Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 10/6/1999

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Guten Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sitzung ist eröffnet. Bevor wir in die vorgesehene Tagesordnung eintreten, teile ich mit, daß interfraktionell vereinbart worden ist, die heutige Tagesordnung um den Antrag der Bundesregierung zu Osttimor zu erweitern. Sind Sie damit einverstanden? - Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich rufe den soeben aufgesetzten Zusatzpunkt 1 auf: Beratung des Antrags der Bundesregierung Deutsche Beteiligung an dem internationalen Streitkräfteverband in Osttimor ({0}) zur Wiederherstellung von Sicherheit und Frieden auf der Grundlage der Resolution 1264 ({1}) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 15. September 1999 - Drucksache 14/1719 Überweisungsvorschlag: Auswärtiger Ausschuß ({2}) Rechtsausschuß Verteidigungsausschuß Ausschuß für Menschenrechte und humanitäre Hilfe Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Haushaltsausschuß Eine Aussprache dazu ist für heute nicht vorgesehen. Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlage auf Drucksache 14/1719 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu überweisen. Gibt es dazu anderweitige Vorschläge? - Das ist nicht der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf: Befragung der Bundesregierung Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Kabinettssitzung mitgeteilt: Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der CDU/CSU-Fraktion „Lebenssituation von Seniorinnen und Senioren in der Bundesrepublik Deutschland“. Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht hat die Parlamentarische Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Frau Dr. Edith Niehuis.

Dr. Edith Niehuis (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001609

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben als Bundesregierung die Beantwortung der Großen Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zur Lebenssituation von Seniorinnen und Senioren in Deutschland zum Anlaß genommen, eine differenzierte Darstellung der Lebenssituation der älteren Generation zu veröffentlichen. Derzeit leben in Deutschland 17,9 Millionen Menschen, die über 60 Jahre alt sind. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung beträgt 21,8 Prozent; zum Vergleich: 1970 betrug der Anteil 19,9 Prozent. Überproportional angestiegen ist die Zahl der über 80jährigen. Die zukünftige Entwicklung wird - davon müssen wir ausgehen - von einem weiteren Anstieg des Anteils Älterer an der Gesamtbevölkerung gekennzeichnet sein. So wird für das Jahr 2010 ein Anteil von 25,6 Prozent prognostiziert, für das Jahr 2039 ein Anteil von 36,8 Prozent. Diese Entwicklung wird sich in den neuen und alten Bundesländern weitgehend parallel vollziehen. Der demographische Wandel, das heißt die Zunahme des Anteils der Älteren an der Bevölkerung, wird uns in der Politik, in Wirtschaft und Gesellschaft in den nächsten Jahren verstärkt fordern. Er betrifft alle Industrienationen und nahezu alle gesellschaftlichen Bereiche. Neben den sozialen Sicherungssystemen und dem Arbeitsmarkt berührt diese Entwicklung auch den Wohnungs- und Verbrauchermarkt, das Verkehrswesen sowie den Bildungs-, Kultur- und Freizeitsektor. Bislang gibt es wenig Erfahrung, wie eine so drastische Verschiebung der Relation zwischen Jung und Alt eine Industriegesellschaft verändert. Dabei umfaßt die demographische Entwicklung eben nicht nur die quantitative Zunahme, sondern wichtiger für die politische Gestaltung werden die qualitativen und strukturellen Veränderungen sein. Ich möchte hier nur einige Schlagworte nennen. Die Altersphase, markiert durch die berufliche Altersgrenze, setzt immer früher ein. Frauen leben länger als Männer und sind von allen Veränderungen stärker betroffen. Älter werden ist häufig mit Alleinleben verbunden. Wir haben es mit veränderten Familien- und Generationsbeziehungen zu tun. Die gesamte Altersphase umfaßt selbst schon mehrere Generationen. Wir haben es mit einem wachsenden Anteil hochaltriger Menschen, das heißt über 80jähriger, zu tun. Alter unterliegt zudem einem Bedeutungswandel. Die heute Älteren treten in diese Lebensphase bei im Durchschnitt besserer Gesundheitsverfassung, mit besseren Qualifikationen und mit besserer materieller Absicherung als frühere Altersgruppen ein. Statt auf Resignation und Rückzug treffen wir auf Aktivität und Mobilität. Auf diese Situation müssen wir in der Altenpolitik und Altenarbeit reagieren. Neben den herkömmlichen, von Hilfe- und Pflegebedarf geprägten Hauptakzenten geht es auch um die Schaffung von Rahmenbedingungen, die es der älteren Generation ermöglichen, sich aktiv in unsere Gesellschaft einzubringen. Umgekehrt muß die Gesellschaft auch wissen, daß sie auf das große Potential an Erfahrungswissen der Älteren nicht verzichten kann. Darum erlauben Sie mir, einige Daten aus der umfangreichen Antwort der Bundesregierung zu beleuchten. Erfreulich ist, daß die materielle Situation der Altengeneration im Durchschnitt keinen Anlaß zu übermäßiger Sorge bereitet. Der Anteil der über 65jährigen an allen Sozialhilfeempfängerinnen und Sozialhilfeempfängern ist prozentual, aber auch in absoluten Zahlen gesunken. Die weitere Bevölkerungsentwicklung hat natürlich auf unsere Solidarsysteme erhebliche Auswirkungen. Wir müssen bei diesen Auswirkungen insbesondere auf die Generationensolidarität achten. Wir müssen die verschiedenen Generationen stärker zusammenbringen für eine Gesellschaft, in der alle Menschen ihren Platz haben. Das Miteinander der Generationen und ihre Solidarität untereinander sowie unsere Gesellschaft werden in Zukunft von diesen Fragen verstärkt abhängig sein. Seniorinnen und Senioren sind bereit, sich für andere Generationen einzusetzen und sie zu unterstützen. Das zeigt sich zum Beispiel am ehrenamtlichen Engagement. Nach bisherigen Schätzungen ist jede bzw. jeder vierte der über 65jährigen ehrenamtlich tätig, bei einem durchschnittlichen Einsatz von 15 Stunden pro Monat. Wir haben eine bundesweite Repräsentativerhebung in Auftrag gegeben, um hierzu verläßlichere Daten zu bekommen. Dieses Engagement ist erfreulich. Es gilt, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, damit Seniorinnen und Senioren sich aktiv in unsere Gesellschaft einbringen können. Es wird darauf ankommen, Partizipationsmöglichkeiten zu eröffnen und neue Tätigkeitsfelder zu entwikkeln. Noch fehlen in vielen Orten Betätigungsmöglichkeiten, die dem Anspruch nach Selbstverantwortung und eigenständiger zeitlicher und inhaltlicher Gestaltung Rechnung tragen. Denn auch ältere Menschen wollen nicht einseitig auf karitative Hilfsdienste festgelegt sein, sondern wollen sich kreativ einbringen. Voraussetzung dafür ist eine engagementfördernde Infrastruktur. Darum werden wir auch weiterhin die Arbeit der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenbüros unterstützen. Ebenso muß die Möglichkeit zur Selbstorganisation der Älteren gestärkt werden, wobei es insbesondere auf Qualifizierung und Fortbildung ankommt. Wenn wir uns die Situation anschauen, so stellen wir mit Freude fest, daß sich Seniorinnen und Senioren auch aktiv an den Hochschulen bewegen. Im vorletzten Wintersemester zum Beispiel waren 4 532 über 60jährige an den Hochschulen eingeschrieben, 11 673 nahmen als Gasthörerinnen und Gasthörer teil. Noch ist für viele Seniorinnen und Senioren die Informations- und Kommunikationstechnologie Neuland. Daher ist es nötig, die Älteren bei der Handhabung und Nutzung dieser Möglichkeiten zu unterstützen; das tun wir auch. Auch im Sport sind die Seniorinnen und Senioren ausgesprochen aktiv. 2,2 Millionen Mitglieder über 60 Jahre hat der Deutsche Sportbund im Jahre 1998 gehabt.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Frau Staatssekretärin, darf ich Sie an die Redezeit erinnern.

Dr. Edith Niehuis (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001609

Ist es schon soweit?

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Ja, Sie sind eine Minute über die Zeit.

Dr. Edith Niehuis (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001609

Lassen Sie mich trotzdem noch eines sagen. Bei all diesem Mobilitäts- und Aktivitätspotential der Seniorinnen und Senioren müssen wir natürlich auch an den Pflege- und Hilfsbedarf der Senioren denken. Längst überfällig war, daß wir in der Bundesrepublik Deutschland die bundeseinheitliche Altenpflegeausbildung auf den Weg gebracht haben. Hier hatten wir in der Tat einen Reformstau. Es ist für die Qualität von Pflegeheimen wichtig, daß der Standard, die Dauer und die Struktur der Altenpflegeausbildung in der Bundesrepublik gesichert werden. Wir werden auch in Zukunft alles daransetzen, die Qualitätsstandards von Pflege- und Altenheimen zu halten, insbesondere durch eine Novellierung des Heimgesetzes. Da Sie die Große Anfrage und die Antwort der Bundesregierung gelesen haben und ich keinen längeren einführenden Beitrag geben darf, warte ich nun auf Ihre Fragen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Ich bitte, zunächst Fragen zu dem Themenbereich zu stellen, über den soeben berichtet wurde. Als erste Fragestellerin hat die Kollegin Hannelore Rönsch von der CDU/CSU-Fraktion das Wort. Frau Rönsch, bitte.

Hannelore Rönsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001870, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, Sie haben auch heute wieder betont, daß sich die ältere Generation aktiv in unsere Gesellschaft einbringen will. Wir stimmen dem ausdrücklich zu. Wir fragen deshalb, wann die Gelegenheit geboten wird, „Senioren im Parlament“ nachzuholen. Diese Veranstaltung ist ganz kurzfristig abgesagt worden. Die Seniorenverbände haben großes Unverständnis darüber bekundet. Das Jahr der Senioren dauert noch ein paar Monate. Ist es Absicht der Bundesregierung, die Veranstaltung „Senioren im Parlament“ jetzt unmittelbar durchzuführen, damit die ältere Generation Gelegenheit hat, mit der Bundesregierung die Fragen, die sie bewegen, zu diskutieren? Eine zweite Frage. Sie haben in der Beantwortung der Fragen zu Alzheimer-/Demenzpatienten mitgeteilt, daß in erster Linie die Versorgungsforschung eine intensivere Förderung erfährt. Sie haben die Zahl bzw. die Bedeutung der Demenzpatienten in den Einrichtungen ausdrücklich angesprochen. Wir sind der Meinung, daß auch die Ursachenforschung für die Alzheimer-/ Demenzpatienten dringend erforderlich ist. Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die Grundlagenforschung weiter auszubauen?

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Frau Staatssekretärin.

Dr. Edith Niehuis (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001609

Frau Kollegin Rönsch, zu Recht sprechen Sie die wichtige Veranstaltung „Alt und Jung im Dialog mit Abgeordneten“ an. Diese Veranstaltung war, wie Sie gesagt haben, am 21. Juni geplant. Wir werden diese Veranstaltung am 29. November hier in der Hauptstadt Berlin durchführen. Ich denke, das ist eine wichtige Veranstaltung. Dann haben Sie die Demenzforschung angesprochen. Die Demenzforschung ist - das können Sie der Beantwortung der Großen Anfrage entnehmen - für uns ein Forschungsschwerpunkt. Das betrifft zum einen die Modellprojekte, zum Beispiel „Altenhilfestrukturen der Zukunft“. Da wird die Situation der Demenzkranken eine ganz besondere Rolle spielen. Die Situation der Demenzkranken wird auch eine besondere Rolle spielen, wenn es um unsere Forschung hinsichtlich PLAISIR geht: Wie können wir neue Maßstäbe bekommen? Wie hoch muß die Fachkraftquote in den Altenheimen sein? Auf diese Weise wird unser Haus sehr viel mehr Informationen bekommen, wie konkret mit der Situation der Demenzkranken, deren Zahl zunehmen wird, umgegangen werden sollte. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Wollen Sie noch einmal nachfragen, Frau Kollegin Rönsch? Bitte schön.

Hannelore Rönsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001870, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, das war nicht ganz die Beantwortung meiner Frage. Alles, was Sie eben angesprochen haben, geht in den Bereich der Versorgung von Demenzkranken. Meine Frage ging ausdrücklich in den Bereich der Ursachenforschung. Wenn wir den Anstieg der Zahl der Demenzpatienten in den Altenpflegeeinrichtungen in der Zukunft bremsen wollen, dann müssen wir an die Grundlagen, an die Ursachen gehen. Hier hätte ich gerne Perspektiven der Bundesregierung.

Dr. Edith Niehuis (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001609

Da Sie nun den Forschungsbereich im engeren Sinne ansprechen, würde ich diese Frage an das Forschungsministerium - an meinen Kollegen Catenhusen weitergeben. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Herr Staatssekretär Catenhusen, bitte.

Wolf Michael Catenhusen (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000326

Liebe Kollegin Rönsch, wir sind dabei, die Schwerpunkte des Gesundheitsforschungsprogramms der Bundesregierung neu zu setzen. Dabei wird die Alzheimer-Forschung eine besondere Rolle spielen. Ich weise aber darauf hin, daß insbesondere die molekularbiologische Forschung, etwa im Bereich Genomforschung, in Verbindung mit medizinischen Anwendungen heute das Schlüsselwissen erzeugt. In diesem Zusammenhang lernen wir sehr viel Neues über die genetischen Grundlagen und das Entstehen von Alzheimer. In diesem Bereich haben wir schon für diesen Haushalt und auch für das nächste Jahr unsere finanziellen Anstrengungen verstärkt. Sie können sicher sein, daß wir darauf achten werden, daß gerade bei der molekularbiologischen Forschung die genetischen Hintergründe gerade solcher Volkskrankheiten wie Demenzerkrankungen verstärkt untersucht werden.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Dann kommen wir zur Frage des Kollegen Gerald Weiß von der CDU/CSU-Fraktion. Bitte schön, Herr Weiß.

Gerald Weiß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003256, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, Sie haben von der Sicherung der materiellen Situation der älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger gesprochen. In diesem Zusammenhang spielt die gesetzliche Rente die entscheidende Rolle, auch im Bewußtsein der Menschen und in der tatsächlichen Haushaltssituation. Sie wollen die lohnorientierte Rentenanpassung für zwei Jahre aussetzen und eine Rentenanpassung nur noch nach der Inflationsrate zugestehen - sozusagen in einem staatlichen Interventionsakt. Darf ich Sie, weil Sie in Ihrem Bericht weitere Modernisierungen - in Anführungszeichen - für das Rentensystem androhen, fragen, ob Sie in der längerfristigen Konzeptionierung Ihrer Vorstellung von Rente wieder zu einer Lohnbezogenheit der Rente zurückkehren wollen, die seit 1957 ein Stützpfeiler des Rentensystems ist?

Dr. Edith Niehuis (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001609

Herr Präsident, wenn Sie erlauben, gebe ich diese Frage an das zuständige Ministerium, an den Kollegen Andres, weiter.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Ja. Herr Andres, bitte schön.

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Herr Kollege Weiß, wie Sie wissen, arbeitet die Bundesregierung an einer Gesamtreform der gesetzlichen Alterssicherung; sie wird im nächsten Jahr stattfinden. Wir haben in der Tat die Absicht - das ist auch schon gesetzgeberisch auf den Weg gebracht -, in den nächsten beiden Jahren die Anpassung der Renten nach der Preissteigerungsrate vorzunehmen. Es gibt die Absicht, daß die Rente ab dem Jahre 2002 wieder den Steigerungen von Löhnen und Gehältern folgt.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Weitere Frage, Herr Kollege Weiß.

Gerald Weiß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003256, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, darf ich Sie einmal fragen - weil im Bericht in bezug auf die Präsentation der längerfristigen Rentenvorstellungen der Bundesregierung ständig von Ende 1999 die Rede ist -, wie der Fahrplan genau aussieht? Wann werden Sie Ihre Konzeption vorstellen? Bleibt es bei dem, was auch in der Antwort auf die Große Anfrage angekündigt worden ist?

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Ja. Wir haben immer gesagt, daß wir die gesetzgeberische Umsetzung im Jahre 2000 vollziehen werden. Alle, die in diesem Bereich tätig sind, wissen das auch. Es gibt da also keine Veränderungen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Herr Weiß, eine weitere Zusatzfrage, bitte.

Gerald Weiß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003256, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Die Anpassung nach Inflationsrate wird bezüglich der absoluten Zuwächse, der absoluten Zahlen besonders die Bezieherinnen und Bezieher kleiner Renten negativ betreffen. Wie beurteilen Sie die Folge Ihres Interventionsaktes für die Situation der Bezieherinnen und Bezieher kleiner Renten, und wie sind die mittelbaren Wirkungen, beispielsweise auf die Sozialhilfe, einzuschätzen?

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Zunächst muß ich Sie darauf hinweisen, Herr Kollege Weiß, daß während der letzten sechs Jahre in fünf Jahren Rentenanpassungen stattgefunden haben, die unterhalb der Preissteigerungsrate lagen. Das deutet natürlich darauf hin, daß die letzten fünf Jahre - insbesondere, wenn ich Ihre Frage zugrunde legen soll - ganz verheerende Jahre für Rentnerinnen und Rentner mit kleinen Renten gewesen sein müssen. Wir sind der Meinung, daß wir - das werden wir nachher bei anderen Fragen noch einmal diskutieren - den Rentnerinnen und Rentnern die Maßnahme zumuten können, für die nächsten zwei Jahre eine Anpassung vorzunehmen, die der Preissteigerungsrate entspricht. Damit wird Lebensstandard gesichert, anders als in den letzten sechs Jahren. Wenn Sie den Bericht aufmerksam gelesen haben, werden Sie festgestellt haben, daß etwa 280 000 Menschen über 60 Jahre in der Bundesrepublik Deutschland Hilfe zum Lebensunterhalt, also Sozialhilfe, beziehen. In den Folgerungen wird dargestellt, daß sich diese Größenordnung in den letzten Jahren zurückentwickelt hat. Wir alle wissen aus den Alterseinkommensberichten der Bundesregierung, daß die Rentnerhaushalte, was ihr Eckeinkommen angeht, natürlich auf die Renten angewiesen sind, daß es aber noch eine ganze Reihe ergänzender Einkommensmöglichkeiten gibt. Von daher kann man nicht einfach schließen, daß eine bestimmte Rentenanpassungsrate automatisch dazu führt, daß mehr Rentner zu Sozialhilfeempfängern werden. Das ist eine Schlußfolgerung, die man nicht so ziehen kann, weil man sehen muß: Es handelt sich häufig um Rentnerpaare; die Rentner leben in einer Familiensituation. Sie kennen die Voraussetzungen, wenn man Hilfe zum Lebensunterhalt beziehen will. Es fließen dort auch viele andere Faktoren mit ein, die man natürlich entsprechend berücksichtigen muß.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Der Kollege Walter Link möchte direkt dazu eine Frage stellen; deswegen ziehe ich das vor. Herr Link, bitte schön.

Walter Link (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001348, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, der Herr Bundeskanzler hat in der Fernsehsendung mit Frau Christiansen am Sonntag abend gesagt, er würde am liebsten zu allen Rentnerinnen und Rentnern gehen und sich für die gemachten Versprechungen entschuldigen, die jetzt nicht eingehalten werden. Entschuldigen auch Sie sich bei allen Rentnern?

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Da ich weiß, daß dazu Dringliche Fragen für die Fragestunde, die gleich beginnt, vorliegen, habe ich eine Frage an den Präsidenten. Sollen exakt diese Fragen, die gleich, in der Fragestunde, thematisiert werden, schon jetzt thematisiert werden? Wie ist das Prozedere? ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Es ist ja die Frage gestellt worden. Es liegt bei Ihnen, wie Sie darauf reagieren.

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Ich sehe für mich keine Veranlassung, dies zu tun. Ich finde, daß das, was wir konzeptionell machen, richtig ist.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Die nächste Frage will die Kollegin Maria Eichhorn von der CDU/CSU-Fraktion stellen.

Maria Eichhorn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000449, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, Sie haben gesagt, daß auf das Erfahrungswissen der Älteren nicht verzichtet werden kann, und in Ihrer Antwort auf unsere Große Anfrage stellen Sie fest, daß die Seniorenbüros von Ihnen weiter gefördert werden sollen. Das ist zu begrüßen, weil diese Seniorenbüros, die damals unter unserer Bundesministerin Hannelore Rönsch eingerichtet worden sind, eine sehr segensreiche Einrichtung sind. Sie verweisen auch darauf, daß das Land Thüringen Mittel bereitstellt, um einen flächendeckenden Ausbau von Seniorenbüros zu ermöglichen. Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, damit dieser flächendeckende Ausbau in der gesamten Bundesrepublik ermöglicht wird? Ich habe noch eine zweite Frage. Frau Staatssekretärin, Sie haben auch hervorgehoben, daß mit zunehmendem Alter die Pflegebedürftigkeit zunimmt. In Ihrer Antwort haben Sie leider keine aktuellen Zahlen zu den Demenzkranken bringen können. Die Zahlen, die Sie nennen, sind alt. Nach Aussage derer, die mit Pflege zu tun haben, nimmt die Zahl Demenzkranker zu, und auch die Probleme, die damit verbunden sind, nehmen zu. Denkt die Bundesregierung daran, über die Pflegeversicherung die Pflege von Demenzkranken abzusichern, um so den besonderen Bedürfnissen bei der Pflege von Demenzkranken Rechnung tragen zu können?

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Frau Staatssekretärin, bitte schön. Dr. Edith Niehuis, Parl. Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Hinsichtlich der Seniorenbüros, Frau Kollegin Eichhorn, möchte ich sagen, daß das ein Modellprogramm war - Sie wissen das -, und Modellprogramme des Bundes haben nicht zum Ziel, daß wir für immer und ewig flächendeckend für die Infrastruktur in der Bundesrepublik Deutschland sorgen. Wir sind froh, daß 90 Prozent der Seniorenbüros, die gefördert wurden, eine dauerhafte Absicherung erhalten haben. In bezug auf alle anderen - das wissen Sie genausogut wie ich - bleibt die Hoffnung, daß dieses Modell von anderen übernommen wird. Die Fördermöglichkeiten des Bundes sind nun einmal so; Sie und ich wissen das. Ihre Frage nach den Demenzkranken und der Pflegeversicherung möchte ich zuständigkeitshalber an meine Kollegin aus dem Gesundheitsministerium, Frau Nikkels, weitergeben.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Wollen Sie noch eine Zusatzfrage stellen, Frau Eichhorn?

Maria Eichhorn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000449, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Zu der Frage nach den Seniorenbüros hätte ich noch eine Zusatzfrage. Unabhängig davon, daß es sich um ein Modellprojekt gehandelt hat und jetzt das Land Thüringen dankenswerterweise das Ganze flächendeckend betreiben will, könnte doch die Bundesregierung auch außerhalb von diesen Modellprojekten mit den Ländern Gespräche aufnehmen, die das Ziel haben, solche Seniorenbüros flächendeckend zu schaffen. Hat die Bundesregierung in dieser Beziehung etwas getan?

Dr. Edith Niehuis (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001609

Wie Sie wissen, sind wir mit den Ländern ständig im Gespräch, um die Infrastruktur für ältere Menschen zu verbessern. Das findet natürlich auch im Bereich der Seniorenbüros statt. Es geht da beispielsweise um die Frage: Wie kann man die ehrenamtliche Tätigkeit, das Engagement der Senioren vor Ort fördern? Insoweit bleibt der Bundesregierung, wie Sie wissen, nur dieses: animieren, motivieren. Aber eine weitere finanzielle Förderung ist, nachdem ein Modellprogramm ausgelaufen ist, leider nicht mehr möglich.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Bitte schön.

Christa Nickels (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001601

Frau Kollegin Eichhorn, wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, daß wir in dieser Legislatur intensiv prüfen, wie man die Betreuung der Demenzkranken verbessern kann. Sie wissen selber, daß man angesichts des Beitragssatzes von 1,7 Prozent sehr sorgfältig überlegen muß, wie man die Möglichkeiten, die man hat, noch verbessern kann. Das tun wir. Wir sind in intensiven Gesprächen. Wir prüfen Verbesserungen in den verschiedensten Bereichen, und zwar Möglichkeiten der Qualitätssicherung und der Optimierung im Bereich der Pflege. Natürlich spielt dabei - Sie haben das angesprochen die Frage der finanziellen Mittel eine Rolle. Von Bayern und Baden-Württemberg sind im Bundesrat entsprechende Initiativen eingebracht worden. Dabei war allerdings das Problem, daß diese Bundesländer den Finanzüberschuß von 9,7 Milliarden DM weit überschätzt haben; sie sind von 12,3 Milliarden DM ausgegangen. Wenn man grundlegend etwas ändern will, muß man sehr sorgsam planen. Schnellschüsse verträgt die Pflege nicht. Wir sind in intensiven Gesprächen, können Ihnen das Ergebnis aber noch nicht sagen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Ich lasse noch eine letzte Frage von Ihnen, Frau Eichhorn, zu.

Maria Eichhorn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000449, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Mein Frage bezieht sich speziell auf dieses Thema: Warum hat es die Bun5330 desregierung versäumt, bei der Änderung des Pflegegesetzes, die ja erst in dieser Legislaturperiode passiert ist, das zu tun, was sie sich vorgenommen hat? Sie haben zwar gerade gesagt, das müsse lange vorbereitet werden, aber ich verstehe nicht, warum Sie bei deren Beratungen die Verbesserungen in der Pflege von Demenzkranken nicht hineingenommen haben.

