Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 6/23/1999

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Guten Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sitzung ist eröffnet. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf: Befragung der Bundesregierung Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Kabinettsitzung mitgeteilt: Gesetzentwurf zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000. Außerdem hat sich das Kabinett mit der Aufstellung des Haushaltsplanes 2000 befaßt. Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht hat die Bundesministerin für Gesundheit, Andrea Fischer.

Andrea Fischer (Minister:in)

Politiker ID: 11002652

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Bundeskabinett hat heute den Gesetzentwurf zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung verabschiedet. Mit diesem Gesetzentwurf soll die Beitragssatzstabilität der gesetzlichen Krankenversicherung bei zugleich hohem Leistungsniveau unseres deutschen Gesundheitssystems auf Dauer gewährleistet werden. Der Gesetzentwurf setzt dabei vor allen Dingen auf eine Strukturveränderung, die es allen Beteiligten ermöglichen soll, besser und in neuen Versorgungsformen zusammenzuarbeiten. Es soll dabei die Möglichkeit eröffnet werden, daß die Grenzen zwischen dem stationären und dem ambulanten Bereich, die bislang sehr stark abgegrenzt sind, durchlässiger werden. Außerdem stärken wir die Rechte von Patientinnen und Patienten. Der Gesetzentwurf sieht dazu eine Vielzahl von Bestimmungen vor, die der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen einen hohen Stellenwert einräumen. Es werden neue Formen der Zusammenarbeit geschaffen, zum Beispiel indem integrierte Versorgungsformen ermöglicht werden. Hier geht es darum, daß Fachärzte verschiedener Fachrichtungen zur Versorgung von Kranken zusammenarbeiten können, aber auch darum, daß neue, den ambulanten und stationären Bereich übergreifende Versorgungsformen geschaffen werden können. Der Gesetzentwurf sieht darüber hinaus vor, die Krankenhäuser durch veränderte Finanzierungsformen für eine Veränderung in die Zukunft hinein fit zu machen. Hier geht es vor allen Dingen um ein neues Preissystem in den Krankenhäusern. Der Gesetzentwurf erteilt den Organen der Selbstverwaltung den Auftrag, ein solches neues Preissystem zu entwickeln. Darüber hinaus soll durch eine Veränderung der Finanzierung der Investitionen mit einer allmählichen Verlagerung der Verantwortung von den Bundesländern auf die Krankenkassen erreicht werden, daß die Krankenhäuser mehr Flexibilität bei der Planung ihrer Infrastruktur haben. Dafür sieht der Gesetzentwurf einen relativ langen Zeitraum vor, weil es hier immerhin um beträchtliche Beträge geht, die von den heute verantwortlichen Ländern auf die Krankenkassen zu übertragen sind; es braucht Zeit, die dafür erforderlichen Mittel zu erwirtschaften. Ich will hier aus gegebenem Anlaß darauf hinweisen, daß bei dieser Übertragung der Finanzierungsverantwortung für die Investitionen in Krankenhäusern nicht daran gedacht ist, die Bundesländer vollständig aus der politischen Verantwortung für die Krankenhausplanung zu entlassen. Vielmehr ist vorgesehen, daß die Länder gemeinsam mit den Kassen und den Krankenhäusern darüber entscheiden, welchen Rahmen sie für die Krankenhausplanung setzen, welche Struktur gebraucht wird. Der Gesetzentwurf sieht darüber hinaus vor, auf verschiedenen Wegen eine Stärkung der Funktion des Hausarztes zu erreichen. Es ist uns ein großes Anliegen, daß den Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung in verstärktem Maß Hausärzte als Lotsen durch das immer komplexer werdende System zur Verfügung stehen. Dafür muß die Rolle des Hausarztes gegenüber dem heute erreichten Zustand wieder gestärkt werden. Wir wollen dies vor allen Dingen durch eine Sicherung der Honorarbedingungen für die Hausärzte und durch verbesserte Weiterbildung der Hausärzte erreichen, wozu der Gesetzentwurf vorsieht, bereits bestehende Regelungen weiterzuentwickeln. Wir werden, was die Grundausbildung von Ärzten anbelangt, im Bereich der Allgemeinarztbildung weitere Anstrengungen unternehmen müssen. Regelungen dazu wird ein anderes Gesetz treffen. Von all diesen Maßnahmen, die ich jetzt in diesem kurzen Beitrag sicherlich nur kursorisch benennen kann, erwarten wir, daß durch eine verstärkte Qualitätssicherung und durch verbesserte Zusammenarbeit die umfangreichen Ressourcen, die wir unserem Gesundheitswesen durch die Beiträge der gesetzlichen Krankenversicherung zur Verfügung stellen, besser als bislang genutzt werden können und daß wir deswegen auch bei stabilen Beitragssätzen weiterhin das hohe Versorgungsniveau unserer Bevölkerung halten können. Ich danke Ihnen.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich bitte zunächst Fragen zu dem Themenbereich zu stellen, über den soeben berichtet wurde. Wer wünscht das Wort? - Kollege Seifert, bitte.

Dr. Ilja Seifert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002153, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Frau Ministerin, ich danke Ihnen für diesen kurzen Abriß. Leider sind die meisten Kolleginnen und Kollegen des Gesundheitsausschusses nicht anwesend, weil sie noch bei der Anhörung sind, so daß sich viele Fragen jetzt gar nicht stellen lassen. Vielleicht erlauben Sie mir, zumindest zwei Fragen zu stellen. Erstens. Wie wollen Sie die Situation in den Krankenhäusern im Osten, die bekanntermaßen besonders in der Bredouille sind, lösen? Zweitens. Eine Frage in bezug auf das Hausarztsystem, das Sie stärken wollen. Können Sie nähere Auskünfte darüber geben, wie Sie dieses Honorarsystem gestalten wollen? Wie können die Hausärzte ein Interesse daran gewinnen, gegebenenfalls Patientinnen und Patienten zu überweisen? Sie sollen ja die Übersicht behalten und nicht nur die Verantwortung tragen.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Bitte schön, Frau Ministerin.

Andrea Fischer (Minister:in)

Politiker ID: 11002652

Herr Kollege Seifert, was die Lage der Krankenhäuser im Osten anbelangt, insbesondere, was dieses Jahr anbetrifft, sind wir zur Zeit im Gespräch sowohl mit den Krankenhausgesellschaften als auch mit den Krankenkassen. Es gibt dort noch Unstimmigkeiten unter den Beteiligten über die Datengrundlage. Wir sind aber sehr zuversichtlich, daß wir in absehbarer Zeit eine Einigung in der Frage erzielen werden, ob es für die Krankenhäuser in Ostdeutschland gesonderter Maßnahmen auch jenseits dieses Reformgesetzes in diesem Jahr bedarf, um deren Finanzen für das laufende Jahr sicherzustellen. Zur Frage des Hausarztsystems und des Interesses des Hausarztes, seinen Patienten dann, wenn es not tut, weiterzugeben. Ich denke, dieses Interesse wird man nur auf verschiedenen Wegen erreichen können. Insgesamt finde ich es wichtig, sich klarzumachen, daß es sich bei der Stärkung des Hausarztes, von der wir sprechen, um einen Prozeß handelt. Das soll nicht mit dem 1. Januar 2000 verordnet werden. Deswegen wird es auch weiterhin bei der freien Arztwahl bleiben. Bei der Frage, bis wann der Hausarzt der richtige Ansprechpartner für den Patienten ist und wann dies ein anderer Arzt sein muß, sind meiner Meinung nach die integrierten Versorgungsformen ein ganz zentraler Punkt. Dort kann über genau dieses Problem gesprochen werden, und dort kann es Absprachen zwischen den beteiligten Ärzten geben. Ich glaube, diese integrierten Versorgungsformen werden insbesondere in dem Bereich der Behandlung von chronisch Kranken sehr bedeutsam sein können, weil dort häufig ein sehr komplexer Krankheitsverlauf die gute Zusammenarbeit von verschiedenen Ärztinnen und Ärzten verlangt. Wenn man das in einer Art neuem Versorgungsnetz organisierte, müßte damit eigentlich auch die heute noch vorhandene Angst der Ärzte entfallen, durch eine Überweisung den betreffenden Patienten auf Dauer zu verlieren. Es geht uns darum, daß der Patient zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist, daß der eine Arzt ihn dann abgibt, wenn es not tut, ihn aber auch zurücknimmt, wenn es wieder sinnvoll ist. Ich glaube schon, daß das Verhältnis der Inanspruchnahme von Leistungen des Hausarztes und von Leistungen des niedergelassenen Facharztes wieder ins Lot kommen könnte. Wir erwarten auch einiges von den Vorgaben, die wir der ärztlichen Selbstverwaltung gemacht haben, zum Beispiel die Honorierung von Hausärzten dadurch zu sichern, daß es einen fest verfügbaren Topf für die Hausärzte gibt, der nicht von den anderen Ärztegruppen in Anspruch genommen werden kann. Wir hoffen, daß wir damit etwas mehr Ruhe in diesen innerärztlichen Verteilungskampf bringen. Die Ausfüllung dessen wird wieder Aufgabe der ärztlichen Selbstverwaltung sein. Aber wir hoffen, daß wir dadurch auch an diesem Punkt einen richtigen Anreiz setzen können.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Eine Nachfrage des Kollegen Seifert.

Dr. Ilja Seifert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002153, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Frau Ministerin, ich möchte Ihren Gedanken zu den chronisch kranken Menschen gern noch einmal aufgreifen; dort ist ja die Angst, was den Hausarzt angeht, weit verbreitet: Sieht denn Ihr Gesetzentwurf vor, daß zum Beispiel auch ein Spezialist für Diabetes oder etwas anderes die Hausarztfunktion übernehmen kann? Wenn ja, wie soll das funktionieren? Für viele Menschen mit chronischen Krankheiten wäre eine solche Regelung sehr, sehr wichtig.

Andrea Fischer (Minister:in)

Politiker ID: 11002652

Herr Kollege Seifert, ich fürchte, da ist zum Teil auch ein Mißverständnis in der öffentlichen Debatte entstanden. Unser Gesetzentwurf enthält keinerlei Vorschrift, wer zu welchem Arzt zu gehen hat und wo er eventuell nicht hingehen darf. Wenn wir von einer Stärkung des Hausarztes sprechen, dann meinen wir damit, daß es Sinn macht - das zeigen die internationalen Erfahrungen und auch die Erfahrungen der Menschen in Ostdeutschland -, daß ich mich als Patientin einer Ärztin meines Vertrauens anvertraue, die dann auch kompetenter als ich entscheiden kann, wo ein Facharzt besser ist als sie. Habe ich aber zum Beispiel Diabetes und habe eine Diabetologin gefunden, die eine andere Grundausbildung als Allgemeinmedizin hat, und komme ich mit dieser Fachärztin wunderbar zurecht, dann brauche ich sie nicht zu wechseln, dann ist sie sozusagen die Lotsin, von der ich vorhin gesprochen habe. Es geht - ich sage es noch einmal deutlich - nicht um eine Einschränkung der freien Arztwahl, sondern es geht darum, daß wir die Arbeitsbedingungen für die Hausärzte verbessern wollen, so daß es dort aus der Perspektive von Ärzten auch andere Möglichkeiten gibt. Aus der Perspektive von Patientinnen und Patienten soll jeder die Möglichkeit haben, sich den Arzt oder die Ärztin zu wählen, den oder die er für sich als richtig empfindet.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Eine Zusatzfrage der Kollegin Wolf.

Margareta Wolf-Mayer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002831, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Sehr geehrte Frau Ministerin, wir wissen alle, daß der medizinisch-technische Fortschritt immer mehr voranschreitet. Wie läßt sich das mit dem von Ihnen vorgesehenen Globalbudget vereinbaren?

Andrea Fischer (Minister:in)

Politiker ID: 11002652

Der Begriff des Globalbudgets hat ja verschiedene Aspekte. Einer davon ist, daß wir sagen: Die Ausgaben, die wir in die solidarisch finanzierte gesetzliche Krankenversicherung geben, sollen jedes Jahr so steigen, wie auch die Löhne steigen. Bei stabilem Beitragssatz werden also höhere Löhne entsprechend mehr Geld in die gesetzliche Krankenversicherung bringen. Nur damit man sich die Größenordnung klarmachen kann: Wenn zum Beispiel im nächsten Jahr in Deutschland alle Löhne um zwei Prozent steigen würden, wären das fünf Milliarden DM mehr für die gesetzliche Krankenversicherung. Daß einiges von dem, was es inzwischen an medizinisch-technischem Fortschritt gibt, ausgesprochen kostspielig ist, ist unbestritten und könnte eventuell auch eine stärkere Preisentwicklung haben, als sie sich in den Löhnen ausdrückt. Deswegen ist es so wichtig, daß wir im Rahmen des Gesetzentwurfs versuchen, über Qualitätssicherung und Leitlinien für die Therapierung mehr Gewißheit über das, was man im Gesundheitswesen macht, hineinzubringen. Es geht im Grunde darum, dem gesamten Gesundheitswesen Mittel zu einer ständigen kritischen Selbstüberprüfung dessen an die Hand zu geben, was sie machen. Wir dürfen nicht immer nur auf das, was es bislang schon gibt, etwas Neues draufsatteln, sondern wir müssen das Neue daraufhin überprüfen, ob es besser ist und ob man dadurch Altes ersetzen kann. Es geht also nicht darum, unbegrenzt immer nur Neues zu entwikkeln, sondern es geht darum, dieses Neue sehr gut zu überprüfen und das System einem ständigen Erneuerungsprozeß auszusetzen. Ich bin der festen Überzeugung, daß man mit einer solchen Steigerung, die der Lohnsteigerung entsprechen soll, und mit diesem Überprüfungsprozeß den medizinischen Fortschritt im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung, so er denn sinnvoll ist, auch in Zukunft gewährleisten kann.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Nächste Frage, Herr Kollege Lohmann.

Wolfgang Lohmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001369, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Ministerin, Sie haben eben - ich möchte darauf zurückkommen - im Zusammenhang mit dem Vorhaben der Stärkung des Hausarztsystems auch die materielle Seite angesprochen. Es ist offensichtlich beabsichtigt, auch für diesen Bereich mehr Mittel zur Verfügung zu stellen. Eben ist hier schon die Frage nach dem Globalbudget gestellt worden. Ich möchte sie gern vertiefen. Wenn sowieso in diesem Jahr wahrscheinlich mit Defiziten zu rechnen ist - die Gründe will ich jetzt nicht diskutieren - und andererseits wegen der engen Anbindung an die Grundlohnsumme, die sich ja nach menschlichem Ermessen nur sehr bescheiden entwickeln wird, beim Globalbudget in den nächsten Jahren keine großen Steigerungen möglich sind, müßten Sie dann nicht auch sagen, daß das gesamte Honorarbudget der Ärzteschaft eine Neuaufteilung erfahren soll, nämlich daß die Hausärzte, wie Sie dies wünschen, mehr bekommen, die Fachärzte aber wohl weniger als bisher bekommen, und das, obwohl durch die EBM-Neuordnung und durch Verschiebungen auch schon in der Vergangenheit eine Besserstellung der sprechenden Medizin zu Lasten der Apparatemedizin stattgefunden hat?

Andrea Fischer (Minister:in)

Politiker ID: 11002652

Ja, Herr Kollege Lohmann, es geht um eine solche Verschiebung, weil wir davon ausgehen, daß bei einer sinnvollen Arbeitsteilung im ambulanten Bereich der Anteil der hausärztlichen Versorgung mas o menos bei 60 Prozent und der der fachärztlichen Versorgung bei 40 Prozent liegt. Dies ist nicht unbedingt in allen Bezirken der Kassenärztlichen Vereinigung der Fall. Die Steigerungen sind, wie Sie selbst gesagt haben, begrenzt. Deswegen geht es selbstverständlich auch um die Verteilungsfrage. Allerdings hat sich bei den Versuchen der letzten Jahre, zu einer anderen Bewertung zu kommen - die auch im Rahmen der ärztlichen Selbstverwaltung unternommen wurden -, erwiesen, daß das, was als Stärkung der hausärztlichen Versorgung gedacht war, auch von seiten der Fachärzte als eine weitere Abrechnungsmöglichkeit genutzt wurde. Wir sehen deshalb eine Abgrenzung der Töpfe vor. Weiterhin sollen verbindliche Regelungen dazu führen, daß die unterschiedlichen EBM für die Bereiche der fachärztlichen und der hausärztlichen Versorgung nicht miteinander vermischt werden. Man wird keine endgültige Lösung finden können, die alle zufriedenstellt. Ich glaube, daß man nur versuBundesministerin Andrea Fischer chen kann, in diesem - wie wir alle wissen - sehr schwierigen Konflikt zwischen den verschiedenen Gruppen etwas mehr Angemessenheit der Vergütung herzustellen. Dafür sind wir aber auch darauf angewiesen, daß die ärztliche Selbstverwaltung dies entsprechend unterstützt, wie dies derzeit schon in der ärztlichen Selbstverwaltung unter dem Stichwort EBM 2000 diskutiert wird.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Kollegin SchmidtZadel.

Regina Schmidt-Zadel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002026, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Ministerin, in der Diskussion um das Gesundheitswesen melden sich sehr viele Gruppen zu Wort. Nach dem erklärten Willen des Ministeriums, aber auch der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen sollen die Patientinnen und Patienten im Mittelpunkt der Gesundheitsreform stehen, die oft viel zu kurz kommen. Welchen Nutzen haben die Regelungen des Kabinettsentwurfes für die Patientinnen und Patienten? Ich wäre dankbar, wenn Sie das einmal näher erläutern könnten.

Andrea Fischer (Minister:in)

Politiker ID: 11002652

Frau Kollegin Schmidt-Zadel, ich denke, man kann an verschiedenen Stellen unseres Gesetzentwurfes festmachen, wie wir versuchen wollen, die Position von Patientinnen und Patienten zu stärken. Ich habe vorhin im Zusammenhang mit der Frage des Kollegen Seifert schon darauf hingewiesen, daß wir in den nächsten Jahren - das hat mit dem demographischen Wandel, also mit dem Alter der Patientinnen und Patienten zu tun eine wachsende Zahl von Menschen mit chronischen und Mehrfacherkrankungen bekommen. Dafür bedarf es neuer Versorgungsformen mit besserer Zusammenarbeit. Gerade für Patientinnen und Patienten mit komplizierten Krankheitsverläufen wird die Stärkung ihrer Position ein ganz wichtiger Aspekt sein. Ich bin auch ganz persönlich davon überzeugt, daß für die Patientinnen und Patienten etwas zu gewinnen ist, wenn es uns gelingt, die Position von Hausärzten wieder zu stärken und den Patientinnen und Patienten wieder das Vertrauen zu geben, daß es Sinn macht, sich dem Hausarzt als Lotsen anzuvertrauen. Ein weiterer Punkt ist, daß wir erste Schritte in Richtung einer Stärkung von Patientenrechten gehen wollen. Die beiden Fraktionen, die die Regierung stellen, haben sich vorgenommen, ein eigenständiges Patientenschutzgesetz in Angriff zu nehmen, wobei man das nicht alles in ein Gesetz packen kann. Aber wir haben schon im vorliegenden Gesetzentwurf vorgesehen, daß zum Beispiel die Krankenkassen die Möglichkeit erhalten sollen, Patienten bei Behandlungsfehlern zu unterstützen. Ich denke, das ist für viele, die sich in diesem Bereich alleingelassen fühlen, ein ganz wichtiger Aspekt. Ich halte es auch für ein ganz wichtiges Signal, daß wir sehr stark über die Eigenverantwortung von Patientinnen und Patienten sprechen. Das wird aber aus unserer Perspektive mit Selbsthilfe und Gesundheitsförderung buchstabiert, wobei wir, aus den Erfahrungen der letzten Jahre lernend, mit entsprechend hohen Qualitätsmaßstäben neue Möglichkeiten eröffnen wollen, daß Selbsthilfe und Gesundheitsförderung betrieben werden. Das ist zunächst einmal eine positive Botschaft für Patientinnen und Patienten, aber sie bedeutet natürlich auch, daß wir etwas von ihnen verlangen, nämlich daß sie sich um ihre eigene Gesundheit kümmern.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Das Wort erhält Herr Kollege Heil.

Hubertus Heil (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003142, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Ministerin, unser System leidet im wesentlichen unter der starken Abschottung der Versorgungsstrukturen, sowohl was Wirtschaftlichkeitsreserven betrifft als auch was die Zielgenauigkeit im Interesse von Patientinnen und Patienten betrifft. Können Sie uns erläutern, in welcher Weise der Kabinettsentwurf in dieser Richtung eine positive Veränderung bringt, das heißt, die Verzahnung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung beispielsweise fördert?

Andrea Fischer (Minister:in)

Politiker ID: 11002652

Da ich hier niemanden langweilen will, sage ich noch einmal stichwortartig, daß die Versorgungsverträge, von denen ich gerade sprach, vom ambulanten in den stationären Bereich hineinragen sollen. Das wird gerade bei komplizierten Krankheitsverläufen der Fall sein. Wir haben deswegen auch vorgeschlagen, daß die Krankenhäuser die Möglichkeit erhalten sollen, sich bei hochspezialisierten Krankheiten an der ambulanten Betreuung zu beteiligen, wenn die Krankenhäuser dafür gut geeignet sind. Das wird durch entsprechende Vereinbarungen zwischen dem ambulanten Bereich und dem stationären Bereich zu gewährleisten sein. Wir haben es hier mit einem sehr konfliktträchtigen Feld zu tun, weil alle Beteiligten sich ein wenig besorgt fragen, in welche Art von Wettbewerb sie damit getrieben werden. Wir haben dafür eine, wie ich meine, bedachtsame Lösung gefunden, indem wir sagen: Man muß genau vereinbaren, wofür die Krankenhäuser dies dürfen und wo die Grenze ist. Denn wir wollten hier auch nicht die Interessen des niedergelassenen Sektors verletzen. Wir wollen sozusagen beim Übergang zwischen Krankenhaus und ambulanter Betreuung mehr Flexibilität erreichen, indem wir dort neue Fristen einführen. Ich denke, daß es gerade dieser Übergang ist, wo es häufig noch hakt. Alle, die in Krankenhäusern arbeiten, wissen, daß die Entlassung häufig daran scheitert, daß die nachstationäre Betreuung nicht unbedingt gewährleistet ist. Wir wollen auf der anderen Seite aber auch den Katalog mit ambulanten Operationen erneuern und modernisieren, um klarzustellen, wann ein Krankenhausaufenthalt gar nicht mehr notwendig ist. Ein wichtiger Punkt ist auch, daß wir bei den Notfallambulanzen durch Verträge, die mit dem niedergelassenen Bereich vereinbart werden können, erreichen wollen, daß unnötige Einweisungen ins Krankenhaus infolge eines Notfalls entfallen. Es ist immer eine Frage der Perspektive, ob es viel oder wenig ist, was wir hier tun, gerade weil dieser Bereich zwischen allen Seiten so konfliktträchtig ist. Das hat eine lange Vorgeschichte. Es gibt ja Ursachen für diese strikte Trennung zwischen ambulant und stationär bei uns. Deshalb sind wir hier bedachtsam vorgegangen und arbeiten auch mit diesen Katalogen. Ich glaube, daß das ein guter Kompromiß ist, mit dem wir aber auf jeden Fall mit dem Vorhaben weiterkommen, daß wir die Sektorengrenze zwischen dem ambulanten und dem stationären Bereich durchlässiger machen wollen.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Kollegin GöringEckardt, bitte.

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003132, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Ministerin, über den vorliegenden Gesetzentwurf - von den Eckpunkten über den Arbeits- bis hin zum Referentenentwurf - ist schon sehr lange diskutiert worden. Ich würde Sie gerne fragen, welche Punkte sich nach dieser Diskussion im Kabinettsentwurf geändert haben, beispielsweise welche Modellvorhaben in den Kabinettsentwurf eingearbeitet worden sind.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Frau Ministerin, ich möchte Sie bitten, sich etwas kürzer zu fassen. Es liegen noch eine ganze Reihe von Fragen vor.

Andrea Fischer (Minister:in)

Politiker ID: 11002652

Ich denke schon, daß nach dem umfangreichen Diskussionsprozeß klar wird, daß sich an den Eckpunkten, die ich eingangs beschrieben habe, nichts geändert hat. Vielmehr wurde manches während dieser Diskussionszeit konkreter gemacht bzw. modifiziert, nicht zuletzt auf Grund von Einwendungen, die wir von anderer Seite erhalten haben. Wir haben vorgesehen, in verschiedenen Bereichen modellhaft vorzugehen, zum Beispiel in bezug auf die unabhängige Patientenberatung, die finanziert werden kann. Ebenso wie wir die Möglichkeit eröffnet haben, daß die integrierte Versorgung zu einem Teil der Regelversorgung werden kann, soll sie auch weiterhin in Modellversuchen fortentwickelt werden können. - Damit beende ich - denn der Präsident schaut schon vorwurfsvoll - meine Antwort.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Kollege Schuster, bitte.

Dr. R. Werner Schuster (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002118, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Ministerin, ich gehe davon aus, daß wir in der nächsten Woche die eigentliche inhaltliche Debatte in aller Deutlichkeit miteinander führen werden. Deswegen möchte ich mich auf einen ganz anderen Aspekt beschränken. Sie wissen selbst, daß das Gesundheitsversorgungssystem ein vermintes System ist. Manche sprechen von einem Haifischbecken. Ihr Vorgänger kann davon ein Lied singen. Nun wird in der Öffentlichkeit der nach meinem Verständnis wahrheitswidrige Eindruck erweckt, als ob Ihr Haus nicht bereit wäre, während des weiteren Verfahrens die Interessentengruppierungen zu einem Dialog einzuladen. Könnten Sie uns bitte darstellen, wie Sie Ihre Dialogbereitschaft mit den entsprechenden Lobbygruppen organisieren wollen und daß Sie dialogwillig sind.

Andrea Fischer (Minister:in)

Politiker ID: 11002652

Herr Kollege Schuster, teilweise war es ja der Presse zu entnehmen, daß ich den Dialog mit niemandem aus dem Bereich des Gesundheitswesens scheue. Aber grundsätzlich ist zu sagen: An den drei verschiedenen Etappen, die der Gesetzentwurf jetzt hinter sich hat, können zumindest diejenigen, die sich in der Gesundheitspolitik gut auskennen, erkennen, daß es Bewegung gegeben hat. Ergebnisse aus Gesprächen sind sicherlich in den jetzt vorliegenden Gesetzentwurf mit eingeflossen. Es hat also entgegen landläufiger Darstellung erheblich mehr Gespräche gegeben. Wir werden am kommenden Sonntag eine große Kampagne eröffnen, die „Dialog Gesundheit“ heißt und die ganz wesentlich darin besteht, daß ich mich persönlich, daß sich weitere Mitglieder meines Hauses, aber selbstverständlich auch Abgeordnete der Koalitionsfraktionen der öffentlichen Debatte stellen. Das wird übrigens eine Debatte nicht nur mit den Leistungserbringern sein - so wichtig die im Gesundheitswesen sind -, sondern natürlich auch mit Patientinnen und Patienten, die eine Menge an Fragen bezüglich dessen haben, was wir im Gesundheitsbereich vorhaben. Das heißt, wir werden sozusagen über Land ziehen, mit den Menschen sprechen und alle Möglichkeiten wahrnehmen, die es gibt. Ich will bei dieser Gelegenheit feststellen: Dieser Gesetzentwurf wird mit Sicherheit von den Parlamentariern während der Beratungen verändert werden. Da werden solche Debatten mit einfließen. Ich habe mich immer gewundert, wie aufgeregt über erste Entwürfe dieses Gesetzentwurfes gesprochen wurde, als sei das nicht der Auftakt zu einem langen Beratungsprozeß. Den werden wir jetzt in eine organisierte Form überführen.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Herr Kollege Pfaff.

Prof. Dr. Martin Pfaff (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001701, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Ministerin, stimmen Sie mir zu - ich frage dies im Hinblick auf die vom Kollegen Lohmann gestellte Frage -, daß zwar einige Reformen des Vergütungssystems im ambulantärztlichen Bereich die zuwendungsorientierte Medizin stärken sollten, daß aber trotz dieser Reformschritte der Ärzteschaft noch eine sehr große Ungleichheit in der Verteilung der Einkommen besteht, die von der Sache her nicht zu rechtfertigen ist, und daß der Hausarzt in seiner Funktion auf jeden Fall gestärkt werden muß?

Andrea Fischer (Minister:in)

Politiker ID: 11002652

Herr Kollege Pfaff, da stimme ich Ihnen zu. Das ist einer der Gründe dafür, warum wir die von mir soeben schon beschriebenen Maßnahmen ergriffen haben und warum versucht wurde, diesbezügliche Signale an die ärztliche Selbstverwaltung zu senden. Ich bin mir nicht sicher, ob da schon das letzte Wort gesprochen ist. Wir haben dem Sachverständigenrat für das Gesundheitswesen den Auftrag gegeben, sich noch einmal genau mit den Vergütungsstrukturen zu beschäftigen, weil wir wissen, daß diese eine starke Anreizwirkung und einen starken Einfluß darauf haben, wie behandelt wird und wie das Verhältnis zwischen den verschiedenen Arztgruppen ist. Wir hoffen, daß wir durch dieses Gutachten Anregungen bekommen, wie weiter zu verfahren ist. Das ist etwas, was wir im Einklang mit der ärztlichen Selbstverwaltung machen müssen. Aber die relativ stiefmütterliche Behandlung der Hausärzte möchten wir gerne überwinden.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Kollege Holetschek, bitte.

Klaus Holetschek (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003153, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Ministerin, warum sind Sie in Ihrem Gesetzentwurf im Bereich Kuren weit hinter dem zurückgeblieben, was Sie zu Oppositionszeiten gefordert haben und was auch der Freistaat Bayern gefordert hat, und warum haben Sie zudem mit dem Globalbudget ein Instrument geschaffen, das in diesem Bereich wieder zu Kürzungen führen wird?

Andrea Fischer (Minister:in)

Politiker ID: 11002652

Herr Kollege Holetschek, so ganz mag ich mir den Schuh nicht anziehen, wir täten im Bereich der Kuren nicht genug. Zugegebenermaßen werden wir nicht zu dem Status quo vor der Reform der Regierung, die unter anderem von Ihrer Partei gestellt wurde, zurückkehren. Das können wir nicht. Ich finde auch, es würde die Grundlage für weitere Gespräche in der Gesundheitspolitik verbessern, wenn wir gegenseitig anerkennen würden, daß die Bewältigung der Finanzprobleme in der Gesundheitspolitik eine ständige Aufgabe ist. Diese hatten Sie zu leisten, als Sie die Regierung stellten, respektive mein Vorgänger, und diese habe auch ich zu leisten. Ich glaube, daß die Wege, die wir zur Stärkung der Rehabilitation, insbesondere der ambulanten Rehabilitation, eingeschlagen haben, moderat sind, so daß man sie mit dem Ziel der Beitragssatzstabilität in Einklang bringen kann. Sie werden mit Sicherheit die Lage in den Kurorten deutlich entspannen - dies zu dem strukturpolitischen Argument. Angesichts dessen, was die Vorgängerregierung im Bereich der Kuren gemacht hätte, braucht man uns nicht den Vorwurf zu machen, wir täten da nicht genug.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Es hat sich noch eine ganze Reihe von Fragestellern gemeldet. Ich will nur darauf hinweisen, daß, wenn wir die Regierungsbefragung verlängern, die Fragestunde um diese Zeit verkürzt wird. Zudem gibt es Fragen, die sich an andere Mitglieder des Kabinetts richten. Es liegt in Ihrem Ermessen, ob wir noch weitere 10 oder 15 Minuten beim Bereich der Gesundheitsministerin bleiben oder ob wir das Thema wechseln. Wer zieht seine Fragen zurück? So können wir am einfachsten vorgehen. - Dann ist der nächste der Kollege Dörflinger.

Thomas Dörflinger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003069, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Bundesministerin, Sie hatten angekündigt, vom bislang geltenden dualistischen Prinzip der Krankenhausfinanzierung zur monistischen Finanzierung übergehen zu wollen. Ich frage Sie: Können Sie mir erklären, wer den finanziellen Beitrag erbringen soll - und aus welchen Mitteln -, der bisher von den Bundesländern erbracht wurde, angesichts der Tatsache, daß die gesetzliche Krankenversicherung Beitragssatzstabilität gewährleisten soll?

