Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Meine sehr geehrten
Damen und Herren, ich eröffne die Sitzung nach Art. 56
des Grundgesetzes.
Namens des Deutschen Bundestages und des Bundesrates begrüße ich alle Gäste aus dem In- und Ausland,
die Besucher auf den Tribünen und die zahllosen Zuschauer an den Fernsehgeräten. Ich heiße Sie alle herzlich willkommen.
({0})
Besonders begrüße ich den scheidenden Bundespräsidenten, Herrn Professor Dr. Roman Herzog, und seine
Frau Christiane Herzog.
({1})
Ebenso herzlich begrüße ich seinen Nachfolger Johannes Rau und seine Frau Christina.
({2})
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, verehrte
Damen und Herren, heute morgen haben wir in einer
langen und eindringlichen Debatte über 50 Jahre Demokratie in Deutschland diskutiert. Dabei stand der Abschied von Bonn im Mittelpunkt und der Dank für das,
was von und in dieser Stadt in fünf Jahrzehnten Bundesrepublik Deutschland geleistet worden ist. Der Wechsel
vom Rhein an die Spree steht schon in wenigen Tagen
an. So ist diese gemeinsame Sitzung von Bundestag und
Bundesrat zugleich die voraussichtlich letzte in diesem
Plenarsaal.
Wir haben uns hier zur Vereidigung und Amtseinführung des neugewählten Präsidenten der Bundesrepublik
Deutschland versammelt. Gleichzeitig wollen wir Professor Roman Herzog danken, der nach fünf Jahren aus
dem Präsidentenamt ausscheidet. Die Verabschiedung
des bisherigen und die Amtseinführung des neuen Bundespräsidenten im Deutschen Bundestag in Bonn spiegelt jene Veränderungsprozesse wider, in denen wir seit
1990, dem Jahr der deutschen Einheit, stehen.
Erinnern wir uns: Sie, sehr geehrter Herr Professor
Herzog, wurden in der ersten gemeinsamen Sitzung von
Bundestag und Bundesrat im Berliner Reichstagsgebäude am 1. Juli 1994 in Ihr Amt eingeführt. Als erstes der
Verfassungsorgane haben Sie schon bald darauf Ihren
Amtssitz nach Berlin verlegt. Ihr Nachfolger Johannes
Rau wird als erster Bundespräsident von Anfang an im
Schloß Bellevue amtieren. Gleichwohl haben sich beide,
der bisherige wie der neugewählte Präsident, stets in besonderer Weise auch Bonn verbunden gefühlt.
Wenn nun die Verabschiedung von Roman Herzog
und die Amtseinführung von Johannes Rau im Rahmen
der letzten Sitzung hier, im Bonner Plenarsaal, stattfinden, stiftet dies, so denke ich, eine Verbindung zwischen
dem alten und dem neuen Parlaments- und Regierungssitz, eine Verbindung, der wir über den heutigen Dank
an Bonn hinaus Bestand wünschen.
({3})
An die Spitze unseres Gemeinwesens haben die Väter
und Mütter unserer Verfassung unseren Bundespräsidenten gestellt. Das höchste Staatsamt wird in besonderem Maße von der Persönlichkeit des Amtsinhabers geprägt. Sie, sehr geehrter Herr Professor Herzog, brachten
hierfür eine Voraussetzung mit, die in dieser Form keiner Ihrer Vorgänger hatte. Als der Autor des maßgeblichen Verfassungskommentars zum Amt des Bundespräsidenten vermochten Sie die souveräne Kenntnis der
Verfassungstheorie in die politische Praxis Ihrer Amtsführung einfließen zu lassen. Anders ausgedrückt: Bei
schwierigen Fragen konnten Sie gewissermaßen mit sich
selber zu Rate gehen.
({4})
Ich darf - sicher in unser aller Namen - feststellen: Diese ungewöhnliche Konstellation hat dem höchsten Amt
in unserem Staat zusätzlichen Respekt verschafft.
({5})
In Ihrer Antrittsrede haben Sie 1994 klare Schwerpunkte gesetzt und sie in den folgenden Jahren - im
ganz wörtlichen Sinne - abgearbeitet. Das Zueinanderführen der Menschen in Ost und West war Ihnen ein
vordringliches und sehr persönliches Anliegen. Mit einer
Vielzahl von Besuchen haben Sie, wie Sie gelegentlich
humorvoll anmerkten, die ostdeutschen Landschaften,
Städte und Gemeinden „durchpflügt“. Dabei ging es Ihnen vor allem um das Zuhören. Sie hatten stets ein offenes Ohr für die Probleme und Erfahrungen der Ostdeutschen. Damit haben Sie ein wichtiges Beispiel gesetzt,
geht es doch darum, den oder die anderen mit ihren Lebensgeschichten ernst zu nehmen. Ihr Interesse, Ihre Offenheit und Einfühlsamkeit ist im Osten wie im Westen
aufmerksam registriert worden. Dieses Engagement für
das Zueinanderfinden der Deutschen wird von den Menschen nicht vergessen werden. Und noch wichtiger: Es
hat Schule gemacht.
Ihr besonderes Augenmerk galt der Notwendigkeit,
veraltete Denkweisen und überkommene Strukturen zu
verändern. Immer wieder machten Sie deshalb auf die
Folgen der Globalisierung und des technologischen
Wandels aufmerksam. Bildung und Ausbildung wieder
zu dem ihnen gebührenden Stellenwert zu verhelfen war
eine Ihrer gelungenen Anstrengungen, die sich aus dieser Überzeugung ergab. Bildung, die Sie immer in einem sehr umfassenden Sinne verstanden haben, ist unverzichtbare Voraussetzung für unser Zusammenleben,
für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft. Sie wurden nicht müde, zu erklären, daß Bildung Voraussetzung
für überzeugende, gelingende Zukunftssicherung ist.
Nur wer bereit ist, stets weiter zu lernen, wer sich für
Veränderung und Innovation offen zeigt, bleibt zukunftsfähig. Das gilt für den einzelnen Menschen wie
für die Gesellschaft insgesamt. In der immer enger zusammenrückenden Welt weisen diese Perspektiven über
die Grenzen unseres Landes und unseres Kontinents
hinaus.
Diese Beziehungen zu unseren europäischen Nachbarn haben Sie umsichtig gepflegt und gefördert. Dabei
lagen Ihnen enge Kontakte zu Osteuropa, namentlich zu
Polen, besonders am Herzen. Dies ist auch von den
Westeuropäern richtig verstanden worden: als das Ziel,
das ganze Europa zusammenzuführen. Nur so können
wir Deutsche unserer Verantwortung auch für andere
Teile der Welt gerecht werden. Ihre Besuche auf den
anderen Kontinenten unseres Globus, in Afrika und in
Asien, im pazifischen Raum wie in Nord- und Südamerika haben dies immer wieder bewußt gemacht, den
Gastgebern, aber auch uns selbst.
In diesem Zusammenhang wird immer häufiger von
der „einen Welt“ gesprochen. Sie, sehr geehrter Herr
Professor Herzog, haben uns die Konsequenzen dieses
Verständnisses vor Augen geführt. Leben in der einen
Welt, das bedeutet, nicht mehr nebeneinander, sondern
miteinander zu leben. Es bedeutet, aufeinander angewiesen zu sein. Wir müssen, so Ihre Aufforderung, begreifen, daß die globalen Probleme nur global, also gemeinsam gelöst werden können.
In diesem Sinne - mit dem Ziel, Fremdheiten und
Vorurteile abzubauen - haben Sie das Gespräch zwischen den Religionen und Kulturen gefordert und gefördert und als ein wichtiges Anliegen Ihrer Amtszeit begriffen und praktiziert. Dieser interkulturelle, auch interreligiöse Dialog kann nur gelingen - auch dies haben Sie
immer wieder hervorgehoben -, wenn wir uns auf das
Anderssein fremder Kulturen einlassen, was Offenheit,
Sensibilität und Toleranz verlangt.
Das Amt des Bundespräsidenten ist - wir wissen es in besonderer Weise dem geschriebenen und gesprochenen öffentlichen Wort verbunden. Wie kein anderes Amt
eröffnet es die Chance, Denkanstöße zu geben und die
Aufmerksamkeit auf Entwicklungen und Probleme zu
lenken, die im gesellschaftlichen wie im politischen
Bewußtsein nicht oder noch nicht so klar wie notwendig
gesehen werden.
Dies ist Ihnen, sehr geehrter Herr Professor Herzog,
auf unverwechselbare Weise gelungen. Sie haben so mit
den Menschen gesprochen, daß Sie verstanden werden
konnten. Die Klarheit und Eindringlichkeit Ihrer Sprache, Ihre ebenso präzisen wie prägnanten Formulierungen, Ihre Fähigkeit, komplizierte Sachverhalte - für
einen Juristen ja nicht selbstverständlich ({6})
zu übersetzen, haben die Distanz überwunden, die das
höchste Staatsamt auch zu schaffen vermag.
Das hat der Demokratie und der Würde Ihres Amtes
gutgetan. Wir Politikerinnen und Politiker aller Parteien
und auf allen Ebenen können uns daran wahrlich ein
Beispiel nehmen. Allerdings, Ihren Humor und Ihre unverwechselbare Neigung zu milder Ironie wird wohl
niemand wirklich nachahmen können. Aber gerade
damit haben Sie dem höchsten Amt eine besondere Farbe gegeben, Ihren persönlichen Stempel aufgeprägt.
