Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 5/15/2002

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Danke schön, Herr Bundesminister. Ich bitte darum, zunächst Fragen zu dem Themenbereich zu stellen, der soeben aufgerufen worden ist. Die erste Wortmeldung kommt vom Kollegen Manfred Grund.

Manfred Grund (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002667, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, bei dem Sachstand zu den Verkehrsprojekten „Deutsche Einheit“, über den Sie gerade berichtet haben, geht es um Projekte, die schon lange vor 1998, also vor Ihrem Antritt als Minister, begonnen und in Teilen fortgeführt, in Teilen aber auch in eine Warteschleife überführt oder blockiert worden sind. Sie haben von dem VDE-Projekt Nr. 8, dem Schienenprojekt Berlin-Erfurt-München, gesprochen, dessen Bau unterbrochen worden ist, weil die Finanzierung nicht geklärt war und die Verkehrsprojekte unter einen allgemeinen Finanzierungsvorbehalt gestellt worden sind. Wie erklären Sie sich und uns, dass ausgerechnet eines der wichtigsten Infrastrukturprojekte der neuen Bundesländer, nämlich der Bau dieser Hochgeschwindigkeitstrasse, mit dem Ergebnis unterbrochen worden ist, dass wahrscheinlich frühestens im Jahr 2012 mit einer Fertigstellung zu rechnen ist und dass damit in den neuen Bundesländern mindestens vier Jahre sowohl hinsichtlich der Fertigstellung als auch hinsichtlich der Bindung von Bauleistungen verloren sind? Gleichzeitig wurde die neue ICE-Trasse von Frankfurt nach Köln bei Verdopplung der Baukosten munter weitergebaut. Warum wurde dieser Schnitt ausgerechnet in den neuen Bundesländern vorgenommen, der uns sehr zu schaffen gemacht hat, während andernorts parallel zu einer vorhandenen Bahn- und Autobahntrasse eine ICETrasse bei erhöhten Baukosten entsteht?

Kurt Bodewig (Minister:in)

Politiker ID: 11003051

Die Ausgangslage war Folgende: Mit der Regierungsverantwortung haben wir auch 1,5 Billionen DM Bundesschulden übernommen. Deswegen gab es zur Haushaltskonsolidierung keine Alternative. Das führte dazu, dass mit Steuergeldern besonders sorgsam umgegangen werden muss. Auch müssen Sie sich bei den von Ihnen verglichenen Projekten den jeweiligen Projektauftrag vor Augen führen. Während wir bei dem VDE 8.1, 8.2 und 8.3 das Teilstück 8.3 realisiert haben und damit einen hohen verkehrlichen Wert erzielen konnten, hat es in anderen Bereichen, in denen Tunnel und Brückenbauwerke die großen Kostenfaktoren sind, keinen Sinn, den Bau zu unterbrechen. Deswegen gab es eine Entscheidung für das Projekt 8.3, aber gegen die Fortführung der Projekte 8.1 und 8.2. Dies geschah vor dem Hintergrund der von der alten Regierung hinterlassenen Verschuldung. In Köln galten andere Vertragsverpflichtungen. Sie wissen, dass es eine funktionale Ausschreibung und ein geteiltes Risiko zwischen dem Bund und der DB AG gab, was beim Schienenwegeausbau ein unübliches Verfahren in Deutschland ist. Die Trasse nach Köln musste durchgebaut werden, weil es keinen Sinn hat, Teilstrecken zu realisieren, die dann keine Fortführung gefunden hätten. Das war eine völlig neue Streckenführung. Deswegen unterscheidet sich die in drei Teilabschnitten projektierte Strecke von Berlin nach München deutlich von der Strecke von Köln nach Frankfurt.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Es gibt eine Nachfrage des Kollegen Grund.

Manfred Grund (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002667, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, der Verweis auf die Bundesschuld, die Sie urplötzlich vorgefunden haben, wirkt etwas seltsam, wenn man berücksichtigt, dass in den letzten zwei Jahren ungefähr 2 Milliarden DM, die der Bahn zur Projektierung und zum Bau zur Verfügung gestanden haben, nicht abgerufen worden sind, weil man nicht in der Lage gewesen ist, diese Mittel entsprechend einzusetzen. Ich habe noch eine Nachfrage, die diesen Bereich betrifft. Sie haben angegeben, die Verkehrsprojekte „Deutsche Einheit“ hätten für die jetzige Bundesregierung nach wie vor eine hohe Priorität. Sie haben aber in Ihrer Amtszeit keinen neuen Bundesverkehrswegeplan vorgelegt. Sie haben nur die Erwartung geäußert, dass in Form einer Abgrenzung abgeklärt werden soll, welche Projekte im Rahmen eines neuen Bundesverkehrswegeplans realisiert werden könnten. Gibt es denn - auch um bei den Straßenbauämtern und den Landesverwaltungen Klarheit zu bekommen - einen Finanzrahmen, von dem Sie ab dem Jahr 2002 ausgehen und innerhalb dessen sich die Verkehrsprojekte „Deutsche Einheit“ und der Bundesverkehrswegeplan bewegen werden?

Kurt Bodewig (Minister:in)

Politiker ID: 11003051

Sie haben sicherlich Verständnis dafür, dass ich dem Haushaltsgesetzgeber nicht vorweggreifen will. Aber bekanntlich hat die Bundesregierung in dem „Zukunftsprogramm Mobilität“ mit 90 Milliarden Euro eine Voraussetzung geschaffen, wie sie für die Bundesrepublik Deutschland einzigartig ist. Insofern gibt es in der Tat einen finanziellen Rahmen. Lassen Sie mich zum Bundesverkehrswegeplan eine kurze Anmerkung machen. Die Länder haben mehr als 1 800 Projekte gemeldet. Das sind noch wesentlich mehr als beim letzten Bundesverkehrswegeplan von 1992, der aus Ihrer Regierungszeit stammt und der übrigens mit 100 Milliarden DM unterfinanziert war. Insofern findet ein ordnungsgemäßer Ablauf statt. Wir prüfen alle Projekte und werden dann auch die jeweiligen Projektdaten mit den Bundesländern im Einzelnen besprechen. Das ist die Phase, die nun ansteht und die ich gemeinsam mit den Verkehrsministern auf der letzten Verkehrsministerkonferenz beschlossen habe. Lassen Sie mich noch etwas zur Schienenpolitik sagen. Diese Bundesregierung hat die Schiene in einem sehr hohen Maße gefördert; denn wir haben die Situation vorgefunden, dass Sie die Schieneninvestitionsanteile von noch annähernd 9 Milliarden DM im Jahr 1995 auf annähernd 6 Milliarden DM im Jahr 1998 abgesenkt haben. Das führte dazu, dass die Bahn Planungskapazitäten abgebaut hat, die wir erst wieder aufbauen müssen. Die Bundesregierung hat es der Bahn ermöglicht, diese Planungskapazitäten wiederherzustellen. Sie sehen also, dass wir die Fehler der Vergangenheit vermeiden wollen und dass wir der Bahn eine Perspektive bieten wollen, damit sie eine kontinuierliche Planung durchführen kann. Deshalb haben wir auch das „Zukunftsprogramm Mobilität“ aufgelegt. ({0})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Die nächste Frage stellt der Kollege Hirche.

Walter Hirche (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002678, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Minister, zunächst einmal möchte ich darauf hinweisen, dass der Verkehrsausschuss durch eine gewisse Fügung der Organisation just in diesen Minuten eine Expertenanhörung zum Thema Luftverkehr durchführt, die offenbar wegen des Staatsaktes heute Morgen verschoben worden ist. Das führt zu der unglücklichen Situation, dass kein Verkehrspolitiker und kein Mitglied des Verkehrsausschusses anwesend sind. Ich bitte dafür um Verständnis. Ich habe folgende Fragen. Herr Minister, wir haben für die neuen Bundesländer ein besonderes Planungsrecht geschaffen. Sind Sie mit der Anwendung dieses Planungsrechts zufrieden und bedarf es einer Verlängerung oder einer Ausdehnung auf Gesamtdeutschland? Des Weiteren möchte ich an die Frage des Kollegen Grund anknüpfen. Ist denn nun sichergestellt, dass Mittel, die die Bahn in einem Haushaltsjahr nicht verbauen kann, dann der Straße zur Verfügung gestellt werden? Schließlich sind die Verkehrshindernisse im Bereich der Straße ebenso groß wie im Bereich der Bahn.

Kurt Bodewig (Minister:in)

Politiker ID: 11003051

Herr Hirche, Sie kennen das Haushaltsrecht und wissen, dass es sich um getrennte Titel im Einzelplan 12 handelt. Ich kann Ihnen aber versichern, dass wir gerade für die Straße ungeheuer viel getan haben. Ein Rekordhaushalt für die Bundesfernstraßen und ein Zukunftsinvestitionsprogramm, mit dem wir 125 Ortslagen vom Schwerlastverkehr und anderem Straßenverkehr entlasten, sind sehr deutliche Zeichen dafür, dass diese Bundesregierung den Bedürfnissen der Bürger nach Mobilität, aber auch nach Schutz vor Lärm und Abgasen in den Ortslagen in einem hohen Maße entspricht. Sie werden sicherlich zustimmen, dass diese Politik der Bundesregierung für die Bürger außerordentlich wichtig ist. Ich möchte noch Ihre Worte des Bedauerns aufgreifen. Wie Sie alle wissen, hat der Staatsakt die heutige Planung durcheinander gebracht. Insofern freue ich mich, dass einige Mitglieder des Verkehrsausschusses anwesend sind. Ich habe aber auch Verständnis für diejenigen Mitglieder des Verkehrsausschusses, die in der Anhörung sind. So ist dies leider. Wir beide haben ja am Staatsakt teilgenommen. Es war wichtig, dass wir uns vom ehemaligen Bundestagspräsidenten Stücklen gebührend verabschieden konnten. Nun zurück zu Ihrer Frage: Ich möchte ausdrücklich deutlich machen, dass es uns darum geht, das bestehende Planungsrecht zu nutzen. Gleichzeitig haben wir im Bundesverkehrswegeplan neue Kriterien eingeführt, mit denen die Frage der Raumordnungsbeziehungen berücksichtigt werden soll. Damit wollen wir deutlich machen, dass es uns nicht um abstrakte Planungen, sondern darum geht, mit direktem und effizienten Einsatz von Mitteln die höchste Wirkung zu erzielen. Ich glaube, das ist auch in Ihrem Sinne. Deshalb sage ich: Das bestehende Planungsrecht, auch das geteilte, wird von uns für die Realisierung von Projekten genutzt. Weiteren Handlungsbedarf sehe ich nicht.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Der Kollege Hirche hat noch eine weitere Frage.

Walter Hirche (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002678, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Minister, ich möchte noch eine Nachfrage zu konkreten Instandhaltungsproblemen stellen, über die ich erst gestern auf einem Kolloquium der Bauindustrie informiert worden bin. Erstens. Welchen Fortschritt macht der Bau der Bahnstrecke Hamburg-Berlin? Befindet man sich im Planungssoll? Was ist insbesondere mit den vielen ebenengleichen Bahnübergängen, die sämtlich für die neuen Geschwindigkeiten ausgelegt werden müssen? Zweitens. Was ist mit dem Sonderproblem im Wasserbereich, dem Havelausbau? An einer Stelle der Havel, an der eine Schleuse oder ein Übergang vorhanden ist, ist die Sohle offenbar undicht, wodurch Wasser aus dem Kanal in das Grundwasser sickert. Eigentlich müssten Sofortmaßnahmen zur Behebung dieses Problems eingeleitet werden. Dafür stehen aber offenbar keine Gelder zur Verfügung.

Kurt Bodewig (Minister:in)

Politiker ID: 11003051

Das waren mehrere Fragen. Ich möchte mit der zweiten beginnen. Ich bitte Sie um Verständnis, dass mir zurzeit keine Informationen zu dem Havelproblem vorliegen. Ich bin gerne bereit, Ihnen diese Frage schriftlich zu beantworten. Es scheint mir ein sehr komplexes technisches Problem zu sein. Ich werde dieses Thema in meinem Hause gut aufbereiten lassen. Sie haben ja ein Interesse an soliden Informationen. Zu Ihrer ersten Frage: Das Ausbauvorhaben VDE Nr. 2 - das ist die rund 270 Kilometer lange Strecke Hamburg-Berlin - ist ja gemäß der mit diesem Projekt ursprünglich verfolgten Absicht realisiert. Uns geht es darum - das müssen Sie unterscheiden -, in einer zweiten Phase das zu realisieren, was quasi als Auftrag aus der Entscheidung entstanden ist, die Transrapidstrecke zwischen Hamburg und Berlin nicht zu bauen. Damals wurde entschieden, dass 1 Milliarde DM aus dem Transrapidplafond zur weiteren Ertüchtigung der Strecke Hamburg-Berlin eingesetzt wird. Ich halte dies für eine gute und solide Entscheidung. Allerdings gab es hierbei ein Problem: Diese 1 Milliarde konnte damals nicht für den Ausbau der Infrastruktur mobilisiert werden, weil sich die Kommunen nach dem bundesweit geltenden Recht zu einem Drittel an der Finanzierung der Kreuzungsbauwerke beteiligen müssen. Das hätte die an der Strecke liegenden Kommunen aber überfordert. Deswegen hat die Bundesregierung nach vielen Gesprächen und nach einem Abwägungsprozess entschieden, zwar nicht auf Rechtsansprüche nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz zu verzichten, aber die Vorfinanzierung zu übernehmen, damit nicht vielleicht aufgrund der Haushaltslage einzelner Gemeinden eine wichtige Infrastrukturaufwendung in Höhe von 511 Millionen Euro - das ist der heutige Wert - blockiert wird. Dies ist uns gelungen. Ich glaube, dies ist im Interesse aller. Ich betone ausdrücklich: Die Bundesregierung hat keine Rechtsansprüche aufgegeben. Wir wollten auch keinen Präzedenzfall schaffen. Die jetzige Regelung hat vielmehr mit dem spezifischen Problem zu tun, für das wir eine sinnvolle Lösung angeboten haben; denn sonst wäre es nicht möglich, in einer zweiten Ausbaustufe die Strecke Hamburg-Berlin für Höchstgeschwindigkeiten zwischen 200 und 230 Kilometern pro Stunde so zu ertüchtigen, dass die Fahrzeit auf dieser Strecke - ohne Stopp - auf anderthalb Stunden verkürzt werden kann. Insofern haben wir einen klugen Weg gewählt, der mit Sicherheit auch Ihre Zustimmung finden wird.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Der nächste Fragesteller ist der Kollege Dehnel.

Wolfgang Dehnel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000366, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Bundesminister, ich stimme mit Ihnen überein, dass die Verkehrsprojekte „Deutsche Einheit“ - so haben Sie es formuliert rückblickend betrachtet eine große Erfolgsgeschichte sind. Sie haben das aber nur der derzeitigen Bundesregierung geschuldet.

Kurt Bodewig (Minister:in)

Politiker ID: 11003051

Nein, das würde ich nicht sagen.

Wolfgang Dehnel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000366, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sie stimmen mir also wahrscheinlich zu, wenn ich sage, dass es eine große Leistung der ehemaligen Regierung unter Helmut Kohl war, die Verkehrsprojekte „Deutsche Einheit“ in Planung und Umsetzung erheblich vorangebracht zu haben. So viel zum Rückblick. Gestatten Sie mir aber auch einen Blick nach vorn: Wenn die Verkehrsprojekte „Deutsche Einheit“, wie Sie sagen, in der nächsten Legislaturperiode abgeschlossen sein sollen, ist es dann nicht sinnvoll, schon jetzt Planungen für Verkehrsprojekte der europäischen Einheit voranzubringen? In meiner Heimat, der erzgebirgischen Region, gibt es heute auf den 120 Kilometern zwischen Bad Brambach und Altenberg/Geising keinen einzigen Grenzübergang für Schwerlasttransporte auf der Bahn. Ich frage dies vor dem Hintergrund, dass Europa in kurzer Zeit zusammenwachsen wird und wir in der Europäischen Union Verkehrsprojekte brauchen, die heute schon geplant und in den nächsten fünf Jahren umgesetzt werden müssen. Wie sehen die diesbezüglichen Planungen in Ihrem Hause aus?

Kurt Bodewig (Minister:in)

Politiker ID: 11003051

Herr Dehnel, ich freue mich über Ihre vielen Fragen sowie darüber, dass sich das Haus langsam füllt. Dies zeigt, dass Verkehrspolitik nicht nur die Bürger, sondern auch das Parlament bewegt. In der Beantwortung Ihrer Frage muss ich etwas weiter ausholen. Natürlich habe ich jetzt nicht jedes die neuen Bundesländer betreffende Projekt präsent. Sie wissen, dass die Länder eine Reihe von zusätzlichen Projekten angemeldet haben, die sich in dem Verfahren zur Erstellung des Bundesverkehrswegeplans befinden. Das heißt, diejenigen Projekte, für die bis zum 31. Dezember 1999 kein Baurecht erlangt wurde, werden in ein Verfahren zur Bewertung der jeweiligen verkehrlichen Wirkung einbezogen. Das gilt natürlich auch für den grenzüberschreitenden Bereich. Das von uns eingeführte Kriterium, Raumwirksamkeitsbezüge zu schaffen, spricht eher für als gegen solche Projekte. Andererseits gibt es im Hinblick auf größere Projekte aber auch eine Reihe von Vorfestlegungen. Sie wissen, dass der Bundeskanzler in Magdeburg sehr deutlich gemacht hat, dass es eine Fortführung der A 14 in Richtung Norden geben muss, dass die A 72 für den sächsischen Raum von großer Bedeutung ist und dass nicht zuletzt die Aufhebung des Baustopps für die Projekte 8.1 und 8.2 zusätzlichen Schub bringt. Daran können Sie erkennen, dass die neuen Bundesländer bei dieser Bundesregierung sehr gut aufgehoben sind. Das gilt auch für alle anderen Bewertungsverfahren.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Eine Nachfrage, Herr Kollege Dehnel, bitte.

Wolfgang Dehnel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000366, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Bundesminister, Sie haben die neuen Bundesländer gewürdigt. Auch ich freue mich darüber, dass die A 72 und die A 14 kommen werden. Aber leider ist von Ihnen die Weiterführung bis nach Tschechien überhaupt nicht erwähnt worden. Deshalb frage ich, welche Planungen es in Ihrem Hause zur Weiterführung von Straßen aus Bayern, Sachsen und Brandenburg in Länder wie Tschechien und Polen gibt, die der Europäischen Union beitreten werden.

Kurt Bodewig (Minister:in)

Politiker ID: 11003051

Sie wissen, dass diese Projekte angemeldet sind und sich jetzt in der Bewertung befinden. Ich möchte dem Verfahren nicht vorgreifen, kann Ihnen aber sagen, dass ich mit meinen Amtskollegen aus Polen und Tschechien, aber auch aus anderen Beitrittsländern ständig im Gespräch bin. Nicht zuletzt finanziert die EU in diesen Ländern Verkehrsinfrastrukturprojekte in einem hohem Maße. Wir denken also gesamteuropäisch; transeuropäische Netze und grenzüberschreitende Routenlinien sowohl für die Schiene als auch für die Straße sind ebenfalls Gegenstand unserer Betrachtung. Im Rahmen des Bundesverkehrswegeplans gibt es das von mir eben beschriebene Verfahren. Wir werden zum Beispiel mit dem Land Sachsen auch in eine Diskussion darüber eintreten, ob die in den Gutachten enthaltenen Daten vom Land geteilt werden oder ob das Land bestimmte Projekte für wichtiger als andere hält. Das alles sind wichtige Prozesse. Ich bin immer daran interessiert, dass wir diese Prozesse ordnungsgemäß durchführen, versichere Ihnen aber, dass wir europäisch denken.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Es sind bei mir jetzt noch vier Fragen angemeldet. Im Interesse aller bitte ich diese vier Kollegen um kurze Fragen und bitte auch, wenn es geht, um kurze Antworten. - Herr Kollege Otto, bitte.

Norbert Otto (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001668, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, ich komme noch einmal auf den Baustopp des Projektes Nürnberg-Erfurt zurück. Sie haben einen dreijährigen Baustopp zu verantworten; das haben Sie hier auch bestätigt. Sie haben ihn mit fehlenden Finanzierungsgrundlagen begründet. Herr Grund hat eben erläutert, dass die Bahn überhaupt nicht in der Lage war, Mittel auszugeben. Des Weiteren haben Sie den Versuch gemacht, den Baustopp damit zu begründen, dass die Baureife nicht gegeben gewesen sei. Das ist auch nicht richtig. Das Projekt 8.1 war fast in seiner Gänze planfestgestellt und baureif. Daran kann es auch nicht gelegen haben. Sie haben in Ihre Koalitionsvereinbarung geschrieben, alles komme noch einmal auf den Prüfstand. Im Rahmen der Überprüfung sollte dieses Projekt unter technischem Aspekt zerredet werden. ({0}) Meine erste Frage: Was hat die Überprüfung nun ergeben? Geschah dies auf Druck der Grünen, die Ihnen aufgetragen haben, dieses Projekt nicht zu realisieren? Haben sich tatsächlich technische Änderungen ergeben? Sie erinnern sich an die vielen Varianten, die erarbeitet worden sind, beispielsweise mit einem provisorischen Anschluss bei Ilmenau usw. Welche technischen Ergänzungen haben sich wirklich durch die Überprüfung ergeben? Haben sie das Projekt preiswerter gemacht oder vereinfacht? Meine zweite Frage: Welche Vorstellungen bestehen zur Fertigstellung dieses Projektes? Wenn wir Milliarden verbauen, dann will die Wirtschaft und dann wollen wir wissen, wann diese Milliarden aktiviert werden. Hier kann nicht auf irgendeinen Zeitpunkt verwiesen werden. In der Antwort Ihres Hauses vom 27. März auf meine Anfrage wird hierzu weiterhin eine unklare Aussage getroffen. Es wird auf Abstimmungen mit der Bahn, auf Finanzierungsverhandlungen usw. hingewiesen. Gibt es jetzt eine klare Aussage über die komplette Fertigstellung des Projektes Nr. 8.1? Wann ist diese Strecke zwischen Nürnberg, Erfurt, Halle, Leipzig und Berlin als Schnellverkehrsstrecke funktionsfähig?

Kurt Bodewig (Minister:in)

Politiker ID: 11003051

Herr Otto, die Frau Präsidentin hatte eben um kurze Antworten gebeten. Zu Ihrer ersten Frage: Sie haben uns damals einen Haufen Schulden hinterlassen: Bundesschulden von 1,5 Billionen DM und 80 Milliarden DM jährliche Zinsleistung. Unter diesem Gesichtspunkt sollte alles auf den Prüfstand. Als wir mit dem Schwerpunkt, Infrastrukturinvestitionen in Zukunft in einem höheren Maße als zu Ihrer Zeit zu gewährleisten, massiv in die Haushaltskonsolidierung eintraten, war es eine zwingende Folge, den Baustopp aufzuheben. Das haben wir getan. Ich glaube, dass das richtig war. Alles andere, was Sie in diese Entscheidung hineingeheimnissen, ist nicht zutreffend. Die VDE Nr. 8.1 und 8.2 boten sich an, weil das Projekt 8.3 abgeschlossen war. Bevor man in milliardenschwere Maßnahmen einsteigt - Sie wissen, 3,7 Milliarden Euro allein für das Projekt 8.1 -, muss das Geld vorhanden sein. Alles andere würde viel zu teuer. Deswegen war es eine kluge und richtige Entscheidung der Bundesregierung, das Projekt zu prüfen und den Bau voranzutreiben, nachdem wir die Finanzlinie gesichert hatten. Dazu gehört - dies zu Ihrer zweiten Frage -, dass wir jetzt, nachdem der Baustopp vor kurzem aufgehoben worden ist, mit der Bahn in Finanzierungsvereinbarungs- und Bauzeitverhandlungen eintreten müssen, was für jedes Projekt normal ist. Auch in dieser Hinsicht brauchen Sie jetzt nicht zu versuchen, eine kleine Wahlkampflinie aufzubauen. Das lohnt sich nicht; das kann ich Ihnen versichern. Wir haben die besseren Antworten, Herr Otto.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Jetzt ist Herr Kollege Fischer mit seiner Frage an der Reihe.

Dirk Fischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000549, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin, nach der Bemerkung des Kollegen Hirche bezüglich der Anwesenheit der Verkehrspolitiker weise ich darauf hin, dass trotz laufender Ausschusssitzung fünf Abgeordnete der CDU/CSU-Fraktion aus dem Verkehrsausschuss anwesend sind, weil meine Fraktion den Verkehrsprojekten „Deutsche Einheit“ immer eine überragende Bedeutung zugemessen hat. ({0}) Was hat Sie bewogen, Herr Bundesminister, das Parlament unrichtig dahin gehend zu informieren, ({1}) Sie hätten erstmalig die raumordnerische Wirkung in die Reihe der Kriterien für die Aufstellung des Bundesverkehrswegeplanes aufgenommen, wohingegen nach meinen Informationen dieses Kriterium seit eh und je galt? Der allererste Plan ist von Herrn Lauritzen im Jahr 1976 erstellt worden.