Christa Nickels (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001601

Wenn Sie jetzt auf den Zeitraum, in dem die neue Bundesregierung amtiert, abheben, verstehe ich Ihre Frage nicht. Wir haben das, was möglich war, getan. Sie wissen selber, daß schon in der letzten Legislaturperiode, im letzten Jahr, ein Paket und zwar einvernehmlich, mit allen Fraktionen - hätte durchgesetzt werden können. Es ist damals an Bedenken der F.D.P. gescheitert. Wir haben jetzt entsprechende Verbesserungen, die überschaubar sind und den Pflegenden - gerade den Frauen, die zu Hause pflegen maßgebliche Erleichterungen bringen, durchgesetzt und schon in diesem Frühjahr beschlossen. Das ist auf Dauer finanzierbar und etatisiert - Sie kennen das selber, Frau Eichhorn, weil Sie in diesem Bereich lange gearbeitet haben -: Die Finanzierung der Pflichtpflegeeinsätze wird durch den Träger, nicht mehr durch die zu pflegende Person selber vorgenommen; Verbesserung der Verhinderungspflege; Neuregelung der anstehenden Rückzahlung im Sterbemonat, was den Familien bisher sehr viel Ärger und Verdruß bereitet hat. All diese Punkte sind jetzt geändert worden. Das, was machbar war, haben wir jetzt durchgesetzt. Dies ist in der letzten Legislatur nicht an den jetzigen Regierungsfraktionen gescheitert. In bezug auf die Initiative von Bayern und BadenWürttemberg im Bundesrat habe ich Ihnen schon dargelegt, daß die Grundannahme völlig falsch war, die Rückstellungen waren überhöht angesetzt. Ich hatte schon eben gesagt, daß im Bereich der Demenzerkrankungen Pflegende wie Betroffene Schnellschüsse nicht vertragen. Wir haben das intensiv geprüft und beraten. Die Bundesratsinitiative wurde in die weiteren Überlegungen einbezogen, aber deren Grundannahme war nicht richtig. Sie war nicht finanzierbar. Gerade in diesem Bereich darf man nicht versprechen, was man nicht halten kann.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Als nächster Fragesteller der Kollege Wolfgang Dehnel von der CDU/CSU-Fraktion.

Wolfgang Dehnel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000366, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Frage richtet sich an den Staatssekretär Herrn Andres. Herr Staatssekretär, Ihre Kollegin hat eingangs vorgetragen und statistisch belegt, daß in der Bevölkerung der Anteil der Menschen über 60 Jahre stark ansteigt und mittlerweile schon mehr als 20 Prozent beträgt. Dies ist ein relevanter demographischer Faktor. Können Sie diesem Haus schlüssig erklären, warum Sie in Ihren Rentenplänen den demographischen Faktor nicht eingearbeitet haben und damit dieser Entwicklung nicht gerecht werden?

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Herr Andres, bitte.

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Herr Kollege Dehnel, wenn Sie die Rentendebatte der letzten Wochen verfolgt haben, dann wissen Sie, daß es bei einer künftigen Rentenreform darum gehen muß, folgende Tatbestände zu erreichen: Wir brauchen erstens eine Rentenversicherung, die auf lange Sicht angelegte, kalkulierbare Beiträge hat, die von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bezahlt werden können, und die dazu den Effekt haben, daß sie nicht so hoch sind, daß sie Beschäftigung verhindern. Zum zweiten brauchen wir ein langfristig angelegtes Rentenniveau, das eine vernünftige Versorgung über die Rentenversicherung ermöglicht. Zum dritten müssen wir sehen, wie wir in diesem Zusammenhang die Fragen Rentenanpassung, Beitragsleistung und Leistungsniveau der Rentenversicherung übereinanderbringen. Die Bundesregierung arbeitet, wie Sie wissen, an einem Konzept. Bei der Erarbeitung spielt eine Rolle, ob man eine zusätzliche private Vorsorge durch entsprechende Förderung und Unterstützung entwickeln kann, und wenn das nicht geht möglicherweise als obligatorisches Instrument. Hieran arbeiten wir und werden in dieser Richtung etwas auf den Weg bringen. Ich habe in meiner Antwort auf eine andere Frage vorhin darauf hingewiesen, daß wir in regelmäßigen Abständen Alterseinkommensberichte erstellen, auf Grund derer wir wissen, wie die Einkommenssituation der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland aussieht. Wir wissen, daß die Einkünfte aus Renten die Hauptsäule, die wichtigste Stütze bei der Altersversorgung sind. Wir wissen aber auch, daß es viele zusätzliche Einkünfte und Absicherungsmöglichkeiten gibt. Eine dieser Möglichkeiten ist eine zusätzliche private Altersvorsorge. Etwa 70 Prozent der Sozialversicherungspflichtigen in der Bundesrepublik verfügen darüber. Wir wollen alles dafür tun, um auch den restlichen 30 Prozent, die noch nicht über eine zusätzliche Vorsorge verfügen, diese zu ermöglichen. Das werden wir fördern.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Herr Kollege, ich würde Sie bitten, auf eine Zusatzfrage zu verzichten, weil sich noch so viele Redner zu Wort gemeldet haben und die Zeit der Regierungsbefragung begrenzt ist.

Wolfgang Dehnel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000366, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich habe nur eine kurze Frage.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Jeder glaubt, daß seine Frage die wesentliche Frage ist. Das liegt in der Natur der Sache. Frau Kollegin Monika Balt von der PDS-Fraktion.

Monika Balt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003030, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Frau Staatssekretärin Niehuis, die gesetzliche Rentenversicherung ist ja bekanntlich von der ökologischen Steuerreform insofern betroffen, als für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch das Sinken der Rentenversicherungsbeiträge positive Effekte entstehen. Welche Maßnahmen unternimmt die Bundesregierung, um die negativen Effekte, die für die Rentnerinnen und Rentner aus der ökologischen Steuerreform entstehen - ich denke an die Erhöhung der Strompreise und an die Erhöhung der Preise im öffentlichen Personennahverkehr -, auszugleichen?

Dr. Edith Niehuis (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001609

Da Sie eine Frage zur Steuer gestellt haben, gebe ich weiter an meine Kollegin Frau Hendricks. Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staassekretärin beim Bundesminister der Finanzen: Frau Kollegin, die erhöhten Preise, die durch die Ökosteuer entstehen können, gehen selbstverständlich in die Berechnung der Inflationsraten ein. Die Anpassung der Renten in Höhe der Inflationsrate berücksichtigt also diese Entwicklung. Darüber hinaus darf ich darauf hinweisen, daß die Bundesregierung an anderer Stelle für Entlastungen gesorgt hat, die insbesondere älteren Bürgerinnen und Bürgern zugute kommen, wie zum Beispiel die Absenkung der Zuzahlungen im Medikamentenbereich. ({0}) - Es handelt sich in der Tat nur um Markbeträge. - Aber auch bei der Zusatzbelastung durch die Ökosteuer handelt es sich um Markbeträge. Es gibt sehr viele Rentnerhaushalte, in denen kein Pkw vorhanden ist. Diejenigen Rentner, die einen Pkw besitzen, fahren im Regelfall nicht viel: Die durchschnittliche Fahrleistung liegt bei unter 10 000 Kilometern. Die Mehrbelastung beträgt hier weniger als 5 DM pro Monat. Die Strompreise sinken nicht auf Grund unserer politischen Aktivitäten, sondern auf Grund der Entwicklungen auf dem Strommarkt. Hier findet also ein Ausgleich statt.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Als nächstem Fragesteller gebe ich dem Kollegen Andreas Storm von der CDU/CSU-Fraktion das Wort. Ich weise darauf hin, daß noch fünf Minuten für die Regierungsbefragung verbleiben.

Andreas Storm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002811, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Ich habe eine Nachfrage an Herrn Staatssekretär Andres. Herr Staatssekretär, Sie haben in Ihrer Antwort auf die Frage des Kollegen Weiß darauf hingewiesen, daß es in den letzten Jahren Situationen gab, daß die Rentenanpassung unterhalb der Preissteigerungsrate lag. Wenn man einmal beiseite läßt, daß bei einer lohnbezogenen Rente die Kaufkrafterhaltung der Rente eigentlich kein Maßstab sein sollte, frage ich Sie, wie Sie zu folgendem Sachverhalt stehen: Nach den Vorgaben der Bundesregierung gehen Sie davon aus, daß sich der Preisauftrieb im nächsten Jahr auf 1,6 Prozent beschleunigt. Das steht in den Erläuterungen zum Haushaltsgesetzentwurf. Wenn nun den Rentnern eine Anpassung ihrer Renten in der Größenordnung der Inflationsrate dieses Jahres von 0,7 Prozent gewährt wird, bedeutet das, daß sie einen Realeinkommensverlust von fast einem Prozent haben. Das heißt, daß das von Ihnen selbst vorgegebene Ziel der Kaufkrafterhaltung der Renten im nächsten Jahr weit verfehlt wird. Wie stehen Sie zu diesem Sachverhalt vor dem Hintergrund des von Ihnen selbst gesetzten Maßstabes für die nächste Rentenanpassung?

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Herr Abgeordneter Storm, zunächst einmal will ich Ihnen sagen - das wissen Sie ja -, daß wir in diesem Jahr den demographischen Faktor ausgesetzt haben. Ich fand in Ihrer Fragestellung übrigens die Aussage sehr bemerkenswert, daß der Kaufkrafterhalt bei der Rente nicht so wichtig oder nicht die zentrale Frage sei. Wenn wir das nicht gemacht hätten, wäre - wie Sie selbst wissen - in diesem Jahr die Rentenanpassung um 0,55 Prozentpunkte niedriger ausgefallen. Wie Sie selbst ebenfalls wissen, ist jede Rentenanpassung immer auf einen vorherigen Zeitraum bezogen. Die Rentenanpassung bezieht sich also auch auf die Preissteigerungsrate im Vorjahr. Das ist so. Insofern bewegen wir uns hier innerhalb der Systematik. Ich sage Ihnen noch einmal: In fünf der letzten sechs Jahre lagen die Rentenanpassungen deutlich unter den Preissteigerungsraten. Nur in einem einzigen Jahr lag sie höher. Ich kann verstehen, daß Ihnen das nicht so besonders gefällt. Aber es ist so. Wir werden das in den nächsten zwei Jahren entsprechend ändern.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Als nächster Fragestellerin gebe ich der Kollegin Erika Reinhardt von der CDU/CSU-Fraktion das Wort.

Erika Reinhardt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001811, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, ich möchte auf die Hospizbewegung zu sprechen kommen und habe dazu eine Frage. Wir sind uns sicher darin einig, daß das Ehrenamt gerade in der Hospizbewegung eine wesentliche Rolle spielt. Mich würde in diesem Zusammenhang interessieren, welche Maßnahmen die Bundesregierung ergreifen will, um diese Arbeit zu stärken und zum Beispiel Angebote wie die Supervision zu unterstützen. Ich habe noch eine zweite Frage. Darf ich sie gleich anschließen? Sie betrifft den gleichen Bereich.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Bitte schön.

Erika Reinhardt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001811, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Im zweiten Teil Ihrer Antwort auf die Frage 68 in der Großen Anfrage gehen Sie darauf ein, wie wichtig es ist, daß ein Bewußtseinswandel in der Gesellschaft, in der Bevölkerung dahingehend erfolgt, daß man sich mit dem Sterben mehr auseinandersetzt. Mich würde interessieren, wie Sie die ge5332 sellschaftliche Diskussion über das Thema Sterben anregen wollen, was Sie konkret tun wollen, damit die Hospizbewegung mehr an Bedeutung gewinnt.

Dr. Edith Niehuis (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001609

Wenn Sie erlauben, gebe ich an die Kollegin aus dem Gesundheitsministerium weiter.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Frau Nickels, bitte schön.

Christa Nickels (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001601

Schönen Dank für die Frage, Frau Kollegin. Sie sprechen ein ganz wichtiges Anliegen an. In diesem Bereich ist im Grunde durch intensives Engagement von Menschen, die sich mit dem Sterben auseinandersetzen, sehr viel für die Sterbenden getan haben und sich auch ein sehr großes Fachwissen erworben haben, eine Lücke gefüllt worden. Zum ersten Punkt: Es gibt eine bundesweite Vereinigung für Hospiz, die, seit die neue Bundesregierung im Amt ist, in intensiven Gesprächen mit uns steht. Sie haben uns ihre Probleme vorgetragen. Sie bestanden unter anderem darin, daß sie auf der Grundlage des geltenden Rechts Probleme mit den Trägern hatten. Wie Sie ja wissen, hat der frühere Minister Seehofer eine Regelung vor allen Dingen für die stationäre Betreuung und die Hospize geschaffen, die davon ausgeht, daß unter bestimmten, eng umschriebenen Bedingungen eine Förderung möglich ist, vorausgesetzt, 10 Prozent der Arbeit wird ehrenamtlich getan, weil darin auch diese ganz besondere Verknüpfung mit den Wertefragen und die Hinwendung zu den Betroffenen zum Ausdruck kommt. Das ist aber in den Wohlfahrtsverbänden nicht allgemein angenommen worden. Es gab Probleme, da einige Träger auf Bundesebene - zu meinem Bedauern auch gerade im kirchlichen Bereich - diese Regelung einfach nicht akzeptieren wollten und dies auch heute noch nicht wollen. Wir haben vor diesem Hintergrund viele Gespräche geführt. Wir hatten zu diesem Thema im Juli eine sehr große Runde mit den Verbänden, auch mit den entsprechenden Krankenkassen und den Kassen, die da mit in Leistung treten, aber eben auch mit den Wohlfahrtsverbänden, die oft Träger der Hospizarbeit sind. Wir sind dabei, in intensiven Gesprächen auszuloten, wie man einmal diese Selbstblockaden ausräumen kann und wie man insgesamt auf diesem Gebiet weiterkommen kann. Wenn Sie sich dafür interessieren, bin ich gerne bereit, Ihnen dazu auch noch weitere Informationen zu geben. Zum zweiten Punkt, den Sie ansprachen: Es wird sehr viel von Selbsthilfe getragen. Diese haben wir in unserem Gesetzentwurf zur Gesundheitsreform ausdrücklich mit verankert. Wir sehen darin die Möglichkeit vor, daß Prävention und Selbsthilfe - dazu gehört auch die Selbsthilfe im Bereich der Betreuung Sterbender - jetzt auch von den Krankenkassen gefördert werden können. Das ist ein sehr wichtiger Punkt. Ich hoffe, daß er Bestand hat und auch umgesetzt werden kann. Zum dritten Punkt: Sie fragen, wie denn die Bundesregierung, die die Zuständigkeiten auf Bundesebene hat, den Bewußtseinsbildungsprozeß vorantreiben kann. Wir arbeiten bei uns im Haus intensiv an der ganzen Thematik, die die Parlamentarier unter dem Stichwort Bioethik kennen. Sie wissen ja, daß die Bioethikkonvention sehr, sehr viel Engagement bei den Abgeordneten ausgelöst hat und intensive Fachdiskussionen zu ganz verschiedenen Bereichen in Gang gesetzt hat, unter anderem eben auch zum Bereich Sterben und zum Bereich Sterbehilfe, wozu wirklich noch viel Regelungs- und Diskussionsbedarf besteht. Wir haben vorgesehen, daß wir dazu im Frühjahr nächsten Jahres von unserem Ministerium aus einen großen Kongreß unter Beteiligung der freien Träger durchführen wollen. Wir wollen dazu begründete Leitfragen erarbeiten, um sie als Anstoß in die Debatte einzubringen. Wir sind im Haus in intensiven Arbeitsgesprächen, wie wir dieses Anliegen auf vielfältige andere Weise auch zusammen mit dem Parlament voranbringen können. Wir befinden uns also schon in der Phase der intensiven Vorbereitung. Der nächste größere Fixpunkt ist der Kongreß im Frühjahr 2000.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Wir haben die Zeit für die Befragung der Bundesregierung schon um einige Minuten überzogen. Ich beende nun den Themenbereich der heutigen Kabinettssitzung. Ich würde noch eine Frage zu einem anderen Themenbereich zulassen, wenn es eine solche gäbe. ({0}) Wenn es keine weitere Frage gibt, dann beende ich die Befragung der Bundesregierung. Vielen Dank. Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf: Fragestunde - Drucksachen 14/1705, 14/1712 Ich rufe zunächst den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung auf. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Gerd Andres zur Verfügung. Zuerst rufe ich die Frage Nummer 1 der Abgeordneten Birgit Schnieber-Jastram auf: Von welchen Berechnungen ist Bundeskanzler Schröder ausgegangen, als er in der ARD-Sendung ,,Sabine Christiansen“ am 3. Oktober 1999 bezugnehmend auf den Bruch des Versprechens vom Februar 1999, daß die Renten auch zukünftig entsprechend der Nettolohnentwicklung steigen werden, sagte: ,,Ich habe das seinerzeit auf dem Hintergrund von Berechnungen gesagt, die ich für zutreffend hielt. Und das war ein Irrtum. Das habe ich einzugestehen.“ Herr Andres, bitte schön.

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Frau SchnieberJastram, ich möchte, wenn Sie gestatten, beide Fragen zusammen beantworten, weil sie in einem Zusammenhang stehen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Dann rufe ich zusätzlich die Frage Nummer 2 der Abgeordneten Birgit Schnieber-Jastram auf: Inwieweit haben sich diese Berechnungen der Bundesregierung als Irrtum erwiesen?

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Ich beantworte die Frage wie folgt: Bundeskanzler Gerhard Schröder hat sich zu der Frage von Frau Christiansen geäußert, ob durch die an der Preissteigerungsrate orientierte Rentenanpassung in den Jahren 2000 und 2001 das Wahlversprechen gebrochen worden sei, die Renten wieder an die Nettolöhne anzukoppeln. Grundlage für die Aussagen des Bundeskanzlers im Wahlkampf waren die im Jahre 1998 vorliegenden Daten zur gesetzlichen Rentenversicherung, die dem Rentenversicherungsbericht der alten Bundesregierung, Bundestagsdrucksache 13/1190 vom 17. Juli 1998, zu entnehmen waren. In der Mittelfristrechnung bis 2002 ist im Rentenversicherungsbericht ein Beitragssatz von 20,2 Prozentpunkten nachgewiesen, der sich bei Herausnahme des demographischen Faktors auf 20,4 Prozent erhöht. Der Bundeskanzler hat auf die Korrektheit der Zahlen des Rentenversicherungsberichts der alten Regierung vertraut. ({0}) Inzwischen hat sich herausgestellt, daß nach dem Rechtsstand des Rentenreformgesetzes 1999 - einschließlich des demographischen Faktors und unter Berücksichtigung der von der alten Bundesregierung vorgesehenen Steuerreform - der Beitragssatz im Jahre 2001 bereits bei 21 Prozent und im Jahre 2002 bei 21,5 Prozent gelegen hätte. Dies hat zum Handeln gezwungen. Das heißt konkret: Erst im Laufe dieses Jahres hat sich herauskristallisiert, daß ohne einen Beitrag der Rentnerinnen und Rentner die notwendige Senkung und Stabilisierung des Beitragssatzes in der Rentenversicherung nicht verwirklicht werden könnten. Der Beitrag der Rentnerinnen und Rentner hilft, die Lohnnebenkosten dauerhaft niedrig zu halten sowie die gesetzliche Rentenversicherung zu stabilisieren und zukunftsfest zu machen. Der Bundeskanzler hat sich in dem Gespräch mit Frau Christiansen ausdrücklich für die Enttäuschungen entschuldigt, die dadurch verursacht worden sind, daß in den Jahren 2000 und 2001 die Renten - vorübergehend - nur in Höhe der Preissteigerungsrate angehoben werden. Es ist ein Zeichen politischer Handlungsfähigkeit, aus der Analyse der Situation die richtigen Konsequenzen zu ziehen. Eines darf in der Diskussion nicht vergessen werden: Nach wie vor hält die Bundesregierung grundsätzlich daran fest, die Entwicklung der Renten an die Entwicklung der Nettolöhne anzupassen. Demgegenüber würde der von der alten Bundesregierung vorgesehene demographische Faktor die Renten auf viele Jahre von der Anpassung an die Lohnentwicklung abkoppeln, weil die Renten in jedem Jahr um 0,5 Prozent gekappt würden. Unser Konzept beinhaltet dagegen, nach zwei Jahren zu dem Grundsatz der nettlohnbezogenen Rentenanpassung zurückzukehren. Damit leisten die Rentnerinnen und Rentner den notwendigen Beitrag zur Stabilisierung der Generationensolidarität. Außerdem darf bei der Diskussion eines nicht vergessen werden: Unser Konzept zielt darauf ab, die Kaufkraft der Rentnerinnen und Rentner für zwei Jahre zu sichern. Die Erhaltung der Kaufkraft war bei der alten Regierung keineswegs die Regel, sondern die Ausnahme. So haben sich zum Beispiel die Rentenerhöhungen im Vergleich zu den Preissteigerungsraten in den alten Bundesländern von 1995 bis 1998 wie folgt entwickelt: 1995 wurden die Renten effektiv um 0,07 Prozent erhöht. Die Preissteigerungsrate lag bei 1,9 Prozent. 1996 wurden die Renten um 0,46 Prozent angehoben. Die Preissteigerungsrate lag bei 1,3 Prozent. 1997 wurden die Renten um 1,65 Prozent erhöht. Die Preissteigerungsrate lag bei 2,3 Prozent. 1998 wurden die Renten um 0,39 Prozent angehoben. Die Preissteigerungsrate lag bei 1,4 Prozent. Einen Kaufkraftzuwachs gibt es erst in diesem Jahr wieder, und zwar vor allem deshalb - darauf habe ich vorhin schon hingewiesen -, weil wir den demographischen Faktor der alten Regierung ausgesetzt haben.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Frau Schnieber-Jastram, möchten Sie eine Zusatzfrage stellen? - Bitte schön.

Birgit Schnieber-Jastram (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002785, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ich bin von Ihnen sonst die freie Rede gewohnt. Heute war dies anders. Ich möchte meine Frage stellen: Ich hätte gern gewußt, warum die Bundesregierung der Öffentlichkeit nicht zu einem früheren Zeitpunkt vermittelt hat, daß die Berechnungen, von denen Bundeskanzler Schröder bei seinem Versprechen, die Renten würden auch zukünftig an die Nettolohnentwicklung angepaßt, ausgegangen ist, falsch sind.

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Frau SchnieberJastram, die Position war abgestimmt. Deshalb habe ich es für sinnvoll gehalten, sie auch so vorzutragen. Ich kann Ihnen die Position wiederholen, wenn Sie es möchten. Wir sind von den Zahlen des Rentenberichts des vergangenen Jahres ausgegangen. Diese habe ich Ihnen vorgetragen. Sie sind in Ihrer Frage von einer falschen Voraussetzung ausgegangen, wie ich finde. Ich möchte ganz offen sagen: Der Bundeskanzler hat in der ARD-Sendung „Sabine Christiansen“ die Größe aufgebracht, ({0}) zu sagen: Jawohl, wir haben uns getäuscht. Wir revidieren das. - Sie hätten nach meiner Auffassung eine ganze Menge nachzuholen, wenn Sie sich anschauen, was Sie im Bereich der Rentenversicherung angerichtet haben.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Frau Schnieber-Jastram, möchten Sie eine weitere Zusatzfrage stellen?

Birgit Schnieber-Jastram (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002785, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie antworten derart ausweichend, daß ich die Frage stellen muß: Haben Sie dem Bundeskanzler die falschen Zahlen vorgelegt?

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Frau SchnieberJastram, ich weise Sie noch einmal auf den Rentenversicherungsbericht und auf die reale Entwicklung hin. Der Kernpunkt in der Auseinandersetzung ist, daß wir nach dem Rentenreformgesetz und nach den Steuererleichterungen in einer Situation gewesen wären, daß wir, wenn wir nicht eingegriffen hätten, im Jahr 2001 bei einem Rentenversicherungsbeitrag von 21 Prozent und im Jahr 2002 bei einem noch höheren Rentenversicherungsbeitrag gewesen wären. Ich habe vorhin in einem anderen Zusammenhang schon einmal deutlich gemacht: Wir sind der Auffassung, daß eine solche Entwicklung nicht hingenommen werden kann. Wir müssen sehen, daß wir ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Beitragszahlung, der Höhe der Rente und dem, was jeder Bereich hinzuzufügen hat, bekommen. Die Anpassung entsprechend der Preissteigerungsrate ist in der Tat der Beitrag der Rentnerinnen und Rentner zur langfristigen Stabilisierung des Systems. Wenn Sie noch einmal fragen, dann werde ich die Zahlen wieder so vortragen, wie ich es eben getan habe. Diese Zahlen sind die Ausgangsbasis dessen, womit wir kalkuliert haben. Als wir dies festgestellt haben, haben wir entsprechende Korrekturen vorgenommen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß zu diesem Komplex bereits sieben weitere Fragen angemeldet sind. Ich bitte die Fragesteller, darauf zu achten, daß sich nicht zu viele Wiederholungen ergeben. Als nächstes hat Hannelore Rönsch das Fragerecht.

Hannelore Rönsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001870, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, werden sich noch weitere Mitglieder des Kabinetts bei den Rentnern entschuldigen? Mir liegt der Brief eines Wiesbadener Bürgers vor. Ihm hat eine Ministerin nicht nur einen vorgefertigten Brief geschickt, sondern auf diesem Brief vom 16. Dezember auch noch handschriftliche Anmerkungen gemacht, daß sie sich für die Nettolohnbezogenheit der Rente verbürgt und daß dadurch in den nächsten Jahren weitere Erhöhungen der Rente stattfinden. Gibt es noch weitere Entschuldigungen?

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Frau Rönsch, ich weiß nicht, was für Briefe Ihnen vorliegen. ({0}) Sie können sich vorstellen, daß auch wir im Bundesarbeitsministerium eine Menge Briefe bekommen. Ich möchte auf meine Antwort von eben zurückkommen. Selbstverständlich werden wir zur nettolohnbezogenen Rentenanpassung zurückkommen. Diese Anpassung setzen wir lediglich für zwei Jahre aus. Dazu hat sich der Bundeskanzler entsprechend geäußert.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Nächster Fragesteller ist Johannes Singhammer.

Johannes Singhammer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002800, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, der Bundeskanzler hat eingeräumt, Opfer eines Irrtums geworden zu sein. Weitere Opfer dieses Irrtums des Bundeskanzlers sind die 18 Millionen Rentnerinnen und Rentner, die auf seine Ankündigung vertraut haben. Ich erlaube mir in diesem Zusammenhang die Zusatzfrage: Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen, um Irrtümer künftig auszuschließen, damit es nicht zu einer Kette von Irrtümern kommt?