Andrea Fischer (Minister:in)

Politiker ID: 11002652

Einer der Gründe, warum wir für den Übergang zur monistischen Finanzierung einen relativ langen Zeitraum vorgesehen haben, ist, daß wir Zeit brauchen. Wir brauchen Zeit, bis die Wirtschaftlichkeitsreserven in den Krankenhäusern erschlossen werden. Wir brauchen Zeit, um das Preissystem in den Krankenhäusern so umzustellen, daß es eher der betriebswirtschaftlichen Wahrheit entspricht als das heutige. Für diejenigen, die die Krankenhäuser zu organisieren haben, wird dies ein wichtiger Anhaltspunkt dafür sein, wie man die Krankenhäuser für die Zukunft fit macht. Zum Teil wird es eine Gegenfinanzierung seitens der Länder geben. Diese soll in einigen Jahren über die Steuerfinanzierung von sogenannten versicherungsfremden Leistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung einsetzen. Ich glaube, daß wir auf dem richtigen Weg sind, beides zu gewährleisten. Ich bin der Überzeugung, daß wir mit der monistischen Finanzierung eine zukunftsgerechte Finanzierung haben. Es macht ökonomisch Sinn, daß diejenigen, die für den laufenden Betrieb verantwortlich sind, auch über die Investitionen in den Krankenhäusern mit entscheiden können, was heute nicht der Fall ist.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Kollege Koppelin.

Dr. h. c. Jürgen Koppelin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001180, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Ministerin, ist mein Eindruck auf Grund der vielen Fragen aus den Koalitionsfraktionen an Sie richtig, daß die Koalitionsfraktionen anscheinend überhaupt nicht an diesem Gesetzentwurf beteiligt oder darüber informiert gewesen sind? Denn sonst würden ja nicht so viele Fragen kommen. ({0}) Ist darüber hinaus mein Eindruck richtig, daß die Koalitionsfraktionen von diesem Gesetzentwurf aus Ihrem Hause anscheinend völlig überrascht worden sind? Oder könnte mein Eindruck richtig sein, daß Sie von den Koalitionsfraktionen so intensiv befragt werden und daß Ihre Antworten so lang sind, um zu vermeiden, daß Bundesminister Eichel hier spricht, was ich natürlich verstehen könnte? ({1})

Andrea Fischer (Minister:in)

Politiker ID: 11002652

Herr Kollege Koppelin, es mag sein, daß Sie in den letzten drei Monaten nicht Zeitung gelesen haben und deswegen von diesem Gesetzentwurf überrascht worden sind. ({0}) - Aber Herr Kollege Koppelin, jetzt machen Sie sich doch nicht weniger klug, als Sie sind. Ich glaube, man muß nicht Mitglied einer der beiden Fraktionen, die die Regierung stellen, sein, damit man in den letzten Wochen und Monaten mitbekommen konnte, daß wir eine sehr lebhafte und ausführliche Auseinandersetzung und Debatte über diesen Gesetzentwurf hatten. Sie können davon ausgehen, daß die Fraktionen bestens informiert sind. Gleichwohl ist es natürlich ein ausführliches Projekt von einem Gesetzesvorhaben mit sehr vielen Facetten. Ich meine, daß es auch für Mitglieder von Fraktionen in diesem Haus, die die Regierung stellen, zu ihrer guten parlamentarischen Pflicht gehört, die Ministerin, die sie prinzipiell unterstützen, in dieser Angelegenheit zu befragen. ({1}) Das Parlament kann sich heute alle Zeit der Welt nehmen, meinen Kollegen Eichel und andere ebenfalls zu befragen.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Liebe Kolleginnen und Kollegen, als letzten Fragesteller in der Regierungsbefragung rufe ich den Kollegen Michelbach auf, der eine Frage an den Finanzminister angemeldet hat.

Hans Michelbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002738, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Bundesfinanzminister, meine Frage geht dahin, welche Auswirkungen die steuerpolitischen Maßnahmen der Bundesregierung auf die Konjunktur und die Ziele der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit haben. Ist es nicht absolut Gift für mehr Wachstum und Beschäftigung, wenn Sie jetzt neue Ökosteuerstufenbelastungen schaffen, ({0}) bei der halbherzigen Reduzierung der Unternehmensteuersätze ({1}) gleichzeitig weitere Gegenfinanzierungen vornehmen, die degressive Abschreibung von 30 auf 20 Prozent verschlechtern und damit Liquidität und Investitionsmöglichkeiten weiter zu Lasten der Arbeitsplätze einschränken?

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Herr Minister Eichel, bitte.

Hans Eichel (Minister:in)

Politiker ID: 11003522

Herr Abgeordneter, was die Bewertung betrifft, so beziehe ich mich auf den Bericht, den Sie heute im „Handelsblatt“ über die Ausführungen des Chefvolkswirts der Dresdner Bank, Herrn Friderichs, lesen können, der die von der Bundesregierung geplanten Maßnahmen genau entgegen dem beurteilt, wie Sie sie eben beurteilt haben, nämlich außerordentlich positiv. ({0}) Zweitens ist es grundfalsch, was Sie gesagt haben. Die Bundesregierung hat bereits mit der geltenden Einkommensteuerreform, die die größte jemals veranstaltete Einkommensteuerreform in der Geschichte der Bundesrepublik ist, ({1}) für diese Wahlperiode eine Entlastung am unteren Ende der Einkommensteuerskala von 6 Punkten - das ist extrem wichtig für den Arbeitsmarkt; das wird bis 2002 in drei Stufen erreicht -, das heißt nachhaltig von 36 Milliarden DM, beschlossen. Was die Unternehmensteuerreform betrifft, so hat das Kabinett heute die Eckpunkte beschlossen, auf deren Basis jetzt die notwendigen Planspiele angestellt werden. Von da aus werden wir im Herbst ins Gesetzgebungsverfahren kommen. Es geht an dieser Stelle um eine Nettoentlastung von 8 Milliarden DM im Entstehungsjahr, und es geht um einen Körperschaftsteuersatz von 25 Prozent. ({2}) - Natürlich zuzüglich der Gewerbesteuer. Sie können einen nach unten offenen Wettbewerb veranstalten. Wir liegen - die Unternehmen sind sehr froh darüber - mit einem solchen Steuerrecht im europäischen Vergleich an dieser Stelle systematisch hervorragend und, was den Steuersatz betrifft, im unteren Bereich der Mitte. Das ist die Situation. Das heißt, Deutschland positioniert sich mit einem solchen Unternehmensteuerrecht in Europa hervorragend. ({3}) Das sind massive Verbesserungen der Rahmenbedingungen sowohl für die Investitionen und damit für die Angebotsseite wie auch für die Nachfrageseite, für die Arbeitnehmer genauso wie für die Unternehmen. Deswegen haben wir auch die enormen Anstrengungen eines 30-Milliarden-DM-Sparpakets unternommen, damit wir mit diesen Steuersenkungen Vorteile sowohl für die Arbeitnehmer wie für den reinvestierten Gewinn und damit wesentlich bessere Voraussetzungen für Wachstum und Beschäftigung schaffen können. ({4})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Da wir schon deutlich über die Zeit der Regierungsbefragung sind, beende ich die Regierungsbefragung. Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf: Fragestunde - Drucksachen 14/1189, 14/1201 Zunächst behandeln wir zwei Dringliche Fragen des Kollegen Koppelin zum Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes. Zur Beantwortung der Fragen hat Staatssekretär Steinmeier das Wort. Wir kommen zur ersten Dringlichen Frage des Kollegen Koppelin: Treffen verschiedene Pressemeldungen zu, wonach Bundeskanzler Gerhard Schröder sich vom Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Jürgen Trittin, persönlich desavouiert gefühlt hat und dieses gegenüber dem Bundesminister des Auswärtigen, Joseph Fischer, deutlich gemacht hat?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Koppelin, Sie hatten gefragt, ob sich der Bundeskanzler durch Äußerungen des Bundesumweltministers - wörtlich - desavouiert gefühlt habe. Ich will Ihnen dazu antworten: Pressemeldungen, die dieses behaupten, treffen nicht zu. ({0})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Nachfrage.

Dr. h. c. Jürgen Koppelin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001180, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Darf ich fragen, ob auch die Pressemitteilungen nicht zutreffen, daß Herr Bundesaußenminister Fischer ins Kanzleramt bestellt wurde, um die Angelegenheit mit ihm zu bereden?

Not found (Staatssekretär:in)

Der Bundesaußenminister wird regelmäßig nicht ins Kanzleramt bestellt, sondern er folgt dann, wenn er eingeladen wird, in der Regel dieser Einladung. ({0}) Es hat in der Tat in der letzten Zeit eine Reihe von Gesprächsanlässen gegeben. ({1})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Eine weitere Nachfrage.

Dr. h. c. Jürgen Koppelin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001180, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Vielen Dank für den Hinweis, daß es diese Gespräche gegeben hat. Da anscheinend so viele Falschmeldungen in den Medien waren, darf ich Sie fragen, wie der richtige Ablauf und der richtige Gesprächsinhalt gewesen sind. Dann wären auch die Medien richtig informiert und müßten nicht weiter falsch berichten.

Not found (Staatssekretär:in)

Über interne Gespräche zwischen dem Bundeskanzler und dem Außenminister, die zur internen Meinungs- und Willensbildung der Bundesregierung gehören, will ich in dieser Stunde hier nichts zum Ausdruck bringen. ({0})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich rufe die zweite Dringliche Frage des Kollegen Koppelin auf: Aus welchen Gründen hat Bundeskanzler Gerhard Schröder zu den koalitionsinternen Diskussionen in der ZDF-Sendung am 20. Juni 1999 „Berlin direkt“ erklärt: „Ich kann das nicht laufen lassen“, und was genau will Bundeskanzler Gerhard Schröder so nicht mehr weiterlaufen lassen?

Not found (Staatssekretär:in)

Die zweite Frage bezieht sich auf die Sendung „Berlin direkt“ am 20. Juni 1999, in der der Bundeskanzler den Satz geäußert hat: „Ich kann das so nicht laufen lassen.“ Herr Abgeordneter Koppelin, es gab vor dieser Sendung in der Tat einen koalitionsinternen Streit, eine koalitionsinterne Auseinandersetzung um die Zukunft der Alterssicherung. Diese wurde sehr zum Bedauern des Bundeskanzlers auch öffentlich ausgetragen. Da die Zukunft der Alterssicherung, die Eckpunkte der Rentenreform zu einem Reformpaket gehören, mit dem sich das Kabinett heute vormittag befaßt hat - dazu gehören der Haushalt 2000, der Familienlastenausgleich und die Reform der Unternehmensteuer; das klang gerade in dem Beitrag von Herrn Finanzminister Eichel an -, schien es untunlich, daß diese Auseinandersetzungen oder Meinungsdifferenzen öffentlich ausgetragen wurden. Dem Bundeskanzler kam es darauf an, daß die Vorlagen, die dazu in Erarbeitung befindlich waren, in einem ordentlichen Abstimmungsverfahren abgearbeitet und dann demnächst dem parlamentarischen Verfahren zugeführt werden. ({0})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Kollege Koppelin.

Dr. h. c. Jürgen Koppelin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001180, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Da der Bundeskanzler gesagt hat, daß er das so nicht weiterlaufen lassen kann, möchte ich fragen, ob Sie etwas zu folgender AFPMeldung sagen können: Knapp drei Stunden saßen die Koalitionäre am Montag abend zusammen, doppelt so lange wie geplant. Dagegen ist nichts zu sagen. An irgendeiner Stelle des Gesprächs soll Schröder sehr laut geworden sein, hieß es am Morgen danach in Bonn. Präsident Wolfgang Thierse Können Sie mir sagen, an welcher Stelle der Bundeskanzler besonders laut geworden ist und worum es dabei ging? War es das, von dem er meinte, daß er das so nicht weiterlaufen lassen könnte? ({0})

Not found (Staatssekretär:in)

Ich kann das nicht bestätigen. ({0})

Dr. h. c. Jürgen Koppelin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001180, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Können Sie das Treffen nicht bestätigen, oder können Sie nicht bestätigen, daß der Bundeskanzler laut geworden ist?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, ich bin nicht Zuschauer der Sendung „Berlin direkt“ gewesen. Ich habe mir also aus den Medien den Zusammenhang zusammensuchen müssen, und ich habe gerade versucht, das darzulegen. Ich bin auch nicht Zuhörer eines Gesprächs gewesen, über dessen genauen Verlauf Sie Informationen hören wollen. Ich bin also nicht in der Lage, das weiter zu kommentieren.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. ({0}) Ich rufe die hierzu vorliegende Frage 1 des Kollegen Paul Laufs auf: Welches sind die Gründe, die den Präsidenten des Bundesamtes für Strahlenschutz zu der Feststellung veranlaßten, im Endlager Morsleben würden keine Einlagerungen mehr vorgenommen werden? Zur Beantwortung steht die Parlamentarische Staatssekretärin Simone Probst zur Verfügung.

Simone Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002753

Herr Kollege Laufs, Sie haben nach dem Endlager Morsleben gefragt. Der Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz hat in einer Presseerklärung vom 21. Mai dieses Jahres mitgeteilt, es solle zu keiner Wiederaufnahme der Einlagerung weiterer Abfälle in das ERAM kommen. Das Bundesamt für Strahlenschutz halte die weitere Einlagerung für nicht mehr vertretbar. Nach dem derzeitigen Stand der Überprüfung der Langzeitsicherheitsbewertung sei es mit dem Vorsorgegedanken nicht vereinbar, weitere Fakten zu schaffen. Diese Auffassung des Präsidenten des Bundesamtes für Strahlenschutz ist auch die Auffassung des Bundesumweltministeriums.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Kollege Laufs.

Prof. Dr. Paul Laufs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001293, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, welche neuen fachlichen Erkenntnisse liegen tatsächlich im einzelnen vor, die die Feststellung rechtfertigen, die Langzeitsicherheit von Morsleben sei nicht mehr gewährleistet?

Simone Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002753

Die Langzeitsicherheit war ja immer eine der Begründungen dafür, daß das Lager in Morsleben überhaupt betrieben werden konnte. Es gibt neuere Hinweise und Untersuchungen vor allen Dingen im Hinblick auf das Isolationsvermögen und auf die Gasproduktion aus den Abfallgebinden. Diese Aspekte sind bei den bisherigen Langzeituntersuchungen nur unzureichend berücksichtigt worden. Deshalb müssen diese in die jetzigen Langzeituntersuchungen mit einbezogen werden. Sie wissen, daß die GRS hier im Auftrag des Bundesamtes für Strahlenschutz Untersuchungen vornimmt.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Kollege Laufs.

Prof. Dr. Paul Laufs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001293, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, was tut die Bundesregierung in Konsequenz ihrer Entscheidung hinsichtlich der noch bestehenden beträchtlichen, vertraglich abgesicherten Einlagerungsverpflichtungen sowie hinsichtlich der Entwicklung von Sozialplänen angesichts der nun anstehenden Kündigungen in Morsleben?

Simone Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002753

Dieser Einlagerungsstopp ist vor allen Dingen eine Konsequenz aus der Langzeituntersuchung. Sie wissen, daß es für die Entsorgung des radioaktiven Mülls zur Zeit genügend Zwischenlagerkapazitäten gibt und daß die Bundesregierung in ihrer Koalitionsvereinbarung festgehalten hat, daß das bisherige Endlagerkonzept gescheitert ist, und deswegen eine Kommission ins Leben gerufen hat, die darüber berät und überhaupt erst einmal Kriterien für eine mögliche Endlagerung festlegt. Zu den in Ihrer Frage implizierten Verpflichtungen zur Einlagerung ist zu sagen, daß die Grundlage für diese Verpflichtungen die Langzeitsicherheit gewesen ist. Deswegen entstehen aus dem Einlagerungsstopp keine Schadenersatzansprüche.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Danke schön. Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Es liegen hierzu zwei Fragen vor. Ich rufe zunächst die Frage 2 des Kollegen Irmer auf: Welche Haltung nimmt die Bundesregierung zu dem von der Weltbank geplanten Projekt in Höhe von 334 Mio. US-Dollar ein, mit dem die Ansiedlung von ca. 62 000 Han-Chinesen und anderen nicht-tibetischen Volksgruppen im Tsaidam-Becken im Nordosten von Tibet finanziert werden soll? Zur Beantwortung steht die Parlamentarische Staatssekretärin Dr. Eid zur Verfügung.

Ursula Eid-Simon (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000454

Hochgeschätzter Kollege Irmer, Sie haben nach der Haltung der Bundesregierung zu einem von der Weltbank in China geplanten Projekt gefragt. Die Bundesregierung drängt darauf, daß die Beschlußfassung über die Finanzierung des Vorhabens „China - Armutsbekämpfung in der Westprovinz“ im Direktorium der Weltbank angesichts der von vielen Seiten geäußerten Kritik verschoben wird, um so Gelegenheit für eine eingehende Prüfung der beanstandeten Mängel zu erhalten. Die nun beim Inspection Panel der Weltbank beantragte Untersuchung wird daher von der Bundesregierung ausdrücklich begrüßt. Wenn eine Überprüfung des Projekts vor einer Beschlußfassung nicht möglich ist, kann die Bundesregierung diesem Projekt nicht zustimmen.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Kollege Irmer.

Ulrich Irmer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000996, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Höchstgeschätzte Frau Staatssekretärin, ({0}) darf ich Sie zusätzlich fragen, ob die Bundesregierung auch der Auffassung ist, daß dieses Projekt der chinesischen Seite dazu dienen soll, die kulturelle Identität der Tibetaner weiter zu unterminieren?

Ursula Eid-Simon (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000454

Das ist der Inhalt Ihrer nächsten Frage. Ich werde darauf noch zu sprechen kommen.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Dann rufe ich die Frage 3 des Abgeordneten Ulrich Irmer auf: Befindet sich nach Auffassung der Bundesregierung die Tatsache, daß durch die Ansiedlung der Anteil der Tibeter in der Region auf 9 % reduziert werden würde, im Einklang sowohl mit dem von der Bundesregierung unterstützten Anspruch der Tibeter auf weitreichende kulturelle Autonomie als auch mit den Statuten der Weltbank, wonach bei Ansiedlungsprojekten ortsansässige Bevölkerungsgruppen nicht beeinträchtigt werden dürfen?

Ursula Eid-Simon (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000454

Nach Angaben der Weltbank verringert sich der Anteil der Tibeter auf Kreisebene, und zwar im Kreis Dulan, von 22,7 Prozent auf 14 Prozent und auf Bezirksebene von 11,1 Prozent auf 10,3 Prozent. Im eigentlichen Projektgebiet hingegen steigt der Anteil von null Prozent auf 14 Prozent. Ob das Vorhaben eine Beeinträchtigung der ortsansässigen Bevölkerungsgruppen zur Folge haben wird - es leben zur Zeit rund 4 000 Menschen in dem Projektgebiet; davon sind rund 70 Prozent Mongolen -, kann auf der Basis der bisher vorliegenden Unterlagen nicht ausreichend beurteilt werden. Unabhängig davon unterstützt die Bundesregierung auf jeden Fall den Anspruch der Tibeter auf Erhaltung ihrer kulturellen Identität.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Herr Kollege Irmer.

Ulrich Irmer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000996, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Staatssekretärin, habe ich Sie richtig verstanden - ({0}) - Also, Herr Kollege! - Die Abstimmung in der Weltbank soll wohl morgen erfolgen. Wird die Bundesregierung das Projekt ablehnen, wenn der Aufschub nicht erreicht werden kann?

Ursula Eid-Simon (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000454

Das haben Sie richtig verstanden, wir werden nicht zustimmen.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Herr Irmer, eine Zusatzfrage.

Ulrich Irmer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000996, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Die Frau Staatssekretärin hat zu meiner zweiten Frage meines Erachtens noch nicht in vollem Umfang Stellung genommen.

Ursula Eid-Simon (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000454

Doch.

Ulrich Irmer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000996, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Daher habe ich zu meiner zweiten Frage noch zwei Zusatzfragen.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Bitte, Herr Kollege Irmer.

Ulrich Irmer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000996, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Inwieweit, Frau Staatssekretärin, ist die entwicklungspolitische Zielrichtung des Projekts der Besiedlung bevölkerungsarmer Regionen zwecks Aufbau von Infrastruktur für Industrialisierung mit den entwicklungspolitischen Leitlinien der Bundesregierung vereinbar?

Ursula Eid-Simon (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000454

Herr Kollege Irmer, soweit mir bekannt ist, ist dieses Projekt ein armutsorientiertes Projekt. Es geht vordringlich darum, die Lebensverhältnisse der dort lebenden Menschen zu verbessern. Es geht nicht in erster Linie um Industrialisierung.

Ulrich Irmer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000996, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Meine zweite Zusatzfrage: Welche ökologischen Auswirkungen wird die Durchführung des Projekts „Landwirtschaftliche Urbarmachung“ auf die wüstenähnliche Region haben? Wie beurteilt die Bundesregierung diese? Präsident Wolfgang Thierse

Ursula Eid-Simon (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000454

Die Untersuchung, die es dazu bisher gab, halten wir für nicht ausreichend. Deswegen begrüßen wir, daß die in den USA ansässige Nichtregierungsorganisation der Tibeter beantragt hat, daß das Inspektionspanel noch einmal eine Untersuchung durchführt. Wir würden es begrüßen, wenn da ganz besonders die sozialen und ökologischen Konsequenzen unter die Lupe genommen würden. Wir erhoffen uns davon mehr Informationen über die ökologischen Auswirkungen.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz. Die Frage des Kollegen Beck ({0}) wird schriftlich beantwortet. Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit. Hierzu liegen zwei Fragen des Kollegen Heinrich vor. Da ich den Kollegen Heinrich nicht sehe, entfällt die Beantwortung. Es wird verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen. Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes. Zur Beantwortung steht der Staatsminister Dr. Michael Naumann zur Verfügung. Ich rufe die Frage 7 des Kollegen Hans-Joachim Otto ({1}) auf: Mit welchen konkreten Auswirkungen auf die Anzahl von Fremdsprachenprogrammen, Studios und Mitarbeitern bei der Deutschen Welle rechnet die Bundesregierung, sofern die Mittelfristige Finanzplanung des Beauftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien, Staatsminister Dr. Michael Naumann, für diesen Sender realisiert würde, worin kumulierte Kürzungen bis zum Jahre 2003 in Höhe von fast 300 Mio. DM vorgesehen sein sollen? Bitte schön, Herr Naumann.

Not found (Gast)

Herr Abgeordneter, wie Sie wissen, liegen fast zwei Jahrzehnte einer kontinuierlich wachsenden Nettoverschuldung des Bundes bei gleichzeitiger Versilberung - so muß man das wirklich nennen - des Familienbesitzes hinter uns. Eine Konsolidierung des Haushaltes ist absolut unabdingbar. Wie Sie der Presse dieser Tage entnehmen können, wird sie auch von den Ihrer Partei nahestehenden Kreisen begrüßt, und zwar zu Recht; denn das Vertrauen in die Solidität unseres Haushalts muß nunmehr wiederhergestellt werden. ({0}) Das sage ich Ihnen auch als ehemaliger Geschäftsführer eines mittelständischen Betriebes. Ebenfalls bekannt ist, daß der Bundesminister der Finanzen auf einen unabweisbaren Konsolidierungsbedarf hingewiesen hat, und zwar im Haushalt 2000 in einer Höhe von 32 Milliarden DM, der bis 2003 auf eine Höhe von 50 Milliarden DM ansteigen wird. Er hat dann die Bundesminister gebeten, Konsolidierungsmaßnahmen vorzubereiten. Das haben alle Mitglieder des Kabinetts getan, auch ich. Von dieser Sparauflage ist der Etat des Beauftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien im Haushaltsjahr 2000 mit einer Summe von rund 132 Millionen DM betroffen. Das entspricht einer Sparauflage von 7,42 Prozent. Diese Sparauflage wird bis zum Haushaltsjahr 2003 auf eine Summe von etwa 220 Millionen DM - rund 12,4 Prozent des Ansatzes - ansteigen. Ausgangsbasis für diese Berechnung ist der Plafond des Haushaltsansatzes 1999. Die Deutsche Welle hat mit einem Finanzvolumen von zirka 600 Millionen DM einen Anteil von einem Drittel an meinem Gesamthaushalt. Es ist daher unabweisbar, die Deutsche Welle an den Konsolidierungsmaßnahmen in den Haushaltsjahren 2000 bis 2003 zu beteiligen. Die Bundeszuschüsse zum Betriebshaushalt der Deutschen Welle sinken in der Finanzplanung bis zum Haushaltsjahr 2000 entsprechend den prozentualen jährlichen Kürzungen des Haushalts des Beauftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien. Dies bedeutet im einzelnen: Im Jahr 2000 beträgt die geplante Kürzung - natürlich vor Beschluß durch den Bundestag - rund 44,6 Millionen DM, im Jahr 2001 rund 56,5 Millionen DM, im Jahr 2002 rund 63,7 Millionen DM und im Jahre 2003 rund 73,9 Millionen DM. Diese Berechnungen gehen jeweils vom Haushaltsansatz 1999 aus. Die Zuschüsse für Investitionen bleiben in den Haushaltsjahren 2000 bis 2003 mit 19 Millionen DM konstant. Die Rundfunkanstalt wird mit Hilfe ihrer eigenen Gremien entscheiden müssen, wie und mit welchen konkreten Auswirkungen im einzelnen die Kürzungen umgesetzt werden. Dabei werden angesichts der Größenordnung der Einsparungen in den kommenden Jahren auch einschneidende strukturelle Maßnahmen von der Leitung des Hauses in Betracht gezogen werden müssen. Lassen Sie mich gleich vorbeugend sagen: Dies ist kein Eingriff in die Informations- und Pressefreiheit der Deutschen Welle, sondern eine Maßnahme - ich weise ausdrücklich darauf hin -, die die Haushaltspolitik der letzten 16 Jahre erforderlich macht. ({1})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Kollege Otto, eine Zusatzfrage.

Hans Joachim Otto (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001666, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatsminister, bei jeder Änderung, die von der Bundesregierung in der mittelfristigen Finanzplanung vorgenommen wird, muß man sich auch Gedanken über die Konsequenzen machen. Halten Sie die vom ARDVorsitzenden Voß vorgenommene Einschätzung, nämlich daß Ihre mittelfristige Finanzplanung zu betriebsbedingten Kündigungen von 200 festangestellten Mitarbeitern der Deutschen Welle führen könne und daß die Deutsche Welle mehrere ihrer bislang gesendeten 35 fremdsprachigen Programme einstellen müsse, für realistisch?

Not found (Gast)

Herr Abgeordneter Otto, bereits bei den vor3858 angegangenen, ebenso schmerzhaften Haushaltskürzungen hat der von Ihnen angesprochene Intendant darauf hingewiesen, daß Hunderte von freien festen Mitarbeitern, aber auch von angestellten Redakteuren auf Grund des neuen Ansatzes des Haushaltsjahres 1999 gekündigt werden müßten. Soweit mir bekannt ist, ist keinem einzigen gekündigt worden. ({0}) Der derzeitige Vorsitzende der ARD, der Intendant Voß, spricht sicherlich nicht für alle Intendanten der ARD. Auf alle Fälle muß er sich mit der Tatsache auseinandersetzen, daß es seit Jahren Bemühungen gibt, eine synergetische Kooperation zwischen den öffentlichrechtlichen Anstalten ARD und ZDF auf der einen Seite und der Deutschen Welle auf der anderen Seite herzustellen. Der Sachverhalt, daß diese Kooperation bisher offenkundig an vielerlei Unwilligkeiten der Beteiligten zu scheitern droht, ist sicherlich in Anschlag zu bringen, wenn wir gleichzeitig Ermahnungen von einem Intendanten erhalten, der in dieser Sache eher für alle Journalisten, aber nicht unbedingt für die Anstalt der Deutschen Welle spricht.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Herr Kollege Otto, Ihre zweite Zusatzfrage. Danach Herr Lammert mit einer Frage.

Hans Joachim Otto (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001666, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatsminister, halten Sie den auf einer Tagung aller Intendanten der ARD geäußerten Vorwurf des ARDIntendanten Voß für berechtigt, der heute veröffentlicht wurde und folgenden Wortlaut hat: Der ARD-Vorsitzende Peter Voß erklärte, er habe den Eindruck, daß die Bundesregierung an einer deutschen TV-Berichterstattung im Ausland kein Interesse habe oder aber die Last dieser Aufgabe auf die Landesrundfunkanstalten der ARD abwälzen wolle. Während alle anderen großen Industrienationen des Westens ihre Auslandssender ausbauten, sei damit die Bundesrepublik der einzige Staat, der seine Berichterstattung reduziere. Herr Staatsminister, ich gebe Ihnen Gelegenheit, zu diesem Vorwurf Stellung zu nehmen. ({0})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Das können Sie aber gar nicht machen. Sie können ihm eine Frage stellen.

Hans Joachim Otto (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001666, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Was halten Sie von diesem Vorwurf?

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Schon besser, Herr Kollege.

Not found (Gast)

Herr Abgeordneter Otto, ich halte von diesem Vorwurf herzlich wenig und will Ihnen auch erklären, warum. Erstens gibt es ja schon seit Jahren - so nehme ich einmal an -, auf jeden Fall aber, seitdem ich im Amt bin, Gespräche zwischen ARD und ZDF und der Deutschen Welle über Kooperation auf dem Gebiet der TV-Sendungen. Ich begrüße das, warte allerdings nunmehr, wie viele andere, auf Ergebnisse. Der ARD-Vorsitzende Voß hat sicherlich eine fruchtbare Aufgabe, die ich als Rechtsaufsicht der Deutschen Welle gerne und mit Enthusiasmus begleiten möchte. Bisher habe ich aber noch keine konkreten Ergebnisse gesehen. Zweitens nimmt die Bundesregierung selbstverständlich den Auftrag ernst - das ist ja auch Teil unserer Koalitionsvereinbarung -, die mediale Außenrepräsentanz der Bundesrepublik zu verstärken und zu verbessern. Gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang eine Anmerkung. Wir reden über Finanzvolumen, die in Relation zu den Bemühungen anderer Länder gesetzt werden müssen. Wenn ich feststelle, daß die Voice of America mit 53 - also nicht 35, wie bei uns - Rundfunksprachen, mit 12 Fernsehsprachen, mit 23 Internetsprachen und mit 1 100 Mitarbeitern einen fast genau so großen Haushalt wie die Deutsche Welle hat, dann muß ich sagen: Die Strukturdiskussionen, die auf uns zukommen, müssen sich auch an den Vergleichszahlen anderer Institutionen messen lassen. ({0}) Es reicht nicht, darauf hinzuweisen, daß man nicht Äpfel mit Birnen vergleichen könne. In diesem Zusammenhang ist Amerika ein „big apple“ - und wir zahlen für unsere Außenrepräsentation fast dasselbe.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Eine Frage von Herrn Dr. Lammert, bitte.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001274, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Naumann, gibt es nach Ihrer Auffassung ernsthaft keinen Zusammenhang zwischen der Mittelausstattung der Deutschen Welle auf der einen Seite und dem Grundrecht auf Informationsfreiheit bzw. der Erledigung des gesetzlichen Auftrages dieses Senders auf der anderen Seite? Wenn es doch irgendeinen Zusammenhang geben sollte, von welchem Maß an Haushaltskürzungen an, vermuten Sie, treten solche Wirkungen ein?

Not found (Gast)

Herr Lammert, selbstverständlich gibt es diesen Zusammenhang. ({0}) Das wird doch von niemandem bestritten. Die Frage ist ganz einfach: Wie gestaltet der Intendant seinen Auftrag? Es ist nicht die Aufgabe des Bundesbeauftragten, Programmvorschläge zu machen. Vielmehr muß der InStaatsminister Dr. Michael Naumann tendant in Zusammenarbeit mit den Gremien die nunmehr vorgegebenen und - ich gebe es ja zu - schwierigen Einsparungsmaßnahmen realisieren, ohne daß dieser Auftrag verletzt wird. ({1}) Vor dem Hintergrund der eben genannten Vergleichszahlen wird das so schwer auch nicht fallen.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Ich danke dem Herrn Staatsminister für die Beantwortung der Fragen. Nunmehr steht Herr Staatssekretär Steinmeier für die Beantwortung zur Verfügung. ({0}) - Herr Hörster, zur Geschäftsordnung bitte.