Kurt Bodewig (Minister:in)

Politiker ID: 11003051

Ein guter Mann! Ich hatte allerdings gedacht, dass Sie gekommen seien, weil ich Ihnen hier etwas mitteilen kann. Ich glaube, wir sind alle - das gilt für das gesamte Haus und für alle Parteien - der Meinung, dass wir die Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur in den neuen Bundesländern fördern müssen, weil dies etwas mit der Prosperität der neuen Bundesländer zu tun hat. ({0}) Ich füge an: Das ist auch gut so; denn eine gemeinsam vertretene starke Linie hilft bei der Herstellung gleicher Lebensbedingungen in Deutschland. Der zweite Punkt. Sie wissen - ich habe Ihnen im Verkehrsausschuss auch mehr als einmal dargestellt, wie die Kriterien des Bundesverkehrswegeplans sind -, dass wir die Raumwirksamkeitsbezüge qualifiziert, eigenständig ausgestaltet und verstärkt haben. Dieses Novum sollte von Ihnen nun zumindest akzeptiert werden. Nicht zuletzt sage ich natürlich auch, dass Lauritz Lauritzen eine gute Arbeit gemacht hat; er kam aus einer vernünftigen Partei.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Frau Kollegin Blank, Ihre Frage. ({0}) - Ich kann jetzt keine Nachfrage zulassen, damit die anderen auch noch zum Zuge kommen. Das halte ich für kollegialer. ({1}) Frau Kollegin Blank, bitte.

Renate Blank (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000194, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, bis jetzt waren Ihre Mitteilungen weniger inhaltsreich; sie hatten mehr Unterhaltungswert. ({0}) Ich komme jetzt noch einmal auf das Projekt 8.1 zurück. Kann es nicht so gewesen sein, dass Sie, nachdem RotGrün das Projekt Nürnberg - Erfurt gestoppt hat, plötzlich gemerkt haben, dass Mittel, die für die Planung transeuropäischer Netze ausgegeben worden waren, an die Europäische Union hätten zurückgezahlt werden müssen, dass Sie daraufhin in Ihrem Investitonsprogramm einen kleinen Betrag ausgewiesen haben und eine Absichtserklärung abgegeben haben, diese Strecke doch zu bauen? Die zweite Frage. Was ist eigentlich an Ihrem Sachstandsbericht Verkehrsprojekte „Deutsche Einheit“ außer der Beschäftigung von Mitarbeitern - neu? Im Grunde genommen sind die VDEs beschlossene Sache aus den Jahren 1992 und 1993 und ist es eigentlich die Aufgabe jeder Regierung, die Projekte fortzuführen. Eine weitere Frage zum Bundesverkehrswegeplan. Sie haben seinerzeit ausgeführt - ich erinnere mich an das Jahr 1998 -, dass Sie im Jahr 1999 oder 2000 ganz schnell einen neuen Bundesverkehrswegeplan vorlegen wollten. Warum ist das bis jetzt noch nicht geschehen? Kann ich davon ausgehen, dass die rot-grün oder rot regierten Bundesländer so viele Anmeldungen getätigt haben, dass Sie in Schwierigkeiten kommen, die entsprechenden Beträge in den Bundesverkehrswegeplan aufzunehmen? ({1}) Sie haben von 90 Milliarden Euro Investitionen gesprochen. Ich würde sagen: Das ist normale Abwicklung in den nächsten zehn Jahren. Das ist nichts Neues. ({2}) Ich meine, dass Sie den Bundesverkehrswegeplan deswegen nicht vorlegen, weil Sie sonst Schwierigkeiten mit den rot-grün regierten Bundesländern bekommen und weil Sie sich nicht dem Vorwurf aussetzen wollen, dass der Bundesverkehrswegeplan unterfinanziert ist. Ich sage Ihnen übrigens noch einmal: Es ist kein Finanzplan, sondern ein Bedarfsplan.

Kurt Bodewig (Minister:in)

Politiker ID: 11003051

Frau Blank, da hilft alles nichts. Die VDE 8.1 und 8.2 wurden von uns aus materiellen Gründen auf den Prüfstand gestellt. Wenn Sie einen solchen wirklich riesigen, für die Menschen unfassbaren Betrag von 1 500 Milliarden Bundesschulden hinterlassen, dann muss jede nachfolgende Regierung Projekte, die 3,7 Milliarden Euro und mehr kosten, auf den Prüfstand stellen. Das ist so. Das muss man tun. Wir haben das getan. ({0}) Wir haben alles mobilisiert, haben Haushaltskonsolidierung betrieben und trotzdem die Investitionen hochgefahren, während die alte Regierung sie - da muss ich Ihrem Kurzzeitgedächtnis ein bisschen auf die Sprünge helfen - zuvor zurückgefahren hatte. Vor dem Hintergrund ist es die richtige Entscheidung gewesen, die Projekte 8.1 und 8.2 jetzt zur Realisierung zu bringen. Sie waren dazu - auch das muss ich sagen - nicht in der Lage. ({1}) Ich will Ihnen noch etwas sagen, weil ich glaube, dass Sie bisher noch nicht begriffen haben, was 90 Milliarden Euro investive Mittel bis zum Ende dieses Jahrzehnts bedeuten. Sie bedeuten eine hohe Arbeitsmarktwirkung. Sie bedeuten, dass die Länder kalkulieren können, und das ist die Voraussetzung dafür, dass man über den Neubau von Straßen und Schienen, aber auch Wasserstraßen diskutieren kann. Zum Bundesverkehrswegeplan. Ich vermute, dass Sie so spät gekommen sind, dass Sie meinen Ausführungen nicht folgen konnten. Deshalb will ich sie kurz wiederholen. Es gab 1 800 Anmeldungen aus den Bundesländern, und zwar aus allen Bundesländern, unabhängig von der Couleur. Diese Anmeldungen müssen in einem geordneten Verfahren geprüft werden. Daran arbeiten wir sehr zügig. Mir geht es darum, dies so transparent wie möglich zu machen. Deswegen wird es in den nächsten Wochen die bilateralen Gespräche mit den Ländern geben. Sie werden die Rohdaten dann überprüfen. Ich glaube, dass das richtig ist. Die Situation wäre etwas einfacher gewesen, wenn es statt 1 800 nur 1 000 Anmeldungen gegeben hätte. Dadurch hätten wir zumindest ein gehöriges Maß an Zeit einsparen können. Es ist aber so, dass ich keinem Land vorschreiben kann, welche Projekte es anmeldet. Deswegen muss jedes Projekt auf den Prüfstand. Dem kommen wir nach. Ein geordnetes Verfahren ist für Deutschland besser als einseitige Entscheidungen, die vielleicht nur eine fokussierte Betrachtung zur Folge hätten. ({2})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Aufgrund des Zeitrahmens kann ich jetzt nur noch eine kurze Frage des Kollegen Letzgus zulassen.

Peter Letzgus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002724, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Bundesminister, Sie sprachen vorhin davon, dass die A 14 in kürzester Zeit vollendet worden ist: Wir haben mit den Baumaßnahmen damals sehr zügig angefangen und Sie haben sie sehr zügig zu Ende gebracht; darüber können wir uns beide freuen. Am meisten freuen sich natürlich die Autofahrer, die diese Autobahn jetzt benutzen. Sie fahren zügig von Halle nach Magdeburg. Nun möchten sie natürlich gerne wissen, wie sie in Zukunft in Richtung Norden weiterfahren können. Daher meine Frage: Können Sie etwas über den zukünftigen Streckenverlauf sagen? Der Hintergrund meiner Frage ist folgender: Der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Herr Weis, hat sich - das stand in der Presse - auf eine Verbindung Magdeburg-Schwerin und eine G-Variante, also eine autobahnähnliche Straße, durch den Norden der Altmark festgelegt. Können Sie dazu etwas sagen?

Kurt Bodewig (Minister:in)

Politiker ID: 11003051

Ich möchte erst einmal unterstreichen, dass diese Bundesregierung es für sinnvoll erachtet, die A 14 in Richtung Norden fortzusetzen. Das hat der Bundeskanzler auch in Magdeburg im Sinne der Menschen in den neuen Bundesländern sehr deutlich zum Ausdruck gebracht. Zum anderen ist es so, dass vier Bundesländer betroffen sind. Es handelt sich nämlich um einen Großraum, der zwischen Lüneburg, Schwerin und dem Magdeburger Bereich quasi ein Viereck bildet. Wir führen auf der Fachebene zurzeit Gespräche über die Fortführung der A 14. Es macht mehr Sinn, dieses Projekt gemeinsam mit den Ländern durchzuführen, anstatt jetzt eine einseitige Erklärung abzugeben. Es ist aber gut, wenn sich die politischen Parteien - auch die Partei, der ich angehöre - positionieren. Das ist in einem sensiblen Jahr wie diesem sehr wichtig. Die Bundesregierung ist mit den Ländern im Gespräch. Wir alle sind der Auffassung, dass die A 14 fortgeführt werden muss. Damit ist aus unserer Sicht eine Grundsatzentscheidung getroffen. ({0})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Angesichts der Tatsache, dass relativ wenige Fragen für die Fragestunde vorliegen, gestatte ich dem Kollegen Fischer, doch noch seine angemeldete zweite Frage zu stellen. ({0})

Dirk Fischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000549, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich möchte im Anschluss an die Bemerkung des Bundesministers zum Planungsvolumen für die Schiene folgende Frage stellen: Haben Sie es aufgrund Ihrer Ausführungen über den Planungsvorlauf der Bahn für vertretbar gehalten, bei der Aufstellung des Haushaltsentwurfs für das Jahr 2001 im Sommer 2000 einem Etat mit einem Volumen für Investitionszuschüsse im Bereich Schiene von nur noch 6,75 Milliarden DM - das ist ein absolutes Rekordminus zuzustimmen? Zu diesem Zeitpunkt war die UMTS-Versteigerung noch gar nicht abgeschlossen. Das beschlossene Volumen wurde durch den besonders günstigen Verlauf der Versteigerung der UMTS-Lizenzen überraschenderweise für drei Jahre um jeweils 2 Milliarden aufgestockt. Sie haben aber 6,75 Milliarden DM als Normalausstattung für ausreichend gehalten; denn so haben Sie damals als Kabinettsmitglied entschieden. Was halten Sie von der Informationspolitik zu dem Verkehrsprojekt „Deutsche Einheit“ Nr. 2 HamburgBüchen-Berlin? Bahnchef Mehdorn hat in einem „Stern“-Interview vom 3. Februar 2000 der Bevölkerung versprochen, dass es in anderthalb Jahren, also Mitte 2001, auf einer für 350 Millionen DM ertüchtigten Strecke möglich sei, in 90 Minuten von Hamburg nach Berlin zu fahren.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Fischer, jetzt muss ich eingreifen. Sie haben zugesichert, nur eine Frage zu stellen. Das war die Abmachung, da Sie schon eine Frage gestellt haben.

Dirk Fischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000549, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Die beiden Fragen hängen zusammen, weil es um Geld geht. - Auf dem Bahnhof Friedrichstraße stehen Informationstafeln der DB AG, auf denen zu lesen ist: Wenn die Hindernisse beseitigt sind, fahren wir bald mit Tempo 230 in 90 Minuten nach Hamburg. - Sie aber informieren uns heute, dass dieses frühestens ab 2005 der Fall sein wird. Sind Sie der Meinung, dass wir der Bevölkerung eine Informationspolitik in dieser widersprüchlichen oder unseriösen Art und Weise zumuten können?

Kurt Bodewig (Minister:in)

Politiker ID: 11003051

Herr Fischer, ich glaube, Sie haben die Ringfragetechnik gut entwickelt: Eine Frage schließt sich an die andere an. Ich will auf zwei konkrete Fragen eingehen. Sie haben die Mittel von knapp 9 Milliarden DM im Jahr 1995 auf knapp 6 Milliarden DM im Jahr 1998 gesenkt. Wir haben 1999 Kassensturz gemacht und dann Konsolidierung betrieben. Wir konnten die globale Minderausgabe für dieses Ministerium zu großen Teilen abwenden und haben aufgebaut. Daraus wird sehr deutlich, dass wir auch der Schiene genau das richtige Maß an Anerkennung geben, indem wir auf die ursprünglichen Steigerungsraten zurückgehen, die damals schon außergewöhnlich waren. Das sollten Sie anerkennen. Sie sollten uns eigentlich loben für das, was wir getan haben, statt hier herumzumäkeln. Aber ich will darauf nicht eingehen, Herr Fischer, weil wir uns aus dem Ausschuss lange genug kennen und wissen, dass dies wahrscheinlich zum Ritual gehört. Wichtiger ist, Herr Fischer, dass es uns gelungen ist, etwas voranzubringen. Wir haben für die Schiene Geld organisiert, wir haben der Schiene neue Planungskapazitäten organisiert und wir wollen, dass die Schiene einen Teil des Verkehrs aufnimmt. Wir wollen die Schiene stärken. Wenn das unser gemeinsames Ziel ist, freue ich mich darüber ganz besonders. Zur Strecke Hamburg-Berlin: Dieses VDE wird in dem vorgesehenen Rahmen abgewickelt. Wir haben nach der Vereinbarung im Jahr 2000 gesagt, dass wir eine Beschleunigung ermöglichen und eine ICE-Hochgeschwindigkeitsverbindung zwischen den Städten Hamburg und Berlin realisieren wollen. Dadurch wird diese Strecke attraktiv und vielleicht auch eine interessante Alternative zum innerdeutschen Flugverkehr. Dabei ergab sich eine Schwierigkeit, die ich eben in der Beantwortung einer anderen Frage sehr ausführlich beschrieben habe. Wenn diese hohen Geschwindigkeiten erreicht werden sollen, ist es notwendig, Kreuzungsbauwerke auf dieser Strecke neu herzurichten. Das ist daran gescheitert, dass Kommunen nicht in der Lage waren, ein Drittel der notwendigen Investitionen zu tätigen. Wir haben hier einen sehr guten und intelligenten Weg beschritten. Die Bürger können erkennen, dass diese Bundesregierung schnelle Bahnverbindungen will, dass sich die Bahn im Sanierungsprozess befindet und attraktiver wird. Wenn wir das von unserer Seite mit einer attraktiven Infrastruktur verbinden, ist das genau der richtige Weg in die Zukunft hin zu einer Mobilität, bei der die Menschen entscheiden können. Ich glaube, das ist immer noch das Beste. ({0})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Die Regierungsbefra- gung ist beendet. Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf: Fragestunde - Drucksache 14/9003 - Die Fragen 1 und 2 zum Geschäftsbereich des Bun- desministeriums der Justiz1), die Frage 3 zum Geschäfts- bereich des Bundesministeriums der Finanzen und die Fragen 4 und 5 zum Geschäftsbereich des Bundesminis- teriums für Wirtschaft und Technologie werden sämtlich schriftlich beantwortet, sodass ich jetzt bereits den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung aufrufe. Zur Beantwortung steht Herr Par- lamentarischer Staatssekretär Gerd Andres zur Verfü- gung. Wir kommen zur Frage 6 des Abgeordneten Dr. Klaus Grehn: Wie begründet die Bundesregierung die Tatsache, dass Ver- mittlungsgutscheine für private Arbeitsvermittlung von den 1) Antworten lagen bei Redaktionsschluss nicht vor, sie werden zu einem späteren Zeitpunkt abgedruckt. Arbeitsämtern nicht an Langzeitarbeitslose ausgegeben werden, die nicht mehr im Bezug von Leistungen des Arbeitsamtes stehen?

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Herr Abgeordneter Grehn, wenn Sie gestatten, würde ich gern die Fragen 6 und 7 gemeinsam beantworten, weil sie in einem Zusammenhang stehen.

Dr. Klaus Grehn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003135, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Bitte.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Dann rufe ich jetzt auch noch die Frage 7 des Abgeordneten Dr. Klaus Grehn auf: Beabsichtigt die Bundesregierung, die gesetzlichen Regelungen für private Arbeitsvermittlung so zu verändern, dass diese besonderen Problemfälle finanziell angemessen berücksichtigt werden?

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Die Antwort auf die Frage 6: Mit dem Vermittlungsgutschein wurde eine neue Leistung in das Recht der Arbeitsförderung eingeführt. Sie ermöglicht es Arbeitslosen, zulasten der Bundesanstalt für Arbeit private Vermittler in Anspruch zu nehmen. Einstweilen kann nicht eingeschätzt werden, in welchem Umfang dieses Instrument in Anspruch genommen wird und wie viele Mittel dadurch gebunden werden. Damit keine über die verfügbaren Haushaltsmittel hinausgehenden Mehrausgaben entstehen, muss deshalb die Gewährung des Vermittlungsgutscheins auf Leistungsempfänger beschränkt werden. Den Ausgaben für den Vermittlungsgutschein stehen damit Einsparungen bei den Leistungen für Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe gegenüber. Die Frage 7 beantworte ich wie folgt: Bei den Vermittlungsgutscheinen handelt es sich um ein befristet eingeführtes arbeitsmarktpolitisches Instrument. Erst nach Vorlage breiterer Erkenntnisse und Erfahrungen mit dem Instrument wird über Änderungen zu entscheiden sein. Arbeitslose, die keine Leistungen beziehen, sind jedoch nicht von vermittlerischer Unterstützung durch private Vermittler oder andere Einrichtungen außerhalb der Arbeitsämter ausgeschlossen. Nach § 37 a SGB III kann das Arbeitsamt Dritte mit der Vermittlung Arbeitsuchender beauftragen. Hierbei gibt es keine Beschränkung auf Leistungsbezieher. Die Arbeitsämter setzen dieses Instrument insbesondere zur Vermittlung von Arbeitslosen mit Vermittlungshemmnissen ein; dazu gehören in der Regel Langzeitarbeitslose. Die Arbeitsämter sind in diesen Fällen verpflichtet, zu prüfen, ob ihre Vermittlung durch die Beauftragung Dritter erleichtert werden kann. Ein Arbeitsloser hat andererseits das Recht, die Beauftragung eines Dritten mit der Vermittlung zu verlangen, wenn er oder sie sechs Monate oder länger arbeitslos ist.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Grehn, zu einer ersten Nachfrage, bitte.

Dr. Klaus Grehn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003135, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Herr Staatssekretär, können Sie sagen, wie groß die Gesamtzahl derjenigen ist, die von der Ausgabe von Vermittlungsgutscheinen ausgeschlossen sind?

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Nein, die Frage kann ich nicht beantworten. Die Zahl kann ich Ihnen aber gerne nachliefern.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Zu einer weiteren Nachfrage, bitte, Herr Grehn.

Dr. Klaus Grehn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003135, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Herr Staatssekretär, können Sie vielleicht erläutern, welche Auswirkungen diese Form der Sonderbehandlung der überwiegend Schwervermittelbaren - Nichtleistungsempfänger sind in aller Regel Langzeitarbeitslose - auf die Chancen der am schwersten Vermittelbaren hat, die von dieser Möglichkeit ausgegrenzt sind?

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Herr Abgeordneter Grehn, ich möchte das noch einmal wiederholen: Es gibt die Einschaltung Dritter oder Privater nach dem SGB III in drei verschiedenen Formen. Einmal kann das Arbeitsamt von vornherein Dritte beauftragen. Das Arbeitsamt ist dabei in keiner Art und Weise gehindert und kann die vollen Kosten übernehmen, wenn es das für notwendig hält. Die Kosten können auch über den Sätzen liegen, die wir für die Vermittlungsgutscheine veranschlagt haben. Die zweite Form der Einbeziehung Dritter besteht darin, dass nach dem Job-AQTIV-Gesetz jeder Arbeitslose nach sechs Monaten Arbeitslosigkeit das Recht auf Einschaltung eines Dritten hat. Die dritte Möglichkeit, die wir jetzt geschaffen haben, sind die Vermittlungsgutscheine, die nach der Dauer der Arbeitslosigkeit gestaffelt sind: In den ersten drei Monaten gibt es keinen Gutschein, nach drei Monaten - das kennen Sie - gibt es einen Gutschein mit einer entsprechenden zeitlichen Staffelung, der drei Monate gültig ist. Die Frage, die Sie gestellt haben, bezieht sich auf Personen, die Langzeitsarbeitlose sind und keine Leistungen beziehen. Diese zahlenmäßig abzugrenzen bin ich jetzt nicht in der Lage. Deswegen musste ich Ihre erste Frage so beantworten, wie ich es getan habe. Ich liefere das gerne nach. Häufig haben jedoch Langzeitarbeitslose beispielsweise einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe und sind damit Leistungsbezieher. Wie groß die Gruppe ist, die bei der Ausgabe von Vermittlungsgutscheinen nicht berücksichtigt wird, kann ich Ihnen nicht sagen.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Grehn, Sie haben noch zwei weitere Möglichkeiten zur Nachfrage.

Dr. Klaus Grehn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003135, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Herr Staatssekretär, zunächst danke ich Ihnen für die nochmalige Aufklärung. Repetitio Vizepräsidentin Petra Bläss est mater studiorum. Ich nehme das gerne an, aber Sie haben mir Bekanntes genannt. Ich dachte, ich erfahre Neuigkeiten. Meine nächste Frage ist: Sie haben in Ihrer Antwort gesagt, Sie wüssten nicht genau, wie die Vermittlungsgutscheine genutzt werden. Nun gibt es Zahlen, die sich um die 25 000 belaufen. Es gibt Einschätzungen, dass sie eher weniger genutzt werden. Darauf bezieht sich meine Frage: Wenn die Vermittlungsgutscheine eher weniger genutzt werden und wenn die bisher zugelassenen privaten Arbeitsvermittler, die sich nun auf der Grundlage der neuen Bestimmungen hinsichtlich der Vermittlungsgutscheine zur Zulassung angemeldet haben, über zu wenig Arbeit klagen, sehen Sie dann nicht die Möglichkeit, die Effektivität dieser Maßnahme zu erhöhen, indem Sie die betreffende Gruppe in die Vergabe von Gutscheinen mit einbeziehen?

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

In meiner Beantwortung der Frage 6 habe ich gesagt, dass es bei der Schaffung dieses Instrumentes nicht möglich war, einzuschätzen, in welchem Umfang es genutzt wird. Sie haben Recht - wir haben jetzt mit den Vermittlungsgutscheinen einen Monat Erfahrung -: Auch nach meinem Informationsstand sind ungefähr 25 000 ausgegeben worden. Nach meinem Informationsstand sind gegenwärtig 41 eingelöst worden. Einlösen kann man sie erst, wenn es zu einem Vermittlungserfolg gekommen ist. Ich muss aber schlicht um Verständnis bitten: Ein Monat ist viel zu kurz, um einschätzen zu können, wie sich dieses Instrumentarium auswirkt. Dazu brauchen wir ein bisschen mehr Zeit. Sie waren ja heute Morgen im Ausschuss anwesend, als der Vorstand der Bundesanstalt für Arbeit dies erläutert hat. Wir haben das genau im Auge. Uns ging es darum - ich will das noch einmal ausdrücklich sagen -, mit dem JobAQTIV-Gesetz die Einbeziehung Dritter in die Vermittlungstätigkeit deutlich auszuweiten. Mit den Vermittlungsgutscheinen haben wir ein weiteres Instrument geschaffen, das wir anwenden wollen. Aber gesetzliche Änderungen etwa in Bezug auf die Einbeziehung anderer Gruppen können wir erst vornehmen, wenn wir damit Erfahrung gesammelt haben.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Eine Frage bleibt noch. Bitte.

Dr. Klaus Grehn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003135, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Herr Staatssekretär, es steht mir nicht zu, hier einen Kommentar dazu abzugeben, weil Fragestunde ist. Aber es ist schon interessant, dass Sie auf der einen Seite zwei Möglichkeiten für eine bestimmte Gruppierung schaffen und sie auch finanzieren, aber nicht eine dritte Möglichkeit einführen wollen. Meine Frage ist eine andere: Hat Ihr Ministerium in der kurzen Zeit, in den fast sechs Wochen, die das Gesetz nun gilt, schon Briefe von Betroffenen erhalten, die schildern, wie sie die Situation einschätzen, und wie würden Sie auf solche Briefe reagieren? Ich sage das, weil uns diesbezüglich sehr viele Briefe mit entsprechenden Anforderungen erreichen.

