisieren! Dieses Land hat es verdient. Es ist kein Fass ohne Boden. Es gibt dort eine Führungsschicht, die dankbar das aufgreift und selbst daran arbeitet, das Land nach vorn zu bringen. Das unterstützen wir in diesem Parlament, glaube ich, über alle Parteigrenzen hinweg. Herzlichen Dank den Hilfsorganisationen, die dort wirklich eine gefährliche und aufopferungsvolle Arbeit leisten! ({5}) Das ist nicht nur aus humanitären Gründen notwendig. Terrorismusbekämpfung - ich wiederhole das - muss immer auf zweierlei Weise erfolgen. Sie muss mit militärischen, polizeilichen und geheimdienstlichen Mitteln erfolgen, aber auch dadurch, dass man dem Terror den Nährboden nimmt. Es geht um den Nährboden, der aus Ungerechtigkeit, Not, Würdelosigkeit und Unbildung wächst. Diesen Nährboden zu bekämpfen liegt ebenfalls im Sicherheitsinteresse von uns hier in Deutschland. Ich habe dort eine Afghanin getroffen - ich möchte das einfach einmal erzählen, damit man einen Eindruck gewinnt -, Mitte 40, würde ich schätzen. Sie hat in Oxford studiert und dort auch einen Doktortitel erworben. Sie arbeitet in Afghanistan in einer Frauenbewegung und sagt: Wir müssen in dieser Gesellschaft, die tief konservativ-islamisch geprägt ist, aufklären. Wir müssen ihr klar machen, dass auch Mädchen und Frauen arbeiten dürfen. Das ist ein gewaltiges Potenzial, das hier völlig brachliegt. - Sie berichtet, dass die Männer auf Folgendes verweisen: Die Taliban sagen, Frauen müssten zu Hause bleiben; Frauen dürften keine Bildung und keinen Beruf haben. Diese Afghanin sagt deshalb: Unser aller Aufgabe ist es, diesen extremistischen Kräften deutlich zu machen, dass der Islam und der Koran durchaus die Möglichkeit vorsehen, dass Frauen ausgebildet werden und arbeiten. Wir dürfen die Interpretation des Koran und des Islam nicht den Taliban und anderen extremistischen Kräften überlassen. Das ist richtig, meine Damen und Herren: Niemals dürfen wir diese extremistischen Taliban-Kräfte und diese al-Qaida-Kräfte mit dem Islam und mit dem Koran im Ganzen in einen Topf werfen. Das sind ganz unterschiedliche Dinge. Das festzuhalten ist für unseren weiteren Kampf gegen die terroristische Bedrohung ganz wichtig. Ich komme nun zu einem Punkt, von dem wir finden, dass die Bundesregierung hier bisher nicht genug gemacht hat, nämlich die Entwicklung eines politischen Gesamtkonzepts. ({6}) Wir haben Petersberg I und II gehabt, wir haben Geberkonferenzen gehabt. Wichtig ist jetzt, dass die Stabilisierung, die im Großraum Kabul erfolgt ist, auf das Land insgesamt übertragen wird, dass man auch in den anderen Regionen Afghanistans spürt: Hier wird stabilisiert. Uns interessiert, zu erfahren: Was ist Ihr Konzept dafür? Wir wollen ja nicht auf alle Ewigkeit in Afghanistan bleiben. Irgendwann müssen die Afghanen selbst für ihre Sicherheit sorgen. Wie also kann man die Lage außerhalb Kabuls stabilisieren? Wie kann man die Paschtunen, die größte Volksgruppe, besser in den Prozess einbinden, auch um zu verhindern, dass sie wieder zu den Taliban überwechseln? Wie kann man vor allem ein konsequenteres Vorgehen gegen den massiven Drogenanbau organisieren? Durch den Drogenanbau entsteht immer noch oder wieder ein Einkommen von 1,2 Milliarden Euro für die Leute. Die Summe der Hilfsmittel, die bisher von der Welt bezahlt worden sind, ist ein bisschen größer; sie beläuft sich auf 1,3 Milliarden Euro. Der Drogenhandel hat also nach wie vor ein ungeheures Gewicht in Afghanistan. Was tun wir eigentlich dagegen? Die Frage des ökonomischen Wiederaufbaus ist von großer Bedeutung.

Not found (Mitglied des Präsidiums)

Vor allem müssen Straßen gebaut werden, damit man von der Zentrale auch wieder in die Regionen des Landes kommen kann. Wenn bei den Afghanen die Hoffnung auf einen baldigen Wiederaufbau schwindet, dann wird es schwierig, dieses Land wieder zu stabilisieren. Deshalb mahnen wir bei der Regierung ein Gesamtkonzept an, mit der Perspektive, Afghanistan zu stabilisieren und unseren Soldaten eine Möglichkeit zu geben, dieses Land in absehbarer Zukunft wieder zu verlassen. Meine Fraktion hat am Mittwoch in den Ausschüssen die Bundesregierung sehr genau zu den militärischen Aspekten der Sicherheit und des Schutzes befragt. Denn es ist unsere Aufgabe als Opposition, uns hinsichtlich un1316 seres Einsatzes für den Schutz unserer Soldaten in Afghanistan von niemandem übertreffen zu lassen. ({0}) Kollege Christian Schmidt wird dazu gleich einige ausführlichere Angaben machen. Ich möchte für meine Fraktion Folgendes sagen: Der Bundeswehreinsatz in Afghanistan ist ohne jeden Zweifel risikoreich; wäre er das nicht, bräuchte man dort keine Soldaten. Deswegen ist es für unsere Zustimmung sehr wichtig, dass die Bundesregierung im Ausschuss erklärt hat und von hohen Militärs darin bestätigt wurde, dass alle Vorkehrungen zum Schutz unserer Soldaten getroffen worden sind. Wir als Abgeordnete können uns nur ein Bild durch einen kurzen Besuch vor Ort machen. Wir haben keinen eigenen Geheimdienst. Wir sind auf das angewiesen, was uns die Soldaten vor Ort, die militärische Führung und letztlich in der politischen Bewertung die Bundesregierung sagen. Deshalb müssen wir auf ihre Angaben vertrauen. Ich halte fest: Sie haben uns in den Ausschüssen zugesichert, dass - trotz der Häufung von Anschlägen und Raketenbeschuss auf Kabul und trotz des Attentats von gestern - das vorhandene Gerät zum Schutz unserer Soldaten ausreichend sei; alle Wünsche der militärischen Führung und auch der Militärs vor Ort seien berücksichtigt worden. Wir sind ein bisschen irritiert, Herr Minister, durch eine gewisse Diskrepanz. Wir haben im Ausschuss gehört, es gebe nur noch ein Restrisiko und ansonsten habe sich die Lage sehr stabilisiert. Sie dagegen sagten in einem Interview in der „Berliner Zeitung“ von gestern, die Lage sei „äußert instabil und gefährlich“. - Wir bitten Sie doch sehr, Herr Minister Struck, diesen Widerspruch in der Bewertung aufzuklären. Zwischen Restrisiko und äußerst instabiler und gefährlicher Lage besteht ein Unterschied. Wir wären dankbar, wenn Sie uns darüber jetzt Aufklärung geben würden. ({1}) Wir, die Union, haben in den Ausschüssen und auch schon in den Beratungen, die wir in Kabul mit den dortigen Militärs hatten, großen Wert darauf gelegt, dass es detaillierte Notfallpläne für den Fall einer dramatischen Zuspitzung der Lage gibt. Die Menschen in Kabul reagieren freundlich auf die ISAF-Truppen. Das sieht man an jeder Ecke. General Schlenker, der dort das Kommando hat, berichtet von einer 98-prozentigen Zustimmung. Wenn unsere Soldaten patrouillieren - sie sind inzwischen 11 000 Patrouillen gefahren, vor allen Dingen mit den Wieseln, diesen kleinen gepanzerten Fahrzeugen, mit denen sie durch die Stadt fahren -, dann spüren sie, dass sie überall positiv aufgenommen werden. Trotzdem stellt sich die Frage: Kann man dem angesichts all der Erfahrungen, die wir mit den Warlords und den konkurrierenden Gruppen und Clans in Afghanistan gemacht haben, vertrauen? Deshalb ist so ein Notfallplan von großer Wichtigkeit. Die Bundeswehr - so hat die Bundesregierung zugesichert - hat einen solchen Notfallplan mit allen ISAFPartnern erarbeitet. Er sieht in einem solchen Notfall die Evakuierung von 15 000 Personen innerhalb von fünf Tagen vor. Wir hoffen nicht, dass es dazu kommt; aber wir sind es unseren Soldaten und ihren Familien schuldig, dass es solche Notfallpläne gibt. Ich bin dankbar dafür, dass Sie auf unser Drängen hin einen solchen klaren Notfallplan in den Ausschüssen erläutert haben. ({2}) Wichtig war uns, dass die Bundesregierung uns zusichert, dass die Amerikaner, von deren Hilfe ISAF- und Zivilpersonal in Afghanistan in Notfallsituationen abhängig sind, auch im Falle eines Irakkrieges nicht den Umfang ihrer Streitkräfte reduzieren oder Spezialkräfte aus Afghanistan abziehen. Es war ja ein Verdacht, der naheliegt, dass im Falle einer Zuspitzung der Situation im Irak Kräfte abgezogen werden und unsere Soldaten und unser Zivilpersonal plötzlich in eine ganz andere Sicherheitslage geraten. Hier gibt es vonseiten der Bundesregierung die klare Zusicherung, dass dies nicht geschehen wird. Vor dem Hintergrund dieser Zusicherung sind wir der Meinung, dass es verantwortbar ist - allerdings nicht selbstverständlich, Herr Kollege Volmer -, der Verlängerung dieses Mandats zuzustimmen. Wir wünschen den Soldaten, den Vertretern der Nichtregierungsorganisationen und dem Zivilpersonal, das dort Großartiges leistet, eine frohe Weihnacht, ein friedliches Weihnachtsfest und ein gutes neues Jahr mit dem Rückenwind und der Unterstützung aus dem ganzen Deutschen Bundestag. Vielen Dank. ({3})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich erteile das Wort Kollegen Winfried Nachtwei, Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen.

Winfried Nachtwei (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002743, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zur Vorbereitung der heutigen Entscheidung besuchten die Obleute des Verteidigungsausschusses und des Auswärtigen Ausschusses vor einigen Wochen zusammen mit dem Außenminister Kabul. Wir sahen überall die Spuren des Albtraums des Krieges und ein Meer grauer, zerstörter Häuser. Dazwischen aber waren Marktstände, kleine Werkstätten, ja sogar Fahrradparkplätze. Sie waren ein Zeichen des sich wieder entwickelnden Lebens. Aber wir sahen auch Slalomsperren, Checkpoints und viele Bewaffnete, Zeichen der noch immer vorhandenen Gewalt. Vor einem Jahr beschloss der Bundestag die Teilnahme der Bundeswehr an der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan. Die PDS-Fraktion lehnte diesen Beschluss damals als Fehlentscheidung ab und bezeichnete ISAF als bloße „Leibwache der neuen Regierung“. Schon lange, aber heute erst recht können wir Folgendes feststellen: ISAF und die Bundeswehr haben ihren Auftrag voll und bestens erfüllt. In Kabul wurde dazu beigetragen, dass es dort nun ein einigermaßen sicheres Umfeld gibt und dass erste Fortschritte beim Staatsaufbau und bei der Wiederherstellung eines öffentlichen und zivilen Lebens gemacht werden konnten. Ohne ISAF wäre dies undenkbar gewesen. ({0}) Der bisherige ISAF-Erfolg war keineswegs sicher. Er wurde unter anderem aus folgenden Gründen möglich: Vor Ort sind 5 000 ISAF-Soldaten stationiert, von denen aber nur ungefähr 1 000 auf der Straße, also auf Patrouille, zu sehen sind. Wenn man sich das vorstellt, kommt man zu dem Ergebnis, dass dies in einer unberechenbaren Millionenstadt mit vielen Tausenden von Bewaffneten eigentlich ein extremes Missverhältnis ist. ISAF konnte vor allem auf zwei Säulen Autorität und Akzeptanz herstellen. Erstens war dies aufgrund der eigenen überlegenen Bewaffnung und Ausstattung möglich, wobei auffällt, wie verhältnismäßig das Auftreten und die Bewaffnung sind. Zweitens ging es um eine Strategie des Kontakts, der Offenheit und der Vertrauensbildung, wodurch wirksam Vertrauen zur Bevölkerung geschaffen werden konnte. Die ISAF-Präsenz würde auf Dauer allerdings völlig ins Leere laufen und verpuffen, wenn sie nicht mit umfassenden Wiederaufbauanstrengungen einhergehen würde. Von diesen möchte ich nur zwei, die die unmittelbare Sicherheit betreffen, ansprechen. Erstens. Afghanistan ist das am dichtesten mit Minen verseuchte Land der Erde. Sicherheit und Wiederaufbau sind ohne beschleunigte Minenräumung unmöglich. Hierzu leistet zum Beispiel das „Mine Detection and Dog Center“ einen hervorragenden Beitrag. Allein dieses Zentrum beschäftigt 1 200 Mitarbeiter und verfügt über ungefähr 210 Minenhunde. So etwas gibt es weltweit nicht noch einmal. Die Bundesrepublik trägt 50 Prozent des Etats dieser vorzüglichen Organisation. ({1}) Die Schlüsselfrage des Friedensprozesses ist, wie die fragile Sicherheit in Kabul stabilisiert und auch landesweit gefördert werden kann. Eine ISAF-Ausdehnung würde ein Vielfaches der bisherigen Truppenstärken erfordern und die Anforderungen an Führung, Logistik usw. potenzieren. Dazu sind die Mitglieder der Staatengemeinschaft eindeutig nicht bereit. Umso wichtiger ist deshalb die Förderung von afghanischen Sicherheitsstrukturen, das heißt die Hilfe beim Aufbau einer afghanischen Armee und einer afghanischen Polizei. Die Mitglieder des Verteidigungsausschusses hatten Gelegenheit, die afghanische Polizei vor Ort - leider ohne Presse, sodass dies der Öffentlichkeit nicht so bekannt ist - zu besuchen. Sie alle wissen aber, dass die Bundesrepublik die internationale Führungsverantwortung beim Aufbau der afghanischen Polizei übernommen hat. Es ist schon erstaunlich, was zwölf Beamte vom BGS und von den Länderpolizeien inzwischen bewirkt haben - sie haben eine koordinierende und beratende Funktion -, insbesondere bei der Ausbildung von Polizisten. Das Technische Hilfswerk hat binnen kürzester Zeit zum Wiederaufbau der Polizeiakademie von Afghanistan beigetragen. Dort werden 1 400 Polizeischüler nicht nur aus Kabul, sondern aus dem ganzen Land auf ihre künftige Tätigkeit vorbereitet. Diese Polizeischüler wurden zuvor getestet und durchgecheckt. Das ist ein enorm wichtiger Schritt in Richtung eigenständiger Sicherheitsstrukturen. Die Bundesregierung beantragt nicht nur die Fortsetzung der deutschen ISAF-Beteiligung für ein Jahr, sondern auch fast eine Verdoppelung des Kontingents. Der Einsatz kostet 410 Millionen Euro. Für die Soldaten ist er nicht nur äußerst strapaziös, sondern auch sehr riskant. Deshalb haben die Steuerzahler und die Soldaten selbstverständlich das Recht auf eine sorgfältige und genaue Begründung dieser Auftragsverlängerung und -erweiterung. In Afghanistan geht es nicht um unmittelbare Interessen der Bundesrepublik, nicht um eine Art erweiterte Landesverteidigung, nicht um ökonomische Interessen. Weil Afghanistan aber der zentrale Ausbildungs- und Rückzugsraum für internationale Terrorismusstrukturen war, ist die Stabilisierung Afghanistans von zentraler Bedeutung für die Bekämpfung des internationalen Terrorismus und damit für die internationale Sicherheit. Insofern hat die Bundesrepublik ein hohes mittelbares Interesse an dem Friedensprozess in Afghanistan. Hinzu kommt: Die Bundesrepublik kann in besonderer Weise dazu beitragen, weil sie im Unterschied zu vielen anderen Mächten als unbelastet gilt und historisch nicht in die egoistische Machtund Interessenpolitik auf Kosten Afghanistans verwickelt war. Das deutsche Kontingent ist außerdem längst zentrale Stütze von ISAF und deshalb unverzichtbar. Aus der Leistung im Laufe des ersten Einsatzjahres ergab sich der internationale Auftrag an die Bundesrepublik, die Führungsrolle und damit die militärische Gesamtverantwortung für ISAF zu übernehmen. Vor einem Dreivierteljahr wäre das nicht möglich gewesen. Inzwischen steht mit dem Stab des ersten deutsch-niederländischen Korps aus Münster eine geeignete multinationale Führungsorganisation zur Verfügung, an der insgesamt 19 Nationen beteiligt sein werden. Die NATO leistet bei der Truppenstellung und Aufklärung Unterstützung. Die US-Streitkräfte haben Unterstützung für einen schlimmsten Fall zugesagt. Man muss - entgegen allen Unterstellungen - hinzufügen, dass dieser deutsche Einsatz keine Ausgleichsleistung für unsere Nichtteilnahme an einem möglichen Irakkrieg ist. Diese Auftragsfortsetzung und -erweiterung ergibt sich aus der Notwendigkeit und der Leistung vor Ort und aus nichts anderem. ({2}) Das sind die entscheidenden Aspekte, warum wir den neuen Auftrag für die deutsche ISAF-Beteiligung für unbedingt notwendig und trotz erheblicher Risiken für verantwortbar halten. Wir treffen diese Entscheidung - Kollege Pflüger, das haben Sie verfolgen können - deshalb in keiner Weise routiniert, aufgrund der von mir vorgetragenen Argumente aber selbstverständlich. Deshalb stimmt meine Fraktion dem Antrag der Bundesregierung geschlossen zu. ({3}) Abschließend möchte ich den Soldatinnen und Soldaten einen erfolgreichen Einsatz wünschen. Ich hoffe, dass sie und ihre Angehörigen, die indirekt betroffen sind, diesen schweren Einsatz im nächsten halben Jahr wohlbehalten überstehen. Ich wünsche mir vor allem, dass dieser Einsatz durch einen möglichen Irakkrieg, der die Situation wieder verschärfen würde, nicht konterkariert wird. Ich danke Ihnen. ({4})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich erteile das Wort Kollegen Harald Leibrecht, FDPFraktion.

Harald Leibrecht (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003581, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit Afghanistan haben wir jahrelang Begriffe wie Menschenrechtsverletzungen, Unterdrückung, Entrechtung der Frauen und Unterstützung des internationalen Terrorismus verbunden. Erst durch das entschlossene Handeln unserer amerikanischen Freunde und deren Verbündeter konnten dort das Schreckensregime der Taliban und damit auch die al-Qaida weitgehend beseitigt werden. Heute können die Menschen in diesem geschundenen Land, in Afghanistan, nach mehr als zwei Jahrzehnten endlich wieder Hoffnung schöpfen. Doch ist das Land weit von dem entfernt, was wir Normalität nennen. Unverändert haben heute noch viel Afghanen Angst vor Gewalt. Außerhalb Kabuls besteht durchaus Kriegszustand und die politische Lage ist nach wie vor absolut fragil. Tausende von Minen fordern täglich unschuldige Opfer. An vielen Orten bekämpfen sich die Regionalherrscher mit verfeindeten Clans. Durch diese Machtkämpfe werden die wichtigen Integritätsprozesse in Afghanistan behindert. Darüber hinaus befinden sich mit sehr großer Wahrscheinlichkeit versprengte Talibankämpfer in Kabul und in den umliegenden Bergen. Al-Qaida soll sich im Osten Afghanistans sogar wieder neu formieren und dort Ausbildungslager für Terroristen einrichten. Es steht deshalb außer Frage, dass wir der Stabilisierung des Landes und der Region wegen Präsident Karzai weiter aktiv stärken. Trotz erkennbarer Defizite in dem einen oder anderen Bereich erfüllen unsere Einsatzkräfte ihre wichtige Aufgabe dort ganz hervorragend. Ihnen gebührt unser Dank und Lob. ({0}) Unsere Soldatinnen und Soldaten genießen bei den meisten Afghanen ein sehr hohes Ansehen. Jedoch dürfen wir uns davon nicht trügen lassen. Denn der Einsatz in Afghanistan birgt unverändert große Gefahren für Leib und Leben unserer Soldaten. Vor einigen Wochen habe ich mit einer Gruppe afghanischer Diplomaten hier im Bundestag gesprochen. Auch während dieses Gesprächs wurde ganz deutlich, wie sehr die Menschen in Afghanistan auf die Hilfe der Völkergemeinschaften bauen. Sie sehen diese Hilfe mitnichten als eine Selbstverständlichkeit an. Sie baten darum, dass wir Deutsche ihnen auch in Zukunft mit humanitärer Hilfe zur Seite stehen und ihnen Hilfe zur Selbsthilfe geben. ({1}) Erste gute Schritte in diese Richtung sind getan. So ist die Mithilfe bei der Polizeiausbildung sicherlich ein sinnvoller Beitrag zur Stabilisierung der inneren Sicherheit von Afghanistan. Auch das Goethe-Institut engagiert sich unermüdlich, den Afghanen bei der Rückbesinnung auf ihre eigene Kultur zu helfen und nach Jahren der Unterdrückung zu ihrer eigenen Identität zurückzufinden. Der Aufbau der Verwaltungsstrukturen und der Bildungseinrichtungen ist hier ein durchaus wichtiger Ansatz. Das Ende der Diskriminierung der Frauen und Mädchen in der afghanischen Gesellschaft ist darüber hinaus von herausragender Bedeutung. ({2}) Bei aller humanitärer und militärischer Hilfe dürfen wir niemals vergessen, dass Afghanistan ein selbstständiger Staat ist, der seine inneren Angelegenheiten letztendlich selber anpacken und lösen muss. Wir müssen diesem Land aus einer schwierigen Situation helfen, wir müssen es herausbegleiten und in eine Lage versetzen, in der es für sich selber sorgen kann. Wir müssen auch darauf Acht geben, dass wir nicht in den Geruch kommen, dieses Land und sein stolzes Volk zu bevormunden. Ich weiß, das ist auch nicht beabsichtigt. Meine Damen und Herren, am Ende meines Beitrages möchte ich diese Debatte zum Anlass nehmen, um an die beiden deutschen Soldaten zu erinnern, die am 6. März dieses Jahres beim Entschärfen einer Rakete in Afghanistan ums Leben gekommen sind. Deren Tod zeigt uns, welch große Verantwortung und welch große Gefahr solch ein Mandat mit sich bringt. Wir bekennen uns zu dieser Verantwortung und darum stimmen wir dem Antrag der Bundesregierung auf Verlängerung des ISAF-Mandats zu. Ich danke Ihnen. ({3})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Kollege Leibrecht, ich möchte Ihnen zu dieser Ihrer ersten Rede herzlich gratulieren. ({0}) Nun erteile ich das Wort Bundesminister Joseph Fischer.

Joseph Fischer (Minister:in)

Politiker ID: 11000552

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Afghanistan-Konferenz anlässlich des Jahrestages der Petersberg-Konferenz hat klar gemacht, dass das politische Umfeld, die politische Lage, die diese langjährige Tragödie in Afghanistan hervorgebracht hat, nach wie vor existiert und dass es demnach zur internationalen Hilfe, zur politischen und zur militärischen Hilfe, zur Sicherheitsstabilisierung, zur Wiederaufbauhilfe keine Alternative gibt, wenn man nicht wieder in genau dieselbe Problemsituation zurückfallen will, die zu der Entwicklung geführt hat, mit der wir uns vor über einem Jahr auseinander setzen mussten. Schauen wir heute, im Jahre 1 nach dem Ende des Kampfs gegen die Taliban, auf Afghanistan, können wir sagen: Es sind große Fortschritte gemacht worden. Heute können die humanitären Hilfsorganisationen wieder überall im Land arbeiten. Wenn diese Arbeit auch nach wie vor gefahrvoll bleibt, so kann sie stattfinden. Heute können wir feststellen, dass es zumindest regional an wichtigen Punkten gelungen ist, mit dem Wiederaufbau zu beginnen, dass zumindest im Großraum Kabul wieder so etwas wie Staatlichkeit entsteht, dass die Rechte der Frauen und die Rechte von Minderheiten wieder geachtet werden, dass die Taliban-Diktatur zerstört wurde. Das alles sind beeindruckende Fortschritte. Aber wir konnten uns davon überzeugen - wir waren mit einer Delegation in Afghanistan -, dass das Land von einem Zustand, den man mit allergrößtem Optimismus auch nur annähernd als Normalität bezeichnen könnte, nach wie vor weit entfernt ist. Politisch müssen wir feststellen, dass vor allen Dingen die Problemstruktur, die Konfliktstruktur weiterhin existiert. Nach wie vor gibt es rivalisierende, widerstreitende, hoch gerüstete, unterschiedliche Interessen im Land; Kollege Pflüger hat die Warlords erwähnt. Nach wie vor ist es sehr wichtig, dass die Interessen der regionalen Anrainerstaaten, der regionalen Nachbarn nicht wieder kontraproduktiv nach Afghanistan hineinwirken, sondern in die Wiederaufbaubemühungen eingebunden werden. Deshalb hat Präsident Karzai für den 22. Dezember nach Kabul eingeladen, um eine Vereinbarung über gute regionale Nachbarschaft zu unterschreiben. Nach wie vor besteht die Gefahr des Terrorismus, des Wiedererstarkens, der Reorganisation der Taliban in Verbindung mit der Refinanzierung durch organisierte Kriminalität, hier vor allen Dingen Drogenkriminalität. Nach wie vor besteht auch die Gefahr, dass al-Qaida sich dort reorganisiert und sich erneut Ausbildungszentren und Rückzugsräume eröffnet. Damit wird klar: Es gibt zum internationalen Engagement in Afghanistan keine Alternative, wenn wir die Lehren aus dem 11. September 2001 wirklich gezogen haben. Ein zweiter Punkt in diesem Zusammenhang wurde bei der Reise auch klar: Ohne ISAF gibt es keinen Frieden und keine Stabilität, gibt es nicht den Ansatz eines Wiederaufbaus in Kabul. ({0}) Das heißt aber in der Konsequenz - davon konnten wir uns alle überzeugen, ob Angehörige der Koalition oder der Opposition oder der Bundesregierung -: Schon heute ruht die Hauptlast bei ISAF auf dem deutschen Kontingent. Das muss man wissen. Deswegen ist es so wichtig, dass wir heute eine Verlängerung des Mandats beschließen, damit diese sinnvolle, risikohafte, gleichzeitig aber alternativlose Arbeit an der Sicherung der Stabilisierung des Wiederaufbauprozesses in Afghanistan vorangehen kann. Ich denke, es ist klar, dass wir unseren Soldaten für dieses zweite ISAF-Mandat eine möglichst breite Unterstützung geben, denn ihre Arbeit ist gefahrvoll und risikoreich, wie gerade das gestrige Ereignis klar gemacht hat. Risiken sind nicht auszuschließen. Auch wenn alles für eine Risikominimierung getan wird - ich betone nochmals: es wird alles getan -, bleibt die Situation in Afghanistan ohne jeden Zweifel gefahrvoll. Das kann jeder, der dort war, schon nach dem ersten Eindruck vor Ort bestätigen. Aber diese Mission ist alternativlos und deswegen verdienen unsere Soldatinnen und Soldaten jede Unterstützung durch das deutsche Parlament. ({1}) Zu Recht wurde die Frage nach der politischen Perspektive, nach einem politischen Lösungskonzept gestellt. Natürlich kann der Aufbau nicht auf Kabul, so wichtig Kabul auch ist, beschränkt bleiben. Gerade die Zerstörungen in Kabul nach dem Abzug der sowjetischen Truppen und dem Ende der Invasion durch die damalige Rote Armee haben klar gemacht, welche Bedeutung der Besitz von Kabul für jede afghanische Autorität hat. Es ist aber selbstverständlich: Der Zusammenhalt des Landes und der Wiederaufbau machen es notwendig, dass die Zentralregierung nicht nur auf die Region Kabul begrenzt ist. Zur Sicherung des ganzen Landes ist der Aufbau eines afghanischen Militärs von entscheidender Bedeutung. Ohne eine eigene afghanische Sicherheitskomponente wird die Zentralregierung langfristig nur eingeschränkt handlungsfähig sein. Das muss man klar sehen. Da wir eine demokratische Zentralregierung wollen - der Prozess für die Wahlen ist im Zusammenhang mit der Umsetzung des Petersberg-Abkommens angestoßen worden -, kommt diesem Aufbau eine ganz entscheidende Bedeutung zu. Daran arbeiten vor allen Dingen unsere Partner, allen voran die USA. An zweiter Stelle steht der Polizeiaufbau. Die Frage, wie wir den Drogenanbau besser bekämpfen können, ist nicht nur eine ökonomische und soziale Frage, sondern auch eine polizeiliche. Beim Aufbau polizeilicher Strukturen in Afghanistan leisten deutsche Polizeibeamte - das kann ich nur noch einmal unterstreichen - eine hervorragende Arbeit. Das wurde mir von internationalen Partnern auf bilateraler und auf VN-Ebene bestätigt. Ich möchte mich bei den Beamten wie auch beim Innenminister für diese Arbeit herzlich bedanken. ({2}) Darüber hinaus gibt es ein vielfältiges Engagement der Bundesrepublik Deutschland, aber auch vieler anderer Partnerländer. Wir konzentrieren uns sehr stark auf die Hilfe beim Wiederaufbau des Bildungswesens. Ein Schwerpunkt dabei ist Kabul. Der Frage der Überwindung der Diskriminierung von Frauen und Mädchen gerade im Bildungsbereich kommt eine ganz besondere Bedeutung zu. Die Arbeit - Kollege Pflüger hat sie zu Recht hervorgehoben - der vielen Nichtregierungsorganisationen, die vor allem im zivilgesellschaftlichen Bereich für den Wiederaufbauprozess unverzichtbar sind, muss man zusammenfügen. Man muss aber ehrlich hinzufügen: Es wird lange dauern. Bereits zum Kosovo haben wir uns schon oft gefragt, ob wir das im Kosovo jemals werden packen können. Ich glaube, Kollege Pflüger und alle anderen, die uns nach Afghanistan begleitet haben, wir können eines feststellen: Angesichts dessen, was wir in Kabul gesehen und erlebt haben, wissen wir, dass es ein sehr langfristiges Engagement wird. Der Kampf gegen den Terror hat immer zwei Elemente. Ein Element ist militärisch, polizeilich, geheimdienstlich. Dort, wo Terror existiert, wo sich Terrorismus organisiert, müssen seine Strukturen zerstört werden. Genauso muss aber auch der Nährboden, auf dem sich der Terrorismus entwickeln und aus dem er sich rekrutieren kann, trockengelegt werden. Das heißt Hilfe zum Nationenbauen. Das ist eine umfassende und sehr langfristige Aufgabe. Die Sicherungskomponente spielt dabei eine wesentliche Rolle, dennoch erschöpft sich diese Aufgabe nicht allein in der Sicherungskomponente. ({3}) Die Bundesregierung weiß sich deshalb beiden Aufgaben verpflichtet. Man muss der Ehrlichkeit halber sagen: Das wird ein sehr langfristiges Engagement sein. Das muss man wissen. Deswegen möchte ich mich bei allen, die heute dem neuen Mandat zustimmen - ich hoffe, es wird eine sehr breite Zustimmung hier im Hause geben -, recht herzlich bedanken. ({4}) Meine Damen und Herren, lassen Sie mich schließen. Ich sehe zur Erneuerung des Mandats keine Alternative. Das Mandat nicht zu erneuern hieße, dass der ISAF-Auftrag nicht erfüllt werden könnte. Er ist für den Frieden, den Wiederaufbau und die Stabilität in Afghanistan unverzichtbar. Es ist ein Auftrag der Vereinten Nationen. Er trägt zum Wiederaufbau der Nationen in Afghanistan bei. Deswegen: Alle, die dort eingesetzt sind, leisten eine gefahrvolle, aber unverzichtbare Arbeit. Ich möchte mich bei den Soldatinnen und Soldaten, aber auch bei allen anderen, die sich im Rahmen dieser gefahrvollen Arbeit für den Wiederaufbau einsetzen, ganz persönlich bedanken. Ich wünsche ihnen ein frohes Fest, ein gutes neues Jahr und gesunde Heimkehr. ({5})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich erteile das Wort Kollege Christian Schmidt, CDU/CSU-Fraktion.

