Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 4/17/2002

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Zunächst Fragen zum Bericht. Bitte schön.

Dr. Peter Paziorek (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001685, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Bury, ich habe folgende Frage: Ist bei der Beratung heute Morgen im Kabinett auch auf die - ich möchte es einmal so ausdrücken - indirekte Kritik eingegangen worden, die die Sachverständigen, die Umweltweisen, in ihrem Gutachten vor einigen Tagen hinsichtlich der inflationären Anwendung des Begriffs der Nachhaltigkeit vorgebracht haben? Sie haben gerade gesagt, dass es Ihnen gelungen sei, den Begriff der Nachhaltigkeit aus der Ökonische - ich war über diese Formulierung erstaunt - herauszuholen. Dabei klang Kritik an der Verbindung von Nachhaltigkeit und Umweltpolitik mit. Die Sachverständigen haben erklärt, dass der Begriff der Nachhaltigkeit weiterhin auf die Bewahrung des natürlichen Kapitals konzentriert werden muss. Wenn man diesen Begriff zu sehr vom natürlichen Kapital abkoppelt, dann besteht die Gefahr, dass die Umweltpolitik eines Tages ein totales Anhängsel wird. Haben Sie das berücksichtigt? Haben Sie ebenso die Kritik berücksichtigt, die bei der Formulierung mitschwang, dass manche Ziele willkürlich festgesetzt seien? Auch ist Kritik an der Kontinuität der Zieldefinition, die Sie gerade gegeben haben, geäußert worden. Ist auch das heute Morgen behandelt worden?

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Herr Kollege, der Sachverständigenrat, den Sie zitieren, hat in seiner Stellungnahme ausdrücklich positiv bewertet, dass diese Strategie vorgelegt wird und dass sie konkrete quantifizierte Ziele enthält. Dies ist die Haltung des Sachverständigenrates für Umweltfragen. Aus dieser Stellungnahme wird deutlich, was ich vorher nur angerissen habe. Wir haben in der traditionellen Nachhaltigkeitsdiskussion die drei Säulen Ökologie, Ökonomie und Soziales. Der Anspruch war zwar stets ein integrativer, aber je nach Standpunkt des Betrachters ist in der Diskussion sehr häufig deutlich geworden, dass die Trennung dieser Säulen eher zementiert als überwunden wurde. Das war einer der Gründe, warum wir gesagt haben: Wir führen diese Diskussion fort und überführen sie in die vorhin beschriebenen vier Koordinaten. Es ging aber auch darum, den Begriff der nachhaltigen Entwicklung weiterzuentwickeln, weil es in der Vergangenheit in Deutschland nicht ausreichend gelungen ist, ihm eine breite Wirkung zu verschaffen. Es ist noch nicht allzu lange her, dass auf entsprechende Fragen gerade einmal knapp 15 Prozent der Befragten mit dem Begriff Konkretes zu verbinden wussten. Andere Staaten, in denen die jeweiligen Regierungen im Gegensatz zu unseren Vorgängern früher agiert und einen breit angelegten Nachhaltigkeitsbegriff nicht nur propagiert, sondern auch zur Leitlinie ihrer konkreten Politik gemacht haben, haben hier positivere Ergebnisse zu vermelden. Insofern hat sich unser Ansatz in der Praxis bereits bestätigt. Das schlägt sich in den schon beschriebenen Maßnahmen in dieser Legislaturperiode und in den Erfahrungen anderer Länder nieder. Im Kabinett ist dieser breite Ansatz noch einmal positiv gewürdigt und bestätigt worden.

Dr. Peter Paziorek (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001685, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Darf ich noch eine Zusatzfrage stellen?

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Ja, bitte.

Dr. Peter Paziorek (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001685, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sehen Sie nicht die Gefahr, dass durch den von Ihnen gerade geschilderten Ansatz eine wichtige, langfristig angelegte Grundlage der Umweltpolitik verwässert wird, indem Sie den Ansatz, über eine ethische Fundamentierung der Umweltpolitik nachzudenken, zerstören und damit letztendlich eine für die Umweltpolitik äußerst nachteilige Entwicklung hervorrufen?

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Nein, ausdrücklich nicht. Da ich diese Befürchtungen aus dem Umweltausschuss kenne, haben wir in unserer Strategie deutlich gemacht, dass wir uns auf die wichtigen Vorarbeiten der Umweltpolitik stützen und sie weiterführen. Wir haben Ihre Anregungen ebenso wie Anregungen des Nachhaltigkeitsrates aufgegriffen, die ethische Dimension der Nachhaltigkeit in der Endfassung der Strategie deutlicher zum Ausdruck zu bringen, als es im Entwurf der Fall war.

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Jetzt hat die Kollegin Burchardt das Wort.

Ulla Burchardt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000306, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Zunächst einmal bringe ich unsere Freude zum Ausdruck, dass diese Bundesregierung es zehn Jahre nach Rio geschafft hat, eine Nachhaltigkeitsstrategie vorzulegen. Damit hat sie eine ganz wesentliche internationale Verpflichtung umgesetzt und ist rechtzeitig vor dem Bilanzgipfel in Johannesburg in der Lage, auf der internationalen Bühne mit einer solchen Strategie aufzutreten. Zum Zweiten stelle ich fest, dass die Bundesregierung - das sage ich an die Adresse des Kollegen Paziorek - in ihrem institutionellen Arrangement, also durch die Einrichtung des Nachhaltigkeitsrats und des Staatssekretärsausschusses sowie durch die Strategie, die heute beschlossen worden ist, die Beschlusslage des Deutschen Bundestages aus der letzten Legislaturperiode exakt umgesetzt hat. Sowohl zu den Rio-Beschlüssen als auch zu den Beschlüssen des Deutschen Bundestages gehörte ausdrücklich der Auftrag, die Integration der ökologischen, der sozialen und der wirtschaftlichen Dimension von Nachhaltigkeit zu berücksichtigten. Diesem Auftrag ist die Bundesregierung mit ihrer Nachhaltigkeitsstrategie in vollem Umfange nachgekommen. Viele Bürgerinnen und Bürger, die seit Jahren in lokalen Agenda-Initiativen engagiert sind, haben darauf gewartet, dass endlich auch von oben etwas passiert. Die Erwartung ist nun eingelöst. Hier stellt sich die Frage, wie die Bürgerinnen und Bürger, die interessierte Öffentlichkeit, in die Erarbeitung dieser Strategie eingebunden worden sind. Eine zweite Frage in diesem Zusammenhang: Welchen Beitrag erwartet die Bundesregierung von den unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen, um die nachhaltige Entwicklung in der Bundesrepublik ein Stück weit voranzubringen?

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Die Einbeziehung der Öffentlichkeit in die Erarbeitung der Strategie erfolgte in zwei Phasen: Wir haben bereits vor Vorlage eines ersten Entwurfes den Rat für Nachhaltige Entwicklung um entsprechende Vorschläge gebeten. In dem Rat für Nachhaltige Entwicklung, der vom Bundeskanzler eingesetzt wurde, sind Unternehmen, Gewerkschaften, Kirchen, Umweltverbände und andere Gruppen vertreten, sodass schon hier ein breites Spektrum an Erfahrungen und Vorschlägen in die Erarbeitung der Strategie eingeflossen ist. Darüber hinaus gab es eine erste Konsultationsrunde mit Verbänden und Institutionen sowie ein öffentliches Forum „Nachhaltigkeit“ im Internet, das allen interessierten Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit gab, ihre Anregungen und Vorschläge einzuspeisen. Auf der Basis dieser ersten Konsultationsrunde hat der Staatssekretärsausschuss für Nachhaltige Entwicklung Ende letzten Jahres den Entwurf der Nachhaltigkeitsstrategie beschlossen und erneut öffentlich zur Diskussion gestellt. Auch hier gab es sowohl für den Rat für Nachhaltige Entwicklung als auch in einzelnen Konsultationen mit Verbänden und Institutionen und erneut für die gesamte interessierte Öffentlichkeit die Möglichkeit, Kritik und Anregungen einzubringen. In der Endphase der Erarbeitung der Strategie haben wir wesentliche Punkte der Dialogphase dokumentiert und deutlich gemacht, welche Anregungen in der Endfassung aufgegriffen worden sind. Mit der Vorlage der Strategie ist das Thema der nachhaltigen Entwicklung nicht abgeschlossen. Wir haben daher ein Managementkonzept verankert, das ein regelmäßiges Monitoring vorsieht. Auch werden wir, wie vom Deutschen Bundestag gefordert, alle zwei Jahre einen Bericht an das Parlament und die Öffentlichkeit geben. Selbstverständlich wird dann zu diskutieren sein, inwieweit die gesetzten Ziele erreicht sein werden und wo es dann weiteren Handlungsbedarf geben wird. Wir haben in der Strategie sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, dass der Staat ein Akteur ist und dass Wirtschaft und Gesellschaft hinsichtlich ihrer jeweiligen Verantwortungsbereiche ebenso angesprochen sind. Wir werden sie am ehesten mit einem attraktiven Leitbild der Nachhaltigkeit gewinnen. Dieses legen wir heute mit unserer Strategie vor.

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Jetzt hat die Kollegin Bulling-Schröter das Wort.

Eva Maria Bulling-Schröter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002636, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Einen zentralen Punkt der Strategie stellen die 21 Indikatoren für das 21. Jahrhundert dar. Hier wählt die Bundesregierung bei den zentralen Punkten Energie- und Ressourcenverbrauch sowie Verkehrsentwicklung einen Ansatz, der nur relative Zielvorgaben, beispielsweise als Bezug auf eine Einheit Bruttoinlandsprodukt oder als Kennziffer Verkehrsintensität, enthält. Gefordert werden unserer Ansicht nach aber absolute Werte. Denn wenn das Wirtschaftswachstum steigt - was nach Punkt 10 ausdrücklich das Ziel der Bundesregierung ist -, dürften die Einsparungen weitgehend wieder aufgefressen werden. Nun zu meiner Frage an Sie: Die Verkehrsintensität im Güterverkehr soll bis 2020 um 5 Prozent und im Personenverkehr um 20 Prozent reduziert werden. Wenn wir aber nur von dem niedrigen Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von durchschnittlich knapp 1,8 Prozent in den vergangenen fünf Jahren ausgehen und es für die Zukunft fortschreiben - ich meine, das ist realistisch -, so wird sich mit den Zielvorgaben der Nachhaltigkeitsstrategie der Güterverkehr um 37 Prozent und der Personenverkehr um 16 Prozent erhöhen. Wie stehen Sie - auch im Hinblick auf den Klimaschutz - dazu?

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Richtig ist, dass die Steigerung der Energie- und Ressourceneffizienz den Kern der Nachhaltigkeitsstrategie darstellt. Wir haben deshalb für die Energie- und Ressourcenproduktivität ambitionierte Ziele festgelegt. Natürlich bestehen zwischen den verschiedenen Indikatoren Zielkonflikte. Dies haben wir in der Endfassung der Strategie deutlicher herausgearbeitet, als es im Entwurf der Fall war. Kern der nachhaltigen Politik ist es, diese Konflikte zwischen verschiedenen Indikatoren nach Möglichkeit auszubalancieren. Was wir nicht gemacht haben und auch nicht tun werden, ist, Planvorgaben - etwa für die Wirtschaftsentwicklung - zu erstellen. Kern der Strategie ist es, über die Steigerung von Produktivität in diesen Bereichen ein Mehr an Nachhaltigkeit zu erreichen. Dafür muss diese Produktivitätssteigerung idealerweise - wenn wir in puncto Nachhaltigkeit weiterkommen wollen - die entsprechenden Steigerungsraten in anderen Bereichen übertreffen.

Eva Maria Bulling-Schröter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002636, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Wie stehen Sie denn nun zu den konkreten Zielvorgaben?

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Wir haben 21 Ziele und Indikatoren. Zum Themenbereich Verkehr haben wir ein ganzes Maßnahmenbündel in die Strategie aufgenommen, um die angestrebte Verlagerung des Verkehrs tatsächlich zu realisieren. Ich nenne beispielhaft die Einführung der Autobahnbenutzungsgebühr, die auch eine Optimierung der Nutzung von Kapazitäten und eine gewisse Verlagerung von Verkehrsströmen zum Ziel hat, das 6-Milliarden-Investitionsprogramm für die Schienenwege des Bundes im Rahmen des Zukunftsinvestitionsprogramms 2001 bis 2003 sowie Modernisierungsund Effizienzsteigerungsmaßnahmen im Schienenverkehr durch die Fortführung der Bahnreform oder die Förderung von Terminals des kombinierten Verkehrs. Das heißt, es gibt eine Fülle von konkreten Maßnahmen, die dazu beitragen werden, die im Kapitel „Ziele und Indikatoren“ genannten Werte zu erreichen.

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Jetzt hat die Kollegin Dr. Grygier das Wort.

Dr. Bärbel Grygier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003489, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Noch einmal zu den eben von Ihnen beschriebenen Zielkonflikten - schließlich kann es auch etwas damit zu tun haben -: Ich frage zu dem Bereich Klimaschutz nach. Im kürzlich verabschiedeten Antrag der Koalition gibt es die Zielstellung, bis 2020 die CO2-Emissionen um 40 Prozent zu reduzieren. In Ihrer Nachhaltigkeitsstrategie taucht diese Zielvorgabe aber gar nicht mehr auf. Vielmehr nehmen Sie auf die Selbstverpflichtung der Bundesrepublik Bezug, die CO2-Emissionen um 25 Prozent zu reduzieren, die nur bis zum Jahr 2005 gilt. Nun stellt sich mir die Frage: Gibt es eigentlich auch mittelfristige Zielstellungen, wie sind sie zu erreichen und wie schätzen Sie die Möglichkeit ein, dass das Ziel, die CO2-Emissionen bis 2005 in Relation zu 1990 um 25 Prozent zu reduzieren, erreicht werden kann?

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Frau Kollegin, die Bundesregierung bekennt sich auch nach 2005 bzw. 2010 zu anspruchsvollen Klimaschutzzielen. In der Diskussion, die durchaus kontrovers geführt worden ist, ging es aber um die Frage, ob wir die Klimaschutzziele am ehesten erreichen, wenn wir national vorpreschen - das hätte nach unseren Erfahrungen mit dem Kioto-Prozess dazu geführt, dass andere Länder unter Verweis auf Deutschland in ihren eigenen Anstrengungen nachgelassen hätten - oder wenn wir uns gemeinsam innerhalb der Europäischen Union für die Vereinbarung weiterer ambitionierter Klimaschutzziele einsetzen. Wir haben uns für den zweiten Weg entschieden, weil wir der Überzeugung sind, dass damit für den Klimaschutz mehr gewonnen ist.

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Jetzt hat die Kollegin Dr. Schwaetzer das Wort.

Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002120, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatsminister, im Vorfeld hat eine ganze Reihe von Nichtregierungsorganisationen Vorschläge eingebracht, die in die Nachhaltigkeitsstrategie eingearbeitet werden sollten. Inwieweit hat die Bundesregierung diese konkret formulierten Vorschläge aufgenommen und wie gedenkt die Bundesregierung - ich möchte das ganz präzise wissen - in den nächsten Monaten die Diskussion mit den Nichtregierungsorganisationen weiterzuführen?

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Wir haben - dies wird auch in der nationalen Strategie für eine nachhaltige Entwicklung dokumentiert - eine Fülle von Anregungen aufgenommen. Das gilt beispielsweise für die Bereiche des Klimaschutzes, der Landwirtschaft und der Entwicklungszusammenarbeit. Wir haben im Vergleich zum ersten Entwurf insbesondere das Kapitel „Globale Verantwortung“ deutlich stärker herausgearbeitet und etwa dem Aspekt der Katastrophenvorsorge Rechnung getragen. Es wird einen engen Dialog mit dem Rat für Nachhaltige Entwicklung sowie darüber hinaus - dieser Rat versteht sich ja auch als Forum für die öffentliche Diskussion - mit der gesamten interessierten Öffentlichkeit und mit interessierten Gruppen über diese Strategie geben.

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Herr Heinrich, bitte.

Ulrich Heinrich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000851, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatsminister, Sie haben die Nachhaltigkeitspolitik der Bundesregierung dargestellt und unter anderem die Agenda 21 erwähnt. In der Agenda 21 ist ja festgelegt, dass es ein Gleichgewicht zwischen der ökonomischen, der ökologischen und der sozialen Verantwortung geben soll. Sie haben jetzt von vier Säulen gesprochen. Sie haben das also erweitert. Heißt das, dass Sie sich von der Agenda 21 verabschieden? Des Weiteren haben Sie davon gesprochen, dass es keine Planvorgaben für die Wirtschaft geben werde. Das begrüße ich zwar ausdrücklich. Sie tun aber das Gegenteil in der Verbraucherschutzpolitik. Sie wollen dort mit klaren Vorgaben - Sie haben im Haushalt erhebliche Mittel zugunsten des ökologischen Landbaus umgeschichtet zum Beispiel dafür sorgen, dass der Anteil des ökologischen Landbaus bis 2010 auf 20 Prozent steigt. Das sind für mich Widersprüche. Ich bitte Sie darum, diese aufzuklären.

Not found (Gast)

Herr Kollege Heinrich, zu Ihrer ersten Frage: Wir verabschieden uns nicht von der Agenda 21. Vielmehr führen wir sie konsequent fort. Zu Ihrer zweiten Frage: Selbstverständlich - das war ein Wunsch der Öffentlichkeit, der im Parlament eine breite Mehrheit gefunden hat - gibt es in dem Kapitel über Ziele und Indikatoren auch quantitative Festlegungen; denn wenn man nicht weiß, wohin man will, dann darf man sich nicht wundern, wenn man nirgendwo ankommt. Es würde nicht ausreichen, schöne Ziele zu beschreiben und vielleicht noch Wege aufzuzeigen, nicht aber deutlich zu machen, wo wir stehen, und die Entwicklung nicht messbar zu machen. Die Steigerung des Anteils des ökologischen Landbaus auf 20 Prozent ist ein Ziel neben anderen. Wir haben das Kapitel über die konventionelle Landwirtschaft bewusst vergrößert. Es enthält zwar keine Planvorgaben für einzelne Betriebe. Aber wir wollen das Erreichen des Ziels von 20 Prozent durch entsprechende Rahmenbedingungen fördern. Letztlich entscheiden die Verbraucherinnen und Verbraucher mit ihrem Konsumverhalten darüber, ob wir dieses Ziel erreichen. Sie müssen von den qualitativen Vorteilen der Produkte des ökologischen Landbaus überzeugt werden.

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Eine Nachfrage.

Ulrich Heinrich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000851, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Kann ich aus den klaren Vorgaben zugunsten des ökologischen Landbaus die Schlussfolgerung ziehen, dass Sie den konventionellen Landbau nicht als nachhaltig bezeichnen?

Not found (Gast)

Nein, im Gegenteil: Wir haben - darauf habe ich gerade hingewiesen - in der überarbeiteten Strategie den Bereich des konventionellen Landbaus sehr viel stärker herausgearbeitet und ein Leitbild für eine multifunktionale Landwirtschaft entwickelt, das deutlich macht, dass die Landwirtschaft in vielfältiger Weise Beiträge zu einer nachhaltigen Entwicklung in den jeweiligen Regionen leisten kann und in vielfacher Weise auch schon heute leistet.

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Herr Kollege Hermann.

Winfried Hermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003147, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatsminister, Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass ein wichtiger Bestandteil dieser Strategie ist, quantitative Ziele festzulegen und damit sozusagen nicht nur eine Marschrichtung anzugeben. Meine Frage geht dahin, warum eigentlich für bestimmte Bereiche solche Ziele vorgegeben wurden, zum Beispiel in der Landwirtschaft bis zum Jahr 2010 20 Prozent Ökolandbau zu erreichen, aber keine längerfristigen Ziele. Für die CO2 -Reduktion und den Bereich Klimaschutz wurden Ziele bis zum Jahr 2005 vorgegeben. Gerade bei der Energie- und Klimapolitik wie auch bei der Landwirtschafts- und Infrastrukturpolitik kommt es aber darauf an, langfristig zu planen, also 20-, 30-Jahres-Horizonte zu eröffnen, und zwar auch quantitativ. Warum wurde das nicht festgelegt bzw. nur in manchen Bereichen oder nur bis zum Jahr 2010?

Not found (Gast)

Kollege Hermann, ich habe die Frage eben schon einmal beantwortet. Wo es sinnvoll und aus unserer Sicht möglich war, haben wir quantitative Zielvorgaben gemacht. Im Bereich des Klimaschutzes haben wir deshalb kein nationales langfristiges Ziel definiert, weil ein solches Ziel national nicht erreichbar ist. Wir haben aber im Indikatorenkapitel deutlich gemacht, dass wir uns auf europäischer Ebene dafür einsetzen, dass europäisch und international selbstverständlich auch mittel- und langfristig ambitionierte Klimaschutzziele vereinbart werden.

Winfried Hermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003147, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich habe noch eine Nachfrage. In der Umweltpolitik geht es um langfristige Ziele. In der Entwicklungspolitik ist das Ziel des 0,7-Prozent-Anteils am Bruttosozialprodukt wieder festgeschrieben worden. Wir haben aber erwartet, dass in der Strategie angegeben wird, auf welchen Wegen, in welchen Schritten und wann man dahin kommt.

Not found (Gast)

Im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit, den ich übrigens nicht auf dieses 0,7-Prozent-Ziel verkürzen würde - auch wenn ich einräume, dass dem eine gewisse symbolische Bedeutung zukommt -, wird der Öffnung unserer Märkte, der Entwicklung fairer Handelschancen und der Entschuldung der entsprechenden Länder - alles Bereiche, in denen wir in den vergangenen Jahren große Fortschritte erreicht haben - letztlich mindestens die gleiche, wenn nicht weit größere Bedeutung für die betroffenen Länder zukommen. Was das Ziel angeht, die öffentlichen Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit zu erhöhen, so ist zu sagen, dass es nach einem permanenten Rückgang in der Vergangenheit gelungen ist, zunächst eine Verstetigung zu erreichen. Wir haben nicht nur das 0,7-Prozent-Ziel als Langfristziel in die Strategie aufgenommen, sondern wir haben auch aufgenommen, dass wir uns bemühen wollen, bis zum Jahr 2006 einen Anteil von 0,33 Prozent zu erreichen.

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Wir sind jetzt schon nahe an dem Zeitpunkt, zu dem die Regierungsbefragung normalerweise beendet wird. Es gibt aber noch eine Reihe von Fragen; der Fragebedarf ist groß. Unter denjenigen, die Fragen stellen möchten, sind auch etliche Kollegen, die schon zwei Fragen gestellt haben. Das ist im Prinzip möglich. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass das auf Kosten der Fragestunde geht. Wer möchte zu diesem Bereich noch eine Frage stellen? - Ich nehme das auf und schließe damit die Liste. Ich gebe jetzt dem Kollegen Paziorek das Wort.

Dr. Peter Paziorek (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001685, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Erstens. Herr Bury, war der Bundesregierung heute Morgen bei der Beschlussfassung, die langfristigen und mittelfristigen Ziele des Klimaschutzes in diesem Bericht nicht quantitativ auszuweisen, bekannt, dass der Bundestag bei den Beratungen zu den Ergebnissen der Enquete-Kommission zur internationalen Klimaschutzpolitik quantitative Ziele vorgegeben hat, dass zwischen den Fraktionen des Hauses bisher völlig unbestritten war, bis zum Jahr 2030 beispielsweise die CO2-Emissionen in Deutschland um 40 Prozent oder 50 Prozent zu reduzieren, und dass darüber hinaus im Bundestag auch qualitative Zielvorstellungen vereinbart worden sind? Ist das ein bewusstes Abrücken von den Zielvorstellungen des Deutschen Bundestages? Zweitens. Wird die Bundesregierung dann, wenn dieser Bericht in diesem Jahr in Johannesburg behandelt wird und Fragen zu der Bewertung der Beschlussfassung des Bundestages kommen, darauf hinweisen, dass sie von den Zielen des Bundestages zur Reduktion der CO2-Emissionen bewusst abgerückt ist, weil sie die nationale Vorreiterrolle etwas anders sieht, als es hier bisher definiert worden ist?

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Herr Kollege Paziorek, ich habe bereits zweimal deutlich gemacht, dass wir uns in dem Ziel, über die bereits vereinbarten Maßnahmen hinaus europäisch und international weitere ambitionierte Klimaschutzziele zu vereinbaren, nicht unterscheiden. Es mag aber einen Unterschied hinsichtlich der Frage geben, wie wir dieses Ziel am erfolgversprechendsten erreichen. In der Bundesregierung besteht darüber Konsens, dass es nicht zielführend wäre, über die in der Strategie enthaltenen Maßnahmen hinaus national quantifizierte Ziele mittel- und langfristig festzuschreiben, weil das die Bemühungen unserer europäischen Partner nicht erhöhen würde - so ist die Erfahrung aus dem Kioto-Prozess -, sondern bei dem einen oder anderen leider eher dazu führte, eigene nationale Anstrengungen zurückzunehmen. Deshalb besteht unser Weg, die gemeinsamen Bemühungen zum Klimaschutz weiter zu forcieren, darin, unsere europäischen Partner für europäische, idealerweise für internationale gemeinsame Zielvorgaben zu gewinnen. Diese Zielvorgaben müssen selbstverständlich über die bereits beschlossenen hinausgehen.

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Frau Kollegin Burchardt.

Ulla Burchardt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000306, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wir leben bekanntlich im Zeitalter der Globalisierung. Die Globalisierung führt auf der einen Seite zu einer zunehmenden internationalen Verflechtung von technisch-ökonomischen Prozessen und Entwicklungen, auf der anderen Seite hat sie Einfluss auf die großen Problemlagen wie zum Beispiel Umweltzerstörung, Armut und Unterentwicklung. Welchen Sinn und welchen Nutzen sieht die Bundesregierung vor diesem Hintergrund in einer nationalen Strategie beim Klimaschutz? Welche konkreten Impulse für die Innovationsfähigkeit des Standortes Deutschland gehen aus Sicht der Bundesregierung von dieser Strategie aus?

Not found (Gast)

Der Sinn einer nationalen Strategie besteht darin, dass jede Regierung in ihrem unmittelbaren Verantwortungsbereich - das wurde auch in Rio so verabredet - eigene Beiträge leistet, um global zu einer nachhaltigen Entwicklung zu kommen. Wir haben in der Strategie aber über die nationale Betrachtung hinaus dem internationalen, dem globalen Aspekt breiten Raum eingeräumt. Dies gilt sowohl für das Leitbild als auch für die Handlungsfelder. Ihre Frage war zweigeteilt. Was die Frage des globalen Aspekts angeht, unterstütze ich die Idee des Vorsitzenden des Nachhaltigkeitsrates, Volker Hauff, sehr, nach dem Vorbild der Brundtland-Kommission eine Weltkommission zur Globalisierung und Nachhaltigkeit einzurichten, weil ich überzeugt bin, dass in dem Thema der nachhaltigen Entwicklung eine Fülle von Antworten auf die kritischen Fragen so genannter Globalisierungsgegner stecken. Im zweiten Teil Ihrer Frage hatten Sie nach dem Innovationspotenzial in Deutschland gefragt. Wir haben in den Handlungsfeldern und noch konkreter in den Pilotprojekten deutlich gemacht, wo wir uns Innovationspotenziale versprechen, die wir gemeinsam mit der Wirtschaft erschließen wollen und wo wir Vorsprünge auf Zukunftsmärkten erarbeiten können. Im Bereich Klimaschutz und Energie beispielsweise gibt es Projekte zu Offshorewindparks. Dort verfolgen wir das Ziel, im Bereich der Windkraft durch Beschleunigung von Genehmigungsverfahren, durch Klärung von Nutzungskonflikten und durch Ausweisung geeigneter Standorte zu einem Durchbruch zu kommen und den Anteil regenerativer Energien an der Energieerzeugung in Deutschland weiter zu steigern. Dieses trägt zugleich auch dazu bei, Exportchancen für Produkte deutscher Maschinen- und Anlagenbauer, für Ingenieure und Projektbüros, die in den letzten Jahren dank der Förderpolitik dieser Bundesregierung ohnehin eine sehr erfreuliche Entwicklung genommen haben, weiter zu verbessern. Im Bereich der Brennstoffzelle haben wir, um ein zweites Beispiel zu nennen, sowohl für die stationäre Anwendung - Überschrift: „Virtuelles Kraftwerk“ - als auch für die mobile Anwendung im Rahmen der „Clean Energy Partnership Berlin“ Pilotprojekte auf den Weg gebracht und unterstützt, die in diesem zukunftsträchtigen Bereich der Steigerung von Energieeffizienz und der Erschließung der Nutzung regenerativer Quellen Deutschland voranbringen sollen und damit dazu beitragen, dass wir auf den Märkten der Zukunft auch ökonomisch die Nase vorn haben, im Sinne der Nachhaltigkeit natürlich begleitet dadurch, dass wir einen Beitrag für die Umwelt liefern und zukunftsfähige Arbeitsplätze in unserem Land schaffen. Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Herr Kollege Obermeier.

Franz Obermeier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003201, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, wie Sie wissen, gibt es eine Enquete-Kommission mit dem Namen „Nachhaltige Energieversorgung unter den Bedingungen der Globalisierung und der Liberalisierung“. Diese Enquete-Kommission hat im vergangenen Jahr einen ersten Bericht vorgelegt, der sich schwerpunktmäßig mit der Definition des Leitbilds der Nachhaltigkeit befasst. Im Übrigen gehen wir, die Mitglieder dieser Enquete-Kommission, sehr wohl von quantitativen Zielen aus. In Ergänzung dessen, was mein Vorredner gesagt hat, weise ich darauf hin: Wir gehen davon aus, dass das Ziel darin besteht, bis zum Jahr 2050 eine Minderung des CO2-Ausstoßes um 80 Prozent zu erreichen. Inwieweit bildeten die bis jetzt vorliegenden Ergebnisse, insbesondere die Ergebnisse des Zwischenberichts, eine Grundlage für Ihre Arbeit, und inwieweit flossen die Inhalte des Zwischenberichts und der Studien in die Arbeit, die Sie jetzt vorgelegt haben, ein?

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Die Arbeit der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages und seiner Ausschüsse hat wertvolle Anregungen für die Erarbeitung der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie geliefert. In der Endfassung des Berichts dieser Strategie wird dokumentiert, inwieweit Anregungen der Enquete-Kommission und der Ausschüsse eingeflossen sind.

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Herr Obermeier, bitte.

Franz Obermeier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003201, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Es stellt sich natürlich die Frage, inwieweit Differenzen zwischen dem, was vonseiten der Enquete-Kommission im vergangenen Jahr im Plenum vorgetragen wurde, und Ihrer Vorlage bestehen. ({0})

Not found (Gast)

Wenn die Enquete-Kommission ihren Endbericht vorlegt, wird man gegebenenfalls - davon gehe ich aus - in diesem Haus darüber diskutieren, inwieweit zwischen dem Bericht der Enquete-Kommission und der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung Übereinstimmung besteht und wo wir gegebenenfalls differierende Vorstellungen haben.

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Die Kollegin Bulling-Schröter - das ist die letzte Frage in diesem Zusammenhang - hat das Wort.

Eva Maria Bulling-Schröter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002636, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Herr Staatsminister, ich möchte eine Frage zum Thema Energie bzw. Klima stellen. Wir haben das ambitionierte Ziel, bis 2005 25 Prozent des CO2-Ausstoßes einzusparen. Laut einer DIW-Studie lag die CO2-Einsparung im Jahr 2001 im Vergleich zum Basisjahr 1990 bei 13,5 Prozent. Viele Wissenschaftsinstitute sind der Meinung, dass wir das Klimaschutzziel nicht erreichen. Es muss festgestellt werden, dass diese Gefahr besteht und dadurch weitergehende Ziele ebenfalls in Gefahr sind. Wurden diese Probleme in die Nachhaltigkeitsstrategie eingearbeitet? Unter welchen Voraussetzungen halten Sie das deutsche Klimaschutzziel für erreichbar? Legt die Bundesregierung hinsichtlich ihrer Einsparungskurven die temperaturbereinigten Werte oder die tatsächliche Einsparung von CO2 bei ihrer Abrechnung zugrunde?

Not found (Gast)

Frau Kollegin, Deutschland hat in den vergangenen Jahren bereits deutlich größere Effizienzverbesserungen erreicht als andere Länder. Bei der Energieeffizienz liegen wir bei einer Steigerungsrate von 1,9 Prozent pro Jahr gegenüber 1,1 Prozent im EU-Durchschnitt. Diese Tendenz wird sich aus meiner Sicht fortsetzen, wenn nicht gar verbessern. Dem von uns festgelegten Ziel liegt eine jährliche Steigerung von gut 2 Prozent zugrunde. Dieses Ziel soll mithilfe einer Fülle von Maßnahmen erreicht werden: der Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung; der Vereinbarung mit der Wirtschaft zum Klimaschutz; der Energieeinsparverordnung; dem CO2-Minderungsprogramm für Altbauten; der Selbstverpflichtung der Automobilindustrie zur Verminderung des Benzinverbrauchs und vielem anderen. Das alles zeigt, dass unsere Zielsetzung mit konkreten Maßnahmen unterlegt ist.

