Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Guten Morgen! Die
Sitzung ist eröffnet.
Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich
zunächst folgendes mitteilen: Für den noch vakanten
Stellvertretersitz im Verwaltungsrat der Filmförderungsanstalt schlägt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau
Karin Knöbelspies vor. Sind Sie damit einverstanden? Ich höre keinen Widerspruch. Damit ist Frau Karin
Knöbelspies als stellvertretendes Mitglied in den Verwaltungsrat der Filmförderungsanstalt gewählt.
Interfraktionell ist vereinbart worden, die verbundene
Tagesordnung um die Ihnen in einer Zusatzpunktliste
vorliegenden Punkte zu erweitern:
ZP3 Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren
({0})
a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrach-
ten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Überein-
kommens vom 4. August 1963 zur Errichtung der
Afrikanischen Entwicklungsbank - Drucksache 14/907 -
b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Renate Jäger, Dr.
Mathias Schubert, Ernst Bahr, weiterer Abgeordneter der
Fraktion der SPD, der Abgeordneten Norbert Barthle,
Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Dirk Fischer ({1}),
weiterer Abgeordneter der Fraktion der CDU/CSU, sowie
der Abgeordneten Ulrich Heinrich und Dr. Edzard
Schmidt-Jortzig: Errichtung eines Mahnmals für die
ermordeten Juden Europas - Drucksache 14/941 -
c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Elke Leonhard, Andrea Nahles, Dr. Eckhart Pick, weiterer Abgeordneter der Fraktion der SPD, der Abgeordneten HansJoachim Otto ({2}), Dr. Wolfgang Gerhardt,
Dr. Hermann Otto Solms, weiterer Abgeordneter der
Fraktion der F.D.P., sowie der Abgeordneten Dr. Gregor
Gysi, Petra Bläss, Heinrich Fink, weiterer Abgeordneter
der Fraktion der PDS: Errichtung eines Denkmals
für die ermordeten Juden Europas - Drucksache
14/942 -
d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Gert Weisskirchen ({3}), Eckhardt Barthel ({4}), Hans-Werner
Bertl, weiterer Abgeordneter der Fraktion der SPD, der
Abgeordneten Dr. Rita Süssmuth, der Abgeordneten Volker Beck ({5}), Gila Altmann ({6}), Marieluise Beck
({7}), weiterer Abgeordneter der Fraktion BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN, sowie der Abgeordneten Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger: Errichtung eines Denk-
mals für die ermordeten Juden Europas - Drucksache
14/943 -
e) Beratung des Antrags der Abgeordneten Michael Roth
({8}), Karin Kortmann, Nina Hauer, weiterer Abge-
ordneter der SPD sowie der Abgeordneten Dr. Antje
Vollmer, Cem Özdemir, Dr. Uschi Eid, weiterer Abgeord-
neter der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Errich-
tung eines Denkmals für die ermordeten Juden Euro-
pas und eines „Hauses der Erinnerung“ - Drucksache
14/944 -
f) Beratung des Antrags der Abgeordneten Annette Wid-
mann-Mauz, Dr. Martina Krogmann, Ursula Heinen und
weiterer Abgeordneter der Fraktion der CDU/CSU: Er-
richtung eines Mahnmals für die Opfer der nationalso-
zialistischen Verbrechen gegen die Menschlichkeit -
Drucksache 14/965 -
g) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dirk Fischer
({9}), Dr.-Ing. Dietmar Kansy, Hannelore Rönsch
({10}), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU: Satellitennavigationssystem Galileo Drucksache 14/945 ZP4 Weitere abschließende Beratungen ohne Aussprache
({11})
a) Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für
Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung ({12}): Antrag auf Genehmigung zur Durchführung
eines anwaltsgerichtlichen Verfahrens - Drucksache
14/828 -
b) Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses ({13}): Sammelübersicht 43 zu Petitionen -
Drucksache 14/961 -
c) Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses ({14}): Sammelübersicht 44 zu Petitionen -
Drucksache 14/962 -
d) Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses ({15}): Sammelübersicht 45 zu Petitionen -
Drucksache 14/963 -
e) Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses ({16}): Sammelübersicht 46 zu Petitionen -
Drucksache 14/964 -
ZP5 a) - Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten
Dr. Peter Struck, Otto Schily, Wilhelm Schmidt ({17}) und weiteren Abgeordneten der Fraktion der
SPD, den Abgeordneten Kerstin Müller ({18}), Rezzo
Schlauch, Kristin Heyne und weiteren Abgeordneten
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, sowie den
Abgeordneten Dr. Wolfgang Gerhard, Dr. Guido Westerwelle, Jörg van Essen und weiteren Abgeordneten
der Fraktion der F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts - Drucksache 14/533 - Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten
Dr. Jürgen Rüttgers, Erwin Marschewski, Günter
Baumann, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der
CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
Neuregelung des Staatsangehörigkeitsrechts ({19}) -
Drucksachen 14/535, 14/867 -
b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des
Innenausschusses ({20})
- zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Jürgen Rüttgers,
Erwin Marschewski, Günter Baumann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Integration
und Toleranz
- zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Jürgen Rüttgers,
Erwin Marschewski, Günter Baumann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Modernes
Ausländerrecht - Drucksachen 14/534, 14/532,
14/867 Von der Frist für den Beginn der Beratungen soll,
soweit erforderlich, abgewichen werden.
Außerdem soll die bisher für Freitag vorgesehene erste Beratung des Entwurfs eines Zweiten SGB-IIIÄnderungsgesetzes bereits heute in verbundener Beratung mit dem Einzelplan 11 - Bundesministerium für
Arbeit und Sozialordnung - erfolgen. Sind Sie damit
einverstanden? - Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist
so beschlossen.
Bevor wir die Haushaltsberatungen fortsetzen, bitte
ich aus gegebener Veranlassung um Ihre Aufmerksamkeit für folgenden Hinweis: Wir werden heute im Laufe
des Tages insgesamt 14 namentliche Abstimmungen
durchführen. Wenn Sie nachher die Stimmkarten aus
Ihren Stimmkartenfächern entnehmen, achten Sie bitte
unbedingt darauf, daß alle Stimmkarten Ihren Namen
tragen. Hoffentlich haben Sie nicht noch Stimmkarten
zu Hause in Ihren Schreibtischschubladen liegen; denn
dann reichen die, die in den Fächern sind, nicht. Bitte
verwenden Sie auch keine Stimmkarten aus abgelaufenen Wahlperioden.
({21})
Das automatische Stimmkartenauswertungssystem akzeptiert Karten aus vergangenen Wahlperioden nicht; das ist
ja auch in Ordnung so. Bevor Sie bei den einzelnen
Abstimmungen die Stimmkarten in eine der Wahlurnen
geben, überprüfen Sie bitte noch einmal, ob die von
Ihnen verwendeten Stimmkarten Ihren Namen tragen.
Wir setzen nun die Haushaltsberatungen fort:
I. Zweite Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das
Haushaltsjahr 1999
({22})
- Drucksachen 14/300, 14/760 Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses ({23})
- zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht über den Stand und die voraussichtliche Entwicklung der Finanzwirtschaft
- zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Finanzplan des Bundes 1998 bis 2002
- Drucksachen 14/350, 13/11101, 14/272 Nr. 79,
14/625 Berichterstattung:
Abgeordnete Dietrich Austermann
Oswald Metzger
Dr. Günter Rexrodt
Ich rufe den Einzelplan 09 auf:
18. Einzelplan 09
Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie
- Drucksachen 14/609, 14/622 Berichterstattung:
Abgeordnete Manfred Hampel
Antje Hermenau
Dr. Werner Hoyer
Es liegen acht Änderungsanträge der Fraktion der
CDU/CSU, ein Änderungsantrag der F.D.P.-Fraktion
und zwei Änderungsanträge der PDS-Fraktion vor. Ich
verweise darauf, daß wir im Anschluß an die Aussprache über drei Änderungsanträge namentlich abstimmen
werden.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. - Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem
Kollegen Dankward Buwitt, CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident!
Meine Damen und Herren! Am Anfang der Aussprache
über den Einzelplan 09 - Wirtschaft und Technologie möchte ich den Mitarbeitern des Ministeriums recht
herzlich für die Zusammenarbeit und die Zuarbeit danken, die sie uns wieder haben angedeihen lassen.
({0})
Wie ein roter Faden ziehen sich neben dem Thema
Kosovo-Krieg die Themen Wirtschaftsentwicklung, Arbeitsplätze und Arbeitslosigkeit durch die Debatte der
letzten Tage. Das ist kein Wunder; diese Themen bewegen und berühren viele Menschen in unserem Lande.
Die Entwicklung 1998 war positiv. Wir hatten ein
Wachstum von 2,8 Prozent, wir hatten - im Gegensatz
zu den namentlichen Abstimmungen - keine Inflation,
sondern nur 1 Prozent Teuerungsrate, wir hatten extrem
niedrige Zinsen, und wir hatten eine Million Arbeitslose
weniger; das ergibt im Jahresdurchschnitt 400 000 Arbeitslose weniger. Ich nehme an, daß das auch Bundeskanzler Schröder bekannt war, so daß seine Argumentation mit dem Vergleich der Märzzahlen von 1998 und
1999 nicht besonders seriös war. 400 000 Arbeitslose
weniger bedeuten eine Entlastung für den Bundeshaushalt, für die Bundesanstalt für Arbeit und für die Versicherungsträger. Die Richtung hat also gestimmt.
Das Umfeld für 1999 ist günstig. Die sechs führenden
wirtschaftswissenschaftlichen Institute bestätigen uns
dies. Die Krisenherde Asien und Lateinamerika beruhiPräsident Wolfgang Thierse
gen sich. Die Höhe der Zinsen ist auch wegen der letzten
Senkung äußerst günstig, und die Teuerungsrate bleibt
nach wie vor gering.
Die Steuereinnahmen steigen. Diese Situation hätten
wir uns in den letzten Jahren gewünscht. Denn aus jeder
Steuerschätzung resultierten neue Einsparnotwendigkeiten. Wir hätten uns höhere Steuereinnahmen gewünscht. Es sind jetzt Steuermehreinnahmen in Höhe
von 30 Milliarden DM zu verzeichnen. Hinzu kommen
die von Ihnen verteufelten Privatisierungserlöse, die von
1998 auf 1999 verschoben worden sind, wahrscheinlich
deshalb, um zu verhindern, daß das Ergebnis des Jahres
1998 zu gut aussah, wodurch Ihre Feindbilder dann völlig zerstört worden wären. - Insgesamt sind dies - wie
Sie es immer nennen - Erblasten, die die CDU/CSU
1982 gerne in vergleichbarem Maße übernommen hätte.
Der Einzelplan 09 hat neben vielen anderen Reserven
eine besondere Reserve, nämlich die Rohölreserve. Hier
haben Sie Einnahmen in Höhe von 450 Millionen DM
nicht etatisiert, obwohl es sicher vernünftig und richtig
gewesen wäre, angesichts der ansteigenden Ölpreise
eine Veräußerung vorzunehmen.
In der Vergangenheit war es so, daß zur Absenkung
des Volumens des Bundeshaushalts alle ihren Beitrag
dazu leisten mußten. Man kann sich darüber streiten, ob
das richtig oder falsch ist. Jetzt steigt das Volumen des
Haushaltes um happige 6,3 Prozent. Dies ist ein deutliches Zeichen dafür, daß Sie überhaupt nicht sparen
wollen. Der Haushalt des Wirtschaftsministeriums profitiert davon nicht. Ganz im Gegenteil: Durch eine pauschale Minderausgabe, die wesentlich erhöht wurde,
nämlich auf 323 Millionen DM, wird jede marginale
Verbesserung in Frage gestellt.
Man hat nicht das Gefühl, daß die Koalition und die
Regierung die Wirtschaft ankurbeln, Arbeitsplätze
schaffen und die Arbeitslosigkeit senken wollen. Ganz
im Gegenteil: Viele vernünftige Gesetze, die im vorigen
Jahr beschlossen wurden und die eine Wende auf dem
Arbeitsmarkt bewirkt haben - auch ohne eine Steuerreform, die haben Sie ja aus parteipolitischem Egoismus
verhindert -, wurden rückgängig gemacht. Hinzu kamen
Ihre Fehlleistungen: das Gesetz hinsichtlich der 630Mark-Beschäftigten, das Gesetz gegen die angebliche
Scheinselbständigkeit, das Öko-Abschöpfgesetz, die
Streichung von Steuervorteilen ohne steuerliche Entlastung usw. So schafft man keine Sicherheit für die Wirtschaft, keine Arbeit, keine Steuermehreinnahmen, keinen Aufschwung und auch keine Zufriedenheit bei den
Bürgern.
({1})
Die Auswirkungen sind bereits geschildert worden:
Im Hinblick auf die Wachstumsprognose ist Deutschland im Vergleich zu allen anderen EU-Ländern das
Schlußlicht. Folgerichtig ist: Die Zahl der Arbeitsplätze
auf dem ersten Arbeitsmarkt nimmt nicht zu, sondern
ab. Nun ist es immer leichter, Kritik zu üben, als zu regieren. Zur jetzigen Zeit machen Sie hier einschneidende Erfahrungen. Große Versprechungen haben Sie an
die Regierung gebracht; erfüllen wollen Sie diese wohl
nicht. Ich möchte dazu zwei Beispiele anführen:
Stichwort: Absatz ostdeutscher Produkte. Bei der Beratung des Haushalts 1998 beklagte Herr Hampel, daß
die diesbezügliche Förderung zurückgefahren wird. Er
sagt dann wörtlich - ich zitiere -:
Mit falsch verstandener Sparwut … ist es nicht getan; das ist nicht ausreichend. Mit kräftigen Hilfen
dagegen tragen Sie dazu bei, daß die ostdeutsche
Industrie auf die Beine kommt und die viel zu große Produktionslücke schneller geschlossen wird.
In der diesjährigen Haushaltsberatung ist der Antrag
der CDU/CSU auf eine Erhöhung der entsprechenden
Mittel um 10 Millionen DM abgelehnt worden. Es hat
sich überhaupt nichts verändert. Um es ganz deutlich zu
sagen: Das Ergebnis ist null.
Stichwort: Sanierung der Wismut GmbH. Hier beklagte Herr Hampel, daß die notwendigen Sanierungsmaßnahmen bei der Wismut GmbH auf die Zukunft verschoben werden sollen. Ich zitiere:
Nicht zuletzt hat es auch negative Auswirkungen
auf den Arbeitsmarkt und auf die Privatisierung
und Vermarktung von Flächen für Gewerbeansiedlungen. Die wirtschaftlichen Nachteile dieser
Region werden mit dem Verzögern der Sanierung
erheblich verschärft.
Wie stellt sich dies im jetzigen Haushalt dar? Im
Haushalt 1998 wurden für die Wismut GmbH Mittel in
Höhe von 485 Millionen DM eingestellt. Der erste Entwurf für 1999 sah 454 Millionen DM vor, im zweiten
wurde schon einmal um 10 Millionen DM gekürzt, und
bei den Haushaltsberatungen haben die Leute um Herrn
Hampel und die Koalition insgesamt den Betrag noch
einmal um 4 Millionen DM abgesenkt, also minus
45 Millionen DM. Die Versprechungen, die Sie der Bevölkerung gemacht haben, werden also in keiner Weise
eingelöst.
({2})
Viele Tränen wurden bei der Beratung des Haushalts
1998 von Vertretern der jetzigen Koalition vergossen,
als es um Gelder für den Mittelstand, für das Handwerk,
für moderne Technologieförderung usw. ging. Schauen
wir uns doch einmal an, wie es in diesem Jahr wirklich
aussieht. Die Mittel für die Handwerkerförderung
wurden um 3 Millionen DM reduziert, und das im Bereich Beratung, Fortbildung und Unternehmensführung.
Das trifft die Leute, die Arbeitsplätze für andere zur
Verfügung stellen sollen.
Die Gelder für die Förderung von Lehrgängen im
Rahmen der überbetrieblichen beruflichen Bildung in
Handwerk wurden im Haushaltsausschuß um 6 Millionen DM gekürzt, obwohl die Kammern einen immer höheren Beitrag zu leisten haben und am Ende ihrer Leistungsfähigkeit angekommen sind.
Beim sogenannten Meister-BAföG, das dem Handwerker als Grundlage zur Selbständigkeit und zur Schaffung von Arbeitsplätzen dienen soll, wurden die Gelder
im Haushaltsentwurf im Vergleich zu den entsprechenden Beträgen davor schon um 66 Millionen DM abgesenkt. Wir wollen nicht verheimlichen, daß es in der
Vergangenheit Schwierigkeiten - auf Grund eines Hin
und Her - mit der Annahme gegeben hat. Jetzt - das bestätigt auch das Ministerium - gibt es ein großes Interesse daran. Ergebnis der Haushaltsberatungen ist: Die
Mittel sind noch einmal um 20 Millionen DM gekürzt
worden, und sie sind praktisch auf die Hälfte reduziert
worden.
Die Mittel für die Existenzgründungsberatung wurden von 14,2 auf 12 Millionen reduziert; die Gelder für
die Förderung der Leistungssteigerung in kleinen und
mittleren Unternehmen wurden vom ersten zum zweiten
Entwurf um 2 Millionen DM auf 13 Millionen abgesenkt.
Ein anderes Thema. Niemand, der die Materie kennt,
wird zwei Dinge bestreiten.
Erstens. Die Deutsche Zentrale für Tourismus leistet nach vielen schwierigen Jahren jetzt eine sehr, sehr
gute Arbeit.
Zweitens. Erfolg in der Tourismuswerbung hat unmittelbaren Bezug auf die Schaffung von Arbeitsplätzen.
Hier konnten wir in den Haushaltsberatungen nur das
Schlimmste verhindern, nämlich einen Antrag der
Koalition, der vorsah, die Mittel um 5 Millionen abzusenken. Unser eigener Antrag, der vorsah, den Titel um
5 Millionen zu erhöhen, war leider nicht durchsetzbar.
({3})
Einer der Bereiche, der sich am schnellsten verändert
und der am zukunftsträchtigsten ist, ist der Bereich Multimedia. Um das Potential dieser Anwendungsmöglichkeiten für Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft zu
erschließen, gilt es, frühzeitig neue Entwicklung anzustoßen und zu erproben. So steht es jedenfalls im Haushalt. Das Ministerium wies zusätzlich auf das Jahrtausendproblem hin. Ergebnis ist: 10 Millionen DM weniger, also eine Kürzung in diesem Jahr um 20 Prozent.
Das gleiche gilt für die Beteiligung am Innovationsrisiko von Technologieunternehmen. Hier wurde eine
Kürzung der Mittel um etwas unter 10 Prozent vorgenommen.
Bei der Forschungsförderung von Technologievorhaben der zivilen Luftfahrtindustrie will sich der Bund
durch die Hintertür verabschieden; seine Aufgabe sollen
in Zukunft die Länder und verstärkt die Industrie wahrnehmen. Das ist für Sie anscheinend das Ziel einer modernen Technologiepolitik.
Auch die von Ihnen vorgesehene Unterstützung der
Werftindustrie kann nicht zufriedenstellen. Obwohl
während der Beratung eine Aufstockung der Verpflichtungsermächtigungen für die Wettbewerbshilfe erreicht
werden konnte, ist der Endbetrag trotzdem nicht ausreichend. Darüber hinaus sind die Mittel für die Zinshilfe
reduziert worden - und das zu einem Zeitpunkt, zu
dem sich die Werftindustrie in einer sehr schwierigen
Situation befindet.
({4})
- Daß sie sich schriftlich bedankt haben, zeigt, daß die
Erwartung, die an diese Regierung gerichtet wird, nicht
mehr besonders groß ist, Herr Wagner.
({5})
Nun zum Thema Ausstieg aus der Kernenergie. Der
Streit, den Sie untereinander austragen, füllt mittlerweile
Bücher. Egal, wie dieser Streit ausgeht: Völlig unverständlich und nicht hinnehmbar ist, daß Sie an der notwendigen Sicherheitsforschung für kerntechnische Anlagen sparen. Die Argumentation ist auch unehrlich: auf
der einen Seite Ausstieg wegen Gefährlichkeit und ungeklärter technischer Fragen, auf der anderen Seite Einsparungen bei der Sicherheitsforschung. Das ist im Interesse der Bevölkerung nicht hinnehmbar.
({6})
Nein, meine Damen und Herren, mit diesem Haushalt
können Sie keinen Staat machen. So unterstützt oder
fördert man nicht technische Innovationen; so bewirkt
man keinen Kompetenzgewinn und keinen Ausgleich
von Nachteilen; so leisten Sie keinen Beitrag zum Aufschwung und zu mehr Arbeitsplätzen in Deutschland.
Daher können wir nur sagen: Es tut uns leid. Dieser
Haushalt bietet zuwenig, um die Entwicklung in
Deutschland voranzutreiben. Wir können ihm nicht zustimmen.
Recht herzlichen Dank.
({7})
Die Kollegin Brunhilde Irber, SPD-Fraktion, hat sich zu einer Kurzintervention gemeldet.
Herr Kollege Buwitt, Sie
haben gerade kritisiert, daß der Tourismushaushalt um
5 Millionen DM gekürzt werden soll. Nehmen Sie bitte
zur Kenntnis, daß es erstmals gelungen ist, die Mittel für
diesen Bereich des Haushaltes zu erhöhen. Sie dagegen
haben in Ihrer mittelfristigen Finanzplanung eine Absenkung um genau den Betrag vorgesehen, um den wir
die Mittel erhöht haben - also um 2,6 Millionen DM für
die Deutsche Zentrale für Tourismus und um 5 Millionen DM im Bereich der Leistungsanbieter. Es kann also
keine Rede davon sein, daß hier etwas gekürzt wurde.
Im Gegenteil: Es wurden mehr Mittel aufgebracht. Allerdings wäre es wünschenswert, hier noch mehr Mittel
einzusetzen. Angesichts der Haushaltslage, die Sie in
den letzten 16 Jahren verschuldet haben, ist dies allerdings nicht möglich. Ich bitte Sie, das zur Kenntnis zu
nehmen und keine Legendenbildung anzufangen.
({0})
Herr Kollege Buwitt,
Sie haben die Gelegenheit zur Reaktion.
Liebe Frau Kollegin, ich nehme folgendes zur Kenntnis: Der erste HausDankward Buwitt
haltsentwurf, der noch unter Waigel eingebracht worden
ist, hat genau die Summe vorgesehen, die Sie genannt
haben, nämlich 41,6 Millionen DM. Um es deutlich zu
sagen: Sie haben überhaupt nichts aufgestockt. Die SPD
hat vielmehr einen Antrag auf Kürzung um 5 Millionen
DM gestellt und hat verbittert dafür gekämpft. Sie mußte
sich aber von allen davon überzeugen lassen, daß dies um es deutlich zu sagen - Unsinn ist. Es bleibt dabei:
Wir haben einen Antrag auf Erhöhung um 5 Millionen
DM gestellt, den Sie abgelehnt haben. Es war also vollkommen richtig, wie ich es dargestellt habe.
({0})
Ich erteile das Wort
dem Kollegen Ernst Schwanhold, SPD-Fraktion.
Meine sehr verehrten
Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Herr Präsident! Sie hatten - zu Recht - erwartet, daß der
Kollege Manfred Hampel diese Rede hält. Ihn möchte
ich an dieser Stelle entschuldigen. Er ist verhindert, weil
es in seiner Familie einen Trauerfall gibt. Ich will mich
bei ihm wie auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ministeriums aber ausdrücklich für die intensive Arbeit an der Gestaltung dieses Haushaltes bedanken.
({0})
Sie, Herr Buwitt, und die Opposition machen im
Moment einen Fehler, den Sie aus Ihrer Regierungszeit
fortschreiben.
({1})
Sie haben in Ihrer Regierungszeit den Standort Bundesrepublik Deutschland schlechtgeredet. Das war damals
ein Fehler. Heute machen Sie wiederum diesen Fehler
und versuchen, den Standort Bundesrepublik Deutschland weiterhin schlechtzureden. Er ist nicht schlecht!
({2})
Sie müssen eine noch nicht gemachte Abstimmung in
Ihren Reihen nachholen. Gestern und am ersten Tag dieser Debatte gab es heftige Forderungen nach dem Abbau
von Subventionen. Sie aber haben nolens volens in drei,
vier und fünf Bereichen den Aufbau von Subventionen
gefordert. Ich empfehle Ihnen, sich zu entscheiden, was
Sie wollen. Machen Sie sich die Mühe zu sagen, wo Sie
Subventionen abbauen wollen. Dann haben Sie das
Recht zu sagen, wo Sie Subventionen aufbauen wollen,
weil Sie sich dann vor beiden Gruppen verantworten
können: vor denen, denen Sie etwas zusagen, und vor
denen, denen Sie etwas wegnehmen wollen. Aber so zu
tun, als ob man einerseits anonym über den Abbau von
Subventionen reden könnte und andererseits darüber,
daß man überall Subventionen aufbauen muß, ist verlogen und entspricht nicht den Tatsachen der Haushaltslage.
({3})
Wie Sie wissen, haben wir die Regierung in einer
schwierigen ökonomischen Situation übernommen. Zum
Vergleich der Arbeitslosenzahlen möchte ich folgende
Bemerkung machen: Der Vergleich der monatlichen Arbeitslosenzahlen der Jahre 1998 und 1999 ist real. Der
direkte Vergleich der Monate ergibt die einzig reale
Aussage; alle anderen Zahlen müssen Sie sonst um saisonale Einflüsse bereinigen. Im Januar 1999 hatten wir
im Vergleich zum Januar 1998 über 400 000 Arbeitslose
weniger. Das läßt sich bis zum März beobachten, in dem
wir mehr als 350 000 Arbeitslose weniger hatten. Das ist
eine gute Bilanz der ersten drei Monate dieses Jahres.
Ich füge aber hinzu: Diese Bilanz reicht nicht aus; wir
müssen noch besser werden. Die Zahl der Arbeitslosen
ist noch immer bedrückend hoch. Aber die Tendenz ist
weiter nach unten gerichtet. Das ist das Ergebnis der
Politik der ersten Monate unserer Regierungszeit.
({4})
Dies haben übrigens auch die Wirtschaftsforschungsinstitute sowie der Internationale Währungsfonds in ihren aktuellen Frühjahrsgutachten bestätigt.
Die Institute sehen insgesamt - ich zitiere - „gute Voraussetzungen für eine baldige Festigung der Konjunktur“ und prognostizieren entsprechend ein Wirtschaftswachstum von 1,7 Prozent für dieses Jahr und
2,6 Prozent für das nächste Jahr. Der Internationale
Währungsfonds prognostiziert für Deutschland im aktuellen „World Economic Outlook“ sogar 2,8 Prozent die höchste Zuwachsrate in Europa. Eine ausgesprochen
positive Tendenz und eine ausgesprochen positive Beurteilung!
Wir sollten diese Tendenz verstärken, weil die deutsche Volkswirtschaft stark ist. Wir müssen darüber
nachdenken: Wo gibt es Verbesserungsbedarf? Wo gibt
es Schwächen? Aber wir dürfen den Standort Deutschland durch leichtfertige Reden nicht immer wieder kaputtreden.
({5})
Wir haben ausreichend Risiken zu berücksichtigen.
Selbst wenn sich die weltwirtschaftliche Situation verbessert, haben wir innerhalb der EU daran zu arbeiten,
daß aus der gegenwärtig schwierigen Handelsbeziehung
zwischen der EU und den USA kein Handelskrieg wird;
denn jeder Handelskrieg hat eine deutliche Dämpfung
der nationalen Konjunktur - auch bei uns - zur Folge.
Wir müssen den Bananenstreit beenden, wir müssen
beim Hormonrindfleisch weiterkommen, weil wir uns
diese Risiken in der gegenwärtig labilen internationalen
Situation nicht erlauben können. Da brauchen wir eine
gemeinsame Sprache und gemeinsame Anstrengungen
der Europäer. Diese zu unterstützen wäre Ihre Aufgabe
und nicht, schlecht darüber zu reden.
({6})
Besonders erfreut mich, daß auch die Wirtschaftsforscher im laufenden und noch mehr im kommenden
Jahr eine spürbare Abnahme der Arbeitslosigkeit in
Deutschland prognostizieren. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt nimmt die Arbeitslosigkeit ab. Ich hoffe, daß dies
bei einem moderaten Preisanstieg auch so bleibt. Ich
teile die Ansicht der Institute, daß wir wirtschaftspolitisch jetzt im Kern daran zu arbeiten haben, noch vorDankward Buwitt
handene Investitionshemmnisse zu beseitigen und die
Einstellung von Arbeitskräften attraktiver zu machen.
Um diese Aufgabe haben wir uns zu kümmern.
Der Finanzminister hat am Dienstag in seiner Rede
anläßlich der Einbringung des Haushalts Ausführungen
zur Steuerreform gemacht. Es wird schwer genug, die
dort vorgestellten Maßnahmen umzusetzen. Sie sind
aber Voraussetzung, um die Investitionshemmnisse
beseitigen zu können. Wir werden Sie, Herr Minister,
dabei unterstützen.
Ich will noch ein paar Minuten beim Subventionsabbau verweilen. Um Investitionen zu beschleunigen, um
neue Produkte in den Markt hineinzubringen, um der
ostdeutschen Wirtschaft auf den Weltmärkten zu helfen,
um den Dienstleistungssektor weiterzuentwickeln, wird
es immer notwendig sein, Subventionen in die Wirtschaft hineinzugeben. An anderer Stelle wird es notwendig sein, bewahrende Subventionen abzubauen; dies
ist uns klar. Aber sagen Sie doch einmal: Wollen Sie in
der Situation, in der die Kvaerner-Werft und Werften in
Ostdeutschland sind, Subventionsabbau betreiben? Sie
haben uns diese Subventionen als „konservierende Subventionen“ vorgeworfen. Sie müssen sich entscheiden,
in welchem Bereich Sie Subventionen abbauen wollen
und in welchem nicht.
({7})
Wir brauchen Unternehmensteuersenkungen; darüber habe ich schon gesprochen. Wir brauchen insbesondere für Ostdeutschland - auch dies ist ein Ergebnis
der Untersuchungen der Wirtschaftsinstitute und der internationalen Beobachter - besondere Maßnahmen. Jahrelang sind die ostdeutschen Länder - völlig egal, ob
SPD- oder CDU-regiert - bei uns aufgelaufen und haben
uns gebeten, dafür zu sorgen, daß die jährlichen Kürzungsorgien, die Sie angedroht haben und die später
verhindert worden sind, in eine kontinuierliche Aussage
und eine langfristige Planbarkeit der Investitionen in
Ostdeutschland umgemünzt werden. Es ist jetzt das erste
Mal gelungen, zu sagen: Ostdeutschland wird über einen
längeren Zeitraum unsere besondere Unterstützung benötigen. Wir werden diese absichern und nicht jedes
Jahr neu zur Disposition stellen. Das Wichtigste sind sichere Rahmendaten.
({8})
Dabei geht es nicht mehr ausschließlich um Investitionen in Infrastruktur. Da ist Erhebliches geleistet worden, auch unter Ihrer Regierungsverantwortung. Es geht
heute vielmehr um Investitionen in Humankapital, es
geht heute um Investitionen in zusätzliche Existenzgründungen und Existenzsicherung, es geht um Investitionen in Technologietransfer, und es geht in besonderem Maße um Investitionen zur Erschließung neuer
Märkte für die Unternehmen, die es schwer haben, sich
in den Märkten zu etablieren. Das alles hat mit Subventionen zu tun. Man erreicht nichts, wenn man diese von
vornherein abbaut; statt dessen muß man die außenwirtschaftliche Orientierung möglicherweise ein kleines
Stück stärker ausrichten.
Wir haben die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung
der regionalen Wirtschaftsstruktur“ in den neuen Bundesländern auf Dauer stabilisiert. Daß 58 Milliarden DM
für Investitionen in den Haushalt 1999 eingestellt werden können, ist angesichts der desolaten Haushaltssituation, die Sie uns hinterlassen haben, eine großartige Leistung.
({9})
Wir benötigen für die mittelständische Wirtschaft
- nun komme ich zu dem Teil, bei dem man zwischen
dem, was man einsparen kann, und dem, was man zusätzlich ausgeben muß, differenzieren muß - natürlich
weiterhin eine bessere Eigenkapitalausstattung der kleinen und mittleren Unternehmen durch Entlastungen auf
der Steuerseite. Diese werden allerdings eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage nach sich ziehen.
Wir benötigen, insbesondere für die neuen Unternehmen und die Existenzgründer, die Fortführung der
Eigenkapitalhilfeprogramme. Daß hier aufgestockt worden ist, ist eine besondere Leistung. Genauso ist es eine
Leistung, den Technologietransfer, den Wissenstransfer
in die handwerklichen Unternehmen zu stärken. Hier ist
aufgestockt worden, und das sichert einen Wirtschaftszweig, der sich modernsten Herausforderungen stellen
muß und diese offensiv annehmen will. Wir müssen ihm
dabei aber auch staatliche Hilfe gewähren. Dazu zusätzlich 20 Millionen DM zur Verfügung gestellt zu haben,
sichert Arbeitsplätze und die Zukunftsfähigkeit mittelständischer Unternehmen.
({10})
Darüber, daß wir dabei, insbesondere im Dienstleistungssektor, einzelne Teile aus dem Bereich der Schattenwirtschaft herausholen müssen, sind wir uns im klaren. Zu Ihrer verlogenen Debatte über die 630-MarkArbeitsplätze will ich noch einiges sagen: Hier so zu
tun, als seien nur damit Unternehmen zu erhalten und als
sei dies die einzige Möglichkeit zur Existenzsicherung
von Unternehmen, heißt zumindest, den Wunsch der
Leute, die auf der Basis von 630-Mark-Arbeitsplätzen
arbeiten, in die sozialen Sicherungssysteme hineinzukommen und einen Teilzeit- oder Vollzeitarbeitsplatz zu
erhalten, der die eigene Existenz finanziell sichert, nicht
zu beachten. Erst dann, wenn Ihnen dieser Bereich genauso wichtig ist wie die Sicherung der Unternehmen,
wird Ihre Argumentation glaubwürdig, und erst dann,
nicht vorher, kann man über Fehlentwicklungen nachdenken.
({11})
Das gleiche will ich Ihnen zur Scheinselbständigkeit
sagen. Sie führen eine Scheindebatte über die Scheinselbständigkeit, weil Ihnen die Betroffenen, die von einzelnen Auftraggebern abhängig und unterdrückt sind
und keine eigene Existenzsicherung aus ihrer scheinbar
unternehmerischen Tätigkeit haben können, völlig egal
sind. Ihnen sind nämlich nur die nicht egal, die davon
profitieren, daß sie diese Menschen ausbeuten. Wer
Mißbrauch bekämpfen will, muß das in den Vordergrund stellen. Erst dann können wir über Fehlentwicklungen, wenn es sie denn gegeben hat, reden. Nur so und
nicht anders wird ein Schuh daraus.
({12})
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will aus
dem Haushalt und den positiven Tendenzen des Haushalts nur noch einen Aspekt herausgreifen, weil ich ihn
für besonders wichtig halte. In diesen Haushalt werden
rund 200 Millionen DM für den Einstieg in den Ausstieg
aus der Kernenergie zusätzlich eingestellt. Das ist ein
Programm zur Energieeinsparung, es ist ein Programm
für alternative Energieträger, und es ist insbesondere ein
Programm für kleinere und mittlere Unternehmen zum
flächendeckenden Aufbau von Beschäftigung und zur
Entwicklung neuer Dienstleistungs- und Arbeitsplatzangebote in diesem Bereich.
Das ist eine großartige Leistung, weil wir hier genau
jene dezentralen Strukturen der Energieversorgung befördern, die arbeitsplatzsichernd und arbeitsplatzschaffend ist und die gleichzeitig auch die ökologische Situation verbessert.
Herr Präsident, gestatten Sie mir einen Schlußsatz.
({13})
- Daß Ihnen das vielleicht nicht gefällt, ist klar.
Ich möchte am Schluß gerade in Verbindung mit dem
Programm zur Energieeinsparung die Banken und Sparkassen bitten, ihre Zurückhaltung bei der Umsetzung
dieses Programms aufzugeben und auch dann, wenn in
diesem Bereich keine ausgesprochen große Renditeerwartung vorhanden ist, gemeinsam mit dem Handwerk
die Chancen für mehr Arbeitsplätze und Investitionen in
eine energiesparende, ökologisch vernünftige Zukunft
zu nutzen.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
({14})
Zu einer Kurzintervention erteile ich dem Kollegen Dankward Buwitt das
Wort.
Herr Präsident!
Meine Damen und Herren! Herr Schwanhold, Sie haben
von einer „verlogenen Debatte“ gesprochen.
({0})
Ich will Ihnen einmal sagen, was ich als verlogen bezeichne. Unter „verlogen“ verstehe ich, wenn man der
Bevölkerung Riesenversprechungen macht und diese
nicht einhält.
({1})
Drei Sätze später sagen Sie in Ihrer Rede, es müssen besondere Maßnahmen für Ostdeutschland ergriffen werden. Schauen Sie sich meine Beispiele an! Das alles waren Forderungen, die Sie einmal aufgestellt haben; und
das alles sind Kürzungen, die genau diesen Bereich betreffen. Das nenne ich - um es ganz deutlich zu sagen verlogen.
Lassen Sie mich noch etwas zum „Schlechtreden“ sagen. Mir fiel das gestern schon bei Bundeskanzler
Schröder auf. Wer hat denn in den vergangenen Jahren
den Standort Deutschland schlechtgeredet?
({2})
Sie waren das doch!
({3})
Wer hat denn gesagt: Wir wollen einmal sehen, wann
die fünf Millionen vor den Arbeitsämtern stehen? Das
waren Sie doch; das waren wir doch nicht. Das ist doch
alles nachlesbar.
({4})
Sie haben in den letzten sieben Monaten doch einen
Realitätsverlust erlitten, der einmalig ist.
({5})
Was das Schlechtreden anbelangt: Sie reden heute die
Vergangenheit ja noch schlecht. Nur die Gegenwart
möchten Sie gerne gutgeredet haben, und zwar bessergeredet haben, als sie in Wirklichkeit ist.
({6})
Zur Antwort hat der
Kollege Schwanhold das Wort.
Herr Kollege Buwitt, wir
alle haben die Aussagen von Herrn Wirtschaftsminister
Rexrodt und von Kollegen Ihrer Fraktion noch in den
Ohren. Sie fingen an, zu sagen, an dem Standort Bundesrepublik Deutschland arbeiteten die Menschen kürzer
als an jedem anderen Standort und sie seien ständig
krank. Es war die Rede vom Freizeitpark Bundesrepublik Deutschland, von den schlechten Produkten in der
Bundesrepublik Deutschland, von dem schlechten Innovationsklima, von den zu hohen Steuern und von den
Rahmenbedingungen, die es für ausländische Investoren
angeblich unmöglich machten, in diesen Standort zu investieren.
Wir waren diejenigen, die aus der Opposition heraus
darauf hingewiesen haben, daß es an diesem Standort
soziale Sicherheit gibt, daß man zum Beispiel im Jahr
1997 für den März 1998 eine Maschine bestellen kann
und die pünktlich geliefert wird, daß sozialer Friede
herrscht und es ein hohes technisches Vermögen der
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gibt. Das sind Stärken
dieses Standorts, die wir hervorzuheben haben und für
die wir im Ausland zu werben haben. Wir dürfen diesen
Standort nicht weiter schlechtreden. Das alles können
Sie in den Protokollen des Deutschen Bundestages
nachlesen.
({0})
Wenn Sie bei den Debatten dabei gewesen wären, hätten
Sie das auch noch in Erinnerung.
Nun will ich Ihnen etwas zum Haushalt des Bundeswirtschaftsministeriums sagen. Die Energieforschung ist
deutlich aufgestockt worden. Deutlich aufgestockt - um
180 Millionen DM - worden ist der Titel „Rationelle
Energieanwendung“. Deutlich aufgestockt worden ist
der Titel „Forschung, Entwicklung und Innovation“.
Deutlich aufgestockt worden ist der Titel „Gewerbeförderung für den Mittelstand“. Deutlich aufgestockt worden sind auch andere Titel, auf die ich nur hinweisen
möchte. Wenn Sie so tun, als ob es eine Wirtschaftspolitik Ost und eine Wirtschaftspolitik West gäbe, dann
haben Sie das Problem nicht verstanden. Es gibt Sonderbedingungen Ost, die wir zu bedienen haben, aber
ansonsten haben wir eine Wirtschaftspolitik für die
Bundesrepublik Deutschland insgesamt zu machen, weil
nur dadurch die Schwierigkeiten behoben werden können. Deshalb lohnt es nicht, einzelne Titel herauszugreifen, sondern nur, eine Gesamtschau des Haushalts vorzunehmen.
({1})
Ich erteile dem Kollegen Paul Friedhoff, F.D.P.-Fraktion, das Wort.
Herr Präsident! Meine
sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen
und Kollegen! Als der Finanzminister Oskar Lafontaine
am 11. März von seinem Amt desertierte,
({0})
hinterließ er einen Scherbenhaufen:
({1})
in der Wirtschaftspolitik, in der Finanzpolitik, in der
Steuerpolitik, in der Währungspolitik ({2})
und das nicht nur national, sondern auch international.
In den Tagen nach seinem Rücktritt kam Hoffnung auf:
Hoffnung darauf, daß der neue Finanzminister zu einer
Haushalts- und Steuerpolitik zurückkehrt, die Vertrauen
schafft und Investitionen in Arbeitsplätze unterstützt;
({3})
Hoffnung darauf, daß der Wirtschaftsminister mit mehr
Gewicht zu einer soliden Wirtschaftspolitik findet, die
den Standort Deutschland sichert.
({4})
Von einem möglichen Neuanfang und von der Chance,
die Verunsicherung unserer Betriebe zu überwinden,
war die Rede - angesichts der labilen konjunkturellen
Lage bitter nötig. Denn statt 2,8 Prozent Wachstum im
vergangenen Jahr gehen wir inzwischen von mageren
1,5 Prozent für dieses Jahr aus.
({5})
Wahrlich ein Erfolg rotgrüner Politik! Wenn Sie das als
„Schlechtreden“ bezeichnen, Herr Schwanhold, dann
sage ich Ihnen: Wir müssen noch auf Fakten hinweisen
dürfen, ohne von Ihnen dafür angegriffen zu werden.
({6})
Was ist denn heute, nur acht Wochen später, von unserer Hoffnung geblieben? - Nichts. Alle Blütenträume
sind bereits verflogen. Die deutsche Wirtschafts- und
Finanzpolitik versinkt weiter im Chaos. Der Finanzminister verspricht Solidität. Das allein reicht nicht. Von
den notwendigen steuerlichen Entlastungen, von allen
Experten gefordert, ist nichts zu sehen.
({7})
Ich stelle auch an dieser Stelle die Frage, die ich von
Unternehmern, von Handwerksmeistern, von Freiberuflern fast täglich höre: Wo bleibt der Wirtschaftsminister? Was unternimmt Minister Müller jetzt, wo er
mehr Spielraum gewonnen hat, um die Politik der wirtschaftlichen Vernunft durchzusetzen?
({8})
Was unternimmt der Minister, um Ludwig Erhards
Erbe zu retten und die alte Schlagkraft des Wirtschaftsministeriums, dem Lafontaine so übel mitgespielt hat,
wiederherzustellen?
({9})
Nichts. Was unternimmt der Minister zur Bekämpfung
der Arbeitslosigkeit?
({10})
- Nun, er gibt Interviews.
Auf die Arbeitsplatzvernichtung durch das 630-DMGesetz angesprochen, meint Herr Minister Müller am
Montag in der „Bild-Zeitung“ - ich zitiere wörtlich -:
„Solche notwendigen Reformen sind eben unbequem.“
({11})
In der „Chemnitzer Freien Presse“ stellt er fest, daß
sich von den fünf Millionen Billigjobbern doch nur eine
Million beklage. Man muß sich das einmal vorstellen,
meine Damen und Herren: Hunderttausenden Familien
wird ein Teil ihres Einkommens entzogen, dem deutschen Mittelstand, der Gastronomie, den Sportvereinen,
den Gesangsvereinen, den Zeitungen, den Volkshochschulen laufen fähige Mitarbeiter weg, weil sich Leistung wegen der hohen Abgaben und Steuern für sie
eben nicht mehr lohnt - und der Wirtschaftsminister
kommentiert das mit derartigem Zynismus.
({12})
Sie haben hingenommen, Herr Minister Müller, daß
die Reformen zur Lohnfortzahlung, zum Kündigungsschutz und zur Rentenversicherung von der rotgrünen
Bundesregierung zurückgenommen wurden. Diese
Rücknahmen der Reformen sind gravierende Maßnahmen zu Lasten der kleinen und mittleren Betriebe und zu
Lasten der Arbeitsplätze.
({13})
Sie haben hingenommen, daß die Energiewirtschaft
und unsere Partner in Frankreich und Großbritannien
durch die unausgegorenen Pläne Minister Trittins zum
sofortigen Ausstieg aus der Kernenergie fundamental
verunsichert wurden.
Konkrete Ergebnisse bleiben aus - aber Verunsicherung allerorten. So riskiert man das Vertrauen der Wirtschaft, schädigt einen Wirtschaftsbereich, der auf Verläßlichkeit und Langfristigkeit besonders angewiesen ist,
der am Standort Deutschland kapitalintensiv arbeitet und
- noch - investitionsbereit ist.
Sie haben hingenommen, Herr Minister Müller, daß
Unternehmen und Investoren mit den Steuergesetzen
1999 deutlich höher belastet worden sind. Sie haben die
unökologische ökologische Steuerreform akzeptiert. Wo
bleiben denn die so häufig versprochenen Entlastungen
für die Betriebe, für die Fleißigen in diesem Land, die
Risiken übernehmen und Arbeitsplätze schaffen?
Wo bleibt Ihre Position zur Unternehmensteuerreform? Sie werden doch keinen einzigen Mittelständler
in unserem Land mehr finden, der Ihnen die Mär von der
Steuerentlastung noch abnimmt. Gerade die kleinen und
mittleren Betriebe werden auch weiterhin von dieser
rotgrünen Regierung geschröpft werden,
({14})
zumal der Bundesfinanzhof gerade die sozialdemokratischen Wunschträume zunichte gemacht hat, daß es
möglich sei, zwischen guten und schlechten Einkommen
zu unterscheiden.
Die F.D.P. hat schon im letzten Jahr die geplante
Spreizung der Steuersätze kritisiert. Der Bundesfinanzhof zitiert sogar unseren F.D.P.-Entschließungsantrag vom Dezember 1998. Die Spreizung zwischen
Unternehmensteuersatz von 35 Prozent und nichtgewerblichem Steuersatz von 48,5 Prozent widerspricht
unserer Verfassung.
({15})
Viele ahnen es: Auf Ihren Fahnen steht längst nicht
mehr eine große Steuerreform. Alle sozialdemokratischen Wünsche von Umverteilung und Dirigismus werden in einer Mehrwertsteuererhöhung enden. Sie haben
angesichts der anstehenden Wahlen nur noch nicht die
Traute, es dem Wähler zu sagen.
Sie, Herr Minister Müller, haben das Gesetz gegen
die sogenannte Scheinselbständigkeit passieren lassen
- neben der Neuregelung der 630-DM-Jobs der unbestrittene Höhepunkt in der nunmehr siebenmonatigen
Geisterfahrt der rotgrünen Regierungsdschunke.
({16})
Ankündigungen zur Revision irrlichtern durch die Gazetten - was sind sie wert ohne Kabinettsbeschluß? Nun
darf man von einem Leichtmatrosen vielleicht auch
nicht erwarten, daß er den Kurs des Schiffes nennenswert beeinflußt,
({17})
vor allem wenn der Kahn schon derartig löchrig ist und
kurz vor dem Absaufen steht.
({18})
Nur: Dann sollte man auch nicht so tun, als könnte man
diesen Kahn anders steuern. Jedenfalls zeugt es schon
von einer gehörigen Portion Mut, wenn sich der Bundesminister für Wirtschaft in aller Öffentlichkeit als
marktwirtschaftlicher Erneuerer geriert: Der Sozialismus
in Deutschland sei nicht mehr zu bezahlen. Die persönliche Verfügbarkeit über das selbst Erarbeitete müsse
endlich wieder zunehmen. Ob Leistungsgesetze oder
Subventionen - alles müsse auf den Prüfstand. Schon
richtig, Herr Minister. Das muß alles auf den Prüfstand.
Aber auch Ihre Rolle und Ihre Politik, mit der Sie das erreichen wollen, gehören dann auch auf den Prüfstand.
({19})
Sie sind vollmundig in Interviews und auf Tauchstation
in den Kabinettssitzungen. Sie spielen offenbar gerne
den Don Quichotte der deutschen Wirtschaftspolitik.
Trotz des Rücktritts von Oskar Lafontaine hat die
SPD-Linke weiterhin das Sagen.
Die SPD-Bundestagsfraktion
so meint der „Spiegel“ zu Beginn dieser Woche, ist gleichsam der verlängerte Arm der Sozialstaatsmafia. Unternehmer gibt es hier nicht, dafür
aber Gewerkschafter, die jeden Firmengründer gern
reflexartig zum Feind erklären.
Nicht wir, sondern der „Spiegel“ stellt dies fest.
Herr Minister, Schaufensterreden sind unangebracht.
Sie sind kein Kommentator der Politik. Sie sind Mitglied
der Exekutive. Die Bürger und Unternehmer warten auf
Taten. In der SPD-Fraktion und bei den Grünen müssen
Sie Überzeugungsarbeit leisten. Hier müssen Sie für
solide Wirtschaftspolitik werben, nicht in der breiten
Öffentlichkeit. Diese hat die Notwendigkeit zu strukturellen Reformen längst eingesehen, nur diese Koalition
noch nicht.
({20})
Was ist mit den sogenannten anderen wirtschaftspolitischen Modernisierern in der SPD? Bei näherem Hinsehen muß man auch hier feststellen, daß kein Anlaß zur
Euphorie besteht. Es reicht eben nicht, nur 30 Prozent
weniger Unsinn als die anderen zu erzählen. Kanzleramtsminister Hombach kündigt groß in der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ eine Änderung des 630DM-Gesetzes an, um sich kurz darauf in einem Interview mit dem „Kölner Express“ wieder hinter ArbeitsPaul K. Friedhoff
minister Riester wegzuducken. Was gilt denn nun, Herr
Minister Hombach? Oder haben Sie zwischenzeitlich
einfach nur den Überblick darüber verloren, was Pest
- 630-DM-Gesetz - oder was Cholera - Neuregelung
für die sogenannten Scheinselbständigen - ist?
Bei uns in Nordrhein-Westfalen gibt es noch einen
angeblichen Kämpfer für mehr wirtschaftliche Vernunft,
nämlich Ministerpräsident Wolfgang Clement. Er bringt
seit Monaten Bedenken gegen die verheerenden Wirtschaftsgesetze der rotgrünen Bundesregierung vor. Aber
er stimmt ihnen dann im Bundesrat zu.
({21})
Jetzt werden gerade in Nordrhein-Westfalen mit der
Novelle der Gemeindeordnung die gesetzlichen Voraussetzungen dafür geschaffen, daß die Kommunen dem
Mittelstand die Aufträge wegschnappen können. Mit
marktwirtschaftlicher Reformpolitik, Herr Minister Müller, hat dies überhaupt nichts zu tun.
({22})
Statt dessen gilt noch immer: postsozialistische Staatswirtschaft statt marktwirtschaftlicher Reform. Das kennen wir aus vielen Reden, die Sie damals in der Opposition gehalten haben.
Es gibt keine zukunftsfähige, moderne SPD-Wirtschaftspolitik, die uns hier immer vorgegaukelt wird.
Uns werden in Sonntagsreden und Interviews lediglich
Luftblasen vorgegaukelt. Die tagtäglich ergriffenen
Maßnahmen sprechen eine andere, nämlich die alte
ideologische Sprache. Wir haben keine Neue Mitte, sondern die alte Linke.
({23})
Rotgrün weigert sich weiterhin, sich der Wirklichkeit zu
stellen und die wirtschaftlichen Probleme Deutschlands,
der Bürger, der Arbeitnehmer, der Arbeitslosen und der
Unternehmer zu lösen - und das sieben Monate nach
dem Regierungswechsel.
Ich bedanke mich.
({24})
Das Wort hat nun
Kollegin Margareta Wolf, Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Herr Friedhoff, es wäre spannend
gewesen, wenn Sie in Ihrer Rede einmal vorgestellt hätten, was Sie unter moderner Wirtschaftspolitik verstehen, anstatt die ewige Nörgelei fortzusetzen.
({0})
Herr Buwitt, Sie haben lediglich ein Mehr an Leistungen gefordert. Aber gleichzeitig fordern Sie eine
Konsolidierung des Haushaltes. Sie müssen sich schon
entscheiden, ob Sie eine Konsolidierung oder eine Politik des leichtfertigen Umgangs mit Geld betreiben wollen. Am deutlichsten wird das für meine Begriffe an
Ihrem Antrag zum Meister-BAföG, den ich für ausschließlich populistisch halte. Sie wissen, daß im letzten
Jahr der Abfluß beim Meister-BAföG 66 Millionen DM
betragen hat. Jetzt stellen wir 80 Millionen DM ein, damit mehr Mittel als im letzten Jahr abfließen.
Sie hätten die Chance gehabt, das Meister-BAföG auf
Tauglichkeit zu überprüfen und es zu verändern. Ihre
Vorlage ist ein reiner Schaufensterantrag. Die zusätzlichen Mittel werden nicht abfließen, bevor wir nicht novellieren. Das werden wir machen, und es wird auch
wieder einen Aufwuchs geben. Das wissen Sie genau.
({1})
Zentrale Projekte dieser Bundesregierung sind die
Haushaltskonsolidierung, der Abbau der Arbeitslosigkeit, die Verbesserung der Wettbewerbssituation der
Unternehmen sowie der Einstieg in die Energiewende.
Diesen Prämissen wird der vorliegende Haushalt gerecht. Unter anderem mit dem Titel zur Förderung der
Nutzung erneuerbarer Energien sowie mit der Einrichtung der Zukunftskommission „Neue Energieversorgung“ durch den Bundeswirtschaftsminister wird deutlich, daß Rotgrün aus umwelt- und beschäftigungspolitischen Gründen auf eine Neuorientierung in der Energiepolitik setzt. Meine Fraktion wünscht dieser Kommission viel Erfolg bei ihrer Arbeit. Wir sagen ihr unsere massive Unterstützung zu.
Durch die primäre Orientierung der Haushaltsansätze
bei den Förderprogrammen für die mittelständische
Wirtschaft an den Abflußzahlen des Vorjahres machen
wir erstens deutlich, daß die mittelständische Wirtschaft
nicht weniger stark als die anderen Unternehmen ist
- das halte ich für wichtig -, und zweitens, daß wir in
Deutschland auf dem Weg sind, zu einem der interessantesten Beteiligungsmärkte in Europa zu werden. Der
deutsche Markt für Unternehmensbeteiligungen ist in
den letzten Monaten kräftig gewachsen.
Wir werden diesen Prozeß, der zukunftsfähige Arbeitsplätze schafft und der innovative Unternehmen tatsächlich stärkt, durch eine Gleichstellung aller Anlageformen im Vierten Finanzmarktförderungsgesetz politisch flankieren - etwas, was Sie versäumt haben -, und
wir werden den Chancenkapitalmarkt mit einer ausgeprägten seed-Kultur in Deutschland verstetigen.
({2})
Die Wirtschaftsforschungsinstitute haben in ihrem
Gutachten darauf hingewiesen, daß wir in diesem Jahr
eine Wachstumsrate von 1,7 Prozent haben werden.
Damit sind sie optimistischer als die Bundesregierung.
Die Wirtschaftsforschungsinstitute prognostizieren für
das nächste Jahr ein Wachstum von 2,6 Prozent. Sie sagen deutlich, daß die Aussichten günstiger sind, als es in
der öffentlichen Diskussion und von den Verbänden
dargestellt wird.
An dieser Stelle kann ich es mir nicht verkneifen, etwas in Richtung der Verbandslobbyisten zu sagen. Ich
halte es für geradezu grotesk, daß sich die Verbände
jetzt, nach Vorlage des Kommissionsberichts zur Unternehmensteuerreform und in Kenntnis der Haushaltslage,
hinstellen und sagen - das konnte man gestern in der
Zeitung lesen -: Wir werden zum Subventionsabbau
- den wir seit Jahren in jedem Wahlkampf fordern überhaupt nicht Stellung nehmen, bevor die Bundesregierung nicht klarstellt, um wieviel wir netto entlastet
werden. Das ist wie ein Spiel kleiner Jungen, das einer
Zumutung gleichkommt.
({3})
Vielleicht sollten die Verbandslobbyisten einmal zur
Kenntnis nehmen, daß es die Unternehmen waren, die
ihnen in Hannover auf der Messe gesagt haben, daß
ihnen das larmoyante und destruktive Herumgenörgele
endgültig auf die Nerven gehe.
({4})
Wir leben in einem Verbändestaat, und in einem Verbändestaat haben alle Verbände eine Verantwortung für
das Gemeinwohl in diesem Land.
({5})
- Es ist richtig, daß wir in einer parlamentarischen Demokratie leben; aber wir leben auch in einem Verbändestaat. Wir wissen schon, daß Sie hier dauernd die
Verbände vertreten.
Klar ist - mein Kollege Schwanhold hat das schon
gesagt -, daß diese positiven Daten auch eine Aufforderung beinhalten. Klar ist, daß wir eine Unternehmensteuerreform brauchen, über die seit Jahren geredet
wurde. Klar ist aber auch, daß wir vor der Sommerpause
im Interesse von Planungssicherheit, im Interesse der
Menschen in diesem Land und im Interesse der Entlastung von Gesellschaft und Wirtschaft Eckpunkte für
eine Unternehmensteuerreform, für die ökologische
Steuerreform und für den Familienlastenausgleich hier
vorlegen werden. Wir wollen in diesem Land mehr Planungssicherheit herstellen und den Familien verdeutlichen, wie sie infolge dieses Urteils entlastet werden.
({6})
- Herr ehemaliger Staatssekretär, wenn Sie selber hier
nicht reden durften, dann müssen Sie nicht dauernd dazwischenrufen.
({7})
Bei allem Optimismus glaube ich gleichzeitig, daß
die Wirtschaftspolitik auf Grund des Strukturwandels
vor großen Herausforderungen steht. Wir müssen die
Chancen erkennen, die im Übergang von der Industriezur Dienstleistungsgesellschaft liegen, und diesen Wandel im Interesse von neuen Arbeitsplätzen, im Interesse
von neuen Ausbildungsplätzen und im Interesse der
Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft politisch
begleiten.
Der am stärksten wachsende Bereich unserer Volkswirtschaft ist der Informations- und Kommunikationsbereich. Der IuK-Bereich befindet sich auf einem
rasanten Wachstumskurs; seit 1994 gab es in der Branche - es handelt sich um einen klassischen wissensbasierten Dienstleistungsbereich - pro Jahr ein Wachstum
von bis zu 10 Prozent. Der IuK-Bereich ist in Deutschland mit zirka 2 Millionen Beschäftigten der drittgrößte
Arbeitgeber. Mit diesem Boom einher geht aber ein ganz
dramatischer Mangel an Fachkräften. Allein im Jahr
1998 fehlten 50 000 Informatiker in Deutschland. Ich
halte es für alarmierend, wenn auf der einen Seite eine
erhebliche Nachfrage besteht, aber auf der anderen Seite
nicht entsprechendes Personal zur Verfügung steht, das
eingestellt werden könnte. Das zeigt doch deutlich, daß
Bewerberinnen und Bewerber mit der nötigen Qualifikation für diesen Bereich fehlen. Hierin sollte die Politik
eine Aufforderung sehen, die Kooperation zwischen
Wirtschaft und Hochschulen, zwischen Wirtschaft und
Schulen sowie zwischen Wirtschaft und Arbeitsämtern
zu verstetigen. Wir müssen unsere Ausbildungsordnungen rascher anpassen und die Berufsbilder aktualisieren.
All diese Dinge sind in den letzten Jahren sträflich vernachlässigt worden.
Der Übergang von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft macht deutlich, daß dem Staat heute eine
völlig andere Aufgabe als in der Vergangenheit zukommt. Es geht heute, wie ich glaube, nicht vornehmlich darum, zu verteilen und zu alimentieren. Es geht
vielmehr darum, in die soziale Infrastruktur und in die
Menschen zu investieren. Es muß dafür gesorgt werden,
daß die Menschen und die Gesellschaft in Bewegung
bleiben, sich mental verändern und sozial nicht verhärten. An diesem Kriterium muß sich ein guter Staat und
eine gute Wirtschaftspolitik in Zukunft messen lassen.
({8})
Vor diesem Hintergrund muß es uns alarmieren, daß
nach allen Studien die Weiterbildungsneigung in
Deutschland die niedrigste in Europa ist.
({9})
Wir müssen uns auch mit der Frage beschäftigen, ob
wir in Deutschland in den vergangenen Jahren nicht systematisch Zugangsbarrieren zum Arbeitsmarkt aufgebaut haben bzw. ob diese aufgebaut wurden. Ich bin davon überzeugt, daß das der Fall ist. Ich glaube, daß insbesondere die zahlreichen standesrechtlichen und juristischen Vorschriften - zum Beispiel der wettbewerbsfreie Raum der Industrie- und Handelskammern
mit Zwangsbeiträgen, aber auch der wettbewerbsfreie
Raum, in dem sich die Berufsgenossenschaften bewegen
- tatsächlich Zugangsbarrieren zum Arbeitsmarkt darstellen. Die überbordenden bürokratischen und verwaltungsrechtlichen Vorschriften behindern den Wandel
von der Arbeitsgesellschaft der Gegenwart zur GesellMargareta Wolf ({10})
schaft der Zukunft. Unsere verkrusteten bürokratischen
Strukturen müssen im Interesse von mehr Arbeitsplätzen
und des Strukturwandels auf den Prüfstand. Nur wenn
wir das angehen, haben wir eine Chance. Auch hierfür
gilt das Motto, das für Hannah Arendt immer prägend
war: Die Aufgabe von Politik ist Freiheit.
({11})
- Schreien Sie doch nicht so schrecklich. - Ich weiß,
daß wir für die Umsetzung dieser mikroökonomischen
Vorhaben, was ein sehr langwieriger Prozeß ist - Stichwort Verbändestaat -, die Unterstützung vieler junger
Unternehmerinnen und Unternehmer und Verbände in
diesem Lande haben. Meine Fraktion wird in den nächsten Wochen in Abstimmung mit der SPD-Fraktion entsprechende Gesetzentwürfe wieder zur Debatte stellen.
Kollegin Wolf, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Solms?
Bitte schön, Herr Solms.
Frau Kollegin
Wolf, wie vereinbaren Sie Ihre Klage über Zugangsbeschränkungen zum Arbeitsmarkt mit Ihrer Zustimmung
zur Einschränkung der sogenannten Scheinselbständigkeit?
({0})
Das ist diese Woche ein Running Gag. Keine Debatte in dieser Haushaltswoche, in der nicht die
630-Mark-Jobs oder die Scheinselbständigkeit angesprochen werden. Fällt Ihnen nichts mehr ein?
({0})
Sie wissen, daß es in der vergangenen Sitzungswoche
Gespräche zwischen meinem Fraktionsvorsitzenden,
dem Vorsitzenden der SPD-Fraktion und dem Bundeskanzler gab. Es ist eine Kommission eingerichtet worden, Herr Kollege Solms, der ich auch angehöre und die
dieses Gesetz auf seine Tauglichkeit hin überprüft. Ich
bin der Meinung, es gibt unterhalb der Ebene - ({1})
- Wollen Sie die Antwort hören oder nicht?
Es gibt unterhalb der Ebene der Gesetzesänderung in
diesem Gesetz Anpassungsbedarf, den ich vor allen Dingen darin sehe, Herr Kollege Solms, daß man zum ersten
eine Wahlfreiheit bei der Altersvorsorge einräumt, wodurch nicht nur die Lebensversicherungen als rentenversicherungsadäquat gelten. Zum zweiten bin ich der Meinung, daß man für die Existenzgründer, für die Selbständigen eine Frist einbauen sollte, und sie nach fünf
Jahren nachweisen müssen, ob sie selbständig oder
scheinselbständig sind.
Wir haben das mit den Verbänden und mit Unternehmen besprochen, wir bringen das in diese Kommission ein.
({2})
Ich bin nach der Rede des Bundeskanzlers von gestern
sehr optimistisch, daß wir damit erfolgreich sein werden.
({3})
Ich möchte jetzt fortfahren, Herr Präsident.
Frau Kollegin Wolf,
gestatten Sie eine Nachfrage des Kollegen Solms?
Bitte schön.
({0})
Frau Kollegin,
warum sind Ihnen diese Gedanken, obwohl das öffentlich bereits breit diskutiert worden war, nicht gekommen, bevor das Gesetz verabschiedet worden ist? Warum kommen sie Ihnen jetzt erst, hinterher?
({0})
Herr Solms, ich gebe die Frage zurück:
Warum sind Ihnen keine Gedanken zur Regelung dieses
in den letzten Jahren zunehmenden Problems der Erosion der Sozialversicherung gekommen? Warum ist
Ihnen dazu in den 29 Jahren nichts eingefallen?
Ich gebe zu, daß wir das Gesetz vor der Verabschiedung nicht ordentlich auf seine Praxistauglichkeit überprüft haben.
({0})
Seit der Verabschiedung diskutieren wir aber mit
allen Betroffenen darüber, und Sie werden sehen, daß
dieses Gesetz praxistauglich werden wird. Dann können
Sie Ihren Running Gag in die Tasche packen und müssen sich für Ihre Zwischenfragen etwas Neues überlegen, Herr Solms.
({1})
Meine Damen und Herren, über den Abbau der bürokratischen Hemmnisse hinaus wird es aber auch notwendig sein, eine arbeitsmarktpolitische Strategie zu
entwickeln, um die Barrieren zwischen den dauerhaft
Margareta Wolf ({2})
Beschäftigten und den Langzeitarbeitslosen tatsächlich
zu senken.
Ich möchte hier einen Vorschlag machen.
({3})
- Wissen Sie was, meine Damen und Herren? Wir räumen das auf, was Sie in den letzten 16 Jahren angerichtet haben. Daß Sie nicht modern sind, haben Sie mit
Ihren Debattenbeiträgen zum Haushalt bewiesen. Ich
würde Sie jetzt bitten, mir vielleicht einmal zuzuhören.
Vielleicht können wir ja ein bißchen was lernen.
({4})
In Dänemark kann man seit zehn Jahren eine Strategie beobachten, die die Barrieren zwischen Vollzeitbeschäftigung und Arbeitslosigkeit überwindet. Das zugrunde liegende Konzept nennt sich Jobrotation. Dänemark verfügt über ein System modular aufgebauter
Weiterbildungen, mit dem ungelernte Beschäftigte in
mehreren Schritten eine Berufsausbildung nachholen
können. Außerdem können sich Beschäftigte zur Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen in erheblichem
Umfang aus ihren Beschäftigungsverhältnissen beurlauben lassen. Sie erhalten während dieser Zeit Arbeitslosengeld und machen einen Platz für diejenigen frei, die
arbeitslos bzw. langzeitarbeitslos sind. Sie können sich
qualifizieren.
Durch diese Art von Jobrotation gab es in Dänemark
nicht nur einen Schub bei der Weiterbildung, sondern es
ist eine erhebliche Zahl von Menschen aus der Langzeitarbeitslosigkeit herausgekommen. Dänemark - das ist
bekannt - ist ein Land mit einer sehr niedrigen Arbeitslosenquote.
Es wurde von einem Berliner Professor errechnet, daß
wir, wenn wir den Einstieg in dieses Modell wagen
würden, was bekanntlich eine doppelte Wirkung hätte,
in einem Jahr zirka 300 000 neue Beschäftigungsverhältnisse schaffen könnten. Ich halte das für ein diskussionswürdiges Modell, das allerdings voraussetzt, daß
wir es bei der SGB-III-Novelle auch entsprechend berücksichtigen.
Meine Damen und Herren vor allen Dingen der
F.D.P., wir werden mutig und kreativ Wirtschaftspolitik
betreiben.
({5})
Wir werden sie stärker, als Sie das getan haben, mit Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik verzahnen. Ich bin
sicher, dann wird das Gutachten der Forschungsinstitute
im nächsten Jahr noch wesentlich optimistischer ausfallen.
({6})
Den Mitgliedern der Verbände kann ich nach dem,
was wir in den letzten Monaten erlebt haben, nur wünschen, daß sie sich selbst eine Verjüngungskur an der
Spitze gönnen, um ihre Rolle als begleitender und gestaltender Faktor der neuen, zukunftsfähigen, modernen
Wirtschaftspolitik auch tatsächlich genießen zu können.
Dann kommt unser Land voran.
Ich bin optimistisch, daß wir die Arbeitslosenquote
senken können, daß wir zur Verstetigung von Investitionen kommen werden, daß dieses Land in Europa tatsächlich wieder vorn sein wird, daß wir all die verstaubten Strukturen, die Sie in den letzten Jahren aufgebaut haben, sukzessive abbauen können. Das kommt den
Menschen und der Wirtschaft in diesem Land zugute.
Ich freue mich auf die Zusammenarbeit.
Danke.
({7})
Ich erteile das Wort
dem Kollegen Rolf Kutzmutz, PDS-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In den zweieinhalb Monaten, die seit
der ersten Beratung des Haushalts vergangen sind, hat
sich auch wirtschaftspolitisch zumindest zweierlei dramatisch verändert. Erst kam der größten Koalitionspartei
nicht nur ihr Vorsitzender, sondern auch ein wirtschaftspolitisch einflußreicher Kopf abhanden. Sehen Sie, Herr
Friedhoff, an dieser Stelle gibt es unterschiedliche Hoffnungen: Wir können nach wie vor nur hoffen, daß die
Regierung nach Lafontaines Abgang nicht vollends vor
den Lobbyisten der Großkonzerne einknickt.
({0})
Völlig zu Recht wird im Frühjahrsgutachten der
Wirtschaftsforschungsinstitute festgestellt - ich zitiere -:
Konkrete Vorhaben wie die Verringerung der Körperschaftsteuer oder die Abschaffung von Steuervergünstigungen oder Subventionen können nicht
Gegenstand von Verhandlungen mit den betroffenen Unternehmen sein.
Statt vorauseilenden Gehorsam gegenüber Managern
muß und kann die Regierung eigenverantwortlich Politik
für mehr Beschäftigung, soziale Gerechtigkeit und
schnelleren ökologischen Umbau betreiben, wenn sie
denn nur will.
Momentan - das ist die zweite dramatische Veränderung - macht sie noch etwas anderes: Sie ist an einem
Krieg beteiligt, der auch eine wirtschaftliche Dimension
hat. Im „Handelsblatt“ vom Dienstag war unter der
Überschrift „Balkankrise drückt Europas Wachstum“
über den aktuellen Wirtschaftsbericht der UNO-Wirtschaftskommission für Europa zu lesen - ich zitiere -:
In Westeuropa seien die Kriegsfolgen zwar geringer
- als in Osteuropa -,
Margareta Wolf ({1})
aber dennoch deutlich zu spüren. Abgesehen von
Exportverlusten führe der Konflikt zu einer Erhöhung der Militärausgaben. Angesichts strenger Begrenzung der Etatdefizite werde das entweder zu
Ausgabenkürzungen oder zu Steuererhöhungen
führen. Auch könne nicht ausgeschlossen werden,
daß die Zuversicht der Konsumenten und der Unternehmen leide.
Alles in allem rechnet die UNECE
- die UNO-Wirtschaftskommission im laufenden Jahr in Westeuropa mit einem Rückgang der Wachstumsrate von 2,7 auf nur noch
knapp 2% …
Das ist wirtschaftlich der Preis einer Politik, die das
Leid keines einzigen Kosovaren lindert, aber darüber
hinaus noch unzähligen anderen Menschen Not und Unglück bringt. Ich sage deutlich: Sofortige Waffenruhe ist
auch wirtschaftspolitisch das Gebot der Stunde.
({2})
Abgesehen davon also, daß niemand die Halbwertszeit des heute zu beschließenden Etats auf Grund von
Haushaltssperren und dergleichen kennt, muß man fragen: Was hat sich in den Beratungen geändert? Unsere
Vorschläge und Anträge zielten und zielen lediglich auf
den Erhalt des Ausgabenniveaus 1996/97 in arbeitsplatzschaffenden Bereichen. Die dafür aufzuwendenden
Mittel würden sich - davon bin ich überzeugt - durch
höhere Einnahmen bei Steuern und Sozialabgaben sowie
durch geringere Ausgaben für Arbeitslose ausgleichen.
Befriedigt sind wir darüber, daß die Kritik der PDSFraktion an der unzureichenden Förderung regenerativer Energien gefruchtet hat. Die Koalition lenkte in den
Ausschüssen ein und hat nun mehr Mittel dafür eingestellt. Ob das Sparpotential bei den Steinkohlesubventionen, insbesondere bei den direkt an die Deutsche
Steinkohle AG zu zahlenden tatsächlich nur 5 Millionen
DM beträgt, wie jetzt veranschlagt, wird sich zeigen.
Absolut indiskutabel bleibt aber der Verzicht auf jegliche ernst zu nehmenden Signale zur Vorbereitung eines Ausstiegs aus der Atomenergie oder zur massiven
Förderung innovativer, forschungsintensiver kleiner
Unternehmen. Ich bin schon erstaunt - das will ich hier
deutlich sagen -, daß ein glühender Verfechter der neuen Informationstechnologien aus der letzten Wahlperiode, Herr Kollege Mosdorf, den ich deshalb sehr
schätze, jetzt als Staatssekretär verantworten kann, daß
die Förderung von Existenzgründungen im Multimediabereich um ein Fünftel niedriger ausfallen soll, als es
noch die alte Bundesregierung geplant hatte. Das ist ein
deutlicher Widerspruch zu den warnenden Worten, die
Frau Wolf zu diesem Thema gefunden hat.
Indiskutabel bleiben auch die Ansätze für die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen
Wirtschaftsstruktur“ in West und Ost. Bemerkenswert, daß hier auch die früheren Regierungsparteien mit
Änderungsanträgen ansetzen, obwohl sie doch selber
- ich kann Ihnen diese Kritik nicht ersparen - die sich in
diesem Etat zeigende Auszehrung seit Jahren praktiziert
haben. Aber vielleicht befördert die Oppositionsrolle ja
auch neue Ideen, Gedanken und Erkenntnisse.
Eine gleiche Situation finden wir bei der Erdölreserve vor. Ich will Sie in diesem Zusammenhang daran
erinnern, meine Damen und Herren auf der rechten Seite
dieses Hauses, wie vehement Sie sich dagegen gesträubt
haben, die Erdölreserve in den Haushalt einzustellen. Da
gab es aber noch richtig Geld für Erdöl. Jetzt einen
Schnellschuß zu starten lohnt sich nicht. Warten Sie ab,
bis die Preise wieder ordentlich gestiegen sind!
({3})
So optimistisch das Frühjahrsgutachten der Wirtschaftsforscher insgesamt war, für den Osten konnten
sie auch für die nächsten Jahre keinen Hoffnungsschimmer vermelden. Die Beschäftigtenzahlen verharren
auf historischem Tiefstand, die Einkommen stagnieren.
Und nicht einmal im kommenden Jahr sollen die
1996/97 gemessenen knapp 57 Prozent der Wirtschaftskraft des Westens wieder erreicht werden. Hinzu
kommt, daß sich eine Tendenz fortsetzt, die auch vorher
schon zu beobachten war: Es kommt zu Produktionsverlagerungen und Schließung selbst bei Betrieben, die
schwarze Zahlen schreiben, wie im Falle des Unternehmens Elektronische Motorengerätewerke Schleusingen,
das nach Tschechien verlegt wird. Oder man nimmt, wie
im Fall des Dessauer Unternehmens Humboldt Wedag
ZAB, Tochter der Deutz AG, einer der wenigen erhalten
gebliebenen industriellen Kerne der Muldestadt, unmittelbar nach Ablauf der Vertragsfrist mit der BvS - auch
das ist keine Seltenheit - eine weitere Reduzierung der
Belegschaft vor und bereitet das Aus für das Unternehmen systematisch vor.
All das sind eigentlich Gründe dafür, endlich neue
Strategien zu einer selbsttragenden Entwicklung der
Wirtschaft Ostdeutschlands zu konzipieren und zu praktizieren. Aber - dies sage ich sehr kritisch - diese Regierung nutzt ja noch nicht einmal die bewährten Instrumente. Staatsminister Schwanitz hat hier am Dienstag
eine flammende Rede für den Aufschwung Ost gehalten.
({4})
- Ich stimme Ihnen ja voll zu; ich habe sogar geklatscht.
Ich bin der Meinung: Das war gut, was er gesagt hat.
Aber der Widerspruch ist doch folgender: Er sagt, man
müsse Mittel für ABM einstellen, wenn Menschen tatsächlich geholfen werden soll, und ist dann noch nicht
einmal in der Lage, sich gegen ein paar Ministerialbürokraten durchzusetzen, wenn es um einen kümmerlichen
Haushaltsvermerk geht.
({5})
- Das ist richtig.
Ich meine die diesen Einzelplan betreffende Fortführung zweier Arbeitsfördergesellschaften der Wismut,
die nicht nur den Abbau der Arbeitsplätze von mehr als
20 000 Wismut-Kumpeln sozial flankiert haben, sondern
durch die Schaffung von bisher rund 7 000 Arbeitsplätzen für Langzeitarbeitslose und sozial Benachteiligte auf
dem zweiten Arbeitsmarkt zur hohen Akzeptanz der
Wismut-Sanierung in Ostthüringen und Westsachsen
beigetragen haben. Neben den bereits laufenden Maßnahmen für mehr als 1 000 Menschen haben die beiden
Gesellschaften für die kommenden Jahre mittlerweile 33
zusätzliche Maßnahmen in 25 Städten und Gemeinden
vereinbaren können, mit denen weitere 542 Frauen und
Männer in Lohn und Brot gebracht werden können.
Statt dessen soll stur daran festgehalten werden, daß
die Gesellschaften Ende August ihre Tätigkeit beenden.
Dabei würde die Geschäftsführung der Wismut die zur
Fortführung nötigen weniger als 2,5 Millionen DM aus
ihrem bestehenden Etat bezahlen. Das braucht niemanden zu wundern: Schließlich stehen die 28 Leute, die das
betrifft, ohnehin auf der Gehaltsliste der Wismut. Nur,
im Falle der Verweigerung gibt es eben die Gesellschaften nicht mehr.
Jeder, der die Freigabe dieser Mittel nachher in namentlicher Abstimmung ablehnt, sollte sich daher darüber
im klaren sein: Wenn überhaupt, dann spart der Bund an
dieser Stelle höchstens 400 000 DM. Er bringt aber exakt
1 547 Menschen und ihre Familien um mindestens ein
Jahr Perspektive - und die öffentlichen Hände um Steuern
und Sozialabgaben. Herr Buwitt ist vehement für die
Wismut eingetreten. Ich bin sehr gespannt auf das Verhalten bei der Abstimmung über diesen Antrag.
({6})
Lassen Sie uns eine Absurdität des Haushaltsrechtes beseitigen! Wann haben wir, liebe Kolleginnen und Kollegen, schon einmal Gelegenheit, Gutes zu tun, ohne daß
es einen Pfennig kostet?
Danke schön.
({7})
Ich erteile das Wort
dem Bundesminister für Wirtschaft, dem Kollegen Werner Müller.
({0})
Herr Präsident! Meine Damen und
Herren! Seit meinem Amtsantritt habe ich bei etlichen
Veranstaltungen, Podiumsdiskussionen und ähnlichem
mitgemacht, bei denen auch Vertreter der Oppositionsparteien beteiligt waren.
({0})
Jedesmal erstaunt mich aufs neue, was ich da von Politikern der CDU/CSU und F.D.P. so höre. Sie halten mir
vor, daß der Bundeshaushalt defizitär ist, der Sozialstaat
zu teuer, die Steuer- und Abgabenlast zu hoch, die Leistungsbereitschaft zu gering, die Arbeitslosigkeit zu
hoch usw. Jedesmal frage ich mich und dann natürlich
auch die Zuhörer: Kommt dieser oppositionelle Kollege
frisch eingeschwebt von einem anderen Stern?
({1})
War er nicht gerade noch 16 Jahre lang hier in der Regierung tätig?
({2})
- Moment! - Aber sehen wir es doch einmal menschlich: In der Opposition sieht man besser und beschreibt
klarer, welch beklagenswerten wirtschafts- und finanzpolitischen Zustand man vererbt hat.
({3})
Das Erbe, das die neue Bundesregierung zu übernehmen hatte, ist zusammenfassend durch vier Punkte
gekennzeichnet. Erstens: Der Staat hat zu viele Ausgaben. Zweitens: Der Staat lebt immer mehr auf Kosten
der Zukunft. Drittens: Alle Teile der Gesellschaft haben
zu hohe Ansprüche an den Staat. Viertens und vor allem: An den Punkten eins bis drei etwas zu ändern ist
nicht nur unbequem, sondern erfordert große politische
Kraft, Überzeugung und Führung.
({4})
Ihre jahrelange Kapitulation vor diesem vierten Punkt
geschah also aus Bequemlichkeit. Aber mit Bequemlichkeit gewinnt man keine Zukunft.
({5})
Ein Beispiel: Vorgestern hat Herr Merz kritisiert, daß
ich die Wirtschaft um Mitarbeit beim Subventionsabbau gebeten habe. Er sagte sinngemäß, daß ein Subventionsabbau notwendig sei, daß dies aber politische Vorgaben und politische Führung erfordere.
({6})
Absolut richtig, volle Zustimmung! Dann ist natürlich
klar, warum es jahrelang keinen Subventionsabbau gegeben hat.
({7})
Ich will noch einen Gedanken von Herrn Merz aus
dieser Rede aufgreifen, der über seine Bemerkung vom
Subventionsabbau weit hinausgeht. Herr Merz forderte
eine grundsätzliche Kurskorrektur in der Wirtschaftsund Finanzpolitik. Wieder sage ich: Absolut richtig,
volle Zustimmung!
({8})
Nun sprach Herr Merz allerdings vor Herrn Eichel; er
konnte seine Rede also noch nicht kennen. Aber gerade
eingedenk seiner Forderung zur Kurskorrektur, der ich,
wie gesagt, voll zustimme, stimmt Herr Merz vielleicht
auch mir zu, wenn ich sage: Mit allem Respekt vor
Herrn Waigel - die erste Rede von Bundesfinanzminister Eichel war meines Erachtens die beste und sachRolf Kutzmutz
verständigste Rede eines Bundesfinanzministers in den
letzten Jahren hier im Bundestag.
({9})
Er hat nämlich erstmals die grundsätzliche Kurskorrektur in der Finanzpolitik genau beschrieben und zu seiner
Aufgabe erklärt.
({10})
Herr Eichel hat ebenso ehrlich wie nüchtern und ernüchternd die Lage der Staatsfinanzen beschrieben. Das
versetzt Sie noch jetzt in Unruhe, wie man merkt.
({11})
Er hat klar gesagt, daß diese Kurskorrektur ein harter
Weg sein wird, zum Beispiel weil alle Ausgaben des
Staates auf den Prüfstand kommen. Dann wird sich zeigen, was die neue Bundesregierung in den letzten Monaten öfter erfahren mußte: Die größte Schwierigkeit
liegt darin, daß wir die Bürgerinnen und Bürger von der
Tatsache überzeugen müssen, daß Reformen nicht nur
notwendig, sondern oft auch unbequem sind.
({12})
Es gehört leider auch zum schlechten Erbe, daß viele
zwar eine Reformnotwendigkeit sehen, aber ein bequemes „Weiter so!“ wünschen. Das sieht man zum Beispiel an der Diskussion über Scheinselbständigkeit und
630-Mark-Jobs. Es kann doch wohl keinen Streit darüber geben, daß sich in diesen beiden Bereichen über
Jahre hinweg viel Mißbrauch auf dem Arbeitsmarkt zu
Lasten der sozialen Sicherheit entwickelt hat.
({13})
Die alte Regierung hat das des öfteren klar erkannt und
hat auch Lösungen erörtert, diesen Mißbrauch zu beenden. Regelmäßig aber hat sie sich entschieden, lieber
den Mißbrauch weiterwachsen zu lassen, weil das bequemer war, als Politik zu machen.
({14})
Bemerkenswerterweise fordert die Opposition jetzt, daß
ausgerechnet die sozialdemokratisch geführte Bundesregierung den Mißbrauch des Faktors Arbeit noch weiter
wachsen lassen soll. Aber Sie erwarten doch nicht ernsthaft, daß wir uns Ihrer jahrelangen bequemen und unpolitischen Konzeptionslosigkeit anpassen!
({15})
An die Adresse der Wirtschaft bemerke ich angesichts ihrer Kritik an diesen beiden Neuregelungen: Mir
fehlt bei der Kritik der Wirtschaft ein bißchen Selbstkritik als Basis.
({16})
Denn den wachsenden Mißbrauch hat nicht zuerst die
Politik zu verantworten, sondern die Wirtschaft.
({17})
Gleichwohl - so ist es verabredet und eingeleitet - wird
die Kritik der Wirtschaft sorgfältig und zügig, auch von
neutralem Sachverstand, auf Richtigkeit geprüft und das
Prüfergebnis umgesetzt.
Nachdem ich in meiner letzten Rede hier im Bundestag eine deutliche Kritik am Verhalten etlicher Vertreter
der Wirtschaft gegenüber der Bundesregierung äußern
mußte, will ich heute feststellen, daß das öffentliche und
interne Miteinanderumgehen von Wirtschaft und Bundesregierung wesentlich konstruktiver und kooperativer
geworden ist.
({18})
Ich will das dankbar vermerken und hinzufügen, daß die
Bundesregierung alles daransetzen wird, diese Art des
Umgangs zu erhalten. Vor allem habe ich aus vielen Gesprächen mit der Wirtschaft den Eindruck gewonnen,
daß die Wirtschaft eine glaubwürdige, zielgerichtete und
konsistente Reformpolitik auch dann konstruktiv mitträgt, wenn sie unbequem ist. Und das wird sie sein;
denn die harte Tatsache, daß nicht mehr alles
Wünschbare auch machbar ist, gilt selbstredend auch für
die Wirtschaft.
({19})
So bin ich zum Beispiel mit dem Ergebnis der von
mir angestoßenen Diskussion über den Subventionsab-
bau sehr zufrieden. Denn insgesamt hat sich ergeben:
a) Die Notwendigkeit an sich ist breit einsichtig ge-
worden, erstens aus Gründen der unverzichtbaren Not-
wendigkeit der Senkung der Staatsausgaben, aber zwei-
tens auch, da Subventionen den Wettbewerb verzerren,
meistens zu Lasten von Handwerk und Mittelstand.
b) Die Wirtschaft hat der Öffentlichkeit deutlich ge-
macht, daß Subventionsabbau vor allem und zuerst
Sache der Politik ist, bei der sie nicht hineinreden, son-
dern statt dessen und folgerichtig das Ergebnis der poli-
tischen Entscheidung akzeptieren will. Dafür bin ich der
Wirtschaft dankbar.
c) Die Wirtschaft hat vor allem gebeten, möglichst
bald verläßliche Rahmendaten zu den wichtigen finanzund wirtschaftspolitischen Bereichen zu nennen.
Das ist zugesagt worden. Vor der Sommerpause wird
die Bundesregierung ein verbindliches Paket zu Eckdaten vorlegen: erstens zur Unternehmensteuerreform,
zweitens zur Verwirklichung des Familienurteils, drittens zur weiteren Gestaltung der Ökosteuer,
({20})
viertens zur Höhe der Senkung von Staatsausgaben und
Subventionen. Mir persönlich wäre lieb, es käme noch
ein fünfter Punkt hinzu, nämlich zur Umschichtung von
direkten auf indirekte Steuern.
({21})
Unser Ziel ist, auch angesichts der dramatischen Kassenlage, Rahmendaten für die Wirtschaft zu setzen, die
dieses Land zu einem der attraktivsten Standorte für
Unternehmen und Investitionen des In- und Auslandes
machen.
({22})
Wir wollen der Skepsis und dem Attentismus in der
Wirtschaft den Boden entziehen.
({23})
Wir wollen eine Politik für und mit der Wirtschaft machen und nicht gegen sie.
({24})
Diesem Ziel dient auch der Haushalt des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie. Sein Volumen ist im korrekten Vorjahresvergleich um 0,8 Milliarden DM geringer, was äußerlich nicht sofort auffällt, da
Titel des Forschungsministeriums in den BMWi-Haushalt verlagert wurden. Lassen Sie mich an dieser Stelle
dem Haushaltsausschuß und seinen Berichterstattern
- Frau Professor Luft, Frau Hermenau, Herrn Hampel,
Herrn Buwitt und Herrn Dr. Hoyer - für die konstruktive Arbeit herzlich danken.
({25})
Im BMWi-Haushalt werden - trotz Einsparungen klare Prioritäten, wie Aufbau Ost, und neue Akzente,
namentlich in der Forschungsförderung und Energiepolitik, gesetzt.
Stichwort „Forschungsförderung“. Wir wollen vor
allem ein Signal für die Stärkung der Innovationskraft
des Mittelstandes setzen. Deshalb haben wir die Technologie- und Innovationsförderung für kleine und mittlere Unternehmen um 70 Millionen DM auf 830 Millionen
DM aufgestockt. Bei der angewandten Forschung im
Mittelstandsbereich werden künftig wettbewerbliche
Vergabeverfahren eine größere Rolle spielen. Damit
werden wir der Kreativität zusätzliche Impulse geben
und die Kosten-Nutzen-Relation der unterstützten Projekte spürbar verbessern.
Die Luftfahrtforschung stärkt die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Luftfahrt- und Ausrüstungsindustrie.
Sie festigt Standorte und Arbeitsplätze im Einigungsprozeß der europäischen Luftfahrtunternehmen, aber
auch im globalen Wettbewerb. Deshalb bleibt es bei begrenzten Bundeshilfen. Ich erwarte hingegen ein stärkeres Engagement der Industrie und auch der Bundesländer.
({26})
Stichwort: „Energie“. Die Förderung erneuerbarer
Energien wird deutlich ausgebaut. Das 100 000-DächerProgramm zur Förderung der Solarenergie umfaßt über
einen Zeitraum von sechs Jahren ein Fördervolumen von
1,1 Milliarden DM, mit dem bei voller Ausschöpfung
Investitionen von 2,5 Milliarden DM angestoßen werden. Das Markteinführungsprogramm für erneuerbare
Energien ist jetzt mit 200 Millionen DM dotiert. Aber
damit kein Mißverständnis aufkommt: Langfristig streben wir auch im Bereich der erneuerbaren Energien
subventionsfreie Versorgungsstrukturen an.
Bevor ich zum Stichwort „Aufbau Ost“ komme, will
ich betonen, daß zu den Positionen, die in meinem
Haushalt erhöht wurden, die Förderung des Tourismus
gehört. Daß man für die Tourismusförderung bei allen
Fraktionen relativ heftig kämpfen muß, verstehe ich,
ehrlich gesagt, nicht ganz. Denn für mich ist das eine
nationale Aufgabe mit wirklich großen Chancen in Ost
und West.
({27})
Die ostdeutsche Industrie hat sich in den letzten Jahren
beachtlich entwickelt. Der starke Einbruch der Baubranche hat das etwas verdeckt. In diesem Jahr dürfte das
Wachstum in Ostdeutschland wieder etwas höher ausfallen als in Westdeutschland. Bei der Gemeinschaftsaufgabe Ost bewegt sich das Bewilligungsvolumen für 1999
zusammen mit Länder- und EU-Mitteln auf dem weiterhin hohen Niveau von rund 6 Milliarden DM.
Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Burgbacher, F.D.P.?
Gerne.
Herr Minister, Sie haben gerade über die Tourismusförderung gesprochen.
Ich halte mich gerne an die Devise: An ihren Taten sollt
ihr sie erkennen. Sie haben auf der ITB öffentlichkeitswirksam erklärt, sich für einen reduzierten Mehrwertsteuersatz in der Hotellerie einsetzen zu wollen. Ich frage Sie: Liegt dazu schon eine Kabinettsvorlage vor,
bzw. wie ist hier der Stand? Ein solcher Mehrwertsteuersatz wäre für die Branche äußerst interessant.
({0})
So wie ich im letzten halben Jahr die
Regierungsgeschäfte kennengelernt habe, kann ich eine
Kabinettsvorlage erst dann machen, wenn ich mit dem
Finanzminister einig bin. Ich habe entsprechende Gespräche geführt und werde dies weiter tun. Es gibt dazu
gelegentlich Anfragen hier im Parlament. Ich denke, die
entsprechenden Antworten haben Sie gelesen. Damit
sind Sie über den Stand der Dinge informiert.
({0})
Kollege Burgbacher
möchte noch einmal nachfragen.
Herr Minister, ich will
es konkret wissen: Halten Sie sich an die vor Tausenden
von Menschen gegebene Zusage, diesen reduzierten
Mehrwertsteuersatz herbeizuführen?
Ich habe gesagt, daß ich mich dafür
einsetzen werde, daß es so kommt. Das tue ich bisher.
({0})
Ich will hinzufügen: Wenn Sie die gelegentlichen diesbezüglichen Anfragen und Antworten darauf lesen, können Sie erkennen, daß sich die entsprechenden Texte
von einer zunächst völligen Ablehnung dieses Gedankens hin zu etwas weicheren Formulierungen entwickelt
haben.
({1})
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum
Schluß kommen.
({2})
Insgesamt folgt der diesjährige Haushalt des BMWi der
Leitlinie: sparen und dennoch Perspektiven für die Zukunft schaffen. Übersetzt in die gesamtwirtschaftliche
Problematik heißt das: Rückführung der Staatsquote und
Konzentration des Staates auf seine Kernaufgaben. Ich
bin zuversichtlich, daß wir mit dieser Politik zur wohlverstandenen sozialen Marktwirtschaft zurückfinden
werden.
Noch einmal zu den oppositionellen Beobachtern von
einem anderen Stern: Bald werden Sie sehen und sagen:
Donnerwetter, die regieren ja; die packen an. Die schaffen das, was wir jahrelang nicht geschafft haben.
({3})
Lassen Sie mich dann noch ein Wort - fast hätte ich
gesagt: in persönlicher Sache - sagen. Einige Referate
der Grundsatzabteilung, die vormals zu meinem Ministerium gehörten, sind derzeit im Finanzministerium.
({4})
Das hindert mich aber nicht daran, wirtschaftspolitische
Grundsätze zu vertreten, und ich freue mich, daß die
Opposition auch heute wieder festgestellt hat, daß ich
das kräftig tue, und daß sie meine Reden gerne nachliest
und daraus zitiert. Herzlichen Dank.
({5})
Aber - jetzt frage ich einmal - was soll denn das dauernde Genörgele daran, daß sie nun unbedingt sofort
wieder in das Wirtschaftsministerium zurück müßten?
Darf ich Sie einmal daran erinnern, daß Sie jahrelang
diese Grundsatzabteilung gehabt haben?
({6})
Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, will ich mitteilen, daß sich
die Fraktionen darauf geeinigt haben, morgen die Plenarsitzung bereits um 8 Uhr mit einer Debatte zum
Thema Kosovo-Einsatz zu beginnen.
Nun erteile ich dem Kollegen Gunnar Uldall, CDU/
CSU-Fraktion, das Wort.
Herr Präsident! Meine
Damen und Herren! Heute ziehen wir die erste Halbjahresbilanz einer rotgrünen Wirtschaftspolitik. Ich habe
versucht, irgend etwas Positives zu finden, was man auf
die Aktivseite dieser Bilanz hätte buchen können. Ich
habe nichts gefunden - nichts, mit dem die Bedingungen
für die Investoren, die Existenzgründer, den Mittelstand
oder den Arbeitsmarkt verbessert worden wären.
({0})
Andererseits gibt es vieles, was man auf die Passivseite
dieser Bilanz buchen müßte, nämlich Investitionszurückhaltung bei den Unternehmern, Demotivation bei
den Arbeitnehmern. Die erste wirtschaftspolitische Bilanz dieser Regierung ist im doppelten Sinne des Wortes
tiefrot.
({1})
Noch plastischer formuliert es der „Stern“, der ja nicht
gerade als ein Förderer der CDU/CSU-Fraktion bekannt
ist. Er schreibt heute, in seiner jüngsten Ausgabe: Im
Saldo negativ. - Herr Minister, diesem Urteil schließe
ich mich voll und ganz an.
Sie haben eben in Ihrer Rede das Wort von Minister
Eichel aufgegriffen: Sparen, sparen, sparen. Ich frage
mich, warum sparen Sie denn nicht?
({2})
Jetzt sind doch die Haushaltsberatungen; jetzt müßten
die entsprechenden Weichen gestellt werden. Der Haushalt steigt dieses Jahr um 6,2 Prozent - in solchem Maße
sind die Haushalte unter unserer Regierung in den letzten Jahren nicht gestiegen. Warum verschieben Sie das
Sparen auf das Jahr 2000? Schon 1999 kann man mit
dem Sparen anfangen, wenn es so wichtig ist. Herr Minister Eichel, Herr Minister Müller, Sie sind dafür verBundesminister Dr. Werner Müller
antwortlich, daß wir gesunde Finanzen haben, und verschieben Sie das nicht auf die Zukunft.
({3})
Sie haben von der alten Regierung eine sehr gute
Vorlage bekommen. Im vergangenen Jahr gab es eine
Wachstumsrate von 2,8 Prozent; es war eine solide, sich
nachhaltig entwickelnde Volkswirtschaft. Allgemein
wurde sogar erwartet, daß auf Grund der Rahmendaten,
die wir gesetzt hatten, die wirtschaftliche Entwicklung
in den kommenden Jahren sehr viel schneller vor sich
gehen würde.
Leider ist genau das Gegenteil eingetreten. Die Erwartungen werden ständig nach unten korrigiert. Wurde
vor einem Jahr noch das Wachstum für 1999 auf
2,7 Prozent veranschlagt, geht das Frühjahrsgutachten
der Forschungsinstitute nur noch von 1,7 Prozent aus,
und die Regierung selbst glaubt nur noch an 1,5 Prozent
Wachstum. Das bedeutet, daß sich innerhalb eines halben Jahres das Wachstum faktisch halbiert hat. Ein
Fremdverschulden daran ist jetzt nicht mehr festzustellen. Die vorsorglich von SPD und Grünen vorgebrachten
Verteidigungsgründe sind sämtlich nicht haltbar. Was
hat Lafontaine noch gesagt? Die Zinsen müssen herunter, sonst bekommen wir kein Wachstum hin. Die Zinsen sind so niedrig wie noch nie. Das System der Wechselkurse muß durch Zielzonen ersetzt werden, hat
Lafontaine gesagt. Die Wechselkurse sind nicht mehr so,
wie sie früher waren; vielmehr wirken sie sich bei uns
exportfördernd aus. Die Weltkonjunktur würde lahmen
und die deutsche Wirtschaft herunterziehen, wurde hier
behauptet. Wir stellen fest: In Südostasien entwickelt
sich die Wirtschaft gut, die amerikanische Konjunktur
läuft stabil. - Es gibt kein Fremdverschulden; die Verantwortung für diese Misere in unserer wirtschaftlichen
Entwicklung liegt allein bei dieser Regierung.
({4})
Dabei mag ich dem Bundesminister Dr. Müller, der
so manches interessante Interview gibt und so manche
gute Rede hält,
({5})
die Sachkenntnis nicht absprechen. Ich selbst habe erlebt, Herr Minister, mit welchem Engagement Sie sich
im Ausland für die Belange der deutschen Wirtschaft
eingesetzt haben. Das erkenne ich ausdrücklich an. Aber
nach sechs Monaten Arbeits- und Amtszeit müssen Sie
sich die Frage gefallen lassen: Reicht das? Reicht es,
sich verbal in einigen Punkten von der Koalition mit
dem leisen Hinweis „parteilos“ abzusetzen? Reicht es,
einen guten Eindruck zu hinterlassen? Oder muß nicht
gelegentlich auch einmal etwas durchgesetzt werden,
Herr Minister?
({6})
Schauen wir uns einmal an, was Sie durchsetzen
wollten und was Sie tatsächlich durchgesetzt haben:
({7})
Im Dezember kam der Vorschlag, der Strom solle - zusätzlich zur Ökosteuer - mit einem Zukunftspfennig
belastet werden. Dieser Vorschlag ist verschwunden ich füge hinzu: Gott sei Dank.
Bei der Diskussion um das sogenannte Steuerentlastungsgesetz forderten Sie regelmäßig: „Wir müssen
Nachbesserungen zugunsten der Wirtschaft vornehmen.“
({8})
Nachbesserungen gab es in so marginalem Umfange,
daß man sagen kann: Es wurde nichts erreicht.
Beim Thema Scheinselbständigkeit haben Sie - als
Minister zuständig für Existenzgründer - noch am
18. April 1999 dafür plädiert, „die verständliche Scheu
vor einer schnellen Korrektur“ abzulegen. Gegen den
Arbeitsminister konnten Sie sich aber nicht durchsetzen.
Herausgekommen ist in dieser Frage nichts. Nein, ich
korrigiere mich: Herausgekommen ist die Gründung
eines Arbeitskreises.
({9})
Bei dem Versuch, die Grundsatzabteilung in das
Wirtschaftsministerium zurückzuholen, hatten Sie,
Herr Minister Müller, alle guten Argumente auf Ihrer
Seite.
({10})
Grundsatzfragen der Wirtschaftspolitik müssen von den
Tagesfragen der Budgetpolitik getrennt werden. Auch
wir haben Sie bei dieser Frage im Ausschuß unterstützt.
Erreicht wurde aber nichts. Es bleibt alles beim alten.
Herr Minister, ich sage Ihnen: Parteilos muß nicht bedeuten: einflußlos! Setzen Sie sich im Kabinett stärker
durch!
({11})
Selbst bei einem zentralen Vorhaben der Regierung,
nämlich beim Ausstieg aus der Kernenergie, bei dem
Sie auf Grund Ihrer persönlichen Erfahrung am ehesten
Erfolge hätten einfahren können, kann man keine klare
Linie, sondern nur ein Durcheinander erkennen. Das
Thema ist Ihnen inzwischen völlig entglitten. Nicht über
die Sicherheit der Kerntechnologie wird gestritten, nicht
über die Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit
unserer Volkswirtschaft wird gerungen, nicht über die
Arbeitsplätze wird gesprochen - nein, es streiten sich
Steuerberater und Wirtschaftsprüfer über die schlichte
Frage, welche Methodik bei der Auflösung von Rückstellungen anzuwenden ist. Das ist das Ergebnis dieses
großen Werkes, das Sie, Herr Minister, in Gang setzen
wollten. Sie wollten den Ausstieg unumkehrbar machen.
Ein neues technisches Zeitalter sollte anbrechen. Bis
heute ist aber von einem energiepolitischen Gesamtkonzept nichts zu sehen.
({12})
Doch jetzt gründen Sie einen Arbeitskreis, der ein
Jahr lang einen Gedankenaustausch über dieses Thema
pflegen soll - gemäß der Devise: Wenn ich nicht mehr
weiter weiß, gründ‘ ich einen Arbeitskreis. Gerade auf
diesem Gebiet hätten Sie, wenn Sie gewollt hätten, die
Entscheidungen vorantreiben können. Um keinen Zweifel aufkommen zu lassen: Ich halte den Ausstieg aus der
Kernenergie nicht für eine kluge Entscheidung zugunsten unserer Volkswirtschaft und des Arbeitsmarktes.
Aber Unklarheit ist das Schlimmste für einen wirtschaftspolitischen Standort. Hier müssen Sie schnell für
Klarheit sorgen.
({13})
Die Medien berichteten kürzlich, Bundeskanzler
Schröder habe gegenüber Betriebsräten von Kernkraftwerken erklärt, die betriebswirtschaftliche Laufzeit solle
dafür bestimmend sein, wann ein Kernkraftwerk abgeschaltet würde. Gestern und heute berichten mehrere
Zeitungen, daß Sie, Herr Minister Müller, ebenfalls
Laufzeiten von über 20 oder 30 Jahren anstreben.
Wenn man diesen Weg geht, wenn man sagt „Wir
wollen die Kraftwerke so lange laufen lassen, wie es
betriebswirtschaftlich sinnvoll ist“, dann braucht man
das nicht gesetzlich zu regeln, denn kein Vorstand würde eine Anlage, ein Kernkraftwerk länger laufen lassen,
als es betriebswirtschaftlich sinnvoll ist. Das heißt, hier
wird durch Gesetz festgeschrieben, was ohnehin eintreten würde. Deswegen sage ich: Verzichten Sie auf ein
solches Gesetz! Es würde inhaltlich nichts anderes erreichen als das, was sowieso passiert.
({14})
Aber wir würden damit unsere Volkswirtschaft festlegen, unsere Flexibilität, unsere Entscheidungsmöglichkeiten einschränken und die Handlungsmöglichkeiten
der unternehmerischen Vorstände einengen. Deswegen:
Lassen Sie dieses Vorhaben fallen, Herr Minister!
({15})
Betrachte ich diese magere Bilanz, dann verstehe ich
gut, warum Sie, Herr Minister Müller, versucht haben,
Teile Ihrer Zuständigkeit auf andere zu übertragen. Das
Thema Subventionsabbau sollten nun - so wollten Sie
es - die Spitzenverbände der Wirtschaft bearbeiten.
Auch auf diesem Wege sind Sie steckengeblieben. Ich
habe heute in der „Berliner Zeitung“ gelesen, daß Sie
erkannt haben, daß dies nicht der richtige Weg ist und
daß Sie hier nicht vorankommen können.
Verantwortlich für die Ergebnisse wie auch für die
Nicht-Ergebnisse bleiben allein die Regierung und der
zuständige Minister. Wir werden es Ihnen nicht durchgehen lassen, wenn Sie demnächst erklären: Tut mir
leid, die Verbände halten nichts vom Subventionsabbau.
Sie haben nichts vorgeschlagen. Nun können wir keine
Unternehmensteuerreform machen. - Das werden wir
Ihnen nicht durchgehen lassen, Herr Minister. Sie sind
aufgefordert zu handeln.
({16})
Wir erwarten von Ihnen, Herr Minister Müller, daß
Sie die Belange der Wirtschaftspolitik im Kabinett von
nun an energischer und nachdrücklicher durchsetzen.
Denn sonst würde bestätigt, was der „Spiegel“ in seiner
jüngsten Ausgabe so formulierte:
Müllers Ideen langen oft nur für die Schlagzeilen
der Tageszeitung - und dann ab ins Altpapier.
({17})
Dem habe ich nichts hinzuzufügen.
({18})
Das Wort hat
jetzt der Kollege Bury.
Frau Präsidentin! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! Moderne Wirtschaftspolitik
muß die Weichen für Wachstum und Beschäftigung
stellen, indem sie drei zentrale Herausforderungen annimmt. Wir brauchen eine deutliche Reduzierung der
Steuer- und Abgabenbelastung. Wir müssen die sozialen
Sicherungssysteme reformieren und eine neue Balance
von Eigenverantwortung und sozialer Sicherheit schaffen. Wir starten eine Innovationsoffensive, um in den
Märkten der Technologien und Produkte der Zukunft
eine führende Rolle einzunehmen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Kollege
Uldall hat sich hier als Bilanzbuchhalter betätigt. Ich
nehme Ihr Bild, Herr Uldall, einmal auf. Die Schlußbilanz der Vorgängerregierung, unsere Eröffnungsbilanz, war in der Tat nicht gut.
({0})
Schlag auf Schlag bestätigen höchstrichterliche Entscheidungen, daß CDU/CSU und F.D.P. selbst diese
magere Schlußbilanz nur mit „Windowdressing“ zustande gebracht haben.
({1})
Ob Verfassungsgericht oder Bundesfinanzhof - die
Richter bestätigen, was die Wählerinnen und Wähler am
27. September letzten Jahres schon wußten: Die steuerpolitische Flickschusterei muß aufhören.
({2})
Wir werden ein Gesamtkonzept vorlegen, das eine
deutliche Senkung der Steuersätze mit einer Verbreiterung der Bemessungsgrundlage verbindet und so auch
zu einer Vereinfachung des Steuerrechts führt. Zu einem
schlüssigen Gesamtkonzept gehören neben der Unternehmensteuerreform die Verbesserung des Familienleistungsausgleichs und die Neuregelung der Kapitalertragsbesteuerung. Die alte Regierung hat hier mit
einer ungeheuer bürokratischen Regelung hohe KapitalGunnar Uldall
abflüsse ins Ausland initiiert und damit weder das Ziel
der Steuergerechtigkeit erreicht noch die erwarteten
Einnahmen erzielt.
({3})
Ich schlage vor, mit einer Abgeltungssteuer nach
österreichischem Vorbild das bürokratische Ungetüm
der Zinsabschlagsteuer zu ersetzen.
({4})
Wir würden damit nicht nur einen entscheidenden Anreiz für Kapitalrückflüsse nach Deutschland und damit
zur Stärkung des Finanzplatzes Deutschland setzen;
({5})
- Herr Michelbach, die Erfahrungen zeigen auch, daß
eine Abgeltungssteuer positive Haushaltseffekte hat.
Insgesamt gilt für die notwendigen Reformen des
Steuersystems: Neben der Vereinfachung muß das Ergebnis der Steuerreform eine spürbare Nettoentlastung
für Bürger und Wirtschaft sein. Das ist psychologisch
und ökonomisch gleichermaßen wichtig, schafft Leistungsanreize und trägt zur Überwindung des bestehenden Investitionsattentismus bei.
({6})
Mit der notwendigen Reform der sozialen Sicherungssysteme, die wir anpacken, müssen wir das Vertrauen wiedergewinnen, das Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, in Ihrer Regierungszeit systematisch verspielt haben.
({7})
Bei aller zum Teil durchaus berechtigten Kritik an
den Umsetzungs- und Anpassungsschwierigkeiten in der
Folge der Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse und der Scheinselbständigkeit würde ich an Ihrer Stelle den Mund nicht allzu voll nehmen.
Sie haben wider besseres Wissen durch jahreslanges
Nichtstun erhebliche Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten kleiner und mittlerer Unternehmer, Handwerker und
Mittelständler zu vertreten.
Es waren ja nicht die Handwerksmeister, die ihre Gesellen als Scheinselbständige outsourcten.
({8})
Es waren gerade die kleinen Einzelhändler, die unter
der mißbräuchlichen Umwandlung regulärer Beschäftigungsverhältnisse in geringfügige Beschäftigungsverhältnisse durch große Filialisten zu leiden hatten. Diese
Form von Sozialdumping abzustellen war richtig und
notwendig.
({9})
Die Schwierigkeiten in der Umsetzung, die ich nicht
bestreite, liegen zum Teil an fehlenden Übergangsfristen
und damit Anpassungsmöglichkeiten. Sie liegen auch an
der unsäglich bürokratischen Umsetzung, die wir kurzfristig verbessern müssen und verbessern werden. Falls
sich bestätigen sollte, daß Existenzgründer oder ganze
Branchen durch die Regelungen zur Scheinselbständigkeit bzw. zu den geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen in anders nicht lösbare Schwierigkeiten geraten,
werden wir das Notwendige tun, um die Probleme zu
lösen.
({10})
- Wer viel macht, macht möglicherweise auch einmal
einen Fehler.
({11})
Das rechtfertigt aber nicht, das jahrelange Nichtstun der
jetzigen Opposition fortzusetzen.
({12})
Auf Dauer werden wir die Erosion der sozialen
Sicherungssysteme nur stoppen, wenn diese wieder so
solide, solidarisch und attraktiv werden, daß weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer ein Interesse daran haben,
sich daraus zu verabschieden. Mit der großen Rentenreform werden wir dafür sorgen, daß der berüchtigte Satz
„Die Rente ist sicher“ nicht mehr zum Standardrepertoire der Kabarettisten, sondern zur Gewißheit der Bürgerinnen und Bürger wird.
