Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 11/30/2001

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich kann die Frage leider auch nicht beantworten. Ich habe gerade darum gebeten, nach ihm zu fragen, weil auch mir das aufgefallen ist. ({0}) - Wir haben Glück, der Finanzminister hat gerade den Saal betreten. Herr Kollege Carstens, jetzt können Sie in aller Ruhe fortfahren.

Manfred Carstens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000322, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege von Hammerstein, es ist in der Tat so, dass der Finanzminister bei diesem Thema anwesend sein muss. Aber da es sein letzter Haushalt ist, wäre es eigentlich doch nicht so wichtig. ({0}) Die wirtschaftliche Entwicklung verläuft sehr bedrohlich. Es weiß noch keiner abzuschätzen, wie sich die Dinge im Jahre 2002 darstellen. Der Sachverständigenrat geht noch davon aus, dass es ein geringes Wachstum geben wird, fügt aber sofort hinzu: Alles andere, was wir unterstellt haben, muss sich aber auch so ereignen; ansonsten geraten wir tatsächlich in eine rezessive Phase. Wie gesagt, keiner weiß, ob wir uns nicht wirklich schon in einem Schrumpfungsprozess befinden. Am deutlichsten wird die Gefährlichkeit einer solchen Entwicklung, wenn man die Entwicklung der Arbeitslosigkeit betrachtet. Man muss sich einmal vorstellen, dass wir in den letzten zwölf Monaten vor dem Regierungswechsel, von Oktober 1997 bis Oktober 1998, die Zahl der Arbeitslosen um 399 000 reduziert haben. ({1}) 1999 und in den folgenden Jahren sind darüber hinaus über 200 000 ältere Menschen mehr aus dem Arbeitsprozess ausgeschieden als jüngere nachgekommen sind. Bei einer moderaten wirtschaftlichen Entwicklung hätte es möglich sein müssen, die Arbeitslosigkeit im Durchschnitt des Jahres 2002 in Richtung 3 Millionen zu bringen. ({2}) Was wir jetzt erleben, ist das genaue Gegenteil. ({3}) Der Bundeskanzler hat noch im Frühjahr 2001 versucht, einen Notnagel einzuschlagen, indem er sagte: Es werden wohl 3,5 Millionen arbeitslose Menschen werden. - Aber jetzt sagt die Regierung selbst: Wir gehen von fast 3,9 Millionen Arbeitslosen aus. Der Sachverständigenrat sagt: Es werden knapp 4 Millionen Arbeitslose. Wahrscheinlich ist, dass wir im nächsten Jahr über 4 Millionen Arbeitslose im Jahresdurchschnitt haben werden. ({4}) Da der Bundeskanzler sich und seine politische Entwicklung mit der Zahl der Arbeitslosen verbunden hat, ist er im Grunde nur noch ein Kanzler auf Abruf. ({5}) Diese Entwicklung, dieser rapide Verfall der Wirtschaft ist nur mit der Maßgabe vorstellbar, dass ein Großteil der Bevölkerung einfach das Vertrauen in die Regierung und in die weitere Entwicklung verloren hat. ({6}) Das ist auch gut nachvollziehbar. Denn wenn Sie einmal nachlesen, was der Kanzler, die Minister und der Generalsekretär der SPD in den letzten Jahren und Monaten gesagt haben, dann stellen Sie fest: Ob Sie sich das angehört haben, ist völlig egal; denn es ist sowieso nicht so eingetroffen, wie sie es gesagt haben. ({7}) Wenn man eine solche Politik macht, ist völlig klar, dass das Vertrauen als wichtige Voraussetzung für wirtschaftliche Entwicklung nicht mehr da sein kann. Wenn Sie sich die Statistiken anschauen, dann stellen Sie fest, dass die Ausrüstungsinvestitionen ausbleiben, dass die Bauinvestitionen ausbleiben, dass das Mehrwertsteueraufkommen rapide abnimmt. Das hat es in diesem Umfang im Vergleich zu den Schätzungen überhaupt noch nicht gegeben. Das sind Entwicklungen, die darauf hindeuten, dass die Bevölkerung der Zukunft nicht mehr traut. Man kauft nicht mehr; man investiert nicht mehr. Wenn der Finanzminister sagt: „Liebe Deutsche, sorgt für den Aufschwung! Kauft! Legt euer Geld an!“, dann klingt das bei vielen Arbeitnehmern und Rentnern angesichts der Tatsache, dass er der breiten Masse ständig durch Steuererhöhungen das Geld aus der Tasche gezogen hat, wie Hohn. ({8}) Wenn man so will, ist eine Regierung aus Rot-Grün schon an sich ein Risiko für die Konjunktur. ({9}) Die Grünen sind ein latentes Risiko. Die Grünen wissen, was sie alles nicht wollen; aber sie wissen kaum, was sie wollen. So kann man keine Wirtschaftspolitik machen. ({10}) Kernenergie, PKWs und Straßenbau sind Feindbilder für die Grünen. Entsprechend sieht die Politik aus. Was wir in den letzten drei, vier Jahren erlebt haben, war ein ReperCarl-Detlev Freiherr von Hammerstein toire von Strafexpeditionen gegen Autofahrer: jedes Jahr sechs Pfennig drauf. ({11}) So kann man keine Wirtschaftspolitik machen. So kann es nicht dauerhaft gut gehen. Da geht selbst die stabilste Konjunktur in die Knie. Da steigt die Arbeitslosigkeit an. ({12}) Wie Sie den Mittelstand bei der Steuerreform behandelt haben, wie Sie ihn mit bürokratischen Auflagen belastet haben und wie Sie überhaupt mit ihm umgehen, gerade mit den Familienbetrieben, wie Sie mit der Landwirtschaft umgehen, was Frau Künast sich seit der BSE-Krise erlaubt, die im Grunde gar keine war, sondern künstlich erzeugt wurde - ({13}) - Wenn Sie das so mit Widerspruch belegen, dann haben wir heute noch genauso eine BSE-Krise wie vor einem Jahr. Da hat sich überhaupt nichts geändert, meine Damen und Herren. ({14}) Von daher ist bei den Landwirten wie beim Mittelstand einfach kein Vertrauen da. Man hat bei Frau Künast den Eindruck, als ob sie die deutsche Landwirtschaft am liebsten des Landes verweisen möchte. Woher sollen denn dann noch Investitionen kommen? Das ist doch völlig unvorstellbar. ({15}) Es gibt noch etwas, was zur Gesamtbetrachtung der Frage gehört, warum das Vertrauen in die Regierung bzw. in eine gesunde Politik nicht vorhanden ist. Es gibt sowohl in Westdeutschland als auch in Ostdeutschland nach wie vor einen großen Vorbehalt - ich meine, zu Recht gegen die PDS. ({16}) Eine Bürgerrechtlerin hat einmal gesagt: Das ist die SED, die sich mit einem neuen Namen maskiert hat. - Das ist eine gute Beschreibung. ({17}) Wenn sich die Regierungspartei SPD mit der PDS in Mecklenburg-Vorpommern in ein Boot begibt ({18}) sowie sich von ihr in Sachsen-Anhalt tolerieren lässt und wenn sie sich in Berlin auf unseriöse Weise an die Regierung bringen lässt, dann denkt sich das deutsche Volk etwas dabei. ({19}) Da hat es Absprachen gegeben. Man weiß, dass Absprachen, die es vorher gegeben hat, auch eingehalten werden müssen. Solchen Absprachen traut man nicht; darauf setzt man nicht. Daher kann eine Regierung Schröder nicht erwarten, dass die Wirtschaft noch Vertrauen in ihre Politik hat. ({20}) Wir haben darüber hinaus zu bedenken - das möchte ich ebenso deutlich ansprechen -, dass diejenigen, die in der Politik das Vertrauen verspielt haben, kaum imstande sein werden, dieses Vertrauen zurückzugewinnen. Wenn die Wirtschaft kein Vertrauen mehr zur Politik hat, wenn man ihrem Wort nicht mehr glaubt, wenn man der Regierung nichts mehr, erst recht nichts Gutes, zutraut, dann gibt es kaum noch Aussicht darauf, dass es mit dieser Regierung in der Wirtschaft wieder aufwärts gehen kann. Deswegen muss die Lösung heißen: Weg mit dieser Regierung! Her mit einem neuen Programm und einer neuen Regierung! ({21}) Das muss natürlich durch das Einhalten gewisser Grundsätze angereichert werden. Ich bin davon überzeugt, dass sich unser Land in Zukunft wirklich nur dann gedeihlich entwickeln kann, wenn wir der Familie wieder den Stellenwert einräumen, den sie haben muss. ({22}) Sie muss der Kern unserer gesellschaftlichen Entwicklung sein. ({23}) Die Familien müssen wieder bereit sein, mehr Kinder zu haben, Kinder zu erziehen und sie für das Leben fit zu machen, um sie dann entsprechend ins Leben entlassen zu können. Das bedarf unserer Unterstützung. ({24}) Darüber hinaus ist es wichtig, dass wir uns weiterhin an gewisse Grundsätze halten. Es kann einfach nicht sein, dass gleichgeschlechtliche Partnerschaften der Ehe und der Familie gleichgestellt werden. Das ist völlig undenkbar. Das kann in Zukunft nicht gut gehen. ({25}) Wir müssen uns auch gewisse Normen auferlegen. Wir müssen uns wieder daran gewöhnen, gewisse Grundsätze im zwischenmenschlichen Zusammenleben, Grundsätze, die uns von Gott gegeben sind, einzuhalten. Zum Schluss meiner Ausführungen sage ich Ihnen: Wir werden erleben, dass wir in dem Maße, in dem wir in unserem Leben bereit sind, uns an diese Grundsätze zu halten und sie zu praktizieren, eine gesegnete und gute Manfred Carstens ({26}) Zukunft haben werden. Das wünsche ich Ihnen allen und unserem ganzen Volk. Schönen Dank für die Aufmerksamkeit. ({27})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich erteile dem Kollegen Joachim Poß, SPD-Fraktion, das Wort. ({0})

Joachim Poß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001740, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Carstens, Sie sind jemand, den ich persönlich wirklich achte. Sie haben in den letzten Jahrzehnten versucht, insgesamt gesehen einen guten Beitrag zur Finanzpolitik zu erbringen. ({0}) Weil Sie von Grundsätzen geredet haben, werden Sie mir die folgende Feststellung aber erlauben, Herr Kollege Carstens: Die Grundsätze einer geordneten Finanzpolitik wurden unter Ihrer Mitwirkung über Jahre missachtet. Dieses Urteil kann man Ihnen leider nicht ersparen. ({1}) Im Übrigen will ich sagen, dass Sie stellenweise mit Ihrer Rede Ihren Humor durchaus unter Beweis gestellt haben. ({2}) Am Ende der Haushaltsdebatte bleibt als wichtigste Feststellung: Die Koalition aus SPD und Bündnis 90/Die Grünen bleibt auf Kurs, ({3}) und das in wirtschaftlich schwieriger Zeit. Wir sind strukturell in die richtige Richtung vorangekommen. ({4}) Das wurde in dieser Woche vom Bundesfinanzminister und vom Bundeskanzler eindeutig unter Beweis gestellt. ({5}) Das zeigt auch der Haushalt, der heute verabschiedet wird. Mit der Nettokreditaufnahme von 21,1 Milliarden Euro bleiben wir trotz der konjunkturbedingten Mehrbelastungen, die in den Regierungsentwurf einzuarbeiten waren, im vorher geplanten Rahmen. Das war ein hartes Stück Arbeit, für das wir sicherlich alle den Haushältern zu Dank verpflichtet sind. ({6}) Im überschaubaren Maße mussten wir Privatisierungserlöse einstellen. Nach vernünftiger Abwägung halten wir das für vertretbar; denn die Einhaltung der vorgesehenen GrenzefürdieNettokreditaufnahmeisteinwichtigesSignal dafür, dass die Regierungsfraktionen, die Bundesregierung und der Bundesfinanzminister in einer Situation Kurs halten, die immer noch durch Unsicherheiten bei den Menschen und in den wirtschaftlichen Prognosen geprägt ist. ({7}) Wer in den letzten Tagen und Wochen davon geredet hat und dafür geworben hat, den Konsolidierungspfad auch nur vorübergehend zu verlassen, ({8}) der bedenkt eines nicht: Wie sollen die Menschen, die Investoren und Konsumenten wieder die nötige Zuversicht und Sicherheit bekommen, wenn selbst die verantwortliche Politik keine verlässlichen Fixpunkte gibt? ({9}) Wir bieten diese Verlässlichkeit. Wie nicht anders zu erwarten, hat die Opposition in der abgelaufenen Woche immer wieder versucht, unsere Spar- und Konsolidierungserfolge der letzten Jahre klein zu reden. ({10}) Aber ohne unser mittelfristig angelegtes Konsolidierungspaket, das wir 1999 als Teil des Zukunftsprogramms 2000 verabredet haben, ({11}) hätte das Niveau der Neuverschuldung des Bundes, Herr Kollege Carstens, das in der Endzeit der Regierung Kohl/Waigel jährlich Spitzenwerte in Höhe von 60 Milliarden bis 70 Milliarden DM erreicht hatte, auch noch nach 1998 fortgeschrieben werden müssen. Davon sind wir jetzt weit entfernt. Die Menschen wissen das. ({12}) Für 2002 sind rund 42 Milliarden DM für die Neuverschuldung vorgesehen. Das sind jährlich mindestens 20 Milliarden DM weniger als zur Endzeit Ihrer Regierung. Im Gegensatz zu uns mussten Sie jedes Jahr bangen, ob es Ihnen überhaupt gelingt, einen verfassungsmäßigen Haushalt aufzustellen. Dieses Problem haben wir - selbst in der derzeit schwierigen konjunkturellen Situation - nicht mehr. ({13}) Manfred Carstens ({14}) Es ist reine Ablenkung, wenn Sie mit Ihrer Vergangenheit uns heute mangelnde Konsolidierungsbemühungen vorwerfen. Wer sich den gemeinsamen Grundtenor der Oppositionsreden vor Augen hält, der erkennt deutlich das rein taktische Bemühen, die Bundesrepublik Deutschland zum Sorgenkind Europas herunterzureden. Das soll wohl Ihr Hauptmotiv bei der Wahlkampfauseinandersetzung werden. Das ist aber ein Versuch, der die Realität maßlos verzerrt darstellt. ({15}) Dieses Vorgehen ist zudem auch unverantwortlich; denn so lässt sich die nötige Zuversicht bei Investoren und Konsumenten nicht erreichen. ({16}) Wer wünschte nicht, dass unsere Wachstumsraten im internationalen Vergleich besser wären? Aber bei seriöser Betrachtung sind die Gründe offenkundig: 40 Jahre SEDHerrschaft mit all ihren ökonomischen und sozialen Verwerfungen in Ostdeutschland können nicht in wenigen Jahren völlig aufgearbeitet werden. ({17}) Wir als Sozialdemokraten haben schon 1990 und in der Folgezeit gesagt, dass das eine Generationenaufgabe ist. Hier liegt Ihre grundlegende Fehleinschätzung. ({18}) Sie haben beim Aufbau Ost die Weichen falsch gestellt. Auch darunter leiden wir noch heute. Damit haben wir noch zu tun. Zwei Komponenten machen uns Schwierigkeiten: zum einen natürlich die SED-Vergangenheit und zum anderen Ihre falsche Weichenstellung beim Aufbau Ost im Jahre 1990. ({19}) Es ist ein Teil der Argumentation Ihres beginnenden Wahlkampfes, dass Sie immer wieder behaupten, Deutschland sei das ökonomische Schlusslicht Europas und die SPD und die Grünen seien daran schuld. ({20}) Dabei unterschlagen Sie, wie es während Ihrer Regierungszeit war, - das werden wir Ihnen noch öfter sagen -: 1996, 1997 und 1998 lag Deutschland - bezogen auf das Wachstum - am Ende der Reihenfolge in Europa. ({21}) 1993, 1994 und 1995 stand sogar das ökonomisch vermeintlich stärkere Westdeutschland - bezogen auf das Wachstum - am Ende der Reihenfolge in Europa. ({22}) Auch wenn wir uns natürlich eine weitaus bessere wirtschaftliche Entwicklung wünschen, entspricht es nun wirklich nicht der Wahrnehmung und Überzeugung der allermeisten Bürgerinnen und Bürger, dass Deutschland das Sorgenhaus Europas ist. In Ihren Haushaltsreden versuchen Sie, der Regierung die wirtschaftliche Schwäche in die Schuhe zu schieben. ({23}) Deshalb will ich hier noch einmal das neueste Gutachten des Sachverständigenrates zitieren, das gerade einmal zwei Wochen alt ist. Der Sachverständigenrat führt aus: Eigene Berechnungen zeigen, dass allein die Verlangsamung der wirtschaftlichen Expansion in den Vereinigten Staaten ... in diesem Jahr zu einem Rückgang der deutschen Zuwachsrate des Bruttoinlandsprodukts von knapp einem Prozentpunkt führt. Ich füge hinzu - auch der Bundeskanzler hat das in seiner Rede angedeutet -: Dabei wurden die Sekundäreffekte aufgrund des Rückgangs der Gewinne von US-Töchtern deutscher Konzerne noch nicht berücksichtigt. ({24}) Ähnliches steht im Herbstgutachten der Wirtschaftsforschungsinstitute: Auslöser des konjunkturellen Abschwungs, der Mitte des vergangenes Jahres eingesetzt hatte, war der Ölpreisschock; im Laufe dieses Jahres kamen zudem die bremsenden Wirkungen der im Vorjahr merklich gestrafften Geldpolitik zum Tragen. ({25}) Es geht noch weiter: Zunächst konzentrierte sich der Abschwung auf die Binnennachfrage. ({26}) Seit Beginn dieses Jahres wurde der Export von der sich deutlich verschlechternden Weltkonjunktur erfasst. Einem Land wie der Bundesrepublik Deutschland, das ökonomisch in außergewöhnlichem Umfang mit seinen Nachbarn und anderen Industriestaaten der Welt verflochten ist, kann es nicht gut gehen, wenn es, was zurzeit der Fall ist, all seinen Partnern schlecht geht. ({27}) Sowohl die USA als auch Japan und die Staaten der EU - im Blick auf England und Frankreich brauchen Sie heute Morgen nur die Zeitung zu lesen - befinden sich zurzeit in konjunkturell schwierigem Fahrwasser. ({28}) Dass es allen großen Wirtschaftsräumen zur gleichen Zeit wirtschaftlich nicht gut geht, ist übrigens eine Konstellation, die historisch fast einmalig ist. ({29}) Hinzu kommt, dass Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, durchgehend ausblenden, dass die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für eine Verbesserung unserer Lage derzeit in vielerlei Hinsicht so schlecht gar nicht sind: ({30}) Erstens. Die Preissteigerungsrate geht spürbar zurück; insbesondere sind die Öl- und Benzinpreise im Jahresverlauf erheblich gesunken. ({31}) Das Inflationsgespenst ist verjagt; wieder stabilisierte Preise lassen die Händler hoffnungsvoller auf das Weihnachts- und das Frühjahrsgeschäft blicken. ({32}) - Entschuldigen Sie mal. Sie haben wegen der Inflationsrate noch im April und Mai Aktuelle Stunden beantragt. Haben Sie das schon wieder vergessen? Das Inflationsgespenst ist verjagt. Sehen Sie sich die Entwicklung an! Zweitens. Der Eurokurs - bezogen auf den Dollar - bewegt sich nach wie vor - und wohl auch auf absehbare Zeit - auf einem Niveau, das den deutschen Export unterstützt. ({33}) Drittens. Die Europäische Zentralbank hat in diesem Jahr die Leitzinsen deutlich auf zurzeit 3,25 Prozent reduziert. Dadurch werden auf absehbare Zeit attraktive Finanzierungsmöglichkeiten für Investoren und Konsumenten sichergestellt. Viertens. Ich gehe fest davon aus, dass auch in den jetzt anstehenden Tarifrunden die Tarifpartner einen Weg finden werden, der die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland weiter befördert. Die Tarifparteien haben sich nämlich bisher immer verantwortungsbewusst verhalten. Es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln, dass dies auch weiterhin der Fall sein wird. Fünftens. Alle Vorhersagen für die wirtschaftliche Entwicklung im kommenden Jahr gehen davon aus, dass es spätestens in der zweiten Jahreshälfte zu einer Wiederbelebung der Auftriebskräfte kommen wird. ({34}) Unabhängig von der Entwicklung in Amerika wird nach meiner Überzeugung in Europa und in Deutschland die Umstellung, die Gewöhnung an und das sich verstärkende Vertrauen in den Euro in den nächsten Monaten zu einer Verbesserung der wirtschaftlichen Stimmungslage führen. Auch dies ist konjunkturpolitisch bedeutsam. ({35}) Die Entwicklung der Sozialversicherungsbeiträge ist unbefriedigend. Wir werden unser Ziel, den Gesamtsozialversicherungsbeitrag im Laufe der Legislaturperiode auf unter 40 Prozent zu senken, aller Voraussicht nach nicht erreichen. ({36}) Aber in konjunkturellen Schwächeperioden ist es nun einmal so - das wissen Sie auch -, dass das Geld nicht nur bei den Steuereinnahmen, sondern auch bei den Beitragseinnahmen fehlt. ({37}) Wir alle haben gesehen und gespürt, wie schwierig die in diesem Jahr endgültig realisierte große Rentenstrukturreform gewesen ist. Ich kann nur jedem raten, Reformbemühungen in den anderen Sozialversicherungszweigen ähnlich behutsam und sorgsam anzugehen. Die Reform der Sozialversicherungssysteme ist eine gesellschaftspolitische Aufgabe ersten Ranges. So wichtig das für sich genommen ist, so kann aber die Senkung der Sozialabgaben dabei nicht das alleinige Ziel der nötigen Reformen im Sozialbereich sein. Es geht auch um die Qualität unseres Sozialstaates. Möglicherweise unterscheidet uns genau das. Auch darüber können wir im nächsten Jahr streiten. ({38}) Wenn Sie davon reden, dass die Sozialversicherungsabgaben weiter gesenkt werden sollen, müssen Sie den Bürgerinnen und Bürgern auch sagen, was dies bedeutet: Die von Ihnen geforderte Senkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung wäre nur dann möglich, wenn das Arbeitslosengeld und die anderen Lohnersatzleistungen gekürzt würden oder wenn der Etat für die aktive Arbeitsmarktpolitik, die wir nach wie vor dringend - vor allem in Ostdeutschland - brauchen, radikal beschnitten würde oder wenn erhebliche Lasten aus dem Haushalt der Bundesanstalt für Arbeit in den Bundeshaushalt hinübergeschoben würden, welches zu einer stark nach oben steigenden Verschuldung des Bundes führen würde. Ich bin auf Ihre Wahlprogramme gespannt, insbesondere darauf, ob Sie den Bürgerinnen und Bürgern hierüber reinen Wein einschenken werden oder ob Sie auch weiterhin Ihre vermeintlichen Politikalternativen hinter wohlfeilen Sprüchen verbergen werden. Die Wahrheit ist konkret; der können Sie nicht ausweichen. ({39}) Zunächst einmal kann ich hier - auch in dem Papier „Neue Soziale Marktwirtschaft“ von Frau Merkel - nur die Politik der Umverteilung von unten nach oben erkennen, die Sie 16 Jahre lang praktiziert haben. ({40}) Ähnlich verhält es sich beim Rentenversicherungsbeitrag. Auch hier müssen Sie den Bürgerinnen und Bürgern sagen, was es bedeutet, wenn der Rentenversicherungsbeitrag stärker als bisher zurückgehen soll. Sagen Sie den Rentnerinnen und Rentnern, dass Sie das Rentenniveau noch weiter senken wollen? Oder wollen Sie auch hier eine stärkere Finanzierung aus dem Bundeshaushalt, der bereits jetzt - mit steigender Tendenz - zu fast einem Drittel aus Zahlungen an die Rentenversicherungsträger besteht? ({41}) Hier zeigt sich auch die ganze Widersprüchlichkeit Ihrer Forderungen: Die von Ihnen immer wieder ohne Einsicht geforderte Aussetzung der nächsten Ökosteuerstufe würde mit Sicherheit eine Konsequenz haben: Sie würde nämlich den Rentenversicherungsbeitrag, den Sie ja eigentlich weiter senken wollen, bereits im nächsten Jahr in die Höhe treiben. Wie passt das zusammen? Zeigt das Regierungs- oder Politikfähigkeit? ({42}) Wo ist also Ihr Konzept? Wo ist Ihre Alternative? Oder anders formuliert: Wie hoch ist der Realitätsgehalt, wie hoch ist eigentlich der Grad an Verantwortbarkeit Ihrer auch in der abgelaufenen Woche wieder ohne Unterlass vorgebrachten vermeintlichen Verbesserungsvorschläge? Sie bieten ein virtuelles Programm, das mit der finanzpolitischen Realität in diesem Land überhaupt nichts zu tun hat. ({43}) Stichwort Steuerpolitik: Wider besseres Wissen versuchen Sie ständig, den Eindruck zu erwecken, in der Steuerpolitik bestünde konjunkturpolitischer Handlungsbedarf. ({44}) Nicht bestreitbar ist doch, dass es bereits jetzt durch die von uns durchgesetzten massiven Steuerentlastungen erhebliche konjunkturfördernde Impulse gibt und noch geben wird. ({45}) Beschlossene Steuergesetze wirken natürlich nicht nur im Jahr ihrer Einführung, sondern auch in den Folgejahren. Zum nächsten Jahr, also genau dann, wenn wir das konjunkturell brauchen, werden zusätzlich sogar etwa 19 Milliarden DM an Steuerentlastungen wirksam, davon 5 Milliarden DM zusätzlich für Familien mit Kindern. Wir praktizieren nämlich Familienpolitik, Herr Kollege Carstens, im Gegensatz zu dem, was Sie nur verbal dargestellt haben. ({46}) Das wird seine konjunkturellen Wirkungen nicht verfehlen. ({47}) Außerdem haben wir im Baubereich eine halbe Milliarde Euro an zusätzlichen Verpflichtungsermächtigungen mit Fälligkeit 2003 in den Haushaltsberatungen ausgebracht, sodass die entsprechenden Aufträge bereits nach 2002 vorgezogen werden können. Also wird die Wirtschaft auch im Baubereich anziehen. Sie fordern immer noch, die für 2003 und 2005 vorgesehenen Entlastungsstufen unserer Steuerreform vorzuziehen. Es ist hier in der Debatte bereits gesagt worden: Erst haben Sie unsere Steuerreform beständig verteufelt, jetzt wollen Sie sie sogar vorziehen. Das ist doch grotesk. ({48}) Der Sachverständigenrat hat ausgeführt, dass alles in allem überzeugende ökonomische Gründe gegen Konjunkturprogramme in einem normalen Konjunkturzyklus sprechen. ({49}) Es gehe darum, stabile und verlässliche makroökonomische Rahmendaten als Voraussetzung für ein stärkeres Potenzialwachstum zu schaffen. Das machen wir. Bei uns ist Politik wieder planbar geworden. ({50}) Sie haben immer dann, wenn es zur Sache ging, zum Beispiel bei der Verbreiterung der Steuerbasis, dagegen gestimmt. Sie waren immer die Meister der Schlupflöcher und haben damit einen finanzierungsfähigen Staat immer mehr infrage gestellt. ({51}) Wer von Ihnen will angesichts der derzeitigen großen Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung ausschließen, dass zusätzliche steuerliche Entlastungen von den Bürgerinnen und Bürgern gar nicht konjunkturfördernd verausgabt, sondern auf die hohe Kante gelegt würden? Schauen Sie sich die Zahlen in den USA an. Die Sparquote ist dort von 1 Prozent auf 4,7 Prozent angestiegen. Auch dort stellt sich die Frage, ob das von Bush auf den Weg gebrachte Steuersenkungsprogramm überhaupt etwas bewirkt. Damit bleibt festzuhalten: Es gibt eine große ökonomische Skepsis gegenüber weiteren Steuerentlastungen in der jetzigen Situation, ohne dass wir über die Finanzierbarkeit solcher Steuerentlastungen bisher überhaupt geredet hätten. Wir haben in der Diskussionsrunde am Sonntag Herrn Stoiber gehört. Er sprach davon, dass die öffentlichen Haushalte, insbesondere die der Länder, so ausgezehrt seien, dass sie ein Vorziehen der Steuerreform finanziell nicht verkraften könnten. Recht hat Herr Stoiber! Schaffen Sie in Ihren Köpfen und in Ihren Reihen gedankliche Klarheit. Dann können Sie sich wieder in den politischen Wettbewerb begeben; denn bis heute haben Sie das wahrlich nicht geschafft. ({52}) Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der letzten Steuerschätzung mit Mindereinnahmen von 20 Milliarden DM allein im Jahr 2002 ist der Spielraum noch kleiner geworden. Es ist abwegig, davon auszugehen, dass die Politik einfach einen Hebel umlegen kann und dann brummt die Wirtschaft. Arbeitnehmer und Gewerkschaften, aber auch und vor allem die Unternehmer müssen sich ihrer gesamtwirtschaftlichen Verantwortung bewusst sein. Helfen Sie lieber mit, dass die Ihnen nahe stehenden Präsidenten und sonstigen Funktionäre der Wirtschaftsverbände ihre Mitglieder überzeugen, die von uns geschaffenen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu nutzen, um in Deutschland endlich neue Arbeitsplätze zu schaffen und nicht kurzfristig und fantasielos Arbeitsplätze zu Tausenden abzubauen. Das wäre eine Aufgabe von Ihnen. Dann wären wir ein gutes Stück weiter. ({53}) Kurzfristige Gewinnmaximierung ist keine Alternative zur langfristigen Investitionsplanung im Interesse der Belegschaften und der Volkswirtschaft. Nicht alles kann mit dem Schlagwort der Globalisierung gerechtfertigt werden. ({54}) Politische Opposition hat ihre Rolle und Funktion. Sie darf allerdings nicht in die Rolle verfallen, aus reiner Wahltaktik die Stimmung schlecht zu reden. In dieser Haushaltsdebatte haben Sie jedenfalls nicht gezeigt, dass Sie eine Gruppierung sind, die im nächsten Jahr in Deutschland Regierungsverantwortung übernehmen könnte. Ihnen fehlt trotz vieler Worte in dieser Woche ein stringentes inhaltliches Konzept, das vor der Realität Bestand hat. ({55}) Bemühen Sie sich auch auf dem CDU-Parteitag um Konzepte, lieber Kollege, um endlich in einen ernsthaften und verantwortlichen Wettbewerb mit uns eintreten zu können. Danke. ({56})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich erteile das Wort dem Kollegen Dr. Wolfgang Gerhardt, FDP-Fraktion. ({0})

Dr. Wolfgang Gerhardt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002659, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben mehrere Tage ausführlich debattiert. Die Lage und die Daten der deutschen Volkswirtschaft haben sich dadurch nicht geändert: Die Arbeitslosigkeit ist weiterhin hoch; die Zahl der neuen Arbeitsplätze ist ganz niedrig; die Teuerungsrate ist weiterhin hoch; die Sozialversicherungsbeiträge sinken nicht, sondern steigen eher - wie die Ökosteuer, die eigentlich eingeführt wurde, um sie sinken zu lassen -; die steuerliche Belastung der Durchschnittseinkommen ist hoch. Selbst wenn Sie fünf Statistiken heranziehen: Wahrscheinlich liegen nur noch Belgien und Dänemark vor Deutschland. Die Belastung der Unternehmensgewinne ist weiterhin hoch. Hier liegt nur noch Frankreich vor Deutschland. Wenn Sie so weitermachen, dann schaffen Sie es, dass Deutschland auch noch diese Länder überholt und bei den negativen Indikatoren an der Spitze der Bundesliga liegt. Der Haushalt pfeift aus dem letzten Loch. Er sei auf Kante genäht, sagt der Bundesfinanzminister. Er hat den niedrigsten Investitionsanteil, den je ein Haushalt in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland gehabt hat. ({0}) Einen Boom gibt es nur noch in der Schattenwirtschaft. Das ist die Bilanz. ({1}) Im Hinblick darauf trägt die Regierung immer wieder - das hat auch der Kollege Poß getan - zwei Argumente vor: Daran seien - das ist wie im wirklichen Leben - die Eltern schuld; ({2}) denn die hätten dem Nachwuchs kein ausreichendes Erbe hinterlassen. So lautet der Vorwurf an die ehemalige Regierung. Der Bundeskanzler bemüht sich in einer langen Rede, zu erklären, daran seien die weltwirtschaftlichen Umstände schuld. Man müsse ein Stück auf die anderen Länder, vor allen Dingen auf die USA, hoffen. Dazu sagt der Sachverständigenrat, der sowohl die Erben als auch die Erblasser immer kritisch beobachtet hat, in seiner feinsinnigen Sprache, die aber ganz klar ist, Folgendes: Die größte europäische Volkswirtschaft - gemeint ist die in Deutschland - müsste die der anderen Länder eigentlich ziehen und dürfte gewissermaßen nicht von außen geschoben werden. Sie - gemeint ist noch immer die Volkswirtschaft in Deutschland - dürfte in einer Phase der allgemeinen Konjunkturschwäche nicht stärker an Schwung verlieren als die Volkswirtschaften in den übrigen Mitgliedsländern. Weiter sagt der Sachverständigenrat: Das ist ein Befund, der Zweifel an der Effizienz der für die wirtschaftlichen Entscheidungen maßgeblichen Anreizsysteme hierzulande nahe legt. Das nenne ich auf den Punkt gebracht. Darum geht es! ({3}) Die Frage lautet nämlich - ich leite sie sinngemäß aus dem Gutachten des Sachverständigenrates ab -: Was macht die Bundesregierung, die Mehrheit in diesem Hause eigentlich, um Menschen zu motivieren, Leistungen zu erbringen und sich neuen Aktivitäten zuzuwenden? Was tut sie, um die Anreizsysteme, die falsch ausgerichtet sind, umzustellen? ({4}) Der Sachverständigenrat und nicht die böse Opposition antwortet Ihnen, den Erben, darauf Folgendes: Es war ein Fehler, dass die jetzige Bundesregierung glaubte, das wenige an Deregulierung des Arbeitsmarktes, das die Vorgängerregierung zustande gebracht hatte, auch noch rückgängig machen zu müssen. Damit ist alles gesagt. ({5}) Sie können also nicht mehr sagen: Wir sind die Erben, wir sind an nichts schuld; die Eltern hätten uns - weil es uns friert - Handschuhe schenken müssen. Sie müssen sich schon fragen lassen, was Sie tun. Der Bundeskanzler hat zwar lange geredet. Aber er hat genau die Fehler am vehementesten verteidigt, die ihm der Sachverständigenrat ankreidet. Der Bundeskanzler erklärt, dass er die Abschaffung der 630-Mark-Arbeitsverträge für richtig halte. Aber damit haben Sie, nur die Arbeitslosenstatistik geschönt und die Schwarzarbeit ausgeweitet. ({6}) Sie haben den Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit weiter begründet. Sie haben damit die Einstellung von Frauen behindert und dafür gesorgt, dass betriebliche Angelegenheiten eher vor die Gerichte gebracht werden. ({7}) Sie haben das Betriebsverfassungsgesetz geändert. Sie haben die Mitbestimmung der Gewerkschaften ausgeweitet sowie die Selbstbestimmung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Betrieben zurückgedrängt. Sie haben ein Gesetz gegen Scheinselbstständigkeit erlassen. Das alles haben Sie trotz der Kritik des Sachverständigenrates durchgesetzt. Damit haben Sie genau die Motivationsanreize zurückgedrängt, die der Sachverständigenrat für die größte Volkswirtschaft in Europa anmahnt. ({8}) Sie haben jetzt die Absicht - das sagt der Sachverständigenrat auch -, ein weiteres Gesetz hinzuzufügen. Der Bundeskanzler hat der IG BAU zugesagt, ein Vergabegesetz vorzulegen. Der Sachverständigenrat hält das für eine Fortsetzung der Fehlentwicklung: ({9}) Das verteuert die Arbeit, das erhöht die Baupreise, das zögert strukturelle Anpassungen hinaus und das diskriminiert die Anbieter aus Ostdeutschland. Der Rat sagt: Damit sagt die Bundesregierung den vielen Arbeitslosen, dass sie keine neue, ausreichende hoffnungsvolle Perspektive für den Eintritt in den regulären Arbeitsmarkt haben und dass Deutschland als potenzieller Investitionsstandort nicht ausreichend in der Lage ist, überholte Strukturen aufzubrechen und seine Regelwerke neu auszurichten. Sie können auf die Weltwirtschaft, auf die Vereinigten Staaten und auf das Erbe verweisen; aber Sie können sich in dieser Woche nicht vier Tage lang darum herumdrücken, die Frage zu beantworten, was Sie denn tun wollen. ({10}) Das ist die Kernfrage an die Bundesregierung. ({11}) Sie stehen jetzt vor einem Waterloo Ihrer Arbeitsmarktspolitik. Die Daten, die wir nun abfragen und die offensichtlich auch im nächsten Jahr nicht besser werden, führen wir als Opposition natürlich ein, weil jedermann dies im parlamentarischen Schlagabtausch erwartet. Eigentlich kommen wir aber auch einem Wunsch des Bundeskanzlers nach. Er hat uns ja aufgefordert, ihn genau daran zu messen. Er hatte wohl gedacht, er werde mit einem Guthaben ins neue Jahr gehen. Er hat sich gründlich verkalkuliert. Das werfen Sie aber bitte nicht der Opposition vor. Sie müssen sich an dem messen lassen, woran er sich - das ist vom Herrn Bundeskanzler in allen deutschen Zeitungen gewünscht worden - messen lassen wollte. Wenn die Arbeitslosenzahl diese Entwicklung nimmt, die wirtschaftlichen Daten so sind, wie sie sind, dann wäre die Opposition geradezu mit dem Klammerbeutel gepudert, ({12}) wenn sie seinem Wunsch nicht nachkäme. Wir werden ihn daran messen. ({13}) In der Haushaltsdebatte hat sich der Bundeskanzler in bemerkenswerter Weise geäußert: Die Steuerpraxis sei nicht so, wie die Opposition es darstelle, wenn sie darauf hinweise, dass der Mittelstand in Deutschland ungerecht behandelt werde. Mit etwas Kreativität und guter Beratung ({14}) könne man in der Steuergestaltung die Ungerechtigkeit im Hinblick auf die kleineren und mittleren Betriebe schon beseitigen. Allenfalls wolle er mit sich darüber reden lassen, dass bei großen mittelständischen Unternehmen im Vergleich zu Körperschaften und Kapitalgesellschaften ein Problem bestehe. Dazu hat er lange Ausführungen gemacht. ({15}) Er ist aber an dem Kern des Problems gründlich vorbeigegangen. ({16}) - Herr Poß, es geht dabei nicht um die Steuergestaltung in der Praxis, auch nicht um die Unternehmen, ob kleine oder große, und nicht um die Besänftigung der kleinen mit den Freibeträgen bei der Gewerbesteuer. Im Kern geht es um die Unternehmenskultur in Deutschland. Das hat er gar nicht begriffen. ({17}) Diese Unternehmenskultur, so schrieb Paul Kirchhof gestern in der „FAZ“, ist der strukturelle Vorteil der Bundesrepublik Deutschland. Dies ist besonders in einer Zeit von Bedeutung, in der flüchtige Aktienmärkte uns im Hinblick auf die soziale Sicherheit der Menschen dazu herausfordern müssten, ({18}) die Personengesellschaften in der Bundesrepublik Deutschland zu stabilisieren und nicht diejenigen zu bestrafen, die sich in Form einer Personengesellschaft zu Großunternehmen entwickeln und damit zu stabilen Wettbewerbern der Körperschaften und Kapitalgesellschaften werden. ({19}) Der Bundeskanzler - er ist nicht da; Sie werden es ihm übermitteln - verrät in diesem Punkt die Neue Mitte, die er bei der letzten Bundestagswahl gebeten hat, ihm die Stimme zu geben. ({20}) Damit trifft Rot-Grün gesellschaftspolitisch den Wachstumsmotor der Bundesrepublik Deutschland. ({21}) Rot-Grün bestraft Risikobereitschaft bei denen, die persönlich bereit sind, etwas in Deutschland zu riskieren. Die Bundesregierung hat in diesen zwei Kernpunkten der übermäßigen Regulierung des Arbeitsmarktes und der Vernachlässigung der Personengesellschaften die größten Fehler gemacht, die sie machen konnte. Deshalb soll sie sich nicht in Ausreden über das Erbe flüchten. Rot-Grün hat in dieser Legislaturperiode die größte Verramschung des Erbes von Ludwig Erhard vorgenommen. ({22}) Auf dem Gebiet der Außenpolitik durften wir erleben, dass die Bundesregierung eine Vertrauensfrage brauchte, um einen der Kernbestandteile der erfolgreichen Nachkriegsentwicklung der Bundesrepublik Deutschland, die schlichte Bündnisfähigkeit, zu stabilisieren. ({23}) Die Grünen haben das jetzt auf einem Parteitag abgesegnet. Ich sage hier voraus: Sie werden noch eine gewaltige Interpretationsbandbreite für ihren Parteitagsbeschluss brauchen, sofern ich die Buschtrommeln, die in den letzten Tagen zu hören waren, richtig verstehe. Das ist noch nicht an seinem Ende angekommen. ({24}) In der Wirtschaftspolitik hoffen Sie nun auf Amerika, das Sie mit den Vokabeln „McJob“ und „Hire and Fire“ genüsslich heruntergeredet haben. ({25}) Jetzt ist das die große Hoffnung von Rot-Grün. ({26}) Dazu sagt der Sachverständigenrat Folgendes, was ich Ihnen abschließend zitieren will: Es ist nicht angebracht, - das sagt der Sachverständigenrat, nicht die böse Opposition bei einer schwachen eigenen wirtschaftlichen Entwicklung sich mit dem Hinweis auf andere damit abzufinden und zu warten, bis die weltwirtschaftliche Konjunktur, namentlich die Wirtschaftsentwicklung in den Vereinigten Staaten, wieder in Schwung kommt. Das hieße nämlich, vor den eigenen Problemen zu kapitulieren und darauf zu setzen, dass andere Länder eher in der Lage sind, ihre Aufgaben zu erledigen, und dass die deutsche Volkswirtschaft nur gleichsam als stiller Teilhaber der anderswo erzielten wirtschaftspolitischen Erfolge gesehen wird. Der Sachverständigenrat fügt einen weiteren Satz hinzu: Wir kommen um die Notwendigkeit nicht herum, die eigenen wirtschaftlichen Antriebskräfte zu mobilisieren. Deutschland ist nicht ein Land, das damit überfordert sein sollte. Deutschland ist damit auch nicht überfordert, aber RotGrün anscheinend komplett. ({27}) Meine Damen und Herren, Sie haben es in vier Jahren geschafft, Antriebskräfte in Deutschland zu verbrauchen und zu beschädigen. ({28}) - Für das letzte Jahr dieser Wahlperiode sehe ich keinen Aufschwung in Ihrer Geisteshaltung oder in den wirtschaftlichen Daten voraus. Dieses Jahr kann ich vorwegnehmen. Das wird ein verlorenes Jahr sein. Sie haben die Antriebskräfte in Deutschland gründlich demotiviert. Sie haben jede Bereitschaft zur eigenen Anstrengung, zum eigenen Risiko in Mitleidenschaft gezogen. Sie haben Flexibilität zugeschüttet. Sie haben Deutschland eingekerkert, aber sich selbst auch mit in die Zelle gesperrt. Jetzt haben Sie nur noch die zwei Möglichkeiten, die Sie immer nennen: ruhige Hand und runder Tisch. ({29}) Das ist für die Freie Demokratische Partei zu wenig. Deshalb bitten wir den Wähler, ({30}) dieser Politik im nächsten Herbst ein Ende zu bereiten demokratisch, aber überzeugend. ({31})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich erteile der Kollegin Antje Hermenau, Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.