Joachim Hörster (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000932, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin, ich beantrage namens meiner Fraktion die Herbeirufung von Herrn Bundesminister Hombach zur Beantwortung des ihn betreffenden Fragenkomplexes. Ich weiß zwar, daß eine Reihe von Kolleginnen und Kollegen aus der SPD-Fraktion mit dem Erscheinungsbild von Herrn Bundesminister Hombach nicht einverstanden sind ({0}) und voraussichtlich deswegen seiner Herbeirufung widersprechen werden. Aber ich bin der Auffassung, daß es Herrn Staatssekretär Steinmeier nicht zuzumuten ist, fortdauernd Fragen zu beantworten, die Herrn Bundesminister Hombach betreffen - zumal die Kenntnisse, die Herr Steinmeier erlangt hat, wiederum nur von Herrn Hombach stammen können. Das birgt das Risiko, daß sich Fehler einschleichen, für die Herr Steinmeier den Kopf hinhalten muß, obwohl Herr Hombach eigentlich dafür verantwortlich ist. Deswegen fände ich es gut, wenn Herr Hombach hier zugegen wäre und für die Beantwortung der Fragen geradestünde. ({1})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Das war ein Antrag zur Geschäftsordnung. Möchte jemand etwas dazu sagen? - Frau Kollegin Kastner, bitte sehr.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001069, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Hörster, wir bedanken uns von unserer Seite recht herzlich für die Fürsorge Ihrerseits. ({0}) Ich möchte darauf hinweisen, daß es während Ihrer Regierungszeit Herr Bohl war, der die Fragen des Parlaments zur Plutoniumaffäre beantwortet hat, und zwar aus guten Gründen: ({1}) weil Herr Schmidbauer wegen Befangenheit nicht antworten sollte. Insofern ist das guter parlamentarischer Brauch. Im übrigen möchte ich darauf hinweisen, daß wir nach Durchsicht der Fragen - sicherlich hat sie jeder gelesen - feststellen müssen: Die Fragen sind von so geringer Substanz, daß sie durchaus von Staatssekretär Steinmeier beantwortet werden können. ({2}) Ich sage es noch einmal: Ihre Fragen sind von so geringer Substanz, daß die Gefahr, daß Herr Steinmeier sie nicht beantworten kann, nicht gegeben ist. Herr Hörster, was Sie machen, ist zwar legitim als Opposition - völlig richtig -, aber auch in Ihren Reihen wird das inzwischen eindeutig als Störung des Parlamentsbetriebes empfunden. ({3}) Im Augenblick sind viele Ausschüsse tätig. Wir haben Signale aus Ihren Reihen, die darauf hindeuten, daß sich Ihre Kolleginnen und Kollegen in solche Geschäftsordnungsspielchen nicht mehr einbinden lassen. Wir lehnen den Antrag ab. ({4})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Geschäftsordnungsantrag von Herrn Hörster folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Damit ist der Antrag abgelehnt. ({0}) Wir kommen zur Frage 8: Ist die in der Presse wiedergegebene Aussage des Steuerberaters von Bundesminister Bodo Hombach zutreffend, Bodo Hombach habe für seinen Hausbau einen Zinssatz von 7 Prozent bei zehn Jahren Laufzeit erhalten - an den Effektivzins erinnerte sich der Steuerberater nicht genau -, der „leicht über dem normalen Satz“ gewesen sei ({1}), und wenn ja, wie erklärt Bundesminister Bodo Hombach, daß dieser Zinssatz noch unterhalb der niedrigsten Effektivzinssätze lag, die die Bundesbank in einer Übersicht entsprechender Kredite für das Jahr 1986 ausweist? Zur Ermutigung möchte ich Herrn Dr. Steinmeier sagen: Das war von unserer Kollegin Susanne Kastner als Kompliment gedacht. ({2}) Wir sind bei Frage 8 des Kollegen Norbert Geis. Bitte sehr, Herr Staatssekretär.

Not found (Staatssekretär:in)

Meine Damen und Herren, nachdem Frau Kastner ihre Erwartung an meine Antwort so gemindert hat, hoffe ich, noch schlüssiger als sonst antworten zu können. Zu Ihrer Frage, Herr Abgeordneter Geis, die sich auf den Unterschied zwischen dem im Zusammenhang mit dem Hausbau des Bundesministers Bodo Hombach vereinbarten Zinssatz von 7 Prozent bei zehn Jahren Laufzeit und dem üblichen Effektivzinssatz bezieht, antworte ich wie folgt: Die WestLB hat mehrfach bestätigt, auch als Reaktion auf den genannten Presseartikel, daß der Bundesminister Bodo Hombach gewährte Kredit sich sowohl vom Volumen als auch von den Konditionen her in dem Rahmen bewegte, der für Tausende von Immobilienkunden der WestLB galt. Auch Angebote anderer Banken, die der Steuerberater von Herrn Bundesminister Hombach eingeholt hat, lagen auf einem vergleichbaren Niveau. Die Angabe des Effektivzinssatzes war seinerzeit ich erinnere daran, das war alles 1986 - noch nicht üblich und erforderlich; daher ist er im Darlehensvertrag nicht angegeben. Der Effektivzins war aber schon damals in der Regel höher als der Nominalzins. Deshalb sind weder die vereinbarten Konditionen mit Blick auf die Aussage der WestLB unüblich gewesen, noch ist Ihre insoweit getroffene Feststellung deshalb erstaunlich.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Herr Kollege Geis, eine erste Zusatzfrage.

Norbert Geis (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000651, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Hat Bundesminister Bodo Hombach mit einem Mitglied des Vorstandes der Westdeutschen Landesbank oder einem leitenden Angestellten Gespräche über die Gewährung des Darlehens, über die Abwicklung und über die Auszahlung des Darlehens geführt, und wenn ja, mit wem?

Not found (Staatssekretär:in)

Das entzieht sich meiner Kenntnis. ({0}) Ich weiß nicht, mit wem Herr Hombach damals die Zinsverhandlungen geführt hat. ({1})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Geis?

Norbert Geis (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000651, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Keine.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Dann kommt die Frage 9 des Kollegen Norbert Geis: Ist es zutreffend, daß die Kosten für den Hausbau von Bodo Hombach beim Richtfest im August 1986 die Millionengrenze längst überschritten hatten ({0}), und wenn ja, wie setzten sich die Kosten zusammen? Herr Staatssekretär, bitte.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter Geis, Ihre Frage richtet sich darauf, ob zum Zeitpunkt des Richtfestes im August 1986 die Millionengrenze bei den Kosten des Hausbaus bereits überschritten war. Dieses Richtfest fand nicht im August 1986 statt. Der Keller war zu diesem Zeitpunkt im Rohbau fertiggestellt. Der Rohbau des Erdgeschosses hatte gerade erst begonnen. Schon diese Abläufe zeigen, daß die zitierte Behauptung nicht stimmen kann. Alle Rechnungen und Zahlungsvorgänge lagen den Gutachtern vor, wurden von diesen zeitlich geordnet und gewertet. Im August 1986 war danach die Millionengrenze keineswegs „längst überschritten“. Allerdings liefen zu diesem Zeitpunkt Nachkalkulationen, denen zufolge am Bauende die Millionengrenze überschritten werden würde. Bundesminister Bodo Hombach hat daher zeitgerecht eine Nachfinanzierung durch Erhöhung des Kreditvolumens vorgenommen.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Erste Zusatzfrage, Herr Kollege Geis, bitte.

Norbert Geis (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000651, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Hat Herr Bundesminister Bodo Hombach nach dem Richtfest - um es nicht auf das Jahr 1986 festzulegen - den damaligen Landesschatzmeister der SPD, Fritz Ziegler, um Hilfe bei der weiteren Durchführung seines Hausbaus gebeten, und inwieweit wurde sodann Herr Fritz Ziegler für Herrn Hombach tätig, insbesondere in bezug auf die VEBA?

Not found (Staatssekretär:in)

Mir ist bekannt, daß Bundesminister Bodo Hombach und Fritz Ziegler sich kennen. Ob sie bei ihren Begegnungen auch darüber gesprochen haben, weiß ich nicht.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Zusatzfrage, Herr Kollege Hörster.

Joachim Hörster (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000932, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Nein, Frau Präsidentin, ich habe einen Antrag zur Geschäftsordnung. Ich möchte meinen Antrag von vorhin wiederholen, weil die Antworten, die Herr Steinmeier uns geben kann, belegen, daß er nicht in der Lage ist, aus eigener Kenntnis die Fragen des Parlamentes zu beantworten. ({0}) Von daher bitte ich erneut darum, darüber abzustimmen, Herrn Bundesminister Bodo Hombach herbeizurufen. Vizepräsidentin Anke Fuchs

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Frau Kollegin Kastner, bitte sehr.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001069, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Das ist ein wiederholter Antrag. Deswegen beantrage ich die Unterbrechung der Fragestunde.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Ich hätte sonst ebenfalls für Unterbrechung plädiert. Ich frage die CDU/CSU-Fraktion, ob sie diesen Antrag zu wiederholen wünscht. ({0}) Wenn das der Fall ist, dann unterbreche ich die Sitzung für eine Viertelstunde. Um 14.30 Uhr treffen wir uns wieder. ({1}) - Da es Zweifel darüber gibt, ob ich die Sitzung unterbrechen durfte oder nicht, berufe ich hiermit den Ältestenrat ein. Wir treffen uns um 14.30 Uhr zu einer Sitzung des Ältestenrates. Danach gibt es eine Fraktionssitzung der SPD. Sie können sich darauf einrichten, daß wir eine gute Stunde in Verzug kommen werden. Um 14.30 Uhr trifft sich also der Ältestenrat. ({2})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Die unterbrochene Sitzung wird fortgesetzt. Der Abgeordnete Hörster hatte den Geschäftsordnungsantrag eingebracht, Herrn Minister Hombach ins Parlament zu bitten. Ich lasse jetzt über diesen Geschäftsordnungsantrag abstimmen. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Letzteres war die Mehrheit. Damit ist der Antrag des Kollegen Hörster abgelehnt. Wir fahren mit der Fragestunde fort. Wir waren bei der Frage 9 des Kollegen Norbert Geis. Herr Staatssekretär Steinmeier steht zur Beantwortung zur Verfügung.

Not found (Staatssekretär:in)

Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter Geis! Nach meiner Erinnerung war die eingangs gestellte Frage 9 im Grunde beantwortet. Herr Abgeordneter Geis, ich würde gerne auf Ihre erste Zusatzfrage zurückkommen, die zum Inhalt hatte, ob Minister Hombach persönlich Verhandlungen über Kreditverträge mit Mitgliedern des Vorstands der Westdeutschen Landesbank geführt hat. Ich habe eben nachsuchen lassen: Die Antwort auf diese Frage ist bereits in der schriftlichen Antwort auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Pofalla, Brauksiepe, Geis und weiterer Abgeordneter vom 19. Mai enthalten. Wir haben in der Antwort zu Ziffer 24 ausgeführt: Die Verhandlungen mit der WestLB hat für Bundesminister Bodo Hombach dessen Steuerberater, Herr Dr. Lein, geführt. Herr Dr. Lein hatte zuvor Angebote bei mehreren Banken eingeholt. Sie lagen bei vergleichbaren Konditionen. Herr Dr. Lein hat weder mit dem Präsidenten der WestLB noch mit einem anderen Vorstandsmitglied über das Darlehen für Bundesminister Hombach gesprochen.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Zusatzfrage, Herr Kollege Geis.

Norbert Geis (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000651, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Meine Frage ging dahin, ob auch Herr Bundesminister Hombach mit Vertretern der Landesbank - Vorstand oder leitende Angestellte über die Abwicklung, über die Gewährung und über die Rückzahlung des dort beantragten Darlehens gesprochen hat, nicht nur sein Steuerberater.

Not found (Staatssekretär:in)

In diese Richtung gingen auch schon die schriftlich beantworteten Fragen. Aus den Antworten entnehme ich, daß Minister Hombach damals keine eigenen Verhandlungen mit Vorstandsmitgliedern geführt hat.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Eine weitere Zusatzfrage? - Nein. Dann kommen wir zu Frage 10 des Abgeordneten Jochen-Konrad Fromme: Hat Bundesminister Bodo Hombach für den Monat Oktober 1998 neben seinen Amtsbezügen als Bundesminister und seiner Abgeordnetenentschädigung als Mitglied des Landtages Nordrhein-Westfalen Amtsbezüge als Minister für Wirtschaft, Mittelstand, Technologie und Verkehr des Landes NordrheinWestfalen erhalten? Herr Staatssekretär, bitte.

Not found (Staatssekretär:in)

Die Frage richtet sich darauf, ob Herr Hombach neben seinen Amtsbezügen als Bundesminister weiter Amtsbezüge als Minister für Wirtschaft und Mittelstand, Technologie und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen erhalten hat. Die Antwort lautet: Ja. Bundesminister Bodo Hombach hat für den Monat Oktober 1998 gemäß § 7 des Landesministergesetzes von Nordrhein-Westfalen Amtsbezüge als Bundesminister erhalten. Bei seiner Nachfrage hat man ihn auf die rechtliche Korrektheit hingewiesen. Ein Verzicht auf eines der Amtsgehälter war rechtlich nicht möglich. Für die von ihm erwartete Verrechnung fehle - so war die Auskunft, die ihm damals gegeben worden ist - eine rechtliche Grundlage. Er hat daraufhin erklärt, einen entsprechenden Betrag seinen freiwilligen Spenden zuzuführen, und hat dies auch tatsächlich getan, zuletzt durch eine Spende für die Hochwassergeschädigten in der Größenordnung von 10 000 DM.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Erste Zusatzfrage, Herr Kollege Fromme.

Jochen Konrad Fromme (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003126, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, gilt das auch für die Monate November und Dezember 1998 sowie für Januar 1999?

Not found (Staatssekretär:in)

Nach den mir vorliegenden Unterlagen sind Amtsbezüge, soweit sie in der Frage angesprochen sind, nur für den Monat Oktober gezahlt worden. Ihre Zusatzfrage richtet sich, glaube ich, eher auf die Frage der Diäten, die schon einmal gestellt und beantwortet worden ist. Dazu habe ich hier im Parlament schon einmal ausgeführt, daß auch für die hälftigen Diäten entsprechende Spenden - sogar über das netto von ihm Erhaltene hinaus - abgeführt worden sind.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Zweite Zusatzfrage, Herr Kollege.

Jochen Konrad Fromme (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003126, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sind die Diäten, die Aufwandsentschädigungen steuerfrei gezahlt oder versteuert worden?

Not found (Staatssekretär:in)

Das kann ich Ihnen nicht beantworten.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Damit kommen wir zur Frage 11 des Kollegen Fromme: Hat Bundesminister Bodo Hombach in seiner Zeit als Bundesminister Aufwandsentschädigung auf Grund seines Landtagsmandats und Übergangsgelder nach seinem Ausscheiden als Landtagsabgeordneter erhalten? ({0}) Herr Staatssekretär.

Not found (Staatssekretär:in)

Frage 11 richtet sich darauf, ob Bundesminister Hombach in seiner Zeit als Bundesminister Aufwandsentschädigung auf Grund seines Landtagsmandats und Übergangsgelder nach seinem Ausscheiden als Landtagsabgeordneter erhalten hat. Herr Bundesminister Hombach hat selber mehrfach in der Öffentlichkeit dargestellt - nach meiner Erinnerung habe ich auch hier im Parlament dazu bereits Stellung genommen -, daß er auf Wunsch des Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen sein Landtagsmandat bis zum Ablauf des Jahres 1998 beibehalten hat, um die Haushaltsberatungen begleiten zu können. Bis zu seinem Ausscheiden aus dem Landtag des Landes Nordrhein-Westfalen erhielt er die in § 6 des Abgeordnetengesetzes Nordrhein-Westfalen zur Abdekkung der durch sein Landtagsmandat veranlaßten Aufwendungen vorgesehenen Geld- und Sachleistungen. Die Fahrkostenpauschale hat er im Hinblick auf seinen ihm als Bundesminister zustehenden Dienstwagen zurückgezahlt. Die erworbenen Ansprüche auf Übergangsgeld aus seinem Landtagsmandat wurden mit dem neuen Einkommen verrechnet. Ergebnis: Es wurde kein Pfennig ausgezahlt.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Zusatzfrage, Herr Kollege?

Jochen Konrad Fromme (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003126, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Danke.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Vielen Dank. Damit kommen wir zur Frage 12 des Kollegen Ronald Pofalla: Ist der Bundesregierung nicht bekannt, mit Ablauf welchen Kalendertages die Immunität und das Mandat von Bundesminister Bodo Hombach als Abgeordneter des Landtages NordrheinWestfalen endeten, wie aus ihren Antworten vom 19. März 1999 ({0}) und vom 19. Mai 1999 ({1}) zu schließen ist? Herr Staatssekretär, bitte.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter Pofalla, ich glaube, diese Frage habe ich hier auch schon einmal beantwortet. Sie richtet sich darauf, ob Immunität und Mandat von Herrn Hombach am 31. Dezember1998 oder zu einem anderen Zeitpunkt endeten. Meine Antwort erneut: Wir haben den bisherigen, in Ihrer Frage zitierten Ausführungen nichts hinzuzufügen. Ob die Immunität und das Mandat von Bundesminister Hombach nach seinem Erklärungswillen zum Ablauf des 31. Dezember 1998 endeten, ob die Rücküberweisung der Diäten und der Kostenpauschale für den Monat Januar an die Landeskasse dabei Auswirkungen hat oder ob die Immunität 24 Stunden später, mit Ablauf des 1. Januar 1999, endete, können nur die zuständigen Behörden in Nordrhein-Westfalen feststellen.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Erste Zusatzfrage, Herr Kollege.

Ronald Pofalla (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001726, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie haben auf meine Fragen in der Tat in der Fragestunde vom 21. April 1999 geantwortet, aber Sie haben die Frage nach der Immunität nur mit der Aussage beantwortet, an welchem Tag Herr Hombach was erklärt hat, damit aber offengelassen -

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Herr Kollege, wir sind in der Fragestunde, nicht in der Debatte.

Ronald Pofalla (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001726, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ja, ich stelle jetzt die Frage, ob der Bundesregierung nicht bekannt war, daß im Ministerialblatt des Landes Nordrhein-Westfalen ich könnte Ihnen die genaue Quelle angeben - zum Zeitpunkt der Beantwortung dieser Frage bereits veröffentlicht war, daß das Mandat von Herrn Hombach am 1. Januar 1999 endet.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Pofalla, nach meiner Erinnerung habe ich am 19. Mai - ich habe das Protokoll hier, es steht kein Datum darauf - auf eine ähnliche Frage von Ihnen unter anderem wie folgt geantwortet - ich mache es kurz, um diesen Punkt zu erfassen -: Er hat dazu in das vorbereitete Formular das Datum 1. Januar 1999 eingetragen. Nach dem der Mandatsaufgabe zugrunde liegenden Erklärungswillen endete seine Immunität als Abgeordneter des nordrhein-westfälischen Landtags mit dem Ablauf des 31. Dezember 1998, nach dem Inhalt möglicherweise jedoch erst 24 Stunden später. Die Bundesregierung kann dazu jetzt keine abweichende Bewertung abgeben.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Zusatzfrage, Herr Kollege.

Ronald Pofalla (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001726, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Das bezieht sich jetzt auf das Wort „möglicherweise“: Im Amtsblatt des Landes Nordrhein-Westfalen ist der genaue Zeitpunkt festgelegt, an dem das Mandat von Herrn Hombach endete. Wieso antwortet dann die Bundesregierung „möglicherweise“?

Not found (Staatssekretär:in)

Sie weisen darauf hin, daß das Amtsblatt etwas anderes zum Ausdruck bringt?

Ronald Pofalla (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001726, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Nein, ich weise darauf hin, daß Sie eine Formulierung unter Verwendung des Wortes „möglicherweise“ im Blick auf das Ende des Mandats gebraucht haben, obwohl die amtlichen Mitteilungen des Landes Nordrhein-Westfalen darüber definitiv Auskunft geben.

Not found (Staatssekretär:in)

Dann muß ich bekennen, daß ich die Ausführungen aus diesem Amtsblatt bisher nicht zur Kenntnis nehmen konnte.

Ronald Pofalla (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001726, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich gebe es Ihnen gleich.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Es gibt keine weiteren Zusatzfragen. Wir kommen zu Frage 13 des Kollegen Eckart von Klaeden: Welche rechtlichen Vereinbarungen bestanden zwischen der Veba bzw. dem Bauleiter von Bodo Hombachs Hausbau und Bodo Hombach betreffend die Leistungen für den Hausbau von Bodo Hombach, und ist es zutreffend, daß der Bauleiter „vertragsgemäß nach üblichen Sätzen“ bezahlt wurde ({0})? Bitte sehr, Herr Staatssekretär. ({1}) - Der Herr Staatssekretär hat das Wort zur Beantwortung der Fragen, Herr Kollege. Wir wollen fortfahren in der Fragestunde.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter von Klaeden, Ihre Frage richtete sich auf die vertraglichen Verbindungen mit dem Bauleiter Herrn Hombachs und mit Herrn Hombach selbst. ({0}) Zwischen der BWB Wohnstättenbau und -betriebsgesellschaft mbH und Herrn Bundesminister Hombach bestand ein Vertrag, der die zeit- und leistungsanteilige wirtschaftliche und technische Betreuung des Bauvorhabens betraf. ({1}) Die Bezahlung erfolgte pauschal in Anlehnung an die Gebührenordnung und gemäß einer Vereinbarung über die Arbeitsteilung zwischen Architekt und dem Bauleiter. Die Details sind im C & L-Gutachten aufgeführt, und nach meiner Erinnerung habe ich dieses hier auch schon einmal ausgeführt. Eine Zusatzfrage des Kollegen von Klaeden, bitte sehr.

Eckart Klaeden (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002698, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, um den Vorgang ein wenig zu präzisieren: Dem Nachrichtenmagazin „Focus“ vom 8. Februar 1999 entnehme ich, daß die VEBA Herrn Hombach 15 000 DM für diese Tätigkeit des Bauleiters in Rechnung gestellt hat. Können Sie erstens diesen Vorgang bestätigen, und können Sie zweitens erläutern oder Auskunft geben, welche Leistungen dem Vertrag exakt zu Grunde lagen?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich habe keinen Anhaltspunkt dafür, Herr von Klaeden, daß diesem Vertragsverhältnis, dem Bauleitervertrag, unübliche Vereinbarungen zu Grunde lagen. Insofern gehe ich davon aus, daß es das Entgelt für seine Bauleiterleistungen war. ({0})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Nun kommen wir zur Frage 14 des Kollegen von Klaeden: Ist die in der Presse wiedergegebene Aussage des Bauleiters von Bodo Hombach zutreffend, daß „Herr Hombach definitiv in den tatsächlichen Kostenrahmen eingebunden war“ und er ihm die zu erwartende Mehrarbeit „persönlich mitgeteilt“ habe ({0})? Bitte sehr, Herr Staatssekretär.

Not found (Staatssekretär:in)

Die Frage des Abgeordneten von Klaeden richtet sich darauf, ob Herr Hombach definitiv in den tatsächlichen Kostenrahmen eingebunden war, wie es in einer Aussage des Bauleiters heißt, die wiederum in der Presse wiedergegeben wird. Unsere Antwort: Herr Bundesminister Hombach hat nachweislich alle Rechnungen bezahlt, die ausweislich der Gutachten den tatsächlich entstandenen Kosten beim Hausbau entsprachen. Insofern - und auf nichts anderes kann sich die Frage richten - war er in den Kostenrahmen eingebunden. Er hat sich über die Kostenentwicklung informieren lassen. Wenn es zwischen Architekt und Bauleiter Konflikte gab, hat sich Bundesminister Hombach in aller Regel für die kostensparenden Vorschläge des Bauleiters - ich erwähnte das hier in einer anderen Sitzung unter Verweis auf das Gutachten - entschieden.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Herr Kollege von Klaeden, die erste Zusatzfrage.

Eckart Klaeden (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002698, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ich beziehe mich auf einen Bericht des „Spiegel“ vom 8. Juni 1998. Hat der Bauleiter von Herrn Bodo Hombach, Herr Hans Hebers, den Hombachschen Hausbau von Anfang an betreut, und, wenn nicht, wann ist er von Herrn Hombach mit dieser Aufgabe betraut worden?

Not found (Staatssekretär:in)

Könnten Sie den Anfang der Frage wiederholen?

Eckart Klaeden (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002698, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Der Anfang der Frage ist, ob der Bauleiter, Herr Hans Hebers, von Anfang an den Hausbau betreut hat oder erst später mit der Betreuung beauftragt worden ist.

Not found (Staatssekretär:in)

Nach meiner Erinnerung an frühere Ausführungen, die ich nach entsprechender Vorbereitung auf diese Frage bereits gemacht habe, ist der Bauleiter erst im Laufe des Baus mit seiner Aufgabe beauftragt worden. ({0})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Die zweite Zusatzfrage, Herr Kollege von Klaeden.

Eckart Klaeden (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002698, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Können Sie das genaue Datum nennen? ({0})

Not found (Staatssekretär:in)

Nein.

Eckart Klaeden (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002698, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wenigstens den Monat?

Not found (Staatssekretär:in)

Nein.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Wir kommen damit zur Frage 15 des Kollegen Dr. Ralf Brauksiepe: Ist aus der Antwort der Bundesregierung vom 19. Mai 1999 ({0}) zu schließen, daß nach dem Inhalt der Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Bochum in der sog. Veba Immobilien-Affäre zwar nicht Zeugen, wohl aber Beschuldigte behaupten, daß Bodo Hombach im Zuge seines Hausbaus um Vergünstigungen bat oder er mit Beschuldigten darüber gesprochen hat? Herr Staatssekretär, bitte.

Not found (Staatssekretär:in)

Die Frage des Herrn Abgeordneten Brauksiepe richtet sich darauf, ob sich aus dem Inhalt der Ermittlungsakten ergibt, daß Bodo Hombach im Zuge seines Hausbaus um Vergünstigungen gebeten hat oder mit Beschuldigten in dem Strafverfahren, das in Nordrhein-Westfalen anhängig ist, gesprochen hat. Unsere Antwort lautet: Nein. Nach den Erkenntnissen, die Bundesminister Bodo Hombach aus der Akteneinsicht durch seinen Anwalt gewonnen hat, haben weder Zeugen noch Beschuldigte behauptet, daß Bundesminister Bodo Hombach jemals um Vergünstigungen gebeten habe, diese ihm angeboten worden seien oder mit ihm jemals darüber gesprochen worden sei.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Die erste Zusatzfrage, Herr Kollege, bitte sehr.

Dr. Ralf Brauksiepe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003055, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, es geht hier ja um die schriftliche Beantwortung von Fragen, die aus meiner Sicht wiederum weitere Fragen aufwerfen. Sie sagen in dem Zusammenhang unter anderem, Herr Hombach habe die Akteneinsicht in dieser Sache seinem Rechtsanwalt überlassen. Ist daraus zu schließen, daß Herrn Hombach ursprünglich persönliche Akteneinsicht gewährt bzw. angeboten worden ist?

Not found (Staatssekretär:in)

Da ich selbst Jurist bin, Herr Abgeordneter Brauksiepe, und ein bißchen Erfahrung habe, finde ich darin nichts Ungewöhnliches, so daß es von seiten der Bundesregierung erklärungsbedürftig wäre. ({0})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Die zweite Zusatzfrage, Herr Kollege.

Dr. Ralf Brauksiepe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003055, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

In Ihrer Antwort verweisen Sie darauf, daß der Antrag auf Akteneinsicht in bezug auf die hier behandelten Ermittlungsakten mit dem berechtigten Interesse von Bundesminister Bodo Hombach an Akteneinsicht begründet worden ist. In einem Artikel in der „Rheinischen Post“ vom letzten Wochenende wird die Staatsanwaltschaft Bochum dahin gehend zitiert, daß der Name Hombach in den besagten Akten nicht auftauche. Wie erklären Sie diesen Widerspruch? ({0})

Not found (Staatssekretär:in)

Die Zeitungsberichte sind hier vielfach zitiert worden, die bei jedem öffentlich Angeschuldigten das berechtigte Interesse wecken, im laufenden Strafverfahren durch einen Anwalt nachsehen zu lassen, ob es Anlaß für die öffentliche Berichterstattung gibt. ({0})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Nun kommen wir zur Frage 16 des Kollegen Dr. Ralf Brauksiepe. - Einen Moment bitte. Zu dieser spannenden Sache - Frage 15 möchte der Kollege Profalla noch eine Frage stellen. Ich weiß, Herr Hörster, das ist wieder ungebührlich. ({0}) Bitte, Herr Kollege, Sie haben das Wort zu einer Zusatzfrage.

Ronald Pofalla (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001726, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie hatten auf die Frage des Kollegen Brauksiepe geantwortet, es gebe keinen Beschuldigten, der die Behauptung aufstelle, daß es im Zusammenhang mit dem Hausbau Verfehlungen gegeben habe. Gibt es möglicherweise Angeschuldigte oder gar Angeklagte, die diese Behauptung aufstellen?

Not found (Staatssekretär:in)

Sie weisen auf den prozessualen Unterschied hin. Dafür habe ich jedes Verständnis der Welt. In der Frage ging es - das war die Unterscheidung - um Zeugen oder Beschuldigte. Ich gebe Ihnen recht: Man hätte Zeugen oder Angeschuldigte sagen müssen.

Ronald Pofalla (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001726, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Meine Frage war, ob es Angeschuldigte oder Angeklagte gibt, die diese Behauptung aufstellen. ({0})

Not found (Staatssekretär:in)

Nein.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Nun rufe ich Frage 16 des Kollegen Dr. Ralf Brauksiepe auf: Inwieweit vermitteln ausweislich dieser Akten die Aussagen von Zeugen und Beschuldigten ein Bild, das im Hinblick auf den Hausbau von Bodo Hombach mit dem tatsächlichen Geschehensablauf nicht übereinstimmt, und inwieweit geben diese Aussagen Aufschluß darüber, daß Kosten für Leistungen für den Hausbau von Bodo Hombach auf zum Veba-Konzern gehörende Unternehmen bzw. deren Projekte verlagert worden sein sollen? Herr Staatssekretär, bitte.

Not found (Staatssekretär:in)

Der Abgeordnete Brauksiepe fragt nach, inwieweit sich aus den Akten ein Bild ergibt, das im Hinblick auf den Hausbau von Bodo Hombach mit dem tatsächlichen Geschehensablauf nicht übereinstimmt. Unsere Antwort: Die Fragen beziehen sich auf die Akten eines laufenden Meineidverfahrens - hier eben mehrfach erwähnt - gegen einen Dritten vor einem Gericht des Landes Nordrhein-Westfalen. Vor diesem Hintergrund nimmt die Bundesregierung davon Abstand, diese Frage detailliert zu beantworten. Herr Bundesminister Hombach hat aber durch seine Rechnungen und Zahlungsbelege sowie durch die Feststellungen in zwei Gutachten, die wir hier vorgetragen haben, aus unserer Sicht zweifelsfrei bewiesen, daß er alle im Zusammenhang mit seinem Hausbau entstandenen Kosten selbst bezahlt hat.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Nun folgt die erste Zusatzfrage des Kollegen Brauksiepe.

Dr. Ralf Brauksiepe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003055, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, können Sie dann zumindest sagen, ob Herr Bundesminister Hombach auch nach der Einsichtnahme in die Ermittlungsakten bei seiner früher einmal zitierten Äußerung bleibt, daß die bisher vorliegenden Gutachten für ihn einen „Freispruch erster Klasse“ bedeuteten?

Not found (Staatssekretär:in)

Er hat keinen Anlaß, von dieser Aussage abzuweichen.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Die zweite Zusatzfrage des Kollegen Brauksiepe.

Dr. Ralf Brauksiepe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003055, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Hat denn Herr Bundesminister Hombach nach der Akteneinsicht eine Stellungnahme zu den Erkenntnissen aus diesen Akten abgegeben und, wenn ja, welchen Inhalts? ({0})

Not found (Staatssekretär:in)

Meines Wissens nicht. Ich kenne eine solche Stellungnahme nicht, insbesondere keine, die gegenüber der Öffentlichkeit abgegeben wurde.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Nun rufe ich die Frage 17 des Kollegen Volker Kauder auf: Wie ist die Behauptung von Bundesminister Bodo Hombach, er habe „alle angefallenen Baukosten für sein Haus ausnahmslos selbst bezahlt“ ({0}) vereinbar mit seiner späteren Aussage, daß Kosten für Sicherheitsmaßnahmen in seinem Haus von seinem damaligen Arbeitgeber übernommen worden seien ({1}), und wie hoch waren die Kosten für diese Sicherheitsmaßnahmen? Ich darf mir die Bemerkung erlauben, daß es nicht notwendigerweise sinnvoll sein muß, Zusatzfragen zu stellen. ({2}) Das durfte ich sagen, Herr Hörster. Herr Staatssekretär, bitte sehr.