({13})
Liebe Kolleginnen und Kollegen, zur Innovationsoffensive gehört nicht nur die Förderung neuer Technologien, Produkte und Verfahren. Hierfür haben wir im
Bundeshaushalt 1999 die entsprechenden Incentives gesetzt, so beispielsweise mit dem 100 000-Dächer-Solarprogramm, mit der Förderung von Energieeffizienz und
regenerativen Energien, mit den Innovationshilfen für
mittelständische Unternehmen im Rahmen der Forschungskooperationen, mit der industriellen Gemeinschaftsforschung und den Forschungshilfen für Ostdeutschland.
Es geht aber um mehr. Es geht nicht zuletzt um
eine Modernisierung des Staates selbst, um eine Reduzierung der Staatsquote. Mehr Effizienz und gute
Ideen sind besser als das konzeptionslose Aufstocken
von Haushaltstiteln. Wenn wir uns die Anträge der
Opposition zum Einzelplan 09 anschauen, wird deutlich, daß Sie immer noch in der Mentalität der
Scheckbuchpolitik verharren. Mit zusätzlichen Subventionen hier und Mehrausgaben da versuchen Sie,
Partikularinteressen zu befriedigen und Lobbyisten
für sich einzunehmen.
Herr Uldall hat Sparen, Sparen, Sparen gefordert.
Herr Uldall, hätten Sie sich doch Ihre Rede und die ErHans Martin Bury
höhungsanträge zum Haushalt, die Sie heute eingebracht
haben, gespart!
({14})
Diese Form der Gefälligkeitspolitik ist zu Ende; denn es
ist wichtiger, Steuern und Abgaben zu senken und den
am Wirtschaftsleben Beteiligten mehr Freiraum zu geben, als permanent Ausgaben zu erhöhen, die am Ende
alle über höhere Steuern und Abgaben oder eine wachsende Staatsverschuldung zu tragen haben.
({15})
Wenn zum Beispiel, um nur einen Ihrer scheinheiligen Erhöhungsanträge herauszugreifen, die Mittel für
das Meister-BAföG in den letzten Jahren nur zur Hälfte
ausgeschöpft worden sind, kann es doch nicht darum
gehen, diese Mittel zu erhöhen, sondern darum, das
Meister-BAföG effizient neu zu gestalten.
({16})
- Herr Buwitt, in den vergangenen Jahren sind sie nur
zur Hälfte ausgeschöpft worden. Jetzt einfach zu sagen
„Ich lege noch einmal etwas drauf, ich stelle zusätzliche
Mittel in den Haushalt ein“ ist - um es mit äußerster
Höflichkeit zu formulieren - keine sonderlich intelligente Politik.
({17})
- Sie wissen, daß die Betroffenen einen Rechtsanspruch
haben und alle ihre Mittel bekommen.
Wir wollen die der Aufstiegsfortbildung intelligent
weiterentwickeln. Dazu gibt es eine Reihe von Ansatzpunkten. Dazu gehört zum Beispiel die Überlegung, die
niedrigen Freibeträge bei der Anrechnung des Einkommens und des angesparten Vermögens zu erhöhen. Denn
es ist widersinnig, einerseits zu fördern, daß sich die
Leute qualifizieren, um sich selbständig zu machen, und
andererseits die Förderung zu schmälern, wenn die
Leute parallel Vermögen bilden, um auch die materielle
Basis für die Existenzgründung zu haben. Das ist widersinnige Politik. Solche Probleme löst man nicht durch
Aufstockung der Mittel, sondern durch eine Umstrukturierung der Förderung und durch neue, bessere Kriterien.
({18})
Im Zusammenhang mit Existenzgründungen könnten,
meine ich, auch flexiblere Möglichkeiten zum Erlaß von
Darlehen ins Auge gefaßt werden. Wir sollten meines
Erachtens das Meister-BAföG in Zukunft auch bei einer
berufsbegleitenden Meisterschulung gewähren und nicht
die in der Meisterausbildung befindlichen Gesellen zur
Aufgabe ihrer Tätigkeit nötigen.
({19})
Notwendig und besonders wichtig: Die Antrags- und
Bewilligungsverfahren für das Meister-BAföG müssen
vereinfacht werden.
({20})
Um einen zweiten durchsichtigen Änderungsantrag
der Unionsfraktion aufzugreifen: Daß wir die Länder
und die Industrie stärker am Luftfahrtforschungsprogramm beteiligen wollen, ist angesichts entsprechender
Beteiligungen in anderen Förderprogrammen - Schiffbau- und Kohlehilfen - nur logisch. Eine solche Kofinanzierung derjenigen, die von der Förderung profitieren, stärkt die Effizienz solcher Programme. Wer dabei
nur Regionalinteressen vertritt, wird seiner bundespolitischen Verantwortung nicht gerecht. Ich betrachte mit
einer Mischung aus Belustigung und Sorge, wie sich die
große Volkspartei CDU soeben unfreiwilligerweise aus
der Gefangenschaft der F.D.P. befreit hat, um nun
schnurstracks in die Gefangenschaft der CSU zu laufen.
({21})
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir leiten eine radikale Kurskorrektur ein. Wir nehmen Kurs auf die Konsolidierung der Staatsfinanzen und die Förderung von
Innovations- und Investitionsbereitschaft sowie von
Kreativität und Eigeninitiative. Wir überwinden den Innovationsattentismus, der die Wirtschaftspolitik in den
vergangenen Jahren geprägt hat.
({22})
Das Wort hat
jetzt der Abgeordnete Ernst Hinsken.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Wirtschaftsminister Dr. Müller, ich schätze Sie persönlich sehr,
möchte aber gleich eingangs feststellen, daß ich vieles
von dem, was Sie heute ausführten, nicht nachvollziehen
kann. Das betrifft insbesondere Ihre Aussage, daß
Finanzminister Eichel die beste Rede eines Finanzministers der letzten Jahre gehalten habe. Sie waren doch
in den letzten Jahren überhaupt nicht an den Debatten im
Parlament beteiligt. Sie können da nur bedingt urteilen.
Ich meine, schon die Frage stellen zu müssen, ob denn
Herr Stollmann, für den Sie ja eingewechselt wurden,
auch so argumentiert hätte, wie Sie das heute getan haben.
({0})
Eine zweite Bemerkung. Sie sind von meinem Kollegen Burgbacher nach den Mehrwertsteuersätzen gefragt
worden, die Sie zu Recht insbesondere im Beherbergungsgewerbe reduzieren wollen. Von meinem Kollegen Uldall wurde schon darauf hingewiesen: Sich dafür
einsetzen ist zu wenig; Sie müssen etwas durchsetzen!
({1})
Das gilt auch für das, was Herr Bury gesagt hat. Ihr
„Wir wollen...! Wir wollen...! Wir wollen...!“ und Ihr
„Wir werden...! Wir werden...! Wir werden...!“ hilft uns
nicht weiter. Sie müssen sagen, wie Sie es konkret machen wollen.
In der Zwischenzeit sind Sie 161 Tage in Regierungsverantwortung. Das Ergebnis ist, daß die Situation
für die deutsche Wirtschaft und den Mittelstand immer
schlechter wird. Vor den Wahlen haben Sie viel versprochen, haben vor allen Dingen versucht, den Mittelstand zu ködern. Jetzt können Sie das, was Sie versprochen haben, einfach nicht halten. So etwas, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, nennt
man im Handelsgebrauch Irreführung des Verbrauchers,
ja unlauteren Wettbewerb. Dessen möchte ich Sie bezichtigen.
({2})
Ich darf noch darauf verweisen, daß sich momentan
in Bonn schon langsam der Begriff „schrödern“ etabliert. Was ist darunter zu verstehen? - Frühmorgens
vollmundig etwas ankündigen und am Abend das Ganze
kleinlaut wieder zurücknehmen. Auch das ist keine
Politik, die zukunftsweisend ausgerichtet ist.
Herr Minister Müller, Sie stehen ja auch für die Wirtschaftspolitik dieser Bundesregierung. Wenn eine Firma
so wirtschaften würde wie diese Bundesregierung, wäre
sie längst gezwungen, den Offenbarungseid zu leisten.
So schlecht ist das, meine Damen und Herren, was Sie
hier machen.
({3})
Und dann gehen Sie noch her und sprechen von
„handwerklichen Fehlern“. Meine Damen und Herren,
ich fühle mich hier als Handwerksmeister ganz, ganz tief
gekränkt, und ich meine, es ist eine Beleidigung für das
gesamte deutsche Handwerk, so zu reden. Was Sie machen, ist, um im Handwerksjargon zu bleiben, Murks
und nichts anderes. Das aber können wir nicht brauchen.
({4})
Ich möchte nur drei Dinge nennen: einmal die 630-DMRegelung, zum zweiten die Scheinselbständigkeit und
zum dritten den Etikettenschwindel bei der Ökosteuer.
Erstens zu den 630-DM-Beschäftigungsverhältnissen: Klagen über Klagen von Hoteliers, von Gastwirten, von Handwerkern, von Zeitungsverlegern, von
Sportvereinen usw. usf. Vorgestern hat mich ein Taxifahrer vom Bahnhof hierher gefahren. Er hat mich gefragt, ob ich Politiker sei. Ich habe das bejaht. Daraufhin
hat er freimütig bekannt, daß er am 27. September die
SPD gewählt hat.
({5})
- Warten Sie nur ab! - Bis zum Jahresende war er ja zufrieden, weil er für seine zwei Kinder 60 DM Kindergeld mehr bekommen hat. Aber dann, so sagte er mir,
mußte er feststellen, daß sich auf Grund dieser Neuregelung durch das 630-DM-Gesetz sein Einkommen um
330 DM mindert. Und was sagte er noch? - „Niemals
wieder diese SPD! Sie hat mich geködert. Das kommt
nicht mehr in Frage!“
({6})
Werte Kolleginnen und Kollegen, für uns gilt bei aller Gesetzgebung in der Vergangenheit, in der Gegenwart und in der Zukunft: Wir denken zuerst, und dann
wird gehandelt. Bei Ihnen ist es anders.
({7})
Ich frage mich, meine Damen und Herren insbesondere
von der SPD: Was für einen Einfluß in Ihrer Partei haben denn Ihre Steigbügelhalter im Bundesrat überhaupt?
Ich nenne den Ministerpräsidenten Clement, ich nenne
den Ministerpräsidenten Glogowski, die schon, bevor sie
dafür gestimmt haben, dieses 630-DM-Gesetz laufen zu
lassen, erklärt haben, es bedarf dringend einer Nachbesserung. Das ist nicht die Politik aus einem Guß, die
die Bundesrepublik Deutschland braucht, sondern eine
Politik, die sich verhängnisvoll auf die Arbeitnehmer
und die Schaffung von Arbeitsplätzen auswirkt.
({8})
Meine Damen und Herren, Sie von der SPD und den
Grünen, aber auch verschiedene Mitglieder der Bundesregierung beklagen sich immer wieder, daß wir zuwenig
Selbständige haben. Ja, es wird geradezu einer neuen
Selbständigenkultur gefrönt, man fordert sie. Ich meine
auch, es ist als sehr erfreulich zu werten, daß 58 Prozent
der Bundesbürger dem Unternehmer eine hohe Bedeutung beimessen. Bei den 18- bis 29jährigen liegt dieser
Satz bei über 70 Prozent. Frau Kollegin Wolf, ich meine
schon, Sie haben recht, wenn Sie hier die Feststellung
treffen, man muß in den jungen Menschen investieren,
man muß ihm auch die Möglichkeit geben, sich zu entfalten. Aber ich frage mich: Wo ist der Anreiz für junge
Menschen, in die Selbständigkeit zu gehen? Wo werden
diejenigen belohnt, die ihr ganzes Hab und Gut einsetzen, um eine eigene Existenz zu schaffen? - Fehlanzeige
auf breiter Ebene! Man wird einfach das Gefühl nicht
los, daß Sie von der SPD und von den Grünen weiterhin
frei nach dem Motto handeln: Wie ersticke ich den Mittelstand mit Maßnahmen aus der sozialistischen Mottenkiste?
({9})
Sie können es nicht lassen, nach wie vor Ihre Umverteilungsideologie vor die Schaffung von Arbeitsplätzen
zu stellen. - Herr Kollege Bury, da können Sie ruhig den
Kopf schütteln; ich erwarte schon, daß Sie mich hier widerlegen, indem Sie deutlich machen, was Ihre Regierung und die sie tragenden Fraktionen tatsächlich tun
wollen.
Wenn ich mit Mittelständlern vor Ort rede und sie
frage, was sie am meisten bedrückt, dann sagen sie, daß
sich die Leistung nicht mehr lohne, daß die Steuern zu
hoch seien, daß die Sozialabgaben zu hoch seien und
daß es zuviel Bürokratie gebe. Sie weisen des weiteren
darauf hin, daß sie zu wenig Geld zum Investieren hätten, daß es aber zu viele Paragraphen gebe, die sie
hemmen.
({10})
Wenn ich hier einen Vergleich zur letzten Bundesregierung Kohl, Waigel und Gerhardt ziehe,
({11})
dann muß ich feststellen - diese Feststellung treffe nicht
nur ich alleine; das sagen auch viele andere -: Wie gut
die frühere Bundesregierung war, ist erst jetzt ersichtlich, weil Sie so schlecht sind.
({12})
Ihrem selbstgestellten Anspruch auf Modernisierung
werden Sie doch in keiner Weise gerecht. Wir kommen
doch der Lösung der Probleme unseres Landes keinen
Schritt näher. Bessere statt schlechtere Investitionsbedingungen sind für unsere Wirtschaft erforderlich.
Letztere brauchen wir nicht!
({13})
Unternehmer brauchen Rückenwind statt Gegenwind.
Aber den ermöglichen Sie nicht. Mit Ihrer Steuer- und
Sozialpolitik sind Sie doch zum Konjunkturrisiko
Nummer eins in der Bundesrepublik Deutschland geworden.
({14})
Sie handeln schlicht und einfach wie ein Fahranfänger,
der mit einem Fuß Gas gibt und mit dem anderen
bremst. Das hemmt.
({15})
Ich möchte darauf verweisen, daß die rotgrüne Politik
leider von uns allen ertragen werden muß und daß viele
nicht rotgrün, sondern leider schwarz sehen müssen.
Hier hilft es nichts, wenn man dem Mittelstand nach
dem Mund redet. Wenn in verschiedenen Zeitungen
immer wieder darauf verwiesen wird, daß der Mittelstand die Jobmaschine in der Bundesrepublik Deutschland sei, dann muß man auch Taten folgen lassen und
nicht nur Worte ins Blaue reden, wie wir es heute wieder
von Vertretern der Bundesregierung und der Regierungsparteien gehört haben.
({16})
Vor einiger Zeit war ich im Urlaub im Schwarzwald.
({17})
Dort habe ich auf einer alten Steintafel am Dom zu
St. Blasien gelesen, daß es drei Kategorien von Menschen gebe, wenn man im Zusammenhang mit Menschen überhaupt von Kategorien sprechen darf. Zur ersten Kategorie gehören die wenigen, die dafür sorgen,
daß etwas geschieht. Zur zweiten Kategorie gehören die
vielen, die zuschauen, wie etwas geschieht. Zur dritten
Kategorie gehört die überwältigende Mehrheit, die überhaupt nicht weiß, was geschieht.
({18})
Für die erste Kategorie steht für mich der Mittelstand in
der Bundesrepublik Deutschland mit seinen vielen Leistungsträgern, die unsere Nation nach vorne bringen
sollen und müssen. Für die zweite Kategorie stehen Sie,
die Regierung und Ihre Fraktionen, weil Sie nur zuschauen, was geschieht. Und zum dritten: Wir sind alle
aufgefordert, Grundlagen dafür zu schaffen, daß die
Wirtschaft wieder richtig läuft, daß sich der Mittelstand
entfalten kann und daß er dann die Möglichkeit hat, sich
weiterhin als Jobmaschine der Nation zu verstehen.
In diesem Sinne herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
({19})
Ich schließe
die Aussprache.
Wir kommen zunächst zu den Abstimmungen über
die Änderungsanträge.
Ich lasse über den Änderungsantrag der Fraktion der
CDU/CSU auf Drucksache 14/928 abstimmen. Die
Fraktion der CDU/CSU verlangt namentliche Abstimmung. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. - Sind die
Urnen besetzt? - Das ist der Fall. Ich eröffne die Abstimmung.
Ist noch ein Mitglied anwesend, das seine Stimme
nicht abgegeben hat? - Das ist nicht der Fall. Dann
schließe ich jetzt die Abstimmung. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu
beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen
später bekanntgegeben.
Wir setzen die Beratungen mit einer weiteren namentlichen Abstimmung fort. Wir kommen zum Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache
14/929. Es wurde namentliche Abstimmung verlangt.
Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die
vorgesehenen Plätze einzunehmen.
Sind die Urnen wieder besetzt? - Das scheint der Fall
zu sein. Ich eröffne damit die Abstimmung.
Ist bei dieser zweiten namentlichen Abstimmung
noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
Stimmkarte nicht abgegeben hat? - Das scheint nicht der
Fall zu sein. Dann schließe ich die Abstimmung. Ich
bitte die Schriftführerinnen und die Schriftführer, mit
der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis wird Ihnen
später bekanntgegeben.
Wir setzen jetzt die Beratungen mit der dritten namentlichen Abstimmung fort. Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der
PDS auf Drucksache 14/966. Die Fraktion der PDS verlangt namentliche Abstimmung. Ich bitte wieder, die
Urnen zu besetzen.
Sind alle Urnen besetzt? - Das ist der Fall. Ich eröffne die Abstimmung.
Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das in dieser dritten namentlichen Abstimmung seine Stimmkarte
nicht abgegeben hat? - Das ist nicht der Fall. Dann
schließe ich jetzt diese Abstimmung und bitte darum, mit
der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis auch dieser
Abstimmung wird Ihnen später bekanntgegeben werden.
Wir setzen die Abstimmungen fort, aber da wir jetzt
nicht namentlich abstimmen, sondern mit Handaufheben, bitte ich darum, daß ich etwas mehr Übersicht bekomme. Setzen Sie sich also bitte hin, liebe Kolleginnen
und Kollegen.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache
14/913. Wer stimmt dafür? - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der PDS gegen die
Stimmen von CDU/CSU bei Enthaltung der F.D.P. abgelehnt worden.
Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache
14/925. Wer stimmt dafür? - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der
gesamten Opposition abgelehnt worden.
Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache
14/926. Wer stimmt dafür? - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen von
CDU/CSU und F.D.P. abgelehnt worden, während sich
die PDS enthalten hat.
Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion
der CDU/CSU auf Drucksache 14/930. Wer stimmt dafür? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen von CDU/CSU und F.D.P. bei
Enthaltung der PDS abgelehnt.
Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion
der CDU/CSU auf Drucksache 14/931. Wer stimmt dafür? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der PDS gegen die Stimmen von CDU/CSU
und F.D.P. abgelehnt.
Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion
der CDU/CSU auf Drucksache 14/948. Wer stimmt dafür? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen von CDU/CSU und F.D.P. bei
Enthaltung der PDS abgelehnt.
Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion
der F.D.P. auf Drucksache 14/918. Wer stimmt dafür?
- Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen
die Stimmen der gesamten Opposition abgelehnt.
({0})
Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion
der PDS auf Drucksache 14/967. Wer stimmt dafür?
- Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen des ganzen Hauses mit Ausnahme der PDS, die dafür gestimmt hat, abgelehnt.
Bis zum Vorliegen der Ergebnisse der namentlichen
Abstimmungen unterbreche ich die Sitzung.
({1})
Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.
Ich gebe Ihnen die von den Schriftführerinnen und
Schriftführern ermittelten Ergebnisse der namentlichen Abstimmungen bekannt:
Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den
Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes, Einzelplan 09, Drucksache 14/928. Abgegebene Stimmen
619. Mit Ja haben gestimmt 293, mit Nein haben gestimmt 326. Der Änderungsantrag ist damit abgelehnt
worden.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 617;
davon:
ja: 291
nein: 326
Ja
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Dietrich Austermann
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Brigitte Baumeister
Meinrad Belle
Dr. Sabine Bergmann-Pohl
Otto Bernhardt
Hans-Dirk Bierling
Dr. Joseph-Theodor Blank
Dr. Heribert Blens
Peter Bleser
Dr. Norbert Blüm
Dr. Maria Böhmer
Sylvia Bonitz
Wolfgang Börnsen ({0})
Dr. Wolfgang Bötsch
Klaus Brähmig
Dr. Ralf Brauksiepe
Paul Breuer
Monika Brudlewsky
Georg Brunnhuber
Klaus Bühler ({1})
Hartmut Büttner
({2})
Cajus Caesar
Manfred Carstens
({3})
Peter H. Carstensen
({4})
Leo Dautzenberg
Hubert Deittert
Albert Deß
Renate Diemers
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Maria Eichhorn
Rainer Eppelmann
Anke Eymer
Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Ulf Fink
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer ({5})
Axel E. Fischer
({6})
Herbert Frankenhauser
Dr. Gerhard Friedrich
({7})
Dr. Hans-Peter Friedrich ({8})
Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Georg Girisch
Michael Glos
Dr. Reinhard Göhner
Dr. Wolfgang Götzer
Hermann Gröhe
Manfred Grund
Carl-Detlev Freiherr von
Hammerstein
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
Gottfried Haschke
({9})
Gerda Hasselfeldt
Norbert Hauser ({10})
Hansgeorg Hauser
({11})
Klaus-Jürgen Hedrich
Ursula Heinen
Manfred Heise
Siegfried Helias
Hans Jochen Henke
Peter Hintze
Klaus Hofbauer
Martin Hohmann
Klaus Holetschek
Josef Hollerith
Dr. Karl-Heinz Hornhues
Joachim Hörster
Hubert Hüppe
Peter Jacoby
Susanne Jaffke
Georg Janovsky
Dr.-Ing. Rainer Jork
Dr. Harald Kahl
Steffen Kampeter
Manfred Kanther
Irmgard Karwatzki
Volker Kauder
Eckart von Klaeden
Ulrich Klinkert
Dr. Helmut Kohl
Manfred Kolbe
Norbert Königshofen
Eva-Maria Kors
Thomas Kossendey
Rudolf Kraus
Dr. Martina Krogmann
Dr. Paul Krüger
Karl Lamers
Dr. Karl A. Lamers
({12})
Dr. Norbert Lammert
Dr. Paul Laufs
Karl-Josef Laumann
Vera Lengsfeld
Werner Lensing
Peter Letzgus
Ursula Lietz
Walter Link ({13})
Eduard Lintner
Dr. Klaus Lippold
({14})
Dr. Manfred Lischewski
Wolfgang Lohmann
({15})
Julius Louven
Dr. Michael Luther
Erich Maaß ({16})
Erwin Marschewski
Dr. Martin Mayer
({17})
Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel
Friedrich Merz
Hans Michelbach
Meinolf Michels
Bernward Müller ({18})
Elmar Müller ({19})
Bernd Neumann ({20})
Günter Nooke
Franz Obermeier
Friedhelm Ost
Eduard Oswald
Norbert Otto ({21})
Anton Pfeifer
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Marlies Pretzlaff
Dr. Bernd Protzner
Thomas Rachel
Dr. Peter Ramsauer
Helmut Rauber
Peter Rauen
Christa Reichard ({22})
Erika Reinhardt
Hans-Peter Repnik
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Franz Romer
Hannelore Rönsch
({23})
Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Dr. Klaus Rose
Kurt Rossmanith
Adolf Roth ({24})
Norbert Röttgen
Volker Rühe
Dr. Jürgen Rüttgers
Anita Schäfer
Dr. Wolfgang Schäuble
Hartmut Schauerte
Gerhard Scheu
Norbert Schindler
Bernd Schmidbauer
Christian Schmidt ({25})
Dr.-Ing. Joachim Schmidt
({26})
Andreas Schmidt ({27})
Hans Peter Schmitz
({28})
Michael von Schmude
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Rupert Scholz
Reinhard Freiherr von
Schorlemer
Dr. Erika Schuchardt
Wolfgang Schulhoff
Diethard W. Schütze ({29})
Clemens Schwalbe
Horst Seehofer
Heinz Seiffert
Werner Siemann
Bärbel Sothmann
Margarete Späte
Carl-Dieter Spranger
Wolfgang Steiger
Dr. Wolfgang Freiherr von
Stetten
Andreas Storm
Dorothea Störr-Ritter
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Thomas Strobl
Michael Stübgen
Dr. Rita Süssmuth
Dr. Susanne Tiemann
Edeltraut Töpfer
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Angelika Volquartz
Andrea Voßhoff
Dr. Theodor Waigel
Peter Weiß ({30})
Gerald Weiß ({31})
Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese ({32})
Klaus-Peter Willsch
Willy Wimmer ({33})
Werner Wittlich
Dagmar Wöhrl
Elke Wülfing
Peter Kurt Würzbach
Benno Zierer
Wolfgang Zöller
F.D.P.
Hildebrecht Braun
({34})
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Gisela Frick
Horst Friedrich ({35})
Rainer Funke
Dr. Wolfgang Gerhardt
Joachim Günther ({36})
Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Walter Hirche
Dr. Werner Hoyer
Ulrich Irmer
Dr. Klaus Kinkel
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Ina Lenke
Sabine LeutheusserSchnarrenberger
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto
({37})
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Dr. Günter Rexrodt
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Gerhard Schüßler
Marita Sehn
Dr. Max Stadler
Dr. Dieter Thomae
Dr. Guido Westerwelle
PDS
Dr. Dietmar Bartsch
Maritta Böttcher
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Heidemarie Ehlert
Dr. Heinrich Fink
Dr. Ruth Fuchs
Fred Gebhardt
Dr. Gregor Gysi
Carsten Hübner
Sabine Jünger
Gerhard Jüttemann
Dr. Heidi Knake-Werner
Ursula Lötzer
Heidemarie Lüth
Angela Marquardt
Manfred Müller ({38})
Rosel Neuhäuser
Petra Pau
Dr. Uwe-Jens Rössel
Gustav-Adolf Schur
Dr. Winfried Wolf
Nein
SPD
Brigitte Adler
Rainer Arnold
Ernst Bahr
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel ({39})
Klaus Barthel ({40})
Ingrid Becker-Inglau
Dr. Axel Berg
Hans-Werner Bertl
Friedhelm Julius Beucher
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding ({41})
Kurt Bodewig
Anni Brandt-Elsweier
Willi Brase
Dr. Eberhard Brecht
Rainer Brinkmann ({42})
Bernhard Brinkmann
({43})
Hans-Günter Bruckmann
Ursula Burchardt
Dr. Michael Bürsch
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
Hans Büttner ({44})
Marion Caspers-Merk
Wolf-Michael Catenhusen
Dr. Peter Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Christel Deichmann
Karl Diller
Rudolf Dreßler
Detlef Dzembritzki
Dieter Dzewas
Dr. Peter Eckardt
Sebastian Edathy
Ludwig Eich
Marga Elser
Peter Enders
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Annette Faße
Lothar Fischer ({45})
Gabriele Fograscher
Iris Follak
Norbert Formanski
Rainer Fornahl
Hans Forster
Dagmar Freitag
Lilo Friedrich ({46})
Harald Friese
Arne Fuhrmann
Konrad Gilges
Iris Gleicke
Günter Gloser
Uwe Göllner
Renate Gradistanac
Günter Graf ({47})
Angelika Graf ({48})
Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Achim Großmann
Wolfgang Grotthaus
Karl Hermann Haack
({49})
Hans-Joachim Hacker
Klaus Hagemann
Christel Hanewinckel
Alfred Hartenbach
Klaus Hasenfratz
Nina Hauer
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Frank Hempel
Rolf Hempelmann
Gustav Herzog
Monika Heubaum
Uwe Hiksch
Reinhold Hiller ({50})
Stephan Hilsberg
Gerd Höfer
Jelena Hoffmann ({51})
Walter Hoffmann
({52})
Iris Hoffmann ({53})
Frank Hofmann ({54})
Ingrid Holzhüter
Eike Hovermann
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Barbara Imhof
Gabriele Iwersen
Renate Jäger
Jann-Peter Janssen
Ilse Janz
Dr. Uwe Jens
Volker Jung ({55})
Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Sabine Kaspereit
Susanne Kastner
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Marianne Klappert
Siegrun Klemmer
Hans-Ulrich Klose
Fritz Rudolf Körper
Karin Kortmann
Anette Kramme
Nicolette Kressl
Volker Kröning
Angelika Krüger-Leißner
Ernst Küchler
Helga Kühn-Mengel
Ute Kumpf
Konrad Kunick
Dr. Uwe Küster
Werner Labsch
Christine Lambrecht
Brigitte Lange
Christian Lange ({56})
Detlev von Larcher
Christine Lehder
Robert Leidinger
Klaus Lennartz
Dr. Elke Leonhard
Eckhart Lewering
Götz-Peter Lohmann
({57})
Christa Lörcher
Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dieter Maaß ({58})
Winfried Mante
Dirk Manzewski
Tobias Marhold
Ulrike Mascher
Christoph Matschie
Ingrid Matthäus-Maier
Heide Mattischeck
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Dr. Jürgen Meyer ({59})
Ursula Mogg
Christoph Moosbauer
Siegmar Mosdorf
Michael Müller ({60})
Jutta Müller ({61})
Christian Müller ({62})
Andrea Nahles
Volker Neumann ({63})
Gerhard Neumann ({64})
Dr. Edith Niehuis
Dr. Rolf Niese
Dietmar Nietan
Günter Oesinghaus
Eckhard Ohl
Leyla Onur
Manfred Opel
Holger Ortel
Adolf Ostertag
Kurt Palis
Albrecht Papenroth
Dr. Willfried Penner
Dr. Martin Pfaff
Georg Pfannenstein
Johannes Pflug
Dr. Eckhart Pick
Joachim Poß
Karin Rehbock-Zureich
Margot von Renesse
Renate Rennebach
Bernd Reuter
Dr. Edelbert Richter
Reinhold Robbe
Gudrun Roos
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth ({65})
Birgit Roth ({66})
Marlene Rupprecht
Thomas Sauer
Dr. Hansjörg Schäfer
Gudrun Schaich-Walch
Bernd Scheelen
Dr. Hermann Scheer
Siegfried Scheffler
Horst Schild
Dieter Schloten
Horst Schmidbauer
({67})
Ulla Schmidt ({68})
Silvia Schmidt ({69})
Dagmar Schmidt ({70})
Wilhelm Schmidt ({71})
Regina Schmidt-Zadel
Heinz Schmitt ({72})
Carsten Schneider
Dr. Emil Schnell
Walter Schöler
Olaf Scholz
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Ottmar Schreiner
Gisela Schröter
Dr. Mathias Schubert
Richard Schuhmann
({73})
Brigitte Schulte ({74})
Volkmar Schultz ({75})
Dr. R. Werner Schuster
Dietmar Schütz ({76})
Dr. Angelica Schwall-Düren
Rolf Schwanitz
Bodo Seidenthal
Erika Simm
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie SonntagWolgast
Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Antje-Marie Steen
Ludwig Stiegler
Rolf Stöckel
Rita Streb-Hesse
Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Joachim Tappe
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Franz Thönnes
Uta Titze-Stecher
Adelheid Tröscher
Rüdiger Veit
Simone Violka
Ute Vogt ({77})
Hedi Wegener
Wolfgang Weiermann
Reinhard Weis ({78})
Matthias Weisheit
Gert Weisskirchen
({79})
Dr. Ernst Ulrich von
Weizsäcker
Hans-Joachim Welt
Dr. Rainer Wend
Hildegard Wester
Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Margrit Wetzel
Dr. Norbert Wieczorek
Helmut Wieczorek
({80})
Jürgen Wieczorek ({81})
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Heino Wiese ({82})
Klaus Wiesehügel
Brigitte Wimmer ({83})
Engelbert Wistuba
Barbara Wittig
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Hanna Wolf ({84})
Waltraud Wolff ({85})
Heidemarie Wright
Uta Zapf
Peter Zumkley
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Marieluise Beck ({86})
Volker Beck ({87})
Angelika Beer
Annelie Buntenbach
Ekin Deligöz
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Andrea Fischer ({88})
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
Katrin Göring-Eckardt
Rita Grießhaber
Winfried Hermann
Kristin Heyne
Ulrike Höfken
Michaele Hustedt
Monika Knoche
Dr. Angelika Köster-Loßack
Steffi Lemke
Dr. Helmut Lippelt
Oswald Metzger
Klaus Wolfgang Müller
({89})
Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Simone Probst
Claudia Roth ({90})
Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Rezzo Schlauch
Albert Schmidt ({91})
Werner Schulz ({92})
Christian Simmert
Christian Sterzing
Hans-Christian Ströbele
Dr. Antje Vollmer
Ludger Volmer
Sylvia Voß
Helmut Wilhelm
({93})
({94})
Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Versammlungen
des Europarates und der WEU, der NAV, der OSZE oder der IPU
Abgeordnete({95})
Behrendt, Wolfgang, SPD Siebert, Bernd, CDU/CSU
Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den
Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU, Einzelplan 09, Drucksache 14/929. Abgegebene Stimmen 605.
Mit Ja haben gestimmt 280, mit Nein haben gestimmt
325. Der Änderungsantrag ist damit ebenfalls abgelehnt
worden.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 605;
davon:
ja: 280
nein: 325
Ja
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Dietrich Austermann
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Brigitte Baumeister
Meinrad Belle
Dr. Sabine Bergmann-Pohl
Otto Bernhardt
Hans-Dirk Bierling
Dr. Joseph-Theodor Blank
Dr. Heribert Blens
Peter Bleser
Dr. Norbert Blüm
Dr. Maria Böhmer
Sylvia Bonitz
Wolfgang Börnsen
({96})
Dr. Wolfgang Bötsch
Klaus Brähmig
Dr. Ralf Brauksiepe
Monika Brudlewsky
Georg Brunnhuber
Klaus Bühler ({97})
Hartmut Büttner
({98})
Cajus Caesar
Manfred Carstens ({99})
Peter H. Carstensen
({100})
Leo Dautzenberg
Hubert Deittert
Albert Deß
Renate Diemers
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Maria Eichhorn
Rainer Eppelmann
Anke Eymer ({101})
Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Ulf Fink
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer ({102})
Axel E. Fischer
({103})
Herbert Frankenhauser
Dr. Gerhard Friedrich
({104})
Dr. Hans-Peter Friedrich
({105})
Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Georg Girisch
Michael Glos
Dr. Reinhard Göhner
Dr. Wolfgang Götzer
Hermann Gröhe
Manfred Grund
Carl-Detlev Freiherr von
Hammerstein
Gottfried Haschke
({106})
Gerda Hasselfeldt
Norbert Hauser ({107})
Hansgeorg Hauser
({108})
Klaus-Jürgen Hedrich
Ursula Heinen
Manfred Heise
Siegfried Helias
Hans Jochen Henke
Peter Hintze
Klaus Hofbauer
Martin Hohmann
Klaus Holetschek
Josef Hollerith
Dr. Karl-Heinz Hornhues
Joachim Hörster
Hubert Hüppe
Peter Jacoby
Susanne Jaffke
Georg Janovsky
Dr.-Ing. Rainer Jork
Dr. Harald Kahl
Steffen Kampeter
Dr.-Ing Dietmar Kansy
Irmgard Karwatzki
Volker Kauder
Eckart von Klaeden
Ulrich Klinkert
Dr. Helmut Kohl
Manfred Kolbe
Norbert Königshofen
Eva-Maria Kors
Thomas Kossendey
Dr. Martina Krogmann
Dr.-Ing. Paul Krüger
Karl Lamers
Dr. Karl A. Lamers
({109})
Dr. Norbert Lammert
Dr. Paul Laufs
Karl-Josef Laumann
Vera Lengsfeld
Werner Lensing
Peter Letzgus
Ursula Lietz
Walter Link ({110})
Eduard Lintner
({111})
Dr. Manfred Lischewski
Wolfgang Lohmann
({112})
Julius Louven
Dr. Michael Luther
Erich Maaß ({113})
Erwin Marschewski
Dr. Michael Meister
Friedrich Merz
Hans Michelbach
Meinolf Michels
Bernward Müller ({114})
Elmar Müller ({115})
Bernd Neumann ({116})
Günter Nooke
Franz Obermeier
Friedhelm Ost
Eduard Oswald
Anton Pfeifer
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Marlies Pretzlaff
Dr. Bernd Protzner
Thomas Rachel
Dr. Peter Ramsauer
Helmut Rauber
Peter Rauen
Christa Reichard ({117})
Erika Reinhardt
Hans-Peter Repnik
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Franz Romer
Hannelore Rönsch
({118})
Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Kurt J. Rossmanith
Adolf Roth ({119})
Norbert Röttgen
Volker Rühe
Dr. Jürgen Rüttgers
Anita Schäfer
Dr. Wolfgang Schäuble
Hartmut Schauerte
Norbert Schindler
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
Bernd Schmidbauer
Christian Schmidt ({120})
Dr.-Ing. Joachim Schmidt
({121})
Andreas Schmidt ({122})
Hans Peter Schmitz
({123})
Michael von Schmude
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Rupert Scholz
Reinhard Freiherr von
Schorlemer
Dr. Erika Schuchardt
Wolfgang Schulhoff
Diethard Schütze ({124})
Clemens Schwalbe
Horst Seehofer
Heinz Seiffert
Werner Siemann
Bärbel Sothmann
Margarete Späte
Carl-Dieter Spranger
Wolfgang Steiger
Dr. Wolfgang Freiherr von
Stetten
Andreas Storm
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Thomas Strobl
Michael Stübgen
Dr. Susanne Tiemann
Edeltraut Töpfer
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Angelika Volquartz
Andrea Voßhoff
Dr. Theodor Waigel
Peter Weiß ({125})
Gerald Weiß ({126})
Heinz Wiese ({127})
Klaus-Peter Willsch
Willy Wimmer ({128})
Werner Wittlich
Dagmar Wöhrl
Elke Wülfing
Peter Kurt Würzbach
Benno Zierer
Wolfgang Zöller
F.D.P.
Hildebrecht Braun
({129})
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Gisela Frick
Horst Friedrich ({130})
Rainer Funke
Dr. Wolfgang Gerhardt
Joachim Günther ({131})
Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Walter Hirche
Dr. Werner Hoyer
Ulrich Irmer
Dr. Klaus Kinkel
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Ina Lenke
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto
({132})
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Dr. Günter Rexrodt
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Gerhard Schüßler
Marita Sehn
Dr. Max Stadler
Dr. Dieter Thomae
Dr. Guido Westerwelle
PDS
Dr. Dietmar Bartsch
Maritta Böttcher
Roland Claus
Heidemarie Ehlert
Dr. Heinrich Fink
Dr. Ruth Fuchs
Fred Gebhardt
Dr. Gregor Gysi
Carsten Hübner
Sabine Jünger
Gerhard Jüttemann
Dr. Heidi Knake-Werner
Ursula Lötzer
Heidemarie Lüth
Angela Marquardt
Manfred Müller ({133})
Kersten Naumann
Rosel Neuhäuser
Petra Pau
Dr. Uwe-Jens Rössel
Gustav-Adolf Schur
Dr. Winfried Wolf
Nein
SPD
Brigitte Adler
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr
Dr. Hans Peter Bartels
Eckhardt Barthel ({134})
Klaus Barthel ({135})
Ingrid Becker-Inglau
Dr. Axel Berg
Hans-Werner Bertl
Friedhelm Julius Beucher
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding ({136})
Kurt Bodewig
Anni Brandt-Elsweier
Willi Brase
Dr. Eberhard Brecht
Rainer Brinkmann ({137})
Bernhard Brinkmann
({138})
Hans-Günter Bruckmann
Ursula Burchardt
Dr. Michael Bürsch
Hans Büttner ({139})
Marion Caspers-Merk
Wolf-Michael Catenhusen
Dr. Peter Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Christel Deichmann
Karl Diller
Rudolf Dreßler
Detlef Dzembritzki
Dieter Dzewas
Dr. Peter Eckardt
Sebastian Edathy
Ludwig Eich
Marga Elser
Peter Enders
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Annette Faße
Lothar Fischer ({140})
Gabriele Fograscher
Iris Follak
Norbert Formanski
Rainer Fornahl
Hans Forster
Dagmar Freitag
Lilo Friedrich ({141})
Harald Friese
Arne Fuhrmann
Konrad Gilges
Iris Gleicke
Günter Gloser
Uwe Göllner
Renate Gradistanac
Günter Graf ({142})
Angelika Graf ({143})
Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Achim Großmann
Wolfgang Grotthaus
Karl-Hermann Haack
({144})
Hans-Joachim Hacker
Klaus Hagemann
Christel Hanewinckel
Alfred Hartenbach
Klaus Hasenfratz
Nina Hauer
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Frank Hempel
Rolf Hempelmann
Gustav Herzog
Monika Heubaum
Uwe Hiksch
Reinhold Hiller ({145})
Stephan Hilsberg
Gerd Höfer
Jelena Hoffmann ({146})
Walter Hoffmann
({147})
Iris Hoffmann ({148})
Frank Hofmann ({149})
Ingrid Holzhüter
Eike Hovermann
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Barbara Imhof
Gabriele Iwersen
Renate Jäger
Jann-Peter Janssen
Ilse Janz
Dr. Uwe Jens
Volker Jung ({150})
Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Sabine Kaspereit
Susanne Kastner
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Marianne Klappert
Siegrun Klemmer
Hans-Ulrich Klose
Fritz Rudolf Körper
Karin Kortmann
Anette Kramme
Volker Kröning
Angelika Krüger-Leißner
Ernst Küchler
Helga Kühn-Mengel
Ute Kumpf
Konrad Kunick
Dr. Uwe Küster
Werner Labsch
Christine Lambrecht
Brigitte Lange
Christian Lange ({151})
Detlev von Larcher
Christine Lehder
Robert Leidinger
Klaus Lennartz
Dr. Elke Leonhard
Eckhart Lewering
Götz-Peter Lohmann
({152})
Christa Lörcher
Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dieter Maaß ({153})
Winfried Mante
Dirk Manzewski
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
Tobias Marhold
Ulrike Mascher
Christoph Matschie
Ingrid Matthäus-Maier
Heide Mattischeck
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Dr. Jürgen Meyer ({154})
Ursula Mogg
Christoph Moosbauer
Siegmar Mosdorf
Michael Müller ({155})
Jutta Müller ({156})
Christian Müller ({157})
Andrea Nahles
Volker Neumann ({158})
Gerhard Neumann ({159})
Dr. Edith Niehuis
Dr. Rolf Niese
Dietmar Nietan
Günter Oesinghaus
Eckhard Ohl
Leyla Onur
Manfred Opel
Holger Ortel
Adolf Ostertag
Kurt Palis
Albrecht Papenroth
Dr. Willfried Penner
Dr. Martin Pfaff
Georg Pfannenstein
Johannes Pflug
Dr. Eckhart Pick
Joachim Poß
Karin Rehbock-Zureich
Margot von Renesse
Renate Rennebach
Bernd Reuter
Dr. Edelbert Richter
Reinhold Robbe
Gudrun Roos
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth ({160})
Birgit Roth ({161})
Marlene Rupprecht
Thomas Sauer
Dr. Hansjörg Schäfer
Gudrun Schaich-Walch
Bernd Scheelen
Dr. Hermann Scheer
Siegfried Scheffler
Horst Schild
Dieter Schloten
Horst Schmidbauer
({162})
Ulla Schmidt ({163})
Silvia Schmidt ({164})
Dagmar Schmidt ({165})
Wilhelm Schmidt ({166})
Regina Schmidt-Zadel
Heinz Schmitt ({167})
Carsten Schneider
Dr. Emil Schnell
Walter Schöler
Olaf Scholz
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Ottmar Schreiner
Gisela Schröter
Dr. Mathias Schubert
Richard Schuhmann
({168})
Brigitte Schulte ({169})
Volkmar Schultz ({170})
Dr. R. Werner Schuster
Dietmar Schütz ({171})
Dr. Angelica Schwall-Düren
Rolf Schwanitz
Bodo Seidenthal
Erika Simm
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie SonntagWolgast
Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Antje-Marie Steen
Ludwig Stiegler
Rolf Stöckel
Rita Streb-Hesse
Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Joachim Tappe
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Franz Thönnes
Uta Titze-Stecher
Adelheid Tröscher
Rüdiger Veit
Simone Violka
Ute Vogt ({172})
Hedi Wegener
Wolfgang Weiermann
Reinhard Weis ({173})
Matthias Weisheit
Gert Weisskirchen
({174})
Dr. Ernst Ulrich von
Weizsäcker
Jochen Welt
Dr. Rainer Wend
Hildegard Wester
Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Margrit Wetzel
Helmut Wieczorek
({175})
Jürgen Wieczorek ({176})
Dr. Norbert Wieczorek
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Heino Wiese ({177})
Klaus Wiesehügel
Brigitte Wimmer
({178})
Engelbert Wistuba
Barbara Wittig
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Hanna Wolf ({179})
Waltraud Wolff ({180})
Heidemarie Wright
Uta Zapf
Peter Zumkley
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Marieluise Beck ({181})
Volker Beck ({182})
Angelika Beer
Annelie Buntenbach
Ekin Deligöz
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Andrea Fischer ({183})
Katrin Göring-Eckardt
Rita Grießhaber
Winfried Hermann
Kristin Heyne
Ulrike Höfken
Michaele Hustedt
Monika Knoche
Dr. Angelika Köster-Loßack
Steffi Lemke
Oswald Metzger
Klaus Wolfgang Müller
({184})
Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Simone Probst
Claudia Roth ({185})
Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Rezzo Schlauch
Albert Schmidt ({186})
Werner Schulz ({187})
Christian Simmert
Christian Sterzing
Hans-Christian Ströbele
Dr. Antje Vollmer
Dr. Ludger Volmer
Sylvia Voß
Helmut Wilhelm
({188})
({189})
Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Versammlungen
des Europarates und der WEU, der NAV, der OSZE oder der IPU
Abgeordnete({190})
Behrendt, Wolfgang, SPD Siebert, Bernd, CDU/CSU
Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den
Änderungsantrag der Abgeordneten Rolf Kutzmutz,
Christa Luft und anderer, Einzelplan 09, Drucksache
14/966. Abgegebene Stimmen 615. Mit Ja haben gestimmt 30. Mit Nein haben gestimmt 585. Auch dieser
Änderungsantrag ist damit abgelehnt worden.
Endgültiges Erggebnis
Abgegebene Stimmen: 614;
davon:
ja: 30
nein: 584
Ja
PDS
Dr. Dietmar Bartsch
Maritta Böttcher
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Heidemarie Ehlert
Dr. Heinrich Fink
Dr. Ruth Fuchs
Fred Gebhardt
Dr. Gregor Gysi
Carsten Hübner
Sabine Jünger
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
Gerhard Jüttemann
Dr. Heidi Knake-Werner
Ursula Lötzer
Heidemarie Lüth
Angela Marquardt
Manfred Müller ({191})
Kersten Naumann
Rosel Neuhäuser
Petra Pau
Dr. Uwe-Jens Rössel
Gustav-Adolf Schur
Dr. Winfried Wolf
Nein
SPD
Brigitte Adler
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel ({192})
Klaus Barthel ({193})
Ingrid Becker-Inglau
Dr. Axel Berg
Hans-Werner Bertl
Friedhelm Julius Beucher
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding ({194})
Kurt Bodewig
Anni Brandt-Elsweier
Willi Brase
Dr. Eberhard Brecht
Rainer Brinkmann ({195})
Bernhard Brinkmann
({196})
Hans-Günter Bruckmann
Ursula Burchardt
Dr. Michael Bürsch
Hans Büttner ({197})
Marion Caspers-Merk
Wolf-Michael Catenhusen
Dr. Peter Wilhelm Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Christel Deichmann
Karl Diller
Rudolf Dreßler
Detlef Dzembritzki
Dieter Dzewas
Dr. Peter Eckardt
Sebastian Edathy
Ludwig Eich
Marga Elser
Peter Enders
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Annette Faße
Lothar Fischer ({198})
Gabriele Fograscher
Iris Follak
Norbert Formanski
Rainer Fornahl
Hans Forster
Dagmar Freitag
Lilo Friedrich ({199})
Harald Friese
Arne Fuhrmann
Konrad Gilges
Iris Gleicke
Günter Gloser
Uwe Göllner
Renate Gradistanac
Günter Graf ({200})
Angelika Graf ({201})
Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Achim Großmann
Wolfgang Grotthaus
Karl Hermann Haack
({202})
Hans-Joachim Hacker
Klaus Hagemann
Christel Hanewinckel
Alfred Hartenbach
Klaus Hasenfratz
Nina Hauer
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Frank Hempel
Rolf Hempelmann
Gustav Herzog
Monika Heubaum
Uwe Hiksch
Reinhold Hiller ({203})
Stephan Hilsberg
Gerd Höfer
Jelena Hoffmann ({204})
Walter Hoffmann
({205})
Iris Hoffmann ({206})
Frank Hofmann ({207})
Ingrid Holzhüter
Eike Hovermann
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Barbara Imhof
Gabriele Iwersen
Renate Jäger
Jann-Peter Janssen
Ilse Janz
Dr. Uwe Jens
Volker Jung ({208})
Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Sabine Kaspereit
Susanne Kastner
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Marianne Klappert
Siegrun Klemmer
Hans-Ulrich Klose
Fritz Rudolf Körper
Karin Kortmann
Anette Kramme
Nicolette Kressl
Volker Kröning
Angelika Krüger-Leißner
Ernst Küchler
Helga Kühn-Mengel
Ute Kumpf
Konrad Kunick
Dr. Uwe Küster
Werner Labsch
Christine Lambrecht
Brigitte Lange
Christian Lange ({209})
Detlev von Larcher
Christine Lehder
Robert Leidinger
Klaus Lennartz
Dr. Elke Leonhard
Eckhart Lewering
Götz-Peter Lohmann
({210})
Christa Lörcher
Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dieter Maaß ({211})
Winfried Mante
Dirk Manzewski
Tobias Marhold
Ulrike Mascher
Christoph Matschie
Ingrid Matthäus-Maier
Heide Mattischeck
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Dr. Jürgen Meyer ({212})
Ursula Mogg
Christoph Moosbauer
Siegmar Mosdorf
Michael Müller ({213})
Jutta Müller ({214})
Christian Müller ({215})
Andrea Nahles
Volker Neumann ({216})
Gerhard Neumann ({217})
Dr. Edith Niehuis
Dr. Rolf Niese
Dietmar Nietan
Günter Oesinghaus
Eckhard Ohl
Leyla Onur
Manfred Opel
Holger Ortel
Adolf Ostertag
Kurt Palis
Albrecht Papenroth
Dr. Willfried Penner
Dr. Martin Pfaff
Georg Pfannenstein
Johannes Pflug
Dr. Eckhart Pick
Joachim Poß
Karin Rehbock-Zureich
Margot von Renesse
Renate Rennebach
Bernd Reuter
Dr. Edelbert Richter
Reinhold Robbe
Gudrun Roos
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth ({218})
Birgit Roth ({219})
Marlene Rupprecht
Thomas Sauer
Dr. Hansjörg Schäfer
Gudrun Schaich-Walch
Bernd Scheelen
Dr. Hermann Scheer
Siegfried Scheffler
Horst Schild
Dieter Schloten
Horst Schmidbauer
({220})
Ulla Schmidt ({221})
Silvia Schmidt ({222})
Dagmar Schmidt ({223})
Wilhelm Schmidt ({224})
Regina Schmidt-Zadel
Heinz Schmitt ({225})
Carsten Schneider
Dr. Emil Schnell
Walter Schöler
Olaf Scholz
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Ottmar Schreiner
Gisela Schröter
Dr. Mathias Schubert
Richard Schuhmann
({226})
Brigitte Schulte ({227})
Reinhard Schultz
({228})
Volkmar Schultz ({229})
Dr. R. Werner Schuster
Dietmar Schütz ({230})
Dr. Angelica Schwall-Düren
Rolf Schwanitz
Bodo Seidenthal
Erika Simm
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie SonntagWolgast
Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Antje-Marie Steen
Ludwig Stiegler
Rolf Stöckel
Rita Streb-Hesse
Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Joachim Tappe
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Franz Thönnes
Uta Titze-Stecher
Adelheid Tröscher
Rüdiger Veit
Simone Violka
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
Ute Vogt ({231})
Hedi Wegener
Wolfgang Weiermann
Reinhard Weis ({232})
Matthias Weisheit
Gert Weisskirchen
({233})
Dr. Ernst Ulrich von
Weizsäcker
Hans-Joachim Welt
Dr. Rainer Wend
Hildegard Wester
Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Margrit Wetzel
Dr. Norbert Wieczorek
Helmut Wieczorek
({234})
Jürgen Wieczorek ({235})
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Heino Wiese ({236})
Klaus Wiesehügel
Brigitte Wimmer ({237})
Engelbert Wistuba
Barbara Wittig
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Hanna Wolf ({238})
Waltraud Wolff ({239})
Heidemarie Wright
Uta Zapf
Peter Zumkley
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Dietrich Austermann
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Brigitte Baumeister
Meinrad Belle
Dr. Sabine Bergmann-Pohl
Otto Bernhardt
Hans-Dirk Bierling
Dr. Joseph-Theodor Blank
Dr. Heribert Blens
Peter Bleser
Dr. Norbert Blüm
Dr. Maria Böhmer
Sylvia Bonitz
Wolfgang Börnsen
({240})
Dr. Wolfgang Bötsch
Klaus Brähmig
Dr. Ralf Brauksiepe
Monika Brudlewsky
Georg Brunnhuber
Klaus Bühler ({241})
Hartmut Büttner
({242})
Cajus Caesar
Manfred Carstens ({243})
Peter H. Carstensen
({244})
Leo Dautzenberg
Hubert Deittert
Albert Deß
Renate Diemers
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Maria Eichhorn
Rainer Eppelmann
Anke Eymer
Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Ulf Fink
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer ({245})
Axel E. Fischer
({246})
Herbert Frankenhauser
Dr. Gerhard Friedrich
({247})
Dr. Hans-Peter Friedrich
({248})
Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Georg Girisch
Michael Glos
Dr. Reinhard Göhner
Dr. Wolfgang Götzer
Hermann Gröhe
Manfred Grund
Carl-Detlev Freiherr von
Hammerstein
Gottfried Haschke
({249})
Gerda Hasselfeldt
Norbert Hauser ({250})
Hansgeorg Hauser
({251})
Klaus-Jürgen Hedrich
Ursula Heinen
Manfred Heise
Siegfried Helias
Hans Jochen Henke
Peter Hintze
Klaus Hofbauer
Martin Hohmann
Klaus Holetschek
Josef Hollerith
Dr. Karl-Heinz Hornhues
Joachim Hörster
Hubert Hüppe
Peter Jacoby
Susanne Jaffke
Georg Janovsky
Dr.-Ing. Rainer Jork
Dr. Harald Kahl
Steffen Kampeter
Dr. Dietmar Kansy
Irmgard Karwatzki
Volker Kauder
Eckart von Klaeden
Ulrich Klinkert
Dr. Helmut Kohl
Manfred Kolbe
Norbert Königshofen
Eva-Maria Kors
Thomas Kossendey
Rudolf Kraus
Dr. Martina Krogmann
Dr. Paul Krüger
Karl Lamers
Dr. Karl A. Lamers
({252})
Dr. Norbert Lammert
Dr. Paul Laufs
Karl-Josef Laumann
Vera Lengsfeld
Werner Lensing
Peter Letzgus
Ursula Lietz
Walter Link ({253})
Eduard Lintner
Dr. Klaus Lippold ({254})
Dr. Manfred Lischewski
Wolfgang Lohmann
({255})
Julius Louven
Dr. Michael Luther
Erich Maaß ({256})
Erwin Marschewski
Dr. Martin Mayer
({257})
Dr. Michael Meister
Friedrich Merz
Hans Michelbach
Meinolf Michels
Bernward Müller ({258})
Elmar Müller ({259})
Bernd Neumann ({260})
Günter Nooke
Franz Obermeier
Friedhelm Ost
Eduard Oswald
Anton Pfeifer
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Marlies Pretzlaff
Dr. Bernd Protzner
Thomas Rachel
Dr. Peter Ramsauer
Helmut Rauber
Peter Rauen
Christa Reichard ({261})
Erika Reinhardt
Hans-Peter Repnik
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Franz Romer
Hannelore Rönsch
({262})
Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Kurt Rossmanith
Adolf Roth ({263})
Norbert Röttgen
Volker Rühe
Dr. Jürgen Rüttgers
Anita Schäfer
Dr. Wolfgang Schäuble
Hartmut Schauerte
Gerhard Scheu
Norbert Schindler
Bernd Schmidbauer
Christian Schmidt ({264})
Dr.-Ing. Joachim Schmidt
({265})
Andreas Schmidt ({266})
Hans Peter Schmitz
({267})
Michael von Schmude
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Rupert Scholz
Reinhard Freiherr von
Schorlemer
Dr. Erika Schuchardt
Wolfgang Schulhoff
Diethard W. Schütze ({268})
Clemens Schwalbe
Horst Seehofer
Heinz Seiffert
Werner Siemann
Bärbel Sothmann
Margarete Späte
Carl-Dieter Spranger
Wolfgang Steiger
Dr. Wolfgang Freiherr von
Stetten
Andreas Storm
Dorothea Störr-Ritter
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Thomas Strobl
Michael Stübgen
Dr. Susanne Tiemann
Edeltraut Töpfer
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Angelika Volquartz
Andrea Voßhoff
Dr. Theodor Waigel
Peter Weiß ({269})
Gerald Weiß ({270})
Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese ({271})
Klaus-Peter Willsch
Willy Wimmer ({272})
Werner Wittlich
Dagmar Wöhrl
Elke Wülfing
Peter Kurt Würzbach
Benno Zierer
Wolfgang Zöller
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Marieluise Beck ({273})
Volker Beck ({274})
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
Angelika Beer
Annelie Buntenbach
Ekin Deligöz
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Andrea Fischer ({275})
Katrin Göring-Eckardt
Rita Grießhaber
Winfried Hermann
Kristin Heyne
Ulrike Höfken
Michaele Hustedt
Monika Knoche
Dr. Angelika Köster-Loßack
Steffi Lemke
Oswald Metzger
Klaus Wolfgang Müller
({276})
Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Simone Probst
Claudia Roth ({277})
Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Rezzo Schlauch
Albert Schmidt ({278})
Werner Schulz ({279})
Christian Simmert
Christian Sterzing
Hans-Christian Ströbele
Dr. Antje Vollmer
Ludger Volmer
Sylvia Voß
Helmut Wilhelm ({280})
Margareta Wolf ({281})
F.D.P.
Hildebrecht Braun ({282})
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Gisela Frick
Horst Friedrich ({283})
Rainer Funke
Dr. Wolfgang Gerhardt
Joachim Günther ({284})
Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Walter Hirche
Dr. Werner Hoyer
Ulrich Irmer
Dr. Klaus Kinkel
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Ina Lenke
Sabine LeutheusserSchnarrenberger
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto
({285})
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Dr. Günter Rexrodt
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Gerhard Schüßler
Marita Sehn
Dr. Max Stadler
Dr. Dieter Thomae
Dr. Guido Westerwelle
Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Versammlungen
des Europarates und der WEU, der NAV, der OSZE oder der IPU
Abgeordnete({286})
Behrendt, Wolfgang, SPD Siebert, Bernd, CDU/CSU
Ich bitte nun diejenigen, die dem Einzelplan 09 in der
Ausschußfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Gibt es Enthaltungen? Der Einzelplan 09 ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der gesamten Opposition
angenommen worden.
Ich rufe auf:
19. Einzelplan 11
Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung
- Drucksachen 14/611, 14/622 Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Konstanze Wegener
Hans-Joachim Fuchtel
Dr. Christa Luft
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur
Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze ({287})
- Drucksache 14/873 Überweisungsvorschlag:
Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung ({288})
Ausschuß für Wirtschaft und Technologie
Ausschuß für Angelegenheiten der neuen Länder
Ausschuß für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
Zum Einzelplan 11 liegen drei Änderungsanträge der
Fraktion der CDU/CSU und je ein Änderungsantrag der
Fraktion der F.D.P. und der Fraktion der PDS vor. Die
Fraktion der CDU/CSU hat zwei Entschließungsanträge,
die Fraktion der F.D.P. hat einen Entschließungsantrag
eingebracht, über die heute abend nach der Schlußabstimmung abgestimmt wird.
Ich weise darauf hin, daß wir im Anschluß an die
Aussprache über einen Änderungsantrag namentlich abstimmen werden.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache zwei Stunden vorgesehen. - Kein Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst
der Abgeordnete Hans-Joachim Fuchtel.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Im
größten Einzelhaushalt gibt es einen politischen Gestaltungsspielraum von zirka 8 bis 9 Milliarden DM. Die
Regierung bedient damit den zweiten Arbeitsmarkt.
Aus unserer Sicht geschieht dies vor allem in den alten Bundesländern völlig überdimensional. Die Mitnahmeeffekte werden sichtbar stärker.
({0})
Wenn nicht aufgepaßt wird - das möchte ich ernsthaft
sagen -, werden hier bald neue Subventionsmentalitäten
entstehen.
Was macht die Regierung? - Sie antwortet mit alten
Rezepten. Das heißt: Chancen werden verplempert Chancen zur verstärkten Haushaltskonsolidierung, Chancen, um einen kräftigen Investitionsschub auszulösen,
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
auch Chancen, die Beiträge an die Sozialversicherungen
weiter zu senken.
({1})
Angesichts der noch engeren Finanzlage im kommenden
Jahr wird es diese Chancen nicht noch einmal geben,
Herr Minister. Sie aber lassen diese Chancen in diesem
Jahr ungenutzt verstreichen.
({2})
Man hätte jetzt den Mut zu innovativem Handeln haben müssen. Die CDU/CSU tritt für weitere Senkungen
der Sozialversicherungsbeiträge ein, weil dadurch die
Arbeitskosten entlastet werden. Das wäre in dieser
Stunde unsere Lösung als Regierung.
({3})
Anders wird es nirgendwo auf der Welt gemacht. Dadurch nämlich entstehen auch neue Jobs. In Deutschland
aber gibt es heute 339 000 Arbeitsplätze weniger als im
Zeitpunkt Ihrer Regierungsübernahme, Herr Minister
Riester. Dieses traurige Ergebnis müssen wir heute feststellen.
Herr Minister Riester, Sie sitzen mit Ihrem politischem Ansatz ganz offensichtlich auf dem falschen
Pferd. Mal sehen, wer Sie da herunterholt - vielleicht
Herr Hombach.
({4})
Die mühsam erarbeiteten Reformschritte der Regierung Kohl wurden zurückgenommen - das war aus unserer Sicht schon grottenfalsch -;
({5})
das war vor knapp vier Monaten. Und seit einigen Tagen
spricht Herr Finanzminister Eichel von einem eisernen
Sparkurs. Das kann doch nur heißen, daß man das Geld,
das man zunächst ausgegeben hat, jetzt wieder einsammelt. Das ist keine glaubwürdige Politik, meine Damen
und Herren.
({6})
Allein der Demographiefaktor schlägt bei der
Finanzierung der Rente jährlich mit 0,1 Beitragspunkten
zu Buche, das ist nicht weniger als 1,8 Milliarden DM Jahr für Jahr, und das mit dynamischer Entwicklung.
Herr Minister Riester, woher wollen Sie eigentlich das
zusätzliche Geld dafür nehmen, wenn Herr Eichel doch
einkassieren möchte? Hier klafft eine immer größere
Lücke. Sie bleiben die Antworten schuldig.
Die Lohnfortzahlung beginnt sich bei den Unternehmen wieder in Milliardenhöhe niederzuschlagen. Es
finden also Belastungen statt. Dabei reden alle Sachverständigen davon, daß die Unternehmen weiter entlastet
werden müssen. Auch das ist also ein völlig falscher
Ansatz.
({7})
Völlig unnötigerweise werden die Meldekontrollen
bei den Arbeitsämtern abgeschafft,
({8})
und die Zumutbarkeitsregelung wird gelockert. Damit
wurde in der Vergangenheit erfolgreich der Leistungsmißbrauch bekämpft.
({9})
Sie setzen auch hier wieder in Form von Laissez-faire
falsche Signale, Herr Minister Riester.
({10})
Wenn der Maßstab für Gerechtigkeit immer weiterhin
zur Verteilungsgerechtigkeit verlagert wird, bleibt die
gerechte Bewertung der individuellen Leistung auf der
Strecke. Das darf nicht sein. Mit der Union war
Deutschland auf dem Weg zu einer weichen Landung im
umgebauten Sozialstaat. Wir sagen Ihnen: Sie werden
erst den Karren gegen die Wand fahren und dann erkennen, daß es keinen anderen Weg gibt als den, den wir
mit unseren Reformschritten eingeleitet haben.
({11})
Das derzeit Schlimmste im Sozialbereich ist allerdings der unglaubliche Niedergang der Kultur der parlamentarischen Gesetzgebung. Wer nach halbjähriger
Tätigkeit von seriösen und wohlwollenden Zeitungen
- aus menschlicher Sympathie, Herr Minister, möchte
ich nur eine harmlose Bemerkung zitieren - zum Beispiel als „Mogelminister“ bezeichnet wird, dem kann die
Union nur noch ihr Beileid aussprechen.
({12})
Riester steht für Gesetzesmobbing mit 100prozentiger
Verunsicherungsgarantie. Das müssen wir hier feststellen.
({13})
Man fühlt sich geradezu in ein Studentenparlament
versetzt; aber da ginge es nur um den Streik auf dem
Parkplatz oder in der Aula. Hier geht es um Millionen
von direkt betroffenen Menschen, die Sie mit Ihrer Gesetzgebung verunsichern, denen Sie schlaflose Nächte
bereiten, die ihre private Finanzierungslücke bisher mit
630-Mark-Jobs geschlossen haben und denen Sie jetzt
schlichtweg das Geld wegnehmen.
({14})
Es geht um die Selbständigen, die sich aus kleinsten
Anfängen heraus entwickeln möchten. Denen hauen Sie
- ich muß es so hart sagen, wie es uns von der Bevölkerung gesagt wird - voll auf die Schnauze.
({15})
Namens der CDU/CSU-Fraktion fordere ich als Berichterstatter für diesen Einzelplan daher die Bundesregierung noch einmal auf, die Regelung zur Scheinselbständigkeit und die Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse unverzüglich zurückzunehmen
und den Vollzug sofort auszusetzen.
({16})
Herr Kollege
Fuchtel, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen
Urbaniak?
Natürlich.
Bitte.
Herr Kollege
Fuchtel, Sie werden zugeben müssen, daß die Regelungen zu den 630-DM-Jobs und zur Scheinselbständigkeit unter der Regierung Kohl systematisch aufgebläht
worden sind.
({0})
Können Sie es als ehemaliger Sozialpolitiker eigentlich
verantworten, daß damit Millionen und aber Millionen
Beiträge der Sozialversicherung verlorengehen, die wir
für eine Stabilität der Beiträge dringend benötigen, und
daß, wenn die Leute unter diesen Bedingungen arbeiten,
sie nur noch die Perspektive der Sozialhilfe haben? Ist
das Ihr gesellschaftspolitisches Bild?
({1})
Herr Kollege
Urbaniak, als Sie noch in der Opposition waren, haben
Sie den Menschen vor der Wahl suggeriert, alle Probleme könne man einfach lösen; das sei sozusagen eine
kleine Maus unter den Gesetzgebungen. Jetzt, da Sie in
der Regierung sind, ist es auf einmal ein großer Elefant,
mit dem Sie nicht fertig werden. Wir haben den Leuten
in dieser Deutlichkeit schon vorher gesagt, daß hier ein
sehr schwieriges Problem in der Gesellschaft zu lösen
ist. Das ist der Unterschied zwischen Ihnen und uns.
({0})
Lieber Kollege, wenn diese Frage anzugehen ist, muß
man das mit Sicherheit differenzierter machen. Ich garantiere Ihnen: Eine Unionsfraktion hätte in eine solche
Regelung niemals die Vereine einbezogen.
({1})
Es ist doch ein Skandal erster Güte, daß Sie zu dieser
Differenzierung nicht fähig waren.
({2})
Was Ihnen völlig fehlt, ist ein Gesamtkonzept. Das wäre
bei der Dimension der Problematik wohl notwendig gewesen. Wir hätten ein Gesamtkonzept gehabt; Ihnen
fehlt es.
({3})
Herr Kollege
Fuchtel, gestatten Sie eine zweite Zwischenfrage des
Kollegen Urbaniak?
Natürlich. Den
ganzen Morgen kann er mich fragen.
Herr Kollege
Fuchtel, wenn Sie so vereinstreu sind - Sie gehören
sicherlich vielen Vereinen an, wie viele von uns ({0})
- Herr Kalb, Sie gehören natürlich einem Trachtenverein an; das ist mir klar -:
({1})
Warum haben Sie denn in der Vergangenheit keine Regelung für die Vereine geschaffen, die wir jetzt nachträglich schaffen müssen? Sie haben doch auf der ganzen Linie versagt. Das können doch wohl alle hier bestätigen.
({2})
Herr Kollege
Urbaniak, Ihnen ist anscheinend entgangen, daß es in
diesem Zusammenhang die 2 400-DM-Regelung gibt.
Ihnen ist entgangen, daß es in unserem Programm für
diese Legislaturperiode bereits einen Passus gab, in dem
steht, daß auf diesem Gebiet für die Vereine eine Verbesserung erfolgen muß. Insoweit gibt es hier überhaupt
keinen Nachholbedarf.
Das, was Sie vorhaben, sieht, wenn man es durchrechnet, so aus: Sie wollen zu einer Regelung in Höhe
von maximal 4 800 DM gelangen. Wenn Sie aber dagegenrechnen, was 12 mal 630 DM ausmachen, dann ist
festzustellen, daß Sie den Vereinen auf jeden Fall etwas
genommen haben. Das ist Fakt, und das geht so nicht.
({0})
Ich komme zurück auf mein eigentliches Thema. Ich
habe gesagt, daß wir verlangen, diese Regelungen auszusetzen und abzuschaffen. Ich habe bewußt nicht von
„aussitzen“, sondern von „aussetzen“ gesprochen.
({1})
Ob Sportvereine oder Existenzgründer, ob Studenten
oder Hinzuverdiener - diese Regelungen sind eine ungerechte Strafe für Millionen von arbeitswilligen Bürgern
und für die gesamte Gesellschaft.
({2})
Sie treffen die Menschen völlig unvorbereitet und ohne
ausreichende Übergangsphase. Das ist besonders gemein.
Im württembergischen Konditorengewerbe haben
schon 50 Prozent aller betroffenen Arbeitskräfte gekündigt. Was kommt an deren Stelle? Reguläre Arbeitsverhältnisse werden nur in minimalen Zahlen geschaffen.
Herr Minister, wenn Sie schon so viele Gesetzesleichen
produzieren, dann denken Sie wenigstens an die Sargträger und lassen Sie ihnen die 630-Mark-Jobs.
({3})
Niemand spricht bisher über die verheerenden volkswirtschaftlichen Wirkungen im Sekundärbereich.
({4})
- Da müssen Sie natürlich laut werden; das verstehe ich.
Man kann das nicht aussitzen, wie der Minister das
möchte. Geben Sie ihm den richtigen Stoß, damit er
weiß, daß er hier etwas ändern muß, und schlagen Sie
hier nicht nur Krawall.
Viele Produktions- und Dienstleistungen in Deutschland werden entweder teurer, oder die dort Beschäftigten
werden in der Schwarzarbeit verschwinden. Das werden
die Ergebnisse sein, und das darf nicht sein. So kann
man in einer globalen Welt keine Arbeitsmarktpolitik
betreiben.
Es rächt sich jetzt bitter, daß Sie während Ihrer Zeit
in der Opposition zusammen mit der Mehrheit in den
Gewerkschaften eine rechtzeitige Neuordnung des gesamten Arbeitsmarktgeschehens verweigert haben. Sie
haben völlig falsch eingeschätzt, daß es angesichts der
Dimension der vorliegenden Problematik nicht mehr mit
bruchstückhaften Lösungen getan ist. Sie hätten eine
Gesamtkonzeption vorlegen müssen und nicht erst dieses Machwerk und anschließend Ankündigungen.
Die CDU/CSU fordert eine Gesamtkonzeption, die
den Bedürfnissen der Beschäftigungsverhältnisse von
Kleinverdienern mit einem Verdienst bis zirka 1 500
DM Rechnung trägt. Sie kommen statt dessen mit Einzelangeboten an Gruppen daher und hoffen, daß man
dankbar ist, wenn es am Ende nicht ganz so schlimm
wird. Diese Rechnung wird in dieser fundamentalen
Frage nicht aufgehen.
Alle haben Sie gewarnt. Die DeHoGa hat am 23. Februar dieses Jahres einen letzten dramatischen Appell an
die Regierung gerichtet. Wenn sich die Bürger nicht
mehr auf die Gesetzgebung verlassen können, dann erleidet der Staat einen echten Vertrauensverlust. Deswegen sagen wir: So nicht, Herr Riester!
({5})
Deutschland darf nicht von Apo-Manieren eingeholt
werden.
({6})
Meine Damen und Herren, die großen Aufgaben - so
wird auch im gestrigen „Handelsblatt“ geschrieben kommen erst noch. Deswegen kritisieren wir die Art der
Gesetzgebung so nachhaltig. Es ist doch schlimm, wenn
heute schon davon gesprochen wird - ich zitiere das
SPD-nahe Institut „Forsa“ -, daß die Deutschen das
Vertrauen in die Rente verlieren.
({7})
Wenn Sie die diesbezügliche Gesetzgebung genauso liederlich machen wie in den letzten Fällen, ist das etwas
ganz Schlimmes und richtet sich das gegen die ältere
Generation. Das darf im Gesamtinteresse nicht geschehen.
({8})
Wir werden ebenfalls nicht zulassen, daß Sie die Arbeitslosenstatistik schönreden. Der Abbau der Arbeitslosigkeit um 200 000 ist nicht Ihre Leistung; vielmehr
ergibt er sich aus der Demographie. Die jüngsten Gutachten des Sachverständigenrates heben diesen Effekt
bereits hervor. Wir werden auch nicht akzeptieren, daß
Sie anfangen, die Arbeitsmarktstatistik zu manipulieren.
Einen ersten Vorgeschmack haben wir schon dadurch
bekommen, daß man darüber redet, wie man die geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse künftig hier hereinmogeln kann.
Dazu sage ich: Nein, schaffen Sie mehr Beschäftigung in der Wirklichkeit und nicht auf dem Papier. Das
haben Sie den Leuten versprochen, und das fordern wir
ein.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
({9})
Das Wort hat
jetzt die Abgeordnete Dr. Konstanze Wegner.
Sehr geehrte Frau
Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr
Kollege Fuchtel, auch bei Ihren Ausführungen fiel mir
folgendes wieder auf: Es ist Ihr gutes Recht, uns zu kritisieren; das müssen Sie sogar. Aber was mich immer
wieder wundert, ist jegliches Fehlen von Selbstkritik angesichts des Scherbenhaufens, den Sie nach 16 Jahren
hinterlassen haben.
({0})
Sie treten hier immer so auf, als hätten Sie einen harmonisch geregelten Arbeitsmarkt, Vollbeschäftigung und
gefüllte Staatskassen hinterlassen. Wir haben diesen
Scherbenhaufen übernommen, und wir stehen deshalb
nach wie vor vor einer schwierigen Situation.
({1})
Für diese Bundesregierung steht die Bekämpfung
der Arbeitslosigkeit nach wie vor im Mittelpunkt auch
der Sozialpolitik.
({2})
Mit 4,28 Millionen registrierten Arbeitslosen Ende März
- wir werden morgen die neuen Zahlen bekommen - befindet sich die Arbeitslosigkeit immer noch auf einem
bedrückend hohen Stand. Niemand wird das leugnen.
Allerdings - dies ist ein Hoffnungsschimmer - liegt sie
damit um 0,335 Millionen unter dem Stand des Vorjahres.
Die Regierung Schröder hat sofort nach ihrer
Amtsübernahme eine Reihe von Maßnahmen eingeleitet,
um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Sie hat ein Programm zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit aufgelegt, das hervorragend angenommen wird.
({3})
Mein Kollege Ewald Schurer wird nachher dazu ausführlich Stellung nehmen. Sie hat die aktive Arbeitsmarktpolitik des Staates, die ja von der Regierung Kohl aus haushaltspolitischen und wahltaktischen Gründen meist nach
dem Prinzip des Stop-and-go durchgeführt worden ist, auf
hohem Niveau verstetigt, und sie hat damit Planungssicherheit für die Träger geschaffen und viele Arbeitsplätze
vor allem im Osten Deutschlands gesichert.
({4})
Diese Regierung hat das unter der Regierung Kohl
gescheiterte „Bündnis für Arbeit“ wiederbelebt. Sie hat
in der ersten Stufe der Steuerreform vor allem die Familien mit Kindern und auch den Mittelstand entlastet. Sie
hat damit auch zur Belebung der Nachfrage beigetragen.
({5})
Die Regierung hat im Rahmen der ersten Stufe der Ökosteuer die Rentenbeiträge um 0,8 Prozent gesenkt und
damit den Einstieg in die überfällige Senkung der Lohnnebenkosten begonnen. Sie hat das Entsendegesetz entfristet, um Lohn- und Sozialdumping auf dem Bau dauernd einzuschränken,
({6})
und Sie versucht zur Zeit, durch Neuregelung der geringfügigen Beschäftigung und der Scheinselbständigkeit wieder mehr Ordnung und Gerechtigkeit auf dem
Arbeitsmarkt zu schaffen.
({7})
Dies ist überfällig, und es ist richtig und mutig, daß der
Minister Riester diesen Schritt getan hat.
({8})
Welchen Niederschlag finden die Bemühungen der
Bundesregierung zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit
im Bundeshaushalt? Mit 11 Milliarden DM liegt der Zuschuß zur Bundesanstalt für Arbeit auf einem hohen
Niveau. Einen Zuschuß in dieser Höhe hatten bereits die
Mehrheit des Verwaltungsrats und der Präsident der
Bundesanstalt gefordert, um die Arbeitslosigkeit wirksam zu bekämpfen. Die Anträge der Opposition- sie hat
sie während der Haushaltsberatungen im Ausschuß gestellt und stellt sie auch hier -, den Bundeszuschuß drastisch, also weit über die Hälfte zu kürzen, sind angesichts dieser Einschätzungen der Fachleute, die ich eben
zitiert habe, arbeitsmarktpolitisch schlichtweg Unsinn.
({9})
Angesichts der hohen Vorbindungen aus dem Wahljahr 1998, in dem die Regierung aus durchsichtigen
Gründen die Arbeitsmarktpolitik auf einmal rasant
hochgefahren hatte, müßten die Arbeitsämter, wenn wir
jetzt Ihre Kürzungsanträge annehmen würden, sofort
einen Stopp für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, berufliche Weiterbildung und Einarbeitungszuschüsse verhängen. Das kann niemand wünschen, der seine fünf
Sinne beisammenhat.
({10})
Auch haushaltspolitisch wären solche Kürzungen Unsinn. Wenn wir so verfahren würden, dann würden wir
zu den verfehlten Rezepten der alten Regierung Kohl
zurückkehren, die den Zuschuß für die Bundesanstalt zu
Beginn der Beratungen immer bewußt zu niedrig angesetzt hat. Der Erfolg war, daß am Ende des Jahres eine
riesige überplanmäßige und angeblich völlig unvorhersehbare Ausgabe nachgeschoben werden mußte. Das
wollen wir gerade nicht tun.
({11})
Bei allen Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik ist der Mittelabfluß im Sozialhaushalt sehr gut. Daran
zeigt sich, wie hoch der Bedarf auf diesem Feld ist. Das
gilt für das Langzeitarbeitslosenprogramm mit einem
Volumen von 750 Millionen DM pro Jahr, für das Programm zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit mit
einem Volumen von 2 Milliarden DM und besonders für
die sogenannten Strukturanpassungsmaßnahmen, für die
auch 2 Milliarden DM im Haushalt stehen. Falls die
Mittel für diese Strukturanpassungsmaßnahmen im
Osten im Verlauf des Jahres nicht ausreichen sollten,
werden wir sie durch die Inanspruchnahme des entsprechenden Haushaltsvermerkes - durch Einsparungen
beim Zuschuß an die Bundesanstalt für Arbeit - aufstocken.
Ich wiederhole hier, liebe Kolleginnen und Kollegen,
was ich schon in der Generaldebatte gesagt habe: Natürlich sind Arbeitsplätze im ersten Arbeitsmarkt die, die
wir wünschen. Arbeitsplätze im zweiten Arbeitsmarkt
sind ein Notbehelf. Sie sind aber in Zeiten hoher Massenarbeitslosigkeit unverzichtbar.
({12})
Deshalb bemühen wir uns um Verstetigung der aktiven
Arbeitsmarktpolitik; denn sie muß berechenbar sein für
diejenigen, die eingestellt werden, und für die Träger.
Die Haushälterinnen und Haushälter der Koalition
hatten sich für die Beratungen das Ziel gesetzt, in jedem
Einzelplan über den Regierungsentwurf hinaus 0,5 Prozent einzusparen und damit ein erstes Zeichen zur Konsolidierung der Staatsfinanzen zu setzen.
Frau Kollegin,
gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Seifert?
Ja, natürlich.
Frau Kollegin, können Sie mir
erklären, warum in Berlin zum Beispiel im Bereich der
Behindertenarbeit sehr viele Stellen radikal abgebaut
werden? Ich nenne hier nur SAM. Sie sagen doch, daß
das verstetigt wird? Ich halte den Wegfall der sozialen
Dienstleistungen für eine Katastrophe.
Ich stimme Ihnen
zu. Das aber hat die alte Regierung zu verantworten.
({0})
- Ja, hören Sie mir zu! - Sie hat die Mittel für die Arbeitsmarktpolitik im Wahljahr aus wahltaktischen Gründen stark hochgefahren. Fast alles ist durch Vorbindungen belegt; das Geld ist sozusagen verfrühstückt. Deshalb mußten wir soviel draufsatteln, damit überhaupt
noch etwas Neues möglich ist. Ich weiß, daß bei SAM
der Bedarf enorm hoch ist. Wir werden einen Weg finden, damit es in diesem Jahr keine Kürzungen gibt.
({1})
Frau Kollegin,
auch der Kollege Fuchtel möchte eine Zwischenfrage
stellen. Lassen Sie das auch zu?
Ja.
Frau Kollegin
Dr. Wegner, Sie haben gerade ausgeführt, daß Sie möglicherweise eine Unterdeckung bei der Arbeitslosenhilfe haben. Der Etat ist, wie Sie wissen, mit 28,5 Milliarden DM sehr knapp berechnet. Sie brauchen dort mehr
Mittel und wollen diesen Mehrbedarf aus dem Bundeszuschuß für die Bundesanstalt für Arbeit decken.
Ich habe nicht von
der Arbeitslosenhilfe gesprochen.
Wie möchten
Sie eigentlich mit der Unterdeckung bei der Arbeitslosenhilfe umgehen, die Sie trotz der 10 Milliarden DM,
die Sie für den Bundeszuschuß ausgeben, noch haben
werden? Sind Sie mit mir einer Meinung, daß überplanmäßige Ausgaben die Folge sein werden und daß der
Haushalt, den Sie vorlegen, geschönt ist?
({0})
Ich habe gar nicht
von der Arbeitslosenhilfe gesprochen, Herr Kollege
Fuchtel. Es kann sein, daß die angesetzten 28 Milliarden DM nicht ganz ausreichen werden. Ich hoffe,
daß sie ausreichen. Wenn das nicht der Fall ist, werden
wir eine ÜPL machen müssen, weil das gesetzlich vorgeschrieben ist. Aber unsere Ansätze sind insgesamt wesentlich realistischer als alle Ansätze, die ich zu Ihrer
Regierungszeit erlebt habe.
({0})
Ich fahre in meiner Rede fort.
({1})
Wir haben auch den Sozialhaushalt gekürzt, und zwar
um insgesamt 874 Millionen DM. Das wurde vor allem
durch realitätsnahe Kürzung von Schätztiteln und auch
von Einzeltiteln erreicht.
Die Berichterstatterinnen haben gegenüber dem Regierungsentwurf auch einige inhaltliche Änderungen
vollzogen. Diese haben wir durch Umschichtungen und
Kürzungen an anderer Stelle gegenfinanziert. So haben
wir zum Beispiel den Etat der Ausländerbeauftragten im
Hinblick auf Öffentlichkeitsarbeit und Personal aufgestockt. Das gilt auch für die Mittel des Behindertenbeauftragten. Beide Aufstockungen scheinen uns gerechtfertigt zu sein; denn sowohl bei den hier lebenden Ausländern wie auch bei den Behinderten handelt es sich um
sehr wichtige Gruppen der Bevölkerung, zu deren besserer Integration es höherer Geldmittel, vielfach allerdings
auch neuer Ideen bedarf.
Die von den Haushältern der Koalition durchgesetzte
zusätzliche Einsparung von 0,5 Prozent in jedem Einzelhaushalt ließ sich gegenüber den Fachgruppen und
den betroffenen Ressorts - das darf man schon sagen nur unter beträchtlichen Schwierigkeiten durchsetzen.
Kraftausdrücke gegenüber den ungeliebten Haushältern
waren an der Tagesordnung, ebenso Sitzungsunterbrechungen, um die Gemüter zu besänftigen.
Das gilt übrigens nicht für den Sozialhaushalt; das
muß ich voller Anerkennung sagen.
({2})
Die dortigen Einsparungen sind in durchaus konstruktiver Zusammenarbeit mit dem Minister und seinem Haus
vorgenommen worden.
({3})
Insgesamt war die Kürzungsquälerei in diesem Bundeshaushalt durchaus erfolgreich. Ich darf das wiederholen: Es ist gelungen, die Gesamtausgaben des Haushalts um 2,3 Milliarden DM und die Nettokreditaufnahme um 2,7 Milliarden DM zu senken. Außerdem wurde
eine Absenkung der Verpflichtungsermächtigungen um
10 Prozent beschlossen, um so die Vorbelastung künftiger Jahre zu reduzieren. Damit wird im Haushalt 1999
ein erstes, wenn auch bescheidenes Zeichen zur Konsolidierung gesetzt.
({4})
Diese Konsolidierung muß im Haushalt 2000 entschieden fortgesetzt werden. Es ist schon gesagt worden,
aber man kann es nicht oft genug wiederholen: Die Situation des Haushalts 2000 wird uns vor ungleich größere Schwierigkeiten und Probleme stellen als der Haushalt 1999. Das Tafelsilber des Bundes ist auf Grund der
Entscheidungen der früheren Regierung weitgehend „verfrühstückt“ kann man das nicht nennen - verkauft.
({5})
Die alte Regierung hat ein strukturelles Defizit von
20 Milliarden DM hinterlassen. Die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Besserstellung der Familien, die
wir in der Sache durchaus begrüßen, wird den Bund
mindestens 10 Milliarden DM kosten. Dazu kommen
weitere Belastungen durch den Konflikt in Jugoslawien
und durch die humanitäre Hilfe für die Flüchtlinge, die
auf jeden Fall geleistet werden muß. Schließlich muß
auch die von vielen Seiten geforderte Reform der Unternehmensteuern irgendwie finanziert werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei den Konsolidierungsdebatten, die in der Öffentlichkeit geführt werden,
ist auch der Sozialhaushalt als größter Einzelhaushalt
des Bundes mit einem Volumen von 172,4 Milliarden DM für manche Objekt der Begehrlichkeit. Diese
Diskussion sollte nüchtern und realistisch geführt werden. Natürlich ist auch der Sozialhaushalt keine heilige
Kuh und daher nicht unantastbar.
({6})
Wer jedoch Kürzungen im Sozialhaushalt fordert,
Herr Niebel, der muß sich darüber im klaren sein, daß
dort mit Ausnahme der freiwilligen Leistungen fast alles
gesetzlich festgelegt ist.
({7})
Das heißt im Klartext: Wer im Sozialhaushalt kürzen
will, muß genau wissen, was er tut. Entweder kürzt er
bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik des Staates - das
dürfte bei der zur Zeit hohen Massenarbeitslosigkeit absolut kontraproduktiv sein -,
({8})
oder er nimmt Einschnitte in gesetzliche Leistungen vor.
Dies träfe vor allem die sozial Schwächeren in unserem
Lande und würde die soziale Kluft, die sich in den
16 Regierungsjahren unter Kohl erheblich vergrößert
hat, weiter vertiefen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer den Bundeshaushalt sanieren will, der steht in jedem Fall vor unangenehmen und unpopulären Entscheidungen. Wer sich
dieser Aufgabe stellt - wir müssen das tun -, der braucht
Augenmaß, soziales Verantwortungsgefühl und politisches Stehvermögen. Das wünsche ich uns allen.
Vielen Dank.
({9})
Das Wort hat
jetzt die Kollegin Irmgard Schwaetzer.
Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, wir haben
es alle noch im Ohr: „Wir machen nicht alles anders,
aber vieles besser.“
({0})
Das war der Wahlkampfspruch von Gerhard Schröder,
mit dem er die neue Mitte geködert und getäuscht hat;
denn außer Enttäuschung bei den Wählern - daß sie
enttäuscht sind, haben wir schon mehrfach gehört, und
wir treffen auch kaum noch diejenigen, die sich dazu
bekennen, SPD gewählt zu haben ({1})
ist nichts übriggeblieben.
Der Haushalt des Bundesarbeitsministers ist der
Ausweis dafür, daß die Modernisierung der Politik gegen die Traditionskompanien der Gewerkschaften - das
wird man sicherlich so formulieren dürfen - gerade in
der Sozialpolitik nicht möglich ist.
({2})
Wir werden uns sicherlich noch häufiger damit auseinandersetzen müssen; denn die SPD hatte Modernisierung versprochen.
({3})
Sie hat zum Beispiel auch die Modernisierung der Sozialversicherung versprochen. Was aber passiert statt
dessen? Herr Bundesarbeitsminister, Sie wollen die
Dienstleistungsgesellschaft des 21. Jahrhunderts in die
Sozialversicherung des 19. Jahrhunderts pressen, statt
die Sozialversicherung zu modernisieren, damit sie
wirklich in der sich verändernden Arbeitswelt, die Sie
nicht zur Kenntnis nehmen, Schutz bietet.
({4})
Sie gehen es jetzt ganz konsequent an; das muß man
schon sagen. Sie blasen zur Jagd auf die Selbständigen.
Sie treffen alle Dienstleistungsberufe vom Unternehmensberater über die Werbeagenturen und Journalisten
bis zum Musikerzieher. Damit Ihnen nicht eine einzige
Seele entgeht, erfassen Sie die Existenzgründer allgemein.
({5})
Frau Kollegin, Sie haben soeben gesagt, die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit stehe für Sie im Mittelpunkt.
Ich wäre sehr dankbar, wenn wir mit Ihnen darüber hätten ernsthaft diskutieren können - das haben Sie verweigert -, wie viele Arbeitsplätze durch Ihre Gesetzgebung zu den 630-Mark-Jobs und den sogenannten
Scheinselbständigen verlorengehen. Ihre Gesetze werden die Arbeitslosigkeit erhöhen, statt eine Verbesserung zu bringen.
({6})
Die Existenzgründer werden alle zu abhängig Beschäftigten umfunktioniert. Sie kommen alle zwangsweise in die sowieso schon notleidende Sozialversicherung hinein. Dabei entgeht Ihnen, daß das alles eine sehr
kurzfristige Rechnung ist. Herr Bundesarbeitsminister,
kurzfristig führen Sie der Rentenversicherung zusätzliche Mittel zu. Aber dann, wenn die Leistungen fällig
werden, wird die Rechnung nicht mehr aufgehen.
Das war Ihnen, Frau Dückert, sehr bewußt; denn genau an der Stelle haben Sie den Schluß der Debatte im
Ausschuß beantragt,
({7})
weil es Ihnen unangenehm war, der Wahrheit ins Gesicht zu blicken.
({8})
Frau Kollegin
Schwaetzer, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Tauss?
Gern.
Liebe Frau Kollegin, würden Sie
auch einmal Beispiele zur Kenntnis nehmen, die anders
sind und die ich in meinem Wahlkreis im Moment erlebe? Dort hat beispielsweise eine große Einzelhandelskette die 630-Mark-Jobs abgeschafft und sie in ordentliche, sozialversicherungspflichtige Teilzeitarbeitsverhältnisse umgewandelt.
({0})
Würden Sie auch zur Kenntnis nehmen, daß es jetzt
- auch darum habe ich mich nach Ihrer ganzen Propaganda gekümmert - erste Erfahrungen mit den sogenannten Scheinselbständigen gibt? Wir haben festgestellt: Im Falle einer echten Selbständigkeit kommen
jetzt die ersten Bescheide der Krankenkassen, die belegen, daß diese Menschen wirklich selbständig sind.
Würden Sie auch diese Fälle, die das Gegenteil dessen
beschreiben, was Sie behaupten, einfach einmal zur
Kenntnis nehmen und aufhören, Propaganda zu machen?
({1})
Lieber Herr
Tauss, wer Propaganda macht, ist immer noch die Frage.
Sie haben mit Ihren Regelungen all denjenigen, die auf
den Zuverdienst von 630 DM angewiesen sind, die sich
aber ausgebeutet fühlen, wenn ihnen solche Abzüge zugemutet werden, die Beschäftigung genommen.
({0})
Ich finde, das ist unsozial.
({1})
Zu den Existenzgründern: Sie müssen sich einmal
anschauen, was Sie zum Beispiel bei jungen Rechtsanwälten angerichtet haben. Sie zwingen die alle in die
Sozialversicherung. Da wird ein richtiger Kahlschlag
entstehen.
({2})
Sie müssen sich auch einmal anschauen, was die ganzen
Informationsberater - Herr Tauss, das ist doch der
Markt, auf dem Sie sich ganz besonders tummeln -, die
über ein Jahr nur einen Auftraggeber haben, erleben. Die
bekommen den Auftrag nicht verlängert, weil der Auftraggeber Angst hat, er werde als Arbeitgeber rückwirkend für die Sozialversicherungsbeiträge zur Kasse gebeten.
Sie sind nicht in der Lage, in den Dienstleistungsstrukturen des 21. Jahrhunderts zu denken,
({3})
weil Sie nach wie vor nicht Ihren Frieden mit den Selbständigen gemacht haben. Für Sie besteht die Gesellschaft immer noch aus den gewerkschaftlich organisierten Industriearbeitnehmern und den Großbetrieben.
Darin besteht Ihre gesamte Argumentation.
({4})
Aber damit werden Sie nicht weiterkommen. Ich sage
Ihnen: Alle diese Selbständigen, die Sie zu sogenannten
Scheinselbständigen machen und denen Sie ihre Existenz nehmen, werden es Ihnen bei den nächsten Wahlen
zeigen.
({5})
Sie werden in dieser Frage von uns so lange getrieben
werden, bis Sie diese Gesetze endlich aufheben, damit
Selbständigkeit in Deutschland wieder eine wirkliche
Chance hat.
Frau Kollegin
Schwaetzer, die Kollegin Thea Dückert möchte auch
eine Zwischenfrage stellen.
Aber gerne.
({0})
Herr Kollege
Tauss, ich sehe, daß Sie eine weitere Nachfrage stellen
möchten. Jetzt nehmen wir aber erst einmal die Kollegin
Dückert.
Frau Schwaetzer, ich möchte Sie auf folgenden Widerspruch hinweisen: Bei der Frage der Rentenversicherungspflicht für geringfügig Beschäftigte argumentieren Sie doch immer wieder damit, daß diese Frauen und
Männer, die über dieses Gesetz in die Rentenversicherung hineinkommen, sehr geringe Ansprüche erwerben.
({0})
Das haben Sie uns immer wieder vorgerechnet und vorgeworfen. Eben haben Sie sich nun darüber beklagt, daß
die Rentenkassen, wenn diese Ansprüche irgendwann
geltend gemacht werden, möglicherweise in eine große
finanzielle Schwierigkeit geraten könnten. Können Sie
mir und dem Hohen Haus diesen Widerspruch erklären?
Frau Kollegin
Dückert, Sie verwechseln mich mit jemandem aus der
Union.
({0})
Die Union hat in der Tat so argumentiert. Ich habe immer gesagt, daß das eine Fehlkalkulation für die Rentenversicherung ist, weil - so, wie Sie es beschlossen und
begründet haben - mit diesem kleinen Beitrag der volle
Anspruch auf vorzeitiges Altersruhegeld, auf Erwerbsunfähigkeitsrente, auf Berufsunfähigkeitsrente und auf
Teilrente - das alles ist nicht durch Beiträge finanziert erworben wird. Deswegen ist das - das habe ich auch
den Kollegen von der Union gesagt - eine Fehlkalkulation. Auch aus diesem Grunde werden Sie, Frau Dükkert, mit dieser Regelung nicht durchkommen.
Es ist hier aber auch noch etwas ganz anderes von
Bedeutung: Es gibt nämlich auch diejenigen, die ihre
Freiheit haben wollen. Mir kommen die Tränen, wenn
immer wieder behauptet wird, diese Menschen würden
hinterher alle der Sozialhilfe anheimfallen. Ich hätte
gern mal Zahlen - aber ich bekomme ja keine -, wie
häufig das heute der Fall ist. Sie können es nicht nachweisen, das ist eine schlichte Behauptung. Diese Menschen sorgen selbst für ihr Alter. Sie wollen frei sein.
Sie wollen diese Freiheit haben. Aber Sie beschneiden
ihnen diese Freiheit. Doch die Menschen werden sich
diese Freiheit nehmen, und sie werden für sich selber
sorgen.
({1})
Es bestehen
noch zwei Wünsche nach Zwischenfragen. Ich bitte
aber, wenn Sie diese Fragen noch zulassen wollen,
wirklich kurze Fragen zu stellen und auch möglichst
kurz zu antworten.
Aber gerne.
Dann zunächst
der Kollege Tauss.
Frau Kollegin, Sie sprachen soeben von den neuen Selbständigen. Würden Sie dazu
die Toilettenfrau in einer Raststätte rechnen, wo ein
Schild steht: „Ich bitte um ein Trinkgeld. Ich bin selbständig“ und wo eine Nachfrage ergibt, daß diese Frau
als selbständig tätige Unternehmerin dort ohne einen
Pfennig Gehalt und ohne Sozialabsicherung steht, als
freiberufliche Existenzgründerin? Ist es das, was Sie
unter neuer Selbständigkeit verstehen, oder stimmen Sie
uns wenigstens darin zu, daß diese Form des Mißbrauchs unterbunden gehört?
({0})
Lieber Herr
Kollege, wenn Sie die letzten Urteile des Bundesarbeitsgerichtes zu diesen Fragen gelesen hätten, dann wäre Ihnen völlig klar, daß diese Frau einen Anspruch darauf
hat, eingestellt zu werden. Dazu brauchen Sie keine Gesetzesänderung.
({0})
Dazu müssen Sie nicht den gesamten Bereich der Selbständigkeit kaputtschlagen, sondern Sie müssen lediglich die geltende Rechtsprechung anwenden, die wir
selbstverständlich unterstützen und akzeptieren. Das ist
überhaupt keine Frage. Nur, Sie nehmen immer die falschen Argumente, um Ihre ideologischen Ziele durchzusetzen.
({1})
Jetzt die Kollegin Doris Barnett.
Frau Kollegin Schwaetzer,
dann erklären Sie mir einmal ideologisch, wie ich es
dem Familienvater erklären soll, der in seiner Firma
Überstunden kloppt, um ein paar Mark extra zu verdienen, daß er diese Überstunden sozialversichern und versteuern muß, während sein cleverer Nachbar zwar bei
der gleichen Firma acht Stunden arbeitet, dann aber zum
Arbeitgeber B geht und dort sein Zubrot von 630 DM bisher sozusagen an der Steuer und der Sozialversicherung vorbei - verdienen darf. Wie erkläre ich das dem
Familienvater?
Frau Kollegin,
dann erklären Sie mir doch bitte einmal, wie dieser gleiche Arbeitnehmer seiner Ehefrau erklärt, daß sie ihre
630 DM unversteuert behalten darf, obwohl er selber ein
ganz ordentliches Einkommen hat, während zum Beispiel seine geschiedene Schwägerin, die unterhaltsberechtigt ist und einen Unterhalt von etwas über 1 200
DM bekommt, ihre 630 DM voll versteuern muß.
({0})
Sie haben so viele Widersprüche und so viele unsoziale
Regelungen dort eingebaut, Sie können das ja selber
nicht mehr erklären. Deswegen muß das weg!
Letzter Satz zu diesem Thema, meine Damen und
Herren - ich habe gleich noch zwei andere Themen,
die auch ganz wichtig sind -: Es freut einen ja immer,
wenn man auch kritische Stimmen aus den Reihen
der Sozialdemokraten und der Grünen hört. Aber
angesichts dessen, daß der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Herr Clement, im Bundesrat jetzt
schon zweimal gekniffen, anschließend aber wieder
gesagt hat, es müsse sofort etwas geändert werden,
kann ich wirklich nur sagen: Diese Doppelzüngigkeit
ist unerträglich.
({1})
Genau das gleiche gilt für Herrn Glogowski, Ministerpräsident in Niedersachsen, der ebenfalls sofortige Änderungen gefordert und anschließend gegen den Antrag
gestimmt hat, diese Regelungen auszusetzen.
Aus den Reihen der Grünen war Herr Schlauch der
Meinung, es müsse sofort etwas geändert werden. Ich
bin ganz sicher, daß er nicht den Mumm hat, unserem
Antrag, mit dem er das schaffen könnte, heute zuzustimmen.
({2})
Frau Wolf, wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen,
verkündet in Interviews am Wochenende groß: So geht
das nicht! - Ich bin sicher, sie wird heute abend unserem
Antrag nicht zustimmen. Das heißt, Sie werden wortbrüchig. Sie kündigen nur an, ohne Konsequenzen zu ziehen.
({3})
- Liebe Ulla Schmidt, ich hätte dich ganz gern gefragt,
ob du denn den Finanzminister schon einmal gefragt
hast, ob jetzt tatsächlich der Freibetrag für die Übungsleiter in Sportverbänden verdoppelt wird. Im übrigen
vermisse ich hier Ihren Antrag. Wir hätten ihm ja gern
zugestimmt, aber ich vermisse einen solchen Antrag. Sie
betreiben Ankündigungspolitik, weil Herr Riester mit
seinem Rücktritt gedroht hat, wenn in dem Bereich irgend etwas passiert.
({4})
Frau Kollegin,
gestatten Sie noch eine Zwischenfrage? - Ich möchte
jetzt aber die Kolleginnen und Kollegen doch bitten,
keine weiteren Zwischenfragen mehr zu stellen. Wir haben heute noch einen sehr langen Debattentag. - Bitte.
Frau Schwaetzer, Sie beklagten
soeben die Versicherungspflicht für junge Rechtsanwälte. Ist es vielleicht Ihrer Aufmerksamkeit entgangen,
daß beispielsweise vor nunmehr rund 15 Jahren in Hessen auf Initiative der Anwaltschaft diese Versicherungspflicht für alle Anwälte, auch für die selbständigen und
jungen Rechtsanwälte, eingeführt worden ist?
Herr Kollege,
das ist natürlich meiner Aufmerksamkeit nicht entgangen. Aber in Ihrem Gesetz steht, daß die berufsständischen Versorgungswerke keine Alternative zur gesetzlichen Rentenversicherung bieten.
({0})
Deswegen können die Rechtsanwälte nicht mehr Mitglied in diesen Versorgungswerken werden, sondern
müssen in die gesetzliche Rentenversicherung gehen.
Das ist der Unfug. Sie wollen die berufsständischen
Versorgungswerke austrocknen. Das werden wir nicht
zulassen.
({1})
Ich möchte noch auf einen ganz anderen wichtigen
Bereich der Tätigkeit des Bundesarbeitsministers zu
sprechen kommen, der auch in diesem Haushalt verankert ist, aber irgendwie im Windschatten verschwindet:
das Programm gegen die Jugendarbeitslosigkeit.
({2})
Herr Bundesarbeitsminister, Sie erklären immer wieder
mit großer Euphorie, daß bereits über 75 000 Jugendliche in die Maßnahmen des Programms aufgenommen
worden seien.
({3})
Aber ich habe von Ihnen bisher nicht gehört - obwohl
die Zahlen der Bundesanstalt für Arbeit vorliegen; auf
diese beziehe ich mich -, daß von diesen 75 000 Jugendlichen etwa 35 000 - also so ungefähr die Hälfte in lediglich drei Monate dauernden Qualifizierungsmaßnahmen sind. Hier möchte ich Ihnen die Frage stellen:
Halten Sie das wirklich für einen Erfolg?
({4})
Hier wird eine Menge Geld ausgegeben, das anschließend fehlt, um die Jugendlichen in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Es wäre in der Tat besser, das Geld
dafür auszugeben. Ihr Programm, Herr Bundesarbeitsminister, ist ein Windei. Es ist Propaganda zu Lasten der
jungen Generation.
Lassen Sie mich zum Schluß noch auf ein anderes
Thema zu sprechen kommen: In Ihrem Koalitionsvertrag
steht, daß Sie eine Reform des Betriebsverfassungsgesetzes in Angriff nehmen wollen. Nun denn! Dazu muß
man einfach anmerken, daß der Bundesarbeitsminister
als Gewerkschafter zu den Mitunterzeichnern einer Gewerkschaftsinitiative zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes gehörte. Wir können also erwarten, daß
die Bundesregierung in etwa das gleiche auf den Tisch
legen wird. Aber der Präsident des Deutschen Industrieund Handelstages, Herr Stihl, hat Ihnen, Herr Riester,
bereits angekündigt, daß die Umsetzung dieser Pläne für
die Arbeitgeber der Casus belli sei. Das heißt: Auszug
aus dem „Bündnis für Arbeit“. Ich stelle mir und Ihnen
die Frage - Sie reden ja heute noch; ich hoffe, daß ich
dann umfassend darüber aufgeklärt werde -: Wollen Sie
Ihrem Bundeskanzler das „Bündnis für Arbeit“ kaputtmachen? Oder werden Sie in diesem Fall wiederum
einen Rückzieher hinnehmen, wie Sie das schon in manchen anderen Fällen getan haben? Oder kündigen Sie
wieder Ihren Rücktritt an? Vielleicht machen Sie ihn
dann auch einmal wahr. Auch auf diesem Feld muß offensichtlich noch der Kampf zwischen Modernisierern
und Besitzstandswahrern geführt werden.
({5})
Herr Bundesarbeitsminister, Sie haben unter den Gewerkschaftern als fortschrittlicher Reformer gegolten.
Aber offensichtlich sind die Gewerkschaften noch weniger in der Lage, sich selbst zu modernisieren, als wir es
bisher befürchtet haben.
({6})
Der Haushalt des Bundesarbeitsministers ist kein
Stück Zukunftsbewältigung. Wir werden ihn deswegen
ablehnen.
({7})
Das Wort hat
jetzt die Abgeordnete Antje Hermenau.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenden
wir uns doch wieder dem Haushalt zu, über den wir
heute verhandeln. Wenden wir uns bitte auch den Änderungsanträgen zu, die hier vorliegen - natürlich von der
Opposition. Betrachten wir einmal mit einem gewissen
Interesse, was sich die Opposition traut, hier als Änderungsanträge vorzulegen, aber auch das, worüber sie
sich nicht zu sprechen traut; denn Herr Fuchtel ist darauf
kaum eingegangen. Jetzt wollen wir einmal prüfen, woran das liegen könnte.
Die Opposition schlägt vor, die Mittel für Strukturanpassungsmaßnahmen um 0,2 Milliarden DM zu erhöhen,
weil zum Beispiel im Land Sachsen, aus dem auch ich
stamme, die Mittel für Strukturanpassungsmaßnahmen
fast erschöpft sind. - Das ist völlig korrekt. Die Mittel
sind fast verausgabt. Wir kommen darauf gleich zu sprechen. - Die Opposition schlägt vor, im Gegenzug den
Zuschuß an die Bundesanstalt für Arbeit um 7,8 Milliarden DM abzusenken, so daß er dann insgesamt noch bei
3,2 Milliarden DM liegt.
Ich sage Ihnen von vornherein: Einen der beiden Änderungsanträge werden Sie zurückziehen müssen. Hören
Sie mir jetzt gut zu, damit ich Ihnen dabei helfen kann,
zu entscheiden, welcher das sein wird.
({0})
Es ist interessant, daß Sie es wagen, einen Antrag
einzubringen, den Zuschuß an die Bundesanstalt für
Arbeit abzusenken, nachdem Herr Waigel, der vorhin
noch im Plenum saß, als Finanzminister in seinem Entwurf für den Haushalt 1999 diesen Zuschuß auf 11 Milliarden DM - also auf denselben Betrag, den wir jetzt
einstellen - festgesetzt hatte.
({1})
Wir haben den Zahlen Ihres Herrn Waigel offensichtlich
mehr Glauben geschenkt als Sie selbst. Das ist der erste
Beweis dafür, daß dieser Änderungsantrag von Ihnen
wirklich nicht ernst gemeint sein kann. Er gewinnt auch
dann nicht an Glaubwürdigkeit, wenn man sich einmal
ansieht, was im letzten Jahr wirklich gewesen ist.
Wir haben hier schon mehrmals über die Aufblähung
von Mitteln für Maßnahmen zur Strukturanpassung
und anderen Maßnahmen in der aktiven Arbeitsmarktpolitik gesprochen. Genau diese vielumstrittenen Strukturanpassungsmaßnahmen wurden von 1997 auf 1998
verdoppelt. Der Grund dafür war die Wahl im September. Wir haben diese Strukturanpassungsmittel jetzt sogar von 4,6 Milliarden DM im letzten Jahr auf 5,5 Milliarden DM in diesem Jahr erhöhen müssen. Das ist notwendig geworden, weil Sie durch diese Aufblähung im
letzten Jahr eine Reihe von Maßnahmen auf den Weg
gebracht haben, die jetzt fortgesetzt werden mußten;
zum Beispiel dauert eine Weiterbildung gut und gerne
anderthalb Jahre. Sie müssen davon ausgehen, daß sie
im Prinzip für zwei Jahre finanziert werden muß.
Wir müssen das fortsetzen, was Sie aus Gründen des
Wahlkampfes angefangen haben. Trotzdem müssen wir
auch noch eigene Akzente, zum Beispiel in den fünf
neuen Bundesländern, setzen. Und Sie kommen daher
und beantragen, den Zuschuß an die Bundesanstalt für
Arbeit abzusenken.
Frau Kollegin,
gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Fuchtel?
Aber sicher.
Frau Kollegin
Hermenau, nachdem Sie uns das alles so schön vorgerechnet haben, frage ich Sie, ob Sie uns einmal sagen
können, wie der Haushalt 1998 hinsichtlich des Bundeszuschusses abgeschlossen hat.
Sie haben recht, er lag darunter. Er hat die 11 Milliarden
DM nicht ausgeschöpft.
({0})
- Dann lesen Sie es doch nach! Ich glaube, es waren
4,3 Milliarden DM.
({1})
- Gut, dann wissen Sie es besser als ich.
({2})
- Herr Fuchtel, es ist Ihnen gelungen, mich dabei zu erwischen, daß ich eine Zahl nicht präsent hatte. Das haben Sie geschafft. Aber das ändert nichts daran, daß Ihre
Argumentation nicht stimmt. Das ändert nichts daran,
daß Sie nach einer Soll-Zahl aus dem letzten Jahr gefragt haben. Sie haben versucht, davon abzulenken, daß
Sie selbst für 1999 einen Zuschuß in Höhe von 11 Milliarden DM erwartet haben. Darum geht es eigentlich.
({3})
- Doch, natürlich geht es darum.
Lassen Sie
eine zweite Zwischenfrage zu?
Ich glaube, Herr Fuchtel kann die Zahlentests erledigen,
indem er selber einfach nachliest. Es reicht jetzt.