Antje Hermenau (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002673, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich mich gleich diesen großen intellektuellen Herausforderungen von Oppositionsseite stellen werde, möchte ich als Erstes den Mitarbeitern des Sekretariats des Haushaltsausschusses danken. ({0}) Sie haben dieselben Nachtschichten geschoben wie wir, bis früh um vier die Anträge der Opposition kopiert, was sie auch nicht besser machte, aber immerhin dazu führte, dass sie vollzählig vorlagen, und sie in die Fächer einsortiert.Wir konnten um neun ordentlich beraten. In der diesjährigen Haushaltsberatung verdankt der Haushaltsausschuss den Mitarbeitern sehr viel. Das muss auch gesagt werden. ({1}) Jetzt will ich mich dieser intellektuellen Herausforderung widmen. Herr Gerhardt, wenn Sie hier behaupten, wir beklagten uns darüber, Sie hätten kein ordentliches Erbe hinterlassen, so muss angemerkt werden, dass Sie mindestens 30 Jahre mitregiert haben und insofern auch für das, was Sie hinterlassen haben, zuständig sind. ({2}) Mir hätte es schon genügt, wenn Sie uns keine so großen Schulden hinterlassen hätten. Von Ihrer Erbschaft will ich gar nichts haben. ({3}) Mir nützte es schon, wenn ich als junger Mensch meine Zukunft selbst gestalten könnte. Das geht aber gar nicht, weil ich auf Jahre dazu verdammt bin, mit meinen Steuergeldern Ihre Schulden abzutragen. ({4}) Wir wollen Zukunft gestalten. ({5}) - Ihr Wehgeschrei zeigt, dass ich den richtigen Punkt erwischt habe. - Wir haben einen Haushalt vorgelegt, der schwer zu fahren ist, weil er knapp ist. Trotzdem gestalten wir die Zukunft, und zwar schon seit drei bis vier Jahren erfolgreich gemeinsam in dieser Koalition. Sie ist in ihrer Finanzpolitik erfolgreich. ({6}) Wir haben die ökologische Modernisierung vorangetrieben. Es gibt eine Energiewende. Energieforschung, Markteinführung erneuerbarer Energien, Biomasse, die Mittel für all das wurden aufgestockt. ({7}) Das liegt stringent auf einer Linie. Das ist eine klare Strategie. Wir haben eine Agrarwende begonnen. Inzwischen gibt es gesündere Lebensmittel. ({8}) Artgerechte Tierhaltung wird sich durchsetzen. Die Mittel für Verbraucherschutz sind gestiegen. Auch das ist wichtig für die Leute im Land. Es wird eine Verkehrswende geben. Aus dem ZIPProgramm, dem Zukunftsinvestitionsprogramm, das wir vor zwei Jahren aufgelegt haben, ist von 2,6 Milliarden Euro eine ganze Milliarde, also ein wirklich großer Betrag, in Investitionen in die Schiene gegangen. Das ist Zukunft! Das ist ökologische Modernisierung der Gesellschaft! ({9}) Wir haben den Begriff der Nachhaltigkeit aus der Ökologie auf die anderen gesellschaftlichen und politischen Bereiche übertragen. Es gibt inzwischen auch Debatten über eine nachhaltige Finanzpolitik. ({10}) Die ist durch den Wechsel von Finanzminister Lafontaine zu Finanzminister Eichel plastisch geworden. Die Koalition hat darin in harter Arbeit ihre gemeinsamen Projekte definiert. Das war weder für die Sozialdemokraten noch für die Bündnisgrünen leicht. ({11}) Wir sagen: Wir wollen die Gesellschaft modernisieren. Denken Sie zum Beispiel an die Fragen der Zuwanderung und der Integration! Es wird mehr Geld für eine bessere Integration und für verstärkte Sprachförderung geben. Denken Sie daran, dass Familienförderung betrieben wird! Wir haben einmal 300 DM Kindergeld versprochen. Das kommt nächstes Jahr. Das ist eine Punktlandung! ({12}) Sehen Sie sich den Haushalt für Bildung und Forschung an! Der ist um mehr als 15 Prozent gestiegen. Das BAföG ist dabei schon herausgerechnet. Wenn Sie sich das einmal angucken, dann stellen Sie fest: Das ist eine klare, stringente, kohärente Politik, auf wenige wichtige Investitionen in die Zukunft konzentriert, und an allen anderen Stellen wird intelligent gespart. ({13}) Ich frage mich immer, wie Sie das alles gemacht hätten. ({14}) - Genau der Versuchung sind Sie erlegen. Sie von der CDU/CSU haben Änderungsanträge mit einem Volumen von mehr als 35 Milliarden Euro eingebracht. Das haben Sie als ordentliche Haushaltspolitik zu suggerieren versucht. Dabei hätten Sie auf die Ökosteuer verzichtet. Da hätten Ihnen schon einmal 15 bis 16 Milliarden gefehlt, mindestens, wenn nicht noch mehr! Sie haben gesagt, Sie wollten die Steuerreform vorziehen. Zusätzlich zu all Ihren Änderungsanträgen wäre das ein Volumen gewesen, das überhaupt nicht darstellbar gewesen wäre! Wahrscheinlich - da folge ich einmal Ihrer alten Programmatik - hätten Sie dann die Mehrwertsteuer auf 20 Prozent angehoben ({15}) oder hätten allen Deutschen die Grundrente verordnet; denn anders hätten Sie das nicht finanzieren können. ({16}) Da Sie nicht die Traute gehabt hätten - so denke ich jedenfalls -, die Mehrwertsteuer auf 20 Prozent anzuheben oder die Grundrente in Deutschland einzuführen, muss ich davon ausgehen, dass Ihre sämtlichen Erhöhungsanträge Popanz sind und überhaupt nichts taugen. ({17}) Ich kann ein paar Beispiele bringen. Es gibt zum Beispiel einen Antrag, 600 Millionen Euro mehr in den Straßenbau zu investieren. Ich erinnere mich noch an Wissmanns Spatenstiche. Wissen Sie noch, wie er damals im Wahlkampf durch die Gegend gezogen ist und die Spatenstiche gemacht hat? ({18}) Danach war das Geld alle. Alles sollte natürlich privat finanziert werden und nichts hat geklappt. So ist das damals gelaufen! ({19}) So machen Sie das wieder. Sie haben nichts dazugelernt. Sie machen wieder dieselben Fehler, die Sie schon vor vier Jahren gemacht haben. Sie kommen mit einem Antrag, den Verteidigungshaushalt um 1,4 Milliarden Euro zu erhöhen, mit einem Antrag, den Zuschuss an die Bundesanstalt für Arbeit um 2 Milliarden Euro zu erhöhen. ({20}) Ich kann mich noch an Blüms Wahlkampf-ABM erinnern. Wissen Sie noch, wie das im letzten Wahljahr, als Sie abgewählt worden sind, gewesen ist? Da hat Herr Blüm noch erzählt: Jetzt kommen noch einmal ganz viele ABM auf den Markt. - Die haben dann für vier Monate gehalten - gerade bis einen Monat nach der Wahl! Solchen Versuchungen sind Sie wieder erlegen. Wir sind es nicht. Wir sind solchen Versuchungen nicht erlegen. ({21}) Dieser Haushalt wird im Wahljahr Prüfstein für unsere Vorschläge zur Modernisierung dieser Gesellschaft sein müssen. Wir haben dazugelernt, übrigens sehr schmerzhaft. Daher kommt genau die Häme, die Sie in der ganzen Woche verbreiten. Natürlich freut Sie das. Sie sind ja wegen derselben Probleme, mit denen auch wir konfrontiert sind - das ist ganz klar; wir leben im selben Land -, abgewählt worden. ({22}) Aber Sie haben nichts dazugelernt. Wir lernen dazu. Unsere Lernprozesse regen Sie auf. ({23}) Das ärgert Sie am meisten. Daher kommt Ihre Häme. Wir sind in der Lage, uns in die Regierungsrolle hineinzufinden, ({24}) während Sie eine schlechtere Opposition machen, als wir sie früher gemacht haben. Damit lassen Sie sich hier blicken! ({25}) Sie haben die Änderungsanträge der Bündnisgrünen zum Haushalt aus Oppositionszeiten bestimmt noch in Erinnerung. Sie werden sich erinnern, dass die alle gedeckt waren. Da gab es keine illusorischen Angelegenheiten wie Ihre komischen Vorstellungen: Steuerreform vorziehen, auf die Ökosteuer verzichten, Einfrieren der Grundrente, Erhöhung der Mehrwertsteuer und alles irgendwann noch einmal. ({26}) Was Sie hier vorgelegt haben, ist Quatsch. Ich weiß nicht, ({27}) aber wenn ich an Gerhard Stoltenberg denke, über den in dieser Woche mehrmals gesprochen worden ist - mit ResAntje Hermenau pekt natürlich, das ist klar -, glaube ich, Herr Stoltenberg hätte Ihnen diesen Mist nicht durchgehen lassen. ({28}) Herr Stoltenberg hätte Sie bei diesem Wirrwarr, den Sie hier als Haushaltsberatung vorzulegen gewagt haben, ins Gebet genommen. Sie haben Ihre Kompetenz auf dem Gebiet völlig verloren. ({29}) Der Wechsel von Stoltenberg zu Waigel erfolgte ein halbes Jahr vor der Wende; deswegen kann man sich mit den Kosten der deutschen Einheit nicht herausreden. ({30}) Damals haben Sie in Ihrer Finanzpolitik umgesteuert und den Pfad der stoltenbergschen Tugend verlassen. So ist es doch gewesen, und zwar ein halbes Jahr vor der Wiedervereinigung. Kommen Sie mir nicht mit den Kosten der deutschen Einheit. Ich kann es nicht mehr hören. ({31}) In Wirklichkeit hat es etwas damit zu tun, dass Sie vor der Bundestagswahl 1990 Muffensausen hatten und deshalb Ihre Finanzpolitik ganz massiv geändert haben. So ist das gelaufen! ({32}) Schwarz-Gelb hat von 1994 bis 1998 23,4 Prozent mehr neue Schulden gemacht. Rot-Grün hat in den letzten vier Jahren nicht einmal halb so viel Schulden gemacht, selbst wenn man UMTS herausrechnet. Wenn wir auch zugeben, dass wir die UMTS-Gelder zur Schuldentilgung genutzt haben, haben wir eigentlich sogar nur 5 Prozent mehr neue Schulden gemacht im Vergleich zu den 23,4 Prozent, die Sie in Ihrer letzten Legislaturperiode abgeliefert haben. ({33}) Wir haben die Trendumkehr eingeleitet. Wir haben Ihr Erbe, Herr Gerhardt, gar nicht angetreten, wir haben es ausgeschlagen. Wir machen etwas anderes. Wir werden diese Neuverschuldung herunterfahren. Es tut weh, es ist nicht leicht, es gibt Probleme, es ist diskussionswürdig, aber es ist ehrlich und es ist zukunftsweisend. ({34}) Das ist es, was Sie wurmt. Herr Carstens hat Sie heute hier vertreten, meine Damen und Herren von der Union. Der hat hier doch im Prinzip einen Rückblick in die Geschichte abgeliefert. ({35}) Sie glauben, damit könnten Sie jüngere Menschen in diesem Land dafür interessieren, was Sie finanzpolitisch eventuell noch anzubieten hätten. Wie ich schon sagte: Häme steht Ihnen gut zu Gesicht. ({36}) Das ist offensichtlich das Einzige, was Sie im Moment drauf haben. Mehr kommt nicht. Ich erinnere mich an das letzte tolle schwarz-gelbe Konjunktur-Ankurbelungsprogramm, die Sonder-AfA, mit dem die Baubranche im Osten künstlich hoch geschraubt wurde. ({37}) Es gab geborgte Arbeitsplätze in der Baubranche, diese geborgten Arbeitsplätze wurden aus Steuerverzicht finanziert und der Boom ist trotzdem nicht von Dauer gewesen. Wir hingegen haben mühsam Gelder in Marktanreizprogramme für erneuerbare Energien gesteckt. ({38}) Dort entstehen neue zukunftsfeste Arbeitsplätze, ganz im Gegensatz zu Ihrer durch Steuerersparnis erkauften Konjunktur. ({39}) Weil Sie der Meinung sind, wir hätten die Staatsausgaben davongaloppieren lassen: Man kann sie ja durchaus einmal mit der waigelschen mittelfristigen Finanzplanung vergleichen. Das müssen wir nicht scheuen. Die läge nämlich maximal 1 bis 2 Milliarden Euro unter dem, was wir anzubieten haben. Aber die waigelsche Planung wäre ohne Ökosteuer - da hätten Sie schon ein Problem -, sie wäre ohne Zukunftsinvestitionen, sie wäre mit 20 Prozent Mehrwertsteuer und sie wäre mit einer Grundrente und einem Rentenversicherungsbeitrag von wahrscheinlich immer noch ungefähr 20 Prozent. Ich weiß doch noch, ({40}) wie Norbert Blüm damals in den Haushaltsausschuss gekommen ist und mit einer Träne im Knopfloch meinte, jetzt müssten wir uns langsam auf 21 Prozent Rentenversicherungsbeitrag zubewegen. Erinnern Sie sich doch einmal an Ihren eigenen Minister. Er saß dort und sagte mit einer Träne im Knopfloch: Tut mir Leid, Leute, 21 Prozent, irgendwie lässt es sich nicht vermeiden. Das war doch keine Zukunftsentwicklung. ({41}) Wir stabilisieren den Rentenversicherungsbeitrag, und wir stabilisieren ihn nicht dadurch, dass es nur eine Grundrente für alle gibt. Das ist doch der entscheidende Punkt, der uns gelungen ist. ({42}) Sie werden wahrscheinlich nicht müde werden, immer wieder zu behaupten, Sie könnten die Steuerreform vorziehen. Dazu haben Sie auch geistreiche Vorschläge. Ich kann Ihnen nur sagen: Wenn Ihre eigene große Führungspersönlichkeit Stoiber schon den Rückzug angetreten hat, weil ihm das Ganze nicht mehr ganz geheuer ist und er merkt, dass das Eis bricht, auf das Sie sich da schlitternd wagen, kann ich mir eigentlich jede weitere Bemerkung zu dem Schnulli-Vorschlag ersparen. Kommen wir dann zu einem Vergleich, der ganz einfach zu begreifen ist: Alle Deutschen waren im letzten Jahr sehr bewegt von der Entwicklung der Fußball-Nationalmannschaft. Das kann ich gut verstehen. Da ist genau dasselbe passiert wie bei Ihnen. Dort gab es die gleiche Nichtlernfähigkeit, die Sie hier auch dokumentiert haben, in den letzten Jahren und in dieser Haushaltsberatung wieder. Da hat man sich in der Fußballnationalmannschaft auf seinen Lorbeeren und dem vergangenen Ruhm ausgeruht. Dann hat man in einem Dritte-Klasse-Spiel mörderisch verloren. Anschließend hat man die nationale Krise ausgerufen. So ist das gelaufen. So ähnlich ist Ihre Haushaltspolitik. Nachhaltigkeit beginnt nämlich mit Vorausdenken. Man fängt beizeiten an, an die Zukunft zu denken. Man investiert in junge Spieler und man bemüht sich, Angebote zu machen, die auch wirklich tragen. Aber Sie haben nichts dazugelernt. Sie haben Herrn Stoltenberg verachtet. Sie haben zum Beispiel Männer wie Kohl oder Waigel, die für den Maastricht-Vertrag verhandelt haben, der Ihnen in Ihrer Finanzpolitik einmal so wichtig war, an die Wand laufen lassen. ({43}) Ihnen scheint es doch wohl egal zu sein, ob die Nettokreditaufnahme, die Neuverschuldung steigt. ({44}) Dabei müsste es Ihnen doch eigentlich richtig weh tun. Kohl und Waigel haben für Sie in Verhandlungen eine stringente Finanzpolitik in Europa durchgesetzt, aber Sie tun hier so, als wäre es völlig egal, ob die Neuverschuldung steigt oder nicht. Sie sprechen von einer nationalen Krise. Wir haben keine nationale Krise, sondern Sie haben eine Wahlkampfkrise; das ist Ihr Problem. ({45})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich erteile das Wort dem Kollegen Uwe-Jens Rössel, PDS-Fraktion.

Dr. Uwe Jens Rössel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002764, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist mir ein Bedürfnis, zunächst den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Sekretariats des Haushaltsausschusses für ihre stets hilfsbereite, engagierte und umsichtige Arbeit den Dank meiner Fraktion auszusprechen. ({0}) Dank sagen möchte ich auch ausdrücklich den Kolleginnen und Kollegen des Bundesrechnungshofs. Ihre Arbeit genießt bei uns hohe Wertschätzung. Sie ist für unser parlamentarisches Wirken unverzichtbar. ({1}) Wenn jetzt Bilanz der viertägigen Haushaltsberatungen gezogen wird, wäre vieles zu sagen. Der politische Schlagabtausch in der Haushaltsdebatte - dafür gibt es bereits heute viele Beispiele - zwischen der rot-grünen Koalition und der Vorgängerkoalition verläuft aber in weiten Teilen auf einem erschreckend niedrigen Niveau. ({2}) Von Kultur im Meinungsstreit kann hier wohl nicht gesprochen werden. ({3}) Das erste Paradebeispiel lieferte Kollege Carstens. Seine Rede strotzte nur so vor Peinlichkeiten und ideologischen Ausfällen. ({4}) Kollege Carstens, wüsste ich nicht, dass Sie Mitglied des Haushaltsausschusses des Bundestags sind, so müsste ich sagen, Sie waren ein bestellter Gastredner. ({5}) Sie, Kollegin Antje Hermenau, kommen offensichtlich - zu diesem Schluss komme ich nicht nur aufgrund Ihrer Wortwahl, sondern auch aufgrund der Ergebnisse, die Sie hier vorgetragen haben - vom Kongress der Weißwäscher. ({6}) Die Bürgerinnen und Bürger im Land, Kollege Carstens, Kollegin Hermenau, wollen von der Politik und damit von uns Bundestagsabgeordneten doch vor allem wissen, mit welchen Konzepten die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit abgebaut werden kann. Sie wollen vor allem wissen, wann endlich mehr soziale Gerechtigkeit in dieses Land einzieht und die Renten auch für die künftigen Generationen wirklich sicher sind. ({7}) Sie wollen wissen, wie Bildung und Forschung nachhaltiger gefördert und die Gesundheitsfürsorge bezahlbar geAntje Hermenau halten werden kann. Besonders darauf muss der vorgelegte Haushalt Antwort geben. ({8}) Angesichts der entsetzlichen Terroranschläge vom 11. September und deren Folgen, Kollege Mark, plagt immer mehr Menschen die Sorge um die Erhaltung des Friedens. Die PDS-Fraktion bekräftigt von hier aus ihre Forderung, den Krieg in Afghanistan sofort einzustellen und seine Ausdehnung auf andere Regionen zu verhindern. ({9}) - Bitte nicht die alten Kamellen, Kollege Wagner! Zum Etat 2002. Trotz manch unterstützenswerter Einzelvorhaben und Projekte, die in den Bundesetat eingestellt sind - ich nenne die Anhebung der langfristigen Finanzierungsverpflichtungen des Bundes für die Städtebauförderung West; ich nenne die Bundeskulturförderung -, wird der Haushalt insgesamt den Herausforderungen der Zukunft nur unzureichend gerecht. ({10}) Die soziale Schieflage in der Gesellschaft wird mit dem Etat 2002 unter Rot-Grün nicht abgebaut; sie nimmt sogar zu. ({11}) Finanzminister Eichel ist wegen der dramatisch zurückgegangenen Steuereinnahmen und der unabwendbaren Einstellung von Mehrausgaben für die Arbeitsmarktpolitik schon heilfroh, dass er die Eckdaten seiner Regierungsvorlage vom Juni dieses Jahres halbwegs über die Haushaltsberatungen bringen konnte. Auf Kante genäht sei der Haushalt und enthalte keinen Spielraum - das ist der Originalton des Finanzministers. Dazu ist noch zu sagen, dass die Punktlandung bei der Neuverschuldung in Höhe von 21,1 Milliarden Euro nur dadurch möglich geworden ist, dass in diesen Haushalt - sprichwörtlich fünf vor zwölf - massive Privatisierungserlöse eingestellt wurden. Wäre das nicht passiert, läge die Neuverschuldung im nächsten Jahr bereits über dem Ansatz von 2001. Finanzminister Eichel wäre es dadurch aber in der Öffentlichkeit sehr schwer gefallen, seinen Kurs der Haushaltskonsolidierung weiterhin glaubhaft zu machen. Während der Bund dank umfangreicher Privatisierungserlöse Möglichkeiten hat, die Aufnahme neuer Schulden zu begrenzen, verfügen Länder und Kommunen über derartige Chancen in aller Regel nicht mehr. Die Länder und Kommunen werden in diesem Jahr neue Schulden in einem Umfang von 88 Milliarden DM aufnehmen. Zum Vergleich: Im Vorjahr waren es noch 65,3 Milliarden DM. Die Haushaltskonsolidierung des Bundes ist offensichtlich nicht mit Blick auf die Länder und Kommunen vollzogen worden. ({12}) Länder und Kommunen leiden teilweise spürbar unter der Haushaltskonsolidierungspolitik der Bundesregierung. ({13}) Das aber ist keine wahre Konsolidierung der öffentlichen Haushalte. Minister Eichel, Sie wissen genau, dass Sie damit aber immer mehr an die von der Europäischen Union vorgegebene Obergrenze für die Nettoverschuldung herankommen. Die Kommunen könnten vor allem von einer Reform der Kommunalfinanzierung profitieren. Die Koalition hatte das 1998 versprochen. Das Gegenteil aber ist eingetreten. Der Grundsatz „Der Bund bestellt und die Kommunen zahlen“ wird auch unter Finanzminister Eichel praktiziert. Wir hatten erwartet, dass das „Theo-Waigel-Credo“ endlich zu Grabe getragen ist. ({14}) Leere Kassen der Kommunen jedoch bedeuten weniger Zuschüsse für Behindertenverbände und soziale Vereine. Ferner bedeuten sie Schließung von Jugend- und Freizeiteinrichtungen und weniger Geld für den Breitensport. All das sind Fragen, die die Menschen bewegen. Auch das muss der Finanzminister im Blick haben. Er darf die Konsolidierung nicht auf die Bundesebene begrenzen. ({15}) In diesem Zusammenhang bekräftigt die PDS-Fraktion ihre Forderung, dass vor allem den finanziell arg gebeutelten Kommunen in Ostdeutschland und in verschiedenen Regionen in Westdeutschland schnelle Hilfe zuteil werden muss. ({16}) Die Verankerung einer Investitionspauschale des Bundes, wie wir sie vom Grundsatz her schon in zwei Jahren hatten, ist dringend geboten, um mehr Beschäftigung zu erreichen und die Selbstverwaltung der Kommunen zu ermöglichen. ({17}) Im Hinblick auf Beschäftigungsförderung und Beschäftigungssicherung erwarten wir von der Bundesregierung eine wirkliche Umkehr. Mittel für innovative Maßnahmen müssen in den Haushalt eingestellt werden. Dazu gehört auch der Einstieg in den öffentlich geförderten Beschäftigungssektor. Meine Fraktion hat dazu schon vor längerer Zeit konkrete Vorschläge auf den Tisch des Hohen Hauses gelegt. ({18}) 2 000 zusätzliche Arbeitsvermittler, die die Bundesregierung einstellen will, nützen wenig, wenn es keine entsprechenden Arbeitsplatzangebote der Unternehmen gibt. Zudem ist völlig unklar - meine Kollegin Luft hat es gestern dargelegt -, wie diese zusätzlichen Vermittler bezahlt werden sollen. Offenbar geht deren Finanzierung wieder zulasten arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen. Das aber wäre kontraproduktiv. ({19}) Auch dazu muss der Finanzminister etwas sagen. Mit der Vergabe von Mitteln ist die Bundesregierung ausgesprochen knauserig, wenn es darum geht, diejenigen Soldaten und Zivilbeschäftigten der Bundeswehr und der Nationalen Volksarmee zu entschädigen, die aufgrund ihrer Tätigkeit als Radartechniker gesundheitlich schwer geschädigt sind. Mit den Stimmen der Regierungskoalition und der CDU/CSU - Letzteres sage ich ganz ausdrücklich - wurde am Mittwoch ein entsprechender Antrag der PDS-Fraktion in namentlicher Abstimmung abgelehnt. Wir forderten darin die rasche Auszahlung erforderlicher Fürsorgeleistungen sowie Schadensersatz und Schmerzensgeldzahlungen. ({20}) Allein der Verzicht auf einen einzigen Eurofighter hätte ausgereicht, um die Entschädigungsleistungen schon im Haushalt 2002 zu finanzieren.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Kollege Rössel, Sie müssen zum Schluss kommen.