Not found (Staatssekretär:in)

Die Frage richtet sich auf einen vermeintlichen Widerspruch, der sich daraus ergibt, daß Herr Bundesminister Hombach zum Ausdruck gebracht hat, daß er die Baukosten für sein Haus ausnahmslos selbst bezahlt hat, und einer ebenfalls von ihm gemachten Aussage, daß Kosten für Sicherheitsmaßnahmen in seinem Haus von seinem damaligen Arbeitgeber bezahlt worden sind. Unsere Antwort: Herr Bundesminister Bodo Hombach hat die Baukosten für sein Haus selbst bezahlt. Das ist belegt und gutachterlich bestätigt. Die am Haus von Bundesminister Bodo Hombach ausgeführten Sicherungsmaßnahmen wurden auf Grund seiner damaligen beruflichen Tätigkeit von den Sicherheitsbehörden für notwendig erachtet. Die daraus entstandenen Kosten wurden daher von seinem damaligen Arbeitgeber übernommen. Wesentlich war dabei eine bei der Polizei aufgeschaltete Alarm- und Überfallmeldeanlage. Den Gutachtern waren bei ihren Schlußfolgerungen die vom Arbeitgeber finanzierten Sicherheitsmaßnahmen bekannt. Da hier auch aktuelle sicherheitsrelevante Fragen tangiert sind, sehe ich davon ab, dazu weitere Äußerungen zu machen.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Eine Zusatzfrage des Kollegen Kauder.

Volker Kauder (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001074, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, lagen der C & L Deutsche Revision vor Erstellung des Gutachtens vom 10. Juni 1998 auch die Belege des damaligen Arbeitgebers von Herrn Hombach über die übernommenen Kosten für die eingebauten Sicherheitsmaßnahmen vor? Wenn nein, wie erklärt sich Herr Hombach die Feststellung der C & L Deutsche Revision in diesem Gutachten, es hätten sich „keine Anhaltspunkte dafür ergeben, daß andere als die durch die vorgenannten Unterlagen belegten Arbeiten zur Errichtung des Gebäudes geleistet wurden“?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich sehe auch darin keinen Widerspruch, Herr Abgeordneter, weil die C & L nach meiner Erinnerung - auch darüber haben wir in diesem Parlament bereits gesprochen - davon ausgegangen ist, daß diese Kosten nicht zu den von ihnen untersuchten Kosten gehören. Nach meiner Erinnerung lagen aber damals die Belege schon vor und sind von C & L gesehen worden.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Wir kommen zur Frage 18 des Kollegen Kauder: Wie erklärt Bundesminister Bodo Hombach, daß er laut Süddeutscher Zeitung vom 8. Februar 1999 ausweislich der vorgelegten Zahlungsnachweise für Rechnungen im Zusammenhang mit seinem Hausbau „für einen 200 Quadratmeter großen Garten und die Pflasterung“ 154 459,40 DM überwiesen haben soll, die C & L Deutsche Revision hingegen in ihrem Gutachten vom 10. März 1999 Kosten für Grünflächen und Bepflanzung für 300 Quadratmeter zugrunde gelegt hat? Herr Staatssekretär, bitte.

Not found (Staatssekretär:in)

Die Frage 18 bezieht sich auf die Größe des Gartens. ({0}) Unsere Antwort: Der Garten von Bundesminister Bodo Hombach ist tatsächlich zirka 200 Quadratmeter groß. ({1}) In dem C & L-Gutachten sind unter der Kostengruppe „500/Außenanlagen“ die Gelände- und Verkehrsflächen außerhalb des Bauwerks, also vor, neben und hinter dem Bauwerk, erfaßt. Insgesamt sind dafür Kosten - so das Gutachten - von 163 000 DM angefallen. Diese Fläche wird im Gutachten als Bezugsfläche bezeichnet. Der eigentliche Garten von zirka 200 Quadratmetern, die Fläche neben dem Bauwerk und die gepflasterten Flächen ergeben zusammen 300 Quadratmeter Bezugsfläche. ({2})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Die erste Zusatzfrage des Kollegen Kauder.

Volker Kauder (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001074, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin, ich bitte, eine Klarstellung im Hinblick auf meine Frage machen zu dürfen.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Bitte sehr.

Volker Kauder (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001074, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Der Herr Staatssekretär hat erklärt, es gehe um die Größe des Gartens. Diese inhaltliche Zusammenfassung meiner Frage ist nicht zutreffend. Es ging nicht um die Größe des Gartens, sonStaatssekretär Dr. Frank-Walter Steinmeier dern es ging um das Verhältnis der Größe des Gartens zu den ausgewiesenen Kosten.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Wollen Sie nun eine Zusatzfrage stellen? - Bitte sehr.

Volker Kauder (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001074, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wieso belaufen sich die Kosten für die Fensterarbeiten an Herrn Bodo Hombachs Haus laut Gutachten vom März 1999 auf rund 86 000 DM, während im „Stern“ mitgeteilt wurde, daß auf Grund einer eindeutig vorliegenden Rechnung nur Kosten in Höhe von 78 483 DM entstanden sind? ({0})

Not found (Staatssekretär:in)

Ich kann diese Frage aus eigener Kenntnis im Augenblick nicht beantworten, bin aber gern bereit, Ihnen schriftlich die Begründung dafür nachzureichen.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Die zweite Zusatzfrage des Kollegen Kauder.

Volker Kauder (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001074, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, haben Sie zur Vorbereitung der Antworten, die Sie heute geben, mit Herrn Minister Hombach über diese Fragen gesprochen? ({0})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Ich lasse diese Frage nicht zu, weil sie nicht zum Sachverhalt gehört. Die Frage, wie sich ein Minister auf eine solche Fragestunde vorbereitet, sollte nicht Gegenstand der Fragestunde des Bundestages sein. Damit kommen wir zur Frage 19 der Kollegin Andrea Voßhoff: Hält Bundeskanzler Gerhard Schröder den Bundesminister und Chef des Bundeskanzleramtes Bodo Hombach für seine Aufgaben als Chef des Bundeskanzleramtes für geeignet, nachdem die Bundesregierung in ihrer Antwort vom 19. Mai 1999 auf eine Kleine Anfrage ({0}) erklärt hat, daß Bundesminister Bodo Hombach als Zeitpunkt der Niederlegung seines Landtagsmandates den 31. Dezember 1998 erklären wollte, er dies aber tatsächlich nicht erklärte? Herr Staatssekretär, bitte sehr.

Not found (Staatssekretär:in)

Die Frage richtet sich danach, ob der Bundeskanzler Herrn Minister Hombach nach wie vor als Chef des Bundeskanzleramtes für geeignet hält, nachdem die Bundesregierung erklärt hat, daß Bundesminister Bodo Hombach als Zeitpunkt der Niederlegung seines Landtagsmandats den 31. Dezember 1998 erklären wollte, er dies aber tatsächlich nicht erklärte. Diesen Vorgang hatten wir vorhin bei der Beantwortung einer anderen Frage behandelt. Unsere Antwort lautet: Ja. Der Bundeskanzler hat mehrfach betont, daß Bundesminister Hombach sein volles und uneingeschränktes Vertrauen genießt.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Eine Zusatzfrage, Frau Kollegin.

Andrea Astrid Voßhoff (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003253, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Auf Grund dieser Angabe des Herrn Hombach gehe ich davon aus, daß ihm noch im Januar dieses Jahres Abgeordnetenentschädigung gezahlt wurde. Sie haben in der Fragestunde vom 21. April 1999 dazu geäußert, daß die für den Monat Januar gezahlte Entschädigung zurückgezahlt worden sei. Können Sie mir mitteilen - falls es jetzt nicht mündlich möglich ist, dann möglicherweise schriftlich -, wann er diese Entschädigung zurückgezahlt hat?

Not found (Staatssekretär:in)

Das will ich gerne tun.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Dann kommen wir zur Frage 20 der Kollegin Andrea Voßhoff: Welche Konsequenzen zieht Bundeskanzler Gerhard Schröder aus den Ergebnissen der Einsicht in die staatsanwaltschaftlichen Akten der sog. Veba-Immobilien-Affäre durch den Rechtsanwalt von Bundesminister Bodo Hombach, wonach die in den Akten enthaltenen Aussagen von Zeugen und Beschuldigten ein anderes Bild über das Hausbaugeschehen von Bundesminister Bodo Hombach vermitteln, als es Bundesminister Bodo Hombach für richtig hält? Bitte sehr, Herr Staatssekretär.

Not found (Staatssekretär:in)

Die Frage richtet sich darauf, welche Konsequenzen der Bundeskanzler aus den Ergebnissen der Einsicht in die staatsanwaltschaftlichen Akten der sogenannten Veba-Immobilien-Affäre usw. zieht. Unsere Antwort lautet: Keine. Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß der Bundeskanzler selbst keine Akteneinsicht genommen hat. Das ging bereits aus meinen Antworten hervor, die ich zur vorletzten Frage gegeben habe. Der Bundeskanzler weiß aber, daß niemand vor falschen Anschuldigungen gefeit ist. Er weiß auch, daß Bundesminister Hombach durch Einholung von Gutachten die Vorwürfe im Detail widerlegt hat.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Die erste Zusatzfrage, Frau Kollegin.

Andrea Astrid Voßhoff (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003253, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Können Sie mir sagen, wann Bundeskanzler Schröder Kenntnis - sei es direkt oder indirekt - von dem Inhalt der Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Bochum erhielt?

Not found (Staatssekretär:in)

Das kann ich Ihnen nicht mit Tag und Datum sagen. Aber es hat - davon gehe ich aus Volker Kauder nach der Einsichtnahme durch den Rechtsanwalt von Herrn Hombach und nach der Übermittlung der Ergebnisse dieser Akteneinsichtnahme zwischen Herrn Hombach und dem Bundeskanzler irgendwann ein Gespräch stattgefunden.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Die zweite Zusatzfrage, Frau Kollegin.

Andrea Astrid Voßhoff (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003253, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wann war Bundeskanzler Schröder erstmals mit den Vorgängen bezüglich des Hausbaus von Herrn Hombach befaßt?

Not found (Staatssekretär:in)

Zum Zeitpunkt, als dies im vergangenen Jahr erstmals durch die Presse ging.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Herr Staatssekretär Steinmeier, vielen Dank für die Beantwortung der Fragen. Ich rufe nun den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes auf. Zur Beantwortung ist Staatsminister Ludger Volmer anwesend. Die Fragen 21 und 22 werden schriftlich beantwortet. Wir kommen zur Frage 23 des Kollegen Werner Siemann: Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, daß es Kräfte in der Bundesrepublik Jugoslawien gibt, die darauf hinwirken, daß Präsident Milosevic sein Amt niederlegt, und wie bewertet die Bundesregierung die Erfolgsaussichten? Herr Staatsminister, bitte.

Not found (Gast)

Herr Kollege Siemann, Sie fragten, inwieweit wir Erkenntnisse über oppositionelle Bestrebungen in Belgrad haben. Unsere Antwort lautet: Die Heilige Bischofssynode der Serbisch-Orthodoxen Kirche hat in einer Erklärung vom 15. Juni 1999 Präsident Milosevic und die gegenwärtige Regierung Jugoslawiens aufgefordert, sich im Interesse des Volkes und seiner Rettung zum Rücktritt zu entschließen. Der montenegrinische Präsident Milo Djukanovic hat in den letzten Wochen wiederholt erklärt, daß eine Fortführung der Politik von Präsident Milosevic den Fortbestand der Bundesrepublik Jugoslawien gefährde. Dieser Auffassung haben sich zahlreiche montenegrinische Politiker ebenso wie Vertreter der demokratischen Opposition in Serbien angeschlossen. Die Bundesregierung betrachtet diese Meinungsäußerungen als Ausdruck wachsender Unzufriedenheit in der Bundesrepublik Jugoslawien mit den Ergebnissen der Politik von Präsident Milosevic.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege, bitte sehr.

Werner Siemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003236, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, gibt es konkrete Erkenntnisse der Bundesregierung darüber, wer Milosevic tatsächlich, wenn er einmal nicht mehr an der Regierung wäre, nachfolgen könnte?

Not found (Gast)

Solche Erkenntnisse haben wir nicht. Die Bundesregierung sowie alle anderen westlichen Staaten versuchen, den Kontakt zu Oppositionspolitikern so weit zu entwickeln und auszubauen, daß in diesem Kreise über kurz oder lang eine alternative Führungsfigur für Serbien und Jugoslawien aufgebaut werden kann.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Dann kommen wir zur Frage 24 des Kollegen Siemann: Was unternimmt die Bundesregierung, um zu erreichen, daß der jugoslawische Präsident Milosevic sein Amt aufgibt? Herr Staatsminister, bitte.

Not found (Gast)

Herr Siemann, Sie fragen danach, was die Bundesregierung unternimmt, damit Milosevic sein Amt aufgibt. Das habe ich im Grunde schon mitbeantwortet. Die Bundesregierung setzt sich gemeinsam mit den westlichen Partnern dafür ein, den politischen Meinungsbildungsprozeß in der Bundesrepublik Jugoslawien dahin gehend zu beeinflussen, daß sich dort die Überzeugung von der Notwendigkeit eines Wechsels der politischen Führung durchsetzt. Dies könnte man im einzelnen ausführen. Ich möchte Sie bitten, Ihre Kollegen aus dem Auswärtigen Ausschuß über Einzelheiten zu befragen, denn wir haben heute morgen im Auswärtigen Ausschuß sehr ausführlich über dieses Thema gesprochen.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Die Frage 25 wird schriftlich beantwortet. Herr Staatsminister, wir bedanken uns für die Beantwortung der Fragen. Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern. Zur Beantwortung steht Frau Parlamentarische Staatssekretärin Dr. SonntagWolgast zur Verfügung. Die Frage 26 wird schriftlich beantwortet. Wir kommen zur Frage 27 des Kollegen Norbert Barthle: Wie bewertet die Bundesregierung die Gefahr durch das sogenannte „Jahr-2000-Problem“ für die Bundesrepublik Deutschland, insbesondere auch hinsichtlich der Computer und Datenverarbeitungssysteme in der öffentlichen Verwaltung, und hat die Bundesregierung das Erforderliche unternommen, um mögliche Sicherheitsrisiken im Bereich der öffentlichen Verwaltung auszuschließen? Frau Staatssekretärin, bitte.

Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002191

Herr Kollege Barthle, Sie fragten danach, wie die Bundesregierung die Gefahr durch das sogenannte Jahr-2000-Problem für die Bundesrepublik einschätze, insbesondere hinsichtlich der Computer und der Datenverarbeitungssysteme in der öffentlichen Verwaltung. Sie fragten auch, ob die Bundesregierung das Erforderliche unternommen habe, um mögliche Risiken im Bereich der öffentlichen Verwaltung auszuschließen. Die Bundesregierung antwortet darauf wie folgt: Die Bundesregierung hat seit 1996 auf verschiedenen Ebenen Organisationsstrukturen zur Behandlung des Jahr2000-Problems eingerichtet, wie zum Beispiel die interministerielle Task-force beim Wirtschaftsministerium und den ebenfalls beim Wirtschaftsministerium angesiedelten Sachverständigenkreis. Die Bundesverwaltung stimmt die erforderlichen Maßnahmen unter Federführung des BMI im sogenannten Interministeriellen Koordinierungsausschuß für Informationstechnik, IMKA, ab. Bund und Länder kooperieren in den einschlägigen Arbeitskreisen der Innenministerkonferenz, im „Kooperationsausschuß ADV Bund/Länder/Kommunaler Bereich“ und in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Jahr 2000“ der Senats- und Staatskanzleien der Länder. Die Bundesverwaltung wird hinsichtlich der technischen Systeme den Jahrtausendwechsel voraussichtlich ohne nennenswerte Beeinträchtigungen bewältigen. Durch Einrichtung von Notfallprogrammen und Bereitschaftsdiensten sind ungeachtet dessen Vorkehrungen gegen Ausfälle getroffen worden. Weitere Einzelheiten, unter anderem zum Vorbereitungsstand in den Landes- und Kommunalverwaltungen, sind - Sie werden sich erinnern - im Fortschrittsbericht der Bundesregierung zum Jahr-2000-Problem, der am 21. April dieses Jahres vom Kabinett angenommen wurde, ausführlich dargestellt. So weit die Antwort auf diese Frage des Kollegen Barthle.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege, bitte.

Norbert Barthle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003033, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, ich danke für die sehr informative Beantwortung und habe nur eine kleine Nachfrage: Gelten die Aussagen bezüglich der IMKA für alle Zuständigkeitsbereiche inklusive Polizei, Verteidigung und Verkehr?

Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002191

So ist es; dies wird für alle Ressorts ausgesprochen. Wo noch Koordinierungsbedarf besteht, sind die Arbeitsgruppen weiter tätig. Die Arbeiten werden aber zu gegebener Zeit, auf jeden Fall rechtzeitig vor dem bewußten Datum, dem 1. Januar 2000, abgeschlossen sein.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Keine weitere Zusatzfrage. Dann rufe ich die Frage 28 des Kollegen Dr. Martin Mayer auf: Bis wann ist die Bundesregierung in der Lage, den Abgeordneten die Antworten auf schriftliche Fragen an die Bundesregierung auf Wunsch auch über elektronische Post ({0}) zuzusenden? Frau Staatssekretärin, bitte.

Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002191

Herr Kollege Mayer, Sie fragten danach, bis wann die Bundesregierung in der Lage sei, den Abgeordneten die Antworten auf schriftliche Fragen an die Bundesregierung auf Wunsch auch über elektronische Post, E-Mail, zuzusenden. Ich erinnere mich, daß wir diese Thematik in der letzten Legislaturperiode in der Enquete-Kommission „Zukunft der Medien“ öfter behandelt haben. Die Bundesregierung antwortet wie folgt: Da die Ministerien und obersten Bundesbehörden über E-Mail erreichbar sind, sehen wir keine Hinderungsgründe dafür, Abgeordneten ab sofort die Antworten auf schriftliche Fragen an die Bundesregierung auf Wunsch auch über elektronische Post, also in Form von E-Mails zuzusenden. Ich nehme Ihre Frage aber zum Anlaß, mit den Ressorts einen Termin abzustimmen, ab dem dieser zusätzliche Kommunikationsweg wirklich allen offensteht. Über das Ergebnis werden wir dem Deutschen Bundestag berichten.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Die erste Zusatzfrage, Herr Kollege, bitte sehr.

Dr. Martin Mayer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001448, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, ist Ihnen bekannt, daß bisher zwar freundlicherweise Disketten mitgeschickt wurden, daß es aber nicht möglich war, die Antworten per E-Mail zu erhalten, und daß damit letztlich eine große Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit der Bundesregierung besteht, die einerseits von jedem Schüler verlangt, daß er mit E-Mails umgehen kann, selber aber nicht in der Lage ist, derartige E-Mails zu versenden?

Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002191

Von diesen Problemen haben wir gehört. Das war auch Anlaß, noch einmal zu sagen, daß mit allen Ressorts abgestimmt werden muß, wo diese Kommunikationswege noch stocken. Ich kann nur für unser Haus, das Bundesministerium des Innern, und für die oberen Behörden, die uns nachgeordnet sind, sagen, daß dies ab sofort möglich ist.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Die zweite Zusatzfrage, Herr Kollege.

Dr. Martin Mayer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001448, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Können Sie ein Beispiel benennen, daß einem Abgeordneten schon eine Antwort per E-Mail übermittelt worden ist?

Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002191

Wollen Sie jetzt den Namen eines Kollegen wissen?

Dr. Martin Mayer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001448, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Nein, ich möchte wissen, ob schon vor meiner Frage jemals einem Abgeordneten eine Antwort per E-Mail übermittelt worden ist.

Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002191

Wir werden dies prüfen und Ihnen dann eine Antwort zukommen lassen.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Ich danke der Frau Staatssekretärin Dr. Sonntag-Wolgast für die Beantwortung der Fragen. Ich rufe nun den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen auf. Zur Beantwortung der Fragen steht Frau Staatssekretärin Barbara Hendricks zur Verfügung. Die Frage 29 wird schriftlich beantwortet. Ich rufe also die Frage 30 des Kollegen Matthäus Strebl auf: Wie beurteilt die Bundesregierung die Möglichkeit, das Erziehungsgeld zu kürzen, um den Kinderfreibetrag anzuheben, und plant die Bundesregierung, die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nur durch die Anhebung des Kinderfreibetrags zu erfüllen? Frau Staatssekretärin, bitte.

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Herr Kollege Strebl, heute hat die Bundesregierung die Eckwerte des Konzepts zur gesetzgeberischen Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts vorgelegt. Zur Entlastung der Familien wird die Bundesregierung den Entwurf eines Familienentlastungsgesetzes erarbeiten, der unter Berücksichtigung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts folgende Maßnahmen enthalten wird: In einer ersten Stufe wird ein einheitlicher Betreuungsfreibetrag von 3 024 DM für Kinder bis 16 Jahre zusätzlich zum bisherigen Kinderfreibetrag unter Anrechnung des Kindergeldes eingeführt. Der bisher mögliche Abzug von Kinderbetreuungskosten entfällt. Das Kindergeld für erste und zweite Kinder wird um 20 DM von 250 DM auf 270 DM monatlich angehoben. Ich darf in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, daß die Koalitionsfraktionen und die Bundesregierung somit dafür sorgen, daß innerhalb von nur zwölf Monaten das Kindergeld für erste und zweite Kinder um 50 DM steigt. ({0}) Mit diesen Verbesserungen wird den Anforderungen des Familienurteils des Bundesverfassungsgerichts für die Jahre 2000 und 2001 voll und ganz Rechnung getragen. Der Ansatz für das Erziehungsgeld im Bundeshaushalt 2000 ist in der gleichen Höhe ausgebracht wie für das Jahr 1999. Eine Kürzung des Erziehungsgeldes findet nicht statt.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Keine Zusatzfrage. Die Frage 31 wird schriftlich beantwortet. Wir kommen damit zur Frage 32 des Kollegen Strobl: Plant die Bundesregierung die Streichung der steuerlichen Absetzbarkeit der Bewirtungsspesen, und wie beurteilt die Bundesregierung die Kritik des Hotel- und Gaststättenverbandes, daß durch eine solche Maßnahme „einer noch halbwegs funktionierenden Branche der Dolchstoß versetzt würde“ ({0})? Bitte sehr, Frau Staatssekretärin.

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Nein.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Keine Zusatzfrage. Die Frage 33 wird schriftlich beantwortet. Damit bedanken wir uns bei der Frau Staatssekretärin Hendricks für die Beantwortung der Fragen. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie. Die Fragen 34, 35, 36, 39, 40 und 41 werden schriftlich beantwortet. Die Fragen 37 und 38 wurden zurückgezogen. Damit rufe ich den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung auf. Zur Beantwortung der Fragen ist die Kollegin Staatssekretärin Ulrike Mascher anwesend. Die Fragen 42 und 43 des Kollegen Johannes Singhammer sowie die Frage 44 des Kollegen Dietrich Austermann werden schriftlich beantwortet. Nun kommen wir zur Frage 45 der Kollegin Birgit Schnieber-Jastram: Wie begründet die Bundesregierung die Tatsache, daß es seit Januar 1999 keine neuen Angaben über die Entwicklung der Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland gibt und die Fortschreibung der monatlichen Entwicklung der Zahl der Erwerbstätigen zuletzt im Februar 1999 erfolgte? Frau Staatssekretärin, bitte.

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Frau Kollegin Schnieber-Jastram, die neue Datenerfassungs- und -übermittlungsverordnung wurde am 10. Februar 1998 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Mit ihrem Inkrafttreten zum 1. Januar 1999 haben sich beim allgemeinen Meldeverfahren zur Sozialversicherung Verzögerungen und Fehler im Datenfluß eingestellt. In erster Linie ist dies auf den Umstand zurückzuführen, daß viele Arbeitgeber auch nach dem Stichtag 1. Januar 1999 noch das alte Meldeverfahren angewendet haben. Dies hat dazu geführt, daß nach anfänglich völligem Stillstand bisher nur etwa 60 Prozent der ansonsten üblichen Datenmenge bei der Bundesanstalt für Arbeit eingegangen ist und somit eine Auswertung des Datenmaterials nur unplausible Ergebnisse liefern würde. Da jedoch die monatlichen Schätzungen des Statistischen Bundesamtes zu den Erwerbstätigen, insbesondere für den Jahreswechsel, in hohem Maße auf den Ergebnissen der Beschäftigtenstatistik der Bundesanstalt für Arbeit beruhen, konnten diese für Januar 1999 nicht mehr ermittelt und veröffentlicht werden.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Den Wunsch nach einer Zusatzfrage gibt es nicht. Die Frage 46 wird schriftlich beantwortet. Frau Kollegin Mascher, damit sind Sie aus der Beantwortung für heute schon entlassen. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung auf. Zur Beantwortung der Fragen steht Frau Staatssekretärin Brigitte Schulte zur Verfügung. Ich rufe die Frage 47 des Kollegen Wolfgang Gehrcke auf. - Er ist nicht da. Damit brauchen wir die Frage nicht zu behandeln. Das gilt auch für die Frage 48 des Kollegen Wolfgang Gehrcke. Es wird verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen. Ich rufe die Frage 49 des Kollegen Klaus Rose auf: Welche Zukunft sieht die Bundesregierung für die Standortbekleidungskammern der Bundeswehr, und welche Möglichkeiten sieht sie insbesondere für den Fortbestand der Standortbekleidungskammer in Kirchham? Frau Staatssekretärin, bitte sehr.

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Herr Kollege Rose, als jemand, der auf diesem Gebiet fachlich besonders versiert ist - schließlich sind Sie mein Vorgänger in diesem Amt gewesen -, haben Sie nach der Aufgabe der Standortbekleidungskammern, vor allem nach der Regelung für die Standortbekleidungskammer in Kirchham, gefragt. Sie wissen, daß die Standortbekleidungskammern ihre Aufgabe im wesentlichen darin sehen, Berufs- und Zeitsoldaten, Wehrpflichtige und Reservisten der Bundeswehr ein- und auszukleiden. Diese Aufgabe werden sie natürlich auch in der Zukunft wahrnehmen. Der Bundesrechnungshof hat aber bei einer Überprüfung festgestellt, daß einige Standortbekleidungskammern wegen zu geringer Auslastung mit anderen Standortbekleidungskammern zusammengelegt werden sollten. - Sie kennen dieses Gutachten, weil Sie damals im Verteidigungsministerium dafür zuständig waren. - Die Standortbekleidungskammer Kirchham in Passau gehört zu diesen vom Rechnungshof genannten kleinsten Kammern. Nach seinen Empfehlungen sind Standortbekleidungskammern nur dann gerechtfertigt, wenn mindestens 2 700 Ein- und Auskleidungen jährlich stattfinden und darüber hinaus eine Versorgungsstärke von zirka 2 300 Soldaten nicht unterschritten wird. Beide Voraussetzungen sind - leider - für den Standort Kirchham bei weitem nicht gegeben. In Kirchham sind nur zirka 600 Soldaten stationiert, und im vergangenen Jahr waren es lediglich 1 300 Reservisten und Rekruten, die aus- und eingekleidet worden sind. Im Zuge der Reorganisation der Territorialen Wehrverwaltung und der Neuorganisation der Standortbekleidungskammern wäre deshalb ein Fortbestand der Standortbekleidungskammer Kirchham in Passau wirtschaftlich nicht gerechtfertigt. Es ist deshalb geplant - Sie werden das sicherlich bedauern -, ihre Aufgaben der Standortbekleidungskammer in Bogen zu übertragen.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Erste Zusatzfrage, Herr Kollege, bitte sehr.

Dr. Klaus Rose (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001882, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, als Mitglied einer Bundesregierung, die unter dem Motto, nicht alles anders, aber vieles besser machen zu wollen, angetreten ist, frage ich Sie, ob Sie es im Interesse der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an diesem Standort nicht besser machen möchten. Diese setzen alle ihre Hoffnungen in die neue Bundesregierung.

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Sehr geehrter Herr Kollege Rose, natürlich bemüht sich eine neue Bundesregierung, vieles besser zu machen. Aber Sie wissen, daß die Rechnungshöfe unabhängig von Regierung und Parlament arbeiten. Der Bundesrechnungshof hat natürlich die Aufgabe, darauf zu achten, daß die Mittel der Steuerzahler sinnvoll ausgegeben werden. So ist es verständlich, daß wir aufgefordert werden, kleine Einheiten zu überprüfen und gegebenenfalls mit größeren zusammenzulegen. Ich persönlich habe eine große Sympathie für kleinere Einheiten, weil die persönliche Betreuung und der Umgang mit den Menschen dort besser möglich sind. In diesem Fall werden wir uns aber, wie auch unsere Vorgängerregierung, dem Sachzwang zu beugen haben.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Der Wunsch nach einer zweiten Zusatzfrage besteht nicht. Ich rufe die Frage 50 des Kollegen Rose auf: Sieht die Bundesregierung bei der bisherigen Vorgehensweise zur Auflösung von Standortbekleidungskammern einen Verstoß gegen die Grundsätze des Bundespersonalvertretungsgesetzes, besonders gegen die §§ 72 und 78? Frau Staatssekretärin, bitte.

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Herr Kollege Rose, nach § 78 Abs. 1 Nr. 2 des Bundespersonalvertretungsgesetzes hat der Personalrat unter anderem bei der Auflösung, Verlegung und Zusammenlegung von Dienststellen oder wesentlichen Teilen von ihnen mitzuwirken. Die Standortbekleidungskammern sind organisatorischer Bestandteil der Standortverwaltung. Um den „wesentlichen Teil“ einer Dienststelle handelt es sich nach dem Gesetz nur dann, wenn dieser Teil in organisatorischer und räumlicher Hinsicht eine gewisse Selbständigkeit besitzt und seine Aufgabenstellung für die gesamte Dienststelle von prägender Bedeutung ist. Seine Auflösung muß die Restdienststelle, hier also die Standortverwaltung, derParl. Staatssekretärin Ulrike Mascher maßen verändern, daß sie sich als Folge der Organisationsmaßnahmen zu einer in ihrem Wesen anderen Dienststelle wandelt. Diese Rechtsauffassung wird - wie Sie schon an der Sprache erkennen können - durch die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gestützt. Die Standortbekleidungskammer ist danach nicht „wesentlicher Teil“ der Standortverwaltung, denn die Aufgabenstellung der Standortbekleidungskammer ist für die Gesamtdienststelle nicht von prägender Bedeutung. Sie ist lediglich Bestandteil des Teilsachgebiets III 2, „Bekleidung“. Bei der organisatorischen Auflösung von Standortbekleidungskammern oder bei der Zusammenlegung mit anderen Dienststellen ist daher die Mitwirkung des Personalrats unter Beachtung der Vorschriften des Bundespersonalvertretungsgesetzes nicht vorgesehen. Allerdings ist der Personalrat bei Personalmaßnahmen im Rahmen der Mitbestimmung zu beteiligen.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege? - Bitte sehr.

Dr. Klaus Rose (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001882, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, mir ist die Meinung der ÖTV immer wichtig: Da sie mir geschrieben hat, daß hier ein Verstoß gegen das Personalvertretungsgesetz bzw. sonstige Bestimmungen gegeben ist, frage ich Sie, ob ich Ihrer Antwort entnehmen und der ÖTV mit Ihrer Erlaubnis mitteilen darf, daß die jetzige Bundesregierung nicht der Meinung ist, daß hier gegen Grundsätze des Personalvertretungsgesetzes gehandelt wird.

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Ihnen wird die ÖTV das natürlich nicht glauben. Sie pflegt aber selbstverständlich auch engen Kontakt mit dieser Bundesregierung, mit dem Bundesminister der Verteidigung, Herrn Rudolf Scharping, dem die ÖTV Straubing selbst geschrieben hat, und mit der vor Ihnen stehenden Kollegin, die sich besonders um die Vertretung der Arbeitnehmer bemüht. Natürlich haben wir alles geprüft. Ich kann festhalten, daß eine sozial verträgliche Regelung für die Inhaber der elf Dienstposten - davon sind vier Halbtagskräfte - gesucht wird. Ein Mitarbeiter scheidet am 30. Juni 1999 aus. Die anderen sollen sozial verträglich auf derzeit freien und freiwerdenden Dienstposten in Kirchham untergebracht werden. Wir haben im Rahmen unserer Möglichkeiten alles getan, damit es nicht zu einem Ortswechsel, sondern nur zu einem Arbeitsplatzwechsel kommt.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Noch eine Zusatzfrage? - Bitte sehr, Herr Kollege Rose.