({0})
Gehen wir doch einmal auf Ihre tollen Änderungsanträge ein, von denen Sie hier gesprochen haben. Sie können
sich jetzt daran berauschen, daß ich eine Zahl nicht im
Kopf gehabt habe. Wenn das alles ist, was Sie zu bieten
haben, dann werden wir die Diskussion nicht fortführen
können.
({1})
- Das ist doch nicht wahr. Die Zahlen stimmen alle.
Sie haben gewußt, daß es einen Deckungsvermerk
gibt. Das heißt: Ihr Antrag auf Kürzung der Zuschüsse
an die Bundesanstalt für Arbeit ist unsinnig, weil man,
wenn es notwendig ist, einen Deckungsvermerk zur Arbeitslosenhilfe und einen Deckungsvermerk zu den
Strukturanpassungsmitteln hat. Alles ist finanztechnisch
untereinander beweglich. Es ist nicht nötig, Einzelanträge zu Kürzungen oder Hebungen einzubringen und Testfragen zu Zahlen zu stellen. Die Bundesanstalt für Arbeit ist selbst in der Lage, mit all den Finanzmitteln, die
wir zur Verfügung gestellt haben, zu manövrieren und
sich den Gegebenheiten anzupassen. So einfach ist das.
Aber damit Sie in Ihren Wahlkreisen behaupten können,
gekämpft zu haben, stellen Sie im Parlament diese Anträge, die Sie selber öffentlich nicht verteidigen.
({2})
Sehen wir uns doch einmal - ich habe Frau Schwaetzer aufmerksam zugehört - ernsthaft an, welche arbeitsmarktpolitischen Instrumente wirklich etwas bringen. Ich bin in der letzten Woche durch die fünf neuen
Länder gereist. Wir haben uns zum Beispiel auch über
die Strukturanpassungsmaßnahmen unterhalten. Was
stellte sich dabei heraus? Es gibt einen hohen Zuspruch
für die Lohnkostenzuschüsse. Das kann ich bei einem
Maximalzuschuß von über 2 000 DM im Monat gut verstehen. Als Unternehmer würde ich genauso handeln.
Hier aber wird dann darüber geredet, daß es Mitnahmeeffekte immer nur auf der Arbeitnehmerseite gebe,
daß bei den Arbeitslosen und Sozialhilfeempfängern
immer Mitnahmeeffekte auftreten würden.
({3})
Schauen wir uns einmal das „Jump-Programm“ an, in
dem auch eine Maßnahme mit Lohnkostenzuschüssen
vorgesehen ist. Diese fallen aber niedriger aus, weil der
Lohnkostenzuschuß für einen jungen Menschen, den
man im Betrieb einstellt, niedriger liegt als der für einen
Erwachsenen. Was geschieht? Die Unternehmer nehmen
natürlich den höheren Lohnkostenzuschuß und scheren
sich einen Teufel darum, daß sie einem jungen Menschen eine Chance geben könnten; für ihn bekämen sie
ja weniger Geld. Wir haben uns danach bei den Industrie- und Handelskammern, bei den Handwerkskammern und nicht bei den Arbeitsämtern erkundigt. Das
sollte Ihnen zu denken geben.
({4})
Sie bauen hier eine Chimäre auf, indem Sie so tun, als
ob Lohnkostenzuschüsse das A und O in der Arbeitsmarktpolitik seien. Das sind sie aber offensichtlich dann
nicht mehr, wenn die Subvention nicht hoch genug ausfällt.
Es wäre ehrlich, in dieser Debatte zuzugeben, daß es
Mitnahmeeffekte auf beiden Seiten gibt. Jeder Mensch
versucht, so gut wie möglich mit seinem Leben klarzukommen. Das versuchen die Arbeitslosenhilfeempfänger
genauso wie die Unternehmer, die den Lohnkostenzuschuß in Anspruch nehmen.
({5})
Wir können uns vielleicht auf folgenden Satz einigen:
Mitnahmeeffekte treten automatisch auf, wenn öffentliche Gelder verausgabt werden. Damit wäre die Debatte
für mich im Prinzip beendet. Sie aber beharren darauf,
den Lohnkostenzuschuß zu ideologisieren. Sie haben
den Lohnkostenzuschuß in einer Art und Weise hochstilisiert, daß man darüber fast nicht mehr debattieren
kann.
Ich gehe jetzt noch einmal auf die Notwendigkeit ein,
die Strukturanpassungsmaßnahmen enger zu schnüren. Sie haben die Strukturanpassungsmaßnahmen im
letzten Jahr allen möglichen Altersgruppen zugänglich
gemacht. Wir wollen sie wieder auf Zielgruppen beschränken. Das halte ich für einen völlig logischen Vorgang.
({6})
Die Arbeitsämter nennen Ihnen, wenn Sie sich dort
umhören und fragen, welche Zielgruppen das sein
könnten, aus gutem Grunde die Langzeitarbeitslosen.
Natürlich ist es für einen Unternehmer interessant, wenn
er zu einem Maximalzuschuß von 2 000 DM einen jungen Menschen einstellen könnte, den er wahrscheinlich
sowieso genommen hätte; so kann er auch noch Geld
mitnehmen. Aber einen älteren Langzeitarbeitslosen
einzustellen, für den diese 2 000 DM Lohnkostenzuschuß eigentlich gedacht sind, würde ihm dann im
Traume nicht mehr einfallen. Doch solche Wirkungen
sollten wir mit unseren Diskussionen über Instrumente
der aktiven Arbeitsmarktpolitik eigentlich erreichen.
({7})
Wir sprachen ja gerade schon über „Jump“, das
Programm für junge Leute. Ich kann mir gut vorstellen, Herr Riester, daß wir vielleicht am Ende dieses Jahres oder am Anfang des nächsten Jahres darüber sprechen, ob nicht vielleicht einige Maßnahmen, die sich in
„Jump“ bewährt haben, Aufnahme in den normalen
Maßnahmenkatalog der Bundesanstalt für Arbeit finden
können. Ich gehe nämlich davon aus, daß sich einige der
Instrumente als sehr wirksam erweisen werden.
({8})
Das ist nicht bei allen so, aber es geht ja auch nicht um
den gesamten Katalog dieses Programmes. Das Schöne
an dem Programm ist, daß man viele Maßnahmen zum
selben Zeitpunkt ausprobieren und danach feststellen
kann, welche wirklich etwas taugen und welche nicht.
Auf dieses Sortieren freue ich mich.
Vielleicht können wir uns auch einmal darüber unterhalten - die entsprechende Diskussion hat Frau
Schwaetzer eben angefangen -, um welche Art von
Maßnahmen es sich handeln soll. Sie haben davon gesprochen, die auf drei Monate befristeten Maßnahmen
würden nicht viel bringen. Man muß sich aber erst
einmal klarmachen, welches Ziel eine bestimmte Art
von Maßnahme hat. Mir haben Vertreter der Industrieund Handelskammern gesagt, sie seien sehr froh über
kurzfristige Trainee- und Qualifizierungsprogramme,
die dafür sorgen, daß jemand, der fast die richtige
Qualifikation hat, noch genau die Zusatzqualifikation
bekommt, die der Betrieb braucht, um ihn doch noch
zu nehmen. Insofern sollte man vorsichtig sein, wenn
man Programme nach der Zeitdauer beurteilt. Es geht
wirklich um die Möglichkeiten, die hinterher für den
einzelnen Jugendlichen daraus erwachsen. Wir haben
eine ganze Reihe von falsch ausgebildeten oder nicht
ganz vollständig ausgebildeten Jugendlichen. Hier Ergänzungen vorzunehmen und sich damit den Bewegungen des Arbeitsmarktes anzupassen halte ich für
einen großen Fortschritt; dadurch könnte den jungen
Leuten sehr geholfen werden.
({9})
In diesem Zusammenhang können wir vielleicht auch
noch einmal über die Lohnkostenzuschüsse im Rahmen
des Jump-Programmes sprechen. Sie fallen nun einmal
niedriger aus als die aus dem normalen Maßnahmenkatalog der Bundesanstalt für Arbeit. Ich persönlich würde
mir wünschen, daß die Unternehmer diesem Programm
mehr Aufmerksamkeit schenken und sich dieses Programmes bewußt werden. Ich habe mich über den zögerlichen Abfluß der Gelder für die Einzelmaßnahme
Lohnkostenzuschuß aus dem Jump-Programm für junge
Leute sehr gewundert. Ich war ärgerlich darüber. Mir
wurde von seiten der Vertreter der Industrie- und Handelskammern und anderen immer wieder versichert, man
werde wahrscheinlich im Laufe dieses Jahres noch etwas
mehr Gelder abrufen. Es gibt auch Arbeitsämter, die
sich gedacht haben: Vielleicht wachen die Unternehmer
im Sommer auf, falls dann zum Beispiel - dafür bin ich
Ihnen dankbar, Herr Riester - die Zielgruppenorientierung bei den normalen Strukturanpassungsmitteln und
damit den Lohnkostenzuschüssen greift. Damit hätten
wir es dann geschafft, daß Langzeitarbeitslose wieder
am meisten davon profitieren. Dann werden die Lohnkostenzuschüsse für junge Leute im Jump-Programm für
die Unternehmer wieder interessant; denn auch die Unternehmer strecken sich natürlich immer nach dem dicksten Brocken, der ihnen vor der Nase baumelt, und das
ist dann im Sommer wahrscheinlich das JumpProgramm.
Schönen Dank.
({10})
Zu einer Kurzintervention erteile ich dem Kollegen Fuchtel das Wort.
({0})
Frau Kollegin
Hermenau, bitte sehen Sie mir nach, daß ich Sie vor dem
Plenum des Deutschen Bundestages nach einer einzelnen Zahl gefragt habe. Eine solche Frage ist sicher sehr
schwierig zu beantworten - das weiß jeder hier im Raum -,
aber damit müssen Sie rechnen, wenn Sie Änderungsanträge der CDU/CSU so billig abqualifizieren.
Zur Erläuterung möchte ich Ihnen noch sagen: Im
letzten Jahr hatten wir einen Bedarf von 7,7 Milliarden
DM. Nach einer Prognose der Bundesregierung soll die
Zahl der Arbeitslosen um 200 000 zurückgehen.
({0})
Frau Kollegin Ulla Schmidt hat uns letzthin im Plenum
vorgerechnet, daß 100 000 Arbeitslose Ausgaben in Höhe von 4 Milliarden DM bedeuteten.
({1})
Wenn das stimmt - wir rechnen allgemein so -, dann
sind zweimal 4 Milliarden DM 8 Milliarden DM. Damit
liegt der Zuschußbedarf unter null Mark, wenn man die
7,7 Milliarden DM des letzten Jahres zugrunde legt. Sie
aber stellen hier wieder 11 Milliarden DM ein, und aus
dem Grund ist das Ganze überzogen.
Wenn ich dann noch davon ausgehe, daß ein Rückgang der Arbeitslosenzahlen um 200 000 auf Grund demographischer Faktoren noch dadurch ergänzt wird
- wie die Bundesregierung angekündigt hat -, daß tatsächlich mehr Arbeitsplätze entstehen sollen, sich also
die Arbeitslosenzahl um mindestens weitere 100 000
verringert, dann haben wir noch einmal 4 Milliarden
DM Einsparung. Das wären insgesamt 12 Milliarden
DM Einsparung. Das heißt, die von uns gestellten Anträge wären absolut der richtige Weg. Ich bitte, das ernst
zu nehmen.
({2})
Möchten Sie
antworten?
({0})
Herr Kollege Fuchtel, Sie schwanken immer zwischen
dem Zahlenspiel auf der einen Seite und den ideologischen Debatten, die wir führen, auf der anderen Seite.
Sie haben den Begriff der ideologischen Debatte in diese
Auseinandersetzung eingeführt.
Wissen Sie, das Problem ist folgendes: Man kann
natürlich einerseits, wie Sie das gemacht haben, diese
Zahlenanträge vorlegen. Auf der anderen Seite steht jedoch die Frage, was als Überzeugung dahintersteht. Wir
haben uns im Ausschuß mehrmals darüber unterhalten,
wir haben mehrmals darüber gestritten, was als wichtig
zu erachten ist und was nicht. Sie haben die Auffassung,
daß es den zweiten Arbeitsmarkt eigentlich nicht geben
dürfte. Wir teilen diese Auffassung insofern, als wir sagen, es wäre natürlich besser, wenn der erste Arbeitsmarkt das alles schaffen würde. Aber so ist es nicht.
Sie haben jetzt wieder versucht, über den Daumen
gepeilt vorzurechnen, was eventuell eintreten wird. Sie
wissen ganz genau, daß der Zuschuß an die Bundesanstalt für Arbeit ein Schätztitel ist. Das heißt, man geht
davon aus, es könnte so oder anders kommen. Ich habe
Ihnen gerade vorhin in der Debatte noch einmal erklärt,
was alles aus dem Zuschuß an die Bundesanstalt für Arbeit bezahlt werden soll und kann, unter anderem das,
was Sie erhöhen wollen, nämlich die Mittel für die
Strukturanpassungsmaßnahmen. Vor diesem Hintergrund ist auch ein erhöhter Ansatz gerechtfertigt.
({0})
Das Wort hat
jetzt Frau Abgeordnete Dr. Heidi Knake-Werner.
Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, wir alle
hier im Haus wissen, daß es bei dem Regierungswechsel
im vergangenen September in allererster Linie um eine
neue Politik für mehr Arbeitsplätze ging, und daran
wollen Sie sich ja auch messen lassen.
Nun kann man natürlich nicht erwarten, daß in knapp
sieben Monaten die vielbeschworene Wende auf dem
Arbeitsmarkt bereits erreicht ist. Doch mit einer Art
Kurswechsel darf man wohl nach sieben Monaten rechnen. Ich muß Ihnen deshalb sagen: Für eine Regierung
mit Ihren Ansprüchen ist Ihr erster Haushalt leider ein
grob enttäuschendes Dokument.
({0})
Selbst wenn ich in Rechnung stelle, daß die von
Ihnen übernommene Erblast groß ist, daß in diesem
Land über 7 Millionen Arbeitsplätze fehlen, daß in den
vergangenen Jahren massenhaft Vollzeitarbeitsplätze in
versicherungsfreie Billigjobs und Scheinselbständigkeit
verwandelt wurden, selbst wenn ich weiß, daß den sozialen Sicherungssystemen die Finanzierungsgrundlage
mehr und mehr entzogen wurde und in diesem Bereich
sofort Abhilfe nötig ist, muß ich Ihnen doch ganz offen
sagen: Sie müssen endlich aufhören, im Rahmen des
„Bündnisses für Arbeit“ dringend notwendige Sofortmaßnahmen für mehr Arbeitsplätze auf irgendwann zu
vertagen. So werden Sie dieses Problem nicht lösen.
({1})
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Regierungskoalition, eine erste Bilanz Ihrer Arbeit zeigt, daß
Sie beim Abbau der Massenarbeitslosigkeit nicht so
richtig vorankommen. Wenn ich Ihnen zuhöre, muß ich
fürchten, daß Ihnen dafür einfach die neuen Ideen fehlen. Wo bitte schön unterscheiden sich Ihre Rezepte von
denen der Vorgängerregierung, wenn Sie gebetsmühlenartig wiederholen, daß Arbeit billiger gemacht und
Unternehmensteuern gesenkt werden müssen, um Arbeitslosigkeit zu beseitigen? Nachdem dieser neoliberale
Quark seit 16 Jahren ohne Erfolg breitgetreten worden
war, haben wir erwartet, daß Sie nun endlich innovativ
sind und die Weichen neu stellen. Aber bisher leider
Fehlanzeige.
({2})
Wer heute immer noch der Theorie anhängt, daß
niedrige Löhne und großzügige Steuergeschenke Arbeitsplätze schaffen, der wende seinen Blick nach Ostdeutschland. Wenn es nicht so zynisch wäre, müßte man
Sie darauf hinweisen, daß sich diese Theorie dort in
einem gigantischen Feldversuch gründlich blamiert hat.
Wenn Billiglöhne und Steuergeschenke Arbeitsplätze
schaffen würden, müßten sich die neuen Länder längst
zum Vollbeschäftigungsparadies entwickelt haben. Aber
Sie wissen selbst, was sich dort abspielt.
({3})
Wenn ich jetzt lese, daß für die Juni-Sitzung des
„Bündnisses für Arbeit“ Vereinbarungen zur Schaffung
von Niedriglohnbereichen und Kombilohnmodellen
angekündigt werden, dann sage ich Ihnen: Das ist nicht
innovativ; das sind die alten Hüte aus der neoliberalen
Mottenkiste von vorgestern.
({4})
- Meinetwegen auch von gestern.
Nein, liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungskoalition, wer Arbeitslosigkeit bewältigen und die
Sozialsysteme armutsfest machen will, muß mit seiner
Politik an den strukturellen Ursachen der Arbeitslosigkeit ansetzen und dafür zukunftsfähige Konzepte entwickeln.
({5})
Deshalb erwarten wir Initiativen zur Umverteilung der
vorhandenen Arbeit, zum Abbau der Überstunden, zur
radikalen Arbeitszeitverkürzung oder zu akzeptablen
Teilzeitmodellen und Initiativen für neue Arbeit, zum
Beispiel in einem öffentlich geförderten Beschäftigungssektor. Vorschläge dazu sind massenhaft vorhanden.
Auch von Ihnen - aber vor allen Dingen von uns - gibt
es Vorschläge. Wir haben gar nichts dagegen, wenn Sie
diesbezüglich ein paar Anleihen bei uns machen.
({6})
Zum Einzelplan 11 des Arbeitsministers. Er ist in der
Tat ein kleiner Lichtblick im Konzert der gesamten
Haushaltsberatung; das geben wir gerne zu. Die Regierungskoalition will die aktive Arbeitsmarktpolitik auf
hohem Niveau verstetigen. Mit Mehrausgaben von über
6 Milliarden DM soll dazu beigetragen werden, daß junge Menschen endlich bessere Chancen für Ausbildung
und Arbeit bekommen. Daß das auch für die nächsten
Jahre notwendig sein wird, ist hoffentlich auch Ihnen
klar.
Wir finden es richtig, daß Sie durch Einstellen von
Sachkostenzuschußmitteln an die Träger die ABMStrukturen in Ostdeutschland sichern wollen. Wenn Sie
dies nicht nur kurzatmig, sondern langfristig angehen,
werden Sie auch in diesem Bereich unsere Unterstützung finden.
({7})
Schließlich folgen wir auch Ihren Vorstellungen bei
der Aufstockung von Strukturanpassungsmaßnahmen
und anderen Eingliederungsmaßnahmen. Daß deshalb
die Bundesanstalt für Arbeit auch in diesem Jahr - trotz
leicht rückläufiger Arbeitslosenzahlen, die im übrigen
nicht Ihr Verdienst sind, was man inzwischen überall
nachlesen kann - mit einem Zuschuß von 11 Milliarden
DM rechnen kann, geht unserer Auffassung nach völlig
in Ordnung. Kann es doch damit erstmals gelingen, daß
passive Kosten der Arbeitslosigkeit gedrosselt werden
und endlich Arbeit statt Arbeitslosigkeit finanziert wird,
wie wir es hier seit langem fordern.
({8})
Genau deshalb lehnen wir die Kürzungsanträge von
CDU/CSU und F.D.P. ab.
({9})
Meine Damen und Herren von der Regierung, auch in
der Arbeitsmarktpolitik setzen wir uns für den Erhalt
bzw. die Wiederherstellung tarifrechtlicher und sozialer
Standards ein. Deswegen halten wir bestimmte Instrumente der Arbeitsmarktpolitik für absolut förderungsunwürdig. Dies gilt insbesondere für die völlig sinnlose
private Arbeitsvermittlung und für Projekte der Arbeitnehmerhilfe. Was soll denn hier passieren? Damit
läuft man sich doch nur für Kombilohnmodelle auf
äußerst niedrigem Niveau warm. Das lehnen wir ab.
({10})
Wir schlagen statt dessen vor, daß diese Ansätze gekürzt und die Mittel für Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik frei gemacht werden, zugunsten eines
dritten Sektors, eines Non-profit-Sektors - zwischen
privater Wirtschaft und öffentlichem Dienst im ersten
Arbeitsmarkt -, der nicht nur massenhaft tarifvertraglich
bezahlte Arbeitsplätze sichert und somit existenzsichernd wirkt, sondern auch dazu führt, daß Projekte entstehen, mit deren Hilfe viele Aufgaben im sozialen, im
kulturellen und im ökologischen Bereich erledigt, die
Lebensbedingungen der Menschen verbessert und die
Zukunftsfähigkeit dieser Gesellschaft insgesamt gesichert werden können. In unserem Änderungsantrag haben wir dafür ein ganz konkretes Projekt vorgeschlagen:
ein Modellprojekt zur integrierten Berufsausbildung von
jungen rußland- und kasachstandeutschen ausländischen
und hier geborenen Jugendlichen.
Soviel zu diesem Haushaltsplan. Ich weiß, daß die
Opposition auf der Rechten die Diskussion auf die 630Mark-Jobs und die Scheinselbständigkeit konzentrieren
will. Auch wir waren gegen das Gesetz zu den 630Mark-Jobs. Es gibt sicherlich vieles in diesem Bereich,
was man besser machen könnte. Aber wenn Sie oder die
Hombachs und Clements das in die Hand bekommen,
dann wird nichts besser.
({11})
Dann wird sich für diejenigen, die den größten Schutz in
dieser Gesellschaft benötigen, nichts verändern.
Lassen Sie mich bitte einen letzten Satz sagen.
Frau
Kollegin, Sie haben Ihre Redezeit schon um einiges
überschritten.
Zum Abschluß nur
eine ganz persönliche Bemerkung: Vieles von dem,
worüber wir uns hier die Köpfe heißreden, hat vielleicht
schon bald keinen Bestand mehr. Jeder Tag, um den der
Krieg in Jugoslawien verlängert wird, schafft neues
menschliches Leid und kostet Unsummen von Geld.
Wenn dieser Krieg einmal zu Ende ist, wenn Sie den
Mut haben, die Bombardierung zu stoppen, dann wird
nichts mehr so sein wie vorher. Unter diesem Eindruck,
so muß ich offen sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen, fällt es mir sehr schwer, über Haushaltsansätze und
Kostenstellen zu diskutieren.
({0})
Für die
CDU/CSU-Fraktion spricht jetzt der Kollege Hermann
Kues.
Herr Präsident!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist, so glaube ich,
gut und ganz normal, daß man im Zuge einer Haushaltsdebatte über die Grundfragen der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik diskutiert. Ich könnte es mir hier ganz einfach machen und lediglich das vortragen, was die Zeitungen in Deutschland an Schlagzeilen liefern. Ich glaube, die Widersprüche innerhalb der Regierungskoalition
könnten nicht deutlicher, die Kritik an der Sozial- und
Arbeitsmarktpolitik dieser Regierung könnte nicht härter
ausfallen.
({0})
In der „Zeit“ etwa lautet eine Überschrift: „Solo für Riester“. In diesem Stile sind fast alle Überschriften.
Als der Bundeskanzler hier gestern redete, dachte ich
zunächst, er werde zu den Gesetzen über die 630-MarkJobs und die Scheinselbständigkeit etwas ganz Neues
sagen. Er hat uns erklärt, wie das alles zusammenhängt.
Normalerweise überlegt man das, bevor man ein Gesetz
auf den Weg bringt. Ich habe Sie beobachtet, Herr Minister Riester, und gedacht, daß Sie mir ein bißchen leid
tun. Denn das große Problem in Ihrer Regierung derzeit
ist doch, daß zwischen Regierung und Fraktionen, aber
auch zwischen Arbeitsministerium und Kanzleramt sowie zwischen Arbeitsminister und Kanzler der Kurs jeweils verschieden ist, daß Überlegungen, die angestellt
werden, schon am nächsten Tag wieder überholt sind.
So kann man keine sachgerechte Politik machen.
({1})
Sie sollten sich auch überlegen, ob es richtig war, wie
Sie am 1. Mai argumentiert haben; denn Sie haben versucht, die Ursache dafür, daß es in breiten Schichten der
Bevölkerung große Unruhe gibt, uns bzw. irgendwelchen gesellschaftlichen Gruppen in die Schuhe zu schieben. Das liegt doch entscheidend daran, daß Sie Gesetze
verabschieden und Diskussionen führen, die an der Realität vorbeigehen. Sie haben die Sensibilität für die Probleme der Menschen in Deutschland verloren.
({2})
Es ist schlimm, wie Sie Gesetze machen. Aber bisher
haben Sie ja nur relativ einfache Dinge geregelt, zum
Beispiel die 630-Mark-Jobs und die Scheinselbständigkeit. Wenn ich an die von Ihnen angekündigte große
Rentenreform denke, dann wird mir angst und bange.
({3})
Ich erinnere daran, daß der Bundeskanzler - das war zugegebenermaßen vor Weihnachten - gesagt hat: Alle
können ab dem 60. Lebensjahr ohne Abschläge in Rente
gehen. Es ist mittlerweile bekannt, daß das schlichtweg
gelogen war. Mir wird wirklich angst und bange bei dem
Gedanken, wie es weitergehen wird.
Schlimm sind die Gesetze und deren Auswirkungen.
Noch viel schlimmer aber ist die Art und Weise, wie Sie
mit den Menschen in Deutschland umspringen.
({4})
Ich will hier noch etwas ganz Aktuelles ansprechen
- man kann jeden Morgen solche Beispiele in den Zeitungen finden -: Heute morgen, nicht am Wochenende,
hat der Ministerpräsident von Niedersachsen, Herr
Glogowski - Sie können meinetwegen sagen, er sei
unwichtig; aber er ist immerhin Ministerpräsident -,
gesagt, daß von den Regelungen zu den geringfügigen
Beschäftigungsverhältnissen einige Gruppen ausgenommen werden sollen. Ich lese Ihnen seine Ausführungen einmal vor - Ihnen wird das sowieso irgendwann
mitgeteilt -: Von der eingeführten Steuer- und Sozialabgabenpflicht sollen Zeitungsträger, Chorleiter und
Übungsleiter von Sportvereinen ausgenommen werden.
- Er hat also alle Gruppen genannt, die sich in letzter
Zeit beklagt haben. Eine Gruppe allerdings hat er vergessen: die Pizzaboten. Ich vermag nicht einzusehen,
warum derjenige, der morgens Zeitungen austrägt, anders behandelt werden soll, als der, der abends Pizzen
ausfährt. Ich finde, da müßte eine Gleichbehandlung erfolgen.
({5})
Ich halte es schon für ein starkes Stück, wie Sie mit den
Sorgen der Menschen spielen.
Der Bundeskanzler stellt sich nun hierhin - ich habe
bei seiner Rede gestern auch in Ihre Gesichter gesehen,
meine Damen und Herren von der SPD; da war große
Betroffenheit zu erkennen - und tut so, als würden ihn
die Gesetze überhaupt nichts angehen. Drei Monate lang
hat man Gesetze verabschiedet, und die nächsten drei bis
vier Monate ist man damit beschäftigt, diese wieder zu
korrigieren.
Herr
Kollege Kues, erlauben Sie eine Zwischenfrage des
Kollegen Andres?
Sofort. - Das ist
auch der Grund, weshalb ich gesagt habe, daß Sie, Herr
Minister Riester, mir in gewisser Weise sogar leid tun
können.
Bitte schön.
Bitte
schön, Herr Andres.
({0})
Herr Kues, Sie haben eine tolle
Anregung gegeben und damit faktisch das Argument
dafür geliefert, daß man überhaupt keine Ausnahmen
machen darf.
({0})
Wenn Sie nämlich sagen, wer für den Zeitungsboten
eine Ausnahme vorsehen wolle, müsse das dann auch
bei dem Pizzaboten tun, und mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz argumentieren, dann ist völlig klar, daß
man eigentlich überhaupt keine Ausnahmen machen
darf. Ansonsten liegt dieses Problem wieder ungeregelt
auf dem Tisch. Sehen Sie das so oder nicht?
({1})
Nein, ich sehe das
nicht so. Im übrigen: Auch Sie kennen doch die Umfrageergebnisse der Institute, die besagen, daß die Masse
Ihrer Anhänger - ich glaube, über 80 Prozent -, sowohl
bei der SPD als auch bei den Grünen, dies genauso
sehen wie ich. Diese nämlich sagen, daß ein in sich
schlüssiges Konzept für den gesamten Niedriglohnsektor
vorgelegt werden muß, damit sich die Arbeit in
Deutschland lohnt. Sie aber bestrafen diejenigen, die arbeiten wollen.
({0})
Insofern sehe ich das nicht so wie Sie.
({1})
- Jetzt will ich zunächst einmal weiterreden, Herr Präsident.
Herr Riester, mir fällt noch eine Sache ein: Als ich
Sie gestern dort sitzen sah, hatten Sie einen Gesichtsausdruck wie ein Schrankenwärter, dem man vergessen
hat zu sagen, daß die Strecke, an der er arbeitet, längst
geschlossen ist.
({2})
Sie haben vor einiger Zeit in einem Interview gesagt:
„Die Realität frißt sich durch die Systeme der Sozialversicherung.“ Ich habe eher das Gefühl, daß sich die Realität durch Ihre Regierungsarbeit frißt. Das hat etwas
damit zu tun, daß Sie von einer Arbeitsgesellschaft ausgehen, die heute einfach nicht mehr zeitgemäß ist. Sie
haben übersehen, daß sich mittlerweile viel Flexibilität
breitgemacht hat und daß sich die Selbständigkeit so
entwickelt hat, daß nun Menschen, die bislang nicht dazwischengekommen sind, versuchen, auf ihre Art und
Weise dazwischenzukommen, um arbeiten zu können.
Das ist die Wirklichkeit, und das übersehen Sie. Sie machen eine rückwärtsgewandte Politik mit dem Leitbild
einer Arbeitsgesellschaft, das der Realität nicht mehr
entspricht.
({3})
Das Ziel, das Sie ursprünglich im Auge hatten, nämlich Arbeitslosigkeit abzubauen und Beschäftigung aufzubauen, haben Sie nicht erreicht. Der Bundeskanzler
hat gestern versucht, mit Zahlen zu jonglieren, ebenso
Herr Schwanhold heute morgen. Zwei Zahlen stimmen:
360 000 Arbeitsplätze sind verlorengegangen, seitdem
Sie an der Regierung sind, und wir haben 320 000
Arbeitslose mehr; das ist ein Faktum.
Ich sage Ihnen noch etwas, weil über ABMaßnahmen diskutiert wurde: Sie haben behauptet, wir
hätten das alles im Wahlkampf angeschoben. Der
Bestand an Beschäftigten in AB-Maßnahmen und
Strukturanpassungsmaßnahmen ist im Vergleich zum
Vorjahr um 300 000 gestiegen. Das ist die Wirklichkeit.
Ich sage Ihnen auch noch etwas zu Ihrem Programm
für 100 000 arbeitslose Jugendliche: Dadurch wird die
Statistik um weitere 50 000 Arbeitslose bereinigt. Es
wird klar, was Sie vorhaben: Sie wollen sich mit dem
Geld und auf Kosten von Beitrags- und Steuerzahlern
statistische Erfolge anrechnen lassen.
({4})
Dazu paßt auch ein Interview mit dem „Stern“, in
dem Sie kürzlich bemerkt haben:
Noch nie hat eine Regierung die Arbeitsmarkt- und
Sozialpolitik so massiv mit Geld unterstützt.
Das ist ein großes Problem. Wer glaubt, daß man die
Probleme heute dadurch lösen kann, daß man mehr Geld
ausgibt, ohne Strukturen zu ändern, der ist auf dem
Holzweg. Mehr Geld für soziale Leistungen gleich mehr
soziale Gerechtigkeit gleich Abbau von Arbeitslosigkeit
- diese Rechnung geht in Deutschland immer weniger
auf; das weiß jeder.
({5})
Ich will aber auf den Ausgangspunkt zurückkommen
und darstellen, weshalb wir diese Probleme eigentlich
haben.
({6})
- Das Argument zählt immer weniger; das wissen Sie
auch. - Sie haben im Wahlkampf ein kleines Kärtchen
verteilt, auf dem zehn Punkte aufgezählt waren, die Sie
umsetzen wollten. Das haben Sie auch gemacht. Die
Zuzahlung für Arzneimittel haben Sie aber nicht, wie
versprochen, abgeschafft, sondern Sie haben Sie reduziert. Sie haben in der Rente Korrekturen angebracht
({7})
- ja, Sie können ruhig klatschen - und dabei den Rentnerinnen und Rentnern etwas vorgemacht: Sie haben so
getan, als könne alles so weitergehen, obwohl Sie genau
wissen, daß das nicht geht. Jetzt brauchen Sie Geld, weil
es in der Krankenversicherung und in der Rentenversicherung natürlich Lücken gibt. Dieses Geld versuchen
Sie jetzt durch gesetzliche Schnellschüsse den kleinen
Leuten aus der Tasche zu ziehen. Das ist die Wahrheit.
({8})
Im Mittelpunkt Ihrer Politik steht der Versuch, die
Menschen vor allem zu bewahren, was auch nur im entferntesten an Beschwerlichkeit oder an Zumutung erinnern könnte.
Herr
Kollege Kues, erlauben Sie eine Zwischenfrage des
Kollegen Brandner?
Nein, das möchte
ich jetzt nicht mehr, weil ich zum Ende kommen möchte.
Sie reden allen Menschen nach dem Munde. Jetzt
werden die Kosten deutlich, und Sie präsentieren den
Menschen die Rechnung. Deswegen sage ich: Ihre Politik ist - subjektiv ist das vielleicht nicht gewollt - im
Ergebnis ungerecht und unsozial.
({0})
Das Programm für 100 000 arbeitslose Jugendliche
ist verschiedentlich angesprochen worden. Es trifft aber
nicht diejenigen, denen geholfen werden muß, nämlich
das große Heer der Ungelernten, die keine Chance haben
dazwischenzukommen. Ich nenne Ihnen einmal die
Zahlen derjenigen, die in den Projekten sind: 42 Prozent
haben mittlere Reife oder Abitur; 45 Prozent haben
einen Hauptschulabschluß; 15 Prozent sind ungelernt;
35 000 befinden sich in kurzfristigen Trainingsmaßnahmen, was beispielsweise das Einüben des Fliegens mit
einem Gleitschirm umfaßt. Das ergibt sich aus den Veröffentlichungen des Bundesministeriums für Arbeit.
Wenn ich das einmal bilanziere, dann muß ich feststellen: Da ist mit großem Bohei ein Programm aufgelegt worden, mit dem aber nicht denjenigen geholfen
wird, die wirklich Hilfe benötigen. Was Sie dort betreiben, ist im Grunde genommen Effekthascherei. Die
Menschen werden sehr bald feststellen, wie es sich tatsächlich verhält.
({1})
Die Bilanz der Regierung Schröder auf dem Arbeitsmarkt und in der Sozialpolitik ist verheerend.
({2})
Das ist nicht das Ergebnis handwerklicher Fehler. Das
hat vielmehr damit etwas zu tun, daß die ganze Richtung
nicht stimmt. Herr Riester, Sie sind auf dem Holzweg.
Wenn Sie sich selbst eine zweite Chance geben wollen,
dann kehren Sie um!
({3})
Für die
SPD-Fraktion spricht jetzt der Kollege Ewald Schurer.
Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Zunächst noch ein
Wort zu Herrn Kues von der Union: Sie gebärden sich
hier wie ein Dieb in der Nacht, der am nächsten Tag die
Ermittlungen über seine Schandtat selbst führen möchte.
Dem, was Sie hier zum 630-Mark-Gesetz gesagt haben,
wird Minister Riester sicherlich fundiert und dezidiert
entgegentreten.
Ich möchte auf das 100 000-Jobs-Programm für Jugendliche zu sprechen kommen. Im Oktober 1998 waren
knapp 428 000 Jugendliche unter 25 Jahren ohne Arbeit.
Das entsprach einer Quote von fast 11 Prozent. Von
Januar bis Oktober 1998 waren davon im Durchschnitt
sogar 476 000 junge Menschen betroffen.
Vor diesem Hintergrund hatte das neue Bundeskabinett schon am 25. November 1998 die Eckpunkte des
Programms für den Abbau der Jugendarbeitslosigkeit
und für die Ausbildung und Qualifizierung Jugendlicher
gebilligt. 1999 werden 2 Milliarden DM zur Verfügung
gestellt, davon 600 Millionen DM aus dem Europäischen Sozialfonds. Das Sofortprogramm richtet sich wie es auch die Kolleginnen und Kollegen der Opposition sicherlich schon mitbekommen haben -, an junge
Menschen bis 25 Jahre, um den Betroffenen ein Angebot
zu unterbreiten, noch bevor sie - das ist wichtig - ein
halbes Jahr arbeitslos sind. Ein wesentliches Merkmal
dieses Programms ist es also, daß man die Arbeitslosigkeit frühzeitig durch positive Akzente durchbrechen
möchte.
({0})
Die Folgen von Jugendarbeitslosigkeit und fehlender
Ausbildung sind in dieser Gesellschaft offenkundig. Die
Identifikation junger Menschen mit wichtigen gesellschaftlichen und sozialen Werten ist ganz wesentlich mit
ihrer Teilhabe am gesellschaftlichen und damit natürlich
am wirtschaftlichen Prozeß verbunden. Die Entfaltung
der Persönlichkeit junger Frauen und junger Männer benötigt ganz unverzichtbar positive Aspekte von Ausbildung und Beschäftigung.
({1})
Langfristig arbeitslose Jugendliche resignieren, verlieren ihre Selbstsicherheit, ihr inneres Gleichgewicht
sowie ihre gesellschaftliche und persönliche Orientierung. Dies ist eine große Vernichtung von wichtigen gesellschaftlichen Ressourcen, die wir nicht hinnehmen
können.
({2})
Das darauffolgende Abrutschen in entsprechende Milieus - in Ostdeutschland sind sehr viele Jugendliche in
eine rechtsradikale Subkultur geraten - ist nicht hinnehmbar,
({3})
mittlerweile aber bei uns in Deutschland - auch in Regionen, die nicht strukturell benachteiligt sind - zum
Teil schon zur gesellschaftlichen Realität geworden. Also benötigen gerade junge Menschen Perspektiven in
Beruf und Bildung.
({4})
Nicht vergessen sollten wir die demographische Entwicklung in dieser Gesellschaft. Wir brauchen diese
jungen Menschen, um sie in unsere tragenden Sozialsysteme, die auf Leistung und Gegenleistung beruhen, einbinden zu können. Dies ist eine ganz wichtige Voraussetzung für den Fortbestand dieser Gesellschaft und seiner sozialstaatlichen Systeme.
({5})
Das Sofortprogramm zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit besteht aus zwei Teilen: Erstens werden Angebote für ausbildungssuchende Jugendliche gemacht, und
zweitens geht es um Qualifizierungs- und Beschäftigungsmaßnahmen für arbeitslose Jugendliche. So heißt
es in der Broschüre der Bundesanstalt für Arbeit wörtlich - hören Sie zu, das ist auch für Sie sehr wichtig -:
Sie sind dabei, wenn Sie keine oder nur eine unzureichende Ausbildung haben, und wenn Sie bei Beginn der Maßnahme das 25. Lebensjahr noch nicht
vollendet haben …
oder
wenn Sie keinen Job haben.
Das sind die elementaren Voraussetzungen zur Teilnahme an diesem Programm.
Verschiedene Chancen werden diesen Jugendlichen
seit Januar 1999 ganz gezielt eröffnet. Es wurden in
einer großen Aktion Tausende von Betrieben besucht,
um zu erreichen, daß dort Auszubildende neu oder zusätzlich eingestellt werden. Es wurden und werden Ausbildungsverbünde zwischen Betrieben und Bildungseinrichtungen organisiert oder auch dreimonatige Trainings- und Kurzpraktika vermittelt, um die VoraussetDr. Hermann Kues
zungen dieser Jugendlichen für eine berufliche Ausbildung überhaupt erst zu schaffen oder sie zu verbessern.
Was ganz entscheidend ist: Die außerbetrieblichen Bildungsmaßnahmen sollen ja später in betrieblichen Bildungsmaßnahmen, also in Maßnahmen der freien Wirtschaft, vollendet werden. Ein weiterer wichtiger Punkt
ist: Es gibt sehr viele Jugendliche, die die Voraussetzungen nicht erfüllen, weil ihnen der Hauptschulabschluß
fehlt. Auch sie sollen auf Grund von speziellen Maßnahmen die Chance bekommen, den Hauptschulabschluß nachzuholen. Das ist eine unabdingbare Voraussetzung dafür, um mit einer qualifizierten beruflichen
Ausbildung überhaupt beginnen zu können.
({6})
Auch Jugendliche mit einer abgebrochenen Ausbildung - auch an sie muß man denken - haben auf Grund
dieses Programms die Chance, sich hier entsprechend zu
qualifizieren. Nicht zuletzt gibt es - das wurde hier
schon erwähnt - Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, die
vom Arbeitsamt mit Lohnkostenzuschüssen an die Arbeitgeber unterstützt werden. Anfangs waren die Reaktionen zögerlich. Aber ich denke, jetzt sind wir auf
einem guten Weg.
Ein neues Instrumentarium ist ebenfalls sehr wichtig,
nämlich daß die Arbeitsämter in Zusammenarbeit mit
Sozialpädagogen in die Lage versetzt werden, die Jugendlichen dort zu erreichen, wo sie sich bewegen, wo
sie leben, zum Beispiel in ihrem sozialen Umfeld, sie
anzusprechen, sie aus einer vielleicht bestehenden Frustration herauszuholen, sie pädagogisch und sozial zu erreichen und sie aufzubauen, damit sie sich in solche
Programme hineinfinden können. Es ist ein ganz wichtiger Punkt, daß hier sozialpädagogische Vorfeldarbeit
mit hinzukommt. Niemand sollte sich darüber lustig machen. Denn die soziale Stabilisation gewisser Jugendlicher in gewissen Lebensmomenten ist unwahrscheinlich
wichtig, um überhaupt solche Bildungsvoraussetzungen
erwerben zu können.
({7})
Das ist - neudeutsch gesagt - proaktive Arbeits- und
Ausbildungsberatung. Aus vielen persönlichen Gesprächen mit Mitarbeitern von Arbeitsämtern weiß ich,
daß diese Möglichkeiten zielführend sind und für viele
Jugendliche eine große Chance bedeuten.
Die bisherigen Erfolgszahlen sind ganz ohne Beschönigung - im Gegensatz zu dem, was Sie hier gesagt haben; da war noch viel Unverständnis und Desinformation im Spiel - phantastisch. Die Zahlen sind - ich wiederhole mich - wirklich phantastisch.
({8})
Diese Zahlen haben das Sofortprogramm schon jetzt gerechtfertigt. Allein im ersten Quartal, von Januar bis
März 1999, haben die Arbeitsämter 436 500 junge Menschen angesprochen - das ist eine enorme Leistung und eine Viertelmillion, 251 500, Angebote für Trainingsmaßnahmen, für Ausbildung, für Fortbildung, für
Arbeitsstellen und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen gemacht - eine wirkliche große konzertierte Aktion in diesem Lande.
({9})
Für 75 200 Jugendliche - das ist jetzt nur eine Zahl;
dahinter stehen Einzelschicksale; das sind junge Menschen mit persönlichen Chancen, die darauf angewiesen
sind, daß wir so etwas in Ergänzung zur wirtschaftlichen
Entwicklung anbieten; das sind wirklich Hoffnungen für
diese jungen Menschen - haben konkrete Maßnahmen
begonnen. Daß das nicht in allen Fällen sofort zu Ausbildungsverträgen führt, versteht sich doch angesichts
der Problematik - wenn man sich ein bißchen hineindenkt - von selbst. 42 300 dieser Maßnahmen wurden
im Westen und fast 33 000 im Osten vermittelt.
Man muß erwähnen, daß dort dieses Programm vor
dem Hintergrund zum Teil desolater Strukturen am Arbeitsmarkt von ganz besonderer Bedeutung ist. Mit „desolaten Strukturen“ meine ich eine Entwicklung, die Sie
nach der Wiedervereinigung nicht in den Griff bekommen haben, nämlich daß dort zum Teil ganze Regionen
deindustrialisiert wurden, was eben auch Folge einer
völlig inkompetenten Wirtschafts- und Sozialpolitik der
alten Regierung war. Das ist die Wahrheit und sonst
nichts.
({10})
Herr
Kollege Schurer, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Bei meiner ersten Rede würde ich Ihnen gerne den Genuß antun, meine Rede komplett vermittelt zu bekommen. Das hilft Ihnen weiter und
tut der Sache gut.
Insgesamt ist die Zahl der arbeitslosen Jugendlichen
unter 25 Jahren durch dieses Programm bereits im ersten
Quartal um knapp 40 000 auf 450 000 gesenkt worden.
Vor einem Jahr, im März 1998, waren noch 506 000 Jugendliche arbeitslos. Diese Zahlen sind signifikant und
sprechen dafür, daß das Programm bei den jungen Menschen bereits viel Anklang gefunden hat. Der Anteil der
Frauen lag im ersten Quartal bei 42,4 Prozent und dementsprechend der Anteil der Männer bei 57,6 Prozent.
Ausländische Jugendliche - das muß gesagt werden sind mit 11 Prozent beteiligt. Die Gruppe der Jugendlichen - auch das ist wichtig -, die in ihrer sozialen und in
ihrer Bildungsbiographie benachteiligt sind, wird von
der Fachbehörde mit 17 Prozent angegeben.
Ich möchte kurz auf die Zahl 75 000 eingehen, zu der
Frau Schwaetzer schon etwas gesagt hatte. Es ist systemimmanent, daß zum Beispiel Trainingsprogramme
vermittelt - im ersten Quartal waren es 15 000 -, daß
außerbetriebliche Ausbildungen in einer Größenordnung
von rund 16 000 initiiert und daß außerdem rund 1 000
Nachholprogramme für junge Leute angeboten wurden,
die den Hauptschulabschluß noch nicht haben. Das alles
ist sehr wichtig. Sie haben eben versucht, die sozialen
Begleitmaßnahmen etwas lächerlich zu machen. Verstehen Sie es aus dem Programm heraus: Es gibt Jugendliche - junge Frauen und junge Männer - , die zunächst
einmal erst soziale Begleitprogramme brauchen, um in
die Lage versetzt zu werden, bildungsmäßig qualifiziert
zu werden. Sie sind in diesen 75 000 enthalten.
({0})
Zu erwähnen ist, daß die Mittelbindung im ersten
Quartal von diesen 2 Milliarden DM, die bereitgestellt
wurden, bereits nach 90 Tagen bei 1,262 Milliarden DM
lag; also 64 Prozent - das sind knapp zwei Drittel - der
bereitgestellten Mittel im Etat waren bereits gebunden.
Auch das ist eine Zahl, die eindeutig für den großen Erfolg dieses Programmes spricht.
Ich komme zum Schluß. Ich denke, das Sofortprogramm hat bewiesen, daß es gesamtgesellschaftlich
einen riesigen Bedarf für weitere mittel- und langfristige
Maßnahmen auf diesem Gebiet gibt. Hier versucht man
strukturell, junge Leute über Maßnahmen des zweiten
Arbeitsmarktes so zu qualifizieren, daß sie in den ersten
Arbeitsmarkt hineinwachsen können und sich dort mit
profunden Kenntnissen durchsetzen können. Nur sehr
wenige Jugendliche haben diese Maßnahmen abgelehnt.
Deshalb resümiere ich, daß das Bündnis für Arbeit die
große gesellschaftliche Aufgabe hat, nachdem wir hier
diese Vorleistungen gebracht haben, mit entsprechenden
Initiativen, die unter Arbeitgebern, Gewerkschaften und
Staat abgestimmt sind, diese Programmatik weiterzuführen. Das ist für mich ein ganz wichtiger Punkt. Nirgends
in dieser Gesellschaft sind Investitionen für Wirtschaft
und Gesellschaft so gut angelegt, wie wenn es darum
geht, junge Menschen durch Ausbildung und Qualifizierung in die Lage zu versetzen, sich später in ihrem Leben über die Arbeitswelt gesellschaftlich zu integrieren.
Herr
Kollege Schurer, ich habe Ihnen sehr viel Zeit gelassen.
Ich bitte Sie, zum Schluß zu kommen.
Den Bundesministern Bulmahn und Riester und dem Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit, Herrn Jagoda, möchte ich an dieser
Stelle samt ihren Mitarbeiterstäben herzlich danken.
Diesem Dank könnte sich auch die Opposition anschließen. Es geht um die Perspektiven der jungen Menschen
von morgen. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit
und hoffe auf die Lernfähigkeit der Opposition.
({0})
Herr
Kollege Schurer, ich beglückwünsche Sie zu Ihrer ersten
Rede im Deutschen Bundestag.
({0})
Deswegen sind wir mit Ihrer Redezeit auch sehr großzügig verfahren.
({1})
Beim nächsten Mal bitte ich, die Uhr zu beachten.
Als nächster Redner spricht der Kollege Dirk Niebel
von der F.D.P.-Fraktion.
({2})
Herr Präsident! Meine Damen
und Herren! Herr Kollege Dreßen, ich habe sogar noch
mehr Redezeit als geplant, weil Frau Schwaetzer sich so
kurz gefaßt hat, nachdem Sie Ihr durch Zwischenfragen
dankenswerterweise die Gelegenheit gegeben haben, liberale Politik darzustellen. Das ist auch dringend notwendig; denn wenn man sich sowohl diesen Haushaltsplan als auch das Vorschaltgesetz zum Arbeitsförderungsgesetz ansieht, das wir hier heute mitberaten, muß
man wieder feststellen, daß Sie die Weichen eindeutig
falsch gestellt haben.
({0})
Sie setzen Ihre Schwerpunkte auf den zweiten Arbeitsmarkt, und Sie vernachlässigen den ersten Arbeitsmarkt,
Herr Kollege Riester. Ich erlaube mir, das an Beispielen
deutlich zu machen.
Wie Sie sich vielleicht erinnern, haben Sie mir in der
ersten Lesung des Haushaltsplans in diesem Hause zugestimmt
({1})
- ja, er hat mir zugestimmt; man kann sich das kaum
vorstellen, nicht wahr, Frau Wegner? -, daß Nachbeschäftigungspflicht bei BHI ein probates Mittel zur Integration von Langzeitarbeitslosen im ersten Arbeitsmarkt ist. Wenn ich mir das Vorschaltgesetz zum Arbeitsförderungsgesetz ansehe, stelle ich allerdings fest,
daß diese Nachbeschäftigungspflicht bei älteren Arbeitnehmern gestrichen wird. Das begründen Sie damit, daß
die sonst nicht eingestellt werden würden. Wir kommen
dann exakt zu dem, was die Kollegin Hermenau vorhin so beklagt hat: zu Mitnahmeeffekten. Denn diese
Menschen werden mit Lohnkostenzuschüssen eingestellt
- das ist gut so -, sie werden für die Dauer der Förderungszeit beschäftigt und dann im schlimmsten Fall
- ohne Nachbeschäftigungsfrist, wie Sie das planen entlassen und stehen dem Arbeitsamt noch älter und
noch schwerer vermittelbar wieder zur Verfügung. Das
sind Mitnahmeeffekte, die wir nicht wollen. Deswegen
sagen wir: Das ist der falsche Weg.
Die aktive Arbeitsmarktpolitik nimmt 41 Milliarden DM in Anspruch. Der Zuschuß zur Bundesanstalt
für Arbeit ist mit 11 Milliarden DM veranschlagt. Im
Jahr 1998 haben Sie einen tatsächlichen Bedarf von
7,72 Milliarden DM gehabt. Sie rechnen mit einem Rückgang der Arbeitslosenzahl um 150 000; zumindest sagen
Sie uns das dauernd. Wir haben vorhin gehört, daß
100 000 Arbeitslose 4 Milliarden DM kosten. Weshalb,
Herr Riester, veranschlagen Sie so viel Geld für mehr
Arbeitslose, wenn Sie mit weniger Arbeitslosen rechnen?
({2})
- Herr Dreßen, Sie finanzieren Beschäftigung, aber keine Arbeit. Das ist ein Unterschied; das sollten Sie langsam lernen.
({3})
Sie haben unsere Vorschläge im Ausschuß abgelehnt,
den Zuschuß zur Bundesanstalt für Arbeit in Höhe von
6 Milliarden DM zurückzunehmen; die Summe bezieht
sich auf die Zahl der Arbeitslosen, die Sie weniger erwarten. Das aber hätte Impulse geschaffen, die Beiträge
zu senken, das hätte die Rahmenbedingungen der deutschen Wirtschaft verändert, und das hätte zur Schaffung
neuer Arbeitsplätze im ersten Arbeitsmarkt geführt. Sie
machen eine falsche Weichenstellung; das müssen wir
Ihnen hier heute vorhalten.
({4})
Es verwundert mich nicht, daß Sie noch immer nicht
gemerkt haben, daß Beschäftigungsprogramme keine
langfristige Verbesserung am Arbeitsmarkt bringen. Es
wundert mich auch nicht, daß altes Denken der alten
Linken vorherrscht und nicht die neue Mitte, wenn ich
sehe, daß von 298 Kolleginnen und Kollegen der SPDFraktion 244 Gewerkschaftsmitglieder sind - auch Sie
gehörten dazu -, also nur 54 nicht. Dann soll ich mich
noch wundern, daß der Gewerkschaftsblock die Richtlinien der Politik bestimmt und nicht der Herr Bundeskanzler?
({5})
Sie sollten die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen
Wirtschaft zur Schaffung von Arbeitsplätzen fördern,
indem Sie auch psychologische Folgewirkungen Ihrer
Gesetzesvorhaben berücksichtigen. Wenn Sie Menschen
verängstigen, die Arbeitsplätze schaffen wollen, dann
holen Sie die Arbeitslosen nicht von der Straße. Das
aber ist das Ziel, an dem wir Sie jederzeit messen lassen
wollen, Herr Riester.
({6})
Sie argumentieren mit der Klamottenkiste des Klassenkampfes.
({7})
Sie verhindern neue Arbeitsplätze im Bereich der sogenannten Scheinselbständigkeit. Sie nehmen Ihren
Wählerinnen und Wählern - das allerdings waren Sie
wahrscheinlich das letzte Mal - mit der 630-MarkRegelung die letzte Möglichkeit, selbst Arbeitseinkommen zu verdienen.
Herr Kollege Dreßen, Sie haben mir am letzten
Dienstag im Deutschlandfunk bestätigt - ich habe die
Sendung mitgeschnitten -, daß Sie allein aus dem
Grund, Ihre Wahlversprechen finanzieren zu müssen,
darauf verzichtet haben, die von uns beantragte Übergangsfrist bei dieser Regelung als Minimallösung einzuführen.
Allein der Umstand, Herr Minister Riester, daß Bundeskanzler Schröder es sich nicht wird leisten können,
innerhalb von sechs Monaten den zweiten Minister zu
verlieren, sorgt dafür, daß diese Murksgesetze nicht zurückgenommen werden. Herr Riester, ich fordere Sie
auf: Bewegen Sie sich! Nehmen Sie diese Gesetze zurück! Bessern Sie sie nicht nach! Schmeißen Sie sie auf
den Müll! Wenn Sie dazu nicht den Mumm haben, dann
machen Sie den Weg frei für jemanden, der ihn hat.
Vielen Dank.
({8})
Als
nächste Rednerin hat das Wort die Kollegin Dr. Thea
Dückert vom Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und
Kollegen! Wenn ich mir die Debatte anhöre, dann
scheint mir eines noch sehr viel problematischer als die
Haushaltsprobleme, die wir übernommen haben, zu sein:
der Tatbestand, daß nach 16 Jahren christlich-liberaler
Koalition das Vertrauen in den Sozialstaat in erheblicher Weise untergraben worden ist, und zwar in größerem Maße, als wir uns das jemals haben vorstellen können.
({0})
Herr Fuchtel hat es benannt. Er hat uns vorgeworfen,
daß viele hier im Land, vor allem die junge Generation,
mißtrauisch und unsicher gegenüber der Rentenversicherung sind. Das ist Ihre Hinterlassenschaft, mit der wir es
hier zu tun haben.
({1})
Es ist Ihr Hü und Hott in den letzten Jahren gewesen,
das die Rentner verunsichert hat.
({2})
Sie haben nicht nur die Rentner verunsichert. Sie haben das Vertrauen in die Solidargemeinschaften dieser
Gesellschaft untergraben. Das macht mich nachdenklich.
Das macht es auch so schwierig, die Aufgaben, die vor
uns liegen, zu definieren. Wir müssen nämlich das Vertrauen der Bevölkerung in den Sozialstaat zurückgewinnen.
({3})
Die materiellen Hinterlassenschaften, die sattsam bekannt sind, sind die Dinge, mit denen wir uns im ersten
Schritt auseinandersetzen müssen. Sie kennen diese
Hinterlassenschaften alle. Die gestiegenen Sozialabgaben sind eines der Probleme, weil Sie eine vollständig
falsche Finanzierung der deutschen Einheit zu Lasten
der Sozialkassen durchgesetzt haben.
Ein anderes Problem, das auf dem Fuße folgt, ist die
Massenarbeitslosigkeit. Weitere Probleme sind der
Ausbildungsplatznotstand bei den Jugendlichen, der
zum Himmel schreit, und last but not least, eine Schuldenlast, die einzig und allein zu Lasten der zukünftigen
Generation geht. Das sind die Schlaglichter der materiellen Hinterlassenschaft, die wir vorgefunden haben
und die wir noch lange abarbeiten müssen, zu denen wir
in diesem ersten Übergangshaushalt aber durchaus
schon adäquate Antworten gefunden haben.
Wir haben die Lohnnebenkosten bereits gesenkt,
und zwar zum 1. April. Herr Niebel, der Antrag, den
Sie eingebracht haben, um die Lohnnebenkosten zu
senken, ist hübsch. Sie haben sie in den letzten Jahren
hochgetrieben, wir haben sie jetzt schon gesenkt. Das
Geld, das Sie einsparen wollen, wollen Sie bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik einsparen. Das ist wirklich
lächerlich.
({4})
Wir wollen da nicht einsparen, sondern verstetigen.
Deswegen haben wir in diesem Haushalt den Ansatz mit
4,7 Milliarden DM erhöht. Wir wollen gegen die Jugendarbeitslosigkeit, die Sie uns hinterlassen haben,
vorgehen. Deswegen haben wir bereits das Programm
für 100 000 Ausbildungsplätze für jugendliche Arbeitslose auf den Weg gebracht. Wir reden nicht darüber,
sondern wir sind mittendrin, und dieses Programm läuft
gut an.
Wir haben noch etwas anderes gemacht: Uns ist es in
einer sehr schwierigen Situation - Sie haben mit Ihrem
gescheiterten Bündnis für Arbeit sehr viel Vertrauen
zerstört - gelungen, endlich wieder in ein Bündnis für
Arbeit einzusteigen und Mißtrauen abzubauen.
Meine Damen und Herren, das ist die eine Seite. Viel
schwerer wiegt aber die andere, die nicht materielle Seite.
In der Gesellschaft ist das Gefühl dafür verlorengegangen,
was ihr eine Solidargemeinschaft geben kann.
({5})
Das ist unsere Herausforderung, die Schwierigkeiten
bereitet. Das zeigt auch die Debatte um die Scheinselbständigkeit und die 630-Mark-Jobs. Meine These ist,
daß es Ihnen hier in Wahrheit überhaupt nicht um die
Praxisprobleme geht, die bei der Umsetzung aufgetreten
sind und die niemand leugnen will. Das sind Praxisprobleme, mit denen wir uns natürlich auseinandersetzen
werden, wenn sie nicht der Intention der Gesetze zuwiderlaufen.
Frau Schwaetzer, ich habe sehr wohl begriffen, was
Sie hier gerade gemacht haben: Sie haben nämlich wieder einmal Fehlinformationen und Verunsicherung in
die Bevölkerung gestreut.
({6})
Sie haben sich hier hingestellt und haben zum wiederholten Mal behauptet, daß Versicherte in berufsständischen Gesellschaften mit diesem Gesetz in irgendwelche
Krisen getrieben würden. Das ist falsch. Auf diese Menschen trifft dieses Gesetz gar nicht zu.
({7})
Sie arbeiten mit Fehlinformationen, weil Sie die Intention dieses Gesetzes bekämpfen.
({8})
Die Intention dieses Gesetzes ist: Mißbrauch abbauen
und verhindern. Die Intention des Gesetzes ist auch, zu
verhindern, daß Menschen immer mehr in unversicherte
Zustände hineingedrängt und aus den Sozialversicherungen herausgedrängt werden, weil ihre Arbeitgeber
die Sozialabgaben umgehen wollen. Das kann nicht sein.
Das wollen wir verhindern.
({9})
Ich sage Ihnen auch: Wir setzen uns durchaus mit
dem auseinander, was in dieser - auch sehr ideologischen - Diskussion passiert. Wir wollen das gerade Genannte erreichen. Was wir aber nicht wollen, ist natürlich, zum Beispiel Existenzgründerinnen und Existenzgründer zu behindern. Das wollen wir nicht, und
das werden wir nicht tun.
({10})
Wir haben bis zum heutigen Tage schon mehr für Existenzgründerinnen und Existenzgründer getan als Sie in
Ihrer ganzen Regierungszeit.
({11})
Frau
Kollegin Dückert, erlauben Sie eine Zwischenfrage des
Kollegen Schemken?
Ich erlaube eine Zwischenfrage sofort, wenn ich den
Gedanken zu Ende geführt habe.
({0})
Zu dem Gedanken gehört noch, daß wir für die Existenzgründerinnen und Existenzgründer auch in dieser Sitzung etwas zur Abstimmung stellen, zum Beispiel innerhalb des SGB III. Wir arbeiten nicht nur an einzelnen Gesetzen, sondern beispielsweise bei der Steuerreform an Unterstützungsleistungen für Übergangszahlungen für Arbeitslose, die eine Existenzgründung planen. In vielen Punkten
arbeiten wir an diesem Problem. Genau das macht die doppelte Aufgabe unserer Sozialpolitik aus: für die abhängig
Beschäftigten etwas zu tun, und für die, die flexibel in die
eigene Existenzgründung gehen, ebenfalls etwas zu tun.
({1})
- Sie können sich gerne zu einer Zwischenfrage melden,
das ist kein Problem.
Herr Schemken, Sie können jetzt gerne Ihre Zwischenfrage stellen.
Herr
Kollege Schemken, bitte schön.
Frau Kollegin
Dückert, ich habe eine Frage: Halten Sie es wirklich für
berechtigt - ich unterstelle und gebe das auch zu: Wir
haben die Frage des 630-DM-Gesetzes in den letzten
Jahren nicht regeln können, weil das ein komplizierter
Vorgang ist -, daß Sie jetzt einen Rundumschlag
machen, mit dem Sie die Elemente des Ehrenamtes im
Sport, die Elemente des Ehrenamtes in der Kultur und in
der Sozialarbeit so stark treffen, daß die Leute draußen
dies nicht mehr verstehen, und sind Sie sich dessen
bewußt, daß es eine ganze Reihe von Menschen gibt
- auch in der Sozialarbeit -, die nicht mehr bereit sind,
diese komplizierten Vorgänge nachzuvollziehen - sie
auch nicht nachvollziehen können -, und die bis zu
40 Prozent und mehr Abgaben für eine Nebenbeschäftigung zahlen, die sie im Ehrenamt tätigen?
({0})
Halten Sie es nicht für richtig, daß das Gesetz wenigstens in diesen Teilen sofort einer anderen Regelung bedarf?
({1})
Herr Kollege, schönen Dank für Ihre Zwischenfrage und
auch schönen Dank dafür, daß Sie zugegeben haben, daß
Sie diesen Zustand in Ihrer Regierungszeit sozusagen
nicht bearbeitet haben,
({0})
sich aber auch nicht getraut haben, ihn zu bearbeiten. Sie
sind sehenden Auges in die exorbitante Zunahme von
unversicherten, nicht in der Sozialversicherung abgesicherten Beschäftigungsverhältnissen hineingerannt.
Sie machen in der Tat auf ein Problem aufmerksam;
ich weiß aber auch - wir setzen uns damit auseinander -,
daß hinsichtlich der Übungsleiter zur Zeit eine Debatte
läuft, in der sehr vieles miteinander vermischt wird und
in der man sehr vieles den Regelungen des 630-DMGesetzes in die Schuhe schieben will. Es ist das Problem
der Trainingsleiter, der Trainer, die überhaupt nicht in
den Bereich von 630-DM-Tätigkeiten fallen, sondern die
in der Vergangenheit und auch jetzt sehr viel höher bezahlt worden sind, die in der Vergangenheit und auch
jetzt eben nicht richtig abgeführt haben; das gilt auch für
die Vereine. Das wird vermischt. Wir werden uns mit
diesem Problem auseinandersetzen, aber es hat nichts
mit den 630 DM zu tun. Wir werden uns auch mit dem
Problem ehrenamtlicher Tätigkeiten auseinandersetzen.
Aber auch dieses ist nicht über das 630-DM-Gesetz zu
regeln und muß dort auch nicht geregelt werden. Das ist
ein Problem, das wir erkannt haben und auch angehen
werden.
Meine Damen und Herren, es geht Ihnen - ich wollte
Ihnen das vorhin schon sagen - aber gar nicht um die
Intention des Gesetzes und um die Probleme der Praxis,
sondern Sie wollen das Gesetz in seinem Kern nicht.
({1})
- Der Herr Niebel sagt es gerade: Weg damit! Genau.
Sie wollen gegen den Mißbrauch von geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen nichts tun.
({2})
Sie wollen nichts dagegen tun, daß reihenweise zum
Beispiel Lkw-Fahrer, die in einer abhängigen Beschäftigung sind, einfach aus der Sozialversicherungspflicht
hinausgekickt werden. Sie wollen - jetzt komme ich zurück zu meinem Gedanken, mit dem ich begonnen habe
- deshalb nichts dagegen tun, weil für Sie so etwas wie
Sozialversicherungshinterziehung ein Kavaliersdelikt
ist.
({3})
Das ist der Skandal an dieser Stelle.
({4})
Frau
Kollegin Dückert, erlauben Sie eine weitere Zwischenfrage?
Ja, ich erlaube noch eine Zwischenfrage.
Bitte
schön.
Frau Kollegin
Dückert, würden Sie denn vielleicht zumindest zugestehen, daß es in diesem Haus große Übereinstimmung
darüber gab und gibt, daß überall da, wo die 630-DMRegelung mißbraucht wird, Regelungsbedarf anerkannt
ist, daß es aber möglicherweise Ihr Grundfehler war, daß
über das schnelle Handeln - und das ist ja wirklich
schnelles Handeln mit der heißen Nadel gewesen ({0})
nicht nur Mißbrauch bekämpft worden ist - Entschuldigung, das ist ein schwieriges Problem, und wir haben
nicht nur heute, sondern immer wieder gesagt, daß es
schwer zu regeln ist -, daß also der Grundfehler einfach
der war, daß Sie grundsätzlich bei 630-DM-Jobs angeDr. Thea Dückert
setzt und gesagt haben: das ist alles Mißbrauch, das wird
jetzt alles geregelt, und genau dadurch die Probleme entstanden sind, daß nämlich im Gaststättengewerbe, im
Bereich des Zeitungsaustragens und in vielen anderen
Bereichen das, was man nicht in sozialversicherungspflichtige Vollzeitarbeit umsetzen kann,
({1})
jetzt kaputtgeht und auf der Straße liegt? Das ist das
Kernproblem, und deswegen ist das, was Sie gemacht
haben, ein völliger Fehler gewesen. Stimmen Sie damit
überein?
({2})
Herr Kollege, ich möchte Ihnen darauf gern zwei Dinge
sagen. Ich denke, Sie haben eine große Verantwortung
für dieses Problem, weil Sie 16 Jahre lang zugesehen
haben,
({0})
wie sich dieser Bereich zu einem Problem in der Gesellschaft entwickelt hat.
({1})
Es war höchste Zeit, in diesem Bereich sehr schnell zu
handeln. Die Zahl dieser Beschäftigungsverhältnisse
- das können wir auch zeigen - hat sich in der Bundesrepublik Deutschland in kurzer Zeit um Millionen erhöht, und gleichzeitig sind die Sozialkassen erodiert.
Das ist das eine Problem, mit dem wir uns auseinandersetzen müssen.
Das andere Problem, das jetzt Ihren Widerspruch gefunden hat - ich will Ihnen gern noch in einem zweiten
Punkt antworten, Herr Kollege -, ist, daß wir es hier mit
einer Art Doppelmoral der Sozialstaatsbürger zu tun haben, nämlich derjenigen, die wie Sie auf der einen Seite
verbal die soziale Absicherung für die beschäftigten
Menschen einklagen, auf der anderen Seite mit den Kosten nichts zu tun haben wollen, die auch Gegenstand
des Streits in der politischen Auseinandersetzung sind,
weil sich in den letzten Jahren mit diesen Millionen von
Arbeitsverhältnissen bei Scheinselbständigen und bei
geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen Nischen
entwickelt haben, in denen Leute sich eingerichtet haben, weil es diese Regelung gab. Diese Menschen kommen natürlich mit diesem Gesetz jetzt in schwierige Situationen. An dieser Stelle zeigt sich bezüglich des Sozialstaatsgedankens eine gesellschaftliche Doppelmoral,
die uns in der Tat große Schwierigkeiten in der Auseinandersetzung um die geringfügig Beschäftigten bereitet.
({2})
- Ja, das war meine Antwort.
({3})
- Sie können gerne noch stehen bleiben. Das irritiert
mich nicht. Vielleicht steht mir dadurch sogar eine noch
längere Redezeit zur Verfügung.
Die Uhr
halten wir jetzt nicht mehr an.
Ich weiß, Herr Präsident.
Es bleibt an dieser Stelle noch viel zu sagen. Vieles
bleibt auch offen. Wir werden noch häufig darüber diskutieren.
Ich wollte zum Ausdruck bringen, daß wir in dieser
Situation versuchen wollen, einen Sozialstaat modern zu
gestalten. Aber gleichzeitig sind wir in eine Situation geraten, in der keiner so richtig begreifen will, daß Flexibilität und soziale Sicherheit zusammen gehören und
daß wir Regelungen sowohl für neue Lebensverhältnisse
als auch für Existenzgründungen, für den Wechsel zwischen Beschäftigung und Nichtbeschäftigung sowie für
den Wechsel zwischen Arbeit und Bildung und auch für
ganz normale Beschäftigung finden müssen. Wir müssen
auch Regelungen sowohl für flexible Arbeitsverhältnisse
als auch für feste Beschäftigungsverhältnisse finden.
Die Veränderung der gesellschaftlichen Entwicklung
ist eine sehr schwierige Aufgabe. Sie haben sich in den
letzten Jahren um diese Debatte gedrückt. Wir müssen
die entsprechenden Bereiche des Arbeitsmarktes und der
Rentenversicherung verändern. Das heißt - das glaube
ich mit Sicherheit -, auch hier werden uns noch sehr
heftige Debatten ins Haus stehen, weil wir mit sehr unterschiedlichen Ansätzen zur Sozialpolitik in die Debatte
einsteigen werden.
({0})
Zu einer
Kurzintervention erteile ich das Wort der Kollegin Dr.
Irmgard Schwaetzer. Bitte schön.
({0})
Ich kann mir
vorstellen, liebe Kollegen von der SPD, daß Sie das
nicht so gerne hören.
Frau Kollegin Dückert, Sie hatten mich direkt angesprochen und mir bzw. der F.D.P. unterstellt, sie wolle
nichts gegen Mißbrauch tun und würde sich deshalb um
dieses Thema nicht kümmern.
({0})
Das Gegenteil ist der Fall.
({1})
Schauen wir uns zuerst einmal die Zahlen an, bevor
wir von Mißbrauch sprechen. Der von Ihnen beklagte
Anstieg der Zahl geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse ist nach einer Untersuchung des sozialwissenschaftlichen Max-Planck-Instituts in Köln - dieses Institut steht uns nicht besonders nah - im wesentlichen
auf eine Zunahme der Saisonarbeiter um 500 000 - diese
Arbeiter werden von Ihrer Regelung überhaupt nicht erfaßt - und auf eine Zunahme der Beschäftigten im
Haushalt von 300 000 zurückzuführen. Das kann man
diskutieren. Aber ich würde das nicht unbedingt als
Mißbrauch bezeichnen. Deswegen kann von einem massenhaften Mißbrauch, den Sie immer behaupten, wirklich keine Rede sein.
({2})
Ein weiterer Punkt. Statt Ihrer überbürokratisierten
Regelung, mit der Sie die Leute nur aus ihrer Arbeit
vertreiben, brauchen wir eine wirklich vernünftige Regelung für einen Niedriglohnsektor.
({3})
Aber das können Sie mit den Traditionskompanien der
Gewerkschaften, die dort drüben sitzen, nicht durchsetzen.
Ich bin gespannt, wie Sie auf die Entwicklungen im
Niedriglohnsektor reagieren werden. Das wird ja auch
im Bündnis für Arbeit diskutiert. Wir, die F.D.P. arbeiten an einem schlüssigen Konzept für diesen Niedriglohnsektor, mit unserem Bürgergeld. Das werden wir
demnächst im Bundestag und auch in der Öffentlichkeit
vorstellen. Es wäre vernünftig, Frau Dückert, in diesem
Sektor an einer Regelung zu arbeiten. Aber Ihre bisherigen Regelungen sind nicht vernünftig, weil sie nichts
von dem bewirken, was Sie erreichen wollen. Diese Regelungen bewirken lediglich, daß Menschen aus Arbeit
vertrieben werden.
({4})
Bürokratie ist nicht modern. Sie haben gesagt, Sie
wollten einen modernen Sozialstaat schaffen. Statt dessen haben Sie nichts weiter als zusätzliche Bürokratie
geschaffen. Das ist 19. Jahrhundert. Sie sollten besser
unserem Antrag zustimmen, in dem vorgesehen ist, diese Regelungen abzuschaffen.
({5})
Frau
Kollegin Dückert, wollen Sie erwidern? - Bitte schön.
Frau Schwaetzer, allein die Tatsache, daß und wie wir in
den letzten Wochen über den Mißbrauch diskutiert haben, beweist, daß es einen erheblichen Mißbrauch in
diesem Bereich gibt. Das ist das erste, was ich Ihnen sagen möchte.
({0})
Das zweite: Daß Sie nichts gegen diesen Mißbrauch
unternehmen wollen, beweisen a) die Vergangenheit, in
der Sie es schon lange hätten tun müssen, und b) Ihr
Antrag, in dem Sie uns auffordern, den Gesetzentwurf
zurückzuziehen.
({1})
Als
nächste Rednerin hat die Kollegin Monika Balt von der
PDS-Fraktion das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident!
Sehr geehrte Damen und Herren! Mit großer Erwartung
und mit viel Hoffnung schauten Hunderttausende ostdeutsche Rentnerinnen und Rentner am 28. April nach
Karlsruhe. Es ging um die durch ihre Arbeit in der DDR
erworbenen rechtmäßigen Ansprüche auf eine Zusatzund Sonderversorgung.
Jede und jeder Abgeordnete wußte, daß in diesem ersten Halbjahr mit den Urteilen des Bundesverfassungsgerichts zu rechnen war. Das spielte auch in den Haushaltsdebatten des Haushalts- und des Finanzausschusses
eine Rolle. Es ist daher unverständlich, daß dafür keinerlei finanzielle Vorsorge getroffen wurde.
({0})
Wir wollen, daß die Rentnerinnen und Rentner die verfassungsrechtliche Korrektur noch erleben, bevor die
„biologische Lösung“ eintritt.
({1})
Betrachtet man die vier Urteile des Bundesverfassungsgerichts im einzelnen, dann erkennt man, daß bei
den Rentnerinnen und Rentnern zweifellos sehr unterschiedliche Wertungen vorgenommen werden. Insgesamt wird der Richterspruch nicht glücklich machen;
aber er ist ein bedeutender Fortschritt in Richtung Rentengerechtigkeit.
({2})
Von grundlegender Bedeutung ist, daß die in der
DDR erworbenen Versorgungsansprüche und -anwartschaften unter den Eigentumsschutz des Grundgesetzartikels 14 gestellt worden sind - ein Recht, das bereits
seit 1980 für die alten Bundesländer gilt.
Einen wichtigen Erfolg haben jene Klägerinnen und
Kläger errungen, die gegen das Rentenstrafrecht und gegen willkürliche, politisch motivierte Rentenkürzungen
kämpften. Die Botschaft des Bundesverfassungsgerichts
an den Gesetzgeber lautet: Die politisch-moralische
Wertneutralität des Rentenrechts ist ein hohes, durch das
Grundgesetz geschütztes Gut, das niemand verletzen
darf.
({3})
Verstöße gegen den Gleichheitsgrundsatz und den
Eigentumsschutz des Grundgesetzes dürfen nicht geduldet werden.
({4})
Die Karlsruher Urteile sind eine schwere Schlappe
für die abgewählte Kohl-Regierung. Die abgewählte
Kohl-Regierung wollte mit Rentenkürzungen politisch
strafen.
({5})
Die PDS war die einzige Partei im Deutschen Bundestag, die von Anfang an konsequent gegen politisch motivierte Rentenkürzungen auftrat.
({6})
Von der jetzigen Bundesregierung fordern wir die
schnelle Korrektur der verfassungswidrigen Normen
noch in diesem Jahr. Außerdem fordern wir, die dafür
nötigen Haushaltsmittel einzustellen. Für die gesetzlichen Neuregelungen sind Mehrausgaben in dreistelliger
Millionenhöhe zu erwarten. Diese erforderlichen Mittel
müssen im Nachtragshaushalt, spätestens aber im Haushalt für das Jahr 2000 eingeplant werden.
({7})
Rentenkorrekturen und Nachzahlungen sind keine Geschenke, sondern gerechtfertigte Forderungen nach Leistungen, die jahrelang rechtswidrig vorenthalten worden
sind.
Vielen Dank.
({8})
Für die
CDU/CSU-Fraktion spricht jetzt die Kollegin Birgit
Schnieber-Jastram. Bitte schön.
({0})
Richtige
Vorfreude macht sich breit. Das freut natürlich auch
mich. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist ein gutes Zeichen, daß wir hier streiten. Es
zeigt, daß wir alle miteinander viel Engagement für diesen Bereich haben. Vielleicht würden wir weniger streiten, wenn der Bundeskanzler das tun würde, was im
Grundgesetz festgeschrieben ist, nämlich die Richtlinien
der Politik zu bestimmen.
({0})
Die Väter des Grundgesetzes hatten einen Kanzler
vor Augen, der seinen Ministern klare Vorgaben für eine
weitsichtige und vernünftige Politik macht. Was tut der
Kapitän dieses Schiffes Bundesrepublik? Was tut Kapitän Schröder? Er gibt eben keinen klaren Kurs vor;
vielmehr handelt er nach der üblichen Devise: Na,
schaun mer mal.
Das hat Folgen. Die Fahrtrichtung dieses Schiffes ändert sich ständig. Das bekommt besonders sein Steuermann für das überlastete Sozialschiff zu spüren - Walter
Riester.
({1})
Er muß das Ruder des Sozialschiffes nämlich nach den
Weisungen des Chefs immer wieder herumreißen. Die
Besatzung wird seekrank, der Steuermann immer blasser, und Herr Schröder bringt die sturmerprobte Sozialversicherung auf Schlingerkurs. Gerhard Schröder mutiert zum Käpten Chaos dieser Regierung.
({2})
Zum Thema Rente. Es ist nicht unsere Hinterlassenschaft, Frau Dr. Dückert, durch die die Leute verunsichert werden, sondern es ist vielmehr Ihr Werk, daß die
Leute jetzt zutiefst verunsichert werden.
({3})
Ich will gerne noch einmal schildern, was wir hier erlebt
haben: Erst mußte der Bundesarbeitsminister Riester den
von der alten Bundesregierung eingeführten und dringend notwendigen demographischen Faktor aussetzen.
Daran erinnern Sie sich vielleicht noch.
({4})
Dann fällt dem Arbeitsminister auf, daß die Rentenformel ohne den demographischen Faktor überhaupt nicht
zu finanzieren ist. Herr Riester unternimmt einen Vorstoß, um die Rentenformel zu korrigieren. Sogleich wird
er vom Kanzler, dem Kapitän dieses Schiffes, öffentlich
zurückgepfiffen. Nachdem Riester dann auf den Kurs
des Chefs zurückgeschwenkt ist, gibt dieser schon wieder ein Kommando - in die entgegengesetzte Richtung:
Jetzt will der Kanzler doch wieder einen demographischen Faktor berücksichtigen. Durch dieses ständige Hin
und Her dokumentieren auch die Grünen, die bislang
immer kreativ waren, die Orientierungslosigkeit, Hilflosigkeit und Selbstlähmung dieser rotgrünen Koalition.
({5})
Daß Sie dabei den Osten Deutschlands zum großen
Teil ausblenden, mache ich Ihnen angesichts Ihrer sonstigen Deklamationen besonders zum Vorwurf. Ich nenne nur ein Beispiel: Kein Vertreter der neuen Bundesländer arbeitet mit an der Organisationsreform der Rentenversicherung. Das sollten Sie zügig korrigieren.
Noch schlimmer als in der Rentenpolitik - das ist ja
in den letzten Tagen und auch heute wieder mehrfach
gesagt worden - treibt es der Herr Schröder mit seinem
Arbeitsminister. Sie tun mir wirklich leid angesichts der
Vorgänge um die 630-Mark-Jobs. Vernünftige Pläne
für die Neuregelung der 630-Mark-Jobs, Herr Minister
Riester, wurden in Bausch und Bogen über Bord geworfen. Wir erinnern uns an die Aktuelle Stunde, in der ohne vorherige Information des Arbeitsministers, der
Fraktion und der vielen Frauen, die viele Jahre für etwas
ganz anderes gekämpft haben, hier etwas verkündet
worden ist, das man Ihnen, Herr Minister, jetzt in die
Schuhe schiebt. Ich halte das für ein starkes Stück. Sie
sollten das nicht zulassen.
({6})
Ob Sie, Herr Bundesminister Riester, mit Ihren Methoden und Kriterien das Ziel der Fahrt, das weniger Arbeitslose heißt, wirklich erreichen, frage ich mich schon;
ebenso, ob man durch Kriminalisieren und Kanalisieren
wirklich eine Senkung der Arbeitslosenzahl in diesem
Lande erreichen kann.
({7})
Der Schlingerkurs geht noch weiter. Die Neuregelung
der Scheinselbständigkeit ist zum 1. Januar in Kraft
getreten. Was Sie, Frau Dr. Dückert, hier dazu gesagt
haben, bedarf eigentlich keines weiteren Kommentars.
Sie vergiften hier die Atmosphäre und nehmen Existenzgründern den nötigen Hauch von Optimismus, den
man bei solchen Vorhaben einfach braucht. Das ist eine
Katastrophe. Sie gefährden zigtausend Arbeitsplätze.
({8})
Noch nie hat ein Gesetz in so kurzer Zeit so viel Schaden angerichtet und selten so viel Widerspruch ausgelöst.
({9})
Frau
Kollegin Schnieber-Jastram, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Brandner?
Ja.
Bitte
schön, Her Brandner.
Frau Schnieber-Jastram, Sie
haben gerade noch einmal festgestellt, welche chaotischen Wirkungen die Gesetze zu den 630-Mark-Jobs
und der Scheinselbständigkeit ausgelöst haben. In meiner Heimatzeitung „Die Glocke“ vom 4. Mai 1999 lese
ich ({0})
- „Die Glocke“ ist eine christliche Heimatzeitung -:
Für die Zahlung von Sozialabgaben hat sich hingegen schon seit 1988 die Gebäudereinigung
Schniersmeier GmbH in Gütersloh stark gemacht.
„Was wird später, woher soll die Rente kommen?“
So habe sie viele ihrer Angestellten davon überzeugen können, auf Steuerkarte zu arbeiten, berichtet
die Seniorchefin Ursula Schniersmeier. Ihr ging es
dabei u. a. auch um den Aufbau von Stammpersonal, das ihrer Erfahrung nach die Kunden bevorzugten. All ihre derzeit 20 Beschäftigten arbeiten
auf Steuerkarte und im Schnitt sieben bis acht
Stunden. „Wir sind Befürworter dieses Gesetzes,
dann werden die Preise endlich normal“, freut sie
sich, beizeiten gehandelt zu haben.
({1})
Stimmen Sie mir zu, daß die Auswirkungen der Gesetze gar nicht so schlimm sind, sondern eher positiv
sind, weil sie aufdecken, wieviel Mißbrauch es in der
Vergangenheit gegeben hat? Die Gesetze helfen also,
daß Recht und Ordnung auf dem Arbeitsmarkt und Gerechtigkeit in den Sozialkassen erhalten bleiben.
({2})
Ich frage
mich, wo wir eigentlich leben. Wir sind doch mit Ihnen
froh, daß es so vernünftige Unternehmer gibt, die sagen:
Wir versuchen, reguläre Beschäftigung zu schaffen.
({0})
Aber eines müssen wir doch auch feststellen: Wir
treffen auch sehr viele und ganz andere Bereiche. Wenn
ich mir einmal die Diskussion im ehrenamtlichen Bereich vor Augen führe, dann frage ich Sie: Mit welcher
Argumentation wollen Sie vertreten, daß jemand, der
Übungsleiter in einem Sportverein ist, ob als Scheinselbständiger oder als 630-DM-Kraft, in Höhe dieser
630 DM Aufwandsentschädigung erhält?
Ich stelle da nicht mehr die Frage, ob diese Tätigkeit
ehrenamtlich ist oder nicht. Das Entgelt deckt längst
nicht seinen Arbeitseinsatz. Deswegen muß dieses Gesetz zurückgenommen werden.
({1})
Frau
Kollegin, erlauben Sie eine Zusatzfrage?
Ja.
Bitte,
Herr Brandner.
Frau Schnieber-Jastram, ist
Ihnen der Unterschied zwischen der Aufwandsentschädigung für ein Ehrenamt und dem Entgelt für ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis, also einem Arbeitseinkommen, bewußt?
Natürlich
ist mir der Unterschied bewußt. Sie führen jetzt hier eine
kleinkrämerische Diskussion,
({0})
die den letzten ehrenamtlich tätigen Leuten die Lust
austreibt, so etwas überhaupt noch zu machen.
({1})
Hunderttausenden von Übungsleitern erteilen Sie eine
Ohrfeige für das, was sie jahrelang gemacht haben, um
für junge Menschen die Arbeit zu verrichten, die besonders wichtig ist, nämlich ihnen die Freizeit zu gestalten.
Das ist wirklich ein starkes Stück.
({2})
Diese Gesetze - darüber gibt es keinen Streit - vertreiben die Gutwilligen und sind eine Einladung zur
Schwarzarbeit.
({3})
Ich habe kürzlich in der Zeitung eine Anzeige gelesen, wie man sie übrigens häufiger finden kann. Ich will
nur einmal darauf hinweisen, was Sie mit Ihrer Politik
auch anrichten. Dort hieß es:
Wir - eine Gruppe mittelständischer Unternehmer sind die ständig steigenden Eingriffe und die zunehmende Willkür des Fiskus leid. Deshalb agieren
wir wie Multis, lagern Geschäft und Gewinne aus
und sichern so den Bestand unserer Unternehmen.
Wenn Sie dieses Ergebnis anstreben, nämlich die
Leute zu vertreiben, Arbeitsplätze abzubauen, dann sagen Sie das, und stehen Sie dazu.
({4})
Nun will ich, weil von Ihnen immer so gern behauptet
wird, wir wollten nichts gegen Scheinselbständigkeit
tun, noch folgendes sagen: Es ist ja nicht so, daß es vorher keine Verfahren gegeben hat. Frau Schwaetzer hat
das vorhin sehr schön dargestellt. Es gab einen klaren
Kriterienkatalog, nach dem geurteilt wurde. Unendlich
viele Arbeitsplätze sind auf Grund dieser Urteile in die
Betriebe hinein zurückorganisiert worden. - Tun Sie also nicht so, als ob man vorher dem Wildwuchs Raum
gelassen hätte. - Auch dies hat stattgefunden.
Diese beiden Gesetze, die Sie uns vorgelegt haben,
sind nicht nur steuerpolitisch, sondern insbesondere
auch sozialpolitisch ein riesengroßer Skandal, die den
Sport, die Wohlfahrtsverbände und alle miteinander verschreckt haben, und vieles an Leistung findet nicht mehr
statt.
({5})
Deswegen hilft nur eins: Weg mit diesen Gesetzen!
Die Gesetze sind das Destruktivste, was wir hier erleben
mußten. Nachbessern hilft hier nicht weiter. Im übrigen
kann ich nur sagen: Das Wort „nachbessern“ eignet sich
als Unwort des Jahres 1999.
Stimmen Sie unserem Antrag auf Rücknahme der
Gesetze zu, machen Sie es nicht so wie kürzlich Ihre
Kollegen im Bundesrat. Das war unaufrichtig, unehrlich
und grenzte an politische Schizophrenie.
Jetzt noch ein Wort zur Jugendarbeitslosigkeit. Herr
Schurer, Sie haben dazu ein paar Ausführungen gemacht. Vielleicht wissen Sie es nicht; deswegen möchte
ich es Ihnen gern noch einmal sagen: In der Zeit unserer
Regierung hat es in jedem Jahr Mittel gegeben, um
300 000 junge Menschen in überbetriebliche Ausbildung
zu schicken. Es ist nicht so, daß wir nichts getan hätten.
({6})
Ich finde es sehr wichtig, daß Sie sich dies zu Gemüte
führen. Es waren nicht nur 100 000 Plätze, über die wir
gar nicht streiten wollen, sondern 300 000 Plätze jedes
Jahr für junge Leute.
Ich möchte hier die Bundesregierung auffordern:
Schaffen Sie endlich Klarheit in der Sozialpolitik! Wenn
Sie so weitermachen, dann brennt dieses Schiff bald
lichterloh. Wir machen uns nicht nur Sorgen um den
Kapitän,
({7})
der sich vom sympathischen Käpten Blaubär zum Käpten Chaos entwickelt hat, sondern wir machen uns Sorgen um den gemobten Steuermann, um den von Ihnen
und dem Bundeskanzler gemobten Steuermann, dem das
Ruder immer wieder aus der Hand geschlagen wird. Wir
machen uns aber am allermeisten Sorgen um die Passagiere dieses Schiffes, denn sie sind die Leidtragenden
dieser Situation.
({8})
Für die
Bundesregierung spricht jetzt der Bundesminister für
Arbeit und Sozialordnung, Walter Riester.
({0})
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Schnieber-Jastram, ich komme
auf Ihre Sorgen am Schluß meiner Rede zurück. Ich will
mich zuerst dem Haushalt widmen.
Der Bundeshaushalt, den die Bundesregierung Ihnen
heute vorlegt, ist ein Haushalt der Verantwortung, der
Verantwortung für die Arbeitslosen, für die Jugendlichen und für das soziale Sicherungssystem. Mit diesem
Haushalt bekämpfen wir die Arbeitslosigkeit und verstetigen die aktive Arbeitsmarktpolitik, und zwar auf
hohem Niveau. Wir bauen den Arbeitslosen Brücken in
den ersten Arbeitsmarkt. Mit diesem Haushalt unterstützen wir die Bundesanstalt für Arbeit nicht zuletzt mit
dem angesprochenen Programm zur zusätzlichen Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit.
Frau Schnieber-Jastram, Sie haben recht, auch früher
sind erhebliche Mittel eingesetzt worden. Nur die Mittel
für dieses Programm werden zusätzlich eingesetzt.
Gleichzeitig werden weitere 300 000 Jugendliche über
Qualifizierungsmaßnahmen von der Bundesanstalt für
Arbeit unterstützt.
({0})
Damit eröffnen wir den Jugendlichen zusätzlich Chancen - wie gesagt: zusätzlich und wahrscheinlich für wesentlich mehr als 100 000 Jugendliche - für Ausbildung,
Qualifizierung und Beschäftigung. Mit diesem Haushalt
entlasten wir die Sozialversicherungen von versicherungsfremden Leistungen und senken damit die Lohnnebenkosten.
Der Haushalt des Bundesarbeitsministeriums ist
mit 172,4 Milliarden DM der größte Einzelplan des
Bundeshaushaltes. Insgesamt werden im Einzelplan 11
für dieses Jahr rund 9 Milliarden DM mehr eingestellt,
als dies die alte Bundesregierung vorsah. Das sind
9 Milliarden DM mehr für Arbeit und soziale Gerechtigkeit. Das ist ein klares Signal an die Bürgerinnen und
Bürger: Wir halten, was wir versprochen haben.
({1})
Die Chancen für einen nachhaltigen Abbau der Arbeitslosigkeit sind gut. Alle Prognosen gehen von einem
weiteren Rückgang der Arbeitslosenzahlen aus.
({2})
- Es kommt keine Kündigungswelle. - Ich will auf die
Zahlen kurz eingehen. Herr Kues sagte, die Zahl der Arbeitslosen habe sich um 320 000 gesteigert. Er erwähnte
aber nicht, daß diese Zahl auf den jedes Jahr im Winter
wiederkehrenden saisonalen Anstieg der Arbeitslosigkeit basiert. Richtig ist, Herr Kues, daß wir im Jahresvergleich im Januar 360 000, im Februar 360 000 und
im März 340 000 Arbeitslose weniger hatten als im
letzten Jahr. Ich glaube, im Durchschnitt gesehen sind
wir auf einem guten Weg. Wir sollten alle daran arbeiten, daß diese Entwicklung so weitergeht.
({3})
Die Chancen werden also wieder günstiger. Wir werden
diese positiven Rahmendaten für unsere Politik nutzen,
die die Eckpfeiler für mehr Beschäftigung setzt.
Menschen brauchen Chancen, durch Arbeit ihren Lebensunterhalt eigenständig zu bestreiten. Das gilt ganz
besonders für die, die auf Grund ihrer Qualifikation,
ihres Alters oder ihrer sozialen Situation nicht in der Lage sind, aus eigener Kraft einen Job zu finden. Darum
genießt die aktive Arbeitsmarktpolitik Priorität in unserem sozialpolitischen Handeln. Aktive Arbeitsmarktpolitik erhöht Chancen. Unser Grundsatz lautet deshalb,
Arbeit statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren.
({4})
Ich betone noch einmal und ausdrücklich, daß unsere
aktive Arbeitsmarktpolitik vor allem darauf ausgerichtet
ist, Menschen Brücken in den ersten Arbeitsmarkt zu
bauen. Deshalb haben wir die Ausgaben des Bundes für
die Arbeitsförderung auf rund 43,3 Milliarden DM erhöht. Gegenüber dem Entwurf der alten Regierung ist
dies eine Steigerung von rund 1 Milliarde DM. Der Zuschuß an die Bundesanstalt für Arbeit steigt von
7,7 Milliarden DM in 1998 auf 11 Milliarden DM. Dabei muß man aber sehen - diese Frage ist schon angesprochen worden -: In dieser Summe sind zusätzliche
aktive Maßnahmen der Arbeitsförderung und das ZweiMilliarden-Sonderprogramm für die Jugend enthalten.
Das ist Ausdruck eines politischen Kurswechsels. Im
Gegensatz zur alten Bundesregierung werden wir die
aktive Arbeitsmarktpolitik nicht von Wahlterminen oder
von Entscheidungen wie beispielsweise vor dem Hintergrund der Maastricht-Kriterien abhängig machen.
({5})
Um eines klarzustellen: Wir brauchen diese stabilen
Brücken. Deshalb lehne ich eine Absenkung des Bundeszuschusses entschieden ab. Die Bekämpfung der
Arbeitslosigkeit ist eine Aufgabe der gesamten Gesellschaft und nicht nur eine Aufgabe der Beitragszahler.
Mit unserem Bundeshaushalt sorgen wir dafür, daß
die Bundesanstalt für Arbeit die Arbeitsmarktpolitik
auf hohem Niveau verstetigt und neue Maßnahmen zum
Abbau der Arbeitslosigkeit durchführen kann. Der Etat
der Bundesanstalt für Arbeit für 1999 sieht Ausgaben
von 105,2 Milliarden DM vor. Für aktive Arbeitsmarktpolitik sind davon 41 Milliarden DM vorgesehen, knapp
5 Milliarden DM mehr als im Haushalt 1998. Damit investieren Bund und Bundesanstalt für Arbeit zusammen
45,3 Milliarden DM in aktive Arbeitsmarktpolitik; das
sind rund 6 Milliarden DM mehr, als von der alten Bundesregierung vorgesehen waren.
({6})
Ich sage bewußt „investieren“; denn das sind Investitionen in die Zukunft unseres Landes und in die Zukunft
unserer Bürgerinnen und Bürger.
({7})
- Für den Eingliederungstitel stehen mit 27,4 Milliarden
DM rund 2,7 Milliarden DM mehr zur Verfügung als im
letzten Jahr, um die Frage „Wo denn?“ zu beantworten.
Die Arbeitsämter können damit Ermessensleistungen der
aktiven Arbeitsmarktpolitik finanzieren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine der
schlimmsten Hinterlassenschaften, die wir vorfanden, ist
die hohe Jugendarbeitslosigkeit. Es ist und bleibt eine
Schande für ein so reiches Land, wenn Hunderttausende
von jungen Menschen arbeitslos sind. Und zu den Registrierten kommen die nicht Registrierten: die daheim
sind, die auf der Straße sind, die in Bildungsveranstaltungen warten, weil sie keinen Zugang mehr zum
Arbeitsmarkt haben.
({8})
Nicht zuletzt deshalb haben wir unmittelbar gehandelt
und das Sofortprogramm zur zusätzlichen Bekämpfung
von Jugendarbeitslosigkeit aufgelegt. Für dieses Programm sind im Haushalt der Bundesanstalt 1999
2 Milliarden DM vorgesehen, davon 600 Millionen DM
aus dem Europäischen Sozialfonds. Der Schwerpunkt
der Förderung - über 40 Prozent der Mittel - liegt in der
Förderung in Ostdeutschland.
Das Sofortprogramm findet eine große Resonanz bei
den Jugendlichen. Morgen wird der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit die neuesten Zahlen vorlegen. Bis
zum gestrigen Tag haben sich insgesamt 117 186
Jugendliche in Maßnahmen aktiv beteiligt.
({9})
Herr
Minister, erlauben Sie eine Zwischenfrage?
Ja, gerne.
Bitte
schön.
Herr Bundesminister, ich habe eine einfache Frage. Wir sind uns doch
sicher einig, daß der Großteil der Arbeits- und Ausbildungsplätze für Jugendliche von Handwerkern und
Mittelständlern zur Verfügung gestellt wird. Nun geilen
Sie sich geradezu auf - ({0})
- Warum denn so nervös? Der Bundesminister erklärt
doch zuhauf: Die Bundesregierung nimmt 2 Milliarden
DM in die Hand, um damit 100 000 Jugendlichen für ein
Jahr die Chance zu finanzieren, von der Straße wegzukommen - vom Ziel her kein Problem!
Haben Sie aber einmal berechnet, wieviel Geld der
Staat damit für einen Jugendlichen aufwendet? Wenn
ich richtig gerechnet habe, sind es pro Monat 1 700 DM,
die Sie dem Jugendlichen, für den Ausbildungsplatz
zahlen. Welcher Handwerker wird in Zukunft noch
einen Jugendlichen ausbilden mit einem Gehalt in gleicher Höhe, wenn der Staat dieses Geld doch einfach zur
Verfügung stellt?
({1})
Das ist eine einfache Frage.
Diese einfache Frage möchte ich auch
einfach beantworten: Ich wünsche mir, daß wir dafür
keine Mark mehr einsetzen müssen, weil jeder Betrieb,
jeder Handwerker Ausbildungsplätze zur Verfügung
stellt. Solange dies aber nicht so ist, müssen wir diese
Mittel einsetzen, weil die Jugendlichen ansonsten auf
der Straße liegen.
({0})
Herr
Bundesminister, einen Moment.
Herr Kollege Hornung, ich weise Sie darauf hin, daß
das Tätigkeitswort, welches Sie gebraucht haben, kein
parlamentarischer Ausdruck ist.
({0})
Ich sagte, daß wir 117 186 Jugendlichen
- 41 Prozent davon in Ostdeutschland - die Chance gegeben haben, aktiv mitzumachen. Darauf können wir
stolz sein.
({0})
Ich habe das Gefühl, daß dies einige nicht so stehen
lassen können und deshalb in die Trickkiste greifen. Ich
betone daher: Wir sprechen die Jugendlichen an, die in
den letzten Jahren vergessen worden sind.
({1})
Wir sprechen sie so an, daß sie die gebotene Chance ergreifen. Es handelt sich zum Teil um Jugendliche, die
keinen Hauptschulabschluß haben, die die Ausbildung
abgebrochen haben. Dort müssen wir auch kurzfristige
Maßnahmen ansetzen, Frau Schwaetzer.
({2})
Dadurch bekommen sie die Chance, daß ihnen überhaupt eine Ausbildung vermittelt wird. Ausgebildeten
müssen wir Trainingsmaßnahmen anbieten, um ihnen
die Chance zu geben, überhaupt in den ersten Arbeitsmarkt zu kommen. Ziel dieses Programms ist es, diesen
Jugendlichen eine Chance zu geben.
({3})
Herr
Bundesminister, erlauben Sie eine weitere Zwischenfrage des Kollegen Niebel?
Ja.
Herr Bundesminister, stimmen
Sie mir zu
({0})
- ich könnte jetzt eine Frage stellen, worauf Sie mit dieser Antwort ganz blöd dastehen -, daß die jetzige Regierung, als sie noch in der Opposition war, der damaligen
Bundesregierung vorgeworfen hat, Jugendliche in
Berufsgrundbildungsjahren, in Berufsvorbereitungsjahren oder ähnlichen Maßnahmen seien eigentlich nur versteckte Arbeitslose, würden also die Statistik etwas verbessern?
({1})
Stimmen Sie mir ferner zu, daß exakt diese Jugendlichen nach dem Sofortprogramm für Jugendliche, von
dem Sie gerade gesprochen haben, als versorgte Bewerber gelten, also nicht in den Genuß der sogenannten erleichterten Förderung kommen? Stimmen Sie mir letztlich zu, daß damit diejenigen, die sich noch letztes Jahr
verweigert haben, an der Integration in den Arbeitsmarkt
mitzuwirken, belohnt werden?
({2})
Herr Niebel, in der Tendenz Ihrer Fragen stimme ich Ihnen nicht zu. Ich will dies ganz kurz
begründen: Ich glaube, es gibt kaum ein Programm, das
so viele Menschen erfaßt hat, die nicht als Arbeitslose
gemeldet waren.
({0})
Ich finde es gerade toll, daß so viele, denen bekanntgeworden ist, welche Möglichkeiten bestehen, auf die
Arbeitsämter zugehen und fragen: Kann ich mitmachen?
Bekomme ich eine Chance? - Zum Teil wirkt sich dies
überhaupt nicht statistisch aus. Das ist mir auch völlig egal.
Mir geht es um die Menschen und nicht um die Statistik.
({1})
Deswegen spreche ich hier nicht von versteckten
Arbeitslosen, ich möchte keine Statistiken bereinigen.
Ich möchte, daß den Menschen unter ihren spezifischen
Bedingungen geholfen wird, zum Beispiel den Behinderten oder den Leistungsschwachen. Über 3 000 junge
Behinderte machen bei diesem Programm mit. Darauf
können wir alle stolz sein.
({2})
Herr
Bundesminister, erlauben Sie eine weitere Zwischenfrage?
Ja.
Ich
möchte aber darauf hinweisen: Die Zeit ist so fortgeschritten, daß ich darum bitte, daß anschließend keine
Zwischenfragen mehr gestellt werden.
Herr Kollege Kues.
Herr Minister, Sie
haben eben, wenn ich das richtig verstanden habe, gesagt, daß Sie - in meinen Worten ausgedrückt - mit dem
Programm im Grunde genommen die Schwächsten der
Schwachen erreichen wollten.
({0})
Stimmt die Zahl, die ich vorhin genannt habe, daß
45 Prozent derjenigen, die von dem Programm für
100 000 Jugendliche profitieren, einen Hauptschulabschluß und 42 Prozent zusätzlich einen Realschulabschluß bzw. Abitur haben?
({1})
Ich unterstelle einmal, daß die Zahl stimmt.
({0})
- Ich antworte gerade auf Herrn Kues; ich denke, er will
die Antwort von mir haben.
({1})
Ich möchte dazu aber eine Bemerkung machen, Herr
Kues. Das Programm schließt natürlich nicht aus, daß
beispielsweise jemand mit einem Realschulabschluß
oder auch mit einer Ausbildung eine Förderung erhält,
wenn er die zweite Hürde, den Sprung in den Arbeitsmarkt, nicht geschafft hat.
({2})
Aber der Schwerpunkt des Programms liegt in der Tat
darauf, den Leistungsschwächeren, die auf dem Markt
wenig Chancen haben, Unterstützung zu geben. Das ist
der Schwerpunkt der Programms; insofern ist es absolut
richtig angelegt.
({3})
Vielleicht darf ich Ihnen ein Zitat aus einer der F.D.P.
möglicherweise sehr nahe stehenden Zeitung, dem
„Handelsblatt“, bringen. Es titelte am 30. März kurz und
knapp: „Sofortprogramm ist voller Erfolg“. Dem möchte
ich von der Bewertung her eigentlich nichts mehr hinzufügen.
({4})
Unser Programm straft im übrigen all diejenigen Lügen, die behaupten, viele Jugendliche, vielleicht sogar die
Mehrheit, wollten gar nicht arbeiten, sondern würden lieber in der sozialen Hängematte faulenzen. Weniger als
3 Prozent der Jugendlichen erhielten Sperrzeiten und Leistungskürzungen, weil sie sich einem zumutbaren Angebot verweigert haben. Diese Zahl zeigt deutlich: Es macht
keinen Sinn, über eine Jugend mit Aussteigermentalität zu
schwadronieren; es geht vielmehr darum, unserer Jugend
einen Einstieg in die Arbeitswelt zu ermöglichen. Genau
das machen wir, und darauf sind wir stolz.
({5})
Ich rate sehr dazu, auch den Oppositionskreisen zum einen, weil das Programm nicht diskreditiert werden sollte, und zum anderen, weil in der Vergangenheit
nicht sehr viele Zusatzaktivitäten dieser Art aufzuweisen
waren -, sich mit der Kritik etwas zurückzuhalten. Wer
über Jahre hinweg diese Entwicklung hingenommen hat,
darf heute nicht in dieser Weise auftreten.
({6})
Wer beispielsweise sagt - das haben wir vor kurzem in
der Debatte gehört -, wir wollten mit diesem Programm
Jugendliche nur ruhigstellen, und wer unser Programm
in verantwortungsloser Weise schlechtzureden versucht,
anstatt mitzuhelfen, Jugendliche zur Teilnahme zu motivieren, der dient nicht der Jugend.
({7})
Ein weiteres Element unserer aktiven Arbeitsmarktpolitik sind Strukturanpassungsmaßnahmen. Mit diesen Maßnahmen werden zusätzliche Einstellungen in
Wirtschaftsunternehmen gefördert. Hinzu kommen Beschäftigungsmaßnahmen in einer Vielzahl von Bereichen, wie zum Beispiel Denkmalpflege, Umwelt und soziale Dienste. Für Strukturanpassungsmaßnahmen stehen im Haushalt der Bundesanstalt für Arbeit rund
3,5 Milliarden DM bereit. Hinzu kommen weitere
2 Milliarden DM aus dem Bundeshaushalt. Der gesamte
Ansatz beträgt also 5,5 Milliarden DM.
Mit diesen Mitteln wird 1999 im Jahresdurchschnitt
für 210 000 Arbeitslose eine Beschäftigung ermöglicht.
Mit rund 190 000 Förderungen liegt der Schwerpunkt
eindeutig und notwendigerweise in Ostdeutschland.
In der Zukunft werden wir die Strukturanpassungsmaßnahmen noch zielgenauer und effizienter gestalten.
Sie sollen damit ein wichtiges Instrument der Arbeitsmarktpolitik insbesondere in Ostdeutschland bleiben.
Die Forderung, den Titel „Strukturanpassungsmaßnahmen“ um 200 Millionen DM aufzustocken, lehne ich
jedoch ab. Sollte im Laufe dieses Jahres eine Verstärkung dieses Titels erforderlich werden, kann auf noch
vorhandene Verstärkungselemente zurückgegriffen werden.
({8})
- Herr Fuchtel hat große Erfahrung damit, nachzufragen,
um welche Verstärkungselemente es sich handelt, weil
er diesen Titel nie tatsächlich, sondern immer nur aus
den Mitteln für das Arbeitslosengeld gedeckt hat. Herr
Fuchtel, wenn Sie danach fragen, dann ist dies etwas
scheinheilig.
({9})
Es wird auch keinen Bewilligungsstopp geben, wie
dies in den letzten Wochen mehrfach behauptet worden
ist.
Sehr verehrte Damen und Herren, die Strukturanpassungsmaßnahmen und das Programm gegen die Jugendarbeitslosigkeit machen deutlich: Die Bundesregierung nimmt ihre beschäftigungspolitische Verantwortung gegenüber den neuen Bundesländern sehr ernst,
und sie handelt. Die Förderung der ostdeutschen Wirtschaft ist für uns kein Lippenbekenntnis, sondern eine
Aufgabe, die wir mit ganz konkreten Maßnahmen angehen.
Neben der Jugendarbeitslosigkeit ist die Langzeitarbeitslosigkeit eines der drängendsten Probleme auf dem
Arbeitsmarkt. Auch hier ein paar Worte der Klarstellung: Mit dem Arbeitslosenhilfe-Reformgesetz hat die
alte Bundesregierung die Bedingungen für den Zugang
von Arbeitslosen in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen aus
kurzsichtigen und rein fiskalischen Erwägungen verschärft, indem nur noch Langzeitarbeitslose gefördert
wurden.
Doch die Langzeitarbeitslosigkeit kann, so denken
wir, am wirksamsten bekämpft werden, wenn bereits im
Vorfeld angesetzt wird. Daher ist es in Übereinstimmung mit den Zielen der europäischen Beschäftigungspolitik sachgerecht, einen früheren Eintritt der Arbeitslosen in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen zu ermöglichen. Deshalb wollen wir mit dem Zweiten SGB IIIÄnderungsgesetz erreichen, daß Arbeitslose bereits bei
sechsmonatiger Arbeitslosigkeit über eine Zuweisung in
eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme vor Langzeitarbeitslosigkeit möglichst bewahrt werden.
({10})
Ein wichtiges Instrument zur Wiedereingliederung
Langzeitarbeitsloser ist aber auch das Langzeitarbeitslosenprogramm. Bis zum Jahr 2001 stehen nun jährlich
750 Millionen DM zur Verfügung. Damit können wir
50 000 Langzeitarbeitslosen zu einem Neuanfang verhelfen.
({11})
- Herr Niebel, was heißt „wie bisher“? Vieles ist wie
bisher. Nicht alles ändert sich. Aber wir setzen neue
Schwerpunkte.
({12})
Für die Betroffenen ist das ein wichtiges Signal der
Hoffnung, der Hoffnung, in den ersten Arbeitsmarkt, in
eine reguläre Beschäftigung zurückkehren zu können.
Ich betone es nochmals - dies ist das oberste Ziel unserer aktiven Arbeitsmarktpolitik- : Wir wollen Brücken
in den ersten Arbeitsmarkt bauen. Darum geht es.
({13})
Ich habe soeben darauf hingewiesen: Unsere arbeitsmarktpolitischen Instrumente müssen präventiv wirken.
Deshalb wollen wir in dieser Legislaturperiode auch das
Arbeitsförderungsrecht reformieren. Wir wissen: Eine
sorgfältige Überarbeitung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch braucht Zeit. Dringende Probleme wollen wir
allerdings sofort anpacken. Deshalb bringen wir schon
heute den Entwurf eines Zweiten SGB III-Änderungsgesetzes in die parlamentarischen Beratungen ein.