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Herr Abgeordneter Singhammer, wir beide gehören schon längere Zeit diesem Parlament an und kennen die Geschichte. Vor dem Rentenreformgesetz 1999 mußten wir im vorigen Jahr gemeinsam heftige Anstrengungen unternehmen, um den Rentenversicherungsbeitrag überhaupt bei 20,3 Prozent zu stabilisieren. Es war unter anderem der heutige Bundeskanzler, der in seiner Rolle als Ministerpräsident über den Bundesrat dafür gesorgt hat, daß ein zusätzlicher Bundeszuschuß möglich wurde, damit nicht schon zum damaligen Zeitpunkt der Rentenversicherungsbeitrag bei 21 Prozent oder mehr landen mußte. Ich sage Ihnen noch einmal ganz ruhig und sachlich: Nach den uns vorliegenden Berechnungen wären wir im Falle der Beibehaltung des Rentenreformgesetzes plus Anwendung des demographischen Faktors einschließlich der Steuerreform im Jahr 2001 bei einem Versicherungsbeitrag von 21 Prozent und im Jahr 2002 bei einem noch höheren Versicherungsbeitrag angekommen. Im Gegensatz zu all Ihren Ankündigungen, die Sie während der 16 Jahre Ihrer Regierungsverantwortung gemacht haben, haben wir die gesetzlichen Lohnnebenkosten und den Rentenversicherungsbeitrag gesenkt. Wir werden nicht zulassen, daß er weiter ansteigt. Das hat umgekehrt zur Folge, Herr Abgeordneter Singhammer, daß wir uns selbstverständlich Gedanken darüber machen müssen, wie wir auf längere Sicht, gerechnet bis zum Jahre 2020, 2022 oder 2023, in der Rentenversicherung ein Leistungsniveau erreichen können, das - bei vernünftigen, bezahlbaren und kalkulierbaren Beiträgen etwa bei 67 Prozent liegt. Wir haben nämlich auch eine Verpflichtung gegenüber den Jüngeren, die jetzt relativ hohe Beiträge bezahlen müssen. Ihnen muß man im Gegenzug zusichern, daß auch sie entsprechende Leistungen erhalten werden. All dies haben wir getan. Ich hielt das für vernünftig und richtig. Was in diesem Zusammenhang zur Finanzierungsgrundlage gesagt werden mußte, ist gesagt worden.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Als nächstem Fragesteller gebe ich das Wort dem Kollegen Franz Romer von der CDU/CSU-Fraktion.

Franz Romer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001879, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär Andres, Sie haben bezüglich der Zahlen für die Berechnung der Rente eine Reihe von Irrtümern eingeräumt. ({0}) Können Sie bestätigen, da es die Ihnen jetzt vorliegenden Zahlen ermöglichen, daß die Renten in zwei Jahren wieder so steigen wie die Nettolöhne?

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Entschuldigen Sie, aber das habe ich in meiner Antwort eben schon gesagt. Ich kann das aber gerne noch einmal wiederholen: Wir werden nach den zwei Jahren, in denen die Rente entsprechend der Preissteigerungsrate steigt, wieder dazu zurückkehren, daß die Rentenanpassung den Lohn- und Gehaltssteigerungen entspricht. Das ist eine völlig klare Sache. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zur nächsten Frage erteile ich dem Kollegen Thomas Strobl das Wort.

Thomas Strobl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003243, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, gibt der durch falsche Berechnungen verursachte Irrtum des Bundeskanzlers derzeit der Bundesregierung Veranlassung zu überprüfen, ob auch andere gesetzgeberische Neuregelungen im Bereich des Sozialversicherungsrechts - beispielsweise die Neuregelungen der 630-Mark-Beschäftigungsverhältnisse oder bei der Scheinselbständigkeit - auf falschen Berechnungen der Bundesregierung beruhen?

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Ich will noch einmal wiederholen, daß es nicht um falsche Berechnungen geht. ({0}) - Sie können hier alle lachen, aber ich werde es bei jeder Frage aufs neue wiederholen. - Ihre famose Koalition hat eine Rentenreform durchgeführt, die dazu führte, daß es nur mit großen Anstrengungen möglich war, den Rentenversicherungsbeitrag bei 20,3 Prozent zu stabilisieren. Wir haben Maßnahmen eingeleitet, durch die der Rentenversicherungsbeitrag auf 19,5 Prozent gesenkt werden konnte. Wenn wir das Rentenreformgesetz so übernommen und den Demographiefaktor nicht ausgesetzt hätten, dann wäre - ausgehend vom Rentenversicherungsbericht des letzten Jahres und unter Berücksichtigung der von Ihnen geplanten Steuerreform - im Jahr 2001 ein Rentenversicherungsbeitrag von 21 Prozent notwendig geworden. ({1}) - Daß Sie das nicht wissen, weiß ich. Sie sind ja neu in diesem Hause. - Es waren vielmehr Sie, die von falschen Berechnungen ausgegangen sind und uns damit in diese schwierige Situation gebracht haben, in der wir völlig richtig gehandelt haben. Wir haben nämlich den Versicherungsbeitrag abgesenkt, den demographischen Faktor ausgesetzt und ({2}) - ich komme doch gleich noch auf alles; aber ich muß es Ihnen doch erklären, weil Sie neu im Hause sind ({3}) die Auswirkungen der EU- und BU-Rentenreform, die nächstes Jahr anstehen, begrenzt. Bedingung dafür war, daß wir in diesem Jahr die Eckpunkte einer Rentenreform vorstellen und sie im nächsten Jahr insgesamt umsetzen werden. Auf Ihre Frage nach den 630-Mark-Arbeitsverhältnissen möchte ich Ihnen nur sagen, daß entgegen den vorsichtigen Kalkulationen, die wir beim Gesetzgebungsverfahren zugrunde gelegt haben, deutlich mehr Beiträge sowohl in die Kranken- als auch Rentenversicherung gezahlt werden. Das trägt mit dazu bei, das Rentenversicherungssystem zu stabilisieren. Nicht nur das: Wir halten die 630-Mark-Regelung auch deshalb für vernünftig, weil man einem Wildwuchs von nicht sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen entgegenwirken muß. Dafür muß sich auch keiner entschuldigen. ({4}) Wir werden das auch nicht ändern. Das sollten Sie ganz klar so sehen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Nächster Fragesteller ist der Kollege Wolfgang Meckelburg.

Wolfgang Meckelburg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001452, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich hatte eben den Eindruck, daß Sie die Erhöhung der Rente im nächsten und übernächsten Jahr nur auf der Basis der Inflationsrate damit begründen, daß in den letzten Jahren die Inflationsrate höher lag als der Prozentsatz, um den die Renten wirklich gestiegen sind. Welche Logik steckt dahinter, das Rentensystem, nachdem die InflaParl. Staatssekretär Gerd Andres tionsrate jahrelang systembedingt etwas höher lag als der Rentenausgleich, gerade in den Jahren, wo ein Ausgleich gelingen würde, nämlich im nächsten Jahr und im übernächsten Jahr, zu ändern und die Rentenerhöhung einfach zu kappen? Woher haben Sie den Mut, jetzt, wo es zu einem Plus käme, was in den letzten fünf Jahren nicht der Fall war, aus diesem System auszusteigen? Ich finde, das ist nicht logisch. Man kann nicht einerseits beklagen, daß es so war, aber in dem Moment, wo es ein Plus wird, sagen, jetzt machen wir es gesetzlich mit staatlichem Eingriff und Rente nach Kassenlage.

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Herr Meckelburg, ich muß sagen: Sie sind viel zu sehr Fachmann, um die Frage in dieser Art und Weise überhaupt stellen zu können. ({0}) Es geht nicht nur darum, sich anzuschauen, was wir im Bereich der Rentensteigerung, also der Rentenanpassung, tun. Wie Sie wissen, haben wir auf gesetzgeberischem Weg eine ganze Palette von Maßnahmen in der Rentenversicherung umgesetzt. Lassen Sie mich in Klammern sagen: Ihr ehemaliger Bundesarbeitsminister Blüm hätte sich doch ein Loch ins Knie gefreut, wenn er die Familienleistungen aus der Steuer ersetzt bekommen hätte. Es hat doch in Ihrer Partei eine Diskussion darüber gegeben, die familienbezogenen Leistungen anders zu ersetzen. Wir haben - das gehört alles zu dem Gesamtpaket in der Zwischenzeit sichergestellt, daß es über die Einnahmen aus der Ökosteuerreform reale Beitragsleistungen für Kindererziehungszeiten gibt, was es vorher nicht gab. Das macht im kommenden Jahr rund 22 Milliarden DM aus. Wir ersetzen Folgen aus der einheitsbedingten Veränderung der Rentenversicherung, Auffüllbeträge und ähnliches, aus der Steuer, was immerhin noch 2,5 Milliarden DM ausmacht. Insofern gibt es natürlich, was die langfristige Situation der Rentenversicherung angeht, relativ unterschiedliche Komponenten. Es gibt einen höheren Bundeszuschuß, es gibt reale Beitragszahlungen für bestimmte Leistungen, die es bisher nicht gegeben hat, es gibt für zwei Jahre eine veränderte Anpassung. Wenn man dieses Gesamtpaket mit entsprechenden Änderungen in der Rentenversicherung insgesamt umgesetzt hat, gehen wir guten Mutes und sehr ernsthaft davon aus, daß wir nach zwei Jahren zur nettolohnbezogenen Anpassung der Renten zurückkehren können. Das war Ihre Frage, und ich habe Ihnen nun begründet, warum wir so vorgehen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Ich habe jetzt noch fünf Fragen zu diesem Komplex. Ich bitte um Verständnis, daß ich weitere Fragen nicht mehr zulasse. Der nächste Fragesteller ist der Kollege Andreas Storm.

Andreas Storm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002811, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich habe zwei Fragen an Herrn Staatssekretär Andres.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine Frage, bitte. ({0}) - Entschuldigung, Herr Staatssekretär, die Geschäftsleitung habe ich. Ich habe die Frage von Herrn Storm zugelassen.

Andreas Storm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002811, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie haben vorhin ausgeführt, der Bundeskanzler habe auf der Basis der Angaben des Rentenversicherungberichts aus dem Jahr 1998 seine Angaben über die nettolohnbezogene Rentenanpassung im nächsten Jahr gemacht. Nun hat die neue Mehrheit unmittelbar nach der Bundestagswahl ein Steuerreformgesetz in den Bundestag eingebracht, das in den ersten Monaten dieses Jahres verabschiedet worden ist, das in einer Größenordnung von 0,8 Beitragssatzpunkten Rückwirkungen auf die Rentenversicherung hat. Das heißt, durch die von Ihnen beschlossene Steuerreform steigt der Rentenversicherungsbeitrag um 0,8 Prozentpunkte stärker, als dies im Rentenversicherungsbericht 1998 ausgewiesen werden konnte, weil damals diese Reform noch nicht vorlag. Hat diesen Sachverhalt, die Auswirkungen der Steuerreform auf die Rentenversicherungsfinanzen, der Bundesarbeitsminister dem Bundeskanzler vorenthalten?

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Nein, der Bundesarbeitsminister hat dem Bundeskanzler überhaupt nichts vorenthalten, sondern ich möchte unabhängig davon für Sie wiederholen: Auf der Grundlage geltenden Rechts, Rentenreformgesetz 1999, bei Beibehaltung des Demographiefaktors und Umsetzung einer Steuerreform, die Sie genauso vorhatten - wenn Sie die Wahl gewonnen hätten, hätten Sie die Steuerreform versucht, so umzusetzen, wie Sie sie entworfen hatten -, wäre das Ergebnis gewesen, daß der Rentenversicherungsbeitrag im Jahr 2001 auf 21 Prozent und im darauffolgenden Jahr weiter angestiegen wäre. Eine solche Ausgangsposition kann nicht gewollt sein - die wollten wir auch nicht -, so daß wir auf der Grundlage dessen die erforderlichen Korrekturen vornehmen mußten, die wir entsprechend angekündigt und auch schon ins Gesetzgebungsverfahren eingebracht haben.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Nächste Frage, der Kollege Julius Louven.

Julius Louven (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001378, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär Andres, als Rechtfertigung für die von Ihnen geplanten Rentenkürzungen haben Sie soeben die Anpassungssätze der letzten Jahre vorgetragen. Ist es nicht richtig, daß diese Anpassungssätze auf Grund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages, nämlich auf Grund der Rentenreform von 1989, die Sie mitgetragen haben, zustande gekommen sind, und ist es nicht weiter richtig, daß Sie Maßnahmen, insbesondere das Gesetz für mehr Wachstum und Beschäftigung, die wir im vorigen und im vorvorigen Jahr durchgeführt haben, um den Beitragssatz zu stabilisieren, abgelehnt haben?

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Es ist einerseits richtig, daß wir in diesem Zusammenhang Beschlüsse mitgetragen haben. Denn wir haben beispielsweise die Rentenreform von 1992 gemeinsam beschlossen. Das ist nicht zu bestreiten. Andererseits haben wir eine Reihe von Maßnahmen, die Sie in der letzten Legislaturperiode auf den Weg gebracht haben, zum Beispiel das Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz, abgelehnt. Aber das hat nichts mit der Auseinandersetzung, über die wir hier sprechen, zu tun. Herr Kollege Louven, Tatbestand ist aber, daß wir unabhängig davon, wer die Mehrheit bildet bzw. der Gesetzgeber ist, in Zukunft darauf achten müssen, ein vernünftiges Verhältnis zwischen Beitragsleistung und Rentenleistungsniveau zu erzielen und die Rente zukunftsfest zu machen. Ich bin fest davon überzeugt, daß wir eine Menge Tatbestände auf den Weg gebracht haben, mit denen wir erreicht haben, daß einerseits die Rentenversicherung entgegen früheren Zeiten vernünftiger finanziert wird, weil ihr Beitragsleistungen erstattet werden, die entsprechend finanziert werden müssen, und wir andererseits durch eine veränderte Rentenanpassung in den nächsten zwei Jahren die Chance erhalten, dieses System auf eine vernünftige Grundlage zu stellen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Nächste Frage, Kollege Dirk Niebel.

Dr. h. c. Dirk Niebel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003198, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, die ursprüngliche Fragestellung bezog sich auf den Irrtum des Bundeskanzlers, der festgestellt hat, daß die nettolohnbezogene Rente sicher sei. Sie sagten, daß diese Aussage auf Grund eines Berechnungsfehlers getroffen worden ist. In der Debatte um die Änderung der 630-DMBeschäftigungsverhältnisse sind Sie in der Begründung zu dem entsprechenden Gesetzentwurf hinsichtlich dieser Beschäftigungsverhältnisse von einer Größenordnung von 5 bis 6 Millionen ausgegangen. Vor zirka zwei Sitzungswochen hat Arbeitsminister Walter Riester in diesem Hause mit Freude festgestellt, daß 2,4 Millionen dieser Beschäftigungsverhältnisse angemeldet worden sind. Das heißt, 3,6 Millionen dieser Beschäftigungsverhältnisse, die Sie in Ihre Rentenbeitragsberechnung einbezogen hatten, sind weggefallen. Wie hoch schätzen Sie die Wahrscheinlichkeit ein, daß im Bundestagswahljahr 2002 nach der Rückkehr zur nettolohnbezogenen Rente ein weiterer Berechnungsfehler auftritt? ({0})

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Ich möchte zunächst etwas zu den von Ihnen genannten Zahlen hinsichtlich der 630-DM-Verhältnisse sagen; denn sie sind nicht ganz korrekt. Nach den Untersuchungen, die wir vorliegen hatten und die noch die alte Bundesregierung veranlaßt und deren Ergebnisse sie hier im Parlament dargestellt hatte, ist man davon ausgegangen, daß es etwa 5,6 Millionen geringfügige Beschäftigungsverhältnisse gibt. Davon sind etwa 1,4 Millionen geringfügig Nebenbeschäftigte; der restliche Anteil wären dann geringfügig Beschäftigte, die ausschließlich einen solchen Job haben. Die Zahl von 2,5 Millionen, die Sie zitiert haben, umfaßt diejenigen Beschäftigungsverhältnisse, die bisher angemeldet worden sind. Ich verweise darauf, daß die diesbezügliche Regelung seit 1. April 1999 gilt. Wir sollten die Entwicklung dieses Jahres abwarten. Die Rentenversicherungsträger und andere sagen uns, daß weitere Beschäftigungsverhältnisse angemeldet werden. Nicht zu bestreiten ist, daß diejenigen, die als geringfügig Nebenbeschäftigte tätig waren, in einem großen Ausmaß ihre Jobs aufgegeben haben. Des weiteren zu Ihrer Frage, wann man noch einmal wie was korrigieren muß. Ich gehe davon aus, daß die jetzigen Berechnungen und Konzeptionen sehr verläßlich sind, da sie von dieser Bundesregierung durchgeführt bzw. auf den Weg gebracht worden sind. Ich stelle fest: In den nächsten zwei Jahren kommt es bei der Rentenerhöhung zu einem Inflationsausgleich. Danach kehren wir zur lohn- und einkommensbezogenen Rentenanpassung zurück.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Nächste Frage, der Kollege Ilja Seifert von der PDS-Fraktion.

Dr. Ilja Seifert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002153, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Herr Staatssekretär, Sie erwähnten vorhin die Aussetzung der Erwerbsminderungsrente, die ansonsten dieses Jahr in Kraft getreten wäre, durch Ihre Regierung. Sie sagten in diesem Zusammenhang, daß die Erwerbsunfähigkeits- und die Berufsunfähigkeitsrente verändert werden sollen. Sie wissen sicher, daß es mir am liebsten wäre, Sie würden für Menschen mit Behinderungen ein Teilhabesicherungsgeld beschließen. Können Sie uns wenigstens in einigen Punkten sagen, wie Sie die EU- und BU-Rente ab 1. Januar 2000 gestalten wollen? Allmählich müßten Vorschläge auf den Tisch, damit wir etwas Vernünftiges beschließen können.

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Herr Kollege Sei5338 fert, nach dem Rentenreformgesetz 1999 wären die EUund die BU-Rente faktisch weggefallen und durch die neue Erwerbsminderungsrente ersetzt worden. Diese Erwerbsminderungsrente hätte deutlich eingeschränkte Leistungen gebracht und wäre am 1. Januar 2000 in Kraft getreten und nicht ab dem Sommer dieses Jahres. Da wir an dem Rentenreformgesetz 1999 in zwei zentralen Punkten Kritik geübt hatten, haben wir den demographischen Faktor für dieses Jahr und das Inkrafttreten dieser Erwerbsminderungsrente ab dem 1. Januar kommenden Jahres aufgehoben. Das bedeutet natürlich für uns, daß wir eine Neuregelung schaffen müssen, an der wir schon arbeiten. Ich habe vorhin gesagt, daß es dazu Eckpunktepapiere gibt. Die Einzelheiten werden Ende des Jahres mitgeteilt. Die gesetzliche Umsetzung wird im kommenden Jahr erfolgen. Ich bitte Sie um Verständnis dafür, daß ich jetzt keine detaillierten Darstellungen über die Erwerbs- und die Berufsunfähigkeitsrente machen kann. Wir kehren zu Prinzipien zurück, die in der Vergangenheit galten. Beispielsweise bedeutet die konkrete Betrachtungsweise große Verbesserungen für die Versicherten, wie Sie wissen. Wie unser Vorschlag im einzelnen aussieht, wird sich Ende des Jahres zeigen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Die letzte Frage zu diesem Komplex hat der Kollege KarlJosef Laumann.

Karl Josef Laumann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001294, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär Andres, Sie sagten eben, der Bundeskanzler habe seine falsche Aussage am 16. Februar bezüglich der Möglichkeit einer Rentenerhöhung deswegen gemacht, weil er den Zahlen eines älteren Rentenversicherungsberichtes vertraut hatte. Meine Frage lautet: Waren dem Bundeskanzler nicht die Zahlen über die Entwicklung der Rentenfinanzen über die LVA in Niedersachsen mitgeteilt worden? Immerhin hat die Landesregierung von Niedersachsen die Aufsichtspflicht über die LVA. Muß ich also daraus schließen, daß Herr Schröder und sein zuständiger Minister in Niedersachsen ihre Aufsichtspflicht gegenüber der LVA nicht erfüllt haben? Ansonsten hätte er die neuesten Zahlen kennen müssen.

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Herr Kollege Laumann, Sie können davon ausgehen, daß die niedersächsische Landesregierung ihre Aufsichtspflicht jederzeit korrekt erfüllt hat. Ob der Ministerpräsident des Landes Niedersachsen jederzeit über jede einzelne Zahl der Landesversicherungsanstalten in Niedersachsen - Sie wissen ja, daß es in Niedersachsen mehrere gibt - informiert war, entzieht sich meiner Kenntnis. Sie können davon ausgehen, daß die Bundesregierung, das Bundesarbeitsministerium und das Bundeskanzleramt jederzeit über korrekte Zahlen verfügt. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Vorerst vielen Dank, Herr Staatssekretär Andres. Eventuell müssen Sie uns im weiteren Verlauf noch zur Verfügung stehen. Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie. Es wurde um schriftliche Beantwortung der Frage 1 gebeten. Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung. Zur Beantwortung steht die Parlamentarische Staatssekretärin Brigitte Schulte zur Verfügung. Ich rufe die Frage 2 des Abgeordneten Werner Siemann, CDU/CSU-Fraktion, auf: Wie beurteilt die Bundesregierung die Möglichkeit, im Rahmen der militärischen Zusammenarbeit auf die Türkei Einfluß zu nehmen?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Siemann hat gefragt, welche Möglichkeiten die Bundesregierung sieht, im Rahmen der militärischen Zusammenarbeit auf die Türkei Einfluß zu nehmen. Herr Kollege, die militärische Zusammenarbeit mit der Türkei vollzieht sich, wie es unter NATO-Partnern üblich ist, im Rahmen der täglichen Arbeit in Form der integrierten Kommandostruktur der NATO oder bei NATO-Übungen und NATO-Vorhaben. Darüber hinaus besteht zur Zeit im Rahmen des Einsatzes im Kosovo eine noch engere Zusammenarbeit mit den türkischen Verbänden, da sie in unserem Abschnitt stationiert sind. Bilateral waren die militärischen Beziehungen zwischen der Türkei und Deutschland traditionell immer gut. Derzeit geht es im wesentlichen um Ausbildungsbeziehungen. Der Versuch, über diese militärischen Beziehungen direkt und kurzfristig innenpolitische Entscheidungen in der Türkei zu beeinflussen, würde unserer Meinung nach als Einmischung in die inneren Angelegenheiten verstanden werden und ist deshalb nicht erstrebenswert. Aber natürlich bemühen sich die Bundesregierung und die militärische Führung, auch die Inspekteure bei ihren Besuchen, Fragen der Menschenrechte auf diplomatischem Wege anzusprechen. Was die Rüstungszusammenarbeit mit der Türkei anbetrifft: Dies ist gerade Gegenstand der Beratungen im Bundessicherheitsrat. Für kommende Exporte und sich daraus ergebende Einflußmöglichkeiten weise ich auf die Zuständigkeit des Auswärtigen Amtes und des Bundesministers für Wirtschaft und Technologie hin.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage, Herr Siemann.

Werner Siemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003236, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, wie bewertet die Bundesregierung die Ablehnung des Antrags auf vorübergehende Ausfuhr eines Leopard 2 in die Türkei zu Erprobungszwecken vor dem Hintergrund, daß die Türkei zum einen immerhin NATOPartner und zum anderen potentielles EU-Mitglied ist?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Wenn die Bundesregierung eine Absage erteilt hätte, dann könnte ich Ihnen eine Antwort auf diese Frage geben. Die Bundesregierung hat dieses Thema aber erst im nächsten Bundessicherheitsrat, Mitte Oktober, zu behandeln.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Siemann.

Werner Siemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003236, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wie wird die Bundesregierung dieses Thema behandeln?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Das werden wir mit Interesse verfolgen, Herr Kollege Siemann. ({0}) - Was Ihren Zuruf, Herr Hörster, „Lotteriespiel“ anbetrifft: Sie sollten sehr zurückhaltend sein angesichts dessen, was in der Vergangenheit an die Türkei geliefert und dann auch gegen die Kurden eingesetzt wurde. Aber das war ja nur eine halblaute Anmerkung Ihrerseits.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Dann kommen wir zu Frage 3: Wie beurteilt die Bundesregierung die Bedeutung des Truppenbetreuungssenders der Bundeswehr für die Einsatzkräfte des deutschen Bosnien-Kontingentes, und ist eine solche Betreuung auch für die Bundeswehrsoldaten im Kosovo in gleichem Umfang geplant wie in Bosnien-Herzegowina? Bitte, Frau Staatssekretärin.

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Herr Kollege Siemann, Sie haben gefragt, welche Bedeutung der Truppenbetreuungssender für die Einsatzkräfte des deutschen Kontingents in Bosnien, aber auch jetzt im Kosovo hat. Sie wissen im Gegensatz zu vielen anderen Kollegen, daß die Bundeswehr in Bosnien-Herzegowina mit Teilen des Bataillons für operative Information den Truppenbetreuungssender „Radio Andernach“ betreibt. Das Programm wird über einen UKW-Sender in Rajlovac täglich 24 Stunden lang ausgestrahlt. Beim Programmformat handelt es sich um eine Magazinsendung mit einer Mischung von Information und Musik, wovon 10 Stunden täglich live moderiert werden. Hinsichtlich der Informationen und Nachrichten können wir uns dankenswerterweise auf das „Deutschlandradio“ beziehen. Die Bedeutung des Senders „Radio Andernach“ zur Betreuung der Truppe wird als sehr hoch eingestuft, da der Sender nicht nur zur Information und Motivation der Truppe dient, sondern auch die Verbindung zu Familienangehörigen und Freunden herstellt. Es werden relativ viele Grußsendungen organisiert. Sie werden in der nächsten Woche Gelegenheit haben, mit mir zu sehen, was wir im Kosovo aufbauen wollen. Seit dem 10. Juli wird ein ziviler Sender in Prizren von „Radio Andernach“ mit bedient. Im Rahmen der Truppenbetreuung werden dort täglich erst drei Stunden lang Beiträge für die deutschen Soldaten ausgestrahlt. Das hat natürlich damit zu tun, daß die Belastung der Soldaten augenblicklich noch intensiver ist. Wir gehen aber davon aus, daß dieser Programmanteil erhöht werden kann. Wir wollen versuchen, die Truppenbetreuung wie in Bosnien-Herzegowina umfangreicher zu gestalten. Daher wird zur Zeit geprüft, ob wir einen weiteren UKW-Sender beschaffen sollten.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Keine Zusatzfrage. Dann kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Zur Beantwortung steht die Parlamentarische Staatssekretärin Simone Probst zur Verfügung. Wir kommen zunächst zu Frage 4 der Kollegin Dr. Erika Schuchardt: Kann die Bundesregierung Aussagen von Sachverständigen bestätigen, daß durch eine ambulante Behandlung von Patienten mit Schilddrüsenüberfunktion mit Radiojod anstelle der heute durch die Gesetzeslage in Deutschland quasi vorgeschriebenen, bis zu 14 Tage dauernden, stationären Behandlung Kosten von bis zu 200 Mio. DM jährlich gespart werden könnten?

