Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 3/22/2000

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie. Die Sitzung ist eröffnet. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf: Befragung der Bundesregierung Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Kabinettssitzung den Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ mitgeteilt. Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht hat der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen, Karl Diller.

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Bundesregierung hat heute den Gesetzentwurf zur Errichtung der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ beschlossen. Damit wird ein Vorhaben zugunsten von Zwangsarbeitern und anderen NS-Opfern umgesetzt, das bereits im Koalitionsvertrag vorgesehen ist und durch Initiativen deutscher Unternehmen sowie multilaterale Gespräche unter Leitung von Graf Lambsdorff und dem stellvertretenden amerikanischen Finanzminister Eizenstat vorbereitet worden ist. Ausgangspunkt des Gesetzentwurfes ist das vielfältige und große Unrecht, das in der NS-Zeit von Deutschen insbesondere den jüdischen Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland und seinen Nachbarstaaten zugefügt worden ist. Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger vor allem der besetzten Gebiete in Osteuropa wurden überdies zur Zwangsarbeit herangezogen. In vielfältiger Hinsicht waren deutsche Unternehmen in die Zufügung verfolgungsbedingter Vermögensschäden durch das NS-Regime verstrickt. Zum Ausgleich dieser Schäden hat in der Vergangenheit eine Reihe deutscher Unternehmen Ausgleichsleistungen in Höhe von rund 100 Millionen DM geleistet. Der Hauptanteil an Wiedergutmachungsleistungen wurde aus staatlichen Mitteln finanziert: bislang 104 Milliarden DM. Mit der Stiftung wollen die deutschen Unternehmen und die Bundesregierung ein zusätzliches, für die beteiligten Unternehmen in finanzieller Hinsicht abschließendes Zeichen moralischer Verantwortung setzen. Lassen Sie mich kurz zu dem Inhalt des Gesetzentwurfes Folgendes sagen: Die Stiftung wird mit 10 Milliarden DM ausgestattet, davon je 5 Milliarden DM seitens der öffentlichen Hand und der Unternehmen. Daraus sollen Leistungen insbesondere an ehemalige Zwangsarbeiter und an Personen, die nationalsozialistisch bedingt sonstige Personenschäden erlitten haben, zum Beispiel Opfer pseudomedizinischer Versuche, oder zum Ausgleich von Schäden, die Kinder von Zwangsarbeitern durch Unterbringung in den so genannten Kinderheimen erlitten haben, gezahlt werden. Soweit verfolgungsbedingte Vermögensschäden nicht bereits durch das Bundesentschädigungsgesetz oder das Bundesrückerstattungsgesetz erfasst wurden, soll jetzt ein Ausgleich dieser Vermögensschäden ermöglicht werden. Die Stiftung ist auch für sonstige Vermögensschäden aus der Zeit des NS-Regimes geöffnet, sofern an deren Zufügung deutsche Unternehmen direkt und schadensursächlich beteiligt waren. Das Gesetz legt die Organe und die Organisation der Stiftung fest. Die Verteilung der Mittel soll mithilfe von Partnerorganisationen erfolgen. Unabhängige Beschwerdeausschüsse bei diesen Partnerorganisationen sollen die Rechtmäßigkeit und Gleichmäßigkeit der Leistungen sicherstellen. Der Gesetzentwurf musste jetzt im Kabinett beschlossen werden, um eine Verabschiedung des Gesetzes noch vor der Sommerpause dieses Jahres möglich zu machen. Ich gehe davon aus, dass der Gesetzentwurf parallel über die Fraktionen dieses Hohen Hauses eingebracht werden wird. Er soll eine zeitlich weniger gedrängte intensive Beratung ermöglichen. Eine parallele Einbringung des Gesetzentwurfes halte ich aber auch im Hinblick auf den Inhalt der Regelungen für besonders wünschenswert. Wir streben Einvernehmen über den Gesetzentwurf mit allen Fraktionen diesen Hohen Hauses an; gestern hatten wir dazu ein weiteres Gespräch. Es wäre schön, wenn wie bei den Fragen der Wiedergutmachung - da ist es die Regel - der breite Konsens unseres Parlaments dieses wichtige Vorhaben tragen würde. Der Gesetzentwurf gibt den derzeitigen Stand der internationalen Gespräche mit den Opfergruppen und den Regierungen der USA und der osteuropäischen Staaten wieder. Graf Lambsdorff hat diese Verhandlungen im Auftrag des Bundeskanzlers geführt und der Bundeskanzler hat ihm im Kabinett in seiner Anwesenheit ausdrücklich für seine verdienstvollen Bemühungen und seine verantwortungsvolle Verhandlungsführung gedankt. ({0}) Graf Lambsdorffs Verhandlungen haben hinsichtlich wichtiger Fragen bisher noch kein abschließendes Ergebnis erzielen können. Im Zuge der parlamentarischen Beratungen werden daher noch einzelne Ergänzungen erfolgen können und müssen. Dies gilt zuvörderst für die Verteilung der Mittel, das Hauptthema der Verhandlungen, die Graf Lambsdorff heute und morgen bestreiten wird. An den Verhandlungen sind Abgeordnete aller Fraktionen dieses Hauses seit langem beteiligt. Dies war nicht nur wichtig, um alle Fraktionen am Informationsfluss und Entscheidungsprozess teilhaben zu lassen, sondern auch als Demonstration des Einvernehmens über die Bedeutung dieses Vorhabens und unseres Umgangs mit Schuld und Verantwortungsbewusstsein für diese Aufgabe. Wir wollen und müssen zu schnellen, fairen und angemessenen Leistungen der Stiftungen für die sehr betagten Opfer, die Adressaten von NS-Unrecht, gelangen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich danke Ihnen, Herr Parlamentarischer Staatssekretär, für den Bericht. Ich eröffne die Befragung. Ich bitte, zunächst Fragen zu dem Themenbereich zu stellen, über den soeben berichtet wurde. Liegt der Wunsch nach einer Befragung der Bundesregierung vor? - Herr Kollege Seifert.

Dr. Ilja Seifert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002153, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Herr Präsident, mit Ihrer Erlaubnis würde ich gern zwei Fragen hintereinander stellen. Herr Staatssekretär Diller, Sie sagten einleitend, dass es der Bundesregierung darum geht, ein abschließendes Zeichen gegen das Unrecht, das an Millionen Menschen verübt wurde, zu setzen. Ich gehe davon aus, dass das auch im Einvernehmen mit den osteuropäischen Ländern geregelt wird. Liegt Ihnen mehr an dem Zeichen oder mehr an dem Abschluss? Ich kann nicht verhehlen, dass mich die Debatte der letzten Zeit deshalb gelegentlich unangenehm berührte, weil ich den Eindruck haben musste, dass es der Bundesregierung und insbesondere der deutschen Wirtschaft eher darum geht, einen Schlussstrich zu ziehen und Ruhe zu haben. Das fände ich nicht so gut. Wo liegen die Akzente der Bundesregierung in Bezug auf ein abschließendes Zeichen?

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Herr Kollege, beides ist wichtig. Es ist wichtig, dass wir jetzt, nach so langer Zeit, dieses moralische Zeichen setzen, und es ist wichtig, dass wir zu einem Abschluss kommen, damit auch die noch Lebenden nicht nur das moralische Anliegen empfinden, sondern auch die Leistungen empfangen können, die wir in diesem Stiftungsgesetz vorsehen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine weitere Frage des Kollegen Seifert.

Dr. Ilja Seifert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002153, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Herr Staatssekretär, vielen Dank, dass Sie noch einmal die moralische Verpflichtung deutlich betont haben. Ich habe noch eine andere Frage. Sie sprachen davon, dass auch Opfer pseudomedizinischer Versuche von dieser Stiftung bedacht werden sollen. Darf ich das dahin gehend verstehen, dass Sie jetzt auch den so genannten Euthanasieopfern und Zwangssterilisierten die ihnen meines Erachtens mehr als zustehende Entschädigung möglichst rasch auszahlen wollen? Oder bedarf es noch weiterer Anstrengungen seitens des Parlamentes und der Regierung, damit auch diese Menschen möglichst bald sie sind schließlich schon in hohem Alter; Sie sagten es eben - wenigstens eine geringfügige geldliche Entschädigung für das ihnen zugefügte Leid bekommen?

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Der Gesetzentwurf sieht bezüglich der Stiftungsmittel eine Aufteilung der Opfer in Gruppen entsprechend der Schwere des zugefügten Leids vor. Die erste Gruppe besteht beispielsweise aus denjenigen, die sowohl KZ-Haft als auch Zwangsarbeit erleiden mussten. Deshalb besteht die Frage, in welche Gruppierung die von Ihnen angesprochenen Betroffenen eingestuft werden. Nach § 11 des Gesetzentwurfes wird im Rahmen der Leistungsberechtigung auf diejenigen abgehoben, die in einem Konzentrationslager, einer anderen Haftstätte oder in einem Getto unter vergleichbaren Bedingungen inhaftiert waren und zur Arbeit gezwungen wurden. Die zweite Gruppe besteht aus denjenigen, die aus ihrem Heimatstaat in das Gebiet des Deutschen Reiches in den Grenzen von 1937 oder in ein vom Deutschen Reich besetztes Gebiet deportiert wurden, zu einem Arbeitseinsatz in einem gewerblichen Unternehmen oder im öffentlichen Bereich gezwungen wurden und unter anderen Bedingungen als zu den unter Punkt 1 genannten inhaftiert oder haftähnlichen Bedingungen bzw. vergleichbaren besonders schlechten Lebensbedingungen unterworfen waren. Diese Regelung gilt nicht für Personen, die nach Österreich deportiert worden sind. Die dritte Gruppe besteht aus denjenigen, die im Zuge rassischer Verfolgung unter wesentlicher und schadensursächlicher Beteiligung deutscher Unternehmen Vermögensschäden im Sinne der Wiedergutmachungsgesetze erlitten haben und mangels Erfüllung der Wohnsitzvoraussetzung des BundesentschädigungsgeParl. Staatssekretär Karl Diller setzes hierfür keine Leistungen erhalten konnten oder aufgrund ihres Wohnsitzes oder dauernden Aufenthaltes in einem Gebiet, mit dessen Regierung die Bundesrepublik Deutschland keine diplomatischen Beziehungen unterhielt, nicht imstande waren, fristgerecht Rückerstattungsansprüche geltend zu machen. Sonderregelungen im Rahmen des International Committee of Holocaust Era Insurance Claims bleiben unberührt. Die Partnerorganisationen können im Rahmen der ihnen nach diesem Stiftungsgesetz zugewiesenen Mittel Leistungen auch solchen Opfern nationalsozialistischer Unrechtsmaßnahmen gewähren, die nicht zu einer der genannten Fallgruppen gehören. ({0})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Herr Staatssekretär, wollen Sie darauf noch antworten? Die Frage war, ob auch medizinische Opfer davon betroffen sind. - Dann hat der Kollege Volker Beck eine Frage.

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir - auch im Kontext der Fragen, die Herr Seifert gestellt hat - zu, dass insbesondere im Rahmen der Öffnungsklausel durch die Partnerorganisationen weitere humanitäre Aspekte abgedeckt werden können, dass dies länderspezifisch geschehen kann und dass angesichts der Frage, die Sie, Herr Seifert, angesprochen haben, ob nämlich der Schlussstrich oder die moralische Verantwortung, die wir gemeinsam übernehmen wollen, im Vordergrund steht, deutlich wird, dass es uns vor allem um die moralische Verantwortung geht und im Hinblick auf die Frage des Schlussstriches nur um Rechtsfragen? Dies wird in § 16 des Gesetzentwurfes sehr deutlich ausformuliert. Man will nämlich einerseits Rechtssicherheit gewähren und andererseits wird im dritten Absatz des § 16 gesagt: „Weitergehende Wiedergutmachungs- und Kriegsfolgenregelungen bleiben hiervon unberührt“, was bedeutet, dass zum einen Rechtsansprüche, die nach deutschem Entschädigungsrecht bestehen, durch diese Stiftung nicht verloren gehen und dass zum anderen das in der Koalitionsvereinbarung niedergelegte Projekt einer Bundesstiftung „Entschädigung für NSUnrecht“ für die „vergessenen Opfer“ nach dieser Diskussion vom Parlament noch einmal unter finanziellen, moralischen und rechtlichen Gesichtspunkten vorurteilsfrei geprüft wird.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Bitte schön.

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Dem ist so.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Frage des Kollegen Wolfgang Zeitlmann.

Wolfgang Zeitlmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002588, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, können Sie mir näher erläutern, welche Schadensersatzansprüche unter der Rubrik „Vermögensschaden“ konkret abgeglichen werden sollen? In der Presse gibt es diesbezüglich Meldungen, die ein bisschen widersprüchlich sind.

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Herr Kollege, bezüglich der Vermögensschäden gibt es zunächst einmal folgende Bestimmung: Nach § 11 Abs. 1 Nr. 3 umfassen die Stiftungsmittel die Beträge, die dem International Committee of Holocaust Era Insurance Claims von der Stiftung oder deutschen Versicherungsunternehmen für Leistungen aus Versicherungsschäden zur Verfügung gestellt wurden oder noch werden. Schadensersatzansprüche haben diejenigen, die im Zuge rassischer Verfolgung unter wesentlicher und schadensursächlicher Beteiligung deutscher Unternehmen, Vermögensschäden im Sinne der Wiedergutmachungsgesetze erlitten haben.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine weitere Frage? - Herr Kollege Zeitlmann.

Wolfgang Zeitlmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002588, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, darf ich ergänzend fragen: Stimmen dann Berichte nicht, in denen es heißt, dass es sich in diesem Bereich um eine institutionelle Förderung von Organisationen und eventuellen Siedlungsprojekten handelt?

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Diese Frage würde ich gerne prüfen lassen, aber ich vermute, die Antwort heißt nein.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Frage des Kollegen Bosbach.

Wolfgang Bosbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002632, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ich habe eine Frage zu der Abgrenzung von Sklavenarbeit und Zwangsarbeit im Hinblick auf diejenigen Opfer, die in einem Arbeitserziehungslager interniert waren. Hier gibt es, auch unter Historikern, unterschiedliche Auffassungen, ob richtigerweise eine Eingruppierung in die Rubrik Sklavenarbeit mit der Folge einer Pro-Kopf-Entschädigung bis zu 15 000 DM oder eine Eingruppierung in die Rubrik Zwangsarbeit mit Höchstbeträgen bis zu 5 000 DM pro Kopf vorgenommen werden sollte. Wie ist hierzu die Einschätzung der Bundesregierung? Zu meiner zweiten Frage. Es ist unstreitig, dass wir im Interesse unseres Staates, der Bundesrepublik Deutschland, und insbesondere der deutschen Industrie dringend eine umfassende Rechtssicherheit brauchen. In der Bundesrepublik Deutschland soll sie hergestellt werden durch das nun zur Beratung anstehende Stiftungsgesetz, im Verhältnis zu den Vereinigten Staaten von Amerika durch ein Regierungsabkommen und dann durch ein Statement of Interest der Vereinigten Staaten von Amerika zu den jeweils angerufenen Gerichten. Meine Frage lautet: Wie kann diese notwendige und umfassende Rechtssicherheit im Verhältnis zu den anderen Hauptherkunftsländern der Opfer hergestellt werden? Zu meiner dritten Frage. Der Fonds hat ein Vermögen von insgesamt 10 Milliarden DM, jeweils zur Hälfte gespeist von der deutschen Industrie und vom deutschen Steuerzahler. Vor allen Dingen der Bund und auch die Länder wollen sich beteiligen. Wie kann sichergestellt werden - und welche Instrumentarien hat die Bundesregierung, um dies zu prüfen -, dass die Mittel, die bereitgestellt werden, die Opfer auch tatsächlich erreichen, um zu vermeiden, was wir in der Vergangenheit leider erleben mussten, dass die Gelder zwar zur Verfügung gestellt werden, dass aber nachher viele Opfer, Opfergruppen oder Opferverbände darüber klagen, dass die zugedachten Mittel die noch lebenden Opfer nicht erreicht haben?

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Zu Frage eins würde ich Ihnen gerne eine schriftliche Antwort zukommen lassen. Zu Frage zwei: Um diese Frage geht es in den endgültigen und abschließenden Verhandlungen. Zu Frage drei: Sie wissen - gestern haben wir darüber auch gesprochen -, dass der Gesetzentwurf ausdrücklich vorsieht, dass die Stiftung zunächst einmal einen Haushaltsplan aufzustellen hat und dieser vom Finanzministerium genehmigt werden muss. Die Verwendung der Mittel unterliegt der Kontrolle des Bundesrechnungshofes. Graf Lambsdorff hat heute Morgen im Kabinett darauf hingewiesen, dass dafür Wirtschaftsprüfer eingesetzt werden sollen, sodass, denke ich, Ihrem Anliegen damit hinreichend Rechnung getragen worden ist. Herr Kollege Bosbach, ich möchte an dieser Stelle noch auf Folgendes hinweisen - das spielte gestern im Rahmen unserer Gespräche eine große Rolle -: Ihrem Anliegen, in § 3 den Hinweis auf die Länder herauszunehmen, ist das Bundeskabinett gefolgt. In der Begründung haben wir exakt die Formulierung aufgenommen, die gestern Abend mit Ihnen bezüglich der Beteiligung der Länder abgesprochen worden ist.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Frage des Kollegen Claus.

Roland Claus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003065, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Herr Staatssekretär, wenn die Bundesregierung Interesse daran hat, dass alle Fraktionen des Bundestages diesen Gesetzentwurf parallel einbringen, was ich verstehe und unterstütze, so möchte ich Sie fragen: Ist in dem Entwurf auch vorgesehen, dass alle Fraktionen an dem Stiftungskuratorium beteiligt werden sollen? Für den Fall, dass das nicht so sein sollte: Sehen Sie in diesem Punkt noch Verhandlungsspielraum?

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Herr Kollege, wir haben gestern in Anwesenheit Ihrer Fraktionskollegin Frau Jelpke gerade über diesen Aspekt mit allen Fraktionen diskutiert. Nach der Gesetzgebungspraxis ist es so, dass die Fraktionen zunächst einmal den Gesetzentwurf übernehmen, den die Bundesregierung beschlossen hat, und zwar buchstabengetreu. In dem Gesetzentwurf ist die Zahl der Kuratoriumsmitglieder des Deutschen Bundestages mit drei Mitgliedern festgeschrieben. Es ist aber nicht festgeschrieben, welche Fraktion wie viele Mitglieder entsendet. Dieser Punkt ist also im Laufe der Beratungen zu klären. Gestern gab es Äußerungen seitens der Koalitionsfraktionen, sich einer breiten Diskussion zu öffnen; denn es ist bei allen Beteiligten das Interesse vorhanden, einen gemeinsamen Gesetzentwurf zu beschließen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Herr Kollege Zeitlmann.

Wolfgang Zeitlmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002588, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsse- kretär, Sie haben das gestrige Gespräch mit den Fraktio- nen dieses Hauses erwähnt. Ich frage Sie: Hat es zu dem Gesetzestext vor dem gestrigen Termin gemeinsame Ge- spräche mit den Fraktionen, insbesondere mit den Frak- tionen der Opposition, gegeben?

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Herr Kollege, ich selbst habe zweimal an Diskussionen in einem fachfremden Ausschuss teilge- nommen - nämlich im Innenausschuss -, um dort da- rüber zu berichten, was wir gesetzgeberisch vorhaben. Ich verweise darauf, dass seit Herbst letzten Jahres alle Fraktionen an den Plenarsitzungen der Verhandlungen teilgenommen haben. Ich selbst habe daran nicht teilgenommen. Aber ich habe mir berichten lassen, dass die Vertreter der Frakti- onen aktiv an den Debatten teilgenommen haben. Von daher ist a) über den Fortgang der Verhandlungen und b) über die gesetzgeberischen Tätigkeiten, die parallel dazu stattfinden, informiert worden.

Wolfgang Zeitlmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002588, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ich wollte Sie eigentlich nicht nach den Verhandlungen fragen, sondern ich wollte Sie fragen, ob nach Ihrem Wissen bei der Vorbereitung des Gesetzestextes im Vorfeld - also über das Gespräch gestern Abend hinaus - weitere Gespräche mit anderen Fraktionen stattgefunden haben.

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Wir haben im Innenausschuss über den Stand unserer gesetzgeberischen Vorhaben berichtet. Schon damals - das ist jetzt von der PDS wieder angesprochen worden - hat die Zahl der Mitglieder des Deutschen Bundestages, die im Kuratorium vertreten sein sollen, eine Rolle gespielt. Sie müssen Herrn Bosbach fragen, ob ihm der Gesetzentwurf gestern Abend zum ersten Mal präsentiert worden ist - in dieser Fassung sicherlich, weil er erst im Laufe des gestrigen Tages seinen Feinschliff bekommen hat. Auch Herr Bosbach hat mitbekommen, dass noch während unseres Gespräches eine korrigierte Fassung desjenigen Entwurfs vorgelegt wurde, den ich Ihnen als Beratungsgrundlage auf den Tisch legen konnte. Insofern handelt es sich um einen permanenten Prozess, der die zwischenzeitlichen Ergebnisse aus den Verhandlungen einbindet.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Frage des Kollegen Volker Beck.

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir zu, dass man fast davon sprechen könnte, dass die Oppositionsfraktionen in einer beispiellosen Weise in die Vorbereitungen zu diesem Gesetzgebungsverfahren eingebunden worden sind, ({0}) dass in zahlreichen Verhandlungsrunden verschiedene Entwurfsstadien im Kreise der Berichterstatter beleuchtet und diskutiert worden sind und dass die Argumente aus allen Fraktionen in die Vorbereitung des Kabinettsbeschlusses einfließen konnten? ({1})

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Herr Kollege, als Regierungsvertreter möchte ich mich der Meinung enthalten. Aber wenn das Ihre Wertung ist, dann ist es gut so.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Kollege Bosbach.

Wolfgang Bosbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002632, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich melde mich wegen der Frage des Kollegen Beck. Es handelt sich selbstverständlich nicht um eine rhetorische Frage, ich bitte um eine Beantwortung. Herr Staatssekretär, stimmen Sie darin überein, dass wir bei den Verhandlungsrunden von Anfang an zugegen waren, ohne aber zunächst in die Verhandlungen eingegriffen zu haben? Das war auch gar nicht gewünscht, weil wir ja zuerst eine Einigung über die Gesamthöhe des Fondsvermögens erzielen wollten. Seit Anfang dieses Jahres beteiligen wir uns aber aktiv an den Verhandlungen. Wir haben die Entwürfe - das ist jetzt der vierte Entwurf - immer zeitnah erhalten; das ist richtig. Aber stimmen Sie mir zu, dass eine Mitarbeit der Opposition an der Erarbeitung der Texte ausdrücklich deshalb nicht gewünscht war, damit wir nicht Augen- und Ohrenzeugen der Verhandlungen zwischen Rot und Grün werden?

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Zu der letzten Frage: Es entzieht sich meiner Kenntnis, ob das jemand als bestimmenden Grund angesehen hat. Es ist in der Tat so, wie Sie gesagt haben, Herr Bosbach: Alle Oppositionsfraktionen standen in ständigem Kontakt mit den Regierungsvertretern, sie waren auch bei den Verhandlungen. Von daher stimmt die Einschätzung des Kollegen Beck sicherlich. ({0})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Nach dieser beispielhaft freundlichen Antwort gibt es keine weitere Frage zu diesem Themenkomplex. Darf ich fragen, ob im Rahmen der Regierungsbefragung Fragen zu anderen Themen gestellt werden möchten? - Herr Kollege Koppelin.

Dr. h. c. Jürgen Koppelin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001180, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ich möchte die Bundesregierung fragen, ob es heute im Kabinett eine Diskussion über den geplanten Export des Spürpanzers Fuchs in die Vereinigten Arabischen Emirate gegeben hat. Der „Stern“ wird darüber morgen ausführlich berichten; es werden auch Aussagen des Staatssekretärs Kolbow bzw. des Bundesverteidigungsministers Scharping angeführt. Gibt es im Kabinett eine einheitliche Meinung zum Export des Spürpanzers Fuchs in die Vereinigten Arabischen Emirate? Falls - wie ich es von dieser Regierung erwarte - die Frage nicht beantwortet werden kann, frage ich, ob es überhaupt eine Exportvoranfrage gibt.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Herr Staatsminister, bitte schön.

Not found (Gast)

Herr Koppelin, das war nicht Thema der Kabinettssitzung. Wie Sie wissen, befasst sich der Bundessicherheitsrat mit solchen Fragen und dieser hat sich damit bisher noch nicht abschließend befassen können.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine weitere Frage des Kollegen Koppelin.

Dr. h. c. Jürgen Koppelin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001180, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatsminister, darf ich fragen, wie es möglich ist, dass, wenn diese Fragen, was ich akzeptiere, nicht im Kabinett, sondern im Bundessicherheitsrat behandelt werden, wir fast täglich Meinungen von Vertretern der Ministerien, die Mitglied im Bundessicherheitsrat sind, in den Medien lesen können. Spüren Sie eigentlich dem nach, der plaudert? Wie ist Ihre Haltung? Oder muss ich als Abgeordneter alles den Medien entnehmen?

Not found (Gast)

Herr Koppelin, einer Entscheidung geht immer eine Meinungsbildung voraus.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Bitte schön, Herr Koppelin.

Dr. h. c. Jürgen Koppelin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001180, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatsminister, da Sie früher als Abgeordneter in einer Oppositionsfraktion waren: Teilen Sie meine Auffassung, dass auch Sie früher gesagt hätten, dass die Regierung, wenn sie damals so geantwortet hätte wie Sie heute, kneift und sich um eine Antwort herumdrückt, weil es unterschiedliche Auffassungen in der Koalition gibt?

Not found (Gast)

Kneifen kann uns beim Thema Rüstungsexport sicherlich niemand vorwerfen. Das würde auch Ihrer Diagnose widersprechen, wir würden öffentlich zu lebhaft darüber diskutieren. ({0})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Gibt es sonstige Fragen an die Bundesregierung? - Das ist nicht der Fall. Dann danke ich dem Parlamentarischen Staatssekretär Diller und dem Staatsminister Volmer und beende die Regierungsbefragung. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf: Fragestunde - ({0}) Ich rufe zunächst den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung auf. Zur Beantwortung steht die Parlamentarische Staatssekretärin Brigitte Schulte zur Verfügung. Wir kommen zu Frage 1 des Abgeordneten Wolfgang Dehnel: Beabsichtigt die Bundesregierung angesichts der Tatsache, dass über die Hälfte der deutschen KFOR-Soldaten in den neuen Bundesländern beheimatet ist, deren verständlichem Wunsch entgegenzukommen, künftig bei Heimaturlaubs-Flügen neben Köln/Bonn auch Berlin oder Leipzig anzufliegen, um die überdurchschnittlich lange Anreise in die Heimatstandorte zu erleichtern?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Dehnel, die von Ihnen angesprochene Regelung ist bereits bei der Rückkehr früherer Kontingente kritisch hinterfragt worden. So mussten zum Beispiel Soldaten aus bayerischen Standorten - Herr Zeitlmann dreht uns gerade den Rücken zu - nach einem Einsatz im Kosovo aus organisatorischen Gründen in Köln/Bonn landen und eine achtstündige Busreise - das habe ich gelernt, als ich den Standort Brannenburg mit ihm besucht habe - auf sich nehmen. Ihre Frage war aber hilfreich, weil man noch einmal überprüfen muss, warum so etwas geschieht. Es gibt folgende Gründe - sie scheinen mir stichhaltig zu sein, wenn sie auch unbefriedigend sind -: Erstens. Jede Zwischenlandung verursacht zusätzliche Kosten und erhöht den Zeitaufwand für das fliegende Personal. Sie müssen möglicherweise eine weitere Crew mitnehmen. Das Zweite ist - das scheint mir das gewichtigste Argument zu sein -: Die Kontrolle der Rückkehrer durch den Zoll und die eigenen, bundeswehrspezifischen Formalitäten müssten dann an den verschiedenen Zielorten erfolgen. Wir haben leider Gründe dafür, dies jeweils organisieren zu müssen. Drittens. Es hat sich außerdem ergeben, dass es bei jedem Einsatzkontingent - auch jetzt zum Beispiel bei den Soldaten, die zu 65 Prozent aus den neuen Bundesländern stammen - ganz viele Standorte gibt, aus denen sie kommen - es sind nicht etwa nur geschlossene Verbände -, sodass eine eindeutige Zuordnung zu den unterschiedlichen Flughäfen schwierig ist. Dies gilt zumal, weil die Leute zwar oft an einem Standort arbeiten, aber ihre Familien, bei denen sie Urlaub machen, woanders leben. Ich will aber nicht verhehlen um das abschließend festzustellen -, dass die augenblickliche Regelung noch unbefriedigend ist.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage.

