Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 9/19/2001

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich erteile das Wort dem Kollegen Friedrich Merz, CDU/CSU-Fraktion.

Friedrich Merz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002735, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielleicht haben wir alle erst am letzten Wochenende, als wir nach langen Tagen in Berlin ein paar Stunden Zeit zum Nachdenken hatten, vielleicht auch mit unseren Familien und unseren Freunden gesprochen haben, richtig verstanden, was in der letzten Woche wirklich geschehen ist. Die Ereignisse dieses Tages, die Bilder, die uns seitdem fast ununterbrochen begleiten, werden das Bewusstsein der amerikanischen Nation über Jahrzehnte prägen. Unser Verhalten, so wie wir uns auch und gerade als Deutsche in den nächsten Wochen und Monaten den amerikanischen Freunden gegenüber zeigen, wird das Verhältnis zwischen Deutschland und Amerika für Jahrzehnte prägen. Ich will deshalb zu Beginn nicht den fast schon zu oft gesagten Satz wiederholen, dass der 11. September 2001 die Welt grundlegend verändert hat. Aber ich will mit besonderem Nachdruck zum Ausdruck bringen, dass wir alle heute zu einem klaren Ja zur Gemeinschaft der freien Völker, zum Bündnis, zur NATO, und vor allem zu unseren Freunden in den Vereinigten Staaten von Amerika gefordert sind. ({0}) Dies ist nicht die Zeit für ein „Ja, aber“. Wir Deutsche stehen in der Pflicht, innerhalb der nordatlantischen Allianz einen Teil der Solidarität zurückzugeben, die wir insbesondere von Amerika in über 50 Jahren erfahren haben. Wir können und müssen das Fundament für die atlantische Allianz im 21. Jahrhundert legen. Die Attentate vom 11. September 2001 markieren den ersten Testfall für die neue NATO, die sich bereits mit dem strategischen Konzept von 1999 auf die veränderte Sicherheitslage eingestellt hat. Man muss fast sagen: In kluger Voraussicht hat die NATO vor zwei Jahren festgestellt, dass Sicherheitsinteressen des Bündnisses durch Akte des Terrorismus, der Sabotage, des organisierten Verbrechens, sogar durch die Unterbrechung der Zufuhr lebenswichtiger Ressourcen berührt sein können. Dies ist auf grausame Weise vor wenigen Tagen Realität geworden - eine Realität, der wir alle uns jetzt stellen müssen. Auch deshalb geht es bei weitem nicht allein um die Dankbarkeit von uns Deutschen für Solidarität im Bündnis. Herr Bundeskanzler, Sie haben mit Nachdruck und, wie ich finde, richtigerweise darauf hingewiesen: Wenn die NATO den Bündnisfall auslöst - dies ist das erste Mal in der Geschichte der NATO und es ist eine historische Entscheidung -, dann kommt darin auch zum Ausdruck, dass es in unserem ganz eigenen Interesse liegt, ohne jeden Vorbehalt an der Bekämpfung des internationalen Terrorismus mitzuwirken. ({1}) So wie New York und Washington hätte es auch Paris, Frankfurt oder Berlin treffen können. Und es hat uns unmittelbar getroffen; denn - Sie haben es bereits gesagt, Herr Bundeskanzler - auch viele deutsche Staatsbürger sind bei diesen menschenverachtenden Attentaten ums Leben gekommen. Wichtig ist, dass wir uns jetzt Klarheit verschaffen und dass wir den vielen, die uns heute zuschauen und zuhören, sagen, worum es geht. Wir haben es mit den Feinden der offenen Gesellschaft, mit einem totalitären Anspruch der Unfreiheit, der sich gegen uns alle richtet und der die Grundwerte der demokratischen und der freiheitlichen Gesellschaften infrage stellt, zu tun. Deshalb ist eine klare und unmissverständliche Antwort erforderlich. Es darf keinen Zweifel geben, dass alles getan wird, um die Täter und die Hintermänner zur Verantwortung zu ziehen. Der freiheitliche demokratische Rechtsstaat muss sich als wehrhaft erweisen, wenn er auch gegenüber seinen eigenen Staatsbürgern glaubwürdig bleiben will. ({2}) Deshalb, Herr Bundeskanzler, haben wir Ihr Angebot an die amerikanischen Freunde zu uneingeschränkter Solidarität von Anfang an unterstützt. Aber täuschen wir uns nicht darüber, dass es schwierig wird. Es wird ziemlich sicher neben allen Bemühungen um Diplomatie, Aufklärung und Strafverfolgung auch militärische Aktionen geben, ja geben müssen. Das Ziel solcher militärischer Operationen wird nicht sein, Vergeltung zu üben. Jeder Einsatz gegen die Terroristen, gegen ihre Infrastruktur, gegen das Umfeld, das sie schützt