Simone Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002753

Liebe Frau Schuchardt, bitte erlauben Sie, daß ich Ihre beiden Fragen zusammen beantworte.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Dann rufe ich auch Frage 5 auf: Welche Folgerungen zieht die Bundesregierung aus der Tatsache, daß z. B. Holland, Frankreich und Dänemark Radiojodbehandlungen bei Schilddrüsenüberfunktion ambulant durchführen, und hat sie besondere Kenntnisse, die begründen, daß in der Bundesrepublik Deutschland von ambulant behandelten Patienten eine höhere Strahlenbelastung ausgeht?

Simone Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002753

Ihre erste Frage bezüglich der Kosten kann ich nur so beantworten: Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse zu möglichen Kosteneinsparungen durch eine ambulante Behandlung vor. Ich möchte aber gleich zur Beantwortung Ihrer zweiten Frage übergehen, weil es inhaltliche Gründe hat, warum die Bundesregierung eine ambulante Behandlung bei einer Schilddrüsenüberfunktion mit radioaktivem Jod nicht für sinnvoll hält. Dafür gibt es zum einen medizinische Gründe, zum anderen Strahlenschutzgründe. Der medizinische Grund liegt darin - Sie wissen, daß eine Strahlentherapie nur bei sehr strenger Indikation vorgenommen werden sollte -, daß es darum geht, eine Verlaufskontrolle des Therapieerfolges zu haben. Das zweite sind Strahlenschutzgründe. Wir gehen davon aus, daß ein stationärer Aufenthalt in einer geeigneten Krankenhausabteilung erforderlich ist, um insbesondere in den ersten Tagen der Behandlung Personen in der Umgebung des Patienten vor einer erhöhten Strahlenexposition zu schützen. Sie haben die Beispiele Niederlande, Frankreich und Dänemark genannt. Die Radioaktivitäten, die dort verwendet werden, sind vergleichbar mit denen in Deutschland. Aber die Strahlenexposition in der Umgebung der Patienten übersteigt in vielen Fällen die deutschen Grenzwerte. Es gibt zum anderen einen Strahlenschutzgrund, der nicht darin liegt, Personen in der Umgebung von Patienten vor erhöhter Strahlenexposition zu schützen. Wenn Sie die notwendige Gesamtmenge an Strahlenaktivität in einer ambulanten Behandlung in verschiedene Fraktionen aufteilen - was durchaus gemacht wird, wenn man feststellt, daß das unbedenklich ist - , dann müssen Sie die Gesamtaktivität erhöhen, weil die Speicherfähigkeit der Schilddrüse von Dosis zu Dosis abnimmt. Dadurch kommt es zu einer erhöhten Strahlenbelastung des Körpers. Das halten wir nicht für vertretbar. Sie sprechen in Ihrer ersten Frage von bis zu 14 Tage dauernden stationären Behandlungen. Es gibt die Ausnahmeregelung, daß eine Patientin oder ein Patient bei entsprechender medizinischer Indikation oder bei einem entsprechenden sozialen Bedürfnis nach 48 Stunden nach Hause entlassen werden kann, wenn dies mit Beratung und besonderen Vorsichtsmaßnahmen möglich ist. Aber diese zwei Tage stationäre Behandlung halten wir insbesondere aus medizinischen, aber auch aus Strahlenschutzgründen für erforderlich.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage, Frau Schuchardt? - Bitte schön.

Prof. Dr. Erika Schuchardt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002788, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich möchte eine Zusatzfrage stellen. Ich habe in meiner Frage sehr deutlich gesagt, daß über 200 Millionen DM jährlich eingespart werden könnten, wenn man dem Modell der zitierten Länder folgen würde, die eindeutig nachweisen, daß eine ambulante Behandlung möglich ist und keine höhere Strahlenschädigung verursacht. Sie haben nicht beantwortet, ob - da müßten Ihnen Unterlagen vorliegen - durch eine ambulante Behandlung möglicherweise eine höhere Strahlenschädigung bei den Betroffenen wie bei den Kontaktpersonen einträte. Dann wäre die Frage zu beantworten, wieso man auf 200 Millionen DM verzichtet, die man, wenn eben nicht zutrifft, daß durch die ambulante Behandlung ein höherer Schaden entstehen würde, in Form von freien Betten für andere Bereiche zur Verfügung stellen könnte.

Simone Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002753

Frau Schuchardt, ich denke, ich habe Ihre Frage beantwortet. Der Grund für die erhöhte Strahlenexposition bei ambulanter Versorgung liegt darin, daß Sie in diesem Fall die Gesamtdosis erhöhen müssen. Die Gesamtaktivität, die bei einer Einzeitbehandlung, das heißt bei einmaliger Gabe, notwendig ist, müssen Sie bei ambulanter Versorgung in fünf oder sechs Dosen aufteilen. Dabei müssen Sie aber auf Grund der abnehmenden Speicherfähigkeit der Schilddrüse die Gesamtaktivität erhöhen, so daß es dadurch zu einer erhöhten Strahlenbelastung kommt. Es sind inhaltliche Gründe, warum wir die 48 Stunden stationäre Behandlung für notwendig halten. Die Strahlenschutzkommission hat sich im Februar 1996 ich glaube, es war die 136. Sitzung - sehr ausführlich mit diesem Thema befaßt. Die Strahlenexposition ist in den Ländern, die ich genannt habe, vergleichbar. Wir halten diese Strahlenexposition der Bevölkerung in der Umgebung der Patienten, aber auch für die Patienten selbst nicht für hinnehmbar. Es ist eine sinnvolle Behandlungsmethode, aber die Strahlenbelastung und die damit zusammenhängenden Nebenwirkungen müssen minimiert werden. Man kann nicht auf Grund eines Kostenarguments von diesen qualitativen Kriterien abrükken.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Weitere Zusatzfrage, Frau Schuchardt? - Bitte schön.

Prof. Dr. Erika Schuchardt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002788, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich muß beharrlich nachfragen. Die drei von uns beiden zitierten Länder - Holland, Frankreich und Dänemark - weisen nach, daß es nicht zu höheren Schäden kommt, und machen sogar den Vorschlag - was Sie jetzt ablehnen -, diese Behandlung bei ambulanten Patienten zu fraktionieren. Ihre Aussage stimmt nicht mit den vorliegenden wissenschaftlichen Untersuchungen überein. Darum kann ich mich damit nicht zufrieden geben.

Simone Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002753

Die Begründung liegt darin, daß es unser Anliegen ist, den bestmöglichen Schutz der Bevölkerung, auch der Patienten, vor Strahlenexposition zu gewährleisten. Ich stelle Ihnen gerne das Protokoll der Strahlenschutzkommission zur Verfügung. Sie können es selber im Internet unter ssk.de abrufen. Die Kommission kommt zu dem Ergebnis, daß die Strahlenexposition für uns nicht hinnehmbar ist - das ist eine Abwägungsfrage - und daß wir mit einem 48stündigen stationären Aufenthalt einen besseren Schutz der Bevölkerung vor Strahlung erreichen. Sonst würden deutsche Grenzwerte in vielen Fällen überschritten. Das sind nationale Regelungen. Weil es unser Anliegen ist, Strahlenschutz zu gewährleisten, hat die Strahlenschutzkommission entschieden, daß mindestens 48 Stunden Behandlung in einer stationären Einrichtung notwendig sind. Ich denke, das ist eine richtige Entscheidung.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. Wir kommen dann zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes. Zur Beantwortung steht Staatsminister Dr. Christoph Zöpel zur Verfügung. Wir kommen zunächst zu den beiden Fragen der Kollegin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Herr Zöpel, wollen Sie die Fragen zusammen oder einzeln beantworten?

Not found (Gast)

Einzeln.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Dann rufe ich zunächst Frage 6 auf: Unterstützt die Bundesregierung die weißrussische Opposition im Exil in Litauen, und wenn ja, mit welchen Maßnahmen?

Not found (Gast)

Herr Präsident! Sehr verehrte Frau Kollegin! Die Bundesregierung unterstützt gemeinsam mit den anderen EU-Mitgliedstaaten die Beratungs- und Beobachtungsgruppe der OSZE in Belarus, die von dem früheren deutschen Botschafter Wieck geleitet wird. Sie hat das Ziel, Verhandlungen zwischen Regierung und Opposition in Gang zu bringen und den Verfassungskonflikt zu entschärfen, um im nächsten Jahr freie und demokratische Parlamentswahlen zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang stehen sowohl die deutsche Botschaft als auch andere EU-Vertretungen und die OSZE-Mission in einem - soweit wir das übersehen können - umfassenden Kontakt mit den Gruppen der weißrussischen Opposition, auch zu den Vertretern des Obersten Sowjets - darum geht es Ihnen hauptsächlich -, dessen Vorsitzender Scharetskij sich in Litauen aufhält.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage, Frau Leutheusser?

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001336, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ja.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Bitte schön.

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001336, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatsminister, ich habe eine ergänzende Frage: Wie bewerten Sie, nachdem Sie die Maßnahmen, die die Bundesregierung unternimmt, geschildert haben, insgesamt die Situation der Opposition in Weißrußland? Wie ist die Einschätzung der Bundesregierung - gerade auch was das Schicksal von Menschen angeht - nach dem Verbot einer der wichtigsten Oppositionszeitungen?

Not found (Gast)

Die Behandlung der Opposition in Weißrußland durch die Regierung ist weit entfernt von den Ansprüchen, die demokratische Prinzipien und unsere Vorstellungen von den politischen Aspekten der Menschenrechte in Europa darstellen. Das hat zu den bekannten Maßnahmen gegenüber Weißrußland - Aussetzen der Regierungskontakte und Nichtinkrafttreten des Abkommens - geführt. Das sind die Sanktionen, die im Augenblick möglich sind, da die Nachbarstaaten vor einer Isolierung warnen. Der Ausweg ist die OSZE-Beobachtermission. Im Augenblick ist allein die Tatsache, daß die weißrussische Regierung zu Gesprächen darüber bereit ist, ein Anzeichen dafür, daß die in Einzelfällen noch sehr kritische Lage vielleicht doch perspektivisch auf dem Weg der Besserung ist.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Weitere Zusatzfragen? - Nein. Dann kommen wir zu Frage 7: Welche diplomatischen Bemühungen unternimmt die Bundesregierung gegen die offensichtlichen Menschenrechtsverletzungen in Weißrußland, um damit auch ihrem selbstgestellten moralischen Anspruch gerecht zu werden?

Not found (Gast)

Diese Frage hängt eng mit Ihrer ersten Frage zusammen. Die Bundesregierung setzt sich im EUZusammenhang für eine Verbesserung der Menschenrechtslage ein. Unter deutscher Präsidentschaft gab es eine EU-Troika hoher Beamter, die im April 1999 in Minsk Gespräche zu diesem Thema geführt hat. Es ist dabei immer wieder klar gemacht worden, daß die Verbesserung der Menschenrechtslage eine unabdingbare Voraussetzung für die Beendigung der eben von mir dargestellten sanktionsähnlichen Maßnahmen ist.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage, Frau Leutheusser-Schnarrenberger?

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001336, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ja, eine Zusatzfrage. - Herr Staatssekretär, in welchem Umfang unterhält die Bundesregierung noch Kontakt mit Weißrußland? Welche wirtschaftlichen Beziehungen gibt es? Gibt es wirtschaftliche Hilfen? Welches Kreditvolumen besteht? In welcher Weise stellt sich diese Art von Beziehungen zwischen Deutschland und Weißrußland zum jetzigen Zeitpunkt dar?

Not found (Gast)

Ich habe Ihnen dargelegt, in welchen Bereichen die restriktiven Maßnahmen erfolgen: keine Regierungskontakte, kein Inkrafttreten der entsprechenden EU-Abkommen. Darüber hinausgehende Restriktionen werden nicht systematisch betrieben, so daß ich Ihnen jetzt nicht im einzelnen sagen kann, in welchem Maße es Wirtschaftsbeziehungen gibt. Es gibt kein Wirtschaftsembargo. Das ist von den Nachbarn auch nicht erwünscht; insofern wird diese Maßnahme auch nicht ergriffen. Die Frage ist letztlich, ob noch stärkere Restriktionen als die bestehenden gewählt werden. Vor allem wegen des Wunsches der Nachbarn, der baltischen Staaten und Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms Polens, sind keine Sanktionen geplant, die über die jetzigen hinausgehen. Vielmehr gehen wir den Weg - der mit der Idee der OSZE besser zu vereinbaren ist -, mit der weißrussischen Regierung zu reden. Man muß feststellen, daß die Regierung Lukaschenko offenkundig einer gewissen Fehleinschätzung ihrer internationalen Möglichkeiten unterlegen ist. Ihre Annährungsversuche an Rußland und an andere Nachbarn haben nicht den gewünschten Erfolg, so daß im Augenblick einerseits die Aufrechterhaltung normaler Wirtschaftsbeziehungen - bei den genannten Restriktionen - und andererseits das Verhandeln nicht ohne Aussicht auf Erfolg erscheinen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Vielen Dank. Wir kommen zur Frage 8 der Kollegin Sylvia Bonitz: Ist zutreffend, daß die deutschen Botschaften im Ausland ihren Bürobedarf, vom fehlenden Druckerkabel bis hin zum Bleistift, nur per Bestelliste über das Auswärtige Amt beschaffen können, und wie wird diese Verfahrensweise in einem Zeitalter, in dem Begriffe wie Budgetierung und Effizienzsteigerung auch in der Verwaltung Einzug gehalten haben, begründet?

Not found (Gast)

Frau Kollegin Bonitz, ich kann Ihnen sagen, daß es nicht zutreffend ist, daß die deutschen Auslandsvertretungen ihren Bürobedarf nur per Bestelliste über das Auswärtige Amt beschaffen. Die Beschaffungsstelle sowie auch die Auslandsvertretung prüfen in jedem einzelnen Beschaffungsfall, ob der Kauf im Inland oder im Ausland wirtschaftlicher ist. Bei der Entscheidung werden jeweils die Gesamtkosten und somit - was von besonderem Interesse ist - auch die Beförderungs- und Verpackungskosten berücksichtigt. Sollte es sich erweisen, daß der Kauf im Ausland kostengünstiger ist, werden der Vertretung entsprechende Mittel zugewiesen. ({0}) In vielen Fällen erfolgt der Kauf auch aus den der Vertretung zur Verfügung stehenden Eigenbewirtschaftungsmitteln. Die Möglichkeiten des Haushaltsrechts im Rahmen der Flexibilisierung werden dabei vom Auswärtigen Amt genutzt. Dies hat zu einer Effizienzsteigerung geführt und hat teilweise den Effekt einer Budgetierung. Zu beachten bleibt allerdings, daß es aus Gründen der Sicherheit einige Materialien gibt, die sinnvollerweise im Inland beschafft werden; dazu gehören Dienstsiegel, Sichtvermerksetiketten und Paßformulare.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Eine Zuatzfrage.

Sylvia Bonitz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003052, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wie kommt es dann, daß von deutschen Botschaften im Ausland Abgeordneten gegenüber teilweise eine andere Auskunft gegeben wird? Insbesondere EDV-Gerätschaften können demnach nicht immer angeschlossen werden, weil solche Kleinigkeiten wie Druckerkabel von den Botschaften eben nicht beschafft werden dürfen, so daß den wichtigen Aufgaben - zum Beispiel der Visaerteilung und auch der vorausgehenden Visaprüfung, die ja dazu beiträgt, daß illegale Einreisen nach Deutschland vermieden werden können - teilweise nicht mit den nötigen Arbeitsmitteln nachgegangen werden kann.

Not found (Gast)

Frau Kollegin, da ich den Realitätsbezug Ihrer Frage - aus blanker Lebenserfahrung, daß so etwas vorkommen kann - überhaupt nicht in Abrede stellen kann, meine ich, es macht sehr großen Sinn, wenn Sie auf dem von Ihnen für geeignet gehaltenen Wege die Bundesregierung, speziell das Auswärtige Amt, zu einem konkreten Fall befragen. Ein solch konkreter Fall kann dann vom Auswärtigen Amt geprüft werden. Dann läßt sich entweder feststellen, ob das zu Recht so geschieht, oder es läßt sich feststellen, ob Abhilfe geschaffen werden kann. Vor allem in letzterem Falle wäre eine solche Frage von Ihnen, Frau Kollegin, im Interesse der Bundesrepublik ausgesprochen nützlich.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Eine weitere Zusatzfrage.

Sylvia Bonitz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003052, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich bitte Sie, dies ganz konkret für die deutsche Botschaft in Ghana zu prüfen, die auf diesem Sektor erhebliche Schwierigkeiten hat. Auf diese Weise kann sie vielleicht künftig noch besser in ihrer Arbeitsfähigkeit unterstützt werden.

Not found (Gast)

Dies ist hiermit zugesagt. Sobald die Prüfung zu mitteilenswerten Ergebnissen geführt hat, werden wir Sie informieren.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Die Frage 9 des Abgeordneten Koschyk wird schriftlich beantwortet. Danke schön, Herr Staatsminister. Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern. Die Frage 10 des Kollegen Koschyk und die Fragen 11 und 12 des Kollegen Stadler werden schriftlich beantwortet. Wir kommen zur Frage 13 des Kollegen Georg Janovsky: In welcher Form sind die von der Bundesregierung zugesagten 100 Millionen DM für die Sanierung des Leipziger Zentralstadions in einer ersten Rate für das Jahr 2000 etatisiert?

Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002191

Herr Kollege Janovsky, ich setze Ihr Einverständnis voraus, daß wir die Fragen 13 und 14 im Zusammenhang behandeln.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich rufe dann auch die Frage 14 des Kollegen Janovsky auf: In welcher Form sind die von der Bundesregierung zugesagten 100 Millionen DM für die Sanierung des Berliner Olympiastadions in einer ersten Rate für das Jahr 2000 etatisiert?

Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002191

Die Bundesregierung unterstützt, wie Sie wissen, die Bewerbung des Deutschen Fußball-Bundes um die Fußball-WM 2006 mit der Zusage, für die als Austragungsstätten vorgesehenen Stadien in Berlin und Leipzig jeweils 100 Millionen DM zur Verfügung zu stellen. Nachdem das Land Berlin, vertreten durch die Senatorin für Finanzen, und die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den Bundesminister der Finanzen, am 12. Juli dieses Jahres Gespräche geführt hatten und, vorbehaltlich der Billigung durch die parlamentarischen Gremien, unter anderem vereinbart hatten, daß der Bund dem Land als Beitrag zur Sanierung und Modernisierung des Olympiastadions wegen des Reparaturstaus 100 Millionen DM zahlt, hat die Bundesregierung das Parlament ersucht, im Jahr 2000 die erste Rate des Bundeszuschusses für das Olympiastadion in Berlin im Einzelplan 06 zu etatisieren. In den parlamentarischen Beratungen soll darüber hinaus die Möglichkeit geprüft werden, ebenfalls im Haushalt 2000 Mittel für die Anfinanzierung des Umbaus des Leipziger Zentralstadions zu veranschlagen.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Eine Zusatzfrage, bitte, Kollege Janovsky.

Georg Janovsky (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001017, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, sind gegebenenfalls Verpflichtungsermächtigungen vorgesehen, um entsprechend dem Baufortschritt auch die Finanzierung sicherstellen zu können?

Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002191

Ich will Ihnen einige kleinere Erläuterungen geben. Dies geschieht unter Vorbehalt in bezug auf das, was das Parlament in seiner Zuständigkeit endgültig entscheiden wird. Es geht unter anderem um den Vorschlag, im Jahr 2000 20 Millionen DM und Verpflichtungsermächtigungen über je 40 Millionen DM, die dann im Jahre 2001 und im Jahre 2002 fällig werden, für die Sanierung und Modernisierung des Berliner Stadions bereitzustellen.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Eine weitere Zusatzfrage? - Bitte.

Georg Janovsky (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001017, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Darf ich auf Grund der von Ihnen genannten Zahlen schlußfolgern, daß für das Jahr 2000 die 100 Millionen DM nicht zur Verfügung stehen?

Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002191

Das dürfen Sie nicht folgern. Vielmehr sind das, was ich Ihnen eben beschrieben habe, Vorüberlegungen. Sie wissen ja, wie die parlamentarischen Beratungen ablaufen. Ich darf noch hinzufügen, daß wir am 4. Oktober, also Anfang dieser Woche, ein Berichterstattergespräch hatten, auf dem die Modalitäten vorgeschlagen, erörtert und abgesprochen wurden. Die endgültigen Entscheidungen werden ja dann im Zuge der weiteren Haushaltsberatungen fallen.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich rufe die Frage 15 der Kollegin Sylvia Bonitz auf: Beabsichtigt die Bundesregierung, im Zusammenhang mit der anstehenden Einrichtung einer direkten Flugverbindung von Côte d‘Ivoire nach Deutschland Dokumentenberater in Côte d‘Ivoire einzusetzen, um die Gefahr einer illegalen Einreise von Ivorern nach Deutschland mittels gefälschter Pässe zu reduzieren, und, falls ja, ab wann wird dies der Fall sein?

Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002191

Die Bundesregierung beabsichtigt zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht, einen Dokumentenberater in besagte Republik zu entsenden. Sollte sich aber herausstellen, daß die direkte Flugverbindung zwischen diesem Land und der Bundesrepublik Deutschland verstärkt zur Einreise mit ge- oder verfälschten Reisedokumenten benutzt wird, dann wird die Bundesregierung dem oder den betroffenen Luftfahrtunternehmen geeignete Beratungs- und Schulungsmaßnahmen anbieten.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Eine Zusatzfrage, bitte schön, Frau Kollegin.

Sylvia Bonitz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003052, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Da inzwischen Erfahrungswerte aus benachbarten Ländern zur Verfügung stehen, die besagen, daß zumindest die Rate der Fälschungen bei Pässen relativ hoch ausfällt, und da illegale Einreisen eigentlich von vornherein verhindert werden können, wenn solche Dokumentenberater rechtzeitig eingesetzt werden, möchte ich Sie recht herzlich bitten, sich doch noch einmal zu überlegen, ob über diese Frage nicht schon frühzeitig nachgedacht werden kann, nämlich dann, sobald bekannt wird, daß eine Flugverbindung eingerichtet wird. Man sollte also nicht erst darauf warten, daß Paßfälschungen vorgenommen werden, und man sollte auch nicht warten, bis darüber statistische Erhebungen vorliegen. Denn dann ist es im Regelfall zu spät. Dann sind die Menschen hier eingereist und werden im Regelfall auf Grund rechtlicher oder praktischer Vollzugshemmnisse kaum wieder abgeschoben. Ich möchte Sie daher bitten, das von mir Gesagte ganz gezielt in Erwägung zu ziehen, und die Frage zu beantworten, warum Sie nicht generell so verfahren, wie es sich in Nachbarländern, wie zum Beispiel Ghana, bewährt hat.

Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002191

Zunächst einmal muß ich für die Bundesregierung betonen, daß ihr die Verhinderung illegaler Einreisen, auch das Einreisen mit gefälschten Dokumenten, selbstverständlich sehr am Herzen liegt. Zur Erläuterung will ich Ihnen darstellen, wann solche Dokumentenberater bisher eingesetzt werden. Zum Beispiel muß der Wunsch eines Luftfahrtunternehmens bestehen, Schulungsmaßnahmen der dortigen Mitarbeiter durchzuführen, oder einem Luftfahrtunternehmen muß es aufgefallen sein, daß Personen in größerem Maß nach Deutschland unerlaubt befördert werden. Wenn neue Luftfahrtunternehmen ihre Tätigkeit aufnehmen, geht es darum, daß sie von der Grenzschutzdirektion mittels bereitgestellten Informationsmaterials über das Erkennen solcher Fälschungsmerkmale geschult werden wollen. Natürlich gibt es bereits Dokumentenberater, und zwar in Istanbul/Türkei, in Nairobi/Kenia, in Lagos/ Nigeria, in Tirana/Albanien und in Accra/Ghana. In diesen Ländern werden bereits Dokumentenberater beschäftigt.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Die Frage 16 des Kollegen Luther wird schriftlich beantwortet. Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz. Der Parlamentarische Staatssekretär Professor Pick stände zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung. Allerdings sollen sämtliche in seinen Verantwortungsbereich fallenden Fragen, nämlich die Fragen 17 und 18 des Kollegen Geis und die Frage 19 der Kollegin Lengsfeld, schriftlich beantwortet werden. Damit sind Sie, lieber Kollege Pick, für heute schon wieder entlassen. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen. Zur Beantwortung ist die Parlamentarische Staatssekretärin Dr. Hendricks anwesend. Die Fragen 21, 22, 23 und 24 werden schriftlich beantwortet. Damit rufe ich die Frage 25 des Kollegen Börnsen auf: Sind die Informationen korrekt, nach denen die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit der Oberfinanzdirektion Hamburg die Schließung des Hauptzollamtes in Flensburg, in dem über 200 Zöllner tätig sind, beabsichtigt, obwohl sich die Umsätze dieses Amtes seit 1988 von 2,5 auf knapp 5,4 Milliarden DM mehr als verdoppelt haben, während die Umsätze der anderen schleswig-holsteinischen Zollämter in Kiel, Lübeck und Neumünster stagniert haben, die Exportquote der Grenzstadt innerhalb der vergangenen zehn Jahre von 27 auf 59 Prozent gestiegen ist und auch nach dem Auslaufen des Schengener EUAbkommens an der deutsch-dänischen Grenze durch den Außenhandel mit den Staaten der Baltic Sea Region sowie den Golfstaaten Bedarf für ein Hauptzollamt an der Flensburger Förde besteht, oder welches andere Amt ist nach dem aktuellen Stand der Überlegungen von der Schließung mit großer Wahrscheinlichkeit bedroht? Bitte schön, Frau Staatssekretärin.

