Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet. Ich begrüße Sie.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:
Befragung der Bundesregierung
Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Kabinettssitzung mitgeteilt: Investitionsprogramm für den
Ausbau der Bundesschienenwege, Bundesfernstraßen
und Bundeswasserstraßen in den Jahren 1999 bis 2002.
Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht
hat der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr-, Bau- und Wohnungswesen, Lothar
Ibrügger. Herr Staatssekretär, ich gebe Ihnen das Wort.
({0})
Herr
Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute morgen hat das Kabinett das Verkehrsinvestitionsprogramm
für die Jahre 1999 bis 2002 zur Kenntnis genommen.
Mit dieser Entscheidung zeigt die Bundesregierung ihren Willen zur Gestaltung einer zielgerichteten, verläßlichen und realistischen Infrastrukturpolitik. Die Verständigung, die Bundesminister Reinhard Klimmt mit dem
Koalitionspartner zu diesem Punkt erzielt hat, belegt:
Die Koalition ist auf diesem Feld handlungsfähig.
Wir investieren mit diesem Programm in eine moderne und leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur. Damit
schaffen wir zentrale Voraussetzungen für mehr Wachstum und Beschäftigung in Deutschland. Die Unternehmen und die Bürgerinnen und Bürger wissen, daß Ausbau und Erhalt unserer Verkehrswege für die Wirtschaft
und für unsere mobile Gesellschaft unerläßlich sind. Wir
haben uns für eine solide Infrastrukturpolitik entschieden. Solide Infrastrukturpolitik zeichnet sich durch realistische Investitionspläne und klare Prioritäten aus.
In diesem Sinne haben die Regierungsparteien, wie in
der Koalitionsvereinbarung beschlossen, den alten Bundesverkehrswegeplan, der eine unverantwortlich hohe
Finanzierungslücke von 80 bis 90 Milliarden DM aufwies, zu überarbeiten. Das von der Bundesregierung
vorgelegte Investitionsprogramm 1999 bis 2002 ist ein
erster Schritt auf dem Weg zu einer verläßlichen, realistischen Investitionsplanung. Das Programm schafft für
die Regionen Planungssicherheit im Bau und Kontinuität. Es faßt alle bereits begonnenen und bis zur Vorlage
des neuen Bundesverkehrswegeplans finanzierbaren
Maßnahmen zusammen. Damit erreichen wir Investitionsklarheit, Investitionswahrheit und Verläßlichkeit.
Dieses Programm wurde auch mit den Ländern erörtert und abgestimmt. Es entspricht den Koalitionsvereinbarungen; Wachstum und Beschäftigung werden sichergestellt. Die Verkehrsprojekte „Deutsche Einheit“ werden weitergeführt, und der Aufbau Ost wird fortgesetzt.
Bereits begonnene Investitionsvorhaben werden zügig
umgesetzt.
Das Programm setzt sich aus zwei Teilen zusammen:
hochprioritären Investitionsmaßnahmen in Höhe von
64,5 Milliarden DM und prioritären Investitionsmaßnahmen in Höhe von 2,85 Milliarden DM. Insgesamt
entfallen auf die Neu- und Ausbaumaßnahmen rund
36 Milliarden DM. Die restlichen Mittel fließen in den
dringend notwendigen Erhalt der in den vergangenen
Jahren systematisch vernachlässigten Verkehrsinfrastruktur. Mit einem immer größeren Verkehrsnetz werden gerade die Investitionen in Ersatz und Erhaltung
immer wichtiger. Wir tragen immerhin für ein Verkehrsnetz mit einem Gesamtvermögen von über
570 Milliarden DM Verantwortung.
Mit dem Investitionsprogramm 1999 bis 2002 setzen
wir im übrigen die Akzente. In den alten Bundesländern
verteilen sich die Investmittel in Höhe von 28,6 Milliarden DM bereits jetzt zu 55 Prozent auf die Schienenwege und zu 45 Prozent auf die Bundesfernstraßen.In
den ostdeutschen Ländern werden wegen des großen
Nachholbedarfs beim Verkehrswegebau der Bundesstraßen 60 Prozent der Mittel für die Straßen und 40 Prozent für die Bundesschienenwege zur Verfügung gestellt.
Im übrigen schaffen wir eine Reihe von Maßnahmen
zur Angleichung der Straßen- und Schieneninvestitionen. Für die Lärmsanierung an Schienenwegen investie5784
ren wir 400 Millionen DM. Viele Jahrzehnte haben Bürgerinnen und Bürger an vorhandenen Schienenwegen
auf Lärmschutz gewartet. Für Eisenbahnkreuzungsmaßnahmen stehen 800 Millionen DM zur Verfügung, für
S-Bahn-Investitionen 1,2 Milliarden DM. Darüber hinaus stehen auch noch Mittel für die privat vorfinanzierten Schienenwege zur Verfügung.
Für die Bundesregierung gilt, daß wir alle Möglichkeiten ausschöpfen wollen, um zusätzliche Mittel für Investitionen in den Erhalt und den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur zu mobilisieren. Dies betrifft alle Verkehrsträger gleichermaßen. Wir sind uns darüber einig,
daß aus verkehrs- und klimaschutzpolitischen Gründen
ein höherer Anteil des Schienenverkehrs am Verkehrsaufkommen anzustreben ist. Deswegen sollen noch
nicht verausgabte Mittel möglichst für einen höheren
Anteil des Schienenverkehrs am Verkehrsaufkommen
eingesetzt werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Hinblick auch
auf die alten Bundesländer möchte ich betonen: Die
Verkehrsprojekte Deutsche Einheit kommen der gesamten Bundesrepublik Deutschland zugute. Ihre Realisierung bedeutet: Deutschland bleibt insgesamt ein erstklassiger Wirtschaftsstandort mit einer hervorragenden
Verkehrsinfrastruktur. Daran muß uns allen gelegen
sein.
Deutschland gewinnt nicht im Gegeneinander, sondern wir kommen nur gemeinsam voran. Das gilt für die
Konsolidierung der öffentlichen Haushalte und für die
Investitionen in unsere Stärken, also für die Investitionen in Infrastruktur und Bildung, und es gilt für unseren
Ruf als leistungsfähiges Land insgesamt.
Ich danke Ihnen,
Herr Staatssekretär. - Zur ersten Frage gebe ich der
Kollegin Renate Blank das Wort.
Herr Staatssekretär, zunächst bedaure ich natürlich, daß der Minister nicht an
Ihrer Stelle steht, aber das soll keine Abwertung Ihrer
Person sein, sondern lediglich eine Bemerkung und eine
leichte Kritik am Minister.
Herr Staatssekretär, Sie haben das Investitionsprogramm vorgestellt. Meine Frage lautet: Hat sich dieses
Investitionsprogramm finanziell verändert, nachdem
Bündnis 90/Die Grünen reklamiert hatten, und wenn ja,
in welcher Form? Wenn nein, dann erlaube ich mir die
Bemerkung, daß die Grünen wieder einmal eingeknickt
sind.
({0})
Sehr
verehrte Frau Kollegin Blank, es ist nicht meine Aufgabe, Bewertungen, die Sie gerade ausgesprochen haben,
zu kommentieren. Aber meine und Ihre verkehrspolitische Erfahrung der letzten Jahrzehnte zeigt, daß fast jedes Verkehrsprojekt in sich Konflikte birgt. Wir sprechen hier über ein Investitionsprogramm, das mehr als
1 000 Projekte im gesamten Bundesgebiet umfaßt. Bei
einer Fülle von Projekten gibt es erhebliche Interessenund Auffassungsunterschiede. Dies hat aber nach meiner
Erfahrung weniger mit parteipolitischen Auffassungen,
sondern letzten Endes auch mit der Interessenlage von
Städten und Gemeinden, von Regionen, der Länder gegenüber dem Bund und umgekehrt im Hinblick auf die
Priorität einzelner Projekte zu tun.
Dieses Programm, das wir auch den Mitgliedern des
Deutschen Bundestages Anfang September im Entwurf
vorgestellt haben, ist in seinem wesentlichen Kerngehalt
nicht geändert worden, sondern es beruht auf der Zusammenstellung der bereits begonnenen Baumaßnahmen
und enthält eine kleine - aus unserer Sicht leider viel zu
kleine - Zahl von neuen Vorhaben, beispielsweise Ortsumgehungen zur Entlastung der lärmgeplagten Bevölkerung, die wir gerne noch aufgenommen hätten, wenn uns
dafür genügend Geld zur Verfügung gestanden hätte.
Dies ist aber nicht der Fall.
({0})
Insofern ist das Investitionsprogramm im Grundsatz
nicht geöffnet worden, sondern so geblieben, wie Sie es
auch zur Kenntnis bekommen haben.
Eine zweite Frage
der Kollegin Blank.
Herr Staatssekretär,
stimmen Sie mir zu, daß keine Veränderung im finanziellen Bereich eintritt, indem ich die Vorhaben umbenenne und nicht mehr von „vordringlichem Bedarf“, sondern von „hochprioritären Projekten“ spreche, und wie
wollen Sie Arbeitsplätze in Deutschland sichern, wenn
die Maßnahmen in den nächsten vier Jahren gestreckt
werden und den Ländern, zum Beispiel Bayern und
Nordrhein-Westfalen, für neue Maßnahmen im Bereich
der Ortsumgehungen, die Sie gerade besonders bewertet
haben, weniger Geld zur Verfügung steht?
({0})
Liebe
Frau Kollegin Blank, allen Beteiligten - den Bundesländern und dieser Bundesregierung, aber auch der Vorgängerregierung - war klar, daß auf Grund der von der
Regierung Kohl eingeleiteten Staatsüberschuldung die
Investitionsansätze, die das Kabinett für den Bundesverkehrswegeplan 1992 beschlossen hatte, nicht zu halten
waren. Dies zeichnete sich schon 1992 gleich nach Beschlußfassung des Bundeskabinetts über den Bundesverkehrswegeplan ab, weil es weitaus mehr Maßnahmen
im vordringlichen Bedarf des Ausbauplans für die Bundesfernstraßen und durch das Schienenwegeausbaugesetz gab als überhaupt Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden konnten. Daraus resultiert bis zur Verwirklichung des Bundesverkehrswegeplans im Jahre
2012 das Defizit von 80 bis 90 Milliarden DM, das ich
eben angesprochen habe. Das heißt, alle Beteiligten
wußten, daß dieses ehrgeizige Programm nicht mit den
Finanzmitteln in Deckung gebracht werden kann.
Im Hinblick auf die hohe Beschäftigungswirkung
durch Investitionen im Verkehrswegebau, auf die wir
großen Wert legen, werden Sie beim Vergleich der
Haupt- und Nichtbautitel feststellen, daß sich die Summe dieser Titel seit 1990 - besser: seit der deutschen
Einheit und während der Regierung Kohl - so gut wie
gar nicht von dem unterscheidet, was wir an Investitionsmitteln eingestellt haben. Die Höhe der Investitionen pendelt in etwa um 10 Milliarden DM. 1993 lag sie
bei 10,4 Milliarden; 1998 betrug sie 10,7 Milliarden
DM; 1998 lag sie bei 10,4 Milliarden DM. Am Anfang
unserer Regierungszeit lag sie bei 10,2 Milliarden DM.
In der jetzigen Finanzplanung liegt sie bei 9,9 Milliarden DM, also bei rund 10 Milliarden DM. Es ist uns
trotz der erheblichen finanziellen Nöte, die die Regierung Kohl im Hinblick auf unsere Handlungsfähigkeit
verursacht hat, glücklicherweise gelungen, Brüche zu
vermeiden. Mit 10 Prozent der zu zahlenden Zinsen
könnten wir alle 950 Ortsumgehungen, die wir noch
bauen wollen, heute in Auftrag geben. Dafür würden
10 Prozent von 82 Milliarden DM Zinsen ausreichen.
Deswegen bitte ich um Nachsicht. Es gibt keine wesentlichen Rückgänge; vielmehr gibt es im Hinblick auf die
finanziellen Verpflichtungen und auch im Hinblick auf
die steigenden Aufwendungen für die private Vorfinanzierung der entsprechenden Erhaltungsinvestitionen eine
höhere Bindungswirkung für künftige Haushaltsjahre,
als uns lieb ist. Aber dies war allen Beteiligten von Anfang an klar.
Eine Frage des
Kollegen Manfred Grund.
Herr Staatssekretär, die
Diskussion über das Verkehrswegeinvestitionsprogramm,
das heute im Kabinett besprochen worden ist, ist letzte
Woche verschoben worden, weil es innerhalb der Regierungsparteien Unstimmigkeiten über die Gewichtung von
Straßenbau- und Schienenprojekten gegeben hat.
Eine der ersten Entscheidungen der Regierung war,
das Schienenprojekt, die ICE-Trasse zwischen Nürnberg
und Erfurt, nicht weiterbauen zu lassen. Davon betroffen
sind Bayern, Thüringen und Sachsen-Anhalt. Damit
wurde ein Investitionsvolumen von ungefähr 8 Milliarden DM aus dem Verkehrswegeinvestitionsprogramm
herausgenommen, so daß es jetzt ein leichtes ist, ein
Ungleichgewicht zwischen Schiene und Straße zu diagnostizieren und zu sagen: Es besteht nach wie vor
Handlungsbedarf.
Die Bundesregierung hat uns gegenüber damals in
Thüringen diese Maßnahme so begründet: Wir haben
dadurch mehr Geld zur Verfügung, um die MitteDeutschland-Schienenverbindung auszubauen und die
Bayern-Sachsen-Magistrale bzw. die Franken-SachsenMagistrale beschleunigt auszubauen. Haben diese
Überlegungen heute im Kabinett oder im Vorfeld eine
Rolle gespielt?
Herr
Kollege, die Bemühungen, den Anteil der Schiene am
gesamten Investitionsvolumen zu erhöhen, habe ich
schon deutlich bekundet. Dazu zählen alle Projekte auch
im Rahmen der Überlegungen der Deutschen Bahn AG
über den Ausbau ihrer Netze - Netz 21.
Vielleicht sollte ich der Öffentlichkeit auch einmal
den Unterschied zwischen dem Schienenwegeausbaugesetz und dem Ausbauplan für die Bundesfernstraßen
deutlich machen. Für die Bundesfernstraßen legt das
Parlament die einzelnen Straßenbaumittel fest. Im Rahmen des Schienenwegeausbaugesetzes müssen wir auch
auf die Eigenmittel und auch auf die Initiativen der
Deutschen Bahn AG als Eigentümerin des Netzes setzen, an welchen Stellen und zu welchen Zeitpunkten
entsprechende Planfeststellungsverfahren initiiert werden. Dies liegt nicht in der Hand der Bundesregierung.
Deswegen haben wir immer wieder bei der Beantwortung der Fragen im Plenum des Deutschen Bundestages darauf hingewiesen, daß wir im Gegensatz zum
Ausbauplan für die Bundesfernstraßen in hohem Maße
auch auf die Potentialabschätzung künftiger Träger der
Deutschen Bahn AG angewiesen sind. Sie sind in dieses
Investitionsprogramm 1999/2002 mit eingeflossen. Darauf beruhen im Kern nicht nur die beschriebenen Finanzierungsschwierigkeiten, sondern auch die Tatsache, daß
es zu Verschiebungen im Ausbau der auch von Ihnen
angesprochenen Magistrale kommt.
Die Bundesregierung verfolgt weiterhin die Zielrichtung, die Verkehrsprojekte „Deutsche Einheit“ mit Vorrang zu verwirklichen. Dazu zählt das von Ihnen angesprochene Projekt, dazu zählen aber auch die MittelDeutschland-Bahn, die Sachsen-Magistrale, aber natürlich nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Mittel.
Das gebietet schon das Haushaltsgesetz.
Eine zweite Frage
des Kollegen Grund.
Ich stelle zunächst
einmal fest, daß man in einer Fragestunde zumindest
lernt, daß man auf konkrete Fragen keine konkreten
Antworten zu erwarten hat. Lassen Sie mich noch eine
konkrete Frage zu einem anderen Bereich stellen, dem
Straßenbereich. In der Antwort auf die Frage meiner
Kollegin Blank haben Sie gesagt, mit 10 Prozent der
Zinsen, die der Bund zu zahlen habe, könnte man 950
Ortsumfahrungen bauen,
({0})
die jetzt noch im Bedarfsplan sind. Sie vermitteln immer
wieder den Eindruck, als wäre das Geld, das als Kredit
aufgenommen worden ist, irgendwann einmal in die
Luft geschossen worden. Mit einem Großteil dieser
Kredite ist genau die Verkehrsinfrastruktur geschaffen
worden, die wir jetzt in den neuen Bundesländern haben,
und wir müßten wahrscheinlich noch 2 000 oder 3 000
Ortsumfahrungen bauen, hätten wir nicht schon im VorParl. Staatssekretär Lothar Ibrügger
griff Kredite aufgenommen und Ortsumfahrungen gebaut. Ich finde diese Argumentation unredlich.
Ich möchte Sie etwas fragen, was die Verkehrsprojekte „Deutsche Einheit“ anbetrifft. Ich spreche jetzt für
Thüringen, für mein Bundesland. Im Investitionsprogramm haben für Thüringen drei Autobahnen eine Rolle
gespielt, die A 71, die A 73 und die A 38. Ich möchte
Sie konkret fragen: Hat es zeitlich oder finanziell zu der
Vorlage, die vor einer Woche ins Kabinett gegangen ist,
durch das, was das Kabinett heute beschlossen hat, Veränderungen gegeben?
Erstens, Herr Kollege: Das Kabinett hat nichts beschlossen. Das Kabinett hat dieses Investitionsprogramm zur Kenntnis genommen. Und wenn Sie fragen,
ob sich gegenüber der vergangenen Woche etwas geändert hat, sage ich Ihnen: Am Investitionsprogramm
hat sich im Inhalt nichts geändert, sondern es ist heute
eine öffentliche Darstellung des Willens und des Wollens der Bundesregierung dazu gegenüber der Presse,
der Öffentlichkeit und durch meinen Beitrag auch
Ihnen gegenüber erfolgt. Also gegenüber der vergangenen Woche keine Änderung im Investitionsprogramm. - Erste Antwort.
Die zweite Antwort: Herr Kollege, Sie sagen, die
Kredite sind für Investitionen aufgenommen worden. Ich
widerspreche auch persönlich Ihrer Darstellung hier, als
sei es unredlich, wenn ich auf die Zusammenhänge zwischen Bindungswirkungen von Kreditaufnahmen, Zinsverpflichtungen und Handlungsfähigkeit der jetzigen
Regierung hinweise. Die Zinsverpflichtungen in Höhe
von 82 Milliarden DM sind eben für andere Aufgaben
und Investitionen nicht mehr zu verwenden. Das ist
Klartext.
(Joachim Hörster [CDU/CSU]: Dann hätten
Sie im letzten Jahr den Haushalt nicht um
30 Milliarden erhöhen dürfen!
Wenn es denn so wäre, hätten Sie ja in den vergangenen
Jahren auch Gelegenheit gehabt, den Anteil von 10 Milliarden DM im Straßenbau entsprechend zu erhöhen. Sie
haben das nicht getan.
({0})
Der Investitionstitel ist in den vergangenen Jahren bei
etwa 10 Milliarden DM geblieben, auch zu einem Zeitpunkt, im Bundestagswahljahr 1998, als Sie noch Bundesvermögen in Höhe von 20 Milliarden DM verkauft
haben, ohne daß in irgendeiner Weise erkennbar gewesen wäre, daß Sie damit den Investitionsanteil für die
Verkehrswege erhöht hätten.
({1})
Eine Frage des
Kollegen Horst Friedrich ({0}).
Verehrter Herr
Staatssekretär, der Bundesminister für Verkehr, Bau und
Wohnungswesen hat heute im Zusammenhang mit dem
Investitionsprogramm der Deutschen Presseagentur erklärt, daß der Bahnbau zukünftig von noch offenen
Sparvorgaben verschont werden soll. Meine Frage: Da
in Ihrem Haushalt ausschließlich die noch nicht bezifferte globale Minderausgabe von immerhin 2,3 Milliarden DM zur Verfügung steht, heißt das, daß ausschließlich der Straßenbaubereich das Sparvolumen zu tragen
hat, nachdem Sie für diesen für die nächsten vier Jahre
eine Erhöhung der Zahllast von über 20 Milliarden DM
beschlossen haben?
Zur Vereinfachung,
Herr Staatssekretär - ich sehe die fragenden Blicke, die
Sie mir zuwerfen - sollten wir wie folgt verfahren:
Wenn der Fragesteller seine Frage beendet hat, hat der
Staatssekretär grundsätzlich das Wort.
Herzlichen Dank, Herr Präsident.
Lieber Herr Kollege Friedrich, ich habe heute über
das im Kabinett vorgelegte Investitionsprogramm berichtet. Das heißt, die Beratungen über die Haushalte
2001 und 2002 sowie die Erwirtschaftung der globalen
Minderausgabe im Rahmen des Sparkonzeptes stehen
weiterhin an. Deswegen kann ich Ihnen heute keine exakte Antwort darauf geben, in welcher Größenordnung
und zu welchem Anteil im Rahmen der bisher im Sparkonzept vorgesehenen globalen Minderausgabe gegebenenfalls Kürzungsanteile auf Straße oder Schiene entfallen.
({0})
Eine zweite Frage.
Es ist erstaunlich, daß der Minister offenbar schon weiter ist.
Zweite Frage. Er hat im Zusammenhang mit diesem
Investitionsprogramm gleichzeitig erklärt, zusätzlich zum
Investitionsprogramm sollten bis 2002 weitere 5,4 Milliarden DM für die Schiene sichergestellt werden. Sie
haben uns aber gerade hinlänglich erklärt, wie schwierig
die Haushaltssituation ist. Wo, um Gottes willen, bekommen Sie die zusätzlichen 5,4 Milliarden DM her?
Herr
Kollege Friedrich, ich verweise hier auf die Ansätze in
unserem Investitionsprogramm. Sie kennen auch die Finanzierungsbedingungen, die ich eben erläutert habe, die
aber offenkundig nicht überall bekannt sind, wie ich
feststellen muß, wenn von den Kollegen der Vorwurf
der Belehrung gemacht wird. Wir haben hier zum einen
über Investitionsanteile aus dem Bundeshaushalt zu
sprechen und zum anderen über Eigenmittel der DeutManfred Grund
schen Bahn AG, die in der entsprechenden Größenordnung zusätzlich einzubringen sind.
Es ändert sich aber gegenwärtig nichts an dem Gesamtvolumen, das ich Ihnen für Straße und Schiene genannt habe. Ich habe es deutlich gesagt: Wenn es nach
uns ginge, würden wir gern mehr investieren, um den
Aufgaben der Verkehrsinfrastruktur besser nachkommen
zu können.
Eine Frage des
Kollegen Dr. Wolf.
Sehr geehrter Herr Staatssekretär, das Ministerium von Herrn Klimmt und die
Bundesregierung wählen den Weg eines Investitionsprogramms. Das ist vertretbar; da wird ein Korsett angelegt. Meine Frage lautet: Warum wird das Investitionsprogramm nicht in den Rahmen eines baldigen neuen
Bundesverkehrswegeplans gestellt und durch diesen
untermauert? Stimmen Sie mir zu, daß nach den gesetzlichen Vorgaben und den Praktiken der letzten 20 Jahre
im Bundestag alle fünf Jahre ein solcher Bundesverkehrswegeplan aufgestellt wurde, daß der letzte 1997
ausgelaufen ist, daß der Verkehrsminister der alten Bundesregierung, Herr Wissmann, ihn erneuern wollte und
daß jetzt Herr Müntefering ein Jahr Zeit hatte, einen
neuen Bundesverkehrswegeplan aufzustellen? Warum
kann er erst im Jahr 2002 vorgelegt werden?
Herr
Kollege Dr. Wolf, erlauben Sie mir, daß ich die Begriffe
klarstelle. Sie haben einmal vom Bundesverkehrswegeplan gesprochen, auf den ich auch in meiner Erklärung
abgehoben habe. Er wurde 1992 vom Kabinett beschlossen und sollte bis 2012 umgesetzt werden. Ich habe
ebenso darauf hingewiesen, daß es im Hinblick auf die
zu erwartenden, klar erkennbaren finanziellen Schwierigkeiten schon jetzt zu einer erheblichen Unterfinanzierung gekommen sei, und zwar über alle Verkehrsträger
hinweg: Schiene, Wasser und Straße.
Sie haben gerade einzelne Gesetze angesprochen - das
Schienenwegeausbaugesetz und den Ausbauplan für die
Bundesfernstraßen -, in denen durch das Parlament bei
vordringlichem Bedarf die Vorhaben und Ortsumgehungen festgelegt worden sind, die bis zum Jahr 2012 nach
Möglichkeit verwirklicht werden sollten. Die Erfahrung
zeigt jetzt aber, daß allein angesichts der in der Vergangenheit angenommenen Investitionsanteile für die Straße
der Zielzeitpunkt 2012 nicht eingehalten werden kann,
sondern erst 2028 der Verwirklichungszeitpunkt wäre.
Auf Grund dieser völlig unrealistischen Erwartung
haben wir entschieden, daß der Bundesverkehrswegeplan als Ganzes überarbeitet wird. Der erste Schritt dazu
ist, für die Investitionen bis 2002 unter Maßgabe der Finanzplanung Klarheit zu schaffen. Der zweite Schritt ist,
alle Prognosen zur künftigen Verkehrsentwicklung von
1992, die in manchen Dingen völlig falsch lagen, die
zum Beispiel die Entwicklung des Güterverkehrs auf der
Straße und des kombinierten Verkehrs auf der Schiene
sowie die Wirkung des Individualverkehrs und des Luftverkehrs völlig überschätzt haben, auf eine neue, realistische Grundlage, auch bezüglich des Einwohnerwachstums, der Bevölkerungsverteilung und des Wirtschaftswachstums, zu stellen. Diese Aufträge werden
gegenwärtig durchgeführt.
