Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 11/3/1999

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Die Sitzung ist eröffnet. Ich begrüße Sie. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf: Befragung der Bundesregierung Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Kabinettssitzung mitgeteilt: Investitionsprogramm für den Ausbau der Bundesschienenwege, Bundesfernstraßen und Bundeswasserstraßen in den Jahren 1999 bis 2002. Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht hat der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr-, Bau- und Wohnungswesen, Lothar Ibrügger. Herr Staatssekretär, ich gebe Ihnen das Wort. ({0})

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute morgen hat das Kabinett das Verkehrsinvestitionsprogramm für die Jahre 1999 bis 2002 zur Kenntnis genommen. Mit dieser Entscheidung zeigt die Bundesregierung ihren Willen zur Gestaltung einer zielgerichteten, verläßlichen und realistischen Infrastrukturpolitik. Die Verständigung, die Bundesminister Reinhard Klimmt mit dem Koalitionspartner zu diesem Punkt erzielt hat, belegt: Die Koalition ist auf diesem Feld handlungsfähig. Wir investieren mit diesem Programm in eine moderne und leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur. Damit schaffen wir zentrale Voraussetzungen für mehr Wachstum und Beschäftigung in Deutschland. Die Unternehmen und die Bürgerinnen und Bürger wissen, daß Ausbau und Erhalt unserer Verkehrswege für die Wirtschaft und für unsere mobile Gesellschaft unerläßlich sind. Wir haben uns für eine solide Infrastrukturpolitik entschieden. Solide Infrastrukturpolitik zeichnet sich durch realistische Investitionspläne und klare Prioritäten aus. In diesem Sinne haben die Regierungsparteien, wie in der Koalitionsvereinbarung beschlossen, den alten Bundesverkehrswegeplan, der eine unverantwortlich hohe Finanzierungslücke von 80 bis 90 Milliarden DM aufwies, zu überarbeiten. Das von der Bundesregierung vorgelegte Investitionsprogramm 1999 bis 2002 ist ein erster Schritt auf dem Weg zu einer verläßlichen, realistischen Investitionsplanung. Das Programm schafft für die Regionen Planungssicherheit im Bau und Kontinuität. Es faßt alle bereits begonnenen und bis zur Vorlage des neuen Bundesverkehrswegeplans finanzierbaren Maßnahmen zusammen. Damit erreichen wir Investitionsklarheit, Investitionswahrheit und Verläßlichkeit. Dieses Programm wurde auch mit den Ländern erörtert und abgestimmt. Es entspricht den Koalitionsvereinbarungen; Wachstum und Beschäftigung werden sichergestellt. Die Verkehrsprojekte „Deutsche Einheit“ werden weitergeführt, und der Aufbau Ost wird fortgesetzt. Bereits begonnene Investitionsvorhaben werden zügig umgesetzt. Das Programm setzt sich aus zwei Teilen zusammen: hochprioritären Investitionsmaßnahmen in Höhe von 64,5 Milliarden DM und prioritären Investitionsmaßnahmen in Höhe von 2,85 Milliarden DM. Insgesamt entfallen auf die Neu- und Ausbaumaßnahmen rund 36 Milliarden DM. Die restlichen Mittel fließen in den dringend notwendigen Erhalt der in den vergangenen Jahren systematisch vernachlässigten Verkehrsinfrastruktur. Mit einem immer größeren Verkehrsnetz werden gerade die Investitionen in Ersatz und Erhaltung immer wichtiger. Wir tragen immerhin für ein Verkehrsnetz mit einem Gesamtvermögen von über 570 Milliarden DM Verantwortung. Mit dem Investitionsprogramm 1999 bis 2002 setzen wir im übrigen die Akzente. In den alten Bundesländern verteilen sich die Investmittel in Höhe von 28,6 Milliarden DM bereits jetzt zu 55 Prozent auf die Schienenwege und zu 45 Prozent auf die Bundesfernstraßen.In den ostdeutschen Ländern werden wegen des großen Nachholbedarfs beim Verkehrswegebau der Bundesstraßen 60 Prozent der Mittel für die Straßen und 40 Prozent für die Bundesschienenwege zur Verfügung gestellt. Im übrigen schaffen wir eine Reihe von Maßnahmen zur Angleichung der Straßen- und Schieneninvestitionen. Für die Lärmsanierung an Schienenwegen investie5784 ren wir 400 Millionen DM. Viele Jahrzehnte haben Bürgerinnen und Bürger an vorhandenen Schienenwegen auf Lärmschutz gewartet. Für Eisenbahnkreuzungsmaßnahmen stehen 800 Millionen DM zur Verfügung, für S-Bahn-Investitionen 1,2 Milliarden DM. Darüber hinaus stehen auch noch Mittel für die privat vorfinanzierten Schienenwege zur Verfügung. Für die Bundesregierung gilt, daß wir alle Möglichkeiten ausschöpfen wollen, um zusätzliche Mittel für Investitionen in den Erhalt und den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur zu mobilisieren. Dies betrifft alle Verkehrsträger gleichermaßen. Wir sind uns darüber einig, daß aus verkehrs- und klimaschutzpolitischen Gründen ein höherer Anteil des Schienenverkehrs am Verkehrsaufkommen anzustreben ist. Deswegen sollen noch nicht verausgabte Mittel möglichst für einen höheren Anteil des Schienenverkehrs am Verkehrsaufkommen eingesetzt werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Hinblick auch auf die alten Bundesländer möchte ich betonen: Die Verkehrsprojekte Deutsche Einheit kommen der gesamten Bundesrepublik Deutschland zugute. Ihre Realisierung bedeutet: Deutschland bleibt insgesamt ein erstklassiger Wirtschaftsstandort mit einer hervorragenden Verkehrsinfrastruktur. Daran muß uns allen gelegen sein. Deutschland gewinnt nicht im Gegeneinander, sondern wir kommen nur gemeinsam voran. Das gilt für die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte und für die Investitionen in unsere Stärken, also für die Investitionen in Infrastruktur und Bildung, und es gilt für unseren Ruf als leistungsfähiges Land insgesamt.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär. - Zur ersten Frage gebe ich der Kollegin Renate Blank das Wort.

Renate Blank (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000194, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, zunächst bedaure ich natürlich, daß der Minister nicht an Ihrer Stelle steht, aber das soll keine Abwertung Ihrer Person sein, sondern lediglich eine Bemerkung und eine leichte Kritik am Minister. Herr Staatssekretär, Sie haben das Investitionsprogramm vorgestellt. Meine Frage lautet: Hat sich dieses Investitionsprogramm finanziell verändert, nachdem Bündnis 90/Die Grünen reklamiert hatten, und wenn ja, in welcher Form? Wenn nein, dann erlaube ich mir die Bemerkung, daß die Grünen wieder einmal eingeknickt sind. ({0})

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

Sehr verehrte Frau Kollegin Blank, es ist nicht meine Aufgabe, Bewertungen, die Sie gerade ausgesprochen haben, zu kommentieren. Aber meine und Ihre verkehrspolitische Erfahrung der letzten Jahrzehnte zeigt, daß fast jedes Verkehrsprojekt in sich Konflikte birgt. Wir sprechen hier über ein Investitionsprogramm, das mehr als 1 000 Projekte im gesamten Bundesgebiet umfaßt. Bei einer Fülle von Projekten gibt es erhebliche Interessenund Auffassungsunterschiede. Dies hat aber nach meiner Erfahrung weniger mit parteipolitischen Auffassungen, sondern letzten Endes auch mit der Interessenlage von Städten und Gemeinden, von Regionen, der Länder gegenüber dem Bund und umgekehrt im Hinblick auf die Priorität einzelner Projekte zu tun. Dieses Programm, das wir auch den Mitgliedern des Deutschen Bundestages Anfang September im Entwurf vorgestellt haben, ist in seinem wesentlichen Kerngehalt nicht geändert worden, sondern es beruht auf der Zusammenstellung der bereits begonnenen Baumaßnahmen und enthält eine kleine - aus unserer Sicht leider viel zu kleine - Zahl von neuen Vorhaben, beispielsweise Ortsumgehungen zur Entlastung der lärmgeplagten Bevölkerung, die wir gerne noch aufgenommen hätten, wenn uns dafür genügend Geld zur Verfügung gestanden hätte. Dies ist aber nicht der Fall. ({0}) Insofern ist das Investitionsprogramm im Grundsatz nicht geöffnet worden, sondern so geblieben, wie Sie es auch zur Kenntnis bekommen haben.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine zweite Frage der Kollegin Blank.

Renate Blank (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000194, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir zu, daß keine Veränderung im finanziellen Bereich eintritt, indem ich die Vorhaben umbenenne und nicht mehr von „vordringlichem Bedarf“, sondern von „hochprioritären Projekten“ spreche, und wie wollen Sie Arbeitsplätze in Deutschland sichern, wenn die Maßnahmen in den nächsten vier Jahren gestreckt werden und den Ländern, zum Beispiel Bayern und Nordrhein-Westfalen, für neue Maßnahmen im Bereich der Ortsumgehungen, die Sie gerade besonders bewertet haben, weniger Geld zur Verfügung steht? ({0})

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

Liebe Frau Kollegin Blank, allen Beteiligten - den Bundesländern und dieser Bundesregierung, aber auch der Vorgängerregierung - war klar, daß auf Grund der von der Regierung Kohl eingeleiteten Staatsüberschuldung die Investitionsansätze, die das Kabinett für den Bundesverkehrswegeplan 1992 beschlossen hatte, nicht zu halten waren. Dies zeichnete sich schon 1992 gleich nach Beschlußfassung des Bundeskabinetts über den Bundesverkehrswegeplan ab, weil es weitaus mehr Maßnahmen im vordringlichen Bedarf des Ausbauplans für die Bundesfernstraßen und durch das Schienenwegeausbaugesetz gab als überhaupt Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden konnten. Daraus resultiert bis zur Verwirklichung des Bundesverkehrswegeplans im Jahre 2012 das Defizit von 80 bis 90 Milliarden DM, das ich eben angesprochen habe. Das heißt, alle Beteiligten wußten, daß dieses ehrgeizige Programm nicht mit den Finanzmitteln in Deckung gebracht werden kann. Im Hinblick auf die hohe Beschäftigungswirkung durch Investitionen im Verkehrswegebau, auf die wir großen Wert legen, werden Sie beim Vergleich der Haupt- und Nichtbautitel feststellen, daß sich die Summe dieser Titel seit 1990 - besser: seit der deutschen Einheit und während der Regierung Kohl - so gut wie gar nicht von dem unterscheidet, was wir an Investitionsmitteln eingestellt haben. Die Höhe der Investitionen pendelt in etwa um 10 Milliarden DM. 1993 lag sie bei 10,4 Milliarden; 1998 betrug sie 10,7 Milliarden DM; 1998 lag sie bei 10,4 Milliarden DM. Am Anfang unserer Regierungszeit lag sie bei 10,2 Milliarden DM. In der jetzigen Finanzplanung liegt sie bei 9,9 Milliarden DM, also bei rund 10 Milliarden DM. Es ist uns trotz der erheblichen finanziellen Nöte, die die Regierung Kohl im Hinblick auf unsere Handlungsfähigkeit verursacht hat, glücklicherweise gelungen, Brüche zu vermeiden. Mit 10 Prozent der zu zahlenden Zinsen könnten wir alle 950 Ortsumgehungen, die wir noch bauen wollen, heute in Auftrag geben. Dafür würden 10 Prozent von 82 Milliarden DM Zinsen ausreichen. Deswegen bitte ich um Nachsicht. Es gibt keine wesentlichen Rückgänge; vielmehr gibt es im Hinblick auf die finanziellen Verpflichtungen und auch im Hinblick auf die steigenden Aufwendungen für die private Vorfinanzierung der entsprechenden Erhaltungsinvestitionen eine höhere Bindungswirkung für künftige Haushaltsjahre, als uns lieb ist. Aber dies war allen Beteiligten von Anfang an klar.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Frage des Kollegen Manfred Grund.

Manfred Grund (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002667, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, die Diskussion über das Verkehrswegeinvestitionsprogramm, das heute im Kabinett besprochen worden ist, ist letzte Woche verschoben worden, weil es innerhalb der Regierungsparteien Unstimmigkeiten über die Gewichtung von Straßenbau- und Schienenprojekten gegeben hat. Eine der ersten Entscheidungen der Regierung war, das Schienenprojekt, die ICE-Trasse zwischen Nürnberg und Erfurt, nicht weiterbauen zu lassen. Davon betroffen sind Bayern, Thüringen und Sachsen-Anhalt. Damit wurde ein Investitionsvolumen von ungefähr 8 Milliarden DM aus dem Verkehrswegeinvestitionsprogramm herausgenommen, so daß es jetzt ein leichtes ist, ein Ungleichgewicht zwischen Schiene und Straße zu diagnostizieren und zu sagen: Es besteht nach wie vor Handlungsbedarf. Die Bundesregierung hat uns gegenüber damals in Thüringen diese Maßnahme so begründet: Wir haben dadurch mehr Geld zur Verfügung, um die MitteDeutschland-Schienenverbindung auszubauen und die Bayern-Sachsen-Magistrale bzw. die Franken-SachsenMagistrale beschleunigt auszubauen. Haben diese Überlegungen heute im Kabinett oder im Vorfeld eine Rolle gespielt?

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

Herr Kollege, die Bemühungen, den Anteil der Schiene am gesamten Investitionsvolumen zu erhöhen, habe ich schon deutlich bekundet. Dazu zählen alle Projekte auch im Rahmen der Überlegungen der Deutschen Bahn AG über den Ausbau ihrer Netze - Netz 21. Vielleicht sollte ich der Öffentlichkeit auch einmal den Unterschied zwischen dem Schienenwegeausbaugesetz und dem Ausbauplan für die Bundesfernstraßen deutlich machen. Für die Bundesfernstraßen legt das Parlament die einzelnen Straßenbaumittel fest. Im Rahmen des Schienenwegeausbaugesetzes müssen wir auch auf die Eigenmittel und auch auf die Initiativen der Deutschen Bahn AG als Eigentümerin des Netzes setzen, an welchen Stellen und zu welchen Zeitpunkten entsprechende Planfeststellungsverfahren initiiert werden. Dies liegt nicht in der Hand der Bundesregierung. Deswegen haben wir immer wieder bei der Beantwortung der Fragen im Plenum des Deutschen Bundestages darauf hingewiesen, daß wir im Gegensatz zum Ausbauplan für die Bundesfernstraßen in hohem Maße auch auf die Potentialabschätzung künftiger Träger der Deutschen Bahn AG angewiesen sind. Sie sind in dieses Investitionsprogramm 1999/2002 mit eingeflossen. Darauf beruhen im Kern nicht nur die beschriebenen Finanzierungsschwierigkeiten, sondern auch die Tatsache, daß es zu Verschiebungen im Ausbau der auch von Ihnen angesprochenen Magistrale kommt. Die Bundesregierung verfolgt weiterhin die Zielrichtung, die Verkehrsprojekte „Deutsche Einheit“ mit Vorrang zu verwirklichen. Dazu zählt das von Ihnen angesprochene Projekt, dazu zählen aber auch die MittelDeutschland-Bahn, die Sachsen-Magistrale, aber natürlich nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Mittel. Das gebietet schon das Haushaltsgesetz.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine zweite Frage des Kollegen Grund.

Manfred Grund (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002667, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich stelle zunächst einmal fest, daß man in einer Fragestunde zumindest lernt, daß man auf konkrete Fragen keine konkreten Antworten zu erwarten hat. Lassen Sie mich noch eine konkrete Frage zu einem anderen Bereich stellen, dem Straßenbereich. In der Antwort auf die Frage meiner Kollegin Blank haben Sie gesagt, mit 10 Prozent der Zinsen, die der Bund zu zahlen habe, könnte man 950 Ortsumfahrungen bauen, ({0}) die jetzt noch im Bedarfsplan sind. Sie vermitteln immer wieder den Eindruck, als wäre das Geld, das als Kredit aufgenommen worden ist, irgendwann einmal in die Luft geschossen worden. Mit einem Großteil dieser Kredite ist genau die Verkehrsinfrastruktur geschaffen worden, die wir jetzt in den neuen Bundesländern haben, und wir müßten wahrscheinlich noch 2 000 oder 3 000 Ortsumfahrungen bauen, hätten wir nicht schon im VorParl. Staatssekretär Lothar Ibrügger griff Kredite aufgenommen und Ortsumfahrungen gebaut. Ich finde diese Argumentation unredlich. Ich möchte Sie etwas fragen, was die Verkehrsprojekte „Deutsche Einheit“ anbetrifft. Ich spreche jetzt für Thüringen, für mein Bundesland. Im Investitionsprogramm haben für Thüringen drei Autobahnen eine Rolle gespielt, die A 71, die A 73 und die A 38. Ich möchte Sie konkret fragen: Hat es zeitlich oder finanziell zu der Vorlage, die vor einer Woche ins Kabinett gegangen ist, durch das, was das Kabinett heute beschlossen hat, Veränderungen gegeben?

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

Erstens, Herr Kollege: Das Kabinett hat nichts beschlossen. Das Kabinett hat dieses Investitionsprogramm zur Kenntnis genommen. Und wenn Sie fragen, ob sich gegenüber der vergangenen Woche etwas geändert hat, sage ich Ihnen: Am Investitionsprogramm hat sich im Inhalt nichts geändert, sondern es ist heute eine öffentliche Darstellung des Willens und des Wollens der Bundesregierung dazu gegenüber der Presse, der Öffentlichkeit und durch meinen Beitrag auch Ihnen gegenüber erfolgt. Also gegenüber der vergangenen Woche keine Änderung im Investitionsprogramm. - Erste Antwort. Die zweite Antwort: Herr Kollege, Sie sagen, die Kredite sind für Investitionen aufgenommen worden. Ich widerspreche auch persönlich Ihrer Darstellung hier, als sei es unredlich, wenn ich auf die Zusammenhänge zwischen Bindungswirkungen von Kreditaufnahmen, Zinsverpflichtungen und Handlungsfähigkeit der jetzigen Regierung hinweise. Die Zinsverpflichtungen in Höhe von 82 Milliarden DM sind eben für andere Aufgaben und Investitionen nicht mehr zu verwenden. Das ist Klartext. (Joachim Hörster [CDU/CSU]: Dann hätten Sie im letzten Jahr den Haushalt nicht um 30 Milliarden erhöhen dürfen! Wenn es denn so wäre, hätten Sie ja in den vergangenen Jahren auch Gelegenheit gehabt, den Anteil von 10 Milliarden DM im Straßenbau entsprechend zu erhöhen. Sie haben das nicht getan. ({0}) Der Investitionstitel ist in den vergangenen Jahren bei etwa 10 Milliarden DM geblieben, auch zu einem Zeitpunkt, im Bundestagswahljahr 1998, als Sie noch Bundesvermögen in Höhe von 20 Milliarden DM verkauft haben, ohne daß in irgendeiner Weise erkennbar gewesen wäre, daß Sie damit den Investitionsanteil für die Verkehrswege erhöht hätten. ({1})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Frage des Kollegen Horst Friedrich ({0}).

Horst Friedrich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000593, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Verehrter Herr Staatssekretär, der Bundesminister für Verkehr, Bau und Wohnungswesen hat heute im Zusammenhang mit dem Investitionsprogramm der Deutschen Presseagentur erklärt, daß der Bahnbau zukünftig von noch offenen Sparvorgaben verschont werden soll. Meine Frage: Da in Ihrem Haushalt ausschließlich die noch nicht bezifferte globale Minderausgabe von immerhin 2,3 Milliarden DM zur Verfügung steht, heißt das, daß ausschließlich der Straßenbaubereich das Sparvolumen zu tragen hat, nachdem Sie für diesen für die nächsten vier Jahre eine Erhöhung der Zahllast von über 20 Milliarden DM beschlossen haben?

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Zur Vereinfachung, Herr Staatssekretär - ich sehe die fragenden Blicke, die Sie mir zuwerfen - sollten wir wie folgt verfahren: Wenn der Fragesteller seine Frage beendet hat, hat der Staatssekretär grundsätzlich das Wort.

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

Herzlichen Dank, Herr Präsident. Lieber Herr Kollege Friedrich, ich habe heute über das im Kabinett vorgelegte Investitionsprogramm berichtet. Das heißt, die Beratungen über die Haushalte 2001 und 2002 sowie die Erwirtschaftung der globalen Minderausgabe im Rahmen des Sparkonzeptes stehen weiterhin an. Deswegen kann ich Ihnen heute keine exakte Antwort darauf geben, in welcher Größenordnung und zu welchem Anteil im Rahmen der bisher im Sparkonzept vorgesehenen globalen Minderausgabe gegebenenfalls Kürzungsanteile auf Straße oder Schiene entfallen. ({0})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine zweite Frage.

Horst Friedrich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000593, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Es ist erstaunlich, daß der Minister offenbar schon weiter ist. Zweite Frage. Er hat im Zusammenhang mit diesem Investitionsprogramm gleichzeitig erklärt, zusätzlich zum Investitionsprogramm sollten bis 2002 weitere 5,4 Milliarden DM für die Schiene sichergestellt werden. Sie haben uns aber gerade hinlänglich erklärt, wie schwierig die Haushaltssituation ist. Wo, um Gottes willen, bekommen Sie die zusätzlichen 5,4 Milliarden DM her?

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

Herr Kollege Friedrich, ich verweise hier auf die Ansätze in unserem Investitionsprogramm. Sie kennen auch die Finanzierungsbedingungen, die ich eben erläutert habe, die aber offenkundig nicht überall bekannt sind, wie ich feststellen muß, wenn von den Kollegen der Vorwurf der Belehrung gemacht wird. Wir haben hier zum einen über Investitionsanteile aus dem Bundeshaushalt zu sprechen und zum anderen über Eigenmittel der DeutManfred Grund schen Bahn AG, die in der entsprechenden Größenordnung zusätzlich einzubringen sind. Es ändert sich aber gegenwärtig nichts an dem Gesamtvolumen, das ich Ihnen für Straße und Schiene genannt habe. Ich habe es deutlich gesagt: Wenn es nach uns ginge, würden wir gern mehr investieren, um den Aufgaben der Verkehrsinfrastruktur besser nachkommen zu können.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Frage des Kollegen Dr. Wolf.

Dr. Winfried Wolf (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002830, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Sehr geehrter Herr Staatssekretär, das Ministerium von Herrn Klimmt und die Bundesregierung wählen den Weg eines Investitionsprogramms. Das ist vertretbar; da wird ein Korsett angelegt. Meine Frage lautet: Warum wird das Investitionsprogramm nicht in den Rahmen eines baldigen neuen Bundesverkehrswegeplans gestellt und durch diesen untermauert? Stimmen Sie mir zu, daß nach den gesetzlichen Vorgaben und den Praktiken der letzten 20 Jahre im Bundestag alle fünf Jahre ein solcher Bundesverkehrswegeplan aufgestellt wurde, daß der letzte 1997 ausgelaufen ist, daß der Verkehrsminister der alten Bundesregierung, Herr Wissmann, ihn erneuern wollte und daß jetzt Herr Müntefering ein Jahr Zeit hatte, einen neuen Bundesverkehrswegeplan aufzustellen? Warum kann er erst im Jahr 2002 vorgelegt werden?

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

Herr Kollege Dr. Wolf, erlauben Sie mir, daß ich die Begriffe klarstelle. Sie haben einmal vom Bundesverkehrswegeplan gesprochen, auf den ich auch in meiner Erklärung abgehoben habe. Er wurde 1992 vom Kabinett beschlossen und sollte bis 2012 umgesetzt werden. Ich habe ebenso darauf hingewiesen, daß es im Hinblick auf die zu erwartenden, klar erkennbaren finanziellen Schwierigkeiten schon jetzt zu einer erheblichen Unterfinanzierung gekommen sei, und zwar über alle Verkehrsträger hinweg: Schiene, Wasser und Straße. Sie haben gerade einzelne Gesetze angesprochen - das Schienenwegeausbaugesetz und den Ausbauplan für die Bundesfernstraßen -, in denen durch das Parlament bei vordringlichem Bedarf die Vorhaben und Ortsumgehungen festgelegt worden sind, die bis zum Jahr 2012 nach Möglichkeit verwirklicht werden sollten. Die Erfahrung zeigt jetzt aber, daß allein angesichts der in der Vergangenheit angenommenen Investitionsanteile für die Straße der Zielzeitpunkt 2012 nicht eingehalten werden kann, sondern erst 2028 der Verwirklichungszeitpunkt wäre. Auf Grund dieser völlig unrealistischen Erwartung haben wir entschieden, daß der Bundesverkehrswegeplan als Ganzes überarbeitet wird. Der erste Schritt dazu ist, für die Investitionen bis 2002 unter Maßgabe der Finanzplanung Klarheit zu schaffen. Der zweite Schritt ist, alle Prognosen zur künftigen Verkehrsentwicklung von 1992, die in manchen Dingen völlig falsch lagen, die zum Beispiel die Entwicklung des Güterverkehrs auf der Straße und des kombinierten Verkehrs auf der Schiene sowie die Wirkung des Individualverkehrs und des Luftverkehrs völlig überschätzt haben, auf eine neue, realistische Grundlage, auch bezüglich des Einwohnerwachstums, der Bevölkerungsverteilung und des Wirtschaftswachstums, zu stellen. Diese Aufträge werden gegenwärtig durchgeführt. Wir wollen dem Parlament mit dem Verkehrsbericht 2000 im nächsten Jahr die Ergebnisse der Überprüfung der bisherigen Annahmen über die künftige Verkehrsentwicklung sowie die Schlußfolgerungen, die wir daraus für die Überarbeitung des Bundesstraßenausbaugesetzes und des Schienenwegeausbaugesetzes ziehen, vorlegen. Wir möchten Ihnen auch vorschlagen, in Zukunft den Ausbau der Wasserstraßen durch eine Entscheidung des Gesetzgebers als „vordringlichen Bedarf“ einzustufen und es nicht, wie bisher, allein der Bundesregierung zu überlassen, in welchem Maß der Ausbau der Bundeswasserstraßen finanziert wird.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine weitere Frage des Kollegen Dr. Wolf.