({7})
In allen diesen Aufgaben wurden Sie von Ihrer Frau
Christiane unterstützt. Das Wort ist fast zu schwach.
Sehr geehrte Frau Herzog, Sie haben sich engagiert, sich
eingesetzt, sich bewährt, mit Leidenschaft gearbeitet und
öffentlich gewirkt, als ob Sie selbst von der Bundesversammlung gewählt worden wären.
({8})
Sie waren sichtbar und wirklich die erste Frau in
unserem Staat. Deshalb gebührt Ihnen persönlich unser
besonderer Dank, unsere besondere Anerkennung.
({9})
Bei allem politischen Engagement haben Sie, sehr
geehrter Herr Professor Herzog, die parteipolitische
Neutralität Ihres Amtes gewahrt - aber nicht, indem Sie
in der Sache selbst allen Meinungen gerecht zu werden
suchten, sondern indem Sie durch Kritik, durch Anregungen einmal die eine, ein andermal die andere Seite
besonders herausgefordert haben. Das ist eine wichtige,
nachahmenswerte politische Kunst.
Als heilsam werden es viele empfunden haben, vom
Bundespräsidenten zu erfahren, daß es auch ein Leben
neben der Politik gibt. Die Politik kann nicht alles, und
sie ist auch nicht alles.
({10})
Der erste Bürger in unserem Gemeinwesen hat uns in
den vergangenen fünf Jahren gezeigt, was es heißt, nah
beim Leben der Menschen zu sein. Ihr Beispiel beweist,
Präsident Wolfgang Thierse
daß es sich lohnt, auf die Bürgerinnen und Bürger zuzugehen, sie anzuhören und zum persönlichen Engagement
für die parlamentarische Demokratie zu ermutigen.
In diesem Sinne, sehr geehrter Herr Professor Herzog, wird Ihre fünfjährige Amtszeit gewiß noch reiche
Früchte tragen. Hierfür danken wir Ihnen sehr herzlich.
Wir wünschen Ihnen, Ihrer Frau und Ihrer ganzen Familie für die Zukunft alles Gute und Gottes Segen.
({11})
Und nun zu Ihnen, Herr Rau;
({12})
denn es gehört sich, daß ich in dieser Stunde wenigstens
ein paar Worte an Sie richte.
Sie werden, sehr geehrter Herr Rau, heute Ihr Amt
antreten, in das die Bundesversammlung Sie am 23. Mai
gewählt hat. Dieses Amt steht auch für die Kontinuität
der deutschen Demokratie, von der man ja nicht mehr
sagen kann, daß sie ganz jung sei. Zugleich bedeutet jede Persönlichkeit, die dieses Amt antritt, einen Neuanfang, und das ist gut so. Es ist ein schöner Anfang, daß
die Bundesversammlung offenbar eine Wahl getroffen
hat, die mit der Wahl der Mehrheit der Menschen im
vereinten Deutschland übereinstimmt; sie bringen Ihnen
Vertrauen entgegen.
Ich wünsche Ihnen im Namen aller, die hier versammelt sind, in diesem Sinne eine glückliche Hand.
({13})
Das Wort hat nun der Präsident des Bundesrates, Herr
Ministerpräsident Roland Koch.
Meine
Herren Präsidenten! Herr Bundestagspräsident! Meine
sehr verehrten Damen und Herren! Sie werden verstehen, daß ich die ehrenvolle Aufgabe, in Namen des
Bundesrates zu Ihnen zu sprechen, mit dem Zögern
desjenigen beginne, der unter den Ministerpräsidenten
an Lebensjahren und an Amtsjahren der mit Abstand
jüngste ist. Aber vielleicht ermöglicht es gerade diese
Tatsache, Empfindungen aus der Sicht der jedenfalls gerade noch jüngeren Generation Ihnen gegenüber, meine
sehr verehrten Herren Präsidenten, zu formulieren.
Der Bundespräsident übt ein Amt aus, das jenseits
des politischen Alltags steht. Dennoch lassen sich mit
jeder Präsidentschaft auch zeitgeschichtliche Veränderungen beschreiben. Sie, sehr geehrter Herr Präsident
Herzog, waren der erste Präsident, der von Abgeordneten aus den alten und den jungen Bundesländern gemeinsam gewählt wurde. Ihre Amtszeit wird mit dem
Prozeß des Zusammenwachsens unseres Landes eng
verbunden bleiben. Dabei wollen wir uns - darauf haben
Sie immer Wert gelegt - nicht selbst täuschen. Wir sind
noch nicht vollständig zusammengewachsen. Aber Sie
haben in einer sehr klaren und menschlichen Art Gräben
zugeschüttet, Brücken gebaut und dort, wo Sie es für
notwendig hielten, die Planung von Brücken von denen
verlangt, die in der Verantwortung stehen.
Als jemand, der in seinem Leben auch eine nennenswerte Zahl von Jahren einer Landesregierung angehört
hat, bevor ihm andere hohe Ämter und dann das höchste
Staatsamt übertragen wurden, haben Sie immer nach den
Prinzipien des Föderalismus gelebt und gearbeitet. Für
Sie als „überzeugten Bayern, der berufsbedingt viel in
der Welt herumgekommen ist“ - so beschreiben Sie sich
selbst -, zeichnet sich lebendiger Föderalismus dadurch
aus, daß er den Menschen Zugehörigkeit und Heimat
vermittelt.
Dieser Föderalismus, in dem der Bund aus der Souveränität der Länder Gestaltungsrechte erhält und eben
nicht die Länder von der Gewährung von Rechten durch
den Bund abhängig sind, ist die Wurzel von Wachstum
und Entwicklung in vielen Lebensbereichen. Das strikte
Verlangen der Bürgerinnen und Bürger in den fünf neuen Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern,
Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie im Ostteil Berlins nach Eigenständigkeit in ihren Bundesländern, das nach der Wende zum Ausdruck kam, ist ein
Beweis dafür, daß es sich beim Föderalismus um eine
Konstruktion unserer Verfassung handelt, die die Menschen ausdrücklich gewollt und gefordert und nicht nur
hingenommen haben. Das ist für eine politische Struktur
in unserer Zeit nun wirklich nicht selbstverständlich.
Das föderale Prinzip hat sich in vielerlei Hinsicht bewährt. Das wird nicht heißen, daß alles unabänderlich
festgeschrieben bleibt. Sie selbst waren häufig daran beteiligt und haben auch manches Mal angekündigt, sich
möglicherweise weiter daran beteiligen zu wollen, über
die Frage nachzudenken, wie - eventuell über eine Entflechtung von Aufgaben, Einnahmen und Ausgaben - das
föderale Prinzip auch im 21. Jahrhundert und auf Dauer
Bestand haben könnte. Bei einer solchen Neuvermessung
staatlicher Aktivitäten wird es darauf ankommen, Denkblockaden aufzulösen, damit Veränderungen des Gewachsenen dort möglich sind, wo wir sie brauchen. Dazu
haben Sie in der Vergangenheit manch offenes Wort gesagt. Es fügt sich, daß im Wechsel zu Herrn Bundespräsidenten Rau gerade in Ihrer Rede, die Sie zum 50jährigen
Jubiläum des Landes Nordrhein-Westfalen im Jahre 1996
im nordrhein-westfälischen Landtag gehalten haben, vieles zum Föderalismus zu lesen ist.
Föderalismus und die Beseitigung von Denkblockaden sind zwei Stichworte, die mich ebenso wie Herrn
Bundestagspräsidenten Thierse zu dem Thema führen,
das Ihnen, zumindest in der zweiten Hälfte Ihrer Amtszeit, öffentlich sichtbar mehr am Herzen gelegen hat als
jedes andere. Ich meine die Zukunft von Bildung und
Ausbildung in Deutschland. Sie haben mit Ihren Positionen in dieser Frage durchaus in die Politik jedes einzelnen Bundeslandes eingewirkt. Die Bundesregierung
soll so etwas nicht tun, sagen wir im Bundesrat. Aber
der Bundespräsident kann, darf, ja vielleicht muß er in
der Klammerfunktion, die er hat, gelegentlich sogar so
agieren. Ich bin sicher, eine ganze Generation junger
Menschen, Millionen von Eltern, aber auch viele andere,
die von unserem Weg in die Wissensgesellschaft überzeugt sind, danken Ihnen für das Engagement, das Sie
für dieses Feld gefunden haben, Herr Bundespräsident.
({0})
Präsident Wolfgang Thierse
Sie haben eine Bresche für die Priorität von Bildung,
für den Wiedereinzug von Qualitätsstandards geschlagen. Sie haben vielen Menschen Mut gemacht, den
Wettbewerb aufzunehmen, eine mit Charakter und
Selbstvertrauen, mit Wissen und Können und mit Leistungsbereitschaft und Hilfsbereitschaft ausgestattete
neue Generation auf einen Spitzenplatz in der Welt vorzubereiten. Ohne einen Anspruch auf historische Bewertungen, vor denen wir uns alle stets hüten sollten, zu
erheben, bin ich sicher, daß Sie zumindest auch als der
„Bildungspräsident“ in die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland eingehen werden.
Dabei haben Sie ganz zweifellos gelegentlich die
Grenzen der bloßen Repräsentation überschritten. In Ihrer bereits erwähnten Rede vor dem nordrheinwestfälischen Landtag haben Sie von dem „scharfen
Schwert der Festrede“ gesprochen
({1})
und die Präsidialaufgabe als Verpflichtung zur Offenlegung von Problemen bei gleichzeitiger Zurückhaltung
im Blick auf Lösungsvorschläge definiert.