Dr. Klaus Rose (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001882, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, wären Sie so nett, zur Kenntnis zu nehmen, daß die ÖTV zwar dem Minister geschrieben und auch Abschriften dieses Briefes an mehrere Abgeordnete verschiedener Fraktionen des Deutschen Bundestages geschickt hat, sich aber nur der Abgeordnete der CSU dieser Frage angenommen hat?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Das erkenne ich, lieber Kollege Rose, gerne an. Nach den vielen Jahren der Zusammenarbeit im Parlament geniere ich mich nicht, zu sagen, daß Sie sich in der Zeit, in der wir zusammen im Haushaltsausschuß des Bundestages tätig waren, ganz besonders der sozialen Belange der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer angenommen haben. Ich finde das sehr erfreulich. Ich kann den Arbeitnehmervertretern zu „ihrem“ Abgeordneten nur gratulieren und hoffe, daß sich die anderen Abgeordneten, wenn sie es denn noch nicht getan haben, daran ein Beispiel nehmen.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Vielen Dank, Frau Staatssekretärin, für die Beantwortung der Fragen. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen auf. Zur Beantwortung ist Herr Staatssekretär Scheffler anwesend. Ich rufe die Frage 51 des Kollegen Hans-Joachim Fuchtel auf. - Ich stelle fest, daß der Abgeordnete nicht da ist. Somit wird verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen. Das gilt auch für die Frage 52. Die Fragen 53 und 54 werden schriftlich beantwortet. Nun kommen wir zur Frage 55 des Kollegen Wolfgang Dehnel: Beabsichtigt die Bundesregierung, ein besonderes Programm zur Finanzierung des kommunalen Straßenbaus in den neuen Bundesländern zu erarbeiten, und wenn ja, würde dieses mit Mitteln aus dem Bundeshaushalt finanziert werden? Herr Staatssekretär, bitte.

Siegfried Scheffler (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001952

Werter Kollege Dehnel, Sie fragen, ob die Bundesregierung bei einem Programm zur Finanzierung des kommunalen Straßenbaus hilfreich zur Seite stehen kann. Darauf möchte ich antworten, daß der Bund nach dem Grundgesetz die Regelungskompetenz für Bundesfernstraßen, nicht aber für den kommunalen Straßenbau hat. Die Erarbeitung eines besonderen Bauprogramms für kommunale Straßen ist ihm deshalb verwehrt. Den jeweiligen Straßenbaulastträgern obliegen Planung und Finanzierung ihrer Straßenbauvorhaben in eigener Verantwortung. Einer Finanzierung von kommunalen Straßenbauvorhaben durch den Bundeshaushalt steht Art. 104 a des Grundgesetzes entgegen.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege? - Bitte sehr.

Wolfgang Dehnel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000366, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, es ist mir bekannt, daß normalerweise die Landesregierungen bzw. die Kommunen verantwortlich sind. Aber Ihnen ist ja auch bekannt, daß die Kommunen in den neuen Bundesländern noch enorme Zahlungsschwierigkeiten haben und noch nicht die finanziellen Mittel aufbringen können wie die Altbundesländer. Ihnen ist auch bekannt, daß die Kommunen gerade in den neuen Bundesländern Unterstützung brauchen, da sie enorme Schwierigkeiten mit Brücken und Straßen haben, die über 100 Jahre alt sind und auf Grund des seit ihrem Bau verzehnfachten Verkehrs enormen Belastungen ausgesetzt sind. Ist Ihnen bekannt, daß die vorherige Bundesregierung die Kommunen in den neuen Bundesländern deshalb mit mehreren 100 Millionen DM unterstützt hat? Meine Mutter hat immer gesagt: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. - Sieht auch die Bundesregierung einen Weg, dort zu helfen?

Siegfried Scheffler (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001952

Werter Kollege Dehnel, mir ist natürlich bekannt, inwieweit die alte Bundesregierung in den vergangenen acht Jahren die Finanzierung entsprechend der Gesetzeslage unterstützt hat. Sie haben mehrere Punkte angesprochen, zum Beispiel die Finanzierung von Straßenbrücken bzw. Brükken über Schienenverkehrsanlagen. Sie wissen, daß sich gerade die Abgeordneten aus den neuen Ländern, gemeinsam mit dem Berichterstatter der SPD-Fraktion in der vergangenen Legislaturperiode, Herrn Lothar Ibrügger, der jetzt Parlamentarischer Staatssekretär ist, parteiübergreifend dafür eingesetzt haben, daß das Eisenbahnkreuzungsgesetz hier zur Anwendung kommt und daß die entsprechenden Maßnahmen - so eine Regelung seitens der alten Bundesregierung - vom Bund, von der DB AG, aber auch von den Ländern gefördert werden. Das, was Sie angesprochen haben, ist natürlich keine Schenkung. Wir haben mehrere Förderinstrumente, um den Kommunen in dem Bereich zu helfen, zum Beispiel die Mittel nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz, die auch die neue Bundesregierung trotz fehlenden Gesetzesrahmens für 1999 und auch für 2000 auf hohem Niveau eingeplant hat. Diese Förderung wird also kontinuierlich fortgesetzt. Wir müssen aber mit Blick auf den Haushalt 2000 abwarten, wie wir zusätzliche Maßnahmen fördern. Doch noch einmal: Es gab auch in der alten Bundesregierung keine Schenkungen. Alles hatte den entsprechenden gesetzlichen Hintergrund.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Zusatzfrage, Herr Kollege, bitte sehr.

Wolfgang Dehnel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000366, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Trifft es zu, daß die Bundesregierung ein Brückensanierungsprogramm gerade für besonders betroffene Regionen plant bzw. ausarbeiten läßt?

Siegfried Scheffler (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001952

Der Finanzrahmen des Bundes ist beschränkt, auch nach der heutigen Sitzung des Kabinetts. Wir müssen den endgültigen Haushalt abwarten, der nach der Sommerpause vorliegen wird und vom Parlament bestätigt werden muß. Sie wissen, daß wir die Verkehrsprojekte „Deutsche Einheit“, Maßnahmen im Vordringlichen Bedarf - seien es Schienenverkehrsprojekte, seien es Bundesfernstraßenprojekte, bei denen wir eine erhebliche Unterfinanzierung haben - und durch erste Spatenstiche schon eingeleitete Maßnahmen finanziell absichern. Dann könnten die Länder einen entsprechenden Antrag stellen. Dann könnte man sich weiter darüber unterhalten. Natürlich gibt es Finanzengpässe. Aber auch Art. 104 a des Grundgesetzes ist zu beachten.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Die Frage 56 wird schriftlich beantwortet, ebenso die Frage 57. Ich rufe die Frage 58 des Kollegen Bernward Müller auf: Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die Europäische Union für den Aufbau von transeuropäischen Verkehrsnetzen zusätzlich weitere Mittel bereitstellen könnte, wenn die EU aus dem Strukturfonds bereits mit 3 Mrd. DM Verkehrsprojekte in den neuen Bundesländern fördert, die nicht zu den transeuropäischen Netzen zählen? Herr Staatssekretär, bitte sehr.

Siegfried Scheffler (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001952

Ihre Frage möchte ich wie folgt beantworten: Die Bundesregierung sieht keinen Widerspruch in der Aufstockung der TEN-Mittel - also der Mittel für die transeuropäischen Verkehrsnetze - für den Zeitraum 2000 bis 2006 auf insgesamt 4 Milliarden Euro und der möglichen Förderung von Verkehrsinfrastrukturvorhaben aus EUStrukturfondsmitteln, da jeweils unterschiedliche EURechtsgrundlagen gelten. Vorhaben des transeuropäischen Verkehrsnetzes sind nur ein möglicher Förderschwerpunkt, an dem sich der Europäische Fonds für regionale Entwicklung in den Ziel-1-Gebieten beteiligen kann. Im übrigen möchte ich darauf hinweisen, daß die von der Bundesregierung beabsichtigte Förderung von Verkehrsinfrastrukturvorhaben des Bundes im Rahmen der EU-Strukturfonds überwiegend transeuropäische Projekte umfaßt und in Deutschland erstmalig ab dem Jahr 2000 erfolgen soll. Eine positive Entscheidung der EGKommission ist natürlich Voraussetzung.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Zusatzfrage, Herr Kollege, bitte sehr.

Bernward Müller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003194, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, bisher wurden Mittel des Europäischen Strukturfonds für Projekte, die nicht zu den transeuropäischen Verkehrsnetzen gehörten, den Ländern überwiesen. Das ist diesmal nicht der Fall. Sie entziehen den Ländern damit finanzielle Mittel. Sind dafür Kompensationen aus dem Bundeshaushalt vorgesehen?

Siegfried Scheffler (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001952

Mir ist nicht bekannt - das möchte ich ausdrücklich zurückweisen -, daß den Ländern, insbesondere den neuen Bundesländern, Mittel entzogen werden. Die entsprechenden Projekte werden fortgeschrieben. Es werden sogar neue Projekte ins Leben gerufen. Ich darf nur das Beispiel des Flughafens Berlin/Brandenburg nennen, der in den Vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans eingestellt worden ist. Die alte Bundesregierung hatte für dieses Projekt weder in der kurzfristigen noch in der mittelfristigen Finanzplanung - bis zum Jahr 2007 keine einzige Mark vorgesehen. Insofern sind die jetzigen Mittel aus dem Bundeshaushalt zusätzliche Mittel. Ich möchte betonen, daß mit der Entscheidung des Bundeskabinetts vom 26. Mai 1999 erstmals ein Grundsatzbeschluß zur Aufstellung eines Bundesprogramms „Verkehrsinfrastruktur in Ziel-1-Gebieten“ verabschiedet wurde. Im Rahmen dieses Beschlusses werden zusätzliche Mittel, nämlich 3 Milliarden DM, aus dem entsprechenden EU-Topf herangezogen.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Eine Zusatzfrage, bitte sehr.

Manfred Grund (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002667, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie haben bestätigt, daß der Europäische Rat zusätzliche Mittel für transeuropäische Verkehrsnetze zur Verfügung stellt. Wie erklären Sie dann, daß ein planfestgestelltes Projekt in Deutschland, das zu den transeuropäischen Verkehrsnetzen gehört und das baureif ist, nämlich die ICE-Strecke zwischen Nürnberg und Erfurt, zurückgestellt wird - mit der Perspektive, daß Ende nächsten Jahres der Planfeststellungsbeschluß verfällt, obwohl der Europäische Rat zusätzliche Mittel zur Verfügung stellt?

Siegfried Scheffler (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001952

Gemäß Art. 1 stellen die Leitlinien über die transeuropäischen Netze nur einen allgemeinen Bezugsrahmen dar, durch den die Maßnahmen der Mitgliedstaaten und gegebenenfalls die gemeinschaftlichen Maßnahmen, die auf die Durchführung von Vorhaben von gemeinsamem Interesse zur Sicherstellung der Kohärenz, der Verknüpfung und der Interoperabilität des transeuropäischen Verkehrsnetzes sowie auf den Zugang zu diesem Netz ausgerichtet sind, gefördert werden sollen. Mir ist auch bekannt, was der Verkehrsausschuß des Bundesrates heute entschieden hat und wie seine Empfehlung an den Bundesrat lautet. Mir ist nicht bekannt, daß die Bundesrepublik Deutschland, insbesondere der Minister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen das transeuropäische Netz Malmö - Verona grundsätzlich in Frage stellt. Hier könnte es einen qualifizierten Zwischenschritt geben. Insofern hält auch diese Bundesregierung an dem transeuropäischen Vorhaben fest.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Ich rufe die Frage 59 der Kollegin Claudia Nolte auf. - Sie ist nicht da. Es wird verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen. Ich rufe die Frage 60 der Kollegin Vera Lengsfeld auf: Kann die Bundesregierung bestätigen, daß der EUFördermittelanteil für grenzüberschreitende transeuropäische Verkehrsnetze bis zu 20 Prozent betragen kann, und wenn nicht, wie hoch ist der maximal mögliche Förderbetrag der EU? Herr Staatssekretär, bitte.

Siegfried Scheffler (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001952

Die Frage, ob der EU-Fördermittelanteil für grenzüberschreitende transeuropäische Verkehrsnetze bis zu 20 Prozent betragen kann, beantworte ich mit einem klaren Nein. Der Fördersatz für transeuropäische Projekte beträgt auch nach der am 7. Juli 1999 vom Europäischen Rat verabschiedeten Änderung der TEN-Zuschußverordnung grundsätzlich 10 Prozent bei Investitionen und 50 Prozent bei Studien. Lediglich der Zuschuß für Investitionen in satellitengestützte Ortungs- und Navigationssysteme kann gemäß den TEN-Leitlinien ab dem Jahr 2003 nach jeweiliger Zustimmung durch die Mitgliedstaaten auf bis zu 20 Prozent erhöht werden. Für den durch die Bundesregierung immer unterstützen Vorschlag der EU-Kommission, grenzüberschreitende TEN-Projekte mit bis zu 20 Prozent zu fördern, gab es im Europäischen Rat keine Mehrheit.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Zusatzfrage, Frau Kollegin? - Nein. Dann rufe ich die Frage 61 des Kollegen Manfred Grund auf: Wie viele Fördermittel der Europäischen Union kann die Bundesregierung für die Realisierung der Hochgeschwindigkeitsschienenverbindung „Verona-München-Erfurt-Halle/Leipzig-Berlin-Malmö“ auf deutschem Boden ({0}) einsetzen, und welche Mittel stehen für alle transeuropäischen Verkehrswege insgesamt zur Verfügung?

Siegfried Scheffler (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001952

Wenn Sie, Kollege Grund, gestatten, dann möchte ich die Fragen 61 und 62 im Zusammenhang beantworten.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Geht das in Ordnung? - Dann rufe ich auch die Frage 62 des Kollegen Grund auf: Hält die Bundesregierung die vom Europäischen Rat vorgeschlagene Möglichkeit einer öffentlich-privaten Mischfinanzierung des Verkehrsprojektes Deutsche Einheit Nr. 8 für realisierbar?

Siegfried Scheffler (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001952

Die Förderhöchstsätze der EU belaufen sich bei Investitionen in Verkehrsinfrastrukturvorhaben auf maximal 10 Prozent im Rahmen der Haushaltslinie „Transeuropäische Netze“ und 75 Prozent der zuschußfähigen öffentlichen Gesamtausgaben im Rahmen der EUStrukturförderung. Eine gemischte Förderung für gleiche Projekte oder Teilprojekte ist in der Regel ausgeschlossen. Für das VDE-Projekt Nr. 8 wurden zwischen 1995 und 1999 durch die EU-Kommission aus der Haushaltslinie TEN insgesamt 91,1 Millionen Euro als Investitionszuschüsse bewilligt. Davon entfallen 15,5 Millionen Euro auf das Verkehrsprojekt „Deutsche Einheit“, und zwar in diesem Fall auf das Teilprojekt 8.1 Nürnberg-Erfurt. Aussagen über mögliche Beantragungen weiterer Zuschüsse können erst nach erneuter Abstimmung getroffen werden. Insgesamt sieht die EUFinanzplanung 4,6 Milliarden Euro für TEN-Vorhaben im Zeitraum 2000-2006 vor, davon rund 90 Prozent für Verkehrsvorhaben. Eine Bezifferung der Mittel für TEN-Vorhaben aus den EU-Strukturfonds ist der Bundesregierung nicht möglich. Auf die Frage 62 antworte ich: Eine öffentlich-private Finanzierung des VDE-Projektes Nr. 8 hält die Bundesregierung für nicht realistisch.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Herr Kollege Grund, Ihre erste Zusatzfrage.

Manfred Grund (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002667, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie sprachen davon, daß 15,5 Millionen Euro für den Abschnitt 8.1, Nürnberg-Erfurt, des Verkehrsprojektes ausgegeben worden sind. Können Sie ausschließen, daß diese 15,5 Millionen Euro bei dem von Ihnen so genannten qualifizierten Zwischenschritt qualifiziert in den Sand gesetzt worden sind?

Siegfried Scheffler (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001952

Das muß ich zurückweisen. Wenn die Verbindung Erfurt mit der Bündelungstrasse südlich von Erfurt denn so kommt, ist das ein qualifizierter Zwischenschritt. Die Entscheidung dazu ist überhaupt noch nicht getroffen. Es wurde überhaupt nichts in den Sand gesetzt. Wie vom Kanzler und von Minister Franz Müntefering angekündigt, wird es keine Investruine geben. Zur Verdeutlichung will ich Ihnen sagen, wie sich die 91,1 Millionen Euro zusammensetzen: Wittenberg-Bitterfeld mit ausgezahlten 17,43 Millionen Euro, Elbequerung bei Wittenberg mit ausgezahlten 3,88 Millionen Euro, Gröbers-Leipzig mit ausgezahlten 6,40 Millionen Euro, Bündelungsabschnitt mit ausgezahlten 6,20 Millionen Euro und Knoten Berlin - der gehört auch dazu; das wird immer wieder verschwiegen - mit ausgezahlten 10,00 Millionen Euro. Bisher handelt es sich um eine Inanspruchnahme von insgesamt 43,91 Millionen Euro. Die insgesamt bewilligten Mittel belaufen sich auf 91,10 Millionen Euro.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Grund? - Bitte.

Manfred Grund (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002667, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, bisher sind wir immer mit der Aussage, daß dann das Kabinett beschlossen habe und dem Bundestag weitere Erkenntnisse vorgelegt werden würden, was die transeuropäischen Netze, aber auch die Verkehrsprojekte „Deutsche Einheit“ betrifft, auf den 30. Juni vertröstet worden. Nun sind wir so weit: Der Bundeskanzler ist heute auf der Bundespressekonferenz gewesen; der Haushalt 2000 liegt in groben Zügen vor. Welche Auswirkungen hat der Haushalt 2000 auf das Verkehrsprojekt 8.1 Nürnberg-Erfurt?

Siegfried Scheffler (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001952

Sie haben das Datum 30. Juni genannt. Anfang Juli werden wir entscheiden. Da der Haushalt in den einzelnen Ressorts gerade erst abgestimmt worden ist, können Sie nicht verlangen, daß die finanziellen Entscheidungen für die verkehrspolitischen Projekte heute schon vorliegen. Anfang Juli werden wir die Entscheidung der Bundesregierung dem Parlament vorlegen.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Eine weitere Zusatzfrage? - Herr Kollege, bitte sehr.

Manfred Grund (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002667, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Aber das Parlament tritt Anfang Juli nicht mehr zusammen. Heißt das, daß Sie das dem Parlament erst nach der Sommerpause mitteilen werden?

Siegfried Scheffler (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001952

Wir werden das nicht nach der Sommerpause machen. Vielmehr liegen die entsprechenden Veröffentlichungen Anfang Juli vor.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Keine weiteren Zusatzfragen mehr. Damit, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind wir am Ende der Fragestunde. Ich rufe den Zusatzpunkt 1 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der CDU/CSU Haltung der Bundesregierung zur Zukunft der sozialen Sicherungssysteme Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege Karl-Josef Laumann, CDU/CSU-Fraktion.

Karl Josef Laumann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001294, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute die, so glaube ich, seit Jahren wichtigste Aktuelle Stunde im Bereich der Sozialpolitik, geht es doch heute darum, über Wählertäuschung und Rentenbetrug zu reden. Ich habe bis vor wenigen Wochen geglaubt, daß es hier im Deutschen Bundestag unter Sozialpolitikern Übereinstimmung dahin gehend gibt, daß die SozialverParl. Staatssekretär Siegfried Scheffler sicherung etwas Wichtiges in diesem Lande ist, daß die Sozialversicherung davon lebt, daß Menschen Beiträge zahlen - oft über viele Jahrzehnte - und sie sich darauf verlassen können, daß in der Frage, was mit diesen Beiträgen geschieht, fest vereinbarte Spielregeln gelten. ({0}) Das stimmt seit heute nicht mehr: Herr Riester - die Regierung - kappt die anstehende Rentenerhöhung in der Art eines Handstreiches schlicht und ergreifend um 75 Prozent. ({1}) Das heißt, daß Sie einem Rentner, der nach dem jetzigen System 2 000 DM Rente bekommt, eine Rentenerhöhung von 102 DM streichen. Das ist für jemanden, der 2 000 DM Rente bekommt, eine Menge Geld. ({2}) Ich glaube, es stellt einen Systembruch und einen Vertrauensbruch dar, wenn man Rentenerhöhungen nach Gutsherrenart vornimmt, wenn man eingreift, ohne dafür ein fest vereinbartes Muster zu haben. ({3}) Wir müssen zurückfinden - wie es bei Norbert Blüm war - zu einer Sozialpolitik, in der sich Moral und Klugheit miteinander verbinden. ({4}) Beides kann ich in Ihrer Sozialpolitik, Herr Riester, zur Zeit nicht finden: Da wird im Bundestagswahlkampf in einer riesigen Kampagne der demographische Faktor in der Rentenformel der alten Regierung als unsozial bezeichnet. Da wird in einer riesigen Kampagne der Gewerkschaften für Arbeit und Gerechtigkeit die Rentenreform von Norbert Blüm angegriffen. Damals trugen Sie, Herr Riester, als zweitwichtigster Mann der IG Metall für diese Aktion persönlich Verantwortung. Kaum sind Sie acht Monate im Amt, da setzen Sie eine Rentenniveauabsenkung um 5 Prozent innerhalb von zwei Jahren außerhalb der bestehenden Systematik - durch. Ich weiß nicht, wie Sie sich als Gewerkschafter noch im Spiegel anschauen können. ({5}) Da wird im Deutschen Bundestag eine Ökosteuer verabschiedet. Wir haben damals in der Debatte um die Ökosteuer gesagt, daß damit insbesondere die Rentner belastet würden. Gucken Sie, meine Damen und Herren SPD-Sozialpolitiker, sich einmal die Protokolle an! ({6}) Damals haben Sie gesagt: Ja, natürlich werden die Rentner belastet. Aber dafür, daß wir den Sozialversicherungsbeitrag senken, bekommen die Rentner ein Jahr später eine stärkere Rentenerhöhung. ({7}) Jetzt kappen Sie die Rentenerhöhung, aber die Belastung der Rentner durch die Ökosteuer bleibt. Da erklärt der Bundeskanzler am 17. Februar 1999 anläßlich des Politischen Aschermittwochs in Bayern: Ich stehe dafür, daß die Rente auch in Zukunft so steigt wie die Nettoeinkommen der Arbeitnehmer. ({8}) Auch der Bundeskanzler steht nicht mehr. Allerdings war ich schon immer der Meinung, daß er nicht steht. ({9}) Nettoanpassung bedeutet für Riester und Schröder: Gemäß den Nettolöhnen passen wir an, wenn die Löhne wenig steigen. Steigen die Löhne stärker, machen wir Inflationsausgleich. Wer so willkürlich arbeitet, ist dabei, das Sozialversicherungssystem kaputtzumachen. ({10}) Ich glaube, es wird höchste Zeit, daß dieser Dilettantismus, dieses Chaos und die Täuschungen, die im Arbeitsministerium mit Walter Riester Einzug gehalten haben, aufhören. ({11}) Und noch eines: Über viele Jahrzehnte war es in diesem Lande Tradition, in der Rentenpolitik die scharfe parteipolitische Auseinandersetzung möglichst zu vermeiden. ({12}) Aber wer vor einer Strukturreform solch einen „Rentenklau“ begeht, kann auf die Unterstützung der Opposition bei der Strukturreform nicht mehr rechnen. Denn wir werden nicht bereit sein, uns mit Rentendieben an einen Tisch zu setzen. ({13})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Das Wort hat nun die Kollegin Angelika Krüger-Leißner, SPD-Fraktion.

Angelika Krüger-Leißner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003164, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon verwunderlich, welchen Aktionismus die CDU/ CSU-Fraktion in Sachen Renten in den letzten Wochen entwickelt hat. ({0}) Die letzte Aktuelle Stunde auf Ihren Antrag hin ist gerade erst zwei Wochen her. Hätten Sie doch nur in den letzten 16 Jahren die gleiche Energie in die Erarbeitung einer umfassenden Reform der sozialen Sicherungssysteme gesteckt! ({1}) Aber von Ihnen kam nur die Antwort: Die Renten sind sicher. - Aber sicher war doch nur, daß zum einen die Beiträge zur Rentenversicherung stiegen und zum anderen die Rentenleistungen sanken. ({2}) Mittlerweile weiß auch der letzte in unserem Lande, daß wir aus der großen Verschuldungsfalle nur mit gemeinsamen Kraftanstrengungen wieder herauskommen. Denn wenn jede vierte Mark für den Schuldendienst statt für aktive Arbeitsmarktpolitik oder soziale Sicherung ausgegeben wird, ist das zutiefst ungesund. ({3}) Diese Entwicklung der letzten Jahre hat die Bürgerinnen und Bürger, ob alt oder jung, ob in Ost oder West, verunsichert. Sie erwarten zu Recht, daß verantwortliche Politiker auf die drängendsten Fragen nach sozialer Sicherung für das Alter klare Antworten geben, die langfristig und umfassend wirken werden, und nicht noch Ängste schüren. Dabei wollen wir am Generationenvertrag in unserer Gesellschaft festhalten. Wir brauchen auf der einen Seite die Solidarität der Jüngeren für die Älteren; aber auf der anderen Seite brauchen die Jungen auch die Solidarität der Älteren. Dieser Generationenvertrag kann aber nur wirken, wenn auch die veränderte Situation in Deutschland Beachtung findet, angefangen bei der demographischen Entwicklung über die viel zu hohe Arbeitslosigkeit bis hin zu den Anstrengungen um die innere Einheit in Deutschland auch im sozialen Bereich. Auf die veränderte Arbeits- und Einkommenssituation vieler Menschen in unserem Lande - Sie wissen selbst, daß wir eine Rentnerin oder einen Rentner, die oder der 45 Jahre lang in einem Vollzeitjob gearbeitet hat, heute nur noch selten finden - müssen wir eine zeitgemäße Antwort für die Zukunft finden. Das neue Altersvorsorgepaket, das Bundesminister Riester vorgeschlagen hat, ist für mich eine solche ernsthafte und ehrliche Antwort auf die Fragen der Zeit. ({4}) Ich will Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie jetzt zuhören, sagen, warum das für mich der Fall ist. Erstens. Ein wichtiger Bestandteil dieser strukturellen Reform ist die Stabilisierung der ersten Säule unserer Alterssicherung, nämlich der solidarischen und umlagenfinanzierten gesetzlichen Rentenversicherung. Daran wollen wir festhalten. ({5}) Wir wollen sie aber - das ist der Unterschied - zukünftig durch Beitragssicherheit auf lange Sicht und durch das Halten des Rentenniveaus berechenbarer machen. ({6}) Ich denke, das ist eine ganz wichtige Information für unsere jetzigen Rentnerinnen und Rentner. Für die Rentenhöhe der nächsten Jahre nennen wir ihnen auch klare und ehrliche Zahlen, anders als Herr Laumann. Angesichts dessen halten ich es für unverantwortlich, hier von einer Rentenkürzung zu sprechen. Ich verschweige nicht: Wir brauchen auch die Solidarität unserer älteren Bürger, wenn wir von ihnen in den nächsten zwei Jahren einfordern, einen geringeren Rentenanstieg hinzunehmen, nämlich in der Höhe der Preissteigerung. Das werden im nächsten Jahr 0,7 Prozent und im folgenden Jahr 1,6 Prozent sein. ({7}) 2002 wird die Anpassung wieder nach den Nettolöhnen erfolgen. Zweitens geben wir auch der jungen Generation eine ehrliche Antwort, wenn wir ihr sagen, daß die erste Säule allein nicht ausreichen wird, um den Lebensstandard im Rentenalter zu sichern. Hier wird eine zusätzliche Eigenvorsorge in Ergänzung zu den bestehenden Systemen notwendig werden. Viele tun das ohnehin schon. Hier werden wir aber auch Anreize und Angebote für Menschen mit unterschiedlichem Einkommen entwickeln müssen. ({8}) Drittens werden wir mit der Einführung einer bedarfsorientierten und steuerfinanzierten sozialen Grundsicherung im Alter endlich in diesem Lande einen wirkungsvollen Beitrag gegen Altersarmut leisten. Der entwürdigende Weg zum Sozialamt wird für die Älteren dann der Vergangenheit angehören. Viertens werden gerade Frauen, die den größten Anteil an der Altersarmut tragen, von der neuen Altersvorsorge profitieren und eine eigenständige Absicherung nach ihrer Wahl erhalten können. ({9})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Frau Kollegin, denken Sie bitte an Ihre Redezeit? Wir sind in der Aktuellen Stunde.

Angelika Krüger-Leißner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003164, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wie bitte?

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Sie haben keine Redezeit mehr; es tut mir furchtbar leid. Einen Schlußsatz gestatte ich Ihnen noch.

Angelika Krüger-Leißner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003164, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ein Schlußwort, ja. Wir brauchen in Zukunft eine ehrliche Antwort auf diese Fragen der Zeit. ({0}) Soziale Grundsicherung können wir nur durch gemeinsames Handeln sichern. Dazu gehört eine gerechte Lastenverteilung zwischen Alt und Jung. Um diese Wahrheit kommen wir nicht herum. ({1}) Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, ich würde mir wünschen, daß Sie an dieser herausragenden politischen Aufgabe, ({2}) die vor uns steht, mitarbeiten und daß Sie - das erwarten unsere Bürger, und zwar von allen Politikern - einen Beitrag leisten, dem ich die Überschrift „Koalition der Vernunft“ geben möchte.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist beendet. ({0}) Das Wort hat nun Kollegin Dr. Irmgard Schwaetzer, F.D.P.-Fraktion.

Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002120, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man kann es wirklich nur mit einem Wort sagen: Die Rentenpolitik von Herrn Riester und der sie tragenden Koalition ist ein Skandal. ({0}) Erst - das muß man wirklich so formulieren - erschleichen Sie sich im September des letzten Jahres einen Wahlsieg mit Versprechen an die Rentner. ({1}) Sie haben den Rentnern versprochen, daß Sie alles zurücknehmen wollen, was die alte Koalition an verläßlichen, für die Rentner berechenbaren, zwischen den Generationen sehr sorgfältig verteilten Belastungen eingeführt hat. Das haben Sie den Rentnern versprochen. Und was tun Sie? - Sie kürzen auf einen Schlag das Rentenniveau von heute 70 Prozent auf 66 Prozent im übernächsten Jahr. Das, meine Damen und Herren, muß wirklich jeder Vernünftige einen Wählerbetrug nennen, und das ist ein Skandal. ({2}) Frau Krüger-Leißner, ich kann mir vorstellen, daß es Ihnen nicht leichtgefallen ist, dies alles zu verteidigen, denn so sehr können Sie Ihren eigenen Wahlkampf im Gedächtnis nicht ausgeblendet haben, genau wie alle anderen Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen. Das kann einfach gar nicht sein. ({3}) Wenn Sie sich jetzt hier hinstellen und Ehrlichkeit einfordern, dann sollten Sie sagen: Jawohl, es war ein Fehler, daß der Demographiefaktor der alten Koalition zu Beginn Ihrer Regierungszeit zurückgenommen worden ist. ({4}) Das ist der eigentliche Fehler. Damit haben Sie einen guten Teil des Chaos in der Rentenversicherung produziert, von dem Sie jetzt behaupten, daß Sie es wieder beseitigen müßten. ({5}) Kanzler Schröder hat im Wahlkampf starke Worte gebraucht. Unanständig sei es, was wir von den Rentnern und natürlich auch von den Beitragszahlern verlangten. Was wir von den Rentnern verlangt haben, war deutlich weniger als das, was Sie ihnen jetzt auf einen Schlag in den nächsten Wochen aufoktroyieren. ({6}) Das war viel weniger. Deswegen kann ich nur sagen: Was Sie machen, ist unanständig. Was wir gemacht haben, war eine verläßliche, eine berechenbare Rentenreform, und Sie hätten besser daran getan, sie nicht auszusetzen. Ich zitiere jetzt einmal Herrn Kollegen Dreßler, heute nachzulesen in der Zeitung. ({7}) - Er kommt schon gar nicht mehr zu diesen Debatten. Er hat in einer Journalistenrunde gesagt: Wenn Blüm sich das getraut hätte, was wir jetzt machen, hätte die SPD den Dritten Weltkrieg ausgerufen. Das sagt Ihr eigener Kollege, das ist seine Einschätzung. ({8}) Meine Damen und Herren, lügen Sie sich nicht selbst etwas in die Tasche, sondern sagen Sie: Es war ein Fehler, wie wir in dieser Legislaturperiode begonnen haben! Es hat einmal einen Arbeitsminister Arendt gegeben, der vor der Wahl eine Rentenerhöhung angekündigt hatte, die er nach der Wahl wieder kassieren mußte. Der Mann trat zurück. ({9}) Der Mann hatte Rückgrat, und ich denke, er könnte Herrn Riester als Beispiel dienen. ({10}) Die Koalition absolviert gerade in Sachen Renten den Lernprozeß nach Art der Echternacher Springprozession. Das kennen wir ja schon von einer ganzen Reihe anderer Themen. Aber da gibt es wenigstens ein begrüßenswertes Ergebnis: Herr Riester verzichtet auf die Zwangsbeiträge zur privaten Vorsorge. Dieser Zwang, meine Damen und Herren, hätte in der Tat die wichtige zweite Säule der Altersversorgung neben der gesetzlichen Rentenversicherung, die private Vorsorge, diskreditiert. Deswegen war es gut, daß das jetzt offensichtlich vom Tisch ist. Es durch einen Tariffonds zu ersetzen ist allerdings so, wie den Teufel mit Beelzebub auszutreiben. Deswegen hoffe ich sehr, daß dieses nicht Platz greifen wird. Was Sie uns bei der privaten Vorsorge damals vorgehalten haben, wovon Sie aber offensichtlich nicht begriffen haben, daß Sie es jetzt auch tun müssen, ist die Notwendigkeit einer Steuersenkung, damit vor allen Dingen Familien mit kleinem Einkommen das Geld haben, private Vorsorge zu betreiben. Wir haben das damals gemacht. ({11}) Wir haben eine Steuerreform mit einer Tarifsenkung für alle gemacht und vor allen Dingen mit einer starken Absenkung des Eingangsteuersatzes - das ist der entscheidende Punkt -, ({12}) damit auch Bezieher kleiner Einkommen die Möglichkeit haben, Geld für private Vorsorge abzuzweigen. Ich kann Ihnen nur sagen: Wenn Sie das nicht tun, wenn Sie das nicht endlich anpacken - aber das haben Sie ja nicht vor -, werden Sie auch hier neben dem Ziel landen. ({13}) Meine Damen und Herren, die ganze Konfusion, die Sie mit Ihren Rentenbeschlüssen vorführen, ruiniert die gesetzliche Altersvorsorge, und das ist wirklich ein Problem. Alte Menschen brauchen Verläßlichkeit und keine kassierten Wahlversprechen. Ich danke Ihnen. ({14})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Nun erteile ich das Wort der Kollegin Thea Dückert, Bündnis 90/Die Grünen.