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Danke schön, Herr Staatsminister. Ich beende die Befragung der Bundesregierung. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf: Fragestunde - Drucksachen 14/8756, 14/8777 Zu Beginn der Fragestunde rufe ich zunächst gemäß Ziffer 10 der Richtlinien für die Fragestunde die dringlichen Fragen auf. Zunächst kommen wir zur dringlichen Frage 1 des Abgeordneten Andreas Schmidt ({0}): Wann haben Bundeskanzler Gerhard Schröder und Staatssekretär Dr. Frank-Walter Steinmeier von dem in der „Welt am Sonntag“ vom 14. April 2002 erwähnten Fund von angeblich verschwundenen Original-Leuna-Akten im Bundeskanzleramt erfahren und was haben sie daraufhin unter strafrechtlichen - Verdacht der falschen Anschuldigung - und disziplinarrechtlichen Gesichtspunkten gegenüber dem Sonderermittler Dr. Burkhard Hirsch und den ihn unterstützenden Bediensteten der Abteilung 1 des Bundeskanzleramtes unternommen? Es geht um den Geschäftsbereich des Bundeskanzleramts, sodass Sie, Herr Staatsminister Bury, die Frage beantworten.

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Frau Präsidentin! Herr Kollege Schmidt, die in dem von Ihnen angesprochenen Zeitungsartikel enthaltenen Behauptungen über einen angeblichen Fund verschwundener Leuna-Akten im Bundeskanzleramt sind falsch. Bis heute wurde keine der verschwundenen Leuna-Akten oder eine andere der verschwundenen Akten wieder aufgefunden.

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Herr Schmidt, Sie haben das Wort zu einer Zusatzfrage.

Andreas Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001999, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Bury, ich möchte das präzisieren: Trifft es zu, dass bei einer stichprobenartigen Sichtung des Aktenbestandes im Rahmen einer Besprechung zwischen dem Bundeskanzleramt und der Staatsanwaltschaft Bonn im November 2001 Schriftgut im Original aufgefunden wurde, obwohl die Bundesregierung gegenüber der Staatsanwaltschaft behauptet hat, dass diese Originalunterlagen fehlen?

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Herr Kollege Schmidt, es ist zutreffend, dass am 20. und 21. November 2001 auf Wunsch der Staatsanwaltschaft ein Informationsgespräch stattgefunden hat. Der Staatsanwaltschaft wurden dabei bzw. im Nachgang zu diesem Gespräch alle den Untersuchungsgegenstand betreffenden Akten und die dazugehörigen Karteikarten übergeben.

Andreas Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001999, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich finde, wenn ich darauf hinweisen und es monieren darf, dass Sie meine Frage nicht beantwortet haben. Ich habe gefragt, ob Unterlagen im Original durch die Staatsanwaltschaft aufgefunden worden sind, von denen die Bundesregierung behauptet hat, dass sie nicht mehr vorhanden sind.

Not found (Gast)

Herr Kollege Schmidt, die Staatsanwaltschaft Bonn hat im Bundeskanzleramt keine eigenen Recherchen durchgeführt. Ich habe gerade darauf hingewiesen, dass der Staatsanwaltschaft am 21. November 2001 im Bundeskanzleramt bzw. im Nachgang zu diesem Gespräch alle den Untersuchungsgegenstand betreffenden Akten und die dazugehörigen Karteikarten übergeben wurden. Von den Akten, die nach dem Regierungswechsel verschwunden waren, wurde bislang keine wieder aufgefunden. Dazu gehören sechs Bände Leuna-Akten, die im Original fehlen und nur in ungeordneten Kopien mit Paginierungsfehlern vorhanden sind, ein weiterer Band Leuna-Akten, der verschollen ist, ohne dass Kopien vorhanden sind, und die Originalakten weiterer Privatisierungsvorgänge. Dabei handelt es sich um BBB - Bagger-Bugsier- und Bergungsreederei -, Baukombinat ELBO, Deutsche Seereederei Rostock, Interhotel, Motorradwerke Zschopau und Grimmener Hähnchen.

Andreas Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001999, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin, ich muss darauf hinweisen, dass ich meine Frage immer noch nicht als beantwortet ansehe. Ich habe gefragt, Herr Kollege Bury: Sind Original -

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Moment! Sie haben zu Ihrer Frage zwei Nachfragen gestellt. Mehr dürfen Sie nicht stellen. ({0}) - Sie dürfen auch nicht Pausen nutzen, in denen ich mich nach dem Namen von Kollegen erkundige. Sie haben ja noch eine zweite Frage, zu der Sie Nachfragen stellen können. Bitte, Herr Kollege Friedrich.

Not found (Mitglied des Bundestages)

, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, noch einmal konkret: Hat die Staatsanwaltschaft am 20./21. November im Bundeskanzleramt OriginalLeuna-Akten gesehen und erhalten und waren in diesen Akten auch Leitungsvorlagen, wie es die „Welt am Sonntag“ schreibt?

Not found (Gast)

Herr Kollege, ich habe diese Frage bereits zweimal beantwortet ({0}) und gesagt, dass der Staatsanwaltschaft alle den Untersuchungsgegenstand betreffenden Akten und die dazugehörigen Karteikarten übergeben worden sind, ({1}) dass aber von den Akten, die nach dem Regierungswechsel verschwunden waren, keine wieder aufgefunden wurde.

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Wir sind immer noch bei den Zusatzfragen zur dringlichen Frage 1. Bitte.

Dorothea Störr-Ritter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003241, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

In diesem Zusammenhang hat die Kanzleramtsmitarbeiterin Frau Sudhof jedoch auch von einem Missverständnis gesprochen. Warum ist es deshalb nach Aussage der Kanzleramtsmitarbeiterin nicht beabsichtigt, der Staatsanwaltschaft eine amtliche Auskunft zu geben, wie in der „Welt am Sonntag“ berichtet wurde?

Not found (Gast)

Frau Kollegin, ich hatte bereits darauf hingewiesen, dass dieser Bericht falsch ist. Die Staatsanwaltschaft hat selbstverständlich alle erbetenen Auskünfte erhalten.

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Kollege von Klaeden, bitte.

Eckart Klaeden (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002698, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, Sie haben gerade gesagt, bei den Akten handele es sich um solche, die nach dem Regierungswechsel bzw. nach der Bundestagswahl verschwunden seien. Darf ich fragen, worauf Sie diese Erkenntnis gründen? Das nämlich ist mir neu.

Not found (Gast)

Die Erkenntnis, dass Akten verschwunden sind, gründet sich insbesondere darauf, dass, wie Sie sicherlich wissen, im Zusammenhang mit dem Untersuchungsausschuss Aktenkopien aufgetaucht sind, von denen die Originale nicht mehr vorhanden sind. Darüber hinaus gibt es Kartei-, Registerkarten und anderes, die auf Akten verweisen, die nicht mehr aufzufinden sind. Insofern ist unbestritten, dass Akten verschwunden sind. ({0})

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Zusatzfrage der Kollegin Bonitz.

Sylvia Bonitz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003052, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, Sie haben eben gesagt, die Staatsanwaltschaft habe alle erbetenen Auskünfte bekommen. Könnte es sein, dass das Bundeskanzleramt von sich aus eine weitere Stellungnahme zugesagt hat, um dieses offensichtlich aufgetretene Missverständnis bei dem Ortstermin am 20./21. November aufzuklären? Wenn es eine solche Zusage gegeben hat: Ist eine solche Stellungnahme jemals gegenüber der Staatsanwaltschaft abgegeben worden?

Not found (Gast)

Es war für uns in diesem Gespräch und in der nachfolgenden Korrespondenz nicht ersichtlich, dass es da ein Missverständnis um die Untersuchungsausschussakten gegeben hätte oder dass dieses Missverständnis nicht ausgeräumt wäre. Inwieweit dazu in Zukunft ergänzende Stellungnahmen abgegeben werden, vermag ich hier nicht zu sagen. Aber die Staatsanwaltschaft selber hat sich nach meiner Kenntnis öffentlich, auch gegenüber Zeitungen, in dem Sinne geäußert, dass der Bericht, auf den Sie Ihre Frage stützen, absolut unzutreffend ist.

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Ich rufe jetzt die dringliche Frage 2 des Abgeordneten Andreas Schmidt auf: In welchem Umfang und seit welcher Zeit stehen von der Staatsanwaltschaft Bonn in dem Ermittlungsverfahren 50 Js 816/00 wegen angeblich verschwundener Akten und angeblicher Datenlöschungen im Bundeskanzleramt - vergleiche „Welt am Sonntag“ vom 14. April 2002 - erbetene Stellungnahmen des Bundeskanzleramtes aus? Bitte, Herr Staatsminister.

Not found (Gast)

Herr Kollege Schmidt, es stehen keine Stellungnahmen aus. Die Staatsanwaltschaft Bonn hat sämtliche Unterlagen und Auskünfte erhalten, die sie schriftlich oder mündlich beim Bundeskanzleramt erbeten hat.

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Bitte, Herr Kollege Schmidt.

Andreas Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001999, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Bury, ich habe eine Zusatzfrage: Hat die Bundesregierung oder hat das Bundeskanzleramt bei der Staatsanwaltschaft Anzeige wegen Aktenvernichtung erstattet, und wenn ja, gegen wen?

Not found (Gast)

Die Bundesregierung, Herr Kollege Schmidt, hat im Sommer 2000 einen Strafantrag bei der Staatsanwaltschaft gestellt.

Andreas Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001999, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Gegen wen?

Not found (Gast)

Das war ein Strafantrag wegen Datenlöschung, allerdings davon ausgehend, dass die Strafverfolgungsbehörden ohnehin von Amts wegen tätig geworden wären. ({0})

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Herr Dr. Friedrich.

Not found (Mitglied des Bundestages)

, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, kann ich daraus schließen, dass es weder eine Anzeige noch einen Strafantrag wegen Aktenvernichtung gibt? Denn Sie haben jetzt von Datenlöschung gesprochen.

Not found (Gast)

Es gibt den von mir eben beschriebenen Strafantrag, Herr Kollege.

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Frau Kollegin Störr-Ritter, bitte.

Dorothea Störr-Ritter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003241, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, hat das Bundeskanzleramt denn jetzt Beweise dafür, dass vorsätzlich und rechtswidrig Akten vernichtet worden sind?

Not found (Gast)

Frau Kollegin, es ist ganz offenkundig, dass Akten verschwunden und Dateien gelöscht worden sind. Daran ändert auch der Sachverhalt nichts, dass die Verantwortlichen im Einzelnen bisher nicht zu ermitteln waren.

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Zusatzfrage der Kollegin Bonitz.

Sylvia Bonitz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003052, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, wenn das so offensichtlich ist, warum gibt es dann keine weitere Strafanzeige oder einen Strafantrag?

Not found (Gast)

Frau Kollegin Bonitz, es gibt Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und entgegen Ihrer Annahme oder Hoffnung sind sie auch nicht eingestellt.

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Kollege von Klaeden.

Eckart Klaeden (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002698, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, wie bewerten Sie dann die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft Bonn, die der „Welt“ zu entnehmen war, dass es nach der Befragung der Zeugen durch die Staatsanwaltschaft, die auch von Herrn Hirsch befragt worden seien, keine Beweise für eine vorsätzliche Aktenvernichtung, sondern allenfalls Indizien gebe? ({0})

Not found (Gast)

Herr Kollege von Klaeden, ich hatte bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass der Bericht, auf den Sie Ihre Fragen stützen, falsch ist.

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Ich rufe jetzt die dringliche Frage 3 der Abgeordneten Sylvia Bonitz auf: Hält die Bundesregierung ihre bisherigen Vorwürfe hinsichtlich einer gezielten, vorsätzlichen Vernichtung der Leuna-Akten uneingeschränkt aufrecht angesichts der Berichterstattung in der „Welt am Sonntag“ vom 14. April 2002 und der „Welt“ vom 16. April 2002, wonach die Bonner Staatsanwaltschaft bei einem Ortstermin im Bundeskanzleramt am 27. November 2001 bei einer stichprobenhaften Prüfung sofort Original-Akten zum Komplex Leuna, darunter auch Leitungsvorlagen für den Amtschef und für Bundeskanzler Helmut Kohl, gefunden habe, die angeblich verschollen oder auf Geheiß von Mitarbeitern des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl vernichtet worden sein sollen?

Not found (Gast)

Frau Kollegin Bonitz, wie bereits in meiner Antwort auf die Fragen des Kollegen Schmidt ausgeführt, sind die in dem von Ihnen angesprochenen Zeitungsartikel enthaltenen Behauptungen über einen angeblichen Fund verschwundener Leuna-Akten falsch. Insofern hat die Bundesregierung keine Veranlassung, ihre bisherige Einschätzung zu ändern.

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Bitte.

Sylvia Bonitz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003052, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, welche stichhaltigen Beweise hat denn nun die Bundesregierung für ihren Vorwurf einer vorsätzlichen - das ist mir wichtig: einer vorsätzlichen! - Aktenvernichtung und hat auch die bisherige interne Chefermittlerin im Bundeskanzleramt, Frau Sudhof, diese Vorwürfe einer vorsätzlichen Aktenvernichtung gegenüber der Staatsanwaltschaft aufrechterhalten und belegen können?

Not found (Gast)

Frau Kollegin, Fakt ist, dass von den im Bundeskanzleramt verschwundenen Akten bislang keine wieder aufgefunden wurde. Ich darf noch einmal darauf hinweisen, um welche Vorgänge es sich handelt: Dazu gehören sechs Bände Leuna-Akten, die im Original fehlen. Dazu gehört ein weiterer Band Leuna-Akten, der verschollen ist, ohne dass Kopien vorhanden sind. Dazu gehören die Originalakten der Privatisierungsvorgänge - ich nannte sie bereits - BBB, Baukombinat ELBO, Deutsche Seereederei Rostock, Interhotel, Motorradwerke Zschopau, Grimmener Hähnchen, die im Kanzleramt nicht aufgefunden werden konnten. Es fällt mir schwer, zu glauben, dass diese Akten ohne aktives Zutun verschwunden sind.

Sylvia Bonitz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003052, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, ich frage ganz konkret: Hat Frau Sudhof als interne Ermittlerin im Bundeskanzleramt bei dem Ortstermin mit der Staatsanwaltschaft am 20./21. November den Vorwurf einer vorsätzlichen Aktenvernichtung aufrechterhalten und hat sie ihn belegen können? ({0})

Not found (Gast)

Frau Kollegin, ich habe die Frage bereits beantwortet. Es sind Akten in einem erheblichen Umfang verschwunden, verschollen und nicht wieder auffindbar. ({0}) Das war Gegenstand des Gespräches mit der Staatsanwaltschaft, auf das Sie sich beziehen. ({1})

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Zusatzfrage des Kollegen Friedrich. ({0})

Not found (Mitglied des Bundestages)

, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Zu der Müntefering-Geschichte kommen wir später. - Herr Staatsminister, trifft es zu, dass es bis zum heutigen Tag nicht ein einziges Disziplinarverfahren gegen Mitarbeiter wegen Aktenvernichtung auf Initiative des Bundeskanzleramtes gibt?

Not found (Gast)

Es gibt ein Disziplinarverfahren, das noch nicht abgeschlossen worden ist, da der Betroffene einen Klärungsantrag gegen die vom Chef des Bundeskanzleramtes verfügte Verfahrenseinstellung gestellt hat.

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Zusatzfrage der Kollegin Störr-Ritter.

Dorothea Störr-Ritter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003241, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, Frau Sudhof hat eingeräumt, dass es bei dem Termin am 20./21. November offensichtlich zu Missverständnissen zwischen dem Bundeskanzleramt und der Staatsanwaltschaft gekommen sei. Für mich ist bis heute noch nicht nachvollziehbar, wie es zu diesen Missverständnissen kommen konnte. Deshalb frage ich: Worin bestanden diese Missverständnisse? Wann und von wem sind sie aufgedeckt worden?

Not found (Gast)

Frau Kollegin, während der zweitägigen Gespräche mit der Staatsanwaltschaft wurde eine Vielzahl von Fragen besprochen. Einer der Staatsanwälte warf eher am Rande die Frage auf, ob nicht auch Parallelvorgänge zu den Leuna-Akten gerechnet werden müssten - er meinte damit die von mir bereits vorher erwähnten Akten zur Begleitung des Untersuchungsausschusses „DDR-Vermögen“ in der 13. Legislaturperiode -, weil sich zum Teil in den Untersuchungsausschussakten die Leunaer Karteizeichen befänden. Dem Staatsanwalt wurde daraufhin erklärt, dass die Untersuchungsausschussakten mit dem Privatisierungsvorgang nichts zu tun haben, sondern Akten über die Leuna-Akten sind, deren Inhalt nicht Leuna, sondern die Begleitung des Untersuchungsausschusses ist. In ihnen wird etwa die Frage behandelt, welche Akten der Ausschuss beigezogen hat, welche Beweise außerdem erhoben wurden und Ähnliches. Die Beamten des Bundeskanzleramtes gingen davon aus, dass mit dieser Erklärung das Missverständnis der Staatsanwaltschaft an Ort und Stelle ausgeräumt gewesen sei. Es stimmt also nicht, dass bei diesem Termin im November Akten aufgefunden worden sind, die zuvor übersehen wurden. Die Staatsanwaltschaft Bonn hat, wie gesagt, keine eigene Aktenrecherche durchgeführt.

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Zusatzfrage des Kollegen von Klaeden.

Eckart Klaeden (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002698, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, da jetzt anscheinend alles auf Fehleinschätzung der Staatsanwaltschaft und fehlerhafte Recherche der „Welt“ zurückgeführt werden soll, möchte ich die Frage stellen, ob Ihnen der staatsanwaltschaftliche Vermerk, aufgrund dessen es zu diesem Missverständnis gekommen sein soll, überhaupt bekannt ist.

Not found (Gast)

Herr Kollege von Klaeden, bei allem Respekt muss ich sagen: Der Grund, warum wir dieses Thema erörtern, liegt nicht in einem Missverständnis der Staatsanwaltschaft oder in der fehlerhaften Berichterstattung der „Welt“, sondern in dem unglaublichen Vorgang, dass im Bundeskanzleramt eine Vielzahl von Akten verschwunden und nicht mehr auffindbar ist. ({0}) Der in der „Welt am Sonntag“ erwähnte Vermerk der Staatsanwaltschaft Bonn - ich habe bereits den entsprechenden Bericht kommentiert - ist dem Bundeskanzleramt nicht zur Kenntnis gegeben worden.

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Zusatzfrage des Kollegen Graf.

Günter Graf (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000719, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatsminister, haben Sie Erkenntnisse darüber, dass Akten aus dem Kanzleramt bei der Konrad-Adenauer-Stiftung aufgefunden worden sind? ({0})

Not found (Gast)

Herr Kollege Graf, in der Tat, ich kenne solche Berichte aus der Berichterstattung über die Arbeit des Untersuchungsausschusses.

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Ich rufe jetzt die dringliche Frage 4 der Abgeordneten Sylvia Bonitz auf: Wie erklärt die Bundesregierung ihr Dementi des Berichtes der „Welt am Sonntag“ vom 14. April 2002, nachdem der Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof geäußert hat, dass auch in den Vorzimmern beim Chef des Bundeskanzleramtes „rechtswidrige Datenlöschungen nicht nachweisbar“ seien, und nachdem der Chef des Bundeskanzleramtes, Dr. Frank-Walter Steinmeier, hinsichtlich des Disziplinarverfahrens gegenüber Ministerialdirigent G. H. wörtlich ausgeführt hat - „Welt“ vom 16. April 2002 -: „Eine Beteiligung an Löschungen von Dateien im Bereich des von G. H. geleiteten Ministerbüros und an der Entfernung dienstlicher Akten konnte nicht festgestellt werden. ({0}) Das Disziplinarverfahren ist daher ohne Verhängung einer Disziplinarmaßnahme einzustellen.“?

Not found (Gast)

Frau Kollegin Bonitz, die beiden von Ihnen angesprochenen Zeitungsartikel befassen sich mit zwei völlig unterschiedlichen Aspekten innerhalb des Gesamtvorgangs „Datenlöschung und Aktenvernichtung im Bundeskanzleramt“. Wie ich bereits in der Antwort auf Ihre vorherige Frage dargestellt habe, sind die in dem Zeitungsartikel vom 14. April 2002 enthaltenen Behauptungen über einen angeblichen Fund verschwundener LeunaAkten falsch. Zutreffend ist hingegen im Zeitungsartikel vom 16. April 2002 berichtet worden, dass in dem von Ihnen angesprochenen Fall ein Disziplinarverfahren durchgeführt wurde. Dieses Verfahren ist noch nicht abgeschlossen, da der Betroffene einen Klärungsantrag gegen die vom Chef des Bundeskanzleramtes verfügte Verfahrenseinstellung gestellt hat. Eine Einstellung des Verfahrens in diesem Einzelfall hätte jedoch für die Verdachtslage in dem von der Staatsanwaltschaft Bonn geführten Verfahren wegen des Verdachts der Datenlöschung im Bundeskanzleramt im Zusammenhang mit dem Regierungswechsel 1998 keine Bedeutung.

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Bitte.

Sylvia Bonitz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003052, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, ich darf einmal kurz bemerken, dass dieses Disziplinarverfahren auf die Eigeninitiative des betroffenen Beamten zurückzuführen ist und nicht auf ein entsprechendes Ansinnen des Kanzleramtes. Nun zu meiner Frage: Sie haben bislang keinen stichhaltigen Beweis für Ihren Vorwurf liefern können, dass Akten gezielt vernichtet worden sind. In wie vielen Fällen hat die Staatsanwaltschaft Ihre bisher bloßen Vermutungen und Verdächtigungen als stichhaltigen Beweis akzeptiert, der eine Anklageerhebung rechtfertigt, bzw. in wie vielen Fällen hat sie sogar Anklage erhoben?

Not found (Gast)

Frau Kollegin, was Ihre Bemerkung zum Thema Disziplinarverfahren angeht, sollten Sie in Ihrer Ergänzung erwähnen, dass es ein zweites Disziplinarverfahren gibt, das wegen der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen ruht. ({0}) Mit Blick auf die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen - sie dauern ja noch an - lässt sich Ihre Frage hinsichtlich einer Anklageerhebung oder eines möglichen Urteils selbstverständlich nicht beantworten.

Sylvia Bonitz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003052, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wenn ich kurz nachtragen darf: Auch das zweite Disziplinarverfahren geht auf die Initiative des Betroffenen selbst zurück. Es scheint ja so zu sein, dass die Staatsanwaltschaft bislang in keinem einzigen Fall Anklage erhoben hat. Mich würde aber interessieren, ob die bisherige interne Ermittlerin im Bundeskanzleramt, Frau Sudhof, noch mit dieser Aufgabe befasst ist und, wenn nein, seit wann nicht mehr.

Not found (Gast)

Frau Kollegin Bonitz, ich wüsste nicht, dass es - mit Ausnahme des Abschlusses der Arbeiten des Sonderermittlers - da zu Veränderungen gekommen ist. ({0})

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Zusatzfrage des Kollegen Neumann.

Volker Neumann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001598, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatsminister, ist Ihnen bekannt, ob die Bonner Staatsanwaltschaft, die mit diesem Ermittlungsverfahren befasst ist, einmal in der Konrad-Adenauer-Stiftung nachgesehen hat, ob sich dort Teile der aus dem Kanzleramt verschwundenen Akten befinden? Dort sind ja bereits andere Dokumente aufgefunden worden, die im Kanzleramt nicht mehr vorhanden waren.

Not found (Gast)

Herr Kollege Neumann, ich kann Ihre Frage nicht beantworten, da mir der Sachverhalt nicht unmittelbar bekannt ist.

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Zusatzfrage der Kollegin Störr-Ritter.

Dorothea Störr-Ritter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003241, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wir haben jetzt gehört, dass Frau Sudhof das entstandene Missverständnis anlässlich des erwähnten Termins direkt ausgeräumt hat. Ist Ihnen bekannt, dass im Widerspruch dazu vom Bundeskanzleramt eine ergänzende amtliche Auskunftserteilung zugesagt worden ist, und ist diese inzwischen erfolgt?

Not found (Gast)

Frau Kollegin, ich habe bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass die Staatsanwaltschaft alle erbetenen Auskünfte und Stellungnahmen erhalten hat.

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Zusatzfrage des Kollegen Friedrich.

Not found (Mitglied des Bundestages)

, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, wissen Sie, ob die Staatsanwaltschaft Bonn Herrn Staatssekretär Steinmeier, Frau Sudhof oder Mitarbeiter der Abteilung 1 des Bundeskanzleramts vernommen hat?

Not found (Gast)

Herr Kollege, es hat ein Gespräch mit der Staatsanwaltschaft zu einer Vielzahl von Fragen gegeben, über die ich bereits Auskunft gegeben habe. Darüber hinaus hat die Staatsanwaltschaft Bonn zusätzlich zu den mündlichen Erläuterungen eine Reihe von schriftlichen Auskünften erhalten. Diese schriftlichen Auskünfte wurden allerdings nicht durch den Chef des Bundeskanzleramtes persönlich, sondern durch die zuständigen Mitarbeiter verfasst.

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Nachdem die dringlichen Fragen aufgerufen und beantwortet worden sind, rufe ich jetzt die Fragen auf Drucksache 14/8756 in der üblichen Reihenfolge auf. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Die Frage 1 der Abgeordneten Ulrike Mehl soll schriftlich beantwortet werden. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Die Fragen 2 und 3 des Abgeordneten Helmut Heiderich sollen ebenfalls schriftlich beantwortet werden. Somit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern. Ich rufe Frage 4 des Abgeordneten Aribert Wolf auf: In welcher Besoldungsstufe sind die Leiter der Leitungsstäbe bzw. die Leiter der Ministerbüros - im Vergleich zum Bundesministerium für Gesundheit ({0}) - in den übrigen Bundesministerien eingestuft? Beantworten wird sie der Parlamentarische Staatssekretär Körper. Bitte.

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Frau Präsidentin, ich beantworte die Frage wie folgt: Die Leiter der Leitungsstäbe bzw. die Leiter der Ministerbüros sind in den Bundesministerien nicht einheitlich eingestuft. Die besoldungsrechtliche Einstufung ist nach den allgemeinen beamtenrechtlichen Grundsätzen davon abhängig, welches statusrechtliche Amt der Leiterin oder dem Leiter einer solchen Organisationseinheit im Einzelfall rechtsförmlich verliehen worden ist. Wenn die Leitungsstäbe oder Ministerbüros organisatorisch als Referate oder Arbeitsgruppen aufgebaut sind und insoweit von einer Ministerialrätin oder einem Ministerialrat geleitet werden, erfolgt die Besoldung der Leiterin oder des Leiters nach den Besoldungsgruppen A 16 oder B 3. ({0}) Sind die Grundsatz- und Planungseinheiten als Unterabteilungen organisiert, die von einem Ministerialdirigenten geleitet werden, richtet sich die Bezahlung der Leiterin oder des Leiters nach der Besoldungsgruppe B 6. Im Bundesbesoldungsgesetz, das die Besoldung der Beamtinnen und Beamten bundeseinheitlich verbindlich festlegt, ist das Amt „Ministerialdirigent“ ausdrücklich mit dem Funktionszusatz „als Leiter einer Unterabteilung“ ausgebracht; dem Amt „Ministerialrat“ hat der Gesetzgeber keine bestimmten Funktionen zugeordnet. Die Aufbau- und Organisationsstrukturen der Leitungsstäbe sind aus den Haushalts- und Stellenplänen der einzelnen Ressorts ersichtlich.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Wolf zu einer ersten Nachfrage, bitte.

Aribert Wolf (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003269, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, können Sie sagen, in welcher Besoldungsstufe der Leiter des Leitungsstabes im Bundesgesundheitsministerium von 1995 bis 1997 eingruppiert war und wie die ab 1991 amtierenden Leiter des Ministerbüros eingestuft waren?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Herr Kollege Wolf, ich glaube, dass es nicht meine Aufgabe ist, diesbezüglich ressortbezogene Fragen zu beantworten. Ich würde Ihnen vor allem nicht raten, Vergleiche aus der Vergangenheit zu der Frage anzustellen, wie welche Ressorts die Leiterinnen und Leiter der Ministerbüros besoldet haben. Ich würde aus meiner Kenntnis heraus sagen: Die alte Bundesregierung würde da nicht besonders gut aussehen. ({0})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Die zweite Nachfrage. Bitte, Herr Kollege Wolf.

Aribert Wolf (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003269, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich stelle die Frage noch einmal, weil es schon mir überlassen bleiben muss, welche Fragen ich stelle. ({0}) Ich danke zwar für die Belehrungen. Es handelt sich hier aber um das Fragerecht der Abgeordneten. Deswegen frage ich Sie noch einmal: In welcher Besoldungsstufe waren der von 1995 bis 1997 amtierende Leiter des Leitungsstabs und die ab 1991 amtierenden Leiter des Ministerbüros im Bundesgesundheitsministerium eingestuft?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Herr Wolf, es ist auch das Recht des Antwortenden, die Antwort so zu geben, wie ich es getan habe. Was ich zu dieser Frage gesagt habe, bleibt auch jetzt bestehen. Punkt. ({0})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Damit rufe ich die Frage 5 des Abgeordneten Hartmut Koschyk auf: Welche Auswirkungen ergeben sich nach Ansicht der Bundesregierung im Hinblick auf den Kreis der Antragsberechtigten nach § 1 Abs. 6 Häftlingshilfegesetz ({0}) als Folge der im Februar ergangenen Bearbeitungshinweise des Bundesministeriums des Innern ({1}), wonach bei Zivildeportierten aus den ehemaligen Reichsgebieten jenseits von Oder und Neiße grundsätzlich von vordringlichen sicherheitspolitischen Erwägungen der Gewahrsamnahme, trotz nachfolgender Heranziehung zur Zwangsarbeit, ausgegangen wird, und stehen ausreichend finanzielle Mittel für einen gegebenenfalls größeren Kreis von Antragsberechtigten zur Verfügung?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Herr Kollege Koschyk, ich beantworte Ihnen die Frage wie folgt: Mit Rundschreiben vom 12. Februar diesen Jahres an die zuständigen obersten Behörden der Länder hat das Bundesinnenministerium seine unter dem 1. November 2001 an diese Behörden übersandten Bearbeitungshinweise für Feststellungen gemäß § 10 Abs. 4 Satz 2 des Häftlingshilfegesetzes HHG - durch die zuständigen Behörden der Länder um Hinweise zur Anwendung des in § 1 Abs. 6 HHG normierten Ausschlusstatbestandes ergänzt. Nach § 10 Abs. 4 HHG stellen diese Behörden rechtlich bindend fest, ob jemand dem Kreis der politischen Häftlinge im Sinne von § 1 Abs. 1 HHG angehört. Dies ist nach § 1 Abs. 6 HHG nicht der Fall, wenn jemand zur Durchsetzung von Arbeitsverpflichtungen - Zwangsarbeit - oder deshalb in Gewahrsam genommen wurde, um ihn als Vertriebenen oder Aussiedler abzutransportieren. Die ergänzenden Hinweise stellen nochmals ausdrücklich klar, dass es auf den primären Gewahrsamsgrund ankommt und demzufolge ein aus sicherheitspolitischen Gründen angeordneter Gewahrsam den Ausschlusstatbestand auch dann nicht erfüllt, wenn der aus sicherheitspolitischen Gründen in Gewahrsam Genommene außerdem Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer zur Arbeitsleistung herangezogen wird. Darüber hinaus kann nach den ergänzenden Hinweisen bei Zivildeportierten aus den ehemaligen Reichsgebieten jenseits von Oder und Neiße zukünftig grundsätzlich, das heißt sofern keine entgegenstehenden Tatsachen bekannt sind, davon ausgegangen werden, dass der Gewahrsam primär sicherheitspolitisch motiviert war. Es ist nicht auszuschließen, dass aufgrund der klarstellenden Hinweise das Vorliegen des Ausschlusstatbestandes häufiger als in der Vergangenheit verneint wird und bei der hierfür zuständigen Stiftung für ehemalige politische Häftlinge mehr Anträge auf Gewährung von Unterstützungen zur Linderung einer Notlage im Sinne von § 18 HHG eingehen werden. Auf die Förderung besteht, wie Sie wissen, kein Rechtsanspruch, ferner ist in § 16 Abs. 1 HHG die Höhe der Mittel festgelegt, die der Stiftung in den Jahren 2002 bis 2005 aus dem Bundeshaushalt zur Verfügung gestellt werden. Es sind jährlich rund 767 Millionen Euro. Im Übrigen wird die Bundesregierung die Entwicklung beobachten und gegebenenfalls geeignete Schritte vorschlagen.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Koschyk, bitte, zu einer ersten Nachfrage.

Hartmut Koschyk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001186, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, es ist aufgrund der ergänzenden Hinweise der Bundesregierung zur Anwendung des Häftlingshilfegesetzes der Eindruck entstanden, dass der Tatbestand der Zwangsarbeit auf diese Weise mit entschädigt werden soll. Ich habe Ihren Ausführungen entnommen, dass dies nicht die Intention der klarstellenden Hinweise ist.

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Dies kann ich nur unterstreichen. Das sehe ich genauso.