Christian Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002003, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die „Süddeutsche Zeitung“ schreibt heute: „Der Ohne-Michel in Kabul“. - Ohne mich woanders, deswegen in Kabul. Dies ist ein Thema, über das wir heute auch reden müssen. Natürlich steht vorneweg die Erkenntnis - darüber sind wir uns hier im Hause einig -, dass eine internationale Sicherheitspräsenz in Afghanistan notwendig ist. Aber schon durch die Unterschiede im Titel - Kabul und Afghanistan - wird deutlich, dass hierin weitaus mehr Probleme liegen, als ab und an auf der Wegstrecke bis hierher, bis zum heutigen Tage dargestellt worden ist. Ich verstehe, dass man es in der Koalition ab und zu so darstellen muss, als würde es sich bei dem, was dort in Kabul stattfindet, um eine andere Form von Ferienbetreuungsprogramm handeln, ({0}) schon allein um die Grundeinstellung der Grünen, um die fehlende Achtung vor der Bundeswehr zu übertünchen und zu überdecken, Appeasement bis in die eigene Fraktion hinein zu betreiben. ({1}) Kurz vor Schluss der Debatte wird dann gestern in der „Berliner Zeitung“ deutlich gemacht, wie die Wahrheit aussieht, dass dies nämlich ein extrem gefährlicher Einsatz ist. Ich kann dem Verteidigungsminister in der Bewertung, die er in diesem Interview gemacht hat, nur zustimmen. Am gestrigen Nachmittag unserer Zeit ist dies auch noch einmal deutlich untermauert worden. Tage vorher haben wir darüber geredet, dass der Eingang unseres Feldlagers Warehouse anders gestaltet werden müsse. Dies hat Gott sei Dank stattgefunden. Ich stelle fest, dass für den Schutz unserer Soldaten Erhebliches getan worden ist. Aber wie wichtig und wie gefährlich es ist, mit Patrouillen durch Kabul zu fahren, ist deutlich geworden. Dies muss allen, wie wir hier sitzen, bewusst sein, wenn wir der Bundesregierung das Plazet dafür geben, dass sie diesen Einsatz verlängert, weil wir unsere internationale Verantwortung sehen. Wir tun dies im Bewusstsein, dass wir der Bundesregierung damit eine große Verantwortung auferlegen: dass sie dafür Sorge zu tragen hat, dass im Falle krisenhafter Zuspitzungen eine Evakuierungsmöglichkeit und in gewissem Rahmen auch eine Verteidigungsmöglichkeit besteht. Wir müssen fordern, dass die diesbezüglichen Vereinbarungen mit anderen Ländern eingehalten werden. Es ist geradezu eine Ironie, dass man diejenigen, denen man anderswo vorwirft, sie wollten Abenteuer machen, ({2}) Christian Schmidt ({3}) nun dringend darum bitten muss, dass sie Transportkapazitäten zur Verfügung stellen, um im Notfall - ({4}) - Daran störe ich mich nicht, Herr Kollege Glos, denn entweder wird verfahrenswidrig von der Regierungsbank dazwischenredet oder geklatscht - was nicht erlaubt ist oder es wird nicht zugehört. Aber dies ist halt so, so sind sie halt beieinander. ({5}) - Ja, hören Sie einmal zu! Ich höre auch zu.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Herr Kollege Schmidt, darf ich Sie einen Moment unterbrechen?

Christian Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002003, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Jawohl, Herr Präsident.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Kollege Ramsauer, wir hatten uns in diesem Hause gelegentlich auf einen Stil geeinigt. ({0}) Deswegen sind Zwischenrufe wie der von Ihnen, - „verantwortungsloses Pack“ in Richtung auf die Regierungsbank - zurückzuweisen. ({1})

Christian Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002003, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident, ich möchte in meiner Rede fortfahren. Das Spannungsverhältnis zwischen Kabul und dem restlichen Afghanistan zeigt, dass wir die Sicherheit in Afghanistan mit der ISAF-Präsenz allein überhaupt nicht garantieren können. Herr Minister, Sie haben in einer Bemerkung über das Thema Sicherheitspräsenz darauf hingewiesen. In der Sicherheitspräsenz liegt das Problem. Wir haben diese Woche die Frage diskutiert, ob es sinnvoll ist, die Aufgaben von ISAF zu ändern. ISAF, das heißt die Polizeischutzsicherungsgruppe in Kabul für die Regierung und den Flughafen in Kabul. Mehr ist das nicht. ISAF steht für die Sicherheitspräsenz in einem Land, dessen Größe der unseres Landes entspricht. Was die Bewegungsfreiheit in diesem Land und die Verschiedenheit der Bevölkerungsgruppen in diesem Land angeht, ist die Situation außerordentlich zersplittert. In diesem Land gibt es sehr viele Waffen. Außerdem gibt es dort sehr viele verschiedene Interessen und Völkerschaften. Der Kollege der FDP hat darauf hingewiesen, dass uns im letzten UN-Bericht gewisse Reorganisierungen der Taliban und der al-Qaida angezeigt worden sind. Wenn es diese Reorganisierungen wirklich gibt, dann wird sich irgendwann die Frage stellen, welche Konsequenzen aus dem Engagement für die Sicherheit in Afghanistan - dieses Engagement ist hier mehrfach beschworen worden zu ziehen sind. Zu klären wäre dann zum Beispiel die Frage, ob Enduring Freedom und ISAF noch zu trennen sind. Natürlich ist es für uns gegenwärtig bequemer - gestatten Sie, dass ich das so sage; ich will das gar nicht herunterspielen -, beides zu trennen. Wenn die Entwicklung zeigt, dass die Aktivitäten der Regionalteams, die versuchen sollen, ohne deutsche Beteiligung in dem einen oder anderen Fall zu schlichten, nicht ausreichen, dann kann es in diesem Lande aufgrund von Auseinandersetzungen schneller zur Stunde der Wahrheit kommen, als uns allen hier lieb ist. Um es ganz klar zu sagen: Wir wollen das nicht. Nicht nur wegen der Burka, nicht nur wegen der Scharia, sondern auch, weil im Zusammenhang mit der Terrorbekämpfung die Stabilität der ganzen Region im Wesentlichen von Afghanistan ausgeht, wollen wir nicht, dass in Afghanistan gewisse Dinge wieder eintreten. Wer glaubt, es handele sich hierbei allein um eine Frage von „Nationen bilden“, der greift, sehr diplomatisch gesagt, sehr weit in die Zukunft. ({0}) Diese Auffassung wird mehr von der Hoffnung als von der Erkenntnis der Realität getragen. ({1}) Herr Karzai hat uns das afghanische Militär versprochen. Wer ist Herr Karzai? Es ist eine hoch reputierliche Persönlichkeit, die in Kabul Macht hat. 70 000 Mann allein werden die Sicherheit nicht garantieren. Wenn es in diesem Jahr zu Bewegung in Afghanistan kommt, dann muss man sich dem stellen. Ich komme nun auf einen Punkt zu sprechen, der zu Beginn der Debatte eine Rolle gespielt hat. Es geht um die Frage, ob die Freiheit, die Sicherheit unseres Landes am Hindukusch verteidigt werden. Herr Minister Struck, Sie gestatten, dass ich sage: Ich hatte den Eindruck, dass Sie versuchen, das, was Sie in der Presseerklärung gesagt haben, ein bisschen „einzufangen“. Worauf können wir uns einigen? Die Bekämpfung des internationalen Terrors ist in der Tat ein Teil der Stabilität und damit auch der Sicherheit unseres Landes. Ganz weit vorausgedacht kann man sich die Frage stellen: Was wird am Hindukusch gemacht? Ich behaupte, dort wird nicht verteidigt, sondern es wird versucht, Stabilität zu erhalten. Das sind nämlich noch immer zwei Paar Stiefel. Landesverteidigung und Bündnisverteidigung sind vielleicht nicht mehr so aktuelle Fragestellun1322 gen, wie sie es vor 15 Jahren waren. Diese Fragestellungen sind deswegen aber nicht überflüssig geworden, auch wenn sie anders geworden sind. Hindukusch ist das eine, Hindelang und Hinterzarten sind das andere. ({2}) Ob unser Land stabil und sicher vor Terror ist, ist ein Thema, dem sich Innen-, Außen- und Sicherheitspolitiker gemeinsam widmen müssen. ({3}) Beim Thema Struktur der Bundeswehr - darüber können wir heute an dieser Stelle nicht ausführlich diskutieren - werden wir uns bei einer Frage treffen, nämlich bei der Frage, inwieweit wir bereit sind, in unserem eigenen Land die Strukturen so zu verändern, dass die Bundeswehr nicht nur als Einsatzarmee zur Verfügung steht - das ist richtig und wichtig -, sondern dass auch ihr zweites Standbein, die Landesverteidigung, neu definiert wird. Wenn es stimmt und richtig ist - und es ist richtig -, dass an unseren Grenzen Verteidigung nicht mehr prioritär stattfinden muss, dann heißt das aber nicht, dass die Bundeswehr nur jenseits der Grenzen ein Augenmerk braucht; sie muss auch innerhalb der Grenzen ein stärkeres Augenmerk bekommen. Die Bedrohungen von außen und von innen gehen ineinander über. Das wird die Grundlage aller weiterer Planungen für die Bundeswehr sein müssen. ({4}) Wenn man sich die Frage stellt, was und wo man verteidigen muss, und wenn man über das Thema Terrorbekämpfung diskutiert, dann muss man auch die Frage nach Massenvernichtungswaffen stellen. ({5}) Wenn man von den Vereinten Nationen Ende Januar hören sollte, dass Massenvernichtungswaffen unterwegs sind, wenn man - ({6}) - Entschuldigung, hören Sie doch mit diesem saudummen Zwischenruf auf! Das ist ein saudummer Zwischenruf! ({7}) Ich muss das einmal deutlich sagen: Mir reicht es langsam, in welcher Art und Weise diese selbst ernannten Friedensapostel meinen, sie könnten hier etwas für sich pachten. Wir alle hier sind sehr dafür, dass in diesem Lande und auf der Welt Frieden bleibt. Sie sollten sich endlich mit solch dummen Bemerkungen zurückhalten! ({8}) Für den Frieden in der Welt tun diejenigen, die zum rechten Zeitpunkt bereit sind, Flagge zu zeigen mehr, als diejenigen, die damit schäbigen Wahlkampf führen. ({9}) Damit eines völlig klar ist: Wer meint, ohne Mittel in Kabul mitspielen zu können und meint, deutsche Interessen dort, wo es notwendig ist, nicht vertreten zu müssen, wie zum Beispiel im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, der muss sich die Frage stellen, ob er den Interessen unseres Landes gerecht wird. Ich kann Ihnen sagen: Er wird ihnen nicht gerecht. ({10}) Da Weihnachten vor der Tür steht, ein versöhnliches Wort zum Ende. ({11}) Den Soldaten in unserem Lande und in Afghanistan gehört natürlich unsere Solidarität. Sie müssen sich aber sicher sein, dass ihnen die Solidarität aller in diesem Hause gehört. Darüber hinaus müssen sie wissen, dass sie so bald wie möglich, wenn es die Situation zulässt, wieder zurückgeholt werden. ({12}) Die Antwort auf diese Fragen steht noch aus. ({13})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich erteile das Wort dem Kollegen Gerd Höfer, SPDFraktion. ({0})

Gerd Höfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002679, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist sehr erstaunlich, welche Emotionen eine Debatte über einen friedenserhaltenden Einsatz in Kabul lostreten kann. Es ist erstaunlich, Herr Kollege Schmidt, wie man allein durch den Begriff „Frieden“ so gereizt werden kann, wie das bei Ihnen gerade der Fall war. ({0}) - Herr Pflüger, ich saß etwas näher dran als Sie. Ich konnte diese Dinge sicherlich mithören. ({1}) - Sie werden mit Ihren dauernden Zwischenrufen alles erreichen, nur zwei Dinge nicht: Erstens kriegen Sie mich nicht aus der Ruhe und zweitens will ich Dinge nicht wiederholen, die Sie aufgeregt haben. ({2}) Christian Schmidt ({3}) Gerd Höfer ({4}) Ich will Sie darauf hinweisen, dass man bei der Beantwortung der Frage, wie man Frieden definieren und wie man ihn erreichen kann, verschiedene Wege gehen kann. Einer dieser Wege ist derjenige, der jetzt durch den ISAFEinsatz in Kabul beschritten wird. ({5}) Es gibt weitere Wege, die durchaus in eine Zivilgesellschaft hineinpassen und die andere Ansätze haben als die, die mit Militär zu tun haben. Ich habe die ganze Zeit darauf gewartet, wie man innerhalb dieser Debatte an die Regierung zumindest versteckte Vorwürfe richten kann. Davon haben wir dann auch hinreichend genug bekommen. Es ist schon schlimm, wenn in einem Zwischenruf von Verantwortungslosigkeit gesprochen wird. Ich würde mich dafür entschuldigen, dies überhaupt gesagt zu haben. ({6}) Es ist aber auch eine andere Art der Verharmlosung, wenn man eine Rede damit beginnt, anderen zu unterstellen, sie stimmten dem Einsatz nur zu, weil das in Kabul so eine Art Ferienbetreuung sei. Auch dies ist eine ziemlich heftige Unterstellung. Ich glaube nicht, dass die Kolleginnen und Kollegen von den Grünen nicht genauso in der Lage sind, Risiken einzuschätzen, wie jeder auf der Oppositionsbank dies kann. ({7}) Also, eine Ferienbetreuung ist das Ganze nicht. Es ist auch nicht bequem, Enduring Freedom von ISAF zu trennen. Ich halte es militärisch aber für dringend notwendig, dass beide Mandate getrennt werden, denn beide Mandate haben verschiedene Aufträge. Damit sind wir beim militärischen Teil dieser Dinge. Als Reserveoffizier bin ich es gewohnt, nach Aufträgen zu handeln, die mir politisch gegeben werden. ({8}) Die Trennung der beiden Mandate Enduring Freedom und ISAF ist dringend geboten, weil die Aufträge, die vergeben worden sind, völlig andere sind. Enduring Freedom ist der Auftrag, der speziell der Terrorbekämpfung dient. ISAF ist ein Auftrag, um Stabilität zu gewähren. Diese Trennung bedeutet ein völlig anderes Verhalten auch für die Soldaten, bedeutet völlig andere Rules of Engagement und bedeutet eine völlig andere Bewertung ihrer Sicherheit. Die Unsicherheit in der Bewertung der Sicherheitslage besteht darin, dass die Sicherheit nicht militärisch bedroht ist, sondern durch eine Gesellschaft in Afghanistan, die in ihren zivilen Strukturen instabil ist, in ihren zivilen Strukturen bandenähnliche Einheiten, aber auch Fanatiker beinhaltet. Wer die Sicherheit der Bundeswehrsoldaten in Kabul gefährdet, ist nicht erkennbar. In einer militärischen Struktur wäre das erkennbar. Denn dann hätte man Kombattanten, man könnte sie schon allein an der Uniform erkennen; so kann man es eben nicht. Insofern ist den Soldaten zu danken, dass sie eigentlich keine echt militärische, sondern eine polizeiliche Aufgabe wahrnehmen. Es ist ihnen zu danken, dass sie diesen Auftrag mit großer Umsicht und vor allen Dingen mit einem guten, in sich ruhenden Selbstbewusstsein erfüllen und sich dort in keiner Art und Weise gefährden lassen. Es ist ihnen zu danken, dass sie die Geduld haben, die Fortschritte, die erkennbar sind, abzusichern. Sie können das Ergebnis ihrer Arbeit nicht sofort sehen, sondern müssen sehr lange darauf warten, zum Beispiel darauf, dass sie durch eine selbstbewusste afghanische Polizei, die in Kabul Streife geht, abgelöst werden können, die die Soldaten letztlich ersetzen kann. Der Einsatz in Kabul ist ein Schlüsseleinsatz für eine künftige Sicherheit für das gesamte Land. Es braucht nicht die Frage gestellt zu werden, ob eine räumliche Ausdehnung des Einsatzes geschehen muss. Denn wenn Kabul sicher ist und von Kabul aus Sicherheit für das Land ausgehen kann, bekommt man demnächst auch die Sicherheit über das ganze Land. Ich hoffe, dass der Versuch der Amerikaner und der Briten - wie ich gelesen habe -, mit kleinen Einheiten in anderen Städten etwas zu bewegen, erfolgreich ist und damit weitere Sicherheit in das Land gebracht werden kann. ({9}) Insofern besteht kein Spannungsverhältnis zwischen Kabul und Afghanistan, sondern es geht um eine Entwicklung, die sich von Kabul aus auf Afghanistan erstrecken muss. Ohne Kabul ist dort nichts zu machen. Der zweite Hinweis von Herrn Schmidt war in seiner Leichtigkeit und in seiner leise vorgetragenen Art beinahe perfide. Zu versuchen, das Verhalten der Bundesregierung in zwei verschiedenen Politikfeldern in einem Satz miteinander zu verknüpfen, ist leichtfertig. Die Frage der Evakuierung und der selbstverständlichen NATO-Kameradschaftshilfe hat nichts mit dem zu tun, was möglicherweise in einem anderen Land geschehen soll. Heute wird in der Presse berichtet, dass noch nicht über einen Angriffsbefehl befunden worden ist. Ein Vergleich der beiden Vorhaben zeigt, dass beide sehr sauber und klar voneinander zu trennen sind. Das heißt, das Zusammenwirken mit den Amerikanern bei einem möglichen schnellen Abzug der Truppen hat nichts mit dem zu tun, was in einer anderen Region der Welt geplant ist. Ich halte es für selbstverständlich, dass die Truppen von Verbündeten, die im selben Land im Einsatz sind, gegenseitig die notwendige Hilfe leisten. Die Soldaten in Kabul werden gebraucht, weil es dort keine zivilen Strukturen gibt. Ihr Einsatz ist nicht nur ein Ausdruck von Verteidigung, sondern Soldaten sind - um mit Bert Brecht zu sprechen - auch ein Ausdruck von eigener Souveränität. Wir sollten endlich damit aufhören, im Zusammenhang mit dem Thema Soldaten nur in Freund-Feind-Bildern zu denken. Vielmehr gibt es eine in sich ruhende, selbstverständliche Souveränität, die auch von Soldaten abgesichert werden kann und wird. Wenn die in Kabul eingesetzten Soldaten ein ähnliches Selbstverständnis haben sollten, dann wäre das auch im Sinne der inneren Führung und des Staatsbürgers in Uniform richtig. ({10}) Die Frage - um zum Ende zu kommen -, wie hoch das Risiko für die Soldaten ist, hat der versuchte Einbruch in das deutsche Lager beantwortet. Die Frage der Sicherheit kann nicht militärisch beantwortet werden, sondern sie kann nur nach zivilen Kriterien beurteilt werden. Denn es handelt sich nicht um einen echten militärischen Einsatz; vielmehr nehmen die Soldaten dort polizeiähnliche Aufgaben wahr. Die Unsicherheit und die Gefahren, mit denen die Soldaten konfrontiert sind, gehen nicht von formierten Truppen aus, sondern sie können von einem Individuum bzw. von einzelnen Gruppen oder Kriminellen in Kabul ausgehen. Die Soldaten sind allen Gefahren der bestehenden zivilen Strukturen ausgesetzt. Insofern besteht kein Widerspruch zu der Einschätzung der Lage in Kabul durch Minister Struck. Ich habe den Kameradinnen und Kameraden in Kabul für ihre Geduld und Souveränität zu danken, mit denen sie ihren Auftrag wahrnehmen. Ich hoffe auch, dass die Soldatinnen und Soldaten ein ruhiges Weihnachtsfest und einen guten Jahreswechsel verleben und dass sie gesund und munter wieder nach Hause kommen. ({11})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich erteile dem Kollegen Günther Friedrich Nolting, FDP-Fraktion, das Wort.

Günther Friedrich Nolting (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001622, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Höfer, wir alle haben nichts gegen Zwischenrufe, aber es kommt schon auf die Qualität an. ({0}) Wenn dem Kollegen Schmidt unterstellt wird, er wolle den Krieg - er wurde in der letzten Sitzung als „Kriegstreiber“ bezeichnet -, ({1}) dann sollten Sie in der SPD-Fraktion einmal über Stil und den Umgang miteinander reden und darüber, wie Sie mit der Opposition verfahren. ({2}) Sie sollten auch überlegen, wie verantwortungsvoll bzw. verantwortungslos Sie bei diesem Thema agieren. Das ist eine Frage des Stils, mit der Sie sich auseinander zu setzen haben. ({3}) Meine Damen und Herren, unsere Soldatinnen und Soldaten unterstützen den politischen Befriedungsprozess in Afghanistan mit militärischen Mitteln. Tagtäglich patrouillieren Soldaten verschiedenster Nationen durch Kabul und schützen durch Präsenz und mutiges Eingreifen die Arbeit der Übergangsregierung. Dabei riskieren sie ihr Leben. Ich denke, dafür gebührt ihnen unsere Hochachtung. Wie gefährlich dieser Auftrag ist, mussten wir gestern leider erfahren. Trotzdem gilt es, die Unterstützung durch Entsendung eines deutschen Bundeswehrkontingents fortzusetzen. Daher wird die FDPBundestagsfraktion dem Antrag der Bundesregierung zustimmen. Anfang dieses Jahres waren sich der Kanzler und sein damaliger Verteidigungsminister darin einig, dass die Bundeswehr mit der Übernahme der internationalen Führungsrolle in Afghanistan überfordert wäre. Die FDPBundestagsfraktion hat das schon damals anders gesehen. Aber die Zeiten ändern sich. Ebenso schnell ändern sich die Auffassungen und Aussagen der Bundesregierung. Deutschland wird ab Februar des nächsten Jahres zusammen mit den Niederländern die Führungsrolle übernehmen und die deutsche Truppenpräsenz in Kabul auf bis zu 2 500 Soldaten erhöhen. Das ist richtig und findet die Unterstützung der FDP-Bundestagsfraktion. ({4}) Der damals zitierte Personalmangel scheint auf wundersame Weise behoben zu sein. Aus anderen Gebieten wie Mazedonien und Kosovo werden Soldaten abgezogen. Es sieht so aus, als ob nur so die Präsenz in Afghanistan gewährleistet werden kann. Dies ist aus unserer Sicht der falsche Weg. Richtig wäre es gewesen, die Bundeswehr schneller und konsequenter auf die neuen Anforderungen auszurichten. Dann hätten wir schon heute eine größere Zahl von einsatzbereiten Soldatinnen und Soldaten für die neuen Aufgaben der Bundeswehr. Die Einsicht, dass mehr einsatzbereite Soldaten für die vielfältigen Einsätze der Bundeswehr gebraucht werden, kam bei der Bundesregierung zu spät. Von Weitsicht und vorausschauendem Handeln ist nichts zu spüren. Die Bundesregierung ist Weltmeister im Reagieren. Das Agieren und das gestalterische Handeln hat sie nicht nur im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik aus ihrem Repertoire gestrichen. ({5}) Wichtig ist nun, für die Beteiligten die Risiken des Einsatzes zu minimieren. So muss, einer Bedrohungsanalyse folgend, zum Beispiel der Aktionsradius der Soldaten auf die Umgebung von Kabul ausgeweitet werden. Allein dadurch könnten die Gefahren, die aus den umliegenden Bergen drohen, frühzeitig erkannt und bekämpft werden. Der Kollege Niebel hat auf dieses Problem schon an anderer Stelle aufmerksam gemacht. ({6}) Es gibt eine ganze Reihe von anderen Fragen: Wie sieht es mit einem Notfallexit aus? Ist dieser überhaupt durchführbar? Wie schnell können unsere Soldaten und auch die Mitglieder der Nichtregierungsorganisationen aus dem Land herausgeholt werden, wenn es zu einer Verschlechterung der Lage in Afghanistan kommen sollte? Ich will einen weiteren Punkt ansprechen. Der Kollege Nachtwei hat auf die Notwendigkeit des Minenräumens hingewiesen. Ich frage mich allerdings, warum im aktuellen Regierungsentwurf nur noch rund 2,2 Millionen Euro enthalten sind, wohingegen für den Haushalt 2003 ein Bedarf von 11 Millionen Euro angemeldet wurde. Herr Gerd Höfer ({7}) Bundesminister Fischer, Sie versuchen, große Reden zu halten, aber es folgen keine Taten. Hier wird reine Symbolpolitik praktiziert. Damit werden Sie Ihren Aufgaben nicht gerecht. ({8}) Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. Nur mit angemessener Vor- und Umsicht kann dieser militärische Einsatz als ein Beitrag für einen dauerhaften Frieden gelten. Die Verantwortung, die mit einer Zustimmung zur Verlängerung des ISAF-Mandats verbunden ist, ist groß. Wir sind uns dessen bewusst. Wir werden zustimmen. Vielen Dank. ({9})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich erteile Kollegin Petra Pau das Wort.

Petra Pau (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003206, Fraktion: Fraktionslos (Fraktionslos)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte vor allem einem Eindruck widersprechen, dem Eindruck, es handele sich heute um eine Routineentscheidung, dem Eindruck, etwas Begonnenes solle lediglich zu einem guten Ende geführt werden, und dem Eindruck, der Worte zu diesem Gegenstand seien genug gewechselt. Dieser Eindruck trügt und das soll er wohl auch. Das Afghanistanmandat soll verlängert werden, das deutsche Kontingent soll verdoppelt werden und die Bundeswehr soll eine Führungsrolle übernehmen. Das ist keine Routine. Das ist eine neue Qualität. ({0}) Rot-Grün begrüßt das alles. Die Opposition zur Rechten stimmt im Prinzip zu. Es bleibt die PDS im Bundestag. Wir lehnen das ab. Das macht den Unterschied. Erinnern wir uns noch einmal: Ausgangspunkt der militärischen Afghanistanmission waren die furchtbaren Anschläge in den USA am 11. September 2001. Bin Laden und sein Netzwerk galten als Quelle des Terrors, Afghanistan als Hort der Planer weltweiter Verbrechen, die Drahtzieher des Terrors sollten dingfest gemacht und bestraft werden. Gemessen an diesem Ziel ist der Erfolg eher mäßig, weshalb Sie den Sinn der Militäroperation auch ständig umdeuten. Wir haben immer gesagt: Der Kampf gegen den Terrorismus lässt sich gewinnen, ein Krieg gegen den Terrorismus nicht. Sie haben den Krieg gewählt und wollen ihn nun ausweiten. Reden wir doch einmal Klartext über die humane Mission, die Sie hier ständig bemühen: Die ARD hat am Mittwoch eine Reportage des irischen Journalisten Doran gesendet. Es ging dabei um Massaker und Kriegsverbrechen - geduldet von und verantwortet durch US-Militärs. Ich habe hier kein Wort von den Massakern in Afghanistan, die in dem Film dokumentiert sind, keine Widerrede zu den Menschenrechtsverletzungen, die im Namen der Menschenrechte begangen werden, keinerlei Kritik an den amerikanischen Verbündeten, die daran beteiligt sind, gehört. Hinzu kommt - ich zitiere Herrn Minister Struck -, dass Sie meinen: „Landesverteidigung findet heute weit außerhalb des Landes, zum Beispiel am Hindukusch, statt.“ Damit segeln Sie, Herr Verteidigungsminister, im kreuzgefährlichen Sog der neuen US-Doktrin. Sie kreuzen auf völkerrechtswidrigem Terrain. Sie tun das nicht nur mit Worten, sondern Sie richten die Bundeswehr entsprechend aus und die Bundesrepublik darauf ein. Auch das lehnt die PDS grundsätzlich ab. ({1}) Nun sagt Rot-Grün Ja zum Afghanistaneinsatz der Bundeswehr und zugleich Nein zu einer deutschen Beteiligung an einem Irakkrieg. Beides lässt sich aber weder geographisch noch militärisch trennen und im Übrigen auch nicht rechtlich. Oder wollen Sie mir ernsthaft das Bild vermitteln, dass dann, wenn die US-Armada auf den Irak losgelassen wird, sich die Kommandeure der deutschen Spürpanzer in Kuwait eine Scherpe mit der Aufschrift „Keine Gewalt!“ überstreifen, die deutschen Schiffe am Horn von Afrika eine weiße Fahne hissen und die deutschen AWACS-Flieger lediglich noch die Kollateralschäden zählen und bedauern? Das alles glauben Sie doch selbst nicht. Die Gefahr, dass Deutschland erneut zündelt und auch Helfershelfer wird, ist daher riesengroß. Ohne Not und verantwortungslos hat die Bundesregierung Überflugund andere Hoheitsrechte abgetreten, und zwar ausdrücklich auch für den Fall, dass die USA und andere NATOStaaten einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen den Irak führen. Mein Kollege Wolfgang Gehrcke hat deshalb den Bundeskanzler nach § 80 des Strafgesetzbuches bei der Bundesanwaltschaft angezeigt. ({2}) Es geht nämlich um den Amtseid, um das Friedensgebot im Grundgesetz und um eine friedliche Welt. Auch dieser Debatte versuchen Sie stillschweigend auszuweichen. Im heute diskutierten Antrag zum Afghanistaneinsatz heißt es lapidar, er koste 409,6 Millionen Euro und dafür sei Vorsorge getroffen. Die Entwicklungsministerin Wieczorek-Zeul sprach unlängst über den Wiederaufbau in Afghanistan und sagte, dafür habe die Bundesregierung im Jahre 2002 insgesamt 126 Millionen Euro bereitgestellt. Rechnen Sie mit, liebe Kolleginnen und Kollegen: Das Verhältnis zwischen Militäreinsätzen und humanitärer Hilfe beträgt demnach vier zu eins zugunsten des Militärischen. Genau das beschreibt ein grundsätzliche Missverhältnis deutscher Politik. Wir kritisieren das. Auch deshalb sagt die PDS im Bundestag Nein. ({3})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich erteile das Wort Kollegen Gert Weisskirchen.

Gert Weisskirchen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002465, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es schade, dass in den letzten Beiträgen zu dieser Debatte die Menschen in Afghanistan, die darauf warten, dass wir ihnen helfen, eigene Formen für ein selbstorganisiertes Leben zu entwickeln, hier leider nicht mehr zur Sprache gekommen sind. Ich finde das sehr schade. ({0}) Ich will auch sagen, warum: Afghanistan, das zwischen mächtigen Nachbarn eingezwängt ist und das so viele Jahrhunderte einen Weg zur Selbstbestimmung gesucht hat, hat zum ersten Mal nach einem ungeheuer schrecklichen Zeitraum von 23 Jahren, in dem ein Krieg dem anderen gefolgt ist und in dem das Land die Erfahrung gemacht hat, dass Mächtige von außen, die das Land zum Teil überfallen haben, Gewalt nach innen getragen haben und dass diese Gewalt im Innern aufgenommen und verstärkt worden ist - Brutalität und Gewalt bestimmen also das kollektive Gedächtnis der Menschen in Afghanistan -, die Chance, eine ganz andere Erfahrung zu machen. Dieses Land kann nämlich erfahren, dass Gewalt nicht von außen nach innen getragen sowie im Innern verstärkt, zeitlich verlängert und noch brutaler ausgeübt wird, sondern dass eine Chance von außen gegeben wird, dass Sicherheit von außen nach innen getragen wird. Nur so kann die Außenwelt als etwas verstanden werden, was die innere Entwicklung vorantreibt. Es ist entscheidend, dass die Menschen Sicherheit erfahren. Deshalb brauchen wir die ISAF und deshalb werden wir der dritten Verlängerung des Mandats zustimmen. ({1}) Lieber Christian Schmidt, Sie haben die zentrale Frage - Sie haben sie leider nicht so beantwortet, wie die Menschen in Afghanistan das empfinden - angesprochen. Sie haben anzudeuten versucht, dass die Frage der Nationenbildung viel zu früh gestellt sei. Ich sage Ihnen: Nein, sie ist nicht zu früh gestellt. Jetzt ist sie vielmehr so gestellt, dass die Menschen selber die Arbeit in die Hand nehmen können. Ende Oktober fand in Kabul eine wunderbare Jugendkonferenz statt, die von der Bundesregierung, namentlich von Frau Ministerin Heidemarie WieczorekZeul, mitfinanziert wurde. Dort hatten sich 240 Jugendliche - davon waren 100 Mädchen - aus allen Landesteilen versammelt und haben darüber debattiert, wie die Zukunft des Landes aussehen soll. Sie haben zum ersten Mal - das berichten Beteiligte - die Erfahrung der Begegnung von Mädchen und Jungen im Rahmen eines Austauschs von unterschiedlichen Meinungen gemacht. Es hat eine lebhafte und kontroverse Debatte stattgefunden. Unterschiedliche Gruppierungen aus allen Landesteilen haben miteinander gerungen und debattiert, um eine neue Basis für ein Afghanistan zu schaffen, das ein anderes Afghanistan ist, als es sich in vielen Jahren, besonders in den letzten, gezeigt hat. Ich finde, dass dies ein tolles Zeichen dafür ist, wie die Arbeit der internationalen Gemeinschaft und besonders der Bundesregierung mithilft, dass ein neues, ein anderes Afghanistan von unten, aus der Gesellschaft, heranwächst. Das neue Afghanistan nimmt das Leben in die eigene Hand. ({2}) Genau in zwei Tagen kann Hamid Karzai auf eine einjährige Präsidentschaft zurückblicken. In dieser Zeit hat sich in Afghanistan sehr viel zum Positiven verändert. Wir alle - darüber ist heute bereits gesprochen worden - kennen die Bedrohungssituation. Natürlich gibt es, Kollege Pflüger, noch immer Warlords in den unterschiedlichen Regionen um Kabul herum. Im Norden, Süden, Westen und Osten gibt es noch immer die Einflüsse von Mordbrennern, Verbrechern, Mafiosi und Kriegsfürsten, die genauso agieren, wie es - das gehört zu unserem kollektiven Gedächtnis - im Dreißigjährigen Krieg der Fall gewesen ist. Umso dringender und wichtiger ist es, dass die Zentralmacht in Kabul gestärkt wird. Natürlich ist zu Recht die Frage zu stellen, Christian Schmidt: Wie ist es mit der Sicherheit in Herat oder anderswo? Ich finde es auch gut, dass die USA nun endlich beginnen, dafür zu sorgen, dass zumindest kleine militärische Teams in die Regionen hinausgehen und dadurch die Sicherheit über Kabul hinaus in die Regionen hineintragen. Das ist richtig, das ist notwendig und das ist sinnvoll. Wir sollten uns irgendwann später überlegen, was wir dazu beitragen können, sodass auch dies verändert werden kann. Kollege Niebel, wir waren dort ({3}) und haben gesehen, wie zukunftsfreudig und hoffnungsvoll die Kinder an den Straßen beobachten, wie die Internationalen versuchen, dem Land zu helfen. Die Bundeswehr trägt zusammen mit den Nichtregierungsorganisationen dazu bei, diesen Menschen, den jungen zumal, Hoffnung zu geben. Ich bedanke mich dafür. Was dort im Auftrag der deutschen Bundesregierung geleistet wird, ist, finde ich, eine großartige Leistung. ({4}) Hamid Karzai ist eine eindrucksvolle Persönlichkeit; wir haben es hier im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages selbst erlebt. Es kommt nicht von ungefähr, was er, als wir dort gewesen sind, in einem offenen und auch durchaus kontroversen Gespräch zu Joschka Fischer über die Deutschen gesagt hat. Lieber Christian Schmidt, ich möchte gern, dass Sie das in dem Artikel von Peter Münch heute in der „Süddeutschen Zeitung“ nachlesen. Peter Münch hat ja nicht nur eine Überschrift geschrieben, sondern auch in der Substanz etwas gesagt. Er hat zum Beispiel Hamid Karzai wie folgt zitiert: „Wir vertrauen den Deutschen blind.“ Das ist, finde ich, eine wunderbare Erklärung dafür, dass es nötig ist, dass es sinnvoll ist, dass es auch politisch geboten ist, das dritte Mandat von ISAF zu unterstützen, zu verstärken und heute zu beschließen. In der Tat: Es gibt ein Vertrauensverhältnis zwischen Afghanen und Deutschen. Es ist lange gewachsen. Dieses Vertrauensverhältnis ist eine feste Grundlage für die Hilfe. Das Goethe-Institut, die Armani-Oberschule und andere Schulen beispielsweise werden gebaut. Dort können Jungen und Mädchen gemeinsam eine neue Erfahrung Gert Weisskirchen ({5}) machen, nämlich dass sie nicht von Geschlechts wegen getrennt werden, sondern gemeinsam lernen, ein Afghanistan aufzubauen, das ein anderes Bild zeigt, das der Welt zeigt: Dieses Land Afghanistan hat ein so starkes inneres Potenzial, so eine Fähigkeit, die Zukunft selber friedlich zu erobern, dass dieses Afghanistan auch wirklich unterstützt werden muss. Wir Deutsche leisten unseren Beitrag dazu. Über die 80 Millionen Euro hinaus, die in diesem Jahr zugesagt worden sind, leistet Deutschland - es ist vorhin schon zitiert worden - allein in diesem Jahr 160 Millionen Euro dafür, dass Bildung neu aufgebaut wird und dass beispielsweise neue Schulbücher geschrieben werden. Das entspricht auch dem, was die UNESCO-Konferenz, die Jugendkonferenz, die ich schon angesprochen habe, beschlossen hat. Junge Menschen - ich zitiere das, was sie selbst beschlossen hat; das können Sie in ihrer Erklärung nachlesen, die sich an die Regierung, an die Gesellschaft und an die internationale Gemeinschaft richtet - wollen eine Erziehung ohne Vorurteile, eine Erziehung ohne Diskriminierung und eine Erziehung, die darauf gerichtet ist, dass sich die unterschiedlichen Gruppen in Afghanistan versöhnen. Das zeigt, dass die Zeichen - die Bundesrepublik Deutschland arbeitet ja mit den anderen 26 Nationen in ISAF zusammen - in der Gesellschaft aufgenommen werden. In zwei Tagen wird Hamid Karzai das zweite Jahr seiner Präsidentschaft erleben können. Am 22. Dezember - das möchte ich am Schluss sagen - wird nicht nur die Regierung Karzai auf ein Jahr guter Arbeit zurückblicken können, sondern es wird auch eine gemeinsame Erklärung von Afghanistan, Iran, Turkmenistan, Usbekistan, Tadschikistan, China und Pakistan, also der Länder in der Region, geben. Sie werden eine gemeinsame Erklärung verabschieden, eine Freundschaftserklärung, in der die Nachbarn Afghanistans sagen: Wir möchten mit euch Afghanen zusammenarbeiten; wir wollen eine Freundschaftserklärung abgeben. Wir wollen uns nicht mehr von außen in eure inneren Angelegenheiten einmischen. Wir wollen euch respektieren. Genau das ist der wichtige historische und qualitative Sprung, den Afghanistan braucht, damit es seine eigene selbstbestimmte Zukunft hat und damit die Menschen, insbesondere die jungen, die so lange so schreckliche Kriege haben erleiden müssen, sich jetzt selbst auf den Weg in eine neue Zukunft machen können. Ich bin froh, dass wir heute mit dem Beschluss dazu beitragen können, dass Afghanistan diesen Weg gehen kann. Vielen Dank. ({6})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich erteile das Wort dem Kollegen Ralf Brauksiepe, CDU/CSU-Fraktion.