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Herr Kollege Börnsen, das Aufgabenvolumen des Hauptzollamtes Flensburg ist durch die Verwirklichung des Binnenmarktes zum 1. Januar 1993 und die Einstellung des Tax-free-Verkaufs zum 30. Juni dieses Jahres erheblich zurückgegangen. Eine weitere Aufgabenreduzierung zeichnet sich durch den Beitritt Dänemarks zum Schengener Übereinkommen ab. Voraussichtlich zum 1. Oktober 2000 wird Dänemark das Ratifizierungsverfahren zum Schengener Übereinkommen abschließen. Eine Straffung der Organisationsstruktur auf der Ebene der Hauptzollämter in Schleswig-Holstein ist unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte aus verwaltungsökonomischen Gesichtpunkten mittelfristig geboten. Die Entscheidung, ob das Hauptzollamt Flensburg mit einem anderen Hauptzollamt zusammengelegt wird und an welchem Standort dies geschieht, wird auf der Grundlage eines strukturellen Gesamtkonzeptes für die Hauptzollämter in Hamburg und Schleswig-Holstein getroffen. Dieses Konzept wird derzeit erst erarbeitet.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Bitte schön, Kollege Börnsen.

Wolfgang Börnsen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000227, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, welcher Zeitraum verbirgt sich hinter Ihrem Hinweis „mittelfristig“?

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Herr Kollege Börnsen, wir haben die Oberfinanzdirektion Hamburg beauftragt, ein Gesamtkonzept für die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein vorzulegen, wie das übrigens nicht nur in diesen Ländern, sondern auch in den anderen Ländern der Bundesrepublik der Fall ist. Dabei müssen wir zum ersten auf die Entwicklung des Aufkommens, zum zweiten auf verwaltungsökonomische Gesichtspunkte und zum dritten auf die vorgebenen Einsparbestimmungen, die im Haushalt des Bundesfinanzministers in diesem Bereich ab dem Jahr 2001 zur besonderen Wirksamkeit gelangen werden, Rücksicht nehmen. Darüber hinaus müssen wir auch berücksichtigen, daß der beabsichtigte Beitritt von Polen und Tschechien zur Europäischen Union zu weiteren massiven Veränderungen im Zolldienst führen wird. Dies alles haben wir zu beachten. Darum ist das Konzept auch noch nicht fertig. Ihre Frage nach dem Hauptzollamt Flensburg überrascht mich insofern nicht, als ich auch von vielen anderen Kolleginnen und Kollegen aus diesem Hause gefragt worden bin, wie es mit der jeweiligen Zollstelle in anderen Gegenden weitergeht. Sicher ist, daß wir nicht zusichern können, daß die heute bestehenden Hauptzollämter auch in aller Zukunft werden bestehenbleiben. Ebenso sicher ist auch, daß die Schließung eines Hauptzollamtes nicht notwendigerweise zum Arbeitsplatzabbau an diesem Ort führt. Ihm könnten durchaus andere Aufgaben zugewiesen werden, oder Teile könnten als Nebenstelle eines bestehenden Hauptzollamtes bestehenbleiben.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Kollege Börnsen.

Wolfgang Börnsen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000227, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, wir wollten Sie mit dieser Frage nicht überraschen. Sie haben ja Verständnis dafür, daß viele Kolleginnen und Kollegen von uns in Verantwortung für ihre Regionen und für die Arbeitsplätze der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Bundesbehörden fragen müssen, wenn sie den Eindruck haben, daß diese Arbeitsplätze stark gefährdet sind. Warum stellen Sie Überlegungen an, das Flensburger Hauptzollamt hinsichtlich seiner Aufgaben und Strukturen zu ändern, obwohl es seine Umsätze fast verdoppelt hat, obwohl sich die Exportquote in dieser Region fast verdreifacht hat und obwohl sich der Arbeitsanfall dadurch erhöht hat?

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Herr Kollege Börnsen, ich kann den von Ihnen vorgetragenen Schluß, wir hätten die Überlegung, das Hauptzollamt Flensburg umzuwandeln oder zu schließen, nicht teilen. Ich habe gesagt: Wir stehen am Beginn der Erarbeitung eines Konzeptes. Es kann durchaus sein, daß das Hauptzollamt Flensburg nach einer konzeptionellen Änderung bestehenbleibt. Sie müssen bedenken, daß für den Fortbestand eines Hauptzollamtes die Höhe der durch die Dienststelle erhobenen Abgaben kein erhebliches Kriterium für die Entscheidung ist. Wesentliche Gesichtspunkte für den Fortbestand eines Hauptzollamtes sind insbesondere der Aufgabenumfang im Bereich der zoll- und verbrauchsteuerrechtlichen Verfahren einschließlich des Marktordnungs-, Präferenz- und Außenwirtschaftsrechts sowie die Anzahl der Wirtschaftsbeteiligten, die auf entsprechende Dienstleistungen der Zollverwaltung in den vorgenannten Bereichen zwingend angewiesen sind. Da der Betrieb eines Hauptzollamtes Steuermittel in nicht unerheblichem Umfang erfordert, ist zudem die Wirtschaftlichkeit der Aufgabenerfüllung natürlich ein wesentliches Kriterium für die Erhaltung eines Amtes. Darüber hinaus lassen wir auch strukturpolitische Gesichtspunkte nicht außer acht. Das ist auch ein mögliches Entscheidungskriterium, kann aber nicht das erste Entscheidungskriterium sein. Die in Ihrer Frage zum Ausdruck kommende Befürchtung um die Arbeitsplätze vermag ich nicht zu teilen. Wie Sie wissen, handelt es sich bei den Bediensteten des Zolls um Beamte, die nicht mit dem Verlust des Arbeitsplatzes, sondern möglicherweise nur mit einer Versetzung an einen anderen Ort rechnen müßten.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich rufe die Frage 26 des Abgeordneten Wolfgang Börnsen auf: Nach welchen Kriterien plant die Bundesregierung, eines der vier schleswig-holsteinischen Hauptzollämter zu schließen, und in welcher Größenordnung sollen Einsparungen durch eine etwaige Schließung auf Bundes- und Landesebene erreicht werden? Herr Kollege Börnsen, ich habe den Eindruck, daß Ihre Frage 26 durch die Ausführungen der Frau Staatssekretärin schon beantwortet ist. - Sie sehen das auch so. Dann gebe ich Ihnen jetzt das Wort zu einer Zusatzfrage.

Wolfgang Börnsen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000227, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Uns interessiert der Zeitraum, der alle Zollämter SchleswigHolsteins betrifft: Wann rechnen Sie damit, daß Ihr neues Konzept fertiggestellt werden kann?

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Herr Kollege Börnsen, darüber kann ich Ihnen im Moment keine abschließende Auskunft geben. Ich sagte Ihnen aber schon, daß die Oberfinanzdirektion Hamburg beauftragt worden ist, eine solche Konzeption vorzulegen, so daß Entscheidungen sicherlich im nächsten Jahr fallen werden.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich rufe nun die Frage 27 des Kollegen Baumann auf: Ist die Bundesregierung angesichts der angespannten wirtschaftlichen Lage vieler kleiner und mittlerer ostdeutscher Unternehmen, die vor allem mit einer geringen Eigenkapitalausstattung und mit Liquiditätsproblemen auf Grund schlechter Zahlungsmoral der Kunden zu begründen ist, bereit, deren hohe „Investitionsbereitschaft“ durch eine Erweiterung der Möglichkeit der Umsatzsteuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten bis zu einer Höhe von 10 Millionen DM zu fördern?

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Herr Kollege Baumann, nach Art. 10 Abs. 2 erster Unterabsatz der 6. Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaft zur Harmonisierung der Umsatzsteuern in den Mitgliedstaaten, an die Deutschland gebunden ist, ist die Umsatzsteuer grundsätzlich nach vereinbarten Entgelten zu berechnen. Dieser Grundsatz ist in § 16 des Umsatzsteuergesetzes in das nationale Recht übernommen worden. Auf Grund der Erweiterung des § 20 des Umsatzsteuergesetzes im Rahmen des Jahressteuergesetzes 1996 können Unternehmer aus den neuen Bundesländern und aus dem Ostteil Berlins, abweichend vom Grundsatz, bis zu einem Umsatz von 1 Million DM von der IstBesteuerung Gebrauch machen. Das gilt bis zum Jahr 2004. Eine weitere Erhöhung der Umsatzgrenze ist damals im Gesetzgebungsverfahren abgelehnt worden. Sie kann auch heute nicht befürwortet werden, denn die Unternehmen können die ihnen in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer bereits zu dem Zeitpunkt geltend machen, in dem sie die Rechnung erhalten haben. Unbeachtlich ist dabei, wann sie die Rechnung bezahlt haben. Bei einer Erweiterung der Ist-Besteuerung in dem von Ihnen bezeichneten Umfang würden dem Fiskus im ersten Jahr Steuerausfälle von zusätzlich zirka 600 Millionen DM entstehen. Im übrigen ist die Umsatzsteuer vom System her wenig geeignet, die Eigenkapitalausstattung der Unternehmen zu verbessern oder Liquiditätsprobleme infolge schlechter Zahlungsmoral der Kunden zu beseitigen. Die Verbesserung der Eigenkapitalausstattung ist vorrangiges Ziel der geplanten Reform der Unternehmensbesteuerung. Hinsichtlich des schlechten Zahlungseingangs darf ich Sie auf den Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung fälliger Zahlungen, Drucksache 14/1246, hinweisen, den die Koalitionsfraktionen am 23. Juni 1999 vorgelegt haben. Ziel dieses Gesetzentwurfes ist es, Maßnahmen zu ergreifen, die die Verzögerung von Zahlungen wirtschaftlich unattraktiv machen und die Möglichkeiten, fällige Ansprüche zügig gerichtlich geltend zu machen, verbessern. Wolfgang Börnsen ({0})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Eine Zusatzfrage, bitte.

Günter Baumann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003035, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, glauben Sie, daß es mit Blick auf einen mittelständischen Unternehmer - speziell in den neuen Bundesländern - gerecht und für seine Arbeit hilfreich ist, wenn er für eine erbrachte Leistung, die er in Rechnung gestellt hat, die der Auftraggeber aber noch nicht bezahlt hat, die volle Vorsteuer an das Finanzamt abführen muß?

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Herr Kollege, die Vorsteuer ist natürlich nach den vereinbarten Entgelten zu leisten. Sie müssen aber auch davon ausgehen, daß der Handwerksmeister, von dem Sie sprechen, die Umsatzsteuer, die ihm in Rechnung gestellt wird in Rechnungen, die er selbst eventuell noch nicht bezahlt hat, sofort als Vorsteuer gegenüber dem Finanzamt geltend machen kann. Wenn überall schlechte Zahlungsmoral herrschte, müßte sich das eigentlich wieder ausgleichen.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich rufe Frage 28 des Abgeordneten Günter Baumann auf: Ist die Bundesregierung darüber hinaus bereit, Existenzgründern generell für fünf Jahre die Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten zu ermöglichen?

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Die Bundesregierung hält umsatzsteuerrechtliche, vom System abweichende Maßnahmen nicht für ein geeignetes Mittel zur Förderung von Existenzgründern, zumal deren wirtschaftliche Situation sehr unterschiedlich sein kann. Die angesprochene Maßnahme wäre im übrigen eine weitere Subvention, die vor dem Hintergrund der EU-beihilferechtlich notwendigen Genehmigungen wohl kaum zu begründen wäre, da die Fördermaßnahmen in den neuen Bundesländern nach allem, was wir wissen, an der Grenze des Genehmigungsfähigen angelangt sind.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Kollege Baumann bitte?

Günter Baumann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003035, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, da das Gesetz zur Verbesserung der Zahlungsmoral, von dem Sie sprachen, noch nicht auf den Weg gebracht worden ist, möchte ich Sie fragen: Sehen Sie in Ihrem Verantwortungsbereich andere Möglichkeiten, um mittelständischen Betrieben finanziell entgegenzukommen?

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Herr Kollege, Sie haben speziell die Umsatzsteuer angesprochen. Dazu habe ich darauf hingewiesen, daß ich das nicht für zielführend halte. Der Gesetzentwurf, den die Koalitionsfraktionen im Juni - immerhin nach wenigen Monaten Regierungstätigkeit - eingebracht haben, befindet sich im parlamentarischen Verfahren. Das wird sicherlich sobald wie möglich abgeschlossen werden. Ich gehe davon aus, daß das in den nächsten Monaten der Fall sein wird. Im übrigen gibt es natürlich andere Fördermöglichkeiten wie Existenzgründungskredite und vieles andere. Die Vorstellung, daß man über besondere steuerliche Maßnahmen, die Sie zum Beispiel bei der Umsatzsteuer ansiedeln wollen, eine tatsächlich zielführende Existenzgründungs- oder Existenzsicherungsförderung erreichen könnte, teile ich nicht. Andererseits gibt es natürlich jeweils Billigkeitsmaßnahmen wie etwa die Stundung von Steuerzahlungen, wenn ein Betrieb nicht in der Lage ist, eigentlich fällige Steuern zu zahlen. Dies wird im Einzelfall entsprechend den Notwendigkeiten von der Landesfinanzverwaltung auf Antrag geprüft. Ich halte es nicht für zielführend, gesetzliche Regelungen im Steuerrecht, insbesondere im Umsatzsteuerrecht, nur für einen Teil der Unternehmen in der Bundesrepublik Deutschland zu schaffen. Das Umsatzsteuerrecht ist - einfach ausgedrückt - eigentlich nur ein Durchlaufposten, mit dem der Betrieb zunächst nur ganz wenig zu tun hat.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Eine Zusatzfrage des Kollegen Michelbach.

Hans Michelbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002738, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, ich habe eine Zusatzfrage zu Ihrer Aussage, daß Sie Maßnahmen im Bereich der Umsatzsteuer als Liquiditätshilfe für den Mittelstand nicht als zielführend ansehen. Ist es nicht eine wesentliche Zusatzverschärfung, wenn Sie jetzt im Steuerbereinigungsgesetz 1999 die Ansparabschreibung nach § 7g des Einkommensteuergesetzes für Mittelständler in wesentlichen Branchen streichen und damit die Liquidität weiter verschlechtern? Warum ist hier insbesondere Ihr Minister gegen die Privilegierung von arbeitsintensiven Dienstleistungen bei der Mehrwertsteuer im Rahmen des Ecofin gewesen?

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Herr Kollege, die Bundesregierung ist der Auffassung, daß mit der Reduzierung des Mehrwertsteuersatzes auf arbeitsintensive Dienstleistungen das eigentliche angestrebte Ziel, nämlich die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, nicht erreicht werden wird. Es würde im übrigen auch zu großen Abgrenzungsproblemen in der Bundesrepublik Deutschland führen, wenn man einen Teil von arbeitsintensiven Dienstleistungen mit dem reduzierten Mehrwertsteuersatz belegen würde. Die Bundesregierung hat sich deshalb dazu entschlossen, zwar im Rahmen des Ecofin der probeweisen Einführung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes für zwei Jahre in den Ländern, die es wollen, zuzustimmen, beabsichtigt aber gleichwohl nicht, an dieser Erprobung teilzunehmen. Sie sprachen weiter die Ansparabschreibung nach § 7g des Einkommensteuergesetzes an, bezogen auf das Steuerbereinigungsgesetz. Entschuldigung, Herr Kollege Michelbach, da bin ich im Moment überfragt. Diese Frage kann ich Ihnen im Moment nicht beantworten. Daß Sie natürlich eine andere Vorstellung davon haben als die Bundesregierung, das sehe ich ein. Ich werde Ihnen die Antwort in schriftlicher Form zukommen lassen.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich rufe die Frage 29 des Kollegen Winfried Mante auf: Aus welchen Gründen ist der südlich von Guben/Gubin mit EU-Mitteln neu erbaute Grenzübergang ({0}) zur Republik Polen, der seit Mai 1999 fertiggestellt ist, nicht in Betrieb? Besteht Einverständnis, daß auch die Frage 30 gleich mit beantwortet wird? - Das ist der Fall. Dann rufe ich auch die Frage 30 des Abgeordneten Winfried Mante auf: Was hat die Bundesregierung unternommen, um eine baldige Inbetriebnahme zu sichern?

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Herr Kollege Mante, die Grenzabfertigungsanlage Guben/Gubin, die von der Republik Polen auf polnischem Gebiet errichtet wird, ist weitgehend fertiggestellt. Einer Inbetriebnahme stehen nach einer aktuellen Information der polnischen Seite insbesondere noch die fehlende technische Ausstattung sowie die fehlende Innenausstattung entgegen. Nach diesen Informationen, die der deutschen Seite erst in jüngster Vergangenheit in einem informellen Gespräch mitgeteilt wurden, ist voraussichtlich nicht mehr mit einer Fertigstellung und Eröffnung der Anlage in diesem Jahr zu rechnen. Nachdem bei diesem informellen Gespräch die deutsche Seite also erst vor sehr kurzer Zeit über die Verzögerungen unterrichtet worden ist, hat sie der polnischen Seite bei dieser Gelegenheit ihr nachhaltiges Interesse an einer baldigen Eröffnung der Anlage deutlich gemacht. Weitere Schritte waren angesichts der Kürze der seit der Informationserlangung vergangenen Zeit nicht möglich. Nach einer Verifizierung des Ausmaßes der Verzögerung wird zu prüfen sein, ob Anlaß zu weiteren Interventionen, möglicherweise auch auf der politischen Ebene, besteht.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Eine Zusatzfrage des Kollegen Mante.

Winfried Mante (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002731, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Staatssekretärin, mir liegen Pressemeldungen aus unserer Region vor, daß offensichtlich Personalschwierigkeiten beim Zoll und bei der Grenzschutzbehörde auf der polnischen Seite die Ursache für die Nichtinbetriebnahme sind und daß man auch in näherer Zukunft nicht bereit ist, das Personal aufzustocken. Ist der Bundesregierung das bekannt? Wie stellt man sich darauf ein?

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Herr Kollege Mante, dies ist der Bundesregierung so nicht bekanntgeworden. Der Bundesregierung ist lediglich bekanntgeworden, daß die technische und die Innenausstattung der Grenzabfertigungsstelle noch nicht fertig sei und daß deswegen noch keine Inbetriebnahme erfolge. Von Personalschwierigkeiten ist jedenfalls der Bundesregierung nichts mitgeteilt worden. Wir werden aber dafür Sorge tragen, daß diese Frage im bilateralen Verhältnis geklärt wird, und unseren Einfluß natürlich auch dahin gehend geltend machen, daß die Grenzabfertigungsstelle so rasch als möglich geöffnet wird, um die Belastungen der Stadt Guben zu vermindern.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Wir kommen zur Frage 31 des Kollegen Dr. Götzer. Welche Vorschläge hat die laut Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ vom 21. Juni 1999 angekündigte Arbeitsgruppe dem Bundeskanzler zur Unterstützung der vom Pfingsthochwasser 1999 in Bayern Betroffenen gemacht, und welche in dem Bericht in Aussicht gestellten weiteren Mittel sind bisher zur Verfügung gestellt worden?

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Als Ergebnis aus der Arbeitsgruppe und weiterer Gespräche mit der Bayerischen Staatsregierung sind von der Bundesregierung folgende Hilfsmaßnahmen anläßlich der Hochwasserkatastrophe in Süddeutschland veranlaßt worden: Für Gewerbebetriebe und für landwirtschaftliche Betriebe stellt die Kreditanstalt für Wiederaufbau ein Sonderkontingent von Krediten zur Beseitigung von Hochwasserschäden an Gebäuden und langlebigen Wirtschaftsgütern im Gesamtumfang von 200 Millionen DM zur Verfügung. Aus diesem Volumen können auch Kredite für den Ausgleich von durch das Hochwasser verursachten Liquiditätsengpässen, für die Finanzierung von Ersatz für vernichtete Lagerbestände oder für die Finanzierung von Aufräumarbeiten in Anspruch genommen werden. Die Zinsen für diese Kredite der KfW liegen einen Prozentpunkt unter den Standardkonditionen der günstigen KfW-Mittelstandskredite. Für Privathaushalte steht ebenfalls ein Kontingent zinsgünstiger Kredite von bis zu 200 Millionen DM zur Verfügung, mit denen die Beseitigung von Hochwasserschäden an der Gebäudesubstanz finanziert werden kann. Dieses Kreditkontingent der KfW wird bis zu einem Volumen von 100 Millionen DM aus Mitteln des Bundeshaushaltes zusätzlich verbilligt. Hierfür werden der KfW 20 Millionen DM zur Verfügung gestellt. Gleichzeitig wird die Möglichkeit einer 80prozentigen Haftungsfreistellung angeboten, die vom Bund und von Bayern gemeinsam getragen wird. Der Bund gewährt Bayern weitere Hilfen, indem er zusätzlich 10 Millionen DM im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ verfügbar macht. Im Bereich der steuerlichen Maßnahmen können Stundungen, Herabsetzung von Vorauszahlungen, Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen und Sonderabschreibungen beantragt werden. Der Bund hat ferner auf die Erstattung der Kosten für den Einsatz der Bundeswehr, des Bundesgrenzschutzes und des Technischen Hilfswerks verzichtet.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Zusatzfrage des Kollegen Götzer.

Dr. Wolfgang Götzer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000707, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, im wesentlichen sind die Kreditbeihilfen und -vergünstigungen des Bundes nur indirekten Hilfen. Mich interessieren die indirekten Hilfen. Deshalb frage ich: Warum ist die Bundesregierung nicht bereit, den Opfern des Pfingst-Hochwassers in Süddeutschland entsprechend den Schäden direkte finanzielle Hilfen zukommen zu lassen, so wie es die alte Bundesregierung beim Oder-Hochwasser getan hat? Die Schäden, die das Pfingst-Hochwasser in Süddeutschland, insbesondere in Bayern und ganz besonders in der Stadt Neustadt an der Donau, angerichtet hat, waren doch um ein Vielfaches größer als die, die das Oder-Hochwasser angerichtet hat.

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Herr Kollege Götzer, die Bundesregierung hat sich bei der Hilfe für die Opfer des Pfingst-Hochwassers genauso verhalten, wie sich die alte Bundesregierung bei Rheinhochwassern in RheinlandPfalz und in Nordrhein-Westfalen immer verhalten hat. Sie erinnern sich bestimmt noch an die beiden sogenannten Jahrhunderthochwasser des Rheins vom Dezember 1993 und Januar 1995, die erhebliche Schäden verursacht haben. Auch damals gab es ein Zinsverbilligungsprogramm der KfW. Bei der jetzigen Hilfe zur Beseitigung der Hochwasserschäden in Süddeutschland bekommt Bayern zusätzlich 10 Millionen DM für die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß es gerechtfertigt war, die neuen Bundesländer, die vom Oder-Hochwasser betroffen waren, stärker durch Bundesmittel zu fördern, weil die neuen Bundesländer nicht über dieselbe Finanzkraft wie das Land Bayern oder das Land Nordrhein-Westfalen verfügen.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Frage 32 wird schriftlich beantwortet. Ich rufe Frage 33 der Kollegin Lengsfeld auf: Hat Bundeskanzler Gerhard Schröder im Kabinettsausschuss Neue Länder am 28. September 1999 in Magdeburg zu allen Punkten des von der Bundesregierung vorgelegten sogenannten Sparpakets die Unterstützung und Zustimmung des Landes Sachsen-Anhalt erhalten?

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Die Landesregierung von Sachsen-Anhalt unterstützt den Kurs der Bundesregierung zur Sanierung der Haushalte von Bund und Ländern, um den finanziellen Spielraum für wachstums- und beschäftigungsfördernde Zukunftsinvestitionen zu sichern. Solide Staatsfinanzen bilden die Grundlage für Wachstum und Beschäftigung. Das Sparpaket ist ein wichtiges Element des Zukunftsprogramms 2000 der Bundesregierung. Ein finanziell stabiler Bundeshaushalt liegt auch im Interesse der neuen Länder und ihrer Kommunen. Der Bund erbringt insbesondere in den neuen Ländern infrastrukturelle Vorleistungen, die anderenfalls von anderen Gebietskörperschaften übernommen werden müßten. Der Aufbau Ost genießt beim Bund weiterhin oberste Priorität. Die im Rahmen des Föderalen Konsolidierungsprogramms beschlossene Finanzausstattung der neuen Länder bleibt unangetastet. Die Länder haben auch auf die Maßnahmen des Zukunftsprogramms hingewiesen, die die Länder einschließlich ihrer Kommunen belasten. Aber das Sparpaket der Bundesregierung kann nicht an Hand einzelner ausgewählter Maßnahmen beurteilt werden, sondern muß in der Gesamtheit seiner Auswirkungen gesehen werden, die zu einer Entlastung von Ländern und Kommunen führen. Die Regierung des Landes SachsenAnhalt stimmt dem Zukunftsprogramm 2000 der Bundesregierung deshalb grundsätzlich zu, unbenommen einzelner Bereiche, über die noch gesprochen werden wird.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Die Frage 34 wird schriftlich beantwortet. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung. Die Fragen 35, 36 und 37 werden schriftlich beantwortet. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen. Sämtliche Fragen zu diesem Geschäftsbereich - die Fragen 38, 39, 40, 41, 42 und 43 - werden schriftlich beantwortet. Wir kommen zum Geschäftsbereich Bundeskanzler und Bundeskanzleramt. Zur Beantwortung der Fragen steht Staatssekretär Heye bereit. Ich rufe zunächst Frage 44 des Kollegen Bühler ({0}) auf: Ist der Bundesregierung bekannt, daß das dem Bundeskanzleramt unterstehende Presse- und Informationsamt der Bundesregierung in diesem Jahr, in dem der Europarat sein 50jähriges Jubiläum begeht, ein 220 Seiten starkes „Handbuch zur Europa-Politik“ herausgegeben hat, in dessen Teil 1 „Das demokratische Europa - Europa auf dem Weg ins Jahr 2000“ nur die 15 Mitgliedstaaten der EU genannt werden, der 41 Länder umfassende Europarat aber mit keinem Wort erwähnt wird, nicht einmal in der graphischen Darstellung der „Etappen der europäischen Einigung“ auf Seite 11 und auch nicht unter der allgemeinen Überschrift „Viele Namen für Europa“ auf Seite 15?