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Ich kann die Frage, ob das Ministerium angeschrieben worden ist, gegenwärtig nicht beantworten. Ich kann nur mit Blick auf meinen eigenen Posteingang sagen, dass mich solche Briefe nicht erreicht haben. Ich möchte nicht ausschließen, dass andere Stellen des Arbeitsministeriums dazu angeschrieben worden sind. Wenn Sie solche Briefe haben, können Sie sie uns gerne zur Verfügung stellen. Ich biete das ausdrücklich an. Ich will aber noch einmal sagen - das ist auch heute Morgen im Ausschuss dargestellt worden -: Die neue Vermittlungsmöglichkeit über die Gutscheine ist Ende März in Kraft getreten. Wir haben faktisch nur den Monat April zur Beurteilung. Ich bitte um Verständnis, wenn ich sage: Bei dem, was ausgegeben wurde, und dem, was eingelöst wurde, ist der Erfahrungshorizont, den wir aufgrund dessen haben können, noch nicht sehr aussagekräftig. Deswegen braucht das noch etwas Zeit. Wir beobachten sehr genau, was sich da abspielt. Wir gehen auch möglichen Informationen über Windhundverfahren und eventueller Bereicherung an den Gutscheinen, die in der Presse dargestellt wurden, nach. Wir haben aber bis jetzt noch keine handfesten Anhaltspunkte oder Beweise dafür, dass in dieser Art und Weise mit den Vermittlungsgutscheinen umgegangen wird. Sie wissen, dass wir mit dem Verband im Gespräch sind - das ist heute Morgen geschildert worden -, um eine Zertifizierung für Vermittler zu schaffen, die zunächst einmal auf der Verbandsebene selbst vorgenommen werden soll. Auch hier sind wir tätig und beobachten sehr genau die Entwicklung.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Danke, Herr Staatssekretär. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen. Hier werden alle Fragen, die Fragen 8 und 9, schriftlich beantwortet. Ich rufe jetzt den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung auf. Zur Beantwortung steht Frau Parlamentarische Staatssekretärin Dr. Uschi Eid zur Verfügung. Ich rufe die Frage 10 des Abgeordneten Gerald Weiß auf: Wird sich die Bundesregierung im EU-Ministerrat für die unveränderte Fortsetzung des AKP-Zuckerprotokolls - AKP: Länder im afrikanischen, karibischen und pazifischen Raum, die mit der EU durch das Abkommen von Cotonou vom Juni 2000 assoziiert sind - und für die Ausklammerung des sensiblen Produktes Zucker aus den geplanten Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit den 76 AKP-Staaten einsetzen, und teilt sie die Auffassung, dass die Umsetzung der entgegengerichteten Vorschläge der Kommission zwangsläufig zur Vernichtung von vielen Tausend Arbeitsplätzen in der Zuckerwirtschaft, zum Existenzverlust einer Vielzahl landwirtschaftlicher Betriebe und zur weitgehenden Aufgabe des europäischen Zuckerrübenanbaus führen würde?

Ursula Eid-Simon (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000454

Herr Abgeordneter Weiß, im AKP-EG-Partnerschaftsabkommen vom 23. Juni 2000, das mittlerweile Abkommen von Cotonou genannt wird, haben sich die AKP-Staaten und die EU-Mitgliedstaaten zu einer WTOkonformen Neuregelung ihrer Handelsbeziehungen verpflichtet, welche unter Aufgabe der einseitigen Handelspräferenzen schrittweise erreicht werden soll. In diesem Zusammenhang wird auch das AKP-Zuckerprotokoll überprüft werden, wobei das Ziel vorgegeben ist, die aus dem Protokoll erwachsenden Vorteile für die Vertragsparteien zu erhalten. Dabei verweise ich auf Art. 36 Abs. 4 des Abkommens von Cotonou. Die Bundesregierung teilt die Besorgnisse der Zuckerwirtschaft. Sie wird sie in ihre Überlegungen einbeziehen, wie sie dies bei bisherigen Verhandlungen stets getan hat.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Weiß, bitte Ihre erste Nachfrage.

Gerald Weiß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003256, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, wenn die Bundesregierung die Besorgnisse teilt, ist ihr ja das Zahlenmaterial bekannt: Wenn das geschähe, was die EU-Kommission will, würde auf dem Zuckermarkt ein zusätzliches Einfuhrpotenzial von über 6 Millionen Tonnen entstehen. Wenn wir für die zollfreie Einfuhr aus den am wenigsten entwickelten Ländern - Stichwort: LDC-Initiative 2 Millionen Tonnen veranschlagen, haben wir bei einem heutigen Verbrauch in der EU von weniger als 13 Millionen Tonnen ein zusätzliches Einfuhrpotenzial von 8 Millionen Tonnen. Wenn dieser Import im Zuge einer wirklich unkontrollierten Freihandelspolitik so hereinbräche, was würde das Ihrer Einschätzung nach für das Preisgefüge, das Absatzgefüge und die Arbeitsplätze in der Zuckerwirtschaft bedeuten? Sie sagen, Sie würden die Besorgnisse, die Ihnen gegenüber geäußert werden, berücksichtigen. In welcher Weise werden Sie vor diesem Hintergrund handeln?

Ursula Eid-Simon (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000454

Herr Abgeordneter, diese Importe brechen nicht über uns herein. Denn es gibt vom Jahr 2000 bis zum Jahr 2008 eine Übergangszeit. Die AKP-Staaten und die EU haben im Rahmen der WTO-Konferenz in Doha, Katar, am 14. November 2001 gemeinsam eine Ausnahmeregelung, den so genannten Waiver, zu Art. 1 und Art. 13 des GATT aufrechterhalten, wonach die bisherigen Handelsregelungen und damit auch das AKP-Zuckerprotokoll weiterhin gelten. Selbst nach 2008 kann es noch lange Übergangsfristen geben, in denen sich die Märkte gründlich auf die Freihandelsabkommen vorbereiten können. Ich füge allerdings hinzu, dass es aus entwicklungspolitischer Sicht selbstverständlich erforderlich ist, dass die Länder in Afrika, Asien, Lateinamerika, in der Karibik und im pazifischen Raum, die zum Teil nur Zucker verkaufen können, die Möglichkeit haben, ihren Zucker auch bei uns zu verkaufen.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Bitte Ihre zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Weiß.

Gerald Weiß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003256, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Es wird nicht so recht ersichtlich, wie Sie auf die zutage getretenen Besorgnisse reagieren wollen. Deshalb möchte ich Sie fragen: Werden Sie im Ministerrat der Europäischen Union dem Mandat, das die Kommission mit Blick auf die angestrebten Abkommen begehrt, undifferenziert zustimmen oder nicht oder werden Sie auf eine Modifizierung hinwirken?

Ursula Eid-Simon (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000454

Sie selber haben soeben richtig gesagt, dass die Verhandlungen erst Ende September 2002 aufgenommen werden. Sie sollen am 31. Dezember 2007 abgeschlossen werden. Das heißt, wir stehen am Beginn der Verhandlungen. Verhandlungen zeichnen sich dadurch aus, dass Ergebnisse nicht schon zu Beginn feststehen. Ich möchte trotzdem darauf hinweisen, dass natürlich auch die Aufgabe besteht, in Wirtschaftspartnerschaftsabkommen ein Freihandelskonzept zu verfolgen. Denn wir können nicht auf der einen Seite von den Entwicklungsländern verlangen, dass sie ihre Märkte für unsere Produkte öffnen, und auf der anderen Seite unsere Märkte für Produkte aus den Partnerländern im Süden schließen.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Dann kommen wir zur Frage 11 des Abgeordneten Martin Hohmann: Welche der Staaten, die die Rücknahme eigener, aus Deutschland ausreisepflichtiger Bürger verweigern oder behindern - „Die Rückseite der Republik“, in: „Der Spiegel”, 10/2002, S. 36 ff. - erhielten in den letzten drei Jahren deutsche Entwicklungshilfe und in welcher Höhe?

Ursula Eid-Simon (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000454

Herr Abgeordneter Hohmann, Ihre Frage, die von meinem Haus zu beantworten ist, steht in einem sehr engen Zusammenhang mit Ihrer Frage 19, die von meinem Kollegen aus dem Innenministerium beantwortet werden wird. Deswegen kann ich vorab die an uns gerichtete Frage nicht beantworten. Ich verweise auf die Antwort des Kollegen aus dem BMI. ({0})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Bitte, Herr Kollege Hohmann.

Martin Hohmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003152, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich habe dazu keine Nachfrage.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Die Frage 12 wird schriftlich beantwortet. Damit ist dieser Geschäftsbereich abgeschlossen. Danke, Frau Staatssekretärin. Ich rufe jetzt den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes auf. Zur Beantwortung steht Herr Staatsminister Dr. Ludger Volmer zur Verfügung. Wir kommen zur Frage 13 des Abgeordneten Klaus Hofbauer: Ist nach Auffassung der Bundesregierung der angestrebte Zeitpunkt für den Beitritt der Länder Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakische Republik, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn und Zypern zur Europäischen Union im Jahr 2004 noch realistisch und, wenn nein, welche Gründe bestehen für Befürchtungen, diesen Termin nicht einzuhalten?

Not found (Gast)

Herr Kollege Hofbauer, der angestrebte Zeitpunkt für den Beitritt dieser zehn Länder im Jahre 2004 ist nach Auffassung der Bundesregierung weiterhin realistisch.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Bitte, Herr Kollege Hofbauer, Ihre erste Nachfrage.

Klaus Hofbauer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003149, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Herr Staatsminister, wie können Sie es sich erklären, dass in der Presse immer mehr Meldungen erscheinen, dass der Zeitpunkt 2004 nicht eingehalten werden kann? Ich darf zum Beispiel den Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments, Herrn Schmid, zitieren, der erst vor kurzem in einer größeren Zeitung in Süddeutschland gesagt hat: Dieser Zeitpunkt wird nicht mehr haltbar sein. - Dies bedeutet natürlich Verunsicherung in der Bevölkerung und bei den betroffenen Stellen, zum Beispiel bei Speditionen. Unternimmt die Bundesregierung etwas gegen solche Äußerungen? Auch im „Focus“ dieser Woche steht ein entsprechender Artikel geschrieben. Irgendwoher müssen diese Argumente doch kommen. Deswegen frage ich Sie: Was unternimmt die Bundesregierung, um dieser Tendenz entgegenzuwirken? Frau Präsidentin, wenn Sie es erlauben, würde ich gleich meine zweite Frage anschließen. - Herr Staatsminister, Sie wissen, dass Verhandlungen über sehr wichtige Kapitel noch nicht abgeschlossen sind. Hier denke ich an die Kapitel der Landwirtschaft und auch der Regionalpolitik. Besteht nicht die Gefahr, dass der Grundsatz „Gründlichkeit vor Schnelligkeit“ nicht mehr einzuhalten ist, dass hier sehr rasche Abschlüsse erfolgen und dass wir auf Dauer keine guten Ergebnisse erhalten?

Not found (Gast)

Herr Kollege, maßgebend für die Politik der Bundesregierung ist nicht die eine oder andere Meinungsäußerung namhafter europäischer Politiker und auch nicht die entsprechende Kommentierung in den Medien. Maßgeblich für uns sind die Fortschrittsberichte der Europäischen Union und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen der jeweiligen Ratssitzungen. So hat der Gipfel von Laeken festgestellt, dass der Erweiterungsprozess sehr gut gedeiht. Gerade bei der ersten Gruppe der Beitrittsländer, den zehn von Ihnen benannten, sind mittlerweile 21 bis 27 der 29 Kapitel vorläufig erfolgreich abgeschlossen. Es bleiben jeweils zwei bis acht Kapitel zu behandeln. Sie haben die entsprechenden Themen genannt. Sie sind in der Tat nicht ganz einfach zu lösen. Aber daraus kann man weder ableiten, dass der Zeitplan nicht einzuhalten ist, noch kann man daraus ableiten, dass ein politischer Rabatt gegeben wird. Wir sind zuversichtlich, dass in voller Gründlichkeit verhandelt wird und der Termin dennoch eingehalten werden kann. Allerdings - auch dies sei gesagt - kann für kein Land die Garantie gegeben werden, dass es tatsächlich bei dem Datum 2004 bleibt.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Jetzt rufe ich die Frage 14 des Kollegen Klaus Hofbauer auf: Welches Lohn- und Wohlstandsgefälle ist nach Auffassung der Bundesregierung nach dem Beitritt der Tschechischen Republik zur Europäischen Union zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik, insbesondere in den Grenzregionen, zu erwarten?

Not found (Gast)

Herr Kollege, das Wohlstandsgefälle zwischen der Tschechischen Republik und Deutschland - danach hatten Sie gefragt - betrug im Jahre 1999 59 : 107, und zwar gemessen in Prozent des durchschnittlichen Bruttoinlandsproduktes pro Kopf in Kaufkraftparitäten aller 15 EU-Mitgliedstaaten. Für die deutschen Grenzregionen zur Tschechischen Republik waren die Werte zwischen 67, nämlich in Chemnitz, und 105, nämlich in der Oberpfalz und in Oberfranken. Auf der tschechischen Seite betrugen sie 49 in Nordwesttschechien und 54 in Südwesttschechien. Das Lohngefälle Deutschlands zu Tschechien betrug 1996 - in diesem Jahre wurde die letzte richtige Messung durchgeführt - 3,4 : 1. Bis zum Beitritt, voraussichtlich im Jahre 2004, dürfte sich das Gefälle geringfügig verkleinert haben. Der Beitritt der Tschechischen Republik zur Europäischen Union wird aber mittelfristig zu einer Verringerung dieses Abstandes führen. Die Prognosen für die Annäherungsgeschwindigkeit hängen stark von der angenommenen Differenz in den Wachstumsraten ab und fallen daher sehr unterschiedlich aus.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Hofbauer, bitte.

Klaus Hofbauer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003149, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, das Lohngefälle ist nach wie vor vorhanden und wird auch nach dem Beitritt bestehen bleiben. Ich frage Sie: Für welchen Zeitraum wird dieser große Unterschied bestehen bleiben? Sind in diesem Bereich Übergangsregelungen erforderlich? Denn in der Praxis kann und muss man feststellen, dass der Wettbewerb, zum Beispiel im Mittelstand, selbst bei einem Lohngefälle von 1 : 3 mit Sicherheit ganz erheblich beeinträchtigt wird. Das wird zu Verwerfungen führen. Wie will man diesen entgegenwirken?

Not found (Gast)

Wie lange die Disparitäten genau anhalten und wie stark sie ausfallen werden, ist schwer zu prognostizieren. Dass dem jedoch so ist, ist nicht zu bestreiten. Dementsprechend wurden diverse Programme aufgelegt. Für den Arbeitsmarkt gibt es eine siebenjährige Übergangsfrist bezüglich der vollständigen Freizügigkeit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Zudem hat die Europäische Kommission spezielle Förderprogramme für die Grenzregionen entwickelt. Der Umfang von ursprünglich 195 Millionen Euro wurde nun durch das Europäische Parlament und den Rat um 50 Millionen Euro aufgestockt. Ferner können die mittel- und osteuropäischen Staaten schon heute auf die Mittel der PHARE-, ISPA- und SAPARD-Programme zurückgreifen. Im Moment des Beitritts haben sie natürlich auch den Zugriff auf die anderen Förderungsmöglichkeiten. Es ist der Kommission und dem Rat bewusst, dass insbesondere die deutsche Ostgrenze als Grenzgebiet zu den Beitrittsländern im Rahmen einer Strukturpolitik besonders ins Auge gefasst werden muss. Wir gehen aber davon aus, dass in dem Moment, in dem die deutsche Ostgrenze durch den Beitritt der genannten Länder durchlässig wird, die Wirtschaftsleistung der gesamten Region - auf deutscher und nicht deutscher Seite - vergrößert wird und damit auch die Erwerbsmöglichkeiten mittelständischer Betriebe steigen.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Bevor ich die nächste Frage aufrufe, möchte ich verkünden, dass es eine interfraktionelle Verständigung gab, die Aktuelle Stunde vorzuziehen, und zwar auf 15 Uhr. Ich wiederhole: Um 15 Uhr beginnt die Aktuelle Stunde, da wir nur noch relativ wenige Fragen in der Fragestunde haben. Jetzt kommen wir zur Frage 15 des Abgeordneten Hartmut Koschyk: Inwieweit sind Presseberichte zutreffend - Quelle: „Schlesisches Wochenblatt” vom 26. April 2002 -, wonach die Mittel aus dem Bundeshaushalt zur Förderung der deutschen Minderheit in Polen stark rückläufig sowie einige Organisationen der deutschen Minderheit in Polen unverhältnismäßig hoch von Kürzungen betroffen sind, und inwieweit sind der Fortbestand und die Arbeit der Organisationen durch diese Kürzungen gefährdet oder eingeschränkt?

Not found (Gast)

Herr Koschyk, für die Förderung der deutschen Minderheit in Polen stehen im Jahr 2002 insgesamt mehr Mittel zur Verfügung als jeweils in den vorangegangenen Jahren. Die Hilfen des Bundesministeriums des Innern für die deutsche Minderheit und ihr Umfeld in Polen werden aus Mitteln des jeweiligen Bundeshaushalts und aus Rückflussmitteln finanziert. Für das Jahr 2002 werden vom Bundesministerium des Innern 5,164 Millionen Euro bereitgestellt. 2001 waren es 11,34 Millionen DM, das sind 5,8 Millionen Euro. Zusätzlich sind 2002 circa 43 Millionen Zloty Rückflussmittel verfügbar. Dies entspricht einer erheblichen Steigerung gegenüber den 2001 vorhandenen Rückflussmitteln in Höhe von 4,6 Millionen Zloty. Die Äußerung - Sie haben eine Zeitung zitiert -, dass einige Organisationen der deutschen Minderheit unverhältnismäßig stark von Kürzungen betroffen sind, kann vor diesem Hintergrund nicht nachvollzogen werden. Richtig ist, dass die Einrichtungen der deutschen Minderheit jährlich Zuschüsse zu ihren Verwaltungskosten erhalten. Im Jahre 2001 wurden hierfür 1,7 Millionen DM gewährt. Für das Jahr 2002 sind 776 037 Euro - das sind etwa 1,5 Millionen DM - vorgesehen. Diese Mittel werden der deutschen Minderheit über die deutschen Generalkonsulate in Breslau und Danzig zur Verfügung gestellt und von ihnen eigenverantwortlich auf die verschiedenen Organisationen der deutschen Minderheit verteilt. Außerdem ist vorgesehen, dass Rückflussmittel in Höhe von 2,4 Millionen Zloty für Verwaltungs- und Personalkosten eingesetzt werden. Bei der Höhe dieser Strukturhilfen wird nach einer jahrelangen Förderung in der Vergangenheit erwartet, dass ein höherer Anteil an Eigenleistungen erbracht wird.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Koschyk, Ihre erste Nachfrage, bitte.

Hartmut Koschyk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001186, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, besteht nicht die Gefahr, dass dann, wenn die Rückflussmittel - das sind rückfließende Mittel von Krediten, die man zum Beispiel für mittelständische Existenzgründer usw. eingesetzt hat - in die allgemeine Förderung der deutschen Minderheit in Polen einbezogen werden, die Stiftung, die diese Mittel verwaltet und auch die Rückflussmittel erhält, diese nicht mehr für den ursprünglich zugedachten Zweck, zum Beispiel für Infrastrukturprojekte, Existenzgründungshilfen usw., bereitstellen kann?

Not found (Gast)

Die Stiftung verwaltet diese Mittel, aber nicht völlig eigenständig, sondern in Abstimmung mit dem Bundesministerium des Innern. In diesem Zusammenhang können die Mittel auch für weitere Hilfen eingesetzt werden. Über die genaue Planung, die die Stiftung vornimmt, bin ich im Moment nicht orientiert. Mir ist aber noch nicht zu Ohren gekommen, dass genau dieses Problem, das theoretisch entstehen könnte, tatsächlich besteht.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Zweite Frage, bitte, Herr Koschyk.

Hartmut Koschyk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001186, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sie haben bei der Mittelzuweisung aus dem Haushalt des Bundesministeriums des Innern für die deutschen Minderheiten in Polen nur die Vergleichszahl für 2001 und 2002 genannt. Wie haben sich die Mittel insgesamt seit 1998 entwickelt?

Not found (Gast)

Sie haben sich insgesamt eher positiv entwickelt, wie ich gerade dargestellt habe, weil wir Rückflussmittel mit einsetzen können. Generell trifft für diesen Politikbereich das zu, was für alle anderen auch zutrifft - insbesondere auch für alle anderen Bereiche der auswärtigen Kulturpolitik -, nämlich dass wegen der Notwendigkeit der allgemeinen Haushaltskonsolidierung jeder einzelne Titel seine eigenen Einsparpotenziale ausschöpfen muss.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Jetzt rufe ich die Frage 16 des Kollegen Hartmut Koschyk auf: Wie begründet die Bundesregierung ihre bisherige Haltung, kein eigenes Rechtsgutachten zur Frage der Fortgeltung der so genannten Benes-Dekrete sowie daraus resultierender Diskriminierungen in Auftrag zu geben, vor dem Hintergrund ihrer Feststellungen, dass es sich bei der Frage einer Aufhebung der Benes-Dekrete um ein bilaterales Problem handelt - Quelle: Brief der Staatssekretärin im Bundesministerium des Innern, Dr. Cornelie SonntagWolgast, abgedruckt in der Zeitschrift „Das Landvolk“ vom April 2002 -, und wie gedenkt die Bundesregierung vor diesem Hintergrund die Ergebnisse der Rechtsgutachten des Europäischen Parlaments zum Gegenstand bilateraler Erörterungen mit der Tschechischen Republik zu machen?

Not found (Gast)

Herr Koschyk, nach Auffassung der jetzigen sowie aller früheren Bundesregierungen stellt die aufgrund der Benes-Dekrete erfolgte Enteignung und Ausbürgerung Sudetendeutscher völkerrechtliches Unrecht dar. In der Deutsch-Tschechischen Erklärung von 1997 sind die deutsche und die tschechische Seite - mit breiter Zustimmung in beiden Parlamenten - übereingekommen, ihre Beziehungen zukunftsgerichtet fortzuentwickeln und nicht mit aus der Vergangenheit herrührenden rechtlichen und politischen Fragen zu belasten. Die Deutsch-Tschechische Erklärung von 1997 stellt heute mit allen ihren Elementen die Grundlage der bilateralen Beziehungen dar. Dazu gehört auch der Grundsatz, dass jede Seite ihrer Rechtsordnung verpflichtet bleibt und respektiert, dass die andere Seite eine andere Rechtsauffassung hat. Unbeschadet dieser Haltung geht die Bundesregierung davon aus, dass der Acquis von allen Beitrittsländern ab Beitritt einzuhalten ist. Sie hält es für einen normalen Vorgang, dass die europäischen Institutionen die Rechtsordnungen von Beitrittsländern auf ihre Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union prüfen. Die Ergebnisse des Rechtsgutachtens des Europäischen Parlaments liegen noch nicht vor und sollten jetzt abgewartet werden.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Koschyk, bitte.

Hartmut Koschyk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001186, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, ich hatte in meiner Frage die Bundesregierung um Auskunft gebeten, warum sie nicht bereit ist, ein eigenes Rechtsgutachten in Auftrag zu geben. Die tschechische Seite hat ja unbeschadet der Deutsch-Tschechischen Erklärung ein solches Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Wäre es dann nicht im Sinne der Deutsch-Tschechischen Erklärung möglich, dass auch die Bundesregierung ein eigenes Rechtsgutachten zu der Frage in Auftrag gibt, ob diese Dekrete bis heute andauernde Diskriminierungen für tschechische Staatsbürger deutscher oder ungarischer Nationalität oder auch für künftige EU-Bürger entfalten?

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Herr Koschyk, diese Rechtsgutachten, die Sie gerade angesprochen haben, sind im Zuge der Beitrittsverhandlungen Tschechiens zur Europäischen Union entstanden. Von daher sind die Verhandlungspartner die Tschechische Republik und die Europäische Union, nicht die Bundesregierung. Die Bundesregierung hat hierzu eine klare Auffassung; ich habe sie gerade im Grundsatz dargestellt. Auch die tschechische Seite hat erklärt, dass die Benes-Dekrete erloschen seien. Von daher kann daraus kein neues Unrecht über das hinaus, was damals entstanden war, was aber abgeschlossen ist, entstehen. Es gibt eine Ausnahme, über die wir hier auch schon öfter diskutiert haben, nämlich die Restitutionsgesetzgebung. Dies ist ein Punkt, der auch bei den Beitrittsverhandlungen mit der EU eine Rolle spielt.

Hartmut Koschyk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001186, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, wäre es nicht, wenn man zum Beispiel an die tschechische Entscheidung im so genannten Dreithaler-Prozess oder an die auch vom UNO-Menschenrechtsausschuss beanstandete innertschechische Restitutionsgesetzgebung denkt, doch angezeigt, vonseiten der Bundesregierung durch ein Rechtsgutachten klären zu lassen - man muss ja keinen deutschen, sondern man kann auch einen international anerkannten Völkerrechtler hinzuziehen -, ob diese Dekrete heute und damit auch im Falle eines EU-Beitritts weiter andauernde diskriminierende Wirkungen entfalten?

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Für den Umgang mit den Dekreten gibt es im bilateralen Verhältnis eine klare Regelung, die ich vorhin zitiert habe. Aufgrund Ihres Interessenhintergrundes sollten Sie es eigentlich begrüßen, dass sich die Europäische Union im Rahmen des Beitrittsprozesses damit befasst.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Damit schließe ich diesen Geschäftsbereich. Vielen Dank, Herr Staatsminister. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern auf. Zur Beantwortung steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Fritz Rudolf Körper zur Verfügung. Da die Fragen 17 und 18 schriftlich beantwortet werden, rufe ich jetzt die Frage 19 des Kollegen Martin Hohmann auf: Welche Staaten verweigern oder behindern die Rücknahme eigener aus Deutschland ausreisepflichtiger Bürger - „Die Rückseite der Republik“ in: „Der Spiegel“, 10/2002, Seite 36 ff.?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Herr Kollege Hohmann, Schwierigkeiten bei der Rückführung ausreisepflichtiger ausländischer Staatsangehöriger ergeben sich oft aus der mangelnden Rückkehrbereitschaft der betroffenen Personen. Viele Herkunftsstaaten kommen ihrer völkerrechtlichen Pflicht zur Rückübernahme eigener ausreisepflichtiger Staatsangehöriger nach und arbeiten mit den zuständigen deutschen Behörden bei der Feststellung der Staatsangehörigkeit der betroffenen Personen und der Ausstellung von Heimreisedokumenten gut zusammen. Mit einer Reihe von Staaten ist die Zusammenarbeit dagegen nicht zufriedenstellend. Die Bundesregierung wirkt durch geeignete Maßnahmen - dazu gehören etwa der Abschluss von Rückübernahmeabkommen, Expertengespräche und Gespräche mit den Botschaftern der Herkunftsstaaten - fortlaufend darauf hin, Schwierigkeiten bei der Rückführung zu beseitigen. Für den Erfolg dieser Maßnahmen wäre es meines Erachtens nicht sehr förderlich, die Staaten zu benennen, bei denen Rückführungsprobleme bestehen. Dies wäre grundsätzlich nicht zweckmäßig.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Hohmann, bitte.