Dr. Winfried Wolf (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002830, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Herr Staatssekretär, mir ist die Entscheidung, die Sie genannt haben, bekannt. Ihnen ist aber auch bekannt, daß der Bundesverkehrswegeplan, der bis zum Jahr 2012 angelegt war, alle fünf Jahre aktualisiert, überarbeitet und zum Teil sogar neu aufgestellt wird. Selbst wenn man das ausklammert, bleibt die Frage: Wenn der letzte Bundesverkehrswegeplan derart entgleist ist, wie Sie es selbst dargelegt haben - bei der Schiene gibt es im Güterverkehr keinen Zuwachs, sondern ein Minus von 40 Prozent -, müßte die rotgrüne Regierung, die angetreten ist, eine Verkehrswende vorzunehmen, dann nicht in erster Linie sagen, daß für einen neuen Bundesverkehrswegeplan eine neue Prognose erstellt werden muß, um eine wirkliche Wende hin zur Schiene zu realisieren?

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

Daran arbeiten wir, Kollege Dr. Wolf. Ich hatte Ihnen die ersten Schritte schon geschildert. Dies geschieht in einem sehr umfangreichen Maß unter Beteiligung von wissenschaftlichen Instituten und vielen anderen, so daß wir in Zukunft beispielsweise in der Lage sein werden, aus jeder einzelnen Verkehrszelle in der Bundesrepublik Deutschland die Güterverkehrsbeziehungen und die Personenverkehrsbeziehungen aufzuzeigen. Diese Arbeiten laufen gegenwärtig. Im Vollzug der laufenden Projekte arbeiten wir ständig an der Überprüfung des Bundesschienenwegeausbaugesetzes und des Ausbauplans für die Bundesfernstraßen. Ich will es Ihnen am Beispiel der Bundesfernstraßen darstellen: 1992 hatte das Kabinett Kohl im Hinblick auf die Finanzierung angenommen, man würde mit 108 Milliarden DM für alle Bundesfernstraßen auskommen, jetzt sind wir bei Kosten in Höhe von 152 Milliarden DM angekommen, so daß auch das gesamte Finanzierungstableau daraufhin zu überprüfen ist, was wir unter effizientem Einsatz der Mittel an Verkehrswirksamkeit insgesamt erreichen können. Das beinhaltet, die Netzwirkung zu erhöhen, die Knotenpunkte, bei denen es Schwächen und Engpässe gibt, zu identifizieren und darauf die Investitionen ganz gezielt auszurichten. Diese Grundlagenarbeit und diese Überprüfungen laufen gegenwärtig. Wir werden Ihnen dazu im nächsten Frühjahr oder Sommer im Verkehrsbericht 2000 die entsprechenden Informationen darlegen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Mit Blick auf die vielen Fragesteller, die auf meiner Liste stehen, bitte ich diese, sich möglichst kurz zu fassen, und den Staatssekretär um eine möglichst kurze Beantwortung. Der Kollege Eduard Lintner bitte.

Eduard Lintner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001351, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie haben vorhin davon gesprochen, daß damit eine verläßliche Planungsgrundlage für die Kommunen geschaffen werden soll. Habe ich Sie richtig verstanden, daß die Frage, ob sich die globale Minderausgabe auf dieses Investitionsprogramm noch einmal vermindernd auswirkt, heute noch nicht im Kabinett entschieden worden ist?

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

Herr Kollege Lintner, die Liste der sogenannten hochprioritären Maßnahmen - das sind weit über 1000 - ist unter Maßgabe der voraussichtlich zur Verfügung stehenden Mittel aufgestellt worden. Ich muß hier wiederholen: Es ist heute verfrüht, zu sagen, in welcher Art und Weise und mit welchem Anteil sich die globale Minderausgabe im Haushaltsjahr 2001/2002 bei Schiene oder Straße niederschlagen wird. Wir wollen dadurch Planungssicherheit schaffen, daß wir vor allem die Maßnahmen aufgenommen haben, die jetzt bereits im Bau sind und für die Aufträge mit erheblicher zeitlicher Bindungswirkung bis zum Jahre 2002 erteilt worden sind. Man kann sagen, daß durchschnittlich 85 Prozent der jetzt im Investitionsprogramm aufgeführten Projekte und die Dotierung der Mittel, die dort jedem Einzelprojekt zugeschrieben wird, bereits durch laufende Auftragserteilungen abgedeckt sind und damit Bindungswirkung bis zum Jahre 2002 auslösen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine weitere Frage des Kollegen Lintner.

Eduard Lintner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001351, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, können Sie den Anteil der Mittel beziffern - sei es prozentual oder in absoluten Zahlen -, der für den Beginn neuer Maßnahmen außerhalb der VDE bis 2002 tatsächlich zur Verfügung stehen wird?

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

Herr Kollege Lintner, das ist eine Liste von über 55 Maßnahmen. Wenn Sie erlauben, stelle ich sie Ihnen schriftlich zur Verfügung.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Frage der Kollegin Karin Rehbock-Zureich.

Karin Rehbock-Zureich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002756, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, sind auch Sie der Auffassung, daß das, was wir heute abgefragt haben, im Grunde genommen die Bilanz der Mangelverwaltung der vergangenen Regierung Kohl ist?

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

Frau Kollegin Rehbock-Zureich, ich sagte es vorhin schon: Ich möchte mich als Mitglied der Regierung nicht an der Bewertung der im Bundestag vertretenen Parteien und ihrer verkehrspolitischen Auffassungen beteiligen. Ich habe aber deutlich genug beschrieben, daß im Hinblick auf die Verwirklichung von Projekten des Bundesverkehrswegeplans in der Vergangenheit eine völlig überspannte Erwartungshaltung aufgetreten ist. Die Schere zwischen den Erwartungen und den tatsächlichen Möglichkeiten, die Vorhaben, die wir alle als dringlich ansehen, im Interesse der Bürgerinnen und Bürger zu verwirklichen, ist durch die Staatsverschuldung größer geworden. Sie lähmt uns in gewisser Hinsicht, zusätzliche Gelder bereitzustellen. Wir arbeiten aber daran. Ich habe es deutlich erklärt: Wir bemühen uns um mehr Investitionen für die künftigen Haushalte, insbesondere auch um die Einbeziehung der streckenbezogenen LkwGebühr ab 2002 als zusätzliche Einnahme für den Verkehrswegehaushalt und damit für die Unterhaltung unseres Verkehrswegenetzes.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich bitte die nächsten Fragesteller, sich auf eine Frage zu konzentrieren. Kollege Dirk Fischer, bitte

Dirk Fischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000549, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, angesichts der Tatsache, daß bis 2002 die Straßenbauinvestitionen um 5 Milliarden DM gekürzt werden, Sie, wie heute vom Kabinett festgelegt wurde, bei der Verteilung von 5 Milliarden DM globaler Minderausgabe die Schiene vollständig verschonen wollen und also davon auszugehen ist, daß fast alles weit überwiegend erneut zu Lasten der Straßenbauinvestitionen gehen muß, und angesichts der Auswirkungen auf viele Projekte, auch die VDE, auf das Schicksal der Tiefbauunternehmen - gut 100 000 Arbeitsplätze in der Tiefbauwirtschaft sind betroffen - und der volkswirtschaftlich negativen Effekte für Deutschland und Europa frage ich Sie, ob Sie eine andere Prioritätensetzung als zu Lasten der Straßenbauinvestitionen für möglich halten. Ist es vertretbar, so einseitig zu Lasten eines Investitionsbereichs vorzugehen? Heute hat das Kabinett mit den zusätzlich 5,4 Milliarden DM für Schieneninvestitionen, die plötzlich da sind, unter Beweis gestellt, daß Prioritätensetzungen möglich sind. Ich frage mich, warum nicht auch eine Prioritätensetzung zugunsten des Straßenbaus möglich ist, zumal Sie mit der Ökosteuer bis 2003 zusätzlich 47 Milliarden DM überwiegend aus dem Bereich des Straßenverkehrs schöpfen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Herr Kollege Fischer, Sie sollten aber nicht sich fragen, sondern den Staatssekretär. ({0})

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

Lieber Kollege Fischer, aus der allgemeinen verkehrspolitischen Debatte wissen Sie, daß wir als Koalition die Verkehrsträger Schiene und Straße auch in den nächsten Jahren dieser Legislaturperiode gleichgewichtig behandeln werden. Das hat ganz eindeutig objektive Gründe. Wir wollen nicht die Straße auf der einen oder die Schiene auf der anderen Seite vernachlässigen. - Bei Ihrer Fragestellung hatte ich den Eindruck, daß das eine gegen das andere ausgespielt werden sollte. Das ist nicht unsere Politik. - Denn jede Verstärkung der Effizienz der Schiene hilft auch staugeplagten Autofahrern. Jede Verbesserung des Schienenpersonennahverkehrs hilft auch, Knotenpunkte und Engpässe im Straßennetz, in Stuttgart, in München oder in Frankfurt, zu entlasten. Insofern möchten wir uns an Ihrem Spiel nicht beteiligen. Wir wollen die entsprechende Stärkung der Verkehrsträger Schiene und Straße. Jede Investition - 1 Milliarde DM sichert 12 000 Arbeitsplätze - ist wichtig für Wachstum und Beschäftigung. Davon lassen wir uns leiten.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Der Kollegin Rehbock-Zureich stand noch eine zweite Frage zu.

Karin Rehbock-Zureich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002756, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, sehe ich es richtig, daß dieses Investitionsprogramm als Brücke zum neuen Verkehrswegeplan zu gelten hat? Spielen in der anstehenden Entscheidung bezüglich eines neuen Bundesverkehrswegeplanes die Integration der unterschiedlichen Verkehrsträger und deren Verknüpfung eine wesentliche Rolle? Sehe ich es richtig, daß dieser Gesichtspunkt in diesem Zusammenhang ein wesentlicher Schwerpunkt ist?

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

In der schon jetzt begonnenen Überarbeitung des Bundesverkehrswegeplanes bemühen wir uns, gerade die Schwächen aufzuzeigen, in denen durch Überlastungen im Bereich von Straße und Schiene an Knotenpunkten Engpässe entstehen, und mit einem gezielten Einsatz von Mitteln zu einer Integration der Verkehrsträger im Sinne von Transportketten beizutragen. Jedes Verkehrsnetz kann nur so leistungsfähig sein wie die Knoten, die in diesem Netz geknüpft werden. Einer der Schwerpunkte der Überprüfung des Bundesverkehrswegeplanes liegt darin, diese Knotenpunkte im Personen- und Güterverkehr, wobei innerhalb der Transportketten durch entsprechende Verlagerungsprozesse eine Integration stattfinden kann, zu stärken und mit besonderem Vorrang zu berücksichtigen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Frage der Kollegin Christine Ostrowski.

Christine Ostrowski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001662, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Ich habe folgendes Problem: Sie haben gesagt, daß in den entsprechenden Investitionsplan alle Projekte aufgenommen werden, mit deren Durchführung schon begonnen worden ist und die bis 2002 finanzierbar sind. Da Sie die Bewertungskriterien überarbeiten und daher auch die bestehende Prognose überprüfen werden - diesbezügliche Ergebnisse wollen Sie uns ja bis zum nächsten Frühjahr vorlegen -, frage ich mich, wie diese beiden Aspekte zusammenpassen. Denn es könnte ja folgendes zustande kommen: Sie überprüfen die bestehenden Bewertungskriterien bzw. die Richtigkeit der Prognose und stellen dann, obwohl Sie jetzt unter den von Ihnen genannten Voraussetzungen mit der Durchführung eines Projektes beginnen, im nächsten Jahr fest, daß mit der Durchführung eines bestimmten Projektes nach den neuen Kriterien und der neuen Prognose gar nicht hätte begonnen werden dürfen.

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

Frau Kollegin Ostrowski, alle die jetzt von uns im Investitionsprogramm vorgestellten Projekte stimmen mit dem Baurecht überein, sind rechtlich unanfechtbar und bilden damit eine rechtlich verläßliche Grundlage und übrigens auch eine Anspruchswirkung im Hinblick auf die Erfüllung des gesetzlichen Auftrages, den das Parlament uns gegeben hat, nämlich den Ausbauplan für die Bundesfernstraßen zu verwirklichen. Das heißt, hier sind Maßnahmen aufgenommen worden, die - erstens - dem vordringlichen Bedarf entsprechen und mit deren Durchführung - zweitens - begonnen worden ist oder mit deren Durchführung auf Grund der rechtlichen Unanfechtbarkeit innerhalb der nächsten Jahre begonnen werden kann. Diese Maßnahmen werden damit keiner erneuten Bewertung unterzogen. Dies betrifft Projekte in einer Größenordnung von etwa 33 Milliarden DM im Straßenbereich. Nach 2002 führen allein diese Maßnahmen zu einem Aufwand in Höhe von weiteren 50 Milliarden DM, um sie überhaupt zu Ende finanzieren zu können. Aus dem jetzigen Bundesverkehrswegeplan Straße ergibt sich ein Volumen von 110 Milliarden DM, die in diese Überprüfung einzubeziehen sind.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine letzte Frage zum einleitenden Bericht hat der Kollege Wolfgang Dehnel.

Wolfgang Dehnel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000366, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie haben in Ihrem einleitenden Vortrag - genauso wie gerade der Bundesminister im entsprechenden Ausschuß - berichtet, daß dem Aufbau Ost und damit dem Aufbau der Infrastruktur in den neuen Bundesländern eine hohe Priorität eingeräumt wird. Sie wissen doch, daß das Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz, das wir in der vergangenen Woche beraten haben, durch Ihre Mehrheitsentscheidung nicht, wie ursprünglich im Bundesratsentwurf vorgesehen, um zehn Jahre verlängert worden ist, sondern nur um drei, also bis zum Jahre 2002. Vor dem Hintergrund, daß die Planungen für viele Umgehungen in den ostdeutschen Ländern im Gegensatz zu denen in den westdeutschen Ländern noch nicht erfolgt sind und sich diese Umgehungen erst in der vorausschauenden Planung befinden, frage ich Sie, wie sich die Bundesregierung dazu stellt.

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

Herr Kollege, gerade weil wir den Vorrang der Verkehrsprojekte „Deutsche Einheit“ nachvollziehbar und solide finanziert verwirklicht wissen wollen, fließen fast die Hälfte der vorgesehenen Mittel in Projekte in Ostdeutschland. Diese Projekte dienen gleichzeitig der Verbesserung der Verkehrsverbindungen innerhalb Deutschlands und kommen damit allen Bundesländern im Hinblick auf den Güter- und Leistungsaustausch zugute. Ich sehe keine Besorgnis darin, daß das Parlament eine Verkürzung der Verlängerung der Geltung des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes auf drei Jahre beschlossen hat. Denn ich sehe darin ein hervorragendes Mittel, die von mir soeben beschriebene Zielrichtung zu verwirklichen. Jeder der Planungsträger weiß jetzt, daß er sich gehörig auf die Hinterbeine zu setzen und seine Planungen sowie Schularbeiten zu machen hat, damit wir diese Projekte dann auch finanzieren können. Dieser Gedanke steht dahinter. Deswegen wollen wir die Verkehrsprojekte „Deutsche Einheit“ im wesentlichen bis zum Jahre 2004/2005 fertiggestellt haben. Für alle Projekte, deren Planung bis zum Jahre 2003 begonnen wird, gelten die von Ihnen gerade angesprochenen Bestimmungen. Alle Beteiligten in Ostdeutschland müssen wissen, daß wir die Projekte in ihrem Sinne so schnell wie möglich verwirklichen wollen. Die Planung für diese Projekte muß jetzt also unverzüglich in Angriff genommen werden, damit sie im wesentlichen bis zum Jahre 2005 fertiggestellt sein können. ({0})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Herr Parlamentarischer Staatssekretär, ich danke Ihnen für den Bericht und die Beantwortung der Fragen. Gibt es außerhalb der Fragestunde weitere Fragen an die Bundesregierung? - Das ist nicht der Fall. Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 2 auf: Fragestunde - Drucksache 14/1836 Wir kommen zunächst zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Zur Beantwortung steht die Parlamentarische Staatssekretärin Simone Probst zur Verfügung. Ich rufe die Frage 1 des Abgeordneten Dr. Paul Laufs auf: Wie ist der aktuelle Stand der Genehmigungsverfahren für Glaskokillentransporte aus dem Ausland sowie für Transporte von abgebrannten Brennelementen ins Ausland zur Wiederaufarbeitung?

Simone Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002753

Herr Kollege Dr. Laufs, Sie fragen nach dem Stand der Genehmigungsverfahren. Das Bundesamt für Strahlenschutz hat am 11. Februar letzten Jahres - also im Jahre 1998 - der Firma Nuclear Cargo Service eine bis zum 31. Oktober dieses Jahres - also 1999 - gültige Beförderungsgenehmigung für den Transport von sechs Glaskokillenbehältern von der Cogema nach Gorleben erteilt. Beim Bundesamt für Strahlenschutz liegt nun seit dem 28. Juli dieses Jahres ein neuer Antrag der NCS vor. Da die zur Genehmigung erforderlichen Unterlagen zur Zeit allerdings noch unvollständig sind, kann das Bundesamt für Strahlenschutz keine neue Genehmigung erteilen. Anträge auf den Abtransport abgebrannter Brennelemente aus den Kraftwerken Biblis, Neckarwestheim, Philippsburg und Stade wurden von der NCS beim Bundesamt für Strahlenschutz gestellt, um Lagerengpässe und in der Folge Betriebsunterbrechungen im nächsten Jahr zu vermeiden. Zur Kontaminationsproblematik hat das EisenbahnBundesamt, EBA, ein Gutachten in Auftrag gegeben, das sich mit Fragen der Beförderung von bestrahlten Brennelementen zu den Wiederaufarbeitungsanlagen der Cogema in Frankreich und der BNFL in Großbritannien beschäftigt. Der Gutachtenentwurf ist dem EBA am 28. Oktober dieses Jahres - also 1999 - übergeben worden. Ich versichere Ihnen, daß das Bundesumweltministerium bemüht ist, die Arbeiten sehr zügig zum Abschluß zu bringen. Gerne informiere ich Sie dann auch über die konkreten Ergebnisse.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Zusatzfrage.

Prof. Dr. Paul Laufs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001293, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, zunächst möchte ich fragen, wann den Mitgliedern des Umweltausschusses der in der Fragestunde vor acht Wochen für die nächsten Tage, wie Ihre Kollegin Frau Altmann damals sagte, angekündigte Bericht vorgelegt wird? Dieser sollte im einzelnen den Stand der verschiedenen Genehmigungsverfahren darlegen und, wie Frau Altmann ebenfalls sagte, auf Herz und Nieren geprüft werden können.

Simone Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002753

Selbstverständlich können wir mit den Obleuten des Ausschusses sofort einen Termin hierfür vereinbaren. Wenn Sie zusätzliche Fragen zu den Genehmigungsverfahren haben - ich glaube allerdings, daß wir schon hinreichend und ausführlich geantwortet haben -, geben wir Ihnen gerne unsere Informationen dazu weiter. Sie wissen, daß wir in den letzten Wochen im Umweltausschuß sehr unkompliziert mit den Obleuten der Fraktionen Vereinbarungen getroffen und sie sehr ausführlich informiert haben. Ich freue mich natürlich über jeden Bericht, den ich im Ausschuß von seiten des Umweltministeriums geben kann, und über ausführliche Diskussionen. Hier sind wir uns doch wohl einig. Alles weitere sollten wir über die Obleute und den Ausschußvorsitzenden einfach gemeinsam in die Wege leiten.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Zweite Frage des Kollegen Laufs.

Prof. Dr. Paul Laufs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001293, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, wird sich die Bundesregierung der Forderung, die sich heute in Pressemeldungen findet, anschließen, Atomtransporte von einer Einigung mit der Energiewirtschaft über den Atomausstieg abhängig zu machen?

Simone Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002753

Sie wissen, daß es hier auf Grund von Recht und Gesetz keinen unmittelbaren Zusammenhang gibt. Für uns ist es wichtig, daran festzuhalten, daß Atomtransporte erst dann stattfinden können, wenn alle sicherheitsrelevanten Fragen von der zuständigen Genehmigungsbehörde, dem Bundesamt für Strahlenschutz, geklärt sind. Wenn alle Unterlagen vorliegen und alle Fragen - auf entsprechende Einzelheiten gehe ich noch im Rahmen der Beantwortung Ihrer nächsten Frage ein geklärt sind, sind die Voraussetzungen für die Durchführung der Transporte gegeben.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich rufe die Frage 2 des Abgeordneten Dr. Laufs auf: Wie beurteilt die Bundesregierung die Zwischenlagerung von abgebrannten Brennelementen in Transportbehältern am Kraftwerksstandort, und wie ist der aktuelle Stand der Genehmigungsverfahren für innerdeutsche Atomtransporte zu Zwischenlagern? Bitte, Frau Staatssekretärin, Sie haben das Wort.

Simone Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002753

Sie fragen zum einen nach der Zwischenlagerung von abgebrannten Brennelementen in Transportbehältern am Kraftwerksstandort und zum anderen nach dem aktuellen Stand der Genehmigungsverfahren für innerdeutsche Atomtransporte zu den Zwischenlagern. Ich muß folgenden Punkt vorausschicken, weil es in diesem Zusammenhang zwei verschiedene Begriffsbestimmungen gibt: Soweit mit der Zwischenlagerung bestrahlter Brennelemente an den Kraftwerksstandorten eine mehrmonatige Aufbewahrung gemeint ist, kommt diese in reinen Transportbehältern nicht in Betracht. Transportbehälter sind nämlich für die Zwischenlagerung sicherheitstechnisch nicht ausgelegt. Eine Zwischenlagerung von Transport- und Lagerbehältern an den Kraftwerksstandorten ist dagegen bei Beachtung der für die Zwischenlagerung erforderlichen Schadensvorsorge nach dem Stand von Wissenschaft und Technik möglich. Sie bedarf einer genehmigungsrechtlichen Gestattung. Grundsätzlich - diesen Punkt möchte ich betonen, weil er in der Presse sehr ausführlich diskutiert und kommentiert wurde - ist die Bundesregierung der Auffassung, daß eine Zwischenlagerung von abgebrannten Brennelementen am Kernkraftwerksstandort einer Genehmigung bedarf. Hierzu müssen noch sehr umfangreiche technische und rechtliche Fragestellungen geklärt werden. Erste Gespräche dazu haben mit Landesvertretern und mit Vertretern der EVUs stattgefunden. Den zweiten Teil der Frage nach den innerdeutschen Atomtransporten kann ich wie folgt beantworten. Für die Kraftwerke Biblis, Neckarwestheim und Philippsburg wurden von der NCS beim Bundesamt für Strahlenschutz Anträge auf den Abtransport abgebrannter Brennelemente in innerdeutsche Zwischenlager gestellt. Einerseits ist die Kontaminationsproblematik für diese Transporte abgearbeitet, aber andererseits müssen für die zu verwendenden Transport- und Lagerbehälter noch die Fragen der Moderatorausdehnung und der Handhabung im Zwischenlager abschließend geklärt werden, bevor das Bundesamt für Strahlenschutz eine Beförderungsgenehmigung erteilen kann.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Zusatzfrage, Herr Kollege Laufs.

Prof. Dr. Paul Laufs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001293, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, da in der heutigen Ausgabe der „Frankfurter Rundschau“ der Bundesumweltminister mit der Aussage zitiert wird, eine mögliche Selbstverstopfung des Atomkraftwerks Stade sei nicht an der Bundesregierung, sondern an zu spät gestellten Transportanträgen festzumachen, frage ich Sie: Wann hätten nach Auffassung der Bundesregierung diese Anträge gestellt werden müssen? Von welchen Genehmigunszeiten geht die Bundesregierung hierbei aus? Simone Probst Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Sie wissen, daß im Moment das Genehmigungsverfahren für das Kraftwerk Stade beim Land Niedersachsen liegt. Ich möchte ausdrücklich betonen, daß die Vorsorge und die Frage der Entsorgungssicherheit in Verantwortung der Betreiber liegen. Falls sie Engpässe zu befürchten haben, müssen sie die Anträge sofort stellen. Unsererseits sind wir sehr daran interessiert, diese Anträge schnell, aber auch unter Beachtung aller sicherheitsrelevanten Maßgaben zu prüfen und dann zu entscheiden.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Weitere Zusatzfrage.