Wolfgang Dehnel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000366, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, es freut mich, dass Sie das Problem genauso sehen. Ich habe aber nicht nach Zwischenlandungen gefragt, sondern meine wirklich ein direktes Anlanden in Berlin. Dort gibt es auch einen Militärflughafen und da dürfte es ja relativ einfach sein - für meine Begriffe und auch nach Einschätzung durch die Soldaten -, dort die Soldaten in den Urlaub zu entlassen. Ich bedanke mich ausdrücklich dafür, dass wir Gelegenheit hatten, bei den KFOR-Truppen zugegen zu sein. Sie können die Grüße und den Dank Herrn Staatssekretär Kolbow bitte ausrichten. Wir haben uns darüber sehr gefreut. Aber wenn wir dann von den Soldaten solche Fragen bekommen, möchten wir schon gern, dass diese Fragen auch entsprechend beantwortet werden, bzw. dass man ihnen auch hilft. Ich glaube schon - vielleicht sehen Sie es auch so -, dass man dann zumindest Berlin - wenn schon nicht Leipzig - als direkten Landeort angeben könnte. Sehen Sie das genauso?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Wir haben uns wirklich der Mühe unterzogen und haben einmal aufgeschlüsselt, woher die Leute kommen und welchen Heimatort sie haben. Danach ist das ungeheuer differenziert zu sehen und dann ist Berlin auch nicht so attraktiv, wie wir geglaubt haben, wenn man die Prozentsätze sieht. Bei dem jetzigen Einsatz wäre vielleicht sogar Hannover der richtige Ort, weil von da aus verschiedene Bereiche erreichbar wären. Ich kann Ihnen nur Folgendes sagen: Wenn es sich um Urlaub handelt und wir bei den sechs Monaten bleiben müssen, glaube ich, dass wir uns sowieso einmal überlegen müssen, ob wir das eigentlich mit unseren eigenen Bundeswehrmaschinen machen müssen oder ob man es nicht durch eine vernünftige Organisation mit zivilen Luftfahrtgesellschaften so macht, dass die Piloten dann umsteigen können. Dann könnten die Formalitäten beim Einstieg erfolgen, wie wir das ja heute auch kennen, und die Leute würden anschließend dichter an ihren Heimatort herankommen. Diese Frage ist nicht einfach mit Berlin und Köln/Bonn zu beantworten.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine weitere Zusatzfrage.

Wolfgang Dehnel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000366, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich muss doch noch eine Frage stellen. Ist Ihnen bekannt, dass es für Missstimmung bei den Soldaten, die in Richtung München bzw. Hannover mitgeflogen sind, gesorgt hat, dass dann, als der Bundeskanzler oder der Staatssekretär anwesend waren, dort eine Zwischenlandung möglich war, dass aber dann, wenn sie das wünschen, dies nicht möglich ist?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Nun würde ich in der Tat das Zeitbudget eines deutschen Bundeskanzlers etwas anders einschätzen als einen - wenn auch intensiven Einsatz auf dem Balkan. Ich kann Ihnen sagen: Heute Morgen haben wir im Unterausschuss „Streitkräftefragen in den neuen Bundesländern“ über dieses Thema gesprochen und dort die Zahlen vorgetragen, die für Sie heute Nachmittag auch wichtig sind. Ich gehe am Wochenende nach Bosnien und wir werden anschließend, Anfang April, mit dem Unterausschuss im Kosovo sein. Wir nehmen uns für diesen Besuch ein bisschen mehr Zeit, als Sie hatten. Aber wir kennen das Thema. Das ist nur nicht so einfach zu lösen. Aber Ihre Frage war deshalb hilfreich, weil man dann noch einmal hinterfragt und kritisch überlegt: Gibt es da keine andere Lösung? Wir arbeiten daran.

Wolfgang Dehnel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000366, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Vielen Dank.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich rufe die Frage 2 des Kollegen Werner Siemann auf: Welche aktuellen Erkenntnisse liegen der Bundesregierung hinsichtlich des Drogen- und Alkoholmissbrauchs bei Angehörigen der deutschen KFOR- und SFOR-Kontingente vor?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Herr Kollege Siemann, erfreulicherweise - so muss man sagen - ist die Zahl der Alkohol- und Drogenmissbrauchsdelikte nicht so groß, wie man befürchten könnte. Wir haben auch erst seit 1998 eine verlässliche Grundlage. Danach ergibt sich Folgendes: Wir haben schon über 60 000 Soldaten - natürlich zum Teil die gleichen, manche schon doppelt und dreifach - auf dem Balkan in Auslandseinsätzen gehabt. Alkoholmissbrauchsfälle haben wir 13 gehabt und Drogenmissbrauchsfälle 35. ({0}) Da kann man wirklich sagen: Das ist im Vergleich eine geringe Gesamtzahl und das spricht eigentlich für die Disziplin und die Einsatzbereitschaft der deutschen Kontingente, auch für die sorgfältige Personalauswahl, vielleicht auch für die gute Dienstaufsicht durch die Kommandeure vor Ort sowie für das Verantwortungsbewusstsein unserer dort eingesetzten Soldaten.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage?

Werner Siemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003236, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, was haben Sie denn befürchtet und worauf gründeten sich diese Befürchtungen?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Auch Sie haben ja die Frage vor dem Hintergrund gestellt, dass man immer wieder etwas über Ausfälle oder über zurückkehrende Soldaten hört. Wir können für die Bundeswehr sagen, dass das Ganze erfreulich gut verlaufen ist. Vier bis sechs Monate unterwegs und von seiner Familie getrennt zu sein würde, könnte ich mir vorstellen, selbst für Bundestagsabgeordnete unter Umständen ein Problem bedeuten; schon die Trennung von einer Woche ist schwer. Aber das ist gut verlaufen. Wir haben natürlich, wie in jeder Armee, Probleme mit Alkohol oder, leider zunehmend, bei den jüngeren Leuten auch mit Drogenmissbrauch. Diese sind aber bei der Bundeswehr unverhältnismäßig gering.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine zweite Zusatzfrage?

Werner Siemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003236, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, entsprechen die Zahlen der Vorfälle auf dem Balkan, die, wie Sie gesagt haben, verhältnismäßig niedrig sind, vergleichbaren Zahlen im Inland oder handelt es sich um Auffälligkeiten?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Herr Kollege Siemann, diese Frage sollten wir in den Verteidigungsausschuss verlegen, um das Zahlenverhältnis in Ruhe zu diskutieren. Die Zahlen sind bei den deutschen Streitkräften auf jeden Fall - noch - ungleich geringer; aber es gibt Probleme. Das hat auch die Wehrbeauftragte dankenswerterweise angesprochen, und zwar nicht zum ersten Mal.

Werner Siemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003236, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich nehme Ihr Angebot an.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Es gibt keine weiteren Fragen zu diesem Geschäftsbereich. Ich danke Ihnen, Frau Parlamentarische Staatssekretärin. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung auf. Zur Beantwortung steht die Parlamentarische Staatssekretärin Ulrike Mascher zur Verfügung. Ich rufe Frage 3 des Kollegen Peter Weiß ({0}) auf: Um welchen Prozentsatz werden die Regelsätze der Sozialhilfe zum 1. Juli 2000 gemäß den Bestimmungen in § 22 Abs. 6 Satz 2 des Bundessozialhilfegesetzes erhöht werden?

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Herr Kollege Weiß, die Regelsätze erhöhen sich zum 1. Juli 2000 um den Vomhundertsatz, um den sich der aktuelle Rentenwert in der gesetzlichen Rentenversicherung verändert.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Zusatzfrage?

Peter Weiß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003255, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, da bei der damaligen Beschlussfassung im Deutschen Bundestag über die Verlängerung dieser Übergangsregelung, dass der Sozialhilferegelsatz in dem Maße steigt wie die Rente, seitens der Regierungsfraktionen als Begründung angegeben worden ist, dass man davon ausgehe, dass die Renten stärker als in den vergangenen Jahren anstiegen und diese Regelung deswegen auch für die Sozialhilfeempfänger angemessen sei, frage ich Sie: Sieht sich die Bundesregierung jetzt nicht veranlasst, eine Korrektur vorzunehmen, nachdem feststeht, dass die Rente voraussichtlich nur um 0,6 Prozent steigt und nicht mehr um die Beträge, die damals, als das Gesetz beschlossen wurde, in Rede standen?

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Nein, die Bundesregierung sieht dazu keine Veranlassung. Wir gehen davon aus, dass die Anpassung entsprechend der Preissteigerungsrate des Vorjahres nach wie vor den laufenden Bedarf deckt.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Zweite Zusatzfrage.

Peter Weiß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003255, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, wie sind die Absichten der Bundesregierung hinsichtlich der Regelung zur Anpassung der Regelsätze in der Sozialhilfe für die kommenden Jahre, da ja die Übergangsregelung bezüglich der Anpassung in diesem Jahr ausläuft?

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Herr Weiß, Sie wissen, dass wir entsprechend unseren früheren Erklärungen nach Auswertung der noch von der alten Bundesregierung in Auftrag gegebenen Gutachten hier eine Neufestsetzung der Regelsätze planen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage des Kollegen Dr. Grehn.

Dr. Klaus Grehn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003135, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Frau Staatssekretärin, wie bewerten Sie die unterschiedlichen Folgen für die Sozialhilfeempfänger in Ost und West angesichts der Tatsache, dass die Eckregelsätze in den neuen Bundesländern niedriger liegen als in den alten Bundesländern, sich die Preise aber teilweise auf einem Niveau von 110 Prozent der Preise in den alten Bundesländern bewegen?

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Herr Grehn, wenn man die Entwicklung der Gesamtpreissteigerungsrate in Ostdeutschland betrachtet, stellt man fest, dass diese sogar geringfügig unter der Preissteigerungsentwicklung in Westdeutschland liegt. Von daher bestreite ich nicht, dass es einzelne Preisgruppen mit einer höheren Steigerungsrate gibt. Aber insgesamt halten wir das für vertretbar. ({0})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Sie haben zu dieser Frage nur eine Zusatzfrage. Aber Sie können bei der nächsten Frage eine neue stellen. Eine Zusatzfrage der Kollegin Schnieber-Jastram.

Birgit Schnieber-Jastram (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002785, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, bedeutet Ihre Antwort auf die Frage des Kollegen Weiß, dass es im nächsten Jahr auf jeden Fall ein neues Bedarfsbemessungsschema für die Sozialhilfe geben wird?

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Meine Antwort bedeutet, dass wir an einem solchen Bedarfsdeckungsschema arbeiten und dass wir eine Neufestsetzung der Regelsätze vornehmen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich rufe die Frage 4 des Kollegen Peter Weiß auf : Wie beurteilt die Bundesregierung die Situation der Sozialhilfeempfänger und die Entwicklung der Regelsätze der Sozialhilfe angesichts der im Jahr 2000 zu erwartenden Inflationsrate ({0}) und der Zusatzbelastungen durch die so genannte Ökosteuer, die Sozialhilfeempfänger in vollem Umfang ohne Kompensationsmöglichkeiten treffen?

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Herr Weiß, die in Ihrer Frage enthaltenen Unterstellungen sind nicht zutreffend. Die Regelsätze der Sozialhilfe sind nach Auffassung der Bundesregierung auch unter Berücksichtigung der für die Jahre 2000 und 2001 vorgesehenen Anpassung entsprechend der Preissteigerungsrate des Vorjahres weiterhin so ausgestaltet, dass sie den laufenden Bedarf decken. Die These, die Ökosteuer führe zu nicht kompensierbaren Zusatzbelastungen für Sozialhilfeempfänger, ist in mehrfacher Hinsicht falsch. Zwar können sich durch die Vizepräsident Rudolf Seiters Einführung und Erhöhung der Stromsteuer sowie die Anhebung der Mineralölsteuer die Energiepreise erhöhen. Insofern können sich gewisse Auswirkungen auf das Preisniveau ergeben. Im Rahmen der Sozialhilfe schlagen sich die Energiekosten jedoch größtenteils in den Heizkosten nieder, die in der Regel voll übernommen werden und somit nicht aus dem Regelsatz bestritten werden müssen. Bei den im Regelsatz enthaltenen Kosten für Haushaltsenergie kann sich durch die Erhöhung des Strompreises um 2 Pfennig je Kilowattstunde im Jahre 1999 eine Mehrbelastung von monatlich 3,43 DM und im Jahre 2000 bei einer weiteren Anhebung des Strompreises um einen halben Pfennig je Kilowattstunde eine zusätzliche Mehrbelastung von monatlich 86 Pfennig ergeben, wenn der tatsächliche Verbrauch 148 Kilowattstunden im Monat beträgt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass in den Jahren von 1991 bis 1999 die Kosten für Haushaltsenergie lediglich um 6,6 Prozent gestiegen sind, die Regelsätze insgesamt jedoch um 15,4 Prozent. Zudem ist die Stromsteuer nur ein Kosten bildender Faktor, der nicht unbedingt auf den Preis durchschlägt. Vielmehr ist im Zuge der Liberalisierung des Strommarktes teilweise mit absolut sinkenden Strompreisen zu rechnen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Zusatzfrage.

Peter Weiß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003255, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, sieht die Bundesregierung - im Gegensatz zu dem, was Sie gerade vorgetragen haben - nicht doch eine erhebliche Differenz darin, dass die Sozialhilferegelsätze in diesem Jahr nur um 0,6 Prozent angehoben werden, die aktuelle Inflationsrate, die zu guten Teilen auf die Auswirkungen der Ökosteuer zurückzuführen ist - dies soll bei einer späteren Frage in dieser Fragestunde noch erörtert werden -, aber bei 1,8 Prozent liegt?

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Herr Weiß, zum einen finden diese Anhebungen immer zur Mitte des Jahres statt, sodass Sie da einen Durchschnitt bilden müssen. Zum Zweiten ist die Inflationsrate, auch wenn sie in diesem Jahr höher ist, im nächsten Jahr möglicherweise wieder niedriger, wovon zum Beispiel die Rentner und auch die Sozialhilfeempfänger, soweit wir die Regelsätze bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht neu festgesetzt haben, profitieren würden.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Zweite Zusatzfrage.

Peter Weiß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003255, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, da die Regelsätze der Sozialhilfe das maßgebliche Kriterium für die Festsetzung des steuerfreien Existenzminimums für Familien und ihre Kinder sind, möchte ich fragen, ob Sie sich, nachdem Sie mit Datum vom 4. Januar 2000 dem Deutschen Bundestag die Unterrichtung durch die Bundesregierung über die Höhe des Existenzminimums von Kindern und Familien für das Jahr 2001 vorgelegt haben, angesichts der aktuell in Rede stehenden Erhöhungen bei Rente wie Sozialhilfe um nur 0,6 Prozent veranlasst sehen, die Berechnungen für das Existenzminimum noch einmal nach unten zu korrigieren.

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Wir haben keine Veranlassung, die Festsetzung des Existenzminimums noch einmal zu korrigieren.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage des Kollegen Dr. Grehn.

Dr. Klaus Grehn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003135, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Frau Staatssekretärin, liegen der Bundesregierung Kenntnisse vor, welche Wirkungen diese unterschiedlichen Regelungen auf die Kommunen in Ost und West angesichts der unterschiedlichen finanziellen Belastung in beiden Teilen Deutschlands und der eher bescheidenen - um nicht zu sagen: prekären - finanziellen Situation der Kommunen in den neuen Bundesländern haben?

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Herr Grehn, ich kann mir nicht vorstellen, dass die entsprechend der Preissteigerungsrate des Vorjahres vorgenommene Anpassung die Träger der Sozialhilfe - Sie sprachen die Kommunen an - zusätzlich belastet; eher das Gegenteil ist der Fall. Auch ich weiß, dass die Finanzsituation prekär ist, aber aus dieser Anpassung der Sozialhilfe können Sie keine zusätzliche Belastung ableiten.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage des Kollegen Peter Dreßen.

Peter Dreßen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002642, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Staatssekretärin, die Stromkosten gehen ja, wie Sie schon erwähnt haben, nach unten. Dadurch tritt eine Erleichterung für die Sozialhilfeempfänger ein. Außerdem habe ich erlebt, dass Sozialämter es Sozialhilfeempfängern verweigern, ein Auto für ihren täglichen Bedarf anzumelden. So brauchen die gestiegenen Benzinkosten nicht bei der Sozialhilfe berücksichtigt zu werden, ({0}) auch wenn ich es als sehr strikte Auslegung empfinde, dass man Sozialhilfeempfängern das Auto nicht belässt. Ist es denn wirklich so, dass, weil ein Auto nicht zum Bedarf von Sozialhilfeempfängern zählt, deshalb auch die entsprechenden Mehrkosten aus der Ökosteuer nicht berücksichtigt werden?

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Herr Dreßen, es kommt immer auf die konkrete Einzelfallprüfung an, ob ein Auto für den Sozialhilfeempfänger erforderlich ist oder nicht. Deswegen kann ich Ihnen Ihre Frage so generell nicht beantworten. Sofern aber kein Auto vorhanden ist, spielen in der Tat die Benzinpreise für den Sozialhilfeempfänger keine Rolle. Dabei ist sicher die Frage zu stellen, inwiefern sich die Ökosteuer auf die Kosten des öffentlichen Nahverkehrs ausgewirkt hat. Davon sind Sozialhilfeempfänger möglicherweise betroffen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Zu einer weiteren Zusatzfrage der Kollege Seifert.

Dr. Ilja Seifert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002153, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Frau Staatssekretärin, habe ich Sie richtig verstanden, dass aufgrund dessen, dass die Anpassung der Regelsätze niedriger als die Inflationsrate ausfällt, die Kommunen sozusagen auf Kosten der Sozialhilfeempfängerinnen und Sozialhilfeempfänger, die, relativ gesehen, weniger bekommen als vorher, möglicherweise noch ein bisschen besser wegkommen als vorher?

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Nein, Herr Seifert, da haben Sie mich falsch verstanden. Ich habe die Frage von Herrn Grehn so verstanden, dass er befürchtet, dass auf die ostdeutschen Kommunen, die sich in einer prekären Finanzsituation befinden, aufgrund der entsprechend der Preissteigerungsrate des Vorjahres vorgenommenen Anpassung eine Mehrbelastung zukommt. Dieses habe ich abgestritten. Hier lag, wie ich denke, ein Missverständnis vor.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich rufe die Frage 5 des Kollegen Olaf Scholz auf: Sind der Bundesregierung Vertragsgestaltungen bekannt, wo im Hinblick auf das Gesetz zur Förderung der Selbstständigkeit und §§ 7a und 7b Viertes Buch des Sozialgesetzbuches ({0}) Auftragnehmer ({1}) erklären müssen: „Ich versichere, dass ich nicht als „Scheinselbstständiger“ im Sinne von § 7 Abs. 4 SGB IV anzusehen bin, und verpflichte mich, im Falle von Anfragen hinsichtlich meiner rechtlichen Stellung alle erforderlichen Informationen zur Klärung meines Status zu liefern. Ich stimme bereits jetzt zu, dass im Falle einer Prüfung des Vorliegens eines Beschäftigungsverhältnisses eine Versicherungspflicht erst mit Bekanntgabe der Entscheidung der BfA bzw. eines anderen Versicherungsträgers eintreten soll ({2}).“?

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Herr Kollege Scholz, Sie haben zwei Fragen zur Problematik der Scheinselbstständigkeit gestellt. Ihre Erlaubnis vorausgesetzt, darf ich sie zusammen beantworten.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Dann rufe ich auch die Frage 6 des Abgeordneten Olaf Scholz auf: Teilt die Bundesregierung die in dem Protokoll der Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung vom 10. November 1999 zum Ausdruck gebrachte Auffassung, dass solch eine Vertragsklausel/Erklärung jedenfalls im Hinblick auf § 7b SGB IV unwirksam ist, weil die Zustimmung des Arbeitnehmers gemäß § 7b Ziffer 1 SGB IV nur nachträglich und nicht vorab erteilt werden kann, und - falls eine versicherungspflichtige Betätigung vorliegt - indiziert, dass der Arbeitgeber vorsätzlich oder grob fahrlässig von einer selbstständigen Tätigkeit ausgegangen ist?

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Der Bundesregierung ist bekannt, dass als freie Journalisten tätigen Honorarempfängern in Einzelfällen derartige Erklärungen zur Unterschrift vorgelegt wurden. Die Bundesregierung teilt die von Ihnen angeführte Auffassung des Ausschusses, dass die Zustimmungserfordernis dem Schutz des Beschäftigten dient. Die Sozialversicherungspflicht tritt von der Aufnahme der Beschäftigung an ein, wenn der Beschäftigte seine Zustimmung zum späteren Eintritt der Sozialversicherungspflicht nicht erteilt. Die Versicherungsträger haben sorgfältig zu prüfen, ob eine wirksame Zustimmungserklärung vorliegt. Bei Zustimmungen im Voraus liegt eine wirksame Zustimmung regelmäßig nicht vor, sondern nur bei solchen Erklärungen, die erst nach der Bekanntgabe der Entscheidung, dass ein Beschäftigungsverhältnis vorliegt, abgegeben werden. Bei einer Zustimmung im Voraus besteht regelmäßig die Gefahr, dass sie unter dem Druck, einen Auftrag ohne die Unterzeichnung einer solchen Erklärung nicht zu erhalten, zustande gekommen ist. Auch nach Auffassung der Bundesregierung lässt ein Verhalten von Auftraggebern, die Auftragnehmern vorab eine zustimmende Erklärung zum späteren Eintritt der Versicherungspflicht abfordern, darauf schließen, dass diese erhebliche Zweifel daran haben, dass eine selbstständige Tätigkeit überhaupt vorliegt. Es ist davon auszugehen, dass die Sozialversicherungsträger, die die Gesetze in eigener Verantwortung ausführen, ihrer Prüfungspflicht ordnungsgemäß nachkommen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Jetzt haben Sie vier Zusatzfragen.

Olaf Scholz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003231, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich will mich aber auf eine beschränken. - Die Auskunft ist ja sehr befriedigend für alle, die jetzt solche Vertragsformulare vorgelegt bekommen. Es ist auch schon hilfreich, dass diese Ansicht der Bundesregierung einmal im Deutschen Bundestag bekannt gegeben worden ist, weil diese Regelung so eine gewisse Verbreitung findet. Wird sich die Bundesregierung auch bemühen, die Sozialversicherungsträger und etwaige beteiligte Verbände von dieser Auffassung gesondert zu informieren, und möglicherweise darauf hinwirken, dass das in einer erweiterten Fassung des Rundschreibens der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger zum Ausdruck kommt, sodass das allgemein Verbreitung findet?

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Herr Scholz, vielen Dank für diese Anregung. Das Arbeitsministerium wird sie gerne aufgreifen. Ich würde mich auch freuen, wenn in den einschlägigen VerParl. Staatssekretärin Ulrike Mascher bandspublikationen insgesamt stärker darauf hingewiesen wird; denn es geht ja um den Schutz der Betroffenen. Wir vonseiten des Arbeitsministeriums werden jedenfalls zur Verbreitung beitragen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich rufe die Frage 7 der Kollegin Birgit Schnieber-Jastram auf: Wie hoch ist der Verlust für den Eckrentner pro Monat, der dadurch entsteht, dass die Bundesregierung den Rentnern bei der Rentenanpassung zum 1. Juli 2000 nicht den Kaufkraftverlust des Jahres 2000, sondern nur den des Jahres 1999 ausgleicht, wenn man von einer Preissteigerungsrate im Jahr 2000 in Höhe von 1,6 Prozent ausgeht?

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Frau Schnieber-Jastram, Sie stellen die Frage, warum wir bei der Rentenanpassung den Kaufkraftverlust entsprechend der Preissteigerungsrate des Jahres 1999 ausgleichen und uns nicht auf die - erst für zwei Monate bekannten Tatsachen des Jahres 2000 beziehen. Ich möchte Ihnen darauf entsprechend antworten. Das im Dezember vergangenen Jahres verabschiedete Haushaltssanierungsgesetz sieht in Übereinstimmung mit dem entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung vor, dass die Rentenanpassung zum 1. Juli 2000 und zum 1. Juli 2001 der jeweiligen Preisentwicklung des Vorjahres folgen. Um das noch einmal zu verdeutlichen: § 255c, der zum aktuellen Rentenwert in den Jahren 2000 und 2001 Aussagen trifft, lautet: ({0}) Abweichend von § 68 und § 255a Abs. 2 ändern sich der aktuelle Rentenwert und der aktuelle Rentenwert ({1}) zum 1. Juli der Jahre 2000 und 2001 jeweils in dem Verhältnis, in dem der Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte im Bundesgebiet des jeweils vergangenen Kalenderjahres von dem Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte im Bundesgebiet im jeweils vorvergangenen Kalenderjahr abweicht. ({2}) Bei der Bestimmung der Veränderungsrate des Preisindexes für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte im Bundesgebiet für das Jahr 1999 sind die dem Statistischen Bundesamt zu Beginn des Jahres 2000 und für das Jahr 2000 die zu Beginn des Jahres 2001 vorliegenden Daten zugrunde zu legen. In voller Übereinstimmung mit diesen gesetzlichen Bestimmungen wird die Bundesregierung die Rentensteigerungen in den alten und in den neuen Bundesländern entsprechend der inzwischen vom Statistischen Bundesamt dargestellten Preissteigerungsrate des Jahres 1999 zum 1. Juli des Jahres auf 0,6 vom Hundert festsetzen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Zusatzfrage?

Birgit Schnieber-Jastram (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002785, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, ich würde gerne wissen, ob Sie die Auffassung teilen, dass Sie den Rentnern - ich weiß nicht, ob Sie sich noch erinnern - die Unwahrheit gesagt haben. Der Bundesarbeitsminister hat noch am 20. Januar dieses Jahres im Zusammenhang mit der Rentenanpassung versprochen - ich zitiere -: Die Kaufkraft soll erhalten bleiben und nicht wie in der Vergangenheit abgesenkt werden. Entgegen diesem Versprechen findet ein voller Kaufkraftausgleich bei der Anpassung der Renten für das Jahr 2000 natürlich nicht statt. Teilen Sie das?

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Frau Schnieber-Jastram, wenn man sich die jahresdurchschnittliche Entwicklung ansieht - im ersten Halbjahr werden die Renten ohne Berücksichtigung des Demographiefaktors um 1,34 Prozent und ab dem 1. Juli entsprechend der Preissteigerungsrate angepasst -, dann muss man feststellen, dass die Renten unter Berücksichtigung der Kaufkraftentwicklung um insgesamt 1,1 Prozent steigen. So ergibt sich ein Kaufkraftverlust von lediglich 0,5 Prozent.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine zweite Zusatzfrage.

Birgit Schnieber-Jastram (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002785, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, ich möchte nachfragen, weil mir das nicht logisch erscheint: Kann die Bundesregierung bestätigen, dass der Kaufkraftverlust für die Rentner nach vorläufigen Schätzungen des Statistischen Bundesamtes im Februar dieses Jahres bei 1,8 Prozent liegt und dass die Renten zum 1. Juli 2000 nur um 0,6 Prozent angepasst werden sollen? Kann die Bundesregierung weiter bestätigen, dass den Rentnern hierdurch ein Verlust von 250 DM pro Jahr entsteht?

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Nein, das kann Ihnen die Bundesregierung nicht bestätigen, weil Sie sich ausschließlich auf die Kaufkraftentwicklung im Februar des Jahres 2000 beziehen. Ich habe gerade versucht, deutlich zu machen, dass Sie hierbei den gesamten Jahresverlauf berücksichtigen müssen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage des Kollegen Dr. Grehn.

Dr. Klaus Grehn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003135, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Frau Staatssekretärin, angesichts des Missverständnisses bei meiner ersten Frage möchte ich Sie nun fragen, ob der Bundesregierung klar ist, dass den Kommunen zusätzliche Belastungen durch Sozialhilfe empfangende Rentner entstehen, weil kein Ausgleich in Höhe der Inflationsrate gewährt wird - die Differenz beträgt nach gegenwärtigen Berechnungen 1,2 Prozent; genau darin besteht die Belastung für die Kommunen -, und dass dadurch das Existenzminimum der Rentner sowie der Sozialhilfeempfänger, das durch die ergänzende Sozialhilfe abgedeckt wird, nicht mehr gesichert ist? Meine Frage ist: Liegen Ihnen dazu Erkenntnisse vor?

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Nein, darüber liegen mir keine Erkenntnisse vor. Bekanntermaßen ist jetzt erst März. Um das zu erläutern: Im Moment erhalten die Rentnerinnen und Rentner eine Anpassung, die sich auf die Daten aus dem letzten Jahr stützt und die über der jetzigen Preissteigerungsrate liegt. Deswegen kann ich Ihnen dazu noch nichts sagen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage des Kollegen Meckelburg.

Wolfgang Meckelburg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001452, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ganz egal, wie die Zahlen Mitte oder Ende des Jahres aussehen werden, Frau Staatssekretärin: Ist die Bundesregierung bereit, den Rentnern dann im nächsten Jahr einen Kaufkraftverlustausgleich zu zahlen, wenn das Versprechen, das Sie gemacht haben, nämlich für die Inflationsrate dieses Jahres einen Ausgleich zu geben, nicht erfüllt wird?

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Herr Meckelburg, ich weiß nicht, auf welche Versprechen Sie sich beziehen. Wir haben unsere Erklärungen immer genau dem Wortlaut des Paragraphen, den ich vorhin zitiert habe, entsprechend abgegeben. Wir haben immer gesagt: Wir passen entsprechend der Preissteigerungsrate des Vorjahres an. Rein technisch, Herr Meckelburg, geht es gar nicht anders. Genau so, wie wir die Renten nur entsprechend der Nettolohnentwicklung des Vorjahres anpassen können, weil uns nur dazu gesicherte Zahlen vorliegen, können wir die Renten nur dann entsprechend der Preissteigerungsrate anpassen, wenn sie durch das Statistische Bundesamt zu Beginn des Jahres festgelegt wird und gesichert ist. Wir halten uns an das vom Bundestag beschlossene Gesetz und werden auch im Jahr 2001 für eine entsprechende Anpassung der Renten sorgen. Im Moment ist noch nicht klar, wie hoch die Preissteigerungsrate im nächsten Jahr sein wird. Möglicherweise profitieren die Rentner von einer günstigeren Entwicklung.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage des Kollegen Laumann.

Karl Josef Laumann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001294, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, ist der Bundesregierung bekannt, wie hoch ein durchschnittlicher Rentnerhaushalt in der Bundesrepublik Deutschland durch die Einführung der Ökosteuer belastet wird?

