Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 3/31/2004

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Grüß Gott, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sitzung ist eröffnet. Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf: Befragung der Bundesregierung Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Kabinettssitzung mitgeteilt: Wettbewerb zur Spitzenförderung von Hochschulen. Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht hat der Parlamentarische Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung, Christoph Matschie.

Christoph Matschie (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001434

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Seit die Bundesregierung im Januar dieses Jahres im Rahmen ihrer Innovationsoffensive den Vorschlag unterbreitet hat, einen Wettbewerb zur Entwicklung von Spitzenuniversitäten durchzuführen, sind wir - bei all unseren kontroversen Diskussionen - ein gutes Stück vorangekommen. Es war von Anfang an unstreitig, dass die Forschung an Hochschulen gestärkt werden muss und dass Bund und Länder dafür eng zusammenwirken müssen. Die Bundesregierung hat einen Wettbewerb mit dem Titel „Brain up!“ vorgeschlagen, der deutsche Universitäten dabei unterstützen soll, sich schneller zu Spitzenuniversitäten zu entwickeln, die mit bekannten Spitzenuniversitäten im Ausland wie der ETH Zürich, Harvard, Stanford oder Oxford konkurrieren können. Die Universitäten selbst sollen in diesem Wettbewerb in die Lage versetzt werden, hierfür eine geeignete Strategie zu entwickeln und ihr Entwicklungskonzept umzusetzen. Dazu soll eine projektorientierte Förderung durch den Bund mit einem Volumen von bis zu 50 Millionen Euro pro Jahr und Universität für wenigstens fünf Jahre beitragen. Die Länder verfolgten nach ihrer ersten ablehnenden Reaktion auf den Wettbewerb ein anderes Konzept: Anstelle ganzer Universitäten sollten Exzellenznetzwerke und einzelne Fachbereiche gefördert werden. Sie wollten die Nachwuchsförderung durch Graduiertenzentren verbessern und herausragende Lehrangebote fördern. Letzten Montag ist es nun gelungen, zwischen Bund und Ländern eine Einigung über die Spitzenförderung der deutschen Hochschulen zu erzielen. ({0}) Die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung verständigte sich darauf, neben den Spitzenuniversitäten auch ein so genanntes Netzwerk der Exzellenz zu unterstützen. Im Rahmen der Exzellenznetzwerke zur Förderung der Spitzenforschung sollen auch einzelne Fachbereiche von Universitäten sowie Kooperationen mit außeruniversitären Einrichtungen gefördert werden. Als weiteres Element sollen Graduiertenschulen für den wissenschaftlichen Nachwuchs unterstützt werden. Es bleibt jedoch dabei, dass Antragsteller und Mittelempfänger im Rahmen des Wettbewerbs die Universitäten als Ganzes sind, nicht Einzelpersonen oder Fachbereiche. Hierbei handelt es sich um eine Einigung, durch die alle gewinnen. Bund und Länder wollen durch den Wettbewerb den Prozess einer positiven Leistungsspirale in Gang setzen, der die Ausbildung von Spitzen und die Anhebung der Qualität des Hochschul- und Wissenschaftsstandorts Deutschland in der Breite zum Ziel hat. Die Auswahl der Hochschulen setzt daher an der Exzellenz von Wissenschaftsbereichen, die für die jeweilige Hochschule struktur- und profilbildend sind oder werden sollen, an. Diese Exzellenz muss sich im Wettbewerb immer wieder bewähren. Deshalb soll der Wettbewerb wiederholt werden. Es versteht sich ebenfalls von selbst, dass wir unsere Ziele nur erreichen können, wenn diese Maßnahmen nachhaltig wirksam sind. Deshalb ist die Förderung auf mittlere bis längere Frist angelegt. Es handelt sich nun um einen gemeinsamen Wettbewerb von Bund und Ländern. So haben die Länder bereits angekündigt, dass sie sich an der Finanzierung Redetext beteiligen werden, wobei die Höhe und die Finanzierungsmodalitäten noch offen sind. Insgesamt wollen Bund und Länder für die Spitzenhochschulen mehr als die bisher angekündigten Bundesmittel zur Verfügung stellen. Die Details der künftigen Hochschulförderung sollen auf Staatssekretärsebene bis Juni dieses Jahres ausgearbeitet werden. Ich bin zuversichtlich, dass der Einigung auf das Grundsätzliche auch eine rasche, konstruktive Einigung über die Details des Wettbewerbs folgen wird. ({1})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ich bitte, zunächst Fragen zu dem Themenbereich zu stellen, über den soeben berichtet wurde. Die erste Frage hat die Kollegin Dr. Gesine Lötzsch.

Dr. Gesine Lötzsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003584, Fraktion: Fraktionslos (Fraktionslos)

Herr Staatssekretär, Sie haben berichtet, dass sich die Länder an der Finanzierung beteiligen sollen und auch wollen. Nun wissen Sie ja, dass einige Länder extreme Finanzierungsschwierigkeiten haben; ich denke da an mein Heimatland Berlin, das die extreme Haushaltsnotlage erklären müsste. Wie wird denn gewährleistet, dass Länder mit extremen Finanzierungsschwierigkeiten, wie Berlin, sich auch an diesem Wettbewerb beteiligen können? Oder sind sie davon ausgeschlossen? Das wollen wir doch sicherlich nicht.

Christoph Matschie (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001434

In der BLK ist am Montag eine Vereinbarung darüber erzielt worden, dass sich die Länder an diesem Wettbewerb auch finanziell beteiligen. Die Details dieser finanziellen Beteiligung werden auf Staatssekretärsebene geklärt. Es gab kein Land, das erklärt hat, sich nicht beteiligen zu wollen. Deshalb gehe ich davon aus, dass hier eine Einigung gefunden wird.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Die nächste Frage hat die Kollegin Katherina Reiche.

Katherina Reiche (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003209, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Einschätzung, dass der Bund mit dem Beschluss der BLK dem Konzept der Länder folgen musste und der Wettbewerb nun auf Fachbereichsebene erfolgt, wie auch wir immer wieder festgestellt haben? Welche Rolle wird in Zukunft die DFG bei der Verteilung der Mittel spielen?

Christoph Matschie (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001434

Frau Kollegin Reiche, Ihre Wahrnehmung trifft nicht zu. Der Wettbewerb ist klar als Wettbewerb von Hochschulen vereinbart: Mittelempfänger und Antragsteller ist die jeweilige Hochschule als Ganzes. Neben den Spitzenuniversitäten werden Exzellenznetzwerke und Graduiertenschulen gefördert.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Die nächste Frage hat der Kollege Dr. Bergner.

Dr. Christoph Bergner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003505, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie haben nichts über die Rechtsgrundlage gesagt, auf deren Basis die Finanzierung erfolgen soll. Der Pressemitteilung der Bund-LänderKommission entnehme ich, dass Art. 91 b des Grundgesetzes ins Auge gefasst wird. Nun finden im Moment die Beratungen der Föderalismuskommission über die Gemeinschaftsaufgaben statt. Der Förderzeitraum soll deutlich über das Jahr 2006 hinausgehen; insofern erscheint mir diese Bezugnahme ausgesprochen kühn. Ich möchte Sie deshalb fragen, ob Sie davon ausgehen, dass die Föderalismuskommission eine Beibehaltung des Art. 91 b des Grundgesetzes vorsehen wird, und was Ihnen das Recht zu dieser Annahme gibt? Werden damit auch andere Entflechtungsvorhaben Ihres Ministeriums - ich sage nur: Leibniz-Gesellschaft - aufgehoben? Frau Präsidentin, wenn Sie es mir erlauben, möchte ich das Thema Verfassungsrecht im Block abhandeln. Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass der Hochschulbau verfassungsrechtlich in Art. 91 a des Grundgesetzes geregelt wird, Art. 91 b des Grundgesetzes bezieht sich nur auf die Forschungsförderung. Kann man also davon ausgehen, dass sich die Ausgaben für die Eliteuniversitäten ausschließlich auf die Forschung, nicht aber auf Baumaßnahmen oder auf die Lehre beziehen werden?

Christoph Matschie (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001434

Herr Kollege Bergner, die BLK hat sich darauf verständigt, eine Vereinbarung nach Art. 91 b des Grundgesetzes zu treffen. Die Details dieser Vereinbarung werden jetzt von einer Staatssekretärsrunde erarbeitet. Mithin ist davon auszugehen, dass die BLK der Auffassung war, dass dieser Artikel auch in der Zukunft eine tragfähige Rechtsgrundlage bildet. Sie wissen, dass unser Haus immer dafür plädiert hat, dass wir die gemeinsame Förderung fortsetzen, dass wir diese Gemeinschaftsaufgabe brauchen. ({0}) Zum weiteren Verfahren muss natürlich die Föderalismuskommission eine Entscheidung treffen. Den konkreten Mitteleinsatz wird die Staatssekretärsrunde, die gerade eingesetzt worden ist, klären. Wir hoffen, dass es bis Juni zu einer Verständigung zwischen Bund und Ländern über den konkreten Mitteleinsatz und die Ausgestaltung des Wettbewerbs kommt. Noch ein Hinweis: Die Länder haben angekündigt, dass sie zusätzlich Spitzenleistungen in der Lehre an Universitäten fördern wollen. ({1})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Die nächste Frage hat der Kollege Dr. Ernst Dieter Rossmann.

Dr. Ernst Dieter Rossmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003211, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, könnten Sie uns berichten, wie die Stimmung in der Bund-Länder-Kommission war? Wurde der Prozess konstruktiv, positiv und ergebnisorientiert geführt oder liefen die Beratungen unter großen Konflikten ab? ({0}) Wir im Parlament - von der FDP über die Grünen bis zur SPD - sind einheitlich der Auffassung, dass die BundLänder-Kommission auch in schwierigen Fragen sehr gut Kompromisse finden kann. Darüber hinaus frage ich Sie - ich werde jetzt konkreter -, ob es bereits eine Diskussion darüber gegeben hat, wie der Wettbewerb ausgestaltet werden soll. Die Ministerin hatte unter anderem vorgeschlagen, auch externe Sachverständige, zum Teil aus dem internationalen Bereich, in die Begutachtung einzubeziehen. Waren Sie darin übereinstimmend der Meinung, dass der Wettbewerbsgedanke der Ministerin trägt? Schließlich haben wir alle noch im Ohr, wie sehr die CDU in diesem Parlament diesen Gedanken lächerlich gemacht hat.

Christoph Matschie (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001434

Herr Kollege Rossmann, einen Stimmungsbericht aus der Sitzung der BLK kann ich Ihnen leider nicht geben, da ich selbst nicht anwesend war. Das Ergebnis der Verhandlungen zeigt aber, dass sowohl Bund als auch Länder an einem gemeinsamen Ergebnis interessiert waren, das sie dann auch erzielt haben. Alle, die daran mitgewirkt haben, haben nach meiner Auffassung versucht, eine Lösung zu finden, und waren sehr konstruktiv dabei, nachdem es zu Beginn unterschiedliche Auffassungen gab. Insofern gehe ich davon aus, dass darüber in guter Stimmung verhandelt worden ist. Zum Wettbewerbsgedanken: Klar ist, dass es einen Wettbewerb geben wird und dass dieser wiederholt werden soll. Schließlich wollen wir dieses Programm mittelund langfristig anlegen. Die Details des Wettbewerbs, zum Beispiel wie die Jury konkret ausgestaltet sein wird, sollen zunächst in der Staatssekretärsrunde vereinbart werden.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Die nächste Frage hat die Kollegin Ute Berg.

Ute Berg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003504, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, in der öffentlichen Diskussion werden Breitenbildung und Spitzenförderung häufig als Gegensatz dargestellt. Könnten Sie kurz erläutern, dass Spitzenförderung bzw. Förderung von Spitzenuniversitäten einer Breitenbildung nicht entgegensteht?

Christoph Matschie (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001434

Frau Kollegin, klar ist, dass wir die Förderung sowohl in der Breite als auch in der Spitze brauchen. Deutschland hat insgesamt ein sehr gutes und leistungsfähiges Hochschulsystem. Anliegen dieses Wettbewerbs ist, dass unsere Spitze stärker sichtbar wird, auch international. Das soll aber nicht zulasten der Breitenförderung gehen. Darin sind sich alle Beteiligten einig.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Die nächste Frage hat die Kollegin Vera Dominke.

Vera Dominke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003518, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie haben am Schluss Ihrer Eingangsausführungen gesagt, die Bundesregierung beabsichtige, insgesamt mehr als die bisher angekündigten Bundesmittel zur Verfügung zu stellen. Was bedeutet das konkret? Woher wollen Sie die Mittel nehmen? Wie wollen Sie bei diesem Programm, dessen Fortsetzung Sie schon ankündigen, die Evaluierung durchführen?

Christoph Matschie (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001434

Frau Kollegin, Sie haben mich in dieser Frage nicht ganz richtig verstanden. Ich habe hier vorgetragen, Bund und Länder wollten mehr als die bisher angekündigten Bundesmittel für Spitzenhochschulen zur Verfügung stellen. Da die Länder in der BLK zugesagt haben, sich finanziell an dem Programm zu beteiligen, haben wir für diesen Wettbewerb mehr als nur die Bundesmittel zur Verfügung. Das habe ich mit meiner Aussage gemeint.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Die nächste Frage hat der Kollege Jörg Tauss.

Jörg Tauss (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002813, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, zunächst einmal möchte ich ein Kompliment für die konstruktive Form aussprechen, in der die Initiative der Bundesregierung mit den Ländern verhandelt wurde und es hier zu einer Einigung gekommen ist. Ich halte das bildungspolitisch für eine bedeutende Entwicklung in Deutschland, die man entsprechend würdigen sollte. Ergänzend zu dem, was die Bundesministerin Edelgard Bulmahn zunächst vorgetragen hatte, haben die Länder die Idee der Exzellenznetzwerke eingebracht. Aufgrund der veränderten Prämissen der Forschungspolitik haben wir die Netzwerke seit 1998 immer in den Mittelpunkt unserer Betrachtungen gestellt. Meine Fragen lauten: Welche wesentlichen Netzwerke gibt es im Moment? Inwieweit wird darüber diskutiert, die jetzt schon bestehenden Netzwerke möglicherweise in entsprechende Überlegungen einzubeziehen? Wo könnten dort die Schwerpunkte liegen?

Christoph Matschie (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001434

Sehr geehrter Herr Kollege Tauss, alle Beteiligten wollen, dass der Wettbewerb bei den bereits existierenden Spitzenleistungen sowohl in den vorhandenen Netzwerken als auch in einzelnen Universitäten ansetzt. Hinzukommen sollen Konzepte bezüglich der Weiterentwicklung dieser Spitzenleistungen und der Verbesserung der Kooperation sowie des Hochschulmanagements insgesamt. Deshalb ist es ganz klar, dass wir mit dem Wettbewerb bei dem bei der Förderung der Exzellenzen, in den Netzwerken, in den Hochschulen und in den Fachbereichen bereits Erreichten ansetzen werden. Ich gehe davon aus, dass wir im Ausschuss oder auch hier im Parlament noch intensiver darüber diskutieren können, wenn wir die Details dieses Wettbewerbs vereinbart haben.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Frau Kollegin Flach, bitte.

Ulrike Flach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003119, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, ich gehe ganz definitiv davon aus, dass wir das im Ausschuss diskutieren werden. Das ist aber nicht meine Frage. Im Umfeld dieser Diskussionen hat es immer wieder den Verdacht gegeben, dass bereits zum jetzigen Zeitpunkt - Wettbewerb hin, Wettbewerb her - einige Hochschulen ausgesucht wurden. Ein Beispiel aus Berlin kann ich direkt nennen: Bezüglich des Themas Governance wird sehr konkret darüber diskutiert, wie schön es wäre, wenn die Humboldt-Universität von dem Segen etwas abbekäme. Sie wissen, dass die FDP immer für einen ausgeprägten Wettbewerb steht. Es wäre nicht in unserem Sinne, wenn das schon vorher festgelegt würde. Meine direkte Frage an Sie: Ist das wahr? Stimmen diese Gerüchte?

Christoph Matschie (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001434

Frau Kollegin Flach, ich kann Sie beruhigen: Solche Gerüchte stimmen nicht. Weder plant der Bund, eigens Elitehochschulen zu gründen und einzurichten - das hat er von Anfang an nicht getan -, noch stehen diejenigen, die sich im Wettbewerb durchsetzen werden, schon jetzt fest. Wir wollen einen echten Wettbewerb, an dem sich die Hochschulen beteiligen. Wie gesagt: Wir wollen die konkreten Details dieses Wettbewerbs gemeinsam mit den Ländern vereinbaren. Ich glaube, es ist sehr gut, dass es jetzt nicht nur einen Wettbewerb des Bundes gibt. Durch den gemeinsamen Wettbewerb von Bund und Ländern wird nämlich sichergestellt, dass alle Interessen berücksichtigt werden. Von der Ausgestaltung dieses Wettbewerbs wird es abhängen, welche Hochschulen sich am Ende durchsetzen. ({0})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Die nächste Frage hat die Kollegin Marion Seib.

Marion Seib (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003011, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, heute war in der Presse zu lesen, dass sich Frau Ministerin Bulmahn für die Abschaffung des Hochschulrahmengesetzes ausspricht. Ich hätte von Ihnen gerne gewusst: Erstens. Welche Konsequenzen ergeben sich nach den Einschätzungen Ihres Hauses daraus? Zweitens. Welche Vorgaben haben diesen Beschluss der Ministerin befördert? Drittens. Zu welchem Zeitpunkt soll dies geschehen - vor, während oder nach den Verhandlungen der Föderalismuskommission?

Christoph Matschie (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001434

Frau Kollegin, wenn ich über die Presseäußerung richtig informiert bin, dann hat Frau Ministerin Bulmahn einerseits deutlich gemacht, dass sie sich vorstellen kann, das Hochschulrahmengesetz auf wenige Kernpunkte zu beschränken, und andererseits, dass sie sich vorstellen kann - natürlich vorbehaltlich der Beschlüsse der Föderalismuskommission -, die Rahmengesetzgebung an dieser Stelle durch eine konkurrierende Gesetzgebung zu ersetzen. ({0}) Diese Vorstellungen werden schon von der Föderalismuskommission diskutiert. Insofern sind in diesem Interview keine neuen Vorstellungen geäußert worden. Die Föderalismuskommission wird am Ende der Beratungen darüber entscheiden, welches Konzept sie wählt.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Frau Kollegin Seib, ich möchte Ihnen im Namen des ganzen Hauses zu Ihrem heutigen 50. Geburtstag recht herzlich gratulieren. Alles Gute! ({0}) Das Wort hat der Kollege Dr. Bergner.

Dr. Christoph Bergner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003505, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, man fragt sich, warum sich in den Jahrzehnten des Bestehens der Bundesrepublik Deutschland bisher keine Eliteuniversitäten, wie sie sich die Frau Ministerin wünscht, herausgebildet haben. ({0}) Dabei stößt man auf gewisse rechtliche Sachverhalte. Ich nenne hier das Kapazitätsrecht, das auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 12 Grundgesetz, also einem unserer Grundrechte, zurückzuführen ist. Es ermöglicht denen, die eine Hochschulzugangsberechtigung vorweisen können, Zugang zu allen Hochschuleinrichtungen. Gehen Sie davon aus, dass die Entwicklung des Konzepts der Eliteuniversität im Schatten dieser Rechtsprechung möglich ist? Wie stellen Sie sich angesichts dieser Zugangsregelungen den Hochschulzugang zu Eliteuniversitäten vor, der, wenn der Begriff irgendeinen Sinn ergeben soll, selektiv sein muss?

Christoph Matschie (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001434

Herr Kollege Bergner, ich will zunächst deutlich machen, dass die Entwicklung von Spitzenuniversitäten in unserem Land vor dem Hintergrund unseres etablierten Systems erfolgt. Ich bin der Überzeugung, dass wir nicht das kopieren können, was andere Länder in diesem Bereich gemacht haben, ({0}) sondern dass wir zur Entwicklung von Spitzenleistungen unseren eigenen Weg gehen müssen. Dieser Wettbewerb setzt an unserem existierenden System an. Sie haben die Kapazitätsverordnung angesprochen. Sie wissen genauso gut wie ich, dass sie auf einer Vereinbarung der Länder beruht. ({1}) Natürlich muss im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung der Universitäten auch über die Stärkung der Autonomie von Hochschulen diskutiert werden. In dieser Frage sind aber die Länder ganz wesentlich involviert. Sie müssen hier Regelungen treffen. Ich wiederhole es: Frau Bundesministerin Bulmahn hat schon in der Vergangenheit deutlich gemacht, dass sie sich vorstellen kann, die rechtlichen Regelungen, die der Bund in diesem Zusammenhang getroffen hat, auf Kernpunkte zu beschränken. Ich würde mich freuen, wenn die Diskussion über die Weiterentwicklung der Autonomie von Hochschulen auch in den Ländern vorankommt. ({2})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Herr Kollege Rossmann, bitte.

Dr. Ernst Dieter Rossmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003211, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, die Länder haben vor allen Dingen die Förderung von Graduiertenschulen in das Konzept eingebracht. Mich interessiert der grobe Verhandlungsrahmen, was die Förderung angeht. Der Bund hat in Bezug auf die Finanzierung der Spitzenuniversitäten fünfmal 250 Millionen Euro in Aussicht gestellt. Lässt sich hinsichtlich der Graduiertenschulen als Instrument der Gewinnung von wissenschaftlichem Nachwuchs und seiner Förderung schon jetzt erkennen, welcher Finanzrahmen in den bisherigen BLK-Verhandlungen ins Auge gefasst wurde?

Christoph Matschie (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001434

Herr Kollege Rossmann, bisher gibt es keine Vereinbarung darüber, wie groß der Finanzrahmen ist. Klar ist aber, dass der Wettbewerb aus drei Elementen bestehen soll: der Förderung von Spitzenuniversitäten, der Förderung von Exzellenznetzwerken und -clustern sowie der weiteren Einrichtung von Graduiertenschulen. Ebenso ist klar, dass wir über die Summe von 250 Millionen Euro hinaus, die bisher vorgesehen sind, Mittel benötigen. Der Umfang ist jedoch noch nicht festgelegt.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Der Kollege Michael Kretschmer, bitte.

Michael Kretschmer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003572, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, könnten Sie die zur Verfügung stehenden Mittel pro Universität in ein Verhältnis zu dem setzen, was bei vergleichbaren Einrichtungen im Ausland an finanziellen Ressourcen bereitgestellt wird? Die Ministerin hat einmal einen Vergleich mit der Universität Oxford oder der ETH Zürich gebracht; sie sollen vom Niveau her mit den deutschen Universitäten vergleichbar sein. Können Sie uns sagen, wie hoch das Budget dieser Einrichtungen ist und welchen Beitrag diese 50 Millionen Euro pro Jahr leisten können? In diesem Zusammenhang interessiert uns brennend: Woher kommt das Geld, das der Bund zur Verfügung stellen will? Wir sind sehr besorgt, weil wir erlebt haben, dass Sie den Aufwuchs bei den außeruniversitären Forschungseinrichtungen zulasten der Projektförderung finanzieren. Wir streben eine Umschichtung von konsumptiven Ausgaben, also Subventionen, in die Forschung an und keine Umschichtung im Forschungsbereich selbst. Wann werden Sie die Regelungen zurücknehmen, nach denen sich außeruniversitäre Forschungseinrichtungen nicht mehr an der Projektförderung des BMBF beteiligen können? Sie haben Wert auf den Wettbewerb zur Entstehung von Exzellenzzentren gelegt. Sie machen das an dieser Stelle mit Ihrer neuen Regelung kaputt. ({0})

Christoph Matschie (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001434

Herr Kollege Kretschmer, ich möchte zur Frage der Finanzierung sagen, dass wir im Moment bei der Aufstellung des Haushaltes sind. Es wird über die notwendigen Finanzmittel verhandelt. Die Verhandlungen sind noch nicht abgeschlossen. Deshalb kann ich dazu noch keine endgültige Auskunft geben. Zum Vergleich mit anderen internationalen Spitzenuniversitäten: Es ist klar - darüber ist mehrfach in der Presse berichtet worden -, dass es Universitäten gibt, die enorme Mittel zur Verfügung haben. Wir werden uns mit einzelnen Universitäten in Bezug auf die Größenordnung der finanziellen Mittel sicher nicht messen können. Ich will aber noch einmal sagen, dass wir nicht das System kopieren wollen, das andere Länder entwickelt haben. ({0}) Wir wollen vielmehr an der Struktur unserer eigenen Hochschullandschaft, die sich entwickelt hat und die sehr leistungsfähig ist, ansetzen, diese Struktur verbessern und stärker international sichtbar machen. Im Übrigen: Wenn man Kooperationsbeziehungen zwischen Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen sieht und solche Forschungscluster zusammen betrachtet, dann wird deutlich, dass wir auch in Bezug auf die finanziellen Größenordnungen gar nicht so schlecht dastehen.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Frau Kollegin Berg, bitte.

Ute Berg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003504, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, inwieweit erwarten Sie durch diesen Wettbewerb, auf den sich Bund und Länder geeinigt haben, eine Attraktivitätssteigerung des Forschungs- und Hochschulstandorts Deutschland? ({0})

Christoph Matschie (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001434

Frau Kollegin Berg, es ist klar, dass zusätzliche Mittel für die Hochschulen und zusätzlicher Wettbewerb dazu beitragen werden, dass die Forschung, gerade die Spitzenforschung, weiter ausgebaut wird, dass sich Hochschulen stärker auf die internationale Sichtbarkeit fokussieren und dass die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen verbessert wird. Ich will an dieser Stelle noch einmal erwähnen, dass sich auch Fachhochschulen beispielsweise an den Exzellenznetzwerken beteiligen können, auch wenn sie nicht selbst Antragsteller im Wettbewerb sein können. Die Länder haben deutlich gemacht, dass sie in diesem Zusammenhang zusätzlich etwas für die Qualität der Lehre tun wollen. Insofern glaube ich, dass dieser Wettbewerb insgesamt dem Hochschulstandort Deutschland zugute kommen wird, die internationale Sichtbarkeit verbessert und die Studienbedingungen in Deutschland noch attraktiver macht.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Die nächste Frage hat die Kollegin Katherina Reiche.

Katherina Reiche (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003209, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie haben vorhin meine Frage nach der Rolle der DFG im Wettbewerb nicht beantwortet. ({0}) Ich möchte Sie bitten, dies jetzt zu tun. Ich habe außerdem anzumerken, dass Sie auch dem Kollegen Bergner ausgewichen sind, als er Sie konkret nach weiteren Strukturreformen gefragt hat. Ich verstehe nicht, warum Sie auf die Föderalismuskommission warten wollen oder meinen, warten zu müssen, wenn Sie Dinge selbst regeln können; ich nenne zum Beispiel die Selbstauswahl, das HRG - das wurde schon angesprochen -, das Tarifrecht, die Personalhoheit, die Professorenbesoldung und das Stiftungsrecht. Wenn Geld kommt, müssen Sie Strukturen ändern. Ich hätte gerne von Ihnen gewusst: Welche gedenken Sie zu ändern? Schließlich verstehe ich nicht, wie sich die Senkung der Mittel für die HBFG-Förderung, was Sie mittelfristig tun, mit Ihrem Plan verträgt, Elitehochschulen einzurichten. Soll das Geld, das Sie einsparen, etwa für den Wettbewerb eingesetzt werden? Wenn ja, dann wäre das kein neues Geld, sondern nur ein Verschiebebahnhof. ({1})

Christoph Matschie (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001434

Sehr geehrte Frau Kollegin Reiche, zunächst zur Hochschulbauförderung: Es ist richtig, dass hier weniger Mittel in diesem Jahr zur Verfügung stehen als in den Jahren zuvor. Ich will aber noch einmal daran erinnern, dass es seit 1998 einen deutlichen Aufwuchs in diesem Bereich gegeben hat ({0}) und dass wir selbst in diesem Jahr noch mehr Mittel zur Verfügung haben, als das im letzten Jahr der Regierung Kohl der Fall war. Deshalb gibt es auch eine Verständigung zwischen Bund und Ländern über den Rahmenplan Hochschulbau mit diesem Mittelvolumen. Lassen Sie mich noch etwas zu den Strukturveränderungen anmerken, die Sie angesprochen haben. Einige Strukturveränderungen sind bereits auf den Weg gebracht worden und müssen von den Ländern umgesetzt werden. Ich erinnere zum Beispiel an die Professorenbesoldung, bei der noch nicht alle Bundesländer die Möglichkeiten zur Flexibilisierung ausgeschöpft haben, und an die Juniorprofessur, über die heute noch einmal vor Gericht verhandelt wird. Da sich die Länder gemeinsam mit dem Bund diesem Wettbewerb stellen und ihn durchführen wollen, glaube ich, dass sie auch dafür sorgen werden, dass die Rahmenbedingungen für die Hochschulen so ausgestaltet werden, dass sie sich sinnvoll im Wettbewerb engagieren können. Wie Sie wissen, werden die meisten Rahmenbedingungen für die Hochschulen durch die Länder gesetzt. Deshalb begrüße ich es, dass es einen gemeinsamen Wettbewerb gibt, und ich bin sicher, dass die Länder daran mitwirken werden. ({1}) - Entschuldigen Sie. Zur DFG kann ich abschließend noch nichts sagen. Ich habe vorhin schon vorgetragen, dass die konkreten Modalitäten dieses Wettbewerbs und die Finanzierung erst in einer Runde der Staatssekretäre von Bund und Ländern ausgehandelt werden müssen. Erst dann ist eine Aussage darüber möglich, welche Rolle die DFG dabei spielen wird.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Die nächste Frage stellt die Kollegin Cornelia Pieper.

Cornelia Pieper (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003208, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, Sie sprechen immer wieder von einem echten Wettbewerb zwischen den Hochschulen. Damit ist nicht nur der Wettbewerb zwischen den Elitehochschulen gemeint. Auch Ihre Ministerin hat jüngst in einer Debatte deutlich gemacht, dass sie es durchaus für richtig halte, wenn sich Bund und Länder einigen könnten, den Staatsvertrag über die zentrale Vergabe von Studienplätzen zu kündigen. Ich frage Sie: Hat die Kündigung des Staatsvertrags über die ZVS, wenn sie für so wichtig gehalten wird, in der jüngsten Runde von Bund und Ländern, in der es um die Elitehochschulen ging, eine Rolle gespielt?

Christoph Matschie (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001434

Frau Kollegin Pieper, die Frage kann ich Ihnen im Moment nicht beantworten, da ich selbst in der BLK nicht anwesend war. Ich will aber darauf hinweisen, dass zurzeit zwischen Bund und Ländern Verhandlungen über die Hochschulzulassung stattfinden. Im Rahmen dieser Verhandlungen muss auch die Zukunft der ZVS geklärt werden.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Die nächste Frage stellt der Kollege Helge Braun.

Prof. Dr. Helge Braun (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003510, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ein Ziel der gemeinsamen Vereinbarung der Bund-Länder-Kommission war es, die Verknüpfung zwischen universitärer und außeruniversitärer Forschung zu verbessern. Der Wissenschaftsrat hat Anfang des Jahres in einer Pressekonferenz beklagt, dass gerade im Bereich der Drittmitteleinwerbung für die Universitäten ein massives Hemmnis im Wettbewerb mit der außeruniversitären Forschung besteht, dass es aber auch ein Hemmnis in der gemeinsamen Forschungsarbeit zwischen universitärer und außeruniversitärer Forschung gibt. Deshalb frage ich Sie, ob die Frage berücksichtigt wird, inwiefern die Ausstattung mit Drittmitteln und die Prinzipien der Drittmitteleinwerbung an den Hochschulen verbessert werden können, damit die Verknüpfung besser umgesetzt werden kann. Welche Position vertritt die Bundesregierung in den Verhandlungen?