Dr. Uwe Jens Rössel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002764, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. In den viertägigen Haushaltsberatungen lagen insgesamt 31 Änderungs- und Entschließungsanträge meiner Fraktion für die Abstimmung vor. Sie umfassen sowohl Verbesserungen auf der Einnahmeseite als auch Einsparungen. Zum Vergleich: Die FDP stellte 24 entsprechende Anträge, die CDU/CSU 18. Die PDS-Fraktion - das ist mein letzter Satz - wird den Entwurf des Bundeshaushaltes ablehnen. ({0}) Er gibt überwiegend unzureichende Antworten, Kollege Wagner, auf die Zukunftsfragen, die den Menschen in der Bundesrepublik Deutschland unter den Nägeln brennen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. ({1})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich erteile dem Bundesminister Hans Eichel das Wort. Hans Eichel, Bundesminister der Finanzen ({0}): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dies ist ({1}) die letzte Haushaltsdebatte in dieser Wahlperiode. ({2}) Wir sind nun am Ende der Haushaltsberatungen angelangt, sodass wir Bilanz ziehen können. Da Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, die Regierung kritisieren, ({3}) was Ihr gutes Recht ist, werden Sie es sich gefallen lassen müssen, dass wir auch Bilanz ziehen und zwischen Ihrer Regierungstätigkeit - das ist ja noch nicht so lange her und dem, was wir in vier Jahren erreicht haben, vergleichen. Dabei sind auch Ihre Vorschläge zu berücksichtigen, was man in diesem Land anders machen sollte. Ich möchte heute zunächst Bilanz ziehen und zwischen dem letzten Haushalt der vorigen Wahlperiode, nach dem Sie die Regierungsverantwortung abgeben mussten, weil die Bevölkerung Sie nicht wieder gewählt hat, ({4}) und dem letzten Haushalt dieser Wahlperiode, den wir heute verabschieden, vergleichen. Wie sieht das Ergebnis aus? Erstens. Sie haben in der letzten Wahlperiode drei Jahre lang verfassungswidrige Haushalte vollzogen und deren Verfassungswidrigkeit durch riesige Privatisierungserlöse überdeckt. ({5}) Wir haben in der Zeit zwischen dem Haushalt 1998 und dem Haushalt 2002 einen Konsolidierungsfortschritt in Höhe von 30 Milliarden DM erreicht. Das ist das Markenzeichen dieser Wahlperiode. ({6}) Zweitens. In diesem Haushalt betragen die Steuermindereinnahmen durch die Steuerreform über 25 Milliarden Euro. ({7}) Ich ziehe Bilanz: Am Anfang dieser Wahlperiode lag das Kindergeld - das haben wir von Ihnen übernommen bei 220 DM; nach den Beschlüssen, die bereits gefasst sind, wird es jetzt 300 DM betragen. ({8}) Für eine vierköpfige Familie bedeutet das netto 1 920 DM mehr im Jahr an Kindergeld. Für eine Verkäuferin als Ernährerin der Familie kommt dies einem 13. Monatsgehalt gleich. Damit haben wir die verfassungswidrig hohe Besteuerung der Familien, die Sie zu verantworten hatten, beendet. ({9}) Wir haben von Ihnen ein steuerfreies Existenzminimum in Höhe von 13 200 DM übernommen. Bereits jetzt beträgt es 14 100 DM. Im Zuge der Steuerreform werden wir es noch bis auf 15 000 DM anheben. Damit ist die Besteuerung der Niedrigverdiener bei uns im Vergleich zu den anderen Ländern der Europäischen Union am günstigsten. ({10}) Wir haben von Ihnen einen Eingangssteuersatz in Höhe von 25,9 Prozent übernommen. Sie haben Sie es in den 16 Jahren Ihrer Regierungstätigkeit nicht geschafft, hier etwas Nennenswertes zu bewegen. Jetzt liegt er bereits bei 19,9 Prozent. Das alles heißt: Wir haben eine massive Entlastung der Bezieher niedriger Einkommen vorgenommen. Ich komme nun zum Mittelstand. Ihre Lügen ({11}) werden spätestens bei den Steuererklärungen, die jetzt anstehen, sichtbar, weil dann jedem Betriebsinhaber klar wird: Wir haben die Gewerbesteuer, über die die Einzelhändler und die Handwerksmeister seit 50 Jahren geklagt haben, als Kostenfaktor beseitigt. Sie haben das, während Sie die Bundesrepublik Deutschland regierten, nie geschafft. ({12}) Wenn Sie vom Mittelstand reden und ihn mit den Kapitalgesellschaften vergleichen, haben Sie ganz offenkundig nur noch die ganz großen Einzelunternehmer im Blick, ({13}) die als Verheiratete mehr als 480 000 DM verdienen, denn nur diese ganz kleine Gruppe muss eventuell mehr Steuern bezahlen als die Körperschaften. ({14}) Das gilt auch nur für den einbehaltenen Gewinn, denn beim ausgeschütteten Gewinn sind Körperschaften immer schlechter gestellt als die Personengesellschaften. ({15}) Ihre ganze Propaganda bricht zusammen, wenn man die Steuererklärungen zugrunde legt. ({16}) Wir haben die Ausgaben für die Forschung wieder hochgefahren, die Sie in den gesamten 90er-Jahren zurückgefahren haben. Eine Schande ist die Tatsache, dass am Ende Ihrer Regierungszeit 300 000 Studentinnen und Studenten weniger BAföG bekommen konnten. Hier haben Sie Investitionen in die Zukunft unterlassen. Wer nicht in die Köpfe der jungen Menschen investiert, versündigt sich an der Zukunft unseres Landes. ({17}) Dagegen haben wir unsere Konsolidierungspolitik gestellt: Wir haben eine BAföG-Reform durchgeführt, die Schritt für Schritt dazu führt - es kann nicht in ein oder zwei Jahren alles ausgebügelt werden, was Sie in 16 Jahren versäumt haben -, dass die jungen Leute wieder unabhängig vom Geldbeutel der Eltern studieren können. Das sind wir den jungen Leuten und der Zukunft unseres Landes schuldig. ({18}) Die Bildung ist nämlich der wichtigste Produktionsfaktor, den wir haben. Darin, was in den Köpfen unserer jungen Leute ist, liegt unsere Zukunft. ({19}) Sie haben Investitionen in die Zukunft unterlassen. Jetzt spreche ich über die Beschäftigung: Ja, wir wären gerne weiter vorangekommen. Wer wäre das nicht? Die Bilanz ist aber, dass es jetzt 1 Million Beschäftigte mehr als am Ende Ihrer Regierungszeit gibt. ({20}) Damit haben wir das aufgeholt, was Sie in den 90er-Jahren versäumt hatten, und noch mehr erreicht. Wenn wir auch nicht das erreicht haben, was wir wollten, so werden wir dennoch, wenn die Konjunkturkrise im kommenden Februar ihren Höhepunkt erreicht hat, ({21}) 500 000 bis 600 000 Arbeitslose weniger haben, als Sie uns 1998 hinterlassen haben. ({22}) Es wird, wie Professor Zimmermann gestern Abend zu Recht gesagt hat, das erste Mal nach dem Krieg sein, dass es in Deutschland nach einer Konjunkturkrise keine höhere Arbeitslosigkeit gibt, sondern eine deutlich niedrigere. ({23}) Das zeigt, dass wir mit unserer Politik auf dem richtigen Wege sind. ({24}) Wir haben außerdem - wir werden das ja gleich noch diskutieren - langfristig die Grundlagen für den weiteren Aufbau Ost gelegt, damit in Deutschland in einer Generation zusammenwachsen kann, was in der Tat zusammengehört. ({25}) - Sie sind ja schon wieder so unruhig. Das muss Ihnen ja irgendwie Probleme machen; das ist jedenfalls mein Eindruck. ({26}) Mit anderen Worten: Ihre Bilanz nach vier Jahren war jämmerlich und Sie sind zu Recht abgewählt worden; unsere Bilanz ist gegenüber dem, was Sie uns hinterlassen haben, ein riesiger Fortschritt. Dieser Vergleich muss einfach einmal angestellt werden. ({27}) Es ist gar keine Frage, dass wir heute in einer schwierigen ökonomischen Situation sind. ({28}) - Dank unserer Politik? Das müsste dann ja für die ganze Welt gelten: Wir sind also auch an den Rezessionen in Japan und den Vereinigten Staaten schuld. Das übernehmen wir dann gleich noch alles mit, das macht dann ja auch gar keinen Unterschied mehr. ({29}) Nein, die wichtigste Frage in dieser Situation ist doch, wie Ihre Vorschläge aussehen und was wir machen wollen. Die Ausführungen, die Frau Merkel in dieser Woche dazu gemacht hat, waren übrigens jämmerlich. ({30}) Ihr Vorschlagsreigen begann im August mit der Forderung nach einem großen Zehn-Punkte-Sofortprogramm. Da wurde zum Beispiel gefordert, die gesamte Steuerreform von 2003 und 2005 auf 2002 vorzuziehen. Das hätte mal so eben läppische 60 Milliarden DM gekostet, die man oben draufpacken müsste. An Maastricht denkt in diesem Zusammenhang ja keiner. Allein der Rückzieher in diesem Punkte war ja bemerkenswert: ({31}) Etwas später sollte nicht mehr die Steuerreform 2005, sondern nur noch die Steuerreform 2003 vorgezogen werden. Dann hat der Herr Stoiber vor versammelter Öffentlichkeit am Sonntagabend zum großen Entsetzen der Frau Merkel auch das noch vom Felde gezogen. ({32}) Als dann Frau Merkel am Mittwoch hier gegen den Bundeskanzler antreten sollte, ist das Wort vom Vorziehen der Steuerreform überhaupt nicht mehr vorgekommen. ({33}) Das Kernstück Ihrer Alternativen - weg, einfach weg! ({34}) Dafür wird es allerdings auf dem Bundesparteitag in Dresden wieder ausgepackt. Da wird dann mal eben eine Steuerreform beschlossen, die zur glatten Halbierung der Einkommen- und Körperschaftsteuer führt. ({35}) Wer soll denn so etwas überhaupt noch ernst nehmen? ({36}) Arbeit, um dieses Land voranzubringen, verlangt mehr. Sie verlangt vor allem Solidität und Seriosität. Wer solche Vorschläge nicht macht, kann nicht ernst genommen werden. ({37}) Damit bin ich beim Haushalt 2002. ({38}) - Ich habe die Bilanz eben schon einmal gebracht. ({39}) Es gefällt Ihnen nicht, wenn ich über Ihre Zeit rede. Das kann ich verstehen. ({40}) Wenn ich ein solches Erbe hinterlassen hätte, würde ich auch nicht gerne haben, wenn andere darüber reden. Das ist wahr. ({41}) Übrigens, Herr Brüderle ist auch wieder nicht da. Das ist eine spannende Veranstaltung: Die Finanzämter nehmen nicht Gelder ein, um Staatsaufgaben zu finanzieren; die Finanzämter verteilen Schecks. - Meine Damen und Herren, so etwas können Sie wirklich nur als Weihnachtsmann irgendjemandem erzählen, aber nicht in einer seriösen Finanzdebatte. ({42}) Der Haushalt 2002 ist in der Tat viel schwieriger als 2001. 2001 haben wir es trotz 2 Prozent weniger Wirtschaftswachstum, als bei der Aufstellung des Haushalts unterstellt - ({43}) - Wir werden noch den Abschluss sehen. Dann haben Sie wieder Pech gehabt. Herr Austermann, bis Februar sagten Sie, ich müsse Nachtragshaushalte aufstellen, weil ich das Geld versteckt hätte; ich müsse es endlich einmal offen legen. Nach dem Februar war es umgekehrt: Ich müsse einen Nachtragshaushalt machen, weil ich riesige Löcher habe; ich müsse hierher kommen und mir neue Kreditermächtigungen holen. - Mit all dem haben Sie Pech gehabt, Herr Austermann. Das eine hat nicht gestimmt und das andere hat nicht gestimmt. ({44}) Wir werden trotz 2 Prozent weniger Wachstum den Haushalt 2001 ziemlich dort abschließen, wo wir ihn vorgeschlagen haben. Das ist eine gewaltige Leistung. ({45}) Wahr ist: ({46}) Bei dieser Wirtschaftsentwicklung, die keiner vorausgesehen hat, ist der Haushalt 2002 mit dem Einhalten der weiteren Absenkung der Nettoneuverschuldung in der Tat auf Kante genäht. Es hat überhaupt keinen Zweck - der Finanzminister tut das am allerwenigsten -, um diesen Sachverhalt auch nur einen Moment herumzureden. Deswegen habe ich - das „Handelsblatt“ hat völlig Recht - auch Alternativszenarien durchrechnen lassen: Was bedeutet es, wenn, wie Sie behaupten, das Wirtschaftswachstum noch etwas niedriger ausfällt? ({47}) Übrigens kommen in den letzten Tagen wieder ganz andere, positivere Nachrichten herein. Die neuesten Nachrichten waren die der OECD und des Instituts der deutschen Wirtschaft. Die kommen zu anderen Ergebnissen. Die gehen nämlich wieder hoch: von 0,7 auf 1 Prozent. Das werden wir am Jahresende sehen. Wir haben alle Hände voll zu tun, diesen Kurs der Konsolidierung zu halten. Aber mit Ihren Vorschlägen, meine Damen und Herren, ist überhaupt kein Staat zu machen, sondern das genaue Gegenteil. ({48}) Wir halten den Kurs. ({49}) Wir haben trotzdem - das ist nun das Entscheidende - in diesem Haushalt eine Fülle von Maßnahmen, die helfen, das Wachstum zu stimulieren, und zwar nicht, weil wir glaubten, wir könnten die Konjunktur steuern, sondern weil wir den Haushalt systematisch auf Zukunftsfähigkeit hin umbauen. ({50}) Erstens. 19 Milliarden DM an Steuerentlastungen aus der ersten Stufe der Steuerreform plus Kindergeld plus weitere Entlastungen im Zusammenhang mit dem Nichteinsetzen der neuen AfA-Tabellen: Das sind fast 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Mehr macht kein anderes Land in der Europäischen Union, um an dieser Stelle für Wachstum zu sorgen. Zweitens. Die Zusatzinvestitionen aufgrund der Zinsersparnisse, die wir durch den Schuldenabbau wegen der UMTS-Versteigerungserlöse haben, greifen jetzt richtig. ({51}) Übrigens hat Herr Mehdorn mich angerufen und gesagt, es tue ihm sehr Leid, was Herr Austermann da gesagt habe; es gebe überhaupt kein Problem zwischen der Bahn und der Bundesregierung, das Geld werde auch komplett ausgegeben. - Das will ich noch einmal sagen, damit Sie nicht mit Ihrer Brunnenvergiftung davonkommen. ({52}) Wir haben im Haushalt das neue Programm „Stadtumbau Ost“. Wir haben - das ist langfristig sichere Politik in diesem Jahr - wir werden darüber anschließend diskutieren und auch entscheiden - mit dem Solidarpakt II die Grundlagen für einen langfristigen Aufbau im Osten gelegt. Etwas Wichtigeres kann es in dieser Periode überhaupt nicht geben. Die gesamte Konsolidierungspolitik hatte den Sinn, die Leistungsfähigkeit unseres Staates auch in Zukunft zu gewährleisten. ({53}) Das ist natürlich nicht das Ende der Reform. Wir haben einen Konsolidierungskurs eingeleitet und Jahr für Jahr konsequent durchgehalten. Sie sollten sich daran gewöhnen, dass das eine Dauerveranstaltung ist und dass dieser Kurs nicht nur für zwei Jahre gedacht war. ({54}) Wir haben eine Steuerreform, die sich über zwei Wahlperioden erstreckt, verabschiedet. Die wird auch eisern durchgehalten. ({55}) Wir haben eine Rentenreform durchgesetzt, die sich die anderen großen Staaten auf dem europäischen Kontinent, wie die Europäische Kommission sagt, zum Vorbild nehmen sollten. Denn sie haben die Bewältigung dieser Aufgabe noch vor sich. Weitere Aufgaben liegen vor uns. Das Job-Aqtiv-Gesetz beinhaltet eine große Vermittlungsinitiative. ({56}) Offiziell sind immerhin mehr als 400 000 Arbeitsplätze frei. Da kann man einen Teil tun. ({57}) Herr Riester hat darauf hingewiesen, dass die Wirtschaft sagt, es gebe 1,5 Millionen freie Arbeitsplätze. Dazu kann ich nur sagen: Die Wirtschaft soll sie melden. Wir tun alles dafür, dass die freien Arbeitsplätze und die Menschen, die keinen Job haben, zusammenkommen. Das ist der Sinn des Job-Aqtiv-Gesetzes. ({58}) Die Gesundheitsreform wird der nächste Schritt sein. Bei allem Ärger, den es an dieser Stelle gibt: Wir sind die erste Regierung, in deren Wahlperiode die Lohnnebenkosten sinken. ({59}) Als wir die Regierung übernommen haben, lagen die Lohnnebenkosten bei 42,1 Prozent und der Rentenversicherungsbeitrag bei 20,3 Prozent. Herr Merz, Sie kennen sich in der Wirklichkeit dieses Landes überhaupt nicht mehr aus! ({60}) Wir werden die Arbeitslosenhilfe und die Sozialhilfe zusammenführen. Wir sind die Gemeindefinanzreform angegangen und haben zu einer Verstetigung der Finanzen beigetragen. ({61}) Schauen Sie sich doch einmal die Finanzentwicklung an: Die Gewerbesteuer ist von 1995 bis 2000 auf mehr als 40 Prozent gestiegen. Dann ist sie auf einem - allerdings hohen - Niveau eingebrochen, während alle anderen Gebietskörperschaften in diesem Zeitraum bei den Einnahmen einen Zuwachs von 12 Prozent zu verzeichnen hatten. Sie sollten einmal die Fakten zur Kenntnis nehmen. Das sage ich vor allem den Damen und Herren von der verehrten PDS. ({62}) Diese Arbeit werden wir fortsetzen. Daran werden Sie von der Opposition uns nicht hindern. Natürlich haben wir Schwierigkeiten. Aber Sie malen alles schwarz in schwarz. Die „Zeit“ hat Recht: Kassandra muss nicht Recht haben. - Sie werden übrigens noch erleben: Nicht Kassandra wird gewählt, sondern nur der, der eine Zukunftsperspektive bietet. Das sollten Sie sich einmal merken! ({63}) Wir reden um nichts herum. Es ist ein fundamentaler Fehler, die positiven Signale, die es gibt, zu verschweigen. Das werden Ihnen die Menschen nicht abnehmen. Denn die Wirtschaftspolitik ist zur Hälfte Psychologie. ({64}) Zu dieser Psychologie gehört, dass man das Positive, das es gibt, nicht unterschlägt: Erstens. Der Ölpreis - das ist der große Unterschied im Vergleich zur Situation vor einem Jahr - ist ein eigenes Konjunkturprogramm, eine gewaltige Entlastung der Privathaushalte und der Wirtschaft in Deutschland. ({65}) Zweitens. Die Inflationsrate ist so niedrig wie schon lange nicht mehr. Der Verbraucherpreisindex liegt bereits bei 1,4 Prozent. Die Europäische Zentralbank hat, weil wir konsequent Kurs halten, die Zinsen gesenkt. Deswegen sind die Finanzierungskosten historisch niedrig. Der Haushalt 2002 gibt eine Menge Anstöße für das nächste Jahr. ({66}) Die Menschen - dabei ist es nicht die Frage, ob ich das gesagt habe oder nicht - nehmen diese Entwicklung wahr. Im Oktober dieses Jahres gab es in der Automobilindustrie ein Absatzplus von 9,6 Prozent, einen richtigen Zulassungsboom. Freuen Sie sich doch wenigstens darüber! ({67}) Das heißt, die Menschen haben ein Stück mehr Vertrauen in die Zukunft. Zum Schluss sage ich Ihnen: Wenn das alles, was Sie hier erzählt haben, wahr wäre, wie kommt es dann eigentlich zu folgenden Umfrageergebnissen? ({68}) Diese Woche wurde den Menschen die einfache Frage gestellt: Wem traut ihr zu, dass er mit den Problemen dieses Landes am besten fertig wird? - Antwort: Für die SPD haben sich 33 Prozent entschieden. ({69}) - Vorsicht, nicht lachen! Gleich können Sie lachen. - Für die CDU/CSU haben sich 13 Prozent entschieden. ({70}) Daran erkennen Sie: Sie leben in einer Scheinwelt, was sowohl die Wirklichkeit in diesem Land als auch was die Wahrnehmung Ihrer Kompetenzen angeht. Nur ganze 13 Prozent der Menschen dieses Landes trauen Ihnen zu, mit den Problemen dieses Landes in der Zukunft erfolgreich fertig zu werden. Das holen Sie auch bis zum September des nächsten Jahres nicht mehr auf. Seien Sie da gewiss. ({71}))

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Das Wort zu einer Kurzintervention hat der Kollege Friedrich Merz. ({0})

Friedrich Merz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002735, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich ganz kurz - [der Bundeskanzler verlässt auch gerade den Saal] - zwei Punkte ansprechen. Erstens. Ich finde, es ist eine Zumutung für dieses Parlament, dass die zweite und dritte Lesung des Bundeshaushaltes für das kommende Jahr in dieser Besetzung der Regierungsbank stattfindet. Noch nicht einmal der Bundesarbeitsminister und der Bundeswirtschaftsminister scheinen es für nötig zu halten, an dieser Debatte teilzunehmen. ({0}) Ich empfinde es als eine Zumutung für den Deutschen Bundestag, wie die Regierungsbank bei der zweiten und dritten Lesung für den Bundeshaushalt des nächsten Jahres besetzt ist. Zweitens. Herr Bundesfinanzminister, nur damit keine Legenden darüber entstehen, was wir zur Steuerpolitik in den letzten Wochen gesagt haben und was die übereinstimmende Auffassung der Parteivorsitzenden der CDU, der Kollegin Angela Merkel, des Parteivorsitzenden der CSU, des Ministerpräsidenten des Freistaates Bayern, und auch der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zum Thema „Vorziehen einer Stufe der Steuerreform“ ist: ({1}) Es ist und bleibt unsere Auffassung, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, dass es in der gegenwärtigen Lage der öffentlichen Haushalte des Bundes, der Länder und der Gemeinden außerordentlich schwierig ist, mit einer vorgezogenen Steuerreform einen größeren Schritt bei der Entlastung der Bürger und der Unternehmen in diesem Land zu tun. ({2}) Das ist eine schwierige Lage. ({3}) Aber wir sind übereinstimmend mit vier der fünf Forschungsinstitute der Auffassung: Es wäre richtig, wenigstens die Stufe des Jahres 2003 auf das Jahr 2002 so vorzuziehen, ({4}) dass der Mittelstand in diesem Lande entlastet wird, und so vorzuziehen, dass die Wirtschaft ein Signal bekommt, dass wir es ernst meinen mit ihrer Entlastung und dass wir es ernst meinen mit Wachstum und Beschäftigung. Herr Eichel, damit Sie hier nicht weiter an Legenden stricken: Das ist die Auffassung der Union, der Vorsitzenden beider Parteien und auch der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Herzlichen Dank. ({5})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Herr Minister Eichel, Sie haben Gelegenheit zur Erwiderung.

Hans Eichel (Minister:in)

Politiker ID: 11003522

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will nur auf einen Punkt hinweisen: Herr Kollege Merz, es hat doch so viele Gelegenheiten gegeben, diese Vorstellungen - sie sind offenbar, wie Sie sagen, Ihre gemeinsamen Vorstellungen ({0}) in allen möglichen Gremien nicht nur zu debattieren, sondern dazu auch Anträge zu stellen. Der Finanzplanungsrat, in dem auch alle Landesregierungen vertreten sind, ist vor kurzem zusammengekommen. Von den acht Finanzministern, die die CDU und die CSU stellen, waren fünf anwesend. Nicht einer hat auch nur einen einzigen Mucks zu diesem Thema gesagt. Wir haben ein Papier verabschiedet, das vorher von allen Landesregierungen gebilligt wurde und in dem klipp und klar die konsequente Fortsetzung des Konsolidierungskurses festgestellt worden ist. So viel zur Ernsthaftigkeit Ihrer steuerpolitischen Vorstellungen. ({1})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Als letzter Redner in der Haushaltsdebatte erteile ich dem Kollegen Dietrich Austermann, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.