Martin Hohmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003152, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär, es ist natürlich schwierig, eine Nachfrage zu stellen, wenn die ursprüngliche Frage im Grunde nicht beantwortet worden ist. Andererseits geht mir eine gewisse Einsicht in die Motivation dafür - Sie haben sie eben genannt - nicht ab. Bei den Maßnahmen, die Sie zu unternehmen gedenken, haben Sie Gespräche mit den Botschaftern erwähnt. Sind auch weitergehende Maßnahmen, die für diese - lassen Sie es mich so sagen - Verweigerungsstaaten vielleicht ein wenig fühlbarer sind, bereits in Anwendung oder in Erwägung gezogen worden?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Herr Kollege Hohmann, bei der Bekanntgabe bestimmter Länder und Staaten, mit denen es Schwierigkeiten gibt, befinden wir uns auf einer kontinuierlichen Linie mit der alten Bundesregierung: Das war nie Gegenstand öffentlicher Erörterungen, weil es in der Tat nicht erfolgversprechend und zweckmäßig wäre. Es gibt vielfältige Initiativen. All diese könnte ich Ihnen detailliert auflisten; ich habe sie dabei. Ich habe Ihnen die Länder nicht deswegen nicht genannt, weil ich sie nicht kenne, sondern, wie gesagt, weil ich es nicht für zweckmäßig halte. Ich denke, dass man auch auf das Lomé-Folgeabkommen hinweisen muss, auf das Sie mit Ihrer Frage im Grunde genommen abzielen. Mit diesem wird letztendlich ein Zusammenhang zwischen auf der einen Seite migrationspolitischen Verpflichtungen und auf der anderen Seite entwicklungspolitischen Leistungen hergestellt. Sie wissen, dass in dieses Nachfolgeabkommen auch eine so genannte Rückübernahmeklausel aufgenommen worden ist. Aber Sie werden auch wissen, dass dieses Cotonou-Abkommen, wie es sich jetzt nennt, zwar schon von Deutschland, aber noch nicht von allen europäischen Staaten ratifiziert ist, und dass auch zwei Drittel der restlichen Staaten noch nicht zugestimmt haben, was notwendig ist, damit dieses Abkommen in Kraft tritt.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Dann hat der Kollege Eckart von Klaeden dazu eine Nachfrage.

Eckart Klaeden (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002698, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ich habe Verständnis dafür, dass Sie dies nicht öffentlich erörtern wollen. Sind Sie denn bereit, dem Kollegen Hohmann über die Fragen, die ihn interessieren, im Innenausschuss Auskunft zu geben?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Ich gebe gern dort Auskunft, wo wir auf eine verlässliche Vertraulichkeit bauen können. Das ist überhaupt keine Frage. Aber ich entnehme Ihrer Frage, dass Sie volles Verständnis dafür haben, dass die Namen der Länder, mit denen wir gewisse Probleme haben, nicht für die öffentliche Erörterung geeignet sind.

Eckart Klaeden (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002698, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Aber dass sich das Parlament dafür interessiert, können Sie sicherlich nachvollziehen?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Dafür habe ich volles Verständnis und das ist überhaupt kein Problem. Es ist nicht so, dass ich nicht darüber reden will, aber eine öffentliche Erörterung ist erfolgsmindernd, weil diese Reaktionen auslösen würde, die die Sache nur erschweren. - Ich merke an Ihrer Gestik, dass Sie mir zustimmen.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Damit sind wir auch mit diesem Geschäftsbereich am Ende. Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Die Fragen 20, 21 und 22 zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft werden schriftlich beantwortet. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung auf. Zur Beantwortung steht Frau Parlamentarische Staatssekretärin Brigitte Schulte zur Verfügung. Die Fragen 23 bis 26 werden schriftlich beantwortet. Ich rufe daher die Frage 27 des Kollegen Karl-Josef Laumann auf: Seit wann sind dem BMVg die gravierenden hygienischen und bautechnischen Mängel in der Küche der Theodor-Blank-Kaserne in Rheine-Bentlage, die zur Schließung der Kasernenküche führten, bekannt und welche Informationen liegen der Bundesregierung über den Zustand weiterer Kasernenküchen vor?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Laumann, die Notwendigkeit, den baulichen und hygienischen Zustand der Truppenküche in der Theodor-Blank-Kaserne zu ändern, ist seit 1979 bekannt. Für die Zuhörer muss man sagen, dass die Bundeswehr nicht selbst bauen darf, sondern sich dazu der Länderverwaltungen bedient, die dafür pro Jahr über 600 Millionen bekommen. 1985 wurde erstmals ein konkreter Bauantrag zur Sanierung gestellt. Er wurde 1988 gestoppt, bevor er überhaupt ausgeführt wurde. 1989 war man sich darüber klar, dass man einen Antrag auf Neubau des Wirtschaftsgebäudes erneut stellen muss. Dass dessen Planung nach drei Jahren ebenfalls eingestellt wurde, hatte etwas damit zu tun, dass im Jahre 1991 Veränderungen im Umfang der Bundeswehr zum Tragen kamen, aber natürlich auch dringlichere Baumaßnahmen in den neuen Bundesländern für den Erhalt von Bundeswehreinrichtungen anstanden. Im Januar 1995 wurde die Dringlichkeit der Baumaßnahme durch das BMVg selber hervorgehoben. Es hat dann im Jahre 1996 einen erneuten Bauantrag in Auftrag gegeben. 1997 wurde der Bauzustand der Truppenküche noch einmal als ungenügend gerügt. Bis zur Schließung der Truppenküche aus Betriebsschutz- und Hygienegründen nach einer entsprechenden Besichtigung durch den Wehrbereichshygieniker am 11. April 2002 wurde der dringendste Bedarf stets repariert, aber das Problem nicht gelöst, Herr Kollege. Dem Bundesministerium der Verteidigung sind die Gründe, die zur Schließung der Truppenküche geführt haben, am 16. April auf dem Dienstwege mitgeteilt worden. Das dürfte in der Abteilung WV des Hauses keinen verwundert haben. Wir haben das Problem, dass wir die Frage des Zustandes der Wirtschaftsgebäude selbstverständlich auch in anderen Kasernen und nicht nur in Ihrem Wahlkreis, Herr Laumann, thematisieren müssen. Doch seit der Reform der Bundeswehr im Jahre 1991 und auch in diesem Jahre hat es mehrere Male Stationierungsänderungen sowie Veränderungen in Umfang und Größe der Truppe vor Ort gegeben, die dazu geführt haben, dass viele notwendige Baumaßnahmen umgeplant wurden. Darüber hinaus gibt es auch immer wieder Mitteilungen vom Bundesrechnungshof, der auch auf die Bundeswehr ein wachsames Auge wirft. Beabsichtigt ist, dass nach der derzeit in Arbeit befindlichen Neuordnung des Verpflegungswesens verschiedene Neubauten durchgeführt werden müssen. Dabei muss auch geprüft werden, wie die genannte Neubaumaßnahme aussehen soll. Ich gehe aber davon aus, dass für die Theodor-Blank-Kaserne eine Lösung gefunden wird.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Jetzt hat der Kollege Laumann eine erste Nachfrage.

Karl Josef Laumann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001294, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, ich gehe davon aus, dass Ihnen bekannt ist, dass in dieser Kaserne weit mehr als 1 000 Soldaten ihren Dienst ausüben, davon allein weit mehr als 500 Wehrpflichtige, die einen Anspruch auf Truppenverpflegung haben. Mir geht es eigentlich um Folgendes: Können Sie einen Termin angeben, wann die Truppenküche in dieser Kaserne wieder arbeitsfähig ist? Denn die Lösungen, die zurzeit praktiziert werden, nämlich die Truppe über CateringService und Ähnliches zu versorgen, sind kein Zustand, der allen Ernstes mittelfristig beibehalten werden kann. Ich meine vielmehr, dass eine kurzfristige Entscheidung notwendig ist.

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Was die Kurzfristigkeit angeht, muss ich sehr kritisch anmerken, dass man bei den Mängeln hinsichtlich der Standortverwaltung und anderen schon in der Vergangenheit einiges hätte auf den Weg bringen können. Gegenwärtig sind sowohl der Umfang als auch die Verpflegungsart im Grunde sehr antiquiert. Bei der Änderung des Verpflegungskonzepts stellen wir uns bekanntlich auch die Frage, welche Tätigkeiten vor Ort wahrgenommen werden können und was wir zuliefern lassen. Damit sind wir derzeit beschäftigt. Ich werde in der Antwort auf Ihre nächste Frage ausführen, womit wir zurzeit beschäftigt sind. Der Zustand, dass es von 1979 bis heute nicht zu einem Neubau gekommen ist, ist einerseits ohne Zweifel unbefriedigend. Andererseits, Herr Kollege Laumann, habe ich in verschiedenen Orten Neubauten angetroffen, die ich für überdimensioniert halte. Deswegen müssen wir einen vernünftigen Weg finden. Ich stimme Ihnen aber darin zu, dass wir diese Maßnahme nicht einfach vor uns herschieben können.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Damit kommen wir schon zu Frage 28: Was wird künftig seitens des BMVg unternommen, um der Fürsorgepflicht gegenüber wehrpflichtigen Soldaten, die Anspruch auf Verpflegung unter anderem auch in der TheodorBlank-Kaserne haben, gerecht zu werden?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Herr Laumann, die Versorgung der Soldaten aus der Theodor-Blank-Kaserne wird zurzeit über drei Feldküchen gewährleistet, die neben dem Speisesaal mobil aufgestellt wurden und die so schlecht nicht sind. Solche Feldküchen werden auch in den internationalen Einsätzen genutzt. Ab dem 1. Juli 2002 erfolgt die Verpflegungsleistung über zwei Truppenküchen, und zwar des nahe gelegenen Fluglehrzentrums oder des ehemaligen Jagdgeschwaders 72 in Westfalen. In der Theodor-Blank-Kaserne ist der Neubau einer Truppenküche vorgesehen. Die notwendige konzeptionelle Grundlage für diese wie für andere investive Baumaßnahmen an Wirtschaftsgebäuden wird nach dem neuen Verpflegungskonzept geschaffen werden müssen. Ich hoffe, dass wir uns dafür nicht zu lange Zeit nehmen müssen. Oberstes Ziel muss - damit haben Sie völlig Recht - der Anspruch des Soldaten auf eine bedarfsgerechte und, nebenbei gesagt, auch schmackhafte Ernährung sein, und zwar auch da, wo die befristeten Behelfsmaßnahmen notwendig sind und in der Tat meistens in vertretbarer Form stattfinden. Ich würde nicht sagen, dass das, was in der Feldküche geleistet oder das, was zutransportiert wird, schlecht ist, aber längerfristig ist das natürlich keine Lösung.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Laumann, bitte.

Karl Josef Laumann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001294, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, ich frage noch einmal nach: Können Sie mir einen einigermaßen konkreten Termin angeben, wann es zu einem Neubau der Truppenküche kommt? Ich kenne sie sehr gut; ich war schließlich als Soldat dort. Die vorgesehene Versorgung über das Jagdgeschwader oder das Fluglehrzentrum führt dazu, dass diese Küchen etwa die doppelte Anzahl von Mahlzeiten produzieren müssen wie vorher. Das wiederum hat zur Folge - wie ich aus dieser Kaserne weiß -, dass die Essensauswahl mächtig zusammengestrichen wird, weil die erforderlichen Kapazitäten nicht vorhanden sind. Wenn alle im Bundestag mittelfristig aus einer Feldküche ernährt würden, würden wir sicherlich für eine Lösung sorgen. Sorgen Sie doch jetzt auch für eine Lösung in der Kaserne Bentlage!

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Ich habe mich zwei Tage und zwei Nächte in Afghanistan aufgehalten. Weil es dort besonders wichtig ist, dass die Soldaten gut ernährt werden, würde ich nicht abwerten, was eine Feldküche leisten kann. Das möchte ich ausdrücklich anmerken. Etwas anderes sind aber natürlich - deshalb habe ich das Ihnen und den anderen Kolleginnen und Kollegen auch dargestellt - die unglaublichen Bauvorgänge von 1979 bis heute. Wenn Sie mit uns und den anderen Kollegen dazu beitragen, dass es zu einem modernen Liegenschaftsmanagement kommt und wir uns das, was wir heute machen, wirklich abgewöhnen, bin ich fest davon überzeugt, dass wir beide es noch als aktive Abgeordnete erleben, dass wir diese Küche einweihen können. ({0}) - Nach der Wahl. Ich möchte diese Funktion ja noch eine Wahlperiode wahrnehmen. ({1}) - Nein, deswegen sage ich ja, dass wir sie in der nächsten Wahlperiode noch wahrnehmen wollen; das ist wohl wahr. Vor der Bundestagswahl ist das Konzept doch noch nicht fertig.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Wir wechseln jetzt den Standort und kommen zur militärischen Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide. Ich rufe die Frage 29 des Kollegen Wolfgang Gehrcke auf: Hat die Bundesregierung ihre Position zur Beendigung der militärischen Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide geändert und wenn ja, wie?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Liebe Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Kollege Gehrcke, ich hätte beinahe gesagt: ein Dauerthema. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt besteht für die Bundesregierung keine Veranlassung, ihre Absicht der weiteren militärischen Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide, des berühmten Truppenübungsplatzes Wittstock, zu ändern. Entsprechend den Vorgaben, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 14. Dezember 2000 gemacht hat, wurden die umliegenden Gemeinden angehört. Deren Stellungnahmen werden derzeit durch das Land Brandenburg ausgewertet, welches in Amtshilfe für den Bund die Anhörung durchgeführt hat. Ich möchte um Erlaubnis bitten, die Frage 30 des Kollegen Wolfgang Gehrcke im Zusammenhang mit Frage 29 beantworten zu dürfen.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Gehrcke, sind Sie damit einverstanden? - Das scheint der Fall zu sein. Dann rufe ich die Frage 30 des Kollegen Wolfgang Gehrcke auf: Zieht die Bundesregierung aus der Tatsache, dass sich weitere Gemeinden, darunter die Stadt Wittstock, im Zuge der Anhörung gegen eine weitere militärische Nutzung des Truppenübungsplatzes ausgesprochen haben, die Schlussfolgerung, das Truppenübungsplatzkonzept so zu ändern, dass dem Begehren der Gemeinden Rechnung getragen wird?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Wie erwähnt, wurde die Anhörung der Gemeinden durch das Land Brandenburg - das betrifft wieder die Frage, was die Länder für den Bund übernehmen - im Rahmen der Amtshilfe durchgeführt. Deren Stellungnahmen werden zurzeit ausgewertet. Wir werden bald eine entsprechende Zusammenfassung übersandt bekommen. Das Bundesministerium der Verteidigung wird dann die vorgetragenen Belange der Gemeinden im Rahmen seiner Entscheidung über die künftige militärische Nutzung des Truppenübungsplatzes Wittstock sachgerecht abwägen. Ob und wenn ja, in welchem Umfang dadurch eine Änderung des Truppenübungsplatzkonzeptes der Bundeswehr erforderlich sein wird, kann man abschließend erst dann entscheiden, wenn man von einer Änderung ausgeht. Ich gehe allerdings davon aus, dass wir Wittstock auf jeden Fall brauchen.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Gehrcke hat jetzt vier offene Nachfragen. Zur ersten Nachfrage, Herr Gehrcke, bitte.

Wolfgang Gehrcke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003130, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Ich habe natürlich viel mehr offene Fragen, die beantwortet werden müssen. Frau Parlamentarische Staatssekretärin, Kompliment dafür, wie elegant Sie Wahlwerbung selbst im Zusammenhang mit der Beantwortung von Fragen betrieben haben. Ob der von Ihnen bei der Beantwortung der Fragen von Herrn Laumann signalisierte Optimismus, dass Sie auch künftig in Ihrer Funktion als Parlamentarische Staatssekretärin Fragen beantworten werden, angebracht war, werden wir noch sehen. Zu meiner ersten Nachfrage: Am Ostersonntag hat der Bundesvorsitzende des Bündnisses 90/Die Grünen, Herr Fritz Kuhn, auf der traditionellen Ostermarschkundgebung in der Kyritz-Ruppiner Heide mitgeteilt, dass die Fraktion der Grünen geschlossen für eine Beendigung der militärischen Nutzung und für eine zivile Nutzung des Truppenübungsplatzes eintrete. Wenn mich nicht alles täuscht, sind die Grünen noch immer Ihr Koalitionspartner, jedenfalls derzeitig. Bedeutet das, dass nur eine Hälfte der Bundesregierung an dem bisherigen Truppenübungsplatzkonzept festhält, während die andere Hälfte das nicht mehr tut?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Ich gehe einmal davon aus, dass Herr Kuhn zwar viel über die Landespolitik in Baden-Württemberg weiß, dass es ihm aber ähnlich wie ehemaligen sozialdemokratischen Oppositionspolitikern - ich möchte keine Namen nennen - ergeht, die, als sie die Regierungsverantwortung übernommen haben, feststellen mussten, dass sie über Militärpolitik auf Bundesebene noch einiges lernen müssen. Insoweit bin ich ziemlich zuversichtlich, dass auch der kluge Bundesvorsitzende der Grünen lernen wird, dass eine Entlastung Süddeutschlands, also des Truppenübungs- und Bombenabwurfplatzes Siegenburg, und des niedersächsischen Standortes Nordhorn sinnvoll ist. Ich glaube, dass Herr Kuhn seine Meinung in dem Moment ändern wird, in dem er sich selbst alle plausiblen Argumente, die für die weitere militärische Nutzung des Truppenübungsplatzes Wittstock sprechen, vor Augen führt. In der ehemaligen DDR - das kann ich Ihnen, Herr Gehrcke, jetzt nicht ersparen - sind 25 000 fliegende Einsätze pro Jahr durch die dort stationierten sowjetischen Streitkräfte durchgeführt worden. ({0}) Wir planen gerade einmal 1 700. Wir verlangen unseren Soldatinnen und Soldaten gerade von Marine und Luftwaffe ab, einen Großteil ihrer fliegerischen Ausbildung außerhalb Deutschlands, ja sogar außerhalb Europas durchzuführen, damit die deutsche und die europäische Bevölkerung nicht übermäßig belastet wird. Ich halte es deshalb für notwendig - ich kann Ihnen gerne ein Privatissimum darüber geben, was wir dort alles vorhaben -, am Truppenübungsplatz Wittstock festzuhalten. Ich war eine derjenigen, die zusammen mit der CDU/CSU immer für die weitere Nutzung dieses Truppenübungsplatzes gestimmt haben.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Die zweite Nachfrage des Kollegen Gehrcke.

Wolfgang Gehrcke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003130, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Ich könnte jetzt natürlich meinen Werbeblock einbringen, da ich Abgeordneter aus dieser Region bin und sie deshalb gut kenne.

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Das habe ich mir schon gedacht.

Wolfgang Gehrcke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003130, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Ich danke für die Vorlage. Aber das werde ich jetzt nicht tun. Darf ich Ihre Antwort auf meine erste Nachfrage so verstehen, dass Sie davon ausgehen, dass der Bundesvorsitzende des Bündnisses 90/Die Grünen, Herr Fritz Kuhn, der für den Bundestag kandidiert, in dieser Frage genauso umfallen und eine 180-Grad-Kehrtwende vornehmen wird wie Herr Scharping, wenn er in den Bundestag einzieht? Das war doch wohl Ihre Kernaussage.

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Wenn sich ein Landtagsabgeordneter solchen Argumenten öffnet - Sie haben den Namen genannt, den ich vorhin bewusst nicht genannt habe; Sie hätten auch meinen Kollegen Kolbow nennen können -, ({0}) dann ist dies einfach eine Frage der Kenntnis von der Aufteilung und Nutzung der Truppenübungsplätze in der gesamten Bundesrepublik. Ich habe dafür durchaus Verständnis, auch für die betroffenen Gemeinden und natürlich auch für Sie als Abgeordnete. Dennoch ist das, was wir dort planen, sinnvoll und vernünftig. Ich bin sogar zuversichtlich, dass wir auch Oppositionspolitiker davon überzeugen können. Natürlich kann Herr Kuhn und kann auch jede Partei eine andere Meinung haben. Wir aber sind der festen Überzeugung, dass man an Wittstock festhalten muss. ({1})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Sie können sogar noch zwei Fragen stellen.

Wolfgang Gehrcke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003130, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Frau Parlamentarische Staatssekretärin, ich muss Sie fragen, ob Sie nicht auch Verständnis für die Bevölkerung haben. Ich frage dies vor dem von Ihnen zu Recht geschilderten Hintergrund, dass die Bevölkerung zu Zeiten der DDR eine unverhältnismäßig hohe, aggressive Belastung über sich ergehen lassen musste. Glauben Sie nicht, dass die Menschen, die dort noch wohnen, aus der Vergangenheit heraus ein gewisses Anrecht haben, jetzt nicht schon wieder, wenn auch in einer nicht vergleichbaren Art und Weise, von Fluglärm und Bombenabwurfsübungen behelligt zu werden?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Herr Gehrcke, um einmal auf eine andere Region der Bundesrepublik Deutschland zu kommen, in der nächsten Woche werde ich in Geilenkirchen sein. Dort geht es um AWACS. Es ist völlig unstrittig, dass jeder fliegerische Übungsbetrieb Lärm mit sich bringt. Wir wollen aber - darauf habe ich vorhin bereits hingewiesen - von 25 000 Einsätzen pro Jahr bzw. 450 Einsätzen am Tag auf 1 700 Einsätze pro Jahr heruntergehen. Ferner wollen wir, angelehnt an die Praxis von Nordhorn und Siegenburg, an Werktagen nur noch von 9 bis 17 Uhr mit einer zweieinhalbstündigen Mittagspause fliegen. An Feiertagen soll der Luft- und Bodenschießplatz nicht genutzt werden; vielmehr wird die zwischen den Übungsflächen gelegene Straße für die Bürger geöffnet werden. Allerdings muss auch Nachtflug geübt werden; hierbei geht es vor allem um das Abwerfen von Munition, die aber reine Übungsmunition sein wird, wohingegen durch die früheren Bombenabwürfe Explosivstoff bis zu 500 Kilometer verbreitet wurde. Wenn Sie sich in Nordhorn und Siegenburg erkundigen, wird man Ihnen bestätigen, dass wir diese Tiefflüge vor allen Dingen im Winterhalbjahr durchführen, weil sie dann zu einem früheren Zeitpunkt stattfinden können. Die Bundeswehr möchte diesen Flugplatz übernehmen. Die Übernahme wäre viel schneller vonstatten gegangen, wenn die Vorgängerregierung keine Verfahrensfehler gemacht hätte. ({0}) Diese Bundesregierung wird auch dafür sorgen, dass die riesigen Mengen an Altmunition beseitigt werden. Mehr kann man eigentlich nicht verlangen.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Eine Frage können Sie noch stellen.

Wolfgang Gehrcke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003130, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Man muss nicht mehr, sondern etwas anderes verlangen: dass die gesamte militärische Nutzung eingestellt wird. Letzte Frage: Bei vorangegangenen Debatten - Sie haben Recht, es ist heute nicht die erste Debatte und auch nicht die erste Behandlung dieses Themas in einer Fragestunde; das macht diese Gegend ja auch etwas berühmt haben Sie als Argument angeführt, dass der Bürgermeister von Wittstock, der der FDP angehört und sich für die Garnison einsetzt, immer mit einem hohen Stimmenergebnis wiedergewählt worden sei. Nun hat sich die Stadtverordnetenversammlung in Wittstock, also das demokratische Stadtparlament, mit großer Mehrheit gegen eine Fortsetzung der militärischen Nutzung und für eine zivile Nutzung ausgesprochen. Würden Sie mir zustimmen, dass ein Beschluss einer Stadtverordnetenversammlung mindestens so gewichtig wie die private Meinung eines Bürgermeisters ist?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Ich habe die Unterlagen dabei; ich wusste, dass Sie mich danach fragen würden. Ob es nun die private Meinung des Bürgermeisters ist oder ob ein Stadtrat dazu noch zusätzliche Auskünfte bekommen möchte, lasse ich dahingestellt sein. Ich habe mir jedenfalls fest vorgenommen, einmal mit den Bürgern in Wittstock zu reden. Ich war Vorsitzende des Gesprächskreises Kommunalpolitik und weiß daher, welche Rechte Kommunalparlamenten zustehen. Was wir hier tun, ist sinnvoll und richtig. Dass eines unserer Ausbildungsregimenter dort stationiert ist, ist gerade für die Entwicklung von Wittstock eine schöne Sache. An einer solchen Stationierung ist auch Herr Koschyk interessiert, übrigens auch der Stadtrat von Wittstock. Dieser Truppenübungsplatz ist zur Entlastung von Siegenburg und Nordhorn erforderlich. Er wird von uns sehr viel weniger und behutsamer genutzt, als es in der Vergangenheit der Fall war. Daher gehe ich davon aus, dass die Menschen dort eines Tages dankbar sein werden, dass sie diesen Truppenübungsplatz nicht verhindern konnten. ({0})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Es gibt jetzt noch eine letzte Nachfrage des Kollegen Koschyk. ({0}) - Ach, zu beiden Fragen. Das ist sehr geschickt; damit darf er zwei Fragen stellen.