Christoph Matschie (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001434

Herr Abgeordneter, da ein ausdrückliches Ziel des Wettbewerbs darin besteht, die Kooperation zwischen Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen zu stärken, gehe ich davon aus, dass dies in der Arbeitsgruppe zwischen Bund und Ländern intensiv diskutiert wird und dass man gemeinsam zu Entscheidungen kommt, die die Kooperation zwischen Bund und Ländern in dieser Frage sowie die Kooperation zwischen Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen sicherstellen.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Die nächste Frage stellt der Kollege Jörg Tauss. ({0})

Jörg Tauss (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002813, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Von „Hurra, hurra, hurra!“ kann nicht die Rede sein. Es geht vielmehr darum, euch ein bisschen aufzuklären. Herr Staatssekretär, können Sie mir bestätigen, dass die in der Frage des Kollegen Kretschmer angelegte unterschwellige Kritik, ({0}) dass sich an der Projektförderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung in der Praxis etwas Grundsätzliches geändert habe, nicht richtig ist, sondern dass es prinzipiell zutrifft, dass sich um die knappen Projektfördermittel - von denen wir alle gerne mehr zur Verfügung stellen würden - nicht in erster Linie die Forschungseinrichtungen und Wissenschaftsorganisationen bewerben sollten, die im Gegensatz zu den Universitäten eine nicht unerhebliche Steigerung ihrer Mittel durch den Bund erfahren haben, und dass es deswegen - übrigens auch in Kooperation mit den Forschungseinrichtungen - sinnvoll ist, vor allem den Universitäten den Zugriff auf Projektfördermittel zu ermöglichen? Bestätigen Sie mir ebenfalls, ({1}) dass die von der Kollegin Reiche angemahnten Reformen beispielsweise des Stiftungsrechts und der Hochschulbesoldung bereits von der Bundesregierung auf den Weg gebracht wurden, dass sie aber von den Ländern, unter anderem auch vom Land Thüringen, nicht umgesetzt worden sind? ({2})

Christoph Matschie (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001434

Herr Kollege Tauss, ich kann Ihnen das, was Sie zur Projektförderung vorgetragen haben, bestätigen. ({0}) Klar ist, dass die außeruniversitären Forschungsorganisationen vor allem Wert auf eine Steigerung der institutionellen Förderung gelegt haben. In diesem Zusammenhang gibt es bei der Projektförderung keine neue Situation. Insofern kann ich Ihre Ausführungen nur bestätigen. ({1}) - Und das mit Thüringen natürlich auch!

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Die nächste Frage hat der Kollege Kretschmer.

Michael Kretschmer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003572, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ich möchte an die Frage des Kollegen Tauss anschließen. Habe ich Sie richtig verstanden, dass die außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Gesprächen, die im Vorfeld stattgefunden haben, erklärt haben, bei einem Aufwuchs von 3 Prozent in diesem Haushaltsjahr seien sie mit einem Ausschluss aus der Projektförderung einverstanden? Kann man das der Öffentlichkeit so sagen? ({0})

Christoph Matschie (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001434

Ich habe das zwar nicht so dargelegt. Aber ich bestätige Ihnen, dass wir vor der Haushaltsaufstellung natürlich mit den außeruniversitären Forschungsorganisationen geredet haben und dass mit ihnen vereinbart worden ist, die institutionelle Förderung in den nächsten Jahren verlässlich zu steigern. ({0})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ja, Herr Kollege Kretschmer, aber Sie sollten das Mikrofon einschalten.

Michael Kretschmer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003572, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ist es also richtig, dass der Protest der außeruniversitären Forschungseinrichtungen gegen die Praxis, die Sie seit diesem Jahr wieder anwenden, jeder Grundlage entbehrt, weil sie vorher darüber informiert waren?

Christoph Matschie (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001434

Mit den außeruniversitären Forschungsorganisationen ist über die Steigerung der Mittel im institutionellen Bereich geredet worden. Ich glaube, dass es eine sinnvolle Entscheidung ist, in den nächsten Jahren eine verlässliche Perspektive bei der institutionellen Förderung zu geben. Die Forschungsorganisationen haben das im Übrigen sehr begrüßt.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Die letzte Frage zu diesem Thema hat der Kollege Dr. Rossmann.

Dr. Ernst Dieter Rossmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003211, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, zunächst fällt mir auf, dass jetzt vor allem diejenigen, die am Anfang so vehement gegen das Spitzenuniversitätenkonzept der Ministerin Stellung bezogen haben, in besonders starkem Maße zugunsten der Eliteuniversitäten argumentieren. ({0}) Meine erste Frage an Sie ist: Weshalb taucht in der gemeinsamen Vereinbarung von SPD- und CDU/CSUBildungs- und Forschungspolitikern der Begriff der Eliteuniversität an keiner Stelle auf? Es wird stattdessen ausdrücklich auf Spitzenuniversitäten und Exzellenznetzwerke hingewiesen. Welche Konzeption steht dahinter? Meine zweite Frage bezieht sich darauf, dass die Zusammenarbeit mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen verstärkt werden soll. Gibt es da schon Zustimmung von den außeruniversitären Forschungseinrichtungen? In diesem Zusammenhang noch eine kritische Frage: Könnte die Position der Bundesregierung, wonach die Finanzierung der großen Forschungsorganisationen - zumindest teilweise - entflochten werden soll, nicht in Widerspruch zu der Absicht geraten, gleichzeitig ein enges Zusammenwirken sowohl von Bund und Ländern als auch von Hochschulen und außeruniversitären Forschungsorganisationen zu erreichen? ({1}) Sollten wir angesichts des jetzt ablaufenden Prozesses in der Föderalismuskommission nicht ausdrücklich empfehlen, nicht zu viel von dem zu entflechten, was sich in der Praxis gerade als sehr positiv herausgestellt hat? ({2})

Christoph Matschie (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001434

Zur Entflechtungsdiskussion: Ich möchte nur darauf hinweisen, dass es Vorschläge vonseiten der Bundesregierung gegeben hat, die es angeraten erscheinen lassen, auch in der Föderalismuskommission über eine Entflechtung des Forschungsbereichs nachzudenken. ({0}) Da ich den Beratungen nicht vorgreifen möchte, werde ich dazu keine weiteren Ausführungen machen.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Vielen Dank, Herr Staatssekretär Matschie für die Beantwortung. Ich beende diesen Themenbereich. Mir liegen noch zwei Fragewünsche zu anderen Themen der heutigen Kabinettssitzung vor, die ich gern noch zulassen würde, obwohl wir die Zeit bereits etwas überschritten haben. Zunächst hat die Kollegin Dr. Gesine Lötzsch das Wort.

Dr. Gesine Lötzsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003584, Fraktion: Fraktionslos (Fraktionslos)

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich möchte gerne wissen, ob in der heutigen Kabinettssitzung darüber beraten wurde - wenn ja, wie -, dass der Ministerpräsident des Landes Brandenburg am vergangenen Wochenende gefordert hat, auf das Bombodrom in der Kyritz-Ruppiner Heide zu verzichten, und ob dieser Forderung des Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg entsprochen werden soll?

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Herr Staatsminister, bitte.

Not found (Gast)

Frau Abgeordnete, darüber ist heute im Kabinett nicht gesprochen worden.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Die nächste Frage stellt der Kollege von Klaeden. Bitte.

Eckart Klaeden (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002698, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine Frage bezieht sich auf einen Bericht in den „Dresdner Neuesten Nachrichten“ und bei „Spiegel online“ vom heutigen Tage. Dort wird berichtet, dass an der Planung des Terroranschlags auf das Moskauer Musicaltheater „Nord-Ost“ ein Tschetschene beteiligt gewesen sein soll, der im Juli 2002 nach Dresden mit einem so genannten Reiseschutzpass - das hat hier in der Fragestunde häufiger eine Rolle gespielt eingereist ist. Weiterhin wird berichtet, dass das Bundeskriminalamt bereits im März 2002 durch den russischen Geheimdienst über Terroristen informiert worden sei und diese Information an das Landeskriminalamt nicht weitergegeben habe. Ich zitiere den Sprecher des Landeskriminalamtes Sachsen wörtlich: „Nein, wir waren vorher vom BKA nicht informiert worden.“ Hat das in der Kabinettssitzung eine Rolle gespielt?

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Herr Staatsminister, bitte.

Not found (Gast)

Herr von Klaeden, ich kenne diese Meldung nicht. Wenn ich das richtig verstanden habe - Sie haben das gerade angesprochen -, dann stammt sie vom heutigen Tag; deswegen konnte sie nicht Gegenstand der Beratungen sein. ({0})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ich schließe die Befragung der Bundesregierung. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf: Fragestunde - Drucksachen 15/2789, 15/2812 Zu Beginn werden aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes gemäß Ziffer 15 der Richtlinien für die Fragestunde die Fragen des Abgeordneten Matthias Sehling auf Drucksache 15/2812 aufgerufen: 1. Warum wurde, nachdem am 27. Juni 2002 bekannt war, dass gegen H. K. ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde, am 28. Juni 2002 nur die Botschaft in Kiew und nicht auch die übrigen Botschaften weltweit angewiesen, Versicherungen der RS Reise-Schutz AG nicht mehr als Ersatz für Verpflichtungserklärungen zu akzeptieren? 2. Wie wird seit September 2002 in Kiew bzw. seit April 2003 weltweit die Haftungsübernahme und die Bonität des Verpflichtungserklärenden nach § 82 und § 84 Ausländergesetz garantiert und überprüft? 3. Warum hat die Bundesregierung bei H. K. überhaupt eine Bonitätsüberprüfung durchgeführt, wenn er doch nur ein „fremdes Produkt der Allianz Versicherungs-AG“ vertrieben hat, und wann ist dem Auswärtigen Amt der Bonitätsnachweis zugekommen? 4. Warum hat man nicht direkt mit der Allianz Versicherungs-AG, sondern mit der RS Reise-Schutz AG verhandelt, und warum wurde für den Verkauf des Reiseschutzpasses durch die RS Reise-Schutz AG staatlicherseits nicht auch die Hinterlegung einer Kaution verlangt, wie der bis zur Einführung des Reiseschutzpasses beim „Carnet de Touriste“ üblich war? Da die Fragen 1, 2, 3 und 4 nach Ablauf der Wochenfrist schriftlich beantwortet wurden, kann der Fragesteller gemäß Ziffer 15 Abs. 3 dieser Richtlinie nur nach dem Grund für die Überschreitung der Wochenfrist fragen. Zur Beantwortung steht Staatsminister Bury bereit. ({0}) Herr Kollege Sehling, bitte.

Matthias Sehling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003634, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin, gemäß der Geschäftsordnung frage ich nach dem Grund für die verspätete Beantwortung der Frage 1.

Not found (Gast)

Sehr geehrter Herr Kollege Sehling, ich bedauere, dass Ihre Fragen nicht in der vorgesehenen Wochenfrist beantwortet werden konnten. Das lag daran, dass die Abstimmung zwischen den beteiligten Ressorts noch nicht abgeschlossen war. Die Antworten liegen Ihnen mittlerweile vor. Ich habe das Auswärtige Amt gebeten, mit den Fragestellern zukünftig rechtzeitig Kontakt aufzunehmen für den Fall, dass Fristüberschreitungen im Einzelfall nicht vermieden werden können. ({0})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Bitte schön, Herr Kollege Sehling.

Matthias Sehling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003634, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, ich habe eine Zusatzfrage. Als ehemals selbst für die rechtzeitige Beantwortung von Parlamentsanfragen zuständiger Landesbeamter möchte ich fragen, ob diese regelmäßigen Schlampereien des Auswärtigen Amtes - gerade bei mir war das zum wiederholten Male der Fall - auf die angeblich hinsichtlich der Frist überforderten Mitarbeiter Ihres Hauses oder eher darauf zurückzuführen sind, dass sich die politische Leitung bei diesen Fragen in gewisser Weise ertappt fühlt.

Not found (Gast)

Sehr geehrter Herr Kollege, die Qualifizierung „regelmäßige Schlampereien“ muss ich in aller Form zurückweisen. ({0}) Bei den beteiligten Ressorts sind seit Februar mehr als 110 Fragen allein zu diesem Themenbereich eingegangen. ({1}) Die meisten davon waren an das Auswärtige Amt gerichtet. Das bedeutet für die beteiligten Arbeitseinheiten eine deutliche Zusatzbelastung, sodass sich Fristüberschreitungen zu meinem eigenen Bedauern manchmal nicht völlig vermeiden lassen.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Sie haben das Wort zu einer weiteren Zusatzfrage.

Matthias Sehling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003634, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich verzichte darauf, mich nach dem Grund für die verspätete Beantwortung der anderen Fragen zu erkundigen, und daher auch auf die Zusatzfragen.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Nachdem die Fragen nach dem Grund für die Fristüberschreitung bei der Beantwortung der vier schriftlichen Fragen auf Drucksache 15/2812 behandelt worden sind, kommen wir jetzt zu den Fragen zum selben Themenbereich auf Drucksache 15/2789. Sie werden gemäß Ziffer 16 Abs. 1 und Ziffer 10 Abs. 2 der Richtlinien für die Fragestunde ebenfalls vorgezogen. Dies sind die Fragen 7 und 8 aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen, die Fragen 53 und 54 aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes und die Fragen 63 bis 66 aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern. Wir kommen zunächst zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen. Zur Beantwortung steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Karl Diller bereit. Ich rufe die Frage 7 des Kollegen Dr. Hans-Peter Uhl auf: Bedarf es für die im Reiseschutzpass der RS ReiseSchutz AG enthaltene Verpflichtungserklärung für gegebenenfalls entstehende Aufenthalts- und Rückführungskosten im Sinne der §§ 82 und 84 Ausländergesetz, AuslG, einer Erlaubnis nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz, VAG, oder dem Gesetz über das Kreditwesen, KWG, und war die RS Reise-Schutz AG für den Betrieb eines derartigen Versicherungs- bzw. Garantiegeschäftes zugelassen?

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Herr Kollege Dr. Uhl, in den Fällen, in denen der Reisende selbst Vertragspartner des Kosten und Risiko tragenden Unternehmens wird, ist die Übernahme der Rückführungskosten kein Versicherungsgeschäft. Die Übernahme der Verpflichtung zur Haftung für den Lebensunterhalt eines Ausländers gemäß § 84 Ausländergesetz durch ein Unternehmen als Risiko- und Kostenträger ist als Versicherungsgeschäft einzustufen. Der Unterschied besteht darin, dass die Rückführungskosten vom Reisenden willentlich verursacht werden können, während hinsichtlich der Kosten zum Lebensunterhalt tatsächlich ein ungewisses Risiko vorliegt. Daneben stellt die Übernahme der Kostentragung auch eine Garantieerklärung dar. Das Garantiegeschäft ist nach den Vorschriften des Gesetzes über das Kreditwesens erlaubnispflichtig, soweit es gewerbsmäßig oder im kaufmännischen Umfang betrieben wird. Die RS Reise-Schutz AG verfügt nicht über eine Erlaubnis zum Betreiben des Versicherungs- oder des Garantiegeschäfts. Dagegen wurde eine Erlaubnis zum Betreiben des Versicherungsgeschäfts am 17. Dezember 2002 für die Reise-Schutz Versicherungs AG erteilt, einen Anbieter von Krankenversicherungen, dessen Inhaber, Herr K., gleichzeitig Inhaber der RS Reise-Schutz AG war.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Herr Kollege Uhl, Ihre Zusatzfrage, bitte.

Dr. Hans Peter Uhl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003247, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, nachdem Sie den Fall zu Recht differenziert behandelt haben, frage ich: Ist die Bundesregierung der Meinung, dass in der Mehrzahl der Fälle ein Vertrag zugunsten Dritter geschlossen worden ist, bei denen also nicht der ausländische Reisende Versicherungsnehmer war, sondern entweder ein Unternehmen in Deutschland oder ein Einladender in Deutschland sich gegen das Risiko, dass der Ausländer möglicherweise Kosten verursacht, versichert hat?

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Herr Kollege Dr. Uhl, über das Zahlenverhältnis liegen mir persönlich keine Erkenntnisse vor.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Eine zweite Zusatzfrage? - Das ist nicht der Fall. Dann rufe ich die Frage 8 des Kollegen Dr. HansPeter Uhl auf: Handelt es sich bei der Übernahme von Aufenthalts- und Rückführungskosten nach §§ 82 und 84 AuslG jedenfalls dann um ein aufsichtspflichtiges Versicherungsgeschäft nach §§ 1 und 5 VAG bzw. um ein Garantiegeschäft nach § 1 KWG, wenn nicht der Reisende, sondern ein sich in Deutschland befindlicher Gastgeber/Einlader den Reiseschutzpass für einen ausländischen Reisenden kauft und somit der Vertragspartner wird?

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Herr Kollege Dr. Uhl, in den Fällen, in denen nicht der Reisende selbst, sondern ein Gastgeber oder - wie Sie sagen - ein Einlader Vertragspartner des Kosten und Risiko tragenden Unternehmens wird und der Vertrag zum Gegenstand hat, diesen gegenüber Kosten abzusichern, für die er gegebenenfalls gemäß § 82 Abs. 3 Ausländergesetz oder gemäß § 82 Abs. 2 Ausländergesetz einzustehen hat, handelt es sich bei der Kostenübernahme grundsätzlich um aufsichtspflichtige Versicherungsgeschäfte; denn die Entscheidung unterliegt dem Willen des Reisenden und damit entsteht ein Risiko. Ein Versicherungsgeschäft liegt auch dann vor, wenn ein Gastgeber oder Einlader Vertragspartner des Kosten und Risiko tragenden Unternehmens wird und Gegenstand des Vertrages ist, den Gastgeber bzw. Einlader gegenüber Kosten abzusichern, für die er nach § 82 Abs. 4 Satz 2 Ausländergesetz kostenpflichtig wird, weil er eine nach § 92 a oder § 92 b Ausländergesetz strafbare Handlung - Stichwort: Schleuser - begangen hat bzw. weil er Ausländer beschäftigt hat, denen die Erwerbstätigkeit nach dem Ausländergesetz oder dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch nicht erlaubt war; es sei denn, dem Versicherungsunternehmen ist die die Kostenpflicht des Versicherungsnehmers begründende Tätigkeit - hier: die Schleusertätigkeit, bei Vertragsabschluss bekannt. In letzterem Fall läge durch die Übernahme einer Garantie ebenfalls ein Garantiegeschäft im Sinne des KWG vor.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ihre Zusatzfrage, bitte.

Dr. Hans Peter Uhl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003247, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Das wollten wir hören, Frau Präsidentin; deshalb haben wir keine Zusatzfragen.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Vielen Dank, Herr Staatssekretär Diller für die Beantwortung der Fragen. Ich rufe den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes auf. Zur Beantwortung steht Herr Staatsminister Hans Martin Bury zur Verfügung. Ich rufe die Frage 53 des Kollegen Ralf Göbel auf: Trifft es zu, dass die Ermittlungen des Bundesgrenzschutzes im Zuge der Visaerschleichung durch ukrainische Staatsangehörige an der deutschen Botschaft in Kiew ergeben haben, dass ein Mitarbeiter des AA für 12 000 „unsaubere Visaerteilungen“ verantwortlich ist und gegen diesen Mitarbeiter ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde?

Not found (Gast)

Frau Präsidentin, Herr Kollege Göbel, wenn Sie einverstanden sind, würde ich die Fragen 53 und 54 gerne im Zusammenhang beantworten. - Vielen Dank.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Dann rufe ich auch die Frage 54 des Abgeordneten Göbel auf: Wenn ja, wie hat das AA darauf reagiert?

Not found (Gast)

Es trifft zu, dass gegen einen entsandten Angestellten der Botschaft in Kiew durch die Staatsanwaltschaft Münster ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde, von dem das Auswärtige Amt erstmals im Juni 2001 Kenntnis erhalten hat. Ab September 2001 hat die Staatsanwaltschaft Berlin das Verfahren übernommen. Nach mündlicher Auskunft der Staatsanwaltschaft Berlin vom 26. März 2004 sind die dortigen Ermittlungen noch nicht abgeschlossen. Der betroffene entsandte Angestellte wurde am 19. Juli 2001 mit sofortiger Wirkung aus der Visa-Stelle entfernt. Am 25. Juli 2001 wurde er schriftlich abgemahnt und mit Wirkung ab Mitte August 2001 in die Zentrale versetzt. Die nahe liegende Frage einer Kündigung wurde eingehend geprüft, wegen unsicherer Beweislage aber zunächst zurückgestellt. Unter Inanspruchnahme der vorgezogenen Altersgrenze ist er mit Wirkung zum 1. Dezember 2001 im Alter von 63 Jahren in Ruhestand gegangen. Von der Ergreifung von Maßnahmen noch vor dem 19. Juli 2001 hatte das Auswärtige Amt in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft abgesehen, um die Ermittlungen nicht zu gefährden. Das so genannte Reisebüroverfahren, das bei dem hier relevanten Ermittlungsverfahren eine Rolle spielte, wurde bei der Botschaft Kiew zum Oktober 2001 eingestellt. Der entsprechende Erlass des Auswärtigen Amtes datiert vom 3. August 2001.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ihre Zusatzfragen, bitte.

Ralf Göbel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003535, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Ich habe eine Nachfrage: Das gesamte Verfahren war Gegenstand der Erörterung in der 29. Sitzung des Innenausschusses am 11. Februar dieses Jahres. Der Staatssekretär Jürgen Chrobog hat dort erklärt, dass ein Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden sei und ihm kriminelles Verhalten nicht vorgeworfen werden könne. Haben Sie eine Erklärung für die Aussage des Staatssekretärs Chrobog, die in diametralem Gegensatz zu Ihrer Antwort steht?

Not found (Gast)

Herr Kollege Göbel, zunächst muss ich darauf hinweisen, dass ich an der Sitzung, aus der Sie zitieren, nicht teilgenommen habe. Ich weiß nicht, ob sich die Aussage, die Sie zitieren, auf den gleichen Sachverhalt bezieht und ob sie exakt so gemacht wurde, wie Sie sie zitiert haben. Sofern wir von dem in Ihrer Frage angesprochenen Sachverhalt reden, kann ich nur auf meine gegebene Antwort verweisen: Es ist eine Abmahnung erfolgt. Das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft ist - nach deren mündlicher Auskunft - bis heute noch nicht abgeschlossen. Der betroffene Mitarbeiter ist mit Wirkung zum 1. Dezember 2001 im Alter von 63 Jahren in den Ruhestand gegangen.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ihre weitere Zusatzfrage.

Ralf Göbel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003535, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Können Sie den Gegenstand des Ermittlungsverfahrens und die vorgeworfene Straftat etwas konkretisieren? ({0})

Not found (Gast)

Die Staatsanwaltschaft Berlin ermittelt wegen Vorteilsannahme.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Sie haben keine weiteren Zusatzfragen? - Herr Kollege Sehling, bitte.

Matthias Sehling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003634, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, wann und wie hat das Auswärtige Amt von den Ermittlungen des Bundesgrenzschutzes gegen Ihren Mitarbeiter erfahren?

Not found (Gast)

Herr Kollege, ich hatte die Frage eben zwar schon beantwortet, aber ich mache das gerne noch einmal. Das Auswärtige Amt hat im Juni 2001 Kenntnis von dem Ermittlungsverfahren erhalten. Wie bereits ausgeführt, hatte die Staatsanwaltschaft zunächst darum gebeten, eigene dienstrechtliche Maßnahmen zurückzustellen, um die Ermittlungen nicht zu gefährden. Im Juli 2001 wurden dann Gespräche mit dem Betroffenen geführt und er wurde schriftlich abgemahnt.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Herr Kollege, bitte.

Reinhard Grindel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003539, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, hat dieses Verfahren denn zu irgendwelchen organisatorischen Maßnahmen und Konsequenzen an der Botschaft in Kiew geführt? ({0})

Not found (Gast)

Herr Kollege, über die bereits geschilderten Maßnahmen hinaus, die den Mitarbeiter betreffen, gegen den hier ein Ermittlungsverfahren läuft, wurden Verträge von einigen Ortskräften, bei denen es ebenfalls Hinweise auf Unregelmäßigkeiten gegeben hat, beendet, indem sie gekündigt oder nicht verlängert wurden. Ferner wurde an der Botschaft in Kiew eine neue Entsandtenstelle mit der Aufgabe der Korruptionsbekämpfung eingerichtet.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ich habe keine weiteren Zusatzfragen mehr vorliegen. Deswegen schließe ich den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes. Vielen Dank, Herr Staatsminister, für die Beantwortung der Fragen. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern auf. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Fritz Rudolf Körper bereit. Ich rufe die Frage 63 des Kollegen Matthias Sehling auf: Gab es vor März 2000 persönliche Kontakte zwischen der Leitungsebene des BMI und/oder Mitarbeitern des BMI im Referat A 6 und A 2 und H. K.?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Ich beantworte die Frage mit Nein. H. K. hat sich nach telefonischer Anfrage erstmalig am 17. Juli 2000 mit seinem Vorhaben schriftlich an das Bundesministerium des Innern gewandt. Seine Bitte um einen Gesprächstermin betreffend die gesetzlichen Rahmenbedingungen ist von den zuständigen Fachreferaten im November 2000 aufgegriffen worden. Die Leitungsebene des Bundesministeriums des Innern ist zu keinem Zeitpunkt persönlich mit H. K. in Kontakt getreten. ({0})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ihre Zusatzfragen, bitte, Herr Kollege. - Dazu keine. Dann rufe ich die Frage 64 des Kollegen Matthias Sehling auf: Warum hat der Bundesminister des Innern, Otto Schily, nicht darauf bestanden, die Klausel „in dubio pro libertate“ im so genannten Volmer-Erlass herauszunehmen, nachdem er gegenüber dem AA die Auffassung vertrat, dass der Grundsatz „in dubio pro securitate“ verfolgt werden sollte, und ihm dies zugesichert wurde - laut der Antwort des Staatssekretärs im BMI Dr. Göttrik Wewer vom 27. Februar 2004 auf die schriftliche Frage 28 des Abgeordneten Clemens Binninger auf Bundestagsdrucksache 15/2635 -, damit auch die Botschaften den Erlass nicht dem Wortlaut nach interpretieren, und wie wurden die Auslandsvertretungen über diese Auslegung des AA gegenüber dem BMI in Kenntnis gesetzt?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Herr Kollege, wie bereits aus der Antwort auf die schriftliche Frage des Abgeordneten Clemens Binninger hervorgeht, hat das Auswärtige Amt zugesichert, dass sich auch die zukünftige Visumserteilungspraxis im Rahmen der Schengen-Regelung halten werde. In dem Erlass, der ja in dieser Debatte immer Gegenstand ist, wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das deutsche Ausländerrecht, das Schengener Durchführungsübereinkommen und die Gemeinsame Konsularische Instruktion den rechtlichen Rahmen für die Erteilung von Visa bilden. Im Rahmen dieser visumsrechtlichen Regelung führt das Auswärtige Amt die Gestaltung der Visumserteilungspraxis unter anderem durch Weisungen gegenüber den Auslandsvertretungen in eigener Verantwortung aus. Mit dem Erlass vom 3. März 2000 wurde keine abschließende Regelung zur Gestaltung des Visumsverfahrens getroffen, vielmehr wurden nur einige für die Bearbeitungspraxis wesentliche Punkte konkretisiert und erläutert.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ihre Zusatzfragen, bitte.

Matthias Sehling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003634, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, warum hat der Bundesinnenminister nicht darauf bestanden, dass der Wortlaut des so genannten Volmer/Fischer-Erlasses geändert wurde? ({0})

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Herr Kollege, Sie wissen - dieses Thema ist, glaube ich, zum vierten Mal Gegenstand einer Fragestunde im Bundestag -, dass es diesbezüglich einen Briefwechsel zwischen dem Bundesinnenministerium und dem Auswärtigen Amt gab, in dem dieser Erlass besprochen und diskutiert worden ist. Ich zitiere noch einmal einen Satz aus diesem Erlass: Das deutsche Ausländerrecht, das Schengener Durchführungsübereinkommen und die Gemeinsame Konsularische Instruktion der an den Schengen-Acquis gebundenen EU-Partner sind der rechtliche Rahmen für die Erteilung von Visa, an den sich die Auslandsvertretungen zu halten haben. Es ist dem Innenminister darauf angekommen, dass die Einzelkriterien nicht aufgehoben werden. Wie das Zitat deutlich zeigt, sind sie mit diesem Erlass auch nicht aufgehoben worden.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Sie haben noch eine Zusatzfrage, Herr Kollege. - Sie verzichten darauf. Dann rufe ich die Frage 65 des Kollegen Eckart von Klaeden auf: Hat der Bundesminister des Innern Kenntnis von Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Köln im Zusammenhang mit der Schleuserproblematik gegen Bedienstete seines Hauses - „Berliner Zeitung“ vom 24. März 2004 - und, wenn ja, was ist Gegenstand dieser Ermittlungen?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Herr Kollege von Klaeden, ich möchte Ihre Fragen 65 und 66 zusammen beantworten.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Dann rufe ich noch die Frage 66 des Kollegen Eckart von Klaeden auf: Weshalb hat der Bundesminister des Innern bislang bestritten - vergleiche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs beim Bundesminister des Innern, Fritz Rudolf Körper, auf die Zusatzfrage des Abgeordneten Hans-Peter Kemper zur Frage 31 des Abgeordneten Ralf Göbel in der Fragestunde am 10. März 2004, Plenarprotokoll 15/96, Seite 8577 A -, dass Bedienstete seines Hauses von strafrechtlichen Ermittlungsverfahren betroffen sind?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Dem Bundesministerium des Innern wurde mit Schreiben der Staatsanwaltschaft Köln vom 15. März 2004 - ich bitte, das Datum zu beachten - mitgeteilt, dass gegen einen Mitarbeiter ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde. Vor dem Hintergrund des laufenden Ermittlungsverfahrens werden hierzu - bitte sehen Sie mir das nach - keine weiteren Auskünfte erteilt.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ihre Zusatzfragen, bitte.

Eckart Klaeden (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002698, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Da keine weiteren Auskünfte erteilt werden, hat sich das erledigt.

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

So ist das: Ein entsprechendes Bemühen wäre erfolglos.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Wir kommen nun zu den übrigen Fragen auf Drucksache 15/2789 in der vorgesehenen Reihenfolge. Wir kommen zunächst zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Zur Beantwortung steht Frau Parlamentarische Staatssekretärin Simone Probst zur Verfügung. Ich rufe die Frage 1 des Kollegen Jens Spahn auf: Zu welchem Ergebnis sind die für den 26. März 2004 angekündigten Gespräche des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit mit den Landesregierungen von Nordrhein-Westfalen und Sachsen zu einem möglichen Transport von Brennelementelagerbehältern von Rossendorf nach Ahaus gelangt?

Simone Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002753

Herr Kollege Spahn, die Beförderungsgenehmigung für den Abtransport von 18 Castor-MTR-2-Behältern mit bestrahlten Brennelementen vom Forschungszentrum Rossendorf zum Transportbehälterlager in Ahaus wurde vom Bundesamt für Strahlenschutz gestern Abend erteilt.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ihre Zusatzfrage, bitte.

Jens Spahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003638, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, vielen Dank für die Information. Sie war schon heute Morgen der Presse und dem Ticker zu entnehmen. Welche neuen Erkenntnisse haben zu dieser plötzlichen Entscheidung geführt, nachdem wir in den letzten Wochen und Monaten eine Verzögerungstaktik beobachten konnten?

Simone Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002753

Sehr geehrter Herr Kollege, in aller Freundlichkeit: Ihre Einschätzung ist falsch. Ich habe Ihnen schon in der letzten Fragestunde mitgeteilt, dass der Antrag entscheidungsreif ist und dass wir das Genehmigungsverfahren lediglich für fünf Tage ausgesetzt haben, um den Ländern Sachsen und Nordrhein-Westfalen die Möglichkeit zur Stellungnahme zu geben. Diese Frist ist letzten Freitag abgelaufen. Insofern war es konsequent, dass nach sorgfältiger Prüfung das Bundesamt für Strahlenschutz nach Recht und Gesetz gehandelt hat.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Sie haben noch eine Zusatzfrage, Herr Kollege.