Prof. Dr. Paul Laufs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001293, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, weshalb hat sich die Zahl der zu erfüllenden Auflagen seit Herbst 1998 von 10 auf rund 100 nahezu verzehnfacht? Diese Zahl muß im Vergleich zum Ausland - Sie wissen, daß in der Schweiz, in Frankreich und in Belgien die Atomtransporte seit langem wieder durchgeführt werden - als außerordentlich erstaunlich bezeichnet werden.

Simone Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002753

Zunächst muß man feststellen, daß die Kontamination der Behälter, die lange Zeit nicht bemerkt worden ist, sowohl die Politik - und zwar fraktionsübergreifend; es war nämlich Frau Merkel, die den Transportstopp verhängt hat - als auch die Öffentlichkeit sehr bewegt hat. Ich denke, daß wir es insbesondere der Bevölkerung aus Sicherheitsgründen - gerade in der sensiblen Frage der Transporte - schuldig sind, alle sicherheitsrelevanten Fragen zu klären. Die Entscheidung hängt von den Gutachten ab, die in Auftrag gegeben worden sind. Ich informiere Sie sehr gerne darüber, wer die Gutachten in Auftrag gegeben hat und zu welchen Schlußfolgerungen sie kommen. Es war das Eisenbahn-Bundesamt, das als zuständige atomrechtliche Aufsichtsbehörde für die Beförderung radioaktiver Stoffe im Schienenverkehr der Deutschen Bahn das Öko-Institut und die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit beauftragt hat, ein Gutachten zu innerdeutschen Brennelementetransporten in deutsche Zwischenlager und ein Gutachten zur Beförderung von verglasten, hochradioaktiven Abfällen anzufertigen. Das Gutachten zu innerdeutschen Brennelementetransporten in deutsche Zwischenlager wurde im Mai 1999 fertiggestellt. Die Gutachter kommen darin zu dem Ergebnis, daß das vorgestellte Gesamtsystem für die innerdeutschen Transporte bei Umsetzung der 64 Empfehlungen und Hinweise der Gutachter in allen wesentlichen Punkten die Kriterien zur Beförderung von entleerten Brennelementebehältern, Behältern mit bestrahlten Brennelementen aus Leistungsreaktoren und Behältern mit verglasten, hochradioaktiven Spaltproduktlösungen im Maßnahmenkatalog die im Gutachten zu prüfenden Aspekte erfüllt. Zur Abarbeitung der Empfehlungen und Hinweise der Gutachter haben die Gesellschaft für Nuklear Service und die Betreibergesellschaften Vorschläge vorgelegt, die von den Gutachtern geprüft und bestätigt wurden. Auf dieser Grundlage werden die zuständigen Behörden - das Bundesamt für Strahlenschutz, das EisenbahnBundesamt und die Landesbehörden; es ist nicht nur das Bundesumweltministerium involviert - die Entscheidung treffen, ob Genehmigungen für zukünftige Transporte erteilt werden können. Das Eisenbahn-Bundesamt hat ein weiteres Gutachten in Auftrag gegeben - das habe ich schon in der Beantwortung Ihrer ersten Frage erwähnt -, dessen Entwurf am 28. Oktober 1999 dem EBA übergeben wurde. Ich glaube, daß es richtig ist, die Empfehlungen dieser Gutachten ernst zu nehmen und abzuarbeiten, wenn die Transporte wieder genehmigt werden sollen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich danke der Parlamentarischen Staatssekretärin Probst. Ich rufe jetzt den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Bildung und Forschung auf. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär WolfMichael Catenhusen zur Verfügung. Ich rufe die Frage 3 der Kollegin Gudrun Kopp auf: Trifft es zu, daß mehr als die Hälfte der öffentlich finanzierten außerbetrieblichen Lehrstellen an Jugendliche mit mittlerem oder höherem Schulabschluß - also nicht an die eigentlich bildungsschwache Zielgruppe - vergeben werden?

Wolf Michael Catenhusen (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000326

Frau Kollegin Kopp, die originäre Zielgruppe des „Sofortprogramms zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit, zur Ausbildungs-Qualifizierung und Beschäftigung Jugendlicher“, sind diejenigen Jugendlichen, die im Herbst des vergangenen Jahres als unvermittelte Bewerber für eine Berufsausbildungsstelle oder als Arbeitslose bei der Bundesanstalt für Arbeit gemeldet waren. Ende September 1998 hatten wir 35 700 unvermittelte Ausbildungsbewerber. Interessanterweise verfügten 61 Prozent - 21 672 Bewerber - davon über einen mittleren oder höheren Bildungsabschluß. Nach der aktuellen Statistik der Bundesanstalt für Arbeit haben bis Ende September 1999 14 767 Jugendliche mit mittlerem oder höherem Schulabschluß im Rahmen des Sofortprogramms eine außerbetriebliche Ausbildung aufgenommen - darauf bezieht sich Ihre Frage -; dies macht 53 Prozent der Eintritte in eine außerbetriebliche Ausbildung aus. Die Aufnahme in das Sofortprogramm erfolgte, weil diese Jugendlichen auch nach intensiven Nachvermittlungsbemühungen der Bundesanstalt für Arbeit keinen betrieblichen Ausbildungsplatz gefunden haben. Setzt man diese Zahl in Beziehung zu dem Anteil der unvermittelten Ausbildungsbewerberinnen und -bewerbern, so kann man feststellen, daß Jugendliche mit mittlerem oder höherem Schulabschluß in diesem Programm nicht überdurchschnittlich berücksichtigt wurden. Wir möchten Sie darauf hinweisen, daß das Sofortprogramm auch nicht primär oder ausschließlich als Benachteiligtenprogramm konzipiert wurde. Sie wissen, daß für die Benachteiligten auf dem Ausbildungsmarkt ein umfangreiches Instrumentarium abgestimmter Hilfen und Angebote nach dem Sozialgesetzbuch III zur Verfügung steht. Der finanzielle Aufwand für die Förderung der Berufsausbildung benachteiligter Auszubildender nach § 235 und § 240 bis § 247 des Sozialgesetzbuches III belief sich allein im Jahr 1998 auf insgesamt 1,5 Milliarden DM. Das Sofortprogramm muß also als Ergänzungsprogramm zu den ohnehin in Kraft befindlichen Maßnahmen nach dem Sozialgesetzbuch gesehen werden.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage, Frau Kollegin Kopp.

Gudrun Kopp (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003160, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ich bedanke mich zunächst für die Beantwortung meiner Frage. Mir geht es darum, herauszufinden, ob und inwieweit hier ein Mitnahmeeffekt auftritt, der ja eigentlich zu vermeiden wäre. Wie läßt sich miteinander verbinden, daß auf der einen Seite 2 Milliarden DM für dieses Programm zur Verfügung gestellt werden und auf der anderen Seite die für Lehrstellenwerber in den neuen Bundesländern vorgesehenen Mittel um genau diesen Betrag gekürzt werden? Immerhin ist in den neuen Ländern die Arbeitslosigkeit bei Jugendlichen, die einen Ausbildungsplatz suchen, viel dramatischer als in Westdeutschland.

Wolf Michael Catenhusen (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000326

Frau Kopp, wir haben vom Bundesministerium für Bildung und Forschung die Zahl der sogenannten Lehrstellenentwickler in diesem Ausbildungsjahr noch einmal erhöht. Dabei handelt es sich um Leute, die im wesentlichen für die Handwerkskammer im Kontakt mit den Betrieben neue betriebliche Ausbildungsstellen zu schaffen versuchen. Des weiteren haben wir ein stabiles Niveau der Zahl außerbetrieblicher Ausbildungsplätze im Sonderprogramm für Ostdeutschland vorgesehen. Es kann also keine Rede davon sein, daß unser Haus auf diesem Gebiet eingespart hätte. Ich wiederhole: Das 2-Milliarden-DM-Programm ist ein Zusatzprogramm. Angesichts der vorliegenden Zahlen kann man im Ausbildungsjahr 1998/99 auch nicht von einem Rückgang der Personenzahl im Bereich der Maßnahmen nach SGB III reden. Wir gehen vielmehr davon aus, daß wir das Niveau gehalten haben und zugleich durch das Sonderprogramm neue Wege zu Lehrstellen und Arbeitsplätzen erschlossen haben.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage des Kollegen Seifert.

Dr. Ilja Seifert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002153, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Herr Staatssekretär, ich bin ein bißchen darüber verwundert, daß Sie ausdrücklich betonten, es handele sich um ein Zusatzprogramm, und andererseits in bezug auf benachteiligte Jugendliche mehrfach auf das SGB III verwiesen. Wenn es ein Zusatzprogramm ist, brauchen Sie nicht auf SGB III zu verweisen. Ich hatte ohnehin den Eindruck, daß es darum gehen solle, benachteiligten Jugendlichen dadurch, daß sie eine eher allgemein gehaltene Ausbildung bekommen, eine größere Chance zu geben, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Ich möchte von Ihnen wissen, wie sich das innerhalb dieses Programmes realisiert oder ob das tatsächlich über SGB III geht.

Wolf Michael Catenhusen (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000326

Aus unserer Sicht hat es keinen Sinn, die Maßnahmen gegeneinander zu diskutieren; vielmehr sollten sie im Zusammenhang diskutiert werden. Wir sehen eine sinnvolle Ergänzung zwischen diesen beiden Strukturen: Einerseits gibt es die klassische Struktur besonderer Maßnahmen für benachteiligte Jugendliche, die, bevor sie in eine reguläre Ausbildung eintreten, dringend vorbereitender Maßnahmen bedürfen. Auf der anderen Seite geht das Sonderprogramm von denjenigen aus, die jetzt - zum Teil schon seit längerer Zeit - als arbeitslos gemeldet sind oder in einer konkreten Situation keinen Ausbildungsplatz gefunden haben. Beide Strukturen ergänzen sich in gewisser Weise gegenseitig dadurch, daß 50 Prozent der jungen Menschen, die über das Sofortprogramm gefördert werden, über einen Hauptschulabschluß verfügen oder nicht, während sich das Benachteiligtenprogramm vor allem auf diejenigen konzentriert, die besondere Schwierigkeiten - zum Beispiel keinen Hauptschulabschluß - haben. Allerdings ist auch wichtig, daß wir über das Sofortprogramm andere Wege auf dem Arbeitsmarkt öffnen. Ich meine damit etwa das Thema überbetriebliche Ausbildungsplätze. Häufig wird in der Diskussion auch vergessen, daß wir etwa 6 000 bis 7 000 zusätzliche Ausbildungsstellen mit den sogenannten regionalen Projekten geschaffen haben. Diese 7 000 Personen tauchen aber in den Sofortprogramm-Statistiken der Bundesanstalt für Arbeit nicht auf. Wir haben auch über die Qualifizierungs-ABM und die Lohnkostenzuschüsse ein sehr breit gefächertes Angebot entwickelt, um arbeitslosen Jugendlichen den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Auf Grund unseres Erfahrungsaustausches mit den Arbeitsämtern wissen wir eigentlich relativ präzise, daß die Arbeitsverwaltung hier keine Überlappungsprobleme hat, sondern es, da sie beide Projekte integriert managt, im Output zu einer sinnvollen Ergänzung und Verzahnung dieser beiden Maßnahmebereiche kommt. Wir sehen auf Grund der Erfahrungen des ersten Jahres kein generelles Überschneidungs- oder Abgrenzungsproblem, weil diese Programme von einer Stelle, nämlich von der Arbeitsverwaltung, gefahren werden.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Ich rufe nunmehr den Geschäftsbereich des Bundeskanzleramtes auf. Die Beantwortung übernimmt der Staatsminister Rolf Schwanitz. Ich rufe die Frage 4 des Kollegen Norbert Geis auf: Trifft es zu, daß die Sitzungen des Bundessicherheitsrates, wie zum Beispiel auch die, in der über den Export eines Panzers Leopard 2 in die Türkei entschieden wurde, geheim bzw. streng geheim sind?

Not found (Gast)

Herr Kollege Geis, es trifft zu, daß die Sitzungen des Bundessicherheitsrates geheim sind.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage.

Norbert Geis (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000651, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wie beurteilen Sie dann den Sachverhalt, daß der Bundesaußenminister nach dem Urteil des Fraktionsgeschäftsführers der SPD, Wilhelm Schmidt - das ist im Bonner „General-Anzeiger“ vom 28. Oktober nachzulesen -, mit dem Thema der Panzerlieferung an die Türkei - das war Gegenstand der Verhandlungen des Bundessicherheitsrates - an die Öffentlichkeit gegangen ist?

Not found (Gast)

Herr Kollege Geis, die Bundesregierung sieht keine Veranlassung, zu Presseberichten über vertrauliche Angelegenheiten des Bundessicherheitsrates Stellung zu nehmen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Geis.

Norbert Geis (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000651, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Meine Frage geht dahin, wie Sie den Sachverhalt beurteilen, daß der Bundesaußenminister mit dem von mir vorher genannten Thema an die Öffentlichkeit gegangen ist.

Not found (Gast)

Ich verweise noch einmal auf meine Antwort zur eben gestellten Frage: Zu Presseberichten über vertrauliche Angelegenheiten des Bundessicherheitsrates Stellung zu nehmen, sieht die Bundesregierung keine Notwendigkeit.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage des Kollegen Hörster.

Joachim Hörster (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000932, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, ist Ihnen bekannt, daß der Bruch des Geheimschutzes der Beratungen des Bundessicherheitsrates strafrechtlich verfolgt wird ({0}) - nein, nein; „strafrechtlich verfolgt wird“; das ist ein Offizialdelikt, Herr Kollege -, und ist der Bundesregierung bekannt, ob gegen den Bundesaußenminister ermittelt wird?

Not found (Gast)

Herr Kollege, ich verweise darauf, daß mein Kollege, der Parlamentarische Staatssekretär Fritz Rudolf Körper, zu der strafrechtlichen Seite mit den Antworten auf die Fragen 26 und 27 Stellung nehmen wird. Die zweite Frage wird verneint.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Keine weiteren Zusatzfragen. Ich danke Ihnen, Herr Staatsminister. Ich rufe dann den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung auf. Der Kollege Johannes Singhammer hat um schriftliche Beantwortung seiner Fragen 5 und 6 gebeten. Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit. Die Kollegin Dr. Sabine Bergmann-Pohl hat ihre beiden Fragen, die Fragen 7 und 8, zurückgezogen; der Kollege Dietmar Schlee hat um schriftliche Beantwortung seiner Fragen 9 und 10 gebeten. Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Lothar Ibrügger zur Verfügung. Ich rufe die Frage 11 der Kollegin Ulrike Flach auf: Zu welchen Streichungen bzw. Bauverzögerungen beim Ausbau des Kölner Rings wird es durch die Kürzungen bei der Bundesfernstraßenplanung kommen, und wann ist mit einer definitiven Entscheidung über den Bau zu rechnen?

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

Frau Kollegin Flach, von den einzelnen Ausbaumaßnahmen des Kölner Autobahnringes konnten nur die Bauwerke Ostmerheimer Straße und Wilhelm-Griesinger-Straße im Verlauf der A3 und der Umbau des Autobahnkreuzes Köln-West im Verlauf der A4 in den Entwurf des Investitionsprogramms 1999 bis 2002 aufgenommen werden. Damit ist mit einem Baubeginn der übrigen Ausbauabschnitte des Kölner Autobahnringes, für die das Baurecht auch noch nicht vorliegt, voraussichtlich nicht vor dem Jahr 2002 zu rechnen. Eine definitive Aussage über einen möglichen Baubeginn ist daher gegenwärtig nicht möglich.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Zu einer Zusatzfrage die Kollegin Flach.

Ulrike Flach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003119, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Haben Sie diese doch sehr drastische Einschränkung für das Land NordrheinWestfalen in irgendeiner Weise mit dem Verkehrsminister des Landes Nordrhein-Westfalen, Herrn Steinbrück, abgestimmt, der ja nun definitiv gefordert hat, die Mittel aus dem Osten in den Westen zurückzuverlagern und sie in Nordrhein-Westfalen einzusetzen?

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

Frau Kollegin Flach, diese grundsätzliche Debatte über die Verteilung der Straßenbaumittel nach Länderquoten ist zwar in diesem Briefwechsel zum Ausdruck gekommen. Aber Bundesverkehrsminister Reinhard Klimmt wie auch die gesamte Bundesregierung haben deutlich erklärt, daß sie nicht daran denken, jetzt einen Streit über die Länderquoten zwischen den Bundesländern zu eröffnen. Vielmehr kann sich jedes Land - so wie in der Vergangenheit - in Zukunft darauf einstellen, daß wir eine Finanzierung der Maßnahmen nach Länderquoten vorsehen wollen. Daran gibt es eine aus der Sicht des Landes berechtigte Kritik; daran gibt es auch nichts auszusetzen: Aber es wirft die Grundsatzfrage auf, wie denn in Zukunft die Mittel auf die Länder verteilt werden sollen. Deswegen haben wir hier in Berlin die Sachlage erörtert - in engem Kontakt mit Minister Steinbrück und dem Staatssekretär - und uns darauf verständigt, daß der Kölner Autobahnring im Investitionsprogramm bis 2002 Vorrang genießt und weiter ausgebaut wird. Ich will Ihnen dazu ein Beispiel nennen: Die aktuellen Kosten für den Ausbau der Strecke vom Autobahnkreuz Leverkusen bis zum Autobahnkreuz Köln-Nord das sind 10 Kilometer - betragen 181 Millionen DM. Teile davon sind Bestand des Investitionsprogramms bis 2002. Der Abschnitt Köln-West bis Köln-Süd - ebenfalls 10 Kilometer - schlägt mit Kosten von 123 Millionen DM zu Buche; auch dies ist in Teilen im Investprogramm enthalten. Schließlich belaufen sich die Gesamtkosten für den Abschnitt Köln-Süd bis Autobahndreieck Heumar - 5,6 Kilometer - auf 417 Millionen DM, von denen Teile im Investprogramm stehen. Sie sehen: Wir wollen weiter mit Vorrang zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse im Kölner Raum beitragen, natürlich unter Maßgabe der zur Verfügung stehenden Mittel. Diese drei Teilstrecken sind im Investprogramm eingestellt. Die anderen Maßnahmen, die beim Kölner Ring mit zu bedenken sind, sind alle noch in einem Planungsstadium, bei dem wir nicht mit Bestimmtheit sagen können, ob die Baureife bis zum Jahre 2002 erreicht wird. Ich kann Ihnen das im Anschluß auch im einzelnen belegen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Die Kollegen Wolfgang Börnsen, Georg Girisch und Klaus Hofbauer haben um schriftliche Beantwortung ihrer Fragen gebeten; es handelt sich um die Fragen 12 bis 16. Damit sind wir am Ende dieses Geschäftsbereichs. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär, und rufe den Geschäftsbereichs des Auswärtigen Amtes auf. Die Fragen werden von Staatsminister Dr. Ludger Volmer beantwortet. Die Fragen 17 und 18 von Dr. Max Stadler werden schriftlich beantwortet. Also rufe ich die Frage 19 der Kollegin Ilse Aigner auf: Hält die Bundesregierung im Sinne der von ihr immer beanspruchten Kontinuität in der Außenpolitik an der berechtigten und bewährten Haltung fest, Präsentationen der sogenannten „Wehrmachtsausstellung“ im Ausland auf keine wie auch immer geartete Weise zu unterstützen und zu fördern?

Not found (Gast)

Frau Aigner, zur Frage 19 nehme ich wie folgt Stellung: Die Bundesregierung plant nicht, den Organisatoren der Ausstellung finanzielle Unterstützung zu gewähren. Soweit erforderlich, ist das Auswärtige Amt bereit, den Verein bei der Vorbereitung und Durchführung der Ausstellung im Ausland zu unterstützen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage.

Ilse Aigner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003028, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wie beurteilen Sie die Kritik an der Ausstellung, die jetzt in der Presse aufgebracht worden ist, bezüglich der nicht ganz authentischen Bilder, die dort gezeigt werden?

Not found (Gast)

Dazu gibt es selbstverständlich keine offizielle Meinung der Bundesregierung. Wenn Sie meine private wissen wollen: Es wäre besser, solche Fehler würden vermieden. Es ist auch gut, wenn Anstrengungen unternommen werden, um die Ausstellung zu verbessern. Insgesamt erfüllt die Ausstellung aber ihren Zweck, nämlich über üble Machenschaften aufzuklären, die die Wehrmacht - jenseits der Tatsache, daß sie ohnehin Instrument eines verbrecherischen Angriffskriegs war begangen hat. Wir hoffen, daß diese Ausstellung dazu beiträgt, daß die öffentliche Auseinandersetzung über die Rolle der Wehrmacht weiterhin in Gang bleibt.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine zweite Zusatzfrage.

Ilse Aigner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003028, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Über das generelle Ziel besteht Einvernehmen. Aber plant die Bundesregierung begleitende Maßnahmen mit dem Ziel einer diesbezüglichen Richtigstellung?

Not found (Gast)

Die Bundesregierung ist nicht der Organisator der Ausstellung. Wir begrüßen allerdings, daß eine Korrektur vorgenommen wird. Ansonsten plant die Bundesregierung, nur dann - dies ist schon eine Teilantwort auf Ihre nächste Frage - ihre Auslandsvertretungen zu beteiligen, wenn im Zusammenhang mit der Ausstellung Symposien, wissenschaftliche Veranstaltungen usw. vorgesehen sind. Dies wird dann in Zusammenarbeit mit den Goethe-Instituten geschehen, etwa bei der Einladung der Referenten.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Herr Kollege Lippelt, ich denke, Sie sind einverstanden, wenn der Staatsminister zunächst die Frage 20 der Kollegin Aigner beantwortet und ich Sie dann aufrufe. ({0}) - Ja, natürlich, Sie haben dann zwei Zusatzfragen. Dann rufe ich die Frage 20 der Abgeordneten Aigner auf: Wenn nein, hat die Bundesregierung die Absicht, die umstrittene Wehrmachtsausstellung indirekt finanziell zu fördern, vor allem dadurch, daß kulturelle Mittlerorganisationen, wie beispielsweise das Goethe-Institut im Ausland, begleitende Kolloquien zur Ausstellung veranstalten?

Not found (Gast)

Frau Aigner, die Frage 20 beantworte ich wie folgt: Die Zweigstellen des Goethe-Instituts im Ausland sind im Rahmen ihrer Möglichkeiten behilflich, die Ausstellung in ihren Gastländern zu zeigen. Bei Rahmenprogrammen, die aus Anlaß der Ausstellung veranstaltet werden, will das Goethe-Institut eine aktive Rolle zum Beispiel durch die Vermittlung von Referenten oder durch die Beteiligung an Kolloquien übernehmen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage.

Ilse Aigner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003028, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

In der Debatte am 13. März 1997 ist zur Wehrmachtsausstellung von einem Ex-Kollegen von Ihnen, von Herrn Häfner, gesagt worden: Es werden diejenigen angeprangert, die heute die Wahrheit über die historische Vergangenheit feststellen wollen. Distanzieren Sie sich davon, nachdem klar ist, daß nicht alles die historische Wahrheit ist?

Not found (Gast)

Es gibt keinen Grund für eine Distanzierung. Die Ausstellung ist außerordentlich wertvoll und wichtig. Wenn dort Fehler unterlaufen sind, ist dies den Veranstaltern selbst sicherlich am peinlichsten. ({0}) Sie tun gut daran, dies zu korrigieren. Dies schmälert aber die Gesamtaussage und den Grundgehalt der Ausstellung überhaupt nicht. ({1})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Jetzt hat der Kollege Lippelt zwei Zusatzfragen.

Dr. Helmut Lippelt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001352, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatsminister, ist der Bundesregierung bekannt, daß von den in der Ausstellung gezeigten 1 433 Bildern und Fotos jetzt genau 17 als falsch zugeordnet bezeichnet werden und daß das eine hervorragende Quote für eine so schwierige Ausstellung mit so schwierigem Material ist? Dies gilt besonders, wenn man bedenkt, daß es sich um einen Raum handelt, in dem auch sowjetische Massenverbrechen beim Rückzug der Sowjets aus Ostpolen vorgekommen sind.

Not found (Gast)

Herr Kollege Lippelt, das ist mir bekannt. Bekannt ist auch, daß sich heute die historische Forschung insgesamt damit schwertut, historisches Bildmaterial richtig einzuordnen. Daher ist die Quote der richtigen Zuordnung - wie Sie sagen - sehr hoch. Hinsichtlich der gesamten Problematik möchte ich auf einen Artikel verweisen, den ich gestern im Feuilleton der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ auf Seite 49 gelesen habe. Diese ist sicherlich nicht verdächtig, bei ihrer Kritik an der Wehrmacht über das Ziel hinauszuschießen. Dort ist eine meines Erachtens ziemlich gute Einordnung sowohl der Fehler als auch der Bedeutung der gesamten Ausstellung gelungen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine zweite Zusatzfrage?

Dr. Helmut Lippelt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001352, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatsminister, da Sie die „FAZ“ gelesen haben, haben Sie sich möglicherweise auch einmal den Ursprungsaufsatz in den „Vierteljahrsheften für Zeitgeschichte“ angesehen, auf den die ganze Kontroverse zurückgeht, und haben darin den Satz gelesen: Daß die Wehrmacht an Verbrechen, besonders im Gebiet der ehemaligen Sowjetunion und auf dem Balkan, zum Teil massiv beteiligt war, ist mittlerweile hinreichend belegt, wenngleich auch noch längst nicht flächendeckend erforscht. Glauben Sie nicht, daß es angesichts eines solchen Satzes geradezu die Aufgabe der Bundesregierung und ihrer Mittlerorganisationen, wie zum Beispiel des Goethe-Instituts, ist, solche Ausstellungen im Ausland massiv mit Symposien zu begleiten?