Not found (Staatssekretär:in)

Mit Einverständnis der Fragesteller möchte ich die Fragen 44, 45 und 46 gemeinsam beantworten, weil sie in einem inneren Zusammenhang stehen.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Dann rufe ich auch die Fragen 45 des Abgeordneten Bühler ({0}) und 46 des Abgeordneten Dr. Hornhuis auf: Wenn ja, zählt die Bundesregierung Staaten wie die Schweiz, Norwegen und Island oder die drei neuen NATOMitgliedstaaten Tschechien, Ungarn und Polen nicht zum „demokratischen Europa“, oder gibt es andere Gründe für die Nichterwähnung im Teil 1 der Broschüre? Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß der Europarat - die älteste und inzwischen gesamteuropäische Organisation ausreichend gewürdigt wird, wenn ihm in einem 220seitigen „Handbuch zur Europa-Politik“ nur eine einzige Seite gewidmet wird?

Not found (Staatssekretär:in)

Zu den Fragen 44 und 46: Die Bundesregierung hat auch 1999 in der vierten Auflage die stark nachgefragte und erstmals 1994 erschienene Broschüre „Europa in 100 Stichworten“ herausgegeben. Der Schwerpunkt der Broschüre liegt auf der kurzen Erläuterung wichtiger Begriffe der Europäischen Union. Für 100 Stichworte aus allen europapolitischen Bereichen stehen rund 180 Seiten zur Verfügung. Die Stichworte werden durch die Geschichte der EU und eine Zeittafel komplettiert. Insoweit kommt der Broschüre durchaus der Charakter eines „Handbuchs zur Europa-Politik“, wie Sie es in der Frage bezeichnen, zu. In diesem Rahmen wurde sowohl als gesondertes Stichwort als auch in der Zeittafel auf die Bedeutung des Europarates hingewiesen. Diese Broschüre hat die Bundesregierung im Rahmen ihrer informationspolitischen Maßnahmen zum europäischen Einigungsprozeß herausgegeben. Dem Presseund Informationsamt der Bundesregierung kommt die Aufgabe zu, den Prozeß des Zusammenwachsens der Europäischen Union öffentlichkeitswirksam zu begleiten. Die Öffentlichkeitsarbeit für den Europarat liegt hingegen nicht beim Bundespresseamt; vielmehr wird sie in der Bundesrepublik Deutschland seit vielen Jahren von der Europäischen Bewegung Deutschland wahrgenommen. Sie gibt unter anderem die Broschüren „Der Europarat - Fakten und Zahlen“ sowie die Broschüre „Der Europarat - Funktionen und Arbeitsweise“ heraus. Auf die Anschrift der Europäischen Bewegung Deutschland wird in der Broschüre „Europa in 100 Stichworten“ hingewiesen. Zu Frage 45: Wie eben bereits erwähnt, steht die knappe Darstellung der Europäischen Union im Mittelpunkt der Broschüre. Da im Kapitel „Das demokratische Europa“ die Geschichte der Europäischen Union beschrieben wird, werden die Staaten Schweiz, Norwegen und Island unter dem EU-Aspekt notabene nicht erwähnt. Erwähnung finden im Hinblick auf die Erweiterung der Europäischen Union die Nato-Mitgliedstaaten Tschechien, Ungarn und Polen, nicht jedoch die Schweiz, Norwegen und Island. Wer sich diese Broschüre „Europa in 100 Stichworten“, von Agenda 2000 bis Zollunion, anschaut, der wird sie sicherlich nicht als Dementi dafür nehmen können, daß es auch außerhalb der EU demokratische Staaten gibt.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Herr Kollege Bühler, haben Sie eine Zusatzfrage?

Klaus Bühler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000297, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident, ich habe zunächst eine Zusatzfrage zur Antwort auf Frage 44. Herr Staatssekretär, halten Sie es für angemessen, wenn in einer 222 Seiten umfassenden Broschüre das älteste und größte parlamentarische Gremium Europas, der Europarat, mit einer einzigen Seite gewürdigt wird? Sind Sie der Meinung, daß die Begründung, der Europarat liege nicht im Kompetenzbereich des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung, alleine genügt, dieses Gremium mit einer einzigen Seite abzuspeisen?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, ich kann nicht von „abspeisen“ sprechen. Sie erlauben mir diesen Widerspruch. Im Buch gibt es 100 Stichworte, und der Europarat ist mit einer guten halben Seite in diesem Buch dargestellt. Ich nehme Ihre Anregung aber gerne auf. Bei der Überarbeitung im nächsten Jahr wird man das eine oder andere Detail durchaus dazunehmen können. Aber es würde den Rahmen dieses Handbuches sprengen, wenn es über Stichworte hinaus den historischen Kontext des Europarates beschreiben würde. Im übrigen wäre diese Darstellung wirklich nicht unsere Aufgabe. Die Öffentlichkeitsarbeit des Europarates wird von der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit beim Europarat in Straßburg verantwortet. Die Pressearbeit wird von der Pressearbeit des Europarates koordiniert. In der Bundesrepublik Deutschland nimmt die Europäische Bewegung Deutschland seit vielen Jahren die Pressevertretung des Europarates wahr. Das Bundespresseamt hat weder in der Vergangenheit noch in der Gegenwart eine Veranlassung gesehen, in die Kompetenzen der umfassenden Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Europarates einzugreifen. Angesichts der knappen Mittel, die uns zur Verfügung stehen, sollte das auch jetzt nicht geändert werden. Seit 1994 wurde, wie ich glaube, kein Anstoß daran genommen, daß der Europarat in diesem Buch im Rahmen von 100 Stichworten erwähnt wird. Ich bin deshalb etwas überrascht, aber man kann ja alles besser machen, Herr Abgeordneter.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Können wir zur Frage 45 kommen, oder haben Sie noch eine Nachfrage zur Frage 44?

Klaus Bühler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000297, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Zu Frage 44, bitte.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Bitte.

Klaus Bühler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000297, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Darf ich nach der Aussage in Ihrer letzten Antwort, man könne manches anders und vieles besser machen, davon ausgehen, daß die Bundesregierung endlich zu der Überzeugung gekommen ist, daß ihre Aussage „Wir werden vieles anders und alles besser machen“ keine Gültigkeit mehr hat? ({0})

Not found (Staatssekretär:in)

Das können Sie dieser meiner Antwort natürlich nicht entnehmen. Allein daraus, daß dieses Stichwortverzeichnis in den letzten vier Jahren mittlerweile eine Auflage von einer halben Million erreicht hat, kann man ersehen, daß es den Zweck, für den es gedacht ist, außergewöhnlich gut erfüllt und in Ordnung ist. Wenn Sie mir den einen oder anderen Hinweis geben würden, wo Sie sich bei dem Stichwort „Europarat“ eine zusätzliche Präzisierung wünschten oder vorstellten, bin ich gerne bereit, das entgegenzunehmen und zu schauen, ob das zu leisten ist.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Wir kommen damit zu den Nachfragen zu Frage 45 des Kollegen Bühler.

Klaus Bühler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000297, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, werden das Bundeskanzleramt, die Bundesregierung und auch ihr Presse- und Informationsamt in Zukunft versuchen, mehr und besser über die Zusammensetzung und die Aktivitäten des Europarates zu informieren, die Arbeit des Europarates mehr und intensiver zu begleiten und dieses Gremium auch einmal als politisches Instrumentarium zu nutzen?

Not found (Staatssekretär:in)

Sehr verehrter Herr Abgeordneter, das Bundespresseamt arbeitet seit vielen Jahren intensiv mit der Europäischen Bewegung Deutschland, der Pressevertretung des Europarates, zusammen. Das äußert sich in einer Vielzahl von Informationstagungen und Veranstaltungen zur Idee der europäischen Einigung und zu aktuellen europapolitischen Fragen. Dafür hat das Bundespresseamt in diesem Jahr bereits Zuwendungen in Höhe von rund 160 000 DM zur Verfügung gestellt. So wird zum Beispiel in wenigen Tagen, am 13. und 14. Oktober 1999, in München ein Journalistenseminar aus Anlaß des 50jährigen Bestehens des Europarates unter dem Thema „Werte statt Grenzen: Europa - Menschenrechte Wertegemeinschaft“ stattfinden. Dazu werden 80 bis 100 Multiplikatoren erwartet. Das Bundespresseamt beteiligt sich an dieser Informationsveranstaltung mit einer Zuwendung in Höhe von 30 000 DM. Das unterstreicht die großartige Zusammenarbeit, die hier besteht.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Die letzte Nachfrage des Kollegen Bühler.

Klaus Bühler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000297, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, darf ich dieser Antwort entnehmen, daß die Bundesregierung bereit sein wird, den von allen Fraktionen des Deutschen Bundestages geplanten Festakt „50 Jahre Mitgliedschaft der Bundesrepublik Deutschland im Europarat“ im nächsten Jahr nicht nur ideell, sondern auch materiell zu unterstützen?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, ich möchte nicht vorschnell mit Ja antworten, denn das hängt davon ab, wieviel Geld die Abgeordneten dem Bundespresseamt zur Verfügung stellen. Danach bemißt sich eine solche Möglichkeit.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Herzlichen Dank. Die Fragen 47, 48 und 49 werden schriftlich beantwortet. Damit ist die Fragestunde beendet. Ich rufe den Zusatzpunkt 2 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der CDU/CSU Geringere Leistungsansprüche gesetzlich Krankenversicherter gegenüber Sozialhilfeempfängern, Asylbewerbern und Strafgefangenen bei unveränderter Realisierung der Gesundheitsreform Ich erteile das Wort dem Kollegen Hermann Kues, CDU/CSU-Fraktion.

Dr. Hermann Kues (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002709, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In den letzten Tagen hat es Meldungen gegeben, daß auf Grund der Veränderungen bei der Arzneimittelversorgung mittlerweile Kassenpatienten, die regelmäßig ihre Beiträge zahlen, bei der Arznei- und Heilmittelversorgung schlechter behandelt werden als jene, die lediglich Krankenfürsorge bekommen, ob als Sozialhilfeempfänger, ob als Strafgefangener oder auch als Asylbewerber. Ich meine, das ist eine Sache, die wir hier diskutieren und erörtern müssen. Lassen Sie mich ganz deutlich sagen: Die jetzt auftretenden Ungereimtheiten sind die Folge einer unsteten Gesundheitspolitik, bei der der Eindruck entsteht, daß die zahlenden Kassenpatienten im Endeffekt die Dummen sind. ({0}) Ich kann die Wut der Menschen verstehen, daß sie angesichts des Zickzackkurses in der Gesundheitspolitik mittlerweile Widersprüchlichkeiten und auch neue Ungerechtigkeiten entdecken, über die man hier reden muß. Es kann nicht sein, daß jemand, der regelmäßig seine Beiträge zahlt, mittlerweile schlechter behandelt wird als jemand, der aus anderen Gründen von der Allgemeinheit versorgt wird. ({1}) Ich kann auch die Wut der Menschen verstehen, die den Eindruck haben, daß neue Widersprüchlichkeiten noch zu neuen Ungerechtigkeiten führen - mit dem Ergebnis, daß es jetzt eine neue, ganz spezielle Form von Zweiklassenmedizin gibt: Während die Beitragszahler auf Grund der Vereinbarungen, die Sie auch mit der Bundesärztekammer getroffen haben, ihren Gürtel enger schnallen müssen, gilt das für die anderen nicht. Sie sind nicht betroffen vom Globalbudget. Sie können Privilegien genießen, ohne auch nur irgendeinen Beitrag zu leisten. Das finde ich höchst ungerecht. Meine Damen und Herren, Sie müssen den Kassenpatienten erklären, daß diejenigen, die Krankenfürsorge bekommen, anders behandelt werden als Otto NormalStaatssekretär Uwe-Karsten Heye verbraucher, der redlich seine Beiträge zahlt. Denn Otto Normalverbraucher wird dank des Globalbudgets, bei dem Sie auf die Rationierung von medizinischen Leistungen setzen, beispielsweise eine Massage verweigert, die der andere problemlos bekommt, obwohl er dafür keinen Beitrag geleistet hat. Das ist die Folge einer Politik der Reglementierung, der Budgetierung und der Bürokratisierung. Dies lehnen wir ab. ({2}) Mit solchen Regelungen, die nicht zu Ende gedacht sind, gefährden Sie nicht nur die Versorgung mit dem medizinisch Notwendigen, sondern - ich glaube, das ist ganz wichtig für die Zukunft - erschüttern auch das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit dieses Systems, und Sie verletzen vor allen Dingen das Gerechtigkeitsempfinden der Beitragszahler und der Patienten. Das hat zur Folge, daß die Reformbereitschaft, die wir in Deutschland dringend benötigen, um auch beim Problem der Gesundheitsvorsorge voranzukommen, auf der Strecke bleibt. ({3}) Es ist doch ganz klar: Wer sich im Gesundheitsbereich nur an der Finanzlage orientiert und nicht an dem, was medizinisch notwendig ist, muß scheitern. ({4}) Das ist im Grunde genommen auch unsere Kernkritik an dem, was Sie jetzt im Gesundheitsreformgesetz vorgelegt haben. Sie richten sich nicht nach dem, was medizinisch notwendig ist, sondern nach dem, was irgendwie einer bestimmten, von Ihnen definierten Kassenlage entspricht. Sie legen Ausgabenobergrenzen fest, und Sie würgen damit letztlich Entwicklungen ab, die im Interesse der Menschen notwendig sind. Dies führt zu neuen Ungerechtigkeiten. Es ist auch mit zusätzlicher Bürokratie verbunden. Das halten wir für falsch. Aus eben diesem Grunde werden wir die Gesundheitsreform, so wie Sie sie jetzt vorgelegt haben, nicht mitmachen. Wir werden sie nicht mitmachen, weil sie in die Irre führt. Es wäre völlig töricht, wenn wir in einen Zug mit einstiegen, der in die falsche Richtung fährt. Das können Sie von uns nicht verlangen. Die Menschen erwarten von uns, daß wir hier Widerstand leisten. ({5}) Sie machen eine Gesundheitspolitik zu Lasten der Kassenpatienten. Sie machen eine Gesundheitspolitik zu Lasten derjenigen, die krank sind, und Sie machen eine Gesundheitspolitik zu Lasten derjenigen, die die Hilfe benötigen. Letztlich läuft es auf eine Zweiklassenmedizin hinaus. Das Thema, das heute ansteht, daß Sie mittlerweile Beitragszahler anders behandeln als diejenigen, die keine Beiträge zahlen, ist eine ganz neue Prägung der Zweiklassenmedizin. Das ist nicht in Ordnung, und das werden wir auch nicht mitmachen. ({6})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Herr Kollege Kues, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Dr. Hermann Kues (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002709, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Mein letzter Satz: Wir wollen Ausgaben gemäß dem medizinischen Bedarf und nicht nach Kassenlage, wir wollen Transparenz statt Bürokratie, und wir wollen Wahlmöglichkeiten statt Bevormundung durch Kassenfunktionäre. Vielen Dank. ({0})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich erteile das Wort der Kollegin Brigitte Lange, SPD-Fraktion.

Brigitte Lange (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001282, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In Berlin ist Wahlkampf, und der CDU scheinen die Argumente auszugehen. ({0}) Soviel schändlichen Unsinn, wie Sie ihn hier verzapft haben, hört man selten in fünf Minuten. Er ist deswegen schändlich, Herr Kues, weil Sie es besser wissen müßten. ({1}) Es ist für keine Partei gut, Wählerinnen und Wählern das Falsche zu erzählen und den Zorn gegen bestimmte Gruppen zu richten. ({2}) Die Überschrift dieser Aktuellen Stunde lautet ganz allgemein: „Geringere Leistungsansprüche gesetzlich Krankenversicherter gegenüber Sozialhilfeempfängern, Asylbewerbern und Strafgefangenen ...“ Daß Sie jetzt versuchen, das auf den Arznei- und Heilmittelbereich einzuengen, macht die Sache nicht besser. Falsch ist alles. ({3}) Schauen wir einmal in die Geschichte bzw. in die Gesetzeslage: Sie beklagen hier, daß der Auftrag des SGB V, Sozialhilfeempfänger über die Sozialhilfeträger in die Krankenversicherung einzubeziehen, nicht geglückt ist. Minister Seehofer hat ja damals einen entsprechenden Vorschlag gemacht. Er hat mit den Ländern darüber diskutiert. Dieser Vorschlag ist dann nicht angenommen worden, weil die Datenlage sehr unterschiedlich und nicht gut belegt war. Die Umsetzung hat dann nicht geklappt. Es ist schade, daß das nicht gelungen ist. ({4}) Wenn es gelungen wäre, hätten wir es leichter. Wenn Sie heute sagen würden: „Schade, daß das in unserer Regierungszeit nicht gelungen ist“, würde ich Ihnen zustimmen. ({5}) Sie beklagen, daß durch das von Ihnen in der letzten Legislaturperiode beschlossene Reformgesetz, das sogenannte 2. GKV-Neuordnungsgesetz - für alle, die sich nicht auskennen, ist hinzuzufügen, daß das für die Patienten eine Verschärfung der Bedingungen bedeutete: Sie mußten beim Erhalt von Medikamenten sowie bei Krankenhaus- und Kuraufenthalten höhere Zuzahlungen leisten -, Menschen, die Sozialhilfe bezogen und nicht versichert waren, ({6}) möglicherweise weniger davon abgehalten wurden, zum Arzt zu gehen, wenn sie krank waren, als Versicherte, die keine Sozialhilfe bezogen und nachgerechnet hatten, was sie hätten zuzahlen müssen. Das mag so sein. Das beklage auch ich. Sicherlich hat aber Ihr damaliges Gesetz dazu beigetragen, daß die Kommunen durch erhöhte Zuzahlungen und Sozialhilfemittel belastet wurden. Dies ist keine gute Lösung - weder für die Patienten noch für die Kommunen. Sie wissen im übrigen ganz genau, daß die Krankenhilfe, die nicht versicherte Sozialhilfeempfänger bekommen, den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung genau entspricht und daß bei allen das Prinzip gilt, daß sie Anspruch auf ausreichende und zweckmäßige Leistungen haben. Sie erhalten nicht mehr. Sie bekommen keinen Luxus. Es ist nicht so, daß Sozialhilfeempfänger jede Arztleistung in Anspruch nehmen können. Es ist auch nicht so, daß ein Sozialamt ungeprüft Rechnungen bezahlt; vielmehr wird über den Amtsarzt genau festgelegt, welche Behandlung angemessen ist. Ich denke, wir alle sind uns einig, daß wir keinem Menschen in unserem Lande eine zweckmäßige und ausreichende Behandlung versagen wollen. ({7}) Ihre Vorstellung, daß wir die Leistungen für Sozialhilfeempfänger budgetieren müßten, finde ich etwas abenteuerlich. Denn diese Leistungen bezahlt das Sozialamt. Ich betone es noch einmal: Es wird kein Luxus geboten, sondern genau die Leistungen, die jemand, der gesetzlich versichert ist, auch in Anspruch nehmen kann. Ganz abenteuerlich wird es, wenn Sie auf Asylbewerber abheben. Sie sollten sich daran erinnern - Sie sollten zuhören, damit Sie den von Ihnen dargestellten Blödsinn nicht weiter erzählen -, ({8}) daß für alle diejenigen, die hier um Asyl bitten, über deren Antrag noch nicht entschieden worden ist und die aus irgendwelchen Gründen noch nicht nach Hause gehen können, und für Bürgerkriegsflüchtlinge nur nochmals eingeschränkte Leistungen gelten. Sie erhalten ausschließlich bei akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen Leistungen und Zahnersatz nur dann, wenn er unaufschiebbar ist. Das heißt: Die Leistung für diese große Personengruppe liegt noch weit unter der Leistung, die alle anderen bekommen. ({9}) Wer an Anhörungen zu diesem Thema teilgenommen hat, wird sich daran erinnern, daß sich Ärzte vehement dagegen gewehrt haben, so verfahren zu müssen, weil es nämlich nicht ihrem ärztlichen Eid entspricht. ({10}) Wir bringen Ärzte damit in eine ganz unangenehme Situation. Hören Sie also auf, Menschen einzureden, daß alle anderen gegenüber den gesetzlich Krankenversicherten bevorzugt werden! Das ist schlichtweg gelogen. Ich finde es schlimm, auf diese Art und Weise Wahlkampf zu machen. ({11}) Dasselbe Spielchen treiben Sie mit Strafgefangenen. Was wollen Sie eigentlich damit erreichen? Auch diese Personengruppe bekommt nur die notwendige Behandlung. Soll man einem Patienten mit offener Tb oder einem HIV-Erkrankten keine angemessene Behandlung zukommen lassen? Was wollen Sie eigentlich? Diese Patienten müssen die Medikamente bekommen, die sie brauchen. ({12}) - Was ist eigentlich Ihr Thema? ({13}) Es ist nicht wahr, was Sie sagen. Ich sage Ihnen zum Abschluß: Wäre es nicht besser, wenn wir alle gemeinsam diejenigen Ärzte, die sorgsam mit dem Budget umgehen und die Medikamente verschreiben, die genauso wirksam, aber preiswerter sind, in ihrem Tun unterstützen?

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Frau Kollegin, Sie müssen zum Schluß kommen.

Brigitte Lange (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001282, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wäre es nicht besser, den Patientinnen und Patienten zu sagen: „Ihr braucht keine Angst zu haben, weil das andere Medikament die gleichen Wirkstoffe hat“? Lassen Sie uns gemeinsam in diese Richtung arbeiten! Ich hätte etwas anderes von Ihnen erwartet, als gerade im Wahlkampf Vorurteile zu verstärken. ({0})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich erteile das Wort dem Kollegen Detlef Parr, F.D.P.-Fraktion.

Detlef Parr (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001676, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Lachen allein macht nicht gesund.“ Unter diesem Motto demonstrierten vor wenigen Tagen über 25 000 Menschen im Rahmen des „Bündnisses Gesundheit 2000“ gegen die Gesundheitsreform. Sie spielten damit vielleicht auf Roncalli an, den Patienteninformationszirkus, den Sie, Frau Ministerin, vor wenigen Monaten als ersten Veranstaltungsort Ihrer Aufklärungskampagne gewählt haben. ({0}) Leider sind, Frau Schmidt-Zadel, die dort vorgeführten Kunststücke nicht nach dem Geschmack der Betroffenen. Bei näherem Hinsehen vergeht den am Gesundheitswesen Beteiligten das Lachen in starkem Maße. Vielleicht hätte man einen anderen Veranstaltungsort wählen sollen. Man hätte in das Kabarett-Theater „Bar jeder Vernunft“ in Wilmersdorf gehen sollen. ({1}) Dieser Name hätte besser gepaßt; denn bar jeder Vernunft sind die Grundlagen dieser Gesundheitsreform, über die wir schon lange diskutieren, zum Beispiel die Deckelung der Ausgaben über ein Globalbudget, das jetzt zur Debatte steht. Der Widersinn der Budgetierung wird an dem heute verhandelten Sachverhalt besonders deutlich. Nur weil die Bundesregierung die Gesundheitsausgaben um jeden Preis budgetieren will, entsteht die Situation, daß gesetzlich Versicherte dem Budget und damit auch der Einschränkung von Gesundheitsleistungen unterliegen, Sozialhilfeempfänger aber nicht. Auch wenn man natürlich nicht vergessen darf, daß Asylbewerber laut § 4 des Asylbewerberleistungsgesetzes an Gesundheitsleistungen ohnehin nur das bekommen, was unabwendbar ist - diesen Punkt haben Sie, Frau Kollegin Lange, schon erwähnt -, und daß bei Sozialhilfeempfängern und bei Strafgefangenen nur das geleistet wird, was notwendig ist: Sie können unseren Bürgerinnen und Bürgern nicht erklären, warum diese auf Grund des Aktionsprogrammes der Ärzte, der Krankenkassen und des Bundesgesundheitsministeriums von Behandlungseinschränkungen betroffen sind, andere Gruppen aber nicht. Deshalb ist es gut, daß wir heute in der Aktuellen Stunde an diesem Beispiel den ganzen Widersinn der Reform deutlich machen und konkret belegen können. Wir müssen den Patientinnen und Patienten darlegen, daß Zuteilungsmedizin und Behandlungseinschränkungen das Ergebnis der beabsichtigten staatlichen Planwirtschaft sind, statt daß die Eigenverantwortung des einzelnen gestärkt wird und der mündige Patient an Entscheidungsprozessen kompetent beteiligt wird. ({2}) - Frau Fuchs, das ist das Thema, ({3}) weil genau das, was die CDU/CSU-Fraktion auf die Tagesordnung gesetzt hat, die Folge ist. ({4}) - Nein, das alles hängt zusammen. - Auch den Patienten wird langsam klar, Frau Fuchs, daß sie das Wahlgeschenk einer geringfügigen Rücknahme der Zuzahlungen am Ende teuer bezahlen. Viele Medikamente werden durch die Positivliste nicht mehr auf Rezept zu haben sein. Das sogenannte Benchmarking - auch diesen Punkt will ich erwähnen - wird ein Weiteres dazu tun, die Arzneimittelversorgung deutlich zu verschlechtern. Das müssen wir den Menschen immer wieder sagen, auch wenn es Ihnen nicht gefällt. ({5}) Wer ohne Ansehung der regionalen Besonderheiten einfach das untere Drittel der Arzneimittelausgaben für alle Menschen gleich vorgibt, der handelt dilettantisch. ({6}) Die regionalen Budgetverhandlungen sollen sich nämlich an dem Mittelwert der drei Gebiete Deutschlands mit den niedrigsten Pro-Kopf-Arzneimittelausgaben orientieren. Damit steht für uns und viele Fachleute fest: Die Qualität der Versorgung der Patienten ist sehr wohl gefährdet. In der Konsequenz bewirkt das in den Regionen, in denen der Gesundheitszustand der Menschen ohnehin schon schlechter ist als anderswo, eine starke Herabsetzung des Arzneimittelbudgets und damit eine weitere Verschlechterung der Volksgesundheit. Diese Form der Ausgabenbegrenzung könnte in einem Kellertreppeneffekt enden, wenn sich die Regionen mit den geringsten Arzneimittelausgaben abwechseln und somit das Budget immer weiter heruntergeschraubt wird. Meine Damen und Herren, die Erkenntnis, daß die Kollektivhaftung der Ärzte für Budgetüberschreitungen ein überholtes, ungerechtes und ungeeignetes Mittel der Ausgabenbegrenzung ist, scheint sich so langsam auch in Regierungskreisen breitzumachen. Wie Sie, Frau Ministerin, allerdings Ihr Richtgrößenkonzept, das langsam bekannt wird, unter Budgetbedingungen umsetzen wollen, ohne dabei letztendlich wieder die Allgemeinheit für Überschreitungen haftbar zu machen, bleibt uns schleierhaft. Das gilt letztlich für das ganze Konzept des Globalbudgets. ({7}) - Herr Dreßler, wir sind hier anderer Meinung; das müssen Sie ertragen. - Aus Planwirtschaft wird Mangelverwaltung. Wir wollen nicht mehr Staat und immer mehr Dirigismus, sondern weniger Staat und mehr Eigenverantwortung beim einzelnen. ({8}) Die Budgetierung ist das schwankende Fundament, auf dem Sie eine Gesundheitsreform aufbauen, die nicht halten wird. Das Beispiel von heute ist besonders kurios, aber nur eines von vielen für die negativen Auswirkungen, die diese Reform haben wird. Aus der „Süddeutschen Zeitung“ von gestern ist Marc Hujer zu zitieren. Er schreibt: An den Erfolg der Gesundheitsreform, die nur noch auf mehr Staat setzt, glaubt niemand mehr. Dies steht unter der Überschrift: „Andrea Fischer verrennt sich“. Zu Beginn der Parlamentsdebatten über die Gesundheitsreform hatte ich Robert Musil zitiert: Sie irren vorwärts. - Mit zunehmender Beratungsintensität wird dieser Eindruck immer deutlicher bestätigt. ({9})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Als nächster erteile ich der Kollegin Monika Knoche, Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.