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Ja, die realen Einkommen der Rentnerhaushalte sind um durchschnittlich 0,02 Prozent niedriger als vor der Einführung der Ökosteuer. ({0}) - Ich beziehe mich hier auf Aussagen des Statistischen Bundesamtes. - Dazu muss man sagen, dass die Rentnerhaushalte ein anderes Verbrauchsverhalten haben. Das Statistische Bundesamt weist die Rentnerhaushalte auch gesondert aus. ({1}) Ich habe das also nicht erfunden, ich habe das nicht selber mit dem Taschenrechner ausgerechnet, sondern ich gebe Ihnen die offizielle Aussage dazu wieder. ({2}) - Ja, angesichts dessen, was ich vorhin schon dargestellt habe - auch was die Entwicklung der Strompreise betrifft -, scheint mir das durchaus plausibel zu sein. ({3}) - Nein, das muss er nicht.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Louven.

Julius Louven (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001378, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin Mascher, wir haben am 14. November 1996 vor dem Hintergrund der Rentenreform, die durch Norbert Blüm schon eingebracht worden war, den Rentenversicherungsbericht 1995 im Bundestag diskutiert. Sie haben damals in der Debatte Folgendes gesagt - das können Sie auf Seite 12423 nachlesen -: ({0}) Die richtige Antwort lautet: keine weiteren Leistungskürzungen ... keine Manipulation an der Rentenformel. ... Die Bewältigung der Aufgaben, vor der die Rentenversicherung steht, ist nicht angepackt worden. Wie fühlen Sie sich heute angesichts eines erneuten Rentenbetrugs und dieser Aussage?

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Herr Louven, ich fühle mich ganz wohl dabei, ({0}) weil ich Ihrer Behauptung widerspreche, es handele sich bei der Anpassung entsprechend der Preissteigerungsrate um einen Rentenbetrug. Ein Rentenbetrug wäre es doch nur, wenn wir den Rentnern die Unwahrheit gesagt hätten, ({1}) wenn wir das Gesetz, das wir im Deutschen Bundestag in aller Öffentlichkeit beschlossen haben, nicht umsetzen würden. Wir setzen es jetzt um. Wir haben uns nicht klammheimlich im Arbeitsministerium irgendetwas ausgedacht, sondern wir setzen ein geltendes Gesetz um. Von daher finde ich Ihren Begriff „Rentenbetrug“ wirklich unangemessen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Weitere Zusatzfrage des Kollegen Seifert.

Dr. Ilja Seifert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002153, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Ich möchte erst einmal meine Freude darüber zum Ausdruck bringen, dass Herr Kollege Louven von einem „erneuten Rentenbetrug“ sprach. Damit gibt er ja zu, dass die CDU/CSU selber auch einen Rentenbetrug gemacht hat. Vielen Dank für diese nachträgliche Aufklärung. Frau Mascher, meine Frage bezieht sich noch einmal auf die Antwort, die Sie dem Kollegen Grehn gaben, dass wir ja erst März haben: Darf ich davon ausgehen, dass in Ihrem Ministerium vorausschauend gearbeitet wird, sodass Sie also jetzt schon Berechnungen darüber anstellen, wie sich denn diese geringfügige Erhöhung der Rente auf die Sozialhilfe-Zahlungsverpflichtung der Kommunen auswirken wird, wenn ab 1. Juli nicht mehr die Rentenerhöhung vom vergangenen Jahr, sondern die von diesem Jahr wirkt, und Sie dann gegebenenfalls im Vorhinein verhindern, dass die Kommunen zusätzlich belastet werden, falls Sie die Rente doch höher ansetzen, als es bisher geplant ist? Ich denke, wir würden hier im Hohen Haus möglicherweise sogar kurzfristig eine große Koalition zustande bringen, die dann einer Gesetzesänderung zustimmen würde, die den Rentnern zugute käme.

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Herr Seifert, trotz hoch entwickelter Rechenprogramme und trotz ausgefeilter Statistiken ist dem Arbeitsministerium nicht bekannt, wie hoch der Anteil der Rentnerinnen und Rentner, die ergänzende Sozialhilfe bekommen, in den einzelnen Gemeinden ist. Daher können wir die von Ihnen gewünschte Berechnung weder im Vorhinein noch aktuell erstellen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Weitere Zwischenfrage des Kollegen Strobl.

Thomas Strobl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003243, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, kann die Bundesregierung bestätigen, dass sie erwägt, die Nettolöhne neu zu definieren?

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Nein, das kann die Bundesregierung nicht bestätigen. Ich kann dazu aber, um Sie nicht ganz zu enttäuschen, sagen: Der Arbeitsminister diskutiert im Moment darüber, ob das, was künftig an privater Vorsorge geleistet wird, in die Nettolohnberechnung einbezogen werden soll. ({0}) - Das haben Sie alles gelesen, Herr Strobl. Das ist doch für Sie nichts Neues. Ich denke, diese Überlegung als solche ist noch nicht strafbar.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Weitere Zusatzfrage des Kollegen Romer.

Franz Romer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001879, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, wie hoch ist der Verlust für den Eckrentner pro Monat, der dadurch entsteht, dass die Bundesregierung den Rentnern bei der Rentenanpassung zum 1. Juli 2000 nicht den Kaufkraftverlust des Jahres 2000, sondern den des Jahres 1999 ausgleicht, wenn man von einer Preissteigerungsrate im Jahr 2000 in Höhe von 1,6 Prozent ausgeht? ({0})

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Herr Romer, ich kann Ihnen diese Rechnung nicht aufmachen, weil wir, wie gesagt, Mitte März dieses Jahres die Preissteigerungsrate für das gesamte Jahr noch nicht kennen. Wir müssen darüber hinaus auch berücksichtigen, dass die Anpassung der Renten immer unterjährig stattfindet, sodass Sie sehen müssen, wie sich das im gesamten Jahr entwickelt. Ich kann Ihnen die Antwort auf Ihre Frage im Moment noch nicht geben.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Weitere Zusatzfrage des Kollegen Wolf.

Aribert Wolf (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003269, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, ich beziehe mich auf die Aussage, dass es keinen Rentenbetrug gegeben hätte. Wofür hat sich dann eigentlich der Bundeskanzler in der Sendung „Sabine Christiansen“ bei der deutschen Bevölkerung entschuldigt, als es um die Renten ging? Können Sie uns das sagen?

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Das kann ich Ihnen sagen. Der Bundeskanzler hat sich dafür entschuldigt, dass viele Rentnerinnen und Rentner durch diese ganze Diskussion in hohem Maße verunsichert sind. Ich halte es für sehr nachvollziehbar, dass sich der Bundeskanzler für diese Verunsicherung der Rentnerinnen und Rentner entschuldigt. Ich denke, es gibt fraktionsübergreifend die Position, dass wir alles tun sollten, um die Rentnerinnen und Rentner nicht ständig in Angst und Schrecken zu versetzen. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage des Kollegen Weiß.

Peter Weiß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003255, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, nachdem Sie auf die Frage des Kollegen Strobl mit dem zweiten Nachsatz doch etwas zu den neuen Überlegungen hinsichtlich der Berücksichtigung der Nettolohnentwicklung bei der Rente gesagt haben, möchte ich Sie fragen: Welche Belastungen kommen voraussichtlich auf die Rentner zu, wenn die Bundesregierung die Nettolöhne in dem von Ihnen angesprochenen Sinn neu definiert?

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Herr Weiß, dazu kann ich Ihnen gar nichts sagen. Ihre Fraktion, Ihre Partei, ist mit fünf Mitgliedern in der Rentenkonsensrunde vertreten. Wir werden am 6. April dieses Jahres über die Entwicklung der privaten Vorsorge beraten. Wir werden dann im Laufe weiterer drei Termine darüber diskutieren, wie die Rentenanpassung in Zukunft aussieht. Sie werden sicher von Herrn Seehofer oder Herrn Kues, die Mitglieder in dieser Kommission sind, ständig über den Stand der Diskussion auf dem Laufenden gehalten werden. Wir wollen in diesen Konsensgesprächen darüber beraten. Ich kann Ihnen heute noch kein Ergebnis sagen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage des Kollegen Singhammer.

Johannes Singhammer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002800, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, in welcher Höhe wirkt sich nach Ihrer Schätzung diese doppelte Schlechterstellung der Rentner einmal durch die Entkoppelung vom Nettolohn jetzt zum 1. Juli mit der geringeren Anpassung und den bekannten Schwierigkeiten und zum anderen durch die Wirkungen der Ökosteuer, die als gezielte Steuer besonders die Rentner trifft und für die Rentner nur eine belastende, aber keine entlastende Wirkung hat - aus? Können Sie sich vorstellen, dass diese doppelte Schlechterstellung von den Rentnerinnen und Rentnern in Deutschland als massive Täuschung empfunden wird?

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Herr Singhammer, wenn Sie sich die Zahlen ansehen, sehen Sie, dass das reale Einkommen der Rentnerhaushalte durchschnittlich um 0,02 Prozent niedriger liegt. Hier kann ich von einer - wie Sie das formulieren - massiven Schlechterstellung nicht sprechen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage der Frau Kollegin Rönsch. ({0})

Hannelore Rönsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001870, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, teilen Sie die Beurteilung des Deutschen Mieterbundes, der seine Mitglieder und besonders die Rentner aufgefordert hat, für die durch die Ökosteuer angehobenen Heizkosten Geld zurückzulegen? Wie bereiten Sie die Kommunen, besonders die Sozialämter in den Kommunen darauf vor, dass diejenigen, die Sozialhilfe bzw. Wohngeld beziehen, auch von diesen höheren Heizkosten betroffen sind? Können Sie mitteilen, was Sie den Kommunen gesagt haben, wie diese erhöhten Kosten abgefangen werden?

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Frau Rönsch, da ich Ihnen für die zahlenmäßige Entwicklung keine konkreten Summen nennen kann, kann ich Ihnen auch nichts dazu sagen, wie wir hier einen Ausgleich für die Kommunen schaffen. Wie gesagt, wir werden sehen, wie sich das am Ende des Jahres darstellt. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Entschuldigung, es gibt nur eine Frage. Nur der Fragesteller selbst kann zwei Zusatzfragen stellen. ({0}) - Frau Staatssekretärin, wollen Sie darauf antworten?

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Ich teile diese Ansicht nicht, weil wir, wie Sie ja wissen, auch beim Wohngeld endlich eine positive Veränderung vorgenommen haben. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine Zusatzfrage des Kollegen Storm.

Andreas Storm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002811, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, teilen Sie die Einschätzung, dass der massive Anstieg der Inflationsrate in diesem Jahr gegenüber dem Vorjahr, der dann auch zu einer realen Rentenminderung in diesem Umfang führt, zu einem Teil auf die Einführung der Ökosteuer zurückzuführen ist, und wie begründen Sie diese Einschätzung?

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Ich kann es nur wiederholen: Die Frage, wie sich die Inflationsrate in diesem Jahr entwickelt, kann man nach zweieinhalb Monaten insgesamt noch nicht beantworten. Sie wissen auch, dass es dabei immer Unterschiede zwischen den Wintermonaten und den Sommermonaten gibt. Ich denke, diese Entwicklung sollten wir erst einmal abwarten.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine Zusatzfrage des Kollegen Dreßen.

Peter Dreßen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002642, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Staatssekretärin, können Sie vielleicht noch einmal die Gründe nennen, warum die neue Bundesregierung die Rentenpläne der alten Regierung zurückgenommen hat? War es nicht so, dass wir Sorge hatten, das Rentenniveau, das die alte Bundesregierung vorgeschlagen hat, einfach nicht akzeptieren zu können, weil dadurch Rentnerinnen und Rentner tatsächlich in den Bereich der Sozialhilfe kamen? Waren das nicht die ausschlaggebenden Gründe dafür, dass die Regierung tatsächlich wieder das Ruder herumreißen musste, um den Rentnern ein Einkommen zu sichern, das auch ihren Ansprüchen einigermaßen entgegenkommt? ({0}) - Ja, wenn Sie so fragen.

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Ja, es war in der Tat die Sorge, dass mit dem dauerhaften Eingriff in die Rentenanpassung durch den Demographiefaktor Jahr um Jahr eine Minderung um 0,5 Prozent - insbesondere Rentnerinnen immer stärker in den Bereich der ergänzenden Sozialhilfe abgleiten. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine Zusatzfrage der Kollegin Ostrowski.

Christine Ostrowski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001662, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Frau Staatssekretärin, teilen Sie erstens meine Ansicht hinsichtlich der Erhöhung des Wohngeldes - die ich natürlich von der Sache her begrüße - dass sie zunächst einmal nur die Mietsteigerungen der zurückliegenden zehn Jahre auffängt, und das noch nicht einmal genau zu 100 Prozent? Ist Ihnen zweitens, wenn Sie diese Einschätzung des Mieterbundes nicht teilen können, vielleicht bekannt, dass beispielsweise das RWI oder auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hinsichtlich der Belastung einkommensschwacher Bürger - darunter auch einkommensschwacher Rentnerhaushalte - durch die Ökosteuer, die sich dann in den Wohnnebenkosten niederschlägt, ausgeführt haben, dass sie am stärksten getroffen werden?

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Frau Ostrowski, ich hätte mir gewünscht, dass wir eine kontinuierliche Wohngeldanpassung unter der alten Bundesregierung gehabt hätten, ({0}) sodass wir jetzt nicht in diesem großen Kraftakt versuchen müssten, das, was über Jahre hinweg versäumt worden ist, aufzuholen. Jetzt wird also das Nachhinken der Wohngeldentwicklung erstmals aufgefangen. Richtig ist auch, dass man sich sehr genau anschauen muss, in welchem Maße die unterschiedlichen Haushaltstypen durch die Ökosteuer belastet werden. Ich habe Ihnen eine Zahl schon genannt: Die Belastung der Einkommen der Rentnerhaushalte durch die Ökosteuer beträgt 0,02 Prozent. Das ist vielleicht auch nicht wünschenswert, aber sicherlich noch im Rahmen dessen, was sozial vertretbar ist, wenn man die Zielsetzung der Ökosteuer betrachtet, nämlich die höhere Belastung des Energieverbrauchs und die von uns allen gewünschte Entlastung der Arbeitskosten mit dem Ziel besserer Chancen für die Schaffung neuer Arbeitsplätze.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Damit sind die Zusatzfragen beantwortet. Wir kommen nun zu Frage 8 der Kollegin Schnieber-Jastram: Von welchen Einspareffekten im Jahr 2000 ging die Bundesregierung aufgrund der Einführung der Rentenanpassung entsprechend der Inflationsrate anstatt der nettolohnbezogenen Rentenanpassung zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Haushaltssanierungsgesetzes aus und welchen Einspareffekt legt sie ihren Berechnungen zum jetzigen Zeitpunkt zugrunde?

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Frau Schnieber-Jastram, mit der Anhebung der Renten in den Jahren 2000 und 2001 im Rahmen der jeweiligen vorjährigen Preissteigerungsrate wurde im Unterschied zur Nettoanpassung, bezogen auf zwei Jahre, ein Einsparvolumen von circa 3 Prozent erwartet. Die Gesamtbilanz kann erst nach Ermittlung der Nettolohn- und -gehaltssteigerungen des Jahres 2000 sowie der Preissteigerungsrate des Jahres 2000 aufgestellt werden.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine Zusatzfrage, Frau Kollegin? - Bitte schön.

Birgit Schnieber-Jastram (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002785, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, können Sie uns auch mitteilen, wann das etwa sein wird?

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Die endgültige Kenntnis über die Entwicklung der Nettolohn- und -gehaltssteigerungen des Jahres 2000 werden wir Mitte oder Ende Januar 2001 haben. Während des laufenden Jahres müssen wir mit Prognosen umgehen, die von unterschiedlichen Gremien erstellt werden - ich denke hier an das Sachverständigengutachten und den Jahreswirtschaftsbericht - und die nach meinen Erfahrungen im letzten Jahr in erstaunlicher Weise schwanken.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine weitere Zusatzfrage? - Bitte schön.

Birgit Schnieber-Jastram (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002785, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, bei dieser Diskussion habe ich manchmal den Eindruck, dass Sie es vielleicht insgeheim schon bereuen, dass Sie unsere Rentenreform damals zurückgenommen haben, weil Sie damit ein Haus abgerissen haben, ohne Baupläne für ein neues zu haben. Teilen Sie diesen Eindruck?

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Nein, diesen Eindruck teile ich nicht. Wir haben Baupläne für das neue Haus. ({0}) Wir werden - ich kann darauf nur noch einmal verweisen - auch mit fünf Kollegen der CDU/CSU über die Qualität unserer Baupläne diskutieren und dann sehen, welche schönen Pläne für Balkone, Wintergärten oder Dachterrassen Sie vorlegen. ({1})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine Zusatzfrage des Kollegen Laumann.

Karl Josef Laumann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001294, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin Mascher, ist Ihnen bekannt, um wie viel Prozent das Rentenniveau in Deutschland seit dem Amtsantritt der jetzigen Bundesregierung abgesenkt worden ist?

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Herr Laumann, Sie haben, glaube ich, mit verfolgt, dass zum Beispiel die Veränderung der europäischen Statistikverordnung und die Einordnung des Kindergeldes nicht mehr als Gehaltsbestandteil, sondern als eine soziale Transferleistung Auswirkungen auf die Berechnung des Rentenniveaus haben. Ich bin inzwischen davon überzeugt, dass das Rentenniveau allein nicht mehr als Aussage über die Qualität der Absicherung im Alter taugt. Hier hat sich das Rentenniveau verändert, und zwar sowohl bei den Berechnungen nach Ihrem alten Rentenversicherungsrecht als auch nach unseren neuen Regelungen, ohne dass sich für die Rentnerinnen und Rentner irgendetwas in Mark und Pfennig geändert hätte. Von daher halte ich die Diskussion darüber, wie hoch denn das Rentenniveau sei oder ob es abgesunken sei, für nicht sachdienlich. ({0}) - Nein, am Inhalt des Geldbeutels hat sich eben erstaunlicherweise gar nichts geändert, obwohl das Rentenniveau erst um einen Punkt nach oben und dann wieder um einen Punkt nach unten gegangen ist. Das sind rein statistische Berechnungen. Das Rentenniveau, um das noch einmal deutlich zu machen, sagt nur etwas über das Verhältnis zwischen Nettolohn und Nettorente, aber nichts darüber aus, wie hoch die Nettorente und der Nettolohn sind.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine Zusatzfrage des Kollegen Meckelburg.

Wolfgang Meckelburg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001452, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, im letzten Jahr habe ich häufiger den Satz gehört, dass sich die Rentnerinnen und Rentner auf die Rentenerhöhung in diesem Jahr besonders freuen können. Können Sie bestätigen, dass die Rentenanpassung entsprechend der Entwicklung der Nettolöhne in Westdeutschland in den letzten zehn Jahren, außer in den beiden Jahren 1995 und 1998, höher als die Rentenanpassung um 0,6 Prozent, die Sie in diesem Jahr vorsehen, ausgefallen ist?

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Herr Meckelburg, wenn man so argumentiert, dann muss man aber auch sehen - Sie unterschlagen es als Vertreter Ihrer Partei oder Ihrer Fraktion freundlicherweise -, wie die Preissteigerungsrate in den jeweiligen Jahren war; denn das Verhältnis von Nettoanpassung zu Preissteigerungsrate ist bei dieser Betrachtungsweise relevant. Auch Sie wissen - als Sozialpolitiker haben Sie es sicherlich bedauert -, dass die nettolohnbezogene Anpassung der Renten in den letzten vier Jahren Ihrer Regierung hinter der Preissteigerungsrate zurückgeblieben ist. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine Zusatzfrage der Kollegin Rönsch.

Hannelore Rönsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001870, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, wie beurteilen Sie, dass eine Ministerin Ihrer Regierung handschriftlich einen Brief ergänzt hat, in dem sie sich dafür verbürgt, sich im Kabinett dafür einzusetzen, dass es bei der Nettolohnbezogenheit der Rente bleibt? Dies ist im November letzten Jahres geschehen. Kennen Sie irgendwelche Einzelmeinungen, mit denen man sich im Kabinett dafür besonders stark gemacht hat, dass die Nettolohnbezogenheit tatsächlich gewährleistet ist?

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Frau Rönsch, ich habe an der entsprechenden Kabinettsitzung nicht teilgenommen; aber ich gehe davon aus, dass es der Kollegin, von der Sie gerade gesprochen haben, wie auch den anderen Kollegen sicherlich nicht leicht gefallen ist, die Entscheidung zu treffen, eine Anpassung entsprechend der Preissteigerungsrate vorzunehmen, und dass es darüber auch im Kabinett eine Diskussion gegeben hat. Über Einzelheiten kann ich Ihnen nichts sagen, weil ich nicht dabei war.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine Zusatzfrage des Kollegen Dr. Grehn.

Dr. Klaus Grehn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003135, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Frau Staatssekretärin, ich habe zugegebenermaßen eine sehr spezifische Frage. Vor fast einem Jahr hat das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung über die Zusatz- und Sonderversorgungssysteme der ehemaligen DDR getroffen. Die gesetzliche Vorlage lässt auf sich warten. Es ist noch nicht abzusehen, wann sie kommt. In der Zwischenzeit gibt es mehrere Steigerungen. Nach welchen Steigerungssätzen, nach welchem Steigerungsmodus wird für diejenigen, für die seit April 1999 das Urteil gilt, die Rente berechnet werden?

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Herr Grehn, wir konnten erst ab Januar dieses Jahres an der konkreten Formulierung des Gesetzentwurfs arbeiten, weil uns die Begründungen von Urteilen des Bundessozialgerichtes, die zu diesem Sachzusammenhang gehören, erst seit Januar dieses Jahres schriftlich vorliegen. Wir haben unverzüglich die Formulierung des Gesetzestextes vorgenommen. Ich denke, wir werden möglicherweise noch vor der Sommerpause, sonst unmittelbar danach, in die Beratungen einsteigen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine Zusatzfrage des Kollegen Strobl.

Thomas Strobl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003243, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, überlegt die Bundesregierung, auch Selbstständige und Beamte in die Rentenversicherungspflicht einzubeziehen? Wie würde sich dies auf die Rentenfinanzen auswirken?

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Herr Strobl, diese Frage wird sehr häufig gestellt. In aller Regel geht man dabei davon aus, dass Selbstständige überhaupt nicht in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Sie wissen selbst, dass das nicht der Fall ist. Zum Beispiel sind Handwerker in der gesetzlichen Rentenversicherung. Es gibt eine Künstlersozialkasse und auch die arbeitnehmerähnlichen Selbstständigen sind seit 1. Januar letzten Jahres in der gesetzlichen Rentenversicherung. Ich verfolge mit Aufmerksamkeit die Diskussion und auch die Äußerungen aus dem Bereich der Wissenschaft. Interessanterweise hat ein Kollege der F.D.P. bei einer Veranstaltung in Regensburg gefordert, dass wir alle, die nicht in gesetzlich geregelten Alterssicherungssystemen sind - Beamtenversorgung oder berufsständische Versorgungen sind ja gesetzlich geregelte Alterssicherungssysteme -, in ein gesetzlich geregeltes System - ich würde sagen: gesetzliche Rentenversicherung; Herr Storm sagt: gesetzlich verbindlich geregelte private Versicherung - einbeziehen. Auch angesichts der europäischen Entwicklung - wenn Sie die Situation in den anderen europäischen Ländern betrachten, dann stellen Sie fest, dass sich in fast allen europäischen Ländern die Selbstständigen in gesetzlich geregelten Alterssicherungssystemen befinden - ist dies ein Punkt, über den wir weiter diskutieren müssen. Ich bin gespannt, ob im Rahmen der Konsensrunde auch vonseiten der CDU/ CSU dazu Vorschläge gemacht werden.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine Zusatzfrage des Kollegen Louven.

Julius Louven (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001378, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, Sie haben soeben auf die Frage des Kollegen Dreßen, warum die Bundesregierung unsere Rentenreform zurückgenommen habe, geantwortet, dass Sie verhindern wollten, dass die Rentner eine um 0,5 Prozent geringere Anpassung erhalten. Können Sie bestätigen, dass die Anpassung, die Sie jetzt vornehmen, niedriger ist als die Anpassung, die in der von uns verabschiedeten Rentenreform vorgesehen war?

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Nein, das kann ich nicht bestätigen. Erstens habe ich - um es ganz präzise zu sagen - festgestellt: Ich war in Sorge, dass durch die im Rahmen der Anpassung Jahr für Jahr vorgesehenen Abschläge - diese waren nicht auf zwei Jahre begrenzt, sondern sollten Jahr für Jahr so lange vorgenommen werden, bis ein Rentenniveau von 64 Prozent erreicht worden wäre - insbesondere bei Frauen die Rente das Niveau der Sozialhilfe - möglicherweise hätte sie sogar darunter gelegen - erreicht. Aufgrund dieser Sorge haben wir die ursprüngliche Anpassung ausgesetzt und werden wir sie abschaffen. Sie sollten zweitens berücksichtigen, dass es zu unterjährigen Rentenanpassungen kommt und dass wir die Renten im letzten Jahr zum 1. Juli um 1,34 Prozent dies ist ohne Berücksichtigung des Demographiefaktors erfolgt; sonst wären es nämlich nur 0,84 Prozent gewesen - angepasst haben und in diesem Jahr entsprechend der Preissteigerungsrate anpassen. Dadurch kommt es für die Rentnerinnen und Rentner zu einer durchschnittlichen Steigerung ihrer Renten von 1,1 Prozent. In diesem Jahr liegen wir also genau auf der Marke, die Sie für korrekt, für sozialpolitisch vertretbar gehalten haben. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine Zusatzfrage des Kollegen Weiß.

Peter Weiß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003255, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, da Sie sich vorhin außerstande erklärt haben, schon jetzt präzise auf die Frage der Kollegin Schnieber-Jastram zu antworten, möchte ich Sie fragen: Kann die Bundesregierung zumindest bestätigen, dass durch die in diesem Jahr erfolgte Einführung der Rentenanpassung entsprechend der Inflationsrate der Einspareffekt in der gesetzlichen Rentenversicherung geringer ausfällt als zunächst von ihr angenommen und berechnet, weil die Nettolöhne in geringerem Umfang ansteigen als zunächst angenommen, und könnten Sie darüber hinaus darstellen, wie sich die Einbeziehung der 630-Mark-Jobs in die Versicherungspflicht auf diese Nettolohnentwicklung auswirkt?

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Herr Weiß, ich kann Ihnen das nicht darstellen, weil wir die Anpassung der Renten in den Jahren 2000 und 2001 insgesamt betrachten müssen. Wir haben die ursprünglich vorgesehene Anpassung für zwei Jahre ausgesetzt. Wir erwarten uns davon den Effekt, die Rentenbeiträge zu stabilisieren. Deswegen kann ich Ihnen dazu nichts sagen. Sie werden mich auch durch noch so geschickte Fragen nicht dazu verleiten, dazu Stellung zu nehmen. ({0}) - Nein, Frau Rönsch.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine Zusatzfrage der Kollegin Ostrowski.

Christine Ostrowski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001662, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Der mathematischen Richtigstellung halber und als Unterstützung für Sie im Hinblick auf die Frage des Kollegen der CDU/CSU zum Vergleich der alljährlichen Steigerungsraten frage ich Sie, Frau Staatssekretärin: Geben Sie mir Recht, dass der alleinige Vergleich der Steigerungsraten natürlich nichts aussagt, sondern man immer Bezug auf die absolute Höhe nehmen muss, von der aus eine Steigerung erfolgt? Ein Beispiel: Angenommen, das Ausgangsniveau wäre 1 DM und man steigert um 100 Prozent, kommt man zu 2 DM. Wenn die nächstfolgende Regierung diese 2 DM nur um 50 Prozent steigert, kann man natürlich nicht so sehr über diese 50 Prozent schimpfen; denn das absolute Niveau ist dann auf 3 DM gestiegen.

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Vielen Dank, Frau Ostrowski. Ich bedanke mich für diese mathematische Unterstützung.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. Wir sind am Ende des Geschäftsbereichs des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit auf. Die Fragen 9 bis 14 sollen schriftlich beantwortet werden. Dann kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Achim Großmann zur Verfügung. Die Fragen 15 und 16 sind zurückgezogen worden und die Fragen 17 und 18 sollen schriftlich beantwortet werden. Ich rufe Frage 19 der Abgeordneten Christine Ostrowski auf: Wie sind die Aussagen des Bundesministers für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Reinhard Klimmt, anlässlich der Eröffnung der Starterkonferenz „Die soziale Stadt“ am 1./2. März 2000 in Berlin zu werten, dass die Bundesregierung trotz angespannter Haushaltslage als Bundesfinanzhilfen für das Programm „Die soziale Stadt“ jährlich 100 Millionen DM bereitgestellt habe, da sich im Bundeshaushalt 2000 im Haushaltstitel „Zuweisungen zur Förderung von Stadtteilen mit besonderem Entwicklungsbedarf“ zwar 100 Millionen DM als Verpflichtungsermächtigung finden, von denen jedoch lediglich 30 bis 15 Millionen DM pro Jahr bis zum Jahr 2004 zur Auszahlung kommen sollen? Herr Großmann, bitte.

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Vielen Dank. - Frau Kollegin Ostrowski, die Feststellung des Bundesministers Reinhard Klimmt, der Bund stelle für das neue stadtentwicklungspolitische Programm „Die soziale Stadt“ jährlich 100 Millionen DM Finanzhilfen zur Verfügung, ist richtig. In den Haushaltsjahren 1999 und 2000 sowie in der Finanzplanung bis zum Jahre 2003 steht für dieses Programm ein jährlicher Verpflichtungsrahmen von 100 Millionen DM zur Verfügung. Entsprechend dem System der Städtebaufinanzierung sind die jährliche Bereitstellung der Bundesfinanzhilfen, also der Verpflichtungsrahmen, und die über fünf Jahre verteilte, rein kassenmäßige Abwicklung des Verpflichtungsrahmens voneinander zu trennen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine Zusatzfrage? - Frau Kollegin Ostrowski.