Dr. Ralf Brauksiepe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003055, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der bisherige Erfolg des ISAF-Mandates ist bei allen Problemen, die es gibt, unbestreitbar. Das macht deutlich, dass die von der internationalen Staatengemeinschaft eingeschlagene Politik im Grundsatz richtig war und deswegen auch fortgesetzt werden sollte. An dieser Sachgerechtigkeit orientieren wir uns bei unserer Politik und nicht an den beschimpfenden Zwischenrufen, die hier von RotGrün kommen. ({0}) An diesen sachgerechten Fragen orientieren wir uns. Deswegen tragen wir dies mit. Die beispielhaften Leistungen der Soldatinnen und Soldaten und die großen Opfer, die sie und ihre Familien bringen, sind schon angesprochen worden. Wir tun sicher gut daran, auch alle engagierten und couragierten Entwicklungshelferinnen und Entwicklungshelfer und alle Angehörigen der Hilfsorganisationen in diesen Dank ausdrücklich einzuschließen. Sie leisten ihren Einsatz unter mindestens ebenso großen Gefahren und Anstrengungen und haben unseren Respekt allseits verdient. ({1}) Ohne den militärischen Erfolg der internationalen Staatengemeinschaft gegen das Talibanregime gäbe es gar keine Voraussetzung für eine erfolgreiche Entwicklungspolitik. Aber umgekehrt gilt auch: Wenn in Afghanistan keine erfolgreiche Entwicklungspolitik gelingt, kann auch aller militärischer Einsatz letztlich nicht erfolgreich sein. Die Bundeswehr wird umso mehr in Gefahr geraten, je weniger der Wiederaufbau funktioniert. Das ist für uns ein ganz wichtiges Thema. Es ist eigentlich schade, dass alle rot-grünen Entwicklungspolitiker in dieser Debatte schweigen müssen. ({2}) Die Entwicklungszusammenarbeit mit Afghanistan muss umfassend konzipiert sein und schnelle Wirksamkeit zeigen. Nur so erreichen wir eine rasche Besserung der wirtschaftlichen Situation zugunsten der verarmten Bevölkerung im Land. Dass es dabei auf afghanischer Seite, wo sämtliche notwendigen Institutionen von null an erst aufgebaut werden müssen, noch Probleme gibt, wird niemanden verwundern. Ärgerlich ist aber aus unserer Sicht, dass es auf der Geberseite offensichtlich immer noch an einem abgestimmten internationalen Wiederaufbaukonzept mangelt. Dieser Mangel fängt bei uns schon national bei den sattsam bekannten Abstimmungsproblemen zwischen dem Auswärtigen Amt und dem Entwicklungshilfeministerium an. Das muss dringend behoben werden. ({3}) Wir vermissen auch ein schlüssiges Konzept der Geberinstitutionen, wie es denn nun zu der ausgewogenen Entwicklung zwischen Kabul einerseits und den Provinzen des Landes andererseits, die immer angemahnt wird, kommen soll. Die Unterstützung für die Zentralregierung, die auch seitens unserer Bundesregierung immer wieder betont wird, ist sicher wichtig. Aber eine erfolgreiche und auf Dauer angelegte Entwicklungspolitik kann sich unserer Meinung nach darin nicht erschöpfen. Wir brauchen eine Vision, wie eine ausgewogene Struktur zwischen Kabul und dem Rest des Landes aussehen soll. Der Sturz des Talibanregimes bietet endlich die Chance, dass Demokratieförderung, Frauenförderung und der Aufbau einer Zivilgesellschaft in Afghanistan vorankommen. Völlig unstrittig ist auch, dass gerade in der ersten Zeit eines solchen Einsatzes natürlich humanitäre Hilfe notwendig ist. Aber als Unionsfraktion sagen wir genauso klar: Wenn man die derzeitige afghanische Regierung gegenüber ihren internen Gegnern wirkungsvoll stützen will, dann braucht man auch schnelle und sichtbare Zeichen des Wiederaufbaus von Straßen und Brücken, der Strom- und Wasserversorgung, von Schulen, Krankenhäusern, Flughäfen usw. ({4}) Das heißt, wir brauchen eine Belebung der Wirtschaft. Wir wissen, dass Sie, Rot-Grün, sich bei dem Thema Belebung der Wirtschaft auch anderswo schwer tun. Aber wir brauchen eine Belebung der Wirtschaft durch Investitionen in die materielle Infrastruktur. Wir brauchen Bauaktivitäten, die zumindest für eine Übergangszeit wichtige Einkommen bei den Menschen schaffen. Gerade Präsident Karzai hat darauf immer wieder drängend, zuletzt noch bei der Petersberg-Konferenz, hingewiesen. Ich glaube, die afghanische Regierung betont zu Recht, dass fehlende schnelle Fortschritte beim materiellen Wiederaufbau des Landes das Vertrauen in die Regierung unterminieren und den nach wie vor vorhandenen radikalen Kräften in die Hände spielen. Diese Sorge müssen wir ernst nehmen und jetzt, im zweiten Jahr dieses Einsatzes, auch unsere Prioritäten entsprechend auf diese harten Faktoren ausrichten. ({5}) Liebe Kolleginnen und Kollegen, aus vielen Berichten wissen wir, dass es zurzeit eine beachtliche Aufbruchstimmung in der Bevölkerung Afghanistans gibt, und zwar insbesondere in Kabul, zum Teil aber auch außerhalb der Hauptstadt. Allerdings beobachten wir auch mit Sorge, dass wirtschaftliche Aktivitäten im Lande zum Teil in die falsche Richtung gehen. Zwar blüht der Handel allenthalben wieder sehr stark. Aber noch wird im Land kaum etwas bzw. zu wenig produziert. Dort, wo produziert wird, geht die Entwicklung zum Teil in die falsche Richtung. Afghanistan spielt bekanntlich schon seit langem eine sehr unrühmliche Rolle beim Drogenanbau und beim internationalen Drogenhandel. Dieses Problem verschärft sich in letzter Zeit offenkundig. Im Entwicklungshilfeausschuss, aus dem ich dies berichten kann, haben wir dies in dieser Woche von der Bundesregierung selber gehört. Dort wurde uns berichtet, dass mittlerweile wieder 75 Prozent des europäischen Heroinmarktes, also drei Viertel, aus Afghanistan versorgt werden. Die Mohnernte ist in Afghanistan exorbitant gestiegen. In diesem Jahr ist sie aktuellen Zahlen zufolge zehn- bis fünfzehnmal höher, als dies noch im letzten Jahr der Fall gewesen ist. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist doch eine alarmierende Entwicklung. Es ist völlig klar, dass der wirtschaftliche Wiederaufbau nicht von heute auf morgen gelingen kann. Es ist klar, dass er sich langsam vollzieht. Aber wenn man sich diesen Teil der Entwicklung ansieht, dann muss man sagen: Es geht nicht darum, dass die Entwicklung zu langsam ist. Vielmehr vollzieht sich hier eine rasante Entwicklung in die falsche Richtung. Die internationale Gebergemeinschaft muss geschlossen und entschlossen handeln und gegensteuern. Auch ist ein klares entwicklungspolitisches Konzept erforderlich, das die Anreize, in die illegale Drogenproduktion im Lande zu investieren, beseitigt. ({6}) Eine solche in sich geschlossene entwicklungspolitische Konzeption, die wir anmahnen, die wir aber bisher auch bei der Bundesregierung nicht sehen, wird auf absehbare Zeit militärisch abgesichert werden müssen. Auch hier darf man sich keinen Illusionen hingeben. Dies wird nicht das letzte Mal sein, dass wir über die Verlängerung des ISAF-Mandats zu entscheiden haben. Es wird noch einen langen Atem brauchen. Der entwicklungspolitische Weg, der gegangen werden muss, muss noch lange militärisch abgesichert bleiben. Deswegen findet der Antrag der Bundesregierung zur Verlängerung dieses Mandats heute unsere Zustimmung. Wir wünschen den Soldatinnen und Soldaten, ihren Familien und allen, die sich in diesem Land in Hilfsorganisationen engagieren, viel Erfolg bei ihrem Einsatz und Gottes Segen für ihre Arbeit. Vielen Dank. ({7})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses auf Drucksache 15/223 zu dem Antrag der Bundesregierung zur „Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz einer Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan“. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 15/128 anzunehmen. Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden. Zur Abstimmung liegt eine persönliche Erklärung des Kollegen Börnsen vor.1 Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. - Ist das geschehen? Das ist der Fall. Ich eröffne die Abstimmung. Hat eine anwesende Kollegin oder ein anwesender Kollege seine Stimme noch nicht abgegeben? - Das ist offensichtlich nicht der Fall. Dann schließe ich die Abstimmung und bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis der naDr. Ralf Brauksiepe 1 Anlage 2 Präsident Wolfgang Thierse mentlichen Abstimmung wird Ihnen später bekannt gegeben.1 Wir setzen die Beratungen fort. Ich bitte Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, Platz zu nehmen, damit wir die Beratungen zum nächsten Tagesordnungspunkt aufnehmen können. Ich rufe Tagesordnungspunkt 7 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung ({0}) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Angela Merkel, Michael Glos, Volker Kauder, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU Einsetzung eines Untersuchungsausschusses - Drucksachen 15/125, 15/256 Berichterstattung: Abgeordnete Christine Lambrecht Volker Beck ({1}) Jürgen Koppelin Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. - Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem Kollegen Klaus Uwe Benneter, SPD-Fraktion.

Klaus Uwe Benneter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003503, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Damit keine Missverständnisse aufkommen: Dieser Untersuchungsausschuss ist überflüssig. ({0}) Er ist überflüssig, weil mit ihm offensichtlich etwas ganz anderes beabsichtigt ist als die Aufklärung von Missständen. Aber die Verfassung gibt auch den Minderheiten Rechte. ({1}) Es macht den Rang und den Wert unserer Demokratie aus, dass Minderheiten auch Überflüssiges beantragen und durchsetzen können. Allerdings muss die Mehrheit darauf achten, dass solche Begehren verfassungskonform bleiben. Deshalb haben wir diesen Antrag im Geschäftsordnungsausschuss behandelt. Zum einen musste geprüft werden, ob dieser Antrag überhaupt bestimmt genug ist, um den Anforderungen an die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu genügen. Zum anderen musste geprüft werden, ob nicht der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung tangiert ist. Denn dieser Bereich wird vom Bundesverfassungsgericht der Exekutive zugestanden und ist der parlamentarischen Kontrolle insoweit entzogen. Diese Klarstellung zum Ursprungsantrag haben wir vorgenommen. Wir haben darüber einstimmig befunden. Damit ist klargestellt, dass es richtig war, den Geschäftsordnungsausschuss mit diesem Antrag zu befassen. ({2}) Es wäre nicht richtig gewesen - wie es einige befürwortet haben -, mit großer Hast vorzugehen, zumal dies allein dazu gedient hätte, mit diesem Ausschuss ein Wahlkampfinstrument zu haben. Das haben wir als Mehrheit verhindert, weil wir insoweit eine Verantwortung gegenüber der Verfassung gesehen haben. ({3}) Wir haben in dem Antrag nun klargestellt, dass Vereinbarungen, die den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung betreffen, von irgendwelchen Überprüfungen ausgenommen sind. ({4}) Wir haben den Antrag auch ergänzen müssen. Das Bundesverfassungsgericht lässt solche Ergänzungen ausdrücklich dann zu, wenn dadurch ein umfassenderes und wirklichkeitsgetreueres Bild gewonnen wird. Genau dem dient unsere Ergänzung des Untersuchungsauftrages, wenn wir den Ausschuss nun damit befassen, dass er zu klären hat, inwiefern seit der Wiedervereinigung Prognosen und Modellrechnungen zutrafen und ob die Staatspraxis im Jahr 2002 wesentlich von der der Jahre seit 1990 abgewichen ist. Insofern war dies wichtig: Wir können ein exakteres und wirklichkeitsgetreueres Bild erlangen, als wenn wir es bei dem einengenden Antrag der CDU/CSU belassen hätten. Wir betreten mit diesem Untersuchungsausschuss doppelt Neuland. Wir betreten juristisches Neuland. Denn zum ersten Mal geht ein Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages nach einem Untersuchungsausschussgesetz vor. Insofern werden wir sicher die eine oder andere Klippe überwinden müssen. Es wird sich zeigen, ob die Kolleginnen und Kollegen, die in der letzten Legislaturperiode dieses Gesetz neu geschaffen haben, an alles gedacht haben. Aber wir betreten auch deshalb Neuland, weil zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik zumindest mittelbar Wahlaussagen und Wahlversprechen zum Untersuchungsgegenstand eines solchen Ausschusses gemacht werden. ({5}) Deshalb ist es gerade für uns als Mehrheit wichtig, dass dieses Minderheiteninstrument, dieses Minderheitenrecht nicht missbraucht wird, ({6}) 1 Ergebnis Seite 1332. dass es nicht zu einem Krawallausschuss kommt, ({7}) dass der Ausschuss nicht dem Klamauk dient und dass er insbesondere auch keine Bühne darstellt für irgendwelche angeblich spontanen Ausbrüche von Politikern, gleich welcher Couleur. Wir werden mit unserer Mehrheit der politischen Kultur in der Weise dienen, dass wir ein wichtiges Instrument für Minderheitenrechte nicht verkommen lassen. ({8}) ({9}) Ich gehe davon aus, dass wir die Sacharbeit sehr zügig durchführen. Die Behauptung, wir würden irgendetwas verzögern wollen, hat sich ja jetzt schon als unrichtig herausgestellt. Wir haben sehr zügig gearbeitet. ({10}) Der Geschäftsordnungsausschuss hat sich so zügig, wie es nur ging, mit der Sachlage befasst und gestern bis spät in die Nacht getagt, ({11}) um zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis zu kommen. ({12}) Sie sollten es nicht gering schätzen, wenn die Mehrheit hier alles tut, damit die Minderheit so zügig zu ihrem Recht kommt, ({13}) wie es das Gesetz vorsieht. ({14}) Deshalb wird dieser Untersuchungsausschuss heute unverzüglich eingesetzt. ({15}) Wir könnten uns ja darauf verständigen, die konstituierende Sitzung dieses Ausschusses erst in der nächsten Sitzungswoche im neuen Jahr einzuberufen. Auch das wäre noch zügig im Sinne des Untersuchungsausschussgesetzes. Aber nein, wir haben uns darauf verständigt, den Untersuchungsausschuss schon zehn Minuten nach dieser Debatte einzusetzen, um einem konstituierten Untersuchungsausschuss die Möglichkeit zu geben, so schnell wie möglich mit der Arbeit zu beginnen. ({16}) Sie sollten wirklich beachten, dass wir hier fair und sachlich vorgehen. ({17}) Frau Merkel, für Sie müssten wir ja eigentlich einen Extra-Untersuchungsausschuss einrichten, ({18}) denn Ihr Kollege Merz hat sich darüber beklagt, Sie hätten ihm vor den Wahlen Versprechungen gemacht, die Sie nach den Wahlen nicht eingehalten haben. ({19}) So weit wollen wir nicht gehen, ({20}) sondern wir wollen mit Ihnen gemeinsam die Minderheitenrechte wahren und deshalb heute den Untersuchungsausschuss einsetzen. ({21}) - Wovor sollen wir Angst haben? Wir zeigen ja gerade durch die Art und Weise unseres nicht zögernden, sondern unverzüglichen Vorgehens, ({22}) dass wir keine Angst haben. ({23}) Aber eines machen wir nicht: Wir werden kleinen Klamauk zulassen. ({24}) Wer meint, er müsse nur bestimmte Zeugen hören und das möglichst noch vor dem 2. Februar, der macht deutlich, dass es ihm ausschließlich darum geht, den Wahlkampf mit anderen Mitteln fortzusetzen. Nehmen Sie endlich zur Kenntnis, dass Sie die Bundestagswahl verloren haben und solche Ausschüsse nicht dazu da sind, die Wahlauseinandersetzung fortzusetzen. ({25})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, gebe ich das Ergebnis der namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung „Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz einer Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan“ bekannt. Abgegebene Stimmen 576. Mit Ja haben gestimmt 565. Mit Nein haben gestimmt 9. Enthaltungen 2. Die Beschlussempfehlung ist damit angenommen. Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 576 davon ja: 565 nein: 9 enthalten: 2 Ja SPD Dr. Lale Akgün Gerd Andres Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Ernst Bahr ({0}) Doris Barnett Dr. Hans-Peter Bartels Eckhardt Barthel ({1}) Klaus Barthel ({2}) Sören Bartol Sabine Bätzing Uwe Beckmeyer Dr. Axel Berg Ute Berg Hans-Werner Bertl Petra Bierwirth Rudolf Bindig Kurt Bodewig Gerd Friedrich Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann ({3}) Hans-Günter Bruckmann Edelgard Bulmahn Marco Bülow Ulla Burchardt Dr. Michael Bürsch Hans Martin Bury Hans Büttner ({4}) Marion Caspers-Merk Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Peter Dreßen Detlef Dzembritzki Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann Hans Eichel Marga Elser Gernot Erler Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Annette Faße Elke Ferner Gabriele Fograscher Rainer Fornahl Gabriele Frechen Dagmar Freitag Lilo Friedrich ({5}) Iris Gleicke Günter Gloser Uwe Göllner Renate Gradistanac Angelika Graf ({6}) Dieter Grasedieck Monika Griefahn Kerstin Griese Gabriele Groneberg Achim Großmann Wolfgang Grotthaus Karl Hermann Haack ({7}) Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann ({8}) Anke Hartnagel Nina Hauer Hubertus Heil Reinhold Hemker Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Petra Heß Monika Heubaum Gabriele Hiller-Ohm Stephan Hilsberg Jelena Hoffmann ({9}) Walter Hoffmann ({10}) Iris Hoffmann ({11}) Frank Hofmann ({12}) Eike Hovermann Klaas Hübner Christel Humme Lothar Ibrügger Brunhilde Irber Renate Jäger Jann-Peter Janssen Klaus Werner Jonas Johannes Kahrs Ulrich Kasparick Ulrich Kelber Hans-Peter Kemper Klaus Kirschner Hans-Ulrich Klose Astrid Klug Dr. Heinz Köhler Walter Kolbow Fritz Rudolf Körper Karin Kortmann Rolf Kramer Anette Kramme Ernst Kranz Nicolette Kressl Volker Kröning Dr. Hans-Ulrich Krüger Angelika Krüger-Leißner Horst Kubatschka Ernst Küchler Helga Kühn-Mengel Ute Kumpf Dr. Uwe Küster Christian Lange ({13}) Christine Lehder Waltraud Lehn Dr. Elke Leonhard Eckhart Lewering Götz-Peter Lohmann Gabriele Lösekrug-Möller Erika Lotz Dr. Christine Lucyga Dirk Manzewski Tobias Marhold Lothar Mark Caren Marks Christoph Matschie Hilde Mattheis Markus Meckel Ulrike Mehl Petra-Evelyne Merkel Ulrike Merten Angelika Mertens Ursula Mogg Michael Müller ({14}) Christian Müller ({15}) Gesine Multhaupt Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Volker Neumann ({16}) Dietmar Nietan Dr. Erika Ober Holger Ortel Heinz Paula Johannes Pflug Joachim Poß Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Karin Rehbock-Zureich Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Christel RiemannHanewinckel Walter Riester Reinhold Robbe René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth ({17}) Michael Roth ({18}) Gerhard Rübenkönig Ortwin Runde Marlene Rupprecht ({19}) Thomas Sauer Anton Schaaf Axel Schäfer ({20}) Gudrun Schaich-Walch Rudolf Scharping Bernd Scheelen Dr. Hermann Scheer Siegfried Scheffler Horst Schild Otto Schily Horst Schmidbauer ({21}) Ulla Schmidt ({22}) Silvia Schmidt ({23}) Dagmar Schmidt ({24}) Wilhelm Schmidt ({25}) Heinz Schmitt ({26}) Carsten Schneider Walter Schöler Olaf Scholz Karsten Schönfeld Fritz Schösser Wilfried Schreck Ottmar Schreiner Gerhard Schröder Gisela Schröter Brigitte Schulte ({27}) Reinhard Schultz ({28}) Swen Schulz ({29}) Dr. Angelica Schwall-Düren Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Erika Simm Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk Dr. Cornelie SonntagWolgast Wolfgang Spanier Dr. Margrit Spielmann Jörg-Otto Spiller Dr. Ditmar Staffelt Ludwig Stiegler Rolf Stöckel Christoph Strässer Rita Streb-Hesse Joachim Stünker Jörg Tauss Jella Teuchner Wolfgang Thierse Franz Thönnes Hans-Jürgen Uhl Rüdiger Veit Simone Violka Jörg Vogelsänger Ute Vogt ({30}) Dr. Marlies Volkmer Hans Georg Wagner Hedi Wegener Andreas Weigel Petra Weis Reinhard Weis ({31}) Matthias Weisheit Gunter Weißgerber ({32}) Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker Jochen Welt Dr. Rainer Wend Lydia Westrich Inge Wettig-Danielmeier Dr. Margrit Wetzel Andrea Wicklein Jürgen Wieczorek ({33}) Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Dieter Wiefelspütz Brigitte Wimmer ({34}) Engelbert Wistuba Barbara Wittig Dr. Wolfgang Wodarg Verena Wohlleben ({35}) Heidi Wright Uta Zapf Manfred Helmut Zöllmer Dr. Christoph Zöpel Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner CDU/CSU Ulrich Adam Ilse Aigner Dietrich Austermann Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck ({36}) Veronika Bellmann Otto Bernhardt Dr. Rolf Bietmann Clemens Binninger Renate Blank Peter Bleser Antje Blumenthal Dr. Maria Böhmer Jochen Borchert Wolfgang Bosbach Dr. Wolfgang Bötsch Klaus Brähmig Helge Braun Paul Breuer Monika Brüning Georg Brunnhuber Verena Butalikakis Hartmut Büttner ({37}) Cajus Caesar Peter H. Carstensen ({38}) Gitta Connemann Hubert Deittert Albert Deß Alexander Dobrindt Vera Dominke Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Maria Eichhorn Georg Fahrenschon Ilse Falk Dr. Hans Georg Faust Albrecht Feibel Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer ({39}) Dirk Fischer ({40}) Axel E. Fischer ({41}) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach ({42}) Erich G. Fritz Jochen-Konrad Fromme Dr. Michael Fuchs Hans-Joachim Fuchtel Norbert Geis Roland Gewalt Eberhard Gienger Georg Girisch Michael Glos Ralf Göbel Dr. Reinhard Göhner Tanja Gönner Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Kurt-Dieter Grill Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Olav Gutting Holger Haibach Gerda Hasselfeldt Helmut Heiderich Ursula Heinen Siegfried Helias Uda Carmen Freia Heller Michael Hennrich Jürgen Herrmann Bernd Heynemann Ernst Hinsken Peter Hintze Robert Hochbaum Martin Hohmann Joachim Hörster Hubert Hüppe Dr. Peter Jahr Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Steffen Kampeter Irmgard Karwatzki Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder ({43}) Gerlinde Kaupa Eckart von Klaeden Jürgen Klimke Julia Klöckner Kristina Köhler ({44}) Manfred Kolbe Norbert Königshofen Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Rudolf Kraus Günther Krichbaum Dr. Günter Krings Dr. Martina Krogmann Dr. Hermann Kues Werner Kuhn ({45}) Dr. Karl A. Lamers ({46}) Barbara Lanzinger Karl-Josef Laumann Vera Lengsfeld Werner Lensing Peter Letzgus Ursula Lietz Walter Link ({47}) Eduard Lintner Patricia Lips Dr. Michael Luther Dorothee Mantel Erwin Marschewski ({48}) Stephan Mayer ({49}) Conny Mayer ({50}) Dr. Martin Mayer ({51}) Wolfgang Meckelburg Dr. Michael Meister Dr. Angela Merkel Friedrich Merz Laurenz Meyer ({52}) Doris Meyer ({53}) Maria Michalk Hans Michelbach Klaus Minkel Marlene Mortler Dr. Gerd Müller Hildegard Müller Stefan Müller ({54}) Bernward Müller ({55}) Claudia Nolte Günter Nooke Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Melanie Oßwald Eduard Oswald Rita Pawelski Dr. Peter Paziorek Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Beatrix Philipp Ruprecht Polenz Thomas Rachel Hans Raidel Dr. Peter Ramsauer Helmut Rauber Peter Rauen Christa Reichard ({56}) Katherina Reiche Hans-Peter Repnik Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Hannelore Roedel Franz Romer Heinrich-Wilhelm Ronsöhr Dr. Klaus Rose Kurt J. Rossmanith Dr. Christian Ruck Volker Rühe Albert Rupprecht ({57}) Peter Rzepka Anita Schäfer ({58}) Dr. Wolfgang Schäuble Hartmut Schauerte Andreas Scheuer Georg Schirmbeck Christian Schmidt ({59}) Andreas Schmidt ({60}) Dr. Andreas Schockenhoff Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Wilhelm Josef Sebastian Kurt Segner Matthias Sehling Marion Seib Heinz Seiffert Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Christian Freiherr von Stetten Gero Storjohann Andreas Storm Max Straubinger Matthäus Strebl Thomas Strobl ({61}) Michael Stübgen Michaela Tadjadod Antje Tillmann Edeltraut Töpfer Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Uwe Vogel Angelika Volquartz Andrea Astrid Voßhoff Gerhard Wächter Peter Weiß ({62}) Gerald Weiß ({63}) Ingo Wellenreuther Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Werner Wittlich Dagmar Wöhrl Wolfgang Zeitlmann Wolfgang Zöller Willi Zylajew BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck ({64}) Volker Beck ({65}) Cornelia Behm Birgitt Bender Matthias Berninger Grietje Bettin Alexander Bonde Ekin Deligöz Dr. Thea Dückert Jutta Dümpe-Krüger Dr. Uschi Eid Hans-Josef Fell Joseph Fischer ({66}) Katrin Dagmar GöringEckardt Anja Hajduk Winfried Hermann Antje Hermenau Peter Hettlich Ulrike Höfken Thilo Hoppe Michaele Hustedt Fritz Kuhn Renate Künast Markus Kurth Undine Kurth ({67}) Dr. Reinhard Loske Anna Lührmann Kerstin Müller ({68}) Christa Nickels Simone Probst Claudia Roth ({69}) Krista Sager Christine Scheel Irmingard Schewe-Gerigk Rezzo Schlauch Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner Albert Schmidt ({70}) Werner Schulz ({71}) Petra Selg Ursula Sowa Rainder Steenblock Silke Stokar von Neuforn Jürgen Trittin Marianne Tritz Hubert Ulrich Dr. Antje Vogel-Sperl Dr. Antje Vollmer Dr. Ludger Volmer Josef Philip Winkler Margareta Wolf ({72}) FDP Daniel Bahr ({73}) Ernst Burgbacher Helga Daub Dr. Christian Eberl Otto Fricke Horst Friedrich ({74}) Rainer Funke Dr. Wolfgang Gerhardt Joachim Günther ({75}) Dr. Karlheinz Guttmacher Dr. Christel Happach-Kasan Christoph Hartmann ({76}) Klaus Haupt Ulrich Heinrich Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Ina Lenke Sabine LeutheusserSchnarrenberger Markus Löning Dirk Niebel Hans-Joachim Otto ({77}) Eberhard Otto ({78}) Detlef Parr Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Andreas Pinkwart Dr. Günter Rexrodt Marita Sehn Dr. Hermann Otto Solms Carl-Ludwig Thiele Dr. Dieter Thomae Jürgen Türk Dr. Claudia Winterstein Nein CDU/CSU Dr. Wolf Bauer Wolfgang Börnsen ({79}) Manfred Carstens ({80}) Leo Dautzenberg Henry Nitzsche Willy Wimmer ({81}) FDP Jürgen Koppelin fraktionslos Dr. Gesine Lötzsch Enthalten CDU/CSU Susanne Jaffke Norbert Schindler Nächster Redner in der Debatte ist der Kollege Peter Altmaier, CDU/CSU-Fraktion. ({82})