Wir wollen dem Parlament mit dem Verkehrsbericht
2000 im nächsten Jahr die Ergebnisse der Überprüfung
der bisherigen Annahmen über die künftige Verkehrsentwicklung sowie die Schlußfolgerungen, die wir daraus für die Überarbeitung des Bundesstraßenausbaugesetzes und des Schienenwegeausbaugesetzes ziehen,
vorlegen.
Wir möchten Ihnen auch vorschlagen, in Zukunft den
Ausbau der Wasserstraßen durch eine Entscheidung des
Gesetzgebers als „vordringlichen Bedarf“ einzustufen
und es nicht, wie bisher, allein der Bundesregierung zu
überlassen, in welchem Maß der Ausbau der Bundeswasserstraßen finanziert wird.
Eine weitere Frage
des Kollegen Dr. Wolf.
Herr Staatssekretär, mir
ist die Entscheidung, die Sie genannt haben, bekannt.
Ihnen ist aber auch bekannt, daß der Bundesverkehrswegeplan, der bis zum Jahr 2012 angelegt war, alle fünf
Jahre aktualisiert, überarbeitet und zum Teil sogar neu
aufgestellt wird. Selbst wenn man das ausklammert,
bleibt die Frage: Wenn der letzte Bundesverkehrswegeplan derart entgleist ist, wie Sie es selbst dargelegt haben - bei der Schiene gibt es im Güterverkehr keinen
Zuwachs, sondern ein Minus von 40 Prozent -, müßte
die rotgrüne Regierung, die angetreten ist, eine Verkehrswende vorzunehmen, dann nicht in erster Linie sagen, daß für einen neuen Bundesverkehrswegeplan eine
neue Prognose erstellt werden muß, um eine wirkliche
Wende hin zur Schiene zu realisieren?
Daran
arbeiten wir, Kollege Dr. Wolf. Ich hatte Ihnen die ersten Schritte schon geschildert. Dies geschieht in einem
sehr umfangreichen Maß unter Beteiligung von wissenschaftlichen Instituten und vielen anderen, so daß wir in
Zukunft beispielsweise in der Lage sein werden, aus jeder einzelnen Verkehrszelle in der Bundesrepublik
Deutschland die Güterverkehrsbeziehungen und die Personenverkehrsbeziehungen aufzuzeigen. Diese Arbeiten
laufen gegenwärtig.
Im Vollzug der laufenden Projekte arbeiten wir ständig an der Überprüfung des Bundesschienenwegeausbaugesetzes und des Ausbauplans für die Bundesfernstraßen. Ich will es Ihnen am Beispiel der Bundesfernstraßen darstellen: 1992 hatte das Kabinett Kohl im
Hinblick auf die Finanzierung angenommen, man würde
mit 108 Milliarden DM für alle Bundesfernstraßen auskommen, jetzt sind wir bei Kosten in Höhe von 152
Milliarden DM angekommen, so daß auch das gesamte
Finanzierungstableau daraufhin zu überprüfen ist, was
wir unter effizientem Einsatz der Mittel an Verkehrswirksamkeit insgesamt erreichen können. Das beinhaltet, die Netzwirkung zu erhöhen, die Knotenpunkte, bei
denen es Schwächen und Engpässe gibt, zu identifizieren und darauf die Investitionen ganz gezielt auszurichten. Diese Grundlagenarbeit und diese Überprüfungen
laufen gegenwärtig. Wir werden Ihnen dazu im nächsten
Frühjahr oder Sommer im Verkehrsbericht 2000 die entsprechenden Informationen darlegen.
Mit Blick auf die
vielen Fragesteller, die auf meiner Liste stehen, bitte ich
diese, sich möglichst kurz zu fassen, und den Staatssekretär um eine möglichst kurze Beantwortung.
Der Kollege Eduard Lintner bitte.
Herr Staatssekretär, Sie
haben vorhin davon gesprochen, daß damit eine verläßliche Planungsgrundlage für die Kommunen geschaffen
werden soll. Habe ich Sie richtig verstanden, daß die Frage, ob sich die globale Minderausgabe auf dieses Investitionsprogramm noch einmal vermindernd auswirkt, heute
noch nicht im Kabinett entschieden worden ist?
Herr
Kollege Lintner, die Liste der sogenannten hochprioritären Maßnahmen - das sind weit über 1000 - ist unter
Maßgabe der voraussichtlich zur Verfügung stehenden
Mittel aufgestellt worden. Ich muß hier wiederholen: Es
ist heute verfrüht, zu sagen, in welcher Art und Weise
und mit welchem Anteil sich die globale Minderausgabe
im Haushaltsjahr 2001/2002 bei Schiene oder Straße
niederschlagen wird.
Wir wollen dadurch Planungssicherheit schaffen, daß
wir vor allem die Maßnahmen aufgenommen haben, die
jetzt bereits im Bau sind und für die Aufträge mit erheblicher zeitlicher Bindungswirkung bis zum Jahre 2002
erteilt worden sind. Man kann sagen, daß durchschnittlich 85 Prozent der jetzt im Investitionsprogramm aufgeführten Projekte und die Dotierung der Mittel, die dort
jedem Einzelprojekt zugeschrieben wird, bereits durch
laufende Auftragserteilungen abgedeckt sind und damit
Bindungswirkung bis zum Jahre 2002 auslösen.
Eine weitere Frage
des Kollegen Lintner.
Herr Staatssekretär,
können Sie den Anteil der Mittel beziffern - sei es prozentual oder in absoluten Zahlen -, der für den Beginn
neuer Maßnahmen außerhalb der VDE bis 2002 tatsächlich zur Verfügung stehen wird?
Herr
Kollege Lintner, das ist eine Liste von über 55 Maßnahmen. Wenn Sie erlauben, stelle ich sie Ihnen schriftlich zur Verfügung.
Eine Frage der
Kollegin Karin Rehbock-Zureich.
Herr Staatssekretär, sind auch Sie der Auffassung, daß das, was wir
heute abgefragt haben, im Grunde genommen die Bilanz der Mangelverwaltung der vergangenen Regierung
Kohl ist?
Frau
Kollegin Rehbock-Zureich, ich sagte es vorhin schon:
Ich möchte mich als Mitglied der Regierung nicht an der
Bewertung der im Bundestag vertretenen Parteien und
ihrer verkehrspolitischen Auffassungen beteiligen. Ich
habe aber deutlich genug beschrieben, daß im Hinblick
auf die Verwirklichung von Projekten des Bundesverkehrswegeplans in der Vergangenheit eine völlig überspannte Erwartungshaltung aufgetreten ist. Die Schere
zwischen den Erwartungen und den tatsächlichen Möglichkeiten, die Vorhaben, die wir alle als dringlich ansehen, im Interesse der Bürgerinnen und Bürger zu verwirklichen, ist durch die Staatsverschuldung größer geworden. Sie lähmt uns in gewisser Hinsicht, zusätzliche
Gelder bereitzustellen. Wir arbeiten aber daran. Ich habe
es deutlich erklärt: Wir bemühen uns um mehr Investitionen für die künftigen Haushalte, insbesondere auch
um die Einbeziehung der streckenbezogenen LkwGebühr ab 2002 als zusätzliche Einnahme für den Verkehrswegehaushalt und damit für die Unterhaltung unseres Verkehrswegenetzes.
Ich bitte die nächsten Fragesteller, sich auf eine Frage zu konzentrieren.
Kollege Dirk Fischer, bitte
Herr Staatssekretär, angesichts der Tatsache, daß bis 2002 die
Straßenbauinvestitionen um 5 Milliarden DM gekürzt
werden, Sie, wie heute vom Kabinett festgelegt wurde,
bei der Verteilung von 5 Milliarden DM globaler Minderausgabe die Schiene vollständig verschonen wollen
und also davon auszugehen ist, daß fast alles weit
überwiegend erneut zu Lasten der Straßenbauinvestitionen gehen muß, und angesichts der Auswirkungen
auf viele Projekte, auch die VDE, auf das Schicksal der
Tiefbauunternehmen - gut 100 000 Arbeitsplätze in der
Tiefbauwirtschaft sind betroffen - und der volkswirtschaftlich negativen Effekte für Deutschland und Europa frage ich Sie, ob Sie eine andere Prioritätensetzung als zu Lasten der Straßenbauinvestitionen für
möglich halten. Ist es vertretbar, so einseitig zu Lasten
eines Investitionsbereichs vorzugehen? Heute hat das
Kabinett mit den zusätzlich 5,4 Milliarden DM für
Schieneninvestitionen, die plötzlich da sind, unter Beweis gestellt, daß Prioritätensetzungen möglich sind.
Ich frage mich, warum nicht auch eine Prioritätensetzung zugunsten des Straßenbaus möglich ist, zumal Sie
mit der Ökosteuer bis 2003 zusätzlich 47 Milliarden
DM überwiegend aus dem Bereich des Straßenverkehrs
schöpfen.
Herr Kollege Fischer, Sie sollten aber nicht sich fragen, sondern den
Staatssekretär.
({0})
Lieber
Kollege Fischer, aus der allgemeinen verkehrspolitischen Debatte wissen Sie, daß wir als Koalition die Verkehrsträger Schiene und Straße auch in den nächsten
Jahren dieser Legislaturperiode gleichgewichtig behandeln werden. Das hat ganz eindeutig objektive Gründe.
Wir wollen nicht die Straße auf der einen oder die
Schiene auf der anderen Seite vernachlässigen. - Bei Ihrer Fragestellung hatte ich den Eindruck, daß das eine
gegen das andere ausgespielt werden sollte. Das ist nicht
unsere Politik. - Denn jede Verstärkung der Effizienz
der Schiene hilft auch staugeplagten Autofahrern. Jede
Verbesserung des Schienenpersonennahverkehrs hilft
auch, Knotenpunkte und Engpässe im Straßennetz, in
Stuttgart, in München oder in Frankfurt, zu entlasten. Insofern möchten wir uns an Ihrem Spiel nicht beteiligen.
Wir wollen die entsprechende Stärkung der Verkehrsträger Schiene und Straße. Jede Investition - 1 Milliarde DM sichert 12 000 Arbeitsplätze - ist wichtig für
Wachstum und Beschäftigung. Davon lassen wir uns
leiten.
Der Kollegin Rehbock-Zureich stand noch eine zweite Frage zu.
Herr Staatssekretär,
sehe ich es richtig, daß dieses Investitionsprogramm als
Brücke zum neuen Verkehrswegeplan zu gelten hat?
Spielen in der anstehenden Entscheidung bezüglich
eines neuen Bundesverkehrswegeplanes die Integration
der unterschiedlichen Verkehrsträger und deren Verknüpfung eine wesentliche Rolle? Sehe ich es richtig,
daß dieser Gesichtspunkt in diesem Zusammenhang ein
wesentlicher Schwerpunkt ist?
In der
schon jetzt begonnenen Überarbeitung des Bundesverkehrswegeplanes bemühen wir uns, gerade die Schwächen aufzuzeigen, in denen durch Überlastungen im Bereich von Straße und Schiene an Knotenpunkten Engpässe entstehen, und mit einem gezielten Einsatz von
Mitteln zu einer Integration der Verkehrsträger im Sinne
von Transportketten beizutragen.
Jedes Verkehrsnetz kann nur so leistungsfähig sein
wie die Knoten, die in diesem Netz geknüpft werden.
Einer der Schwerpunkte der Überprüfung des Bundesverkehrswegeplanes liegt darin, diese Knotenpunkte im
Personen- und Güterverkehr, wobei innerhalb der
Transportketten durch entsprechende Verlagerungsprozesse eine Integration stattfinden kann, zu stärken und
mit besonderem Vorrang zu berücksichtigen.
Eine Frage der
Kollegin Christine Ostrowski.
Ich habe folgendes
Problem: Sie haben gesagt, daß in den entsprechenden
Investitionsplan alle Projekte aufgenommen werden, mit
deren Durchführung schon begonnen worden ist und die
bis 2002 finanzierbar sind. Da Sie die Bewertungskriterien überarbeiten und daher auch die bestehende Prognose überprüfen werden - diesbezügliche Ergebnisse
wollen Sie uns ja bis zum nächsten Frühjahr vorlegen -,
frage ich mich, wie diese beiden Aspekte zusammenpassen. Denn es könnte ja folgendes zustande kommen: Sie
überprüfen die bestehenden Bewertungskriterien bzw.
die Richtigkeit der Prognose und stellen dann, obwohl
Sie jetzt unter den von Ihnen genannten Voraussetzungen mit der Durchführung eines Projektes beginnen, im
nächsten Jahr fest, daß mit der Durchführung eines bestimmten Projektes nach den neuen Kriterien und der
neuen Prognose gar nicht hätte begonnen werden dürfen.
Frau
Kollegin Ostrowski, alle die jetzt von uns im Investitionsprogramm vorgestellten Projekte stimmen mit dem
Baurecht überein, sind rechtlich unanfechtbar und bilden
damit eine rechtlich verläßliche Grundlage und übrigens
auch eine Anspruchswirkung im Hinblick auf die Erfüllung des gesetzlichen Auftrages, den das Parlament uns
gegeben hat, nämlich den Ausbauplan für die Bundesfernstraßen zu verwirklichen.
Das heißt, hier sind Maßnahmen aufgenommen worden, die - erstens - dem vordringlichen Bedarf entsprechen und mit deren Durchführung - zweitens - begonnen worden ist oder mit deren Durchführung auf Grund
der rechtlichen Unanfechtbarkeit innerhalb der nächsten
Jahre begonnen werden kann. Diese Maßnahmen werden damit keiner erneuten Bewertung unterzogen. Dies
betrifft Projekte in einer Größenordnung von etwa 33
Milliarden DM im Straßenbereich. Nach 2002 führen
allein diese Maßnahmen zu einem Aufwand in Höhe
von weiteren 50 Milliarden DM, um sie überhaupt zu
Ende finanzieren zu können. Aus dem jetzigen Bundesverkehrswegeplan Straße ergibt sich ein Volumen von
110 Milliarden DM, die in diese Überprüfung einzubeziehen sind.
Eine letzte Frage
zum einleitenden Bericht hat der Kollege Wolfgang
Dehnel.
Herr Staatssekretär,
Sie haben in Ihrem einleitenden Vortrag - genauso wie
gerade der Bundesminister im entsprechenden Ausschuß
- berichtet, daß dem Aufbau Ost und damit dem Aufbau
der Infrastruktur in den neuen Bundesländern eine hohe
Priorität eingeräumt wird.
Sie wissen doch, daß das Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz, das wir in der vergangenen
Woche beraten haben, durch Ihre Mehrheitsentscheidung nicht, wie ursprünglich im Bundesratsentwurf
vorgesehen, um zehn Jahre verlängert worden ist, sondern nur um drei, also bis zum Jahre 2002. Vor dem
Hintergrund, daß die Planungen für viele Umgehungen
in den ostdeutschen Ländern im Gegensatz zu denen in
den westdeutschen Ländern noch nicht erfolgt sind und
sich diese Umgehungen erst in der vorausschauenden
Planung befinden, frage ich Sie, wie sich die Bundesregierung dazu stellt.
Herr
Kollege, gerade weil wir den Vorrang der Verkehrsprojekte „Deutsche Einheit“ nachvollziehbar und solide finanziert verwirklicht wissen wollen, fließen fast die
Hälfte der vorgesehenen Mittel in Projekte in Ostdeutschland. Diese Projekte dienen gleichzeitig der Verbesserung der Verkehrsverbindungen innerhalb Deutschlands und kommen damit allen Bundesländern im Hinblick auf den Güter- und Leistungsaustausch zugute.
Ich sehe keine Besorgnis darin, daß das Parlament
eine Verkürzung der Verlängerung der Geltung des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes auf drei
Jahre beschlossen hat. Denn ich sehe darin ein hervorragendes Mittel, die von mir soeben beschriebene Zielrichtung zu verwirklichen. Jeder der Planungsträger
weiß jetzt, daß er sich gehörig auf die Hinterbeine zu
setzen und seine Planungen sowie Schularbeiten zu machen hat, damit wir diese Projekte dann auch finanzieren
können. Dieser Gedanke steht dahinter. Deswegen wollen wir die Verkehrsprojekte „Deutsche Einheit“ im wesentlichen bis zum Jahre 2004/2005 fertiggestellt haben.
Für alle Projekte, deren Planung bis zum Jahre 2003 begonnen wird, gelten die von Ihnen gerade angesprochenen Bestimmungen.
Alle Beteiligten in Ostdeutschland müssen wissen,
daß wir die Projekte in ihrem Sinne so schnell wie möglich verwirklichen wollen. Die Planung für diese Projekte muß jetzt also unverzüglich in Angriff genommen
werden, damit sie im wesentlichen bis zum Jahre 2005
fertiggestellt sein können.
({0})
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, ich danke Ihnen für den Bericht
und die Beantwortung der Fragen.
Gibt es außerhalb der Fragestunde weitere Fragen an
die Bundesregierung? - Das ist nicht der Fall.
Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 2 auf:
Fragestunde
- Drucksache 14/1836 Wir kommen zunächst zum Geschäftsbereich des
Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Zur Beantwortung steht die Parlamentarische Staatssekretärin Simone Probst zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 1 des Abgeordneten Dr. Paul Laufs
auf:
Wie ist der aktuelle Stand der Genehmigungsverfahren für
Glaskokillentransporte aus dem Ausland sowie für Transporte
von abgebrannten Brennelementen ins Ausland zur Wiederaufarbeitung?
Herr Kollege Dr. Laufs, Sie fragen nach dem
Stand der Genehmigungsverfahren. Das Bundesamt für
Strahlenschutz hat am 11. Februar letzten Jahres - also
im Jahre 1998 - der Firma Nuclear Cargo Service eine
bis zum 31. Oktober dieses Jahres - also 1999 - gültige
Beförderungsgenehmigung für den Transport von sechs
Glaskokillenbehältern von der Cogema nach Gorleben
erteilt. Beim Bundesamt für Strahlenschutz liegt nun seit
dem 28. Juli dieses Jahres ein neuer Antrag der NCS
vor. Da die zur Genehmigung erforderlichen Unterlagen
zur Zeit allerdings noch unvollständig sind, kann das
Bundesamt für Strahlenschutz keine neue Genehmigung
erteilen.
Anträge auf den Abtransport abgebrannter Brennelemente aus den Kraftwerken Biblis, Neckarwestheim,
Philippsburg und Stade wurden von der NCS beim Bundesamt für Strahlenschutz gestellt, um Lagerengpässe
und in der Folge Betriebsunterbrechungen im nächsten
Jahr zu vermeiden.
Zur Kontaminationsproblematik hat das EisenbahnBundesamt, EBA, ein Gutachten in Auftrag gegeben,
das sich mit Fragen der Beförderung von bestrahlten
Brennelementen zu den Wiederaufarbeitungsanlagen der
Cogema in Frankreich und der BNFL in Großbritannien
beschäftigt. Der Gutachtenentwurf ist dem EBA am
28. Oktober dieses Jahres - also 1999 - übergeben worden. Ich versichere Ihnen, daß das Bundesumweltministerium bemüht ist, die Arbeiten sehr zügig zum
Abschluß zu bringen. Gerne informiere ich Sie dann
auch über die konkreten Ergebnisse.
Zusatzfrage.
Frau Staatssekretärin,
zunächst möchte ich fragen, wann den Mitgliedern des
Umweltausschusses der in der Fragestunde vor acht
Wochen für die nächsten Tage, wie Ihre Kollegin Frau
Altmann damals sagte, angekündigte Bericht vorgelegt
wird? Dieser sollte im einzelnen den Stand der verschiedenen Genehmigungsverfahren darlegen und, wie Frau
Altmann ebenfalls sagte, auf Herz und Nieren geprüft
werden können.
Selbstverständlich können wir mit den Obleuten des Ausschusses sofort einen Termin hierfür vereinbaren. Wenn Sie zusätzliche Fragen zu den Genehmigungsverfahren haben - ich glaube allerdings, daß wir
schon hinreichend und ausführlich geantwortet haben -,
geben wir Ihnen gerne unsere Informationen dazu weiter. Sie wissen, daß wir in den letzten Wochen im Umweltausschuß sehr unkompliziert mit den Obleuten der
Fraktionen Vereinbarungen getroffen und sie sehr ausführlich informiert haben. Ich freue mich natürlich über
jeden Bericht, den ich im Ausschuß von seiten des Umweltministeriums geben kann, und über ausführliche
Diskussionen. Hier sind wir uns doch wohl einig. Alles
weitere sollten wir über die Obleute und den Ausschußvorsitzenden einfach gemeinsam in die Wege leiten.
Zweite Frage des
Kollegen Laufs.
Frau Staatssekretärin,
wird sich die Bundesregierung der Forderung, die sich
heute in Pressemeldungen findet, anschließen, Atomtransporte von einer Einigung mit der Energiewirtschaft
über den Atomausstieg abhängig zu machen?
Sie wissen, daß es hier auf Grund von Recht
und Gesetz keinen unmittelbaren Zusammenhang gibt.
Für uns ist es wichtig, daran festzuhalten, daß Atomtransporte erst dann stattfinden können, wenn alle sicherheitsrelevanten Fragen von der zuständigen Genehmigungsbehörde, dem Bundesamt für Strahlenschutz,
geklärt sind. Wenn alle Unterlagen vorliegen und alle
Fragen - auf entsprechende Einzelheiten gehe ich noch
im Rahmen der Beantwortung Ihrer nächsten Frage ein geklärt sind, sind die Voraussetzungen für die Durchführung der Transporte gegeben.
Ich rufe die Frage 2
des Abgeordneten Dr. Laufs auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Zwischenlagerung
von abgebrannten Brennelementen in Transportbehältern am
Kraftwerksstandort, und wie ist der aktuelle Stand der Genehmigungsverfahren für innerdeutsche Atomtransporte zu Zwischenlagern?
Bitte, Frau Staatssekretärin, Sie haben das Wort.
Sie fragen zum einen nach der Zwischenlagerung von abgebrannten Brennelementen in Transportbehältern am Kraftwerksstandort und zum anderen
nach dem aktuellen Stand der Genehmigungsverfahren
für innerdeutsche Atomtransporte zu den Zwischenlagern.
Ich muß folgenden Punkt vorausschicken, weil es in
diesem Zusammenhang zwei verschiedene Begriffsbestimmungen gibt: Soweit mit der Zwischenlagerung bestrahlter Brennelemente an den Kraftwerksstandorten
eine mehrmonatige Aufbewahrung gemeint ist, kommt
diese in reinen Transportbehältern nicht in Betracht.
Transportbehälter sind nämlich für die Zwischenlagerung sicherheitstechnisch nicht ausgelegt. Eine Zwischenlagerung von Transport- und Lagerbehältern an
den Kraftwerksstandorten ist dagegen bei Beachtung der
für die Zwischenlagerung erforderlichen Schadensvorsorge nach dem Stand von Wissenschaft und Technik
möglich. Sie bedarf einer genehmigungsrechtlichen Gestattung.
Grundsätzlich - diesen Punkt möchte ich betonen,
weil er in der Presse sehr ausführlich diskutiert und
kommentiert wurde - ist die Bundesregierung der Auffassung, daß eine Zwischenlagerung von abgebrannten
Brennelementen am Kernkraftwerksstandort einer Genehmigung bedarf. Hierzu müssen noch sehr umfangreiche technische und rechtliche Fragestellungen geklärt
werden. Erste Gespräche dazu haben mit Landesvertretern und mit Vertretern der EVUs stattgefunden.
Den zweiten Teil der Frage nach den innerdeutschen
Atomtransporten kann ich wie folgt beantworten. Für
die Kraftwerke Biblis, Neckarwestheim und Philippsburg wurden von der NCS beim Bundesamt für Strahlenschutz Anträge auf den Abtransport abgebrannter
Brennelemente in innerdeutsche Zwischenlager gestellt.
Einerseits ist die Kontaminationsproblematik für diese
Transporte abgearbeitet, aber andererseits müssen für
die zu verwendenden Transport- und Lagerbehälter noch
die Fragen der Moderatorausdehnung und der Handhabung im Zwischenlager abschließend geklärt werden,
bevor das Bundesamt für Strahlenschutz eine Beförderungsgenehmigung erteilen kann.
Zusatzfrage, Herr
Kollege Laufs.
Frau Staatssekretärin,
da in der heutigen Ausgabe der „Frankfurter Rundschau“ der Bundesumweltminister mit der Aussage zitiert wird, eine mögliche Selbstverstopfung des Atomkraftwerks Stade sei nicht an der Bundesregierung, sondern an zu spät gestellten Transportanträgen festzumachen, frage ich Sie: Wann hätten nach Auffassung der
Bundesregierung diese Anträge gestellt werden müssen?
Von welchen Genehmigunszeiten geht die Bundesregierung hierbei aus?
Simone Probst Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Sie wissen, daß im Moment das Genehmigungsverfahren für das Kraftwerk Stade beim Land Niedersachsen liegt. Ich möchte ausdrücklich betonen, daß die Vorsorge und die Frage der Entsorgungssicherheit in Verantwortung der Betreiber liegen. Falls sie Engpässe zu
befürchten haben, müssen sie die Anträge sofort stellen.
Unsererseits sind wir sehr daran interessiert, diese Anträge schnell, aber auch unter Beachtung aller sicherheitsrelevanten Maßgaben zu prüfen und dann zu entscheiden.
Weitere Zusatzfrage.