Christine Ostrowski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001662, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Herr Staatssekretär, ich bedanke mich, dass Sie es nunmehr korrekt ausgedrückt haben, dass Sie also gesagt haben, dass diese 100 Millionen DM, die jährlich bereitgestellt werden, als Verpflichtungsrahmen bereitgestellt werden. Geben Sie mir Recht, dass der Begriff „Verpflichtungsrahmen“ in der offiziellen Presseerklärung des Bundesbauministers fehlte und dadurch in der Öffentlichkeit der Eindruck erweckt wurde, dass diese 100 Millionen DM regelrecht als Kassenmittel zur Verfügung stehen, wie Sie im Übrigen auch in den Presseresonanzen nachlesen können?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Ich kann Ihnen leider nicht Recht geben. Frau Ostrowski, schauen wir uns einmal die Praxis an: Es ist de facto so, dass diese Tranche von 100 Millionen DM für dieses Peter Weiß ({0}) Programm bereits für die Jahre 1999 und 2000 mit Bewilligungsbescheiden belegt wird. Das heißt, die Städte und Gemeinden können mit dem Programm „Die soziale Stadt“ schon in vollem Umfang der Verpflichtungsermächtigung disponieren. Dies ist in der Pressemitteilung transportiert worden; so hat es die Öffentlichkeit auch verstanden.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine weitere Zusatzfrage? - Bitte schön.

Christine Ostrowski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001662, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Ich denke, die Öffentlichkeit hat es anders verstanden. Das ist nachzulesen. Aber dies sei einmal dahingestellt. Sind Sie denn bereit, wenn Sie in Zukunft Presseerklärungen und offizielle Dokumente veröffentlichen, sprachlich korrekt zu sein? ({0})

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Da ich Ihnen in meiner Antwort auf die vorherige Frage schon gesagt habe, dass ich Ihre Ansicht nicht teile, sondern dass ich vielmehr der Meinung bin, dass wir sprachlich korrekt gearbeitet haben, ist eine Korrektur nicht notwendig.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Gibt es zu diesem Punkt weitere Zusatzfragen? - Das ist nicht der Fall. Die Frage 20 soll schriftlich beantwortet werden. Damit sind wir am Ende dieses Geschäftsbereichs. Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Die Fragen 21 bis 23 zum Geschäftsbereich des Bundeskanzleramtes sollen ebenfalls schriftlich beantwortet werden. Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes. Zur Beantwortung steht der Staatsminister Dr. Ludger Volmer zur Verfügung. Zunächst kommen wir zu Frage 24 des Abgeordneten Wolfgang Dehnel: Was unternimmt die Bundesregierung im KosovoKrisengebiet, um neben der Friedenssicherung auch den Aufbau von Unternehmen mit deutscher Unterstützung und Beteiligung zu fördern, wie das beispielsweise durch die österreichische Regierung bei österreichischen Unternehmen praktiziert wird?

Not found (Gast)

Herr Kollege Dehnel, Sie fragten nach den Maßnahmen der Bundesregierung im Kosovo-Krisengebiet. Die Bundesregierung misst der Entwicklung des privaten Wirtschaftssektors im Kosovo mittel- und langfristig entscheidende Bedeutung bei. Deutsche Unternehmen können durch Handel und Investitionen, Transfer von Know-how und Kapital in den Kosovo einen wichtigen Beitrag hierzu leisten. Deshalb hat die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft frühzeitig deutsche Unternehmen zu entsprechendem Engagement ermutigt. Gemeinsam mit dem DIHT und deutschen Handelskammern wurden Informations- und Beratungsveranstaltungen durchgeführt. In mehr als 1 000 Fällen wurden einzelne Unternehmen individuell über Geschäftsmöglichkeiten im Kosovo informiert und beraten. Zahlreichen deutschen Unternehmensvertretern wurden Kontakte zu Gesprächspartnern vor Ort vermittelt. Hierbei haben die Mitarbeiter des Büros des Zivilen Koordinators für Kosovo-Soforthilfe sowie des gemeinsamen Büros von GTZ, DEG und KfW in Pristina ebenso eine wichtige Rolle gespielt wie Angehörige des KFOR-Kontingents der deutschen Bundeswehr. Zudem hat der Deutsche Industrie- und Handelstag, gefördert aus Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, in Pristina ein Büro des Beauftragten der deutschen Wirtschaft für den südlichen Balkan eingerichtet, dessen Aufgabe die Beratung und Betreuung deutscher Unternehmen und ihrer Interessen im Kosovo ist. Auch bei der Vergabe von Projekten im Rahmen des Wiederaufbaus hat sich die deutsche Wirtschaft beteiligen können.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage? - Bitte schön.

Wolfgang Dehnel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000366, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, Sie haben gerade viele Maßnahmen aufgeführt. Kennen Sie aber Zahlen, die den Erfolg darstellen? Wie viele Unternehmen konkret sind dort tätig geworden? Welche Maßnahmen waren erfolgreich?

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Ich kann Ihnen zumindest sagen, dass der größte im vergangenen Jahr von der EU-Task-Force für den Wiederaufbau im Kosovo vergebene Einzelauftrag im Umfang von 14 Millionen Euro an einen deutschen Bewerber, nämlich an die GTZ, gegangen ist. Eine genaue Aufstellung im Hinblick auf Privatunternehmen liegt mir im Moment nicht vor.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine weitere Zusatzfrage wird nicht gewünscht. Die Frage 25 des Kollegen Koschyk soll schriftlich beantwortet werden. Ich möchte an dieser Stelle kurz bekannt geben, dass zu den Fragen 7 und 8 eine Aktuelle Stunde vonseiten der CDU/CSU-Fraktion beantragt worden ist, die direkt nach der Fragestunde stattfinden wird. Dies sage ich zur Information an die Fraktionen, damit möglichst viele Kollegen an der Aktuellen Stunde teilnehmen können. Wir kommen nun zur Beantwortung der Frage 26 des Abgeordneten Matthäus Strebl: Wie beurteilt die Bundesregierung die konkreten Schritte der EU zur Beschleunigung des Beitrittsprozesses der Türkei?

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Herr Kollege Strebl, Sie fragen nach dem Beitrittsprozess in Bezug auf die Türkei. Der Europäische Rat in Helsinki hat die Türkei formell in den Beitrittsprozess einbezogen und einen Rahmen für die Strategie zur Heranführung der Türkei an die EU festgelegt. Als nächste Schritte stehen an: die Wiederaufnahme des politischen Dialogs; die Einsetzung von Ausschüssen durch den Assoziationsrat EU-Türkei am 10. April zur Vorbereitung des Abgleichs der Rechtssysteme, des so genannten Screeningprozesses; eine Rahmenverordnung als Rechtsgrundlage für die Heranführungsstrategie einschließlich der Finanzmittel und ein Ratsbeschluss zur Beitrittspartnerschaft mit Prioritäten und Zielen für die Übernahme des Acquis. Die EU hat mit der Anerkennung des Kandidatenstatus klare Verhältnisse geschaffen. Die Türkei kann die EU nicht mehr mit dem Vorwurf, die Türken würden gegenüber den mittel- und osteuropäischen Ländern diskriminiert, in die Defensive drängen. Die Türkei muss sich jetzt - wie die anderen Kandidaten - ohne Wenn und Aber an den Kopenhagener Kriterien messen lassen. Beitrittsverhandlungen können erst dann aufgenommen werden, wenn die Türkei die politischen Kopenhagener Kriterien erfüllt. Die Konkretisierung der Beitrittskriterien im Rahmen der Beitrittspartnerschaft wird unrealistischen Erwartungen der Türkei im Hinblick auf die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen entgegenwirken. Ob die genannten Schritte zu einer Beschleunigung des Beitrittsprozesses führen werden, hängt von der Reformfähigkeit und dem Reformwillen der Türkei ab.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage des Kollegen Singhammer.

Johannes Singhammer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002800, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, ist der Bundesregierung bekannt, dass der Zwischenbericht der EU-Kommission über die Beitrittsverhandlungen der Türkei Menschenrechtsverletzungen vorwirft? Wie verhält es sich damit, dass einerseits die Bundesregierung sagt, in dieser Situation sei eine Isolierung der Türkei der falsche Weg, im Gegenteil, man müsse die Beitrittsverhandlungen intensivieren, und dass andererseits im Falle der Republik Österreich, der niemand Menschenrechtsverletzungen vorwirft, die Isolierung als das richtige politische Rezept angeboten wird? Ist das nicht ein Fall von merkwürdiger politischer Asymmetrie?

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Herr Präsident, die Zusatzfrage des Kollegen Singhammer ist identisch mit der Frage 27 des Kollegen Strebl. Herr Strebl, wenn es Ihnen recht ist, möchte ich beide Fragen zusammen beantworten.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Dann rufe ich die Frage 27 des Kollegen Strebl auf: Inwieweit teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass eine zunehmende Euro-Skepsis bei der Bevölkerung der Beitrittskandidaten wegen der EU-weiten Isolierung Österreichs festzustellen ist, und welche Folgerungen zieht sie daraus für ihre Politik?

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Die Bundesregierung sieht keinen Zusammenhang zwischen den Reaktionen der EU-Mitgliedstaaten auf die Regierungsbeteiligung der FPÖ in Österreich einerseits und der Einstellung der Bevölkerung der Beitrittskandidaten zur EU andererseits. Was die Türkei angeht: Der EU-Beitrittsprozess soll dazu führen, dass sich die Türkei den für die anderen der EU angehörenden Staaten schon geltenden menschenrechtlichen Kriterien anschließt und sich ihnen unterwirft. Der Screeningprozess wird dazu beitragen, die Türkei an die europäischen Standards heranzuführen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage, Kollege Strebl.

Matthäus Strebl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002940, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, zurück zur Isolierung von Österreich durch die EU. Wie wir wissen, gibt es dort eine Koalition aus ÖVP und FPÖ. Würde, wenn es andere Konstellationen der Koalition gäbe, zum Beispiel der Sozialisten und der Freiheitlichen, eine Blockierung ebenso greifen?

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Die Konstellation ist doch sehr spekulativ. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Weitere Zusatzfrage, Herr Strebl? - Das ist nicht der Fall. Zusatzfrage des Kollegen Müller.

Dr. Gerd Müller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002742, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, Ihre Antwort ruft mich zu dieser Frage auf: Ist der Bundesregierung bekannt, dass SPÖ-Kanzler Klima zunächst der FPÖ ein Regierungsangebot unterbreitet hat? Erst nachdem Herr Haider dies nicht angenommen hat, sind bei der Verhandlungsaufnahme durch Bundeskanzler Schüssel die entsprechenden Sanktionen eingeleitet worden.

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Wir nehmen zur Kenntnis, dass diese Gespräche gescheitert sind und damit eine solche Konstellation nicht Realität wurde. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Damit kommen wir zu Frage 28 des Kollegen Dr. Gerd Müller: Plant die deutsche Bundesregierung, beim Sondergipfel der EU in Lissabon Initiativen zu ergreifen, um zu einer Normalisierung im Verhältnis zwischen Deutschland und Österreich sowie der EU und Österreich beizutragen, und wenn ja, welche?

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Herr Müller, diese Frage wird mit Nein beantwortet.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage, Herr Kollege Müller.

Dr. Gerd Müller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002742, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, wie begründet und bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass der Außenminister Fischer dem für den Völkermord in Tschetschenien zuständigen Präsidenten Putin die Hand reicht und Bundeskanzler Schröder Diktator Castro zur EXPO einlädt, aber dem demokratisch gewählten Bundeskanzler Österreichs den Handschlag verweigert?

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Herr Kollege, ich sehe diese Frage nicht als Nachfrage zu Ihrer Hauptfrage an. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Müller? - Das ist nicht der Fall. Eine Zusatzfrage des Kollegen Spranger.

Carl Dieter Spranger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002205, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, wie beurteilt die Bundesregierung die Forderung des finnischen Außenministers vor wenigen Tagen, die EU möge ihre Sanktionen gegen Österreich aufheben? Kalkuliert die Bundesregierung auch ein, wenn sie bei ihrer bisherigen Haltung bleibt, dass damit der Widerstand vor allem kleinerer Länder gegen die Ausdehnung der Mehrheitsentscheidungen in der EU zunehmen wird?

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Herr Spranger, ich beantworte die Frage gerne, weise aber darauf hin, dass Sie die Frage, die Sie als Nachfrage zur Frage des Kollegen Müller gestellt haben, in Frage 30 als Hauptfrage formuliert haben. Insofern weiß ich nicht, wann ich Ihnen eine Antwort geben soll. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Herr Staatsminister, da die Frage nun gestellt wurde, ist jetzt die Gelegenheit, sie zu beantworten.

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Gut. Dann tue ich es hier. Es gibt keine Maßnahmen der EU gegen Österreich, sondern eine abgestimmte politische Reaktion von 14 EU-Mitgliedstaaten. Im Übrigen gibt es bei Nicht-EU-Mitgliedern eine Diskussion darüber, ob diese Politik der EU-Mitgliedstaaten befürwortet wird oder nicht. Insbesondere die Nicht-EU-Mitgliedstaaten sind in einer anderen Situation als die EU-Mitgliedstaaten, die auf eine enge Zusammenarbeit programmiert sind. Wenn es diese Staaten angesichts der politischen Situation in Österreich für sinnvoll halten, den internationalen Austausch auf die juristisch vorgesehenen und geschäftsmäßig notwendigen Gepflogenheiten zu reduzieren, dann ist dies eine berechtigte politische Entscheidung der entsprechenden Staaten. Ansonsten möchte ich darauf hinweisen, dass insbesondere auch konservative Staatsführer unter diesen 14 EU-Mitgliedstaaten, so der französische Staatspräsident Chirac und der spanische Regierungschef Aznar, diese politische Linie inhaltlich voll mittragen und teilweise sogar ihre Förderer und Befürworter waren. Ich verstehe, Herr Spranger, dass Sie als Mitglied der CSU, die sich ja auch in der EVP befindet, große Probleme mit den Debatten innerhalb der EVP haben, ({0}) die sich politisch ja gerade wohl an dieser Frage spaltet. ({1})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Herr Kollege Müller, Sie hatten bisher nur eine Zusatzfrage; Sie können gern Ihr Recht nutzen, eine zweite Frage zu stellen.

Dr. Gerd Müller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002742, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, angesichts Ihrer nebulösen Ausführungen möchte ich eine für alle verständliche, konkrete Frage stellen: Welche Forderungen haben Sie denn an die Bundesregierung in Österreich, um im Dialog, im bilateralen und im europäischen Dialog, wieder zur Normalität zurückzukehren? Man muss ja dem Partner sagen, was man wirklich erwartet. Welche Forderungen haben Sie denn?

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Diese Fragen werden auf dem europäischen Sonderrat in Lissabon, der in wenigen Tagen stattfinden wird, ausführlich beraten werden. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage der Kollegin Rönsch, bitte!

Hannelore Rönsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001870, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, ich frage an dieser Stelle noch einmal nach: Was waren denn die Ursachen für den Boykott und könnten Sie mir auch mitteilen, ob Herr Bundeskanzler Schröder mit Motor für diesen Boykott gewesen ist? Weil Sie eben andere Regierungen in Europa herangezogen haben, hätte ich gern den Stellenwert der Rolle des Bundeskanzlers an dieser Stelle gewusst.

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Die Ursache war die Teilhabe der Haider-Partei FPÖ an der österreichischen Regierung. Der Bundeskanzler war nicht Motor des politischen Bestrebens, den politischen Kontakt zu Österreich dementsprechend zu reduzieren. Allerdings hat Deutschland, nachdem andere europäische Partner dort eine forciertere Tonart angeschlagen haben, im Geleitzug der Europäer mitgemacht.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage des Kollegen Lippelt!

Dr. Helmut Lippelt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001352, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatsminister, finden Sie nicht den Rücktritt des Vorsitzenden der österreichischen Freiheitlichen Volkspartei ein hervorragendes Ergebnis der EU-Mitgliedstaaten? ({0}) - Ich habe doch von der FPÖ gesprochen.

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Wir sehen, dass es in Österreich auch im Regierungslager politische Reaktionen auf den politischen Druck der 14 europäischen Staaten gibt. Ich rechne damit, dass diese Frage in wenigen Tagen auf dem Europäischen Rat in Lissabon vertieft werden wird.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage des Kollegen Fritz.

Erich G. Fritz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000602, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, da Sie sich offensichtlich schwer tun, hier Gründe für die Haltung der EU vorzutragen, frage ich Sie: Wie beurteilen Sie denn die Aussage des Bundesaußenministers heute Morgen im Wirtschaftsausschuss, man sei zu diesen Aktionen aus außenwirtschaftlichen Gründen gegenüber Israel und den USA gezwungen gewesen. ({0})

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Ich war heute Morgen im Wirtschaftsausschuss nicht dabei. Aber ich möchte Sie daran erinnern, dass Israel sogar seinen Botschafter abgezogen hat und dass die USA die Politik der 14 europäischen Staaten voll unterstützen. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Wir kommen jetzt zur Frage 29 des Kollegen Müller: Welche angeblichen Verstöße der österreichischen Bundesregierung gegen den EU-Vertrag sind Grundlage der beschlossenen Maßnahmen der deutschen Bundesregierung und der EU zur Einschränkung der Beziehungen zu Österreich?

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Herr Müller, die Antwort lautet: Es gibt keine Maßnahmen der EU gegen Österreich, sondern nur eine abgestimmte politische Reaktion der 14 Mitgliedstaaten gegen die Regierungsbeteiligung der FPÖ. Der EUVertrag ist hiervon nicht berührt. Im Übrigen verweise ich auf die ausführlichen Antworten von Bundesminister Fischer in der Fragestunde vom 16. Februar dieses Jahres.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Herr Müller, Zusatzfrage.

Dr. Gerd Müller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002742, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, Sie haben meine Frage nicht beantwortet. Deshalb darf ich zumindest den ersten Teil noch einmal zur Beantwortung stellen. Meine Frage ist: Welche angeblichen Verstöße der österreichischen Bundesregierung gegen geltendes europäisches Recht sind denn die Grundlage für die beschlossenen Maßnahmen und auf welcher rechtlichen Basis geschehen diese Maßnahmen, bilateral und im europäischen Kontext?

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Herr Müller, Sie insinuieren in Ihrer Frage, dass es beschlossene Maßnahmen der EU gäbe. Es gibt aber keine Maßnahmen der EU, sondern nur Maßnahmen von 14 EU-Mitgliedstaaten. Der Hintergrund - ich habe ihn gerade erklärt - ist die Regierungsbeteiligung der FPÖ.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage des Kollegen Spranger.

Carl Dieter Spranger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002205, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, was sagt die Bundesregierung zu der Feststellung des früheren französischen Staatspräsidenten Giscard d’Estaing vor wenigen Tagen im „Focus“, dass die europäischen Verträge der EU und ihren Mitgliedstaaten nicht das Recht geben, sich in nationale politische Entscheidungen einzumischen, die in demokratischen Wahlen getroffen worden sind?

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Die 14 EU-Mitgliedstaaten haben ein großes Interesse daran, dass Österreich als akzeptiertes Mitglied der EU auch in Zukunft eng mit ihnen zusammenarbeitet, und wollen mit ihrer Politik dafür den Boden bereiten.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage des Kollegen Hintze.

Peter Hintze (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000907, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, selbst wenn man einmal für einen kurzen Augenblick Ihre Unterstellung als richtig annimmt, dass die bisherigen diskriminierenden Maßnahmen gegen Österreich zwischenstaatliche Maßnahmen gewesen seien: Würden Sie mir trotzdem zustimmen, dass die Entscheidung des Ratspräsidenten, die Republik Österreich im Vorfeld des Gipfels nicht zu besuchen, sondern den österreichischen Bundeskanzler nach Brüssel einzubestellen, eine diskriminierende Maßnahme auf EU-Ebene ist? Wo ist für diese Maßnahme, die nichts mit zwischenstaatlicher Diskriminierung zu tun hat, die Rechtsgrundlage?

Not found (Gast)

Wir begrüßen, dass der Ratspräsident den österreichischen Kanzler zum Gespräch getroffen hat. Soweit wir wissen, hat sich Herr Schüssel über den Ort nicht beschwert. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Es liegt im Ermessen des Antwortgebers, wie er die Frage beantwortet. Ich habe keine inhaltliche Wertung vorzunehmen. Ich bedauere das. Wir kommen damit zur Frage 30 des Abgeordneten Carl-Dieter Spranger: Wie beurteilt die Bundesregierung die europäischen Reaktionen in Italien und in den skandinavischen Staaten, die in den von der Europäischen Union gegenüber Österreich verhängten Sanktionsmaßnahmen eine ungerechtfertigte Einmischung in die inneren Angelegenheiten sehen, und welche Konsequenzen erwachsen aus diesen Einschätzungen für die Diskussion über den künftigen Weg der europäischen Integration?

Not found (Gast)

Herr Spranger, es gibt keine Maßnahmen der EU gegen Österreich, sondern eine abgestimmte politische Reaktion der 14 EU-Mitgliedstaaten gegen die Regierungsbeteiligung der FPÖ. Auch die Regierungen Italiens und der skandinavischen EU-Mitgliedstaaten, Finnland, Schweden und Dänemark, waren am Abstimmungsprozess über diese politische Reaktion beteiligt und tragen die Position mit.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage, Kollege Spranger?

Carl Dieter Spranger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002205, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Volmer, nachdem der Bundeskanzler angekündigt hat, bei einer Beteiligung der Alleanza Nazionale an einer italienischen Regierung ähnlich rechtswidrig zu reagieren wie gegenüber Österreich, was im Übrigen zu außerordentlichen Protesten in ganz Italien geführt hat, frage ich, warum die Bundesregierung nicht schon längst in gleicher Form gegen die Regierungsbeteiligung von Kommunisten in Frankreich und Italien ({0}) protestiert und Quarantänemaßnahmen ergriffen hat.

Not found (Gast)

Herr Spranger, ich weise die Unterstellung zurück, der Bundeskanzler habe „rechtswidrig“ reagiert. ({0}) - Wenn Ihre Prämisse nicht stimmt, habe ich Schwierigkeiten, auf Ihre Schlussfolgerungen zu reagieren. ({1})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Spranger.

Carl Dieter Spranger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002205, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Was sagt die Bundesregierung zu der Meinung des ehemaligen Wiener Bürgermeisters Zilk: Ich kann nicht verstehen, dass für diese demokratisch entstandene Regierung, zu der es im Moment offenbar keine Alternative gibt, ein ganzes Volk in Geiselhaft genommen wird.

Not found (Gast)

Ich möchte betonen, dass weder die Bundesregierung noch die anderen 13 EU-Mitgliedstaaten das österreichische Volk in Geiselhaft nehmen. Das ist eine politische Haltung, die sich allein gegen die Regierungsbeteiligung der FPÖ richtet.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage des Kollegen Fritz.

Erich G. Fritz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000602, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Nachdem Sie die Maßnahmen der Bundesregierung gegen Österreich aufgrund der Koalitionsbeteiligung der Partei des Rechtspopulisten Haider für gerechtfertigt halten: Würden Sie auch fordern, dass 15 Bundesländer gegenüber der Regierungsbeteiligung des Linkspopulisten Gysi bzw. seiner Partei in Mecklenburg-Vorpommern in gleicher Weise innerstaatlich vorgehen?

Not found (Gast)

Es ist nicht die Aufgabe der Bundesregierung, den einzelnen Länderregierungen und Koalitionen Ratschläge zu geben, Herr Fritz.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Damit kommen wir zur Frage 31 des Kollegen Spranger: Wie beurteilt die Bundesregierung das Signal, das von den gegenüber Österreich von der Europäischen Union verhängten Maßnahmen auf die ostmittel- und südosteuropäischen Beitrittskandidaten ausgeht?

Not found (Gast)

Herr Spranger, die 14 EU-Mitgliedstaaten, die in abgestimmter Weise bilateral auf die Regierungsbildung in Österreich unter Beteiligung der FPÖ politisch reagiert haben, haben damit von ihrer Möglichkeit Gebrauch gemacht, ihre bilateralen Beziehungen zur österreichischen Regierung so zu gestalten, wie es im Interesse der gemeinsamen Grundwerte - der Freiheit, der Demokratie, der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit - geboten ist. Sie haben dadurch gegenüber den ost, mittel- und südosteuropäischen Beitrittskandidaten verdeutlicht, dass Sie diesen Grundwerten nicht nur in Bezug auf die Beitrittsfähigkeit einen hohen Stellenwert einräumen - das ist das politische Kriterium von Kopenhagen -, sondern dass Sie sich auch im EU-Kreis für die Einhaltung dieser Grundwerte, wenn sie gefährdet erscheinen, entschlossen einsetzen. Damit wurde auch ein Signal der Glaubwürdigkeit der EU-Politik an die Beitrittskandidaten gesandt.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage, Herr Spranger.

Carl Dieter Spranger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002205, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Volmer, wie bringt die Bundesregierung ihre ständige Beteuerung, weltweit auf die Achtung der Menschenrechte hinzuwirken, mit der Tatsache in Einklang, dass sie und die EU-Staaten das Selbstbestimmungsrecht des österreichischen Volkes und die Achtung einer vom österreichischen Volk in freien Wahlen gewählten Regierung massiv verletzen?

Not found (Gast)

Das Selbstbestimmungsrecht des österreichischen Volkes ist überhaupt nicht eingeschränkt worden. ({0}) Aber wir haben das Recht, unsere bilateralen Beziehungen einem anderen Staat gegenüber so zu gestalten, wie wir das im Rahmen unseres Selbstbestimmungsrechts für notwendig halten.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Weitere Zusatzfrage, Herr Spranger, bitte.

Carl Dieter Spranger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002205, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wie aber bringen Sie die Sanktionen und die Quarantänehaltung gegenüber Österreich in Einklang mit Ihrer Behauptung, Sie würden das Selbstbestimmungsrecht der Österreicher und deren demokratische Entscheidungen respektieren? Dies müsste ja zur sofortigen Aufhebung Ihrer Quarantäne- und Sanktionsmaßnahmen führen.

Not found (Gast)

Zu dem politischen Dialog, der manchmal auch sehr streitig verlaufen kann, wenn Grundwerte infrage stehen, gehört eben auch, dass man sich hin und wieder deutlich die Meinung sagt.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage, Frau Kollegin Rönsch.

Hannelore Rönsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001870, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, was haben die Österreicher Ihrer Meinung nach zu erbringen, damit sie wieder in die europäische Staatengemeinschaft aufgenommen werden? ({0})

Not found (Gast)

Offensichtlich ist durch die bisherige Politik der 14 Mitgliedstaaten - wie der Kollege Lippelt sagte nicht nur erreicht worden, dass sich Herr Haider nach Kärnten zurückgezogen hat; vielmehr haben diverse Erklärungen von Kanzler Schüssel dazu geführt, dass einige Dinge klargestellt worden sind. Ich denke, dass sich der Sonderrat in Lissabon in wenigen Tagen vertieft mit dieser Frage befassen wird. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage des Kollegen Pflüger.

Dr. Friedbert Pflüger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001710, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Volmer, würden Sie es im Hinblick darauf, dass Sie einräumen, dass es auf österreichischer Seite eine gewisse Bewegung gibt - die Demonstrationen, Äußerungen von Herrn Schüssel, das Regierungsprogramm -, nicht für sinnvoll halten, während der portugiesischen Präsidentschaft auf den nächsten Gipfeln zu erwägen, mit Hinweis darauf eine Gelegenheit zu ergreifen, diese Sanktionen zu beenden, bevor die EU in dieser Frage unterschiedliche Wege geht, womit zu rechnen ist, wenn man sich die innenpolitische Diskussion in den jeweiligen Ländern anschaut?

Not found (Gast)

Herr Pflüger, im Moment stelle ich fest, dass alle 14 Staaten, unterstützt von vielen anderen Staaten in der Welt, gemeinsam an einem Strang ziehen. Ich sehe nicht die Gefahr, dass es, wie Sie gerade dargestellt haben, zu Spaltungen kommt. Allerdings nehme ich an, dass darüber in Lissabon geredet wird und dass dort die eine oder andere Idee vorgebracht wird. Aus unserer Sicht ist es Aufgabe der portugiesischen Präsidentschaft, die auch die bisherigen politischen Maßnahmen koordiniert hat, die weitere Meinungsbildung zu koordinieren. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Hiksch.

Uwe Hiksch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002677, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Herr Staatsminister, können Sie mir bestätigen, dass manche Äußerungen vom rechten Rand der CSU, aber auch ihres Vorsitzenden Stoibers, der ja beispielsweise von der durchrassten Gesellschaft gesprochen hat und in einer Kampagne gesagt hat, das Boot sei voll, ({0}) durchaus dafür sprechen, dass eine politische Nähe zwischen der FPÖ auf der einen Seite und dem rechten Rand der CSU auf der anderen Seite besteht? Können Sie mir weiter bestätigen, dass die vielen Fragen, die von Mitgliedern der CSU-Fraktion zu Österreich gestellt werden, in Wirklichkeit etwas damit zu tun haben, dass sich die CSU vielleicht selbst angesprochen fühlt?

Not found (Gast)

Die Tatsache, dass es diese öffentlichen Freundschaftsbekundungen von führenden CSU-Politikern gegenüber Herrn Haider in den letzten Wochen gab, ist sicherlich nicht dazu angetan, den Argwohn, der bei einigen unserer westlichen Nachbarn gegenüber bestimmten politischen Bestrebungen im deutschsprachigen Alpenraum existiert, zu mindern. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage des Kollegen Müller.

Dr. Gerd Müller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002742, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass es weder von der CSU noch aus dem sonstigen konservativen Lager Freundschaftsbekundungen gegenüber Herrn Haider gab, sondern vielmehr einen offiziellen Besuch und Freundschaftsbekundungen gegenüber unserem Freund Wolfgang Schüssel?