Peter Altmaier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002617, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit heute ist klar: Der Untersuchungsausschuss kommt. Er kommt mit unserem ursprünglichen Antrag und er kommt gegen all Ihren Widerstand, gegen all Ihre Verzögerungstaktik. Das ist ein Sieg für die politische Kultur und eine Niederlage für alle, die versucht haben, dieses Minderheitenrecht zu vereiteln. ({0}) - Da können Sie noch so viel schreien. Ich möchte das wiederholen, was ich Ihnen in der letzten Debatte von dieser Stelle aus angeboten habe: Wir können bei allem Streit um die Einsetzung und das Mandat und bei aller Gegnerschaft, die in der Politik normal ist und auch in diesem Untersuchungsausschuss stattfinden wird, ({1}) in diesem Ausschuss fair und sachlich zusammenarbeiten. Wir sollten uns über Regelungen verstehen und uns vornehmen, den Menschen, die uns heute vor den Fernsehbildschirmen, aber auch bei den Sitzungen des Ausschusses und unseren öffentlichen Aktivitäten zuschauen, nicht Politik zum Abgewöhnen, sondern ein Beispiel dafür zu bieten, wie man im Parlament fair miteinander streiten und umgehen kann. ({2}) Zu dieser Fairness gehört, keine Vorverurteilungen vorzunehmen. ({3}) Aber wir haben den Ausschuss natürlich deshalb durchgesetzt, weil wir aus dem Studium der uns vorliegenden Akten ({4}) und Ihrer Äußerungen in der Öffentlichkeit inzwischen den Eindruck und den konkreten Verdacht gewonnen haben, dass der Bundeskanzler, der Bundesfinanzminister, der Bundesarbeitsminister und die Bundesgesundheitsministerin in der Tat nicht nur das Parlament, sondern auch die Menschen und die Öffentlichkeit in unserem Land vor der Wahl getäuscht haben, indem sie die Unwahrheit über die wirtschaftliche Lage im Land gesagt haben. ({5}) Mein Eindruck ist übrigens, dass das außer den Betroffenen selbst niemand mehr ernsthaft bestreitet, sogar auf Ihrer Seite nicht. Das ist der Grund für die Einsetzung dieses Ausschusses, der diesem Verdacht nachgehen wird. Der Untersuchungsausschuss kann diesen Verdacht bestätigen, er kann ihn aber auch widerlegen. Er kann Sie weiter belasten oder entlasten. Deshalb war es eigentlich auch nachvollziehbar, dass Ihr Parlamentarischer Geschäftsführer Wilhelm Schmidt am 24. November erklärt hat: Wir werden sofort Bundeskanzler Gerhard Schröder und Bundesfinanzminister Hans Eichel laden, damit sie noch im Dezember aussagen können, was wirklich geschah. Von dieser Zusage wollen Sie inzwischen nichts mehr wissen. Sie flüchten sich in Verfahrenstricks. Sie tun alles, um über den Termin der Landtagswahlen am 2. Februar zu kommen, ({6}) weil Sie selbst nicht mehr daran glauben, dass Ihnen der Entlastungsbeweis gelingen wird. Wir bieten Ihnen, Herr Müntefering, wenn Sie zu Ihrem Wort stehen, an, auf alle Fristeinreden zu verzichten. ({7}) Wir sind bereit, zu jeder Tages- und Nachtzeit, zu Wasser, zu Lande und in der Luft, im Dezember, im Januar mit Ihnen im Ausschuss zu arbeiten und dafür zu sorgen, dass Herr Eichel und Herr Schröder ihre Version zu Protokoll geben können. ({8}) Dann werden wir sehen, was die Akten hergeben und die Beamten aus den Ministerien sagen. Ich sage Ihnen: Auf diese Auseinandersetzung freuen wir uns. Denn es darf in der Politik nicht der Eindruck entstehen, dass Politiker, Minister und Staatssekretäre, einfach so reden, wie sie es für richtig halten, ({9}) egal ob es der Wahrheit entspricht oder nicht. ({10}) Meine Damen und Herren, Ihre Verzögerungstaktik ist vielleicht nicht besonders aktuell, sie ist auch nicht überzeugend, aber sie ist immerhin legal, soweit sie im gesetzlichen Rahmen Ihrer Mehrheitsrechte im Ausschuss bleibt. ({11}) Was Sie aber heute dabei sind zu tun, lieber Herr Kollege, geht weit über das hinaus. Sie sind mit Ihrem Änderungsantrag, mit Ihrem Ergänzungsantrag zu unserem Einsetzungsbeschluss an der Schwelle zum offenen Verfassungsbruch. ({12}) Ich bitte Sie, sich wirklich noch einmal zu überlegen, ob Sie mit Ihrem Abstimmungsverhalten nachher bereit sind, ({13}) zum ersten Mal in der Geschichte dieses Bundestages und in der Geschichte der Untersuchungsausschüsse durch den Beschluss der Mehrheit das Recht der Minderheit in verfassungswidriger Weise so zu bepacken und zu überfrachten, dass der eigentliche Untersuchungsauftrag nicht mehr wahrgenommen werden kann. ({14}) Sie wissen im Grunde genau: Was Sie heute beschließen, hat in Karlsruhe genauso wenig Bestand wie Ihre Trickserei im Bundesrat zum Zuwanderungsgesetz. ({15}) Dass Sie es trotzdem tun und versuchen, sich wie ein angeschlagener Boxer über die Runden zu retten, ({16}) ist kein Zeichen von Stärke, sondern ein Zeichen wachsender Verzweiflung und Panik. ({17}) Ich kann dies ja verstehen, weil Sie in der Diskussion über diesen Untersuchungsausschuss inzwischen auch in der Öffentlichkeit hoffungslos in die Defensive gedrängt worden sind. ({18}) Es ist doch richtig, dass es zu Anfang Zweifel gab. Auch in unseren eigenen Reihen gab es diese Zweifel. Inzwischen aber sagt die Mehrheit der Bevölkerung: Dieser Ausschuss ist richtig. Ich zitiere aus einer Umfrage für das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ von der vorletzten Woche: 68 Prozent der 19- bis 29-Jährigen finden diesen Ausschuss richtig. Daran sollten Sie sich bei Ihrer Kritik orientieren. Je mehr Sie von Klamauk reden, je mehr Sie verzögern und tricksen, desto größer wird Ihr Glaubwürdigkeitsproblem in der Öffentlichkeit sein. ({19}) Die Menschen draußen haben erkannt: Es geht nicht um irgendwelche Wahlkampfreden und irgendwelche Wahlversprechen. ({20}) Es geht um die zentrale Frage, ob die Regierung, ob Minister und Staatssekretäre die Wahrheit gesagt haben. Die Pflicht zur Wahrheit haben sie zu jedem Zeitpunkt, egal ob gerade Wahlen stattfinden oder nicht. Daran werden wir Sie in diesem Untersuchungsausschuss messen. ({21}) Meine Damen und Herren, lassen Sie diesen Ausschuss zu einer Chance werden.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Herr Kollege Altmaier, Ihre Redezeit ist zu Ende. ({0})

Peter Altmaier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002617, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich komme sofort zum Ende, Frau Präsidentin. - Lassen Sie uns in diesem Ausschuss in der gebotenen Sachlichkeit, in der gebotenen Kürze über das sprechen, was aufzuklären ist, und lassen Sie uns dann darüber sprechen, wie wir verhindern können, dass sich so etwas in der Zukunft wiederholt. ({0}) Dann leisten wir einen Beitrag zum Abbau von Politikverdrossenheit. Wir leisten einen Beitrag zur Steigerung der Glaubwürdigkeit von uns allen in diesem Land. Vielen Dank. ({1})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Nächster Redner ist der Kollege Jerzy Montag, Bündnis 90/Die Grünen.

Jerzy Montag (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003595, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Einzige, was Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, noch daran hindern könnte, sich selbst und damit uns allen diesen Untersuchungsausschuss wie einen unnötigen Kropf an den Hals zu hängen, wäre Ihre bessere Einsicht. ({0}) Meine Hoffnung ist gering, aber ich gebe die Hoffnung nie auf, dass man in einem Diskurs mit Argumenten überzeugen könnte. ({1}) Deswegen werde ich Ihnen drei Gründe vortragen, weswegen es eigentlich besser und sinnvoller wäre, auf diesen Untersuchungsausschuss zu verzichten. Sie werden auf uns sicherlich nicht hören, aber hören Sie doch auf die kritischen Stimmen aus Ihren eigenen Reihen, hören Sie auf die Bürgerinnen und Bürger, ({2}) die - im Gegensatz zu dem, was Kollege Altmaier gesagt hat - immer mehr Unverständnis äußern und sich zu Recht darüber aufregen, dass der Bundestag Ressourcenund Energieverschwendung betreibt für Spiegelfechtereien, für Bloßstellungsveranstaltungen, die Sie planen, und für ein Wahlkampfgetöse für die Herren Wulff und Koch im Januar des nächsten Jahres. ({3}) Bevor ich auf diese drei Gründe zu sprechen komme, will ich noch einige grundsätzliche Bemerkungen machen. Natürlich haben Sie als die Minderheit in diesem Hause ein verfassungsmäßig abgesichertes Recht auf die Einsetzung eines solchen Untersuchungsausschusses. ({4}) Wir Grüne, eine Partei, die die Opposition kennt, die die Oppositionsbank aber nicht nur als hart, sondern auch als edel verstanden hat, ({5}) haben überhaupt nichts dagegen, dass Sie die Ersten sind, die einen solchen Untersuchungsausschuss nach dem neuen Untersuchungsausschussgesetz fordern. Wir betreten damit Neuland. Es ist wirklich schade, dass dieses gute Instrument durch ein völlig unbrauchbares Thema so in Misskredit gezogen wird, wie Sie es tun. ({6}) Wir haben Ihren Antrag nicht bepackt, ihn somit nicht verfassungswidrig gemacht. ({7}) Wir haben ihn auf verfassungsgemäße Art und Weise ergänzt. Wir haben überhaupt keine Angst davor, dass Sie tatsächlich den Weg nach Karlsruhe gehen. Davon kann ich Ihnen nur abraten. ({8}) Jetzt komme ich auf die Gründe zu sprechen. Der erste Grund lautet: Dieser Untersuchungsausschuss ist absolut unnötig; denn es gibt nach Ihren eigenen Darstellungen überhaupt nichts aufzuklären. Es gibt nichts aufzudecken, es gibt nichts auszuleuchten. Nehmen Sie sich doch Ihren eigenen Text im Sinne einer Textanalyse einmal genau vor. Was wollen Sie denn eigentlich? Sie behaupten, dass Mitglieder der Bundesregierung die Öffentlichkeit und das Hohe Haus unvollständig oder falsch informiert haben. Sie beziehen sich auf amtliche Verlautbarungen und auf Reden in diesem Hohen Hause. Das alles ist bekannt und muss nicht überprüft und untersucht werden. ({9}) Sie wollen das, was bekannt ist, gegenüberstellen - ich zitiere aus Ihrem Antrag - „... der Situation des Bundeshaushaltes, der Finanzlage der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung sowie der Einhaltung der Stabilitätskriterien des EG-Vertrages ...“ Hinter diesen Punkten stehen Zahlen und diese Zahlen waren uns allen von Monat zu Monat bekannt. Sie wollen also Bekanntes in Verhältnis zu Bekanntem setzen, um daraus Ihre Schlüsse zu ziehen. Aber diese Schlüsse haben Sie schon im Wahlkampf gezogen! Das ist Ihr gutes Recht. Aber nehmen Sie zur Kenntnis: Der Wahlkampf ist zu Ende! Sie haben die Wahlen verloren und die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger hat Ihnen nicht geglaubt, dass es eine Falschaussage der Regierung gegeben hat. ({10}) Der zweite Grund lautet, meine Damen und Herren von der Opposition: Der von Ihnen gewünschte Untersuchungsausschuss ist ein reines Wahlkampfinstrument. Das belegt zunächst einmal das Verhalten des Mentors dieser Idee, des Ministerpräsidenten Koch, ({11}) der die Einsetzung dieses Untersuchungsausschusses angeregt hat. Außerdem belegt das der von Ihnen gewollte Zeitplan ganz eindeutig.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Gehb?

Jerzy Montag (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003595, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Wenn es mir nicht von der Zeit abgezogen wird, sehr gerne.

Dr. Jürgen Gehb (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003129, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Montag, teilen Sie die Auffassung, dass es einen Unterschied gibt zwischen der Tatsache, dass ein Dieb oder ein anderer Delinquent auf frischer Tat ertappt wird, ({0}) und der Tatsache, dass man ihn hinterher in einem förmlichen Verfahren nach den Regeln der Strafprozessordnung im Namen des Volkes verurteilt? Glauben Sie nicht, dass Dinge, obwohl sie vielleicht pressebekannt, ja notorisch sind, in einem förmlichen Verfahren festgestellt werden müssen?

Jerzy Montag (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003595, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Kollege Gehb, Sie hätten vielleicht gern, dass wir diesen Untersuchungsausschuss zu einem Strafprozess machen; aber es ist keiner. ({0}) Es ist lediglich ein Verfahren dieses Hohen Hauses. Es sollen auch keine Strauchdiebe vor Gericht gestellt werden; vielmehr wollen Sie die Bundesregierung bloßstellen. Damit missbrauchen Sie das Instrument des Untersuchungsausschusses. Das, was Sie machen wollen, ist Wahlkampf. Wahlkampf sollen Sie auch machen, aber nicht im Rahmen dieses Ausschusses. ({1})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Herr Kollege Gehb, Sie durften eine Zwischenfrage stellen.

Jerzy Montag (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003595, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich glaube, ich habe die Zwischenfrage beantwortet, wenn auch nicht zu Ihrer Zufriedenheit. Das ist aber Ihr Problem und nicht meines. ({0}) Der von Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, angestrebte Zeitplan weist ebenfalls darauf hin: Sie wollten die Einsetzung des Untersuchungsausschusses, ohne die Verfassungsmäßigkeit vorher im Geschäftsordnungsausschuss zu prüfen. Sie wollen eine Konstituierung und Arbeitsaufnahme, ohne dass wir eine Verfahrensordnung haben und ohne dass wir wissen, welche Akten wir zur Verfügung haben. Sie wollen Beweisanträge ins Blaue hinein stellen, ohne dass wir irgendwelche Akten beiziehen können. Sie wollen Zeugen vernehmen, ohne dass es in diesem Ausschuss irgendwelche Akten gibt. Deswegen kann ich zum Glück feststellen, dass die Sachleitung dieses Untersuchungsausschusses nicht in Ihren Händen liegt. Wir werden diesen Ausschuss in ordnungsgemäßen Bahnen auf der Grundlage der Verfassung und der StPO arbeiten lassen. ({1}) In aller Kürze der dritte Punkt. Dieser Antrag ist von Pharisäern gestellt worden. ({2}) Mit treuherzigem Augenaufschlag tun Sie so, als ob Sie die Wahrheit suchen würden. Dabei kamen die Koch’schen Lügen und die Kohl’schen Verschweigungen doch aus Ihren Reihen, meine Damen und Herren von der CDU/CSU. Deswegen können Sie doch nicht glaubwürdig behaupten, dass dieser Untersuchungsausschuss, der erste nach dem neuen Untersuchungsausschussgesetz, nichts anderem als der Wahrheitsfindung dienen würde. Ich will zum Schluss eine Passage aus der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ zitieren und eine Frage wiederholen, die in diesem Artikel an Sie, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, gestellt wurde - ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin -: Die Union ({3}) das Einverständnis darüber aufgekündigt, was jedenfalls kein geeigneter Gegenstand für ein Instrument des Untersuchungsausschusses ist. Erinnert man sich noch der Klage, im Parteispendenausschuss werde ein Schauprozess inszeniert? Immerhin konnte er hartnäckige Schweiger und geständige Lügner vorladen. Was bedeutet es, dass man einen ökonomischen Umgang ({4}) mit Informationen, der eine Sache politischer Klugheit oder Dummheit ist, durch ein Gremium aufklären lassen will, das seine Arbeit gemäß der Strafprozessordnung organisiert? Jetzt kommt die Frage: Hat die Opposition die Hoffnung aufgegeben, noch einmal die Regierung zu stellen? ({5}) Ich stelle zum Schluss fest:

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Herr Kollege, kommen Sie damit bitte wirklich zum Schluss.

Jerzy Montag (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003595, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Das einzig Positive an diesem Untersuchungsausschuss ist, dass diese Frage gestellt worden ist. Sie beantworten sie uns auch: Sie wollen Opposition bleiben. Danke schön. ({0})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Nächster Redner ist der Kollege Max Stadler, FDP-Fraktion.

Dr. Max Stadler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002805, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die FDP hatte in der Debatte in der letzten Woche vorgeschlagen, dem Antrag der CDU/CSU auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses sofort zuzustimmen. Die Heftigkeit dieser Debatte und die langen Diskussionen im Geschäftsordnungsausschuss, die es darüber gegeben hat, führen mich zu dem Schluss: Das war alles viel Lärm um nichts. Denn das Recht auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ist vor allem ein Recht der Minderheit, ein Recht der Opposition. Nach Art. 44 des Grundgesetzes muss der Bundestag solche Ausschüsse einrichten, wenn ein Viertel der Mitglieder dies beantragt. Ein solcher Antrag lag vor. ({0}) Nun ist viel darüber geredet worden, ob dieser Antrag mit der politischen Kultur vereinbar ist. Für uns als FDP hat das dazu geführt, dass wir unseren kulturpolitischen Sprecher, Hans-Joachim Otto, in diesen Ausschuss entsenden werden. Aber im Ernst: Zum einen wird vorgetragen, die politische Kultur nehme durch einen solchen Ausschuss Schaden. Das halte ich für stark übertrieben. Umgekehrt wird gesagt: Mit diesem Ausschuss ergebe sich die Chance, zu einer neuen politischen Kultur zu kommen. Da bin ich ebenfalls skeptisch, Herr Kollege Altmaier. In Wahrheit ist die Sache viel einfacher. Jakob Augstein hat das gestern in der „Süddeutschen Zeitung“ auf den Punkt gebracht, allerdings mit einer etwas saloppen Formulierung. Er hat geschrieben: Es ist ein Recht der Opposition, der Regierung Saures zu geben. Mit allen zulässigen Mitteln. Deswegen kommt es nur darauf an, ob dieser Antrag zulässig war. Das wurde von SPD und Grünen in der letzten Woche in Zweifel gezogen. Heute müssen sie zugeben, dass die Auffassung der FDP richtig war. Der Antrag der CDU/CSU ist zulässig. Deswegen war und ist ihm zuzustimmen, jenseits aller politischen Opportunität. Meine Damen und Herren, die Verweisung an den Geschäftsordnungsausschuss erwies sich somit als reine Verzögerung. ({1}) Das war schon schlimm genug. Aber es kam dort noch schlimmer. Mit ihrer Mehrheit hat die Koalition in diesem Ausschuss eine Ausweitung des Untersuchungsauftrags durchgesetzt. Dies widerspricht erstens dem auch in der Öffentlichkeit verbreiteten Wunsch, dass dieser Ausschuss rasch durchgeführt werden soll. ({2}) Zweitens finden wir es - das will ich Ihnen schon sagen - wirklich unangemessen, dass Sie mit Ihrem Erweiterungsbeschluss nun auch die Mitglieder des Haushaltsausschusses des Bundestages überprüfen wollen. Das ist unkollegial, unangemessen und auch nicht notwendig. ({3}) Drittens haben Sie natürlich erkannt, dass Ihnen mit Ihrem Plan, nun auch einige Ministerpräsidenten in diesen Ausschuss zu zitieren, entgegengehalten werden könnte, dass dies nicht Sache des Bundestages, sondern Sache der Bundesländer sei. Aus diesem Grund haben Sie diese Ministerpräsidenten - zum Beispiel Stoiber und Koch - in Ihrem Erweiterungsbeschluss als Mitglieder des Bundesrates apostrophiert, weil der Bundesrat zweifellos ein Bundesgremium ist. ({4}) Gleichwohl ist dies natürlich ein Kniff. Sie werden doch wohl nicht glauben, dass dieser Kniff von der Öffentlichkeit nicht durchschaut würde. ({5}) Schlimmer ist noch, dass Sie mit Ihrer Überprüfung der Staatspraxis seit 1990 insinuieren und inhaltlich die Hypothese einführen, es gebe womöglich eine ständige Staatspraxis unrichtiger und wahrheitswidriger Information der Bevölkerung. Ich finde es schlimm, dass das zwischen den Zeilen insinuiert wird. Das ist auch der Unterschied zum Antrag der Union. Die Union hat einen konkreten Vorgang, für den es immerhin Anhaltspunkte gibt, zum Gegenstand ihres Antrags gemacht. Sie beziehen sich auf eine angebliche Staatspraxis seit 1990. Zum Letzten: Mag es auch legal sein, diese Erweiterung mit Ihrer Mehrheit zu beschließen, so komme ich doch zum Ausgangspunkt der Überlegungen der FDP zurück. Es ist das Recht der Minderheit, es ist das Recht der Opposition, einen Untersuchungsausschuss zu verlangen. Wenn Sie gegen den Willen und ohne Zustimmung der Opposition den Auftrag dieses Ausschusses, den Untersuchungsgegenstand, erheblich verändern, dann mag dies vielleicht noch legal sein, legitim ist es auf keinen Fall. ({6}) Dazu wird die FDP aus prinzipiellen Gründen die Hand nicht reichen. Am Ende fällt eines auf: Die personelle Besetzung dieses Ausschusses scheint sich deutlich von derjenigen des Parteispendenuntersuchungsausschusses der letzten Legislaturperiode zu unterscheiden. Fast ist man versucht zu sagen: Ein neues Ensemble versucht sich an diesem Untersuchungsgegenstand. Trotz der Erweiterung, die Sie heute beschließen, sage ich Ihnen am Ende: Liebe Kolleginnen und Kollegen, macht bitte schnell mit diesem Ausschuss. ({7}) Ihr werdet für andere Aufgaben noch dringend benötigt. ({8})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Nächste Rednerin ist die Kollegin Christine Lambrecht, SPD-Fraktion. ({0})

Christine Lambrecht (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003167, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Um es noch einmal deutlich zu sagen - man kann es gar nicht oft genug sagen -: Wir halten diesen Untersuchungsausschuss für überflüssig. ({0}) Das, was Sie hier begehren, ist ein Thema der politischen Auseinandersetzung in den Ausschüssen, im Plenum, in den von Ihnen so gern gehandhabten Talkshows, aber es ist kein Thema für einen Untersuchungsausschuss. Mit dieser Meinung stehen wir auch überhaupt nicht allein. Fragen Sie einmal in Ihren Reihen den Herrn von Weizsäcker oder auch den Herrn Eylmann, einen ganz profilierten Rechtspolitiker aus Ihren Reihen. Er hat seine Zweifel an der Sinnhaftigkeit dieses Untersuchungsausschusses deutlich zum Ausdruck gebracht ({1}) und sogar von Wahlkampfkalkül gesprochen. ({2}) Nichtsdestotrotz werden wir uns Ihrem Ansinnen stellen. Es wird interessant, noch einmal darzustellen, was mittlerweile über die Presse schon längst zu erfahren war, nämlich wer was wusste und wer welche Schlussfolgerungen aus diesem Wissen gezogen hat. Meine Damen und Herren, Herr Altmaier und Herr Stadler, es handelt sich bei Punkt zwei der Beschlussempfehlung natürlich nicht um eine unzulässige Bepackung. Herr Altmaier, Sie werden mit Ihrer verfassungsrechtlichen Einschätzung genauso auf den Bauch fallen wie bei der Frage der Besetzung des Vermittlungsausschusses. Auch dafür haben Sie schließlich in Karlsruhe die Quittung bekommen. ({3})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schauerte?

Christine Lambrecht (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003167, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Nein, ich möchte gern im Zusammenhang weiter vortragen. Ich habe vorhin die Zwischenfrage zur Kenntnis genommen. Sie war qualitativ nicht so hochwertig, dass man auf so etwas eingehen müsste. ({0}) Meine Damen und Herren, es geht uns darum, ein zulässiges und umfassendes Bild zu erhalten. Es geht aber nicht darum, Herr Stadler, die Ministerpräsidenten über das anzuhören, was sie in ihren Ländern machen. Das wäre sicherlich auch interessant. Es geht vielmehr darum, warum zum Beispiel Herr Stoiber, der sich immerhin - wenn auch ziemlich glücklos - aufgemacht hat, in der Bundesliga zu spielen, und der angeblich so genau über den bedrohlichen Zustand der öffentlichen Haushalte und die leeren Kassen Bescheid gewusst hat, noch im August den Menschen mit einem Sofortprogramm circa 20 Milliarden Euro versprochen hat. Auch über solche unseriösen Versprechen müssen wir reden, wenn es um die Wahrheit gehen soll. ({1}) Denn wenn ihm die Situation genau bekannt war - und zwar noch vor den Wirtschaftsinstituten und allen Experten -, frage ich mich, warum er solche Versprechen gemacht hat. Wollte er vielleicht die Wähler täuschen? Das kann doch wohl nicht sein. Oder war er vielleicht doch nicht so genau über die Situation informiert? Das werden wir in dem Untersuchungsausschuss zu klären haben. Eines ist aber schon heute klar, nämlich dass Sie wegen der offensichtlich mangelnden Glaubwürdigkeit in der Bundestagswahl von den Bürgern keine Mehrheit bekommen haben und dass Sie sich deswegen jetzt in der Opposition befinden. Sie meinen, den längst verlorenen Wahlkampf noch weiterführen zu müssen. Meine Damen und Herren, geben Sie dieses Ansinnen endlich auf! ({2}) Haben Sie immer noch nicht gemerkt, dass die Bürgerinnen und Bürger diesen Dauerwahlkampf nicht wollen? Sie wollen endlich Antworten auf die anstehenden Fragen. Dazu ist aber von Ihnen nichts zu hören. ({3}) Mit dem Untersuchungsausschuss wollen Sie von dieser Konzeptionslosigkeit in Ihren Reihen ablenken. Ihrem Vorwurf, dass wir eine Verzögerungstaktik betrieben, kann ich nur eines entgegenhalten: Sie haben erst in der vorigen Sitzungswoche diesen Antrag eingebracht. Eine Sitzungswoche später, ({4}) nämlich jetzt, wird er sogar unter Verzicht auf Fristeinrede durch uns behandelt und beschlossen und zehn Minuten nach Beendigung dieser Debatte wird sich der Untersuchungsausschuss konstituieren. Wenn uns dabei noch jemand eine Verzögerung vorwerfen will, weiß ich nicht, wie er diese erklären will. ({5}) Ich finde es ziemlich unangemessen, Herr Stadler, wenn Sie die Behandlung im Geschäftsordnungsausschuss als „viel Lärm um Nichts“ oder als „Verzögerungstaktik“ bezeichnen. ({6}) Das halte ich weder für angemessen noch für sachgerecht. Mir würden dazu auch noch andere Begriffe einfallen. Gerade im Geschäftsordnungsausschuss ist es in zahlreichen Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen - auch der Union; bei ihnen möchte ich mich für die sachliche Auseinandersetzung bedanken - gelungen, eine wichtige Änderung einzubringen, der die Union gestern im Geschäftsordnungsausschuss sogar zugestimmt hat. Daran sehen Sie, wie wichtig die Behandlung im Geschäftsordnungsausschuss war und dass es sich dabei keinesfalls um eine Verzögerungstaktik gehandelt hat. ({7}) Es stellt sich aber die Frage, warum Sie den Antrag erst in der vergangenen Sitzungswoche eingebracht haben. Seit Wochen laufen Sie durch die Lande und behaupten, hier sei irgendetwas getrickst worden. Ich frage mich, warum Sie das nicht schon viel früher gemacht haben. ({8}) Warum haben Sie zehn Wochen gebraucht, um einen einzigen Satz zu formulieren? Ich kann Ihnen die Frage beantworten: Sie waren innerparteilich erst einmal damit beschäftigt, Personalquerelen auszutragen, zum Beispiel Merz gegen Merkel. Da musste gekungelt und dafür gesorgt werden, dass die entsprechenden Strippen gezogen werden. ({9}) Nachdem das alles erledigt war, haben Sie den Ruf aus Hessen bekommen, endlich von dem Mangel an für Sie günstigen Themen im dortigen Wahlkampf abzulenken. ({10}) Das war der eigentliche Hintergrund, warum jetzt auf einmal der Untersuchungsauftrag formuliert wurde. Es ist schon sehr verwunderlich, Frau Merkel, dass Sie sich darauf eingelassen haben. Ich kann mich noch an eine Pressekonferenz erinnern, in der Sie gefragt wurden, ob Sie Koch vertrauen. Darauf haben Sie ausweichend geantwortet: Wir unterstützen ihn und das ist schon viel. - Das sagt doch eine ganze Menge. ({11}) Diesem Ministerpräsidenten Koch ist kurz vor der Landtagswahl in Hessen aufgefallen, dass ihm für seinen Wahlkampf noch ein Thema fehlt. Er will nämlich von seinen dürftigen Resultaten im Land ablenken. Dabei kommt ihm ein solcher Ablenkungsausschuss genau recht. ({12}) Ausgerechnet Koch fordert einen Ausschuss, der die Wahrheit aufdecken soll; ausgerechnet Koch, der das hessische Parlament und die Öffentlichkeit nachweislich belogen hat; ({13}) ausgerechnet Koch, der persönlich beim Rechenschaftsbericht der CDU Hessen nachweisbar getrickst hat; ausgerechnet Koch, der seine eigene Aussage im CDUParteispendenausschuss nicht beeiden lassen wollte; ausgerechnet Koch, der dem CDU-Schwarzgeld-Untersuchungsausschuss die Herausgabe der notwendigen Akten verweigert hat. ({14}) Ausgerechnet der spielt sich jetzt als Hüter der Wahrheit auf. Meine Damen und Herren, das hat schon etwas; das muss man sagen. ({15}) Sie, Frau Merkel, lassen sich von diesem Koch auch noch zur Kellnerin machen. Das verwundert. ({16}) Ansonsten sind Sie doch gegenüber Ihren Parteifreunden nicht zimperlich, wie wir mittlerweile wissen. Kehren Sie endlich wieder zu einem seriösen Politikstil zurück. Nehmen Sie endlich Ihre Rolle und auch Ihre Aufgabe als Opposition an. Geben Sie endlich Antworten auf die Fragen. Lenken Sie nicht ständig ab. Vielen Dank. ({17})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Hans-Peter Friedrich, CDU/CSU-Fraktion.

Dr. Hans Peter Friedrich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003124, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Lambrecht, Ihre Rede, in der Sie versucht haben, vom Thema abzulenken, zeigt auch, welch schlechtes Gewissen Sie im Umgang mit unserem Beschluss in den letzten Tagen haben. ({0}) Die Art und Weise, wie die Einsetzung dieses Ausschusses verzögert worden ist, ist beschämend. Lassen Sie mich das so sagen. Der Kollege Stadler hat die Rechtslage dargestellt. Wenn 25 Prozent der Abgeordneten die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses beantragen, hat der Bundestag die Pflicht, dem nachzukommen. ({1}) Das Gesetz geht noch weiter. Es heißt dort nämlich: Er ist unverzüglich einzusetzen. ({2}) Bis jetzt haben Sie mit vorgeschobenen Argumenten, von denen bis zum heutigen Tag kein einziges mehr übrig geblieben ist, die Einsetzung verzögert. Deswegen stelle ich fest: Sie haben mit dieser Verzögerung die verfassungsmäßigen Rechte der Minderheit in diesem Hause beschädigt und behindert. ({3}) Aus all dem spricht eine Grundeinstellung, die man bei Ihnen überall und immer wieder feststellt: Sie glauben, dass Sie dann, wenn Sie die Mehrheit im Deutschen Bundestag haben, den Staat, die Institutionen und das ganze Parlament zur Beute machen können. ({4}) Wo das hinführt, hat Ihnen in dieser Woche das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gezeigt. Ich sage etwas zu Ihrem vorgeschobenen Argument, der exekutive Kernbereich sei tangiert. Natürlich gibt es eine Grenze des exekutiven Kernbereichs. Das haben wir nie bestritten. Das ist Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Deswegen ist für uns völlig klar, dass eine Grenze vorhanden sein muss. Man muss natürlich immer darüber streiten - das werden wir in der Zukunft sicherlich tun -, wo diese Grenze liegt. Insofern ist die Ergänzung, die Sie vorgenommen haben, in der Substanz nichts wert. Sie ist rein deklaratorisch. Sie hätten genauso gut schreiben können: Im Übrigen gilt das Grundgesetz. Oder: Das Völkerrecht wird nicht verletzt. ({5}) Der gestrige Beschluss des Geschäftsordnungsausschusses, der Punkt für Punkt die Verfassungsmäßigkeit unseres Antrags bestätigt, bestätigt damit inzidenter die Rechtswidrigkeit Ihres Verhaltens in den vergangenen zwei Wochen. ({6}) Ich sage Ihnen noch etwas zum exekutiven Kernbereich. Es gab in der letzten Wahlperiode einen Untersuchungsausschuss. Frau Lambrecht, Sie werden sich gut daran erinnern. Die rot-grüne Regierung hat nie etwas zum exekutiven Kernbereich gesagt. Bei den Themen Eisenbahnerwohnungen und Panzerlieferungen hat man sich intensiv damit befasst, wie Entscheidungsprozesse in der Bundesregierung gelaufen sind. Man hat Minister befragt. Man wollte wissen, welche Staatssekretäre wohin geschickt worden sind. Man hat nach Briefen gefragt. ({7}) - Meine lieben Kollegen, die Protokolle sind zum großen Teil veröffentlicht. Wir werden uns die Fragen, die Sie gestellt haben, genau anschauen. Dann werden wir wissen, was Sie unter exekutivem Kernbereich verstehen, und uns an diese Grenzen halten. ({8}) Dieselben Leute, die damals mit Schaum vor dem Mund jeden Vermerk, jede Aktennotiz, selbst Visitenkarten in den Akten als wichtige Beweismittel präsentiert haben, sagen jetzt, der Kernbereich sei so eine Art Käseglocke, die man über die Regierung stülpen könne, um sie vor dem Untersuchungsauftrag eines Untersuchungsausschusses zu schützen. Das werden wir so nicht akzeptieren und auch nicht zulassen. ({9}) Ich sage Ihnen da auch Auseinandersetzungen voraus. In Bezug auf die von Ihnen verlangten Ergänzungen hat Kollege Stadler ebenfalls schon Wichtiges gesagt. Ich sage Ihnen, wie diese Ergänzungen zustande gekommen sind. Herr Müntefering hat gesagt: Wenn in dem Untersuchungsauftrag Schröder steht, dann muss auch der Name Stoiber herein. - Der arme Kollege Wiefelspütz musste dann gegen seine juristischen Überzeugungen eine völlig absurde Bepackung und Ergänzung konstruieren. ({10}) Sie wissen ganz genau, dass der Bundestag die Länderregierungen nicht untersuchen kann. Wir wollen - das haben wir mehrfach deutlich gemacht - keine Wahlkämpfer und keine Parteivorsitzenden untersuchen, ({11}) wir wollen wissen: Haben Mitglieder der Bundesregierung kraft Autorität ihres Amtes die Menschen im Lande belogen? Das ist der Auftrag. ({12}) Dr. Hans-Peter Friedrich ({13}) Mit Ihrer Ankündigung, Mitglieder des Bundesrates laden zu wollen, fordern Sie nicht nur einzelne Mitglieder heraus, sondern den Bundesrat insgesamt; dieser aber wird seine Rechte gegenüber dem Bundestag wahren wollen. Ich bin darauf gespannt, wie Sie trotz der von Ihnen gemachten Einschränkung „im Rahmen der Zuständigkeit des Bundestages“ verfassungskonform Bundesratsmitglieder laden und vernehmen wollen. Ob das möglich ist, werden wir in den nächsten Monaten noch sehen. Die Erweiterung des Untersuchungsauftrages um Prognosen und Modellrechnungen stellt eine reine Verzögerungstaktik dar. So etwas ist eher einem historischen Seminar als einem Untersuchungsausschuss zugänglich. Mit all Ihren Ergänzungen verfolgen Sie nur ein Ziel: die Aufklärung zu verhindern. Die Behinderung der Aufklärung von Unwahrheit ist die Fortsetzung der Unwahrheit mit anderen Mitteln. ({14}) Ich bedaure im Übrigen außerordentlich, dass Sie jetzt versuchen, das neue Untersuchungsausschussgesetz, das sich erstmals bewähren soll, umzudrehen, und sich gegen die Intention, die alle Fraktionen bei der Verabschiedung dieses Gesetzes hatten, wenden. Sie wissen genau, dass dieses Gesetz dazu da war, die Minderheitenrechte in einem Untersuchungsausschuss des Bundestages zu stärken. Sie machen jetzt genau das Gegenteil: Sie versuchen, durch Ihre Auslegung dieses Gesetzes den Art. 44 Grundgesetz unzulässigerweise restriktiv zu interpretieren. Auch das werden wir nicht akzeptieren. Jetzt erst recht wollen wir wissen, mit welchen Mitteln die Bundesregierung Zahlen, Fakten und Daten verschleiert hat. Jetzt erst recht wollen wir wissen, welches Mittel Rot-Grün recht ist, um die Macht zu erhalten. ({15}) Wir werden eines Tages vielleicht auch wissen, ob all das, was Sie den Menschen in den letzten zwei bis drei Wochen angetan haben, vielleicht von langer Hand vorbereitet war, ({16}) ob die Bauern, die Ärzte, die Zahntechniker, die Blumenhändler, die Werbemittelhersteller, die Beitragszahler alle vor der Wahl schon auf Ihrer Abschussliste standen, weil Sie Ihre Vorhaben aufgrund besserer Informationen vielleicht von langer Hand geplant hatten. ({17}) Ganz peinlich wird es für den Herrn Bundesminister Eichel, wenn sich herausstellen sollte, dass er seine Pflicht zur Einhaltung der Maastricht-Kriterien verletzt haben sollte.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Herr Kollege Friedrich, gucken Sie bitte einmal auf die Uhr.