Frau Staatssekretärin,
weshalb hat sich die Zahl der zu erfüllenden Auflagen
seit Herbst 1998 von 10 auf rund 100 nahezu verzehnfacht? Diese Zahl muß im Vergleich zum Ausland - Sie
wissen, daß in der Schweiz, in Frankreich und in Belgien die Atomtransporte seit langem wieder durchgeführt
werden - als außerordentlich erstaunlich bezeichnet
werden.
Zunächst muß man feststellen, daß die Kontamination der Behälter, die lange Zeit nicht bemerkt worden ist, sowohl die Politik - und zwar fraktionsübergreifend; es war nämlich Frau Merkel, die den Transportstopp verhängt hat - als auch die Öffentlichkeit sehr
bewegt hat. Ich denke, daß wir es insbesondere der Bevölkerung aus Sicherheitsgründen - gerade in der sensiblen Frage der Transporte - schuldig sind, alle sicherheitsrelevanten Fragen zu klären. Die Entscheidung
hängt von den Gutachten ab, die in Auftrag gegeben
worden sind.
Ich informiere Sie sehr gerne darüber, wer die Gutachten in Auftrag gegeben hat und zu welchen Schlußfolgerungen sie kommen.
Es war das Eisenbahn-Bundesamt, das als zuständige atomrechtliche Aufsichtsbehörde für die Beförderung radioaktiver Stoffe im Schienenverkehr der Deutschen Bahn das Öko-Institut und die Gesellschaft für
Anlagen- und Reaktorsicherheit beauftragt hat, ein Gutachten zu innerdeutschen Brennelementetransporten in
deutsche Zwischenlager und ein Gutachten zur Beförderung von verglasten, hochradioaktiven Abfällen anzufertigen.
Das Gutachten zu innerdeutschen Brennelementetransporten in deutsche Zwischenlager wurde im Mai
1999 fertiggestellt. Die Gutachter kommen darin zu dem
Ergebnis, daß das vorgestellte Gesamtsystem für die innerdeutschen Transporte bei Umsetzung der 64 Empfehlungen und Hinweise der Gutachter in allen wesentlichen Punkten die Kriterien zur Beförderung von entleerten Brennelementebehältern, Behältern mit bestrahlten Brennelementen aus Leistungsreaktoren und
Behältern mit verglasten, hochradioaktiven Spaltproduktlösungen im Maßnahmenkatalog die im Gutachten
zu prüfenden Aspekte erfüllt.
Zur Abarbeitung der Empfehlungen und Hinweise der
Gutachter haben die Gesellschaft für Nuklear Service
und die Betreibergesellschaften Vorschläge vorgelegt,
die von den Gutachtern geprüft und bestätigt wurden.
Auf dieser Grundlage werden die zuständigen Behörden
- das Bundesamt für Strahlenschutz, das EisenbahnBundesamt und die Landesbehörden; es ist nicht nur das
Bundesumweltministerium involviert - die Entscheidung treffen, ob Genehmigungen für zukünftige Transporte erteilt werden können.
Das Eisenbahn-Bundesamt hat ein weiteres Gutachten in Auftrag gegeben - das habe ich schon in der
Beantwortung Ihrer ersten Frage erwähnt -, dessen
Entwurf am 28. Oktober 1999 dem EBA übergeben
wurde.
Ich glaube, daß es richtig ist, die Empfehlungen dieser Gutachten ernst zu nehmen und abzuarbeiten, wenn
die Transporte wieder genehmigt werden sollen.
Ich danke der Parlamentarischen Staatssekretärin Probst.
Ich rufe jetzt den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Bildung und Forschung auf. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär WolfMichael Catenhusen zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 3 der Kollegin Gudrun Kopp auf:
Trifft es zu, daß mehr als die Hälfte der öffentlich finanzierten außerbetrieblichen Lehrstellen an Jugendliche mit mittlerem
oder höherem Schulabschluß - also nicht an die eigentlich bildungsschwache Zielgruppe - vergeben werden?
Frau
Kollegin Kopp, die originäre Zielgruppe des „Sofortprogramms zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit, zur
Ausbildungs-Qualifizierung und Beschäftigung Jugendlicher“, sind diejenigen Jugendlichen, die im Herbst des
vergangenen Jahres als unvermittelte Bewerber für eine
Berufsausbildungsstelle oder als Arbeitslose bei der
Bundesanstalt für Arbeit gemeldet waren.
Ende September 1998 hatten wir 35 700 unvermittelte Ausbildungsbewerber. Interessanterweise verfügten
61 Prozent - 21 672 Bewerber - davon über einen mittleren oder höheren Bildungsabschluß. Nach der aktuellen Statistik der Bundesanstalt für Arbeit haben bis Ende
September 1999 14 767 Jugendliche mit mittlerem oder
höherem Schulabschluß im Rahmen des Sofortprogramms eine außerbetriebliche Ausbildung aufgenommen - darauf bezieht sich Ihre Frage -; dies macht
53 Prozent der Eintritte in eine außerbetriebliche Ausbildung aus. Die Aufnahme in das Sofortprogramm erfolgte, weil diese Jugendlichen auch nach intensiven
Nachvermittlungsbemühungen der Bundesanstalt für
Arbeit keinen betrieblichen Ausbildungsplatz gefunden
haben. Setzt man diese Zahl in Beziehung zu dem Anteil
der unvermittelten Ausbildungsbewerberinnen und -bewerbern, so kann man feststellen, daß Jugendliche mit
mittlerem oder höherem Schulabschluß in diesem Programm nicht überdurchschnittlich berücksichtigt wurden.
Wir möchten Sie darauf hinweisen, daß das Sofortprogramm auch nicht primär oder ausschließlich als Benachteiligtenprogramm konzipiert wurde. Sie wissen,
daß für die Benachteiligten auf dem Ausbildungsmarkt
ein umfangreiches Instrumentarium abgestimmter Hilfen
und Angebote nach dem Sozialgesetzbuch III zur Verfügung steht. Der finanzielle Aufwand für die Förderung der Berufsausbildung benachteiligter Auszubildender nach § 235 und § 240 bis § 247 des Sozialgesetzbuches III belief sich allein im Jahr 1998 auf insgesamt 1,5 Milliarden DM. Das Sofortprogramm muß
also als Ergänzungsprogramm zu den ohnehin in Kraft
befindlichen Maßnahmen nach dem Sozialgesetzbuch
gesehen werden.
Eine Zusatzfrage,
Frau Kollegin Kopp.
Ich bedanke mich zunächst
für die Beantwortung meiner Frage.
Mir geht es darum, herauszufinden, ob und inwieweit
hier ein Mitnahmeeffekt auftritt, der ja eigentlich zu vermeiden wäre. Wie läßt sich miteinander verbinden, daß
auf der einen Seite 2 Milliarden DM für dieses Programm
zur Verfügung gestellt werden und auf der anderen Seite
die für Lehrstellenwerber in den neuen Bundesländern
vorgesehenen Mittel um genau diesen Betrag gekürzt
werden? Immerhin ist in den neuen Ländern die Arbeitslosigkeit bei Jugendlichen, die einen Ausbildungsplatz
suchen, viel dramatischer als in Westdeutschland.
Frau
Kopp, wir haben vom Bundesministerium für Bildung
und Forschung die Zahl der sogenannten Lehrstellenentwickler in diesem Ausbildungsjahr noch einmal erhöht. Dabei handelt es sich um Leute, die im wesentlichen für die Handwerkskammer im Kontakt mit den
Betrieben neue betriebliche Ausbildungsstellen zu schaffen versuchen. Des weiteren haben wir ein stabiles Niveau der Zahl außerbetrieblicher Ausbildungsplätze im
Sonderprogramm für Ostdeutschland vorgesehen. Es
kann also keine Rede davon sein, daß unser Haus auf
diesem Gebiet eingespart hätte.
Ich wiederhole: Das 2-Milliarden-DM-Programm ist
ein Zusatzprogramm. Angesichts der vorliegenden Zahlen kann man im Ausbildungsjahr 1998/99 auch nicht
von einem Rückgang der Personenzahl im Bereich der
Maßnahmen nach SGB III reden. Wir gehen vielmehr
davon aus, daß wir das Niveau gehalten haben und zugleich durch das Sonderprogramm neue Wege zu Lehrstellen und Arbeitsplätzen erschlossen haben.
Eine Zusatzfrage
des Kollegen Seifert.
Herr Staatssekretär, ich bin
ein bißchen darüber verwundert, daß Sie ausdrücklich
betonten, es handele sich um ein Zusatzprogramm, und
andererseits in bezug auf benachteiligte Jugendliche
mehrfach auf das SGB III verwiesen. Wenn es ein Zusatzprogramm ist, brauchen Sie nicht auf SGB III zu
verweisen. Ich hatte ohnehin den Eindruck, daß es darum gehen solle, benachteiligten Jugendlichen dadurch,
daß sie eine eher allgemein gehaltene Ausbildung bekommen, eine größere Chance zu geben, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Ich möchte von
Ihnen wissen, wie sich das innerhalb dieses Programmes
realisiert oder ob das tatsächlich über SGB III geht.
Aus
unserer Sicht hat es keinen Sinn, die Maßnahmen gegeneinander zu diskutieren; vielmehr sollten sie im Zusammenhang diskutiert werden. Wir sehen eine sinnvolle Ergänzung zwischen diesen beiden Strukturen:
Einerseits gibt es die klassische Struktur besonderer
Maßnahmen für benachteiligte Jugendliche, die, bevor
sie in eine reguläre Ausbildung eintreten, dringend vorbereitender Maßnahmen bedürfen. Auf der anderen Seite
geht das Sonderprogramm von denjenigen aus, die jetzt
- zum Teil schon seit längerer Zeit - als arbeitslos gemeldet sind oder in einer konkreten Situation keinen
Ausbildungsplatz gefunden haben. Beide Strukturen ergänzen sich in gewisser Weise gegenseitig dadurch, daß
50 Prozent der jungen Menschen, die über das Sofortprogramm gefördert werden, über einen Hauptschulabschluß verfügen oder nicht, während sich das Benachteiligtenprogramm vor allem auf diejenigen konzentriert,
die besondere Schwierigkeiten - zum Beispiel keinen
Hauptschulabschluß - haben.
Allerdings ist auch wichtig, daß wir über das Sofortprogramm andere Wege auf dem Arbeitsmarkt öffnen.
Ich meine damit etwa das Thema überbetriebliche Ausbildungsplätze. Häufig wird in der Diskussion auch vergessen, daß wir etwa 6 000 bis 7 000 zusätzliche Ausbildungsstellen mit den sogenannten regionalen Projekten geschaffen haben. Diese 7 000 Personen tauchen
aber in den Sofortprogramm-Statistiken der Bundesanstalt für Arbeit nicht auf. Wir haben auch über die
Qualifizierungs-ABM und die Lohnkostenzuschüsse ein
sehr breit gefächertes Angebot entwickelt, um arbeitslosen Jugendlichen den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu
ermöglichen. Auf Grund unseres Erfahrungsaustausches
mit den Arbeitsämtern wissen wir eigentlich relativ
präzise, daß die Arbeitsverwaltung hier keine Überlappungsprobleme hat, sondern es, da sie beide Projekte
integriert managt, im Output zu einer sinnvollen Ergänzung und Verzahnung dieser beiden Maßnahmebereiche
kommt. Wir sehen auf Grund der Erfahrungen des ersten
Jahres kein generelles Überschneidungs- oder Abgrenzungsproblem, weil diese Programme von einer Stelle,
nämlich von der Arbeitsverwaltung, gefahren werden.
Vielen Dank, Herr
Staatssekretär.
Ich rufe nunmehr den Geschäftsbereich des Bundeskanzleramtes auf. Die Beantwortung übernimmt der
Staatsminister Rolf Schwanitz. Ich rufe die Frage 4 des
Kollegen Norbert Geis auf:
Trifft es zu, daß die Sitzungen des Bundessicherheitsrates,
wie zum Beispiel auch die, in der über den Export eines Panzers
Leopard 2 in die Türkei entschieden wurde, geheim bzw. streng
geheim sind?
Herr Kollege Geis, es trifft zu, daß die Sitzungen des
Bundessicherheitsrates geheim sind.
Eine Zusatzfrage.
Wie beurteilen Sie dann
den Sachverhalt, daß der Bundesaußenminister nach
dem Urteil des Fraktionsgeschäftsführers der SPD, Wilhelm Schmidt - das ist im Bonner „General-Anzeiger“
vom 28. Oktober nachzulesen -, mit dem Thema der
Panzerlieferung an die Türkei - das war Gegenstand der
Verhandlungen des Bundessicherheitsrates - an die Öffentlichkeit gegangen ist?
Herr Kollege Geis, die Bundesregierung sieht keine Veranlassung, zu Presseberichten über vertrauliche Angelegenheiten des Bundessicherheitsrates Stellung zu nehmen.
Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Geis.
Meine Frage geht dahin,
wie Sie den Sachverhalt beurteilen, daß der Bundesaußenminister mit dem von mir vorher genannten Thema
an die Öffentlichkeit gegangen ist.
Ich verweise noch einmal auf meine Antwort zur eben
gestellten Frage: Zu Presseberichten über vertrauliche
Angelegenheiten des Bundessicherheitsrates Stellung zu
nehmen, sieht die Bundesregierung keine Notwendigkeit.
Eine Zusatzfrage
des Kollegen Hörster.
Herr Staatsminister,
ist Ihnen bekannt, daß der Bruch des Geheimschutzes
der Beratungen des Bundessicherheitsrates strafrechtlich
verfolgt wird
({0})
- nein, nein; „strafrechtlich verfolgt wird“; das ist ein
Offizialdelikt, Herr Kollege -, und ist der Bundesregierung bekannt, ob gegen den Bundesaußenminister ermittelt wird?
Herr Kollege, ich verweise darauf, daß mein Kollege,
der Parlamentarische Staatssekretär Fritz Rudolf Körper,
zu der strafrechtlichen Seite mit den Antworten auf die
Fragen 26 und 27 Stellung nehmen wird.
Die zweite Frage wird verneint.
Keine weiteren Zusatzfragen. Ich danke Ihnen, Herr Staatsminister.
Ich rufe dann den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung auf. Der Kollege Johannes Singhammer hat um schriftliche Beantwortung seiner Fragen 5 und 6 gebeten.
Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit. Die Kollegin Dr. Sabine Bergmann-Pohl hat ihre beiden Fragen, die Fragen 7
und 8, zurückgezogen; der Kollege Dietmar Schlee hat
um schriftliche Beantwortung seiner Fragen 9 und 10
gebeten.
Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische
Staatssekretär Lothar Ibrügger zur Verfügung. Ich rufe
die Frage 11 der Kollegin Ulrike Flach auf:
Zu welchen Streichungen bzw. Bauverzögerungen beim
Ausbau des Kölner Rings wird es durch die Kürzungen bei der
Bundesfernstraßenplanung kommen, und wann ist mit einer definitiven Entscheidung über den Bau zu rechnen?
Frau
Kollegin Flach, von den einzelnen Ausbaumaßnahmen
des Kölner Autobahnringes konnten nur die Bauwerke
Ostmerheimer Straße und Wilhelm-Griesinger-Straße im
Verlauf der A3 und der Umbau des Autobahnkreuzes
Köln-West im Verlauf der A4 in den Entwurf des Investitionsprogramms 1999 bis 2002 aufgenommen werden.
Damit ist mit einem Baubeginn der übrigen Ausbauabschnitte des Kölner Autobahnringes, für die das
Baurecht auch noch nicht vorliegt, voraussichtlich nicht
vor dem Jahr 2002 zu rechnen. Eine definitive Aussage
über einen möglichen Baubeginn ist daher gegenwärtig
nicht möglich.
Zu einer Zusatzfrage die Kollegin Flach.
Haben Sie diese doch sehr
drastische Einschränkung für das Land NordrheinWestfalen in irgendeiner Weise mit dem Verkehrsminister des Landes Nordrhein-Westfalen, Herrn Steinbrück, abgestimmt, der ja nun definitiv gefordert hat, die
Mittel aus dem Osten in den Westen zurückzuverlagern
und sie in Nordrhein-Westfalen einzusetzen?
Frau
Kollegin Flach, diese grundsätzliche Debatte über die
Verteilung der Straßenbaumittel nach Länderquoten ist
zwar in diesem Briefwechsel zum Ausdruck gekommen.
Aber Bundesverkehrsminister Reinhard Klimmt wie
auch die gesamte Bundesregierung haben deutlich erklärt, daß sie nicht daran denken, jetzt einen Streit über
die Länderquoten zwischen den Bundesländern zu eröffnen. Vielmehr kann sich jedes Land - so wie in der
Vergangenheit - in Zukunft darauf einstellen, daß wir
eine Finanzierung der Maßnahmen nach Länderquoten
vorsehen wollen.
Daran gibt es eine aus der Sicht des Landes berechtigte Kritik; daran gibt es auch nichts auszusetzen: Aber
es wirft die Grundsatzfrage auf, wie denn in Zukunft die
Mittel auf die Länder verteilt werden sollen. Deswegen
haben wir hier in Berlin die Sachlage erörtert - in engem
Kontakt mit Minister Steinbrück und dem Staatssekretär
- und uns darauf verständigt, daß der Kölner Autobahnring im Investitionsprogramm bis 2002 Vorrang genießt
und weiter ausgebaut wird.
Ich will Ihnen dazu ein Beispiel nennen: Die aktuellen Kosten für den Ausbau der Strecke vom Autobahnkreuz Leverkusen bis zum Autobahnkreuz Köln-Nord das sind 10 Kilometer - betragen 181 Millionen DM.
Teile davon sind Bestand des Investitionsprogramms bis
2002. Der Abschnitt Köln-West bis Köln-Süd - ebenfalls 10 Kilometer - schlägt mit Kosten von 123 Millionen DM zu Buche; auch dies ist in Teilen im Investprogramm enthalten. Schließlich belaufen sich die Gesamtkosten für den Abschnitt Köln-Süd bis Autobahndreieck
Heumar - 5,6 Kilometer - auf 417 Millionen DM, von
denen Teile im Investprogramm stehen.
Sie sehen: Wir wollen weiter mit Vorrang zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse im Kölner Raum
beitragen, natürlich unter Maßgabe der zur Verfügung
stehenden Mittel. Diese drei Teilstrecken sind im Investprogramm eingestellt. Die anderen Maßnahmen, die
beim Kölner Ring mit zu bedenken sind, sind alle noch
in einem Planungsstadium, bei dem wir nicht mit Bestimmtheit sagen können, ob die Baureife bis zum Jahre
2002 erreicht wird. Ich kann Ihnen das im Anschluß
auch im einzelnen belegen.
Die Kollegen Wolfgang Börnsen, Georg Girisch und Klaus Hofbauer haben
um schriftliche Beantwortung ihrer Fragen gebeten; es
handelt sich um die Fragen 12 bis 16. Damit sind wir am
Ende dieses Geschäftsbereichs. Ich danke Ihnen, Herr
Staatssekretär, und rufe den Geschäftsbereichs des Auswärtigen Amtes auf. Die Fragen werden von Staatsminister Dr. Ludger Volmer beantwortet. Die Fragen 17
und 18 von Dr. Max Stadler werden schriftlich beantwortet. Also rufe ich die Frage 19 der Kollegin Ilse
Aigner auf:
Hält die Bundesregierung im Sinne der von ihr immer beanspruchten Kontinuität in der Außenpolitik an der berechtigten
und bewährten Haltung fest, Präsentationen der sogenannten
„Wehrmachtsausstellung“ im Ausland auf keine wie auch immer
geartete Weise zu unterstützen und zu fördern?
Frau Aigner, zur Frage 19 nehme ich wie folgt
Stellung: Die Bundesregierung plant nicht, den Organisatoren der Ausstellung finanzielle Unterstützung zu
gewähren. Soweit erforderlich, ist das Auswärtige Amt
bereit, den Verein bei der Vorbereitung und Durchführung der Ausstellung im Ausland zu unterstützen.
Eine Zusatzfrage.
Wie beurteilen Sie die
Kritik an der Ausstellung, die jetzt in der Presse aufgebracht worden ist, bezüglich der nicht ganz authentischen Bilder, die dort gezeigt werden?
Dazu gibt es selbstverständlich keine offizielle
Meinung der Bundesregierung. Wenn Sie meine private wissen wollen: Es wäre besser, solche Fehler würden vermieden. Es ist auch gut, wenn Anstrengungen
unternommen werden, um die Ausstellung zu verbessern.
Insgesamt erfüllt die Ausstellung aber ihren Zweck,
nämlich über üble Machenschaften aufzuklären, die die
Wehrmacht - jenseits der Tatsache, daß sie ohnehin Instrument eines verbrecherischen Angriffskriegs war begangen hat. Wir hoffen, daß diese Ausstellung dazu
beiträgt, daß die öffentliche Auseinandersetzung über
die Rolle der Wehrmacht weiterhin in Gang bleibt.
Eine zweite Zusatzfrage.
Über das generelle Ziel besteht Einvernehmen. Aber plant die Bundesregierung
begleitende Maßnahmen mit dem Ziel einer diesbezüglichen Richtigstellung?
Die Bundesregierung ist nicht der Organisator der
Ausstellung. Wir begrüßen allerdings, daß eine Korrektur vorgenommen wird. Ansonsten plant die Bundesregierung, nur dann - dies ist schon eine Teilantwort auf
Ihre nächste Frage - ihre Auslandsvertretungen zu beteiligen, wenn im Zusammenhang mit der Ausstellung
Symposien, wissenschaftliche Veranstaltungen usw.
vorgesehen sind. Dies wird dann in Zusammenarbeit mit
den Goethe-Instituten geschehen, etwa bei der Einladung der Referenten.
Herr Kollege Lippelt, ich denke, Sie sind einverstanden, wenn der
Staatsminister zunächst die Frage 20 der Kollegin Aigner beantwortet und ich Sie dann aufrufe.
({0})
- Ja, natürlich, Sie haben dann zwei Zusatzfragen.
Dann rufe ich die Frage 20 der Abgeordneten Aigner
auf:
Wenn nein, hat die Bundesregierung die Absicht, die umstrittene Wehrmachtsausstellung indirekt finanziell zu fördern,
vor allem dadurch, daß kulturelle Mittlerorganisationen, wie beispielsweise das Goethe-Institut im Ausland, begleitende Kolloquien zur Ausstellung veranstalten?
Frau Aigner, die Frage 20 beantworte ich wie
folgt: Die Zweigstellen des Goethe-Instituts im Ausland
sind im Rahmen ihrer Möglichkeiten behilflich, die
Ausstellung in ihren Gastländern zu zeigen. Bei Rahmenprogrammen, die aus Anlaß der Ausstellung veranstaltet werden, will das Goethe-Institut eine aktive Rolle
zum Beispiel durch die Vermittlung von Referenten oder
durch die Beteiligung an Kolloquien übernehmen.
Eine Zusatzfrage.
In der Debatte am
13. März 1997 ist zur Wehrmachtsausstellung von
einem Ex-Kollegen von Ihnen, von Herrn Häfner, gesagt
worden:
Es werden diejenigen angeprangert, die heute die
Wahrheit über die historische Vergangenheit feststellen wollen.
Distanzieren Sie sich davon, nachdem klar ist, daß
nicht alles die historische Wahrheit ist?
Es gibt keinen Grund für eine Distanzierung. Die
Ausstellung ist außerordentlich wertvoll und wichtig.
Wenn dort Fehler unterlaufen sind, ist dies den Veranstaltern selbst sicherlich am peinlichsten.
({0})
Sie tun gut daran, dies zu korrigieren. Dies schmälert
aber die Gesamtaussage und den Grundgehalt der Ausstellung überhaupt nicht.
({1})
Jetzt hat der Kollege Lippelt zwei Zusatzfragen.
Herr Staatsminister, ist der Bundesregierung bekannt,
daß von den in der Ausstellung gezeigten 1 433 Bildern
und Fotos jetzt genau 17 als falsch zugeordnet bezeichnet werden und daß das eine hervorragende Quote für
eine so schwierige Ausstellung mit so schwierigem Material ist? Dies gilt besonders, wenn man bedenkt, daß es
sich um einen Raum handelt, in dem auch sowjetische
Massenverbrechen beim Rückzug der Sowjets aus Ostpolen vorgekommen sind.
Herr Kollege Lippelt, das ist mir bekannt. Bekannt
ist auch, daß sich heute die historische Forschung insgesamt damit schwertut, historisches Bildmaterial richtig
einzuordnen. Daher ist die Quote der richtigen Zuordnung - wie Sie sagen - sehr hoch.
Hinsichtlich der gesamten Problematik möchte ich
auf einen Artikel verweisen, den ich gestern im Feuilleton der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ auf Seite 49
gelesen habe. Diese ist sicherlich nicht verdächtig, bei
ihrer Kritik an der Wehrmacht über das Ziel hinauszuschießen. Dort ist eine meines Erachtens ziemlich gute
Einordnung sowohl der Fehler als auch der Bedeutung
der gesamten Ausstellung gelungen.
Eine zweite Zusatzfrage?
Herr Staatsminister, da Sie die „FAZ“ gelesen haben,
haben Sie sich möglicherweise auch einmal den Ursprungsaufsatz in den „Vierteljahrsheften für Zeitgeschichte“ angesehen, auf den die ganze Kontroverse zurückgeht, und haben darin den Satz gelesen:
Daß die Wehrmacht an Verbrechen, besonders im
Gebiet der ehemaligen Sowjetunion und auf dem
Balkan, zum Teil massiv beteiligt war, ist mittlerweile hinreichend belegt, wenngleich auch noch
längst nicht flächendeckend erforscht.
Glauben Sie nicht, daß es angesichts eines solchen
Satzes geradezu die Aufgabe der Bundesregierung und
ihrer Mittlerorganisationen, wie zum Beispiel des
Goethe-Instituts, ist, solche Ausstellungen im Ausland
massiv mit Symposien zu begleiten?