Jens Spahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003638, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, ich weiß nicht, ob Sie heute zur Kenntnis genommen haben, dass der Innenminister des Landes NRW in Aussicht gestellt hat, alle erdenklichen Rechtsmittel gegen diese Entscheidung einzulegen. Meine Frage ist: Welche Rechtsmittel kann er einlegen? Wie beurteilen Sie die Gefahr, dass dadurch das Verfahren verzögert wird?

Simone Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002753

Das Bundesamt für Strahlenschutz hat die Genehmigungsvoraussetzungen sehr sorgfältig geprüft und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass diese vorliegen. Deshalb wurde die Genehmigung erteilt. Die Aussage, dass der Innenminister von NordrheinWestfalen juristische Schritte einleitet, halte ich für eine Spekulation. Ich glaube, dass ein Innenminister sehr gut darüber im Bilde ist, welche Aussicht auf Erfolg diese Schritte haben.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ich rufe die Frage 2 des Kollegen Jens Spahn auf: Ist nach dem derzeitigen Verfahrensstand damit zu rechnen, dass ein solcher Transport in 2004 durchgeführt wird?

Simone Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002753

Nach Erteilung der Beförderungsgenehmigung durch das Bundesamt für Strahlenschutz ist es Aufgabe der beteiligten Stellen, während der Gültigkeitsdauer der Genehmigung die Transporte vorzubereiten und auch durchzuführen.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ihre Zusatzfrage, bitte.

Jens Spahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003638, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, ist in den Genehmigungsauflagen die Bestimmung enthalten, dass während einer Frist von acht Wochen mit den Polizeien der betroffenen Länder abgesprochen werden muss, in welchem Umfang die Transporte stattfinden und welcher Ablauf - also wann und wo die Transporte starten - vorgesehen ist?

Simone Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002753

Das Bundesamt für Strahlenschutz hat in einer Nebenbestimmung seiner Genehmigung die Stellungnahme der KoSiKern aufgenommen, nämlich dass innerhalb von acht Wochen alle offenen Fragen mit der Transporteurin und den betroffenen Innenministerien geklärt werden müssen.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Sie haben noch eine Zusatzfrage.

Jens Spahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003638, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, für den Umgang mit Brennstoffen gilt das so genannte Ursprungslandprinzip. Beispielsweise wurde es bei Brennstoffen aus den USA angewandt. Die Brennstoffe, um die es hier geht und die in der ehemaligen DDR genutzt wurden, kommen aus Russland. Sind meine Informationen richtig, dass es Gespräche zwischen dem Wirtschafts- und dem Umweltministerium darüber gab, diese Brennstoffe nach Russland zurückzuschicken? Das würde dem Ursprungslandprinzip - ich verweise noch einmal auf das Beispiel der Brennstoffe aus den USA - entsprechen. Ist es richtig, dass die Russen bereit waren, das Material zurückzunehmen, dass die Internationale Atomenergiebehörde keine Einsprüche gehabt hat und dass die Lösung vom Wirtschaftsministerium favorisiert wurde, dass aber das Bundesumweltministerium sich geweigert hat, dieser Lösung zuzustimmen?

Simone Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002753

Ich unterstelle Ihnen jetzt nicht, dass Sie es unter Sicherheitsgesichtspunkten für eine bessere Lösung halten würden, die Brennelemente nach Russland zu transportieren, statt einen Transport von Rossendorf nach Ahaus durchzuführen. Insofern beantworte ich Ihre Frage sehr sachlich wie folgt: Der Entsorgungsnachweis für Brennelemente aus Forschungsreaktoren in Deutschland, die nicht in die USA oder nach Russland zurücktransportiert werden können, lautet auf Ahaus. Sie wissen, dass die Betreiberin in Rossendorf seit 1995 Verträge mit dem Betreiber des Zwischenlagers in Ahaus abgeschlossen hat. Genau unter dieser Voraussetzung sind die Transportgenehmigungen erteilt worden.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Es gibt keine weiteren Zusatzfragen mehr. Dann beende ich diesen Geschäftsbereich. Vielen Dank, Frau Staatssekretärin, für die Beantwortung der Fragen. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Bildung und Forschung auf. Zur Beantwortung steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Christoph Matschie bereit. Ich rufe die Frage 3 des Kollegen Michael Kretschmer auf: Welche Erwartung hat die Bundesregierung für das kommende Ausbildungsjahr an die Ausbildungsplatzsituation in den neuen Ländern in Anbetracht der wirtschaftlichen Lage und wie ist in diesem Zusammenhang die Reduktion von Plätzen im Bund-Länder-Ausbildungsplatzprogramm Ost zu rechtfertigen?

Christoph Matschie (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001434

Herr Kollege Kretschmer, eine entsprechende schriftliche Anfrage hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung bereits mit Schreiben vom 23. März 2004 wie folgt beantwortet: Angesichts der schwierigen Situation des Ausbildungsjahres 2003 hatte das Bundesministerium für Bildung und Forschung einer Aussetzung der zwischen dem Bund und den neuen Ländern vereinbarten Degression bei den Platzzahlen des Ausbildungsprogramms Ost zugestimmt. Für diese Degression war seinerzeit die Annahme ausschlaggebend, dass sich die Anzahl der Ausbildungsplatzbewerber in den neuen Ländern aufgrund der demographischen Entwicklung ab 2005 nachhaltig reduzieren würde. Diese gemeinsame Einschätzung von Bund und Ländern hat sich nunmehr bestätigt. So ist die Anzahl der im Osten Deutschlands bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldeten und noch nicht vermittelten Ausbildungsplatzbewerber von Februar 2002 bis Februar 2004 von 114 099 auf 102 500 gesunken. Demgegenüber hat der Bestand an unbesetzten Berufsausbildungsstellen im Vergleichszeitraum nur um insgesamt 4 500 Plätze abgenommen. Der Bund hat die Aussetzung der Degression im vergangenen Jahr nicht zuletzt auch deshalb akzeptiert, weil die neuen Länder ihr Zusatzengagement von 4 487 Zusatzplätzen im Jahr 2002 wieder auf 5 254 Plätze im Jahr 2003 erhöht haben. Zuvor hatten sie die Zahl solcher Zusatzplätze seit 1997 um insgesamt nahezu 60 Prozent reduziert. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Bund 50 Prozent der Plätze im Bund-Länder-Programm und 100 Prozent der Plätze aus dem Jugendsofortprogramm finanziert, ist demgegenüber der Anteil des Bundes von 29,6 Prozent im Jahre 1997 auf 42,5 Prozent im vergangenen Jahr gestiegen. Damit hat sich seit 1997 bei den staatlichen Ausbildungsplatzprogrammen eine auf Dauer nicht hinnehmbare erhebliche Verschiebung der Finanzierungslasten von den neuen Ländern hin zum Bund ergeben. Schließlich ist für die weiteren Planungen auch bei diesem Förderprogramm die Initiative der Koalitionsfraktionen im Deutschen Bundestag zu berücksichtigen, im Rahmen einer Ausbildungsplatzabgabe die finanzielle Verantwortung für die Berufsausbildung im dualen System an die Wirtschaft zurückzuverlagern. Im Ergebnis wird daher angesichts der sich realisierenden demographischen Entwicklung und der Diskussion über das Berufsausbildungssicherungsgesetz derzeit kein Bedarf für eine Veränderung der Planungen gesehen.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ihre Zusatzfrage, bitte.

Michael Kretschmer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003572, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. - Zwei Punkte sind in diesem Zusammenhang wichtig: zum einen die demographische Entwicklung und zum anderen das Gesetz zur Ausbildungsplatzabgabe. Stimmen Sie zu, dass in den Jahren 2001 bis 2003 die Zahl der Bewerber pro Ausbildungsstelle gestiegen ist, dass sich die Zahl der unvermittelten Bewerber von 2001 bis 2003 von 8 500 auf 12 700 erhöht hat, dass die Quote der vermittelten Stellen von 90 Prozent im Jahre 2001 auf 93 Prozent in 2003 gestiegen ist und dass die Ausbildungsquote in den neuen Bundesländern in größeren Unternehmen bei 7,4 Prozent und in kleineren Unternehmen knapp darunter liegt, also über der Quote, die Sie anstreben, und sind Sie vor diesem Hintergrund nicht wie Ihre Kollegen aus Brandenburg oder aus Mecklenburg-Vorpommern, also wie Kollegen aus nicht CDU-regierten Ländern, zu der Erkenntnis gekommen, dass das Ausbildungsplatzsonderprogramm dringend notwendig ist, wenn man den Jugendlichen in den neuen Bundesländern eine Chance für einen Ausbildungsplatz geben will?

Christoph Matschie (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001434

Herr Kollege Kretschmer, ich kann Ihnen die Zahlen, die Sie gerade vorgetragen haben, nicht ad hoc bestätigen; das werden Sie sicher verstehen. Ich möchte Ihnen dennoch etwas dazu sagen: Die Platzzahl im Bund-Länder-Ausbildungsplatzprogramm Ost beruht auf einer Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern. Diese Vereinbarung ist für das Jahr 2003 ausgesetzt worden; in diesem Jahr gab es eine höhere Zahl an Ausbildungsplätzen. Insgesamt ist die Prognose zur Absolventenentwicklung, die den Planungen zugrunde gelegen hat, eingetreten. Ich möchte zur Verdeutlichung der demographischen Entwicklung zwei Zahlen des BiB nennen: Auf der Basis der KMK-Prognose 2003 gab es 159 000 Absolventen, die eine Berufsausbildung nachsuchten, im Jahr 2005 werden es 151 000 sein. In den Folgejahren nehmen die Zahlen deutlich ab. Ich glaube, dass dann, wenn es ein Ausbildungsplatzsicherungsgesetz, das die Finanzierungsverantwortung wieder stärker auf die Wirtschaft verlagern soll, gibt, über solche staatlichen Ausbildungsplatzprogramme noch einmal grundsätzlich neu nachgedacht werden muss.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Sie haben noch eine Zusatzfrage, Herr Kollege.

Michael Kretschmer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003572, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich möchte Sie noch etwas zum Ausbildungsplatzsicherungsgesetz und zur Ausbildungsplatzabgabe fragen: Für die neuen Bundesländer stehen Ausnahmetatbestände in Rede, wohl vor dem Hintergrund der Tatsache - ich habe das vorgetragen -, dass die dortige Ausbildungsquote bei Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigen bei 7,4 Prozent und bei Unternehmen mit weniger als 500 Beschäftigen bei 6,7 Prozent liegt. Offenbar hat man erkannt, dass es hier nur wenig Möglichkeiten gibt und es aufgrund der wirtschaftlichen Schwäche zu Problemen kommen kann. Meine Frage: Gibt es in Anbetracht der Situation der neuen Bundesländer Überlegungen, dort andere Maßstäbe anzulegen als im restlichen Bundesgebiet?

Christoph Matschie (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001434

Wie Sie wissen, ist das Ausbildungsplatzsicherungsgesetz eine Initiative der Koalitionsfraktionen; deshalb kann ich zu den Details dieser Regelungen, die im Moment in der Diskussion sind, aus Sicht der Bundesregierung nichts sagen.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ich schließe diesen Geschäftsbereich. Vielen Dank, Herr Staatssekretär Matschie für die Beantwortung der Fragen. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz auf. Die Fragen beantwortet der Parlamentarische Staatssekretär Alfred Hartenbach. Ich rufe die Frage 4 des Abgeordneten Dr. Jürgen Gehb auf: Wie beurteilt die Bundesregierung eine Änderung des § 126 Strafgesetzbuch, wie es in dem von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes der Bevölkerung vor angedrohten und Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner vorgetäuschten Straftaten - Bundestagsdrucksache 14/7616 und dem vom Bundesrat eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zum verbesserten Schutz der Öffentlichkeit vor angedrohten und vorgetäuschten Straftaten - Trittbrettfahrergesetz, Bundestagsdrucksache 14/8201 - vorgesehen ist?

Alfred Hartenbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002669

Sehr geehrter Herr Dr. Gehb, ich denke, wir sind uns darin einig, dass diejenigen, die die Terroranschläge in Madrid nutzen, um Menschen mit so genannten Trittbrettfahrerstraftaten in Angst und Schrecken zu versetzen, nicht nur unverantwortlich handeln, sondern in besonders hinterhältiger Weise den öffentlichen Frieden stören. Ein solches Verhalten muss konsequent geahndet werden. Bei der Beantwortung Ihrer Frage kann ich mich im Übrigen kurz fassen. Die Stellungnahme der Bundesregierung zum Gesetzentwurf des Bundesrates und die Antwort meines Amtsvorgängers Herrn Professor Dr. Pick in der Fragestunde am 27. Februar 2002 auf Ihre Frage, welche Änderungen im Strafrecht die Bundesregierung plane, gelten auch weiterhin. Das betrifft vor allem die damals geäußerten Zweifel, ob es zur konsequenten Verfolgung und Bestrafung dieser Straftäter erforderlich sei, die Strafdrohung des § 126 StGB heraufzusetzen. Aus der Strafverfolgungspraxis liegen uns auch heute keine Erkenntnisse vor, die darauf hindeuten könnten, dass - wie in den Gesetzentwürfen des Bundesrates und der CDU/CSU-Fraktion aus der 14. Legislaturperiode behauptet - das geltende Strafrecht keine angemessene Reaktion auf derartige Drohungen ermögliche. Ich wiederhole das damals Gesagte: Bereits die geltende Fassung von § 126 StGB bietet die Möglichkeit, empfindliche Geldstrafen und Freiheitsstrafen zu verhängen. Der Strafrahmen des § 126 des Strafgesetzbuch von bis zu drei Jahren erlaubt es insbesondere, Freiheitsstrafen von mehr als zwei Jahren zu verhängen, bei denen eine Strafaussetzung zur Bewährung nicht möglich ist. Entscheidend ist doch, sehr verehrter Herr Kollege Dr. Gehb, dass eine Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten so schnell wie möglich und unter konsequenter Ausschöpfung des vorhandenen Strafrahmens geahndet wird. Dafür allerdings sind die erforderlichen Instrumente vorhanden.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ihre Zusatzfragen bitte.

Dr. Jürgen Gehb (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003129, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass die Stellungnahme der Bundesregierung und die Antwort Ihres Amtsvorgängers wenige Monate nach dem 11. September 2001 erfolgt sind. Inzwischen ist geraume Zeit vergangen. Ich habe damals in meinem Redebeitrag unter anderem ausgeführt, dass England und Österreich andere Erfahrungen gemacht haben. Gibt es in Ihrem Bereich in der Zwischenzeit Erfahrungswerte, die vielleicht die wenige Monate nach dem 11. September 2001 erfolgte Stellungnahme in ein anderes Licht tauchen?

Alfred Hartenbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002669

Herr Dr. Gehb, wir wissen, dass Gerichte in einigen Fällen - das sind insgesamt übrigens gar nicht so viele Fälle - ausgesprochen schnell und konsequent Freiheitsstrafen verhängt haben. Mir ist mindestens ein Fall bekannt, in dem eine Freiheitsstrafe von acht Monaten ohne Strafaussetzung zur Bewährung verhängt worden ist. Das halte ich für eine ausreichende Grundlage. Weitere Erkenntnisse darüber, dass Gerichte vielleicht „zu lasch“ geurteilt hätten, liegen uns nicht vor.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Sie haben noch eine Zusatzfrage.

Dr. Jürgen Gehb (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003129, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, selbstverständlich können Sie nicht die gesamte Rechtsprechung der letzen anderthalb Jahre aus dem Ärmel schütteln. Deswegen frage ich Sie: Ist die Bundesregierung bereit, vielleicht im Rechtsausschuss nicht nur über die internationalen - ich hatte England und Österreich angesprochen -, sondern auch über die supranationalen Erfahrungen zu berichten und uns einen Überblick zu verschaffen?

Alfred Hartenbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002669

Herr Dr. Gehb, gestatten Sie, dass ich Ihre Frage etwas umfassender beantworte. Als alter Praktiker des Strafrechts - zwölf Jahre Staatsanwalt, elf Jahre Strafrichter - weiß ich, dass in Deutschland der Strafrahmen nach oben nahezu nie ausgeschöpft wird. Ausnahmen sind die lebenslange Freiheitsstrafe und einige wenige Fälle, in denen das Höchstmaß von 15 Jahren angegeben ist. ({0}) - Ich glaube, Herr Rose weiß das auch. ({1}) - Ja, Sie natürlich auch - das weiß ich - und der Oberstaatsanwalt van Essen weiß es auch. Ich glaube, alle hier wissen es. Unser Instrumentarium des Sanktionensystems ist eigentlich gut; dennoch wollen wir es jetzt noch etwas verbessern. Sie wissen das und wir laden Sie herzlich ein, vernünftig mitzudiskutieren und mitzuberaten. Wir wissen allerdings auch, dass wir diese Sachen beobachten müssen. Das Höchstmaß einer Strafe hat in aller Regel noch nie jemanden vom bösen Tun abgehalten. ({2}) Gleichwohl ist das Bundesministerium der Justiz selbstverständlich, Herr Dr. Gehb, bereit, auf Ihre Bitte hin - so darf ich Ihre Zusatzfrage verstehen - zu berichten. Ich bitte nur, mir etwas Zeit zu lassen. Bezüglich des internationalen Vergleichs und der deutschen Strafurteile müssen wir die Länderjustizverwaltungen befragen. Die Länderjustizverwaltungen können alle erforderlichen Daten zwar in aller Regel ihren Statistiken entnehmen, aber manchmal werden Nachfragen erforderlich sein. Wenn Sie uns etwas Zeit geben, sind wir gern zu einem Bericht bereit. ({3}) - Nein, Herr Dr. Gehb, die Antwort auf Ihre zweite Zusatzfrage lautet: Wir werden uns bemühen. ({4})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ich schließe den Geschäftsbereich. Vielen Dank, Herr Staatssekretär Hartenbach, für die Beantwortung dieser Fragen. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen auf. Die Fragen beantwortet der Parlamentarische Staatssekretär Karl Diller. Ich rufe die Frage 5 der Kollegin Ina Lenke auf: Wird die Bundesregierung für den Fall des Ausbleibens oder des verzögerten Eintretens der von der Bundesregierung prognostizierten Einspareffekte durch die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe für die Kommunen ab 2005 aus dem Bundeshaushalt Mittel für den Ausbau des Betreuungsangebotes für unter dreijährige Kinder bereitstellen und, wenn ja, bis zu welcher Höhe?

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Frau Kollegin Lenke, die Bundesregierung geht davon aus, dass die Entlastung der Kommunen durch die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe - also Hartz IV - wie von ihr erwartet eintreten wird.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ihre Zusatzfragen.

Ina Lenke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003170, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, ich finde, das war eine sehr oberflächliche Beantwortung meiner Frage. ({0}) Die beiden Teile meiner Frage haben Sie wohlweislich nicht beantwortet, weil Sie gar nicht wissen, was bei Hartz IV, also der Zusammenlegung von Arbeitslosenund Sozialhilfe, herauskommt. Deshalb möchte ich Sie ganz direkt fragen und Sie bitten, mir auch ein Datum zu nennen: Ab wann werden endlich die Bundesmittel für die Betreuung von unter dreijährigen Kindern zur Verfügung gestellt? Das im Koalitionsvertrag von Ihnen abgegebene Versprechen, Kindergartenplätze für unter Dreijährige ab 2004 zu subventionieren, hat nicht nur die zuständige Ministerin, sondern auch der Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung bekräftigt. Das Jahr 2004 ist vorübergegangen, ({1}) ohne dass Sie hierfür ein Finanzierungskonzept vorgestellt haben. Jetzt gehen wir schon in das Jahr 2005. Daher möchte ich, dass Sie mir ein Datum nennen, ab wann Sie endlich Geld für die Betreuung von unter dreijährigen Kindern zur Verfügung stellen werden.

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Frau Kollegin Lenke, Ihre Erinnerungen sind unvollständig. Darf ich sie ergänzen?

Ina Lenke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003170, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Gerne.

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Es war immer beabsichtigt, die Einsparungen aus der Zusammenlegung von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe durch Hartz IV an die Kommunen weiterzugeben. Da Hartz IV erst zum 1. Januar 2005, nicht aber zum 1. Juli 2004 in Kraft tritt, kann aufseiten der Kommunen jetzt auch noch keine Entlastung eintreten. Denn diese Entlastung - darüber möchte ich Sie informieren - tritt im Wesentlichen dadurch ein, dass die Länder ihre bisherigen Wohngeldausgaben, die sich in einer Größenordnung von 2,5 Milliarden Euro bewegen, einsparen und diese Entlastung an die Kommunen weitergeben.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Sie haben noch eine Zusatzfrage. - Bitte.

Ina Lenke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003170, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Das ist sehr schön. - Herr Staatssekretär, schon bevor dem Bundeskanzler die Streichung der Eigenheimzulage eingefallen ist, haben Sie in Ihrem Koalitionsvertrag ausgeführt, dass Sie in diesem Bereich für eine Entlastung sorgen werden. Sie wissen selbst, dass die Kommunen das Spiel, das die Bundesregierung spielen will, nicht mitmachen. Außerdem müssen sie auch mit dem Scheitern von Hartz IV rechnen. Deshalb frage ich Sie noch einmal: Wenn die Finanzierung über Hartz IV nicht klappt - egal ob es um die Abschaffung der Eigenheimzulage oder um andere Themen geht -, was haben Sie dann noch in petto? Wann und wie wollen Sie die Finanzierung sicherstellen?

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Verehrte Frau Kollegin, die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe ist Gesetz; dieses tritt am 1. Januar 2005 in Kraft. Damit wird auch die entsprechende Entlastung eintreten. Im Übrigen darf ich Sie darauf hinweisen, dass den Kommunen durch die Veränderungen im Steuerrecht schon in diesem Jahr erhebliche Entlastungen gewährt werden. Ich kann Ihnen einmal sagen, um welche Größenordnung es dabei geht. Die Reform der Gewerbesteuer führt zu einer Entlastung von 2,5 Milliarden Euro, im Jahre 2005 sogar zu einer Entlastung von 3 Milliarden Euro. Durch die Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe, also durch Hartz IV, wird eine Entlastung von 2,5 Milliarden Euro entstehen. Durch das Haushaltsbegleitgesetz, das bereits in Kraft ist, wird den Kommunen eine Entlastung von knapp 1 Milliarde Euro und durch die Koch/Steinbrück-Initiative eine Entlastung von 130 Millionen Euro gewährt. Insgesamt verbessert sich die Haushaltssituation der Kommunen um 6,6 Milliarden Euro, also um 6 600 Millionen Euro. ({0})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Eine weitere Zusatzfrage der Kollegin Pawelski.

Rita Pawelski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003607, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, da Sie immer noch fest daran glauben, dass die Kommunen bei der Kinderbetreuung wirklich Zuschüsse von 1,5 Milliarden Euro erhalten, frage ich Sie: Haben Sie die einzelnen Kommunen, damit sie rechtzeitig planen und Betreuungsgruppen einrichten können, schon darüber informiert, wie hoch die Zuschüsse bei der Kinderbetreuung sein werden? ({0})

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Verehrte Frau Kollegin, ich darf Sie noch einmal darauf hinweisen, dass durch Hartz IV eine Entlastung zunächst einmal aufseiten der Länderhaushalte entsteht. ({0}) Darüber haben wir in den tagelangen, nächtelangen Sitzungen des Vermittlungsausschusses - ich selbst war ja stundenlang zugegen - geredet. ({1}) - Ja, Sie auch. In den gemeinsamen Sitzungen, an denen das BMWA, das BMF, die Länder und die kommunalen Spitzenverbände über ein Jahr lang teilgenommen haben, hatte man sich auf die ursprünglichen Finanztableaus verständigt. Auf der Grundlage dieser Zahlen ist dann hochgerechnet worden, was das für das InKraft-Treten im Jahr 2005 bedeutet. Nach den ursprünglichen Zahlen hätte der Bund sogar noch einen Anspruch auf jährliche Rücktransfers von 1,3 Milliarden Euro - die in Form von Umsatzsteuerpunkten auszugleichen gewesen wären - gehabt. Dann sind die diesen Schätzungen zugrunde liegenden Zahlen von kommunaler Seite bezweifelt worden; darauf haben Sie jetzt abgehoben. Der Finanzminister von Berlin, Herr Sarrazin, hat das seinerzeit angesprochen. Die Finanzministerin von Mecklenburg-Vorpommern, Frau Sigrid Keler, hat auf die besondere Situation in den neuen Bundesländern hingewiesen, wo die Zahl der Sozialhilfeempfänger relativ gering, die Zahl der Arbeitslosenempfänger aber relativ groß ist. Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Peer Steinbrück, hat darauf im Vermittlungsausschuss hingewiesen. ({2}) Deswegen gab es zunächst einmal eine Einigung dergestalt, dass der Bund auf den Rücktransfer von 1 Milliarde Euro verzichtet. Am Schluss ist mit den Ministerpräsidenten der B-Seite - unter Federführung von Herrn Koch - vereinbart worden, dass der Bund auf die gesamte Rückführung verzichtet. A- und B-Seite waren im Vermittlungsausschuss einvernehmlich der Ansicht: Damit sind alle möglichen finanziellen Risiken für die kommunale Seite erfasst und abgegolten. ({3}) - So war der Stand im Vermittlungsausschuss. Jetzt wird das von interessierter kommunaler Seite wieder neu infrage gestellt. Es gibt ein Gremium unter der Federführung des BMWA, in dem die Schätzgrundlagen noch einmal gemeinsam überprüft werden. Dem Ergebnis will und kann ich nicht vorgreifen.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Wilhelm Schmidt.

Wilhelm Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002022, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, würden Sie mir zustimmen, wenn ich festhalte, dass die Umsetzung der jetzt noch anstehenden gesetzlichen Aufgaben bei einer kontruktiveren Haltung der Union in der Länderkammer, insbesondere des Ministerpräsidenten Koch, vielleicht etwas klarer, etwas schneller, etwas zügiger und - vor allen Dingen für die Gemeinden besser nachvollziehbar hätte vonstatten gehen können, dass das aber leider nicht der Fall ist, weil Herr Koch an dieser Stelle Obstruktion betreibt? ({0})

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Herr Kollege Schmidt, Sie haben sicherlich, wie so oft, auch in diesem Falle recht.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ich rufe die Frage 6 der Kollegin Ina Lenke auf: Wird die Bundesregierung die für den Fall der Umsetzung der von Bundeskanzler Gerhard Schröder in der Regierungserklärung vom 25. März 2004 vorgeschlagenen Abschaffung der Eigenheimzulage bis 2010 frei werdenden Mittel in Höhe von 4 Milliarden Euro zusätzlich zu den prognostizierten Einsparungen aus der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe in den Ausbau des Kinderbetreuungsangebotes investieren und, wenn ja, ab wann?

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Frau Kollegin Lenke, der Bundeskanzler hat in seiner Regierungserklärung vor dem Deutschen Bundestag am 25. März dieses Jahres den Ländern vorgeschlagen, das bisher für die Eigenheimzulage verwendete Geld für mehr Innovationen auszugeben. Die Zulagen wurden in Form von Entlastungen bei der Einkommensteuer gewährt, von daher wird der Bund an Einsparungen mit einem Anteil von 42,5 Prozent beteiligt und damit finanziell entlastet, die Länder mit 42,5 Prozent und die Gemeinden mit 15 Prozent. Die frei werdenden Mittel sollen jeweils wie folgt eingesetzt werden: Der Bund soll die Einsparungen verwenden, um Forschung und Entwicklung zu fördern. Die Länder sollen ihre Einsparungen einsetzen, um Bildungsaufgaben besser zu gewährleisten, vor allem für bessere Schulen, für die sie zuständig sind. Die Kommunen sollen ihre Entlastungsbeträge zur Verbesserung des Betreuungsangebotes für Kinder einsetzen, für das originär sie zuständig sind.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ihre Zusatzfragen, bitte.

Ina Lenke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003170, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, Sie haben vor allen Verhandlungen eine Koalitionsaussage gemacht. Sie haben den Wählern und Wählerinnen - gerade den Frauen, den jungen Frauen mit Familien, mit Kindern - Versprechungen gemacht. Diese Versprechungen sind im Jahr 2004 nicht eingehalten worden. ({0}) - Ich habe die Sorge; deshalb frage ich auch. Wir kommen bald in die Sommerpause, bis dahin bleiben nur noch drei Monate. ({1}) Wenn Sie als Regierung wahrhaft sein wollen, müssen Sie den Kommunen jetzt eine Ersatzfinanzierung für den Fall anbieten, dass Hartz IV nicht klappt. Sie haben den Kommunen bezüglich der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe unannehmbare Vorbedingungen gestellt. Deshalb sind die Kommunen nicht dafür verantwortlich, wenn die Umsetzung von Hartz IV nicht klappt. Es geht hier nicht um die Eigenheimzulage, es geht hier auch nicht um Gewerbesteuereinnahmen. Da haben Sie den Kommunen einmal 30 Prozent abgezwackt; jetzt sagen Sie, die Kommunen bekämen, weil nur 20 Prozent abgezwackt werden, mehr Geld. Aber das haben Sie den Kommunen doch vorher weggenommen! Dieser Art der Berechnung seitens der Bundesregierung kann ich, die ich in der Opposition bin, gar nicht zustimmen. Meine Frage lautet also: Wenn durch die Einsparungen aus Hartz IV, das am 1. Januar 2005 in Kraft tritt, die Betreuungsmöglichkeiten für Kinder unter drei Jahren doch nicht finanziert werden können und die Bundesregierung keinen Zuschuss vorgesehen hat, was machen Sie dann?

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Verehrte Frau Kollegin, Ihre zweite Frage bezog sich auf das Thema Eigenheimzulage. Diese habe ich gerade beantwortet und habe dazu das Notwendige gesagt. In Ihrer Nachfrage beziehen Sie sich auf Ihre erste Frage. Hier gilt, was ich bereits gesagt habe: Wir gehen davon aus, dass es, wie zugesagt, zu einer Entlastung in der Größenordnung von 2,5 Milliarden Euro kommen wird. 1,5 Milliarden Euro, die aus dieser Entlastung herrühren, sollen für die Betreuung unter Dreijähriger verwendet werden und die weitere Milliarde Euro zur Stärkung der Investitionskraft der Kommunen. Die übrigen finanziellen Entlastungen und Besserstellungen, über die ich Ihnen schon berichtet habe - insgesamt ist das einschließlich der 2,5 Milliarden Euro aus Hartz IV ein stolzer Betrag von 6 Milliarden Euro -, werden die Kommunen sicherlich massiv entlasten.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Frau Lenke, zu Frage 6 haben Sie noch eine Zusatzfrage.