Mit Ihrer sogenannten Ruck-Rede im neuen Adlon in
Berlin haben Sie dann diese Zurückhaltung etwas aufgegeben. Nicht etwa, daß daraus die Übernahme der Bundesregierung durch den Bundespräsidenten geworden
wäre. Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Professor Dr. Roman Herzog, hat nie die Grenzen seines Amtes überschritten. Aber Sie hielten es für
erforderlich, die endlose Debatte um Lösungsvorschläge
durch die Bewertung der Lösungsvorschläge und die
Forderung nach präziser Entscheidung zu beschleunigen. Sie haben die Bürgerinnen und Bürger darauf hingewiesen, daß diese Sachentscheidungen ohne ein klares
Bild von der eigenen Zukunft nicht getroffen werden
können.
Zuerst müssen wir uns darüber klarwerden, in welcher Gesellschaft wir im 21. Jahrhundert leben
wollen. Wir brauchen wieder eine Vision. Visionen
sind nichts anderes als Strategien des Handelns.
Das ist es, was sie von Utopien unterscheidet. Sie
können ungeahnte Kräfte mobilisieren. Ich erinnere
nur an die Vitalität des American Dream, an die
Vision der Perestroika, an die Kraft der Freiheitsidee im Herbst 1989 in Deutschland.
So sagten Sie in Ihrer Rede.
Der Diskussion um die Zukunft Deutschlands einen
neuen, festen Ankerpunkt zu geben war das Ziel Ihrer
Adlon-Rede, und Sie haben dieses Ziel erreicht. Keineswegs haben Sie alle Probleme in Deutschland mit
dieser Rede gelöst, aber Sie haben es allen in Deutschland schwerer gemacht, an diesen Problemen vorbeizusprechen. Und das ist die Aufgabe des scharfen
Schwertes des Wortes des Bundespräsidenten, wie Sie
dies formuliert haben.
({2})
Meine Damen und Herren, die Kraft von Visionen
wird durch Menschen vermittelt. Ihr Mut und Ihre Kraft
zu Visionen, Herr Bundespräsident Herzog, hat vielen
Menschen in diesem Land Mut zur Zukunft gegeben.
Dafür danke ich Ihnen im Namen des Bundesrates und,
ich denke, im Namen aller Menschen in der Bundesrepublik Deutschland ganz herzlich.
({3})
Verehrte Frau Herzog, unsere Verfassung sieht, wie
bereits gesagt, eine besondere Rolle für den Ehepartner
an der Seite des Staatsoberhauptes nicht ausdrücklich
vor. Selbst in der Kommentarliteratur ist Näheres dazu
nicht zu finden. Dennoch wissen wir alle, daß es diese
Rolle gibt. Sie haben in großer Selbstverständlichkeit
die Bürden mitgetragen, die mit diesem Amt verbunden
sind. Wer Sie beobachtete, konnte auch vermuten, daß
Sie es mit Freude getan haben.
Sie haben Ihre Aufgabe an der Seite des Bundespräsidenten in vorbildlicher Weise erfüllt und haben sich
gerade durch Ihr soziales Engagement bleibende Verdienste erworben, wobei viele Ihnen heute eigentlich zu
versprechen haben, daß sie Sie weiter unterstützen werden; denn die Amtszeit des Bundespräsidenten endet,
die Amtszeit etwa der Präsidentin der MukoviszidoseStiftung endet nicht. Das sei für alle, die dafür noch etwas tun wollen, gesagt.
({4})
Sie haben dabei Ihren eigenen Stil geprägt, der im Inund Ausland große Anerkennung gefunden hat. Im übrigen haben Sie - wenn Sie mir die Bemerkung erlauben begeisterten Hobbyköchen wie mir ein neues Stück präsidiales Selbstwertgefühl gegeben.
({5})
Auch Ihnen gebührt der Dank des Bundesrates, den ich
an dieser Stelle aus ganzem Herzen ausspreche.
({6})
Herr Bundespräsident Rau, Ihnen wünschen der Bundesrat, alle Landesregierungen und - da bin ich sicher auch alle Bürgerinnen und Bürger unseres Landes eine
glückliche Hand bei der Vertretung der Bundesrepublik
Deutschland. Dieser Wunsch schließt alle guten Wünsche für Ihre Frau ein, Sie in diesem herausfordernden
Amt zu begleiten.
Herr Bundespräsident, Sie waren fast drei Jahrzehnte
lang Mitglied des Bundesrates, davon 20 Jahre
Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen. Sie
sind der erste Präsident, der es in seiner Amtszeit geschafft hat, zweimal Präsident des Bundesrates gewesen
zu sein. Da nach unserer Verfassung die Befugnisse des
Bundespräsidenten im Falle seiner Verhinderung durch
den Präsidenten des Bundesrates wahrgenommen werden, läßt sich sicher insoweit schon von einer gründlichen Vorbereitung auf dieses Amt sprechen.
({7})
Es ist gut zu wissen, daß mit Ihnen ein überzeugter
Föderalist Bundespräsident wird, der sicher auch in seinem neuen Amt der Rolle des Bundesrates und den Belangen der Länder besonderes Verständnis entgegenbringen wird.
Präsident des Bundesrates Roland Koch
Wie in meinem Dank an Präsident Herzog schon zum
Ausdruck gebracht, ist das Amt des Bundespräsidenten
auf moralische Autorität und prägende Kraft der Persönlichkeit ebenso angewiesen wie auf die Wirkung des
Wortes. Sie haben sich durch Ihr bisheriges Wirken und
auch auf Grund Ihres christlichen Menschenbildes mit
hohem moralischen Anspruch Achtung und Sympathie
erworben. Sie können den Menschen zuhören und sind
auf Ausgleich bedacht. Wir wünschen uns, daß Sie wie
Ihr Amtsvorgänger ein bürgernaher, volksverbundener
Bundespräsident sein werden, ein bibelfester noch dazu.
Meine Damen und Herren, in den Jahrzehnten nach
uns werden Historiker diesen Tag auch als den tatsächlichen Wechsel von Bonn nach Berlin betrachten. Über
die Frage, ob es dann eine Bonner oder eine Berliner
Republik ist, wird viel gesprochen. Mit Ihnen, Herr
Bundespräsident Rau, symbolisiert diesen Umzug ein
Mann, der in Bonn über 30 Jahre Politik mitgestaltet hat.
Bürgerinnen und Bürger der ehemaligen DDR strebten
nach dieser Bonner Republik, als sie riefen: „Wir sind
ein Volk“.
Natürlich sind wir in 50 Jahren die Berliner Republik.
Aber die Historiker werden, so hoffe ich, erkennen, daß
sich dabei das Berlin des zentralistischen Preußens weit
mehr gewandelt hat als der gelungene und gelebte Föderalismus der 50 Jahre Hauptstadt Bonn. In diesem Sinne
sind Sie ein Botschafter auf dem Weg zwischen den beiden Hauptstädten in ihrer zeitgeschichtlichen Entwicklung.
Herr Bundespräsident, ich schließe mit einer - aus
meiner Sicht richtigen - Beschreibung der vor uns liegenden Herausforderungen aus dem Munde Ihres Amtsvorgängers Roman Herzog, wie er sie im Mai 1998 formuliert hat:
Vor uns liegt ein neues Zeitalter,
in dem statt der Anonymität zentralistischer Großorganisationen zivilgesellschaftliches Engagement
das Gemeinwesen mittragen muß,
ein Zeitalter, das Freiräume schafft, indem der Staat
seine Aufgaben auf das Wesentliche zurücknimmt
und dadurch zugleich seine Handlungsfähigkeit zurückgewinnt,
ein europäisches Zeitalter, in dem die neuen Institutionen in den Köpfen und Herzen der Bürger verankert sein müssen.
Herr Bundespräsident Rau, wir wünschen Ihnen Erfolg. Auf unsere Hilfe können Sie bauen.
({8})
Herr Präsident Professor Roman Herzog, Sie haben das Wort.
({0})
Dr. Roman Herzog: Exzellenzen! Meine Damen
und Herren! Das ist also jetzt die Stunde des Abschiednehmens. Seit heute nacht, 0 Uhr, ist Johannes Rau
Bundespräsident. Ich wünsche ihm und seiner Frau von
dieser Stelle aus noch einmal von Herzen alles Gute für
die kommenden Jahre.
({1})
An mir ist es jetzt, mich von den hier versammelten
Mitgliedern beider Häuser, von der Bundesregierung,
von den diplomatischen Vertretern von insgesamt 175
Staaten, ganz besonders aber von unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern zu verabschieden.
So, wie ich geartet bin, kann ich das nicht ohne jeden
ironischen Rückblick auf jene Sorgen tun, die sich vor
fünf Jahren viele im Hinblick auf meine damals bevorstehende Präsidentschaft gemacht haben.
({2})
Am harmlosesten war damals noch die tiefempfundene Sorge, ob ich mich immer korrekt und geschmackvoll
genug kleiden würde.
({3})
Der Verdacht war bald entkräftet, da mich schon 1995
ein Institut, dessen Name mir freilich entfallen ist, zum
bestgekleideten deutschen Politiker erklärte.
({4})
Ich habe das zwar schon damals für eine heillose Übertreibung gehalten, und heute, Herr Bundeskanzler, wäre
ich ohnehin höchstens der zweiteleganteste;
({5})
aber ich muß schon sagen: Das entlastete mich von einer
schwer auf mir lastenden Hypothek.