In der Tat, Herr Kollege. In dem von mir angesprochenen Artikel, der übrigens von einem Historiker
verfaßt worden ist, wird darauf hingewiesen, daß die historische Forschung selbst in der Regel keine Aufklärung betreibt, sondern lediglich Material zur Verfügung
stellt, daß die Aufklärung selber hingegen durch Kulturpolitik, in diesem Fall durch auswärtige Kulturpolitik, zu
leisten ist. Daran beteiligt sich nicht nur diese Ausstellung, sondern - im Rahmen ihrer Möglichkeiten - auch
die Bundesregierung.
Wir kommen zu den
Fragen 21 und 22 des Abgeordneten Aribert Wolf. Der
Fragesteller ist nicht anwesend. Es wird verfahren, wie
in der Geschäftsordnung vorgesehen. Ich danke Ihnen,
Herr Staatsminister.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums
des Innern auf. Die Fragen werden vom Parlamentarischen Staatssekretär Fritz Rudolf Körper beantwortet.
Der Kollege Hartmut Koschyk hat um schriftliche
Beantwortung seiner Fragen, der Fragen 23 und 24, gebeten. Das gleiche gilt für die Frage 25 der Kollegin
Cornelia Pieper.
Ich rufe die Frage 26 des Abgeordneten Eckart von
Klaeden auf:
Trifft es zu, daß der Bundesminister des Innern, Otto Schily,
wie in der „FAZ“ vom 27. Oktober 1999 berichtet, beklagt hat,
es sei gegen die strafrechtlich bewehrte Geheimhaltung der Beratungen des Bundessicherheitsrates mehrfach verstoßen worden, und welches ist die einschlägige Vorschrift des Strafgesetzbuches?
Ich darf folgende Antwort auf
die Frage 26 geben: Bundesinnenminister Schily kommentiert grundsätzlich nicht Zeitungsmeldungen über
vertrauliche Angelegenheiten.
Allgemein ist festzustellen, daß Sitzungen des Bundessicherheitsrates, wie schon vorhin einmal erwähnt,
der Geheimhaltung unterliegen und daß daher Verstöße
gegen die Geheimhaltungspflicht nach § 353 b Strafgesetzbuch strafbar sein können.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen entgangen, daß ich gar nicht nach der
Kommentierung eines Zeitungsartikels frage? Ich frage
vielmehr nach der Richtigkeit der Aussage des Herrn
Bundesinnenministers. Das ist in der Tat etwas anderes.
Meine zweite Frage: Ist Ihnen bekannt, daß nicht
nur gegen § 353 b Strafgesetzbuch, sondern auch gegen
verschiedene Vorschriften der Geschäftsordnung der
Bundesregierung verstoßen wurde? Insbesondere durch
§§ 12 und 22 Abs. 3 der Geschäftsordnung der Bundesregierung soll gewährleistet werden, daß die Sitzungen
der Bundesregierung vertraulich sind.
Sie beziehen sich auf eine Zeitungsmeldung der „FAZ“ vom 27. Oktober 1999, in der
eine Formulierung „dem Vernehmen nach“ - das ist
kein wörtliches Zitat - enthalten ist. Ich gehe davon aus,
daß ich solche Zeitungsmeldungen nicht zu kommentieren habe.
Was die Geschäftsordnung der Bundesregierung anbelangt: Sie haben die entsprechenden Paragraphen
richtig wiedergegeben.
Eine zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, in § 353 b Strafgesetzbuch ist als Tatbestandsvoraussetzung genannt, daß durch den Geheimnisverrat
wichtige öffentliche Interessen der Bundesrepublik
Deutschland gefährdet werden. Ist es Ansicht der Bundesregierung, daß durch das unbestreitbare In-dieÖffentlichkeit-Dringen dieser Beschlüsse und durch die
Diskussion im Bundessicherheitsrat eine Gefährdung der
öffentlichen Interessen der Bundesrepublik Deutschland
eingetreten ist?
Wie die Gefährdungslage einzuordnen ist, das überlasse ich Ihrer Interpretation. Jedenfalls ist die Rechtsgrundlage für § 353 b Strafgesetzbuch
eindeutig.
Ich rufe die Frage 27
des Abgeordneten Eckart von Klaeden auf:
Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen, damit die zuständigen Strafverfolgungsbehörden solche Geheimhaltungsverstöße verfolgen?
Herr Kollege, Sie fragen danach,
welche Maßnahmen die Bundesregierung ergriffen hat,
damit die zuständigen Strafverfolgungsbehörden solche
Geheimhaltungsverstöße verfolgen. Ich antworte darauf:
Die Bundesregierung nimmt Verstöße gegen Geheimhaltungsvorschriften ernst. Sie entscheidet im Einzelfall
- das ist wichtig -, ob und wie die Strafverfolgungsbehörden einzuschalten sind.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, in der öffentlichen Diskussion ist bisher unbestritten geblieben, daß - erstens - die Äußerungen
vom Bundesaußenminister in die Öffentlichkeit getragen
worden sind und daß - zweitens - die Aussage richtig
ist. Ist der Bundesaußenminister im Sinne von § 353 b
Strafgesetzbuch befugt gewesen, diese Äußerungen in
die Öffentlichkeit zu tragen?
Ich habe Ihnen auf Ihre Frage geantwortet, daß die Bundesregierung im Einzelfall entscheiden wird. Bei dieser Antwort bleibt es - auch im
Hinblick auf die von Ihnen zitierte öffentliche Diskussion.
Eine weitere Zusatzfrage.
Muß ich Ihre
Antworten auf meine Zusatzfragen zu Ihren Antworten
auf die Fragen 26 und 27 unter dem Kapitel „Keine
Antwort ist auch eine Antwort“ verbuchen?
Herr Kollege, wie Sie diese
Antwort interpretieren, ist Ihre Sache. Ich habe darauf
hingewiesen, daß die Bundesregierung auf Grund der
gesetzlichen Vorschriften im Einzelfall entscheiden
wird. Das ist weiterhin meine Antwort.
Eine Zusatzfrage
des Kollegen Hörster.
Herr Staatssekretär,
da die Angelegenheit schon seit längerem die Öffentlichkeit beschäftigt: Wann ist damit zu rechnen, daß die
Bundesregierung eine Entscheidung darüber treffen
wird, ob die Belange der Bundesrepublik Deutschland
durch diesen Vorgang beeinträchtigt worden sind?
Über Zeitpunkt und Zeitschiene
kann ich Ihnen keine konkrete Auskunft geben. Ich kann
Ihnen nur darüber Auskunft geben, wie die Gesetzesgrundlage ist und daß sich die Entscheidung an dem
Einzelfall orientiert.
Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Hörster.
Herr Staatssekretär,
das haben wir alles schon zur Kenntnis genommen.
({0})
Mir geht es um folgende Frage: Betreibt die Bundesregierung ein Verfahren, um zu den entsprechenden Feststellungen zu kommen, ja oder nein?
Ich habe Ihnen noch einmal gesagt, wie sich die gesetzliche Grundlage darstellt. Dies
orientiert sich am Einzelfall. Ich habe Ihnen auch gesagt,
daß ich es im Hinblick auf die Zeitschiene und auf die
zeitliche Abfolge nicht konkretisieren kann.
Eine Zusatzfrage
des Kollegen Polenz.
Herr Staatssekretär,
Sie haben ausgeführt, daß die Bundesregierung eine
Entscheidung herbeiführen werde.
({0})
- Doch, so haben Sie wörtlich ausgeführt. Können wir
also davon ausgehen, daß es, auch wenn Sie heute über
die Zeitschiene nichts sagen können, irgendwann eine
Entscheidung darüber geben wird, ob ein strafrechtliches
Verfahren eingeleitet wird?
Ich habe gesagt, daß sich die
Bundesregierung auf Grund der gesetzlichen Grundlagen am Einzelfall orientieren wird. Zu der Frage, ob ein
Verfahren eingeleitet wird oder nicht, und insbesondere
auf die Frage hinsichtlich der Zeitschiene habe ich gesagt, daß ich dies nicht konkretisieren kann.
Eine Zusatzfrage
des Kollegen Lippelt.
Herr Staatssekretär, in den letzten 16 Jahren hat es im
Bundessicherheitsrat prominente Kontroversen - auch
über Panzerlieferungen - gegeben, die anschließend in
aller Breite in der Presse kommentiert worden sind. Ist
der Bundesregierung bekannt, daß die frühere Bundesregierung jemals gegen ein Mitglied des Bundessicherheitsrates ein solches Verfahren eingeleitet hätte?
Herr Kollege Lippelt, dies ist
mir nicht bekannt. Das bedeutet aber nicht, daß dies den
objektiven Tatbestand wiedergibt.
Herr Staatssekretär,
wir haben damit alle Fragen aus Ihrem Geschäftsbereich
behandelt. Ich danke Ihnen.
Nun würde ich gerne den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen aufrufen, aber dies ist mir
leider nicht möglich. Herr Staatsminister Schwanitz, ich
bitte darauf zu achten, daß die Ressorts rechtzeitig im
Plenum vertreten sind.
Ich schlage vor, daß wir den Geschäftsbereich der
Verteidigung vorziehen. Dies ist der letzte aufzurufende
Geschäftsbereich; denn die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und
Technologie, die Frage 38 der Kollegin Gudrun Kopp,
die Frage 39 des Kollegen Wolfgang Zöller und die Frage 40 des Kollegen Wolfgang Börnsen werden schriftlich beantwortet, und die Frage des Kollegen Werner
Lensing ist zurückgezogen worden.
Ich rufe also nunmehr den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung auf. Die Parlamentarische Staatssekretärin Brigitte Schulte steht zur Beantwortung zur Verfügung. Die Fragen 44 und 45 des Kollegen Siemann werden schriftlich beantwortet.
Wir kommen jetzt zur Frage 42 des Kollegen Nolting:
Trifft es zu, daß die Stelle des hauptamtlichen Jugendoffiziers in Frankfurt/Oder in der Praxis seit längerer Zeit nicht
mehr besetzt ist bzw. wahrgenommen wird, und wenn ja, wann
ist damit zu rechnen, daß hier Abhilfe geschaffen wird?
Frau Staatssekretärin, ich gebe Ihnen das Wort.
Herr Präsident! Meine
lieben Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege
Nolting, es stimmt leider, daß der Jugendoffiziersdienstposten in Frankfurt/Oder erst seit April 1999 wieder besetzt worden ist. Der Dienstposteninhaber wird seinen
Dienst als hauptamtlicher Jugendoffizier allerdings erst
nach seiner bisherigen Verwendung im Einsatz im ehemaligen Jugoslawien am 1. Januar 2000 aufnehmen
können.
Eine Zusatzfrage
des Kollegen Nolting.
Frau Staatssekretärin, sind Sie nicht der Meinung, daß die Stelle im
Interesse einer kontinuierlichen Arbeit eher hätte wiederbesetzt werden sollen und daß das Ministerium aufpassen sollte, daß sie auch tatsächlich wiederbesetzt
wird?
Herr Kollege Nolting, ich
würde Ihnen gerne ausdrücklich zustimmen. Der Fall ist
nur etwas schwieriger. Deswegen war ich Ihnen auch
sehr dankbar, daß Sie die Frage gestellt haben.
({0})
Im Zuge der Auflösung des Wehrbereichskommandos VIII mußte damals der Jugendoffiziersdienstposten
im Bereich des Wehrbereichskommandos VII/13. Panzergrenadierdivision herabgestuft werden. Nunmehr
handelt es sich um einen Dienstposten nach A 10. Es
war in der Tat schwierig, einen qualifizierten und vom
Profil geeigneten Offizier mit der Eingruppierung A 10
zu gewinnen. Wir haben deshalb eine Weile suchen
müssen, bis wir einen passenden Bewerber fanden. Sie
sehen ja auch: Der Betreffende befindet sich zur Zeit
noch im Einsatz in Jugoslawien.
Ich stimme Ihnen ausdrücklich zu, daß dies schade
ist; aber es gab die beschriebenen Probleme. Ich rechne
fest mit Ihnen, damit wir im Rahmen der Strukturreform
zu einer anderen Besoldung kommen können.
Keine weitere Zusatzfrage. - Frau Staatssekretärin, ich bitte Sie nun, die
Frage 43 zu beantworten.
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die Jugendoffiziere wichtige gesellschaftliche Entwicklungen und Trends
kennen und nachvollziehen sollten, und wenn ja, bis wann beabsichtigt sie, zumindest die hauptamtlichen Jugendoffiziere der
Bundeswehr mit einer internetfähigen Computerausstattung auszurüsten?
Herr Kollege Nolting, ich
teile auch Ihre Auffassung, daß Jugendoffiziere wichtige
gesellschaftliche Entwicklungen und Trends kennen und
nachvollziehen wollen. Aus diesem Grunde wurden die
hauptamtlichen Jugendoffiziere bereits seit 1995 mit
Computern ausgestattet.
Seit 1998 haben die Jugendoffiziere auch Zugang zu
der sogenannten Infobörse, einem speziellen Informationssystem für Fachpersonal der Presse und Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr, über das sie mit wichtigen
Informationen aus dem Bundesministerium der Verteidigung versorgt werden. Wenigstens behaupten wir, daß
es wichtige Informationen seien.
Die Computerausstattung ist technisch bereits für eine
Internetnutzung geeignet. Aber weil die Jugendoffiziere
auch Nutzer von weiteren spezifischen Anwendungen
des Bundesministeriums der Verteidigung sind, müssen
besondere Sicherheitsvorkehrungen - danach haben Sie
gefragt - für den Internetanschluß der Jugendoffiziere
getroffen werden, um das Offenlegen interner Daten des
Verteidigungsministeriums zu verhindern. Eine technische Lösung ist gefunden. Ihre Umsetzung wird nach
gegenwärtiger Planung im ersten Halbjahr 2000 abgeschlossen sein.
Eine Zusatzfrage
des Kollegen Nolting.
Frau Staatssekretärin, sind im Ministerium Überlegungen angestellt
worden, durch das Leasen von Computern das Verfahren zu beschleunigen und eventuell Kosten zu sparen?
Herr Kollege, der ganze
Bereich der Computerausstattung befindet sich in einem
Umstrukturierungsprozeß. Sie wissen dies ja auch aus
der Debatte im Verteidigungsausschuß. Der Haushaltsausschuß hatte bis zur letzten Woche auch einen
Teil der zur Verfügung gestellten Mittel gesperrt, weil er
ein Leasing-Konzept auch schon zur Zeit der alten Regierung eingeklagt hat. Wir bemühen uns darum, unsere
Leute modern auszustatten. Auch deswegen wird daran
gedacht, Computer nicht mehr zu kaufen.
Keine weitere Zusatzfrage. Dann danke ich Ihnen, Frau Staatssekretärin.
Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen. Da das Finanzministerium nicht vertreten ist - das ist nicht in Ordnung -,
könnte Ziffer 11 der Anlage 4 der Geschäftsordnung in
Betracht kommen; es sei denn, die Fraktionen melden
sich zu Wort. - Bitte, der Kollege Hörster und der Kollege Solms.
Herr Präsident, da
durch die Abwesenheit des Vertreters des Bundesministeriums der Finanzen auch Fragen aus unserer Fraktion betroffen sind, möchte ich darum bitten, die Sitzung
zu unterbrechen, bis einer der Parlamentarischen Staatssekretäre aus dem Finanzministerium eingetroffen ist. Es
ist grundsätzlich unmöglich, daß in einer Fragestunde, in
der auch die Abgeordneten warten müssen und auch
nicht kalkulieren können, wann und ob ihre Fragen
überhaupt aufgerufen werden, die Vertreter eines Ressorts, an die eine ganze Reihe von Fragen gerichtet worden sind, nicht anwesend sind.
({0})
- Ich sehe gerade, daß Herr Diller den Plenarsaal betritt.
Er dürfte nun in der Lage sein, die Fragen zu beantworten. Damit ziehe ich meinen Antrag zurück.
Damit erübrigt sich
die Wortmeldung des Kollegen Solms.
Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen. Zur Beantwortung ist
jetzt der Parlamentarische Staatssekretär Karl Diller anwesend.
Ich rufe die Frage 28 des Kollegen Hermann Otto
Solms auf:
Welche Gründe sind dafür maßgeblich, daß Taxifahrten nur
innerhalb einer Gemeinde oder bis zu einer Entfernung von 50
km mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 Prozent besteuert werden, und welche Auswirkungen hat dies für die praktische Durchführung der Besteuerung?
Herr Präsident, ich bitte um Nachsicht.
Ich komme soeben aus der Haushaltsausschußsitzung.
Gerade ein Fraktionskollege von Herrn Solms, nämlich
Herr Koppelin, wollte unbedingt, daß ich dort bleibe. Ich
habe mich dann bei ihm damit entschuldigt, daß ich
hierhin muß.
Herr Kollege Dr. Solms, nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 des
Umsatzsteuergesetzes ist der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 Prozent nicht nur bei Personenbeförderung im
Verkehr mit Taxen innerhalb einer Gemeinde oder bei
einer Beförderungsstrecke von nicht mehr als 50 Kilometern anzuwenden, sondern unter anderem auch bei
Personenbeförderung im Schienenbahnverkehr - mit
Ausnahme der Bergbahnen -, im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit
Kraftfahrzeugen und bei Beförderung im Fährverkehr,
wenn, ebenfalls wie bei der Personenbeförderung im
Verkehr mit Taxen, die Beförderung innerhalb einer
Gemeinde ausgeführt wird oder die Beförderungsstrecke
nicht mehr als 50 Kilometer beträgt. Beförderungsleistungen für Strecken, die diese Grenze überschreiten,
unterliegen dann insgesamt gemäß § 12 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes dem allgemeinen Steuersatz von 16
Prozent.
Der ermäßigte Umsatzsteuersatz für die Personenbeförderung im öffentlichen Nahverkehr wurde bei Einführung der neuen Umsatzsteuer - das war im Januar
1968 - geschaffen, um diesen Verkehr mit seinen vorwiegend sozialen Tarifen weiter zu begünstigen und um
den besonderen Verkehrsverhältnissen in den Ballungsgebieten Rechnung zu tragen.
Zusatzfrage.
Meine Bitte wäre, daß die zweite Frage gleich beantwortet wird.
Einverstanden. Ich
rufe also noch die Frage 29 auf:
Wie hoch ist der administrative Aufwand der Unterscheidung zwischen Taxifahrten, die mit dem ermäßigten Steuersatz
einerseits und dem vollen Steuersatz andererseits besteuert werden, und welches Steuermehraufkommen resultiert aus der Besteuerung der Fahrten außerhalb einer Gemeinde oder über eine
Entfernung von 50 km hinaus mit dem vollen Umsatzsteuersatz?
Die zweite Frage ist durch die Bundesregierung wie folgt zu beantworten. Es ist davon auszugehen, daß Taxifahrten ganz überwiegend innerhalb des
Bereichs durchgeführt werden, für den der ermäßigte
Umsatzsteuersatz gilt. Der Unternehmer muß die Entgelte für die Fahrten, für die der allgemeine Umsatzsteuersatz anzuwenden ist, gemäß § 22 Abs. 2 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz gesondert aufzeichnen. Insoweit ist der
nicht quantifizierbare Aufwand nicht höher als bei anderen Unternehmern, die ihre Umsätze nach unterschiedlichen Steuersätzen versteuern. Mangels statistischer
Aufzeichnungen über Taxifahrten ist eine Angabe zu
den finanziellen Auswirkungen der Fahrten, die dem
allgemeinen Umsatzsteuersatz unterliegen, leider nicht
möglich.
Erste Zusatzfrage
des Kollegen Solms.
Kann ich diese
Antwort so verstehen, daß der Mehraufwand so hoch
beziehungsweise das Mehraufkommen durch die höhere
Besteuerung bei Fahrten von mehr als 50 Kilometern so
niedrig ist, daß das nicht erfaßt werden kann, daß also
bei dieser komplizierten Regelung Aufwand und Ertrag
in einem solchen Mißverhältnis stehen, daß eigentlich
nur die administrative Gängelung der Taxifahrer übrig
bleibt?
Herr Kollege Dr. Solms, ich habe darauf
aufmerksam gemacht: Diese Regelung hat seit über 30
Jahren Bestand, und es ist nie irgendeine Klage an unser
Haus herangetragen worden.
Eine weitere Zusatzfrage.
Die Klage
kommt selbstverständlich aus der Praxis; sonst würde
ich es nicht vortragen und hätte gar keine Kenntnis davon. Also muß es ja Klagen geben.
Dann will ich andersherum fragen: Teilen Sie meine
Meinung, daß eine solche Vorschrift, das komplizierte
Aufschreiben der gefahrenen Kilometer, die Betroffenen
geradezu dazu verleitet, Dinge nicht anzugeben, die sie
nach dem Gesetz eigentlich angeben müßten, und daß
deswegen dadurch auch kein Steuermehraufkommen erzielt wird?
Wir gehen von der Steuerehrlichkeit der
Beteiligten aus.
({0})
Im übrigen muß ich darauf hinweisen, daß weder nach
der Abgabenordnung noch nach dem Umsatzsteuergesetz eine bestimmte Weise vorgeschrieben ist, in der ein
Taxiunternehmer seine Betriebseinnahmen beziehungsweise Umsätze zu ermitteln hat. Alle Aufzeichnungsmethoden, die zu dem steuerlich zutreffenden Ergebnis
führen, sind zulässig. Wenn das beispielsweise mittels
Taxametern gemacht werden kann, weil die Taxifahrer
unterschiedliche Tarife in den Taxameter eintippen, ist
auch dies möglich.
Eine Zusatzfrage
des Kollegen Hauser.
Herr Staatssekretär, Sie haben vorhin davon gesprochen,
bei der Einführung dieses ermäßigten Steuersatzes sei
berücksichtigt worden, daß der Personennahverkehr besonders begünstigt werden soll. Sind Sie nicht auch der
Meinung, daß die Ökosteuer, die jetzt eingeführt worden
ist und - bei der Mineralölsteuer - jährlich um sechs
Pfennig erhöht werden soll, genau dieses Vorhaben
konterkariert?
Herr Kollege Hauser, wie Sie wissen, gibt
es Überlegungen gerade bezüglich Ökosteuer und
ÖPNV im Zusammenhang mit dem zur Zeit in der Pipeline befindlichen Gesetz. Warten Sie doch mal ab, was
die Koalitionsfraktionen da beschließen werden!
Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Hauser.
Ist das so zu verstehen, daß auch die Taxen in diesem
Bereich des öffentlichen Nahverkehrs bei der Ökosteuer
besonders berücksichtigt werden?
Nein.
Eine Zusatzfrage
des Kollegen Burgbacher.
Herr Staatssekretär,
halten Sie es wirklich für vertretbar, wenn wir auf diese
Weise Steuern kassieren? Ich habe im Zusammenhang
mit anderen Beispielen, etwa beim Trinkgeld, von Ihnen
erfahren, daß keine Aussagen über Verwaltungskosten
oder die Höhe des Steuerertrags gemacht werden können. Glauben Sie nicht mit mir, daß so die Politikverdrossenheit weiter geschürt wird?
Darf ich Sie darauf aufmerksam machen,
daß in diesem Bereich keine Steuererhöhung geplant ist.
Eine weitere Zusatzfrage? - Keine weitere Zusatzfrage.
Dann rufe ich die Frage 30 des Kollegen Hauser auf:
Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Steuermehreinnahmen durch den Wegfall der Besteuerung von selbstgenutzten
Zweifamilienhäusern seit dem 1. Januar 1999?
Der Bundesregierung liegen keine Daten
oder Schätzungen über den Umfang der auf Grund des
Wegfalls der Besteuerung von Zweifamilienhäusern nicht
mehr abziehbaren Aufwendungen und die damit verbundenen Auswirkungen auf das Steueraufkommen vor.
Zusatzfrage.
Eine solche Antwort habe ich eigentlich befürchtet, auch
- das möchte ich in Klammern dazu anführen - aus
meinen eigenen Erfahrungen. Ich bitte Sie, mir zu sagen,
ob es Ihnen möglich wäre, uns die Zahl der Fälle, die
davon betroffen sind, schriftlich mitzuteilen, das heißt,
bei den Ländern diese Zahlen abzufragen? Ich bin davon
überzeugt, daß es dafür statistische Unterlagen gibt.
Herr Kollege Hauser, ich bin gern bereit,
mein Haus zu bitten, bei den Ländern einmal nachzuhören, inwieweit statistische Unterlagen herangezogen
werden können, sei es der Mikrozensus oder tatsächlich
finanzamtsbezogen, so daß man das hochrechnen könnte. Den Versuch wollen wir gerne machen.
Es hat also keine Nachfrage bei den Ländern gegeben?
Uns liegen keine Zahlen vor. Wir wissen
nicht, ob die Länder welche haben. Deswegen muß ich
jetzt erst einmal mein Haus bitten nachzufragen. Das
wollen wir aber gerne tun.
Dann rufe ich jetzt
die Frage 31 des Kollegen Hauser auf:
Trifft es zu, daß die Neuregelung der sog. 630-DM-Jobs zu
ca. 2 Millionen Freistellungsanträgen geführt hat und daß durch
die Bearbeitung der Anträge Kosten für die Finanzverwaltung in
Höhe von ca. 40 bis 75 DM pro Antrag und ca. 20 DM Bürokratiekosten für den Arbeitgeber entstehen?
Herr Staatssekretär.