Dietrich Austermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000066, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich möchte zu Beginn der Debatte den Mitgliedern des Haushaltsausschusses und den Mitarbeitern des Sekretariats herzlich danken für die Arbeit, die sie geleistet haben. ({0}) Ich möchte in diesen Dank zugleich auch unseren Kollegen Adolf Roth mit einschließen, der krank ist, aber sonst an dieser Stelle geredet hätte. Ich habe zunächst gedacht, es sei schwierig, in dieser Phase der Debatte zu reden, nachdem der Finanzminister groß eingestiegen ist. Aber nachdem ich gehört habe, was Sie gesagt haben, Herr Eichel, denke ich, dass es doch ziemlich einfach ist. Es gibt kein neuesArgument, das Sie vorgetragen haben. Sie haben im Wesentlichen die Vergangenheit beschrieben. Das war die Bilanz von Opa Hans zu dem, was sich vor ein paar Jahren zugetragen hat. Zu der gegenwärtigen konkreten Notwendigkeit und zu dem, was jetzt erforderlich ist, um das Steuer herumzureißen, haben Sie nichts gesagt. Dazu ist nichts gekommen - Fehlanzeige! ({1}) Die Debatte in dieser Woche hat gezeigt, dass man Ihnen eine erhebliche Realitätsferne bescheinigen muss. Es gibt überhaupt keinen Bezug mehr zu dem, was die Menschen in diesem Land denken, was in der Wirtschaft gedacht wird und welche Sorgen die Menschen tatsächlich umtreiben. ({2}) Ich will das an einem Beispiel deutlich machen, weil Sie bei einem Punkt noch etwas zu Herrn Mehdorn gesagt haben: Heute Nachmittag fahre ich mit der Bahn nach Hause. ({3}) Die Strecke von Berlin nach Hamburg wird repariert; sie soll renoviert werden. Zu Zeiten der DDR war der Zustand katastrophal. Jeder erinnert sich noch an den „Fliegenden Hamburger“ aus den 30er-Jahren. Seit langem ist die Bundesbahn bestrebt, diese Strecke in einen ordentlichen Zustand zu bringen. Der Bahnvorstand schreibt jetzt dazu: Die Bahn hat mit Hochdruck die Planungsarbeiten für den Ausbau der Strecke Hamburg-Berlin auf Tempo 230 vorangetrieben. Auftragsvergabe und Anzahlung hätten im Juli 2001 erfolgen können. Sie sind derzeit ausgesetzt, weil der Bund eine zusätzliche Planung für Tempo 200 - natürlich langsamer; das ist aber auch klar, da Sie regieren zum Kostenvergleich beider Varianten fordert und es derzeit ablehnt, auch nur eine Unbedenklichkeitsbescheinigung für die Auftragsvergabe selbst von denjenigen Streckenabschnitten zu erteilen, bei denen zwischen beiden Varianten keine Kostendifferenzen bestehen. Die DB AG ist daher gehindert, augenblicklich auch nur in die Auftragsvergabe und Vorfinanzierung einzutreten. Das macht doch wohl deutlich: Herr Finanzminister, Sie persönlich sind an vielen Hunderttausend Arbeitslosen in Deutschland schuld. ({4}) Sie sind verantwortlich dafür, dass das Finanzministerium die Auszahlung von Investitionsmitteln verweigert. Diese Investitionen sind seit langer Zeit geplant und können jetzt nicht durchgeführt werden. Und warum ist das so? Weil Sie durch eingesparte Investitionen das Ziel der ohnehin hohen Nettoneuverschuldung von 43,5 Milliarden DM noch einigermaßen erreichen wollen. Das ist der einzige Grund. ({5}) Sie haben davon gesprochen - ich arbeite es der Reihe nach ab -, dass Sie mit der Konsolidierung jetzt anfangen werden. Ist das Konsolidierung, wenn man in vier Jahren 183 Milliarden DM neue Schulden macht? Über das Kriterium der Gesamtverschuldung des Staates haben Sie mit Ihren Kollegen im Finanzplanungsrat doch wohl auch gesprochen; diese haben Ihnen offensichtlich gesagt, dass Sie in diesem Jahr höhere Schulden machen müssen und im nächsten Jahr noch höhere. Ist das Konsolidierung, wenn sich die gesamtstaatliche Verschuldung von 1998 bis heute von 1,7 auf 2,7 Prozent verändert hat? Nein, Sie haben lediglich Lasten aus dem Bundeshaushalt in die Sozialkassen sowie in die Länder und Gemeinden verschoben. Sie haben dann die Mär von einer anderen Familienpolitik, die Sie jetzt machen wollten, erzählt. Dazu muss ich zunächst feststellen: Als wir angefangen haben, gab es keine Kinderfreibeträge mehr, weil die Sozialdemokraten sie nicht wollten. Das Kindergeld war sehr niedrig. Vielleicht denken Sie noch einmal darüber nach, wie die Situation tatsächlich ausgesehen hat. Wir haben die Leistungen für die Familien dann kräftig erhöht und ausgeweitet. ({6}) Sie sprechen jetzt immer von der Verkäuferin, die durch die Steuerreform ein 13. Monatsgehalt zusätzlich erhalte. Wenn ich am Bahnhof Itzehoe ankomme und in die dortige Buchhandlung gehe, spricht mich die Verkäuferin an und sagt, dass es ihr finanziell heute schlechter geht. Sie sagt, sie habe Sorge, ob sie in diesem Jahr überhaupt Weihnachtsgeld erhalte. Trotzdem stellen Sie sich hier realitätsfern hin und sagen, dass die Leute mehr in der Tasche haben. Das ist doch eindeutig falsch. Den Leuten geht es heute schlechter als vor drei Jahren. ({7}) Ich komme zum Thema Lohnnebenkosten, das ja für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung durchaus wichtig ist. Rechnen wir einmal alle Sozialabgaben zusammen - das ist relativ leicht überschaubar -: Der Pflegeversicherungsbeitrag beläuft sich auf 1,7 Prozentpunkte; das galt 1998 wie heute. Der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung liegt derzeit bei 6,5 Prozentpunkten. Vor etwa einem Jahr haben Sie davon geredet, dass man diesen absenken könne; daraus ist nichts geworden. Der Krankenversicherungsbeitrag betrug 1998 durchschnittlich 13,5 Prozentpunkte, jetzt liegt er bei 14 Prozentpunkten. Der Beitrag zur Rentenversicherung lag bei uns bei 20,2 Prozentpunkten, jetzt liegt er bei 19,1 Prozentpunkten. Wenn man den Griff in die Rentenkassen berücksichtigt, wird er im neuen Jahr bei 19,4 Prozentpunkten liegen. Beachten Sie bitte dabei, dass Sie den Rentenbeitrag nur deshalb auf diesem Niveau halten können, weil - das macht zumindest einen Prozentpunkt aus die Ökosteuer erhoben wird. Notwendig war darüber hinaus die Einführung der privaten Vorsorge am 1. Januar - das macht einen weiteren Prozentpunkt aus -, damit man überhaupt das Rentenniveau halten kann, das wir 1998 hatten. Realiter beträgt der Rentenversicherungsbeitrag also mehr als 22 Prozent. Diese Beträge addiert bedeuten, dass die Lohnnebenkosten in Deutschland in den letzten drei Jahren deutlich gestiegen sind. Dies ist mit ein Grund für die wirtschaftliche Misere in Deutschland. ({8}) Fehler haben Sie im Wesentlichen bei drei Punkten gemacht: Erstens haben Sie die Steuern - das ging im Zickzackkurs - und die Energiekosten drastisch erhöht. Das, was an Steuerentlastung da war, wird scheibchenweise durch die Energiekostensteigerung aufgefressen, zum Beispiel über die Ökosteuer. ({9}) Der erste Punkt, der bei Ihnen negativ zu Buche schlägt, ist also die zu hohe Steuerbelastung. Zweitens haben Sie die Investitionen gesenkt. Ich habe dazu schon etwas gesagt. Sie stehen bei den Investitionen seit Jahren auf der Bremse. Sie haben im Haushalt 2002 die niedrigste Investitionsquote, die es je in der Nachkriegszeit gegeben hat. Drittens haben Sie den Arbeitsmarkt zwangsreguliert. Sie haben eine Fülle von neuen Regelungen getroffen, die den Arbeitsmarkt zusätzlich unter Druck setzen und die Möglichkeit, Arbeitsplätze zu schaffen, erschweren. Auf die Frage, was man in dieser Situation anders bzw. besser machen könnte, sagen wir ganz klar: Die Steuern müssen runter. Das hat auch Friedrich Merz eben ganz deutlich gesagt. Dazu nenne ich ein Beispiel, bei dem auch die Frage der Konsolidierung eine Rolle spielt: Von 1998 bis 2002 werden jährlich 50 Milliarden an Steuern mehr kassiert. Spiegelt das eine Entlastung für Bürger und Betriebe? Bei richtiger Konsolidierung könnte aus diesen Steuermehreinnahmen jede Reform finanziert werden. ({10}) Sie haben es nicht gemacht, weil Sie umverteilen wollten. Wenn ich jetzt unterstelle, wir hätten das Wachstum aus dem Jahre 1998, als sich alle relevanten Daten positiv entwickelt haben, hätten Sie gar 70 Milliarden DM gehabt, um eine kräftige Steuerentlastung zu finanzieren. Erzählen Sie also nicht, dass das nicht möglich ist. Es wäre möglich gewesen, wenn Sie es richtig gemacht hätten. Nun wird gegenwärtig versucht, das eine oder andere zu verniedlichen. Wir haben gesagt: Wir befinden uns in einer Rezession und diese Rezession ist hausgemacht. Sie hat - dies wird deutlich am Einbruch bei der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage - nichts mit Krisen außerhalb Deutschlands zu tun, sondern vor allem mit der Krise dieser Bundesregierung. Der Sachverständige Rürup hat vorgestern in einem Interview ausgeführt: Deutschland befindet sich zwar in einer Rezession. Aber diese Abschwächung ist noch nicht so stark, dass sie eine Verletzung der 3-Prozent-Quote erlauben würde. Aber bei Fortsetzung Ihrer Politik der „eingeschlafenen Hand“ werden Sie auch dies schaffen. Herr Eichel, Sie haben gesagt, die von uns abgegebenen Prognosen hätten nicht gestimmt. Haben wir im August gesagt, dass Sie für das kommende Jahr ein Haushaltsloch in Höhe von 20 Milliarden DM haben oder nicht? Hat es dieses Haushaltsloch gegeben oder nicht? Das hat es gegeben; Sie haben sich verschätzt. ({11}) Wir haben im März hier den Antrag auf einen Nachtragshaushalt gestellt, weil erkennbar war, dass sich die Arbeitsmarktdaten nach unten entwickeln, weil erkennbar war, dass in dem Zusammenhang auch die Steuereinnahmen sinken. Sie haben nicht darauf reagiert. Natürlich hätte man zu Beginn dieses Jahres eine Steuerreform schneller, besser und großzügiger machen können. ({12}) Sie haben die Basis dafür weggeschlagen und werfen uns jetzt vor, dass wir nicht am Gesamtmodell hängen bleiben. Der Fehler liegt doch bei der von Ihnen vorher so schlecht geleisteten Arbeit. ({13}) Versuchen Sie nicht, das Ganze zu verniedlichen. Ich habe mir sagen lassen, dass Sie am letzten Dienstag beim Bausparkassentag gesagt haben, um die Leute zu beschwichtigen, das sei keine Rezession, das sei nur eine „Anpassungsrezession“. ({14}) Es gibt eine Reihe von Vokabeln, die Sie in der letzten Zeit verwendet haben, die alle umschreiben sollen, dass die Situation schlecht ist, man es aber nicht zugeben möchte. Was heißt denn „Anpassungsrezession“? Wer muss sich denn an wen anpassen? Heißt das, dass sich die Menschen, die Arbeit haben, an die Situation anpassen müssen, dass sie künftig keine Arbeit mehr haben? Heißt das, dass sich die Firmen, die noch Aufträge haben, anpassen müssen, dass sie künftig keine Aufträge mehr haben? Erzählen Sie doch keine Fantasiezahlen über irgendwelche Auftragseingänge, sondern schauen Sie sich die Geschäftsbilanzen der Unternehmen an! Wir haben gestern in der Arbeitsgruppe Haushalt - der ich für die gute Arbeit in den letzten Wochen und auch in dieser Woche danken möchte - mit einem Vertreter einer Sparkasse aus Süddeutschland zusammengesessen. Er hat es auf den Punkt gebracht, als er meinte: Wenn der Finanzminister zum Konsum auffordert, dann müssen alle Alarmglocken klingeln. Wenn das der Wirtschaftsminister macht, ist das in Ordnung. Aber beim Finanzminister lässt das offensichtlich darauf schließen, dass er selbst nicht daran glaubt, dass die Situation in Ordnung ist, sondern dass wir in einer ganz schwierigen Lage sind. ({15}) Es gibt ein neues Gerücht, das da lautet, der Finanzminister habe mit dem Golfspielen angefangen: Er tastet sich von Loch zu Loch. ({16}) Fragt einer nach dem Handicap, dann heißt es: 2002. Weil es so ein hohes Handicap nicht gibt, heißt das, dass Sie die Platzreife nicht haben. Im September 2002 wird sich die Situation klären. ({17}) Von solchen Sprüchen gibt es mittlerweile viele: Was ist paradox? Paradox ist, wenn sich der Sohn des Kanzlers namens Aufschwung in die Tochter Rezession verwandelt und die Mutter deutsche Volkswirtschaft Vaterschaftsklage einlegt. ({18}) Wenn Sie sich die Situation anschauen, dann werden Sie feststellen, dass sich unter dieser Regierung die wirtschaftlichen Daten drastisch verschlechtert haben. Sie müssen zu haushälterischen Tricks en masse greifen. Sie gehen beim Wachstum von unrealistischen Annahmen aus. Die Frage ist doch: Können aus der heutigen Situation bei der Beschlussfassung über diesen Bundeshaushalt für die Zukunft, für die Menschen im Land, die Wirtschaft und die wirtschaftliche Entwicklung Perspektiven gewonnen werden? Wir sagen Nein. Wir sagen deshalb Nein, weil die für diesen Haushalt unterstellten Annahmen - Sie nennen das „auf Kante genäht“ - hinsichtlich der Einnahmen aus Sozialabgaben, der Zahl der beschäftigten Menschen und der Auftragslage der Betriebe - dies alles ist eng miteinander verknüpft - schon heute nicht mehr stimmen und weil zudem Ihre Annahmen hinsichtlich der Zuschüsse an die Bundesanstalt für Arbeit unrealistisch sind. Ich will etwas zu dem Gerücht sagen, wir hätten 1998 so genannte Wahlkampf-ABM gemacht. ({19}) Ich bemühe mich, das Ganze so darzustellen, dass ich mit wenigen Zahlen auskomme: 1998 hatten wir im Sollansatz rund 37 Milliarden DM im Haushalt der Bundesanstalt für Arbeit für den zweiten Arbeitsmarkt. Als das Jahr vorbei war, wurde festgestellt, dass davon 35 Milliarden DM ausgegeben wurden, also 2 Milliarden DM weniger. Sie haben im Haushalt des kommenden Jahres für Arbeitsmarktpolitik 44 Milliarden DM eingestellt, also 7 Milliarden DM mehr, als wir 1998 im Sollansatz hatten. Nehmen Sie Ihre Behauptung zurück, wir hätten den zweiten Arbeitsmarkt aufgebläht. Sie tun das, um überhaupt eine einigermaßen erträgliche Bilanz vorweisen zu können. Diesen Sachverhalt können Sie sich überall bestätigen lassen. ({20}) Dies führt schließlich zu der Frage: Wie kann es eigentlich passieren, dass eine Regierung völlig unvorbereitet vor diesen Dingen steht? Sie verlässt sich immerhin auf eine große Zahl von Sachverständigen. Ich kann das nur so deuten, dass es offensichtlich eine erhebliche Realitätsferne gibt. Wenn man mit den Menschen redet, wenn man in die Betriebe geht und sich die Bilanzen der Unternehmen anschaut, dann hat man seit mindestens einem Jahr den Gang der Entwicklung absehen können. Dazu brauche ich keine statistischen Zusammenfassungen, von welchen Forschungsinstituten auch immer. Deren Prognosen kommen sowieso immer hinterher. Man muss die Situation vor Ort betrachten. Dann kommt man zu der richtigen Prognose, die zu den richtigen Schritten führt, die wir vorgeschlagen haben. Ich sage es noch einmal, damit deutlich wird, wo unsere Alternative liegt: Wir wollen die Rücknahme der Beschäftigungshemmnisse, die seit 1998 durchgesetzt worden sind. ({21}) Wir wollen die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Wir wollen die Einführung des Kombilohns für Geringverdiener. Wir wollen, dass ein wesentlicher Teil der Steuerreform vorgezogen wird. Wir wollen vor allen Dingen, dass das Steuerrecht vereinfacht wird. Wir wollen, dass auf die nächste Stufe der Ökosteuer verzichtet wird, die insbesondere den Familien das, was sie an Familiengeld angeblich mehr in der Tasche haben, sofort wieder wegnimmt. ({22}) Wir wollen ein modernes Betriebsverfassunggesetz. Wir wollen eine grundlegende Reform des Gesundheitswesens. Wir wollen vor allen Dingen die Eigenverantwortung stärken. Im nächsten Schritt wird es notwendig sein, die Infrastrukturlücken durch Mobilisierung von privatem Kapital zu schließen. Die in diesem Land noch vorhandenen schöpferischen und finanziellen Kräfte müssen für private Investitionen genutzt werden. Sie dürfen nicht demotiviert werden. Wir wollen spätestens nach der nächsten Wahl entsprechende Schritte unternehmen. ({23}) Die Maßnahmen, die die Regierung eingeleitet hat, taugen dafür nicht. Ich sage es noch einmal: Der jetzt vorgelegte Haushalt kommt nur mit Tricks zustande. Er zeigt keine Perspektiven auf und gibt vor allen Dingen den Menschen, die arbeitslos sind, keine Hoffnung. Schauen wir uns einmal die Ergebnisse der Umfragen an, die am Ende dieses Jahres durchgeführt worden sind. Die Umfrage, aus der Sie zitiert haben - ich nehme an, sie war von Forsa -, war voll daneben. Eine andere, gestern veröffentlichte Umfrage hat Folgendes ergeben: Auf die Frage „Mit welchen Erwartungen gehen Sie in das Jahr 2002?“ haben etwa 62 Prozent der Menschen geantwortet, dass sie dem neuen Jahr skeptisch entgegensehen. Sie machen ihnen keinen Mut für die Zukunft. Etwa 28 Prozent der Menschen rechnet damit, dass ihre persönliche Situation im nächsten Jahr schwieriger sein wird. Solche negativen Umfrageergebnisse hat es lange nicht mehr gegeben.Verlassen Sie sich also nicht auf Umfragen, die Sie selbst bestellt haben und die die Realität schöner malen, als sie tatsächlich ist. ({24}) Während wir hier beraten, trifft sich im Kanzleramt eine Runde - ich vermute, dass der Bundeskanzler dabei ist - und versucht, die Mittel für die Finanzierung des Großflugzeugs, das der Kanzler in der letzten Woche dem französischen Präsidenten versprochen hat, zusammenzukratzen. Man hat offensichtlich ein Problem, den eingegangenen internationalen Verpflichtungen nachzukommen; denn im laufenden Haushalt ist zu wenig Geld. Deswegen müssen in den nächsten 6 Milliarden zusätzlich eingestellt werden. Auch das beschreibt im Grunde genommen die wirtschaftliche Situation und die finanzielle Lage des Verteidigungsetats. Lassen Sie mich zum Ende kommen. Wir haben unsere Alternativen zu dem vorgelegten Haushalt aufgezeigt und deutlich gemacht, dass es einen besseren Weg für Deutschland gibt. ({25}) Wenn Sie sich ein bisschen in Europa umschauen, dann werden Sie feststellen: Als es vor ein paar Monaten Wahlen in Norwegen gab, sind die Sozialdemokraten abgewählt worden. Als es vor ein paar Tagen Wahlen in Dänemark gab, sind die Sozialdemokraten abgewählt worden. Am 22. September nächsten Jahres gibt es in Deutschland Wahlen. Dann ereilt die deutschen Sozialdemokraten wegen ihrer falschen Politik genau das gleiche Schicksal. ({26})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich schließe die Aus- sprache. Wir kommen zur Schlussabstimmung über das Haus- haltsgesetz 2002. Die Koalitionsfraktionen verlangen namentliche Abstimmung. Ich bitte die Schriftführerin- nen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzuneh- men. - Sind die Schriftführerinnen und Schriftführer an ihren Plätzen? Ist alles zur Abstimmung bereit? - Dann eröffne ich die Abstimmung.1) Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme nicht abgegeben hat? - Das ist offensichtlich nicht der Fall. Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen später bekannt gegeben. Wir setzen die Abstimmungen fort und kommen zur Abstimmung über die Entschließungsanträge, zunächst über den Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 14/7590. Die Fraktion der CDU/CSU verlangt namentliche Abstimmung. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehe- nen Plätze einzunehmen. - Sind die Schriftführerinnen und Schriftführer an ihren Plätzen? Ist alles zur Abstim- mung bereit? - Das ist der Fall. Ich eröffne die Abstimmung.2) ({0})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme nicht abgegeben hat? - Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen später bekannt gegeben. Wir kommen jetzt zum Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 14/7571. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Damit ist der Antrag abgelehnt. Wir kommen zum Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 14/7592. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? - Wer stimmt dagegen? Wer enthält sich? - Der Antrag ist abgelehnt. Wir kommen zum Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 14/7594. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? - Wer stimmt dagegen? Wer enthält sich? - Der Antrag ist abgelehnt. Wir kommen zum Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 14/7663. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? - Wer stimmt dagegen? Wer enthält sich? - Der Antrag ist gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP abgelehnt. Wir kommen zum Entschließungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 14/7625. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? - Wer stimmt dagegen? - Der Antrag ist gegen die Stimmen von CDU/CSU, FDP und PDS abgelehnt. Wir kommen zum Entschließungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 14/7626. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? - Gegenprobe! - Enthaltungen? Gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP ist der Antrag abgelehnt. Wir kommen zum Entschließungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 14/7650. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Antrag ist gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP abgelehnt. ({0}) Wir kommen zum Entschließungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 14/7651. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? - Wer stimmt dagegen? - Wer ent- 1) Ergebnis Seite Seite 20392.1) Ergebnis Seite Seite 20390. hält sich? - Gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP abgelehnt. Wir kommen zum Entschließungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 14/7684. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Gegen die Stimmen der FDP ist der Antrag abgelehnt. Wir kommen zum Entschließungsantrag der Fraktion der PDS auf Drucksache 14/7576. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Keine. Der Entschließungsantrag ist gegen die Stimmen der PDS abgelehnt. Wir kommen zum Entschließungsantrag der Fraktion der PDS auf Drucksache 14/7698. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Keine. Der Entschließungsantrag ist gegen die Stimmen der PDS abgelehnt. Bis zum Vorliegen des Ergebnisses der namentlichen Schlussabstimmung über das Haushaltsgesetz 2002 unterbreche ich die Sitzung. ({1})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet. Ich gebe das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Schlussabstimmung über das Haushaltsgesetz 2002 bekannt: Abgegebene Stimmen 590. Mit Ja haben gestimmt 313, mit Nein haben gestimmt 276, Enthaltungen 1. Vizepräsidentin Anke Fuchs Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 590; davon ja: 313 nein: 276 enthalten: 1 Ja SPD Brigitte Adler Gerd Andres Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Hermann Bachmaier Ernst Bahr Doris Barnett Dr. Hans-Peter Bartels Eckhardt Barthel ({0}) Klaus Barthel ({1}) Ingrid Becker-Inglau Wolfgang Behrendt Dr. Axel Berg Hans-Werner Bertl Friedhelm Julius Beucher Petra Bierwirth Rudolf Bindig Lothar Binding ({2}) Kurt Bodewig Klaus Brandner Anni Brandt-Elsweier Willi Brase Rainer Brinkmann ({3}) Bernhard Brinkmann ({4}) Hans-Günter Bruckmann Edelgard Bulmahn Ursula Burchardt Dr. Michael Bürsch Hans Büttner ({5}) Marion Caspers-Merk Wolf-Michael Catenhusen Dr. Peter Danckert Christel Deichmann Karl Diller Peter Dreßen Detlef Dzembritzki Dieter Dzewas Dr. Peter Eckardt Sebastian Edathy Ludwig Eich Marga Elser Peter Enders Gernot Erler Petra Ernstberger Annette Faße Lothar Fischer ({6}) Gabriele Fograscher Norbert Formanski Rainer Fornahl Hans Forster Dagmar Freitag Lilo Friedrich ({7}) Harald Friese Anke Fuchs ({8}) Arne Fuhrmann Monika Ganseforth Konrad Gilges Iris Gleicke Günter Gloser Uwe Göllner Renate Gradistanac Günter Graf ({9}) Angelika Graf ({10}) Dieter Grasedieck Monika Griefahn Kerstin Griese Achim Großmann Wolfgang Grotthaus Karl-Hermann Haack ({11}) Hans-Joachim Hacker Klaus Hagemann Manfred Hampel Alfred Hartenbach Anke Hartnagel Klaus Hasenfratz Hubertus Heil Reinhold Hemker Frank Hempel Rolf Hempelmann Gustav Herzog Monika Heubaum Reinhold Hiller ({12}) Gerd Höfer Jelena Hoffmann ({13}) Walter Hoffmann ({14}) Iris Hoffmann ({15}) Frank Hofmann ({16}) Ingrid Holzhüter Eike Hovermann Christel Humme Lothar Ibrügger Barbara Imhof Brunhilde Irber Gabriele Iwersen Renate Jäger Jann-Peter Janssen Ilse Janz Dr. Uwe Jens Volker Jung ({17}) Johannes Kahrs Ulrich Kasparick Susanne Kastner Ulrich Kelber Klaus Kirschner Siegrun Klemmer Fritz Rudolf Körper Karin Kortmann Anette Kramme Nicolette Kressl Volker Kröning Angelika Krüger-Leißner Horst Kubatschka Ernst Küchler Helga Kühn-Mengel Ute Kumpf Konrad Kunick Werner Labsch Christine Lambrecht Brigitte Lange Christian Lange ({18}) Detlev von Larcher Christine Lehder Waltraud Lehn Robert Leidinger Klaus Lennartz Dr. Elke Leonhard Eckhart Lewering Götz-Peter Lohmann ({19}) Gabriele Lösekrug-Möller Erika Lotz Dr. Christine Lucyga Dieter Maaß ({20}) Winfried Mante Dirk Manzewski Tobias Marhold Lothar Mark Ulrike Mascher Christoph Matschie Heide Mattischeck Markus Meckel Ulrike Mehl Ulrike Merten Angelika Mertens Dr. Jürgen Meyer ({21}) Ursula Mogg Christoph Moosbauer Siegmar Mosdorf Michael Müller ({22}) Jutta Müller ({23}) Christian Müller ({24}) Franz Müntefering Volker Neumann ({25}) Gerhard Neumann ({26}) Dr. Edith Niehuis Dr. Rolf Niese Dietmar Nietan Günter Oesinghaus Eckhard Ohl Leyla Onur Manfred Opel Holger Ortel Adolf Ostertag Kurt Palis Albrecht Papenroth Dr. Martin Pfaff Johannes Pflug Joachim Poß Karin Rehbock-Zureich Dr. Carola Reimann Margot von Renesse Renate Rennebach Bernd Reuter Dr. Edelbert Richter Christel RiemannHanewinckel Reinhold Robbe Gudrun Roos Vizepräsidentin Anke Fuchs René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Michael Roth ({27}) Birgit Roth ({28}) Marlene Rupprecht Thomas Sauer Gudrun Schaich-Walch Rudolf Scharping Bernd Scheelen Dr. Hermann Scheer Siegfried Scheffler Horst Schild Dieter Schloten Horst Schmidbauer ({29}) Ulla Schmidt ({30}) Silvia Schmidt ({31}) Dagmar Schmidt ({32}) Wilhelm Schmidt ({33}) Dr. Frank Schmidt ({34}) Regina Schmidt-Zadel Heinz Schmitt ({35}) Carsten Schneider Dr. Emil Schnell Walter Schöler Karsten Schönfeld Fritz Schösser Ottmar Schreiner Gerhard Schröder Dr. Mathias Schubert Richard Schuhmann ({36}) Brigitte Schulte ({37}) Volkmar Schultz ({38}) Ewald Schurer Dr. Angelica Schwall-Düren Rolf Schwanitz Bodo Seidenthal Erika Simm Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk Dr. Cornelie SonntagWolgast Wieland Sorge Wolfgang Spanier Dr. Margrit Spielmann Jörg-Otto Spiller Dr. Ditmar Staffelt Antje-Marie Steen Ludwig Stiegler Rolf Stöckel Rita Streb-Hesse Reinhold Strobl ({39}) Dr. Peter Struck Joachim Stünker Joachim Tappe Jörg Tauss Jella Teuchner Dr. Gerald Thalheim Franz Thönnes Uta Titze-Stecher Adelheid Tröscher Hans-Eberhard Urbaniak Rüdiger Veit Simone Violka Ute Vogt ({40}) Hans Georg Wagner Hedi Wegener Dr. Konstanze Wegner Wolfgang Weiermann Reinhard Weis ({41}) Matthias Weisheit Gert Weisskirchen ({42}) Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker Jochen Welt Dr. Rainer Wend Hildegard Wester Lydia Westrich Inge Wettig-Danielmeier Dr. Margrit Wetzel Dr. Norbert Wieczorek Jürgen Wieczorek ({43}) Helmut Wieczorek ({44}) Dieter Wiefelspütz Heino Wiese ({45}) Brigitte Wimmer ({46}) Engelbert Wistuba Barbara Wittig Dr. Wolfgang Wodarg Verena Wohlleben Hanna Wolf ({47}) Waltraud Wolff ({48}) Heidemarie Wright Uta Zapf Dr. Christoph Zöpel Peter Zumkley BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Volker Beck ({49}) Angelika Beer Matthias Berninger Grietje Bettin Ekin Deligöz Dr. Thea Dückert Franziska Eichstädt-Bohlig Dr. Uschi Eid Hans-Josef Fell Andrea Fischer ({50}) Joseph Fischer ({51}) Katrin Göring-Eckardt Rita Grießhaber Gerald Häfner Winfried Hermann Kristin Heyne Ulrike Höfken Michaele Hustedt Monika Knoche Dr. Angelika Köster-Loßack Steffi Lemke Dr. Helmut Lippelt Dr. Reinhard Loske Oswald Metzger Kerstin Müller ({52}) Christa Nickels Cem Özdemir Simone Probst Christine Scheel Irmingard Schewe-Gerigk Albert Schmidt ({53}) Werner Schulz ({54}) Christian Simmert Christian Sterzing Dr. Ludger Volmer Helmut Wilhelm ({55}) Margareta Wolf ({56}) Nein CDU/CSU Ulrich Adam Ilse Aigner Peter Altmaier Norbert Barthle Dr. Wolf Bauer Günter Baumann Brigitte Baumeister Dr. Sabine Bergmann-Pohl Otto Bernhardt Hans-Dirk Bierling Dr. Joseph-Theodor Blank Renate Blank Dr. Heribert Blens Peter Bleser Dr. Norbert Blüm Antje Blumenthal Dr. Maria Böhmer Sylvia Bonitz Jochen Borchert Wolfgang Börnsen ({57}) Wolfgang Bosbach Dr. Wolfgang Bötsch Klaus Brähmig Dr. Ralf Brauksiepe Georg Brunnhuber Hartmut Büttner ({58}) Dankward Buwitt Manfred Carstens ({59}) Peter H. Carstensen ({60}) Wolfgang Dehnel Hubert Deittert Albert Deß Renate Diemers Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Maria Eichhorn Rainer Eppelmann Anke Eymer ({61}) Ilse Falk Dr. Hans Georg Faust Albrecht Feibel Ulf Fink Dirk Fischer ({62}) Axel E. Fischer ({63}) Klaus Francke Dr. Gerhard Friedrich ({64}) Dr. Hans-Peter Friedrich ({65}) Erich G. Fritz Hans-Joachim Fuchtel Dr. Jürgen Gehb Norbert Geis Georg Girisch Michael Glos Dr. Reinhard Göhner Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Hermann Gröhe Manfred Grund Horst Günther ({66}) Carl-Detlev Freiherr von Hammerstein Gerda Hasselfeldt Norbert Hauser ({67}) Hansgeorg Hauser ({68}) Klaus-Jürgen Hedrich Helmut Heiderich Ursula Heinen Manfred Heise Siegfried Helias Hans Jochen Henke Ernst Hinsken Peter Hintze Klaus Hofbauer Martin Hohmann Klaus Holetschek Josef Hollerith Dr. Karl-Heinz Hornhues Joachim Hörster Hubert Hüppe Susanne Jaffke Georg Janovsky Dr.-Ing. Rainer Jork Dr. Harald Kahl Steffen Kampeter Dr.-Ing. Dietmar Kansy Irmgard Karwatzki Eckart von Klaeden Ulrich Klinkert Dr. Helmut Kohl Norbert Königshofen Eva-Maria Kors Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Dr. Martina Krogmann Dr. Hermann Kues Werner Kuhn Karl Lamers Dr. Karl A. Lamers ({69}) Dr. Norbert Lammert Helmut Lamp Dr. Paul Laufs Karl-Josef Laumann Vera Lengsfeld Werner Lensing Peter Letzgus Ursula Lietz Walter Link ({70}) Eduard Lintner Dr. Klaus W. Lippold ({71}) Dr. Manfred Lischewski Wolfgang Lohmann ({72}) Julius Louven Dr. Michael Luther Erich Maaß ({73}) Erwin Marschewski ({74}) Der Gesetzentwurf ist damit angenommen. ({75}) Ich gebe das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zu Einzelplan 14 auf Drucksache 14/7590 bekannt: Abgegebene Stimmen 592. Mit Ja haben gestimmt 247, mit Nein haben gestimmt 345, Enthaltungen keine. Vizepräsidentin Anke Fuchs Dr. Martin Mayer ({76}) Wolfgang Meckelburg Dr. Michael Meister Hans Michelbach Meinolf Michels Dr. Gerd Müller Bernward Müller ({77}) Elmar Müller ({78}) Bernd Neumann ({79}) Claudia Nolte Günter Nooke Franz Obermeier Eduard Oswald Norbert Otto ({80}) Dr. Peter Paziorek Anton Pfeifer Dr. Friedbert Pflüger Beatrix Philipp Ronald Pofalla Ruprecht Polenz Marlies Pretzlaff Dr. Bernd Protzner Thomas Rachel Hans Raidel Dr. Peter Ramsauer Helmut Rauber Christa Reichard ({81}) Katherina Reiche Erika Reinhardt Hans-Peter Repnik Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Franz Romer Heinrich-Wilhelm Ronsöhr Dr. Klaus Rose Kurt J. Rossmanith Dr. Norbert Röttgen Dr. Christian Ruck Volker Rühe Anita Schäfer Dr. Wolfgang Schäuble Hartmut Schauerte Heinz Schemken Karl-Heinz Scherhag Dr. Gerhard Scheu Norbert Schindler Bernd Schmidbauer Christian Schmidt ({82}) Dr.-Ing. Joachim Schmidt ({83}) Andreas Schmidt ({84}) Michael von Schmude Dr. Andreas Schockenhoff Dr. Rupert Scholz Reinhard Freiherr von Schorlemer Wolfgang Schulhoff Gerhard Schulz Clemens Schwalbe Wilhelm Josef Sebastian Horst Seehofer Dr. h. c. Rudolf Seiters Bernd Siebert Werner Siemann Johannes Singhammer Bärbel Sothmann Margarete Späte Carl-Dieter Spranger Wolfgang Steiger Erika Steinbach Andreas Storm Dorothea Störr-Ritter Max Straubinger Matthäus Strebl Edeltraut Töpfer Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Angelika Volquartz Andrea Voßhoff Peter Weiß ({85}) Gerald Weiß ({86}) Annette Widmann-Mauz Heinz Wiese ({87}) Klaus-Peter Willsch Bernd Wilz Willy Wimmer ({88}) Matthias Wissmann Werner Wittlich Dagmar Wöhrl Aribert Wolf Elke Wülfing Peter Kurt Würzbach Wolfgang Zeitlmann Benno Zierer Wolfgang Zöller FDP Ina Albowitz Rainer Brüderle Ernst Burgbacher Jörg van Essen Ulrike Flach Paul K. Friedhoff Horst Friedrich ({89}) Dr. Wolfgang Gerhardt Hans-Michael Goldmann Dr. Karlheinz Guttmacher Klaus Haupt Dr. Helmut Haussmann Ulrich Heinrich Walter Hirche Birgit Homburger Ulrich Irmer Dr. Klaus Kinkel Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Jürgen Koppelin Ina Lenke Sabine LeutheusserSchnarrenberger Dirk Niebel Günther Friedrich Nolting Dr. Edzard Schmidt-Jortzig Gerhard Schüßler Dr. Irmgard Schwaetzer Marita Sehn Dr. Hermann Otto Solms Jürgen Türk PDS Dr. Dietmar Bartsch Petra Bläss Maritta Böttcher Eva Bulling-Schröter Roland Claus Heidemarie Ehlert Dr. Heinrich Fink Dr. Ruth Fuchs Wolfgang Gehrcke Dr. Klaus Grehn Dr. Gregor Gysi Uwe Hiksch Sabine Jünger Gerhard Jüttemann Dr. Heidi Knake-Werner Rolf Kutzmutz Ursula Lötzer Dr. Christa Luft Heidemarie Lüth Pia Maier Angela Marquardt Manfred Müller ({90}) Kersten Naumann Rosel Neuhäuser Gustav-Adolf Schur Dr. Ilja Seifert Enthalten Fraktionslose Abgeordnete Christa Lörcher Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 591; davon ja: 247 nein: 344 Ja CDU/CSU Ulrich Adam Ilse Aigner Peter Altmaier Norbert Barthle Dr. Wolf Bauer Günter Baumann Brigitte Baumeister Dr. Sabine Bergmann-Pohl Otto Bernhardt Hans-Dirk Bierling Dr. Joseph-Theodor Blank Renate Blank Dr. Heribert Blens Peter Bleser Dr. Norbert Blüm Antje Blumenthal Dr. Maria Böhmer Sylvia Bonitz Jochen Borchert Wolfgang Börnsen ({91}) Wolfgang Bosbach Dr. Wolfgang Bötsch Klaus Brähmig Dr. Ralf Brauksiepe Georg Brunnhuber Hartmut Büttner ({92}) Dankward Buwitt Manfred Carstens ({93}) Peter H. Carstensen ({94}) Wolfgang Dehnel Hubert Deittert Albert Deß Renate Diemers Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Maria Eichhorn Rainer Eppelmann Anke Eymer ({95}) Ilse Falk Dr. Hans Georg Faust Albrecht Feibel Ulf Fink Dirk Fischer ({96}) Vizepräsidentin Anke Fuchs Axel E. Fischer ({97}) Klaus Francke Dr. Gerhard Friedrich ({98}) Dr. Hans-Peter Friedrich ({99}) Erich G. Fritz Hans-Joachim Fuchtel Dr. Jürgen Gehb Norbert Geis Georg Girisch Michael Glos Dr. Reinhard Göhner Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Hermann Gröhe Manfred Grund Horst Günther ({100}) Carl-Detlev Freiherr von Hammerstein Gerda Hasselfeldt Norbert Hauser ({101}) Hansgeorg Hauser ({102}) Klaus-Jürgen Hedrich Helmut Heiderich Ursula Heinen Manfred Heise Siegfried Helias Hans Jochen Henke Ernst Hinsken Peter Hintze Klaus Hofbauer Martin Hohmann Klaus Holetschek Josef Hollerith Dr. Karl-Heinz Hornhues Joachim Hörster Hubert Hüppe Susanne Jaffke Georg Janovsky Dr.-Ing. Rainer Jork Dr. Harald Kahl Steffen Kampeter Dr.-Ing. Dietmar Kansy Irmgard Karwatzki Eckart von Klaeden Ulrich Klinkert Dr. Helmut Kohl Norbert Königshofen Eva-Maria Kors Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Dr. Martina Krogmann Dr. Hermann Kues Werner Kuhn Karl Lamers Dr. Karl A. Lamers ({103}) Dr. Norbert Lammert Helmut Lamp Dr. Paul Laufs Karl-Josef Laumann Vera Lengsfeld Werner Lensing Peter Letzgus Ursula Lietz Walter Link ({104}) Eduard Lintner Dr. Klaus W. Lippold ({105}) Dr. Manfred Lischewski Wolfgang Lohmann ({106}) Julius Louven Dr. Michael Luther Erich Maaß ({107}) Erwin Marschewski ({108}) Dr. Martin Mayer ({109}) Wolfgang Meckelburg Dr. Michael Meister Hans Michelbach Meinolf Michels Dr. Gerd Müller Bernward Müller ({110}) Elmar Müller ({111}) Bernd Neumann ({112}) Claudia Nolte Günter Nooke Franz Obermeier Eduard Oswald Norbert Otto ({113}) Dr. Peter Paziorek Anton Pfeifer Dr. Friedbert Pflüger Beatrix Philipp Ronald Pofalla Ruprecht Polenz Marlies Pretzlaff Dr. Bernd Protzner Thomas Rachel Hans Raidel Dr. Peter Ramsauer Peter Rauen Christa Reichard ({114}) Katherina Reiche Erika Reinhardt Hans-Peter Repnik Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Franz Romer Heinrich-Wilhelm Ronsöhr Dr. Klaus Rose Kurt J. Rossmanith Dr. Norbert Röttgen Dr. Christian Ruck Volker Rühe Anita Schäfer Dr. Wolfgang Schäuble Hartmut Schauerte Heinz Schemken Karl-Heinz Scherhag Dr. Gerhard Scheu Norbert Schindler Bernd Schmidbauer Christian Schmidt ({115}) Dr.-Ing. Joachim Schmidt ({116}) Andreas Schmidt ({117}) Michael von Schmude Dr. Andreas Schockenhoff Dr. Rupert Scholz Reinhard Freiherr von Schorlemer Gerhard Schulz Clemens Schwalbe Wilhelm Josef Sebastian Horst Seehofer Dr. h. c. Rudolf Seiters Bernd Siebert Werner Siemann Johannes Singhammer Bärbel Sothmann Margarete Späte Carl-Dieter Spranger Wolfgang Steiger Erika Steinbach Andreas Storm Dorothea Störr-Ritter Max Straubinger Matthäus Strebl Edeltraut Töpfer Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Angelika Volquartz Andrea Voßhoff Peter Weiß ({118}) Gerald Weiß ({119}) Annette Widmann-Mauz Heinz Wiese ({120}) Hans-Otto Wilhelm ({121}) Klaus-Peter Willsch Bernd Wilz Willy Wimmer ({122}) Matthias Wissmann Werner Wittlich Dagmar Wöhrl Aribert Wolf Elke Wülfing Peter Kurt Würzbach Wolfgang Zeitlmann Benno Zierer Wolfgang Zöller FDP Ina Albowitz Rainer Brüderle Ernst Burgbacher Jörg van Essen Ulrike Flach Paul K. Friedhoff Horst Friedrich ({123}) Dr. Wolfgang Gerhardt Hans-Michael Goldmann Dr. Karlheinz Guttmacher Klaus Haupt Dr. Helmut Haussmann Ulrich Heinrich Walter Hirche Birgit Homburger Ulrich Irmer Dr. Klaus Kinkel Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Jürgen Koppelin Ina Lenke Sabine LeutheusserSchnarrenberger Dirk Niebel Günther Friedrich Nolting Dr. Edzard Schmidt-Jortzig Gerhard Schüßler Dr. Irmgard Schwaetzer Marita Sehn Dr. Hermann Otto Solms Jürgen Türk Nein SPD Brigitte Adler Gerd Andres Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Hermann Bachmaier Ernst Bahr Doris Barnett Dr. Hans-Peter Bartels Eckhardt Barthel ({124}) Klaus Barthel ({125}) Ingrid Becker-Inglau Wolfgang Behrendt Dr. Axel Berg Hans-Werner Bertl Friedhelm Julius Beucher Petra Bierwirth Rudolf Bindig Lothar Binding ({126}) Kurt Bodewig Klaus Brandner Anni Brandt-Elsweier Willi Brase Rainer Brinkmann ({127}) Bernhard Brinkmann ({128}) Hans-Günter Bruckmann Edelgard Bulmahn Ursula Burchardt Dr. Michael Bürsch Hans Büttner ({129}) Marion Caspers-Merk Wolf-Michael Catenhusen Dr. Peter Danckert Christel Deichmann Karl Diller Peter Dreßen Detlef Dzembritzki Dieter Dzewas Dr. Peter Eckardt Sebastian Edathy Ludwig Eich Marga Elser Peter Enders Gernot Erler Petra Ernstberger Annette Faße Lothar Fischer ({130}) Gabriele Fograscher Norbert Formanski Rainer Fornahl Hans Forster Dagmar Freitag Lilo Friedrich ({131}) Harald Friese Anke Fuchs ({132}) Vizepräsidentin Anke Fuchs Arne Fuhrmann Monika Ganseforth Konrad Gilges Iris Gleicke Günter Gloser Uwe Göllner Renate Gradistanac Günter Graf ({133}) Angelika Graf ({134}) Dieter Grasedieck Monika Griefahn Kerstin Griese Achim Großmann Wolfgang Grotthaus Karl-Hermann Haack ({135}) Hans-Joachim Hacker Klaus Hagemann Manfred Hampel Alfred Hartenbach Anke Hartnagel Klaus Hasenfratz Hubertus Heil Reinhold Hemker Frank Hempel Rolf Hempelmann Gustav Herzog Monika Heubaum Reinhold Hiller ({136}) Gerd Höfer Jelena Hoffmann ({137}) Walter Hoffmann ({138}) Iris Hoffmann ({139}) Frank Hofmann ({140}) Ingrid Holzhüter Eike Hovermann Christel Humme Lothar Ibrügger Barbara Imhof Brunhilde Irber Gabriele Iwersen Renate Jäger Jann-Peter Janssen Ilse Janz Volker Jung ({141}) Johannes Kahrs Ulrich Kasparick Susanne Kastner Ulrich Kelber Klaus Kirschner Siegrun Klemmer Fritz Rudolf Körper Karin Kortmann Anette Kramme Nicolette Kressl Volker Kröning Angelika Krüger-Leißner Horst Kubatschka Ernst Küchler Helga Kühn-Mengel Ute Kumpf Konrad Kunick Werner Labsch Christine Lambrecht Brigitte Lange Christian Lange ({142}) Detlev von Larcher Christine Lehder Waltraud Lehn Robert Leidinger Klaus Lennartz Dr. Elke Leonhard Eckhart Lewering Götz-Peter Lohmann ({143}) Gabriele Lösekrug-Möller Erika Lotz Dr. Christine Lucyga Dieter Maaß ({144}) Winfried Mante Dirk Manzewski Tobias Marhold Lothar Mark Ulrike Mascher Christoph Matschie Heide Mattischeck Markus Meckel Ulrike Mehl Ulrike Merten Angelika Mertens Dr. Jürgen Meyer ({145}) Ursula Mogg Christoph Moosbauer Siegmar Mosdorf Michael Müller ({146}) Jutta Müller ({147}) Christian Müller ({148}) Franz Müntefering Volker Neumann ({149}) Gerhard Neumann ({150}) Dr. Edith Niehuis Dr. Rolf Niese Dietmar Nietan Günter Oesinghaus Eckhard Ohl Leyla Onur Manfred Opel Holger Ortel Adolf Ostertag Kurt Palis Albrecht Papenroth Dr. Martin Pfaff Johannes Pflug Joachim Poß Karin Rehbock-Zureich Dr. Carola Reimann Margot von Renesse Renate Rennebach Bernd Reuter Dr. Edelbert Richter Christel RiemannHanewinckel Reinhold Robbe Gudrun Roos René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Michael Roth ({151}) Birgit Roth ({152}) Marlene Rupprecht Thomas Sauer Gudrun Schaich-Walch Rudolf Scharping Bernd Scheelen Dr. Hermann Scheer Siegfried Scheffler Horst Schild Dieter Schloten Horst Schmidbauer ({153}) Ulla Schmidt ({154}) Silvia Schmidt ({155}) Dagmar Schmidt ({156}) Wilhelm Schmidt ({157}) Dr. Frank Schmidt ({158}) Regina Schmidt-Zadel Heinz Schmitt ({159}) Carsten Schneider Dr. Emil Schnell Walter Schöler Karsten Schönfeld Fritz Schösser Ottmar Schreiner Gerhard Schröder Dr. Mathias Schubert Richard Schuhmann ({160}) Brigitte Schulte ({161}) Volkmar Schultz ({162}) Ewald Schurer Dr. Angelica Schwall-Düren Rolf Schwanitz Bodo Seidenthal Erika Simm Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk Dr. Cornelie SonntagWolgast Wieland Sorge Wolfgang Spanier Dr. Margrit Spielmann Jörg-Otto Spiller Dr. Ditmar Staffelt Antje-Marie Steen Ludwig Stiegler Rolf Stöckel Rita Streb-Hesse Reinhold Strobl ({163}) Dr. Peter Struck Joachim Stünker Joachim Tappe Jörg Tauss Jella Teuchner Dr. Gerald Thalheim Franz Thönnes Uta Titze-Stecher Adelheid Tröscher Hans-Eberhard Urbaniak Rüdiger Veit Simone Violka Ute Vogt ({164}) Hans Georg Wagner Hedi Wegener Dr. Konstanze Wegner Wolfgang Weiermann Reinhard Weis ({165}) Matthias Weisheit Gert Weisskirchen ({166}) Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker Jochen Welt Dr. Rainer Wend Hildegard Wester Lydia Westrich Inge Wettig-Danielmeier Dr. Margrit Wetzel Dr. Norbert Wieczorek Jürgen Wieczorek ({167}) Helmut Wieczorek ({168}) Dieter Wiefelspütz Heino Wiese ({169}) Brigitte Wimmer ({170}) Engelbert Wistuba Barbara Wittig Dr. Wolfgang Wodarg Verena Wohlleben Hanna Wolf ({171}) Waltraud Wolff ({172}) Heidemarie Wright Uta Zapf Dr. Christoph Zöpel Peter Zumkley BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Volker Beck ({173}) Angelika Beer Grietje Bettin Ekin Deligöz Dr. Thea Dückert Franziska Eichstädt-Bohlig Dr. Uschi Eid Hans-Josef Fell Andrea Fischer ({174}) Joseph Fischer ({175}) Katrin Göring-Eckardt Rita Grießhaber Gerald Häfner Winfried Hermann Kristin Heyne Ulrike Höfken Michaele Hustedt Monika Knoche Dr. Angelika Köster-Loßack Steffi Lemke Dr. Helmut Lippelt Dr. Reinhard Loske Oswald Metzger Kerstin Müller ({176}) Christa Nickels Cem Özdemir Simone Probst Christine Scheel Irmingard Schewe-Gerigk Rezzo Schlauch Albert Schmidt ({177}) Werner Schulz ({178}) Christian Simmert Christian Sterzing Dr. Antje Vollmer Dr. Ludger Volmer Sylvia Voß Helmut Wilhelm ({179}) Margareta Wolf ({180}) Der Entschließungsantrag ist damit abgelehnt. Ich danke den Schriftführerinnen und Schriftführern für die schnelle Auszählung. ({181}) Ich rufe Tagsordnungspunkt III auf: - Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Fortführung des Solidarpaktes, zur Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs und zur Abwicklung des Fonds „Deutsche Einheit“ ({182}) - Drucksache 14/7063 ({183}) - Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Fortführung des Solidarpaktes, zur Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs und zur Abwicklung des Fonds „Deutsche Einheit“ ({184}) - Drucksache 14/7256 ({185}) a) Beschlussempfehlung und Bericht des Sonderausschusses Maßstäbe-/Finanzaus- gleichsgesetz - Drucksache 14/7646 - Berichterstattung: Abgeordnete Horst Schild Oswald Metzger Dr. Barabara Höll b) Bericht des Haushaltsausschusses ({186}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache 14/7647 Berichterstattung: Abgeordnete Dietrich Austermann Dr. Werner Hoyer Dr. Christa Luft Hans Georg Wagner Oswald Metzger Zum Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der PDS vor. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine Stunde vorgesehen. Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache - die Diskutanten sind da und erteile der Kollegin Sabine Kaspereit für die SPDFraktion das Wort.

Sabine Kaspereit (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002695, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der abschließenden Beratung des Gesetzentwurfs zur Fortführung des Solidarpakts, zur Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs und zur Abwicklung des Fonds „Deutsche Einheit“ wird nach der Steuer- und Rentenreform ein weiteres großes Projekt der Reformagenda dieser Bundesregierung zu einem guten Abschluss gebracht. ({0}) Ich hätte vor einem Jahr noch nicht geglaubt, dass wir an diesem 30. November des Jahres 2001 das Solidarpaktfortführungsgesetz abschließend durch den Bundestag bringen würden. Hier ist in unglaublich kurzer Zeit unglaublich viel passiert und gesetzgeberisch umgesetzt worden, im Übrigen weit mehr, als uns die Karlsruher Richter im November 1999 abverlangt hatten. Es ist klar: Der Konsens zwischen den Ministerpräsidenten der Länder und dem Bundeskanzler vom Juni dieses Jahres hat hierfür die entscheidenden Weichen gestellt. Dafür ist allen Beteiligten, aus welcher Region der Bundesrepublik sie auch kommen, welcher Regierung sie auch immer angehören, zu danken. Die Interessenlagen hätten doch unterschiedlicher nicht sein können! Ob Bund oder Länder, ob Zahler oder Empfänger, ob Ost oder West, ob Nord oder Süd, ob SPD- oder CDU-regiert - man fand sich in einem guten Kompromiss wieder. ({1}) Es war richtig, dass die Bundesregierung zunächst verhalten agierte und dann bei den entscheidenden Weichenstellungen Tempo machte. Es war ebenso richtig, die Länder zu bewegen, vorweg in einem möglichst engen Beratungs- und Konsensfindungsprozess so viele Kompromisslinien wie möglich zu entwickeln und darüber zu sprechen. Ich finde es schade, dass die FDP sich dieser Verfahrensweise verweigert hat. Wo es um so viel Geld geht, ist es realitätsfern, zu glauben, man könne die Rechnung ohne den Wirt machen. Es ist nur legitim, dass die Länder hier ein gewichtiges Wort mitreden müssen; es geht gerade um sie. Vizepräsidentin Anke Fuchs PDS Dr. Dietmar Bartsch Petra Bläss Maritta Böttcher Eva Bulling-Schröter Roland Claus Heidemarie Ehlert Dr. Heinrich Fink Dr. Ruth Fuchs Wolfgang Gehrcke Dr. Klaus Grehn Dr. Gregor Gysi Uwe Hiksch Sabine Jünger Gerhard Jüttemann Dr. Heidi Knake-Werner Rolf Kutzmutz Ursula Lötzer Dr. Christa Luft Heidemarie Lüth Pia Maier Angela Marquardt Manfred Müller ({2}) Kersten Naumann Rosel Neuhäuser Christine Ostrowski Gustav-Adolf Schur Dr. Ilja Seifert Fraktionslose Abgeordnete Christa Lörcher Ich kann das hier gewählte Verfahren der Kompromissfindung als Parlamentarierin, die nicht vom Lehrstuhl eines Rechtsprofessors oder vom Senatssessel eines Verfassungsrichters Politik für die Menschen in diesem Lande erfolgreich umzusetzen versucht, nicht grundsätzlich kritisieren. ({3}) Deshalb sage ich: Die Verabschiedung dieses Gesetzes zur Fortführung des Solidarpakts, zur Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs und zur Abwicklung des Fonds „Deutsche Einheit“ in einem einzigen Paket ist ein gutes Ergebnis des deutschen Föderalismus. ({4}) Es zeigt seine Fähigkeit, auch mit schwerwiegenden Problemen unter schwierigen Umständen angemessen fertig zu werden. Meine Damen und Herren, es ist weitgehend unumstritten: Das Ergebnis des Gesetzgebungsverfahrens kann sich sehen lassen. Ich sage das ganz bewusst auch als ostdeutsche Abgeordnete. ({5}) Deshalb beziehe ich mich in meiner Rede vor allem auf die Fortführung des Solidarpakts. Wir machen mit diesem Gesetz mehrere Dinge deutlich: Erstens. Der wirtschaftliche Aufbau in den neuen Bundesländern ist und bleibt für uns eine überragende Aufgabe deutscher Politik. ({6}) Wir haben immer gesagt: Der wirtschaftliche Aufbau ist ein gewaltiger Prozess, dem sich die Deutschen in Ost und West als eine Generationenaufgabe stellen müssen. Wer anderes behauptet, erweckt Illusionen, die nur in Enttäuschungen enden können. Wir haben zu keinem Zeitpunkt unhaltbare Versprechungen gemacht, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition. Wir handeln auf dem Boden der Realität und sagen das auch. ({7}) Zweitens. Für uns bleibt das Ziel, nämlich die Angleichung der wirtschaftlichen Verhältnisse, der Lebensund Arbeitsverhältnisse der Menschen, im Mittelpunkt unserer Arbeit. Dabei - auch das will ich an dieser Stelle deutlich machen - geht es nicht darum, den Aufbau Ost als einen schlichten Nachbau West zu begreifen. Es geht darum, den Menschen in Ostdeutschland, denen in 40 Jahren DDR ein Leben in Freiheit und Wohlstand verwehrt worden war, die gleichen Lebenschancen wie den Bürgerinnen und Bürgern in Westdeutschland einzuräumen. Drittens. Um dieses Ziel zu erreichen, ist die Solidarität der Länder und des Bundes in Form finanzieller Unterstützung eine - ich sage: eine - Maßnahme. Die Menschen in den neuen Ländern können sich dabei auf die Regierung verlassen. Insgesamt 306 Milliarden DM hat der Bund den neuen Ländern bis zum Jahre 2019 zugesagt, um die teilungsbedingten Sonderlasten in den neuen Ländern tragen zu helfen. ({8}) Die Finanzmittel aus dem Solidarpakt II in Höhe von 206 Milliarden DM oder gut 105 Milliarden Euro können damit eingesetzt werden, um zum einen dem nach wie vor erheblichen infrastrukturellen Nachholbedarf wirksam zu begegnen und zum anderen die Finanzschwäche der ostdeutschen Kommunen auszugleichen. Hinzu kommen rund 100 Milliarden aus dem so genannten Korb 2, das heißt diverser weiterer Förderprogramme. Viertens. Ein in meinen Augen außerordentlich wichtiger Aspekt ist neben der Summe von 206 Milliarden DM die Planungssicherheit, die die Länder und Gemeinden in Ostdeutschland für ihre Investitionen jetzt haben, und das für einen fast 20-jährigen Zeitraum. Das ist mehr wert als das jahrelange Feilschen um die eine oder andere zusätzliche Mark aus dem Bundeshaushalt. ({9}) Wir wissen jetzt, was der Bund zur Beseitigung teilungsbedingter Sonderlasten in den neuen Ländern Jahr für Jahr aufbringt. ({10}) Die Länderregierungen und auch die Städte und Gemeinden können jetzt auf Heller und Pfennig mit zweistelligen Milliardensummen rechnen. Das bringt langfristige Planungssicherheit für öffentliche Investitionen. Der Aufbau Ost hat damit eine klare Perspektive bis zum Jahr 2020. ({11}) Ich finde es im Übrigen sachgerecht und angemessen, dass die Hilfen degressiv ausgestaltet sind. Entsprechend dem Finanzbedarf werden sie von 10,5 Milliarden Euro im Jahr 2005 auf 2,8 Milliarden Euro im Jahr 2018 sinken. Der Deutsche Bundestag wird mit diesem Gesetz der stärkeren Regionalisierung in den neuen Ländern und damit der stärkeren Verantwortung politischer Entscheidungen vor Ort Rechnung tragen, und das bereits ab Beginn des nächsten Jahres. Wir warten nicht bis zum Auslaufen des Solidarpaktes I, sondern machen das schon jetzt und kommen damit den neuen Ländern deutlich entgegen. ({12}) Bislang sind im Rahmen des Investitionsförderungsgesetzes Aufbau Ost Mittel in Höhe von jährlich rund 3,4 Milliarden Euro - das sind 6,6 Milliarden DM zweckgebunden für gesetzlich definierte Investitionen ausgegeben worden. Damit die ostdeutschen Länder und Berlin schon ab dem Jahr 2002 in stärkerem Maße eigenverantwortlich handeln können, werden diese Mittel des Investitionsförderungsgesetzes bereits ab 2002 in ungeSabine Kaspereit bundene Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen umgewandelt werden. ({13}) Damit erreichen wir zum einen mehr Transparenz bei der Förderung und zum anderen mehr Klarheit und Kontrolle beim Einsatz der Finanzmittel aus dem Solidarpakt. Die Steuerbürger haben darauf ein Recht. Die Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen werden dem Finanzplanungsrat im Rahmen von Fortschrittsberichten Aufbau Ost jährlich erstens über ihre jeweiligen Fortschritte bei der Schließung der Infrastrukturlücke, zweitens über die Verwendung der erhaltenen Mittel aus Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen und drittens über die finanzwirtschaftliche Entwicklung der Länder und Kommunen einschließlich der Begrenzung der Nettoneuverschuldung berichten. ({14}) Der Fortschrittsbericht Aufbau Ost wird erstmals im Jahr 2003 vorgelegt werden. Ich möchte an dieser Stelle erneut anregen, dass der Deutsche Bundestag diese Fortschrittsberichte und deren Bewertung durch die Bundesregierung zur Kenntnis erhält und debattiert. ({15}) Die rot-grüne Regierungskoalition hat mit diesem Gesetz und insbesondere mit der Festlegung auf das Jahr 2019 deutlich gemacht: Wir haben erst die eine Hälfte des Aufbauweges in Ostdeutschland hinter uns gelassen. Uns steht noch eine zweite, mindestens ebenso lange Wegstrecke bevor. ({16}) Wir müssen das den Bürgerinnen und Bürgern in beiden Teilen Deutschlands immer wieder klar sagen, auch wenn das unpopulär sein mag. Es war ein großer, vielleicht sogar der entscheidende Fehler der Kohl-Regierung, die Erwartungen der Menschen an das Tempo, die Breite und die Tiefe des erforderlichen Aufbauprozesses unrealistisch hoch geschraubt zu haben. Das werfe ich der alten Regierung vor. ({17}) Diese enttäuschten Erwartungen sind es, die bei manchen Menschen in Ostdeutschland das Gefühl der Zweitklassigkeit aufkommen ließen. Dieses Gefühl zu nähren und daraus politisch Kapital schlagen zu wollen, es opportunistisch in Wählerstimmen ummünzen zu wollen, das werfe ich der PDS vor. ({18}) Es ist ein Verdienst unserer Bundesregierung unter Gerhard Schröder, gegenüber den Menschen in den neuen Ländern eine Politik zu vertreten, die auf realistischen Perspektiven für den weiteren Aufbau und die Angleichung der Lebensverhältnisse beruht. Einen solchen Weg zu beschreiten ist nicht immer populär; aber es ist der einzig mögliche Weg, der glaubwürdig ist und der verloren gegangenes Vertrauen wieder wecken kann. ({19}) Es ist guter Brauch - ich komme ihm gerne nach -, Dank an all diejenigen auszusprechen, die an dieser in der Sache doch schwierigen und vom Verfahren her eher ungewöhnlichen Arbeit vor und hinter den Kulissen beteiligt waren: Dank an die beiden Vorsitzenden des Sonderausschusses, an Joachim Stünker und Volker Kröning. ({20}) Ein ausdrücklicher Dank geht an das Sekretariat des Sonderausschusses, an die Vorsitzenden der Arbeitsgruppen und ihre Mitarbeiter. Ich danke auch für die hilfreiche Zusammenarbeit mit der Ministerialbürokratie in Bund und Ländern. Ein weiterer Dank richtet sich an die Sachverständigen in Anhörungen und Gesprächen. Last, but not least: Dank auch an die Kolleginnen und Kollegen der Fraktionen. ({21}) Allen zusammen gilt ein Kompliment für die überwiegend sachliche und konstruktive Zusammenarbeit. Eines sage ich ganz ausdrücklich: Danke für die Solidarität! ({22})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Ich erteile das Wort dem Kollegen Leo Dautzenberg für die CDU/CSU-Fraktion.