Ina Lenke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003170, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, ich komme aus Niedersachsen, und wir Niedersachsen sind bekanntlich gut im Rechnen. Unsere Kommunen haben ausgerechnet, dass sie durch die Zusammenlegung von Arbeits- und Sozialhilfe im Rahmen von Hartz IV jährlich 290 Millionen Euro in die Kassen bekommen. Aber wissen Sie, wie hoch die Kosten für die niedersächsischen Kommunen sind? Auch das ist ausgerechnet worden. Es sind nicht 290 Millionen Euro oder 200 Millionen Euro, sondern 500 Millionen Euro. Können Sie mir sagen, wie die Niedersachsen angesichts dieses Verlustes Kinderbetreuungsplätze für unter Dreijährige finanzieren sollen? ({0})

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Verehrte Frau Lenke, die Überlegungen der niedersächsischen Kommunen - ({0}) - Das sind Überlegungen. - Den Berechnungen liegen Schätzannahmen zugrunde. Über die Richtigkeit dieser Schätzannahmen wird in der von mir angesprochenen gemeinsamen Arbeitsgruppe unter Federführung des BMWA diskutiert. Zum Teil ist man sich einig, zum Teil muss noch weiter darüber diskutiert werden. Die Kommunen gehen davon aus, dass höhere Wohnkosten auf sie zukommen werden, weil sie durch das Tragen der Wohnkosten ihren Beitrag leisten sollen. Die spannende Frage ist, wie viele Bezieher von Arbeitslosengeld II es in 2005 voraussichtlich geben wird und wie viele von ihnen durch das Absinken des Leistungsumfangs einen Anspruch auf Wohnkostenzuschuss haben. Das muss ausdiskutiert werden. Ich will aber bewusst auf Folgendes hinweisen: Wir beschäftigen uns im Moment mit einem fiktiven Bereich. Gleichzeitig muss man auch bedenken: Unterstellt, diese Annahmen würden zutreffen und ansonsten würde sich nichts ändern, dann hätten die Länder automatisch den Wohngeldanspruch dieser Menschen zu befriedigen und damit zusammen mit dem Bund wesentlich höhere Wohngeldkosten zu tragen. Deswegen muss alles abgewogen werden. Am Schluss gilt: Wir werden die Kommunen um insgesamt 2,5 Milliarden Euro entlasten. ({1})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Eine weitere Zusatzfrage der Kollegin Rita Pawelski. ({0})

Rita Pawelski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003607, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie haben von einem fiktiven Bereich gesprochen. Heißt das, dass Sie fiktive Gesetze gemacht haben und dass die Versprechen der Bundesregierung fiktiv sind? - Sie brauchen mir diese Frage nicht zu beantworten. Das war nur eine Vorbemerkung zu meiner eigentlichen Frage. ({0}) Während Sie noch immer davon ausgehen, dass die Kommunen durch die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe Geld einsparen, hat man in der SPD-regierten Region Hannover hochgerechnet, dass sie diese Zusammenlegung 37 Millionen Euro pro Jahr kostet. Stimmt die Aussage nicht, die aus der Region Hannover kommt?

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Verehrte Kollegin, ich muss noch einmal darauf hinweisen, dass die unmittelbare Entlastung zunächst nicht auf der kommunalen Seite, sondern auf der Länderseite eintreten wird, weil die Länder die Kosten für das Wohngeld einsparen. Die Länder haben sich verpflichtet, diese Ersparnis an ihre Kommunen weiterzugeben. Das ist der entscheidende Punkt. Nun zum Fiktiven: Ich sage noch einmal, dass sich eine gemeinsame Gruppe aus BMWA, BMF und kommunalen Spitzenverbänden ein Jahr lang über das ganze Projekt unterhalten hat. Diese hat sich auf Zahlen auf der Basis der Jahre 2000 und 2001 geeinigt. Es galt nun, diese Zahlen, auf denen die Einigung beruhte, auf das Jahr 2005 hochzurechnen. Hierzu liegen jetzt belastbare Zahlen vor, weil die Entwicklung in den Jahren 2002 und 2003 natürlich berücksichtigt werden kann. Für die Jahre 2004 und 2005 liegen Schätzzahlen vor. Darüber finden nun Gespräche statt: Wie müssen diese Schätzzahlen gemeinsam bewertet werden? Ich hoffe, dass es unter der Federführung des Kollegen aus dem BMWA zu einer Einigung kommt und wir die Entlastung streitfrei ermitteln können.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Klaus Rose.

Dr. Klaus Rose (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001882, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Nachdem die Kollegin Lenke aus Niedersachsen vorhin auf den Rechenkünsten der Niedersachsen beharrt hat, sage ich als Bayer: Die haben wir auch. Darüber hinaus aber haben wir ein politisches Urteils- und vor allen Dingen auch ein Erinnerungsvermögen. Herr Staatssekretär, Sie beharren sehr stark darauf - die Zahlen haben Sie jetzt aber ein wenig differenziert -, dass es im nächsten Jahr auf jeden Fall zu einer Entlastung in Höhe von 2,5 Milliarden Euro kommen wird. Erinnere ich mich falsch, dass wir schon einmal einen Lügenausschuss gebraucht haben, weil alle Zahlen, die aus Ihrem Ministerium kamen, nicht stimmten?

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Herr Kollege, die von Ihrer Seite unerwartet polemisch formulierte Frage erübrigt sich von selbst. ({0}) Der Lügenausschuss ist ohne das von der Opposition erwartete Ergebnis aufgelöst worden. ({1})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ich rufe die Frage 9 des Kollegen Günter Baumann auf: Aus welchem Grund wird in dem am 17. Dezember 2003 in Kraft getretenen DDR-Entschädigungserfüllungsgesetz der Anspruch auf Auszahlung einer „stecken gebliebenen Entschädigung“ zwar erstmals gesetzlich geregelt, den Betroffenen aber nur bis zum 16. Juni 2004 Zeit eingeräumt, diesen Anspruch beim zuständigen Vermögensamt geltend zu machen?

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Herr Kollege Baumann, die Antragsfrist nach § 5 Satz 1 DDR-Entschädigungserfüllungsgesetz von sechs Monaten nach In-Kraft-Treten des Gesetzes, also bis zum 16. Juni dieses Jahres, erschien dem Gesetzgeber Deutscher Bundestag als ausreichend. Zugunsten der Betroffenen sieht § 5 Satz 2 DDR-Entschädigungserfüllungsgesetz vor, dass die von den Betroffenen auf der Grundlage des Vermögensgesetzes in aller Regel bereits seit langem gestellten Anträge ohne erneute Beantragung zugleich auch als Anträge auf Erfüllung einer stecken gebliebenen Entschädigung gelten, damit auf diese Weise eine erneute Antragstellung vermieden wird und eine beschleunigte Erledigung der Verfahren gewährleistet ist. Auf die Antragsfrist haben im Übrigen sowohl das Bundesministerium der Finanzen in seinen Presseerklärungen vom 18. Dezember 2003 und 21. Januar 2004 als auch das Bundesamt zur Regelung offener Vermögensfragen am 17. Dezember 2003 und am 13. Februar 2004 hingewiesen. Schließlich haben wir mit Erlass vom 12. März 2004 das Bundesamt zur Regelung offener Vermögensfragen nochmals darum gebeten, auf die Antragsfrist hinzuweisen. Ich bin Ihnen persönlich dafür dankbar, dass Sie, wie mir zur Kenntnis gegeben wurde, in einer Presseerklärung auch selbst noch einmal darauf hingewiesen haben, dass diese Frist läuft.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ihre Zusatzfragen, bitte.

Günter Baumann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003035, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie werden mir Recht geben, dass die Antragsfrist von sechs Monaten außergewöhnlich kurz ist. Meine Frage lautet: Erwägt die Bundesregierung eventuell, diese Frist zu verlängern, um den Betroffenen entgegenzukommen?

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Diese Frist ist nicht außergewöhnlich kurz. Ich bin dahin gehend unterrichtet worden, dass es bei solchen Dingen immer eine Frist von sechs Monaten gegeben hat. Ich bin Ihnen dafür dankbar, dass Sie diese Frage gestellt haben, da ich es allen Interessierten nun noch einmal deutlich machen kann: Ich weise nochmals darauf hin, dass die Anträge nur dann neu zu stellen sind, wenn entweder der Antrag nach dem Vermögensgesetz bereits bestandskräftig abgelehnt wurde oder wenn der Betroffene bisher überhaupt keinen Antrag gestellt hat, weil ihm bewusst war, dass er mit seinem Antrag nicht unter das Vermögensgesetz und die damit verbundene Zielsetzung fällt. In diesen Fällen muss ein Antrag gestellt werden. Alle übrigen Anträge, die den Ämtern vorliegen, gelten als gestellt.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Sie haben noch eine Zusatzfrage.

Günter Baumann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003035, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ich bleibe dabei, dass die Antragsfristen bei anderen Verfahren länger waren. Deswegen möchte ich noch einmal die Frage an Sie richten: Plant die Bundesregierung, eine spezielle Aktion zu starten, um die Antragsberechtigten über den Termin 16. Juni 2004 zu informieren, an dem die Antragsfrist ausläuft?

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Ich sagte bereits, dass wir das nicht vorhaben. Die Antragsfrist ist nämlich gesetzlich geregelt. Wenn diese Antragsfrist geändert werden sollte, dann müsste das Gesetz geändert werden. Eine solche Änderung ist nicht geplant. Mir ist gesagt worden, dass nach den bisherigen Erfahrungen mit neu aufgemachten Antragsfristen, die regelmäßig sechs Monate betrugen, eine Verlängerung nicht erforderlich ist. Ich weise noch einmal darauf hin, dass Ihre Frage hoffentlich dazu dienen wird, dass in den entsprechenden Zeitungen darüber berichtet wird und die Betroffenen darauf aufmerksam gemacht werden. Wir selber haben das BARoV durch Erlass angewiesen, die Betroffenen auf die Frist hinzuweisen, damit in den Fällen, in denen tatsächlich noch ein Antrag gestellt werden muss - das sind wohl die wenigsten -, der Antrag fristgerecht eingereicht wird.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ich rufe die Frage 10 des Kollegen Günter Baumann auf: Wie viele Anträge auf Auszahlung einer stecken gebliebenen Entschädigung sind bislang bei den Vermögensämtern eingegangen und mit wie vielen neuen Anträgen ist bis zum Stichtag 16. Juni 2004 zu rechnen?

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Herr Kollege, es ist nicht bekannt, wie viele Personen bislang erneut Anträge auf Auszahlung einer stecken gebliebenen Entschädigung bei den zuständigen Behörden in den neuen Bundesländern gestellt haben. Da bei den Ämtern und Landesämtern zur Regelung offener Vermögensfragen vorliegende Rückübertragungsanträge nach dem Vermögensgesetz, über die noch nicht bestandskräftig entschieden worden ist, zugleich als Anträge nach dem DDR-EErfG gelten und es sich zumeist erst im Laufe der Prüfung des vermögensrechtlichen Verfahrens herausstellt, ob es sich um den Fall einer stecken gebliebenen DDR-Entschädigung handelt, ist der verwaltungsrechtliche Aufwand, die Zahl der Anträge zu ermitteln, die letztlich nach dem DDR-Entschädigungserfüllungsgesetz abzuarbeiten sind, für die Landesbehörden unvertretbar hoch.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Sie haben keine Zusatzfragen? - Nein. Dann schließe ich den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen. Vielen Dank, Herr Staatssekretär, für die Beantwortung der Fragen. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit auf. Die Fragen beantwortet der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Ditmar Staffelt. Ich rufe die Frage 11 des Kollegen Dr. Christoph Bergner auf: In welcher Form wurden die Ergebnisse der Gespräche, die Bundeskanzler Gerhard Schröder Ende Januar 2002 mit dem Chef des Bombardier-Konzerns, Laurent Beaudoin, und Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner dem Chef der Deutschen Bahn AG, Hartmut Mehdorn, über die Zukunft des Waggonbaustandortes Ammendorf führte, festgehalten und wo sind diese Gesprächsergebnisse dokumentiert?

Dr. Ditmar Staffelt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003239

Frau Präsidentin! Die Gesprächsergebnisse waren Gegenstand der Pressemitteilung Nr. 21 des Bundespresseamtes vom 27. Januar 2002.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ihre Zusatzfragen, bitte.

Dr. Christoph Bergner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003505, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, es hat sich um Gespräche mit dem Chef der Bahn AG und dem Chef eines Weltkonzerns gehandelt. Ich möchte zunächst einmal meiner Verwunderung darüber Ausdruck verleihen, dass das Ergebnis solcher industriepolitischen Gespräche nur in Form einer Pressemitteilung festgehalten wird. Ich sage dies vor dem Hintergrund, dass wir zur Aktenlage von industriepolitischen Entscheidungen im Kanzleramt in der Vergangenheit ganz andere Diskussionen geführt haben. Ich muss Sie aber darauf aufmerksam machen, dass ein Videoband existiert, das Belegschaftsvertreter von der Belegschaftsversammlung, bei der der Bundeskanzler aufgetreten ist und den Erhalt des Werkes verkündet hat, gemacht haben. Herr Staatsminister Schwanitz, der mit auf dem Podium saß, wird sich erinnern. Auf der Versammlung ist wörtlich gesagt worden -

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Bitte stellen Sie eine Frage.

Dr. Christoph Bergner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003505, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich stelle die Frage, wie Sie sich diese Sache erklären. Ich zitiere aus dem Videoband: In dem Papier, das wir gestern, der Reinhard und ich - Tonlage Bundeskanzler -, mit der Konzernführung vereinbart haben, ist vorgesehen, dass mittelfristige Auslastung … Erklärend füge ich hinzu, dass mit dem Reinhard der damalige Ministerpräsident Reinhard Höppner gemeint war. Es hat also ganz offensichtlich - das hätte mich auch nicht überrascht -

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Herr Kollege, Sie müssen eine Zusatzfrage stellen.

Dr. Christoph Bergner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003505, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Meine Frage lautet: Wie erklären Sie sich, dass der Kanzler auf der Belegschaftsversammlung von einem Papier sprach, Sie sich aber heute nur auf eine Pressemitteilung beziehen?

Dr. Ditmar Staffelt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003239

Ich kann nur feststellen, dass Sie sich offensichtlich bereits auf Ihre nächste Frage konzentrieren, in der Sie eine Erklärung darüber wünschen, warum die vorgesehenen Maßnahmen nicht realisiert worden sind. Ich kann Ihre Frage nicht beantworten, denn ich war weder auf der Veranstaltung, noch kenne ich irgendein Videoband. Sie sollten eine schriftliche Fassung des Videobandes vorlegen. Dann kann man hier über die Aussagen des Bundeskanzlers miteinander debattieren. Ich bin nicht bereit, dies zu tun, ohne selbst den Sachverhalt zu kennen bzw. die entsprechenden Passagen gelesen zu haben.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Sie haben zu Ihrer ersten Frage noch eine Zusatzfrage.

Dr. Christoph Bergner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003505, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin, nur ein Satz zur Erläuterung: Es geht mir wirklich nicht darum, die Bundesregierung bei dieser ernsten Frage vorzuführen, sondern es geht mir darum, eine Basis dafür zu finden, wo man ansetzen kann, um diesen Standort zu erhalten. Es wäre daher außerordentlich wichtig, zu wissen, ob die Bundesregierung allen Verpflichtungen, die sie in den Gesprächen des Kanzlers mit der Konzernspitze von Bombardier eingegangen ist, nachgekommen ist. Wie erklärt sie sich sonst, dass der Konzern bereits unmittelbar nach dem Gespräch die Vereinbarungen nicht erfüllt hat?

Dr. Ditmar Staffelt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003239

Mir ist das nicht bekannt.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ich rufe die Frage 12 des Kollegen Dr. Christoph Bergner auf: Wie erklärt sich die Bundesregierung, dass wesentliche Ergebnisse des in Frage 11 genannten Gesprächs, die Bundeskanzler Gerhard Schröder am 28. Januar 2002 in der Belegschaftsversammlung des Waggonbaubetriebes Ammendorf verkündete, wie Errichtung eines Schulungszentrums am Standort, Aufbau eines Dienstleistungszentrums ergänzend zur Schienenfahrzeugproduktion, Ansiedlung von Zulieferern am Standort mithilfe der Marktmacht des Bombardier-Konzerns, nachfolgend nicht in Angriff genommen wurden?

Dr. Ditmar Staffelt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003239

In den Gesprächen hat Bombardier die Absicht bekundet, in Ammendorf zur langfristigen Standortsicherung sowohl ein internationales Fortbildungs- und Trainingszentrum einzurichten als auch Service- und Wartungsaufträge zu konzentrieren. Die Bundesregierung bedauert, dass diese Pläne nicht verwirklicht wurden. Die Bundesregierung besitzt allerdings keine belastbaren Informationen darüber, warum die Führung von Bombardier die Pläne zum Aufbau eines Schulungszentrums in Ammendorf nicht verwirklicht hat. Die Bundesregierung bedauert ebenso, dass sich die Nachfrage der Bahnbetreiber nach Service- und Wartungskapazitäten ungünstiger als von Unternehmerseite angenommen entwickelt und das Konzept von Bombardier zum Aufbau eines Dienstleistungszentrums in Ammendorf beeinflusst hat.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ihre Zusatzfragen, bitte.

Dr. Christoph Bergner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003505, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ich will noch einmal darauf aufmerksam machen, dass der Kanzler der Bundesrepublik Deutschland in einem deutschen Unternehmen drei Zusagen für die Erhaltung des Standortes gemacht hat, aber keine davon eingelöst wurde. ({0}) Was hat die Bundesregierung, als sich dies herausstellte, getan, um mit dem Konzern eine Verständigung über die vom Kanzler propagierte Vereinbarung zu erzielen? ({1})

Dr. Ditmar Staffelt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003239

Sie wissen selbst, Herr Abgeordneter, dass sich die Bundesregierung gerade in Fällen, in denen es um die Schließung von Unternehmen oder von Unternehmensteilen geht, sehr darum bemüht, die Unternehmen wieder auf einen Weg zu bringen, der den Erhalt von Arbeitsplätzen und Standorten ermöglicht. Gleichwohl ist die Bundesregierung aus vielerlei Gründen in der Regel nicht in der Lage, etwa Zusagen materieller Art zu machen, die automatisch zum Erhalt solcher Unternehmen führen. Es würde mich sehr überraschen, wenn sie das täte. Ich sage dies, weil ich selbst in anderen Fällen mehrfach solche Gespräche geführt habe. Selbstverständlich wird in solchen Fällen immer das Bemühen der Politik vorhanden sein, einen Rahmen zu schaffen, innerhalb dessen ein solches Unternehmen die Produktion wieder aufnehmen und wieder gesunden kann. Aber Zusagen im Sinne fester Zusicherungen, für deren Umsetzung wir Dritte brauchen - zum Beispiel für die Erteilung von Aufträgen -, können wir im eigentlichen Sinne nicht geben. Uns stehen keine Staatsbetriebe zur Verfügung, in denen wir auf Knopfdruck nach links oder rechts marschieren lassen. Diese Zeiten sind vorbei.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Sie haben noch eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Bergner.

Dr. Christoph Bergner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003505, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ich habe keine Sehnsucht nach Staatsbetrieben, um das ganz deutlich zu sagen. ({0}) Für mich stellt sich nun eine Frage. Wenn der Regierungschef unserer Bundesregierung nach den in den Gesprächen mit der Konzernführung erzielten Ergebnissen kurz vor den Wahlen klare Aussagen zur Zukunft eines Unternehmens und zu den Zusagen einer Konzernführung macht, die nicht eingehalten werden, dann frage ich mich: Was hat die Bundesregierung getan?

Dr. Ditmar Staffelt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003239

Ich will an dieser Stelle noch einmal sehr deutlich sagen: Nach meinem Kenntnisstand hat der Präsident und CEO von Bombardier anlässlich seiner Bilanzpressekonferenz sehr klar zum Ausdruck gebracht, dass es nicht nur auf Deutschland, sondern weltweit auf alle Standorte bezogen umfangreiche Restrukturierungsmaßnahmen im Bereich des Schienenverkehrsgeschäfts geben wird. Ich will in diesem Zusammenhang auf Folgendes hinweisen: Der weltweite Stellenabbau betrifft insgesamt 6 600 Stellen - das sind 18,5 Prozent des Personalbestands, wovon wiederum allein 37 Prozent den Verwaltungsbereich betreffen -, davon 5 680 Stellen in Europa. Für Deutschland ist der Abbau von 1 500 Stellen vorgesehen. Die Schließung von sieben Produktionsstätten außerhalb Deutschlands - nämlich in Portugal und Großbritannien - in 2004 und in Deutschland, Schweden, Großbritannien und der Schweiz in 2005 macht deutlich, dass es sich hierbei offensichtlich um eine Konzernentscheidung struktureller Art - nicht nur auf Deutschland bezogen - handelt. Das entspricht auch den Aussagen. Insgesamt geht es dem Unternehmen offensichtlich um weltweite Produktivitätsverbesserungen, die die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens und seiner Produkte stärken sollen. Nach meiner Einschätzung haben wir aufgrund der Möglichkeiten, die wir aufseiten der Politik haben, um auf solche Weltkonzerne einzuwirken, einen sehr geringen Handlungsspielraum. Ich gehe davon aus, dass die von Ihnen unterstellte Aussage, seitens der Bundesregierung seien Zusagen gemacht worden, die nicht eingehalten worden seien, nicht den Tatsachen entspricht.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Ulrich Petzold.

Ulrich Petzold (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001700, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär Staffelt, gibt es - nachdem Bundesminister Stolpe am 22. März 2004 in der „Mitteldeutschen Zeitung“ geäußert hat, dass die Konzernführung nicht umzustimmen sei, aber der Aufsichtsrat von Bombardier gestern doch nicht den Schließungsbeschluss gefasst hat - vielleicht noch irgendeine Möglichkeit, dass sich die Bundesregierung in weitere Gespräche einbringt?

Dr. Ditmar Staffelt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003239

Es ist doch keine Frage - dessen bin ich sicher -, dass nach der Intervention der Bundesregierung, der Landesregierung in Sachsen-Anhalt, aber auch der Gewerkschaften, der Belegschaft und anderer ein Prozess des Nachdenkens aufgenommen worden ist. Ich weiß sehr genau, dass die Unternehmensführung in Ammendorf bzw. von Bombardier Deutschland außerordentlich engagiert ist und sich sehr für den Erhalt von Arbeitsplätzen und Standorten einsetzt. Insofern begrüßen wir es ausdrücklich, wenn dieser Prozess in die richtige Richtung geht. Ich habe dem erwähnten Pressebericht auch entnommen, dass eine geplante Schließung des Standortes möglicherweise aufgeschoben werden könnte; vielleicht auch mehr als das. Wir werden es sehen. Vergessen Sie bitte bei alledem eines nicht: Wir als Politiker - ich wiederhole mich - können einen Rahmen setzen und diejenigen zusammenbringen, die die Entscheidungen zu treffen haben. Die Entscheidungen erfolgen in den Konzernzentralen und Aufsichtsräten. Das ist nun einmal die Realität eines freien Marktes, der wir uns nicht entgegenstellen können.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Eine weitere Zusatzfrage der Kollegin Waltraud Wolff.

Waltraud Wolff (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003270, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ich komme genau wie der Kollege Bergner aus Sachsen-Anhalt. Ich kann mich noch sehr gut an die Gespräche vom Januar 2002 erinnern - ich war nämlich dabei -, die in Halle stattgefunden haben. Ich möchte im Nachgang zu dieser Veranstaltung von Ihnen gerne wissen, ob der Bundeskanzler irgendwelche Zusagen gemacht hat oder - so ist mir das jedenfalls erinnerlich - ob er dort nicht eher die Ergebnisse der Verhandlungen mit der Konzernspitze verdeutlicht hat. Wie bitte schön soll eine Bundesregierung auf die Entscheidungen eines Konzerns hinsichtlich Betriebserhaltungen oder Betriebsschließungen in Europa Einfluss nehmen?

Dr. Ditmar Staffelt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003239

Frau Abgeordnete, schönen Dank für Ihre Frage. Wenn ich die Fragestellung des Kollegen Dr. Bergner richtig verstehe, dann hat er nicht umsonst nicht nur den Chef des Bombardier-Konzerns, Herrn Beaudoin, sondern auch Herrn Mehdorn und den Kanzler genannt; denn die Deutsche Bahn AG zählt genauso zu den Bestellern wie viele andere Unternehmen beispielsweise aus dem Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs, auf die ein Bundeskanzler gar keinen Zugriff hat. Ich vermute sehr stark, dass es zwischen den Partnern ein entsprechendes Gespräch gegeben hat und dass der Kanzler am Ende den Tenor dieses Gesprächs zusammengefasst hat. Ich sage noch einmal: Ich kann Ihre Frage nur bedingt beantworten; denn ich kenne das besagte Videoband nicht. Ich halte es immer für sehr problematisch, in einer politischen Debatte auf Dinge hinzuweisen, die derjenige, der Fragen zu beantworten hat - das gilt jedenfalls für mich -, nicht kennen kann. ({0}) - Herr Schwanitz mag ja dabei gewesen sein. Ob er das Video kennt, ist eine ganz andere Frage.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ich rufe die Frage 13 des Abgeordneten Ulrich Petzold auf: Hält die Bundesregierung die vom sachsen-anhaltischen IG-Metall-Chef, Hartmut Meine, in der „Mitteldeutschen Zeitung“ vom 22. März 2004 erklärte Absicht für aussichtsreich und unterstützungswürdig, durch eigene - von externen Sachverständigen und Unternehmensberatern - erarbeitete Konzepte zur Sicherung des Standortes den Schienenbaustandort Ammendorf zu erhalten, wodurch der Bombardier-Konzern bewegt werden soll, Kapazitäts- und Auftragsumschichtungen unter den Bombardier-Standorten zugunsten von Ammendorf vorzunehmen?

Dr. Ditmar Staffelt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003239

Wenn die IG Metall Konzepte von unabhängigen Unternehmensberatern erarbeiten lässt und diese der Landesregierung von Sachsen-Anhalt und der Bundesregierung mit der Bitte um Unterstützung zugänglich macht, wird die Bundesregierung gemeinsam mit der Landesregierung selbige prüfen. Die Bundesregierung hat bereits mehrfach erklärt, dass sie weiter bereit ist, gemeinsam mit der Landesregierung von Sachsen-Anhalt an der Erarbeitung eines Regionalkonzeptes zur Schaffung von Ersatzarbeitsplätzen mitzuwirken. Hierbei werden auch Möglichkeiten ausgelotet, die bewährten Instrumente der Wirtschaftsförderung, die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“, die Investitionszulage etc., für die Schaffung von Ersatzarbeitsplätzen in der Region zu nutzen.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ihre Zusatzfragen, bitte.

Ulrich Petzold (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001700, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär Staffelt, in den nächsten Tagen wird es Gespräche zwischen dem Minister für Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt und der syrischen Staatsregierung betreffend die Erneuerung des syrischen Eisenbahnparks geben. Ist die Bundesregierung bereit, sich in diese Gespräche einbinden zu lassen?

Dr. Ditmar Staffelt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003239

Wenn die syrische Regierung und die Landesregierung von Sachsen-Anhalt einen entsprechenden Wunsch an die Bundesregierung richten und mitteilen, worum es in der Substanz geht, dann werden wir dies prüfen; das ist doch klar. Wir haben häufiger an solchen Akquisitionsgesprächen - darum geht es hier ja offensichtlich teilgenommen. Wir müssen uns das aber zuerst genauer ansehen. Schließlich ist es offensichtlich die Landesregierung von Sachsen-Anhalt gewesen, die in der Hauptsache aktiv geworden ist.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Sie haben noch eine Zusatzfrage.

Ulrich Petzold (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001700, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sind Sie auch bereit, Hermes-Kredite zu gewähren? ({0})

Dr. Ditmar Staffelt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003239

Ich darf Ihnen versichern, dass die Bundesregierung grundsätzlich bereit ist, nach sorgfältiger Prüfung überall dort, wo es möglich ist, mit Hermes-Bürgschaften Unterstützung zu gewähren. Das weiß Ihre Landesregierung übrigens aufgrund vieler ähnlicher Beispielsfälle.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Bergner.

Dr. Christoph Bergner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003505, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Ihr Minister hat - jedenfalls wird er so in der Presse zitiert - die Möglichkeit von Ersatzarbeitsplätzen angedeutet. Wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang die Forderung der Führung des Konzerns Bombardier, dass an diesem Standort, egal wer die Rechtsnachfolge antritt, keine Schienenfahrzeuge mehr hergestellt werden? Man hat mitgeteilt, dass das vorhandene Know-how über Schienenfahrzeugbau auch bei einer neuen Rechtsform nicht eingesetzt werden kann.

Dr. Ditmar Staffelt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003239

Wenn sich die Firma Bombardier so geäußert hat, dann ist das ihre Auffassung. Wir werden zu prüfen haben, wie es an diesem Standort weitergeht. Dabei kann man den aufgezeigten Weg zwar gehen; man muss es aber nicht. Wenn es denn soweit kommen sollte - Ihre Frage zielte in eine andere Richtung -, werden wir natürlich alles tun, damit Arbeitsplätze, Know-how und Standorte erhalten werden können. - Ich hoffe, Sie haben diese Aussage auf Video aufgenommen. ({0})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Herr Staffelt, ich würde mir sorgfältig überlegen, ob ich die Kollegen mit der Möglichkeit von Videoaufzeichnungen zusätzlich provoziere. Aber gut, auch das haben wir jetzt im Protokoll. ({0}) Nun rufe ich die Frage 14 des Kollegen Petzold auf: Wie beurteilt die Bundesregierung im Falle einer Schließung des Bombardier-Standortes Ammendorf die Möglichkeit einer Rückforderung staatlicher Fördermittel durch Land und Bund?

Dr. Ditmar Staffelt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003239

Die staatlichen Fördermittel werden vom Land Sachsen-Anhalt ausgereicht. Deshalb hat auch das Land eine mögliche Rückforderung zu prüfen.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Eine Zusatzfrage des Kollegen Bergner.

Dr. Christoph Bergner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003505, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, nach dem Kanzlerbesuch haben die Landesregierung und die Stadt Halle im Vertrauen auf die vom Kanzler persönlich gegebene Prognose für das Werk ihren Beitrag zu dem getroffenen Arrangement dadurch geleistet, dass sie nicht betriebsnotwendige Flächen gekauft haben. Dies geschah eindeutig in der Erwartung, dass das Wort des Kanzlers gilt, dass also der Fortbestand dieses Unternehmens ermöglicht wird. Sehen Sie den Bund in der Pflicht, gegenüber der Stadt Halle und dem Land Sachsen-Anhalt zu haften? Schließlich haben beide im Vertrauen auf die Aussage des Bundeskanzlers gehandelt.

Dr. Ditmar Staffelt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003239

Herr Kollege, die Lage stellt sich folgendermaßen dar: Jede Gebietskörperschaft ist für ihr Handeln selbst verantwortlich. Auch wenn es davon abweichende Aussagen von Firmen ({0}) oder von anderen gibt, muss jede einzelne Gebietskörperschaft eigenständig Entscheidungen treffen. Ich kann an dieser Stelle nur sagen: Dies ist sicherlich ein Schritt der Gewerbeentwicklung in diesem Bereich. Im Übrigen ist in keiner Weise gesagt, dass diese Flächen nicht für andere wichtige Gewerbeansiedlungen genutzt werden können. ({1}) - Ja, natürlich. Ich kann Ihnen an dieser Stelle sagen: Ich halte wenig von der von Ihnen hier angesprochenen rechtlichen Möglichkeit, dass etwa der Bund vor dem Hintergrund des Handelns der Stadt Halle und anderer in irgendeiner Weise Regressforderungen nachzukommen hätte. ({2})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Verehrte Frau Kollegin, das müsste dann in einem anderen Plenarsaal stattfinden. ({0}) - Das war eine unter jedem Gesichtspunkt interessante Anregung, der hier allerdings nicht nachgekommen werden kann. Die Fragen 15 und 16 des Kollegen Hinsken werden schriftlich beantwortet. Wir kommen zur Frage 17 der Kollegin Hannelore Roedel: Wie wirkt sich die mit dem Job-AQTIV-Gesetz eingeführte Frauenförderung aus und welche Maßnahmen zur Förderung von Frauen werden hier ergriffen?