Herr Kollege Hauser, nach den Meldungen der Länder sind bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt
2,9 Millionen Anträge auf Erteilung einer Freistellungsbescheinigung bei den Finanzämtern eingegangen. Es
sind insgesamt zirka 2,5 Millionen Bescheinigungen
ausgestellt worden. Wie meine Kollegin Frau Dr. Hendricks bereits am 12. Juli 1999 in der Antwort auf die
schriftliche Frage des Kollegen Fromme ausgeführt hat
- das ist die Bundestagsdrucksache 14/1410, Frage 13 -,
dürfte die Zeit für die Bearbeitung eines Freistellungsantrags beim Finanzamt zehn Minuten nicht überschreiten.
Die von Ihnen genannten Kosten, die durch die Bearbeitung eines Freistellungsantrags beim Finanzamt und
einer Freistellungsbescheinigung beim Arbeitgeber entstehen sollen, kann die Bundesregierung nicht bestätigen. Bei der Belastung des Arbeitgebers durch die Bescheinigung ist zu berücksichtigen, daß dadurch die
Entgegennahme der Lohnsteuerkarte des Arbeitnehmers
bzw. die pauschale Lohnversteuerung entfällt.
Zusatzfrage.
Ich beziehe mich bei meinen Angaben auf die Aussagen des Präsidenten des Deutschen Steuerberaterverbandes, Herrn Pinne, der diese Zahlen auf Grund von
Informationen der Finanzverwaltung genannt hat. Wären Sie bereit, uns - möglicherweise schriftlich - darzustellen, welche Arbeitsabläufe für die Bearbeitung
dieser Anträge notwendig sind, damit man Ihre Aussage, daß sie bestenfalls zehn Minuten dauert, nachvollziehen kann?
Wir wollen das gerne tun. Ich möchte aber
darauf hinweisen, daß ich an dem Verbandstag einer
großen Gewerkschaft in diesem Bereich teilgenommen
habe. Der dortige Vorsitzende meinte, daß diese große
Welle schon über die Finanzämter hinweg sei und der
Arbeitsaufwand wieder normale Ausmaße angenommen
habe.
Was den anderen Teil Ihrer Frage angeht, wollen wir
das gerne noch einmal überprüfen.
Dann rufe ich die
Frage 32 des Kollegen Ruprecht Polenz auf:
In welchem Umfang enthält der Bundeshaushalt für 1999 Finanzmittel für die Türkei?
Herr Kollege Polenz, für die Türkei sind
im Einzelplan 23, Bundesministerium für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung, in diesem Jahr
25,9 Millionen DM vorgesehen, davon anläßlich der
Erdbebenkatastrophe für die Herstellung winterfester
Unterkünfte 20 Millionen DM sowie für Projekte der
Technischen Zusammenarbeit 5,9 Millionen DM. Das
Auswärtige Amt hat aus seinem Einzelplan für humanitäre Hilfe 6,2 Millionen DM bereitgestellt.
Zusatzfrage.
Trifft es zu, daß bei
der Vergabe der Mittel, die aus dem Ministerium für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zur
Verfügung gestellt werden, auch die in dem Katalog, der
bei der Bereitstellung solcher Mittel zu berücksichtigen
ist, geforderte Beachtung der Menschenrechte eine Rolle
gespielt hat?
Herr Kollege, diese Antwort müßte Ihnen
das BMZ geben. Das entzieht sich meiner Kenntnis.
Ich rufe die Frage 33 des Kollegen Ruprecht Polenz auf:
In welchem Umfang und wofür sind diese Finanzmittel bereits an die Türkei abgeflossen?
Die Mittel in Höhe von 6,2 Millionen DM
aus dem Einzelplan 05 wurden bereits ausgezahlt. Aus
den zugesagten Mitteln des Einzelplans 23, also BMZ,
werden bis zum 31. Dezember 1999 zirka 16,5 Millionen DM für die winterfesten Unterkünfte abfließen.
Es gibt keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 34 der Kollegin Christine Ostrowski auf:
Welche Schlußfolgerungen zieht die Bundesregierung aus
dem vom Bund der Steuerzahler vorgelegten Gutachten „Zuwendungen des Bundes 1999 - Das ungenutzte Einsparpotential“ insbesondere hinsichtlich des Vorschlags der Vorlage eines
regelmäßigen Zuwendungsberichtes?
Frau Kollegin, die Bundesregierung hat
unabhängig vom Gutachten des Steuerzahlerbundes bereits im Zukunftsprogramm 2000 Reduzierungen bei den
Zuwendungen in ganz erheblichem Umfang vorgesehen.
Allein im Jahr 2000 werden bei den Zuwendungen des
Bundes rund 3 Milliarden DM gegenüber der bisherigen
Finanzplanung - ich unterstreiche: Finanzplanung - eingespart.
Ein gesonderter Zuwendungsbericht ist nicht erforderlich. Die Bundesregierung erstellt auf der Grundlage
des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes alle zwei Jahre
einen Subventionsbericht, der die wirtschaftsbezogenen
Finanzhilfen und damit den wichtigsten Bereich der
Zuwendungen erfaßt.
Der Subventionsbericht stellt daneben auch die steuerlichen Hilfen für die Wirtschaft dar und ist insofern
umfassender als ein lediglich auf die Ausgaben abstellender Zuwendungsbericht.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär,
mir ist natürlich bekannt, daß es alle zwei Jahre auf der
Grundlage des entsprechenden Gesetzes einen Subventionsbericht gibt. Mir ging es gerade darum, daß die Zuwendungen nach der Bundeshaushaltsordnung in diesem
Subventionsbericht nicht erscheinen. Ich bitte Sie, zu
überlegen, ob Sie nicht unter Beachtung folgender Prämissen in dieser Richtung aktiv werden wollen: Erstens
beträgt das Potential der Zuwendungen - wenn ich dem
Bund der Steuerzahler glauben kann - im Jahre 1999
34,6 Milliarden DM. Das ist eine erkleckliche Summe.
Zweitens haben der Bundesrechnungshof und Rechnungshöfe der Länder solche Zuwendungsberichte gefordert. Drittens sind die Zuwendungen nicht transparent. Sie entziehen sich weitgehend der parlamentarischen Kontrolle. Viertens gibt es praktische Beispiele
dafür - so in der Bürgerschaft Hamburg -, daß solche
Zuwendungsberichte erstellt werden.
Meine Frage geht also dahin: Wären Sie unter Berücksichtigung all dieser Gesichtspunkte wie des Einsparpotentials, der Transparenz und der parlamentarischen Kontrolle nicht doch bereit, in dieser Richtung
aktiv zu werden und über die Erstellung eines Zuwendungsberichts nachzudenken?
Frau Kollegin, ich möchte noch einmal
darauf aufmerksam machen, daß der Subventionsbericht
umfassender ist, weil er nicht nur die Ausgabenseite des
Haushalts beleuchtet, sondern auch die Einnahmenseite.
Es gibt auch steuerliche Subventionstatbestände. Diese
sind dem Verfasser möglicherweise weniger wichtig als
die Ausgabenseite. Insofern ist es objektiver, beide Seiten zu betrachten.
Im übrigen muß man festhalten, daß der Haushaltsausschuß parteiübergreifend schon seit langem eine
Rücknahme aller institutioneller Förderungen fordert
und immer wieder darauf drängt, daß keine neuen institutionellen Förderungen entstehen und statt dessen nur
noch Projekte gefördert werden.
Sie sehen, wir stellen uns dieser Frage unabhängig
von Forderungen Dritter.
Eine zweite Zusatzfrage.
Stichwort Projekte:
Können Sie mir sagen, wie hoch der Anteil der Projekte
ist, die immer wieder aufs neue fortgeführt werden, die
sich quasi zu einer institutionellen Förderung entwickelt
haben? Vielleicht können Sie mir auch die Anzahl der
Projekte sagen, die insgesamt gefördert werden, sowie
den Anteil derer, die von Jahr zu Jahr über Anschlußprojekte Zuwendungen bekommen?
Frau Kollegin, ich fürchte, es ist eine Riesenarbeit, das Ihnen jetzt in Prozentsätzen mitzuteilen.
Deshalb möchte ich mich darauf beschränken, Ihnen das
Angebot zu machen, daß Sie mir einen Einzelplan nennen, der Ihnen in diesem Zusammenhang besonders
wichtig ist, und wir Ihnen einzelplanbezogen eine solche
Übersicht erstellen.
Frage 35 der Kollegin Ostrowski:
Welche Auffassung vertritt die Bundesregierung zum abschließenden Ergebnis eines Gutachtens der Baseler Prognos
AG „Wirkungen staatlicher Bausparförderung“, das dem Bundesministerium der Finanzen vorliegen soll und nach dem die
Wirkungen des Wohnungsbauprämiengesetzes als auch des
Vermögensbildungsgesetzes in der Praxis die vom Gesetzgeber
damit verknüpften Intentionen nicht erreichen und der Nutzen
beider Fördermaßnahmen in Frage gestellt werden soll?
Das im Jahre 1998 vorgelegte Gutachten
der Prognos AG mit dem Titel „Wirkungen staatlicher
Sparförderung“ - damit ist übrigens im Gegensatz zu
Ihrer Frage nicht nur die Bausparförderung angesprochen,
sondern die Sparförderung insgesamt - befaßt sich in ausgewogener Weise mit einer Wirkungsanalyse der staatlichen Sparförderung und Vermögensbildung aus subventionspolitischer Sicht und untersucht die Effizienz des
eingesetzten Instrumentariums und den damit verbundenen Verwaltungsaufwand. Untersucht werden die Förderung nach dem Fünften Vermögensbildungsgesetz, dem
Wohnungsbauprämiengesetz und § 19a des Einkommensteuergesetzes. Die Bundesregierung hat wesentliche
Ergebnisse dieser Studie im Hinblick auf die Bedeutung
der Subventionsgewährung im 17. Subventionsbericht
- das ist die Bundestagsdrucksache 14/1500 vom 13. August 1999 - in Kapitel V, „Erfolgskontrolle in wesentlichen Bereichen“, Textziffer 72 ff. wiedergegeben.
Zusatzfrage.
Trifft es zu, daß, jetzt
auf die Bausparförderung im speziellen bezogen, mit
diesem Instrument, so wie es im Gutachten ausgesagt
ist, das angestrebte Ziel einer Stimulierung der Vermögensbildung nicht erreicht wird, daß auch unerwünschte
Effekte, Mitnahmeeffekte - das Gutachten spricht konkret von Marketingeffekten -, auftreten? Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß ein solches Gutachten,
wenn es derartige kritische Wirkungen aufzeigt, auch in
Anbetracht der Summe, die für die Bausparförderung
Jahr für Jahr bereitgestellt werden muß, zu Konsequenzen anregen sollte?
Frau Kollegin, ich habe hier den Auszug
aus dem 17. Subventionsbericht. Die entsprechende Passage zieht sich über mehrere Seiten hinweg. Zunächst
einmal ist dargestellt worden, was das Gutachten der
Prognos AG im einzelnen besagt, zweitens wird darauf
hingewiesen, welche Position die Bundesregierung hat,
und drittens wird verdeutlicht, in welcher Weise die
Bundesregierung schon Änderungen vorgenommen hat.
Ich rege an, daß wir anhand dieses umfangreichen
Textes die Diskussion dann mit dem Fachressort, dem
BMVBW, führen.
Ich rufe die Frage
36 des Kollegen Hans Peter Bartels auf.
Wie reagiert die Bundesregierung auf die Behauptung der
Deutschen Post AG, daß „jene vier Politiker, die stellvertretend
für 50 Jahre Bundesrepublik Deutschland stehen“, die Christdemokraten Konrad Adenauer, Ludwig Erhard und Helmut Kohl
sowie der Liberale Theodor Heuss sind ({0})?
Herr Kollege Dr. Bartels, die Deutsche
Post AG unterliegt als Aktiengesellschaft den Bestimmungen des deutschen Aktienrechts. Die Herausgabe
von Werbebroschüren durch den Geschäftsbereich Philatelie der DP AG ist Teil der Geschäftspolitik des Unternehmens, die in der Verantwortung des Vorstands der
Deutschen Post AG liegt. Für den Inhalt der Werbebroschüren ist ausschließlich das Unternehmen verantwortlich.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär,
halten Sie es denn überhaupt für notwendig, daß eine
bundeseigene Aktiengesellschaft Medaillen mit Politikerköpfen herausgibt? Sie gibt ja auch Briefmarken mit
Politikerköpfen heraus.
In der Tat wird es auch eine Briefmarke
geben. Wenn Sie vielleicht auf die politische Ausgewogenheit abheben, möchte ich Sie darauf aufmerksam
machen, daß am 13. Januar des Jahres 2000 zum zehnten
Todestag von Herbert Wehner ein Sonderpostwertzeichen durch dasselbe Unternehmen herausgegeben wird.
Ich rufe die Frage
37 des Kollegen Bartels auf:
Wird die Bundesregierung über ihre Vertreter im Aufsichtsrat der Deutschen Post AG darauf hinwirken, das in dieser Broschüre dargestellte Geschichtsbild zu ergänzen?
Ein Einwirken der Bundesregierung auf
den Inhalt der Werbebroschüre ist im Hinblick auf einschlägige Regelungen des Aktienrechts nicht sachgerecht.
Es gibt keine Zusatzfrage mehr. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär
Diller.
Damit sind wir am Ende der Fragestunde.
Ich teile mit, daß die Fraktion der F.D.P. eine Aktuelle Stunde zu dem Thema „Steuermehreinnahmen zu
größeren Steuersenkungen für die Bürger nutzen“ verlangt. Die Antragstellerin hat darum gebeten, die Aktuelle Stunde erst um 15.30 Uhr aufzurufen. Das ist mit
den anderen Fraktionen abgestimmt.
Ich bitte unsere Zuhörerinnen und Zuhörer auf den
Tribünen um Verständnis für diese parlamentarischen
Abläufe. Gleichzeitig darf ich Ihnen noch einen schönen
Tag in Berlin wünschen.
Die Sitzung ist bis 15.30 Uhr unterbrochen.
({0})
Die unterbrochene
Sitzung ist wiedereröffnet.
Ich rufe Zusatzpunkt 1 auf:
Aktuelle Stunde
auf Verlangen der Fraktion der F.D.P.
Steuermehreinnahmen zu größeren Steuersenkungen für die Bürger nutzen
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
Thiele von der F.D.P.-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die
F.D.P. hat diese Aktuelle Stunde beantragt, weil schon
heute feststeht, daß die Steuereinnahmen in diesem Jahr,
1999, gegenüber 1998 um 50 Milliarden DM steigen
werden. Die Behauptungen seitens der rotgrünen Koalition, daß Bürger und Arbeitsplätze in diesem Lande
entlastet würden, werden allein schon durch diese Zahlen widerlegt. Im Gegenteil: In diesem Jahr liegen die
Steuerbelastungen um 50 Milliarden DM höher. Noch
nie hat eine Regierung ihr Wahlversprechen auf durchgreifende Entlastung der Bürger in der Form wie diese
Regierung gebrochen.
({0})
Noch nie mußte die deutsche Bevölkerung unter einer
solchen Unfähigkeit der Regierung leiden wie während
der Amtszeit der rotgrünen Koalition.
({1})
Steuermehreinnahmen in Höhe von 50 Milliarden
DM für den Staat bedeuten nämlich, daß die Bürger in
diesem Jahr eine um 50 Milliarden DM höhere Steuerbelastung zu tragen haben.
({2})
Bundesfinanzminister Eichel und seine rotgrüne Koalition
sprechen immer davon, daß die Bürger in diesem Lande
entlastet würden. Wenn aber 50 Milliarden DM mehr an
Steuern gezahlt werden, zeigt das, daß die Bürger von
Rotgrün nicht entlastet, sondern hemmungslos belastet
werden; denn die Einnahmen der Bürger werden so stark
besteuert, daß Steuermehreinnahmen in Höhe von 50 Milliarden DM in diesem Jahr zustande kommen konnten.
Die Regierung hat es bislang einzig und allein geschafft, daß die Bürger das Vertrauen in die Regierung
und die Zukunftsfähigkeit unseres Landes verloren haben. Wer mehr Arbeitsplätze in unserem Lande schaffen
will, der muß die Rahmenbedingungen für mehr Wachstum und Investitionen in unserem Lande schaffen.
({3})
Das geschieht nicht dadurch, indem man die Bürger abkassiert und Arbeitsplätze belastet. Das ist auch der
Grund dafür, daß die Arbeitslosenzahlen nicht sinken.
Die F.D.P. fordert deswegen eine deutliche Senkung der
Steuersätze und eine deutliche Entlastung der Steuerpflichtigen.
({4})
Angesichts der Behauptung der SPD, Steuersenkungen seien jetzt nicht zu finanzieren, sollte man sich einmal anschauen, was die Sachverständigen, auch die
Sachverständigen des Ifo-Instituts, sagen: Auf Grund
dieser Steuermehreinnamen sind die Bürger sehr wohl
zu entlasten und die Steuersätze zu senken. - Wer sich
vor diesen Steuersenkungen drückt, der zeigt, daß er sie
nicht will, sondern daß er bei den Bürgern weiter abkassieren will.
Es ist deshalb unseriös, wenn behauptet wird, daß die
Vorschläge der F.D.P. zur Steuerreform nicht finanzierbar seien. Es ist unseriös, den Bürgern vorzugaukeln, sie
würden von Rotgrün entlastet. Das Steuerentlastungsgesetz ist für die Bürger und Unternehmen in Wirklichkeit
ein Steuerbelastungsgesetz, was an Hand der vorliegenden Zahlen zur Steuerbelastung immer deutlicher wird.
({5})
Die Ökosteuer ist eine reine Erhöhung der Steuer auf
Energie, die alle Bürger zu tragen haben und die die
Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes schwächt.
({6})
Mit dem Steuerbereinigungsgesetz wollen Sie sogar den
kleinen Leuten hinsichtlich ihrer Lebensversicherung
ans Portemonnaie, obwohl es dafür überhaupt keinen
Grund gibt.
({7})
Rotgrün räumt zumindest ein, daß die Rente nicht mehr
ganz so sicher ist.
Wir haben einen überparteilichen Konsens, daß mehr
für die private Altersvorsorge getan werden muß.
({8})
Aber das Instrument, durch das der Normalbürger seine
zusätzliche Altersvorsorge sicherstellt, nämlich die Lebensversicherung, wird von Ihnen zukünftig besteuert
werden ohne jegliches Konzept, was die Besteuerung
der Alterseinkünfte insgesamt angeht. Diese Situation
können wir als F.D.P. nicht hinnehmen, sondern wir
werden sie anprangern. Wir werden Sie so lange drängen, bis Sie von diesen Plänen ablassen.
({9})
Eine gute Finanzpolitik bedeutet eben nicht nur ein
Abkassieren bei den Bürgern.
({10})
Es ist vollkommen richtig, daß gespart werden muß.
Aber wer den Haushalt 1999 um 6,3 Prozent aufbläht,
um Wahlgeschenke unter das Volk zu streuen, dem fehlt
natürlich das Geld, die Bürger zu entlasten. Deshalb haben wir die Wahlgeschenke kritisiert und fordern an dieser Stelle die deutliche Entlastung aller steuerpflichtigen
Bürger, die durchaus möglich ist.
Wenn Sie von der SPD einmal etwas mehr Mut hätten,
dann würden Sie diese unsägliche Unternehmensteuerreform mit der Unterscheidung zwischen Einkünften von
Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften nicht
durchführen. Ich möchte Sie einfach bitten: Halten Sie
sich doch einmal in diesem Punkt an den SPD-Fraktionsvorsitzenden Peter Struck, der das F.D.P.-Steuerkonzept
für das beste Steuerkonzept hält! Folgen Sie seinem Vorschlag! Senken Sie den Eingangssteuersatz auf 15 Prozent
und den Spitzensteuersatz auf 35 Prozent! Entlasten Sie
die Bürger, und sorgen Sie für mehr Planungssicherheit
und Vertrauen in die Kräfte unseres Landes, die die Arbeitsplätze schaffen! Dann könnte es um unser Land besser bestellt sein als nach diesem reinen Abkassieren, welches Rotgrün momentan praktiziert.
({11})
Das Wort hat nun die
Parlamentarische Staatssekretärin Barbara Hendricks.
Die von Ihnen beantragte
Aktuelle Stunde zu möglichen Steuermehreinnahmen
und ihrer Verwendung zeigt zunächst vor allem folgende
Tatsachen: Die Wirtschaftsentwicklung verläuft gut, was
auch die Institute in ihrem Herbstgutachten dargelegt
haben.
({0})
Im Gegensatz zur alten Bundesregierung haben wir
von Beginn an mit realistischen wirtschaftlichen Annahmen bei der Steuerschätzung gearbeitet. Das zahlt
sich jetzt aus.
({1})
Der Herr der Löcher wird auf ewige Zeiten Theo Waigel
bleiben.
({2})
Auch die Finanz- und Wirtschaftspolitik der Bundesregierung hat zu dieser positiven Entwicklung beigetragen. Das Zukunftsprogramm und die Steuerpolitik haben
zur Stabilisierung der Erwartungen und damit zu einem
stetigen und aufwärtsgerichteten Konjunkturverlauf beigetragen.
Ich halte fest: Wenn die Opposition heute glaubt, eine
Diskussion über Steuersenkungen eröffnen zu können,
lobt sie damit die Politik der Bundesregierung, was
durchaus richtig ist.
({3})
So befriedigend diese Entwicklung an sich auch ist,
so besteht doch für Forderungen nach zusätzlichen Steuersenkungen kein Anlaß.
({4})
Es ist vielmehr höchst unseriös, aus sich abzeichnenden
geringen Steuermehreinnahmen gleich neue populistische Steuersenkungsforderungen abzuleiten.
({5})
- Herr Thiele, Sie wissen doch selber: 50 Milliarden
DM müssen doch ein entsprechend höheres gewachsenes Einkommen der Bürgerinnen und Bürger gegenüberstehen. Es bedarf doch mindestens 200 Milliarden
DM an zusätzlichen Einkünften für die Bürgerinnen und
Bürger und die Unternehmen, um durch die Umsatz-,
die Verbrauch- und die Einkommensteuer 50 Milliarden
DM Mehreinnahmen erzielen zu können. Und das ist
kein Abkassieren, sondern die logische Folge des geltenden Steuerrechtes.
Im übrigen haben wir schon in diesem Jahr für deutliche Entlastungen gesorgt.
({6})
Das Steuerentlastungsgesetz 1999 hat bisher bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und bei den Familien ausschließlich Entlastungswirkungen gezeigt. Steuermehreinnahmen können frühestens zum Bilanzstichtag,
also zu Beginn des nächsten Jahres, wirksam werden.
Sie haben davon gesprochen, daß wir schon in diesem
Jahr 50 Milliarden DM an Steuermehreinnahmen haben
werden. Das kann aber wegen des Steuerentlastungsgesetzes gar nicht sein. Dies wird erst später Wirkung zeigen, und dies ist auch beabsichtigt.
({7})
- Sie wissen doch, daß wir keine Abschreibungen verschlechtert haben. Wie kommen Sie also darauf, so
etwas zu sagen? Außerdem haben Sie behauptet, sie
würden schon jetzt gelten. Das kann doch gar nicht
sein.
Die von Ihnen angezettelte Diskussion paßt zu kürzlich bekanntgewordenen Steuersenkungsplänen aus den
Reihen der Opposition, die keinerlei solide Finanzierungsgrundlage haben. Das einzige, was Sie so erreichten, wäre, daß die von Ihnen bereits in den letzten 16
Jahren dramatisch gesteigerte Staatsverschuldung weiter
nach oben getrieben würde.
Wie sehen denn die Fakten aus? Die Entwicklung der
Steuereinnahmen ist bisher in diesem Jahr, wie von uns
vorausgeschätzt, gut verlaufen. Dies kommt allen Bürgerinnen und Bürgern zugute; denn wenn der Staat arm
ist, kann er nicht all das für die Bürgerinnen und Bürger
tun, was sie zu Recht vom Staat erwarten können.
({8})
Bei der Befragung der Bundesregierung hat Ihre ganze Fraktion gerade moniert, wir gäben nicht genügend
für den Straßenbau aus.
({9})
Wie wäre es denn, wenn Sie sich jetzt wenigstens entscheiden würden und sagten: Die zusätzlichen Einnahmen verwenden wir für den Straßenbau? Sie können
doch nicht gleichzeitig Mittel für den Straßenbau und
Steuersenkungen fordern, und all das auch noch an
einem Tag.
({10})
- Aber das haben Sie ja schließlich vor einer Stunde gesagt, und das Geschwätz von vor einer Stunde interessiert Sie wahrscheinlich nicht mehr. Das ist häufiger so.
Konsistenz ist eben nicht das Markenzeichen der Politik
der versammelten Opposition.
({11})
Bis einschließlich September betrug das Aufkommen
an Gemeinschaftssteuern, der Bundes- und Ländersteuern zusammen 582,9 Milliarden DM. Das ist gegenüber
dem Vorjahr ein Zuwachs von 6,8 Prozent. Der Einmaleffekt der zum 1. April des vergangenen Jahres erfolgten
Erhöhung der Mehrwertsteuer um einen Punkt muß dabei noch herausgerechnet werden. Die Steuerschätzung
vom Mai ging bei diesen Steuern für das gesamte Jahr
1999 von einem Plus von 5,6 Prozent aus.
Falsch ist es, die Entwicklung der ersten drei Quartale
einfach auf das letzte Vierteljahr zu übertragen. Wir
stellen aber dennoch fest, daß auf Grund der guten Aufkommensentwicklung bei den Veranlagungssteuern und
den Ländersteuern gegenwärtig für das laufende Jahr
leichte Mehreinnahmen zu erwarten sind. Wie sich diese
etwaigen leichten Steuermehreinnahmen auf die Ebenen
im föderalen Staat verteilen, wird häufig - heute auch
von Ihnen - übersehen.