Not found (Gast)

In der Tat, Herr Kollege. In dem von mir angesprochenen Artikel, der übrigens von einem Historiker verfaßt worden ist, wird darauf hingewiesen, daß die historische Forschung selbst in der Regel keine Aufklärung betreibt, sondern lediglich Material zur Verfügung stellt, daß die Aufklärung selber hingegen durch Kulturpolitik, in diesem Fall durch auswärtige Kulturpolitik, zu leisten ist. Daran beteiligt sich nicht nur diese Ausstellung, sondern - im Rahmen ihrer Möglichkeiten - auch die Bundesregierung.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Wir kommen zu den Fragen 21 und 22 des Abgeordneten Aribert Wolf. Der Fragesteller ist nicht anwesend. Es wird verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen. Ich danke Ihnen, Herr Staatsminister. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern auf. Die Fragen werden vom Parlamentarischen Staatssekretär Fritz Rudolf Körper beantwortet. Der Kollege Hartmut Koschyk hat um schriftliche Beantwortung seiner Fragen, der Fragen 23 und 24, gebeten. Das gleiche gilt für die Frage 25 der Kollegin Cornelia Pieper. Ich rufe die Frage 26 des Abgeordneten Eckart von Klaeden auf: Trifft es zu, daß der Bundesminister des Innern, Otto Schily, wie in der „FAZ“ vom 27. Oktober 1999 berichtet, beklagt hat, es sei gegen die strafrechtlich bewehrte Geheimhaltung der Beratungen des Bundessicherheitsrates mehrfach verstoßen worden, und welches ist die einschlägige Vorschrift des Strafgesetzbuches?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Ich darf folgende Antwort auf die Frage 26 geben: Bundesinnenminister Schily kommentiert grundsätzlich nicht Zeitungsmeldungen über vertrauliche Angelegenheiten. Allgemein ist festzustellen, daß Sitzungen des Bundessicherheitsrates, wie schon vorhin einmal erwähnt, der Geheimhaltung unterliegen und daß daher Verstöße gegen die Geheimhaltungspflicht nach § 353 b Strafgesetzbuch strafbar sein können.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage.

Eckart Klaeden (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002698, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist Ihnen entgangen, daß ich gar nicht nach der Kommentierung eines Zeitungsartikels frage? Ich frage vielmehr nach der Richtigkeit der Aussage des Herrn Bundesinnenministers. Das ist in der Tat etwas anderes. Meine zweite Frage: Ist Ihnen bekannt, daß nicht nur gegen § 353 b Strafgesetzbuch, sondern auch gegen verschiedene Vorschriften der Geschäftsordnung der Bundesregierung verstoßen wurde? Insbesondere durch §§ 12 und 22 Abs. 3 der Geschäftsordnung der Bundesregierung soll gewährleistet werden, daß die Sitzungen der Bundesregierung vertraulich sind.

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Sie beziehen sich auf eine Zeitungsmeldung der „FAZ“ vom 27. Oktober 1999, in der eine Formulierung „dem Vernehmen nach“ - das ist kein wörtliches Zitat - enthalten ist. Ich gehe davon aus, daß ich solche Zeitungsmeldungen nicht zu kommentieren habe. Was die Geschäftsordnung der Bundesregierung anbelangt: Sie haben die entsprechenden Paragraphen richtig wiedergegeben.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine zweite Zusatzfrage.

Eckart Klaeden (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002698, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, in § 353 b Strafgesetzbuch ist als Tatbestandsvoraussetzung genannt, daß durch den Geheimnisverrat wichtige öffentliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet werden. Ist es Ansicht der Bundesregierung, daß durch das unbestreitbare In-dieÖffentlichkeit-Dringen dieser Beschlüsse und durch die Diskussion im Bundessicherheitsrat eine Gefährdung der öffentlichen Interessen der Bundesrepublik Deutschland eingetreten ist?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Wie die Gefährdungslage einzuordnen ist, das überlasse ich Ihrer Interpretation. Jedenfalls ist die Rechtsgrundlage für § 353 b Strafgesetzbuch eindeutig.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich rufe die Frage 27 des Abgeordneten Eckart von Klaeden auf: Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen, damit die zuständigen Strafverfolgungsbehörden solche Geheimhaltungsverstöße verfolgen?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Herr Kollege, Sie fragen danach, welche Maßnahmen die Bundesregierung ergriffen hat, damit die zuständigen Strafverfolgungsbehörden solche Geheimhaltungsverstöße verfolgen. Ich antworte darauf: Die Bundesregierung nimmt Verstöße gegen Geheimhaltungsvorschriften ernst. Sie entscheidet im Einzelfall - das ist wichtig -, ob und wie die Strafverfolgungsbehörden einzuschalten sind.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage.

Eckart Klaeden (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002698, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, in der öffentlichen Diskussion ist bisher unbestritten geblieben, daß - erstens - die Äußerungen vom Bundesaußenminister in die Öffentlichkeit getragen worden sind und daß - zweitens - die Aussage richtig ist. Ist der Bundesaußenminister im Sinne von § 353 b Strafgesetzbuch befugt gewesen, diese Äußerungen in die Öffentlichkeit zu tragen?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Ich habe Ihnen auf Ihre Frage geantwortet, daß die Bundesregierung im Einzelfall entscheiden wird. Bei dieser Antwort bleibt es - auch im Hinblick auf die von Ihnen zitierte öffentliche Diskussion.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine weitere Zusatzfrage.

Eckart Klaeden (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002698, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Muß ich Ihre Antworten auf meine Zusatzfragen zu Ihren Antworten auf die Fragen 26 und 27 unter dem Kapitel „Keine Antwort ist auch eine Antwort“ verbuchen?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Herr Kollege, wie Sie diese Antwort interpretieren, ist Ihre Sache. Ich habe darauf hingewiesen, daß die Bundesregierung auf Grund der gesetzlichen Vorschriften im Einzelfall entscheiden wird. Das ist weiterhin meine Antwort.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage des Kollegen Hörster.

Joachim Hörster (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000932, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, da die Angelegenheit schon seit längerem die Öffentlichkeit beschäftigt: Wann ist damit zu rechnen, daß die Bundesregierung eine Entscheidung darüber treffen wird, ob die Belange der Bundesrepublik Deutschland durch diesen Vorgang beeinträchtigt worden sind?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Über Zeitpunkt und Zeitschiene kann ich Ihnen keine konkrete Auskunft geben. Ich kann Ihnen nur darüber Auskunft geben, wie die Gesetzesgrundlage ist und daß sich die Entscheidung an dem Einzelfall orientiert.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Hörster.

Joachim Hörster (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000932, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, das haben wir alles schon zur Kenntnis genommen. ({0}) Mir geht es um folgende Frage: Betreibt die Bundesregierung ein Verfahren, um zu den entsprechenden Feststellungen zu kommen, ja oder nein?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Ich habe Ihnen noch einmal gesagt, wie sich die gesetzliche Grundlage darstellt. Dies orientiert sich am Einzelfall. Ich habe Ihnen auch gesagt, daß ich es im Hinblick auf die Zeitschiene und auf die zeitliche Abfolge nicht konkretisieren kann.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage des Kollegen Polenz.

Ruprecht Polenz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002751, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie haben ausgeführt, daß die Bundesregierung eine Entscheidung herbeiführen werde. ({0}) - Doch, so haben Sie wörtlich ausgeführt. Können wir also davon ausgehen, daß es, auch wenn Sie heute über die Zeitschiene nichts sagen können, irgendwann eine Entscheidung darüber geben wird, ob ein strafrechtliches Verfahren eingeleitet wird?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Ich habe gesagt, daß sich die Bundesregierung auf Grund der gesetzlichen Grundlagen am Einzelfall orientieren wird. Zu der Frage, ob ein Verfahren eingeleitet wird oder nicht, und insbesondere auf die Frage hinsichtlich der Zeitschiene habe ich gesagt, daß ich dies nicht konkretisieren kann.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage des Kollegen Lippelt.

Dr. Helmut Lippelt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001352, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, in den letzten 16 Jahren hat es im Bundessicherheitsrat prominente Kontroversen - auch über Panzerlieferungen - gegeben, die anschließend in aller Breite in der Presse kommentiert worden sind. Ist der Bundesregierung bekannt, daß die frühere Bundesregierung jemals gegen ein Mitglied des Bundessicherheitsrates ein solches Verfahren eingeleitet hätte?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Herr Kollege Lippelt, dies ist mir nicht bekannt. Das bedeutet aber nicht, daß dies den objektiven Tatbestand wiedergibt.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Herr Staatssekretär, wir haben damit alle Fragen aus Ihrem Geschäftsbereich behandelt. Ich danke Ihnen. Nun würde ich gerne den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen aufrufen, aber dies ist mir leider nicht möglich. Herr Staatsminister Schwanitz, ich bitte darauf zu achten, daß die Ressorts rechtzeitig im Plenum vertreten sind. Ich schlage vor, daß wir den Geschäftsbereich der Verteidigung vorziehen. Dies ist der letzte aufzurufende Geschäftsbereich; denn die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, die Frage 38 der Kollegin Gudrun Kopp, die Frage 39 des Kollegen Wolfgang Zöller und die Frage 40 des Kollegen Wolfgang Börnsen werden schriftlich beantwortet, und die Frage des Kollegen Werner Lensing ist zurückgezogen worden. Ich rufe also nunmehr den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung auf. Die Parlamentarische Staatssekretärin Brigitte Schulte steht zur Beantwortung zur Verfügung. Die Fragen 44 und 45 des Kollegen Siemann werden schriftlich beantwortet. Wir kommen jetzt zur Frage 42 des Kollegen Nolting: Trifft es zu, daß die Stelle des hauptamtlichen Jugendoffiziers in Frankfurt/Oder in der Praxis seit längerer Zeit nicht mehr besetzt ist bzw. wahrgenommen wird, und wenn ja, wann ist damit zu rechnen, daß hier Abhilfe geschaffen wird? Frau Staatssekretärin, ich gebe Ihnen das Wort.

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Nolting, es stimmt leider, daß der Jugendoffiziersdienstposten in Frankfurt/Oder erst seit April 1999 wieder besetzt worden ist. Der Dienstposteninhaber wird seinen Dienst als hauptamtlicher Jugendoffizier allerdings erst nach seiner bisherigen Verwendung im Einsatz im ehemaligen Jugoslawien am 1. Januar 2000 aufnehmen können.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage des Kollegen Nolting.

Günther Friedrich Nolting (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001622, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Staatssekretärin, sind Sie nicht der Meinung, daß die Stelle im Interesse einer kontinuierlichen Arbeit eher hätte wiederbesetzt werden sollen und daß das Ministerium aufpassen sollte, daß sie auch tatsächlich wiederbesetzt wird?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Herr Kollege Nolting, ich würde Ihnen gerne ausdrücklich zustimmen. Der Fall ist nur etwas schwieriger. Deswegen war ich Ihnen auch sehr dankbar, daß Sie die Frage gestellt haben. ({0}) Im Zuge der Auflösung des Wehrbereichskommandos VIII mußte damals der Jugendoffiziersdienstposten im Bereich des Wehrbereichskommandos VII/13. Panzergrenadierdivision herabgestuft werden. Nunmehr handelt es sich um einen Dienstposten nach A 10. Es war in der Tat schwierig, einen qualifizierten und vom Profil geeigneten Offizier mit der Eingruppierung A 10 zu gewinnen. Wir haben deshalb eine Weile suchen müssen, bis wir einen passenden Bewerber fanden. Sie sehen ja auch: Der Betreffende befindet sich zur Zeit noch im Einsatz in Jugoslawien. Ich stimme Ihnen ausdrücklich zu, daß dies schade ist; aber es gab die beschriebenen Probleme. Ich rechne fest mit Ihnen, damit wir im Rahmen der Strukturreform zu einer anderen Besoldung kommen können.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Keine weitere Zusatzfrage. - Frau Staatssekretärin, ich bitte Sie nun, die Frage 43 zu beantworten. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die Jugendoffiziere wichtige gesellschaftliche Entwicklungen und Trends kennen und nachvollziehen sollten, und wenn ja, bis wann beabsichtigt sie, zumindest die hauptamtlichen Jugendoffiziere der Bundeswehr mit einer internetfähigen Computerausstattung auszurüsten?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Herr Kollege Nolting, ich teile auch Ihre Auffassung, daß Jugendoffiziere wichtige gesellschaftliche Entwicklungen und Trends kennen und nachvollziehen wollen. Aus diesem Grunde wurden die hauptamtlichen Jugendoffiziere bereits seit 1995 mit Computern ausgestattet. Seit 1998 haben die Jugendoffiziere auch Zugang zu der sogenannten Infobörse, einem speziellen Informationssystem für Fachpersonal der Presse und Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr, über das sie mit wichtigen Informationen aus dem Bundesministerium der Verteidigung versorgt werden. Wenigstens behaupten wir, daß es wichtige Informationen seien. Die Computerausstattung ist technisch bereits für eine Internetnutzung geeignet. Aber weil die Jugendoffiziere auch Nutzer von weiteren spezifischen Anwendungen des Bundesministeriums der Verteidigung sind, müssen besondere Sicherheitsvorkehrungen - danach haben Sie gefragt - für den Internetanschluß der Jugendoffiziere getroffen werden, um das Offenlegen interner Daten des Verteidigungsministeriums zu verhindern. Eine technische Lösung ist gefunden. Ihre Umsetzung wird nach gegenwärtiger Planung im ersten Halbjahr 2000 abgeschlossen sein.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage des Kollegen Nolting.

Günther Friedrich Nolting (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001622, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Staatssekretärin, sind im Ministerium Überlegungen angestellt worden, durch das Leasen von Computern das Verfahren zu beschleunigen und eventuell Kosten zu sparen?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Herr Kollege, der ganze Bereich der Computerausstattung befindet sich in einem Umstrukturierungsprozeß. Sie wissen dies ja auch aus der Debatte im Verteidigungsausschuß. Der Haushaltsausschuß hatte bis zur letzten Woche auch einen Teil der zur Verfügung gestellten Mittel gesperrt, weil er ein Leasing-Konzept auch schon zur Zeit der alten Regierung eingeklagt hat. Wir bemühen uns darum, unsere Leute modern auszustatten. Auch deswegen wird daran gedacht, Computer nicht mehr zu kaufen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Keine weitere Zusatzfrage. Dann danke ich Ihnen, Frau Staatssekretärin. Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen. Da das Finanzministerium nicht vertreten ist - das ist nicht in Ordnung -, könnte Ziffer 11 der Anlage 4 der Geschäftsordnung in Betracht kommen; es sei denn, die Fraktionen melden sich zu Wort. - Bitte, der Kollege Hörster und der Kollege Solms.

Joachim Hörster (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000932, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident, da durch die Abwesenheit des Vertreters des Bundesministeriums der Finanzen auch Fragen aus unserer Fraktion betroffen sind, möchte ich darum bitten, die Sitzung zu unterbrechen, bis einer der Parlamentarischen Staatssekretäre aus dem Finanzministerium eingetroffen ist. Es ist grundsätzlich unmöglich, daß in einer Fragestunde, in der auch die Abgeordneten warten müssen und auch nicht kalkulieren können, wann und ob ihre Fragen überhaupt aufgerufen werden, die Vertreter eines Ressorts, an die eine ganze Reihe von Fragen gerichtet worden sind, nicht anwesend sind. ({0}) - Ich sehe gerade, daß Herr Diller den Plenarsaal betritt. Er dürfte nun in der Lage sein, die Fragen zu beantworten. Damit ziehe ich meinen Antrag zurück.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Damit erübrigt sich die Wortmeldung des Kollegen Solms. Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen. Zur Beantwortung ist jetzt der Parlamentarische Staatssekretär Karl Diller anwesend. Ich rufe die Frage 28 des Kollegen Hermann Otto Solms auf: Welche Gründe sind dafür maßgeblich, daß Taxifahrten nur innerhalb einer Gemeinde oder bis zu einer Entfernung von 50 km mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 Prozent besteuert werden, und welche Auswirkungen hat dies für die praktische Durchführung der Besteuerung?

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Herr Präsident, ich bitte um Nachsicht. Ich komme soeben aus der Haushaltsausschußsitzung. Gerade ein Fraktionskollege von Herrn Solms, nämlich Herr Koppelin, wollte unbedingt, daß ich dort bleibe. Ich habe mich dann bei ihm damit entschuldigt, daß ich hierhin muß. Herr Kollege Dr. Solms, nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 des Umsatzsteuergesetzes ist der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 Prozent nicht nur bei Personenbeförderung im Verkehr mit Taxen innerhalb einer Gemeinde oder bei einer Beförderungsstrecke von nicht mehr als 50 Kilometern anzuwenden, sondern unter anderem auch bei Personenbeförderung im Schienenbahnverkehr - mit Ausnahme der Bergbahnen -, im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen und bei Beförderung im Fährverkehr, wenn, ebenfalls wie bei der Personenbeförderung im Verkehr mit Taxen, die Beförderung innerhalb einer Gemeinde ausgeführt wird oder die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt. Beförderungsleistungen für Strecken, die diese Grenze überschreiten, unterliegen dann insgesamt gemäß § 12 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes dem allgemeinen Steuersatz von 16 Prozent. Der ermäßigte Umsatzsteuersatz für die Personenbeförderung im öffentlichen Nahverkehr wurde bei Einführung der neuen Umsatzsteuer - das war im Januar 1968 - geschaffen, um diesen Verkehr mit seinen vorwiegend sozialen Tarifen weiter zu begünstigen und um den besonderen Verkehrsverhältnissen in den Ballungsgebieten Rechnung zu tragen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Zusatzfrage.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002190, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Meine Bitte wäre, daß die zweite Frage gleich beantwortet wird.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Einverstanden. Ich rufe also noch die Frage 29 auf: Wie hoch ist der administrative Aufwand der Unterscheidung zwischen Taxifahrten, die mit dem ermäßigten Steuersatz einerseits und dem vollen Steuersatz andererseits besteuert werden, und welches Steuermehraufkommen resultiert aus der Besteuerung der Fahrten außerhalb einer Gemeinde oder über eine Entfernung von 50 km hinaus mit dem vollen Umsatzsteuersatz?

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Die zweite Frage ist durch die Bundesregierung wie folgt zu beantworten. Es ist davon auszugehen, daß Taxifahrten ganz überwiegend innerhalb des Bereichs durchgeführt werden, für den der ermäßigte Umsatzsteuersatz gilt. Der Unternehmer muß die Entgelte für die Fahrten, für die der allgemeine Umsatzsteuersatz anzuwenden ist, gemäß § 22 Abs. 2 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz gesondert aufzeichnen. Insoweit ist der nicht quantifizierbare Aufwand nicht höher als bei anderen Unternehmern, die ihre Umsätze nach unterschiedlichen Steuersätzen versteuern. Mangels statistischer Aufzeichnungen über Taxifahrten ist eine Angabe zu den finanziellen Auswirkungen der Fahrten, die dem allgemeinen Umsatzsteuersatz unterliegen, leider nicht möglich.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Erste Zusatzfrage des Kollegen Solms.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002190, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Kann ich diese Antwort so verstehen, daß der Mehraufwand so hoch beziehungsweise das Mehraufkommen durch die höhere Besteuerung bei Fahrten von mehr als 50 Kilometern so niedrig ist, daß das nicht erfaßt werden kann, daß also bei dieser komplizierten Regelung Aufwand und Ertrag in einem solchen Mißverhältnis stehen, daß eigentlich nur die administrative Gängelung der Taxifahrer übrig bleibt?

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Herr Kollege Dr. Solms, ich habe darauf aufmerksam gemacht: Diese Regelung hat seit über 30 Jahren Bestand, und es ist nie irgendeine Klage an unser Haus herangetragen worden.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002190, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Die Klage kommt selbstverständlich aus der Praxis; sonst würde ich es nicht vortragen und hätte gar keine Kenntnis davon. Also muß es ja Klagen geben. Dann will ich andersherum fragen: Teilen Sie meine Meinung, daß eine solche Vorschrift, das komplizierte Aufschreiben der gefahrenen Kilometer, die Betroffenen geradezu dazu verleitet, Dinge nicht anzugeben, die sie nach dem Gesetz eigentlich angeben müßten, und daß deswegen dadurch auch kein Steuermehraufkommen erzielt wird?

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Wir gehen von der Steuerehrlichkeit der Beteiligten aus. ({0}) Im übrigen muß ich darauf hinweisen, daß weder nach der Abgabenordnung noch nach dem Umsatzsteuergesetz eine bestimmte Weise vorgeschrieben ist, in der ein Taxiunternehmer seine Betriebseinnahmen beziehungsweise Umsätze zu ermitteln hat. Alle Aufzeichnungsmethoden, die zu dem steuerlich zutreffenden Ergebnis führen, sind zulässig. Wenn das beispielsweise mittels Taxametern gemacht werden kann, weil die Taxifahrer unterschiedliche Tarife in den Taxameter eintippen, ist auch dies möglich.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage des Kollegen Hauser.

Hansgeorg Hauser (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000832, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie haben vorhin davon gesprochen, bei der Einführung dieses ermäßigten Steuersatzes sei berücksichtigt worden, daß der Personennahverkehr besonders begünstigt werden soll. Sind Sie nicht auch der Meinung, daß die Ökosteuer, die jetzt eingeführt worden ist und - bei der Mineralölsteuer - jährlich um sechs Pfennig erhöht werden soll, genau dieses Vorhaben konterkariert?

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Herr Kollege Hauser, wie Sie wissen, gibt es Überlegungen gerade bezüglich Ökosteuer und ÖPNV im Zusammenhang mit dem zur Zeit in der Pipeline befindlichen Gesetz. Warten Sie doch mal ab, was die Koalitionsfraktionen da beschließen werden!

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Hauser.

Hansgeorg Hauser (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000832, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ist das so zu verstehen, daß auch die Taxen in diesem Bereich des öffentlichen Nahverkehrs bei der Ökosteuer besonders berücksichtigt werden?

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Nein.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage des Kollegen Burgbacher.

Ernst Burgbacher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003063, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, halten Sie es wirklich für vertretbar, wenn wir auf diese Weise Steuern kassieren? Ich habe im Zusammenhang mit anderen Beispielen, etwa beim Trinkgeld, von Ihnen erfahren, daß keine Aussagen über Verwaltungskosten oder die Höhe des Steuerertrags gemacht werden können. Glauben Sie nicht mit mir, daß so die Politikverdrossenheit weiter geschürt wird?

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Darf ich Sie darauf aufmerksam machen, daß in diesem Bereich keine Steuererhöhung geplant ist.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine weitere Zusatzfrage? - Keine weitere Zusatzfrage. Dann rufe ich die Frage 30 des Kollegen Hauser auf: Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Steuermehreinnahmen durch den Wegfall der Besteuerung von selbstgenutzten Zweifamilienhäusern seit dem 1. Januar 1999?

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Der Bundesregierung liegen keine Daten oder Schätzungen über den Umfang der auf Grund des Wegfalls der Besteuerung von Zweifamilienhäusern nicht mehr abziehbaren Aufwendungen und die damit verbundenen Auswirkungen auf das Steueraufkommen vor.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Zusatzfrage.

Hansgeorg Hauser (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000832, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Eine solche Antwort habe ich eigentlich befürchtet, auch - das möchte ich in Klammern dazu anführen - aus meinen eigenen Erfahrungen. Ich bitte Sie, mir zu sagen, ob es Ihnen möglich wäre, uns die Zahl der Fälle, die davon betroffen sind, schriftlich mitzuteilen, das heißt, bei den Ländern diese Zahlen abzufragen? Ich bin davon überzeugt, daß es dafür statistische Unterlagen gibt.

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Herr Kollege Hauser, ich bin gern bereit, mein Haus zu bitten, bei den Ländern einmal nachzuhören, inwieweit statistische Unterlagen herangezogen werden können, sei es der Mikrozensus oder tatsächlich finanzamtsbezogen, so daß man das hochrechnen könnte. Den Versuch wollen wir gerne machen.

Hansgeorg Hauser (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000832, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Es hat also keine Nachfrage bei den Ländern gegeben?

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Uns liegen keine Zahlen vor. Wir wissen nicht, ob die Länder welche haben. Deswegen muß ich jetzt erst einmal mein Haus bitten nachzufragen. Das wollen wir aber gerne tun.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Dann rufe ich jetzt die Frage 31 des Kollegen Hauser auf: Trifft es zu, daß die Neuregelung der sog. 630-DM-Jobs zu ca. 2 Millionen Freistellungsanträgen geführt hat und daß durch die Bearbeitung der Anträge Kosten für die Finanzverwaltung in Höhe von ca. 40 bis 75 DM pro Antrag und ca. 20 DM Bürokratiekosten für den Arbeitgeber entstehen? Herr Staatssekretär.