Dr. Ditmar Staffelt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003239

Bereits vor dem In-Kraft-Treten des Job-AQTIV-Gesetzes enthielt das SGB III wie auch sein Vorläufer, das AFG, eine Frauenförderquote. Durch das Job-AQTIVGesetz wurde lediglich die Formel zur Berechnung der Quote geändert. Nach der bis dahin geltenden Formel war nur auf den Anteil der arbeitslosen Frauen an allen Arbeitslosen abzustellen. Weil bei dieser Formel zufällige lokale Ereignisse zu Schwankungen führen konnten, war es auch mit Blick auf die europäische Beschäftigungspolitik geboten, eine Formel zu finden, die weniger zufallsabhängig ist und die die Betroffenheit von Frauen durch Arbeitslosigkeit berücksichtigt. Deshalb wurde eine neue Formel entwickelt, die nicht nur das Verhältnis der Zahl arbeitsloser Männer zu der Zahl arbeitsloser Frauen, sondern auch die Arbeitslosenquote von Frauen berücksichtigt. Da die Zahl der erwerbstätigen Frauen in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen ist sowie die Arbeitslosenquote der Frauen zunächst gesunken und dann nicht in dem Umfang wie die der Männer wieder gestiegen ist, sank konsequenterweise auch das nach der neuen Formel erforderliche Mindestförderniveau. Da es sich aber nur um eine Mindestquote handelt, haben die Agenturen für Arbeit vor Ort Frauenförderung in Westdeutschland deutlich über der Zielquote, in Ostdeutschland allerdings leicht darunter realisiert. Welche Maßnahmen zur Förderung von Frauen ergriffen werden, entscheidet die einzelne Agentur für Arbeit vor Ort nach pflichtgemäßem Ermessen. Am häufigsten werden Frauen durch Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung gefördert. Hier lag die realisierte Quote im Jahr 2002 bei 51,6 Prozent. Dabei stellen Frauen vor allem bei langfristigen Maßnahmen, also solchen, die über 25 Monate dauern, sowie bei Maßnahmen mit staatlicher Prüfung mehr als ein Viertel aller Teilnehmer.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Zusatzfrage, Frau Kollegin Roedel.

Hannelore Roedel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003617, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Ihnen sind die Feststellungen des Institutes der Bundesagentur sicherlich bekannt. Eine Ursache für die Veränderung der Quote ist die Neuaufnahme von Frauen, die in geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen sind. Halten Sie es nicht für erforderlich, aufgrund dieser Verzerrung die Statistik erneut zu verändern und zu einer anderen Form der Berechnung zu kommen?

Dr. Ditmar Staffelt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003239

Die Fachleute in unserem Haus sagen, dass dies jedenfalls derzeit nicht so gesehen wird.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Zweite Zusatzfrage.

Hannelore Roedel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003617, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Der Einsatz der Mittel für Qualifizierung geht bei der Bundesagentur für Arbeit immer mehr in Richtung Existenzgründerförderung. Unter den Existenzgründern befinden sich leider sehr wenig Frauen. Es gibt Meldungen, nach denen andere Fördermaßnahmen geringer werden und damit zu befürchten ist, dass die Frauenförderung leidet. Sehen Sie irgendeine Möglichkeit, dem entgegenzusteuern?

Dr. Ditmar Staffelt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003239

Im Moment sehen wir keine Möglichkeit gegenzusteuern. Wir haben das Thema aber im Auge und sind uns dieser Tatsache und dieser Entwicklung sehr wohl bewusst. Mit der Agentur wird im Einzelnen darüber zu reden sein, in welcher Form gegebenenfalls Abhilfe geschaffen werden kann.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Ich rufe die Frage 18 der Kollegin Roedel auf: Wie erfolgte die Berechnung der Zielquote für den Zugang von Frauen zur aktiven Arbeitsförderung vor Einführung des Job-AQTIV-Gesetzes 2002 und wie hat sich die Berechnungsgrundlage und damit auch die errechnete Zielquote nach Einführung des Gesetzes verändert?

Dr. Ditmar Staffelt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003239

Ich habe die Fragen 17 und 18 zusammen beantwortet, Herr Präsident.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Das war aber nicht so angekündigt. Dann kann Frau Roedel jedenfalls noch zwei weitere Zusatzfragen stellen. Frau Roedel, wollen Sie noch weitere Zusatzfragen stellen? ({0}) - Bitte schön. - Da können Sie übrigens sehen, wie gut es ist, wenn die Präsidenten aufpassen. ({1})

Hannelore Roedel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003617, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sehr gut. Nachdem sich gezeigt hat, dass die eingeführte Quote wohl nicht so praktikabel ist, müsste Ihr Haus schon konkret überlegen, denke ich, wie man vorgehen könnte, um das Ziel, in dem wir uns - wie ich Ihren Worten entnommen habe - erfreulicherweise einig sind, nämlich Frauen entsprechend ihrem Anteil an der Arbeitslosigkeit zu fördern, zu erreichen. Gibt es schon solche Überlegungen?

Dr. Ditmar Staffelt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003239

Ja, es gibt Überlegungen. Bisher liegen aber noch keine Ergebnisse vor, weil darüber nicht nur bei uns im Hause, sondern insbesondere auch bei der Agentur zu reflektieren ist und die Ergebnisse dann letztlich gegebenenfalls umzusetzen sind. Vor diesem Hintergrund sollten wir den Dialog über diesen Sachverhalt fortführen, wenn entsprechende Ergebnisse zutage gefördert sind.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Weitere Zusatzfragen gibt es zu dieser Frage nicht. Die Fragen 19 und 20 der Kollegin Bellmann werden schriftlich beantwortet. Ich rufe die Frage 21 der Kollegin Rita Pawelski auf: Warum werden zukünftig Bildungsmaßnahmen durch die Regionaldirektionen der Bundesagentur für Arbeit zentral ausgeschrieben und nach welchen Kriterien werden die ausgeschriebenen Lose zugeschnitten?

Dr. Ditmar Staffelt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003239

Die Bundesagentur für Arbeit hat im Rahmen des Reformkonzeptes auch den Einkauf von Arbeitsmarktdienstleistungen optimiert. Ziel der Neuordnung des Einkaufsprozesses ist neben der einheitlichen Rechtsanwendung und der Gewährleistung eines überall gleich hohen Qualitätsstandards insbesondere die Nutzung von Kostenvorteilen durch die Bündelung der Vergabemaßnahmen über landesweite Ausschreibungen. Die bisherige Einkaufsorganisation und Beschaffungsabwicklung hat in den Agenturen für Arbeit vor Ort zu viele Kapazitäten gebunden. Die Ausschreibung auf Ebene der Regionaldirektionen entlastet die Agenturen von aufwendigen und komplizierten Vergabeverfahren, Kostenverhandlungen und Vertragsabschlüssen. Das verbesserte Ausschreibungs- und Vergabeverfahren der Bundesagentur für Arbeit wurde erstmals im Oktober 2003 für die Maßnahmen nach § 37 a SGB III und § 48 SGB III eingesetzt. Dieses Ausschreibungsverfahren ist zwischenzeitlich abgeschlossen. Die Bundesagentur hat eine Auswertung des Verfahrens vorgenommen. Die am häufigsten geäußerte Kritik richtete sich gegen den Zuschnitt und die Größe der Lose. Auch wenn die Festlegung der bisherigen Lose unter Beachtung fachlich-inhaltlicher Aspekte erfolgte, so hat die Bundesagentur für Arbeit aus den gewonnenen Erfahrungen dennoch Konsequenzen gezogen und wird die Möglichkeiten für lokale Anbieter bei den anstehenden Ausschreibungen der berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen verbessern. So können diese Anbieter ihre regionale Kompetenz und Vernetzung auch weiterhin einbringen. Die Entscheidung über die Losgröße liegt bei den Agenturen für Arbeit vor Ort. Der Loszuschnitt erfolgt unter besonderer Berücksichtigung der erforderlichen ortsnahen und individualisierten Betreuung von Jugendlichen und wird sich auf Agenturebene bewegen.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Zusatzfrage.

Dr. Ditmar Staffelt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003239

Ich sehe gerade, dass ich die Frage 22 gleich mitbeantworten sollte, Herr Präsident.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Das sollen Sie nicht. Sie müssten die Fragestellerin um ihr Einverständnis bitten.

Dr. Ditmar Staffelt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003239

Auf meinem Zettel steht, dass ich die Fragen gemeinsam beantworten soll. ({0}) - Ich kann sie auch getrennt beantworten. Das ist kein Thema.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Das ist der Eifer der Parlamentssekretariate. Das kommt mir vertraut vor.

Rita Pawelski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003607, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, welche realen Möglichkeiten haben vor diesem Hintergrund kleine Bildungsträger, den Zuschlag für Bildungsmaßnahmen zu bekommen? Sie sagten bisher nur: Es wird so sein.

Dr. Ditmar Staffelt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003239

Aus den Erfahrungen mit dem bisherigen Verfahren sind - das sagte ich bereits - Konsequenzen gezogen worden. Die Agenturen im regionalen Bereich sind gehalten, entsprechend vorzugehen. Ich glaube, dass man die Anbieter solcher Leistungen in den Agenturen gut kennt. Vor diesem Hintergrund kann man die Ausschreibungen in der Form veröffentlichen, dass kleinere und mittlere Anbieter eine Chance haben, sofern sie - das ist selbstverständlich - die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Zweite Zusatzfrage.

Rita Pawelski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003607, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, können Sie konkret sagen, ab wann die neue Ausschreibungsmöglichkeit gelten wird?

Dr. Ditmar Staffelt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003239

Nach meinem Verständnis gab es im Oktober 2003 die erste Veränderung. ({0}) Inzwischen wurden daraus Konsequenzen gezogen. Nach meinem Verständnis gilt die neue Ausschreibungsmöglichkeit für den genannten Bereich ab sofort.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Zusatzfrage, Herr Kollege Grindel.

Reinhard Grindel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003539, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wie bewerten Sie es, dass Ausschreibungen von überregionalen Bildungsträgern gewonnen wurden, obwohl sie zum Zeitpunkt des Zuschlags in den entsprechenden Regionen weder über Räumlichkeiten noch Personal, geschweige denn über eine Kenntnis der regionalen oder örtlichen Wirtschaftssituation oder über Kontakte zu örtlichen Unternehmen verfügten? Halten Sie das für eine qualitative Verbesserung? Müsste einer Sicherung der Qualität gegenüber einer reinen finanziellen Bewertung der Ausschreibungsverfahren nicht größere Bedeutung beigemessen werden?

Dr. Ditmar Staffelt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003239

Ich wiederhole an dieser Stelle: Die Verantwortung hierfür trägt natürlich die Bundesagentur mit ihren entsprechenden Gesellschaften. Aber ich füge hinzu, dass uns gerade in diesem Bereich schon vor Monaten eine ganze Reihe von Einwendungen erreicht haben, deren Ursachen wir im Gespräch mit der Bundesagentur abzustellen versucht haben. Die Bundesagentur selbst hat - so sehe ich es - entsprechende Schritte unternommen. Ich muss allerdings darauf verweisen, dass die Bundesagentur von uns gemeinsam, auch von Ihnen, unter erheblichen finanziellen Druck gestellt wird, weil sie mit den Budgets auskommen soll, die zur Verfügung stehen. Vor diesem Hintergrund ist auch das Thema der Wirtschaftlichkeit solcher Maßnahmen ein wichtiges. Ich bin allerdings, sollte es solche Fälle gegeben haben, Ihrer Auffassung, dass das abzustellen wäre. Denn wir können kein Interesse daran haben, dass bei einem solchen Verfahren kleine und mittlere Bildungsträger, die, wie wir wissen, ebenfalls gute Arbeit leisten können, gänzlich platt gemacht werden. Deshalb nehmen wir in diese Richtung Einfluss.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Herr Kollege Rose.

Dr. Klaus Rose (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001882, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie stellen das jetzt positiv dar. Ich bin natürlich nicht undankbar, dass die Einsicht so schnell, von Oktober 2003 bis jetzt, erfolgt ist. Trotzdem haben die Bildungsträger - ich weiß es zum Beispiel vom Kolpingwerk - in den letzten Monaten einen gewaltigen Einbruch erlitten. Bei den berufsfördernden Maßnahmen ist ein Schaden sowohl für die Anbieter als auch für so manche Jugendliche, die nicht mehr durch die gewohnten und erfolgreichen Anbieter betreut werden konnten, entstanden. Können Sie sagen, wie groß der Schaden inzwischen ist, ob man diesen heilen kann - Sie haben ja gesagt, dass Sie das zurückführen wollen - und wer möglicherweise regresspflichtig ist?

Dr. Ditmar Staffelt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003239

Schäden dieser Art können wir nicht beziffern. Ich will Ihnen aber, weil Sie das so provokativ in den Raum stellen, eines sagen: Wir alle wissen, dass es in diesem Sektor Große und Kleine gibt und dass ein erheblicher Wettbewerb herrscht; es geht natürlich ums Geld. Wir wollten Schluss machen mit dem bestehenden Automatismus und mit einer - so will ich es einmal sagen - Verteilungsmentalität, die letztendlich keine Rücksicht auf Budgets und insbesondere auf Leistungsangebote genommen hat. Beides gehört für mich zusammen. Alle, auch die von Ihnen genannten Bildungseinrichtungen, müssen sich einem vernünftigen Wettbewerb stellen. Unsere Aufgabe ist, Wettbewerbschancen für alle zu schaffen. Das ist, glaube ich, auch das, was von Ihnen impliziert wird. Wir können keine Garantien für einen Bildungsträger dieser oder jener Art geben; ich würde auch davor warnen, solche Garantien zu geben. Wir wollen, dass ein Wettbewerb stattfindet, dass aber die Voraussetzungen für diesen Wettbewerb so sind, dass sich alle daran beteiligen können und ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen können. Entscheidend ist das Ziel, das mit diesen Maßnahmen erreicht werden soll, nämlich die Qualifizierung von Menschen, die wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden sollen.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Herr Kollege Fuchtel.

Hans Joachim Fuchtel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000616, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wie stellt man eigentlich sicher, dass die in den Ausschreibungen vorgesehenen Materialien in der Praxis auch wirklich genutzt werden? Ist Ihnen bekannt, dass in der Branche jetzt mehr und mehr die Frage gestellt wird, warum in den Ausschreibungen von Pentium 4 die Rede ist, Pentium 4 aber nicht verwendet wird, sondern ein Vorgängerprozessor? Das Gleiche gilt für den Einsatz von Personal: Für eine bestimmte Zahl von zu Fördernden soll eine bestimmte Menge von qualifizierten Mitarbeitern eingesetzt werden. Wie wird das geprüft und was geschähe, wenn Sie in größerem Rahmen feststellen würden, dass zwar Ausschreibungen gewonnen werden, aber die Vorgaben nicht umgesetzt werden?

Dr. Ditmar Staffelt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003239

Ich möchte an dieser Stelle sehr ausdrücklich betonen, dass es sich bei der Bundesagentur für Arbeit um eine eigenständige Gesellschaft mit einem Vorstand und mit einem Aufsichtsrat handelt. Wir haben das gemeinsam so gewollt. Ich denke, dass das vernünftig ist. Wir werden das uns Mögliche tun, die Informationen über solche Implikationen, die wir erhalten, weiterzuleiten. Ich will allerdings hinzufügen, dass es sich um eine klassische Aufgabe der Abgeordneten handelt, sich direkt an den Vorstand der Bundesagentur zu wenden - ich habe ein entsprechendes Angebot gemacht -, damit Entscheidungen bezüglich der Technik korrigiert werden können. Zumindest sollte es Erklärungen geben, warum eine bestimmte Technik eingesetzt wird. Offen gestanden kann ich die konkrete Frage, warum es eine Ausschreibung mit Pentium 4 gegeben hat, nicht beantworten. Wenn ich Sie recht verstanden habe, dann wollen Sie mit Ihrer Frage andeuten, dass mit dieser Entscheidung ein gewisser Teil der Anbieter bewusst ausgeschlossen wird. Das kann ich mir aber, ehrlich gesagt, nicht vorstellen. Wir werden dieser Sache - wie immer, wenn solche Fragen auftauchen - gerne nachgehen. Aber ich will noch einmal betonen: Auch Sie können aktiv werden und sich direkt an die Bundesagentur wenden.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Nun rufe ich die Frage 22 der Kollegin Rita Pawelski auf: Welche Auswirkungen hat das oben genannte Verfahren der Ausschreibung und Vergabe auf die Beschäftigtensituation bei Bildungsträgern bzw. ist mit einer Abnahme des Stammpersonals zugunsten einer vermehrten, kostengünstigen und abgabefreien Honorartätigkeit zu rechnen?

Dr. Ditmar Staffelt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003239

Darüber, ob das neue Verfahren der Ausschreibung und Vergabe Auswirkungen auf die Beschäftigtensituation bei Bildungsträgern hat, liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Die Bundesagentur für Arbeit hat in den Ausschreibungen festgelegt, dass bei der Durchführung der Maßnahmen ein ausgewogenes Verhältnis zwischen fest angestellten und freiberuflich tätigen Lehrkräften vorliegen soll. Nach Auffassung der Bundesagentur bietet ein Träger, der keine hauptberuflichen Mitarbeiter in seinen Maßnahmen einsetzt, in der Regel keine Gewähr für eine erfolgreiche Durchführung der Maßnahme.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Zusatzfrage.

Rita Pawelski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003607, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, da Sie vorhin bekannt gaben, dass die neue Vergabepraxis ab sofort gilt, möchte ich Sie fragen: Sind die Vergaberichtlinien bekannt bzw. wurden sie den Bildungsträgern schon zur Kenntnis gegeben?

Dr. Ditmar Staffelt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003239

Ich muss Ihnen offen gestehen, dass ich überfragt bin, ob das schon geschehen ist. Ich werde mich aber erkundigen und Ihnen die entsprechende Information diese Woche gerne nachreichen.

Rita Pawelski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003607, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Gerne.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Weitere Zusatzfragen gibt es nicht. Ich rufe die Frage 23 des Kollegen Hans-Joachim Fuchtel auf: Warum hat die Bundesregierung vor dem Hintergrund der geplanten Verbesserung der Kundenorientierung der Arbeitsagenturen nicht eine eventuelle Samstagsöffnung der Arbeitsagenturen erwogen und welche Haltung nimmt sie gegenüber einer Ausweitung der Öffnungszeiten der Arbeitsagenturen auf den Samstag ein?

Dr. Ditmar Staffelt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003239

Über die Organisation der Bundesagentur für Arbeit einschließlich der Regelung der Öffnungszeiten entscheidet die Bundesagentur für Arbeit eigenständig.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Zusatzfrage.

Hans Joachim Fuchtel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000616, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, haben Sie nicht gesehen, dass in meiner Frage eine Aussage über die Haltung der Bundesregierung erbeten wurde? Heutzutage werden die Arbeitslosen als Kunden bezeichnet. Halten Sie es daher nicht für richtig, dass angesichts der Größe des „Betriebs“ - die Bundesagentur für Arbeit hat 90 000 Mitarbeiter - versucht werden sollte, diesen Kunden auch samstagmorgens eine Möglichkeit zu geben, die für sie zuständigen Arbeitsagenturen aufzusuchen?

Dr. Ditmar Staffelt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003239

Ich kann Ihnen sagen, dass die Bundesregierung einer Öffnung der Dienststellen an Samstagen grundsätzlich positiv gegenübersteht. Ich will an dieser Stelle allerdings betonen, dass die Verhältnismäßigkeit gewahrt sein muss. Das heißt, es muss eine entsprechende Nachfrage geben. Nur dann kann man eine Ausweitung der Öffnungszeiten rechtfertigen. Auch Sie wissen, dass Beratungsgespräche teilweise schon an Samstagen stattfinden. Allerdings sind die Agenturen für den Publikumsverkehr nicht geöffnet. Wie gesagt: Wir bejahen grundsätzlich eine Öffnung der Arbeitsagenturen an Samstagen.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Eine weitere Zusatzfrage.

Hans Joachim Fuchtel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000616, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, vor dem Hintergrund, dass die Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen Gesetze verabschiedet haben, in denen von den von Arbeitslosigkeit bedrohten Versicherten verlangt wird, dass sie sich schon vor Ende ihres Arbeitsverhältnisses beraten lassen müssen, um in den Genuss des Arbeitslosengeldes zu kommen, muss ich fragen: Ist diese Aussage nicht etwas zu schwach? Können Sie sich nicht in die Lage Hunderttausender von Menschen hineinversetzen, die ihrem Arbeitgeber, mit dem sie in der Endphase ihres Arbeitsverhältnisses vielleicht nicht mehr sehr konstruktiv zusammenarbeiten, sagen müssen, dass sie an bestimmten Tagen nachmittags fehlen werden, weil sie die Bundesagentur aufsuchen müssen, und sollte man diesen Menschen angesichts dessen, dass Sie als Bundesregierung bzw. Gesetzgeber ansonsten nicht zimperlich sind, wenn es darum geht, auf die Bundesagentur einzuwirken, nicht einen besseren Service anbieten?

Dr. Ditmar Staffelt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003239

Ich möchte auf Folgendes hinweisen: Bereits heute ist ein Termin am Samstag möglich, wenn man sich zuvor telefonisch mit der Bundesagentur oder einer ihrer Dependancen in Verbindung setzt und für Samstag ein entsprechendes Beratungsgespräch vereinbart. Ich kann hier nicht mehr tun, als zu sagen: Ja, grundsätzlich stehen wir solchen Öffnungszeiten positiv gegenüber. Die Entscheidung liegt nicht bei der Bundesregierung, sondern bei der Bundesagentur. Ich füge hinzu - auch das sollte Ihnen eingängig sein -: Wir unterstützen dies insbesondere dann, wenn es eine entsprechende Nachfrage gibt. Diese ist, wie wir beispielsweise aus vielen kommunalen Projekten, aber auch aus den Erfahrungen mit dem Stelleninformationsservice und den Jobpoint-Einrichtungen wissen, nicht immer so heftig, dass eine solche Öffnung gerechtfertigt wäre. Eine entsprechende Nachfrage sollten Sie als Voraussetzung für eine Öffnung am Samstag einräumen. Ansonsten kann ich Ihnen nur noch einmal sagen: Ja, vom Grunde her unterstützen wir das ausdrücklich. Das war doch jetzt kräftig genug gesprochen, oder? ({0}) - Nein.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Ich rufe die Frage 24 des Kollegen Girisch auf: Teilt die Bundesregierung die von Ministerialrat Dr. F. W. H. vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit bei einer Informationsveranstaltung zu den Innovationsregionen am 16. März 2004 im Weidener Postkeller getroffene Einschätzung, dass es sich bei der Oberpfalz um den „Ostarsch der Republik“ handelt - vergleiche Berichterstattung der Zeitung „Der neue Tag“ am 18. März 2004 -, und ist sie der Meinung, dass derartige Äußerungen eines Vertreters eines Bundesministeriums dazu geeignet sind, in der so bezeichneten Region ein positives Klima für Investitionen zu schaffen?

Dr. Ditmar Staffelt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003239

Die Bundesregierung teilt die genannte Einschätzung über die Oberpfalz selbstverständlich nicht und ist auch nicht der Auffassung, dass das Investitionsklima dadurch positiv beeinflusst werden könne. Die Aussage wurde dem betroffenen Beamten von der örtlichen Presse zugeschrieben. Er hat in einer dienstlichen Erklärung klargestellt, dass er auf der genannten Veranstaltung keine solche Einschätzung abgegeben habe ({0}) und dass es sich bei der Oberpfalz mit Sicherheit um keine Örtlichkeit handelt, die mit irgendwelchen Körperteilen des Menschen vergleichbar sei. ({1}) - Sie müssen selber nachsehen, wie die Frage hieß. Ich will dem Präsidenten dieses Zitat nicht zumuten. ({2})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Der ist relativ belastbar; aber es könnte ja sein, dass der Kollege Girisch noch Zusatzfragen hat.

Georg Girisch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003131, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, kann ich Ihre Antwort an die örtliche Presse, die auf dieser Veranstaltung anwesend war, weitergeben? Ich würde es für richtig halten, dass sich der betreffende Ministerialrat aus Ihrem Hause für diesen Ausdruck zumindest entschuldigt. Ansonsten würde ich darum bitten, dass Sie eine Aufstellung machen lassen, was diese Anfrage Ihr Haus gekostet hat. Dann kann er diesen Betrag an das eigene Haus überweisen.

Dr. Ditmar Staffelt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003239

Herr Abgeordneter, ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass der Beamte aus unserem Hause eine dienstliche Erklärung abgegeben hat, wonach er diesen Ausdruck nicht gebraucht hat und er ihm offenbar von der Presse untergeschoben wurde. Ich kann vor diesem Hintergrund nichts anderes unterstellen. Natürlich dürfen Sie sich wie jeder Abgeordnete dieses Hauses mit dieser Antwort in der örtlichen Presse tummeln und diese dort zur Kenntnis geben. Für uns ist der Sachverhalt, sofern Sie keine weiteren Anfragen dieser Art stellen, als erledigt zu betrachten.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Dann wollen wir gleich einmal testen, ob es weitere Anfragen gibt. - Herr Kollege Girisch.

Georg Girisch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003131, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sind Sie dann, wenn diejenigen, die dies gehört haben, dazu stehen, bereit, dem Ministerialrat aus Ihrem Hause entsprechende dienstliche Anweisungen zu geben?

Dr. Ditmar Staffelt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003239

Wenn diejenigen, die anwesend waren, dazu stehen, können Sie uns gerne noch einmal schreiben. Dann werden wir das auf dem entsprechenden Wege im Hause klären. Ansonsten möchte ich der Oberpfalz meine ausdrückliche Zuneigung aussprechen. Es ist eine der schönsten Gegenden in Deutschland. Ich hoffe, dass sich alle Bürgerinnen und Bürger der Oberpfalz mit diesen versöhnlichen Tönen zufrieden geben und keine schlechten Implikationen zwischen dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit und der Oberpfalz hängen bleiben.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Herr Kollege Rose.

Dr. Klaus Rose (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001882, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ich habe Ihre freundlichen Worte gern zur Kenntnis genommen; sie gelten für alle Regionen Deutschlands. Könnte es sein - Sie haben es gerade so dargestellt -, dass es eine akustische Schwierigkeit zwischen der Aussage des Ministerialbeamten und den aufnehmenden Presseleuten gegeben hat, bei der vielleicht sogar ein freudscher Versprecher vorgekommen ist? Diese etwas plastische oder drastische Ausdrucksweise traut man einem Abgeordneten des Deutschen Bundestages zu, der aus Weiden kommt und schon einmal Fraktionsvorsitzender dieser Partei war. Vielleicht kommt es daher, dass man dort so deutliche Redensarten geführt hat.

Dr. Ditmar Staffelt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003239

Er hätte das unter dem Schutz der Immunität sicherlich sagen dürfen. In seinem Fall hätte es die Beschwerde nicht gegeben. Eine Personenverwechslung liegt offensichtlich nicht vor; denn der Beamte hat nicht erklärt, er sei in der Oberpfalz nicht anwesend gewesen. Er hat lediglich gesagt, dass er diesen speziellen Ausdruck nicht genannt hat. Ich finde, dabei sollten wir es jetzt auch belassen. (Dr. Klaus Rose ({0}): Aber Sie würden es ihm zutrauen? - Nein.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Gleichwohl muss ich den Kollegen Fuchtel aufrufen, der sich zu einer weiteren Zusatzfrage gemeldet hat.

Hans Joachim Fuchtel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000616, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, würden Sie mir wenigstens zugestehen, dass es, wenn ein Pressevertreter, ein Abgeordneter oder ein sonstiger Bürger die gleiche Formulierung gegenüber dem Beamten gebraucht hätte, weiter reichende Auswirkungen und Folgen gehabt hätte und nicht so einfach wie jetzt von der Bundesregierung weggewischt würde?

Dr. Ditmar Staffelt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003239

Ich darf wiederholen: Erstens. Er hat dienstlich erklärt, er habe das nicht gesagt. Damit sind Ihre Fragen im Grunde nicht relevant. Zweitens. Mehr Publizität kann eine Beamtenbeschimpfung durch einen Journalisten nicht erhalten, als Sie dieser Angelegenheit über eine mündliche Anfrage im Deutschen Bundestag haben zukommen lassen. Es ist schon ein deutliches Herausheben dieses Sachverhalts. Ich jedenfalls habe bei meinen reichlichen Besuchen in der Oberpfalz - Sie wissen, die Berliner sind früher häufig in die Oberpfalz gefahren, um sich dort am Wochenende zu verlustieren - erfahren, dass die Menschen dort ein ordentliches und kräftiges Deutsch sprechen. Ich würde fast sagen: Dat wäre denen jar nich uffjefallen. Ich halte mich aber sehr zurück, damit Sie nicht auch gegen mich in irgendeiner Weise vorgehen. ({0})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Nun wollen wir die Befragung zu diesem Punkt abschließen, zumal die Fragen und Antworten zwei wesentliche Klarstellungen ergeben haben: Erstens haben sich alle Beteiligten unmissverständlich von einer Äußerung distanziert, die niemand gemacht hat. ({0}) Zweitens haben alle anwesenden Mitglieder des Bundestages mitbekommen, durch welche Art von Nachfragen man die ausdrückliche Sympathieerklärung der Bundesregierung für einzelne Regionen in unserem wunderschönen Vaterland herbeiführen kann. ({1}) Die Frage 25 des Kollegen Kretschmer wird schriftlich beantwortet. Damit ist der Parlamentarische Staatssekretär Staffelt in Frieden und mit Dank entlassen. Ich rufe nun den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Berninger zur Verfügung. Die Frage 26 des Kollegen Weiß wird schriftlich beantwortet. Ich rufe die Frage 27 der Kollegin Patricia Lips auf: Teilt die Bundesregierung meine Auffassung, dass die geltende EU-Zuckermarktverordnung unverändert fortgelten muss, bis konkrete Anpassungen aufgrund der welthandelsrechtlichen Rahmenbedingungen - WTO/Zucker-Panel - und der von der EU eingegangenen Präferenzabkommen notwendig sind? Matthias Berninger, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft: Frau Kollegin Lips, ich beantworte die Frage wie folgt: Nach den Reformbeschlüssen der EU-Agrarpolitik, die im letzten Jahr in Luxemburg gefällt worden sind, steht nun die Reform weiterer grundlegender Marktordnungen an, zunächst die die südlichen europäischen Staaten betreffenden Marktordnungen im Bereich Oliven, Tabak und Baumwolle, in der Folgezeit aber auch die Reform der Zuckermarktordnung. Erstens ist die Bundesregierung der Meinung, dass die grundlegenden Reformen in der europäischen Agrarpolitik nun auch auf andere Marktbereiche übertragen werden müssen, da das Grundprinzip - die Politik schreibt den Landwirten nicht mehr vor, was, sondern nur noch, wie sie zu produzieren haben - richtig ist. Zweitens. Es stehen im Rahmen der nächsten Welthandelsrunde eine Reihe von Konflikten auf der Tagesordnung. Unser ausdrückliches Ziel ist es, mit den anstehenden WTO-Diskussionen zu globaler Gerechtigkeit beizutragen. Angesichts dessen, dass eine Marktabschottung im Bereich der Baumwolle 25 000 Bauern in den Vereinigten Staaten nutzt, aber gleichsam 2,5 Millionen Bauern in der Westsahara die Existenz nimmt, gibt es auch im Bereich des Zuckers erhebliche Forderungen Parl. Staatssekretär Matthias Berninger der Staaten des Südens, dass die Europäische Union hier Abschottungen zurückfahren muss. Wir prüfen diese Forderungen, verweisen darauf, dass es schon erste Öffnungen der Zuckermärkte mit der Initiative „Everything but arms“ geben wird, sind aber der festen Überzeugung, dass der Zuckerbereich darüber hinaus zu Reformen bereit sein sollte. Denn zum einen geht es um die Sicherung der Arbeitsplätze in der Landwirtschaft. Zum anderen wird von der europäischen Politik ausdrücklich und mit Recht ein Beitrag zu globaler Gerechtigkeit verlangt. Zum dritten besteht für die Bundesregierung, die auch weiterhin als Exportweltmeister geführt wird, ein grundsätzliches Interesse daran, dass es uns gelingt, hier zusätzliche Exportmärkte zu erschließen. Das können wir aber nicht, wenn wir die Mauern vor unserer eigenen Haustür immer höher bauen.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Zusatzfrage, Frau Lips.