Steuereinnahmen kommen 17 Finanzministern und
mehr als 14 000 Kämmerern in der Bundesrepublik
Deutschland zugute. Wenn es wirklich zu Mehreinnahmen kommt, werden wohl vor allem die Länder davon
profitieren. Zusätzliche Steuereinnahmen werden eben
überwiegend nicht zu „Eichel-Milliarden“. Kein seriöser
Finanzminister wird bei dieser Datenlage über weitere
Steuersenkungen reden, auch nicht ein Landesfinanzminister oder Kämmerer der CDU.
({12})
Das Bundesministerium der Finanzen wird jedenfalls
die Solidität bei der Beachtung der Wirtschaftsdaten und
in der Steuerschätzung nicht aufgeben; damit unterscheidet es sich fundamental von der Vorgängerregierung. Unsere Haushaltsplanung für 1999 und 2000 fußt
auf realistischen Einnahmeerwartungen. Wer jetzt über
zusätzliche, nicht finanzierbare Steuersenkungen diskutiert oder gar eine Abkehr vom Sparkurs fordert, setzt
mit Sicherheit das falsche Signal.
Wir haben außerdem bereits erhebliche Steuerentlastungen umgesetzt. Weitere werden im Rahmen der
Unternehmensteuerreform folgen; sie sind fest vorgesehen.
Unser Kurs bei Steuern und Abgaben bleibt darauf
gerichtet, Konsum und Investitionen als Basis für ein
beschäftigungschaffendes, nachhaltiges Wachstum zu
stärken. Mit den Strukturreformen im Steuersystem
stellen wir zugleich die Weichen für ein international
wettbewerbsfähiges Steuersystem der Zukunft.
Im ersten Halbjahr 2000 werden wir die Diskussion
über die Unternehmensteuerreform führen. Hier bieten
wir der Opposition die konstruktive Mitarbeit an. Gute
und darüber hinaus natürlich auch finanzierbare Ideen
sind immer willkommen.
({13})
- Sie können es sich auf Dauer nicht so einfach machen,
wie Sie es hier tun.
({14})
Mit zwei, drei populistischen Sprüchen überzeugen Sie
weder die Fachwelt noch die Bevölkerung.
({15})
Bis dahin sollten wir uns aber an die Fakten halten.
Am Donnerstag und am Freitag tagt der „Arbeitskreis
Steuerschätzungen“ in Hannover und überprüft seine
Schätzungen vom Mai für das laufende und das kommende Jahr. Erst dann wissen wir mehr. Ich bin mir aber
jetzt schon sicher, daß wir unsere bisherigen Planungen
nicht werden revidieren müssen.
Danke schön.
({16})
Das Wort hat der
Kollege Hansgeorg Hauser, CDU/CSU-Fraktion.
({0})
Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und
Kollegen! Sicherlich hat sich schon jeder die Frage gestellt, was er macht, wenn er mehr Geld zum Ausgeben
zur Verfügung hat.
({0})
Der eine sagt, er wolle das Geld sparen. Der andere sagt,
er wolle es in den Konsum geben. Der dritte ist ein vorsichtiger Mensch und sagt, er wolle es investieren. Aber
das sind natürlich alles individuelle Entscheidungen und
subjektive Betrachtungen. Wenn es um die staatlichen
Einnahmen geht, also um die Steuereinnahmen, dann
muß man feststellen, daß es um das Geld des Bürgers
geht.
({1})
Deswegen ist vollkommen richtig, was hier festgestellt
worden ist: daß man Mehreinnahmen aus dem Geldbeutel des Bürgers auch wieder zurückgeben muß.
({2})
Die Mehreinnahmen resultieren in sehr starkem Maße
aus der Progression. Das bedeutet die Besteuerung nach
der Leistungsfähigkeit. Wer viel verdient, muß viel
Steuern zahlen, wer weniger verdient, zahlt weniger.
({3})
Mit steigenden Gehältern und Löhnen greift die Progression natürlich in einem sehr großen Ausmaße ein. Deswegen müssen solche Steuermehreinnahmen wieder an
den Bürger zurückgegeben werden.
Wenn es sich hier um Mehreinnahmen in Höhe von
50 Milliarden DM handelt, dann ist das kein Pappenstiel
mehr. Deshalb sollten wir ernsthaft über diese Frage
nachdenken. Leider muß man hier feststellen, daß der
Finanzminister den Bürgerinnen und Bürgern eine Steuerreform mit niedrigeren Steuersätzen schlicht und einfach verweigert.
({4})
Meine Damen und Herren, da Sie immer so abfällig
von der Steuer- und Finanzpolitik der bisherigen Bundesregierung reden, möchte ich einen Artikel aus dem
„Handelsblatt“ zitieren. Unter der Überschrit „Das leere
Gerede von der Tilgung der Erblasten“ stellt das „Handelsblatt“ fest:
In einer neuen Broschüre des Bundesfinanzministeriums werden mit eindrucksvoller Objektivität die
steuerreformerischen Leistungen der heute so diffamierten Vorgängerregierung gewürdigt. Eichel
erteilt offensichtlich der steuerpolitischen Bilanz
der Regierungsarbeit von 1982 bis 1998 ein hervorragendes Testat.
({5})
Der Artikel zählt daraufhin alle Leistungen der letzten Bundesregierung auf - sie sind der Broschüre entnommen -, und zum Abschluß heißt es:
Diese Reformen führten zu Entlastungen der Familien und Unternehmen in einem Ausmaß, von dem
die rotgrüne Koalition nur träumen kann. Wer immer der Regierung Kohl diese Verdienste heute absprechen möchte, wird sich von Hans Eichel eines
Besseren belehren lassen müssen.
({6})
Herr Poß, ich kann Ihnen nur empfehlen, sich diese Broschüre einmal näher anzusehen.
Meine Damen und Herren, wir haben immer von einer symmetrischen Finanzpolitik gesprochen.
({7})
einer Politik, die die Ausgabenzuwächse begrenzt und
die Einnahmenseite durch eine investitionsfreundliche
Steuer- und Finanzpolitik verbessert. Die rotgrüne Politik macht genau das Gegenteil.
({8})
Sie haben Reformen zurückgenommen, und niemand
weiß, wie es beispielsweise bei der Rente weitergehen
soll, sieht man von der Kakophonie ab, die aus Ihrem
Arbeitsministerium kommt. Sie haben mit Ihrem Sparpaket Lasten auf andere Ebenen verschoben. Sie haben
neue Steuern erfunden und bestehende Steuern erhöht.
Als Beispiel denke ich an die Ökosteuer, die weder
ökologisch noch sozial gerecht ist.
({9})
Das wird nur gemacht, um Ausgabenstrukturen zu
verschleiern und um an Ausgabenstrukturen nicht herangehen zu müssen. Das ist Ihr entscheidender Fehler.
Es wird lediglich etwas von einer Tasche in die andere
umverteilt.
Das Sparpaket ist schon vielfach als Mogelpackung
entlarvt worden. Früher haben Sie immer wieder vom
Kaputtsparen gesprochen und ein intelligentes Sparen
verlangt. Ich glaube, mit dem Regierungswechsel haben
Sie offensichtlich auch das Denken abgelegt;
({10})
denn sonst würden Sie jetzt von Ihrer Intelligenz Gebrauch machen und intelligent sparen.
({11})
Statt einer investitionsfreundlichen Steuer- und
Finanzpolitik haben Sie die Wirtschaft neu belastet
durch das Gesetz zu den 630-Mark-Arbeitsverhältnissen,
durch das Steuerentlastungsgesetz, durch das wir über
30 Milliarden DM mehr Belastungen haben, oder durch
die Diskussion um die Scheinselbständigkeit.
({12})
Sie reden ständig von neuen Steuern - im Bereich der
Erbschaftsteuer, der Vermögensteuer oder der Vermögensabgabe. Diese Namen ändern Sie je nachdem, wie
Sie es so brauchen. Allein diese chaotischen Diskussionen haben in der Wirtschaft, beispielsweise in der Bauwirtschaft,
({13})
einen riesigen Attentismus hervorgerufen, der Investitionen verhindert. Hören Sie endlich auf, es mit den Belastungen weiterzutreiben, wie Sie das jetzt mit dem
Steuerentlastungsgesetz machen.
Herr Kollege, die
fünf Minuten sind um.
({0})
Sie sollten besser auf die Wirtschaftsinstitute hören, die
eine entsprechende Steuerentlastungspolitik von Ihnen
verlangen.
({0})
Ich kann nur noch einmal feststellen: Trotz Ihrer
Politik hat es einen Konjunkturaufschwung gegeben.
({1})
Ich denke, Sie sollten das nutzen und eine investitionsfreundliche Steuerpolitik betreiben.
Danke schön.
({2})
Das Wort hat jetzt
der Kollege Klaus Müller, Bündnis 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Verehrter Herr Thiele, wenn Sie hier ein
Theater aufführen,
({0})
wenn Sie versuchen, den Eindruck zu erwecken, als ob
wir im Geld schwimmen würden, wenn Sie den Eindruck zu erwecken versuchen, hier gäbe es plötzlich
gigantische Finanzmassen, die irgendwo auf der Straße
herumliegen, muß ich Ihnen sagen: Das ist leider nicht
wahr. Ich kann Ihnen nur sagen: Wenn Sie hier auch
noch so oft stehen und behaupten, wir würden die Menschen belasten, kann ich Ihnen immer nur antworten:
Das stimmt nicht. Ich werde Ihnen das gerne zum wiederholten Male belegen. Ich betone: Wir werden die
Menschen entlasten, und wir tun das wesentlich nachhaltiger, als Sie das in Ihrer Regierungszeit getan haben.
({1})
Sie verwechseln in dieser Debatte Steuermehreinnahmen, die absolut planmäßig sind, mit unerwarteten
Steuermehreinnahmen. Über letztere bin ich gerne bereit
zu reden; über die können wir uns gerne austauschen.
Nur sage ich klipp und klar: Die 50 Milliarden DM, die
Sie zur Zeit in den Raum stellen, sind nicht unerwartet
zusammengekommen, sondern sie sind durchaus planmäßig gekommen, unter anderem auf Grund der Ökosteuer, die Sie immer gegeißelt haben.
({2})
Wir, Herr Thiele, haben immer gesagt: Wenn man eine
wirklich seriöse Finanzpolitik betreiben will, muß man
die Steuerbelastung und die Abgabenbelastung sehen.
({3})
Ich weiß, daß Ihnen der Begriff Abgabenbelastung
nichts sagt; darum werde ich Ihnen das gerne noch einmal erklären. Das sind die Lohnnebenkosten, die Sie in
Ihrer Regierungszeit sukzessive erhöht haben.
({4})
Sie haben sie jedes Jahr immer weiter erhöht; Sie sind
die Partei der Lohnnebenkostenerhöhung.
({5})
Rotgrün hat gesagt: Das zentrale Problem, das wir lösen
müssen, ist zum einen die Einkommensteuerbelastung.
Darum senken wir die Steuersätze. Ich weiß, Herr Hauser, daß es weh tut, daß Sie in der letzten Legislaturperiode in dieser Beziehung nichts erreicht haben.
({6})
Wenn Sie eine soziale Steuerreform vorgelegt hätten,
die ohne Mehrwertsteuerbelastung ausgekommen wäre,
({7})
dann wären wir sicherlich auch zusammengekommen.
Aus den oben beschriebenen Gründen ist daher das erste, was Rotgrün macht: Wir senken die EinkommenHansgeorg Hauser ({8})
steuersätze im Spitzensteuerbereich von 53 Prozent auf
48,5 Prozent,
({9})
im Eingangssteuerbereich von 25,9 Prozent auf 19,9
Prozent. Wir erhöhen das steuerfreie Existenzminimum
auf 14 000 DM, und wir erhöhen das Kindergeld um
insgesamt 50 DM zum 1. Januar nächsten Jahres. Das
sind übrigens 10 Milliarden DM mehr Kindergeld, die
Rotgrün an die Menschen zurückgibt, und zwar da, wo
es notwendig ist.
({10})
Das ist der Bereich der Einkommensteuer.
({11})
Zum anderen sagen wir: Viel zentraler ist das Problem der Abgabenbelastung. Wenn Sie schauen, wie
hoch die Abgabenbelastung ist, dann werden Sie sehen:
Sie beträgt 18 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die
Steuerbelastung, so schlimm sie ist, Herr Thiele, liegt
bei etwa 12 Prozent. Das heißt, der Bereich, wo die
Menschen wirklich belastet werden, wo die Entstehung
von Arbeitsplätzen verhindert wird, wo Unternehmen
belastet werden, ist der Bereich der Abgaben. Darüber
müssen wir reden. Genau das hat Rotgrün getan, und wir
haben nicht nur darüber geredet. Vielmehr sinken zum
erstenmal die Lohnnebenkosten. Das geschieht unter der
Regierung von Rotgrün.
Das erklärt natürlich, warum wir höhere Steuereinnahmen haben. Denn diese Abgabenentlastung haben
wir sauber durch höhere Energiesteuern gegenfinanziert.
Das steht übrigens auch im Grundsatzprogramm der
CDU; insofern sind wir gar nicht weit entfernt. Wir haben Innovationsanreize gesetzt, um im Energiebereich
etwas zu bewegen, und dafür Arbeitgeber und Arbeitnehmer durch die Senkung der Lohnnebenkosten entlastet. Da bewegen wir uns in einer Größenordnung von
8,4 Milliarden DM.
Sie erinnern sich an die Mehrwertsteuererhöhung,
Herr Thiele, die noch unter Ihrer Regierungszeit beschlossen worden ist, nämlich zum 1. April 1998. Die
dadurch entstehenden Steuermehreinnahmen schlagen
1999 erstmals auch im ersten Quartal zu Buche, und dies
erhöht natürlich das Steueraufkommen. Aber das war ja
im Sinne des Hauses - auch in Ihrem Sinne -, die Lohnnebenkosten durch die Mehrwertsteuererhöhung zu stabilisieren. Auch an dieser Stelle wünschte ich mir ein
bißchen mehr Redlichkeit.
Zum Schluß noch zwei Sätze dazu, was wir im Auge
behalten müßten, wenn wir - wie wir es uns wünschen
würden - unerwartete Mehreinnahmen hätten: Erstens.
Die Staatsverschuldung ist nach wie vor gigantisch. Ich
würde mir wünschen, daß wir bei der Reduzierung der
Nettoneuverschuldung noch viel weiter gehen könnten.
Ich glaube, das ist eine zentrale Aufgabe, die wir zu
schultern haben.
Zweitens. Ihr Kollege Lambsdorff, der zur Zeit im
Auftrag der rotgrünen Bundesregierung - ich hoffe, sehr
erfolgreich und mit Fingerspitzengefühl - über die Entschädigung von Zwangsarbeitern verhandelt, wird uns
hoffentlich eine Regelung vorlegen, die wir bezahlen
können. Zur Zeit ist ein Beitrag des Staates von 2 Milliarden DM im Gespräch. Ich weise nur vorsichtig darauf
hin, daß auch diese Last, die wir alle schultern wollen,
finanziert werden muß. Insofern wäre ich vorsichtig,
jetzt Geld zu versprechen, bei den Menschen Erwartungen zu wecken, die Sie als Opposition sowieso nicht erfüllen müßten.
Rotgrün macht eine seriöse Entlastungspolitik, und
zwar bei Steuern und Abgaben. Diesen Weg sollten wir,
so glaube ich, so weitergehen.
Vielen Dank.
({12})
Das Wort hat jetzt
die Kollegin Dr. Barbara Höll, PDS-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! Die F.D.P. fordert, Steuermehreinnahmen zu größeren Steuersenkungen für die
Bürger zu nutzen. Herr Thiele, ich würde mir wünschen,
Sie forderten das auch für die Bürgerinnen. Das sollte
man mitbedenken.
({0})
Ihre Steuervorschläge, die Sie noch einmal dargelegt
haben, bedeuten: eine gewisse Steuerentlastung im unteren Einkommensbereich und - das ist eindeutig Ihr
Hauptziel; Sie haben das noch einmal erklärt - eine
massive Entlastung im oberen Einkommensbereich
durch Senkung des Spitzensteuersatzes auf sage und
schreibe 35 Prozent. Dazu muß man ganz klar sagen:
Dieser Ansatz ist sozial ungerecht. Denn während von
der Anhebung des Grundfreibetrages und der Absenkung des Eingangssteuersatzes alle etwas haben - die
Bezieher niedriger, mittlerer, hoher und höchster Einkommen -, bedeutet die Senkung des Spitzensteuersatzes nur für sehr wenige Menschen in diesem Lande große Vorteile.
({1})
Bereits das, was die rotgrüne Regierung für das nächste Jahr beschlossen hat, die Senkung des Spitzensteuersatzes von 53 Prozent auf 51 Prozent, ist ihr 1,7 Milliarden DM - auf diese Höhe belaufen sich nämlich die
Steuermindereinnahmen - wert. Im nächsten Schritt verzichtet sie noch einmal auf 2,4 Milliarden DM. Dafür
muß man auch sie kritisieren. Aber Ihr Konzept, das Sie
hier wieder vorgetragen haben, ist weder im internationalen Vergleich erforderlich, noch werden dadurch Arbeitsplätze geschaffen. Herr Hauser, Sie haben ja
16 Jahre lang versucht, auf diese Art und Weise Arbeitsplätze zu schaffen. Es ist Ihnen nicht gelungen. Sie
wurden abgewählt, unter anderem weil wir in der Bundesrepublik Deutschland Massenarbeitslosigkeit haben.
Klaus Wolfgang Müller ({2})
Frau Hendricks, ich war allerdings ein bißchen erstaunt darüber, daß Sie so lapidar von „geringen Steuermehreinnahmen“ gesprochen haben. 1999 sind es immerhin 6,4 Milliarden DM, im Jahre 2000 wahrscheinlich 10,6 Milliarden DM, die Bund, Länder und Kommunen mehr zur Verfügung haben. Dabei handelt es sich
um reale Mehreinnahmen; denn das, was Sie für die
Entlastung der Familien und für die Senkung der Rentenbeiträge angesetzt haben, ist bereits in den Haushaltsplan eingearbeitet. Deshalb, so finde ich, sollte sich
die rotgrüne Regierung hier profilieren, indem sie wenigstens die gröbsten sozialen Ungerechtigkeiten ihres
Haushaltssanierungsgesetzes zurücknimmt.
({3})
Lassen Sie uns also bei den Mehreinnahmen in Höhe
von 6,4 Milliarden DM für dieses Jahr und von 10,6
Milliarden DM für das nächste Jahr bleiben. Dies ist angeblich ein niedriger Betrag, eine geringe Steuermehreinnahme. Aber was heißt das? Sie sind sich nicht zu
schade, in Ihrem Paket zum Beispiel bei der Künstlersozialkasse eine Änderung einzuführen, die im Bundeshaushalt gerade einmal zu Mehreinnahmen in Höhe von
38 Millionen DM führen wird. Dazu sind Sie sich nicht
zu schade. Aber an dieser Stelle sagen Sie ganz locker:
10,6 Milliarden DM sind nicht viel.
Sie wissen - wir haben das zigmal kritisiert -, daß Ihre Politik des Einsparens so, wie Sie sie verwirklichen,
sozial ungerecht und einseitig ist, weil Sie nur die Einsparungen, also nur die Ausgabenseite, aber nicht die
Einnahmenseite betrachten. Solange Sie sich taub und
blind etwa hinsichtlich einer konsequenten Vermögensbesteuerung, einer Vermögensabgabe oder einer Erbschaftsbesteuerung stellen, solange Sie den Eurofighter
weiterhin im Haushaltsplan haben,
({4})
sollten Sie sich nicht bei den Rentenansprüchen zum
Beispiel von Arbeitslosen schadlos halten.
({5})
30 Milliarden DM wollte Herr Eichel im nächsten
Jahr einsparen. Jetzt werden dem Bund von den 10,6
Milliarden DM auf jeden Fall 2 bis 3 Milliarden DM zufließen. Es können auch durchaus 4 Milliarden DM sein.
Das heißt, daß der Druck gar nicht mehr so stark ist.
Bitte äußern Sie sich dazu! Wir fordern Sie hiermit auf,
wenigstens die Nettolohnanbindung der Renten aufrechtzuerhalten.
({6})
Der nächste Punkt ist die Besoldung der Beamten.
Auf deren Kosten wollen Sie im nächsten Jahr beim
Bund 327 Millionen DM, bei den Ländern 1,3 Milliarden DM und bei den Kommunen 160 Millionen DM
einsparen. Bei den Renten geht es insgesamt um 2,8
Milliarden DM, die Sie einsparen wollen. Diese Einsparungen in Höhe von 2,8 Milliarden DM bei den Renten
sowie die 327 Millionen DM bei der Beamtenbesoldung
im nächsten Jahr können Sie auf jeden Fall durch Steuermehreinnahmen ausgleichen,
({7})
wobei Sie an dem Sparziel von 30 Milliarden DM - man
kann darüber streiten, ob das berechtigt ist oder nicht nicht einmal rütteln müssen. Sie können dieses Einsparziel erreichen und müssen trotzdem die gröbsten sozialen Ungerechtigkeiten nicht mehr durchführen. Diesen
finanziellen Spielraum haben Sie.
Zum Abschluß möchte ich noch eines an die Adresse
der F.D.P. sagen: Sie weisen mit Recht auf Steuermehreinnahmen hin. Aber Ihre Antwort darauf lautet wieder
nur: Steuersenkungen.
({8})
Wenn man sich aber ansieht, woraus die Steuermehreinnahmen resultieren,
Frau Kollegin, denken Sie an die Redezeit?
- ja, ich möchte nur kurz
diesen Gedanken abschließen - stellt man fest, daß sie in
erster Linie aus Umsatz und Verbrauch resultieren. Man
muß dann auch Geld an die Menschen zurückgeben, die
von den Steuersenkungen nichts, aber trotzdem den entsprechenden Verbrauch haben. Dies ist der Rentner, der
Auto fährt, der von keiner Steuersenkung etwas hat.
Frau Kollegin,
kommen Sie bitte zum Schluß.
Dies sind die Studenten,
die natürlich auch Energie verbrauchen, aber keinen
Ausgleich für die Ökosteuer bekommen.
Ich danke Ihnen.
({0})
Sie wissen, liebe
Kolleginnen und Kollegen, daß wir in einer Aktuellen
Stunde sind und die Redezeit fünf Minuten beträgt. Das
wird auch angezeigt. Wenn die Redezeit zu Ende ist,
leuchtet ein rotes Lämpchen. Ich bitte, darauf zu achten.
Das gilt für diejenigen, die dies noch nicht so genau wissen.
Jetzt erteile ich dem Kollegen Ludwig Eich, SPDFraktion, das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich danke der F.D.P. ausdrücklich für
diese Aktuelle Stunde. Sie transportiert hier nämlich eine Nachricht von einem Erfolg: Die Steuereinnahmen
steigen.
({0})
Wir haben lange auf diese gute Nachricht warten müssen. Wenn ich sage „wir“, meine ich insbesondere die
Länder und die Kommunen mit ihren geplagten Haushalten. Seit Jahren mußten in Ihrer Regierungszeit die
Prognosen mit problematischen Folgen für alle Haushalte dieses Staates nach unten korrigiert werden.
Bevor Sie von der Opposition das völlig verdrängen:
Der Grund für die rückläufigen Steuereinnahmen der
vergangenen Jahre war die Wettbewerbsschwäche der
deutschen Wirtschaft. Das hat mit den hohen Lohnnebenkosten zu tun, die Sie verursacht haben. Ich denke,
das muß man heute noch einmal dazusagen.
({1})
Es ist ganz einfach so: Die Finanzierung der deutschen Einheit über die Sozialkassen war ein schwerwiegender Fehler.
Die Wettbewerbsschwierigkeiten scheinen überwunden zu sein; die Wettbewerbslage der deutschen Wirtschaft hat sich grundlegend verbessert. Dies ist in erster
Linie das Verdienst der Wirtschaft selbst; aber es ist
auch ein Erfolg sozialökologischer Politik. Die Lohnnebenkosten steigen nicht, wie unter der Regierung Kohl,
sondern sie sinken erst einmal. Auch das ist von Einfluß.
Die Wachstumssignale sind unübersehbar, und sie wirken sich in Form steigender Steuereinnahmen und steigender Beschäftigung aus.
Die sozialökologische Mehrheit mußte vor einem
Jahr ein Steuersystem übernehmen, das wie ein Schweizer Käse durchlöchert war. Die große Mehrheit der Bevölkerung, Menschen mit mittlerem und unterem Einkommen, mußte ihre Steuern zahlen, während Einkommensmillionäre ihre Steuerzahlungen auf Null reduzieren konnten. Das war nicht nur extrem ungerecht;
({2})
das Steuersystem mit seinen Abschreibungsmodellen
und mit seinen Verlustzuweisungen, das CDU/CSU und
F.D.P. hinterlassen haben, hat auch zu enormen Steuerausfällen zu Lasten aller staatlichen Ebenen geführt. Das
beweisen diese Zahlen sehr deutlich.
Mit dem Steuerentlastungsgesetz senkt die neue
Mehrheit von SPD und Bündnis 90/Die Grünen die
Steuern für untere und mittlere Einkommen um 25 Milliarden DM. Dazu kommt eine Förderung der Familien
um gut 5 Milliarden DM.
({3})
Wir kommen damit zur Frage der sozialen Gerechtigkeit. Es ist praktisch erreicht, daß - wenn wir das Kindergeld gegenrechnen - eine Familie mit zwei Kindern
bei einem Jahreseinkommen von 60 000 DM heute keine Mark Steuern zahlt.
({4})
Wann hat es das unter Kohl oder unter Waigel je gegeben?