Hartmut Koschyk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001186, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, Sie haben in der Antwort auf die Frage des Kollegen Gehrcke nur auf die bei der Veranstaltung jüngst in dieser Region geäußerte Auffassung des Vorsitzenden der Bündnisgrünen, Herrn Kuhn, abgehoben. Wie bewerten Sie es denn, dass dem Deutschen Bundestag ein Gruppenantrag vorliegt, von mehreren Kolleginnen und Kollegen auch Ihrer Fraktion unterschrieben - auch von Kolleginnen und Kollegen, die sich mit Verteidigungsfragen befassen -, der sich ebenfalls dagegen ausspricht, diesen Übungsplatz weiterhin militärisch zu nutzen, und der sich für eine zivile Nutzung einsetzt?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Auf der einen Seite sind die Antragsteller frei gewählte Abgeordnete. Auf der anderen Seite gehöre ich zu den Leuten, die nach dem Motto leben: Man muss den Menschen auch die Wahrheit sagen. In diesem Falle sieht die Wahrheit so aus, dass die Verteilung nicht so erfolgen kann, dass die schönen Dinge den neuen Bundesländern zugute kommen, während sich der Übungsbetrieb auf die alten Bundesländer beschränkt. Wir haben inzwischen einige hervorragende Beispiele dafür, dass die Bevölkerung damit, wie die Bundeswehr die in Betrieb befindlichen Truppenübungsplätze benutzt, außerordentlich zufrieden ist. Ich betreue den Unterausschuss Neue Bundesländer und kann nur sagen, dass das zutraf, ob ich nun in Ohrdruf oder in der Oberlausitz, in Jägerbrück oder in anderen Gebieten war. Deswegen haben wir den Kollegen, die diese Anträge gestellt haben, gesagt: Das mag ja vielleicht ganz spektakulär sein; aber wir sind der Überzeugung, dass unsere Position richtig ist. Es ist ihr Recht, solche Anträge zu stellen; die Mehrheit des Bundestages wird aber mit ihrer Stimme diesen Antrag ablehnen.

Hartmut Koschyk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001186, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wie bewerten Sie es dann, Frau Staatssekretärin, dass der Unterausschuss Neue Länder beschlossen hat, über diesen Gruppenantrag eine Anhörung durchzuführen, dass es also im Ausschuss eine Mehrheit für die Durchführung einer Anhörung zu diesem Thema gab?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Es tut mir Leid; ich kann mich nicht daran erinnern. Ich war verwundert, als ich dies las. Ich war bei jeder dieser Sitzungen anwesend, weil ich den Unterausschuss Neue Bundesländer des Verteidigungsausschusses begleite.

Hartmut Koschyk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001186, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Nach meiner Kenntnis führt einer der mit diesem Gruppenantrag befassten Ausschüsse eine Anhörung durch. Nach meiner Kenntnis ist es der Unterausschuss Neue Länder.

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Das glaube ich nicht, weil das Truppenübungskonzept Angelegenheit des Gesamtausschusses ist. Es kann sein, dass sich der Verteidigungsausschuss damit befassen wird. ({0})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Auch ich glaube, dass das außerhalb der Sitzung zu klären ist. - Es liegen keine weiteren Fragen vor. Danke, Frau Staatssekretärin. Die Fragen 31, 32 und 33 zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit werden schriftlich beantwortet. Damit ist die Fragestunde beendet. Ich unterbreche die Sitzung bis 15 Uhr. Dann beginnt - vorgezogen - die Aktuelle Stunde. ({0})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Die unterbrochene Sitzung ist wieder aufgenommen. Ich rufe Zusatzpunkt 1 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der CDU/CSU Haltung der Bundesregierung zu den anhaltend hohen Arbeitslosenzahlen in Deutschland, zu den im europäischen Vergleich niedrigen Wachstumsraten und den geringen Investitionen in Straße und Schiene Ich darf darauf hinweisen, dass wir uns in der Aktuellen Stunde befinden. Daher darf mit Ausnahme der Bundesregierung nicht länger als fünf Minuten gesprochen werden. Ich eröffne die Aussprache. Sind alle da? - Das scheint der Fall zu sein. Dann hat als erster der Kollege Peter Rauen für die CDU/CSU-Fraktion das Wort.

Peter Rauen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001783, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Es wird und wird nicht besser“, so hat die „Bild“-Zeitung die Arbeitslosenzahlen vom April dieses Jahres kommentiert. Es wird nicht nur nicht besser, es wird im Kern immer schlechter. Gerade im April dieses Jahres waren gegenüber dem Vorjahresmonat 156 000 Arbeitslose mehr zu verzeichnen als ein Jahr zuvor. Das war die höchste Arbeitslosenzahl in einem April seit 1998. Wenn es richtig ist, dass der Arbeitsmarkt ein Spiegelbild der Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik ist, dann ist die Lage dort ein einziges Desaster. ({0}) Kanzler Schröder wollte, wie er in seiner Regierungserklärung gesagt hat, an dem gemessen werden, was er auf dem Arbeitsmarkt bewegt. Wir werden im Jahre 2002 in Deutschland über 4 Millionen Arbeitslose haben. Damit hat er sein Ziel weit verfehlt; er ist auf dem Arbeitsmarkt gescheitert. ({1}) Ich möchte noch mit einer Auffassung aufräumen, die immer wieder von der Bundesregierung ins Feld geführt wird, nämlich dass auf dem Arbeitsmarkt zusätzliche Beschäftigungsverhältnisse geschaffen wurden. Ich verweise auf die Ergebnisse des Statistischen Bundesamtes. Hieraus geht ganz klar hervor, dass wir in Erwerbstätigenstunden gerechnet im Jahr 2002 in Deutschland weniger arbeiten werden als im Jahr 1998. Das heißt, die vermeintlichen Erfolge auf dem Arbeitsmarkt hat es zu keinem Zeitpunkt gegeben. Wir haben zwar mehr Teilzeitarbeitsverhältnisse, aber trotzdem wird in Deutschland nicht mehr gearbeitet. Steuern und Abgaben werden nicht auf den Arbeitsplatz gezahlt, sondern von den geleisteten Stunden. Dabei liegen wir heute schlechter als im Jahre 1998. Dann wird immer wieder die Wachstumsschwäche, die wir haben, genannt. Wir haben ja in den letzten zwei Jahren in Europa bezüglich des Wachstums unvergleichlich weit hinten gelegen. ({2}) Nach Einschätzung der Regierung vom November 2000 hätten wir in den Jahren 2001 und 2002 rund vier Prozent Wachstum haben sollen. Dieses hat in Deutschland nicht stattgefunden. ({3}) Vier Prozent Wachstum, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, bedeuten, dass Wachstum im Wert von rund 165 Milliarden DM stattgefunden hätte. Bei einer Steuerund Abgabenquote von fast 44 Prozent wird, gemessen am Wachstum, klar, warum Bund, Ländern, Gemeinden und den Sozialversicherungskassen insgesamt rund 65 Milliarden DM an Einnahmen fehlen. Dies ist das Ergebnis einer verfehlten Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik dieser rot-grünen Bundesregierung. Ich habe schon bei der Steuerdiskussion im Mai 2000 gesagt: Wer eine solche Politik gegen den Mittelstand und die Arbeitnehmer macht wie diese Regierung, ({4}) der wird am Arbeitsmarkt brutal scheitern. Genau das ist heute eingetreten. Alle 15 Minuten geht in Deutschland ein Unternehmen in die Insolvenz. ({5}) Dabei sind noch nicht die mitgerechnet, die ihren Betrieb aufgeben, weil er sich für sie nicht mehr rechnet: 33 000 im letzten Jahr, 40 000 werden es in diesem Jahr sein. Ohne Unternehmer gibt es keine Arbeitsplätze. Ich verstehe schon, dass die Gewerkschaften höhere Löhne fordern und dass in Deutschland im Moment ein Arbeitskampf im Gange ist; ({6}) denn auch die Gewerkschaften sind von dieser Regierung in die Irre geführt worden. ({7}) Sie haben geglaubt, dass die Lohnzusatzkosten reduziert würden. Auch mit diesem Versprechen ist die Regierung brutal gescheitert. ({8}) - Sie mögen ja hier Zwischenrufe machen, aber nehmen Sie bitte die Fakten zur Kenntnis. ({9}) In meinem Betrieb betragen die Sozialversicherungsbeiträge in diesem Jahr 41,9 Prozent. Sie lagen im Jahr 1998 bei 42 Prozent. Das heißt, meine Mitarbeiter haben lediglich 0,1 Prozent weniger an Lohnzusatzkosten.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Peter Rauen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001783, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ja. - Das sind bei einem Gehalt von 5 000 DM 2,50 DM für den Arbeitnehmer und 2,50 DM für den Betrieb pro Monat, ({0}) und das bei einer unvergleichlichen Erhöhung der Energiekosten, angetrieben durch die Ökosteuer, wobei die Steuerreform und die moderaten Lohnabschlüsse der letzten Jahre - weil die Gewerkschaften der Regierung geglaubt hatten - völlig konterkariert wurden durch das, was an Lohnmehrkosten aufgebracht werden musste. ({1}) Vor diesem Hintergrund muss man leider feststellen, dass es überhaupt keine Anzeichen gibt, dass wir vor einer Besserung stünden. Selbst der Geschäftsklimaindex

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist weit überschritten. Wir sind in der Aktuellen Stunde. ({0})

Peter Rauen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001783, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

- ja, ich komme zum Ende -, der von Herrn Eichel als Indiz für ein bevorstehendes Wachstum bemüht worden ist, hat sich beim letzten Mal wieder verschlechtert. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. ({0})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Ich erteile das Wort dem Bundesarbeitsminister Walter Riester.

Walter Riester (Minister:in)

Politiker ID: 11003616

Meine Damen und Herren! Ich bin sehr für eine Debatte zu diesem Thema, aber ich frage mich, warum die Opposition sie mit Unwahrheiten beschmutzt. ({0}) Es ist nicht so, dass die Arbeitslosigkeit stagniert, sondern wir haben die Arbeitslosigkeit um 10 Prozent reduziert, und zwar eine Arbeitslosigkeit, die wir von Ihnen übernommen haben. ({1}) Von 1,8 Millionen im Jahr 1982 auf 4,8 Millionen stieg sie in der Verantwortung Ihrer Regierung. ({2}) Ich kann ja verstehen, dass die Bewältigung des Problems einigen Leuten zu langsam ging. Aber ich kann nicht verstehen, dass diejenigen, die das Problem verursacht haben, nun mit dem Finger auf uns zeigen. ({3}) Ich freue mich über die zurückgehende Arbeitslosigkeit; Sie haben Sorge. Besonders freut mich, dass die Arbeitslosigkeit schwerbehinderter Menschen um 18 Prozent zurückgegangen ist. ({4}) Auch das ist nicht von alleine passiert. Wir haben dafür gesorgt, indem wir mit vielen Aktiven in den Arbeitsämtern konsequent für das Gesetz zur Integration Schwerbehinderter kämpfen und in den Betrieben und Köpfen Barrieren abbauen, um diese Menschen in den Arbeitsmarkt zu bringen. ({5}) Warum haben Sie dagegen gestimmt? Warum wollten Sie auch das nicht? Ich freue mich, dass inzwischen 400 000 junge Menschen über das JUMP-Programm Zugang zu Arbeit, Ausbildung und Weiterbildung bekommen haben. Warum haben Sie dagegen gestimmt? Warum freuen Sie sich nicht darüber? ({6}) Herr Rauen, ich freue mich, dass 1,2 Millionen Menschen zusätzlich in Arbeit sind, seit wir die Regierung übernommen haben. Dafür brauche ich keine Rechenbeispiele; ich freue mich einfach darüber. Warum freuen Sie sich nicht? ({7}) Warum brauchen Sie eine Debatte, in der alles mies gemacht wird? Diejenigen, die sich hineinknien, die den Karren aus dem Dreck ziehen, die vielen Tausenden von Menschen, die sich der schwierigen Herausforderung der Arbeitslosigkeit stellen, erleben eine Debatte, in der Sie alles und jedes mies machen. ({8}) Wir sind die drittstärkste Wirtschaftsnation der Welt. Was hören wir von Ihnen? Von Ihnen hören wir, dass das Wachstum zu gering ist. Haben Sie denn vergessen, dass das Wachstum in der letzten Legislaturperiode gerade einmal halb so stark war wie jetzt? Haben Sie das vergessen? Das können Sie doch nicht vergessen haben! ({9}) Wir freuen uns darüber, dass wir immer noch ein doppelt so hohes Wachstum haben, obwohl die Wirtschaft in den USA eingebrochen ist. Dafür stehen wir und dafür kämpfen wir. ({10}) - Mein lieber Herr dahinten, der Sie von der roten Laterne sprechen: Die rote Laterne hat schon 1993 aufgeblinkt. Da waren Sie in der Regierungsverantwortung und haben freidemokratisch gelächelt. ({11}) Meine Damen und Herren von der Opposition, ich habe den Eindruck, dass Sie die Menschen nicht mögen, die gegen die Arbeitslosigkeit kämpfen, dass Sie nicht zu unserem Land, das stark ist und sich den Herausforderungen stellt, stehen. Warum wohl? Für was braucht die Opposition ein Schreckensbild, das sie den Menschen immer wieder vor Augen führt? Wir stehen zu der Kampagne, 400 000 junge Menschen, die Schwierigkeiten haben, in Arbeit zu bekommen. Bei Schwerbehinderten, die anderenfalls keine Arbeit gefunden hätten, ist die Arbeitslosigkeit um 18 Prozent gesunken. Die Arbeitslosigkeit insgesamt ist um 10 Prozent geringer geworden. In diesem Monat wird die Zahl der Arbeitslosen mit Sicherheit unter der 4-Millionen-Grenze liegen. ({12}) Was haben wir von Ihnen übernommen? Im Januar/ Februar Ihres letzten Regierungsjahres 4,8 Millionen Arbeitslose. ({13}) Was ist dann passiert? Menschen kamen massenweise in ABM und SAM. Das waren - Herrn Kolb habe ich es vorhin aufgezeigt - in Ostdeutschland fast 300 000. Sie haben versucht, die Statistik zu manipulieren. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen. ({14}) Wir hatten im letzten Monat einen Rückgang der Arbeitslosigkeit um 132 000. Auch in diesem Monat wird es einen deutlichen Rückgang, nämlich um weit über 100 000, geben. Das Job-AQTIV-Gesetz greift. Ich frage Sie: Sind Sie bereit, nun endlich bei Reformen mitzumachen? ({15}) Sie haben sich gegen die jungen Menschen gestellt. Sie haben gegen das Job-AQTIV-Gesetz gestimmt. Sie haben gegen die Integration Schwerbehinderter gestimmt. ({16}) Sie dokumentieren uns ein Land, das so, wie Sie es darstellen, nun wirklich nicht ist. ({17}) - Das ist richtig. Aber auch mit Unternehmern waren bei Ihnen 4,8 Millionen Menschen arbeitslos. ({18}) Auch mit Unternehmern waren bei Ihnen 1,2 Millionen Menschen weniger in Arbeit. Daran darf ich Sie erinnern. Ich kann überhaupt nicht erkennen, warum jemand, wenn diese rückwärts gerichtete Politik weitergeht und Sie sich allem verwehren, auf Sie setzen soll. Wenn Sie wieder in die Regierungsverantwortung kämen, ({19}) warum würden Sie nicht erneut unser Land in eine Arbeitslosigkeit von bis zu 5 oder 6 Millionen Arbeitslosen führen? Sie standen kurz vor 5 Millionen. Wer sollte darauf vertrauen, dass Sie unserem Land bei all Ihrem Verweigern und Rückwärtsgerichtetem, bei all dem, wogegen Sie sich stemmen, tatsächlich einen Schub der Erneuerung bringen? Daran glauben große Teile aus Ihren eigenen Reihen nicht mehr. Sonst würden Sie sich hier nicht so darstellen. ({20}) Wir werden konsequent den Weg der Absenkung der Arbeitslosigkeit, des Aufbaus von Beschäftigung, ({21}) der Hilfe für Problemgruppen, die durch ein Wirtschaftswachstum allein keine Unterstützung erfahren und die Arbeit finden sollen, gehen. Diese Gruppen habe ich Ihnen aufgezählt; gegen all diese Gruppen haben Sie sich gestellt. ({22}) - Da hinten kräht wieder jemand „Stimmt gar nicht!“. ({23}) Die Zahl von rund 196 000 arbeitslosen schwer behinderten Menschen haben wir um 35 000 reduziert. Das ist eine Leistung. Für jeden Einzelnen freue ich mich. ({24}) Ich darf Ihnen auch sagen, dass ABM und SAM ({25}) in weiten Bereichen Ostdeutschlands, wo es keine Arbeitsplätze zu vermitteln gibt, die bessere Alternative ist, als nur Leistungen zu beziehen. Das wissen wir. ({26}) Vor kurzem war ich in Rosenheim in Bayern. Dort bin ich vom Diakonischen Werk zu einer wichtigen Jugendinitiative eingeladen worden. In dieser wichtigen Jugendinitiative sind Menschen, die an AB-Maßnahmen teilnehmen. Sie haben Angst, wenn Ihnen erklärt wird, dass dies alles abgestellt werden soll. Diese jungen Menschen bekommen sonst keine Unterstützungsleistungen. Sie haben mich gefragt: Was ist zu erwarten, wenn es einen Regierungswechsel gibt? ({27}) Ich habe sie nur mit dem konfrontiert, was Ihr Kandidat, meine Damen und Herren von der FDP, sagt. Dann sind sie blass geworden. Für mich ist auch dieser Bereich wichtig. Das war in dem Arbeitsamtsbezirk, der die geringste Arbeitslosigkeit aufweist, in dem diese jungen Menschen trotzdem keine Chancen haben, ({28}) aber Gott sei Dank vom Diakonischen Werk betreut werden. Diesen 18 Menschen, mit denen ich gesprochen habe, möchte ich ihre Chancen erhalten. Dies ist mir genauso wichtig wie Ihre angestrebten 18 Prozent. Herzlichen Dank, meine Damen und Herren. ({29})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Für die FDP-Fraktion erteile ich dem Kollegen Dr. Heinrich Kolb das Wort. ({0})

Dr. Heinrich L. Kolb (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001171, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Jetzt hören Sie doch erst einmal zu! ({0}) Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ({1}) Herr Andres, als unlängst die Feierstunde zum 50-jährigen Bestehen der Bundesanstalt für Arbeit stattgefunden hat, haben deren Beschäftigte vor dem Versammlungssaal mit Transparenten demonstriert, auf denen zu lesen stand: „Was sollen wir vermitteln, wenn es keine Arbeitsplätze gibt?“. Das ist, auf eine kurze Formel gebracht, das ganze Drama rot-grüner Arbeitsmarktpolitik. ({2}) Denn, Herr Riester, zwar wollen Sie Arbeitslose verpflichten, sich stärker als bisher um die Wiederaufnahme von Arbeit zu bemühen. ({3}) Sie üben auch Druck auf die Vermittler der Bundesanstalt für Arbeit aus. Sie setzen, wie wir übrigens schon seit Jahren, verstärkt auf private Arbeitsvermittlung. Dies alles sind für sich genommen sinnvolle Schritte. Aber, Herr Riester, Sie übersehen das Wichtigste: Die Arbeitslosigkeit in unserem Land kann auf Dauer nur dann erfolgreich reduziert werden, wenn gleichzeitig, also parallel zu diesen Maßnahmen, von Unternehmern genügend neue Arbeitsplätze im ersten Arbeitsmarkt bereitgestellt werden. Daran krankt es. ({4}) - Diese Arbeitsplätze, Herr Kollege Weiermann, kann man nicht per Gesetz verordnen. ({5}) Wenn man dies könnte, hätten Sie schon längst ein solches Gesetz auf den Weg gebracht. Neue Arbeitsplätze entstehen, wenn das unternehmerische Umfeld stimmt, wenn es Freiräume für eine erfolgreiche unternehmerische Betätigung gibt und wenn sich das Eingehen eines unternehmerischen Risikos nach Steuern auch wirklich lohnt. ({6}) Hier muss man feststellen: Die rot-grüne Politik krankt am falschen Paradigma. Wer bei der Formulierung seiner Gesetze immer das Großunternehmen mit dem Gewerkschaftsbüro neben der Betriebskantine vor Augen hat, der muss ganz zwangsläufig den Mittelstand überfordern. ({7}) - Nein, das ist keine Mittelstandslüge. Das ist ein Faktum, Herr Dreßen. Das ist das Problem. ({8}) Sie liegen ganz offensichtlich mit Ihrer Politik falsch. Im letzten Jahr kam es zu 33 000 Unternehmenszusammenbrüchen. In diesem Jahr wird es 40 000 Unternehmenszusammenbrüche bzw. Insolvenzen geben. Das heißt, der Mittelstand, die tragende Säule unserer Volkswirtschaft, knickt ein. Das müsste für uns alle eigentlich ein Alarmsignal sein. ({9}) Dazu kommt, dass die Netto-Existenzgründungsrate sinkt. Dies ist ein „Erfolg“ des rot-grünen Kampfes gegen die so genannte Scheinselbstständigkeit. Viele Vollblutunternehmer ziehen sich frustriert zurück und geben Ihr Unternehmen auf, weil es keinen Spaß mehr macht, in Deutschland selbstständig zu sein und ein Unternehmen zu führen. ({10}) Das erklärt - um zum Thema dieser Aktuellen Stunde zurückzukommen -, warum die Arbeitslosigkeit in Deutschland auf einem hohen Niveau verharrt und warum Deutschland mit nur noch 0,6 Prozent Wirtschaftswachstum das Schlusslicht in Europa ist. Ungefähr 75 Prozent der 3,3 Millionen mittelständischen Unternehmen in Deutschland haben bis zu fünf Beschäftigte, 95 Prozent sogar bis zu 20 Beschäftigte. Wenn jedes der 3,3 Millionen mittelständischen Unternehmen in Deutschland - Herr Dreßen, das ist keine Mittelstandslüge, das ist die Wahrheit - nur einen zusätzlichen Beschäftigten einstellen würde, hätten wir das Problem der Arbeitslosigkeit - das werden Sie zugeben müssen - weitgehend gelöst. ({11}) Deswegen muss der Mittelstand in das Zentrum der Politik gerückt werden und darf nicht - wie bei Ihnen - nur eine Randrolle spielen. Wir von der FDP wollen den Mittelstand in Deutschland aus dem Würgegriff rot-grüner Politik befreien, ({12}) und zwar nicht als Selbstzweck, sondern um die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass als Ergebnis unternehmerischer Entscheidungen - das ist der einzige Weg, auch wenn das nicht in Ihr Weltbild passt ({13}) mehr Arbeitsplätze angeboten werden. ({14}) Deswegen fordern wir ein einfaches, niedriges und gerechtes Steuersystem mit einem einheitlichen Stufentarif mit Sätzen von 15, 25 und 35 Prozent. ({15}) Deswegen wollen wir mehr Freiraum für betriebsnahe Lohngestaltungen, deswegen wollen wir die Einführung eines Niedriglohnbereichs mit steuer- und abgabefreien 630-Euro-Jobs. Deswegen wollen wir eine mittelstandsfreundliche Reform des Betriebsverfassungsgesetzes, das auch auf die funktionierende informelle Mitbestimmung in den kleinen und mittleren Unternehmen Rücksicht nimmt. ({16}) Deswegen wollen wir eine Veränderung beim Kündigungsschutz und beim Arbeitnehmerüberlassungsgesetz und die Rücknahme des Rechtsanspruchs auf Teilzeitarbeit. Deswegen wollen wir die Rücknahme des Gesetzes zur Bekämpfung der so genannten Scheinselbstständigkeit. Meine Damen und Herren, das, was ich hier nur schlagwortartig skizziert habe und skizzieren konnte, ist, nicht der bequeme Weg. Darüber sind wir uns allerdings im Klaren. Aber ich bin heute mehr denn je davon überzeugt: Es gibt keine Alternative. Darin bestärkt uns nicht nur - ich habe das schon wiederholt zitiert - der Sachverständigenrat Ihrer Bundesregierung, sondern darin bestärkt uns auch die EU-Kommission, die sich in einer jüngst verDr. Heinrich L. Kolb öffentlichten Untersuchung mit der Frage beschäftigt hat, warum Deutschland bei Wachstum und Beschäftigung hinterherhinkt. Dort heißt es: Ohne weit reichende Reformen auf dem Arbeitsmarkt könnte der Wachstumsunterschied auf mittlere Sicht signifikant bleiben. Passiere nichts, so Kommissar Solbes, werde das Wachstum in Deutschland in den nächsten fünf Jahren nur 2 Prozent ausmachen, im Rest der Eurozone hingegen 2,75 Prozent. Das heißt, die Probleme, die wir bei Wachstum und Arbeitslosigkeit haben, sind hausgemacht. Sie tragen dafür die Verantwortung. ({17}) Wir werden nach dem 22. September umgehend darangehen, die Rahmenbedingungen für mehr Beschäftigung in Deutschland zu schaffen. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. ({18})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Jetzt hat die Parlamentarische Staatssekretärin Margareta Wolf das Wort.