Patricia Lips (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003582, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, die Bundesregierung steht hier vor einem immensen Balanceakt. Ich muss aber konkret nachfragen: Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass sich grundlegende Elemente der Zuckermarktordnung, die jetzt über einen sehr langen Zeitraum Bestand hatten, in dieser Form nicht bewährt haben, bzw. für welches der drei Modelle, die von der EU-Kommission konkret vorgeschlagen werden, optiert die Bundesregierung? Matthias Berninger, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft: Die Bundesregierung hat zur Kenntnis genommen, dass die EU-Kommission ihrerseits nicht vor Mitte dieses Jahres eine Position über die verschiedenen Reformoptionen beziehen wird. Wir sind der Meinung, dass einige Elemente der Zuckermarktordnung durchaus ihren Bestand und ihre Berechtigung haben, weil sie innerhalb der Landwirtschaft zu einer gerechten Verteilung beispielsweise von auf den Zuckerbereich zukommenden Lasten beigetragen haben, andere Elemente aber durchaus problematisch sind. Ich nenne insbesondere die Abhängigkeit der Zuckermarktordnung von Exporterstattungen. Ich halte es unter dem Gesichtspunkt der globalen Gerechtigkeit nicht für vernünftig, dass wir mit den Geldern der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler oder alternativ mit dem Geld der Konsumentinnen und Konsumenten, die erhöhte Preise für zuckerhaltige Produkte zu zahlen haben, an anderen Stellen der Welt Märkte zerstören. Die eine Frage ist also, inwieweit wir innerhalb Europas Absatzmärkte für unsere Zuckerwirtschaft sichern. Die andere ebenso relevante Frage ist, inwieweit es uns gelingt, nicht mehr Steuergelder dafür einzusetzen, in anderen Teilen der Welt Märkte durcheinander zu bringen. Das beschreibt sehr gut den Balanceakt. Ich entnehme gerade auch den Anträgen der CDU/CSU-Fraktion, dass sie bereit ist - und zwar sowohl die Wirtschaftspolitikerinnen und Wirtschaftspolitiker als auch die Gesamtfraktion -, der Bundesregierung bei der Bewältigung dieses Balanceakts zur Seite zu stehen.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Weitere Zusatzfrage.

Patricia Lips (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003582, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Davon ausgehend, dass es gegebenenfalls zu einer Senkung des Binnenmarktpreisniveaus kommt, lautet meine zweite Frage: Gibt es schon jetzt Forderungen bzw. berechtigte Anliegen der Betroffenen bezüglich einer angemessenen Ausgleichszahlung oder Ähnlichem? Nun ist es so, dass innerhalb Europas neben Frankreich vor allen Dingen Deutschland den Hauptanteil der Lasten in diesem Bereich trägt. Wie bringt sich die Bundesregierung ein? Welches sind ihre konkreten Vorschläge bzw. wie steht sie zu diesem Anliegen der Ausgleichszahlungen vor allen Dingen für einen Übergangszeitraum, um den Betroffenen zu helfen? Matthias Berninger, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft: Zunächst einmal muss man sagen, dass die Landwirtschaft insgesamt vor erheblichen Umbrüchen steht. Auch das ist Ergebnis einer Reformpolitik, die davon abrückt, den Landwirten über garantierte Mindestpreise ihr Einkommen zwar zu sichern, ihnen aber andererseits vorzuschreiben, wie sie zu produzieren haben. Die Frage etwaiger Ausgleichszahlungen kann zum jetzigen Zeitpunkt schon deshalb nicht beantwortet werden, weil die Frage, wie stark in den Bereich der Zuckermarktordnung eingegriffen werden soll, sicher noch im Laufe der Jahre 2004 und 2005 zu diskutieren sein dürfte. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass die Bundesregierung, auch unterstützt durch die Oppositionsfraktionen, auf Brüsseler Ebene etwa bei Reformen im Bereich der Marktordnungen für Olivenöl und Baumwolle, von denen wir nun wirklich gar nicht profitieren, darauf drängt, dass es nicht zu zu hohen Ausgleichszahlungen kommt, da das zu 25 Prozent die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in Deutschland zu tragen hätten. Daraus folgt: Die Entscheidung, in welcher Höhe und ob überhaupt Ausgleichszahlungen notwendig sind, machen wir von dem konkreten Lösungspfad abhängig. Ich möchte darauf hinweisen, dass auch die Landwirte, die im Bereich der Zuckerwirtschaft tätig sind, nicht mittellos dastehen, sondern dass die Zuckerproduktion gerade an solchen Ackerstandorten betrieben wird, die erhebliche Produktionsvorteile haben, etwa weil die Böden dort besonders fruchtbar sind.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Zu einer Zusatzfrage erteile ich dem Kollegen Weisheit das Wort.

Matthias Weisheit (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002458, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, können Sie mir bestätigen, dass es, was die Zuckermarktordnung betrifft, nicht nur daMatthias Weisheit rauf ankommt, ob sich etwas bewährt hat oder nicht, sondern vielmehr auch darauf, was sich - sowohl im Rahmen der EU als auch bei den WTO-Verhandlungen international durchsetzen lässt? Matthias Berninger, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft: Das möchte ich Ihnen ausdrücklich bestätigen und für die Bundesregierung sagen, dass sich die Zuckermarktordnung aus unserer Sicht dort bewährt hat, wo sie zur Einkommenssicherheit der Landwirte beigetragen hat, dass sie aber bedenklich ist, wenn durch sie an anderen Stellen der Welt die Situation auf den Märkten verzerrt wird. Ich denke, dass es gerade gegenüber Ländern wie Brasilien, die ihrerseits versuchen, beim Agrarhandel einen fairen Anteil am Weltmarkt zu bekommen, und vor allem dort, wo man sich auch um die Rechte der Kleinbäuerinnen und Kleinbauern kümmert, angemessen ist, den Weg der Kooperation zu suchen. Das macht die Bundesregierung, indem sie die EU-Kommission bei den Verhandlungen mit dem Mercosur ebenso wie bei den WTO-Verhandlungen unterstützt. Das heißt, wir lassen uns nicht nur etwas abringen, sondern wir sind aktiv. Wir vertreten die Meinung, dass Reformen notwendig sind, achten aber darauf, die Balance zwischen globaler Gerechtigkeit und Existenzsicherung der Landwirtschaft zu halten.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Die Fragen 28 und 29 des Kollegen Peter Jahr werden schriftlich beantwortet. Ich rufe Frage 30 des Kollegen Roland Gewalt auf: Distanzieren sich Renate Künast, seit 12. Januar 2001 Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, und Claudia Roth, seit 24. März 2003 Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe im Auswärtigen Amt, AA, inzwischen von ihrem in der Zeitung „Tageszeitung“ am 21. März 2001 veröffentlichten, heute noch im Internet unter www.freilassung.de eingestellten „Aufruf für die sofortige Freilassung und für die Abschaffung des § 129 a“ Strafgesetzbuch zugunsten inzwischen zu hohen Freiheitsstrafen verurteilter Terroristen - „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ vom 19. März 2004 und, wenn nein, warum nicht? Matthias Berninger, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft: Herr Abgeordneter Gewalt, der Deutsche Bundestag hat bereits in seiner Sitzung am 5. April 2001 über den in Ihrer Frage angesprochenen Sachverhalt diskutiert, ausweislich des Protokolls auch entsprechend kontrovers. Schon damals ist hier deutlich gemacht worden, dass der von Ihnen angesprochene Aufruf von der Abgeordneten Claudia Roth und der damaligen Parteivorsitzenden Renate Künast unterzeichnet worden ist. § 129 a, der in diesem Aufruf insbesondere angesprochen wird, ist viele Jahre lang ein erheblicher Diskussionspunkt innen- und rechtspolitischer Debatten gewesen. Die völlige Abschaffung dieses Paragraphen war beispielsweise auch Gegenstand der Programmatik der FDP, als sie sich beim Thema Rechtsliberalität besonders hervorgetan hat. Die innenpolitische Debatte über den § 129 a hat dazu geführt, dass er vom letzten Deutschen Bundestag novelliert worden ist. Ich denke, dass gerade in der Novelle dieses Paragraphen auch die aktuelle Position der Frau Bundesministerin Künast deutlich geworden ist.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Gewalt? - Bitte.

Roland Gewalt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003533, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, hat die Frau Bundesministerin denn zur Kenntnis genommen, dass das Landgericht Berlin die Terroristen, die dort vor Gericht standen, wegen zwei Schusswaffenattentaten und zwei Sprengstoffanschlägen zu hohen Freiheitsstrafen verurteilt hat? Der Aufruf, um den es hier geht, beinhaltet ja auch die Forderung nach einer Haftentlassung dieser Terroristen, die Frau Künast damals erhoben hat. Steht Frau Künast, nachdem das Landgericht Berlin sein Urteil gefällt hat, auch heute noch zu ihrer Forderung? Matthias Berninger, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft: Herr Kollege Gewalt, die Fragen, die Sie gestellt haben, werden in der Folge auch noch von anderen Kolleginnen und Kollegen im Rahmen anderer Fragen gestellt. - Zunächst einmal ist der Frau Bundesministerin bekannt, wie die Verfahren ausgegangen sind. Ihr ist aber auch bekannt, dass es bereits im Jahr 2002, bevor diese Verfahren abgeschlossen wurden, zu Haftentlassungen gekommen ist, weil keine Fluchtgefahr der Angeklagten bestanden hat. Vor diesem Hintergrund denke ich, Sie sollten die Unterzeichnung des Aufrufs durch die Frau Bundesministerin als das sehen, was sie für sie war: ein Beitrag zu einer rechtspolitischen Debatte zur Reform des § 129 a. Diese Reform wurde ja auch durchgeführt. In der letzten Legislaturperiode wurde hier - im Kabinett mit der Stimme der Frau Bundesministerin Künast und im Deutschen Bundestag mit der Stimme der Abgeordneten Claudia Roth - eine Veränderung vorgenommen, durch die insbesondere die Sympathiewerbung, die bis dahin Bestandteil des § 129 a war und im Zentrum der rechtspolitischen Kritik stand, abgeschafft wurde. Gleichzeitig ist es zu einer Ergänzung gekommen, durch die gerade auch die Mitgliedschaft in ausländischen terroristischen Vereinigungen eingeschlossen wurde. Das macht deutlich, welche Bedeutung dieser Paragraph vor dem Hintergrund der aktuellen Sicherheitslage hat, welche Schwächen er aber auch hatte; insoweit ist die Position der Frau Bundesministerin sehr klar markiert. Der Aufruf liegt weit vor dieser Positionsmarkierung.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die für die Fragestunde verfügbare Zeit ist damit erschöpft bzw. leicht überschritten, sodass wir mit den nicht mehr zum Zuge Vizepräsident Dr. Norbert Lammert kommenden eingereichten Fragen so verfahren wie in unserer Geschäftsordnung vorgesehen. Wir beenden damit die Fragestunde. Ich rufe nun den Zusatzpunkt 1 auf: Aktuelle Stunde Auf Verlangen der Fraktion der CDU/CSU Haltung der Bundesregierung zur Finanzsituation beim Fernstraßenbau Ich erteile zunächst dem Kollegen Klaus Lippold, CDU/CSU-Fraktion, das Wort. ({0})

Dr. Klaus W. Lippold (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001353, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie wissen, dass es manchmal gerade bei Ihnen notwendig ist, dass Dinge, die schon etwas zurückliegen oder gerade beschlossen sind, noch einmal in Ihre Erinnerung zurückgerufen werden, damit Sie darüber nachdenken, dass Sie sie noch immer nicht entscheidend korrigiert haben. Damit sind wir bei der Frage der Verkehrsfinanzierung. Nach der mittelfristigen Finanzplanung sollen die Investitionen in Straße, Schiene und Wasserstraße bis 2008 auf 7,7 Milliarden Euro gekürzt werden. ({0}) Trotz der Einführung der streckenbezogenen LKWMaut in diesem Jahr sinken die Investitionen damit auf das niedrigste Niveau seit der deutschen Wiedervereinigung. ({1}) - Das ist richtig, Herr Schmidt! ({2}) Ich sage: Das ist ein Skandal! ({3}) Das ist nicht zuletzt deshalb ein Skandal, Herr Schmidt, weil wir mit der EU-Osterweiterung vor ganz entscheidenden Herausforderungen stehen, was die Straße angeht - alleine bei der Bestandserhaltung. Heute können wir feststellen, dass nicht nur nicht mehr neu gebaut wird, sondern dass auch die Bestandserhaltung katastrophal nachlässt. Damit werden wir den Anforderungen, die wir an ein Verkehrssystem in der Mitte Europas stellen müssen, nicht mehr gerecht. Damit fällt unsere Volkswirtschaft zurück; das ist ein ganz entscheidender Nachteil. ({4}) Kolleginnen und Kollegen, Sie wissen: Ich argumentiere nicht immer nur mit den Punkten, die ich habe, sondern gehe auch auf das zurück, was sozialdemokratische Kolleginnen und Kollegen sagen. Die Verkehrsministerkonferenz hat einhellig gesagt, dass, wenn diese Absenkungen so realisiert werden, wie das Bundesministerium sie plant - Sie werden es vermutlich abnicken -, auf Dauer eine nachhaltige Beeinträchtigung der Infrastruktur und damit von Wachstum und Beschäftigung unabwendbar ist. Angesichts wachsender Anforderungen an das Verkehrssystem im Zuge der Osterweiterung werde dem Standort Deutschland damit schwerer Schaden zugefügt. ({5}) Das ist unter Einschluss Ihrer Minister gesagt worden. Natürlich können Sie sagen, Sie glauben dem nicht, und Sie können ihnen mangelnden Sachverstand zutrauen. Aber in diesem Fall - das muss ich ganz klar sagen - liegen die Minister einhellig richtig. Nach meinem Dafürhalten können wir in diesem Zusammenhang auch nicht übersehen, dass Sie mit dieser Politik einen ganz eklatanten Beitrag zur Vernichtung von Arbeitsplätzen leisten. Jetzt könnte man sagen, im Baugewerbe und in der Bauindustrie sei eine Absenkung von Überkapazitäten notwendig gewesen. Nur, meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Absenkung ist längst vollzogen. Was wir jetzt noch haben, ist der Kern von Substanz. Deshalb ist - gerade vor dem Hintergrund, dass Sie es nicht schaffen, die katastrophal hohen Arbeitslosenzahlen in der Bundesrepublik Deutschland zu senken - eine weitere Addition von 40 000 Arbeitslosen durch den Abbau von Arbeitsplätzen im Baugewerbe und in der Bauindustrie nicht zu verantworten; darüber sollten Sie nicht so einfach hinweggehen. ({6}) Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich eines noch ausführen: Sie haben diese Maßnahmen mehrfach mit der Subventionskürzung nach Koch/ Steinbrück begründen wollen. Ich will daraus zitieren: Unsere Vorschläge bewirken einen Subventionsabbau auf breiter Front. Dabei ist aber stets darauf abgestellt worden, dass es keine Verwechslung zwischen Infrastrukturinvestitionen und Subventionen geben kann und darf. Schon gar nicht haben wir Vorschläge von Kürzung von Investitionen des dringend benötigten Ausbaus der Bundesfernstraßen gemacht. ({7}) Deshalb ist Ihre Begründung für die Kürzung von Investitionen im Straßenbau - das richte ich an Bundesminister Stolpe - unter Berufung auf unsere Vorschläge - sprich: auf die Vorschläge von Koch und Steinbrück - schlicht falsch. Das habe ich Ihnen schon beim letzten Mal gesagt. Ich kann an dieser Stelle deshalb nur wiederholen: Das hat Ihnen Ihr Ministerpräsident Steinbrück ins Stammbuch geschrieben. Ich habe Ihnen vorgeworfen, dass Sie falsch unterrichtet haben. Ich kann dabei bleiben. Koch und Steinbrück machen deutlich, dass Sie eine völlig falsche Infrastrukturpolitik Dr. Klaus W. Lippold ({8}) betreiben, die zu einem Arbeitsplatzabbau und damit zu mehr Arbeitslosigkeit führen wird und die den Anforderungen eines modernes Verkehrssystems nicht gerecht wird. Sie sollten Ihre Politik schleunigst ändern, und zwar eher heute als morgen. ({9})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Das Wort hat nun der Kollege Reinhard Weis, SPDFraktion.

Reinhard Weis (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002457, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Lippold, Sie bauen hier einen Popanz auf, wenn Sie von einer mittelfristigen Finanzplanung sprechen. Sie ist noch gar nicht beschlossen. ({0}) Wir haben eine mittelfristige Finanzplanung, die allerdings andere Grundzüge aufweist als die, die Sie hier als Horrorszenario an die Wand malen. ({1}) Die Grundzüge, die Sie hier als Horrorszenario an die Wand malen - darauf komme ich noch zu sprechen -, stehen im Zusammenhang mit dem Papier von Koch und Steinbrück. Wer hat bei der CDU/CSU eigentlich die Hoheit, wenn es um die Beantragung von Verkehrsthemen geht? Die Verkehrspolitiker sind es offensichtlich nicht. Denn ihnen wäre sicherlich aufgefallen, dass wir zu exakt demselben Thema, das heute Thema der Aktuellen Stunde ist, am Donnerstag der vergangenen Woche 90 Minuten lang debattiert und alle Facetten der Problematik besprochen haben. ({2}) Darüber hinaus sind Ihre Anträge, die am Donnerstag Gegenstand der Debatte waren, heute im Ausschuss beraten worden. Nun haben wir eine Aktuelle Stunde zu demselben Thema, und das in einer Zeit, in der wir eigentlich die Beratungen zum Bundesverkehrswegeplan abhalten wollten. Ich will aber nicht sagen, dass es schade um die Zeit ist. Wir können die Zeit nämlich nutzen, die nicht einfachen Zusammenhänge für die Öffentlichkeit durchschaubarer zu machen. ({3}) Ich könnte auch sagen: Wir können Ihre Märchen, die Sie in der Öffentlichkeit präsentieren, durchschaubarer machen. Dazu möchte ich zwei Dinge klarstellen. Erstens. Die Katastrophe, die Sie beschwören, gibt es 2004 gar nicht. Hinsichtlich der Mautausfälle, die wir leider beklagen müssen, weil die Industrie den Vertrag zur Errichtung des Mautsystems nicht termingerecht erfüllen konnte, gibt es eine Lösung, wodurch die Ausfälle in diesem Jahr kompensiert werden können. Wir erwarten, dass ab 2005 das Erfassungssystem in Betrieb sein wird und die zu erwartenden Einnahmen zur Verfügung stehen werden. ({4}) Dieses Thema war heute Mittag Gegenstand der Beratungen mit Toll Collect im Ausschuss für Verkehr, Bauund Wohnungswesen. Dabei haben auch Sie Ihre Erwartungen zum Ausdruck gebracht. Ich stelle deswegen fest: Gegenwärtig kann das Thema Mautausfälle von Ihnen nicht für Katastrophenszenarien instrumentalisiert werden. ({5}) Zweitens. Es bleibt das Problem, das im Zusammenhang mit den Investitionsmitteln in diesem Einzelplan zu nennen ist. Weil Sie unsere Vorschläge zum echten Subventionsabbau zur Haushaltsentlastung 2004 nicht akzeptiert haben - jetzt kommen die Vorschläge von Koch und Steinbrück ins Spiel -, ist im Vermittlungsausschuss mit Ihrer Zustimmung und mit der Zustimmung der Bundesländer ein Einsparvorschlag zusammengezimmert worden, der auf die Vorschläge der Ministerpräsidenten Koch und Steinbrück zurückgeht. Es sind also nicht die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen alleine dafür verantwortlich, dass 2004 377 Millionen Euro, 2005 689 Millionen Euro und 2006 1,1 Milliarden Euro im Einzelplan des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen aufgrund der Beschlüsse des Vermittlungsausschusses eingespart werden müssen. Sie haben mit Ihrer Ländermehrheit und der Anrufung des Vermittlungsausschusses nicht nur den Anlass für die Kürzungen gegeben, sondern sind auch an der Ausarbeitung beteiligt gewesen und haben bei der Schlussabstimmung im Bundestag mitgestimmt. ({6}) Weinen Sie also keine Krokodilstränen! Täuschen Sie nicht die Öffentlichkeit, sondern stehen Sie zu Ihrer Mitverantwortung! Das haben wir Ihnen schon am Donnerstag gesagt. Es bleibt noch der Vorwurf, wir hätten das Vermittlungsergebnis dadurch verfälscht, dass wir die Kürzungen nicht auf die Bereiche Schienen und Wasserstraßen begrenzt, sondern auch den Bereich Straße belastet haben. Erstens ist dazu zu sagen: Weder ein Vermittlungsausschuss noch der Bundesrat haben die Kompetenz, unseren Koalitionsvertrag zu annullieren. Jeder Ministerpräsident kann wissen, dass wir uns verabredet haben, die Investitionsmittel gleichmäßig auf die Schiene und die Wasserstraßen einerseits und auf die Straße andererseits zu verteilen. ({7}) Reinhard Weis ({8}) Den Sparansatz als Gesamtwert konnten wir nicht verändern. ({9}) Dort, wo es möglich war, haben wir aber eine Umverteilung vorgenommen. ({10}) Zweitens. Sie beklagen, dass wir einen Teil der Kürzungen auf die Straße umgelegt haben. Sagen Sie mir doch einmal, bei welchen Schienenprojekten Sie die Kürzungen von Koch/Steinbrück ansetzen wollen. Hören Sie auf, neue und teure Schienenprojekte zu fordern, wenn Sie allein der Schiene die veranlagten Kürzungen zumuten wollen. Ich bin schon auf Ihre Beiträge dazu in dieser Debatte gespannt. ({11}) Abschließend eine Bitte an Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition: Bei allem inszenierten Streit in dieser Aktuellen Stunde sind wir offenbar doch einer Meinung, dass ein Einbruch bei den Verkehrsinvestitionen in den Folgejahren verhindert werden muss. ({12}) Dafür gibt es verkehrs- und konjunkturpolitische Gründe. ({13}) Lassen Sie uns deshalb eine politische Debatte darüber beginnen, wie sinnhaft die Beschlüsse des Vermittlungsausschusses für unser Ressort sind und ob wir sie verändern oder auffangen können. Danke schön. ({14})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Das Wort hat der Kollege Horst Friedrich, FDP-Fraktion.

Horst Friedrich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000593, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Reinhard Weis, offensichtlich übernehmen Sie das, was der Verkehrsminister schon vorgeführt hat: Sie schaffen sich eigene Realitäten. Diese stimmen bezüglich der Verkehrsinvestitionen und dessen, was draußen abgeht, leider nicht und liegen auch nicht im Interesse der Bauwirtschaft. Da wir gerade beim Vergleich von Zahlen sind, ziehe ich, wie immer wieder gern, die Broschüre „Verkehr in Zahlen“ zu Rate, die die von der Regierung ermittelten Werte enthält. Vergleichen wir doch einmal: Lieber Kollege Weis, im Jahre 1998, dem letzten Jahr unserer Regierung, wurden für den Straßenbau 4,1 Milliarden Euro und für die Schiene 3,6 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Wenn ich richtig rechnen gelernt habe, sind das 7,7 Milliarden Euro. Für das Jahr 2004 - also für diesen Haushalt - haben Sie 8,2 Milliarden Euro in die Planungen eingestellt. Man muss allerdings immer dazusagen, dass Sie dies vor dem Hintergrund einer gegenüber 1998 um mittlerweile 14 Milliarden Euro angestiegenen Belastung für den Straßenverkehr getan haben. In Ihre mittelfristige Planung für das Jahr 2006 stellen Sie 3,9 Milliarden Euro für die Straße und 3,1 Milliarden Euro für die Schiene ein. Das sind zusammen 7 Milliarden Euro. ({0}) Die Zusatzbelastung für die Straße wird dann allerdings bei 17 Milliarden Euro angekommen sein, da dann nämlich noch 3 Milliarden Euro aufgrund der LKW-Maut hinzukommen. Das sind die derzeit vorliegenden und von Ihnen selbst beschlossenen Fakten. ({1}) Diese Zahlen stammen nicht von der Opposition, Sie haben sie vorgelegt. Das muss man einmal betonen. ({2}) Herr Kollege Weis, aufgrund der Deckelung in Ihrer eigenen mittelfristigen Planung werden die Kürzungen im Jahre 2005, die Sie den Ministerien durch die Beschlüsse bezüglich der Rentenreform auferlegen, höher sein als die Kürzungen, die Sie durch Koch/Steinbrück veranlasst vorgenommen haben. Ob nun geteilt oder nicht geteilt: All dies ist Ihr bewusstes politisches Wollen und nicht das von irgendjemand anderem. Vor diesem Hintergrund ist Ihr großer Hilfeschrei - Sie sagen, wir hätten das zu verantworten und wir hätten uns gegen die Streichung der Eigenheimzulage gewehrt - ein wenig wie das Pfeifen im finsteren Walde. Diese andauernde Debatte bezüglich der Eigenheimzulage erinnert mich an die Zeit, als Ingrid Matthäus-Maier bei allen Haushaltslöchern den Jäger 90 als Beispiel dafür angeführt hat, wo man überall sparen könnte. Ein bisschen mehr von Ihrer Seite muss schon kommen; denn Sie sind schließlich in der Mehrheit. Sie haben die Regierungsverantwortung. ({3}) Das Problem bei der ganzen Sache ist, dass Sie das, was Ihnen von Ihrer eigenen Regierungskommission „Verkehrsinfrastrukturfinanzierung“ unter der Federführung von Herrn Pällmann vorgelegt wurde - sie hat empfohlen, bei der Umsetzung mehr privates Kapital in die Horst Friedrich ({4}) Finanzierung der Infrastruktur zu geben; wir sind uns ja insoweit einig, dass es allein mit der staatlichen Finanzierung nicht mehr geht -, nur insoweit umgesetzt haben, als Sie Instrumente geschaffen haben, mit denen die Straße höher belastet wird. Die Umsetzung des zweiten Teils, nämlich im Hinblick auf die Infrastrukturfinanzierung die Zweckbindung einzufügen, haben Sie tunlichst unterlassen. Das hat sich aber noch nicht einmal bis zum Herrn Minister herumgesprochen. Er hat sich einige Zeit öffentlich feiern lassen, als er erklärt hat: Die Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft muss eben zusätzlich einen Kredit von 1 Milliarde Euro aufnehmen. Offensichtlich hat er völlig übersehen, dass Sie dies der Gesellschaft im Gesetz gar nicht erlauben. Auf meine Bitte, das Gesetz mit Ihrer Mehrheit entsprechend zu ändern, ist er bis heute - wie immer - die Antwort schuldig geblieben. Vielleicht hat er mittlerweile begriffen, dass es so nicht geht. ({5}) Mit dem Finger auf andere zu zeigen, obwohl man selber die Mehrheit hat, aber nicht konsequent genug ist, Änderungen umzusetzen, ist schon arg dürftig. Lieber Kollege Weis, damit kommen Sie nicht durch. Die Verkehrsminister der Länder haben heute in Weimar beschlossen, dass für die Straße eigentlich 5,8 Milliarden Euro und für die Schiene mindestens 4 Milliarden Euro in Konsequenz der Fortsetzung aller Beschlüsse zur Verfügung gestellt werden müssten. Als Sie noch in der Opposition waren, haben Sie das immer lauthals gefordert. Aber anscheinend - das ist das eigentliche Kriterium - hat Herr Stolpe vor Herrn Eichel bereits kapituliert. Er beschafft ihm zwar jede Menge Geld in seinem Haushalt, um die Löcher zu stopfen. Er schafft es aber offensichtlich nicht, selbst die dürftigen Beschlüsse des Vermittlungsausschusses zur Maut so umzusetzen, dass etwas dabei herauskommt. Es ist doch nichts weiter als Rosstäuscherei, Einnahmen von 2,1 Milliarden Euro aus der Maut separat auszuweisen, um im Gegenzug den Investitionsansatz um 2,2 Milliarden Euro zu reduzieren. Wen wollen Sie mit dieser Argumentation noch überzeugen? ({6}) Das Schlimme in der heutigen Zeit ist: Sie legen damit wirklich die Axt an die Leistungsfähigkeit der mittelständischen deutschen Bauindustrie und gefährden damit Arbeitsplätze. Das ist die Konsequenz Ihrer Politik. Sie werden sie spätestens 2006 zu spüren bekommen. Danke sehr. ({7})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Ich erteile das Wort dem Kollegen Peter Hettlich, Bündnis 90/Die Grünen.

Peter Hettlich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003554, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Angesichts der Tatsache, dass wir hier noch am vergangenen Donnerstag das Thema Verkehrsfinanzierung in epischer Länge und Breite diskutiert haben, stellt sich die Frage nach dem Sinn der heutigen Aktuellen Stunde. ({0}) Meiner Meinung nach hat sich in dieser Diskussion bisher nichts Neues ergeben. Damit hat die Diskussion bis heute etwa den Gehalt der mitternächtlichen Wiederholung der Tagesschau von 1984 in den dritten Fernsehprogrammen. ({1}) Es hat sich in den vergangenen fünf Tagen an der Sachlage nichts Wesentliches geändert. Die Argumente sind ausgetauscht worden. Nun ist es das gute Recht der Opposition, auf echte oder vermeintliche Missstände hinzuweisen. Allerdings sollten Sie dabei nicht außer Acht lassen: Wer mit im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Die Probleme bei der Aufstellung des Einzelplans 12 für den Haushalt 2005 und die mittelfristige Finanzplanung sind ebenso wie die Ursachen bekannt. Zum einen müssen wir neben der globalen Minderausgabe für die Rentenversicherung die Einnahmeverluste aus der LKW-Maut in 2003 und 2004 kompensieren. Zum anderen sind die erheblichen Eingriffe aufgrund des Koch/Steinbrück-Papiers in die investiven Mittel für die Schienenwege zu berücksichtigen. Durch die Vereinbarung zwischen den Koalitionsfraktionen, die Mittel im Verhältnis 50 : 45 : 5 auf Straßen, Schienen und Wasserstraßen aufzuschlüsseln, konnte zumindest bei den Mitteln für die Schienenwege das Schlimmste verhindert werden. Sie werden erklären: Ihr seid doch an der Regierung und könnt etwas machen. Dazu kann ich nur sagen: Sie waren über die Bundesländer im Vermittlungsausschuss mit am Tisch und tragen daher für dieses Verhandlungsergebnis auch Verantwortung. ({2}) Stehen Sie dazu und verhalten Sie sich nicht so wie bei der Gesundheitsreform! Lassen Sie uns lieber darüber nachdenken, welche Lösungen wir finden können. Eines sollte uns klar sein: Die Haushaltssituation des Bundes macht es uns nicht leicht, eine Lösung zu finden, wenn wir nicht wieder an der Steuerschraube drehen wollen. ({3}) - Warten Sie ab, Herr Friedrich. Die Einnahmesituation bei der LKW-Maut wird sich hoffentlich nach dem 1. Januar 2005 zum Positiven wenden. Ich stelle mir dabei konkret die Frage, warum wir nicht sofort mit dem ursprünglichen Mautsatz von 15 Cent anfangen sollten, nachdem wir das Transportgewerbe bis dahin über 16 Monate quasi subventioniert haben. Das setzt natürlich ein funktionierendes System voraus. In der heutigen Ausschusssitzung habe ich jedoch den Eindruck gewinnen können, dass wir es bei Toll Collect endlich mit einem Geschäftsführer zu tun haben, der sein Handwerk und auch die technischen Zusammenhänge richtig versteht. ({4}) Mein Kollege Albert Schmidt hat es schon in der letzten Woche gesagt: Solange Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, sich nicht an einem ehrlichen Subventionsabbau beteiligen wollen, so lange kann ich Ihr Jammern und Wehklagen nicht ernst nehmen. ({5}) Die Subventionen für die Eigenheimzulage und für die Pendlerpauschale müssen abgeschafft werden - je eher, desto besser. ({6}) Wir sollten dabei bedenken: Der Abbau der Eigenheimzulage würde, wenn er 2005 beschlossen würde, erst im Jahr 2013 voll zum Tragen kommen. Ich möchte zum Schluss meiner Rede ({7}) Ihr Augenmerk auf ein Thema lenken, welches am vergangenen Montag in der Anhörung zur Bahnreform eher beiläufig erwähnt wurde. Dr. Ilgmann sprach im Zusammenhang mit den Investitionen für die Neubaustrecke Köln-Frankfurt am Main von einer mangelnden Investitionseffizienz. ({8}) Er begründete dies mit der Tatsache, dass die budgetierten Kosten in diesem - zugegebenermaßen - Extremfall um 75 Prozent überschritten wurden. Das hat mich überhaupt nicht überrascht, ({9}) stoße ich doch allenthalben bei Verkehrsprojekten - sowohl bei Straßen als auch bei Wasserstraßen und Schienenwegen, aber auch bei Bundesbauten - auf erhebliche Kostenüberschreitungen. Für jemanden, der wie ich aus der Projektsteuerung im Hochbau kommt, ist es schlicht und ergreifend nicht nachvollziehbar, wieso im öffentlichen Bausektor keine vernünftige Kostenkontrolle möglich ist. ({10}) Ich lasse mich gerne eines Besseren belehren, aber das Gesetz der immer währenden Kostenüberschreitung scheint mir in bleierne Lettern gegossen zu sein. Es fehlt offensichtlich an einem funktionierenden Projektmanagement und es scheint mit dem Wettbewerb bei öffentlichen Bauprojekten zu hapern. ({11}) Erinnern Sie sich noch an die Baustelle der Schienenstrecke Köln-Frankfurt am Main? Die Bauschilder entlang der A 3 bildeten das Who is who der bundesdeutschen Bauindustrie ab. Oftmals hatten diese Unternehmen sogar noch Arbeitsgemeinschaften gebildet. ({12}) Wenn aber alle großen Marktteilnehmer bei einem einzigen Vorhaben mitmachen, kann es keinen Wettbewerb geben. Die Ausschreibungen von damals dürften sich im Nachhinein klar als Makulatur erwiesen haben. ({13}) Wie wollen wir denn bei solchen Konstellationen Nachforderungen seitens der Auftragnehmer - ob berechtigt oder unberechtigt - etwas entgegensetzen, ({14}) wenn wir keine Alternative dazu haben? Der Weg aus der aktuellen Misere kann nur darüber führen, dass wir a) die Einnahmen für Investitionen nachhaltig sichern, dass wir b) mit dem Subventionsab- bau weitermachen und dass wir c) die Steuergelder, die uns für Investitionen anvertraut werden, bestmöglich und höchst effizient einsetzen. Da haben wir noch eine ganze Menge Hausaufgaben vor uns. Packen wir die endlich an! Danke schön. ({15})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Das Wort hat die Kollegin Gesine Lötzsch.