Dr. Hans Peter Friedrich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003124, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. - Der auf den Maastricht-Kriterien beruhende Stabilitätspakt ist von zentraler Bedeutung und Wichtigkeit für die Stabilität unserer Währung. Von Tag zu Tag wächst aus all diesen Gründen die Notwendigkeit, diesen Untersuchungsausschuss einzusetzen und die von mir angesprochenen Fragen aufzuklären. Am Ende wird das für Sie und Ihre Regierung eine ganz bittere Geschichte. Vielen Dank. ({0})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Nächste Rednerin ist die fraktionslose Kollegin Petra Pau.

Petra Pau (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003206, Fraktion: Fraktionslos (Fraktionslos)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Würde die SPD der CDU/CSU alle Lügen der Vergangenheit vorhalten, dann nähme das wohl Wochen in Anspruch. ({0}) Anders herum gilt das allerdings ebenfalls. Auch FDP und die Grünen sind keine Unschuldslämmer, selbst die PDS nicht. ({1}) Immerhin hatten wir vor der Wahl 6 plus x Prozent versprochen, aber nur 4 Prozent erhalten. Allein an diesem Beispiel können Sie sehen: Selbst offensichtliche Unwahrheiten werden sehr unterschiedlich bewertet. Sie halten es für gut, dass die PDS ihr Versprechen nicht gehalten hat. Ich halte es für schlimm, übrigens nicht nur für die PDS, sondern für alle, denen die herrschende Politik zu kapitalhörig ist. ({2}) Überhaupt ist das mit der politischen Lüge so eine Sache. Ich möchte Ihnen das an zwei Beispielen verdeutlichen. Erstes Beispiel: Bereits vor der Wahl 1998 hatte die SPD versprochen, sie wolle mehr direkte Demokratie einführen. Die PDS hatte einen entsprechenden Gesetzentwurf eingebracht und war damit auch an Rot-Grün gescheitert. Damit steht die PDS zwar ehrlich, aber ohne Erfolg da. Die CDU/CSU wiederum steht ehrlich und erfolgreich da; denn sie wollte auf Bundesebene noch nie mehr direkte Demokratie. ({3}) Zweites Beispiel: Bereits vor der Wahl 1998 hatte die SPD versprochen, sie wolle große Vermögen in die soziale Pflicht nehmen. Die PDS fordert noch immer die Wiedereinführung der Vermögensteuer, bislang wiederum vergeblich. Wieder steht die CDU/CSU scheinbar ehrlich da; denn die offensichtliche Steuerungerechtigkeit ist ja ihr Programm. ({4}) Es bleibt also die Frage: Wer braucht einen solchen Lügenausschuss? Der Volksmund ist sich ohnehin einig: Vor der Wahl und nach der Jagd wird am meisten gelogen. Anders gesagt: Die Wählerinnen und Wähler wissen es. Sie brauchen also keinen Untersuchungsausschuss. Noch wichtiger finde ich: Ein Lügenausschuss würde keinerlei Beitrag zum Abbau der Massenarbeitslosigkeit, zur Sicherung der solidarischen Systeme oder zur Wahrung des Friedens weltweit leisten. Ein solcher Wahlkampfausschuss hebt nicht die politische Kultur. Er hilft auch nicht in der Sache. Deshalb lehnen wir ihn ab. Nun wurde heute bereits mehrfach über das Recht auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen gesprochen. Es ist völlig richtig: Wir haben auch jedes Recht, hier politischen Unsinn zu beschließen. Aber ich finde, wir haben auch das Recht, solchen Unsinn zu vermeiden. Deshalb werden wir gegen die Einsetzung dieses Ausschusses stimmen. Danke. ({5})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Letzter Redner in der Debatte ist der Kollege Ronald Pofalla, CDU/CSU-Fraktion. ({0})

Ronald Pofalla (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001726, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf der Zuschauertribüne sitzen heute viele junge Menschen. Diese haben es satt, belogen zu werden. ({0}) Die jungen Menschen sind es übrigens auch satt, dass wir ständig über alles, selbst über kleinste Details, ({1}) streiten. ({2}) Daher möchte ich meine Rede mit einer versöhnlichen Anmerkung - diese ist auch so gemeint - beginnen. ({3}) Trotz unüberwindbarer inhaltlicher Differenzen bei der Formulierung des Einsetzungsantrags - das wird auch gleich bei der Abstimmung deutlich werden - hatten wir nicht nur gestern - gestern haben wir über 12 Stunden verhandelt -, sondern auch in den vergangenen Tagen ein akzeptables Klima im Geschäftsordnungsausschuss und sind zu einem Ergebnis gekommen. Das wollte ich an den Anfang stellen, weil es tagelang nicht so ausgesehen hat, als ob wir überhaupt zu einem Ergebnis kämen. Ich möchte jetzt zwei Anmerkungen zu den Beratungen machen. Erstens. Sie, meine Damen und Herren, haben in der letzten Sitzungswoche dem Plenum des Deutschen Bundestages und damit der Öffentlichkeit gegenüber erklärt, Sie müssten die Verfassungsmäßigkeit unseres Antrags prüfen. Jetzt will ich Ihnen sagen, welche textlichen Änderungen an unserem Antrag, übrigens mit unserem Einverständnis, vorgenommen werden. Ich lese es Ihnen vor. Es werden die gigantischen Worte „ob und gegebenenfalls“ eingefügt. ({4}) Es werden die gigantischen Worte „insbesondere auch“ eingefügt. Es wird das Wort „Vereinbarungen“ statt „Verabredungen“ gewählt. Am Schluss wird eine verfassungsrechtliche Selbstverständlichkeit, die wir nie bestritten haben, an den Text angehängt. Ich will auch diese verlesen: ... soweit hierdurch nicht der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung betroffen ist So weit zur verfassungsrechtlichen Prüfung durch die rot-grüne Mehrheit, die wir nicht verhindern konnten, die aber deutlich macht, dass der Antrag, den wir in der letzten Sitzungswoche eingebracht haben, von Anfang an verfassungskonform war. ({5}) Die zweite Anmerkung bezieht sich auf das, was RotGrün jetzt empfiehlt. Ich lese Ihnen § 2 Abs. 2 des Untersuchungsausschussgesetzes vor: Der Einsetzungsbeschluss darf den in dem Einsetzungsantrag bezeichneten Untersuchungsgegenstand nicht ändern, es sei denn, die Antragstellenden stimmen der Änderung zu. ({6}) Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir stimmen Ihrer Änderung nicht nur nicht zu, sondern wir lehnen sie sogar ab, weil Verfassungsrecht, nämlich Art. 44, und einfachgesetzliches Recht, das Untersuchungsausschussgesetz, durch Sie in dem Beschluss, der gleich gefasst werden wird, gebrochen werden wird. ({7}) Es gibt das Verbot der Bepackung. Das ist durch entsprechende Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts verfassungsrechtlich garantiert. Herr Müntefering, ich hätte von Ihrer Fraktion erwartet, vor allem nach der Entscheidung vom Mittwoch, dass Sie sich mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts etwas genauer auseinander setzen. Wenn Sie das getan hätten, dann hätten auch Sie als Fraktionsvorsitzender, Herr Müntefering, feststellen können, dass durch die Beschlussempfehlung, die Ihre Fraktion formuliert hat, wieder Verfassungsrecht gebrochen wird. Die Beschlussempfehlung widerspricht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eindeutig. ({8}) Herr Müntefering, Sie gehen auch persönlich als Fraktionsvorsitzender einen schweren Weg, weil Sie nämlich durch die Verfahrensprozedur, die Sie in den letzten beiden Wochen im Hinblick auf unseren Antrag betrieben haben, an der Grenze des rechtlich Zulässigen operiert haben, indem Sie den Antrag zunächst einmal zur verfassungsrechtlichen Überprüfung an den Geschäftsordnungsausschuss überwiesen haben. ({9}) Ich füge hinzu: Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ist eine solche Überweisung zur verfassungsrechtlichen Überprüfung erfolgt. ({10}) Herr Müntefering, ich habe Ihnen gerade vorgelesen, wie das Ergebnis war. Sie haben jetzt eine Beschlussempfehlung vorgelegt. Wir werden uns ausdrücklich vorbehalten, in den nächsten Wochen darüber zu entscheiden, ob wir Karlsruhe anrufen oder nicht. ({11}) Sollten wir Karlsruhe anrufen, werden Sie als Fraktionsvorsitzender - das sage ich Ihnen voraus - nicht nur die Entscheidung des vergangenen Mittwochs erlebt haben, mit der Sie eine bittere Schlappe hinnehmen mussten; Sie werden dann auch erleben, dass das Bundesverfassungsgericht zu einem der ersten Beschlüsse unter Ihrer Führung die Rechtswidrigkeit und Verfassungswidrigkeit feststellen wird. ({12}) Dann werden Sie, Herr Müntefering, persönlich einen Titel bekommen. In der kürzesten Zeit, die überhaupt denkbar ist, haben Sie als Fraktionsvorsitzender persönlich schon zu verantworten, dass ein verfassungswidriger Einsetzungsbeschluss gefasst worden ist. ({13}) Herr Müntefering, ich wünsche Ihnen, dass Sie Ihre Vorlagen in Zukunft etwas gründlicher prüfen. Wir werden unsere Minderheitenrechte nicht durch eine Mehrheit von Rot-Grün rechtswidrig degenerieren lassen. Das sollten Sie sich merken. ({14})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung zu dem Antrag der Fraktion der CDU/ CSU zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, Drucksache 15/256. Nach Art. 44 Abs. 1 des Grundgesetzes ist der Deutsche Bundestag verpflichtet, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, wenn die Einsetzung von einem Viertel seiner Mitglieder verlangt wird. ({0}) Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 15/125 in der Ausschussfassung anzunehmen. Über Ziffer 1 und 2 der Beschlussempfehlung soll getrennt abgestimmt werden. Wer stimmt für die Ziffer 1 der Beschlussempfehlung? - Gegenprobe! ({1}) - Liebe Kolleginnen und Kollegen, es herrschte gerade ein bisschen Unklarheit. ({2}) Wir wiederholen die Abstimmung. Wer stimmt für die Ziffer 1 der Beschlussempfehlung? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? ({3}) Damit ist die Ziffer 1 der Beschlussempfehlung mit den Stimmen der CDU/CSU und der FDP bei Gegenstimmen der beiden fraktionslosen Mitglieder und bei Enthaltung der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen angenommen. Wer stimmt für die Ziffer 2 der Beschlussempfehlung? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Ziffer 2 ist mit den Stimmen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen bei Gegenstimmen der CDU/CSU, der FDP und der beiden fraktionslosen Mitglieder angenommen. Damit ist der erste Untersuchungsausschuss der 15. Wahlperiode eingesetzt. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 14 auf: Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung des Gesetzes zur Modulation von Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und zur Änderung des GAK-Gesetzes - Drucksache 15/108 ({4}) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft ({5}) - Drucksache 15/225 1344 Berichterstattung: Abgeordnete Dr. Peter Jahr Waltraud Wolff ({6}) Es liegt ein Entschließungsantrag der Fraktion der FDP vor. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. - Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. ({7}) - Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte diejenigen, die dieser Debatte nicht beiwohnen wollen, bitten, den Saal möglichst schnell zu verlassen und die Gespräche draußen fortzusetzen, damit ich die Aussprache eröffnen kann. Ich eröffne die Aussprache. Erster Redner in der Debatte ist der Staatsminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten des Freistaates Bayern, Herr Josef Miller. Josef Miller, Staatsminister ({8}): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Der Bundestag berät heute über den Gesetzentwurf des Bundesrates, dessen Ziel die Aufhebung des deutschen Modulationsgesetzes ist. Gegen dieses Modulationsgesetz sprechen viele gewichtige Argumente. Ich werde nur die wichtigsten ansprechen. Erstens. Dieses Modulationsgesetz ist unsozial und darüber hinaus ökologisch fragwürdig. ({9}) Ich wehre mich entschieden gegen das Totschlagargument: Wer gegen die Modulation ist, ist gegen mehr Umwelt. Wir sind nicht gegen mehr Umwelt. Ganz im Gegenteil: Die unionsregierten Länder machen es mit ihren Agrar-Umwelt-Landesprogrammen doch schon lange vor, wie man den Umweltschutz mit und nicht gegen die Landwirte gestalten kann. Sie zeigen auch, dass es eine Frage der politischen Schwerpunktsetzung einer Landesregierung ist, was an Finanzmitteln für Umweltmaßnahmen bereitgestellt wird. Da sieht es bei Rot-Grün zappenduster aus. ({10}) Ein Blick in den Bundesagrarbericht wird auch den letzten Zweifler überzeugen: Die Länder Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen und Thüringen stehen mit Zahlungen zwischen 50 und 106 Euro pro Hektar und Jahr bei der Honorierung für umweltgerechte Agrarerzeugung an der Spitze der Bundesländer. Dagegen sieht die rot-grüne Bilanz in den Ländern, in denen Sie Verantwortung tragen, nicht nur extrem mager, sondern extrem schlecht aus. ({11}) Schlusslichter, weit entfernt von Zahlungen zwischen 50 und 106 Euro, sind Nordrhein-Westfalen mit gerade einmal 7 Euro pro Hektar, ({12}) Niedersachsen mit 3 Euro pro Hektar und Schleswig-Holstein mit 0 Euro pro Hektar. Das ist die Wahrheit. ({13}) Vollkommen widersprüchlich zu den Zielen der Modulation ist es, wenn zum Beispiel bei den Mutterkuh- und bei den Mutterschafprämien eingespart wird. Gerade diese Tierarten sind für die Offenhaltung der Landschaft unverzichtbar ({14}) und dienen in besonderer Weise den Agrarumweltmaßnahmen. Daran sieht man, wie unglaubwürdig und wie inkonsequent rot-grüne Agrarpolitik ist. ({15}) Kontraproduktiv ist beispielsweise auch die vorgesehene Kürzung der Rinderprämien. Gerade die Rinderhaltung erfüllt das in der Modulation geforderte Beschäftigungskriterium in weit höherem Maße, als es im Getreidebau der Fall ist. Zweitens. Das Modulationsgesetz ist ein Affront gegen die Landwirte und führt zu erneuten Wettbewerbsverzerrungen in der deutschen Landwirtschaft. Ihnen ist viel zu wenig bewusst, dass eine ökologisch intakte Landschaft nur durch ökonomisch intakte Betriebe erhalten und weiterentwickelt werden kann. Nur wettbewerbsfähige Betriebe können nachhaltig wirtschaften. ({16}) Diese Tatsache vergessen Sie. Sie haben kein Gespür für die Realität. Mit dem stetigen Aushöhlen der Wettbewerbskraft im Vergleich zu den anderen EU-Staaten vernichtet die Bundesregierung in großem Umfang Bauernhöfe und Arbeitsplätze im ländlichen Raum. Was die deutschen Bauern brauchen, sind endlich faire Wettbewerbsbedingungen. Die Bundesregierung muss endlich erkennen, dass das weithin anerkannte Ziel eines attraktiven ländlichen Raumes nur mit und nicht gegen die Landwirtschaft zu erreichen ist. ({17}) Angesichts der im vergangenen Wirtschaftsjahr zu verzeichnenden Einkommenseinbrüche von durchschnittlich 13 Prozent und des von Eurostat, dem statistischen Amt der EU, geschätzten Rückgangs der Einkommen der deutschen Landwirtschaft im Jahr 2002 mit minus 18 Prozent - das ist übrigens der vorletzte Platz bei den landwirtschaftlichen Einkommen innerhalb der 15 EU-Staaten ist die Modulation ein politischer Fehlgriff ersten Ranges. Sie bewirkt nämlich weitere Einkommenskürzungen, verstärkt die ohnehin herrschende Verunsicherung der Landwirte und reduziert die Investitionstätigkeit weiter, was letzten Endes die Investitionskraft des ländlichen Raumes nachhaltig schwächt. Sie sind nicht nur gegen die Landwirtschaft, sondern Sie vernachlässigen auch die ländlichen Räume ganz massiv. ({18}) Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner Staatsminister Josef Miller ({19}) Die Modulation verschiebt Mittel von den direkt einkommenswirksamen Zahlungen der ersten Säule in Bereiche, von denen viele durch die Kürzung betroffene Landwirte nicht profitieren, weil die Gelder in ganz andere Verwendungszwecke umgeleitet werden. Die Bundesregierung verstärkt weiter die von ihr schon in der letzten Legislaturperiode eingeführten Belastungen. Zusätzlich plant sie einschneidende Verschlechterungen im steuerlichen Bereich. Diese Politik der gezielten Benachteiligung im europäischen Wettbewerb schwächt die Landwirtschaft in einer Zeit, in der sie eigentlich gestärkt werden müsste, um mit ihren hohen Kosten und hohen Standards im internationalen Vergleich wettbewerbsfähig bleiben zu können. Sie stärken die Landwirtschaft nicht, sondern schwächen sie ganz massiv mit diesen Maßnahmen im internationalen Wettbewerb. Das kann an den Märkten nicht erwirtschaftet werden. ({20}) Drittens. Weil eine zusätzliche finanzielle Basis für die Umsetzung fehlt, geht die Modulation zulasten wichtiger Agrarstrukturmaßnahmen. Frau Künast, Sie haben das Modulationsmodell stets mit dem Argument angepriesen, durch die nationale Kofinanzierung und durch die zusätzlich für die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ bereitgestellten Mittel fließe unter dem Strich mehr Geld in die Landwirtschaft und den ländlichen Raum. Was ist aber das Ergebnis? Die verfügbaren Haushaltsmittel werden um mindestens 100 Millionen Euro gekürzt. Die Versprechungen, dass mehr Geld in den ländlichen Raum fließt, werden angesichts dieser Kürzungen nicht eingehalten. Dies ist vielmehr eine weitere Wählertäuschung durch die Bundesregierung. ({21}) Jetzt zeigt sich, dass vor allem die finanzschwachen Länder, insbesondere die neuen Länder, von Frau Künast mit der Modulation in eine ideologische Falle gelockt werden sollen. Die Länder können die Modulationsmittel nur dann zurückbekommen, wenn sie für die Kofinanzierung entsprechende Landesmittel bereitstellen. Damit sind sie nun gezwungen, die Fördermaßnahmen nach der Modulation auszurichten. Viele Länder müssen andere wichtige Vorhaben zur Weiterentwicklung der Agrarstruktur und zur Stärkung der Agrarwirtschaft zurückstellen. Sie verhindern damit Investitionen, die in diesen Ländern dringend notwendig sind. ({22}) Dabei hätte jedes Bundesland die Möglichkeit, Agrarumweltmaßnahmen selbst zu konzipieren und anzubieten, wenn die Mehrheit in dem jeweiligen Länderparlament darin einen Schwerpunkt sieht. Insofern stellt sich die Frage, warum allen Ländern die Zwangsjacke der nationalen Modulation übergestülpt werden soll. Es gibt einen viel sinnvolleren und einfacheren Weg: Machen Sie die Kürzung der Haushaltsmittel für die Gemeinschaftsaufgabe rückgängig und stellen Sie den Ländern diese Mittel zur Verfügung! Dann können sie Agrarumweltmaßnahmen finanzieren, ohne vorher den Bauern die Einkommen zu kürzen. So einfach ist das. ({23}) Sie tun jetzt so, als ob die Fördergrundsätze eine Erfindung von Ihnen seien. Die meisten davon setzen viele Länder wie zum Beispiel Bayern, Baden-Württemberg, Thüringen und Sachsen seit vielen Jahren um. Die Bundesregierung hat sie nur abgeschrieben. Wir brauchen kein derart kompliziertes und hinsichtlich seiner Anlastung sehr riskantes Instrument. Es hat doch gute Gründe, warum die Modulation heute in Europa in keinem anderen Land - außer im Vereinigten Königreich - durchgeführt wird. Die Franzosen haben sie wieder rückgängig gemacht. Deutschland ist neben Großbritannien, das eine ganz andere Landwirtschaft hat, das einzige Land in Europa, das jetzt eine Modulation einführt. Viertens. Die Modulation verursacht einen unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand und ist gegenüber den Steuerzahlern nicht zu vertreten. In Bayern würden durch die Modulation 4 Millionen Euro freigesetzt. Es müsste aber 1 Million Euro für den Verwaltungsaufwand ausgegeben werden. In Baden-Württemberg ist das ErtragAufwand-Verhältnis mit 2 : 1,4 noch ungünstiger. Im Saarland wird wesentlich mehr Geld für das Erheben der Modulationsgelder aufgewandt, als dadurch hereinkommt. ({24}) Die Länder werden mit diesem Gesetz in einen unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand gezwungen. Bauern und Agrarverwaltung brauchen aber nicht noch mehr, sondern endlich weniger Bürokratie. ({25}) Die Bundesregierung kündigt Bürokratieabbau an, handelt aber entgegengesetzt. Sie schafft nicht weniger, sondern ständig mehr Bürokratie. Sie verantworten uneffiziente Maßnahmen, die die Verwaltungen nur belasten, in der Sache nichts bringen und die Bauern schädigen. ({26}) Schon jetzt zeigt sich, dass bei der Umsetzung des Modulationsgesetzes enorme Schwierigkeiten im Verwaltungs- und Haushaltsvollzug zu erwarten sind und zusätzliche Anlastungsrisiken auf uns zukommen. Die Bundesregierung tut sich aber leicht; sie wälzt das schlichtweg auf die Länder ab. Hinzu kommt, dass die Notifizierung in Brüssel sechs Monate beträgt. Damit steht fest, dass den Bauern nächstes Jahr das Geld gekürzt wird und das Geld erst ein Jahr später ausgezahlt werden kann. ({27}) Der Bund erschließt sich so - nichts anderes ist es - eine neue Einkommensquelle zulasten der Bauern ({28}) und holt in den SPD- und rot-grün-regierten Ländern das nach, was in den unionsregierten Ländern längst gemacht wird. ({29}) Fünftens. Die deutsche Modulation greift der derzeitigen intensiven Diskussion zur Weiterentwicklung der europäischen Agrarpolitik unnötig vor. Sie müssten von Fischler eigentlich lernen: Fischler ist dazu übergegangen, die Modulation der EU zurückzustellen. Er räumt ihr keine Priorität mehr ein. Interessant ist auch, dass mit den jüngsten Beschlüssen in Kopenhagen den Beitrittsländern die Umschichtung aus der zweiten Säule in die erste Säule erlaubt, also eine Umkehrung der Modulation vorgenommen wurde. Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich bitte Sie, dieses Modulationsgesetz in der Form, wie es der Bund vorgelegt hat, das den Landwirten und Verwaltungen schadet und unseren Steuerzahlern nichts bringt, abzulehnen und unserem Vorschlag zuzustimmen. Eine Verbesserung der Umwelt und der artgerechten Tierhaltung kann mit dem bestehenden Instrumentarium viel einfacher, unbürokratischer und praxisorientierter erreicht werden - wenn Sie nur bereit sind, Ihren politischen Willen mit entsprechenden Geldmitteln zu unterlegen. Damit machten Sie deutlich, dass Ihnen Agrarumweltschutz etwas bedeutet. Ich appelliere als Beauftragter des Bundesrates an Sie, für die Gesetzesinitiative des Bundesrates zu stimmen und damit für die Aufhebung eines ineffizienten, unnötigen Modulationsgesetzes, das in der Sache total verfehlt ist und niemandem etwas bringt. Herzlichen Dank. ({30})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Nächste Rednerin ist die Kollegin Waltraud Wolff, SPD-Fraktion.

Waltraud Wolff (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003270, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe nach dieser Rede wirklich den Eindruck, dass Bayern weder zu Deutschland gehört noch hier EU-Agrarpolitik vertritt. ({0}) Wie anders ist es zu erklären, dass Herr Staatsminister Miller völlig außer Acht lässt, was in den letzten zwei Jahren in Bundestag und Bundesrat beschlossen wurde? Aber darauf komme ich noch zu sprechen. Zu zwei Punkten aus Ihrer Rede: Sie haben gesagt, die Modulation sei ökologisch fragwürdig. Was der PLANAK-Beschluss vom letzten Freitag auf den Weg gebracht hat, zeigt, so denke ich, dass davon überhaupt keine Rede sein kann. Daneben sind Sie auf das große Höfesterben eingegangen. Wir haben in der letzten Legislaturperiode im Rahmen der Neuorganisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung über das Höfesterben gesprochen. Wissen Sie, wann das große Höfesterben stattgefunden hat? In der Zeit der CDU/CSU-Regierung hat das große Höfesterben stattgefunden. ({1}) Nun zum Modulationsgesetz. Ich habe vor 14 Tagen im Rahmen der Haushaltsberatungen schon wiederholt versucht, die Opposition dazu zu bewegen, diesen Gesetzentwurf des Bundesrates abzulehnen. Der heute vorliegende Antrag der FDP zeigt, dass die Argumente weder aufgenommen noch begriffen wurden. Doch dazu später. ({2}) Bund und Länder waren sich einig, mit der Umschichtung von Gemeinschaftsmitteln aus dem Marktbereich in die Förderung von Maßnahmen im ländlichen Raum die zweite Säule der gemeinsamen Agrarpolitik zu stärken. Wir wollten damit einen ganz wichtigen Impuls für die Weiterentwicklung der umweltverträglichen und nachhaltigen Landwirtschaft geben. ({3}) Genau aus diesem Grund ist es falsch, das Modulationsgesetz aufzuheben. ({4}) Lassen Sie es mich noch einmal erklären. Die Einführung der Modulation mit der Prämienkürzung von jährlich 2 Prozent - das möchte ich noch einmal festhalten - oberhalb des Freibetrages von 10 000 Euro je Betrieb bedeutet erstens einen ganz vernünftigen, zweitens einen sozial sehr verträglichen und drittens auch einen moderaten Einstieg in die Modulation. ({5}) Die Umschichtung der eingesparten Mittel in die zweite Säule der gemeinsamen Agrarpolitik ist nicht nur WTOkonform, sondern schafft auch neue Chancen für die ländlichen Räume, für die Förderung nachhaltiger und umweltverträglicher Landwirtschaft. Es geht hier um äußerst geringe Geldeinbußen. Wenn wir von 2 Prozent sprechen, kann man ja auch einmal eine Zahl nennen. Wenn wir bei einem Hof von 30 000 Euro ausgehen, betragen die Einbußen 600 Euro. Ich denke, daran geht wirklich kein Hof kaputt. ({6}) Diese 600 Euro, die von den Direktzahlungen abgezogen werden, haben aber einen großen Effekt, weil dadurch Staatsminister Josef Miller ({7}) Waltraud Wolff ({8}) sehr viel mehr Mittel vor allem für Agrarumweltmaßnahmen zur Verfügung stehen. ({9}) Meine Damen und Herren, der PLANAK-Beschluss vom letzten Freitag zeigt doch ganz deutlich, wohin die Reise geht. Ich will nur einige der Fördermaßnahmen nennen: die Erweiterung der Fruchtfolge, die Anlage von Blühflächen, die Förderung ganz besonders umweltverträglicher Mulchsaat und Pflanzverfahren und Maßnahmen zur artgerechten Tierhaltung. ({10}) Endlich leisten wir einen Beitrag zur Entzerrung der hohen Viehbesatzdichten in den Veredelungsgebieten, ohne an dieser Stelle die Wirtschaftskraft zu schwächen. Das ist doch ein ganz wichtiger Punkt. ({11}) Nun zum vorliegenden Entwurf, meine Damen und Herren. Ich wiederhole noch einmal, auch für Sie, Herr Staatsminister Miller: Weder Punkt 1 Ihrer Rede, wonach die nationale Modulation nur für einen kurzen Zeitraum zur Anwendung kommen würde, noch Punkt 2, in dem von einem enormen Verwaltungsaufwand die Rede war, können überzeugen. Erstens. Die obligatorische Modulation könnte - das wissen wir, wenn wir uns mit EU-Politik beschäftigen auf EU-Ebene erst nach 2006 eingeführt werden. Ich denke nicht, dass die Zeit von 2002 bis 2006 ein kurzer Zeitraum ist. Zweitens. Durch die Herausnahme der kleinen Beihilfen für Hopfen, Saatgut, Kartoffelstärke und Tabak sind wir bereits zu einem vertretbaren Aufwand in der Bürokratie gekommen. Dass die Länder das ähnlich sehen - ich muss ja jetzt sagen: sahen -, beweist das gemeinsame Vorgehen. Ich nenne noch einmal die Beschlüsse. Wir haben am 14. Dezember 2001 im Deutschen Bundestag das Modulationsgesetz beschlossen. ({12}) Der Vermittlungsausschuss hat am 20. März 2002 beschlossen und eine gute Möglichkeit für ein gemeinsames Vorgehen von Bundesländern und Bundestag gefunden. Für Sie, Herr Goldmann, noch einmal zum Mitschreiben, weil Sie es im Ausschuss jüngst angezweifelt haben.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Frau Kollegin Wolff, Sie müssen zum Schluss kommen.

Waltraud Wolff (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003270, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Mein letzter Satz: Am 22. März sind wir gemeinsam mit den Bundesländern zu einem Beschluss gekommen, der allen Bundesländern entgegenkam. Bitte beachten Sie auch die PLANAK-Beschlüsse der letzten Woche. Ich kann nur noch einmal an Sie als Opposition appellieren, für die positive Perspektive der gemeinsamen EU-Agrarpolitik Einsicht zu zeigen. Danke schön. ({0})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Nächster Redner ist der Kollege Friedrich Ostendorff, Bündnis 90/Die Grünen.