Margareta Wolf-Mayer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002831

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kolb, wir wissen, dass Sie lediglich in der Lage sind, schlaglichtartig irgendetwas zu erzählen, was in sich widersprüchlich ist. Ihre Konzepte sind unseriös, verehrter Herr Kollege, das sagen alle Wirtschaftswissenschaftler. Sie haben gerade die Kommission angesprochen, daher frage ich: Wie wollen Sie mit dem Ausgabevolumen, das Sie in Ihrem Programm vorgesehen haben - es sind über 100 Milliarden mehr -, dem Stabilitätspakt genügen? Oder sind Sie jetzt auch noch Antieuropäer geworden? ({0}) Mein lieber Herr Kollege, ich schätze Sie sehr, aber auch ich möchte ein Schlaglicht aus Ihrem Programm zitieren. Hören Sie mir einmal zu, Sie werden nämlich langsam zu einer Haider-Partei, zu einer rechten Partei. In Ihrem Programm steht ({1}) - hören Sie zu -: Die Interventionsspirale des kollektivistischen Beglückungsstaates kennt keine Grenzen. Der Sozialstaat ist entartet zu einem Wohlfahrts- und Versorgungsstaat, der mit seinen ausufernden Belastungen die Grundlagen unserer Wirtschaftsordnung gefährdet. Wer war es denn - Herr Kolb, ich erwarte schon und es ist guter demokratischer Stil, dass man sich zuhört -, ({2}) der Zeiss-Jena für jeden Arbeitsplatz im Monat 400 000 DM gezahlt hat? Das waren doch Sie, das waren nicht wir. ({3}) Sie erzählen je nach Gusto. Es ist wirklich flaneurhaft, was Sie hier machen. Ich finde das unverantwortlich. Heute Morgen hat Theo Waigel anlässlich der Trauerfeier einen sehr schönen Satz gesagt. Er sagte, wir sollten uns manchmal zu Gemüte führen, was ältere Parlamentarier sagen. Ich habe vor zwei, drei Wochen Herrn Eppler gehört. Herr Eppler hat gesagt: Es gibt kein Land in Europa, in dem man wöchentlich, monatlich auf Arbeitslosen- statt auf Wachstumszahlen starrt, in dem man nicht auf die Leute stolz ist, die in diesem Land tatsächlich arbeiten, in dem man jede Debatte nutzt, um den Standort tatsächlich schlecht zu reden. Das ist unverantwortlich. ({4}) Wir wissen, verehrter Herr Kollege, bereits seit 25 Jahren - auch das hat Eppler gesagt und es ist richtig -, dass Wachstum und Beschäftigung nicht rein nationalökonomisch geschaffen werden, sondern dass das von Entwicklungen außerhalb von Europa und von Entwicklungen innerhalb von Europa abhängig ist. Seit 25 Jahren werden wir bei jeder Bundestagswahl mit der These „Den Aufschwung wählen“ konfrontiert. Das ist Volksverdummung. Was Herr Rauen hier heute geboten hat, geht genau in die gleiche Richtung und ist noch nicht einmal kompatibel mit Ihrem Programm. ({5}) Ich glaube, die Präsenz in dieser Debatte lässt auch deutlich werden, dass Sie es selber nicht mehr ertragen, hier jede Woche die gleiche Debatte zu führen, meine sehr geehrten Damen und Herren. ({6}) Wir haben 1 Million neue Arbeitsplätze geschaffen. Wir haben allein im Bereich der erneuerbaren Energien 100 000 neue Arbeitsplätze geschaffen. Was lese ich im Programm der FDP? Das Erste, was Sie machen wollen - die CDU/CSU will das auch -, ist, diesen innovativen Schritt, diesen Exportschlager, diesen Beschäftigungsmotor abzuschaffen. ({7}) Sie müssen sich einmal überlegen: Wollen Sie zurück oder wollen Sie nach vorne? Wollen Sie zukunftsfähige Arbeitsplätze schaffen oder wollen Sie wieder ein Arbeitslosenpotenzial von 11,7 Prozent evozieren, wie Sie es zum Ende Ihrer Regierungszeit hatten? Das wird die Bevölkerung schon merken. Führen Sie nur jede Woche diese Debatte. ({8}) - Sie können weiter an Umfragen glauben. Wir glauben daran nicht so unbedingt. ({9}) Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte Ihnen einmal sagen, was die Institute dazu meinen, wie es dem Wirtschaftsstandort Deutschland wirklich geht; Herr Riester hat das in Teilen schon gesagt. Wir haben den Vorteil, dass wir exportstarke Unternehmen haben und dass die Entwicklung der Exportvolumina in 2001 laut IMF in Deutschland bei plus 4,7 Prozent lag. Der Welthandel lag bei minus 0,2 Prozent, die USA lagen bei minus 4,6 Prozent, Japan lag bei minus 6,5 Prozent und Italien bei plus 1,1 Prozent. Oder lassen Sie mich einmal die Zahlen zur Arbeitslosenquote nennen, wegen der wir diese Debatte führen: Eurostat sagt, wir liegen mit 7,9 Prozent niedriger als alle anderen großen europäischen Mitgliedstaaten, zum Beispiel als Spanien mit 13 Prozent, als Italien mit 9,5 Prozent, als Frankreich mit 8,6 Prozent. Herr Kolb, warum sagen Sie unseren Unternehmen, die ja etwas unternehmen sollen, immer, sie seien so schlecht und wir seien insgesamt die rote Laterne in Europa? Das ist unverantwortlich. Das wird den Leistungen der Menschen in unserem Lande auch nicht gerecht. ({10}) Wir haben die zweithöchste Anzahl von Patentanmeldungen. Patente, das wissen Sie, stehen für Innovationen. Wir stehen da in Europa gleich hinter Schweden. Die deutschen Biotech-Firmen haben die höchsten Wachstumsraten in Europa. Die Zahl der Beschäftigten auf diesem Gebiet hat sich verdoppelt. ({11}) Das sagt eine Studie aus Baden-Württemberg. Wir haben natürlich auch ein hohes Maß an wirtschaftlichem und sozialem Konsens in Wirtschaft und Gesellschaft sowie ein stabiles Wachstum und einen den Strukturwandel fördernden Ordnungsrahmen. Wir sollten das insgesamt einmal zur Kenntnis nehmen. Wenn ich in Ihrem Programm lese, wie Sie das Bündnis für Arbeit ({12}) als ein Degradierungsinstrument beschreiben, dann muss ich Sie bitten: Reden Sie auch nicht mehr über soziale Marktwirtschaft. Soziale Marktwirtschaft basiert auf sozialem Konsens zwischen den Verbänden der Arbeitgeber, den Verbänden der Arbeitnehmer und der Politik. ({13}) Sagen Sie doch, was Sie wirklich wollen. Ich kann wirklich dringend empfehlen, dieses Programm zu lesen; dann weiß man, was sich hinter diesen wohlfeilen Sätzen und der „Spaßgesellschaft“ tatsächlich verbirgt. ({14}) Wir sind bei den ausländischen Direktinvestitionen auf dem höchsten Rang. ({15}) Wir haben - das attestieren uns die Institute - eine Wettbewerbspolitik, die unfaire Konkurrenz verhindert. Sehr geehrter Herr Kollege Rauen, wir haben eine Verzehnfachung bei den ausländischen Direktinvestitionen. ({16}) Wir liegen bei einer Größenordnung von 80,7 Milliarden Euro. Da ist Vodafone explizit ausgerechnet, verehrter Herr Kollege. Ich darf schon erwarten, dass auch Sie sich bisweilen die Zahlen anschauen, wenn Sie uns schon immer mit diesen Debatten mittwochnachmittags nerven. ({17}) Wir alle wissen, dass es heute wichtig ist, dass die Beschäftigten weitergebildet werden und dass es Bildungsinitiativen in den Unternehmen gibt. Wir liegen durch unsere relativ umfangreichen Fortbildungsmaßnahmen für Angestellte ziemlich weit vorn in Europa. Letzte Bemerkung. Deutschland ist in der Rankingliste - und zwar in der aktuellen - auf Platz 15 und somit immer noch vor allen anderen großen EU-Ländern. Großbritannien ist auf Platz 16, Frankreich ist auf Platz 22, Spanien ist auf Platz 23, Italien ist auf Platz 32. ({18}) Allein die Vereinigten Staaten liegen als großes Industrieland vor uns. Verehrter Kollege, Sie beziehen das auf Dänemark, Österreich und Island. Das sind kleine Länder, die von daher natürlich eine viel kleinere Arbeitslosenzahl haben. Sie wissen, dass sie in einer Größenordnung von 300 000 liegt; das entspricht der Einwohnerzahl von Bonn. Das ist natürlich nicht vergleichbar mit der der Bundesrepublik Deutschland, die ein starkes Wirtschaftsland ist. Ich komme zu meiner letzten Bemerkung: Auch wir - das ist bei den Ausführungen von Herrn Riester sehr deutlich geworden - machen uns selbstverständlich Sorgen, wenn die Arbeitslosenquote ein wenig steigt oder wir Befürchtungen haben müssen, dass der Ölpreis wegen des Krieges im Nahen Osten steigt. ({19}) Die Schadenfreude, mit der Sie an das Thema herangehen, wird ihm allerdings nicht gerecht. Ich weiß, dass man nicht immer nur zurückschauen, sondern den Blick auch nach vorne richten sollte. Wenn ich nach vorne schaue, entdecke ich bei Ihnen allerdings nichts außer unseren Initiativen, die Sie in Ihrem Programm fortschreiben, verehrte Kollegen von der CDU/CSU. ({20}) Kümmern wir uns gemeinsam um die Arbeitslosen und verdummen Sie die Leute nicht weiter, indem Sie hier jeden Mittwoch immer die gleichen Debatten führen und keine einzige Perspektive aufzeigen! Danke schön. ({21})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Für die PDS-Fraktion erteile ich dem Kollegen Dr. Klaus Grehn das Wort.

Dr. Klaus Grehn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003135, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch das Thema dieser Aktuellen Stunde reiht sich in den Versuch der Unionsparteien ein, mit aller Macht zugegebenermaßen wichtige Themen zu Dauerthemen im Wahlkampf zu machen. ({0}) - Herr Kolb, an diesem Dauerlauf - er erinnert mich an den Lauf eines Hamsters im Rad - ist allerdings wenig Neues. Andere Konzepte haben wir von Ihnen auch in der Vergangenheit nicht gesehen. ({1}) Gewiss - das sieht auch die PDS so - wiederholt die Regierung Schröder einige wesentliche Fehler, die ihre Vorgängerin bereits gemacht hat. ({2}) Dazu zählt eine unzureichende Wirtschaftspolitik, die wenig zur erhofften Wende auf dem Arbeitsmarkt beigetragen hat. Dazu gehört auch, dass es wenig Nachhaltigkeit bei den Verbesserungen auf dem Arbeitsmarkt gibt. Herr Bundesarbeitsminister, die Bäume wachsen dort wahrlich nicht in den Himmel. Schließlich beschneidet sie die dringend notwendigen und zudem Beschäftigung schaffenden öffentlichen Investitionen. Das geschieht nicht nur bei Schiene und Straße, wie Sie das in Ihrem Antrag geschrieben haben. Bei der Union werden alle diese Sachverhalte und Politikfelder aus wahltaktischen Gründen in Bezug zu den hohen Arbeitsmarktzahlen gesetzt. Das ist insofern demagogisch, als auch die Regierung Kohl bei höherem Wirtschaftswachstum kein Rezept gegen die damals noch höhere Arbeitslosigkeit gefunden hat. ({3}) Für die PDS stellt sich natürlich mit aller Schärfe die Frage, warum es auch dieser Bundesregierung nicht gelungen ist, gegen die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit vorzugehen. ({4}) Millionen Wählerinnen und Wähler - übrigens nicht nur der PDS - stellen sich diese Frage auch. Auch 12 Jahre nach der Vereinigung ist fast jeder fünfte Ostdeutsche ohne Erwerbsarbeit. Die Bundesregierung greift zu Mitteln, die sie selbst längst als völlig untauglich für einen Beitrag zum Abbau der Arbeitslosigkeit erkannt haben müsste. Dazu gehören die Experimente mit der Bundesanstalt für Arbeit und die eigentlich gescheiterten Modelle, wie zum Beispiel das Mainzer Modell. Sie wendet sich dem Kern des Problems nicht mit tauglichen Mitteln zu. Auch die Unionsparteien setzen weiter auf das falsche Pferd. Sie lassen ihren Kanzlerkandidaten Stoiber verkünden, dass neue Arbeitsplätze vor allem im Niedriglohnbereich entstehen. ({5}) So bleibt es erneut der PDS überlassen, der Regierung und der CDU/CSU zu erklären, dass solche Konzepte nicht greifen werden. Wären solche Versuche, die Sie vorschlagen, nämlich erfolgversprechend, wäre ganz Ostdeutschland ein Eldorado für Arbeitsplatzsuchende. ({6}) Das Gegenteil ist aber der Fall. Herr Kolb, Sie wissen ganz genau, dass der Bruttolohn aller abhängig Beschäftigen in den neuen Bundesländern durchschnittlich 20 762 Euro beträgt. Damit liegt er um 22,5 Prozent unter dem in den alten Bundesländern. Dennoch ist die Arbeitslosenrate um das 2,3-fache höher; die Beschäftigung hat in den neuen Bundesländern dramatisch abgenommen. ({7}) Das führt Ihre Aussagen eigentlich ab absurdum. Der Kern des Problems liegt ganz woanders. Er liegt in der Schaffung von Arbeitsplätzen mit existenzsicherndem Einkommen oberhalb der Armutsgrenze. ({8}) Eine solche Entwicklung sichert die Steigerung der Binnennachfrage, die die Wirtschaft ankurbelt und zusätzliche Arbeitsplätze schafft. Das Warten auf Automatismen und das Schielen auf die amerikanische Konjunktur ist lösungshemmende Untätigkeit. Das muss die gegenwärtige Koalition den Wählerinnen und Wählern erklären. Nichts deutet darauf hin, dass das erwartete Wunder eines beschäftigungswirksamen Wachstums von mehr als 2,3 Prozent in diesem Jahr eintreten wird. Aus Wahlkampfgründen die geplanten tiefen Einschnitte in die sozialen Sicherungssysteme zu verschweigen oder zu verschieben wird die Menschen in Deutschland nicht mehr ruhig stellen können. Auch die PDS hat keinen Königsweg zur massenhaften Schaffung von Arbeitsplätzen. ({9}) Aber wir weisen auf eine ganze Reihe von Problemen hin. Ich nenne zum Beispiel das Stichwort Reserve. Der Kanzler hätte beim Bündnis für Arbeit mit der Faust auf den Tisch schlagen sollen. Die Bundesregierung hat jedoch im Gegensatz zur PDS kein erkennbares Konzept zur nachhaltigen Senkung der Arbeitslosigkeit. In ihrem beschäftigungspolitischen Programm hat die PDS eine Reihe von Vorschlägen eingereicht. Ich nenne nur einige: Ausweitung der öffentlichen Investitionen und ein kommunales Infrastrukturentwicklungsprogramm. Wir können Ihnen dieses Konzept gerne zur Verfügung stellen und die Details dazu erklären. ({10}) Das bedeutet etwa 5 Millionen neue Arbeitsplätze. Die PDS stimmt mit den Unionsparteien überein: Die Untätigkeit und das der Union bekannte Aussitzen von lebenswichtigen Problemen unseres Volkes seitens dieser Bundesregierung müssen beendet werden. Ob das allerdings der zukünftige Kanzler besser als der vor 16 Jahren macht, ist nicht klar. ({11})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Für die SPD-Fraktion erteile ich nun das Wort dem Kollegen Dr. Rainer Wend.

Dr. Rainer Wend (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003258, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kurz vor den Bundestagswahlen ist es Zeit, die Regierungszeit bis 1998 und die letzten vier Jahre miteinander zu vergleichen. Der Vergleich lohnt sich. ({0}) Arbeitslosenzahl 1998 unter Schwarz-Gelb 4,3 Millionen, heute 3,8 Millionen; ein Minus von 10 Prozent. ({1}) Langzeitarbeitslosenzahl 1998 unter Schwarz-Gelb 1,5 Millionen, heute 1,2 Millionen; ein Minus von 15,7 Prozent. ({2}) Die Zahl älterer Arbeitsloser 1998 unter Schwarz-Gelb 950 000, heute 714 000; ein Minus von 24,8 Prozent. Nettolöhne und -gehälter 1998 unter Schwarz-Gelb 508 Milliarden Euro, heute 596 Milliarden Euro; ein Plus von 17,2 Prozent. Kreditaufnahme des Bundes 1998 unter Schwarz-Gelb 28,8 Milliarden Euro, heute 22,3 Milliarden Euro; ein Minus von 22,5 Prozent. Ausgaben für Bildung und Forschung 1998 unter Schwarz-Gelb 7,27 Milliarden Euro, heute 8,4 Milliarden Euro; ein Plus von 15,5 Prozent. Forschungsförderung Ostdeutschland 1998 unter Schwarz-Gelb 8,4 Milliarden Euro, heute 11,8 Milliarden Euro; ein Plus von 24,4 Prozent. ({3}) Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur 1998 unter Schwarz-Gelb 9 Milliarden Euro, heute 11,5 Milliarden Euro; ein Plus von 21,5 Prozent. ({4}) Durchschnitt der ausländischen Direktinvestitionen in den 90er-Jahren unter Schwarz-Gelb 13 Milliarden Euro, Durchschnitt unter Rot-Grün in vier Jahren 90 Milliarden Euro. ({5}) Durchschnittliches Wachstum des Bruttoinlandsproduktes in den 90er-Jahren unter Schwarz-Gelb 1,2 Prozent, durchschnittliches Wachstum unter Rot-Grün in vier Jahren 1,8 Prozent. ({6}) Es gibt keine ökonomische Kennziffer, bei der RotGrün nach vier Jahren nicht deutlich besser liegt, als Sie am Ende Ihrer Regierungszeit gelegen haben. ({7}) - Ich weiß, Sie führen lieber ominöse Lampen- und Lichterdebatten. Aber wenn es um die harten Fakten geht, dann kneifen Sie, weil Sie nichts zu bieten haben, was sich mit unseren Leistungen vergleichen lässt. ({8}) Aber erinnern wir uns - das ist ja das Schöne; es ist noch gar nicht so lange her, dass Schwarz-Gelb regiert hat -: Was haben uns die Herrschaften, die mit lauter Stimme reden, aber nicht gut zuhören können, hinterlassen? 1,5 Billionen DM Staatsverschuldung - die höchste Verschuldung, die unser Land je gehabt hat -, 4,3 Millionen Arbeitslose - die höchste Zahl von Arbeitslosen -, 42,3 Prozent Sozialversicherungsbeiträge - hochgetrieben in Ihrer Regierungszeit von 34 auf 42,3 Prozent ({9}) und die höchste Steuerlast, die es in unserem Land je gegeben hat. ({10}) Die Erblasser dieses ökonomischen Desasters aber führen mit uns Schlusslichtdebatten. Meine Damen und Herren, ich kann an Ihre Seite gewandt nur sagen: Das ist unanständig. ({11}) Sie wollen vielleicht nicht so gerne - das mag für Sie auch nicht so angenehm sein - die Zahlen der Vergangenheit hören. Dann wenden wir uns einmal den Konzepten für die Zukunft zu. Die FDP schlägt vor: dreimal unter 35 Prozent, also Staatsquote, Steuern und Abgaben unter 35 Prozent senken. ({12}) Dazu hat der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende, Herr Merz, gestern etwas Schönes in der „Welt“ gesagt: Während, mit Verlaub, eine Zielsetzung „drei Mal 35“ ziemlich albern ist ... Dem ist nichts hinzuzufügen, Herr Kolb. ({13}) Er hat in dem Interview etwas später noch gesagt: Beim FDP-Parteitag hat offensichtlich ein kollektives Besäufnis ohne Alkohol stattgefunden. ({14}) Ich meine, dabei müssen wir Herrn Brüderle als Weinbauminister in Schutz nehmen. Ein bisschen Alkohol wird sicherlich dabei gewesen sein; aber ansonsten will ich dem gerne folgen. Wenn aber die FDP so hart kritisiert wird, frage ich mich im Hinblick auf die CDU/CSU: Warum kopieren Sie dann fast die FDP und tauschen die 35 Prozent nur gegen 40 Prozent aus? ({15}) Wissen Sie, was es bedeuten würde, wenn die Staatsquote tatsächlich auf unter 40 Prozent gesenkt würde? ({16}) 170 Milliarden Euro weniger Staatsausgaben durch Bund, Länder und Kommunen. Wo bleiben dann die Investitionen für den Straßenbau, für die Krankenhäuser, Schulen und Kindergärten? ({17}) Wo bleiben das Krankengeld und das Arbeitslosengeld? Entweder sind Sie ökonomisch nicht ernst zu nehmen, weil Sie nicht zu Ende denken, oder Sie wollen diesen Sozialstaat kaputtmachen. ({18}) Beides sind Gründe, die zeigen, dass Ihre Regierungsunfähigkeit nach wie vor umfassend ist, meine Damen und Herren. ({19})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist um.