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Herr Kollege Hauser, nach den Meldungen der Länder sind bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt 2,9 Millionen Anträge auf Erteilung einer Freistellungsbescheinigung bei den Finanzämtern eingegangen. Es sind insgesamt zirka 2,5 Millionen Bescheinigungen ausgestellt worden. Wie meine Kollegin Frau Dr. Hendricks bereits am 12. Juli 1999 in der Antwort auf die schriftliche Frage des Kollegen Fromme ausgeführt hat - das ist die Bundestagsdrucksache 14/1410, Frage 13 -, dürfte die Zeit für die Bearbeitung eines Freistellungsantrags beim Finanzamt zehn Minuten nicht überschreiten. Die von Ihnen genannten Kosten, die durch die Bearbeitung eines Freistellungsantrags beim Finanzamt und einer Freistellungsbescheinigung beim Arbeitgeber entstehen sollen, kann die Bundesregierung nicht bestätigen. Bei der Belastung des Arbeitgebers durch die Bescheinigung ist zu berücksichtigen, daß dadurch die Entgegennahme der Lohnsteuerkarte des Arbeitnehmers bzw. die pauschale Lohnversteuerung entfällt.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Zusatzfrage.

Hansgeorg Hauser (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000832, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich beziehe mich bei meinen Angaben auf die Aussagen des Präsidenten des Deutschen Steuerberaterverbandes, Herrn Pinne, der diese Zahlen auf Grund von Informationen der Finanzverwaltung genannt hat. Wären Sie bereit, uns - möglicherweise schriftlich - darzustellen, welche Arbeitsabläufe für die Bearbeitung dieser Anträge notwendig sind, damit man Ihre Aussage, daß sie bestenfalls zehn Minuten dauert, nachvollziehen kann?

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Wir wollen das gerne tun. Ich möchte aber darauf hinweisen, daß ich an dem Verbandstag einer großen Gewerkschaft in diesem Bereich teilgenommen habe. Der dortige Vorsitzende meinte, daß diese große Welle schon über die Finanzämter hinweg sei und der Arbeitsaufwand wieder normale Ausmaße angenommen habe. Was den anderen Teil Ihrer Frage angeht, wollen wir das gerne noch einmal überprüfen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Dann rufe ich die Frage 32 des Kollegen Ruprecht Polenz auf: In welchem Umfang enthält der Bundeshaushalt für 1999 Finanzmittel für die Türkei?

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Herr Kollege Polenz, für die Türkei sind im Einzelplan 23, Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, in diesem Jahr 25,9 Millionen DM vorgesehen, davon anläßlich der Erdbebenkatastrophe für die Herstellung winterfester Unterkünfte 20 Millionen DM sowie für Projekte der Technischen Zusammenarbeit 5,9 Millionen DM. Das Auswärtige Amt hat aus seinem Einzelplan für humanitäre Hilfe 6,2 Millionen DM bereitgestellt.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Zusatzfrage.

Ruprecht Polenz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002751, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Trifft es zu, daß bei der Vergabe der Mittel, die aus dem Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zur Verfügung gestellt werden, auch die in dem Katalog, der bei der Bereitstellung solcher Mittel zu berücksichtigen ist, geforderte Beachtung der Menschenrechte eine Rolle gespielt hat?

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Herr Kollege, diese Antwort müßte Ihnen das BMZ geben. Das entzieht sich meiner Kenntnis.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich rufe die Frage 33 des Kollegen Ruprecht Polenz auf: In welchem Umfang und wofür sind diese Finanzmittel bereits an die Türkei abgeflossen?

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Die Mittel in Höhe von 6,2 Millionen DM aus dem Einzelplan 05 wurden bereits ausgezahlt. Aus den zugesagten Mitteln des Einzelplans 23, also BMZ, werden bis zum 31. Dezember 1999 zirka 16,5 Millionen DM für die winterfesten Unterkünfte abfließen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Es gibt keine Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 34 der Kollegin Christine Ostrowski auf: Welche Schlußfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dem vom Bund der Steuerzahler vorgelegten Gutachten „Zuwendungen des Bundes 1999 - Das ungenutzte Einsparpotential“ insbesondere hinsichtlich des Vorschlags der Vorlage eines regelmäßigen Zuwendungsberichtes?

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Frau Kollegin, die Bundesregierung hat unabhängig vom Gutachten des Steuerzahlerbundes bereits im Zukunftsprogramm 2000 Reduzierungen bei den Zuwendungen in ganz erheblichem Umfang vorgesehen. Allein im Jahr 2000 werden bei den Zuwendungen des Bundes rund 3 Milliarden DM gegenüber der bisherigen Finanzplanung - ich unterstreiche: Finanzplanung - eingespart. Ein gesonderter Zuwendungsbericht ist nicht erforderlich. Die Bundesregierung erstellt auf der Grundlage des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes alle zwei Jahre einen Subventionsbericht, der die wirtschaftsbezogenen Finanzhilfen und damit den wichtigsten Bereich der Zuwendungen erfaßt. Der Subventionsbericht stellt daneben auch die steuerlichen Hilfen für die Wirtschaft dar und ist insofern umfassender als ein lediglich auf die Ausgaben abstellender Zuwendungsbericht.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Zusatzfrage.

Christine Ostrowski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001662, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Herr Staatssekretär, mir ist natürlich bekannt, daß es alle zwei Jahre auf der Grundlage des entsprechenden Gesetzes einen Subventionsbericht gibt. Mir ging es gerade darum, daß die Zuwendungen nach der Bundeshaushaltsordnung in diesem Subventionsbericht nicht erscheinen. Ich bitte Sie, zu überlegen, ob Sie nicht unter Beachtung folgender Prämissen in dieser Richtung aktiv werden wollen: Erstens beträgt das Potential der Zuwendungen - wenn ich dem Bund der Steuerzahler glauben kann - im Jahre 1999 34,6 Milliarden DM. Das ist eine erkleckliche Summe. Zweitens haben der Bundesrechnungshof und Rechnungshöfe der Länder solche Zuwendungsberichte gefordert. Drittens sind die Zuwendungen nicht transparent. Sie entziehen sich weitgehend der parlamentarischen Kontrolle. Viertens gibt es praktische Beispiele dafür - so in der Bürgerschaft Hamburg -, daß solche Zuwendungsberichte erstellt werden. Meine Frage geht also dahin: Wären Sie unter Berücksichtigung all dieser Gesichtspunkte wie des Einsparpotentials, der Transparenz und der parlamentarischen Kontrolle nicht doch bereit, in dieser Richtung aktiv zu werden und über die Erstellung eines Zuwendungsberichts nachzudenken?

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Frau Kollegin, ich möchte noch einmal darauf aufmerksam machen, daß der Subventionsbericht umfassender ist, weil er nicht nur die Ausgabenseite des Haushalts beleuchtet, sondern auch die Einnahmenseite. Es gibt auch steuerliche Subventionstatbestände. Diese sind dem Verfasser möglicherweise weniger wichtig als die Ausgabenseite. Insofern ist es objektiver, beide Seiten zu betrachten. Im übrigen muß man festhalten, daß der Haushaltsausschuß parteiübergreifend schon seit langem eine Rücknahme aller institutioneller Förderungen fordert und immer wieder darauf drängt, daß keine neuen institutionellen Förderungen entstehen und statt dessen nur noch Projekte gefördert werden. Sie sehen, wir stellen uns dieser Frage unabhängig von Forderungen Dritter.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine zweite Zusatzfrage.

Christine Ostrowski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001662, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Stichwort Projekte: Können Sie mir sagen, wie hoch der Anteil der Projekte ist, die immer wieder aufs neue fortgeführt werden, die sich quasi zu einer institutionellen Förderung entwickelt haben? Vielleicht können Sie mir auch die Anzahl der Projekte sagen, die insgesamt gefördert werden, sowie den Anteil derer, die von Jahr zu Jahr über Anschlußprojekte Zuwendungen bekommen?

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Frau Kollegin, ich fürchte, es ist eine Riesenarbeit, das Ihnen jetzt in Prozentsätzen mitzuteilen. Deshalb möchte ich mich darauf beschränken, Ihnen das Angebot zu machen, daß Sie mir einen Einzelplan nennen, der Ihnen in diesem Zusammenhang besonders wichtig ist, und wir Ihnen einzelplanbezogen eine solche Übersicht erstellen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Frage 35 der Kollegin Ostrowski: Welche Auffassung vertritt die Bundesregierung zum abschließenden Ergebnis eines Gutachtens der Baseler Prognos AG „Wirkungen staatlicher Bausparförderung“, das dem Bundesministerium der Finanzen vorliegen soll und nach dem die Wirkungen des Wohnungsbauprämiengesetzes als auch des Vermögensbildungsgesetzes in der Praxis die vom Gesetzgeber damit verknüpften Intentionen nicht erreichen und der Nutzen beider Fördermaßnahmen in Frage gestellt werden soll?

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Das im Jahre 1998 vorgelegte Gutachten der Prognos AG mit dem Titel „Wirkungen staatlicher Sparförderung“ - damit ist übrigens im Gegensatz zu Ihrer Frage nicht nur die Bausparförderung angesprochen, sondern die Sparförderung insgesamt - befaßt sich in ausgewogener Weise mit einer Wirkungsanalyse der staatlichen Sparförderung und Vermögensbildung aus subventionspolitischer Sicht und untersucht die Effizienz des eingesetzten Instrumentariums und den damit verbundenen Verwaltungsaufwand. Untersucht werden die Förderung nach dem Fünften Vermögensbildungsgesetz, dem Wohnungsbauprämiengesetz und § 19a des Einkommensteuergesetzes. Die Bundesregierung hat wesentliche Ergebnisse dieser Studie im Hinblick auf die Bedeutung der Subventionsgewährung im 17. Subventionsbericht - das ist die Bundestagsdrucksache 14/1500 vom 13. August 1999 - in Kapitel V, „Erfolgskontrolle in wesentlichen Bereichen“, Textziffer 72 ff. wiedergegeben.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Zusatzfrage.

Christine Ostrowski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001662, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Trifft es zu, daß, jetzt auf die Bausparförderung im speziellen bezogen, mit diesem Instrument, so wie es im Gutachten ausgesagt ist, das angestrebte Ziel einer Stimulierung der Vermögensbildung nicht erreicht wird, daß auch unerwünschte Effekte, Mitnahmeeffekte - das Gutachten spricht konkret von Marketingeffekten -, auftreten? Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß ein solches Gutachten, wenn es derartige kritische Wirkungen aufzeigt, auch in Anbetracht der Summe, die für die Bausparförderung Jahr für Jahr bereitgestellt werden muß, zu Konsequenzen anregen sollte?

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Frau Kollegin, ich habe hier den Auszug aus dem 17. Subventionsbericht. Die entsprechende Passage zieht sich über mehrere Seiten hinweg. Zunächst einmal ist dargestellt worden, was das Gutachten der Prognos AG im einzelnen besagt, zweitens wird darauf hingewiesen, welche Position die Bundesregierung hat, und drittens wird verdeutlicht, in welcher Weise die Bundesregierung schon Änderungen vorgenommen hat. Ich rege an, daß wir anhand dieses umfangreichen Textes die Diskussion dann mit dem Fachressort, dem BMVBW, führen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich rufe die Frage 36 des Kollegen Hans Peter Bartels auf. Wie reagiert die Bundesregierung auf die Behauptung der Deutschen Post AG, daß „jene vier Politiker, die stellvertretend für 50 Jahre Bundesrepublik Deutschland stehen“, die Christdemokraten Konrad Adenauer, Ludwig Erhard und Helmut Kohl sowie der Liberale Theodor Heuss sind ({0})?

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Herr Kollege Dr. Bartels, die Deutsche Post AG unterliegt als Aktiengesellschaft den Bestimmungen des deutschen Aktienrechts. Die Herausgabe von Werbebroschüren durch den Geschäftsbereich Philatelie der DP AG ist Teil der Geschäftspolitik des Unternehmens, die in der Verantwortung des Vorstands der Deutschen Post AG liegt. Für den Inhalt der Werbebroschüren ist ausschließlich das Unternehmen verantwortlich.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Zusatzfrage.

Dr. Hans Peter Bartels (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003031, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, halten Sie es denn überhaupt für notwendig, daß eine bundeseigene Aktiengesellschaft Medaillen mit Politikerköpfen herausgibt? Sie gibt ja auch Briefmarken mit Politikerköpfen heraus.

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

In der Tat wird es auch eine Briefmarke geben. Wenn Sie vielleicht auf die politische Ausgewogenheit abheben, möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, daß am 13. Januar des Jahres 2000 zum zehnten Todestag von Herbert Wehner ein Sonderpostwertzeichen durch dasselbe Unternehmen herausgegeben wird.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich rufe die Frage 37 des Kollegen Bartels auf: Wird die Bundesregierung über ihre Vertreter im Aufsichtsrat der Deutschen Post AG darauf hinwirken, das in dieser Broschüre dargestellte Geschichtsbild zu ergänzen?

Karl Diller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000391

Ein Einwirken der Bundesregierung auf den Inhalt der Werbebroschüre ist im Hinblick auf einschlägige Regelungen des Aktienrechts nicht sachgerecht.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Es gibt keine Zusatzfrage mehr. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär Diller. Damit sind wir am Ende der Fragestunde. Ich teile mit, daß die Fraktion der F.D.P. eine Aktuelle Stunde zu dem Thema „Steuermehreinnahmen zu größeren Steuersenkungen für die Bürger nutzen“ verlangt. Die Antragstellerin hat darum gebeten, die Aktuelle Stunde erst um 15.30 Uhr aufzurufen. Das ist mit den anderen Fraktionen abgestimmt. Ich bitte unsere Zuhörerinnen und Zuhörer auf den Tribünen um Verständnis für diese parlamentarischen Abläufe. Gleichzeitig darf ich Ihnen noch einen schönen Tag in Berlin wünschen. Die Sitzung ist bis 15.30 Uhr unterbrochen. ({0})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Die unterbrochene Sitzung ist wiedereröffnet. Ich rufe Zusatzpunkt 1 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der F.D.P. Steuermehreinnahmen zu größeren Steuersenkungen für die Bürger nutzen Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege Thiele von der F.D.P.-Fraktion.

Carl Ludwig Thiele (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002315, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die F.D.P. hat diese Aktuelle Stunde beantragt, weil schon heute feststeht, daß die Steuereinnahmen in diesem Jahr, 1999, gegenüber 1998 um 50 Milliarden DM steigen werden. Die Behauptungen seitens der rotgrünen Koalition, daß Bürger und Arbeitsplätze in diesem Lande entlastet würden, werden allein schon durch diese Zahlen widerlegt. Im Gegenteil: In diesem Jahr liegen die Steuerbelastungen um 50 Milliarden DM höher. Noch nie hat eine Regierung ihr Wahlversprechen auf durchgreifende Entlastung der Bürger in der Form wie diese Regierung gebrochen. ({0}) Noch nie mußte die deutsche Bevölkerung unter einer solchen Unfähigkeit der Regierung leiden wie während der Amtszeit der rotgrünen Koalition. ({1}) Steuermehreinnahmen in Höhe von 50 Milliarden DM für den Staat bedeuten nämlich, daß die Bürger in diesem Jahr eine um 50 Milliarden DM höhere Steuerbelastung zu tragen haben. ({2}) Bundesfinanzminister Eichel und seine rotgrüne Koalition sprechen immer davon, daß die Bürger in diesem Lande entlastet würden. Wenn aber 50 Milliarden DM mehr an Steuern gezahlt werden, zeigt das, daß die Bürger von Rotgrün nicht entlastet, sondern hemmungslos belastet werden; denn die Einnahmen der Bürger werden so stark besteuert, daß Steuermehreinnahmen in Höhe von 50 Milliarden DM in diesem Jahr zustande kommen konnten. Die Regierung hat es bislang einzig und allein geschafft, daß die Bürger das Vertrauen in die Regierung und die Zukunftsfähigkeit unseres Landes verloren haben. Wer mehr Arbeitsplätze in unserem Lande schaffen will, der muß die Rahmenbedingungen für mehr Wachstum und Investitionen in unserem Lande schaffen. ({3}) Das geschieht nicht dadurch, indem man die Bürger abkassiert und Arbeitsplätze belastet. Das ist auch der Grund dafür, daß die Arbeitslosenzahlen nicht sinken. Die F.D.P. fordert deswegen eine deutliche Senkung der Steuersätze und eine deutliche Entlastung der Steuerpflichtigen. ({4}) Angesichts der Behauptung der SPD, Steuersenkungen seien jetzt nicht zu finanzieren, sollte man sich einmal anschauen, was die Sachverständigen, auch die Sachverständigen des Ifo-Instituts, sagen: Auf Grund dieser Steuermehreinnamen sind die Bürger sehr wohl zu entlasten und die Steuersätze zu senken. - Wer sich vor diesen Steuersenkungen drückt, der zeigt, daß er sie nicht will, sondern daß er bei den Bürgern weiter abkassieren will. Es ist deshalb unseriös, wenn behauptet wird, daß die Vorschläge der F.D.P. zur Steuerreform nicht finanzierbar seien. Es ist unseriös, den Bürgern vorzugaukeln, sie würden von Rotgrün entlastet. Das Steuerentlastungsgesetz ist für die Bürger und Unternehmen in Wirklichkeit ein Steuerbelastungsgesetz, was an Hand der vorliegenden Zahlen zur Steuerbelastung immer deutlicher wird. ({5}) Die Ökosteuer ist eine reine Erhöhung der Steuer auf Energie, die alle Bürger zu tragen haben und die die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes schwächt. ({6}) Mit dem Steuerbereinigungsgesetz wollen Sie sogar den kleinen Leuten hinsichtlich ihrer Lebensversicherung ans Portemonnaie, obwohl es dafür überhaupt keinen Grund gibt. ({7}) Rotgrün räumt zumindest ein, daß die Rente nicht mehr ganz so sicher ist. Wir haben einen überparteilichen Konsens, daß mehr für die private Altersvorsorge getan werden muß. ({8}) Aber das Instrument, durch das der Normalbürger seine zusätzliche Altersvorsorge sicherstellt, nämlich die Lebensversicherung, wird von Ihnen zukünftig besteuert werden ohne jegliches Konzept, was die Besteuerung der Alterseinkünfte insgesamt angeht. Diese Situation können wir als F.D.P. nicht hinnehmen, sondern wir werden sie anprangern. Wir werden Sie so lange drängen, bis Sie von diesen Plänen ablassen. ({9}) Eine gute Finanzpolitik bedeutet eben nicht nur ein Abkassieren bei den Bürgern. ({10}) Es ist vollkommen richtig, daß gespart werden muß. Aber wer den Haushalt 1999 um 6,3 Prozent aufbläht, um Wahlgeschenke unter das Volk zu streuen, dem fehlt natürlich das Geld, die Bürger zu entlasten. Deshalb haben wir die Wahlgeschenke kritisiert und fordern an dieser Stelle die deutliche Entlastung aller steuerpflichtigen Bürger, die durchaus möglich ist. Wenn Sie von der SPD einmal etwas mehr Mut hätten, dann würden Sie diese unsägliche Unternehmensteuerreform mit der Unterscheidung zwischen Einkünften von Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften nicht durchführen. Ich möchte Sie einfach bitten: Halten Sie sich doch einmal in diesem Punkt an den SPD-Fraktionsvorsitzenden Peter Struck, der das F.D.P.-Steuerkonzept für das beste Steuerkonzept hält! Folgen Sie seinem Vorschlag! Senken Sie den Eingangssteuersatz auf 15 Prozent und den Spitzensteuersatz auf 35 Prozent! Entlasten Sie die Bürger, und sorgen Sie für mehr Planungssicherheit und Vertrauen in die Kräfte unseres Landes, die die Arbeitsplätze schaffen! Dann könnte es um unser Land besser bestellt sein als nach diesem reinen Abkassieren, welches Rotgrün momentan praktiziert. ({11})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Das Wort hat nun die Parlamentarische Staatssekretärin Barbara Hendricks.

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Die von Ihnen beantragte Aktuelle Stunde zu möglichen Steuermehreinnahmen und ihrer Verwendung zeigt zunächst vor allem folgende Tatsachen: Die Wirtschaftsentwicklung verläuft gut, was auch die Institute in ihrem Herbstgutachten dargelegt haben. ({0}) Im Gegensatz zur alten Bundesregierung haben wir von Beginn an mit realistischen wirtschaftlichen Annahmen bei der Steuerschätzung gearbeitet. Das zahlt sich jetzt aus. ({1}) Der Herr der Löcher wird auf ewige Zeiten Theo Waigel bleiben. ({2}) Auch die Finanz- und Wirtschaftspolitik der Bundesregierung hat zu dieser positiven Entwicklung beigetragen. Das Zukunftsprogramm und die Steuerpolitik haben zur Stabilisierung der Erwartungen und damit zu einem stetigen und aufwärtsgerichteten Konjunkturverlauf beigetragen. Ich halte fest: Wenn die Opposition heute glaubt, eine Diskussion über Steuersenkungen eröffnen zu können, lobt sie damit die Politik der Bundesregierung, was durchaus richtig ist. ({3}) So befriedigend diese Entwicklung an sich auch ist, so besteht doch für Forderungen nach zusätzlichen Steuersenkungen kein Anlaß. ({4}) Es ist vielmehr höchst unseriös, aus sich abzeichnenden geringen Steuermehreinnahmen gleich neue populistische Steuersenkungsforderungen abzuleiten. ({5}) - Herr Thiele, Sie wissen doch selber: 50 Milliarden DM müssen doch ein entsprechend höheres gewachsenes Einkommen der Bürgerinnen und Bürger gegenüberstehen. Es bedarf doch mindestens 200 Milliarden DM an zusätzlichen Einkünften für die Bürgerinnen und Bürger und die Unternehmen, um durch die Umsatz-, die Verbrauch- und die Einkommensteuer 50 Milliarden DM Mehreinnahmen erzielen zu können. Und das ist kein Abkassieren, sondern die logische Folge des geltenden Steuerrechtes. Im übrigen haben wir schon in diesem Jahr für deutliche Entlastungen gesorgt. ({6}) Das Steuerentlastungsgesetz 1999 hat bisher bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und bei den Familien ausschließlich Entlastungswirkungen gezeigt. Steuermehreinnahmen können frühestens zum Bilanzstichtag, also zu Beginn des nächsten Jahres, wirksam werden. Sie haben davon gesprochen, daß wir schon in diesem Jahr 50 Milliarden DM an Steuermehreinnahmen haben werden. Das kann aber wegen des Steuerentlastungsgesetzes gar nicht sein. Dies wird erst später Wirkung zeigen, und dies ist auch beabsichtigt. ({7}) - Sie wissen doch, daß wir keine Abschreibungen verschlechtert haben. Wie kommen Sie also darauf, so etwas zu sagen? Außerdem haben Sie behauptet, sie würden schon jetzt gelten. Das kann doch gar nicht sein. Die von Ihnen angezettelte Diskussion paßt zu kürzlich bekanntgewordenen Steuersenkungsplänen aus den Reihen der Opposition, die keinerlei solide Finanzierungsgrundlage haben. Das einzige, was Sie so erreichten, wäre, daß die von Ihnen bereits in den letzten 16 Jahren dramatisch gesteigerte Staatsverschuldung weiter nach oben getrieben würde. Wie sehen denn die Fakten aus? Die Entwicklung der Steuereinnahmen ist bisher in diesem Jahr, wie von uns vorausgeschätzt, gut verlaufen. Dies kommt allen Bürgerinnen und Bürgern zugute; denn wenn der Staat arm ist, kann er nicht all das für die Bürgerinnen und Bürger tun, was sie zu Recht vom Staat erwarten können. ({8}) Bei der Befragung der Bundesregierung hat Ihre ganze Fraktion gerade moniert, wir gäben nicht genügend für den Straßenbau aus. ({9}) Wie wäre es denn, wenn Sie sich jetzt wenigstens entscheiden würden und sagten: Die zusätzlichen Einnahmen verwenden wir für den Straßenbau? Sie können doch nicht gleichzeitig Mittel für den Straßenbau und Steuersenkungen fordern, und all das auch noch an einem Tag. ({10}) - Aber das haben Sie ja schließlich vor einer Stunde gesagt, und das Geschwätz von vor einer Stunde interessiert Sie wahrscheinlich nicht mehr. Das ist häufiger so. Konsistenz ist eben nicht das Markenzeichen der Politik der versammelten Opposition. ({11}) Bis einschließlich September betrug das Aufkommen an Gemeinschaftssteuern, der Bundes- und Ländersteuern zusammen 582,9 Milliarden DM. Das ist gegenüber dem Vorjahr ein Zuwachs von 6,8 Prozent. Der Einmaleffekt der zum 1. April des vergangenen Jahres erfolgten Erhöhung der Mehrwertsteuer um einen Punkt muß dabei noch herausgerechnet werden. Die Steuerschätzung vom Mai ging bei diesen Steuern für das gesamte Jahr 1999 von einem Plus von 5,6 Prozent aus. Falsch ist es, die Entwicklung der ersten drei Quartale einfach auf das letzte Vierteljahr zu übertragen. Wir stellen aber dennoch fest, daß auf Grund der guten Aufkommensentwicklung bei den Veranlagungssteuern und den Ländersteuern gegenwärtig für das laufende Jahr leichte Mehreinnahmen zu erwarten sind. Wie sich diese etwaigen leichten Steuermehreinnahmen auf die Ebenen im föderalen Staat verteilen, wird häufig - heute auch von Ihnen - übersehen. Steuereinnahmen kommen 17 Finanzministern und mehr als 14 000 Kämmerern in der Bundesrepublik Deutschland zugute. Wenn es wirklich zu Mehreinnahmen kommt, werden wohl vor allem die Länder davon profitieren. Zusätzliche Steuereinnahmen werden eben überwiegend nicht zu „Eichel-Milliarden“. Kein seriöser Finanzminister wird bei dieser Datenlage über weitere Steuersenkungen reden, auch nicht ein Landesfinanzminister oder Kämmerer der CDU. ({12}) Das Bundesministerium der Finanzen wird jedenfalls die Solidität bei der Beachtung der Wirtschaftsdaten und in der Steuerschätzung nicht aufgeben; damit unterscheidet es sich fundamental von der Vorgängerregierung. Unsere Haushaltsplanung für 1999 und 2000 fußt auf realistischen Einnahmeerwartungen. Wer jetzt über zusätzliche, nicht finanzierbare Steuersenkungen diskutiert oder gar eine Abkehr vom Sparkurs fordert, setzt mit Sicherheit das falsche Signal. Wir haben außerdem bereits erhebliche Steuerentlastungen umgesetzt. Weitere werden im Rahmen der Unternehmensteuerreform folgen; sie sind fest vorgesehen. Unser Kurs bei Steuern und Abgaben bleibt darauf gerichtet, Konsum und Investitionen als Basis für ein beschäftigungschaffendes, nachhaltiges Wachstum zu stärken. Mit den Strukturreformen im Steuersystem stellen wir zugleich die Weichen für ein international wettbewerbsfähiges Steuersystem der Zukunft. Im ersten Halbjahr 2000 werden wir die Diskussion über die Unternehmensteuerreform führen. Hier bieten wir der Opposition die konstruktive Mitarbeit an. Gute und darüber hinaus natürlich auch finanzierbare Ideen sind immer willkommen. ({13}) - Sie können es sich auf Dauer nicht so einfach machen, wie Sie es hier tun. ({14}) Mit zwei, drei populistischen Sprüchen überzeugen Sie weder die Fachwelt noch die Bevölkerung. ({15}) Bis dahin sollten wir uns aber an die Fakten halten. Am Donnerstag und am Freitag tagt der „Arbeitskreis Steuerschätzungen“ in Hannover und überprüft seine Schätzungen vom Mai für das laufende und das kommende Jahr. Erst dann wissen wir mehr. Ich bin mir aber jetzt schon sicher, daß wir unsere bisherigen Planungen nicht werden revidieren müssen. Danke schön. ({16})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Das Wort hat der Kollege Hansgeorg Hauser, CDU/CSU-Fraktion. ({0})