Dr. Gesine Lötzsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003584, Fraktion: Fraktionslos (Fraktionslos)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste! Ich bin Abgeordnete der PDS. Zunächst möchte ich Herrn Minister Stolpe ein klein wenig in Schutz nehmen. ({0}) - Sie schreien und deswegen spreche ich Sie an: Die CDU/CSU hat - das ist schon gesagt worden - im Dezember letzten Jahres im Vermittlungsausschuss dem Sparprogramm bei den Straßeninvestitionen in Höhe von 335 Millionen Euro zugestimmt. ({1}) Nun hat es aber keinen Sinn, zu jammern, wie Sie das machen, sondern wir sollten lieber die Gelegenheit nutzen, um uns über die Ausrichtung der Verkehrspolitik zu verständigen. Was wir brauchen, ist freie Fahrt für die Bahn. ({2}) Die Bundesregierung muss mehr Geld in den Ausbau und in die Sicherung der Schienenverbindungen stecken. Es geht nicht nur um Verkehrsinvestitionen, es geht auch um viele Arbeitsplätze. Viele von Ihnen haben hoffentlich mitbekommen, dass gestern die Ammendorfer Waggonbauer in Berlin demonstriert haben. Die Bundesregierung könnte dazu beitragen, das Werk in Halle an der Saale zu retten, wenn sie, wie sie immer versprochen hat, die Zeichen für die Bahn auf Grün stellen würde. ({3}) Aber leider befinden sich die Straßenbauinvestitionen unter Rot-Grün auf einem Rekordniveau. ({4}) Schieneninvestitionen stagnieren dagegen. Das Ungleichgewicht zwischen Schiene und Straße besteht auch unter der rot-grünen Regierung fort. ({5}) - Da gibt es einen gewissen Zusammenhang. Wenn wir mehr in die Schiene investieren, gibt es mehr Züge und dann braucht man mehr Waggons. ({6}) - Ich kann Ihnen das vielleicht einmal in einem Privatissimum erklären, lieber aufgeregter Kollege von der FDP.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Hauptsächlich hat die Kollegin Lötzsch das Wort. Es wäre schön, wenn sich alle daran halten könnten.

Dr. Gesine Lötzsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003584, Fraktion: Fraktionslos (Fraktionslos)

Vielen Dank, Herr Präsident. Die Schieneninvestitionen stagnieren dagegen. Das Ungleichgewicht zwischen Schiene und Straße besteht weiter fort. Es sind weder genügend Mittel für den Bestandserhalt der Schieneninfrastruktur noch für deren Ausbau eingeplant. ({0}) Im Augenblick sitzt Herr Mehdorn im Haushaltsausschuss und erläutert, was die Kürzung der Investitionen in Höhe von 30 Prozent bedeutet, nämlich dass vieles gestreckt werden muss und nichts neu angefangen werden kann und vor allen Dingen 22 000 Arbeitsplätze dadurch in Gefahr sind. Die wichtigen Schienenprojekte, die mit der EU-Osterweiterung verbunden sind, wurden bisher kaum berücksichtigt. Die PDS - ich selber natürlich auch - ist der Meinung, dass die Chance für europäische Schienenwege nach Osteuropa offensiv ergriffen werden muss. Leistungsfähige Schienenstrecken - zum Beispiel von Berlin über Küstrin nach Polen und in die baltischen Republiken oder von Dresden nach Prag - sind unbedingt erforderlich. Hierbei könnte sich, denke ich, eine rotgrüne Bundesregierung profilieren. Das wäre auch eine schöne Aufgabe für einen Verkehrsminister und Ostbeauftragten der Bundesregierung. Ich bedanke mich für Ihre lebhafte Anteilnahme an meiner Rede. ({1})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Ich erteile dem Kollegen Georg Brunnhuber, CDU/ CSU-Fraktion, das Wort. ({0})

Georg Brunnhuber (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000284, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wir erleben in diesen Tagen die Versenkung eines Verkehrsministers und seiner gesamten Verkehrspolitik durch die eigene Regierung. ({0}) Völlig verrückt ist zudem, dass Sie sozusagen am Ufer dabeistehen und fröhliche Lieder singen. ({1}) Das ist nicht zu begreifen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass diese Phase der Verkehrspolitik einmal die Überschrift „Verkehrspolitik mit Lug und Trug“ tragen wird. ({2}) Denn es ist nichts von dem eingetreten und es wird auch nicht mehr eintreten, was Sie noch vor einer Woche, vor 14 Tagen und in den letzten Monaten immer wieder angekündigt haben. Sie müssen sich nicht nur bei der Opposition beschweren; ich lese Ihnen vielmehr die heutigen Beschlüsse der Verkehrsministerkonferenz vor, an der alle Verkehrsminister - auch die Ihren - beteiligt sind. Bei der Lektüre muss man sich fragen, was Sie eigentlich tun, meine Damen und Herren. Jetzt ist nur noch Herr Großmann anwesend; die anderen Regierungsvertreter sind schon verduftet. ({3}) Was tun Sie in diesem Ministerium eigentlich noch? Es ist verheerend. Ich möchte mit der Legendenbildung aufräumen, dass das Koch/Steinbrück-Papier quasi die Kürzungen verursacht habe. Erstens haben Koch und Steinbrück an keiner Stelle Kürzungen bei den Investitionen vorgeschlagen. ({4}) Im Gegenteil: Sie haben Subventionskürzungen vorgeschlagen, damit für die Investitionen Mittel frei werden. Wenn Sie uns das nicht glauben, dann darf ich aus dem heutigen Beschluss der Verkehrsministerkonferenz zitieren, der übrigens von einem Verkehrsminister der SPD, ({5}) nämlich aus Schleswig-Holstein, vorgetragen wurde: Die Verkehrsminister betonen, dass sich die Mittelkürzungen für den Straßenbau nicht mit dem so genannten Koch/Steinbrück-Papier begründen lassen. ({6}) Weder die Kürzungen der Investitionsmittel noch die Auswirkungen auf einzelne Projekte sind mit den Ländern abgestimmt worden. Sie aber reisen durch die Länder und erklären überall, die Landesverkehrsminister sollten Prioritäten setzen, ({7}) während die Bundesregierung den Verkehrsministern vorher nicht einmal ein Jota an Informationen gegeben hat. Wie sich das in Baden-Württemberg auswirkt, kann ich Ihnen schildern: Im letzten Sommer gab es in BadenWürttemberg eine SPD-Landesvorsitzende, die jetzt Mitglied der Bundesregierung ist und die sich zusammen mit einigen SPD-Abgeordneten wochenlang - den ganzen Sommer über - in den Stuttgarter Zeitungen feiern ließ. Man hat die Zeitung schon fast nicht mehr zuschlagen können, weil dauernd ihre Rübe zu sehen und ihr Name zu lesen war. ({8}) Sie haben sich für die großen WM-Projekte feiern lassen. Dabei haben wir es in Berlin durchgesetzt, dass endlich Straßenbauprojekte im Land durchgeführt werden. ({9}) Sie haben doch nichts fertig gebracht. Jetzt aber verdünnisieren Sie sich. Sie nehmen schon gar nicht mehr Stellung zu den Themen. Sie verkrümeln sich und verweisen auf andere. Heute habe ich gelesen, das letzte Wort sei noch nicht gesprochen, schließlich komme am 1. Januar 2005 die Maut; dann könne man doch noch ({10}) das eine oder andere Projekt finanzieren. Damit sind Sie im Begriff, mindestens zum zweiten Mal eine betrügerische Handlung zu begehen. Ihr Verkehrsminister hat mit Ihrer Zustimmung im Vermittlungsausschuss zugestimmt, dass die Mittel aus den Mauteinnahmen zusätzlich dem Haushalt zufließen werden. ({11}) Was machen Sie? Obwohl noch nicht der erste Cent geflossen ist, haben Sie bereits Kürzungen vornehmen lassen und im Austausch gegen die wegfallenden Haushaltsmittel die Mauteinnahmen eingestellt. Die Folge ist, dass im Jahr 2004 weniger Mittel zur Verfügung stehen, als wenn die Mauteinnahmen geflossen wären. Sie begehen Betrug am Wähler und am Vermittlungsausschuss; denn Sie haben etwas anderes zugesichert. Aber Sie haben nichts für die Erfüllung der von Ihnen unterschriebenen Vereinbarung getan. Ich möchte Ihnen noch den Beschluss der Verkehrsministerkonferenz zu zum Thema Maut vorlesen.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Das geht allerdings nur noch in einer sehr kurzen Version, Herr Kollege.

Georg Brunnhuber (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000284, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident, das ist so wichtig, dass ich das einfach noch vorlesen muss.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Nein, auch in diesem Fall muss die Redezeit eingehalten werden, Herr Kollege.

Georg Brunnhuber (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000284, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Die Verkehrsminister und -senatoren bekräftigen ihre Forderung, dass die Mauteinnahmen zusätzlich und nicht im Austausch gegen wegfallende Haushaltsmittel für die Verkehrsinfrastruktur zur Verfügung stehen müssen. ({0}) Sie haben in den letzten Wochen eine so verheerende Politik gemacht, dass man sich fragen muss, warum Sie sich das antun. Es zwingt Sie niemand, das Amt des Verkehrsstaatssekretärs oder das des Verkehrsministers auszuüben. Tun Sie lieber das, was Sie können: Machen Sie schön Urlaub und widmen Sie sich Ihren Freizeitaktivitäten! Lassen Sie endlich diejenigen regieren, die es können, nämlich uns, die Opposition! ({1})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Nächster Redner ist der Kollege Uwe Beckmeyer für die SPD-Fraktion.

Uwe Beckmeyer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003498, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Brunnhuber, ich bewundere Ihre Fähigkeit, dem Auditorium, aber auch dem Publikum auf der Zuschauertribüne so etwas mit ernster Miene zu sagen, obwohl Sie genau wissen, dass das eigentlich völlig daneben ist. ({0}) Sie haben die Begabung, spaßige Dinge mit todernstem Gesicht vorzutragen. Ich möchte an dieser Stelle Folgendes dazu anführen: Ein Bundesverkehrsminister kann gar nicht anders, als das auszugeben, was wir, der Haushaltsgesetzgeber, also der Bundestag und der Bundesrat, ihm bewilligen. Wenn er darüber hinausginge, würde er sich entsprechend der Haushaltsordnung des Bundes fehlverhalten. Er verhält sich im Gegensatz zu den Verkehrsministern, die Sie in der Vergangenheit gestellt haben und die Verkehrsprojekte begonnen haben, die teilweise nach vier Wochen eingestellt wurden, ({1}) weil das notwendige Geld nicht vorhanden war, also richtig. Er ist verantwortlich für über 600 laufende Projekte im Bereich des Bundesfernstraßenbaus - Autobahnen, Bundesstraßen et cetera -, die momentan in der Bundesrepublik Deutschland umgesetzt werden. 600 aktuelle Projekte! Wir haben 1998 einen Verkehrsinvestitionsstau in Höhe von 10 Milliarden Euro auflösen müssen. Daran sollten Sie bitte denken, bevor Sie solche Töne wie eben von sich geben! ({2}) Die Landesverkehrsminister - ich selber war einmal einer - hätten sich vielleicht, bevor sie den angesprochenen Beschluss, der mir auszugsweise vorliegt, fassen, einmal fragen sollen, was die Originalvorschläge von Koch/Steinbrück für ihre Länder und Gemeinden bedeutet hätten. Kein Wort von den Ländern dazu, genauso wenig wie zum Gemeindefinanzierungsgesetz und zu der geplanten Streichung der Mittel für die Regionalisierung der Schiene! Die Länder werden sich wahrscheinlich gesagt haben, dass die Sozis im Bundestag das schon richten werden, dass sie darauf achten werden, dass die Schiene nicht untergeht. In diesem Punkt unterscheiden wir uns: Wir machen den Menschen zumindest kein X für ein U vor. Das aktuelle Problem ist - hier liegen unsere Positionen gar nicht auseinander -: Wir brauchen natürlich Investitionen in den Ausbau der Straße, der Schiene und der Wasserstraße, aber bitte schön so, dass sich alle Verkehrsträger gleichermaßen wiederfinden und dass keine Stopps entstehen. Was wäre aus den Schienenprojekten geworden - diese Frage ist doch an Sie gerichtet worden -, wenn der Inhalt des Koch/Steinbrück-Papiers eins zu eins umgesetzt worden wäre? Nach Ihren Vorschlägen wären sie doch auf der Strecke geblieben. Was von Ihnen kommt, ist nicht klar. Wenn man in dieser Republik laut die Frage stellt, wollen wir mehr Geld für Verkehrsinvestitionen, dann antworten alle - das ist meine feste Überzeugung - Ja. Die Frage ist nur: Woher soll es kommen? Die Mitglieder des Haushaltsausschusses - dort sitzen Kollegen aus Ihrer und aus unserer Fraktion - sagen: Liebe Freunde, wir sollten einmal das Große und Ganze anschauen. Ich habe hier Zitate der letzten Woche und Monate zum Koch/Steinbrück-Papier. Ihre Fraktionsvorsitzende hat gesagt: Die Ministerpräsidenten Koch und Steinbrück haben sich am Subventionsabbau beteiligt; sie haben Vorschläge gemacht. Es ist aberwitzig, immer wieder zu behaupten, die Union beteilige sich nicht am Subventionsabbau. Ein kluger und guter Vorschlag ist gemacht worden. ({3}) Herr Austermann ist noch viel besser. Herr Lippold sagte vor einer Woche: „Rot-Grün spart am falschen Ende.“ Herr Fischer sagte: „Kahlschlag à la Stolpe bei der Verkehrsinfrastruktur …“. ({4}) Können Sie eigentlich nicht mehr eins und eins zusammenzählen? Auf der einen Seite sagen Sie: Jawohl, wir wollen die entsprechenden Kürzungen im Bundeshaushalt. Im Vermittlungsausschuss stimmen Sie zu. Hier, von diesem Pult aus, verkünden Sie: Liebe Freunde, mit diesen Aussagen haben wir nichts mehr zu tun; wir sind Verkehrspolitiker und sagen euch, dass das so nicht geht. Das ist eine wunderbare Rollenverteilung. Sie benehmen sich wie eine Opposition in der Opposition. Sorgen Sie erst einmal für Klarheit in Ihrer eigenen Fraktion, bevor Sie hierher kommen und solche Reden halten! ({5}) Wie weit liegen wir eigentlich auseinander? Haushaltsansatz „Straße“: 4,8 Milliarden Euro. ({6}) Nach Abzug globaler Minderausgaben und nach Abzug dessen, was das Koch/Steinbrück-Papier vorsieht, verbleiben Investitionsmittel in Höhe von 4,5 Milliarden Euro. Haushaltsansatz „Schiene“: 4 Milliarden Euro. Nach Abzug globaler Minderausgaben und nach Abzug dessen, was das Koch/Steinbrück-Papier vorsieht, verbleiben Investitionsmittel in Höhe von 3,7 Milliarden Euro. Haushaltsansatz „Wasserstraße“: 632 Millionen Euro. Nach Abzug globaler Minderausgaben und nach Abzug dessen, was das Koch/Steinbrück-Papier vorsieht, verbleiben Investitionsmittel in Höhe von 603 Millionen Euro.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Herr Kollege, denken Sie an die Redezeit!

Uwe Beckmeyer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003498, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Jawohl. Ich möchte den Menschen draußen nur einmal mitteilen, über welche Dimensionen wir hier streiten und was die Ursache dafür ist, dass Sie solche schwergewichtigen Worte wie „alles fehl“ und „Täuschung der Bundesrepublik Deutschland“ in den Mund nehmen. Ich finde, das, was Sie tun, ist einfach übertrieben. ({0}) Der Kollege Weis hat es gesagt: Sie sind von Ihrer Fraktionsführung hierher geschickt worden, um es noch einmal zu versuchen; schließlich hat es vor einer Woche nicht richtig geklappt. Aber heute klappt es auch nicht. Schönen Dank. ({1})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Das Wort hat nun die Kollegin Renate Blank, CDU/ CSU-Fraktion. ({0})

Renate Blank (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000194, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollege Beckmeyer, von Ihnen hätte ich eigentlich ein bisschen mehr erwartet. Sie müssen endlich begreifen - das sagen wir zum wiederholten Male -, dass in den Bundesfernstraßenbau zu wenig Geld fließt. ({0}) Kollege Beckmeyer, Sie behaupten hier, dass 600 Maßnahmen in Bau sind. Haben Sie nicht das Papier Ihres Staatssekretärs von letzter Woche? Darauf sind etwa 150 Baumaßnahmen vermerkt. ({1}) - Moment! Es sind zwar nicht ganz 150 Maßnahmen im Jahr 2004 in Bau, aber keine 450 kleineren Maßnahmen. ({2}) Kollege Beckmeyer, Sie haben maßlos übertrieben. Wir sollten das Ganze einmal nachvollziehen. ({3})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Einen Augenblick, bitte. Herr Kollege Schmidt, Sie sind der nächste Redner. Sie können gleich all das zurückweisen, was jetzt vorgetragen wird. Es wäre schon gut, wenn sich Frau Blank mit Ihren Hinweisen zunächst einmal verständlich machen könnte. Bitte schön. ({0})

Renate Blank (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000194, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Danke schön, Herr Präsident. Ich wiederhole: 150 Maßnahmen werden in dem Bauprogramm für das Jahr 2004 aufgeführt. Dazu kommt eine kleine Anzahl von Maßnahmen, deren Kosten bei unter 10 Millionen Euro liegen. Das muss man einmal festhalten. Auf jeden Fall sind es keine 600 Maßnahmen. Erst vor drei Wochen hat der Verkehrsminister im Ausschuss getönt: Die Infrastrukturmittel sind gesichert. Wo sind sie denn gesichert? Die Bundesregierung manövriert sich in eine katastrophale Finanzsituation. Sie sind mit Ihrer Infrastrukturpolitik am Ende. Der Kollege Brunnhuber hat die Verkehrsministerkonferenz schon erwähnt. Der schleswig-holsteinische Verkehrsminister - er gehört der SPD an - hat gestern und heute gesagt, über die Finanzsituation sei noch nie mit so viel Dramatik und Sorge diskutiert worden; es sei notwendig, Verkehrsinvestitionen wieder als Investitionen in die Zukunft zu begreifen. Mit Ihrer Haltung sorgen Sie nicht für Zukunftsinvestitionen, sondern fahren die Verkehrsinfrastruktur an die Wand. ({0}) - Kollege Beckmeyer, ich habe Sie wirklich für intelligenter gehalten und nicht gedacht, dass Sie das noch einmal erwähnen. Koch und Steinbrück wollten keine Streichung von Straßenbaumitteln. ({1}) Im Übrigen sind Straßenbaumittel keine Subventionen, sondern Investitionen. Wann begreifen Sie das endlich? ({2}) Kollege Schmidt - heute reden Sie leider erst nach mir -, Sie erzählen uns dauernd, dass die Bundesregierung in den letzten Jahren die Straßenbaumittel erhöht hat. Da müssen wir ein bisschen in die Geschichte gehen. Im Jahr 1999 und im Jahr 2000 haben Sie die Straßenbaumittel gekürzt. Nur aufgrund der Erlöse aus der Vergabe der UMTS-Lizenzen haben Sie in den Jahren 2001, 2002 und 2003 durch das Zukunftsinvestitionsprogramm ({3}) etwas mehr Geld für den Straßenbau ausgegeben. ({4}) Jetzt müssen wir aber einmal festhalten, wer die Vorarbeiten für die UMTS-Lizenzen erbracht hat. Das waren die CDU/CSU und die FDP. ({5}) Ich darf Sie einmal an Folgendes erinnern: Sie haben damals die UMTS-Lizenzen abgelehnt. Auch der heutige Finanzminister hat sie als damaliger Ministerpräsident von Hessen abgelehnt. Aber Sie haben von ihnen in den Jahren 2001, 2002 und 2003 profitiert. In diesem Jahr und auch im nächsten Jahr werden die Mittel zurückgefahren. Ich habe gelesen, dass im Zusammenhang mit der Maut 1,5 Milliarden Euro Einnahmen aus dem Schiedsverfahren mit Toll Collect gebucht werden. Sie waren doch heute im Ausschuss und haben die Aussage der Toll-Collect-Vertreter gehört, dass ein Schiedsverfahren mindestens eineinhalb bis zwei Jahre dauert. Es ist also eine Frechheit, wenn Sie sagen, die Mittel für 2004 sind entsperrt, die Mittel für das Jahr 2004 sind vorhanden. Kein müder Euro wird fließen! Es ist eine Luftbuchung, ein ungedeckter Scheck und sonst nichts. ({6}) Es wird dauernd davon gesprochen, dass aufgrund des Bundesverkehrswegeplan sehr viele Mittel eingeplant sind. Ich muss Ihnen sagen: Wenn es nach Ihnen geht, wird er zum Märchenbuch. Sie gehen in Ihrem Bundesverkehrswegeplan von 10 Milliarden Euro aus. In der mittelfristigen Planung bis zum Jahr 2008 geht es auf 7,7 Milliarden Euro runter. Wie wollen Sie den Bundesverkehrswegeplan damit auch nur annähernd abarbeiten? Im Jahr 2004 wird fast kein neues Projekt in Angriff genommen. In Bayern werden gerade die Maßnahmen für die WM 2006 durchgeführt, damit alle gut nach München und Nürnberg kommen können. Für weitere Ausbaumaßnahmen ist kein Geld vorhanden. So ist es nicht nur in Bayern. So ist es auch in Baden-Württemberg, in Hessen, überhaupt in allen anderen Bundesländern. Sie sollten Ihre Infrastrukturpolitik, was den Straßenbau anbelangt, wirklich noch einmal überdenken, damit wir Sie nicht in einer weiteren Aktuellen Stunde belehren müssen. ({7}) Vielleicht lernen Sie ja aus dieser Aktuellen Stunde. ({8})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Das Wort hat der Kollege Albert Schmidt, Bündnis 90/Die Grünen.

Albert Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002779, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal will ich Ihnen, Frau Kollegin Blank, in einem Punkt ausdrücklich Recht geben. ({0}) - Sie dürfen auch klatschen, wenn Sie wollen. - Sie haben gesagt: Wenn das, was als mittelfristige Finanzplanung - mit der unverkennbaren Urheberschaft Bundesfinanzministerium - auf dem Tisch liegt - das geht bis einschließlich 2008 -, Wirklichkeit würde, würden die Investitionen in den deutschen Verkehrswegebau um rund 2 Milliarden Euro auf 7,7 Milliarden Euro sinken. Das ist richtig. ({1}) Was Sie nicht dazugesagt haben, liebe Frau Kollegin, ist Folgendes: Wenn wir das zulassen würden - für unsere Fraktion jedenfalls kann ich sagen: wir sind entschlossen, das nicht zuzulassen -, ({2}) dann wären wir genau da, wo Sie aufgehört haben. Als Sie 1998 aufgehört haben, lagen die Investitionen bei 7,6 Milliarden Euro. 1997 hatten Sie 7,5 Milliarden Euro investiert. Wir wären jetzt so schlecht, wie Sie damals schlecht waren, obwohl es keinen Koch/SteinbrückPlan, keinen Vermittlungsausschuss und keinen Subventionsabbau gab, nichts dergleichen! Trotzdem waren Sie so schlecht, wie wir nie werden wollen. ({3}) Herr Kollege Friedrich, jetzt komme ich auf Sie und die von Ihnen hier in die Welt gesetzten famosen Zahlen Albert Schmidt ({4}) zu sprechen. Sie lesen den Verkehr in Zahlen und glauben, das Evangelium aufgeschlagen zu haben. Sie verwechseln offenbar Soll- und Ist-Zahlen. ({5}) Ich will Ihnen die Ist-Zahlen einmal ganz langsam, zum Mitschreiben, autorisiert vom Bundesverkehrsministerium, vorlesen: 1997: Bahninvestitionen 2,8 Milliarden Euro, Straßenbau 4,3 Milliarden Euro; 1998 - das letzte Jahr Ihrer Regierungszeit -: 2,7 Milliarden Euro für die Eisenbahnen des Bundes, 4,4 Milliarden Euro für den Straßenbau. In der Summe macht das jeweils 7,1 Milliarden Euro plus jeweils 500 Millionen für den Wasserstraßenbau. Jetzt nenne ich Ihnen die Zahlen aus unserer Regierungszeit - etwas schneller, weil ich nicht so viel Redezeit habe -: im Jahr 1999: Investitionen in Höhe von insgesamt 8,3 Milliarden Euro - das ist die Ist-Zahl; das ist ausbezahlt worden und stand nicht nur in der Planung -; 2000: 8,2 Milliarden Euro; 2001: 8,9 Milliarden Euro; 2002: 9,5 Milliarden Euro; 2003: 9,6 Milliarden Euro. Das sind Tatbestände, keine Planungen. Wenn Sie das jemals geschafft hätten, würden Sie sich mit „von“ schreiben. ({6}) - Das ist das einzige Argument, das Sie bei Ihrer armseligen Ideologie noch haben. Ich möchte Frau Kollegin Blank in einem zweiten Punkt Recht geben. Frau Kollegin Blank, Sie haben gesagt, Koch und Steinbrück hätten die Kürzung von Straßenbauinvestitionen niemals vorgeschlagen. Stellen Sie sich vor, das stimmt. Wissen Sie, was im KochSteinbrück-Papier wirklich drin steht? Darin steht, dass die ganzen Grausamkeiten, die Kürzungen in Milliardenhöhe - die Bauindustrie hat dazu eine Pressemitteilung verfasst, nach der die Kürzungen am Ende über 5 Milliarden Euro betrügen - zulasten der Schiene und der Wasserstraße erfolgen sollen. Was lernen wir daraus? - Dass den Herren Koch und Steinbrück die Bahn am Arsch vorbeigeht. Sie wollten nämlich nur bei der Bahn und der Wasserstraße kürzen, während sie allein die Straße schonen wollten. Dieses Spielchen haben wir nicht mitgemacht! ({7}) Als größte Verlogenheit empfinde ich es, dass dieselben Herrschaften, dieselben Ministerpräsidenten, die die Grausamkeiten, das Schlachtfest, allein bei der Schiene anrichten wollten, sich nun hinstellen und sagen: Wir wollen aber das 5-Milliarden-Projekt Nürnberg-Erfurt haben. - Womit sollen wir das denn bezahlen? Erst nehmen sie das ganze Geld, nehmen uns aus wie eine Weihnachtsgans, und nachher beschweren sie sich, dass kein Geld mehr in der Kasse ist. Dazu kann ich nur sagen: Return to sender. Jetzt werde ich ernsthaft. ({8}) Wenn wir die sich aus den auf dem Tisch liegenden Planzahlen ergebende dramatische Entwicklung abwenden wollen, dann haben wir nur eine Chance. Sie ist vom Kollegen Reinhard Weis schon angesprochen worden. Ich sage mit allem Ernst: Wir müssen die wirklichen Subventionen kürzen; wir müssen die Hände von den Investitionen wegnehmen. Das gilt für die Straße ebenso wie für die Schiene. Wie weit ist es in diesem Land gekommen, dass ich als Grüner schon mithelfen muss, den Straßenbauetat gegen einen sozialdemokratischen Finanzminister zu verteidigen? ({9}) Weit haben wir es gebracht! Das darf nicht eintreten. Deshalb müssen wir den Mut haben, die hohe Pendlerpauschale ein Stück zu kürzen. Wir müssen den Pendlerinnen und Pendlern sagen: Wollt ihr lieber eure 35 Cent als sakrosankt für jeden Kilometer und dabei in Kauf nehmen, dass die Straße, auf der ihr pendelt, dass die Schiene, auf der ihr pendelt, jedes Jahr schlechter wird, weil das Geld nicht reicht? Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Wir müssen mehr Geld für Investitionen in die Hand nehmen, um den Pendlerinnen und Pendlern bessere Straßen und Schienen anzubieten. Wir müssen die Subventionen bei der Eigenheimzulage und der Pendlerpauschale kürzen. Wir werden Ihnen Gelegenheit geben, das mitzutragen. Wenn Ihre Ministerpräsidenten, die die Mehrheit im Bundesrat haben, dann zum zweiten Mal sagen: „Das machen wir nicht mit!“, dann sind Sie für den verkommenen Zustand unserer Investitionsmittel im Straßen- und Schienenbau allein verantwortlich. Ich danke Ihnen. ({10})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Herr Kollege Schmidt, da bei Ihrer historischen Rede zugunsten der Stärkung der Straßenbaumittel ein Vertreter des Finanzministeriums leider nicht persönlich zugegen war, sage ich meine Unterstützung bei der Versendung des Protokolls an das Finanzministerium gerne zu. ({0}) Nun erteile ich das Wort dem Kollegen Hubert Deittert für die CDU/CSU-Fraktion. ({1})

Hubert Deittert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002639, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Wir haben zu wenig Geld für die VerkehrsinfrastrukturHubert Deittert finanzierung. Das ist ein Dilemma. Ich werde die Zahlen, die genannt worden sind, nicht alle wiederholen, denn dadurch werden sie nicht richtiger und nicht falscher. Was ich neben der Tatsache, dass zu wenig Geld zur Verfügung steht, für dramatisch halte, ist der Vertrauensverlust bezüglich der Verkehrspolitik dieser Bundesregierung. Das Vertrauen in diese Politik ist gleich null. ({0}) In der Verkehrspolitik und vor allem in der Verkehrsfinanzierung herrscht das totale Chaos. Worauf ist das zurückzuführen? Es hängt einfach damit zusammen, dass der zuständige Minister den Überblick verloren hat. ({1}) Ich brauche als Beispiel nur das katastrophale Krisenmanagement beim Mautdesaster anzuführen. ({2}) Hier ist Vertrauen verspielt worden, das Sie kaum wiederherstellen können. Die Reihe setzt sich mit dem ständigen Nennen von neuen Projekten und dem Versenden von Listen fort, die am nächsten Tag wieder zurückgezogen werden. ({3}) Lieber Herr Kollege Weis, Sie haben moniert, dass wir nach der Debatte in der vergangenen Woche schon heute eine Aktuelle Stunde zu diesem Thema haben. Diese Häufung unterstreicht im Grunde das Chaos, das bei Ihnen im Ministerium herrscht. Die Aktuelle Stunde ist hochnotwendig. ({4}) Das schwindende Vertrauen in die Verkehrspolitik der Bundesregierung hat dramatische Folgen für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Dadurch werden nicht nur Arbeitsplätze gefährdet, sondern Unternehmen ergreifen die Flucht. Arbeitsplätze werden in einem Ausmaß ins Ausland verlagert, wie wir es vorher nie hatten. Das ist eine ganz schlimme Geschichte. Die mittelständischen Bauunternehmen sind eben hier genannt worden; insbesondere sie tragen die Last. Im Land Nordrhein-Westfalen, dem größten Bundesland mit fast 18 Millionen Einwohnern, gibt es im Jahr 2004 einen einzigen Baubeginn. ({5}) Daran wird deutlich, was bei der Verkehrsinfrastruktur versäumt wird. ({6}) Ich nenne beispielhaft die Fußballweltmeisterschaft. Schwerpunkt ihrer Austragung wird Nordrhein-Westfalen sein. Wenn man bedenkt, dass die Menschen sich nicht nur in den Stadien aufhalten sollen, sondern dort auch hinkommen müssen, dann wird deutlich, welches Drama droht. Diese Weltmeisterschaft könnte uns im Stau ersticken. ({7}) Meine Damen und Herren, von diesem Ministerium wird eine bewusste Irreführung der Öffentlichkeit betrieben. Die Kürzungsvorschläge von Koch und Steinbrück sind wiederholt angesprochen worden. Ich darf an den Brief vom 25. März erinnern. Der Brief macht deutlich, in welchem Ausmaß diese Bundesregierung uns täuscht. Das ist schlicht und einfach unzumutbar. ({8}) Wo liegt die Ursache für das ganze Dilemma? Neben dem Mautdesaster ist die falsche Wirtschaftspolitik dieser Bundesregierung in der Hauptsache dafür verantwortlich. Dadurch geht Vertrauen in den Standort Deutschland verloren. Wir haben kein Wirtschaftswachstum und dadurch geringere Steuereinnahmen. Hier schließt sich der Kreis. Sie haben schlicht und einfach den falschen Politikansatz. ({9}) Wenn Privatleute ein solches Dilemma erleben, dann haben sie nach einer langen Schmerzensphase die Möglichkeit der Privatinsolvenz. Sie haben dann irgendwann die Chance, wieder auf die Beine zu kommen. Das kann man auch auf die Politik übertragen. Das Grundgesetz sieht ganz bestimmte Fristen vor, nach denen die Wähler Korrekturen vornehmen können. Das ist gut so. Es ist aber nach dem Grundgesetz nicht verboten, in dem einen oder anderen Fall ein Trauerspiel zu verkürzen. Ein Weg wäre, dass der zuständige Minister seinen Hut nimmt; der bessere Weg wäre, dass die ganze Bundesregierung den Hut nimmt und die Möglichkeit schafft, dass in diesem Lande endlich wieder eine vernünftige Politik gemacht wird, dass die Bürger und die Wirtschaft wieder Vertrauen in den Standort Deutschland fassen können und dass unser Land Stück für Stück aus dem Dilemma herausgeführt werden kann. Ich danke Ihnen. ({10})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Ich erteile das Wort dem Kollegen Wolfgang Spanier, SPD-Fraktion.