Not found (Gast)

Ich habe wahrgenommen, dass Sie es an Solidaritätsadressen gegenüber Herrn Haider nicht haben mangeln lassen. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Wir kommen jetzt zur Frage 32 des Kollegen Peter Hintze: Ist das Verhalten des EU-Ratspräsidenten António Guterres, auf der traditionellen Rundreise des Ratspräsidenten durch alle Hauptstädte der Europäischen Union Österreich nicht zu besuchen, von der Bundesregierung gebilligt worden, und welche Haltung nimmt sie hierzu ein? ({0})

Not found (Gast)

Herr Hintze, die Vorbereitung einer Präsidentschaftsreise liegt in den Händen der jeweiligen Regierung des Landes, welches die EU-Präsidentschaft innehat. Im Rahmen der Präsidentschaftsreise hat auch eine Begegnung mit dem österreichischen Bundeskanzler stattgefunden. Der Bundesregierung ist nicht bekannt, dass es in diesem Zusammenhang Kritik der österreichischen Regierung an der Präsidentschaft gegeben hätte.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Zusatzfrage.

Peter Hintze (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000907, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Hätte es die Bundesregierung ebenfalls begrüßt, wenn der Ratspräsident den deutschen Bundeskanzler Schröder nicht in Berlin aufgesucht, sondern nach Brüssel einbestellt hätte?

Not found (Gast)

Dazu gab es keinen Grund. Von daher ist diese Frage sehr spekulativ.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Zweite Zusatzfrage.

Peter Hintze (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000907, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wird die Bundesregierung sich dafür einsetzen, dass der Bundeskanzler der Republik Österreich in Zukunft so behandelt wird wie die anderen Regierungschefs in Europa?

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Wie der Präsident der EU die Staatschefs der EU adressiert, liegt allein in seiner Vollmacht, er führt die Amtsgeschäfte. ({0})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage des Kollegen Carl-Dieter Spranger.

Carl Dieter Spranger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002205, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Angesichts der Tatsache, dass schon von den Umgangsformen die Rede war, würde mich interessieren, was die Bundesregierung tut, um das läppische und unwürdige Verhalten von Ministern, insbesondere denen aus Belgien und Frankreich, in entsprechenden Runden zu unterbinden, die mit ihrer Art und der fehlenden Toleranz gegenüber anderen Mitgliedstaaten die EU international geradezu lächerlich machen.

Not found (Gast)

Die Bundesregierung hat erklärt, dass sie die von 14 Mitgliedstaaten beschlossenen politischen Maßnahmen mitträgt, aber nicht bereit ist, darüber hinausgehende Vorstöße von einzelnen Mitgliedstaaten zu unterstützen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich rufe die Frage 33 des Kollegen Peter Hintze auf: Wird sich Bundeskanzler Gerhard Schröder auf dem Europäischen Rat in Lissabon aus politischen Gründen gegenüber dem österreichischen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel anders verhalten als gegenüber den anderen Regierungschefs der Europäischen Union?

Not found (Gast)

Der Bundeskanzler, Herr Hintze, wird sich in Lissabon im Rahmen der abgestimmten Haltung bewegen. ({0})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich denke, da gibt es eine Zusatzfrage, Herr Kollege Peter Hintze, bitte.

Peter Hintze (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000907, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Können Sie bitte dem Deutschen Bundestag die konkreten Auswirkungen dieses von Ihnen angeführten Grundsatzes erläutern?

Not found (Gast)

Ja. „Abgestimmte Haltung“ besagt zum Beispiel, dass es kein so genanntes Familienfoto geben wird. Da es dieses nicht geben wird, wird sich der Bundeskanzler auch nicht alleine mit Herrn Schüssel ablichten lassen. ({0})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine zweite Zusatzfrage:

Peter Hintze (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000907, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, ich habe noch folgende Zusatzfrage: Welche Leistungen des kubanischen Diktators Fidel Castro rechtfertigen es, dass die Bundesregierung ihn mit der offiziellen Einladung durch Bundeskanzler Schröder zur EXPO 2000 - ich verdanke diesen Hinweis dem Kollegen Pflüger - besser behandelt als den österreichischen Bundeskanzler Schüssel im Rahmen der üblichen Praxis in der Europäischen Union?

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Herr Hintze, ich denke, dass wir die Frage, wie man mit Entwicklungsländern umgeht, denen es an demokratischer Kultur mangelt, trennen sollten vom Umgang zwischen europäischen Staaten, die sich auf einen bestimmten gemeinsamen Wertekodex verpflichtet haben. Die Bundesregierung möchte betonen, dass sie auch im Verhältnis zu Dritte-Welt-Staaten versucht, Menschenrechte und Demokratie zu fördern und durchzusetzen. Aber die Mechanismen sind da natürlich andere als innerhalb der europäischen Staatenfamilie.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage des Kollegen Schmidt ({0}).

Christian Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002003, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, haben wir im Rahmen der „abgestimmten Haltung“, die Sie soeben beschrieben haben, zu erwarten, dass sich der auf dem Europäischen Rat in Lissabon sicherlich ebenfalls anwesende Bundesminister des Auswärtigen an seine Sponti-Tradition erinnert und Anleihe nimmt bei seinen Ministerkollegen, dem belgischen und dem französischen Finanzminister, und auch , - wie im Ecofin-Rat vor einigen Wochen geschehen - mit einem „Nein danke!“-Button erscheint, der den österreichischen Bundeskanzler persönlich diskriminiert und in seiner Ehre verletzt?

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Herr Schmidt, ich lasse mich, wenn der Bundesaußenminister zu Kongressen fährt, nicht vorher über sein Outfit unterrichten. ({0})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Herr Kollege Schmidt, Sie haben nur eine Zusatzfrage. Bei den nächsten beiden ordentlichen Fragen, die Sie gestellt haben, haben Sie sogar vier Zusatzfragen. Jetzt bekommt der Kollege Pflüger das Wort.

Dr. Friedbert Pflüger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001710, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Volmer, dass die EU einen ethischen Mindeststandard schützt und diesen auch durchsetzt, wird niemand bestreiten. Aber gehört nicht zu diesem ethischen Mindeststandard, der schützenswert ist - nicht zuletzt, sondern eher zuerst -, die Akzeptanz von freien Wahlen in den Mitgliedsländern? Gibt es nicht, wenn Sie so wollen, ein Menschenrecht, dass diese akzeptiert werden?

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Herr Kollege Pflüger, die Wahlen werden in dem Sinne respektiert. Aber wenn sich in einem europäischen Land eine neue politische Richtung konstituiert, ({0}) die signifikant von dem abweicht, was dort bisher vorzufinden war, dann haben die anderen europäischen Staaten das Recht, ihre Politik diesem Land gegenüber bilateral neu zu justieren.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Jetzt kommt der Kollege Singhammer dran.

Johannes Singhammer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002800, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, welche Vorkehrungen taktischer Art und welche Vorsichtsmaßnahmen trifft die Bundesregierung, um eventuellen unfreiwilligen Fotos mit österreichischen Regierungsmitgliedern zu entkommen oder völlig spontanen Aktionen wie einer dargereichten Hand ausweichen zu können?

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Die Bundesregierung hat - da können Sie sicher sein - genug Routine, um sich auf dem diplomatischen Parkett zu bewegen. ({0})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Jetzt kommt der Kollege Spranger mit einer Zusatzfrage.

Carl Dieter Spranger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002205, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Vollmer, halten Sie es für einen Ausdruck von Zivilcourage und Wahrhaftigkeit, dass dieselben Damen und Herren, die vor den Kameras einen solchen persönlichen Kontakt nicht stattfinden lassen und möglichst auf Distanz gehen, anschließend, wenn die Kameras weg sind, zu vertraulichen Gesprächen mit ihren österreichischen Kollegen zusammentreffen und ihnen erklären, so bös sei es nicht gemeint, man solle doch das, was man ihnen öffentlich zufügt, nicht so ernst nehmen?

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Herr Spranger, man sollte froh darüber sein, wenn es außer der offiziellen Diplomatie auch noch andere Kanäle gibt, auf denen versucht wird, zu sondieren, wie man bestimmte missliche Situationen überwinden kann.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich rufe jetzt die Frage 34 des Kollegen Christian Schmidt ({0}) auf: Wie ist nach Auffassung der Bundesregierung der jeweilige Stand der Verhandlungen der EU mit den einzelnen osteuropäischen Beitrittskandidaten der ersten Runde zu den Kapiteln Freizügigkeit, Beschäftigung und Sozialpolitik zu beurteilen?

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Zu Kapitel 2, Freizügigkeit: Herr Schmidt, die Bundesregierung wird bei den in Kürze beginnenden Verhandlungen gemäß der Koalitionsvereinbarung für angemessene Übergangsfristen bezüglich der Arbeitnehmerfreizügigkeit eintreten. Die Beitrittsländer der so genannten ersten Gruppe - das sind, wie Sie wissen, Polen, Tschechien, Estland, Slowenien und Zypern - haben erwartungsgemäß keine Übergangsregelungen für diesen Bereich beantragt. Zu Kapitel 13, Beschäftigung und Sozialpolitik: Dieses Kapitel enthält die überarbeiteten. „Gemeinsamen Positionen“. Es wird bei den Verhandlungen mit den Beitrittskandidaten der so genannten ersten Gruppe mit Ausnahme von Zypern - vorläufig noch nicht abgeschlossen; vielmehr soll über dieses Kapitel zu einem späteren Zeitpunkt weiterverhandelt werden. Nach Auffassung der Mitgliedstaaten und der Kommission müssen in diesem Bereich trotz aller Fortschritte noch erhebliche Anstrengungen von den Beitrittsländern unternommen werden. Es bedarf darüber hinaus noch weiterer eingehender Informationen seitens der Kandidatenländer zum Verfahren, zum Zeitplan der Übernahme und zur Durchsetzung des Sozial-Acquis sowie zu den von Polen und Slowenien beantragten Übergangsfristen im Arbeitsschutz. Die Bundesregierung misst der Übernahme sowie der tatsächlichen und nachvollziehbaren Umsetzung des Sozial-Acquis zum Zeitpunkt des Beitritts große Bedeutung bei. Die endgültige deutsche Position bezüglich des Kapitels „Arbeitnehmerfreizügigkeit“ wird unter anderem wesentlich von den Fortschritten in den Verhandlungen über Kapitel 13 und von dem Aufbau stabiler sozialer Systeme in den Beitrittsländern abhängen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage.

Christian Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002003, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, unter dem Eindruck Ihrer Darlegungen frage ich, über welche Zahlen gegenwärtig verhandelt wird bzw. welche Zahlen von der Bundesregierung in die Verhandlungen eingebracht worden sind und wie die Kommission darauf reagiert hat.

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Wie Sie wissen, reden wir bewusst nicht über Zahlen. Die Bundesregierung hat ein großes Interesse daran, dass der EU-Erweiterungsprozess möglichst zügig vorankommt sowie möglichst schnell und positiv abgeschlossen wird. Aber die Gründlichkeit gebietet es, dass alle Themen hinreichend intensiv behandelt werden.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich rufe die Frage 35 des Kollegen Christian Schmidt auf: Welche Übergangsfristen hat die Bundesregierung als Verhandlungsposition der EU gefordert und durchgesetzt, und aus welchen Gründen geschah dies?

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Herr Schmidt, grundsätzlich sollen - wie bei früheren EU-Erweiterungsverhandlungen - Übergangsfristen und Übergangsregelungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden. Das ist nicht zuletzt für das Funktionieren des Binnenmarktes wichtig. Das Vorgehen der EU zielt zudem darauf ab, inhaltliche Diskussionen über die Ausgestaltung von Übergangsregelungen erst am Ende der Verhandlungen zu führen. Eine frühzeitige Debatte hierüber birgt die Gefahr der Blockade und weckt Begehrlichkeiten. Für Deutschland ist eine Übergangsfrist im Bereich der Arbeitnehmerfreizügigkeit besonders wichtig. In der Koalitionsvereinbarung heißt es hierzu: Um beitrittsbedingte wirtschaftliche oder soziale Brüche zu vermeiden, sind angemessene Übergangsfristen zum Beispiel bei der Arbeitnehmerfreizügigkeit erforderlich. Die Verhandlungen über das Kapitel Freizügigkeit werden erst im Laufe der portugiesischen EU-Ratspräsidentschaft eröffnet. Die Bundesregierung wird die Notwendigkeit von Übergangsregelungen im Verhandlungsprozess frühzeitig deutlich machen. Dies geschieht im Übrigen schon seit geraumer Zeit in bilateralen Gesprächen mit Beitrittsländern und Mitgliedstaaten. Aus den oben genannten verhandlungstaktischen Gründen werden die Einzelheiten einer von uns für notwendig gehaltenen Übergangsregelung jedoch so spät wie möglich präzisiert. Auch im Bereich der Landwirtschaft werden voraussichtlich Übergangsfristen zu gegebener Zeit beantragt werden.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage? Keine. Dann rufe ich die Frage 36 des Kollegen Singhammer auf: Wie ist das Verfahren zur Festlegung der Verhandlungspositionen der EU für die Verhandlungen mit den Beitrittskandidaten, und welche konkreten Einflussmöglichkeiten auf Festlegungen der Verhandlungspositionen hat die Bundesregierung schon genutzt.

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Die Verhandlungspositionen der EU zu den einzelnen Kapiteln werden auf Grundlage von Entwürfen der Kommission vom Rat beraten und von diesem einvernehmlich als „Gemeinsame Position“ angenommen. Dadurch ist sichergestellt, dass die Gemeinsamen Positionen der EU Anliegen der Bundesregierung hinreichend Rechnung tragen. Die Bundesregierung bringt ihre Positionen im Übrigen regelmäßig im Rahmen der fortlaufenden Beratungen über die „Gemeinsamen Positionen“ ein. Konkret hat die Bundesregierung beispielsweise sichergestellt, dass die „Gemeinsamen Positionen“ zum Kapitel “Gesellschaftsrecht“ eine Regelung zum Schutz von Arzneimittelherstellern in den EUMitgliedstaaten vor Paralleleinfuhren aus Beitrittsländern enthalten. Im Kapitel „Beschäftigung und Soziales“ hat sich die Bundesregierung beispielsweise erfolgreich für die Aufnahme von Formulierungen zur rechtzeitigen und vollständigen Übernahme von Sozialvorschriften durch die Beitrittsländer in die gemeinsame Verhandlungsposition der EU eingesetzt.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage.

Johannes Singhammer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002800, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, wie stellt die Bundesregierung sicher, dass der Deutsche Bundestag rechtzeitig über die einzelnen Verhandlungsschritte, Schritte mit weitestreichender Bedeutung, informiert wird?

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Herr Singhammer, die Bundesregierung berichtet über den Prozessfortschritt regelmäßig insbesondere dem Europaausschuss.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Dazu eine Zusatzfrage von Herrn Dr. Müller.

Dr. Gerd Müller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002742, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, ist Ihnen bekannt, dass die Verhandlungen mit den Beitrittsstaaten ausschließlich von EU-Beamten geführt werden und dass die nationalen Parlamente vollkommen unzureichend über den Stand der Verhandlungen informiert werden? Wären Sie bereit, im Parlament, im Deutschen Bundestag, bereits in den nächsten Wochen eine Debatte über den derzeitigen Stand der Beitrittsverhandlungen zu führen?

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Herr Müller, wenn Beamte in der EU verhandeln, heißt das nicht, dass sie dies abseits der politischen Willensbildung tun. Sie tun es auf der Basis dessen, was Kommission und Rat als gemeinsame Position beschlossen haben. In diese gemeinsame Position fließen die Meinungen der jeweiligen Regierungen der Mitgliedstaaten ein. Dabei findet selbstverständlich eine Rückkoppelung mit der parlamentarischen Willensbildung statt. Ich denke, dass die Bundesregierung ein Eigeninteresse daran hat, vor wichtigen Weichenstellungen rechtzeitig eine offene Debatte im Deutschen Bundestag darüber zu führen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich rufe die Frage 37 des Kollegen Singhammer auf: Welche Forderungen von EU-Beitrittskandidaten, Übergangsfristen zur Anwendung des EU-Rechts vorzusehen, sind der Bundesregierung bekannt und wie beurteilt sie diese?

Not found (Gast)

Herr Singhammer, die Beitrittskandidaten haben in vielen Bereichen des Acquis Anträge auf Übergangsfristen gestellt, so zum Beispiel hinsichtlich der Kapitel freier Warenverkehr, freier Kapitalverkehr, Steuern, Energie, Umwelt und Außenbeziehungen. Die grundsätzliche Haltung der Bundesregierung hierzu ist, dass insbesondere in binnenmarktrelevanten Bereichen Übergangsfristen nur restriktiv gewährt werden sollten. Eine Alternative zu Übergangsregelungen sind die so genannten Schutzklauseln, wie sie auch in vergangenen Erweiterungsrunden angewendet wurden. Sie greifen, wenn eine nachhaltige Störung des Marktes festgestellt werden kann. Schutzmaßnahmen sind im Binnenmarkt weniger störend. In Bereichen hingegen, die erhebliche Anpassungsanstrengungen und beträchtliche finanzielle Aufwendungen erfordern - etwa Umwelt, Energie und Infrastruktur -, sind zeitlich limitierte Übergangsregelungen akzeptabel, sofern das jeweilige Beitrittsland aufzeigt, dass der erforderliche Angleichungsprozess im Gang ist und dass sich das Land an detaillierte, realistische Angleichungspläne hält, die die erforderlichen Investitionen berücksichtigen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage.

Johannes Singhammer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002800, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, gibt es Forderungen von Beitrittskandidaten hinsichtlich Übergangsfristen beim Erwerb vom Eigentum an Grund und Boden, und wenn ja, welche Staaten sind es und wie sehen diese Forderungen aus?

Not found (Gast)

Herr Kollege Singhammer, ich muss Sie bitten, eine schriftliche Beantwortung auf diese Frage zu akzeptieren, da mir die entsprechende Übersicht nicht im Augenblick vorliegt.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich rufe die Frage 38 des Kollegen Werner Siemann auf: Wie beurteilt die Bundesregierung die Menschenrechtssituation in den Vereinigten Arabischen Emiraten im Hinblick auf die Voranfrage des Landes zur Lieferung von insgesamt 64 Spürpanzern des Typs Fuchs, und wann wird über eine Lieferung im Bundessicherheitsrat entschieden?

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Die Prüfung der zusätzlichen Voranfrage für die Lieferung der Spürpanzer des Typs Fuchs in die Vereinigten Arabischen Emirate auf der Grundlage der „Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“ in ihrer Neufassung vom 19. Januar dieses Jahres ist noch nicht abgeschlossen. Im Rahmen dieser Prüfung werden alle für den Ausfuhrantrag wesentlichen Umstände erwogen werden, insbesondere auch die Frage der Beachtung der Menschenrechte. Es steht noch nicht fest, wann die Bundesregierung darüber entscheiden wird.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Zusatzfrage.

Werner Siemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003236, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, wie pflegt die Bundesregierung mit vom Bundessicherheitsrat positiv beschiedenen Voranfragen umzugehen? Wenn der Bundessicherheitsrat eine Voranfrage positiv beschieden hat, wird dann auch entsprechend geliefert?

Not found (Gast)

Die Voranfrage wird von privatwirtschaftlichen Unternehmen gestellt. Durch die Voranfrage soll herausgefunden werden, ob sich die Bundesregierung einer Lieferung entsprechend dem Außenwirtschaftsgesetz in den Weg stellen wird oder nicht. In dem Moment, in dem der Bundessicherheitsrat die Voranfrage positiv bescheidet, hat das Unternehmen grünes Licht. Ob es dann wirklich die Lieferung beantragt, ist seine Sache.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine zweite Zusatzfrage.

Werner Siemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003236, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, ist Ihnen bekannt, dass der Bundessicherheitsrat hinsichtlich 29 von den 64 Spürpanzern, die jetzt geliefert werden sollten, bereits im Januar 1999 eine Voranfrage positiv beschieden hat? ({0}) Nach der Antwort, die Sie gerade gegeben haben, bedeutet das, dass die Firma, die diese Voranfrage gestellt hat, 29 Spürpanzer liefern könnte.

Not found (Gast)

Sie haben gerade den Beschluss des Bundessicherheitsrates vom letzten Jahr richtig zitiert. Wie sich die Firma jetzt verhält, ist ihre Sache.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Es gibt keine weiteren Zusatzfragen. Damit sind wir am Ende dieses Geschäftsbereichs. Ich danke Ihnen, Herr Staatsminister Volmer. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern auf. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Fritz Rudolf Körper zur Verfügung. Ich rufe die Frage 39 des Kollegen Norbert Röttgen auf: Ist es der Bundesregierung bekannt, dass seit längerer Zeit im Bereich des Bonner Bundesgrenzschutzpräsidiums West ({0}) im Bundeshaushalt zugewiesene Stellen in erheblichem Umfang, so beispielsweise im Bereich Arbeiter ein Drittel der Stellen, nicht besetzt sind und darüber hinaus ein überdurchschnittlich hoher Krankenstand besteht, und wie bewertet die Bundesregierung diese Situation?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Lieber Kollege Röttgen, ich bitte darum, die Fragen 39 und 40 zusammen beantworten zu dürfen. Ich denke, damit sind Sie einverstanden.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

So ist es - Ich rufe also auch die Frage 40 des Kollegen Norbert Röttgen auf: Beabsichtigt die Bundesregierung, die offenen und für einen geordneten Dienstablauf dringend benötigten Stellen zu besetzen und den überdurchschnittlich hohen Krankenstand zu untersuchen und diesem entgegenzuwirken, und wenn ja, bis wann?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Es trifft zu, dass in einzelnen Standorten des BGS nicht alle freien Stellen besetzt sind. In Swisttal-Heimerzheim und Sankt AugustinHangelar sind von insgesamt 425,5 im Organisationsund Dienstpostenplan ausgewiesenen Planstellen 88,5 Stellen zurzeit unbesetzt. Diese Tatsache beruht einerseits auf der im November 1993 noch vom früheren Bundesminister Kanther angeordneten grundsätzlichen Stellenbesetzungssperre, deren Ziel es ist, zunächst Personal aus so genannten Überhangbehörden in Dienststellen und Behörden umzusetzen, in denen personelle Vakanzen zu verzeichnen sind. Dieser Umsetzungsprozess ist nicht abgeschlossen und wird mit dem Ziel der Haushaltskonsolidierung konsequent fortgesetzt. Soweit ein Bedarf an Neu8700 einstellungen nachgewiesen wird, werden Ausnahmen von der Stellenbesetzungssperre zugelassen. Darüber hinaus resultiert die oben beschriebene Situation auch aus der noch nicht beendeten personellen Umsetzung der BGS-Neuorganisation, in deren Rahmen auch Arbeiter und Angestellte der unteren Lohn- und Vergütungsgruppen aus den aufgelösten Standorten des BGS sozial verträglich umgesetzt werden sollen. Dies setzt eine gewisse Bereitschaft zur Mobilität voraus, die noch nicht in allen Fällen gegeben ist. Die Krankenstatistik der Standorte SwisttalHeimerzheim und Sankt Augustin im Bereich des Bundesgrenzschutzpräsidiums West weist in der Tat einen Krankenstand aus, der um circa 25 bis 30 Prozent über den Durchschnitt liegt. Unserer Meinung nach ist dies darauf zurückzuführen, dass die BGS-Verwaltungsstelle im Standort Sankt Augustin circa 20 Prozent mehr Schwerbehinderte beschäftigt als gesetzlich gefordert. Hinzu kommt, dass sich die Situation durch weitere Abwesenheiten aufgrund von Mutterschutz und Erziehungsurlaub noch verschärft. Das Personaldefizit im Standort Swisttal-Heimerzheim ist nicht gravierend. Die krankheitsbedingten Ausfälle können daher nicht auf eine Arbeitsüberforderung zurückgeführt werden. Die Ursachen der krankheitsbedingten Abwesenheit werden derzeit vom zuständigen Bundesgrenzschutzpräsidium West untersucht.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage.

Dr. Norbert Röttgen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002765, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Meine Zusatzfrage bezieht sich darauf, ob Sie nähere Angaben zum Willen der Bundesregierung machen können, die nicht besetzten Stellen zu besetzen, denn hier gibt es - darauf zielen auch meine Fragen ab - einen erheblichen Bedarf. Ich darf darauf hinweisen, worin insbesondere auch die Beschäftigten diese dringende Notwendigkeit sehen: Im Bereich der Arbeiter ist jede dritte Stelle nicht besetzt. Sie haben zugestanden, dass der Krankenstand mit 20 Prozent erheblich ist. Wir haben also die Situation, dass hier jede zweite Stelle nicht besetzt ist. Das führt dazu, dass - zum Teil über lange Zeiträume, Sie haben ja auf den Zeitpunkt 1993 rekurriert; es geht also um jahrelang andauernde Zustände - zum Beispiel Polizeivollzugskräfte des BGS, die eine Aufgabe im Bereich der Sicherheit haben, über einen längeren Zeitraum als Gärtner, als Möbelpacker oder in der Verwaltung tätig sind. Sind Sie nicht auch der Auffassung, dass es unter dem Gesichtspunkt der sozialen Verantwortung des Dienstherrn für die Beschäftigten nicht hinnehmbar ist, dass dies über einen Zeitraum von mehreren Jahren geschieht, ohne dass eine konkrete Perspektive für eine Veränderung aufgezeigt wird? Sind Sie nicht zweitens der Auffassung, dass auf diese Weise sozusagen heimlich, auf indirektem Wege an der Aufgabe Sicherheit gespart wird? Denn diejenigen Polizeivollzugskräfte, die als Gärtner, als Möbelpacker oder in der Verwaltung tätig sind, können ihrem eigentlichen Auftrag nicht nachkommen. Ich erlaube mir, - es waren zwei Fragen, die ich schriftlich gestellt habe - drittens die Frage: Teilen Sie meine rechtliche Einschätzung, dass Polizeivollzugskräften, die über einen langen Zeitraum eine solche zweckentfremdete Tätigkeit ausüben, in ihrem Recht auf amtsangemessene Verwendung verletzt sind und damit auch mit Aussicht auf Erfolg rechtlich gegen diese Maßnahme vorgehen könnten? Vierte Zusatzfrage. Sie haben gesagt, es sei vorgesehen, aus aufgelösten Dienststellen im Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern nachzubesetzen. Es handelt sich um Dienststellen, die weit entlegen sind, in Goslar und Gifhorn, soweit der BGS betroffen ist. Halten Sie es für realistisch anzunehmen, dass eine Nachbesetzung bei Teilzeitkräften im Arbeiterbereich etwa entsprechend der Besoldungsgruppe BAT VII, also bei Bediensteten mit kleinen Nettogehältern, aus Standorten erfolgt, die mehrere hundert Kilometer entfernt sind?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Herr Kollege Röttgen, Sie wissen, dass wir uns in einer Neuorganisation des Bundesgrenzschutzes befinden und dass das auch personelle Konsequenzen hat. Sie wissen auch, dass wir uns im Interesse der Beschäftigten dort, wo es zu Standortauflösungen kommt, gerade für das Tarifpersonal bemühen, eine Weiterbeschäftigung zu finden, dass das nicht einfach ist, wissen Sie so gut wie ich aber wir müssen uns darum bemühen. Zweite Bemerkung zu Ihren Fragen: Es gibt ein Problem aus der Vergangenheit. Es gibt einen Erlass des ehemaligen Bundesinnenministers Kanther zur Nichtbesetzung von Stellen im BGS außerhalb des Polizeivollzugsbereiches. Dieser wurde Jahr für Jahr konsequent angewendet - mit der von Ihnen beschriebenen Folge. Auch ich sage: Es ist nicht gut, dass solche Umstände eingetreten sind, wie Sie sie geschildert haben, dass beispielsweise ein Polizeivollzugsbeamter gärtnerische Arbeiten oder Hausmeistertätigkeiten verrichtet. Aber ich bitte, bei aller Kritik zu berücksichtigen, warum diese Defizite in den zurückliegenden Jahren entstanden sind. Wir haben gerade jetzt eine erste Maßnahme getroffen, indem wir beispielsweise gerade in diesen Bereichen ermöglicht haben, notwendig zu besetzende Stellen auf die verschiedenen Grenzschutzpräsidien zu verteilen. Dass damit die Defizite der vergangenen Jahre nicht mit einem Mal ausgeglichen werden können, ist klar, aber das Problem ist erkannt. Ich bitte Sie, an die Ursachen zu denken und gemeinsam mit uns zur Verbesserung der Situation beizutragen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Die Frage 41 des Kollegen Wolfgang Börnsen ({0}) wird schriftlich beantwortet. Damit sind wir am Ende der Fragestunde. Ich möchte mich dennoch bei den Parlamentarischen Staatssekretären Diller und Mosdorf bedanken, dass sie so lange ausgeharrt haben. Aber der Präsident hat keinen Ermessensspielraum zur Verlängerung der Fragestunde. Soweit die Fragen 42 bis 67 nicht zurückgezogen worden sind, werden sie schriftlich beantwortet. Die schriftlichen Antworten werden in den Anhang zum Plenarprotokoll aufgenommen. Ich rufe auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der CDU/CSU Rente und Rentenanpassung entsprechend der Inflationsrate Diese Aktuelle Stunde wird zu den Antworten der Bundesregierung auf die Fragen 7 und 8 gemäß Anlage 5 Nr. 1 b der Richtlinien für die Aktuelle Stunde verlangt. Das Wort zur Geschäftsordnung wird nicht gewünscht. Ich eröffne die Aussprache und gebe dem soeben ins Plenum eilenden Kollegen Karl-Josef Laumann das Wort für die CDU/CSU-Fraktion. ({1})