Friedrich Ostendorff (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003604, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich bin noch einigermaßen neu hier in Berlin, aber das, was Sie, Herr Minister Miller, und mit Ihnen all jene im Bundesrat, die erst die Modulation gefordert haben und sie jetzt wieder verhindern wollen, den Bäuerinnen und Bauern an Planungsunsicherheit zumuten, überrascht mich als Bauern doch sehr. ({0}) Kurz nach Beginn der großen BSE-Krise haben Sie, Herr Miller, in Ihrer Regierungserklärung zur Weiterentwicklung der Agrarpolitik am 14. März 2001 in München Folgendes erklärt: Nach EU-Recht ist schon seit dem Jahr 2000 ... die so genannte Modulation möglich, das heißt die Abschöpfung von Zahlungen an Großbetriebe zugunsten von Umwelt- und ökologischen Leistungen ... Genau das aber hat Rot-Grün in Deutschland nicht umgesetzt. Dann haben Sie gefragt: Was hindert eigentlich die Bundeslandwirtschaftsministerin? Es ist doch höchste Zeit, eine Differenzierung als wesentlichen Bestandteil des derzeitigen Prämiensystems auch in Deutschland einzuführen. Wie wahr! Wie wahr! ({1}) Nun gibt es genau dieses Gesetz, das Sie, Herr Miller, damals in den Zeiten der Krise so vehement gefordert haben, und nun wollen Sie es kippen. Mit berechenbarer Politik für die Bäuerinnen und Bauern hat das aus meiner Sicht und aus der Sicht von Rot-Grün nicht sehr viel zu tun. ({2}) Es mag aber auch sein, Herr Miller, dass das Politik frei nach dem westfälischen Motto ist: Kräht der Hahn auf dem Mist, ändert sich das Wetter oder es bleibt, wie es ist. Wir Grünen haben in der für die Landwirtschaft schwierigsten Krise der letzten Jahrzehnte gesagt, dass wir die Agrarwende wollen. Wir wollen das dafür Notwendige tun. Dazu stehen wir. Wir setzen das Schritt für Schritt um. Das ist ein langer Weg, aber zu ihm gibt es für die Bäuerinnen und Bauern wie für die Verbraucherinnen und Verbraucher keine echte Alternative. Worum geht es, liebe Kolleginnen und Kollegen? Es geht hier im Kern um die Frage: Wollen wir der Landwirtschaft das Signal geben, wie es insbesondere Bayern und Rheinland-Pfalz heute schon tun, dass die Leistungen der Betriebe zum Erhalt der Kulturlandschaften, besonders in den benachteiligten Gebieten, beim Bodenund Grundwasserschutz, beim Naturschutz und bei den tiergerechten Haltungsformen in Zukunft ordentlich honoriert werden? ({3}) - Peter Harry Carstensen, dich nehme ich gleich dran. Ich nenne Nordrhein-Westfalen beispielhaft, es ist in vielen Dingen mit Bayern im Gleichschritt. Wir wollen bei den tiergerechten Haltungsformen weiterkommen, das heißt, die Tiere sollen auf Stroh gehalten werden, die Hühner sollen aus den Käfigen und die Kühe auf die Weide kommen. Wollen wir, dass diese Leistungen in Zukunft ordentlich honoriert werden oder soll mit dem Geld weiterhin der Anreiz gegeben werden, ohne Rücksicht auf ökologische Belange und unter Wegrationalisierung von Arbeitsplätzen Getreide, Raps oder Rindfleisch zu erzeugen, unabhängig davon, ob es gebraucht wird oder nicht? Sollen sich die Landwirte nur an den Direktzahlungen aus Brüssel orientieren? Die Gesellschaft erwartet von zukunftsfähiger Landwirtschaft, dass die Gelder für die Landwirtschaft für mehr Ökologie und für mehr Arbeitsplätze im ländlichen Raum verwendet werden. ({4}) Dies liegt auch und besonders im Interesse der Bäuerinnen und Bauern. Unsere Aufgabe ist es, dies umzusetzen. Die heutige Situation ist Folgende: Das bisherige System der Direktzahlungen der EU führt dazu, dass eine kleine Zahl von Betrieben den Großteil der Gelder unter sich aufteilt. EU-weit erhalten 20 Prozent der Betriebe 80 Prozent der Direktzahlungen. 70 Prozent der Betriebe - in Bayern, Rheinland-Pfalz und auch in Baden-Württemberg sind es sogar über 80 Prozent - erhalten weniger als 10 000 Euro. Deshalb führen wir bei der Modulation den Freibetrag von 10 000 Euro ein. Erst darüber hinaus kürzen wir die Direktzahlungen für Getreide und Rinder um 2 Prozent - also erst über dem Freibetrag in Höhe von 10 000 Euro. In Bayern betrifft dies nur 20 Prozent der Betriebe. In Deutschland kennen wir allerdings auch rationalisierte Ackerbaubetriebe, die umgerechnet auf die beschäftigten Arbeitskräfte im Betrieb bis zu 100 000 Euro und mehr pro Arbeitskraft erhalten - und dies Jahr für Jahr. Das ist völlig legal. ({5}) Diese Betriebe nutzen lediglich die Regelungen konsequent aus. Dies kann ihnen niemand vorwerfen. Deshalb müssen wir uns heute fragen: Geben wir mit unserer Agrarpolitik noch die richtigen Anreize? Meine Damen und Herren, wir müssen umsteuern. Dies steht außer Frage. Diese Zahlen sind der Öffentlichkeit nicht mehr zu erklären. Auch innerhalb der Landwirtschaft führen sie zu großen Ungerechtigkeiten. Eines sei noch bemerkt: Gehen wir diesen Weg nicht, dann droht uns, dass wir spätestens in den WTO-Verhandlungen gezwungen werden, die Gelder schlicht zu kürzen, weil Prämien, die auch Produktionsanreize bringen, nicht mehr akzeptiert werden. Sie wären damit für die Landwirtschaft verloren. Verlierer werden dann die Bäuerinnen und Bauern sein, die sich noch die Arbeit machen, Hecken auf den Stock zu setzen, um Bäume im Feld herum zu pflügen, statt sie zu roden, Kühe mit Heu zu füttern oder Schweine auf Stroh statt auf Betonspalten zu halten. Um weiter umzusteuern, brauchen wir die circa 80 Millionen Euro aus der Modulation. Ohne dieses Geld ist für die Wende sehr wenig Spielraum. Mit der Modulation aber halten wir diese 80 Millionen Euro in der Landwirtschaft. Dies ist ganz entscheidend. ({6}) In der zuständigen Konferenz der Bundesländer - PLANAK genannt - besteht große Einigkeit zwischen fast allen Bundesländern über die Ausgestaltung dieses Weges. Lassen Sie mich zum Schluss noch auf den angeblich immensen Verwaltungsaufwand zu sprechen kommen, der von den Gegnern der Modulation so gern ins Feld geführt wird. Herr Miller, ich vermag das, was Sie sagen, überhaupt nicht nachzuvollziehen. Wenn meiner Frau und mir auf unserem 70-Hektar-Betrieb heute per GPS-Satellitensystem eine Flächenabweichung von 22 Quadratmetern nachgewiesen werden kann, muss es doch - auch in Bayern - möglich sein, die Prämienhöhe eines Betriebes zusammenzurechnen. Jeder Betrieb ist doch heute kodiert. Die zuständige Zahlstelle hat die Prämienhöhe jedes einzelnen Betriebes vorliegen. Und da soll es viele Millionen Euro kosten, den Computer dazu zu bringen, bei einem Viertel der Betriebe, in Bayern bei einem Fünftel der Betriebe - denn nur so viele sind hier betroffen -, von den Ergebnissen 2 Prozent abzuziehen? So viel zum Bürokratieaufwand. ({7})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Herr Kollege, ich darf Sie dezent an Ihre Redezeit erinnern.

Friedrich Ostendorff (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003604, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich komme zum Schluss. Ich bin ja noch neu, wie ich am Anfang bemerkt habe. ({0}) Ich habe den Eindruck, Frau Präsidentin, dass die Gegner selbst kleiner Schritte wie der Modulation, über die wir heute entscheiden, diese Zusammenhänge sehr genau kennen. Weil sie aber das langfristige und nachhaltige Umsteuern verhindern wollen, wollen sie jeden einzelnen Schritt auf diesem Weg blockieren - und dies ausgerechnet unter der Führung von Bayern, was ich nun überhaupt nicht verstehen kann! Wir wollen die Modulation und lehnen deshalb den vom Bundesrat vorgelegten Gesetzentwurf zur Aufhebung des Modulationsgesetzes ab. Vielen Dank. ({1})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Herr Kollege Ostendorff, ich gratuliere Ihnen recht herzlich zu Ihrer ersten Rede hier in diesem Hohen Hause und wünsche Ihnen für Ihre politische und persönliche Zukunft alles Gute. ({0}) Nächster Redner ist der Kollege Michael Goldmann, FDP-Fraktion. ({1}) - Liebe Kolleginnen und Kollegen, vielleicht können wir dem Kollegen Goldmann jetzt die Chance geben, mit seiner Rede zu beginnen.

Hans Michael Goldmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003133, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Ostendorff, wenn etwas Vernünftiges auf den Weg gebracht wird - da können Sie ganz sicher sein -, sind wir Liberale dabei. Wenn etwas Vernünftiges für den ländlichen Raum gemacht wird, wenn etwas Vernünftiges für unsere wettbewerbsorientierten Bauern gemacht wird, haben Sie uns an Ihrer Seite. Nur, Herr Kollege Ostendorff, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, Staatsminister Miller hat nun wirklich sehr eindeutig, nachweisbar und belegbar aufgezeigt, dass das von Ihnen auf den Weg gebrachte Modulationsgesetz schlicht und ergreifend ungeeignet ist. Herr Ostendorff, die Angelegenheit ist nicht damit aus der Welt geschafft, dass man sagt: Mein Betrieb ist codiert und wird vom UPS-System erfasst. Wenn Sie in das Gesetz hineinschauen - ich denke, das haben Sie getan -, dann werden Sie feststellen, dass der bürokratische Aufwand hoch ist, dass die Übergangsregelungen sehr teuer sind und dass der Zeitplan völlig unklar ist. Sie haben vorhin das schöne Beispiel im Hinblick auf den PLANAK genannt. Wenn das Gesetz im Bundesrat nicht zunächst einmal gestoppt worden wäre, dann hätten wir überhaupt keine Unterlagen zu diesem Gesetz gehabt; denn die Unterlage des PLANAK ist uns erst nach der Ausschusssitzung am vorgestrigen Mittwoch zugestellt worden. ({0}) Zu einem am Mittwoch behandelten Tagesordnungspunkt gab es keine Vorlage aus dem Ministerium. Vor diesem Hintergrund muss man ganz klar sagen: Die Dinge, die Sie hier auf den Weg bringen wollen, sind, was ihre Vorbereitung angeht, völlig unzulänglich. Von der Effektivität, die Sie zum Ausdruck gebracht haben, kann keine Rede sein. Sie behaupten, dass man bestimmte Dinge ändern muss. Dazu kann ich nur sagen: Wir sind selbstverständlich dazu bereit, diese Dinge zu ändern. Viele Bundesländer haben diese Änderungen schon in Angriff genommen. Der eigenverantwortliche Weg, den diese Bundesländer gehen, ist besser und effektiver. Außerdem entspricht dieser Weg unserem Staatsaufbau. Ich wehre mich schlicht und ergreifend dagegen, dass „Windpuper“ aus der „Reichshauptstadt“ kommen und sagen, was für Niedersachsen, für das Emsland oder für Nordrhein-Westfalen gut ist. ({1}) Das wissen die Menschen vor Ort selbst besser. Sie können mit den ökologischen Herausforderungen - Stichwort Nachhaltigkeit - umgehen. Herr Ostendorff, auch wenn das Ihre erste Rede war, will ich Ihnen Folgendes sagen: Es ist absolut nicht in Ordnung, dass Sie hier behauptet haben - ich werde das im Protokoll nachlesen -, dass Bauern bisher ohne Rücksicht auf ökologische Belange produziert haben. Dass Sie Ökobauer sind, ist Ihr sehr gutes Recht. Ich habe dafür volles Verständnis und Sie haben meine Unterstützung. ({2}) - Das haben Sie genau so gesagt. - Die konventionelle Landwirtschaft hat ökologische Belange bisher sehr wohl berücksichtigt. Da liegen Sie schlicht und ergreifend falsch. ({3}) Unser Vorgehen sollte darauf abzielen, die Qualität dieses Ministeriums zu verbessern. Es hat sich mittlerweile zu einem „Verbraucherverunsicherungsministerium“ entwickelt. ({4}) Ich will Ihnen das an einem Beispiel erläutern, das uns im Moment bedrückt. Wir diskutieren im Ausschuss über Acrylamid. Wir stehen vor der Bewältigung einer großen Herausforderung. Herr Staatssekretär Berninger sagt: Die Verpackung von Babynahrung muss so gekennzeichnet sein, dass jeder weiß, wie viel Acrylamid in dem Produkt enthalten ist. Wissenschaftler sagen: Eine solche Kennzeichnung ist völlig absurd und bringt überhaupt nichts. Daraufhin teilt die Ministerin mit: Auch ich bin nicht dafür, dass die Verpackung von Babynahrung so gekennzeichnet ist, dass klar ist, wie viel Acrylamid in dem Produkt enthalten ist. Der Verbraucher stellt sich die Frage: Was gilt denn nun? Was ich meine, will ich Ihnen noch an einem anderen Beispiel ganz kurz deutlich machen. Es geht um Nitrofuran. Ich halte es für einen Skandal, dass brasilianisches Geflügelfleisch den deutschen Markt überflutet. Die Menge von brasilianischem Geflügelfleisch auf dem deutschen Markt ist von 5 000 Tonnen auf 200 000 Tonnen angestiegen.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Herr Kollege Goldmann, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Hans Michael Goldmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003133, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Der deutsche Zoll sorgt sogar noch dafür, dass der Import von nitrofuranbelastetem Fleisch nicht behindert wird. Die Ministerin schaut diesen Vorgängen untätig zu. An den parlamentarischen Erörterungen dieses Themas nimmt sie nicht teil. In dieser Frage lässt sie uns im Grunde genommen so allein, wie sie die Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland auch sonst allein lässt. Das ist ein Skandal! ({0})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Gerald Thalheim, SPD-Fraktion.

Dr. Gerald Thalheim (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002311, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Staatsminister Miller, als Sie hier Ihre Rede gehalten haben, habe ich versucht, mir vorzustellen, dass die Wahl am 22. September anders ausgegangen und Edmund Stoiber Kanzler geworden wäre. Wenn Edmund Stoiber für die Osterweiterung so erfolgreich wie Bundeskanzler Gerhard Schröder verhandelt hätte, dann hätten Sie Ihre Rede mit viel Lob für Bundeskanzler Edmund Stoiber begonnen. Ich vermute, Sie hätten sogar eine Woche schulfrei in Bayern gefordert oder Sie hätten den 13. Dezember als „Tag der erfolgreichen Verhandlungen“ zum Feiertag in Bayern erklärt. ({0}) Ich vermute auch, Sie hätten darüber hinaus besonders hervorgehoben, wie erfolgreich sich der Bundeskanzler mit Präsident Chirac über die Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik geeinigt hat. Um sich das vorzustellen, muss man die Fantasie aber besonders anstrengen. Denn Ministerpräsident Stoiber hat immer - das wäre das Problem gewesen - eine Kofinanzierung gefordert. Mit den Franzosen über eine Kofinanzierung zu reden wäre jedoch so, als wollte man den Eiffelturm schwarz-rot-gold anstreichen. ({1}) Es wäre also nicht zu einer Einigung gekommen. Wir fordern weder einen Feiertag noch schulfrei. Aber wir müssen würdigen, wie wichtig die Einigung über die Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik war. Sie hat den Stolperstein für die Osterweiterung aus dem Weg geräumt und sie lag im Interesse Deutschlands und der deutschen Bauern. ({2}) Deswegen möchte ich - das ist mir besonders wichtig - die Kritik von Frau Merkel, die sie gestern hier vorgebracht hat, zurückweisen. Sie behaupten immer, dass die Bauern viel Steuern zahlen müssten. Ich habe in den ganzen Jahren keinen Bauern kennen gelernt, der für die Osterweiterung mehr Steuern zahlen müsste. Mit dem Finanzkompromiss ist Verlässlichkeit für die Landwirtschaft geschaffen worden. Das ist am Ende im Interesse der deutschen Bauern. Zurück zu Ihnen, Herr Miller. Was hätten Sie weiter gefordert, wenn der Bundeskanzler Stoiber hieße? - Sie hätten sicher mehr Liberalisierung gefordert, weil Sie wissen, wie wichtig am Ende die nächste Welthandelsrunde ist. Dies hätten Sie nicht nur mit Blick auf den Koalitionspartner verlangt, sondern vielleicht auch mit Blick auf die bayerischen Bauern und die bayerischen Interessen. Denn gerade Bayern dürfte von offenen Märkten profitieren, wenn man sich anschaut, in welchem Umfang angesichts eines Selbstversorgungsgrads von 180 Prozent bei Milch und von 220 Prozent bei Rindfleisch Agrarerzeugnisse aus dem Freistaat exportiert werden. ({3}) Gerade der Freistaat profitiert also von offenen Grenzen. Demzufolge muss man sich den Konsequenzen stellen und eine solche Politik mit Reformen bei der gemeinsamen Agrarpolitik flankieren. Herr Miller, Sie hätten vermutlich um Verständnis dafür geworben, dass auch im Agrarhaushalt Kürzungen notwendig sind. Denn ich gehe davon aus, dass gerade Sie als CSU-Minister noch gut in Erinnerung haben, mit welch umfangreicher Erhöhung der Staatsverschuldung Theo Waigel die deutsche Einheit finanziert hat, und dass es deswegen gerade für Sie nach wie vor eine wichtige Aufgabe wäre, die Staatsverschuldung zurückzuführen und diese falsche Politik auch mit den entsprechenden Konsequenzen für die Landwirtschaft zu korrigieren. ({4}) Herr Miller, Sie hätten bei einem Bundeskanzler Stoiber, mutmaße ich, die Modulation zwar nicht leidenschaftlich verteidigt, aber die Kritik wäre wesentlich leiser ausgefallen. Sie müssen sich klar machen, was 2 Prozent Modulation bedeuten, wobei es am Ende eines Jahres Unterschiede gibt, gerade was die Auszahlung der Flächenbeihilfen bei Getreide - Grundflächenüberschreitung - angeht. 2 Prozent Modulation hätten den Untergang der deutschen Landwirtschaft zur Folge. ({5}) Zur Problematik des Vorwurfes von zu viel Bürokratie. Herr Miller, die Bürokratie ist erst durch den Freibetrag pro Betrieb in das Gesetz gekommen. Ohne diesen Freibetrag, der eine zentrale Forderung Bayerns war, wäre es nicht zu dieser zusätzlichen Bürokratie gekommen.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Herr Kollege Thalheim, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Carstensen?

Dr. Gerald Thalheim (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002311, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Nein, ich wüsste nicht, wie diese Nachfrage den Vorgang noch erhellen könnte. ({0}) Denn die Argumente zur Modulation sind ausgetauscht. Meine Kollegin Wolff hat deutlich gemacht, dass man sich im PLANAK auf eine ganze Reihe von vernünftigen Vorschlägen verständigt hat. ({1}) Insofern ist mit dem Gesetz eine wichtige Grundlage geschaffen worden, um Reformfähigkeit zu dokumentieren und sie in Deutschland und in der Europäischen Union voranzutreiben. Herr Miller, ich komme am Schluss meiner Rede zurück zur Realität. Wir wissen, Edmund Stoiber ist nicht Bundeskanzler geworden. Sie brauchten diese fiktive Rede also hier nicht zu halten. Ich denke, Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen sind sehr dankbar dafür, dass sie sich eine solche Rede nicht anhören mussten. Aber trotzdem die Bitte: Kommen Sie zurück zur Realität! Verlassen Sie an dieser Stelle die weißblaue Traumwelt! Die Rahmenbedingungen haben sich insbesondere durch die Uruguay-Runde und die Agenda 2000 verändert. Dem muss auch die Agrarpolitik Rechnung tragen. Mit dem Modulationsgesetz haben wir das getan. Ich bin überzeugt, dass Sie diesem Weg in der Zukunft folgen werden. Vielen Dank. ({2})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über den vom Bundesrat eingebrachten Gesetzentwurf zur Aufhebung des Gesetzes zur Modulation von Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und zur Änderung des GAK-Gesetzes, Drucksache 15/108. Der Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft empfiehlt auf Drucksache 15/225, den Gesetzentwurf abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP abgelehnt. Damit entfällt nach unserer Geschäftsordnung die weitere Beratung. Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 15/233. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Entschließungsantrag ist mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der FDP und der CDU/CSU abgelehnt. Ich rufe Tagesordnungspunkt 16 auf: Erste Beratung des von den Abgeordneten Jörg van Essen, Rainer Funke, Otto Fricke, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum verbesserten Schutz des Eigentums - Drucksache 15/63 Überweisungsvorschlag: Rechtsausschuss ({0}) Innenausschuss Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. - Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Erster Redner in der Debatte ist der Kollege Jörg van Essen, FDP-Fraktion.

Jörg Essen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000495, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsidentin Dr. Kastner! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Graffiti und ihre Bekämpfung haben wir schon in der letzten Legislaturperiode bei vielen verschiedenen Gelegenheiten diskutiert. Wir als FDP sind ganz außerordentlich unzufrieden damit, dass wir immer noch nicht vorangekommen sind. ({0}) Dass diese Unzufriedenheit nicht nur bei der FDPBundestagsfraktion vorhanden ist, sondern ganz offensichtlich auch bei den Ländern, ersehen Sie daran, dass heute zeitgleich im Bundesrat ein Gesetzentwurf von fünf Bundesländern mit dem gleichen Ziel eingebracht worden ist. Graffiti sind manchmal Kunst. ({1}) Das sieht man an Keith Haring, das sieht man an Harald Naegeli, die ich beide als Künstler ganz außerordentlich schätze. ({2}) Aber das, was wir an unseren Brücken, das, was wir an öffentlichen Gebäuden, ({3}) das, was wir an unseren Zügen sehen, ({4}) das ist schlicht Umweltverschmutzung, das ist Beeinträchtigung des Eigentums und das ist nicht zu akzeptieren. ({5}) Beispielsweise der Städte- und Gemeindebund schätzt die Kosten für die Beseitigung von Graffiti allein an öffentlichem Eigentum auf 200 bis 250 Millionen Euro pro Jahr. Das zeigt, wie hoch die Kosten sind. Auch bei der Bahn entstehen für die Beseitigung jeweils unglaubliche Kosten. Diese sind vom Steuerzahler und damit von uns allen zu tragen. Das, was hier behauptet wird, dass nämlich der bisherige strafrechtliche Schutz ausreicht, trifft ja nicht wirklich zu. ({6}) Ich komme selbst aus der Strafverfolgung. Häufig müssen Gutachten eingeholt werden, ({7}) weil beispielsweise die Frage der Substanzverletzung, die nach dem Strafgesetzbuch Voraussetzung für die Sachbeschädigung ist, ({8}) nachgeprüft werden muss. Damit entstehen noch einmal zusätzliche Kosten für die Öffentlichkeit; denn viele dieser Täter sind ja gar nicht in der Lage, beispielsweise die entsprechenden Kosten des Gerichts zu tragen. ({9}) Auch das muss vom Steuerzahler bezahlt werden. Weil der Begriff des Verunstaltens im Strafgesetzbuch schon enthalten ({10}) und damit überhaupt nichts Neues ist, Herr Kollege Ströbele, wollen wir mit einer vernünftigen Neuregelung im Strafgesetzbuch denen in der Strafverfolgung, die diesem Unwesen einen entsprechenden Riegel vorschieben wollen, eine einfach handhabbare gesetzliche Grundlage geben. Das ist das Ziel unseres Antrages. ({11}) Wir werden darauf dringen, dass wir diesmal vorankommen. Ich befürchte zwar, dass wir heute bei der ersten Lesung wieder die bekannten Argumente hören werden. Aber ich meine, dass insbesondere durch die Initiative des Bundesrates sichergestellt ist, dass wir diesmal ein Stück vorankommen. Wir haben es bei ähnlichen Initiativen der CDU/CSU erlebt, dass die neue Bundesjustizministerin offensichtlich in neuen Kategorien denkt. Ich hoffe, dass sie das auch in dieser Frage tut. Wer beispielsweise mit dem Zug durch das Ruhrgebiet fährt und an den vielen öffentlichen Brücken vorbeikommt, die in geradezu unerträglicher Weise beschmiert worden sind, wird sich darüber freuen, wenn wir strenger dagegen vorgehen und damit für eine Umwelt sorgen, die wieder sehenswert ist. Künstler wie Harald Naegeli oder Keith Haring würden ihren Weg auch ohne Sachbeschädigung gehen. Dessen bin ich mir sicher. Herzlichen Dank. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU - Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer beurteilt es, wer Künstler ist? Herr Oberstaatsanwalt van Essen?

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Das Wort hat der Kollege Hermann Bachmaier, SPDFraktion.

Hermann Bachmaier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000072, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit mehreren Legislaturperioden liefern wir uns mit steter Regelmäßigkeit immer wieder Redeschlachten darüber, wer wohl der beste Graffitibekämpfer in der Republik ist. Viel Neues ist dabei nicht zutage getreten. Das gilt auch für Ihren heute eingebrachten Gesetzentwurf und Ihren Beitrag, Herr van Essen. Ihr Gesetzentwurf wird auch dadurch nicht besser, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, dass Sie wieder einmal den Eindruck erwecken, man müsse lediglich den Straftatbestand der Sachbeschädigung um das Merkmal der so genannten Verunstaltung erweitern und schon wären die ärgerlichen Graffitischmierereien wirksamer zu bekämpfen. ({0}) - So wirklichkeitsfremd sind Sie. Das nehme ich Ihnen fast ab. Das entscheidende Problem ist doch - das wissen Sie genauso gut wie wir -, dass man der Täter in aller Regel nicht habhaft werden kann. Schon deshalb wird sich das Katz-und-Maus-Spiel zwischen Strafverfolgern und denjenigen, die offensichtlich eine unstillbare Freude daran haben, Mauern, Wände, Brücken, Straßen und Eisenbahnwaggons zu bemalen, zu beschmieren und zu besprühen, fortsetzen. Wir haben es doch nicht mit einem ins Auge springenden Defizit unseres materiellen Strafrechts zu tun, ({1}) sondern damit, dass sich die Graffitisprüher nach wie vor mit bisweilen großem Geschick der Strafverfolgung entziehen können. ({2}) Wenn wir den Straftatbestand der Sachbeschädigung über die so genannte Substanzverletzung hinaus erweitern, wird dies an dem Graffitiübel herzlich wenig ändern. Das muss der Ehrlichkeit halber festgestellt werden. ({3}) Meine Damen und Herren, ein symbolisches Strafrecht, das in der Sache wenig bewirkt, ist nicht dazu angetan, die von der Öffentlichkeit mit Recht erwartete Handlungskompetenz des Staates unter Beweis zu stellen. ({4}) Wenn wir dennoch meinen, eine kleine Lücke im Straftatbestand der Sachbeschädigung beseitigen zu müssen, dann sollten wir das wenigstens mit den dafür geeigneten Mitteln versuchen. Am allerwenigsten geeignet ist es, in den Straftatbestand der Sachbeschädigung den schillernden Begriff der Verunstaltung aufzunehmen. Für viele Richter, Staatsanwälte und Polizisten wäre es ein Horror, wenn sie sich in Zukunft bei Strafverhandlungen auch noch damit herumschlagen müssten, ob eine Graffitisprüherei verunstaltender Natur ist oder nicht. Wenn aber partout die kleine Strafbarkeitslücke in § 3 des Strafgesetzbuches geschlossen werden soll, dann scheint uns der vom Bundesrat in Kürze zu erwartende Vorschlag immer noch der vernünftigere Weg zu sein, obwohl auch diese Formulierung mit unbestimmten Rechtsbegriffen gepflastert ist. Danach sollen in Zukunft nicht nur diejenigen wegen Sachbeschädigung bestraft werden können, die etwas zerstört oder beschädigt haben, sondern auch diejenigen, die - so heißt es im Gesetzentwurf - das Erscheinungsbild einer Sache gegen den Willen des Eigentümers oder sonstig Berechtigten nicht unerheblich verändern. Dass sich dadurch in der Praxis viel ändert, wage ich zu bezweifeln. ({5}) Statt unser Heil in ständig neuen Erweiterungen der Straftatbestände zu suchen, wären wir und vor allem die Bundesländer besser beraten, über im Ansatz durchaus vorhandene Präventionsstrategien intensiver als bisher nachzudenken. ({6}) Dazu zählt zum Beispiel - die Zeit ist kurz, ich kann nur einige erwähnen - eine verbesserte Aufklärung vor allem in Schulen, bei der deutlich gemacht wird, dass auf die Täter dann, wenn sie erwischt werden, erhebliche Schadensersatzforderungen zukommen. Dazu zählen Schadensbeseitigungsmaßnahmen im Rahmen des TäterOpfer-Ausgleichs. Dazu zählt auch, dass Graffiti-Sprühereien umgehend beseitigt werden, sodass sie im öffentlichen Raum keine hohe Bestandskraft haben. Dies sind nur einige Beispiele. Es ließen sich viele anschließen, mit denen man in der Prävention durchaus Erfolge erzielen kann. Daneben gibt es erfreulicherweise inzwischen auch bei der Strafverfolgung erfolgreichere Ansätze als bislang, zum Beispiel die Registrierung der spezifischen Handschrift der Sprayer und eine aktivere Einbeziehung der Bevölkerung bei Fahndungsmaßnahmen. Sie wissen, dass alle Sprayer ein ganz bestimmtes Bild hinterlassen. Wenn man dieses Identitätsmerkmal erkennt, ist die Strafverfolgung wesentlich leichter, als wenn man sie Zufallsprinzipien überlässt. Strafrecht ist kein Allheilmittel. Wir sollten nicht so tun, als sei es das. ({7}) Wenn wir dennoch bestehende oder vermeintliche Strafbarkeitslücken beseitigen wollen, sollten wir die einschlägigen Tatbestände daraufhin kontrollieren, ob sie in der Praxis handhabbar sind, und nicht Steine statt Brot liefern. ({8}) - Den machen wir. Ich habe vorhin angedeutet, dass der Vorschlag des Bundesrates diskussionswürdiger ist als das, was die FDP in steter Wiederholung aus den vergangenen Jahren vorlegt.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Herr Kollege Bachmaier, es gibt den Wunsch des Kollegen Bergner nach einer Zwischenfrage.

Hermann Bachmaier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000072, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Bitte sehr, Herr Bergner.