Mit diesem Gesetzentwurf verfolgen wir drei Ziele:
Erstens. Die aktive Arbeitsmarktpolitik soll effizienter und zielgenauer als bisher auf die Problemgruppen
des Arbeitsmarktes ausgerichtet werden. Langzeitarbeitslose, ältere Arbeitslose und Arbeitslose, denen
Langzeitarbeitslosigkeit droht, sollen leichter in reguläre
Beschäftigungsverhältnisse integriert werden können.
Dafür müssen die Arbeitsförderungsleistungen besser
auf die besonderen Vermittlungsprobleme gerade dieser
Problem- und Personengruppen ausgerichtet sein. Dafür
werden wir die Zahlungen von Eingliederungszuschüssen an Arbeitgeber erleichtern, die ältere Arbeitnehmer
einstellen.
({14})
- Unsere Diskussion über die Nachbeschäftigungspflicht
haben Sie zu Recht angesprochen. Wir setzen damit
exakt bei Älteren, besonders schwer Vermittelbaren an.
Ich habe Ihnen damals richtigerweise geantwortet: Die
unkonditionierten Lohnkostenzuschüsse alter Prägung
müssen konditioniert werden. In bezug darauf sehe ich
einen anderen Ansatz als bei älteren Arbeitslosen, die
integriert werden sollen.
({15})
Die Beschäftigung in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen wird in Zukunft nicht mehr an Langzeitarbeitslosigkeit geknüpft sein. In den neuen Bundesländern und in Arbeitsamtsbezirken mit besonders hoher
Arbeitslosigkeit werden wir gezielte Strukturanpassungsmaßnahmen anbieten. Die Neuregelung bei den
Strukturanpassungsmaßnahmen zielt auch darauf ab, mit
diesem Instrument gezielter als bisher die besonders förderungswürdigen Personengruppen wieder in Beschäftigung zu bringen.
Zweitens. Ein weiteres Ziel des vorliegenden Gesetzentwurfes ist es, sozialpolitische Härten, die mit der Gesetzgebung der früheren Koalition eingetreten sind, zu
beseitigen.
Drittens. Wir entlasten die Arbeitsämter von überflüssiger Verwaltungsarbeit und Bürokratie.
Zu den letzten beiden Zielen möchte ich nur ein Beispiel nennen: Die frühere Bundesregierung hat die Arbeitslosen grundsätzlich verpflichtet, ihre persönliche
Arbeitslosmeldung im Abstand von drei Monaten zu
erneuern. Das hat bei den Arbeitsämtern zu einem erheblichen Verwaltungsaufwand geführt und wichtige
Beratungskapazitäten blockiert. Ertrag und Aufwand
standen - das hat im übrigen schon mein Vorgänger
erkannt - in keinerlei Verhältnis zueinander. Diese
Meldepflicht soll entfallen, und ich denke, es ist richtig,
daß sie entfällt.
({16})
Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf, den
wir heute einbringen, enthält wirksame Soforthilfen für
Arbeitslose und für Arbeitsämter. Er ist aber nur ein erster Schritt. Er soll keineswegs die grundlegende Reform der Arbeitsförderung ersetzen, die wir in dieser
Legislaturperiode vornehmen werden.
Wir haben unseren Wählerinnen und Wählern versprochen, die Lohnnebenkosten zu senken. Auch dieses
Wahlversprechen haben wir gehalten.
({17})
Der Beitragssatz bei der Rentenversicherung wurde
zum 1. April 1999 auf 19,5% abgesenkt. Das ist die erste
Senkung des Rentenbeitrages seit vielen, vielen Jahren.
({18})
Diese Senkung wird dadurch ermöglicht, daß wir die
Beitragszahlung für die Kindererziehung an die Rentenversicherung übernehmen. Sie beläuft sich allein in diesem Haushaltsjahr auf 13,6 Milliarden DM. Außerdem
erstattet der Bund die einigungsbedingten Leistungen in
der Rentenversicherung. Für das nächste Jahr bedeutet
das eine Entlastung der Rentenversicherung um 25 Milliarden DM. Es ist das erste Mal, daß wir sagen können:
Die Diskussion über die versicherungsfremden Leistungen im Rentenversicherungssystem ist zu Ende. Das ist
ein wichtiger und guter Schritt.
({19})
Meine Damen und Herren, es ist leider keine Selbstverständlichkeit, daß eine Regierung so schnell die Versprechen einlöst, die sie im Wahlkampf gemacht hat.
({20})
Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition,
sage ich: Natürlich akzeptieren wir Kritik,
({21})
sofern sie inhaltlich begründet ist. Wir sind aber nicht
gewählt worden, weil wir genau das gleiche wollen wie
Sie. Was ich allerdings nicht akzeptiere, ist eine doppelbödige Argumentation.
({22})
Sie haben die versicherungsfremden Leistungen in der
Rentenversicherung auf ein Rekordniveau angehoben.
Jetzt kritisieren Sie unsere Gegenmaßnahmen.
({23})
Sie haben tatenlos zugesehen, daß die Jugendarbeitslosigkeit immer stärker zunimmt. Jetzt werfen Sie uns vor,
wir wollten mit unserem Sofortprogramm ein Strohfeuer
entfachen
({24})
und - schlimmer noch - Jugendliche nur ruhigstellen.
Das finde ich schon ein starkes Stück.
({25})
Sie haben es versäumt, die Sozialversicherung an die
neue Arbeitswelt anzupassen. Darauf habe ich nur eine
klare Antwort: Wenn es modern ist, tatenlos zuzusehen,
wie sich die Arbeitswelt verändert und wie immer weniger Menschen vor den großen Lebensrisiken geschützt
werden, wenn es modern ist, einerseits soziale Sicherheit
zu fordern, andererseits aber keinen Pfennig dafür aufzubringen, wenn es modern ist, arbeitslose Jugendliche
im Regen stehen zu lassen - wenn das alles modern ist,
dürfen Sie mich unmodern schimpfen. Allerdings müssen wir uns dann aber, so glaube ich, auf einen neuen
Begriff der Modernität verständigen.
({26})
Wir bringen heute ein Vorschaltgesetz ein, das die
aktive Arbeitsmarktpolitik effizienter, zielgenauer und
gerechter macht. Dafür bitte ich um Zustimmung. Wir
legen heute vor allem aber einen Haushalt der Verantwortung vor - einen Haushalt, der für unsere Bürgerinnen und Bürger eine wichtige Botschaft enthält. Diese
Botschaft lautet, daß seit dem letzten Herbst in der Politik nicht nur versprochen, sondern auch gehalten wird.
({27})
Deshalb bitte ich um Zustimmung für diesen Bundeshaushalt und um Ablehnung der Anträge der Opposition.
Herzlichen Dank!
({28})
Liebe
Kolleginnen und Kollegen, es folgen jetzt noch eine
Kurzintervention und anschließend ein Redebeitrag. Danach kommen wir zur namentlichen Abstimmung. Ich
bitte Sie, den Rednern jetzt noch Gehör zu schenken und
etwas Ruhe walten zu lassen. Wer das nicht will, kann
so lange in der Lobby warten.
Zu einer Kurzintervention erteile ich das Wort der
Kollegin Schnieber-Jastram.
Herr Riester, Sie hatten zu Beginn der Rede gesagt, Sie würden
auf das Bild eingehen, das ich in meinem Debattenbeitrag gemalt habe. Es handelt sich um das Bild von dem
Schiff, auf dem Käpten Chaos Gerhard Schröder regiert
und auf dem Sie der Steuermann sind, dem das Steuer
ständig herumgerissen wird. Ich würde mich freuen,
wenn Sie darauf noch eingingen.
({0})
Der Minister will nicht erwidern.
Wir kommen nun zur Rede des Kollegen Johannes
Singhammer von der CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr
Bundesarbeitsminister Riester, Sie haben - in einem
Satz zusammengefaßt - ein großes Problem; das dokumentieren heute die Zeitungen und die Umfragen, denen
Sie gegenüberstehen. Das Problem ist: Seit dem Regierungsantritt von Rotgrün ist es in Deutschland nicht sozial gerechter, sondern sozial ungerechter geworden.
({0})
Nirgendwo sonst als in der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik fühlen sich immer mehr Menschen in Deutschland enttäuscht und getäuscht, wenn sie die Ankündigungen von Rotgrün vor der Wahl mit der Wirklichkeit
neun Monate nach der Wahl vergleichen.
({1})
Das betrifft vor allem die Menschen mit kleinem Geldbeutel.
({2})
Was Sie jetzt gestartet haben - heute in der Presse
nachzulesen -, ist die Ankündigung von neuen Einschnitten und, damit verbunden, eine schlimme Kampagne zur Verunsicherung der Menschen.
({3})
Was soll noch alles gekürzt werden? Heute wurde in den
Zeitungen spekuliert: Pensionen sollen gekürzt werden,
Personal des Bundes soll entlassen werden, Erziehungsgeld soll gekappt werden, und der Wohnungsbau soll
gekürzt werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der selbstgewählte Erfolgsmaßstab dieser Regierung soll - darauf
hat gestern schon unser Landesgruppenvorsitzender hingewiesen - der Arbeitsmarkt sein. Der Bundeskanzler
hat in seiner Regierungserklärung formuliert:
Wir wollen uns jederzeit - nicht erst in vier Jahren
- daran messen lassen, in welchem Maße wir zur
Bekämpfung der Arbeitslosigkeit beitragen.
Heute, am 6. Mai 1999, legen wir die Meßlatte an. Die
entscheidende Erfolgszahl ist die Beschäftigtenzahl. Seit
dem Amtsantritt dieser rotgrünen Regierung ist die Zahl
der Beschäftigten nicht mehr und nicht weniger als um
die Einwohnerzahl einer Stadt wie Bonn samt Vorstädten gesunken; saisonale Aspekte sind dabei berücksichtigt. Das sind 337 000 Personen.
({4})
Die Zukunft verheißt nichts Gutes. Als eine neue
Ikone der Gesetzgebungskunst angekündigt, ist Ihnen
das 630-Mark-Gesetz gründlich mißraten.
({5})
Auf uns kommt - das kündigen die Verbände schon an eine riesige Flutwelle von Entlassungen zu. Das ist ein
politischer Tsunami ungeahnten Ausmaßes.
({6})
Wie viele Arbeitsplätze zertrümmert werden, kann zur
Stunde noch keiner sagen. Durch die Bekämpfung der
sogenannten Scheinselbständigkeit wird die Schaffung
neuer Existenzen verhindert.
Sehr geehrter Herr Bundesarbeitsminister, Sie haben
hier eine gespaltene Richtlinienkompetenz geschaffen:
Die Richtlinienkompetenz im Kabinett hat der Bundeskanzler, die Richtlinienkompetenz in der SPD-Fraktion
hat der Bundesarbeitsminister, und die Richtlinienkompetenz in Ihrem Ministerium hat der Staatssekretär Andres, der schon heftig mit den Füßen scharrt. Das ist aber
nicht nur ein Problem dieser Bundesregierung; denn wenn
der Regierungschef den Eindruck erweckt bzw. nicht widerspricht, daß dieser Arbeitsminister ein Arbeitsminister
auf Abruf ist, dann sind dessen Möglichkeiten der Durchsetzung von großen Vorhaben und Reformen in dieser
schwierigen Zeit mehr als begrenzt, weil ihn niemand
mehr ernst nimmt. Dann ist es ein Problem dieses Staates
und auch der vielen Arbeitslosen, die auf Sie zunächst
einmal Hoffnungen gesetzt haben.
({7})
Auch die Rechnung mit dem „Bündnis für Arbeit“
geht nicht auf. Statt klarer Richtungsentscheidungen fasert dieses Bündnis in ein Gestrüpp von Arbeitsgruppen,
Unterarbeitsgruppen, Kreisen und Zirkeln aus. Welchen
Erfolg soll dieses Bündnis haben, wenn einer der Partner, die am Tisch sitzen, nämlich die Bundesregierung,
einen Entwurf zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes in der Schublade hat, der von einem anderen
Partner, in dem Fall der Arbeitgeberseite, als Angriffsplan gegen unternehmerische Selbständigkeit gewertet wird? Das kann doch nicht gutgehen.
Morgen soll der Doppelpaß beschlossen werden.
({8})
Sie wollen den Doppelpaß durch die Hintertür einführen.
({9})
Das Ganze ist umstritten. Eines steht aber fest - das
können auch Sie nicht leugnen -, nämlich daß dieses
Gesetzgebungsvorhaben zumindest mittelfristig erhebliche Auswirkungen auch auf den Arbeitsmarkt haben
wird. Es steht fest, daß die Zahl der Arbeitsuchenden
durch dieses neue Vorhaben nicht kleiner, sondern größer wird; und der Konkurrenzkampf auf dem Arbeitsmarkt wird nicht abnehmen, sondern zunehmen.
Um speziell die ausländischen Arbeitnehmer besser
zu integrieren, wäre unser Vorschlag gewesen, beispielsweise ein Programm zur verbesserten Sprachförderung aufzulegen. Damit hätten Sie mehr für die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit getan als mit diesen Scheinintegrationsmaßnahmen.
({10})
Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie
mich zum Schluß kommen.
({11})
Mit den Gesetzen zu den 630-Mark-Jobs und zur
Scheinselbständigkeit ist Ihnen ein gesetzgeberischer
GAU geglückt, der in der bisherigen Geschichte der
Bundesrepublik Deutschland beispiellos ist. Ich sage
Ihnen allen, auch Ihnen, Herr Schösser, heute schon voraus: Das Gesetz, das Sie morgen verabschieden wollen,
({12})
ist sowenig durchdacht und noch schlampiger gemacht
als das bisherige, so daß es in all seinen Auswirkungen
auf den Arbeitsmarkt ein gesetzgeberischer Super-GAU
werden wird.
({13})
Ich schlie-
ße die Aussprache. Wir kommen zu den Abstimmungen,
und zwar zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion
der CDU/CSU auf Drucksache 14/933. Die Fraktion der
CDU/CSU verlangt namentliche Abstimmung.
Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die
vorgesehenen Plätze einzunehmen. - Sind die Plätze
eingenommen? - Das scheint der Fall zu sein. Ich eröff-
ne die Abstimmung.
Sind alle Stimmkarten abgegeben worden? - Dann
schließe ich die Abstimmung und bitte die Schriftführe-
rinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu begin-
nen. Das Ergebnis wird Ihnen später bekanntgegeben.*)
Wir setzen die Abstimmungen fort. Darf ich Sie bitten, die Plätze einzunehmen und sich hinzusetzen, damit
man das Ergebnis richtig feststellen kann.
Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache
14/932. Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? Wer enthält sich? - Dann darf ich feststellen, daß der
Antrag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen abgelehnt worden ist.
Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion
der CDU/CSU auf Drucksache 14/935: Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Der
Antrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen bei
Zustimmung von CDU/CSU und F.D.P. und Enthaltung
der PDS abgelehnt worden.
Abstimmung über den Antrag der Fraktion der F.D.P.
auf Drucksache 14/919. Wer stimmt dafür? - Wer
stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Der Antrag ist
mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der
Fraktion der PDS bei einigen Enthaltungen der CDU/
CSU-Fraktion, einigen Zustimmungen der CDU/CSUFraktion und voller Zustimmung der F.D.P.-Fraktion
abgelehnt worden.
Antrag der Fraktion der PDS auf Drucksache 14/968.
Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Der Antrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen, der Fraktionen der CDU/CSU und der
F.D.P. bei Zustimmung der Fraktion der PDS abgelehnt
worden.
Bis zum Vorliegen des Ergebnisses der namentlichen
Abstimmung unterbreche ich die Sitzung.
({0})
({1})
Liebe Kolleginnen
und Kollegen, die unterbrochene Sitzung ist wieder er-
öffnet.
Ich gebe das von den Schriftführerinnen und Schrift-
führern ermittelte Ergebnis der namentlichen Ab-
stimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der
CDU/CSU auf Drucksache 14/933 bekannt. Abgegebene
Stimmen 615. Mit Ja haben gestimmt 288, mit Nein ha-
ben gestimmt 327, Enthaltungen keine. Der Änderungs-
antrag ist abgelehnt.
------
*) Seite 3268-3270
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 615;
davon:
ja: 288
nein: 327
JA
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Dietrich Austermann
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Brigitte Baumeister
Meinrad Belle
Dr. Sabine Bergmann-Pohl
Otto Bernhardt
Hans-Dirk Bierling
Dr. Joseph-Theodor Blank
Dr. Heribert Blens
Peter Bleser
Dr. Norbert Blüm
Dr. Maria Böhmer
Sylvia Bonitz
Wolfgang Börnsen
({0})
Dr. Wolfgang Bötsch
Klaus Brähmig
Dr. Ralf Brauksiepe
Paul Breuer
Monika Brudlewsky
Georg Brunnhuber
Klaus Bühler ({1})
Hartmut Büttner
({2})
Cajus Caesar
Manfred Carstens ({3})
Peter H. Carstensen
({4})
Hubert Deittert
Albert Deß
Renate Diemers
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Maria Eichhorn
Rainer Eppelmann
Anke Eymer
Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Ulf Fink
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer ({5})
Axel E. Fischer
({6})
Herbert Frankenhauser
Dr. Gerhard Friedrich
({7})
Dr. Hans-Peter Friedrich
({8})
Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Dr. Heiner Geißler
Georg Girisch
Michael Glos
Dr. Reinhard Göhner
Dr. Wolfgang Götzer
Hermann Gröhe
Manfred Grund
Carl-Detlev Freiherr von
Hammerstein
Gottfried Haschke
({9})
Gerda Hasselfeldt
Norbert Hauser ({10})
Hansgeorg Hauser
({11})
Klaus-Jürgen Hedrich
Ursula Heinen
Manfred Heise
Siegfried Helias
Hans Jochen Henke
Peter Hintze
Klaus Hofbauer
Martin Hohmann
Klaus Holetschek
Josef Hollerith
Dr. Karl-Heinz Hornhues
Joachim Hörster
Hubert Hüppe
Peter Jacoby
Susanne Jaffke
Georg Janovsky
Dr.-Ing. Rainer Jork
Dr. Harald Kahl
Steffen Kampeter
Dr. Dietmar Kansy
Irmgard Karwatzki
Volker Kauder
Eckart von Klaeden
Ulrich Klinkert
Manfred Kolbe
Norbert Königshofen
Eva-Maria Kors
Thomas Kossendey
Rudolf Kraus
Dr. Martina Krogmann
Dr. Paul Krüger
Karl Lamers
Dr. Karl A. Lamers
({12})
Dr. Norbert Lammert
Dr. Paul Laufs
Karl-Josef Laumann
Vera Lengsfeld
Werner Lensing
Peter Letzgus
Ursula Lietz
Walter Link ({13})
Eduard Lintner
Dr. Manfred Lischewski
Wolfgang Lohmann
({14})
Julius Louven
Dr. Michael Luther
Erich Maaß ({15})
Erwin Marschewski
Dr. Martin Mayer
({16})
Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel
Friedrich Merz
Hans Michelbach
Meinolf Michels
Dr. Gerd Müller
Bernward Müller ({17})
Elmar Müller ({18})
Günter Nooke
Franz Obermeier
Friedhelm Ost
Eduard Oswald
Norbert Otto ({19})
Anton Pfeifer
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Marlies Pretzlaff
Dr. Bernd Protzner
Thomas Rachel
Dr. Peter Ramsauer
Helmut Rauber
Peter Rauen
Christa Reichard ({20})
Erika Reinhardt
Hans-Peter Repnik
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Franz Romer
Hannelore Rönsch
({21})
Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Dr. Klaus Rose
Kurt Rossmanith
Adolf Roth ({22})
Norbert Röttgen
Dr. Jürgen Rüttgers
Anita Schäfer
Dr. Wolfgang Schäuble
Karl-Heinz Scherhag
Gerhard Scheu
Norbert Schindler
Bernd Schmidbauer
Christian Schmidt ({23})
Dr.-Ing. Joachim Schmidt
({24})
Andreas Schmidt ({25})
Hans Peter Schmitz
({26})
Michael von Schmude
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Rupert Scholz
Reinhard Freiherr von
Schorlemer
Dr. Erika Schuchardt
Diethard W. Schütze ({27})
Clemens Schwalbe
Wilhelm-Josef Sebastian
Horst Seehofer
Heinz Seiffert
Werner Siemann
Bärbel Sothmann
Margarete Späte
Wolfgang Steiger
Dr. Wolfgang Freiherr von
Stetten
Andreas Storm
Dorothea Störr-Ritter
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Thomas Strobl
Michael Stübgen
Dr. Rita Süssmuth
Edeltraut Töpfer
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Angelika Volquartz
Andrea Voßhoff
Dr. Theodor Waigel
Peter Weiß ({28})
Gerald Weiß ({29})
Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese ({30})
Hans-Otto Wilhelm ({31})
Klaus-Peter Willsch
Willy Wimmer ({32})
Werner Wittlich
Dagmar Wöhrl
Elke Wülfing
Peter Kurt Würzbach
Benno Zierer
Wolfgang Zöller
F.D.P.
Hildebrecht Braun
({33})
Rainer Brüderle
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Gisela Frick
Horst Friedrich ({34})
Rainer Funke
Dr. Wolfgang Gerhardt
Joachim Günther ({35})
Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Walter Hirche
Dr. Werner Hoyer
Ulrich Irmer
Dr. Klaus Kinkel
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Ina Lenke
Sabine LeutheusserSchnarrenberger
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto
({36})
Vizepräsident Rudolf Seiters
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Dr. Günter Rexrodt
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Gerhard Schüßler
Marita Sehn
Dr. Max Stadler
Dr. Dieter Thomae
Dr. Guido Westerwelle
PDS
Dr. Dietmar Bartsch
Maritta Böttcher
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Heidemarie Ehlert
Dr. Heinrich Fink
Dr. Ruth Fuchs
Fred Gebhardt
Dr. Gregor Gysi
Dr. Barbara Höll
Carsten Hübner
Sabine Jünger
Gerhard Jüttemann
Dr. Heidi Knake-Werner
Ursula Lötzer
Heidemarie Lüth
Manfred Müller ({37})
Kersten Naumann
Rosel Neuhäuser
Petra Pau
Dr. Uwe-Jens Rössel
Gustav-Adolf Schur
Dr. Winfried Wolf
Nein
SPD
Brigitte Adler
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel ({38})
Klaus Barthel ({39})
Ingrid Becker-Inglau
Dr. Axel Berg
Hans-Werner Bertl
Friedhelm Julius Beucher
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding ({40})
Kurt Bodewig
Anni Brandt-Elsweier
Willi Brase
Dr. Eberhard Brecht
Rainer Brinkmann ({41})
Bernhard Brinkmann
({42})
Hans-Günter Bruckmann
Ursula Burchardt
Dr. Michael Bürsch
Hans Büttner ({43})
Marion Caspers-Merk
Wolf-Michael Catenhusen
Dr. Peter Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Christel Deichmann
Karl Diller
Rudolf Dreßler
Detlef Dzembritzki
Dieter Dzewas
Dr. Peter Eckardt
Sebastian Edathy
Ludwig Eich
Marga Elser
Peter Enders
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Annette Faße
Lothar Fischer ({44})
Gabriele Fograscher
Iris Follak
Norbert Formanski
Rainer Fornahl
Hans Forster
Dagmar Freitag
Lilo Friedrich ({45})
Harald Friese
Arne Fuhrmann
Konrad Gilges
Iris Gleicke
Günter Gloser
Uwe Göllner
Renate Gradistanac
Günter Graf ({46})
Angelika Graf ({47})
Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Achim Großmann
Wolfgang Grotthaus
Karl Hermann Haack
({48})
Hans-Joachim Hacker
Klaus Hagemann
Christel Hanewinckel
Alfred Hartenbach
Klaus Hasenfratz
Nina Hauer
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Frank Hempel
Rolf Hempelmann
Monika Heubaum
Uwe Hiksch
Reinhold Hiller ({49})
Stephan Hilsberg
Gerd Höfer
Jelena Hoffmann ({50})
Walter Hoffmann
({51})
Iris Hoffmann ({52})
Frank Hofmann ({53})
Ingrid Holzhüter
Eike Hovermann
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Barbara Imhof
Gabriele Iwersen
Renate Jäger
Jann-Peter Janssen
Ilse Janz
Dr. Uwe Jens
Volker Jung ({54})
Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Sabine Kaspereit
Susanne Kastner
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Marianne Klappert
Siegrun Klemmer
Hans-Ulrich Klose
Fritz Rudolf Körper
Karin Kortmann
Anette Kramme
Nicolette Kressl
Volker Kröning
Angelika Krüger-Leißner
Ernst Küchler
Helga Kühn-Mengel
Ute Kumpf
Konrad Kunick
Dr. Uwe Küster
Werner Labsch
Christine Lambrecht
Brigitte Lange
Christian Lange ({55})
Detlev von Larcher
Christine Lehder
Robert Leidinger
Klaus Lennartz
Dr. Elke Leonhard
Eckhart Lewering
Götz-Peter Lohmann
({56})
Christa Lörcher
Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dieter Maaß ({57})
Winfried Mante
Dirk Manzewski
Tobias Marhold
Ulrike Mascher
Christoph Matschie
Ingrid Matthäus-Maier
Heide Mattischeck
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Angelika Mertens
Dr. Jürgen Meyer ({58})
Ursula Mogg
Christoph Moosbauer
Siegmar Mosdorf
Michael Müller ({59})
Jutta Müller ({60})
Christian Müller ({61})
Andrea Nahles
Volker Neumann ({62})
Gerhard Neumann ({63})
Dr. Edith Niehuis
Dr. Rolf Niese
Dietmar Nietan
Günter Oesinghaus
Eckhard Ohl
Leyla Onur
Manfred Opel
Holger Ortel
Adolf Ostertag
Kurt Palis
Albrecht Papenroth
Dr. Willfried Penner
Dr. Martin Pfaff
Georg Pfannenstein
Johannes Pflug
Dr. Eckhart Pick
Joachim Poß
Karin Rehbock-Zureich
Margot von Renesse
Renate Rennebach
Bernd Reuter
Dr. Edelbert Richter
Reinhold Robbe
Gudrun Roos
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth ({64})
Birgit Roth ({65})
Marlene Rupprecht
Thomas Sauer
Dr. Hansjörg Schäfer
Gudrun Schaich-Walch
Bernd Scheelen
Dr. Hermann Scheer
Siegfried Scheffler
Horst Schild
Dieter Schloten
Horst Schmidbauer
({66})
Ulla Schmidt ({67})
Silvia Schmidt ({68})
Dagmar Schmidt ({69})
Wilhelm Schmidt ({70})
Regina Schmidt-Zadel
Heinz Schmitt ({71})
Carsten Schneider
Dr. Emil Schnell
Walter Schöler
Olaf Scholz
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Ottmar Schreiner
Gisela Schröter
Dr. Mathias Schubert
Richard Schuhmann
({72})
Brigitte Schulte ({73})
Reinhard Schultz
({74})
Volkmar Schultz ({75})
Ilse Schumann
Dr. R. Werner Schuster
Dietmar Schütz ({76})
Dr. Angelica Schwall-Düren
Vizepräsident Rudolf Seiters
Rolf Schwanitz
Bodo Seidenthal
Erika Simm
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie SonntagWolgast
Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Antje-Marie Steen
Ludwig Stiegler
Rolf Stöckel
Rita Streb-Hesse
Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Joachim Tappe
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Franz Thönnes
Uta Titze-Stecher
Adelheid Tröscher
Rüdiger Veit
Simone Violka
Ute Vogt ({77})
Hedi Wegener
Wolfgang Weiermann
Reinhard Weis ({78})
Matthias Weisheit
Gert Weisskirchen
({79})
Dr. Ernst Ulrich von
Weizsäcker
Hans-Joachim Welt
Dr. Rainer Wend
Hildegard Wester
Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Margrit Wetzel
Dr. Norbert Wieczorek
Helmut Wieczorek
({80})
Jürgen Wieczorek ({81})
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Heino Wiese ({82})
Klaus Wiesehügel
Brigitte Wimmer ({83})
Engelbert Wistuba
Barbara Wittig
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Hanna Wolf ({84})
Waltraud Wolff ({85})
Heidemarie Wright
Uta Zapf
Peter Zumkley
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Marieluise Beck ({86})
Volker Beck ({87})
Angelika Beer
Annelie Buntenbach
Ekin Deligöz
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Katrin Göring-Eckardt
Rita Grießhaber
Winfried Hermann
Kristin Heyne
Ulrike Höfken
Michaele Hustedt
Dr. Angelika Köster-Loßack
Steffi Lemke
Dr. Helmut Lippelt
Oswald Metzger
Klaus Wolfgang Müller
({88})
Kerstin Müller ({89})
Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Simone Probst
Claudia Roth ({90})
Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Rezzo Schlauch
Albert Schmidt ({91})
Werner Schulz ({92})
Christian Simmert
Christian Sterzing
Hans-Christian Ströbele
Dr. Antje Vollmer
Ludger Volmer
Sylvia Voß
Helmut Wilhelm
({93})
Margareta Wolf ({94})
Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Versammlungen
des Europarates und der WEU, der NAV, der OSZE oder der IPU
Abgeordnete({95})
Behrendt, Wolfgang, SPD Siebert, Bernd, CDU/CSU
Ich bitte nun diejenigen, die dem Einzelplan 11 in der
Ausschußfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Einzelplan 11 ist mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen von CDU/CSU
und F.D.P. bei Enthaltung der PDS angenommen.
Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzentwurfs auf Drucksache 14/873 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen; der Gesetzentwurf soll allerdings nicht dem Ausschuß für Gesundheit überwiesen werden. Gibt es anderweitige Vorschläge? - Das ist nicht der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen.
Ich rufe auf:
Einzelplan 06
Bundesministerium des Innern
- Drucksachen 14/606, 14/622 Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Werner Hoyer
Lothar Mark
Oswald Metzger
Carl-Detlev Freiherr v. Hammerstein
Herbert Frankenhauser
Einzelplan 33
Versorgung
- Drucksache 14/300 Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Günter Rexrodt
Josef Hollerith
Oswald Metzger
Heidemarie Ehlert
Zum Einzelplan 06 liegen vier Änderungsanträge der
Fraktion der PDS vor.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Stunde vorgesehen. - Ich höre keinen
Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat für die
CDU/CSU-Fraktion der Kollege Carl-Detlev Freiherr
von Hammerstein.
({96})
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Der Einzelplan 06, den wir heute verabschieden, erweckt in mir ein bißchen Verwunderung und Erstaunen;
denn Minister Schily hat mit wenigen Ausnahmen den
Vizepräsident Rudolf Seiters
Entwurf von Herrn Kanther übernommen. Es freut mich,
daß er ihn übernommen hat, zeigt dies doch, daß die
Vorplanung sehr gut war.
Über einige Teilbereiche bin ich allerdings erstaunt,
Herr Kollege Schily, so über den der inneren Sicherheit.
Wenn ich noch daran denke, wie Sie sich im letzten
Herbst vor der Bundestagswahl ständig massiv gegen
die innenpolitischen Vorschläge unserer Koalition ausgesprochen haben, dann bin ich erstaunt darüber, wie
schnell Sie sich in diesem Bereich gewandelt haben.
Ich möchte zunächst die Bereiche ansprechen, die ich
für positiv halte. Als erstes möchte ich mich im Namen
meiner Fraktion bei den Frauen und Männern des BGS
für ihre Arbeit und Engagement bedanken. Wie flexibel
und hochmotiviert diese Polizei des Bundes sein kann,
hat sich unter anderem bei den Einsätzen im Zusammenhang mit der Kosovo-Krise gezeigt. Ich begrüße es
deshalb, daß es uns gemeinsam über die Parteigrenzen
hinweg mit dem Minister in den Haushaltsberatungen
gelungen ist, zahlreiche Hebungen im Bereich des mittleren und des gehobenen Dienstes vorzunehmen; denn
ich bin der Auffassung, daß gute Leistung auch belohnt
werden muß. Ich bin überzeugt, daß der BGS gut ausgebildete und hochmotivierte Mitarbeiter braucht, um die
Sicherheit in unserem Land auch zukünftig zu gewährleisten.
Bereits in meiner Rede zur ersten Lesung hatte ich
darum gebeten, Herr Minister, auch dafür Sorge zu tragen, daß die BGS-Mitarbeiter mit gutem Material ausgestattet werden; denn es gibt inzwischen Probleme in
vielen Bereichen des Verbrechens, weil die Methoden
immer raffinierter werden. Deshalb ist es meines Erachtens unsere Aufgabe, die Frauen und Männer des
BGS mit gutem Material auszurüsten.
Ein weiterer positiver Aspekt: Ich möchte im Namen
meiner Fraktion auch dem THW ganz herzlich danken.
Ich bin froh, daß die Koalitionsmitberichterstatter, nachdem sie zunächst 5 Millionen DM einsparen wollten,
meinem Vortrag gefolgt sind und dies nicht getan haben.
Nur verärgert sein kann man dagegen - das ist im Bereich des Amtes für Zivilschutz, Herr Minister, schon
fast ein Kahlschlag - über die gewaltigen Kürzungen im
Ausbildungsbereich von 4 Millionen DM auf 2,9 Millionen DM. Um 5 Millionen DM werden die Gelder für
Wartung und Instandsetzung zusammengestrichen. Zusätzlich werden noch weitere Millionen in verschiedenen Teilbereichen eingespart.
Diese Kahlschlagpolitik führt zu hoher Frustration bei
den vielen ehrenamtlichen Helfern im Zivilschutz und
belastet darüber hinaus die Kommunen, die den Brandschutz nun ohne Unterstützung durch Gerät des Bundes
gewährleisten müssen. Ich denke hier, Herr Minister,
nur an die Katastrophen bei der Deutschen Bahn, bei
denen gerade die Feuerwehr immer als erste vor Ort
war. Sie trägt damit große Verantwortung. Hier ist meines Erachtens eine Nachbesserung nötig.
Ich freue mich, daß Sie, Herr Minister, und Ihre Kollegen sich meinen Sachargumenten angeschlossen
haben, als es um die den THW betreffenden Kürzungen
ging. Es ist gut, daß wir es so verabschiedet haben.
Zum Einzelplan 06 gehört auch der Sport - ein Thema, das uns allen sehr wichtig ist. Es handelt sich um
einen Bereich, in dem die SPD im Vorwahlkampf riesengroße Versprechungen gemacht hat, und zwar insbesondere mit dem Goldenen Plan Ost, mit dem dafür
gesorgt werden sollte, daß die Sportstätten im Osten
erneuert und modernisiert werden. Man hatte vor, mit
diesem Plan große Investitionen vorzunehmen und
Arbeitsplätze zu schaffen.
Dieser Plan ist aus meiner Sicht heute nur noch ein
„Plänchen“. Nur dank der Hartnäckigkeit der CDU/
CSU-Fraktion ist im jetzigen Haushalt statt einer Summe von 0 DM eine Summe von 15 Millionen DM zur
Verfügung gestellt worden. Diese 15 Millionen DM sind
für den Neubau von Sportstätten für den Breitensport
wichtig. Herr Minister, ich hoffe, daß die Ankündigungen und die Verpflichtungsermächtigungen für die nächsten Jahre in Höhe von jeweils 30 Millionen DM wirklich zum Tragen kommen. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob die neuen Länder die erforderlichen Eigenmittel in Höhe von 67 Prozent der Gesamtfinanzierung
aufbringen können.
Herr Kollege Schily, wir beobachten auch die geplanten Stadienneubauten in Berlin und Leipzig sehr
kritisch. Hierzu finden wir zur Zeit einen Leertitel. Sie
wissen, daß Ihr Kanzler mit dem Präsidenten des DSB,
Herrn von Richthofen, eine Absprache getroffen hat;
denn der Deutsche Fußball-Bund muß am 1. Juli seine
Bewerbung für die Weltmeisterschaften einreichen. Wir
wissen, daß für beide Stadien vom Bund jeweils 100
Millionen DM kommen sollen. Ich hoffe, daß die Aussage des Kanzlers gilt und daß unser nationaler Fußballverband die Chance bekommt, die Fußballweltmeisterschaft in der Bundesrepublik Deutschland auszurichten.
Dem Spitzensport stehen 223,5 Millionen DM zur
Verfügung. Diese Summe entspricht exakt dem, was wir
vorgelegt haben, als Herr Kanther Innenminister war.
Herr Kollege Schily, ich hoffe sehr, daß Sie bei den
Entwürfen für das Olympiajahr 2000 weiterhin Kontinuität beweisen bzw. die Mittel erhöhen; zumal wir von
unserer sportlichen Elite bei den Olympischen Spielen in
Sydney ähnliche Erfolge wie bei den vergangenen
Olympischen Spielen erwarten. Bei der Förderung des
Leistungssportes können Sie diesbezüglich mit der Unterstützung der CDU/CSU-Fraktion rechnen, falls Ihnen
die Koalition wieder einmal die Mittel kürzen will.
Herr Minister, genauso wichtig ist für uns die Förderung des Behindertensports. In bezug auf den Behindertensport fordere ich Sie daher auf, ihn analog dem
Spitzensport zu behandeln. Gerade unsere behinderten
Athleten brauchen unsere Unterstützung und unsere Solidarität.
Zur Problematik des Dopings möchte ich nur einige
kurze Gedanken äußern. Doping muß seitens der Bundesregierung weiterhin klar und eindeutig bekämpft
werden.
({0})
Jedem Spitzensportler muß drastisch vor Augen geführt
werden, daß der Gebrauch von Dopingmitteln zum Ende
der sportlichen Karriere führt. Gerade unsere Spitzensportler müssen als Vorbilder glaubhaft sein.
Als verantwortliche Politiker dürfen wir nicht wanken, wenn es bei Mißachtung von Dopingregeln zu harten und drastischen Maßnahmen gegen die betroffenen
Sportler kommt. Allerdings müssen wir den Dopingmißbrauch nicht nur im Spitzensport bekämpfen, sondern auch im Breitensport. Dazu ist eine deutliche Verschärfung des Arzneimittelrechts notwendig.
({1})
Wir müssen den Besitz von Dopingmitteln ebenso wie
den Handel mit Dopingmitteln unter Strafe stellen. Doping schadet nicht nur der Gesundheit, sondern auch
dem Ansehen des Sports.
({2})
Auch deshalb ist in meinen Augen eine entsprechende Forschung notwendig, für die ich mich eingesetzt habe. Ich freue mich, daß die Mitberichterstatter aus den
Koalitionsfraktionen zugestimmt haben, in diesem Bereich weitere 500 000 DM vorzusehen. Ich hoffe, daß
wir im nächsten Jahr ein Stück weiterkommen.
Zur gleichen Thematik paßt auch die ablehnende
Haltung der Koalition gegenüber den Forschungseinrichtungen im IAT- und FES-Bereich. Dort haben wir
folgendes Problem: Wir haben hervorragend ausgebildete Manager, aber keine Geräte für Trainings- und
Wettkampfforschung. Ich erinnere Sie, Herr Schily, an
Kapitel IX.14 des Koalitionsvertrages - ich zitiere -:
Die neue Bundesregierung wird die finanziellen
Rahmenbedingungen für den Sport verbessern ...
Von dieser groß angekündigten Sportförderung ist meines Erachtens wenig übriggeblieben.
({3})
Ein Satz zum Kosovo: Herr Kollege Schily, Sie haben vor wenigen Tagen die Aufnahme von weiteren
10 000 Flüchtlingen in der Bundesrepublik empfohlen.
Obwohl wir die bisherige Politik der Bundesregierung
mitgetragen haben, können wir uns mit dieser Aussage
nicht einverstanden erklären. Mit jedem Flüchtling, den
wir hier aufnehmen, stützen wir die Politik von Milosevic.
({4})
Unsere deutschen Aufnahmecamps sind vorbildlich und
werden von allen gelobt. Ich möchte klar und deutlich
sagen: Alle Innenminister, sowohl der A- als auch der
B-Länder, lehnen zur Zeit eine Aufnahme weiterer
Flüchtlinge nicht aus finanziellen Gründen, sondern aus
humanitären Gründen strikt ab. Wir müssen bei dem
derzeitigen Versuch, die verbrecherische Politik im Kosovo zu beenden, stets daran denken, daß es das vorrangige Ziel ist, den Vertriebenen wieder die Rückkehr in
ihre Heimat zu ermöglichen. Diesen Satz hat vor wenigen Minuten Bundeskanzler Schröder im Beisein von
Clinton gesagt. Ich glaube, das ist auch richtig so.
Einen Punkt, der mich doch etwas erstaunt, möchte
ich noch ansprechen: Bei der haushaltspolitischen Prüfung hatte ich vorgeschlagen, die Mittel für die Bundeszentrale für politische Bildung um 2 Millionen DM zu
kürzen, um die Effektivität der Arbeit der Bundeszentrale zu gewährleisten; jetzt haben die Berichterstatter
der Koalition plötzlich eine Mittelsperre in Höhe von
2,9 Millionen DM verordnet. Offensichtlich ist bei der
Bundeszentrale doch ein Einsparpotential vorhanden.
Wir sollten uns über die Parteigrenzen hinweg alsbald
zusammensetzen, um über die Einsparpotentiale zu beraten und darüber, wie die Effizienz bei der Bundeszentrale für politische Bildung gesteigert werden kann.
Von Ihnen, Herr Minister, erwarten wir als Berichterstatter einen Bericht über den IVBB, um die Mittelverwendung kontrollieren zu können. Hierfür sind über
40 Millionen DM angesetzt. Wir hoffen, daß wir von
Ihnen kontinuierlich Nachricht darüber bekommen. Wir
wissen, daß nach augenblicklichem Stand gut 60 Prozent
Ihrer Mitarbeiter in Berlin sitzen sollen und der Rest hier
in Bonn bleiben wird. Ich hoffe, daß die Zusammenarbeit zwischen den beiden Häusern auch in Zukunft gut
funktioniert. Das ist mein Wunsch. Ich bin gespannt, wie
Ihr Entwurf für den Haushalt 2000 aussehen wird,
({5})
der sicherlich nicht so einfach aufzustellen sein wird wie
der Haushalt 1999.
Herr Präsident, meine liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf mich für Ihre Aufmerksamkeit bedanken.
({6})
Das Wort zu einer
Kurzintervention hat der Kollege Wieland Sorge.
Herr von Hammerstein, einige Aussagen, die Sie hier getroffen haben, veranlassen
mich, manches richtigzustellen. Ist Ihnen bekannt, daß
die SPD im Jahre 1992 versucht hat, die Defizite, die
hinsichtlich der ostdeutschen Sportanlagen bestehen,
durch ein gesondertes Förderprogramm zu beseitigen,
und daß der DSB im Jahre 1993 dieses in einer Untersuchung aufgegriffen hat, bei der er festgestellt hat, daß für
die Sanierung und den Neubau von Sportstätten ein Betrag in Höhe von 25 Milliarden DM fehlt?
Ist Ihnen bekannt, daß wir dieses Programm jedes
Jahr im Sportausschuß vorgelegt haben und damit immer an der Koalition, die damals das Sagen hatte, gescheitert sind, und zwar immer mit der Begründung, daß
der Bund für den Breitensport nicht zuständig ist, mit
der Annahme des Programms ein Verstoß gegen die
Verfassung vorläge und es aus diesem Grund nicht umgesetzt werden könne?
Wir haben immer gemeinsam versucht, eine Lösung
herbeizuführen, die beiden Dingen gerecht wird. Aus
diesem Grund haben wir es dann in unser Wahlprogramm
({0})
und auch in den Koalitionsvertrag aufgenommen.
Angesichts der schwierigen Finanzsituation, die wir
vorfanden, haben wir Wege gesucht, wie wir diesem
Anliegen trotzdem Rechnung tragen können. So haben
wir den Vorschlag gemacht, in diesem Jahr 15 Millionen
DM einzustellen. Sie wissen, daß das nur ein Drittel dessen ist, was wir insgesamt damit verbinden, nämlich
45 Millionen DM für dieses Programm. Insgesamt
kommen noch einmal 100 Millionen DM für die nächsten drei Jahre hinzu, so daß wir auch dort noch einmal
300 Millionen DM für die Entwicklung der Sportstätten
zur Verfügung haben.
Wie kommen Sie eigentlich dazu, hier zu behaupten,
daß es nur mit Hilfe der CDU gelungen sei, diese Sache
in Gang zu setzen?
({1})
Zu einer Kurzintervention zur Erwiderung erhält Kollege von Hammerstein das Wort.
Herr Kollege, Sie sind nun einmal kein Haushaltspolitiker und haben nicht an den Berichterstattergesprächen teilgenommen. Dort hätten Sie erleben können,
wie aus Ihrer Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen mit Vehemenz gegen den Goldenen Plan gewettert wurde. Nur mit Unterstützung der CDU/CSUFraktion ist es gelungen, nicht nur einen Leertitel, sondern einen Haushaltsansatz von 15 Millionen DM einzuführen.
({0})
Ihre Forderung, 25 Milliarden DM in einen Plan Ost
einzubringen, habe ich hier gar nicht erwähnt, weil es
philosophisch und illusorisch ist, so etwas überhaupt zu
machen. Deshalb ist es besser, wenn wir die 25 Milliarden DM aus dem Spiel lassen. Wir hoffen ja jetzt, daß
man mit den 15 Millionen DM und den zukünftig zu erwartenden 30 Millionen DM ein Stück weiterkommt.
({1})
Es gibt eine weitere
Kurzintervention der Kollegin Christa Luft.
Meine Bemerkung ist wirklich ganz kurz.
Herr Kollege von Hammerstein, ich stimme Ihnen zu:
In den Berichterstattergesprächen gab es diesbezüglich
einige Turbulenzen. Aber wenn wir der Wahrheit die
Ehre geben, dann muß gesagt werden, daß es die PDS
gewesen ist,
({0})
die den einstimmigen Beschluß des Sportausschusses,
nämlich 15 Millionen DM im Jahr 1999 und Verpflichtungsermächtigungen einzustellen, aufgegriffen und
einen entsprechenden Antrag gestellt hat. Leider ist dieser Antrag von der Seite der Koalition nicht gekommen.
Ich sage, wir haben daran unseren Anteil. Wir haben
den einstimmig von den Vertretern aller Parteien im
Sportausschuß gefaßten Beschluß aufgegriffen und ihn
in Form eines Antrags auf den Weg gebracht.
({1})
Ich gebe das Wort
dem Kollegen Gunter Weißgerber von der Fraktion der
SPD.
Herr Präsident! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! Das Thema dieser Debatte
ist der Einzelplan 06. Frau Luft, Sie erhoben gerade Ansprüche auf Urheberrechte bezüglich des Goldenen
Plans. Wenn ich höre, wer hier alles Urheberrechte anmeldet, könnte man auch vermuten, daß es nicht einmal
die PDS war, sondern deren Vorgängerpartei auf ihrem
VIII. Parteitag.
({0})
- Hören Sie doch zu, wer hier alles Urheberrechte einfordert. Am Ende waren es alle!
({1})
- Na, nicht frech werden!
({2})
Bei Betrachtung des Einzelplans 06 befiel mich etwas
Wehmut. Der Bereich Kultur ist nicht mehr Bestandteil
des Einzelplans, ein sehr interessanter Bereich mit
einem Umfang von immerhin 1,6 Milliarden DM. Natürlich akzeptiere ich die Entscheidung des Bundeskanzlers und halte sie auch für richtig. Ich bin der Auffassung, daß der Bereich Kultur bei Herrn Staatsminister
Naumann in den besten Händen ist. Viel Erfolg von dieser Stelle.
({3})
Zum Thema Sport - Stichwort: Goldener Plan - wird
Lothar Mark sprechen.
Der Einzelplan 06 weist im Ansatz ein Volumen von
7,26 Milliarden DM aus. Der Personalkostenanteil beträgt 55,08 Prozent. Das zeigt die schwierige Aufgabe,
vor der die Berichterstatter standen. Allein die Tariferhöhung des Frühjahrs schlägt in diesem Haushalt mit
120 Millionen DM zu Buche, die zusätzlich erbracht
werden mußten. Gleichzeitig mußten - das haben die
Berichterstatter der Koalition so beschlossen - 0,5 Prozent zusätzlich eingespart werden, was einem Betrag
von 36 Millionen DM entspricht. Es war also eine
schwierige Aufgabe im Hinblick auf einen Haushalt,
dessen Personalkostenanteil über 55 Prozent liegt. Diese
Aufgabe haben wir gelöst. Ich bin der Auffassung, daß
der Bundesinnenminister seine Aufgaben mit diesem
Haushalt gut bewältigen kann.
Ich möchte mich im folgenden zu einzelnen Aspekten
des Einzelplans äußern. Im Bereich der Spätaussiedler
haben wir eine Verlagerung zugunsten der Integration
vollzogen; wir wollen die Gelder weniger für die Heimatländer der Aussiedler und mehr für die Integration
verwenden. Wer einmal hier ist, bedarf der besonderen
Anteilnahme und der besonderen Fürsorge.
({4})
Nur so werden in unserem Land die Chancen für alle
steigen. Dazu die entsprechenden Zahlen: Für diesen
Bereich sind im Einzelplan 06 42 Millionen DM eingeplant. Das ist ein Plus von 16,7 Millionen DM und entspricht einer Steigerung von 66 Prozent.
Ein weiteres Thema ist die sogenannte GauckBehörde. Der Name ist ja irreführend, weil es um Mielkes Akten und nicht um Gaucks Akten geht. Es scheint
so zu sein, daß auch die CDU/CSU die Position des
Bundesrechnungshofes eingenommen hat, die Zahl der
Außenstellen dieser Behörde in Ostdeutschland zu reduzieren und in jedem Land nur noch eine Behörde beizubehalten. Die Berichterstatter der Koalitionsfraktionen,
Herr Metzger und ich, stehen hier im Wort: Wir haben
durchgesetzt, daß es für längere Zeit bei der jetzigen
Anzahl der Außenstellen bleiben wird. Für uns ist die
Reduzierung der Außenstellen kein Thema.
Zu diesem Thema gehört auch die in den letzten Jahren und Monaten erschienene Meldung, daß es eine
Software zum Zusammensetzen der Schnipsel aus
Mielkes Hinterlassenschaft gebe. Berechnungen zeigen,
daß 150 Jahre benötigt werden würden, um die Papierschnipsel aus den Säcken zusammenzusetzen, wenn
weiter so wie bisher gearbeitet wird. Das ist ein unerträglicher Zustand, der so nicht bleiben kann. Es soll angeblich eine Software geben, die diese Aufgabe schneller bewältigen kann. Daß dies im Moment aber noch
nicht der Fall ist, ist einer entsprechenden Stellungnahme des BMI zu entnehmen. Ich zitiere:
Im Ergebnis bestätigten sechs Anbieter, daß nach
ihrer Kenntnis keine entsprechende Systemlösung
auf dem Markt vorhanden ist, und bekundeten
gleichzeitig ihr Interesse an der Entwicklung einer
entsprechenden IT-Lösung. ...
In Auswertung der übergebenen Unterlagen wurden
vom BStU folgende Schlußfolgerungen gezogen:
Auf Grund der bestehenden Unklarheiten und der
nicht kalkulierbaren Risiken sowie des sehr hohen
Kostenaufwandes, der den Haushalt des BStU weit
überschreitet, wird auf die Durchführung eines
Testverfahrens verzichtet.
- Das Testverfahren würde ungefähr 1 Millionen DM
kosten. Mit den Anbietern werden Gespräche geführt mit
der Zielstellung, präzise Angaben zur technischen
Machbarkeit und dem Kostenrahmen für ein Gesamtprojekt zu erhalten.
Erst wenn nähere Angaben zu einer Gesamtlösung
bekannt sind, können Fragen zum weiteren Vorgehen und zur Klärung der Finanzierung beantwortet
werden.
Ich meine, die Entscheidung ist richtig. Die Aufgabe
bleibt aber, und wir müssen sie, sofern es die Möglichkeit gibt, eine entsprechende Software einzusetzen, in
Angriff nehmen. Das ist wichtig für die Aufarbeitung.
Ich komme zu den politischen Stiftungen. Ich bin ja
nun kein Freund der PDS.
({5})
Demzufolge bedaure ich es sehr, daß entsprechend der
Regeln, die in diesem Haus entstanden sind, jetzt auch
die PDS in den Genuß der Stiftungsförderung kommen
muß.
({6})
- Ich respektiere dieses Ergebnis, kann aber doch mein
Mißfallen äußern, daß ich diese Regelung nicht für gut
halte.
({7})
Bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung wird also analog
zu der anfänglichen Förderung der Grünen-Stiftung verfahren, was bedeutet: 100 plus x. Das „x“ wird dabei aus
dem Gesamthaushalt genommen. Die zukünftigen Aufwüchse können finanziert werden, weil der Bautitel in
den nächsten Jahren sinkt. Es kam das Argument, die
Grünen seien eher in den Genuß der Bezuschussung gekommen. Das stimmt, allerdings hatten die Grünen auch
von Anfang an Fraktionsstärke. Das müssen Sie, Frau
Professor Luft - ich kenne Ihr Schreiben -, in dem
Zusammenhang beachten.
Schließlich zu den Kosovo-Flüchtlingen. Ursprünglich war geplant, im Einzelplan 06 66 Millionen DM für
diesen Bereich unterzubringen. Letztendlich hat man die
Entscheidung gefällt, dies im Rahmen des Einzelplans
60 zu finanzieren - eine, wie ich meine, richtige Entscheidung. Auch dazu habe ich eine Anmerkung an die
Adresse der PDS: In dem Ihnen nahestehenden Blatt
„Neues Deutschland“ habe ich neulich gelesen, die
NATO überfalle einen souveränen Staat. Die Gedanken,
die ich dabei habe, sind: Auch Deutschland war in den
30er Jahren souverän. Hätten die Westmächte damals
bloß eingegriffen! Hätte Ihr Friedensfreund Stalin beim
Warschauer Aufstand eingegriffen, wäre damit vielen
Juden das Leben gerettet worden. Das müssen Sie sich
dabei einmal überlegen.
({8})
Besonders angesichts der deutschen Geschichte ist es
heute notwendig, Vertreibungen und ethnische Säuberungen zu verhindern.
Zum Schluß: Ich bedanke mich bei den Berichterstatterkollegen im Haushaltsausschuß für die gute
Zusammenarbeit, bei den Beamten im BMI und selbstverständlich auch beim Minister und seinen Staatssekretären.
({9})
Ich erteile das Wort
dem Kollegen Dr. Max Stadler von der F.D.P.-Fraktion.
Herr Präsident! Meine
Damen und Herren! Bevor ich mich, wie meine beiden
Vorredner, einigen Daten des Einzelplans 06 zuwende,
gestatten Sie bitte einige allgemeine Bemerkungen zur
Politik des Bundesinnenministers im ersten Halbjahr
seiner Amtszeit. Aus Sicht der F.D.P. lassen sich drei
Charakteristika feststellen:
Erstens. Ein einziges großes Reformvorhaben wird in
dieser Woche vollendet, woran die F.D.P. einen wesentlichen Anteil hat: die überfällige Reform des Staatsangehörigkeitsrechtes.
({0})
Zweitens. In vielen Bereichen der Innenpolitik pflegt
Herr Schily nicht Distanz zu seinem konservativen
Amtsvorgänger, sondern Kontinuität.
({1})
Ich komme im einzelnen noch darauf zurück.
Drittens. Es liegt aber nur ein schmaler Pfad zwischen begrüßenswerter Kontinuität und beklagenswerter
Stagnation. Ein Innenminister ist für die innere Sicherheit verantwortlich. Minister Schily ist offensichtlich
darauf bedacht, etwaige Vorurteile über seine Zuverlässigkeit als Minister für Recht und Ordnung zu zerstreuen. Das ist - im wahrsten Sinne des Wortes - in
Ordnung.
({2})
Aber ein Aufbruch zu mehr innerer Liberalität geht von
seiner bisherigen Amtsführung nicht aus.
({3})
Innere Sicherheit und innere Liberalität sind in der
freiheitlichen Demokratie des Grundgesetzes keine Gegensätze, sondern einander bedingende konstitutive Elemente des Staatswesens. Ohne Sicherheit keine Freiheit,
ohne Freiheit kein liberaler Rechtsstaat!
({4})
Ein besonderes Bemühen der neuen Bundesregierung,
beide Akzente im Sinne einer wirklich liberalen Innenpolitik zu betonen, ist bisher nicht zu erkennen - mit
einer einzigen Ausnahme: der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts. Die ist allerdings überfällig; denn
nach manchmal quälender, schier endloser jahrelanger
Debatte ist das Thema entscheidungsreif.
({5})
Die F.D.P. hat für eine Lösung gesorgt, die eine
breite Akzeptanz in der Bevölkerung finden wird. Der
Bundesinnenminister hat sich dabei als fairer und zuverlässiger Verhandlungspartner erwiesen.
({6})
Deshalb wird der Bundestag morgen in dieser zentralen
gesellschaftspolitischen Frage eine konstruktive Entscheidung treffen, die in der letzten Legislaturperiode
mit der CDU/CSU leider nicht zustande zu bringen war.
({7})
Kontinuität kennzeichnet die Beamtenpolitik. Mit
der großen Dienstrechtsreform und den schmerzhaften,
aber notwendigen Maßnahmen zur Sicherung der Finanzierbarkeit der Pensionen haben die Union und die
F.D.P. noch vor der Bundestagswahl die Weichen für
die Zukunft gestellt. Es ist vernünftig, erst einmal die
praktische Erprobung der von uns durchgesetzten Reformen abzuwarten, ehe entschieden wird, ob der Gesetzgeber in diesem Bereich wieder tätig werden muß.
Ferner hat noch die alte Koalition notwendige Maßnahmen unter dem Stichwort „schlanker Staat“ eingeleitet. Nun wissen wir alle: Politik ist auch ein Wettstreit
um das Besetzen von Begriffen. Deswegen nehmen wir
in Kauf, daß die neue Regierung nun vom „aktivierenden Staat“ spricht. Daß sich dahinter nichts wesentlich
Neues verbirgt, wird jeder aufmerksame Betrachter unschwer erkennen.
Minister Schily hat auch an der von uns durchgesetzten Strukturreform des Bundesgrenzschutzes festgehalten. Ein Problem damit haben nur diejenigen Wahlkreisabgeordneten der SPD, die zu Hause voreilig und
fälschlich eine Totalrevision der Standortentscheidungen
versprochen haben.
({8})
Ein letzter Punkt zum Stichwort Kontinuität: Die
neue Koalition hat bei der sogenannten Bannmeilenregelung für Berlin auf einen Vorschlag des früheren
Bundestagsvizepräsidenten Burkhard Hirsch zurückgegriffen. Gute Ideen entfalten also offenbar ihre Wirksamkeit manchmal sogar dann - vielleicht auch erst
recht dann - wenn ihr Urheber dem Parlament gar nicht
mehr angehört.
Nun zur Kritik. Das Leitmotiv „Mehr innere Liberalität wagen“ geht von der neuen Regierung nicht aus.
Stagnation allenthalben! Die Themen, die ich aus Zeitgründen nur stichwortartig nennen kann, betreffen zwar
nicht allein das Innenministerium, gehören jedoch zu
einer Gesamtschau der Innen- und Rechtspolitik.
Neue Ansätze in der Drogenpolitik kommen nur
dürftig. Der Schutz des Berufsgeheimnisses für Journalisten bei selbst recherchiertem Material läßt auf sich
warten. Initiativen der Regierung zu Detailkorrekturen
im Flughafenverfahren für Asylbewerber wären längst
überfällig. Eine Verzahnung von Innen- und Außenpolitik etwa bei der Fortführung des Schengen-Prozesses ist
nicht erkennbar; dabei ist doch offenkundig, daß man
zwischen Staaten wie der Tschechischen Republik und
der Slowakei eine totale Abschottung unmöglich
zustande bringen kann. Zur Aufnahme von KosovoFlüchtlingen hört man vom Bundeskanzler und seinem
Innenminister Unterschiedliches.
({9})
Vielleicht gibt es heute noch eine Klarstellung von
Herrn Schily.
Grundrechte werden keineswegs immer gebührend
beachtet. So verliert nach dem neuen Gesetz über die repräsentative Wahlstatistik derjenige sein Wahlrecht,
Herr Wiefelspütz, der nicht bereit ist, an dieser Statistik
mitzuwirken. Ein unglaublicher Vorgang!
({10})
Seit über einem Jahr gibt es den sogenannten großen
Lauschangriff. Versprochen war - auch von Otto Schily dem Bundestag jährlich über die praktischen Auswirkungen zu berichten. Dieser Bericht liegt jedenfalls jetzt
noch nicht vor.
({11})
Die große Koalition in Berlin verabschiedet ein neues
Polizeigesetz, wonach die verdachtsunabhängige Kontrolle in besorgniserregender Weise ausgedehnt wird.
Wo bleibt hier die mahnende Stimme des Bundesinnenministers? Der Bundesdatenschutzbeauftragte hat bei der
Vorstellung seines neuesten Berichts vor wenigen Tagen
zu Recht daran erinnert, daß der Staat nach dem Menschenbild des Grundgesetzes nicht jedermann als potentiellen Verbrecher betrachten darf. Daran muß man leider immer wieder erinnern.
Ich könnte noch auf die Trennung von Polizei und
Verfassungsschutz zu sprechen kommen, die der Thüringer SPD-Innenminister Dewes neuerdings in Frage
stellt, obwohl das Bundesverfassungsgericht längst klargestellt hat, daß diese Trennung aus rechtsstaatlichen
und grundrechtlichen Erwägungen geboten ist.
Meine Damen und Herren, all diese Beispiele zeigen,
daß sich die rotgrüne Regierung mit der notwendigen
Balance zwischen innerer Sicherheit und innerer Liberalität äußerst schwertut.
({12})
Abschließend einige Bemerkungen zum Einzelplan 06: Wir beantragen eine Änderung des Haushaltsgesetzes, nach der die Ausnahme von der allgemeinen
Stellenkürzung von 1,5 Prozent auf alle Stellen bei
Bundesgrenzschutz und Bundeskriminalamt ausgedehnt
werden soll.
({13})
Wir halten dies für eine personell und materiell gut ausgestattete und motivierte Polizei für notwendig. Zudem
wäre es dringend geboten, die neuen Planstellen für den
Bundesgrenzschutz nach der Verabschiedung des Haushalts im Vorgriff schon heute und nicht erst nach Veröffentlichung des Haushaltsgesetzes zu besetzen.
({14})
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Wiefelspütz?
Ja.
Ich wäre Ihnen
dankbar, wenn Sie mit der Beantwortung der Frage dann
auch zum Schluß kämen.
Ich wollte Sie, Herr
Stadler, nur kurz um Stellungnahme bitten zu der Tatsache, daß die Bundesregierung gerade erst ein halbes Jahr
im Amte ist
({0})
und daß in diesem halben Jahr in Zusammenarbeit mit
der liberalen Fraktion einige wichtige Dinge auf den
Weg gebracht worden sind. Morgen soll ein besonders
wichtiges Gesetz verabschiedet werden, aber auch andere Gesetze sind beschlossen worden, zum Beispiel zur
Bannmeile und zur Kontrolle der Geheimdienste. Es
wird auch noch das eine oder andere folgen, zum Beispiel sind Regelungen zum Datenschutz auf dem Weg.
Haben Sie nicht auch den Eindruck, daß Sie - ein wenig
interessengeleitet - ein Zerrbild der Innenpolitik des
Bundesinnenministers gezeichnet haben?
({1})
Verehrter Herr Kollege
Wiefelspütz, Sie haben meinen Ausführungen sicherlich
aufmerksam gelauscht und festgestellt, daß ich in sehr
differenzierter Weise Lob und Tadel verteilt habe, wie
es einer Oppositionspartei gebührt.
({0})
Die Aspekte der Innenpolitik der neuen Koalition, die positiv zu würdigen sind, betreffen zwar wichtige Vorhaben.
Aber Sie müssen sich einmal bei all denen umhören, zum
Beispiel bei den Verbänden, den Flüchtlingsverbänden
und anderen, die gegenüber der neuen Koalition Erwartungen gehegt haben, die Sie in keiner Weise erfüllen.
Auch daran muß man in dieser Debatte erinnern.
({1})
Ich komme, wie der Herr Präsident mich gebeten hat,
zum letzten Punkt. Ich darf Sie bitten, unserem Änderungsantrag, der den Sport, nämlich die Aufstockung der
Mittel für den Behindertensport um 2,5 Millionen DM,
betrifft, zuzustimmen. Wenn Sie ihn, wie Sie es bisher
getan haben, ablehnen, ist dies mit ein Anlaß, den Haushalt zum Einzelplan 06 abzulehnen.
Vielen Dank.
({2})
Das Wort für Bündnis 90/Die Grünen hat der Kollege Cem Özdemir.
Herr
Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich zu den
eigentlichen Schwerpunkten meiner Rede zum Einzelplan 06 des Innenministeriums komme, gestatten Sie mir
eine Vorbemerkung. Wir werden uns ja morgen in aller
Ausführlichkeit, drei Stunden lang, mit dem Thema
Staatsbürgerschaftsrecht beschäftigen. Deshalb erspare
ich mir hierzu eine Bemerkung. Aber es kamen immer
wieder die Fragen: Was ist Kontinuität? Was ist Wandel? Was ist Erneuerung? Kollege Max Stadler hat es
angesprochen: sehr viel Kontinuität, wenig Wandel. Dazu will ich nur eines sagen: In einem Punkt sind wir,
zumindest was die Mehrheit des Hauses angeht, einig:
Wir haben einen Innenminister, dem die Integration von
Nichtdeutschen in diese Gesellschaft ein Herzensanliegen ist. Allein dafür hat es sich gelohnt, daß es einen
Wechsel im Innenministerium gegeben hat.
({0})
Der letzte Innenminister hat persönlich dafür gesorgt,
daß sich in Sachen Staatsbürgerschaft, am Zusammenleben von Deutschen und Nichtdeutschen nichts ändert.
({1})
Einen großen Teil der Probleme, die wir heute haben,
muß die jetzige Koalition abarbeiten und sucht dafür
jetzt - hoffentlich mit Ihrer Unterstützung - eine Mehrheit.
Es ist sehr bemerkenswert, daß die F.D.P. in der Opposition die Liberalität wiederentdeckt. Das freut uns.
Wir brauchen kritische Begleitung und kritische Unterstützung. Aber in den letzten 16 Jahren hätte ich mir etwas mehr Mut von seiten der F.D.P. beim Durchsetzen
manch ihrer Vorstellungen gewünscht.
({2})
- Warten Sie nur ab, Herr Westerwelle; Sie werden sich
noch wundern.
({3})
Ich sage das gar nicht frei von Selbstkritik. Ich darf
nur daran erinnern, daß alle Gesetze der letzten 16 Jahre
zu einer Verschärfung in der Innenpolitik mit Ihrer Unterstützung durchgesetzt worden sind. In den letzten
16 Jahren wurden Zivilität und Liberalität dieser Republik abgebaut, was in den Jahren davor nicht der Fall
war.
Wir als Bündnis 90/Die Grünen verstehen uns in dieser Koalition als die Anwälte der Bürgerrechte. Bei den
wenigen Gesetzen, die wir seit der Regierungsübernahme verabschiedet haben oder über die wir noch diskutieren - ich erinnere an die Diskussion über die Bannmeile,
aber auch an die Diskussion zum Datenschutz, die wir
begonnen haben -, werden wir als Bündnis 90/Die Grünen in dieser Koalition versuchen, als Anwälte der Bürgerrechte aufzutreten.
({4})
Jetzt aber zu einem Thema, das bisher noch nicht angesprochen wurde, was ich sehr bedaure. Ich hoffe, daß
die folgenden Redner auf das Thema eingehen, denn ich
denke, es hat unmittelbar mit der Arbeit des Innenressorts, aber auch mit der Arbeit des ganzen Hauses zu
tun. Ich meine die Bekämpfung des Rechtsradikalismus. Ich will Ihnen dazu einen Satz nicht vorenthalten,
den der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Peter Frisch, in seinem jüngsten Bericht gebracht
hat:
In Ostdeutschland ist der Rechtsextremismus jünger und gewalttätiger als im übrigen Bundesgebiet.
In einem diesbezüglichen Artikel in der „Süddeutschen
Zeitung“ heißt es weiter:
Im Osten leben zwar nur 17 Prozent der Gesamtbevölkerung, doch werden hier 46 Prozent der rechtsextremistischen Gewalttaten begangen - vorzugsweise von jugendlichen Tätern.
Wir sind uns sicherlich einig darin, daß es nicht angehen kann, daß man mit erhobenem Zeigefinger auf die
neuen Länder zeigt. Gerade ich als jemand, der aus Baden-Württemberg kommt, wo die Republikaner von sehr
vielen Menschen erneut in den Landtag gewählt worden
sind, muß allerdings sagen, daß das ein Problem für die
gesamte Bundesrepublik Deutschland ist.
Eines ist aber auch klar: An die Bilder, die am vorletzten Wochenende aus Magdeburg veröffentlicht wurden, wo ein Punk zusammengeschlagen wurde und versucht wurde, ihm den Schädel zu zertrümmern, wollen
und dürfen wir uns nicht gewöhnen. Ich wünsche mir,
daß wir gemeinsam mit der Opposition ein klares Signal
setzen: Rechtsradikalismus darf in Deutschland keine
Chance haben.
({5})
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten
Jelpke?
Gerne.
Herr Kollege Özdemir, ich teile
Ihre Auffassung, daß es ein Erstarken des Rechtsextremismus und des Antisemitismus gibt. Sie wissen, daß
wir diese Fragen hier im Parlament und auch im Innenausschuß immer wieder behandelt haben und beraten
haben, wie dagegen vorgegangen werden kann.
Im Zusammenhang mit dem vorliegenden Bundeshaushalt haben wir leider die Erfahrung machen müssen,
daß die Mittel für Organisationen, die rechtsextremistisches und antisemitisches Gedankengut verbreiten, keineswegs reduziert werden. Ich möchte Sie ganz konkret
fragen: Warum ist es nicht gelungen - ich weiß, daß die
Grünen einen entsprechenden Antrag gestellt haben -,
die Mittel für diese Organisationen im Bundeshaushalt
1999 um wenigstens 50 Prozent zu reduzieren? Beantworten Sie mir bitte die Frage, was sich nach dem Haushalt von Herrn Kanther in dem neuen rotgrünen Haushalt geändert hat.
Wir
haben beispielsweise im Bereich der Sprach- und Integrationsförderung die Mittel erhöht. Ich gebe Ihnen aber
recht, daß im Bereich der Bekämpfung des Rechtsradikalismus noch viel mehr getan werden kann und getan
werden muß. Ich gehöre nicht zu denjenigen, die das
Spiel mitmachen, die Verantwortung vom Bund auf die
Länder zu wälzen. Die Länder wälzen sie dann auf den
Bund zurück, und gemeinsam wälzen wir sie dann auf
die Kommunen. Wir müssen vielmehr die Bekämpfung
des Rechtsextremismus auf allen Ebenen zum Hauptziel
erklären. Denn dies ist eine Frage, bei der es nicht nur
um das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im
Ausland geht. Es geht auch darum, welche Lebensqualität wir in dieser Gesellschaft haben.
Aus diesen Ereignissen haben wir eines gelernt: Vor
wenigen Jahren waren es nur Nichtdeutsche, denen man
angesehen hat, daß sie nicht schon immer hier gelebt
haben. Heute trifft es bereits Punks, es trifft Langhaarige, es trifft Homosexuelle, es trifft Obdachlose und es
trifft Behinderte. Die Frage ist: Wen trifft es morgen?
Allein deshalb, glaube ich, müssen wir uns darüber klarwerden, daß es erforderlich ist, in dieser Frage zusammenzuarbeiten.
Frau Kollegin Jelpke, ich kann Ihre Frage nur dahin
gehend beantworten, daß wir seit einem halben Jahr in der
Regierung sind. Lassen Sie uns noch ein bißchen Zeit, bis
wir diese Fragen in Angriff nehmen. In der Koalitionsvereinbarung steht, daß wir uns gemeinsam vorgenommen
haben, eine Initiative gegen Rechts zu starten. Diese Einladung gilt auch an die Opposition. Eine Verbesserung
dieser Situation kann man als Regierung nicht mit der
Mehrheit, also mit 51 Prozent gegen 49 Prozent, durchsetzen. Das Thema ist zu wichtig, als daß es die Regierung allein bearbeiten kann. Dies ist eine ernstgemeinte
Einladung, hier zusammenzuarbeiten.
({0})
Da wir gerade über das Thema Rechtsradikalismus
diskutieren: Auch Sie haben wahrscheinlich von der
Sendung „Frontal“ im ZDF gehört, in der zum Ausdruck
kam, daß die Rechtsradikalen bereits versuchen, Freiwillige für den Einsatz in Serbien zu werben. Allein dies
macht deutlich, welche Strukturen man hier aufbauen
möchte.
Um auf mein eigentliches Thema zurückzukommen:
Unsere erste Aufgabe muß die Bekämpfung des Rechtsradikalismus sein. Damit Sie sehen, daß es hier nicht um
parteipolitische Spielereien geht, möchte ich ausdrücklich sagen: Das Bundesland Sachsen beispielsweise hat
mit seiner „Soko Rechts“ eine sehr wichtige Maßnahme
ergriffen, die außerordentlich begrüßenswert ist. Manches andere Bundesland könnte sich eine Scheibe abschneiden, was das polizeiliche Vorgehen gegen den
Rechtsradikalismus angeht.
Auf der anderen Seite ist aber auch klar: Wir können
gar nicht so viele Polizeibeamte einsetzen. Wir können
gar nicht einen solch repressiven Apparat finanzieren,
wie er notwendig wäre, um das Problem in den Griff zu
bekommen, wenn wir nicht gleichzeitig auch an den
Aufbau der Zivilgesellschaft herangehen und dafür sorgen, daß die Demokratie und das Vertrauen in den
Rechtsstaat gestärkt werden und die Kultur des Zuschauens - das scheint mir das entscheidende Problem
zu sein - wirklich beendet wird.
({1})
Daher ist es wichtig, daß wir mit der Frage des Zusammenlebens von Deutschen und Nichtdeutschen und
mit dem Umgang mit Minderheiten verantwortungsvoll
umgehen. Dies ist auch ein kleiner Appell mit Blick auf
morgen; denn ich kann mir ungefähr vorstellen, welche
Schlammschlachten uns morgen erwarten werden. Ich
bitte Sie wirklich, sich zu überlegen, welche Wirkung
bei den Jugendlichen in den neuen Ländern und im restlichen Bundesgebiet die Art und Weise der morgigen
Debatte zum Staatsbürgerschaftsrecht auf die Frage des
Zusammenlebens haben wird.
({2})
- Herr Kollege Marschewski, Sie sind durchaus gemeint. Ich weiß schon, warum ich das sage.
({3})
- Es wäre schön, wenn es so wäre, Herr Marschewski.
Das würde mich freuen.
({4})
Ich komme zum Thema Flüchtlinge; auch dieses
Thema wurde hier ja mehrfach angesprochen. Ich wünsche mir, daß wir auch bei diesem Thema die parteipolitische Polemik etwas beiseite lassen.
({5})
Es geht darum, daß wir gemeinsam Überlegungen anstellen müssen, wie wir die Hilfsbereitschaft, die in der
Bevölkerung in erstaunlichem Maße vorhanden ist, nutzen können. Das geht über alle Grenzen hinweg; es gibt
zum Beispiel Arbeitgeber, die sich engagieren. Ein
Sektor, der übrigens gar nicht angesprochen wurde, ist
der Gesundheitsbereich. Es melden sich Apotheker und
Ärzte bei uns, die sagen: Wir möchten helfen; wir
möchten etwas tun. Es verhält sich im Grunde fast schon
so, daß wir diese Hilfsbereitschaft gar nicht abrufen
können, so viel kommt aus der Bevölkerung. Man muß
das ausdrücklich loben. Daß sich Hilfsbereitschaft in so
großem Maße zeigt, ist eine sehr erfreuliche Erscheinung.
({6})
Es ist aber auch klar: Gerade in außenpolitischer Hinsicht ist es doch geradezu absurd, wenn wir eine Situation wie in Mazedonien haben, das kurz vor dem Zusammenbruch steht, das mit der Flüchtlingssituation völlig
überfordert ist, und wenn wir uns dann hinstellen und
sagen: Weil die anderen europäischen Länder ihre Aufgaben noch nicht erfüllt haben - wir sind uns ja in der
Kritik einig -, nehmen wir keine weiteren Flüchtlinge
mehr auf. Das ist mit Sicherheit nicht die Antwort, die
wir brauchen.
({7})
Denn ich möchte Sie einmal sehen, wenn Mazedonien
zusammenbricht. Was ist los, wenn das Regime in Mazedonien zusammenbricht und wir es dann mit Zuständen zu tun haben, die ich Ihnen gar nicht weiter ausmalen möchte? Es kann sich, glaube ich, niemand vorstellen, was dann los sein wird.
Gerade wenn wir den Krieg so schnell wie möglich
beenden wollen, müssen wir dazu beitragen, daß die
Nachbarländer stabilisiert werden. Wir sind uns darin
einig, daß sie natürlich die Hauptaufnahmeländer sind.
Wir sind uns darin einig, daß unsere europäischen
Freunde natürlich mehr leisten müssen, auch um in dieser Frage glaubwürdig zu sein. Wir sind uns aber hoffentlich auch darin einig, daß wir in der Bundesrepublik
Deutschland, die wir immer noch vergleichsweise wohlhabend sind, mehr leisten können und mehr leisten müssen.
Deshalb begrüße ich die Initiative des Innenministers,
weitere 10 000 Flüchtlinge aufzunehmen.
({8})
Ich appelliere gleichzeitig an alle Länder, vor allem an
die unionsregierten Länder, ihre sture Haltung aufzugeben und kein parteipolitisches Spielchen daraus zu machen. Das haben die Flüchtlinge nicht verdient. Übrigens
sind Ihre Wählerinnen und Wähler in dieser Frage, glaube ich, weiter als Sie. Die Bereitschaft, mehr Flüchtlinge
aufzunehmen, ist größer, als wir uns das vorstellen.
Im Zusammenhang mit der Frage der Aufnahme von
Flüchtlingen komme ich zu einem weiteren Punkt. Den
Vorwurf, daß wir damit Milosevic stabilisieren, halte ich
für sehr zynisch.
({9})
Ich glaube nicht, daß dieser Vorwurf so stehenbleiben
sollte. Dieser Vorwurf ist, bezogen auf alle hier, ein ungerechter Vorwurf, der uns in der Sache nicht hilft. Es
ist ein unglaublicher Vorwurf, der an Zynismus nicht zu
überbieten ist. Niemand von uns möchte Milosevic stabilisieren. Vielmehr geht es darum, daß wir dazu beitragen müssen, daß die Flüchtlinge menschlich aufgenommen werden. Ich empfehle Ihnen, einmal den Bericht
der OSZE durchzulesen. Er stellt in sehr eindringlichen
Worten die Situation dar, die in Mazedonien und den
anderen Nachbarländern herrscht. Das sind Zustände,
die man nicht länger hinnehmen kann, wenn man sich
ein bißchen Menschlichkeit bewahrt hat.
({10})
Ich komme zu einem letzten Punkt, der mir sehr
wichtig ist. Im Grunde leitet das Thema der Flüchtlinge
zu diesem Punkt über, nämlich zu Europa. Man kann
die deutsche Innenpolitik gar nicht mehr von der Frage
Europa trennen. Wir haben an dieser Stelle ja gesehen,
wie wichtig es ist, daß wir zu einer Koordination in
Europa kommen. Diese Bundesregierung setzt sich dafür ein, daß es für das Problem der Flüchtlingsaufnahme eine europäische Lösung gibt. Das hat die Vorgängerregierung zum Teil bereits auch versucht. Wir wollen dies durchsetzen. Dazu ist es notwendig, daß wir
geschlossen agieren und daß wir unser Gewicht in Europa stärken, damit wir uns in dieser Frage durchsetzen. Das ist mit eine Grundvoraussetzung für die Vertiefung der europäischen Bindungen und die Einigung
innerhalb Europas. Wenn es eine Solidarität in den
Fragen der Migrationspolitik, der Zuwanderungspolitik, der Flüchtlings- und Bürgerkriegspolitik nicht gibt,
dann, glaube ich, werden wir Schwierigkeiten bekommen, bei unserer Bevölkerung Sympathien für Europa,
die wir wollen und brauchen, auch weiterhin zu wekken.
Deshalb ist es mir sehr wichtig, daß wir uns in den
nächsten Jahren in der deutschen Innenpolitik vor allem
dafür einsetzen, daß Europa nicht nur ein Wirtschaftsbündnis oder ein Agrarbündnis ist. Vielmehr muß Europa auch ein Bündnis sein, bei dem die Bürgerinnen und
Bürger das Gefühl haben: Unsere Grundrechte sind dort
gut aufgehoben. Deshalb wollen wir eine europäische
Menschenrechts- und Grundrechtscharta.
({11})
Die erfolgreiche Tradition, die wir mit unserem Grundgesetz auf den Weg gebracht haben, wollen wir in ähnlicher Form auf europäischer Ebene fortführen. Diese Europäische Union braucht eine Verfaßtheit; diese Europäische Union benötigt einen solchen Grundrechtskatalog. Auch hier ergeht die Einladung an die Opposition:
Arbeiten Sie mit uns gemeinsam an einem solchen
Grundrechtskatalog für die Europäische Union.
Vielen Dank.
({12})
Ich gebe das Wort
der Kollegin Ulla Jelpke, PDS-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen
und Herren! Herr Kollege Özdemir, Sie haben recht: Sie
sind erst ein halbes Jahr an der Regierung. In diesem
halben Jahr haben Sie aber immerhin Zeit gehabt, die
Mittel für rechtsextremistische Organisationen, zum
Beispiel für die Vertriebenenverbände - das habe ich
hier schon letztes Mal kritisiert -, auf 25 Millionen DM
zu erhöhen.
({0})
- Wir haben nichts gegen Integrationsmaßnahmen, die
mit diesen Mitteln gefördert werden sollen. Daß man
allerdings als Träger Organisationen wie den Vertriebenenverbänden diese Gelder in die Hand gibt, ist mit Sicherheit nicht in Ordnung. Selbst die alte Bundesregierung, die Kohl-Regierung, mußte zugeben, daß in den
Vertriebenenverbänden rechtsextremistische Tendenzen
vertreten und rechtsextremistische Inhalte publiziert
werden.
Außerdem möchte ich an unsere kleine Geste für
mehr Aufklärungsarbeit erinnern: Wir haben heute einen
Antrag vorgelegt, die Mittel zur Aufklärung und Bekämpfung von Antisemitismus und anderer Vorurteile
von 800 000 DM um 2 Millionen DM zu erhöhen. Herr
Kollege Özdemir, es ist nicht sehr glaubwürdig, wenn
man sich hier hinstellt und sagt: Wir sind erst seit einem
halben Jahr im Amt. Sie wissen sehr wohl, mit welchen
Mitteln man was fördert; aber auf unsere Anträge - von
Ihnen einmal abgesehen - wird mit keinem Wort Bezug
genommen. Nach der letzten Debatte - das möchte ich
ganz klar sagen - sind Sozialdemokraten aus dem Innenausschuß zu mir gekommen und haben gesagt: Das
darf so nicht bleiben, das muß sich ändern. Bis heute hat
sich aber nichts geändert.
Da meine Redezeit begrenzt ist, möchte ich zu dem
Thema nichts weiter ausführen. Dafür möchte ich ein
anderes wichtiges Thema aufgreifen, das in den vergangenen Tagen eine Rolle gespielt hat: die neue Flüchtlingspolitik der Bundesregierung; meine Kollegen „Wini“ Wolf und Gregor Gysi haben es bereits angesprochen. Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Herr
Volmer, mußte in den vergangenen Tagen den Lagebericht zum Kosovo zurückziehen. Ich zitiere: Das Papier
entsprach nicht der empirischen Wahrheit, sondern
war aus innenpolitischen Gründen von der alten
Regierung so verfaßt worden.
Mit anderen Worten: Er erhebt hier den Vorwurf, daß
man offensichtlich keine Asylbewerber in unserem Land
aufnehmen will. Wie wir aus der Praxis wissen, sind
viele Menschen aus dem Kosovo abgeschoben worden.
Entgegen allen Behauptungen, die in den letzten Tagen von einigen Abgeordneten verschiedener Fraktionen
immer wieder aufgestellt wurden, möchte ich folgendes
deutlich sagen: Die PDS hat die Situation im Kosovo
seit 1992 immer wieder problematisiert, wie man auch
in einem Entschließungsantrag von 1992 nachlesen
kann. Aber auch im Innenausschuß haben wir über einen
Abschiebestopp diskutiert. Wir stehen mit der Meinung,
daß das Ganze ein Skandal ist, nicht alleine da. Beispielhaft nenne ich den Richter am Oberverwaltungsgericht Münster, Dieter Deiseroth. Er hat in den letzten
Tagen erklärt - ich zitiere -:
Wenn das zutreffend wäre, was zur Rechtfertigung
der NATO-Luftangriffe gesagt wird, daß nämlich
systematisch Menschenrechtsverletzungen, ethnische Säuberungen und Völkermord im Kosovo
stattgefunden haben, dann wären die amtlichen
Auskünfte, die in Asylverfahren bis März 99 erteilt
worden sind, nicht haltbar, dann wären die Urteile,
die auf dieser Grundlage ergangen sind, falsch, den
Asylbewerbern wäre Unrecht geschehen. Umgekehrt: Wenn die amtlichen Auskünfte in Asylverfahren, die von seiten des Auswärtigen Amtes erteilt worden sind, zutreffend waren und sind, dann
wären die öffentlichen Rechtfertigungen für die
NATO-Luftangriffe nicht zu halten. Das ist ein
Fall, der von seiten des Parlaments aufgeklärt werden muß, dem die Öffentlichkeit nachgehen muß.
Die PDS fordert, daß hier Aufklärung erfolgt. Was ist
mit Flüchtlingen passiert, die auf der Grundlage dieser
Urteile abgeschoben wurden? Ich sage wahrscheinlich
nichts Neues - es ist von Herrn Stadler schon gesagt
worden -: Diese Regierung macht keine andere Politik
als die Regierung Kohl/Kanther.
({1})
Millionen werden in die Abschottungspolitik investiert,
damit weiterhin unmöglich gemacht wird, daß Flüchtlinge in dieses Land kommen.
Ich möchte in diesem Zusammenhang gerne noch das
Hickhack ansprechen, das hier zwischen den Innenministern der Länder und dem Bundesinnenminister bzw.
innerhalb der Bundesregierung läuft, wenn es um die
Aufnahme von Flüchtlingen geht. In Albanien sind bereits über 380 000 Flüchtlinge. Wer das auf die Bundesrepublik Deutschland - pro Kopf, nicht wirtschaftlich umrechnet, wird feststellen, daß Deutschland acht Millionen Flüchtlinge aufnehmen müßte. Ich meine, daß
dieser Streit peinlich und menschenunwürdig ist, daß es
skandalös ist, wie hier über das Schicksal von Menschen
verhandelt und vor allen Dingen auch geurteilt wird.
Die PDS-Fraktion fordert: Öffnen Sie die Grenzen für
die Menschen aus den Krisengebieten. Nehmen Sie sie
nicht nur auf, sondern helfen Sie intensiv, daß sie hier
unterkommen und versorgt werden.
Der Krieg kostet jeden Tag etwa soviel, wie Sie insgesamt für die Flüchtlinge ausgeben wollen. 10 000
Flüchtlinge kosten etwa 15 Millionen DM. Wenn Sie bei
den Kosten des Krieges Einsparungen vornehmen würden, könnten Sie effektiver helfen.
Ich werde Ihnen jetzt wahrscheinlich nichts Neues
sagen: Wir werden diesen Haushalt natürlich ablehnen.
Er ist unzumutbar und für die Flüchtlinge, die aus den
Krisengebieten zu uns kommen, eine Katastrophe.
Danke.
({2})
Für die SPDFraktion spricht der Kollege Lothar Mark.
Herr Präsident! Meine lieben
Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal ist festzuhalten: Der Sport hat einen finanziellen Zuwachs von
- egal, wie man es rechnet - mindestens 18,1 Millionen
DM erfahren. Damit fließen in diesen Bereich insgesamt
238,5 Millionen DM. Das heißt, daß wir zum Beispiel
die Spitzensportförderung weiter mit 3,2 Millionen
DM begünstigen können. Wir wollen, daß auch in Zukunft Europameister, Weltmeister und Olympiasieger
aus Deutschland kommen.
({0})
Die Bundesregierung hat hier einen neuen Akzent gesetzt. Ich denke, daß es scheinheilig ist, nun zu fragen
„Warum macht ihr insgesamt nicht mehr?“; denn dazu
hätte man viele Jahre lang die Möglichkeit gehabt.
({1})
Das gleiche wäre zur Dopingforschung und zur Dopinganalytik zu sagen. Wir haben die finanziellen Mittel für diesen Bereich immerhin um 500 000 DM erhöht.
Wenn hier gesagt wird, dies sei zuwenig, dann frage ich
mich: Warum hat nicht schon die alte Regierung eine
Erhöhung vorgenommen?
({2})
In gleicher Weise muß man beim leistungsbezogenen Behindertensport argumentieren. Wir haben die
Mittel dafür immerhin - wiederum global gesehen - um
670 000 DM auf 5,82 Millionen DM erhöht. Wenn hier
von der F.D.P. gesagt wird, wir würden den Antrag auf
Erhöhung des Zuschusses auf 2,5 Millionen DM ablehnen, dann frage ich: Warum, meine Damen und Herren
von der F.D.P., haben Sie den Behindertensport in den
zurückliegenden Jahrzehnten nicht stärker gefördert?
Wir machen jetzt einen ersten großen Schritt nach vorne.
({3})
Meine Damen und Herren, damit komme ich zu dem
Thema, das in den letzten Debatten sehr heftig angesprochen wurde, dem Goldenen Plan Ost. Es ist schon
sehr verwunderlich, daß Herr von Hammerstein sagt,
dieser Goldene Plan sei wegen der Hartnäckigkeit der
CDU/CSU aufgelegt worden. Der Goldene Plan ist von
der SPD sieben Jahre lang gefordert und von der damaligen Regierung sieben Jahre lang abgelehnt worden.
({4})
Wir haben in den Besprechungen, Berichterstattergesprächen und im Haushaltsausschuß versucht, diese
Position zunächst einmal offenzuhalten, weil wir nicht
wußten, wieviel wir letztendlich würden einsetzen können. Aber daß wir gezwungen waren, den Goldenen
Plan Ost nun tatsächlich umzusetzen, hängt damit
zusammen, daß Sie noch für den 31. Dezember 1997
beschlossen hatten, daß der Neubau von Sportstätten
nach dem Investitionsförderungsgesetz Aufbau Ost, in
dem 6,6 Milliarden DM enthalten sind, nicht mehr möglich ist. Wir haben diese Lücke geschlossen, indem wir
sagen, der Neubau wird durch den Goldenen Plan Ost
möglich.
({5})
Komplementär finanziert bedeuten 15 Millionen DM
für 1999 45 Millionen DM. Das wird Arbeitsplätze
schaffen. Die Verpflichtungsermächtigung für die nächsten drei Jahre in Höhe von 100 Millionen DM bedeutet
komplementär finanziert 300 Millionen DM. Dies ist
ebenfalls ein ganz gewaltiger Investitionsschub in
Richtung Osten.
({6})
Ich denke, daß wir damit einen wesentlichen Impuls für
den Aufbau Ost ausgelöst haben.
Der Präsident zeigt mir an, daß ich Schluß machen
muß. Ich gehe sofort darauf ein, Herr Präsident. Ich will
nur noch erwähnen, daß wir für die Stadien in Berlin
und Leipzig einen Leertitel haben, denn wir wollen, daß
dann, wenn die Zusage für die Weltmeisterschaft
kommt, dieser Titel gefüllt werden kann.
Vielen Dank.
({7})
Das Wort für die
CDU/CSU-Fraktion hat der Kollege Wolfgang Zeitlmann.
Herr Präsident!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir reden über
den Etat des Bundesinnenministeriums, und es ist
selbstverständlich und normal, daß insbesondere die
Fragen der derzeitigen Flüchtlingssituation in unserem
Land eine Rolle spielen. Der Bundesinnenminister hat
am Anfang seiner Amtszeit große Aufmerksamkeit erreicht, als er davon sprach, daß die Grenze der Belastbarkeit, was die Zuwanderung anbelangt, überschritten
sei. Da hatte er wohl recht.
({0})
Der Innenminister spricht jetzt davon, daß das
Flüchtlingskontingent von 10 000 auf 20 000 verdoppelt
werden muß. Ich frage mich: Wie ist das mit der überschrittenen Belastungsgrenze vereinbar? Und: Sind die
Flüchtlingszahlen der Kosovo-Albaner, die ich höre,
richtig oder falsch? In einer Presseerklärung heißt es, in
der Bundesrepublik Deutschland leben derzeit 320 000
Kosovo-Albaner. Die Frage der Belastung im Zusammenhang mit der Verdoppelung darf nicht auf die
10 000 begrenzt sein. Man muß der deutschen Öffentlichkeit schon mitteilen, welche Belastungen dieses
Land seit vielen Jahren, auch bezüglich der KosovoAlbaner, zu tragen hat. In meinem Heimatland Bayern
sind 50 000. Davon, so sagt der bayerische Innenminister, seien allein 45 000 ausreisepflichtig. Ich sage das,
damit klar ist, daß die Frage der Abschiebung in das Kosovo schon seit langem praktisch keine Rolle mehr
spielt.
Meine Damen und Herren, ich halte das für eine typische Zickzackpolitik: Auf der einen Seite wird den
Menschen im Land gesagt, ich achte auf die Grenze der
Belastbarkeit dieses Landes, und auf der anderen Seite
wird sie still und heimlich überschritten. In der letzten
Woche hat der Innenminister gesagt, im Grunde sei die
Entscheidung richtig, die Flüchtlinge vor Ort und in der
nächsten Nachbarschaft zu versorgen und nicht auf
Europa zu verteilen, in dieser Woche will er das Gegenteil.
Zwei Dinge stören mich gewaltig: Das eine ist die
Tatsache, daß in dieser Diskussion von Vertretern der
linken Seite die Frage der deutschen Vertriebenen völlig anders gesehen wird. Bezüglich der deutschen Vertriebenen wird der Eindruck erweckt, als seien das Menschen besonderer Radikalität, als hätten sie nicht ein
schweres Schicksal zu tragen. Ich meine, sie haben nun
einen Anspruch darauf, daß in einem freien Staat auf ihr
Schicksal Rücksicht genommen wird und ihren Verbänden eine ganz normale, friedliche Integrations- und
Kulturarbeit durch staatliche Leistungen erleichtert wird.
Ich halte es für unfair, in einem Atemzug Vertriebene
unterschiedlich zu behandeln.
Ein Zweites, was mich hier stört, ist, daß von vielen
Seiten, besonders von links, die Frage des Extremismus
nur noch auf rechts fokussiert wird, als gäbe es keinen
Ausländer- und Linksextremismus. Ich rede überhaupt
nicht davon, daß es schamlos ist,
({1})
wenn die Vertreterin der PDS hier auftritt und in allen
Anfragen nur nach rechtsaußen schaut, als gäbe es nicht
- von diesem Innenminister nach wie vor beobachtet in der PDS deutliche Tendenzen zum Linksextremismus.
Die innere Sicherheit in diesem Lande ist ein ganz
wichtiges Thema. Deswegen glaube ich, daß man allein
mit Foren für Kriminalprävention nicht überzeugend
handeln kann. Ich habe überhaupt nichts gegen Prävention; im Gegenteil, man möge sie betreiben. Man muß
aber auch deutlich sagen, daß Prävention in vielen Bereichen der inneren Sicherheit nicht ausreicht. Denken
Sie einmal an den Prozeß gegen Öcalan, der demnächst
in der Türkei stattfinden wird. Daß diese Regierung
Öcalan hätte haben können und nicht wollte, ist das eine
Thema. Das ist diskutiert und abgeschlossen worden.
Jetzt kommt es aber zu dem Prozeß und irgendwann
auch zu einem Urteil - wer weiß, zu welchem. Dann
wird es auf deutschen Straßen wahrscheinlich wieder
Sicherheitsdefizite geben. Hier aber erwähnt man dieses
Thema überhaupt nicht und tut so, als könne man es
durch Prävention in den Griff bekommen. Jeder Insider
weiß aber, daß Sie in diesem Bereich mit Prävention und
mit Foren überhaupt nichts bewerkstelligen. Vielmehr
müssen Sie knallharte Vorsorge treffen und alle Sicherheitsorgane auf äußerste Vorsicht „schalten“, damit sie
solchen Situationen gewachsen sind.
Herr Kollege
Zeitlmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Wiefelspütz?
Dem Kollegen
Wiefelspütz immer.
Herr Zeitlmann, bei allem Respekt vor unterschiedlichen Meinungen und Bewertungen: Ich fühle mich verletzt durch die Behauptung, wir seien einäugig, wenn es um Extremismus geht.
Haben Sie den Verfassungsschutzbericht, den der
Bundesinnenminister zu verantworten hat und in den
sicherlich auch manche Vorarbeiten seines Amtsvorgängers eingeflossen sind, in seiner ganzen Bandbreite
- Linksextremismus wie Rechtsextremismus, einschließlich eines Teils über die PDS - überhaupt gelesen? Sind Sie bereit, zuzugeben, daß Sie diesen Bericht
nicht gelesen haben, sondern hier - entsprechend Ihrem
Wunschdenken - Pappkameraden aufbauen?
({0})
Herr Kollege
Wiefelspütz, ich sage Ihnen ganz offen - da hätte es
Ihrer Frage nicht bedurft -: Natürlich habe ich den Verfassungsschutzbericht gelesen und natürlich weiß ich,
daß im Verfassungsschutzbericht beide Formen des Extremismus behandelt werden. Es wäre auch schlimm,
wenn ein Innenminister das nur einseitig machen würde.
Aber hierzu sage ich Ihnen - dazu habe ich eine Presseerklärung gemacht, und dazu stehe ich auch -: Es gibt
- in der letzten Woche vorgestellt - das Bündnis für
Demokratie und Toleranz. In diesem Bündnis ist mit
keinem Wort auf Linksextremismus verwiesen worden;
vielmehr wurde nur auf Rechts geprügelt.
({0})
Deswegen sage ich Ihnen: Ich bleibe bei meinem Vorwurf, daß der Bundesinnenminister auf einem Auge
blind ist. Ich begründe dies mit dem Hinweis auf dieses
Bündnis für Demokratie und Toleranz: Da ist nur von
der einen Seite die Rede. Wenn Sie etwas anderes sagen,
dann haben Sie nichts über dieses Bündnis gelesen.
({1})
Eine Anmerkung muß aber noch erlaubt sein: Wenn
wir das Thema Innenpolitik behandeln, dann spielt eine
entscheidende Rolle, daß der Bundesinnenminister
gleichzeitig Ratspräsident ist und daß es ein europäisches Vorhaben gibt, die Flüchtlings- und die Asylpolitik zusammenzuführen und zu vergemeinschaften. In
dem halben Jahr Ihrer Ratspräsidentschaft - ich gebe zu,
es ist erst ein halbes Jahr - ist aber im Grunde genommen nichts passiert. Ich kenne keine Konferenz, keinen
Bericht und auch keine Diskussion dieser Präsidentschaft zu dem Thema.
({2})
Der Bundesinnenminister selbst hat in dieser Woche
zugegeben, daß die Frage eines gemeinsamen Handelns
in der Flüchtlingspolitik schwierig bzw. nicht lösbar ist.
Dann möge man dies auch öffentlich sagen und erklären,
wer Hinderungsgrund ist, in welchem Land es die größten Widerstände gibt und warum man nicht weiterkommt.
({3})
Mit einer verdeckten, stillen Diskussion ist nicht geholfen. Vielmehr muß man auch in aller Öffentlichkeit dazu
Stellung nehmen.
({4})
Es wäre natürlich unvollständig, das Thema Innenpolitik zu behandeln, ohne darauf einzugehen, daß Sie
morgen den Schlußpunkt in der Frage des Staatsangehörigkeitsrechts setzen wollen. Meine Damen und Herren, der gleiche Innenminister, der morgen dieses Gesetz
vortragen wird, hat noch zur Jahreswende gegen das
Optionsmodell, das Sie jetzt vorlegen, größte verfassungsrechtliche Bedenken gehabt. Dies ist nachweisbar.
Jetzt plötzlich spielt es keine Rolle mehr. Er hat noch
zum Jahresende öffentlich erklärt, daß der Verwaltungsaufwand, der mit diesem Gesetz, das morgen verabschiedet werden soll, verbunden ist, unerträglich hoch ist
und daß er ihn vermeiden will. Er wird es nicht können,
weil er jetzt genau dieses Gesetz vorlegt.
Meine Damen und Herren, das ist für mich keine klare und vorausschauende Innenpolitik, sondern ich sage
Ihnen ganz offen: Mit diesem Staatsangehörigkeitsrecht
schaffen Sie morgen eher Anreize zu weiterem Zuzug
und damit eine weitere Belastung für unser Land. Jedenfalls sagen Sie in diesem Gesetz keinen Satz über Integration, auch nicht über Zuzugsbegrenzung. Dies wird
weltweit als falsches Zeichen verstanden. Deswegen
sind wir gegen diese Regelungen, die morgen verabschiedet werden sollen.
Im übrigen - auch dies ein Novum -: Noch nie ist zu
unserer Regierungszeit im Innenausschuß ein Gesetzesvorhaben so durchgepaukt worden wie dieses Gesetz.
({5})
Das sage ich ganz offen, und dabei bleibe ich. Das kann
ich im Ernstfall auch belegen.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
({6})
Das Wort hat der
Bundesminister des Innern, Otto Schily.
Herr Kollege Zeitlmann, ich würde gern auf Ihre Ausführungen
eingehen, aber Ihr Denken scheint mir doch etwas chaotisiert zu sein.
({0})
Sie wettern hier gegen Prävention, und im nächsten Satz
sagen Sie, es bedürfe einer knallharten Vorsorge. Also,
Prävention ist nun mal Vorsorge. Wie soll ich das zusammenbringen?
({1})
Und wenn Sie die Protokolle der EU-Ratspräsidentschaft nicht kennen, dann polemisieren Sie doch nicht
dagegen, wenn Sie nicht wissen, um was es geht.
({2})
Ich denke, so kann man sich nicht verständigen. Daher
glaube ich, ich sollte mich doch den wesentlicheren Fragen zuwenden.
Vornehmste Aufgabe der Innenpolitik, Herr Präsident, meine Damen und Herren, ist die Bewahrung des
inneren Friedens. Die Bürgerinnen und Bürger haben
einen selbstverständlichen Anspruch darauf, daß der
Staat die innere Sicherheit umfassend gewährleistet, die
Bürgerinnen und Bürger vor Straftaten schützt und ihnen
ein Leben in Freiheit und Sicherheit ermöglicht.
Die Europäische Union hat es deshalb zu ihrem Programmsatz erhoben, Europa zu einem Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechtes auszugestalten. Das
alles gehört zusammen, Herr Kollege Stadler, da gebe
ich Ihnen völlig recht. Ich habe sehr oft Wilhelm von
Humboldt zitiert, der gesagt hat: „Die Freiheit kann der
Mensch nur entwickeln in Sicherheit, also ist die Sicherheit auch eine Vorbedingung für die Freiheit.“ Aber beides ist gemeint. Die rechtsstaatliche Ordnung verbürgt
diesen Zusammenhang. Ich weiß mich jedenfalls in
meiner Verantwortung als Bundesinnenminister dieser
Zielsetzung der Europäischen Union verpflichtet.
Dank der guten Arbeit von Bundeskriminalamt, Bundesgrenzschutz, des Bundesamtes für Verfassungsschutz, aber auch der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
des Bundesinnenministeriums und vieler anderer dem
Bundesinnenministerium zugeordneter Institutionen und
dank der guten Zusammenarbeit mit den Länderinnenministern und den Länderpolizeien gehört Deutschland das kann man hier durchaus einmal hervorheben - zu
den sichersten Ländern auf der ganzen Welt.
({3})
Das ist einer der wichtigsten Standortvorteile im wirtschaftlichen Wettbewerb. Deshalb müssen wir auch mit
Entschiedenheit Äußerungen entgegentreten, die den
Staat gewissermaßen als Kostgänger der Wirtschaft in
Mißkredit zu bringen versuchen.
({4})
Auch die Wirtschaft kann nur gedeihen, wenn der Staat
für die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit sorgt.
Die Leistungen des Staates gehören daher auch im Bereich der Wirtschaft nicht zu den Belastungs-, sondern
zu den Produktionsfaktoren.
Die Erfolge bei der Gewährleistung der inneren
Sicherheit und die hohe Leistungsfähigkeit unserer
Sicherheitsinsititutionen lassen sich auch an konkreten
Beispielen darstellen. Ich will Ihnen ganz offen sagen:
Im vergangenen Jahr hat mir ein Erpressungsfall zu Lasten der Deutschen Bahn sehr große Sorge gemacht. Den
Beamten des Bundeskriminalamtes und des Bundesgrenzschutzes ist es gelungen, diesen Sachverhalt sehr
schnell aufzuklären. Ich möchte diesen Beamten, die
mich einer großen Sorge enthoben haben, meinen besonderen Dank aussprechen.
({5})
Es ist ein Ausweis guter polizeilicher Arbeit, daß es
in den letzten Wochen gelungen ist, einigen gefährlichen
Schleuserbanden das Handwerk zu legen. Es ist ebenso
bedeutsam, daß eine Reihe von Personen, die im Verdacht stehen, an den gewalttätigen Aktionen der PKK
beteiligt gewesen zu sein, inzwischen festgenommen
werden konnte. Das sind nur einige Beispiele aus der Erfolgsbilanz polizeilicher Arbeit.
({6})
Diese Erfolgsbilanz, meine Damen und Herren Kollegen, ist auf den engagierten Einsatz der beteiligten Beamtinnen und Beamten zurückzuführen, aber auch auf
die Tatsache, daß man sich bei der polizeilichen Arbeit
der modernsten wissenschaftlichen und technischen
Möglichkeiten bedient.
Gleichwohl bleibt auch die technische und organisatorische Erneuerung der polizeilichen Institutionen
auf der Tagesordnung. Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang, daß wir nunmehr mit den Ländern Einvernehmen darüber erzielt haben, die Polizeiführungsakademie in Hiltrup bei Münster zu einer internen Hochschule der Polizei auszubauen.
({7})
Das entspricht nach meinem Verständnis einem modernen Bild des Polizisten - etwa im Rahmen des „community policing“ -, der seine Tätigkeit auf Grund einer umfassenden Bildung und einer breiten Wissensgrundlage
ausübt.
Natürlich ist die Polizei keine Militäreinheit, wie wir
alle wissen. Aber ich möchte bewußt ein Beispiel aufführen, an dem deutlich wird, was ich meine. Sie werden
sich erinnern: Es ist das Verdienst von Georg Leber, daß
für die Bundeswehr Universitäten geschaffen worden
sind. Die beiden Bundeswehruniversitäten, die eingerichtet worden sind, haben wesentlich dazu beigetragen,
daß es einen neuen Offizierstypus gibt, mit dem wir es
geschafft haben, die Bundeswehr in die Mitte der Gesellschaft zu rücken. Das ist ein gutes Beispiel dafür,
wie ich mir auch die zukünftige polizeiliche Arbeit vorstelle.
Bei unseren Reformvorhaben können wir in mancher
Hinsicht an gute Vorarbeiten meines Amtsvorgängers
anknüpfen. Dies anzuerkennen fällt mir um so leichter,
als wir seinerzeit viele Reformprojekte in kritischer,
aber immer in konstruktiver Opposition unterstützt haben. Ich lade die heutige Opposition dazu ein, sich in
ähnlich konstruktiver Form an den künftigen Reformvorhaben zu beteiligen.
({8})
Bis jetzt habe ich über objektive Faktoren der Sicherheit gesprochen. Auch das subjektive Sicherheitsempfinden der Bevölkerung hat sich deutlich verbessert,
seit die neue Bundesregierung im Amt ist. Das Bundeskriminalamt hat in unserem Auftrag eine Untersuchung
durchgeführt. Aus dieser ergibt sich, daß sich 80 Prozent
der Befragten im Osten und 83 Prozent im Westen
„ziemlich sicher“ bis „sehr sicher“ fühlen. Das ist ein
guter Ausweis für die Politik der inneren Sicherheit der
deutschen Bundesregierung.
({9})
Innere Sicherheit läßt sich aber wahrlich nicht mehr
allein im nationalstaatlichen Rahmen erreichen. Wir
müssen daher die internationale Sicherheitsarchitektur ausbauen. Auf diesem Gebiet haben wir erhebliche
Fortschritte erzielen können. Vor wenigen Tagen habe
ich in der Schweiz ein bilaterales Abkommen zur umfassenden polizeilichen Zusammenarbeit unterzeichnet.
Ein weiteres Abkommen dieser Art mit Österreich ist in
Vorbereitung. Vor wenigen Tagen habe ich in Moskau
ein Abkommen mit Rußland unterschrieben, das der
Intensivierung der Bekämpfung der organisierten Kriminalität dient.
({10})
Dieses Abkommen, das auf Grund von Meinungsunterschieden innerhalb der alten Bundesregierung lange Zeit
auf Eis lag, konnte damit zu einem erfolgreichen Abschluß gebracht werden, einfach deshalb, weil inzwischen die Verständigung zwischen Justizministerium
und Innenministerium besser funktioniert als in der vergangenen Legislaturperiode.
({11})
In Polen ist im Zusammenhang mit den deutschpolnischen Gesprächen in der vergangenen Woche ein
Geheimschutzabkommen unterzeichnet worden, das
ebenfalls einen wesentlichen Beitrag zur besseren polizeilichen Zusammenarbeit leisten wird. Mit vielen anderen Ländern wird auf bilateraler Basis die polizeiliche
Zusammenarbeit ausgeweitet und intensiviert. Zu diesen
Ländern gehören unter anderem Frankreich, Großbritannien, Spanien und Italien.
Im europäischen, das heißt im multilateralen Rahmen
ist es unter der deutschen Ratspräsidentschaft gelungen,
sicherzustellen - das ist ein sehr großer Erfolg -, daß
Europol am 1. Juli dieses Jahres die Arbeit aufnehmen
wird und daß die Zuständigkeiten Europols auf die Bekämpfung des Terrorismus und der Geldfälschungsdelikte erweitert wird. Das ist nach jahrelangen Bemühungen ein großer Erfolg.
({12})
Ich will auch darauf hinweisen, daß uns eine Einigung über EURODAL gelungen ist. Auch diesen wichtigen Punkt sollten wir erwähnen. Nicht zuletzt dank der
deutschen Bemühungen war es in bilateralen Gesprächen möglich, die letzten Hindernisse für eine Implementierung der Schengen-Kooperation im Amsterdamer
Vertrag auszuräumen.
Wir alle haben feststellen müssen: Uns sind nur
homöopathische Dosen zugeteilt worden, um in unseren
Redebeiträgen auf die weitgefächerten Probleme der
Innenpolitik einzugehen. Aber die Aktualität gebietet es,
ein Thema besonders anzusprechen - dies gilt auch angesichts einiger Beiträge meiner Vorredner -: Ich meine
den Kosovo und die aktuelle Situation in den Nachbarregionen. Weil Herr Zeitlmann und andere Kollegen
immer wieder behaupten, es gebe einen Zickzackkurs,
sage ich Ihnen, damit hier gar keine Mißverständnisse
entstehen: Der deutsche Innenminister ist sich mit allen
Innenministern der Europäischen Union und mit beiden
für diese Fragen zuständigen EU-Kommissarinnen, Frau
Gradin und Frau Bonino, und mit der UNO-Kommissarin für Flüchtlingsfragen, Frau Ogata - ich telefoniere praktisch alle zwei Tage mit ihr, Herr Zeitlmann -,
einig, daß die Hilfe vor Ort Vorrang hat. Der Grund dafür ist, daß eine Evakuierung der Vertriebenen aus den
Nachbarregionen nach Möglichkeit vermieden werden
soll, damit Herr Milosevic nicht den Eindruck gewinnen
kann, die Vertreibung sei endgültig.