Dr. Rainer Wend (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003258, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Das ist eigentlich schade. Lassen Sie mich zum Schluss noch Folgendes sagen. Wir wissen, dass die letzten vier Jahre nicht einfach waren, aber dem Kompass, den Fixsternen zu folgen, die Erneuerung unserer Gesellschaft zu betreiben, ohne dabei den sozialen Zusammenhalt aus den Augen zu verlieren, ist die wirkliche Staatskunst, der wir uns auch in Zukunft widmen werden. Die Bürger merken das und werden es honorieren. ({0})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Das Wort hat jetzt der Kollege Ulrich Klinkert für die CDU/CSU-Fraktion. ({0})

Ulrich Klinkert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001134, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kollege Wend hat in den Saal gerufen: Es ist Zeit zu vergleichen. Herr Kollege Wend, jetzt vergleichen wir einmal, und zwar das Wahlprogramm der SPD aus dem Jahr 1998 mit den erreichten Realitäten. ({0}) Unter der Überschrift „Arbeit, Innovation und Gerechtigkeit“ wurden den Menschen 1998 viele konkrete Versprechungen gemacht. Bundeskanzler Schröder verstieg sich sogar zu der Aussage, dass es die SPD nicht verdienen würde, wieder gewählt zu werden, wenn es nicht gelinge, die Arbeitslosigkeit unter 3,5 Millionen zu drücken. ({1}) Wir werden ihn beim Wort nehmen, meine Damen und Herren. ({2}) Das SPD-Programm des Jahres 2002 ist dagegen sehr viel schwammiger. Es steht nicht mehr unter der Überschrift „Arbeit, Innovation und Gerechtigkeit“, sondern unter der Überschrift: Schröder, Schröder, Schröder. ({3}) Man darf sehr gespannt sein, wie die Bundesregierung in dem zu erwartenden Wahlkampf ihr Versagen in der Wirtschaft und vor allen Dingen in der Arbeitsmarktpolitik begründen will. ({4}) Falls der Bundeskanzler auch im Sommer des Jahres 2002 zu einer Tour durch die neuen Bundesländer starten will, hat er in Leipzig schon einmal einen Vorgeschmack darauf bekommen, dass es inzwischen in den neuen Bundesländern nicht mehr reicht, mal die Ostcousinen zu besuchen oder sich bei einer Grundsteinlegung ins Bild zu drängeln. ({5}) Nein, die Menschen in den neuen Bundesländern wollen konkrete Antworten auf ihre besorgten Fragen. Es war sehr bemerkenswert, dass die beiden Vertreter der Bundesregierung in der heutigen Debatte so gut wie nichts über die neuen Bundesländer gesagt haben. ({6}) Die Menschen in den neuen Bundesländern wollen wissen, warum entgegen allen Wahlversprechen nach vier Jahren rot-grüner Regierung die Chefsache Aufbau Ost im April 2002 zu einer historischen Rekordarbeitslosigkeit von 18,1 Prozent in den neuen Bundesländern geführt hat. Sie wollen wissen, warum die Schere zwischen Ost und West hinsichtlich der Arbeitslosigkeit und des Wirtschaftswachstums immer weiter auseinander geht. ({7}) Sie wollen auch wissen, warum die Schere zwischen Deutschland und Europa hinsichtlich der Arbeitslosigkeit und des Wirtschaftswachstums immer weiter zuungunsten Deutschlands auseinander geht. ({8}) Die Bundesregierung will alles mit der schwächelnden internationalen Konjunktur begründen. Frau Wolf, Sie haben das Beispiel Spanien gebracht und darauf verwiesen, dass dort die Arbeitslosenquote mit zurzeit 13 Prozent wesentlich höher sei. Sie haben aber verschwiegen, dass die Arbeitslosenquote in Spanien vor vier Jahren bei 20 Prozent lag. Während Spanien unter diesen Voraussetzungen eine äußerst erfreuliche Entwicklung genommen hat, ist die Arbeitslosigkeit in den neuen Bundesländern Jahr für Jahr dramatisch gestiegen. Das ist das Ergebnis rot-grüner Politik. ({9}) Weiter heißt es in dem SPD-Regierungsprogramm von 1998: Arbeitsplätze schaffen und Arbeitsplätze sichern, das steht im Mittelpunkt unseres Regierungsprogramms. Aber die Realität sieht so aus - Herr Riester, da können Sie die Statistik verbiegen, wie Sie wollen -, dass im Jahre 2002 in den neuen Bundesländern genau 200 000 Arbeitsplätze weniger zur Verfügung stehen als im Jahre 1998. Dies hat zu dem historischen Höchststand der Arbeitslosenquote von 18,1 Prozent geführt, und das, obwohl die Abwanderung aus den neuen Bundesländern beispielsweise im vergangenen Jahr so hoch war wie nur kurz nach der Wende. Die Menschen glauben einfach nicht mehr an die Chefsache Aufbau Ost dieses Bundeskanzlers. ({10}) Weiter steht im SPD-Regierungsprogramm von 1998: „Wir wollen eine neue Chance für Ostdeutschland.“ Die SPD sei die einzige Partei, die die berechtigten Interessen der ostdeutschen Bürgerinnen und Bürger mit bundesdeutscher Kraft durchsetzen könne. ({11}) Das war vielleicht 1998 für viele Menschen eine gewisse Hoffnung. Aber das klingt heute in den Ohren der Bürger der neuen Bundesländer wie blanker Hohn. ({12}) Von wegen Arbeit, Innovation und Gerechtigkeit: Statt Arbeit bewegt sich die Arbeitslosigkeit aufgrund einer verfehlten Mittelstandspolitik und der Streichung einer ganzen Reihe von Mitteln für den Aufschwung Ost auf Rekordniveau. Statt Innovation wird eine Sozialpolitik des 19. Jahrhunderts betrieben, die den Arbeitsmarkt lähmt und dem Standort Deutschland schadet. Völlig verfehlt ist beispielsweise die Energiepolitik. Statt Gerechtigkeit gibt es eine schamlose Abzocke durch die Ökosteuer, die insbesondere die sozial Schwachen trifft und dem Wirtschaftsstandort Deutschland schadet. Statt Gerechtigkeit gibt es einen rot-grünen Rentenbetrug, der nur einen Inflationsausgleich statt einer gesetzlich verbürgten Angleichung der Renten an die Nettolöhne gebracht hat. ({13}) Nur eine einzige Aussage des Regierungsprogramms der SPD von 1998 hat heute eine erstaunliche Aktualität erfahren. Zu Beginn dieses Programms ist zu lesen: „Deutschland braucht einen Politikwechsel. Die Zeit für den Wechsel ist da.“ Das stimmt. Vielen Dank. ({14})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Nun erteile ich das Wort der Kollegin Dr. Thea Dückert für Bündnis 90/Die Grünen.

Dr. Thea Dückert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003071, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Rauen hat sich zu Beginn der Aktuellen Stunde seiner eigenen Fraktion zugewandt und gesagt, er müsse eigentlich nur das wiederholen, was er in vielen vergangenen Sitzungen und Aktuellen Stunden schon vorgetragen habe. ({0}) Wenn man sich vor diesem Hintergrund anschaut, welche Präsenz Sie von der CDU/CSU aufbieten, dann weiß man, wie ernst Sie dieses Thema nehmen, das Sie selber auf die Tagesordnung gesetzt haben. ({1}) Heute wurde in einer Zeitung - ich glaube, es war das „Handelsblatt“ - die Frage aufgeworfen, warum in den Wahlkampfprogrammen der Parteien, in der letzten Woche beispielsweise der FDP, immer das Nirwana beschrieben wird, nicht aber Konzepte, mit denen in der Realität die volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen verbessert werden können. ({2}) Ich bin ziemlich sicher, dass sich die Wählerinnen und Wähler von diesem Nirwana nicht einlullen lassen. Aber genau dieses Nirwana wird immer wieder beschrieben. ({3}) Schauen wir uns einmal einige Vorschläge aus solchen Programmen an. Herr Stoiber verspricht beispielsweise 800 000 zusätzliche Arbeitsplätze durch Kombilöhne. ({4}) Er sagt nichts zur Finanzierung ({5}) und verweist lediglich auf das Konzept „3 mal 40“. Damit erscheint er als Entfesselungskünstler: Er glaubt offensichtlich, auf diese Weise die konjunkturelle Entwicklung entfesseln zu können. Haben Sie sich einmal mit Ihren eigenen Landesregierungen und Kommunen darüber unterhalten, was dieses Konzept „3 mal 40“ bedeutet und wo die Ausgaben in Höhe von 170 Milliarden Euro eingespart werden sollen? Wie sollen denn Ihre Kommunen und Ihre Länder diese leeren Versprechungen umsetzen? ({6}) Keine Schulen mehr, keine Schwimmbäder mehr, keine Bibliotheken mehr? ({7}) Damit müssen Sie sich einmal auseinander setzen. Was Sie hier versprechen, ist ein Gruselkabinett für die Städte und Gemeinden. ({8}) Wie wollen Sie die versprochene Entfesselung realisieren, die das alles finanzieren soll? Sie sagen etwas zu 630-Mark-Jobs, zum Kündigungsschutz, der wieder verschlechtert werden soll, und zur Streichung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Es kommen also all die alten Hüte wieder, die Sie schon ausprobiert haben, die unsozial gewesen sind und die - das ist in diesem Zusammenhang viel wichtiger - bewiesen haben, dass sie wirklich keine Entfesselung auf dem Arbeitsmarkt bewirken. ({9}) Das kann überhaupt keine zusätzlichen Arbeitsplätze schaffen. Das sind erprobte Luftnummern, keine Konzepte. Das alles wird noch mit weiteren Versprechen garniert, die im Hinblick auf die Finanzierung ebenfalls eine blinde Stelle aufweisen. So schlagen Sie ein Familiengeld vor, um die Frauen vom Arbeitsmarkt fern zu halten, ({10}) anstatt die Bedingungen dafür zu verbessern, dass Frauen Beschäftigung mit Erziehung verbinden können. Dieses Famliengeld aber wollen Sie mit 20 Milliarden Euro finanzieren, die Sie aus der Sozialhilfe nehmen. Was ist das für ein Konzept? Es beinhaltet Schwierigkeiten für Frauen, Arbeit und Erziehung miteinander zu verbinden, und schlägt auch noch bei denen, die es brauchen, die soziale Sicherheit weg. ({11}) Auch das, meine Damen und Herren, bringt keinen einzigen Arbeitsplatz mehr. ({12}) Interessant ist, dass Sie vor einigen Tagen mit Herrn Späth eine Wunderwaffe präsentiert haben. ({13}) - Ich finde es interessant, weil er wirklich interessante Dinge entwickelt hat. - Allerdings glaube ich, dass Herr Späth zu spät kommt, um diese rückwärts gewandte Programmatik gerade im Bereich der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik noch in irgendeiner Weise beeinflussen zu können. Schauen wir uns einmal an, was die FDP vorschlägt. ({14}) - Ja, einen Spitzensteuersatz von 35 Prozent. Das bedeutet Steuersenkungen für Millionäre. ({15}) Wie wollen Sie das finanzieren? Noch viel pointierter als die CDU/CSU durch die Streichung der Sozialhilfe. Was Sie vorschlagen, produziert mehr Armut und nicht mehr Arbeit. ({16}) Meine Damen und Herren, ich lasse mich einmal auf die Schlusslichtdebatte ein, die Sie hier führen wollen. Was die europäische Entwicklung angeht, so hat Frau Wolf die zentralen Fakten schon genannt. Aber gucken wir einmal nach Deutschland ({17}) und gucken wir einmal, ({18}) was wir zum Beispiel bei der Jugendarbeitslosigkeit vorfinden. Wir fanden nach Ihrer Regierungszeit eine Jugendarbeitslosigkeit vor, die unerträglich war. Wir haben ein JUMP-Programm aufgelegt, das Sie bekämpft haben. Es hat viel Erleichterung gebracht und uns übrigens im europäischen Vergleich gerade hinsichtlich der Jugendarbeitslosigkeit nach vorn gebracht. Auf diesem Gebiet sind wir nicht mehr das Schlusslicht, wofür Sie verantwortlich waren. ({19}) In Deutschland ist das Land Bayern das Schlusslicht bei der Jugendarbeitslosigkeit. Ich wünsche Ihnen in Zukunft fröhliche Verrichtung mit dieser Art von Arbeitsmarktpolitik. ({20})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Das Wort hat jetzt der Kollege Johannes Singhammer für die CDU/CSU-Fraktion.

Johannes Singhammer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002800, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser Bundeskanzler und diese rot-grüne Bundesregierung ({0}) haben den Arbeitnehmern in Deutschland das Blaue vom Himmel versprochen. Die rote Laterne in Europa ist daraus geworden. ({1}) Eine Diskussion darüber können wir gern führen. Durchschnittlich fast 4 Millionen Menschen werden in diesem Jahr arbeitslos sein, eine halbe Million mehr als Ihre eigene Zielmarke. Deutschland ist europaweit das Schlusslicht beim Beschäftigungszuwachs. Erstmals seit Einführung einer EU-Statistik überhaupt liegt Deutschland mit 7,9 Prozent Arbeitslosen über dem EU-Durchschnitt. Daran soll sich nach den Prognosen der EU-Kommission auch nichts ändern. ({2}) Immer mehr Arbeitnehmer in Deutschland haben netto immer weniger in der Tasche. Das ist das zentrale Problem. ({3}) Die Beschäftigten und ihre Familien müssen durch die Ökosteuer für die Jahre 1999 bis 2003 einschließlich der Mehrwertsteuer insgesamt über 60 Milliarden Euro mehr abliefern. Dieses Geld fehlt ihnen natürlich. Herr Minister Riester, der Bundeskanzler hat in diesen Tagen in einem großen Magazin die Aktivposten seiner Bundesregierung aufgeführt. Dort hat er einige Ministernamen genannt; Sie waren nicht darunter. Wenn ich diese Zahlen vergleiche, wundert mich das nicht, denn sie werden Ihnen zugerechnet. ({4}) Die Einkommensbelastungsquote, das heißt der Anteil von Steuern und Sozialabgaben am Bruttoeinkommen, ist von 55,1 Prozent im Jahr 1998 auf 56,6 Prozent in diesem Jahr angestiegen. Das heißt, vom 1. Januar bis etwa 20. Juli dieses Jahres müssen die Arbeitnehmer arbeiten, bis sie alle Steuern, Abgaben und Sozialbeiträge bezahlt haben. Erst in den restlichen Wochen arbeiten sie für ihr Netto. ({5}) In allen EU-Ländern wird in diesem Jahr die Steuerund Abgabenlast gesenkt; in Deutschland steigt sie um 0,5 Prozent. Das ist der schlechteste Wert innerhalb der EU. Deshalb ist Deutschland leider Schlusslicht in Europa. ({6}) Deshalb ist auch die Streikbereitschaft in diesem Jahr besonders ausgeprägt. Im Kern ist dieser Streik ein Aufbegehren gegen die Politik dieser Bundesregierung: ({7}) gegen immer mehr Abzockerei und gegen immer mehr Bevormundung. Vor allem aber ist er vor dem Hintergrund der maßlosen Enttäuschung darüber zu sehen, was Sie versprochen und nicht eingehalten haben. ({8}) Die Verantwortung dafür tragen der Streikkanzler und diese rot-grüne Regierungsmannschaft. Die Arbeitnehmer in Deutschland haben es nicht verdient, im Vergleich der EU-Staaten schlechter als ihre Kollegen in Portugal, Griechenland oder Frankreich dazustehen, denn in punkto Leistungsfähigkeit brauchen sich unsere Arbeitnehmer nicht zu verstecken. Die Einsatzbereitschaft der Menschen ist in Deutschland höher als anderswo. Deshalb würde bei günstigen politischen Rahmenbedingungen das Ergebnis besser sein. ({9}) - Herr Weiermann, Lautstärke ersetzt keine Argumente. Das Übel in Deutschland sind die politischen Rahmenbedingungen, die Sie zu verantworten haben. ({10}) Wir hingegen wollen, dass sich Leistung in diesem Land wieder lohnt. Wir wollen, dass mehr Geld netto in der Tasche bleibt. ({11}) - Das stimmt doch überhaupt nicht. Jetzt hören Sie einmal auf, so laut zu schreien! Es wird dadurch nicht besser. ({12}) Wir werden eine gerechtere Rentenregelung durchsetzen. Wir wollen nicht - Herr Weiermann, jetzt hören Sie einmal zu -, dass im kommenden Jahr die Rentenbeiträge trotz Ökosteuer auf 19,3 Prozent steigen werden, wie es von den Instituten vorausgesagt wird. Deshalb ist unserer Ansatz der richtige. Um das mit netto und brutto noch einmal darzustellen: Wir haben einen klaren Vorschlag für die so genannten Minijobs gemacht. Wir wollen, dass künftig bei Löhnen bis 400 Euro brutto gleich netto ausbezahlt wird - ohne weitere Bürokratie. Das ist ein Konjunkturprogramm, wie wir es brauchen. ({13}) - Herr Dreßen, jetzt haben wir es Ihnen schon ein paarmal erklärt und Sie haben es immer noch nicht kapiert. Ich sage es Ihnen aber noch einmal: ({14}) Allein dadurch, dass wir eine Vielzahl von Menschen aus der größten Wachstumsbranche, nämlich der Schwarzarbeit, zurückholen und ihnen im normalen Arbeitsmarkt wieder eine Chance bieten, werden sich - das werden Sie sehen - die Einnahmen des Staates und der Sozialversicherung letztlich wieder verbessern. ({15}) Wir haben auch klar ausgeführt, dass wir auf Einkommen bis zu 400 Euro eine 20-prozentige Pauschalsteuer, gezahlt durch die Arbeitgeber, haben wollen. Auch dadurch wird der von Ihnen angesprochene Einnahmeausfall ausgeglichen. ({16}) - Jetzt sage ich Ihnen zusammengefasst noch einmal etwas; vielleicht wird es dann einfacher.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist zu Ende. ({0})

Johannes Singhammer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002800, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Jawohl. - Wir werden die lähmende Wirkung von immer dichterer Bürokratie, die sich wie Mehltau über unser Land gelegt hat, beseitigen. Wir werden die Fenster aufmachen, durchlüften und für mehr Mut und Freiheit in unserem Land sorgen. ({0})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Ich werde mich zur Lautstärke der Zwischenrufe nicht äußern, weil das immer von der einen Seite zur anderen Seite des Hauses geht und sich das ungefähr die Waage hält. ({0}) Ich kenne die Sozialpolitiker; sie können das, glaube ich, ganz gut verkraften. Gleichwohl ist vielleicht ein bisschen Mäßigung angesagt. Nun erteile ich dem Kollegen Franz Thönnes für die SPD-Fraktion das Wort.

Franz Thönnes (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002818, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da stellt sich doch der Kollege Kolb hierhin und spricht vom Würgegriff. ({0}) Kollege Kolb, in der Zeit von 1994 bis 1998 sind die Sozialversicherungsbeiträge von 38,9 Prozent auf 42,5 Prozent gestiegen. ({1}) Sie haben selbst gewürgt! ({2}) Stellen Sie sich also nicht mit solchen Vorwürfen hier hin! In den letzten vier Jahren sind die Sozialversicherungsbeiträge auf 41 Prozent reduziert worden. Das und nichts anderes ist die Wahrheit! ({3}) Dann noch einmal zur roten Laterne, damit auch das klar wird: ({4}) 1994 Platz elf, 1995 Platz 14, 1996 Platz 15, 1997 Platz 14 und 1998 Platz 14. Sie haben am Ende die rote Laterne in Europa gehabt. ({5}) Zuletzt waren Sie im Schlafwagen. Das haben die Menschen gemerkt. Deswegen wurden Sie abgewählt. ({6}) Seit zwei Monaten können wir wieder an die gute Situation des monatlichen Rückgangs der Arbeitslosigkeit aus dem letzten Jahr anknüpfen. Auch den Vergleich zum April 1998 brauchen wir nicht zu scheuen: ({7}) 400 000 Arbeitslose weniger, 1,35 Millionen Erwerbstätige mehr und 570 000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte mehr, ({8}) und all das trotz erschwerter Rahmenbedingungen, trotz der Wachstumsraten, die Sie hier kritisiert haben. ({9}) Das ist eine Leistung, die sich sehen lassen kann. Eines ist klar: Wie immer man die Bilanz nach diesen vier Jahren bewerten mag - Reformstau, Erstarrung und Stillstand sind in dieser Republik vorbei und das wissen die Menschen. ({10}) Weil Sie so gern auf Europa gucken, frage ich Sie: Wie war das denn 1994 bis 1998? ({11}) In Europa ist die Arbeitslosenrate gesunken. Wie war das in Deutschland in der Zeit von 1994 bis 1998? - Sie ist von 8,4 Prozent auf 9,3 Prozent gestiegen. ({12}) So sehen die Zahlen im Vergleich zu Europa aus! Bei Ihrer ewigen Nörgelei müssen Sie sich auch einmal vorhalten lassen, dass andere in Europa das ganz anders sehen. Deutschland braucht sich als Wirtschaftsstandort nicht zu verstecken. Ich kann hierzu den Präsidenten der EU-Kommission Romano Prodi zitieren. In der „Süddeutschen Zeitung“ vom 24. April 2002 heißt es: Aber, ehrlich gesagt, die Debatte der Deutschen über all ihre Schwächen - mir kommt das manchmal richtig masochistisch vor. Sie sind besser, als sie glauben ... Im langfristigen Trend steht das Land noch immer ... gut da. Dass Sie bei einer von Ihnen beantragten Aktuellen Stunde gerade mal mit 5 Prozent Ihrer Fraktionsstärke hier sitzen, zeigt, dass sich viele den Masochismus, den Sie hier betreiben, gar nicht anhören wollen. ({13}) Jetzt wollen wir einmal gucken, wo Sie wieder anknüpfen wollen. Sie wollen wieder da anknüpfen, wo Sie mit Ihren Rezepten schon einmal gescheitert sind. ({14}) Die Arbeitslosenhilfe haben Sie reduziert. Das Schlechtwettergeld haben Sie abgeschafft. ({15}) Die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall haben Sie auf 80 Prozent gekürzt. Den Kündigungsschutz haben Sie in 80 Prozent aller Betriebe reduziert; die Beschäftigten sollten nicht mehr darunter fallen. Was haben Sie in Ihr jetziges Programm hineingeschrieben? - Sie wollten wieder den Kündigungsschutz reduzieren; Sie wollen die Sozialhilfe so mit der Arbeitslosenhilfe zusammenlegen, dass die Leistungen der Arbeitslosenhilfe das Sozialhilfeniveau erreichen; Sie wollen die Rechte, die das Betriebsverfassungsgesetz vorsieht, reduzieren. ({16}) Vergessen wir nicht, dass die Wirtschaft Ihnen während Ihrer Regierungszeit versprochen hat, dass, wenn Sie das Kündigungsschutzgesetz ändern, 500 000 neue Arbeitsplätze entstehen. In der Zeit zwischen 1994 und 1998 gingen aber 600 000 Menschen mehr in die Arbeitslosigkeit. ({17}) Am Ende Ihrer Regierungszeit gab es 1 Million weniger Beschäftigte. Das war Ihre Bilanz. Mit Ihren Rezepten lässt sich Deutschland nicht reformieren. ({18}) Sie werfen uns andauernd vor, die ABM ausgeweitet zu haben, anstatt sie zu reduzieren. Sie haben die Arbeitsmarktzahlen des Jahres 1998 beschönigt: Sie haben die Anzahl der ABM und SAM um 467 000 nach oben gefahren. ({19}) Damit haben Sie die Arbeitslosigkeit kaschiert. Eigentlich wäre die Arbeitslosigkeit um 1 Million und nicht um nur 600 000 gestiegen. ({20}) Wegen Ihrer gescheiterten Rezepte sind Sie abgewählt worden. Ich sage Ihnen eines: Sie werden auch am 22. September mit Ihrem Wahlprogramm, das die gleichen Rezepte wie damals enthält, scheitern. ({21})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sehen, dass ich hinsichtlich der Balance der Lautstärke der Zwischenrufe Recht hatte. ({0}) - Das freut mich. Ich erteile nun dem Kollegen Wolfgang Meckelburg, CDU/CSU-Fraktion, das Wort. ({1})

Wolfgang Meckelburg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001452, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Ich versuche, einen kleinen Ausgleich zu schaffen. Nach der Rede von Herrn Thönnes kann man vielleicht eine Phase der Ruhe und des Nachdenkens über die Argumente gebrauchen. Herr Thönnes, wenn Sie auf die Worte von Herrn Prodi, dass das Land im langfristigen Trend immer noch gut dastehe, verweisen, dann sage ich: Völlig richtig. Langfristige Trends entstehen in der Vergangenheit. Ich füge hinzu: Der langfristige Trend für Deutschland wird besser werden, wenn es nach dem 22. September eine neue Regierung gibt. ({0}) Herr Bundesminister Riester, wenn Sie behaupten, dass wir das Land hier mies machen, dann sage ich in aller Deutlichkeit: Das ist nicht unsere Absicht. Wir reden und diskutieren faktisch in jeder Woche aktuell über dieses Thema, über die miese Politik, die gerade Sie, der Arbeitsminister, in den vergangenen Jahren gemacht haben: Sie haben mehr Bürokatie und mehr Regelungen geschaffen, statt das Gegenteil zu bewirken. Das ist die falsche Politik. Deswegen werden wir uns die Freiheit herausnehmen, diese miese Politik deutlich zu kritisieren, auch wenn Sie uns vorwerfen, wir täten etwas anderes. ({1}) Von den Kollegen bin ich ausreichend mit Zetteln versorgt worden. Einen finde ich besonders gut. Man kann nämlich nicht häufig genug auf Folgendes hinweisen: Um darzustellen, dass die Arbeitslosigkeit zurückgeht, kann man Monate und Zahlen heranziehen. Ich greife auf die Zahlen einer unabhängigen Quelle, des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg, zurück. Es geht um die Frage, wie viele Stunden in Deutschland gearbeitet wird. Wenn es in Deutschland mehr Arbeit gäbe, dann müsste diese Statistik einen steilen Anstieg widerspiegeln und erst dann hätten Sie den Beweis antreten können, dass Arbeit entstanden ist. Betrachtet man die Anzahl der Arbeitsstunden in Deutschland der Jahre 1997, 1998, 1999 und 2000, stellt man fest, dass die Kurve in der Tat nach oben geht. Im Jahr 2001 sinkt dann die Anzahl der Arbeitsstunden. Die Schätzung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung für 2002 beruht auf der Grundlage eines Wirtschaftswachstums von 1,25 Prozent. Sie sagt einen Rückgang voraus, obwohl niemand dieses Wachstum erwartet. Man geht eher von 0,9 oder 0,8 Prozent aus. Dann geht die Zahl noch weiter herunter. Wenn Sie nach Studie dieser Statistik den Mut haben, zu sagen, dass mehr Arbeit entstanden ist, dann beweisen Sie wirklich, wo Sie die Stunden, die mehr gearbeitet worden sind, versteckt haben: Es ist Schwarzarbeit entstanden. ({2}) Ich möchte das anhand einiger Zahlen verdeutlichen. Betrachtet man die Zahlen für April, stellt man fest, dass die Arbeitslosigkeit in der Tat um 400 000 zurückgegangen ist. Sie werden das Ziel von 3,5 Millionen Arbeitslosen im Schnitt des Jahres 2002 - versprochen von Schröder - nicht erreichen. Sie selbst gehen von 4 Millionen Arbeitslosen aus. Das Ost-West-Gefälle ist größer geworden: Vergleicht man wiederum die Zahlen für den Monat April, stellt man fest, dass die Differenz zwischen Ost und West im Jahre 1998 8,8 Prozent betrug; heute liegt sie bei 10,3 Prozent. Die Schere geht auseinander. Das ist ein Ergebnis der „Chefsache Ost“. Das sind ganz einfach Zahlen, ohne Polemik vorgetragen. Sie können alles nachlesen. Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen: Statt das Arbeitsrecht zu entbürokratisieren, ({3}) haben Sie vor allem auf die arbeitsmarktpolitischen Instrumente gesetzt, die die Arbeitslosigkeit künstlich senken. Da sind wir bei der Frage der Statistik. ({4}) - Ich will einmal sagen, was Sie machen. ({5}) Betrug der Anteil der über 58-Jährigen, die über vorruhestandsähnliche Regelungen aus der Statistik fielen, im Durchschnitt der letzten Jahre circa 200 000 Menschen, so sind es jetzt 265 000 Menschen, also 65 000 mehr. Auch der Personenkreis Altersteilzeit stieg signifikant auf 60 000 an. Die gemeldeten offenen Stellen sind weiter rückläufig. Im April 2002 - das ist die aktuelle Zahl wurden nur 252 000 offene Stellen gemeldet. Das sind 33,6 Prozent, also ein Drittel weniger als im April letzten Jahres. Zur Entwicklung der Erwerbstätigenzahl seit Oktober empfehle ich Ihnen, den Bericht der Bundesanstalt für Arbeit nachzulesen. Dann bekommen Sie vielleicht einmal einen Blick für die Realität und müssen sich nicht ständig von der Regierung auf Zettel schreiben lassen, was Sie hier vortragen. ({6}) Ein Blick auf die Entwicklung der Erwerbstätigenzahl seit Oktober 2001 reicht: Die Zahl der Erwerbstätigen insgesamt, also die Zahl der voll sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ohne die 325-Euro-Jobs, liegt um 302 000 unter dem Vorjahresniveau. Obwohl ich meine Redezeit bereits um 10 Sekunden überschritten habe, muss ich eines noch nennen, ({7}) weil es angesprochen worden ist: die Jugendarbeitslosigkeit. Im April 2002 waren 473 000 Jugendliche unter 25 Jahren in Deutschland ohne Arbeit. Das sind 12,1 Prozent mehr als im April des letzten Jahres. Frau Dückert, Sie haben vorhin das JUMP-Programm groß herausgestellt. ({8}) Was bedeutet das? Sie haben Jahr für Jahr 1 Milliarde Euro in das JUMP-Programm gesteckt und haben jetzt schlechtere Zahlen.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist jetzt weit überschritten. Ich dachte, es gäbe eine kurze Bemerkung.