({6})
Länger muß wohl der Zweifel an meinem beruflichen
Fleiß gewirkt haben, den der seinerzeitige Bundeskanzler mit Zitaten hervorgerufen hatte und der, wie es so
geht, nach Leibeskräften kolportiert wurde. Es hat immerhin fast drei Jahre gedauert, bis die ersten nicht minder besorgten Fragen laut wurden, ob ich nicht eigentlich zuviel machte.
({7})
Auch das hat sich zwar wieder eingependelt; aber interessant war schon, wie es oft dieselben waren, die bald
die eine, bald die andere Sorge drückte, gewissermaßen
nach dem Motto: Hauptsache, ich habe eine Sorge; welche, ist nicht so wichtig.
({8})
Dann natürlich die Vokabel „unverkrampft“!
({9})
Ich weiß bis heute nicht, wer eigentlich damals auf die
Idee gekommen ist, ich hätte dieses Wort ausgerechnet
auf den Umgang mit der deutschen Vergangenheit gemünzt. Mittlerweile ist aber wohl klar geworden, was
ich wirklich gemeint hatte: die Abkehr von jeder gravitätischen Anwandlung, die den Träger eines so hohen
Amtes mitunter wohl plagen mag, den völlig unprätentiösen Umgang mit unseren Partnern und Freunden in
Präsident des Bundesrates Roland Koch
aller Welt, die Klarheit und Wahrhaftigkeit im Denken
und Reden, eine ziemlich unbekümmerte Vorurteilslosigkeit nach allen Seiten - ja und wohl auch ein bißchen
von jener Chuzpe, aus der die bisherigen Sätze dieser
Rede entsprungen sind.
({10})
Manch einer mag nun erwarten, daß ich Ihnen und
dem deutschen Volke eine Art politisches Vermächtnis
hinterlasse. Aber, meine Damen und Herren, das werde
ich nicht tun, und zwar aus zwei Gründen. Erstens habe
ich das, was mir besonders wichtig ist, schon am
24. Mai im Reichstag zum Ausdruck gebracht, zum
50. Geburtstag unseres Staates. Zweitens scheide ich,
wie ich schon wiederholt gesagt habe, heute ja nur aus
dem Amt und nicht aus dem Leben.
({11})
Ich behalte mir schon das Recht vor, auch in Zukunft zu
sagen und vor allem zu schreiben, was ich für richtig
halte.
({12})
Statt dessen möchte ich - und das nun im Ernst - ein
paar Sätze darüber sagen, wie ich in diesen fünf Jahren
mein Amt verstanden habe. Das läßt sich unter zwei
Überschriften zusammenfassen: das Einende betonen
und das Langfristige ins öffentliche Bewußtsein rufen.
Das, was wir gemeinhin als „Politik“ bezeichnen,
wird nach unserer Verfassung von Parlament und Regierung entschieden; und wenn sie es halbwegs gut machen, integrieren sie dadurch auch das Staatsvolk. Zu
den eher rationalen Wurzeln dieser Integration gehört
unter anderem die Überzeugung der Bürger, in einem
halbwegs gerechten und guten Staat zu leben, gehören
also Phänomene, die wir mit den Begriffen Rechtsstaatlichkeit, Sozialstaatlichkeit und Menschenrechte zu bezeichnen pflegen. Sie alle haben - ob wir das wahrhaben
wollen oder nicht - mehr oder weniger auch den allgemeinen gesellschaftlichen Wohlstand zur Voraussetzung.
So kommt es wohl nicht ganz von ungefähr, daß der
Oberbegriff, der in diesem Zusammenhang immer häufiger gebraucht wird, die „Leistungsfähigkeit“ des Staates ist - nicht im Sinne finanzieller Leistungen, sondern
im Sinne der Fähigkeit zu gestalten. Der Bürger vertraut
sich dem Staat an, weil und insoweit er von ihm die
Lösung jener Probleme erwartet, die er vor sich sieht
und mit denen er selbst nicht fertig zu werden befürchtet.
Parlament und Regierung integrieren heute also vorwiegend durch „politische Leistung“ oder - ich sage es
deutlicher - durch eine überzeugende Sachpolitik. Die
Dinge liegen um so besser, je weniger für andere, speziell für den Bundespräsidenten, Anlaß besteht, sich in die
Entscheidungsprozesse beider Verfassungsorgane einzumischen.
Nur stehen Parlament und Regierung dabei vor einer
prinzipiellen Schwierigkeit: Die Regierung und die sie
tragende Parlamentsmehrheit haben eben meist nicht das
Volk, sondern bestenfalls die Hälfte des Volkes hinter
sich. Daher können sie selbst durch die bestgemeinte
Politik nicht nur integrieren, sondern werden zugleich
stets auch polarisieren. Wir haben das in den vergangenen Jahren immer wieder erlebt und erleben es zur Zeit
gerade wieder sehr deutlich.
Die Summe der Zentripetalkräfte, die es in einer Gesellschaft gibt, muß aber größer sein als die Summe der
Zentrifugalkräfte. Sonst ist das Gemeinwesen auf die
Dauer nicht lebensfähig.
({13})
Das gilt in pluralistischen Gesellschaften ganz allgemein
- auch dort, wo der Staat von Verfassungs wegen
eigentlich gar nichts zu sagen hat.
Da ist es gut, wenn es neben den politischen Organen
noch eine Instanz gibt, die das betont, was die konkurrierenden, ja streitenden Gruppen trotz allem als das
ihnen Gemeinsame besitzen. Das habe ich redlich versucht - nicht nur durch meine Reden zum demokratischen Staatsverständnis und nicht nur durch eine bewußt
unverschnörkelte Rhetorik, sondern auch durch die
Schwerpunkte, die ich bei Besuchen, bei Einladungen,
bei Auszeichnungen und nicht zuletzt in Fernsehgesprächen zu setzen versucht habe, und vor allem durch geduldiges und ernsthaftes Zuhören, wo ein belehrendes
Reden nur gestört hätte. Ich sage: Ich habe es versucht,
besonders auch in den östlichen Bundesländern, die ich
von hier aus noch einmal besonders grüße. Ob mir das
gelungen ist, brauche ich gottlob nicht zu entscheiden.
Das müssen andere tun.
Dasselbe gilt natürlich für die zweite Grundlinie meiner Amtsführung: die Betonung des Langfristigen. In
einer Massen- und vor allem Mediendemokratie wie der
unseren gibt es unvermeidlich das, was man die Priorität
des Kurzfristigen nennt. Die Fragen des jeweiligen Jahrfünfts entscheiden die Wahlen, sie beschäftigen fast ausschließlich die Medien und beherrschen infolgedessen
vorzugsweise auch das Denken der politischen Eliten.
Zwar sollte niemand behaupten, daß unsere führenden Politiker die langfristigen Trends, ihre Chancen und
ihre Gefahren nicht im Blick hätten - das weiß ich aus
unendlich vielen Gesprächen -, aber im Vordergrund
steht für sie zwangsläufig das Kurzfristige, das sich in
den obligaten 90-Sekunden-Statements unseres Fernsehens noch einigermaßen abhandeln läßt. Doch ich finde,
auch hier muß es - nicht nur in der Gesellschaft, sondern
auch unter den obersten Staatsorganen - zumindest
einen geben, der die langfristigen Entwicklungen vorrangig im Auge hat und der sie deutlicher ins öffentliche
Bewußtsein hebt, als es den für die Tagespolitik Verantwortlichen möglich ist.
Meine Reden zu Fragen der Wirtschafts-, Steuer- und
Rechtsreform, zu Bildungsfragen, zur Einschätzung von
Wissenschaft und Technik, zur Rolle von Softpower und
Menschenrechten in der Außenpolitik, zur europäischen
Integration und zum weltweiten Dialog der Kulturen
sind in diesem Zusammenhang zu sehen. Hier zeigt sich
auch - das ist als Nachtrag zu meiner Kommentierung,
in der das nicht steht, zu verstehen; das habe ich dazugelernt -, daß der deutsche Bundespräsident keineswegs
Dr. Roman Herzog
nur auf das Wort verwiesen ist, sondern auch durch
konkrete Initiativen wirken kann. Ich erinnere hier nur
an den von mir gestifteten Innovationspreis, an meine
Mitwirkung an den verschiedensten Existenzgründerinitiativen und nicht zuletzt an die weltweite Initiative
zum Dialog der Kulturen, der sich mittlerweile fast ein
Dutzend Staatsoberhäupter aus westlichen und islamischen Staaten angeschlossen haben.
Bei diesem Verständnis meines Amtes konnte es
nicht ausbleiben, daß mein vorrangiger Ansprechpartner
- das ist häufig mißverstanden worden - oft nicht die
Staatsorgane waren, wie es manche Medien in ihrem
Wunsch nach Konflikten wohl gerne gesehen hätten,
sondern daß es die Gesellschaft der freien Bürger war.
Auf diese freien Bürger, auf ihre Phantasie, auf ihre
Kreativität und ihren Wagemut kommt es nämlich in
einem freien Gemeinwesen vor allem anderen an.
({14})
In einem solchen Gemeinwesen genügt es meines Erachtens für den Präsidenten eben nicht, wie der Chor in
der griechischen Tragödie um Staat und Politik zu kreisen und beider Handeln zu kommentieren. Die Staatsverliebtheit, die uns Deutsche wie im übrigen auch viele
andere Europäer auszeichnet, steht ihm schon gar nicht
an; denn der Staat ist in unserem Gesellschaftssystem
bedeutend weniger als das, was wir Gemeinwesen nennen. Der Präsident hat für das Gemeinwesen insgesamt
dazusein, so jedenfalls meine Auffassung von diesem
Amt.