Karl Josef Laumann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001294, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal, Herr Bundesminister Riester, möchte ich deutlich sagen, dass CDU/CSU natürlich weiterhin mit Ihnen und den Koalitionsfraktionen zusammen daran arbeiten wollen, in der Rentenfrage zu einem vernünftigen Kompromiss und zu einer dauerhaften Regelung zu kommen, damit die Rentendiskussion etwas ruhiger wird als sie es zurzeit ist. Ich darf Ihnen das auch in meiner neuen Funktion, die ich für die Arbeitsgruppe Arbeit und Soziales meiner Fraktion habe, ausdrücklich anbieten. Eines müssen wir aber auch sehen: Seitdem Sie als Arbeitsminister für die Renten verantwortlich sind, ist es leider so, dass sich die Meinungen, wie die Renten angepasst werden und worauf sich die Rentner in diesem Land noch verlassen können, von Monat zu Monat ändern. Sie haben im Wahlkampf zusammen mit Ihren politischen Freunden dargelegt, dass der demographische Faktor, den wir damals eingeführt haben - so stand es auch in Ihrem Wahlprogramm -, das Rentenniveau so tief senken würde, dass viele Rentner der Sozialhilfe anheim fallen würden. Sie sind in der Rentenpolitik mit dem Motto, nicht alles anders, aber vieles besser zu machen, angetreten. Ich denke, Sie sind als Koalition nicht deshalb gewählt worden, damit Ihnen die Opposition sagt, wie es weitergeht, sondern um eigene Konzepte vorzulegen. Was haben Sie gemacht? Sie haben nach der Bundestagswahl als erste Handlung in der Rentenpolitik die nettolohnbezogene Rentenerhöhung, den demographischen Faktor und große Teile unserer Rentenreform außer Kraft gesetzt, aber bis heute - anderthalb Jahre später - noch kein Gesamtkonzept dafür vorgelegt, wie sie sich die Alterssicherung in der Bundesrepublik Deutschland vorstellen. ({0}) Sie haben den Rentnerinnen und Rentnern gesagt: Wir koppeln für zwei Jahre die Rentenerhöhungen von der Nettolohnentwicklung ab. Wir haben darüber im Bundestag offen debattiert, unsere Meinung dazu kennen Sie. Ihre Rentenpolitik ist keine verlässliche Rentenpolitik, sondern eine Rentenpolitik nach Kassenlage. Sie haben Ihre Abgeordneten mit Berechnungen durch die Wahlkreise geschickt, wonach es unter der Regierung der CDU/CSU Jahre gegeben habe, in denen die Preissteigerungsrate durch die Rentenerhöhungen nicht aufgefangen worden sei. Dies hatte mit der damaligen Rentensystematik zu tun, wonach die Renten in gleicher Weise wie die Nettolöhne steigen sollten. Damals gab es nun einmal eine solche Entwicklung. Sie haben den Eindruck erweckt, wir garantierten zumindest, dass die Renten in gleichem Maße wie die Preise steigen. Jetzt erleben wir, dass die Preissteigerungsrate in unserem Land in diesem Jahr wahrscheinlich bei 1,6 oder 1,8 Prozent liegen wird. Sie nehmen das vorige Jahr als Bemessungsgrundlage, in dem wir eine Preissteigerungsrate von 0,6 Prozent hatten. Das heißt, jeder Rentner in diesem Land verliert durch Ihre Politik 1 Prozent Kaufkraft. Dafür tragen Sie die Verantwortung. ({1}) Sie tragen auch dafür die Verantwortung, dass die Rentner durch die Ökosteuer belastet werden, dies aber bei den Rentenerhöhungen, für dieses Jahr, weil die Ökosteuer in diesem Jahr erst richtig greift, kaum eine Rolle spielen wird. Die Rentner werden auf diese Weise zwei Mal zur Kasse gebeten: zum einen, indem sie die Ökosteuer zahlen müssen, und zum anderen, indem sich diese nach dem Modell bei den Rentenerhöhungen nicht auswirken wird. Um es auf den Punkt zu bringen - dies muss in der deutschen Öffentlichkeit deutlich werden -: Sie sind, was Rentenerhöhungen angeht, für eine Trickserei verantwortlich und mit dieser Trickserei fördern Sie weder die Verlässlichkeit der Rentenversicherung noch das Vertrauen in sie. Das gilt sowohl für die ältere als auch für die jüngere Generation. Deswegen möchte ich Sie auffordern, möglichst schnell in die Öffentlichkeit zu treten und zumindest zuzugeben, dass es ein ganz großer Fehler war, den demographischen Faktor und damit eine berechenbare Grundlage dafür, wie sich das Rentenniveau in den nächsten Jahren in Deutschland einpendeln wird, außer Kraft zu setzen. Schönen Dank. ({2})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Für die SPDFraktion gebe ich dem Kollegen Adolf Ostertag das Wort.

Adolf Ostertag (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001660, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Laumann, ich kann anknüpfen: Endlich haben wir Verabredungen getroffen, damit es Rentenkonsensgespräche gibt. Das ist richtig. Vizepräsident Rudolf Seiters Dafür ist es höchste Zeit geworden, damit die ständige Verunsicherung in diesem Land endlich beendet werden kann. Die Ziele unserer Rentenstrukturreform sind klar. Sie sind seit Monaten auch Ihnen bekannt: Wir wollen einen stabilen Beitragssatz für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und natürlich auch für die Unternehmen, wir wollen eine langfristige Finanzierbarkeit der Rentenversicherung zu akzeptablen Bedingungen, wir wollen eine den Lebensstandard sichernde Alterssicherung aufrechterhalten und wir wollen die Altersarmut bekämpfen. Zur Stabilisierung der Rentenkasse und im Sinne von Generationengerechtigkeit haben diese Regierung und die sie tragende Koalition in den letzten 15, 16 Monaten schon viel getan. Daran müssen Sie anscheinend immer wieder erinnert werden: Wir haben die Sozialversicherungspflicht für die 630-Mark-Jobs eingeführt. Es war schwer, aber es war richtig; das zeigt sich von Monat zu Monat mehr. ({0}) Ebenso war die Einbeziehung der Scheinselbstständigen richtig. Wir haben versicherungsfremde Leistungen, die Kindererziehungszeiten und die einigungsbedingten Kosten, aus der Rentenkasse herausgenommen. Wie Sie wissen, haben wir darüber jahrelang diskutiert und es immer wieder gefordert; doch Sie haben sich keinen Millimeter bewegt. Was wir getan haben, war genau richtig, und es geschah zum richtigen Zeitpunkt. Wir haben den Beitrag zur Rentenversicherung in zwei Schritten gesenkt. Wahrscheinlich haben Sie auch das nicht registriert. Bei Ihnen ist er über Jahrzehnte ständig gestiegen. ({1}) Das Ergebnis dieser Politik sehen wir ja: Wir haben seit 1994 endlich wieder die gesetzlich vorgesehene Schwankungsreserve von einem Monat in der Rentenkasse. ({2}) Das heißt, wir sind, was die Rente angeht, auf einem guten Weg. Trotzdem müssen wir feststellen, dass die gegenwärtige Diskussion natürlich zur allgemeinen Verunsicherung beigetragen hat. ({3}) Das ist nicht zu bestreiten. Laut einer Umfrage von Forsa glauben nur noch 15 Prozent der Befragten, dass die Renten langfristig gesichert seien, während 70 Prozent der Meinung sind, dass die Zukunft der Renten unsicher sei. Da repräsentative Umfragen bekanntlich nicht die volkswirtschaftlichen Zusammenhänge überprüfen, sondern lediglich Stimmungslagen abfragen, kann man schon sagen, dass sich hierin die parteipolitische Auseinandersetzung um die anstehenden Maßnahmen zur Rentenreform niederschlägt. Ich glaube, das ist nicht verwunderlich. Im Wesentlichen sind dafür zwei Entwicklungen verantwortlich: Erstens: Ihre Verunsicherungstaktik der letzten Monate ({4}) - natürlich -, die nicht die Interessen der Menschen in den Mittelpunkt stellt, sondern vor allen Dingen ein kurzfristiges Ablenkungsmanöver war. Sie steht für die konzeptionelle Hilflosigkeit, die Sie in den letzten Monaten an den Tag gelegt haben. ({5}) Es gab immer nur Effekthascherei anstelle der Bereitschaft zu einem breiten Konsens. Ihre Politik war mit Polemik, aber nicht mit Inhalten verbunden. Ich glaube, das rächt sich. Zweitens. Sie haben über viele Jahre eine Rentenpolitik praktiziert, die letzten Endes den über Jahrzehnte vorhandenen Rentenkonsens aufgehoben hat. Ihr Sündenregister aus der Entwicklung der letzten Jahre ist bekannt. Ich will das im Einzelnen nicht aufzählen. Ich möchte nur daran erinnern, dass wir noch 1992 ein gemeinsames Konzept gefunden haben; diesen Konsens haben Sie aber 1996 durch die Anhebung des Renteneintrittsalters für Arbeitslose aufgekündigt. Sie haben im Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz mit der Heraufsetzung der Altersgrenzen und der reduzierten Bewertung von Anrechnungszeiten besonders einschneidende Verschlechterungen vorgenommen. Im Rentenreformgesetz des Jahres 1999, mit dem der so genannte demographische Faktor eingeführt worden ist, haben Sie massive Verschlechterungen bei den Erwerbsminderungsrenten durchgesetzt. - Diese Aufzählung ist beliebig verlängerbar. Sie sollten sich an diese Maßnahmen erinnern. Jetzt haben Sie endlich begriffen, dass die großen Parteien im Rentenbereich zusammenarbeiten sollten, und sind an einen „Rententisch“ zurückgekehrt. Allerdings bin ich davon überzeugt, dass sich Ihr derzeitiges Vorgehen, an einem Tisch zu sitzen und gleichzeitig gegen die Regierung zu polemisieren, langfristig für Sie nicht auszahlen wird. ({6}) Sie behaupten, wir wollten die Renten kürzen. Wir kürzen die Renten nicht, wir passen sie vielmehr in diesen zwei Jahren, wie seit Monaten angekündigt und beschlossen, an die Preissteigerungsrate an. Das heißt, die Renten steigen weiterhin. Im Übrigen sei darauf verwiesen, dass die Rentenanpassung seit 1994 beständig unterhalb der Inflationsrate lag. Auch dazu müssten Sie sich bekennen; darüber sollten Sie nicht hinwegreden. Die damalige Regierungspolitik - und nicht nur die damalige Rentenformel - war daran schuld; denn Sie haben das Niveau der Arbeitnehmereinkommen durch eine ganze Reihe von Maßnahmen nach unten gedrückt. Ich habe ja soeben auf Gesetze verwiesen, die Sie in diesen Jahren durchgesetzt haben. Das hat sich im Rahmen der Nettolohnorientierung bei den Rentnerinnen und Rentnern niedergeschlagen. Dies hatte letzten Endes zur Folge, dass die Rentensteigerungen seit 1995 immer unterhalb der Inflationsrate lagen. Erst im Jahre 1999 lag die Rentensteigerung wieder darüber, wie Sie wissen. Im Rahmen der heutigen Debatte ist festzustellen auch in der Fragestunde war das schon zu hören -: Wenn wir den von Ihnen beschlossenen Demographiefaktor nicht ausgesetzt hätten, dann wäre im vergangenen Jahr die Steigerung der Renten wesentlich geringer ausgefallen. Sie hätte dann nicht bei 1,34, sondern nur bei 0,82 Prozent gelegen. Meine Damen und Herren, wir haben einen guten Weg beschritten. Ich bin der Meinung, dass die zeitnahe Anpassung, so wie wir sie jetzt vorsehen, richtig ist.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Herr Kollege, Sie müssen jetzt zum Schluss kommen.

Adolf Ostertag (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001660, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Noch ein paar Sätze. ({0}) Bekennen Sie sich endlich zu Ihrer Politik! Akzeptieren Sie das, was Sie in der Vergangenheit getan haben, nämlich wie die Renten berechnet wurden. Auch wir haben keine anderen Programme. Dieselben Menschen, die bei Ihnen 16 Jahre lang gerechnet haben, rechnen noch immer im zuständigen Ministerium. Lenken Sie nicht ab, sondern arbeiten Sie mit; denn die Rentenpolitik der Bundesregierung ist verantwortungsvoll, langfristig bezahlbar und natürlich auch zukunftsgerichtet. Von daher meine ich: Nach vielen Jahren tun wir wieder etwas für die Generationengerechtigkeit. Vielen Dank. ({1})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Für die Fraktion der F.D.P. spricht die Kollegin Dr. Irmgard Schwaetzer.

Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002120, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben überhaupt kein Problem damit, uns zu dem zu bekennen, was wir in der Vergangenheit beschlossen haben. ({0}) Denn auch die Ausführungen der Bundesregierung in der Fragestunde zeigen, dass der Weg, den wir eingeschlagen hatten und den Sie nach Übernahme der Regierung außer Kraft gesetzt haben, der bessere gewesen wäre. ({1}) Dieser Weg hätte nämlich nicht zur Verunsicherung der Rentner geführt, sondern wäre ein solider Weg zur Stabilisierung der Rentenversicherung gewesen. Die Rentenanpassung nach der Inflationsrate, die Sie jetzt beschlossen haben, ist nur Stückwerk. Das kam in den Antworten, die die Bundesregierung heute gegeben hat, sehr stark zum Ausdruck. Die für die Jahre 2000 und 2001 vorgesehene Anpassung der Renten an die Inflationsrate ist ein Fehler. ({2}) Auch in Ihren Reihen wird schon darüber diskutiert. Denn auch Sie wissen, dass eine Stabilisierung der Rentenversicherung mit der Weiterführung dessen, was die alte Koalition auf den Weg gebracht hat, besser hätte erreicht werden können. Wenn Sie im Jahre 2000 nicht einmal Ihre Ankündigung wahr machen können, das heißt, wenn Sie den Rentnern, wie Sie es gesagt haben, nicht einmal den Inflationsausgleich gewähren, dann haben Sie das entgegen Ihren Entscheidungen bewirkt. In diesem Jahr zeigen sich nämlich angesichts der Erhöhung der Energiepreise die Auswirkungen Ihrer Ökosteuer ganz deutlich. Das heißt, Sie können - das merken Sie - den Kuchen, den Sie verteilen wollen, nicht vorher selber essen. Dann funktioniert das einfach nicht. ({3}) Deswegen dämmert es Ihnen jetzt vielleicht, dass die Beibehaltung des Demographiefaktors einfach besser gewesen wäre. ({4}) Herr Ostertag, ich habe zu Anfang schon gesagt: Wir haben kein Problem damit, uns zu unserer Vergangenheit zu bekennen. Aber wenn Sie hier sagen - Sie haben das Ganze beschlossen; wir haben aber ja wohl das Recht, dies zu kommentieren -, dass unsere Kommentare, nicht aber der Unsinn, den Sie beschlossen haben, dazu geführt hätten, dass die Rentner verunsichert sind, dann verwechseln Sie wirklich Ursache und Wirkung. ({5}) Ich finde es einfach nicht in Ordnung, dass Sie sich nicht zu Ihren Taten bekennen. Das sollten Sie wirklich tun. Sie haben den Vorschlag dieser völlig unsystematischen Anpassung der Renten an die Inflationsrate in die Diskussion gebracht. Ich möchte Ihnen noch etwas anderes sagen: Sie sagen, dass die Renten seit 1994 mehrfach an ein Niveau unterhalb der Inflationsrate angepasst wurden. Das ist richtig. Aber diese Anpassung galt auch für die Einkommen der Arbeitnehmer. ({6}) Im Jahre 2000 haben Arbeitnehmer im Vergleich zur Inflationsrate eine deutlich höhere Einkommenssteigerung. ({7}) Das ist der Unterschied: Sie stellen die Rentner schlechter als die Arbeitnehmer, während die Rentner nach unserem Vorschlag in gleichem Ausmaß wie die Arbeitnehmer an den wirtschaftlichen Schwierigkeiten beteiligt würden. ({8}) Ich finde, diese Aktuelle Stunde führt uns nicht weiter, weil zu viele Schlachten der Vergangenheit geschlagen werden. ({9}) Für den Auslöser mögen die Kolleginnen und Kollegen der Union die Verantwortung übernehmen. ({10}) Ich sehe den hohen Wert dieser Aktuellen Stunde nicht. ({11}) Es wäre wichtiger, dass wir uns darüber unterhalten, wie wir die Zukunft gestalten. Wir befinden uns in den Konsensgesprächen. ({12}) Ich begrüße es, dass nun auch die Union die Zahlenbasis akzeptiert und bereit ist, über die sachlichen Rahmenbedingungen der Umgestaltung zu sprechen, wenn auch noch nicht zu verhandeln. Wir könnten schon verhandeln, aber daraus wird vor dem 14. Mai dieses Jahres nichts. Besprechen wir also - das ist ja auch sinnvoll - die Rahmenbedingungen, unter denen die Rente zukünftig gestaltet werden soll. Auch diese Diskussion hat ihren Wert und ihre Wichtigkeit. Ich möchte aus unserer Sicht betonen, dass wir es sehr begrüßen, dass innerhalb der vier größten Fraktionen hier im Hause inzwischen ein Konsens dahin gehend hergestellt ist, dass wir die Statik innerhalb der drei Säulen der Alterssicherung neu austarieren müssen. ({13}) Wir müssen die gesetzliche Rentenversicherung zurücknehmen, weil die Beiträge für die jüngere Generation sonst einfach nicht mehr zu leisten wären. ({14}) Wir müssen die Säule der privaten Altersvorsorge und die Säule der betrieblichen Altersvorsorge stärken. ({15}) Das heißt, wir müssen endlich die Effizienz der Kapitalmärkte auch für die Altersvorsorge der nächsten Rentnergenerationen in unsere Überlegungen und Entscheidungen mit einbeziehen. Das ist der Kernpunkt. ({16}) Darüber hinaus müssen wir eine eigenständige Alterssicherung für Frauen beschließen. Meine Damen und Herren, ich glaube, wenn uns dies gelingt, dann haben wir wirklich etwas für die Zukunft und auch für die Generationengerechtigkeit getan. Ich denke, wir alle sollten daran mitwirken. Danke. ({17})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht die Kollegin Katrin Dagmar Göring-Eckardt.

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003132, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Laumann, ich finde, man muss sich entscheiden: entweder konstruktiv Rentengespräche führen oder destruktiv eine neue Auflage von der Nummer mit der Rentenlüge befördern. ({0}) Worauf gründet dies und was wollen Sie uns eigentlich sagen? Wir sollen die Renten entsprechend der für das Jahr 2000 geltenden Inflationsrate anpassen. Sie alle haben ganz genau vor Augen, dass dies nicht geht und dass es die einzig sinnvolle und vernünftige Variante ist, so wie bisher immer vorzugehen und die Rentenanpassung entsprechend der Entwicklung des vergangenen Jahres vorzunehmen. ({1}) Dies ist die einzige tatsächlich verlässliche Orientierung. Man fragt sich schon - diese Frage müssen Sie einmal beantworten -, was Sie sagen würden, wenn die Inflationsrate jetzt höher wäre. Dann würden Sie wahrscheinlich sagen: Rentenlüge - die Regierung gibt jetzt mehr. Dies müssen Sie in der Konsequenz und in der Logik dessen, was Sie da sagen, beantworten. Herr Laumann, für mich ist das einzig und allein Populismus. Man kann doch nicht auf der einen Seite sagen, es gebe einen riesigen Reformbedarf hinsichtlich der Rente - am liebsten möchten Sie jede Woche noch dramatischere Zahlen vorlegen -, und auf der anderen Seite im gleichen Atemzug die Debatte nach dem Motto anzetteln: Auch in diesem Jahr könnten wir noch eines drauflegen. Damit Sie mich bitte nicht falsch verstehen: Natürlich haben wir einen extrem hohen Reformbedarf. Aus meiner Sicht muss er mit aller Klarheit beschrieben werden. Vor allen Dingen aber müssen die richtigen KonsequenDr. Irmgard Schwaetzer zen gezogen werden. Ich möchte einfach wissen, was Sie in diesem Zusammenhang für Vorschläge haben. Diese liegen nämlich immer noch nicht auf dem Tisch. ({2}) Ich will klar sagen, dass ich überhaupt keine Lust habe, mich Ihrer Art von Wahlkampfrhetorik anzuschließen, Ihnen also vorzuwerfen, was Sie vielleicht jahrelang versäumt haben, Ihnen darzulegen, dass die Situation in der Rentenversicherung, vor der wir heute stehen, eben nicht vom Himmel gefallen ist, sondern aufgrund Ihrer Ignoranz in Ihrer Regierungszeit entstanden ist. ({3}) Sie müssen sich schon fragen lassen, ob man nicht angesichts der Tatsache, dass meine Generation mit dem Satz „Die Rente ist sicher“ aufgewachsen ist, dass aber dieser Satz eben nicht stimmt und nicht der Wahrheit entspricht, von einer Rentenlüge sprechen sollte. ({4}) Liegt im Moment nicht eine Situation vor, die dazu führt, dass die junge Generation sehr verunsichert ist? Sie ist verunsichert über die Art und Weise, wie die Debatte geführt wird. ({5}) Sie ist verunsichert aufgrund der Frage, ob sie aus diesem System jemals eine für ihr Leben angemessene Altersversorgung bekommt. Dass die junge Generation verunsichert ist, zeigt sich unter anderem darin, dass schon lange zuvor, schon während Ihrer Regierungszeit, junge Menschen gesagt haben: Darauf verlasse ich mich nicht mehr; ich will privat vorsorgen. Wir wollen jetzt - ich dachte eigentlich, dass wir das gemeinsam machen - auf diese Entwicklung reagieren. Wir brauchen zukünftig mehrere Säulen in der Altersversorgung. Frau Schwaetzer hat diesen Punkt schon angesprochen. Wir wollen, dass die Altersversorgung generationenfest ist, und wir wollen die demographische Entwicklung in unsere Überlegungen einbeziehen. ({6}) Wir wollen vor allen Dingen ein System, in dem sich alle, Jung und Alt, darauf verlassen können, dass sie am Ende eine Altersversorgung haben, von der sie leben können und die ihrer Lebensleistung entspricht, und dass sie nicht von Armut betroffen sind. Ich habe verdammt wenig Lust, die alten Geschichten aufzuwärmen. ({7}) Das ist platter Wahlkampf, dem die Sachpolitik wieder einmal zum Opfer fällt. Ich frage mich aber schon: Wem, glauben Sie, nützt das? Meinen Sie, dass es den Alten nützt, denen Sie möglicherweise versprechen wollen, dass sie mehr bekommen - übrigens mehr, als in Ihren alten Vorschlägen vorgesehen war? Meinen Sie, dass es den Jungen nützt, die Sie weiter verunsichern? In meinen Augen führt diese Art von Kampagnen nur zu einem: Niemand glaubt mehr an Ihren ernsthaften Willen, tatsächlich Lösungen zu finden, die den Ausgleich zwischen den Generationen herstellen, Lösungen, die Alt und Jung wieder zusammenbringen und die in Zukunft die Existenz der sozialen Systeme sicherstellen. Ich würde mir wünschen, dass wir als Politiker in der Lage sind, einen anderen Stil als den der populistischen Auseinandersetzung zu fahren. ({8}) - Ja. - Das Problem ist weiß Gott so gravierend, dass wir uns als Entscheidungsträger zusammenraufen sollten. Ich persönlich denke, dass das allen nützen würde. Den Streit, den wir heute auf Ihren Wunsch hin hier ausfechten, nimmt uns niemand mehr als sachlichen Streit ab. Jeder wird diesen Streit als reines Wahlkampfgetöse durchschauen. Lassen Sie uns doch verdammt noch mal um die besten Konzepte streiten und nicht um die lautesten Auftritte in einer Aktuellen Stunde! ({9}) Lassen Sie mich noch einmal klarstellen: Wir kürzen den Rentnern nicht ihre erarbeitete Rente. ({10}) Diese Sicherheit haben sie und werden sie weiterhin haben. Wir müssen aber auch sehen, dass es den berechtigten Wunsch der Jungen nach Sicherheit und den Wunsch gibt, dass ihre Belastungen nicht weiter steigen und sie selbst mit einer adäquaten Alterssicherung rechnen können. Für diese Art der Generationengerechtigkeit stehen Bündnis 90/Die Grünen. Darum werden wir auf sachlichem Niveau streiten. Ich hoffe, dass wir die Zusammenarbeit auf dieser Ebene fortsetzen können. Ich hoffe vor allen Dingen, dass Sie es wirklich noch wollen. Vielen Dank. ({11})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Für die Fraktion der PDS spricht die Kollegin Monika Balt.

Monika Balt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003030, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn das der so viel gepriesene Konsens ist, der uns heute vorgeführt wird, dann kommen mir so langsam Zweifel. ({0}) Die Rentenkonsensgespräche werden aus unserer Sicht immer dubioser. Erst wird die PDS als einzige der Fraktionen im Bundestag und damit die von ihr vertretenen Wählerinnen und Wähler von den Rentenkonsensgesprächen ausgeschlossen und ausgegrenzt. Und dann vereinbart man noch, dass die Öffentlichkeit über den jeweiligen Verlauf der Gespräche erst gar nicht mehr informiert wird. Das ist eher ein politischer Skandal. Diese Gespräche mutieren zu Geheimgesprächen. Das kann doch nicht Praxis demokratischer Gesellschaft sein. ({1}) Wenn dann doch etwas veröffentlicht wird, ist es garantiert ein neuer Vorschlag, wie das Rentenniveau gekürzt werden kann, ohne dass es draußen jemand bemerkt. Auch der neue Vorschlag von Arbeitsminister Riester, Beiträge zur privaten Altersvorsorge vom Bruttolohn abzuziehen, ist dahin gehend zu bewerten. Er ist nicht mehr als ein billiger Taschenspielertrick, mit dessen Hilfe das durchschnittliche Nettoeinkommen sinkt und gleichzeitig der Rentenanstieg begrenzt wird. Grundsätzlich haben alle Parteien, die an den Rentenkonsensgesprächen beteiligt sind, nur die Ausgabenseite im Kopf. Dass es auch eine Einnahmenseite gibt, scheinen sie völlig zu ignorieren. Die PDS ist die einzige Partei, die sich über die Einnahmenseite der gesetzlichen Rentenversicherung ernsthafte Gedanken macht. In unseren kürzlich der Öffentlichkeit vorgestellten Eckpunkten eines Rentenreformkonzeptes schlagen wir unter anderem vor, den versicherten Personenkreis allmählich auf die gesamte erwachsene Bevölkerung auszudehnen. So wollen wir zukünftig Beamte und Selbstständige einschließlich Minister und uns Abgeordnete in die gesetzliche Rentenversicherung mit einbeziehen. In einem ersten Schritt wollen wir die Beitragsbemessungsgrenze anheben; gleichzeitig sollen die daraus resultierenden zusätzlichen Rentenansprüche nur noch degressiv steigen. Darüber hinaus schlagen wir vor, den Beitrag der Arbeitgeber auf eine Wertschöpfungsabgabe der Unternehmen umzustellen. Die Unternehmen sollen sich entsprechend ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit beteiligen. So werden zum Beispiel arbeitsintensivere Betriebe gegenüber den kapitalintensiven Betrieben entlastet. Das würde nicht nur zu beträchtlichen Mehreinnahmen in der gesetzlichen Rentenversicherung führen, sondern auch zu einer für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer spürbaren Senkung des Beitragssatzes. Das ist wohl in unser aller Sinne. ({2}) Das, was die Regierungsfraktionen und die CDU/ CSU betreiben, ist letztlich nichts anderes, als das Vertrauen der jungen Generation in die Rentenversicherung ganz und gar zu erschüttern. Denn wenn das Rentenniveau sinkt, kann die Attraktivität der Rentenversicherung nur abnehmen. Wenn aber die gesetzliche Rentenversicherung eine Zukunft haben soll, dürfen die Leistungen nicht ständig beschnitten werden. Wir fordern die sofortige Rückkehr zur Nettolohnanpassung. ({3}) Minister Riester macht zwar einen richtigen Schritt in die Richtung einer bedarfsorientierten sozialen Grundsicherung zur Verhinderung von Altersarmut. Was dabei herauskommt und angedacht ist, ist allerdings nichts anderes als ein unbürokratischeres Auszahlen einer Sozialhilfe. So können wir Altersarmut nicht verhindern. Denn das soziokulturelle Existenzminimum ist weitaus höher anzusiedeln, nämlich bei mindestens 50 Prozent des durchschnittlichen Nettoeinkommens. ({4}) Meine Damen und Herren, vor allem Frauen weisen vielfältig unterbrochene Erwerbsbiografien auf. Deren Folge sind natürlich niedrigere Rentenansprüche. Von den unsteten Erwerbsbiografien werden aber auch in Zukunft die Männer betroffen sein. Wir als PDS plädieren für eine allmähliche Umwandlung der Hinterbliebenenrente in eigenständige Ansprüche für Männer und Frauen. Dazu könnte die Einführung eines Grundbetrages in der gesetzlichen Rente dienen. Das könnte im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung geregelt werden und würde dann bedeuten, dass alle, die in der GRV 35 Jahre beitragspflichtig angesiedelt und zugehörig sind, einen Mindestentgeltpunktebetrag erhalten, sozusagen als Joker. Nach den Vorstellungen des Arbeitsministeriums soll die vollständige Angleichung der Ostrenten an das Westniveau erst bis zum Jahre 2030 erfolgen. Dies halten wir für völlig unakzeptabel. ({5}) Deshalb schlagen wir vor, diese Zeitspanne auf einen überschaubaren Horizont von zehn Jahren zu verkürzen. Durch die zukünftige allgemeine Anhebung der Altersgrenze auf 65 Jahre wird zum Beispiel die Attraktivität der gesetzlichen Rentenversicherung weiter beschnitten. Im Gegensatz zu allen anderen Parteien wollen wir die Altersgrenze flexibel gestalten. So könnte ein früherer Renteneintritt von der Summe der Beitragsjahre abhängig gemacht werden. Letztlich: Ziel der gesetzlichen Rentenversicherung muss es bleiben, ein normales Leben für das Alter zu sichern. Dieses Ziel muss für alle Versicherten ohne zusätzliche private Anstrengung erreichbar sein. Deshalb hält die PDS konsequent an der beitragsorientierten, umlagefinanzierten gesetzlichen Rentenversicherung fest, die sich explizit als Vertrag der Generationensolidarität versteht. Danke. ({6})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Für die Bundesregierung spricht nunmehr der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, Walter Riester.