Hartmut Koschyk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001186, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sie haben eingeräumt, dass es durch diese Hinweise zu vermehrter Antragstellung kommen kann, Sie haben aber gleichzeitig deutlich gemacht, dass die vermehrte Antragstellung nicht die Hoffnung begründet, dass auch mehr Antragsteller mit einer entsprechenden Förderung rechnen können, weil die Bundeszuschüsse an die Häftlingshilfestiftung gedeckelt sind. Sie haben auch gesagt, dass die Bundesregierung den Vorgang sorgfältig beobachten wird. Heißt das, dass die Bundesregierung gegebenenfalls, wenn die Mittel nicht ausreichen, erwägt, den Bundeszuschuss an die Häftlingshilfestiftung aufzustocken?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Herr Kollege Koschyk, ich kann konkret bejahen, dass diese Überlegungen angestellt werden. Man muss abwarten, wie viele Anträge eingehen werden. Die Bundesregierung sieht zumindest eine gewisse Möglichkeit, in diesem Bereich durch Umschichtungen etwas zu tun.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Danke, Herr Staatssekretär. Damit rufe ich den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz auf. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Eckart Pick zur Verfügung. Ich rufe die Frage 6 des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert auf: Ist es zutreffend, dass die Bundesregierung - wie in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 9. April 2002 berichtet - entgegen ursprünglichen Prognosen ({0}) in dieser Legislaturperiode kein Zivilrechtliches Antidiskriminierungsgesetz ({1}) mehr in den Deutschen Bundestag einbringen wird, und wenn ja, aus welchen Gründen nimmt sie von diesem wichtigen gesetzgeberischen Vorhaben Abstand?

Prof. Dr. Eckhart Pick (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001715

Herr Kollege Seifert, es ist nicht zutreffend, dass die Bundesregierung von der Vorlage eines Entwurfs für ein Zivilrechtliches Antidiskriminierungsgesetz Abstand genommen hat.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Erste Nachfrage, bitte, Herr Kollege Dr. Seifert.

Dr. Ilja Seifert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002153, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Herzlichen Dank für die Antwort. Sie freut mich sehr. Können Sie mir jetzt bitte sagen, wann Sie das einbringen werden? Wir wissen alle, dass sich die Legislaturperiode dem Ende nähert. Wenn das Gesetz noch verabschiedet werden soll - die Einbringung allein nützt ja nichts, die Verabschiedung ist das Wichtige -, dann muss es in dieser oder der nächsten Sitzungswoche eingebracht werden.

Prof. Dr. Eckhart Pick (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001715

Herr Kollege Seifert, die Bundesregierung ist bemüht, das Projekt zu befördern. Wir befinden uns im Moment in der Abstimmung mit den anderen Ressorts, nachdem, wie Sie wissen, die Verbände noch einmal beteiligt worden sind. Ich hoffe, dass es uns gelingt, dieses Projekt noch vor Abschluss der Legislaturperiode zu realisieren.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Dr. Seifert hat eine zweite Nachfrage.

Dr. Ilja Seifert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002153, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Herr Staatssekretär, jetzt bin ich schon etwas weniger optimistisch als nach Ihrer ersten Antwort. Ihre Hoffnung in allen Ehren, aber Sie haben doch bestimmt so etwas wie einen Zeitplan. Ich verweise nur darauf, dass zum Beispiel verschiedene Behindertenorganisationen sehr nachdrücklich gesagt haben, dass dieses Versprechen der rot-grünen Koalition nun eingelöst werden müsse und es höchste Eisenbahn sei. Können Sie nicht etwas konkretere Zeitangaben machen?

Prof. Dr. Eckhart Pick (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001715

Herr Kollege Seifert, Sie werden Verständnis dafür haben, dass ich keine Prognose dazu abgeben will, wann die Abstimmung innerhalb der Bundesregierung beendet sein wird. Ich sage noch einmal: Das Bundesministerium der Justiz als federführendes Ressort ist bestrebt, die Dinge möglichst schnell zum Abschluss zu bringen, damit der Entwurf Kabinettsreife erlangt.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Ich rufe jetzt die Frage 7 des Kollegen Dr. Seifert auf: Welche Bedenken wurden - insbesondere von Arbeitgeberverbänden und den Kirchen - gegen das Gesetzesvorhaben vorgebracht und wie will die Bundesregierung angesichts nachdrücklicher Forderungen der Betroffenenorganisationen, zum Beispiel von Menschen mit Behinderungen, von Migranten, von Lesben und Schwulen und anderen, deren Diskriminierungen ja geächtet und geahndet werden sollen, nach Verabschiedung eines umfassenden Antidiskriminierungsgesetzes diesen Bedenken künftig begegnen?

Prof. Dr. Eckhart Pick (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001715

Herr Kollege Dr. Seifert, die Verbände der Arbeitgeber haben sich dafür ausgesprochen, das Diskriminierungsverbot auf die durch die Richtlinie vorgegebenen Fallgestaltungen zu beschränken. Die Kirchen haben sich für eine Herausnahme der Merkmale „Religion“ und „Weltanschauung“ aus dem Gesetzentwurf ausgesprochen. Die Bundesregierung wird diese Bedenken im Rahmen der laufenden Ressortsabstimmung prüfen und bei dieser Prüfung die nachdrücklichen Forderungen der Betroffenenorganisationen berücksichtigen.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Auch hier eine Nachfrage des Kollegen Dr. Seifert.

Dr. Ilja Seifert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002153, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Herr Staatssekretär, es handelt sich hierbei um ein sehr wichtiges Vorhaben. Diskriminierungen jeglicher Art sollen nicht nur verboten, sondern auch geahndet werden. Sie wissen so gut wie ich, dass die von ihnen genannten Organisationen unter Umständen zu den Diskriminierern gehören könnten und eigentlich die Belange der Betroffenen und nicht die der Diskriminierer geschützt werden müssten. Ich verweise nur darauf, dass Ihre Ministerin am 3. Dezember 2001, als sie den Entwurf ihres Gesetzes vorstellte, ausdrücklich sagte, dass die Bundesregierung jeder Form der Diskriminierung entschlossen entgegentrete und sich zukünftig jeder wirkungsvoll wehren könne, wenn er diskriminiert würde. Als zweiten Kernpunkt nannte sie ausdrücklich: Auch berufsständische Vereine und Organisationen dürfen nicht diskriminieren. Wenn jetzt Arbeitgeberverbände - ich bleibe einfach einmal bei diesem Beispiel - bestimmte Tatbestände nicht in das Gesetz aufgenommen haben wollen, ist dies möglicherweise bereits der Versuch der Diskriminierung. Wollen Sie dies tatsächlich zulassen?

Prof. Dr. Eckhart Pick (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001715

Herr Kollege Seifert, ich beurteile die Stellungnahmen der Verbände etwas anders als Sie. Ich denke, es ist das Recht der Verbände, unter anderem den Vorschlag zu machen, das aufgrund der Richtlinie unabdingbar Notwendige umzusetzen und andere Vorschläge, die wir in unseren Entwurf eingebracht haben, nicht Gesetz werden zu lassen. Ich halte dies insofern für eine Meinungsäußerung, der man nicht folgen muss. Dies ist aber eine andere Frage.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Die letzte Nachfrage des Kollegen Seifert, bitte.

Dr. Ilja Seifert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002153, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Ich kann nur hoffen, dass Sie das Letztere, nämlich dieser Meinungsäußerung nicht zu folgen, tun. Dass diese das Recht haben, ist unbestritten. Meine Frage lautet: Welche Gewichte setzen Sie? Wollen Sie diejenigen, die Diskriminierungsverbote verhindern, unterstützen oder diejenigen, die diskriminiert werden, davor schützen? Nur dies kann das Ziel dieses Gesetzes sein. Dass es nicht leicht ist, so etwas durchzusetzen, weiß jeder. Aber dieses, wie jetzt gemunkelt wird, aus dem Wahlkampf heraushalten zu wollen, kann nicht im Interesse einer Regierung liegen, die bürgerrechtliche Ziele verfolgt.

Prof. Dr. Eckhart Pick (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001715

Herr Kollege Seifert, ich denke, die Gewichte ergeben sich aus der Tatsache, dass das Bundesministerium der Justiz diesen Entwurf, der nach wie vor für alle Welt erkennbar im Internet steht, vorgelegt hat. ({0}) In diesem Entwurf wird die Meinung des Hauses widergespiegelt. Über diesen Vorschlag wird im Gesetzgebungsverfahren diskutiert werden. Es ist richtig, dass wir weit über die Erfordernisse der Richtlinie hinausgehen wollen. Diese Frage muss im Gesetzgebungsgang geklärt werden. Wir hoffen, dass wir unsere Vorstellungen weitgehend durchsetzen können.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Ich bedanke mich, Herr Staatssekretär. Die Fragen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie werden schriftlich beantwortet. Deshalb kommen wir bereits jetzt zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung. Zur Beantwortung steht Frau Parlamentarische Staatssekretärin Brigitte Schulte zur Verfügung. Die Fragen 10 und 11 werden schriftlich beantwortet, sodass ich jetzt die Frage 12 des Abgeordneten Dr. Hansjörg Schäfer aufrufe: Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung geplant, um die erhebliche Lärmbelästigung - insbesondere durch Nachtflüge der Bürgerinnen und Bürger, die im Einzugsgebiet von US-Militärflughäfen leben, zu verringern, und welche speziellen Erwägungen gibt es hierbei zu den US-Stützpunkten in Ramstein und Spangdahlem, die seit dem 11. September 2001 eine auffällige Steigerung der Starts und Landungen verzeichnen und ferner durch die Auflösung der Rhein-Main-Airbase die jeweils ansässige Bevölkerung einer neuerlichen Zunahme der Lärmimmission aussetzen werden?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Schäfer, der Flugbetrieb auf deutschen wie auf amerikanischen Militärflughäfen orientiert sich an den militärischen Einsatznotwendigkeiten. Um zu Belastungsreduzierungen im Einzugsbereich von Militärflugplätzen beizutragen, wurden analog zu den Fluglärmkommissionen an deutschen Luftwaffenplätzen auch an den amerikanischen Militärflughäfen auf deutschem Boden spezielle Kommissionen eingerichtet. Die vom Fluglärm betroffenen kommunalen Gebietskörperschaften sowie das zuständige Bundesland werden dadurch an der Lösung der Lärmbelastungsprobleme beteiligt. In Ramstein wurde nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 durch die große Zahl militärischer und humanitärer Hilfsflüge natürlich ein erhöhter Flugbetrieb im Hinblick auf Afghanistan verzeichnet. Die Anzahl der Flugbewegungen hat sich inzwischen allerdings wieder dem Normalmaß angenähert. Zumindest augenblicklich ist ein bei diesem Flugplatz übliches Verkehrsaufkommen zu verzeichnen. In Spangdahlem konnte mit Ausnahme einer geringfügigen Steigerung in den Monaten September und Oktober 2001 keine auffällige Änderung des örtlichen Flugbetriebsaufkommens festgestellt werden. Detaillierte Aussagen zur Änderung der Lärmbelastungen infolge der geplanten Verlegung des militärischen Flugbetriebs von der Rhein-Main-Airbase in Frankfurt nach Ramstein und Spangdahlem sind derzeit noch nicht möglich. Im Rahmen der diesbezüglich erforderlichen luftrechtlichen Verfahren werden natürlich alle Auswirkungen der geplanten Verlegung geprüft.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Schäfer zu einer ersten Nachfrage, bitte.

Dr. Hansjörg Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002768, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Staatssekretärin, da ich leider Gottes zufällig in der Einflugschneise eines dieser Flughäfen wohne ({0}) - es ist der am stärksten belastete Flughafen, nämlich der in Ramstein -, muss ich Ihrer Aussage widersprechen und frage Sie, ob Sie möglicherweise noch andere Erkenntnisse hinzuziehen können, da es in den letzten Monaten aufgrund des Afghanistankrieges doch erheblich mehr Belastungen - insbesondere in der Nacht - gab. Können Sie diese Beobachtung von mir überprüfen lassen oder eventuell jetzt schon bestätigen? ({1})

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Ich kann sie Ihnen sogar doppelt bestätigen, weil ich selbst von dort mit Transportflugzeugen der Bundeswehr in Richtung der Türkei geflogen bin. Zur Unterstützung der amerikanischen Soldaten bei der Vorbereitung ihrer Operationen wurden vermehrt Flüge durchgeführt. ({0}) Selbstverständlich war zu diesem Zeitpunkt sowohl auf amerikanischer Seite als auch bei befreundeten Nationen und natürlich auch bei uns ein erhöhtes Transportaufkommen notwendig. Das will ich gar nicht bestreiten. Inzwischen hat sich die Situation verändert. Nach meinem Kenntnisstand - wir haben sorgfältig nachgefragt hat sich bei diesem ohnehin sehr stark frequentierten Flugplatz gegenüber der Zeit vor September keine signifikante Erhöhung ergeben. Das wollte ich auch zunächst nicht glauben. Deshalb habe ich nachgefragt.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Eine zweite Nachfrage des Kollegen Schäfer.

Dr. Hansjörg Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002768, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Es mag an meinen präsenilen Schlafstörungen hängen, aber ich habe am letzten Sonntag nachts um exakt 4 Uhr Flugbewegungen gehört. Ich habe nachgesehen: Es waren Transportflugzeuge, die den Flughafen Ramstein angesteuert haben. Es kann mir keiner weismachen, dass es eine Minimierung des Fluglärms sein soll, wenn jetzt gegenüber früher, als solche Flugbewegungen nie stattgefunden haben, Flugbewegungen stattfinden.

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Von einer Minimierung habe ich nicht gesprochen. ({0}) Das ist ein stark frequentierter Bereich. Ich habe gesagt: Im Vergleich zu dem, was sich nach dem 11. September ereignet hat, ist der Flugbetrieb in diesem Jahr zurückgegangen. Das hängt auch damit zusammen, dass wir inzwischen andere Routen haben. Aber in dieser Situation, in der Einsätze einschließlich deutscher Transporte notwendig sind und ein Militärflughafen wie dieser zusammen mit dem von Spangdahlem für die Amerikaner eine große Bedeutung in Europa hat, kann ich sogar nachempfinden, dass der Lärm bei ganz normaler Belastung des Flugplatzes für einen sensiblen Menschen sehr stark ist. Das will ich überhaupt nicht bestreiten.

Dr. Hansjörg Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002768, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich danke Ihnen für das Wort „sensibel“.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Wir bleiben beim Thema Nachtflug und Fluglärm. Ich rufe nun die Frage 13 des Kollegen Dr. Hansjörg Schäfer auf: Welche Erkenntnisse besitzt die Bundesregierung zum Urteil des 4. Senats des BVerwG vom 21. März 1996, in dem das Gericht unter anderem feststellt: „... der Gesetzgeber ermächtigt den Verordnungsgeber nicht, Immissionsgrenzwerte festzulegen, die im Falle einer summierten Immission zu einer Gesundheitsgefährdung der Betroffenen führen“, und diesbezüglich zu den Regionen rund um US-Militärflughäfen, und beabsichtigt die Bundesregierung in Anbetracht solcher Erkenntnisse, neuerliche Nachtflugausnahmegenehmigungen für US-Einheiten zu erteilen, wie dies in den zurückliegenden Jahren beispielsweise für die in Landstuhl stationierte USAREUR-Einheit geschah?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Schäfer, der Bundesregierung ist bekannt, dass der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 21. März 1996 mehrere Urteile verkündet hat. Allerdings hat keines dieser Urteile Immissionen im Sinne des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm zum Gegenstand. Daher lassen sich anhand dieser Urteile keine Maßnahmen für Flugplätze ableiten. Trotzdem misst die Bundesregierung allen Aspekten, die der Belastungsreduzierung der von notwendigen militärischen Übungen betroffenen Bevölkerung dienen, große Bedeutung bei. Auch aus diesem Grunde wurde schon bei den für die Sommermonate der letzten drei Jahre geltenden Nachtflugausnahmegenehmigungen das Prinzip einer ausgewogenen Belastungskompensation für die betroffenen Bürger konsequent verfolgt. Da die militärischen Notwendigkeiten für Nachteinsätze mit Hubschraubern auch für die Bundeswehr bestehen, ist die Einführung einer diesbezüglichen Dauerregelung geplant, die wie üblich mit den Ländern abgestimmt wird. Diese Dauerregelung wird im Vergleich zu den Vorjahren eine noch weitergehende Belastungskompensation für die betroffene Bevölkerung enthalten.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Schäfer, auch hier haben Sie die Möglichkeit zu einer Nachfrage.

Dr. Hansjörg Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002768, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Staatssekretärin, Ihnen ist sicherlich bekannt, dass für die Novellierung des Fluglärmgesetzes ein Positionspapier erarbeitet worden ist, in dem für Nachtflüge ein Grenzwert von 50 Dezibel vorgesehen ist. Wie stellen Sie sich vor, dass im Rahmen der Summierung, zum Beispiel im Bereich des Flughafens Ramstein durch Sommernachtflugübungen von Hubschraubern, durch Zielanflüge im Rahmen des PolygonBetriebs, durch Nachtflugbetrieb des Flughafens Ramstein während des Afghanistaneinsatzes, ein solcher Wert realistisch erreichbar sein könnte?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Ich stelle mir Folgendes vor: Erstens. Ich will überhaupt nicht bestreiten, dass dies eine Belastung für die Bevölkerung ist. Zweitens. Die jeweilige sicherheitspolitische Lage, in der wir uns befinden, ist ausschlaggebend. Drittens. Wenn es die sicherheitspolitische Lage erlaubt, müssen wir auf die betroffenen Anwohner sehr viel stärker Rücksicht nehmen. Ich kenne von früheren Besuchen beide Flughäfen und weiß um die Sorgen von Anwohnern. Ich bin auch mit amerikanischen Luftwaffenoffizieren in den 80er-Jahren schon dort gewesen. Ich habe mir die Lage in Spangdahlem angesehen und das Ganze miterlebt. Lösungen lassen sich nur in folgendem Rahmen ermöglichen: Erstens. Wir können auf die Dauer vielleicht leisere Triebwerke entwickeln. Das müsste bei Transportflugzeugen leichter als bei Kampfflugzeugen möglich sein. Zweitens. Außerhalb von Krisenzeiten müssen wir die Zeit sorgfältiger nutzen, um diese Flugplätze gerade von Nachtflügen zu entlasten. Aber im Moment kann ich Ihnen da wenig Hoffnung machen.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Eine letzte Nachfrage.

Dr. Hansjörg Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002768, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich versuche, meine Hoffnung trotzdem zu vermehren, indem ich Sie frage, ob Sie Möglichkeiten sehen, dass immerhin eine dieser Lärmbelastungsquellen wenigstens für die Dauer des Afghanistaneinsatzes eingeschränkt wird. Das wäre zum Beispiel der Nachtübungsflug von Hubschraubern in dieser Gegend.

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Das Dilemma ist Folgendes: Es sind nicht die gleichen Besatzungen, die sich im Einsatz befinden und die so etwas trainieren, um es zu beherrschen. Man braucht aber beide Besatzungen. Bei einem Teil der Nachtflüge habe ich an Sie gedacht, ohne zu wissen, dass Sie unmittelbar in der Nähe wohnen. Ich mache Ihnen einen Vorschlag, Herr Kollege. Wir werden uns das bei Gelegenheit ansehen. Wir können uns das von den Amerikanern einmal zeigen lassen.

Dr. Hansjörg Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002768, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Für diese Geste wäre ich Ihnen dankbar.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Danke, Frau Staatssekretärin. Die Fragen 14, 15 und 16 werden schriftlich beantwortet. Ich rufe jetzt den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit auf. Zur Beantwortung der Fragen steht Frau Parlamentarische Staatssekretärin Gudrun Schaich-Walch zur Verfügung. Wir kommen nun zur Frage 17 des Abgeordneten Dr. Michael Luther: Kann die Bundesregierung bestätigen, dass die in der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion der CDU/CSU ({0}) genannte Summe von 853 546,38 Euro tatsächlich alle Kosten für die seit Beginn der Legislaturperiode vollzogenen Entlassungen der zwei Staatssekretäre und fünf Abteilungsleiter des Bundesministeriums für Gesundheit ({1}) umfasst?

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Herr Kollege Luther, aufgrund Ihrer Frage habe ich die damaligen Berechnungen noch einmal nachvollziehen lassen. Dabei hat sich bedauerlicherweise gezeigt, dass die Berechnung insoweit fehlerhaft war, als die Versorgungsleistungen für einen Vizepräsidentin Petra Bläss Abteilungsleiter nicht berücksichtigt worden sind. Die richtige Zahl lautet nach Überprüfung 1106 687,87 Euro. ({0}) Ich füge hinzu, dass sich die Ruhestandsbezüge durch Anrechnungsvorschriften reduzieren, sobald die betroffenen Personen über andere Einkünfte verfügen. Das trifft nach unserer Erkenntnis derzeit für mindestens zwei der in den Ruhestand Versetzten zu. Zu den Gesamtkosten für die seit dem Regierungswechsel in den einstweiligen Ruhestand versetzten Angestellten kann ich keine Aussage machen, weil wir davon ausgehen, dass künftig noch weitere in den Ruhestand versetzte Kolleginnen und Kollegen ein anderes Arbeitsverhältnis antreten werden.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Luther, eine Nachfrage, bitte.

Dr. Michael Luther (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001398, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Kollegin Schaich-Walch, ich bitte Sie, uns die Berechnungen, die dem Haushaltsausschuss seinerzeit übermittelt worden sind, in aktualisierter Form vorzulegen, und schließe die Frage an, welche Kosten die zusätzlichen Veränderungen verursachen. Damals ging es um einen Staatssekretär und zwei Abteilungsleiter, jetzt geht es um zwei Staatssekretäre und fünf Abteilungsleiter. Der Umfang der Frage hat sich also nicht durch uns, sondern durch Ihr Handeln erweitert. Lässt sich diese Frage beantworten?

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Ich sichere Ihnen zu, dass wir Ihnen mitteilen werden, um welchen Differenzbetrag es sich gehandelt hat. Er ist dadurch entstanden, dass insgesamt fünf Personen in den Ruhestand versetzt worden sind, die Mitteilung an den Haushaltsausschuss aber nur die Kosten für vier Personen enthielt.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Haben Sie noch eine zweite Nachfrage, Herr Luther?

Dr. Michael Luther (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001398, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Nein.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Eine weitere Nachfrage des Kollegen Schäfer, bitte.

Dr. Hansjörg Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002768, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Staatssekretärin, wie stellt sich die Rechtslage in Bezug auf die Entlassung eines politischen Beamten bzw. eines Angestellten in entsprechender Funktion dar?

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Herr Kollege Schäfer, nach dem geltenden Beamtengesetz erhalten die betroffenen Personen bei einer Versetzung in den einstweiligen Ruhestand bzw. bei der Anordnung des Ruhens des Dienstverhältnisses für drei Monate ihre vollen Bezüge. Danach wird ein Übergangsgeld in Höhe von 75 Prozent für die Dauer der Zeit gezahlt, in der die Funktion wahrgenommen wurde, mindestens jedoch für sechs Monate und längstens für drei Jahre. Dabei ist jeder in dieser Zeit erzielte Verdienst anzurechnen. Für einen Versorgungsanspruch müssen mindestens die Probezeit und die fünfjährige Wartezeit erfüllt sein.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Jetzt kommen wir zur Frage 18 des Abgeordneten Dr. Michael Luther: Wie erklärt die Bundesregierung die Diskrepanz zwischen der in dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen ({0}) an den Haushaltsausschuss vom 7. November 2001 ({1}) genannten Anzahl von 53 Mitarbeitern im Leitungsbereich des BMG und der in der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion der CDU/CSU ({2}) genannten Anzahl von 38 Mitarbeitern im Leitungsbereich des BMG?

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Die dem Haushaltsausschuss mitgeteilte Zahl von 53 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern setzt sich aus dem Leitungsstab sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Büros der Parlamentarischen Staatssekretärin, des Staatssekretärs sowie der Geschäftsstelle der Drogenbeauftragten zusammen. Der Leitungsstab umfasst 38 Mitarbeiter; dazu gehören das Büro der Ministerin einschließlich der Persönlichen Referentin der Ministerin, das Referat Grundsatzfragen der Gesundheitspolitik, Frauen und Gesundheit, das Pressereferat, das Referat Öffentlichkeitsarbeit, das Kabinettund Parlamentreferat und das Verbindungs- und Koordinationsreferat. Eine ganze Reihe der 53 Beschäftigten nimmt - wie Sie dieser Auflistung entnehmen konnten - Koordinierungsaufgaben wahr, die sich durch die Umsetzung des Bonn/Berlin-Beschlusses entwickelt haben. Das von uns damit eingeführte Organisationskonzept hat zum Ziel, die Bonner Arbeitseinheiten so weit wie möglich von der Wahrnehmung von Terminen in Berlin zu entlasten und dadurch den durch das Bonn/Berlin-Gesetz bedingten Aufwand zu minimieren. Der Zuwachs von 15 Mitarbeitern stellt im Übrigen auch im Ressortvergleich durchaus eine sparsame Lösung dar. In der Antwort auf die Kleine Anfrage wurde demgegenüber die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit Leitungsaufgaben im klassischen Sinne betraut sind, genannt.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Luther hat auch hierzu eine Nachfrage.

Dr. Michael Luther (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001398, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Gestatten Sie mir die Vorbemerkung, dass es einigermaßen verwirrend ist, wenn Sie einmal von 37, dann von 53, von 24 und von 38 Mitarbeitern im Leitungsbereich reden. Dem Haushaltsausschuss ist eindeutig mitgeteilt worden, dass es sich um 53 Mitarbeiter handelt. Deshalb frage ich Sie: Wen rechnen Sie zum Leitungsbereich und wen haben Sie gegenüber dem Haushaltsausschuss zum Leitungsbereich gerechnet?

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Zum Leitungsbereich rechnen wir die von uns angegebenen 53 Mitarbeiter, die - wie ich bereits ausgeführt habe - im Leitungsstab, in den Büros der Parlamentarischen Staatssekretärin, des Staatssekretärs und der Geschäftsstelle der neu hinzugekommenen Drogenbeauftragten und in dem Leitungsstab der Ministerin, der die Bereiche umfasst, in denen Koordinierungsaufgaben zu leisten sind, tätig sind. Alles zusammen ergibt 53 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Noch eine Nachfrage?

Dr. Michael Luther (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001398, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich habe noch eine Nachfrage. - Teilen Sie meine Einschätzung, dass, wenn 53 von insgesamt 503 Mitarbeitern im Ministerium zum Leitungsbereich gehören und damit jeder Zehnte im Leitungsbereich arbeitet, diese Zahl etwas hoch ist und Sie damit im Vergleich zu anderen Bundesministerien an der Spitze liegen?

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Wir haben das geprüft und ich kann feststellen, dass wir durchaus im mittleren Bereich liegen. Das Gesundheitsministerium ist ein Ministerium mit sehr vielen Aufgaben im Bereich der Gesetzesvorbereitung und -umsetzung. In diesem Zusammenhang ergeben sich viele Fragen, die auch die Bevölkerung sehr intensiv betreffen. Damit wir diese Fragen rechtzeitig beantworten können und auch die Zuarbeit für die Abgeordneten in einem entsprechenden Maße geleistet werden kann, ohne dass ein großer Teil von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern permanent zwischen Bonn und Berlin hin- und herpendeln müssen, haben wir uns für diese Lösung entschieden.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Wolf hat auch noch eine Nachfrage.

Aribert Wolf (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003269, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Es gibt andere Ministerien, die weit hinter der Quote von 10,5 Prozent leitender Mitarbeiter im Verhältnis zur Gesamtzahl der Mitarbeiter liegen. Dabei handelt es sich durchaus um Ministerien, die in Bonn ihren Sitz haben. Wie begründet denn das BMG, dass es mit 10,5 Prozent im Verhältnis zu anderen Ministerien, die durch das Hin- und Herpendeln zwischen Berlin und Bonn die gleichen personellen Probleme haben, so weit vorne liegt?

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Ich habe bereits dargelegt, welche Aufgaben das Ganze umfasst, und meine, dass wir damit eine vernünftige Personalausstattung gefunden haben, die, wie gesagt, dem Umfang der Aufgaben Rechnung trägt, die aber auch dafür Sorge trägt, die Belastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Grenzen zu halten.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Ich rufe jetzt die Frage 19 des Kollegen Wolfgang Zöller auf: In welcher Weise hat das BMG die in dem Bericht des Bundesrechnungshofes vom 10. Juni 1996 genannten Forderungen zur Straffung und Verschlankung der Organisationsstruktur des BMG umgesetzt?

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Für die Prüfung hatte der Bundesrechnungshof zunächst die damalige Abteilung 4 - Verbraucherschutz, Veterinärmedizin - ausgewählt. Im Laufe der Untersuchung wurden zahlreiche Kommunikationsbeziehungen zu Referaten der Unterabteilung Z 2 - Angelegenheiten der Europäischen Union, Internationale Zusammenarbeit - sowie der damaligen Unterabteilung 11 - Grundsatz- und Planungsangelegenheiten - festgestellt, die dazu führten, dass die Prüfung auf Referate dieser Unterabteilung ausgedehnt wurde. Die Empfehlungen des Bundesrechnungshofes hat die damalige Leitung des BMG in zwei Klausurtagungen aufgegriffen und in die eigenen Überlegungen zur Verschlankung der Organisationsstrukturen und zur Abschichtung von Aufgaben einbezogen. Als Ergebnis dieses mehrjährigen Prozesses waren bereits die damalige Unterabteilung 11 als Grundsatz- und Planungsabteilung und mehrere kleine Referate aufgelöst worden. Die Abteilung 4, die primär Gegenstand der Untersuchung des Bundesrechnungshofs war, ist bis auf geringe Ausnahmen im vergangenen Jahr in das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft verlagert und eingegliedert worden.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Zöller, bitte.

Wolfgang Zöller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002603, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich kann Folgendes nicht ganz nachvollziehen - vielleicht können Sie mir das erläutern -: Sie haben gesagt, es seien Abteilungen in das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft ausgelagert worden. Trotzdem ist die Anzahl der Beschäftigten gestiegen.

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Wir haben zwar Referate, die sich mit dem Verbraucherschutz befasst haben, ausgegliedert, gleichzeitig aber neue Aufgaben übernehmen müssen. Ich trage Ihnen das gerne vor: Das sind das Referat Gesamtwirtschaftliche Aspekte des Gesundheitswesens, das zusätzliche Arbeitsfeld Bündnis für Arbeit und das Referat Arzneimittelsicherheit. Ferner hat sich aus der neuen Aufgabenverteilung ergeben, dass wir Spiegelreferate zum Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft vorhalten müssen.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Zöller hat noch eine zweite Frage.

Wolfgang Zöller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002603, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Aus der Tatsache, dass die Ministerien auch noch Spiegelreferate benötigen, kann ich nur die Schlussfolgerung ziehen, dass die Aufgabenverteilung der Ministerien nicht sehr sinnvoll gewesen sein kann. Sehen Sie das anders?

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Natürlich sehe ich das anders; denn ich gehe davon aus, dass mein Ministerium und das Ministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft in den verschiedensten Bereichen, zum Beispiel im Bereich der Arzneimittelsicherheit und der Tierarzneimittel, unter gesundheitspolitischen Gesichtspunkten durchaus zu unterschiedlichen Einschätzungen kommen können.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Es gibt eine Nachfrage der Kollegin Annette Widmann-Mauz.

Annette Widmann-Mauz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003259, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, wenn im Leitungsstab, wie Sie uns jetzt mitgeteilt haben, heute 53 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt sind - das entspricht gemessen an der Gesamtbeschäftigtenzahl einem Anteil von 10,5 Prozent -, stellt sich die Frage: Warum haben Sie in der Antwort auf die Kleine Anfrage meiner Fraktion behauptet, dass 38 Beschäftigte im Leitungsstab - das entspricht einem Anteil von 7,6 Prozent - tätig seien? Können Sie mir diese Diskrepanz erklären?

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Das habe ich gerade eben deutlich gemacht: Zum Leitungsbereich des BMG gehören neben dem Leitungsstab die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Parlamentarischen Staatssekretärin, des Staatssekretärs und der Drogenbeauftragten.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Eine Nachfrage des Kollegen Wolf.

Aribert Wolf (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003269, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wir kennen ja nun die Empfehlungen des Bundesrechnungshofs. In der Antwort auf unsere Kleine Anfrage haben Sie auch die Zahlen der Mitarbeiter aufgelistet, die in den Leitungsbereichen der anderen Ressorts tätig sind. Wieso haben Sie bei diesen Ressorts eine andere Berechnungsgrundlage verwendet als im Bundesgesundheitsministerium, wenn Sie tatsächlich zu vergleichbaren Ergebnissen kommen wollten?

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Ich habe Ihnen schon vorhin die Grundlage für die Berechnung der 53 Stellen erklärt. Ich habe dem nichts hinzuzufügen.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Ich rufe die Frage 20 des Kollegen Wolfgang Zöller auf: Wie viele Referate gab es zum 1. Oktober 1998 in den Abteilungen Z, 1, 2 und 3 des BMG und wie viele Referate waren dies zum 1. März 2002?