Monika Knoche (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002701, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Sehr geehrter Herr Kollege Kues! Sehr geehrter Herr Parr! Ich hätte erwartet, daß Sie so viel parlamentarische Korrektheit haben, den Mut aufzubringen und zu sagen, daß Sie eine Diskussion über das Globalbudget und die Gesundheitsstrukturreform führen möchten. Ich hätte nicht erwartet, daß Sie so feige sind, auf Asylbewerberinnen und Asylbewerber abzustellen und eine Sozialneidkampagne daraus zu machen. ({0}) Darüber rege ich mich wirklich auf. Eine seriöse, ökonomisch korrekte, emanzipatorische Debatte über die Ziele und Wege der Gesundheitsstrukturreform aber begrüße ich jederzeit. ({1}) Was haben wir in der letzten Legislaturperiode hier im Bundestag erlebt, Herr Seehofer? Ich nenne nur das Asylbewerberleistungsgesetz. Man hat Menschen, die aus begründeten Anlässen hier leben, Leistungen der Gesundheitsversorgung vorenthalten, obwohl es unserer Gesellschaft nicht würdig ist, sie davon auszunehmen. ({2}) So ist es gewesen. Allein allerschwierigste Krankheitsbilder und Schmerzzustände, im Grunde genommen äußerst krisenhafte Lebenssituationen sollten diese Menschen berechtigen, an unserem Versorgungssystem teilzuhaben. Das waren die Seehoferschen Zeiten. Da wurde viel Sozialneid geschürt. Worüber ich allerdings staunen mußte, Herr Kues, war, daß Sie in Ihren Darstellungen kein einziges belastbares Argument angeführt haben. ({3}) Wie sieht denn die Realität aus? Der größte Teil der Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger ist gesetzlich krankenversichert. Daß ein Teil nicht gesetzlich krankenversichert ist, hat viel damit zu tun, daß man mit den Ländern nicht zu einer Regelung gekommen ist, alle Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger in die gesetzliche Krankenversicherung einzubeziehen. ({4}) Dieses Problem konnten Sie nicht lösen. Aber wir sagen nicht, daß dies objektiv kein Problem darstellt. Man arbeitet weiterhin daran. Aber wenn Sie sagen, daß die Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger, die nicht gesetzlich versichert sind, Objekte der Bereicherung der niedergelassenen Ärzteschaft sind, dann allerdings hoppla! ({5}) Sie unterstellen den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten, daß sie mit Sozialhilfeempfängerinnen und -empfängern Reibach machen! Ich muß doch sehr staunen, wie weit Sie da gehen. Eigentlich - so offenbart es sich - haben Sie in der Rolle der Opposition den Zielen - Integration, Ausbau, Verstetigung und Verstärkung des Solidarprinzips in der gesetzlichen Krankenkasse, Qualitätssteigerung, mehr sektorenübergreifende Kooperation - gar nichts entgegenzusetzen. ({6}) Das ist Ihr großes Problem. Ich streite mich sehr gerne darüber, ob die Instrumente richtig gewählt sind usw. ({7}) Aber worüber ich mich aufrege und wobei ich nicht mitmache, ist die Tatsache, daß Sie hier eine Sozialneidkampagne initiieren wollen. ({8})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Das Wort hat nun Kollege Gregor Gysi, PDS-Fraktion.

Dr. Gregor Gysi (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000756, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Über das von der Bundesregierung vorgesehene Generalbudget muß man selbstverständlich diskutieren. Wir teilen die vielfach geäußerte Kritik, die daran geübt wird. Man kann ein Gesundheitswesen, eine Gesundheitsstruktur nicht auf Kosten von Ärztinnen und Ärzten, Schwestern, Patientinnen und Patienten reformieren. ({0}) Aber ich sage genauso deutlich: Das gehört in eine Debatte über die Gesundheitsstrukturreform und nicht in eine Aktuelle Stunde. ({1}) Aber darum geht es der CDU/CSU-Fraktion nicht. Es ist nicht so - das will ich als zweites feststellen -, daß ich nicht akzeptiere, daß der Bundestag auch für Wahlkampfzwecke benutzt wird. ({2}) - Nein, ich sage ja nicht, daß ich das nicht akzeptiere. Das versuchen zu gegebener Zeit alle Fraktionen - mit mehr oder weniger Erfolg. Das ist einfach so. Aber ich finde, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, man darf dabei eine Grenze nicht überschreiten, und die haben Sie überschritten. ({3}) - Nein, die setze nicht ich, sondern die setzt Art. 1 des Grundgesetzes, und den verletzen Sie. Was Sie hier machen, ist eine ganz miese Kampagne. ({4}) Sie hätten ja auch schreiben können: „Geringere Leistungsansprüche gesetzlich Krankenversicherter gegenüber denjenigen, bei denen der Staat für die Kosten haftet“, aber Sie benennen extra drei Gruppen. Die Absicht ist doch deutlich. ({5}) Diese Situation im Berliner Wahlkampf zu nutzen, um noch einmal Stimmung zu machen gegen die Ärmsten in der Gesellschaft - die Sozialhilfeempfängerinnen und Sozialhilfeempfänger, die Asylbewerberinnen und Asylbewerber und die Strafgefangenen -, ist Ihr einziges Ziel. Sonst hätten Sie diese Aktuelle Stunde nicht gebraucht, denn die eigentliche Debatte steht an. ({6}) Ich sage Ihnen: An einem solchen miesen Wahlkampf beteiligen wir uns nicht. Auf dieses Niveau lassen wir uns nicht herunterziehen. ({7}) Deshalb werde ich dazu auch nicht mehr sagen, als daß Sie nicht einmal die deutsche Sprache beherrschen. Sonst hätten Sie nämlich das Thema ganz anders nennen müssen. Sie behaupten hier im Ernst, es gebe geringere Leistungsansprüche gesetzlich Krankenversicherter „gegenüber“ Sozialhilfeempfängern etc. Diese haben denen gegenüber aber keine Ansprüche. ({8}) Sie meinen etwas völlig anderes, nämlich wahrscheinlich ({9}) „im Vergleich zu“, „gegenüber der Versicherung“ oder „gegenüber dem Staat“; Aber daß Sie das so hingehauen haben, daß der Satz nicht einmal stimmt, beweist, daß Sie nur ein einziges Ziel hatten, nämlich auf der Grundlage der Diffamierung der Schwächsten in der Gesellschaft Wahlerfolge zu erzielen. Da machen wir nicht mit! ({10})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Das Wort hat der Kollege Heinz Schemken, CDU/CSU-Fraktion.

Heinz Schemken (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001955, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir haben hier keine Germanistikstunde, ({0}) sondern eine Aktuelle Stunde, in der es um eine wichtige Sache geht. Vorab möchte ich erklären, daß das Bundessozialhilfegesetz ein Kind der CDU/CSU-Fraktion aus den 60er Jahren ist, daß wir dazu stehen und daß das, was im Bundessozialhilfegesetz verankert ist, einen Rechtsanspruch begründet. Trotzdem muß man sich mit Gefühlslagen auseinandersetzen, ({1}) - zu den Gefühlslagen werde ich schon noch etwas sagen -, um genau das zu verhindern, was soeben gesagt worden ist, nämlich daß hier eine Neidkampagne aufgezogen werde. ({2}) Die Position der CDU/CSU im Gesundheitswesen ist eindeutig: Wir wollen die Eigenverantwortung stärken. ({3}) Rotgrün bringt die Budgetierung. Das bedeutet am Ende die Rationierung. Das wollen wir nicht. Sie, Rotgrün, haben durch das „Aktionsprogramm im Gesundheitswesen“ und das Gesetzesvorhaben, das auf dem Tisch liegt, ({4}) die Eigenverantwortung zurückgenommen. ({5}) Dies ist - das muß ich Ihnen sagen - ein Dilemma, das sich die Regierungskoalition selber geschaffen hat ({6}) und aus dem sie so schnell nicht wieder herauskommt. ({7}) Dies gilt sowohl für den ambulanten als auch für den stationären Bereich. ({8}) Wir haben gerade durch die Härtefall- und durch die Überforderungsklausel die medizinisch notwendigen Leistungen für jeden gesichert und möglich gemacht. Das war immer unser Prinzip. Wir wollen eben keine Zweiklassengesellschaft in der Gesundheitsvorsorge einführen. ({9}) Am vergangenen Sonntag stand in einem Pressebericht der „Welt am Sonntag“ - ich zitiere; lasten Sie das durch Ihre Vorurteile bitte nicht mir an -, ({10}) Sozialhilfeempfänger, ({11}) deren Gesundheitskosten direkt von den Sozialämtern abgerechnet werden, bekommen bessere und teurere Medikamente. ({12}) - Ich habe zitiert. Entschuldigung, ich darf doch wohl zitieren. ({13}) - Entschuldigen Sie mal! Der Grund ist eben diese Gefühlslage. Da kommt es darauf an, daß wir den Bürgern draußen etwas sagen. ({14})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Liebe Kollegen, lassen Sie doch den Kollegen Schemken zu Wort kommen! Er hat es doch.

Heinz Schemken (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001955, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Grund dafür könnte in Zukunft auch die Arznei- und Heilmittelbudgetierung sein, weil sie den Krankenversicherten möglicherweise in die schwierige Lage bringt, daß er die gewünschte Leistung nicht bekommt. Dies ist die Lage, die wir ganz nüchtern sehen müssen. Hier gilt es nicht zu kritisieren, daß die Leistungen erbracht werden. Hier gibt es überhaupt nichts zu kritisieren. Wer sagt denn das? ({0}) Allerdings müssen wir feststellen, daß zwischen den Sozialhilfeempfängerinnen und -empfängern, die gesetzlich versichert sind, und denen, die nicht versichert sind, ein Unterschied besteht. ({1}) Das alleine schon ist eine Diskriminierung unter denen, die in gleicher Lage sind: ({2}) Der eine hat Zutritt zum Gesundheitswesen über seine Versicherung, der andere über die steuerfinanzierte Sozialhilfe. Das muß man hier einmal feststellen. ({3}) Damit die Zahlen und die Betroffenheit hier keine Rolle spielen - das sage ich bewußt an die Adresse von Herrn Gysi; er ist nicht mehr da; vielleicht ist er schon wieder im Wahlkampf -, darf ich die Regierung bitten, Aufklärung über diesen Tatbestand herbeizuführen, da insbesondere die örtlichen Träger der Sozialhilfe hier in einer besonderen Weise belastet sind und zukünftig durch entsprechende Gesetze noch stärker belastet werden. Es wäre sinnvoll - ich wiederhole es -, hier Aufklärung zu betreiben. Das heißt nicht, daß hier eine Diskriminierung stattfinden soll. Es darf nicht sein - das sage ich ganz offen -, daß der Rentner, der Arbeiter und auch der in der Beitragszahlung befindliche Sozialhilfeempfänger anders behandelt werden als der, der über den steuerlichen Sektor, über den Rechtsanspruch nach dem BSHG, abgesichert ist ({4}) was richtig ist; woher sollte er sonst die Absicherung bekommen? ({5}) Deshalb bitte ich, diese Aktuelle Stunde so zu verstehen, daß wir Klarheit über den Handlungsbedarf - da besteht Handlungsbedarf - schaffen wollen, ({6}) um Auskunft über diesen Tatbestand geben zu können, zumal das große Gesetzesvorhaben uns wie auch die Bürger in nächster Zeit in hohem Maße beschäftigen wird. Sonst könnte Sozialneid entstehen, insbesondere dann, wenn wir ungeordnete Verhältnisse haben. Schönen Dank. ({7})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Das Wort hat nun die Kollegin Regina Schmidt-Zadel, SPD-Fraktion.

Regina Schmidt-Zadel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002026, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schemken, bezüglich Ihrer Rede zum Thema Zweiklassengesellschaft muß ich sagen: Wir sind gerade dabei, die Zweiklassengesellschaft im Gesundheitswesen, die Sie haben entstehen lassen, abzubauen. ({0}) Das war Ihr Werk. Sie haben in der vergangenen Legislaturperiode eine Zweiklassengesellschaft herbeigeführt. Ich muß Ihnen sagen: Sie können weder lesen, noch können Sie die Dinge richtig aufnehmen. Sonst würde Ihre Begründung anders aussehen. ({1}) Sie scheinen zur Zeit keine Gelegenheit auslassen zu wollen, um mit eilig beantragten Aktuellen Stunden vor dem Wahlsonntag Stimmung zu machen. ({2}) Natürlich ist klar, daß der Zeitungsbericht vom Sonntag - ich möchte den Namen der betreffenden Zeitung gar nicht nennen - über die angebliche Bevorzugung von Sozialhilfeempfängerinnen und Sozialhilfeempfängern Sie gereizt hat, vor der Wahl in Berlin eine Aktuelle Stunde dazu durchzuführen. Sie haben wohl den Eindruck, daß Sie heute zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen können: Zum einen haben Sie die Gelegenheit, gegen die Gesundheitspolitik der Koalition zu polemisieren, zum anderen können Sie Ihre alten Klischees von vermeintlich gut gestellten Sozialhilfeempfängerinnen und -empfängern aus der Mottenkiste holen und sie um eine neue Variante bereichern. ({3}) - Es nützt nichts, wenn Sie laut schreien. Sie sollten das besser wissen. Das ist der Punkt. Sie drängen den Menschen den Eindruck auf, als ob die Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger, faul in der sozialen Hängematte liegend jetzt auch noch teure Edelmedikamente schlucken dürfen, während der normale Arbeitnehmer mit billigen Generika vorliebnehmen muß. Meine Damen und Herren, eine solch perfide Kombination aus Sozialneidkampagne und Gesundheitsreformprotest verschlägt einem wirklich die Sprache. ({4}) Daß Sie aber noch nicht einmal davor zurückschrecken, Sozialhilfeempfängerinnen bzw. -empfänger und Arbeitnehmer gegeneinander auszuspielen, um gegen die Gesundheitsreform Front zu machen, finde ich wirklich ein ganz starkes Stück. Sie sollten sich schämen, daß Sie dies heute hier machen! ({5}) Herr Schemken, während Ihrer Rede hatte ich den Eindruck, daß Sie sich dessen, was Sie hier veranstalten, bereits geschämt haben. ({6}) Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, Sie stützen sich auf den Bericht einer Zeitung. Lassen Sie sich folgendes gesagt sein: So, wie diese Zeitung die Wirklichkeit gerne darstellt, ist sie nicht. Hier wird aufgebauscht. Das ist der Punkt. In Wahrheit besteht überhaupt kein Problem. Tatsache ist - hören Sie jetzt gut zu; vielleicht begreifen Sie es ja noch -: ({7}) Das gemeinsam von der Kassenärztlichen Vereinigung, den Spitzenverbänden der Krankenkassen und dem BMG vereinbarte Aktionsprogramm sieht keinerlei Leistungseinschränkungen vor. ({8}) Ziel der Vereinbarung ist es, das Arzneimittel- und Heilmittelbudget einzuhalten, indem bestehende Möglichkeiten zur Ausschöpfung vorhandener Einsparpotentiale genutzt werden. ({9}) Worin soll eigentlich der vermeintliche Vorteil für den geringen Anteil der Sozialhilfeempfängerinnen und Sozialhilfeempfänger bestehen, der nicht Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung ist? Meine Vorredner und Vorrednerinnen und ich vermögen hier keinen Vorteil zu sehen, ({10}) zumal dann nicht, wenn der behandelnde Arzt in Kenntnis der Wirkungsgleichheit auch bei dieser Patientengruppe Generika statt Originalpräparaten verordnet. ({11}) Täte er es nicht, wäre die Bevorzugung eines Sozialhilfeempfängers bewiesen. Es wäre wieder einmal ein Beleg dafür erbracht, wie unwirtschaftlich - das unterstellen Sie - das Verordnungsverhalten einiger Ärzte ist. Es wäre wirklich sehr interessant zu erfahren, in welchen Praxen Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger demnächst gern gesehene Patienten sein werden. ({12}) Der größte Teil der Sozialhilfeempfängerinnen und empfänger - das dürfte auch bis zu Ihnen vorgedrungen sein - ist in der GKV versichert. Ihre Medikation wird bis Ende dieses Jahres gemäß dem Aktionsprogramm erfolgen. ({13}) Meine Damen und Herren von der Union, Ihr Gerede von der Bevorteilung der Sozialhilfeempfänger ist eine Seifenblase, die schnell zerplatzt, eine Spitzfindigkeit, die mit der Realität in Arztpraxen und Sozialämtern nichts zu tun hat. Es ist nichts anderes als der populistische Versuch, mit plumpen Klischees über Sozialhilfeempfänger gegen die Gesundheitspolitik der Koalition Stimmung zu machen und Vorurteile zu schüren. Daß Sie dies im Hinblick auf die Ereignisse der letzten Wochen und des letzten Sonntags tun, finde ich besonders perfide. Sie sollten sich wirklich schämen - ich muß es noch einmal sagen -, ({14}) daß Sie eine Aktuelle Stunde zu diesem Thema beantragt haben. ({15})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich erteile das Wort dem Kollegen Aribert Wolf, CDU/CSU. ({0})

Aribert Wolf (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003269, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Debatte zeigt eigentlich, in welch falscher Denke sich die Kolleginnen und Kollegen von Rotgrün befinden. Es geht überhaupt nicht darum, daß wir jemandem das, was er hat, nehmen wollen, so wie Sie das dauernd vorbringen, daß wir Sozialhilfeempfängern etwas wegnehmen möchten, ({0}) ganz im Gegenteil. Für uns geht es nicht darum, Stimmung gegen jemanden zu machen, sondern wir wollen den gesetzlich Krankenversicherten mindestens die Versorgung zur Verfügung stellen, die auch Sozialhilfeempfängern zur Verfügung gestellt wird. ({1}) Das ist das Thema. Ich frage mich, wie weit es gekommen ist, wenn wir in bezug auf die medizinische Versorgung den Menschen nicht mehr das Gefühl geben, daß sie gut versorgt werden, wenn die Politik in eine solche Schieflage gerät, daß viele Menschen draußen das Gefühl haben: Wir schreiten weiter auf dem Weg in einen unsozialen Sozialstaat. Sie können es doch niemandem begreiflich machen, daß ein Sozialhilfeempfänger besser versorgt werden soll als 90 Prozent der Bevölkerung, die in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind. ({2}) Das müssen Sie sich natürlich vorhalten lassen. Denn schließlich ist Ihr Kanzler ja mit dem hehren Wort angetreten, er wolle nicht alles anders, aber vieles besser machen. Wir wollen heute gar nicht vom Rentenbetrug reden, den der Kanzler inzwischen selber einräumt und für den er sich jetzt entschuldigt hat. Damit kann es natürlich nicht sein Bewenden haben. Vielmehr muß man auch über die Bereitschaft verfügen, eine falsche Politik zu korrigieren. Wir wollen auch nicht davon reden, daß in der Pflegeversicherung durch einen beispiellosen Sozialraub den Pflegeversicherten der Spargroschen genommen wird. ({3}) Nein, wir wollen den Blick auf die Krankenversicherung lenken. Hier haben Sie in einem Jahr verflixt viel zerstört und kaputtgemacht. ({4}) Begeben Sie sich doch einmal nach draußen, auf die Straßen! Sind Sie wirklich so weit weg von der Bevölkerung? Eine Demonstration jagt die nächste. Alle protestieren gegen Ihre Gesundheitsreform in seltener Einhelligkeit: ({5}) Ärzte, Krankenschwestern, Zahnärzte, Pfleger, ({6}) Krankengymnasten, Apotheker, Patienten. Glauben Sie denn im Ernst, daß Sie auf Dauer gegen den versammelten medizinischen Sachverstand und gegen den gemeinsamen Widerstand der Bürger regieren können? Wie weit wollen Sie sich eigentlich noch von der Lebenswirklichkeit entfernen? Ihr Kanzler gibt jetzt die Parole aus: Helm auf und durch. Er raucht zwar nicht mehr ganz so dicke Zigarren und trägt auch nicht mehr so edle Tücher, aber es geht doch immer noch weiter in die falsche Richtung. Auch im Gesundheitswesen reicht es nicht aus, wenn Sie die Verbände nur anhören; Sie müssen auch bereit sein, Ihre falsche Politik zu korrigieren. ({7}) Das Schlimmste, was Sie mit Regelungen wie der Budgetierung bewirken, ist der fatale Ansehensverlust der gesetzlichen Krankenversicherung. Hören Sie sich einmal in Ihren Wahlkreisen um und finden Sie heraus, was die Menschen denken, wenn sie sagen: Ich bin bei einer AOK, einer BKK, einer IKK oder einer Ersatzkasse versichert. Viele Menschen haben auf Grund Ihrer Politik heute schon das Gefühl, sie hätten nur noch Anspruch auf eine minderwertige Versorgung. Das kommt ja nicht von ungefähr; das sind die direkten Folgen ihrer Reglementierungs- und Budgetierungspolitik. Wie wollen Sie denn den Menschen klarmachen, daß jemand, der hart arbeitet, der Monat für Monat seine Beiträge einzahlt, am Schluß dank Ihrer Arznei- und Heilmittelbudgetierung schlechter versorgt wird als ein Sozialhilfeempfänger? Am Anfang konnte ich es gar nicht glauben, was ich da in den Zeitungen lesen mußte. ({8}) Ich habe extra noch einmal nachgefragt, bei Ärzten und in den Sozialämtern. ({9}) - Ja, sie haben mir bestätigt, daß es leider traurige Wirklichkeit ist, daß heute ein Sozialhilfeempfänger, dessen Kosten direkt von den Sozialämtern übernommen werden, nicht unter das Arznei- und Heilmittelbudget fällt. ({10}) - Ja, „das ist logisch“, aber doch falsch, oder? Ist das vielleicht der richtige politische Weg? Darum geht es doch! Der Sozialhilfeempfänger wird damit medizinisch mehr und besser als ein gesetzlich Krankenversicherter versorgt. Das ist die traurige Lebenswirklichkeit nach einem Jahr Rotgrün in Deutschland. ({11}) Deswegen meine ich: Eine solche Politik ist armselig. ({12}) Mit sozialer Gerechtigkeit und richtigem Sparen hat das nichts, aber auch gar nichts mehr zu tun. ({13}) Sie müssen erkennen: Ihre Reglementierungs- und Budgetierungspolitik führt in eine Sackgasse. Sie sind auf dem Holzweg. ({14}) Sie sollten endlich die Kraft aufbringen, umzukehren und Ihre Politik zu korrigieren, und nicht dauernd nur dazwischenrufen. Das ist das richtige Rezept, mit dem Sie die Probleme lösen können. ({15}) Sie glauben doch nicht im Ernst, daß Sie mit den Rezepten von gestern und vorgestern die Probleme von heute und morgen lösen können. Die richtige Devise im Gesundheitswesen muß heißen: mehr Freiheit und mehr Eigenverantwortung. Trauen Sie den Versicherten doch etwas zu. Geben Sie den gesetzlich Versicherten Wahlmöglichkeiten in der Krankenkasse. ({16}) Geben Sie den Krankenkassen mehr Spielraum für unterschiedliche Versorgungsangebote. Geben Sie den Leistungserbringern ein Signal, daß wissenschaftlicher und medizinischer Fortschritt willkommen ist und wir den Einsatz der Gesundheitsberufe zur Verbesserung unserer Lebensqualität dringend brauchen. Hören Sie endlich auf, in Ihrem Wahn alles staatlich regeln zu wollen. Geben Sie den Beteiligten und den Selbstverwaltungen mehr Luft! Wir von der Union sind bereit, dabei mitzuhelfen, aber - das ist der Punkt - nicht unter den Bedingungen eines Globalbudgets und nicht um den Preis, die gesetzliche Krankenversicherung unter das Niveau der Sozialhilfe zu drücken. ({17}) Ich bedanke mich bei meinen Kollegen dafür, daß wir dies ansprechen können, damit die Öffentlichkeit erfährt, welch falsche Politik Sie hier betreiben. ({18})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich erteile das Wort Bundesministerin Fischer.