Walter Riester (Minister:in)

Politiker ID: 11003616

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Schwaetzer, ich möchte zuerst Sie ansprechen. Wir haben sicherlich in vielen Punkten unterschiedliche Auffassungen. Ich habe Ihnen heute innerlich aber sehr zugestimmt, als Sie sagten, diese Aktuelle Stunde wäre dann, wenn sie nicht genutzt würde, um nach vorn zu blicken, umsonst. Ich will deshalb keinen weiten Blick zurückwerfen, weil wir uns dann, wenn wir es täten, alle - ich sage jetzt bewusst „alle“ -, die an Reformen mitgewirkt haben, eingestehen müssten, dass die Reformen in der Vergangenheit in Bezug auf die Langfristzielsetzung, die Alterssicherung langfristig auszurichten, unzureichend - um es einmal vorsichtig zu sagen - waren. Sie haben nicht ausgereicht. Deswegen sind wir nun gerade dabei, das zu ändern. Aber es passt vielleicht hierher, eine erste Zwischenbilanz zu ziehen, und dazu will ich einen kurzen Ausblick geben. Die Zwischenbilanz gilt den Fragen: Wo stehen heute - nach der jetzt diskutierten Rentenerhöhung - ab dem 1. Juli die Rentner, wo stehen die Beitragszahler, wo steht das Rentenversicherungssystem? Es mag Sie vielleicht überraschen: Wenn wir die so genannte Standardrente nehmen, so liegt sie am 1. Juli fast exakt bei dem gleichen Betrag, ob man den Demographieabschlag genommen hätte oder die Rentenerhöhung des letzten Jahres und die in diesem Jahr zusammenzählt. Die Differenz beträgt genau 2,58 DM. Dort kann also bei aktueller Betrachtung nicht das Problem liegen. Betrachten wir die Beitragszahler! Bei den Beitragszahlern ist der Beitrag um 1 Prozentpunkt abgesenkt worden. Wenn wir den Gesamtverlauf sehen, gilt: Ohne die Ökosteuer und bei einer Weiterentwicklung des Beitrages ohne die Maßnahmen des letzten Jahres wären wir sogar 1,1 Prozentpunkte auseinander. Das sind insgesamt 16,5 Milliarden DM, um die die Beitragszahler und die Betriebe entlastet worden sind. Nun betrachten wir das Rentenversicherungssystem. Dabei will ich das, was ich jetzt sage, nicht als Vorwurf gewertet wissen; es ist ein schlichter Fakt. Als die neue Regierung angetreten ist, hat das Rentenversicherungssystem noch Rücklagen von 21 Tagen gehabt. Das Gesetz fordert mindestens eine Rücklage von einem Monat. Wir haben dieser Rücklage im letzten Jahr 8,4 Milliarden DM zugeführt und das Rentenversicherungssystem steht seit 1994 erstmals wieder auf der Grundlage der vom Gesetz geforderten Schwankungsreserve. Diese Zwischenbilanz ist also - so möchte ich zuerst einmal sagen - eine stabile und gesunde Zwischenbilanz. ({0}) Trotzdem, meine Damen und Herren, reicht es nicht aus. Das ist ein erster Schritt. Es muss weitergehen. Deswegen begrüße ich, dass wir in einen parteiübergreifenden Konsens hinsichtlich der Stabilisierung der Alterssicherung eintreten. Dazu gehört in der Tat, dass die Sozialversicherungsrente ergänzt - ich betone „ergänzt“ - werden muss durch eine breitere Eigenvorsorge, eine breitere Entfaltung der betrieblichen Altersvorsorge - wenn es geht; das ist auch eine Frage der steuerlichen Möglichkeiten - und dazu gehört, dass wir aus schmalen Strängen wirkliche stabile Säulen machen. An dem Problem arbeiten wir und das wird einer der nächsten Punkte sein, die in den gemeinsamen Rentenkonsensgesprächen aufgenommen werden. Nur, dabei können wir nicht stehen bleiben. Wir haben uns darauf verständigt, dass wir versuchen wollen, den Zeitraum von 30 Jahren zu klären und zu regeln einen Zeitraum, wie er noch nie in einer Rentenreform angegangen worden ist. Ich glaube, das ist ein sehr ehrgeiziges Ziel, und ich würde mich wirklich freuen, wenn wir im Verlaufe dieses Jahres sagen könnten: Für diesen Zeitraum können wir über die voraussichtliche Entwicklung des Beitrages und über die voraussichtliche Entwicklung des Rentenniveaus Auskunft geben. Aber auch das reicht noch nicht. Ich gebe Ihnen Recht, dass die jetzige Hinterbliebenenrente sicherlich nicht den Ansprüchen aller Lebensgemeinschaften gerecht wird. Deswegen wollen wir zwar bei den jetzigen Witwern und Witwen sowie bei den zurzeit Verheirateten, von denen mindestens einer 40 Jahre ist, nichts ändern, weil man sich auf neue Systeme nur schwer einstellen kann. Aber wir möchten für die Jungen neue Systeme entwickeln. Wir möchten in diesen Systemen Kindererziehung und Kinderbetreuung besser berücksichtigen. Da möchten wir mit der Opposition versuchen, einen Konsens zu erreichen. Außerdem wollen wir das Rentenversicherungssystem im unteren Bereich stärker armutssicher machen. Nun sagen Sie, das sei nur eine bürokratische Erleichterung. Wenn es das allein wäre, wäre das schon sehr viel für die Frauen, die nicht zum Sozialamt gehen wollen oder können, zum Beispiel weil sie sich schämen. ({1}) Dann wäre das schon viel gegenüber der jetzigen Situation. Ich sage aber auch - um etwaigen Einwänden zu begegnen -: Das wollen wir nicht über die Beitragszahler finanzieren, sondern das müsste, wie im Übrigen auch jetzt über die kommunale Regelung, vom Steuerzahler finanziert werden. Das sind wichtige Schritte, die wir angehen. Ich denke, dass die Öffentlichkeit gute Signale bekommt, wenn wir über die besseren Konzepte streiten und die Vergangenheit insofern abhaken, als wir uns gemeinsam eingestehen - der Rentenkonsens 1992 ist ja mit Zustimmung aller Parteien zustande gekommen -, dass der Versuch einer Langfristsicherung der Altersvorsorge nicht ausreichend war. Dann könnten wir nach vorne schauen und die Konzepte angehen, die der Bürger von uns erwartet. Herzlichen Dank. ({2})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Für die CDU/CSUFraktion spricht der Kollege Johannes Singhammer. ({0})

Johannes Singhammer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002800, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister, das ehrliche Bemühen um einen Rentengipfel und um Ergebnisse kann natürlich nicht zum Verbot einer Diskussion über aktuelle rentenpolitische Fragen führen. ({0}) Deshalb haben wir diese Aktuelle Stunde beantragt. Die 17 Millionen Rentnerinnen und Rentner in Deutschland, von denen viele hier zusehen, sind verunsichert, weil diese Bundesregierung und dieser Bundeskanzler in den letzten eineinhalb Jahren fortgesetzt Unsauberkeiten und Rentenschwindel produziert haben. Deswegen müssen Sie sich anhören, was wir dazu zu sagen haben. ({1}) Das ist keine Vergangenheitsbewältigung, sondern die Analyse dessen, woher die derzeitigen Schwierigkeiten in der Diskussion rühren. Vor einem Jahr erklärte

Gerhard Schröder (Kanzler:in)

Politiker ID: 11002078

Ich stehe dafür, dass die Renten in Zukunft auch so steigen wie das Nettoeinkommen der Arbeitnehmer. Das ist ein Prinzip, das wir nicht antasten werden. 126 Tage später erklärte Gerhard Schröder in einem Interview mit der „Bild“-Zeitung: Wir haben die Nettolohnformel für die nächsten zwei Jahre nur ausgesetzt, um wieder dauerhaft Sicherheit in die Renten zu bringen. Im Herbst dann die kleinlaute Entschuldigung in der Sendung „Sabine Christiansen“: Gar keine Frage: Ich habe das seinerzeit vor dem Hintergrund von Berechnungen gesagt, die ich für zutreffend hielt, und das war ein Irrtum. Das habe ich einzugestehen. Lassen Sie es mich mal so sagen: Wenn ich könnte, würde ich zu jedem hingehen und sagen, dieser Irrtum tut mir Leid. ({0}) Wir brauchen keinen Bundeskanzler, der sich entschuldigt, sondern wir brauchen einen Bundeskanzler, der die Wahrheit sagt, und zwar zu jeder Stunde. ({1}) Wir brauchen auch keinen Bundeskanzler, der zu dem neudeutschen und politisch korrekten Instrumentarium der „Nachinformation“ der Bevölkerung greift. ({2}) Auch das wollen wir nicht. Weil Sie die Jacke falsch zugeknöpft haben, ({3}) nützt es nichts, wenn Sie jetzt unten herumfummeln und versuchen, irgendwo wieder Ordnung hineinzubringen. Sie müssen die Jacke völlig aufknöpfen und dann versuchen, das richtig auf die Reihe zu bekommen. ({4}) Ihre aktuellen Schwierigkeiten rühren daher. Natürlich entsteht bei vielen Rentnern Besorgnis, wenn sie jetzt hören, dass die Nettolohnformel anders berechnet werden soll. Niemand glaubt, dass die andere Art der Berechnung dazu führt, dass am Schluss mehr dabei herauskommt; vielmehr vermutet oder weiß jeder, dass die Neuberechnung - wie immer sie aussehen wird - zu einem Absinken des Rentenniveaus führen wird. Dazu sagen wir ganz klar: Da können wir nicht mitmachen. Wir sind zu jeder Art von konstruktiver Zusammenarbeit bereit. Aber für eine Mittäterschaft an einem neuen Rentenschwindel können Sie uns nicht gewinnen. ({5}) Hinzu kommt die Ökosteuer. Es war Ihnen bei all diesen Überlegungen von vornherein bekannt: Die Ökosteuer trifft vor allem die Rentner, weil sich die Entlastungswirkung bei den Lohnnebenkosten nicht auf sie erstreckt. Die Rentner spüren deshalb eine doppelte Belastung: Sie spüren sie einmal ab dem 1. Juli dieses Jahres, wenn die Erhöhungen geringer ausfallen, als zunächst angekündigt und erwartet. Sie spüren zusätzlich die vermehrten Ausgaben, wenn sie an die Tankstelle fahren, wenn sie heizen wollen oder die Mietnebenkosten bezahlen müssen. Wir meinen, dass dies so nicht richtig sein kann, und fordern Sie auf: Gehen Sie zurück zu der ursprünglichen Regelung und geben Sie den Rentnern das, was sie erwarten könnten, das heißt in dem Fall: 1,8 Prozent ab dem 1. Juli. Das ist die richtige Lösung. ({6}) Die Rentnerinnen und Rentner wissen, dass ein gigantisches Problem auf die Rentenversicherung zukommt. Es ist das demographische Problem. Auf der einen Seite - Gott sei Dank - steigt die durchschnittliche Lebenserwartung der Menschen in Deutschland jedes Jahr um vier Wochen. Das ist die Zeit eines Urlaubs. Darüber sind wir froh und glücklich. Auf der anderen Seite befinden sich die Geburtenzahlen im freien Fall. Das ist nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen europäischen Ländern so. Nun weiß jeder: Die Kombination dieser beiden Entwicklungen, immer weniger Kinder und eine immer längere Lebenserwartung, führt zu einer ganz schwierigen, bisher nie gekannten Herausforderung in der Rentenversicherung. Diese wollen wir in der Tat gemeinsam angehen. Ich sage Ihnen aber auch: Eine Frühverrentung, eine Diskussion über die Rente mit 60 ist der falsche Weg. Der richtige Weg geht in eine ganz andere Richtung. Das gehört dazu, wenn man die Wahrheit über die Rente sagen will. Wir sind bereit, diesen schwierigen Weg zu gehen. Wir erwarten aber auch, dass in der aktuellen Tagespolitik die Unsauberkeiten aufhören. ({7})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gebe ich das Wort der Kollegin Thea Dückert.

Dr. Thea Dückert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003071, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Laumann und Herr Singhammer haben hier quasi eine kleine Abbitte für die Aktuelle Stunde geleistet, indem sie noch einmal versichert haben, dass sie dennoch an Konsensgesprächen interessiert seien. Ich meine, Herr Laumann, Sie haben Recht, das zu tun; denn es ist in der Tat so, dass diese Aktuelle Stunde und das Verhalten der CDU/CSU in den Konsensgesprächen doch eher eine Politik der gespaltenen Zunge als eine klare Linie darstellen. ({0}) Ich selbst bin in den Konsensgesprächen ein Stück auf den Eindruck hereingefallen, den Sie erweckt haben - dass Sie nach anfänglichen Schwierigkeiten erst einmal Zeit schinden wollten, haben wir verstanden -, den Eindruck, Sie seien tatsächlich an Konsensgesprächen interessiert. Was hier passiert, ist etwas ganz anderes. Sie machen sehr deutlich, dass Sie zurzeit keine verantwortliche inhaltliche Diskussion über die Rente haben wollen. ({1}) Sie machen deutlich, dass Sie eigentlich eher an populistischen Kampagnen, auf den NRW-Wahlkampf zugeschnitten, interessiert sind. ({2}) Da ist Ihnen kein Argument zu schade, nicht das Argument, das Rüttgers zum Beispiel mit seinem ausländerfeindlichen Spruch „Kinder statt Inder“ platziert hat, ({3}) aber auch nicht das Argument, mit dem Sie die Rentner verunsichern, das wieder aufgewärmte Argument von der Rentenlüge. Der NRW-Wahlkampf, nicht die Rentendebatte, ist der wahre Hintergrund für diese Aktuelle Stunde. Ich lasse mich gern einmal auf das Argument ein, das Sie hier immer wieder strapazieren: die Anpassung der Rente entsprechend der Preissteigerung bzw. der Inflationsrate. Wir, meine Damen und Herren, haben vor einem Jahr in sehr großer Offenheit eine sehr unpopulistische Maßnahme beschlossen. Sie wird auch umgesetzt. Die unpopulistische Maßnahme beinhaltet, die Rentenanpassung in den nächsten zwei Jahren entsprechend der Preissteigerungsrate vorzunehmen. ({4}) Damals wie heute haben wir das niemals verschwiegen, sondern haben immer offen über die Systematik argumentiert und - das wissen Sie sehr wohl - immer darauf hingewiesen, dass der Anpassungsmechanismus dazu führt, dass die Rentenanpassung jeweils im Juli eines Jahres erfolgt. Das war so und bleibt so. Die Offenheit, mit der wir uns dieser Debatte gestellt haben und von den Rentnerinnen und Rentnern in dieser Situation einen Beitrag gefordert haben, um das Rentensystem weiter zu stabilisieren, ist auch auf Verständnis gestoßen. Diese große Offenheit, mit der wir diese Diskussion geführt haben, ist das Gegenteil von einer Lüge. ({5}) In dem Zusammenhang sage ich auch, dass es sich gerade angesichts der vorgebrachten Argumente immer lohnt, einen Blick in die Vergangenheit zu werfen. Ich weiß, dass Sie das nicht wollen. Das zeigt ja auch Ihre jetzige Intervention. Sie wollen das nicht, weil es unbequem ist. Ich erinnere Sie aber doch noch einmal daran, was im Jahre 1995 passiert ist: Die von Ihnen vorgenommene Rentenanpassung lag 0,71 Prozent unterhalb der Inflationsrate. Was ist im Jahre 1996 passiert? Die von Ihnen vorgenommene Rentenanpassung lag 0,64 Prozent unterhalb der Inflationsrate. ({6}) Im Jahre 1997 lag sie 0,65 Prozent und im Jahre 1998 1,7 Prozent unterhalb der Inflationsrate; im Jahre 1999 unter Rot-Grün lag die Rentenanpassung dagegen 0,76 Prozent über der Inflationsrate. ({7}) So wird doch ein Schuh daraus! Daran sieht man auch, mit was für einer gespaltenen Zunge Sie hier argumentieren. ({8}) Ehe Sie uns eine Lüge vorwerfen, sollten Sie sich an die eigene Nase fassen. In der offenen Debatte im letzten Jahr haben wir - das wird uns von den Medien und zum Teil auch aus Ihren Reihen bestätigt - sehr ehrlich argumentiert, ({9}) indem wir über den notwendigen enormen Handlungsbedarf im Rentensystem gesprochen und die Generationengerechtigkeit thematisiert haben. Meine Damen und Herren, mit dem ersten Schritt, der Anpassung der Rente entsprechend der Inflationsrate, haben wir nicht nur den Beitrag der älteren Generation eingefordert und bekommen, sondern wir haben zunächst einmal in einer schwierigen Ausgangssituation den notwendigen Spielraum und die Basis für eine zukünftige Rentenstrukturreform geschaffen. Wir haben noch sehr viel mehr gemacht: Bevor wir jetzt überhaupt in die Diskussion um die Einzelheiten der Rentenstrukturreform einsteigen, haben wir erst einmal wieder zusätzlichen Spielraum geschaffen, nachdem Sie ihn in der Vergangenheit verspielt hatten. Wir alle wissen, dass die gesetzliche Rentenversicherung ergänzt werden und auf weitere Säulen wie auf die private und die betriebliche Vorsorge gesetzt werden muss. Mit der Steuerreform haben wir beispielsweise allein an die privaten Haushalte fast 30 Milliarden DM zurückgegeben, die den Spielraum auch für Menschen mit kleinen Einkommen erhöhen, die private Vorsorge auszubauen. Bereits heute, wo Sie sich immer noch zieren und verweigern, haben wir die Ausgangssituation für ein Konzept zur Rentenstrukturreform verbessert. Wenn es uns wirklich gelingt, die Beiträge für die junge Generation zu stabilisieren, mit dem zurzeit diskutierten Angebot zur Unterstützung von kleineren Einkommen die betriebliche und die private Vorsorge auszubauen, eine bedarfsorientierte Grundsicherung einzuführen, um die Rente zukünftig auch armutsfest zu machen, und die eigenständige Absicherung von Frauen auszubauen, dann haben wir dieses Rentensystem in der Tat für die zukünftige Entwicklung fit gemacht. Es wird zu einem modernen Mischsystem kommen. Wir fangen damit an, einen Weg zu gehen, auf dem unsere Nachbarländer schon längst weiter fortgeschritten sind. Wenn Sie, meine Damen und Herren von der CDU, den Wahlkampf in NRW überstanden haben, wenn Sie Ihren neuen Bundesvorstand gewählt haben - ich wünsche Ihnen viel Glück dazu -, dann, so denke ich, sind Sie möglicherweise wieder in der Lage, in den Konsensgesprächen inhaltlich zu arbeiten. ({10}) Wir laden Sie ein, wir warten darauf. Vielen Dank. ({11})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Für die CDU/CSUFraktion spricht der Kollege Peter Weiß ({0}).

Peter Weiß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003255, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Rentenkonsensgespräche haben dann einen Sinn, verantwortlicher Umgang mit dem Thema Rente, den Frau Dr. Dückert gefordert hat, hat dann einen Sinn, wenn man sich auf das, was öffentlich gesagt und angekündigt wird, verlassen kann ({0}) und nicht jeweils nach wenigen Wochen feststellen muss, dass alles nicht mehr stimmt, was diese rot-grüne Bundesregierung, was dieser Arbeitsminister zum Thema Rente vorträgt. ({1}) Das ist der Gegenstand der heutigen Aktuellen Stunde. Der Bundeskanzler verspricht den Rentnerinnen und Rentnern nettolohnbezogene Rentensteigerungen. Nach wenigen Wochen einkassiert! Dann wird versprochen, es gebe den Inflationsausgleich. Fakt ist: Es gibt in diesem Jahr den Inflationsausgleich nicht, es gibt Rentenerhöhungen von 0,6 Prozent bei einer Inflationsrate von, wie derzeit absehbar, 1,8 Prozent. Diese Steigerung der Inflationsrate ist im Übrigen im Wesentlichen durch die Einführung der Ökosteuer verursacht. ({2}) Auch die Rückkehr zur nettolohnbezogenen Rentenerhöhung, wie von Herrn Riester angekündigt, gibt es nicht. Vielmehr versucht man mit einem Buchungstrick, die Nettolohnanpassung nach unten zu rechnen. Damit ist auch dieses von Riester einmal gegebene Versprechen bereits gebrochen. Wir haben also Rentenbetrug Nummer eins, zwei und drei erlebt. Was erleben wir denn noch? ({3}) Wenn Sie zu Ihrer Verteidigung - wie vorhin auch Frau Staatssekretärin Mascher in der Fragestunde - vortragen, es sei doch logisch, dass es wie im Gesetz vorgesehen laufen müsse, nämlich dass die Inflationsrate des Vorjahres für die Rentensteigerung in diesem Jahr zugrunde gelegt werden muss, dann, so muss ich sagen, meine Damen und Herren von Rot-Grün, widersprechen Sie leider Ihrer eigenen Argumentation. Das haben Sie heute vorgeführt. ({4}) Als Sie Ihren Rentenbetrug Nummer eins begründen mussten, haben Sie in Anzeigen folgenden Vergleich angestellt: Sie haben die nettolohnbezogenen Rentenerhöhungen in der Vergangenheit mit den aktuellen Inflationsraten der jeweiligen Jahre verglichen. Dann müssen Sie sich auch gefallen lassen, dass wir die gleiche Argumentation wie Sie anwenden, nämlich einen Vergleich der Rentensteigerung mit der aktuellen Inflationsrate vornehmen. ({5}) Sie müssen sich eben gefallen lassen, dass die Bürgerinnen und Bürger Sie an Ihrer eigenen Argumentation und Logik messen, nämlich dass die Rentenanpassung von plus 0,6 Prozent zum 1. Juli selbstverständlich mit der aktuellen Inflationsrate von 1,8 Prozent verglichen wird. ({6}) - So ist es aber. Das haben Sie gesagt. Das war Ihre Argumentation. Sie müssen es sich gefallen lassen, dass Ihnen das von den Bürgerinnen und Bürgern vorgehalten wird. ({7}) Noch schlimmer ist, dass es gar nicht allein um das Thema Rente geht. Ihrem Rentenbetrug folgt sogleich als nächstes Manöver der Betrug an den Sozialhilfeempfängerinnen und Sozialhilfeempfängern. Am 22. April 1999 hat die rot-grüne Mehrheit im Deutschen Bundestag eine Übergangsregelung im Bundessozialhilferecht um zwei Jahre verlängert, nach der die Sozialhilfesätze analog der Rente angepasst werden. ({8}) Bei der damaligen Bundestagsdebatte haben Sie erklärt, das sei deswegen vertretbar, weil sich die Renten in den nächsten Jahren wahrscheinlich wesentlich stärker als in der Vergangenheit erhöhen dürften. Deswegen sei dies auch für die Sozialhilfeempfänger eine ganz praktische Sache. Jetzt gibt es - das ist das Faktum keine nettolohnbezogene Rentenerhöhung, es gibt keinen Inflationsausgleich, es gibt ein Minus. So werden auch die Sozialhilfeempfängerinnen und Sozialhilfeempfänger von Ihnen betrogen. ({9}) Ihr drittes Manöver - nach Rentenbetrug und Sozialhilfebetrug -: ist der Betrug an unseren Familien und ihren Kindern. ({10}) - Ich komme noch auf das Bundesverfassungsgericht zu sprechen. ({11}) Das maßgebliche Kriterium für die Berechnung des steuerfrei zu stellenden Existenzminimums von Familien mit Kindern ist die Festlegung der Sozialhilferegelsätze. ({12}) Wenn die Renten und die Sozialhilferegelsätze nicht mehr in Höhe des Inflationsausgleichs angepasst werden, dann wird auch das Existenzminimum von Familien mit Kindern nicht mehr entsprechend angepasst. Schlimmer noch: Einer der Hauptpreistreiber in der aktuellen Inflationsentwicklung, nämlich die von Rot-Grün eingeführte so genannte Ökosteuer, trifft nicht nur die Rentner und die Sozialhilfebezieher, sondern erst recht auch die Familien mehrfach, weil sie keine Möglichkeit haben, die Mehrbelastungen auszugleichen. ({13}) Der in Familienfragen beschlagene und besonders ausgewiesene Sozialrechtler Jürgen Borchert hat letzte Woche im „Focus“ zu Recht festgestellt: Die Ökosteuer erweist sich als Höhepunkt „der materiellen Erdrosselung der Mehrkinderhaushalte“. So ist es leider. Was haben Sie von Rot-Grün uns in der Vergangenheit alles vorgeworfen! Sie haben uns tagtäglich soziale Kälte unterstellt. ({14}) Wenn ich das, was Sie heute dazwischengerufen und in der Vergangenheit vorgetragen haben, mit dem jetzt von Rot-Grün begangenen Renten-, Sozialhilfe- und Familienbetrug vergleiche, dann kann ich dazu nur eines sagen: Sie haben eine sozialpolitische Eiszeit eingeleitet! ({15})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Für die SPDFraktion spricht die Kollegin Ulla Schmidt aus Aachen.

Ulla Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002019, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte eigentlich gedacht, dass der rheinische Karneval und die Zeit der Büttenreden vorbei sind, weil die Fastenzeit angefangen hat. ({0}) Aber wahrscheinlich hat der Kollege Weiß dies noch nicht mitbekommen; denn seine ganze Rede bewegte sich auf dem gleichen Niveau wie seine Forderung im Wahlkreis, dass jeder Abgeordnete noch einmal 2 Milliarden DM extra ausgibt. Da wundert es natürlich nicht, dass Sie am Ende Ihrer Regierungszeit einen Schuldenberg von 1,5 Billionen DM angehäuft haben und dass wir 90 Milliarden DM an Zinsen pro Jahr zahlen müssen ({1}) - das hören Sie nicht gerne -, die uns fehlen, um sie in Dinge zu investieren, die uns wirklich nach vorne bringen. ({2}) Wenn es nicht so traurig wäre, dann wäre es eigentlich zum Lachen. ({3}) Peter Weiß ({4}) Ich sehe den Kollegen Seehofer. Herr Kollege, wenn Sie in Zeitungsinterviews - Sie geben jeden Tag ein Interview; manchmal wechseln auch Ihre Positionen - dem Arbeitsminister empfehlen, einen zweiten Rentenbetrug zu unterlassen, dann frage ich Sie: Haben Sie eigentlich schon einmal im Spiegel nachgeschaut, ob Ihnen angesichts einer solchen Empfehlung nicht die Schamröte ins Gesicht steigt? Für eine solche Empfehlung gibt es nur zwei Gründe: Entweder verstehen Sie nichts von Rentenpolitik, oder es ist blanker Populismus, der Sie solche Zeitungsinterviews geben lässt; denn Sie wissen, dass eine Anpassung der Renten immer nur auf der Basis der Daten des Vorjahres möglich ist und dass wir die Renten nicht in Höhe der geschätzten Inflationsrate dieses Jahres anheben können. Es kann ja sein, dass die inflationsbedingte Anpassung der Renten im nächsten Jahr höher ist als die Preissteigerung im nächsten Jahr. Das ist dann ein Plus. ({5}) - Hören Sie zu schreien auf! Das ist auch bei jeder nettolohnbezogenen Anpassung so gewesen. Wo kämen wir denn hin, wenn wir in diesem Jahr entscheiden würden, wie hoch die Anpassung der Renten entsprechend der geschätzten Inflationsrate ausfallen soll, um anschließend den Rentnern wieder ein bisschen wegzunehmen? Das ist doch keine seriöse Politik. Das, was Sie hier vorbringen, ist doch Kleinkinderkram. ({6}) Der Kollege Singhammer fordert hier: Herr Minister, machen Sie endlich ordentliche Politik und erhöhen Sie die Rente jetzt um 1,8 Prozent! So muss es sein! Haben Sie vergessen, was Sie beschlossen hatten? Sie stellen sich hierhin wie ein Baby, das vom Himmel gefallen ist, und sagen: Das ist die Welt; erkläre sie mir einmal! Haben Sie vergessen, dass nach Maßgabe Ihrer Rentenpolitik von den von Ihnen geforderten 1,8 Prozent, um die die Renten angepasst werden sollten, 0,6 Prozent hätten abgezogen werden müssen, weil Sie nämlich mit der willkürlichen Einführung des demographischen Faktors die Abkehr von der nettolohnbezogenen Anpassung der Rente auf 15 Jahre beschlossen hatten? Nichts anderes haben Sie gemacht! ({7}) Der Kollege Blüm redet den Zeitungen gegenüber immer von „unsozial und kopflos“. „Unsozial“ sagt ein Minister, der in den letzten Jahren in der Rentenpolitik nur eines gemacht hat: die Ausgabenseite zu beschneiden, und zwar immer zulasten der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler. Das, was nötig gewesen wäre, nämlich einmal die Einnahmenseite anzugehen, konnte man in Ihrer Partei überhaupt nicht durchsetzen. Wir haben die Einnahmenseite verändert. Wir haben demnächst 3 Milliarden DM mehr pro Jahr in der Rentenversicherung, ({8}) weil wir uns endlich an das schwierige Problem der ungeschützt Beschäftigten herangemacht haben. Das haben Sie nicht gemacht. ({9}) „Unsozial“ sagt ein Minister, der mit dem Wachstumsund Beschäftigungsförderungsgesetz von 1996 in bestehende Rentenanwartschaften eingegriffen hat, was bei den Frauen zu Rentenkürzungen von durchschnittlich 200 bis 300 DM geführt hat. Wer so etwas getan hat, braucht über Inflationsausgleich wirklich nicht zu reden. ({10}) „Unsozial“ sagt ein Minister, der 1983 - vielleicht erinnern Sie sich noch - als erste Amtshandlung im Haushaltssicherungsgesetz den Zeitpunkt der Rentenanpassung so en passant vom 1. Januar auf den 1. Juli verschoben hat. Das sagt ein Minister, der die Bedingungen für die Hinterbliebenenrente verschlechtert hat. Wir können über alles reden, und vielleicht waren viele Dinge auch notwendig. Einen Vorwurf müssen Sie sich aber gefallen lassen: Ihre Rentenpolitik war nie davon geprägt, wirklich dafür zu sorgen, dass die Renten armutsfest sind. Sie haben vielmehr alles zulasten der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler geregelt und haben nicht dafür gesorgt, dass es zu einer Gerechtigkeit zwischen Jung und Alt und zu einer Beständigkeit der Rente kommt, sodass man wirklich hätte sagen können: Die Rente ist sicher. Vielen Dank. ({11})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Der Kollege Julius Louven spricht für die CDU/CSU-Fraktion.