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Am 1. Oktober 1998 gab es in den Abteilungen Z, 1, 2 und 3 des BMG insgesamt 60 Referate. Am 1. März 2002 waren es 67 Referate.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Zöller zu einer Nachfrage, bitte.

Wolfgang Zöller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002603, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Können Sie für diesen Zeitraum auch die Referate für den Leitungsbereich benennen?

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Das kann ich. Ich habe Ihnen für diesen Zeitraum aufgelistet, welche Bereiche der Leitungsbereich umfasst, also nicht nur Referate, sondern auch Arbeitseinheiten. Ich wiederhole es aber gern, Herr Kollege: Das sind die Referate Grundsatzfragen der Gesundheitspolitik, Frauen und Gesundheit, Pressereferat, Öffentlichkeitsarbeit, Kabinett- und Parlamentreferat, Verbindungs- und Koordinationsreferat. Diese Referate sind in der genannten Zahl von 67 Referaten nicht enthalten. Neu hinzugekommen, Herr Kollege Zöller, sind das Referat Gesamtwirtschaftliche Aspekte des Gesundheitswesens, das ich vorhin schon erwähnt habe, das Referat Arzneimittel, in dem eigenständig die immer drängender werdenden Fragen der Arzneimittelsicherheit behandelt werden, das Referat Tierarzneimittel und Veterinärberufe - das resultiert aus der Trennung; dieses Referat ist sinnvollerweise bei uns angesiedelt und nicht in der Abteilung 4 geblieben, die in das BMVEL ausgelagert worden ist -, das Referat Qualitätssicherung, Verbraucherschutz und Bürgerrechte in der Pflege - die Einrichtung dieses Referates war eine sinnvolle Reaktion auf die zunehmende Zahl von Berichten, nach denen die Pflege bei uns im Großen und Ganzen sehr gut ist, es aber auch viele Vorkommnisse gibt, die zeigen, dass es einer Korrektur der Situation in den Pflegeeinrichtungen bedarf -, das Referat Ernährungsmedizin, das Referat Gesundheitssicherstellung - dort sind im Wesentlichen die Aufgaben angesiedelt, die infolge des Anschlages vom 11. September entstanden sind; ich verweise auf Vorkehrungen und Sicherheitsmaßnahmen in Bezug auf Bioterrorismus; die Aufgaben werden gemeinsam mit dem Robert-Koch-Institut geleistet - und das Referat Betäubungsmittelverkehr und Arzneimittelmissbrauch; das betrifft ein immer wichtiger werdendes Thema, was besonders deutlich wird, wenn wir an die Kindergesundheit denken. Die Aufzählung macht deutlich, dass es darum ging, auf gesundheitspolitisch wichtige Entwicklungen auch organisatorisch zu reagieren. Darüber hinaus waren die absolut notwendigen Spiegelreferate zum BMVEL, die ich schon erwähnt habe, zu bilden.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Es gibt eine weitere Nachfrage des Kollegen Zöller und dann noch eine Nachfrage des Kollegen Wolf. Bitte, Herr Zöller.

Wolfgang Zöller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002603, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Habe ich Ihre Ausführungen richtig verstanden, dass es sieben zusätzliche Referate sind?

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Ja.

Wolfgang Zöller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002603, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Danke schön.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Wolf, bitte.

Aribert Wolf (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003269, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Man merkt an den Fragen, dass wir wissen wollen, ob der Personalbestand im Bundesgesundheitsministerium aufgebläht worden ist. Sie haben ausgeführt, dass der Leitungsstab 38 Mitarbeiter umfasst, der Leitungsbereich aber 53 Mitarbeiter umfasst. In der Beantwortung unserer Kleinen Anfrage, in der nach dem Leitungsbereich gefragt wurde, haben Sie 38 aufgeführt. Korrekterweise hätten Sie schon damals „53 Beschäftigte“ antworten müssen und diese ins Verhältnis zu der Zahl in den übrigen Ministerien setzen müssen. Warum haben Sie die Frage damals nicht korrekt beantwortet, wie Sie sie heute beantwortet haben?

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Ich kann nicht finden, dass wir die Frage damals nicht korrekt beantwortet haben. Es sind die 38 Mitarbeiter der Bereiche, deren Aufgaben ich gerade noch einmal spezifiziert aufgeführt habe.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Es gibt eine weitere Frage, nämlich von der Kollegin Dr. Margrit Spielmann.

Dr. Margrit Spielmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003238, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Staatssekretärin, können Sie noch etwas zur spezifischen Aufgabenstellung der neu geschaffenen Referate sagen?

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Frau Kollegin, darauf gehe ich gern ein. In dieser Legislaturperiode hat es im Gesundheitsbereich Situationen gegeben, die sich für unsere Bevölkerung zugespitzt haben. Dazu gehörte die sich verschärfende Situation im Bereich BSE, die auch bis heute noch nicht in Gänze ausgestanden ist. Dazu gehörte ferner, dass es immer mehr neue Arzneimittel gibt, die auch nach einem eingehenden Zulassungsverfahren durchaus noch Probleme mit sich bringen. Wir haben weiter beobachtet, dass gerade Kinder häufig mit Medikamenten behandelt werden, die ihre Hyperaktivität etwas dämpfen sollen, um sie für den schulischen Alltag unangebrachterweise, so sage ich einmal, etwas fitter zu machen. Wir mussten uns intensiver als bisher damit auseinander setzen, wie Tierarzneimittel wirken, wenn sie in die Nahrungskette gelangen. Das sind einige Gründe dafür, warum wir diese neuen Aufgabenbereiche gebildet haben. Ich bin der festen Überzeugung, dass die neuen Aufgaben, die sich uns stellen, diese Maßnahmen erforderlich machen. So können wir die Sicherheit der Menschen in einem hohen Maße garantieren und können uns inhaltlich intensiv um die Frage kümmern, wie es zu solchen Entwicklungen kommt. Wir hätten uns bis zum 11. September nicht vorstellen können, in welchem Ausmaß wir durch bioterroristische Aktionen bedroht werden können. Diese Bedrohung macht Änderungen an verschiedenen Stellen im Gesundheitsbereich notwendig, damit eine klare, schnelle Reaktion erfolgen kann. An diesen Erfordernissen haben wir die verschiedenen Bereiche in den neuen Referaten ausgerichtet.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Nun kommen zwei weitere Nachfragen, eine des Kollegen Luther und eine der Kollegin Widmann-Mauz.

Dr. Michael Luther (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001398, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich als Abgeordneter fühle mich ein wenig hinters Licht geführt oder verstehe Sie einfach nicht; das kann auch sein. Ich habe vorhin nachgefragt, wie viele Mitarbeiter zum Leitungsbereich gehören. Sie haben geantwortet: 53. In der Antwort auf unsere Kleine Anfrage, wie viele Mitarbeiter es im Leitungsbereich gibt, steht: 38. Auf die Nachfrage nach der richtigen Zahl haben Sie vorhin gesagt, die Zahl 38 sei richtig. Deswegen stelle ich folgende Frage: Welche der beiden Aussagen, die Sie gemacht haben, ist richtig? Gehören zum Leitungsbereich 53 oder 38 Mitarbeiter?

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

In allen Stellen zusammen, also im Leitungsstab der Ministerin mit den verschiedenen Referaten, die ich aufgezählt habe, in den Büros des Staatssekretärs und der Parlamentarischen Staatssekretärin sowie im Büro der Drogenbeauftragten, gibt es 53 Mitarbeiter im Leitungsbereich. Der Teil, der dem Leitungsstab zugeordnet ist, bringt es mit den Persönlichen Referenten und den einzelnen Referaten auf 38 Mitarbeiter.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Frau Widmann-Mauz, bitte.

Annette Widmann-Mauz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003259, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, auch ich möchte hierzu eine Nachfrage stellen. Können Sie bestätigen, dass im Leitungsbereich Ihres Hauses, wie Sie das heute ausgeführt haben, 53 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt sind? Wenn Sie dieses bestätigen können, wie stehen Sie dann zu Ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage, in der wir gefragt haben, wie viele Mitarbeiter zum Stichtag 1. Januar 2002 im Leitungsbereich beschäftigt sind und auf die Sie geantwortet haben, dass dies 38 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien?

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Ich kann nur wiederholen: Insgesamt gibt es 53 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Leitungsbereich. 38 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gibt es im Leitungsstab der Ministerin, wozu auch ihre Persönliche Referentin und die Mitarbeiter in den dazugehörigen Referaten zählen, die ich Ihnen aufgezählt habe. Das gebe ich Ihnen gerne schriftlich. Der andere Anteil entfällt auf die Parlamentarische Staatssekretärin mit ihrem Büro, auf den Staatssekretär mit seinem Büro und auf das Büro der Drogenbeauftragten.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege von Klaeden, auch Sie wollen eine Nachfrage stellen.

Eckart Klaeden (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002698, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, warum haben Sie die Frage denn dann nicht korrekt beantwortet?

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Haben Sie Zweifel an der Zahl 53 oder an der Zahl 38?

Eckart Klaeden (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002698, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich habe Zweifel an der Korrektheit Ihrer schriftlichen Antwort, die Sie auf unsere Kleine Anfrage gegeben haben. Ich finde es ein wenig unverschämt, wie Sie versuchen, diese falsche Angabe dem Parlament gegenüber ins Lächerliche zu ziehen. ({0}) Also: Warum haben Sie diese Frage in der Kleinen Anfrage falsch beantwortet?

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Ich habe diese Frage nicht falsch beantwortet. Meine Antwort habe ich Ihnen nun näher ausgeführt.

Eckart Klaeden (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002698, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Gehören Sie als Parlamentarische Staatssekretärin nicht zum Leitungsbereich des Ministeriums?

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege von Klaeden, ich muss Sie bremsen; Sie dürfen nur eine Nachfrage stellen. Wir bleiben ja aber noch bei diesem Thema. Ich rufe die Frage 21 des Kollegen Wolfgang Lohmann auf: Kann die Bundesregierung bestätigen, dass die Stellenhebung der Leiterin des Leitungsstabes des BMG auf B 6 mit einem ku-Vermerk im Haushaltsplan verbunden ist?

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Herr Kollege Lohmann, dieser Vermerk wurde im Zuge der Haushaltsberatungen 2002 in den Haushaltsplan aufgenommen.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Erste Nachfrage. Bitte, Herr Kollege Lohmann.

Wolfgang Lohmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001369, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, bedeutet dieser ku-Vermerk im Haushaltsplan eine Umwandlung der als Nächstes frei werdenden B-6-Planstelle in eine B-3-Planstelle? Resultiert daraus eine Benachteiligung der Person, die als Nachfolger eines derzeitigen B-6-Stelleninhabers benannt wird?

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Die nächste B-6Planstelle wird durch Erreichen der Altersgrenze des Stelleninhabers zum 1. September 2002 frei. Sie ist aufgrund des genannten ku-Vermerks in eine Planstelle der Besoldungsgruppe B 3 umzuwandeln. Welche Funktion dieser Planstelle letztendlich zugeordnet sein wird, hängt von der noch ausstehenden Personalentscheidung für die Ende August frei werdende Stelle eines Unterabteilungsleiters ab. Entsprechend den sich daraus ergebenden Anforderungen werden unter Umständen Gespräche mit dem Finanzminister zu führen sein.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Der Kollege Wolf hat das Wort zu einer Nachfrage.

Aribert Wolf (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003269, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, Sie haben - das haben wir bereits festgestellt - auf die Kleine Anfrage der Union hinsichtlich der 38 Mitarbeiter nicht ganz korrekt geantwortet. In Frage 14 der Kleinen Anfrage haben wir gefragt, ob es durch die B-6-Stelle im Leitungsbereich zu Benachteiligungen von im BMG langjährig tätigen Mitarbeitern kommt. Sie haben geantwortet: Nein, es gibt keine Benachteiligung. Ergibt sich aus der Umwandlung einer B-6-Stelle in eine B-3-Stelle keine Benachteiligung desjenigen, der nun diese Stelle einnimmt?

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Es gibt derzeit keine Benachteiligung, weil nicht abzusehen ist, welche Personalentscheidung in welcher Form getroffen werden kann. Solange die Anforderungen nicht völlig klar sind und nicht feststeht, ob eventuell jemand aus dem Hause oder jemand anderer diese Stelle besetzen wird, ist dies eine bloße Unterstellung.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Es gibt eine weitere Nachfrage des Kollegen Luther.

Dr. Michael Luther (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001398, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, Sie sagten, dass am 1. September eine B-6-Stelle altershalber ausscheidet. Ich möchte Sie fragen, um welche Stelle in welchem Referat es sich handelt, die dann in eine B-3-Stelle umgewandelt wird?

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Es scheidet keine Stelle, sondern eine Person aus, Herr Luther. Die Stelle im Stellenplan wird von dieser Person dann nicht mehr besetzt. Es scheidet - das sage ich noch einmal - die Person aus.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Jetzt rufe ich die Frage 22 des Kollegen Wolfgang Lohmann ({0}) auf: Welcher Besoldungsgruppe bzw. Tarifgruppe gehörten die in der Antwort der Bundesregierung zur Frage 6 der Kleinen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU - Bundestagsdrucksache 14/8459 erwähnten Mitarbeiter, die zuvor in den Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen beschäftigt waren, vor ihrer Einstellung in das BMG an und in welcher Zeit haben sie innerhalb des BMG ihre gegenwärtige Besoldungsgruppe bzw. Tarifgruppe erreicht?

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fraktionen werden in der Regel entsprechend dem BAT vergütet. Ich bitte jedoch um Verständnis, wenn ich zu der konkreten Einstufung durch einen anderen Arbeitgeber keine Auskunft geben kann. Seit Eintritt der genannten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in das BMG richten sich die Arbeitsverhältnisse und ihre Dotierung nach den einschlägigen Bestimmungen für die Bundesverwaltung, insbesondere nach dem Bundesangestelltentarifvertrag. Dies gilt selbstverständlich auch für die nachfolgenden Höhergruppierungen, die sämtlich aus tariflich veranlassten Arbeitsplatzüberprüfungen resultieren.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Lohmann, eine Nachfrage, bitte.

Wolfgang Lohmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001369, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich habe in diesem Zusammenhang die Frage, in welchen Zeiträumen solche Beförderungen der übrigen Mitarbeiter im BMG, die zuvor nicht den Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen beschäftigt waren, üblicherweise vorgenommen werden.

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Ein Gruppenleiter wurde innerhalb von zwei Jahren von BAT I a nach BAT I befördert. Ein weiterer Mitarbeiter wurde innerhalb eines Jahres von BAT-O II a nach BAT-O I b höher gruppiert. Der ehemalige Leiter des Ministerbüros wurde ein halbes Jahr nach Eintritt in das BMG von BAT I a nach BAT I höher gruppiert. Im Übrigen wurden, wie bereits ausgeführt, der Leiterin des Ministerbüros, die über langjährige ministerielle Erfahrung verfügt, die Leitung des Leitungsstabes übertragen. Sie erhält seit Beginn dieses Jahres nach Hebung einer B-3-Planstelle eine außertarifliche Vergütung entsprechend B 6.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Die zweite Nachfrage, bitte.

Wolfgang Lohmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001369, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Mir ging es bei der Frage weniger um die Darstellung, wer wann befördert worden ist - auch dafür bin ich dankbar -, sondern um die Frage, wie üblicherweise bei den übrigen, die diesen Vorteil nicht haben, vorgegangen wird.

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Es entspricht dem üblichen Vorgehen in einer Vielzahl von Fällen, wie Sie sehen.

Wolfgang Lohmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001369, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Kann man also davon ausgehen, wenn ich das noch fragen darf, dass das, was Sie geschildert haben, das normale und übliche Verfahren bei allen Mitarbeitern ist, unabhängig davon, ob sie früher -

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Lohmann, das ist jetzt nicht mehr zulässig gewesen. ({0}) - Auch dieser Kommentar ist eigentlich nicht zulässig. Wir kommen jetzt zur Frage 23 des Kollegen Aribert Wolf - es geht um die Einstufung der Leiterin des Leitungsstabes: Wie begründet die Bundesregierung die Einstufung der Leiterin des Leitungsstabes analog zu einer Leiterin einer Unterabteilung, falls die Bundesregierung die vom BMF in seinem Schreiben vom 7. November 2001, Ausschussdrucksache 14/3100 des Haushaltsausschusses, genannte Zahl von 53 Mitarbeitern des Leitungsbereichs nicht bestätigen kann und dort nur - wie in der Antwort der Bundesregierung auf die Frage 4 der Kleinen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU, Bundestagsdrucksache 14/8459, ausgeführt - 38 Mitarbeiter oder - wie in der Antwort zur Frage 5 der Kleinen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU, a. a. O., ausgeführt gar nur 24 Mitarbeiter beschäftigt sein sollten, und womit ist dann die hohe Einstufung der Leiterin des Leitungsstabes mit B 6 zu rechtfertigen?

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Um es vorweg zu sagen, die Zahl 24 ist eine fiktive Größe, die gebildet wurde, um einen Zahlenvergleich mit Ressorts zu ermöglichen, die den klassischen Leitungsbereich enger als das BMG definieren. In der Antwort auf Ihre Kleine Anfrage wird dazu ausgeführt: Bei einer Eingrenzung des Leitungsbereichs auf diese Stellen - gemeint sind die Stellen der Büros von Ministerin, Staatssekretär, Parlamentarische Staatssekretärin und Presse ergäbe sich im BMG ein Verhältnis von 24 zu 503, dies entspricht 4,8 %. Damit lägen wir im Ressortvergleich im Mittelfeld. Der Leitungsstab des BMG umfasst aktuell neben dem Ministerbüro fünf weitere Referate mit einem Personalbestand, wie ich vorhin schon ausführte, von insgesamt 38 Beschäftigten und liegt damit deutlich über der in der GGO vorgesehenen personellen und organisatorischen Mindestausstattung für eine Unterabteilung. In diesem Zusammenhang verweise ich auf die Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien in der vom Bundeskabinett am 26. Juli 2000 beschlossenen Fassung. Sie sieht vor, dass für Unterabteilungen in der Regel mindestens fünf Referate zusammengefasst werden; ein Referat umfasst den Vorgaben der GGO zufolge neben der Referatsleitung in der Regel mindestens vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Danach sollte eine Unterabteilung nicht weniger als 25 Beschäftigte haben. Die Leitung des Leitungsstabes entspricht damit ohne weiteres der Leitung einer Unterabteilung, insbesondere wenn man die herausragende Vizepräsidentin Petra Bläss Bedeutung der im Leitungsbereich zu erledigenden Aufgaben berücksichtigt.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Eine erste Nachfrage. Bitte, Herr Kollege Wolf.

Aribert Wolf (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003269, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

In welcher Besoldungsstufe waren denn der von 1995 bis 1997 amtierende Leiter des Leitungsstabes und der ab 1991 amtierende Leiter des Ministerbüros im Bundesministerium für Gesundheit eingruppiert?

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Ich kann Ihnen diese Frage nicht beantworten, weil ich nicht damit vertraut bin, welche Mitarbeiter welche Vergütung hatten. ({0})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie wissen, dass es sich hier nicht um eine Debatte, sondern um die Fragestunde handelt. Die nächste Fragestellerin ist die Kollegin Marga Elser. ({0}) - Sorry, ich bin schon ganz durcheinander. Ihre zweite Nachfrage, bitte.

Aribert Wolf (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003269, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Das ist ja auch kein Wunder, weil hier mit Begriffen und Zahlen hin und her jongliert wird. Noch einmal die Frage, Frau Staatssekretärin: Verwenden Sie den Begriff „Leitungsbereich“ im Ministerium immer einheitlich oder verwenden Sie den Begriff „Leitungsbereich“ einmal so und einmal wieder anders? ({0})

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Ich habe Ihnen gerade gesagt, der Leitungsstab umfasst das Büro der Ministerin einschließlich der Persönlichen Referentin, das Referat Grundsatzfragen, Frauen und Gesundheit, das Pressereferat, das Referat Öffentlichkeitsarbeit, das Kabinett- und Parlamentreferat und das Verbindungs- und Koordinierungsreferat. Wenn ich die Leitung des Leitungsstabes betrachte und diese auf der Zeitschiene vergleiche, dann stelle ich fest, dass sie im BMA zurzeit mit B 6 besoldet wird, zu Ihrer Zeit aber mit B 9 besoldet wurde. Ich könnte in dieser Art und Weise fortfahren, Herr Wolf. ({0})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Jetzt hat Frau Elser eine Nachfrage.

Marga Elser (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003113, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Staatssekretärin, ich interessiere mich dafür, welche Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich Arbeitsabläufen und Schwerpunkten, Aufbau- und Ablauforganisation im Leitungsbereich für eine Ministerin oder einen Minister gegeben sind.

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Frau Kollegin, in diesem Zusammenhang möchte ich aus einer Stellungnahme des BMI unter Leitung von Innenminister Kanther vom 14. April 1997 dem Bundesrechnungshof gegenüber zitieren: Generell besteht in allen Ministerien die Überzeugung, dass Arbeitsabläufe und Arbeitsstil, aber auch die Arbeitsschwerpunkte in den Leitungsbereichen von der jeweiligen Person der Ministerin oder des Ministers geprägt sind. ({0}) Dies kann nicht ohne Auswirkungen auf die Aufbauund Ablauforganisation im Leitungsbereich bleiben. Hierdurch erklären sich die Unterschiede in deren Organisation und der personellen Ausstattung der entsprechenden Arbeitseinheiten in den Ministerien. Im BMG war bereits im Jahre 1996 vorübergehend ein Leitungsstab eingerichtet. Ich glaube, wir verfahren alle noch immer so, wie es aus dieser Stellungnahme des ehemaligen Innenministers Kanther hervorgeht. ({1})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Frau Kollegin Widmann-Mauz hat ebenfalls eine Nachfrage zu dieser Frage.

Annette Widmann-Mauz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003259, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, Sie haben in Ihrer Antwort auf die Frage des Kollegen Wolf angeführt, dass der Leitungsstab im Bundesgesundheitsministerium 38 Beschäftigte umfasst. Warum verwenden Sie in der Antwort auf unsere Kleine Anfrage bei derselben Beschäftigtenzahl den Begriff „Leistungsbereich“? ({0}) - Leitungsbereich, Entschuldigung. ({1})

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Ich habe vorhin umschrieben, dass der Leitungsbereich bei uns 53 Personen umfasst; 38 davon gehören in den Leitungsstab. Ich kann Ihnen nochmals versichern: Die restlichen Personen befinden sich bei der Parlamentarischen Staatsskretärin, beim Staatssekretär und bei der Drogenbeauftragten.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Jetzt rufe ich Frage 24 der Kollegin Widmann-Mauz auf: Kann die Bundesregierung bestätigen, dass die beiden Anfang 2001 entlassenen Abteilungsleiter des BMG vor ihrer Entlassung verbeamtet worden sind, und wenn ja, in welcher Weise sind dadurch deren Versorgungsansprüche gestiegen?

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Weder die Abteilungsleiterin noch der Abteilungsleiter ist im BMG verbeamtet worden. Die Frage geht im Übrigen erkennbar von einer fehlerhaften Annahme aus. Die Versorgungsregelungen für politische Beamte gelten arbeitsvertraglich im Wesentlichen auch für Angestellte in entsprechenden Funktionen. Durch eine Verbeamtung tritt deshalb keine Besserstellung des oder der Beschäftigten ein.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Erste Nachfrage, bitte, Frau Kollegin.

Annette Widmann-Mauz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003259, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, erhält der im Jahr 2001 aus dem Gesundheitsministerium entlassene Abteilungsleiter Schulte-Sasse weiterhin Zahlungen seitens des Bundesgesundheitsministeriums, obwohl er seit kurzem Staatssekretär in Berlin ist, bzw. sind bereits für die Zukunft erfolgte Zahlungen nach dessen Amtsantritt als Staatssekretär zurückgefordert worden?

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Ich habe bereits vorhin ausgeführt, dass zu diesen Versorgungsregelungen, die ich näher beschrieben habe, gehört, dass eine neue Tätigkeit entsprechend angerechnet werden muss nicht angerechnet werden kann. Ich habe vorhin ebenfalls ausgeführt, dass es in dem Personenkreis, der vorzeitig in den Ruhestand versetzt worden ist, zwei Personen gibt, von denen wir ganz sicher wissen, dass sie eine andere Beschäftigung gefunden haben, sodass wir davon ausgehen, dass sich der Betrag, der vorhin von mir genannt wurde, infolgedessen reduziert. Dazu, in welcher Höhe, kann ich keine Aussage machen. Ich denke, es wäre auch nicht angebracht, über derartig persönliche Dinge anderer hier im Bundestag zu sprechen.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Zweite Frage, bitte, Frau Kollegin Widmann-Mauz.

Annette Widmann-Mauz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003259, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, Sie haben die Rechtslage nochmals geschildert. Ist Ihnen bekannt, ob schon gezahlte Vergütungen zurückgefordert wurden?

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Ich habe Ihnen gesagt, wie die Rechtslage ist. Ich kann Ihnen aber nicht sagen, in welchem Umfang Anrechnungen vorgenommen worden sind.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Eine weitere Nachfrage des Kollegen Pfaff.

Prof. Dr. Martin Pfaff (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001701, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Staatssekretärin, wie unterscheiden sich bei der Versetzung in den einstweiligen Ruhestand die Versorgungslasten bei einem angestellten von denen bei einem beamteten Abteilungsleiter? Ist der Unterschied wirklich so groß, wie durch die gestellten Fragen impliziert wird?

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Herr Kollege Pfaff, Sie haben einen nützlichen Hinweis gegeben. In der Diskussion entsteht immer wieder der Eindruck, dass es diesbezüglich einen sehr großen Unterschied gebe. Entgegen dieser landläufigen Meinung gibt es aber keinen Unterschied, da die angestellten Abteilungsleiter durch eine entsprechende Gestaltung der Arbeitsverträge den beamteten Abteilungsleitern gleichgestellt werden. Es gibt auf dieser Ebene also keinen Unterschied zwischen einem Angestellten und einem Beamten.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Wir kommen zur letzten Frage dieses Themenkomplexes. Ich rufe die Frage 25 der Kollegin Annette Widmann-Mauz auf: Kann die Bundesregierung ferner bestätigen, dass das BMG plant, den derzeitigen Leiter der Abteilung 2 noch in dieser Legislaturperiode zu verbeamten?

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Entsprechende Planungen kann ich weder bestätigen noch dementieren. Allgemein ist festzuhalten, dass der Übernahme in das Beamtenverhältnis üblicherweise ein entsprechender Antrag vorausgeht, der vom BMI und BMF laufbahn- und haushaltsrechtlich geprüft wird. In das Prüfverfahren ist maßgeblich der Bundespersonalausschuss unter Vorsitz des Präsidenten des Bundesrechnungshofs einzubeziehen. Zu der Frage, ob ein Mitarbeiter des BMG einen solchen Antrag stellt, möchte ich mich hier nicht äußern, um seine Persönlichkeitsrechte nicht zu beeinträchtigen.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Erste Nachfrage, bitte, Frau Kollegin.

Annette Widmann-Mauz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003259, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ist geplant, die Leiterin des Leitungsstabes des Bundesgesundheitsministeriums noch in dieser Legislaturperiode zu verbeamten?

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Ich habe Ihnen bereits gesagt, dass wir eine entsprechende Planung weder bestätigen noch dementieren können.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Es gibt eine Nachfrage des Kollegen Pfaff.

Prof. Dr. Martin Pfaff (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001701, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Staatssekretärin, sind Sie meiner Meinung, dass es sich bei den Fragen, die sich auf die Verbeamtung und auf die Zahl der Beamten beziehen, um Fragen handelt, die sich in erster Linie mit Inputs und nicht mit Ergebnissen beschäftigen? Die Ausweitung des Leitungsstabes kann durch die erkennbar verbesserte Gesetzgebung der letzten Jahre gerechtfertigt werden. ({0})

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Herr Kollege, ich stimme Ihnen ausdrücklich zu. Ich bin der Überzeugung, dass dieses heutige Frage-und-Antwort-Spiel in keiner Weise dazu beigetragen hat, den Gesundheitszustand auch nur eines einzigen Menschen in der Bundesrepublik Deutschland zu verbessern. ({0}) Es wäre sicher sinnvoller, wenn wir uns mit den Aufgaben der neu geschaffenen Referate auseinander setzen würden und wenn wir schauen würden, wo es noch weitere Verbesserungen geben könnte. ({1})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Es gibt eine Nachfrage des Kollegen Wolf.

Aribert Wolf (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003269, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, wie verträgt sich die Personalaufblähung im Gesundheitsministerium - die Anzahl der Mitarbeiter ist zwar durch den Wegfall einer Abteilung gesunken; aber die Anzahl der leitenden Mitarbeiter ist gestiegen - mit der Tatsache, dass den Versicherten gesagt wird, sie müssten im Gesundheitsbereich den Gürtel enger schnallen?

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Herr Wolf, ich will betonen, dass Sie es sind, die mit Ihrem Rezept der Wahlund Regelleistung erreichen wollen, dass die Versicherten den Gürtel enger schnallen. ({0}) Ich habe Ähnliches bei der Politik der Bundesregierung nicht feststellen können.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Eine zweite Nachfrage der Frau Kollegin Widmann-Mauz.

Annette Widmann-Mauz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003259, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, können Sie uns erläutern, warum der Bereich Frauengesundheit nur im Leitungsstab und nicht in den vorhandenen Abteilungen Ihres Ministeriums bearbeitet werden kann?

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Wir haben in diesem Bereich leider viele Versäumnisse der alten Bundesregierung vorgefunden. ({0}) Es ist ein besonderes Anliegen unserer Gesundheitsministerin, Fragen zur Frauengesundheit zu behandeln. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die Problematik der Mammographie und auf das Thema Vorsorgemaßnahmen und Heilungschancen bei Brustkrebs. In diesem Bereich gibt es leider noch ein ziemlich großes Defizit. Dieses Defizit wird nicht nur im Referat, das sich mit der Frauengesundheit beschäftigt, sondern auch im Zusammenhang mit dem Arzneimittelmissbrauch aufgearbeitet. Ich finde es ganz ausgezeichnet, dass sich die Ministerin dieser so lange vernachlässigten Aufgabe schwerpunktmäßig angenommen hat. ({1})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Jetzt schließe ich diesen Themenkomplex ab, aber nicht den Geschäftsbereich. Ich rufe die Frage 26 der Kollegin Ursula Lietz auf: Warum ist es nicht möglich, Erkrankungen in das Bundeskrebsregister, in dem nur Todesfälle registriert werden, zu übernehmen, um so die Möglichkeit der statistischen Auswertung, zum Beispiel nach Gebiet, Alter und familiärem Umfeld, zu haben?

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Auf Bundesebene gibt es auf gesetzlicher Grundlage ausschließlich die Todesursachenstatistik, in der die Daten der in den statistischen Landesämtern codierten Todesbescheinigungen zusammengeführt werden. Eine Rechtsgrundlage für eine zentrale bundesweite Erfassung aller Krebserkrankungsfälle in einem Bundeskrebsregister existiert nicht und ist aufgrund der in der Verfassung verankerten Länderzuständigkeit auch nicht durchsetzbar. Die Krebserkrankungsfälle werden daher von den Länderkrebsregistern, also auf Länderebene, auf der Basis spezieller rechtlicher Regelungen erfasst.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Frau Kollegin Lietz, bitte Ihre erste Nachfrage.

Ursula Lietz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003172, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Schaich-Walch, ich frage Sie, ob Sie nicht doch die Möglichkeit sehen, eine Bundesregelung zu finden, mit der wir, auch wenn es im Moment Datenschutzgründe gibt, die dagegen sprechen, eine Möglichkeit schaffen, die Daten aller Krebserkrankten, also auch die, die zu Lebzeiten erfasst werden, und die Früherkennungen in einem Register zusammenzufassen, damit wir nicht nur demographische Gegebenheiten, sondern auch soziale bzw. geographische Besonderheiten beim Auftreten von Krebserkrankungen besser registrieren können.

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Wir haben beim RobertKoch-Institut das Gesamtprogramm „Krebsbekämpfung“ aufgelegt, in das die Daten, die uns von den Ländern übermittelt werden, aufgenommen werden. Diese Übermittlung der Daten aus den Landeskrebsregistern klappt - so muss man sagen - im Großen und Ganzen sehr gut. Die Zusammenführung der Daten gibt uns eine gute Basis für das Zusammenzuwirken in der Arbeitsgruppe „Bevölkerungsbezogenes Krebsregister Deutschland“, die wir jetzt eingerichtet haben. Aber eine gesetzliche Verpflichtung für ein einheitliches deutsches Bundeskrebsregister sehe ich leider nicht als durchsetzbar an, weil die Länder diese Aufgabe als ihre eigene hoheitliche Aufgabe betrachten.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Frau Kollegin Lietz, Ihre zweite Nachfrage.

Ursula Lietz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003172, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich habe keine zweite Nachfrage.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Dann kommen wir zur Frage 27 der Kollegin Ursula Lietz: Hält die Bundesregierung es für machbar, eine Standardisierung der verschiedenen Landeskrebsregister vorzunehmen, um so eine Vergleichbarkeit der Fälle und eine bundesweite Auswertung zu ermöglichen?