Dr. Thea Dückert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003071, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Meine liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Präsidentin! Veränderung braucht Mut, und Realitäten anzuerkennen braucht auch Mut. Den haben wir in den letzten Tagen bewiesen. ({0}) - Ja, das ist so. Ehrlichkeit und Mut haben wir in den letzten Tagen bewiesen. ({1}) Das vorgelegte Sparpaket ist das ehrgeizigste, was die Bundesrepublik jemals gesehen hat: 30 Milliarden DM im ersten Schritt, 150 Milliarden DM Einsparungen in vier Jahren. Es ist völlig klar, daß das sehr schwierige Einschnitte mit sich bringt, und zwar für alle Haushalte gleichermaßen, natürlich auch für den Sozialhaushalt. Das bedeutet jetzt für die Renten, aber auch für die anderen Alterseinkommen, zum Beispiel für die Pensionen, daß die Rentenanpassung in den nächsten zwei Jahren entlang der Inflationsrate laufen wird. ({2}) - Aber Frau Schwaetzer zum Beispiel oder Herr Laumann, wir sollten doch die Kirche im Dorf lassen, der Ehrlichkeit halber. Meine Damen und Herren, wir haben zum 1. Juli die Renten erhöht. Das wird jetzt eintreten. In den nächsten zwei Jahren wird die Rentenerhöhung entlang der Inflationsrate erfolgen. Das ist in der Summe dessen, was bei den Rentnerinnen und Rentnern ankommt, mehr als das, was Sie nach Ihrem Blümschen Konzept in den drei Jahren erbracht hätten. ({3}) Das ist die Wahrheit, meine Damen und Herren, wenn Sie hier von der Rentenlüge reden. ({4}) Gleichzeitig, trotz dieser Sparanstrengungen, wird das Kindergeld erhöht, wird der Kinderfreibetrag erhöht, gehen wir in der Bildung voran. Das zeigt eines: Wir nehmen die Verantwortung für die zukünftigen Generationen ernst. Wir handeln über den Tag hinaus, und wir stellen uns deshalb auch einer schwierigen Debatte. Meine Damen und Herren, Sie hören es: Die CDU und die F.D.P. schreien am lautesten. Das ist nicht verwunderlich. Sie spielen sich plötzlich als die Rächer der Enterbten auf. ({5}) Sie sind es doch, die das Erbe der jungen Generation fast verspielt hatten. ({6}) Sie sind es doch, die die Erosion der Sozialkassen zu verantworten haben! Deswegen, meine Damen und Herren, gehen wir einen anderen Kurs: den Kurs der Konsolidierung und der Reform des Sozialstaates. Damit werden wir die Zustimmung zum Sozialstaat wieder zurückgewinnen. ({7}) Unser Ziel ist die Zukunftssicherung. Das lohnt jeder Anstrengung. ({8}) Wir wollen die Handlungsfähigkeit des Sozialstaates zurückgewinnen, und zwar ohne Mehrwertsteuererhöhung und mit Entlastung der kinderreichen Familien und der kleinen Einkommen. ({9}) - Wieso? Das haben wir gerade auf den Tisch gelegt, meine Damen und Herren. ({10}) In keinem politischen Bereich kann so weitergemacht werden, wie die alte Bundesregierung gehandelt hat, und zwar auf Grund Ihrer Erblast, aber auch auf Grund der gesellschaftlichen Veränderungen. Dies gilt auch für die Sozial- und für die Rentenpolitik. Wir haben den Beitrag zu den Renten bereits gesenkt. Die jetzige Verringerung der Rentenanpassung und auch der übrigen Alterseinkommen ist ein schwieriger Schritt, aber er ist ein erster wichtiger Schritt hin zu einer Rentenstrukturreform. ({11}) Wir orientieren uns an der Inflationsrate, und zwar auch deshalb, weil es nicht möglich ist, das, was notwendig ist und was uns das Bundesverfassungsgericht zu Recht aufgegeben hat, nämlich die Verbesserung des Familienausgleichs, an die Rentnerinnen und die Rentner weiterzugeben. Die Lasten des Systems selbst, die verlängerten Rentenlaufzeiten durch den veränderten Altersaufbau unserer Gesellschaft müssen von allen Generationen, von den Rentnerinnen und Rentnern und von der jungen Generation, gemeinsam getragen werden. ({12}) Dies ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Ich sage Ihnen: Der beherzte Schritt von Herrn Riester in den Haushalt 2000, der hier einer erheblichen Kritik ausgesetzt ist, findet auch deshalb unsere Unterstützung. ({13}) Aber mir ist es auch wichtig, daß wir jetzt die notwendige Strukturreform des Rentensystems ganz in Ruhe angehen. Wichtige Punkte sind genannt worden. Wir unterstützen sie voll.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluß!

Dr. Thea Dückert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003071, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich komme zum Schluß. - Dies sind der Aufbau der privaten Altersvorsorge, der engagierte Versuch, die Rente für die junge Generation armutsfest zu machen, der engagierte Versuch, eine eigenständige Altersabsicherung für Frauen aufzubauen.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Sie sollen aber trotzdem zum Schluß kommen. ({0})

Dr. Thea Dückert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003071, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Dies sind Schritte einer Sozialpolitik, einer Reform, die wir auf dem Sparkonzept aufbauen, das wir heute von der Bundesregierung vorgelegt bekommen haben. Danke schön. ({0})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Das Wort hat nun die Kollegin Dr. Knake- Werner, PDS-Fraktion.

Dr. Heidi Knake-Werner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002700, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Dükkert, den von Ihnen so häufig bemühten kleinen Leuten vors Schienbein zu treten verlangt offenbar nicht soviel Mut. Aber darauf komme ich gleich noch zurück. Ich will mich zunächst an die Kolleginnen und Kollegen auf der rechten Seite wenden. Ich finde es abenteuerlich, daß Sie sich heute Sorgen um die Zukunft der sozialen Sicherungssysteme und um das Rentensystem machen. Wenn wir dieses Thema heute diskutieren, dann liegt der Grund dafür ja wohl darin, daß die Sozialversicherungssysteme und insbesondere das Rentensystem Finanzierungsprobleme haben. Diese sind bekanntermaßen nicht vom Himmel gefallen. Die finanzielle Ebbe in den sozialen Kassen ist ja wohl eindeutig politisch verursacht, und die Verantwortung dafür tragen immer noch Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Rechten. ({0}) - Nein. Lenken Sie nicht ab! Das ist Tobak von vor zehn Jahren. Wir beschäftigen uns jetzt mit dem, was aktuell ist. Ich kann Ihnen nur sagen: Vieles, was diese Koalition heute an Lasten zu schultern hat, haben CDU/CSU und F.D.P. während ihrer Regierungszeit mit verursacht. ({1}) Ich will Sie nur an einige Ihrer Fehlleistungen erinnern: Sie haben es nicht geschafft, die Massenarbeitslosigkeit einzudämmen, ({2}) und damit dazu beigetragen, daß es immer weniger Beitragszahler und Beitragszahlerinnen gibt und immer mehr Leistungen verlangt worden sind. Sie haben nicht damit aufgehört, die immense Ausweitung geringfügiger Beschäftigung einzudämmen, und damit den Sozialkassen einen enormen Verlust zugemutet. Sie haben nicht die Flucht der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber aus den Sozialkassen gestoppt. Schließlich haben Sie die Kosten der deutschen Einheit allein den Beitragszahlerinnen und Beitragszahlern übergehäuft, obwohl Sie sehr genau wußten, daß das ein Problem ist, das aus Steuern hätte finanziert werden müssen, weil es im Interesse der Allgemeinheit lag. Sie haben sich aus dieser ganzen Misere über Jahre hinausgelogen, indem Sie Sozialleistungen gekürzt haben und Beiträge erhöht haben, nämlich über die jetzt vorhandenen 40 Prozent. Sie wissen genau, daß das eine Kostenspirale ohne Ende war und keine Lösung der Probleme bedeutet. Das Schwierige ist jetzt, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, daß Sie leider auf dem besten Weg sind, die Fehler der Vorgängerregierung zu wiederholen und die Weichen für ein zukunftsfähiges soziales Sicherungssystem falsch zu stellen. Das ist eben alter Wein in neuen Schläuchen, wenn auch Ihnen nichts anderes einfällt, als soziale Risiken zu privatisieren, Sozialleistungen zu kürzen und die Unternehmer mit weiteren Steuergeschenken zu beglücken. Mit sozialer Gerechtigkeit hat das nun wirklich nichts zu tun. Aber das hatten Sie sozusagen zu Ihrem Wahlkampfslogan gemacht. Wie weit muß eigentlich die Schere - ich möchte Sie daran wirklich noch einmal erinnern - zwischen explodierenden Gewinnen und sinkenden Unternehmensteuern noch auseinandergehen, ehe die SPD und auch die Bündnisgrünen darüber nachdenken, daß es vorrangig kein Ausgabenproblem, sondern vor allem ein Einnahmeproblem ist, was die sozialen Sicherungssysteme im Moment haben? Wer gerecht ausgeben will, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, der muß auch gerecht einnehmen. Es gibt nun einmal keinen dritten Weg. Daß Sie von der Erkenntnis, daß es sich hier um ein Einnahmeproblem handelt, relativ weit weg sind, zeigen allerdings schon Ihre Rentenpläne. Rentenerhöhungen nach Kassenlage zu machen schafft in der Tat Rechtsunsicherheit und ist ein wirklicher Betrug an den Rentnerinnen und Rentnern. Wenn Sie heute sagen, Sie setzen die Nettobezogenheit der Rente nur für zwei Jahre aus, dann sage ich Ihnen auch: Das hilft Ihnen überhaupt nichts, weil allein schon diese zwei Jahre dazu beitragen, daß das Rentenniveau auf Dauer auf etwa 67 Prozent abgesenkt wird. Das geht zu Lasten der kleinen Rentenbezieherinnen und Rentenbezieher. Das wissen Sie ganz genau. Deshalb ist dieser Weg einfach sozial unakzeptabel. Nein, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, sich ernsthaft um die Einnahmenseite zu kümmern heißt, vor allen Dingen dafür zu sorgen, daß Menschen wieder in Arbeit kommen und Beiträge zahlen können. Das kann zum Beispiel durch den Abbau von Überstunden, durch Arbeitszeitverkürzung, durch Schaffung neuer Arbeit in einem öffentlich geförderten Beschäftigungssektor erreicht werden. Das sind alles Vorschläge, die Sie selber mit uns in der Vergangenheit diskutiert haben und die Sie jetzt im Bündnis für Arbeit auf die lange Bank schieben. Sich um die Einnahmeseite zu kümmern heißt, die Beitragspflicht dadurch auszuweiten, daß Freiberufler, Selbständige, Beamte, Abgeordnete und Minister einbezogen werden. Wenn man die Einnahmeseite verbessern will, bedeutet das, die Beitragsbemessungsgrenze zu erhöhen, und das heißt vor allen Dingen, die Arbeitgeberbeiträge, so wie wir es seit Jahren hier vorschlagen, auf eine neue Grundlage zu stellen und als Wertschöpfungsabgabe zu konzipieren, die Beiträge also nicht länger nach der Lohnsumme zu berechnen, sondern die Arbeitgeber nach ihrer wirklichen wirtschaftlichen Leistungskraft heranzuziehen.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Frau Kollegin, denken Sie bitte an Ihre Redezeit.

Dr. Heidi Knake-Werner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002700, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Ich komme zum Schluß. - Wenn Sie es uns nicht glauben wollen, dann erinnern Sie sich an Ihren Kollegen Ehrenberg. Er hat noch mehr gute Vorschläge, was die Einnahmeseite angeht.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Frau Kollegin, Sie müssen bitte zum Schluß kommen.

Dr. Heidi Knake-Werner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002700, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Ich möchte Sie daran erinnern: Sie wollten die Umverteilung von oben nach unten. Das war Ihr Wahlkampfslogan. Damit haben Sie Wahlen gewonnen. Erinnern Sie sich daran! Sonst geht es demnächst in die Hose. ({0})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Das Wort hat der Kollege Kurt Bodewig, SPD-Fraktion.

Kurt Bodewig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003051, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sie haben es vielleicht schon festgestellt: Die öffentliche Berichterstattung verändert sich. Die Schlagzeilen der letzten Woche sind sehr differenziert geworden. ({0}) Sie lesen in der „SZ“: Eichels großer Wurf. Man kann feststellen, daß es sehr wohl eine intensive Debatte darüber gibt, ob ein Staat, eine Gesellschaft, noch handlungsfähig ist. ({1}) - Sie, Frau Schwaetzer, haben etwas mit der Handlungsfähigkeit zu tun, mit der wir uns im Moment herumschlagen. Denn Sie von der Opposition sind diejenigen, die die Fesseln, die es zur Zeit in der Finanzpolitik gibt, verursacht haben. ({2}) Das kann man auch mit Zahlen belegen. Ihre Leistung in den letzten 16 Jahren: Eine vorherige Verschuldung von rund 300 Milliarden DM stieg auf 1,5 Billionen DM. Im jetzigen Haushalt sind Zinsen in Höhe von 82 Milliarden DM zu zahlen. Das ist der zweitgrößte Etatposten des Bundes. Dies führt zu einer Zinssteuerlastquote von 25 Prozent. - Das ist das, was Sie durch Ihre Politik verursacht haben. ({3}) Unser Angebot an die Gesellschaft ist das Gegenteil: Wir setzen Ihre fahrlässige Verschuldung nicht mehr fort. Wir führen vielmehr eine Haushaltskonsolidierung durch und versuchen, für die zukünftigen Generationen erneut Spielräume zu entwickeln. Wir senken das Haushaltsvolumen, wir senken die Nettokreditaufnahme, und wir senken die Neuverschuldung. ({4}) Obwohl wir dies tun, schaffen wir es gleichzeitig, eine aktive Arbeitsmarktpolitik auf dem Niveau dieses Jahres auch in den nächsten Jahren fortzusetzen. Das muß man uns erst einmal nachmachen! ({5}) Es ist nämlich keine leichte Übung, ein so wichtiges und funktionales Programm wie das gegen die Jugendarbeitslosigkeit auch im kommenden Jahr fortzusetzen. Darauf können wir stolz sein, und wir sind es auch. Jetzt sage ich etwas zur Legendenbildung der PDS, daß wir das Einnahmenproblem nicht sehen würden. Natürlich ist die Arbeitsmarktpolitik das Leitziel der rotgrünen Koalition. Es ist unser Leitziel, Beschäftigung herzustellen, weil dies eine direkte Auswirkung auf die sozialen Sicherungssysteme hat. Aber - auch das ist klar - es besteht das Problem, daß wir zur Zeit ganz enge Spielräume haben. Wir versuchen, der Gesellschaft ein Angebot zu machen, nämlich einen neuen Generationenpakt abzuschließen. Ich fand, daß es Bundesminister Walter Riester in der Fernsehsendung von Sabine Christiansen sehr gut formuliert hat: Wir wollen ein zukunftsfähiges Konzept und keine Übertünchung bis zur nächsten Wahl. Wir wollen etwas, was dauerhaft trägt. Dazu haben wir uns mit unserem Vorsorgeprogramm auf die demographische Entwicklung auf andere Weise eingestellt, als Sie es mit Ihrem Demographiefaktor vorhatten, auf den ich gleich noch zu sprechen komme. Wir wollen nicht die Probleme auf zukünftige Generationen verschieben, sondern wir wollen, daß Generationensolidarität wechselseitig ausgeübt wird. ({6}) Wir leisten dazu auch als Gesellschaft einen Beitrag, indem wir mit einer steuerfinanzierten bedarfsorientierten sozialen Grundsicherung sozusagen die Basis für dieses Konzept schaffen. ({7}) Wir lösen darüber hinaus die Probleme der Hinterbliebenenversorgung im Sinne einer freiheitlichen Gesellschaft. Wir bieten drei Modelle an; die Kollegin Krüger-Leißner hat sie im einzelnen beschrieben. Dies ist ein Zeichen dafür, daß wir mit diesem Altersvorsorgekonzept sehr wohl Angebote machen. Ich glaube, daß diese Angebote an- und wahrgenommen werden. Auch die Neuordnung der BU- und EU-Renten spielt hierbei eine wichtige Rolle. Angesichts meiner kurzen Redezeit will ich nun die vierte Säule der Altersvorsorge beschreiben, eine Säule, mit der Sie sich von der Opposition sehr intensiv und mit großer Lautmalerei auseinandergesetzt haben. Ich kann Ihnen nur sagen: Das stand in unserem Wahlprogramm. ({8}) Wir wollen als vierte Säule die Eigenvorsorge einführen. Wir werden damit ein höheres Versorgungsniveau gewährleisten. Ich will Ihnen die entsprechenden Zahlen nennen: Von 32 Millionen versicherungspflichtigen Arbeitnehmern verfügen bereits zirka 70 Prozent über eine zusätzliche Altersversorgung. Das besagt eine EmnidUmfrage, die Sie kennen. Wir möchten, daß auch die restlichen 30 Prozent unserer Gesellschaft eine zusätzliche Versorgung haben. Das hat etwas mit gesellschaftlicher Gleichheit in den Chancen zu tun. Wir bieten als neue Lösung eine kapitalgedeckte private Altersvorsorge an, die zusätzlich begünstigt wird. Auch das ist ein Angebot, das für den einzelnen Arbeitnehmer bzw. die einzelne Arbeitnehmerin ganz entscheidend ist. Wir sagen darüber hinaus: Wir wollen, daß diese private Vorsorge freiwillig bleibt. Aber wir werden sie so ausgestalten, daß wir eine hohe Quote der Vorsorge erreichen werden. Das liegt vor allem im Interesse der jüngeren Generation. Nun komme ich konkret zu Ihrer Kritik. Da behauptet der Kollege Laumann, den ich sonst sehr schätze, wir würden das Rentenniveau um 5 Prozent absenken. Sie glauben wohl den Leserbriefen und Schlagzeilen, die Sie selbst produzieren. - Ich zeige Ihnen die Entwicklung auf: Das Rentenniveau wird von 70,1 Prozent über 68,5 Prozent, 67,6 Prozent, 66,3 Prozent, dann wieder ansteigend über 67,8 Prozent auf 67,3 Prozent bis zum Jahr 2030 sinken. Das Rentenniveau ist dann um 3 Prozent höher als unter Beibehaltung Ihres demographischen Faktors. Unser Ansatz hat vor allem eine andere Wirkung: Wir werden jetzt sozusagen eine Basis dafür schaffen, daß die nächsten Generationen nicht überproportional belastet werden. ({9})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Herr Kollege, denken Sie bitte an die Zeit. Wir sind in einer Aktuellen Stunde.

Kurt Bodewig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003051, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Gut, ich gehe nicht auf die Zwischenrufe ein und rede zu Ende. Ich will ja nicht übermäßig überziehen.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Sie dürfen gar nicht überziehen, Herr Kollege. Wir sind in einer Aktuellen Stunde.

Kurt Bodewig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003051, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Gut, ich will gar nicht überziehen. - Ich habe mit dem Zukunftskonzept 2000 begonnen und will damit auch enden. Die Ausgangsbasis all unserer politischen Entscheidungen haben Sie zu verantworten. Ich möchte gerne den Präsidenten des Deutschen Kinderschutzbundes, Hilgers, zitieren; denn ich glaube, treffender als er kann man es nicht ausdrücken. Er sagte: Den von den Herren Kohl und Waigel hinterlassenen Schuldenberg kann ich nur als Gewalt gegen Kinder und Kindeskinder bezeichnen. Dem kann ich nichts hinzufügen, außer daß wir wieder Zukunft schaffen. Vielen Dank. ({0})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Jetzt hat die Kollegin Birgit Schnieber-Jastram, CDU/CSU-Fraktion, das Wort. ({0})

Birgit Schnieber-Jastram (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002785, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wenn ich Sie in Aufregung versetzen kann, Herr Andres, freut mich das. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Verlaufe der Debatte hatte ich manchmal den Eindruck, Sie wissen gar nicht, wovon Sie reden. Als Sie diese Regierung übernommen haben, ist mir schon klar gewesen, daß Sie nicht mit Geld umgehen können. Sie können ganz ruhig sein; das wird sich sehr bald zeigen. ({0}) Daß Sie aber mit den Menschen so umgehen würden, wie Sie es zur Zeit tun, daß Sie sie in schlimmster Art und Weise belügen werden, hätte ich mir in diesem wesentlichen Feld der Sozialpolitik wirklich nicht vorstellen können. ({1}) Liebe Frau Dückert, was Sie eben über die Renten gesagt haben, ist wirklich unglaublich. Nach Ihren Plänen werden die Renten jetzt sturzflutartig abgesenkt: Innerhalb von zwei Jahren - das schien hier nicht klar zu sein - soll das Rentenniveau von 70 Prozent auf 64 Prozent sinken. Unter Beibehaltung unseres demographischen Faktors wäre ein solches Rentenniveau erst in 15 Jahren erreicht worden. - Nach Ihren Plänen soll zum 1. Juli 2001 eine Rentenanpassung von schätzungsweise 1,6 Prozent erfolgen. Unter Zugrundelegung des demographischen Faktors wäre die Anpassung mit 3,5 Prozent mehr als doppelt so hoch gewesen. ({2}) Um einmal konkret zu werden und für die Leute, die Rente beziehen, verständlich: Statt einer Rentenanpassung in 2001 von 73 DM nach unserer Variante bekommen die Rentner von Ihnen noch 33 DM. Sie belasten die Rentner noch viel, viel mehr, als es unsere Pläne je vorgesehen hätten. Das ist die Wahrheit. ({3}) Allein Ihre Rentenkürzungen bedeuten für den Standardrentner im nächsten Jahr - da können Sie reden, so lange Sie wollen; Sie müssen sich an das erinnern, was Sie beschlossen haben - einen Verlust von mehr als 100 DM pro Monat. Hinzu kommen noch einige andere Sachen: 20 DM pro Monat für die Ökosteuer, von den weiteren Stufen der Ökosteuer noch gar nicht zu reden. - Das ist für die Rentner eine Ohrfeige. Sie belügen und betrügen sie und nehmen ihnen im durchschnittlichen Rentnerleben 20 000 DM. ({4}) Was Sie hier machen - ich muß einmal an die Sozialpolitiker appellieren -, grenzt an Selbstverleugnung. Sie tragen mit lachendem Gesicht ein Konzept vor, das Sie draußen nicht mehr werden vertreten wollen. Das wird die Situation sein. ({5}) Ich will Ihnen noch etwas sagen: Sie haben begonnen, den Rentenkonsens, den wir viele Jahre gepflegt haben, aufzukündigen. ({6}) Sie betreiben dieses Spielchen beliebig weiter. Wir haben und werden in den nächsten Jahren eine politische Diskussion um die Rente führen müssen - und dies haben Sie zu verantworten. Ich sage Ihnen: Niemand wird es uns allen danken. Ein ganz schlimmer Akt der Willkür ist das. ({7}) Dieses Konzept ist nicht das Konzept eines Arbeitsministers, ist nicht das Konzept eines Sozialministers. Es ist überhaupt kein Konzept, und es ist schon gar nicht das Konzept eines Ministers, der hier angetreten ist, um etwas für Arbeitnehmer und für Arbeitslose zu tun. Dieser Minister verpaßt allen einen Tritt in den Hintern. Sie lügen und betrügen nach Strich und Faden. Ich scheue mich keine Sekunde, dies hier laut zu sagen. ({8}) Es muß erlaubt sein, einmal ein paar Fragen zu den Plänen zu stellen. Was bringt dieses Papier, was bringen diese Pläne für den Arbeitsmarkt? Nichts! Niemand sagt, es bringt etwas für den Arbeitsmarkt. Was bringt dieses Papier, was bringen diese Pläne für eine wirkliche Modernisierung des Sozialstaats? Sie haben keine Pläne! Die letzte Frage: Welches gesellschaftspolitische Bild steht eigentlich hinter Ihrer Politik? ({9}) - Raubrittertum. - Offenbarungseid auf der ganzen Linie. Ich will hier gerne noch einmal sagen, welche Leitlinien wir für notwendig halten: Flexibilität und Stabilität müssen die Leitlinien sein. Rechte, Pflichten und Nachhaltigkeit sind unsere Leitlinien. Aber was ist Ihr Konzept? Sie verlangen Flexibilität und signalisieren das Ende der Stabilität und der Berechenbarkeit. Das ist ein schwerer Vorwurf. Renten- und Arbeitslosengelder nach Kassenlage, das ist nicht unser Konzept, sondern das haben Sie alleine zu verantworten. Herr Schröder, Sie haben gestern abend den Jungen Chancen und den Alten Sicherheit versprochen. ({10}) Im Sprücheklopfen sind Sie immer gut. Aber Sie verbauen jungen Menschen die Chancen und nehmen den Alten die Sicherheit. Noch einmal: Sie belügen und betrügen die Menschen nach Strich und Faden. Dies ist nicht unser Konzept. ({11}) Ein Letztes. Was Sie mit den Menschen im Osten machen, sehr geehrter Herr Minister, ist schon mehr als eine Katastrophe. Sie nehmen ihnen wirklich die letzte Hoffnung, daß es im Osten am Ende besser werden könnte. Was Sie unter „Aufbau Ost“ verkaufen, ist ein Abbau Ost. Das werden Sie zu verantworten haben, auch bei allen Wahlen, die bevorstehen. ({12})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Nun hat das Wort die Kollegin Gudrun Schaich-Walch, SPD-Fraktion.

Gudrun Schaich-Walch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001939, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte Ihre Bemerkung zum Osten aufgreifen: Was Sie im Osten hinterlassen haben, sind fast 2 Milliarden DM Schulden der gesetzlichen Krankenversicherung ({0}) - so ist es -, um deren Sanierung wir uns in den nächsten Tagen und Wochen kümmern werden. ({1}) Sie haben in der gesetzlichen Krankenversicherung in zehn Jahren nichts anderes gemacht, als die Zuzahlungen für Patientinnen und Patienten einseitig zu erhöhen, und das in einer Größenordnung von über 20 Milliarden DM. Sie haben gesagt, Sie wollten damit die Eigenverantwortung stärken. Aber statt die Eigenverantwortung zu stärken, haben Sie alles abgebaut, was wir im Bereich der Selbsthilfe und Prävention hatten. ({2}) Sie haben sich schützend vor Ihre Klientel, die Apotheker- und die Ärzteschaft, und im letzten Jahr bis zum Geht-nicht-mehr vor die Zahnärzteschaft gestellt, was dazu beigetragen hat, daß wir im letzten Jahr Einbrüche von über 30 Prozent in der zahnärztlichen Versorgung und in der Prothetik hatten und Zahnlabors in den Untergang getrieben worden sind. Das war Ihre Klientelpolitik, die immer zu Lasten von Versicherten ging. Aber an Strukturreformen haben Sie sich nicht herangetraut. ({3}) Mit den Zuzahlungserhöhungen haben wir nach der Wahl Schluß gemacht. Wir werden dafür sorgen, daß die GKV wieder das wird, was sie einmal war: ein solidarisch finanziertes Vollversicherungssystem für alle. ({4}) Das wird uns auch im Osten gelingen. Wenn Sie immer glauben, „Vollkaskomentalität“ sei etwas Schlechtes, muß ich Ihnen sagen: Die Menschen in diesem Land zahlen unglaublich hohe Beiträge zur Krankenversicherung. Sie leisten auf Grund Ihrer Politik unheimlich hohe Zuzahlungen. Das hat sich nicht in der Verbesserung der Qualität der Versorgung niedergeschlagen, bei weitem nicht. Für diese Verbesserung der Qualität werden wir letztendlich sorgen. Wir werden dazu beitragen, daß wieder das geschieht, was sich gehört, daß Prävention betrieben wird, denn Krankheit verhindern ist besser als Krankheit heilen. ({5}) Wir werden dafür sorgen, daß es eine Positivliste für Medikamente geben wird, deren nachgewiesener therapeutischer Nutzen zur qualitativen Verbesserung der Arzneimittelversorgung beiträgt. Wir werden das unselige Nebeneinander von stationärer und ambulanter Versorgung, das nur dazu geführt hat, daß es Doppeluntersuchungen gab und Menschen zum Teil mehr Belastungen als notwendig ertragen haben, beseitigen. Wir werden dafür sorgen, daß es ein Versorgungssystem gibt, das sich an den Patienten und nicht an den verschiedenen Sektoren orientiert. ({6}) Wir wollen, daß alle besser zusammenarbeiten können, die in diesem Leistungsbereich arbeiten. Ich möchte Ihnen jetzt noch etwas zur Pflegeversicherung sagen. Sie haben am Ende der letzten Wahlperiode nicht einmal mehr die Kraft gehabt, mit uns gemeinsam notwendige Verbesserungen in der Pflegeversicherung zu beschließen. Wir waren schon ziemlich weit, und dann haben Sie den Ausstieg vorgenommen, weil Sie, F.D.P. und CDU/CSU, so zerstritten waren, daß Sie nicht einmal ein paar wenige Dinge für Pflegebedürftige organisieren konnten. Deshalb werden wir das in dieser und der nächsten Woche verändern. Es wird dafür gesorgt werden, daß es im teilstationären Bereich Leistungsverbesserungen gibt. Es wird dafür gesorgt werden, daß Pflichtpflegeeinsätze, mit denen die Qualität der Versorgung, wenn zu Hause gepflegt wird, kontrolliert wird, verbessert werden. Es wird dafür gesorgt, daß sie nicht mehr von den Einnahmen der Pflegebedürftigen getragen werden müssen, sondern von der Pflegekasse übernommen werden. Wir werden auch dafür sorgen, daß Müttern, die geschieden sind und pflegebedürftige Kinder betreuen, das Pflegegeld nicht mehr auf ihren Unterhalt angerechnet wird. Wir werden auch dafür sorgen, daß im Bereich von Verhinderungsfällen in der Pflege der Betrag von 2 800 DM voll ausgeschöpft werden kann. Für diese wenigen Möglichkeiten waren Sie nicht mehr zu gewinnen. ({7}) Wir werden sie jetzt beschließen. Ich hoffe, Sie können sie mitbeschließen. Wir machen das in einem verantwortbaren Schritt. ({8}) - Über die Problematik der Demenzkranken werden wir weiterhin diskutieren. Wir gehen jetzt die ersten Schritte. Wir gehen sie verantwortungsvoll, und wir werden auch noch weitere Probleme lösen. ({9})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Jetzt hat das Wort die Kollegin Katrin Göring-Eckardt, Bündnis 90/Die Grünen. ({0})

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003132, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich wundere mich nur darüber, daß Sie zwei Vertreter der Regierungskoalition nacheinander hören möchten. Ich rede hier natürlich gern. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, daß wir heute über die Zukunft der sozialen Sicherungssysteme debattieren. Allerdings - das muß ich gestehen - hätte es mich noch mehr erfreut, wenn Sie einmal während Ihrer Regierungszeit diese Zukunftsfrage gestellt hätten, statt sich immer nur durchzuwursteln. ({0}) Genau das ist die Ausgangslage unserer heutigen Debatte. Die Bankrotterklärung der alten Regierung vor der Verantwortung gegenüber den heute Jungen hat doch erst dazu geführt, daß heute über Systemreform und Einsparungen gesprochen werden muß. Bei dem Einschnitt, den wir jetzt mit der Haushaltskonsolidierung vorhaben, geht es nicht darum, daß man einfach einmal einspart, sondern es geht um einen ersten, wichtigen und sehr mutigen Schritt zu einer generationenverträglichen Rentenpolitik. Wer hat denn die umlagefinanzierte Altersvorsorge so in Mißkredit gebracht? Wer ist das gewesen? Natürlich haben die Angehörigen meiner Generation keinerlei Vertrauen mehr, daß sie aus dem System, in das sie in der Vergangenheit immer mehr einzahlen mußten, auch später adäquat etwas herausbekommen werden. Hier brauchen wir neue Wege, und die werden wir gehen. Das ist der Hintergrund für das, was wir sagen: Neben der solidarisch finanzierten Rente brauchen wir noch andere Elemente, in die das Vertrauen der heutigen jungen Generation auch tatsächlich gesetzt wird. ({1}) Deswegen wollen wir bei einer privaten Zusatzvorsorge für stärkere steuerliche Bevorteilung sorgen und mit dem Kleinklein der Vergangenheit - hier mal ein kleiner Steuervorteil und dort mal etwas drauflegen, hier mal ein Bausparvertrag und dort eine Lebensversicherung aufhören. Wir brauchen ein kompaktes Konzept, das die Leute sehr viel stärker in Richtung auf diesen Bereich führt. Ich denke übrigens, daß wir in Zukunft ganz neue Entwicklungen bei den Tarifverhandlungen erleben werden, zum Beispiel in Form der Beteiligung der Arbeitgeber an solchen Modellen. ({2}) Eine zentrale Frage für Bündnis 90/Die Grünen bleibt die Herstellung der Generationengerechtigkeit. Um das zu erreichen, ist das Verhältnis von Renten auf der einen Seite und den verfügbaren Einkommen der im Erwerbsleben stehenden Generation auf der anderen Seite endlich vertretbar zu gestalten. ({3}) Erst wenn das gegeben ist, erhöht sich wieder die Akzeptanz der umlagefinanzierten Altersvorsorge. Mit dem jetzt getätigten Einschnitt haben wir einen ersten Schritt getan. ({4}) Ich finde, die Vorschläge zu einer langfristig angelegten Reform, die Bundesminister Riester vorgelegt hat, sind es wert, diskutiert zu werden. Wir werden das mit der notwendigen Offenheit und Transparenz tun. Darauf können Sie sich verlassen. ({5}) Neben dem fairen Ausgleich zwischen den Generationen ist es natürlich wichtig, daß auch die Versorgung im Alter sozial abgesichert wird. Deswegen bin ich unheimlich froh, daß zum erstenmal die Einführung einer bedarfsorientierten Grundsicherung ins Haus steht, die mit Pauschalen arbeitet. Damit machen wir die Betroffenen nicht mehr wie in der Vergangenheit zu Bettlern, und verschämter und offener Altersarmut wird damit endlich ein Ende bereitet. ({6}) Meine Damen und Herren, wir machen Schluß mit der Vogel-Strauß-Politik der alten Regierung. Wenn Sie den Kopf endlich aus dem Sand gehoben haben, sehen Sie sich genau an, was Sie angerichtet haben. Sie wären es der jungen Generation eigentlich schuldig gewesen, ihr Handlungsspielräume für politische und gesellschaftliche Veränderungen in der Zukunft zu lassen. Um diese zu ermöglichen, gehört es sich neben der Reform des Altervorsorgesystems auch, daß wir unseren Haushalt insgesamt nicht auf Kosten unserer Kinder und Kindeskinder finanzieren und das Gesundheitssystem zukunftssicher gestalten. Daß wir heute schon an morgen denken, mag Sie ob Ihrer Versäumnisse ärgern. Das ist aber für den gesellschaftlichen Zusammenhalt notwendig. Dafür werden wir mit modernen Konzepten und der Ehrlichkeit, die Fairneß zwischen den Generationen verlangt, sorgen. Vielen Dank. ({7})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Das Wort hat nun der Kollege Matthäus Strebl, CDU/CSU-Fraktion.