Leo Dautzenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003067, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem heute zu beschließenden so genannten Solidarpaktfortführungsgesetz wird eine Anschlussregelung zum so genannten Solidarpakt zugunsten der neuen Länder getroffen und der bundesstaatliche Finanzausgleich wird neu geregelt. Des Weiteren wird der Fonds „Deutsche Einheit“ abgewickelt. Im Einzelnen zu nennen sind hier die Regelungen über die Umwandlungen der Mittel des Investitionsförderungsgesetzes Aufbau Ost in ungebundene Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen bereits ab 2002 sowie Regelungen zur Wahrung der Haushaltsdisziplin im Rahmen der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion im Haushaltsgrundsätzegesetz. Die Abwicklung des Fonds „Deutsche Einheit“ wird näher ausgestaltet und das Finanzausgleichsgesetz wird neu gefasst. Beim Finanzausgleich geht es um eine Neuverteilung des Steueraufkommens zwischen dem Bund und den Ländern sowie unter den Ländern. Ferner gilt es, Unterschiede in der Finanzkraft der einzelnen Länder angemessen auszugleichen. Insgesamt werden dazu jährlich rund 60 Milliarden DM umgeschichtet. Warum ist die vorliegende Regelung erforderlich? Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil vom 11. November 1999 entschieden, dass der Bund-Länder-Ausgleich einer neuen Regelung bedarf. Außerdem musste eine Anschlussregelung zugunsten der neuen Länder getroffen werden. Das Bundesverfassungsgericht gab dem Gesetzgeber dabei ein zweistufiges Verfahren vor. Der Gesetzgeber war aufgefordert, bis Ende 2002 ein Gesetz zu erlassen, in dem die unbestimmten Rechtsbegriffe der Verfassung konkretisiert und ergänzt werden. Darauf aufbauend sollte dann in einem zweiten Gesetz der angemessene Ausgleich der unterschiedlichen Finanzkraft der Länder geregelt werden. Die erste Stufe der höchstrichterlichen Vorgabe ist mit dem so genannten Maßstäbegesetz, das am 5. Juli 2001 im Deutschen Bundestag verabschiedet wurde, umgesetzt worden. Auf der Basis dieses Maßstäbegesetzes sind nun die konkreten Regelungen festgelegt worden. Das Bundesverfassungsgericht hat uns hier keine leichte Aufgabe gestellt. So verwundert es nicht, dass seit dem Urteil zwei Jahre verstrichen sind, bis schließlich zwischen dem Bund und allen 16 Bundesländern ein Konsens in greifbare Nähe rückte. Der nun erzielte Kompromiss entspricht in vielen Punkten nicht den Vorstellungen der CDU/CSU-Fraktion. ({0}) Er trägt wohl auch den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes nur weitläufig Rechnung. Dennoch stimmen wir ihm zu, wenn auch mit Bedenken. Denn wir haben erreicht, dass ein Anreizsystem geschaffen wurde, sodass sowohl Geber- als auch Empfängerländer für erfolgreiches Wirtschaften belohnt wurden. Ferner wird für die neuen Bundesländer eine langfristige Planungs- und Gestaltungssicherheit - zunächst bis zum Jahre 2019 - erreicht; sie ermöglicht auch eine größere Unabhängigkeit der Kommunen. Schließlich wird es dem Bundesfinanzminister nicht mehr möglich sein, die Uneinigkeit der Länder für sachfremde Zwecke auszunutzen. ({1}) Dabei bestand von Anfang an das Problem, dass der Entscheidungsspielraum für die Mitglieder des Sonderausschusses, die den Kompromiss erarbeitet haben, stark eingeschränkt war. Der Finanzausgleich wird jedoch durch die getroffene Regelung nicht einfacher und auch nicht transparenter. ({2}) Eine geschickter agierende Bundesregierung hätte zweifellos mehr Innovation in das System bringen können. Zu kritisieren ist in diesem Zusammenhang der schlechte Stil, mit dem die Beratungen insbesondere vonseiten des Bundesfinanzministers immer wieder unnötig verzögert worden sind. ({3}) Wir hätten zugunsten der neuen Länder schon viel früher ein Ergebnis erzielen können. Erforderliche Unterlagen konnten oder wollten vom Finanzminister zum Teil nicht vorgelegt werden. So hat in Art. 5 die Regelung Eingang gefunden, dass bezüglich der zusätzlichen Belastungen aus der Neuregelung des Familienleistungsausgleichs der Umsatzsteueranteil an die Entwicklungen der Leistungen nach den §§ 62 bis 78 des Einkommensteuergesetzes in der jeweils geltenden Fassung angepasst wird, sodass diese zu 74 Prozent vom Bund und zu 26 Prozent von den Ländern getragen werden. Nach Auffassung der Länder hat bei Erhöhung dieser familienpolitischen Leistungen eine Überprüfung mit dem Ziel der Anpassung zu erfolgen. Bundesminister Eichel hat den Versuch unternommen, diese Regelung dahin gehend abzuschwächen, dass statt einer „Anpassung“ nur eine „Überprüfung“ der Vorgabe erfolgen soll. Diese Tricksereien des Bundesfinanzministers führten zu unnötigen Verzögerungen, da in der ersten Vorlage das, was im Rahmen des Maßstäbegesetzes gemeinsam vereinbart wurde, nicht eingehalten worden ist und die Zusammenkunft mit den Finanzministern der Länder - diese fand auf Wunsch des Bundesfinanzministers statt - daher abgebrochen wurde. Dieser - so muss man jetzt feststellen - untaugliche Versuch ging zulasten der Länder. Es ist festzuhalten, dass der gesamte Kompromiss im Wesentlichen auf einer Liquiditätsverbesserung für den Bund beruht - jedoch zulasten unserer Kinder. Der Bund übernimmt von 2005 bis 2019 Zins- und Tilgungslasten; er lässt sich diesen Aufwand teilweise durch Vorwegnahme der Gelder aus dem Umsatzsteuertopf entgelten und vermindert damit die Tilgungsleistungen weiter. Auch den Ländern - das muss man betonen - kommt diese Tilgungsstreckung natürlich gelegen. Dem Bundesfinanzminister gelingt es damit - zumindest mittelfristig -, seine Haushaltsdefizite zu verdecken und vorerst Tilgungsausgaben in Höhe von deutlich über 4 Milliarden DM zu vermeiden. Diese Liquiditätsschöpfung wird der Bundesregierung nur vordergründig helfen, ihre Haushaltsprobleme zu bewältigen. Sie versucht, damit ihre schlechte Arbeitsmarktund Wirtschaftspolitik zu kaschieren. Das ist ein sehr durchsichtiges Unterfangen, meine Damen und Herren. ({4}) Des Weiteren versucht die Bundesregierung, die leere Haushaltskasse mit immer neuen Steuererhöhungen zu füllen, ({5}) aber eine Korrektur über die Einnahmeseite kann nicht gut gehen. Im Gegenteil: Für die konjunkturelle Lage ist sie Gift. Jüngstes Beispiel ist die Erhöhung der Versicherung- und Tabaksteuer, angeblich um Kostendeckung für Maßnahmen zur inneren Sicherheit zu erhalten. ({6}) - Herr Kollege Poß, Sie erkennen nicht, dass alles mit allem zusammenhängt; das beste Ausgleichssystem nützt dann nichts, wenn die Bemessungsgrundlagen für die Verteilung auf alle staatliche Ebenen immer ungerechter werden. Insbesondere der Bund muss das einsehen. ({7}) Das hat nämlich etwas mit der Wirtschafts- und Finanzpolitik dieser Bundesregierung zu tun, und nichts mit Solidarpakt oder Finanzausgleich. ({8}) Zu Beginn des nächsten Jahres, Kollege Poß, werden Mineralölsteuer und Stromsteuer erhöht. Steuererhöhungen führen zu Kaufkraftentzug, zu Einschränkung des Konsums und letztlich zu einem schwächeren Wirtschaftswachstum. Die Bundesrepublik Deutschland weist im europäischen Vergleich mittlerweile die schlechtesten Wachstumsraten auf. Unser Land trägt damit in Europa die rote Laterne. Diese konjunkturelle Situation ist ausschließlich hausgemacht; diese Bundesregierung hat das bisher nicht verstanden, sie führt die notwendigen Reformmaßnahmen, die von der Vorgängerregierung eingeleitet worden sind, nicht fort. (Jörg Tauss [SPD]: Ach du lieber Himmel! Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Sie sind zurückgenommen worden! Statt Deregulierung auf dem Arbeitsmarkt haben Sie neue Formen der Regulierung beschlossen. Ich erinnere nur an die Fremdbestimmung bei der Mitbestimmung, an das 630-Mark-Gesetz, an das Gesetz gegen die Scheinselbstständigkeit. All diese Maßnahmen haben mehr staatliche Regulierung herbeigeführt und nicht eine Deregulierung, wie sie eigentlich für die Flexibilisierung erforderlich gewesen wäre. ({9}) Ich darf an die Einnahmen aus den Verkäufen der UMTS-Lizenzen erinnern, die im Grunde genommen einseitig dem Bund zugeflossen sind. Die Länder haben jedoch aufgrund der Betriebsausgaben der Unternehmen für die UMTS-Lizenzen weniger Steuereinnahmen und damit eine schlechtere Einnahmesituation, obwohl sie die Steuern dringend benötigen. Nun überlegt Finanzminister Eichel immer wieder gemeinsam mit dem französischen Finanzminister, wie die Stabilitätskriterien von Maastricht durch so genannte Ausgabenziele aufgeweicht werden können. Angesichts dessen habe ich kein Verständnis dafür, dass Sie über das Haushaltsgrundsätzegesetz die Länder und die Kommunen stärker auf die Stabilitätskriterien verpflichten wollen, während Sie sich selber einen Freiraum schaffen wollen. Das bringt nämlich eine Destabilisierung des Euro und damit auch unserer Stabilitätspolitik mit sich. Meine Damen und Herren, in dieser kritischen Wirtschaftslage sind andere Maßnahmen erforderlich. Gebot der Stunde ist ein Verzicht auf weitere Steuererhöhungen, ist eine schnellere Entlastung der Betriebe sowie der Bürgerinnen und Bürger. ({10}) Es ist als ein Erfolg der CDU/CSU-Fraktion zu sehen, dass aufgrund unserer Initiative zumindest bis zum Jahre 2010 eine Überprüfung der Gewerbesteuerumlage, die sich positiv auf die Kommunen auswirken wird, stattfinden wird. Wir von der CDU/CSU-Fraktion legen Wert darauf, dass die gemeinsame Entschließung trotz aller Bedenken unsere Zustimmung findet, weil wir erreicht haben, dass hiermit ein Anreizsystem geschaffen wird, das sowohl Geber- als auch Empfängerländer für erfolgreiches Wirtschaften belohnt. Es gibt einerseits den neuen Ländern Gestaltungssicherheit bis 2019. Auf der anderen Seite ist es dem Finanzminister, wie schon betont, nicht mehr möglich, die Länder mit sachfremden Aspekten gegeneinander auszuspielen. Wir werden zustimmen, weil die Länder in diesen Kompromiss eingebunden sind, obwohl - das muss man betonen - der Spielraum für uns Parlamentarier sehr eng war. Vielen Dank. ({11})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Ich erteile das Wort der Kollegin Antje Hermenau für Bündnis 90/Die Grünen.

Antje Hermenau (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002673, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich dachte eigentlich, dass diese Debatte die ruhigere der beiden heutigen Finanzdebatten sein würde. Als ich mich vorbereitete, dachte ich mir: Die erste wird lebendig und spritzig. Jetzt hat Herr Dautzenberg doch auch in diese Debatte noch Pfeffer gebracht. Das haben wir gerade gemerkt. Jede einzelne Fraktion, die hier zustimmt, tut das in dem Bewusstsein, dass das Ganze ein Kompromiss ist. Keine einzige Fraktion in diesem Haus ist wirklich hundertprozentig zufrieden mit dem, was wir haben. Es ist typischer Kompromiss. Alle stimmen zu und alle meckern rum; das ist ganz normal. ({0}) Ich erinnere mich, dass wir in öffentlicher Debatte und nicht nur heimlich beim Bier unter Kollegen gesagt haben: Dieses Verfahren - Hinterzimmergespräche - ist für uns alle eine Beleidigung oder eine Bedrückung. Wir arbeiten im Ausschuss gründlich und vertiefend und dann wird das Problem doch im Hinterzimmer geklärt, wenn die Ministerpräsidenten mit dem Finanzminister zusammensitzen. ({1}) Das ist für die Mitglieder des Ausschusses, die gearbeitet haben, insgesamt keine angenehme Situation. Das haben alle zugegeben und das wissen wir alle. Das zeigt allerdings auch, wie in den letzten Jahrzehnten der Föderalismus in der Bundesrepublik Deutschland gewachsen ist und welche Machtstellung die Ministerpräsidenten haben. Drehen wir die Sache einmal um! Positiv ist zum Beispiel, dass es gelungen ist, einen Ministerpräsidenten zu stoppen, und zwar Herrn Stoiber, der permanent versucht hat, aus dem Aufbau Ost auszusteigen. ({2}) Die Kompromisslage ist klar. Wir haben ein paar Sachen „reingestimmt“ bekommen, die den Ministerpräsidenten wichtig waren. Wir haben selber ein paar Sachen „reingestimmt“, die uns wichtig waren und den Ministerpräsidenten, zumindest Herrn Stoiber, nicht so sehr. Das ist ein ganz normaler Kompromiss. Ich glaube, die Selbstbindung der Länder und Kommunen an das Stabilitätsziel, das in der EU greifen soll, ist eine der wichtigsten Errungenschaften, auch wenn das hier nach gar nichts klingt. Das bedeutet nämlich, dass auch die Länder - ob Süd, ob Nord, ob Ost, ob West - und die Kommunen angehalten sind, dazu beizutragen, dass alle öffentlichen Ebenen es schaffen, dass die Bundesrepublik Deutschland das Stabilitätsziel in Europa erreicht. ({3}) Denken Sie nicht, dass wir jetzt schon mit aller Arbeit fertig sind, nur weil wir dieses Gesetz abschließen können! In der nächsten Legislaturperiode wird die Kommunalfinanzverfassung auf der Tagesordnung stehen. Es wird eine schwierige Debatte über die Gemeindefinanzreform geben. Ich weiß, der Kollege Rössel macht sich schon bereit. Wir werden also heftigst streiten. Warum ist das so wichtig? - Weil der größte Teil der Politik, die die Menschen erleben und anfassen können, bei ihnen zu Hause stattfindet, nämlich in den Kommunen. Deswegen wird es in diesem Parlament eine erbitterte Schlacht über die Gemeindefinanzreform geben. Das ist auch richtig so; denn das ist gelebte Politik. ({4}) Bei aller Herummeckerei: Gelungen ist zum Beispiel, dass der Länderfinanzausgleich endlich ein bisschen entschlackt worden ist. ({5}) Es sind ein paar Sachen herausgeflogen oder gemindert worden. ({6}) - Na, na! Man kann es konkret machen - das ist kein Problem -: Entschlackt wurde zum Beispiel bei den Hafenlasten, zum Beispiel bei den Belastungen aus der politischen Führung. ({7}) - Aus dem FAG ist das aber raus; das wissen Sie. Diese Sachen sind geschafft worden. Das halte ich für einen wichtigen Beitrag. Eines ist natürlich auffällig: In der dritten Lesung beraten nur noch ein paar Fachpolitiker darüber. Ich weiß noch, wie die Ministerpräsidenten wie die Döckchen artig auf der Bundesratsbank saßen, als es darum ging, was dieser Bundestag beim Länderfinanzausgleich und beim Maßstäbegesetz will. Denen ging die Muffe. Die hatten Angst, wir könnten vielleicht wirklich etwas Gerechtes erreichen. ({8}) Die hatten richtig Angst vor uns. Wenigstens das sei uns als Befriedigung gegönnt. Jetzt, wo alles beschlossen ist, ist natürlich kein einziger von den Ministerpräsidenten mehr da. ({9}) Wir reden über zukünftige Aufgaben, zum Beispiel über die Gemeindefinanzreform, und wer glänzt durch Abwesenheit? - Der Schwamm der mittleren Ebene. Typisch, aber auch damit müssen wir leben. ({10}) Ich halte es für eine besondere Errungenschaft des Diskussionsprozesses, dass es gelungen ist, die Anrechnung der kommunalen Finanzkraft auf 64 Prozent anzuheben. Das ist bei weitem nicht genug. Wir haben das deutlich und lautstark kritisiert. Die Kommunen hatten eben nicht das Glück, im Hinterzimmer mit den entsprechenden Entscheidenden zu sitzen, wie die Ministerpräsidenten es taten. Das merkt man diesem Gesetz an. Aber immerhin wurde die Anrechnung angehoben. Das war ein Schritt in die richtige Richtung. Es ist geschafft worden - das hat Herr Dautzenberg von der CDU sogar gerade zugegeben -, gewisse Anreize zu verankern. Auch das halte ich für richtig. Wer sich bei der Steuereintreibung mehr bemüht, soll gefälligst ein bisschen mehr für sich selbst behalten können. Das halte ich für eine vernünftige Vorgehensweise. Wir haben nämlich sehr oft das Problem, dass die Länder gar nicht so sehr daran interessiert sind, ein paar Steuermark mehr mit viel Mühe einzusammeln, weil sie glauben, sie bekämen genug Bundesmittel und dann müssten sie sich nicht kümmern. Aber die Länder und Kommunen müssen sich genauso um die Steuereintreibung kümmern wie alle anderen auch. ({11}) Wenn man das mit Anreizen schaffen kann, soll mir das recht sein. Noch einmal zum Aufbau Ost. In der Finanzdebatte heute früh zum Haushalt 2002 ist unheimlich gestritten worden. Man hat uns dauernd vorgeworfen, wir hätten unsere Investitionsquote dramatisch gesenkt. Aber jetzt schauen wir uns doch einmal diesen Gesetzentwurf an: Die Investitionen, die der Bund früher im Rahmen des Investitionsförderungsgesetzes vorgenommen hat, dürfen die fünf neuen Bundesländer jetzt selber vornehmen. Die Investitionen finden in gleicher Höhe statt; das ist überhaupt nicht das Problem. Sie gehen optisch nur nicht mehr zulasten des Bundes. Aber uns deswegen herunterzumachen und zu sagen, wir hätten keine vernünftige Investitionsquote, ist albern. Es handelt sich dabei um eine optische Verlagerung auf die Länderebene. Investitionen finden statt, und zwar in gewohnter Höhe. Das ist ein wichtiger Punkt. ({12}) Ich gehöre zu denen, die manchmal etwas kess und selbstbewusst sagen: Warum sollen wir fünf neuen Länder eigentlich ständig darum betteln, solidarisch behandelt zu werden? Aber auf der anderen Seite muss ich demutsvoll anerkennen: Wir sind in diesem Solidarpaktfortführungsgesetz solidarisch bedacht worden. Das ist korrekt und richtig. ({13}) - Das ist völlig richtig. Natürlich muss einer etwas geben, damit der andere etwas bekommt. Das ist ganz normal. ({14}) Ich glaube, dass es uns damit gelungen ist, einen wirklichen Beitrag dazu zu leisten, den Aufbau Ost oder, besser gesagt, die Verwirklichung der nationalen Einheit, die, wie ich glaube, im letzten Jahrzehnt von fast allen Beteiligten ein bisschen unterschätzt worden ist - wir alle lernen hinzu -, auf solide Füße zu stellen. Innerhalb von zwei Jahren ist sicherlich kein Feuerwerk zu erwarten; das haben inzwischen alle gelernt. Deswegen gibt es eine Vereinbarung für 20 Jahre - das ist eindeutig - mit klaren Zielvorgaben. In der Vereinbarung sind Jahr für Jahr Senkungen vorgesehen; es wird immer weniger Geld geben. Aber man klotzt am Anfang noch einmal richtig ran. Ich halte das für das richtige Verfahren; das kann man nur so machen. Damit stellen wir den Aufbau Ost auf eine solide Basis, wenn sie auch nicht sehr erotisch und sexy erscheint. Im Wahlkampf wird es natürlich nicht toll klingen, sagen zu müssen: Der Solidarpakt existiert noch 20 Jahre. - Ich weiß das. Die Erotik dieses Sachverhaltes ist gering. Das wissen alle, die im Wahlkampf damit umgehen müssen. Aber die Basis für den Aufbau Ost ist damit solide, belastbar und verlässlich. Das ist das Entscheidende. Danke schön. ({15})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Für die FDP-Fraktion spricht jetzt die Kollegin Professor Gisela Frick.

Prof. Gisela Frick (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002656, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Kaspereit, Sie haben zu Beginn Ihrer Rede gesagt, das Solidarpaktfortführungsgesetz sei ein weiteres Projekt in der Agenda der großen Reformen der rot-grünen Bundesregierung. ({0}) Entschuldigen Sie bitte, dass ich das nicht mittragen kann. ({1}) Das ist kein großes Projekt. Es ist auch nicht, wie im Ausschuss immer wieder betont worden ist, die Erfüllung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Es ist sehr viel weniger. Wir als FDP haben uns auch nicht verweigert. Wir waren zur konstruktiven Mitarbeit bereit, aber natürlich nur auf der Basis dessen, was das Bundesverfassungsgericht uns als Richtschnur vorgegeben hat. ({2}) Davon sind wir noch meilenweit entfernt. Im Maßstäbegesetz besteht natürlich ein Grundfehler; da gebe ich Ihnen Recht. Das ist aber schon verabschiedet worden. Insofern könnte ich viele der Argumente wiederholen, die ich damals in der Lesung des Maßstäbegesetzes genannt habe. Dieses Maßstäbegesetz ist die Grundlage für das Finanzausgleichsgesetz, das Sie jetzt novellieren möchten. In einem Punkt würde ich Ihnen zustimmen: Es steht in einer Reihe von großen Gesetzen Ihrer Bundesregierung, nämlich in der Reihe euphemistischer Benennungen von Gesetzen. Jetzt ist es das Solidarpaktfortführungsgesetz. Die meisten stolpern über den Namen. Es handelt sich dabei natürlich um den neuen Finanzausgleich, in dem auch der Solidarpakt enthalten ist. Insofern ist ganz klar, dass wir diesen Gesetzentwurf, mit dem auf der Basis des Maßstäbegesetzes die detaillierten Verteilungs- und Ausführungsfolgen geregelt werden sollen, auch nicht mittragen können. Das ist ja ganz selbstverständlich. ({3}) - Aus unserer Sicht ist es selbstverständlich. Wenn Sie gestern den Artikel von Paul Kirchhof in der „FAZ“ gelesen hätten, wüssten Sie - darauf wurde ganz deutlich hingewiesen -, dass er mit diesen Regelungen nicht einverstanden ist. Sie haben da ein kleines bisschen arrogant gesagt - Frau Kaspereit, jedenfalls in meinen Ohren klang das so -, Sie würden keine Regelungen vom Lehrstuhl eines Universitätsprofessors oder vom Sessel eines Bundesverfassungsrichters aus treffen. Das ist ja schön und gut. Aber das Bundesverfassungsgericht ist der Hüter unserer Verfassung; das möchte ich Ihnen sehr deutlich sagen. ({4}) Es handelt sich nicht um eine abgehobene Rechtsprechung aus der theoretisch-abstrakten Sicht eines Bundesverfassungsrichters von einem komfortablen - auch das klingt immer mit - Sessel. Es ist vielmehr die authentische Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, unsere Verfassung für alle Staatsorgane und natürlich für alle Staatsbürger verbindlich auszulegen. Ich halte es also nicht für richtig, wenn wir uns darüber erheben und so tun, als würde es sich bei den Entscheidungen um Elfenbeinturmspielereien handeln, an die wir uns nicht weiter halten müssten. ({5}) Frau Hermenau, ich gebe ihnen vollkommen Recht, wenn Sie sagen, dass wir durch das Verfahren als Parlamentarier beleidigt wurden. Das Verfahren - das habe ich damals bei der Lesung zum Maßstäbegesetz auch schon ausgeführt - war natürlich ein Schlag ins Gesicht des Parlamentarismus. ({6}) Ich habe es damals so ausgedrückt: Wenn das als Sternstunde des Föderalismus gefeiert wird, dann muss ich sagen, dass es eine rabenschwarze Stunde für den Parlamentarismus ist. ({7}) Ich bleibe bei meinem Standpunkt. Die Angelegenheit wäre nicht so schlimm, wenn es nur um das Verfahren ginge. Aber auch der Inhalt ist in meinen Augen rabenschwarz. Wir haben das heute Morgen schon mehrfach gehört; ich kann mir nicht verkneifen, das ebenfalls auszusprechen. Sehr viel ist auf dem Rücken der Steuerzahler und insbesondere der künftigen Generationen geschehen. ({8}) Es war daher relativ leicht, eine 16:0-Lösung zu erreichen, mit der man sich brüsten kann und von der man sagen kann: Es gibt nur Gewinner und keine Verlierer. Diese Rechnung kann aber nicht aufgehen; denn das wäre die Quadratur des Kreises. Die Verlierer haben wir eindeutig da, wo es ganz besonders wehtut, nämlich bei der künftigen Generation. Das ist also überhaupt keine Sternstunde des Föderalismus - ganz im Gegenteil. Ich muss sagen, dass es so wie immer gelaufen ist und dass es genau so gelaufen ist, wie es das Bundesverfassungsgericht durch seine Rechtsprechung für die Zukunft verhindern wollte. Über das Verfahren müssen wir uns in den Folgejahren nicht mehr im Einzelnen verständigen; denn es ist Bestandteil des Maßstäbegesetzes und damit Grundlage aller zukünftigen Finanzausgleichsüberlegungen. Nach meiner Meinung ist das noch schlimmer als das, was wir alles schon erlebt haben. Es ist also eine nochmalige Verschlechterung und keine Verbesserung. Wenn wir uns als FDP der Zustimmung zu diesem Gesetz verweigern - Gott sei Dank ernten wir Lob von der „FAZ“ und von ähnlichen Organen, dass wir in diesem Punkt so konsequent sind -, dann ist das nicht auf bösen Willen zurückzuführen, sondern auf ein anderes Verfassungsverständnis als das der Mehrheit im Hause. ({9}) - Frau Kaspereit, es ist gut, dass Sie diesen Zwischenruf machen. Ich habe im Ausschuss darauf hingewiesen, dass die Ablehnung des Verfahrens und zum Teil auch der Inhalte nicht bedeutet, dass ich die Regelungen im Einzelfall alle ablehne. ({10}) Ich habe schon damals bei der Lesung zum Maßstäbegesetz gesagt, dass wir nicht die Solidarität mit den neuen Ländern in irgendeiner Form aufkündigen wollen. Was aber schlecht ist - das will ich hier wiederholen, weil Sie es als Positivum angeführt haben -, ist das so genannte Verfallsdatum. ({11}) Solche Dinge kann man in einem Maßstäbegesetz, das objektive, grundlegende Kriterien enthalten sollte, nicht aufnehmen. Es sind keine Lebensmittel, kein Quark und kein Jogurt, obwohl der Vergleich mit dem Quark manchmal gar nicht so falsch ist. Es sind so viele Fehler gemacht worden, dass wir insgesamt sagen müssen: so nicht! Wir bleiben bei dieser Haltung. Sie werden verstehen, dass die FDP-Fraktion dieses Solidarpaktfortführungsgesetz ablehnt. Weil die Grundlagen schon nicht stimmen, können auch die nachfolgenden Regelungen nicht stimmen. Ich habe gestern gehört, dass Chateaubriand einmal gesagt haben soll - offensichtlich hat er sich nicht nur um die Gourmetküche, sondern auch um andere Fragen gekümmert -, der Föderalismus sei die Staatsform für Barbaren. Nun ist Chateaubriand als Franzose ein Vertreter des Zentralstaates und Aphorismen sind immer etwas zugespitzt formuliert. Aber ich muss sagen, dass ich nach diesem Verfahren in diesem Sonderausschuss dazu neige, dieser Aussage - zumindest in Teilen - zuzustimmen. Wenn man sieht, was es da für einen Kuhhandel gegeben hat, muss man sagen, dass es wirklich traurig ist. Auch ich möchte den Dank an alle Beteiligten aussprechen. Mein Dank geht besonders an das Sekretariat. Ich kann das im Einzelnen nicht mehr ausführen, weil ich nicht so viel Redezeit habe wie Sie, Frau Kaspereit. Die Arbeit im Ausschuss war fair und ich danke deshalb allen für die Zusammenarbeit, auch wenn wir als FDP vom Ergebnis alles andere als begeistert sind. Danke schön. ({12})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Nun hat die Kollegin Dr. Barbara Höll für die PDS-Fraktion das Wort.

Dr. Barbara Höll (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000921, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach zweijähriger Debatte kommen wir heute zum Abschluss. Ich schließe mich der Meinung an, dass wir im Ausschuss sehr wohl ernsthaft und intensiv diskutiert haben. Auch ich bin enttäuscht, dass sich die Bundesratsmitglieder heute durch ihre völlige Abwesenheit auszeichnen. ({0}) Wir haben uns intensiv in diesen Prozess eingebracht. Das vorliegende Ergebnis findet in vielen Punkten unsere ausdrückliche Unterstützung, vor allem weil es gelungen ist, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 11. November 1999 in dem entscheidenden Punkt umzusetzen: Wir bleiben bei dem Prinzip des solidarischen Finanzausgleichs und wir gehen nicht in Richtung - wie es Herr Dautzenberg heute auch noch einmal gesagt hat - eines Wettbewerbsföderalismus. Dem wurde eine klare Abfuhr erteilt. ({1}) Für uns ist die Situation in den neuen Bundesländern natürlich besonders wichtig. Wir freuen uns, dass es gelungen ist, Planungssicherheit herzustellen: Den neuen Bundesländern und Berlin werden für einen langen Zeitraum - bis 2019 - insgesamt 206 Milliarden DM zur Verfügung gestellt. Wir meinen, dass das auch notwendig ist. Frau Hermenau, manchmal sollte man sich als Person nicht so wichtig nehmen. Es ist egal, ob Sie das hier forsch fordern oder sich demutsvoll freuen. ({2}) Es gibt ein Grundgesetz. In diesem Grundgesetz steht immer noch, dass wir annähernd gleiche Lebensverhältnisse innerhalb des föderalen Systems der Bundesrepublik Deutschland erreichen müssen. Genau das versuchen wir sowohl mit dem Maßstäbegesetz als auch mit dem Solidarpaktfortführungsgesetz. ({3}) Frau Kaspereit, Sie werfen uns Populismus vor. Ich meine, wir als PDS haben uns ganz bewusst in die Diskussion eingebracht. Dass es gelungen ist, den Flächenfaktor tatsächlich zu verankern - dies ist wichtig für Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg -, ist auch unserem Engagement im Ausschuss zu verdanken gewesen. Das möchte ich uns zugute halten. ({4}) - Ich habe richtig zugehört. - Es geht doch einfach darum, dass die Realitäten zur Kenntnis genommen werden müssen. Wir freuen uns, dass über das Verankerte hinaus auch - wir denken es zumindest - die Vereinbarung der Ministerpräsidenten vom Juni dieses Jahres eingelöst wird, nach der für überproportionale Leistungen zusätzlich 100 Milliarden DM zur Verfügung gestellt werden sollen, die die neuen Bundesländer einsetzen können. Allerdings muss man sehen, dass wir natürlich trotzdem ein wirtschaftliches Problem haben: Wir müssen feststellen, dass die Schere zwischen den neuen und den alten Bundesländern wieder weiter auseinander geht. Nicht nur die PDS, sondern auch die Ministerpräsidenten der neuen Bundesländer - egal ob der SPD oder der CDU; jeglicher Couleur also - fordern, dass wir ab dem nächsten Jahr auf alle Fälle etwas tun müssen. ({5}) Das ist auch einer der Gründe, warum wir dem Haushalt für das nächste Jahr heute nicht zustimmen konnten. In dieser Richtung muss auf alle Fälle etwas getan werden. Das DIW hat in der Diskussion auch schon darauf hingewiesen, dass das Abschmelzen des Mittelflusses - also die degressive Ausgestaltung - ab 2008 eine Gefahr für den Aufholprozess der neuen Bundesländer darstellt. Wir als PDS werden weiterhin konsequent darauf achten, wie sich die Prozesse entwickeln. Wir werden die nötigen Forderungen erheben, damit sie erfüllt werden. Wir erheben sie nicht aus Populismus, sondern weil es uns darum geht, die Vereinigung tatsächlich voranzutreiben. ({6}) Ein wesentlicher Kritikpunkt, der auch dazu führt, dass wir bezüglich des vorliegenden Gesetzentwurfs nicht in Jubel ausbrechen können, ist die unzureichende Beachtung der kommunalen Belange im Gesetzentwurf. Wir haben einen Änderungsantrag eingebracht. In dem Änderungsantrag fordern wir, dass die einfache Übertragung EU-rechtlicher Vorgaben zur Haushaltsdisziplin vom Bund und von den Ländern auf die Kommunen aus dem Gesetz herausgenommen wird. Wir meinen, dass die kommunalen Spitzenverbände mit ihrer diesbezüglichen Forderung Recht haben, da die Regelung im Gesetzentwurf den Besonderheiten des kommunalen Haushaltsrechts sowie der spezifischen Struktur der kommunalen Ausgaben nicht gerecht wird. Der so genannte Finanzierungssaldo, der auf der Ebene des Bundes und der Länder aussagekräftig ist, hat auf kommunaler Ebene nicht die gleiche Aussagekraft zur Beurteilung der Haushaltssituation. Deshalb sind wir dafür, diesen wieder zu streichen. In diesem Sinne werben wir für Unterstützung. ({7}) Wir möchten noch positiv anmerken, dass die Kritik der kommunalen Spitzenverbände an anderer Stelle aufgegriffen wurde. Auch wir als Fraktion sind für die Annahme des Entschließungsantrags, der im Ausschuss fast einvernehmlich beschlossen worden ist, dass im Jahre 2010 eine grundsätzliche Überprüfung der Finanzbeteiligung der westdeutschen Kommunen an den Solidarpaktlasten erfolgen soll. Als Ergebnis dieser Überprüfung muss dann eine entsprechende Reaktion, also eine gegebenenfalls erforderliche Anpassung des Landesvervielfältigers bei der Gewerbesteuerumlage, erfolgen. - Ich halte es nicht für sinnvoll, wenn Sie, Herr Dautzenberg, sagen: Hierüber herrschte im Ausschuss Einigkeit. - Dies ist wichtig, da sich inzwischen die Situation einiger westdeutschen Kommunen nicht mehr sehr von der schlechten Situation vieler ostdeutschen Kommunen unterscheidet. Hier muss etwas getan werden. ({8}) Insgesamt unterstützen wir das vorliegende Gesetz, vor allem weil es gelungen ist, das Solidarprinzip aufrechtzuerhalten. Nicht gelungen ist leider die Verstärkung der Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Finanzbeziehungen auch für die Bürgerinnen und Bürger. Vielleicht gelingt dies dann in den weiteren Diskussionen. Ich danke Ihnen. ({9})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Ich erteile dem Bundesfinanzminister Hans Eichel das Wort. Hans Eichel, Bundesminister der Finanzen ({0}): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Ende dieser Debatte will ich nur noch wenige Bemerkungen zu diesem Thema machen. Ich möchte mich zunächst ausdrücklich für die intensiven Beratungen bedanken. Für den Deutschen Bundestag und auch für den Sonderausschuss war dies kein einfaches Verfahren. ({1}) Das ist nicht zu bestreiten. Die Frage war nur - insofern ist das Ganze am Schluss dann doch nicht kritikwürdig -, welches Ergebnis am Schluss der Veranstaltung herauskommen soll. Wollen wir Mehrheitsentscheidungen, und zwar nicht nur im Deutschen Bundestag - das werden wir haben -, sondern auch im Bundesrat? Oder wollen wir eine Situation schaffen, in der alle 16 Länder sagen können: „Jawohl, mit diesem Ergebnis sind wir einverstanden“? ({2}) Wer das anpeilt, kommt - das haben wir gemeinsam besprochen - in der Tat zu einem anderen Verfahren. Das ist unvermeidlich. Das ist dann nicht das übliche Gesetzgebungsverfahren: Mehrheitsentscheidung, Vermittlungsausschuss und dann möglicherweise wieder Mehrheitsentscheidung. Dann muss man sich erstens um die Übereinstimmung aller 16 Länder und zweitens um die Übereinstimmung zwischen der Gesamtheit der Länder und dem Bund bemühen. Das war das Problem. ({3}) Das ist das Hauptproblem dieses Gesetzes; sowohl dem Verfahren als auch dem Inhalt nach. Ich habe Zweifel - mehr will ich dazu gar nicht sagen -, ob sich das Bundesverfassungsgericht - das ich gut verstehen kann - bei seiner Rechtsprechung über die Zweistufigkeit diesem Sachverhalt gestellt hat. Diesem Verfahren geht eine Einigung unter den Ländern darüber voraus, dass die Länderneugliederung in diesem Zusammenhang kein Gegenstand der Beratung sein soll. Wir wissen alle, dass über Länderneugliederungen am Schluss nur die Bevölkerung des jeweiligen Landes entscheiden kann. Wir haben das schmerzhaft - auch ich war für den Zusammenschluss von Berlin und Brandenburg - im Falle Berlin und Brandenburg erlebt. Wenn man dies aber als Grundlage des Föderalismus ansieht - ich tue das und auch unsere Verfassung tut das -, dann muss ein Finanzausgleich geschaffen werden, der allen 16 Ländern Lebensmöglichkeiten gibt. Es macht dann keinen Sinn, einen Finanzausgleich - auch nicht mit Mehrheit - zu beschließen, durch den am Ende einzelne Länder zu Haushaltsnotlageländern werden. Dann muss man darauf achten, dass alle die Chance haben, nicht in diese Situation hineinzugeraten, sondern - natürlich auch aufgrund eigener Anstrengungen - auf der Grundlage des Finanzausgleichs ihre Aufgaben zu erfüllen. So gesehen glaube ich, dass weder das Verfahren, das wirklich schwierig war, noch das Ergebnis kritikwürdig sind. Man kann natürlich über einzelne Fragen streiten, aber man muss die Grundannahme akzeptieren oder ablehnen. Deswegen sage ich Ihnen, Frau Professor Frick: Es gibt ein Problem. ({4}) Auf der Ebene der Länder haben sich alle Parteien, so sie mitregieren, zu diesem Verfahren bekannt. Das gilt auch für die FDP in Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz. ({5}) Dieses Problem müssen Sie nicht anderen zuschieben, sondern zuallererst in Ihrer eigenen Partei lösen. Zwischen den Bundes- und Landespolitikern gibt es in diesem Punkt Differenzen. Das ist nicht das Problem dieses Hauses. Dies vorausgeschickt sage ich: Der Föderalismus hat sich als einigungsfähig und - das möchte ich noch ausführen - auch als reformfähig erwiesen. Dies setzt aber immer die Grundannahme voraus. Ich habe über diesen Punkt lange nachgedacht. Ich gebe Ihnen zu: Am Anfang war ich nicht unbedingt dafür. Aber das, was Sie, Frau Professor Frick, als Verfallsdatum genannt haben, kann man auch ganz anders interpretieren. Ich weiß, dass dies Herrn Kröning große Sorgen gemacht hat. Man kann es so interpretieren - ich rate dazu, sich darüber im Klaren zu sein -: Wir brauchen für die Herstellung der inneren Einheit Deutschlands eine Generation. Mit dem Solidarpakt I und II beschreiben wir genau diesen Zeitraum von 30 Jahren einer Generation. ({6}) Dann erst werden wir die innere Einheit Deutschlands - das ist die Aufgabenstellung des Solidarpakts II - hergestellt haben. Dann haben wir gemeinsam - von uns wird wohl 2017/2018 kaum noch jemand dabei sein, wenn man über die Folgeregelung nach 2019 nachdenkt - die Chance, nach Herstellung der deutschen Einheit über alle Grundsätze des Föderalismus neu zu diskutieren und diese gegebenenfalls zu ändern, nicht nur die konkreten Einzelregelungen, sondern auch die Prinzipien. Vorausgesetzt, wir sind mit der Grundannahme der Herstellung der inneren Einheit Deutschlands erfolgreich, könnte dies dazu führen, dass die großen Differenzen zwischen den Ländern geringer werden und man unter der Voraussetzung zu neuen Regelungen für den Föderalismus kommt, was ich hoffe. Ich glaube unverändert: Wir sollten insgesamt mehr zu einer Gemeinschaft der starken Länder werden, die ihrerseits mehr Rechte im Föderalismus ausüben. Darauf sollten wir zurückkommen. Wir werden in der nächsten Wahlperiode, auch auf Wunsch der Länder, bei der Entflechtung von Mischfinanzierungstatbeständen einen ersten Versuch machen. Wir sollten zu einer Regelung kommen, in der die Länder und der Bund jeweils selber mehr eigenverantwortlich entscheiden können. Das ist die bessere Lösung. Damit komme ich auf die vorhin geäußerte Kritik am Verfahren zurück, die in extremer Weise zeigt - jedenfalls an diesem Fall, bei dem es unvermeidlich ist -, wie eng der Willensbildungsprozess zwischen Bund und Ländern verknotet ist. Das muss so sein. Aber ich wünsche mir eine Vielzahl von Fällen, in denen das nicht so ist, in denen der Deutsche Bundestag und die Länderparlamente alleine entscheiden können. ({7}) Das ist eine befriedigendere Situation. Es wird in einer Situation, in der hoffentlich die Differenzen zwischen den Ländern in ihrer Leistungsfähigkeit nicht mehr so groß sind wie heute, möglicherweise leichter sein, zu diesen Prinzipien zu finden, als man das in der gegenwärtigen Situation kann. ({8}) Dies ist eine Politik der Nachhaltigkeit, also eine Politik, die eben nicht von der Hand in den Mund lebt. Diese getroffenen Vereinbarungen müssen natürlich von allen, auch den Ländern, eingehalten werden. Wir haben die Verabredung: Bis 2019 gelten nicht nur der Solidarpakt II und damit die Grundlagen für den Aufbau Ost, sondern es gelten auch die Finanzbeziehungen zwischen den Ländern. Ich bin gespannt, ob diese Regelung wirklich alle einhalten. Daran wird sich die Reife von Politiken erweisen. Ich sage ausdrücklich: Als hessischer Ministerpräsident wollte ich nicht das Gericht in Karlsruhe anrufen, aber nachdem sich Bayern und Baden-Württemberg zu diesem Schritt entschlossen hatten, konnte sich das Hauptzahlerland Hessen nicht vom Votum anderer Zahlerländer abhängig machen, sondern musste seine eigene Position vertreten. Der Solidarpakt II war kaum in Kraft getreten, da hat Bayern, das vom Nehmerland zum Geberland geworden war, erklärt, dass ihm die finanziellen Belastungen, die ihm im Rahmen des Finanzausgleichs aufgebürdet würden, zu hoch seien. Ich hoffe, dass diesmal der Gedanke der Solidarität nachhaltiger sein wird, als es beim Solidarpakt I der Fall gewesen ist. ({9}) Der nächste Punkt betrifft die Nachhaltigkeit. Frau Professor Frick, Ihre Behauptung, es sei ein rabenschwarzer Tag gewesen, weil es zulasten der Steuerzahler und der zukünftigen Generationen gehe, ist falsch. ({10}) Sie hängen das immer wieder am Thema Fonds „Deutsche Einheit“ auf. Das ist grundfalsch; denn bisher hat in Wahrheit keine Tilgung stattgefunden. Von Tilgungen kann man doch nur dann sprechen, wenn sie aus ersparten Mitteln und nicht aus aufgenommenen Krediten finanziert werden. ({11}) Jede Tilgung von Schulden aus dem Fonds „Deutsche Einheit“ heute ist nichts anderes als eine teure Umbuchung; denn die Schulden im Fonds „Deutsche Einheit“ sind zurückgeführt worden, indem für deren Tilgung neue Schulden in den Ländern und im Bund gemacht worden sind. Wie kann man denn Schulden aus Krediten zurückzahlen? Deswegen haben Sie, Frau Professor Frick, fundamental Unrecht. Die Tilgung beginnt erst in dem Augenblick, in dem die Haushalte Überschüsse aufweisen. Deswegen wird überhaupt nichts zulasten der künftigen Generationen verschoben. Vielmehr haben wir mit der bisherigen Praxis der Scheintilgung Schluss gemacht. Das ist der ganze finanzpolitische Vorgang, mit dem wir es zu tun haben. ({12}) Zu den Einzelregelungen ist ja schon vieles gesagt worden. Das möchte ich nicht wiederholen. Ich möchte nur noch etwas zum Thema Maastricht sagen. Das ist auch ein sehr schwieriges Kapitel. Ich weiß, dass sich schon mein Vorvorgänger im Amt, Herr Kollege Waigel, intensiv darum bemüht hat, die Bestimmungen des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts in innerstaatliches Recht umzusetzen. Das ist auch erforderlich. Insofern bin ich froh, dass wir wenigstens den Einstieg geschafft haben. ({13}) Angesichts der angepeilten Regelung 16:0 plus 1 - man darf nicht vergessen, dass die Situationen in den Haushalten der Länder sehr unterschiedlich sind; das macht es außerordentlich schwierig - bin ich froh, dass sich alle zur Politik der Reduzierung der Neuverschuldung mit dem Ziel, ausgeglichene Haushalte zu erreichen, bekennen. Ich hoffe, dass sich der Einstieg, den wir im Gesetz gefunden haben, in der Folge konkretisieren wird. Bisher gab es hier keine Regelung. Vor diesem Hintergrund brauchen wir, finde ich, die abstrakte Debatte über die Frage „Was ist, wenn wir das Ziel verfehlen; wer bezahlt dann?“ nicht weiterzuführen; denn daran sind bislang alle Einigungsversuche gescheitert. Jeder ist jetzt für seinen Haushalt verantwortlich: wir für den Bundeshaushalt und die Länder für ihre Haushalte. Es kann also - das möchte ich deutlich sagen - gar nichts verschoben werden; denn alle finanzwirksamen Gesetze können nie ohne die Zustimmung des Bundesrates verabschiedet werden. Das ist die beste Ausformung des Konnexitätsprinzips, die man sich überhaupt vorstellen kann. Abstrakt ist vieles möglich. Die Zustimmung der ebenfalls von den Gesetzen, die wir auf den Weg bringen, Betroffenen ist die entscheidende Grundlage. Ich bin froh, dass wir das erreicht haben. Ich möchte auch noch eine Bemerkung zur PDS machen, die sich zu ihren kommunalen Finanzen geäußert hat. Der Bund hat die Position vertreten, dass die kommunalen Finanzen zu 100 Prozent einzubeziehen sind. ({14}) Diese Position hätten auch Sie einnehmen sollen; denn schließlich sollen auch die schwächeren Kommunen voll einbezogen werden. ({15}) Sie wissen aber, dass dies aufgrund der Regelung 16:0 nicht durchgesetzt werden konnte. Deswegen mussten wir inhaltliche Einschränkungen hinnehmen, die wir von uns aus nicht gemacht hätten, obwohl wir weiterhin von der Richtigkeit unserer Position überzeugt waren. ({16}) Einfach war es auch nicht beim Thema vertikale Umsatzsteuerverteilung. Ich habe mich über Ihre Bemerkung zu diesem Thema, Herr Dautzenberg, gewundert; denn bei aller Beachtung sämtlicher öffentlicher Haushalte ist es doch unsere Aufgabe, den Bundeshaushalt davor zu beschützen, dass er in besonderem Maße belastet wird. Wahr ist, dass der Bundeshaushalt der am höchsten belastete Haushalt in Deutschland ist. Er ist strukturell sogar schlechter als die Etats der Länder, die sich in einer Haushaltsnotlage befinden. Deswegen sage ich ausdrücklich, dass wir - mir gefällt das nicht; aber das ist nun einmal eine Folge des Prinzips 16:0 plus 1 - bei der vertikalen Umsatzsteuerverteilung in Wahrheit nicht mehr erreicht haben, als dass die wechselseitigen Rechtspositionen gewahrt sind. Einzelgesetzliche Regelungen wie die zur Erhöhung des Kindergeldes sind jeweils neu auszuhandeln. Das ist das Ergebnis, das die Grundlage zukünftiger Verhandlungen ist. Zum Schluss, meine Damen und Herren, bekräftige ich, dass wir es, wenn man das alles zusammen nimmt und die Ausgangsprämisse teilt, mit einem guten Ergebnis zu tun haben. Deshalb bitte ich Sie auch herzlich um Zustimmung zu diesem Gesetz. ({17})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Das Wort hat nun der Kollege Heinz Seiffert für die CDU/CSU-Fraktion.