Wolfgang Meckelburg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001452, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sie können den Bürgern draußen nicht mehr klar machen, dass Sie auf dem Arbeitsmarkt wirklich etwas bewegt haben. Sie haben es redlich verdient, abgewählt zu werden. ({0})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Das Wort hat jetzt der Kollege Reinhold Hiller für die SPD-Fraktion.

Reinhold Hiller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000901, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Aktuelle Stunde befasst sich auch mit den Ihrer Meinung nach wohl zu geringen Investitionen in Straße und Schiene. Da fragt man sich, was an dieser Stunde aktuell ist. Die nach Ihrer Meinung fehlenden Investitionen im Verkehrsbereich, die Sie unterstellen wollen, können es ja wohl nicht sein. Dem Einzelplan 12 konnten Sie entnehmen, dass die Investitionen für die Straße 4,6 Milliarden Euro und für die Schiene 4,5 Milliarden Euro betragen. Insgesamt sind es 9,75 Milliarden Euro. Dazu kommen 1,44 Milliarden Euro aus den UMTS-Mitteln für Schieneninvestitionen und Ortsumgehungen. Zusätzlich - das wissen Sie - sind 1,67 Milliarden Euro GVfG-Mittel vorgesehen. Darin kann die Aktualität dieser Aktuellen Stunde also nicht liegen. Diese Zahlen sind auch Ihnen bekannt. Sie übertreffen in allen Punkten die Zahlen, die Sie hinterlassen haben. ({0}) Das heißt, die Verkehrsinvestitionen liegen seit dem Regierungswechsel 20 Prozent über den Zahlen, die Sie hinterlassen haben. ({1}) Das haben Sie vergessen, und deshalb sind Sie nicht auf der Höhe der Zeit, wenn Sie zu diesem Thema heute eine Aktuelle Stunde beantragen. ({2}) Von Ihnen hätten wir eigentlich Lob und Anerkennung für die Steigerung der Investitionen erfahren müssen. Denn gleichzeitig hat auch die Verschuldung abgenommen. Deshalb möchte ich Ihnen eigentlich etwas unterstellen, was für die Rolle der Opposition kennzeichnend ist und sehr häufig auftritt: Sie leiden unter Realitätsverlust. Das ist Ihr Problem. ({3}) Sie fordern die Absenkung der Staatsquote und gleichzeitig beklagen Sie die zu niedrigen Investitionen im Verkehrsbereich. Das ist auch noch sachlich falsch; das habe ich Ihnen gerade gesagt. Ich kann Ihnen eines prophezeihen: Je weiter man sich von der Realität entfernt, desto weiter entfernt man sich auch von einer möglichen Regierungsübernahme. Darüber sollten Sie einmal nachdenken. ({4}) Sie haben völlig vergessen, dass Ihr Bundesverkehrswegeplan zu fast 100 Milliarden DM unterfinanziert war. Die neue rot-grüne Koalition hat es geschafft, Konstanz in ihn zu bringen und damit auch circa eine Million Arbeitsplätze durch öffentliche Investitionen zu sichern. Dass Sie der rot-grünen Regierung hier ein Versagen unterstellen wollen, ist absoluter Unsinn. ({5}) Man kann es auch anders ausdrücken: Der Anteil der Investitionen im Bau- und Verkehrsbereich wurde von der rot-grünen Koalition in vier Jahren von 45 auf 51 Prozent im Jahre 2002 gesteigert. Auch das hat positive Effekte für den Arbeitsmarkt, die Sie immer negativ herunterreden. ({6}) Im Übrigen ist es so, dass diese Koalition den Schwerpunkt im Osten gesetzt hat. Sie wissen ganz genau, dass die meisten öffentlichen Investitionen im Bereich Verkehr im Osten erfolgen. Damit nimmt die Bundesregierung ihre Verantwortung auch gegenüber der Infrastruktur und der Beschäftigung wahr. Ein anderer Bereich ist die Telematik. Hier sind in den nächsten Jahren besonders zukunftsträchtige Arbeitsplätze zu erwarten. Die rot-grüne Koalition hat den Durchbruch für das Satellitennavigationssystem Galileo geschaffen. ({7}) Auch hier sind zukunftsträchtige Arbeitsplätze im Bereich Automobilindustrie zu erwarten, der für die deutsche Volkswirtschaft von ganz besonderer Bedeutung ist. Dies wird dazu beitragen, dass Deutschland auch in diesem Bereich konkurrenzfähig bleiben kann. Darüber hinaus hat die Bundesregierung - das haben Sie auch nicht geschafft - private Finanzierungsmöglichkeiten im Verkehrsbereich eröffnet. Wir haben heute Morgen kontrovers darüber diskutiert. Faktum ist: Hier ist etwas auf die Schiene gebracht worden, zu dem Sie in den letzten vier Jahren Ihrer Regierungsverantwortung nicht in der Lage gewesen sind. Sie haben mehr Showveranstaltungen durchgeführt. Angesichts der Fakten sollten Sie hier etwas bescheidener auftreten. Sie sollten über Folgendes nachdenken - das habe ich schon einmal gesagt -: Je realitätsferner die Opposition ist, desto weiter ist sie von der Regierungsübernahme entfernt. Darüber können auch die aktuellen Umfragen, die wir für nicht gut halten, nicht hinwegtäuschen. Herzlichen Dank. ({8})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Jetzt hat der Kollege Jochen-Konrad Fromme für die CDU/CSU-Fraktion das Wort.

Jochen Konrad Fromme (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003126, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Hiller, man muss sich die Zahlen natürlich genau ansehen. In Ihren Zahlen sind beispielsweise die Tilgungen für die Konzessionsmodelle enthalten. Wenn wir im Straßenbau im Augenblick so viel zu tun hätten, dann wären die Straßenbauer sicherlich ganz anderer Meinung, als wir es jetzt jeden Tag von ihnen hören. ({0}) Reinhold Hiller ({1}) Sie müssen die ganze Wahrheit sagen und nicht nur den Bund heranziehen. Nehmen Sie doch einmal die Länder und die Kommunen! Sie haben den Kommunen über die Gewerbesteuerumlage so in die Tasche gegriffen, dass die Investitionen um 9 Milliarden Euro unter dem Niveau von 1993 liegen. Das entspricht einem halben Prozent Wachstum des Bruttosozialproduktes. Bei den laufenden Einnahmen für die Kommunen spielt sich genau das Gleiche ab. Wenn Sie die Kommunen vernünftig behandelt hätten, dann hätten wir ein Prozent mehr Wirtschaftswachstum, weil sie ihren Aufgaben nachkommen könnten. ({2}) Wir werden als Sofortmaßnahme die Gewerbesteuerumlage wieder senken. Das bedeutet, dass der Stadtkämmerer von Hildesheim weiß, dass er 1,7 Millionen Euro mehr, dass der Stadtkämmerer von Salzgitter weiß, dass er 0,7 Millionen Euro mehr, und dass der Stadtkämmerer von Braunschweig weiß, dass er 2 Millionen Euro mehr zur Verfügung hat. Dieses Geld geht sofort in die Investitionen, in die Wirtschaft und in den Arbeitsmarkt. Was war denn Ihr großer Fehler in der Politik? - Wenn man den Menschen das Geld über die Ökosteuer und die Inflationsrate wegnimmt, wenn sie für den Weg zur Arbeit mehr Geld ausgeben müssen als vorher, statt mehr zu haben, dann fehlt ihnen Kaufkraft. Wenn ihnen Kaufkraft fehlt, dann fehlt Nachfrage am Arbeitsmarkt, wenn Nachfrage am Arbeitsmarkt fehlt, dann fehlt Arbeit, wenn Arbeit fehlt, dann gibt es mehr Arbeitslose und weniger Steuern. Das ist genau die Situation, die Sie hier angerichtet haben. ({3}) Das sind die elementaren Fehler Ihrer Politik. Wenn ich den Menschen und den Kommunen als wichtigen Nachfragern am Arbeitsmarkt die Kaufkraft nehme, dann brauche ich mich nicht zu wundern, wenn keine da ist und nichts passiert. Sie haben zu verantworten, dass sich diese Spirale immer schneller dreht. Dafür, dass es auch anders geht, gibt es doch Beispiele. Ich kann ja verstehen, dass der Kanzler seine eigenen Versprechen vergisst, wie zum Beispiel die Reduzierung der Zahl der Arbeitslosen auf 3,5 Millionen, ({4}) dass die Renten wie die Nettolöhne steigen oder dass die Ökosteuer nicht über 6 Pfennig steigen soll. Dass er dabei aber auch noch vergessen hat, dass es in der Vergangenheit gute Rezepte gab, ist natürlich ein teuflischer Fehler. Wenn er sich am Montag im Fernsehen hinstellt und sagt, die Regierung Kohl habe in 16 Jahren keine Steuerreform zustande bekommen, aber er, Schröder, habe die größte gemacht, frage ich: Was war denn 1985 bis 1989? Da gab es die stoltenbergsche Steuerreform. Mit einer nominalen Absenkung von 41 Milliarden waren am Ende in den alten Bundesländern 3 Millionen Menschen mehr in sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen. ({5}) Am Ende waren 121 Milliarden mehr Steuern in der Kasse. Daran sehen Sie, wie man so etwas finanzieren kann. ({6}) Und haben Sie ein Zweites vergessen? Der Deutsche Bundestag hat unter der Regierung Kohl die Petersberger Beschlüsse zweimal mit Kanzlermehrheit von CDU/CSU und FDP beschlossen. Sie haben sie im Bundesrat blockiert und deswegen tragen Sie die Verantwortung dafür und niemand anders. ({7}) Wer war das denn? - Die Ministerpräsidenten Schröder, Eichel, Lafontaine. Auf Letzteren sollten Sie übrigens ab und zu mal hören, aber sein Name scheint bei Ihnen ein Unwort geworden zu sein. Das sind doch die Rezepte, die funktionieren. Wenn Sie das leugnen, dann können Sie natürlich auch nicht verstehen, wie man die Wirtschaft ankurbeln und vorwärts kommen kann. Ich kann Ihnen nur sagen: Schlag nach bei Stoiber, Merz und Merkel. Wenn Sie unser Regierungsprogramm lesen, werden Sie merken, wie es weitergehen kann. Dass die Menschen das merken, sehen wir an jeder Umfrage. Von Umfrage zu Umfrage werden die Ergebnisse besser für uns und schlechter für Sie. Warum? - Weil die Menschen Ihnen nicht glauben. Sie haben sich hier hingestellt, Herr Kollege Wend, und Zahlenreihen vorgetragen, die kein Mensch nachvollziehen und verstehen kann. ({8}) Glauben Sie denn, dass auch nur ein Fernsehzuschauer das verstanden hat? Es ist aber ganz einfach: Steuern um 41 Milliarden senken wie bei Stoltenberg, 3 Millionen Menschen mehr in sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung. Genau das werden wir wiederholen und das werden die Menschen begreifen. Deswegen wird es Zeit, dass der 22. September kommt: damit es in Deutschland endlich wieder aufwärts geht. ({9})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Ich erteile das Wort dem Kollegen Albert Schmidt für Bündnis 90/Die Grünen. ({0})

Albert Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002779, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Umso schöner. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie haben bei dem Titel Ihrer Aktuellen Stunde die Frechheit besessen - ich muss diese Unverfrorenheit fast bewundern -, auch die Formulierung der angeblich „geringen Investitionen in Straße und Schiene“ mit aufsetzen zu lassen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt wollen wir hier einmal Deutsch miteinander reden. ({0}) Als wir 1998 die Regierungsverantwortung in diesem Land übernommen haben, lagen die Investitionen des Bundes in die deutschen Verkehrswege bei 9,5 Milliarden Euro. Heute liegen sie bei 11,5 Milliarden Euro. Das sind 4 Milliarden DM bzw. 2 Milliarden Euro binnen vier Jahren mehr, und dies nicht einmalig, sondern durch die Vereinbarung mit der Bahn für drei Jahre garantiert, eine Situation, von der frühere Bahnchefs und frühere Verkehrsminister - jetzt ist Herr Wissmann leider nicht mehr da - nur träumen konnten. ({1}) Hätten Sie damals auch nur ein bisschen von einer solchen Steigerung erreicht, dann würden Sie noch heute mit stolzgeschwellter Brust herumlaufen. ({2}) - Darauf komme ich gleich noch. Keine Sorge! Unter Waigel und Wissmann haben Sie zum Beispiel die Bahninvestitionen auf weniger als 6 Milliarden DM, auf 5,7 Milliarden DM, zusammengestrichen. Sie haben die Schienenwege Deutschlands als Sparbüchse missbraucht, um die Maastricht-Kriterien einzuhalten. Sie sind auf Verschleiß gefahren. Wir haben daher noch heute nicht nur im Schienennetz Probleme. Auch im Straßennetz existieren Schlaglöcher, die aus Ihrer Zeit herrühren. ({3}) Wir haben die Investitionen massiv gesteigert und werden dies fortsetzen. Die Fraktionsvorstände der SPD und der Grünen haben Anfang Januar in Wörlitz auf einer gemeinsamen Fraktionsvorständeklausur beschlossen, diese Zusatzausgaben für das deutsche Verkehrswegenetz über das Jahr 2003 hinaus, nämlich bis 2007, zu verstetigen. Diese Berechenbarkeit braucht die Bauwirtschaft. Wissen Sie, was das ausgelöst hat? Es ging nicht nur um den Verkehrsinfrastrukturbau. Allein das Unternehmen Deutsche Bahn AG - ich war heute Vormittag nicht im Ausschuss, weil ich im Aufsichtsrat sein musste ({4}) hat aufgrund dieser großzügigen Ausstattung für die Infrastruktur durch den Bund ein Gesamtpaket für die Runderneuerung des gesamten Systems Schiene in einer Größenordnung von 90 Milliarden DM binnen fünf Jahren geschnürt. Das bedeutet: Streckenerneuerung, moderne Technik, neue Fahrzeuge und Modernisierung der Bahnhöfe. Die Auftragsbücher der Fahrzeugindustrie sind voll. Das sind Investitionen. Auch der Bahnbau ist wie nie zuvor in diesem Land beschäftigt. Sie aber behaupten, es gebe geringe Investitionen. In welchem Land leben Sie eigentlich? ({5}) Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union und der FDP, jetzt möchte ich Ihnen noch etwas sagen - die Hohepriester der Marktwirtschaft wissen es ja immer ganz genau -: Die eigentliche Leistung besteht gar nicht darin, dass die Beträge erhöht worden sind. Das ist zwar eine Leistung für sich, aber die eigentliche Leistung besteht darin, dass wir diese Steigerung der Investitionen trotz des Schuldenabbaus von 100 Milliarden DM infolge der Tilgung im Rahmen der UMTS-Erlöse, trotz einer Steuerreform, die die Menschen in diesem Land in einer Größenordnung von 40 Milliarden DM netto entlastet, und trotz einer Rückführung der Neuverschuldung auf ein Niveau, von dem Sie nur träumen konnten, geschafft haben. Die eigentliche Leistung dieser Regierung ist, gleichzeitig konsolidiert und mehr investiert zu haben. Das will Ihnen aber nicht in den Kopf gehen. ({6}) - Die Investitionsquote im Verkehrsetat liegt heute - der Kollege hat es schon gesagt - bei 51 Prozent. Das heißt, die größere Hälfte im Einzelplan 12 wird investiert. Als Sie die Regierung übergeben haben, lag sie bei 45 Prozent. Das ist der Unterschied. ({7}) Jetzt aus aktuellem Anlass etwas dazu, was heute im Verkehrsausschuss des Bundesrates in Bezug auf das Regionalisierungsgesetz passiert ist. Auch der Bundestag hat sich heute im Verkehrsausschuss damit befasst. Er wird sich am Freitag in zweiter und dritter Lesung hier im Plenum damit beschäftigen. Das hat sehr wohl etwas mit Investitionen zu tun. Denn ein Viertel der Regionalisierungsmittel werden investiert: Zuschüsse in den Fahrzeugbau, Zuschüsse in die Infrastrukturmodernisierung usw. Die Koalitionsfraktionen haben einen Gesetzentwurf vorgelegt, über den heute im Verkehrsausschuss des Bundesrates und im Verkehrsausschuss des Bundestages debattiert wurde. Folgendes wird vorgeschlagen: ein Verzicht auf Rückforderungen in Höhe von mehr als 700 Millionen Euro, die der Bund aufgrund der gesetzlichen Lage für die letzten Jahre stellen könnte, eine Anhebung der Regionalisierungsmittel auf ein Rekordniveau von 13,4 Milliarden DM für das vergangene Jahr, also für 2001, eine Festlegung eines Rekordniveaus von 6,75 Milliarden Euro für das Jahr 2002 und eine Dynamisierungsrate von plus 1,5 Prozent bis zum Jahre 2007, also kontinuierlich für die nächsten Jahre. Albert Schmidt ({8}) Das ist Planungssicherheit für den öffentlichen Nahverkehr. Das ist eine Verstärkung der Investitionsquote. Sie haben das heute Vormittag im Verkehrsausschuss abgelehnt. ({9}) - Ich weiß auch Bescheid, wenn ich nicht dabei war. ({10}) Im Bundesrat hat Bayern versucht, diesen Gesetzentwurf auszubremsen. Bayern hat den Antrag gestellt, ihn zu stoppen und den Vermittlungsausschuss anzurufen, um Obstruktionspolitik zu betreiben. Wissen Sie, was passiert ist? - Der Antrag Bayerns wurde im Verkehrsausschuss des Bundesrates mit neun zu fünf Stimmen abgelehnt; übrigens auch mit den Stimmen Thüringens. ({11}) Das heißt im Klartext, es gibt auch in Ihren Reihen noch ein paar Vernünftige. Lassen Sie das dumme Gerede von angeblich niedrigen Investitionen! Wir haben die Investitionen auf ein Rekordniveau gebracht. Dabei werden wir bleiben. So wollen und so werden wir weitermachen. ({12})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Nun erteile ich der Kollegin Ingrid Arndt-Brauer für die SPD-Fraktion das Wort.

Ingrid Arndt-Brauer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003422, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte als letzte Rednerin die Spitzenpositionen zusammenfassen, die die Bundesregierung erreicht hat. In dieser Debatte ist heute sehr viel gelogen worden. ({0}) Falls ich daher Wahrheiten, die schon einmal gesagt worden sind, wiederhole, ist das nicht schlimm. Wir haben in Deutschland eine Exportquote, die weit höher liegt als in den vergleichbaren EU-Staaten. Wir haben stabile Lohnstückkosten. Wir haben einen hohen Zuwachs ausländischer Direktinvestitionen. ({1}) Wir haben, was immer wieder von ausländischen Journalisten bestätigt wird, ein sehr hohes internationales Ansehen. Wir belegen zum Beispiel einen Spitzenplatz bei Patentanmeldungen und wir können ein großes Auslandsengagement deutscher Firmen aufweisen. ({2}) Seitdem Helmut Kohl nicht mehr Bundeskanzler ist, hat sich der Wachstumsabstand beträchtlich verringert. ({3}) Außerdem besteht eine hohe Innovationsintensität. Wir belegen einen Spitzenplatz in der Biotechnologie, den wir erst durch unsere erhöhten Investitionen erreichen konnten. ({4}) In der Automobilbranche belegen wir einen Spitzenplatz und wir haben - auch dies darf man nicht verkennen ein großes Maß an sozialem Frieden. Wir sind Vorreiter bei der Deregulierung von Netzwerkindustrien. ({5}) Wir haben einen expandierenden Markt für Wagniskapital und eine leistungsfähige Infrastruktur. Auch haben wir - dies ist ein sehr wichtiges Thema - mutige Steuerentlastungen durchgeführt. ({6}) Wir haben nicht nur die Verbraucher entlastet, sondern auch die Unternehmen, und zwar stark. ({7}) An dieser Stelle muss ich Ihnen Folgendes sagen: Ich bin Mitglied des Finanzausschusses und gehöre eher zur SPD-Linken. Ich habe diese Entlastung häufig als Steuergeschenk empfunden. Ich denke, so haben es auch die Unternehmen empfunden. Während meines Studiums der Betriebswirtschaft habe ich gelernt: Wenn es den Unternehmen gut geht, wird investiert. Damit kommt es zu Wachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen. ({8}) Das hat aber auf diese Weise nicht so recht geklappt. ({9}) Vielleicht können Sie ja einmal mit den verantwortlichen Personen reden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man dieses Problem mit noch mehr Geschenken lösen kann. Wir haben die Rahmenbedingungen erheblich verbessert. Wir haben also keine Schuld daran, dass UnternehAlbert Schmidt ({10}) men nicht so reagiert haben, wie sie laut Theorie hätten reagieren sollen. ({11}) Wir werden diesen Weg weiter gehen. Das wissen Sie. Unsere Steuerreform ist noch nicht beendet. Ich denke, irgendwann wird sich der Erfolg zeigen, und zwar auch auf dem Arbeitsmarkt. Im Bereich der Informationsgesellschaft sind wir in Europa führend. Wir belegen ebenfalls einen Spitzenplatz in der Umwelttechnologie, zum Beispiel bei der Nutzung von Windkraft. Auch dies wäre unter Ihrer Regierung überhaupt nicht denkbar gewesen. Wir haben ein hohes Bildungs- und Ausbildungsniveau. Trotz der PISA-Studie kann man sagen, dass wir in diesem Bereich immer noch ein sehr hohes Potenzial haben. Weiterhin haben wir die Entwicklungs- und Forschungsausgaben gesteigert. Dies werden wir auch fortführen. Deshalb werden wir unseren Platz in diesem Bereich auch halten. ({12}) Wir haben das Projekt „Schulen ans Netz“ gestartet, das dazu führen wird, dass wir auch in Zukunft gut ausgebildete Schüler haben werden. Wir haben eine sehr niedrige Jugendarbeitslosigkeit. Das ist schon gesagt worden. Wir haben auch eine niedrige Armutsquote. Auch das sollte man nicht unterschätzen. Wir belegen im Bereich Studienstandort Deutschland den Platz des drittwichtigsten Gastlandes der Welt. Dies zeigt uns, dass ausländische Studenten gerne zu uns kommen und gerne bei uns etwas lernen wollen. Wir haben einen modernen Staat, der vergleichsweise schon sehr schlank ist, den man aber vielleicht noch weiter verschlanken kann. Wir haben in diesem Bereich eine Menge erreicht. Außerdem führen wir einen konsequenten Klimaschutz durch. ({13}) Auch das wäre, wie vieles in anderen Bereichen, während Ihrer Regierungszeit undenkbar gewesen. Wir haben ferner eine hohe Wettbewerbsfähigkeit. ({14}) All dies habe ich etwas schnell aufgezählt, weil meine Redezeit gleich zu Ende ist. Sie konnten aber sehen, dass wir in sehr vielen und wichtigen Bereichen Spitzenplätze in Europa einnehmen. Diese Spitzenplätze werden wir natürlich erhalten und weiter ausbauen. Dazu haben wir noch vier Jahre Zeit. ({15}) Danach werden wir neu über unsere Ziele nachdenken. Die nächsten vier Jahre werden wir nutzen, um das erfolgreiche Programm, das wir begonnen haben, fortzuführen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. ({16})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Frau Kollegin, Sie haben eine kostbare Minute verschenkt. Vielen Dank. Die Aktuelle Stunde ist beendet. Damit sind wir am Schluss unserer heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages ein auf morgen, Donnerstag, den 16. Mai 2002, 9 Uhr. Die Sitzung ist geschlossen.