({15})
Deshalb habe ich auch stets darauf geachtet, mich als
Bürger unter Bürgern zu bewegen. Unsere Mitbürger
haben mich auch so verstanden. Ihr Zutrauen, ja die Zuneigung, die ich in diesen Tagen so sehr verspüre, ist
Beweis dafür.
Die Distanz, die auch nötig ist, habe ich zu wahren
versucht. Ein Präsident zum Anfassen wollte ich nie
sein, wohl aber ein Präsident zum Ansprechen und zum
Verstehen. Ich hoffe, auch das ist mir einigermaßen geglückt.
Natürlich haben sich in mir nicht alle wiederfinden
können. Auch das gehört dazu. Ein Präsident soll
schließlich reden, aber er soll nicht jedem nach dem
Munde reden. Dafür hat der liebe Gott jedenfalls mir
nicht die grauen Zellen gegeben und schon gar nicht die
Kraft des Wortes und der Argumente.
({16})
Am Ende dieser fünf Jahre habe ich vielen Menschen
und vielen Institutionen zu danken, den Regierungen,
die in dieser Zeit Verantwortung für unser Land getragen haben und noch tragen, den übrigen Verfassungsorganen, den hohen Repräsentanten der Länder, den politischen Parteien, den Gewerkschaften und anderen großen
Verbänden, den Kirchen und Religionsgemeinschaften
und einer ganzen Reihe von Stiftungen, nicht zuletzt
auch den zahllosen Bürgern, die mich durch Zuspruch
und Kritik mitgetragen haben. Aber einem Menschen
möchte ich namentlich Dank sagen. Das ist meine Frau,
die heute schon erwähnt worden ist.
({17})
Sie wird mir zwar nachher vorhalten, das hätte ich auch
unter vier Augen tun können - das Manuskript hat sie
nicht gelesen - aber einmal mußte es, wie ich glaube, in
der Öffentlichkeit geschehen, in die sie durch mein Amt
zwangsläufig hineingezogen worden ist. Wir haben es in
diesen Jahren so gehalten, wie wir es in unserer Ehe
immer gehalten haben: Wir sind, soweit es sich irgendwie vertreten ließ, getrennt marschiert, aber wir haben
vereint geschlagen - oft bis zu einem Grade, der manche
besorgt fragen ließ, ob unsere Ehe denn überhaupt noch
hinreichend glücklich sei. Meiner Frau hat diese Methode eine starke eigene Rolle und ein unbestreitbares
Eigengewicht eingebracht. Aber sie hat ihr auch mehr
Lasten aufgeladen, als ich ihr von Rechts wegen hätte
zumuten dürfen; dessen bin ich mir sehr wohl bewußt.
Doch auch unsere gemeinsame Vorstellung von einer
guten Ehe will ich hier nennen: gleiche Rechte, ein gleiches Maß an Pflichten, große Selbständigkeit beider
Partner in ihrer Arbeit - und dennoch am gleichen
Strang ziehen.
({18})
Nun, meine Damen und Herren, lassen Sie uns wirklich Abschied nehmen. Wir beide freuen uns darauf, ins
Glied zurückzutreten und als freiere Bürger und Zeitgenossen ein freieres Leben als bisher zu führen, als einfache Glieder des deutschen Volkes, dem wir so gut gedient haben, wie es uns mit unseren Stärken und Schwächen eben möglich war, und das wir nicht aufhören werden zu lieben.
Danke sehr.
({19})
In Respekt vor Ihrer
Leistung haben sich die Mitglieder des Bundestages und
des Bundesrates erhoben und damit im Namen des ganzen deutschen Volkes bekundet: Roman Herzog hat sich
um unser Vaterland verdient gemacht.
({0})
Meine Damen und Herren, am 23. Mai dieses Jahres
hat die Bundesversammlung Herrn Johannes Rau zum
Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland
gewählt. Herr Johannes Rau hat vor der Bundesversammlung diese Wahl angenommen und mit dem heutigen Tag das Amt des Bundespräsidenten angetreten.
Nach Art. 56 des Grundgesetzes leistet der Bundespräsident bei seinem Amtsantritt vor den versammelten
Mitgliedern des Bundestages und des Bundesrates den
vorgeschriebenen Eid. Ich bitte Sie, Herr Bundespräsident, zu mir zu kommen, um den Eid zu leisten. Dazu
bitte ich auch den Herrn Präsidenten des Bundesrates.
({1})
Dr. Roman Herzog
Ich reiche Ihnen die Originalausgabe des Grundgesetzes und bitte Sie, den vorgeschriebenen Amtseid zu leisten.
Ich
schwöre, daß ich meine Kraft dem Wohle des deutschen
Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von
ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben
werde. So wahr mir Gott helfe.
Ich stelle fest: Der
Herr Bundespräsident hat den vorgeschriebenen Amtseid geleistet. Ich gratuliere Ihnen zu Ihrem Amt und
wünsche Ihnen alles Gute und Gottes Segen für Sie und
für unser Vaterland.
({0})
Das Wort hat nun der Herr Bundespräsident.
Herr
Bundestagspräsident! Meine Damen und Herren! Ich
danke für die guten Wünsche, die ich heute von dieser
Stelle aus mit auf den Weg bekommen habe. Ich empfinde sie ebenso als Ansporn und Ermutigung wie die
große Mehrheit der vielen Briefe, die mich seit dem
23. Mai erreicht haben. Ich freue mich über das große
Vertrauen, das viele in mich setzen. Das ist mir genauso
ernsthafte Verpflichtung, wie ich für die kommenden
Jahre kritische Wegbegleitung erbitte.
Mein besonderer Dank gilt heute dem Mann, dessen
Mitbewerber ich vor fünf Jahren war und dem ich heute
nachfolge: Professor Dr. Roman Herzog. Lieber Herr
Herzog, fünf Jahre lang haben Sie unser Land in aller
Welt repräsentiert. Sie haben das auf Ihre unverwechselbare Art und Weise und mit Ihrem Temperament getan:
mit klarer Sprache, direkt, ohne Schnörkel und unverblümt. Jeder konnte spüren, was Ihnen wichtig war, und
auch, daß Sie sich selber nicht für am wichtigsten hielten.
Dazu haben Sie mit Ihrem Witz und Ihrer Selbstironie
beigetragen, auch heute wieder - Eigenschaften, die deutschen Hochschullehrern, zumal der Jurisprudenz, durchaus nicht allgemein nachgesagt werden.
({0})
Das, was Sie zur jüngeren deutschen und europäischen Geschichte gesagt haben, und auch, daß Sie zur
richtigen Zeit und am richtigen Ort geschwiegen haben,
hat das Vertrauen in unser Land gestärkt. Dafür danke
ich Ihnen. Vor Ihnen liegen jetzt Jahre, in denen Sie sich
wieder der Wissenschaft widmen wollen. Da darf man
gespannt sein: Welche Konsequenzen werden die praktischen Erfahrungen des Bundespräsidenten Roman Herzog für den Grundgesetz-Kommentar des Staatsrechtlers
Roman Herzog haben? Zuletzt haben Sie 1986 den
Art. 54 unseres Grundgesetzes kommentiert, der die
Aufgaben des Bundespräsidenten beschreibt. Ob wir mit
einer baldigen Neukommentierung im Lichte eigener Erfahrungen rechnen dürfen?
Herzlichen Dank sage ich auch Ihnen, liebe Frau Herzog. Ihnen ist es neben all den Aufgaben als Frau des
Bundespräsidenten gelungen, mit großem Einsatz öffentliche Aufmerksamkeit für eine Krankheit zu wecken,
die viele vorher nicht gekannt hatten, und dadurch vielen
kranken Menschen zu helfen.
Ganz besonders grüße ich von dieser Stelle aus auch
zwei meiner Vorgänger im Amt des Bundespräsidenten:
Richard von Weizsäcker, dem ich seit Jahrzehnten
freundschaftlich verbunden bin, und meinen bergischen
Landsmann Walter Scheel, der in der kommenden
Woche seinen 80. Geburtstag feiern kann.
({1})
Meine Damen und Herren, heute in sechs Monaten
schreiben wir den 1. Januar 2000. Das Jahr 2000 gewinnt in manchen öffentlichen Diskussionen einen
Stellenwert, der ans Unwirkliche grenzt. Das gilt in anderer Weise auch für den Gebrauch des Begriffs Globalisierung. Wenn von Globalisierung die Rede ist, dann
klingt das manchmal wie die Verheißung eines neuen
Goldenen Zeitalters, manchmal aber auch, als würden
alle Übel der Welt auf einen Begriff gebracht.
Beides scheint mir falsch zu sein. Die Globalisierung
bietet uns Deutschen und aller Welt große Chancen wenn wir sie recht verstehen und richtig gestalten. Tatsächlich ist Globalisierung ja nichts anderes als die Einsicht, daß wir in unserer e i n e n Welt stärker denn je
voneinander abhängig und aufeinander angewiesen sind.
Kein Land kann heute mehr sicher sein, daß eigene
Fehler oder Fehler anderer nur deshalb ohne Folgen
bleiben, weil es weit genug entfernt liegt, weil es wirtschaftlich leistungsfähiger, politisch einflußreicher oder
militärisch stärker als andere ist. Weil uns das, was andere tun, selber mittelbar oder unmittelbar betrifft, kann
es uns heute weniger denn je gleichgültig lassen, was in
der Welt geschieht.