Heinz Seiffert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002797, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach 24 Sitzungen im Sonderausschuss und mindestens genau so vielen Sitzungen in den Arbeitsgruppen können wir heute nach dem so genannten Maßstäbegesetz die Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs und die Fortführung des Solidarpakts beschließen. Das Verfahren bei dieser Gesetzgebung ist zuletzt von vielen Seiten völlig zu Recht kritisiert worden. Das Parlament, also die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, waren quasi gezwungen, einem zwischen den Ländern ausgehandelten Kompromiss, der dann auch noch bei Nacht und Nebel im Bundeskanzleramt abgesegnet wurde, nach Punkt und Komma umzusetzen. ({0}) Das war keine Sternstunde des Parlamentarismus, das war eine Zumutung für die Abgeordneten. ({1}) In diesem Zusammenhang sehe ich auch den Rücktritt des früheren Ausschussvorsitzenden Kröning als logischen und konsequenten Schritt an. Es kommt ja nun nicht selten vor, dass die Abgeordneten des Deutschen Bundestages ihr im harten parlamentarischen Ringen beschlossenes Gesetz fast nicht mehr wiedererkennen, wenn es aus dem Vermittlungsausschuss herauskommt. Ungewöhnlich - und hoffentlich einmalig - ist allerdings, dass wir bereits im Gesetzgebungsverfahren erfahren, was wir abzunicken haben. Nach der Einigung der Ministerpräsidenten ist ziemlich euphorisch von einer Sternstunde des Föderalismus gesprochen worden. Ich teile diese Beurteilung absolut nicht. Das war kein Glanzlicht, sondern das ist ein hart errungener Kompromiss mit ganz erheblichen Schönheitsfehlern. ({2}) Wenn ich das Urteil des Bundesverfassungsgerichts richtig verstanden habe, könnte es sein, dass die Verfassungsrichter an dem, was wir heute beschließen und im Maßstäbegesetz schon abgesegnet haben, nicht die reine Freude haben werden. Aus heutiger Sicht braucht uns dies zumindest für die kommenden 19 Jahre nicht besonders zu beunruhigen. Bund und Länder waren sich ja einig. Wo kein Kläger ist, ist auch kein Richter. Spannend wird die Sache erst dann wieder, wenn es sich im Laufe der Jahre eines der Länder oder gar der Bund anders überlegt. Ich bin einmal gespannt, ob 19 Jahre auch wirklich 19 Jahre sind. ({3}) Ganz sicher hat das Bundesverfassungsgericht nicht gewollt, dass man den komplizierten Finanzausgleich mit all seinen Sonderregelungen fortschreibt, ohne deren Berechtigung sauber nachzuweisen. Der Finanzausgleich wird durch dieses Gesetz nicht einfacher und transparenter, ganz im Gegenteil. Herr Minister Eichel, es ist keine besondere Kunst, eine Reform zu machen, bei der alle Beteiligten nur profitieren, was hier der Fall ist. Dass dieser Konsens nur durch die Einbeziehung des Fonds „Deutsche Einheit“ in den Finanzausgleich möglich wurde, ist allerdings mehr als ein Schönheitsfehler. Diese scheinbar elegante Lösung hat einen entscheidenden Nachteil: Die Tilgungsstreckung - um nichts anderes dreht es sich hier geht voll zulasten der kommenden Generationen, ({4}) der künftigen Steuerzahler und auch zulasten späterer Regierungen. ({5}) Ihnen, Herr Minister Eichel, verschafft diese Tilgungsstreckung Liquidität im Wahljahr. Gestern hat der Verfassungsrechtler Professor Kirchhof, der an dem Urteil maßgeblich mitgewirkt hat, in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ geschrieben, „dass die Entschuldung der einigungsbedingten Sonderlasten verlangsamt und damit noch mehr auf die zukünftige Generation verlagert worden ist.“ Entweder haben Sie oder hat Professor Kirchhof es nicht richtig verstanden. Ich sage Ihnen ganz offen: Ich glaube in diesem Fall Herrn Professor Kirchhof mehr. ({6}) Wesentlich ehrenwerter - auch das sage ich ganz offen - wird diese Aktion auch nicht dadurch, dass alle Landesfinanzminister mitgemacht haben. Für sie habe ich im Übrigen noch mehr Verständnis, weil auch die Länderhaushalte unter den wegbrechenden Steuereinnahmen und der Wirtschaftsschwäche leiden, die in erster Linie diese Bundesregierung verursacht und zu verantworten hat. Es war unserer Fraktion wichtig, im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens auch den kommunalen Spitzenverbänden in einer Anhörung Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu geben. Auch bei diesem Gespräch ist deutlich geworden, dass die Regierung die Kommunen in eine äußerst dramatische Finanzsituation gebracht hat. ({7}) Es wurde berichtet, dass das Präsidium des Deutschen Städtetages „in seiner Verzweiflung“ ({8}) einen Brief an den Herrn Bundestagspräsidenten ({9}) und an die Fraktionen geschrieben habe. Auch wenn wir in diesem Ausschuss und in diesem Gesetzgebungsverfahren die Interessen der Kommunen nicht wahrnehmen können - nach dem Grundgesetz sind eben eindeutig die Länder zuständig -, so sollten wir wenigstens die Sorgen und Nöte der Kommunen ernst nehmen. ({10}) Wir haben getan, was wir in diesem Ausschuss gemeinsam tun konnten. Der Entschließungsantrag, wonach die erhöhte Gewerbesteuerumlage bereits im Jahr 2010, also fünf Jahre nach dem In-Kraft-Treten des neuen Finanzausgleichs, ({11}) hinsichtlich ihrer Angemessenheit überprüft werden soll, ist mehr als berechtigt. Dem stimmen wir auch gemeinsam zu. Ganz unabhängig hiervon sollte die Bundesregierung als Sofortmaßnahme zugunsten der Kommunen die Gewerbesteuerumlage wieder absenken. ({12}) Sie muss sofort auf das Niveau gebracht werden, das sie vor der Unternehmensteuerreform hatte: Die Annahme - höhere Steuereinnahmen -, die der damaligen Erhöhung zugrunde gelegt wurden, sind nicht eingetreten. Deshalb muss dies umgehend zugunsten der Kommunen korrigiert werden. Meine Damen und Herren, wenn wir dem vorliegenden Gesetz trotz dieser kritischen Bemerkungen zustimmen, dann deshalb, weil sich die Länder auf eine Verbesserung der Anreize im Finanzausgleich einigen konnten und weil eine Regelung zur Fortführung des Solidarpaktes gefunden wurde. Gerade für die neuen Länder ist es wichtig, dass sie langfristig Planungssicherheit und Gestaltungsmöglichkeiten haben. Dies ist eindeutig positiv zu werten. Ich sehe darin auch ein Stück verwirklichter Solidarität der Geberländer und auch des Bundes. Eines will ich aber klar sagen: Was in der Öffentlichkeit als großer Sieg für die neuen Bundesländer verkauft worden ist - es wurden Stimmen laut, sie bekämen jetzt mehr, als sie gewollt hätten -, ist deutlich weniger als das, was berechtigt war und auch durch Gutachten eindeutig belegt worden ist. ({13}) Immerhin sollen die neuen Länder aber nun über dieses Geld frei und ohne besondere Zweckbindung verfügen. Das begrüßen wir ausdrücklich, weil es ein Stück mehr Gestaltungsmöglichkeit und Autonomie für die Länder schafft. ({14}) Allerdings übernehmen die Länder damit auch mehr Verantwortung. Sie werden sich im jährlichen Fortschrittsbericht bald an ihren Erfolgen messen lassen müssen. Ich habe keinen Zweifel daran, dass gut regierte Länder diesen Vergleich nicht zu scheuen brauchen. ({15}) Ich sehe nur noch eine größere Aufgabe für den Sonderausschuss. Das ist die Beratung über ein Gesetz zur Verteilung der Umsatzsteuer. Nicht nur im Entschließungsantrag vom 5. Juli 2001 wurde bekundet, dass für die Anwendung des Deckungsquotenverfahrens ein rechtssicheres Verfahren vereinbart werden soll. Auch in dem bereits angesprochenen Urteil des Bundesverfassungsgerichts wird zwingend eine gesetzliche Regelung gefordert. Der Kuhhandel um die Umsatzsteuer, der bisher jedes Jahr aufs Neue zwischen Bund und Ländern veranstaltet wird, hat also rechtlich keinen Bestand und im Übrigen auch keine Zukunft. Herr Minister Eichel, wir erwarten also aus Ihrem Hause alsbald einen fairen Vorschlag, der sowohl den Interessen des Bundes - das liegt uns natürlich auch am Herzen, wenn wir nächstes Jahr Ihr Haus wieder übertragen bekommen ({16}) als auch den Interessen der Länder gerecht wird. Falls sich jedoch abzeichnet, dass es nicht gelingen wird, diesen Gesetzentwurf noch im Frühjahr 2002 zu beraten und zu verabschieden, dann sollten wir die Arbeit dieses Sonderausschusses, der getan hat, was er konnte - das will ich hier auch bestätigen -, beenden. Wir erwarten, dass sofort und nicht erst am SanktNimmerleins-Tag eine Kommission zur Neuordnung und Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung eingesetzt wird. Zu dieser Föderalismusreform gehört auch eine umfassende Gemeindefinanzreform. ({17}) Der Bund sollte die Länder, die jetzt eine Entflechtung der Gemeinschaftsaufgaben und der Mischfinanzierungen angemahnt haben, beim Wort nehmen. ({18}) Es muss auch sichergestellt sein, dass das Geld, das den Kommunen zum Wirtschaften und Überleben zusteht, dann nicht auf anderen Ebenen hängen bleibt, sondern wirklich durchgereicht wird. ({19}) Wichtig sind hierbei vor allem die eindeutige Zuordnung von Verantwortlichkeiten sowie mehr Transparenz bei den politischen Strukturen und Verfahren. Nur so wird der - unter dem Strich - erfolgreiche Föderalismus in Deutschland für die Zukunft gerüstet sein. Dem so genannten Solidarpaktfortführungsgesetz stimmen wir nach reiflicher Abwägung - bei Zurückstellung der beschriebenen Bedenken - zu. Vielen Dank. ({20})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Ich schließe die Aussprache und kündige an, dass der Kollege Jochen-Konrad Fromme nach den Abstimmungen eine Erklärung zur Abstimmung abgeben wird. Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den von den Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen eingebrachten Entwurf eines Solidarpaktfortführungsgesetzes, Drucksache 14/7063. Der Sonderausschuss Maßstäbegesetz/Finanzausgleichsgesetz empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 14/7646, den Gesetzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Hierzu liegt ein Änderungsantrag der PDS vor, über den wir zuerst abstimmen. Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Drucksache 14/7648? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist gegen die Stimmen der PDS abgelehnt. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Kollege Fromme und die FDP-Fraktion stimmen dagegen. Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung angenommen. Dritte Beratung und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist damit angenommen. Ich gratuliere allen, die dazu beigetragen haben. ({0}) Wir kommen nun zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Solidarpaktfortführungsgesetzes, Drucksache 14/7256. Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 14/7646, den Gesetzentwurf für erledigt zu erklären. Ich überlege gerade, was eigentlich passierte, wenn wir ihn nicht für erledigt erklärten. Aber das ist nicht meine Aufgabe. - Wer stimmt für diesen Teil der Beschlussempfehlung? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dieser Teil der Beschlussempfehlung ist angenommen. Unter Nr. 3 seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 14/7646 empfiehlt der Ausschuss die Annahme einer Entschließung. Wer stimmt für diesen Teil der Beschlussempfehlung? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Gegen die Stimmen der FDP ist dieser Teil der Beschlussempfehlung angenommen. Nun folgt die Erklärung des Kollegen Jochen-Konrad Fromme nach § 31 der Geschäftsordnung. Bitte sehr.

Jochen Konrad Fromme (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003126, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann dem Gesetz nicht zustimmen, weil es einen schweren Abwägungsmangel hat. Es ist ein Bundesgesetz, das heißt, der Deutsche Bundestag muss zu diesem Gesetz und seinen Grundlagen eine Abwägung vornehmen. Dazu müssen ihm die entsprechenden Fakten vorgelegt werden. ({0}) Das war in der Frage der Gewerbesteuerumlage nicht der Fall. Wir haben die Bundesregierung rechtzeitig aufgefordert - da war sich der Ausschuss einig; schade, dass der Kollege Metzger jetzt nicht hier ist -, uns die Entwicklung der Gewerbesteuer mit Zahlen und Fakten aufzuzeigen. Die Festlegung beruht auf Prognosen. Von Zeit zu Zeit muss man einmal nachschauen, ob diese Prognosen zutreffen. In diesem Fall ist äußerst umstritten, ob sie zuHeinz Seiffert treffen. Ich erinnere an die Anhörung der kommunalen Spitzenverbände. Die Bundesregierung hat zunächst einmal verbal mit Ausflüchten geantwortet. Sie hat dann zugesagt, die Zahlen und Fakten zu liefern. ({1}) Als das entscheidende Datum war, hat sie nur gesagt, die Länder seien zuständig, sie wolle die Fakten nicht vorlegen. ({2}) Eine Abwägung, die sozusagen auf Nichtfakten beruht, kann nicht in Ordnung sein. Es gibt nur zwei Möglichkeiten. Entweder hat die Bundesregierung die Fakten nicht gekannt - dann war es fahrlässig, dem Bundestag ein Gesetz vorzulegen, weil absehbar war, dass die Abwägung nicht stattfinden kann oder sie hat die Fakten gekannt; dann hat sie etwas zu verbergen und hat sie deshalb nicht vorgelegt. Beides ist gleich schlimm und das versieht dieses Gesetz mit einem unheilbaren und unerträglichen Mangel. Ich muss auch sagen, dass die Arbeit der Abgeordneten, insbesondere der Oppositionsabgeordneten, in einem unerträglichen Maße erschwert worden ist, denn der Wissenschaftliche Dienst konnte nicht helfen, weil das Bundesfinanzministerium auch hier die Zusammenarbeit verweigert hat. Einem Gesetz, das auf solche Art und Weise zustande gekommen ist, kann ich nicht zustimmen. Es gibt noch zwei weitere Punkte: Sie haben - daran waren insbesondere die damaligen Ministerpräsidenten Schröder, Eichel, Lafontaine. beteiligt - bei der Familienlastenausgleichsregelung 1996 festgelegt, in welchem Verhältnis Bund und Länder belastet werden sollen. Diese Festlegung haben Sie hier nicht eingehalten. Sie ist eingefordert worden und wird leider nicht fortgeschrieben. Das ist für mich der zweite Grund. Der dritte Grund ist, dass der wesentliche Punkt, die Umsatzsteuerverteilung durch Deckungsquotenberechnung, die zu den Grundfragen des Finanzausgleichs gehört, nicht berücksichtigt wird. Herr Minister Eichel, wenn das nun die große Reform ist, darf man eine solche wichtige Grundfrage nicht offen lassen. Das sind die drei Gründe dafür, dass ich nicht zustimmen konnte. ({3})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Nun rufe ich Zusatzpunkt 3 auf: - Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Versorgungsänderungsgesetzes 2001 - Drucksachen 14/7223, 14/7257 ({0}) - Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Versorgungsänderungsgesetzes 2001 - Drucksache 14/7064 ({1}) - Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Beamtenrechtsrahmengesetzes ({2}) - Drucksache 14/6717 ({3}) a) Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses ({4}) - Drucksache 14/7681 Berichterstattung: Abgeordnete Hans-Peter Kemper Helmut Wilhelm ({5}) Petra Pau b) Bericht des Haushaltsausschusses ({6}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache 14/7693 Berichterstattung: Abgeordnete Dr. Werner Hoyer Gunter Weißgerber Carl-Detlev von Hammerstein Oswald Metzger Dr. Christa Luft Der Innenausschuss hat in seine Beschlussempfehlung den vom Bundesrat eingebrachten Gesetzentwurf zur Änderung des Beamtenrechtsrahmengesetzes einbezogen, über den wir jetzt ebenfalls abschließend beraten werden. Ich sehe, Sie sind damit einverstanden. Dann ist so beschlossen. Zum Entwurf des Versorgungsänderungsgesetzes liegen ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU sowie ein Änderungsantrag und ein Entschließungsantrag der Fraktion der PDS vor. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. - Auch damit sind Sie einverstanden. Dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem Kollegen Hans-Peter Kemper, SPD-Fraktion.

Hans Peter Kemper (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001083, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute verabschieden wir das Versorgungsänderungsgesetz 2001 und damit die wirkungsgleiche Übertragung der Rentenreform auf die Beamtenversorgung. Außerdem beschließen wir die Änderung des Beamtenrechtsrahmengesetzes. Bevor ich aber zu den Einzelheiten komme, will ich die Gelegenheit nutzen und mich ganz herzlich bei den Kolleginnen und Kollegen aus dem Innenausschuss, insbesondere bei den Berichterstattern, bedanken. Es war nicht immer ganz einfach. Es hat Irritationen, Zeitdruck und Ärger gegeben; dennoch haben wir gut zusammengearbeitet und waren in vielen Punkten einer Meinung, auch wenn Sie, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, heute in der Schlussabstimmung zu einem falschen Ergebnis kommen. ({0}) Aber so ist das halt in der Politik zwischen Opposition und Regierung. Ich möchte auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Innenministeriums danken, die sich in der letzten Zeit über Arbeitsmangel wirklich nicht zu beklagen hatten. Ich weiß, dass sie die eine oder andere Nachtschicht eingelegt haben, um dieses Gesetz über die Bühne zu bringen. Zur Sache: Mit diesem Gesetz werden die Inhalte der Rentenreform weitgehend wirkungsgleich auf die Beamtenversorgung übertragen. Der Anstieg der Beamtenversorgung wird in acht Jahresschritten bis 2010 abgeflacht. Die noch von der Vorgängerregierung installierte Versorgungsrücklage von jährlich 0,2 Prozent wird bis zum Jahre 2010 ausgesetzt und dann bis zum Jahre 2017 weitergeführt. Ziel dieser Maßnahme ist es, wie bei der Rentenreform die immensen Kosten der Alterssicherung abzumildern. Die Kosten für die Versorgung werden sich in den nächsten Jahren nahezu vervierfachen. Das liegt zum einen daran, dass die Menschen älter werden; das ist die demographische Entwicklung. Zum anderen liegt es aber auch daran, dass in den 60er- und 70er-Jahren ungleich mehr Beamte eingestellt worden sind, die jetzt nach und nach in den Ruhestand treten und damit zu Versorgungsempfängern werden. Das trifft nicht in erster Linie die Bundeshaushalte, sondern die Länderhaushalte. Den Beamten wird künftig die Möglichkeit einer kapitalgedeckten, staatlich geförderten Alterssicherung eingeräumt. Ich will nur auf einige Punkte eingehen, die wir nebenher noch beschlossen haben. Stichwort: Qualifizierter Dienstunfall. Wir haben die Anforderungen für den qualifizierten Dienstunfall neu formuliert und zugespitzt. Damit tragen wir einem alten Anliegen der Gewerkschaften und der Verbände Rechnung; denn es ist nicht einzusehen, dass die Vollzugsbeamten im öffentlichen Dienst, die in ihrem Dienst einer besonderen Gefährdung ausgesetzt werden und durch ihren Einsatz für die innere Sicherheit, für die Sicherheit der Menschen gelegentlich auch ihr Leben riskieren, im Anschluss an solch einen Unfall auch noch um die Anerkennung als qualifizierten Dienstunfall kämpfen müssen, nämlich um 80 Prozent aus der übernächst höheren Besoldungsgruppe. Das haben wir umformuliert; das ist besser geworden. ({1}) Wir haben gemeinsam mit der CDU/CSU einen Vorschlag des Bundesrates aufgegriffen. Es geht um die so genannten Bürgermeister der ersten Stunde. Wir haben für die kommunalen Wahlbeamten im Beitrittsgebiet, die eine Amtszeit von acht Jahren erreicht oder überschritten hatten und vor dem 3. Oktober 2000 in den Ruhestand getreten sind, erhebliche Verbesserungen herbeigeführt. ({2}) Das waren die Männer und Frauen der ersten Stunde, die damals nicht lange gefragt haben, ob sie das können, ob sie die richtige Ausbildung haben, ob es Vorbilder gibt für das, was sie leisten sollten. Nein, sie haben angepackt und ihre Sache gut gemacht. ({3}) Ich will unserem Kollegen Ernst Bahr, der diese Problematik hier aufgegriffen hat und das Ganze intensiv begleitet hat, noch einmal ganz ausdrücklich danken. Er hat uns für diese Probleme sensibilisiert. In Bezug auf die Bundeswehr haben wir deutlich gemacht, dass wir die Verantwortung für unsere Soldaten ernst nehmen. Es ist klar, dass die Soldaten, die aufgrund besonderer Altersgrenzen früher in den Ruhestand gehen, Gehaltseinbußen zu verzeichnen haben. Wir haben dem Rechnung getragen. Unter der Voraussetzung, dass die vorzeitig in den Ruhestand gehenden Beamten nicht sofort wieder in einen gut dotierten Job eintreten, bekommen sie - zusätzlich zu einer einmaligen Abfindung - für jedes Jahr, das sie vor dem 60. Lebensjahr in den Ruhestand gehen, 1 000 DM. Das ist nur wenige Tage nach den wesentlichen Strukturverbesserungen festgelegt worden, die vor kurzem beschlossen worden sind, nämlich der Wegfall der Besoldungsgruppen A 1 und A 2 sowie die Ausweitung der Besoldungsgruppen A 9 für Unteroffiziere und A 12 und A 13 für das Führungspersonal. Es wäre nicht schlecht gewesen, wenn der Bundeswehr-Verband bei der großen Demonstration am letzten Montag auf diese massiven Strukturverbesserungen hingewiesen hätte. Das hat es nämlich in der alten Regierung in diesem Ausmaß nie gegeben. Deshalb wäre es wert gewesen, das zu erwähnen. Zwei weitere Themen möchte ich gerne noch ansprechen, zum einen die Möglichkeit einer kollektiven Lösung bei der privaten Altersvorsorge. Das ist ein Anliegen der Gewerkschaft, das wir mit aufgenommen haben. Wir werden allerdings auf dieses Thema noch einmal zurückkommen. Wenn die Verhandlungen im Tarifbereich abgeschlossen sind, werden wir prüfen, ob eine Entgeltumwandlung möglich ist. Die Präsidentin mahnt mich über das Display, meine Rede zu beenden. Ich hätte zwar noch einiges zu sagen, aber ich will dann auch zum Schluss kommen - obwohl ich mich hier vorne sehr wohl fühle, Frau Präsidentin; aber es geht ja leider nicht anders.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Danke schön.

Hans Peter Kemper (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001083, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wir wissen, dass wir dem öffentlichen Dienst mit diesem Gesetzentwurf eine Menge zumuten. Es geht aber nicht anders, wenn wir die Staatsfinanzen dauerhaft stabilisieren wollen und wenn wir dem öffentlichen Dienst ein dauerhaftes Überleben garantieren wollen. Frau Präsidentin, ich bedanke mich ausdrücklich für Ihre Langmut. Danke, Anke! ({0})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Das war gewährt. Jetzt kommt der Kollege Meinrad Belle für die CDU/CSU-Fraktion.

Meinrad Belle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000138, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine Damen! Meine Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es wird Sie nicht verwundern, dass ich dem Inhalt der Rede meines geschätzten Kollegen Kemper natürlich in keiner Weise zustimmen kann; denn 1,9 Millionen Richter, Beamte und Soldaten sowie 850 000 Versorgungsempfänger mit ihren Familien fühlen sich veralbert, ja verschaukelt. Es ist eine Zumutung, in welchem Düsenjägertempo - der bisher übliche Begriff D-Zug-Tempo reicht gar nicht mehr aus - ein Gesetzesvorhaben mit erheblichen Auswirkungen auf die Betroffenen und ihre Familien durch die Bundestagsgremien gepeitscht wird. ({0}) Auf das vernichtende Ergebnis der der Sachverständigenanhörung wird weder von der Bundesregierung noch von den Koalitionsfraktionen reagiert. ({1}) Auf die sachlich fundierten Aussagen der Sachverständigen sind Sie in Ihren Redebeiträgen im Innenausschuss überhaupt nicht eingegangen. Die Beratungen im Innenausschuss können unter diesen Umständen nur als Farce bezeichnet werden. Sie brauchen sich nicht zu wundern, wenn Zigtausende auf der Straße demonstrieren. Am Montag dieser Woche, in einer Zeit, in der Polizeibeamte wegen der inneren Sicherheit und Soldaten wegen der gefährlichen Auslandseinsätze besonders gefordert sind, demonstrierten 25 000 Polizeibeamte und Soldaten in Berlin. Wenn ich Mitglied Ihrer Regierungskoalition wäre, würde ich mich geohrfeigt fühlen. ({2}) Nun zur Sache. Der erste Versorgungsbericht wurde in unserer Regierungszeit vorgelegt. Mit der Versorgungsrechtsreform in der letzten Legislaturperiode haben wir wirkungsvolle Maßnahmen zur Untermauerung des Versorgungswerks in Bund, Ländern und Gemeinden ergriffen. Wir benötigen keine Nachhilfe in Sachen Versorgungsreform. ({3}) Obgleich die riestersche Rentenreform von uns hier abgelehnt wurde, haben wir uns grundsätzlich mit der wirkungsgleichen Übertragung der Rentenreform, allerdings bei vollständiger Anrechnung der Vorleistungen, einverstanden erklärt. ({4}) - Ganz genau. Von Anfang bestand Streit über die Wirkungsgleichheit und die Anrechnung der Vorleistungen. ({5}) Daher kam dem Ergebnis der Sachverständigenanhörung am 8. November 2001 besondere Bedeutung zu. Das Ergebnis war vernichtend. Einen derartigen Totalverriss eines Gesetzentwurfs habe ich noch nicht erlebt: Acht von zehn Sachverständigen erklärten von vornherein, dass keine wirkungsgleiche Übertragung vorliege und die Vorleistungen nicht ausreichend berücksichtigt seien. Ein Sachverständiger bestätigte eine einigermaßen wirkungsgleiche Übertragung, wollte sich aber zur Anrechnung der Vorleistungen nicht äußern. Ein einziger Sachverständiger sprach von einer wirkungsgleichen Übertragung und Anrechnung der Vorleistungen, war sich seiner Sache dann aber doch nicht sicher; denn er empfahl den Austausch der Gesetzesbegründung, ({6}) weg von der Übertragung der Rentenreform, hin zu einem allgemeinen Versorgungsreformgesetz. Das war’s! Es wurde überzeugend dargelegt, dass die vorgesehenen Kürzungsmaßnahmen zu einer Sonderbelastung der Beamten und der Versorgungsempfänger führen, und zwar wegen der so genannten Bifunktionalität der Beamtenversorgung, die im Gegensatz zur gesetzlichen Rente Regelversorgung und betriebliche Zusatzversorgung beinhaltet. Mehrfach wurden grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedenken, insbesondere wegen der Art und Weise der Einbeziehung der Bestandspensionäre, vorgetragen. Beanstandet wurde ebenfalls, dass die Einsparungen aus den Vorleistungen der verschiedenen Einzelmaßnahmen des Dienstrechts- und Versorgungsreformgesetzes der letzten Legislaturperiode und die Wirkung der Erhebung der Versorgungsrücklage auch bei den aktiven Beamten nicht berücksichtigt wurden. Die Summe der Einsparungen der Einzelmaßnahmen - Wegfall der Ruhegehaltsfähigkeit der Polizeizulage, Hinausschieben der Antragsaltersgrenze usw. - belaufen sich allein bis zum Ende dieses Jahres auf etwa 4,4 Milliarden DM. ({7}) Ihre Reaktion auf dieses niederschmetternde Ergebnis der Anhörung: null. Es gab hierzu keinen einzigen Wortbeitrag Ihrerseits im Innenausschuss. Das ist ein Skandal! ({8}) Ich möchte noch einige wenige Sätze zu den finanziellen Auswirkungen dieses Gesetzes sagen. Die Minderausgaben der öffentlichen Haushalte belaufen sich in der ersten Stufe auf 12 Milliarden DM. Es sollen also 12 Milliarden DM brutto eingespart werden. Davon wird die Hälfte, also 6 Milliarden DM, der Versorgungsrücklage zugeführt. Nach den Auskünften der Bundesregierung wird andererseits durch die Einbeziehung der Beamten in die steuerliche Förderung der privaten Altersvorsorge mit Steuermindereinnahmen in Höhe von 9,3 Milliarden DM gerechnet. In den Haushalten von Bund, Ländern und Gemeinden fehlen also in der ersten Stufe insgesamt 3,3 Milliarden DM. Adam Riese lässt grüßen. Lassen wir einmal die Zuführung zur Versorgungsrücklage unberücksichtigt: Nach Berechnungen des Deutschen Städte- und Gemeindebundes werden in Anbetracht des Einkommensteuerverbundes Bund, Länder und Gemeinden in der ersten Stufe bis 2010 beim Bund und bei den Kommunen zusammen rund 600 Millionen DM Mehrausgaben entstehen. Lediglich die Länder können mit einer Nettoentlastung von rund 4,7 Milliarden DM rechnen. Da lobe ich mir die finanziellen Entlastungswirkungen der von uns 1998 mit Ihrer Zustimmung eingeführten Versorgungsrücklage. Überdenkt man die finanziellen Auswirkungen der beabsichtigten Reform unter Berücksichtigung der Zuführung zur Versorgungsrücklage mit einer Zusatzbelastung von 3,3 Milliarden DM in der ersten Stufe, kommt man zu folgendem Ergebnis: Erstens. Eine Versorgungsrücklage und ein beabsichtigter Systemwechsel zur Absenkung des Höchstsatzes der Pensionen passen nicht zusammen. ({9}) Man muss sich für einen Weg entscheiden: entweder für die Versorgungsrücklage oder für die Absenkung der prozentualen Pensionshöhe. Zweitens. Die finanziellen Auswirkungen sind nicht vollständig bedacht. Entweder wurde schlampig gearbeitet oder man will auf kaltem Wege, sozusagen klammheimlich, den ersten Schritt zu einem einheitlichen öffentlichen Dienstrecht gehen; das könnte natürlich auch sein. Meine Damen und Herren, es wird Sie nicht wundern: Wir lehnen diesen Gesetzentwurf ab. Gleichzeitig wollen wir mit unserem Änderungsantrag zur zweiten und dritten Lesung die im Innenausschuss teils abgelehnten, teils nicht vollständig übernommenen folgenden Änderungen erreichen: erstens die Beibehaltung der bisherigen Rechtslage durch Fortführung der Versorgungsrücklage entsprechend unserer Versorgungsrechtsreform mit einer Absenkung der Aktiven- und Versorgungsbezüge um 3 Prozent, zweitens eindeutige Verbesserungen beim qualifizierten Dienstunfall und drittens die Abschaffung der einschränkenden Quotierung von Ausbildungszeiten. Wenn ich die im Bereich des Innern geleistete gesetzgeberische Arbeit der letzten Monate und die Tagesordnungen der letzten Wochen Revue passieren lasse, muss ich feststellen: Zuerst passierte lange Zeit nichts. Gesetzesvorhaben wurden großartig angekündigt; aber den Bundestag hat in dieser Hinsicht so gut wie nichts erreicht. Dann wurden in den letzten Wochen nicht ausgereifte Gesetzentwürfe überhastet eingebracht und der Gesetzgebungsprozess überstürzt durchgezogen. Bei Ihnen war so gut wie keine Bereitschaft zu einer sachgerechten Diskussion vorhanden. Meine Damen und Herren, auch in der Gesetzgebung gilt der alte Grundsatz: Gut Ding will Weile haben. Die Beachtung dieses alten Sprichwortes würde der Qualität Ihrer Arbeit nur gut tun. Vielen Dank. ({10})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Das Wort hat nun der Kollege Helmut Wilhelm für Bündnis 90/Die Grünen.