Dr. Christoph Bergner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003505, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege, ich bin neu im Deutschen Bundestag und habe die Landespolitik sehr aufmerksam beobachtet. ({0}) Was mich ein bisschen wundert, ist der Umstand, dass die Notwendigkeit einer Strafrechtsänderung unter Kommu1354 nal- und Landespolitikern der SPD ganz anders bewertet wird, als Sie es tun. Haben Sie dafür eine Erklärung? ({1})

Hermann Bachmaier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000072, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Bergner, wenn Sie etwas aufmerksamer zugehört hätten, hätten Sie hören müssen, dass wir den ins Auge gefassten Antrag des Bundesrates sehr ernsthaft prüfen, der uns ein besserer Weg als das zu sein scheint, was mit der ewigen Wiederholung des Verunstaltungsbegriffes gemeint ist. Den Begriff der Verunstaltung halten wir für unselig und nicht weiterführend. Über alles andere kann man nachdenken. Dennoch bleibt - ich habe versucht, das auszuführen -, dass wir mit den Mitteln des Strafrechts bei dem, was wir gemeinsam verurteilen, nämlich das Überhandnehmen von Graffitisprayereien, nicht weiterkommen werden. Wir dürfen den Menschen nicht vorgaukeln, wir könnten mit den Mitteln des Strafrechts etwas bewirken und in Wirklichkeit bewirken wir nichts. Dies sind Scheinmaßnahmen. ({0}) Sie lieben ja das symbolische Strafrecht. Sie tun so, als würden Sie etwas tun. In Wirklichkeit haben Sie nichts getan und vor allem nichts bewirkt. Das ist doch das Entscheidende. ({1}) Aber die Methode, alles ins Strafrecht zu verlagern, um so die Welt in Ordnung zu bringen, ist eine alte Ideologie der Konservativen, von der Sie sich langsam verabschieden sollten. Vielleicht machen wir uns einmal Gedanken darüber das würde ich auch Ihnen empfehlen -, warum so viele Jugendliche das offensichtlich unstillbare Bedürfnis haben, mit großflächigen und bisweilen sogar monströsen Graffiti in einer für sie nicht immer gerade freundlichen Umwelt auf sich aufmerksam zu machen. Wir sollten einmal den gesellschaftlichen Hintergrund von Graffiti diskutieren, wenn wir über Abhilfe reden. Wenn ich nämlich die Ursache kenne, dann kann ich die Folgen leichter und sinnvoll bekämpfen. Herzlichen Dank. ({2})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Nächste Rednerin ist die Kollegin Daniela Raab, CDU/CSU-Fraktion. ({0})

Daniela Raab (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003613, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dies ist der letzte Sitzungstag des Bundestages in diesem Jahr. Ich möchte meine Redezeit heute dazu nutzen, um deutlich zu machen, dass gerade in den Zeiten, in denen den Bürgern bei wirklich jeder Gelegenheit das Geld aus der Tasche gezogen wird, ({0}) der Eigentumsschutz besonders wertvoll ist und vom Gesetzgeber entsprechend gewürdigt werden muss. ({1}) Es ist nicht nur ärgerlich, sondern auch teuer, Graffitischmierereien von Hauswänden oder anderen Flächen entfernen zu lassen. Es handelt sich hier auch keineswegs um Bagatelldelikte. Nein, meine Damen und Herren, Graffitischmierereien sind ein Teil der Alltagskriminalität ({2}) und belasten sowohl private Haushalte als auch die öffentlichen Kassen finanziell stark; ({3}) denn der volkswirtschaftliche Schaden ist immens. Nach einer Studie des Deutschen Städtetages kostet die Beseitigung dieses Vandalismus an öffentlichen Verkehrsmitteln jährlich 100 Millionen Euro; 60 Millionen Euro müssen Privatleute aufwenden, um ihre Hauswände reinigen zu lassen; nochmals 40 Millionen Euro kostet den Steuerzahler die Reinigung öffentlicher Gebäude. Die Bemühungen der Bürger und Kommunen, die Städte attraktiver zu gestalten und Innenstädte aufzuwerten, werden durch Farbschmierereien schlicht konterkariert. ({4}) Deshalb muss es unser erklärtes Ziel sein, Graffitisprühereien als rechtswidrig und strafbar im Sinne des § 303 Strafgesetzbuch zu qualifizieren. ({5}) Wie die CDU/CSU-Bundestagsfraktion bereits vor drei Jahren gefordert hat, ist eine Präzisierung der strafrechtlichen Sanktionen im Umgang mit Graffitisprayern unbedingt geboten. Es ist schier ein Affront gegen rechtstreue Bürger, dass Rot-Grün die Bekämpfung des Graffitiunwesens immer wieder verhindert. ({6}) Derartige Verunstaltungen ermuntern Nachahmer; der Eindruck von Verwahrlosung steigt und die Hemmschwelle für andere kriminelle Delikte sinkt. ({7}) Um diesen Missstand zu beheben, wollen wir in Kürze unseren Gesetzentwurf zur Änderung des Strafgesetzbuches, das Graffiti-Bekämpfungsgesetz, erneut zur Diskussion stellen ({8}) und somit nochmals klarstellen, dass solche Schmierereien als Sachbeschädigungen zu betrachten und dementsprechend zu bestrafen sind. ({9}) Erst im März dieses Jahres haben wir nun schon zum fünften Male in diesem Hause über Graffitibekämpfung beraten. Damals ging es um eine Initiative des Bundesrates, die die gleiche Zielrichtung hatte. Die Bundesregierung hat dabei erneut ihre ablehnende Haltung unter Beweis gestellt. Meine Damen und Herren von Rot-Grün, der Schutz des Eigentums ist durch § 303 und § 304 des Strafgesetzbuches nur lückenhaft abgedeckt. Die Unversehrtheit des äußeren Erscheinungsbildes einer Sache wird von unserem Strafrecht absolut unzureichend geschützt. ({10}) Wir von der Union sind der Meinung, dass auch das Äußere einer Sache schützenswert ist, gerade auch im Hinblick darauf, dass diese Beschädigungen und Verunstaltungen der Sache durch Graffiti ausdrücklich gegen den Willen des Eigentümers und gegen den Willen des Verfügungsberechtigten geschehen. Das ist ein ganz entscheidender Gesichtspunkt auch vor dem Hintergrund des Schutzes des Eigentums nach Art. 14 des Grundgesetzes. ({11}) Zur Tatbestandsverwirklichung gehört nach geltender Rechtslage und Rechtsprechung eine nicht unerhebliche Beschädigung der Sachsubstanz. Bei einer Verschmutzung durch Graffiti wird eine Beschädigung verneint, solange eine Reinigung der Sache, sei sie auch noch so aufwendig und teuer, möglich ist. ({12}) Um die hier bestehende Rechtsunsicherheit endlich zu beseitigen, fordern wir, dass bereits das Besprühen einer Sache als Sachbeschädigung gilt und somit den Tatbestand des § 303 erfüllt. ({13}) Verehrte Kolleginnen und Kollegen von den Koalitionsfraktionen, den Gesetzesantrag des Landes Berlin aus dem Jahre 1998 haben Sie im Frühjahr 2000 abgelehnt. Unser Gesetzesantrag wurde von Ihnen im März 2000 niedergestimmt. Heute beraten wir in erster Lesung den Antrag der FDP. Bald werden wir den Gesetzesantrag der Länder Baden-Württemberg, Hessen, Hamburg, Thüringen und Sachsen-Anhalt sowie den von uns erneut eingebrachten Gesetzentwurf beraten. Wann werden Sie endlich einsehen, dass die Bevölkerung Graffiti als ernsthafte Bedrohung ihres Eigentums ansieht und von uns und auch von Ihnen natürlich die nötigen strafrechtlichen Schritte gegen diesen Vandalismus einfordert? ({14}) Geben Sie sich einen Ruck und sehen Sie endlich ein, dass Graffiti keine Bagatelle sind und nicht nur durch Präventivmaßnahmen, sondern verstärkt durch eine zu erwartende harte Bestrafung gestoppt werden können. Ich danke Ihnen. ({15})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Frau Kollegin Raab, auch Ihnen gratulieren wir sehr herzlich zu Ihrer ersten Rede in diesem Hohen Hause und wünschen Ihnen politisch und persönlich alles Gute. ({0}) Nächster Redner in der Debatte ist der Kollege Christian Ströbele, Bündnis 90/Die Grünen. ({1})

Hans Christian Ströbele (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002273, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin, Sie sollten nicht versuchen, mit falschen Argumenten - Sie wissen, dass diese falsch sind ({0}) und durch das öffentliche Verbreiten populistischer Sprüche einen Gesetzentwurf im Bundestag durchzubringen. Man macht sich schon heute in Deutschland strafbar, wenn man Graffiti beispielsweise auf die Wände des Deutschen Bundestages in Berlin sprüht; denn dies wäre angesichts der porösen Fassade des Deutschen Bundestages eine Substanzverletzung ({1}) und würde vom Amtsgericht Moabit als Sachbeschädigung bestraft werden. Das alles ist Ihnen natürlich bekannt. Sie versuchen trotzdem immer wieder, mit dem öffentlichen Unmut über Vandalismus in U-Bahnen und S-Bahnen Politik zu machen. Diese Politik ist falsch und gefährlich; denn Sie wissen ganz genau, dass es Graffiti gibt - das hat selbst der Kollege van Essen zugegeben, der Oberstaatsanwalt ist -, die Kunst sind, und es gibt Graffiti, die keine Kunst sind. Welcher Sachverständige das jeweils entscheiden soll, hat uns der Kollege van Essen aber nicht verraten. ({2}) Es gibt ganz zweifellos auch Vandalismus, wenn zum Beispiel in Zügen Scheiben, Lack und Sitze vorsätzlich zerkratzt und zerstört werden. Auch wir sehen das als ärgerlich und rechtswidrig an. Das wollen auch wir verhindern, soweit das innerhalb unserer Rechtsordnung möglich ist. ({3}) Nur, wenn Sie behaupten, dass dies mit dem Gesetzentwurf zu erreichen sei, den Sie eingebracht haben, dann sage ich Ihnen, Herr Kollege van Essen: Die Praxis zeigt, dass das nicht funktioniert. ({4}) - Das erkläre ich Ihnen jetzt. - Zweifellos ist beispielsweise das Zerkratzen von Scheiben - wenn Sie mit den U- und S-Bahnen durch Berlin fahren, werden Sie feststellen, dass fast ausnahmslos alle Scheiben zerkratzt sind - nach der Meinung aller eine Sachbeschädigung. Obwohl das so klar ist - wenn die Täter erwischt werden, werden sie auch wegen Sachbeschädigung bestraft -, kann man das nicht verhindern. Das beweist doch, dass allein mit der Feststellung der Strafbarkeit - ich sage ausdrücklich: leider - solche Verunstaltungen oder Zerstörungen von Fenstern und Sitzen nicht verhindert werden können. ({5}) Mit Ihrem wieder aufgelegten Vorschlag, den Begriff der Verunstaltung einzuführen, erreichen Sie nicht mehr; denn die Sachverständigen, die Sie, Herr van Essen, als Oberstaatsanwalt offenbar beschäftigen mussten, um festzustellen, ob eine Substanzverletzung vorliegt, müssten dann bemüht werden, um zu klären, ob ein Graffito, ein „tag“, auf einer Hauswand oder auf einer U-Bahn eine Verunstaltung ist oder ob es Kunst ist. Hängt das von der Gestaltung des Graffito oder davon ab, ob man es anschließend in einem Kunstkalender - das kommt manchmal vor - wiederfinden kann? Wie wollen Sie das beurteilen? ({6}) Als weiteres Tatbestandsmerkmal führen Sie an, dass das Graffito nur mit größerem Aufwand beseitigt werden könne. Was ist denn ein größerer und was ein kleinerer Aufwand? ({7}) Sie erreichen damit nicht mehr Rechtsklarheit und mehr Vorgaben, auf die sich die Gerichte, die Staatsanwaltschaften und die Verteidiger beziehen können. ({8}) Das ist der völlig falsche Weg. Es gibt sicherlich - das sehen auch wir - ein Vollzugsdefizit. ({9}) Dieses Problem muss aber anders gelöst werden, nämlich präventiv, soweit das möglich ist. Man muss viel mehr Wert darauf legen, dass die Täter, die wirklich Vandalismus und Zerstörung betreiben, zivilrechtlich zur Verantwortung gezogen werden und dass sie, wenn sie erwischt werden, auch den Schaden ersetzen müssen. Lassen Sie mich ein Letztes sagen. Frau Kollegin Raab, Sie haben darauf hingewiesen, dass in der Öffentlichkeit wenig Verständnis dafür besteht, dass nichts dagegen unternommen wird. Ich kann Ihnen dazu nur sagen: Wir sind im Augenblick in einer politischen Diskussion über die Frage, ob man Steuerbetrüger, die Milliardenschäden angerichtet haben, vielleicht dadurch begünstigen kann, dass man sie straffrei stellt, um dadurch zu erreichen, dass sie ihr Vermögen nach Deutschland zurückbringen. ({10}) In dieser Situation kommen Sie wegen der Beschädigung von Eigentum, auch von öffentlichem Eigentum, mit einem Gesetzentwurf. Kurz vor Weihnachten muss man im Deutschen Bundestag als Letztes noch über einen Gesetzentwurf diskutieren, der sich mit Graffiti beschäftigt. Die Bundesrepublik Deutschland hat wichtigere Probleme und sollte sich diesen zuwenden. ({11})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Nächster Redner ist der Parlamentarische Staatssekretär im Justizministerium, Alfred Hartenbach.

Alfred Hartenbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002669

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Mit Blick auf den Oberstaatsanwalt van Essen und die junge Kollegin Raab und die bei ihnen vorherrschende Leichtigkeit des Seins möchte ich ein Goethe-Zitat an den Anfang stellen: Grau, teurer Freund, ist alle Theorie, doch grün - sagen wir besser: bunt; ich komme gleich noch darauf zurück des Lebens goldner Baum. ({0}) Selbstverständlich sind wir alle uns darüber einig, dass Graffitischmierereien nicht nur eine Straftat sind - wie es Herr Ströbele schon gesagt hat -, sondern in weiten Teilen der Bevölkerung auch als großes Ärgernis angesehen werden ({1}) - sei doch mal ruhig, Mensch! -, werden dadurch doch die Rechte der Betroffenen missachtet. Die Beseitigung der Farbschmierereien kommt die Geschädigten oft teuer zu stehen. Wir alle sind uns darüber einig, dass dieser Zustand nicht hinnehmbar ist. Nicht ganz so einfach ist aber die Frage zu beantworten, was wir tun können und was wir tun müssen, um gegenzusteuern. Die FDP hat uns einen Entwurf aus dem Jahr 1999 wieder vorgelegt. Damit komme ich zu einem weiteren Zitat, diesmal aus „Max und Moritz“ von Wilhelm Busch, ({2}) nämlich über das Sauerkraut der Witwe Bolte, „wovon sie besonders schwärmt, wenn es wieder aufgewärmt“. So kommt mir das bei Ihrem Entwurf ebenfalls vor. ({3}) - Quatsch nicht! Neben dem FDP-Entwurf lagen dem Bundestag 1999 auch Gesetzentwürfe des Bundesrats und der CDU/CSU mit der gleichen Zielrichtung vor. Wir alle haben noch die Sachverständigenanhörungen des Rechtsausschusses in bester Erinnerung. Damals haben wir uns über den Begriff des Verunstaltens unterhalten, weil dieser Begriff ein rein subjektives Tatbestandsmerkmal ist und Rechtsanwendern, also Staatsanwälten und vor allem den vielen Amtsrichtern, eine ästhetische Wertung abverlangen würde. Deshalb hat der Bundestag die Gesetzentwürfe nach ausführlicher Erörterung im Plenum und in den Ausschüssen in seiner Sitzung am 23. März 2000 mehrheitlich abgelehnt. Die damaligen Argumente gelten nach wie vor. Der Begriff des Verunstaltens ist für den Tatbestand der Sachbeschädigung zu unbestimmt und auslegungsbedürftig. ({4}) - Das weiß ich auch; das betrifft aber Urkunden, Herr van Essen. - Er enthält, zum Beispiel im Bauordnungsrecht, eine ästhetische Bewertung und damit ein subjektives Moment. Bei seiner Auslegung im Zusammenhang mit Sachbeschädigung allein auf objektive Kriterien abzustellen, wie es im FDP-Entwurf angedacht wird, dürfte kaum machbar sein. Die Entscheidung darüber, ob jemand wegen einer Straftat verurteilt wird, kann aber nicht von ästhetischen Urteilen, also von Geschmacksfragen abhängig gemacht werden. Der Begriff des Verunstaltens erscheint mir daher für eine etwaige Ausdehnung der Tatbestände der Sachbeschädigung und der gemeinschädlichen Sachbeschädigung nicht geeignet. Die FDP macht es sich zu einfach, wenn sie meint, in ihrem Entwurf auch auf Österreich hinweisen zu sollen. ({5}) Was in Österreich gilt, gilt bei uns noch lange nicht. ({6}) - Darüber sind wir aber froh, nicht? Ich schaue mich um, wo Herr Bergner ist. Ich hätte einen guten Vorschlag, auch für den Oberstaatsanwalt und für den praktizierenden Staatsanwalt. Warum gehen wir nicht her und machen allen unseren Länderjustizministern ein Angebot? Sie könnten doch in den Richtlinien für das Strafbefehls- und das Bußgeldverfahren ihren Staatsanwaltschaften klar machen, dass sie künftig keine Einstellungen der Verfahren mehr dulden, dass angeklagt werden soll oder zumindest Strafbefehle verhängt werden sollen. Das wäre ein Vorschlag, der der Praxis und nicht nur der Theorie genügt. Damit könnten wir eine ganze Menge erreichen. Der Bundesrat beschäftigt sich heute, wie eben schon richtig gesagt worden ist, ebenfalls mit dem Begriff Graffiti. Dort liegt ein Gesetzesantrag der Länder vor, die Sie, Frau Raab, eben aufgezählt haben; ich muss das nicht wiederholen. Danach soll der Tatbestand der Sachbeschädigung und der gemeinschädlichen Sachbeschädigung um die Handlungsalternative einer „nicht unerheblichen Veränderung des Erscheinungsbildes“ ergänzt werden. ({7}) Auch dieser Vorschlag ist Ihnen bekannt. Er entspricht dem Gesetzentwurf des Bundesrates vom 30. November 2001, der in diesem Jahr der Diskontinuität anheim gefallen ist. Ich möchte hier an die Stellungnahme der Bundesregierung zu jenem Gesetzentwurf des Bundesrates erinnern: Um dem Graffitiunwesen entgegenzuwirken, bedarf es neben strafrechtlichen Maßnahmen vorrangig vielfältiger Anstrengungen auf dem Gebiet der Prävention. Nun ist es so, dass - anders als bei dem Begriff des Verunstaltens - bei dem Begriff der „nicht unerheblichen Veränderung“ bei uns durchaus ein Nachdenken eingesetzt hat und wir gerne bereit sind, mit Ihnen vernünftig darüber zu reden. ({8}) - Mein lieber Wolfgang Götzer, nun höre dir einmal meinen Schlusssatz an. - Ich erhoffe mir davon, dass wir dann nicht immer wieder das alte Weihnachtslied zu singen brauchen - ich wandele es ein bisschen ab, ein wenig wie Hans Sachs -: Alle Jahre wieder kommt das Graffito auf die Menschheit nieder und belästigt sie. Ich wünsche Ihnen allen ein frohes Weihnachtsfest. ({9})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Nächster Redner ist der Kollege Marco Wanderwitz, CDU/CSU-Fraktion. ({0})

Marco Wanderwitz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003655, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir dürfen Sachbeschädigungen durch Graffitischmierereien, wie man sie täglich in unseren Städten und Gemeinden sieht - das ist die Realität -, nicht länger hinnehmen. Zumindest so weit sollte die Einigkeit reichen. ({0}) Verunstaltungen durch das Graffitiunwesen stellen einen Straftatbestand dar, wenn dies - das ist nun einmal der Regelfall - gegen den Willen des Eigentümers passiert. Bislang können die Täter nur begrenzt zur Rechenschaft gezogen werden. Der Tatbestand der Sachbeschädigung liegt nach jetziger Rechtslage nur dann vor, wenn die Fläche nachhaltig geschädigt ist. ({1}) Das lässt sich in den seltensten Fällen nachweisen. Deswegen soll laut unserem Gesetzentwurf schon das Verunstalten einer Fläche als strafbare Handlung geahndet werden. Wir von der CDU/CSU versuchen seit nunmehr drei Jahren und, wie schon richtig angesprochen, zum fünften Mal vergebens, dieses Thema mit Ihnen abzuschließen und den Straftatbestand umfassender zu gestalten. Meine Damen und Herren von Rot-Grün, hier treffen Ihre juristischen Winkelzüge auf Unverständnis der breiten Bevölkerung; denn dort entstehen die jährlichen Reinigungskosten von mehreren 100 Millionen Euro. ({2}) Meine Damen und Herren von Rot-Grün, Sie sind doch angetreten, die öffentlichen Haushalte zu sanieren. Dann fragen Sie doch einmal in den Kommunen und den kommunalen Verkehrsbetrieben nach den Kosten, die durch die Reinigung entstehen! ({3}) - Wenn Sie es wissen, Herr Ströbele, dann ist es umso schlimmer, dass Sie nicht handeln. ({4}) Diese Kosten belasten die Etats und die Haushalte und führen letztlich dazu, dass die Bürger über höhere Gebühren und Abgaben diese Verunstaltungen auch noch finanzieren. Die Berliner Verkehrsbetriebe mussten allein in diesem Jahr 4,6 Millionen Euro für die Entfernung von Graffiti und Vandalismusschäden aufbringen. Wir fordern eine Verschärfung der Bestrafung. Die rot-grüne Bundesregierung fördert dagegen durch ihre bewährte Strategie des „Weiter so!“ seit nunmehr drei Jahren offensichtlich die Verfestigung dieses Unrechtszustands in der Bevölkerung, nämlich fremdes Eigentum mutwillig zu beschädigen, und setzt damit dauerhaft ein rechtspolitisch nicht akzeptables Zeichen. Diese falsche Politik zieht rasch weitere Sachbeschädigungen und Vandalismus nach sich. Insofern ist es ein Irrtum, zu glauben, man könne Vandalismus und Graffitisprayen auseinander halten. Zudem steht das Sprayen von Graffiti bereits im Vorfeld in Verbindung zu anderen Straftaten wie Diebstahl und Hausfriedensbruch. Gehen Sie doch in die einschlägigen Viertel der Städte und schauen Sie sich das Ergebnis Ihrer Politik an! Wir wollen keine Kriminalisierung von Kinderstreichen, sondern eine klare Grenze zwischen Recht und Unrecht ziehen, die für alle unmissverständlich ist. Um eine präventive Politik betreiben zu können, muss man aber den Mechanismus von Eskalation verstehen. Jugendliche müssen Wertediskussionen führen, sich in die Rolle des Geschädigten versetzen und den Umfang des Schadens einschätzen können. ({5}) Sie müssen legale Möglichkeiten zur Entfaltung suchen, aber auch mögliche Konsequenzen und Strafen kennen lernen. Ich werde Ihnen sagen, warum. Stellen Sie sich folgende alltägliche Situation einmal vor: Sie wohnen in einer Häuserzeile und plötzlich taucht da ein Graffito auf. Wie reagieren Sie? Freuen Sie sich und sagen, ganz toll, auf so etwas habe ich gewartet, das finde ich schön? Dass bei Ihnen von Rot-Grün der prozentuale Anteil derjenigen, die dies so sehen würden, höher ist, ist mir klar. Herr Kollege Ströbele würde wahrscheinlich sagen: Was für ein künstlerisch schönes „tag“! Wie naiv sind Sie, zu glauben, die Menschen hierzulande würden so etwas gut finden? Die Folge ist zudem meist die Verunstaltung der ganzen Straße. Insofern geht der vorhin geäußerte Einwand fehl, die Schmiererei müsse schnell entfernt werden; denn irgendwer muss dafür bezahlen. Das sind die privaten und die öffentlichen Eigentümer. ({6}) Künstlerische Freiheit oder Farbschmierei? Dies ist sicher die Frage. Dass wir uns hier uneins sind, ist mir aber absolut unbegreiflich. Beispielsweise sagte der damalige baden-württembergische Justizminister Dr. Ulrich Goll am 22. März 2002: Ich habe im Bundesrat mit Interesse festgestellt, dass Ministerpräsident Clement, der mit mir sprach, gesagt hatte, er sei meiner Meinung. ({7}) Wir sehen hier wieder einmal, dass der Ministerpräsident Clement noch für die Verschärfung des Gesetzes war, der Bundesminister Clement hingegen schweigt. ({8}) Ich kann Ihnen noch ein weiteres Beispiel nennen. In einem Schreiben an „Haus & Grund“ hat die damalige SPD-Bundesjustizministerin Däubler-Gmelin wörtlich geschrieben: Deshalb bin ich sehr dafür, dass Graffiti in der Öffentlichkeit als das bezeichnet werden, was sie sind: ärgerliche Verunstaltungen und Eingriffe in die Rechte von Hausbesitzern. ({9}) - Schön. Wir fordern die Bundesregierung und insbesondere die neue Bundesjustizministerin auf, weniger den Mund voll zu nehmen - so wie ihre Vorgängerin -, sondern an einem konstruktiven Weg mit uns zu arbeiten. Mir sei gestattet, festzustellen, dass ich nach dem Besuch der Bundesjustizministerin in dieser Woche im Rechtsausschuss daran glaube, dass das so geschehen wird. ({10}) Es kann nicht sein - hier gebe ich Ihnen Recht, Herr Kollege Bachmaier -, dass sich bei den ohnehin wenigen Verfahren, in denen man Täter dingfest machen kann - hier sehe ich aber anders als Sie einen generalpräventiven Aspekt -, die Sachverständigen in aufwendigen und teuren Gutachten über das Für und Wider des Kunstbegriffes streiten müssen. Sowohl diese Gutachterstreitigkeiten als auch die Schadensermittlungen durch weitere Gutachter wären nach unserem Vorschlag für eine Gesetzesänderung nicht mehr nötig. Stellen wir uns einmal jemanden vor, der so etwas macht. Zumeist geht es dem Täter doch darum, im Freundeskreis damit zu prahlen. Dass er damit Sachbeschädigung begeht, stört ihn nicht im Geringsten. Im Gegenteil: Es ist das Verbotene, das lockt. Im Zweifel ist es ja Kunst. So etwas soll hier toleriert werden, meine Damen und Herren von der Koalition? Akzeptieren Sie endlich die Meinung der Bevölkerung! Hören Sie auf den Bundesrat, der seit Ende des letzten Jahres an Initiativen in Sachen Graffitibekämpfung arbeitet! Hören Sie auf uns von der CDU/CSU! Hören Sie auf die FDP! Die Gemeinden und die betroffenen Bürger hoffen auf strenge Gesetze, und dies zu Recht. ({11}) Die Bürgerinnen und Bürger sind für eine Verschärfung des Strafgesetzbuches an dieser Stelle, weil sie ihr Hab und Gut als gefährdet betrachten. Die Bundesregierung kommt aber nach wie vor dieser Forderung nicht nach. Deshalb ist diese Regierung kein Garant für Sicherheit und Ordnung in diesem Land. Eine Regierung, die Täterschonung zulasten der Opfer betreibt und die übertriebene Nachsicht gegenüber Menschen übt, die fremdes Eigentum beschädigen, ist zum Regieren nicht befähigt, da sie grundlegende Bürgerinteressen missachtet. ({12}) An dieser Stelle zeigt sich leider einmal mehr, dass Rot-Grün ein Werteverständnis besitzt, welches nicht dem der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger entspricht. Ich danke. ({13})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Herr Kollege Wanderwitz, herzlichen Glückwunsch zu Ihrer ersten Rede in diesem Hohen Hause. Ich wünsche Ihnen persönlich und politisch alles Gute. ({0}) Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzentwurfs auf Drucksache 15/63 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? - Das ist der Fall. Dann ist es so beschlossen. Da wir heute noch über Anträge auf Zurückweisung von Einsprüchen des Bundesrates abzustimmen haben, der Bundesrat, wie ich höre, aber noch tagt, unterbreche ich die Sitzung bis zum Ende der Sitzung des Bundesrates. Der Wiederbeginn der Sitzung wird Ihnen rechtzeitig durch Klingelzeichen und durch Hausdurchsage bekannt gegeben. Die Sitzung ist unterbrochen. ({1})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet. Ich setze Ihr Einverständnis voraus, dass wir die Abwicklung der noch zu erledigenden Tagesordnung mit den zu treffenden Entscheidungen so zügig wie eben möglich über die Bühne bringen. ({0}) - Ich bedanke mich für den spontanen Applaus. Interfraktionell ist vereinbart, die heutige Tagesordnung um die Beratung der Anträge der Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen auf Zurückweisung von Einsprüchen des Bundesrates zu erweitern und diese jetzt als Zusatzpunkt 9 aufzurufen. Dazu besteht ganz offensichtlich allgemeines Einverständnis. Dann ist so beschlossen. Ich rufe Zusatzpunkt 9 auf: Abstimmung über drei Anträge der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN auf Zurückweisung von Einsprüchen des Bundesrates Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass nach unserer Geschäftsordnung dazu eine Aussprache nicht zulässig ist. Das erledigt die Frage nach möglichen Rednern und deren Redezeiten. Es dürfen allenfalls Erklärungen zur Abstimmung abgegeben werden. Dazu liegen entsprechende Ankündigungen vor. Bevor wir zur Abstimmung über die Anträge kommen, bitte ich um Ihre Aufmerksamkeit für einige Hinweise zum Abstimmungsverfahren. Wir führen jetzt drei Abstimmungen durch, die jeweils namentlich erfolgen. Nach Art. 77 Abs. 4 des Grundgesetzes ist für die Zurückweisung eines Einspruchs des Bundesrates die Mehrheit der Mitglieder des Deutschen Bundestages erforderlich. Das sind mindestens 302 Stimmen. Wer den Einspruch zurückweisen will, muss mit Ja stimmen. Sie benötigen außer Ihren Stimmkarten auch Ihre Stimmausweise in den Farben Grün, Rosa und Blau für die drei Abstimmungen. Die Farbe des zu verwendenden Stimmausweises werde ich bei der jeweiligen Abstimmung gesondert mitteilen. Die Stimmausweise können Sie, soweit noch nicht geschehen, wie immer Ihrem Stimmkartenfach entnehmen. Bitte achten Sie, ebenfalls wie immer, darauf, dass Stimmkarten und Stimmausweise Ihren Namen tragen. Bevor Sie Ihre Stimmkarte in die Urne werfen, übergeben Sie bitte den jeweiligen Stimmausweis einem der Schriftführer an der Urne. Ich bitte schon jetzt um Verständnis: Die Schriftführer sind gehalten, eine ordnungsgemäße Abstimmung sicherzustellen. Das wird in der Hektik, mal mit und mal ohne Absicht, auch zum Einsatz von Ellbogen führen können. Es wäre schön - ich sehe schon demonstrative Zustimmung der Fraktionsvorsitzenden -, wenn wir uns in der Vorbereitung auf besinnliche Tage wechselseitig bemühten, uns die notwendigen Prozesse nicht unnötig schwer zu machen. Die Schriftführerinnen und Schriftführer bitte ich, darauf zu achten, dass Stimmkarten nur von Kolleginnen und Kollegen in die Urnen geworfen werden dürfen, die vorher ihren Stimmausweis in der richtigen Farbe abgegeben haben. Wir kommen jetzt zur ersten namentlichen Abstimmung. Sie benötigen Ihren grünen Stimmausweis. Wir stimmen jetzt über den Antrag der Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen auf Zurückweisung des Einspruchs des Bundesrates gegen das Erste Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt ab. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. - Sind alle Plätze besetzt? - Das ist offensichtlich der Fall. Dann eröffne ich hiermit die Abstimmung. Gibt es noch ein Mitglied des Hauses, das keine Gelegenheit hatte, seine Stimme für die erste Abstimmung abzugeben? - Zumindest meldet sich keines. ({1}) - Doch? Könnten Sie freundlicherweise winken, wenn diejenigen, die Sie im Auge haben, ihre Stimmkarte in die Urne geworfen haben? Ich bekomme gerade den zielführenden Hinweis, ich sollte mich besser nicht darauf verlassen, dass freiwillig gewinkt würde. Deswegen frage ich noch einmal: Sind jetzt alle Stimmen abgegeben? - Ich sehe ein hinreichend eindeutiges Nicken. Dann schließe ich hiermit die erste Abstimmung und bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen später bekannt gegeben, sodass wir die Abstimmungsprozedur fortsetzen können. Wir kommen jetzt zur zweiten namentlichen Abstimmung. Dazu benötigen Sie Ihren Stimmausweis in der Farbe Rosa. Wir stimmen nun über den Antrag der Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen auf Zurückweisung des Einspruches des Bundesrates gegen das Beitragssatzsicherungsgesetz auf der Drucksache 15/261 ab. Ich habe den Eindruck, dass die Schriftführerinnen und Schriftführer ihre vorgesehenen Plätze nicht verlassen und insofern längst wieder eingenommen haben. Mir wird auch nirgendwo signalisiert, dass eine der Urnen nicht mit Schriftführern umstellt wäre. Dann eröffne ich hiermit die zweite Abstimmung. Während jetzt die zweite Abstimmung stattfindet, weise ich darauf hin, dass es zu dieser zweiten namentlichen Abstimmung eine Reihe von persönlichen Erklärungen nach § 31 unserer Geschäftsordnung gibt, die wir nach den Regeln unserer Geschäftsordnung wie immer dem Protokoll beifügen. Vereinzelt angemeldete Zweifel, ob der Abstimmungsvorgang förmlich eröffnet sei, räume ich dadurch aus, dass ich bekräftige: Er ist eröffnet. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimmkarte nicht hat abgeben können? - Das ist offensichtlich nicht der Fall. Dann schließe ich auch die zweite Abstimmung. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Auch das Ergebnis dieser Abstimmung wird Ihnen später bekannt gegeben. Ich bin von einer bemerkenswert breiten Koalition von Repräsentanten der Regierung und der Opposition ermutigt worden, die Prozedur, wenn irgend möglich, weiter zu beschleunigen. Dazu sehe ich rein physisch nur eine einzige Möglichkeit: dass nämlich diejenigen, die schon abgestimmt haben, ihre Weihnachtswünsche nicht neben der Urne austauschen, sondern ein bisschen schneller Platz machen. Versuchen wir das jetzt einmal bei der dritten Abstimmung! Sie benötigen für die dritte namentliche Abstimmung Ihren blauen Stimmausweis. Wir kommen nun zur namentlichen Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen auf Zurückweisung des Einspruches des Bundesrates gegen das Gesetz zur Fortentwicklung der ökologischen Steuerreform, Drucksache 15/262. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die bereits eingenommenen Plätze nicht zu verlassen. Sind alle Urnen besetzt? - Das ist der Fall. Ich eröffne hiermit die dritte Abstimmung. Ich entnehme dem fröhlichen Winken im hinteren Teil des Plenarsaals, dass man dort den verlässlichen Eindruck hat, dass niemand mehr im Besitz einer Stimmkarte ist, die er noch abgeben möchte. Ich versichere mich dennoch förmlich: Hat jemand seine Stimmkarte noch nicht abgegeben? - Das scheint nicht der Fall zu sein. Dann schließe ich die dritte Abstimmung. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Diese haben mir zugesagt, alles Mögliche zu tun, um das Auszählen der Ergebnisse in rekordverdächtig kurzer Zeit abzuschließen. Bis zur Bekanntgabe der Ergebnisse der Abstimmungen unterbreche ich die Sitzung für wenige Minuten. ({2}) Vizepräsident Dr. Norbert Lammert