Freilich: Nicht jedes Land hat politisch und auch nicht
jedes Unternehmen hat wirtschaftlich das gleiche Gewicht. Einige können stärker dazu beitragen, daß alle
Vorteile oder Nachteile haben. Man braucht kein Kenner
und kein Liebhaber der Chaostheorie zu sein, um zu wissen, daß kleinste Veränderungen an einer Stelle ganz unvermutete und oft große Folgen an anderer Stelle haben.
Die Globalisierung der Wirtschaft hat besondere Bedeutung. Sie stellt an uns alle die Frage neu nach dem
richtigen Verhältnis zwischen privat bestimmtem wirtschaftlichen Handeln und demokratisch bestimmtem öffentlichen Handeln. Verantwortliche Politik muß dieses
Verhältnis neu ordnen und muß die Frage beantworten,
welche öffentlichen Aufgaben regional, welche national
und welche nur international erfolgreich gelöst werden
können.
Dabei will, soweit ich sehe, niemand alte Schlachten
schlagen. Daß der Markt als Mechanismus des Wirtschaftslebens allen anderen Prinzipien überlegen ist,
wird nirgendwo und von niemandem mehr ernsthaft bestritten. Ganz unterschiedliche Auffassungen gibt es
aber darüber, was der Markt kann, welchen Rahmen er
braucht und welche Grenzen ihm politisch gesetzt werden müssen. Genau darum - um nicht weniger und um
nicht mehr - geht der wesentliche gesellschaftspolitische
Streit nicht nur bei uns in der Bundesrepublik DeutschPräsident Wolfgang Thierse
land. Darüber streiten Wissenschaftler und Politiker,
Gewerkschafter, Unternehmer und Intellektuelle in
Frankreich und in den Vereinigten Staaten von Amerika
genauso wie in Japan und Großbritannien.
Die Bürgerinnen und Bürger erwarten von den politischen Parteien Antworten darauf, wie privates Wirtschaften und öffentliche Verantwortung in Zeiten der
Globalisierung im Interesse aller in ein neues Gleichgewicht gebracht werden können. Die Frage, wie das Spannungsverhältnis zwischen Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität bei uns zu Hause und im Weltmaßstab gelöst
werden soll, muß in ungezählten praktischen Fällen immer wieder neu beantwortet werden. Maßstäbe dafür bieten weder die Betriebswirtschafts- noch die Volkswirtschaftslehre. Es kommt darauf an, welches Bild vom
Menschen und welches Bild vom Zusammenleben der
Menschen wir haben. Das ist eine Frage, die jeden einzelnen angeht und die - bewußt oder unbewußt - unser Handeln prägt. Die Politik darf dieser Frage nicht ausweichen,
weder durch Flucht in weltfremde Ideologien noch durch
das Verstecken hinter angeblichen Sachzwängen.
({2})
In der Politik geht es nicht um letzte Wahrheiten,
sondern um richtige Lösungen. Der politische Streit
sollte jeweils um die Frage gehen, welcher Vorschlag
der beste im Interesse aller oder im Interesse der vielen
ist. Nur dann kann etwas von dem aufscheinen, was
Hannah Arendt in die Worte gefaßt hat: „Politik ist angewandte Liebe zur Welt.“
({3})
Wir politisch Verantwortlichen müssen die Bürgerinnen und Bürger ernst nehmen. Wir dürfen sie weder in
Angst und Schrecken versetzen noch in falscher Sicherheit wiegen. Sie wollen wissen, woran Sie sind. Sie haben
Anspruch darauf zu erfahren, was die Politik will und
worin sich die politischen Parteien unterscheiden. In der
Demokratie ist es unerläßlich, daß die politischen Parteien
deutlich machen: Es gibt Wege in die Zukunft, auch ganz
unterschiedliche Wege, jenseits von Beliebigkeit und
Prinzipienreiterei. In der Demokratie geht es nur in extremen Ausnahmefällen um „alles oder nichts“. Darum ist
es bei aller Grundsatztreue besser, kleine Schritte wirklich
zu gehen, als darüber zu klagen, daß sich die Menschen
für den großen Wurf nicht begeistern können.
Das bedeutet nicht, auf weitgesteckte Ziele zu verzichten. Im Gegenteil: Weil der Weg zu einem politischen Ziel oft um viele Ecken und über viele Umwege
führt, sind Weitsicht und Vorausdenken besonders
wichtig. Stärker denn je müssen wir daran denken, welche Folgen politische Entscheidungen von heute für das
Leben künftiger Generationen haben. Es gibt einen
Egoismus des Gegenwärtigen zu Lasten der Zukunft,
den ich für nicht erlaubt halte,
({4})
für den wir alle aber Beispiele kennen.
Wenn wir die Chancen der Globalisierung nutzen
wollen, dann muß die Politik sie aktiv gestalten. Das gilt
für die soziale und für die ökologische Dimension wirtschaftlichen Handelns genauso wie für die Gestaltung
des technischen Fortschritts. Diesen Rahmen kann am
besten eine demokratische und soziale Rechtsordnung
setzen, die über den Nationalstaat hinausreicht. Wir
müssen die politischen Konsequenzen aus der wirtschaftlichen Globalisierung ziehen.
Die wichtigste gesellschaftliche Aufgabe bleibt nach
meiner Überzeugung, neue Arbeitsplätze zu schaffen.
Das ist in erster Linie Aufgabe der Unternehmen. Die
Politik muß für Angebot und Nachfrage den richtigen
Rahmen setzen und die richtigen Impulse geben. Neue
Arbeitsplätze entstehen nicht auf Knopfdruck, und es
gibt für sie kein Patentrezept. Wir brauchen ein Bündel
von Initiativen, damit alle, die arbeiten können, ihren
Lebensunterhalt auch tatsächlich selber erarbeiten können. Wir brauchen mehr Gründungen, mehr Spitzentechnik und mehr Investitionen in Bildung, Wissenschaft
und Forschung. Wir brauchen intelligente Arbeitszeitregelungen, die auch längere Betriebszeiten mit kürzeren
Arbeitszeiten verbinden. Wir brauchen geringere Lohnnebenkosten und weniger Überstunden. Keine Diskussion um das „Ende der Arbeitsgesellschaft“ kann und
darf verdecken, daß es für die allermeisten Menschen aus finanziellen, aber auch aus sozialen Gründen - keine
Alternative zur Erwerbsarbeit gibt.
({5})
Für unsere Zukunft wird entscheidend sein, daß wir die
Arbeit so organisieren und fortentwickeln, daß die Bedürfnisse der Menschen mit den Erfordernissen des Wirtschaftens in Übereinstimmung gebracht werden. Die Arbeit dient dem Lebensunterhalt. Das gibt ihr unmittelbar
einen Wert. In ihr - das gibt ihr einen weiteren Wert entfalten sich aber auch menschliche Fähigkeiten. Darum
hat Hans Küng recht, wenn er sagt: „Ohne sinnvolle Arbeit geht ein Stück Menschenwürde verloren.“
({6})
Darum ist es alles andere als eine akademische
Betrachtung, auf den Wert der Arbeit für das Selbstwertgefühl von Menschen und für den Zusammenhalt
von Staat und Gesellschaft hinzuweisen. Wer in der Arbeit nur einen reinen Kostenfaktor sieht, dessen Preis
soweit wie möglich gedrückt werden muß - so wichtig
der Anteil der Löhne am wirtschaftlichen Prozeß auch
ist -, der hantiert mit sozialem Sprengstoff und rüttelt an
den Grundfesten unserer westlichen Zivilisation - ob
ihm das bewußt ist oder nicht.
({7})
Es mag sein, daß wir auf lange Sicht eine neue Einstellung zur Arbeit bekommen. Bei tendenziell sinkender Arbeitszeit könnten mehr Menschen mehr Zeit finden für aktive Nachbarschaftshilfe, für ehrenamtliches
Wirken in Vereinen, aber auch für die Pflege der Städte
und die Bewahrung und Förderung von Kultur und
Kunst, mehr Zeit auch für Eigenarbeit. Das wäre eine
Gesellschaft, die einen stärkeren inneren Zusammenhalt
haben könnte, als sie ihn zur Zeit hat, eine Gesellschaft,
in der Gemeinsinn und Solidarität wieder einen höheren
Stellenwert hätten. Wer mich kennt, weiß, daß ich dabei
auch an die sinnstiftende Arbeit der Kirchen und Religionsgemeinschaften denke.
Zehn Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und
nach dem Fall der Mauer sind wir immer noch auf der
Bundespräsident Dr. h. c. Johannes Rau
Suche nach einer neuen Ordnung in Europa und weltweit. Es gibt die beiden Militärblöcke nicht mehr, die
sich feindlich gegenüberstanden. Wir haben aber noch
nicht die gesamteuropäische Friedens- und Sicherheitsordnung schaffen können, die notwendig wäre, damit
Krieg jedenfalls in Europa kein Mittel der Politik mehr
ist. Von einer neuen Weltfriedensordnung, die das Leitbild der globalen nachhaltigen Entwicklung aufnähme,
sind wir noch weit entfernt.
Vor 14 Wochen begann in Jugoslawien, was kaum jemand am Ende dieses Jahrhunderts noch für möglich und
nötig gehalten hatte. Die NATO setzte zum erstenmal seit
ihrer Gründung vor 50 Jahren militärische Mittel in Europa ein, die Bundeswehr nahm an den Kampfeinsätzen teil.