Helmut Wilhelm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002825, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Um es gleich vorwegzunehmen: Bei der heutigen Abschlussberatung des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 bleibt für mich ein kleines Restproblem: Einerseits halte ich das Vorhaben der wirkungsgleichen Übertragung der Reform der gesetzlichen Rentenversicherung auf die Beamtenversorgung tatsächlich für unaufschiebbar. Andererseits hätte ich es begrüßt, wenn auf einige Kritikpunkte der Sachverständigen, geäußert in der Anhörung vor dem Innenausschuss, noch etwas stärker eingegangen worden wäre. Während die neue Regierung für Arbeitnehmer die Einschränkungen im Rentenversicherungssystem bei ihrem Amtsantritt aufgehoben hat, blieb es bei den Beamten bei dem entsprechenden Einschnitt, bei dem 0,2-prozentigen Versorgungsabschlag. Zwar wurden diese Vorleistungen der Beamten und Beamtinnen mit der Anhebung des Höchstversorgungssatzes von 71,25 Prozent auf nunmehr 71,75 Prozent zumindest teilweise ausgeglichen. Ich hätte mir aber nach der Sachverständigenanhörung gewünscht, dass wir uns - damit meine ich die Innenpolitiker von SPD und Bündnis 90/Die Grünen - mit unserem gemeinsamen Vorschlag, den Höchstversorgungssatz auf 72 Prozent anzuheben, hätten durchsetzen können. Immerhin hat die große Mehrheit der Sachverständigen in der Anhörung auf die Gefahr hingewiesen, dass es zu einer Überkompensation zulasten der Beamten kommen könne. Aber leider haben wir uns mit diesem Vorschlag nicht durchsetzen können. Für die Akzeptanz des Gesetzesvorhabens in der Beamtenschaft hätte dies nützlich sein können. Ich stimme dem Gesetzesvorhaben trotzdem zu, da wir letztendlich daran gemessen werden, ob es uns gelingt, die bestehenden Versorgungssysteme auch in Zukunft funktionsfähig zu erhalten, damit sie ihren Zweck erfüllen können. Die Beamtenversorgung steht bekanntlich vor den gleichen Problemen wie andere Alterssicherungssysteme. Die allgemeine demographische Entwicklung in DeutMeinrad Belle schland führt zu einem raschen Anstieg der Ausgaben für die Beamtenversorgung. Das hängt zum einen mit der bekanntlich stetig steigenden Lebenserwartung zusammen. Zum anderen liegt das durchschnittliche Ruheeintrittsalter in den letzten Jahren auf konstant niedrigem Niveau: Auch aufgrund der hohen Zahl der Frühpensionierungen liegt es zurzeit bei 59 Jahren. Dass diese beiden Faktoren zusammengenommen zu erheblichen Steigerungen der Versorgungsleistungen geführt haben, ist bekannt. ({0}) Eine gewisse Brisanz bekommt die Geschichte, wenn man sich die Tatsache vor Augen hält, dass die durchschnittliche Pensionslaufzeit derzeit bei rund 20 Jahren liegt. Für die Berechtigten ist das sicherlich angenehm. Sie ist gegenüber früheren Zeiten also ebenfalls erheblich angewachsen. Hinzu kommt der so genannte Versorgungsberg als Folge der Ausweitung des öffentlichen Dienstes in den 60er- und 70er-Jahren. Die Pensionsaufwendungen von Bund, Ländern und Gemeinden werden deshalb von heute bis 2030 auf das 3,5fache ansteigen: von derzeit 43 Milliarden DM auf rund 150 Milliarden DM. Aus alledem ergibt sich schlichtweg ein Finanzproblem. Außerdem ist zwischen Rot-Grün im Koalitionsvertrag festgeschrieben worden, nach der Reform der gesetzlichen Rentenversicherung auch die Beamtenversorgung entsprechend und im Einklang mit der Rentenreform - wirkungsgleich also - fortzuentwickeln. Wirkungsgleiche Übertragung bedeutet einerseits eine den Einsparungen bei den Rentenversicherungsträgern vergleichbare Entlastung der öffentlichen Haushalte und andererseits eine äquivalente monetäre Auswirkung bei Beamten und Pensionären, so wie bei Arbeitnehmern und Rentnern auch. Dies ergibt sich bereits aus dem Gleichheitsprinzip. Dabei darf die wirkungsgleiche Übertragung der Rentenreform auf die Beamtenversorgung wegen der besonderen verfassungsrechtlichen Stellung nur systemkonform erfolgen. Die Schwerpunkte des Gesetzentwurfs bezüglich des Versorgungsniveaus sind bereits mehrfach genannt und dargestellt worden; ich kann mir dies ersparen. Hervorheben möchte ich allerdings, dass es nach der Anhörung doch noch einige Verbesserungen gegeben hat. So kann zukünftig der qualifizierte Dienstunfall begrifflich besser vom einfachen Dienstunfall unterschieden werden. ({1}) Das erleichtert die Rechtsanwendung und dient den Betroffenen. Auch die Bürgermeister der ersten Stunde, also die Kommunalbeamten im Beitrittsgebiet, die eine Amtszeit von acht Jahren erreichen und bis zum 3. Oktober 2000 in den Ruhestand getreten sind, kommen nunmehr in den Genuss des § 66 Abs. 2 Satz 1 Beamtenversorgungsgesetz. ({2}) - Ja. - Damit wird einem Änderungsantrag des Bundesrates Rechnung getragen. Ich kann darum dem Gesetzesvorhaben zustimmen, auch damit ein gemeinsames In-Kraft-Treten mit der Rentenreform gesichert ist. Danke schön. ({3})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Nun hat der Kollege Dr. Max Stadler für die FDP-Fraktion das Wort.

Dr. Max Stadler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002805, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Bundesinnenminister hat zu Beginn seiner Amtszeit angekündigt, dass die Innenpolitik ein Politikbereich sei, wo ähnlich wie in der Außenpolitik Kontinuität gewahrt werden müsse. Herr Minister Schily, es ist Ihnen wirklich in überzeugendem Maße gelungen, zum Beispiel bei der inneren Sicherheit, die Politik Ihres Vorgängers fortzusetzen, ja sogar in einem solchen Maße, dass es Ihren eigenen Koalitionspartner hie und da etwas erschreckt. ({0}) Sie wären aber gut beraten gewesen, wenn Sie diese Kontinuität gerade bei der Frage der Beamtenversorgung auch gewahrt hätten. Die Koalition aus CDU/CSU und FDP hat ja mit den Reformen in der letzten Legislaturperiode Vorsorge getroffen, damit die Pensionsansprüche auch über die kritischen Jahre hinweg, in denen sie in hoher Zahl auflaufen, erfüllt werden können. Deswegen wäre es doch zweckmäßig gewesen, im System zu bleiben und, wenn es denn wirklich notwendig gewesen wäre, etwa die Versorgungsrücklage anzuheben, aber nicht eine völlige Neuregelung der Beamtenversorgung vorzuschlagen. Herr Minister Schily, Sie haben in der Haushaltsdebatte davor gewarnt, bei diesem Thema Polemik zu betreiben. Das tun wir keineswegs. Vielmehr lehnt die FDP Ihr Gesetz aus sachlichen Gründen ab. Erstens. Das Gesetz ist nicht notwendig. Laut Versorgungsbericht der Bundesregierung reichen die Maßnahmen aus der letzten Legislaturperiode durchaus aus. Zweitens. Zum Verfahren hat der Kollege Belle schon einiges gesagt. Ich möchte noch anmerken: Es war auch ein Fehler des Verfahrens, dass gerade dieser Versorgungsbericht, den ich jetzt kurz zitiert habe, nicht richtig in die parlamentarischen Beratungen eingeflossen ist, weil er zwar von der Bundesregierung meines Wissens im September verabschiedet worden ist, aber erst vor kurzem den Parlamentariern überhaupt zugegangen ist. Eine wirkliche Auswertung hat nicht stattgefunden. Wir sind drittens der Meinung, dass die vorgesehenen Maßnahmen eine Überkompensation im Vergleich zur Rentenreform darstellen. Viertens. Es wird nicht beachtet, dass die Rentenreform in die Grundsicherung eingreift, dagegen die Neufassung der Beamtenversorgung die Vollversorgung Helmut Wilhelm ({1}) betrifft. Würde die Rentenreform tatsächlich wirkungsgleich übertragen, so würde eine geringere Absenkung der Beamtenversorgung ausreichen. Fünftens. Die durch das Gesetz erzielten Minderausgaben von 12 Milliarden DM werden durch die jährlichen staatlichen Zuschüsse zum Aufbau der Privatvorsorge in Höhe von 9 Milliarden DM weitgehend aufgezehrt. Das Gesetz bringt also auch finanziell nicht das, was Sie sich und der Öffentlichkeit versprechen. Sechstens. Einige der Maßnahmen bewegen sich mindest an der Grenze zur Verfassungswidrigkeit. So könnte etwa in Zukunft die Witwenversorgung nahe am Sozialhilfesatz liegen, was gegen die Alimentationspflicht des Staates verstoßen würde. Im Übrigen ist auch in den Übergangsregelungen eine Fehlkonstruktion enthalten; denn ältere Beamte haben nicht mehr die Möglichkeit, eine private Altersversorgung zur Kompensation aufzubauen, während übrigens bei den Angestellten die Zusatzversorgung voll bestehen bleibt. Das sind alles keine Polemiken, sondern sachliche Argumente für eine Ablehnung. Aber am schlimmsten ist, dass das Ergebnis der Sachverständigenanhörung - das hat Herr Kollege Wilhelm von den Grünen selber zum Ausdruck gebracht - nicht mehr entscheidend in die Gesetzgebung eingeflossen ist. ({2}) Ich finde, wenn eine Sachverständigenanhörung eine so eindeutige Ablehnung ergibt, dann muss ein solch einschneidendes Reformwerk wirklich ernsthaft überdacht werden. Ich habe Bedenken, dass uns heute Nachmittag ab 13 Uhr beim Terrorismusbekämpfungsgesetz dasselbe widerfährt, wo der Zeitplan ja vorsieht, rasch zu einer Beschlussfassung zu kommen. Offenkundig will man die Anhörung, die jetzt gleich stattfindet, nicht auswerten. Meine Damen und Herren, unter diesen Umständen können wir Ihrem Reformgesetz nicht zustimmen. ({3})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Das Wort hat nun die Kollegin Petra Pau für die PDS-Fraktion.

Petra Pau (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003206, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Kemper meinte vorhin zum Abschluss, dass wir mit diesem Gesetzentwurf den Betroffenen eine Menge zumuten. Ich finde, das ganze Gesetzeswerk, welches heute auf dem Tisch liegt, ist eine Zumutung, sowohl in Bezug auf den als Inhalt auch auf das Verfahren. ({0}) Dazu, wie es hier zur Verabschiedung gelangt ist, haben die Kollegen Belle und Stadler hier schon ausführlich geredet; das muss nicht wiederholt werden. Von diesen Regelungen betroffen sind rund 2 Millionen Beschäftigte im öffentlichen Dienst und Soldatinnen und Soldaten, die im Moment aktiv sind. ({1}) Angeblich wollen Sie mit diesem Gesetz die Rentenreform wirkungsgleich übertragen. War schon die Rentenreform der Einstieg in den Ausstieg aus der solidarischen Alterssicherung, ist diese Art der Änderung in der Beamtenbesoldung noch viel schlimmer. Sie brechen das Vertrauen derjenigen, welche sich im öffentlichen Dienst für unser Gemeinwesen besonders zu engagieren haben, und Sie sind mindestens am Rande der Verfassungswidrigkeit und vielleicht bei einigen Regelungen tatsächlich schon darüber hinaus. Darüber wird sicherlich nach dem heutigen Tage weiter zu reden sein. ({2}) Mit diesem Gesetz verringern Sie natürlich die Attraktivität der Beschäftigung im öffentlichen Dienst. Ich habe in dieser Woche mit Vertretern des Richterbundes gesprochen. Sie haben aufgrund ihrer Erfahrungen aus dem heutigen Alltag erzählt, wie schwer es ist, junge, qualifiziert ausgebildete Kolleginnen und Kollegen für diesen Beruf zu gewinnen. Was soll erst werden, wenn dieses Gesetz greift, das heißt, wenn man sich nicht darauf verlassen kann, dass man selbst - und auch die Angehörigen am Ende eines Arbeitslebens entsprechend abgesichert ist? Ich gehe davon aus, dass die Betroffenen auch nach dem heutigen Tage sehr viel Grund zum Protest haben werden. ({3}) Denn es bleibt bei der pauschalen Absenkung der Versorgungsanpassungen, vor allen Dingen im einfachen und mittleren Dienst. Es bleibt dabei, dass die Vorleistungen, welche die Beamtinnen und Beamten erbracht haben, nicht berücksichtigt werden. Es bleibt dabei, dass diejenigen, welche in den nächsten Jahren die Pensionsgrenze erreichen, keine Chance mehr haben, vorzusorgen, um diesen Absenkungen entsprechend entgegenzutreten. Sie haben keine Ausnahmen für Dienstunfähige und Schwerbehinderte vorgesehen; sie werden also mit diesem Gesetzentwurf doppelt benachteiligt. ({4}) Auch die Arbeitsbedingungen in den Vollzugsdiensten sind nicht berücksichtigt worden. Feuerwehrbeamte werden im Vergleich zu den Vollzugsdienstleistenden doppelt benachteiligt. Diejenigen, die im Osten im öffentlichen Dienst beschäftigt sind, werden ganz besonders getroffen. Hier bleibt die Aufgabe der Gleichstellung; denn nach wie vor werden sie nicht nur niedriger bezahlt, sondern brauchen auch mehr Zeit, um überhaupt eine Mindestpension zu erreichen. ({5}) Unterm Strich muten Sie dann auch noch den Frauen die so genannte Quotelung der Ausbildungszeiten zu. Die einzig positive Änderung in dieser Gesetzgebung - dies wurde schon hervorgehoben - ist die Regelung für die Kommunalbeamten der ersten Stunde im Osten. Dieser haben wir im Ausschuss natürlich zugestimmt. Ich denke, wir werden bald über die Folgen der verfassungsrechtlichen Prüfungen dieses Gesetzeswerkes zu sprechen haben. Ich sehe bereits nachfolgende Gesetzespakete am Horizont. Es wird Sie nicht wundern: Nach einer solchen Liste von Ablehnungsgründen können wir dieses Gesetzespaket insgesamt nur ablehnen - es sei denn, Sie stimmen unserem Änderungsantrag und unserem Entschließungsantrag heute zu. ({6})

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Das Wort hat jetzt der Herr Bundesminister des Innern, Otto Schily.

Otto Schily (Minister:in)

Politiker ID: 11001970

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn man sich der Wirklichkeit nicht verschließt, dann muss man anerkennen, dass das Versorgungsänderungsgesetz 2001 notwendig ist, um das Versorgungssystem zu erhalten ({0}) und die Pensionen von Beamten, Richtern und Soldaten zu sichern. Wir müssen die Rentenreform - das ist übrigens ein gesetzlicher Auftrag - wirkungsgleich auf die Beamtenversorgung übertragen. ({1}) Ich empfehle allen, den Zweiten Versorgungsbericht der Bundesregierung nachzulesen. Aus diesem Versorgungsbericht ergibt sich, dass allein im früheren Bundesgebiet die Versorgungsausgaben der Gebietskörperschaften von derzeit fast 43 Milliarden DM bis 2040 auf circa 164 Milliarden DM ansteigen werden. Das ist fast eine Vervierfachung. Diesem Problem müssen wir uns alle stellen. Eine verantwortungsbewusste Politik kann das nicht einfach beiseite schieben. Die PDS hat ja allenfalls Ahnung, wie man Ausgaben erhöht, versteht aber von Finanzpolitik nicht mehr als das Schwarze unterm Fingernagel. Das will ich jedoch nicht weiter kommentieren. ({2}) Im Übrigen sind die Maßnahmen, die wir hier treffen und die der wirkungsgleichen Übertragung der Rentenreform entsprechen, ein Gebot der sozialen Gerechtigkeit. Die Konsequenzen, die sich aus den verschiedenen Finanzproblemen ergeben, müssen gleichmäßig auf die aktiv Beschäftigten und auf die im Ruhestand Befindlichen verteilt werden, damit die soziale Gerechtigkeit keinen Schaden nimmt. ({3}) Dazu gehören selbstverständlich auch die im öffentlichen Dienst Beschäftigten. Darüber sollten wir mit diesen ehrlich sprechen. ({4}) Die Veränderungen der Beamtenpensionen dienen in erster Linie den Interessen der Länder; das will ich hier besonders herausstellen. Die Zahl der Versorgungsempfänger in den Ländern ({5}) - rufen Sie doch nicht immer solchen Unsinn dazwischen ({6}) wird sich bis 2030 verdoppeln. Beim Bund hingegen wird sich die Zahl um 15 Prozent verringern. Wir machen eine verantwortungsbewusste Politik, die wir vor allem im Interesse der Länder durchsetzen müssen; ({7}) denn die Versorgungsausgaben in den Ländern werden in dem genannten Zeitraum um 300 Prozent steigen. Diese Zahl muss man auch vor dem Hintergrund sehen, dass in den Ländern bereits heute circa 40 Prozent des Haushalts für Personalkosten aufgewendet werden. Der Bund liegt bei etwa 12 Prozent. Diese Tatsache muss man berücksichtigen. Ohne dieses Gesetz können die Probleme der Länder überhaupt nicht gelöst werden. Deshalb erwarte ich auch, dass die Länder im Bundesrat zustimmen werden. Es wäre einmal ganz interessant, zu erfahren, ob es einige Länder darauf ankommen lassen würden, dieses Gesetz scheitern zu lassen. Mit Blick auf ihre künftigen Finanzprobleme können sie sich das nämlich gar nicht leisten. Was von verantwortungslosen Politikerinnen und Politikern leider geäußert wird, es würden die Pensionen gekürzt, ist schlicht falsch. Es wird nur der Anstieg entsprechend den Vorgaben der Rentenreform abgeflacht. Dadurch sinkt der Höchstruhegehaltssatz von 75 auf 71,75 Prozent. Auch nach der Reform bleibt für alle Betroffenen die verfassungsrechtlich abgesicherte Vollversorgung erhalten. Ich werde am Schluss noch auf das Sachverständigengutachten eingehen. Entgegen der Propaganda einiger Kritiker werden die Vorleistungen berücksichtigt. Die in den Versorgungsrücklagen schon erbrachten Leistungen in Höhe von 0,6 Prozent werden bereits in der ersten Stufe der Übertragung der Rentenreform berücksichtigt. Insgesamt wird das Versorgungsniveau von 2003 bis 2010 um circa 5 Prozent abgeflacht. Das ist genau wirkungsgleich zur Rentenreform. Zur Vermeidung von Doppelbelastungen ist in diesem Zeitraum der weitere Aufbau der Versorgungsrücklage ausgesetzt. Von 2011 bis 2017 wird dann in Umsetzung der zweiten Stufe der Rentenreform die Versorgungsrücklage fortgeführt. Soziale Härten werden vermieden. Auch dafür gibt es genügend Belege. Ich komme zu einem anderen Sachverhalt, den Sie ebenfalls nicht berücksichtigen. Dass auch Beamte künftig an der staatlichen Förderung teilnehmen können, übersehen manche. Ich muss in Richtung Herrn Stadler - er musste aus zwingenden Gründen die Debatte verlassen und Herrn Belle sagen: Bei Ihren Vorschlägen bleiben die Beamten hinsichtlich der staatlichen Förderung außen vor. Sie müssen einmal die Zahlen vergleichen: Die Entlastungen zugunsten der Länder, des Bundes und der anderen Gebietskörperschaften betragen etwas über 12 Milliarden DM. Über die Förderung der privaten Vorsorge geben wir 9,3 Milliarden DM zurück. Auch diese Zahlen muss man bei einer objektiven Beurteilung zur Kenntnis nehmen. Wir müssen uns im Übrigen darüber im Klaren sein, dass wir mit den Versorgungsproblemen noch grundsätzlicher umgehen müssen. Tatsache ist, dass im Jahre 1999 circa 47 Prozent aller Pensionierungen wegen Dienstunfähigkeit erfolgt sind und dass die Beamtinnen und Beamten im Durchschnitt mit 59 Jahren in den Ruhestand treten. Angesichts des starken Anstiegs der Versorgungsausgaben muss diese Situation geändert werden. Ich begrüße deshalb ausdrücklich den Entschließungsantrag der Koalition, der dieses Thema aufgreift. Ich erwarte selbstverständlich nicht, dass alle meinem Beispiel folgen und zur Entlastung der Renten- bzw. Versorgungskassen ihre Lebensarbeitszeit verlängern. ({8}) Noch eine Bemerkung zur Sachverständigenanhörung: Die Sachverständigen sind schlicht von einer falschen Voraussetzung ausgegangen. ({9}) - Ja. - Sie kannten nämlich nicht das Ergebnis der Verhandlungen über die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes. Wenn sie die gekannt hätten, wären sie zu ganz anderen Feststellungen gekommen. Ich will einmal davon absehen, dass einige Sachverständige Verbandsvertreter waren und eher die Verbandspositionen vertreten haben. ({10}) - Das ist kein Maulkorb. Die Objektivität kann aber in einem solchen Fall an der einen oder anderen Stelle infrage gestellt werden. Ich bedanke mich ausdrücklich bei den Tarifvertragsparteien, dass sie in diesen schwierigen Verhandlungen über die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes zu einem guten Ergebnis gekommen sind. Das muss man in einem Zusammenhang sehen: Ohne die Reform der Beamtenversorgung wäre die Bereitschaft der Tarifvertragsparteien - zumindest auf der Seite der Gewerkschaften -, diese schwierigen Verhandlungen zu einem erfolgreichen Ende zu führen, nicht vorhanden gewesen. Diesen Zusammenhang sollten Sie beachten. Das Gesamtkonzept der Bundesregierung sorgt dafür, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes, seien es nun Arbeiter, Angestellte oder Beamte, auch in Zukunft eine sichere und finanzierbare Altersversorgung erhalten. Ich bitte Sie deshalb alle um Zustimmung zu diesem Gesetzgebungswerk. ({11})

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Danke schön. Ich schließe damit die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über die von den Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen sowie von der Bundesregierung eingebrachten Entwürfe eines Versorgungsänderungsgesetzes 2001. Der Innenausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 14/7681 die Annahme der genannten Gesetzentwürfe als Versorgungsänderungsgesetz 2001 in der Ausschussfassung. Hierzu liegen zwei Änderungsanträge vor, über die wir zuerst abstimmen. Wer stimmt für den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU, Drucksache 14/7694? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der gesamten Opposition abgelehnt worden. Wer stimmt für den Änderungsantrag der Fraktion der PDS auf Drucksache 14/7699? - Wer stimmt dagegen? Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der FDP gegen die PDS bei Enthaltung der CDU/CSU abgelehnt worden. Wer stimmt für den Gesetzentwurf in der Ausschussfassung? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung angenommen worden. Wir kommen zur dritten Beratung und Schlussabstimmung. Ich bitte Sie, sich zu erheben, wenn Sie dem Gesetzentwurf zustimmen wollen. - Wer stimmt dagegen? - Der Gesetzentwurf ist damit in dritter Lesung angenommen worden. Wir kommen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der PDS auf Drucksache 14/7700. Wer stimmt dafür? - Dagegen? - Enthaltungen? Der Entschließungsantrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der FDP gegen die Stimmen der PDS bei Enthaltung der CDU/CSU abgelehnt worden. Der Innenausschuss empfiehlt unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 14/7681 die Annahme einer Entschließung. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der SPD, des Bündnisses 90/Die Grünen und der FDP bei Enthaltung der CDU/CSU und der PDS angenommen worden. Wir kommen zur Abstimmung über den vom Bundesrat eingebrachten Gesetzentwurf zur Änderung des Beamtenrechtsrahmengesetzes, Drucksache 14/6717. Der Innenausschuss empfiehlt unter Nr. 3 seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 14/7681, den Gesetzentwurf abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. - GegenstimBundesminister Otto Schily men? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der gesamten Opposition abgelehnt worden. Damit entfällt nach unserer Geschäftsordnung die weitere Beratung. Ich rufe jetzt Zusatzpunkt 4 auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Strafprozessordnung - Drucksachen 14/7008, 14/7258 ({0}) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses ({1}) - Drucksache 14/7679 Berichterstattung: Abgeordnete Dr. Jürgen Meyer ({2}) Joachim Stünker Norbert Geis Volker Beck ({3}) Jörg van Essen Es liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU vor. Für die Aussprache ist eine halbe Stunde vorgesehen. - Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Zunächst hat für die Bundesregierung der Parlamentarische Staatssekretär Eckhart Pick das Wort.

Prof. Dr. Eckhart Pick (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001715

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit Ablauf des 31. Dezember dieses Jahres tritt § 12 des Gesetzes über Fernmeldeanlagen außer Kraft. Der vorliegende Gesetzentwurf zur Einführung der §§ 100 g und 100 h StPO schafft eine verbesserte Nachfolgeregelung zu dieser Vorschrift. Eine solche Nachfolgeregelung ist wichtig. Gerade im Rahmen organisierter oder gar terroristischer Kriminalität beobachten wir immer wieder den Einsatz moderner Telekommunikationstechniken. So wissen sich gerade auch archaisch anmutende so genannte Gotteskrieger modernster Telekommunikationsformen zu bedienen. Die §§ 100 g und 100 h StPO erlauben den Strafverfolgungsbehörden - ebenso wie die Vorgängerregelung den Zugriff auf solche Daten, die Informationen darüber geben, mit wem ein Verdächtiger wann telefoniert oder im Internet kommuniziert hat. Diese Fähigkeit der Strafverfolgungsbehörden ist unverzichtbar. Staatsanwaltschaften und Polizei können dieses Ermittlungsinstrument auch in Zukunft nutzen. Damit leisten Bundesregierung und Regierungskoalition einen weiteren messbaren Beitrag dazu, dass sich die Menschen in unserem Land sicher fühlen können. ({0}) Allerdings darf es Sicherheit ohne Freiheit nicht geben. Diese Erkenntnis gilt auch in Zeiten, in denen sich unsere demokratische Gesellschaft als wehrhaft gegen die Bedrohung durch den internationalen Terrorismus erweisen muss. Aus diesem Grund kommt für die Bundesregierung eine bloße Verlängerung oder Entfristung des § 12 FAG nicht in Betracht. Sie wissen, diese Vorschrift stammt im Wesentlichen aus dem Jahre 1927 und ist auf die damalige, von Handvermittlung geprägte Fernmeldetechnik zugeschnitten. Gerade weil die moderne Digitalisierung des Telekommunikationsverkehrs zu einer enormen Fülle abruffähiger Daten geführt hat, ist ein neuer Ausgleich zwischen den Belangen der Kriminalitätsbekämpfung einerseits sowie dem Schutz des Fernmeldegeheimnisses andererseits zu schaffen. ({1}) Diesem Anspruch wird der Gesetzentwurf, über den wir heute beschließen, gerecht. Er stärkt die Verbrechensbekämpfung und die Bürgerrechte. Lassen Sie mich kurz auf die wesentlichen Verbesserungen in diesem Gesetzentwurf eingehen: Erstens. Das Auskunftsrecht besteht künftig bei der Aufklärung von Straftaten von erheblicher Bedeutung, wobei im Gesetz der Katalog des § 100 a Satz 1 StPO beispielhaft genannt wird. Bei den telekommunikationstypischen Straftaten wie etwa der Datennetzkriminalität oder belästigenden Anrufen kann die Auskunft sogar bereits dann verlangt werden, wenn Gründe der Verhältnismäßigkeit nicht entgegenstehen. In diesem Zusammenhang ist die Kritik an dieser maßvollen Absenkung der Auskunftsvoraussetzungen nicht nachvollziehbar. Ich verweise insbesondere auf die Stellungnahme des Bundesrates vom 19. Oktober 2001, in der er diesen Punkt ausdrücklich begrüßt hat. Dieser überzeugenden Einschätzung kann ich mich nur anschließen. Sie wird im Übrigen auch von dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz geteilt. ({2}) Zweitens. Da wir das Ermittlungsinstrument der §§ 100 g und 100 h StPO nunmehr stärker auf die erheblichen Straftaten konzentrieren, wollen wir gleichzeitig den Wert der Auskünfte für die Strafverfolgungsbehörden verbessern. Der Gesetzentwurf räumt Staatsanwaltschaften und Polizei erstmals die Möglichkeit ein, Auskunft auch über zukünftige Telekommunikationsverbindungen zu erlangen. Damit begegnen wir der Gefahr, dass den Strafverfolgungsbehörden wichtige Erkenntnisse vorenthalten bleiben. Drittens. Schließlich präzisiert der Gesetzentwurf erstmals die Daten, über die Auskunft zu erteilen ist. Dabei beschränken wir die Auskunft über die Standortkennung bei Mobiltelefonen ganz bewusst auf die Fälle, in denen es zu einer Verbindung gekommen ist. ({3}) Präzise Bewegungsprofile von Personen anhand der Funkzellen, in die sich Handys im Stand-by-Betrieb Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer einbuchen, sollen den Strafverfolgungsbehörden zwar weiter zur Verfügung stehen, aber nur wie bisher bei Vorliegen der Voraussetzungen einer Telefonüberwachung. Die Neuregelung des § 12 FAG in der Form der §§ 100 g und 100 h StPO ist eine wesentliche Verbesserung gegenüber der geltenden Rechtslage. Sie schafft Sicherheit und sichert Freiheit. Deswegen bitte ich um Ihre Zustimmung. ({4})

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Volker Kauder.

Volker Kauder (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001074, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Staatssekretär Pick, man muss sich über die Einlassung, die Sie gerade gemacht haben, schon wundern. Sie haben darauf verwiesen, dass die Regelungen des § 12 des Fernmeldeanlagengesetzes im Wesentlichen aus dem Jahr 1927 stammen. Man wundert sich doch sehr, wie lange Sie in dieser rot-grünen Bundesregierung gebraucht haben, um eine neue Regelung herbeizuführen. ({0}) Wenn man sich das Verfahren anschaut, dann muss man sich noch mehr wundern. Man muss der Öffentlichkeit einmal sagen, wie das abgelaufen ist. Man weiß seit zwei Jahren, dass die Regelung im Dezember 2001 ausläuft. Bereits im Oktober 1999 stand ich an diesem Pult im Deutschen Bundestag und habe einen Gesetzentwurf der CDU/CSU-Bundestagsfraktion vorgetragen, der diese Regelung verlängern und entfristen sollte, damit sie dauerhaft zur Verfügung steht. ({1}) Es sind zwei Jahre ins Land gegangen, bis Sie endlich - vor wenigen Wochen - einen Gesetzentwurf vorgelegt haben. Als wir ihn in dieser Woche beraten wollten, haben Sie ihn kurzfristig zurückgezogen und diesen Punkt von der Tagesordnung nehmen wollen. Zur völligen Überraschung von uns allen ist dann eine Sondersitzung des Ausschusses einberufen worden. Man hat auf einmal eine Regelung vorgelegt, die alles andere als systematisch korrekt und inhaltlich in Ordnung ist. Das muss man einmal klar und deutlich sagen. ({2}) Wir wissen natürlich ganz genau, womit das zusammenhängt, Herr Kollege Ströbele. Sie waren vermutlich derjenige, der entscheidend dazu beigetragen hat, aus einer guten Regelung mit guten Möglichkeiten für die Strafverfolgungsbehörden eine Regelung zu machen, die verwässert ist und schlechter als die ist, die wir bisher hatten. Dies alles musste in einer Nacht-und-Nebel-Aktion geschehen, sodass innerhalb von wenigen Stunden ein Gesetzentwurf auf der Tagesordnung war, wieder abgesetzt wurde, um dann wieder neu auf die Tagesordnung gesetzt zu werden. Das ist ein Beispiel dafür, wie diese rot-grüne Koalition im Rechtsausschuss schon seit Jahren arbeitet. ({3}) Sie sollten mit dieser Form der Arbeit, Herr Staatssekretär Pick, nicht weitermachen, weil dies nicht seriös ist. Ich könnte eine ganze Reihe von anderen Gesetzesvorhaben nennen, bei denen Sie in gleicher Weise vorgegangen sind. Mich wundert ein bisschen, dass Sie, die Sie nicht in der Regierung sitzen, sondern Abgeordnete sind, so etwas mit sich machen lassen. Es ist eine grobe Missachtung der Rechte von Parlamentariern, wie die Beratungen im Rechtsausschuss stattfinden. ({4}) Sie haben zwei Jahre Zeit gehabt, sich eine konkrete Regelung zu überlegen. Sie haben in diesen zwei Jahren nichts gemacht. Aber auf einmal kommt etwas. Man vermutet fast, seit den Ereignissen vom 11. September ist bei Ihnen die Erkenntnis gewachsen, dass nun doch schneller etwas getan werden muss. Sie haben sich dann darauf festgelegt, nicht nur eine Verlängerung des § 12 des Fernmeldeanlagengesetzes, sondern einen Gesetzentwurf vorzulegen. In diesem Gesetzentwurf haben Sie die Bedingungen angehoben. Sie gleichen die neuen Regelungen den Regelungen zur Abhörung von Telefongesprächen an, bei denen auch über die Inhalte berichtet werden muss. Es gibt aber überhaupt keine Notwendigkeit, bei den Regelungen zur Fortführung des § 12 FAG die gleichen scharfen Eingriffsvoraussetzungen wie bei den Vorschriften anzulegen, die sich auf die Abhörung beziehen. ({5}) Sie haben damit eine Regelung, die wesentlich weniger greift und weniger Möglichkeiten als bisher zur Verfügung stellt. Dazu kann ich nur sagen: So etwas erleben wir in diesen Tagen permanent. Der Bundesinnenminister spricht scharf wie ein Rasiermesser. Aber es kommt immer viel weniger heraus, als versprochen worden ist. Es gilt auch hier der alte Satz der Heiligen Schrift: An euren Taten werdet ihr gemessen, nicht an euren Worten. ({6}) Sie spielen ein ganz eigenartiges Spiel. Am Montag hat der Bundesinnenminister mit aller Schärfe erklärt: Wir werden alles tun. Am Dienstag hat sich Herr Ströbele geäußert, worauf alles verwässert wurde. Am Freitag sehen die Dinge wieder ganz anders aus. ({7}) Ich möchte Ihnen dafür ein Beispiel geben: SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben große Probleme, auf dem Gebiet der inneren Sicherheit zu einem Kompromiss zu kommen. Herr Schily hat angekündigt, dass der Daumenabdruck in den Ausweis aufgenommen werden soll. Herr Ströbele hat daraufhin gesagt: Das kommt nicht in die Tüte. Dann kam es auch nicht in die Tüte. ({8}) So sieht der Preis aus, der für die Zustimmung der Grünen zum Einsatz der Bundeswehr gezahlt werden muss. Die Wechsel werden jetzt präsentiert. ({9}) Herr Kollege Ströbele, dies dient nicht der inneren Sicherheit. ({10}) Richtig ist aber - das will ich durchaus anerkennen -, dass Sie sich nach zwei Jahren dazu durchgerungen haben, das Thema innere Sicherheit etwas ernster zu nehmen und einen Gesetzentwurf vorzulegen. Einige Teile des Gesetzentwurfs weisen allerdings systematische Mängel auf. Dies wird - darauf möchte ich hinweisen auch noch selber zugegeben: Es ist nicht geboten, das Zeugnisverweigerungsrecht in § 100 h einzuschränken. Es ist nicht sachgerecht. - Dass das Zeugnisverweigerungsrecht in § 100 h ein Fremdkörper ist, wird pikanterweise in der Begründung des Entwurfs zugegeben. Die Befristung der Neuregelung wird nämlich ausdrücklich damit begründet, dass ein Gesamtkonzept zum Zeugnisverweigerungsrecht noch vollständig fehle. Wir werden uns also erneut mit diesem Komplex befassen müssen. Sie geben zu, dass Sie unter Zeitdruck gehandelt haben. Nur weil Sie sich im Rechtsausschuss nicht durchringen konnten - das finde ich ausgesprochen jämmerlich -, den Antrag des Kollegen Funke anzunehmen, § 12 FAG noch einmal um ein halbes Jahr zu verlängern - das wäre die sachgerechte Lösung gewesen -, haben Sie einen eigenen Entwurf vorgelegt. Das ist unerträglich. ({11}) So sollten wir als Juristen im Rechtsausschuss eigentlich nicht miteinander umgehen. Rot-Grün geht es also um alte ideologische Ziele. Es geht um bessere Möglichkeiten zur Kontrolle des Handelns der Strafverfolgungsbehörden. Aber es geht wieder nicht darum, den Polizeien, den Staatsanwaltschaften und den Gerichten bestmögliche Instrumente zur Bekämpfung der Kriminalität zu geben. Wir verschließen uns nicht dem Ansinnen, § 12 FAG im Rahmen eines vernünftigen - und dem Eingriff in die Rechte der Telefonnutzer angemessenen - Verfahrens in neuer Form in die Strafprozessordnung einzufügen. Ihren über das Knie gebrochenen Vorschlag, der eine eindeutige Verwässerung der Regelung und eine Einschränkung der Effektivität der Arbeit der Strafverfolgungsbehörden bedeutet, können wir jedoch nicht mittragen. Es war seit langem bekannt, dass und wann § 12 FAG außer Kraft treten wird. Dennoch hat die Koalition die Zeit nicht genutzt, in einem Gesetzgebungsverfahren, das einen Eingriff in Grundrechtspositionen sauber und angemessen regelt, eine dauerhafte Fortgeltung dieser Regelung zu kodifizieren. Herr Staatssekretär, Sie haben das Thema unerträglich lange schleifen lassen und überbieten sich jetzt in Aktionismus. Der vorliegende Entwurf ist nicht durchdacht und in sich widersprüchlich, wie Sie selber in der Begründung Ihres Gesetzentwurfs zugeben. ({12}) Er widerspricht auch dem erklärten Ziel der Bundesregierung, den Terrorismus mit bestmöglichen Mitteln zu bekämpfen. Die Entwurfsfassung ist ein massiver Rückschritt im Vergleich zu dem bisherigen Rechtszustand. Wir bedauern es außerordentlich, dass Sie uns im Rechtsausschuss keine Gelegenheit gegeben haben, angemessen über dieses schwierige Thema, das natürlich mit Eingriffen in Grundrechtspositionen verbunden ist, zu beraten. Schließlich handelt es sich ja nicht um eine Regelung, die sich einfach aus dem Ärmel schütteln lässt. Man kann nicht einfach sagen: Wenn sie nichts ist, machen wir halt eine neue. Diese Regelung ist ja von einer gewissen Bedeutung. Ich finde es besonders ärgerlich, dass wir jetzt eigentlich Gelegenheit gehabt hätten, eine Regelung auf den Weg zu bringen, die Bestand hat und auf Dauer wirkt. Die Strafverfolgungsbehörden haben in der heutigen Zeit wirklich etwas anderes zu tun, als immer wieder in das Gesetzblatt zu schauen, was sich geändert hat. Es wäre richtig gewesen, die Regelung zu verlängern. Dann hätte man genug Zeit gehabt, um eine gute Regelung auf den Weg zu bringen und den Strafverfolgungsbehörden ein Instrument an die Hand zu geben, das bei der Bekämpfung der Kriminalität wirksam ist und die Bürgerrechte trotzdem nicht einschränkt. Diese Chance haben Sie verpasst, wie es bei manchen Gesetzgebungsvorhaben der letzten Zeit auch der Fall war. Deswegen werden wir nicht zustimmen. ({13})

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Hans-Christian Ströbele.