({13})
- Und sie wollen auch gar nicht aus den Gebieten weg;
deshalb wird im Einvernehmen mit der albanischen Regierung eine Evakuierung aus Albanien grundsätzlich
nicht stattfinden.
Eine andere Situation ergibt sich in Mazedonien. Ich
bitte Sie, sich die Dinge so vor Augen zu führen, wie sie
wirklich sind. Mazedonien ist ein Land mit 2,2 Millionen Einwohnern. Es hat ein sehr labiles ethnisches
Gleichgewicht. Dort sind in diesen Tagen zusätzlich
56 000 Vertriebene angekommen. Sie können den heutigen Agenturmeldungen entnehmen, daß das Land seine
Grenze geschlossen hat.
({14})
Mazedonien mit seinen 2,2 Millionen Einwohnern hat
insgesamt 200 000 Flüchtlinge aufgenommen. Das entspricht 10 Prozent seiner Bevölkerung. Für unser Land
würde ein vergleichbarer Fall bedeuten, daß wir 8 Millionen Vertriebene aufgenommen hätten. Ich möchte
einmal sehen, was Sie, Herr Zeitlmann, dann sagen würden. In einer solchen Situation muß man in der Lage
sein, einem solchem Land beizustehen, und man darf
nicht kleinlich an irgendwelchen Zahlen herumkaspern.
({15})
Der deutsche Innenminister hat sich über die vergangenen Wochen hinweg wahrlich bemüht, die Handlungsweise der europäischen Kolleginnen und Kollegen
zu verändern. Ich lasse mir von niemandem sagen,
irgend etwas unterlassen zu haben - von niemandem!
Das hat seine Wirkung getan. Sie sehen doch: Die Angebote haben sich von Woche zu Woche gesteigert. Am
Montag ist der Kollege aus Großbritannien, Jack Straw,
bei mir zu Besuch. Ich bin sicher, daß er seine Angebote
erhöhen wird.
Man muß verstehen - das hat auch etwas mit Europa
zu tun; Sie waren lange genug in der Regierungsverantwortung, um das zu wissen und dem deutschen Volk
keinen Unsinn zu erzählen -, daß es in solchen Fragen
natürlich unterschiedliche Standpunkte gibt und daß
man versuchen muß, sich in das hineinzudenken, was
Vertreter anderer Länder sagen. Mir sagt der spanische
Kollege, er müsse die besondere Situation gegenüber
Nordafrika berücksichtigen; auch in dieser Frage habe er
Probleme. Dafür muß ich Verständnis haben, Herr
Zeitlmann. Wenn ich mich nicht in die Lage anderer
Leute hineinversetzen kann, sollte ich die Politik lieber
meiden.
({16})
Nehmen Sie doch einmal ernst, was in Ihrer eigenen
Fraktion gesagt wird. Wenn Herr Schwarz-Schilling, der
nun tatsächlich über Kenntnisse in diesem Gebiet verfügt, mir recht gibt, dann glaube ich ihm - das muß ich
Ihnen ehrlich sagen - eher als Herrn Zeitlmann. Das ist
nun einmal so.
({17})
Sie mögen sich an Ihrem Stammtisch in Bayern so verhalten, Herr Zeitlmann. Aber wenn Sie hier so argumentieren, hat das für mich keine Bedeutung.
({18})
Ich schlage jetzt wieder einen etwas versöhnlicheren
Ton an: Ich bedanke mich ausdrücklich bei den Haushältern für die konstruktive und sehr angenehme Zusammenarbeit.
({19})
Ich weiß, daß wir in einer Zeit leben, in der wir auf
schwere Belastungen im Haushalt Rücksicht nehmen
müssen. Der Bundesminister des Innern kann zufrieden
sein, daß er für seinen Haushalt von allen Seiten des
Hauses in vielen Fragen Unterstützung erhalten hat. Daß
sich alle als Mütter und Väter der Erfolge bei der Sportförderung darstellen, nehme ich zur Kenntnis; ich will
mich nicht in diese Reihe stellen, aber nehme diese ErBundesminister Otto Schily
folge dankbar entgegen. Das ist gut für die Arbeit des
Bundesinnenministers. Ich bin froh darüber, daß wir uns
über die Wichtigkeit der Dopingbekämpfung einig sind.
Wir müssen dafür sorgen, daß der Sport frei von solchen
Machenschaften, sauber und ehrlich bleibt.
Wenn wir uns bemühen, auch bei Themen anderer
Art zu einem Konsens zu kommen, dann kann das der
deutschen Politik nicht schaden, sondern nur nutzen.
Deshalb lade ich Sie ein, den Konsens gerade auch in
Fragen des inneren Friedens und der inneren Sicherheit
zu suchen. Ich glaube, daß ein solcher Konsens, wie wir
ihn in diesem Hause bei Fragen der äußeren Sicherheit
erreicht haben, auch bei Fragen der inneren Sicherheit
erforderlich ist. Daß wir ihn finden, ist mir ein wichtiges
Anliegen.
In dem Zusammenhang möchte ich auch noch einmal
ansprechen, was der Kollege Cem Özdemir hier gesagt
hat. Es gibt Strukturen und Spaltungstendenzen in unserem Lande, die uns besorgt machen und mit denen wir
uns beschäftigen sollten. Wenn es uns nicht gemeinsam
gelingt, diese Spaltungstendenzen zu überwinden, sehe
ich Gefahren für unsere Demokratie. Wir werden uns ja
morgen darüber zu unterhalten haben, in welcher Weise
wir die Spaltungstendenzen gegenüber der Zuwanderungsbevölkerung überwinden können.
Wenn ich es richtig wahrgenommen habe - damit
möchte ich schließen -, hat hier ein Zwischenrufer aus
den Reihen der Opposition sinngemäß gesagt, ich sei mit
meinem Amtseid nicht auf die Ausländer vereidigt.
({20})
Darauf möchte ich Ihnen sagen: Ich verstehe meinen
Amtseid so, daß ich für die Würde jedes Menschen eintrete, wie sie im Grundgesetz verankert ist.
({21})
Zu einer Kurzintervention gebe ich dem Kollegen Dietmar Schlee das
Wort.
Herr Präsident! Meine
sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte einige
wenige Bemerkungen zu den Ausführungen des Bundesinnenministers zur Flüchtlingspolitik machen. Herr
Schily, zunächst müssen wir einmal festhalten, daß dieses Land eine ganz große Hilfsbereitschaft in bezug auf
die Flüchtlinge an den Tag legt. Daß mittlerweile mehr
als 200 Millionen DM an Spenden eingingen, ist ein
ganz wichtiges Faktum. Bisher haben wir 10 000 Kontingentflüchtlinge aufgenommen. Ich glaube, daß man
mit Sicherheit sagen kann, daß im Laufe des letzten Jahres und in diesem Jahr über diese 10 000 hinaus etwa
160 000 bis 170 000 Flüchtlinge aus dem Kosovo nach
Deutschland gekommen sind. Das heißt, unsere Bevölkerung hat nicht nur Geld gestiftet, sondern sie hat ein
hohes Maß an Hilfsbereitschaft und Unterstützung bei
der Flüchtlingsaufnahme an den Tag gelegt. Wie gesagt,
das verdient Dank und Anerkennung.
Auf der anderen Seite - Herr Schily, wir spüren das
doch alle - ist es so, daß die Bevölkerung natürlich
schon beobachtet, wie die Flüchtlingsprobleme in Europa gelöst werden. Zunächst einmal ist all das, was Sie
zur Regionalisierung und zur Hilfe vor Ort gesagt haben,
absolut richtig. Alles andere wäre einfach daneben. Sicherlich kann man die Hilfe in Mazedonien auch noch
weiter verstärken und verbessern.
Aber, Herr Schily, wenn dann die Bevölkerung sieht,
daß wir unser Kontingent innerhalb von zehn Tagen erfüllen und andere einfach nicht nachkommen - ich will
überhaupt gar nicht in Zweifel ziehen, daß Sie mit Frau
Ogata und Ihren Kollegen telefonieren und da Druck
machen -, wenn man die Entwicklung auch nach den
Geschehnissen in Bosnien bedenkt, als wir 350 000
Flüchtlinge aufgenommen haben und die Franzosen
15 000, die Briten 13 000 und die Spanier 2 500 Flüchtlinge, dann gilt das Uraltargument, daß die Spanier natürlich auf die Marokkaner und die Franzosen auf die
Algerier verweisen, nur noch bedingt.
Diese Frage muß europaweit gelöst werden. Ich habe
es Ihnen gestern schon gesagt: Ich bin der festen Überzeugung, daß diese Probleme auf Fachministerebene
nicht mehr zu lösen sind. Die Innenminister hängen an
den Finanzministern. Das muß auf der Ebene der Regierungschefs gelöst werden. Sie müssen sich am Rande einer Konferenz, meine ich, einigen. Daraus muß ein gemeinsamer Wille resultieren, der dann auch so rasch wie
möglich umgesetzt wird. Zusagen zwischen Tür und
Angel reichen überhaupt nicht mehr aus.
Wenn unsere Bevölkerung sieht, daß die Dinge hier
ungerecht vonstatten gehen, dann fühlt sie sich ausgenutzt. Das können wir alle zusammen nicht wollen, weil
wir diese Hilfsbereitschaft brauchen. Wenn Sie an die
Flüchtlingsproblematik der nächsten Wochen denken,
wenn Sie daran denken, welche Probleme wir beim
Wiederaufbau im Kosovo bekommen werden, wenn Sie
das alles bedenken, dann muß, so meine ich, eine große
Kraftanstrengung unternommen werden.
Vielen Dank.
({0})
Herr Bundesminister Schily.
Herr Kollege Schlee, wir sind
doch überhaupt nicht unterschiedlicher Meinung darüber, daß wir gegenüber der Bevölkerung zu großem
Dank verpflichtet sind, daß wir eine Welle der Hilfsbereitschaft haben. Ich bin überzeugt, daß diese Welle der
Hilfsbereitschaft auch anhalten wird, wenn wir jetzt
weitere 10 000 Flüchtlinge aufnehmen.
Ich war gerade während des Besuchs von Herrn
Clinton mit dem amerikanischen Botschafter Kornblum
und Kollegen Scharping in einem Flüchtlingsheim. Die
Flüchtlinge haben sich für die ausgesprochen warmherzige Aufnahme in der deutschen Bevölkerung sehr bedankt. Ich weiß, wieviel Geld gespendet worden ist. Alles das ist richtig, und ich weiß es sehr zu würdigen. Ich
habe in einem Beitrag hier einmal sehr deutlich dargestellt, was von den humanitären Organisationen vor Ort
geleistet wird.
Ich habe sehr ausführlich die Verdienste der Beamten
des BGS, die ich dorthin geschickt habe, dargestellt. Sie
haben dort ein besonderes Lob geerntet. Der UNFlüchtlingskommissar hat mir einen Brief geschrieben,
in dem er die Bundesregierung besonders mit Lob für
die vorbildliche Arbeit auf diesem Gebiet bedacht hat.
Da gibt es wohl keinen Unterschied zwischen uns. Aber
nun zu glauben, Herr Kollege Schlee, es sei zwischen
Tür und Angel eine Zusage gemacht worden, das ist
schlicht ein Irrtum; das muß ich Ihnen sagen.
In der Luxemburger Dringlichkeitskonferenz, die
ich nach Ostern einberufen habe, haben sich alle EUMitgliedsländer im Grundsatz bereit erklärt, sich an der
Evakuierung, vor allen Dingen aber auch an Hilfen vor
Ort zu beteiligen.
Damit ich das Bild hier vollständig zeichne, sage ich
noch dies: Ich war am Ostersonntag in Tirana. Ich habe
dort eine Zusage erhalten, daß zur Entlastung von Mazedonien Albanien - ich darf noch einmal darauf hinweisen: es gibt in Albanien organisatorische und logistische, aber keine politischen Probleme - auch Flüchtlinge aus Mazedonien aufnimmt. Von dieser Zusage wird
zur Entlastung von Mazedonien jetzt auf die Weise Gebrauch gemacht, daß der UNO-Flüchtlingskommissar
einen Korridor nach Mazedonien öffnet und die NATOKräfte, die in Albanien sind, in der Nähe von Korca ein
Flüchtlingslager für 50 000 bis 60 000 Vertriebene bauen. Sie müssen aber auch den Zeithorizont sehen und erkennen, daß wir nicht die von Ihnen praktizierte einseitige Sichtweise haben können.
Nun weisen Sie auf das Problem der BosnienFlüchtlinge hin. Da es dieses Flüchtlingsproblem schon
damals gegeben hat, kann ich Ihnen nur sagen: Ihnen ist
es damals auch nicht gelungen, eine Kontingentierung in
der damaligen europäischen Konstellation durchzusetzen. Ich sage Ihnen ganz offen: Ich sehe für die nächste
Zeit keine Einigungsmöglichkeit in dieser Frage.
Wir haben im Rahmen der EU-Präsidentschaft ein
sogenanntes Pledging-Verfahren vorgeschlagen, indem
wir gesagt haben, jeder Staat solle auf freiwilliger Basis
erklären, wieviel Flüchtlinge er aufnehmen will. Da aber
das Quotensystem immer im Hintergrund steht, war es
etwas schwierig, die Vertreter der einzelnen EUMitgliedstaaten darauf festzulegen, welches Kontingent
sie nun aufnehmen wollen. In der Praxis erweist sich
aber, daß sie durchaus zur Aufnahme bereit sind.
Um die Situation richtig zu beurteilen, muß man sehen, daß uns einige Länder in dieser Frage voraus sind.
Ich nehme gleich an der Schaltkonferenz der Länderinnenminister teil und kann deswegen sagen, daß es ein
Land gibt, das sich bisher immer noch weigert, nämlich
Bayern. Bayern hat im Moment weniger Flüchtlinge,
bezogen auf die Einwohnerzahl, aufgenommen als
Österreich. Österreich will bis Ende Mai bis zu 5 000
Flüchtlinge aufnehmen.
({0})
- Die Österreicher haben ebenfalls eine große Zahl von
Flüchtlingen aufgenommen. Vertun Sie sich da einmal
nicht!
Herr Schlee, Sie sind ein Mann, der die Gegend gut
kennt. Wir haben doch einen gemeinsamen Nenner: Wir
wollen Mazedonien nicht destabilisieren. Mit Rechthaberei erreichen wir nichts.
({1})
Wir müssen binnen kurzer Zeit handeln. Das ist der entscheidende Punkt. Deshalb habe ich gesagt, daß wir alle
Möglichkeiten nutzen müssen, sogar die, die ich eigentlich für die schlechteste halte, nämlich Flüchtlinge in die
Vereinigten Staaten von Amerika zu bringen. Ich habe
mich mit Frau Ogata darüber geeinigt, daß wir von dieser Möglichkeit Gebrauch machen müssen.
Es muß also rasch gehandelt werden. In dieser Verantwortung steht der Bundesinnenminister. Ich bin übrigens davon überzeugt: Wenn Sie an meiner Stelle wären, würden Sie nicht anders handeln, Herr Schlee.
({2})
Ich schließe die
Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den Einzel-
plan 06 - Bundesministerium des Innern - in der Aus-
schußfassung. Dazu liegen vier Änderungsanträge der
Fraktion der PDS vor, über die wir zunächst abstimmen.
Änderungsantrag auf Drucksache 14/969. Wer stimmt
dafür? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der
Änderungsantrag ist gegen die Stimmen der PDS mit
den Stimmen des Hauses abgelehnt.
Änderungsantrag auf Drucksache 14/970. Wer stimmt
dafür? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der
Änderungsantrag ist mit dem gleichen Stimmenverhält-
nis wie zuvor abgelehnt.
Änderungsantrag auf Drucksache 14/971. Wer stimmt
dafür? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der
Änderungsantrag ist mit dem gleichen Stimmenverhält-
nis wie zuvor abgelehnt.
Änderungsantrag auf Drucksache 14/972. Wer stimmt
dafür? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der
Änderungsantrag ist mit dem gleichen Stimmenverhält-
nis wie zuvor abgelehnt.
Wir stimmen jetzt über den Einzelplan 06 in der Aus-
schußfassung ab. Wer stimmt dafür? - Wer stimmt da-
gegen? - Enthaltungen? - Der Einzelplan 06 ist mit den
Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen
die Stimmen der übrigen Fraktionen angenommen.
Abstimmung über den Einzelplan 33 - Versorgung -
in der Ausschußfassung. Wer stimmt dafür? - Wer
stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Einzelplan 33
ist mit den Stimmen des Hauses bei Enthaltung der PDS
angenommen.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte V. a bis c und die
Zusatzpunkte 3a bis g auf:
V. Überweisungen im vereinfachten Verfahren
a) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes ({0})
- Drucksache 14/758 Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuß ({1})
Innenausschuß
Ausschuß für Wirtschaft und Technologie
Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Ausschuß für Gesundheit
Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuß für Bildung, Forschung
und Technikfolgenabschätzung
b) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines … Strafrechtsänderungsgesetzes - § 323a StGB ({2})
- Drucksache 14/759 -
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuß
c) Beratung des Antrags des Bundesministeriums
der Finanzen Entlastung der Bundesregierung für das Haushaltsjahr 1998
- Vorlage der Haushaltsrechnung und
Vermögensrechnung des Bundes ({3}) - Drucksache 14/737 Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuß
ZP3 Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren
({4})
a) Erste Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
Änderung des Übereinkommens vom 4. August 1963 zur Errichtung der Afrikanischen
Entwicklungsbank
- Drucksache 14/907 Überweisungsvorschlag:
Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung ({5})
Finanzausschuß
b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Renate Jäger, Dr. Mathias Schubert, Ernst Bahr,
weiterer Abgeordneter der Fraktion der SPD,
der Abgeordneten Norbert Barthle, Dr. Sabine
Bergmann-Pohl, Dirk Fischer ({6}),
weiterer Abgeordneter der Fraktion der
CDU/CSU, sowie der Abgeordneten Ulrich
Heinrich und Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Errichtung eines Mahnmals für die ermordeten Juden Europas
- Drucksache 14/941 Überweisungsvorschlag:
Ausschuß für Kultur und Medien ({7})
Innenausschuß
Finanzausschuß
Ausschuß für Angelegenheiten der neuen Länder
Haushaltsausschuß
c) Beratung des Antrag der Abgeordneten Dr.
Elke Leonhard, Andrea Nahles, Dr. Eckhart
Pick, weiterer Abgeordneter der Fraktion der
SPD, der Abgeordneten Hans-Joachim Otto
({8}), Dr. Wolfgang Gerhardt, Dr. Hermann Otto Solms, weiterer Abgeordneter der
Fraktion der F.D.P., sowie der Abgeordneten
Dr. Gregor Gysi, Petra Bläss, Dr. Heinrich
Fink, weiterer Abgeordneter der Fraktion der
PDS
Errichtung eines Denkmals für die ermordeten Juden Europas
- Drucksache 14/942 Überweisungsvorschlag:
Ausschuß für Kultur und Medien ({9})
Innenausschuß
Finanzausschuß
Ausschuß für Angelegenheiten der neuen Länder
Haushaltsausschuß
d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Gert
Weisskirchen ({10}), Eckhardt Barthel
({11}), Hans-Werner Bertl, weiterer Abgeordneter der Fraktion der SPD, der Abgeordneten Dr. Rita Süssmuth, der Abgeordneten
Volker Beck ({12}), Gila Altmann ({13}),
Marieluise Beck ({14}), weiterer Abgeordneter der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, sowie der Abgeordneten Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Errichtung eines Denkmals für die ermordeten Juden Europas
- Drucksache 14/943 Überweisungsvorschlag:
Ausschuß für Kultur und Medien ({15})
Innenausschuß
Finanzausschuß
Ausschuß für Angelegenheiten der neuen Länder
Haushaltsausschuß
e) Beratung des Antrags der Abgeordneten Michael Roth ({16}), Karin Kortmann, Nina
Hauer, weiterer Abgeordneter der SPD sowie
der Abgeordneten Dr. Antje Vollmer, Cem
Özdemir, Dr. Uschi Eid, weiterer Abgeordneter der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Errichtung eines Denkmals für die ermordeten Juden Europas und eines „Hauses der
Erinnerung“
- Drucksache 14/944 Überweisungsvorschlag:
Ausschuß für Kultur und Medien ({17})
Innenausschuß
Finanzausschuß
Ausschuß für Angelegenheiten der neuen Länder
Haushaltsausschuß
f) Beratung des Antrags der Abgeordneten Annette Widmann-Mauz, Dr. Martina Krogmann,
Ursula Heinen und weiterer Abgeordneter der
Fraktion der CDU/CSU
Errichtung eines Mahnmals für die Opfer
der nationalsozialistischen Verbrechen gegen die Menschlichkeit
- Drucksache 14/965 Vizepräsident Rudolf Seiters
Überweisungsvorschlag:
Ausschuß für Kultur und Medien ({18})
Innenausschuß
Finanzausschuß
Ausschuß für Angelegenheiten der neuen Länder
Haushaltsausschuß
g) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dirk
Fischer ({19}), Dr.-Ing. Dietmar Kansy,
Hannelore Rönsch ({20}), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
Satellitennavigationssystem Galileo
- Drucksache 14/945 Überweisungsvorschlag:
Ausschuß für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
({21})
Ausschuß für Wirtschaft und Technologie
Ausschuß für Bildung, Forschung
und Technikfolgenabschätzung
Ausschuß für die Angelegenheiten
der Europäischen Union
Haushaltsausschuß
Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an
die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu
überweisen. Sind Sie damit einverstanden? - Das ist der
Fall. Dann ist so beschlossen.
Interfraktionell ist vereinbart, die heutige Tagesordnung um den Zusatzpunkt 6 zu erweitern:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Wilhelm-Josef Sebastian, Hans-Otto Wilhelm, Dr.
Gerd Müller und weiterer Abgeordneter zur Errichtung eines zentralen Mahnmals
- Drucksache 14/981 Der Antrag soll jetzt gleich ohne Debatte zur federführenden Beratung an den Ausschuß für Kultur und
Medien sowie zur Mitberatung an den Innenausschuß,
den Finanzausschuß, den Ausschuß für Angelegenheiten
der neuen Länder und an den Haushaltsausschuß überwiesen werden. - Sie sind damit einverstanden. Dann ist
das so beschlossen.
Ich rufe Tagesordnungspunkt VI auf:
Abschließende Beratungen ohne Aussprache
Zunächst kommen wir zu Tagesordnungspunkt VIa:
Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von
der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zu dem Abkommen vom
17. Oktober 1997 zwischen der Regierung der
Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Tunesischen Republik über die Seeschiffahrt
- Drucksache 14/390 ({22})
Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen ({23})
- Drucksache 14/594 Berichterstattung:
Abgeordneter Konrad Kunick
Der Ausschuß für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen empfiehlt auf Drucksache 14/594, den Gesetzentwurf unverändert anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben.
- Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen.
Wir kommen zu Tagesordnungspunkt VIb:
Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von
der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zu dem Notenwechsel vom 29.
April 1998 über die Rechtsstellung der dänischen, griechischen, italienischen, luxemburgischen, norwegischen, portugiesischen, spanischen und türkischen Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland
- Drucksache 14/584 ({24})
Beschlußempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses ({25})
- Drucksache 14/959 Berichterstattung:
Abgeordneter Hans-Ulrich Klose
Der Auswärtige Ausschuß empfiehlt auf Drucksache
14/959, den Gesetzentwurf unverändert anzunehmen.
Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen
wollen, sich zu erheben. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist mit den Stimmen
des Hauses bei Enthaltung der PDS angenommen.
Wir kommen zu Tagesordnungspunkt VIc:
Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Evelyn Kenzler, Roland Claus,
Wolfgang Gehrcke, weiteren Abgeordneten und
der Fraktion der PDS eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zur Änderung des Bürgerlichen
Gesetzbuchs ({26})
- Drucksache 14/554 ({27})
Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses ({28})
- Drucksache 14/869 Berichterstattung:
Abgeordnete Joachim Stünker
Dr. Wolfgang Götzer
Rainer Funke
Der Rechtsausschuß empfiehlt auf Drucksache
14/869, den Gesetzentwurf abzulehnen.
Bevor ich abstimmen lasse, gebe ich das Wort der
Kollegin Evelyn Kenzler zu einer Erklärung zur Abstimmung.
Herr Präsident! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte kurz mein Abstimmungsverhalten begründen.
Vizepräsident Rudolf Seiters
Ich werde der Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses, den Gesetzentwurf der PDS zur Verlängerung
der Verjährungsfrist für Schadensersatzforderungen aus
Zwangsarbeit unter dem NS-Regime abzulehnen, nicht
zustimmen. Mein Abstimmungsverhalten resultiert dies möchte ich hier ausdrücklich feststellen - nicht daraus, daß ich den Rechtsweg für besonders geeignet halte, um die berechtigten Forderungen der Opfer zu erfüllen. Ich weiß sehr wohl, wie langwierig, kompliziert und
kostspielig zivilrechtliche Verfahren sein würden. Die
ehemaligen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter
sollten nicht automatisch auf die Gerichte verwiesen
werden.
Meine ablehnende Haltung widerspricht auch nicht
meinem Standpunkt, daß ich den politischen Weg einer
großzügigen und gerechten Entschädigung durch Stiftungen natürlich für besser halte. Ich bin für diesen Weg.
Leider sind nicht einmal grobe Konturen eines solchen
Weges erkennbar. Meine Ablehnung ergibt sich auch
daraus, daß die Antwort der Regierung auf eine entsprechende Kleine Anfrage der PDS völlig unbefriedigend
ist. Die Regierung ist nicht in der Lage, eine einigermaßen genaue Auskunft über die Ausgestaltung der Stiftungsinitiative deutscher Unternehmen zu geben. Das
hat mich in meinem Abstimmungsverhalten bestärkt. Sie
kennt keine Einzelheiten über die in der Koalitionsvereinbarung angekündigte Bundesstiftung „Entschädigung für NS-Unrecht“. Die Betroffenen wissen bis
heute nicht, was sie erwarten können.
Ich stimme deshalb mit Nein, weil meiner Meinung
nach den Betroffenen in dieser Situation der Rechtsweg
als letzter Ausweg offengehalten werden sollte. Ich kann
der Beschlußempfehlung nicht zustimmen, weil nach
meiner Auffassung die Betroffenen selber darüber zu
entscheiden haben, ob sie diesen Weg gehen wollen oder
nicht. Die drohende Verjährung würde diesen Weg versperren. Ich bin davon überzeugt, daß die Opfer auf den
Rechtsweg verzichten werden, wenn es angemessene
Stiftungsregelungen gibt. Ich sehe im Offenhalten des
Rechtsweges keinen Ersatz für eine Lösung des Problems über eine Stiftung. Unser Gesetzentwurf soll
vielmehr diese Lösung befördern. Auch deshalb kann
ich dem Rechtsausschuß nicht folgen. Die Bundesregierung, die Koalitionsparteien und die Wirtschaft haben es
selbst in der Hand, durch eine zügige und angemessene
Entschädigung durch die Fonds von Stiftungen Klagen
vor Gericht überflüssig zu machen.
Ich stimme gegen die Beschlußempfehlung des
Rechtsausschusses, weil ich es rechtsstaatlich nicht vertreten kann, daß der Rechtsweg ohne Fristverlängerung
verschlossen wird, bevor Stiftungsregelungen verbindlich, transparent und für die Betroffenen akzeptabel
festgeschrieben sind.
({0})
Wir kommen zur
Abstimmung. Wer dem Gesetzentwurf der PDS zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist in
zweiter Beratung gegen die Stimmen der PDS mit den
Stimmen des übrigen Hauses abgelehnt. Damit entfällt
nach unserer Geschäftsordnung die weitere Beratung.
Wir kommen zu Tagesordnungspunkt VId:
Beratung der Beschlußempfehlung und des
Berichts des Ausschusses für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung ({0})
- zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. R. Werner Schuster, Joachim Tappe, Adelheid Tröscher, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der SPD sowie der Abgeordneten Dr. Angelika Köster-Loßack, Hans-Christian Ströbele,
Kerstin Müller ({1}), Rezzo Schlauch und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Reform der europäischen Entwicklungspolitik durch die deutsche EU-Ratspräsidentschaft
- zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Ralf
Brauksiepe, Klaus-Jürgen Hedrich, Dr. Christian Ruck, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der CDU/CSU
Europäische Entwicklungszusammenarbeit
reformieren
- zu dem Antrag der Abgeordneten Joachim
Günther, Gerhard Schüßler, Dr. Helmut
Haussmann, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der F.D.P.
Eigenverantwortlichkeit der AKP-Staaten
fördern
- zu dem Antrag der Abgeordneten Carsten
Hübner, Heidi Lippmann-Kasten, Dr. Dietmar
Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der PDS
Zukunft der EU-AKP-Entwicklungszusammenarbeit
- Drucksachen 14/538, 14/537, 14/531, 14/164,
14/879 Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. R. Werner Schuster
Klaus-Jürgen Hedrich
Dr. Angelika Köster-Loßack
Gerhard Schüßler
Carsten Hübner
Wir kommen zur Abstimmung, und zwar zunächst
zur Beschlußempfehlung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zu dem
Antrag der Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/
Die Grünen zu einer Reform der europäischen Entwicklungspolitik durch die deutsche EU-Ratspräsidentschaft, Drucksache 14/879, Buchstabe a. Der Ausschuß empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 14/538 anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlußempfehlung?
- Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Beschlußempfehlung ist mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung der PDS gegen die
Stimmen von CDU/CSU und F.D.P. angenommen.
Beschlußempfehlung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zu dem Antrag
der Fraktion der CDU/CSU zu einer Reform der europäischen Entwicklungszusammenarbeit, Drucksache
14/879, Buchstabe b. Der Ausschuß empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 14/537 abzulehnen. Wer stimmt für
diese Beschlußempfehlung? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Beschlußempfehlung ist mit den Stimmen
von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und PDS gegen die
Stimmen von CDU/CSU und F.D.P. angenommen.
Beschlußempfehlung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zu dem Antrag
der Fraktion der F.D.P. zu einer Förderung der Eigenverantwortlichkeit der AKP-Staaten, Drucksache 14/879,
Buchstabe b. Der Ausschuß empfiehlt, den Antrag auf
Drucksache 14/531 abzulehnen. Wer stimmt für diese
Beschlußempfehlung? - Gegenprobe! - Enthaltungen? Die Beschlußempfehlung ist mit den Stimmen von SPD,
CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und PDS gegen die
Stimmen der F.D.P. angenommen.
Beschlußempfehlung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zu dem Antrag
der Fraktion der PDS zur Zukunft der EU-AKP-Entwicklungszusammenarbeit, Drucksache 14/879, Buchstabe b. Der Ausschuß empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 14/164 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlußempfehlung? - Gegenprobe! - Enthaltungen? Die Beschlußempfehlung ist mit den Stimmen des übrigen Hauses gegen die Stimmen der PDS angenommen.
Wir kommen zu Tagesordnungspunkt VIe:
Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr, Bau- und
Wohnungswesen ({2}) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über ein
transparentes System harmonisierter Bestimmungen über Fahrverbote für schwere Lastkraftwagen im grenzüberschreitenden Güterverkehr auf ausdrücklich bezeichneten Straßen
- Drucksachen 14/272 Nr. 156, 14/702 Berichterstattung:
Abgeordneter Wilhelm-Josef Sebastian
Wir kommen zur Abstimmung. Wer stimmt für diese
Beschlußempfehlung? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Die Beschlußempfehlung ist einstimmig
angenommen.
Wir kommen jetzt zu weiteren abschließenden Beratungen ohne Aussprache, und zwar zunächst zu Zusatzpunkt 4a:
Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung ({3})
Antrag auf Genehmigung zur Durchführung
eines anwaltsgerichtlichen Verfahrens
- Drucksache 14/828 Berichterstattung:
Abgeordnete Anni Brandt-Elsweier
Wir kommen zur Abstimmung. Wer stimmt für diese
Beschlußempfehlung? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Die Beschlußempfehlung ist einstimmig
angenommen.
Zusatzpunkt 4b:
Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses ({4})
Sammelübersicht 43 zu Petitionen
- Drucksache 14/961 Wir kommen zur Abstimmung. Wer stimmt dafür?
- Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Diese Sammelübersicht ist bei Enthaltung der PDS mit den Stimmen der übrigen Fraktionen angenommen.
Zusatzpunkt 4c:
Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses ({5})
Sammelübersicht 44 zu Petitionen
- Drucksache 14/962 Wir kommen zur Abstimmung. Wer stimmt dagegen?
- Enthaltungen? - Diese Sammelübersicht ist gegen die
Stimmen der PDS mit den Stimmen des übrigen Hauses
angenommen.
Zusatzpunkt 4d:
Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses ({6})
Sammelübersicht 45 zu Petitionen
- Drucksache 14/963 Wir kommen zur Abstimmung. Wer stimmt dafür? Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Die Sammelübersicht 45 ist mit den Stimmen des übrigen Hauses
gegen die Stimmen von CDU/CSU angenommen.
Zusatzpunkt 4e:
Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses ({7})
Sammelübersicht 46 zu Petitionen
- Drucksache 14/964 Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Die Sammelübersicht 46 ist mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und PDS gegen
die Stimmen von CDU/CSU und F.D.P. angenommen.
Ich rufe nunmehr den Einzelplan 12 auf:
Einzelplan 12
Bundesministerium für Verkehr, Bau- und
Wohnungswesen
- Drucksachen 14/612, 14/622 Berichterstattung:
Abgeordnete Bartholomäus Kalb
Gerhard Rübenkönig
Dietmar Schütz ({8})
Dr. Günter Rexrodt
Dr. Uwe-Jens Rössel
Vizepräsident Rudolf Seiters
Es liegen drei Änderungsanträge der CDU/CSU, ein
Änderungsantrag der F.D.P. und vier Änderungsanträge
der PDS vor. Die Fraktion der CDU/CSU hat zwei Entschließungsanträge, die Fraktion der F.D.P. einen Entschließungsantrag eingebracht. Über diese Entschließungsanträge wird nach der Schlußabstimmung abgestimmt. Ich weise darauf hin, daß wir im Anschluß an
die Aussprache drei namentliche Abstimmungen durchführen werden.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache anderthalb Stunden vorgesehen. - Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache und gebe das Wort zunächst dem Kollegen Bartholomäus Kalb von der
CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem wir
vorhin eine sehr bewegte Debatte und einen Gedankenaustausch zwischen Herrn Schlee und dem Herrn Bundesinnenminister über eine Frage, die uns alle berührt,
erlebt haben, müssen wir uns jetzt den nüchterneren
Fragen des Haushalts für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen zuwenden.
Sie, Herr Bundesminister, haben in der ersten Lesung
zu diesem Haushalt ausgeführt:
Der Haushalt für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen hat im wesentlichen zwei Zielen zu genügen,
nämlich einmal dem Ziel, daß wir unsere Städte
vernünftig weiterentwickeln, daß wir menschenwürdige Wohnungsbedingungen in Deutschland
haben und daß wir die Mobilität im Lande sichern,
das heißt, daß wir eine vernünftige Verkehrspolitik
machen.
({0})
Er hat zum zweiten dem Ziel zu genügen, daß wir
mit diesen Politikbereichen Beschäftigung sichern
helfen.
Soweit das Zitat.
Ich kann dem gerne zustimmen; das klingt alles ganz
vernünftig und richtig.
({1})
Nur, in der Konsequenz hätte das bedeuten müssen, daß
im Zuge der Ausschußberatungen entsprechend dieser
Zielsetzung die Ansätze für Investitionen, insbesondere
für Verkehrsinvestitionen, wesentlich verstärkt worden
wären. Denn kein anderer Haushalt bietet sich mehr für
die Verstärkung von Investitionen an als der Haushalt
für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen.
Viele Kollegen aus der Regierungskoalition, insbesondere der Kollege Metzger, weisen immer wieder darauf hin - ich habe eine Reihe von Zitaten in meinen
Unterlagen -, daß wir wesentliche strukturelle Veränderungen im Haushalt und insbesondere eine Verstärkung
der Investitionen brauchen und daß wir die ungleichgewichtige Entwicklung aufgeben müssen, nämlich daß
wir eine immer stärkere Schlagseite hinsichtlich der
konsumtiven Ausgaben bekommen und der Anteil der
investiven Ausgaben immer stärker zurückgeht. Das ist
nicht nur ein Problem des Bundeshaushalts - das will
ich hier gerne einräumen -, sondern das ist ein Problem
fast aller öffentlichen Haushalte.
Damit wird mittelfristig und längerfristig natürlich
auch die Zukunftsfähigkeit aufs Spiel gesetzt, weil
wichtige Zukunftsinvestitionen unterbleiben, weil notwendige Infrastruktur nicht geschaffen werden kann und
weil vorhandene Infrastruktur nicht mehr im erforderlichen Umfang erhalten werden kann. Damit ist zu befürchten, daß Qualitäts- und Substanzverluste eintreten.
Nun kenne ich all die Zwänge, die wir in den Haushalten haben, insbesondere seit dem Jahr 1990, wo wir
infolge der Wiedervereinigung enorme Aufgaben zu
bewältigen und zu schultern hatten. Aber nicht weniger
Investitionen wäre das Gebot der Stunde gewesen, sondern mehr Investitionen, insbesondere mehr Verkehrsinvestitionen, wären angesagt gewesen. Herausgekommen
ist bei den Haushaltsberatungen aber exakt das Gegenteil. Der Spielraum für eine Verstärkung von Investitionen wäre vorhanden gewesen; der Kollege Austermann
hat es in seinem Debattenbeitrag in der ersten Runde
deutlich zum Ausdruck gebracht. Wäre man unseren
Einsparvorschlägen gefolgt, hätte man ausreichend
Spielraum zur Verstärkung von Investitionen gehabt.
({2})
Ich darf darauf hinweisen, daß wir in den zurückliegenden Jahren während des Beratungsverfahrens immer
Möglichkeiten gefunden haben, die Mittel insbesondere
für den Fernstraßenbau zu verstärken. Wir wissen ja,
daß die Finanzminister von Haus aus bei den Haushaltsansätzen etwas knickerig sein müssen. Wir kennen natürlich auch die Zwangslage, in der sie sich befinden,
weil sie in nicht allzu vielen Bereichen überhaupt noch
disponibel sind.
({3})
- Das war früher nicht anders als heute. Die Finanzminister finden viele Bereiche vor, in denen sie wegen der
gesetzlichen Bindungen kaum etwas verändern können.
Deswegen müssen sie dort Veränderungen vornehmen,
wo sie noch disponieren können. Gerade uns war es aber
in den entsprechenden Ausschußberatungen immer ein
Anliegen, die Straßenbaumittel aufzustocken. Das ist
hier nicht geschehen.
Darüber hinaus wird dieser Haushalt, Herr Bundesminister, durch eine globale Minderausgabe von
121 Millionen DM belastet. Es ist zu befürchten, daß Sie
nicht darum herumkommen, einen Teil dieser globalen
Minderausgabe zu Lasten der Verkehrsinvestitionen zu
erwirtschaften.
Der Bewilligungsrahmen wird zusätzlich eingeschränkt durch die Entscheidung in der Bereinigungssitzung, die Verpflichtungsermächtigungen zugunsten der
Flughafenanbindung Berlin-Brandenburg - dies soll
zu Lasten der Fernstraßenbaumittel vorgenommen werVizepräsident Rudolf Seiters
den - zu kürzen. Es kann gute Gründe geben, warum
man sich bei den Vertragsgestaltungen darauf verständigt hat, daß der Bund hier die Kosten übernimmt. Aber
eine Förderung des Luftverkehrs - dies ist es ja letztlich zu Lasten von Straßenbauinvestitionen kann meines
Erachtens nicht angehen.
Sie, Herr Bundesminister, haben wiederholt angekündigt und ausgeführt, daß der Bundesverkehrswegeplan unterfinanziert sei. Ich gebe Ihnen recht, wenn Sie
darauf hinweisen, daß er dies seit Jahren ist. Das wissen
wir. Auch wir haben uns mit diesem Problem herumgeschlagen.
Die bestehenden Probleme werden aber nicht dadurch
gelöst, daß Sie ankündigen, den Bundesverkehrswegeplan völlig neu überarbeiten zu wollen. Mit dem Herausstreichen von Maßnahmen wird die Situation nicht geändert.
({4})
Der Bundesverkehrswegeplan ist nach langwierigen
und intensiven Beratungen und dem Ringen aller Abgeordneten in ihren Wahlkreisen so beschlossen
({5})
und die Dringlichkeit bestimmter Maßnahmen festgestellt worden. Diese Dringlichkeit ändert sich nicht dadurch, daß man jetzt sagt: Wir schreiben den gesamten
Plan um.
Ich denke schon, daß wir die bisher beschlossenen,
wichtigen Maßnahmen brauchen, um den strukturschwachen Gebieten zu helfen, um insbesondere die Infrastruktur in den neuen Ländern zu verbessern, um die
Voraussetzung für wirtschaftliche Entwicklung und die
Voraussetzung für eine Verbesserung der Lebensqualität
zu schaffen sowie um den Menschen Schutz vor Unfallgefahren in Innerortsbereichen, aber auch vor schädlichen Emissionen zu gewähren.
({6})
Wenn man die Situation in den neuen Ländern betrachtet, stellt man fest, daß dort in den letzten Jahren
unglaublich viel geschehen ist. Aber man wird auch sehen, daß noch sehr viel zu tun ist. Beides ist wahr.
Durch zahlreiche Anstrengungen ist viel erreicht worden. Auch in der Zukunft wird noch viel zu tun sein. In
diesem Zusammenhang ist es angebracht, den Mitarbeitern der Bauverwaltungen des Bundes und der Länder
sowie der DEGES von dieser Stelle aus einen herzlichen
Dank für ihre Anstrengungen zu sagen.
({7})
Wir haben auch in den alten Bundesländern in der
Zukunft viel zu tun. Alle uns bekannten Verkehrsprognosen sagen einen steigenden Umfang des Verkehrs
voraus. Wir werden diesen steigenden Umfang nur bewältigen können, wenn wir unsere Investitionsanstrengungen verstärken, wenn wir die Potentiale aller Verkehrsträger, und zwar die der Straße, der Schiene und
der Wasserstraße, noch mehr als bisher nutzen und wenn
wir vor allen Dingen die Wettbewerbsfähigkeit der Bahn
stärken. Das ist nicht nur mit den Investitionen in die
Schiene und das rollende Material getan. Hier muß natürlich auch, insbesondere an den Knotenpunkten, viel
geschehen; es muß bei der Verknüpfung der verschiedenen Verkehrsträger viel geschehen. Sie, Herr Bundesminister, haben ja in der ersten Lesung, wie ich meine, zu
Recht darauf hingewiesen, daß die Wasserstraßen, von
denen wir in Deutschland viel mehr haben, als man gemeinhin annimmt, neben der Schiene die große Chance
bieten, Güter von der Straße wegzubekommen und damit die Straße zu entlasten. Ich kann das nur unterstreichen. Wir werden diese Potentiale ausschöpfen müssen.
Wir werden die Leistungsfähigkeit der Bundeswasserstraßen verbessern müssen. Hier werden natürlich auch
- ob das beim Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 17
oder an anderen Stellen ist; ich will hier auf Einzelheiten
nicht eingehen - Baumaßnahmen notwendig sein; es
werden Investitionen notwendig sein. Möglicherweise
werden sie vor Ort dann umstritten sein. Es gibt ja auch
in bezug auf die Verkehrsinvestitionen das Dilemma,
daß sich zwar im Grundsatz meistens alle einig sind, daß
aber dann, wenn es um den Einzelfall geht, wenn es darum geht, das Projekt vor Ort durchzusetzen, meistens
die gleichen Leute, die dem Projekt im Grundsatz zugestimmt haben, vor Ort mit dabei sind, wenn es gegen die
Investitionen geht.
({8})
Ich will auch eine Lanze für die staatlichen Stellen,
die Institutionen und Institute brechen, die uns helfen,
die Entscheidungen vorzubereiten. Es wird ja oft von
Gegnern Mißtrauen geschürt. Ich selber hatte beispielsweise mehrfach Gelegenheit, mich bei der Bundesanstalt für Wasserbau vor Ort zu erkundigen. Ich kann
nur sagen: Ich bin davon sehr angetan, mit welch hohem
fachlichen und wissenschaftlichen Sachverstand dort mit
einem Höchstmaß an Objektivität Entscheidungsgrundlagen erarbeitet werden. Wir alle zusammen werden
dann die Entscheidungen auf der Grundlage dieser Vorarbeiten treffen müssen. Ich denke, es ist nicht angebracht, diesen Leuten und diesen Einrichtungen von
vornherein mit Mißtrauen zu begegnen.
({9})
Ich möchte noch etwas zu den Entscheidungen des
Hauptpersonalrates zu der Veräußerung der Eisenbahnerwohnungen sagen. Auch hier muß eine schlüssige Antwort gegeben werden. Hier wird auch der
Finanzminister gefragt sein, und er muß sagen, wie er
sich vorstellt, wie die Dinge weitergehen sollen. Ich
möchte die Frage in den Raum stellen, ob auf der Schiene des Hauptpersonalrats und unter Mitwirkung einiger
Leute in München, die gewisse Interessen mit Blick auf
die Oberbürgermeisterwahl haben, versucht wird, das
hinauszuschieben, damit vielleicht ein örtlicher Kandidat vor einem bestimmten Wahltermin nicht das Gesicht
verliert. Ich unterstelle ausdrücklich nicht Ihnen, Herr
Minister, daß Sie sich haben instrumentalisieren lassen.
Denn ich weiß, wie Sie die Verhandlungen geführt haben. Ich unterstelle das ausdrücklich nicht Ihnen. Aber
ich denke schon, daß hier andere Schienen gefahren
worden sind. Hier muß eine klare Antwort gegeben werden. Ich könnte natürlich auch nach der Rolle der beamteten Staatssekretärin, der Frau Ferner, fragen. Ich
will mir das ersparen.
Herr Kollege Kalb,
Ihre Redezeit ist deutlich überschritten.
Vielen Dank,
Herr Präsident. Ich werde sofort zum Schluß kommen.
Wir dürfen keine Politik betreiben, die immer zu Lasten des Autofahrers, zu Lasten der Menschen und der
Autofahrer im ländlichen Raum geht. Ich nenne hier nur
das Stichwort: Erhöhung der Mineralölsteuer im Zusammenhang mit der sogenannten Ökosteuer. Wir dürfen nicht unter Einsatz von Steuermitteln in unseren
Städten und Gemeinden eine Politik betreiben, durch die
sich der Autofahrer wegen der Umbauten, der Rückbauten und der Schikanen, die eingebaut werden, schikaniert fühlen muß. Auch diesem Treiben muß ein Ende
bereitet werden.
({0})
Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und bedanke mich - trotz aller unterschiedlichen Auffassungen - bei den Mitberichterstattern, aber auch bei Ihnen,
Herr Minister, und bei den Mitarbeitern Ihres Ministeriums für die ansonsten sehr gute Zusammenarbeit.
({1})
Für die SPDFraktion spricht nun Kollege Gerhard Rübenkönig.
Herr Präsident! Meine
sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Bundesministerien Verkehr und Bau sind unter der neuen Regierung zu einem Ministerium zusammengefaßt worden.
Das hat zur Folge, daß die beiden Haushalte - die Einzelpläne 12 und 25 - zu einem Einzelplan zusammengeführt sind. Damit hat dieser Haushalt zwei Zielen zu genügen; diese haben wir vom Minister, der sie in seiner
Rede zur ersten Lesung genannt hat, und eben von dem
Kollegen Kalb gehört. Diese Ziele - besonders das
zweite - möchte ich hier bewußt wiederholen, weil Sie,
Herr Kollege Kalb, das zweite Ziel vernachlässigt
haben.
Zum einen sollen die Städte weiterentwickelt werden,
es sollen menschliche Wohnbedingungen in Deutschland geschaffen werden, und es soll nicht nur eine vernünftige, sondern - das betone ich besonders - auch eine
zu realisierende Verkehrspolitik gemacht werden.
Zum zweiten - das ist für mich auch ein wesentlicher
Teil - trägt dieser Haushalt, der durch sein hohes Investitionsvolumen der größte Investitionshaushalt der
Bundesrepublik und der umfangreichste Investitionshaushalt Europas ist, wesentlich zur Sicherstellung von
Beschäftigung bei.
({0})
Herr Kollege Rübenkönig, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Kalb?
Gerne.
Herr Kollege Rübenkönig, ich möchte Sie darauf aufmerksam machen,
daß mir der Wohnungsbau nicht weniger wichtig ist als
der Verkehr. Bei uns ist es aber so, daß der Kollege
Pützhofen über diesen Bereich sprechen wird. Darum
habe ich mich auf den Verkehrsbereich beschränkt.
Danke schön.
Sie haben mich
vielleicht mißverstanden. Ich meine als zweiten Teil
nicht den Bereich Wohnen, sondern die Beschäftigungspolitik, die von diesem Haushalt ausgeht. Das ist
für mich einer der wesentlichsten Aspekte in diesem
Haushalt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, neben diesen Zielen
verspreche ich mir außerdem, daß durch die Zusammenlegung langfristig Synergieeffekte eintreten, die
dann insbesondere durch die kombinierte Planung von
Mobilität und Wohnen auch im administrativen Bereich
dieses Einzelplanes finanziell wirksam werden.
Gestatten Sie mir als Haushälter zunächst ein paar
grundsätzliche Bemerkungen. Für uns war es wichtig,
daß wir zunächst einmal für Haushaltswahrheit und
Haushaltsklarheit gesorgt haben, indem die Schuldendiensthilfen von 5,9 Milliarden DM des Bundeseisenbahnvermögens vom Einzelplan 12 in den Einzelplan
32 zurückgeführt wurden. Denn durch die Waigelsche
Haushaltsführung - das will ich an dieser Stelle ganz besonders deutlich machen -, durch die insbesondere im
investiven Bereich Wunsch und Wirklichkeit verwechselt wurden, sind viele Begehrlichkeiten geweckt worden; das haben Sie, Herr Kollege Kalb, eben deutlich
gemacht. Dadurch ist gerade hier eine sehr kritische
Finanzsituation entstanden. Gerechnet wurde mit fiktiven Mehr- und Mindereinnahmen, die durch diesen
Haushalt tatsächlich nicht gelöst werden können.
Lassen Sie mich das an einem Beispiel deutlich machen. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition und der damaligen Bundesregierung, haben in
den vergangenen Jahren im Verkehrsbereich 27 Projekte
begonnen, die privat vorfinanziert wurden. Diese Projekte, die wir fortsetzen werden und wollen, führen über
die Vorfinanzierung in den nächsten Jahren zu erheblichen Belastungen dieses Haushaltes; denn die Konsequenz lautet: Wir müssen heute enorme Geldsummen
für Maßnahmen einsetzen, die bereits in den vergangenen Jahren durchgeführt wurden.
({0})
Allein im Haushalt 2001 werden diese mit zirka einer
halben Milliarde DM zu Buche schlagen.
Wie unsolide die Verkehrspolitik finanziert war, wird
auch an dem Bundesverkehrswegeplan, den Sie, Herr
Kalb, auch angesprochen haben, deutlich.
({1})
Hier werden Maßnahmen und Projekte aufgeführt, die
finanziell nicht abgesichert sind. Wir rechnen zur Zeit
mit einer Unterdeckung von über 80 Milliarden DM.
Das war Ihre Finanz- und Verkehrspolitik in der Vergangenheit.
({2})
Aus diesem Grunde bitte ich Sie, Herr Bundesminister Müntefering, um eine schnelle Überarbeitung des
Bundesverkehrswegeplanes, der dann nur noch solche
Projekte und Maßnahmen enthält, die auch finanzierbar
und machbar sind. Dies muß bald geschehen, Kolleginnen und Kollegen, damit auch die Betroffenen wissen,
woran sie sind. Dies ist auch im Hinblick auf die Beschäftigung in unserem Lande wichtig; denn dieser
Haushalt trägt auch dazu bei, daß Arbeitsplätze gesichert
und neue geschaffen werden.
({3})
Als Haushälter der Koalitionsfraktionen haben wir es
uns zur Aufgabe gemacht, einen Konsolidierungsbeitrag zu erbringen und, wie Sie wissen, eine Einsparung
von 0,5 Prozent zu leisten. Dies ist uns gelungen.
({4})
Ich lege aber Wert darauf, zu sagen, daß wir keine Einsparungen bei den Investitionen vorgenommen haben.
Dafür stehen uns weiterhin zirka 20 Milliarden DM zur
Verfügung.
An dieser Stelle, liebe Kolleginnen und Kollegen,
möchte ich mich bei den Mitberichterstattern, aber auch
bei Ihnen, Herr Bundesminister, und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die konstruktive und, wie ich
glaube, auch zielorientierte Zusammenarbeit im Rahmen
dieser Haushaltsplanberatung herzlich bedanken.
({5})
Der Schwerpunkt in diesem Haushalt liegt auf den
Verkehrsprojekten „Deutsche Einheit“, die entsprechend den jeweiligen Planungs- und Baufortschritten
vorrangig finanziert werden. Darüber hinaus werden der
Erhalt und der schrittweise Ausbau des Verkehrsnetzes
in den alten Bundesländern konsequent fortgeführt. Für
die neuen Bundesländer stehen in den drei großen Verkehrsinfrastrukturbereichen Schiene, Straße und Wasserstraße überproportional 49 Prozent der investiven
Bundesmittel für den Aus- und Neubau zur Verfügung.
Daß die Straße der Verkehrsträger Nummer eins und
das Auto das Verkehrsmittel Nummer eins ist, wissen
wir. In 1999 sind für die Bundesfernstraßen deshalb Gesamtausgaben in Höhe von 10,2 Milliarden DM vorgesehen. Die Investitionen belaufen sich dabei auf
8,4 Milliarden DM, wovon 3,9 Milliarden DM für die
neuen Länder eingeplant sind.
Im Bedarfsplan des Bundesfernstraßenhaushalts sind
4,8 Milliarden DM eingestellt. Davon entfallen auf die
Verkehrsprojekte „Deutsche Einheit“ 2,4 Milliarden
DM. Damit fließt die Hälfte der Mittel für die Bedarfsplanmaßnahmen in die Verkehrsprojekte „Deutsche
Einheit“, wodurch der Priorität dieser Projekte Rechnung getragen wird.
({6})
Kolleginnen und Kollegen, darüber hinaus ist die
zeitgerechte Fertigstellung der Expo-relevanten Bundesfernstraßen A 2 und A 7 gewährleistet.
Wir haben also insgesamt eine Bilanz, die sich trotz
der sehr angespannten Haushaltslage durchaus sehen
lassen kann.
Daß Sie, Kolleginnen und Kollegen von der Vorgängerregierung, jetzt einen Antrag einbringen, der die Bedarfsplanmaßnahmen insgesamt um eine halbe Milliarde
DM erhöht - das hätten wir in der Opposition vielleicht
auch gemacht -, zeigt die Verantwortungslosigkeit für
die Bundesfinanzen insgesamt.
({7})
Wir können nicht mehr Geld ausgeben, als zur Verfügung steht. Hier denke ich daran, wie Ihnen der neue
Bundesfinanzminister Hans Eichel den Spiegel vorgehalten und geschildert hat, wie Sie die Bundesfinanzen
zerrüttet haben.
Außer einer guten Verkehrspolitik ist es unser Ziel,
zu erreichen, daß die Unfallzahlen in den alten Bundesländern weiter sinken. Für Aufklärungs- und Erziehungsmaßnahmen haben wir zusätzlich 4 Millionen DM
einstellen können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht nur das Auto
und die Straße werden von uns gut bedient, auch die
Schiene hat höchste Priorität. Deswegen werden wir alles daransetzen, eine europäische Eisenbahn zu bekommen, die Teil eines transeuropäischen Verkehrsnetzes
ist. Um die Schiene auch weiterhin zu favorisieren, muß
es uns endlich gelingen, den wachsenden Güterverkehr
von der Straße auf die Schiene zu verlagern.
({8})
Deshalb war es wichtig, im Haushalt Bundesmittel in
Höhe von rund 6,7 Milliarden DM für Investitionen in
die Schieneninfrastruktur einzusetzen.
({9})
Der langgehegte Wunsch der SPD-Fraktion, Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Verkehrslärm zu beschließen, konnte erstmalig in diesem Haushalt mit 100 Millionen DM umgesetzt werden.
({10})
Auch wenn Sie heute den Antrag stellen, die Mittel um
150 Millionen DM zu erhöhen, weiß ich genau, wie Sie
früher zu diesem Thema gestanden haben. Deshalb können wir mit großem Stolz verzeichnen, daß wir das leisten.
({11})
Neben den gesamten verkehrspolitischen Maßnahmen
haben wir auch eine Ausbildungsvariante eingebracht.
Es ist uns einstimmig mit den Berichterstattern gelungen, 3 Millionen DM für die Ausbildung in der Binnenschiffahrt in den Haushalt einzustellen. Ich denke, auch
das ist ein Beitrag für mehr Ausbildung in diesem Land.
({12})
Gestatten Sie mir noch einen Satz zum Transrapid.
Hier stehen wir zu den Koalitionsvereinbarungen zwischen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD. Die Ausgaben sind in diesem Haushalt veranschlagt. Ich will an
dieser Stelle sagen: Ich bin voller Zuversicht, daß der
Bundesminister Franz Müntefering das hinbekommt,
was sein Vorgänger immer versprochen und nicht gehalten hat. Ich gehe davon aus, daß noch in diesem Jahr
das entsprechende Eckpunktepapier, das wir dringend
brauchen, auf die Schiene kommt.
({13})
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich
zum Schluß folgendes feststellen: Dieser Haushalt ist
von einer Verkehrspolitik geprägt, die zielgerichtet nach
vorn schaut. Wir werden das, was gut angefangen wurde, weiterführen. Wir setzen aber mit diesem Haushalt
auch neue Akzente in der Verkehrspolitik.
Dieser Haushalt steht finanziell auf gesunden Füßen.
Damit ist für die Zukunft die finanzielle Solidität und
die Mobilität in unserem Lande gesichert. In diesem
Sinne darf ich Sie bitten, dem Einzelplan 12 zuzustimmen.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
({14})
Ich erteile das Wort
dem Kollegen Horst Friedrich, F.D.P.
Herr Präsident!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn wir mitten
in den Haushaltsberatungen sind, müssen wir über den
Ausbau, den Zustand und die Zukunft der Verkehrsinfrastruktur aller Verkehrsträger in Deutschland reden.
Deswegen möchte ich ein paar grundlegende Überlegungen dazu anstellen.
Nach Ansicht der Bundesgemeinschaft der Ingenieurkammern Deutschlands steht die Bundesverkehrswegeplanung vor dem Kollaps. Nach einer bisher unveröffentlichten Prognose des Verkehrsministeriums für
die Jahre 1995 bis 2015 ergibt sich eine Zunahme des
Personenverkehrs um rund 25 Prozent auf den Autobahnen und um 18 Prozent auf den Bundesstraßen. Der
Güterverkehr wird sich im gleichen Zeitraum auf den
Autobahnen im Osten um 78 Prozent und im Westen um
51 Prozent steigern.
Der BGL mit seinem Hauptgeschäftsführer Karl
Heinz Schmidt hat erklärt, die Eisenbahn wird uns vor
dem Verkehrsinfarkt nicht, um nicht zu sagen niemals,
retten. Auch der BGL verweist auf diese Zuwachsprognose und vor allem darauf, daß in diesen Zahlen die
Dynamisierung, die sich aus der Globalisierung und der
Öffnung nach Osten ergeben, noch gar nicht enthalten
sind. Zeitgleich - das macht das Problem nicht einfacher
- verfallen in den Bundesländern mehr und mehr Planfeststellungsbeschlüsse, weil sie nicht innerhalb der
Fünfjahresfrist umgesetzt werden können. Allein in Baden-Württemberg verfallen im nächsten Jahr Anträge für
230 Millionen DM.
(Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN]: Das ist das Ergebnis der
Spatenstichmentalität!
Der Verkehrsminister erklärt - aus Sicht der F.D.P.
richtigerweise - sachlich, daß er die Bestandssicherung
des bestehenden Netzes stärker in den Vordergrund
stellen will. Das ist richtig, wenn man weiß, daß zwei
Drittel des Netzes der Fernstraßen in Deutschland älter
als 20 Jahre sind. Dann muß das aber auch durch entsprechende Zahlen im Haushalt abgesichert sein.
({0})
Wie schaut es tatsächlich im Haushalt aus? Der Ansatz der alten Koalition, der angesichts der geschilderten
Situation auch nicht üppig, aber immer noch höher als
der jetzige war, wird nochmals um 500 Millionen DM
reduziert. Die Haushaltsberatungen ergänzen diesen
Prozeß negativ, und durch weitere Kostenverlagerungen
- was die Last angeht - innerhalb des Haushaltes stehen
für den Straßenbau rund 1 Milliarde DM weniger als
bisher geplant zur Verfügung.
({1})
Damit geht die Schere aus der Belastung des Straßenverkehrs - rund 80 Milliarden DM - und den Ausgaben
für den Straßenverkehr - bisher rund 30 Milliarden DM
- noch weiter auf. Diese Tendenz wird durch die sogenannte Ökosteuer noch weiter verschlimmbessert, weil
die zusätzlichen Pfennige aus der Mineralölsteuererhöhung zweckgebunden zur Finanzierung der Rentenbeitragssenkung verwendet werden - aber der Autofahrer
muß es bezahlen!
({2})
Das Ganze steht im Kontext mit dem Ergebnis des
Alpen-Transitabkommens mit der Schweiz. Die Umstellung der Lkw-Maut von einer zeitbezogenen auf eine
streckenbezogene Gebühr, ohne gleichzeitig die KfzSteuer in Deutschland auf das im Hinblick auf Europa
notwendige und mögliche Mindestmaß abzusenken, erhöht die Belastung des Verkehrsträgers Straße weiter.
({3})
Wenn es denn aber richtig ist, daß eine gut ausgebaute und gepflegte Verkehrsinfrastruktur für Wirtschaftsentwicklung, für Arbeitsplätze und für Wohlstand
wesentlich und wichtig ist, dann, Herr Minister Müntefering, gibt Ihr Haushalt aus meiner Sicht die falschen
Signale. Wie soll - vor allem in den neuen Bundesländern - ein Neubaubeginn denn noch erfolgen, wenn die
Instandhaltung des Bestandsnetzes ausgeweitet wird und
wenn - was hoffentlich unstrittig ist - die Priorität der
Verkehrsprojekte Deutsche Einheit beibehalten wird?
Wo findet denn in Ihrem Haushaltsansatz noch ein Neubau in den alten Bundesländern statt? Wo bleibt die Planungssicherheit für die Behörden und - vor allen Dingen
- für das Baugewerbe und die dortigen Arbeitsplätze?
Wo bleibt die Antwort auf die ausbleibenden Privatisierungserlöse aus dem bisher gescheiterten Verkauf von
Eisenbahnerwohnungen?
({4})
Offenbar hatten Sie mit 4,6 Milliarden DM Einnahmen
gerechnet. Diese Lücken werden Sie entsprechend auffüllen müssen.
Rotgrün als Totengräber für die Verkehrsinfrastruktur
in Deutschland?
({5})
Aus Sicht der F.D.P. dazu folgendes: Ein Verkehrsminister, der die wesentlichen Antworten auf die Infrastrukturproblematik schuldig bleibt, der den Straßenverkehr offensichtlich nur als willkommene Melkkuh ansieht, ohne gleichzeitig die Ausgaben für den Straßenbau entsprechend zu erhöhen,
({6})
der sich immer noch in die falsche Hoffnung flüchtet,
die Güterverkehrsprobleme Deutschlands allein mit dem
Verkehrsträger Schiene lösen zu können,
({7})
ohne auf die tatsächliche Entwicklung Rücksicht zu
nehmen, und der glaubt, daß er auch ohne echte Privatfinanzierung mittelfristig überleben kann, der sollte darüber nachdenken, ob er seinem Regierungsauftrag tatsächlich gerecht werden kann.
Die F.D.P. hält die Verkehrspolitik dieser Regierung
auf jeden Fall vom Ansatz her für falsch. Sie setzt die
falschen Signale für die jetzt notwendigen Antworten,
und sie ist nicht geeignet, die Probleme, die die Verkehrsinfrastruktur Deutschlands aufweist, auch nur annähernd zu lösen.
({8})
Deshalb werden wir diesen Haushalt nicht mittragen.
Herzlichen Dank.
({9})
Ich erteile dem Kollegen Albert Schmidt, Bündnis 90/Die Grünen, das
Wort.
Verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Kalb, Sie haben mit
Recht darauf hingewiesen, wie wichtig Investitionen
sind und wie wünschenswert die Verstärkung von Investitionen gerade in dieser Zeit ist. Ich kann Ihnen ausdrücklich zustimmen. Es ist aber gerade die Leistung
dieses Verkehrshaushaltes, daß es trotz einer reduzierten
Neuverschuldung und trotz verordneter globaler Minderausgaben gelungen ist, die Investitionsmittel im Einzelplan 12 noch einmal zu steigern und eine Investitionsquote von über 53 Prozent zu erzielen.
({0})
- Ich kann Ihnen eines versichern, Kollege Oswald: Wir
werden mit Sicherheit auch in der Zukunft manche Diskussion um die Verteilung dieser Investitionsmittel auf
die verschiedenen Verkehrsträger in der Koalition haben. Da haben Sie ganz recht. Ich kann Ihnen aber auch
versichern, daß wir die Höhe dieser Investitionen auch
gegenüber künftigen Anstrengungen gemeinsam mit
Klauen und Zähnen verteidigen. Denn das ist unmittelbar arbeitsplatzrelevant, und das müssen wir auch
zukünftig garantieren.
Haushaltssystematische Korrekturen wurden vom
Kollegen Rübenkönig bereits angesprochen.
Das Thema Bundesverkehrswegeplan, Herr Kalb,
hat bei Ihnen eine Rolle gespielt. Sie haben gesagt, Sie
verstünden gar nicht, weshalb der ganze Verkehrswegeplan noch einmal neu überarbeitet werden solle. Ich
kann Ihnen nur eines sagen: Die Generalrevision der
Bundesverkehrswegeplanung ist keine rotgrüne Marotte,
sondern der ausdrückliche Auftrag des Gesetzes. Der
Plan ist seit 1992 in Kraft. Es besteht der Auftrag, alle
fünf Jahre substantiell zu revidieren, nachzuschauen:
Wie haben sich die Prognosedaten, der Verkehr, die
Preise und Kosten entwickelt? Wie müssen also die
Projekte neu bewertet und in eine neue Priorität gebracht
werden? Das werden wir tun. Und das Leitmotiv wird
eben nicht - wie in der Vergangenheit - sein, daß allen
alles versprochen wird, daß überall Spatenstiche gemacht werden und nachher nichts oder ganz wenig eingehalten wird, sondern das Leitmotiv wird eine neue
Ehrlichkeit sein. Wir werden nur das auflisten, was
nachher auch wirklich solide finanzierbar ist.
({1})
Horst Friedrich ({2})
Damit komme ich - das Stichwort neue Ehrlichkeit
leitet sehr gut dazu über - zu den Änderungs-, Ergänzungs- und Entschließungsanträgen, die uns von verschiedenen Fraktionen hier vorgelegt worden sind. Ich
beginne beim Änderungsantrag der CDU/CSU zum
Thema Lärmsanierung an bestehenden Schienensträngen. In der Tat, das ist ein Riesenproblem. Das hat
in der letzten Legislaturperiode niemand immer wieder
so deutlich gemacht wie die Fraktionen Bündnis 90/Die
Grünen und SPD. Wir haben lange dafür gekämpft und
darum gerungen, daß endlich begonnen wird, den gigantischen Bedarf, der in der Tat bei mehr als 4 Milliarden DM liegt, abzuarbeiten, um den Menschen, die entlang solcher lauten Bahnstrecken wohnen, endlich eine
Erleichterung zu geben und um die Akzeptanz der umweltfreundlichen Schiene zu verbessern. Daß ausgerechnet diejenigen, die jahre- und jahrzehntelang nichts,
keine Markfuffzig, dafür ausgegeben haben, jetzt, nachdem wir einen ersten bescheidenen Schritt tun, unqualifiziert höhere Beträge verlangen, - eine solche Position
ist völlig unglaubwürdig.
({3})
Gleichzeitig wird in einem Entschließungsantrag der
CDU/CSU verlangt, daß das Bundesministerium einen
Bericht über den Stand dieses Sanierungsprogramms
geben möge. Dazu kann ich nur sagen: Es ist eine schiere Selbstverständlichkeit, daß, nachdem diese Förderrichtlinie, die die Kriterien dafür liefern wird, welche
Projekte in dieses Programm hineinkommen, vorliegen
wird, der Bundestag in allen beteiligten Gremien darüber informiert wird; das muß man nicht beantragen.
Aber einen Bericht darüber kann man halt erst geben,
wenn das Programm abgewickelt ist, nicht aber im vorhinein, wenn es erst noch gemacht werden muß.
Ich will auch zu dem Stichwort „Transrapid“ gern
etwas sagen, nachdem dieses ja von anderer Seite schon
angesprochen worden ist. Hier stehen wir, Herr Kollege
Rübenkönig, genauso zu dem, was im Koalitionsvertrag
steht, nämlich daß die Deckelung der Kosten im Sinne
des Eckpunktepapiers vom April 1997 bei 6,1 Milliarden DM liegt. Es sind ja in den letzten Wochen verschiedene Zahlen und Meldungen durch die Presse gegeistert. Wenn sich bestätigen sollte, daß sich der Fahrwegpreis von 6,1 Milliarden DM nur dann halten ließe,
wenn die Strecke über weite Teile einbahnig statt zweibahnig gebaut und die Taktfrequenz von 20 auf 30 Minuten erweitert würde, dann kann ich nur sagen: Ein
gleicher Preis bei halbierter Leistung ist in Wahrheit ein
doppelter Preis. Das Eckpunktepapier gilt natürlich in
Gänze und nicht nur im Sinne einer einzigen Zahl. In
diesem Sinne bin ich ganz zuversichtlich, daß wir hier
eine sachgerechte und verantwortliche Entscheidung
treffen werden, übrigens auch im Interesse der Deutschen Bahn AG, die ein unvertretbares Risiko nicht aufgebürdet bekommen darf.
Es hat einen Brief des Bundesverfassungsgerichtes an
den Präsidenten des Deutschen Bundestages gegeben, in
dem ausdrücklich darum gebeten wurde, mitzuteilen,
inwieweit denn das Parlament auf der Basis etwaiger
neuer Datengrundlagen an einer sogenannten Anpassungsentscheidung, also einer erneuten Befindung über
den tatsächlichen Bedarf, beteiligt werden wird, nachdem der Bedarf ja damals ein für allemal, ohne Revisionsklausel, beschlossen wurde. Hier wird es sicherlich
darauf ankommen, daß eine entsprechende Antwort an
das Bundesverfassungsgericht geht. Ich möchte für meine Fraktion sagen: Wir gehen selbstverständlich davon
aus, daß zu gegebener Zeit, so es denn neue Daten gibt,
das ganze Parlament von diesen Daten offiziell Kenntnis
erhält und sich dann auch entsprechend dazu verhalten
kann.
({4})
Die Fraktion der CDU/CSU hat aber nicht nur in Sachen Lärmsanierung draufgesattelt, sondern auch - in
der Pose des billigen Jakobs: wer bietet mehr? - gefordert, den Titel für den Straßenbau um eine halbe Milliarde DM zu erhöhen. Diese Forderung stellen auch die
Länder. Ich kann dazu nur eines sagen: Wer in dieser
Größenordnung mehr Geld für den Straßenbau fordert,
der soll bitte gleichzeitig sagen, welche Steuern dafür
erhöht und welche Sozialleistungen dafür eingeschränkt
werden sollen; denn nur die Erhöhung des Straßenbautitels zu fordern, ohne die Finanzierung mitzuliefern, ist
übelste Oppositionsarbeit. Das haben wir in der vergangenen Legislaturperiode nie gemacht.
({5})
- Da muß sogar der Kollege Brunnhuber klatschen.
Es gibt noch einen Show-Antrag der F.D.P. zu dem
bedeutenden Thema Emssperrwerk. Dazu kann ich nur
sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der F.D.P.:
Man spürt die Absicht und ist amüsiert. Es waren nicht
die Grünen, sondern das Oberverwaltungsgericht Lüneburg, das den Sofortvollzug des Planfeststellungsbeschlusses kassiert und einen Baustopp verhängt hat. Sie
wissen auch, daß bei der Europäischen Kommission
diverse Beschwerden unter anderem wegen Verstoßes
gegen die FFH-Richtlinie eingegangen sind. Diese Dinge läßt man in einem Rechtsstaat getrost ihren Lauf
nehmen. Ich möchte nicht vorgreifen, was dabei herauskommt.
Nur, daß im Bundeshaushalt für den Fall, daß sich die
ganze Planung doch noch als rechtens erweist, vorsorglich Mittel bereitgestellt werden, ist doch nicht zu kritisieren. Darüber sollten Sie sich freuen. Deshalb sollten
Sie bei Ihrem lächerlichen Antrag auf namentliche Abstimmung verzichten. Wir werden selbstverständlich
auch diesen Titel des Haushaltes mittragen. Die einzige,
die Sie mit Ihrem Antrag ärgern wollen, ist die verehrte
Kollegin Gila Altmann. Sie werden sie aber nicht ärgern
können, weil sie an dieser Abstimmung wegen Krankheit nicht teilnehmen kann. Ich wünsche ihr von hier aus
gute Besserung.
({6})
Wenn wir uns künftig auf Ihr Niveau begeben, nämlich daß wir über jeden einzelnen Titel des Haushaltes
namentlich abstimmen, dann werden wir Weihnachten
Albert Schmidt ({7})
noch hier sitzen. Bitte erlösen Sie uns von solchen
Spielchen. Kehren Sie zu einer grundsätzlichen und
sachlichen Auseinandersetzung zurück. Zu einer solchen
sind wir jederzeit bereit.
({8})
Das Wort hat nun
Kollege Winfried Wolf, PDS-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Obwohl die
Ressorts Bauen, Wohnen und Verkehr recht verschieden
sind, versuche ich mich in einer übergreifenden Bilanzierung. Dies tue ich unter drei Überschriften: erstens
grundsätzliche Ausrichtung; zweitens Beitrag zur Beschäftigungssituation und drittens Großprojekte oder
bürgernahe Ausgabenpolitik.
Zum ersten Aspekt, zur Generallinie des gesamten
Einzelplans. Es war zu erwarten: Wenn SPD und Bündnisgrüne regieren würden, dann müßte in der Wohnungs- und Städtebaupolitik die soziale Komponente gestärkt und Urbanität ins Zentrum gerückt werden.
Gleichzeitig, so die Erwartungen, würden in der Verkehrspolitik der ökologische Aspekt in den Mittelpunkt
gestellt und die Autozentriertheit abgebaut werden. Diesen Erwartungen wird mit dem Einzelplan 12 in keiner
Weise entsprochen.
Bereits der Posten „Die soziale Stadt“, der im Einzelplan mit 5 Millionen DM Gesamtvolumen ausgewiesen
ist, ist eher peinlich. Das Attribut „sozial“ ist deutlich
unterfinanziert.
Sodann wird von Ihnen, Herr Müntefering, die Politik
der Privatisierung bundeseigener Wohnungen fortgesetzt, entgegen den SPD-Wahlversprechen. Gestern hat
im Fall der Privatisierung Tausender Bahnwohnungen
sogar der Personalrat den Plänen Ihres Hauses widersprochen. Diese seien unsozial und mieterfeindlich. Herr
Kalb, ich muß schon sagen: Wer hat das denn alles eingefädelt? Bereits Herr Wissmann wollte dies. Jetzt wird
es eben durchgezogen.
Noch wichtiger und Millionen betreffend: Kein
Wohngeldempfänger erhält in diesem Jahr mehr Wohngeld. Eine Erhöhung des Wohngelds war auch ein konkretes Wahlversprechen der SPD. Wir greifen es mit unserem Antrag auf.
Nicht anders fällt die Bilanz im Verkehrsbereich
aus. Die Umweltexperten des BUND haben im März
dieses Jahres die letzten Verkehrsetats miteinander verglichen. Sie ziehen eine vernichtende Bilanz. Im Etat
von 1999, so der BUND, setzte sich die überzogene
Förderung der Straße bei gleichzeitig völlig unzureichenden Investitionen in die Schiene fort. Selbst Straßenbauprojekte, bei denen SPD-Vertreter vor der Wahl
ausdrücklich erklärt hatten, daß sie unter Rotgrün gestoppt würden, werden fortgesetzt. Ich nenne nur das
Stichwort „Schweinfurt, A 71“. Bei der dortigen SPDBasis können sich Vertreter des Bundesverkehrsministeriums kaum sehen lassen.
Auch die ökologisch besonders zerstörerische und
allen Wirtschaftslichkeitskriterien hohnsprechende
Autobahn Dresden - Prag soll gebaut werden. Die Menschen lebten in DDR-Zeiten zwar wegen fehlenden
West-Fernsehempfangs im „Tal der Ahnungslosen“.
Daß nun jedoch in ihrer wunderschönen und touristisch
wertvollen Sächsischen Schweiz eine „Bahn der Ahnungslosen“ gebaut werden soll, haben sie nicht verdient.
Übrigens, Herr Minister, eine unserer wichtigsten
Forderungen könnten Sie mißverstanden haben, die nach
Verkehrsvermeidung. Gemeint war damit nicht, den
Senioren mit einer gesetzlich festgelegten Altersgrenze
für Führerscheinbesitz die Fahrerlaubnis wegzunehmen.
Gemeint war nicht eine geriatrisch bedingte Verkehrsvermeidung. Gemeint ist vielmehr eine Städte- und
Raumplanung, mit welcher die künstlich verlängerten
Wege wieder verkürzt und Autofahrten überflüssig gemacht werden. Ich denke an grüne und soziale Städte
mit Erholungswert und an kurze Einkaufs- und Verwaltungswege. Das führt dann zum massenhaften freiwilligen Verzicht auf das heilig's Blechle. Sehen Sie sich
doch die Städte Groningen, Delft, Amsterdam, Zürich
und in Ansätzen auch Münster, Freiburg und Templin
an. Dort gibt es eine erheblich andere Zusammensetzung
der Verkehrsaufteilung, eine wesentlich ökologischere
und wesentlich stadtverträglichere.
Übrigens, auf einen Beitrag kommt Rotgrün erst gar
nicht, nämlich auf die Verwirklichung all der eigenen
Parteitagsbeschlüsse nach einem allgemeinen Tempolimit. Damit würden Milliardensummen im Straßenbau
und an Unfallkosten gespart. Doch auch hier bleibt es
bei Kotau und Kontinuität und bei der nach oben offenen Raserskala. Die PDS stellt inzwischen als einzige
Fraktion in diesem Parlament einen solchen Antrag.
Zweite Bilanzzwischenüberschrift: Arbeitsplätze.
Erklärtes Ziel der Regierung Schröder ist es, die Massenarbeitslosigkeit abzubauen. Im Bau- und Verkehrsetat - der erste Redner hat das stark betont - als demjenigen mit dem größten Investitionseffekt könnte dies
verdeutlicht werden. Auch in diesem Bereich ist eher
das Gegenteil der Fall.
Die Städtebauförderung in den neuen Ländern wird
reduziert und das Modernisierungsprogramm der Kreditanstalt für Wiederaufbau wird nicht in bisheriger
Höhe fortgesetzt. Es gibt die allgemeine Sperrung von
10 Prozent aller Verpflichtungsermächtigungen, was
sich - Herr Kansy hat darauf hingewiesen - gerade im
Bau- und Verkehrsetat massiv negativ auswirken muß.
All das wird und muß Arbeitsplätze kosten.
Bei der Bahn wird der Belegschaftsabbau mit jährlich
15 000 bis 18 000 Jobs fortgesetzt. Daran hat der Bund
als Alleinaktionär der Bahn und mit seiner verfehlten
Schienenwegepolitik erheblichen Anteil. Dem Kahlschlag an der Basis steht eine verfehlt gönnerhafte Beschäftigungspolitik an der Spitze gegenüber. Nach Heinz
Dürr steht mit Dieter Vogel ein Ex-Thyssen-Manager
und Investmentbanker an der Spitze des Bahn-Aufsichtsrats. Ich zitiere dazu nur die „Süddeutsche Zeitung“, die nach Vogels Berufung kühl schrieb:
Albert Schmidt ({0})
Der Verdacht, Vogel habe
- im Rahmen der Abwicklung des ehemaligen DDRAußenhandelskombinats Metallurgiehandel den Bund um viel Geld geprellt, konnte nie hinreichend bewiesen werden, und so wurde das Verfahren
- gegen Vogel und elf weitere Thyssen-Manager eingestellt. Thyssen zahlte allerdings für das NichtUrteil zehn Millionen DM - auch ein Urteil.
Dritte Bilanzüberschrift: Großprojekte. Auch hier
erkennen wir nicht den erforderlichen Bruch. Sie, Herr
Müntefering, wollen mit einer Wasserstraßenpolitik
weitermachen, bei welcher sich die Gewässer neuen
Mammutschiffen anpassen müssen - nicht umgekehrt.
Ein vor Ort breit geforderter Stopp für das Wasserstraßenprojekt 17 oder Teile desselben könnte Hunderte
Millionen Mark an Einsparungen bringen und anderswo
weit mehr neue Jobs schaffen.
Sie, Herr Müntefering, halten weiter am Transrapid
fest. Allein mit der von uns geforderten Streichung der
Mittel für den Transrapid im Etat 1999 könnten eine
viertel Milliarde DM und in den weiteren Jahren bis zu
10 Milliarden DM gespart werden. Sie halten damit zumindest in Mark und Pfennig am Transrapid fest, obgleich sich gerade in diesen Tagen, wie schon vorher gesagt worden ist, alle Berechnungen für die Wirtschaftlichkeit dieser Magnetbahn als Zahlensalat erweisen.
Jetzt heißt es, das Ding solle als „Transrapid light“
eingleisig fahren, weniger Fahrgäste und zum Ausgleich
höhere Tarife haben. Für einen richtigen Bahnhof in
Berlin fehlt das Geld, also werde es, so wörtlich, am
Lehrter Bahnhof einen „angeflanschten Magnet-Bahnhof“ geben.
Ich finde, diese Bahn weist zunehmend ins Transzendentale und Pathologische; auf sie scheint folgender
Kinderschüttelreim wie gemünzt:
Dunkel war's, der Mond schien helle,
Schnee bedeckt die grüne Spur,
Als ein Wagen blitzeschnelle
langsam um die runde Ecke fuhr.
Übrigens habe ich festgestellt, daß dieser Spruch in
Ost und West bekannt ist. Vielleicht könnte er auch ins
Chinesische übersetzt werden, wenn zwischen Hamburg
und Berlin nichts laufen sollte und Herr Schröder demnächst nach China reist, um dort den Transrapid - übrigens, erneut mit Steuermilliarden - zu verschenken.
Herr Müntefering, ich nehme bedauernd zur Kenntnis, daß Sie unsere Feststellung einer Kontinuität von
Krause und Wissmann zu Müntefering nicht als Vorwurf
oder wenigstens als Zumutung empfinden. Wir bleiben
dabei: In diesem Einzelplan finden wir nicht die vom
Wählerwillen gewünschte Wende. Dieser Teiletat ist zu
wenig sozial, zu wenig ökologisch. Wir lehnen ihn ab.
Danke schön.
({1})
Ich erteile das Wort
dem Kollegen Dieter Pützhofen, CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident!
Meine Damen und Herren! Am Bauetat im Einzelplan 12 läßt sich das Verfallsdatum sozialdemokratischer Versprechen feststellen.
({0})
Die wohnungs- und städtebauliche Bilanz von Rotgrün
nach gut einem halben Regierungsjahr läuft auf eine
Rücknahme aller Versprechungen, Zusagen und Forderungen der SPD aus der Zeit von vor der Bundestagswahl hinaus. Teilweise ist man dabei, die Koalitionsvereinbarungen wieder auszuhebeln.
({1})
Versprochen war eine Stärkung der Städtebauförderung. Tatsache ist: Es gibt nicht nur keine Verstärkung
der Städtebauförderung, sondern eher eine Schwächung
durch Haushaltssperren und durch mit den Ländern verspätet abgeschlossene Verwaltungsvereinbarungen.
Versprochen war eine Verstärkung des sozialen
Wohnungsbaus, im Neubau- wie im Bestandsbereich.
Tatsache ist: Die Koalition führt die Bundesförderung
noch weit hinter die Ansätze der Haushaltsplanungen
der Kohl-Regierung für 1999 zurück.
({2})
Versprochen war eine Wohngeldreform bis zur
Sommerpause. Tatsache ist, daß 1999 für Wohngeld
weniger als im Waigel-Entwurf vorgesehen ausgegeben
wird. Das entsprechende Gesetzgebungsverfahren ist
überhaupt noch nicht in Gang gekommen.
({3})
Die Koalition kann selbst ihre Versprechungen vom Jahresanfang, Kollege Schütz, wenigstens in diesem Jahr
noch eine Wohngeldanpassung vorzunehmen, nicht
mehr einhalten.
Versprochen war, die Eigenheimförderung nicht anzutasten. Tatsache ist: Gerade der Bestandserwerb wird
durch die Anfang dieses Jahres in Kraft getretene Streichung des Vorkostenabzuges nachhaltig geschwächt.
Die SPD will dem ideologischen Anliegen der Grünen
und der PDS beitreten, das auf Abbau der Eigenheimförderung hinausläuft. Das, meine Damen und Herren,
ist älteste Ballonmützenpolitik: möglichst kein Eigentum, möglichst kein eigenes Häuschen!
({4})
Versprochen war, die Eisenbahnerwohnungen nicht
zu verscherbeln. Das war versprochen.
({5})
- Sie hatten es versprochen, ich rede doch nicht über
uns, sondern über Sie. - Sie haben versprochen, die
Eisenbahnerwohnungen nicht zu veräußern. - Tatsache
ist: Seit Mitte März sind Sie dabei, das Tafelsilber zu
verscherbeln.
({6})
Versprochen war, die gesetzliche Begrenzung der
Mieterhöhungsspielräume für ältere Mietwohnungen
auf 20 Prozent, die Ende August 1998 ausgelaufen war,
sofort wieder einzuführen. Tatsache ist, heute rät sogar
Ihre Fraktion dem Bundesrat davon ab, eine entsprechende Gesetzesinitiative durchzuführen.
({7})
Meine Damen und Herren, zu dieser Bilanz gehört,
daß es der rotgrünen Regierung mit ihrem Kurs der Immobilienbesteuerung und der Wohnkostenbelastung in
kurzer Zeit gelungen ist, eine Wende auf den Wohnungsmärkten herbeizuführen. Ich gehe heute mit jedem
eine Wette ein, daß 1998 das letzte Jahr war, in dem wie
in den vorherigen Jahren der Kohl-Regierung über
500 000 Wohnungen erstellt wurden.
({8})
- Die Wette ist heute schon gewonnen.
Der Deutsche Mieterbund - und nicht wir - befürchtet steigende Mieten, Erhöhung der Wohnkosten pro
Haushalt und auf Grund des Ökosteuergesetzes eine
neue Wohnungsnot. Die kommunalen Spitzenverbände
erklären, daß sie diese Koalition nicht aus ihren Versprechungen entlassen wollen und kritisieren, daß bislang nichts passiert ist. Bei den Bausparkassen stößt die
Politik dieser Regierung auf heftigsten Widerstand. Die
Bauwirtschaft fürchtet zu Recht, daß der gutlaufende
Eigenheimbau, die zur Zeit wichtigste Stütze der Bauwirtschaft, auch noch wegbricht. Sagen Sie uns doch
einmal, für wen - nicht gegen wen - Sie eigentlich in
diesem Staat noch Wohnungspolitik und Städtebaupolitik machen.
({9})
Beim Deutschen Mieterbund erleben wir zur Zeit
eine bemerkenswert schizophrene Situation. Ich weiß
nicht, wie ich es anders umschreiben soll, was der Präsidentin des Deutschen Mieterbundes bzw. der SPDBundestagsabgeordneten Anke Fuchs derzeit abverlangt
wird. Als Präsidentin - so lese ich in der „Welt“ vom
19. April - geht sie mit der Bundesregierung ins Gericht.
({10})
Beispielhaft ist da von der Enttäuschung über den Bauetat, das Ausbleiben notwendiger Gelder für die Wohngeldnovelle usw. die Rede. Das ist dieselbe Frau Fuchs,
die in dieser Woche den Etat mit beschließen wird.
({11})
Dann spricht sie von den dramatischen Auswirkungen
des Steuerentlastungsgesetzes auf den Mietwohnungsbau. Das ist dasselbe Steuerentlastungsgesetz, das Frau
Fuchs im Bundestag mit beschlossen hat.
({12})
Dann spricht sie von der Explosion der zweiten Miete
durch das Ökosteuergesetz. Das ist das Ökosteuergesetz,
dem Frau Fuchs zugestimmt hat.
({13})
An anderer Stelle spricht sie vom Ausverkauf von Bundeswohnungen, dem die SPD im März zugestimmt hat
und den sie nach wie vor betreiben will.
Meine Damen und Herren, das ist nicht schizophren,
so etwas ist Schmierentheater.
({14})
- Der Mieterbund wird das nicht abdrucken, lieber Edi.
Es geht mir dabei auch weniger um Frau Fuchs. Sie
muß selbst wissen, was sie unter Glaubwürdigkeit und
unter Politikverdrossenheit versteht. Es geht mir vielmehr um die Gefahr, daß eine für jeden zweiten Deutschen wichtige und ernstzunehmende Interessenvertretung wie der Deutsche Mieterbund den Respekt leichtfertig aufs Spiel setzt, denn diese Interessenvertretung
will doch auch weiterhin im Dialog mit den Organisationen und den Verbänden bleiben, will doch weiterhin
Gesprächspartner für den Deutschen Bundestag sein.
Wie will der Mieterbund von unserer Fraktion oder
irgendeiner Fraktion in diesem Bundestag noch ernst
genommen werden, wenn dieses Schmierentheater widerspruchslos bleibt?
({15})
Ein Beispiel dafür: Als die alte Bundesregierung ihren Haushaltsentwurf für das Jahr 1998 vorlegte und
darin Bundesfinanzhilfen für den sozialen Wohnungsbau
in Höhe von 1,34 Milliarden DM vorsah, läuteten beim
Mieterbund die Alarmglocken. In der „Mieter-Zeitung“,
in der diese Rede nicht erscheinen wird, war damals
vom „Ende der sozialen Wohnungspolitik in Deutschland“ die Rede, von „Skandal“ und von „Gesetzesbruch“, wohlgemerkt bei einem Etat von 1,34 Milliarden
DM.
Was sagt der Mieterbund heute bei einer Reduzierung
dieses Ansatzes auf 1,1 Milliarden DM bzw., wenn wir
die Haushaltssperren berücksichtigen, auf 1,0 Milliarden
DM? Er nennt das, was da stattfindet, „ernüchternd“,
meine Damen und Herren.
Zur Städtebauförderung: Es hat in den letzten
Wahlperioden keine Haushaltsdiskussion gegeben, bei
der die SPD nicht massive Forderungen in der Städtebauförderung gestellt hat.
({16})
- Frau Kollegin, Sie erinnern sich an diese Sätze.
Herr Kollege Niese hat bei der Debatte zum Haushalt
1998 folgendes wörtlich erklärt:
In jeder Rede der letzten Jahre zum Einzelplan 25
versuchen wir Ihnen
- also uns deutlich zu machen, wie wichtig die Städtebauförderung für die Beschäftigung, den Erhalt unserer
Innenstädte und die Wiedernutzbarmachung von
Industriebrachen ist - aber vergeblich.
Der erneut viel zu niedrige Ansatz dokumentiert,
daß nicht rationales, ökonomisches Handeln die
Politik des Bundesbauministers bestimmt, sondern
ein kurzsichtiger und in diesem Zusammenhang sogar verfehlter Sparzwang, der dem Ziel einer Haushaltskonsolidierung zuwider läuft.
Das waren die Ausführungen des Herrn Kollegen
Niese zur Debatte über den Haushalt 1998. Anschließend hat er Erhöhungen um 380 Millionen DM für die
alten Bundesländer gefordert.
Damit er das in diesem Jahr nicht wiederholen kann,
hat ihn seine eigene Fraktion bei der Diskussion über
den Bauetat vorsichtshalber aus dem Verkehr gezogen.
({17})
Andere mit ähnlichen aufgeblasenen Formulierungen
sind dagegen immer noch in Amt und Würden, wie zum
Beispiel der Parlamentarische Staatssekretär Großmann,
der zur 98er Städtebauförderung erklärte:
Wir entlarven Sie bei der Städtebauförderung, wir
Sozialdemokraten sehen erheblichen Korrekturbedarf, finanzpolitisch ist das alles nicht vertretbar.
Das ist Originalton Großmann.
Heute wissen wir: Ob Niese oder Großmann, ob
Fuchs oder Mertens - alles nur leeres Gerede, alles nur
aufgeblasenes Lamentieren.
({18})
Der Wahrheitsgehalt sozialdemokratischer Aussagen ist
gleich Null.
Wer in die Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zum Kapitel 1225 schaut, der wird feststellen,
daß die Städtebauförderungsmittel nicht um eine einzige
Mark erhöht worden sind. Statt dessen gibt es noch eine
zehnprozentige Sperrung des Verpflichtungsrahmens,
und das nannte Kollege Rübenkönig soeben Beschäftigungsförderung.
Auf welch tönernen Füßen die Behauptung der Bonner Koalition steht, man werde über den Etat 1999 die
Voraussetzung für Investitionen schaffen, demonstriert
das Laienspiel um die sogenannte „soziale Stadt“. Weil
sich nicht nur die Opposition, sondern selbst die Haushaltspolitiker der Koalition die Arroganz der Regierung
nicht gefallen lassen wollten, erst das Geld zu bewilligen
und anschließend zu erfahren, wofür man es denn verwenden will, sperrte der Haushaltsausschuß kurzerhand
die Ausgaben für 1999 und die Verpflichtungsermächtigungen. Der Bauetat ist ein exemplarisches Beispiel für
den Nullwert sozialdemokratischer Versprechungen.
Diese miserable Bilanz und der Mißerfolg haben verständlicherweise dazu geführt, daß Herr Minister Müntefering zunehmend aus wohnungs- und städtebaulichen
Auseinandersetzungen wegtaucht. Im Fachausschuß - so
hat mir der Kollege Dr. Kansy versichert - sind inzwischen elementare Diskussionen, wie die zum Steuerentlastungsgesetz, zum Bundeshaushalt und zur Wohngeldnovelle, ohne Minister und sachzuständige Staatssekretäre geführt worden. Leitende Fachbeamte müssen im
Ministerium bleiben oder den Mund halten.
({19})
Herr Präsident, eine letzte Bemerkung. Wegtauchen,
Herr Minister, nennt man in der Psychoanalyse Verdrängen. Sigmund Freud hat gesagt:
({20})
Verdrängen hemmt die positiven Kräfte, trübt die Erkenntnis, verunreinigt das Gefühl, führt zu Angsterscheinungen und hysterischen Symptomen und letztlich
zu Neurosen. - Davor möchten wir Sie bewahren. Herr
Minister, stellen Sie sich den Problemen des Bauetats!
({21})
Zu einer Kurzintervention erteile ich das Wort der Kollegin Anke Fuchs.
Herr Präsident! Meine
Damen und Herren! Kollege Pützhofen, ich bitte um
Entschuldigung, daß ich erst jetzt an dieser Debatte teilnehmen kann. Auf einem Kongreß des Gesamtverbandes
der deutschen Wohnungswirtschaft in Berlin mußte und
durfte ich für den Deutschen Mieterbund sprechen. Ich
will wiederholen, was ich dort gesagt habe.
Natürlich stimme ich dem Haushalt zu; denn ich freue
mich, daß die jetzige Bundesregierung die richtige
Richtung einschlägt. Wenn wir von Ihnen nicht so eine
große Erblast übernommen hätten,
({0})
könnten wir manche Dinge leichter gestalten.
({1})
Jetzt wird der erste Schritt getan. Ich muß als Präsidentin des Deutschen Mieterbundes keine Sorgen mehr
haben, daß das soziale Mietrecht zu Lasten der Mieterinnen und Mieter verschlechtert wird. Hier ist ein Stück
soziale Gerechtigkeit erreicht worden.
Ich freue mich auch, daß in den vorliegenden Vorschlägen von Herrn Müntefering hinsichtlich des Themas, das heute auch in Berlin eine Rolle spielte, „Soziale Stadt - Wie verhindern wir, daß Wohnquartiere abrutschen? Wie können wir Urbanität erhalten?“, die
richtige Richtung eingeschlagen wird. Ich stimme Ihnen
zu, daß die finanzielle Unterfütterung nicht so ist, wie
ich sie mir wünsche. Deswegen wiederhole ich: Die Erblast ist so groß, daß größere Spielräume in diesem ersten
Schritt nicht möglich sind.
({2})
Diese Bundesregierung fängt ja erst mit ihrer Arbeit an.
Wir werden weitere Schritte mit ihr zusammen gehen.
Stichwort Wohngeld: Darüber wird offensichtlich
noch verhandelt. Ich erwarte von dieser Bundesregierung - das weiß auch mein Kollege Müntefering -, daß
das Wohngeld angepaßt wird. Es muß seine soziale
Schutzfunktion wieder wahrnehmen können. Wenn auch
das auf Grund Ihrer Erblast nicht in einem Schritt geregelt werden kann, dann machen wir eben mehrere
Schritte. Hauptsache, es geht voran und die Richtung
stimmt.
Ein letzter Punkt. Viele meiner Fraktionskolleginnen
und -kollegen stimmen mir zu, daß es falsch ist, die
Eisenbahnerwohnungen zu verkaufen. In diesem Punkt
sind wir anderer Auffassung als Herr Müntefering. Ich
habe gelesen, daß der Personalrat dem Verkauf nicht zugestimmt hat. Wir stehen hier in erfolgversprechenden
Verhandlungen. Damit Sie mich hier richtig verstehen,
sage ich, daß ich mit meiner Funktion als Präsidentin
des Deutschen Mieterbundes und meiner Abgeordnetentätigkeit insofern keine Probleme sehe,
({3})
weil die Richtung stimmt. Herr Müntefering weiß, daß
ich bei den Forderungen, die ich aus guten Gründen
vortrage, nicht einknicke, sondern sehr genau abwäge,
welche Position ich vertrete.
Ich will, daß diese Regierung Erfolg hat. Deswegen
stimme ich dem Haushalt zu.
({4})
Kollege Pützhofen,
Sie haben das Wort.
Frau Kollegin
Fuchs, es verstärkt sich bei den Mitgliedern des Bundestages der Eindruck, daß Sie mit gespaltener Zunge
reden.
({0})
Ich zitiere doch nur das, was Sie sagen. Ich zitiere aus
einem Artikel in der „Welt“ vom 19. April 1999, daß Sie
„mit der Bundesregierung ins Gericht“ gehen. Ich zitiere
weiterhin: Enttäuschung über den Bauetat. Ich zitiere:
Ausbleiben notwendiger Gelder für die Wohngeldnovelle. Ich zitiere: dramatische Auswirkungen des
Steuerentlastungsgesetzes.
({1})
Ich zitiere: Explosion der zweiten Miete durch das Ökosteuergesetz. Ich zitiere: kein Ausverkauf von Bundeswohnungen.
Frau Kollegin Fuchs, ich habe nicht mehr getan, als
Sie persönlich zu zitieren. Sie blasen hier einen Ballon
auf, aber draußen stellen Sie den Sachverhalt ganz anders dar. Wenn Sie draußen, vor den Türen des Bundestages, reden, klingt das ganz anders, als wenn Sie hier
sprechen.
({2})
Ich erteile das Wort
dem Kollegen Dietmar Schütz, SPD-Fraktion.
Herr Präsident!
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Es ist sehr einfach, werter Herr Kollege Pützhofen, völlig zu vergessen, daß man aus der Regierung kommt, zu ignorieren,
was man selbst alles hätte machen können und welche
Finanzen Sie uns überlassen haben, und dann zu sagen,
wir sollten nun auf einmal alle Träume, die Sie gehabt
haben, erfüllen. Das ist ein schönes Rollenspiel, aber so
geht das nicht.
(Norbert Otto [Erfurt] [CDU/CSU]: Ihr habt es
doch versprochen!]
Wir müssen mit der Finanzlage, die Sie uns hinterlassen
haben, klarkommen.
({0})
Im Baubereich haben wir einen Haushalt vorgelegt,
der sich sehen lassen kann. Trotz aller Einsparverpflichtungen ist es kein Haushalt unter der Knute blinder
Spardisziplin. Vielmehr haben wir die volle Handlungsfähigkeit des Hauses erhalten und gesichert, und wir eröffnen Perspektiven für die Zukunft. Trotz der schwierigen Haushaltslage, die Sie uns überlassen haben, können
sich die von uns beschlossenen Eckdaten sehen lassen.
Ich will noch einmal darauf hinweisen - mein Kollege Gerhard Rübenkönig hat das vorhin schon gesagt -:
Der Bau- und Verkehrsminister hat immer noch den mit
Abstand größten Investitionshaushalt:
({1})
Die Investitionen in Höhe von 25,7 Milliarden DM entsprechen 53 Prozent der Ausgaben; es sind 400 Millionen
DM mehr als im Vorjahr. Wir müssen uns also klarmachen, worüber wir eigentlich reden: Es ist ein Bauinvestitionshaushalt, der sich sehen lassen kann.
({2})
Wir investieren nachhaltig in den Erhalt und Ausbau der
öffentlichen Infrastruktur und initiieren dadurch wertvolle unmittelbare und mittelbare Beschäftigungsimpulse in Bauindustrie und Bauhandwerk. Damit trägt unser
Haushalt nach wie vor in besonderem Maße zu den Bemühungen unserer Bundesregierung im Kampf gegen
die Arbeitslosigkeit bei.
Ich will in diesem Zusammenhang auch darauf hinweisen, daß die investiven Ausgaben gerade auch den
neuen Bundesländern zugute kommen. In den Bereichen sozialer Wohnungsbau und Städtebau sind zu mehr
als 59 Prozent Mittel für die neuen Bundesländer vorgesehen. Auch bei den KfW-Mitteln, die wir um stattliche
5 Milliarden DM auf jetzt 75 Milliarden DM aufgestockt
haben, geht der Löwenanteil in die neuen Länder. Wir
Anke Fuchs ({3})
tragen damit dem weiterhin großen Nachholbedarf beim
Wohnungsbau und bei der Städtesanierung Rechnung.
({4})
Zugleich setzen wir erste baupolitische Akzente, indem wir - Herr Pützhofen hat das schon angesprochen ein komplett neues Programm „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf - die soziale Stadt“ auflegen.
Dazu werde ich später noch etwas sagen.
Die Ausgabenschwerpunkte unseres Haushaltes liegen immer noch eindeutig im Bereich Wohnungswesen
und Städtebau. Ich betone noch einmal nachdrücklich:
Menschenwürdiges und bezahlbares Wohnen ist ein hohes Gut, das wir mit besonderem Blick auf die Familien
schützen müssen.
({5})
Den sozialen Wohnungsbau fördern wir mit einem
Verpflichtungsrahmen von 1,1 Milliarden DM. Die Lage
auf dem Wohnungsmarkt ist insgesamt erfreulicherweise
entspannter als noch vor einigen Jahren. Auf Grund der
Tatsache, daß es derzeit keinen dringenden flächendekkenden Bedarf beim sozialen Wohnungsbau gibt, werden wir die Mittel auf bestimmte regionale sowie soziale
Bedarfsschwerpunkte ausrichten. Hierzu gehören insbesondere junge Familien in städtischen Ballungsgebieten
sowie die Modernisierung und Instandsetzung von
Wohnungsbeständen in den neuen Ländern.
Bei der Städtebauförderung erhalten wir den Verpflichtungsrahmen von 600 Millionen DM aufrecht. Mit
500 Millionen DM liegt der Aufgabenschwerpunkt wieder eindeutig in den neuen Ländern, in denen nach wie
vor ein außerordentlich hoher Erhaltungs- und Erneuerungsbedarf besteht.
({6})
Ich möchte an dieser Stelle die Bedeutung der Städtebauförderung als Motor für Investition und Beschäftigung nachdrücklich betonen: Nach einer Studie des
DIW lösen wir mit jeder DM Städtebauförderung öffentliches und privates Bauvolumen in Höhe von 8 DM
aus. Das bedeutet, daß wir 1999 mit den zur Verfügung
stehenden Bundesmitteln bauwirksame Investitionen in
einer Größenordnung von rund 5 Milliarden DM auslösen.
Mit dem Programm „Stadtteile mit besonderem
Entwicklungsbedarf - die soziale Stadt“ haben wir
einen neuen Förderrahmen für Stadtteile mit besonderen
sozialen, wirtschaftlichen und städtebaulichen Problemen geschaffen, um innovative und nachhaltige Stadtteilentwicklungen zu unterstützen. Wir wollen damit die
unterschiedlichen stadtentwicklungsrelevanten Faktoren
zusammenführen: Verbesserung der Wohnverhältnisse
und der sozialen Infrastruktur, bedarfsgerechte Aus- und
Fortbildungsmöglichkeiten, öffentliche Sicherheit, Umweltschutz und Nahverkehr.
Für dieses neue Programm haben wir einen Verpflichtungsrahmen in Höhe von 100 Millionen DM eingestellt. Zusammen mit den Komplementärmitteln der
Länder werden wir mehrere hundert Millionen DM mobilisieren und gezielt für infrastrukturelle Verbesserungen investieren können.
({7})
- Da darf man richtig Beifall klatschen; denn das ist ein
vernünftiges Programm.
({8})
Damit stärken wir die Attraktivität und Lebensfähigkeit
in städtischen Problembereichen und schaffen wertvolle
Beschäftigungsimpulse vor Ort.
Wir haben auf Wunsch von Herrn Pützhofen dem
Vorschlag der CDU zugestimmt, die erste Tranche für
dieses Programm mit einer qualifizierten Sperre zu versehen, weil wir die ersten Ergebnisse dieser neuen Förderstruktur im Haushaltsausschuß sehen und bewerten
wollen. Dies richtet sich nicht gegen das Haus. Es soll
uns vielmehr helfen, noch zielgenauer zu fördern. Wir
wollen damit auch der Opposition helfen, dieses Programm anzunehmen und zu unterstützen, lieber Herr
Kollege Pützhofen.
({9})
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben 4,02
Milliarden DM für das Wohngeld eingestellt. Dies entspricht der realistischerweise zu erwartenden Ausgabenentwicklung im laufenden Jahr und hat zunächst keine Aussagekraft hinsichtlich einer dringend erforderlichen Wohngeldnovelle.
Über die Notwendigkeit einer solchen Novelle brauchen wir keine Belehrungen; wir wissen das genauso gut
wie Sie. Seit 1990 reden wir darüber und fordern wir
dies.
Jahrelang haben Sie in der damaligen Regierung immer wieder eine solche Novelle versprochen, getan aber
haben Sie nichts. Statt dessen haben Sie das Wohngeld
in die Unteretatisierung geführt und tatenlos zugesehen,
wie das Ungleichgewicht zwischen Pauschal- und Tabellenwohngeld immer mehr zugenommen hat.
({10})
Dagegen haben Sie überhaupt nichts getan!
({11})
Die Ursachen für dieses Ungleichgewicht waren die
hohe Arbeitslosigkeit und die steigende Zahl der sozialhilfebedürftigen Haushalte.
Vor einigen Wochen wollten Sie mit Schnellschüssen
das Wohngeld erhöhen. Wir haben gesagt, daß wir das
nicht so schnell machen können. Wir müssen nämlich
mit den Ländern über die Finanzierung reden - wir denken an ein Volumen von etwa 1,5 Milliarden DM - und
gemeinsam mit ihnen das Finanzierungsprogramm abstimmen. Ende dieses Jahres werden wir ein Gesetz
vorlegen, das seriös und durchgerechnet ist. Das versprechen wir Ihnen.
({12})
Dietmar Schütz ({13})
In bezug auf den Bauhaushalt sind auch die Bonn/
Berlin-Probleme angesprochen worden. Ich möchte
noch auf einen Punkt zu sprechen kommen, der uns
Parlamentarier besonders betrifft, nämlich die Baumaßnahmen des Bundes im Zusammenhang mit unserem
Umzug nach Berlin. In den vergangenen Monaten ist
darüber manches gesagt und geschrieben worden, einiges davon war nicht abwegig. Mit dem näherrückenden
Termin des Umzugs nimmt auch die Aufgeregtheit zu,
zum Beispiel was die Finanzierung angeht.
Eines möchte ich vorab sagen: Der Gesamtrahmen
mit einem Deckel von 20 Milliarden DM wird eingehalten. Bei allen Baumaßnahmen des Bundes wird von
uns allergrößtes Augenmerk darauf gelegt, daß der Kostenrahmen eingehalten wird - nach dem Motto: Der
Deckel muß halten.
Allerdings gebietet es die Aufrichtigkeit, daß wir einräumen, daß das nicht bei jeder einzelnen Baumaßnahme
gelingen kann. Auf Grund des Umfanges und der Komplexität der gesamten Maßnahme ist es nur natürlich, daß
Abweichungen auftreten können. Das ist bei privaten
Bauherren nicht anders als bei öffentlichen Bauherren.
Wir müssen aber auf den Gesamtkostenrahmen achten.
Wir müssen leider sagen, daß bei der Finanzierung
des Bundeskanzleramtes schon jetzt eine Mehrkostenbelastung in Höhe von 10 Prozent erkennbar ist. Das ist
- das sage ich ganz offen - deutlich zuviel. In geringem
Umfang werden auch bei den Parlamentsbauten Mehrkosten anfallen. Die Baugrundsanierungen haben beim
Jakob-Kaiser-Haus zu Verzögerungen bei den nachfolgenden Gewerken und anderen Baumaßnahmen geführt.
Ebenfalls nicht vorhersehbar waren die Terminschwierigkeiten bei der Fertigstellung des Paul-Löbe-Hauses
durch die verspäteten Baumaßnahmen des Berliner Senats für den U-Bahnhof.
Insgesamt bewegen sich jedoch die Mehrkosten in
einem Rahmen, der keinen Anlaß zu Tataren-Meldungen
bietet. Die Kostenrisiken sowie die denkbaren Einsparpotentiale werden in enger Zusammenarbeit zwischen
Bundesbaugesellschaft, Baukommission, Ältestenrat und
Haushaltsausschuß ständig überprüft.
Ich denke, daß wir alle uns darüber einig sind, daß
der Bund als Bauherr seiner Aufgabe der Kostenkontrolle nach bestem Wissen und Gewissen nachkommen
wird. Dies liegt in unser aller Interesse. Ebenso deutlich
will ich jedoch auch eine Lanze für die Qualität der zu
errichtenden Bauten brechen.
({14})
Ich denke, am Beispiel des insgesamt sehr gelungenen
Reichstagsgebäudes wird deutlich, daß die Demokratie
als Bauherr auch architektonische Zeichen setzen muß.
({15})
Bei aller Angemessenheit und Bescheidenheit darf sich
die Demokratie als Bauherr nicht unter Wert verkaufen.
Sie darf und kann, ja sie sollte sogar, durch ihre Bauten
Zeichen ihres legitimen Selbstbewußtseins setzen.
({16})
Ich sage deshalb: Wir sind als Bauherr natürlich in besonderer Weise zur Effizienz und zum verantwortungsvollen Umgang mit uns anvertrauten Steuergeldern verpflichtet. Wir dürfen aber auch nicht als billiger Jakob
auftreten.