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet. Ich gebe Ihnen das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmungen bekannt. Da für alle drei Abstimmungen das gleiche Ergebnis ausgezählt worden ist, können wir die begonnene Übung fortsetzen, so zügig wie möglich zu verfahren, und drei Vorträge auf einen verdichten. Zu den drei Anträgen der Koalition zur Zurückweisung des Einspruchs des Bundesrates - das betrifft erstens das Erste Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, zweitens das Beitragssatzsicherungsgesetz und drittens das Gesetz zur Fortentwicklung der ökologischen Steuerreform; Drucksachen 15/260, 15/261 und 15/262 sind jeweils 572 Stimmen abgegeben worden. Mit Ja haben 305 Kolleginnen und Kollegen gestimmt, ({0}) mit Nein haben 267 Mitglieder des Bundestages gestimmt, Enthaltungen hat es in allen drei Abstimmungen nicht gegeben. Die Anträge sind mit der erforderlichen Mehrheit angenommen; Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 570 davon ja: 305 nein: 265 Ja SPD Dr. Lale Akgün Gerd Andres Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Ernst Bahr ({1}) Doris Barnett Dr. Hans-Peter Bartels Eckhardt Barthel ({2}) Klaus Barthel ({3}) Sören Bartol Sabine Bätzing Uwe Beckmeyer Dr. Axel Berg Ute Berg Hans-Werner Bertl Petra Bierwirth Rudolf Bindig Lothar Binding ({4}) Kurt Bodewig Gerd Friedrich Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann ({5}) Hans-Günter Bruckmann Edelgard Bulmahn Marco Bülow Ulla Burchardt Dr. Michael Bürsch Hans Martin Bury Hans Büttner ({6}) Marion Caspers-Merk Dr. Peter Danckert Karl Diller Martin Dörmann Peter Dreßen Detlef Dzembritzki Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann Hans Eichel Marga Elser Gernot Erler Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Annette Faße Elke Ferner Gabriele Fograscher Rainer Fornahl Gabriele Frechen Dagmar Freitag Lilo Friedrich ({7}) Iris Gleicke Günter Gloser Uwe Göllner Renate Gradistanac Angelika Graf ({8}) Dieter Grasedieck Monika Griefahn Kerstin Griese Gabriele Groneberg Achim Großmann Wolfgang Grotthaus Karl Hermann Haack ({9}) Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann ({10}) Anke Hartnagel Nina Hauer Hubertus Heil Reinhold Hemker Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Petra Heß Monika Heubaum Gabriele Hiller-Ohm Stephan Hilsberg Jelena Hoffmann ({11}) Walter Hoffmann ({12}) Iris Hoffmann ({13}) Frank Hofmann ({14}) Eike Hovermann Klaas Hübner Christel Humme Lothar Ibrügger Brunhilde Irber Renate Jäger Jann-Peter Janssen Klaus Werner Jonas Johannes Kahrs Ulrich Kasparick Ulrich Kelber Hans-Peter Kemper Klaus Kirschner Hans-Ulrich Klose Astrid Klug Dr. Heinz Köhler Walter Kolbow Fritz Rudolf Körper Karin Kortmann Rolf Kramer Anette Kramme Ernst Kranz Nicolette Kressl Volker Kröning Dr. Hans-Ulrich Krüger Angelika Krüger-Leißner Horst Kubatschka Ernst Küchler Helga Kühn-Mengel Ute Kumpf Dr. Uwe Küster Christian Lange ({15}) Christine Lehder Waltraud Lehn Dr. Elke Leonhard Eckhart Lewering Götz-Peter Lohmann Gabriele Lösekrug-Möller Erika Lotz Dr. Christine Lucyga Dirk Manzewski Tobias Marhold Lothar Mark Caren Marks Christoph Matschie Hilde Mattheis Markus Meckel Ulrike Mehl Petra-Evelyne Merkel Ulrike Merten Angelika Mertens Ursula Mogg Michael Müller ({16}) Christian Müller ({17}) Gesine Multhaupt Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Volker Neumann ({18}) Dietmar Nietan Dr. Erika Ober Holger Ortel Heinz Paula Johannes Pflug Joachim Poß Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Karin Rehbock-Zureich Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Christel RiemannHanewinckel Walter Riester Reinhold Robbe René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth ({19}) Michael Roth ({20}) Gerhard Rübenkönig Ortwin Runde Marlene Rupprecht ({21}) Thomas Sauer Anton Schaaf Axel Schäfer ({22}) Gudrun Schaich-Walch Rudolf Scharping Bernd Scheelen Dr. Hermann Scheer Siegfried Scheffler Horst Schild Otto Schily Horst Schmidbauer ({23}) Ulla Schmidt ({24}) Silvia Schmidt ({25}) Dagmar Schmidt ({26}) Wilhelm Schmidt ({27}) Vizepräsident Dr. Norbert Lammert Heinz Schmitt ({28}) Carsten Schneider Walter Schöler Olaf Scholz Karsten Schönfeld Fritz Schösser Wilfried Schreck Ottmar Schreiner Gerhard Schröder Gisela Schröter Brigitte Schulte ({29}) Reinhard Schultz ({30}) Swen Schulz ({31}) Dr. Angelica Schwall-Düren Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Erika Simm Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk Dr. Cornelie SonntagWolgast Wolfgang Spanier Dr. Margrit Spielmann Jörg-Otto Spiller Dr. Ditmar Staffelt Ludwig Stiegler Rolf Stöckel Christoph Strässer Rita Streb-Hesse Joachim Stünker Jörg Tauss Jella Teuchner Wolfgang Thierse Franz Thönnes Hans-Jürgen Uhl Rüdiger Veit Simone Violka Jörg Vogelsänger Ute Vogt ({32}) Dr. Marlies Volkmer Hans Georg Wagner Hedi Wegener Andreas Weigel Petra Weis Reinhard Weis ({33}) Matthias Weisheit Gunter Weißgerber ({34}) Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker Jochen Welt Dr. Rainer Wend Lydia Westrich Inge Wettig-Danielmeier Dr. Margrit Wetzel Andrea Wicklein Jürgen Wieczorek ({35}) Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Dieter Wiefelspütz Brigitte Wimmer ({36}) Engelbert Wistuba Barbara Wittig Dr. Wolfgang Wodarg Verena Wohlleben ({37}) Heidi Wright Uta Zapf Manfred Helmut Zöllmer Dr. Christoph Zöpel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck ({38}) Volker Beck ({39}) Cornelia Behm Birgitt Bender Matthias Berninger Grietje Bettin Alexander Bonde Ekin Deligöz Dr. Thea Dückert Jutta Dümpe-Krüger Dr. Uschi Eid Hans-Josef Fell Joseph Fischer ({40}) Katrin Dagmar GöringEckardt Anja Hajduk Winfried Hermann Antje Hermenau Peter Hettlich Ulrike Höfken Thilo Hoppe Michaele Hustedt Fritz Kuhn Renate Künast Markus Kurth Undine Kurth ({41}) Dr. Reinhard Loske Anna Lührmann Kerstin Müller ({42}) Christa Nickels Simone Probst Claudia Roth ({43}) Krista Sager Christine Scheel Irmingard Schewe-Gerigk Rezzo Schlauch Albert Schmidt ({44}) Werner Schulz ({45}) Petra Selg Ursula Sowa Rainder Steenblock Silke Stokar von Neuforn Jürgen Trittin Marianne Tritz Hubert Ulrich Dr. Antje Vogel-Sperl Dr. Antje Vollmer Dr. Ludger Volmer Josef Philip Winkler Margareta Wolf ({46}) Nein CDU/CSU Ulrich Adam Ilse Aigner Dietrich Austermann Norbert Barthle Dr. Wolf Bauer Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck ({47}) Veronika Bellmann Otto Bernhardt Dr. Rolf Bietmann Clemens Binninger Peter Bleser Antje Blumenthal Dr. Maria Böhmer Jochen Borchert Wolfgang Börnsen ({48}) Wolfgang Bosbach Dr. Wolfgang Bötsch Klaus Brähmig Helge Braun Paul Breuer Monika Brüning Georg Brunnhuber Verena Butalikakis Hartmut Büttner ({49}) Cajus Caesar Manfred Carstens ({50}) Peter H. Carstensen ({51}) Gitta Connemann Leo Dautzenberg Hubert Deittert Albert Deß Alexander Dobrindt Vera Dominke Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Maria Eichhorn Georg Fahrenschon Ilse Falk Dr. Hans Georg Faust Albrecht Feibel Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer ({52}) Dirk Fischer ({53}) Axel E. Fischer ({54}) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser ({55}) Erich G. Fritz Jochen-Konrad Fromme Dr. Michael Fuchs Hans-Joachim Fuchtel Norbert Geis Roland Gewalt Eberhard Gienger Georg Girisch Michael Glos Ralf Göbel Dr. Reinhard Göhner Tanja Gönner Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Olav Gutting Holger Haibach Gerda Hasselfeldt Helmut Heiderich Ursula Heinen Siegfried Helias Uda Carmen Freia Heller Michael Hennrich Jürgen Herrmann Bernd Heynemann Ernst Hinsken Peter Hintze Robert Hochbaum Martin Hohmann Joachim Hörster Hubert Hüppe Susanne Jaffke Dr. Peter Jahr Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Steffen Kampeter Irmgard Karwatzki Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder ({56}) Gerlinde Kaupa Eckart von Klaeden Jürgen Klimke Julia Klöckner Kristina Köhler ({57}) Manfred Kolbe Norbert Königshofen Hartmut Koschyk Rudolf Kraus Günther Krichbaum Dr. Günter Krings Dr. Martina Krogmann Dr. Hermann Kues Werner Kuhn ({58}) Dr. Karl A. Lamers ({59}) Barbara Lanzinger Karl-Josef Laumann Vera Lengsfeld Werner Lensing Peter Letzgus Ursula Lietz Walter Link ({60}) Eduard Lintner Patricia Lips Dr. Michael Luther Dorothee Mantel Erwin Marschewski ({61}) Stephan Mayer ({62}) Dr. Martin Mayer ({63}) Wolfgang Meckelburg Vizepräsident Dr. Norbert Lammert Dr. Michael Meister Dr. Angela Merkel Friedrich Merz Laurenz Meyer ({64}) Doris Meyer ({65}) Maria Michalk Hans Michelbach Klaus Minkel Marlene Mortler Dr. Gerd Müller Hildegard Müller Stefan Müller ({66}) Bernward Müller ({67}) Bernd Neumann ({68}) Henry Nitzsche Claudia Nolte Günter Nooke Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Melanie Oßwald Eduard Oswald Rita Pawelski Dr. Peter Paziorek Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Beatrix Philipp Ruprecht Polenz Thomas Rachel Hans Raidel Dr. Peter Ramsauer Helmut Rauber Christa Reichard ({69}) Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Hannelore Roedel Franz Romer Heinrich-Wilhelm Ronsöhr Dr. Klaus Rose Kurt J. Rossmanith Dr. Christian Ruck Albert Rupprecht ({70}) Peter Rzepka Anita Schäfer ({71}) Dr. Wolfgang Schäuble Andreas Scheuer Norbert Schindler Georg Schirmbeck Christian Schmidt ({72}) Andreas Schmidt ({73}) Dr. Andreas Schockenhoff Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Wilhelm Josef Sebastian Horst Seehofer Kurt Segner Matthias Sehling Marion Seib Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Christian Freiherr von Stetten Gero Storjohann Andreas Storm Max Straubinger Matthäus Strebl Thomas Strobl ({74}) Michael Stübgen Michaela Tadjadod Antje Tillmann Edeltraut Töpfer Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Uwe Vogel Angelika Volquartz Andrea Astrid Voßhoff Gerhard Wächter Peter Weiß ({75}) Gerald Weiß ({76}) Ingo Wellenreuther Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Willy Wimmer ({77}) Werner Wittlich Dagmar Wöhrl Wolfgang Zeitlmann Wolfgang Zöller Willi Zylajew FDP Daniel Bahr ({78}) Ernst Burgbacher Helga Daub Dr. Christian Eberl Otto Fricke Horst Friedrich ({79}) Rainer Funke Dr. Wolfgang Gerhardt Joachim Günther ({80}) Dr. Karlheinz Guttmacher Dr. Christel Happach-Kasan Christoph Hartmann ({81}) Klaus Haupt Ulrich Heinrich Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Jürgen Koppelin Ina Lenke Sabine LeutheusserSchnarrenberger Markus Löning Dirk Niebel Hans-Joachim Otto ({82}) Eberhard Otto ({83}) Detlef Parr Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Günter Rexrodt Marita Sehn Dr. Hermann Otto Solms Carl-Ludwig Thiele Dr. Dieter Thomae Jürgen Türk Dr. Claudia Winterstein fraktionslos Dr. Gesine Lötzsch Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 570 davon ja: 305 nein: 265 Ja SPD Dr. Lale Akgün Gerd Andres Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Ernst Bahr ({84}) Doris Barnett Dr. Hans-Peter Bartels Eckhardt Barthel ({85}) Klaus Barthel ({86}) Sören Bartol Sabine Bätzing Uwe Beckmeyer Dr. Axel Berg Ute Berg Hans-Werner Bertl Petra Bierwirth Rudolf Bindig Lothar Binding ({87}) Kurt Bodewig Gerd Friedrich Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann ({88}) Hans-Günter Bruckmann Edelgard Bulmahn Marco Bülow Ulla Burchardt Dr. Michael Bürsch Hans Martin Bury Hans Büttner ({89}) Marion Caspers-Merk Dr. Peter Danckert Karl Diller Martin Dörmann Peter Dreßen Detlef Dzembritzki Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann Hans Eichel Marga Elser Gernot Erler Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Annette Faße Elke Ferner Gabriele Fograscher Rainer Fornahl Gabriele Frechen Dagmar Freitag Lilo Friedrich ({90}) Iris Gleicke Günter Gloser Uwe Göllner Renate Gradistanac Angelika Graf ({91}) Dieter Grasedieck Monika Griefahn Kerstin Griese Gabriele Groneberg Achim Großmann Wolfgang Grotthaus Karl Hermann Haack ({92}) Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann ({93}) Anke Hartnagel Nina Hauer Hubertus Heil Reinhold Hemker Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Petra Heß Monika Heubaum Gabriele Hiller-Ohm Stephan Hilsberg Jelena Hoffmann ({94}) Walter Hoffmann ({95}) Iris Hoffmann ({96}) Frank Hofmann ({97}) Eike Hovermann Klaas Hübner Christel Humme Lothar Ibrügger Brunhilde Irber Renate Jäger Jann-Peter Janssen Klaus Werner Jonas Johannes Kahrs Ulrich Kasparick Ulrich Kelber Hans-Peter Kemper Klaus Kirschner Hans-Ulrich Klose Astrid Klug Vizepräsident Dr. Norbert Lammert Dr. Heinz Köhler Walter Kolbow Fritz Rudolf Körper Karin Kortmann Rolf Kramer Anette Kramme Ernst Kranz Nicolette Kressl Volker Kröning Dr. Hans-Ulrich Krüger Angelika Krüger-Leißner Horst Kubatschka Ernst Küchler Helga Kühn-Mengel Ute Kumpf Dr. Uwe Küster Christian Lange ({98}) Christine Lehder Waltraud Lehn Dr. Elke Leonhard Eckhart Lewering Götz-Peter Lohmann Gabriele Lösekrug-Möller Erika Lotz Dr. Christine Lucyga Dirk Manzewski Tobias Marhold Lothar Mark Caren Marks Christoph Matschie Hilde Mattheis Markus Meckel Ulrike Mehl Petra-Evelyne Merkel Ulrike Merten Angelika Mertens Ursula Mogg Michael Müller ({99}) Christian Müller ({100}) Gesine Multhaupt Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Volker Neumann ({101}) Dietmar Nietan Dr. Erika Ober Holger Ortel Heinz Paula Johannes Pflug Joachim Poß Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Karin Rehbock-Zureich Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Christel RiemannHanewinckel Walter Riester Reinhold Robbe René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth ({102}) Michael Roth ({103}) Gerhard Rübenkönig Ortwin Runde Marlene Rupprecht ({104}) Thomas Sauer Anton Schaaf Axel Schäfer ({105}) Gudrun Schaich-Walch Rudolf Scharping Bernd Scheelen Dr. Hermann Scheer Siegfried Scheffler Horst Schild Otto Schily Horst Schmidbauer ({106}) Ulla Schmidt ({107}) Silvia Schmidt ({108}) Dagmar Schmidt ({109}) Wilhelm Schmidt ({110}) Heinz Schmitt ({111}) Carsten Schneider Walter Schöler Olaf Scholz Karsten Schönfeld Fritz Schösser Wilfried Schreck Ottmar Schreiner Gerhard Schröder Gisela Schröter Brigitte Schulte ({112}) Reinhard Schultz ({113}) Swen Schulz ({114}) Dr. Angelica Schwall-Düren Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Erika Simm Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk Dr. Cornelie SonntagWolgast Wolfgang Spanier Dr. Margrit Spielmann Jörg-Otto Spiller Dr. Ditmar Staffelt Ludwig Stiegler Rolf Stöckel Christoph Strässer Rita Streb-Hesse Joachim Stünker Jörg Tauss Jella Teuchner Wolfgang Thierse Franz Thönnes Hans-Jürgen Uhl Rüdiger Veit Simone Violka Jörg Vogelsänger Ute Vogt ({115}) Dr. Marlies Volkmer Hans Georg Wagner Hedi Wegener Andreas Weigel Petra Weis Reinhard Weis ({116}) Matthias Weisheit Gunter Weißgerber ({117}) Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker Jochen Welt Dr. Rainer Wend Lydia Westrich Inge Wettig-Danielmeier Dr. Margrit Wetzel Andrea Wicklein Jürgen Wieczorek ({118}) Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Dieter Wiefelspütz Brigitte Wimmer ({119}) Engelbert Wistuba Barbara Wittig Dr. Wolfgang Wodarg Verena Wohlleben ({120}) Heidi Wright Uta Zapf Manfred Helmut Zöllmer Dr. Christoph Zöpel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck ({121}) Volker Beck ({122}) Cornelia Behm Birgitt Bender Matthias Berninger Grietje Bettin Alexander Bonde Ekin Deligöz Dr. Thea Dückert Jutta Dümpe-Krüger Franziska Eichstädt-Bohlig Dr. Uschi Eid Hans-Josef Fell Joseph Fischer ({123}) Katrin Dagmar GöringEckardt Anja Hajduk Winfried Hermann Antje Hermenau Peter Hettlich Ulrike Höfken Thilo Hoppe Michaele Hustedt Fritz Kuhn Renate Künast Markus Kurth Undine Kurth ({124}) Dr. Reinhard Loske Anna Lührmann Kerstin Müller ({125}) Christa Nickels Simone Probst Claudia Roth ({126}) Krista Sager Christine Scheel Irmingard Schewe-Gerigk Rezzo Schlauch Albert Schmidt ({127}) Werner Schulz ({128}) Petra Selg Ursula Sowa Rainder Steenblock Silke Stokar von Neuforn Jürgen Trittin Marianne Tritz Hubert Ulrich Dr. Antje Vogel-Sperl Dr. Antje Vollmer Dr. Ludger Volmer Josef Philip Winkler Margareta Wolf ({129}) Nein CDU/CSU Ulrich Adam Ilse Aigner Dietrich Austermann Norbert Barthle Dr. Wolf Bauer Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck ({130}) Veronika Bellmann Otto Bernhardt Dr. Rolf Bietmann Clemens Binninger Peter Bleser Antje Blumenthal Dr. Maria Böhmer Jochen Borchert Wolfgang Börnsen ({131}) Wolfgang Bosbach Dr. Wolfgang Bötsch Klaus Brähmig Helge Braun Paul Breuer Monika Brüning Georg Brunnhuber Verena Butalikakis Hartmut Büttner ({132}) Cajus Caesar Manfred Carstens ({133}) Peter H. Carstensen ({134}) Gitta Connemann Leo Dautzenberg Hubert Deittert Albert Deß Alexander Dobrindt Vera Dominke Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Maria Eichhorn Georg Fahrenschon Ilse Falk Dr. Hans Georg Faust Albrecht Feibel Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer ({135}) Dirk Fischer ({136}) Axel E. Fischer ({137}) Dr. Maria Flachsbarth Vizepräsident Dr. Norbert Lammert Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser ({138}) Erich G. Fritz Jochen-Konrad Fromme Dr. Michael Fuchs Hans-Joachim Fuchtel Norbert Geis Roland Gewalt Eberhard Gienger Georg Girisch Michael Glos Ralf Göbel Dr. Reinhard Göhner Tanja Gönner Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Olav Gutting Holger Haibach Gerda Hasselfeldt Helmut Heiderich Ursula Heinen Siegfried Helias Uda Carmen Freia Heller Michael Hennrich Jürgen Herrmann Bernd Heynemann Ernst Hinsken Peter Hintze Robert Hochbaum Martin Hohmann Joachim Hörster Hubert Hüppe Susanne Jaffke Dr. Peter Jahr Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Steffen Kampeter Irmgard Karwatzki Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder ({139}) Gerlinde Kaupa Eckart von Klaeden Jürgen Klimke Julia Klöckner Kristina Köhler ({140}) Manfred Kolbe Norbert Königshofen Hartmut Koschyk Rudolf Kraus Günther Krichbaum Dr. Günter Krings Dr. Martina Krogmann Dr. Hermann Kues Werner Kuhn ({141}) Dr. Karl A. Lamers ({142}) Barbara Lanzinger Karl-Josef Laumann Vera Lengsfeld Werner Lensing Peter Letzgus Ursula Lietz Walter Link ({143}) Eduard Lintner Patricia Lips Dr. Michael Luther Dorothee Mantel Erwin Marschewski ({144}) Stephan Mayer ({145}) Dr. Martin Mayer ({146}) Wolfgang Meckelburg Dr. Michael Meister Dr. Angela Merkel Friedrich Merz Laurenz Meyer ({147}) Doris Meyer ({148}) Maria Michalk Hans Michelbach Klaus Minkel Marlene Mortler Dr. Gerd Müller Hildegard Müller Stefan Müller ({149}) Bernward Müller ({150}) Bernd Neumann ({151}) Henry Nitzsche Claudia Nolte Günter Nooke Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Melanie Oßwald Eduard Oswald Rita Pawelski Dr. Peter Paziorek Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Beatrix Philipp Ruprecht Polenz Thomas Rachel Hans Raidel Dr. Peter Ramsauer Helmut Rauber Christa Reichard ({152}) Klaus Riegert Hannelore Roedel Franz Romer Heinrich-Wilhelm Ronsöhr Dr. Klaus Rose Kurt J. Rossmanith Dr. Christian Ruck Albert Rupprecht ({153}) Peter Rzepka Anita Schäfer ({154}) Dr. Wolfgang Schäuble Andreas Scheuer Norbert Schindler Georg Schirmbeck Christian Schmidt ({155}) Andreas Schmidt ({156}) Dr. Andreas Schockenhoff Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Wilhelm Josef Sebastian Horst Seehofer Kurt Segner Matthias Sehling Marion Seib Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Christian Freiherr von Stetten Gero Storjohann Andreas Storm Max Straubinger Matthäus Strebl Thomas Strobl ({157}) Michael Stübgen Michaela Tadjadod Antje Tillmann Edeltraut Töpfer Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Uwe Vogel Angelika Volquartz Andrea Astrid Voßhoff Gerhard Wächter Peter Weiß ({158}) Gerald Weiß ({159}) Ingo Wellenreuther Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Willy Wimmer ({160}) Werner Wittlich Dagmar Wöhrl Wolfgang Zeitlmann Wolfgang Zöller Willi Zylajew FDP Daniel Bahr ({161}) Ernst Burgbacher Helga Daub Dr. Christian Eberl Otto Fricke Horst Friedrich ({162}) Rainer Funke Dr. Wolfgang Gerhardt Joachim Günther ({163}) Dr. Karlheinz Guttmacher Dr. Christel Happach-Kasan Christoph Hartmann ({164}) Klaus Haupt Ulrich Heinrich Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Jürgen Koppelin Ina Lenke Sabine LeutheusserSchnarrenberger Markus Löning Dirk Niebel Hans-Joachim Otto ({165}) Eberhard Otto ({166}) Detlef Parr Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Andreas Pinkwart Dr. Günter Rexrodt Marita Sehn Dr. Hermann Otto Solms Carl-Ludwig Thiele Dr. Dieter Thomae Jürgen Türk Dr. Claudia Winterstein fraktionslos Dr. Gesine Lötzsch Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 569 davon ja: 305 nein: 264 Ja SPD Dr. Lale Akgün Gerd Andres Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Ernst Bahr ({167}) Doris Barnett Dr. Hans-Peter Bartels Eckhardt Barthel ({168}) Klaus Barthel ({169}) Sören Bartol Sabine Bätzing Uwe Beckmeyer Dr. Axel Berg Ute Berg Hans-Werner Bertl Petra Bierwirth Rudolf Bindig Lothar Binding ({170}) Kurt Bodewig Gerd Friedrich Bollmann Klaus Brandner Vizepräsident Dr. Norbert Lammert Willi Brase Bernhard Brinkmann ({171}) Hans-Günter Bruckmann Edelgard Bulmahn Marco Bülow Ulla Burchardt Dr. Michael Bürsch Hans Martin Bury Hans Büttner ({172}) Marion Caspers-Merk Dr. Peter Danckert Karl Diller Martin Dörmann Peter Dreßen Detlef Dzembritzki Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann Hans Eichel Marga Elser Gernot Erler Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Annette Faße Elke Ferner Gabriele Fograscher Rainer Fornahl Gabriele Frechen Dagmar Freitag Lilo Friedrich ({173}) Iris Gleicke Günter Gloser Uwe Göllner Renate Gradistanac Angelika Graf ({174}) Dieter Grasedieck Monika Griefahn Kerstin Griese Gabriele Groneberg Achim Großmann Wolfgang Grotthaus Karl Hermann Haack ({175}) Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann ({176}) Anke Hartnagel Nina Hauer Hubertus Heil Reinhold Hemker Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Petra Heß Monika Heubaum Gabriele Hiller-Ohm Stephan Hilsberg Jelena Hoffmann ({177}) Walter Hoffmann ({178}) Iris Hoffmann ({179}) Frank Hofmann ({180}) Eike Hovermann Klaas Hübner Christel Humme Lothar Ibrügger Brunhilde Irber Renate Jäger Jann-Peter Janssen Klaus Werner Jonas Johannes Kahrs Ulrich Kasparick Ulrich Kelber Hans-Peter Kemper Klaus Kirschner Hans-Ulrich Klose Astrid Klug Dr. Heinz Köhler Walter Kolbow Fritz Rudolf Körper Karin Kortmann Rolf Kramer Anette Kramme Ernst Kranz Nicolette Kressl Volker Kröning Dr. Hans-Ulrich Krüger Angelika Krüger-Leißner Horst Kubatschka Ernst Küchler Helga Kühn-Mengel Ute Kumpf Dr. Uwe Küster Christian Lange ({181}) Christine Lehder Waltraud Lehn Dr. Elke Leonhard Eckhart Lewering Götz-Peter Lohmann Gabriele Lösekrug-Möller Erika Lotz Dr. Christine Lucyga Dirk Manzewski Tobias Marhold Lothar Mark Caren Marks Christoph Matschie Hilde Mattheis Markus Meckel Ulrike Mehl Petra-Evelyne Merkel Ulrike Merten Angelika Mertens Ursula Mogg Michael Müller ({182}) Christian Müller ({183}) Gesine Multhaupt Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Volker Neumann ({184}) Dietmar Nietan Dr. Erika Ober Holger Ortel Heinz Paula Johannes Pflug Joachim Poß Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Karin Rehbock-Zureich Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Christel RiemannHanewinckel Walter Riester Reinhold Robbe René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth ({185}) Michael Roth ({186}) Gerhard Rübenkönig Ortwin Runde Marlene Rupprecht ({187}) Thomas Sauer Anton Schaaf Axel Schäfer ({188}) Gudrun Schaich-Walch Rudolf Scharping Bernd Scheelen Dr. Hermann Scheer Siegfried Scheffler Horst Schild Otto Schily Horst Schmidbauer ({189}) Ulla Schmidt ({190}) Silvia Schmidt ({191}) Dagmar Schmidt ({192}) Wilhelm Schmidt ({193}) Heinz Schmitt ({194}) Carsten Schneider Walter Schöler Olaf Scholz Karsten Schönfeld Fritz Schösser Wilfried Schreck Ottmar Schreiner Gerhard Schröder Gisela Schröter Brigitte Schulte ({195}) Reinhard Schultz ({196}) Swen Schulz ({197}) Dr. Angelica Schwall-Düren Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Erika Simm Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk Dr. Cornelie SonntagWolgast Wolfgang Spanier Dr. Margrit Spielmann Jörg-Otto Spiller Dr. Ditmar Staffelt Ludwig Stiegler Rolf Stöckel Christoph Strässer Rita Streb-Hesse Joachim Stünker Jörg Tauss Jella Teuchner Wolfgang Thierse Franz Thönnes Hans-Jürgen Uhl Rüdiger Veit Simone Violka Jörg Vogelsänger Ute Vogt ({198}) Dr. Marlies Volkmer Hans Georg Wagner Hedi Wegener Andreas Weigel Petra Weis Reinhard Weis ({199}) Matthias Weisheit Gunter Weißgerber ({200}) Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker Jochen Welt Dr. Rainer Wend Lydia Westrich Inge Wettig-Danielmeier Dr. Margrit Wetzel Andrea Wicklein Jürgen Wieczorek ({201}) Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Dieter Wiefelspütz Brigitte Wimmer ({202}) Engelbert Wistuba Barbara Wittig Dr. Wolfgang Wodarg Verena Wohlleben ({203}) Heidi Wright Uta Zapf Manfred Helmut Zöllmer Dr. Christoph Zöpel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck ({204}) Volker Beck ({205}) Cornelia Behm Birgitt Bender Matthias Berninger Grietje Bettin Alexander Bonde Ekin Deligöz Dr. Thea Dückert Jutta Dümpe-Krüger Franziska Eichstädt-Bohlig Dr. Uschi Eid Hans-Josef Fell Joseph Fischer ({206}) Katrin Dagmar GöringEckardt Anja Hajduk Winfried Hermann Antje Hermenau Peter Hettlich Ulrike Höfken Thilo Hoppe Michaele Hustedt Fritz Kuhn Renate Künast Markus Kurth Undine Kurth ({207}) Dr. Reinhard Loske Anna Lührmann Kerstin Müller ({208}) Vizepräsident Dr. Norbert Lammert Christa Nickels Simone Probst Claudia Roth ({209}) Krista Sager Christine Scheel Irmingard Schewe-Gerigk Rezzo Schlauch Albert Schmidt ({210}) Werner Schulz ({211}) Petra Selg Ursula Sowa Rainder Steenblock Silke Stokar von Neuforn Jürgen Trittin Marianne Tritz Hubert Ulrich Dr. Antje Vogel-Sperl Dr. Antje Vollmer Dr. Ludger Volmer Josef Philip Winkler Margareta Wolf ({212}) Nein CDU/CSU Ulrich Adam Ilse Aigner Dietrich Austermann Norbert Barthle Dr. Wolf Bauer Günter Baumann Veronika Bellmann Otto Bernhardt Dr. Rolf Bietmann Clemens Binninger Peter Bleser Antje Blumenthal Dr. Maria Böhmer Jochen Borchert Wolfgang Börnsen ({213}) Wolfgang Bosbach Dr. Wolfgang Bötsch Klaus Brähmig Helge Braun Paul Breuer Monika Brüning Georg Brunnhuber Verena Butalikakis Hartmut Büttner ({214}) Cajus Caesar Manfred Carstens ({215}) Peter H. Carstensen ({216}) Gitta Connemann Leo Dautzenberg Hubert Deittert Albert Deß Alexander Dobrindt Vera Dominke Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Maria Eichhorn Georg Fahrenschon Ilse Falk Dr. Hans Georg Faust Albrecht Feibel Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer ({217}) Dirk Fischer ({218}) Axel E. Fischer ({219}) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser ({220}) Erich G. Fritz Jochen-Konrad Fromme Dr. Michael Fuchs Hans-Joachim Fuchtel Norbert Geis Roland Gewalt Eberhard Gienger Georg Girisch Michael Glos Ralf Göbel Dr. Reinhard Göhner Tanja Gönner Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Olav Gutting Holger Haibach Gerda Hasselfeldt Helmut Heiderich Ursula Heinen Siegfried Helias Uda Carmen Freia Heller Michael Hennrich Jürgen Herrmann Bernd Heynemann Ernst Hinsken Peter Hintze Robert Hochbaum Martin Hohmann Joachim Hörster Hubert Hüppe Susanne Jaffke Dr. Peter Jahr Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Steffen Kampeter Irmgard Karwatzki Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder ({221}) Gerlinde Kaupa Eckart von Klaeden Jürgen Klimke Julia Klöckner Kristina Köhler ({222}) Manfred Kolbe Norbert Königshofen Hartmut Koschyk Rudolf Kraus Günther Krichbaum Dr. Günter Krings Dr. Martina Krogmann Dr. Hermann Kues Werner Kuhn ({223}) Dr. Karl A. Lamers ({224}) Barbara Lanzinger Karl-Josef Laumann Vera Lengsfeld Werner Lensing Peter Letzgus Ursula Lietz Walter Link ({225}) Eduard Lintner Patricia Lips Dr. Michael Luther Dorothee Mantel Erwin Marschewski ({226}) Stephan Mayer ({227}) Dr. Martin Mayer ({228}) Wolfgang Meckelburg Dr. Michael Meister Dr. Angela Merkel Friedrich Merz Laurenz Meyer ({229}) Doris Meyer ({230}) Maria Michalk Hans Michelbach Klaus Minkel Marlene Mortler Dr. Gerd Müller Hildegard Müller Stefan Müller ({231}) Bernward Müller ({232}) Bernd Neumann ({233}) Henry Nitzsche Claudia Nolte Günter Nooke Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Melanie Oßwald Eduard Oswald Rita Pawelski Dr. Peter Paziorek Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Beatrix Philipp Ruprecht Polenz Thomas Rachel Hans Raidel Dr. Peter Ramsauer Helmut Rauber Christa Reichard ({234}) Klaus Riegert Hannelore Roedel Franz Romer Heinrich-Wilhelm Ronsöhr Dr. Klaus Rose Kurt J. Rossmanith Dr. Christian Ruck Albert Rupprecht ({235}) Peter Rzepka Anita Schäfer ({236}) Dr. Wolfgang Schäuble Andreas Scheuer Norbert Schindler Georg Schirmbeck Christian Schmidt ({237}) Andreas Schmidt ({238}) Dr. Andreas Schockenhoff Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Wilhelm Josef Sebastian Horst Seehofer Kurt Segner Matthias Sehling Marion Seib Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Christian Freiherr von Stetten Gero Storjohann Andreas Storm Max Straubinger Matthäus Strebl Thomas Strobl ({239}) Michael Stübgen Michaela Tadjadod Antje Tillmann Edeltraut Töpfer Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Uwe Vogel Angelika Volquartz Andrea Astrid Voßhoff Gerhard Wächter Peter Weiß ({240}) Gerald Weiß ({241}) Ingo Wellenreuther Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Willy Wimmer ({242}) Werner Wittlich Dagmar Wöhrl Wolfgang Zeitlmann Wolfgang Zöller Willi Zylajew FDP Daniel Bahr ({243}) Ernst Burgbacher Helga Daub Dr. Christian Eberl Otto Fricke Horst Friedrich ({244}) Rainer Funke Dr. Wolfgang Gerhardt Joachim Günther ({245}) Dr. Karlheinz Guttmacher Dr. Christel Happach-Kasan Christoph Hartmann ({246}) Klaus Haupt Vizepräsident Dr. Norbert Lammert Ulrich Heinrich Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Jürgen Koppelin Ina Lenke Sabine LeutheusserSchnarrenberger Markus Löning Dirk Niebel Hans-Joachim Otto ({247}) Eberhard Otto ({248}) Detlef Parr Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Andreas Pinkwart Dr. Günter Rexrodt Marita Sehn Dr. Hermann Otto Solms Carl-Ludwig Thiele Dr. Dieter Thomae Jürgen Türk Dr. Claudia Winterstein fraktionslos Dr. Gesine Lötzsch die Einsprüche des Bundesrates sind damit zurückgewiesen. Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tagesordnung. Wir sind auch am Schluss der parlamentarischen Arbeit dieses Jahres. Es war ein Jahr mit manchen Aufregungen, manchen Erfolgen, vielleicht auch manchen Enttäuschungen, viel notwendigem, gelegentlich vielleicht auch vermeidbarem Streit. Gerade weil dies so ist, will ich auch im Namen der übrigen Kolleginnen und Kollegen des Präsidiums allen Mitgliedern des Bundestages und ihren Familien ein ruhiges, besinnliches und gesegnetes Weihnachtsfest und alles Gute für das neue Jahr wünschen. ({249}) Die Sitzung ist geschlossen.