Hansgeorg Hauser (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000832, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Sicherlich hat sich schon jeder die Frage gestellt, was er macht, wenn er mehr Geld zum Ausgeben zur Verfügung hat. ({0}) Der eine sagt, er wolle das Geld sparen. Der andere sagt, er wolle es in den Konsum geben. Der dritte ist ein vorsichtiger Mensch und sagt, er wolle es investieren. Aber das sind natürlich alles individuelle Entscheidungen und subjektive Betrachtungen. Wenn es um die staatlichen Einnahmen geht, also um die Steuereinnahmen, dann muß man feststellen, daß es um das Geld des Bürgers geht. ({1}) Deswegen ist vollkommen richtig, was hier festgestellt worden ist: daß man Mehreinnahmen aus dem Geldbeutel des Bürgers auch wieder zurückgeben muß. ({2}) Die Mehreinnahmen resultieren in sehr starkem Maße aus der Progression. Das bedeutet die Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Wer viel verdient, muß viel Steuern zahlen, wer weniger verdient, zahlt weniger. ({3}) Mit steigenden Gehältern und Löhnen greift die Progression natürlich in einem sehr großen Ausmaße ein. Deswegen müssen solche Steuermehreinnahmen wieder an den Bürger zurückgegeben werden. Wenn es sich hier um Mehreinnahmen in Höhe von 50 Milliarden DM handelt, dann ist das kein Pappenstiel mehr. Deshalb sollten wir ernsthaft über diese Frage nachdenken. Leider muß man hier feststellen, daß der Finanzminister den Bürgerinnen und Bürgern eine Steuerreform mit niedrigeren Steuersätzen schlicht und einfach verweigert. ({4}) Meine Damen und Herren, da Sie immer so abfällig von der Steuer- und Finanzpolitik der bisherigen Bundesregierung reden, möchte ich einen Artikel aus dem „Handelsblatt“ zitieren. Unter der Überschrit „Das leere Gerede von der Tilgung der Erblasten“ stellt das „Handelsblatt“ fest: In einer neuen Broschüre des Bundesfinanzministeriums werden mit eindrucksvoller Objektivität die steuerreformerischen Leistungen der heute so diffamierten Vorgängerregierung gewürdigt. Eichel erteilt offensichtlich der steuerpolitischen Bilanz der Regierungsarbeit von 1982 bis 1998 ein hervorragendes Testat. ({5}) Der Artikel zählt daraufhin alle Leistungen der letzten Bundesregierung auf - sie sind der Broschüre entnommen -, und zum Abschluß heißt es: Diese Reformen führten zu Entlastungen der Familien und Unternehmen in einem Ausmaß, von dem die rotgrüne Koalition nur träumen kann. Wer immer der Regierung Kohl diese Verdienste heute absprechen möchte, wird sich von Hans Eichel eines Besseren belehren lassen müssen. ({6}) Herr Poß, ich kann Ihnen nur empfehlen, sich diese Broschüre einmal näher anzusehen. Meine Damen und Herren, wir haben immer von einer symmetrischen Finanzpolitik gesprochen. ({7}) einer Politik, die die Ausgabenzuwächse begrenzt und die Einnahmenseite durch eine investitionsfreundliche Steuer- und Finanzpolitik verbessert. Die rotgrüne Politik macht genau das Gegenteil. ({8}) Sie haben Reformen zurückgenommen, und niemand weiß, wie es beispielsweise bei der Rente weitergehen soll, sieht man von der Kakophonie ab, die aus Ihrem Arbeitsministerium kommt. Sie haben mit Ihrem Sparpaket Lasten auf andere Ebenen verschoben. Sie haben neue Steuern erfunden und bestehende Steuern erhöht. Als Beispiel denke ich an die Ökosteuer, die weder ökologisch noch sozial gerecht ist. ({9}) Das wird nur gemacht, um Ausgabenstrukturen zu verschleiern und um an Ausgabenstrukturen nicht herangehen zu müssen. Das ist Ihr entscheidender Fehler. Es wird lediglich etwas von einer Tasche in die andere umverteilt. Das Sparpaket ist schon vielfach als Mogelpackung entlarvt worden. Früher haben Sie immer wieder vom Kaputtsparen gesprochen und ein intelligentes Sparen verlangt. Ich glaube, mit dem Regierungswechsel haben Sie offensichtlich auch das Denken abgelegt; ({10}) denn sonst würden Sie jetzt von Ihrer Intelligenz Gebrauch machen und intelligent sparen. ({11}) Statt einer investitionsfreundlichen Steuer- und Finanzpolitik haben Sie die Wirtschaft neu belastet durch das Gesetz zu den 630-Mark-Arbeitsverhältnissen, durch das Steuerentlastungsgesetz, durch das wir über 30 Milliarden DM mehr Belastungen haben, oder durch die Diskussion um die Scheinselbständigkeit. ({12}) Sie reden ständig von neuen Steuern - im Bereich der Erbschaftsteuer, der Vermögensteuer oder der Vermögensabgabe. Diese Namen ändern Sie je nachdem, wie Sie es so brauchen. Allein diese chaotischen Diskussionen haben in der Wirtschaft, beispielsweise in der Bauwirtschaft, ({13}) einen riesigen Attentismus hervorgerufen, der Investitionen verhindert. Hören Sie endlich auf, es mit den Belastungen weiterzutreiben, wie Sie das jetzt mit dem Steuerentlastungsgesetz machen.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Herr Kollege, die fünf Minuten sind um. ({0})

Hansgeorg Hauser (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000832, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sie sollten besser auf die Wirtschaftsinstitute hören, die eine entsprechende Steuerentlastungspolitik von Ihnen verlangen. ({0}) Ich kann nur noch einmal feststellen: Trotz Ihrer Politik hat es einen Konjunkturaufschwung gegeben. ({1}) Ich denke, Sie sollten das nutzen und eine investitionsfreundliche Steuerpolitik betreiben. Danke schön. ({2})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Das Wort hat jetzt der Kollege Klaus Müller, Bündnis 90/Die Grünen.

Klaus Wolfgang Müller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003195, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrter Herr Thiele, wenn Sie hier ein Theater aufführen, ({0}) wenn Sie versuchen, den Eindruck zu erwecken, als ob wir im Geld schwimmen würden, wenn Sie den Eindruck zu erwecken versuchen, hier gäbe es plötzlich gigantische Finanzmassen, die irgendwo auf der Straße herumliegen, muß ich Ihnen sagen: Das ist leider nicht wahr. Ich kann Ihnen nur sagen: Wenn Sie hier auch noch so oft stehen und behaupten, wir würden die Menschen belasten, kann ich Ihnen immer nur antworten: Das stimmt nicht. Ich werde Ihnen das gerne zum wiederholten Male belegen. Ich betone: Wir werden die Menschen entlasten, und wir tun das wesentlich nachhaltiger, als Sie das in Ihrer Regierungszeit getan haben. ({1}) Sie verwechseln in dieser Debatte Steuermehreinnahmen, die absolut planmäßig sind, mit unerwarteten Steuermehreinnahmen. Über letztere bin ich gerne bereit zu reden; über die können wir uns gerne austauschen. Nur sage ich klipp und klar: Die 50 Milliarden DM, die Sie zur Zeit in den Raum stellen, sind nicht unerwartet zusammengekommen, sondern sie sind durchaus planmäßig gekommen, unter anderem auf Grund der Ökosteuer, die Sie immer gegeißelt haben. ({2}) Wir, Herr Thiele, haben immer gesagt: Wenn man eine wirklich seriöse Finanzpolitik betreiben will, muß man die Steuerbelastung und die Abgabenbelastung sehen. ({3}) Ich weiß, daß Ihnen der Begriff Abgabenbelastung nichts sagt; darum werde ich Ihnen das gerne noch einmal erklären. Das sind die Lohnnebenkosten, die Sie in Ihrer Regierungszeit sukzessive erhöht haben. ({4}) Sie haben sie jedes Jahr immer weiter erhöht; Sie sind die Partei der Lohnnebenkostenerhöhung. ({5}) Rotgrün hat gesagt: Das zentrale Problem, das wir lösen müssen, ist zum einen die Einkommensteuerbelastung. Darum senken wir die Steuersätze. Ich weiß, Herr Hauser, daß es weh tut, daß Sie in der letzten Legislaturperiode in dieser Beziehung nichts erreicht haben. ({6}) Wenn Sie eine soziale Steuerreform vorgelegt hätten, die ohne Mehrwertsteuerbelastung ausgekommen wäre, ({7}) dann wären wir sicherlich auch zusammengekommen. Aus den oben beschriebenen Gründen ist daher das erste, was Rotgrün macht: Wir senken die EinkommenHansgeorg Hauser ({8}) steuersätze im Spitzensteuerbereich von 53 Prozent auf 48,5 Prozent, ({9}) im Eingangssteuerbereich von 25,9 Prozent auf 19,9 Prozent. Wir erhöhen das steuerfreie Existenzminimum auf 14 000 DM, und wir erhöhen das Kindergeld um insgesamt 50 DM zum 1. Januar nächsten Jahres. Das sind übrigens 10 Milliarden DM mehr Kindergeld, die Rotgrün an die Menschen zurückgibt, und zwar da, wo es notwendig ist. ({10}) Das ist der Bereich der Einkommensteuer. ({11}) Zum anderen sagen wir: Viel zentraler ist das Problem der Abgabenbelastung. Wenn Sie schauen, wie hoch die Abgabenbelastung ist, dann werden Sie sehen: Sie beträgt 18 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die Steuerbelastung, so schlimm sie ist, Herr Thiele, liegt bei etwa 12 Prozent. Das heißt, der Bereich, wo die Menschen wirklich belastet werden, wo die Entstehung von Arbeitsplätzen verhindert wird, wo Unternehmen belastet werden, ist der Bereich der Abgaben. Darüber müssen wir reden. Genau das hat Rotgrün getan, und wir haben nicht nur darüber geredet. Vielmehr sinken zum erstenmal die Lohnnebenkosten. Das geschieht unter der Regierung von Rotgrün. Das erklärt natürlich, warum wir höhere Steuereinnahmen haben. Denn diese Abgabenentlastung haben wir sauber durch höhere Energiesteuern gegenfinanziert. Das steht übrigens auch im Grundsatzprogramm der CDU; insofern sind wir gar nicht weit entfernt. Wir haben Innovationsanreize gesetzt, um im Energiebereich etwas zu bewegen, und dafür Arbeitgeber und Arbeitnehmer durch die Senkung der Lohnnebenkosten entlastet. Da bewegen wir uns in einer Größenordnung von 8,4 Milliarden DM. Sie erinnern sich an die Mehrwertsteuererhöhung, Herr Thiele, die noch unter Ihrer Regierungszeit beschlossen worden ist, nämlich zum 1. April 1998. Die dadurch entstehenden Steuermehreinnahmen schlagen 1999 erstmals auch im ersten Quartal zu Buche, und dies erhöht natürlich das Steueraufkommen. Aber das war ja im Sinne des Hauses - auch in Ihrem Sinne -, die Lohnnebenkosten durch die Mehrwertsteuererhöhung zu stabilisieren. Auch an dieser Stelle wünschte ich mir ein bißchen mehr Redlichkeit. Zum Schluß noch zwei Sätze dazu, was wir im Auge behalten müßten, wenn wir - wie wir es uns wünschen würden - unerwartete Mehreinnahmen hätten: Erstens. Die Staatsverschuldung ist nach wie vor gigantisch. Ich würde mir wünschen, daß wir bei der Reduzierung der Nettoneuverschuldung noch viel weiter gehen könnten. Ich glaube, das ist eine zentrale Aufgabe, die wir zu schultern haben. Zweitens. Ihr Kollege Lambsdorff, der zur Zeit im Auftrag der rotgrünen Bundesregierung - ich hoffe, sehr erfolgreich und mit Fingerspitzengefühl - über die Entschädigung von Zwangsarbeitern verhandelt, wird uns hoffentlich eine Regelung vorlegen, die wir bezahlen können. Zur Zeit ist ein Beitrag des Staates von 2 Milliarden DM im Gespräch. Ich weise nur vorsichtig darauf hin, daß auch diese Last, die wir alle schultern wollen, finanziert werden muß. Insofern wäre ich vorsichtig, jetzt Geld zu versprechen, bei den Menschen Erwartungen zu wecken, die Sie als Opposition sowieso nicht erfüllen müßten. Rotgrün macht eine seriöse Entlastungspolitik, und zwar bei Steuern und Abgaben. Diesen Weg sollten wir, so glaube ich, so weitergehen. Vielen Dank. ({12})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Das Wort hat jetzt die Kollegin Dr. Barbara Höll, PDS-Fraktion.

Dr. Barbara Höll (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000921, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die F.D.P. fordert, Steuermehreinnahmen zu größeren Steuersenkungen für die Bürger zu nutzen. Herr Thiele, ich würde mir wünschen, Sie forderten das auch für die Bürgerinnen. Das sollte man mitbedenken. ({0}) Ihre Steuervorschläge, die Sie noch einmal dargelegt haben, bedeuten: eine gewisse Steuerentlastung im unteren Einkommensbereich und - das ist eindeutig Ihr Hauptziel; Sie haben das noch einmal erklärt - eine massive Entlastung im oberen Einkommensbereich durch Senkung des Spitzensteuersatzes auf sage und schreibe 35 Prozent. Dazu muß man ganz klar sagen: Dieser Ansatz ist sozial ungerecht. Denn während von der Anhebung des Grundfreibetrages und der Absenkung des Eingangssteuersatzes alle etwas haben - die Bezieher niedriger, mittlerer, hoher und höchster Einkommen -, bedeutet die Senkung des Spitzensteuersatzes nur für sehr wenige Menschen in diesem Lande große Vorteile. ({1}) Bereits das, was die rotgrüne Regierung für das nächste Jahr beschlossen hat, die Senkung des Spitzensteuersatzes von 53 Prozent auf 51 Prozent, ist ihr 1,7 Milliarden DM - auf diese Höhe belaufen sich nämlich die Steuermindereinnahmen - wert. Im nächsten Schritt verzichtet sie noch einmal auf 2,4 Milliarden DM. Dafür muß man auch sie kritisieren. Aber Ihr Konzept, das Sie hier wieder vorgetragen haben, ist weder im internationalen Vergleich erforderlich, noch werden dadurch Arbeitsplätze geschaffen. Herr Hauser, Sie haben ja 16 Jahre lang versucht, auf diese Art und Weise Arbeitsplätze zu schaffen. Es ist Ihnen nicht gelungen. Sie wurden abgewählt, unter anderem weil wir in der Bundesrepublik Deutschland Massenarbeitslosigkeit haben. Klaus Wolfgang Müller ({2}) Frau Hendricks, ich war allerdings ein bißchen erstaunt darüber, daß Sie so lapidar von „geringen Steuermehreinnahmen“ gesprochen haben. 1999 sind es immerhin 6,4 Milliarden DM, im Jahre 2000 wahrscheinlich 10,6 Milliarden DM, die Bund, Länder und Kommunen mehr zur Verfügung haben. Dabei handelt es sich um reale Mehreinnahmen; denn das, was Sie für die Entlastung der Familien und für die Senkung der Rentenbeiträge angesetzt haben, ist bereits in den Haushaltsplan eingearbeitet. Deshalb, so finde ich, sollte sich die rotgrüne Regierung hier profilieren, indem sie wenigstens die gröbsten sozialen Ungerechtigkeiten ihres Haushaltssanierungsgesetzes zurücknimmt. ({3}) Lassen Sie uns also bei den Mehreinnahmen in Höhe von 6,4 Milliarden DM für dieses Jahr und von 10,6 Milliarden DM für das nächste Jahr bleiben. Dies ist angeblich ein niedriger Betrag, eine geringe Steuermehreinnahme. Aber was heißt das? Sie sind sich nicht zu schade, in Ihrem Paket zum Beispiel bei der Künstlersozialkasse eine Änderung einzuführen, die im Bundeshaushalt gerade einmal zu Mehreinnahmen in Höhe von 38 Millionen DM führen wird. Dazu sind Sie sich nicht zu schade. Aber an dieser Stelle sagen Sie ganz locker: 10,6 Milliarden DM sind nicht viel. Sie wissen - wir haben das zigmal kritisiert -, daß Ihre Politik des Einsparens so, wie Sie sie verwirklichen, sozial ungerecht und einseitig ist, weil Sie nur die Einsparungen, also nur die Ausgabenseite, aber nicht die Einnahmenseite betrachten. Solange Sie sich taub und blind etwa hinsichtlich einer konsequenten Vermögensbesteuerung, einer Vermögensabgabe oder einer Erbschaftsbesteuerung stellen, solange Sie den Eurofighter weiterhin im Haushaltsplan haben, ({4}) sollten Sie sich nicht bei den Rentenansprüchen zum Beispiel von Arbeitslosen schadlos halten. ({5}) 30 Milliarden DM wollte Herr Eichel im nächsten Jahr einsparen. Jetzt werden dem Bund von den 10,6 Milliarden DM auf jeden Fall 2 bis 3 Milliarden DM zufließen. Es können auch durchaus 4 Milliarden DM sein. Das heißt, daß der Druck gar nicht mehr so stark ist. Bitte äußern Sie sich dazu! Wir fordern Sie hiermit auf, wenigstens die Nettolohnanbindung der Renten aufrechtzuerhalten. ({6}) Der nächste Punkt ist die Besoldung der Beamten. Auf deren Kosten wollen Sie im nächsten Jahr beim Bund 327 Millionen DM, bei den Ländern 1,3 Milliarden DM und bei den Kommunen 160 Millionen DM einsparen. Bei den Renten geht es insgesamt um 2,8 Milliarden DM, die Sie einsparen wollen. Diese Einsparungen in Höhe von 2,8 Milliarden DM bei den Renten sowie die 327 Millionen DM bei der Beamtenbesoldung im nächsten Jahr können Sie auf jeden Fall durch Steuermehreinnahmen ausgleichen, ({7}) wobei Sie an dem Sparziel von 30 Milliarden DM - man kann darüber streiten, ob das berechtigt ist oder nicht nicht einmal rütteln müssen. Sie können dieses Einsparziel erreichen und müssen trotzdem die gröbsten sozialen Ungerechtigkeiten nicht mehr durchführen. Diesen finanziellen Spielraum haben Sie. Zum Abschluß möchte ich noch eines an die Adresse der F.D.P. sagen: Sie weisen mit Recht auf Steuermehreinnahmen hin. Aber Ihre Antwort darauf lautet wieder nur: Steuersenkungen. ({8}) Wenn man sich aber ansieht, woraus die Steuermehreinnahmen resultieren,

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Frau Kollegin, denken Sie an die Redezeit?

Dr. Barbara Höll (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000921, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

- ja, ich möchte nur kurz diesen Gedanken abschließen - stellt man fest, daß sie in erster Linie aus Umsatz und Verbrauch resultieren. Man muß dann auch Geld an die Menschen zurückgeben, die von den Steuersenkungen nichts, aber trotzdem den entsprechenden Verbrauch haben. Dies ist der Rentner, der Auto fährt, der von keiner Steuersenkung etwas hat.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluß.

Dr. Barbara Höll (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000921, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Dies sind die Studenten, die natürlich auch Energie verbrauchen, aber keinen Ausgleich für die Ökosteuer bekommen. Ich danke Ihnen. ({0})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Sie wissen, liebe Kolleginnen und Kollegen, daß wir in einer Aktuellen Stunde sind und die Redezeit fünf Minuten beträgt. Das wird auch angezeigt. Wenn die Redezeit zu Ende ist, leuchtet ein rotes Lämpchen. Ich bitte, darauf zu achten. Das gilt für diejenigen, die dies noch nicht so genau wissen. Jetzt erteile ich dem Kollegen Ludwig Eich, SPDFraktion, das Wort.

Ludwig Eich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000446, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich danke der F.D.P. ausdrücklich für diese Aktuelle Stunde. Sie transportiert hier nämlich eine Nachricht von einem Erfolg: Die Steuereinnahmen steigen. ({0}) Wir haben lange auf diese gute Nachricht warten müssen. Wenn ich sage „wir“, meine ich insbesondere die Länder und die Kommunen mit ihren geplagten Haushalten. Seit Jahren mußten in Ihrer Regierungszeit die Prognosen mit problematischen Folgen für alle Haushalte dieses Staates nach unten korrigiert werden. Bevor Sie von der Opposition das völlig verdrängen: Der Grund für die rückläufigen Steuereinnahmen der vergangenen Jahre war die Wettbewerbsschwäche der deutschen Wirtschaft. Das hat mit den hohen Lohnnebenkosten zu tun, die Sie verursacht haben. Ich denke, das muß man heute noch einmal dazusagen. ({1}) Es ist ganz einfach so: Die Finanzierung der deutschen Einheit über die Sozialkassen war ein schwerwiegender Fehler. Die Wettbewerbsschwierigkeiten scheinen überwunden zu sein; die Wettbewerbslage der deutschen Wirtschaft hat sich grundlegend verbessert. Dies ist in erster Linie das Verdienst der Wirtschaft selbst; aber es ist auch ein Erfolg sozialökologischer Politik. Die Lohnnebenkosten steigen nicht, wie unter der Regierung Kohl, sondern sie sinken erst einmal. Auch das ist von Einfluß. Die Wachstumssignale sind unübersehbar, und sie wirken sich in Form steigender Steuereinnahmen und steigender Beschäftigung aus. Die sozialökologische Mehrheit mußte vor einem Jahr ein Steuersystem übernehmen, das wie ein Schweizer Käse durchlöchert war. Die große Mehrheit der Bevölkerung, Menschen mit mittlerem und unterem Einkommen, mußte ihre Steuern zahlen, während Einkommensmillionäre ihre Steuerzahlungen auf Null reduzieren konnten. Das war nicht nur extrem ungerecht; ({2}) das Steuersystem mit seinen Abschreibungsmodellen und mit seinen Verlustzuweisungen, das CDU/CSU und F.D.P. hinterlassen haben, hat auch zu enormen Steuerausfällen zu Lasten aller staatlichen Ebenen geführt. Das beweisen diese Zahlen sehr deutlich. Mit dem Steuerentlastungsgesetz senkt die neue Mehrheit von SPD und Bündnis 90/Die Grünen die Steuern für untere und mittlere Einkommen um 25 Milliarden DM. Dazu kommt eine Förderung der Familien um gut 5 Milliarden DM. ({3}) Wir kommen damit zur Frage der sozialen Gerechtigkeit. Es ist praktisch erreicht, daß - wenn wir das Kindergeld gegenrechnen - eine Familie mit zwei Kindern bei einem Jahreseinkommen von 60 000 DM heute keine Mark Steuern zahlt. ({4}) Wann hat es das unter Kohl oder unter Waigel je gegeben? ({5}) Wir fördern die Familien mit Kindern, und wir sorgen dafür, daß auch auf hohe Einkommen Steuern gezahlt werden müssen. Das schafft Gerechtigkeit und sorgt auch für Nachfrage im eigenen Land. Was machen CDU/CSU und F.D.P. in den jetzt laufenden Gesetzgebungsverfahren? Sie versuchen, in puncto Abschreibungsgesellschaften und Verlustverrechnung den alten Rechtszustand wiederherzustellen. Sie wollen, daß Steuertrickser und Abzocker auf Kosten der Steuerzahler weiterhin ihren Reibach machen. ({6}) Sie sind die Parteien der Steuertrickser und Abzocker! Das ist die Wahrheit. Was muten Sie den deutschen Steuerzahlern eigentlich zu? Ohne die konkreten Zahlen zu kennen und ohne daß die Fachgremien sie hätten bewerten können, weiß die Opposition, was mit den Steuermehreinnahmen geschehen soll. Mit dieser Methode haben Sie den größten Schuldenberg in der Geschichte unseres Landes angehäuft. Das ist keine solide Politik. Ihr Verhalten ist zutiefst unseriös. ({7}) Die sozialökologische Mehrheit wird den eingeschlagenen Weg der Haushaltskonsolidierung fortsetzen. Wir werden dennoch die Steuern für die Familien und für die Unternehmen senken. Diese Politik hat Erfolg. Das zeigen eben auch die Steuermehreinnahmen. Vielen Dank. ({8})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Jetzt hat die Kollegin Gisela Frick, F.D.P.-Fraktion, das Wort.