und das ihre Taten überhaupt erst möglich macht, ist Teil einer Strategie der Prävention, für Freiheit, für Frieden, für das Recht und für den Schutz auch unserer Bürger; denn Sicherheit ist und bleibt die Grundlage auch unserer Freiheit. ({3}) Lassen Sie es mich mit einem Wort von Wilhelm von Humboldt sagen: Ohne Sicherheit vermag der Mensch weder seine Kräfte auszubilden noch die Frucht derselben zu genießen. Denn ohne Sicherheit ist keine Freiheit. Meine Damen und Herren, bei der Herausforderung, Sicherheit in Freiheit zu gewährleisten, geht es nicht, wie manche in diesen Tagen schreiben, um eine Auseinandersetzung unterschiedlicher Kulturen oder Religionen. Die Anschläge von New York und Washington sind weltweit und von fast allen Staaten und von ganz unterschiedlichen Bundeskanzler Gerhard Schröder Kirchen, Glaubens- und Religionsgemeinschaften und deren geistlichen Oberhäuptern klar und eindeutig verurteilt worden. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen ist noch nie so schnell und so klar und so eindeutig und so übereinstimmend zu einer zutreffenden Bewertung und Beurteilung gekommen wie wenige Stunden nach diesem Attentat. Die Vereinigten Staaten von Amerika haben ihrerseits bisher sehr besonnen reagiert. Dieses gemeinsame Verhalten vieler Staaten und vieler engagierter Menschen, auch und gerade in den Kirchen in aller Welt, hat eine noch nie dagewesene Allianz gegen den internationalen Terrorismus - um den geht es - überhaupt erst möglich gemacht. So furchtbar die Anschläge waren, sie geben uns jetzt vielleicht die Chance, weltweit zu einer Ächtung des Terrorismus zu kommen und ihn wirklich wirkungsvoll zu bekämpfen. Gleichzeitig ist der Dialog der Kulturen und Religionen wichtiger denn je. Dies gilt für unser Land, dies gilt für Deutschland mit weit mehr als 2 Millionen hier lebenden Mitbürgern islamischen Glaubens. Dies gilt aber auch weltweit. Es war, wie ich meine, ein ermutigendes und richtiges Zeichen, dass der amerikanische Präsident vorgestern zum gemeinsamen Gebet in eine Moschee in Washington gegangen ist. ({4}) Feindbilder helfen niemandem weiter. Es ist nicht zuletzt das geistige Erbe und der Auftrag der Aufklärung, ein friedliches Miteinander der großen Weltreligionen zu ermöglichen. Gerade deshalb gilt: Die Bekämpfung des internationalen Terrorismus, den wir in New York und Washington so grausam erlebt haben, macht eine neue, umfassende Sicherheitspolitik nach innen und außen notwendig. Das Kursbuch „Sicherheit“ muss national, europäisch und global neu geschrieben werden. „Aufklärung und Prävention“ heißt das erste Kapitel. Die Staaten und Staatengemeinschaften der freien Welt werden ihre Anstrengungen deutlich steigern müssen, um schon im Vorfeld zu erkennen, wo bestimmte Entwicklungen einsetzen und Anschläge geplant werden. Die Nachrichtendienste brauchen jede Unterstützung, um ihren von den demokratisch legitimierten Regierungen gegebenen Auftrag auch wirksam ausführen zu können: politisch, strategisch-konzeptionell, materiell und personell. Die Zeit jedenfalls, in der die naiven Fantasten dieser Welt mit der Forderung nach Abschaffung der Dienste auf Gehör stießen, dürfte endgültig vorbei sein. ({5}) Wir können es auch nicht hinnehmen, dass Deutschland offensichtlich ein bevorzugter Rückzugs- und Ruheraum, ja ein bevorzugter Trainings- und Vorbereitungsraum für Terroristen ist, die sich auf einen gottgegebenen Auftrag berufen und hierfür offenbar auch bei uns ein größeres Umfeld vorfinden. Dagegen muss entschieden vorgegangen werden. ({6}) Herr Bundeskanzler, Sie haben es in Ihrer Regierungserklärung gerade eben noch einmal erwähnt: Sie werden heute Nachmittag im Bundeskabinett erste Vorschläge zur Verbesserung der inneren Sicherheit in Deutschland verabschieden. Dies kann nach unserem Verständnis nur ein Anfang eines später folgenden, umfassenden Konzeptes für mehr Sicherheit auch nach innen sein. Ich sage Ihnen namens unserer Fraktion eine zügige, sehr kooperative Beratung zu, damit wir sehr schnell zu richtigen Ergebnissen auch in der Gesetzgebung in Deutschland kommen können. ({7}) Meine Damen und Herren, ein Land wie Deutschland, zweitgrößter NATO-Partner, bevölkerungsreichstes Land der Europäischen Union, in der geopolitischen Mitte Europas gelegen, muss auch seine internationale Verantwortung wahrnehmen. Absolute