({17})
Ein letztes Wort zu den Ausgleichszahlungen für
Bonn: Die Bundesregierung und der Deutsche Bundestag hinterlassen mit ihrem Umzug keine Brache. Ganz
im Gegenteil: Durch die sehr auskömmlichen Zahlungen
des Bundes hat sich die Region ein neues Standbein als
Dienstleistungs- und Telekommunikationsstandort erobert. Wir haben viel für Bonn getan. Ich sage, daß wir
uns an die Gesetze, die wir für Bonn gemacht haben,
halten werden. Deswegen - ich betone dies, weil ich ein
nachdrücklicher Berlin-Befürworter bin - müssen wir
Berichte, wie sie heute in der „Berliner Zeitung“ erschienen sind, daß für Berliner Bauten von Ministerien,
die in Bonn bleiben sollen, schon Geheimpapiere bestünden, nachdrücklich zurückweisen. Wir werden uns
an die Gesetze halten. Wir werden den Berlin/BonnVertrag erfüllen. Wir werden als Bauherren unserer
Verantwortung gerecht werden.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
({18})
Für die F.D.P.Fraktion spricht nun Kollege Michael Goldmann.
Herr Präsident!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach dem Auftritt von
Frau Fuchs, bei dem ich sehr lange nicht wußte, ob sie
nun als Präsidentin des Mieterbundes oder als Abgeordnete des Bundestages spricht, werde ich mich darum
bemühen, sehr ehrlich mit dem umzugehen, was ich Ihnen zu sagen habe. Ich bitte gerade Sie, Herr Schmidt,
mir dabei zuzuhören, weil ich vor den Menschen, die für
eine Sache stehen - wie zum Beispiel Ihr Parteifreund
Gottfried Sandmann aus der Stadt Papenburg, der sehr
klar sagt, daß er gegen das Emssperrwerk ist - Respekt
habe. Vor solchen Leuten wie Ihnen, die im Wort sehr
stark und in der Tat sehr undurchsichtig sind, fürchte ich
mich politisch,
({0})
weil ich bei Ihnen und den übrigen Vertretern der Grünen nicht weiß, was man davon zu halten hat, wenn man
sich mit ihnen politisch auseinandersetzt. Auf der einen
Seite toben Sie in Papenburg und in Gandersum auf dem
Deich herum
({1})
- ich meine die Vertreterinnen und Vertreter Ihrer Partei -,
und Ihre Delegierten erklären auf dem Landesparteitag
Ihrer Partei in Hannover, wie sehr sie gegen das SperrDietmar Schütz ({2})
werk sind. Auf der anderen Seite sagen Sie dann hier vor
Ort: Natürlich machen wir eine solche Titelstelle mit,
warum denn nicht; so ein bißchen grünes Vergackeiern
muß doch möglich sein.
({3})
Wissen Sie, Herr Schmidt, ich finde das übel.
({4})
Sie haben vorhin Dinge angesprochen, die ich
hochinteressant finde. Sie sagen, daß es jetzt eine EUWettbewerbsklage gegen das Sperrwerk gibt. Man muß
sich das einmal auf der Zunge zergehen lassen: Nicht
Thyssen Nordsee, nicht die Howaldtswerke, nicht irgendein Mitbewerber klagt gegen das Sperrwerk - das
ja, wie Sie wissen, auch der Meyer-Werft hilft. Nein,
Umweltverbände, von Ihnen gesponsert und finanziell
unterstützt, machen das.
({5}): Von uns gesponsert? Das
weise ich zurück, Herr Goldmann!)
Dafür wurde ein Fonds gebildet, in den Sie über die Abgaben, die Sie an die Partei zu leisten haben, wahrscheinlich sogar eingezahlt haben. Es ist interessant,
({6})
daß Umweltverbände die Verbandsklagen nutzen manchmal auch mißbrauchen -, um aus ökologischen
Gründen, die ich nicht nachvollziehen kann, gegen das
Sperrwerk vorzugehen. Ich gestehe es ihnen zwar zu,
daß Sie diese Möglichkeit nutzen, aber es geht darum,
daß sie nun auch das Wettbewerbsrecht mißbrauchen,
um Zukunft zu zerstören.
({7})
Herr Schmidt, ich will Ihnen das sehr direkt sagen:
Wenn Sie von diesen Dingen keine Ahnung haben, dann
sollten Sie den Mund halten. Wenn Sie sich erkundigt
haben, werden Sie wissen, daß alle Fachleute sagen: Das
Sperrwerk ist nötig - nicht für Meyer, auch wenn der
damalige Ministerpräsident Schröder sich mit Herrn
Meyer in der Presse hingestellt und gesagt hat, wir machen das mal eben. Jeder Fachmann weiß, daß sonst auf
über 100 Kilometer die Deiche in diesem Bereich um
einen Meter erhöht werden müssen.
({8})
- Erkundigen Sie sich, Frau Kollegin. Die Holländer haben das schon lange. Sie schützen ihre Menschen zukunftsorientiert.
({9})
Wir kämpfen mit dem Sperrwerk darum, das gleiche zu
tun.
Herr Schmidt und liebe Kolleginnen und Kollegen
von den Grünen, die Menschen vor Ort verstehen nicht,
daß Sie gegen dieses Werk - wir haben es heute nur
exemplarisch zur namentlichen Abstimmung gestellt in einer Form zu Felde ziehen, die wirklich unerträglich
ist.
({10})
Ich bin von der Ausbildung her Biologe; ich kenne Nonnengänse. Ich bin dafür, daß wir prioritäre Vogelarten
schützen.
({11})
Aber ich bin auch dafür, daß wir nicht die Deiche erhöhen, sondern ein Sperrwerk bauen, das zukunftsorientierten Küstenschutz sicherstellt.
({12})
Ich bin dafür, daß wir auch die Arbeitsplätze in dieser
Region sichern.
Kollege Goldmann,
gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schütz?
Gerne, Herr
Schütz.
Herr Kollege
Goldmann, wir sind ja hier in der Haushaltsdebatte.
Stimmen Sie mir zu, daß dieser von uns vorgelegte
Haushalt ein Sperrwerk in Gandersum ermöglicht und
den Bau des Sperrwerks absichert?
({0})
Herr Schütz, ich
gebe Ihnen recht. Wir wollen in namentlicher Abstimmung erfragen, wie Ihr Koalitionspartner, mit dem Sie
zukunftsorientierte Politik, Politik gegen den Verlust
von Arbeitsplätzen und für einen vernünftigen ökologischen und ökonomischen Ausgleich machen wollen, wie
Sie selbst immer betonen, zu dieser Frage steht.
({0})
Es ist interessant, Herr Schütz, welchen Wirbel dieser
Antrag bei Ihnen ausgelöst hat. Ich unterhalte mich ja
gerne mit Kollegen aus der SPD.
({1})
Ich respektiere die Arbeit von Herrn Robbe. Ich finde es
hochinteressant, welche Verwirrung, welche Irritation
und welcher Eifer bei Ihnen entstanden sind, weil Sie
genau wußten, daß wir hier den Finger in eine Wunde
legen.
({2})
Herr Schmidt, jetzt will ich noch einmal etwas zu
dem anderen Bereich sagen, den Sie angesprochen haben, nämlich zum Transrapid. Wissen Sie, wer im Aufsichtsrat der Bahn ist, der sollte sich beim Thema Transrapid zurückhalten.
({3})
Jeder weiß, daß die Bahn den Transrapid im Grunde genommen abmurksen will, um das hier einmal sehr deutlich zu sagen.
({4})
Sie sind derjenige, der das in besonderer Weise betreibt.
({5})
Ich finde, Herr Schmidt, Ihre Kolleginnen und Kollegen
von den Grünen sollten das, was Sie machen, nicht
durchgehen lassen. Sie sollten hier nicht diese populistische Wortreiterei betreiben,
({6})
sondern sie sollten zu Taten stehen. Sie sollten klipp
und klar sagen: In einer Region, die von Arbeitslosigkeit bedroht ist, einer Region peripheren Raums, wo
die Menschen es sowieso schon schwer haben, setzen
wir ein aktives, ein kämpferisches Zeichen für den
Küstenschutz, für ein Zukunftsprojekt und für Arbeitsplätze.
({7})
Deswegen bitte ich Sie: Stimmen Sie unserem Antrag
zu. Sagen Sie konsequent und klar ja zu einem Sperrwerk an der Ems, und sagen Sie das, weil Sie der Meinung sind, daß dieses Sperrwerk - das ist mein letztes
Wort dazu - wirklich eine vernünftige Sache ist, die alle
Unterstützung eines jeden hier im Deutschen Bundestag
verdient.
Herzlichen Dank.
({8})
Das Wort zu einer
Kurzintervention hat der Kollege Albert Schmidt.
Sehr verehrter Herr Kollege Goldmann, ich
hätte niemals geglaubt, daß ich als gestandener Oberbayer hier einmal eine Kurzintervention zum Küstenschutz abgeben würde.
({0})
Ich werde das aber gerne tun.
Herr Kollege Goldmann, Sie haben hier beeindrukkend ausgeführt, daß sich alle über die Notwendigkeit
dieses Sperrwerkes einig seien. Ich möchte Sie nur ganz
sachlich an folgendes erinnern. Lesen Sie doch einmal
im „Generalplan Küstenschutz“ der Bezirksregierung
Weser-Ems von 1997 nach. Diese Landesbehörde bestreitet dort, daß die Sturmflutsicherheit an der Ems gefährdet sei. - Ich zitiere nur.
Ich erinnere Sie weiterhin daran, daß niemand anderes als das Oberverwaltungsgericht Lüneburg massiv
bemängelt hat, daß eine echte und tiefgehende Alternativenprüfung nicht stattgefunden habe. Das war einer der
Gründe für das Urteil. - Ich zitiere nur.
Ich erinnere Sie weiterhin daran, daß das Oberverwaltungsgericht Lüneburg in mehreren Urteilen ausgeführt hat, daß eine juristisch einwandfreie Interessenabwägung sowohl bei den Belangen des Natur- und Umweltschutzes als auch bei den ökonomischen Interessen
nicht stattgefunden habe. - Ich zitiere nur.
Wenn Sie dies alles ignorieren wollen, ist das Ihre
Sache. Die Bundesregierung hat jedenfalls dafür gesorgt, daß für den Fall, daß die juristische Bremse, die
im Moment gezogen worden ist, wieder entsichert werden sollte, Haushaltsmittel bereitstehen, damit das
Sperrwerk gebaut werden kann. Herr Kollege Goldmann, ich kann Ihnen versichern: Auch dieser Haushaltsposten wird mit der Mehrheit der Regierungskoalition verabschiedet werden. Sie können sich Ihre diesbezügliche namentliche Abstimmung sparen. Sie überschätzen sich in Ihrer Show, die Sie hier abziehen,
maßlos. Das ist nicht das, was die Menschen wirklich
interessiert.
Die Unterstellung übrigens, wir würden Verbände
sponsern, ist geradezu lächerlich. Ich bin Mitglied im
Bund Naturschutz Bayern und zahle gern Mitgliedsbeiträge.
({1})
Sie wissen, daß die im Zusammenhang mit dem Sperrwerk aktiven Verbände parteipolitisch unabhängig sind.
Klagen, die diese als Fachverbände erheben, sind in
einem Rechtsstaat etwas ganz Normales. Daß es Ihnen
von der F.D.P. manchmal nicht gefällt, daß auch Verbände juristische Möglichkeiten wahrnehmen, das weiß
ich wohl.
Nun aber zum Stichwort Transrapid: Ich weise mit
allem Nachdruck zurück, daß ich mich jemals hier im
Bundestag als Mitglied des Aufsichtsrates der Bahn geäußert habe. Das werde ich auch nie tun. Aber als Verkehrspolitiker, dem die Bahn schon immer - auch in den
vergangenen Jahren - ein großes Anliegen war - und
auch heute noch ist -, weise ich mit großem Nachdruck
Ihre Behauptung zurück, hier wolle irgendein Mitglied
dieses Unternehmens ein Projekt „abmurksen“, wie es
Ihre Wortwahl war. Das ist eine unverschämte Unterstellung, für die Sie keinerlei Beleg haben.
Ich behaupte, daß die Bahn - im Gegenteil - in verantwortlicher Führung sowohl auf der Vorstandsebene
als auch in allen anderen beteiligten Gremien die FakHans-Michael Goldmann
ten sehr präzise analysieren wird und auf dieser
Grundlage nicht alleine, sondern im Benehmen mit den
anderen Projektbeteiligten, sprich mit dem Konsortium
und mit der Bundesregierung, entscheiden wird. So
und nicht anders wird es ablaufen. Die anstehende Entscheidung wird nachvollziehbar sein. Alles andere, was
Sie hier in die Welt setzen, ist Fama bzw. eine üble
Verleumdung.
({2})
Kollege Goldmann,
bitte schön.
({0})
Herr Kollege
Schmidt, ich sage es offen: Was Sie soeben getan haben,
ist typisch. Da zitieren Sie aus alten Stellungnahmen der
Bezirksregierung.
({0})
Wissen Sie nicht, daß Regierungspräsident Theilen, mit
dem ich zusammen im Landtag gesessen habe und der
Mitglied der SPD ist, zur Zeit dabei ist, einen neuen
Antrag vorzubereiten?
({1})
Wissen Sie nicht, daß dieser Regierungspräsident den
alten Antrag sehr mühsam und mit viel Engagement auf
den Weg gebracht hat? Warum machen Sie das hier
schon wieder kaputt?
({2})
Sagen Sie doch ja zum Sperrwerk, und gehen Sie vor
Ort!
({3})
Angesichts der Tatsache, daß die Bezirksregierung einen
neuen Antrag stellt, der hoffentlich qualifizierter ist als
der alte
({4})
und der den Gesichtspunkt des Küstenschutzes und die
Staufunktion integriert, können Sie doch sagen: Wir sind
jetzt dafür, daß dieser Antrag angenommen wird, daß er
nicht beklagt wird, daß er also im Ergebnis umgesetzt
wird, damit das herauskommt, was sich die Menschen
dort wünschen.
({5})
Herr Schmidt, ich finde es unaufrichtig und nicht gut
- ich sage Ihnen ganz ehrlich, daß ich das früher von
den Grünen nicht angenommen habe -, wenn man in
solchen Fragen die Ebenen trennt. Wenn Sie hier für
diesen Titel sind und dazu nachher in namentlicher Abstimmung ja sagen, dann sollten Sie nicht vor Ort Stimmung machen und über diesen Weg Stimmen kassieren,
({6})
um dann hier eine von hinten in die Brust gerichtete
Politik zu betreiben, die eine Umsetzung solcher Projekte verhindert.
Herr Schmidt, genauso ist das beim Transrapid. Sagen Sie doch ehrlich, daß Sie nicht für den Transrapid
sind. Machen Sie aber den Transrapid nicht durch Ihre
Arbeit bei der Bahn AG kaputt. Sie wissen doch ganz
genau, daß es die Bahn AG ist, die dem Tansrapid im
Moment einen Knüppel nach dem anderen zwischen die
Beine wirft.
Ich möchte Ihnen noch etwas zu den Verbänden sagen. Meine Partei und ich sind eindeutig dafür, daß Verbände ein Klagerecht haben.
({7})
Aber ich bin dagegen, daß Verbände ihr Klagerecht
mißbrauchen.
({8})
Ich bin dagegen, daß Verbände, die den Gedanken des
Umweltschutzes für sich in Anspruch nehmen und die
ihren Mitgliedern sagen: „Wir betreiben Umweltschutz“,
sich solchermaßen mit dem EU-Wettbewerbsrecht auseinandersetzen, es mißbrauchen, um einen High-TechStandort sowie Arbeits- und Ausbildungsplätze zu zerstören. Das ist das, wogegen ich bin, und dagegen sollten auch Sie sein.
({9})
Ich erteile der Kollegin Eichstädt-Bohlig, Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Herr Kollege Goldmann, es hat mich ein wenig verwirrt, daß Ihnen das Ems-Sperrwerk so wichtig
ist, daß Sie zum Bauhaushalt kein einziges Wort gesagt
haben.
({0})
Ich weiß nicht, wie bei Ihnen die Prioritäten und Verantwortlichkeiten gesetzt werden.
({1})
Ich möchte nach dieser ganzen Diskussion über das
Ems-Sperrwerk auf den Bauhaushalt zu sprechen kommen und möchte mich an den Kollegen Pützhofen wenden. Sie haben soeben mit großer Verve überwiegend
Albert Schmidt ({2})
die Kolleginnen und Kollegen von der SPD, aber indirekt auch uns dahin gehend beschimpft - das haben Sie
schon einmal so gemacht -, daß die Koalitionsfraktionen
vor der Wahl einige Hoffnungen hatten, sie würden im
Haushalt mehr Geld vorfinden und dann in der Baupolitik auch mehr verteilen können, als dann tatsächlich vorzufinden war. Ich spreche gerade Sie an, weil Sie Mitverantwortung dafür tragen, daß wir ein Defizit von
30 Milliarden DM vorgefunden haben und jetzt mit dieser schweren Last umgehen müssen.
({3})
Man sollte niemanden verurteilen, der ohne genaue
Kenntnis der wahren Haushaltslage mehr Geld verteilen
wollte, als er hinterher vorgefunden hat, wenn man solche Anträge stellt, wie Sie es getan haben, und dem
Bürger gegenüber behauptet, man könne mehr Geld
verteilen, als im Haushalt vorhanden ist.
Insofern frage ich Sie, wieso Sie hier in Kenntnis der
Haushaltslage Anträge stellen auf Aufsattlung bei der
Städtebauförderung, auf ein Wohngeld, das in dieser
Form gar nicht finanzierbar ist. Die F.D.P. möchte nicht
nur das Emssperrwerk, sondern auch beim sozialen
Wohnungsbau aufsatteln. Ich frage die, die bis September 1998 Regierungsverantwortung gehabt haben, nach
ihrem Umgang mit den Prinzipien von Haushaltsklarheit
und Haushaltswahrheit und dem, was man dem Bürger
gegenüber verantwortlich darstellen kann. Ich bitte Sie,
darauf endlich konkret zu antworten.
({4})
Zum nächsten Punkt. Das Schwerpunktthema der
Wohnungspolitik zur Zeit ist immer wieder die Wohngeldreform. Wir sind uns alle einig, daß wir eine
Wohngeldreform brauchen. Wir arbeiten daran, sie zum
1. Januar 2000 umsetzen zu können. Ich sage sehr bewußt: Wir arbeiten daran.
({5})
Ich möchte in Richtung des Kollegen Oswald und des
Kollegen Kansy deutlich sagen: Sie haben einen Antrag
zum Wohngeld gestellt, den man nicht einmal mehr mit
den von uns dringend gesuchten 1,5 Milliarden DM
finanzieren könnte, den man aber auf keinen Fall mit
den 250 Millionen DM finanzieren kann, die seinerzeit
Kollege Oswald - noch nicht einmal per Kabinettsbeschluß, sondern als einfaches Papier - bereitstellen
wollte. Er hat sich nicht einmal getraut, mit den Ländern
darüber zu verhandeln.
({6})
Also: Das, was Sie dem Bürger versprechen und der
Koalition jetzt mit Änderungsanträgen abringen wollen,
haben Sie selbst nie und nimmer gekonnt. Trotzdem gehen Sie scheinheilig hin und fragen: Warum schafft ihr
das nicht aus der Hüfte? Warum braucht ihr ein halbes
Jahr, bis ihr das Geld zusammengesammelt habt?
({7})
Ein weiterer Punkt. Wir sind so ehrlich und so sparsam, daß wir sagen: Wir können das nicht aus einem
Haushaltsaufwuchs finanzieren. Wir suchen das Geld
vielmehr in den Bereichen, von denen wir meinen, daß
Subventionen da bisher etwas zu großzügig gewährt
worden sind.
Wir prüfen derzeit, ob bei der Eigenheimzulage Senkungen der Einkommensgrenzen vorgenommen werden
sollen; ich habe das schon in der letzten Legislaturperiode
gefordert, ich überzeuge schrittweise auch andere davon.
Hierbei handelt es sich nicht um willkürliche Kürzungen,
sondern endlich um die Verwirklichung des Subsidiaritätsprinzips. Ich sage es ganz deutlich: Staatssekretäre und
Abgeordnete bekommen so gute Gehälter, daß sie es nicht
nötig haben, eine Eigenheimzulage in Anspruch zu nehmen. Ich hoffe, daß endlich auch die Konservativen und
die Liberalen Subsidiarität ernst nehmen und nicht immer
fordern: Vermögensbildung bei den Vermögenden. Sie
bedeutet vielmehr, die Prioritäten da zu setzen, wo die soziale Bedürftigkeit wirklich Vorrang haben muß.
({8})
Von daher bitte ich Sie darum, hier mit offenen Karten
zu spielen und nicht so zu tun, als könnte man alles
gleichzeitig verwirklichen.
Nicht nur die Regierungsfraktionen, sondern auch die
Opposition muß bereit sein, endlich soziale Prioritäten
zu setzen. Das erwarte ich auch von Ihnen.
({9})
Kollegin EichstädtBohlig, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen
Thiele?
Ja.
Frau Kollegin Eichstädt-Bohlig, die Einkommensgrenzen sind momentan,
glaube ich, doch so, daß Minister und Staatssekretäre
keine Eigenheimzulage erhalten.
Da irren Sie sich. Die Einkommensgrenzen
sind sehr wohl so. Sie kennen meine Diäten. Ich nehme
an, daß Ihre relativ ähnlich sind. Ich würde mit meiner
Familie unter die 240 000-DM-Grenze fallen und sehr
wohl 64 000 DM Eigenheimzulage bekommen, während
ein Haushalt, dem im Monat nur 3 500 DM zur Verfügung stehen, vielleicht 100 DM Wohngeld bekommt.
Damit hat dieser Haushalt die Chance, innerhalb von
54 Jahren insgesamt genausoviel Geld zu bekommen,
wie ich innerhalb von acht Jahren bekäme, wenn ich
morgen ein Eigenheim bauen würde. Das halte ich politisch für ungerecht, Kollege Thiele.
({0})
Eine Nachfrage des
Kollegen Thiele.
Frau Eichstädt-Bohlig,
Sie haben in Ihrer Rede von Staatssekretären und Ministern gesprochen.
Nein, von Staatssekretären und Abgeordneten.
Von Staatssekretären
und Ministern; das habe ich zufällig gehört.
Dann bitte ich um Entschuldigung.
Die Frage, die ich gerade gestellt habe, betraf nicht Ihr Einkommen; denn Sie
sind derzeit ja noch nicht Staatssekretärin oder Ministerin. Ich habe vielmehr danach gefragt, ob Staatssekretäre
und Minister bei etwa 300 000 DM Einkommen pro Jahr
Eigenheimzulage erhalten. Sie haben zu Abgeordneten
geantwortet. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie zu
Staatssekretären und Ministern antworten würden; denn
die erhalten keine Eigenheimzulage.
Entschuldigung, ich meinte Abgeordnete
und Staatssekretäre.
({0})
Minister habe ich ausgeklammert. Ich bilde mir auch
ein, Abgeordnete gesagt zu haben.
({1})
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte schon
noch ein ernstes Wort - auch in Richtung unserer Koalition - sagen. Denn bei der Suche nach Einsparungen im
Haushalt ist unter anderem auch von Kolleginnen und
Kollegen, die den beiden Koalitionsfraktionen angehören, die Diskussion um den sozialen Wohnungsbau losgetreten worden. Ich möchte aus aktuellem Anlaß ein
sehr ernstes Wort zum Thema „sozialer Wohnungsbau“
sagen.
Richtig ist: Der soziale Wohnungsbau ist ohne
Zweifel reformbedürftig. Aber er ist auch reformfähig.
Das sage ich in alle Richtungen. Ich möchte das an
einem ganz wichtigen Beispiel verdeutlichen. Der soziale Wohnungsbau ist gerade in Ballungsgebieten ein
ganz wichtiger Baustein für die Familienentlastung.
Würde der soziale Wohnungsbau - auch die Bestände,
die wir im öffentlichen Bereich haben - abgebaut, liefen
wir Gefahr, daß Familien mit Kindern über kurz oder
lang praktisch nicht mehr in Ballungsräumen wohnen
könnten.
({2})
Es wäre ein Schildbürgerstreich - ich sage das laut -,
wenn der soziale Wohnungsbau, der Familien heute im
Durchschnitt rund 120 DM im Monat Entlastung bringt
- in Ballungsgebieten ist es teilweise sehr viel mehr -,
gestrichen würde, um damit 20 DM oder 50 DM mehr
Kindergeld zu finanzieren.
({3})
Insofern müssen wir auch den Zusammenhang zwischen
Wohnungspolitik und Familienentlastung sehr ernsthaft
diskutieren. Es ist kein sinnvoller Schritt zur Familienentlastung, das Kindergeld zu erhöhen, gleichzeitig
aber erhebliche Wohnkostensteigerungen für Familien
zu provozieren. Das dürfen wir nicht machen. Deswegen
bitte ich um eine sehr ernsthafte fraktionsübergreifende
Diskussion.
({4})
- Ich habe eben deutlich gesagt, daß ich einen Teil meiner Rede an alle, auch an die Koalitionäre, richte. Damit
habe ich überhaupt keine Probleme, Herr Kansy. Was
gesagt werden muß, muß gesagt werden - in welche
Richtung auch immer.
Folgendes möchte ich deutlich sagen - und da ist sich
die Koalition einig -: Wir wollen die Reform des sozialen Wohnungsbaus; wir wollen die Vereinfachung des
Förderinstrumentariums; wir wollen kostspielige Neubauprogramme zurückfahren und uns sehr viel mehr an
den Wohnungsbeständen orientieren. Es muß aber auch
allen klar sein: Wenn wir in diesem Bereich weiter abbauen - nach den jetzigen gesetzlichen Regelungen laufen viele Sozialbindungen aus - wird es in wenigen Jahren kaum mehr Sozialwohnungen geben. Das verantworten im wesentlichen Sie, liebe Kolleginnen und
Kollegen von der Oppositionsseite. Wenn wir nicht gegensteuern, wird es im Jahre 2005 nur noch 900 000 Sozialwohnungen und im Jahre 2010 - das ist gar nicht
mehr lange hin - nur noch 230 000 Sozialwohnungen
geben. Deswegen bitte ich alle Beteiligten, sich für die
Reform des sozialen Wohnungsbaus einzusetzen und
nicht für eine Demontage.
({5})
Nun hat der Kollege
Dirk Fischer von der CDU/CSU-Fraktion das Wort.
Herr Präsident, ich glaube, die Uhr, die meine Redezeit anzeigt, ist
nicht richtig eingestellt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der
Haushalt ist die Stunde der Wahrheit. Bei einer vernünftigen Politik sind Reden und Handeln eins. Heute hat
sich gezeigt, daß die Regierungskoalition mit falscher
Münze zahlt. Beweise gibt es dafür sehr, sehr viele.
Sie, Herr Minister, haben im letzten November bei
der Vorstellung Ihres Arbeitsprogramms für diese Legislaturperiode im Ausschuß die Zusammenlegung der
beiden Ministerien Verkehr und Bau als echte Verschmelzung bezeichnet, mit der der Auftrag, gleichwertige Lebensbedingungen in allen Ländern zu schaffen,
zielgerichtet umgesetzt werden solle. Die Zusammenlegung zeigt sich aber immer mehr als ein personenbezogener Unfug, der sowohl im Ministerium als auch in den
parlamentarischen Gremien eine vernünftige Arbeit eher
behindert. Wenn man nach der Schaffung gleichwertiger
Lebensbedingungen fragt, stellt man fest, daß sich die
Koalition weiter denn je davon entfernt hat. Mit den
steuerpolitischen Fehlschlägen ist das Gefälle der Lebensbedingungen zwischen Ballungsräumen und ländlichen Regionen nur noch verstärkt worden.
({0})
Der Bundesverkehrswegeplan soll - das haben Sie
angekündigt - überarbeitet werden. Nach zehn Jahren
Gültigkeit ist es auch sicher sinnvoll, die Prognosen der
Verkehrsentwicklung zu überprüfen und zu aktualisieren; das hatte Ihr Amtsvorgänger Wissmann gleichfalls
vorgesehen und auch schon eingeleitet. Sie wollen neue
Kriterien entwickeln und die Bewertungsmethodik modernisieren. Ihr Vortrag im Ausschuß am 21. April dieses Jahres war diesbezüglich allerdings ohne jede konkrete Substanz. Sie hätten ebensogut die Erläuterungen
zu den bisherigen Bundesverkehrswegeplänen vorlesen
können.
Für uns haben die regionalen Wirtschafts- und Beschäftigungsaspekte ein besonderes Gewicht. Die Frequenz eines Verkehrsweges als Hauptkriterium würde
dazu führen, daß nur noch Projekte in Ballungsräumen
zum Zuge kämen. Das darf nicht sein. Wir werden sehr
darüber wachen, daß die Interessen der ländlichen
Räume gewahrt bleiben und Gerechtigkeit für alle Regionen gegeben ist.
({1})
Gutes und Bewährtes zu ändern macht wenig Sinn.
Ich bin deshalb der Meinung, daß nicht alle Projekte, für
die der Gesetzgeber den Bedarf bereits festgestellt hat,
erneut auf den Prüfstand gestellt werden müssen, wie
Sie das jetzt ankündigen. Ihre Aussage vom November
1998 klang sehr viel vernünftiger:
In Einzelfällen
- so haben Sie gesagt werden wir Maßnahmen und Projekte anpassen und
optimieren.
Das heißt für mich, daß alle heute schon baureifen oder
nach Auffassung der Länder besonders dringlichen Projekte und insbesondere jene, die in künftige Fünfjahrespläne aufgenommen werden sollen, auch überprüft werden. Ich halte es aber nicht für sinnvoll, für ungefähr
7 500 Projekte erneut ein ganz großes Faß aufzumachen,
auch wenn darunter unendlich viele sind - vielleicht
Hunderte und Tausende -, deren Realisierung Jahrzehnte entfernt ist.
Das angekündigte Investitionsprogramm 1999-2002
ist eine Bankrotterklärung, weil die deutlich gekürzten
Mittelansätze - so Ihre Aussage - für die Bundesfernstraßen nur geringen Gestaltungsspielraum lassen. Es ist
in Wahrheit nur ein Ablenkungsmanöver, wenn Sie
das dem geltenden Verkehrswegeplan anlasten und bei
einer Unterfinanzierung auf Grund unrealistischer Ansätze von „Luftschlössern“ und „Wunschkatalogen“
reden.
Ich muß Sie darauf hinweisen, daß der Bundesverkehrswegeplan kein Finanzplan ist. Er stellt nur den
nach Auffassung der Bundesregierung objektiven Bedarf
dar und wird hier im Parlament insoweit nur zur Kenntnis genommen. Der vordringliche Bedarf - nicht der
Bundesverkehrswegeplan - wird über Ausbaugesetze
durch den Gesetzgeber festgestellt.
Es ist klar, daß bei dieser Systematik, insbesondere in
Zeiten knapper Kassen, der Bedarf größer als die Möglichkeiten der Finanzierung ist. Gleichwohl darf objektiver Bedarf nicht wegmanipuliert werden.
({2})
Wenn Sie den objektiven Bedarf herausstreichen, dann
ist dies das Verschließen der Augen vor Tatsachen, die
wir uns immer wieder präsent machen und mit denen
wir uns auseinandersetzen müssen.
Schon der erste Verkehrswegeplan von SPDVerkehrsminister Lauritz Lauritzen - er umfaßte den
Zeitraum von 1976 bis 1985 - hatte bei seiner überarbeiteten Fortschreibung 1985 einen Überhang unerledigter Vorhaben in Höhe von etwa 36 Milliarden DM
nach dem Preisstand 1985. So ist der Überhang von etwa 80 Milliarden DM - so die Prognose - nach dem
heutigen Preisstand bei dem 20-Jahres-Zeitraum des jetzigen Plans keine dramatische und völlig andere Entwicklung.
Ihr Vorwurf, das seien Luftschlösser, ist in Wahrheit
eine Unterstellung gegenüber den Ländern und der
Bahn, daß sie bei ihren Anmeldungen unredlich vorgegangen seien. Ich meine, daß diese Unterstellung unsachlich und falsch ist.
({3})
Sie versuchen damit, über Kürzungen im eigenen
Haushalt hinwegzutäuschen und suchen ein Alibi für
fehlende Haushaltsmittel. Sie haben den Ansatz für den
Straßenbau um 175 Millionen DM verringert gegenüber den Zahlen Ihres Amtsvorgängers Wissmann. Die
Folge ist, daß Baubeginne in den alten Bundesländern
praktisch unmöglich geworden sind.
Jetzt hat die Koalition im Haushaltsausschuß sogar
die Mittel für Unterhalt und Erneuerung der Bundesfernstraßen um weitere 50 Millionen DM gekürzt. Sie
haben im Ausschuß den Vorwurf erhoben, daß für diesen Bereich bisher zuwenig getan worden sei, und angekündigt, mehr Gewicht auf die Erhaltung der Substanz der Bundesfernstraßen legen zu wollen. Ihr
Dirk Fischer ({4})
Haushalt spricht eine andere Sprache. In diesem Punkt
sind Sie völlig unglaubwürdig; es wird anders gehandelt als geredet.
({5})
Der Investitionsbedarf für Erhalt und Ausbau der
Verkehrsinfrastruktur muß zukunftsorientiert auf hohem Niveau gesichert werden. Das Volumen baureifer
Projekte, deren Finanzierung offen ist, liegt heute schon
bei etwa 4 Milliarden DM. Deshalb fordern wir mit unserem Antrag eine Aufstockung der Straßenbaumittel
um 500 Millionen DM, um wenigstens dem dringlichsten Bedarf Rechnung zu tragen.
({6})
Man muß doch auf die Situation reagieren! Man kann
als Minister die Sache nicht schleifen lassen, man muß
durch aktives Handeln reagieren, und dieses um so
mehr, als Sie durch die Steuererhöhung auf Kraftstoffe
rund 4,5 Milliarden DM beim Autofahrer abkassieren
und zwei weitere Erhöhungen in der gleichen Größenordnung schon beschlossen haben. Das heißt, am Ende
holen Sie vom Autofahrer zusätzliche 15 Milliarden DM
in die Kasse. Dabei muß doch wohl dieser Gestaltungsspielraum eröffnet worden sein. Ich finde das sonst empörend.
({7})
Klar ist auch, daß wir für künftige Haushalte vorsorgen müssen. Der erste Schritt ist die Einführung der
streckenbezogenen und nutzungsabhängigen LkwStraßenbenutzungsgebühr bis spätestens 2002 und ihre Zweckbindung für das Bundesfernstraßensystem. Der
nächste Schritt muß die effizientere Bewirtschaftung
dieser Mittel durch privatwirtschaftlich organisierte
Unternehmen sein. Hinzu kommen muß eine verstärkte
Mobilisierung privaten Kapitals für die Infrastruktur und
somit eine Ausweitung des heute zu engen EU-Rechts.
Das sind Ziele, Herr Minister, die wir mit Nachdruck bei
der Bundesregierung einfordern werden.
Es ist bereits einiges über den Verkauf der Eisenbahn-Wohnungsgesellschaften gesagt worden. Ich
denke, es muß darauf hingewiesen werden, daß die heutigen Staatssekretäre Ihres Hauses, Frau Ferner und Herr
Großmann, vor der Wahl lautstark verkündet haben, daß
der von der Bundesregierung Kohl beabsichtigte Verkauf - sie haben sogar von „Verschleuderung“ gesprochen - bundeseigener Wohnungen verhindert werden
müsse. Jetzt erweisen sich diese Wahlkampfparolen als
große Wahllüge. Sie stehen nicht zu Ihrem Wort. Ich
will das gar nicht kritisieren, weil ich in der Sache auch
schon damals anderer Meinung war. Die SPD hat in
Wahrheit eine 180-Grad-Wende vollzogen. Sie, Herr
Minister, haben sich die Entscheidungen Ihres Amtsvorgängers zu eigen gemacht, die Wohnungen zu verkaufen.
Heute müssen wir Sie fragen, wie Sie das Defizit
beim Bundeseisenbahnvermögen ausgleichen wollen.
Die Bahn mußte Ende 1998 wegen des nicht rechtzeitig
vollzogenen Verkaufs der Wohnungen 850 Millionen
DM als Kredit aufnehmen. Diesen Betrag kann sie jetzt
wohl in den Wind schreiben.
({8})
Hierzu erwarten wir klare Aussagen.
Wir haben einen Antrag zum Thema Lärmsanierung
Schiene gestellt. Der geschätzte Bedarf liegt bei 5 Milliarden DM. Wenn Sie da in unzureichender Weise herangehen, dann wecken Sie Erwartungen, die Sie nie erfüllen können. Durch eine Erhöhung der Mittel auf 250
Millionen DM im Jahr wollen wir den Bedarf in 20 Jahren decken.
({9})
Ihre Einstellungen im Haushalt hingegen führen zu
einem 75-Jahres-Programm. Damit brechen Sie Versprechungen und halten nicht ein, was Sie gesagt haben.
Kollege Fischer, Sie
haben Ihre Redezeit schon überschritten.
Herr Präsident, ich möchte abschließend - und nahezu wunschgemäß - folgendes sagen. Der Kollege Schmidt hat sich
durch die Kritik des Kollegen Goldmann beeinträchtigt
gefühlt.
({0})
Deshalb will ich sagen: Weil ich das Projekt will und
weil ich möchte, daß die Vertragspartner jetzt auf der
Basis einer aktualisierten Verkehrsprognose und einer
Wirtschaftlichkeitsberechnung II sehr bald zu Vertragsvereinbarungen kommen, bin ich - wunschgemäß - bereit, Sie, Herr Kollege Schmidt, für Ihren positiven und
verantwortungsbewußten Umgang mit dem Projekt
Transrapid zu loben. Machen Sie weiter so,
({1})
dann werden wir an Ihnen Freude haben!
Kollege Fischer, Sie
müssen zum Schluß kommen.
Herr Präsident, ich komme zum Schluß.
Sie können doch mit
einem Lob enden.
Ich hatte zu
Beginn darauf hingewiesen, daß die Redezeit falsch eingestellt war.
Dirk Fischer ({0})
Nein, sie war richtig
eingestellt.
Verkehrspolitik braucht Innovation: durch Transrapid, durch moderne Eisenbahntechnik und durch lärmarme Flugzeuge.
({0})
Darauf setzen wir. Wir wissen, daß im Verkehrsbereich
Akzeptanz und eine gedeihliche Zukunft nur zu erreichen sind, wenn wir das leisten und damit eine umweltgerechtere und sichere Gestaltung des Verkehrs bewirken.
({1})
Lieber Kollege Fischer, Ihre Redezeit war dadurch verkürzt worden, daß
Fraktionskollegen von Ihnen schon vorher deutlich ihre
Redezeit überschritten hatten. Man hat es Ihnen offenbar
nicht mitgeteilt.
Nun hat Bundesminister Franz Müntefering das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Mit dem Haushalt für dieses Jahr werden wir die Weichen für eine bessere Bauund Verkehrspolitik in Deutschland stellen. Dabei werden eine ganze Reihe von Fehlern und Versäumnissen
aus der alten Zeit aufzuarbeiten sein.
({0})
Damit will ich mich aber nicht lange aufhalten, sondern
etwas zu unseren Vorstellungen einer modernen und
zeitgemäßen Bau- und Verkehrspolitik sagen.
Erstens. Die Stadtentwicklungspolitik braucht neue
Impulse. Stadt ist mehr als viele Häuser. Deshalb müssen wir auf der Bundesebene dafür sorgen, Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, daß die Städte in eine gute
Zukunft gehen können. Dazu gehören die Stadtentwicklungsmittel und die Städtebauförderungsmittel in
Höhe von 600 Millionen DM, die auch in diesem Jahr
zur Verfügung stehen und von denen 520 Millionen DM
in die neuen Länder gehen. Dieser Weg muß weitergegangen und mit dem verbunden werden, was für die
Verbesserung der Wohnsituation im Bereich des sozialen Wohnungsbaus und der sozialen Stadt eingesetzt
wird.
({1})
Mit den Mitteln der Städtebauförderung, mit den
Mitteln, die für die soziale Stadt eingesetzt werden - sie
sollen dafür sorgen, daß Stadtteile nicht absacken; manche Stadtteile sind in Gefahr abzusacken -, und mit den
Mitteln für den sozialen Wohnungsbau werden wir die
gute Zukunft unserer Städte finanzieren helfen. Wir
werden darauf achten, daß wir die Mittel für den sozialen Wohnungsbau stärker als bisher auf die Bildung von
Eigentum im Bestand ausrichten. Wir brauchen im Augenblick nicht mehr viele soziale Mietwohnungen; das
wissen wir. Dafür gibt es einen einigermaßen ausgeglichenen Markt. Wir werden den Wohnungsbau nicht gegen den Markt organisieren können. Wir müssen und
wollen aber die Eigentumsbildung - insbesondere im
Bestand - verbessern.
({2})
Das stabilisiert die soziale Situation, und es führt dazu,
daß mehr Wohneigentum insbesondere in den Städten
gebildet werden kann, wo die Grundstückspreise hoch
sind und wo wir mit einer Finanzierung im Bereich des
sozialen Wohnungsbaus besonders wirksam sein können. Da liegt also der Schwerpunkt für die nächsten Jahre.
({3})
Der Neubau der Wohnungen wird nicht in der Höhe
von 500 000 bleiben. Man kann da nicht gegen den
Markt organisieren, aber es läßt sich der Bereich der Eigentumsbildung mobilisieren. Wir werden achten auf
den Bereich des Altschuldenhilfegesetzes, wo der Lenkungsausschuß die ersten Entscheidungen getroffen hat.
Es gilt, weitere Entscheidungen zu treffen, weil wir
nicht möchten, daß die Genossenschaften und Gesellschaften in den neuen Ländern, die ihre Aufgabe nicht
erfüllen können, stranguliert werden. Wir wollen ihnen
helfen. Sie müssen von den Aufgaben entlastet werden.
({4})
Zur Stadtentwicklungskonzeption gehört auch, daß
wir etwas für das Anwohnerparken tun. Auch dazu werden wir uns in den nächsten Monaten melden.
Zweiter Punkt, der dazugehört: Wohngeld, in diesem
Jahr 250 Millionen DM mehr, 500 Millionen DM zusammen mit den Ländern - was meistens vergessen
wird. Das ist eine halbe Milliarde DM Wohngeld mehr,
die in diesem Jahr in Deutschland gezahlt wird. Das
Problem ist, daß Sie vergessen haben, die Struktur zu
verändern, so daß alles in das Pauschalwohngeld fließt
und nichts mehr in das Tabellenwohngeld, wo die Erhöhungen stattfinden müßten.
({5})
Das werden wir korrigieren. Das haben wir zugesagt,
und das werden wir auch tun,
({6})
so wie die Mieter sich darauf verlassen können, daß die
Sozialdemokraten und die Grünen in dieser gemeinsamen Koalition darauf achten, daß die Interessen der
Mieter in unserer Bundesrepublik auch in Zukunft gewahrt bleiben.
({7})
Ein knappes Wort zum Umzug von Parlament und
Regierung: Berlin und Bonn können sich darauf verlassen, daß das, was aufgeschrieben ist, daß das, was Gesetz ist, auch eingehalten wird. Das gilt für beide Städte.
Für Bonn sind in diesem Jahr etwa 400 Millionen DM
bereitgestellt. Von den 2,81 Milliarden DM, die Bonn
bis 2004 zugesagt sind, sind 2,555 Milliarden DM freigegeben. Das hat bisher sehr gut funktioniert, und das
kann auch weiterhin funktionieren, wenn in beiden
Städten, in Berlin und in Bonn, von allen Beteiligten
gewußt wird: Dieser Umzug ist kein Anlaß für Wahlkampf. Bisher hat es gut funktioniert, weil alle an einem
Strang gezogen haben, und zwar in eine Richtung. Dieser ganze Umzug, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist auch eine Frage des Ansehens der Demokratie, und ich appelliere an alle Beteiligten, jetzt, in der letzten Phase, nicht die Nerven zu
verlieren. Lassen Sie uns dieses miteinander ordentlich
organisieren und fair miteinander umgehen!
({8})
Zum Bereich der Verkehrspolitik: Für den Städtebau- und Wohnungsbereich 5,6 Milliarden DM Investitionen, für den Bereich Verkehr 20,1 Milliarden DM,
400 Millionen DM mehr als im letzten Jahr - entgegen
allem, was dazu von der Opposition offensichtlich falsch
abgelesen worden ist. Man könnte es aber besser wissen,
wenn man es denn wissen wollte.
Erstens: Bundesverkehrswegeplan. Der Bundesverkehrswegeplan war ausgerichtet auf 20 Jahre, von 1992
bis 2012. Daß sich in 20 Jahren etwas verändert und daß
man in der Zwischenzeit, nach der Hälfte der Wegstrekke, etwas nachjustieren muß, ist doch wohl selbstverständlich.
({9})
Der Bundesverkehrswegeplan ist entwickelt worden, als
man noch gar nicht genau wußte, wie sich denn nach der
deutschen Einheit die Verkehrsflüsse überhaupt entwikkeln würden. Heute wissen wir das genauer. Wir sammeln die Fakten. Wir überarbeiten die Methoden. In der
Methodik werden die Komponenten der europäischen
Dimension, der Raumordnungsdimension und der ökologischen Dimension stärker als bisher berücksichtigt.
Auf dieser Basis wird der Bundesverkehrswegeplan
fortgeschrieben werden. Dazu habe ich dem zuständigen
Ausschuß des Bundestages ja ausführliche Informationen gegeben.
Wir werden dabei zu beachten haben, daß wir mehr
als in den vergangenen Jahren dafür sorgen, daß der Bestand der Infrastruktur gesichert und erhalten bleibt. Wir
haben in den letzten Jahren - das ist mein Vorwurf an
Sie -, was die Infrastruktur angeht, in Deutschland in
erheblichem Maße von der Substanz gelebt. Daran kranken wir heute, und da müssen wir nacharbeiten.
({10})
Sie hatten offensichtlich großen Spaß daran, mit neuen Projekten zu prunken. Das verstehe ich auch. Aber
der Bestand muß erhalten und gesichert bleiben. Das
gilt ganz besonders für die Schiene, wo in den nächsten
Jahren unendlich viel nachzuholen ist. Daran werden wir
arbeiten.
Herr Minister,
gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten
Fischer?
({0})
Bitte schön, Frau Präsidentin.
Herr Minister,
ich verstehe nach wie vor nicht, wie Sie die Ankündigung, daß mehr für die Substanzerhaltung bei den Bundesfernstraßen geschehen muß, mit dem Beschluß der
Koalition zum Haushalt, diese Mittel um 50 Millionen
DM zu kürzen, verbinden bzw. realisieren können. Ich
verstehe es nach wie vor nicht.
Ich stelle noch einmal fest,
Herr Kollege: Es werden in diesem Jahr insgesamt
386 Millionen DM mehr im investiven Bereich eingesetzt. Wenn man mehr Mittel für den Erhalt des Bestands verwendet, kann man allerdings nur weniger für
Neubauten ausgeben. Das ist klar. Die Decke ist nicht
lang genug, um beides gleichzeitig zu bedecken.
Wir werden dafür sorgen, daß sowohl bei der Bahn
als auch im Straßenbereich die vorhandene Infrastruktur
voll belastbar bleibt. Wir werden auch dafür sorgen, daß
es nicht wieder Situationen geben wird, die uns teuer zu
stehen kommen. Wenn man zum Beispiel drei Jahre lang
die Schlaglöcher einer Straße nicht flickt, dann wird die
Sanierung der Straße nach fünf oder acht Jahren richtig
teuer. Ähnliches gilt auch für den Schienenbereich. Deshalb werden wir besonderes Gewicht darauf legen, daß
Instandhaltungsmaßnahmen rechtzeitig durchgeführt
werden.
({0})
Im Bundesverkehrswegeplan wird deutlich, daß wir
alle vier Verkehrsträger brauchen: die Straße, die
Schiene, das Wasser und die Luft. Hier muß keiner
Angst haben, daß der eine Bereich auf Kosten des anderen ausgebaut wird. Alle vier Verkehrsträger werden in
gleicher Weise gebraucht. Dafür sprechen folgende
markante Zahlen: In den nächsten Jahren wird das Verkehrsaufkommen weiter wachsen. Das Wachstum im
Verkehrsbereich läßt sich nicht vom Wachstum des
Bruttoinlandsprodukts entkoppeln. Deshalb wird das
Verkehrsaufkommen in den nächsten Jahren um jeweils
2 Prozent - manche sagen: eher um 3 Prozent - steigen.
Das heißt, daß in den nächsten 15 Jahren - das ist für
Verkehrsplaner eine kalkulierbare Größe - das Verkehrsaufkommen im Güterbereich noch einmal um etwa 30
Prozent steigen wird.
Heute werden etwa 65 Prozent der Güter auf der
Straße und etwa 16 Prozent auf der Schiene transportiert. Wenn man sich vorstellt, daß das Verkehrsaufkommen auf der Straße gleichbleibt - das ist ja schon
zuviel - und daß die neu benötigten Transportkapazitäten auf die Schiene verlagert werden, dann würde sich
das Verkehrsaufkommen auf der Schiene verdreifachen.
Das macht deutlich, vor welchen Aufgaben wir bei den
verschiedenen Verkehrsträgern stehen.
Wir müssen deshalb auch im Rahmen des Bundesverkehrswegeplans erreichen, daß der kombinierte
Verkehr eine größere Chance bekommt und daß die
Verkehrsträger Straße, Schiene, Wasser und Luft in
gleicher Weise optimiert werden. Nur wenn wir alle
Verkehrsträger optimieren, werden wir unsere Mobilität
behalten können. Mobilität, also die Fähigkeit, sich
pünktlich, preiswert und ökologisch vernünftig zu bewegen, ist die Voraussetzung für Wohlstand. Wir wollen
diesen Wohlstand erhalten. Wir wollen deshalb auch die
Mobilität in diesem Land erhalten. Das ist keine Frage.
({1})
Die Koalition hat zugesagt, daß es eine Alternativprüfung im Bereich der großen Schienenkorridore „MitteDeutschland-Bahn“ - grob gesprochen: von Erfurt bis
Görlitz, die Sachsen-Franken-Magistrale von Nürnberg
bis Leipzig und die Magistrale von Erfurt nach Nürnberg geben wird. Die Prüfung ist bereits angelaufen. Wir
werden uns in wenigen Wochen eine abschließende
Meinung bilden. Danach werden wir die zuständigen
Stellen und das Parlament informieren.
Ich möchte noch etwas zur Deutschen Bahn AG und
über die Schienennetze in Europa sagen. Wir haben die
Harmonisierung der unterschiedlichen Eisenbahn- und
Schienensysteme in Europa an die erste Stelle in den Beratungen im Verkehrsrat gesetzt. Wir brauchen eine
europäische Eisenbahn. Wir werden die Frage, wie die
Verkehrsträger Straße, Schiene, Luft und Wasser vernünftig miteinander kombiniert werden können, nur
dann richtig beantworten, wenn wir dafür sorgen, daß
die Güter, die über lange Strecken transportiert werden
müssen, auf die Schiene verlagert werden. Das ist die
Stärke der Schiene. Deshalb müssen die 15 verschiedenen Signal- und Leitsysteme, die fünf oder sechs verschiedenen elektrischen Systeme und die verschiedenen
Schienenbreiten in Europa kompatibel gemacht werden.
Wir müssen dafür sorgen, daß in Europa eine gemeinsame Politik für die Bahn gemacht wird, damit die Güter, die über lange Strecken transportiert werden müssen,
von der Straße auf die Schiene verlagert werden können.
({2})
Herr Minister,
gestatten Sie noch eine Zwischenfrage des Kollegen
Dreßen?
Bitte schön.
Herr Minister, ein Oppositionskollege hat vorhin behauptet, daß in BadenWürttemberg 245 Millionen DM für den Bau von
Ortsumgehungsstraßen nicht mehr ausgegeben werden
können, weil die Planfeststellungsverfahren älter als fünf
Jahre sind und deshalb nicht mehr umgesetzt werden
können. Stimmt es, daß die vorgesehenen Ortsumgehungsstraßen in Baden-Württemberg einen Gesamtwert
von 1,9 Milliarden DM haben und daß auch die alte
Bundesregierung Baden-Württemberg nur 200 Millionen DM zur Verfügung gestellt hat? Es bedürfte doch
einer immensen Anstrengung, wenn das alles in vier
Jahren gebaut werden sollte.
Herr Kollege, das ist das
Problem, dessen Existenz der Kollege Fischer eben bestritten hat: der Zusammenhang zwischen dem Bundesverkehrswegeplan und dem, was hinsichtlich der Planung im Lande stattfindet. Natürlich ist mit dem Bundesverkehrswegeplan, auch wenn die Finanzierung damit nicht gesichert war, im Lande die Erwartung geweckt worden, daß dies alles gebaut wird. Man hat geplant und stellt jetzt fest: Es ist mehr geplant worden, als
finanziert werden kann.
Hinzu kommen baurechtliche Probleme. Man kann
den im Baurecht enthaltenen Zeitraum von fünf auf zehn
Jahre verlängern. Das wird an einigen Stellen möglich
sein. Man kann sich darüber streiten, ob ein im Baurecht
verankerter Zeitraum von zehn Jahren ausreicht. Man
kann mit mir über eine Verlängerung des Zeitraumes
sprechen. Insgesamt wird an dieser Stelle aber deutlich:
Das, was die alte Koalition im Bereich des Straßenbaus
gemacht hat, war in erheblichem Umfang nach dem
Modell Wunsch und Wolke gestrickt. Es hatte mit der
Realität relativ wenig zu tun.
({0})
Wir haben im Haushalt eine Summe von 100 Millionen DM für den Lärmschutz entlang den Bahnstrekken eingesetzt. Das wird nicht reichen, um im ganzen
Land systematisch diesen Lärmschutz zu garantieren.
Aber wir werden mit diesem Geld einige wichtige Projekte in Angriff nehmen können.
({1})
Ich möchte ein Wort zu den Wohnungen des Bundeseisenbahnvermögens sagen. Ich weiß, es tut manchen
Kollegen in diesem Haus weh, daß wir diese Wohnungen an ein deutsches Bieterkonsortium verkaufen wollen. Wir haben uns das nicht leichtgemacht. Wir haben
den Vertrag der alten Regierung nachbessern können.
Wir haben die verbriefte Wohnungsfürsorge in qualifizierter Weise und dauerhaft für die Eisenbahner - auch
für die pensionierten Eisenbahner - und für ihre Familien gesichert. Es ist sichergestellt, daß die Sozialeinrichtung der Eisenbahnerwohnungen bestehen bleibt. Ich
denke, man kann das verantworten, nachdem dies alles
erreicht worden ist.
Gestern hat nun der Hauptpersonalrat des Bundeseisenbahnvermögens der Maßnahme nicht zugestimmt.
Ich habe entschieden, daß die Einigungsstelle, die für
solche Fälle vorgesehen ist, angerufen wird. Die Einigungsstelle soll nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen innerhalb von zwei Monaten entscheiden.
Ich bin sicher, daß das geschieht, und ich bin zuversichtlich, daß eine positive Entscheidung zustande
kommt. Das heißt, daß diese Wohnungen im Sinne dessen, was wir in Verträgen fixiert haben, Eigentum des
deutschen Bieterkonsortiums werden.
Herr Minister,
gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Blank?
Bitte schön.
Herr Minister, Sie haben
ausgeführt, daß Sie zum Verkauf der Eisenbahnerwohnungen stehen. Sie bemühen sich um das Zustandekommen einer Einigung über die Einigungsstelle. Gelingt dies nicht, fehlen Ihnen im Haushalt 4,6 Milliarden
DM. Wie stehen Sie allerdings zu den Aussagen Ihres
Nürnberger SPD-Kollegen Schmidbauer, so etwas sei
ein Spekulationsgeschäft, er habe keinerlei Verständnis
für die Absicht des Ministers, er mißbillige diese Entscheidung und sei vom Kurs des Ministers nicht überzeugt?
Ich selbst bin lange genug
Wohnungspolitiker, um zu wissen, daß eine solche Entscheidung nicht leichtfällt. Ich habe eben deutlich gemacht: Der Verkauf ist geprüft und für gut befunden
worden. Ich fühle mich völlig sicher, sowohl was die
Komponente Wohnungsfürsorge als auch was die Sozialeinrichtungen angeht. Das kann man verantworten.
Ich selbst werde das vor denjenigen vertreten, die betroffen sind. Ich bin sicher, daß wir eine Entscheidung im
Sinne dessen bekommen werden, was wir wollen.
({0})
Ich möchte noch einen verkehrspolitisch wichtigen
Punkt ansprechen. Wir wollen dazu beitragen, bald ein
europäisch mitbestimmtes Satellitennavigationssystem
zu bekommen und auf dieser Basis die Möglichkeiten
der Telematik im Verkehr und auch in anderen Bereichen besser nutzen zu können. Wir sind heute vom amerikanischen System GPS abhängig. Das System ist nicht
voll belastbar. Es wird vor allen Dingen in seiner zweiten Generation, ab dem Jahre 2008, ein System sein, bei
dem wir zum Beispiel nicht mehr selbst die Freiheit besitzen, darüber zu entscheiden, ob und in welcher Höhe
wir Gebühren für dieses System zu zahlen bereit sind.
Deshalb wollen wir zusammen mit den anderen europäischen Ländern - dazu gibt es inzwischen eine Entscheidung des Kabinetts - ein solches Satellitensystem entwickeln und installieren. Das richtet sich nicht gegen die
USA oder gegen die GUS-Staaten. Es soll möglichst mit
ihnen zusammen organisiert werden und allen für zivile
Zwecke zur Verfügung stehen: der Luftfahrt und eben
auch dem Straßenverkehr. Aber Europa soll dabei eine
wichtige Rolle spielen.
Für die entsprechenden Konsortien in den EULändern ist das eine große Chance. Sie können viel dazu
beitragen; bisher ist es ihnen verwehrt geblieben. Wenn
man sich die heutige Ausgangssituation auf dem Satellitenmarkt anschaut, stellt man fest, daß Europa weltweit
einen Anteil von 5 Prozent, nur auf Europa bezogen
einen Anteil von etwa 15 Prozent hat. Wir könnten aber
weltweit in der Spitzengruppe sein. Unsere Industrie ist
dazu in der Lage.
Wir wollen unsererseits dazu beitragen, daß von den
Arbeitsplätzen, die in diesem Bereich entstehen werden,
auch Deutschland und Europa profitieren. Wir wollen
mit Verkehrsleitsystemen am Objekt, im Auto, in der
Lokomotive oder im Schiff, stärker als bisher dafür sorgen, daß Staus im Verkehrssystem vermieden werden
und die Sicherheit im Straßen- und Luftverkehr zunimmt. Von den zukünftigen Möglichkeiten der Telematik sollen natürlich auch die Unternehmen in unserem
Lande profitieren, die sie in Zukunft anbieten werden.
Ich bin sicher, daß sich in 10 Jahren in allen Neuwagen mehr oder weniger qualifizierte Leitsysteme befinden. Das ist gut, weil sie große Chancen für die Sicherheit und den Verkehrsfluß bieten. Sie sind kein Wundermittel, aber sie können unsere Straßen um 20 bis
30 Prozent entlasten und für weniger Staus sorgen. Dies
müssen wir nutzen. Es handelt sich auch um eine große
industriepolitische Chance.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
({1})
Ich schließe
die Aussprache.
Wir kommen nun zu den Abstimmungen. Vorab gebe
ich bekannt, daß verschiedene Kollegen nach § 31 der
Geschäftsordnung persönliche Erklärungen zu Protokoll
geben. Es handelt sich um die Kollegen Hans-Josef Fell
und andere und die Kollegen Fritz Schösser und ande-
re.*)
Wir kommen nun zu den Änderungsanträgen. Ich rufe
zunächst den Änderungsantrag der Fraktion der
CDU/CSU auf Drucksache 14/937 auf. Die Fraktion der
CDU/CSU verlangt namentliche Abstimmung. Ich bitte
die Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehe-
nen Plätze einzunehmen. - Sind alle Urnen besetzt? -
Das ist der Fall. Ich eröffne die Abstimmung. -
Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
Stimme nicht abgegeben hat? - Das ist nicht der Fall.
Dann schließe ich die Abstimmung und bitte, mit der
Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung
wird Ihnen später mitgeteilt werden.**)
------
*) Anlagen 2, 3 und 4
**) Seite 3317B
Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungs-
antrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache
14/938. Die Fraktion der CDU/CSU verlangt auch hier-
über namentliche Abstimmung. Ich bitte die Schriftfüh-
rerinnen und Schriftführer, die Plätze einzunehmen.
Sind die Urnen besetzt? - Dann eröffne ich die Abstim-
mung. -
Ist noch jemand anwesend, der seine Stimme nicht
abgegeben hat? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die
zweite namentliche Abstimmung und bitte, mit der Aus-
zählung zu beginnen. Das Ergebnis wird Ihnen später
bekanntgegeben.*)
Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungs-
antrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksa-
che 14/936. Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen?
- Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den
Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen
der gesamten Opposition abgelehnt worden.
Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion
der F.D.P. auf Drucksache 14/922. Wer stimmt dafür? -
Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Änderungsan-
trag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und
der PDS gegen die Stimmen von CDU/CSU und F.D.P.
abgelehnt worden.
Abstimmung über den Änderungsantrag der Frakti-
on der PDS auf Drucksache 14/973. Wer stimmt dafür?
- Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Änderungs-
antrag ist mit den Stimmen des ganzen Hauses mit
Ausnahme der PDS, die zugestimmt hat, abgelehnt
worden.
------
*) Seite 3320A
Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion
der PDS auf Drucksache 14/974. Wer stimmt dafür? Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit demselben Stimmenverhältnis ebenfalls abgelehnt worden.
Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion
der PDS auf Drucksache 14/975. Wer stimmt dafür? Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit demselben Stimmenverhältnis ebenfalls abgelehnt worden.
Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion
der PDS auf Drucksache 14/976. Wer stimmt dafür? Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Auch dieser Änderungsantrag ist mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/
Die Grünen, CDU/CSU und F.D.P. gegen die Stimmen
der PDS abgelehnt worden.
Das Ergebnis der ersten namentlichen Abstimmung
liegt mir bereits vor. Wir müssen aber noch das Ergebnis
der zweiten namentlichen Abstimmung abwarten, bis
wir fortfahren können. Deshalb unterbreche ich jetzt die
Sitzung.
({0})
Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.
Ich gebe das von den Schriftführern und Schriftführerinnen ermittelte Ergebnis der ersten namentlichen
Abstimmung über den Änderungsantrag der CDU/CSU
auf Drucksache 14/937 bekannt. Abgegebene Stimmen
601. Mit Ja haben gestimmt 240. Mit Nein haben gestimmt 361. Der Änderungsantrag ist damit abgelehnt
worden.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 601;
davon:
ja: 240
nein: 361
Ja
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Dietrich Austermann
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Brigitte Baumeister
Meinrad Belle
Dr. Sabine Bergmann-Pohl
Otto Bernhardt
Hans-Dirk Bierling
Dr. Joseph-Theodor Blank
Dr. Heribert Blens
Peter Bleser
Dr. Norbert Blüm
Friedrich Bohl
Dr. Maria Böhmer
Sylvia Bonitz
Wolfgang Börnsen
({0})
Wolfgang Bosbach
Dr. Wolfgang Bötsch
Klaus Brähmig
Dr. Ralf Brauksiepe
Paul Breuer
Monika Brudlewsky
Georg Brunnhuber
Klaus Bühler ({1})
Hartmut Büttner
({2})
Cajus Caesar
Manfred Carstens ({3})
Peter H. Carstensen
({4})
Hubert Deittert
Albert Deß
Renate Diemers
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Maria Eichhorn
Rainer Eppelmann
Anke Eymer ({5})
Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Ulf Fink
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer ({6})
Axel E. Fischer
({7})
Herbert Frankenhauser
Dr. Gerhard Friedrich
({8})
Dr. Hans-Peter Friedrich
({9})
Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Georg Girisch
Dr. Reinhard Göhner
Dr. Wolfgang Götzer
Hermann Gröhe
Manfred Grund
Gottfried Haschke
({10})
Gerda Hasselfeldt
Norbert Hauser ({11})
Klaus-Jürgen Hedrich
Ursula Heinen
Manfred Heise
Siegfried Helias
Hans Jochen Henke
Peter Hintze
Klaus Hofbauer
Martin Hohmann
Klaus Holetschek
Josef Hollerith
Dr. Karl-Heinz Hornhues
Joachim Hörster
Hubert Hüppe
Peter Jacoby
Susanne Jaffke
Georg Janovsky
Dr.-Ing. Rainer Jork
Dr. Harald Kahl
Steffen Kampeter
Dr.-Ing Dietmar Kansy
Irmgard Karwatzki
Volker Kauder
Eckart von Klaeden
Ulrich Klinkert
Manfred Kolbe
Norbert Königshofen
Eva-Maria Kors
Rudolf Kraus
Dr. Martina Krogmann
Dr.-Ing. Paul Krüger
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
Dr. Karl A. Lamers
({12})
Dr. Norbert Lammert
Dr. Paul Laufs
Karl-Josef Laumann
Vera Lengsfeld
Peter Letzgus
Ursula Lietz
Walter Link ({13})
Eduard Lintner
Dr. Manfred Lischewski
Wolfgang Lohmann
({14})
Julius Louven
Dr. Michael Luther
Erich Maaß ({15})
Erwin Marschewski
Dr. Martin Mayer
({16})
Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel
Friedrich Merz
Hans Michelbach
Meinolf Michels
Bernward Müller ({17})
Elmar Müller ({18})
Dr. Gerd Müller
Günter Nooke
Friedhelm Ost
Eduard Oswald
Norbert Otto ({19})
Anton Pfeifer
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Marlies Pretzlaff
Thomas Rachel
Dr. Peter Ramsauer
Helmut Rauber
Christa Reichard ({20})
Katherina Reiche
Erika Reinhardt
Hans-Peter Repnik
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Franz Romer
Hannelore Rönsch
({21})
Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Dr. Klaus Rose
Kurt J. Rossmanith
Adolf Roth ({22})
Norbert Röttgen
Anita Schäfer
Karl-Heinz Scherhag
Gerhard Scheu
Bernd Schmidbauer
Christian Schmidt ({23})
Dr.-Ing. Joachim Schmidt
({24})
Andreas Schmidt ({25})
Michael von Schmude
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Rupert Scholz
Reinhard Freiherr von
Schorlemer
Dr. Erika Schuchardt
Diethard Schütze ({26})
Clemens Schwalbe
Horst Seehofer
Heinz Seiffert
Werner Siemann
Bärbel Sothmann
Margarete Späte
Carl-Dieter Spranger
Wolfgang Steiger
Dr. Wolfgang Freiherr von
Stetten
Andreas Storm
Dorothea Störr-Ritter
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Thomas Strobl
Michael Stübgen
Dr. Rita Süssmuth
Edeltraut Töpfer
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Angelika Volquartz
Andrea Voßhoff
Peter Weiß ({27})
Gerald Weiß ({28})
Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese ({29})
Hans-Otto Wilhelm ({30})
Klaus-Peter Willsch
Werner Wittlich
Dagmar Wöhrl
Elke Wülfing
Peter Kurt Würzbach
Benno Zierer
Wolfgang Zöller
F.D.P.
Hildebrecht Braun
({31})
Jörg van Essen
Gisela Frick
Horst Friedrich ({32})
Rainer Funke
Joachim Günther ({33})
Dr. Karlheinz Guttmacher
Ulrich Heinrich
Walter Hirche
Dr. Werner Hoyer
Ulrich Irmer
Dr. Klaus Kinkel
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Ina Lenke
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto
({34})
Cornelia Pieper
Dr. Günter Rexrodt
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Gerhard Schüßler
Marita Sehn
Dr. Max Stadler
Dr. Dieter Thomae
Dr. Guido Westerwelle
Nein
SPD
Brigitte Adler
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr
Dr. Hans Peter Bartels
Eckhardt Barthel ({35})
Klaus Barthel ({36})
Ingrid Becker-Inglau
Dr. Axel Berg
Hans-Werner Bertl
Friedhelm Julius Beucher
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding ({37})
Kurt Bodewig
Anni Brandt-Elsweier
Willi Brase
Dr. Eberhard Brecht
Rainer Brinkmann ({38})
Bernhard Brinkmann
({39})
Hans-Günter Bruckmann
Edelgard Bulmahn
Ursula Burchardt
Dr. Michael Bürsch
Hans Büttner ({40})
Marion Caspers-Merk
Wolf-Michael Catenhusen
Dr. Peter Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Christel Deichmann
Karl Diller
Rudolf Dreßler
Detlef Dzembritzki
Dieter Dzewas
Dr. Peter Eckardt
Sebastian Edathy
Ludwig Eich
Marga Elser
Peter Enders
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Annette Faße
Lothar Fischer ({41})
Gabriele Fograscher
Iris Follak
Norbert Formanski
Rainer Fornahl
Hans Forster
Dagmar Freitag
Lilo Friedrich ({42})
Harald Friese
Anke Fuchs ({43})
Arne Fuhrmann
Konrad Gilges
Iris Gleicke
Günter Gloser
Uwe Göllner
Renate Gradistanac
Günter Graf ({44})
Angelika Graf ({45})
Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Achim Großmann
Wolfgang Grotthaus
Karl-Hermann Haack
({46})
Hans-Joachim Hacker
Klaus Hagemann
Christel Hanewinckel
Alfred Hartenbach
Klaus Hasenfratz
Nina Hauer
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Frank Hempel
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Monika Heubaum
Uwe Hiksch
Reinhold Hiller ({47})
Stephan Hilsberg
Gerd Höfer
Jelena Hoffmann ({48})
Walter Hoffmann
({49})
Iris Hoffmann ({50})
Frank Hofmann ({51})
Ingrid Holzhüter
Eike Hovermann
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Barbara Imhof
Gabriele Iwersen
Renate Jäger
Jann-Peter Janssen
Ilse Janz
Dr. Uwe Jens
Volker Jung ({52})
Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Sabine Kaspereit
Susanne Kastner
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Marianne Klappert
Siegrun Klemmer
Hans-Ulrich Klose
Fritz Rudolf Körper
Karin Kortmann
Anette Kramme
Nicolette Kressl
Volker Kröning
Angelika Krüger-Leißner
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
Ernst Küchler
Helga Kühn-Mengel
Ute Kumpf
Konrad Kunick
Dr. Uwe Küster
Christine Lambrecht
Brigitte Lange
Christian Lange ({53})
Detlev von Larcher
Christine Lehder
Robert Leidinger
Dr. Elke Leonhard
Eckhart Lewering
Götz-Peter Lohmann
({54})
Christa Lörcher
Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dieter Maaß ({55})
Winfried Mante
Dirk Manzewski
Tobias Marhold
Ulrike Mascher
Christoph Matschie
Ingrid Matthäus-Maier
Heide Mattischeck
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Dr. Jürgen Meyer ({56})
Ursula Mogg
Christoph Moosbauer
Siegmar Mosdorf
Michael Müller ({57})
Jutta Müller ({58})
Christian Müller ({59})
Andrea Nahles
Volker Neumann ({60})
Gerhard Neumann ({61})
Dr. Edith Niehuis
Dr. Rolf Niese
Dietmar Nietan
Günter Oesinghaus
Eckhard Ohl
Leyla Onur
Manfred Opel
Holger Ortel
Adolf Ostertag
Kurt Palis
Albrecht Papenroth
Dr. Willfried Penner
Dr. Martin Pfaff
Georg Pfannenstein
Johannes Pflug
Dr. Eckhart Pick
Joachim Poß
Karin Rehbock-Zureich
Margot von Renesse
Renate Rennebach
Bernd Reuter
Dr. Edelbert Richter
Reinhold Robbe
Gudrun Roos
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth ({62})
Birgit Roth ({63})
Marlene Rupprecht
Thomas Sauer
Dr. Hansjörg Schäfer
Gudrun Schaich-Walch
Rudolf Scharping
Bernd Scheelen
Siegfried Scheffler
Horst Schild
Dieter Schloten
Horst Schmidbauer
({64})
Ulla Schmidt ({65})
Silvia Schmidt ({66})
Dagmar Schmidt ({67})
Wilhelm Schmidt ({68})
Regina Schmidt-Zadel
Heinz Schmitt ({69})
Carsten Schneider
Dr. Emil Schnell
Walter Schöler
Olaf Scholz
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Ottmar Schreiner
Gisela Schröter
Dr. Mathias Schubert
Richard Schuhmann
({70})
Brigitte Schulte ({71})
Reinhard Schultz
({72})
Volkmar Schultz ({73})
Ilse Schumann
Dr. R. Werner Schuster
Dietmar Schütz ({74})
Dr. Angelica Schwall-Düren
Rolf Schwanitz
Bodo Seidenthal
Erika Simm
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie SonntagWolgast
Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Antje-Marie Steen
Ludwig Stiegler
Rolf Stöckel
Rita Streb-Hesse
Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Joachim Tappe
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Franz Thönnes
Uta Titze-Stecher
Adelheid Tröscher
Rüdiger Veit
Simone Violka
Ute Vogt ({75})
Hedi Wegener
Wolfgang Weiermann
Reinhard Weis ({76})
Matthias Weisheit
Gert Weisskirchen
({77})
Dr. Ernst Ulrich von
Weizsäcker
Jochen Welt
Dr. Rainer Wend
Hildegard Wester
Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Margrit Wetzel
Helmut Wieczorek
({78})
Jürgen Wieczorek ({79})
Dr. Norbert Wieczorek
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Heino Wiese ({80})
Klaus Wiesehügel
Brigitte Wimmer ({81})
Engelbert Wistuba
Barbara Wittig
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Hanna Wolf ({82})
Waltraud Wolff ({83})
Heidemarie Wright
Uta Zapf
Peter Zumkley
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Marieluise Beck ({84})
Volker Beck ({85})
Angelika Beer
Annelie Buntenbach
Ekin Deligöz
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Andrea Fischer ({86})
Joseph Fischer ({87})
Katrin Göring-Eckardt
Rita Grießhaber
Winfried Hermann
Kristin Heyne
Ulrike Höfken
Michaele Hustedt
Monika Knoche
Dr. Angelika Köster-Loßack
Steffi Lemke
Dr. Helmut Lippelt
Oswald Metzger
Klaus Wolfgang Müller
({88})
Kerstin Müller ({89})
Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Simone Probst
Claudia Roth ({90})
Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Rezzo Schlauch
Albert Schmidt ({91})
Werner Schulz ({92})
Christian Simmert
Christian Sterzing
Hans-Christian Ströbele
Dr. Antje Vollmer
Sylvia Voß
Helmut Wilhelm ({93})
Margareta Wolf ({94})
PDS
Dr. Dietmar Bartsch
Maritta Böttcher
Roland Claus
Heidemarie Ehlert
Dr. Heinrich Fink
Dr. Ruth Fuchs
Fred Gebhardt
Dr. Gregor Gysi
Dr. Barbara Höll
Carsten Hübner
Sabine Jünger
Gerhard Jüttemann
Dr. Heidi Knake-Werner
Ursula Lötzer
Heidemarie Lüth
Angela Marquardt
Manfred Müller ({95})
Kersten Naumann
Rosel Neuhäuser
Petra Pau
Dr. Uwe-Jens Rössel
Christina Schenk
Gustav-Adolf Schur
Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Versammlungen
des Europarates und der WEU, der NAV, der OSZE oder der IPU
Abgeordnete({96})
Behrendt, Wolfgang, SPD Siebert, Bernd, CDU/CSU
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
Ich gebe nun das von den Schriftführern und Schriftführerinnen ermittelte Ergebnis der zweiten namentlichen Abstimmung über den Änderungsantrag der
CDU/CSU auf Drucksache 14/938 bekannt. Abgegebene
Stimmen 600. Mit Ja haben gestimmt 272. Mit Nein haben gestimmt 328. - Auch dieser Änderungsantrag ist
damit abgelehnt worden.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 600;
davon:
ja: 272
nein: 328
JA
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Dietrich Austermann
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Brigitte Baumeister
Meinrad Belle
Dr. Sabine Bergmann-Pohl
Otto Bernhardt
Hans-Dirk Bierling
Dr. Joseph-Theodor Blank
Dr. Heribert Blens
Peter Bleser
Dr. Norbert Blüm
Friedrich Bohl
Dr. Maria Böhmer
Sylvia Bonitz
Wolfgang Börnsen
({97})
Wolfgang Bosbach
Dr. Wolfgang Bötsch
Klaus Brähmig
Dr. Ralf Brauksiepe
Paul Breuer
Monika Brudlewsky
Georg Brunnhuber
Klaus Bühler ({98})
Hartmut Büttner
({99})
Cajus Caesar
Manfred Carstens
({100})
Peter H. Carstensen
({101})
Hubert Deittert
Albert Deß
Renate Diemers
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Maria Eichhorn
Rainer Eppelmann
Anke Eymer
Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Ulf Fink
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer ({102})
Axel E. Fischer ({103})
Herbert Frankenhauser
Dr. Gerhard Friedrich
({104})
Dr. Hans-Peter Friedrich ({105})
Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Georg Girisch
Dr. Reinhard Göhner
Dr. Wolfgang Götzer
Hermann Gröhe
Manfred Grund
Gottfried Haschke
({106})
Gerda Hasselfeldt
Norbert Hauser ({107})
Klaus-Jürgen Hedrich
Ursula Heinen
Manfred Heise
Siegfried Helias
Hans Jochen Henke
Peter Hintze
Klaus Hofbauer
Martin Hohmann
Klaus Holetschek
Josef Hollerith
Dr. Karl-Heinz Hornhues
Joachim Hörster
Hubert Hüppe
Peter Jacoby
Susanne Jaffke
Georg Janovsky
Dr.-Ing. Rainer Jork
Dr. Harald Kahl
Steffen Kampeter
Dr. Dietmar Kansy
Irmgard Karwatzki
Volker Kauder
Eckart von Klaeden
Ulrich Klinkert
Manfred Kolbe
Norbert Königshofen
Eva-Maria Kors
Rudolf Kraus
Dr. Martina Krogmann
Dr. Paul Krüger
Dr. Karl A. Lamers
({108})
Dr. Norbert Lammert
Dr. Paul Laufs
Karl-Josef Laumann
Vera Lengsfeld
Peter Letzgus
Ursula Lietz
Walter Link ({109})
Eduard Lintner
Dr. Manfred Lischewski
Wolfgang Lohmann
({110})
Julius Louven
Dr. Michael Luther
Erich Maaß ({111})
Erwin Marschewski
Dr. Martin Mayer
({112})
Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel
Friedrich Merz
Hans Michelbach
Meinolf Michels
Dr. Gerd Müller
Bernward Müller ({113})
Elmar Müller ({114})
Günter Nooke
Friedhelm Ost
Eduard Oswald
Norbert Otto ({115})
Anton Pfeifer
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Marlies Pretzlaff
Thomas Rachel
Dr. Peter Ramsauer
Helmut Rauber
Christa Reichard ({116})
Katherina Reiche
Erika Reinhardt
Hans-Peter Repnik
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Franz Romer
Hannelore Rönsch
({117})
Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Dr. Klaus Rose
Kurt Rossmanith
Adolf Roth ({118})
Norbert Röttgen
Anita Schäfer
Hartmut Schauerte
Karl-Heinz Scherhag
Gerhard Scheu
Bernd Schmidbauer
Christian Schmidt ({119})
Dr.-Ing. Joachim Schmidt
({120})
Andreas Schmidt ({121})
Michael von Schmude
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Rupert Scholz
Reinhard Freiherr von
Schorlemer
Dr. Erika Schuchardt
Diethard W. Schütze ({122})
Clemens Schwalbe
Horst Seehofer
Heinz Seiffert
Werner Siemann
Bärbel Sothmann
Margarete Späte
Carl-Dieter Spranger
Wolfgang Steiger
Dr. Wolfgang Freiherr von
Stetten
Andreas Storm
Dorothea Störr-Ritter
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Thomas Strobl
Michael Stübgen
Dr. Rita Süssmuth
Edeltraut Töpfer
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Angelika Volquartz
Andrea Voßhoff
Peter Weiß ({123})
Gerald Weiß ({124})
Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese ({125})
Hans-Otto Wilhelm ({126})
Klaus-Peter Willsch
Werner Wittlich
Dagmar Wöhrl
Elke Wülfing
Peter Kurt Würzbach
Benno Zierer
Wolfgang Zöller
F.D.P.
Hildebrecht Braun
({127})
Jörg van Essen
Gisela Frick
Horst Friedrich ({128})
Rainer Funke
Joachim Günther ({129})
Dr. Karlheinz Guttmacher
Ulrich Heinrich
Walter Hirche
Dr. Werner Hoyer
Ulrich Irmer
Dr. Klaus Kinkel
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Ina Lenke
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
Sabine LeutheusserSchnarrenberger
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto
({130})
Cornelia Pieper
Dr. Günther Rexrodt
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Gerhard Schüßler
Marita Sehn
Dr. Max Stadler
Dr. Dieter Thomae
Dr. Guido Westerwelle
PDS
Dr. Dietmar Bartsch
Maritta Böttcher
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Heidemarie Ehlert
Dr. Heinrich Fink
Dr. Ruth Fuchs
Fred Gebhardt
Dr. Gregor Gysi
Dr. Barbara Höll
Carsten Hübner
Sabine Jünger
Gerhard Jüttemann
Dr. Heidi Knake-Werner
Ursula Lötzer
Heidemarie Lüth
Angela Marquardt
Manfred Müller ({131})
Kersten Naumann
Rosel Neuhäuser
Christine Ostrowski
Petra Pau
Dr. Uwe-Jens Rössel
Gustav-Adolf Schur
Dr. Winfried Wolf
Nein
SPD
Brigitte Adler
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel ({132})
Klaus Barthel ({133})
Ingrid Becker-Inglau
Dr. Axel Berg
Hans-Werner Bertl
Friedhelm Julius Beucher
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding ({134})
Kurt Bodewig
Anni Brandt-Elsweier
Willi Brase
Dr. Eberhard Brecht
Rainer Brinkmann ({135})
Bernhard Brinkmann
({136})
Hans-Günter Bruckmann
Edelgard Bulmahn
Ursula Burchardt
Dr. Michael Bürsch
Hans Büttner ({137})
Marion Caspers-Merk
Wolf-Michael Catenhusen
Dr. Peter Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Christel Deichmann
Karl Diller
Rudolf Dreßler
Detlef Dzembritzki
Dieter Dzewas
Dr. Peter Eckardt
Sebastian Edathy
Marga Elser
Peter Enders
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Annette Faße
Lothar Fischer ({138})
Gabriele Fograscher
Iris Follak
Norbert Formanski
Rainer Fornahl
Hans Forster
Dagmar Freitag
Lilo Friedrich ({139})
Harald Friese
Anke Fuchs ({140})
Arne Fuhrmann
Konrad Gilges
Iris Gleicke
Günter Gloser
Uwe Göllner
Renate Gradistanac
Günter Graf ({141})
Angelika Graf ({142})
Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Achim Großmann
Wolfgang Grotthaus
Karl-Hermann Haack
({143})
Hans-Joachim Hacker
Klaus Hagemann
Christel Hanewinckel
Alfred Hartenbach
Klaus Hasenfratz
Nina Hauer
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Frank Hempel
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Monika Heubaum
Uwe Hiksch
Reinhold Hiller ({144})
Stephan Hilsberg
Gerd Höfer
Jelena Hoffmann ({145})
Walter Hoffmann
({146})
Iris Hoffmann ({147})
Frank Hofmann ({148})
Ingrid Holzhüter
Eike Hovermann
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Barbara Imhof
Gabriele Iwersen
Jann-Peter Janssen
Ilse Janz
Dr. Uwe Jens
Volker Jung ({149})
Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Sabine Kaspereit
Susanne Kastner
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Marianne Klappert
Siegrun Klemmer
Hans-Ulrich Klose
Fritz Rudolf Körper
Karin Kortmann
Anette Kramme
Nicolette Kressl
Volker Kröning
Angelika Krüger-Leißner
Helga Kühn-Mengel
Ute Kumpf
Konrad Kunick
Dr. Uwe Küster
Werner Labsch
Christine Lambrecht
Brigitte Lange
Christian Lange ({150})
Detlev von Larcher
Christine Lehder
Robert Leidinger
Dr. Elke Leonhard
Eckhart Lewering
Götz-Peter Lohmann
({151})
Christa Lörcher
Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dieter Maaß ({152})
Winfried Mante
Dirk Manzewski
Tobias Marhold
Ulrike Mascher
Christoph Matschie
Ingrid Matthäus-Maier
Heide Mattischeck
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Dr. Jürgen Meyer ({153})
Ursula Mogg
Christoph Moosbauer
Siegmar Mosdorf
Michael Müller ({154})
Jutta Müller ({155})
Christian Müller ({156})
Andrea Nahles
Volker Neumann ({157})
Gerhard Neumann ({158})
Dr. Edith Niehuis
Dr. Rolf Niese
Dietmar Nietan
Günter Oesinghaus
Eckhard Ohl
Leyla Onur
Manfred Opel
Holger Ortel
Adolf Ostertag
Kurt Palis
Albrecht Papenroth
Dr. Willfried Penner
Dr. Martin Pfaff
Georg Pfannenstein
Johannes Pflug
Dr. Eckhart Pick
Joachim Poß
Karin Rehbock-Zureich
Margot von Renesse
Renate Rennebach
Bernd Reuter
Dr. Edelbert Richter
Reinhold Robbe
Gudrun Roos
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth ({159})
Birgit Roth ({160})
Marlene Rupprecht
Thomas Sauer
Dr. Hansjörg Schäfer
Gudrun Schaich-Walch
Rudolf Scharping
Bernd Scheelen
Siegfried Scheffler
Horst Schild
Dieter Schloten
Horst Schmidbauer
({161})
Ulla Schmidt ({162})
Silvia Schmidt ({163})
Dagmar Schmidt ({164})
Wilhelm Schmidt ({165})
Regina Schmidt-Zadel
Carsten Schneider
Dr. Emil Schnell
Walter Schöler
Olaf Scholz
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Ottmar Schreiner
Gisela Schröter
Dr. Mathias Schubert
Richard Schuhmann
({166})
Brigitte Schulte ({167})
Reinhard Schultz
({168})
Volkmar Schultz ({169})
Ilse Schumann
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
Dr. R. Werner Schuster
Dietmar Schütz ({170})
Dr. Angelica Schwall-Düren
Rolf Schwanitz
Bodo Seidenthal
Erika Simm
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie SonntagWolgast
Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Antje-Marie Steen
Ludwig Stiegler
Rolf Stöckel
Rita Streb-Hesse
Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Joachim Tappe
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Franz Thönnes
Uta Titze-Stecher
Adelheid Tröscher
Rüdiger Veit
Simone Violka
Ute Vogt ({171})
Hedi Wegener
Wolfgang Weiermann
Reinhard Weis ({172})
Matthias Weisheit
Gert Weisskirchen
({173})
Dr. Ernst Ulrich von
Weizsäcker
Hans-Joachim Welt
Dr. Rainer Wend
Hildegard Wester
Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Margrit Wetzel
Dr. Norbert Wieczorek
Helmut Wieczorek
({174})
Jürgen Wieczorek ({175})
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Heino Wiese ({176})
Klaus Wiesehügel
Brigitte Wimmer ({177})
Engelbert Wistuba
Barbara Wittig
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Hanna Wolf ({178})
Waltraud Wolff ({179})
Heidemarie Wright
Uta Zapf
Peter Zumkley
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Marieluise Beck ({180})
Volker Beck ({181})
Angelika Beer
Annelie Buntenbach
Ekin Deligöz
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Andrea Fischer ({182})
Joseph Fischer ({183})
Katrin Göring-Eckardt
Rita Grießhaber
Winfried Hermann
Kristin Heyne
Ulrike Höfken
Michaele Hustedt
Monika Knoche
Dr. Angelika Köster-Loßack
Steffi Lemke
Dr. Helmut Lippelt
Oswald Metzger
Klaus Wolfgang Müller
({184})
Kerstin Müller ({185})
Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Simone Probst
Claudia Roth ({186})
Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Rezzo Schlauch
Albert Schmidt ({187})
Werner Schulz ({188})
Christian Simmert
Christian Sterzing
Hans-Christian Ströbele
Dr. Antje Vollmer
Sylvia Voß
Helmut Wilhelm ({189})
Margareta Wolf ({190})
Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Versammlungen
des Europarates und der WEU, der NAV, der OSZE oder der IPU
Abgeordnete({191})
Behrendt, Wolfgang, SPD Siebert, Bernd, CDU/CSU
Damit kommen wir zum Einzelplan 12 in der Ausschußfassung. Die Fraktion der F.D.P. verlangt zu einem
Titel getrennte - namentliche - Abstimmung, nämlich
zu Kapitel 12 03 Titel 882 61, Zuweisung für den Bau
des Ems-Sperrwerkes. Ich bitte die Schriftführerinnen
und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. - Sind alle Urnen besetzt? - Ich eröffne die Abstimmung. Ist jemand anwesend, der in dieser dritten namentlichen Abstimmung seine Stimme noch nicht abgegeben
hat? - Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Abstimmung und bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen.
Bis zum Vorliegen des Ergebnisses unterbreche ich
die Sitzung.
({192})
Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.
Ich rufe jetzt die übrigen Titel des Einzelplans 12 in
der Ausschußfassung auf. Wer stimmt dafür? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die übrigen Titel des Einzelplans 12 sind mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der gesamten Opposition angenommen.
Ich gebe jetzt das von den Schriftführern und Schriftführerinnen ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über Kapitel 12 03 Titel 882 61, Zuweisung
für den Bau des Ems-Sperrwerkes, bekannt. Abgegebene Stimmen 606. Mit Ja haben gestimmt 569, mit Nein
haben gestimmt 32, Enthaltungen 5. Kapitel 12 03 Titel
882 61 ist damit angenommen.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 605;
davon:
ja: 569
nein: 31
enthalten: 5
Ja
SPD
Brigitte Adler
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel ({0})
Klaus Barthel ({1})
Ingrid Becker-Inglau
Dr. Axel Berg
Hans-Werner Bertl
Friedhelm Julius Beucher
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding ({2})
Kurt Bodewig
Anni Brandt-Elsweier
Willi Brase
Dr. Eberhard Brecht
Rainer Brinkmann
({3})
Bernhard Brinkmann
({4})
Hans-Günter Bruckmann
Edelgard Bulmahn
Ursula Burchardt
Dr. Michael Bürsch
Hans Büttner ({5})
Marion Caspers-Merk
Wolf-Michael Catenhusen
Dr. Peter Danckert
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Christel Deichmann
Karl Diller
Rudolf Dreßler
Detlef Dzembritzki
Dieter Dzewas
Dr. Peter Eckardt
Sebastian Edathy
Ludwig Eich
Marga Elser
Peter Enders
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Annette Faße
Lothar Fischer ({6})
Gabriele Fograscher
Iris Follak
Norbert Formanski
Rainer Fornahl
Hans Forster
Dagmar Freitag
Lilo Friedrich ({7})
Harald Friese
Anke Fuchs ({8})
Arne Fuhrmann
Konrad Gilges
Iris Gleicke
Günter Gloser
Uwe Göllner
Renate Gradistanac
Günter Graf ({9})
Angelika Graf ({10})
Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Achim Großmann
Wolfgang Grotthaus
Karl-Hermann Haack
({11})
Hans-Joachim Hacker
Klaus Hagemann
Christel Hanewinckel
Alfred Hartenbach
Klaus Hasenfratz
Nina Hauer
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Frank Hempel
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Monika Heubaum
Uwe Hiksch
Reinhold Hiller ({12})
Stephan Hilsberg
Gerd Höfer
Jelena Hoffmann ({13})
Walter Hoffmann
({14})
Iris Hoffmann ({15})
Frank Hofmann ({16})
Ingrid Holzhüter
Eike Hovermann
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Barbara Imhof
Gabriele Iwersen
Renate Jäger
Jann-Peter Janssen
Ilse Janz
Dr. Uwe Jens
Volker Jung ({17})
Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Sabine Kaspereit
Susanne Kastner
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Marianne Klappert
Siegrun Klemmer
Hans-Ulrich Klose
Fritz Rudolf Körper
Karin Kortmann
Anette Kramme
Nicolette Kressl
Volker Kröning
Angelika Krüger-Leißner
Ernst Küchler
Helga Kühn-Mengel
Ute Kumpf
Konrad Kunick
Dr. Uwe Küster
Werner Labsch
Christine Lambrecht
Brigitte Lange
Christian Lange ({18})
Detlev von Larcher
Christine Lehder
Robert Leidinger
Dr. Elke Leonhard
Eckhart Lewering
Götz-Peter Lohmann
({19})
Christa Lörcher
Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dieter Maaß ({20})
Winfried Mante
Dirk Manzewski
Tobias Marhold
Ulrike Mascher
Christoph Matschie
Ingrid Matthäus-Maier
Heide Mattischeck
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Dr. Jürgen Meyer ({21})
Ursula Mogg
Christoph Moosbauer
Siegmar Mosdorf
Michael Müller ({22})
Jutta Müller ({23})
Christian Müller ({24})
Andrea Nahles
Volker Neumann ({25})
Gerhard Neumann ({26})
Dr. Edith Niehuis
Dr. Rolf Niese
Dietmar Nietan
Günter Oesinghaus
Eckhard Ohl
Leyla Onur
Manfred Opel
Holger Ortel
Adolf Ostertag
Kurt Palis
Albrecht Papenroth
Dr. Willfried Penner
Dr. Martin Pfaff
Georg Pfannenstein
Johannes Pflug
Dr. Eckhart Pick
Joachim Poß
Karin Rehbock-Zureich
Margot von Renesse
Renate Rennebach
Bernd Reuter
Dr. Edelbert Richter
Reinhold Robbe
Gudrun Roos
Renßé Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth ({27})
Birgit Roth ({28})
Marlene Rupprecht
Thomas Sauer
Dr. Hansjörg Schäfer
Gudrun Schaich-Walch
Rudolf Scharping
Bernd Scheelen
Dr. Hermann Scheer
Siegfried Scheffler
Horst Schild
Dieter Schloten
Horst Schmidbauer
({29})
Ulla Schmidt ({30})
Silvia Schmidt ({31})
Dagmar Schmidt ({32})
Wilhelm Schmidt ({33})
Regina Schmidt-Zadel
Heinz Schmitt ({34})
Carsten Schneider
Dr. Emil Schnell
Walter Schöler
Olaf Scholz
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Ottmar Schreiner
Gisela Schröter
Dr. Mathias Schubert
Richard Schuhmann
({35})
Brigitte Schulte ({36})
Reinhard Schultz
({37})
Volkmar Schultz ({38})
Ilse Schumann
Dr. R. Werner Schuster
Dietmar Schütz ({39})
Dr. Angelica Schwall-Düren
Rolf Schwanitz
Bodo Seidenthal
Erika Simm
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie SonntagWolgast
Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Ludwig Stiegler
Rolf Stöckel
Rita Streb-Hesse
Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Joachim Tappe
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Franz Thönnes
Uta Titze-Stecher
Adelheid Tröscher
Rüdiger Veit
Simone Violka
Ute Vogt ({40})
Hedi Wegener
Wolfgang Weiermann
Reinhard Weis ({41})
Matthias Weisheit
Gert Weisskirchen
({42})
Dr. Ernst Ulrich von
Weizsäcker
Hans-Joachim Welt
Dr. Rainer Wend
Hildegard Wester
Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Margrit Wetzel
Dr. Norbert Wieczorek
Helmut Wieczorek
({43})
Jürgen Wieczorek ({44})
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Heino Wiese ({45})
Klaus Wiesehügel
Brigitte Wimmer ({46})
Engelbert Wistuba
Barbara Wittig
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Hanna Wolf ({47})
Waltraud Wolff ({48})
Heidemarie Wright
Uta Zapf
Peter Zumkley
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Dietrich Austermann
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Brigitte Baumeister
Meinrad Belle
Dr. Sabine Bergmann-Pohl
Otto Bernhardt
Hans-Dirk Bierling
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
Dr. Joseph-Theodor Blank
Dr. Heribert Blens
Peter Bleser
Dr. Norbert Blüm
Friedrich Bohl
Dr. Maria Böhmer
Sylvia Bonitz
Wolfgang Börnsen
({49})
Wolfgang Bosbach
Dr. Wolfgang Bötsch
Klaus Brähmig
Dr. Ralf Brauksiepe
Paul Breuer
Monika Brudlewsky
Georg Brunnhuber
Klaus Bühler ({50})
Hartmut Büttner
({51})
Cajus Caesar
Manfred Carstens ({52})
Peter H. Carstensen
({53})
Hubert Deittert
Albert Deß
Renate Diemers
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Maria Eichhorn
Rainer Eppelmann
Anke Eymer
Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Ulf Fink
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer ({54})
Axel E. Fischer ({55})
Herbert Frankenhauser
Dr. Gerhard Friedrich
({56})
Dr. Hans-Peter Friedrich ({57})
Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Georg Girisch
Dr. Reinhard Göhner
Dr. Wolfgang Götzer
Hermann Gröhe
Manfred Grund
Gottfried Haschke
({58})
Gerda Hasselfeldt
Norbert Hauser ({59})
Hansgeorg Hauser
({60})
Klaus-Jürgen Hedrich
Ursula Heinen
Manfred Heise
Siegfried Helias
Hans Jochen Henke
Peter Hintze
Klaus Hofbauer
Martin Hohmann
Klaus Holetschek
Josef Hollerith
Dr. Karl-Heinz Hornhues
Joachim Hörster
Hubert Hüppe
Peter Jacoby
Susanne Jaffke
Georg Janovsky
Dr.-Ing. Rainer Jork
Dr. Harald Kahl
Steffen Kampeter
Dr. Dietmar Kansy
Irmgard Karwatzki
Volker Kauder
Eckart von Klaeden
Ulrich Klinkert
Manfred Kolbe
Norbert Königshofen
Eva-Maria Kors
Rudolf Kraus
Dr. Martina Krogmann
Dr. Paul Krüger
Dr. Karl A. Lamers
({61})
Dr. Norbert Lammert
Dr. Paul Laufs
Karl-Josef Laumann
Vera Lengsfeld
Peter Letzgus
Ursula Lietz
Walter Link ({62})
Eduard Lintner
Dr. Manfred Lischewski
Wolfgang Lohmann
({63})
Julius Louven
Dr. Michael Luther
Erich Maaß ({64})
Erwin Marschewski
Dr. Martin Mayer
({65})
Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel
Friedrich Merz
Hans Michelbach
Meinolf Michels
Dr. Gerd Müller
Bernward Müller ({66})
Elmar Müller ({67})
Günter Nooke
Friedhelm Ost
Eduard Oswald
Norbert Otto ({68})
Anton Pfeifer
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Marlies Pretzlaff
Thomas Rachel
Dr. Peter Ramsauer
Helmut Rauber
Christa Reichard ({69})
Katherina Reiche
Erika Reinhardt
Hans-Peter Repnik
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Franz Romer
Hannelore Rönsch
({70})
Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Dr. Klaus Rose
Kurt Rossmanith
Adolf Roth ({71})
Norbert Röttgen
Anita Schäfer
Hartmut Schauerte
Karl-Heinz Scherhag
Gerhard Scheu
Bernd Schmidbauer
Christian Schmidt ({72})
Dr.-Ing. Joachim Schmidt
({73})
Andreas Schmidt ({74})
Michael von Schmude
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Rupert Scholz
Reinhard Freiherr von
Schorlemer
Dr. Erika Schuchardt
Diethard W. Schütze ({75})
Clemens Schwalbe
Horst Seehofer
Heinz Seiffert
Werner Siemann
Bärbel Sothmann
Margarete Späte
Carl-Dieter Spranger
Wolfgang Steiger
Dr. Wolfgang Freiherr von
Stetten
Andreas Storm
Dorothea Störr-Ritter
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Thomas Strobl
Michael Stübgen
Dr. Rita Süssmuth
Edeltraut Töpfer
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Angelika Volquartz
Andrea Voßhoff
Peter Weiß ({76})
Gerald Weiß ({77})
Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese ({78})
Hans-Otto Wilhelm ({79})
Klaus-Peter Willsch
Werner Wittlich
Dagmar Wöhrl
Elke Wülfing
Peter Kurt Würzbach
Benno Zierer
Wolfgang Zöller
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Marieluise Beck ({80})
Volker Beck ({81})
Angelika Beer
Annelie Buntenbach
Ekin Deligöz
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Andrea Fischer ({82})
Joseph Fischer ({83})
Katrin Göring-Eckardt
Rita Grießhaber
Winfried Hermann
Kristin Heyne
Ulrike Höfken
Michaele Hustedt
Monika Knoche
Dr. Angelika Köster-Loßack
Oswald Metzger
Klaus Wolfgang Müller ({84})
Kerstin Müller ({85})
Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Simone Probst
Claudia Roth ({86})
Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Rezzo Schlauch
Albert Schmidt ({87})
Werner Schulz ({88})
Christian Simmert
Christian Sterzing
Hans-Christian Ströbele
Helmut Wilhelm ({89})
Margareta Wolf ({90})
F.D.P.
Hildebrecht Braun ({91})
Jörg van Essen
Gisela Frick
Horst Friedrich ({92})
Rainer Funke
Joachim Günther ({93})
Dr. Karlheinz Guttmacher
Ulrich Heinrich
Walter Hirche
Dr. Werner Hoyer
Ulrich Irmer
Dr. Klaus Kinkel
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Ina Lenke
Sabine LeutheusserSchnarrenberger
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto ({94})
Vizepräsidentin Dr. Anje Vollmer
Cornelia Pieper
Dr. Günter Rexrodt
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Gerhard Schüßler
Marita Sehn
Dr. Max Stadler
Dr. Dieter Thomae
Dr. Guido Westerwelle
Nein
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Sylvia Voß
PDS
Dr. Dietmar Bartsch
Maritta Böttcher
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Heidemarie Ehlert
Dr. Heinrich Fink
Dr. Ruth Fuchs
Fred Gebhardt
Dr. Gregor Gysi
Dr. Barbara Höll
Carsten Hübner
Sabine Jünger
Gerhard Jüttemann
Dr. Heidi Knake-Werner
Ursula Lötzer
Heidemarie Lüth
Angela Marquardt
Manfred Müller ({95})
Kersten Naumann
Rosel Neuhäuser
Petra Pau
Gustav-Adolf Schur
Dr. Winfried Wolf
Enthalten
SPD
Antje-Marie Steen
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Steffi Lemke
Dr. Helmut Lippelt
PDS
Dr. Uwe-Jens Rössel
Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Versammlungen
des Europarates und der WEU, der NAV, der OSZE oder der IPU
Abgeordnete({96})
Behrendt, Wolfgang, SPD Siebert, Bernd, CDU/CSU
Damit ist auch der Einzelplan 12 insgesamt angenommen.
Ich unterbreche jetzt die Sitzung für etwa eine Stunde. Der Wiederbeginn der Sitzung wird rechtzeitig durch
Klingelsignal bekanntgegeben.
Die Sitzung ist hiermit unterbrochen.
({97})
Liebe Kolleginnen
und Kollegen! Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.
Ich rufe auf:
23. Einzelplan 16
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit
- Drucksachen 14/615, 14/622 Berichterstattung:
Abgeordnete Waltraud Lehn
Jochen Borchert
Oswald Metzger
Heidemarie Ehlert
Es liegen zwei Änderungsanträge der Fraktion der
CDU/CSU, ein Änderungsantrag der Fraktion der F.D.P.
und zwei Änderungsanträge der Fraktion der PDS vor.
Ich weise darauf hin, daß wir im Anschluß an die Aussprache über einen Änderungsantrag namentlich abstimmen werden.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache anderthalb Stunden vorgesehen. - Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat als erster
für die Fraktion der CDU/CSU der Kollege Dr. Peter
Paziorek.
Frau Präsidentin!
Meine Damen und Herren! Der vorliegende Haushaltsplan der rotgrünen Regierung ist ein Haushaltsplan der
umweltpolitischen Untätigkeit.
({0})
Er ist damit ein Spiegelbild der Leistungsbilanz dieses Bundesumweltministers.
({1})
Uns hat diese Tatsache eigentlich nicht überrascht.
Am Anfang der Tätigkeit der neuen Regierung, als die
Kabinettsliste bekanntgegeben wurde, fragten die Journalisten danach, welche umweltpolitischen Tätigkeiten
der neue Umweltminister bis dahin entfaltet hatte. Sie
waren ganz erstaunt, festzustellen: Umweltpolitische
Schwerpunkte gab es in seinem politischen Leben vorher nicht. Genau dieser Weg zeigt sich jetzt in diesem
Haushaltsplan.
Deshalb möchte ich in Erinnerung rufen, was der
Bundesumweltminister bisher erreicht hat. Die Liste ist
nicht lang. Sie, Herr Minister, haben sich selbst ein
Atomausstiegsfiasko beschert und eine unsinnige, unter
Umweltschutzgesichtspunkten sogar schädliche Ökosteuer mit initiiert. Das war es; mehr haben Sie nach
7 Monaten im Amt als Bilanz nicht vorzuweisen. Diese
Bilanz ist miserabel.
({2})
Dabei trägt der Bundesumweltminister eine hohe fachliche Verantwortung für eine vernünftige Lösung der Entsorgungsfrage in der Atompolitik, für das Erreichen des
von uns allen gesetzten Klimaschutzziels, für die Erarbeitung eines Umweltgesetzbuches usw. Ich stelle fest:
Der Bundesumweltminister ist dieser Verantwortung
unter keinem Gesichtspunkt gerecht geworden.
({3})
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
Wie widersprüchlich die Umwelt- und Energiepolitik
des Umweltministers konzipiert ist, läßt sich an den
Ausstiegsplänen hinsichtlich der Kernenergie eindeutig
belegen.
({4})
Sie, Herr Minister, haben in der Umweltausschußsitzung
am 20. Januar noch ganz stolz erklärt: In einem ersten
Schritt werden wir das Atomgesetz novellieren. Wir haben uns in der vergangenen Woche auf einen Gesetzentwurf geeinigt. - Sie haben dann weiter ausgeführt: Er
enthält unter anderem die Streichung des Förderzwekkes, das Verbot von Genehmigungen für neue Atomkraftwerke und Wiederaufbereitungsanlagen. So ging es
weiter. Nur, bis jetzt hat niemand im Umweltausschuß
und niemand in diesem Hause diesen Gesetzentwurf gesehen. Er ist bei uns nicht angekommen. So verhält es
sich bei Ihnen eben mit Ankündigungen und deren tatsächlicher Umsetzung.
Ein Ausstieg aus der Kernenergie ist natürlich auch
inhaltlich mit dem Hauptanliegen unserer gemeinsam
verabredeten Klimaschutzpolitik überhaupt nicht zu vereinbaren. Es steht doch selbst im rotgrünen Koalitionsvertrag, daß sich die Bundesregierung in allen Bereichen
für den Schutz des Klimas einsetzen wolle. Nun wissen
wir aber, daß in Deutschland dank der Kernenergie jährlich zwischen 100 Millionen t - so die eine Rechnung und 160 Millionen t CO2 - so die andere Rechnung - im
Vergleich zur Stromerzeugung selbst mit modernsten
Kohlenkraftwerken vermieden werden.
Wir sind uns alle gemeinsam darüber im klaren, daß
wir als Industriestaat zuviel CO2 in die Atmosphäre ausstoßen. 1997 haben wir uns in Kioto verpflichtet, bis
zum Jahre 2008 den CO2-Ausstoß, verglichen mit dem
Jahr 1990, um zirka 200 Millionen t zu reduzieren. Das
ist eine gewaltige Herausforderung. Wenn nun aber alle
Kernkraftwerke abgestellt würden, dann erhöhte sich das
Ziel noch einmal um 100 bis 160 Millionen t CO2. Das
wären insgesamt nahezu 350 Millionen t CO2.
({5})
- Herr Müller, Sie wissen doch ganz genau, daß das
stimmt. Sie müssen das jetzt nur rufen, um von Ihrer unsinnigen Ausstiegspolitik abzulenken.
({6})
Es ist spannend, zu hören, wie Sie, wenn Sie bei Ihrer
überzogenen, unrealistischen und wissenschaftlich überhaupt nicht nachvollziehbaren Kernenergieausstiegspolitik verbleiben, das Ziel erreichen wollen, im Schnitt
fast 1 Million t CO2 täglich bis zum Jahre 2008 abzubauen.
({7})
- Herr Müller, wenn das alles so einleuchtend wäre, wie
Sie das gerade rufen, dann frage ich mich, warum der
Bundesumweltminister den Entwurf eines Atomausstiegsgesetzes, den er am 20. Januar im Umweltausschuß angekündigt hat, bis heute nicht eingebracht hat.
Oder geht es bei Ihnen nur um vielleicht noch unklare
betriebswirtschaftliche Fragen? Die Antwort wäre interessant. Sie haben den Gesetzentwurf noch nicht eingebracht, weil Sie kein schlüssiges Konzept dafür haben,
wie mit Ihrer Ausstiegspolitik eine sinnvolle Klimaschutzpolitik verbunden werden soll.
({8})
Das ist das Hauptproblem Ihrer ganzen Ankündigungen,
meine Damen und Herren.
({9})
Sie haben bis jetzt auch den Zweiflern in der Wissenschaft keine überzeugende und schlüssige Antwort geben können. Deshalb flüchten Sie - die Regierung und
Ihr ganzes Haus - nun aus der Verantwortung, und zwar
mit dem Motto - ich zitiere -: Wir werden im Laufe
eines Jahres an einem runden Tisch mit den gesellschaftlichen Gruppen ein solches schlüssiges Konzept
erarbeiten. Damit geben Sie zu erkennen: Sie haben zum
jetzigen Zeitpunkt dieses schlüssige Konzept noch nicht.
Ich warne Sie: Schieben Sie die Verantwortung in
dieser Frage nicht auf die gesellschaftlichen Gruppierungen ab! Sie können und müssen sich mit diesen gesellschaftlichen Gruppierungen auseinandersetzen, unbestritten. Aber wir werden es Ihnen nicht durchgehen
lassen, wenn Sie später die Verantwortung für eine gescheiterte Klimaschutzpolitik auf die gesellschaftlichen
Gruppen abschieben wollen. Das wird es mit uns nicht
geben. Sie stehen in der Pflicht, zunächst ein Konzept
vorzulegen, nicht die anderen.
({10})
Die Ökosteuer, die Sie durchgesetzt haben, wird an
dieser drohenden negativen CO2-Bilanz Ihrer Politik
nicht viel ändern. Die Ökosteuer belegt nur, wie konzeptlos Rotgrün in den letzten Wochen umweltpolitisch
agiert hat. Dieses Gesetz hat nichts mit Ökologie zu tun,
wohl aber eine ganze Menge mit Steuererhöhungen und
Abkassieren.
Sie behaupten, mit diesem Gesetz eine doppelte Dividende einfahren zu können. Sie spekulieren auf eine
Verbesserung von Umweltqualität. Das ist schon die erste Fehlspekulation. Weiterhin argumentieren Sie immer
wieder mit einer ökologischen Lenkungsfunktion. Man
muß ganz klar sagen: Eine ökologische Lenkungsfunktion ist bei dieser sogenannten Ökosteuer überhaupt
nicht zu erkennen. Es ist schon ein tolles Stück, wenn im
Augenblick in den kommunalen Parlamenten berichtet
wird, daß zum Beispiel der öffentliche Personennahverkehr teurer wird. Sie haben in den Kommunen immer
wieder das Umsteigen vom Auto auf den ÖPNV propagiert. Aber gleichzeitig sagen Sie den Leuten: Wir haben
jetzt eine Steuer eingeführt, die zum Beispiel die Benutzung des öffentlichen Personennahverkehrs im ländlichen Raum noch verteuert. Ich frage Sie: Wo ist bei
einem solchen Gesetz die umweltpolitische Lenkungswirkung? - Sie ist nicht vorhanden. Es ist ein reines Abkassiermodell.
({11})
Die Beispiele Atomausstieg und Ökosteuer belegen,
wie wenig bei der Regierung in der Umweltpolitik die
Gedanken noch zusammenpassen. Sie propagieren
vollmundig den Ausstieg aus der friedlichen Nutzung
der Kernenergie, müssen aber gleichzeitig zugeben, daß
Sie ein geschlossenes energiewirtschaftliches Alternativkonzept noch gar nicht haben. Da liegt ja auch der tiefere Grund für die Auseinandersetzungen zwischen dem
Wirtschaftsministerium und dem Umweltministerium.