Matthäus Strebl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002940, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister Riester, wer Ihre Politik erlebt, der lernt, Norbert Blüm zu lieben. ({0}) Erst setzen Sie ein fein abgestimmtes, sozialverträgliches Rentenkonzept außer Kraft, dann fahren Sie einen Crash-Kurs gegen die Betroffenen. ({1}) - Die Wahrheit können Sie wohl nicht hören. Vor der Wahl hat die SPD gesagt, die nettolohnbezogene Rente bleibt erhalten, nach der Wahl setzen Sie auf den Gedächtnisschwund der Rentnerinnen und Rentner. So nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren der Regierungskoalition! ({2}) Ihr Wahlbetrug besteht nicht darin, daß Sie sich bemühen, etwas zu tun, Herr Minister. Ihr Wahlbetrug drückt sich in einer Gerechtigkeitslüge aus. Was Sie hier vorlegen, ist Lichtjahre von Gerechtigkeit entfernt. Unter Norbert Blüm war die Rente sicher und auf Zukunft ausgelegt: sicher vor Manipulationen - bewirkt durch die Abkehr von der Nettoanpassung -, sicher davor, als Reservekasse des Finanzministers mißbraucht zu werden, sicher vor Systemveränderern, die statt Generationensolidarität eine Grundrente mit Almosencharakter basteln wollen. Unser Sozialstaat ist kein Lazarettwagen für die Versehrten. Er sorgt vielmehr für organisierte Solidarität zwischen den Generationen und für die Wahrnehmung von Eigenverantwortung. Blüms Konzept war glasklar: Durch den demographischen Faktor sollten die Rentensteigerungen in den nächsten 30 Jahren so abgeflacht werden, daß sich die Rente auf einem Niveau von 64 Prozent stabilisiert und die Beitragszahler geschont werden. Hinzunehmen muß man das neue Vermögensbeteiligungsgesetz, das eigenverantwortliche Eigenvorsorge fördert. Durch die zum 1. Januar in Kraft getretenen neuen Regelungen zur Vermögensbildung besteht die Chance, parallel zur Rentenreform mit Bausparen und Produktivsparen individuell, betrieblich oder tariflich eine zusätzliche Einkommensquelle für die Alterssicherung zu erschließen. Rentenreform und Vermögensbeteiligung waren zwei Seiten der gleichen Medaille. Wir hätten uns die Vermögensbeteiligung wesentlich früher gewünscht. Ulf Fink, ehemaliger DGB-Vize, kann bestätigen, daß den Gewerkschaften der Investivlohn schon Anfang der 90er Jahre im Rahmen des Solidarpaktes für die deutsche Einheit angeboten wurde. Es war die IG Metall mit Franz Steinkühler, die immer wieder abgewehrt hat. Das war wirklich Hochverrat an den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Seit 1992 steigen die Kapitaleinkünfte fünfmal so schnell wie die Einkünfte aus Arbeit. Das hat einen klaren Grund, nämlich den technischen Fortschritt. Mit dem Investivlohn hätten Sie eine intelligente Lohnpolitik gemacht und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an den Gewinnen beteiligt. Es ist schon ein Treppenwitz der Geschichte, daß gerade Franz Steinkühler, der dieses Konzept verhinderte, später über Insiderwissen im Börsengeschäft stolperte. So ist das im Leben, wenn man den Arbeitnehmern reines Wasser predigt und selbst im Sekt badet. Herr Riester, Sie stehen in einer schlechten Tradition. Zuerst wollten Sie eine Zwangsabgabe für die Rente ab 60 ohne Arbeitgeberbeteiligung, nach dem Motto: Laßt die Arbeitnehmer die Entlassungen nur selbst finanzieren. Nun wollen Sie eine ergänzende private Rentenversicherung zentralistisch regeln. Das ist der alte Ballonmützen-Sozialismus: alles von oben, zentral verordnet so, wie in der ehemaligen DDR Rentenpolitik gemacht worden ist. ({3}) Sehr geehrter Herr Riester, wir, die CDU/CSU, wollen den Rentenkonsens. Wir sind zu Gesprächen mit Ihnen bereit. Berufen Sie einen Rentengipfel ein! Verlassen Sie das Rotstiftmilieu! Lieber Herr Riester, sorgen Sie für ein vernünftiges Klima, indem Sie Ihre Eckdaten zur Rentenmanipulation vom Tisch nehmen! Sonst heißt es in diesem Sommer: Es riestert und eichelt ohne Ruh, Leute, näht euch bloß die Taschen zu! ({4})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Nun hat das Wort die Bundesministerin für Gesundheit, Andrea Fischer.

Andrea Fischer (Minister:in)

Politiker ID: 11002652

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie wollten doch heute mit uns über die Zukunft der sozialen Sicherungssysteme diskutieren. Nun erleben wir hier aber eine rückwärtsgewandte Debatte, die sich mit unserem Wahlkampf aus dem letzten Jahr auseinandersetzt. ({0}) Ich bin mir nicht ganz sicher, ob Sie sich nicht ungerechtfertigterweise zu Sprechern unserer Wählerinnen und Wähler machen, wenn Sie behaupten, wir hätten irgend etwas erschlichen. Ich glaube schon, daß die Leute gewußt haben, wen sie wählen. Wir werden das mit unseren Wählerinnen und Wählern selber ausmachen. Dafür brauchen wir Sie nicht. ({1}) Ich glaube, wir haben auch in diesem Hause schon niveauvollere Debatten über Sozialpolitik geführt. Ich erkläre mir einen Teil der Aufgeregtheit, die ich in dieser Diskussion gespürt habe, auch dadurch, daß Sie im Grunde natürlich genau wissen - bei aller Selbstkritik, die diese Regierung in den ersten Monaten ihrer Amtszeit zu üben hat -, ({2}) daß das alles Ihre Hinterlassenschaft ist. Wir haben historisch hohe Beiträge zu den Sozialversicherungen. Wir haben eine historisch hohe Staatsverschuldung. ({3}) Das zwingt uns in einen außerordentlich schmerzhaften Prozeß. ({4}) - Ich rede einfach weiter. Falls es Sie stört, daß ich hier vorne rede, während Sie sich miteinander unterhalten, lassen Sie es mich wissen. ({5}) In diesem Prozeß werden wir auf der Ausgabenseite, auf der Einnahmenseite und auch innerhalb der Systeme dazu gezwungen, etwas zu verändern. Ich finde, Sie alle sollten sich nicht als weniger schlau ausgeben, als Sie eigentlich sind. Zur Einnahmenseite. Wir haben bei einem Sozialversicherungssystem wie dem unseren, das die Beiträge an die Löhne koppelt, immer das Problem, daß die Folgen für den Arbeitsmarkt um so gravierender sind, je höher die Beiträge sind. Das übt einen ganz starken Zwang aus. Diesen Zwang haben Sie alle in den letzten Jahren auch schon gespürt. Tun Sie doch nicht so, als hätten wir es zum erstenmal mit diesem Problem zu tun. Ich halte es unter diesen Umständen für richtig und notwendig - dies ist eine gebotene Modernisierung -, daß wir uns über die Ökosteuern um eine Verlagerung der Finanzierung durch Beiträge, die an die Löhne gebunden sind, hin zu einer Finanzierung durch höhere indirekte Steuern bemühen. Wir werden das nur in einem begrenzten Umfang machen können. Aber ich meine schon - das zeigt auch der Blick auf das europäische Ausland -, daß eine solche Verlagerung von Finanzierung sinnvoll ist und positive Wirkungen auf den Arbeitsmarkt hat, einmal ganz abgesehen davon, daß diese stetige Erhöhung auch eine Lenkungswirkung hat. ({6}) Sie haben vorhin gefordert, wir müßten die Familien entlasten. Ich rate Ihnen - das alles ist erst heute veröffentlicht worden; ich gebe zu, daß das vielleicht ein bißchen kurzfristig war -, schauen Sie sich noch einmal genau an, was wir vorhaben. Wir wollen die Eingangssteuersätze, die für die Familien und andere Menschen mit niedrigem Einkommen bedeutsam sind, senken. ({7}) - Frau Schwaetzer, das ist doch nicht Ihr Ernst. Diese Art von Zwischenrufen ist nicht mehr satisfaktionsfähig. Es geht also um eine Senkung der Eingangssteuersätze und um eine Erhöhung des Kindergeldes. Den ersten Schritt dazu haben wir bereits gemacht, ein zweiter ist geplant. Es wird einen höheren Kinderfreibetrag geben. Das sind alles notwendige Maßnahmen. Mit Verlaub möchte ich dazu anmerken: Die Tatsache, daß wir diese Maßnahmen jetzt durchführen müssen und nicht mehr frei entscheiden können, was wir Gutes für die Familien tun, liegt darin begründet, daß das Bundesverfassungsgericht uns ins Stammbuch geschrieben hat, was wir umsetzen müssen. Das hat es auf Grund Ihrer Versäumnisse in den letzten Jahren entschieden. ({8}) Alle Maßnahmen, die wir durchführen müssen, verursachen für den Staatshaushalt Einnahmeausfälle. Das erhöht den Zwang zur Konsolidierung des Staatshaushalts und macht damit die Dinge schwieriger. Ich möchte auf einen anderen Punkt zu sprechen kommen. Ich erinnere mich daran, was Sie während Ihrer Regierungszeit gefordert haben und was Sie jetzt in der Opposition fordern. Auch wir versuchen, Systeme wie zum Beispiel das Gesundheitswesen, die schwierig sind und bei denen wir keine rabiaten Kürzungen vornehmen können, durch Qualitätssteigerung zielgenauer und effizienter zu machen. Sie dagegen schlagen sich einfach auf die Seite derjenigen, die sagen: Es muß mehr Geld ins System. Sie tun dabei so, als gäbe es das Problem mit den Sozialversicherungsbeiträgen nicht. Sie tun so, als könnten diese Beiträge unbegrenzt erhöht werden. Ich finde, auch von der Opposition kann man intellektuelle Redlichkeit in solchen Debatten verlangen. ({9}) Wir müssen uns nicht nur um die Einnahmen und die Umverteilung im System kümmern, sondern auch die Ausgaben begrenzen. Wenn wir das nicht tun, dann wird es jedes Jahr schlimmer, die Handlungsfähigkeit des Staates wird auf Dauer vollständig lahmgelegt. Das können wir gegenüber den Generationen der Kinder und Enkelkinder nicht verantworten. ({10}) Wir bekennen uns auch dazu, daß wir im Rahmen dieses wirklich schmerzhaften Konsolidierungsprozesses - Sie wissen ganz genau, welchen großen Anteil der Sozialhaushalt am gesamten Bundeshaushalt hat - auch Maßnahmen im Bereich der sozialen Sicherungssysteme ergreifen müssen. Darum kommt man nicht herum. Natürlich verlangen wir auch von den Rentnerinnen und Rentnern einen Beitrag. Dazu bekennen wir uns. Ich kann mich dazu ehrlich bekennen, weil ich mit dieser Aussage auch schon im letzten Jahr Wahlkampf gemacht habe. ({11}) Herr Blüm, ich habe Sie auch schon früher gegen Vorwürfe, ein Rentendieb zu sein, verteidigt. Dieser Vorwurf war bei Ihnen nicht gerechtfertigt. Sie haben sich das Geld nie in die eigene Tasche gesteckt. Das würde ich unter einem Dieb verstehen. Es ging vielmehr immer um die Frage der Beitragssatzhöhe und der Begrenzung der Ausgaben. Es gibt schließlich Leute, die diese Renten bezahlen müssen. Vor diesem Hintergrund hat es auch der Kollege Riester überhaupt nicht verdient, mit den Begriffen tituliert zu werden, die ich in der heutigen Debatte gehört habe. ({12}) Wir leisten einen Beitrag zum Generationenausgleich. Wir können über den richtigen Weg reden. Aber gerade wenn Sie uns die ganze Zeit entgegenhalten, daß Sie mit der Einführung des Demographiefaktors in dieselbe Richtung wie wir gedacht haben - ({13}) - Das ist doch ein Riesenunterschied. Sie können mit uns ernsthaft eine Debatte darüber führen, was systematisch besser ist und welche Wirkung durch welchen Faktor erzielt wird. Aber heute haben Sie keine Debatte über den richtigen Weg geführt. Sie wollten Panik machen, indem Sie aberwitzige Zahlen in die heutige Debatte geworfen haben, die jenseits aller fachlichen Erörterungen waren. Damit haben Sie sich für mich für diese Debatte disqualifiziert. Ich bin zwar der Meinung, daß der Zwischenruf zu einer parlamentarischen Debatte gehört. Aber wenn Sie von der F.D.P. immer nur krakeelen, dann muß ich feststellen, daß es Sie offenbar einen Scheißdreck zu interessieren scheint, was ich hier zu sagen habe. Sie wollen sich nur selber produzieren. Das entspricht nicht der Kultur des parlamentarischen Zwischenrufs. Das möchte ich Ihnen ausdrücklich sagen. ({14}) Ich beharre darauf, daß Sie mit uns keine vernünftige Debatte über den richtigen Weg führen wollen. Sie wollen einfach nur Panik machen. Sie wollen eine Debatte führen, die an den tatsächlichen Fakten völlig vorbeigeht. Sie wissen selber, daß bezüglich der Generationengerechtigkeit ein Ausgleich zwischen Jung und Alt gefunden werden muß und daß auch Sie diesen Ausgleich - nur auf einem anderen Wege als dem unsrigen gesucht haben. Dieser Ausgleich ist notwendig. ({15})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Es ist in der Tat so, daß es bei den Zwischenrufen manchmal laut schallt. Darauf wollte ich nur hingewiesen haben. Jetzt hat der Kollege Andreas Storm, CDU/CSUFraktion, das Wort.

Andreas Storm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002811, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit der Einigung der KoaliBundesministerin Andrea Fischer tion auf die Eckpunkte der Ökosteuerreform sollte gestern abend der vorläufige Höhepunkt des Bonner Rententheaters eingeleitet werden. Unter dem Motto „Tanken für die Rente“ soll der Benzinpreis in den nächsten vier Jahren auf etwa 2 DM klettern. Dafür wird im Gegenzug der Rentenversicherungsbeitrag bis zum Jahr 2003 um 2,3 Prozentpunkte gesenkt. So verkündeten es jedenfalls gestern abend die Herren Struck und Schlauch. Allerdings hatten die Herren von der Kanzlerrunde ihre Rechnung offenbar ohne den Taschenrechner gemacht; denn beim Nachrechnen zeigt sich, daß der Rentenversicherungsbeitrag gar nicht um 2,3 Prozentpunkte, sondern allenfalls um 1 Prozentpunkt gesenkt werden kann. ({0}) Sie hatten sich in der Eile mal eben um die Kleinigkeit von 20 Milliarden DM verrechnet. Das Ziel der Koalitionsvereinbarung, die Sozialversicherungsbeiträge unter die Marke von 40 Prozent zu senken, wird also entgegen der frohen Botschaft von gestern abend auch im Jahr 2003 klar verfehlt. Das ist eine glatte Milchmädchenrechnung, Herr Riester. ({1}) Herr Bundesarbeitsminister, aus der Sicht der Beitrags- und Steuerzahler entpuppt sich Ihr in der letzten Woche vorgestelltes Jahrhundertprojekt als ein dreistufiges reines Abkassiermodell. ({2}) Nachdem unter dem Motto „Tanken für die Rente“ die Benzinpreise schon in der ersten Stufe auf etwa 2 DM steigen sollen, wollen Sie in der zweiten Stufe einen Vorsorgebeitrag von 2,5 Prozent des Bruttoeinkommens für eine ergänzende private Altersrente einführen. In der dritten Stufe steigt dann der Beitragssatz für die umlagefinanzierte gesetzliche Rentenversicherung von 19 Prozent auf über 23 Prozent nach dem Jahr 2030 an. ({3}) Da die Arbeitnehmer die Privatversicherung ({4}) alleine finanzieren müssen, hat das zur Folge, daß der Arbeitnehmeranteil für die Alterssicherung nach Ihren Plänen, Herr Riester, sogar noch höher ist als bei Beibehaltung der bisherigen Regelungen. ({5}) Nach dem Riester-Modell läge er im Jahre 2030 bei 14 Prozent des Bruttoeinkommens: 11,5 Prozent als Arbeitnehmerbeitrag für die gesetzliche Rentenversicherung und 2,5 Prozent als Vorsorgebeitrag für die Privatrente. Ohne die Riester-Reform würde sich der Arbeitnehmerbeitrag im Jahr 2030 hingegen lediglich auf 13 Prozent des Bruttoeinkommens belaufen. ({6}) Die Versicherten werden also durch Ihre Reform nicht entlastet, sondern massiv belastet. ({7}) Der Sinn einer Teilkapitaldeckung, der gerade in einer langfristigen Entlastung der Beitragszahler besteht, wird beim schnell gestrickten Riester-Modell völlig verfehlt. Geradezu grotesk wirken die rotgrünen Diskussionen der letzten Tage, ob an Stelle einer obligatorischen Zusatzversorgung der Weg zu mehr Eigenvorsorge auf freiwilliger Basis mit Hilfe von Steueranreizen verwirklicht werden kann. Zeitgleich diskutieren Sie tagelang über eine massive steuerliche Belastung der Erträge von Kapitallebensversicherungen. Dann wird die Entscheidung über beide Fragen auf den Herbst vertagt. Meine Damen und Herren, dieses Schauspiel grenzt schon an sozialpolitischen Zynismus. ({8}) Herr Minister, Sie haben aus den handwerklichen Fehlern der ersten acht Monate Ihrer Amtszeit nichts, aber auch gar nichts gelernt. Ihr Versuch, mit der heißen Nadel eine auf mehr als drei Jahrzehnte angelegte Strukturreform der Alterssicherung als Nebenprodukt einer kurzfristigen Sanierung des Bundeshaushalts zu betreiben, muß als bereits im Ansatz kläglich gescheitert betrachtet werden. ({9}) Das ist übrigens auch nicht verwunderlich, denn Sie haben weder die Rentenversicherungsträger noch Ihren eigenen Wissenschaftlichen Beirat an den Vorbereitungen der angeblichen Jahrhundertreform beteiligt. ({10}) Die bittere Bilanz der letzten Tage lautet: Die Rentner werden von Ihnen als Sparschweine mißbraucht und um ihre Rentenerhöhung betrogen. ({11}) Der Benzinpreis steigt auf 2 DM. Arbeitslose - um es einmal in der Sprache von Herrn Dreßler zu sagen, den ich heute übrigens vermisse ({12}) werden durch die Absenkung ihrer Leistungsbezüge im Alter in die Armut getrieben. Dafür dürfen sich die Betroffenen ihre Sozialhilfe dann künftig bei der Rentenkasse abholen. Wie tief ist die deutsche Sozialdemokratie eigentlich gesunken? ({13}) Herr Riester, Ihre Zeit ist abgelaufen. Machen Sie den Weg frei! Es ist höchste Zeit für einen rentenpolitischen Neubeginn in diesem Land. ({14})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Nun erteile ich dem Kollegen Franz Thönnes, SPD-Fraktion, das Wort.

Franz Thönnes (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002818, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist das gute Recht der Opposition, die amtierende Bundesregierung nach ihrer Haltung zur Zukunft der sozialen Sicherungssysteme zu befragen. ({0}) Schließlich sind diese solidarischen Einrichtungen eine der wichtigsten Säulen unseres demokratischen und sozialen Rechtsstaates. Es ist aber nicht das Recht der Opposition, so zu tun, als habe sie zu ihren Regierungszeiten diese sozialen Sicherungssysteme wie ihren Augapfel gehütet und vor Schaden bewahrt. ({1}) Ganz im Gegenteil haben Sie dieses Feld der Politik als beliebigen und willkommenen Verschiebebahnhof einer unsozialen Verteilungspolitik von unten nach oben vor dem Hintergrund Ihrer desolaten Finanz- und Haushaltspolitik betrachtet. Theo Waigel hat nur noch Löcher gestopft und nichts mehr gestaltet. Norbert Blüm hat Büttenreden über die angebliche Sicherheit der Renten gehalten und sich in Rundschreiben an die eigene Fraktion damit gebrüstet, 98 Milliarden DM in der Rentenund Arbeitslosenversicherung gespart zu haben. Das ist die Realität gewesen. ({2}) Dafür haben die Menschen Ihnen die Quittung gegeben. Sie haben den Märchenvorlesungen keinen Glauben mehr geschenkt. Sie haben sich für eine neue Politik, für Arbeit, Innovation und Gerechtigkeit entschieden. Das war eine gute Entscheidung in diesem Land. ({3}) Die sozialen Sicherungssysteme stehen immer im Zusammenhang mit dem Haushalt. Sie haben es nahezu perfekt verstanden, die wahre finanzpolitische Lage durch die von Ihnen vorgenommenen Privatisierungen zu verschleiern. Das Dreifache des Haushaltsvolumens haben wir mittlerweile an Schulden. 25 Pfennig von jeder Steuermark gehen in die Schuldentilgung, sind also Zinslasten. All diese Gelder fehlen uns, wenn wir Zukunft vernünftig gestalten wollen. ({4}) Sie haben die Gestaltungsspielräume der Demokratie erheblich beschnitten. Deswegen ist es gut, daß wir jetzt wieder eine Regierung haben, die mit ihrer Politik der Modernisierung, der Haushaltskonsolidierung und der Wahrung der sozialen Gerechtigkeit der Demokratie endlich wieder die Luft zum Atmen gibt. ({5}) Sie haben den Menschen das Geld in einer Art und Weise aus der Tasche gezogen, daß sie sich schon beim Wort „Reform“ ans Portemonnaie gepackt haben, weil sie wußten: Die wollen uns wieder ans Geld. ({6}) Das war bei der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall so, das war bei der Zuzahlung bei Krankheit und Kuren so, ebenso wie beim Schlechtwettergeld, und ging hinein bis in die Arbeitsmarktpolitik. Vor der Rente haben Sie ebenfalls nicht haltgemacht: Sie haben die Altersgrenzen vorgezogen, Sie haben die Altersgrenzen für Frauen und Arbeitslose erhöht, Sie haben die Anerkennung der Ausbildungszeiten reduziert und im weiteren Verlauf die Arbeits- und Berufsunfähigkeitsrenten nahezu abgeschafft. Und Sie waren es, die das Rentenniveau einseitig auf 64 Prozent gekürzt haben. Ihre Kürzungen würden die Rentnerinnen und Rentner in vielen Bereichen zu Sozialhilfeempfängern machen. ({7}) Wir haben versprochen, das zu korrigieren, und das haben wir gehalten. Wir haben versprochen, in die Rentenversicherung dauerhafte Solidarität hineinzutragen, damit die Menschen im Alter einen angemessenen Lebensstandard haben. Das haben wir versprochen, und das haben wir gehalten. ({8}) Wir schaffen eine neue Basis für einen Generationenvertrag, indem die Solidarität der Älteren für die Jüngeren da ist und die Solidarität der Jüngeren für die Älteren. Das haben wir versprochen, und das haben wir gehalten. ({9}) Wir haben versprochen, eine eigenständige Alterssicherung für die Frau und eine soziale Grundsicherung einzuführen, damit die Rente im Bedarfsfall so gestaltet ist, daß Armut im Alter verhindert und die Inanspruchnahme der Sozialhilfe vermieden wird. Das haben wir versprochen, und das halten wir jetzt auch. ({10}) Was wir nun abverlangen, ist, daß die Älteren für zwei Jahre ein Stück weit Solidarität mit den Jüngeren üben, damit die Jüngeren morgen Solidarität mit den Älteren üben können, damit wir Investitionen in die aktive Arbeitsmarktpolitik vornehmen können, damit wir 100 000 Arbeits- und Qualifizierungsplätze für junge Menschen schaffen können, damit wir in Forschung und Bildung investieren können. Das ist praktizierte solidarische Altersversorgung in dieser Gesellschaft und macht endlich Schluß mit Ihrem unsäglichen Reparaturbetrieb. ({11}) Glauben Sie nicht, daß die Menschen schon in diesem Jahr gemerkt haben, daß sie mehr Rente bekommen? Die Erhöhung war fast doppelt so hoch im Vergleich zu dem, wenn Ihr unsäglicher Demographiefaktor jetzt schon zugeschlagen hätte. Die Menschen merken das ganz deutlich. ({12}) Das Geschrei der Opposition wird verhallen. ({13}) Im Norden sagt man: „Die schlimmsten Gegner der Elche waren früher selber welche“ - mit dem feinen Unterschied, daß Sie zu einer wirksamen, zeitgemäßen, zukunftssicheren und sozial ausgewogenen Rentenreform nicht fähig waren. Unser Konzept entspricht diesen Kriterien. Wenn Sie nun als außerparlamentarische Opposition wieder mit einer Unterschriftenkampagne daherkommen, so ist der „Süddeutschen Zeitung“ zuzustimmen, die heute in ihren Kommentaren schreibt: Mit solchen Aktionen ist man aber nicht stark, sondern nur lautstark. Und hinter dem Getöse der Union verbirgt sich Verlegenheit und Neid - weil angepackt wird, was schon in Unions-Regierungszeiten angepackt gehört hätte. Neid ist im übrigen die aufrichtigste Form der Anerkennung. Mit dem Reformprogramm hat die rot-grüne Regierung die letzte Chance wahrgenommen, das Land ökonomisch auf Zukunftskurs zu bringen. Der „Süddeutschen Zeitung“ ist uneingeschränkt zuzustimmen. ({14})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Jetzt hat der Kollege Dr. Hermann Kues, CDU/CSU-Fraktion, das Wort. ({0})

Dr. Hermann Kues (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002709, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zunächst kurz auf Frau Ministerin Fischer eingehen. Ich habe mir überlegt, weshalb Sie hier vorne am Pult so aufgeregt agieren. Man sollte sich als Mitglied der Regierung - da sitzen Sie eigentlich am längeren Hebel - überlegen, wie man sich gegenüber dem Parlament verhält. Ich weiß, was dahintersteckt. Sie vermuten wahrscheinlich, daß Sie mit Ihrer Gesundheitsreform gegen den Baum fahren. und das macht Sie so nervös. Sie werden - das vermute ich jedenfalls - die erste Ministerin sein, der eine Reform gelingt, die nicht nur auf eine Verschlechterung der Leistungen, sondern gleichzeitig auch auf eine Erhöhung der Beiträge hinausläuft. Das hat noch niemand geschafft. ({0}) Sie operieren mit dem Wort „ehrlich“. Wenn Sie ehrlich wären, dann würden Sie den Menschen sagen - Sie wissen das mit Sicherheit -, daß ein höheres medizinisches Leistungsniveau und neue Herausforderungen auf Grund der demographischen Veränderungen Geld kosten. In diesem Sinne täuschen Sie jetzt schon wieder die Menschen, wider besseres Wissen. Davon werden Sie eingeholt. ({1}) Sie haben ganz stolz gesagt, Sie hätten die Zuzahlungen abgeschafft, wie im Wahlkampf versprochen. - Das haben Sie nicht gemacht: „wie versprochen“. Sie haben sie reduziert. Sie nehmen aber jetzt 30 Prozent der Arzneimittel aus der Verschreibungsmöglichkeit heraus. Die Menschen müssen nichts mehr zuzahlen? Sie müssen bei den 30 Prozent alles bezahlen; das ist mit Sicherheit nicht gerechter. ({2}) Herr Minister Riester, Sie haben in den letzten Wochen ein Kapital verspielt, ohne das ein Arbeits- und Sozialminister nach meiner festen Überzeugung nicht klarkommt. Das Kapital heißt: Glaubwürdigkeit und Verläßlichkeit. Ich hatte in einer gewissen Phase Ihrer Regierungstätigkeit sogar ein gewisses Mitleid mit Ihnen, ({3}) weil Ihre Pläne im Bundeskanzleramt ständig durchkreuzt wurden. Das hat sich aus verschiedenen Gründen ein bißchen gelegt. Ein Grund war ein Interview mit Ihnen, das ich in der „Bild“-Zeitung vom 19. Juni gelesen habe. Wir sollten uns einmal überlegen, mit welchen Worten wir umgehen. Es heißt da wörtlich: Ich betrüge niemanden! Im Gegensatz zu meinem Vorgänger Norbert Blüm sage ich die Wahrheit … ({4}) Ich finde, Sie sollten das hier zurücknehmen. Ich empfinde das angesichts dessen, was Sie sich in den vergangenen Wochen geleistet haben, als eine Unverschämtheit und Ungehörigkeit. ({5}) Ich habe Ihnen schon einige Male vorgehalten, daß Sie in einem sehr frühen Interview einmal gesagt haben - ich vereinfache das jetzt; wir haben uns darüber schon unterhalten -, daß Sie sich eigentlich nicht für die Langzeitarbeitslosen interessieren. Daraufhin haben Sie gesagt, das sei von mir falsch dargestellt. Jetzt stelle ich fest, daß Sie 7 Milliarden DM an Mitteln für die Eingliederung von Langzeitarbeitslosen streichen. Das heißt, auch hier wird Ihr Interview praktisch wahr. Das empfinde ich als eine Zumutung gegenüber der deutschen Öffentlichkeit. ({6}) Ich habe ein Papier mitgebracht, von dem ich nicht vergessen habe, daß wir hier damit konfrontiert worden sind, auch von der jetzt amtierenden Präsidentin. Es ist das Papier der Kirchen zur wirtschaftlichen und sozialen Lage. Mit einzelnen Aussagen haben Sie uns im Wahlkampf durchaus gejagt. Ich habe damals auch hier schon gesagt: Es ist nicht in Ordnung, wenn man lediglich Rosinen herauspickt; man muß das vielmehr im Gesamtzusammenhang sehen. Ich habe von Ihnen keine Bezugnahme auf dieses Papier in den letzten Wochen wahrgenommen. Sie haben die kirchlichen Gruppen, die Wohlfahrtsverbände, die KAB, die Kolpinggruppen, die Christliche Arbeiterjugend, die sich auf Sie verlassen haben, als Sie daraus zitiert haben, systematisch hinters Licht geführt. ({7}) Ich zitiere jetzt aus der Nummer 187, wo es heißt und das ist wichtig -: … die Diskussion über die Finanzierungsfragen des Sozialstaates nicht nur quantitativ als finanzpolitische Spardebatte zu führen, sondern vor allem als gesellschaftspolitische Gestaltungsdebatte. ({8}) - Nein, nein. Sie wollten das Rentenkonzept Ende des Jahres vorlegen. Sie wollten es in aller Ruhe vorbereiten. Es kommt jetzt in Verbindung mit den Aktionen von Herrn Eichel Stück für Stück heraus, weil er die 30 Milliarden DM Mehrausgaben aus dem letzten Haushalt Schritt für Schritt zu kassieren versucht. ({9}) Das heißt also, Sie begründen alles nur finanztechnisch, weil Sie kein gesellschaftspolitisches Konzept haben. Das ist Ihr Problem. ({10})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Herr Kollege, kommen Sie zum Schluß, bitte.