Priorität für Sicherheit nach innen und außen, strategische Koordinierung der Sicherheitsaufgaben in einem Aufgabenspektrum, das von Prävention bis hin zu massiven militärischen Schlägen zusammen mit den Bündnispartnern auch in entfernten Krisenregionen reicht - darauf müssen wir uns vorbereiten: politisch, materiell, personell und natürlich auch finanziell. Wenn der amerikanische Präsident im Kongress ein Maßnahmenpaket in der Größenordnung von 20 Milliarden Dollar beantragt und innerhalb weniger Stunden 40 Milliarden Dollar bewilligt bekommt, dann ist dies ein deutliches Signal auch an die Finanzpolitiker der Länder der freien Welt, ihrerseits neue Prioritäten zu setzen und auch in den öffentlichen Haushalten einen Beitrag zu leisten. ({8}) Diese Entscheidungen erfordern eine neue Setzung der Prioritäten. Wir bieten Ihnen, Herr Bundeskanzler, dabei eine nationale Allianz der Entschlossenheit an. ({9}) Sie können sich, auch wenn es um unpopuläre Entscheidungen geht, auf unsere Zustimmung, auf unsere Unterstützung verlassen. ({10}) Denn wir wissen: Wenn wir weiter in einer freien und offenen Gesellschaft leben wollen, wenn Zivilisation und Humanität in aufgeklärten Gesellschaften westlicher Prägung die Lebensgrundlage auch unserer Kinder sein sollen, wenn die Grundwerte unserer christlich-jüdischen, unserer abendländischen Kultur weiter gelten sollen, dann dürfen Terroristen unseren Lebensrhythmus nicht bestimmen. ({11}) Wir stehen vor einer wahrhaft historischen Herausforderung. Die Freiheit muss jetzt neu verteidigt werden. Ihren Bedrohungen muss offen entgegengetreten werden. Den Feinden unseres freiheitlichen Gesellschaftsmodells muss mit Augenmaß, aber unmissverständlich entgegengetreten werden. Der 11. September 2001 ist deshalb das Ende aller Zweideutigkeiten. ({12}) Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auch auf das eingehen, was Sie, Herr Bundeskanzler, zum Thema der Zuwanderung und der Einwanderung gesagt haben. Die Umstände dieses Attentats zeigen aus meiner Sicht einmal mehr, wie dringend wir ein umfassendes Konzept zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung brauchen, das auch den Erfordernissen der inneren Sicherheit gerecht wird und das vor allem die Integration der in Deutschland lebenden Ausländer fördert. ({13}) Wer in diesem Zusammenhang auf Zeit spielt, der leugnet die notwendigen Konsequenzen, die auch schon vorher zu ziehen gewesen wären. Wir als CDU/CSU-Bundestagsfraktion haben jedenfalls als erste Fraktion in diesem Haus bereits vor zwei Jahren ein umfassendes Konzept zur Integration vorgelegt. Noch vor der Sommerpause haben wir unsere Vorschläge in einem umfassenden Antrag „Umfassendes Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung sowie zur Förderung der Integration jetzt vorlegen“ präzisiert. Wir wollen noch in dieser Legislaturperiode zu einer Lösung kommen und bieten Ihnen auch hierzu die Zusammenarbeit an. ({14}) Bereits wenige Stunden nach den Attentaten haben wir hier in diesem Hause eine erste Aussprache miteinander geführt. Sie, Herr Bundeskanzler, haben am 12. September in Ihrer Regierungserklärung im Deutschen Bundestag den Vereinigten Staaten von Amerika die uneingeschränkte Solidarität Deutschlands zugesichert. Diese Ihre Worte sind vor allem in Amerika auf große Zustimmung gestoßen; sie haben nicht nur in Washington große Aufmerksamkeit gefunden. Uneingeschränkte Solidarität darf und wird sich nicht in Worten und Bekundungen des Mitgefühls und der Trauer, so wichtig diese auch waren, erschöpfen. Den Worten müssen Taten folgen. Es wird Schwierigkeiten, auch Rückschläge dabei geben. Aber gerade dann wird sich Solidarität erst wirklich beweisen. Der sichere Freund bewährt sich in unsicherer Zeit. Deutschland muss jetzt Kurs halten und darf keine Zweifel zulassen, auch im Interesse unseres Landes und seiner Menschen. Wenn Sie, Herr Bundeskanzler, Ihre Politik in diesem Sinne fortsetzen, wenn Sie zu der zum Ausdruck gebrachten Solidarität auch weiterhin uneingeschränkt stehen, dann werden Sie für diese Politik auch in Zukunft - in den nächsten Tagen, in den nächsten Wochen und in den nächsten Monaten - die uneingeschränkte Unterstützung unserer Fraktion finden. Herzlichen Dank. ({15})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich erteile das Wort dem Kollegen Peter Struck, SPD-Fraktion.