Sie sprechen von der ökologischen Lenkungswirkung
Ihrer sogenannten Ökosteuer und wollen letztlich auch
damit nur dem Finanzminister die Taschen füllen. Es
wird immer deutlicher, welch geringe Rolle die Umweltpolitik bei SPD und Grünen in den letzten Wochen
und Monaten gespielt hat und zukünftig spielen wird.
Sie, SPD und Grüne, sind keine Umweltparteien mehr.
({12})
- Das waren sie auch nie; Sie haben recht.
Aber das Erstaunliche dabei ist, wie diese Entwicklung eigentlich ohne Diskussion in Ihren Parteien und
Fraktionen hingenommen wird. Der geringe Stellenwert
der Umweltpolitik auf Ihrer politischen Agenda in den
letzten Monaten hat sicherlich auch damit zu tun - das
ist nun einmal so; das können wir bedauern -, daß Sie in
der Regierung sind und nun merken, daß sich die oberflächliche Instrumentalisierung der Umweltpolitik
zugunsten Ihrer parteipolitischen Ziele so einfach nicht
mehr umsetzen läßt.
Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie in unserer
Regierungszeit sowohl Vertreter der SPD als auch Vertreter der Grünen aus der Opposition heraus
({13})
völlig ohne Realitätsbezug überzogene Maßnahmen gefordert, überzogene finanzielle Forderungen für ihre
Umweltziele gestellt haben und mit welcher Härte sie,
auch in der Wortwahl, unsere Umweltpolitik einschließlich der Politik unserer Umweltministerin Angela Merkel angegriffen haben. Jetzt gibt es Berichte an den
Umweltausschuß von Ihnen - auch am 20. Januar -, in
denen Sie auf einmal die Umweltpolitik auch auf europäischer Ebene loben.
Sie, Herr Minister, haben wörtlich davon gesprochen,
daß Europa sich als umweltpolitischer Motor der internationalen Klimaschutzpolitik dargestellt hat. Als Frau
Merkel das im Ausschuß dargelegt hat, als Frau Merkel
das hier im Plenum dargelegt hat, haben Sie das bestritten. Ein paar Wochen später, als Sie in der Regierung
sind, sagen Sie: Jawohl, das stimmt; es ist eine hervorragende Umweltpolitik auf europäischer Ebene gemacht
worden. Sie erkennen jetzt, daß Sie mit dieser oberflächlichen Beschreibung und mit diesem oberflächlichen Einsatz der Umweltpolitik zugunsten parteipolitischer Ziele in der Regierung nicht mehr weiterkommen.
Sie haben Ihre Forderungen in den letzten Jahren
immer gleich begründet, nämlich letztlich - auch Sie,
Frau Ganseforth - mit Katastrophenszenarien und
Untergangsszenarien. Sie befinden sich nun - das kann
ich auch verstehen - in großen inhaltlichen Schwierigkeiten, weil Sie Ihren bisherigen Stil als Regierungspartei nicht mehr fortsetzen können. Es wird ja immer
deutlicher, wenn man mit vielen Vertretern von Umweltschutzverbänden spricht, daß die Beschreibung von
Weltuntergangsszenarien - Herr Müller, Sie haben das
mehrfach im Plenum so vorgetragen - für eine sinnvolle
Umweltpolitik völlig kontraproduktiv ist.
Frau Homburger hat voll und ganz recht: Derartige
Szenarien haben der Sache des Umweltschutzes nie genützt und werden auch in Zukunft wertlos bleiben. Wer
Umweltprobleme immer so beschreibt, als wären sie in
einer modernen Gesellschaft überhaupt nicht lösbar oder
als könnten sie nur durch eine total veränderte Lebensweise gelöst werden, der kann letztlich dem Bürger eine
aufgeklärte Umweltpolitik überhaupt nicht mehr vermitteln.
({14})
Wir müssen erkennen: Wir werden mit unserer Umweltpolitik nur erfolgreich sein, wenn wir dem Bürger
darlegen, daß wir die Probleme Schritt für Schritt im
Sinne einer vernünftigen, rational begründeten Umweltpolitik lösen wollen. Deshalb wird es gerade in dieser
Frage darauf ankommen, einen völlig neuen Stil zu entwickeln und einen neuen Diskurs zu starten.
Herr Minister Trittin, zu einer solchen Haltung haben
Sie sich nicht durchgerungen. Sie wollen das wohl auch
nicht. Aus diesem Grunde ist Ihre Umweltpolitik - wie
man an diesem Haushalt sehen kann - nichts anderes als
die Politik der großen, aber auch der leeren Worte und
der Untätigkeit im konkreten Fall. Das ist die bisherige
Bilanz Ihrer Umweltpolitik in den letzten sechs Monaten.
({15})
Sie haben zwar versucht, die Widersprüche zu überspielen. Sie haben auch gegenüber den europäischen
Partnern eine Atomausstiegspolitik nach dem Motto
gemacht: Hoppla, jetzt komm‘ ich! Alle in Europa hören
auf mein Kommando! - Sie haben wohl gar nicht verstanden, daß man mit europäischen Partnern und Freunden, auch wenn es unterschiedliche inhaltliche Positionen gibt, so nicht umgehen kann.
Gleiches gilt für die Umweltpolitik, so wie sie sich in
den Verlautbarungen des rotgrünen Lagers darstellt.
Deshalb sage ich an die Adresse der Koalition: Wir werden mit überzogenen Zielvorstellungen die Probleme der
Zukunft nicht lösen können.
Worauf kommt es jetzt in den nächsten Monaten an?
Wir alle in diesem Hause sind uns in dem Punkt einig,
daß gerade vor der Wende zum nächsten Jahrtausend die
Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen ein
zentrales Zukunftsproblem ist, das wir gemeinsam bewältigen müssen.
({16})
Das in Rio beschlossene Leitbild der nachhaltigen
Entwicklung - darüber gab es in diesem Hause KonDr. Peter Paziorek
sens - ist darauf ausgerichtet, gerechte Chancen für alle
Staaten der Erde zu schaffen. Deshalb sind gerade wir
als Industrieländer verpflichtet, immer wieder zu prüfen,
ob wir unsere Produktions- und Konsumweisen im Hinblick auf die begrenzten natürlichen Ressourcen und
Möglichkeiten noch aufrechterhalten können. Aber ein
schrittweises, unter Standortgesichtspunkten verträgliches Umsteuern wird nur gelingen, wenn auf allen Ebenen - sowohl auf staatlicher und politischer wie auch auf
privater und wirtschaftlicher Ebene - alle Entscheidungsträger in einen solchen Prozeß tatsächlich einbezogen werden und wenn wir im Sinne der Agenda 21
auf allen politischen Ebenen und in allen Bereichen der
Gesellschaft unsere Kräfte bündeln. Diesen Weg hat mit
großem Erfolg Angela Merkel beschritten,
({17})
als sie zum Beispiel alle relevanten Umwelt- und Wirtschaftsverbände zu einem Dialog eingeladen hat und
diesen Dialog sinnvoll geführt hat.
({18})
Sie aber, Herr Trittin, stoßen die Menschen vor den
Kopf, wenn Sie meinen, Sie könnten durch eine Nadelstichpolitik Investitionen unwirtschaftlich machen oder
mit einer Ökosteuer private Haushalte nur zu Steuern
und Abgaben heranziehen. Sie haben noch nicht erkannt,
daß man im Rahmen einer modernen Umweltpolitik
Menschen, Vereine und Organisationen - kurz: die gesamte Gesellschaft - auch davon überzeugen muß, daß
das Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung von allen
getragen werden muß.
Ihr Stil und Ihr Weg sind falsch. Somit stellt sich die
Frage, ob dieser Weg im Sinne einer aufgeklärten Umweltpolitik in Deutschland weiterhin so beschritten werden kann. Wir sagen: Nein, es ist der falsche Weg; er
führt leider in eine falsche Richtung.
({19})
Ihre Umweltpolitik ist konturenlos. Sie konzentriert
sich nur auf ein einziges Thema, nämlich auf den
Atomausstieg. Dadurch wird deutlich, welche anderen
wichtigen Bereiche Sie vernachlässigen und daß Sie in
weiten Bereichen der Umweltpolitik kein Konzept und
keine Politik haben, die geeignet sind, die Herausforderungen des nächsten Jahrtausends tatsächlich zu bewältigen. Konzeptionslos und verschwommen: So muß Ihre
Umweltpolitik leider bezeichnet werden.
Deutschland braucht eine andere Umweltpolitik als
diejenige, die Sie vertreten.
({20})
Herr Minister, Sie haben die Chancen für den Beginn
einer neuen Umweltpolitik nicht sinnvoll genutzt. Das
Traurige ist, daß Sie in der Umweltpolitik die Weichen
falsch gestellt haben.
({21})
- Herr Kubatschka, ich habe es gerade deutlich ausgeführt; aber es ist genauso wie im Umweltausschuß. Sie
wollen die Ausführungen zur Ökosteuer nicht wahrnehmen. Sie wollen einfach nicht zur Kenntnis nehmen, daß
der von Ihrer Koalition getragene Minister im Umweltausschuß erklärt hat: „Wir haben uns in Sachen
Atomausstiegspolitik geeinigt“, obwohl in dieser Beziehung nichts kommt. Wir können der Presse entnehmen,
daß selbst das einzige Thema, von dem der Minister sich
vorgenommen hat, es in den ersten Monaten seiner Regierungszeit zu bewältigen, im Augenblick irgendwo
versackt und versandet ist. Es ist weder im Umweltausschuß noch im Plenum angekommen. Herr Kubatschka,
daraus kann ich nur die Schlußfolgerung ziehen: Mitglieder Ihrer Fraktion und vielleicht auch Sie haben erkannt, daß viele dieser Weichenstellungen falsch sind.
Sie haben mitgeholfen, daß manches von dem, was
vollmundig angekündigt worden ist, aber nicht realitätsbezogen ist, dieses Haus noch nicht erreicht hat.
Es kann nicht so weitergehen, daß wir Umweltpolitik
in dieser Form gestalten. Deshalb lautet heute abend unser Appell an Sie als Mitglieder der rotgrünen Regierungskoalition und an Sie persönlich, Herr Minister:
Machen Sie Schluß mit einer einseitigen Politik, die nur
auf den Atomausstieg konzentriert ist! Machen Sie
Schluß damit, daß Ihre Politik auf ein einziges Thema
verengt ist, um damit Ihre Parteibasis, Ihre Parteiorganisation und letztlich auch Ihre Fraktion hinter sich zu bekommen! Helfen Sie mit, in Deutschland eine Umweltpolitik zu gestalten, die sämtliche Herausforderungen
annimmt und internationalen Standards entspricht!
Sie haben mit diesem Haushaltsplan diese Möglichkeiten nicht ergriffen. Sie haben mit diesem Haushaltsplan nicht belegt, daß Sie diese Weichenstellungen vornehmen wollen. Aus diesem Grunde können wir diesem
Haushaltsplan nicht zustimmen.
({22})
Für die SPDFraktion spricht jetzt die Kollegin Waltraud Lehn.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Herr Paziorek, Ihr Vorwurf, der von uns vorgelegte Haushalt sei ein Haushalt
der Untätigkeit, veranlaßt mich zu folgenden Bemerkungen am Beginn: Sie haben es wirklich nötig, diesen
Vorwurf zu erheben. Ihre Tätigkeit im Umweltbereich
bestand doch darin - man kann schon fast von Jahrzehnten sprechen -, Probleme schlichtweg auszusitzen.
Was den Energiebereich angeht, kann man hinzufügen,
daß das Augenzumachen das Höchstmaß der Bewegung
bei Ihnen darstellt.
({0})
Zur langjährigen Problemverdrängung kommt heute die
Realitätsverdrängung hinzu. Ein Blick in den Haushalt
hätte Ihnen hier wirklich weitergeholfen. Es wäre bei
den Vorbereitungen auf die heutigen Beratungen wirklich nicht zuviel verlangt gewesen, wenn Sie das gemacht hätten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit dem ersten
Haushalt der rotgrünen Regierung haben wir auch im
Umweltbereich eindeutig Prioritäten gesetzt
({1})
und einen Politikwechsel eingeleitet.
({2})
Der Schutz der Umwelt und die Sicherung der Ressourcen ist eine der wichtigsten Aufgaben einer modernen Gesellschaft. Wir sind es unseren Kindern und Enkeln schuldig, ihnen eine intakte und lebenswerte Umwelt zu übergeben. Auch in diesem Sinne gibt unser
Haushalt nicht nur eine Antwort auf gegenwärtige Probleme, sondern auch eine Basis für die Zukunft.
Wir haben in einem ersten Schritt nur einen Teil
- sicherlich nicht alle - unserer umweltpolitischen Ziele
im Haushalt verankert. Dabei hat uns das finanzpolitische Chaos, das uns die alte Bundesregierung hinterlassen hat, leider nur wenig Spielraum gelassen.
({3})
- Ich kann verstehen, daß Sie das nicht gerne hören
wollen, aber wenn man jede vierte Mark für Schulden,
die Sie, CDU/CSU und F.D.P., gemacht haben, ausgeben muß und nicht mehr zur Verfügung hat, dann kann
man das mit Erblast nur noch unzureichend beschreiben.
({4})
Mit dem Umsteuern, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben wir gleichwohl begonnen, insbesondere in
der Frage der Endlager. Aber auch eine Erweiterung der
gegenseitigen Deckungsfähigkeit und damit die flexiblere Verwendung bereitgestellter Mittel sind hier zu nennen. Größere Änderungen klassischer Ausgabenpositionen setzen allerdings eine kritische und sorgfältige Bestandsaufnahme und Analyse voraus.
Auch für den Umwelthaushalt gilt: Effizienz und
Zielgenauigkeit sind gerade bei Sparzwang im Umgang
mit den Mitteln unverzichtbare Bestandteile. Inhaltliche
Ziele erreicht man eben nicht nur dadurch, daß einfach
nur zusätzliche Mittel bereitgestellt werden. Wenn sie
die Fähigkeit zu ein wenig Selbstkritik und ein wenig
Sachlichkeit hätten, müßten das auch die Kolleginnen
und Kollegen von CDU/CSU und F.D.P. zugeben. Deren Aktivitäten haben sich in den Beratungen bislang
darin erschöpft, die alten Anträge von SPD und Grünen
aus der letzten Legislaturperiode auszugraben.
({5})
Auch das beweist uns, Herr Paziorek: Die neue Opposition hat keine eigenen Ideen.
({6})
Sie verzichtet darauf, Zukunft zu gestalten. Sie leben ja
nicht einmal mehr in der Gegenwart, Ihr Blick ist nur
noch rückwärts gewandt.
({7})
Die SPD-Fraktion und die rotgrüne Koalition insgesamt haben Ziele und Perspektiven,
({8})
mit realistischem Blick für die Möglichkeiten auch und
gerade in finanzieller Hinsicht, mit Mut zum Umdenken
und mit der Kraft, Neues zu gestalten. Wir ändern das
Endlagerkonzept und leiten den Ausstieg - auch wenn
es Ihnen nicht paßt - aus der Kernenergie ein. Wir fördern erneuerbare Energien durch ein Programm, das
Marktanreize schafft und durch die Ökosteuer gegenfinanziert wird. Wir haben ein 100 000-Dächer-Programm zur Förderung der Photovoltaikanlagen auf den
Weg gebracht. Wir erhöhen die Mittel zur Förderung des
Naturschutzes und steigern die Fördermittel für Projekte
der Umwelt- und Naturschutzverbände.
({9})
Trotz der Vorgabe, in diesem Haushalt - wie auch in
allen Haushalten - 0,5 Prozent einzusparen, ist es uns
gelungen, insgesamt wichtige Akzente zu setzen. Wir
haben die Kürzungen nämlich so vorgenommen, daß
die Qualität unserer umweltpolitischen Ziele nicht berührt und die Funktionsfähigkeit des Ministeriums nicht
beeinträchtigt wird. Etwas weniger Mittel beispielsweise
für die Einrichtungen von Dienstzimmern sind wahrlich
verkraftbar; das beeinträchtigt die Umweltpolitik nicht.
Nun könnte ein oberflächlicher Blick auf den Haushalt allerdings zu einem erschreckten Zusammenzucken
führen, denn im Vergleich zum Vorjahr sinken die Ausgaben um 7,2 Prozent auf 1,126 Milliarden DM. Also
weniger Mittel für Umwelt und Naturschutz ausgerechnet bei einer rotgrünen Koalition? Natürlich trifft das
nicht zu, im Gegenteil.
Beim Umwelthaushalt gibt es nämlich den ganz besonderen Sachverhalt, der die Entwicklung verzerrt, und
das ist die Absenkung der Mittelansätze im Endlagerbereich. Die Ausgaben im Endlagerbereich gehen weit
überproportional zurück, und zwar um 172,5 Millionen
DM. Damit setzen wir eine unserer Koalitionsvereinbarungen zum Ausstieg aus der Atomenergie und zur Änderung des Endlagerkonzeptes um.
({10})
Wir lösen damit die arrogante Politik der alten Bundesregierung ab, die jahrelang den Willen der Menschheit ({11})
der Mehrheit der Menschen in diesem Land ignorierte.
({12})
- Sehen Sie, im Gegensatz zu Ihnen merke ich manchmal meine Fehler und kann mich noch korrigieren. Ich
wünschte, Sie hätten so viel davon.
({13})
Seit langem hat sich in der Bevölkerung ein Meinungswandel vollzogen. Es sind nicht mehr nur einige
„Spinner“, sondern es ist die überwiegende Mehrheit der
Menschen, die immer größere Bedenken gegen die
Kernenergie haben und deshalb den Ausstieg wollen.
Die alte Bundesregierung hat trotzdem bis zu ihrer Abwahl starr an ihrem verfehlten Konzept festgehalten, und
das werden wir ändern.
({14})
Es wird nur noch ein einziges Endlager für alle Arten
radioaktiver Abfälle geben.
({15})
- Die Frage nach dem Ort bereitet Ihnen Kopfzerbrechen, denn die Tatsache, daß wir hier etwas Bewegung
machen, hat ja ganz Bayern, jedenfalls auf seiten der
CSU, ins nachdenkliche Chaos gestürzt.
({16})
Das müssen Sie einmal mit Ihren Kollegen besprechen.
Das Planfeststellungsverfahren für das Projekt
Schacht Konrad soll nur noch im notwendigen Umfang
entsprechend der Abstimmung mit Niedersachsen bis zu
einer Entscheidung fortgeführt werden. Die Änderung
der Endlagerkonzeption macht ein deutliches Absenken
der bisherigen Ansätze möglich.
Der Stammhaushalt der BMU, aus dem die umweltpolitischen Ausgaben finanziert werden, steigt um
0,9 Prozent und beträgt jetzt immerhin 728,4 Millionen
DM. Trotz der schwierigen finanzpolitischen Rahmenbedingungen für den Haushalt 1999 ist es uns gelungen,
in umweltpolitisch wichtigen Bereichen Prioritäten zu
setzen und deutliche Aufstockungen der Mittel vorzunehmen.
Hervorheben möchte ich hier insbesondere die Erhöhung des Ansatzes für den Naturschutz. Hier steigen
die Fördermittel um 5,9 Millionen DM. Das ist eine Erhöhung um 8,2 Prozent.
({17})
- In der Tat, das hätten Sie nicht fertiggebracht.
({18})
Das mag für Sie unglaublich gewesen sein; Sie hätten es
nie geschafft, aber wir haben es geschafft.
Für uns ist der Naturschutz von ganz besonderer Bedeutung, da er keine wirtschaftliche Lobby hat. Eine
ausreichende staatliche Finanzierung ist daher jetzt und
auch in Zukunft besonders wichtig.
({19})
Einzelne Ansätze im Naturschutzbereich steigen weit
überproportional, so etwa der Ansatz für Naturschutzforschung um 19,6 Prozent auf 11,6 Millionen DM.
Auch die Fördermittel für Naturschutzgroßprojekte
konnten wenigstens leicht auf 43 Millionen DM erhöht
werden.
Eine deutliche Steigerung gibt es auch bei den Projektfördermitteln für die Umwelt- und die Naturschutzverbände. Gerade sie leisten einen wichtigen
Beitrag für die ökologische Modernisierung in vielen
Lebensbereichen.
({20})
Der Ansatz für die Umwelt- und Naturschutzverbände
steigt um 23 Prozent auf 5,6 Millionen DM. Durch die
zusätzliche Deckungsfähigkeit mit anderen Haushaltsposten haben wir hier unseren Handlungsspielraum sogar darüber hinaus noch erweitern können. Damit stehen
für bundesweit bedeutsame Projekte wesentlich mehr
Fördermittel zur Verfügung als unter der alten Bundesregierung. Von Untätigkeit kann somit auch nicht ansatzweise die Rede sein.
({21})
Für einen modernen Naturschutz ist die Verwirklichung des Leitbildes „nachhaltige Entwicklung“ ein
wichtiger Baustein, vor allem in einem so dicht besiedelten Land wie der Bundesrepublik Deutschland. Solange der Verbrauch an Naturflächen, die Zerstörung
gewachsener Landschaftsstrukturen und die Gefährdung
biologischer Vielfalt weiterhin voranschreiten, wird sowohl bewahrender als auch auf Entwicklung bedachter
Naturschutz nötig sein.
Eine weitere umweltpolitisch besonders bedeutsame
Änderung hat der Haushaltsausschuß im Zusammenhang
mit der ökologischen Steuerreform beschlossen. Zusätzlich zum Regierungsentwurf werden in den Haushalt des
Wirtschaftsministeriums 180 Millionen DM für ein
Marktanreizprogramm zur Förderung erneuerbarer
Energien aufgenommen, das aus der Ökosteuer gegenfinanziert wird. Zusammen mit den bisher vorgesehenen
20 Millionen DM zur Förderung von Einzelmaßnahmen
zur Nutzung erneuerbarer Energien ergibt sich ein neuer
Ansatz für 1999 in Höhe von 200 Millionen DM. Damit
ist der Mittelansatz zur Förderung von Einzelmaßnahmen zur Nutzung erneuerbarer Energien verzehnfacht
worden. Dies ist ein deutliches Zeichen, in welche
Richtung unsere Energiepolitik gehen wird.
Für dieses Förderprogramm wird in vollem Umfang
das Steueraufkommen eingesetzt, das sich aus der Besteuerung der erneuerbaren Energien ergibt. Damit ist
die politische Forderung erfüllt, daß ein Ausgleich für
die Einbeziehung der erneuerbaren Energien in die
Strombesteuerung geschaffen werden muß.
Dem Bundeswirtschaftsminister stehen die finanziellen Mittel für zahlreiche Fördermöglichkeiten zur Verfügung. Profitieren werden unter anderem: Solarkollektoranlagen, Biomasse- und Biogasanlagen, geothermische Anlagen, Wasserkraftanlagen, Photovoltaikanlagen
und solarthermische Anlagen zur Stromerzeugung.
Erwähnen möchte ich an dieser Stelle auch das
100 000-Dächer-Programm zur Förderung von Photovoltaikanlagen. Dieses Programm, ebenfalls angesiedelt
im Haushalt des Bundeswirtschaftsministers, hat, bezogen auf die nächsten beiden Jahre, ein Fördervolumen
von 181 Millionen DM. Insgesamt stellt die Bundesregierung in den nächsten vier Jahren mehr als 1 Milliarde
DM zur beschleunigten Markteinführung erneuerbarer
Energien zusätzlich bereit.
({22})
Dies ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer
Energiewende, das heißt: zu einer Energieversorgung,
die Umwelt und Ressourcen besser schont und vor allem
die CO2-Emission vermindert.
({23})
Welche Bedeutung den erneuerbaren Energien nicht
nur für eine nachhaltige Entwicklung, sondern auch als
zukunftsorientierte Technologie zukommt, zeigt uns die
Windenergie, wie sie sich in den letzten Jahren entwikkelt hat. Mit rund 3 000 Megawatt installierter Leistung
hat diese Branche im letzten Jahr ihre weltweite Spitzenplazierung vor den USA und vor Dänemark festigen
können. Dadurch konnten in diesem Bereich mittlerweile rund 15 000 Arbeitsplätze geschaffen werden.
({24})
Die anderen erneuerbaren Energien sollen folgen,
insbesondere die Solarenergie zur Warmwasserbereitung
und Stromerzeugung, Biomasse, Biogas und weitere
kleinere Wasserkraftwerke und Geothermie. Unser Ziel
ist dabei eine Verdoppelung des Anteils erneuerbarer
Energien bis zum Jahre 2010.
({25})
Die alte Bundesregierung hat es versäumt, Anreize zu
schaffen, vorhandene Energiesparpotentiale auszuschöpfen, erneuerbare Energien stärker auszubauen und energiesparende und ressourcenschonende Produkte und
Produktionsverfahren zu entwickeln. Mit Ihrer einseitigen Ausrichtung auf die Atomenergie haben Sie Forschung und Entwicklung anderer Energieträger sträflich
vernachlässigt.
({26})
- Ich wünschte, es wäre so;
({27})
denn dann brauchte ich mich nicht mit den Problemen,
die Sie hinterlassen haben, so auseinanderzusetzen, wie
ich das tue.
({28})
Die Alternative zur Kernenergie ist nicht die Klimakatastrophe, wie Sie ständig behaupten, sondern eine
Verbesserung der Effizienz und eine Nutzung erneuerbarer Energien. Das klare Signal zum Ausstieg aus der
Atomenergie setzt zugleich ein deutliches Zeichen für
den Einstieg in eine verstärkte Anwendung der KraftWärme-Kopplung, des Erdgases und erneuerbarer Energien. Dies ist ein deutliches Zeichen für unsere ernstzunehmende Absicht, den weiteren Ausbau dieser umweltfreundlichen und zukunftsfähigen Energien voranzutreiben.
Der Ausbau der erneuerbarer Energien sowie die
Verbesserung der Energieeffizienz und Maßnahmen zur
Energieeinsparung sind die Schlüsselbereiche zur Schaffung eines nachhaltigen Systems der Energieversorgung
und auch der Energienutzung. Beide Strategien müssen
Hand in Hand gehen; denn beide sind unverzichtbare
Bestandteile einer wirksamen Klimaschutzstrategie.
In einem dichtbesiedelten und hochindustrialisierten
Land wie Deutschland ist die Flächennutzung als
Schnittstelle zum Naturschutz ebenfalls ein wichtiger
Bereich. Von besonderer Bedeutung wird in den nächsten Jahren die Fortführung der Arbeiten am Umweltgesetzbuch sein.
Für all diese Aufgaben haben wir mit unserem Haushalt einen Rahmen geschaffen. Vieles bleibt noch zu
tun, aber vieles kann auch mit diesem Haushalt bereits
in Angriff genommen, und einige wenige gute Sachen
können fortgeführt werden. Wichtig ist aber auch, daß
eine effiziente Politik der Nachhaltigkeit nicht isoliert
betrachtet wird, sondern in eine Gesamtstrategie eingebunden ist. Eine nachhaltige Politik kann nur erfolgreich
sein, wenn an ihr nicht nur der Staat, sondern auch Unternehmen, wissenschaftliche Institute, Verbände und
gesellschaftliche Gruppen mitarbeiten. Von ihnen allen
können wichtige Impulse für ein gemeinsames Konzept
der Nachhaltigkeit ausgehen.
Umweltschutz lebt von der Kooperation und Teilhabe aller Beteiligten. Wir alle sollten uns bewußt sein,
daß auch die Umweltpolitik nur als Querschnittsaufgabe
im klassischen Sinn erfolgreich sein wird. Allein hat es
die Umweltpolitik schwer, ihre Ziele durchzusetzen. Nur
gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen anderer
Politikbereiche, nicht nur der Wirtschafts- oder der
Agrarpolitik, sondern nahezu aller anderen Politikbereiche ist eine effiziente Umweltpolitik möglich. Eine verbesserte Effizienz im Umweltbereich kann aber nur erreicht werden, wenn wir nicht nur in der Politik auf Kooperation setzen, sondern in der Gesellschaft insgesamt.
Erfolgreiche Umweltpolitik muß sich auch daran
messen lassen, ob es ihr gelingt, bei allen Teilen der Gesellschaft ein Zuständigkeits- und Verantwortungsgefühl für die Umwelt zu bewirken. Vom Bund über die
Länder bis zu den Kommunen, vom Chemiekonzern bis
zum Landwirt, letztlich bis zu jeder Bürgerin, bis zu jedem Bürger, alle in diesem Land müssen ihre Verantwortung für eine intakte Umwelt übernehmen.
({29})
Abschließend möchte ich mich herzlich bei meinen
Mitberichterstattern der anderen Fraktionen für die
manchmal streitige, aber insgesamt konstruktive Zusammenarbeit bedanken. Mein Dank gilt auch dem Ministerium, insbesondere den Mitarbeitern des Haushaltsreferates im Bundesumweltministerium,
({30})
die mir die Einarbeitung in den auch für mich neuen
Aufgabenbereich durch exzellente und schnelle Vorund Zuarbeit sehr erleichtert haben. Bei Ihnen bedanke
ich mich für das mehr oder minder geduldige Zuhören.
({31})
Liebe Kolleginnen
und Kollegen, ich möchte Sie alle darauf hinweisen, daß
die F.D.P.-Fraktion ihren Antrag auf namentliche Abstimmung ihres Änderungsantrags auf der Drucksache
14/923 aus zeitlichen Gründen zurückgezogen hat.
({0})
Ich bedanke mich ausdrücklich - sicherlich im Namen
aller Kolleginnen und Kollegen - für das Entgegenkommen der F.D.P.-Fraktion.
Es spricht jetzt für die F.D.P.-Fraktion die Kollegin
Birgit Homburger.
Frau Präsidentin! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! So sind wir nun doch wieder
bei der F.D.P. Aber wir wollen uns nun einmal mit dem
Haushalt auseinandersetzen. Wenn ich die Ankündigungen des Wahlkampfes dazu sehe: Da hätte man auf eine
breite umweltpolitische Offensive schließen müssen.
Insbesondere die Grünen haben geradezu eine Palette
auch finanziell aufwendiger und umstrittener Umweltmaßnahmen vorgeschlagen und angekündigt. Entgegen
dieser Ankündigungen ist dieser Umwelthaushalt klein,
vor allen Dingen aber auch ideologisch geprägt.
({0})
Natürlich steht nicht alles im Haushalt; das wissen wir
wohl. Über die Maßnahmen, die sich nicht direkt im
Haushalt niederschlagen, haben wir teilweise schon geredet. Auf das eine oder andere werde ich nachher zurückkommen.
Der Gesamteindruck der rotgrünen Umweltpolitik
erinnert an die beliebte Fernsehserie „Pleiten, Pech und
Pannen“. Eine Pleite war beispielsweise die Brennelementediplomatie des Ministers in Paris und London.
Pech hatten Sie, Herr Minister, bei Ihrem Versuch, dem
Kanzler und dem Kabinett fundamentale grüne Vorstellungen schmackhaft zu machen. Pannen ereignen sich
schon öfter einmal, wenn Statements in englischer Sprache gegeben werden, die die Politik der eigenen Regierung als Fehler bezeichnen, oder wenn eine der Staatssekretärinnen Aufrufe gegen die Politik der Bundesregierung unterschreibt.
Pleiten, Pech und Pannen sind auch beim Haushalt direkt festzustellen. Die Gesamtausgaben wurden Ihnen
um 86 Millionen DM gekürzt. Da hat es Ihnen nun auch
nichts genützt, daß wir als Opposition bei den Beratungen im Umweltausschuß Mittelaufstockungen für Themen und Projekte gefordert haben, von denen wir wissen, daß sie ihnen lieb sind und bei denen Sie selber, die
Grünen, früher in Ihrer Oppositionszeit mehr Einsatz
und mehr Mittel verlangt haben.
Es erschöpft sich aber nicht darin. Wir haben eine
Reihe eigener Anträge gestellt, die sich mit Ihren Vorstellungen in keiner Weise decken, wie die Ausführungen hier zeigen. Wir sind nämlich nicht mit den Etatkürzungen für die Erkundung des Salzstocks Gorleben als
Endlager für stark radioaktive Abfälle einverstanden.
Genausowenig sind wir mit der Kürzung der Mittel für
die Fertigstellung und Inbetriebnahme der Schachtanlage Konrad als Lager für schwach radioaktive Abfälle
einverstanden. In beiden Fällen ersparen Sie nämlich
dem Steuerzahler keine Mark; denn die Kosten der Erkundung und des Ausbaus werden sowieso in voller Höhe von den künftigen Nutzern erstattet. Sie schaden damit natürlich der Volkswirtschaft, weil Stillstandskosten
entstehen und schon getätigte Investitionen nicht zu Ende geführt werden.
({1})
Dazu kommt noch, daß Sie sagen, wir würden zukünftig nur noch ein einziges Endlager haben. Dann sagen
Sie doch einmal, wo das sein sollte! Sie haben ein
Konzept angekündigt, haben gesagt, daß Sie einen
neuen Standort erkunden wollen, haben Mittel eingestellt, die gerade einmal dazu reichen, eine wissenschaftliche Literaturstudie zu machen. Dann hat sich
die Sache erschöpft. Von einem Endlager ist da weit
und breit nichts in Sicht.
Dafür werden die Betreiber von Kernkraftwerken
mit quasi-religiösem Eifer bekämpft,
({2})
werden mit Nadelstichen traktiert und in den Zustand
der Verstopfung manövriert. Verbrauchte Brennelemente dürfen weder zur Wiederaufarbeitung geschickt
noch in bereitstehende aufnahmebereite Zwischenlager
transportiert werden.
({3})
Wenn die knappen Zwischenlagerkapazitäten an den
Kraftwerken erschöpft sind, muß abgeschaltet werden.
Darauf zielen Sie ab, das ist Ihre Strategie. Ich frage
mich, Herr Trittin, wann Ihr Koalitionspartner diesen
Ausstieg durch die Hintertür stoppt. Ich denke, spätestens dann, wenn es ernst wird, wird es wieder heißen:
Sie sind als Tiger gesprungen und unterm Bettvorleger
geendet.
({4})
Von international eingegangenen Verpflichtungen
halten Sie wohl ebensowenig, sei es mit England und
Frankreich auf dem Gebiet der Wiederaufarbeitung, sei
es mit der Ukraine auf dem Gebiet der Stillegung alter
und der sicherheitstechnischen Ausrüstung neuer Kernkraftwerke. Von all dem wollen Sie offensichtlich nichts
wissen. Sie schaden mit Ihrem Vorgehen eben nicht nur
dem Ansehen Deutschlands und den Exportchancen der
deutschen Industrie, sondern vor allen Dingen dem
Schutz der Menschen vor Unfällen in Kernkraftwerken.
Deswegen verurteilen wir dieses Vorgehen und sind mit
diesem Ansatz nicht einverstanden.
Auch sonst scheinen Ihnen, Herr Trittin, das Ansehen
Deutschlands im Ausland und die angemessene Vertretung deutscher Interessen im europäischen Rahmen
nicht viel zu bedeuten. Denn anders kann ich mir nicht
erklären, daß das Europäische Parlament im Februar in
Straßburg die Wasserrahmenrichtlinie beraten hat, im
übrigen eine Sache, die früher, als die Grünen in der
Opposition waren, unheimlich wichtig war. Und wehe,
wenn damals nicht die Ministerin da war, sondern womöglich ein Staatssekretär; dann war schon die Hölle
los. Wo waren Sie?
({5})
Nirgends waren Sie! Sie sind mit Ihrem kompletten Gefolge nach Gorleben gereist. Dort hatten Sie schließlich
auch Wichtigeres zu tun. Sie haben dort den Besetzern
der Bohrtürme öffentlich versprochen, sie vor Strafverfolgung zu schützen.
({6})
International treten Sie also nur negativ auf.
({7})
Sie ergreifen keinerlei Initiativen.
({8})
- Nein, Initiativen zu ergreifen ist etwas anderes, als irgendwo aufzutreten und eine eigene Position durchzusetzen. Es geht darum, Initiativen - ich komme gleich
noch darauf - zum Thema internationaler Bodenschutz und zum Thema internationaler Klimaschutz
zu entwickeln. Es geht darum, daß man neue Initiativen
entwickelt, um voranzukommen und internationale Verständigung zu erzielen. Da hat Deutschland immer eine
wichtige Funktion gehabt, die wir jetzt nicht mehr haben, denn das findet schlichtweg nicht statt.
({9})
- Wenn man mitbekommt, was Sie bisher auf internationaler Ebene gemacht haben, wenn man Ihre Auftritte
in England und Frankreich verfolgt,
({10})
ist man schon fast versucht, zu sagen, daß es vielleicht
besser ist, wenn Sie keine Initiativen im Klimaschutz ergreifen. Sie würden dabei wahrscheinlich mehr kaputtmachen.
({11})
Das ist das entscheidende Manko bei der Umweltpolitik. Sie interessieren sich nur für den Atomausstieg.
Dankenswerterweise hat es der Kollege von der
CDU/CSU schon erwähnt. Dabei ist Ihnen jedes Mittel
recht, sei es der Maulkorb, den Sie der Wissenschaft
durch Zensur von Veröffentlichungen beim Bundesamt
für Strahlenschutz verpaßt haben,
({12})
sei es der Versuch, die Reaktor-Sicherheitskommission und die Strahlenschutzkommission durch Satzungsänderung zu reinen Instrumenten des Ausstiegs zu
degradieren.
Was wir brauchen, sind nicht Wissenschaftszensur
und Ideologie, sondern die Aufrechterhaltung des hohen
Sicherheitsstandards in Deutschland und außerdem ein
ausgewogenes Konzept für eine dauerhaft sichere Energieversorgung. Dazu gehören natürlich Energieeffizienz
und die Nutzung regenerativer Energien; das haben wir
auch nie bestritten und nie anders gesehen.
({13})
- Natürlich haben wir verdammt viel gemacht.
({14})
Vorhin haben Sie, Frau Kollegin Lehn, dafür als Beleg
angeführt, daß wir 1998 bei der Windkraft eine Steigerung gehabt hätten und wie hervorragend das gewesen
sei: In den letzten Jahren haben wir immer gehört, daß
da nichts passiert. Plötzlich hören wir, daß sich zu Zeiten der alten Regierung auf diesem Gebiet etwas bewegt
hat, was man jetzt zum eigenen Erfolg macht. Das
klappt nicht. Man muß schon darauf hinweisen, daß da
in der Vergangenheit einiges getan worden ist.
({15})
Was passiert zum Beispiel auf dem Gebiet der technisch hochinteressanten und von dynamischer Entwicklung gekennzeichneten Abfallwirtschaft? In der Koalitionsvereinbarung steht, Sie wollen den Abfallbegriff
sowie die Begriffe Verwertung und Beseitigung neu definieren.
({16})
Dann definieren Sie doch einmal! Sie haben das im
Umweltausschuß angekündigt. Ein paar Wochen später
hat Ihre Staatssekretärin auf eine Nachfrage erläutert,
man könne ein solches Konzept jederzeit vorgelegt bekommen. Wir haben es dann von seiten der F.D.P.Fraktion beantragt. Was kam, war nichts außer einer
Verschiebung auf Juni, weil nämlich nichts vorliegt,
weil das Thema nicht behandelt wird, weil es Sie nicht
interessiert, weil es eben nicht um den Ausstieg aus der
Kernenergie geht.
({17})
Das ist eine Politik, die wir nicht mitmachen. Es gibt
noch mehr Felder, die in Bewegung sind und auf denen
man etwas tun muß.
({18})
Für die Zeit der deutschen Präsidentschaft in der EU
hatten Sie sich ebenfalls viel vorgenommen: eine Richtlinie über die Verbrennung gewöhnlicher und gefährlicher Abfälle, eine Deponierichtlinie und eine Altautorichtlinie. Von den ersten beiden haben wir nichts gehört. Die Altautorichtlinie, die, europaweit akzeptiert,
auf hohem Umwelt- und Verbraucherschutzniveau im
März dieses Jahres verabschiedungsreif gewesen wäre,
haben Sie im Alleingang gestoppt. Gründe hierfür haben
Sie keine geliefert; das scheint nicht notwendig zu sein.
Solange Sie uns keine überzeugenden Gründe liefern,
gehen wir davon aus, daß Sie dem Drängen der Automobilindustrie auf Weisung des Kanzlers nachgegeben
haben.
Es stehen jetzt insgesamt noch knapp zwei Monate der
deutschen EU-Ratspräsidentschaft aus. Wir sparen uns die
Bilanz der restlichen EU-Vorlagen bis Ende Juni dieses
Jahres auf. Nach dem, was wir bisher wissen, kann man
damit rechnen, daß auch hier von dem, was großartig angekündigt wurde, nichts verwirklicht worden ist.
Sie haben weiterhin mit einem Feldzug gegen den
motorisierten Straßenverkehr durch die Ankündigung
von Geschwindigkeitsbegrenzungen bei Sommersmogwetterlagen begonnen. Da haben Ihnen Wissenschaftler
gleich widersprochen.
({19})
Auch hier geht es nicht um Sachlichkeit, sondern um
Aktionismus.
({20})
Insgesamt vermisse ich bisher in der Umweltpolitik
Konzepte - ein fundiertes Abfallwirtschaftskonzept, ein
Luftreinhaltekonzept, ein Konzept zur Lärmbekämpfung, zur Reduktion der CO2-Emissionen im Rahmen
der gegebenen Klimaschutzkonvention, zur Dämpfung
der Kosten für die Entsorgung von Abwasser und Abfall
sowie eine Strategie zum weiteren internationalen Vorgehen beim Bodenschutz und beim Klimaschutz. Ich
stelle schlicht fest: überall Fehlanzeige, Herr Minister.
({21})
Das ökologische Konzept der sogenannten Ökosteuer,
die zum 1. April 1999 in der ersten Stufe eingeführt
worden ist, haben Sie uns auch noch nicht verraten. Es
ist vielmehr so, daß mit dem Wörtchen „Öko“ ein Etikettenschwindel betrieben wird. Steuererhöhungen sind
der eigentliche Zweck der Übung.
({22})
Ich räume natürlich gern ein, daß Ihr Einfluß auf dieses Ökosteuerkonzept begrenzt war, weil die Federführung beim Finanzminister lag. Was ich Ihnen aber vorwerfe, ist, daß Sie noch nicht einmal den Versuch unternommen haben, den Mißbrauch des Ökobegriffs für gewöhnliche Steuererhöhungen zu verhindern. Sie haben
damit der Akzeptanz der Umweltpolitik und dem Engagement breiter Kreise der Bevölkerung für die Umweltpolitik einen Bärendienst erwiesen.
({23})
Sie erkennen an meinen Ausführungen, daß die
F.D.P. weder diesem Haushalt noch Ihrer Politik zustimmen kann. Deswegen werden wir entsprechend abstimmen.
Vielen Dank.
({24})
Das Wort hat der
Kollege Reinhard Loske, Bündnis 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vorab ein paar Worte zu den Heldinnen und Helden der Opposition.
({0})
- Ja, die sitzen rechts, manchmal auch links, diesmal
aber rechts. - Frau Homburger, Sie hätten sich eine andere Metapher ausdenken sollen; denn mit den Bettvorlegern ist das so eine Sache. Sie sprechen andauernd von
Bettvorlegern, schauen aber selbst kaum darunter hervor. Das ist ein echtes Problem. Wenn Sie also diese
Metapher wählen, dann bekommen Sie ein Vermittlungsproblem.
({1})
Auch der Kollege Paziorek hat einige Bonmots zum
besten gegeben. Beispielsweise hat er in Frage gestellt,
daß die Grünen überhaupt noch eine Umweltpartei sind.
Das klingt natürlich aus dem Munde der CDU/CSU in
besonderer Weise berufen. Ich denke an all die Leute,
die bei Ihnen ökologisches Profil hatten: Ich fange an
mit Herrn Gruhl, den Sie in die Wildnis gejagt haben.
Ich ende mit Herrn Töpfer, der nach Nairobi geschickt
wurde. Der fühlt sich dort gut, kommt aber hierhin und
attestiert Herrn Trittin, daß die Ökosteuer eine feine SaBirgit Homburger
che ist. Das wollt ihr nicht haben. Das kann ich verstehen. Aber die Umweltpartei sind wir und nicht ihr.
({2})
Zu der goldenen Zeit, als Frau Merkel noch Umweltministerin war, wurde gerne das Hohelied der freiwilligen Selbstverpflichtung und der Dialogorientierung
gesungen. Feine Sache, wunderbar, nichts dagegen!
Wir haben vor kurzem vom RWI den neuen Monitoring-Bericht bekommen. Die Experten des RWI beobachten systematisch die Ergebnisse der freiwilligen
Selbstverpflichtungen. Wenn man das zusammenfassen
will, könnte man sagen: Es war im wesentlichen weiße
Salbe. Sie haben sich zu dem verpflichtet, was ohnehin
passiert. - Das wäre ungefähr so, als wenn Bayern München sich heute verpflichten würde, in dieser Saison
deutscher Meister zu werden. Diese Qualität hat das.
({3})
Freiwillige Selbstverpflichtungen sind eine wunderbare Sache.
({4})
Ich werde gleich, wenn ich über die ökologische Steuerreform - ({5})
- Meine Damen und Herren auf den Oppositionsbänken,
etwas mehr Ruhe! Ich komme ja gar nicht zum Reden.
Das ist wirklich problematisch.
Wir werden auf jeden Fall in der nächsten Stufe der
ökologischen Steuerreform freiwillige Selbstverpflichtungen der Wirtschaft anerkennen. Dazu komme ich
gleich noch. Aber sie müssen Hand und Fuß haben; sie
müssen substantiell sein; sie müssen nachprüfbar sein.
Das war bei den freiwilligen Selbstverpflichtungen bisher nicht der Fall.
({6})
Das Hohelied der Dialogorientierung - wer wäre
dagegen? Für uns ist absolut zentral, den Dialog mit den
betroffenen Menschen, mit den Gruppen und Verbänden
und mit den Unternehmen zu suchen. Aber bei dem nationalen Nachhaltigkeitsdialog von Frau Merkel, dem
sogenannten Round table,
({7})
waren in der ersten Runde die Verbandsfürsten da, in
der zweiten Runde die Referenten und in der dritten
Runde die Hilfsreferenten der Referenten. Das war die
Qualität der Diskussion. Es gab keinerlei konkrete Ergebnisse.
({8})
Dialog ist gut, aber Dialog ohne Ziel führt zu nichts,
führt zu politischem Attentismus. Genau das haben Sie
gemacht.
({9})
Noch einmal zur ökologischen Steuerreform. Man
kann es wirklich nicht mehr hören: immer die gleiche
Soße, kein neues Argument.
({10})
- Aus Ihrem Munde klingt das absolut nicht berufen.
({11})
Ihr Finanzminister Waigel hat die Bürgerinnen und
Bürger dieses Landes zweimal heftig über den Löffel
balbiert:
({12})
1991 wurde die Mineralölsteuer um 25 Pfennig erhöht, 1994 noch einmal um 12 Pfennig hoch. Der Unterschied zwischen Ihnen und uns ist, daß wir das Geld an
die Sozialversicherung zurückgeben. Ihr habt es im allgemeinen Staatshaushalt untergehen lassen.
({13})
Nun will ich trotzdem noch einmal, weil er mir jüngst
wieder in die Hände fiel, den Umweltbericht 1998 der
Bundesregierung zitieren. Anscheinend nehmen Sie
doch irgendeinen diffusen Zusammenhang zwischen
Benzinpreisniveau und ökologischer Lenkungswirkung
an. Dort heißt es nämlich wörtlich:
Die Pkw-Fahrleistung
- in Deutschland ist
- im Zeitraum von 1990 bis 1995 ... trotz der sprunghaften Motorisierung in den neuen Bundesländern ... lediglich um 3,6 Prozent angestiegen.
Nächster Satz - „Hört! Hört!“ kann man nur sagen -:
Darin zeigt sich auch die dämpfende Wirkung der
Mineralölsteuererhöhung von 1991 und 1994.
({14})
Da gilt es, jetzt soll es plötzlich nicht mehr gelten.
Ganz so einfach kann man es sich nicht machen, Kollege Paziorek.
({15})
Jetzt komme ich zum Haushalt. Ich habe schon die
Hälfte der Redezeit verbraucht, weil ich auf diese Vorwürfe eingehen muß. Aber das Parlament ist ja ein Ort
des Dialogs; insofern ist das wunderbar.
Kollege Paziorek, der Haushaltsplan ist keineswegs
ein Dokument der umweltpolitischen Untätigkeit, wie
Sie gesagt haben. Mit Verlaub: Das ist völlig daneben.
Ganz im Gegenteil: Das ist ein Haushalt, der einerseits
eine gewisse Kontinuität hat. Denn er ist eine Fortschreibung dessen, was vorher war. Wie sollte es auch
anders sein? Aber er setzt andererseits in dem einen oder
anderen Bereich auch neue Akzente. Der erste Bereich
ist der Naturschutzbereich. Der zweite Bereich ist die
Bürgerinnen- und Bürgerbeteiligung. Der dritte Bereich
ist ein Umsteuern im Energiesektor. Die Kollegin Lehn
hat die Haushaltsposten vorgetragen; deswegen werde
ich sie hier nicht zitieren. Jedenfalls ist der Stammhaushalt des BMU zugunsten des Naturschutzes und zugunsten der Bürgerbeteiligung erhöht worden, und das ist
gut so.
({16})
Wir wissen alle, daß Umweltpolitik mehr ist und
mehr sein muß als das, was im Umwelthaushalt stattfindet. Das reicht nicht aus; Umweltpolitik und Nachhaltigkeit sind ein Politikfeld, das alle angeht.
Herr Kollege Lippold, Sie haben das schon öfter im
Ausschuß angemahnt; ich betrachte es als großen Fortschritt, daß im Jahreswirtschaftsbericht 1999 der Bundesregierung - nicht im Umweltbericht - erstmalig systematisch die ökologische Frage untersucht wird und
der Zusammenhang zwischen Ökologie, Beschäftigung
und Innovation hergestellt wird. Das alles hat es zu Ihrer
Regierungszeit nicht gegeben. Das muß man klar festhalten.
({17})
Auch ich finde - das führt mich zu meinem nächsten
Punkt -, daß der Nachhaltigkeitsgedanke - das wurde
bereits von mehreren Kollegen gesagt - über den Umweltbereich hinausgeht. Ich freue mich beispielsweise,
daß der Finanzminister Eichel und der Kollege Metzger
in dieser Woche, jedenfalls soweit ich zugehört habe,
bislang die eigentlichen Nachhaltigkeitsreden gehalten
haben. Vielleicht kommt ja eine noch bessere.
({18})
Der Grundgedanke ist, daß man das Prinzip Zukunftsverantwortung nicht nur auf die Umweltpolitik,
sondern auch auf die Finanzpolitik, die Haushaltspolitik
und übrigens auch auf die sozialen Sicherungssysteme
überträgt; da werden wir noch manche Konflikte auszufechten haben.
({19})
- Wir haben gerade erst zu regieren begonnen; vielleicht
darf ich daran erinnern. - Wir dürfen nicht auf Kosten
zukünftiger Generationen leben.
({20})
Die verbleibenden drei Minuten will ich verwenden,
um über den Klimaschutz zu reden. Frau Homburger,
es ist eine Mär, daß wir nichts zum Klimaschutz machen. Das ist natürlich völlig daneben.
({21})
Die Wahrheit ist:
({22})
Wir haben von dem Klimaschutzziel der alten Bundesregierung - 25 Prozent - 12 bis 13 Prozent erreicht. Das
ist ungefähr die Hälfte. Wir alle wissen: Das ist uns im
wesentlichen durch den industriellen Zusammenbruch in
den neuen Bundesländern in den Schoß gefallen. Das hat
mit dem Klimaschutz so viel zu tun wie die Kuh mit
dem Sonntag.
({23})
Die 12 oder 13 Prozent, die wir noch schaffen müssen, bedeuten wirkliche Arbeit. Da müssen wir etwas
tun. Wir haben erst Schritte unternommen. Diese reichen
noch nicht aus; das wissen wir selber. Aber sie weisen in
die richtige Richtung. Ich nenne hier nicht nur die ökologische Steuerreform.
({24})
- Sie kennen die Details nicht und reden immer auf der
Meta-Ebene. Das ist Ihr Problem. Es geht eben nicht nur
um die allgemeine Lenkungswirkung, sondern auch um
die spezifische Begünstigung der Kraft-WärmeKopplung, der Blockheizkraftwerke, der erneuerbaren
Energie und der Energiedienstleistungen.
({25})
- Heute herrschen eine Unruhe und ein Lärm hier. Also
wirklich!
Ich will hier heute nicht über die Förderprogramme
reden.
Was muß noch geschehen? Wir haben ein paar wichtige Themen vor uns.
({26})
- Herr Möllemann, Machogehabe klingt aus Ihrem
Mund wirklich sehr berufen. Das muß ich hier einmal
sagen.
({27})
Was muß noch geschehen? Wir werden sehr bald die
Energiesparverordnung verabschieden.
Herr Kollege Loske,
gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Möllemann?
({0})
Selbstverständlich. Ich beantworte meinem
Landsmann Möllemann - er kommt aus dem Münsterland, ich aus der Soester Börde, wir sind quasi Nachbarn
- gerne eine Frage.
Bitte, Herr Kollege
Möllemann.
Herr Kollege, wären Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, daß ich mir nur
auf Grund Ihres Hinweises, hier sei ein solcher Lärm im
Raum, erlaubt habe zu sagen: Eine einzige zarte Frau
gibt einen sachdienlichen Hinweis, wie Sie auf den Weg
der Tugend zurückfinden können. Das habe ich gesagt.
Ich frage mich, wie Sie mit Blick auf diese dezente Bemerkung von Machogehabe sprechen können. Das irritiert mich und macht mich traurig.
({0})
Die Wortkombination Möllemann und Dezenz macht mir
etwas zu schaffen; das gebe ich zu. Ich bin mit Ihrem
Einwand aber einverstanden. Ich habe nicht souverän auf
die Situation reagiert. Danke für Ihren Hinweis.
({0})
Ich muß zum Schluß kommen, weil meine Zeit abgelaufen ist.
({1})
Ich möchte nur noch sagen: Wir wollen im Bereich der
Energieeffizienz, der Energieeinsparungen, der umweltverträglichen Technologien usw. quasi im Sinne einer
Schaufensterfunktion zeigen, wie es geht, damit
Deutschland auf den Weltmärkten, um die es in Zukunft
geht, etwas vorzuzeigen hat. Dafür brauchen wir zu
Hause eine anspruchsvolle Politik. Wir dürfen nicht darauf warten, daß es uns andere vormachen. Deswegen
glaube ich - diese Auffassung steht im krassen Gegensatz zu der von Frau Homburger -, daß das, was wir tun,
unserer internationalen Glaubwürdigkeit dient. Wir haben allerdings gerade erst angefangen.
Danke schön.
({2})
Es spricht jetzt die
Kollegin Eva Bulling-Schröter, PDS-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu Beginn zwei
Vorbemerkungen. Erstens. Der Krieg im Kosovo wird
wie alle Kriege - denken wir nur an den Golfkrieg - die
Umwelt nachhaltig schädigen. Das ganze Ausmaß der
Zerstörungen wie etwa durch die Bomben auf Chemiewerke, Raffinerien, Düngemittelfabriken oder öffentliche Infrastruktur wie Kanalisation werden wir, wenn
überhaupt, erst nach Kriegsende erfahren. Zweitens. Es
steht zu befürchten, daß dieser Krieg weltweit die Rüstung anheizen wird. Das geht immer auf Kosten von
ökologischen und/oder sozialen Investitionen - nicht nur
hier, sondern insbesondere in der dritten Welt.
Nun darf die Umweltpolitik nicht wie in den vergangenen Jahren von der Konjunktur abhängig gemacht
werden. Die Jahresgutachten der Wirtschaftsweisen fordern die Bundesregierung auf, auf dem Angebotskurs
der Vorgängerregierung zu verharren. Das bedeutet für
die Umweltpolitik, daß sie nichts oder nur wenig kosten
darf. Und die Hombachsche Angebotspolitik von links
ist das gleiche in Rotgrün.
Es gibt aber auch andere Stimmen. Die Memorandumgruppe kritisiert in ihrem Gutachten diese Strategien
und fordert ganz klar einen Kurswechsel, und zwar ein
entschlossenes Gegensteuern durch Investitionen der öffentlichen Hand auch und gerade im ökologischen Bereich. Der DGB kommt in seinem kürzlich veröffentlichen Positionspapier „Arbeit und Umwelt“ zu ganz ähnlichen Vorschlägen.
Kerstin Müller sagte gestern, die rotgrüne Regierung
sei angetreten, um den Reformstau zu überwinden und
Zukunftsfähigkeit herzustellen, und hat die ökologische
Steuerreform als Haupthebel herausgestellt. Ich werde
später noch näher darauf eingehen. Eines aber ist klar:
Keine müde Mark aus der allzu moderaten Verteuerung
der Energie fließt in den ökologischen Umbau.
Ich frage mich: Welche Akzente setzt die rotgrüne
Bundesregierung
({0})
- Albert, du kannst dich ja melden ({1})
in Richtung einer materiellen Verbesserung der Umweltsituation, der Verbesserung der Rahmenbedingungen für Umweltinvestitionen und hinsichtlich des Ziels
der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit? Wo wird der Unterschied zur Vorgängerregierung deutlich? Wo ist der
gewollte und auch gewählte Politikwechsel? Ich glaube,
„bescheiden“ wäre hier noch geprahlt.
Ich habe Ihnen bereits in der ersten Lesung dieses
Haushalts meine Kritik vorgetragen. Ich vermag leider
nicht zu erkennen, daß die Bundesregierung im Umweltbereich initiativ geworden wäre. Nicht einmal Ansätze zur Verwirklichung der in der Koalitionsvereinbarung festgeschriebenen Ziele sind erkennbar. Ich kann
sie Ihnen nennen: Atomausstieg - Sendepause bei der
Stillegung der Schrottmeiler, kein Ende der Wiederaufbereitung, statt dessen werden bald wieder die CastorBehälter rollen. Die Message von Schröder lautet: Ausstieg in 30 Jahren; denn - so seine Aussage im „Spiegel“
von dieser Woche - er sei doch nicht verrückt. - Na,
herzlichen Dank. Also, Frau Homburger, Ihre Einschätzung ist ganz falsch. Die wollen überhaupt nicht aussteigen.
({2})
Frau Müller hat in ihrer gestrigen Rede den Konsens
mit den Energiekonzernen noch einmal angemahnt und
die Pläne von Wirtschaftsminister Müller gelobt, zusätzlich zu den sogenannten Energiekonsensgesprächen
einen weiteren Gesprächskreis zum Atomausstieg und
zur zukünftigen Energieversorgung zu installieren.
„Die Zeit“, der PDS-Nähe und der Wirtschaftsfeindlichkeit gleichermaßen unverdächtig, kommentierte dies
am 29. April 1999 so:
Bonn im Bündnisfieber - Minister Müller plant ein
überflüssiges Energiepalaver.
Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen sagen, was
Sie tun können, um den Atomausstieg zu bewerkstelligen, wie Frau Müller das gestern auch wieder vollmundig vorgetragen hat: Stimmen Sie heute unserem Änderungsantrag zu, mit dem unter anderem ausreichende
Mittel für die Suche und Erkundung eines geeigneten
Endlagers in einem öffentlichen, demokratischen Verfahren bereitgestellt werden sollen! Stimmen Sie in der
nächsten Sitzungsperiode unserem Gesetzentwurf zur
Änderung des Atomgesetzes zu! Dann sind wir auf dem
Weg.
({3})
Oder, Herr Trittin, Sie bringen jetzt endlich einen eigenen Gesetzesantrag ein. Wir sind ja gar nicht so: Wenn
er gut ist, ziehen wir unseren zurück.
Nächster Punkt. Unterschutzstellung von 10 Prozent
der Fläche im Biotopverbund - Funkstille. Ich habe gedacht, daß nach dem Urteil zum Nationalpark Elbtalaue
bei Ihnen die Alarmglocken klingeln und Sie aktiv werden. Sie wissen auch, daß Sie bis zum 10. Juni 1999 die
FFH-Gebiete bundesweit nach Brüssel melden müssen.
Das Verhältnis von Verkehrsflächen zu Schutzgebieten beträgt zirka 13 Prozent zu 2 Prozent der Gesamtfläche. Die Flächenversiegelung geht ungebrochen weiter.
Aber Sie stellen gerade einmal 43 Millionen DM für die
gesamtstaatlich repräsentativen Teile von Natur und
Landschaft ein. Auch in diesem Bereich haben Sie heute
Gelegenheit nachzubessern.
Zur Abfallpolitik. Da herrscht bei Ihnen Schweigen
im Walde. Sie müssen sich zum Beispiel vom Naturschutzbund Deutschland kritisieren lassen, daß Sie mit
der Verschiebung der Novellierung der Verpackungsverordnung das Mehrwegsystem gefährden - so die
Presseerklärung des NABU vom 2. Mai 1999.
Das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz ist
dringend zu novellieren, wenn der zunehmenden Verbrennungswut Einhalt geboten werden soll. Für die neuen Bundesländer wäre zumindest eine Novellierung der
TA Siedlungsabfall notwendig. Altauto-Verordnung und
Elektroschrottverordnung sind weitere Beispiele; Frau
Homburger hat sie schon genannt. Aber ich muß Sie
natürlich kritisieren, Frau Homburger: Sie hätten
16 Jahre Zeit gehabt, das ökologisch zu regeln. Sie haben es nicht gemacht.
({4})
Hier wird die Politik der Kohl-Regierung unserer Meinung nach nahtlos weitergeführt.
Was ist von Ihren umweltpolitischen Versprechen
noch übrig? Zu den erneuerbaren Energien: Immerhin
haben Sie erreicht, daß die Markteinführung mit
200 Millionen DM statt mit 20 Millionen DM gefördert
werden soll, allerdings gekoppelt mit der zweiten und
dritten Stufe der ökologischen Steuerreform. Wir haben
sie kritisiert, wir kritisieren sie noch immer. Erstens ist
sie unsozial, zweitens nach wie vor halbherzig. Auch
von Ihrer Seite wurde die soziale Frage schon angesprochen, Herr Loske.
Es scheint, mit der Lohnkostendebatte gerät in Vergessenheit, worum es eigentlich geht: Es geht um die
international eingegangenen Verpflichtungen zur CO2Reduktion, und es geht auch darum, ein positives Beispiel zu geben. Hier hätte diese Regierung weitermachen
können. Ich denke, da ist noch einiges zu tun.
Es ist aber nicht nur Selbstzweck, es geht auch nicht
nur um das gegenseitige Auf-die-Schulter-Klopfen. Es
geht um Zukunftsfähigkeit und nachhaltige Entwicklung. Sie erfordern den ökologischen Umbau, der mit
der Lösung des Beschäftigungsproblems und der sozialen Sicherung einhergehen muß. Dies wird aber nicht erreicht, wenn weiter rein additive Umweltpolitik gemacht
wird. Es wird vor allem dann nicht erreicht, wenn nicht
das ganze Instrumentarium genutzt wird.
({5})
Niemand spricht hier mehr von Umweltabgaben, von
den Möglichkeiten, die ein nationaler Umweltplan bieten könnte - ich denke dabei vor allem an eine gesellschaftliche Mobilisierung - oder von einer institutionellen Aufwertung der Umweltpolitik durch Initiativ- oder
Vetorechte der Umweltminister in den Kabinetten.
Schlußendlich, um wieder das am Anfang gebrauchte
Wort vom Gegensteuern aufzugreifen: Ich meine, hier waren die Grünen in ihrem Umbauprogramm von 1986 schon
wesentlich weiter. Von all dem, was ich hier angesprochen
habe, finde ich im Einzelplan 16 nur wenig. Einen Bruch
mit der Politik der Kohl-Regierung, eine in Zahlen gegossene Reformpolitik kann ich nicht feststellen. Deswegen
wird meine Fraktion den Haushalt ablehnen.
({6})
Es spricht jetzt die
Kollegin Monika Ganseforth, SPD.
Frau Präsidentin! Liebe
Kollegen und Kolleginnen! Wir sind angetreten, um den
ungeheuren Reformstau in diesem Land zu überwinden.
Das gilt auch für die Umweltpolitik.
({0})
Der Haushalt läßt unserer Regierung nur wenig Spielraum, weil Sie bereits so viele Kosten auf die Zukunft
übertragen haben. Das gilt auch für den Haushalt des
Umweltministeriums, für den Einzelplan 16. Es besteht
aber die Möglichkeit, eine neue Umweltpolitik zu betreiben - mit anderen Schwerpunkten und strukturellen
Veränderungen. Das haben wir gemacht. Mit diesem
Haushalt beginnen wir, den umweltpolitischen Stau aufzulösen, der in 16 Jahren Regierung Kohl entstanden ist.
({1})
Dieser Stau ist auf Grund Ihrer Deregulierungspolitik
sowie des Abbaus von Umweltstandards entstanden. Sie
haben die Beteiligungsmöglichkeiten von Bürgerinnen
und Bürgern und von Verbänden zurückgedrängt.
({2})
Sie haben die Möglichkeiten der Beteiligung und die
Mitspracherechte im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung zum Beispiel bei den Anhörungen zu den
Beschleunigungsgesetzen zurückgenommen.
({3})
Wir erhöhen die Mittel für die Verbände, damit sie wieder
mehr Möglichkeiten erhalten, sich zu Wort zu melden.
({4})
Für Sie galt das Motto: Umweltschutz können wir uns
jetzt nicht leisten, wir brauchen eine Atempause. Das hat
man Ihrer Politik angemerkt. Und das ist die Ursache für
Fehlentwicklungen zu Lasten von Umwelt, Arbeitsplätzen und Innovation.
Ich möchte das an einem Beispiel klarmachen: Sie
tragen die Verantwortung dafür, daß die Umweltinvestitionen des Staates, aber auch des produzierenden Gewerbes in den vergangenen Jahren zurückgefahren wurden. Das Statistische Bundesamt spricht davon, daß die
Kosten für Umweltinvestitionen in Staat und Wirtschaft
zwischen 1992 und 1995 um 5 Milliarden DM zurückgegangen sind.
({5})
Der Sachverständigenrat für Umweltfragen hat Sie gewarnt, es dürfe keine Atempause in der Umweltpolitik
geben. Er hat gesagt, das schade dem Wirtschaftsstandort Deutschland.
({6})
- Wenn Sie etwas sagen wollen, müssen Sie fragen. Ich
kann Sie nicht verstehen. - Sie wollten nicht zur Kenntnis nehmen, was der Sachverständigenrat gesagt hat, daß
nämlich unterlassener Umweltschutz Arbeitsplätze gefährdet.
({7})
Wir haben unter Ihrer Ägide die Spitzenposition als
Exportweltmeister von Umwelttechnologien verloren.
Die USA und Japan haben uns - so der Vorsitzende der
Umweltkommission des Bundesverbandes der mittelständischen Wirtschaft, Herr Menke-Glückert - inzwischen überholt. Der DGB hat gerade vorgerechnet, daß
zirka eine halbe Million Arbeitsplätze wegen fehlenden
Umweltschutzes unter Ihrer Regierung brachliegen.
Mit dem vorliegenden Haushalt leiten wir über den
Einzelplan 16 hinaus eine Trendwende ein. Das nützt
der Umwelt, der Wirtschaft und den Arbeitsplätzen.
({8})
Das Krebsübel unserer Gesellschaft, nämlich die Arbeitslosigkeit, kann auch durch die Umweltpolitik bekämpft werden, und das tun wir. Lassen Sie mich dazu
ein paar Beispiele nennen: In den Bereichen Gewässerschutz, Luftreinhaltung sowie Abfall, Boden- und Naturschutz gibt es große Beschäftigungspotentiale.
Zum Thema Klimaschutz möchte ich als Beispiel die
Ökosteuer nennen, zu dem Sie immer Ihre alte Leier
wiederholen. Kommen wir einmal zu den Blockheizkraftwerken! Blockheizkraftwerke bedeuten doppelte
Nutzung der Energie; sie erzeugen Wärme und Strom
gleichzeitig. Wir waren uns immer alle einig: Klimaschutz kann man nur hinbekommen, wenn man der
Kraft-Wärme-Kopplung einen größeren Stellenwert einräumt. Was ist passiert? In den letzten Jahren sind die
Neuinstallationen von Blockheizkraftwerken dramatisch
zurückgegangen: im Vergleich zu den Zahlen von Mitte
der 90er Jahre in den letzten 2 Jahren um 60 Prozent. Es
geschieht also genau das Gegenteil von dem, was nötig
ist, um Klimaschutz zu machen, aber auch, um Arbeitsplätze im Handwerk, in der Projektierung, im Ingenieurbereich und in der Unterhaltung zu schaffen.
Durch die Ökosteuer sind die Blockheizkraftwerke
und die Kraft-Wärme-Kopplung wieder in die Vorhand
gekommen. Ich will Ihnen einmal aus einer Pressemitteilung der Fördergemeinschaft Blockheizkraftwerke
von dieser Woche einen Satz vorlesen:
Ökosteuer stellt die Weichen in Richtung umweltfreundliche Energieerzeugung.
Ich habe jetzt nicht die Zeit, Ihnen die Pressemitteilung
im einzelnen vorzulesen.
Ich will aber noch einen Punkt nennen, den wir gleich
mit erledigt haben. Sie hatten diese unsinnige bürokratische Hürde, daß Blockheizkraftwerke an die Ortsfestigkeit gebunden waren, wollten sie für die Energie nicht
eine zigmal höhere Steuer zahlen. Ortsfestigkeit heißt:
Von der Steuerbefreiung profitierten zum Beispiel nicht
diejenigen Kraftwerke, die im Sommer ein Freibad und
im Winter das Rathaus heizten. Eine doppelte Nutzung
war wegen dieser unsinnigen Ortsfestigkeit nicht möglich. Diese Regelung haben wir gestrichen. So werden
wir weiterkommen.
({9})
Ein anderes Beispiel für die Schaffung von Arbeitsplätzen sind die Wärmeschutz- und Energiesparverordnungen. Die IG Bau-Agrar-Umwelt sagt, daß im
Baugewerbe 80 000 Arbeitsplätze zusätzlich entstünden,
wenn die Energiesparverordnung geändert würde. Wir
sind dabei; das wird kommen.
Zur gezielten Nutzung der Windenergie und der
Photovoltaik. Wir haben schon auf das 100 000-DächerProgramm hingewiesen. Das Fraunhofer-Institut hat ermittelt, daß durch die Nutzung dieser Energie über
30 000 Arbeitsplätze gewonnen werden können.
Sie sehen: Umweltschutz schafft Arbeitsplätze. Die
Förderung des Bodenschutzes, der Naturschutz, für den
wir mehr Mittel eingesetzt haben, die Naturparks - all
das bringt Arbeit und hilft der Umwelt.
Das sind nur einige Beispiele für das, was wir auf den
Weg gebracht haben und was in Arbeit ist. Darin liegt
die Trendwende, die wir in der Umweltpolitik brauchen
und die wir eingeleitet haben. Umweltschutz muß wieder der Motor für ökologische Modernisierung, Innovation, Investitionen und Beschäftigung werden.
({10})
Wir haben angefangen, den Stau aufzulösen. Der Haushalt ist ein Beispiel dafür.
Schönen Dank.
({11})
Das Wort hat der
Kollege Dr. Christian Ruck, CDU/CSU.
({0})
Frau Präsidentin!
Meine Damen und Herren! Bevor ich auf meinen
eigentlichen Schwerpunkt, die Klimapolitik, zu sprechen
komme, möchte ich - damit es im Protokoll steht - auf
einige Dinge eingehen, die meine Vorredner von der
SPD und den Grünen in die Debatte geworfen haben.
({0})
- Herr Schlauch! Sind Sie auch wieder da? Das freut
mich. Ich habe schon etwas vermißt.
Erstens zu den Naturschutzgroßprojekten. Es freut
mich wirklich, daß Sie die 40 Millionen DM noch um
einen Beitrag von 3 Millionen DM aufstocken. Von mir
aus - das sage ich Ihnen ganz ehrlich - können Sie auch
gern so weitermachen. Das war ein gemeinsames Anliegen. Man muß dazusagen, daß wir die Institution Naturschutzgroßprojekte erst eingeführt haben; Sie haben es
dann ein bißchen aufgestockt. Herzlichen Glückwunsch!
({1})
Ich möchte auch - nur damit es im Protokoll steht daran erinnern, daß es in den letzten eineinhalb Jahrzehnten in vielen Bereichen wirklich einen dramatischen
Rückgang an Schadstoffen gegeben hat, zum Beispiel
beim Schwefeldioxid, zum Beispiel beim Blei. Und es
kommt natürlich auch nicht von ungefähr, wenn im
Rhein wieder Lachse schwimmen. Ich möchte daran erinnern, daß der große Aufschwung für Umweltarbeitsplätze, ungefähr eine halbe Million, natürlich nicht von
Ihrer halbjährigen Regierung stammt, sondern von der
Vorgängerregierung,
({2})
zum Beispiel durch die Einrichtung der Bundesstiftung
Umwelt und die Umwandlung des Werks in Salzgitter.
Auch das war eine ganz gezielte und bewußte Politik
der Vorgängerregierung. Ich erinnere daran, daß auch,
- dies ist international anerkannt - der Rio-Prozeß erst
durch Kanzler Kohl & Co. losgetreten und gesichert
wurde. Darüber war immer Konsens, wenigstens bei denen, denen Umweltpolitik wirklich am Herzen liegt.
Nun zur Windenergie, Frau Lehn. Natürlich freuen
wir uns alle, daß es zu dem gewaltigen Aufschwung bei
der Windenergie gekommen ist. Aber auch das ist natürlich nicht auf Ihre Politik in dem halben Jahr zurückzuführen, sondern war das Ergebnis des Stromeinspeisungsgesetzes, und das haben wir „verbrochen“.
({3})
- Herr Loske, zu dem Einwurf, es habe sich in den letzten eineinhalb Jahrzehnten nichts getan: Das ist einfach
falsch, da muß ich Sie korrigieren.
({4})
Sie müssen in bezug auf die Windenergie den Menschen nur erklären, daß dies eine ganz besonders auch
landschaftlich schöne Form der Energienutzung ist, und
da haben wir noch einiges zu tun.
Damit bin ich auch schon bei dem Thema Energiepolitik. Meine sehr verehrten Damen und Herren, sowohl Ökonomie als auch Ökologie brauchen eine moderne, durchdachte Energiepolitik, die auf rationalen
wissenschaftlichen Argumenten beruht. Ich glaube,
darin sind wir uns noch alle einig. Aber von dieser
durchdachten Energiepolitik kann bei Ihnen und im
Haushalt 1999 überhaupt keine Rede sein.
({5})
Sie waren so stolz auf die Ökosteuer. Jetzt sage ich
Ihnen: Ihre Ökosteuer zieht ausgerechnet den regeneraMonika Ganseforth
tiven Energien 300 Millionen DM aus der Tasche. Als
laschen Ausgleich bieten Sie ein Programm für 200
Millionen DM an, und zwar zu Bedingungen, die sicherstellen, daß es todsicher ein Flop wird. Das kann ich Ihnen schon jetzt garantieren.
({6})
Dafür setzen Sie nicht nur wie bisher, sondern noch verstärkt mit 700 Millionen DM auf die Kohleförderung
und damit noch stärker als bisher auf eine veraltete, teure und wenig klimafreundliche Energie.
Sie jubeln die Photovoltaik und das 100 000Dächer-Programm hoch. Auch hier, meine Damen und
Herren, ist die Frage, ob nicht schon die konkrete Ausgestaltung des Projektes über Hausbanken dafür sorgt,
daß der gewünschte Schneeballeffekt überhaupt nicht
zustande kommt. Die Photovoltaik ist unter den regenerativen Energieträgern leider die Technik, bei der mit
dem meisten Geld am wenigsten Effekt erzielt wird.
Selbst wenn Sie mit einem gigantischen Aufwand Ihre
100 000 Dächer verwirklichen könnten, entspräche dies
gerade mal einem Anteil von 0,05 Prozent unseres
Stromaufkommens.
Wichtig wäre dagegen die konsequente Umsetzung
der Energiesparverordnung, einer Verordnung, die
noch von der vorigen Bundesregierung unter Bundesbauminister Oswald kabinettsreif vorangetrieben worden
war. Hier sind auch Sie, Herr Umweltminister Trittin,
gefordert: Statt die Programme zur energiesparenden
Gebäudesanierung zu gefährden, sollten Sie sie aufstokken. Denn hierin steckt nicht nur ein gewaltiges Potential an Energiesparmaßnahmen, sondern auch Potential
für weit über 100 000 hochqualifizierte Arbeitsplätze im
Baubereich.
({7})
- Ja, dann machen wir es doch!
({8})
- Was heißt: Von euch kommt ja nichts? Wir haben sie
doch so weit vorangetrieben, daß Sie sie jetzt verabschieden können. Also tun Sie es doch!
({9})
- Keine Unruhe auf den Plätzen! Wir könnten nämlich
eigentlich über das alles, meine Damen und Herren, in
Ruhe im Detail miteinander diskutieren. Nur, mit Umweltminister Trittin und seinen Gefolgsleuten kann man
überhaupt nicht mehr vernünftig diskutieren; denn Sie,
Herr Trittin, haben mit Ihrer Politik des Kernenergieausstiegs um jeden finanziellen und politischen Preis
auch jeden Anspruch auf Vernunft und Sachverstand
verloren.
({10})
Sie sind ein blanker Ideologe, ein politischer Saboteur
({11})
und nehmen es mit der Wahrheit nicht immer ganz genau, auch nicht gegenüber den eigenen Kabinettskollegen.
({12})
Herr Kollege Schmidt, Ihr Umweltminister Trittin
behauptet immer, so auch im Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, daß niemand
mehr Atomkraftwerke baut. Auf meine ausdrückliche
Anfrage in diesem Ausschuß wollte er mir und den anderen Kollegen weismachen, daß auch die Entwicklungsländer keine Zukunft mehr in der Kernenergie sehen. Aber die Wirklichkeit ist, daß nicht nur Japan mehr
als ein Dutzend neue Kernkraftwerke
({13})
inklusive Wiederaufbereitungsanlagen baut und Rußland
und die Ukraine neue Reaktoren planen und bauen, sondern daß auch China und Südafrika in unsere Hochtemperaturreaktortechnologie einsteigen und Rußland seine
Reaktoren an Iran und Irak verkauft. In Wirklichkeit will
niemand außer uns aus der Kernenergie aussteigen. Aber
viele wollen einsteigen.
Es bleibt dabei: Nach der Liberalisierung des europäischen Energiemarktes werden wir bei einem Ausstieg
aus der Kernenergie gezwungen sein, große Teile unseres Strombedarfs aus unsicheren Kernanlagen aus dem
Ausland oder auch aus alten CO2-Kohleschleudern zum
Beispiel in Rußland zu beziehen. Es ist Politsabotage,
wenn Sie auf der einen Seite dafür sorgen, daß wir aus
dem Konzept der Endlagerung aussteigen, und auf der
anderen Seite gleichzeitig bejammern, daß es keine
Möglichkeiten zur Endlagerung gebe, und deshalb den
Ausstieg aus der Kernenergie fordern.
({14})
Es paßt zu dieser infamen Politik, daß Sie an die
Spitze des bisher international renommierten Bundesamtes für Strahlenschutz einen Mann berufen, dessen
einzige Qualifikation es ist, ein erklärter Atomkraftgegner zu sein, und daß Sie auch die Reaktor-Sicherheitskommission um seriöse und international hoch angesehene Wissenschaftler wie Professor Birkhofer „strukturbereinigt“ haben.
({15})
- Herr Trittin, das ist nicht nur ein Zeichen fehlender demokratischer Gesinnung, sondern auch ein Anschlag auf
das Ansehen unserer deutschen Forschungslandschaft,
von der Sie, Herr Kubatschka, eigentlich mehr verstehen
sollten, als Sie es hier bisher zum Besten geben.
Ihre Energiepolitik hat nichts mehr mit einer seriösen
Abwägung unterschiedlicher Risiken zu tun. Es geht
Ihnen einzig und allein darum, das gewalttätige Symbol
Ihrer linksgrünen Ideologie abzusichern. In Ihrem Drang,
bestehende Gesetze und völkerrechtliche Verträge zu
ignorieren, sind Sie zu einem politischen Irrlicht geworden, das oft keine sachlichen Beiträge mehr leistet.
({16})
Trittin arbeitet am Sofortausstieg, während Kanzler
Schröder von Fristen zwischen 30 und 40 Jahren für den
Ausstieg spricht. Dazwischen liegt punktgenau die Prognose von Herrn Müller, der von 20 Jahren ausgeht. Das
soll dann die verläßliche Energiepolitik der Regierung
Schröder mit ihrem Umweltminister Trittin sein!
Es ist in der Tat so, wie es auch schon angesprochen
worden ist: Sie reduzieren die Umweltpolitik auf den
Atomausstieg. Dies tut mir leid für die vielen kompetenten und hoch engagierten Beamten im Umweltministerium. Es tut mir auch leid für die vielen aufrichtigen
Kämpfer für die Erhaltung der Schöpfung.
({17})
Dies ist auch zum Schaden von Ökonomie und Ökologie. Wir hoffen, daß wir vom Wähler sehr schnell die
Gelegenheit bekommen, zu zeigen, daß wir die bessere
Umwelt- und Energiepolitik machen.
({18})
Herr Kollege Ruck,
gestatten Sie noch eine Zwischenfrage der Kollegin Eva
Bulling-Schröter?
Nein, jetzt bin ich
fertig - und von der PDS sowieso nicht.
Nächster Redner ist
der Kollege Kubatschka, SPD.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein Wochenmagazin aus Hamburg betitelt in dieser Woche eine
Story zur Kernenergie mit „Stiller Abschied“. Die Überschrift stimmt. Die Industrie hat sich nämlich bereits still
aus der Kernenergie verabschiedet. Seit Harrisburg - das
ist jetzt 20 Jahre her - ist in den USA kein neues Kernkraftwerk mehr bestellt worden.
({0})
Auch unser jüngstes Kernkraftwerk hat bereits das
Zehnjährige gefeiert. Selbst Befürworter der Kernenergie sprechen mehr von Restlaufzeiten der vorhandenen
Kraftwerke als von einem Neubau. Auch die Industrie
erkennt: Kernenergie ist eine Übergangsenergie.
Im Wahlkampf haben wir Sozialdemokraten versprochen, den Ausstieg aus der Kernenergie einzuleiten.
Dazu hat die Koalition den Wählerauftrag erhalten. Im
Koalitionsvertrag haben wir das Procedere festgelegt. Wir
haben uns unter anderem darauf geeinigt, daß die Bundesregierung einen Konsens mit den EVUs aushandeln soll.
Dabei ist der Konsens nicht das Ziel, sondern das Mittel,
um den Wählerauftrag zu erfüllen. Ein tragbarer Konsens
heißt aber auch Kompromiß. Die Gleichsetzung von
Restlaufzeiten mit den technischen Laufzeiten von Kernkraftwerken stellt keinen Kompromiß dar. Mit dem Ausstieg aus der Kernenergie ist aber auch der Einstieg in eine ökologische Energieversorgung verbunden.
({1})
Man sollte dieses Konsensjahr, dieses Verhandlungsjahr aber auch nicht mit Randproblemen belasten,
wie bisher geschehen.
({2})
Die Besteuerung von Rückstellungen bei den EVUs
ist für mich so ein Randproblem.
({3})
Die EVUs sollten mit ihren Zahlen glaubwürdig bleiben.
({4})
Sarkastisch könnte man einwenden: Wer seine Steuerschuld nicht richtig berechnen kann, kann auch die Sicherheit von Kernkraftwerken nicht richtig berechnen.
({5})
Die Energieversorgungsunternehmen kämpfen natürlich auch für die Arbeitsplätze in den AKWs. Die Zahlen der Beschäftigten schwanken zwischen 15 000 und
37 700. Letztere Zahl stammt übrigens von der Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke. Wo war aber eigentlich der Widerstand, als zwischen 1990 und 1998 mindestens 40 000 Arbeitsplätze vernichtet wurden - von
den EVUs?
({6})
Die Arbeitsplatzvernichtung geht weiter. In den Schätzungen wird davon ausgegangen, daß die Liberalisierung des Strommarktes noch einmal 40 000 Arbeitsplätze vernichtet.
({7})
Sollten nach einjährigen Konsensverhandlungen keine Ergebnisse vorliegen, so sind wir entschlossen, den
gesetzlichen Weg einzuleiten. Die Konzernchefs sollten
sich nicht täuschen: Die SPD und die Koalition sind entschlossen, aus der Kernenergie auszusteigen.
({8})
Die Bürgerinnen und Bürger werden den Erfolg der
Koalition auch an der Ausstiegsfrage messen.
({9})
- Weil Sie gerade Stamokap sagen, Herr Kollege: Kennen Sie überhaupt den Unterschied zwischen „Eurokap“
und Stamokap? Ich nehme an, Sie wissen es nicht.
Oberste Maxime ist aber die Sicherheit von Kernkraftwerken. Da kann es keine Kompromisse geben.
Die Sicherheit muß daher laufend überprüft werden;
denn über das Alterungsverhalten von Atomkraftwerken
wissen wir nicht mit letzter Sicherheit Bescheid. Daneben ist aber auch der technische Zustand entscheidend.
Deshalb dürfen die Kernkraftwerke in den mittel- und
osteuropäischen Staaten und in den neuen unabhängigen
Staaten keine lange Zukunft haben. Das Aufrüsten und
Umrüsten schafft falsche Sicherheit.
Ich möchte auch noch ganz kurz auf die Anträge von
CDU/CSU und F.D.P. eingehen. Den Antragstellern
müßte es eigentlich klar sein, daß die Bundesregierung
ein anderes Entsorgungskonzept ausgearbeitet hat bzw.
daran arbeitet.
({10})
In dieses Konzept passen die Anträge von CDU/CSU
und F.D.P. nicht. Deswegen werden wir sie ablehnen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Zahlen belegen,
daß wir weltweit keinen Spitzenplatz beim Einsatz erneuerbarer Energien einnehmen. Andere Staaten sind
viel weiter, vor allem dann, wenn sie nicht in die Kernenergie eingestiegen sind. Die Kernenergie hat nämlich
Kapital gebunden. Die erneuerbaren Energien haben
bisher nicht ausreichende Chancen erhalten.
Der Einzelplan 16 ist ein relativ kleiner Haushalt.
Trotzdem müssen von ihm die entscheidenden Impulse
zur ökologischen Modernisierung unserer Industriegesellschaft ausgehen. Umweltschutz ist mit Recht eine
Aufgabe, die in alle Fachbereiche integriert ist. Deswegen stecken in anderen Teilen des Bundeshaushaltes viel
höhere Mittel für den Umweltschutz. Auch der Amsterdamer Vertrag verpflichtet uns zu mehr Nachhaltigkeit
in der Europäischen Union.
({11})
Mehr Umweltschutz kostet nicht notwendigerweise
mehr Geld. Oft kann Geld gespart werden. Wenn wir
Umweltstandards auf hohem Niveau in Europa und auf
internationaler Ebene vereinbaren und festsetzen, schützen wir die Umwelt, fördern den Export von Umwelttechnologie und erhalten und schaffen in Deutschland
Arbeitsplätze. Ökologie und Ökonomie sind kein Widerspruch. Wenn die Ökonomie die Ökologie mißachtet,
wird die Ökonomie Schiffbruch erleiden.
({12})
Langfristig gefährdet mangelnde Ökologie unseren
Wohlstand; vor allem gefährdet sie die Zukunft unserer
Kinder und Kindeskinder. Wir sind die Nutznießer, die
anderen zahlen die Rechnung.
Unser Ziel muß eine ökologische Kreislaufwirtschaft
sein. Umweltpolitik muß wieder zu einem echten Reformwerk werden, wie sie es in Zeiten der sozialliberalen Koalition war.
({13})
- Sie haben anscheinend keinen zeitgeschichtlichen Horizont, Herr Kollege.
({14})
Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen für die
Aufmerksamkeit.
({15})
Letzter Redner in
dieser Debatte ist der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Jürgen Trittin.
Frau Präsidentin! Meine
Damen und Herren! Liebe Frau Lehn, ich gebe ausdrücklich den Dank zurück; es war eine sehr gute Zusammenarbeit mit den Berichterstatterinnen und Berichterstattern aller Fraktionen. Ich möchte mich hier für
die konstruktive Arbeit ausdrücklich bedanken.
In der Tat sind wohl die globalen Klimaveränderungen die größte Herausforderung, vor der die Umweltpolitik heute steht. In den letzten Tagen hat es erneut einen Tornado in Oklahoma, Tennessee und Texas
gegeben. Die zunehmende Häufung dieser Erscheinungen stellen nicht irgendwelche Ökologen fest, sondern
die kühl kalkulierende Versicherungswirtschaft sagt
heute, daß in dem Gebiet des sogenannten TornadoHighways, der quer durch die USA geht, Häuser wegen
der zunehmenden Häufung von Tornados nicht mehr
versichert werden.
({0})
Für mich heißt das: Tatenlosigkeit, gerade beim Klimaschutz, ist ein Luxus, den wir uns nicht mehr leisten
können.
({1})
Es geht bei dieser Frage schon lange nicht mehr um unsere Kinder, sondern es geht um die heutige Zeit, um das
hier und jetzt, und natürlich auch um sehr massive wirtschaftliche Interessen. Deswegen ist es richtig, daß wir
am Ziel der Reduktion von klimarelevanten Emissionen festhalten.
Man muß sich einmal die Zahlen anschauen, die Sie
uns hinterlassen haben. Herr Loske hat die Zahlen genannt: Es wurde eine CO2-Reduktion um 13 Prozent erreicht, die Hälfte des Weges ist zurückgelegt. Wenn Sie
sich aber die Zahlen etwas genauer anschauen, werden
Sie feststellen, daß wir einheitsbedingt nicht nur einen
deutlichen Rückgang der Emissionen bei der Industrie
verzeichnen können, sondern durch einen massiven AnHorst Kubatschka
stieg im Bereich des Verkehrs auch neue Emissionen
produziert worden sind.
Zu dieser problematischen Klimasituation sagen
CDU/CSU und F.D.P.: Wer das Klima schützen will,
muß auf die Nuklearenergie setzen.
({2})
Sie müssen mir einmal darlegen, meine Damen und Herren, wie viele LKWs nuklear angetrieben oder wie viele
private Haushalte - in diesem Bereich sind die Emissionen übrigens auch angestiegen - aus der Abwärme eines
Atomkraftwerkes beheizt werden.
({3})
Sie wissen sehr genau, daß der Anteil der Kernenergie
am Primärenergieeinsatz in diesem Lande einmal
12,7 Prozent beträgt. Deswegen ist es im Sinne einer
vernünftigen Klimaschutzpolitik richtig, sich auf die
Hauptbereiche, in denen der Anstieg stattfindet, zu konzentrieren, und das sind der Verkehrsbereich und der
Bereich der privaten Haushalte.
({4})
Deswegen - gnädige Kollegen, Sie haben hier von
,,internationaler Untätigkeit“ gesprochen - ist es eben
richtig, daß wir im Dezember im Rat mit durchgesetzt
haben, daß künftig in Europa nur noch Lkw mit einer
vorgeschriebenen Abgasnachbehandlung, mit einem
Partikelfilter und einem Stickoxidkatalysator auf die
Straße kommen.
Deswegen ist es richtig, daß es dieser international so
fürchterlich untätige Umweltminister zum erstenmal geschafft hat, aus dieser Erkenntnis heraus zusammen mit
den Vertretern der acht großen Industrienationen eine
Position zu formulieren, die besagt: Diese großen Industrienationen sind der Auffassung, daß sich die ökologischen Kosten auch und gerade im Verkehr in den Preisen niederschlagen müssen, und verpflichten sich dazu,
dafür einzutreten, daß auch die Steuerbefreiung für
Schiffstreibstoffe und für Flugzeugtreibstoffe, also Kerosin, abgeschafft wird. - Soviel zur internationalen
Untätigkeit dieses Umweltministers.
({5})
Wenn wir von Klimaschutz reden, dann bedarf es an
dieser Stelle des Hinweises, daß gerade bei der Produktion und bei der Konsumtion von Energie eine Effizienzrevolution brauchen. Deswegen ist es richtig, daß wir
zum 1. April 1999 den Einstieg in die ökologische
Steuerreform geschafft haben.
({6})
Wir finden uns hier in guter europäischer Nachbarschaft:
({7})
Nicht nur die skandinavischen Länder und beispielsweise die Niederlande gehen diesen Weg, auch Italien hat in
diesem Jahr eine entsprechende CO2-Steuer mit vier Stufen bis zum Jahr 2004 eingeführt. Die Briten, meine
Damen und Herren, haben nicht nur die jährliche Anhebung der Mineralölsteuer um 6 Prozent beschlossen,
sondern in diesem Jahr auch explizit zusätzlich eine
Klimaabgabe für die Industrie eingeführt. Deswegen
sind wir mit unserem Plan, in einer zweiten und dritten
Stufe mit der ökologischen Steuerreform voranzukommen, eben nicht europäisch isoliert, sondern hier zeigt
sich eine klare Entwicklung in Gesamteuropa.
({8})
Überall in Europa hat man begriffen: Es ist vernünftiger,
Kilowattstunden einzusparen als Arbeitsplätze wegzurationalisieren. Nur Sie haben das noch nicht begriffen.
({9})
Wenn Sie an dieser Stelle der Auffassung sind, das,
was wir machen, sei alles lächerlich, will ich Sie nur
einmal darauf hinweisen, daß die 180 Millionen DM, die
wir im Jahr 1999 zur Förderung erneuerbarer Energien einsetzen, mehr ist als das, was innerhalb der Europäischen Union zur Förderung regenerativer Energien in
vier Jahren ausgegeben wird. Wenn Sie sich hier in besonderer Weise auf die Windenergie berufen, so sage
ich: Ich erinnere mich noch sehr gut, werte Kollegen,
daß es der Wirtschaftsminister der F.D.P. gewesen ist,
der versucht hat, das Stromeinspeisungsgesetz abzuschaffen und damit die Nutzung der Windenergie zu
behindern.
({10})
Wenn Sie nach Alternativen für eine andere Energiepolitik fragen, dann sage ich Ihnen: Die Alternative ist
im Einsparen, Effektivieren und Erneuern. Zuallererst
brauchen wir einen Abbau von Überkapazitäten.
Dabei geht es nicht allein um eine Energieeinsparpolitik. Allein die Erhöhung des Wirkungsgrades jetziger Kraftwerke, der ungefähr bei 30 Prozent liegt, auf
über 50 Prozent würde heute schon den Anteil nuklearer
Energie problemlos substituieren können.
({11})
Schon heute erzielen beispielsweise Kraft-WärmeKopplungsanlagen einen Wirkungsgrad von 70 bis 80
Prozent. Das ist der Grund, warum wir diese Anlagen
bei der ökologischen Steuerreform bewußt ausgenommen haben.
({12})
In solche Anlagen gilt es zu investieren, statt krampfhaft
an bestimmten Risikotechnologien festzuhalten.
({13})
Wenn Sie, meine Damen und Herren, von guter
Nachbarschaft und von Partnerschaft mit unseren
Nachbarn in Frankreich und in Großbritannien reden,
dann sage ich Ihnen in aller Ruhe, aber auch mit allem
Nachdruck: Es zeugt nun wahrlich nicht von guter
Nachbarschaft, wenn man über Jahre hinweg am Rande
des geltenden Rechtes - und im übrigen auch am Rande
des geltenden französischen Rechts - andere Länder als
Zwischen- und Endlager für den eigenen Müll benutzt.
Das ist in der Tat kein Zeichen guter Nachbarschaft.
({14})
Sie präsentieren Beispiele, wo überall neue Atomkraftwerke gebaut werden. Wenn Sie genau zugehört
hätten, dann wüßten Sie, daß ich gesagt habe: Überall
dort, wo Marktwirtschaft und Demokratie herrschen,
sind die Atomkraftwerke umstritten.
({15})
Schauen Sie sich Ihre Beispiele daraufhin einmal in aller
Ruhe an!
Glauben Sie etwa, daß Länder wie zum Beispiel die
Ukraine und China auf eigene Kosten Kernkraftwerke
bauen? Der Bau soll von uns regelmäßig mit Krediten
bezuschußt und subventioniert werden. Soviel möchte
ich zu Ihrer Überzeugung sagen, daß Atomkraftwerke
ökonomisch rechenbar sind. Sie sind es erklärtermaßen
nicht.
({16})
Weil Sie den Vorwurf der Untätigkeit des Umweltministers so in den Vordergrund gestellt haben, will ich
an dieser Stelle noch eine Bemerkung machen: Ich habe
Sie schon in der ersten Lesung des Haushaltes darauf
hingewiesen, daß wir von Ihnen eine beschämende Bilanz übernommen haben.
({17})
Wir haben von Ihnen zum Beispiel übernommen, daß
wir bei der Ausweisung von Naturschutzgebieten auf
dem zweitletzten Platz in Europa stehen, weit hinter
Spanien, Italien und auch weit hinter den dicht besiedelten Niederlanden. Trotzdem sagen Sie, diese Bundesregierung sei untätig. Herr Paziorek, wir haben in den
letzten sechs Monaten mehr Schutzgebiete bei der Europäischen Union angemeldet als Sie in den gesamten
16 Jahren Ihrer Regierungszeit. Soviel zu Ihrem Vorwurf der Untätigkeit und zu der vernichtenden Bilanz
Ihrer Regierungszeit!
({18})
Liebe Kollegin Bulling-Schröter - diese Bemerkung
sei mir am Rande erlaubt -, ich freue mich über das Engagement für den Nationalpark Elbtalaue. Es ist gut,
daß in diesem Zusammenhang Klage erhoben wurde. In
dieser Angelegenheit streiten wir Seit’ an Seit’. Ich würde mich aber freuen, wenn die PDS insgesamt mit dieser
aufrechten Haltung auch dann an der Seite der Ökologie
zu finden wäre, wenn es etwa um das untere Odertal
geht.
({19})
Ich weiß, daß dies eine sehr strittige Frage bei Ihnen ist.
Aber ich würde mir Ihr Engagement an dieser Stelle
wünschen.
Abschließend möchte ich sagen: Sie haben versucht,
die Ökologie mehr oder weniger als einen Anschlag auf
Arbeitsplätze in diesem Lande hinzustellen.
({20})
Eine Politik der Energiewende ist heute in der Lage,
bis zu 200 000 neue Arbeitsplätze zu schaffen: im Bauhandwerk, im Anlagenbau, in Ingenieurbüros und in der
Energiewirtschaft. Die Frage der Windkraft als Jobmotor müssen wir ebenso aufwerfen wie die Frage der
Schaffung von neuen Arbeitsplätzen durch Wärmedämmungsprogramme und Niedrigenergiestandards.
Die Schaffung neuer Arbeitsplätze aus umweltpolitischer Sicht und die Erörterung im Dialog mit Arbeitgebern, mit Gewerkschaften und mit den Naturschutzverbänden werden zentrale Bestandteile des Forums „Arbeit und Umwelt“ sein, das im Rahmen des „Bündnisses
für Arbeit“ stattfinden wird und das im Juni hier tagen
soll. Wir wollen damit eines deutlich machen: Ökologie
ist kein Hindernis für Arbeitsplätze; Ökologie ist kein
Standortnachteil und kein Ballast; Ökologie ist ein produktiver Faktor mit allergrößter Wirkung für eine nachhaltige Entwicklung und für die Modernisierung der
Bundesrepublik Deutschland.
({21})
Zu einer Kurzintervention erteile ich jetzt das Wort dem Kollegen
Dr. Klaus Lippold.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon eine Zumutung, wenn man sich hier
anhören muß, was Sie als eigene Leistung verkaufen.
Bei den Fortschritten in der europäischen Verkehrspolitik, insbesondere was die Energieeinsparung und die
Abgasreduktion angeht, bauen Sie doch auf das, was wir
gemacht haben. Sie haben nichts anderes vorzuzeigen!
Wo Sie im Rahmen Ihrer Ratspräsidentschaft etwas
hätten weiterentwickeln können, haben Sie versagt. So
einfach ist das.
({0})
Sie stellen sich hier hin und sprechen von den Anmeldungen der FFH-Gebiete. Das läuft über die Länder,
aber nicht über Sie. Zu Ihrem Haushalt hat der Kollege
Paziorek hinreichend viel gesagt.
Sie haben früher kritisiert, wir würden in der Klimaschutzpolitik nicht weit genug voranschreiten. Was ist
denn mit Ihnen? Bei Ihnen ist die neue Bescheidenheit
ausgebrochen. Die Ziele, die wir genannt haben, haben
Sie heute übernommen. Sie haben kein Wort der Kritik
von damals wiederholt, weil Sie in keinem einzigen
Punkt weiter sind. Sagen Sie doch einmal, wer in der
europäischen Umweltschutzpolitik und in der europäischen Klimapolitik am weitesten ist!
({1})
Sie zitieren die nordischen Länder. Was ist denn mit
Dänemark und seiner Besteuerung, mit dem Zuwachs
der CO2-Emissionen, Herr Trittin? Es geht doch nicht
darum, ob jemand falsche Programme macht, sondern es
geht darum, daß jemand eine effiziente Umweltpolitik
macht. Sie haben das Wort „Effizienz“ immer wieder im
Munde, aber bei Ihnen läuft nichts.
({2})
Herr Trittin, wo sind denn die Arbeitsplätze im Umweltschutz hergekommen? Als Sie noch in Hanau Arbeitsplätze vernichtet haben, haben wir mit Herrn Töpfer
und Frau Merkel Arbeitsplätze im Umweltschutz geschaffen. Wir haben uns an die Spitze der Exporteure in
der Welt gestellt.
({3})
Dazu haben Sie nichts beigetragen. Wenn es hier und
heute um Arbeitsplätze geht, dann können Sie sich einmal die Diskussion um die 630-DM-Gesetzgebung anschauen: Was Sie schaffen, ist Chaos, aber keine neuen
Arbeitsplätze.
Sie sitzen hier und reden davon, daß wir bei der Frage
der Endlager nicht weitergekommen sind. Sie blockieren die aktuelle Situation und haben als Konzept 19 neue
Zwischenlager vorgeschlagen. Das ist doch - ehrlich gesagt - das allerletzte.
({4})
Früher haben Sie zu sicheren Konzepten nein gesagt.
Aber wenn wir Ihre Lösung mit den Zwischenlagern im
Wasser an den bestehenden Kernkraftwerken je vorgeschlagen hätten, dann hätten Sie Zeter und Mordio geschrien und gesagt, wir wollten die Republik an den
Rand des Abgrunds bringen. Die Konzepte, die sicher
sind, verweigern Sie. Sie wollen neue Lösungen, die
Scheinlösungen sind. Das müssen wir ablehnen.
Sie haben davon gesprochen, daß Energie eingespart
werden muß, insbesondere im Altbaubestand. Wo bleibt
die Energiesparverordnung, Herr Trittin? Nichts haben Sie geleistet! Das, was an Vorarbeit geleistet worden ist, bleibt in Ihrem Ministerium liegen. So könnten
wir die Beispiele fortsetzen.
Nein, was dort sitzt, ist der erfolgloseste Umweltminister seit Beginn dieser Republik! Das Schlimme ist: Er
freut sich noch darüber.
({5})
Es mag sein, daß Sie als Enfant terrible dieses Parlaments im Umgang mit Journalisten einen gewissen
Aufmerksamkeitswert haben.
({6})
Aber das ist auch das einzige. Was wir uns wünschen
würden, wäre ein Umweltschutzminister, der uns weiterbringt. Das allerdings sind Sie nicht!
({7})
Zur Erwiderung Herr
Bundesminister Trittin, bitte.
Lieber Herr Lippold, in
einen Wettbewerb des „enfant“ - in welcher Form auch
immer - möchte ich mit Ihnen nicht eintreten.
({0})
Ich möchte Sie in aller Ruhe auf ein paar Fakten hinweisen. Das, was wir im Rahmen der Anmeldungen von
FFH-Schutzgebieten nach Brüssel weitergeleitet haben,
waren nicht etwa die jetzt beschleunigt nachgelieferten
Angaben der Länder, sondern war das, was unter Ihrer
Regierung innerhalb der Verwaltung des Bundes liegengeblieben ist. Das haben wir abgeräumt und nichts anderes!
({1})
Wenn Sie sich auf mich beziehen - das einzige Beispiel, was ich Ihnen genannt habe, ist die LkwRichtlinie -, dann empfehle ich Ihnen einen einfachen
Blick in die Drucksache. Sie werden dann feststellen,
daß diese Lkw-Richtlinie im Dezember und ausdrücklich durch unser Wirken und fernab Ihrer Regierungsbeteiligung entstanden ist. - Entschuldigung, jetzt ist
mein Rechner angegangen.
({2})
- Er sollte mich mahnen, an der namentlichen Abstimmung teilzunehmen. Das ist weniger Technikbegeisterung als Respekt vor dem Parlament, Herr Kollege.
({3})
Ich will an dieser Stelle zum Abschluß noch eines sagen, lieber Herr Lippold: Daß Sie hier in echauffierter
Rede beklagen, daß wir nicht früher an der Regierung
gewesen sind, das hat mich schon überrascht.
({4})
Ich hätte Ihnen gerne den Gefallen getan, aber nun war
es eben nicht so.
Dr. Klaus W. Lippold ({5})
Nun haben wir das Problem, daß Sie das Verschieben
von Atommüll ins Ausland über Jahre hinweg als Entsorgungsnachweis akzeptiert haben. Sie haben über
Jahre hinweg geduldet, daß Atommüll unter der Aufschrift Wiederaufarbeitung nach Frankreich und England geschickt wurde, ohne daß dieser, wie es das Gesetz vorsieht, schadlos wiederverwertet worden ist.
Wenn er denn schadlos wiederverwertet worden wäre,
wie kommt es dann, daß wir mittlerweile 20 Tonnen
Plutonium in Frankreich liegen haben, von dem wir
nicht wissen, wie wir damit umgehen müssen? Sie sind
die letzten, die in dieser Frage auch nur im Ansatz das
Wort ergreifen und von Verantwortung reden dürfen!
({6})
Es spricht jetzt noch
der Kollege Grill für die CDU/CSU.
Frau Präsidentin!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Trittin,
ich will das letzte, was Sie gesagt haben, hier deutlich
zurückweisen. Sie haben überhaupt kein Recht dazu, der
Union und der alten Koalition in der Frage der Wiederaufarbeitung deutscher Brennstäbe in Frankreich so etwas vorzuwerfen. Sie haben dazu überhaupt keine Veranlassung!
({0})
Erstens: Das hat mit der SPD unter Helmut Schmidt
begonnen.
({1})
Das zweite ist: Sie waren Mitglied der niedersächsischen Landesregierung von 1990 bis 1994, die seit 1990
die Castor-Transporte nach Frankreich hat laufen lassen,
damit sie nicht nach Gorleben müssen. Bleiben Sie da,
wo Sie sind, und tun Sie uns den Gefallen, mit einer solchen Unwahrhaftigkeit letztendlich das zu ermöglichen,
was wir jetzt brauchen: nämlich den Regierungswechsel.
Ihr Abteilungsleiter Renneberg hat am Montag in
Hannover die Katze aus dem Sack gelassen. Er hat
nämlich gesagt: Wir dürfen die Untersuchung mit Gorleben nicht zu Ende führen, weil sonst die Gefahr besteht, daß sich herausstellt, daß der Salzstock geeignet
ist. Das ist Ihre Politik!
({2})
Liebe Kolleginnen
und Kollegen, ich schließe hiermit diese zweifellos außergewöhnlich temperamentvolle Debatte. Wir kommen
nun zur Abstimmung, und zwar zunächst über die Änderungsanträge.
Wir kommen zum Änderungsantrag der Fraktion der
F.D.P. auf Drucksache 14/923, über den jetzt nicht namentlich abgestimmt wird. Deshalb frage ich Sie: Wer
stimmt für diesen Änderungsantrag der F.D.P.? - Wer
stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Damit ist der
Änderungsantrag gegen die Stimmen von F.D.P. und
CDU/CSU abgelehnt.
Änderungsantrag der CDU/CSU-Fraktion auf Drucksache 14/939: Wer stimmt für diesen Änderungsantrag?
- Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Damit ist der
Änderungsantrag gegen die Stimmen von CDU/CSU
und der F.D.P. abgelehnt.
Änderungsantrag der CDU/CSU-Fraktion auf Drucksache 14/940: Wer stimmt für diesen Änderungsantrag?
- Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Damit ist der
Änderungsantrag gegen die Stimmen der CDU/CSUund der F.D.P.-Fraktion abgelehnt.
Änderungsantrag der PDS-Fraktion auf Drucksache
14/977: Wer stimmt für diesen Antrag? - Wer stimmt
dagegen? - Enthaltungen? - Damit ist der Änderungsantrag gegen die Stimmen der PDS-Fraktion abgelehnt.
Änderungsantrag der PDS-Fraktion auf Drucksache
14/978: Wer stimmt für diesen Antrag? - Gegenprobe! Enthaltungen? - Damit ist dieser Änderungsantrag gegen die Stimmen der PDS-Fraktion abgelehnt.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Einzelplan 16 in der Ausschußfassung. Wer stimmt für den
Einzelplan 16? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen?
- Damit ist der Einzelplan 16 mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen von CDU/CSU,
F.D.P. und PDS angenommen.
({0})
Ich rufe nun Tagesordnungspunkt I. 24 auf:
Haushaltsgesetz 1999
- Drucksachen 14/623, 14/624 Berichterstattung:
Abgeordnete Dietrich Austermann
Michael von Schmude
Oswald Metzger
Dr. Günter Rexrodt
Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Wir kommen
deshalb gleich zur Abstimmung, und zwar zunächst über
den Änderungsantrag der Fraktion der F.D.P. Wer
stimmt für den Änderungsantrag der F.D.P. auf der
Drucksache 14/924? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Damit ist der Änderungsantrag gegen die
Stimmen der F.D.P. und der CDU/CSU abgelehnt.
Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetzentwurf in
der Ausschußfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Damit ist der Gesetzentwurf in zweiter Beratung mit den
Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen
von CDU/CSU-Fraktion, F.D.P.-Fraktion und PDS angenommen.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu dem Bericht der Bundesregierung über den Stand und die voraussichtliche Entwicklung der Finanzwirtschaft auf der
Drucksache 14/625 Nr. 1. Der Ausschuß empfiehlt
Kenntnisnahme. Wer stimmt für diese Beschlußempfehlung? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist
diese Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses
einstimmig angenommen.
Wir kommen jetzt zur Beschlußempfehlung des
Haushaltsausschusses zu dem Finanzplan des Bundes
1998 - 2002 auf Drucksache 14/625 Nr. 2. Der Ausschuß empfiehlt, die Unterrichtung auf Drucksache 13/11101 für erledigt zu erklären. Wer stimmt für
diese Beschlußempfehlung? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist diese Beschlußempfehlung einstimmig angenommen.
Ich rufe nunmehr den Tagesordnungspunkt II auf:
Dritte Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das
Haushaltsjahr 1999
({1})
- Drucksachen 14/300, 14/760, 14/601 bis
14/621, 14/622, 14/623, 14/624 Es liegen fünf Entschließungsanträge der Fraktion der
CDU/CSU, drei Entschließungsanträge der Fraktion der
F.D.P. und ein Entschließungsantrag der Fraktion der
PDS vor. Ich weise darauf hin, daß wir nach der Aussprache die Schlußabstimmung und die Abstimmung
über die fünf Entschließungsanträge namentlich durchführen werden.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache anderthalb Stunden vorgesehen. ({2})
Ich höre keinen Widerspruch.
({3})
Dann ist das so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat für die
Fraktion der CDU/CSU der Kollege Adolf Roth.