({5})
Wir fördern die Familien mit Kindern, und wir sorgen
dafür, daß auch auf hohe Einkommen Steuern gezahlt
werden müssen. Das schafft Gerechtigkeit und sorgt
auch für Nachfrage im eigenen Land.
Was machen CDU/CSU und F.D.P. in den jetzt laufenden Gesetzgebungsverfahren? Sie versuchen, in
puncto Abschreibungsgesellschaften und Verlustverrechnung den alten Rechtszustand wiederherzustellen.
Sie wollen, daß Steuertrickser und Abzocker auf Kosten
der Steuerzahler weiterhin ihren Reibach machen.
({6})
Sie sind die Parteien der Steuertrickser und Abzocker!
Das ist die Wahrheit. Was muten Sie den deutschen
Steuerzahlern eigentlich zu?
Ohne die konkreten Zahlen zu kennen und ohne daß
die Fachgremien sie hätten bewerten können, weiß die
Opposition, was mit den Steuermehreinnahmen geschehen soll. Mit dieser Methode haben Sie den größten
Schuldenberg in der Geschichte unseres Landes angehäuft. Das ist keine solide Politik. Ihr Verhalten ist zutiefst unseriös.
({7})
Die sozialökologische Mehrheit wird den eingeschlagenen Weg der Haushaltskonsolidierung fortsetzen. Wir
werden dennoch die Steuern für die Familien und für die
Unternehmen senken. Diese Politik hat Erfolg. Das zeigen eben auch die Steuermehreinnahmen.
Vielen Dank.
({8})
Jetzt hat die Kollegin Gisela Frick, F.D.P.-Fraktion, das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Eich, wenn Sie ständig behaupten, Sie würden Steuern senken,
({0})
dann handelt es sich nur um Ankündigungen.
({1})
Fakt sind die Steuermehreinnahmen. Die Kollegen von
der Opposition haben schon darauf hingewiesen: Steuermehreinnahmen für den Staat bedeuten Steuerbelastungen für den einzelnen Bürger. Anders wären diese
Steuermehreinnahmen überhaupt nicht zu erklären.
({2})
- Zur besseren Konjunktur - ein wunderschönes Stichwort, Herr Eich -: Wenn ich mich recht erinnere, dann
haben wir heute im „Handelsblatt“ lesen können, das
Bruttoinlandsprodukt wachse um rund 2 Prozent. Die
Steuermehreinnahmen liegen aber, soweit ich mich erinnere, bei 6,3 Prozent; das heißt, sie sind dreimal so hoch.
Die Steuermehreinnahmen können Sie nicht nur der gesunden Konjunktur anlasten. In erster Linie haben wir es
mit dem Ergebnis Ihrer Steuererhöhungspolitik zu tun:
Durch die Ökosteuer und durch das sogenannte Steuerentlastungsgesetz belasten Sie die Wirtschaft deutlich
mehr.
({3})
Sie haben natürlich im unteren Bereich etwas entlastet,
({4})
wobei es aber auch dort bisher in erster Linie Ankündigungen und noch keine Taten gibt; aber das, was Sie im
Moment entschieden haben, bedeutet Zusatzbelastungen
für die Wirtschaft insbesondere auch im Rahmen der
Ökosteuer. Unter anderem hieraus resultieren diese
Mehreinnahmen.
Sie resultieren aber auch aus etwas anderem, was Sie
sich zu Unrecht als Erfolg anrechnen: Wir haben noch
zu unserer Regierungszeit die Sonderabschreibungen
nach dem Fördergebietsgesetz geändert.
({5})
Das fängt jetzt an zu greifen.
({6})
Wenn Sie uns vorwerfen, wir seien die Partei der Steuertrickser und der Absahner, dann ist das einfach nicht
richtig, Herr Eich, dann ist das in hohem Maße unseriös.
({7})
Wir haben deshalb gegen den § 2 b des Einkommenssteuergesetzes argumentiert, weil er in der Praxis nicht
anwendbar ist, weil die Zielrichtung nur unrichtig verfolgt worden ist. Wir haben sowohl in der Anhörung als
auch in der Befragung im Finanzausschuß ganz häufig
gehört, daß dieser § 2 b, die Regelung über die sogenannten Verlustzuweisungsgesellschaften, schlicht und
ergreifend nicht praktikabel ist. Deshalb sind wir gegen
diese Vorschrift und nicht, weil wir von der Sache her
nicht auch überzeugt wären, daß bestimmte Abschreibungen, die die Bemessungsgrundlage durchlöchern,
abgeschafft werden müssen. Wir sehen im Moment die
Bestätigung genau für unsere Steuerpolitik, nämlich daß
wir die Tarife deutlich senken müssen und umgekehrt
die Bemessungsgrundlage konsequent verbreitern müssen.
({8})
Dies fängt im Bereich des Fördergebietsgesetzes jetzt an
zu greifen. Insofern fühlen wir uns in unserem Vorschlag zur Steuerreform bestätigt, der eine klare und
deutliche Senkung der Steuersätze und eine konsequente
Verbreiterung der Bemessungsgrundlage vorsieht.
Wenn Sie uns immer vorhalten, das sei unseriös und
nicht finanzierbar, so zeigen uns die neuesten Steuerzahlen, daß dies nicht stimmt, daß das also sehr wohl geht.
({9})
In diesem Jahr - dies wird auch falsch dargestellt haben wir in absoluten Zahlen Mehreinnahmen in Höhe
von 51 Milliarden DM zu verzeichnen.
({10})
Das darf man nicht immer mit den geschätzten Zahlen
vergleichen, sondern das muß man mit den tatsächlichen
Zahlen des Vorjahres vergleichen.
({11})
Wir werden den Schätzungen zufolge im nächsten Jahr
mindestens noch einmal 31 Milliarden DM Mehreinnahmen zu verzeichnen haben. Wenn das nicht wirklich
dazu dienen kann, die Finanzierbarkeit unseres Steuervorschlages darzustellen, dann weiß ich nicht mehr, wie
das überhaupt möglich sein soll.
({12})
- Sie versprechen es immer nur. Wir hätten keine Steuermehreinnahmen, wenn Sie wirklich senken würden.
Sie haben doch nicht wirklich gesenkt. Das sieht man
doch.
({13})
- Jetzt sollte aber Schluß sein mit der Aufregung! - Insofern möchte ich auch die Staatssekretärin Hendricks
korrigieren. Das ist finanzierbar.
({14})
Man muß nur das Richtige wollen. In der Entwicklungspolitik gibt es einen schönen Spruch, den wir ruhig auch
einmal auf unsere Innenpolitik anwenden sollten. Er
lautet: Gib den Leuten einen Fisch, und sie sind für einen Tag satt; gib ihnen eine Angel, und sie sind ein Leben lang satt.
({15})
Nutzen wir jetzt die Steuermehreinnahmen für eine
echte Steuerstrukturreform, die für Investitionen und
Arbeitsplätze wirken wird! Folgen wir dem Beispiel der
erfolgreichen Nationen wie der USA, aber auch europäischer Nachbarn. Dann werden wir einen weiteren Aufschwung und auch weitere Steuermehreinnahmen haben,
dann aber nicht auf Grund Ihrer Steuererhöhungen, sondern weil dann tatsächlich mehr investiert werden wird
und weil mehr Arbeitsplätze vorhanden sein werden.
Das wird uns helfen. Jetzt ist der richtige Augenblick
dafür. Darum sollten wir es jetzt auch machen.
({16})
Jetzt hat der Kollege
Dieter Grasedieck, SPD-Fraktion, das Wort.
Frau Präsidentin! Meine
sehr verehrten Damen und Herren! Eine Werbung sagt:
Ich will Genuß - sofort. Diese Botschaft war 16 Jahre
lang Ihr Motto, meine Damen und Herren von der F.D.P.
und von der CDU/CSU. Sie lebten nicht alleine auf Kosten unserer Kinder, Sie lebten auch auf Kosten unserer
Enkel und Urenkel.
({0})
Frau Frick, nach dem, was Sie gesagt haben, kann
man bei Ihnen eigentlich nur von einer Steuersenkung
auf Pump sprechen.
({1})
Sie haben in den letzten Jahren Ihrer Regierungszeit
viele Steuern mehrfach erhöht. Ich möchte Ihnen nur einige wenige Beispiele nennen: Die Mineralölsteuer ist in
fünf Jahren fünfmal erhöht worden. 21 Milliarden DM
sind dabei herausgesprungen. Sie haben weitere Steuern
erhöht - ich möchte das nur punktuell aufführen -: die
Kfz-Steuer, die Grunderwerbsteuer, die Tabaksteuer, die
Umsatzsteuer und die Versicherungssteuer.
({2})
Diese Steuern sind ungefähr in den letzten zehn Jahren
Ihrer Regierungszeit angehoben worden.
Herr Hauser, Sie sagten vorhin: Es geht um das Geld
des Bürgers. Vorsichtig sind Sie mit diesem Geld nicht
umgegangen;
({3})
denn man muß auf eines hinweisen: Trotz der steuerlichen Mehreinnahmen sind sehr viele Schulden gemacht
worden.
({4})
Der Schuldenabbau ist nicht vorgenommen worden.
({5})
Sie sprachen und diskutierten zwar viel vom Schuldenabbau, aber Sie haben nie gehandelt, Herr Hauser.
Ich möchte auf das eingehen, was Sie vorhin sagten:
1982 betrug der Schuldenberg 350 Milliarden DM. Damals regierte noch Helmut Schmidt.
({6})
Sieben Jahre später und vor der deutschen Einheit betrug
der Schuldenberg, Herr Fromme, 700 Milliarden DM.
1998 lag er bei 1,5 Billionen DM. Jede vierte Haushaltsmark gibt der Bund heute für Zinsen aus. Das sind
insgesamt 82 Milliarden DM. Wenn man dies in Eigentumswohnungen umrechnet, eine Eigentumswohnung à
300 000 DM, dann sind es - Sie werden staunen, Frau
Frick - 275 000 Eigentumswohnungen. Eine Stadt wie
Essen hat 260 000 Haushalte. Dies bedeutet: Wir könnten allein mit den Zinsen jedes Jahr eine Stadt wie Essen
und zusätzlich ein kleines Dorf errichten.
({7})
Mit der Verschuldung muß Schluß sein. Wir wollen damit Schluß machen.
Jetzt wollen Sie die Steuereinnahmen für Steuersenkungen einsetzen. Sie wollen Ihre unverantwortliche
Schuldenpolitik fortsetzen. Wir Sozialdemokraten sagen
dazu: nein! Wir meinen, Politik und Staat müssen wieder handlungsfähig sein. Unsere Gesellschaft und vor
allem unsere Jugend
({8})
brauchen wieder Perspektive und Zukunft. Unser Zukunftsprogramm setzen wir trotz der Probleme, die hier
und dort auftreten, entschlossen um.
Herr Thiele, Sie sagten, Bürger und Betriebe müßten
das Geld zurückbekommen. Davon sprachen Sie 16 Jahre. Gehandelt haben Sie nicht.
({9})
Wir machen es; wir handeln.
({10})
Die Steuerreform bringt eine Entlastung von 40 Milliarden DM.
({11})
Lesen Sie bitte einmal nach: Durch das Steuerentlastungsgesetz zahlen die Bürgerinnen und Bürger 26
Milliarden DM weniger an Steuern.
({12})
- Auch wenn Sie jetzt lachen: Wenn Sie es nachlesen,
werden Sie überrascht sein, daß diese Zahl stimmt.
Herr Eich hat schon vorhin darauf hingewiesen, daß
eine normalverdienende Familie mit zwei Kindern im
nächsten Jahr 3 000 DM an Steuern zurückerhält. Dies
ist ein wichtiger Punkt. An die Familie haben Sie nie
gedacht. Wir haben an sie gedacht. Wir haben Lösungen
geschaffen. Wir geben den Familien insgesamt 6,1 Milliarden DM zurück.
Durch unsere neue Unternehmensteuerreform werden
auch wieder Arbeitsplätze geschaffen. Der Kleinbetrieb
wird genauso berücksichtigt wie der Mittelbetrieb und
der Großbetrieb.
({13})
Wir werden in den kommenden Jahren Wert auf die Förderung des Mittelstands legen. Das sind insgesamt 8 Milliarden DM. Sie haben dies sicherlich schon nachgelesen.
Durch Ihre unsoziale und unsolide Politik ist der
Schuldenberg aufgebaut worden. Wir wollen diesen
Schuldenberg abbauen. Wir wollen nicht länger auf Kosten unserer Jugend leben. Unsere Jugend und unsere
Gesellschaft brauchen Perspektiven und Zukunftshoffnungen. „Genuß heute und sofort“ wird es mit uns nicht
geben.
({14})
Jetzt erteile ich das
Wort dem Kollegen Norbert Schindler, CDU/CSUFraktion.
Frau Präsidentin!
Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Grasedieck, eines muß man euch Sozialdemokraten immer wieder sagen - und die Grünen sind da
manchmal noch unvernünftiger -: Zwar haben wir - ich
habe die vier Rechenarten gelernt, Sie hoffentlich auch 1,5 Billionen DM Schulden, aber auf diese Schulden bin
ich stolz.
({0})
Das sage ich als Westdeutscher ausdrücklich. Ich sage
Ihnen auch, wie sich diese Schulden zusammensetzen,
damit Sie es endlich einmal begreifen.
({1})
- Hören Sie doch einmal zu! Ich habe Ihnen doch auch
zugehört.
400 Milliarden DM waren Altschulden der Deutschen
Demokratischen Republik. 700 Milliarden DM sind
Nettotransferleistungen zum Aufbau Ost; das haben wir,
auch mit Ihren Stimmen, im Deutschen Bundestag und
im Bundesrat beschlossen. Das sind 1,1 Billionen DM.
({2})
Und dann haben wir noch die 400 Milliarden DM Altschulden Ihres Kanzlers Schmidt. Damit bin ich bei 1,5
Billionen DM. Wenn Sie das anders rechnen wollen,
dann legen Sie mir das einmal schwarz auf weiß vor.
({3})
Dann noch etwas: Genuß sofort? - Im Zuge der deutschen Einheit wurden uns allen Belastungen auferlegt,
und ich habe sie freudig - auch in dem Stolz, heute hier
im Reichstag reden zu können - mitgetragen. Wir haben
das draußen auch alle so vertreten. Dies jetzt als Belastung und als Fehlleistungen unserer Regierung hinzustellen - also, waren Sie auf einem anderen Stern, oder
haben Sie in Deutschland gelebt, als die deutsche Einheit vollzogen wurde?
({4})
Meine Damen und Herren, ich bin ja froh, daß sich
das griesgrämige Gesicht des Herrn Finanzministers
vielleicht ein bißchen aufhellt. Er erinnert mich, wenn er
so dasitzt, manchmal an Büroklammern.
({5})
Wenn wir mehr Einnahmen haben, dient das natürlich
zu unser aller Entlastung. Darüber bin ich natürlich zunächst einmal froh.
({6})
- Herr Eich, dann stimmen Sie sich in den Reden ab!
Wenn die Frau Staatssekretärin anders interpretiert als
Sie, welche Auswirkungen das jetzt schon hätte, dann
möchte ich doch festhalten - auch Frau Frick sagte es -,
was wir an Beschlüssen für die Jahre 1998 und 1999 gefaßt haben. Was man jetzt sieht, sind die Auswirkungen.
({7})
Bei der wirtschaftlichen Entwicklung hat bis jetzt keiner
gesagt, daß die exportorientierte Industrie wesentlich
dazu beiträgt. Die Inlandsnachfrage ist ja nicht so, wie
wir es gern hätten.
({8})
Bei diesen Geschichten möchte ich als Vertreter des
ländlichen Raumes auch einmal auf Punkte hinweisen,
die in der Freude einfach so untergehen. Sie haben Leistungsgesetze beschlossen, im Januar umgesetzt, und
jetzt holt man im Sparpaket mit großer Ankündigung
tatsächlich 6 bis 7 Milliarden DM wieder zurück eigentliches Sparpotential -, was Herr Waigel in jedem
Jahr getan hat. Das wird großartig als Einsparungen von
30 Milliarden DM verkündet. Bei den Steuergesetzen
aber ist die deutsche Landwirtschaft auf Grund der
Schätzungen, die jetzt vorliegen, mit netto 2,5 bis
3 Milliarden DM beteiligt.
({9})
Darauf bin ich nicht stolz. Das ist der Wermutstropfen in
der Schätzung.
({10})
Sie haben uns Bauern 1,4 Milliarden DM Mehrbelastung
pro Jahr zugemutet. Davon werden 900 Millionen DM
schon im Jahr 1999 wirksam. Die Schätzungen gehen
bis 2003. Man erkennt an: Großen Blutzoll habt ihr
Bauern bei der Agenda 2000 geleistet.
({11})
Frage: Warum machen Sie bei diesen Vorzeichen denn
keine Landwirtschaft mehr, Herr Eich?
Was aber jetzt noch weiter beschlossen und in der
Schätzung mit aufgelistet wird, ist eben zum Beispiel die
Rücknahme der Vorsteuerpauschale. Ihre Fraktion hatte
vor 18 Monaten bei der Heraufsetzung auf 10 Prozent
mitgestimmt. Noch kein Jahr Wertigkeit Ihrer Beschlüsse, und Sie holen das wieder zurück! Steuerbelastung:
netto 1,4 bis 1,5 Milliarden DM pro Jahr!
({12})
Dazu kommen jetzt die Haushaltskürzungen, die man
unter dem Sparpaket von 30 Milliarden DM ankündigt.
Wenn ich höre, mit welchem Verständnis Sie sonst reden
und wie Sie draußen angeblich auch für den ländlichen
Raum Politik gestalten wollen, und dann sehe, wie das
hier umgesetzt wird, verstehe ich die Welt nicht mehr.
(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Zuruf von der CDU/CSU: Die wollen doch die
Der Kanzler
hat für die Bauern doch nichts übrig!)
Wenn man die Steuerschätzungen so aufgreift, sollte
man in den Beratungen, die jetzt aktuell anstehen, nicht
nur im Finanzausschuß, sondern auch im Haushaltsausschuß ein Zeichen setzen, daß man auch draußen auf
dem Land Strukturpolitik noch mit Hilfe der Instrumente
betreibt, die wir in Deutschland besitzen, nämlich maßgeblich in der Steuer- und in der Finanzpolitik.
Abschließend möchte ich sagen: Was Karl-Heinz
Funke als verantwortlicher Minister in acht oder neun
Monaten auf den Weg gebracht hat, haben Kiechle und
Borchert in 20 Jahren nicht fertiggebracht. Damit ziehe
ich nicht den Hut vor seiner Leistung, sondern drücke
tiefe Traurigkeit aus.
Vielen Dank.
({0})
Nun hat die Kollegin
Christine Scheel, Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.
({0})
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!
Ich möchte an diesem Punkt ein bißchen abräumen,
({0})
und zwar hinsichtlich einiger Überlegungen der Opposition, und möchte Sie, wenn möglich, auf den Boden zurückholen.
({1})
Es ist schlicht und ergreifend so, daß zweimal im Jahr
eine Steuerschätzung stattfindet.
({2})
Das war schon immer so. Da sitzen 25 Experten - ich
glaube, es sind nur Männer; ich weiß es nicht genau samt ihren Computern beisammen und machen sich über
mehrere Stunden, manchmal sogar zwei, drei Tage, Gedanken über die Steuereinnahmen. Oftmals sind die Ergebnisse einigermaßen richtig. Es gab aber auch schon
Jahre, in denen die Steuerschätzungen ganz anders waren als die realen Steuereinnahmen.
({3})
Eine Regierung, egal, wie zusammengesetzt, hat die
Pflicht, auf der Grundlage der Steuerschätzungen ihre
Finanzplanung zu machen. Diese Regierung hat das genauso getan wie vor ihr jede andere Regierung.
({4})
Gott sei Dank ist es so, daß auf Grund der Veränderungen in der Steuergesetzgebung die Schätzungen derjenigen, die sie vorzunehmen haben, etwas realitätstauglicher sind, so daß nicht die schwierige Situation entsteht,
daß man Prognosen drastisch korrigieren muß.
Ich kann mich noch gut daran erinnern, daß Finanzminister Waigel 1996 und 1997 nach drastisch nach unten korrigierten Zahlen regelrecht vor einem Loch stand.
Er hatte damals massive Probleme; Sie erinnern sich sicher daran.
({5})
Wir sprechen heute über ein voraussichtliches Volumen in einer Größenordnung von 5 Milliarden DM für
Bund, Länder und Kommunen. Alles andere, was Sie
hier an Zahlen angesprochen haben, auch der Vergleich
zum letzten Jahr, ist natürlich bereits in die Finanzplanung eingeflossen. Es ist ja nicht so, daß man plötzlich
eine Menge Geld übrig hat. Man muß davon ausgehen,
daß für die drei Ebenen, die ich angesprochen habe,
Mehreinnahmen von 5 Milliarden DM entstehen werden. Der Anteil des Bundes beträgt etwa 1 Milliarde
DM.
Wenn ich dann von seiten der F.D.P. und der
CDU/CSU höre, man solle doch bitte schön diese gigantischen Mehreinnahmen auf Grund der Schätzung - ({6})
- Nur das ist seriös, Herr Thiele! Es gibt nur einen seriösen Vergleich, und zwar den der Schätzung vom Frühjahr mit der Schätzung vom Herbst. Einen anderen seriösen Vergleich gibt es nicht; Sie können nicht die
Zahlen der Steuerschätzung vom Herbst mit den Steuereinnahmen vom letzten Jahr vergleichen.
Ich sage es noch einmal: Die Finanzplanung hat auf
Grund der Einnahmen und der Schätzungen vom letzten
Jahr, die sehr eng beieinander lagen, stattgefunden. Das
heißt, diese Einnahmen sind bereits in die Finanzplanung eingeflossen. Sie sind jetzt nicht übrig, sondern im
Tableau mit vorgesehen. Das muß man auch von Ihrer
Seite zur Kenntnis nehmen. Man muß eine realistische
Datenbasis voraussetzen und kann nicht so tun, als hätten wir hier plötzlich 50 Milliarden DM übrig.
({7})
Das ist eine Irreführung der Öffentlichkeit, das ist unsolide, es ist populistisch, und es nutzt letztendlich niemandem, wenn Sie eine solche Verunsicherungsstrategie
fahren.
({8})
Ich finde es ein bißchen eigenartig, daß die F.D.P.
eine Aktuelle Stunde beantragt, bevor die Steuerschätzer
überhaupt die Chance hatten, ihre Berechnungen vorzulegen. Das heißt, es wird über Zahlen verhandelt, die
niemand konkret vor sich liegen hat.
({9})
Der Arbeitskreis „Steuerschätzung“ hat die Zahlen immer publiziert, bevor wir eine Debatte darüber geführt
haben; so gehört es sich auch im normalen Umgang mit
einem solchen Arbeitskreis.
({10})
Wir wissen natürlich auch, daß bestimmte Effekte das sind einmalige Effekte, auslaufende Effekte - berücksichtigt werden müssen. Dazu gehört auch das, was
heute angesprochen worden ist: Umsatzsteuererhöhung
- Effekte bis ins erste Quartal 1999 hinein - und Wegfall bestimmter Abschreibungstatbestände der alten
Bundesregierung. In diesem Zusammenhang muß man
korrekterweise sagen, daß die neuen bisher nicht greifen
können, da die Einkommensteuererklärungen für 1998
noch nicht alle ausgewertet sind, das heißt, sie können
noch nicht als Grundlage herangezogen werden.
Wenn bestimmte Sonderregelungen auslaufen, gibt es
immer auch Konservierungsmodelle. Das bedeutet: Die
Banken halten bestimmte Abschreibungsobjekte vor, bei
denen der Grundstein schon gelegt ist, und die Bürger
und Bürgerinnen können dann noch Abschreibungen tätigen, wenn sie in die Projekte einsteigen; da gibt es bekanntlich immer das November/Dezember-Fieber. Auch
das ist noch nicht berücksichtigt.
Frau Kollegin, Ihre
Redezeit ist abgelaufen.
Ich bin sofort am Ende, Frau Präsidentin.
Das heißt letztendlich, daß mit Mindereinnahmen bei
der Einkommensteuer für 1998 gerechnet werden muß.
Ich sage das ganz vorsichtig. Die Schätzer werden das
sehen.
Letzter Satz: Wir haben uns die Senkung der Nettoneuverschuldung, die solide finanzierte steuerliche Entlastung von Unternehmen und Familien mit Kindern
zum Ziel gesetzt. Das darf nicht durch eine unsachgemäße Verwendung von windfall profits in Frage gestellt
werden.
Danke schön.
({0})
Jetzt erteile ich das
Wort dem Kollegen Jochen-Konrad Fromme, CDU/CSU.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau
Scheel, ich bin von Ihnen sehr enttäuscht. Ich hätte erwartet, daß Sie heute hier einmal das sagen, was Sie jeden Tag in der Presse verkünden, nämlich daß Sie für
unseren Vorschlag sind. Sie erzählen draußen etwas
ganz anderes, als Sie im Bundestag tun.
({0})
Das trägt nicht zur Glaubwürdigkeit der Politik bei, Sie
brauchen sich daher nicht zu wundern, wenn die Wähler
Ihnen scharenweise weglaufen. Die merken nämlich,
daß Sie hier etwas anderes tun, als Sie draußen sagen.
Die Steuermehreinnahmen kommen natürlich aus der
veranlagten Steuer, wie wir gerade schon festgestellt haben. Sie resultieren nicht aus wirtschaftspolitischen Erfolgen.
({1})
- Herr Kollege Eich, die wirtschaftspolitischen Erfolge
Ihrer Regierung können Sie an der Schröder-Uhr ablesen. Die steht seit Monaten auf minus 367 000.