Andrea Fischer (Minister:in)

Politiker ID: 11002652

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist das gute Recht eines jeden, gegen die Gesundheitsreform zu sein. Es ist das gute Recht der parlamentarischen Opposition, jede Woche neu eine Aktuelle Stunde zu diesem Thema zu beantragen; wir werden das jede Woche neu erklären. Wenn es Ihnen um die Sache geht, machen wir da mit, denn das gehört dazu. In derselben Zeitung, in der Sie den Artikel, der Ihnen Anlaß für diese Aktuelle Stunde war, gefunden haben, hätten Sie einen Artikel mit Äußerungen von mir finden können, die allemal Anlaß geboten hätten, in einer Aktuellen Stunde über Veränderungen bei der Gesundheitsreform zu diskutieren. Das aber ist nicht geschehen. Jetzt wird es interessant: Warum nehmen Sie diese Äußerungen nicht zum Anlaß für die Beantragung einer Aktuellen Stunde, wenn es Ihnen um eine Auseinandersetzung mit der von Ihnen für - das ist Ihr gutes demokratisches Recht - falsch gehaltenen Gesundheitsreform geht? Nein, Sie wollen, daß wir über Sozialhilfeempfänger, Asylbewerber und Strafgefangene reden. Das erregt unser Mißtrauen, da machen wir nicht mit. ({0}) - Er ist völlig zu Recht über Sie erregt. Es geht um Äußerungen der Kollegen Kues und Schemken, von mir sehr geschätzte Kollegen. Ich verlange auch von Mitgliedern der Opposition, daß sie ein bißchen mehr tun als Zeitung lesen. ({1}) Dann können wir darüber reden, was passiert ist. Bereits in diesem Artikel - Sie wollen gar nicht ernsthaft über die Frage reden, wie das mit den Asylbewerbern oder den Strafgefangenen ist - wird erwähnt, daß der Kollege Thomae die Sache für einen Skandal hält und der Kollege Kues für eine Ungeheuerlichkeit. Jetzt haben Sie gesagt, Herr Kues, es gebe neue Ungerechtigkeiten. Als stärksten Satz in Ihrer Rede empfand ich den Satz: Sie - gemeint sind Sozialhilfeempfänger, Asylbewerber und Strafgefangene - genießen Privilegien, ohne nur einen Pfennig Beitrag zu leisten. - Das finde ich eine Ungeheuerlichkeit. ({2}) Was Sie da sagen, ist auch wider besseres Wissen. Das ist nicht in Ordnung. Wir haben es hier mit einer Gesetzeslage zu tun - nebenbei bemerkt, sie ist von uns nicht geändert worden -, die besagt, daß die Krankenhilfe für Sozialhilfeempfänger - ({3}) - Ich weiß schon, worum es geht, Herr Kollege. Sie müssen mich nicht belehren. Daß Sie so aufgeregt werden, deutet darauf hin, daß Sie schon wissen, daß Ihr Vorgehen eine Sauerei ist. ({4}) Ich habe jahrelang gegen das Asylbewerberleistungsgesetz gekämpft. Jetzt behaupten Sie, Herr Kollege Kues - dieser Satz von Ihnen, gewisse Leute würden Privilegien genießen, steht -, Asylbewerber seien bessergestellt als Menschen in der gesetzlichen Krankenversicherung. Wir haben es mit einer Unterversorgung bei Asylbewerbern zu tun. Da wird nur das Allernötigste gemacht, bevor sie dann abgeschoben werden. ({5}) Ich finde das nicht richtig. Daß Sie sich jetzt hier hinstellen und behaupten, diese Gruppe werde besser behandelt als die Mitglieder der GKV, das finde ich eine bodenlose Frechheit. ({6}) Offenkundig wollen Sie Stimmung gegen diesen Personenkreis machen. ({7}) Jetzt zur Krankenhilfe in der Sozialhilfe: Zunächst einmal muß man feststellen - es ist von vielen schon darauf hingewiesen worden -, daß überhaupt nur 10 Prozent aller Sozialhilfeempfänger Krankenhilfe bekommen; die anderen sind gesetzlich krankenversichert. Wer war denn bis zum letzten Jahr an der Regierung und hatte 1993 ein Gesetz beschlossen, in dem stand, daß alle Sozialhilfeempfänger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung werden sollen? Daß Sie dies in den Verhandlungen nicht hinbekommen haben, ist ein Versäumnis. Ich habe vor einigen Wochen eine Verabredung mit dem Landkreis- und dem Städtetag darüber getroffen, daß wir im nächsten Jahr einen neuen Versuch machen werden, sie zu integrieren. Mit Verlaub: Das ist Ihre Hypothek, die wir übernommen haben. ({8}) Herr Kollege Kues, Sie haben eben gesagt, daß Sie Ausgaben nach medizinischem Bedarf und nicht nach Kassenlage tätigen wollen. Ich war dabei, als der Kollege Lohmann zustimmend reagiert hat, als Herr Murmann letzte Woche beim Wirtschaftsrat der CDU gesagt hat: 12 Prozent Beitrag sind genug. Das sind knappe zwei Prozent weniger als heute. Offensichtlich ist das, was wir jetzt mit Beitragssatzstabilität festschreiben wollen, nicht ausreichend. Sie sagen immer, Sie wollten Freiheit und Eigenverantwortung stärken. Freiheit stärken, bedeutet das für Sie 20 Mark Eintrittsgeld beim Arzt? ({9}) Es wurde von der linken Seite des Hauses mit allem Nachdruck deutlich gemacht, daß wir nicht bereit sind, die Debatte um die gesetzliche Krankenversicherung, die notwendig ist und die wir in den nächsten Wochen zu führen haben, mit Sozialneid, mit Kampagnen gegen Ausländer und weiteren spalterischen Kampagnen zu führen. Das wird von uns niemand mehr mitmachen. ({10}) Wir wollen stabile Beitragssätze, weil die Leute nicht immer mehr zahlen können. Deswegen brauchen wir eine Strukturreform innerhalb des Systems, damit wir mit dem Geld gut arbeiten können. Was setzen Sie dagegen? Sie sagen: Alles soll so bleiben, wie es ist, wir brauchen aber mehr Geld im System. ({11}) Das sollen die Patienten zahlen. - Zwischen diesen beiden Ansätzen müssen sich die Bürgerinnen und Bürger entscheiden. ({12})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich erteile das Wort dem Kollegen Johannes Singhammer von der CDU/CSU-Fraktion.

Johannes Singhammer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002800, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wollen, daß Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung nicht schlechter behandelt werden als eine bestimmte Gruppe von Sozialhilfeempfängern. Darum geht es uns. ({0}) Diese Gesundheitsreform - darüber muß man natürlich ein Wort verlieren - ist von Grund auf mißglückt. Eine verhängnisvolle Systematik bringt ständig neue Ungerechtigkeiten an die Oberfläche. Es werden zwei Klassen geschaffen. Die große Masse von Patienten in der gesetzlichen Krankenversicherung wird unter den Folgen der Budgetierung zu leiden haben. Verschont bleibt, wer entweder genügend Geld hat, alles selbst zu bezahlen, oder wer einer bestimmten Gruppe von Sozialhilfeempfängern angehört. Nicht nur wir, sondern auch die große Mehrheit der Menschen in unserem Land bemerken, daß aus einer Gerechtigkeitslücke ein Gerechtigkeitsgraben wird. Die unterschiedliche Behandlung, die ich geschildert habe, ist für viele Menschen in unserem Land ein Lackmustest für die Verschlechterung ihrer Situation. Wer muß fürchten, unter der Budgetierung zu leiden? Es muß sicherlich nicht derjenige irgend etwas befürchten, der die neuesten und besten Arzneimittel seiner Wahl selbst bezahlen kann ({1}) und der in der Lage ist, Gesundheitsleistungen aller Art einzukaufen. Nichts befürchten muß auch eine Gruppe von Sozialhilfeempfängern. ({2}) Damit wir uns richtig verstehen: Es entspricht dem Gebot der Menschlichkeit, denjenigen unter uns, denen es am Nötigsten mangelt, Unterstützung zu gewähren. Das ist nie von irgend jemandem bestritten worden. Immer weniger Menschen in der gesetzlichen Krankenversicherung verstehen, warum Unterschiede gemacht werden und warum diese Unterschiede, wenn sie zutage treten, nicht endlich ausgeglichen werden; das ist der Punkt der heutigen Debatte. Budgetierung bedeutet doch letztendlich, daß ein Arzt beim Kassenpatienten überprüfen muß, ob eine Verschreibung im Rahmen des Budgets noch möglich ist. Diese Prüfung wird bei einer bestimmten Gruppe von Sozialhilfeempfängern nicht durchgeführt. Das hat natürlich Konsequenzen. ({3}) Es wird zu Nachfragen beispielsweise eines Facharbeiters führen, der in der gesetzlichen Krankenversicherung ist und natürlich auch weiß, daß er Steuergelder zahlt, mit denen die Leistungen der Sozialhilfe finanziert werden. Meine sehr verehrten Damen und Herren von seiten der Regierung, deshalb sage ich Ihnen: Ändern Sie Ihre Politik. Sie ist von Grund auf falsch. Notwendig ist eine nachhaltige Gesundheitspolitik, die durch Effizienzsteigerungen Kosten minimiert, die die Eigenverantwortung fördert und jeglichen Mißbrauch verhindert. ({4})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Als nächste hat die Kollegin Helga Kühn-Mengel, SPD-Fraktion, das Wort.

Helga Kühn-Mengel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003010, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Diese unsägliche Aktuelle Stunde spiegelt die politische Marschrichtung wider, die die CDU/CSU-Fraktion seit der verlorenen Bundestagswahl eingeschlagen hat. ({0}) Dieses Vorgehen kann mit einfachen Worten beschrieben werden: Polemik statt Konzeption, Diskriminierung statt eigener Lösungen. Außer einem Abzocken der Patienten ist Ihnen in der Vergangenheit auch nicht viel mehr eingefallen. ({1}) Im übrigen ist es wohl so - korrigieren Sie mich, wenn es anders ist -, daß auch die Mitglieder des Gesundheitsausschusses Ihrer Fraktionen von dieser Aktuellen Stunde nicht hellauf begeistert waren. Der populistische Versuch, soziale Gräben zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und der neuen Bundesregierung aufzureißen, wird nicht aufgehen. Das Reformprojekt „Gesundheitsreform 2000“ ist richtig und wird auch von der breiten Masse der Experten und der Patientinnen und Patienten angenommen. ({2}) Wir stellen nach 16 Jahren Ungleichgewicht wieder sicher, daß die Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zukünftig angemessen versorgt werden und zu angemessenen Beiträgen eine ausgewogene und gute Gesundheitsversorgung bekommen. Diese Versorgung bezieht sich nicht nur auf die akute Schmerzbehandlung, sondern umfaßt auch Leistungen der Prävention und der Gesundheitsförderung. Der Vorwurf der CDU/CSU-Fraktion, daß die Reform unweigerlich zu Rationierungen von Gesundheitsleistungen führen würde, ({3}) wurde bereits durch die Expertenanhörung im Deutschen Bundestag ad absurdum geführt. ({4}) Was Sie, meine Damen und Herren von der CDU/CSU-Fraktion, vertreten, ist - außer Polemik ganz klare Klientelpolitik. Ich habe den Eindruck, daß Sie diejenigen im Gesundheitssystem unterstützen, die nur wirtschaftliche Ziele verfolgen und sich nicht für das Wohl und die Gesundheit der Patientinnen und Patienten in Deutschland einsetzen. Ich möchte an dieser Stelle verdeutlichen: Durch das Projekt „Gesundheitsreform 2000“ wird kein Krankenversicherter, keine Krankenversicherte schlechtergestellt. ({5}) Wir wollen die Versorgung chronisch Kranker verbessern. Wir fördern Selbsthilfe, Prävention und den Patientenschutz. ({6}) Die Gesundheitsreform hat weiterhin zum Ziel, bei stabilen Beitragssätzen durch strukturelle Reformen eine gesundheitliche Versorgung auf hohem Niveau auch für die Zukunft zu sichern. Die Bundesregierung hat zu Beginn des Jahres einen ersten Schritt gemacht und ein deutliches Signal für alle Bürgerinnen und Bürger gesetzt: Die Zuzahlung für Medikamente, die Sie kontinuierlich erhöht haben, haben wir auf ein vernünftiges und für alle Beitragszahler und Beitragszahlerinnen angemessenes Maß gesenkt. ({7}) Wir steigern die Qualität bei der medizinischen Versorgung und Betreuung und beseitigen Versorgungsdefizite. Aber das muß ich Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition, eigentlich nicht sagen; das wissen Sie. Sie wollen nur polemisch argumentieren. Strafgefangene - das wissen Sie auch - haben eine freie Heilfürsorge, die über Länder und Bund abgewickelt wird. Wir haben das alles schon mehrere Male gehört, aber offensichtlich dringt es nicht durch. Dieser Personenkreis wird nicht besser, aber auch nicht schlechter gestellt. ({8}) Von den Sozialhilfeempfängern und -empfängerinnen - auch das haben wir gehört - sind 90 Prozent in der GKV. Die anderen 10 Prozent erhalten einen Behandlungsschein. Der Rest liegt am Versorgungsverhalten des Arztes, liegt am Sozialamt, liegt am Amtsarzt, ({9}) der die Möglichkeit hat, alle Vorgänge hinreichend zu überprüfen. Die letzte Gruppe, die nach Ihrer Aussage besser behandelt wird als die normal Versicherten, sind die Asylbewerber und -bewerberinnen. Auch hier Fehlanzeige: Sie müssen ebenso wie die Sozialhilfeempfänger einen Behandlungsschein beantragen. Das sieht dann so aus auch das haben wir schon mehrmals gehört, aber es muß wohl noch einmal gesagt werden -: In den ersten drei Jahren bekommt der Asylbewerber oder die Asylbewerberin lediglich die Schmerzbehandlung und die Behandlung in akuten Notfällen vom Sozialamt bezahlt. Hierunter fällt noch nicht einmal der Zahnersatz. Erst nach Ablauf der drei Jahre erhält er oder sie Leistungen entsprechend dem Leistungskatalog für Sozialhilfeempfänger. Sie sehen, meine Damen und Herren, kein gesetzlich Krankenversicherter wird durch unser Reformprojekt schlechter gestellt sein als Sozialhilfeempfänger, Asylbewerber oder Strafgefangene. ({10}) Gesetzlich Krankenversicherte haben das Recht auf eine gute und ausgewogene Behandlung auf einem hohen medizinischen Niveau, und genau das werden wir sicherstellen und garantieren. Wir werden unsere gute Reform einführen und fortführen, den eingeschlagenen Kurs beibehalten. ({11}) Das Lamentieren der Opposition bezeugt Konzeptionslosigkeit und das Eingestehen eigener Fehler während Ihrer Regierungszeit. ({12}) Sie waren verantwortlich für den Einstieg in die Zweiklassenmedizin und deren fortschreitende Zementierung. ({13}) Wir haben den Kurs korrigiert. Polemik und der Versuch, die Gesellschaft zu spalten, werden uns nicht davon abbringen, den Weg einer sozialen und gerechten Gesundheitsreform zu gestalten. ({14})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Als nächster hat Kollege Wolfgang Lohmann, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.

Wolfgang Lohmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001369, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir tun uns mit der zunehmenden Gewohnheit, mit der Verbalkeule auf den jeweils anderen einzuschlagen, mit Sicherheit keinen Gefallen. ({0}) - Ich habe ja gerade erst angefangen. Wenn hier beispielsweise Frau Lange sagt: „schlicht gelogen“, Frau Schmidt-Zadel von „perfide“ spricht, Frau Fischer sagt - der Höhepunkt -: „Sauerei“, dann kann ich natürlich den Präsidenten nicht kritisieren, der das ohne jede Abmahnung hinnimmt, aber ich meine, wir sollten uns besinnen, daß die Öffentlichkeit bei solcher Art von Diskussion sich eher von der Politik abwendet als sich ihr zuwendet. Das ist meine feste Überzeugung. ({1}) Jetzt kommt der nächste Punkt - bevor Sie weiterschreien. ({2}) - Wenn Sie glauben, Sie könnten mir die fünf Minuten dadurch wegnehmen, daß Sie mich durch Ihr Dazwischenrufen daran hindern, die Tatsache einmal klarzustellen, dann irren Sie sich. Sie sagen, Frau Schmidt-Zadel, Sie stützen sich auf einen Zeitungsbericht. Das haben ja mehrere gesagt. ({3}) Ich zitiere jetzt einmal aus einem Schreiben des Präsidenten des Hessischen Rechnungshofes, des Herrn Professor Dr. Müller. ({4}) - Das haben Sie natürlich verschwiegen. Sie haben es bekommen, aber Sie haben es verschwiegen. - Er hat am 22. September 1999 unter anderem geschrieben: Es bedarf keiner Erläuterung, daß die Budgetierung für die gesetzlich Krankenversicherten zu einem anderen Verhalten der Ärzteschaft gegenüber den Patienten geführt hat. - Weiter schreibt er: Ich habe allerdings in meinem Bericht zum Ausdruck gebracht, daß ich in der mangelnden Budgetierung der Krankheitskosten für Asylbewerber eine Gerechtigkeitslücke zum Nachteil der gesetzlich versicherten Bevölkerung erkenne. ({5}) - Dann sagt er - das ist das Schreiben an Herrn Bundesminister Riester - auch noch: Ich habe daher die Bitte an Sie, dieser Frage nachzugehen und in Zusammenarbeit mit den Ländern und den kommunalen Spitzenverbänden eine Lösung zu entwickeln, ... ({6}) Wir haben dieses Schreiben zum Anlaß genommen, eben nicht die Bevorteilung von Asylbewerbern hier zu kritisieren, sondern die Frage der Benachteiligung durch eine Budgetierung, die unzweifelhaft gegeben ist. Nun versuchen Sie dauernd, den Spieß herumzudrehen. Und dann wird unter anderem auch entgegengerufen, das sei Sozialneid. Meine Damen und Herren, in den letzten 50 Jahren, so will ich einmal sagen, war es doch das Privileg des linken Flügels dieses Hauses, anderen Sozialneid vorzuwerfen. ({7}) Natürlich ganz besonders von Herrn Gysi, aber auch durch Sie, Herr Dreßler. ({8}) - Herr Dreßler, Sie sind ja einer von denen, die inzwischen gesagt haben, Sie seien bei einigen Maßnahmen des Solidaritätsstärkungsgesetzes wohl zu voreilig gewesen, zumal bei den Festzuschüssen; das müßte geändert werden. Selbst Sie sind sicher noch lernfähig. ({9}) Wir wollen mit dieser Diskussion noch einmal klarmachen, daß die Budgetierung, vor allem auch die Budgetierung, die bereits in diesem Jahr durch das sogenannte Solidaritätsstärkungsgesetz wirkt, dazu führt, daß gesetzlich Versicherten weniger Leistungen als in der Vergangenheit zuerkannt werden. Den letzten Beweis, daß dem so ist, hat doch Frau Ministerin Fischer selbst vor nicht allzu langer Zeit geliefert, als sie nach einer polemisch geführten Debatte über das Notprogramm der Ärzte das inzwischen umbenannte Aktionsprogramm unterschrieben hat. In diesem Programm sind eine Reihe von Maßnahmen vorgesehen, die dazu führen werden, daß der Arzt dem Patienten sagen muß: Tut mir leid, das, was ich in der Vergangenheit verordnet habe, kann ich nicht mehr verordnen. Ich muß Generika nehmen. Ich darf keine Originalpräparate mehr verordnen. Das, worauf du, lieber Patient, dich bislang verlassen konntest, weil es wirksam und medizinisch notwendig war, kann ich dir nicht mehr verordnen. ({10}) Man kann noch darüber streiten, ob die Verordnung von Generika sinnvoll ist oder nicht. Aber man kann nicht bestreiten, daß die gesetzlich Versicherten durch die Fortentwicklung des hier skizzierten Systems in eine schlechtere Lage hineinmanövriert werden als diejenigen, von denen wir eben gesprochen haben. ({11}) Es ging uns um nichts anderes, als dies klarzumachen. Es geht nicht darum, anderen etwas wegzunehmen. ({12}) Gehen Sie in sich! Werden Sie sich bewußt, daß Budgetierung schrittweise und teilweise schleichend zu Rationierung führt! Dies kann für die Versicherten und Patienten nicht gut sein. ({13}) Deshalb appelliere ich an Sie, sich die Reform des Gesundheitswesens noch einmal zu überlegen. Danke schön. ({14})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich erteile das Wort der Kollegin Gudrun Schaich-Walch, SPD-Fraktion.

Gudrun Schaich-Walch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001939, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Präsident! Liebe Kollegen von der Opposition! Ich bin der Meinung, Sie sollten doch wenigstens die Gesetze kennen, die während Ihrer Regierungszeit verabschiedet wurden. Wenn die Versicherten jemals benachteiligt worden sind, dann dadurch, daß Wolfgang Lohmann ({0}) Herr Seehofer durch seine Gesetze die Zuzahlungen immer mehr erhöht hat. Dadurch sind Benachteiligungen entstanden. ({1}) Wir haben seit unserem Regierungsantritt einen Teil dieser Benachteiligungen zurückgeführt, indem wir die Zuzahlungen vermindert haben. Wir hätten sie gerne noch mehr vermindert, wenn es die Finanzsituation der GKV erlaubt hätte. ({2}) Noch ein Punkt: Jemand, der nicht in die Versicherung einzahlt - ausgenommen Familienmitversicherte -, erhält keine Leistungen von der gesetzlichen Krankenversicherung. Asylbewerber und Sozialhilfeempfänger, die nicht versichert sind, bekommen keine Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung. Kein Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung kann durch diese Gruppen geschädigt werden. ({3}) - Ich verstehe die Relationen sehr wohl. Ich verstehe eure Perfidität. Ihr habt nur einen Aufhänger gesucht. Ich bin froh, daß es nicht die Kolleginnen und Kollegen aus dem Gesundheitsausschuß waren. Im Gesundheitsausschuß haben wir andere Debatten geführt. Wir haben uns im Ausschuß keine Gruppe herausgepickt, an der wir uns dann abgearbeitet haben. Wir haben keine Gruppe als Aufhänger benutzt, um Vorurteile und Neid in unserer Gesellschaft zu schüren und dadurch bestimmte Dinge in Mißkredit zu bringen, die menschlich geboten und notwendig sind. Niemand erhält mehr Leistungen und gesundheitliche Versorgung durch die gesetzliche Krankenversicherung als der gesetzlich Versicherte. Wenn es anders ist, dann haben entweder die Ärzte falsch verordnet - darüber müßten wir dann diskutieren -, oder das Sozialamt, auf das Ihr Kollege aus München vorhin hingewiesen hat, hat einen Fehler gemacht. Wenn Sie uns das Sozialamt, das mehr Geld für medizinische Behandlungen als üblich ausgegeben hat, benennen, dann können wir uns darum kümmern; denn dieses Sozialamt hätte gegen Recht und Gesetz verstoßen. ({4}) - Mir ist es völlig egal, ob es sich dabei um einen Parteifreund handelt. Recht und Gesetz gelten für alle, egal, ob sie in einer Partei sind und - wenn ja - in welcher. ({5}) Ich möchte jetzt etwas zur Gesamtsituation der gesetzlichen Krankenversicherung sagen. Wir haben die Ausgaben an den Einnahmen orientiert. Dies ist nichts Neues. Dieser Paradigmenwechsel begann bereits 1978. Wir haben das Arzneimittelbudget im vorigen Jahr um nahezu 4 Milliarden DM, das sind weit über 12 Prozent, erhöht. ({6}) Wir hatten noch nie ein Arzneimittelbudget, das so hoch wie dieses war. Wir haben im letzten Jahr nicht erleben müssen, daß mehr Patienten zu versorgen waren. Auch sind die Patienten in der Bundesrepublik innerhalb eines Jahres nicht um 10 oder 20 Jahre gealtert. Es ist uns kein Fall bekannt, in dem jemandem in dieser Bundesrepublik Deutschland das medizinisch Notwendige vorenthalten worden ist. Daß dies nicht geschehen darf, steht schon seit langem in unserem Gesetz. Wenn jemandem das medizinisch Notwendige vorenthalten worden wäre, dann wäre es zwar widerrechtlich, aber nicht aus Gründen des Finanzmangels geschehen. Wir haben ein ausgeglichenes Budget: Das, was finanziert werden soll, kann finanziert werden. Kolleginnen und Kollegen, ein schöner Nebeneffekt der heutigen Diskussion wäre es gewesen, wenn wir endlich einmal erfahren hätten, was Sie denn machen wollen. Wollen Sie die Beiträge erhöhen und damit die Arbeit belasten? Wollen Sie die Zuzahlungen erhöhen, wie wir es von Ihrem Sprecher Uldall - er hat von einer jährlichen Selbstbeteiligung der Patienten in Höhe von 300 DM geredet - gehört haben? Oder wollen Sie dafür sorgen, daß man jedesmal 20 DM Eintrittsgebühr bezahlen muß, wenn man zum Arzt geht? Na klar, die Leute gehen schließlich genauso zum Arzt, wie sie ins Kino, ins Theater oder ins Fußballstadion gehen. - Das sind Ihre Alternativen. ({7}) Sie vertreten nichts anderes als bisher. Sie sprechen von Eigenverantwortung und belasten die kranken Menschen. Sie sind nicht bereit, an den Strukturen, die die Ursache unserer Probleme sind, etwas zu ändern. Wir haben falsche Strukturen: ein Zuviel an der einen Stelle und ein Zuwenig an manch anderer Stelle. Wenn Sie bereit sind, mit uns über die Veränderungen der Strukturen zu reden, dann werden wir es gerne tun. Wenn Sie mit uns aber nur über höhere Zuzahlungen der Patienten - Sie nennen es Eigenverantwortung - reden wollen, dann sagen wir: Nein, danke. ({8})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Die Aktuelle Stunde ist damit beendet. Wir sind am Schluß unserer heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 7. Oktober, 9.00 Uhr ein. Die Sitzung ist geschlossen.