Prof. Gisela Frick (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002656, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Eich, wenn Sie ständig behaupten, Sie würden Steuern senken, ({0}) dann handelt es sich nur um Ankündigungen. ({1}) Fakt sind die Steuermehreinnahmen. Die Kollegen von der Opposition haben schon darauf hingewiesen: Steuermehreinnahmen für den Staat bedeuten Steuerbelastungen für den einzelnen Bürger. Anders wären diese Steuermehreinnahmen überhaupt nicht zu erklären. ({2}) - Zur besseren Konjunktur - ein wunderschönes Stichwort, Herr Eich -: Wenn ich mich recht erinnere, dann haben wir heute im „Handelsblatt“ lesen können, das Bruttoinlandsprodukt wachse um rund 2 Prozent. Die Steuermehreinnahmen liegen aber, soweit ich mich erinnere, bei 6,3 Prozent; das heißt, sie sind dreimal so hoch. Die Steuermehreinnahmen können Sie nicht nur der gesunden Konjunktur anlasten. In erster Linie haben wir es mit dem Ergebnis Ihrer Steuererhöhungspolitik zu tun: Durch die Ökosteuer und durch das sogenannte Steuerentlastungsgesetz belasten Sie die Wirtschaft deutlich mehr. ({3}) Sie haben natürlich im unteren Bereich etwas entlastet, ({4}) wobei es aber auch dort bisher in erster Linie Ankündigungen und noch keine Taten gibt; aber das, was Sie im Moment entschieden haben, bedeutet Zusatzbelastungen für die Wirtschaft insbesondere auch im Rahmen der Ökosteuer. Unter anderem hieraus resultieren diese Mehreinnahmen. Sie resultieren aber auch aus etwas anderem, was Sie sich zu Unrecht als Erfolg anrechnen: Wir haben noch zu unserer Regierungszeit die Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz geändert. ({5}) Das fängt jetzt an zu greifen. ({6}) Wenn Sie uns vorwerfen, wir seien die Partei der Steuertrickser und der Absahner, dann ist das einfach nicht richtig, Herr Eich, dann ist das in hohem Maße unseriös. ({7}) Wir haben deshalb gegen den § 2 b des Einkommenssteuergesetzes argumentiert, weil er in der Praxis nicht anwendbar ist, weil die Zielrichtung nur unrichtig verfolgt worden ist. Wir haben sowohl in der Anhörung als auch in der Befragung im Finanzausschuß ganz häufig gehört, daß dieser § 2 b, die Regelung über die sogenannten Verlustzuweisungsgesellschaften, schlicht und ergreifend nicht praktikabel ist. Deshalb sind wir gegen diese Vorschrift und nicht, weil wir von der Sache her nicht auch überzeugt wären, daß bestimmte Abschreibungen, die die Bemessungsgrundlage durchlöchern, abgeschafft werden müssen. Wir sehen im Moment die Bestätigung genau für unsere Steuerpolitik, nämlich daß wir die Tarife deutlich senken müssen und umgekehrt die Bemessungsgrundlage konsequent verbreitern müssen. ({8}) Dies fängt im Bereich des Fördergebietsgesetzes jetzt an zu greifen. Insofern fühlen wir uns in unserem Vorschlag zur Steuerreform bestätigt, der eine klare und deutliche Senkung der Steuersätze und eine konsequente Verbreiterung der Bemessungsgrundlage vorsieht. Wenn Sie uns immer vorhalten, das sei unseriös und nicht finanzierbar, so zeigen uns die neuesten Steuerzahlen, daß dies nicht stimmt, daß das also sehr wohl geht. ({9}) In diesem Jahr - dies wird auch falsch dargestellt haben wir in absoluten Zahlen Mehreinnahmen in Höhe von 51 Milliarden DM zu verzeichnen. ({10}) Das darf man nicht immer mit den geschätzten Zahlen vergleichen, sondern das muß man mit den tatsächlichen Zahlen des Vorjahres vergleichen. ({11}) Wir werden den Schätzungen zufolge im nächsten Jahr mindestens noch einmal 31 Milliarden DM Mehreinnahmen zu verzeichnen haben. Wenn das nicht wirklich dazu dienen kann, die Finanzierbarkeit unseres Steuervorschlages darzustellen, dann weiß ich nicht mehr, wie das überhaupt möglich sein soll. ({12}) - Sie versprechen es immer nur. Wir hätten keine Steuermehreinnahmen, wenn Sie wirklich senken würden. Sie haben doch nicht wirklich gesenkt. Das sieht man doch. ({13}) - Jetzt sollte aber Schluß sein mit der Aufregung! - Insofern möchte ich auch die Staatssekretärin Hendricks korrigieren. Das ist finanzierbar. ({14}) Man muß nur das Richtige wollen. In der Entwicklungspolitik gibt es einen schönen Spruch, den wir ruhig auch einmal auf unsere Innenpolitik anwenden sollten. Er lautet: Gib den Leuten einen Fisch, und sie sind für einen Tag satt; gib ihnen eine Angel, und sie sind ein Leben lang satt. ({15}) Nutzen wir jetzt die Steuermehreinnahmen für eine echte Steuerstrukturreform, die für Investitionen und Arbeitsplätze wirken wird! Folgen wir dem Beispiel der erfolgreichen Nationen wie der USA, aber auch europäischer Nachbarn. Dann werden wir einen weiteren Aufschwung und auch weitere Steuermehreinnahmen haben, dann aber nicht auf Grund Ihrer Steuererhöhungen, sondern weil dann tatsächlich mehr investiert werden wird und weil mehr Arbeitsplätze vorhanden sein werden. Das wird uns helfen. Jetzt ist der richtige Augenblick dafür. Darum sollten wir es jetzt auch machen. ({16})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Jetzt hat der Kollege Dieter Grasedieck, SPD-Fraktion, das Wort.

Dieter Grasedieck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002663, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine Werbung sagt: Ich will Genuß - sofort. Diese Botschaft war 16 Jahre lang Ihr Motto, meine Damen und Herren von der F.D.P. und von der CDU/CSU. Sie lebten nicht alleine auf Kosten unserer Kinder, Sie lebten auch auf Kosten unserer Enkel und Urenkel. ({0}) Frau Frick, nach dem, was Sie gesagt haben, kann man bei Ihnen eigentlich nur von einer Steuersenkung auf Pump sprechen. ({1}) Sie haben in den letzten Jahren Ihrer Regierungszeit viele Steuern mehrfach erhöht. Ich möchte Ihnen nur einige wenige Beispiele nennen: Die Mineralölsteuer ist in fünf Jahren fünfmal erhöht worden. 21 Milliarden DM sind dabei herausgesprungen. Sie haben weitere Steuern erhöht - ich möchte das nur punktuell aufführen -: die Kfz-Steuer, die Grunderwerbsteuer, die Tabaksteuer, die Umsatzsteuer und die Versicherungssteuer. ({2}) Diese Steuern sind ungefähr in den letzten zehn Jahren Ihrer Regierungszeit angehoben worden. Herr Hauser, Sie sagten vorhin: Es geht um das Geld des Bürgers. Vorsichtig sind Sie mit diesem Geld nicht umgegangen; ({3}) denn man muß auf eines hinweisen: Trotz der steuerlichen Mehreinnahmen sind sehr viele Schulden gemacht worden. ({4}) Der Schuldenabbau ist nicht vorgenommen worden. ({5}) Sie sprachen und diskutierten zwar viel vom Schuldenabbau, aber Sie haben nie gehandelt, Herr Hauser. Ich möchte auf das eingehen, was Sie vorhin sagten: 1982 betrug der Schuldenberg 350 Milliarden DM. Damals regierte noch Helmut Schmidt. ({6}) Sieben Jahre später und vor der deutschen Einheit betrug der Schuldenberg, Herr Fromme, 700 Milliarden DM. 1998 lag er bei 1,5 Billionen DM. Jede vierte Haushaltsmark gibt der Bund heute für Zinsen aus. Das sind insgesamt 82 Milliarden DM. Wenn man dies in Eigentumswohnungen umrechnet, eine Eigentumswohnung à 300 000 DM, dann sind es - Sie werden staunen, Frau Frick - 275 000 Eigentumswohnungen. Eine Stadt wie Essen hat 260 000 Haushalte. Dies bedeutet: Wir könnten allein mit den Zinsen jedes Jahr eine Stadt wie Essen und zusätzlich ein kleines Dorf errichten. ({7}) Mit der Verschuldung muß Schluß sein. Wir wollen damit Schluß machen. Jetzt wollen Sie die Steuereinnahmen für Steuersenkungen einsetzen. Sie wollen Ihre unverantwortliche Schuldenpolitik fortsetzen. Wir Sozialdemokraten sagen dazu: nein! Wir meinen, Politik und Staat müssen wieder handlungsfähig sein. Unsere Gesellschaft und vor allem unsere Jugend ({8}) brauchen wieder Perspektive und Zukunft. Unser Zukunftsprogramm setzen wir trotz der Probleme, die hier und dort auftreten, entschlossen um. Herr Thiele, Sie sagten, Bürger und Betriebe müßten das Geld zurückbekommen. Davon sprachen Sie 16 Jahre. Gehandelt haben Sie nicht. ({9}) Wir machen es; wir handeln. ({10}) Die Steuerreform bringt eine Entlastung von 40 Milliarden DM. ({11}) Lesen Sie bitte einmal nach: Durch das Steuerentlastungsgesetz zahlen die Bürgerinnen und Bürger 26 Milliarden DM weniger an Steuern. ({12}) - Auch wenn Sie jetzt lachen: Wenn Sie es nachlesen, werden Sie überrascht sein, daß diese Zahl stimmt. Herr Eich hat schon vorhin darauf hingewiesen, daß eine normalverdienende Familie mit zwei Kindern im nächsten Jahr 3 000 DM an Steuern zurückerhält. Dies ist ein wichtiger Punkt. An die Familie haben Sie nie gedacht. Wir haben an sie gedacht. Wir haben Lösungen geschaffen. Wir geben den Familien insgesamt 6,1 Milliarden DM zurück. Durch unsere neue Unternehmensteuerreform werden auch wieder Arbeitsplätze geschaffen. Der Kleinbetrieb wird genauso berücksichtigt wie der Mittelbetrieb und der Großbetrieb. ({13}) Wir werden in den kommenden Jahren Wert auf die Förderung des Mittelstands legen. Das sind insgesamt 8 Milliarden DM. Sie haben dies sicherlich schon nachgelesen. Durch Ihre unsoziale und unsolide Politik ist der Schuldenberg aufgebaut worden. Wir wollen diesen Schuldenberg abbauen. Wir wollen nicht länger auf Kosten unserer Jugend leben. Unsere Jugend und unsere Gesellschaft brauchen Perspektiven und Zukunftshoffnungen. „Genuß heute und sofort“ wird es mit uns nicht geben. ({14})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Jetzt erteile ich das Wort dem Kollegen Norbert Schindler, CDU/CSUFraktion.

Norbert Schindler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002776, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Grasedieck, eines muß man euch Sozialdemokraten immer wieder sagen - und die Grünen sind da manchmal noch unvernünftiger -: Zwar haben wir - ich habe die vier Rechenarten gelernt, Sie hoffentlich auch 1,5 Billionen DM Schulden, aber auf diese Schulden bin ich stolz. ({0}) Das sage ich als Westdeutscher ausdrücklich. Ich sage Ihnen auch, wie sich diese Schulden zusammensetzen, damit Sie es endlich einmal begreifen. ({1}) - Hören Sie doch einmal zu! Ich habe Ihnen doch auch zugehört. 400 Milliarden DM waren Altschulden der Deutschen Demokratischen Republik. 700 Milliarden DM sind Nettotransferleistungen zum Aufbau Ost; das haben wir, auch mit Ihren Stimmen, im Deutschen Bundestag und im Bundesrat beschlossen. Das sind 1,1 Billionen DM. ({2}) Und dann haben wir noch die 400 Milliarden DM Altschulden Ihres Kanzlers Schmidt. Damit bin ich bei 1,5 Billionen DM. Wenn Sie das anders rechnen wollen, dann legen Sie mir das einmal schwarz auf weiß vor. ({3}) Dann noch etwas: Genuß sofort? - Im Zuge der deutschen Einheit wurden uns allen Belastungen auferlegt, und ich habe sie freudig - auch in dem Stolz, heute hier im Reichstag reden zu können - mitgetragen. Wir haben das draußen auch alle so vertreten. Dies jetzt als Belastung und als Fehlleistungen unserer Regierung hinzustellen - also, waren Sie auf einem anderen Stern, oder haben Sie in Deutschland gelebt, als die deutsche Einheit vollzogen wurde? ({4}) Meine Damen und Herren, ich bin ja froh, daß sich das griesgrämige Gesicht des Herrn Finanzministers vielleicht ein bißchen aufhellt. Er erinnert mich, wenn er so dasitzt, manchmal an Büroklammern. ({5}) Wenn wir mehr Einnahmen haben, dient das natürlich zu unser aller Entlastung. Darüber bin ich natürlich zunächst einmal froh. ({6}) - Herr Eich, dann stimmen Sie sich in den Reden ab! Wenn die Frau Staatssekretärin anders interpretiert als Sie, welche Auswirkungen das jetzt schon hätte, dann möchte ich doch festhalten - auch Frau Frick sagte es -, was wir an Beschlüssen für die Jahre 1998 und 1999 gefaßt haben. Was man jetzt sieht, sind die Auswirkungen. ({7}) Bei der wirtschaftlichen Entwicklung hat bis jetzt keiner gesagt, daß die exportorientierte Industrie wesentlich dazu beiträgt. Die Inlandsnachfrage ist ja nicht so, wie wir es gern hätten. ({8}) Bei diesen Geschichten möchte ich als Vertreter des ländlichen Raumes auch einmal auf Punkte hinweisen, die in der Freude einfach so untergehen. Sie haben Leistungsgesetze beschlossen, im Januar umgesetzt, und jetzt holt man im Sparpaket mit großer Ankündigung tatsächlich 6 bis 7 Milliarden DM wieder zurück eigentliches Sparpotential -, was Herr Waigel in jedem Jahr getan hat. Das wird großartig als Einsparungen von 30 Milliarden DM verkündet. Bei den Steuergesetzen aber ist die deutsche Landwirtschaft auf Grund der Schätzungen, die jetzt vorliegen, mit netto 2,5 bis 3 Milliarden DM beteiligt. ({9}) Darauf bin ich nicht stolz. Das ist der Wermutstropfen in der Schätzung. ({10}) Sie haben uns Bauern 1,4 Milliarden DM Mehrbelastung pro Jahr zugemutet. Davon werden 900 Millionen DM schon im Jahr 1999 wirksam. Die Schätzungen gehen bis 2003. Man erkennt an: Großen Blutzoll habt ihr Bauern bei der Agenda 2000 geleistet. ({11}) Frage: Warum machen Sie bei diesen Vorzeichen denn keine Landwirtschaft mehr, Herr Eich? Was aber jetzt noch weiter beschlossen und in der Schätzung mit aufgelistet wird, ist eben zum Beispiel die Rücknahme der Vorsteuerpauschale. Ihre Fraktion hatte vor 18 Monaten bei der Heraufsetzung auf 10 Prozent mitgestimmt. Noch kein Jahr Wertigkeit Ihrer Beschlüsse, und Sie holen das wieder zurück! Steuerbelastung: netto 1,4 bis 1,5 Milliarden DM pro Jahr! ({12}) Dazu kommen jetzt die Haushaltskürzungen, die man unter dem Sparpaket von 30 Milliarden DM ankündigt. Wenn ich höre, mit welchem Verständnis Sie sonst reden und wie Sie draußen angeblich auch für den ländlichen Raum Politik gestalten wollen, und dann sehe, wie das hier umgesetzt wird, verstehe ich die Welt nicht mehr. (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Zuruf von der CDU/CSU: Die wollen doch die

Hansgeorg Hauser (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000832, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Der Kanzler hat für die Bauern doch nichts übrig!) Wenn man die Steuerschätzungen so aufgreift, sollte man in den Beratungen, die jetzt aktuell anstehen, nicht nur im Finanzausschuß, sondern auch im Haushaltsausschuß ein Zeichen setzen, daß man auch draußen auf dem Land Strukturpolitik noch mit Hilfe der Instrumente betreibt, die wir in Deutschland besitzen, nämlich maßgeblich in der Steuer- und in der Finanzpolitik. Abschließend möchte ich sagen: Was Karl-Heinz Funke als verantwortlicher Minister in acht oder neun Monaten auf den Weg gebracht hat, haben Kiechle und Borchert in 20 Jahren nicht fertiggebracht. Damit ziehe ich nicht den Hut vor seiner Leistung, sondern drücke tiefe Traurigkeit aus. Vielen Dank. ({0})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Nun hat die Kollegin Christine Scheel, Bündnis 90/Die Grünen, das Wort. ({0})

Christine Scheel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002771, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte an diesem Punkt ein bißchen abräumen, ({0}) und zwar hinsichtlich einiger Überlegungen der Opposition, und möchte Sie, wenn möglich, auf den Boden zurückholen. ({1}) Es ist schlicht und ergreifend so, daß zweimal im Jahr eine Steuerschätzung stattfindet. ({2}) Das war schon immer so. Da sitzen 25 Experten - ich glaube, es sind nur Männer; ich weiß es nicht genau samt ihren Computern beisammen und machen sich über mehrere Stunden, manchmal sogar zwei, drei Tage, Gedanken über die Steuereinnahmen. Oftmals sind die Ergebnisse einigermaßen richtig. Es gab aber auch schon Jahre, in denen die Steuerschätzungen ganz anders waren als die realen Steuereinnahmen. ({3}) Eine Regierung, egal, wie zusammengesetzt, hat die Pflicht, auf der Grundlage der Steuerschätzungen ihre Finanzplanung zu machen. Diese Regierung hat das genauso getan wie vor ihr jede andere Regierung. ({4}) Gott sei Dank ist es so, daß auf Grund der Veränderungen in der Steuergesetzgebung die Schätzungen derjenigen, die sie vorzunehmen haben, etwas realitätstauglicher sind, so daß nicht die schwierige Situation entsteht, daß man Prognosen drastisch korrigieren muß. Ich kann mich noch gut daran erinnern, daß Finanzminister Waigel 1996 und 1997 nach drastisch nach unten korrigierten Zahlen regelrecht vor einem Loch stand. Er hatte damals massive Probleme; Sie erinnern sich sicher daran. ({5}) Wir sprechen heute über ein voraussichtliches Volumen in einer Größenordnung von 5 Milliarden DM für Bund, Länder und Kommunen. Alles andere, was Sie hier an Zahlen angesprochen haben, auch der Vergleich zum letzten Jahr, ist natürlich bereits in die Finanzplanung eingeflossen. Es ist ja nicht so, daß man plötzlich eine Menge Geld übrig hat. Man muß davon ausgehen, daß für die drei Ebenen, die ich angesprochen habe, Mehreinnahmen von 5 Milliarden DM entstehen werden. Der Anteil des Bundes beträgt etwa 1 Milliarde DM. Wenn ich dann von seiten der F.D.P. und der CDU/CSU höre, man solle doch bitte schön diese gigantischen Mehreinnahmen auf Grund der Schätzung - ({6}) - Nur das ist seriös, Herr Thiele! Es gibt nur einen seriösen Vergleich, und zwar den der Schätzung vom Frühjahr mit der Schätzung vom Herbst. Einen anderen seriösen Vergleich gibt es nicht; Sie können nicht die Zahlen der Steuerschätzung vom Herbst mit den Steuereinnahmen vom letzten Jahr vergleichen. Ich sage es noch einmal: Die Finanzplanung hat auf Grund der Einnahmen und der Schätzungen vom letzten Jahr, die sehr eng beieinander lagen, stattgefunden. Das heißt, diese Einnahmen sind bereits in die Finanzplanung eingeflossen. Sie sind jetzt nicht übrig, sondern im Tableau mit vorgesehen. Das muß man auch von Ihrer Seite zur Kenntnis nehmen. Man muß eine realistische Datenbasis voraussetzen und kann nicht so tun, als hätten wir hier plötzlich 50 Milliarden DM übrig. ({7}) Das ist eine Irreführung der Öffentlichkeit, das ist unsolide, es ist populistisch, und es nutzt letztendlich niemandem, wenn Sie eine solche Verunsicherungsstrategie fahren. ({8}) Ich finde es ein bißchen eigenartig, daß die F.D.P. eine Aktuelle Stunde beantragt, bevor die Steuerschätzer überhaupt die Chance hatten, ihre Berechnungen vorzulegen. Das heißt, es wird über Zahlen verhandelt, die niemand konkret vor sich liegen hat. ({9}) Der Arbeitskreis „Steuerschätzung“ hat die Zahlen immer publiziert, bevor wir eine Debatte darüber geführt haben; so gehört es sich auch im normalen Umgang mit einem solchen Arbeitskreis. ({10}) Wir wissen natürlich auch, daß bestimmte Effekte das sind einmalige Effekte, auslaufende Effekte - berücksichtigt werden müssen. Dazu gehört auch das, was heute angesprochen worden ist: Umsatzsteuererhöhung - Effekte bis ins erste Quartal 1999 hinein - und Wegfall bestimmter Abschreibungstatbestände der alten Bundesregierung. In diesem Zusammenhang muß man korrekterweise sagen, daß die neuen bisher nicht greifen können, da die Einkommensteuererklärungen für 1998 noch nicht alle ausgewertet sind, das heißt, sie können noch nicht als Grundlage herangezogen werden. Wenn bestimmte Sonderregelungen auslaufen, gibt es immer auch Konservierungsmodelle. Das bedeutet: Die Banken halten bestimmte Abschreibungsobjekte vor, bei denen der Grundstein schon gelegt ist, und die Bürger und Bürgerinnen können dann noch Abschreibungen tätigen, wenn sie in die Projekte einsteigen; da gibt es bekanntlich immer das November/Dezember-Fieber. Auch das ist noch nicht berücksichtigt.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Christine Scheel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002771, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich bin sofort am Ende, Frau Präsidentin. Das heißt letztendlich, daß mit Mindereinnahmen bei der Einkommensteuer für 1998 gerechnet werden muß. Ich sage das ganz vorsichtig. Die Schätzer werden das sehen. Letzter Satz: Wir haben uns die Senkung der Nettoneuverschuldung, die solide finanzierte steuerliche Entlastung von Unternehmen und Familien mit Kindern zum Ziel gesetzt. Das darf nicht durch eine unsachgemäße Verwendung von windfall profits in Frage gestellt werden. Danke schön. ({0})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Jetzt erteile ich das Wort dem Kollegen Jochen-Konrad Fromme, CDU/CSU.