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Es gibt bereits eine gewisse Standardisierung dahin gehend, dass alle Landeskrebsregister einen einheitlichen Basisdatensatz erheben und dass die Vorgaben der International Association of Cancer Registries eingehalten werden. Hierfür wurde durch das am 31. Dezember 1999 ausgelaufene Gesetz über ein Krebsregister des Bundes gesorgt, das alle Länder zur Einrichtung von Krebsregistern nach weitgehend einheitlichen Regularien verpflichtet. Allerdings durften die Länder Ausnahmen vom Meldemodus und in Bezug auf die Flächendeckung vornehmen. Obwohl das oben genannte Krebsregister ausgelaufen ist, wird die darin enthaltene Vorgabe, dass alle Landesregierungen ihre anonymisierten epidemiologischen Daten einmal pro Jahr an das Robert-Koch-Institut in Berlin weitermelden - das war das, was ich vorhin bereits ausgeführt habe -, weiterhin befolgt. Die Zusammenführung wird am Robert-Koch-Institut vorgenommen. Damit sind diese Daten auch der Öffentlichkeit zugänglich.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Frau Kollegin Lietz bitte.

Ursula Lietz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003172, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, sehen Sie nicht trotzdem die Möglichkeit, die Länderregister stärker zu standardisieren, damit wir, wenn wir schon kein Bundeskrebsregister einrichten können, zumindest über die Länderdaten verfügen und durch eine Standardisierung zu besseren Ergebnissen kommen, die man bundesweit auswerten kann?

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Ich kann Ihnen versichern, dass die Gesundheitsministerin dieses Thema auf der Gesundheitsministerkonferenz ansprechen wird. Denn viele Kolleginnen und Kollegen aus dem Gesundheitsausschuss und aus anderen Ausschüssen des Bundestages haben deutlich gemacht, dass ein großes Interesse an einer Standardisierung besteht und dass die Abweichungen, die damals Grundlage dafür waren, dass sich die Länder überhaupt damit einverstanden erklärt haben, dass es zu diesen Erhebungen und zu einem solchen Krebsregister kommt, möglichst gering sind, sodass man tatsächlich sagen kann: Wir haben allgemein gültige Aussagen.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Ihre nächste Nachfrage bitte.

Ursula Lietz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003172, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich habe eine zweite Nachfrage: Frau Staatssekretärin, können Sie mir sagen, wo die Bundesrepublik Deutschland im Vergleich zu anderen westlichen Ländern, was die Registrierung von Krebserkrankungen und deren Standards anbetrifft, steht?

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Ich würde sagen: Da befinden wir uns im Mittelfeld. Wenn ich es auf die Bundesrepublik Deutschland beziehe, muss ich sagen: Wir haben dort sehr große Unterschiede. Ich will auch nicht verschweigen, dass es in den neuen Bundesländern eine vorbildliche Erfassung gab.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Damit schließen wir diesen Geschäftsbereich ab. Ich bedanke mich bei der Parlamentarischen Staatssekretärin für die Beantwortung. Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen. Hier werden die Fragen sämtlich schriftlich beantwortet. Deshalb rufe ich jetzt den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes auf. Zur Beantwortung steht Herr Staatsminister Dr. Christoph Zöpel zur Verfügung. Wir kommen zur Frage 32 des Kollegen Hartmut Koschyk: Aufgrund welcher Prüfungen und diesbezüglicher Ergebnisse gelangt die Bundesregierung zu der Auffassung, dass sie die umstrittenen Benes-Dekrete nicht zum Gegenstand der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Tschechischen Republik machen wird ({0}), und wie bewertet sie vor diesem Hintergrund die Tatsache, dass der Auswärtige Ausschuss des Europäischen Parlaments die Vereinbarkeit der Benes-Dekrete mit den Rechtsgrundsätzen der Europäischen Union durch ein Rechtsgutachten prüfen lässt?

Not found (Gast)

Frau Präsidentin! Herr Kollege; die jetzige Bundesregierung tut, wie Sie wissen, sinnvollerweise - Sie erlauben mir diese Bemerkung - das Gleiche, was ihre Vorgängerin getan hat, nämlich die deutsch-tschechischen Beziehungen durch die Vergangenheit nicht zu belasten. Darauf haben wir uns in der Deutsch-Tschechischen Erklärung verständigt, die unter der Verantwortung der Regierung von Herrn Bundeskanzler Kohl abgeschlossen wurde. Die jetzige Regierung bemüht sich darum, das fortzusetzen. Das tun wir auch in einer Situation, in der - wie ich hier schon ausgeführt habe - die Weisheit einiger Äußerungen im tschechischen politischen System infrage zu stellen ist. Das alles bedeutet nicht, dass die Bundesregierung - ich schätze, das macht sie wie ihre Vorgängerin - nicht sehr sorgfältig beobachten würde, wie die Kommission die Verhandlungen führt. Denn nur die Kommission führt die Verhandlungen. Alles, was wir über die Hinweise zur Sache und zum Verhalten gehört haben, die Herr Kommissar Verheugen jüngst in Prag gegeben hat, vermittelt uns den Eindruck: Das Ganze ist auf einem guten, zukunftsorientierten und niemandem Schaden zufügenden Wege.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Erste Nachfrage. Bitte, Herr Kollege Koschyk.

Hartmut Koschyk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001186, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, ich muss Ihre Antwort so deuten, dass Sie der Beurteilung von Herrn Kommissar Verheugen zustimmen, dass die Benes-Dekrete keine Bedeutung im Hinblick auf das Verfahren des Beitritts der Tschechischen Republik zur Europäischen Union haben. Wie bewertet es dann die Bundesregierung, dass das Europäische Parlament hier anderer Auffassung zu sein scheint und verschiedene Rechtsgutachten in Auftrag gegeben hat und die österreichische Regierung durch die Frau Außenministerin Herrn Verheugen entschieden widersprochen hat, sie also zu einer anderen Auffassung kommt, nämlich dass die Frage weiter andauernder Diskriminierungen tschechischer Bürger nicht tschechischer Nationalität, aber auch von EU-Bürgern sehr wohl im Zuge des Beitrittsverfahrens geprüft werden muss?

Not found (Gast)

Die Überlegungen und auch die prozeduralen Schlussfolgerungen des Europäischen Parlaments in dieser Angelegenheit sind nicht nur legitim, sondern sie könnten auch einen Beitrag zur Lösung der mit diesen Dekreten verbundenen Beschwernisse leisten. Wenn das Europäische Parlament dies tut, hat das den Vorteil, dass nicht die deutsche und die tschechische Regierung - sie haben ja vereinbart, das nicht zu tun - Probleme im deutsch-tschechischen Verhältnis und auf dem gewünschten Weg der Tschechen nach Europa schaffen. Das Europäische Parlament würde solche Probleme ja nicht auslösen. Darin könnte die Weisheit dieses Verfahrens liegen. Wir beobachten das mit aktivem Interesse. Wir verfolgen auch sehr genau, was Herr Kommissar Verheugen sagt. Er hat ja schon deutlich gemacht, dass hinsichtlich tschechischer Rechtsbestimmungen, die infolge der kommunistischen Machtausübung auf dem Gebiet der heutigen Tschechischen Republik bestehen, sehr kritische Prüfungen angestellt werden können, ob sie zukünftig alle europäischen Bürger in gleicher Weise betreffen. Wenn Sie es genau verfolgt haben, wissen Sie, dass er diese Prüfung seitens der Kommission auch hinsichtlich der Benes-Dekrete nicht ausschließt. Ich glaube, im Ergebnis - das ist das, was ich für die Politik Deutschlands für richtig halte - wird es zu einer europäischen rechtlichen Prüfung kommen, ob infolge dieser Dekrete Diskriminierungen heute lebender Menschen - nur darum kann es gehen - stattfinden. Ich glaube, das hilft beiden. Das ist auch der Hintergrund unseres sehr konkreten Verhaltens. Das hat eben nichts damit zu tun, dass dies in einem historischen Kontext stattfindet, zu dessen Herbeiführung Deutschland im tragischen Teil seiner Geschichte viel beigetragen hat. Es gibt eben Fragen, die heute gestellt werden müssen.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Es gibt eine zweite Nachfrage des Kollegen Koschyk.

Hartmut Koschyk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001186, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, Sie haben gesagt, dass die Bundesregierung sehr sorgfältig beobachtet, wie sich die EU-Kommission im Hinblick auf fortwirkende Diskriminierungen für Bürger der Tschechischen Republik, aber auch für künftige EU-Bürger aufgrund der Folgewirkungen der Benes-Dekrete einlassen wird. Wie bewertet die Bundesregierung eigentlich in diesem Zusammenhang die so genannte DreithalerEntscheidung des tschechischen Verfassungsgerichtshofes aus dem Jahre 1995, bei der der tschechische Verfassungsgerichtshof ausdrücklich an die Benes-Dekrete angeknüpft hat, und wie bewertet die Bundesregierung in diesem Zusammenhang die Beanstandungen der tschechischen Restitutionsgesetzgebung durch den UN-Menschenrechtsausschuss im Fall Des Fours Walderode, bei dem ebenfalls im Hinblick auf die tschechische Restitutionsgesetzgebung eine Anknüpfung an die Benes-Dekrete erfolgte, was der UN-Menschenrechtsausschuss ausdrücklich als nicht mit dem UN-Pakt über bürgerliche und politische Rechte im Einklang stehend erklärt hat?

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Herr Kollege Koschyk, Sie haben das Datum des Urteils genannt: 1995. ({0}) - Des Urteils. Sie haben das Datum 1995 genannt. Darauf beziehe ich mich und sage, dass natürlich in den entsprechenden Fachreferaten des Auswärtigen Amtes diese Urteile bekannt sind und geprüft wurden. Dazu gibt es Vermerke. Aus guten Gründen, die ich in meiner Antwort eingangs dargelegt habe, haben die Bundesregierungen daraus nicht die Konsequenz gezogen, das zum Bestandteil der Verhandlungen zu machen, sondern sich die soeben von mir dargestellte Strategie - wenn ein europäisches Gericht das einmal überprüft, könnte das mehr zum Rechtsfrieden beitragen als alles andere - zu eigen gemacht. Sie werden mir nicht übel nehmen, dass ich nicht alle Details der Analyse dieser Urteile - ich habe das alles einmal gelesen - präsent habe. Es gibt keine eindeutigen Ergebnisse, auch nicht bei der Rechtsprüfung, dass das zukünftig dem europäischen Recht widerspricht. Wie jeder Rechtsfall ist auch dies ein spezieller. Ich äußere jetzt eine Bitte. Angesichts der Tatsache, dass sich seit 1995 die deutschen Regierungen so verhalten und sich die Kommission und das Europäische Parlament in einer adäquaten Weise intensiv damit beschäftigen, sollten wir es nicht zu einer Veränderung unseres Verhaltens kommen lassen.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Frau Kollegin Rönsch hat noch eine Nachfrage.

Hannelore Rönsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001870, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Beabsichtigt der Herr Bundeskanzler, seine ursprünglich geplante Reise in den nächsten Monaten anzutreten und, wenn ja, wird er dann von Herrn Präsidenten Zeman eine Entschuldigung einfordern? ({0})

Not found (Gast)

Frau Kollegin, in der Bundesregierung ist der Eindruck entstanden, dass ein Besuch des Bundeskanzlers vor den Wahlen zum tschechischen Parlament nach dem heutigen Kenntnisstand nicht zur Klärung beitragen kann. Was nicht zur Klärung beiträgt, stiftet keinen Nutzen. Besuche auf dieser Ebene sollten europäischen Nutzen stiften. Daraus ist aus heutiger Sicht zu folgern, dass ein solcher Besuch des deutschen Regierungschefs wohl sinnvollerweise erst später stattfindet. Das ist der heutige Stand. Jetzt zu der Frage der Entschuldigung: Einzelne Menschen können sich entschuldigen. Zu der Frage, ob Herr Zeman absichtlich jemanden beleidigen wollte, kann ich nur sagen: Das Gespräch, das Bundesaußenminister Fischer mit ihm geführt hat und an dem ich teilnehmen konnte, hat für mich zureichend deutlich gemacht, dass er nicht subjektiv-vorsätzlich Deutsche - in dem Fall Sudetendeutsche - beleidigen wollte. In diesem Punkt gibt es nach Meinung der Bundesregierung keine Kollektivschuld und keine Kollektivverantwortung. Unter Zugrundelegung dieser Kategorien kann man sich dann auch nicht entschuldigen. Unsere Folgerung daraus ist: Wir hoffen, dass es nach den Wahlen in Tschechien wieder mehr Möglichkeiten gibt, Versöhnung zu stiften und wir in Deutschland nicht dazu beitragen, Versöhnung zu erschweren.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Ich rufe die Frage 33 des Kollegen Peter Weiß auf: Warum oblag die Leitung der deutschen Delegation bei der Geberkonferenz für Mazedonien am 13. März 2002 dem Auswärtigen Amt, obwohl der weitaus größte Teil der dort getätigten Zusagen in die Verantwortung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung fällt?

Not found (Gast)

Frau Präsidentin! Herr Kollege, wir haben Richtlinien der Bundesregierung, und zwar nach meinem Wissen schon länger, als diese Bundesregierung im Amt ist. Ich füge hinzu: Das ist auch gut so. ({0}) - Der Spruch, Herr Kollege, liegt im Rahmen der von mir erwünschten Ausweitung der Toleranz im Innergesellschaftlichen - ein Punkt, in dem sich eigentlich Freie Demokraten und Sozialdemokraten immer einig waren. ({1}) Ich bezog mich aber mehr auf Ihren vorherigen kleinen Disput mit meiner Kollegin aus dem Gesundheitsministerium darüber, ob wir denn nicht alles geändert hätten. Wir haben nicht alles geändert und das ist in manchen Fällen richtig so. So wollten Sie es doch. ({2}) In diesen Richtlinien steht also, dass das Auswärtige Amt bei internationalen Verhandlungen federführend ist und ihm damit die Delegationsleitung obliegt, wenn es nicht ein anders Ressort damit beauftragt. Bei der Geberkonferenz in Mazedonien handelte es sich um internationale Verhandlungen, die ausdrücklich im Annex des Ohrid-Abkommens vorgesehen waren. Innerhalb der Bundesregierung bestand Einvernehmen darüber, dass die Delegationsleitung angesichts des Kontextes beim Auswärtigen Amt lag. Das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung war immer beteiligt. Die Lösung ist einvernehmlich gefunden worden.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Jetzt ist aber der Kollege Weiß mit der ersten Nachfrage dran.

Peter Weiß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003255, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, wenn alle althergebrachten Regelungen und Traditionen weiter bestehen sollen, warum gibt es dann seit dem 5. März dieses Jahres einen neuen Runderlass des Staatssekretärs des Auswärtigen Amtes, Jürgen Chrobog, zum Thema Koordination der Außenbeziehungen und welche Koordinierungsprobleme bzw. Zuständigkeitsprobleme innerhalb der Bundesregierung waren Anlass für diesen neuen Runderlass?

Not found (Gast)

Verübeln Sie es mir bitte nicht, aber die Überlegungen der Beamten hinsichtlich der möglichen Zusatzfragen haben trotz aller Weisheit der Beamten nicht zu dieser Zusatzfrage geführt. Da ich nicht gerne ins Blaue hinein rede, kann ich Ihre Frage im Augenblick nicht beantworten. Runderlasse dieser Art dienen aus guten Gründen dem Zusammenwirken der Mitarbeiter der Ressorts und Herr Chrobog hat ihn sicherlich aufgrund seiner zu Recht und gut wahrgenommenen Verantwortung erlassen. Ich kenne den Erlass nicht und müsste ihn vorher lesen. Ich bin aber gern bereit, Ihre Frage in einer anderen Fragestunde zu beantworten, worauf Sie einen Anspruch haben.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Jetzt gibt es aber noch eine zweite Nachfrage.

Peter Weiß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003255, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, bedeuten Ihre grundsätzlichen Ausführungen und die vielleicht noch nachzuholende Lektüre des neuen Runderlasses in Ihrem Hause, dass das Auswärtige Amt künftig grundsätzlich bei allen Verhandlungen mit anderen Staaten die Delegationsführung für sich beanspruchen wird, also zum Beispiel auch bei Regierungsverhandlungen im Zusammenhang mit Zusagen zur Entwicklungszusammenarbeit, bei UN-Sonderkonferenzen unabhängig vom Thema und der jeweiligen federführenden Zuständigkeit der Bundesressorts und unabhängig davon, welche Mitglieder der Bundesregierung einer Delegation angehören?

Not found (Gast)

Das bedeutet es nicht, wie entsprechendes Verhalten auch deutlich macht. So hatte zum Beispiel die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung die Delegationsleitung bei der Konferenz über die Finanzierung der Entwicklung vor einigen Wochen in Monterrey. Im Fall der Geberkonferenz für Mazedonien hingegen waren wir der Auffassung, dass der Zusammenhang des Handelns besser hergestellt werden würde, wenn das Auswärtige Amt diese Aufgabe übernimmt, weil das Auswärtige Amt am stärksten in diesen schwierigen Komplex der Herbeiführung von friedlichen Lösungen in Mazedonien involviert war. In Monterrey haben wir die Federführung der Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit für richtig gehalten.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Ich danke Herrn Staatsminister für die Beantwortung der Fragen. Die Fragen 34 und 35 werden schriftlich beantwortet. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft auf. Zur Beantwortung steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Matthias Berninger zur Verfügung. Ich rufe die Frage 36 des Kollegen Detlef Parr auf: Wie reagiert die Bundesregierung darauf, dass Beamte der Europäischen Kommission die Bundesregierung für ihre bisherige Ablehnung eines Totalverbots der Tabakwerbung öffentlich kritisiert und ein Totalverbot der Tabakwerbung durch die Weltgesundheitsorganisation ({0}) gefordert haben - vergleiche „Financial Times Deutschland“ vom 19. März 2002 - ?

Matthias Berninger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002627

Herr Kollege Parr, für die Bundesregierung beantworte ich die Frage wie folgt: Die Bundesregierung unterstützt grundsätzlich alle Bestrebungen auf EU- und internationaler Ebene, die negativen Folgen des Tabakkonsums zu reduzieren. Dazu gehören auch Einschränkungen der Tabakwerbung. Die Bundesregierung steht in diesem Zusammenhang mit der Tabakindustrie im Gespräch über weitere Restriktionen, insbesondere zum Schutz von Jugendlichen. Allerdings müssen wir darauf achten, dass die Kompetenzordnung der Europäischen Union gewahrt bleibt. Da dies bei der ersten Tabakrichtlinie aus dem Jahre 1998 mit sehr umfangreichen Werbeverboten nicht der Fall war, hat der Europäische Gerichtshof diese für nichtig erklärt. Gemäß diesem EuGH-Urteil setzt sich die Bundesregierung auch bei den neuen Richtlinien zur Tabakwerbung für eine Beschränkung des Anwendungsbereichs auf die grenzüberschreitenden und damit binnenmarktrelevanten Tatbestände ein.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Parr zu einer ersten Zusatzfrage, bitte.

Detlef Parr (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001676, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, im „The Lancet“ gab es heftige Vorwürfe gegen die alte und die neue Bundesregierung. Ich würde von Ihnen gerne wissen, welche Erkenntnisse die Bundesregierung bezüglich der Wirkung der Tabakwerbung auf den Konsum hat.

Matthias Berninger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002627

Herr Kollege Parr, zunächst einmal ist völlig richtig, dass ein britisches medizinisches Fachjournal die Bundesregierung sehr deutlich attackiert hat. Hintergrund der ganzen Angelegenheit ist, dass die Tabaklobby in den Vereinigten Staaten dazu gezwungen wurde, ihre Archive zu öffnen. Diese Archive werden jetzt von Wissenschaftlern durchforstet. Die Akten wurden nicht im Vorfeld vernichtet, sodass man sehr viele höchst delikate Briefe aus den 80er-Jahren, insbesondere solche, die den ehemaligen Bundeskanzler Helmut Kohl und die damalige englische Regierungschefin Margaret Thatcher betreffen, gefunden hat. Aus dieser Korrespondenz geht hervor - die Tabaklobby hat sich jedenfalls dafür bedankt -, dass beide in engem Kontakt mit der Tabaklobby gestanden und in den 80er- und 90er-Jahren durch eine Verschleppungsstrategie verhindert haben, dass eine EU-Richtlinie über die binnenmarktrelevante Tabakwerbung erlassen wurde. Diesen Umstand kann ich nicht weiter beurteilen. Ich möchte Ihre zweite Frage beantworten. Offensichtlich gibt es einen Zusammenhang zwischen einer jugendgerechten Tabakwerbung und dem in den letzten Jahren immer weiter sinkenden Einstiegsalter beim Tabakkonsum. Der Lösung dieses Problems widmen wir uns vonseiten der Bundesregierung in besonderer Weise. Ich finde es sehr besorgniserregend, dass das Durchschnittsalter inzwischen auf 13,6 Jahre gesunken ist. Damit wir hier Tacheles reden, nenne ich Ihnen einen der Hersteller, nämlich Joe Camel. Die Werbung der Firma Camel hat hier einen besonderen Anteil. Ich denke, dies sollte man auch in diesem Hause kritisieren.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Parr hat noch eine weitere Frage. Bitte.

Detlef Parr (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001676, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Die Wirkung der Camel-Werbung haben Sie der Presse entnommen. In Bezug auf die Wirkung der Tabakwerbung auf den Konsum hätte ich von der Bundesregierung gerne eigene Erkenntnisse dargestellt bekommen. Ich möchte eine Zusatzfrage im Hinblick auf die Selbstverpflichtung der Tabakindustrie und der AutomaPeter Weiß ({0}) tenhersteller, die zum Beispiel dafür Sorge tragen wollen, dass im Umfeld von Schulen und bei der Nutzung von Automaten entsprechende Einschränkungen Platz greifen, stellen. Wie beurteilen Sie dies im Zusammenhang mit den Bestrebungen für ein absolutes Werbeverbot?

Matthias Berninger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002627

Bei der Beantwortung Ihrer Frage habe ich darauf hingewiesen, dass die Bundesregierung in Gesprächen mit der Tabakindustrie steht. Sie wissen, dass wir keine grundsätzlichen Gegner von Selbstverpflichtungen, so sie denn tatsächlich ein Ziel erreichen, sind. Hier muss man im Detail schauen, welche Angebote vonseiten der Tabakindustrie gemacht werden und was wir ihnen zusätzlich abhandeln können. Für mich gibt es keine Kompromisse, wenn es um den Zugang von Jugendlichen zu Tabakprodukten geht. Dies gilt insbesondere auch bezüglich der Tabakwerbung, die junge Leute als spezielle Zielgruppe hat. Ich denke, wir sollten hier für absolute Klarheit sorgen. Die Entwicklung, die nicht nur den Medien zu entnehmen war, sondern anhand der Statistiken natürlich auch im Bundesgesundheits- und Verbraucherschutzministerium registriert worden ist, dass nämlich das Einstiegsalter der Raucherinnen und Raucher im Durchschnitt immer niedriger wird, ist keinesfalls akzeptabel und darf durch Werbe- oder Marketingstrategien der Tabakwirtschaft nicht befördert werden.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Hierzu gibt es jetzt eine weitere Zusatzfrage der Kollegin Dr. Thea Dückert.

Dr. Thea Dückert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003071, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, ich möchte gerne von Ihnen wissen, wie sich die Bundesregierung zur Antiraucherinitiative des Herrn Byrne verhalten hat.

Matthias Berninger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002627

Herr Kommissar Byrne hat im Rahmen der Verhandlungen um die Zukunft der Tabakmarktordnung im Agrarrat die Position vertreten, dass ein immer größerer Anteil der EU-Gelder, die bisher für den Tabakanbau ausgegeben wurden, nun für Öffentlichkeitskampagnen gegen den Tabakkonsum eingesetzt werden soll. Wir haben dies kräftig unterstützt. Wir werden im nächsten Jahr 30 statt 20 Millionen Euro für die Kampagne ausgeben. Ich gehe davon aus - die EUKommission hat hier unsere volle Unterstützung -, dass wir ab dem Jahre 2004 diesen Betrag mit der Folge verdoppeln können, dass die EU dann erhebliche Mittel in der Hand hat, um ihrerseits mit öffentlichen Kampagnen gegen den Tabakkonsum besonders die Zielgruppe der jungen Leute zu erreichen.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Wir bleiben beim Thema Tabakwerbung. Ich rufe die Frage 37 des Kollegen Detlef Parr auf: Hat die Bundesregierung einem Verhandlungsmandat an die Europäische Kommission zugestimmt, das diese ermächtigt, bei den Beratungen über eine internationale Tabakkonvention der WHO auch über ein Totalverbot der Tabakwerbung zu verhandeln?

Matthias Berninger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002627

Die Bundesregierung hat im April 2001 einer Ausweitung der Ermächtigung der Kommission, ein WHORahmenübereinkommen zur Bekämpfung des Tabakkonsums und zu damit zusammenhängenden Protokollen auszuhandeln, zugestimmt. Das am 22. Oktober 1999 gegen die Stimme Deutschlands erteilte ursprüngliche Mandat war auf die Fragen begrenzt, die gemäß den Art. 95 und 152 des EG-Vertrages in die Zuständigkeit der Gemeinschaft fallen. Herr Kollege Parr, Bezug nehmend auf meine Antwort auf Ihre erste Frage: Unserer Meinung nach liegt genau das, was nicht binnenmarktrelevant ist, nicht in der Zuständigkeit der Europäischen Gemeinschaft. Vor diesem Hintergrund haben wir nicht erkennen können, dass die EU-Kommission hier ein Verhandlungsmandat für die Themenbereiche hat, die vom Europäischen Gerichtshof als nicht im Zuständigkeitsbereich der Kommission liegend betrachtet wurden. Insofern ergibt sich als Beantwortung der Frage, dass es von unserer Seite kein umfassendes Verhandlungsmandat für diesen Themenkomplex gegeben hat, wofür wir als Bundesrepublik Deutschland - auch das war den Medien zu entnehmen - vonseiten der WHO heftig kritisiert worden sind.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Eine kurze Zusatzfrage des Kollegen Parr; dann ist die Zeit für die Fragestunde vorüber.

Detlef Parr (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001676, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ich danke der Präsidentin für die Großzügigkeit. Über Zuständigkeiten zu diskutieren ist die eine Seite. Die Frage ist, was die Bundesregierung tun wird. Steuert die Bundesregierung auf ein totales Werbeverbot zu?

Matthias Berninger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002627

Ich habe in meiner ersten Antwort darauf hingewiesen, dass wir in unseren Gesprächen mit der Tabakindustrie auch über Selbstverpflichtungen reden. Dies ist ein Thema, über das wir intensiv diskutieren. Wir haben noch kein konkretes Ergebnis. Über die Frage, ob es ein vollständiges Tabakwerbeverbot zum Beispiel für solche Zeitschriften geben wird, die nur auf dem deutschen Markt erscheinen, wird die Bundesregierung im Rahmen der Kompetenzordnung der Europäischen Union dann entscheiden, wenn ein Angebot der Tabakwirtschaft vorliegt. Wenn dieses Angebot nicht ausreichend ist, wird dieses Thema erneut zu erörtern sein. Dies ist aber unabhängig von der Frage, welche Kompetenzen wir als Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der Kompetenzordnung bereit sind an Brüssel abzugeben.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Damit ist die Fragestunde beendet. Wie üblich werden alle noch nicht beantworteten Fragen schriftlich beantwortet. Ich rufe jetzt den Zusatzpunkt 2 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der SPD Haltung der Bundesregierung zum Insolvenzantrag der Kirch-Media AG Erster Redner in dieser Debatte ist der Staatsminister Julian Nida-Rümelin.

Not found (Gast)