({2})
Wir sollten die Chance nutzen und die Steuern senken
- es geht nicht darum, daß wir sagen, es gibt
50 Milliarden DM mehr, sondern wir unterhalten uns
darüber, wie sie sinnvoll eingesetzt werden -,
({3})
um damit das Fundament für künftige Steuereinnahmen
zu schaffen. Denken Sie einmal an die StoltenbergKurve - wie ich sie nenne. Durch Steuersenkungen gingen von 1986 bis 1989 die Steuereinnahmen zunächst
um 41 Milliarden DM zurück, aber am Ende hatten wir
130 Milliarden DM mehr. Das ist mehr als das Dreifache. Die Institute raten uns nicht umsonst zu diesem
Kurs. Sie sollten ihn befolgen. Durch Ihre Politik stehen
Sie aber vor der Notwendigkeit, ständig Mehreinnahmen
zu erzielen, statt die Steuern zu senken,
({4})
weil Sie Ihre Wahlversprechen einlösen müssen.
({5})
- Herr Kollege Poß, wenn Sie einmal etwas Vernünftiges machen wollen - hören Sie mir zu! -, dann führen
Sie doch eine Abgeltungssteuer auf dem Niveau Ihrer
Kommunalwahlergebnisse ein. Dann werden in
Deutschland Steuern gezahlt und nicht im Ausland.
Dann haben Sie auch 6 oder 8 Milliarden DM mehr.
({6})
Schauen Sie mal nach Österreich.
Ihre Steuerpolitik ist durch drei Linien gekennzeichnet: Die erste Linie ist gekennzeichnet durch Neid.
Deswegen kommen Sie nicht zu dem vernünftigen Entschluß, den Spitzensteuersatz auf das internationale Niveau zu senken. Deswegen werden viele Steuern im
Ausland gezahlt, die in Deutschland gezahlt werden
könnten. Da Sie aber Ihre Staatsausgaben finanzieren
müssen, müssen Sie die Steuern, die Ihnen „oben“ fehlen, dem kleinen Mann abnehmen,
({7})
und das nennen Sie sozial gerecht.
({8})
Die zweite Linie ist dadurch gekennzeichnet, daß Sie
ohne Rücksicht auf die Folgen für die künftigen Jahre
Liquidität aus den Betrieben abziehen.
({9})
Nehmen Sie einmal die Abschreibungen: Es geht um die
Frage, wann die Steuern hereinkommen, wie Sie sagen.
Ich kann Ihnen sagen, daß die Wirkung Ihres Vorhabens
verheerend ist. Großbetriebe mit praktisch 100 Prozent
Eigenkapital haben nur den Zinsverlust. Aber den stabilen mittelständischen Betrieben, die Arbeitsplätze schaffen könnten,
({10})
die ein Eigenkapital von weniger als 20 Prozent haben
({11})
- Herr Kollege Eich! -, tut das bitter weh, denen fehlen
die Finanzierungsmittel für Investitionen. Nur durch Investitionen aber können Arbeitsplätze entstehen.
({12})
Das ist Ihre Politik, das sind die Folgen Ihrer Politik.
Deswegen entstehen eben keine Arbeitsplätze, und deswegen ist das ungerecht.
({13})
Sie produzieren - das ist die dritte Linie, die Sie mit
Ihrer Politik verfolgen - einen Riesenhaufen an Bürokratie, um Scheingerechtigkeit zu erzeugen. Ich nehme
nur einmal das Modell der Kontrollmitteilung bei der
Zinsbesteuerung. Ich sehe es bildlich vor mir, wie Hunderttausende von Finanzbeamten in Zukunft Millionen
von Kontrollmitteilungen in die Steuerakten einordnen,
630-DM-Bescheinigungen ausstellen. Das aber hat zur
Folge, daß sie für das, was sie eigentlich tun müßten,
nämlich Steuererklärungen zu prüfen, überhaupt keine
Zeit mehr haben werden, weil sie dann mit sinnlosen
Dingen beschäftigt sind.
({14})
Meine Damen und Herren, das ist ein völlig falsches
Signal,
({15})
denn damit wird noch mehr Kapital ins Ausland getrieben. Durch dieses Vertreiben von Kapital ins Ausland
werden in Deutschland noch weniger Steuern gezahlt.
Ihre Politik geht in eine völlig falsche Richtung! Sie
produzieren Bürokratie und Arbeitsbeschaffung bei den
Finanzämtern, was wir aber brauchen, sind Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen am Arbeitsmarkt.
({16})
Herr Müller, Frau Scheel, tun Sie im Bundestag doch
einmal das, was Sie - ich wiederhole es - jeden Tag in
der Presse verlauten lassen! Stehen Sie doch einmal zu
der Politik, die Sie vertreten! Beim Ausstieg aus der
Atomenergie, beim Rüstungsexport, überall geben Sie
nach. Nicht einmal in der Steuerpolitik machen Sie das,
was Sie sagen und den Leuten versprochen haben, sondern Sie machen genau das Gegenteil und sorgen für
Politikverdrossenheit.
({17})
Durch Ihre Politik, jetzt Liquidität hereinzuholen, die
uns in den nächsten Jahren fehlen wird, werden Sie in
der Zukunft Riesensteuerlöcher produzieren. Aber eines
kann ich Ihnen versprechen: Diese Steuerlöcher werden
Sie nicht mehr verwalten; denn bis es soweit ist, gibt es
eine Wahl.
({18})
Das Wort hat jetzt
der Kollege Wolfgang Grotthaus, SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn das Thema nicht so ernst
wäre, dann könnte man sich über die Opposition tatsächlich amüsieren.
({0})
Ich glaube, daß von Ihrer Seite schon ein bißchen Systematik dahintersteckt; das will ich Ihnen sehr deutlich
sagen. Ich bin leider noch nicht sehr lange in diesem
Hohen Hause. Ich habe hier aber gelernt, daß innerhalb
von 12 Monaten die Probleme, die Sie in dieser Republik angehäuft haben, die Probleme der neuen Regierung
sind.
({1})
- Natürlich! - Ich habe in dem Ausschuß, in dem ich tätig bin, mit Frust festgestellt, daß schon nach drei Monaten von „unseren“ Arbeitslosen gesprochen worden
ist.
({2})
Ich glaube, daß Systematik dahintersteckt, wenn Sie
die Mehreinnahmen, die tatsächlich anfallen, nun verausgaben wollen. Dies geschieht vor dem Hintergrund,
uns vielleicht in einem halben Jahr auch die 1,5 Billionen DM, die Sie an Schulden hinterlassen haben, anhängen zu können.
({3})
Dies werden wir nicht mitmachen. Wir werden deutlich aufzeigen, daß Sie, die Schuldenmacher von gestern, sich heute als Haushaltshüter darstellen wollen,
daß Sie, die Steuer- und Lohnnebenkostenerhöher von
gestern, sich heute als Steuersenker darstellen wollen.
Die Menschen draußen wissen dies und werden Ihnen
dabei nicht auf den Leim gehen.
Sie spielen sich als die Vertreter der kleinen Leute
auf. Ich spreche auch in Erinnerung an die gerade beendete Finanzausschußsitzung. Es ist noch keine Stunde
her, daß wir das Steuerbereinigungsgesetz diskutiert haben. Für uns gab es wieder den Aha-Effekt, daß Sie opponiert haben, Steuerschlupflöcher zu schließen.
({4})
Sie haben sich mit aller Kraft dagegen ausgesprochen,
daß denjenigen in diesem Land, die schon viel haben,
etwas weggenommen wird; sie sollen alles weiter behalten dürfen - so Ihre Auffassung.
({5})
Diese Politik, Herr Hauser, machen wir nicht mit.
({6})
Dies - ich sage es nochmals - haben die Menschen in
diesem Land verstanden.
Lassen Sie mich zur Sache kommen: Es ist ganz erstaunlich, daß, bevor überhaupt der Arbeitskreis Steuerschätzung zusammengekommen ist, diese Aktuelle
Stunde zustande kommt, und zwar auf Grund einer Pressemeldung. Dazu hat die Kollegin Scheel schon Stellung
bezogen. Ich will dies hier nicht tun. Nur, ich verstehe
nur Ihre Aufgeregtheiten nicht. Denn Kollegin Scheel
hat sehr deutlich gesagt, um welche Mehreinnahmen es
sich handelt und wie man diese Mehreinnahmen zu relativieren hat. Sie als ehemaliger Staatssekretär, Herr
Hauser, haben ja wohl mit der Aufgabe Ihres Amtes
nicht auch Ihr Gedächtnis abgegeben.
({7})
Sie hätten sich daran erinnern sollen. Dann wären Sie
vielleicht im Umgang mit den Mehreinnahmen ein bißchen fairer gewesen. Es stellt sich natürlich die Frage,
ob man ein Jahr zurückdenken und sich an diese Gegebenheiten tatsächlich erinnern will.
Ich möchte sehr deutlich feststellen, daß die Mehreinnahmen, wie sie sich unter der neuen Regierung darstellen, nicht, wie Herr Thiele es formuliert hat, durch
zusätzliche Belastungen der Bürger zustande kommen.
Herr Thiele, dazu sagt man im Ruhrgebiet - ich drücke
es vorsichtig aus -: Dieser Beitrag von Ihnen war
dumm. Wenn ich in der Sprache des Ruhrgebietes noch
deutlicher werden würde, würde ich wahrscheinlich von
der Präsidentin einen Verweis bekommen.
({8})
Sie sollten wissen, daß dieser Zuwachs an Steuereinnahmen durch den Anstieg des wirtschaftlichen Wachstums zustande gekommen ist. Sie sollten wissen, daß
der Zuwachs durch das Auslaufen der Sonderabschreibungen in den neuen Ländern zustande gekommen ist.
Sie sollten wissen, daß der Zuwachs durch die Nachwirkung der Mehrwertsteuererhöhung, die wir gemeinsam
im Jahre 1998, noch zu Zeiten der alten Regierung, beschlossen haben, zustande gekommen ist. Was dies alles
mit einer zusätzlichen Belastung der Bürgerinnen und
Bürger zu tun hat, das bleibt mir - und wahrscheinlich
auch Ihnen - schleierhaft.
Mehrbelastungen sind dort entstanden - das geben
wir offen zu -, wo wir dies auch wollten, wo wir aber
auf Ihren energischen Widerstand gestoßen sind, nämlich beim Schließen der Steuerschlupflöcher im Rahmen des Steuerentlastungsgesetzes. Wenn Herr Thiele
hier von Wahlgeschenken spricht, dann ist dazu sehr
deutlich zu sagen: Wir sind stolz darauf, daß wir das
Kindergeld zum 1. Januar 2000 um insgesamt 50 DM
erhöht haben.
({9})
Wir sind stolz darauf, daß wir die Steuersätze gesenkt
haben. Wir sind stolz darauf, daß wir die Steuerfreibeträge erhöht haben. Sie können das nachrechnen: Im
Jahre 2002 werden die Menschen in diesem Land, und
zwar die Normalverdiener, nicht diejenigen, die extrem
hohe Einkommen haben, bis zu 3 000 DM mehr im
Portemonnaie haben,
({10})
ohne daß sich die Tarifvertragsparteien damit auseinandersetzen müssen. Es werden aber diejenigen weniger
im Portemonnaie haben, die sich bisher durch das Ausnutzen von Steuerschlupflöchern reich gemacht haben.
Wir werden dies nicht mitmachen.
Sie propagieren zusätzliche Ausgaben und damit eine
höhere Staatsverschuldung.
({11})
Sie scheinen aus Ihrer langjährigen Finanzpolitik, die zu
einer Rekordverschuldung von 1,5 Billionen DM geführt
hat, nichts gelernt zu haben.
({12})
Meine Damen und Herren von der Opposition, das
Motto „Weiter so!“ geht nicht mehr. Sie waren stark im
Ausgeben von Geld, aber schwach in solider Haushaltsführung.
({13})
Risiken wurden von Ihnen ignoriert.
Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluß.
Ich komme sofort zum
Schluß. - Sie sollten einmal nachrechnen, was eine
Zinserhöhung von einem halben Prozent im Haushalt
ausmachen würde. Dann würden Sie hier und heute
nicht so leichtfertig über Mehrausgaben sprechen.
Wir wollen unseren Kindern eine Zukunft geben.
Deswegen dienen diese Mehreinnahmen letztendlich dazu, den durch Sie überschuldeten Haushalt zu sanieren.
({0})
Jetzt hat das Wort
der Kollege Klaus-Peter Willsch, CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege
Grotthaus, ich möchte noch einmal die entsprechenden
Zahlen in Erinnerung rufen: 884 Milliarden DM werden
die Bürger unseres Landes in diesem Jahr an Steuern
zahlen. Das sind 50 Milliarden DM mehr als das Ist
1998. Die Steuerquellen sprudeln wie nie zuvor. Aber
Finanzminister Eichel lehnt niedrigere Steuersätze ab.
Herr Grotthaus, ich halte es für wichtig, zu berücksichtigen, wie die Verantwortlichen in der Vergangenheit gesprochen haben und wie sie heute sprechen. Deshalb habe ich in der „taz“ von gestern nachgelesen.
({0})
- Ja. - Dort steht, daß mein Kollege Austermann Herrn
Eichel aufgefordert hat, jetzt endlich eine durchgreifende Senkung der Steuersätze durchzuführen. Herr Eichel
hat daraufhin gefragt - so steht es in der „taz“ -, „warum die CDU den Steuernachlaß, den sie nun fordere,
nicht zu ihren Regierungszeiten gegeben habe.“
Was er dort festgestellt hat, ist eine ungeheure Frechheit. Dies war der gleiche Hans Eichel, der im Bundesrat
als finanzpolitischer Sprecher der SPD gemeinsam mit
dem desertierten Saarländer und dem damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten und Noch-Kanzler
Schröder die Senkung der Steuersätze zwei Jahre lang
blockiert hat.
({1})
Sie alle wissen ja selbst - nicht nur die NordrheinWestfalen unter Ihnen -, wie die Stimmung im Lande
ist, da auch Sie in den Wahlkreisen unterwegs sind. Ich
hoffe, daß Sie sich da noch hintrauen. Ich jedenfalls gehe mit Freude dahin. Wenn man sich mit den Bürgern
unterhält, ist man sich schnell mit ihnen darüber einig,
daß Ihr Motto „Wir sind bereit“, das Sie letztes Jahr auf
die Plakate geschrieben haben, weit weg von der Wahrheit ist.
({2})
Das Urteil der Leute vor Ort ist einhellig: Die können es
nicht - das sagen sie überall.
({3})
Meine Damen und Herren von der SPD, um etwas zu
können, muß man ja erst einmal wissen, was man will.
Schon daran fehlt es aber bei Ihnen. Sie wissen nicht,
was Sie wollen. Finanzminister Eichel sagt, er könne die
Einkommensteuersätze nicht senken, da sonst nicht genügend Luft für eine Nettoentlastung im Rahmen der
Unternehmensteuerreform bleibe.
({4})
In seiner eigenen Landespartei sieht man es anders. Am
vergangenen Samstag hat sich der SPD-Bezirk HessenSüd nicht nur für die Wiedereinführung der Vermögensteuer und für eine Ausbildungsplatzabgabe, sondern
auch gegen die von der Bundesregierung geplante Steuerentlastung für Unternehmen ausgesprochen.
({5})
Das Ganze geschah nicht irgendwo, sondern im zweitgrößten Bezirk der SPD, nachdem die Frau und Ratgeberin des durchgebrannten Finanzministers Lafontaine,
Christa Müller, zunächst ihre Vorstellungen vorgetragen
hatte; das Ganze geschah nach einem eindringlichen
Appell zur Geschlossenheit durch den Partei-Vize
Scharping;
({6})
das Ganze geschah in Anwesenheit der Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Frau Wieczorek-Zeul, der früheren Bezirksvorsitzenden Hessen-Süd, die auch keine Hand gerührt hat,
um das zu verhindern; das Ganze geschah in Hessen, wo
Finanzminister Eichel SPD-Landesvorsitzender ist. Was
ist denn das für ein Chaosladen bei Ihnen?
({7})
Frau Staatssekretärin, sagen Sie es dem Minister
weiter: Wenn Sie die links schlagenden Herzen der von
Larchers & Co. ohnehin nicht gewinnen können, dann
lassen Sie endlich ab von Ihrem untauglichen Versuch,
eine Unternehmensteuerreform isoliert für juristische
Personen zu machen. Sie planen eine Reform für gut 10
Prozent der Unternehmen, während die restlichen
90 Prozent, insbesondere die kleineren und mittleren
Unternehmen, auf der Strecke bleiben. Sie können da so
viele Planspiele machen, wie Sie wollen;
({8})
dadurch ändert sich auch nichts.
Herr Eichel möge sich einmal umschauen - das empfehle ich Ihnen, Frau Hendricks, ebenfalls -: Die Truppen, die Sie anzuführen glauben, befinden sich in Auflösung. Ich nenne eine Schlagzeile der letzten Woche:
Grüne lehnen Eichels Unternehmensteuerpläne ab
Die Finanzausschußvorsitzende Frau Scheel sagte wortwörtlich:
Wir brauchen ein psychologisches Signal für Investoren.
Ein weiteres Zitat - Originalton der Finanzausschußvorsitzenden der Grünen -:
Nur wenn wir noch einmal an den Tarif gehen,
kommt es zu einer echten Entlastung.
Mein Appell richtet sich an den Finanzminister: Befreien Sie sich endlich aus dieser selbstgewählten Isolation. Machen Sie gemeinsam mit Ihrem Koalitionspartner - entsprechend den Empfehlungen der Wirtschaftssachverständigen -, mit der Opposition, mit uns, eine
ordentliche Steuerreform, die diesen Namen verdient. So
hat es ja auch Herr Struck formuliert.
({9})
Die Sätze müssen im gesamten Tarif herunter, vom Eingangssteuersatz bis hin zum Spitzensteuersatz.
({10})
Ich will zum Schluß entgegen meiner sonstigen Praxis zitieren, was die „FAZ“ über meinen Wahlkreiskollegen von der SPD auf dem Bezirksparteitag in Südhessen berichtet:
Der Bundestagsabgeordnete Schuster stellte fest,
({11})
- hören Sie einmal zu, das hört sich gut an die SPD habe ihre Glaubwürdigkeit verloren und
werde bei Wahlen „dafür abgewatscht“;
({12})
es fehle in Berlin an der „Professionalität der Koordination“;
Herr Kollege, denken Sie bitte an Ihre Redezeit!
die SPD habe „eine ganze Reihe nicht ausgetragener Konflikte“, kurzum: es gebe „Bedarf an Hirn“.
Ich gratuliere Ihnen.
({0})
Nun hat das Wort
der Kollege Hans Georg Wagner, SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin!
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen!
({0})
Als die „Bild“-Zeitung spekulierte, wie hoch die Steuermehreinnahmen seien, war mir vollkommen klar, daß
die F.D.P. mit beiden Füßen auf diesen Zug aufspringt
und hier eine Aktuelle Stunde beantragt; denn sie ist ja
mittlerweile keine mehr etwa der „Frankfurter Rundschau“ nahestehende Partei, sondern eine, die den
populärsten Themen nachrennt, ohne daß dabei noch
liberale Überzeugungen zu erkennen wären. Es tut mir
furchtbar leid, aber das ist nun einmal so.
Ich habe in einer Aussprache zu einem ähnlichen
Thema schon einmal gesagt: Der himmelweite Unterschied zwischen der neuen und der alten Koalition ist mit Ausnahme der PDS, die weder damals noch heute
einer Koalition angehörte bzw. angehört -, daß wir die
Millionäre zugunsten der Millionen abzocken werden.
Sie aber haben umgekehrt jahrelang die Millionen zugunsten der Millionäre abgezockt. Das hat sich geändert,
was die Steuermehreinnahmen zeigen.
({1})
Wir haben eine ganze Reihe von Steuerschlupflöchern gestopft, die Sie geöffnet hatten, um Ihrer Klientel
zu helfen. Das Ergebnis war, daß am Ende des Jahres
1998 1 500 Milliarden DM an Schulden aufgelaufen waren. Jeder einzelne - auch das neugeborene Kind und ein
über 100jähriger - hat 200 000 DM Schulden von dieser
Koalition auf den Buckel gepackt bekommen. Davon
entfallen jährlich 10 000 DM an Zinsleistungen. Solange
dieser Mißstand nicht beseitigt ist, ist der Handlungsspielraum für die Politik eingeengt. Wir werden dies
Schritt für Schritt ändern.
({2})
Sie wollten doch den Staat kaputtmachen; Sie wollten
den Bankrott des Staates, weil ein schwacher Staat immer
gut für die Herrschenden ist. Wir aber wollen einen starken Staat, der auch für die Schwachen der Gesellschaft da
ist. Darin liegt der Unterschied zwischen Ihnen und uns.
({3})
Schauen Sie sich einmal an, gegen welche Maßnahmen Sie eingetreten sind - es wurde vorhin schon erwähnt; ich möchte es wiederholen -: Sie waren gegen
die Erhöhung des Kindergeldes und gegen die Anhebung des Existenzminimums. Sie waren gegen alle gesetzlichen Regelungen im sozialen Bereich. Sie waren
immer für Regelungen, die den Besserverdienenden zugute kamen. Herr Solms hat gesagt: Wir sind die Partei
der Besserverdienenden.
({4})
Lassen Sie mich noch einen Satz zu Ihnen, Frau Dr.
Höll von der PDS, sagen. Wenn Sie hier die Anpassung
der Renten an die Preissteigerungsrate beklagen, dann
müssen Sie ehrlicherweise auch sagen, daß diese Anpassung eine Verdopplung der Rentenerhöhung im Vergleich zu den Rentenmachenschaften der alten Koalition
bedeutet.
({5})
Zur Klarstellung will ich sagen: Herr Schindler, Sie
haben jahrelang - seit 1982 - mit den Rentnerinnen und
Rentnern Schindluder getrieben.
({6})
Im Jahre 2001 wird die Rentenerhöhung dreimal so hoch
sein wie die, die den Rentnerinnen und Rentnern jahrelang zugemutet wurde. Überlegen Sie sich also Ihre Argumentation genau, Frau Dr. Höll!
Eben wurde die Künstlersozialkasse angeführt. Mir
kommen fast die Tränen, wenn ich bedenke, daß bisher
- gesetzlich geregelt - die Sozialkassen der Künstler zu
50 Prozent für die Selbstvermarkter bedient worden
sind. Wie jeder weiß, ist die Zahl der Selbstvermarkter
erheblich zurückgegangen, so daß der tatsächliche Anteil des Bundes an der Finanzierung der Künstlersozialkasse bei genau 40 Prozent liegt. Das entspricht
38 Millionen DM, die im Haushaltssanierungsgesetz
enthalten sind.
Das Haushaltssanierungsgesetz wird in wenigen Minuten im Haushaltsausschuß als Paket verabschiedet
werden. Die Koalition zeigt große Geschlossenheit in
jedem Punkt. Wir haben nämlich keine Alternative.
({7})
- Herr Kollege Hauser, die F.D.P. hat doch damals all
ihre Vorschläge verhindert. Sie wollten die 630-DMJobs regeln, was aber an der F.D.P. gescheitert ist. Wir
haben die entsprechenden Regelungen auf den Weg gebracht.
({8})
Ein letzter Punkt: 82 Milliarden DM Zinsen bedeuten
natürlich, daß wir handeln müssen. Jede Mark Steuermehreinnahmen muß zur Reduzierung der Nettokreditaufnahme eingesetzt werden, um den Staat wieder
handlungsfähig zu machen, und darf nicht gleich wieder
ausgegeben werden. Die entsprechende Diskussion ist
eine seltsame Diskussion in der sich frei und demokratisch nennenden Partei.
({9})
Wir hatten eine Anhörung im Haushaltsausschuß.
Meistens waren Sie aber nicht anwesend. Erst wurde die
Anhörung beantragt, aber dann, wenn es darauf ankam,
erschien keiner. Dort haben alle Experten, auch die - das
ist das Schönste daran -, die von Ihnen benannt worden
sind, gesagt, die Haushalts- und Finanzpolitik dieser
Bundesregierung sei auf dem richtigen Wege. Warum
soll man den Vorschlägen der Experten nicht folgen?
({10})
Wenn Sie schon Ihren eigenen Experten nicht glauben,
dann schauen Sie sich einmal an, was die Institute vorige Woche gesagt haben. Diese haben gesagt, daß wir auf
dem richtigen Wege seien. Die Experten haben gesagt,
wir sparten noch zuwenig. Ich möchte einmal Ihr Geschrei hören, wenn wir noch mehr sparen würden, als
wir dies schon jetzt tun.
Herr Kollege Thiele, mit dem Antrag, den Sie und
Ihre Kollegen im Haushaltsausschuß gestellt haben, haben Sie eine Erhöhung um - unterm Strich 120 Milliarden DM gefordert.
Herr Kollege, denken Sie an die Redezeit!
Ein letzter Satz.
({0})
- Ja, Clowns verlangen immer Zugaben.
In diesen Tagen wird der Internationale Währungsfonds ein bisher geheimgehaltenes Gutachten über die
Wirtschafts- und Finanzpolitik der Bundesregierung
veröffentlichen.
({1})
- Einen dümmeren Zuruf gibt es gar nicht. Herrr
Schindler, Sie haben sich als Bauernpräsident von Herrn
Schartz hereinlegen lassen. - Sie hören es nicht gerne,
aber in diesem Gutachten wird die Wirtschafts- und
Finanzpolitik dieser Bundesregierung als richtig bezeichnet. Wir sind dankbar für diese Bestätigung.
({2})
Die aktuelle Stunde
ist beendet. Wir sind damit am Schluß unserer heutigen
Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 4. November
1999, 9 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.