Hans Christian Ströbele (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002273, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Weniger wegen der Union - obwohl der Kollege Kauder mir gerade reichlich Gelegenheit gegeben hat, ihm zu antworten -, sondern wegen alle der beiden kleineren Parteien habe ich Wert darauf gelegt, heute hier noch einmal zu diesem Gesetzentwurf zu sprechen. Herr Kollege Funke, ich verstehe überhaupt nicht, wie ein gestandener Abgeordneter aus einer sich liberal nennenden Fraktion dafür sein kann, dass die alte Regelung des § 12 FAG erneut verlängert wird, von der Sie selber und eigentlich alle sagen, dass sie nicht nur alt ist - sie stammt aus dem Jahre 1927 -, ({0}) sondern auch die moderne Telekommunikation nicht berücksichtigt. Vor allen Dingen aber engt sie eine Reihe von Freiheitsrechten unzulässigerweise viel zu weit ein, weil der Eingriff in das Telefongeheimnis, nämlich die Feststellung, mit welcher Telefonnummer jemand eine Verbindung hatte, bei jeder x-beliebigen Straftat vorgenommen werden soll, auch dann, wenn es vielleicht nur um einen kleinen Diebstahl, einen kleinen Betrug oder eine Sachbeschädigung geht. Diesen Teil der alten Regelung wollen wir im Gegensatz zu Ihnen nicht beibehalten. ({1}) Zur PDS kann ich nur feststellen, dass sie überhaupt keine Änderung will. Sie hat im Rechtsausschuss alle Anträge abgelehnt. Ich bin nun wirklich kein großer Freund repressiver Strafverfolgungsmaßnahmen. Aber auch Sie müssten einsehen, dass es hin und wieder ein Interesse der Strafverfolgungsbehörden gibt, zu wissen, wer mit wem telefoniert hat. Wenn wir beispielsweise - Ihnen passiert das sicherlich wie mir auch - nachts am Telefon beschimpft und beleidigt werden, ({2}) dann haben wir und auch die Strafverfolgungsbehörden das Interesse, zumindest zu wissen, von welcher Telefonnummer der Anruf kam. Das ermöglicht diese Vorschrift. Dasselbe gilt, wenn festgestellt werden soll, wer zuletzt mit einem Ermordeten telefoniert hat. So etwas festzustellen ist doch ein berechtigtes Anliegen der Strafverfolgungsbehörden. Es geht überhaupt nicht um die Gesprächsinhalte, sondern nur um die Daten der Telekommunikationsverbindungen. Wie man angesichts dessen sagen kann, man wolle und brauche dies alles nicht, verstehe ich nicht. Wir haben hier ein Gesetz vorgelegt, das die Möglichkeit aufrechterhält und sogar noch ein bisschen ausbaut, Telekommunikationsverbindungen im Rahmen des Notwendigen festzustellen. Die Erweiterung bezieht sich zum einen auf die Daten, die aufgezeichnet werden können, zum anderen auf den Zeitraum, für den eine solche Maßnahme zulässig sein soll. Den Zeitraum haben wir auf drei Monate begrenzt. Das ist richtig und vernünftig. Wenn man erkennen will, ob und von wem ein Telefonanschluss angewählt wird, dann standen die Richter auch in der Vergangenheit immer wieder vor der Notwendigkeit - darauf hat der Datenschutzbeauftragte hingewiesen -, solche Ermächtigungen für einige Wochen zu erteilen. Wurden sie nicht erteilt, hat die Staatsanwaltschaft sie alle paar Tage oder Wochen neu gefordert. Jetzt dehnen wir das auf drei Monate aus; das ist richtig und vernünftig und notwendig, weil es einem berechtigten Bedürfnis der Strafverfolgungsbehörden entspricht. Aber, Herr Kollege Kauder, nicht alles, was möglich ist, um den Terrorismus zu bekämpfen, ist richtig. Unsere Fraktion und unsere Koalition bestehen auf der Einhaltung der rechtsstaatlichen Regeln und der Freiheitsrechte, ({3}) die wir doch verteidigen wollen. Wir können nicht das Kind mit dem Bade ausschütten, indem alle möglichen Formen polizeilicher Repression zugelassen werden. In den USA treibt das ganz schreckliche Blüten; es wird über Folter und über monatelange Festnahme ohne jede Beschuldigung und ohne jedes Verdachtsmoment gesprochen. Das wollen wir nicht. ({4}) Vielmehr wollen wir uns in den Bahnen bewegen, die richtig und vernünftig sind und zugleich die Freiheitsrechte sichern. Die wichtigste Bestimmung, um die wir die frühere Regelung erweitert haben, ist, dass die Vorschrift nur für erhebliche Straftaten gilt. Es ist doch zwingend, dass erstens die Regelungen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen und dass zweitens die Richter die Maßnahmen anordnen. Wenn Staatsanwälte das im Einzelfall wegen Gefahr im Verzuge machen, dann muss unverzüglich die nachträgliche richterliche Genehmigung eingeholt werden. Anders geht das vor allen Dingen in Zukunft nicht. Wir wollen drittens ebenfalls nicht - Herr Pick hat bereits darauf hingewiesen -, dass im Stand-by-Verkehr, wenn also ein Handy nur da liegt, aber keine Verbindung besteht, für die so genannten Bewegungsbilder festgestellt und aufgezeichnet werden kann, wo es sich befindet. Wir haben viertens im Anschluss an die Diskussion über dieses Thema in der letzten Legislaturperiode von Anfang an verlangt und großen Wert darauf gelegt - das war tatsächlich einer der Gründe, warum es so lange gedauert hat -, dass die Berufsgeheimnisträger geschützt bleiben, weil wir es für richtig halten, dass Anrufe bei Geistlichen, beispielsweise Beichtvätern - Beichtmütter gibt es wohl gar nicht -, ({5}) Verteidigern und Abgeordneten nicht festgehalten, sondern geschützt werden sollen, weil diese Vertrauenssphäre schützenswert ist. Wir haben die Diskussion darüber, ob auch die anderen Berufsgeheimnisträger wie Rechtsanwälte, Ärzte, aber auch vor allen Dingen Journalisten in gleicher Weise geschützt werden sollen, noch nicht abgeschlossen. Das wollen wir nachbessern, sobald das in Auftrag gegebene Gutachten vorliegen wird, was bisher leider daran scheiterte, dass die dazu erforderlichen Daten von den von Ihnen regierten Ländern noch nicht geliefert worden sind. Eigentlich sollte dieses Gutachten im September vorliegen. ({6}) Deshalb konnten wir diesen Punkt noch nicht klären und erledigen. Das wird nachgeliefert werden. Wir haben hiermit ein sehr wirksames, aber den rechtsstaatlichen Grundsätzen und Freiheitsrechten verpflichtetes Gesetz geschaffen. Es ist ein recht gutes Gesetz, das weiter verbessert werden kann. Auf jeden Fall ist es viel besser als die Regelung, die wir damit ablösen. ({7})

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Das Wort hat jetzt Herr Kollege Funke.

Rainer Funke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000624, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Ströbele, natürlich brauchen wir eine Nachfolgeregelung zu § 12 FAG. Das war doch zwischen uns völlig unstreitig. Unsere Kritik bezieht sich darauf, dass Sie dieses Gesetz in einem wirklich chaotischen Verfahren beraten wollten. ({0}) - Herr Kollege Ströbele, ich wollte Sie gerade ansprechen. ({1}) Herr Kollege Ströbele, wir wollten lediglich eine ordnungsgemäße Beratung zu dieser Nachfolgeregelung. Das, was Sie hier veranstalteten, war das schlichte Chaos. ({2}) Das wundert mich bei der rot-grünen Koalition nicht, ({3}) aber wir mussten das in den letzten Jahren noch nicht in einem solchen Ausmaß erleben. Wenige Tage vor dem Auslaufen der alten Regelung des § 12 FAG haben Sie dieses Gesetz im Rechtsausschuss durchgepeitscht. ({4}) Heute soll es noch schnell im Plenum beschlossen werden. Der Bundesrat hat überhaupt keine Möglichkeit mehr, beispielsweise den Vermittlungsausschuss anzurufen, es sei denn, man ließe sich darauf ein, dass es zeitweise überhaupt keine gesetzliche Regelung gibt. Sie wussten die ganze Zeit über, dass § 12 FAG geändert werden muss. Das ist schon ein sehr beachtlicher Vorgang. ({5}) Selbst parlamentarische Regeln haben Sie missachtet. Sie haben noch nicht einmal abgewartet, bis das Protokoll der Anhörung vorlag. ({6}) Es ist wirklich abenteuerlich, wie hier miteinander umgegangen wird. ({7}) - Herr Hartenbach, ich kann doch auch zuhören und habe zugehört. ({8}) - Dann brauchen wir überhaupt kein Protokoll mehr. Das ist eine diffizile Rechtsfrage. Es geht um rechtsstaatliche Fragen, um Fragen der Einhaltung des Grundgesetzes. Deshalb möchte ich doch einen Blick ins Protokoll werfen können. Das haben Sie uns verwehrt. ({9}) In der Sache kann man sehr unterschiedlicher Meinung sein. Es ist sicherlich richtig, dass die Nachfolgeregelung zu § 12 FAG in der Strafprozessordnung untergebracht wird. Das ist systematisch in Ordnung. Ausdrücklich begrüßt die FDP, dass die Neuregelung gerade keine Auskünfte über die „Aktiv“-Meldung von Mobiltelefonen, also beim Stand-by, erlaubt. ({10}) - Das halte ich auch für richtig. Keine Bewegungsbilder! Das ist übrigens auch einer der Gründe dafür, dass wir uns dem CDU/CSU-Änderungsantrag nicht anschließen können. ({11}) Im Übrigen bleibt es inhaltlich dabei, dass trotz eines vielfach besseren Schutzes gegen Eingriffe in die Grundrechte nach Art. 10 Grundgesetz - das kann man begrüßen - die Eingriffsschwelle gegenüber der Vorgängerregelung letztlich deutlich niedriger ist, da Straftaten von erheblicher Bedeutung als Voraussetzung für einen Eingriff ausreichen. Die FDP hätte einen abschließenden und klar festgelegten Katalog befürwortet, so wie sie es auch beim Zeugnisverweigerungsrecht für Journalisten getan hat. ({12}) Das war bei der Schnelligkeit, in der Sie in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch beraten haben, wohl nicht möglich. Hinzu kommt noch etwas. Zwar hat der Bundesdatenschutzbeauftragte eine Reihe von Änderungen im Grundsatz durchaus begrüßt, aber immerhin vier wesentliche Punkte kritisiert und die haben Sie nicht berücksichtigt. Das ist einer der Gründe, die mich zu der Auffassung geführt haben, dass inhaltliche Fragen nicht hinreichend berücksichtigt worden sind, weil Sie sich in der Nacht die Zeit dafür nicht genommen haben und auch nicht nehmen konnten. Wir hätten eine gründliche Beratung gewünscht. Das war wegen Ihrer Verzögerung vorher nicht möglich. Deswegen lehnen wir das Gesetz ab. ({13})

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Kenzler.

Dr. Evelyn Kenzler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003159, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Uns ist durch eigene Anfragen, aber auch durch den Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz vom März dieses Jahres bekannt, dass die Zahl der strafprozessualen Telefonüberwachungen und damit der Eingriffe in die Grundrechte nach Art. 10 Grundgesetz seit Jahren erheblich steigt. ({0}) Bereits 1999 haben die Datenschutzbeauftragten einiger Bundesländer Alarm geschlagen; denn in der Vergangenheit wurden die staatlichen Lauschbefugnisse durch ausufernde Überwachungsvorschriften und -maßnahmen ständig erweitert. ({1}) Die Zahl der richterlichen Anordnungen für Telefonüberwachungsmaßnahmen nach § 100 a StPO hat sich bereits von 1989 bis 1993 nahezu verdoppelt. 1996 ist sie sogar auf über 6 000 angewachsen. ({2}) - Das müssen Sie sich trotzdem anhören. - Derzeit werden jährlich mehr als 13 000 Telefonanschlüsse abgehört. Wenn davon im Durchschnitt circa 50 Gesprächsteilnehmer betroffen sind, geraten schätzungsweise mehr als 600 000 Bürger im Jahr in eine Telefonkontrolle. Das sind die Fakten. Damit nimmt Deutschland beim Abhören international einen Spitzenplatz ein. Der Katalog der Straftaten, bei denen die Telefonabhörung erlaubt ist, wurde mehrfach erweitert. Er umfasst inzwischen circa 90 Straftatbestände. Insgesamt ist die Entwicklung deshalb höchst alarmierend. Unter diesen Umständen dürfte man zumindest entsprechende rechtsstaatliche Sicherungen erwarten. Das ist aber nicht der Fall. Die Zustimmung des Richters zur Telefonüberwachung braucht nicht begründet zu werden. Es gibt auch keine richterliche Verlaufskontrolle mit regelmäßigen Berichtspflichten. Rechtstatsachenforschung und Qualitätskontrolle gibt es bislang ebenfalls nicht in ausreichendem Maß. Berichte an das Parlament über Anlass, Verlauf, Ergebnisse, Anzahl der Betroffenen und Kosten der durchgeführten Maßnahmen sucht man vergebens. Es findet schlichtweg eine unzulängliche Rechtskontrolle statt. Es geht uns nicht um Totalverweigerung, sondern um das Wie und um die Rechtskontrolle. ({3}) Herr Kollege Ströbele, Sie werden uns aber auch nicht in die Ecke der Totalzustimmung bekommen, in der Sie sich offensichtlich befinden. Statt diesen Zustand zu verbessern, wird die Auskunftsbefugnis von Strafverfolgungsbehörden über Telekommunikationsverbindungen in die StPO eingestellt und bis 2004 befristet. Mit dem Verweis auf noch ausstehende Gutachten sind rechtsstaatliche Korrekturen in weite Ferne gerückt. Für die neu eingefügten §§ 100 g und 100 h StPO setzt der Entwurf die Eingriffsschwelle zum Teil sogar niedriger, wenn auf „Straftaten von erheblicher Bedeutung“ abgestellt wird. Im Interesse der Rechtsklarheit und damit der Rechtssicherheit sollte zumindest ein abschließender Katalog der Straftaten von erheblicher Bedeutung aufgestellt werden. Auskünfte über Telekommunikationsdaten sollten nicht geringeren Anforderungen als bei der Telefonüberwachung unterworfen werden. Bedenklich ist im Übrigen auch, dass keine Höchstfrist für die Anordnung der Auskunft über in der Vergangenheit liegende Telekommunikationsdaten vorgesehen ist. Auch wenn jetzt noch auf die Schnelle durch die Regierungskoalition beim Zeugnisverweigerungsrecht ein Beweiserhebungs- und -verwertungsverbot für bestimmte Berufsgruppen nachgereicht wurde - was ich durchaus anerkenne und was auch unser Sachverständiger bei der Anhörung mit ins Gespräch gebracht hat -, können wir diesem Gesetzentwurf wegen grundsätzlicher Bedenken nicht zustimmen. ({4})

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Jetzt hat der Abgeordnete Jürgen Meyer das Wort.

Prof. Dr. Jürgen Meyer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001494, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Gesetzentwurf der Bundesregierung, der heute in zweiter und dritter Lesung beraten und verabschiedet werden soll, erfüllt eine Forderung, die von der Koalition und der Opposition dieses Hauses gemeinsam erhoben worden ist. Ohne dieses Gesetz würde die durch den bisherigen § 12 des Gesetzes über Fernmeldeanlagen den Strafverfolgungsbehörden eröffnete Möglichkeit, von verpflichteten Diensteanbietern Auskunft über Telekommunikationsverbindungen zu verlangen, am 31. Dezember dieses Jahres ersatzlos beendet. Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, Sie sollten sich also überlegen, ob Sie heute mit Nein stimmen können. ({0}) Unbestreitbar ist es aber für eine effektive Strafverfolgung unverzichtbar, dass die Strafverfolgungsbehörden derartige Auskünfte zu Ermittlungs- und Fahndungszwecken auch weiterhin erhalten können. Die Nachfolgeregelung musste der Tatsache Rechnung tragen, dass die Ermittlungsmaßnahme einen Eingriff in mehrere Grundrechte darstellt. Betroffen ist zum einen das FernRainer Funke meldegeheimnis gemäß Art. 10 Grundgesetz, zum anderen aber auch das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gemäß Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz. Die hier interessierenden Auskünfte betreffen nicht den Inhalt von Ferngesprächen, wohl aber technische Daten wie Zeitpunkt, Anschlussstelle und Ort des Gespräches. Ursprünglich - darauf haben mehrere Redner hingewiesen - sollten auch im Sachzusammenhang stehende Regelungen wie die Überwachung von Telefongesprächen gemäß § 100 a StPO systematisch neu geregelt werden. Leider hat sich dieses bis zum Zeitpunkt des Auslaufens der Geltung von § 12 FAG als umöglich erwiesen. Darauf gehe ich noch ein, Herr Kollege Kauder. ({1}) Gleichwohl ist die Nachfolgeregelung unbestreitbar besser als die auslaufende Regelung. Dies stellt beispielsweise der Bundesbeauftragte für den Datenschutz bei aller Einzelkritik in seinem Schreiben vom 12. November dieses Jahres zutreffend fest. Er hebt als positiv hervor: Erstens wird die Nachfolgeregelung aus systematischen Gründen in die StPO eingegliedert und damit auch inhaltlich in die Nähe der Telekommunikationsüberwachung gerückt. Zweitens werden die Anspruchsvoraussetzungen angehoben, indem - wenn die Tat nicht mittels einer Endeinrichtung begangen worden ist - eine Straftat von erheblicher Bedeutung vorliegen muss. Drittens wird die Harmonisierung mit den Vorschriften der Telekommunikationsüberwachung in den §§ 100 a, 100 b StPO fortgesetzt, indem beispielsweise eine Anordnung, die wegen Gefahr im Verzug durch einen Staatsanwalt erfolgte, außer Kraft treten soll, wenn sie nicht binnen drei Tagen vom Richter bestätigt wird. Die Tatsache, dass die Neuregelung bis zum 31. Dezember 2004 befristet wird, dient nicht zuletzt dem Zweck, spätestens zu diesem Zeitpunkt eine umfassende Regelung des Schutzes von Zeugnisverweigerungsrechten der Berufsgeheimnisträger vorzunehmen. ({2}) Die aus den Ausschussberatungen hervorgegangene Regelung umfasst zum Beispiel noch nicht das journalistische Zeugnigsverweigerungsrecht, dessen gesetzliche Neuregelung gegenwärtig noch Gegenstand eines Vermittlungsverfahrens ist. Nach meiner Auffassung wird in die spätestens 2004 erfolgende endgültige Regelung auch das Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO aufgenommen werden können. Ich gehe davon aus, dass mit der bevorstehenden Reform für diesen Bereich bis dahin gute Erfahrungen gemacht sein werden. Eine vorsichtige Bewertung des heute zu verabschiedenden Gesetzes kann nur lauten, dass es besser ist als § 12 FAG, dass es aber nicht das Ende der Diskussion bedeuten kann. Ich erinnere in diesem Zusammenhang daran, dass die Telefonüberwachung gemäß § 100 a StPO häufig Gegenstand lebhafter Debatten, auch in diesem Hause, gewesen ist. ({3}) Dabei hat die CDU/CSU-Fraktion immer wieder eine Erweiterung des Deliktskataloges verlangt, während die Koalition auf einer gleichzeitigen kritischen Überprüfung der derzeitigen Katalogtaten ({4}) und der Einführung von Kontrollmaßnahmen analog den für die technische Wohnraumüberwachung vorgesehenen Kontrollen gemäß Art. 13 des Grundgesetzes bestanden hat. ({5}) Grundlage der von allen Fraktionen gewünschten Reform sollte ein rechtstatsächliches und rechtsvergleichendes Gutachten des Freiburger Max-Planck-Instituts sein, das zwar vom Bundesjustizministerium im Dezember 1999 in Auftrag gegeben worden ist, aber bis heute nicht fertig gestellt werden konnte. Der Grund dafür ist einfach und alles andere, Herr Kollege Kauder, als Anlass für Vorhaltungen etwa gegenüber der derzeitigen Bundesregierung. ({6}) Die Herausgabe der Akten für die vereinbarte empirische Untersuchung bedurfte nämlich einer gesetzlichen Grundlage, die seit dem bekannten Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts von 1983 längst hätte geschaffen werden müssen. ({7}) Leider haben der früheren Bundesregierung die 16 Jahre bis 1998 dafür nicht ausgereicht. ({8}) Der Flughafenkompromiss eines neuen Strafverfahrensänderungsgesetzes vom August 1998 scheiterte letztlich am Widerstand der Bayerischen Landesregierung. Die Folge war, dass beispielsweise das FDP-geführte Justizministerium von Baden-Württemberg ({9}) verständlicherweise die Herausgabe der benötigten Akten zunächst abgelehnt hat, bis die überfällige gesetzliche Grundlage vorliegen würde. ({10}) Bekanntlich ist unter der Federführung der jetzigen Bundesregierung das Projekt StVÄG zügig zu Ende gebracht worden, ({11}) Dr. Jürgen Meyer ({12}) sodass die gesetzliche Grundlage für die Herausgabe der benötigten Akten im August des vergangenen Jahres in Kraft treten konnte. Anschließend, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU-Fraktion, kam es dann zu viel zu langen und teilweise von bürokratischer Bedenkenträgerei der Landesregierungen von Baden-Württemberg und Bayern ({13}) gekennzeichneten Verhandlungen zwischen dem MaxPlanck-Institut und den genannten Bundesländern. Dadurch vergingen volle zwölf Monate, bis endlich im August dieses Jahres die Akten übergeben worden sind. Das ist der Sachverhalt, der zur Folge hat, dass wir heute lediglich eine vorläufige, wenn auch den alten § 12 FAG verbessernde Regelung und nicht eine Gesamtregelung der Überwachung von Telekommunikation verabschieden können. Wenn also die von der Opposition in den Ausschussberatungen und heute erhobenen Vorwürfe ernst gemeint sein sollten, müssten sie auf die frühere Bundesregierung und die genannten CDU-FDP bzw. CSU-geführten Landesregierungen zurückfallen. ({14}) Sobald im kommenden Jahr die rechtstatsächliche und rechtsvergleichende Untersuchung des Freiburger MaxPlanck-Instituts vorliegt, werden die Beratungen über die Reform insbesondere von § 100 a StPO, die wir ja gemeinsam wollen, intensiv aufzunehmen sein. ({15}) Ich hoffe, dass dem Bundestag dann gelingt, was trotz mehrerer Anläufe der Justizministerkonferenz, auf die wir ursprünglich gesetzt hatten, ({16}) nicht gelungen ist, nämlich ein Gesetz, das sowohl dem Grundrechtsschutz der Betroffenen als auch der Effektivität der Strafrechtspflege in vollem Umfang Rechnung trägt. Ich danke Ihnen. ({17})

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Ich schließe damit die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Änderung der Strafprozessordnung in der Ausschussfassung. Dazu liegt ein Änderungsantrag der CDU/CSU auf Drucksache 14/7691 vor, über den wir zuerst abstimmen. Wer stimmt für den Änderungsantrag der CDU/CSU? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und PDS gegen die Stimmen der CDU/CSU abgelehnt worden. Wer stimmt für den Gesetzentwurf in der Ausschussfassung? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der gesamten Opposition angenommen worden. Dritte Beratung und Schlussabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich, sich zu erheben. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist damit in dritter Lesung mit dem eben festgestellten Stimmenverhältnis angenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt IV auf: Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Alfred Hartenbach, Hermann Bachmaier, Doris Barnett, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Volker Beck ({0}), Grietje Bettin, Dr. Thea Dückert, weiteren Abgeordneten und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen - Drucksache 14/5975 ({1}) Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung des Patentwesens an den Hochschulen - Drucksache 14/5939 ({2}) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses ({3}) - Drucksache 14/7573 Berichterstattung: Abgeordneter Alfred Hartenbach Dr. Norbert Röttgen Volker Beck ({4}) Sabine Jünger Zu dem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der PDS vor. Erfreulicherweise haben die Kollegen Hartenbach, Loske, Funke, Böttcher und Tauss ihre Reden zu Protokoll gegeben.1) - Ich sehe, Sie sind damit einverstanden. Herr Hauser, ich habe gehört, dass es Ihre letzte Rede sein könnte. Wir werden Ihnen daher besonders aufmerksam zuhören. Als einziger Redner in dieser Debatte hat der Kollege Norbert Hauser das Wort. ({5})

Norbert Hauser (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003141, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit einigen Tagen Dr. Jürgen Meyer ({0}) 1) siehe Anlage 2 läuft in unseren Kinos der Film „Harry Potter und der Stein der Weisen“. ({1}) Herr Tauss, wenn Sie sich diesen Film angeschaut hätten, dann hätten Sie etwas lernen können. Offenbar haben Sie das nicht gemacht. Mit Ihrem Vorschlag zur Abschaffung des Hochschullehrerprivilegs haben Sie den Stein der Weisen jedenfalls nicht gefunden. So ist das eben, wenn sich „Bildungsmuggels“ austoben dürfen. ({2}) Alle waren sich einig: Das Hochschullehrerprivileg ist ein Relikt aus der Kaiserzeit; daher ist es abzuschaffen. Es gibt den Professoren eine Vormachtstellung, die nicht zeitgemäß ist. Während sie von ihren Erfindungen finanziell profitieren können, geht die Universität, die die Infrastruktur und damit die Voraussetzungen für die Erfindungen zur Verfügung stellt, leer aus. Gerade in der heutigen Zeit, in der viele unserer Hochschulen finanziell am Stock gehen, ist ein solches Ungleichgewicht nicht akzeptabel. ({3}) Den Hochschulen sind bessere Rechte bei der Vermarktung von Patenten zu geben. Diesem Ziel wurde auch die Initiative des Bundesrats vom Dezember 2000 gerecht. Sicherlich hätte man über diese Initiative gesondert positiv abstimmen können; aber es herrschte die Auffassung, das Arbeitnehmererfindungsgesetz insgesamt sei zu novellieren. Auch die Bundesratsinitiative hätte in Detailfragen noch überarbeitet werden müssen; allerdings stimmte zumindest einmal die Richtung. Sie von Rot-Grün gingen einen anderen Weg. ({4}) Man brachte einen eigenen Gesetzesantrag ein. Dieser fand zwar kaum die Zustimmung der Betroffenen und der Verbände. Aber das war Ihnen, wie üblich, egal; Mehrheit ist Mehrheit. Sie hielten am einmal eingeschlagenen Kurs fest und zeigten sich, wie auch sonst, in vielen Fällen absolut beratungsresistent. Entsprechend schlecht durchdacht ist das Ergebnis. ({5}) Bei den Beratungen hat wieder einmal die Bundesforschungsministerin Bulmahn verloren. Erst hakte es zwar zwischen den beteiligten Ministerien, sodass die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen einen eigenen Entwurf vorlegten; aber dann kam die Ministerin doch noch aus den Puschen. ({6}) Im Juli stimmte das Kabinett ihrem Vorstoß endlich zu und unsere Ministerin feierte sich selbst, wie sie es auch in diesen Tagen - dies wurde durch eine Pressemitteilung deutlich - wieder trefflich getan hat. ({7}) - Ich gebe gern zu: In dieser Disziplin ist sie Weltmeisterin. ({8}) Bei einigen anderen Disziplinen, auf die es eigentlich ankommt, hat sie die Kreisklasse noch nicht erreicht. ({9}) Die Überschrift der Pressemitteilung hieß: „Bulmahn holt Erfindung aus den Schubladen“. ({10}) Ihr Problem ist allerdings: Es gab Zoff im Bundesrat, der seinen eigenen Vorschlag - zu Recht - für besser hielt, und Frau Bulmahn geriet in Zeitnot. Antwort Bulmahn: Zurück in die Schublade und schnell wieder vergessen. Das war der wegweisende Beitrag unserer Bundesforschungsministerin zur Abschaffung des Hochschullehrerprivilegs! ({11}) Ob die Hochschulen bei der Umsetzung des rot-grünen Gesetzentwurfes besser fahren, ist allerdings auch zweifelhaft. Zahlreiche Fachleute haben die heute vorliegende Regelung scharf kritisiert und darauf gedrängt, sie zu überarbeiten. Herausgekommen sind eine Fristverlängerung von einem Monat auf zwei Monate für die Offenbarungsmöglichkeit nach vorher angezeigter Erfindung beim Dienstherrn und das Austauschen des Wortes „Veröffentlichung“ durch „Offenbarung“ in der Frage, was zu tun ist, wenn ein Erfinder die Preisgabe seiner Diensterfindung ablehnt. ({12}) Meine Damen und Herren von Rot-Grün, diese Änderungen sind Marginalien. Sie müssen sich die Frage gefallen lassen, ob Sie die guten Ratschläge der Fachleute überhaupt zur Kenntnis genommen haben. Wie schwach Ihr Gesetzesvorschlag ist, erkennt man bereits an zwei Details: Die Frist zwischen der Anmeldung der Diensterfindung beim Dienstherrn und der Möglichkeit, sie zu offenbaren, wird von einem Monat auf zwei Monate verlängert. Zahlreiche Sachverständige haben bei dem Bericht erstattergespräch im Rechtsausschuss darauf gedrängt, die Frist auf vier Monate zu verlängern. Bei einer Frist von nur zwei Monaten ergeben sich Schwierigkeiten bei der Bewertung der Erfindungsergebnisse und gravierende Probleme bei der Zusammenarbeit mit der Wirtschaft. Im Übrigen beträgt die nach dem Arbeitnehmererfindungsgesetz übliche Frist gemäß § 6 Abs. 2 vier Monate. Das heißt: Wird in der Wirtschaft geforscht, so hat der Arbeitgeber zwei Monate länger Zeit, als wenn eine Hochschule beteiligt ist. Warum Sie den Hochschulen nicht die gleiche Zeit einräumen wollen, konnten Sie nicht überzeugend darlegen. Norbert Hauser ({13}) Völlig außer Acht gelassen haben Sie das Problem der Gemeinschaftserfindungen. Ohne eine Lösung dieser Frage in der Neufassung von § 42 des Arbeitnehmererfindungsgesetzes ist dieses jedoch nicht tragfähig. ({14}) - Sie werden hier noch eine Neuformulierung vornehmen, Herr Tauss. Wer glaubt, dass der Arbeitnehmer in der Hochschule in einem stillen Kämmerlein vor sich hin brütet, dann schreit: „Heureka, ich habe es!“, in das Rektorat rennt und sagt: „Hier ist meine Erfindung“, der denkt in Kategorien des 19. Jahrhunderts. Die Wirklichkeit sieht anders aus: ({15}) Heute wird im Team geforscht; oft sind unterschiedliche Träger beteiligt. ({16}) Es kann also sein, dass Hochschulen mit Forschungseinrichtungen und Abteilungen aus der Industrie gemeinsam Erfindungen hervorbringen und es bei der Offenbarung zu Problemen kommt. Was ist dann zu tun? Ihr Gesetzentwurf gibt darauf keine Antwort. Dies hat nicht nur für die Patentierbarkeit von Hochschulerfindungen Folgen. Wenn diese alltäglichen Probleme nicht juristisch geklärt werden, wird es zu Schwierigkeiten sowohl bei der Zusammenarbeit zwischen Hochschulen, zwischen Hoschschulen und Instituten und zwischen Hochschulen und der Wirtschaft kommen als auch bei der Einwerbung dringend benötigter Drittmittel. Sie sollten nicht die Augen vor der Wirklichkeit verschließen. Sie halten aber trotz des Wissens, dass Ihr Entwurf von allen vorliegenden Entwürfen der schwächste ist, ({17}) krampfhaft am eigenen Entwurf fest. Wahre Größe zeigt sich daran, wie man mit Kritik umgeht. Was das anbelangt, Herr Tauss, ({18}) sind Sie bis heute noch nicht über einen Zwergenwuchs hinausgekommen. ({19}) Meine Damen und Herren, die Koalition wird noch nicht einmal ihrem eigenen politischen Anliegen gerecht. Frau Bulmahn versprach in ihrer Pressemitteilung eine Unterstützung der wirtschaftlichen Verwertung von Hochschulpatenten. Dafür sollte es eine Gesetzesänderung geben; zudem sollte ein 100-Millionen-Programm aufgelegt werden. Der Ansatz ist löblich, die Realisierung aber ist leider unzureichend. Dafür werden Agenturen gegründet bzw. bereits tätige Agenturen erhalten neue Aufträge. Wenn ich den Forschungsgeist in den Hochschulen betrachte, dann glaube ich, dass sie Erfolg haben werden. Nach drei Jahren aber wird die Förderung seitens des Bundes eingestellt. Was passiert dann? Diese Frage beantwortet der Gesetzentwurf nicht. Ohne eine weitere finanzielle Unterstützung durch den Bund werden die dann mühsam aufgebauten Strukturen abgebaut. Wenn Deutschland hinsichtlich der wirtschaftlichen Verwertung von Hochschulpatenten konkurrenzfähig sein will, muss die Förderung langfristig angelegt werden. Das heißt, es muss die Bereitschaft zu einem Anschlusskonzept geben. ({20}) Fehlt diese Bereitschaft, läuft man Gefahr, 100 Millionen in den Sand gesetzt zu haben. Meine Damen und Herren von der Koalition, Sie verfahren folgendermaßen: Erst setzt man Länder und Hochschulen an einen reich gedeckten Tisch, um ihnen nach der Vorspeise den Hauptgang wegzunehmen. ({21}) Was bleibt, ist Hunger. ({22}) Zum gleichen Ergebnis kommt auch der Bundesrat. Dieser hat am 27. September 2001 in seiner Stellungnahme zum inzwischen eingestampften Gesetzentwurf der Bundesregierung festgestellt: Die in einigen Ländern noch aufzubauenden Patentund Verwaltungsstrukturen werden jedoch voraussichtlich über die Dauer der auf drei Jahre befristeten Bundeshilfen hinaus defizitär bleiben. Deshalb fordert der Bundesrat eine entsprechende Verlängerung der finanziellen Unterstützung durch den Bund. Aber auch dieser Appell hat die Ohren der Koalition nicht erreicht, obwohl ({23}) - Herr Kollege, das ist Ihnen natürlich unangenehm auch die Länder das mitverfasst haben, in denen die Landesregierungen von Ihnen getragen werden. Verschließen Sie also nicht die Augen vor der Wirklichkeit, stellen Sie die Weichen für eine dauerhafte Lösung! Gesetzestechnisch wäre noch Zeit innerhalb der kompletten Novellierung des Arbeitnehmererfindungsgesetzes. ({24}) Es wäre ja nicht das erste Mal, dass Sie innerhalb weniger Monate Ihre eigenen Gesetze überarbeiten müssten. ({25}) Norbert Hauser ({26}) Meine Damen und Herren, uns allen ist daran gelegen, die Hochschulen bei der wirtschaftlichen Vermarktung ihrer Patente zu unterstützen. Wir liegen im internationalen Vergleich noch weit zurück. Hilfe seitens des Bundes ist dringend notwendig, sowohl als Geldgeber wie auch als Gesetzgeber. ({27}) Wenn Sie heute das Arbeitnehmererfindungsgesetz in der vorliegenden Fassung beschließen, versagen Sie als Gesetzgeber. Es bleibt zu hoffen, dass die Erfinder an unseren Hochschulen auch ohne rot-grüne Hilfe in der Lage sind, den Stein der Weisen zu finden. Ich wünsche Ihnen ein gutes Wochenende. ({28})

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Danke schön. Ich schließe damit die Aussprache. Wir kommen zu der Abstimmung über den von den Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen eingebrachten Gesetzentwurf. Der Rechtsausschuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 14/7573, den Gesetzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der PDS vor, über den wir zuerst abstimmen. Wer stimmt für den Änderungsantrag der PDS auf Drucksache 14/7652? Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen des Hauses gegen die Stimmen der PDS abgelehnt worden. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP bei Enthaltung der PDS angenommen worden. Dritte Beratung und Schlussabstimmung. Ich bitte Sie, sich zu erheben, wenn Sie dem Gesetzentwurf zustimmen wollen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Der Gesetzentwurf ist damit in dritter Lesung mit dem eben festgestellten Stimmverhältnis angenommen worden. Abstimmung über den vom Bundesrat eingebrachten Gesetzentwurf zur Förderung des Patentwesens an den Hochschulen. Der Rechtsausschuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung, den Gesetzentwurf abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung mit den Stimmen des ganzen Hauses abgelehnt worden. Damit entfällt nach unserer Geschäftsordnung die weitere Beratung. Wir sind damit am Schluss unserer Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 12. Dezember, 13 Uhr, ein. Sofern ich mich mit dem Kalender richtig auskenne, kann ich Ihnen einen schönen Advent wünschen. Die Sitzung ist geschlossen.