Wolfgang Spanier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002803, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir werden auch in Zukunft bei diesem Thema mitmachen. Wir können jede Woche immer die gleichen Reden halten. ({0}) Ich möchte allerdings einen Rationalisierungsvorschlag machen: Wir können die Debatte in die Nachtstunden verlegen und ein Tonband ablaufen lassen. Das würde die Sache etwas vereinfachen. ({1}) Da Sie gerade dazwischenrufen, Herr Brunnhuber, will ich Ihnen sagen: Es waren wunderbare Rollenspiele. Alle Rollen wurden wunderbar besetzt: vom Verkehrskaspar über den Robin Hood der Bauwirtschaft bis zum jungen Held des Straßenbaus. Ich will Ihnen also gerne zugestehen, dass die Debatte auch vergnügliche Seiten hat. ({2}) Dass wir mehr Geld für Verkehrsinfrastrukturinvestitionen brauchen, darüber sind wir uns alle einig. Ich verstehe in diesem Zusammenhang voll und ganz das, was die Länderverkehrsminister beschlossen haben. Allerdings sieht die Realität anders aus. Alle staatlichen Ebenen befinden sich in einer Finanzkrise. Wenn sich die Länderverkehrsminister ihre eigenen Haushalte anschauen, dann werden sie - möglicherweise zu ihrer eigenen Verwunderung - feststellen, dass auch in den Länderhaushalten an den Verkehrsinvestitionen gespart wird. ({3}) Bei den Gemeindestraßen - man muss sich auch einmal die Kommunalhaushalte anschauen - sieht es fast flächendeckend genauso aus. Die tiefere Ursache für diese Entwicklung liegt darin, dass wir zurzeit das nötige Geld für die entsprechenden Investitionen wirklich nicht haben. ({4}) Ich möchte in diesem Zusammenhang eine Bemerkung zur Koch/Steinbrück-Liste machen. Die entsprechenden Maßnahmen wurden nicht allein im Vermittlungsausschuss beschlossen. Wir alle - auch Sie - haben sie am 19. Dezember in namentlicher Abstimmung beschlossen. ({5}) Wir haben ebenfalls - auch darauf möchte ich Sie aufmerksam machen - über das Volumen der Mittel für die Verkehrsinfrastrukturinvestitionen namentlich abgestimmt. ({6}) Wir alle haben beschlossen, dass es über drei Jahre Kürzungen in Höhe von 2,3 Milliarden Euro geben soll. Allerdings wurde im Vermittlungsausschuss ursprünglich festgelegt, dass es dabei eine Konzentration auf die Schiene und auf die Wasserwege geben sollte. ({7}) Es ist richtig, dass wir die Mittel anders verteilt haben, und zwar nach dem Schlüssel 50, 45 und 5 Prozent. ({8}) Wenn Sie hier argumentieren, dass die Bauwirtschaft von den Kürzungen bei den Straßenbauinvestitionen besonders betroffen ist, dann muss ich fragen: Wäre sie denn nicht betroffen, wenn wir bei der Schiene noch stärker kürzen würden? ({9}) Wer baut denn die Schienenwege? Wäre die hoch spezialisierte Bauwirtschaft im Bereich der Wasserwege nicht sehr viel stärker betroffen, wenn wir dem ursprünglichen Vorschlag des Vermittlungsausschusses gefolgt wären? ({10}) Sie sollten sich wirklich einmal überlegen, ob es richtig ist, vom „Robin Hood der Bauwirtschaft“ zu sprechen. Diese Kürzungen in Höhe von 2,3 Milliarden Euro - egal bei welchem Verkehrsträger - beeinträchtigen in der Tat die Bauwirtschaft. Das ist so. Wir alle haben das wegen der finanziellen Notlage aber so beschlossen. Die Konsequenzen sind klar. Ich wundere mich allerdings, dass Sie durch die Lande ziehen und sagen, wir würden Verkehrsinvestitionen streichen. Von Streichungen kann keine Rede sein. Wenn man aber weniger Geld hat, kann man das ursprünglich vorgesehene Programm in der ursprünglich vorgesehenen Zeit natürlich nicht umsetzen. Das ist doch völlig klar. Diese Investitionen werden aber nicht gestrichen; sie werden nur verschoben, ({11}) was bedauerlich genug ist. Man sollte also in seiner Wortwahl ein bisschen sorgfältiger sein. ({12}) Das Übel ist schlicht und einfach, dass es an Geld fehlt. Ich muss Ihnen schon sagen, dass das, was Sie hier vorführen, ein bisschen Scheuklappenpolitik ist. ({13}) Wenn wir über Bildung diskutieren, dann hören wir von Ihnen: mehr Geld! Wenn wir über Forschung und Entwicklung diskutieren, dann hören wir von Ihnen: mehr Geld! Wenn wir über den Straßenbau sprechen, dann kommt Ihre Forderung: mehr Geld! Kein Wort darüber, wie dieses Geld beschafft werden kann. ({14}) Sie lehnen mehr Schulden zu Recht ab. Da sind wir wirklich an eine Grenze gekommen. Außerdem will niemand neue Steuern. Aber was machen Sie? Sie fordern, an mehreren Stellen Milliarden mehr auszugeben - das kommt in der Öffentlichkeit prima an - und gleichzeitig die Steuern massiv zu senken. ({15}) Wenn Sie hier sagen, die Kürzung von Subventionen ({16}) sei etwas anderes als die Kürzung von Investitionen, haben Sie vollkommen Recht. Nur, wir alle haben den Fehler im Koch/Steinbrück-Papier, dass Investitionen fälschlicherweise in die Reihe der Subventionen aufgenommen wurden, mitgemacht. Dies ist übrigens genauso unsinnig wie die Tatsache, dass neuerdings auch das Wohngeld unter die Rubrik Subventionen fällt. Da haben wir einen schwerwiegenden Fehler gemacht. ({17})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Herr Kollege, Sie denken an die Redezeit?

Wolfgang Spanier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002803, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wir können, wie gesagt, diese Diskussion gerne in jeder Sitzungswoche wiederholen. ({0}) Aber wir sollten uns darauf verständigen, dass wir mit dieser Art der Diskussion keinen Cent mehr für die dringend benötigten Investitionen bekommen. Aber wenn Sie das so haben wollen, dann reden wir eben ohne jedes Ergebnis in immer gleichen Reden über das immer gleiche Thema. Schönen Dank. ({1})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Das Wort hat nun der Kollege Werner Kuhn, CDU/ CSU-Fraktion. ({0})

Werner Kuhn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002710, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Investitionen in die Infrastruktur sind kein Selbstzweck. Das ist die wichtigste Aufgabe, die man erledigen muss, um überhaupt Wirtschaftspolitik betreiben zu können. ({0}) Weil Sie das nicht erkannt haben, sind wir in der Wirtschaftspolitik dort, wo wir jetzt stehen: bei Wachstumsraten, die kaum 1 Prozent erreichen. ({1}) In Ostdeutschland haben wir eine Rezession. Jeden Tag können wir in der Zeitung über das Nullwachstum lesen. Die Arbeitslosigkeit erreicht im Osten Größenordnungen von 20 Prozent. Ich muss das einfach einmal dramatisieren; denn die Situation ist dort tatsächlich so schlecht. Dass Sie die beiden ehrenwerten Ministerpräsidenten Herrn Koch und Herrn Steinbrück sozusagen als Monstranz vor sich hertragen ({2}) und sagen: „All das, was die Bundesregierung bzw. der Haushaltsausschuss mit den sie tragenden Parteien im Hinblick auf die Streichung von Investitionen beschlossen haben, ist das Werk dieser beiden Männer“, ist eine Unterstellung in einer ziemlichen Größenordnung. Die CDU/CSU- und die FDP-Fraktion möchten beiden Ministerpräsidenten ausdrücklich ihre Reverenz erweisen. Sie haben die Finanzzuweisungen des Bundes an die Länder geprüft und nachgeschaut, wo Einsparungen möglich sind. Das sind doch keine Leute, die über die Baulast des Bundes und über Einsparungen befinden durften. ({3}) - Ich selber war im Vermittlungsausschuss, Herr Schmidt. ({4}) Das geht nicht so einfach. Werner Kuhn ({5}) Herr Koch und Herr Steinbrück haben dem Bundesminister, der dafür zuständig ist, einen Brief geschrieben. Einen Absatz daraus möchte ich sinngemäß zitieren: ({6}) Die von Ihnen vorgesehenen Einsparungen bei Schienen- und Straßenbauinvestitionen in Höhe von 836 Millionen Euro in 2004 beruhen vielmehr auf einem Vorschlag der Bundesregierung und einem Beschluss des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages. ({7}) Nicht die Länder Nordrhein-Westfalen und Hessen sind daher die Urheber dieser Vorschläge. Das wollen Sie uns aber die ganze Zeit einreden. ({8}) Wir sollten uns der wirtschaftlichen Entwicklung als dem Hauptthema widmen. Der Bau, der Verkehr, das Wohnungswesen und der Aufbau Ost stehen in einem ursächlichen Zusammenhang. Für Firmenansiedlungen ist natürlich die Erreichbarkeit von Regionen, Kunden und Industriebetrieben entscheidend. Auch im touristischen Bereich bestehen große Wachstumschancen. Hierzu ist natürlich ebenso eine bestimmte Infrastruktur wichtig. Das heißt, der Straßenbau darf nicht weiter leiden. Deutschland als größte Industrienation in Europa hat den Vorteil, dass es innerhalb des europäischen Binnenmarktes eine hervorragende Lage hat. Bis jetzt haben wir in den Betrieben eine sehr gut qualifizierte Arbeiterschaft. Auch die Infrastruktur ist noch relativ gut. Bloß, das darf sich nicht in zunehmendem Maße verschlechtern. Wir haben diese Aktuelle Stunde heute verlangt, um darüber zu debattieren: ({9}) Was sind denn Ihrer Meinung nach Wettbewerbskriterien? Ist es ein Kriterium, dass wir im Nachmelden von FFH-Gebieten oder in der Rankingliste, was Einsparungen von CO2-Emissionen betrifft, an Nummer eins stehen? Wenn wir Ihren Vorschlägen folgen, werden wir in Deutschland keine wirtschaftliche Entwicklung mehr erzielen. Hier muss wieder eine klare Linie gefahren werden. Dazu gehört die Verkehrsinfrastruktur. ({10}) Die EU-Osterweiterung ist eine interessante und spannende Angelegenheit, dazu gehört auch das Stichwort Globalisierung. Nicht die Großen werden in Zukunft die Kleinen in einer Fusion übernehmen, nein, die Langsamen werden von den Schnelleren aufgenommen. Wir dürfen nicht zu den Langsamen gehören. Es geht um den Standortwettbewerb innerhalb Europas und dabei ist es einfach erforderlich, dass die einzelnen Projekte im grenzüberschreitenden Verkehr nach Polen und Tschechien ganz klar genannt werden. Es muss ein Programm aufgelegt werden, mit dem man etwas anfangen kann. Die 335 Millionen Euro, die Sie im Haushaltsansatz gestrichen haben, betreffen das so genannte Stretching. ({11}) So kann es sein, dass die Autobahn A 14, die auf irgendeinem Parteitag angekündigt wurde, möglicherweise erst am Sankt-Nimmerleins-Tag fertig wird. Über die A 16 Leipzig-Torgau heißt es: Wenn die Olympiade kommt, können wir sie finanzieren, wenn die Olympiade nicht kommt, dann sehen wir sie nur noch im weiteren Bedarf. Diese Region ist eine Wachstumsregion und braucht Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur und dabei spielt die A 16 eine sehr große Rolle. ({12}) Die Ortsumgehungsprogramme sind überhaupt noch nicht durchfinanziert. Sie sind aber wichtig, um wirtschaftliche Entwicklungen in den strukturschwächeren Regionen voranzubringen. Es sind Investitionen, die sofort - beim Bau von Verkehrsinfrastruktur - Arbeitsplätze schaffen und nachher die wirtschaftliche Entwicklung unterstützen. Der Kollege Brunnhuber hat das heute in der Ausschusssitzung noch einmal ganz deutlich gesagt.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Das kann jetzt aber nicht wiederholt werden.

Werner Kuhn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002710, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Die Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft ({0}) muss über ausreichende Finanzmittel verfügen. Wenn wir die 500 Millionen Euro aus der Vignette noch zur Verfügung hätten, könnten wir 15-mal so viel Fremdkapital aufnehmen und somit den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur solide finanzieren. ({1}) Das ist ein ganz konkreter Vorschlag, aber auf den scheinen Sie nicht zu kommen. ({2})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Für die Bundesregierung spricht nun der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Achim Großmann. ({0})

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, Herr Beckmeyer hatte Recht. Die Performance der Opposition letzte Woche war derartig schlecht, dass die Fraktionsführung ihr eine zweite Chance mit einer Aktuellen Stunde gegeben hat. Meine Befürchtung ist jedoch, dass wir uns hier Ende April die dritte Chance anhören müssen. ({0}) Daher will ich Ihren pädagogischen Impetus aufgreifen; ich will etwas wiederholen, damit Sie die Chance erhalten, etwas zu lernen. Vielleicht hilft es. ({1}) Es ist schon gesagt worden, dass wir die Verkehrsinfrastrukturinvestitionen deutlich erhöht haben. Die Zahlen sind genannt worden, aber ich wiederhole sie: Sie steigen von etwa 7,7 Milliarden Euro Ist für Straße, Wasserstraße und Schiene auf prognostizierte - mit den abgesenkten Mitteln, wir waren zwischendurch schon bei 10 Milliarden Euro - 8,8 Milliarden Euro in diesem Jahr. In dieser Zeit haben wir vieles nachgeholt, Herr Beckmeyer hat das bereits angesprochen. Wir haben Straßen, die vom Baustopp bedroht waren, zu Ende gebaut und ein Ortsumgehungsprogramm aufgelegt; wir haben 125 zusätzliche Ortsumgehungen auf der Grundlage des ZIP gebaut. ({2}) Wir haben damit für Tausende von Bürgerinnen und Bürger den Straßenlärm reduziert. ({3}) Im Haushalt 2004 haben wir versucht, diese gute Linie fortzuschreiben. Dann kamen die Ergebnisse des Vermittlungsausschusses im Dezember. Diese sind bereits genannt worden, aber ich will sie hier zitieren, weil es eine Protokollerklärung dazu gibt und es immer besser ist, sich diese noch einmal anzuhören. Wilhelm Schmidt hat eine Protokollerklärung abgegeben, die lautet: Zugleich für die Ersten Parlamentarischen Geschäftsführer der Bundestagsfraktionen von CDU/ CSU, Volker Kauder, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Volker Beck ({4}), und FDP, Jörg van Essen, mache ich darauf aufmerksam, dass in den abschließenden Verhandlungen des Vermittlungsausschusses am 16. Dezember 2003 fünf Protokollerklärungen der Bundesregierung vereinbart worden sind. Später heißt es dazu: 4. Protokollerklärung zur Umsetzung der Koch/ Steinbrück-Vorschläge im Bereich der Finanzhilfen: Entsprechend dem im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat einvernehmlich erörterten Vorgehen erklärt die Bundesregierung, die Vorschläge der Ministerpräsidenten Koch und Steinbrück zum Subventionsabbau im Bereich der Finanzhilfen des Bundes wie folgt umsetzen zu wollen: Das veranschlagte Einsparvolumen muss einschließlich der steuerlichen Maßnahmen erhalten bleiben. Auf Basis grundsätzlicher Abbaustufen von 4/8/12 Prozent erfolgt die Umsetzung durch den Bund im Haushaltsverfahren unter Beteiligung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages. Mehr kann ein Vermittlungsausschuss gar nicht beschließen und mehr kann auch eine Bundesregierung nicht zu Protokoll geben, als dass man sich verpflichtet, im Haushaltsausschuss einen Vorschlag einzubringen, der gewährleistet, dass die gesamten Einsparvorschläge von Koch und Steinbrück umgesetzt werden. Jetzt ziehe ich eine Klammer: Im Bundesverkehrswegeplan haben wir einvernehmlich festgestellt, dass in Deutschland nur integrierte Verkehrspolitik Sinn macht. Wenn wir Mobilität gewährleisten wollen, müssen wir die Vernetzung der unterschiedlichen Verkehrsträger sicherstellen und darauf achten, dass wir alle vernünftig entwickeln. Auch da besteht Einvernehmen. ({5}) Das Zitat liefere ich Ihnen gleich nach. Im Bundesverkehrswegeplan heißt es: Der Komplexität der sich damit stellenden Aufgaben mit all ihren Wechselwirkungen kann nicht eindimensional begegnet werden. Sie machen hier den Versuch, einen Verkehrsträger herauszupicken und nur darüber zu reden. Das geht aber nicht. Wir müssen über die gesamte Verkehrsinfrastruktur und über die Mobilität reden, die mit dem Ausbau aller Verkehrsträger zusammenhängt. ({6}) Deshalb - liebe Kolleginnen und Kollegen, das kann ich Ihnen nicht ersparen - gibt es nach den gefassten Beschlüssen für Sie nur zwei Alternativen, mehr nicht: Die erste ist eine 1 : 1-Umsetzung der Koch/Steinbrück-Vorschläge für Wasserstraßen und Schiene mit ihren verheerenden Wirkungen für diese beiden Verkehrsträger. ({7}) Die zweite Alternative ist eine faire Aufteilung der Mittel auf alle Verkehrsträger im Sinne einer integrativen Verkehrspolitik, wie ich sie eben dargestellt habe. ({8}) Es gibt nur diese beiden Alternativen. Sie wollen die Mittel für den Straßenbau nicht streichen; das habe ich jetzt gelernt. Wenn Sie nun das Koch/ Steinbrück-Papier, das Sie sehr gelobt haben, eins zu eins umsetzen, das Einsparvolumen also erbringen wollen, müssen Sie bei den Wasserstraßen und der Schiene deutlich mehr sparen, als es der Haushaltsausschuss beschlossen hat. Das hätte wiederum bedeutet, dass Sie heute den Antrag stellen, die Mittel für den Straßenbau zu erhöhen und im Gegenzug die Mittel für die Wasserstraßen und die Schiene zu senken. Alles andere ist scheinheilig und völlig unglaubwürdig. ({9}) - Ich bemühe mich hier um eine seriöse Debatte, Herr Brunnhuber. Den anderen Teil haben Sie schon abgeliefert. ({10}) Ich habe gehofft, dass zum Beispiel Herr Oswald hier ans Rednerpult tritt und sagt: Es tut mir leid, ich verzichte zugunsten des Straßenbaus auf die Strecke Augsburg-München. Frau Blank, Herr Nitzsche und Herr Kuhn hätten vielleicht sagen sollen: Der Ausbau der Strecken Nürnberg-Erfurt und Leipzig-Dresden ist leider nicht möglich, denn wir wollen mehr Geld für die Straße haben. ({11}) Wie wäre es mit Ihnen, Herr Brunnhuber? Sie könnten nach vorn kommen und sagen: Der Ausbau der Strecke Karlsruhe-Stuttgart-Ulm ist leider nicht möglich. Den müssen wir streichen, denn wir wollen mehr für die Straße behalten. ({12}) Schließlich, Herr Königshofen, warum haben Sie sich nicht zu Wort gemeldet und gesagt: Den Ausbau der Strecke Oberhausen-Emmerich müssen wir verschieben, denn wir wollen mehr Geld für die Straße haben. Das haben Sie aber alles nicht getan. ({13}) - Sie haben Recht, er hat noch eine Chance. Ich finde, ohne Argumente, wie Sie das hier versuchen, kann man keine seriöse und solide Verkehrspolitik betreiben. ({14}) Das ist so, als wären Sie ohne Pfeil und Bogen auf dem Kriegspfad. ({15}) Noch eines - vielleicht hören Sie einfach zu; das habe ich eben auch gemacht -: In den bilateralen Gesprächen mit den Ländern hat kein Land Schienenprojekte zum Tausch gegen mehr Straßenbauprojekte angeboten. Wir haben die bilateralen Gespräche jetzt geführt. Die Minister hätten dann sagen müssen: Die Straßenbaumaßnahme X ist uns so wichtig, dass wir die Schieneninvestitionen zurückstellen wollen. Aber keiner hat das gemacht. Sie haben noch nicht einmal andere Straßenprojekte vorgeschlagen. ({16}) Wir haben Ihnen die Situation, dass wir 2004 mit Neubeginnen vorsichtig sein müssen, geschildert; Sie haben aber überhaupt keine Änderungsvorschläge eingebracht. ({17}) - Natürlich haben wir beraten. ({18}) - In den letzten Wochen sind bilaterale Gespräche geführt worden. ({19}) - Sie wollen mich nicht zu Wort kommen lassen. Ich kann das verstehen, habe aber mehr Geduld. Ich werde mich hier schon durchsetzen. ({20}) Noch interessanter ist Folgendes: In den Landesstraßenbauprogrammen einiger Länder, die nicht von der SPD geführt werden, ist im Jahre 2004 kein einziger Neubeginn vorgesehen. ({21}) Diese Information haben mir meine Fachbeamten eben noch per Telefon zukommen lassen, weil sie auf der Verkehrsministerkonferenz mit ihren Kollegen gesprochen haben. Das, was Sie hier heute angezettelt haben bzw. anzetteln wollten, kann also nur misslingen. Die einzige Chance, die wir haben, ist, die Verkehrsinfrastrukturmittel im Jahre 2004 etwas abzusenken. Dennoch wird weit mehr als in den Jahren 1997 und 1998 für die Verkehrsinfrastruktur zur Verfügung gestellt. ({22}) Wenn wir das ernst meinen, dann können wir uns in den nächsten Monaten gemeinsam bemühen - das erkläre ich auch für das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen -, diesen unsinnigen Subventionsbegriff zu ändern und die Grundlage dafür zu schaffen, dass wir in den Jahren 2005 und 2006 wieder mehr Geld in die Verkehrsinfrastruktur stecken können. Vielen Dank. ({23})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Von den namentlich genannten Lieblingsrednern der Opposition kommt als Höhepunkt dieser Aktuellen Stunde nun noch der Kollege Norbert Königshofen zu Wort. - Bitte schön. ({0})

Norbert Königshofen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002703, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst bedanke ich mich für die freundliche Begrüßung. ({0}) Herr Staatssekretär Großmann, ich möchte sofort ein Wort zu Ihnen sagen: All das, was Sie beklagen, hat seine Ursache darin, dass Sie die Steuerfinanzierung des Straßenbaus bei Aufstellung des Haushaltes drastisch zurückgefahren haben, um dies hinterher durch die Einnahmen aus der Maut zu ersetzen. Weil die Maut nicht eingeführt wurde, stehen Sie jetzt vor diesem Dilemma. ({1}) § 11 des Mautgesetzes, in dem steht, dass das Mautaufkommen zusätzlich - ich wiederhole: zusätzlich - für Verkehrsinvestitionen genutzt werden soll, haben Sie verletzt. ({2}) Sie wollten die Steuerfinanzierung des Straßenbaus durch die Finanzierung aus dem Mautaufkommen ersetzen. Früher haben Sie ganz anders getan. Vor ein oder zwei Jahren haben Sie immer von einem Anti-Stau-Programm gesprochen, das zusätzlich durch die Maut finanziert werden sollte. Beklagen Sie sich also jetzt nicht über die Opposition, dass sie Ihnen immer wieder Ihre Fehler vorwirft! Auch im April oder Mai - wenn Sie wollen, auch im September - werden wir immer wieder auf dieses Thema zurückkommen; ({3}) denn der Bevölkerung muss gesagt werden, dass Sie und nicht etwa Koch und Steinbrück oder die Opposition an dieser Misere schuld sind. ({4}) Zum Schluss möchte ich unsere Kritikpunkte zusammenfassen. Bis zum Jahre 2008 nehmen Sie bei den Verkehrsinvestitionen Kürzungen in Höhe von 3,9 Milliarden Euro, also von ungefähr 7,6 Milliarden DM, vor. ({5}) Kollege Weis, es geht also nicht, wie Sie sagen, darum, einen Einbruch der Verkehrsinvestitionen zu verhindern. Wenn Sie sich diese gigantische Summe vor Augen führen, ist festzustellen, dass dieser Einbruch doch durch Ihre Kürzung stattfindet. ({6}) Im Jahr 2004 werden nur noch 23 Straßenbauprojekte begonnen. Auch diese können Sie zum Teil nur beginnen, weil Sie Mittel aus dem Bereich Erhaltung in den Bereich Neubau umschichten. ({7}) Das heißt, dass Sie die bestehenden Straßen verrotten lassen. ({8}) Vielleicht ist das ja gewollt. Es ist ja immer ein Wunsch der Grünen gewesen, ein Tempolimit einzuführen. ({9}) Durch kaputte Straßen werden Sie dieses Ziel erreichen. ({10}) Meine Damen und Herren, der Bundesverkehrswegeplan ist schon jetzt Makulatur. Er war ja bereits unterfinanziert, aber durch das Fehlen dieser Mittel wird es ganz schlimm. Es ist schon gesagt worden - man muss aber immer wieder darauf hinweisen -: Ein Rückgang der Investitionen um 1 Milliarde Euro bedeutet den Verlust von 100 000 Arbeitsplätzen in der Straßenbauwirtschaft ({11}) und von weiteren 100 000 Arbeitsplätzen in verwandten Bereichen. ({12}) Das muss man deutlich sagen. ({13}) - Nein, das ist kein Blödsinn. Das hat heute noch Herr Mehdorn gesagt. ({14}) - Nein, lesen Sie das einmal in den Protokollen nach! Meine Damen und Herren, wie unseriös Sie vorgehen, sieht man auch an einem ganz aktuellen Vorgang: Sie hoffen darauf, im Rahmen des Schiedsgerichtsverfahrens von Toll Collect Geld zu bekommen. Nun sind rund 1,06 Milliarden Euro entsperrt worden. Heute hat uns Toll Collect im Ausschuss aktuell erklärt: In den nächsten anderthalb Jahren ist mit einem Schiedsspruch überhaupt nicht zu rechnen. Das heißt, wenn Sie überhaupt Geld bekommen, dann auf jeden Fall nicht mehr für diesen Haushalt. ({15}) Die Schuld liegt bei Ihnen, sie liegt nicht bei Koch/ Steinbrück. Mich wundert übrigens immer, wie Sie über Herrn Steinbrück, immerhin Ministerpräsident einer rotgrünen Koalition in Nordrhein-Westfalen, sprechen: Sie tun ja so, als ob er bei uns anzusiedeln wäre! Dabei ist es Ihr Ministerpräsident. ({16}) Er hat in dem Brief, der hier schon mehrfach angesprochen wurde, deutlich gesagt, dass Ihre Behauptung, die Streichungen gingen auf Koch/Steinbrück zurück, schlicht falsch ist. ({17}) - Sie können das nachlesen, ich kann Ihnen den Brief gerne liefern. Nun sagt zum Schluss auch der Kollege Schmidt: Alles egal, es ist kein Geld da. ({18}) - Sinngemäß hat er gesagt: Wenn kein Geld da ist, dann können wir nichts machen. ({19}) Ich will darauf hinweisen, dass die Abgabenlast im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr in den letzten Jahren von 36 auf 50 Milliarden Euro erhöht worden ist. ({20}) Die Teilnehmer am Straßenverkehr zahlen also 50 Milliarden Euro in die Kasse des Bundes ein. ({21}) - Jährlich! - Und da sagen Sie, es sei kein Geld für den Straßenausbau da! Wenn Sie nur einen Bruchteil dessen dafür nähmen, hätten Sie überhaupt keine Probleme. Das ist des Pudels Kern: Sie sehen den Straßenverkehr einseitig als Einnahmequelle. Sie verkennen, dass ausreichende Straßenbauinvestitionen für Deutschlands Zukunft wichtig sind. Wir können Sie nur auffordern: Hören Sie auf mit dieser Politik! Besinnen Sie sich! Sehen Sie zu, dass diese Kürzungen zurückgenommen werden! ({22})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Die Aktuelle Stunde ist beendet. Wir sind damit auch am Ende der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 1. April, 9 Uhr, ein. Ich wünsche allen noch einen schönen Nachmittag. Die Sitzung ist geschlossen.