Frau Präsidentin, ich hatte mich eigentlich darauf eingestellt, am Ende dieser Debatte zu sprechen. Aber es macht gar nichts, dass das jetzt umgestellt wurde. Meine sehr geehrten Damen und Herren, obwohl es verführerisch ist, die Kirch-Insolvenz auch für vordergründige Polemiken zu nutzen, muss sie uns vor allem Anlass dazu sein, die Medienordnung in Deutschland, in Europa und auch im globalen Zusammenhang kritisch auf den Prüfstand zu stellen. Schon seit Monaten führen wir im Rahmen der Europäischen Union eine Diskussion über die Prinzipien einer europäischen Medienordnung. So wird etwa die Fernsehrichtlinie novelliert werden, was Auswirkungen auf die Medienlandschaft in Deutschland haben wird. Ich beschränke mich auf einige wesentliche Thesen, die ich zur Diskussion über die Konsequenzen aus der KirchInsolvenz beisteuern möchte und die wegen des Sachzusammenhanges zum Teil über den Zuständigkeitsbereich des Bundes hinausgehen. Die gegenwärtigen Zuständigkeiten für Kontrolle und Aufsicht sind in Deutschland unübersichtlich. Wir hatten Mühe genug, etwa im Bereich des Jugendschutzes eine tragfähige Lösung zu finden, die von den Ländern und dem Bund gemeinsam verantwortet werden kann. Die erste These: Die Kirch-Insolvenz ist ein Warnsignal im Hinblick auf die Verflechtung von politischen und medienpolitischen Interessen einerseits und medienwirtschaftlichen Privatinteressen andererseits. ({0}) Über die Details wird in den nächsten Wochen noch diskutiert werden. Aber es steht ganz außer Frage, dass es eine enge Verflechtung gibt - welche Rolle die Bayerische Landesbank dabei gespielt hat, darüber wird noch diskutiert werden - und dass die risikofreudige Strategie von Kirch auch mit dieser Verflechtung zu tun hat. Dass er entsprechende politische Rahmenbedingungen vorgefunden hat, die ihm erst sein risikofreudiges Verhalten in diesem Umfange ermöglicht haben, steht für mich jedenfalls außer Frage. ({1}) Hier stellt sich natürlich die Anschlussfrage, welches die Konsequenz daraus sein kann. Eine Konsequenz, über die wir diskutieren müssen - wie gesagt, es ist Sache der Länder, das dann politisch zu realisieren -, läuft auf die Frage hinaus, ob in der gegenwärtigen Struktur der Medienordnung der Bundesrepublik Deutschland nicht aufgrund von Standortkonkurrenz das öffentliche Interesse an Medien- und Meinungsvielfalt sowie an hinreichend viel politischer und kultureller Berichterstattung in unserem Land unterlaufen wird und wir die Instrumente, die im Rahmen der Medienaufsicht der Länder zur Verfügung stehen, erst dann wirksam zum Einsatz bringen können, wenn die Zuständigkeiten der Länder stärker koordiniert sein werden. Das geht bis hin zu einer gemeinsamen, koordinierten Medienaufsicht der Länder gegenüber den verschiedenen privaten Rundfunkveranstaltern. ({2}) Die zweite These: Für mich liegt auf der Hand, dass wir alles tun müssen, damit Deutschland vielleicht kein gutes - viele wünschen sich ein besseres -, aber zweifellos das beste frei empfangbare Fernsehsystem der Welt behält. ({3}) Diese Tatsache hängt ganz eng damit zusammen, dass wir einen starken öffentlich-rechtlichen Hörfunk und ein starkes öffentlich-rechtliches Fernsehen haben. Wir müssen alles tun, damit der öffentlich-rechtliche Sektor nicht marginalisiert wird. ({4}) Man stelle sich einmal die schlimme Vision einer Marginalisierung des öffentlich-rechtlichen Sektors vor und bedenke dabei, dass das Internet eine immer größere Rolle spielt - Stichwort Konvergenz - und die öffentlich-rechtlichen Sender dort wenig Spielräume haben und dass es deutliche Warnsignale im Hinblick auf eine Überalterung der Zuschauer gibt. Ferner ist hier an eine Werbevermüllung des frei empfangbaren privaten Fernsehangebots zu denken. Noch sind wir nicht so weit; aber wir diskutieren über eine weitgehende Liberalisierung der Werbemöglichkeiten privater Anbieter im frei empfangbaren Fernsehen. Damit ginge eine geringere Attraktivität des frei empfangbaren Fernsehens einher, was zugegebenermaßen die von manchem wirtschaftlich gewünschte Folge hätte, dass das Pay-TV entgegen der jetzigen Situation wirtschaftlich attraktive Perspektiven böte. Pay-TV ist gegenwärtig deswegen wenig attraktiv für die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland, weil es hier ein so gutes frei empfangbares Fernsehangebot gibt. Das hat sich Kirch offensichtlich falsch ausgerechnet. ({5}) Eine Entwicklung in der Richtung, wie sie etwa in den Vereinigten Staaten von Amerika oder auch in Italien zu beobachten ist, wo das frei empfangbare Fernsehen ein Niveau erreicht hat, das einen nachdenklich stimmen muss - wer das einmal erlebt hat, wird mir sofort zustimmen -, ist meiner Meinung nach nicht wünschenswert. Die dritte Debatte, die wir meiner Meinung nach führen müssen, befasst sich mit der Frage, wie viel Markt mit hinreichend viel Struktur vereinbar ist. Ich sage das bewusst so abstrakt. Es gilt, ein Spannungsverhältnis zwischen den von allen - auch von allen Ökonomen - anerkannten nivellierenden Tendenzen eines globalen Medienmarktes einerseits und dem Ziel globaler kultureller Vielfalt einschließlich nationaler Identitäten andererseits zu bewahren. Daran, dass es dieses Spannungsverhältnis gibt, lässt sich nicht rütteln. Merkwürdigerweise wird diese Diskussion in Frankreich, Italien, den anderen südeuropäischen Ländern und in Südamerika sehr viel intensiver geführt als bei uns. Aber auch wir müssen diese Diskussion führen. Es kann schließlich nicht die Rede davon sein, dass die Produkte, die von den Medienunternehmen angeboten werden, lediglich private Güter im Sinne der Ökonomie bzw. privat konsumierbare Güter sind, ({6}) sondern es geht dabei offensichtlich auch - nicht nur, aber auch - um öffentliche Güter, etwa das Bildungsniveau in der Bundesrepublik Deutschland und das Maß der Informiertheit über politische Vorgänge. Ein völlig unpolitisches, reines Unterhaltungsprogramm ist selbst Politik. Es trägt nämlich zur Entpolitisierung bei. ({7}) Deswegen kann es auf der einen Seite - auch im Hinblick auf Regionen, die wirtschaftlich weit schwächer sind als die Bundesrepublik Deutschland - nicht sakrosankt sein, darüber zu diskutieren, wie wir Staatsferne sichern können. Das kann auch für uns aktuell werden, wenn Berlusconi doch noch versucht, bei uns einzusteigen und die bestehende Situation auszunutzen. Es geht nicht an, dass wir in der Bundesrepublik Deutschland Staatsferne gesichert haben - wobei ich mir vorstellen kann, dass die Staatsferne noch deutlicher gemacht und auch noch stärker in das System unserer Medienordnung implementiert werden kann, als dies gegenwärtig der Fall ist - und dass dann von ausländischer Seite ein Ministerpräsident dieses Gebot der Staatsferne unterläuft. ({8}) Auf der anderen Seite müssen wir darauf achten, dass Regionen - insbesondere solche, die wirtschaftlich schwächer sind; die Bundesrepublik Deutschland stellt, wie gesagt, nicht das führende Beispiel dar - nicht von international agierenden Medienkonzernen ihrer kulturellen Identität beraubt werden. Dass dies ein schwieriger Balanceakt ist, ist mir bewusst. ({9}) Deswegen stellt es auch kein Vergehen gegen den Geist des freien Marktes dar, wenn wir Regelungen einführen, wie sie in Großbritannien, Australien, in den USA, in Brasilien und in vielen anderen Ländern selbstverständlich sind, ({10}) die die ausländische Kapitalbeteiligung an Medienunternehmen beschränken, wobei damit im EU-Rahmen natürlich nur Kapital außerhalb der Europäischen Union gemeint sein kann, weil es innerhalb der Europäischen Union keinen Unterschied zwischen inländischem und ausländischem Kapital gibt. Solche Beschränkungen halte ich als Teil eines Konzepts einer Medienordnung, die auch global Bestand haben kann, für selbstverständlich. Danke schön. ({11})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Jetzt spricht der Bayerische Staatsminister für Wirtschaft, Dr. Otto Wiesheu. ({0}) Dr. Otto Wiesheu, Staatsminister ({1}): Bei uns darf jeder sprechen. Wie das bei Ihnen ist, weiß ich nicht. ({2}) Die laufenden Verhandlungen über die Lösung der Probleme, die im Zusammenhang mit der Insolvenz von Kirch-Media aufgetreten sind - diese betreffen nicht die Holding, nicht das Pay-TV und auch nicht die Beteiligungen -, werden mit dem Ziel geführt, den Konzern und die Arbeitsplätze so weit wie möglich zu erhalten. Auf alle Fälle ist es das erklärte Ziel der Banken wie der Insolvenzverwalter, den Kirch-Konzern als integrierten Medienkonzern im jetzt laufenden geregelten Insolvenzverfahren zu erhalten. Es wurde auch zugesagt, die nächste Rate für die Übertragung der Bundesliga zu zahlen und Verhandlungen über die nächste Saison aufzunehmen. Ich stehe deswegen auf dem Standpunkt: Hier muss eine Lösung gefunden werden - sie wird auch gefunden werden -, die marktwirtschaftlich ist und die ohne Staatszuschüsse und staatliche Bürgschaften auskommt. ({3}) Das Hilfsangebot des Herrn Bundeskanzlers - ich frage mich, warum er überhaupt ein solches Angebot gemacht hat - war überflüssig. ({4}) Er hat gesagt: Das, was bei Holzmann richtig war, ist auch bei Kirch nicht falsch. Dazu kann ich nur sagen: Er hat nichts dazugelernt; denn das, was schon bei Holzmann falsch war, ist auch bei Kirch nicht richtig. ({5}) Es laufen Verhandlungen über die Filmrechte und die Fußballübertragungsrechte. Diese Verhandlungen werden von denjenigen geführt, die die Verantwortung tragen. Nun möchte ich auf das Thema der ausländischen Investoren zu sprechen kommen, das auch schon Herr Nida-Rümelin angesprochen hat. Herr Clement hat vor einiger Zeit öffentlich gesagt, dass er verfassungsrechtlich prüfen lassen werde, ob der Einstieg von Murdoch und Berlusconi bei Kirch gegen Art. 5 des Grundgesetzes verstoße. Das ist in mehrerer Hinsicht erstaunlich: Erstens. Wenn Bertelsmann in den USA, in Frankreich, in Italien oder, wie jetzt angekündigt, in Spanien investieren würde und wenn als Reaktion darauf die Aussage käme, hier hat ein Deutscher nichts verloren, dann würde man sich sehr wundern. ({6}) Manche nehmen also eine sehr seltsame Position im Hinblick auf den Einstieg von Murdoch und Berlusconi ein. Zweitens. Als Bertelsmann in den USA investiert hat, hat es eine solche Debatte, wie wir sie jetzt führen, dort nicht gegeben. Man hätte sie dort im Hinblick auf unsere internationale Wirtschafts- und Medienordnung als vollkommen abwegig betrachtet. Drittens. Es war Herr Clement selbst - das belegt, warum die jetzige Debatte scheinheilig ist -, der Herrn Murdoch nachgelaufen ist und ihn nach Deutschland geholt hat. Herr Murdoch ist doch längst da: Er ist mit 49,5 Prozent an Vox beteiligt. Er hält auch noch andere Beteiligungen. Herr Clement hat sich gerühmt, im Jahr 1998 Herrn Murdoch in Los Angeles besucht und zwei Stunden mit ihm verhandelt zu haben. Herr Clement hat damals gesagt: Herr Murdoch ist ein hochinteressanter Typ, den man auf Dauer nicht aus Deutschland heraushalten sollte. Das sind die Fakten. ({7}) Es ist ziemlich scheinheilig, wenn hier anders argumentiert wird. ({8}) Schließlich ist das deutsche Medienrecht auch für jeden ausländischen Investor verbindlich. Sie sollten den Artikel lesen, der am 6./7. April in der „Süddeutschen Zeitung“ unter der Überschrift „Kirch - Heuchler und Bösewichte“ erschienen ist; denn dort wird darauf hingewiesen, dass ausländische Investoren, egal woher sie kommen, nach den medienrechtlichen Vorschriften genauso behandelt werden müssen wie die inländischen. Zur Kritik von Herrn Clement an Herrn Kirch und an den Vorgängen in dessen Konzern: Es war, glaube ich, auch im Jahr 1998, als Herr Clement in einer Debatte im nordrhein-westfälischen Landtag gesagt hat, wenn Kirch kommen würde, würde er ihm den roten Teppich ausrollen. Herr Clement hat Herrn Kirch seinerzeit angeboten, ihm unbesehen einen Kredit in Milliardenhöhe bei der WestLB zu beschaffen, wenn er in Nordrhein-Westfalen investiere. Das sind auch Fakten, an die sich heute niemand mehr erinnern möchte. ({9}) - Nein, ich sehe die Zusammenhänge. Der Bundeskanzler hat zuerst eine nationale Lösung angepriesen. Dann ist er vorsichtiger geworden und hat nur noch gesagt, er lehne internationale Investoren nicht grundsätzlich ab. Was ist denn die Rolle des Herrn Bundeskanzlers bei diesem Thema? ({10}) - Ich rede von den Gesamtzusammenhängen. - Ende Januar hat es in Hannover ein Treffen zwischen Herrn Breuer, Herrn Bundeskanzler Schröder, Herrn Middelhoff, dem Vorstandsvorsitzenden bei Bertelsmann, und Herrn Erich Schumann, dem Mitgeschäftsführer der „WAZ“, gegeben. ({11}) - Ich glaube schon, dass Sie das stört; denn jetzt kommen die Wahrheiten auf den Tisch. ({12}) Bei diesem Treffen wurde die Lage erörtert und darüber diskutiert, wie man bei einem Zusammenbruch des Kirch-Konzerns - es wurde also schon damals davon gesprochen - Murdoch und deutsche Investoren bedienen könne. Ich frage Sie - das ist auch interessant -: Warum war denn die „WAZ“ bei dem Thema dabei? Warum war Bertelsmann dabei? ({13}) - Moment! - Warum verspricht Schröder Herrn Murdoch bereits zu diesem Zeitpunkt, er würde Pay-TV bekommen? (Beifall des Abg. Dr. Peter Ramsauer ({14}) Ende Januar zerteilt der Bundeskanzler einen Konzern, der ihm nicht gehört, bei dem er nichts mitzureden hat und wobei Voraussetzung natürlich die Insolvenz ist. Eine Woche später nimmt der Herr Breuer Stellung und sagt, Kirch ist nicht mehr kreditwürdig, was für einen Banker absolut ungewöhnlich ist. ({15}) Es gibt eine Rolle, die der Herr Kanzler hier spielt. Ich frage Sie: Was berechtigt den Bundeskanzler, Ende Januar über die Zerlegung des Kirch-Konzerns zu debattieren und Zusagen zu machen, deren Einhaltung die Insolvenz voraussetzt? ({16}) Eine Woche später kommt der Herr Breuer mit seiner Äußerung und beschleunigt den gesamten Prozess. Dr. Otto Wiesheu, Staatsminister ({17}) Ihnen geht es um etwas ganz anderes. Als der Kanzler vor einiger Zeit seine Kampagne gegen Springer angekündigt hat ({18}) - Sie sollten sich etwas beruhigen und zuhören -, ist ziemlich klar geworden, dass es ihm um die Springer-Beteiligung bei Kirch geht. Das war auch der Grund dafür, dass die „WAZ“ dort teilgenommen hat. ({19}) Der Bundeskanzler hätte gern die Anteile, die Kirch an Springer hat, der „WAZ“ zugespielt, weil diese einen politischen Kurs verfolgt, der ihm gefällt. ({20}) Das ist mit der Hintergrund dafür ({21}) - Sie sollten Ihre Stimme schonen -, dass der Bundeskanzler hierbei eine Rolle gespielt hat, und zwar keine gute Rolle. ({22}) - Regen Sie sich nur auf! Ich habe Herrn Nida-Rümelin und seine Thesen über die Staatsferne des Rundfunks gehört. ({23}) Das war sehr schön und sehr abstrakt gesprochen. Um was es tatsächlich geht, ist aber die Parteinähe bestimmter Medien, die Sie in einigen Bereichen vermissen, die Sie gern hätten. ({24}) - Aber natürlich! Entschuldigung! Es gab die Ankündigung des Kanzlers, er werde eine große Kampagne gegen Springer fahren - das ist vielleicht eine Reminiszenz an seine Jusozeit, aber das hat er vor ein paar Monaten wiederholt - , weil ihm der politische Kurs dort nicht passt. ({25}) Da er die Kampagne nicht fahren konnte, probiert er es jetzt auf eine andere Weise, indem er Anteile des Konzerns an Medienkonzerne verschiebt, die ihm politisch nahe stehen. Das ist die Aktivität, die gelaufen ist. Das ist auch die Aktivität, die Ende Januar gelaufen ist. Einen anderen Sinn hatte das Gespräch nicht. Vielleicht können Sie einmal darlegen, ob über andere Themen gesprochen worden ist. Das war also der Hintergrund. Gleichzeitig ist dem Herrn Murdoch zugesagt worden, er könne sich am PayTV beteiligen oder es übernehmen. ({26}) Wenn sich Herr Schröder beim Kirch-Konzern als Retter aufspielen will, Monate vorher aber als Brandstifter mit tätig war, ({27}) dann ist das - um einen Begriff des Herrn Schröder zu gebrauchen - menschlich unanständig und schäbig. ({28}) Zu dem Treffen gibt es eine Vorgeschichte. Auch darüber sollten Sie sich informieren lassen. Der Ministerpräsident von Niedersachen ({29}) hat einen Untersuchungsausschuss empfohlen. Was den das kümmert, weiß ich nicht. In einem solchen Untersuchungsausschuss könnte man alle Beteiligten fragen, welche Rolle sie eigentlich gespielt haben, und könnte man nach dem Drehbuch fragen, das für einige vorgelegt worden ist. Dass der Kirch-Konzern finanziell angeschlagen war, ist bekannt. ({30}) Dass durch eine öffentliche Erörterung der Probleme die Prozesse beschleunigt worden sind und eine Sanierung ohne Insolvenz unmöglich gemacht worden ist, ist auch bekannt. Dann kann man auch das Thema der Kreditvergabe durch die Landesbank erörtern; darauf wird man aber sicher sowieso noch näher eingehen. ({31}) Der bei der Landesbank zuständige Dezernent - das muss ich Ihnen bei dieser Gelegenheit mitteilen - war der Präsident selbst. Präsident Lehner kommt von der Münchener Sparkasse und ist bekanntermaßen SPD-Mitglied. Aber Sie werden sich sicher nicht vorstellen können, dass bei der Bayerischen Landesbank ein SPD-Mitglied Präsident werden kann.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Staatsminister, darf ich Sie darauf aufmerksam machen, dass wir uns in einer Aktuellen Stunde befinden, in der die Redezeiten streng begrenzt sind. Dr. Otto Wiesheu, Staatsminister ({0}): Ja, das weiß ich. Meine Redezeit ist aber auf zehn Minuten festgelegt. Dr. Otto Wiesheu, Staatsminister ({1})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Diese zehn Minuten sind schon um. Dr. Otto Wiesheu, Staatsminister ({0}): Entschuldigung. Das war mir nicht bekannt. ({1}) Ich dachte, ich hätte noch ein paar Minuten Redezeit. Ich hätte gern noch einige Ausführungen gemacht, will meine Rede aber damit beenden. ({2})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Nächste Rednerin in der Aktuellen Stunde ist die Kollegin Christine Scheel für die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen.

Christine Scheel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002771, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Wiesheu, es gibt anscheinend einige größere Unterschiede zwischen dem Bayerischen Landtag und diesem Parlament. Die betreffen nicht nur die Redezeit. Normalerweise reden wir hier in diesem Hause über die Sache, ({0}) darüber, wer für etwas zuständig ist, und darüber, wer, wenn eine Pleite stattgefunden hat, dafür die Verantwortung trägt. Darüber haben Sie leider kein einziges Wort verloren. ({1}) Wir sprechen hier heute über ein Lehrstück vor allem der bayerischen Wirtschaftspolitik. Am Beispiel Kirch ist nämlich besonders plastisch geworden, wie die bayerischen Kompetenzen in der Wirtschaftspolitik wirklich aussehen. Es ist schon eigenartig, Herr Wiesheu: 1997 haben Sie über die LfA versucht, einen Kredit für Leo Kirch durchzubringen, der damit zu 100 Prozent von der bayerischen Regierung getragen worden wäre, haben aber 1998 die Kompetenz für diesen Bereich entzogen bekommen. Die Kompetenz für diesen Bereich ist in die Staatskanzlei zu Minister Huber und zu Herrn Stoiber abgewandert. Jetzt, da der Karren im Dreck steckt, werden Sie wieder hervorgezaubert; die anderen tauchen ab. Das ist die Realität, wie in Bayern debattiert wird und welche Möglichkeiten die Einzelnen in Bayern haben. ({2}) Wir haben es hier - das ist eine sehr ernste Sache - mit einem der größten Unternehmenszusammenbrüche in der deutschen Nachkriegsgeschichte zu tun. Es ist, gemessen an den Schulden in einer Größenordnung von mittlerweile 7,2 Milliarden Euro, die größte Pleite. Diese Summe ist für einen normalen Menschen kaum vorstellbar. Wenn man sich anschaut, wie das Ganze abgelaufen ist, dann muss man feststellen, dass in Bayern Großunternehmen - dazu gehört das Unternehmen Kirch - auf Kosten des Mittelstandes hofiert worden sind, und zwar jahrelang. ({3}) Es wurden über Jahre hinweg großzügig Kredite in Milliardenhöhe an den Großkunden Kirch vergeben. Dieses Geld aus der Schatulle der Bayerischen Landesbank stand damit dem Mittelstand und den kleinen Handwerkern nicht mehr zu Verfügung. Man muss sich also die gesamte Situation hinsichtlich der Vergabekriterien anschauen. ({4}) Wenn man sich weiterhin anschaut, wer in dem Vergabegremium der Bayerischen Landesbank sitzt, dann findet man von Umweltminister Schnappauf über Herrn Staatsminister Wiesheu und Innenminister Beckstein das halbe Kabinett. Man braucht sich also nicht darüber zu wundern, wie die bayerische Wirtschaftspolitik funktioniert. ({5}) Angesichts dieser Situation müssen wir feststellen, dass es eine ganz enge Verknüpfung von Staat und Wirtschaft gibt. ({6}) Herr Stoiber höchstpersönlich geriert sich als oberster Medienplaner des Landes. Auch er jettet in der weltweiten High Society umher und hat sich als Tête-à-tête mit Murdoch getroffen. Lassen Sie doch diese wunderbaren Erzählungen über andere, die Sie uns präsentiert haben! Auch Herr Stoiber hat Herrn Murdoch in den Vereinigten Staaten kontaktiert und hat Seilschaften zugunsten seines Busenfreundes Kirch geknüpft. Wenn wir untersuchen, wie versucht worden ist, an Geld zu kommen, dann erkennen wir, dass es noch eigenartiger wird. Man wusste anscheinend, dass das Risiko vor allem hinsichtlich der Formel 1 verdammt hoch ist. Deswegen hat man unter an deren mit der Hypo-Vereinsbank versucht, dieses Kreditrisiko etwas breiter zu streuen. Die Hypo-Vereinsbank ist aber nicht darauf eingegangen. Darum hat die Bayerische Landesbank den Kredit trotz des hohen Risikos gewährt. Das spiegelt das ausgeklügelte System wider, das sich in Bayern jahrzehntelang „bewährt“ hat. Wenn man sich schließlich anschaut, dass Herr Stoiber immer wieder öffentlich die Monstranz der freien Marktwirtschaft vor sich herträgt, aber in Hinterzimmern herummauschelt, dann muss man sagen: In Bayern haben wir mittlerweile eher eine Planwirtschaft als eine freie Marktwirtschaft. ({7}) Es bleiben die Fragen offen, ob es in dem Spiel Verlierer gibt und wer die bayerische Amigowirtschaft bezahlt. Die Antwort ist längst bekannt: Der Steuerzahler zahlt die Rechnung, und das gleich zweifach, nämlich einmal über eine politisch motivierte Kreditvergabe ohne belastbare Sicherheiten, die sich im Insolvenzverfahren höchstwahrscheinlich zulasten der Bayerischen Landesbank in Luft auflösen und infolgedessen natürlich wiederum den Steuerzahler bzw. die Steuerzahlerin belasten, und zum Zweiten über die Steuerausfälle, wenn die privaten Banken ihre Kredite, die sie im Medienmoloch versenkt haben, von der Steuer absetzen. Ich muss Ihnen klar sagen, dass wir daraus folgendes Fazit ziehen: Herr Stoiber hat auf der ganzen Linie versagt, und zwar als Wirtschaftspolitiker, als Medienpolitiker und letztendlich auch als Landeschef. So jemand ist Kandidat für die Bundestagswahl! Wir können erahnen, was auf uns zukäme. Danke schön. ({8})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Für die FDP-Fraktion hat jetzt der Kollege Hans-Joachim Otto das Wort.

Hans Joachim Otto (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001666, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsidentin! Frau Kollegin Scheel, mit den Krokodilstränen, die Sie hier geweint haben, können Sie die ganze Sahara zum Blühen bringen. ({0}) Es ist doch wohl witzig: Wo waren Sie eigentlich, als Ihr großer Kanzler Schröder so viel Geld für Holzmann hergegeben hat? Wo war da Ihr marktwirtschaftliches Engagement? Jetzt regen Sie sich über die Landesbankbeteiligung auf. ({1}) - Versprochen hat! Ich möchte mich aber mit dem seriöseren Teil der Debatte beschäftigen. Also werde ich mich der Frage zuwenden, die Herr Nida-Rümelin aufgeworfen hat. Wir sind uns darin einig, dass die Kirch-Pleite schon allein deshalb ein Warnzeichen ist, weil sie in erster Linie Folge einer verfehlten Medienordnung in Deutschland ist. ({2}) Es ist wohl wahr, dass Kirch unternehmerische Fehler gemacht hat. Ich glaube, das gibt er selbst zu. Wenn Kirch aber alleine verantwortlich wäre, könnten Sie mir nicht erklären, ({3}) warum praktisch alle deutschen Privatsender immer tiefer in die roten Zahlen rutschen. Das ist ein Problem, mit dem wir uns hier offen beschäftigen müssen. ({4}) Lieber Herr Nida-Rümelin, in diesem Zusammenhang fällt mir der Spruch ein: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass. Wenn Sie gleichzeitig eine Stärkung des öffentlich-rechtlichen Systems fordern ({5}) und wenn Sie sich gegen die „Werbevermüllung“ - so haben Sie es formuliert - wenden, ({6}) dann werden Sie auf der anderen Seite in Deutschland keine Standortbedingungen finden, unter denen private Fernsehsender erfolgreich wirken können. In Deutschland haben wir das mit weitem Abstand teuerste öffentlich-rechtliche Rundfunksystem der Welt: 6,5 Milliarden Euro Gebühren pro Jahr. Wir haben rund 20 öffentlich-rechtliche Fernsehprogramme. Mit dem Geld der Steuerzahler werden für 400 Millionen Euro die Fußballrechte für 2002 und 2006 gekauft. Welch eine Vergeudung! Die Gebühren der Fußballmuffel, die nicht die Fußball-WM sehen wollen, werden mit dafür verwendet. Wenn wir das duale Rundfunksystem und die Vielfalt in Deutschland sichern wollen, dann müssen wir Lebensbedingungen schaffen, die es privaten Sendern erlauben, Gewinne zu machen. ({7}) Wenn Sie sich dagegen wehren, werden wir die Dinge nie in Ordnung bringen. Das nächste Thema: Staatsferne. Sie fordern Staatsferne; das ist auch witzig! Herr Nida-Rümelin, ich habe noch nie gehört, dass Sie beispielsweise die Beteiligungen Ihrer Partei an Verlagshäusern kritisiert haben. ({8}) An diesem Punkt hätte man sich über Staatsferne unterhalten können. Herr Nida-Rümelin, wo waren Sie, als der der SPD angehörende Ministerpräsident Clement bei der Besetzung des ZDF-Intendantenpostens mitgemischt hat? Tolle Staatsferne! Meine Damen und Herren, zur Holzmann-Geschichte möchte ich noch einmal die Kollegin Scheel ansprechen. ({9}) Ich rede sehr gerne über Staatsferne, aber gerade die SPD ist es doch, die in wirklich unverschämter Weise überall dort, wo sie die Ministerpräsidenten stellt, Personalpolitik betreibt, durchgreift und auf Intendantenwahlen Einfluss nimmt. Das ist doch keine Staatsferne! ({10}) Ich bin sehr damit einverstanden, dass sich die Landesbanken - ({11}) - Ja, ich komme jetzt zu Bayern, kein Problem, Herr Küster. Wir sind natürlich dagegen, dass sich die Staatsbanken überdurchschnittlich an den Risiken beteiligen. ({12}) Wir sind sogar der Meinung, dass die Staatsbanken zu privatisieren sind. Ich wäre sehr dankbar, wenn Sie da auf unserer Seite wären. Wenn es um Staatsferne geht, Herr Nida-Rümelin, haben Sie mit uns keine Probleme. Ich erwarte aber von Ihnen konsequentes Verhalten. Sie können nicht auf der einen Seite sagen, die Bayerische Landesbank muss sich raushalten, auf der anderen Seite aber sagen, dass alles in Ordnung ist, was Herr Clement in Nordrhein-Westfalen mit der dortigen Landesbank macht. ({13}) Das Dritte, Herr Nida-Rümelin, sind die Ausländerquoten: Ich finde es witzig, dass dieselbe SPD, die jahrelang Leo Kirch als den bayerischen Dunkelmann des deutschen Fernsehens diffamiert hat, jetzt nach einer nationalen Lösung schreit. Das ist doch wirklich enorm. Jetzt höre ich von Herrn Wiesheu auch noch, dass Herr Clement praktisch den Herrn Murdoch herbeigeredet und ihn aufgefordert hat, in Nordrhein-Westfalen zu investieren. Sie aber fangen mit Deutschtümelei und Quoten gegen die Ausländer an. ({14}) Ich möchte Sie nur darauf hinweisen, dass Sie Berlusconi in keinem Fall werden fern halten können, denn er ist EU-Bürger. Da geht Ihr Argument schon einmal in die Irre. Wir sollten eigentlich froh sein, wenn kompetente ausländische Medienunternehmer bereit sind, in dieser schwierigen Situation Geld zu investieren. Murdoch beispielsweise ist bereit, 600 Millionen Euro für Premiere zu bezahlen. ({15}) - Ich habe gehört, dass Murdoch bereit ist, 600 Millionen Euro zu investieren. Ich würde es, ehrlich gesagt, in der Situation nicht machen. ({16}) Wenn er bereit ist, das zu tun, sollten Sie jetzt nicht mit nationalen Quoten operieren. Meine Damen und Herren, die Kirch-Pleite ist kein Anlass für Hysterie, sie ist vor allen Dingen auch kein Anlass für Deutschtümelei. Es droht keine Mediendiktatur und keine Gleichschaltung der Medien, wenn ausländische Investoren nach Deutschland kommen. Ich finde, die SPD sollte einmal ihre Position überprüfen: Hier ruft sie jetzt nach nationalen Lösungen, stellt sich aber sonst die ganze Zeit als weltoffene Partei dar. ({17}) Die Kirch-Krise bietet wie fast alle Krisen große Möglichkeiten und Chancen.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Otto, ich muss Sie an die Zeit erinnern.

Hans Joachim Otto (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001666, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ich möchte Sie auffordern, die Chancen, die die Kirch-Krise für uns alle bietet, im Zuge einer Reform der Medienordnung in Deutschland beherzt aufzugreifen, ({0}) aber ihr nicht mit Hysterie und Deutschtümelei zu begegnen. Vielen Dank. ({1})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Für die Fraktion der PDS spricht jetzt die Kollegin Angela Marquardt.

Angela Marquardt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003191, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wirtschaftsliberale wollen uns ja gelegentlich weismachen, dass Privatwirtschaft so etwas wie das Gegenstück zu Politik und Staat ist. ({0}) Trotzdem hat uns der Fall Kirch klar gemacht und ein Paradebeispiel dafür geliefert, wie sehr beides zusammenhängen kann. Die Geschichte des Medienimperiums Kirch beginnt in den frühen 80ern. Die damals bestehende Koalition aus CDU/CSU und FDP wollte dem vermeintlich linkslastigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk etwas entgegensetzen und hat sich für das Privatfernsehen stark gemacht. Kohl und Strauß haben dabei von Anfang an auf Kirch gesetzt. Im Gegenzug hat dieser damals regelmäßig die private Kohl-Reklameshow „Zur Sache, Kanzler“ im deutschen Fernsehen ausgestrahlt, gewissermaßen als Dank für eine Unterstützung, die natürlich gerade auch aus Bayern kam. 1989 machte dann Edmund Stoiber die Medienpolitik zur Chefsache und beauftragte den Leiter der Staatskanzlei, Erwin Huber, den Standort Bayern in Sachen Medienwirtschaft auszubauen. Ungeachtet der Kritik der damaligen Opposition setzte die Bayerische Staatsregierung vor allem auf Herrn Kirch. So kam es, dass die Bayerische Landesbank damals mit großzügigen Krediten - ich Hans-Joachim Otto ({1}) glaube, fast 2 Milliarden Euro - die gewaltige Expansion des Unternehmens finanzierte. Alle Warnungen, den Kirch im Dorf zu lassen, wurden überhört und seine Expansion wurde zugelassen. Das Resultat kennen wir jetzt alle; nicht umsonst debattieren wir heute darüber. Der wirtschaftspolitisch ach so kompetente Kanzlerkandidat hofft nun, aus der Sache fein herauszukommen. Aber eines sage ich Ihnen: Ich glaube schon, dass die Menschen im Land verstehen, dass hier nicht einfach nur ein Unternehmer mit einem eigenwilligen Finanzkonzept Pleite gegangen ist, sondern dass auch seine Amigos gescheitert sind, ({2}) die unter Wirtschaftskompetenz vor allen Dingen politische Freundschaften und politische Einflussnahme verstehen. ({3}) Alles in allem ergibt sich ein klägliches Bild: Zuerst wird die Privatisierung vorangetrieben, wenn diese aber gegen den Baum gelaufen ist, werden die Rufe nach dem Staat wieder laut, der helfen soll. ({4}) Das ist eine Sache, die man der PDS oft genug vorwirft. Diese Holzmann-Politik, die man meines Erachtens auf die Formel „Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren“ bringen kann, ({5}) ist eine Politik, unter der man nicht unbedingt Liberalismus versteht, bzw. das scheint manchmal der Liberalismus des Bundeskanzlers zu sein. ({6}) Auch ich finde es erstaunlich, dass die Politik jetzt versucht, zumindest hinsichtlich der Investoren Einfluss zu nehmen. Sonst freut man sich über ausländische Investoren, aber hier beginnt man eine Debatte in Bezug auf politische Einflussnahme. Die Angst vor politischer Einflussnahme ist natürlich durchaus berechtigt. Aber das wissen genau jene selbst am besten, die all die Jahre diese politische Einflussnahme genossen haben. ({7}) Insofern kann ich nur sagen: Die größten Kritiker der Elche waren früher selber welche! ({8}) Natürlich sind auch in meinen Augen weder Berlusconi noch Murdoch besonders vertrauenswürdige Unternehmer. Aber ich glaube, dass hier Politiker, Intendanten und Medienunternehmer in seltener Eintracht zusammenrücken. Der Fall Bertelsmann ist hier schon angesprochen worden; dieses Unternehmen hat immerhin für schlappe 1,4 Milliarden Dollar die größte US-amerikanische Verlagsgruppe übernommen. Für die Sender Pro 7 und SAT 1 werden die Konsequenzen aus der Kirch-Pleite in meinen Augen längerfristig eher gering sein. Was aber die Zukunft des defizitären Pay-TV angeht, sind natürlich viele Fragen aufgeworfen worden, und auch hinsichtlich des Digitalfernsehens ist einiges offen. Die Lehre - das ist vom Staatsminister angesprochen worden - aus diesem Kabinettsstück des Kapitalismus kann meines Erachtens nur sein, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk gestärkt wird. Er ist ein Grundpfeiler der Mediendemokratie. ({9}) Wir dürfen den Versuchen, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk anzugreifen und ihn zu gefährden, nicht Tür und Tor öffnen. Der Fall Kirch zeigt, dass Medien keine Ware sind. Man kann sie nicht ausschließlich dem Kartellrecht unterordnen und man darf sie nicht zur Ware machen. Das hat dieser Fall gezeigt. Sie sind Teil des demokratischen Systems und können das offen und transparent nur dann sein, wenn eine unabhängige Berichterstattung gewährleistet ist, ({10}) wenn Bürgerinnen und Bürger durch Information auch in die Lage versetzt werden, sich eigenständig eine Meinung zu bilden und an den demokratischen Prozessen zu beteiligen. Dafür schafft der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit die besten Voraussetzungen. Er wird heute mit Sicherheit auch diese Debatte übertragen. Medien sind aber auch ein Teil der Kulturlandschaft. Nicht umsonst ist das Ministerium für Kultur und Medien eingerichtet worden. Auch Kultur kann nicht ausschließlich unter Verwertungsgesichtspunkten betrachtet werden. ({11}) Mir ist in dieser Diskussion in den letzten Wochen endgültig klar geworden, Kollege Otto, dass eine Deregulierung des Medienmarktes die falsche Lösung für dieses Problem ist. Ich werde mich nicht ins Bockshorn jagen lassen, sondern immer gegen diese Deregulierung kämpfen. Bevor wir die Medienordnung neu gestalten, bevor wir sie öffnen, bevor wir sie verändern, Kollege Otto, sollten wir den Fall Kirch genau analysieren, bis ins Detail. Denn die Chancen, die Sie hier sozusagen offeriert haben, können wir wirklich nur nutzen, wenn dieser Fall aufgeklärt ist und wenn wir uns auch trauen, zu sagen, dass wir eine solche Medienmonopolmacht, wie Kirch sie war, in Zukunft verhindern wollen, dass es eine solche Monopolmacht mit dieser Bundesregierung oder auch mit anderen Bundesregierungen nicht wieder geben wird. ({12})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Das Wort für die SPDFraktion hat der Herr Kollege Ludwig Stiegler. ({0})