Julius Louven (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001378, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister Riester, Sie haben eben erklärt, dass Sie die Aktuelle Stunde für unnötig halten, und gemeint, wenn wir über Rente reden, müssten wir uns alle eingestehen, in der Vergangenheit nicht das Notwendige geleistet zu haben. Ich will Ihnen dazu sagen, dass wir von Ihnen gelernt haben, dass man in Aktuellen Stunden bestimmte Dinge aufarbeiten und diskutieren kann und muss. Ich denke, allein der Artikel im „Focus“ dieser Woche und die Äußerung von Herrn Rürup machen deutlich, dass eine Aktuelle Stunde zur Rentenproblematik angebracht ist. Ihre Aktuellen Stunden in der Vergangenheit waren immer geprägt von der Tendenz, unser Handeln sei überflüssig. Herr Ostertag hat uns ja eben unsere Sünden bei der Reha, bei den Ausbildungszeiten und bei der Erhöhung der Altersgrenze vorgehalten. Ich frage Sie, Herr Ostertag und Herr Minister: Was wäre heute eigentlich, wenn wir das nicht getan hätten? Ich frage Sie des Weiteren: Warum haben Sie das denn nicht rückgängig geUlla Schmidt ({0}) gemacht, wenn es so falsch ist? Anderes haben Sie doch auch rückgängig gemacht. Bevor ich auf Ihre Äußerungen eingehe, die alten Geschichten interessierten Sie nicht, will ich noch einige Sätze an Frau Schmidt richten. Frau Schmidt, Sie sagen: Wir haben die Einnahmensituation durch die Neuregelungen für geringfügig Beschäftigte ({1}) - und Scheinselbstständige - um 3 Milliarden DM verbessert. Dann müssen Sie doch fairerweise auch anerkennen, dass damit neue Leistungsansprüche entstehen, wenn auch nicht sofort. Die Faustregel ist doch: 1 DM Beitragseinnahme erfordert irgendwann 1,20 DM oder 1,30 DM an Ausgaben. ({2}) Von daher sollten Sie das nicht als Erfolg feiern. Nun aber zu den alten Geschichten. Wir hatten am 8. Mai 1996 eine Aktuelle Stunde, weil sich die Minister Waigel und Seehofer im CSU-Vorstand dahin gehend geäußert hatten, dass an einem demographischen Faktor kein Weg vorbeiführe. Damals äußerte sich Ihr Sprecher Dreßler: Die Regierung und die Koalition sollten sich nicht einbilden, sie könnten erst die nettolohnbezogene Rentenformel als langfristige Sicherung des Generationenvertrages feiern und dann nur vier Jahre später ... wieder abschaffen... Die Herren Blüm, Kohl und Waigel - und Seehofer begehen einen Wortbruch... Wir werden diesen Wortbruch beim Namen nennen. Nun können Sie sagen: Was interessiert uns Dreßler? Der ist demnächst irgendwo Botschafter. Ich kann Ihnen aber entgegenhalten: Sie alle, die Sie damals schon hier waren, haben Dreßler immer wieder frenetisch Beifall gespendet. ({3}) In dieser Aktuellen Stunde hat sich auch Herr Dreßen geäußert. Wo ist er jetzt? - Er ist leider weg. Ich kann Ihnen aber nicht vorenthalten, was Herr Dreßen sagte: ... wenn der Bundeshaushalt ... den Bilanzgesetzen für Wirtschaftsunternehmen unterliegen würde, dann würden die Herren Kohl, Waigel, Blüm neben Jürgen Schneider in einer Gefängniszelle schmoren ... Diese Herren sind ... die Totengräber des Systems. Einer der politischen Offenbarungseide wird uns nun durch das klaffende Loch in der Rentenversicherung präsentiert. Das ist nicht nur unsozial, sondern grenzt an Kriminalität. Damals machten wir uns daran, die Probleme zu lösen. In besagter Debatte hat sich auch Ihr Fraktionsvorsitzender Scharping geäußert. Er hat darauf hingewiesen, dass es im Parlament keine Debatte gegeben habe. Er hat erklärt: ... sondern mit allerlei Interviewäußerungen Verunsicherung und Angst zu säen, ohne konkret zu sagen, was geschehen soll, ist ein Verhalten, das sich selbst richtet. Sie haben die Wählerinnen belogen; Sie haben die Rentner und Rentnerinnen betrogen. ({4}) Am 27. Juni 1997 fand die erste Lesung zu unserem Rentenreformgesetz statt. Damals hat sich Herr Dreßler wieder markig geäußert. Sie können dies im Protokoll der Sitzung vom 27. Juni 1997 auf Seite 16775 nachlesen: Was wir versprochen haben - so Dreßler -, wird die SPD halten. Sie wird nicht das Wort brechen. Wir werden den Wählern vortragen, „ob sie Ihren Weg, Herr Blüm, der Kürzung gehen wollen oder unseren Weg der Strukturveränderung“. ({5}) Zur Nettoformel sagte Dreßler auf eine Frage von Heiner Geißler Folgendes: Die SPD hat das 1989 nicht nur mitgetragen, sie hat vielmehr einen Parteitagsbeschluss, der dies verlangt. - Ich rede hier von der Nettoformel, die wir gemeinsam eingeführt haben. - In dieser Frage sind wir nicht das Anhängsel von CDU/CSU. Wir haben eine eigenständige Position, die wir durchgesetzt haben. Dies ist ein himmelweiter Unterschied. Insofern, meine Damen und Herren, haben Sie zu Beginn der Legislaturperiode gegen einen Parteitagsbeschluss verstoßen. ({6}) Auch am 14. November 1996 hatten wir eine Rentendebatte. Darin hat uns Dreßler vorgeworfen: Die CDU/CSU ist dafür verantwortlich, dass Frauen und Männer länger arbeiten müssen, dass die gekürzte Anrechenbarkeit von Ausbildungszeiten die Rente vermindert ... die Rehabilitation, drastisch eingeschränkt werden. Ich sage es nochmals, Herr Ostertag: Stellen Sie sich vor, wir hätten dies nicht getan! Nun könnte ich Ihnen noch weitere schöne Zitate von all denen bringen, die in der letzten Legislaturperiode an den Rentendebatten teilgenommen haben. ({7}) Leider fehlt mir dazu die Zeit. Aber - Frau Schmidt, verlassen Sie sich darauf - ich bekomme noch Gelegenheit, Frau Mascher, Herrn Andres und Herrn Schreiner zu zitieren. Auch Herr Ostertag hat sich geäußert. Herrn Dreßen habe ich schon zitiert. Ich komme noch dazu, Ihnen diese Aussagen vorzuhalten. Sie haben immer so getan, als sei Handeln nicht notwendig. Sie haben es als unsozial gebrandmarkt. ({8}) Heute stehen Sie vor dem Dilemma, dass Sie die Probleme nicht gelöst bekommen. ({9}) Ich sage Ihnen dennoch abschließend: Wir sind zu Konsensverhandlungen bereit, aber nicht nach dem Motto „Die CDU/CSU fürs Grobe und Riester und Genossen fürs Schöne“. Nach diesem Motto läuft ein Rentenkonsens mit uns nicht. ({10})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Für die SPDFraktion spricht die Kollegin Erika Lotz. ({0})

Erika Lotz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002726, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich denke, die Not bei der Union ist groß, dass sie wieder zu diesem Thema eine Aktuelle Stunde beantragen muss. Ich frage mich: Warum wieder diese Aktuelle Stunde? ({0}) Ich denke, das hängt nicht nur mit dem Wahlkampf in NRW zusammen. Ich glaube, dabei geht es auch um Ablenkung von Spendensammlungen oder schwarzen Kassen in Hessen. ({1}) Das mag Ihnen nicht gefallen, aber diese Aktuelle Stunde hat aus meiner Sicht auch diesen Hintergrund. Herr Singhammer, Sie haben sich hier hingestellt und den Bundeskanzler angegriffen und sozusagen Wahrheit gefordert. Ich denke, dem muss man eigentlich nichts hinzufügen. Diese Aussage spricht für sich. ({2}) Mit Ihrer Aktuellen Stunde erreichen Sie genau das, was aus unserer Sicht nicht geschehen sollte: Sie verunsichern wieder Rentnerinnen und Rentner, und das ganz gewaltig. ({3}) Aber auch die Medien scheinen Ihnen zumindest zeitweise auf den Leim gegangen zu sein, wenn ich an die Diskussion um die Rentenanpassung zum 1. Juli denke. ({4}) Es war immer so, das ist hier schon ausgeführt worden dass sich die Rentenanpassung an der Entwicklung im Vorjahr orientiert, nur ist es eben in diesem Jahr - die Preissteigerung. ({5}) - Sie scheinen uns ja sehr viel zuzutrauen, Herr neuer sozialpolitischer Sprecher Laumann. Sie trauen uns zu, schon im Januar zu wissen, wie hoch die Preissteigerung in diesem Jahr sein wird, um die entsprechende Anpassung vornehmen zu können. Aber was Sie tun, ist aus meiner Sicht unverantwortlich - unverantwortlich, weil Sie damit ganz einfach Rentner und Rentnerinnen verunsichern. ({6}) Herr Laumann, Sie haben die Konsensgespräche angeführt, im Grunde ein wenig die Hand ausgestreckt. Aber das, was dann über eine ganze Zeit an Argumentation erfolgt ist, hat sehr wenig mit Konsens zu tun. Es wäre sicher sinnvoll, uns nicht nur vorzuhalten, kein Konzept zu haben. Sie kennen es doch genau; Arbeitsminister Riester hat es schon x-mal vorgetragen. ({7}) Aber Sie beharren immer auf dem Demographiefaktor. Was hat denn der Demographiefaktor an sich? Er ist doch nur ein zusätzlicher Faktor in der Anpassungsformel, eingefügt von Ihnen, um die Lebenserwartung der 65-Jährigen einzurechnen. Sie tun so, als sei dies wissenschaftlich begründet. Das ist aus meiner Sicht eine Pseudowissenschaft. ({8}) Was sagt denn dieser Faktor? - Die jeweilige Anpassung um die zurückliegenden Werte aus neun oder acht Jahren soll den Rentenanstieg dämpfen. Warum neun, warum nicht acht Jahre, warum nicht das vor uns liegende Jahr? ({9}) Eine weitere Frage. Sie hatten ja beschlossen, dass dieser Faktor nur zur Hälfte wirken soll. Warum nur zur Hälfte? Wann hätten Sie das eventuell geändert? Die Arbeitgeberverbände hatten ja die ganze Zeit über gefordert, den Faktor voll zu berechnen. ({10}) Dann soll bei 64 Prozent aufgehört werden. Wo war die Garantie dafür? Wer glaubt Ihnen denn, dass Sie da Halt gemacht hätten? Hören Sie doch auf, in den Verhandlungen, in den Konsensgesprächen so zu tun, als ob Sie ein Konzept hätten, sondern setzen Sie sich mit unserem Konzept auseinander! ({11}) - Mit dem, das Ihnen vorgetragen worden ist, mit dem, was auf dem Tisch liegt. ({12}) - Es ist doch lachhaft, was Sie hier machen. ({13}) Es zeigt, dass Sie an einem Konsens überhaupt nicht interessiert sind. Das, was Sie hier machen, ist billige Polemik. ({14}) Sie tun so, als würden Sie mit Ihrem Demographiefaktor den jungen Menschen einen Dienst erweisen, aber genau Ihr Konzept, Ihr demographischer Faktor hätte doch bewirkt, dass die jüngeren Leute, diejenigen, die unter 50 Jahre alt sind, besonders davon betroffen werden. ({15}) Einen Satz will ich zu dem Vorwurf hinsichtlich der Ökosteuer noch sagen. Dieser Vorwurf wird von Ihnen hochgekocht; aber auch Frau Schwaetzer hat sich darauf eingelassen. Ihr Gedächtnis scheint sehr kurz zu sein. Sie scheinen auch auf ein kurzes Gedächtnis der Wähler und Wählerinnen zu setzen. Unter Ihrer Regierung ist die Mineralölsteuer von 49 Pfennig auf 98 Pfennig angehoben worden. ({16}) Jetzt sind es gerade einmal 12 Pfennig an sozialökologischer Steuer, die darauf aufgeschlagen wurden. Diese Einnahme kommt voll der Rentenversicherung zugute, der Sie in der Vergangenheit nur Belastungen aufgebürdet haben. ({17}) Von daher: Reden Sie nicht nur über einen Konsens, sondern verhalten Sie sich auch ein bisschen danach! Ich gebe den Mut noch nicht ganz auf, dass wir in weiteren Gesprächen zu einer Einigung kommen können. Allerdings setzt das von Ihrer Seite ein Stück mehr Bewegung voraus. Danke schön. ({18})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Für die CDU/CSUFraktion spricht der Kollege Horst Seehofer.

Horst Seehofer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002140, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht schlicht und einfach um die Frage, in welchem Umfang und Ausmaß für 17 Millionen Rentner am 1. Juli dieses Jahres die Rente erhöht wird. Es ist schlimm, mit welcher Kaltschnäuzigkeit Vertreter der Regierungskoalition von diesem Sachverhalt, der für die Lebensbedürfnisse, den Lebensstandard und die Lebensbedingungen von 17 Millionen Menschen von großer Bedeutung ist, hier abzulenken versuchen, indem sie das Ganze als angebliche Vergangenheitsbewältigung oder Wahlkampf abqualifizieren. ({0}) Das ist für 17 Millionen Menschen von höchster Bedeutung. ({1}) Ich hätte mir niemals vorstellen können, dass eine Sozialdemokratie kaltschnäuzig darüber hinweggeht. ({2}) Ich möchte Ihnen einmal sagen, worum es tatsächlich geht. Der „Spiegel“ schreibt in dieser Woche über Riesters Rententrick. Nach allgemeinem Sprachgebrauch spricht man von einem Trick, wenn Menschen andere Menschen über ihre wahren Absichten täuschen. Leider Gottes ist dies in den letzten eineinviertel Jahren in der deutschen Rentenpolitik zur Methode geworden. ({3}) Das müssen wir aussprechen. Es geht jetzt gar nicht darum, dass Sie entgegen Ihrer Wahlaussage die Rentner von der Nettolohnentwicklung abgekoppelt haben. Wir haben hier Aktuelle Stunden erlebt, in denen diese Wunde von der Opposition aufgedeckt und kritisiert worden ist. Sie haben davon gesprochen, wir würden die Rentner verunsichern, und wir sind dann davon überrascht worden, dass sich der Bundeskanzler entschuldigt hat. Im Allgemeinen entschuldigt man sich in der Bundesrepublik Deutschland nicht dafür, dass man die Wahrheit gesagt hat, sondern dafür, dass man die Leute angelogen hat. Das ist die Realität. ({4}) Aber darum geht es uns gar nicht. Uns geht es darum, dass Sie erstens das Gegenteil von dem getan haben, was Sie im Wahlkampf gesagt haben, und zweitens von der Nettolohnentwicklung abgerückt sind. Es war fünfzigjähriger Konsens in Deutschland, dass die Rentner an der wirtschaftlichen Entwicklung der Arbeitnehmer dadurch teilhaben, dass die Renten an die Löhne angekoppelt bleiben. Das haben Sie jetzt für zwei Jahre aufgegeben und gegenüber der Öffentlichkeit so begründet: Regt euch mal nicht so auf! Wir sorgen dafür, dass die Rentner auf jeden Fall ihre Kaufkraft ausgeglichen bekommen. - An diesen Aussagen, Frau Schmidt, waren auch Sie beteiligt. Sie haben noch im November 1999, vor wenigen Wochen, gesagt: Die Bundesregierung hat einen Inflationsausgleich und damit eine Sicherung der Kaufkraft zugesagt, egal wie sich die Preise entwickeln. ({5}) Der Bundeskanzler hat auf dem ordentlichen Gewerkschaftstag der IG-Metall am 6. Oktober 1999, also nach der Abkoppelung von der Nettolohnentwicklung, gesagt: Nun noch ein Wort zur Anpassung der Renten in den nächsten beiden Jahren nach der Preisentwicklung. Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit das völlig klar ist: Es handelt sich hier nicht um Kürzungen, sondern um den Erhalt der Kaufkraft. Sie müssen den Leuten sagen, was Sie vorhaben. Die Bundesregierung muss darüber im April noch einen Beschluss fassen. Im letzten Jahr betrug die Inflationsrate 0,6 Prozent. Die aktuelle Inflationsrate liegt nach dem Statistischen Bundesamt bei 1,8 Prozent und nach den Prognosen der Regierung für das ganze Jahr 2000 bei 1,5 Prozent. Sie wählen für die Rentenerhöhung am 1. Juli dieses Jahres nicht den Kaufkraftausgleich für den Preisanstieg, den die Rentner durch die von Ihnen veranlasste Ökosteuer in diesem Jahr erleben, sondern Sie wählen zur Schonung der Rentenversicherung und der Bundeskasse die Inflationsrate aus dem letzten Jahr. Hierbei bahnt sich ein neuer Wortbruch an, weil Sie den Rentnern einen Kaufkraftausgleich versprochen haben. ({6}) Sie haben nicht nur den Kaufkraftausgleich versprochen. Sie haben den älteren Leuten auch gesagt: Das ist etwas Wunderbares; denn dadurch unterscheiden wir uns von der Regierung Helmut Kohl. Die hat nämlich, so Riester, mehrere Jahre keinen Inflationsausgleich gewährt. Herr Riester, Sie haben gesagt: Wir nehmen jetzt das erste Mal seit vier Jahren wieder einen echten Kaufkraftausgleich vor. Sie haben uns mit dem Vorwurf an den Pranger gestellt, wir hätten das nicht gemacht. Wir erheben den Vorwurf, dass Sie seit vielen Monaten, so schreibt der „Spiegel“, mit Tricks gegenüber der älteren Bevölkerung arbeiten. Tricks heißt: Sie machen das Gegenteil dessen, was Sie in der Öffentlichkeit versprechen. Das tun Sie jetzt wieder. ({7}) Es ist eine ureigene Aufgabe einer Opposition - jenseits der Konsensgespräche, auf die ich noch zu sprechen komme -, den Finger in die Wunde zu legen und der Öffentlichkeit die Augen dafür zu öffnen, dass zwischen den Worten und den Taten der Bundesregierung ein so großer Unterschied wie zwischen Karl Marx und Bill Gates besteht. So groß ist der Unterschied mittlerweile. ({8}) Herr Riester, wir möchten Sie davor schützen, den nächsten Fehler zu begehen. Sie bekräftigen beinahe in allen Interviews - zuletzt wieder in der „Bild“-Zeitung die Rückkehr zur Nettolohnformel im Jahre 2002. Gleichzeitig stellen Sie in Ihrem Hause Überlegungen an, wie man ab dem Jahre 2002 nicht mehr zur Nettolohnformel zurückkehrt, indem Sie zwar weiterhin davon sprechen: „Wir kehren zur Nettolohnformel zurück“, aber die Nettolohnformel neu definieren, so wie Sie sie sich vorstellen. Gegenüber dem geltenden Recht würde das ein Minus bedeuten. ({9}) Deshalb fordern wir Sie auf: Kehren Sie zur Nettolohnanpassung zurück! Wir sind bereit, auch den Demographiefaktor - es handelt sich um einen Abzug von der Nettolohnentwicklung um 0,4 Prozent - mitzutragen, ({10}) weil wir im Gegensatz zu Ihnen keine Blockadepolitik machen, sondern staatspolitische Verantwortung bei der Alterssicherung anstreben. ({11}) Dazu sind wir bereit. Dieser Weg hieße Verlässlichkeit und würde das Vertrauen in die Rentenversicherung wieder sichern. ({12}) Ein Letztes. Wenn nun von Finanzbelastungen die Rede ist, dann möchte ich einmal an die Kolleginnen und Kollegen der SPD appellieren: In einer Zeit, in der diesem Parlament ein Gesetzentwurf vorliegt, nach dem Kapitalgesellschaften, also insbesondere Banken und Versicherungen, bei der Veräußerung von Unternehmensbeteiligungen steuerfrei gestellt werden sollen immerhin handelt es sich zulasten des Bundeshaushaltes um ein Privilegium der großen Konzerne -, belasten Sie den Steuerzahler mit über 4 Milliarden DM. Sie verkaufen damit die Seele der Sozialdemokratie, wenn Sie gleichzeitig sagen: Aber für den Kaufkraftausgleich der Rentner haben wir zu wenig Geld.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Herr Kollege Seehofer, Sie müssen jetzt zum Schluss kommen.

Horst Seehofer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002140, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Diese Politik ist nicht stimmig. Herr Riester, wir sind zu diesem Rentenkonsens bereit; wir führen ernsthafte Gespräche. Ich prognostiziere Ihnen heute: Wenn wir in die Entscheidungsphase kommen, dann werden Sie möglicherweise für die Hilfe im Umgang mit manchen neoliberalen Vorstellungen und für die Unterstützung bei manchem, was Sie der SPD-Fraktion zumuten müssen, noch dankbar sein.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Herr Kollege Seehofer, die Redezeit.

Horst Seehofer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002140, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Was die Wahrheit betrifft, sind wir bereit, der Bevölkerung reinen Wein einzuschenken, wie wir es vor der Wahl getan haben.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Herr Kollege Seehofer, Sie müssen jetzt zum Schluss kommen.

Horst Seehofer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002140, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Bei aller Bereitschaft zum Konsens: Wir sind nicht bereit, uns an Täuschungen und Tricks in der Tagespolitik zu beteiligen; deshalb wird es trotz dieses Konsenses dabei bleiben, dass wir als Opposition Ihnen im Tagesgeschäft auf die Finger schauen. ({0})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Kollege Olaf Scholz.

Olaf Scholz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003231, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist eine gute Sache, dass mittlerweile die Rentenkonsensgespräche stattfinden. Es ist eine gute Sache, dass allseits beteuert wird, nun wolle man da ordentlich miteinander umgehen. Aber es ist eine schlechte Sache, wenn das äußere Beiwerk, die öffentlichen Diskussionen außerhalb der Rentenkonsensgespräche, so ausgestaltet ist, dass man das Geschehen nicht ernsthaft nachempfinden kann. Genau das aber erleben wir hier gegenwärtig. Es gehört zu Konsensgesprächen, dass man Argumente nennt, die wirklich gelten und für die man am Ende auch einstehen will. Außerdem gehört zu Konsensgesprächen - Herr Seehofer, darüber haben Sie am Schluss gesprochen, als Sie von „Wahrheit“ geredet haben -, dass man keinen unwahren Eindruck vermittelt, sondern in der Tat präzise über diejenigen Dinge spricht, die wirklich zu sagen sind. Darum will ich über ein paar Unseriositäten und Unrichtigkeiten dieser Debatte sprechen. Die erste ist das, was Sie zum Anlass dieser Aktuellen Stunde genommen haben, die Anpassung nach dem Inflationsausgleich. Hierzu hat der Bundestag ein Gesetz beschlossen. Das war keine Geheimveranstaltung; Sie alle waren dabei. Sie waren zwar gegen das, was wir beschlossen haben; aber Sie haben zugehört und können die entsprechenden Gesetzestexte nachlesen. Sie könnten den Menschen dann auch wahrerweise sagen, dass dort steht, dass für zwei Jahre eine Aussetzung der bisherigen Anpassungsformel erfolgt und dass sich in dieser Zeit die Rente jeweils nach der Inflationsrate des Vorjahres entwickeln soll. In keinem dieser Gesetzestexte steht, dass die Regierung, wie Sie soeben unrichtig und unwahr suggeriert haben, ({0}) einen Handlungsspielraum hätte, der etwas anderes ermöglichte als eine Anpassung um 0,6 Prozent, über die jetzt diskutiert wird. ({1}) Wenn die Regierung anders handeln würde, wäre das ein Gesetzesbruch. Der Bundestag müsste etwas anderes und Neues beschließen, damit die Regierung das überhaupt könnte. ({2}) Deshalb ist es sehr wichtig, dass nicht darüber diskutiert wird, dass die Bundesregierung etwas anderes tut, als der Gesetzgeber letztes Jahr beschlossen hat. Wir sollten vielmehr darüber diskutieren, dass die CDU/CSU suggeriert, wir hätten im letzten Jahr etwas anderes beschlossen als das, was schwarz auf weiß in den Gesetzen steht. Ihr Vorgehen entspricht der Unwahrheit und ist nicht gut für die Rentenkonsensgespräche. ({3}) Die Verschiebung der Wahrheit scheint auch ansonsten etwas zu sein, was Sie im Rahmen dieser Diskussion für wichtig halten. Ich will deshalb auf Folgendes hinweisen: Wir diskutieren im Rahmen der für zwei Jahre vorgesehenen Aussetzung der bisherigen Rentenanpassung und der Anpassung entsprechend der Inflationsrate des Vorjahres über ein Problem, das Sie gerne gehabt hätten. Denn tatsächlich ist es so, dass die Rentenanpassungen in den letzten Jahren, also seit 1995, immer schlechter ausgefallen sind, als sie ausgefallen wären, wenn sie um die Inflationsrate erhöht worden wären. ({4}) Das heißt, die alte Rentenformel hat dazu geführt, dass die Renten geringer gestiegen sind als die Inflationsrate. ({5}) Und warum? Das hat etwas damit zu tun, dass die Politik der alten Bundesregierung 16 Jahre lang dazu beigetragen hat, dass die Sozialversicherungsbeiträge für Arbeitnehmer und Arbeitgeber von 32 auf 42 Prozent angestiegen sind und sich dadurch die Nettolöhne natürlich nicht ordentlich entwickeln konnten. ({6}) Das hat etwas damit zu tun, dass Sie eine Steuerpolitik betrieben haben, die den Familien, Menschen mit geringem Einkommen, dem Mittelstand sowie den normalen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern netto immer weniger von ihrem Bruttolohn belassen hat. Das hat dazu geführt, dass es überhaupt keine Aussicht mehr gab auf eine Anpassung nach der Entwicklung der Nettolöhne, die die Anpassung nach der Inflationsrate hätte übertreffen können. Hätten Sie weiter regiert, wäre das trotz aller vorgesehenen Formeln niemals anders gewesen. ({7}) Nach diesen zwei Jahren - mit Ausnahme des ersten Jahres unserer Regierung, in dem dies schon der Fall war - wird es das erste Mal dauerhaft die Möglichkeit geben, dass die Anpassung der Renten wieder oberhalb der Inflationsrate liegt. Das hat etwas mit der Steuerund Sozialpolitik der Regierung zu tun und darüber sollten Sie richtig sprechen. ({8}) Ich will zum letzten Punkt kommen, den ich in diesem Zusammenhang für bedeutsam halte, nämlich dazu, dass Sie bereits das nächste Thema ansprechen, angesichts dessen Sie die Wirklichkeit verschieben wollen: Es handelt sich um die Frage, was in zwei Jahren sein soll. Da hört man von verschiedenen Seiten - das kann man übrigens auch nachlesen -, dass man sich - mit Ausnahme der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands und des zuständigen Ministers - nicht sicher ist, ob man wirklich zur Nettolohnanpassung bzw. zur Anpassung der Renten entsprechend der Lohnentwicklung wirklich zurückkehren soll. Sie sind dagegen - das haben Sie soeben gesagt -, indem Sie noch einmal den Demographiefaktor, der für viele Jahre eine Abkehr von der Nettolohnanpassung darstellt, benannt haben. ({9}) Es gibt übrigens noch viele andere Konzepte, die alle seitens Ihrer Kommissionsvertreter vorgebracht werden und die alle besagen: Eine Anpassung nach der Nettolohnformel geht nicht. Auch bei der F.D.P. wird darüber so diskutiert. Sie werfen jetzt dem Minister, der angesichts Ihrer Meinung standhaft die Wiederanpassung der Renten entsprechend der Entwicklung der Löhne verteidigt und Sie in den kommenden Gesprächen von seiner Haltung überzeugen will, vor, er wolle das nicht. Das ist Demagogie statt Politik. Ich hoffe, Sie nehmen davon Abstand. ({10})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Aktuelle Stunde ist beendet. Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tagesordnung. Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend und unseren Gästen auf den Tribünen weiterhin einen angenehmen Aufenthalt in Berlin. ({0}) - Ja, hoffentlich weiterhin. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 23. März 2000, 9 Uhr, ein. Die Sitzung ist geschlossen.