Seit zwei Wochen schweigen die Waffen. Deutsche Soldaten wurden im Kosovo als Befreier begrüßt.
Ich bin froh darüber, daß die Hoffnung auf ein Ende
des Krieges, die ich am 23. Mai dieses Jahres geäußert
hatte, in Erfüllung gegangen ist und daß es jetzt um dauerhafte Stabilität in Südosteuropa geht. Jetzt wird sich
zeigen, daß der Friede der Ernstfall ist.
({8})
Über die rechtlichen, politischen, militärischen und moralischen Maßstäbe für die Teilnahme der Bundesrepublik
Deutschland am Militäreinsatz gegen Serbien gab es eine
ungewöhnlich ernsthafte Diskussion, in der dem jeweils
Andersdenkenden weder Moral noch Vernunft bestritten
worden sind. Ich gehöre zu denen, die mit zerrissenem
Herzen gesagt haben: Wir dürfen nicht tatenlos zusehen,
wenn mitten in Europa Terror und Vertreibung Platz greifen. In einem solchen extremen Ausnahmefall ist auch der
Einsatz militärischer Gewalt gerechtfertigt. Das ist eine
außergewöhnliche Belastung für die betroffenen Soldaten
und für die politische und militärische Führung. Wie diese
Verantwortung wahrgenommen wurde und wird, das hat
das Ansehen unseres Landes in der Welt gemehrt.
({9})
Ich grüße die deutschen Soldaten, und ich grüße die
Angehörigen der Hilfsorganisationen, die jetzt im Kosovo dafür arbeiten, daß Menschenwürde und Menschenrechte überall und für alle gelten, für Kosovaren und
Serben, für Christen und Muslime.
({10})
Was können und was müssen wir aus der heutigen
Situation im ehemaligen Jugoslawien für die künftige
Politik lernen? Für mich lautet die wichtigste Lehre: Wir
müssen durch vorbeugende Politik die falsche Alternative, daß wir Schuld auf uns laden durch Wegschauen
oder daß wir Schuld auf uns laden durch den Einsatz
militärischer Mittel, der auch völlig Unschuldige trifft,
zu vermeiden suchen.
({11})
Eine solche Politik für das friedliche Zusammenleben
der Menschen in ganz Europa muß mit Nachdruck für
die Menschenrechte eintreten, bevor sie durch Vertreibung, Terror oder Mord mißachtet werden.
({12})
Wir brauchen eine Politik, die heute nicht Waffenlieferungen zuläßt, gegen deren Einsatz morgen interveniert werden muß.
({13})
Wir brauchen eine unmißverständliche Absage an alle
Spielarten des Nationalismus. Nationalismus und Separatismus sind Zwillinge. Nationalismus hat nichts mit
Vaterlandsliebe zu tun, sondern ist der Haß auf die Vaterländer anderer. Wozu dieser Haß führt, das erleben
wir nicht erst in den vergangenen Monaten und nicht nur
im ehemaligen Jugoslawien.
Ich habe am 23. Mai an die Worte von Willy Brandt
erinnert, daß wir ein Volk guter Nachbarn sein wollen.
Wer hätte 1969 gedacht, daß wir uns heute darüber freuen können, mit allen unseren Nachbarn in einem Zustand zu leben, wie er meinen Vorstellungen von wirklicher Nachbarschaft entspricht? Diese Entwicklung ist
wahrlich nicht allein deutsches Verdienst. Wir haben
Grund, vielen dafür zu danken. Wir tun das am besten
dadurch, daß wir weiter eine treibende Kraft im europäischen Einigungsprozeß sind.
Gute Nachbarschaft - das ist heute europäische Innenpolitik. Gute Nachbarschaft brauchen wir aber auch
im eigenen Land: zwischen Menschen unterschiedlicher
Herkunft, unterschiedlicher kultureller Traditionen und
Glaubensüberzeugungen. Toleranz, meine Damen und
Herren, ist kein Schwächeanfall der Demokratie, sondern ihr Lebensinhalt.
({14})
Mein Vorgänger, Herr Professor Herzog, hat dazu beigetragen, daß die Bildungspolitik wieder zu einem Thema
geworden ist. Ich will das aufnehmen und kann dabei an
vieles anknüpfen aus den Erfahrungen meiner früheren
Arbeit. In der bildungspolitischen Diskussion geht es um
ganz unterschiedliche Themen: um Klassenstärken und
Lehrerversorgung, um Flexibilität und mehr Handlungsmöglichkeiten für die einzelnen Schulen, um Stundentafeln und die technische Ausstattung. All das ist wichtig,
und ich verstehe gut, mit welchem Engagement darüber
diskutiert und gestritten wird. Über all diese wichtigen
Fragen, von der Organisation bis zu den materiellen Ressourcen, sollten wir aber das Wesentliche nicht aus dem
Blick verlieren: Was sollen unsere Kinder lernen? Wie
können wir die jungen Menschen heute am besten darauf
vorbereiten und dazu befähigen, die Welt von morgen
mitzugestalten und sich in ihr zurechtzufinden? Welches
Wissen brauchen sie? Welche Fertigkeiten müssen sie beherrschen? Welche Einsichten und welche Orientierungsmaßstäbe brauchen sie für ein erfülltes Leben? Das
sind Fragen, die noch zu selten gestellt werden, vielleicht
auch deshalb, weil sie schwer zu beantworten sind.
Keiner von uns weiß, wie die Welt von morgen aussehen wird. Wir wissen nur, daß vieles ganz anders sein
wird als heute. Wir wissen aber nicht, was die Welt von
morgen den Menschen abverlangen wird. Manche glauben, das seien vor allem technische und naturwissenschaftliche Kenntnisse; dafür gibt es gute Argumente.
Andere fordern statt dessen eine Renaissance der Geistes- und der Sozialwissenschaften. Sie weisen darauf
Bundespräsident Dr. h. c. Johannes Rau
hin - ich glaube, daß sie recht haben -, daß Bildung
etwas anderes ist als Fachwissen allein und daß Informationen allein noch nicht Einsicht vermitteln. Wenn
das richtig ist, dann sollten wir mehr über die Ziele sprechen, die wir in unseren Schulen erreicht sehen wollen,
und erst danach über die Instrumente, die dafür am besten geeignet sind.
({15})
Wir sollten an dem Konsens festhalten - oder ihn neu
begründen -, daß ein rohstoffarmes Land wie die Bundesrepublik Deutschland nur dann im Interesse aller erfolgreich sein kann, wenn wir in die Bildung, in die
Ausbildung und in die Qualifikation der Menschen investieren. Investitionen in die Köpfe bringen dann die
höchsten Erträge, wenn nicht auf kurze Sicht gerechnet
und nicht nur auf bestimmte Segmente gesetzt wird.
So wie vor 20 Jahren niemand in der Lage war, den
genauen Bedarf an Ingenieuren oder Softwareentwicklern vorauszusagen, so wenig ist es heute möglich, vergleichbare Prognosen für die nächsten zwei Jahrzehnte
zu machen. Wir wissen nur eines: Die intellektuellen
Anforderungen, die fachlichen und die überfachlichen,
werden nicht geringer werden, sondern weiter zunehmen. Auf diese absehbaren Veränderungen müssen wir
die jungen Menschen von heute in unseren Schulen vorbereiten.
Bildung und Wissen sind aber mehr als eine Grundlage für wirtschaftlichen Erfolg. Wissen läßt sich büffeln, aber Begreifen braucht Zeit. Hubert Markl, der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, den viele von uns
kennen und schätzen, hat einmal zu Recht gefragt, was
uns denn Wissensriesen hülfen, wenn sie die Gemüter
von Zwergen hätten.
({16})
Meine Damen und Herren, je schnellebiger die Zeiten, um so wichtiger werden Orientierung und die Fähigkeit, zu unterscheiden zwischen dem, was früher war
und heute überholt ist, und dem, was heute wie gestern
gilt, weil es zeitlos ist. Wenn wir Werte und Tugenden
einklagen oder den Mangel an Werten und Tugenden
beklagen, dann leiden solche Diskussionen nach meiner
Erfahrung häufig an zu hoher Abstraktion. Wo es um
Prinzipien oder um noch Höheres geht, neigen wir dazu
zu vergessen, wie wir leben, was uns prägt, was uns ermutigt oder entmutigt. Eine Gesellschaft, in der es
schick ist, von allem den Preis zu kennen und von nichts
den Wert, macht in Wirklichkeit Verluste.
({17})
Erhobene Zeigefinger und Moralpredigten können
fehlende Vorbilder nicht ersetzen. Wenn wir unser Zusammenleben so gestalten, daß die Ehrlichen den Eindruck bekommen, sie seien die Dummen, dann ist es
müßig, den Werteverlust auf Akademieveranstaltungen
zu beklagen.
({18})
Wir sollten auch nicht von Werteverlust sprechen,
wenn nicht Werte verlorengehen, sondern wenn sich nur
die für uns gewohnte Form ändert, wie sie gelebt werden. Wir sollten das, was gesellschaftlich zu ordnen und
zu regeln ist, so ordnen und regeln, daß wir Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität fördern. Eine Gesellschaft, in
der alle nur ihre eigenen egoistischen Interessen verfolgen, mag auf Sicht erfolgreich sein; überlebensfähig ist
sie nicht.
({19})
Eine Gesellschaft ist ja etwas anderes als die zufällige
Ansammlung von Individuen, die ihrer Wege gehen.