Ludwig Stiegler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002248, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie haben wieder Angst vor zeitgeschichtlichen Betrachtungen, ({0}) aber heute genügt die allerjüngste Zeit. - Herr Kirch hat erklärt: Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen. Weiter geht dieses Zitat aus der Bibel so: Der Name des Herrn sei gepriesen. Diese wirklich gute, mich seit Kindheit rührende Einstellung des Dulders Hiob wäre richtig, wenn der Herr hier tätig gewesen wäre. Nur: Der Herr hat anderes zu tun. Hier waren schwarze Herren tätig, die die Verantwortung tragen und deren Name nicht gepriesen ist. ({1}) Wir haben erlebt, dass die CSU zu viel zu Kirch und zu wenig in die Kirche gegangen ist. Darum sitzt sie jetzt im Fegefeuer. ({2}) Wenn es so weitergeht, kommen auf die CSU noch die loca inferna, vulgo Hölle, zu. Meine Damen und Herren von der CSU, Sie haben ein Lehrstück aufgeführt, das uns zeigt, wie man es nicht machen darf. Sie haben Staatseigentum riskiert. Jetzt sind Sie - das ist typisch Stoiber und die CSU - auf der Flucht vor der Verantwortung. ({3}) Jetzt werden in alter konservativer Tradition - ich bin beinahe schon wieder in Weimar - Dolchstoßlegenden gedichtet, die zum Gegenstand haben, dass es angeblich ein Verschwörungsgespräch gegeben habe. Es ist mir absolut neu, dass Herr Breuer ein Instrument des Bundeskanzlers oder der SPD ist. Das ist eine wirklich überraschende Erkenntnis. ({4}) Immer wenn Sie mit Ihrer Verantwortung konfrontiert werden, ist Ihnen jede Unwahrheit recht. Ich weise das zurück. Seien Sie ein Mann und stehen Sie zu dem, was Sie gemacht haben! Stehlen Sie sich nicht aus der Verantwortung! ({5}) Der Fall Kirch hat große bundespolitische Auswirkungen. Es gibt nämlich erhebliche Steuerausfälle. Man muss nur daran denken, dass bei den beteiligten Banken Verlustrückstellungen in Milliardenhöhe vorgenommen werden müssen. Das hat Folgen für die Gewinne und für die Eigenkapitaldecke. Dadurch verschlechtert sich die Möglichkeit der Kreditgewährung an kleine und mittlere Betriebe. Gerade die Bayerische Landesbank hat im Falle von Sanierungen kleiner Betriebe immer auf die Grenzen einer solchen Maßnahme hingewiesen. Aber im Falle von Kirch hat sie den Bogen überspannt. Dadurch hat sie sich selbst der Fähigkeit beraubt, den kleinen und mittleren Unternehmen zu helfen. Eine der größten Schweinereien ist, den Fall Holzmann dem Fall Kirch gleichzustellen. ({6}) - Nein, das tut nicht weh, Herr Otto. Wenn Sie mir zuhören, werden Sie mir zustimmen müssen. - Im Fall Holzmann hat Roland Berger, dem Stoiber so vertraut, dass er sogar mit ihm werben will, eine Konzeption vorgelegt. Diese Konzeption sollte von den Banken umgesetzt werden; der Bund war zu einer Bürgschaft bereit. Kein Pfennig ist im Falle von Holzmann geflossen. Aber im Falle der Bayerischen Landesbank und der anderen Banken stehen Milliarden auf dem Spiel. ({7}) Es ist eine Schweinerei, hier einen Zusammenhang mit dem Fall Holzmann zu konstruieren. Mit dem Konzept von Herrn Berger, dem Sie an anderer Stelle so vertrauen, wurde deutlich, dass wir helfen wollen - ich stehe dazu -, indem wir auch in Zukunft mit einer Risikobürgschaft einstehen, wenn das Risiko nicht mehr allein von Holzmann getragen werden kann und wenn es ein vernünftiges Sanierungskonzept gibt. Wenn ich an die Privatbanken denke - die Liberalen fordern doch immer die reine Marktwirtschaft -, dann muss ich sagen, dass sie zu feige sind, bestimmte Risiken zu übernehmen. ({8}) Da es im Falle von Holzmann um Arbeitsplätze geht, stehen wir zu dieser Hilfe. Aber im Gegensatz zu Stoiber hat Schröder keine einzige Mark ausgegeben. Stoiber hat das Vermögen des Freistaates Bayern im höchsten Maße gefährdet. ({9}) Jeder kleine Sparkassenvorstand wird verfolgt, wenn der Tatbestand der Untreue vorliegt. Da frage ich mich, was all die schwarzen Nickneger im Kreditausschuss der Bayerischen Landesbank zu gewärtigen haben. ({10}) Ich hoffe, dass die Staatsanwaltschaft München nicht mehr nur länger beobachtet, sondern auch einmal prüft, was hier los ist. Ich bin gespannt, was bei der Sonderprüfung herauskommen wird. Ich hätte Ihnen, meine Damen und Herren von der CSU, noch gerne gesagt, wie Sie sich verhalten müssten. Ich sage aber nur: Die CSU hat gezeigt, wie man es in Deutschland nicht machen kann, nämlich großkotzig auf den Hintern zu fallen, aber dann noch mit vollen und stinkenden Hosen frech zu werden! Das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen. ({11})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Norbert Lammert für die Fraktion der CDU/CSU.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001274, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Nachdem der für die Medienpolitik der Bundesregierung zuständige Staatsminister diese Aktuelle Stunde mit einem an Unauffälligkeit kaum noch zu überbietenden „Divertimento für kleine Besetzung“ begonnen hatte, hat die Debatte inzwischen eine Lautstärke erreicht, die man sich von diesem schönen Thema zu Recht erwarten durfte, wenngleich ich ein bisschen betrübt darüber bin, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt der Debatte über die Haltung der Bundesregierung zu diesem Insolvenzfall genauso wenig wissen wie zu Beginn der dazu beantragten Aktuellen Stunde. ({0}) Herr Kollege Stiegler, insofern wäre es wunderschön gewesen, wenn Sie Ihre leider so eng bemessene Redezeit dafür genutzt hätten, ein bisschen zur Sachverhaltsaufklärung beizutragen, was offenkundig nicht gelungen ist. ({1}) Die Medienwirtschaft gehört zu den nicht ganz so zahlreichen innovativen Wirtschaftsbranchen mit hohem Wachstumspotenzial. ({2}) Deswegen gibt es nicht zufällig seit vielen Jahren einen engagierten Wettbewerb der Länder, und zwar insbesondere des Freistaates Bayern und des größten Bundeslandes Nordrhein-Westfalen, mit jeweils einem hohen Einsatz der Wirtschaftsförderung und der Landesbanken. ({3}) Herr Stiegler, Frau Scheel, warum wird hier eigentlich mit einer geradezu unüberbietbaren Scheuklappenperspektive an der einen Stelle das Paradies vermutet und an der anderen Stelle die Hölle an die Wand gemalt? ({4}) Ich komme aus Nordrhein-Westfalen und beobachte - offenkundig etwas länger als Sie - Glanz und Elend der Bemühungen um die Entwicklung eines Medienstandortes. ({5}) - Herr Kollege Stiegler, es ist nicht zu übersehen, dass sowohl an der einen als auch an der anderen Stelle die Begeisterung über erhoffte Ansiedlungserfolge gelegentlich den nüchternen Blick für Chancen und Risiken getrübt hat. Bevor in Bayern über das erste vermeintliche Problem einer solchen Ansiedlungspolitik auch nur diskutiert worden ist, hatten wir in Nordrhein-Westfalen bereits die erste Serie einschlägiger Flops hinter uns. ({6}) - Ich trage das vor, weil dies Ihnen bei Ihrer Vorbereitung von Ihren fleißigen Mitarbeitern offenkundig nicht mehr rechtzeitig angereicht werden konnte. Da gab es das berüchtigte HDO, „High Definition Oberhausen“, ein Trickfilmzentrum, das wohl auch deswegen so hieß, weil es ein abschreckendes Beispiel für die trickreiche Vernichtung von öffentlichen Mitteln war. ({7}) Unter massiver Förderung der nordrhein-westfälischen Landesregierung hat sich der Gesellschafterkreis mehrfach verändert, zu dem aparterweise zu Beginn auch noch Gesellschafter aus dem Kreis der Verwalter des früheren SED-Vermögens gehörten. In der Zwischenzeit sind für die öffentlichen Hände, für den nordrhein-westfälischen Steuerzahler, Verluste in einer dreistelligen Millionenhöhe eingetreten. ({8}) - Eben darum. Was hat diese Art der Auseinandersetzung für einen Sinn? Herr Nida-Rümelin, wenn wir aus den Erfahrungen, die wir nicht zum ersten Mal machen, Konsequenzen ziehen wollen, dann hat das mit der Keilerei „Rechte gegen Linke“ oder „Mitte gegen den Rest der Welt“ überhaupt nichts zu tun. ({9}) Der jetzt als der leibhaftige Gottseibeiuns geschilderte Rupert Murdoch ist tatsächlich vom jetzigen nordrheinwestfälischen Ministerpräsidenten Clement in die deutsche Medienwirtschaft eingeführt worden. Er hat damals eine Beteiligung bei Vox erworben, die nicht zu dem gewünschten Ergebnis geführt hat. Ein konkretes Ergebnis dieses gemeinsamen Fehlengagements sind Kredite der öffentlichen Hand in Höhe von 30 bis 50 Millionen DM, die bis heute nicht zurückgezahlt worden sind. In Köln gibt es einen gigantischen Medienpark, der mit erheblichen öffentlichen Subventionen auf den Weg gebracht worden ist und von dem die nordrhein-westfälische Presse schreibt, hier betreibe ein Ministerpräsident „Medienpolitik mit Fördergeld und Brechstange“. Ich empfehle also sehr, die Sachverhalte insgesamt und die Probleme der Entwicklung der vergangenen Jahre zur Kenntnis zu nehmen, die nun wirklich nicht zu übersehen waren und keineswegs heute zum ersten Mal auftreten. ({10}) Die Medienwirtschaft ist ein Wirtschaftsbereich, der wie jeder andere auch nach ökonomischen Gesichtspunkten organisiert werden muss. Er hat nicht mehr, aber auch nicht weniger Anspruch auf öffentliche Unterstützung als andere Bereiche auch. Deswegen halten wir in dieser Debatte fest: Es darf bei der Restrukturierung einer in wirtschaftliche Schwierigkeiten geratenen Mediengruppe in der Tat keine öffentlichen Hilfestellungen geben. Da unterscheidet sich die Position der Bayerischen Staatsregierung ganz offensichtlich von der der Bundesregierung. Gerhard Schröder hat ja mit traumwandlerischer Sicherheit zunächst einmal die möglichen Folgeprobleme einer Kirch-Insolvenz bei der Bundesliga vermutet und erst nach der verheerenden öffentlichen Reaktion auf das Angebot von öffentlichen Bürgschaften angedroht, dass in Verlängerung der gescheiterten HolzmannIntervention auch für die Mitarbeiter der Kirch-Gruppe mit entsprechenden öffentlichen Hilfen eingegriffen werden sollte.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Stichwort: Verlängerung. Ich erinnere an die Redezeit. Sie ist vorüber.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001274, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Jawohl. - Wir dürfen uns bei der notwendigen Restrukturierung nicht um die bitteren Einsichten drücken, ({0}) die in den letzten Jahren und keineswegs in den letzten Tagen deutlich geworden sind. Bei der auch nach unserer Überzeugung zentralen Frage der Verbindung des Wettbewerbsrechts - geht es nicht um die Frage: national oder international; sondern um die Frage: Wettbewerb oder Monopol; das ist die eigentlich spannende Frage. Und was das Medienrecht, das besonders sensibel ist, angeht, ({1}) gibt es eine politische Partei in Deutschland, Herr Stiegler, die sich bei dieser Diskussion sehr zurückhalten sollte: ({2}) Das ist die Sozialdemokratische Partei Deutschlands.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Lammert, jetzt muss ich Sie wirklich ausbremsen. Sie haben Ihre Redezeit weit überzogen.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001274, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Eines werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen, ({0}) dass nämlich im Allgemeinen die Verbindung von politischem Einfluss und Medieneinfluss mit Abscheu und Empörung zurückgewiesen wird und für den medienpolitischen Hausgebrauch ({1}) mit geradezu verzweifelter Wut an genau dieser Verbindung festgehalten wird. ({2})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Das Wort für die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen hat die Kollegin Grietje Bettin.

Grietje Bettin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003439, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich dürfte die Kirch-Pleite niemanden wirklich überrascht haben. Denn wer sich in den letzten Jahren nur ein wenig mit dieser Materie befasst hat, hätte wissen müssen, dass allein der Pay-TV-Sender Premiere World täglich - wohlgemerkt: täglich - rund 2 Millionen Euro Verlust eingefahren hat. Das entspricht einem Minus von mehr als 700 Millionen Euro pro Jahr, von den anderen defizitären Sendern wie Sat 1, Kabel 1, N 24 und DSF ganz zu schweigen. Nein, die Pleite von Kirch-Media kam wirklich nicht überraschend. ({0}) Dieser Kollaps war vorprogrammiert. Als Außenstehende fragt man sich allerdings schon, welchen bayerischen oder außer-bayerischen AmigoFreundschaften Leo Kirch immer wieder Bankkredite zu verdanken hatte. Wer konnte oder wollte dort das drohende finanzielle Fiasko nicht sehen oder wahrhaben? Die Frage, die sich fast schon automatisch stellt, ist: Hat es möglicherweise erhebliche Unwägbarkeiten im Kreditgeschäft der beteiligten Banken gegeben? Eine Sonderprüfung durch das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen bei den größeren Kreditgebern ist hier sicherlich geboten. Inzwischen ist wohl jedem klar: Der Kirch-Konzern ist in seiner bisherigen Form nicht mehr zu retten. Jetzt steht für uns die Sorge um die deutsche Medienlandschaft und die Arbeitsplätze im Vordergrund. Es geht nicht nur um die Beschäftigten bei Kirch selbst, sondern auch um externe Produktionsfirmen und Zulieferer. Entscheidend ist für uns, dass es zu einem zukunftsfähigen Sanierungskonzept für die Kirch-Gruppe kommt. Weitere Kredite dürfen nur unter der Voraussetzung gewährt werden, dass damit langfristig die Firma Kirch und die Arbeitsplätze gesichert werden. Es darf nicht dazu kommen, dass durch neue Kredite der Konkurs nur verschleppt wird und sich bei der nächsten großen Zahlungsverpflichtung im Oktober das gleiche Problem stellt. Eine pauschale Zerschlagung der Kirch-Gruppe, bei der sich Banken und andere Beteiligte die Rosinen wie die Free-TV-Sender oder die Formel-1-Rechte herauspicken, lehnen wir ab. Wir fordern eine Gesamtlösung für die Kirch-Gruppe, die allerdings nicht von der Politik und schon gar nicht im Alleingang zu leisten ist, sondern im Zusammenspiel zwischen den Banken, den Investoren und dem Unternehmen zu gewährleisten ist. Neben den finanzpolitischen Konsequenzen erfordert die Krise um Kirch natürlich auch medienpolitische Konsequenzen. Denn es reicht bei weitem nicht mehr, die nationalen Medienmärkte isoliert zu betrachten. Andere Medienmogule, auch die jetzt immer wieder als Kirch-Erben genannten Murdoch und Berlusconi, verfügen ebenfalls über vielfältige Beteiligungen auf dem europäischen Kontinent. Diese Beteiligungen beschränken sich bekannterweise nicht nur auf den Rundfunksektor, sondern umfassen mitunter den gesamten Medienbereich. Monopole wie in Großbritannien oder Italien, die wahrscheinlich schon eine Gefahr für die Demokratie darstellen können, müssen in Deutschland verhindert werden. ({1}) Das gilt insbesondere für den Einstieg von Berlusconi, auch und gerade aufgrund seines politischen Gewichts in Italien. Auch Rupert Murdoch ist sicherlich allein aufgrund seiner aggressiven Boulevardpresse kein Waisenknabe. Aber das deutsche Medienrecht ist umfassend und nicht mit dem von Großbritannien zu vergleichen. ({2}) Es gibt in Deutschland vielfältige Instrumente und Möglichkeiten, um Meinungsmacht und Medienkonzentration zu begrenzen. In Deutschland existieren gesetzliche Grundlagen zur Medienkontrolle und zur Vielfaltssicherung, die auch einem Rupert Murdoch und einem Silvio Berlusconi Grenzen setzen würden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht nicht darum, ausländische Medienbeteiligungen in Deutschland grundsätzlich zu verhindern. Solche Beteiligungen gibt es jetzt schon, so gehören zum Beispiel 50 Prozent von Super RTL dem amerikanischen Disney-Konzern. Diese können und dürfen auch zukünftig, zumindest als Minderheitsbeteiligungen, nicht ausgeschlossen werden. Vielmehr geht es darum - auch das ist eine Lehre aus der Kirch-Pleite -, dass die Kontrollmechanismen insgesamt noch verbessert werden müssen. Das ist ein ganz entscheidender Punkt. ({3}) Deshalb fordern wir die Einrichtung einer europäischen Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich. Dabei sollen auch Cross-Ownership-Regelungen berücksichtigt werden. Rundfunk, Print, Online und weitere publizistische Beteiligungen lassen sich heutzutage nicht mehr getrennt betrachten. Die Schaffung eines koordinierenden Medien- und Kommunikationsrates auf Bundesebene würde unserer Meinung nach ebenfalls helfen, zukünftige Pleiten und Verflechtungen auf dem Mediensektor zu verhindern. ({4}) Dazu müssen allerdings die verantwortlichen Institutionen, die Landesmedienanstalten, die KEK oder auch das Bundeskartellamt, enger als bisher zusammenarbeiten können. Liebe Kolleginnen und Kollegen, schlussendlich zeigt der Fall Kirch einmal mehr, wie wichtig eine kartellrechtliche und politische Aufsichtsfunktion im Medienbereich ist; denn lässt man einem Unternehmen zu viele Freiheiten, Herr Kollege Otto, verliert es auf den differenzierten Märkten selbst die Übersicht. Medienpolitik muss daher immer über den Tellerrand hinaus schauen, sie muss gegebenenfalls Standortpolitik entlarven, Marktanteile im Auge behalten und darf bei den einzelnen Verwertungsketten nicht die Übersicht verlieren. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. ({5})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Nächster Redner ist der Kollege Bernd Neumann für die Fraktion der CDU/CSU.

Bernd Neumann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001593, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eines der größten deutschen Medienunternehmen, die Kirch-Gruppe, ist in dramatische Schwierigkeiten geraten. Natürlich sind Managementfehler dafür mit entscheidend. Es ist durchaus legitim - vielleicht mehr im Bayerischen Landtag als hier -, die Frage zu stellen: Gibt es da Verantwortung, ja oder nein? Ich möchte diese Diskussion hier nicht fortsetzen. Sie ist wichtig, aber sie ist ein Stück weit in die Vergangenheit gerichtet. Es stellt sich vielmehr die Frage: Worauf kommt es jetzt an? Aus meiner Sicht kommt es auf zwei Dinge an: Wir müssen erstens alles tun, um möglichst viele der 10 000 Arbeitsplätze zu erhalten, und zweitens sicherstellen, dass die Vielfalt im Fernsehangebot nicht eingeschränkt und die Machtbalance in unserem dualen System nicht gefährdet wird. Dazu gibt es unterschiedliche Vorschläge. Es gibt den Vorschlag - ich zitiere -, der Bund müsse sich mit „1 Milliarde wenigstens eine Sperrminorität bei den Kirch-Anteilen sichern“ und gegebenenfalls - so heißt es weiter „einen Teil der Anteile zurückkaufen und zurück verstaatlichen“. Meine Damen und Herren, ich halte diesen Vorschlag für so abenteuerlich und absurd, dass ich ihn normalerweise nicht aufgreifen würde, wenn er nicht zufällig von der leibhaftigen SPD-Sprecherin und Vorsitzenden des Bundestagsausschusses für Kultur und Medien, Monika Griefahn, käme. ({0}) Abgesehen davon steht dieser Vorschlag völlig im Gegensatz zu Ihren Einlassungen am Anfang, Herr NidaRümelin. Sie sprachen davon, die Staatsferne zu sichern, ja die Staatsferne eher noch zu verdeutlichen. Bei Ihrem Vorschlag schlagen die Herzen der Altkommunisten in der PDS höher, liebe Monika Griefahn. Ich hoffe, wir sind uns einig: Dies wäre ein eklatanter Verstoß gegen das Gebot der Staatsferne, das kann überhaupt nicht infrage kommen. ({1}) Ernster zu nehmen sind die von der SPD zum Teil vorgebrachten Ängste vor möglichen ausländischen Anteilseignern wie Berlusconi und Murdoch. Wenn man länger darüber nachdenkt, kann man diese nur für unberechtigt halten. Wir haben in Deutschland die stringentesten Mediengesetze der Welt. Diese führen dazu, dass ausländische Unternehmen im Hinblick auf Investitionen in Deutschland zum Teil eher abgeschreckt als angezogen werden. Der Fall Liberty Media ist aus meiner Sicht ein klassisches Beispiel dafür. ({2}) Wir haben ein funktionierendes Wettbewerbsrecht. Wer gemessen am Zuschaueranteil über 26 Prozent und unter bestimmten Bedingungen über 30 Prozent des Fernsehmarktes besitzt, darf sich nicht weiter ausdehnen. Eine Situation wie in Italien, wo Berlusconi in der Tat über eine völlig indiskutable Medienmacht verfügt, ist in Deutschland aufgrund der Gesetzeslage undenkbar. Dies sollte man auch nicht herbeischwören. ({3}) Wir können uns nicht einerseits darüber freuen, wenn deutsche Unternehmen wie Bertelsmann oder die WAZGruppe erfolgreich auf ausländischen Märkten agieren, andererseits aber unseren eigenen Markt abschotten, ganz abgesehen davon, das dies gegen die in den Römischen Verträgen verankerte Niederlassungsfreiheit in der EU verstieße. Es geht also gar nicht. Herr Nida-Rümelin, man könnte zumindest theoretisch darüber diskutieren, ob wir auch wie in Amerika und anderswo den Anteil ausländischer Anteilseigner begrenzen. Wenn wir aber in der Philosophie deutscher Politik bleiben wollen, würde ich eher dafür plädieren, dafür zu werben, dass auch woanders diese Barrieren beseitigt werden und wir nicht neue einführen. ({4}) Wer es ernst meint mit der Sicherung möglichst vieler Arbeitsplätze der Kirch-Gruppe, kann nicht gleichzeitig die wenigen, wirklich kapitalkräftigen Investoren behindern wollen. ({5}) Wer sonst soll denn im Bereich der privaten Fernsehanbieter das Gegengewicht zu dem so genannten Giganten Bertelsmann bilden, das wir brauchen? Dies geht doch nur mit kapitalkräftigen Investoren. Deswegen halte ich es für falsch, solche Forderungen zu stellen. Es ist schon gesagt worden: Wie politisch einseitig und zum Teil auch unglaubwürdig Ihre Sorgen, meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten, im Hinblick auf zu viel Meinungsmacht durch Medien sind, offenbart die Tatsache, dass Sie Ihre eigenen Medienbeteiligungen an mehr als 30 regionalen Tageszeitungen und Rundfunksendern ({6}) in Deutschland, die nach eigenen Angaben ohne Immobilien einen Wert von 750 Millionen DM haben, bisher verschleiert haben und Ihre Einnahmen nicht offen legen wollten. Wenn Sie es mit Ihrer Forderung nach der Unabhängigkeit der Medien ernst meinen - ich hoffe dies -, sollten Sie sich von Ihren Medienanteilen trennen, um endlich den chancengleichen Wettbewerb aller Parteien in Deutschland ({7}) im Willensbildungsprozess herzustellen. ({8})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Neumann, auch Sie muss ich an die überzogene Redezeit erinnern.

Bernd Neumann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001593, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich komme zum Schluss. Meine Damen und Herren von der SPD, in Anbetracht des Meinungsbildes bei Umfragen verstehe ich Ihren Versuch, das Thema „Bayern, Kirch und Stoiber“ hochzuziehen; ich halte dies aber für untauglich. Wenn Sie sich wirklich um den Erhalt der Arbeitsplätze kümmern wollen, verstehe ich nicht, dass Ihre einzigen Vorschläge

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Neumann, ich bitte Sie, sich an die Redezeit zu halten.

Bernd Neumann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001593, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

- ich komme zum Ende - die von Clement und Müller waren, die darauf abzielten, über Staatsbürgschaften sicherzustellen, dass die Bundesligaklubs weiterhin die völlig überholten Millionengagen an ihre Spieler zahlen können. Es kann nicht wahr sein, dass dies die einzige konkrete Forderung der Sozialdemokraten ist. Vielen Dank. ({0})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Nächster Redner für die Fraktion der SPD ist der Kollege Rolf Hempelmann.

Rolf Hempelmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002671, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Manchmal hat man das Gefühl, dass wir heute hier bei der Weltmeisterschaft im Nebelkerzenweitwurf sind. Meine Damen und Herren, ich glaube, wir sind uns - jedenfalls auf der linken Seite dieses Hauses - darüber einig, dass hier durch die Bayerische Landesbank über Jahre unverantwortliche Kreditvergaben vorgenommen worden sind. ({0}) Bernd Neumann ({1}) Diese gehört zu 50 Prozent dem bayerischen Freistaat. Wenn man sich die Besetzung ansieht, insbesondere die des Verwaltungsrates, kann man sagen, dass dies der verlängerte Arm der bayerischen Landesregierung ist. Fast 2 Milliarden Euro sind hier in den Teich gesetzt worden. Deswegen habe ich überhaupt kein Verständnis dafür, wenn man hier aufseiten der Opposition über alles Mögliche redet, nur nicht über die Sache. Meine Damen und Herren, wir brauchen uns nur die letzte Kreditvergabe vor einem Jahr anzuschauen ({2}) - Herr Lammert, ich weiß, dass es Ihnen unangenehm ist -, ({3}) um hier zu einem klaren Urteil zu kommen. Es ging um den Erwerb der Rechte an der Formel 1. Verschiedene Banken - das ist heute kurz angerissen worden - wurden angesprochen. Alle, unter anderem auch die Hypo-Vereinsbank, haben abgewunken. Was geschah? Tags darauf brüstete sich Leo Kirch damit, dass es nur einiger Telefonate bedurft habe und schon habe er den Kredit in einer Größenordnung von 1 Milliarde Euro durch die Bayerische Landesbank erhalten. ({4}) Schauen wir uns einmal an, wie die Sicherungen aussehen. Danach wird unsereins, wenn er einen Kredit von der Bank haben möchte, ja auch gefragt. Bei der Sicherung Nummer 1 handelt es sich um die Rechte an der Formel 1 selbst. Der eine oder andere sagt - die Zahl ist heute auch im Otto-Katalog erschienen -, dass diese 600 Millionen Euro wert sind. Es gibt aber andere, die etwas von diesem Geschäft verstehen und die schon vor einem Jahr gesagt haben, dass der Wert auch Null sein kann, und zwar dann - das wurde damals schon geplant oder jedenfalls angesprochen -, wenn die Automobilhersteller das Geschäft selbst in die Hand nehmen, was aus deren Perspektive durchaus Sinn und Verstand machen kann. Sicherung Nummer 1 ist also nichts wert. Sicherung Nummer 2 soll der 25-prozentige Anteil an Kirch-Media sein. Wenn wir uns das einmal anschauen, stellen wir fest, dass Kirch-Media mit 6 Milliarden Euro verschuldet ist. Für unsereins wäre das natürlich eine tolle Sache: Man geht zur Bank, um einen Kredit zu erhalten, wird nach Sicherungen gefragt und sagt, dass die Bank Vertrauen haben kann, da man eine Menge Schulden hat. So läuft das im Allgemeinen nicht. In Bayern ist aber vielleicht manches möglich, was anderswo so nicht geht. ({5}) Sie müssen sich schon fragen lassen, wie die Entscheidung über diesen Kredit herbeigeführt wurde, wie die Kreditvergabe geprüft wurde und warum ausgerechnet die Bayerische Landesbank Geld in ein Loch geschüttet hat, in das alle anderen Banken nichts mehr hineingeben wollten. ({6}) Meine Damen und Herren, Herr Wiesheu kann einem ja eigentlich Leid tun. Im Prinzip ist er heute vorgeschickt worden. Normalerweise müsste dort jemand ganz anderer sitzen. ({7}) Bei dem Spiel Hase und Igel ist es aber nun einmal so: Wenn es darum geht, so genannte Erfolgsmeldungen zu verbreiten, geht es nach der Methode Igel. Dann, wenn es etwas zu vermelden gibt, ist Herr Stoiber immer als Erster da. Wenn es sich um schlechte Nachrichten handelt, geht es nach der Methode Hase. Dann weiß er von nichts. ({8}) Die „Süddeutsche Zeitung“ hat das gut erkannt. Ich zitiere: Er - gemeint ist Stoiber ist für die Verkündung des Guten, Schönen und Erhabenen in Bayern zuständig. Die Hiobsbotschaften lässt er erst einmal seinen Minister übermitteln. Weiter heißt es in der „Süddeutschen Zeitung“, dass politische Verantwortung auch Haftung für Fehler anderer ist. ({9}) So etwas ist ja sogar in Bayern schon in dem einen oder anderen Fall vorgekommen. ({10}) Es geht weiter: Im Falle Kirch und Stoiber geht es nicht darum, dass der Ministerpräsident für fremde Fehler geradestehen soll ... Es geht um die Haftung für die eigene Politik... Meine Damen und Herren, am 22. September dieses Jahres ist die Wahl. Ich denke, Stoiber hat dann eine hervorragende Gelegenheit, an diesem Tag für seine eigene Politik zu haften. Seine Juristen haben ihn jedenfalls schlecht beraten, seinen Minister hier Attacken reiten zu lassen und andere als Brandstifter zu betiteln. Es wäre vielleicht klüger gewesen, hier die eigene Schuld darzustellen. Es ist ein typisches Delinquentenverhalten. Ich denke, nach der Wahl wird Ihnen Ihr Bewährungshelfer sagen, wie Sie sich in Zukunft verhalten sollen. Vielen Dank. ({11})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Für die Bundesregierung spricht jetzt die Parlamentarische Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks.