Dr. Hermann Kues (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002709, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister Riester, Sie sollten ehrlich zu sich selbst sein. Wenn Sie ehrlich zu sich selbst wären, dann würden Sie feststellen, daß das eingetreten ist, was ich Ihnen zu Beginn der Legislaturperiode einmal gesagt habe: Sie laufen in die falsche Richtung, und das geht schief. Das ist so, als wenn Sie morgens aufstehen, sich das Hemd zuzuknöpfen versuchen, und der erste Knopf sitzt nicht; dann passen alle anderen auch nicht. ({0})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Nun erteile ich dem Bundesarbeitsminister Walter Riester das Wort.

Walter Riester (Minister:in)

Politiker ID: 11003616

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine Aktuelle Stunde zur Zukunft unserer Sicherungssysteme - was hätte man daraus machen können! Jetzt habe ich mir über eine Stunde lang die Debatte angehört und frage mich, wie wir in den Dialog kommen können, den ich eigentlich suche. Ich habe Ihnen sehr früh angeboten, daß ich gerade in diesem Bereich mit Ihnen zusammenarbeiten möchte. Ich biete es weiterhin an. Aber dann müssen wir uns über einige Dinge klarwerden. ({0}) - Bitte, wir machen doch eine Aktuelle Stunde. Wir wollen doch versuchen, uns zu verstehen. Wir wollen in der schwierigen Frage, wenn es geht, zusammenarbeiten. ({1}) - Sie sagen: „Ein bißchen Vergangenheitskritik wäre ganz gut.“ Ich will damit kurz einsteigen. ({2}) Wir standen vor der schwierigen Situation, daß die Rentenversicherungsbeiträge von 1993 bis 1997 von 17,5 Prozent auf 20,3 Prozent angestiegen sind. 1997 haben wir die damalige Regierung noch bei der Anhebung der Mehrwertsteuer um einen Prozentpunkt unterstützt, der auch in die Rentenversicherung eingeflossen ist. In diesen vier Jahren kam es zu einer Kostensteigerung in der Rentenversicherung von 57 Milliarden DM, zu einem Ansteigen der Lohnnebenkosten von 57 Milliarden DM nur durch die Kostensteigerung in der Rentenversicherung. Nun, Norbert Blüm, lag das sicherlich nicht an den jährlichen Ausgaben für die Rentner; denn in diesen sechs Jahren stieg nur in einem Jahr die Rente stärker als die Inflationsrate. 1994 war das. War das vielleicht zufällig ein Wahljahr? ({3}) Daran kann es also nicht gelegen haben. In der Situation haben wir übernommen. Das werfe ich nicht vor. Ich sehe durchaus die Probleme, vor denen wir stehen. Das Lösungsangebot, das uns dann offeriert worden ist, war, einen jährlichen Abschlag der Rentenanhebung vorzunehmen. „Demographiefaktor“ nennt sich das. ({4}) Das als Angebot, lieber Norbert Blüm, ist zu wenig. Wir brauchen ein Rentensystem, das einerseits zukunftssicher ist und das andererseits bei den Entwicklungen, die noch auf uns zukommen, auch armutsfest ist. ({5}) Was haben wir gemacht? Wir haben als erstes das Rentenversicherungssystem von allen Lasten befreit, für die keine beitragsgedeckten Einnahmen da waren. Das war ein schwieriger Schritt. Es sind, auf das Jahr bezoDr. Hermann Kues gen, 24 Milliarden DM, um die wir die Rentenversicherung entlastet haben. Zweiter Schritt: Wir beiden waren uns einig, Norbert Blüm, daß es ein völlig unvertretbarer Zustand ist, daß 6 Millionen Menschen versicherungsfrei arbeiten. Wir waren uns einig! ({6}) Wir haben das korrigiert. Das waren wichtige Grundvoraussetzungen. Jetzt kommen die nächsten Schritte, die wir angehen: Das System muß zukunftssicher und armutssicher werden. ({7}) - Ich habe im Wahlkampf nichts anderes als das gesagt, was ich auch heute sage; davon dürfen Sie ausgehen. ({8}) Ich habe im Wahlkampf nichts anderes erzählt, und ich habe auch hier in den Debatten immer wieder auf die Probleme des Rentenversicherungssystems hingewiesen. Ich habe angesichts der Situation den Menschen noch nie erklärt, die Rente sei sicher. Norbert Blüm, da unterscheiden wir beide uns in der Tat. ({9}) Deswegen gehe ich an diese Frage heran. Was machen wir? Wir gehen die Rentenreform nicht so an, wie sie meist diskutiert worden ist: Bekommen wir die Leistungen und die Beiträge in dem Zeitraum bis 2005, 2010 stabil? Nein, wir sagen: Wir möchten es ausweiten bis zu dem schwierigsten Punkt, dem das System ausgesetzt ist, nämlich bis zum Jahr 2030, wo wir auf dem Gipfelpunkt der demographischen Entwicklung stehen werden. Das ist der schwierigste Punkt, und bis dahin muß es ausgeweitet werden. Wir sagen: Wir bekommen es hin, für die Rentner innerhalb des Rentenversicherungssystems ein im wesentlichen stabiles Leistungsniveau von 67 Prozent zu halten. Wir sagen aber darüber hinaus auch denjenigen, die aktiv arbeiten: Wir möchten sicherstellen, daß der Beitrag bis etwa zum Jahr 2012 unter 19 Prozent bleibt und dann bis 2020 nicht auf über 20 Prozent steigt. Das ist sehr, sehr ehrgeizig. Dafür bringen wir Leistungen ein. Wir bringen als erstes ein - das haben wir gesagt zusätzliche Mittel aus der Ökosteuer, um den Beitrag abzusenken und - was noch viel wichtiger ist - um ihn stabil zu halten. Wir wollen als zweites für die jetzt aktiv Arbeitenden die Voraussetzung dafür schaffen, daß zusätzlich Eigenvorsorge geleistet werden kann. Das, Herr Storm - das wissen Sie genau -, kann man nicht mit dem paritätisch finanzierten System vergleichen; das ist ein anderer Aufbau. Dieser Aufbau ist eigentlich auch dazu da, das Versorgungsniveau insgesamt höher zu halten. 67 Prozent sind ein ehrgeiziges Versorgungsniveau innerhalb des Rentenversicherungssystems. Aber ich denke, es ist wichtig - auch für die zukünftige Generation -, daß wir das Vorsorgeniveau höher halten. ({10}) Dritter Punkt: Wir sagen dem Rentner, daß auch er sich an der Zukunftssicherung des Systems, seines Systems, beteiligen soll. Wir sagen, für zwei Jahre - und es ist sicherlich nicht bequem, das zu sagen - bekommt er einen Ausgleich im Rahmen der Preissteigerungsrate. Das ist sein Beitrag. Und wir sagen ihm klar: Anschließend wird die Anhebung der Renten wieder jeweils entsprechend der Steigerung des Lohn- und Gehaltsniveaus erfolgen. Das ist eine faire Aussage. Ich biete Ihnen an, daß wir an diesen Eckpunkten gemeinsam arbeiten. ({11}) Ich denke, das haben nicht nur die Rentner, sondern auch die Aktiven verdient. Sie werden nicht darauf hinweisen können, daß ich in dieser Frage jemals anders argumentiert habe. ({12}) - Ich habe im Wahlkampf das gleiche gesagt, was ich jetzt sage, und daran lasse ich mich auch messen. Ich denke, das ist ein Programm, an dem man arbeiten kann. Ich stelle mir vor, daß man so in eine Debatte über die Zukunftssicherung unseres sozialen Rentensystems hineingehen müßte. Ich lade Sie ein, an dieser Plattform mitzuarbeiten und diese Reform bis zum Ende dieses Jahres mit auszuarbeiten, so daß wir sie im nächsten Jahr gemeinsam in die Gesetzgebung einbringen können. Herzlichen Dank. ({13})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Vereinbarungsgemäß sind wir jetzt eigentlich am Schluß der Aktuellen Stunde angelangt. Aber die CDU/CSU-Fraktion möchte von der Möglichkeit der Geschäftsordnung Gebrauch machen und Herrn Schäuble sprechen lassen. Damit folgt eine weitere Runde, in der jeder Fraktion noch einmal fünf Minuten zustehen. Ich erteile Herrn Schäuble das Wort.

Dr. Wolfgang Schäuble (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001938, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister Riester, wenn wir einen Dialog führen wollen, ist es gut, wenn wir die Debatten so gestalten, daß der zuständige Minister nicht als letzter redet. Denn eigentlich hat in der parlamentarischen Demokratie immer das Parlament das letzte Wort. ({0}) Ich will in Ruhe ganz wenige Bemerkungen machen, so wie das Thema - im Interesse der Generationen insgesamt, der jüngeren wir der älteren - es erfordert. Herr Minister Riester, wenn Sie einen Dialog anbieten, hätte ich es für gut gehalten, wenn Sie sich für Ihre von Hermann Kues wiedergegebenen Äußerungen bei Norbert Blüm einfach entschuldigt hätten. Das hätte manches leichter gemacht. ({1}) Ich sage Ihnen: Bringen Sie es in Ordnung! Das macht es uns wieder leichter, die Debatten so zu führen, wie es dem Gegenstand angemessen ist. Nun kommt der nächste Punkt. Wir haben uns schwergetan, die Rentenformel zu ändern und einen demographischen Faktor einzuführen. - Ich weiß es, denn ich war dabei. Das meiste geschah in meinem Arbeitszimmer. - Aber, verehrte Kolleginnen und Kollegen, Sie können es drehen und wenden, wie Sie wollen: Wenn man genau hinschaut, wird man bei der Veränderung im Altersaufbau unserer Bevölkerung und bei der Veränderung in den Erwerbsbiographien, bei den längeren Rentenlaufzeiten, ohne einen demographischen Faktor in der Rentenversicherung nicht auskommen. ({2}) Deswegen habe ich es besonders bedauert, daß Sie heute in Ihrer Pressekonferenz angekündigt haben, daß Sie ihn dauerhaft streichen wollen. Ich mache darauf aufmerksam: Bundeskanzler Schröder hat noch vor wenigen Wochen - ich habe das Zitat jetzt nicht bei mir; aber ich bringe es morgen mit, wenn es bestritten wird - öffentlich gesagt, man werde auf Dauer ohne einen demographischen Faktor nicht auskommen. Und wo er recht hat, hat er recht. Wir halten einen demographischen Faktor in der Rentenversicherung für unausweichlich, und wir halten ihn für den besseren Weg, weil man sich langfristig darauf einstellen und verlassen kann. Nur aus Verläßlichkeit entsteht Vertrauen. Dies ist besser, als kurzfristig, weil die Rentenanpassung besonders hoch ausfallen wird, zu sagen: Jetzt machen wir schnell einmal einen Kaufkraftausgleich, und in zwei Jahren kommen wir vielleicht - wieder darauf zurück. Denn wenn man einmal davon abweicht, verletzt man Vertrauen. Das ist der grundlegende Fehler, den Sie jetzt machen. ({3}) Ihr Angebot zum Dialog oder zur Kooperation wird natürlich erschwert, wenn Sie am Anfang die Grundlage für langfristiges Vertrauen in die Verläßlichkeit der Rentenversicherung zerstören. Das ist Ihr Fehler. ({4}) Machen Sie es rückgängig! Noch ist es nicht zu spät. Zum Dialog, zur Kooperation sind wir bereit. Aber ich definiere die Grundlagen, wie wir Vertrauen schaffen. Es geht doch nicht um einen Streit darüber, ob man Reformen braucht, um die Renten langfristig sicher zu machen. Es gibt nicht die Alternative, gar nichts zu tun. Aber die kurzfristige Manipulation ist das Schlechteste. Was Sie darüber hinaus liefern, sind Ablenkungsgefechte. Entweder ist die Zwangsabgabe eine Zwangsabgabe. Dann können Sie sie von mir aus in das Rentenniveau einrechnen. Aber jetzt haben Sie die Zwangsabgabe gerade wieder aufgegeben. Die freiwillige Eigenvorsorge haben Sie bisher auch nicht in das Rentenniveau eingerechnet. Sonst müßten wir wirklich die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung insgesamt ein wenig verändern. Herr Riester, das macht keinen Sinn. Zu der Geschichte mit der Grundrente für die Alterssicherung: Wir haben noch 1,5 Prozent Rentner, die Sozialhilfe beziehen. Der Anteil der Sozialhilfeempfänger an der älteren Generation ist am meisten zurückgegangen, ein Erfolg unserer Rentenpolitik in den zurückliegenden Jahren. Deswegen ist dies das am wenigsten dringende Problem. ({5}) Nein, was wir brauchen, ist eine langfristige Sicherung der Rentenversicherung durch einen demographischen Faktor, durch die Frage, in welchem Maße wir mit Kapitalstockbildung zusätzliche Elemente schaffen. Das geht besser freiwillig, in der vierten Säule, als innerhalb der Umlage. Darüber hinaus brauchen wir die Reform der Hinterbliebenenversicherung. Das hatten wir uns für diese Legislaturperiode vorgenommen. Dazu liegt, wenn ich richtig informiert bin, seit Mai das Datenmaterial vor. Ich schlage Ihnen vor: Kehren Sie zu einer langfristig berechenbaren und verläßlichen Rentenpolitik zurück! Gehen Sie die Reform der Hinterbliebenenversorgung an, und nehmen Sie Abstand davon, mit kurzfristigen Manipulationen Haushaltslöcher zu stopfen und sonst gar nichts! ({6})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Nun hat die Kollegin Höll, PDS-Fraktion, das Wort.

Dr. Barbara Höll (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000921, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Da Sie hier ausführlich auf den demographischen Faktor verwiesen haben, möchte ich noch einmal daran erinnern, daß die PDS-Gruppe bereits in den vergangenen Jahren fundiert nachgewiesen hat, daß diese Diskussion von Ihnen angezettelt wurde, um eine Rentensenkung herbeizuführen. Nach unseren Berechnungen, und nicht nur nach unseren, ist eine solche Rentensenkung, die Einführung eines demographischen Faktors, weder in dieser Form noch in der anderen Form notwendig. Es gibt andere Möglichkeiten. Ich nenne hier nur noch einmal die VerDr. Wolfgang Schäuble breiterung der Bemessungsgrundlage oder das Durchforsten des Rentensystems nach versicherungsfremden Leistungen wie dem Mutterschaftsgeld. Sie haben mit dem Vorschlag von Herrn Eichel - das muß man leider betonen - einen tatsächlichen Bruch in der Behandlung der Renten. Sie machen die Renten mit Ihrem Vorschlag zur Verfügungsmasse des Finanzministers. Es ist vielleicht nicht ganz zufällig, daß das von der Planung her für die nächsten zwei Jahre ist und dann für die nächsten Bundestagswahlen die Rückkehr zum bewährten System der Anbindung an die Nettolohnentwicklung erfolgen soll. Scheinbar ist das dann wieder völlig normal. In Wirklichkeit aber - ich wiederhole, was meine Kollegin Frau Knaake-Werner gesagt hat erfolgt durch die Aushebelung des Prinzips eine Senkung, weil zwei Jahre der Nettolohnanpassung fehlen. Es geht eben nicht einfach weiter, sondern diese zwei Jahre fehlen. Ihre Zielstellung, die Renten damit zu senken, werden Sie erreicht haben, und Sie werden dann versuchen, es der Bevölkerung anders zu verkaufen. ({0}) Ich möchte noch einen dritten Punkt erwähnen. Mit diesem Vorschlag setzen Sie im Jahre 10 der deutschen Einheit ein völlig verfehltes Zeichen, denn zur Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West wäre es endlich notwendig, auch bei der Angleichung der Rentenpunkte voranzukommen, da das nicht einfach mit der Nettolohnentwicklung erfolgt. Wenn Sie das System schon brechen, hätten Sie es positiv brechen sollen, um die Angleichung der Rentenpunkte, die bekanntermaßen im Osten derzeit bei 37 DM und im Westen bei 46 DM liegen, hier tatsächlich voranzutreiben und dann vielleicht auch endlich die Möglichkeit zu nutzen, wirklich einmal in Eile und nicht in Ruhe die bestehenden Lükken im Überleitungssystem zu schließen. Solche Lücken existieren immer noch, zum Beispiel für Tänzerinnen und Tänzer aus der ehemaligen DDR. Es ist eine kleine Berufsgruppe - knapp 600 Personen sind davon betroffen -, aber bisher haben Sie das auch nicht in die Hand genommen. Das betrifft Lehrerinnen und Lehrer, das betrifft auch Polizistinnen und Angehörige der ehemaligen Volksarmee, ({1}) aber auch Bundeswehrangehörige, die aus der Volksarmee kommen. Ich möchte noch ein Letztes sagen, da die Ökosteuer im Zusammenhang mit den Renten auch eine Rolle spielt. Vor zwei Monaten wurde die Ökosteuer hier verabschiedet. Bei dieser Diskussion haben Sie versichert, sie sei zwar eine Mehrbelastung, aber Rentnerinnen und Rentner würden nicht richtig belastet, weil sie insofern einen Ausgleich bekommen, als die Sozialversicherungsbeiträge um 0,4 Prozentpunkte gesenkt würden. Das war damals die Begründung. Und jetzt? Es gibt keine Anbindung an die Nettolohnentwicklung mehr. Damit haben Sie Ihr Wort in dieser Beziehung gebrochen. ({2}) Wenn ich dann noch die Tickermeldungen des gestrigen Tages heranziehe, so entstehen bei mir schon eine Reihe von Fragen. Ich zitiere einmal. Frau Kristin Heyne erklärte laut „dpa“, daß die Pläne des Bundesfinanzministeriums in den nächsten Jahren auf eine jährliche Absenkung der Rentenbeiträge um 0,4 Prozentpunkte hinausliefen. Nach früheren Angaben müßte dazu die Mineralölsteuer zwischen dem Jahre 2000 und 2003 um viermal 8 Pfennig angehoben werden. - Also: Senkung der Rentenbeiträge und Mineralölsteuererhöhung. Aber an anderer Stelle ist zu lesen - auch das ist interessant -, daß zu den Reformplänen des Herrn Riester die bedarfsabhängige Grundsicherung und der Einstieg in die eigenständige Altersvorsorge gehören. Dies begrüßen wir sehr. Wir würden es auch begrüßen, wenn man, wie angekündigt, die ungerechten Kürzungen bei der Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsrente nicht nur abmildern, sondern auch wirklich zurücknehmen würde. ({3}) Dazu braucht man Geld. Das zusätzliche Geld soll auch wieder durch die Ökosteuer eingenommen werden. Wozu wollen Sie die Einnahmen aus der Ökosteuer überhaupt einsetzen? Dies sind Unklarheiten in Ihrer Finanzplanung. Momentan ist für die Bevölkerung nur klar, daß die Renten bei Ihnen genauso zum Spielball werden wie bei der früheren Regierung. Sie scheuen sich, eine tatsächliche Strukturreform anzugehen, eine Reform, die eine Stärkung des Solidarprinzips beinhalten würde, verbunden mit der Umsetzung des Vorschlags, daß auch Freiberufler, Abgeordnete, Ministerinnen und Staatssekretäre in die Rentenversicherungskassen einzahlen und daß dann eine stärkere Belebung des solidarischen Prinzipes tatsächlich erfolgen könnte. Aus diesem Grunde lehnen wir die Vorschläge, die hier gemacht wurden, kategorisch ab und hoffen auf großen Widerstand aus der Bevölkerung. Ich danke Ihnen. ({4})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Nun erteile ich das Wort der Kollegin Frau Dr. Schwaetzer, F.D.P.Fraktion.

Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002120, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann es nachvollziehen, daß es für die jetzige Regierungskoalition nicht ganz einfach ist, sich der eigenen Vergangenheit zu stellen. Trotzdem, denke ich, werden Sie akzeptieren und akzeptieren müssen, daß die Opposition Sie darauf hinweist. Ich möchte betonen, daß für uns der Demographiefaktor, den die frühere Koalition eingeführt hatte, die sozial gerechtere Lösung ist, ({0}) weil sie für Rentner und jüngere Generationen verläßliche Bedingungen schafft. ({1}) Nichts brauchen Rentner mehr als Verläßlichkeit. ({2}) Die Abschaffung dieses Demographiefaktors hat die Rentenversicherung dieses Jahr in zusätzliche finanzielle Probleme gestürzt. ({3}) Darüber spricht Herr Riester überhaupt nicht. Wenn Sie ihn nicht abgeschafft hätten, wäre ein Teil dessen, was Sie jetzt bei den alten Menschen machen, nicht nötig. Ich will nicht polemisch werden; aber dies ist ein Raubzug. Die konnten sich nicht darauf einstellen. Sie haben ihnen vor der Wahl etwas anderes versprochen. Jetzt kassieren Sie ab. Die Rentner können dies nicht ausgleichen. ({4}) Damit ist Ihre Lösung das sozial Ungerechteste, was man den Rentnern antun kann. ({5}) Diese Art, mit Rentnern umzugehen, werden Sie allein verantworten müssen. Ansonsten habe ich schon mehrfach betont, daß wir es begrüßen würden, wenn wir hier im Hause, was die Zukunft der Rente angeht, endlich wieder zu einem Konsens zurückkommen könnten. Aber dazu, sehr geehrter Herr Arbeitsminister, möchte ich Berechnungen nicht nur von den Beamten des Arbeitsministeriums hören - erst einmal möchte ich natürlich statt irgendwelcher Presseerklärungen, die Sie in Hintergrundgesprächen abgegeben haben, etwas Schriftliches haben -, sondern auch vom Verband der Rentenversicherungsträger. ({6}) Wir haben in der Vergangenheit bei Norbert Blüm schon oft genug erlebt, daß das Arbeitsministerium nicht ganz mit dem übereinstimmte, was die Wissenschaftler sagten. ({7}) - Die Rechner im Arbeitsministerium sind immer noch die gleichen. ({8}) Deswegen hätten wir gerne eine Gegenrechnung vom VDR. Es klingt ja sehr gut, wenn Sie sagen, Sie wollten die Rente armutsfest machen. ({9}) - Herr Andres, wenn Sie die Rente mit der Sozialhilfe vermischen, dann degradieren Sie die Rentenversicherung, die beitragsbezogen und leistungsbezogen ist. ({10}) Sie müssen andere Lösungen finden, wenn Sie nicht das System der gesetzlichen Rentenversicherung weiter diskreditieren wollen, wie es in den letzten Wochen schon der Fall war. ({11}) Ich kann nur dringend empfehlen, an einer anderen Stelle anzusetzen, nämlich die Sozialhilfe zu einem Bürgergeld weiterzuentwickeln. Dann bleiben die beiden Systeme weiterhin getrennt. Trotzdem aber erreichen Sie das, was wir alle für richtig halten, nämlich daß alte Menschen nicht zum Sozialamt gehen müssen. Damit halten Sie das System der Beitrags- und Leistungsbezogenheit in der Rentenversicherung aufrecht. ({12}) Ich begrüße es, daß die Kollegin Ulla Schmidt - das war das erste Mal, daß ich das aus dem Mund einer Sozialdemokratin oder eines Sozialdemokraten gehört habe - gesagt hat, die umlagefinanzierte Rentenversicherung könne den Lebensstandard nicht mehr absichern. Das ist heute nachzulesen. Das ist eine tolle Erkenntnis. Wenn Sie uns deswegen in den vergangenen Jahren nicht so angepöbelt hätten, könnte ich diese Erkenntnis leichter verdauen. Vor diesem Hintergrund aber ist es schon schwer erträglich. Trotzdem akzeptieren wir das: Die umlagefinanzierte Rente wird den Lebensstandard nicht mehr absichern können. Je eher wir uns darauf einstellen und bei der Steuerreform das tun, was notwendig ist, damit private Vorsorge betrieben werden kann, um so besser ist es. Im übrigen, Frau Fischer, soll der Eingangssteuersatz, jetzt, wenn ich es richtig im Kopf habe, auf 19 Prozent abgesenkt werden. In unserem Konzept lag der Eingangssteuersatz bei 15 Prozent. ({13}) Das hätte die kleiner Einkommen wirklich entlastet, und das ist es, was notwendig ist. ({14}) Meine Damen und Herren, lassen Sie uns auf den Boden der Sachlichkeit zurückkehren! Kehren Sie zurück auf den Boden der Verläßlichkeit der Rentenversicherung! Dann sind wir zum Gespräch bereit. ({15})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Jetzt erteile ich dem Kollegen Adolf Ostertag, SPD-Fraktion, das Wort.

Adolf Ostertag (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001660, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem die Debatte wieder eröffnet ist, möchte ich auf die Schlußworte von Herrn Schäuble eingehen. Herr Schäuble, Sie haben gesagt, mit dem, was wir den Menschen in diesem Land zumuten, würden wir eine kurzfristige Manipulation betreiben, insbesondere bei der Rente. ({0}) In den Medien haben Sie sich teilweise noch drastischer ausgedrückt. - Dies müssen wir mit aller Entschiedenheit zurückweisen. Das, was jetzt ansteht, erfolgt insbesondere aus drei Aspekten: Erstens. Wir beschäftigen uns mit den gigantischen Erblasten, die wir aus Ihrer Regentschaft der letzten Jahre übernommen haben. ({1}) Es handelt sich nicht um kurzfristige Manipulationen; wir müssen Erblasten bewältigen, und zwar nicht nur bei der Rente. Die Regierung hat ein Konzept zur Konsolidierung des Haushalts beschlossen. Mit diesem Haushalt werden wir in einem ersten Schritt zu einem erheblichen Teil das aufarbeiten, was Sie uns hinterlassen haben. Die mittelfristige Finanzplanung beinhaltet 30 Milliarden DM im ersten Haushalt, im Haushalt für das Jahr 2000, und insgesamt 150 Milliarden DM; dies ist heute schon gesagt worden. Das sind die Erblasten Ihrer Regierung. ({2}) Im Bereich der Rente wurde in den letzten 16 Jahren, in Ihrer gesamten Koalitionszeit, ein Katalog von Maßnahmen ergriffen, den vollständig aufzuzählen ich mir schenke: von der Beteiligung der Rentner an der Krankenversicherung im Jahr 1983 über die Anrechnungsmodelle bis hin zur Reduzierung der Anerkennung der Ausbildungszeiten. Sie kennen diesen Katalog, müssen sich aber dazu bekennen. Ich glaube, das ist ganz wichtig. Wenn man in der Opposition ist - und das sind Sie seit einigen Monaten -, sollte man sich zu dem bekennen, was man hinterlassen hat, was man bei den Systemen der sozialen Sicherung angerichtet hat. ({3}) Wenn wir jetzt beginnen, unsere Konzepte umzusetzen, dann sollten Sie einmal in Ihre Programme schauen, was Sie gefordert haben, und vergleichen, was Sie gemacht haben. ({4}) Sie sollten nicht nur schimpfen. Herr Schäuble hat eben in einem sachlichen Ton hier argumentiert. Ich dachte, daß es in der Debatte nun vielleicht doch noch eine sachliche Argumentation gibt. Aber angesichts dessen, was Sie hier an Zwischenrufen machen, muß man zweifeln, ob Sie das, was Sie gesagt haben, ernst meinen. Lesen Sie wirklich einmal die Konzepte aus Ihrem Wahlkampf nach, ({5}) und schauen Sie sorgfältig, was Sie gemacht haben. Ich glaube, dann werden Sie zu dem Ergebnis kommen, daß die neue Regierung angefangen hat, Strukturreformen zu machen. Das sind keine kurzfristigen Manipulationen, wie Sie sagen. Wir gehen auf dem Arbeitsmarkt an Strukturreformen heran. Wir werden morgen hier ein erstes Gesetz zur Arbeitsförderung verabschieden, ({6}) das deutlich macht, daß es um Strukturreformen geht, und wir werden mit dem Arbeitsförderungs-Reformgesetz, das diesen Namen verdient, ({7}) einen zweiten Schritt machen. Außerdem werden wir eine Gesundheitsstrukturreform - ich glaube, dazu ist heute genug gesagt worden - und eine Rentenstrukturreform durchführen. Dazu bedarf es zweier Schritte. Einmal werden wir einen Haushalt der Solidarität vorlegen, der alle Bevölkerungsgruppen einschließt. Die Rentner werden in den nächsten zwei Jahren, in denen wir ihnen abverlangen, daß sie mit einem Inflationsausgleich zufrieden sind, immer noch mehr bekommen, als sie in den letzten Jahren von Ihnen bekommen haben. ({8}) Das muß man doch einmal sagen; das sind Fakten. Wir werden in diesem Haushalt, der in den nächsten Wochen debattiert wird, auch von den anderen Bevölkerungsgruppen Solidarität einfordern. Wir haben in unseren Aussagen im Wahlkampf und natürlich auch in der Koalitionsvereinbarung ganz klare Ziele formuliert, wie wir mit der Modernisierung des Sozialstaates umgehen. ({9}) Dabei nimmt die Rente mit den größten Teil ein. ({10}) Sie wissen ganz genau: Wir wollen bei der Modernisierung der Systeme der sozialen Sicherung nicht nur die Rente modernisieren, sondern auch die anderen Bereiche, die ich angesprochen habe, und wir werden das in den nächsten Wochen und Monaten auch umsetzen. ({11}) Wir haben bei der Rente Strukturreformen und keine kurzfristigen Manipulationen angesagt. Ich glaube, was an ersten Eckpunkten für eine Rentenstrukturreform vorgelegt worden ist, entspricht dem, was wir den Wählerinnen und Wählern versprochen haben, nämlich daß das Ganze langfristig angelegt und über die nächsten Jahrzehnte wirksam ist. Darauf können sich die Rentnerinnen und Rentner verlassen - im Gegensatz zu den Verunsicherungen, die Sie die letzten Jahre betrieben haben.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Kommen Sie zum Schluß, Herr Kollege.

Adolf Ostertag (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001660, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Es gibt keinen „Raubzug“, wie Frau Schwaetzer das eben gesagt hat, sondern wir arbeiten ganz solide an den Eckpunkten der Koalitionsvereinbarung zum Rentenkonzept. Es wird in der gesetzlichen Krankenversicherung, bei der Arbeitsmarktpolitik und bei der Rente Schritt für Schritt weitergehen.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluß.

Adolf Ostertag (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001660, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich kann nur wiederholen, was der Arbeitsminister hier gesagt hat. Er hat die Opposition eingeladen, an Strukturreformen mitzuarbeiten. Wenn Sie sich auf diesen Pfad begeben, können wir eine sachliche Diskussion führen. ({0}) Unsere Vorschläge liegen vor. Überdenken Sie die Haltung, die Sie hier an den Tag gelegt haben: überwiegend geschrien. Arbeiten Sie mit! Ich glaube, dann kommen wir in dieser Gesellschaft ein Stückchen voran. ({1})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Wir sind damit am Schluß unserer heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 24. Juni 1999, 9 Uhr ein. Die Sitzung ist geschlossen.