Mitmenschlichkeit, Nächstenliebe, Solidarität - das sind
Haltungen und Verhaltensweisen, die das Fundament jeder Gesellschaft sind und kein schmückendes Beiwerk.
Mitmenschlichkeit, Nächstenliebe und Solidarität sind
nicht käuflich, aber sie sind unbezahlbar und weder
durch Gesetz noch durch Verordnung zu erzwingen. Sie
müssen praktisch gelebt werden.
({20})
Das soll niemanden an Selbstentfaltung und Selbstverwirklichung hindern. In den vergangenen Jahrzehnten ist der Lebensweg einer wachsenden Zahl von Menschen in unserem Land nicht mehr vom stummen Zwang
der Verhältnisse bestimmt worden. Sie konnten die
Chance nutzen, ihren eigenen Weg zu gehen. Das ist ein
großer Fortschritt. Freie Entfaltung der Persönlichkeit ist
aber etwas ganz anderes als eine Ego-Gesellschaft, die
in die Selbstisolierung führt.
Die Menschen wollen etwas leisten, und die Gesellschaft sollte Leistungen fordern und fördern. Aber man
darf Menschen nicht überfordern. Das gilt in besonderer
Weise für alle, die aus unterschiedlichen Gründen
nichts, noch nichts, nur wenig oder nichts mehr leisten
können. Kinder und Alte gehören ebenso dazu wie geistig und körperlich behinderte Menschen.
Wenn wir von Leistung sprechen, sollten wir auch die
nicht vergessen, die oft ganz viel leisten, deren Leistung
aber in keiner Bilanz erscheint und nicht in den Größen
des Bruttoinlandsprodukts ausgedrückt werden kann.
Jede Gesellschaft braucht möglichst viele, die leistungsfähig und leistungswillig sind. Jede Gesellschaft braucht
auch besondere Leistungsträger. Wenn wir der Vielfalt
der tatsächlichen Leistungen gerecht werden wollen,
brauchen wir einen breit angelegten Leistungsbegriff.
Dann wird deutlich: Erfolgreiche Existenzgründer
sind genauso gesellschaftliche Leistungsträger wie
ehrenamtliche Jugendtrainer. Chefärzte sind genauso gesellschaftliche Leistungsträger wie Krankenschwestern.
Innovative Forscher sind genauso gesellschaftliche Leistungsträger wie engagierte Betriebsräte. Künstler und
Schriftsteller, die unseren Blick schärfen und unseren
Horizont erweitern, sind genauso gesellschaftliche Leistungsträger wie Wissenschaftler, die unseren medizinischen und technischen Blick erweitern.
Meine Damen und Herren, manche von Ihnen werden
wissen, daß ich als junger Mensch Anfang der 50er Jahren in die Politik gegangen bin, weil ich mich mit der
deutschen Teilung nicht abfinden wollte. Gemeinsam
mit Gustav Heinemann und Helene Wessel, mit Diether
Posser, Erhard Eppler und vielen anderen war ich damals in der - nicht gerade erfolgreichen - GesamtdeutBundespräsident Dr. h. c. Johannes Rau
schen Volkspartei. Dies Thema hat mich mein ganzes
Leben lang nicht losgelassen; es hat mich weit über die
politischen Aufgaben hinaus begleitet.
Ich habe es darum als besonderes Glück empfunden,
daß ich an dem Tag, als die Mauer fiel, am 9. November
1989, in Berlin und in Leipzig war. Ich habe am Abend
des 9. November und in den beiden Tagen danach ganz
unmittelbar das ungläubige Staunen, die unbeschreibliche Freude der Menschen über die neu gewonnene
Freiheit, für die viele von ihnen Woche für Woche auf
die Straße gegangen waren, miterleben können. Nach
meiner Erfahrung tut es auch der Politik gut, wenn wir
Verantwortliche das Staunen nicht verlernen.
In den vergangenen zehn Jahren hat sich ungeheuer
viel verändert. Die Menschen in Brandenburg und in
Sachsen, in Sachsen-Anhalt, in Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern haben Grund, stolz zu sein auf
große Erfolge beim Aufbau. Nicht jedes offenkundige
Defizit und nicht jeder Mangel, nicht jedes große Problem, vor dem wir immer noch stehen, kann man als
fehlende innere Einheit im vereinten Deutschland bezeichnen. Das ist ein Begriff, der zu Mißverständnissen
verleiten kann. Unsere Aufgabe ist es nicht, daß sich
die 16 Länder der Bundesrepublik Deutschland möglichst schnell möglichst ähnlich werden. Sie sollen sich
nicht nach einer zentral vorgegebenen Norm entwikkeln. Wir sollten vielmehr den Föderalismus lebendig
erhalten und weiter stärken, weil aus der Vielfalt eine
Stärke erwächst, von der alle Länder profitieren
können.
Worum es geht, das sind gleiche Lebenschancen für
alle Frauen und Männer - unabhängig davon, ob sie im
Norden oder Süden, im Westen oder Osten Deutschlands aufwachsen und leben. In unserer modernen Gesellschaft sind gleiche Lebenschancen für alle der Kern
der Freiheitsfrage. Die kulturellen, die landsmannschaftlichen Unterschiede sollen bleiben, weil die Vielfalt uns reicher macht; aber die in 40 Jahren gewachsenen Nachteile der neuen Länder müssen ausgeglichen
und überwunden werden. Wir brauchen im vereinten
Deutschland genauso wie im europäischen Einigungsprozeß die Vielfalt in der Einheit. Dabei sollten wir auch
zehn Jahre nach dem Fall der Mauer nicht vergessen,
daß die Deutschen in der DDR ohne eigenes Verschulden die weitaus schwereren Lasten aus der deutschen
Geschichte zu tragen hatten. Sie waren nicht dümmer
und nicht fauler als die Deutschen im Westen, aber unter
den gegebenen Bedingungen konnte ihre Leistungsfähigkeit und ihre Leistungsbereitschaft nicht die gleichen
Früchte tragen.
Vor wenigen Wochen haben wir an den 50. Jahrestag
unseres Grundgesetzes erinnert. Wir sagen zu Recht, daß
es die beste Verfassung ist, die sich die Deutschen je gegeben haben. Das gilt aber nur, wenn wir das Grundgesetz jeden Tag neu mit Leben erfüllen. Es ist Wegweiser
und Maßstab für das politische Handeln aller. In den
vergangenen Jahren sind wichtige Teile des Grundgesetzes verändert worden, weil sich die gesellschaftliche
Wirklichkeit geändert hatte. Vielen sind diese Veränderungen schwergefallen, manchen sind sie zu weit gegangen.
Um so weniger dürfen wir vergessen, daß es viele
Felder gibt, in denen wir die Wirklichkeit noch entschlossener verändern müssen, damit sie sich dem annähert, was wir im Grundgesetz als unsere Ziele festgeschrieben haben: Die tatsächliche gesellschaftliche
Gleichstellung von Frauen und Männern gehört genauso
dazu wie der nachhaltige Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen und der Auftrag, unsere Gesellschaft als
soziale Demokratie zu gestalten. Gustav Heinemann hat
immer noch recht, daß das Grundgesetz ein großes Angebot und keine Fessel ist.
Jeder meiner Vorgänger hat in seiner Zeit dem Amt
des Bundespräsidenten eine eigene Prägung gegeben.
Das war so bei Theodor Heuss und bei Heinrich Lübke,
bei Gustav Heinemann und Walter Scheel, bei Karl Carstens und Richard von Weizsäcker und bei Ihnen, lieber
Herr Bundespräsident Herzog. Jeder hat seine besonderen Fähigkeiten und Gaben in das Amt einzubringen
versucht, und doch waren sie alle Repräsentanten des
ganzen Deutschlands.
Ich sehe heute für das Amt des Bundespräsidenten
eine doppelte Aufgabe: Er muß für die Deutschen sprechen, und er muß Minderheiten zur Sprache verhelfen.
Ich will das mit meinen Gaben und auf meine Weise tun.
Jeder soll wissen, daß ich Zuversicht und Kraft aus dem
christlichen Glauben schöpfe und daß ich Respekt vor
allen habe, die ihr Leben auf andere Fundamente gründen. Ich will zuhören, damit niemand ungehört bleibt.
Ich will Gesprächsfäden neu knüpfen, wo sie abgerissen
sind, zwischen Ost und West, zwischen Jung und Alt.
Ich will zur Öffentlichkeit verhelfen, was in die gesellschaftliche Debatte gehört. Ich will alle - in Betrieben
und Verwaltungen, in Hochschulen und Parteien, in
Akademien und Bürgerinitiativen, in den Medien und
Verbänden -, die an der Zukunft unseres Landes arbeiten, ermutigen.
Ich wünsche mir, daß wir Deutsche unsere Zukunft in
Europa und in der e i n e n Welt gemeinsam mit unseren
Nachbarn und Partnern zuversichtlich und mutig gestalten - nicht kleinmütig und nicht übermütig. Das wird
gelingen, wenn wir Selbstvertrauen und Verantwortung
zusammenbringen und wenn alle die eigenen Chancen
so nutzen, daß auch das allgemeine Wohl gemehrt wird.
Ich danke Ihnen.
({21})
Ich danke Ihnen,
Herr Bundespräsident.
Wir singen nun gemeinsam unsere Nationalhymne.
({0})
Mit den besten Wünschen für Sie und für Deutschland schließe ich die gemeinsame Sitzung von Bundestag und Bundesrat. Wir sehen uns wieder in Berlin.
Die Sitzung ist geschlossen.
({1})