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mein Kollege Nida-Rümelin hat am Anfang Ausführungen zu den kultur- und medienpolitischen Folgerungen gemacht. Ich möchte mich jetzt auf die bankaufsichtsrechtlichen Fragen beschränken. Dabei werde ich mich sehr hart an den Fakten orientieren und mit Aussagen, so wie es das Kreditwesengesetz vorschreibt, ganz vorsichtig sein. Ich stehe nicht an zu sagen, dass es dem Kollegen Wiesheu gut getan hätte, wenn er etwas näher an der Wahrheit geblieben wäre. ({0}) Nach eigenen, von der Bundesregierung nicht bestätigbaren Aussagen der Kirch-Gruppe - sie sind öffentlich zugänglich gemacht worden - ist diese mit mindestens 6,5 Milliarden Euro verschuldet. Davon entfallen - diese Informationen sind ebenfalls den Medien zu entnehmen - etwa 2 Milliarden Euro auf die Bayerische Landesbank. Nach § 19 des Errichtungsgesetzes der Bayerischen Landesbank aus dem Jahre 1972 führen die Staatsministerien der Finanzen und des Innern des Freistaates Bayern die Aufsicht über die Bayerische Landesbank. Mitglieder der Bayerischen Staatsregierung haben Sitz und Stimme im Verwaltungsrat der Bank. Insoweit hat der Bund selbstverständlich keine Rechts- oder Fachaufsichtsbefugnisse. Daneben sind jedoch noch eine Vielzahl anderer Banken bei der Kirch-Gruppe engagiert, so zum Beispiel die Bayerische Hypo- und Vereinsbank AG. Der Ausgang des Insolvenzverfahrens bei der KirchMedia AG ist nicht absehbar. Grundsätzlich lässt sich aus bankaufsichtsrechtlicher Sicht Folgendes sagen: Für die beteiligten Banken, insbesondere die Häuser, deren Engagement bei der Kirch-Gruppe erheblich ist, wird es darauf ankommen, dass der bankaufsichtsrechtliche Mindestsolvabilitätskoeffizient - einfach ausgedrückt: das Eigenkapital - nicht durch die erforderlich werdende Risikovorsorge bzw. durch entstehende Verluste unterschritten wird. Die Eigenkapitalmindestanforderung liegt bei 8 Prozent. Auf die Frage, ob diese Eigenkapitalanforderung bei den beteiligten Banken im Einzelfall unterschritten wird, kann die Bundesregierung wegen der Geheimhaltungsbestimmungen des § 9 des Kreditwesengesetzes keine Auskunft erteilen. Daneben sind weitere aufsichtsrechtliche Vorschriften, wie zum Beispiel die §§ 13, 13 a und 13 b des Kreditwesengesetzes, - dabei handelt es sich um Großkreditvorschriften -, einzuhalten. Ferner gilt § 18 des Kreditwesengesetzes; er bezieht sich auf die Kreditunterlagen. Das bedeutet im Einzelnen: Als Großkredite gelten Kredite an einen Kreditnehmer, deren Betrag 10 Prozent des haftenden Eigenkapitals des Kredit gewährenden Instituts übersteigt. Ob die Meldeund Beschlussfassungsvorschriften für Großkredite in den vorliegenden Fällen eingehalten worden sind, kann die Bundesregierung wegen der Geheimhaltungsvorschriften nicht sagen. Nach § 18 des Kreditwesengesetzes darf ein Kreditinstitut einen Kredit von insgesamt mehr als 250 000 Euro nur gewähren, wenn es sich von dem Kreditnehmer die wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere durch die Vorlage der Jahresabschlüsse, offen legen lässt. Der Bundesregierung ist nicht bekannt, dass die Kirch-Holding einen Konzernabschluss für das Geschäftsjahr 2000 aufgestellt hat, also vor der Kreditvergabe von rund 1 Milliarde Euro durch die Bayerische Landesbank im vergangenen Jahr für das Engagement, von dem der Kollege Hempelmann gerade gesprochen hat. ({1}) Darüber, ob dadurch die Offenlegungsvorschrift des § 18 des Kreditwesengesetzes verletzt wurde, kann die Bundesregierung mit Hinweis auf die genannte Geheimhaltungsvorschrift des § 9 des Kreditwesengesetzes keine Auskunft erteilen. Die Prüfer des Jahresabschlusses bzw. eines Zwischenabschlusses eines Kreditinstitutes haben nach § 29 Abs. 3 des Kreditwesengesetzes dem Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen und der Deutschen Bundesbank anzuzeigen, wenn bei der Prüfung Tatsachen bekannt werden, welche den Bestand des Instituts gefährden oder seine Entwicklung wesentlich beeinträchtigen können. Hierzu zählen grundsätzlich wertberichtigungsbedürftige Großkreditengagements wegen akuter nicht besicherter Kreditrisiken. Auskünfte hierüber kann ich jedoch wegen der Geheimhaltungsvorschriften des Kreditwesengesetzes ebenfalls nicht geben. Es bleibt Ihrer Klugheit überlassen, aus meinen Ausführungen Schlussfolgerungen zu ziehen. ({2}) Die Bankenaufsicht hat bei den acht größten Kreditgebern der Kirch-Gruppe Sonderprüfungen angeordnet, mit deren Abschluss frühestens zum Ende der ersten Jahreshälfte 2002 zu rechnen ist. ({3})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Das Wort hat der bayerische Staatsminister Dr. Otto Wiesheu. Dr. Otto Wiesheu, Staatsminister ({0}): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Angesichts der Kürze der zur Verfügung stehenden Redezeit will ich nur auf ein paar Punkte eingehen. Erstens. Ich habe den Eindruck, in der SPD-Fraktion gibt es ausschließlich Bankfachleute. ({1}) Aber Sie sollten sich die entsprechenden Unterlagen anschauen und nicht nur Wahlkampf betreiben. Ich sage nur nebenbei, dass vor einiger Zeit Kirch-Pay-TV von Lehman - Lehman Brothers ist eine Investmentbank, die Betriebe für Investoren sehr genau prüfen und bewerten muss - mit 8 Milliarden Euro bewertet worden ist. KirchMedia wurde sogar noch höher eingeschätzt. Es kommt nicht von irgendwoher, dass die Investoren hohe Beträge investiert haben, aber nur geringe Anteile bekommen haben. Sie machen das nicht, weil sie Geld übrig haben, sondern sie prüfen sehr exakt. Vielleicht machen Sie sich darüber einmal Gedanken! Zweitens. Die Put-Optionen waren so, wie sie jetzt aufgetreten sind, nicht allgemein bekannt, auch nicht den Banken. Drittens. Sie sagen, es sei von der Landesbank unverantwortlich gewesen, hier entsprechende Kredite zu geben. War es auch bei der Hypo-Vereinsbank, der Commerzbank und der DZ unverantwortlich? In deren Gremien sitzt kein Mitglied der Staatsregierung. War es auch bei der Deutschen Bank und bei der Dresdner Bank, die ebenfalls Kredite gegeben haben, unverantwortlich? Was hier erzählt wird, ist alles ein großer Unsinn. Viertens. Zu Ihrer seltsamen Sprache muss ich Folgendes sagen, Herr Stiegler: Sie haben behauptet, im Kreditausschuss säßen nur schwarze Nickneger. Dort sitzen aber auch rote Nickneger, die genickt haben. ({2}) - Ich nehme nicht an, dass sie automatisch mitnicken, weil wir sie so sehr überzeugt haben. Vielmehr haben sie sich an den Grundlagen und Fakten orientiert, die hier aufgelistet sind. Insofern wurde hier sehr leichtfertig argumentiert. Fünftens. Im Hinblick auf die Landesbank wurde auch behauptet, es gebe negative Auswirkungen auf den Mittelstand. Sie müssen einmal überprüfen, wie weit die Themen, die Frau Hendricks angesprochen hat, berührt sind. Woher wollen Sie denn wissen, dass das Eigenkapital überlastet worden wäre? Das wissen Sie nicht; denn das ist es nämlich nicht. Das wird auch die Untersuchung ergeben. ({3}) Zuvor hat Herr Hempelmann, glaube ich, gesagt, es seien 2 Milliarden in den Sand gesetzt worden. Woher wollen Sie das wissen? Warten Sie doch erst einmal ab, was bei der Sanierung herauskommt. Dann werden Sie sehen, dass die Welt völlig anders ausschaut. Erst dann wird man über die Beträge reden können. ({4}) Im Übrigen bitte ich Sie, sich zu informieren, bevor Sie behaupten, Kirch-Media sei mit 6 Milliarden verschuldet. Damit liegen Sie völlig falsch. Die Zahlen, die genannt worden sind, beziehen sich auf die Holding, Kirch-Media, Pay-TV und alle Beteiligungen. Kirch-Media ist nicht einmal mit einem Drittel dabei. Ich kann und will Ihnen hier nicht die konkrete Zahl nennen. Aber es ist inakzeptabel, hier so leichtfertig und ignorant aufzutreten und Vorwürfe zu erheben. ({5}) - Mit einer gewissen Vorsicht sage ich Ihnen: Die Sanierung wird schneller vor sich gehen, als Ihnen lieb ist. Sechstens. Herr Stiegler, Sie haben sich darüber aufgeregt, dass ich das Treffen in Hannover angesprochen habe. Die Zusammenhänge, die ich genannt habe, wurden so in der „Süddeutschen Zeitung“ dargestellt. Ich frage Sie noch einmal: Warum geben Sie dazu Erklärungen ab? Was macht der Geschäftsführer der „WAZ“ bei einem Treffen, bei dem es um Kirch geht? ({6}) Was haben Murdoch und andere damit zu tun? Nein, da ging es um politisch-strategische Themen. Vorletzte Bemerkung: Herr Abgeordneter, Ihre großen Sprüche, hier handle es sich um die größte Pleite der Nachkriegsgeschichte, muss ich auch klarstellen. Die größte Pleite der Nachkriegsgeschichte ist, bezogen auf die Arbeitsplätze, immer noch Holzmann mit 23 000 Beschäftigten. ({7}) Bei Vulkan waren es 22 000 Beschäftigte. Bei Kirch ist jetzt eine Gruppe mit nicht mehr als 5 000 oder 6 000 Beschäftigten in Insolvenz. ({8}) - Betrachtet man es von den Kosten, dann ist als Erste die Neue Heimat zu nennen, die seinerzeit Steuerersparnisse in Höhe von 4 Milliarden DM und Zuschüsse in Höhe von 10 Milliarden DM bekommen hatte und im Jahr 1985 Kredite in Höhe von 17 Milliarden DM gehabt hat. Wenn man also schon über die größten Insolvenzen redet, dann sollte man sich an Fakten halten. ({9}) Der letzte Punkt: Ich freue mich, dass manche die Auswirkungen auf den Medienstandort Bayern so sehr bedauerten. Ich habe noch nie erlebt, dass sich die SPD-Bundestagsfraktion so um bayerische Anliegen gekümmert hat. ({10}) Dass Bayern nach wie vor der erfolgreichste Medienstandort ist, haben Sie vorgestern feststellen können, als München das Medienzentrum für die WM 2006 geworden ist. Clement macht Sprüche und heult Tränen. Meine Damen und Herren, die Fakten sprechen eine andere Sprache. Das Thema, das Sie hier wahlkampfbedingt hochziehen wollen, wird Ihnen schneller zusammensacken, als Ihnen lieb ist. Danke schön. ({11})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Jetzt spricht Herr Kollege Eckhardt Barthel für die SPD-Fraktion.

Eckhardt Barthel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003032, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister Wiesheu, die Staatsminister Dr. Otto Wiesheu ({0}) Kirch-Krise - Vielleicht können Sie mir ganz kurz Ihre Aufmerksamkeit zuwenden. ({1}) Ich würde gern auf meinen Vorredner eingehen; ich mache es auch ganz kurz. In einem Ihrer letzten Sätze haben Sie festgestellt, dass wir uns zu sehr mit bayerischen Angelegenheiten beschäftigen. Ich meine, dass es sich bei der Kirch-Krise und den Folgen dieser Krise nicht mehr um eine bayerische Angelegenheit handelt. Die Wirkungen und die Folgen für die Medienordnung usw. sind nämlich nicht nur auf Bayern begrenzt, auch wenn dort die Ausführenden waren. Das alles hat auch Auswirkungen auf die gesamte Medienordnung der Bundesrepublik Deutschland. Insofern ist Bayern - es ist eigentlich gemein, was ich über Bayern sage - bzw. die bayerische CDU zwar der Verursacher, aber die Wirkung ist nicht auf sie begrenzt. ({2}) Wenn man das Glück hat, etwas später in einer Debatte zu sprechen, fragt man sich beim Zuhören manchmal, wer bei Ihnen eigentlich die Rederegie führt. Dabei meine ich sowohl die bayerische Regierung, wenn ich das einmal sagen darf, als auch die CDU/CSU. Es ist schon erstaunlich: Während die Bayerische Staatsregierung über ihre Landesbank in das Titanic-Unternehmen Kirch MilliardenBeträge hineinpumpt, fragt sie hier - auch Herr Wiesheu hat davon gesprochen - nach der Rolle des Bundeskanzlers. Wie passt das eigentlich zusammen? Denn der Bundeskanzler ist natürlich gar kein Akteur in diesem Pokerspiel um Kirch. ({3}) Der Kollege Lammert redet, während es hier um eine konkrete Krise geht, die wir auch benannt haben, unterdessen über NRW. Allerdings machen Sie das - das gebe ich zu - ganz geschickt: Sie verdrängen durch Generalisierung. Unser Thema ist aber die Krise bei Kirch. ({4}) Ich finde es ein bisschen bedauerlich, dass Sie viel zu wenig auf die medienpolitischen Auswirkungen dieser Krise eingegangen sind, obwohl dies im Hinblick auf unseren Aufgabenbereich eigentlich im Mittelpunkt stehen müsste. Herr Otto, auch ich würde gern als Botschaft den schönen Spruch verkünden, dass jede Krise eine Chance beinhaltet. ({5}) Das zu äußern ist aber angesichts der Wirkung auf die Medienordnung und Arbeitsplätze nicht so leicht. Ich gebe Ihnen aber Recht: Wir sollten es tun, weil dadurch auch der Blick nach vorne gerichtet wird. Was die Notwendigkeiten angeht, denke ich weniger an das Fußballentertainment als an die Programm- und Meinungsvielfalt, die Programmqualität, die Staatsferne und alles, was unter diesem Gesichtspunkt bereits genannt wurde. Ich möchte zu der Frage nach den Ursachen noch einen Punkt ansprechen. Das negative und traurige Beispiel Kirch - oder nennen Sie es CSU oder Stoiber; alles ist richtig -, über das wir heute reden, zeigt, welch böse Folgen es für die Medienordnung haben kann, wenn man Medienpolitik nur - ich betone: nur - unter dem Gesichtspunkt von kurzfristigen Standortinteressen und in einem politisch-ideologischen Gleichklang mit den Medienunternehmern betreibt. ({6}) Am Ende der Ära Kirch stoßen wir jetzt auf merkwürdige Befindlichkeiten. Sehr viele Menschen - ich gehöre dazu -, die sehr lange und mit Recht Kritik an Kirch, seinem Imperium und seinem Geschäftsgebaren geübt haben, haben heute die Sorge: Was kommt, wenn das Imperium wegfällt? Es ist kein Zufall, dass viele der Kritiker - ich denke nur an den Poker um die Fußball-WM-Übertragungsrechte - befürchten, dass die Balance in unserem pluralen System zwischen Öffentlich-Rechtlichen und Privaten möglicherweise in Gefahr ist. Diese Sorgen sollte man ernst nehmen. Diese Sorgen haben bekanntlich zwei Namen: Murdoch und Berlusconi. Ich gehöre nicht zu denen, die angesichts dessen in Panik verfallen. Ich halte es auch für falsch, davon auszugehen, dass die Freiheit über den Medienwolken grenzenlos ist. Es gibt zum Glück gesetzliche Grenzen und Begrenzungen wirtschaftlicher und publizistischer Konzentration. Wir haben unter anderem auch eine Medienaufsicht. Darüber, dass viele Reformmaßnahmen notwendig sind, sind wir uns sicherlich einig. Wir werden das auch angehen. Ich bin froh, dass meine Fraktion gerade in dieser Richtung schon wesentliche Vorleistungen erbracht hat. Sie kennen auch den von uns eingebrachten Antrag. ({7}) - Die kennen ihn alle. Wir werden uns auch noch darüber unterhalten. Ich glaube nicht, dass sich Medienpolitiker oder Medienrechtler jemals haben vorstellen können, dass ein ausländischer Medienzar, der „nebenbei“ auch noch Regierungschef eines anderen Landes ist, so bedrohlich auf den deutschen Markt vorstößt. Dies ist sicherlich sehr originell. ({8}) - Ich hatte gesagt: bedrohlich. Bitte hören Sie mir genau zu! Bitte nehmen Sie mir ab, dass ich weiß, dass er schon Beteiligungen an deutschen Medienunternehmen hält. Für uns ist - das wird auch immer wieder betont - das Gebot der Staatsferne wichtig. Das wird hier entscheidend berührt. Ich glaube, dass wir deshalb sowohl auf nationaler Ebene als auch auf EU-Ebene gesetzlich handeln müssen. Eckhardt Barthel ({9})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Barthel, auch Sie muss ich leider an die Redezeit erinnern.

Eckhardt Barthel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003032, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Letzter Satz: Wir sollten - das ist zu meiner großen Freude schon von einigen angesprochen worden - in Anbetracht der Krise bei Kirch nicht die Öffentlich-Rechtlichen aus den Augen verlieren. Wir alle wissen, dass es keinen Wettbewerb gibt, wenn es keine Öffentlich-Rechtlichen gibt. Deshalb sollte eine Konsequenz aus der Bewältigung der Krise bei Kirch - das ist eine Chance - die Stärkung der ÖffentlichRechtlichen sein. Ich bedanke mich. ({0})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Für die SPD-Fraktion spricht jetzt der Kollege Dr. Axel Berg.

Dr. Axel Berg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003036, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Pleiten gibt es nun einmal in der Marktwirtschaft, also auch in der Medienbranche. Was ist bei Kirch so besonders? Medien sind in Zeiten des digitalen Kapitalismus Machtfaktor. Ein Medienkonzern wie die Kirch-Gruppe hat extreme politische Macht. Ein Garant für das Funktionieren von Demokratie ist Pluralismus. Deswegen gibt es Gewaltenteilung und eine freie Presse. Die Pressemedien sind aber nicht mehr frei, wenn sie nur einem oder wenigen gehören. Die Kirch-Gruppe gilt als konservativ. Stoiber, auch konservativ, hat ein eigenes politisches Interesse an der extremen Macht der KirchGruppe, weil sie ihm hilft, den Bundeskanzler und alles, was in der Mitte der Gesellschaft ist oder sogar links von ihr steht, schlecht zu machen. Nebenbei, liebe schwarze Kollegen: Stoiber reiste persönlich nach Los Angeles, um den Einstieg Murdochs bei Premiere möglich zu machen. Finanziert wurde das Ganze damals durch einen Großkredit der Landesbanktochter BAWAG aus Österreich. Auch Banken sind normal in Marktwirtschaften. Sie geben Kredite und verdienen mit dem Produkt Geld ihr Geld. Eine Sonderrolle hat aber die Bayerische Landesbank. Sie fungiert als Hausbank des Freistaates Bayern und versteht sich als Universalbank besonderer Prägung. Ihr Ziel ist es, den Freistaat Bayern bei seiner Aufgabenerfüllung zu unterstützen. Kontrolliert wird die Landesbank vom Verwaltungsrat, in dem die CSU-Landesregierung entscheidenden Einfluss hat. ({0}) - Nein, aber nicht so groß einsteigen. - Wenn also die von der Bayerischen Staatsregierung kontrollierte Landesbank ungenügend gesicherte Kredite gibt - übrigens so viele, wie noch nie eine Landesbank einem Unternehmen gegeben hat, so viele, wie Kirch von keiner anderen Bank bekommen hat, und das zu einem Zeitpunkt, als alle Warnzeichen blinkten und hupten -, dann bedeutet das entweder, dass Stoiber Steuermittel letztlich dazu benutzt hat, seinem Helfershelfer und Spezl Kirch zu helfen, oder aber, dass seine wirtschaftspolitische Kompetenz nur eine Schimäre ist. ({1}) Kirch ist ein Musterbeispiel und ein vorläufiger Höhepunkt verfehlter bayerischer Wirtschaftspolitik. Nach Grundig, Schneider-Unterhaltungselektronik, Fairchild Dornier, Schmidt-Bank, dem fast kaputten Stahlkonzern Maxhütte und der halbstaatlichen Immobiliengesellschaft LWS geht es jetzt mit Kirch weiter. Auch Infineon, Siemens, Epcos, Viag und Interkom streichen Hunderte Stellen. Als Münchner kann ich nur hoffen, dass Stoiber die Bundestagswahl so vernichtend verliert, dass wir auch in Bayern endlich einen wirtschaftlich kompetenten Ministerpräsidenten bekommen. ({2}) Was ist jetzt zu tun? 10 000 Arbeitsplätze bei Kirch selbst und noch einige Tausend bei den Zulieferern müssen gerettet werden. Die Beschäftigten haben gut gearbeitet. Ihnen ist kein Vorwurf zu machen. Etliche sind extra nach München und in die Umgebung gezogen, weil sie vermuteten, dass in Bayern gute Medienpolitik gemacht wird. Ihre Erwartungen wurden nicht erfüllt. Die hybride Blase ist geplatzt. Durch die Kirch-Gruppe muss nicht nur ein Ruck gehen. Sie muss auch richtig umstrukturiert werden. Bei dem kirchschen Verantwortungschaos ist es unmöglich, der öffentlichen Hand klar zu machen, dass Steuergelder reingebuttert werden, ohne dass sich etwas verändert. Aber es sieht ja gar nicht so schlecht aus. Vier Banken bilden die Auffanggesellschaft. Pro 7, SAT 1 und Kabel sind profitabel. Jetzt müssen wir strategische Investoren finden. Berlusconi wird nicht kommen. Als Demokrat sehe ich in der Kirch-Pleite auch eine große Chance, zu mehr Pluraliät und zu größerer Programmvielfalt zu kommen. Statt einem Kirch sehe ich viele Medienunternehmen mit vielen Meinungen und einem echten Wettbewerb der Meinungsmacher statt immer nur „more of the same“. Das wäre ein Zustand, liebe Kolleginnen und Kollegen, der wirklich zu unserer offenen Zivilgesellschaft passen würde und angemessen wäre. Gestatten Sie mir ein letztes Wort. Herr Wiesheu, Sie tun mir, ehrlich gesagt, ein bisschen Leid; sonst ja nicht, aber diesmal schon. ({3}) Wieder einmal müssen Sie für Ihren Chef die Kohlen aus dem Feuer holen. Stoiber ist leider wieder zu feige, persönlich herzukommen - wie bei der LWS-Pleite, wie beim BSE-Skandal, wie bei der Affäre um den Deutschen Orden. Verantwortung, denke ich, gehört aber auch zum politischen Geschäft. ({4})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Nächster Redner für CDU/CSU-Fraktion ist der Kollege Dr. Martin Mayer.

Dr. Martin Mayer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001448, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Medienfachmann Peter Glotz, SPD, schreibt über den Medienunternehmer Leo Kirch - ich zitiere - : Leo Kirch war über viele Jahrzehnte ein innovativer Unternehmer. Zum Schluss hat er sich übernommen. Jetzt kommt es darauf an, möglichst viel von seinem Lebenswerk zu retten. In der Tat hat Leo Kirch einen beachtlichen Anteil an der beispielhaften Entwicklung des Medienstandortes Bayern mit vielen hoch qualifizierten Arbeitsplätzen und zahlreichen Ausbildungsplätzen, insbesondere in der Region München. Für diese unternehmerische Leistung gebührt ihm auch heute noch Dank und Anerkennung. Nun ist die Kirch-Gruppe offensichtlich durch Verluste beim Bezahlfernsehen Premiere in eine finanzielle Krise geraten ({0}) und man hat manchmal den Eindruck, dass bei der SPD und bei den Grünen darüber Genugtuung herrscht. ({1}) Unser Augenmerk muss jetzt darauf gerichtet sein, mitzuhelfen, dass diese Krise abgewendet werden kann. Zur Rettung des Unternehmens und damit auch der Arbeitsplätze müssen fachkundige finanzstarke Investoren aus dem In- oder aus dem Ausland gewonnen werden. ({2}) Die Banken und der Insolvenzverwalter tun das Ihrige. Wie verhalten sich nun die Bundesregierung und die Koalition in dieser Situation? Wo sind die Bemühungen, potenziellen Investoren den Weg zu ebnen? Der Bundeskanzler ist ganz offensichtlich in erster Linie damit beschäftigt, zum einen die Insolvenz der Kirch-Media AG zu nutzen, um den bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber zu diffamieren, und zum anderen seiner Partei einen möglichst großen Einfluss auf den künftigen Fernsehmarkt zu sichern. Anders lassen sich seine ersten öffentlichen Äußerungen nicht interpretieren. Die Kollegen der SPD und der Grünen haben heute diesen Eindruck bestätigt. ({3}) Ihre Reden lenken letztlich davon ab, dass die rot-grüne Wirtschaftspolitik in Deutschland zu einer Pleite geführt hat und dass die rot-grüne Wirtschaftspolitik abgelöst werden muss. ({4}) Heute ist schon angesprochen worden: Da trifft sich der Herr Bundeskanzler und Chef der SPD hinter dem Rücken von Leo Kirch mit dem Vorsitzenden der SPD-nahen „WAZ“-Verlagsgruppe, die Teile der Kirch-Beteiligungen erwerben will, und mit dem Vorstandschef einer Gläubigerbank, der Tage danach zum Schaden des Kirch-Unternehmens öffentlich über die Insolvenz spekuliert. ({5}) Ist das die Fürsorge für ein Unternehmen in der Krise oder will da etwa eine Partei ihren Einflussbereich in der Presse vergrößern und sich einen großen Brocken am Fernsehen sichern? ({6}) Hinzu kommt ein Weiteres. Der Bundeskanzler warf in seinen ersten Äußerungen Edmund Stoiber vor, er unterstütze Leo Kirch zu wenig. Was ist denn nun richtig? Zugleich erhebt die SPD im Bayerischen Landtag ständig den Vorwurf - auch hier haben Sie das wiederholt -, Leo Kirch werde von der CSU und der Bayerischen Staatsregierung zu stark unterstützt. Dieses Doppelspiel, diese doppelbödige Argumentation ist durchsichtig. Es geht der SPD nicht um das Wohl der Unternehmungen von Kirch, sondern einzig und allein um Wahlkampfpolemik. ({7}) Die Zweifel an der Lauterkeit der Absichten werden auch nicht ausgeräumt, wenn man die Äußerungen der SPD-Ministerpräsidenten gegenüber Berlusconi und Murdoch hört. Dazu ist hier schon genug gesagt worden. Ich möchte aber festhalten: Das ist eine große Heuchelei. Wer in der SPD wirklich Sorge um zu viel Einfluss von Staat und Parteien auf die Medien hat, der soll sich einmal mit den Beteiligungen der eigenen Partei an Zeitungsverlagen beschäftigen. ({8}) Wer wirklich einen Beitrag zum Überleben der Unternehmen der Kirch-Gruppe leisten will, der muss auch mögliche ausländische Kapitalgeber gut behandeln. Davon ist bei der SPD leider nichts, aber auch gar nichts zu spüren. Zum Abschluss noch ein Zitat von Peter Glotz - ich zitiere -: Kirchs Insolvenz ist nicht nur ein Ende. Sie kann auch ein Anfang werden. Ich füge dem hinzu: Alle Beteiligten einschließlich der Gläubigerbanken tragen eine große Verantwortung. Sie müssen sich anstrengen, damit die Kirch-Unternehmen weitergeführt werden können. Für diesen Neuanfang wünsche ich viel Glück und Erfolg im Interesse der Beschäftigten, im Interesse der Geschäftspartner der KirchGruppe und schließlich auch im Interesse der Vielfalt des Medienstandortes Deutschland. ({9})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Der letzte Redner in dieser Debatte ist der Kollege Jörg Tauss für die SPDFraktion. Dr. Martin Mayer ({0})

Jörg Tauss (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002813, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben gelernt: Kirch ist ein erfolgreiches Unternehmen und Rot-Grün ist schuld. ({0}) Es ist schon etwas platt, Herr Mayer und Herr Wiesheu, was Sie an Ausführungen gemacht haben. Ich möchte zitieren, und zwar nicht aus einer sozialdemokratischen Zeitung, sondern aus der „Financial Times Deutschland“, an der wir noch nicht einmal beteiligt sind. Sie hat ihre Berichterstattung zum Thema Kirch-Insolvenz mit den Worten „Bayerns verfehlte Politik“ überschrieben. ({1}) Ich glaube, dieses Zitat aus der „Financial Times Deutschland“ beschreibt die Verhältnisse in passender Weise. Der Fall Kirch ist - davon brauchen Sie nicht abzulenken; das können Sie auch nicht - eine Pleite für die stoibersche Medienpolitik, nicht nur was den Medienstandort München angeht, sondern auch für die Medienpolitik als solche. Darauf möchte ich näher eingehen. Es hat mich sehr befremdet - das möchte ich an dieser Stelle einmal sagen -, dass der bayerische Wirtschaftsminister kaum Worte für die Beschäftigten fand, für die kleinen Produktionsfirmen, übrigens nicht nur in Bayern. Ich hätte erwartet, dass der bayerische Wirtschaftsminister dieses Thema anspricht, statt sich in NRW und in Gegenden zu verlieren, in denen er sich regional gar nicht auskennt. ({2}) Nein, Sie hätten hier Ihre Verantwortung für den Medienstandort München offen legen müssen. Zu dieser Verantwortung hätten Sie sich bekennen müssen. Sie haben hier in zwei Beiträgen nichts dazu beigetragen, sondern Nebelkerzen geworfen. Damit werden Sie nicht durchkommen. ({3}) Das Engagement der Bayerischen Landesbank ist das Problem, über das wir uns unterhalten müssen - nicht die intelligente Standortpolitik in Nordrhein-Westfalen. Trotz warnender Stimmen war das Engagement der Bayerischen Landesbank in unverantwortlicher, in mangelhafter Weise abgesichert, und das unter Ihrer Verantwortung. Das steht schon heute - selbst wenn die Staatssekretärin, wie sie uns gesagt hat, noch nicht so deutlich werden konnte - auch unter rechtlichen Gesichtspunkten ganz offensichtlich fest. Die Gründe für dieses Verhalten liegen auf der Hand. Es ging darum, einen konservativen Multimediakonzern zu installieren, auf den man unmittelbaren Einfluss hat und mit dem man in Spenden verflochten war. Es ist kein Zufall, dass Gelder in Höhe von 800 000 DM an Herrn Kohl geflossen sind. Übrigens: Bei der „WAZ“, von der Sie so viel reden, waren es auch 800 000 DM, die an Herrn Kohl gegangen sind. Es ist hochinteressant, an was wir alles schuld sind. Meine sehr verehrten Damen und Herren, machen Sie sich also bitte nicht lächerlich! ({4}) Ich will mich in dieser Aktuellen Stunde aber nicht nur mit diesem Totalausfall bayerischer Medienpolitik und deren Konkurs beschäftigen. Herr Staatsminister NidaRümelin hat - ich weiß nicht, warum Sie das kritisiert haben, Herr Kollege Lammert - das Thema Medien und Medienpolitik ernsthaft angesprochen. Ich stimme Ihnen zu, dass wir hier sehr wohl Konsequenzen ziehen müssen. Zu der Frage, ob Bayern die richtigen Konsequenzen zieht, kommen wir gleich noch. Herr Kollege Otto, Sie haben hier zu Recht den privaten Rundfunk angesprochen. Nur, die privaten Rundfunkanbieter hatten vor Malone Angst, weil sie fürchteten, unter die Räder zu kommen. Die Zusammenhänge, die Sie geschildert haben, waren nicht sehr nachvollziehbar. Es ist immer wieder die Rede von den Beteiligungen der SPD an Medienkonzernen. Früher durften wir noch nicht einmal drucken - das war die historische Situation -, weil die Konservativen, die Reaktionären und die Braunen in diesem Lande den Druckereien verboten hatten, für die SPD zu drucken. Daher haben wir uns Druckereien beschaffen müssen, die wir zum Teil noch heute haben. ({5}) Diese Unternehmen sind wirtschaftlich erfolgreich und deswegen haben Sie Neidgefühle. Das tut mir sehr Leid. Am Beispiel des Bayerischen Rundfunks - da geht es nicht um Kapitalbeteiligungen - erkennt man, dass die Gewaltenteilung zwischen Politik und Medien anders als bei uns eben nicht funktioniert. Das zeigt auch der Fall Kirch. Die Maschinerie unter Bundeskanzler Kohl hat ihren Einfluss so wahrgenommen, dass jede Stelle eines Abteilungsleiters und sogar die des Pförtners beim Zweiten Deutschen Fernsehen entsprechend besetzt wurde. ({6}) Sie lenken ab. Sie haben ohnehin ein gestörtes Verhältnis, was die Gewaltenteilung in der Politik angeht, siehe Eingriffe in die bayerische Justiz. Es wäre hochinteressant, über diese Themen einmal ein bisschen mehr zu reden. ({7}) Herr Kollege Otto und Herr Kollege Lammert, wir müssen über das Wettbewerbsrecht sprechen. Es gibt auf diesem Gebiet einige Probleme, über die wir diskutieren müssen. Es geht darum, über das Wettbewerbsrecht die Meinungsvielfalt im Rundfunk zu sichern. Das ist der Hintergrund dafür, dass wir über ausländische Beteiligungen diskutieren. Es ist doch ein Schmarren, zu behaupten, dass sich irgendjemand vor ausländischen Beteiligungen fürchtet. Die Fragen sind einfach: Funktionieren die Verantwortung und die Abgrenzung, von denen ich gerade geredet habe? Funktioniert der Ordnungsrahmen? - Es kann nicht sein - über diesen Punkt diskutieren wir -, dass durch Medienbeteiligungen die Gewaltenteilung zwischen Politik und Medien außer Kraft gesetzt ist. Wir haben einen europäischen Auftrag. Was Berlusconi in Italien im Sinne von wirklicher Macht tut, ist weder für Europa noch für Italien noch für Deutschland akzeptabel. Deswegen wollen wir die italienischen Verhältnisse, Frau Präsidentin, nicht. ({8}) Bayern schaut nicht über seinen Gartenzaun hinweg. Sie, Herr Wiesheu und Herr Huber, sind es, die nicht bereit sind, darüber zu reden, wie eine moderne Kommunikationsordnung aussieht. Sie errichten Ihre Gartenzäune. Sie wollen die entsprechenden Zuständigkeiten: EU, Bundeskartellamt, Regulierungsbehörden, 15 Landesmedienanstalten, KEK, KEF, Aufsichtsräte noch und noch, in denen man sitzt.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Tauss, ich fühle mich sehr geehrt, dass Sie mich in Ihre Rede eingebaut haben; aber meine Uhr funktioniert tatsächlich. Sie zeigt an, dass Sie Ihre Redezeit überschritten haben.

Jörg Tauss (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002813, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin, Sie haben völlig Recht. - Nach der stoiberschen Pleite können natürlich auch Chancen entstehen. Wer aber Sendezeiten für das Internet will, der zeigt, dass er weder medienpolitisch noch wirtschaftspolitisch Ahnung hat. Das hat die heutige Debatte gezeigt. Ich bedanke mich für die zusätzlichen Sekunden Redezeit. ({0})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Die Aktuelle Stunde ist beendet. Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestags ein auf morgen, Donnerstag, den 18. April 2002, 9 Uhr. Ich wünsche allen Kolleginnen und Kollegen noch einen angenehmen, wenn auch sicherlich arbeitsreichen Abend. Die Sitzung ist geschlossen.