Jochen Konrad Fromme (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003126, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Scheel, ich bin von Ihnen sehr enttäuscht. Ich hätte erwartet, daß Sie heute hier einmal das sagen, was Sie jeden Tag in der Presse verkünden, nämlich daß Sie für unseren Vorschlag sind. Sie erzählen draußen etwas ganz anderes, als Sie im Bundestag tun. ({0}) Das trägt nicht zur Glaubwürdigkeit der Politik bei, Sie brauchen sich daher nicht zu wundern, wenn die Wähler Ihnen scharenweise weglaufen. Die merken nämlich, daß Sie hier etwas anderes tun, als Sie draußen sagen. Die Steuermehreinnahmen kommen natürlich aus der veranlagten Steuer, wie wir gerade schon festgestellt haben. Sie resultieren nicht aus wirtschaftspolitischen Erfolgen. ({1}) - Herr Kollege Eich, die wirtschaftspolitischen Erfolge Ihrer Regierung können Sie an der Schröder-Uhr ablesen. Die steht seit Monaten auf minus 367 000. ({2}) Wir sollten die Chance nutzen und die Steuern senken - es geht nicht darum, daß wir sagen, es gibt 50 Milliarden DM mehr, sondern wir unterhalten uns darüber, wie sie sinnvoll eingesetzt werden -, ({3}) um damit das Fundament für künftige Steuereinnahmen zu schaffen. Denken Sie einmal an die StoltenbergKurve - wie ich sie nenne. Durch Steuersenkungen gingen von 1986 bis 1989 die Steuereinnahmen zunächst um 41 Milliarden DM zurück, aber am Ende hatten wir 130 Milliarden DM mehr. Das ist mehr als das Dreifache. Die Institute raten uns nicht umsonst zu diesem Kurs. Sie sollten ihn befolgen. Durch Ihre Politik stehen Sie aber vor der Notwendigkeit, ständig Mehreinnahmen zu erzielen, statt die Steuern zu senken, ({4}) weil Sie Ihre Wahlversprechen einlösen müssen. ({5}) - Herr Kollege Poß, wenn Sie einmal etwas Vernünftiges machen wollen - hören Sie mir zu! -, dann führen Sie doch eine Abgeltungssteuer auf dem Niveau Ihrer Kommunalwahlergebnisse ein. Dann werden in Deutschland Steuern gezahlt und nicht im Ausland. Dann haben Sie auch 6 oder 8 Milliarden DM mehr. ({6}) Schauen Sie mal nach Österreich. Ihre Steuerpolitik ist durch drei Linien gekennzeichnet: Die erste Linie ist gekennzeichnet durch Neid. Deswegen kommen Sie nicht zu dem vernünftigen Entschluß, den Spitzensteuersatz auf das internationale Niveau zu senken. Deswegen werden viele Steuern im Ausland gezahlt, die in Deutschland gezahlt werden könnten. Da Sie aber Ihre Staatsausgaben finanzieren müssen, müssen Sie die Steuern, die Ihnen „oben“ fehlen, dem kleinen Mann abnehmen, ({7}) und das nennen Sie sozial gerecht. ({8}) Die zweite Linie ist dadurch gekennzeichnet, daß Sie ohne Rücksicht auf die Folgen für die künftigen Jahre Liquidität aus den Betrieben abziehen. ({9}) Nehmen Sie einmal die Abschreibungen: Es geht um die Frage, wann die Steuern hereinkommen, wie Sie sagen. Ich kann Ihnen sagen, daß die Wirkung Ihres Vorhabens verheerend ist. Großbetriebe mit praktisch 100 Prozent Eigenkapital haben nur den Zinsverlust. Aber den stabilen mittelständischen Betrieben, die Arbeitsplätze schaffen könnten, ({10}) die ein Eigenkapital von weniger als 20 Prozent haben ({11}) - Herr Kollege Eich! -, tut das bitter weh, denen fehlen die Finanzierungsmittel für Investitionen. Nur durch Investitionen aber können Arbeitsplätze entstehen. ({12}) Das ist Ihre Politik, das sind die Folgen Ihrer Politik. Deswegen entstehen eben keine Arbeitsplätze, und deswegen ist das ungerecht. ({13}) Sie produzieren - das ist die dritte Linie, die Sie mit Ihrer Politik verfolgen - einen Riesenhaufen an Bürokratie, um Scheingerechtigkeit zu erzeugen. Ich nehme nur einmal das Modell der Kontrollmitteilung bei der Zinsbesteuerung. Ich sehe es bildlich vor mir, wie Hunderttausende von Finanzbeamten in Zukunft Millionen von Kontrollmitteilungen in die Steuerakten einordnen, 630-DM-Bescheinigungen ausstellen. Das aber hat zur Folge, daß sie für das, was sie eigentlich tun müßten, nämlich Steuererklärungen zu prüfen, überhaupt keine Zeit mehr haben werden, weil sie dann mit sinnlosen Dingen beschäftigt sind. ({14}) Meine Damen und Herren, das ist ein völlig falsches Signal, ({15}) denn damit wird noch mehr Kapital ins Ausland getrieben. Durch dieses Vertreiben von Kapital ins Ausland werden in Deutschland noch weniger Steuern gezahlt. Ihre Politik geht in eine völlig falsche Richtung! Sie produzieren Bürokratie und Arbeitsbeschaffung bei den Finanzämtern, was wir aber brauchen, sind Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen am Arbeitsmarkt. ({16}) Herr Müller, Frau Scheel, tun Sie im Bundestag doch einmal das, was Sie - ich wiederhole es - jeden Tag in der Presse verlauten lassen! Stehen Sie doch einmal zu der Politik, die Sie vertreten! Beim Ausstieg aus der Atomenergie, beim Rüstungsexport, überall geben Sie nach. Nicht einmal in der Steuerpolitik machen Sie das, was Sie sagen und den Leuten versprochen haben, sondern Sie machen genau das Gegenteil und sorgen für Politikverdrossenheit. ({17}) Durch Ihre Politik, jetzt Liquidität hereinzuholen, die uns in den nächsten Jahren fehlen wird, werden Sie in der Zukunft Riesensteuerlöcher produzieren. Aber eines kann ich Ihnen versprechen: Diese Steuerlöcher werden Sie nicht mehr verwalten; denn bis es soweit ist, gibt es eine Wahl. ({18})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Das Wort hat jetzt der Kollege Wolfgang Grotthaus, SPD-Fraktion.

Wolfgang Grotthaus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003137, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn das Thema nicht so ernst wäre, dann könnte man sich über die Opposition tatsächlich amüsieren. ({0}) Ich glaube, daß von Ihrer Seite schon ein bißchen Systematik dahintersteckt; das will ich Ihnen sehr deutlich sagen. Ich bin leider noch nicht sehr lange in diesem Hohen Hause. Ich habe hier aber gelernt, daß innerhalb von 12 Monaten die Probleme, die Sie in dieser Republik angehäuft haben, die Probleme der neuen Regierung sind. ({1}) - Natürlich! - Ich habe in dem Ausschuß, in dem ich tätig bin, mit Frust festgestellt, daß schon nach drei Monaten von „unseren“ Arbeitslosen gesprochen worden ist. ({2}) Ich glaube, daß Systematik dahintersteckt, wenn Sie die Mehreinnahmen, die tatsächlich anfallen, nun verausgaben wollen. Dies geschieht vor dem Hintergrund, uns vielleicht in einem halben Jahr auch die 1,5 Billionen DM, die Sie an Schulden hinterlassen haben, anhängen zu können. ({3}) Dies werden wir nicht mitmachen. Wir werden deutlich aufzeigen, daß Sie, die Schuldenmacher von gestern, sich heute als Haushaltshüter darstellen wollen, daß Sie, die Steuer- und Lohnnebenkostenerhöher von gestern, sich heute als Steuersenker darstellen wollen. Die Menschen draußen wissen dies und werden Ihnen dabei nicht auf den Leim gehen. Sie spielen sich als die Vertreter der kleinen Leute auf. Ich spreche auch in Erinnerung an die gerade beendete Finanzausschußsitzung. Es ist noch keine Stunde her, daß wir das Steuerbereinigungsgesetz diskutiert haben. Für uns gab es wieder den Aha-Effekt, daß Sie opponiert haben, Steuerschlupflöcher zu schließen. ({4}) Sie haben sich mit aller Kraft dagegen ausgesprochen, daß denjenigen in diesem Land, die schon viel haben, etwas weggenommen wird; sie sollen alles weiter behalten dürfen - so Ihre Auffassung. ({5}) Diese Politik, Herr Hauser, machen wir nicht mit. ({6}) Dies - ich sage es nochmals - haben die Menschen in diesem Land verstanden. Lassen Sie mich zur Sache kommen: Es ist ganz erstaunlich, daß, bevor überhaupt der Arbeitskreis Steuerschätzung zusammengekommen ist, diese Aktuelle Stunde zustande kommt, und zwar auf Grund einer Pressemeldung. Dazu hat die Kollegin Scheel schon Stellung bezogen. Ich will dies hier nicht tun. Nur, ich verstehe nur Ihre Aufgeregtheiten nicht. Denn Kollegin Scheel hat sehr deutlich gesagt, um welche Mehreinnahmen es sich handelt und wie man diese Mehreinnahmen zu relativieren hat. Sie als ehemaliger Staatssekretär, Herr Hauser, haben ja wohl mit der Aufgabe Ihres Amtes nicht auch Ihr Gedächtnis abgegeben. ({7}) Sie hätten sich daran erinnern sollen. Dann wären Sie vielleicht im Umgang mit den Mehreinnahmen ein bißchen fairer gewesen. Es stellt sich natürlich die Frage, ob man ein Jahr zurückdenken und sich an diese Gegebenheiten tatsächlich erinnern will. Ich möchte sehr deutlich feststellen, daß die Mehreinnahmen, wie sie sich unter der neuen Regierung darstellen, nicht, wie Herr Thiele es formuliert hat, durch zusätzliche Belastungen der Bürger zustande kommen. Herr Thiele, dazu sagt man im Ruhrgebiet - ich drücke es vorsichtig aus -: Dieser Beitrag von Ihnen war dumm. Wenn ich in der Sprache des Ruhrgebietes noch deutlicher werden würde, würde ich wahrscheinlich von der Präsidentin einen Verweis bekommen. ({8}) Sie sollten wissen, daß dieser Zuwachs an Steuereinnahmen durch den Anstieg des wirtschaftlichen Wachstums zustande gekommen ist. Sie sollten wissen, daß der Zuwachs durch das Auslaufen der Sonderabschreibungen in den neuen Ländern zustande gekommen ist. Sie sollten wissen, daß der Zuwachs durch die Nachwirkung der Mehrwertsteuererhöhung, die wir gemeinsam im Jahre 1998, noch zu Zeiten der alten Regierung, beschlossen haben, zustande gekommen ist. Was dies alles mit einer zusätzlichen Belastung der Bürgerinnen und Bürger zu tun hat, das bleibt mir - und wahrscheinlich auch Ihnen - schleierhaft. Mehrbelastungen sind dort entstanden - das geben wir offen zu -, wo wir dies auch wollten, wo wir aber auf Ihren energischen Widerstand gestoßen sind, nämlich beim Schließen der Steuerschlupflöcher im Rahmen des Steuerentlastungsgesetzes. Wenn Herr Thiele hier von Wahlgeschenken spricht, dann ist dazu sehr deutlich zu sagen: Wir sind stolz darauf, daß wir das Kindergeld zum 1. Januar 2000 um insgesamt 50 DM erhöht haben. ({9}) Wir sind stolz darauf, daß wir die Steuersätze gesenkt haben. Wir sind stolz darauf, daß wir die Steuerfreibeträge erhöht haben. Sie können das nachrechnen: Im Jahre 2002 werden die Menschen in diesem Land, und zwar die Normalverdiener, nicht diejenigen, die extrem hohe Einkommen haben, bis zu 3 000 DM mehr im Portemonnaie haben, ({10}) ohne daß sich die Tarifvertragsparteien damit auseinandersetzen müssen. Es werden aber diejenigen weniger im Portemonnaie haben, die sich bisher durch das Ausnutzen von Steuerschlupflöchern reich gemacht haben. Wir werden dies nicht mitmachen. Sie propagieren zusätzliche Ausgaben und damit eine höhere Staatsverschuldung. ({11}) Sie scheinen aus Ihrer langjährigen Finanzpolitik, die zu einer Rekordverschuldung von 1,5 Billionen DM geführt hat, nichts gelernt zu haben. ({12}) Meine Damen und Herren von der Opposition, das Motto „Weiter so!“ geht nicht mehr. Sie waren stark im Ausgeben von Geld, aber schwach in solider Haushaltsführung. ({13}) Risiken wurden von Ihnen ignoriert.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluß.

Wolfgang Grotthaus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003137, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich komme sofort zum Schluß. - Sie sollten einmal nachrechnen, was eine Zinserhöhung von einem halben Prozent im Haushalt ausmachen würde. Dann würden Sie hier und heute nicht so leichtfertig über Mehrausgaben sprechen. Wir wollen unseren Kindern eine Zukunft geben. Deswegen dienen diese Mehreinnahmen letztendlich dazu, den durch Sie überschuldeten Haushalt zu sanieren. ({0})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Jetzt hat das Wort der Kollege Klaus-Peter Willsch, CDU/CSU-Fraktion.

Klaus Peter Willsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003264, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Grotthaus, ich möchte noch einmal die entsprechenden Zahlen in Erinnerung rufen: 884 Milliarden DM werden die Bürger unseres Landes in diesem Jahr an Steuern zahlen. Das sind 50 Milliarden DM mehr als das Ist 1998. Die Steuerquellen sprudeln wie nie zuvor. Aber Finanzminister Eichel lehnt niedrigere Steuersätze ab. Herr Grotthaus, ich halte es für wichtig, zu berücksichtigen, wie die Verantwortlichen in der Vergangenheit gesprochen haben und wie sie heute sprechen. Deshalb habe ich in der „taz“ von gestern nachgelesen. ({0}) - Ja. - Dort steht, daß mein Kollege Austermann Herrn Eichel aufgefordert hat, jetzt endlich eine durchgreifende Senkung der Steuersätze durchzuführen. Herr Eichel hat daraufhin gefragt - so steht es in der „taz“ -, „warum die CDU den Steuernachlaß, den sie nun fordere, nicht zu ihren Regierungszeiten gegeben habe.“ Was er dort festgestellt hat, ist eine ungeheure Frechheit. Dies war der gleiche Hans Eichel, der im Bundesrat als finanzpolitischer Sprecher der SPD gemeinsam mit dem desertierten Saarländer und dem damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten und Noch-Kanzler Schröder die Senkung der Steuersätze zwei Jahre lang blockiert hat. ({1}) Sie alle wissen ja selbst - nicht nur die NordrheinWestfalen unter Ihnen -, wie die Stimmung im Lande ist, da auch Sie in den Wahlkreisen unterwegs sind. Ich hoffe, daß Sie sich da noch hintrauen. Ich jedenfalls gehe mit Freude dahin. Wenn man sich mit den Bürgern unterhält, ist man sich schnell mit ihnen darüber einig, daß Ihr Motto „Wir sind bereit“, das Sie letztes Jahr auf die Plakate geschrieben haben, weit weg von der Wahrheit ist. ({2}) Das Urteil der Leute vor Ort ist einhellig: Die können es nicht - das sagen sie überall. ({3}) Meine Damen und Herren von der SPD, um etwas zu können, muß man ja erst einmal wissen, was man will. Schon daran fehlt es aber bei Ihnen. Sie wissen nicht, was Sie wollen. Finanzminister Eichel sagt, er könne die Einkommensteuersätze nicht senken, da sonst nicht genügend Luft für eine Nettoentlastung im Rahmen der Unternehmensteuerreform bleibe. ({4}) In seiner eigenen Landespartei sieht man es anders. Am vergangenen Samstag hat sich der SPD-Bezirk HessenSüd nicht nur für die Wiedereinführung der Vermögensteuer und für eine Ausbildungsplatzabgabe, sondern auch gegen die von der Bundesregierung geplante Steuerentlastung für Unternehmen ausgesprochen. ({5}) Das Ganze geschah nicht irgendwo, sondern im zweitgrößten Bezirk der SPD, nachdem die Frau und Ratgeberin des durchgebrannten Finanzministers Lafontaine, Christa Müller, zunächst ihre Vorstellungen vorgetragen hatte; das Ganze geschah nach einem eindringlichen Appell zur Geschlossenheit durch den Partei-Vize Scharping; ({6}) das Ganze geschah in Anwesenheit der Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Frau Wieczorek-Zeul, der früheren Bezirksvorsitzenden Hessen-Süd, die auch keine Hand gerührt hat, um das zu verhindern; das Ganze geschah in Hessen, wo Finanzminister Eichel SPD-Landesvorsitzender ist. Was ist denn das für ein Chaosladen bei Ihnen? ({7}) Frau Staatssekretärin, sagen Sie es dem Minister weiter: Wenn Sie die links schlagenden Herzen der von Larchers & Co. ohnehin nicht gewinnen können, dann lassen Sie endlich ab von Ihrem untauglichen Versuch, eine Unternehmensteuerreform isoliert für juristische Personen zu machen. Sie planen eine Reform für gut 10 Prozent der Unternehmen, während die restlichen 90 Prozent, insbesondere die kleineren und mittleren Unternehmen, auf der Strecke bleiben. Sie können da so viele Planspiele machen, wie Sie wollen; ({8}) dadurch ändert sich auch nichts. Herr Eichel möge sich einmal umschauen - das empfehle ich Ihnen, Frau Hendricks, ebenfalls -: Die Truppen, die Sie anzuführen glauben, befinden sich in Auflösung. Ich nenne eine Schlagzeile der letzten Woche: Grüne lehnen Eichels Unternehmensteuerpläne ab Die Finanzausschußvorsitzende Frau Scheel sagte wortwörtlich: Wir brauchen ein psychologisches Signal für Investoren. Ein weiteres Zitat - Originalton der Finanzausschußvorsitzenden der Grünen -: Nur wenn wir noch einmal an den Tarif gehen, kommt es zu einer echten Entlastung. Mein Appell richtet sich an den Finanzminister: Befreien Sie sich endlich aus dieser selbstgewählten Isolation. Machen Sie gemeinsam mit Ihrem Koalitionspartner - entsprechend den Empfehlungen der Wirtschaftssachverständigen -, mit der Opposition, mit uns, eine ordentliche Steuerreform, die diesen Namen verdient. So hat es ja auch Herr Struck formuliert. ({9}) Die Sätze müssen im gesamten Tarif herunter, vom Eingangssteuersatz bis hin zum Spitzensteuersatz. ({10}) Ich will zum Schluß entgegen meiner sonstigen Praxis zitieren, was die „FAZ“ über meinen Wahlkreiskollegen von der SPD auf dem Bezirksparteitag in Südhessen berichtet: Der Bundestagsabgeordnete Schuster stellte fest, ({11}) - hören Sie einmal zu, das hört sich gut an die SPD habe ihre Glaubwürdigkeit verloren und werde bei Wahlen „dafür abgewatscht“; ({12}) es fehle in Berlin an der „Professionalität der Koordination“;

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Herr Kollege, denken Sie bitte an Ihre Redezeit!

Klaus Peter Willsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003264, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

die SPD habe „eine ganze Reihe nicht ausgetragener Konflikte“, kurzum: es gebe „Bedarf an Hirn“. Ich gratuliere Ihnen. ({0})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Nun hat das Wort der Kollege Hans Georg Wagner, SPD-Fraktion.

Hans Georg Wagner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002406, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! ({0}) Als die „Bild“-Zeitung spekulierte, wie hoch die Steuermehreinnahmen seien, war mir vollkommen klar, daß die F.D.P. mit beiden Füßen auf diesen Zug aufspringt und hier eine Aktuelle Stunde beantragt; denn sie ist ja mittlerweile keine mehr etwa der „Frankfurter Rundschau“ nahestehende Partei, sondern eine, die den populärsten Themen nachrennt, ohne daß dabei noch liberale Überzeugungen zu erkennen wären. Es tut mir furchtbar leid, aber das ist nun einmal so. Ich habe in einer Aussprache zu einem ähnlichen Thema schon einmal gesagt: Der himmelweite Unterschied zwischen der neuen und der alten Koalition ist mit Ausnahme der PDS, die weder damals noch heute einer Koalition angehörte bzw. angehört -, daß wir die Millionäre zugunsten der Millionen abzocken werden. Sie aber haben umgekehrt jahrelang die Millionen zugunsten der Millionäre abgezockt. Das hat sich geändert, was die Steuermehreinnahmen zeigen. ({1}) Wir haben eine ganze Reihe von Steuerschlupflöchern gestopft, die Sie geöffnet hatten, um Ihrer Klientel zu helfen. Das Ergebnis war, daß am Ende des Jahres 1998 1 500 Milliarden DM an Schulden aufgelaufen waren. Jeder einzelne - auch das neugeborene Kind und ein über 100jähriger - hat 200 000 DM Schulden von dieser Koalition auf den Buckel gepackt bekommen. Davon entfallen jährlich 10 000 DM an Zinsleistungen. Solange dieser Mißstand nicht beseitigt ist, ist der Handlungsspielraum für die Politik eingeengt. Wir werden dies Schritt für Schritt ändern. ({2}) Sie wollten doch den Staat kaputtmachen; Sie wollten den Bankrott des Staates, weil ein schwacher Staat immer gut für die Herrschenden ist. Wir aber wollen einen starken Staat, der auch für die Schwachen der Gesellschaft da ist. Darin liegt der Unterschied zwischen Ihnen und uns. ({3}) Schauen Sie sich einmal an, gegen welche Maßnahmen Sie eingetreten sind - es wurde vorhin schon erwähnt; ich möchte es wiederholen -: Sie waren gegen die Erhöhung des Kindergeldes und gegen die Anhebung des Existenzminimums. Sie waren gegen alle gesetzlichen Regelungen im sozialen Bereich. Sie waren immer für Regelungen, die den Besserverdienenden zugute kamen. Herr Solms hat gesagt: Wir sind die Partei der Besserverdienenden. ({4}) Lassen Sie mich noch einen Satz zu Ihnen, Frau Dr. Höll von der PDS, sagen. Wenn Sie hier die Anpassung der Renten an die Preissteigerungsrate beklagen, dann müssen Sie ehrlicherweise auch sagen, daß diese Anpassung eine Verdopplung der Rentenerhöhung im Vergleich zu den Rentenmachenschaften der alten Koalition bedeutet. ({5}) Zur Klarstellung will ich sagen: Herr Schindler, Sie haben jahrelang - seit 1982 - mit den Rentnerinnen und Rentnern Schindluder getrieben. ({6}) Im Jahre 2001 wird die Rentenerhöhung dreimal so hoch sein wie die, die den Rentnerinnen und Rentnern jahrelang zugemutet wurde. Überlegen Sie sich also Ihre Argumentation genau, Frau Dr. Höll! Eben wurde die Künstlersozialkasse angeführt. Mir kommen fast die Tränen, wenn ich bedenke, daß bisher - gesetzlich geregelt - die Sozialkassen der Künstler zu 50 Prozent für die Selbstvermarkter bedient worden sind. Wie jeder weiß, ist die Zahl der Selbstvermarkter erheblich zurückgegangen, so daß der tatsächliche Anteil des Bundes an der Finanzierung der Künstlersozialkasse bei genau 40 Prozent liegt. Das entspricht 38 Millionen DM, die im Haushaltssanierungsgesetz enthalten sind. Das Haushaltssanierungsgesetz wird in wenigen Minuten im Haushaltsausschuß als Paket verabschiedet werden. Die Koalition zeigt große Geschlossenheit in jedem Punkt. Wir haben nämlich keine Alternative. ({7}) - Herr Kollege Hauser, die F.D.P. hat doch damals all ihre Vorschläge verhindert. Sie wollten die 630-DMJobs regeln, was aber an der F.D.P. gescheitert ist. Wir haben die entsprechenden Regelungen auf den Weg gebracht. ({8}) Ein letzter Punkt: 82 Milliarden DM Zinsen bedeuten natürlich, daß wir handeln müssen. Jede Mark Steuermehreinnahmen muß zur Reduzierung der Nettokreditaufnahme eingesetzt werden, um den Staat wieder handlungsfähig zu machen, und darf nicht gleich wieder ausgegeben werden. Die entsprechende Diskussion ist eine seltsame Diskussion in der sich frei und demokratisch nennenden Partei. ({9}) Wir hatten eine Anhörung im Haushaltsausschuß. Meistens waren Sie aber nicht anwesend. Erst wurde die Anhörung beantragt, aber dann, wenn es darauf ankam, erschien keiner. Dort haben alle Experten, auch die - das ist das Schönste daran -, die von Ihnen benannt worden sind, gesagt, die Haushalts- und Finanzpolitik dieser Bundesregierung sei auf dem richtigen Wege. Warum soll man den Vorschlägen der Experten nicht folgen? ({10}) Wenn Sie schon Ihren eigenen Experten nicht glauben, dann schauen Sie sich einmal an, was die Institute vorige Woche gesagt haben. Diese haben gesagt, daß wir auf dem richtigen Wege seien. Die Experten haben gesagt, wir sparten noch zuwenig. Ich möchte einmal Ihr Geschrei hören, wenn wir noch mehr sparen würden, als wir dies schon jetzt tun. Herr Kollege Thiele, mit dem Antrag, den Sie und Ihre Kollegen im Haushaltsausschuß gestellt haben, haben Sie eine Erhöhung um - unterm Strich 120 Milliarden DM gefordert.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Herr Kollege, denken Sie an die Redezeit!

Hans Georg Wagner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002406, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ein letzter Satz. ({0}) - Ja, Clowns verlangen immer Zugaben. In diesen Tagen wird der Internationale Währungsfonds ein bisher geheimgehaltenes Gutachten über die Wirtschafts- und Finanzpolitik der Bundesregierung veröffentlichen. ({1}) - Einen dümmeren Zuruf gibt es gar nicht. Herrr Schindler, Sie haben sich als Bauernpräsident von Herrn Schartz hereinlegen lassen. - Sie hören es nicht gerne, aber in diesem Gutachten wird die Wirtschafts- und Finanzpolitik dieser Bundesregierung als richtig bezeichnet. Wir sind dankbar für diese Bestätigung. ({2})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Die aktuelle Stunde ist beendet. Wir sind damit am Schluß unserer heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 4. November 1999, 9 Uhr ein. Die Sitzung ist geschlossen.