({4})
Frau Präsidentin!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe
durchaus Verständnis für Ihre Reaktion; aber ein großer
Teil von Ihnen hat sich in der Zwischenzeit zu dieser
ungewöhnlichen Stunde etwas stärken können, so daß
wir auch die letzte Etappe dieser Haushaltsberatung
1999 in geordneter Form durchführen können.
Es gehört zu den guten Traditionen unseres Hauses,
daß in der dritten Lesung zum Bundesetat der Vorsitzende des Haushaltsausschusses das Wort ergreift. Dies
ist erstmals seit 16 Jahren - Gott sei's geklagt! - wieder
ein Mitglied der CDU/CSU-Fraktion, das jetzt vor Ihnen
steht.
({0})
- Ich bedanke mich für den freundlichen Applaus,
({1})
aber Sie wissen: Ich gehöre einer sehr traditionsbewußten Partei an, und wir wissen diese Tradition zu schätzen. Deshalb werden wir mit aller Kraft und mit aller
Entschlossenheit daran arbeiten, daß dieser Zustand alsbald beendet wird und diese wichtige parlamentarische
Funktion wieder an einen geeigneten Vertreter oder eine
geeignete Vertreterin aus Ihren Reihen übergehen kann.
Das jedenfalls ist unsere politische Absicht.
({2})
Wann dies geschieht, entscheiden allerdings nicht
wir, sondern die Wählerinnen und Wähler. Der neue
Bundesfinanzminister kommt, wie ich, aus dem Bundesland Hessen. Wir haben gerade aktuell die Erfahrung
gemacht, daß diese Mechanismen des politischen Wechsels - der Wechsel ist ja das einzig Beständige in der
Demokratie - durchaus funktionieren. Ziehen Sie sich
also warm an, Herr Bundesfinanzminister; auch hier
sind Ihrer Tätigkeit zeitliche Grenzen gesetzt.
({3})
Meine Damen und Herren, wenn sich die Qualität der
Politik auch im Zahlenwerk des Bundeshaushalts ausdrückt, dann werden wir gerade am Ende dieser etwas
ungewöhnlich abgelaufenen parlamentarischen Haushaltswoche in der eigenen Erwartung bestärkt, daß wir
nicht erst fünf Anläufe brauchen, bis Deutschland wieder aus der Situation herauskommt, die Sie bereits in
den ersten sieben Monaten angerichtet haben und die ein
Menetekel hinsichtlich der weiteren Entwicklung ist.
Ich habe anläßlich der Debatte in dieser Woche das
Gefühl gehabt, daß Sie die ersten sieben Monate Ihrer
Regierungstätigkeit am liebsten vergessen machen
möchten. Sie sind hier zwar zum Haushalt 1999 angetreten, haben aber jeweils über diesen zeitlichen Horizont hinausgeblendet. Sie haben weder eine eigene
Finanzplanung vorgelegt, noch gibt es eine aktualisierte
Steuerschätzung, noch wurde vom neuen Bundesfinanzminister ein Rahmen vorgelegt. Das alles deutet
darauf hin, daß Sie gerade in dieser Haushaltswoche allen Grund hatten, die letzten sieben Monate in Bonn
vergessen zu machen.
Meine Damen und Herren, bevor ich zu meinen politischen Bewertungen komme, möchte ich noch kurz einige Anmerkungen zur Arbeit des Haushaltsausschusses in den letzten Monaten machen. Dieser Ausschuß
mit seinen 42 Mitgliedern hat nach dem Regierungswechsel und der letzten Bundestagswahl eine erhebliche
Veränderung erfahren.
({4})
In die Reihen der Opposition sind ehemalige Regierungsmitglieder als Verstärkung eingerückt. In die Phalanx der SPD sind zehn neue Kolleginnen und Kollegen
eingerückt. Insgesamt kann ich sagen, daß sich das personelle Gefüge unseres Ausschusses gefestigt hat und
daß wir in den letzten Wochen haben unter Beweis stellen können, daß wir unseren Auftrag durch einen strafVizepräsidentin Petra Bläss
fen und effizienten Beratungsablauf ordnungsgemäß erledigen konnten.
Einen wesentlichen Anteil daran - es gehört zu unseren Üblichkeiten, das auszusprechen - hatten die verantwortlichen haushaltspolitischen Sprecher der Fraktionen, allen voran auf der Seite der Regierungskoalition
die Kollegen Hans Georg Wagner und Oswald Metzger,
die ihre Truppen zusammengehalten haben, wenn notwendig auch mit Auszeiten und Sitzungsunterbrechungen.
({5})
In der neuen Rolle auf der Gegenseite, der Opposition, waren dies die Kollegen Dietrich Austermann und
Dr. Günter Rexrodt und - nicht zu vergessen - mein
Stellvertreter im Amt, Manfred Hampel, sowie die Vorsitzenden der Unterausschüsse, Uta Titze-Stecher und
Bartholomäus Kalb. Ihnen allen, aber auch den nicht
namentlich genannten Ausschußmitgliedern möchte ich
meinen herzlichen Dank für das kollegiale Miteinander
und für die Handhabung der einschlägigen Haushältertugenden aussprechen.
({6})
Etatberatungen nach einem Regierungswechsel haben
zwangsläufig ihre eigene Dramaturgie. Gerade der Ablauf der letzten Tage hat deutlich gemacht, daß am Ende
dieser Haushaltsberatungen einige Einschätzungen und
einige Zusammenfassungen möglich sind.
Ich möchte zunächst einmal feststellen, daß der im
rotgrünen Koalitionsvertrag angekündigte „umfassende
Kassensturz ... über die tatsächliche Lage der Staatsfinanzen“ in dieser behaupteten Form niemals stattgefunden hat.
({7})
Ich füge für die Kenner hinzu: Es ist natürlich absurd,
dies überhaupt als Programmpunkt aufzuführen. Denn
wenn eine Opposition, die über 16 Jahre die Geschehnisse verfolgt hat, öffentlich bekennen müßte, sie wisse
über die Haushaltslage nicht Bescheid - wie es damals
der jetzige Bundeskanzler im Wahlkampf immer wieder
gesagt hat -, würde sie sich ein großes Armutszeugnis
ausstellen.
({8})
Es hat keinen Kassensturz gegeben. Der ist uns auch
nie authentisch bzw. in Form von überprüfbaren Ergebnissen vorgelegt worden.
({9})
Herr Bundesfinanzminister, liebe Kolleginnen und
Kollegen der Regierungsseite, die permanente Flucht in
die Diskussion über strukturelle Defizite und Erblasten
hängt den kundigen Thebanern seit Wochen und Monaten zum Halse heraus. Namhafte Sprecher der Koalition
haben das öffentlich bekannt. Sie müssen sich jetzt den
inhaltlichen Herausforderungen stellen.
Wenn schon von einer Bilanz gesprochen wird, Herr
Bundesfinanzminister: In dieser Woche ist immer wieder das aktuelle Frühjahrsgutachten der Institute zitiert worden. Ich möchte Ihnen noch einmal in Erinnerung rufen, daß in diesem Gutachten ausgewiesen wird,
daß im Jahre 1998 - das ist das Jahr der Wende und des
Wechsels -, also zehn Jahre nach Beginn des Wiedervereinigungsprozesses, sämtliche einschlägigen Finanzdaten, also die Staatsausgabenquote, die Abgabenquote,
die Steuerlasten und das gesamtstaatliche Finanzierungsdefizit in Deutschland, besser gewesen sind als
zehn Jahre zuvor, vor dem Fall der Mauer.
({10})
Herr Bundesfinanzminister, Sie wissen ganz genau, wer
1980 Inhaber der Regierungsverantwortung war. Das ist
die aktenkundige Schlußbilanz
({11})
- wenn dieses Thema überhaupt auf der Tagesordnung
steht - der Bundesregierung von Helmut Kohl, die
Finanzminister Theo Waigel vorlegen konnte.
({12})
Ein Zweites möchte ich sagen: Sie waren auf die
Übernahme der Regierungsverantwortung - das allerdings haben die letzten Monate bewiesen - inhaltlich
und konzeptionell überhaupt nicht vorbereitet. Sie haben
im letzten Jahr Bilder von der Haushaltslage skizziert,
die nach der Wahl sofort in sich zusammengebrochen
sind. Alle düsteren Prophezeiungen über den „geschönten Wahlhaushalt 1998“ sind in sich zusammengefallen.
Punktgenau in den Ausgaben und im Finanzierungsdefizit hat der Haushalt 1998 abgeschlossen, und nicht nur
das: Er hatte sogar einen übertragbaren, nicht realisierten Einnahmeüberhang von 10 Milliarden DM als Polster für die neue Bundesregierung.
({13})
Das ist die Situation gewesen.
({14})
Sie haben es selber bestätigt, und dann sollten Sie
auch zu Ihren Aussagen der letzten Wochen stehen noch in dieser Woche ist es an diesem Pult gesagt worden -: 95 Prozent des von Theo Waigel vorgelegten
Haushalts 1999 haben Sie lediglich abgekupfert. Offenbar ist Ihnen in sieben Monaten nichts anderes eingefallen, als die Richtigkeit der Grundanlage des Zahlengefüges dieses Haushaltes zu bestätigen.
Herr Finanzminister, Sie haben vorgestern den Begriff
der unverwechselbaren eigenen Handschrift in die Diskussion eingebracht. Eine unverwechselbar eigene Handschrift in diesem Haushalt ist allerdings die Expansion auf
der Ausgabenseite von 6,3 Prozent; das hat es hier seit
vielen Jahren nicht gegeben. Das ist allerdings eine Position, die bei Theo Waigel nicht vorgesehen war.
({15})
Adolf Roth ({16})
Meine Damen und Herren, mit dem chaotischen Hin
und Her der letzten Monate - das ist in dieser Woche oft
besprochen worden - haben Sie doch letztlich bewirkt,
daß die Öffentlichkeit Zweifel daran anmelden kann und
anmelden mußte, ob die Kernziele Ihrer Regierungspolitik mit einer solchen verfehlten Anlage bereits in der
ersten Etappe überhaupt erreichbar sind. Die Wachstumsrate von 2,8 Prozent im letzten Jahr ist mittlerweile
nahezu halbiert.
Die Arbeitsmarktsituation, auf die Sie als Kernstück Ihrer Regierungsarbeit immer wieder abgehoben
haben, ist - ich muß noch einmal auf die Zahl von 1982
zurückgreifen - in ihrer Deutlichkeit kaum zu übertreffen: 1982 war die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland
in den letzten zwölf Monaten vor dem Regierungswechsel um 600 000 gestiegen - das war damals im heutigen
Westdeutschland -; im Jahr 1998 ist die Arbeitslosenzahl in den letzten zwölf Monaten vor dem Regierungswechsel um 350 000 zurückgegangen. Das ist der Unterschied.
({17})
Dieses Hin und Her, die Eintrübung der Konjunktur und
der Zusammenbruch der wirtschaftlichen Perspektiven
und Wachstumsaussichten sind das Ergebnis Ihrer Politik.
Als Sie zu Jahresbeginn nicht recht weiterkamen, haben Sie die inzwischen reichlich überstrapazierte Formel
vom Übergangshaushalt 1999 gewählt. Damals haben
Sie allerdings noch nicht geahnt, welche unerwartete
Stichhaltigkeit und Aktualität diese Formel vom Übergangshaushalt bekommen würde, nämlich als die Turbulenzen im Zusammenhang mit dem Rücktritt von Oskar Lafontaine Sie politisch niedergestreckt haben.
({18})
Das war die Situation: Erst wurden die Kompetenzen
dieses Ressorts üppig zu einem Superressort aufgepolstert; dann kam es wenige Tage nach der parlamentarischen Vorlage des allerersten Haushaltsentwurfs vor
diesem Hohen Hause zur Flucht aus der Verantwortung.
Das war der schlimmste Verantwortungsboykott, den es
in Deutschland je gegeben hat. Das ist Ihre Ausgangsposition für die weitere Entwicklung.
({19})
Die Verwalter des parlamentarischen Königsrechts des Budgetrechts - sind der Haushaltsausschuß und das
Parlament insgesamt. Diese Souveränität des Parlamentes hat in diesen Wochen eine eindrucksvolle Bestätigung erfahren; denn die Haushaltsberatungen 1999 haben in nahezu vollständiger Abwesenheit einer intakten
Ressortleitung des Bundesfinanzministeriums stattgefunden, sie waren ausschließliche Arbeit des Parlaments.
Ich sage Ihnen bei aller Unterschiedlichkeit der Bewertung: Wir können damit ganz gut leben. Wir hatten auch
ohne die Ressortspitze nicht eine Sekunde Anlaß dazu,
unseren Beratungsfahrplan zu ändern.
Herr Minister, Sie haben vorgestern dem Hohen Hause mitgeteilt, daß Sie sich in den ersten Wochen Ihrer
Amtstätigkeit erst einmal einen Überblick über die Lage
verschafft haben - mehr haben wir an Einflüssen aus
Ihrer Richtung auch nicht verspüren können.
Das ist das Unaufrichtige an der ganzen Strategie, die
wir in der Außendarstellung in dieser Woche erlebt haben: Vor der Bundestagswahl hieß es, Deutschland
braucht einen neuen Anfang.
({20})
- Klatschen Sie nur! - 130 Tage später konnte man hören: Deutschland und Schröder brauchen eine zweite
Chance. Jetzt, 180 Tage später, teilt der neue Finanzminister dem Hohen Hause mit: Freunde, die eigentliche
Vorstellung beginnt erst im nächsten Jahr, im Jahr 2000;
wir brauchen jetzt zur Einschätzung der aktuellen Politikgestaltung keine entscheidenden Regierungsschritte
zu unternehmen.
Der neue Bundesfinanzminister hat sich vor diesem
Haus in einer für mich als Beobachter seiner vorherigen
politischen Tätigkeit etwas ungewohnten Rolle präsentiert. Er ist sozusagen als Terminator der Finanzpolitik,
als gnadenloser Tabubrecher mit folgenden Sprüchen
aufgetreten: Nieder mit den Neuschulden; Abbau der
Neuschulden; Sparen bis zum Abwinken. Es hat sich ein
zeitlich und inhaltlich völlig neuer Horizont der Finanzpolitik eröffnet. - Wenn man aber dann den Debatten
gelauscht hat, hörte man aus dieser Ecke immer die Musik: Jetzt konnten wir noch nicht so richtig aufdrehen,
weil ihr uns nicht genug Geld in der Kasse gelassen
habt, aber im nächsten Jahr werden wir originär rotgrüne
Haushaltspolitik und Politik in Deutschland gestalten! Mit dieser Formel werden Sie nicht weiterkommen.
({21})
Am 21. April hat es im Haushaltsausschuß eine erste Begegnung mit dem Finanzminister gegeben. Er
wird sich gefragt haben: Sind die immer so harmlos?
Sind die immer so freundlich? Ich kann Ihnen für die
entspannte Atmosphäre zwei Gründe sagen. Der erste
Grund: Wir Haushaltspolitiker sind von unserem ganzen
Naturell her sehr verträgliche, aufgeschlossene Menschen,
({22})
die auch im Umgang mit neuen Regierungsmitgliedern
wissen, was sich gehört.
Ich muß allerdings die Einschränkung machen: Wir
sind nur so lange so freundlich, solange man uns nicht
reizt, Herr Bundesfinanzminister. Wären Sie an diesem
Tag etwas aus Ihrer blumigen Abstraktion herausgegangen, hätten Sie nicht nur wolkige, allgemeine Andeutungen mit dem permanenten Hinweis gemacht, auf gar
keinen Fall das Geheimnis Ihrer Regierungsabsichten zu
lüften, wären Sie also konkret geworden - dann wären
wir auf unserem Posten gewesen. Das werden wir aber
dann sein, wenn Sie am 30. Juni wieder im Haushaltsausschuß sind und Ihr großes Wunderpaket der zusammengefügten Perspektiven rotgrüner originärer HausAdolf Roth ({23})
halts- und Finanzpolitik für die nächsten Jahre vorlegen;
das sichere ich Ihnen zu.
Der zweite Grund - er ist vielleicht etwas ernsthafter
-: Sie haben dem Haushaltsausschuß gegenüber ein offenes Eingeständnis gemacht. Sie haben nämlich gesagt,
daß unter allen staatlichen Ebenen der Bund mit seiner
Finanzausstattung bekanntlich am schlechtesten dran sei
und daß dieser Zustand nicht in den letzten viereinhalb
Monaten entstanden sei. So habe ich mir den Satz aufgeschrieben. Herr Bundesfinanzminister, das ist ein bemerkenswertes Eingeständnis des ehemaligen SPDFinanzkoordinators im Bundesrat, der für viele Entwicklungen in unserem bundesstaatlichen Finanzgefüge,
die wir in den letzten Jahren erlebt haben, mitverantwortlich war.
({24})
Ich will das noch einmal zu Protokoll geben, Herr Finanzminister, weil auch namhafte Haushaltspolitiker der
sozialdemokratischen Fraktion
({25})
genau diese Einschätzung seit Jahren im Haushaltsausschuß und auch hier im Plenum vertreten haben.
Unser Hauptvorwurf an Ihre Adresse war immer: Die
Verweigerung bundesstaatlicher Finanzverantwortung Herr Staatssekretär Diller, da nehme ich Sie besonders
ins Visier - unter Mithilfe der strukturellen Mehrheit im
Bundesrat in den letzten zehn Jahren gehörte zu den
schwerwiegendsten Fehlern, die Sie in Ihrer Anlaufphase zur Regierungsübernahme gemacht haben. Allerdings
werden Sie heute von diesem Fehler eingeholt und zahlen dafür Ihren Preis.
({26})
Herr Eichel, Sie haben als Verantwortlicher im Bundesrat zehn Jahre lang - dies ist der zehnte Haushalt seit
Beginn des Wiedervereinigungsprozesses - eine aktive
Politik als Gegengewicht zu der Bonner Politik auf Ihr
Panier geschrieben. Das war der Kern Ihrer politischen
Strategie. Wenn Sie dies heute als Bundesfinanzminister
auszubaden haben, ist unser Mitgefühl Ihnen gegenüber
reichlich eingeschränkt.
Meine Damen und Herren, Sie haben jede Konsolidierung verweigert. Sie haben nichts dazu beigetragen,
die Finanzierungsdefizite zurückzuführen. Sie haben gerade in den Jahren, in denen die Ausweitung der Finanzierungsdefizite im Zusammenhang mit dem deutschen
Einigungsprozeß unausweislich gewesen ist, den Versuch gemacht, in die Haushaltsgesetzgebung des Bundes
einzugreifen. Der Zeuge dieses Versuchs sitzt hier auf
seinem Abgeordnetenplatz: Theo Waigel. Der Bundeshaushalt sollte über den Bundesrat gekippt und verändert
werden.
({27})
Kein Komma ist geändert worden. Aber ihr Verhalten
hat uns damals in einer schwierigen wirtschaftlichen
Zeit Monate gekostet, Monate mit einer vorläufigen
Haushaltsführung, die ausgesprochen negative Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung gehabt
hat.
({28})
Deshalb sage ich mit großem Selbstbewußtsein: Wir
haben uns durch diese zehn Jahre durchgekämpft. Theo
Waigel ist der Architekt des europäischen Stabilitätspaktes gewesen. Er hat mit unserer Mehrheit die Stabilitätskriterien des Maastrichter Vertrages eingehalten,
gegen alle negativen Ankündigungen. Diesen Erfolg
werden wir uns von Ihnen nicht wegreden lassen.
({29})
Ein Weiteres, Herr Bundesfinanzminister - ich denke,
das muß ich Ihnen als langjährigem Ministerpräsidenten
nicht in Erinnerung rufen -: Es ist ein Fakt, daß sich der
Anteil des Bundes am gesamtstaatlichen Steueraufkommen in den Jahren von 1991 bis 1998 von damals
48 Prozent auf nur noch 41 Prozent zurückentwickelt
hat. Im gleichen Zeitraum hat sich der Länderanteil um
genau diese 7 Prozentpunkte von 34 Prozent auf ebenfalls 41 Prozent erhöht. Das heißt, umgerechnet auf das
heutige Steueraufkommen im Haushaltsjahr 1999:
Knapp 60 Milliarden DM sind, wenn man die alten und
die neuen Haushaltsstrukturen und Steuerverteilungen in
Deutschland vergleicht, vom Bund auf die Länder übergegangen, und zwar in einer Zeit, in der wir jährlich
60 Milliarden DM höhere Rentenaufwendungen zu finanzieren hatten, in einer Zeit, in der die Aufwendungen
für die Umstrukturierung der Arbeitsmärkte im wiedervereinigten Deutschland auf das Fünffache angestiegen
waren, in einer Zeit, als wir den Kohlepfennig finanzieren mußten und viele andere Sonderlasten zu tragen
hatten.
({30})
Herr Bundesfinanzminister, ich habe diese Rechnung
aufgemacht, weil ich es wirklich für nicht in Ordnung
gehalten habe - um es ganz neutral auszudrücken -, daß
Sie die Stirn hatten, in dieser Woche vor dieses Parlament zu treten und die 500 Milliarden DM kommunistischer Erblastschulden der DDR dem damaligen Bundesfinanzminister Theo Waigel in die Schuhe zu schieben.
({31})
Sie haben von einem von der Vorgängerregierung aufgehäuften Schuldenberg von 1 500 Milliarden DM gesprochen.
({32})
Sie sind ein Meister in Fußnoten- und Nettoberechnungen, und ich weiß nicht, was Sie sonst noch alles zustande bringen. Es ist nicht anständig, so miteinander
umzugehen, wenn man weiß, welche Lasten dem Bund,
auch durch die Machtverhältnisse im Bundesrat, in diesen Jahren aufgebürdet worden sind.
({33})
Adolf Roth ({34})
Am gleichen Tag, Herr Finanzminister Eichel, hatte
dieses Parlament in abschließender Lesung das Unkenntlichmachen der kommunistischen Erblastschulden
der DDR in der Finanzstatistik des Bundes per Gesetz zu
beschließen. Sie haben unter dem Deckmantel der sogenannten Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit per
Gesetz das, was Sie über Jahre hinweg kritisiert haben,
wenn gewisse Streckungen notwendig waren, zum Dauerzustand gemacht, und zwar aus zwei Motiven heraus:
zum einen, um die Schulden pauschal Ihrer Vorgängerregierung in die Schuhe schieben zu können, zum anderen, um sich einen zusätzlichen Finanzierungsspielraum
im Bundeshaushalt zu schaffen.
Zu den Tilgungsleistungen der letzten Jahre: Es sind
immerhin 48 Milliarden DM der Erblastschulden seit
1994 getilgt worden, und zwar nicht nur durch Bewertungsgewinne der Deutschen Bundesbank. Auch mit regulären Haushaltsmitteln ist ein Betrag von knapp
15 Milliarden DM getilgt worden, und zwar im Rahmen
des gegebenen Kreditrahmens.
Genau das wird mit diesem Gesetz unkenntlich gemacht. Sie wollen das, was an Abfinanzierung innerhalb
einer Generation vereinbart worden war, aussetzen, um
sich selber einen höheren Ausgabenspielraum zuzumessen.
({35})
Deshalb, glaube ich, ist der Ruf des Erfinders der neuen
Sparsamkeit und des Entdeckers der deutschen Sparpolitik - so schimmerte es in manchen Kommentierungen fast schon durch - etwas voreilig.
({36})
Wenn Sie sich wirklich drei Wochen lang um einen
Überblick bemüht haben - das bestreitet Ihnen niemand -,
dann werden Sie auch festgestellt haben, daß zwischen
1993 und 1998 die Bundesregierung Helmut Kohl mit
dem Finanzminister Theo Waigel einen außerordentlich
strikten Konsolidierungskurs gefahren ist. Die Ausgaben
des Jahres 1998 waren vom Niveau her nicht höher als
die Ausgaben des Jahres 1993. Sie müssen also mit diesem Kurs nicht erst anfangen, sondern Sie wären gut beraten gewesen, wenn Sie diesen Kurs fortgesetzt hätten,
statt jetzt mit einem expansiven Schritt in die andere
Richtung zu gehen.
({37})
- Die Zahlen sprechen eine deutliche, nicht widerlegbare Sprache, Herr Kollege Schmidt: Der letzte Haushalt
der Bundesregierung von Helmut Kohl hatte mit einer
Ausgabenquote von 12 Prozent des Bruttoinlandprodukts den niedrigsten Ausgabenanteil seit 50 Jahren, und
das am Ende dieses schwierigen Wiedervereinigungsjahrzehnts. Das ist die Wahrheit.
({38})
Sie prangern heute kritisch an, daß Deutschland in
diesen zehn Jahren im Durchschnitt ein vorübergehend
um 1,3 Prozent höheres staatliches Finanzierungsdefizit
hatte als in den Jahren vor der Wiedervereinigung - es
hat damit übrigens im europäischen Umfeld eine absolut
unauffällige Entwicklung genommen -, mit dem Ergebnis, daß 1998 das Finanzierungsdefizit mit 2 Prozent Herr Minister, Sie sollten durchaus die Darlegung der
Zahlen für einen Moment verfolgen - niedriger gewesen
ist als zehn Jahre davor, vor dem Fall der Mauer im Jahre 1988. Tatsächlich ist das die authentische Schlußbilanz, von der Sie so oft in negativer und abschätzender
Form öffentlich geredet haben. Das lassen wir Ihnen
nicht durchgehen.
({39})
Meine Damen und Herren, Sie wollen das bestreiten,
aber Sie werden es nicht bestreiten können. Deshalb sind
wir auf die Politik, die Sie in den nächsten Wochen und
Monaten vorbereiten, gespannt. Wir sind sehr gespannt,
wie Sie aus dem konzeptionellen Dickicht Ihres ersten
Regierungshalbjahres herausfinden. Für mich ist sicher diesen Punkt möchte ich am Ende auch noch ansprechen -,
daß die uns durch die Vertragsverpflichtungen von Maastricht auferlegte Nachhaltigkeit der Finanzpolitik nicht
nur - was in Ordnung ist und was von uns mit Sicherheit
mitgetragen wird - quantitative Einschnitte fordert, sondern uns auch eine qualitative Veränderung unserer
Staatstätigkeit und insbesondere eine Veränderung unserer heutigen bundesstaatlichen Finanzverfassung abverlangt.
Sie haben gesagt, wir müßten wirtschaftlich gute Jahre - offenkundig rechnen Sie alsbald damit; im Moment
sieht es nicht danach aus - zur Konsolidierung nutzen.
Die Wahrheit in allen parlamentarischen Demokratien mit dieser Erfahrung stehen wir leider nicht allein - ist,
daß wirklich wirkungsvolle Konsolidierungsstrategien
regelmäßig erst dann funktioniert haben, wenn den jeweiligen Parlamenten und Regierungen - ich sage das
einmal so vorsichtig - die Verhältnisse etwas eng geworden sind. Das war 1974/75 so, das war in den Jahren
1981 bis 1983 so, und leider war das Mitte der 90er Jahre auch so, als wir zu unserer Konsolidierungsstrategie
gezwungen waren, die wir zu einem guten Ergebnis gebracht haben.
({40})
- Ja, wir werden auf Ihren Datenkranz mit Geduld und
Gelassenheit warten, Herr Kollege Diller.
Ich halte es für einen schwerwiegenden Fehler, daß
die neue Bundesregierung die notwendige Neuordnung
unserer Finanzverfassung überhaupt nicht thematisiert,
sie auf die lange Bank schiebt und lediglich eine Kommission bildet. Sie haben in Ihrem ergreifenden Grundsatzreferat in diesem Hause kein einziges Wort dazu gesagt.
({41})
Mit der im Koalitionsvertrag festgelegten Festschreibung richten Sie sich auf Jahre hin auf eine Verhärtung
der bestehenden Verhältnisse ein.
Adolf Roth ({42})
Mein Amtsvorgänger, ein Sozialdemokrat, hat den
damaligen Bundeskanzler, Helmut Kohl, bei der Haushaltsdebatte im Herbst 1997 dafür gelobt, daß er in
einem Gespräch mit dem Haushaltsausschuß angekündigt hat, das vorrangigste und wichtigste Thema der
neuen, nämlich dieser 14. Legislaturperiode sei eine politische Generalbetrachtung des bundesstaatlichen Finanzsystems unter Einschluß aller Ebenen. Dazu gehört
insbesondere eine Bewertung der Situation in unseren
Gemeinden, also nicht allein im Bund und in den Ländern. Mein Amtsvorgänger hat damals triumphierend
gesagt: Dazu wird es gar nicht mehr kommen; diese
Aufgabe nehmen wir Ihnen ab. Die neue Regierung hat
das aber nicht thematisiert; sie hat es auf die Bank geschoben. Ich möchte Ihnen prophezeien, daß Sie ohne
den Wettbewerb unter den Bundesländern, ohne die Entflechtung der Aufgaben und ohne die Stärkung der Verantwortung der einzelnen Ebenen in unserem Staat nicht
vorankommen. Deshalb sollten Sie sich wenigstens bemühen, erste Schritte zu einer solchen Neuordnung zu
machen. Ich rate ihnen dringend, die Beseitigung der
Mischfinanzierung und die Beseitigung der Gemeinschaftsaufgaben dabei als erstes in Betracht zu ziehen.
({43})
Ich möchte eines ohne Polemik sagen. Herr Bundesfinanzminister, niemand in diesem Hause und wahrscheinlich kaum jemand in der Öffentlichkeit will, daß
Sie in die politischen Fußstapfen Ihres Vorgängers treten. Die spannende Frage ist jedoch, ob es Ihnen gelingen wird, aus diesen Fußstapfen herauszukommen. Das,
was in dieser Woche in der Haushaltsdebatte im Parlament abgelaufen ist, spricht dafür, daß Sie vom Ansatz
einer solchen neuen Entwicklung noch meilenweit entfernt sind.
({44})
Weil das so ist, werden wir diesen Haushalt nicht mittragen, ihn in dritter Lesung ablehnen und werden Sie
sich darauf einrichten müssen, einen sehr kritischen
Kontrapartner auf den Bänken der Opposition zu haben.
Bevor ich abtrete, möchte ich ein Wort des Dankes
sagen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den
Ministerien sowie beim Bundesrechnungshof und besonders - wenn ich meinen Blick nach hinten richte, sehe ich sie dort noch zu später Stunde sitzen - an die
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Sekretariat
des Haushaltsausschusses, die ihre Arbeit weit über den
üblichen Rahmen ihrer Verpflichtungen hinaus geleistet
und die mit Bravour Ordnung in die Flut unserer Anträge, Berichte und Unterlagen gebracht haben.
({45})
Sie haben den störungsfreien Ablauf gesichert. Sie haben uns beraten, sie haben uns geholfen. Dafür sind wir
ihnen sehr dankbar.
Damit möchte ich für meinen Teil sagen: Wir sind
jetzt in einer noch nicht definierten Phase der deutschen
Finanzpolitik. Es wird in den nächsten Jahren sehr spannend werden. Aber wir werden mit aller Entschlossenheit dafür kämpfen, daß wirklich eine Wende in der
Finanzpolitik, auch im Gefüge zwischen dem Bund und
den Ländern, in Deutschland eintritt. Wir werden Ihnen
nämlich abverlangen, daß Sie das, was Sie vor diesem
Hause angekündigt haben, auch in der Praxis Ihrer Regierungsarbeit durchsetzen.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
({46})
Für die
SPD-Fraktion spricht jetzt der Kollege Hans Georg
Wagner.
Herr Präsident! Meine
sehr verehrten Damen und Herren! Bei aller Wertschätzung, Herr Kollege Roth, muß ich Ihnen sagen, daß das
- für mich überraschend - die erste extrem parteipolitisch gefärbte Rede eines Vorsitzenden des Haushaltsausschusses gewesen ist, in klarer Überschreitung Ihrer
Kompetenzen.
({0})
Ich habe nichts dagegen, will Sie auch nicht politisch
isolieren, aber wir werden darauf zurückkommen müssen. Manches in Ihrer Verhandlungsführung erklärt sich
am heutigen Abend.
({1})
- Herr Glos, Sie waren ja nicht dabei, Sie können nicht
mitreden. Setzen Sie sich bitte hin! Sie müssen hier
nicht herumstehen.
Seit Dienstag habe ich eines gelernt. Ich war bisher
der Auffassung, daß es Menschen gibt, die ein Langzeitgedächtnis haben, und Menschen, die ein Kurzzeitgedächtnis haben. Von Dienstag bis heute habe ich erlebt,
daß es auch Menschen gibt, die überhaupt kein Gedächtnis haben. Das sind nämlich Sie auf der rechten
Seite des Hauses, gedächtnislose Gesellinnen und Gesellen, die nicht wissen, daß sie bis zum 27. September
1998 die Mehrheit hatten. Alles, was Sie heute für die
letzten sieben Monate gefordert haben, hätten Sie längst
erledigt haben können. Sie haben nichts davon getan.
({2})
Das kann daran gelegen haben, Herr Kollege Waigel,
daß Ihr Freund und Oberbefehlshaber aus München in
dieser Haushaltsdebatte heute nicht hier war, so daß Sie
nicht gewußt haben, was Sie eigentlich sagen sollten.
({3})
Aber vielleicht ist er beim nächstenmal wieder dabei,
dann geht es geordneter zu.
Eines ist doch klar: Nachdem überhaupt keine Alternativen sichtbar wurden, nachdem überhaupt keine konkreten Vorschläge gemacht wurden,
({4})
Adolf Roth ({5})
sondern nur Erhöhungsanträge gestellt worden sind,
muß ich Ihnen sagen: Das hängt damit zusammen, daß
Ihr Oberbefehlshaber nicht da war.
({6})
Wie es bei Ihnen aussieht, steht doch heute zum
Beispiel in den bedeutenden „Lübecker Nachrichten“.
Dort steht die Überschrift: „Schäuble muß mehr tun“.
Ich zitiere jetzt einmal diesen Artikel, weil er so schön
ist:
Die Junge Union … hat den CDU-Vorsitzenden
Wolfgang Schäuble angegriffen: Er tue zu wenig,
({7})
um die Partei aus ihrem politischen Tief herauszuholen und sie programmatisch zu erneuern. In der
Partei herrsche „unproduktiver Stillstand“,
({8})
- das kann ich ausdrücklich bestätigen warfen die JU-Bundesvorsitzende Hildegard Müller
und der schleswig-holsteinische JU-Chef Oliver
Frankenberg Schäuble vor. Frankenberg sagte den
LN, die CDU dürfe sich nicht von dem Wahlerfolg
in Hessen sowie den günstigen aktuellen Umfragewerten täuschen lassen und sich einer falschen
„Wir-sind-wieder-da“-Stimmung hingeben.
Er forderte Schäuble auf, sich entschlossen für Veränderung und Fortentwicklung der CDU einzusetzen - „wie vor zwei Jahren als Fraktionsvorsitzender“. In der Innenpolitik müsse die Union verlorene
Kompetenz zurückgewinnen. „Die grandios verlorene Bundestagswahl war kein Ausrutscher“, betonte Frankenberg.
Recht hat er, so ist es in der Tat.
({9})
Kraft- und saftlos in der Opposition, ohne irgendeine
eigene Initiative. Das sind Sie, wie Sie es in den letzten
16 Jahren in der Regierung gewesen sind, auch in der
Opposition gewesen: saft- und kraftlos!
({10})
Wir reden nachgewiesenermaßen über ein strukturelles Defizit.
({11})
- Herr Kollege Waigel, ich höre den Zwischenruf schon.
Ich komme nachher bei Ihnen vorbei und erzähle es
Ihnen.
({12})
Sind Sie damit einverstanden? - Danke. Dann erzähle
ich Ihnen, wie es Oskar Lafontaine geht. Es geht ihm
übrigens gut. Ihm geht es besser als Ihnen. Denn Sie
sind ja noch saft- und kraftlos hier im Bundestag; das
hat er jetzt nicht mehr nötig.
({13})
Das strukturelle Defizit, Herr Waigel, das Sie uns
hinterlassen haben, beträgt 30 Milliarden DM. Wenn
man die gewinnfinanzierten Investitionen hinzuzählt,
sind es 90 Milliarden DM, die eigentlich aus diesem
Haushalt erwirtschaftet werden müßten, um den Haushalt wieder auf eine ganz solide Grundlage zu stellen.
Sie haben diese 90 Milliarden DM so oder so zu verantworten. Sie sollten nicht darum herumreden.
Ich möchte zur Erinnerung auch des Kollegen Roth
noch auf folgendes hinweisen: 1982, zum Ende der sozialliberalen Koalition unter Helmut Schmidt, lag die
Verschuldung bei 300 Milliarden DM. Sie haben es bis
1990 geschafft - ohne Einheit -, diesen Betrag auf
600 Milliarden DM zu verdoppeln. Bis heute haben Sie
die Verschuldung auf 1,5 Billionen DM, also 1 500 Milliarden DM, anwachsen lassen. Das ist die Erblast Ihrer
Regierung. Sie, Herr Kollege Waigel, waren neun Jahre
als Finanzminister daran beteiligt.
({14})
Sie haben die längste Zeit, die jemals ein Finanzminister
im Amt war, dazu genutzt, den Schuldenberg unentwegt
ansteigen zu lassen. Das ist Ihr Verdienst, Herr Kollege
Waigel.
Die Zinsbelastung ist mit 25 Prozent so hoch wie
seinerzeit die der Länder Saarland und Bremen. Diese
Länder haben 1992, wie Sie wissen, vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt und gewonnen. Etwas höher
ist die Zinslastquote des Bundeshaushaltes. Da haben
Sie wirklich schön gewirtschaftet. Das kann man Ihnen
bestätigen.
({15})
Wir haben dafür gesorgt, daß die Kosten der Teilentschuldung von Bremen und des Saarlandes in den Haushalt 1999 aufgenommen wurden. Sie haben das damals
in Ihrem Entwurf nicht berücksichtigt. Dafür haben Sie
viele Begründungen angeführt. Ich bedauere, daß damals diesem Entwurf Leute zugestimmt haben, die davon betroffen waren. Sie haben die Kohleregelung nicht
aufnehmen wollen. Das ist jetzt auch gemacht worden;
denn nach der Vereinbarung vom 13. März 1997 mußte
eine klare Finanzierungsregelung für den Abbau der
Subventionen im Steinkohlebergbau bis zum Jahre 2005
geschaffen werden. Ich weiß, daß Sie eine solche Regelung schneller schaffen wollten. Aber erst der Protest der
Bergarbeiter vor unserer Haustür hat dafür gesorgt, daß
diese Regelung geschaffen wurde, die halbwegs sozialverträglich umgesetzt werden kann.
Ich möchte noch eines zum Subventionsabbau hinzufügen: Man muß wissen, daß im deutschen Steinkohlebergbau die einzige Vereinbarung getroffen worden
ist, nach der die Unternehmen Vorleistungen erbringen
und Konzepte über Betriebsschließungen vorlegen
mußten. Wenn jetzt die Regierung - Herr Müller und
Herr Eichel - fordert, daß die deutsche Wirtschaft endlich sagen soll, wo Subventionen abgebaut werden solHans Georg Wagner
len, dann sagen Sie in völliger Übereinstimmung mit der
deutschen Wirtschaft - Sie übernehmen eigentlich wie
immer deren Argumente -: Das soll zuerst die Regierung vorlegen. Damals haben das Saarland und Nordrhein-Westfalen für seine Steinkohlezechen an der Ruhr
Stillegungspläne vorgelegt. Deshalb sage ich: Die beiden Minister haben ihre Forderung zu Recht erhoben.
Die Industrie soll endlich einmal sagen, wo Subventionen abgebaut werden sollen.
({16})
Derjenige, der kassiert, weiß doch am besten, was
man zurückgeben kann. Wenn so bedeutende Wirtschaftsführer und Sprecher von Organisationen wie die
Herren Hundt, Stihl, Philipp und wie sie sonst noch heißen mögen - vielleicht habe ich einen vergessen - sagen,
({17})
das können wir nicht machen, soll die Regierung doch
erst einmal die Gegenfinanzierung der Steuerreform
vorlegen und mitteilen, was wir an Stelle der Subventionen erhalten, dann muß ich darauf antworten, daß das so
nicht geht. Das wird es mit uns und der Koalition so
nicht geben.
({18})
Die alte Regierung hat nur geringe Bereitschaft gezeigt, dieses Thema aufzugreifen. Die Regelung für den
Steinkohlebergbau, die es vor der Vereinbarung vom 13.
März gab, war überstürzt, unüberlegt und in höchstem
Maße unsozial. Das muß man Ihnen auch heute noch
vorhalten, obwohl inzwischen schon einige Jahre ins
Land gegangen sind.
({19})
Wenn man den Subventionsabbau überall so betreiben würde wie im Steinkohlebergbau, dann hätte man
jährliche Einsparungsmöglichkeiten von 140 Milliarden
DM. Diese Zahl stammt nicht von mir, sondern vom
Kieler Weltwirtschaftsinstitut, das im Juli 1998 ein Gutachten über den Stand der Subventionen in der Bundesrepublik Deutschland vorgelegt hat. Ich möchte die
Zahlen aus dem Gutachten einmal nennen: 1997 betrug
das Subventionsvolumen 291 Milliarden DM. Davon
entfielen 187 Milliarden DM auf den privaten Unternehmenssektor.
Der gesamte Bergbau wurde 1997 mit 12,4 Milliarden DM subventioniert. In dieser Summe sind noch
einige Anpassungsgelder enthalten, so daß die Höhe der
Nettosubventionen für den deutschen Steinkohlebergbau
bei 8,9 Milliarden DM lag. Das ist sehr wenig. Das
macht nur einen Anteil von 3,5 Prozent an den Gesamtsubventionen in Deutschland aus. Trotzdem wird der
Bergbau beim Thema Subventionsabbau immer wieder
als erster genannt. Deshalb habe ich heute abend diese
Zahlen genannt, damit jeder weiß, wie es tatsächlich
aussieht.
Ich füge hinzu: Es wäre gut gewesen, wenn Sie auch
noch andere Subventionsbereiche früher in Angriff genommen hätten. In Nordrhein-Westfalen und im Saarland haben jedenfalls die Bergbauunternehmen ihren
Anteil finanziert.
Da ich gerade von Subventionsabbau spreche: Sie
haben damals gesagt, daß der Abbau von Subventionen
für den Steinkohlebergbau eine regionale Aufgabe sei.
Ich sage voraus: In Verbindung mit der Agenda 2000
wird der Abbau von Subventionen in der Landwirtschaft
und der Abbau von Subventionen in anderen Wirtschaftsbereichen eine regionale Aufgabe sein. Das heißt,
der Bund kann nicht alleine die Lasten des Subventionsabbaus tragen; vielmehr müssen auch die in der Hauptsache betroffenen Länder den Subventionsabbau mitfinanzieren, so wie es das Saarland und NordrheinWestfalen getan haben.
({20})
- Es ist jedem unbenommen, was er hier tut. Sie grinsen,
er klatscht nicht. Jeder kann machen, was er will. Es ist
ein frei gewähltes Parlament. Man kann niemandem sein
Verhalten vorschreiben. Sie freuen sich, und Herr Diller
ist nachdenklich geworden, weil er daran denkt, daß
auch Rheinland-Pfalz mit seinen Winzern einen Subventionstatbestand erfüllt. Er denkt über das nach, was
dort passieren wird.
({21})
Wir sollten den Subventionsabbau anpacken, möglicherweise gemeinsam. Das sollte aber nicht nur dort geschehen, wo das Wort „sozial“ steht. Es sollte zuerst
einmal dort geschehen, wo es wirklich niemandem weh
tut. Wenn man so vorgeht, dann dauert es eine ganze
Zeit, bis man zum Abbau sozialer Leistungen gelangt.
Man könnte Milliardenbeträge zum Abbau des Defizits
im Bundeshaushalt heranziehen, wenn man Steuerflucht,
vor allen Dingen Steuerhinterziehung verhindern würde
und Steuerschlupflöcher stopfen würde. Deshalb sollten
wir an die Sache herangehen und versuchen, das zustande zu bringen. Deshalb ran an die Sache!
({22})
Um fair zu sein, sage ich in Richtung derer, die sich
insbesondere mit sozialen Leistungen befassen: Natürlich muß man auch darüber nachdenken, wie man zu
mehr Zielgenauigkeit kommt und wie man dafür sorgt,
daß Mißbrauch abgebaut wird. So wie wir im Bereich
Steuern und in anderen Bereichen Mißbrauch abbauen
wollen, muß es möglich sein, daß der Bezug von sozialen Leistungen nicht mißbraucht wird. Das ist selbstverständlich. Die Fachleute auf diesem Gebiet müssen darüber nachdenken, wie man den Abbau dieses Mißbrauchs erreichen kann.
Herr Minister Eichel, ich bin der Meinung, daß wir
alle freiwilligen Leistungen des Bundes überprüfen
müssen.
({23})
- Herr Kollege Rezzo Schlauch, dazu komme ich noch.
- Adolf Roth hat gesagt, er wolle, daß alle Gemeinschaftsaufgaben - Hochschulbau, Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur; an diese zwei kann ich
mich erinnern - abgeschafft werden. Abgesehen davon,
daß das nicht geht, möchte ich sagen: Es sind immerhin
Gemeinschaftsaufgaben mit freiwilligen Leistungen des
Bundes. Das gilt für den sozialen Wohnungsbau. Im Gesetz heißt es, daß der soziale Wohnungsbau Sache der
Länder ist. Es gibt also schon einige Möglichkeiten, wo
man Einsparungen vornehmen und auf eine Konsolidierungsphase umstellen könnte.
Ich möchte noch ein paar Sätze zum Haushalt selber
sagen. Wir haben die Anteile für Forschungsvorhaben
zugunsten kleiner und mittlerer Betriebe im Haushalt
des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie
um 1 Milliarde DM erhöht. Daß wir gar nicht so
schlecht liegen, entnehme ich unserer künftigen Heimatzeitung, der „Berliner Zeitung“, von heute. Unter der
Überschrift „Mittelstand investiert wieder stärker“ heißt
es dort:
Die mittelständischen Unternehmen investieren
wieder: „Die Lage ist besser als die Stimmung“,
sagte der Vorstandssprecher der bundeseigenen
Kreditanstalt für Wiederaufbau ({24}), Gerd Vogt.
Denn zwischen Januar und April
- also ganz eindeutig in der Zeit dieser Bundesregierung hat die Förderbank des Bundes inländische Investitionskredite in Höhe von 18,6 Milliarden Mark …
zugesagt, das waren sechs Milliarden mehr als im
entsprechenden Vorjahreszeitraum. Davon entfielen
neun Milliarden Mark auf Kredite für kleine und
mittlere Unternehmen, ein Plus von rund 50 Prozent.
({25})
Sie haben drei Tage lang versucht, uns weiszumachen, die mittelständische Wirtschaft investiere nicht
mehr, sie sei enttäuscht und laufe mit Tränen in den Augen herum. Hier steht schwarz auf weiß, daß die mittelständische Wirtschaft unter einer rotgrünen Regierung
investiert. Danke schön, mittelständische Wirtschaft!
({26})
Ich nenne eine weitere Zahl. Täglich gehen in Frankfurt mehr als 1 000 Anträge mit der Bitte um Finanzierung ein. Im März und im April sind es sogar täglich
2 000 Anträge gewesen. Als Europäer finde ich es im
übrigen gut, daß auch kleine und mittelständische Betriebe - das haben wir immer gefordert - in stärkerem
Maße in anderen Ländern der Europäischen Union investieren. Es ist wünschenswert, daß nicht nur die großen
Betriebe in anderen Ländern investieren, sondern daß
auch die mittelständische Wirtschaft in Kooperation mit
der mittelständischen Wirtschaft der anderen EU-Länder
tritt. Ich finde, das ist eine gute Sache.
Wir haben, um auf den Haushalt zurückzukommen,
die Mittel für Friedens- und Konfliktforschung verdoppelt. Früher standen diese Ausgaben in Ihrem
Streichorchester an erster Stelle. Sie haben sie gestrichen, wir haben sie verdoppelt, denn die Zahl der Krisen
ist ja nicht kleiner, sondern größer geworden.
({27})
Ich freue mich auch, daß wir - da mußten wir eine
Auszeit nehmen, wie Sie, Herr Kollege Roth, kritisch
angemerkt haben - für humanitäre Hilfe und für den
Aufbau im Kosovo 300 Millionen DM in den Haushalt
eingestellt haben, zusätzlich zu den Mitteln, die in den
vier Etats Entwicklungshilfe, Inneres, Äußeres und
Verteidigung enthalten sind. Ob die zusätzlichen
300 Millionen DM ausreichen, weiß niemand von uns,
auch Sie nicht.
Verschiedentlich wurde hier davon gesprochen, daß
wir endlich Mittel für den sogenannten Marshallplan ich bin Gerhard Schröder übrigens sehr dankbar dafür,
daß er die Idee eines Marshallplanes für den Balkan
entwickelt hat - einstellen sollten. Ihre Forderung, heute
schon etwas einzustellen, belegt, daß Sie noch nie wußten, wie so etwas geht. Europa müßte Ihnen eigentlich
eine Warnung sein. Theo Waigel hat 1994 den Finanzierungsvertrag, der uns auf Dauer zum größten Nettozahler in der Europäischen Union gemacht hat, wahrscheinlich deshalb unterschrieben, weil er es so gesehen hat,
daß wir Europa bezahlen sollen, damit die anderen mitmachen. Wenn wir aber heute schon sagen, wieviel Geld
wir zu einem Marshallplan für den Balkan beisteuern,
dann reduzieren die anderen von vornherein ihre Beiträge. Es gilt also, zunächst einmal Verhandlungen darüber
zu führen. Wenn es soweit ist, werden wir schon die entsprechenden Geldmittel im Haushalt zur Verfügung
stellen. Ich hoffe dabei auf Ihre Mithilfe.
({28})
Für den militärischen Einsatz haben wir 441 Millionen DM eingestellt. Wir hoffen, daß die Summe ausreicht bzw. geringer ausfällt, aber die Hoffnung ist
wahrscheinlich vergebens, wie Sie alle wissen.
Nun haben Herr Austermann und andere die Woche
über und auch heute mit den Steuermehreinnahmen in
Höhe von 30 Milliarden DM geaast. Ich sage Ihnen jetzt,
wofür wir diese Mehreinnahmen verbraucht haben: Die
Erlöse aus der Umsatzsteuererhöhung zum 1. April letzten Jahres fließen als Zuschuß der Rentenversicherung zu.
Diesen Beschluß, die Mehrwertsteuer um 1 Prozent zu
erhöhen, haben wir im April vergangenen Jahres gemeinsam gefaßt; hierbei handelt es sich um 4 Milliarden
DM. Damit bleiben noch 26 Milliarden DM übrig. Die
Ökosteuereinnahmen dienen der Absenkung der Beiträge zur Rentenversicherung; hier geht es um 8,5 Milliarden DM. Die Abnahme der Privatisierungseinnahmen im Einzelplan 60 als erster Schritt zur Schließung
der strukturellen Lücke macht 9 Milliarden DM aus. Die
Absenkung der Nettokreditaufnahme gegenüber 1998
schlägt mit 3 Milliarden DM zu Buche und die Finanzierung des Ausgabenzuwachses im Bundeshaushalt von
nur 1,2 Prozent mit 5 Milliarden DM. In diesen Bereichen werden, wie Sie sehen können, die 30 Milliarden
DM eingesetzt; sie sind völlig für die eben hier genannten Maßnahmen draufgegangen.
Schon diese wenigen Zahlen belegen, daß Ihre Behauptungen schlichter Unfug sind.
({29})
Versuchen Sie doch nicht die Menschen dadurch zu täuschen, daß Sie den Eindruck erwecken, die Steuermehreinnahmen in Höhe von 30 Milliarden DM stünden ganz
oder zu einem großen Teil für Steuerentlastungen zur
Verfügung. Sie sind nicht mehr da, sondern schon ausgegeben worden.
Es freut mich sehr, daß die Investitionen im Haushalt
nicht zurückgefahren worden sind. Durch sie werden
Arbeitsplätze gesichert und geschaffen. Das gilt für den
Verkehrshaushalt und andere Bereiche, die investive
Aufgaben wahrnehmen.
Dieser Haushalt kann sich sehen lassen.
({30})
Wir werden bei der Vorlage des nächsten Haushaltes sehen, inwieweit Sie bereit sind, zur Konsolidierung des
Bundeshaushaltes das Ihrige beizutragen. In dieser Woche war davon absolut nichts zu spüren.
Schönen Dank.
({31})
Als
nächster Redner hat der Kollege Jürgen Koppelin von
der F.D.P.-Fraktion das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Ich möchte zwei Vorbemerkungen machen:
Zunächst möchte ich auch für die F.D.P.-Fraktion,
einer guten Tradition folgend, den Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern des Haushaltsausschusses für ihre Zuarbeit
und vor allem für die Geduld, die sie mit uns Abgeordneten gehabt haben, meinen herzlichen Dank aussprechen.
({0})
Erlauben Sie mir - das sage ich jetzt einmal, um etwas Stimmung aufkommen zu lassen - außerdem eine
Bemerkung an die Kolleginnen und Kollegen der Union:
Sie hatten ja in dieser Woche den Wunsch geäußert, die
Abstimmung über den Haushalt am Freitag stattfinden
zu lassen. Wenn ich einen Blick auf die Uhr werfe,
glaube ich, daß wir das noch hinbekommen.
({1})
Meine Kolleginnen und Kollegen, der Haushalt ist
mehr als eine Auflistung von Einnahmen und Ausgaben,
er stellt Weichen für die Finanzpolitik und die Gesellschaftspolitik. Er ist natürlich auch Voraussetzung dafür,
daß neue Arbeitsplätze in Deutschland geschaffen werden. Der Herr Finanzminister Nummer zwei dieser Regierung sagte
({2})
- belassen wir es bei Nummer zwei; der andere war ja
nur kommissarisch tätig -, er wolle die Verschuldung
verringern, Veränderungen bei den Ausgaben vornehmen und eine solide Finanzpolitik betreiben. Das ist zu
begrüßen, um so mehr, als man befürchten mußte, daß
sich Deutschland unter dem Finanzminister Lafontaine
international ins Abseits manövrieren und vor allem
finanzpolitisch in einem Sumpf versinken würde.
Da Herr Kollege Wagner, der aus dem Saarland
kommt, eben gesprochen hat, kann ich es mir nun doch
nicht verkneifen, noch ein Wort zu Lafontaine zu sagen.
Sein Verhalten ist meines Wissens bisher einmalig in
der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland gewesen. Da schmeißt der Finanzminister einer Bundesregierung während der laufenden Haushaltsberatungen die
Brocken hin und sucht fluchtartig das Weite. Dann wird
das Finanzministerium kommissarisch vom Wirtschaftsminister geleitet, um dann Hans Eichel übergeben
zu werden. Noch als abgewählter Ministerpräsident
bleibt er so lange im Amt, um der wachstumsschädlichen und arbeitsplatzvernichtenden Steuergesetzgebung
von Rotgrün im Bundesrat zustimmen zu können.
({3})
Das, Herr Eichel, haben Sie getan, obwohl Sie nach der
Wahl gesagt haben, Sie wollten an den Abstimmungen
im Bundesrat nicht teilnehmen. Das waren natürlich
keine besonders guten Voraussetzungen für die Übernahme Ihres neuen Amtes.
Auch Sie, Herr Eichel, tragen Verantwortung dafür,
daß die Ökosteuer nichts anderes ist als das Abkassieren der Bürger.
({4})
Da Sie ja auf uns, auf F.D.P. oder CDU/CSU, nicht hören wollen, zitiere ich einmal jemanden, auf den Sie
vielleicht hören. Gerhard Schröder hat sich zur Ökosteuer 1997 in einem Interview mit dpa - noch als Ministerpräsident - wie folgt geäußert:
Schröder: Die erhoffte Lenkungswirkung zum
Wohl der Umwelt wird nur gering sein. Für die
Bürger in Flächenstaaten wie Bayern ist ein höherer
Benzinpreis aber eine empfindliche Mehrausgabe.
({5})
Die SPD muß dann in Kauf nehmen, daß die Leute
die Schnauze voll von uns haben.
({6})
Ich glaube, wir können dem Bundeskanzler Vollzug
melden. Die Leute haben inzwischen die Schnauze voll.
Von der vor der Wahl versprochenen Entlastung der
Steuerzahler ist ebenfalls nicht viel übriggeblieben.
Kleine Wohltaten wie die Anhebung des Kindergeldes
werden zu Lasten der Unternehmen und damit zu Lasten
der Arbeitsplätze finanziert. Auch dafür, Herr Eichel,
tragen Sie Verantwortung.
Ich muß noch einmal auf einen Punkt zurückkommen, den gestern der Bundeskanzler angesprochen hat.
Er hat uns, der alten Koalition, vorgeworfen, wir hätten
das Thema Steuerreform in unserer Regierungszeit
überhaupt nicht angepackt. Die Wahrheit ist: Es gab in
diesem Parlament Anträge zur Steuerreform von der
F.D.P., der CDU/CSU und auch vom Bündnis 90/Die
Grünen; es gab aber keine Anträge von der SPD.
({7})
Das brauchte die SPD auch nicht, denn das Rezept war
ja einfach: Wir lehnen alles ab und blockieren alles im
Bundesrat. Das war die Methode Lafontaine, und der
jetzige Finanzminister Eichel hatte das als hessischer
Ministerpräsident im Bundesrat als Wortführer der SPDBundesländer umzusetzen. Ich sage es einmal sehr deutlich: Herr Eichel trat im Bundesrat als die Taschenbuchausgabe von Oskar Lafontaine auf. Das ist die
Wahrheit.
({8})
War es nicht Rotgrün, die angetreten waren, auch in
der Haushaltspolitik einen politischen Neuanfang zu
starten? Waren Sie es nicht, die von Haushaltsklarheit
und Haushaltswahrheit gesprochen haben? - Nichts
davon ist übriggeblieben: Da wird die Ausgabenentwicklung schöngerechnet, indem man eine fragwürdige
Unterscheidung zwischen Netto- und Bruttozuwächsen
vornimmt. Nur so gelingt es, den Ausgabenzuwachs
nominell auf 1,2 Prozent zu begrenzen. Da werden
Erblastentilgungsfonds, Bundeseisenbahnvermögen und
Kohleverstromungsfonds in den Bundesetat übernommen. Dies ist auf zweierlei Weise für die rotgrüne Bundesregierung sicher zweckmäßig: zum einen, weil der
Bund ohnehin für die Schulden dieser Sondervermögen
aufkommen muß, zum anderen - und das ist der eigentliche Grund -, weil der Finanzminister jetzt Luft hat,
eine weitere Neuverschuldung vorzunehmen.
Da wird der Bundeshaushalt 1999 in Höhe von rund
23 Milliarden DM durch Einmaleffekte finanziert, indem man rund 17 Milliarden DM aus Privatisierungserlösen aus dem Jahr 1998 in das Jahr 1999 verschiebt und
6 Milliarden DM aus dem Verkauf von Kreditforderungen an die Bahn in den Haushalt einstellt, und so geht
das in einem fort. Ohne diese Mitgift wäre es nicht gelungen, die Neuverschuldung auf 53,5 Milliarden DM zu
begrenzen. Doch wie unsolide Ihre Haushaltspolitik ist,
zeigt die gestrige Entscheidung des Hauptpersonalrats
des Bundeseisenbahnvermögens, den Verkauf von
110 000 Eisenbahnerwohnungen abzulehnen. Damit
fehlen Ihnen plötzlich in Ihrem Haushalt schon wieder
4,6 Milliarden DM.
Wenn Herr Müntefering nun erklärt, dann müsse man
bei den Investitionen streichen, darf man Herrn Müntefering einmal darauf aufmerksam machen, daß er damit
dann allerdings in Schwierigkeiten mit Art. 115 des
Grundgesetzes kommen wird. Er sollte das einmal
nachlesen. Aber vielleicht hat sich Herr Müntefering
noch nicht mit der Haushaltspolitik seiner Regierung beschäftigt. Investitionen zu kürzen, wie Herr Müntefering
es ankündigt, heißt natürlich auch, Arbeitsplätze zu vernichten.
({9})
Bei dieser Politik wundert es nicht, daß die Arbeitsmarktausgaben mehr als reichlich angesetzt werden
und daß die Bundesanstalt für Arbeit mit einem Zuschuß
von 11 Milliarden DM ausgestattet wird. Dieser Zuschuß zeigt doch, daß die rotgrüne Koalition schon jetzt
nicht mehr daran glaubt, daß die Arbeitslosigkeit abgebaut werden kann. Ja, sie rechnet sogar mit einer höheren Arbeitslosigkeit. Anders ist dieser Zuschuß nicht zu
erklären.
Wer, wie die rotgrünen Haushälter, daherkommt und
von einer eingeleiteten Wende in der Finanzpolitik
spricht, der muß anscheinend an Realitätsverlust besonderer Art leiden; denn der Haushalt zeichnet sich durch
Unfähigkeit, Dilettantismus und Schönrederei aus, was
sich wie ein roter Faden durch Ihre Politik zieht. Angefangen mit der Ökosteuer über die Regelungen zur
Scheinselbständigkeit bis hin zu den 630-Mark-Jobs
und zu dieser Haushaltsvorlage: alles Dilettantismus und
Schönrederei, aber keine arbeitsmarktpolitischen Signale.
({10})
Die Wirkung Ihrer Politik ist doch, daß auf Grund der
Neuregelungen zur Scheinselbständigkeit und zu den
630-Mark-Jobs zigtausend Arbeitnehmer kündigen und
Freiberufler und junge Selbständige um ihre Existenz
fürchten müssen. Die Gründung von Existenzen wird
noch zusätzlich durch die Bürokratie bei den Finanzämtern erschwert. Eines erreichen Sie mit Ihrer Politik auf
jeden Fall: die radikale Steigerung von Schwarzarbeit.
({11})
An einer Stelle sind Sie ja schon leiser geworden. Das
nach der Bundestagswahl groß angekündigte „Bündnis
für Arbeit“ ist, so meine ich, inzwischen zu einer reinen
PR-Veranstaltung für den Bundeskanzler verkommen.
Wenn das „Bündnis für Arbeit“ Sinn haben soll, dann
hätten Sie die Gesetze zu den 630-Mark-Jobs, zur
Scheinselbständigkeit und zur Ökosteuer einmal mit den
Betroffenen erörtern sollen. Das haben Sie natürlich
nicht getan.
({12})
Wenn Arbeitsminister Riester erklärt, man dürfe bei diesen Gesetzen vor den Verbänden und deren Kritik nicht
einknicken, dann zeigt das doch, daß Ihnen an der Meinung der Arbeitgeber überhaupt nicht gelegen ist. Sie
liegen doch voll im Gewerkschaftstrend. Der Kollege
Niebel hat schon dargelegt, wie groß Ihre Besetzung bei
den Gewerkschaften ist.
({13})
Jeden Tag kündigen Regierungsmitglieder und Abgeordnete der Koalition Änderungen zu den verkorksten
Gesetzen an. Wann können aber die Betroffenen mit
entsprechenden Veränderungen rechnen? In dieser Frage
haben Sie bisher gekniffen.
Mir und allen anderen ist heute aufgefallen, daß Sie
dem Bundesarbeitsminister einen sehr langanhaltenden
Beifall gegeben haben. Offen gesagt, habe ich gedacht:
Nun verabschieden Sie ihn.
({14})
Denn das letzte Mal, liebe Kolleginnen und Kollegen
von Rotgrün, haben Sie einen so langen Beifall im Hause nach der letzten Rede von Oskar Lafontaine gegeben.
- Danach war er weg.
({15})
Der Bundesarbeitsminister sollte nicht Arbeitsminister heißen, er ist inzwischen ein Arbeitsplatzvernichtungsminister geworden. Das ist die Wahrheit, die wir
hier ansprechen müssen.
Die F.D.P. hat bei den Beratungen in den verschiedenen Ausschüssen immer wieder Vorschläge eingebracht,
die Verbesserungen in der Haushalts-, Finanz- und Arbeitsmarktpolitik bedeutet hätten. Aber alle Anträge sind
abgelehnt worden. Ich verstehe das: Wer wie Rotgrün
ideologisch verblendet ist, der wird sich nicht an den
Realitäten orientieren können.
An dem, was in der SPD-Fraktion passiert, merkt
man, daß Sie sich gar nicht mehr bewegen können. Dafür hat es in diesen Tagen ein Beispiel gegeben. Der
Gewerkschaftsboß der IG BAU, der SPD-Abgeordnete
Wiesehügel, startete in der SPD-Fraktion einen Antrag
zur Wiedereinführung des Schlechtwettergeldes. Darüber schreibt die „Berliner Zeitung“ - ich finde, es ist
ein sehr aufschlußreiches Dokument -:
Das Vorgehen stieß auf heftigen Protest von SPDFraktionschef Peter Struck. Nachdem er den Abgeordneten wegen dessen eigenmächtigen Vorgehens
einbestellt hatte, wies Struck die Initiative im Fraktionsvorstand lautstark mit scharfen Worten zurück.
Im nächsten Absatz heißt es:
Danach schlossen sich weitere Abgeordnete der
Unterschriftenaktion an.
({16})
So läuft das in der SPD. Das ist ein Beispiel für Ihre
Doppelzüngigkeit.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich komme zum
Schluß.
({17})
- Ich danke Ihnen für den Beifall. - Erlauben Sie mir
eine Bemerkung: Früher hat an dieser Stelle für die Sozialdemokraten die Kollegin Matthäus-Maier gesprochen. Wir haben alle zur Kenntnis genommen, daß sie
demnächst aus diesem Hause ausscheiden wird und
einen anderen beruflichen Weg einschlägt. Ich möchte
an dieser Stelle der Kollegin Matthäus-Maier für ihr Engagement im Parlament Dank sagen, auch wenn wir
nicht immer einer Meinung gewesen sind. Ich möchte
ihr vor allem Dank sagen - das werden Sie verstehen für den ersten Teil ihrer Parlamentsarbeit.
({18})
Für den zweiten Teil bedanke ich mich etwas weniger.
Da bitte ich Ingrid um Verständnis. Aber insgesamt
möchte ich einen Dank aussprechen. Sie ist eine engagierte Parlamentarierin gewesen und hat unseren Respekt verdient.
Ich will noch süffisant bemerken: Bei mir wird sie als
die Parlamentarierin in Erinnerung bleiben, die bei allen
Forderungen, die aus der SPD gekommen sind, immer
wieder den Deckungsvorschlag gemacht hat, die Anschaffung des Euro-Fighters abzulehnen. Ingrid, herzlichen Dank.
({19})
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Haushalt 1999
ist eher ein Schritt zurück und nicht nach vorn. Der erste
Haushalt der rotgrünen Koalition ist ein Dokument der
Einfallslosigkeit und der Hilflosigkeit. Er ist unseriös. Er
ist vor allem nicht geeignet, einen wichtigen Beitrag zur
Lösung der Probleme unseres Landes zu leisten. Sie
müssen verstehen, daß wir so einen Haushalt nicht mittragen können und ihn ablehnen.
Vielen Dank.
({20})
Für
Bündnis 90/Die Grünen hat nun der Kollege Matthias
Berninger das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Haushaltsdebatten zu so später Stunde lassen erwarten,
daß der Schlagabtausch der vergangenen Tage in den
alten Schützengräben fortgeführt wird. Offen gestanden
war ich von dem Aufguß, der dabei zum Teil herauskam, von dem, was schon in den letzten Wochen immer
wieder behauptet wurde, etwas enttäuscht.
Eines wurde heute zwischen den Zeilen zugestanden.
Herr Kollege Roth, Sie haben gesagt, Sie wollen dem
neuen Bundesfinanzminister abverlangen, das Angekündigte durchzusetzen. Das, finde ich, ist die Rolle, die ich
mir von der Opposition in Zukunft wünsche. Das ist
auch ein verstecktes Lob für das, was der Bundesfinanzminister in seiner ersten Stellungnahme zum Haushalt 1999 und zu den Perspektiven hier deutlich gemacht
hat.
({0})
Er hat deutlich gemacht, daß es nicht mehr so weitergeht, den Haushalt mal ein bißchen über, mal ein bißchen unter der verfassungsmäßig festgelegten Grenze zu
fahren, wie das sein Vorgänger Waigel mit einer Mischung aus Erhöhung der Schulden und Verkauf von Tafelsilber gemacht hat. Ein Ergebnis der BestandsaufJürgen Koppelin
nahme in den Haushaltsberatungen 1999 ist doch wohl,
daß in den vergangenen 16 Jahren von dem Tafelsilber
der Bundesrepublik Deutschland allenfalls noch ein Espressolöffel übriggeblieben ist. Genau das ist eines der
Grundprobleme, mit denen wir heute zu kämpfen haben.
({1})
Wir werden das Haushaltsloch im nächsten Jahr und
in den Folgejahren nicht mehr durch Privatisierungserlöse, durch Tricksereien oder was auch immer verkleinern
oder die Haushaltsmisere kaschieren können. Es gibt nur
einen Weg, die strukturellen Probleme, die im Haushalt
vorhanden sind und auf die der Finanzminister in seiner
Rede vor zwei Tagen eingegangen ist, anzupacken.
Strukturelles Problem Nummer eins ist die Neuverschuldung. Wir haben angekündigt, den Haushalt ins
Gleichgewicht zu bringen, die Neuverschuldung herunterzufahren. Wir wollen die Neuverschuldung im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung in dieser Legislaturperiode halbieren, was ich schon für ein sehr ehrgeiziges Ziel halte, auch wenn es Herr Lafontaine formuliert hat. Die Halbierung der Neuverschuldung in
einer Legislaturperiode und das Ziel, in den nächsten
acht Jahren einen ausgeglichenen Haushalt zu präsentieren, sind ein ehrgeiziges Vorhaben, das nur dann gelingt,
wenn die Konsolidierungsanstrengungen von dieser Koalition getragen werden.
Nun sagen Sie, Herr Kollege Roth, Sie wollen den
Finanzminister dabei unterstützen, diese Konsolidierungsanstrengungen durchzusetzen. Ich bin neu im
Haushaltsausschuß. Wir als Haushälter der Koalitionsfraktionen haben versucht, zu sparen, bei den einzelnen
Titeln nicht mit globalen Minderausgaben oder ähnlichem zu operieren. Dabei haben wir immer wieder folgende Feststellung gemacht: Abstrakt sind Sie von der
Opposition der Meinung, man müsse kürzen, sparen und
dürfe nicht soviel ausgeben. Bei jedem Kürzungsvorschlag haben Sie aber protestiert und Gegenanträge gestellt, um einzelne Ansätze doch noch zu erhöhen oder
zu verdoppeln.
({2})
Das ist Ihr gutes Recht. Das ist im übrigen auch das Rezept gewesen, mit dem die Opposition 1983 auf die Finanzpolitik der neuen Bundesregierung reagiert hat. Das
können Sie ruhig für eine ganz lange Zeit machen. So
werden Sie auch, Herr Roth - das hoffe ich sehr -, sehr
lange Ausschußvorsitzender bleiben. Aber Sie werden
keinen Beitrag dazu leisten, daß wir den Haushalt wieder ins Gleichgewicht bringen.
Wenn man sich die Beiträge der Kolleginnen und
Kollegen angehört hat, die für den Haushalt nicht direkt
verantwortlich sind, sondern für die jeweilige Fachpolitik, dann hat man festgestellt, daß es sich abstrakt leicht
über die Reduzierung der Neuverschuldung und über
den Schuldenabbau reden läßt. Wenn es aber, so wie
jetzt, konkret wird - jede Kollegin und jeder Kollege
weiß das -, stehen natürlich eine Reihe von Versprechungen, die wir alle gemacht haben, eine Reihe von
Besitzständen, eine Reihe von Wohltaten und eine Reihe
von guten Dingen, die wir durch Staatsausgaben finanzieren, auf dem Prüfstand. Sie werden verstehen, daß
wir nicht unmittelbar nach der Wahl - so wie wir es in
verschiedenen Bereichen gemacht haben; wie ich meine,
nicht immer mit dem größten Erfolg - den Haushalt
komplett umgebaut haben, sondern uns für den Haushalt
1999 Zeit genommen haben, um ihn uns sehr genau anzusehen und zu schauen, ob das, was wir in Oppositionszeiten schon vermutet hatten - nämlich, daß es ein
enormes strukturelles Defizit gibt -, zutrifft, um dann
mit dem Haushalt 1999 die Maßnahmen vorzubereiten,
die im Jahr 2000 folgen müssen. Am Haushalt 2000
messen wir dann auch Ihre Ankündigung, den Herrn Finanzminister zu unterstützen; denn im Haushalt 2000
steht ganz konkret eine veränderte Prioritätensetzung an.
Es steht auch ganz konkret an, daß wir tatsächlich beginnen, mit massiven Einschnitten zu sparen.
Sie von der Opposition gestehen ja auch ein - sei es
in der Kneipe, sei es in den Ausschußsitzungen -, daß
Sie es uns nicht zugetraut hätten, dieses halbe Prozent,
das wir Parlamentarier uns als erstes Ziel gesetzt haben, einzusparen. Ihr Lob für die guten Haushaltsberatungen, Herr Kollege Roth, macht deutlich, daß die
Koalitionsfraktionen hier mit großer Geschlossenheit
etwas erreicht haben - gegen den Widerstand in den
eigenen Reihen und von Lobbyisten. Ein Beispiel von
vielen ist, daß das Branntweinmonopol fällt. Sie gestehen ja ein, daß wir dabei auf einem ganz vernünftigen
Weg sind.
({3})
Im nächsten Jahr wird es schwerer; denn dann wird
ein halbes Prozent Einsparung nicht ausreichen. Dann
müssen wir mehr tun, als dieses halbe Prozent einzusparen. Ein Punkt, der dann eine sehr wichtige Rolle spielen
wird, wird die Reform der Rentenversicherung sein.
Wir bringen den Haushalt nämlich nur dann ins Gleichgewicht, wenn wir neben der Reduzierung der Neuverschuldung die immer stärker wachsenden Ausgaben für
die Alterssicherung in den Griff bekommen. Wenn wir
das nicht schaffen, dann werden Sie uns in den nächsten
Jahren mit Recht kritisieren können, nach dem Motto:
Das Haushaltsvolumen wächst immer mehr, Sie suchen
sich neue Steuereinnahmen - wie etwa durch die Ökosteuer - und wollen die Ausgabenzuwächse in der Rentenversicherung damit finanzieren.
Das ist es nicht, was hinter der ökologischen Steuerreform steht. Da müssen wir alle von seiten der Koalitionsfraktionen den Menschen auch sehr unangenehme
Wahrheiten sagen, zum Beispiel die unangenehme
Wahrheit, daß neben der Umfinanzierung, neben der Finanzierung weg von den Beiträgen hin etwa zu indirekten Steuern - wir meinen, die Ökosteuer ist der richtige
Weg -, auch strukturelle Reformen nötig sind.
({4})
Das wird sehr schwer werden. Der jetzige Finanzminister wird aber scheitern, wenn das nicht gelingt.
({5})
Insofern sage ich Ihnen, daß wir Grünen beim Thema
Rentenreform in den nächsten zwei Jahren sehr genau
hinsehen werden.
Wir werden aber nicht da anschließen, wo Sie aufgehört haben, nämlich die Rentenreform so zu gestalten,
daß vor allem bei den ärmeren Rentnerinnen und Rentnern gekürzt wird. Sie haben vor allem bei denen gekürzt, die es bitter nötig haben, im Alter auch staatliche
Unterstützung zu bekommen. Wir wollen eine Rentenreform machen, die die Lasten gerecht verteilt: nicht nur
zwischen Alten und Jungen, sondern auch innerhalb der
älteren Generation.
({6})
Ich erwarte vom Bundesfinanzminister und vom Bundesarbeitsminister, daß sie hier in den nächsten zwei
Jahren Vorschläge machen, an deren Ende ein modernes, dauerhaftes und für alle Generationen tragfähiges
Rentenversicherungssystem steht.
Wir haben aber nicht nur gekürzt. Das ist etwas, was
diesen Haushalt von den Haushalten unterscheidet, deren Beratungen ich als Oppositionsabgeordneter verfolgen konnte. Ich habe gesehen, daß man immer gesagt
hat: Wir müssen für kommende Generationen sparen.
Damit hat man beispielsweise begründet, daß man nichts
für junge Menschen getan hat, die keinen Arbeitsplatz
bekommen haben.
({7})
Wir haben über Jahre beobachten können, wie der Bildungsetat von der Vorgängerregierung beständig gekürzt
wurde. Ich denke, zur Generationengerechtigkeit gehört, daß man einerseits für kommende Generationen,
andererseits aber auch für die Spielräume der Tagespolitik sorgt, indem man weniger Schulden macht, aber
auch - das scheint mir ebensowichtig zu sein - andere
Akzente setzt. Daher freue ich mich, daß es uns gelungen ist, nahezu 1 Milliarde DM mehr im Bildungsbereich bereitzustellen.
({8})
Das ist dem ehemaligen Herrn Finanzminister - der jetzt
aufsteht -, soweit ich mich erinnere, nie gelungen.
({9})
- Kann ich leider nicht, weil Sie diese zusätzliche Milliarde nie bereitgestellt haben. Im Gegenteil: Herr Rüttgers ist in seinem Bereich letzten Endes immer mit den
meisten Einsparungen nach Hause gegangen. Vor dem
Hintergrund haben Sie an der falschen Stelle gespart und
zu Recht die letzten Wahlen verloren.
Ich glaube, daß dieser Weg, einerseits in bestimmten
Bereichen Akzente zu setzen, andererseits aber auch
mutig zu sparen, der vernünftigste Weg ist. - Wenn Sie
jetzt den Kollegen Metzger ansprechen, Herr Waigel:
Der ist auch der Meinung, daß man Akzente setzen muß;
da müssen Sie nur seine Rede hören.
({10})
Er ist, ebenso wie wir alle in der Koalition, der Meinung, Herr Kollege Waigel, daß einfach nur Sparen
nicht ausreicht, sondern daß man darüber hinaus auch
Akzente setzen muß. Diese Akzente haben wir gesetzt,
indem wir 2 Milliarden DM für junge Leute bereitgestellt haben, die aus der Arbeitslosenstatistik herausgefallen sind und gar nicht mehr als junge Arbeitslose vorkamen. Natürlich kann man sagen, daß von den
2 Milliarden DM nicht jede Mark optimal angekommen
ist. Aber daß der Kollege Austermann in seiner Rede
zum Haushalt gesagt hat, das Programm sei insgesamt
Blödsinn, halte ich für absolut unangemessen und, wenn
Sie sich die Schicksale betrachten, aus meiner Sicht für
zu kurz gedacht.
({11})
Wenn hier die Rede davon ist, daß wir zuviel für aktive Arbeitsmarktpolitik ausgeben, will ich Ihnen sagen: Das halte ich für eine ziemliche Heuchelei. Vor
Wahlen, Herr Kollege Koppelin, ist auch die F.D.P. dabei, die Menschen zu beruhigen und zum Beispiel Programme aufzulegen. Unmittelbar nach der Wahl wollen
Sie die Leute wieder aus dem Arbeitsmarkt, und sei es
nur aus dem zweiten Arbeitsmarkt, herausschicken. Diese Heuchelei machen wir nicht mit. Insofern freue ich
mich darüber, daß wir im Bereich der Arbeitsmarktpolitik auch den Versuch machen, statt der Arbeitslosigkeit
Arbeit und sinnvolle Beschäftigung für die Menschen zu
finanzieren.
({12})
Das ist etwas, was noch über Jahre nötig sein wird, weil
die Arbeitslosigkeit nicht in dem Maße zurückgehen
wird, wie wir uns das alle wünschen.
Die Haushaltsberatungen sind nach dem alten Muster
abgelaufen. Auch wir haben immer wieder darauf hingewiesen, daß die Hinterlassenschaften der Vorgängerregierung unsere Spielräume einschränken. Wir hatten
natürlich auch den einen oder anderen Spagat zu machen, weil auch die Koalitionsfraktionen im Wahlkampf
weit mehr versprochen haben, als sie in der Regierungsverantwortung halten können. Das Thema Wohngeld,
das heute eine Rolle spielte, ist ein Beispiel.
Man sollte die Debatte über den Haushalt 2000 nicht
in diesem Stil fortsetzen. Bei der Debatte über den
Haushalt 2000 steht an, daß wir gemeinsam versuchen,
neue Akzente zu setzen, aber auch zu sparen. Da erwarte
ich von denen, die uns vorhalten, wir würden unsolide
Finanzpolitik machen, Einsparvorschläge statt der Forderung nach Erhöhungen, von denen Sie genau wissen,
daß wir sie nicht realisieren können.
({13})
Ich gehe fest davon aus, daß der neue Kurs, obwohl
es ein unangenehmer Kurs ist, in der Bevölkerung weit
mehr Widerhall finden wird als die Finanzpolitik der
Waigelschen Haushaltslöcher. Ich gehe deshalb fest davon aus, weil die Menschen spüren, daß wir über Jahre
über unsere Verhältnisse gelebt haben und daß wir sie in
der Gegenwart nicht schonen können, wie Sie beispielsweise bei der deutschen Wiedervereinigung versucht haben, die Besserverdienenden zu schonen und
den Großteil der Wiedervereinigung auf Pump zu finanzieren, so daß wir noch heute die Lasten tragen.
({14})
Ich gehe davon aus, daß diese Politik zwar sehr unbequem sein wird, aber zumindest von den Koalitionsfraktionen getragen werden wird. Meiner Einschätzung nach
können wir dann das Ziel erreichen, in dieser Legislaturperiode die Nettoneuverschuldung zu halbieren und
die Spielräume für die Politik zu erweitern, so daß wir
genügend Spielräume haben, um neue Akzente setzen
zu können, Akzente, die in der Haushaltsdebatte immer
wieder deutlich wurden; die 1 Milliarde DM für Bildung
habe ich genannt. Wir haben zum erstenmal das Ungleichgewicht von Investitionen in die Straße und die
Schiene zugunsten der Schiene verändert.
({15})
Es ist uns gelungen, im Bereich der regenerativen Energien 200 Millionen DM zur Verfügung zu stellen, die
die Markteinführung regenerativer Energien fördern.
Das 100 000-Dächer-Programm wird ein sehr ehrgeiziges Programm sein.
({16})
- 1 Million.
Wir haben eine Reihe von Akzenten setzen können,
und wir werden diesen Weg fortsetzen. Aber wir werden
keine Akzente mehr zu Lasten kommender Generationen setzen und deshalb unsere Versprechen darauf ausrichten, daß der Haushalt in Zukunft ins Gleichgewicht
kommt. Ich freue mich, daß der Finanzminister genau
diesen Weg eingeschlagen hat. Es wird der richtige Weg
sein, der auch erfolgversprechend ist.
Vielen Dank.
({17})
Für die
PDS spricht nun die Kollegin Dr. Christa Luft.
Herr Präsident! Verehrte
Kolleginnen und Kollegen! Auch von mir zunächst ein
großes Lob an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des
Ausschußsekretariats für ihre stets umsichtige Arbeit.
({0})
Den Kolleginnen und Kollegen von den Koalitionsparteien möchte ich sagen: Es war auffällig bzw. ein Novum, daß Sie - ganz im Unterschied zu den Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P. während der vergangenen Legislaturperiode - versucht haben, die Hoheit der Mehrheitsfraktionen über den Haushalt zurückzugewinnen. Das war durchaus ein Novum, und das war
bemerkenswert.
({1})
Sie von der CDU/CSU und der F.D.P. haben den Regierungsentwurf früher immer nur durchgewunken. Da gab
es ja nicht einmal irgendwo eine Veränderung um
10 000 DM. Aber ich muß Ihnen von der SPD sagen:
Grund zum Feiern dafür, daß Sie die Neuverschuldung
um 2,7 Milliarden DM abgesenkt haben, haben Sie vermutlich nicht. Ich denke eher, daß das ein Pyrrhussieg
ist. Allein die Kosten für den Kosovo-Krieg, die noch
anfallen werden, werden diese Absenkung zu einem
Pyrrhussieg machen.
Dem neuen Ausschußvorsitzenden, Adolf Roth, habe
ich eigentlich für seine umsichtige und faire Beratungsführung Respekt zollen wollen.
({2})
Ich muß aber sagen, daß diese Fairneß nicht bis zu seiner heutigen Rede angehalten hat. Denn es gibt im
Haushaltsausschuß auch Vertreterinnen und Vertreter
der PDS, die ebenfalls eine anständige Arbeit machen.
Das hätte vielleicht nicht unter den Tisch fallen dürfen,
auch wenn es sich im Moment um eine späte Stunde
handelt.
({3})
Erlauben Sie mir noch eine Bemerkung zur Ausschußarbeit. Wir von der PDS gehörten in der vergangenen Legislaturperiode zur Opposition, und wir befinden uns auch jetzt in der Opposition. Wenn man sich
aus dieser Sicht anschaut, wie nicht nur die Rollen,
sondern auch die Argumente vertauscht worden sind,
dann ist das mitunter sehr absurd. Die früheren Koalitionsabgeordneten und heutigen Oppositionsabgeordneten vergessen, welche Argumente und Forderungen
sie damals hatten. Die neuen Koalitionäre tun dies genauso und vergessen Argumente, die sie in der Opposition hatten.
({4})
Ich will mich nun besonders an die rechte Seite wenden. Wenn heute von Ihrer Seite Anträge auf Ausgabenanhebungen in dreistelliger Millionenhöhe gestellt werden, ohne daß Sie einen einzigen Finanzierungsvorschlag dazu machen, dann müssen Sie noch allerhand
lernen. Denn das haben Sie uns immer vorgeworfen.
Wir haben das inzwischen gelernt.
({5})
Frau
Kollegin Luft, erlauben Sie eine Zwischenfrage des
Kollegen Koppelin?
Ja.
Bitte
schön, Herr Koppelin.
({0})
Frau Kollegin Luft, sind
Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, daß die F.D.P. heute
auch Sparanträge zur Abstimmung gestellt hat? Wenn
nicht, bin ich gerne bereit, Ihnen diese nachher zur Verfügung zu stellen und an Ihren Platz zu bringen.
Die haben Sie heute zur Abstimmung gestellt. Im Ausschuß haben Sie diese Anträge zu einem großen Teil nicht eingebracht.
({0})
Die kommen jetzt in allerletzter Minute. Das sage ich,
um das Bild wieder geradezurücken.
({1})
Jetzt verrate ich Ihnen, vor allen Dingen den Koalitionsabgeordneten, ein Geheimnis: Meine Fraktion wird
diesen Haushalt in der Schlußabstimmung nicht annehmen.
({2})
Wir tun dies nicht deshalb, weil wir zur Fundamentalopposition neigten oder weil wir überhaupt nichts Zustimmungsfähiges fänden. In den Debatten zu den Einzelplänen haben wir gesagt, wo auch wir Zustimmungsfähiges sehen.
Ich nenne Ihnen in aller Kürze unsere hauptsächlichen Ablehnungsgründe und verbinde damit einige inhaltliche Bemerkungen.
Erstens. Dieser erste Haushalt von Rotgrün leitet keine von der Mehrheit dieses Landes erhoffte nachhaltige
Politikwende in Richtung auf soziale und ökologische
Erneuerung ein. Eine Politikwende ist für Sie - das
muß ich insbesondere den Haushaltspolitikerinnen und
-politikern der Grünen sagen - weitestgehend auf den
Einstieg in die Haushaltskonsolidierung geschrumpft.
Das ist natürlich kein unwichtiges Ziel. Das ist völlig
klar. Aber so haben Sie Ihre Prioritäten im Wahlkampf
nicht gesetzt.
({3})
Im übrigen: Eingesparte Zinsen - darum geht es ja,
wenn man die Neuverschuldung absenken möchte muß man irgendwann einmal in ein angemessenes Verhältnis zu Steuerausfällen setzen, die zu erwarten sind,
wenn Subventionen und Investitionen gekürzt werden,
wenn man Stellen streicht und wenn man Kürzungen für
Zuwendungsempfänger vornimmt. Das alles bleibt nicht
wirkungslos. Wir müssen den einen Effekt und den anderen zusammen bilanzieren. Nur dann wird ein Schuh
daraus.
Nun kündigen Sie an, daß die eigentliche Haushaltskonsolidierung erst im Jahr 2000 bevorstehe. Da wird
von drastischem Sparen gesprochen. Sie müssen aufpassen, daß aus solchen Ankündigungen nicht eine Art
Drohkulisse wird und daß sich nicht Unsicherheit ausbreitet, nicht nur bei Zuwendungsempfängern, sondern
auch bei den auf Förderung angewiesenen kleinen und
mittelständischen Unternehmen,
({4})
bei Existenzgründern, bei Rentnerinnen und Rentnern
und bei kranken Menschen.
Zweitens. Die positiven, auch für uns zustimmungsfähigen Akzente dieses Haushaltes werden im kommenden Jahr wahrscheinlich - da muß ich sagen: leider zum großen Teil nicht wiederholbar sein. Sie werden
nicht dauerhaft sein. Sie sind im Gegenteil Einmaleffekte im ersten Jahr der Regierung. Das betrifft auch
das in diesen Debatten - wie ich finde, zu Recht - hochgelobte, auch von uns begrüßte Sonderprogramm zur
Ausbildung und Beschäftigung von 100 000 jungen
Leuten. Wir brauchen nur jeden Tag einen Blick in die
Zeitungen zu werfen. Ich sage Ihnen eine einzige Zahl:
In den neuen Bundesländern ist jetzt schon klar, daß das
Angebot an betrieblichen Ausbildungsplätzen 1999 das
Angebot von 1998, das schon bescheiden genug war,
noch einmal um 10 Prozent unterschreiten wird.
({5})
Viele der jungen Leute, die jetzt dank dieses Programms
in eine Ausbildung oder eine Beschäftigung kommen,
werden wir also wahrscheinlich im kommenden Jahr um
diese Zeit wieder als Arbeitslose auf der Straße finden,
weil sie keine Anschlußbeschäftigung oder Anschlußausbildung in einem Betrieb finden.
({6})
Drittens. Bei einer ganzen Reihe von aufgestockten
Titeln haben Sie sich leider verweigert, auch einmal einen neuen Weg zu gehen. Sie sind, was die aktive Arbeitsmarktpolitik betrifft, im Grunde bei den EinjahresABM geblieben. Wir hatten vorgeschlagen, wenigstens
einmal zu probieren, in personalintensiven Bereichen,
die nicht rationalisierbar sind und die folglich von privaten Unternehmen als wenig attraktiv angesehen werden, einen Einstieg in eine öffentliche Beschäftigungsförderung vorzunehmen und damit Dauerarbeitsplätze
zu schaffen.
({7})
Das haben Sie abgelehnt. Wir bedauern das zutiefst.
Im übrigen brüskieren Sie damit auch Genossinnen
und Genossen aus Ihren eigenen Reihen. Ich zitiere nur
Frau Simonis, sozialdemokratische Ministerpräsidentin
von Schleswig-Holstein. Wir wollen sie nicht für uns
vereinnahmen. Aber auch sie spricht davon, daß wir
ohne eine öffentlich geförderte Beschäftigung in bestimmten personalintensiven Bereichen, insbesondere
bei humanen Dienstleistungen, nicht aus dieser
schlimmen Massenarbeitslosigkeit herauskommen
werden.
Absolute Kontinuität - auch das ist ein Grund für uns,
diesen Haushalt abzulehnen - wahrt Rotgrün beim Verteidigungshaushalt. Die meisten von uns, die wir hier
sitzen, werden sich erinnern, welche Vorkämpferin für
den Verzicht auf die Anschaffung des Eurofighters Frau
Matthäus-Maier immer gewesen ist.
({8})
Verzicht auf die Anschaffung des Eurofighters und
Frau Matthäus-Maier - das war sozusagen ein Zwillingspaar. Jetzt ist es leider so gekommen, daß Frau
Matthäus-Maier geht und der Eurofighter kommt. Uns
wäre es umgekehrt lieber gewesen.
({9})
Ich komme zum letzten Punkt. Wir kritisieren, daß
die neue Koalition zwar sehr viele Ausgabenposten viele davon natürlich zu Recht - auf den Prüfstand gestellt hat, sich aber bei den möglichen Einnahmequellen
einfach den Schneid hat abkaufen lassen. Sie haben
nicht von Anfang an das getan, was zu Oppositionszeiten auch von der SPD und von sehr vielen Bündnisgrünen immer gefordert worden ist, nämlich die private
Vermögensteuer sofort wieder zu erheben. Das haben
Sie versäumt. Das wäre zwar keine Einnahmequelle für
den Bund gewesen; aber das hätte die Länderhaushalte
konsolidiert. Dann wäre manches kozufinanzierende
Projekt besser auf den Weg zu bringen gewesen.
({10})
Sie haben leider auch nicht den Konsens mit den
Ländern über die Einstellung von zusätzlichen Betriebsprüfern und Steuerfahndern gesucht. Experten
nennen Ihnen die Summen, die damit hereinzuholen wären.
Frau
Kollegin Luft, ich bitte, zum Schluß zu kommen.
Ich bin sofort fertig.
Es gibt Bundesrechnungshofsberichte, die auf die
Verschwendung von Steuermitteln hinweisen. Auch dies
wäre ein Handlungsfeld für die neue Koalition gewesen.
Lassen Sie uns in der nächsten Runde nicht nur die
Ausgabenposten weiter kritisch unter die Lupe nehmen!
Lassen Sie uns gemeinsam auch daran arbeiten, wie wir
zu Einnahmenverbesserungen für diesen Haushalt kommen!
Danke schön.
({0})
Als
letzter Redner in dieser Haushaltsdebatte hat das Wort
der Bundesfinanzminister Hans Eichel.
({0})
Bei dieser Gelegenheit möchte ich darauf hinweisen,
daß im Anschluß fünf namentliche Abstimmungen und
eine Reihe weiterer einfacher Abstimmungen stattfinden.
Ich bitte Sie, ein wenig Ruhe zu bewahren, damit
diejenigen, die zuhören wollen, der Rede des Bundesfinanzministers folgen können. Ich denke, er wird es Ihnen danken, indem er die Redezeit einhält.
Bitte schön, Herr Minister.
Herr
Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich
werde es Ihnen danken, indem ich meine Redezeit nicht
einhalte. Ich werde sie stark verkürzen,
({0})
da es keinen Sinn macht, am Ende der Debatte alles zu
wiederholen - und sei es nur in Kurzfassung -, was wir
in den letzten Tagen diskutiert haben.
Ich möchte von meiner Seite aus dem Haushaltsausschuß herzlichen Dank sagen, der insgesamt, so glaube
ich, eine hervorragende Arbeit geleistet hat. Es ist von
allen Seiten gewürdigt worden, daß er die Aufgabe, unter diesen Bedingungen dafür zu sorgen, daß wir auch
mit weniger Geld auskommen und eine gute Politik machen können, so ernst genommen hat. Dafür will ich
herzlichen Dank sagen.
({1})
Eine weitere Bemerkung richtet sich an Sie, verehrter
Kollege Roth. Ich habe Ihre Rede als gar nicht so polemisch empfunden. Es mag sein, daß die Töne im hessischen Landtag gelegentlich rauher sind. Ich sage nur:
Wenn ich mir Sie angehört habe, dann hätte ich, als ich
hier ankam, zu allen anderen schönen Dingen eigentlich
noch ein hübsches Sparbuch und einen Bausparvertrag
vorfinden müssen. So ungefähr war die Finanzsituation
des Bundes nach Ihren Schilderungen.
({2})
Das wirkliche Problem ist ganz einfach: Oberflächlich betrachtet, stimmen alle Ihre Zahlen. Sie haben nur
schlicht übersehen, daß wir auf einem riesigen Fundament von Schulden stehen.
({3})
Ich habe darauf verzichtet - ich wiederhole das nochmal -,
Schuldzuweisungen zu machen; das ist gar nicht das
Thema. Es ist aber nicht zu leugnen, daß von 1982 bis
heute die Bundesschuld von 300 Milliarden DM auf
1,5 Billionen DM gestiegen ist. Sie haben recht: In diesen Kosten sind die Kosten der deutschen Einheit enthalten. Es ist wahr, daß sich die DDR, die der Bund
einmal als einen großen Zugewinn betrachtet hat - das
müssen wir festhalten -, als Bruchladen herausgestellt
hat und daß aus der Lust plötzlich eine Last wurde. 1990
hätten Sie tun müssen, was Ihnen so viele - auch die
damalige Opposition - geraten haben: Sie hätten auf die
Einkommensteuersenkung, die sie pünktlich zum
Wahljahr vorgenommen haben, verzichten müssen. Sie
hätten sagen müssen: Wir brauchen das Geld für den
Aufbau. Ihnen haben auch die Wirtschaft und der Deutsche Gewerkschaftsbund gesagt: Wir sind bereit, auf die
Steuersenkung zu verzichten; wir sind bereit, Steuererhöhungen zuzustimmen und zu beschließen, weil wir sie
für die Finanzierung der Einheit brauchten. Hätten Sie
das gemacht, säßen wir nicht auf dem großen Schuldenberg, auf dem wir heute sitzen. Das ist die einfache,
traurige Wahrheit.
({4})
Die andere Zahl, die Sie nicht in den Mund genommen haben, betrifft die Verdoppelung der Zins-SteuerQuote, von 12 auf jetzt über 22 Prozent. Fast jede
vierte Mark, die wir einnehmen, ist für Zinsen - ohne
jede Leistung für die Bürger - sofort wieder weg. Das
ist eine dramatische Zahl. Um diesen Sachverhalt
können Sie mit Ihren kleinen Zahlenspielereien nicht
herumreden.
({5})
Das heißt, wir sind eingeschnürt. Folgende Tatsache ist
auch wahr: Der soziale Bereich ist mit 200 Milliarden
DM der größte Brocken. Keiner der Teile dieses Haushaltes kann ungeprüft weitergeschrieben werden.
Herr Kollege Roth, Sie sagten etwas zum Verhältnis
zwischen Bund und Ländern. Bezüglich der Verschiebung muß ich den Kollegen Waigel in Schutz nehmen.
Das, was Sie dazu gesagt haben, wäre, wenn es richtig
gewesen wäre, eine einzige Anklage gegen Ihre eigene
Regierungstätigkeit. Wenn die Länder schon Gauner
sind, Herr Roth, dann lege ich großen Wert darauf, daß
auch der Herr Stoiber, der Herr Teufel und der Herr Vogel dazuzählen. Sie waren immer alle mit dabei.
Ach ja, „windfall profits“ für Niedersachsen hat es
auch gegeben.
({6})
Hinter der betreffenden Zahl, die dramatisch aussieht,
der Verschiebung der Finanzverhältnisse zwischen Bund
und Ländern, steckt im wesentlichen nichts anderes als
die Hereinnahme der neuen Länder in den horizontalen
Finanzausgleich. Das wurde dadurch finanziert - vorher
hatte der Bund die Länder finanziert -, daß der Bund
Umsatzsteueranteile an die Länder übertragen hat. So
konnten die neuen Länder gleichberechtigt in den Länderfinanzausgleich einbezogen werden. Das ist der wesentliche Hintergrund. Insofern muß ich Herrn Kollegen
Waigel da wirklich in Schutz nehmen. Trotzdem stimmt
es, daß der Bund die schlechteste Finanzsituation der
drei Staatsebenen hat.
Jetzt komme ich auf die Rolle des Bundesrates zu
sprechen, weil natürlich auch diese Bundesregierung,
weil natürlich auch ich mit dem Bundesrat arbeiten muß.
Wir hatten gar nicht immer die parteipolitische Situation, wie sie am Schluß gegeben war.
Die Wahrheit, Herr Roth, ist eine ganz andere, nämlich daß wir das föderale Konsolidierungsprogramm, das
die Frage beantworten sollte, wie wir die deutsche Einheit finanzieren können, die Postreform, die Bahnreform
bis hin zu den Jahressteuergesetzen zusammen gemacht
haben. Es gab nur einen großen Streitpunkt: Das war Ihr
Entwurf einer Steuerreform. Das hatte zwei Gründe. Es
war ein schwerer handwerklicher Fehler, eine solche Reform anstatt am Anfang einer Wahlperiode an ihrem
Ende zu machen; das wissen Sie auch selber.
({7})
Der zweite Grund hängt mit der Finanzsituation zusammen, die auch bei den Ländern schlecht ist, aber
noch dramatischer beim Bund ist: daß sich niemand - es
gab da eine klammheimliche massive Unterstützung der
CDU-Ministerpräsidentenkollegen - eine Steuerreform
vorstellen konnte, die zusätzliche Einnahmeausfälle von
30 Milliarden DM bis 40 Milliarden DM verursacht. Das
war der eigentliche Hintergrund.
({8})
Meine Damen und Herren, wir stehen da vor einer
ganz schwierigen Situation. Wir werden aus ihr nur mit
einer Kombination aus Einsparungen und Förderung des wirtschaftlichen Wachstums herauskommen. Ich wiederhole: Allein mit Einsparungen werden
wir das Problem nicht lösen. Wir werden es nur lösen,
wenn wir gleichzeitig ein Wirtschaftswachstum bekommen, das uns hilft, aus diesem Defizit herauszukommen. Das ist eine kombinierte Strategie, die viel
Arbeit erfordert.
Meine Damen und Herren, die Lage im Lande - davon bin ich auf Grund vieler Indikatoren fest überzeugt
- ist besser als die gegenwärtige Stimmung.
({9})
Ich denke, daß das zunehmend auch die Wirtschaft so
sieht. Wir hatten das übrigens schon einmal: Da waren
Sie selbst sauer darauf, wie sehr einige Vertreter der
Wirtschaftsverbände dieses Land heruntergeredet haben.
Ich weiß, daß das in der Mitte der vorigen Wahlperiode
selbst Ihnen zu weit gegangen ist.
Ich freue mich, wenn jemand wie Herr Wössner oder
Herr Kopper - ich bin sicher: es kommen noch eine
Menge andere hinterher - sagen: Uns reicht das jetzt.
Wir wollen nicht, daß das Land so heruntergeredet wird.
Auch mit Psychologie kann man Wirtschaft kaputtmachen. - Das ist wohl wahr.
({10})
Die Wirtschaftsforschungsinstitute, die uns für dieses erste Halbjahr eine schlechtere Entwicklungsperspektive vorausgesagt haben, sind dieselben, die jetzt
sagen: Aber in der zweiten Hälfte dieses Jahres beschleunigt sich das Wirtschaftswachstum wieder. Nächstes Jahr haben wir wieder eines vergleichbar der Situation, wie wir sie im vergangenen Jahr gehabt haben. Also kann auch die Analyse „Es liegt vor allem an der Tätigkeit dieser Regierung, daß es wirtschaftlich in diesem
Frühjahr schlechter läuft“ schlechterdings nicht stimBundesminister Hans Eichel
men. Sonst wäre auch die andere Analyse, daß es wieder
aufwärts geht, gar nicht möglich.
({11})
Ich sage allerdings auch, daß das noch nicht ungefährdet ist. Wenn Sie genauer hinsehen, werden Sie feststellen, daß wir in der Weltwirtschaft noch eine Reihe
von Problemen haben. Alle sind sich darin einig, daß
uns in diesem Frühjahr die Auswirkungen des Abschwungs in Südostasien, in Brasilien und vor allem in
Rußland erreicht haben. Das sind übrigens Risiken, die
in Ihrem Haushaltsentwurf für 1999 noch nicht berücksichtigt waren, die wir unsererseits erst in den Haushaltsentwurf haben einarbeiten müssen.
Meine Damen und Herren, ich glaube, wir haben eine
gute Chance, dieses Land voranzubringen. Wir haben
aber einen harten, schwierigen, sehr steinigen Weg vor
uns. Daran kann überhaupt kein Zweifel bestehen.
Ich sage auch zum Kollegen Waigel: Daß auch Sie
sich um Einsparungen bemüht haben, bestreite ich gar
nicht. Wahr ist auch, daß schon in Ihren Haushalten
vieles nicht mehr finanziert wurde, was noch als öffentliche Propaganda über Ihre Regierungsarbeit zu lesen
war. Ein typisches Beispiel ist der Bundesverkehrswegeplan.
({12})
Ich habe übrigens im letzten Wahlkampf nicht mehr
kritisiert, daß der Bund so wenig Geld hatte. Ich habe
nur kritisiert, daß Sie den Eindruck erweckten, als
könnten Sie noch eine Fülle von Projekten durchführen,
obwohl sie alle nicht mehr finanzierbar waren. Das ist
doch das Problem gewesen.
({13})
Sie haben eine Politik des Als-ob gemacht: als ob wir
mehr Steuereinnahmen hätten, als ob wir ein höheres
Wirtschaftswachstum hätten und als ob wir weniger Arbeitslose hätten und deswegen weniger an die Bundesanstalt für Arbeit überweisen müßten. Jedes halbe Jahr
ist das mit jeder neuen Steuerschätzung zusammengebrochen. Das kann so nicht weitergehen.
Auf realistischer Basis aufzubauen und den schweren,
steinigen Weg aus der Staatsverschuldung zu gehen,
damit dieses Land wieder handlungsfähig wird, ist das
Vertrauenssignal nach draußen. Das ist auch ein gutes
Signal, um das Wirtschaftswachstum in diesem Land
wieder anzukurbeln und den jungen Menschen in diesem
Land das Vertrauen zu geben, daß die ältere Generation
eine Politik betreibt, die auch der jüngeren eine Zukunft
gibt. In diesem Sinne bitte ich um Ihre Zusammenarbeit.
({14})
Ich
schließe die Aussprache. Wir kommen zur Schlußabstimmung über das Haushaltsgesetz 1999, Drucksachen
14/300, 14/760, 14/601 bis 14/621, 14/622, 14/623 und
14/624. Die Fraktion der SPD hat namentliche Abstimmung beantragt.
Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die
vorgesehenen Plätze einzunehmen. Sind alle Urnen besetzt? - Das ist der Fall. Ich eröffne die Abstimmung.
Es gibt Verwirrung an einer Urne. Wir sind in der
Schlußabstimmung über das Haushaltsgesetz 1999. Den
Antrag auf namentliche Abstimmung hat die SPD gestellt. Ich glaube, jeder weiß jetzt, wie er abzustimmen
hat. Sind alle Stimmkarten abgegeben? - Das ist der Fall.
Dann schließe ich die Abstimmung und bitte, mit dem
Auszählen zu beginnen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es hat eben Verwirrung über die Frage gegeben, welcher Punkt zur Abstimmung stand. Deswegen bitte ich, auch weiterhin
aufzupassen.
Wir kommen jetzt zur namentlichen Abstimmung
über den Entschließungsantrag der Fraktion der
CDU/CSU auf Drucksache 14/920. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze
einzunehmen bzw. zu behalten. - Die Urnen sind besetzt. Ich eröffne die Abstimmung. - Sind alle Stimmkarten abgegeben?
({0})
Sind jetzt alle Stimmkarten abgegeben? - Dann
schließe ich die Abstimmung und bitte mit der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis wird Ihnen später bekanntgegeben.
Wir setzen die Beratungen fort und kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion
der CDU/CSU auf Drucksache 14/927. Die Fraktion der
CDU/CSU hat namentliche Abstimmung beantragt.
Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, an
ihren Plätzen zu bleiben. Die Urnen sind besetzt. Ich eröffne die Abstimmung. Das ist jetzt die dritte namentliche Abstimmung. Sind alle Stimmkarten abgegeben? - Dann schließe
ich die Abstimmung und bitte die Schriftführer, mit der
Auszählung zu beginnen.
Ich gebe zwischenzeitlich das von den Schriftführerinnen und Schriftführer ermittelte Ergebnis der ersten
namentlichen Abstimmung über den Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1999 bekannt. Abgegebene Stimmen 611. Mit Ja haben gestimmt 332, mit
Nein haben gestimmt 277, Enthaltungen 2. Der Gesetzentwurf ist damit angenommen.
({1})
Jetzt kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf
Drucksache 14/947. Die Fraktion der CDU/CSU verlangt namentliche Abstimmung.
Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die
vorgesehenen Plätze einzunehmen. Die Urnen sind besetzt. Ich eröffne die Abstimmung. Das ist jetzt die
vierte namentliche Abstimmung. Wir kommen dann
noch zu einer fünften. Sind alle Stimmkarten abgegeben? - Dann schließe
ich die Abstimmung und bitte, mit der Auszählung zu
beginnen. Das Ergebnis wird Ihnen später bekanntgegeben.
Vor der nächsten Abstimmung gebe ich Ihnen das
von den Schriftführern und Schriftführerinnen ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über
den Entschließungsantrag zum Einzelplan 12, Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr,
Bau- und Wohnungswesen, Drucksache 14/920, bekannt. Abgegebene Stimmen 609. Mit Ja haben gestimmt 246, mit Nein haben gestimmt 363, Enthaltungen keine. Der Entschließungsantrag auf Drucksache
14/920 ist abgelehnt.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der F.D.P. auf Drucksache 14/911. Auch hier ist namentliche Abstimmung beantragt.
Ich eröffne die Abstimmung. Das ist die letzte namentliche Abstimmung. Sind alle Stimmkarten abgegeben? - Das ist der Fall.
Dann schließe ich die Abstimmung und bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu
beginnen.
Ich gebe jetzt das von den Schriftführern und Schriftführerinnen ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag zur dritten
Beratung des Haushaltsgesetzes 1999, Einzelplan 11,
Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit
und Sozialordnung, Drucksache 14/927, bekannt. Abgegebene Stimmen 604. Mit Ja haben gestimmt 243, mit
Nein haben gestimmt 361, Enthaltung keine. Der Entschließungsantrag ist abgelehnt.
Wir setzen nun die Abstimmungen fort; allerdings
handelt es sich um einfache Abstimmungen. Ich bitte,
die Plätze einzunehmen, damit ich den Überblick behalten kann.
Jetzt folgt die Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der F.D.P., Drucksache 14/949. Wer
stimmt für diesen Entschließungsantrag? - Wer stimmt
dagegen? - Wer enthält sich? - Der Antrag ist mit den
Stimmen der Koalitionsfraktionen bei Enthaltung der
PDS und gegen die Stimmen von CDU/CSU und F.D.P.
abgelehnt.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU, Drucksache 14/921. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Dieser Antrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen
gegen die Stimmen von CDU/CSU, F.D.P. und PDS abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache
14/934. Wer stimmt für diesen Antrag? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Antrag ist mit den Stimmen
der Koalitionsfraktionen bei Enthaltung der PDS und
gegen die Stimmen von CDU/CSU und F.D.P. abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der F.D.P. auf Drucksache
14/906. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag?
- Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Der Antrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen von CDU/CSU, F.D.P. und PDS abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der PDS auf Drucksache
14/953. Wer stimmt für den Antrag? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Der Antrag ist mit den
Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU/CSU
und F.D.P. bei Zustimmung durch die PDS-Fraktion abgelehnt.
Jetzt gebe ich Ihnen das von den Schriftführerinnen
und Schriftführern ermittelte Ergebnis der vierten namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneter Birgit Schnieber-Jastram und
weiterer Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU
zur dritten Beratung des Haushaltsgesetzes 1999, Einzelplan 11, Geschäftsbereich des Bundesministeriums
für Arbeit und Sozialordnung, auf Drucksache 14/947
bekannt. Abgegebene Stimmen 606. Mit Ja haben gestimmt 246, mit Nein 360, keine Enthaltung. Der Entschließungsantrag ist abgelehnt.
Ich unterbreche jetzt die Sitzung, bis ich die Ergebnisse der letzten namentlichen Abstimmung bekomme.
({2})
Ich setze
die Sitzung fort und gebe Ihnen das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der
namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Jörg van Essen und anderer Abgeordneter und
der Fraktion der F.D.P. zur dritten Beratung des Haushaltsgesetzes 1999, Einzelplan 11, Geschäftsbereich des
Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung, auf
Drucksache 14/911 bekannt. Abgegebene Stimmen
612. Mit Ja haben gestimmt 245, mit Nein haben gestimmt 367. Es gab keine Enthaltungen. Der Entschließungsantrag ist abgelehnt.
({0})
Wir sind damit am Schluß unserer heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Freitag, den 7. Mai 1999, 8 Uhr - wohlgemerkt: 8 Uhr - ein.
Die Sitzung ist geschlossen.