Dr. Peter Struck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002278, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben in den letzten Tagen in Deutschland eine beispiellose Welle der Trauer, des Entsetzens, aber auch der Solidarität mit dem amerikanischen Volk erlebt. Zigtausende waren bei der amerikanischen Botschaft in Berlin, haben sich in Kondolenzbücher eingetragen und haben ihr Mitleiden in Worte gefasst - Trauergottesdienste, Gebete, Gedenkminuten. 200 000 Menschen kamen am Freitag zum Brandenburger Tor, um gemeinsam mit dem Bundespräsidenten und dem amerikanischen Botschafter ihr Mitgefühl für die Opfer und das amerikanische Volk zu zeigen. All diese Symbole der Solidarität stehen für die Nähe des deutschen Volkes zu den Menschen in den Vereinigten Staaten von Amerika. In beeindruckender Weise hat Bundeskanzler Gerhard Schröder in den letzten Tagen, aber auch soeben vor diesem Haus die Solidarität Deutschlands mit den USA zum Ausdruck gebracht. ({0}) Er hat unmissverständlich deutlich gemacht, dass die Solidarität von Regierung und Parlament mehr als eine bloß symbolische sein muss und sein wird. Aber wir dürfen uns nicht täuschen: Bei allem, was wir jetzt zu entscheiden haben, geht es um mehr als lediglich die Solidarität mit den USA; denn wir können die Terrorangriffe in den USA nicht gleichsam aus der Zuschauerloge bewerten. Wenn wir in der Betrachtung einig sind, dass die Angriffe der gesamten zivilisierten Welt gegolten haben, dann galten sie natürlich auch uns. Wir müssen wissen, dass die Angriffe auf New York und Washington nicht singuläre Ereignisse bleiben müssen. Niemand soll dem Irrtum verfallen, der Terror könnte an Deutschland und Europa vorbeiziehen, wenn wir uns jetzt im vermeintlichen Eigeninteresse aus dem Kampf gegen den Terrorismus heraushielten. ({1}) Natürlich ist Europa im Visier der Terrornetzwerke. Vereitelte Anschläge und Festnahmen in Deutschland und Frankreich belegen das. Nirgendwo steht geschrieben, dass Deutschland nur als Schlafstätte oder Ruheraum für den internationalen Terrorismus dienen könnte. Deshalb ist es nicht nur Bündnispflicht, sondern auch originäres Eigeninteresse, gemeinsam mit unseren amerikanischen Freunden, mit den NATO-Partnern und allen, die sich dieser Bedrohung nicht ergeben wollen, entschlossen den Kampf gegen den internationalen Terrorismus zu führen. ({2}) Wir müssen alles tun, um denjenigen das Handwerk zu legen, die mit apokalyptischem Schrecken die Welt aus den Fugen heben wollen. Dazu bedarf es jener besonnenen Entschlossenheit, wie sie unser Bundeskanzler in den letzten Tagen gezeigt hat. ({3}) Er lässt keinen Zweifel aufkommen, dass er seiner Verantwortung gerecht wird - auch bei anstehenden harten Entscheidungen. Wie diese Verantwortung aussieht, hat der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt in den bis dahin schwersten Tagen der Republik, in den Tagen nach der Entführung von Hanns-Martin Schleyer, 1977 formuliert: „Die Verantwortung heißt: nichts zu versäumen und nichts zu verschulden.“ Das gilt für den Kanzler, für die Regierung, aber auch für jeden Einzelnen von uns im Deutschen Bundestag. ({4}) Nichts zu versäumen, um nichts zu verschulden: Dazu bedarf es nationaler und internationaler Anstrengungen, kriminalistischer und geheimdienstlicher Aktivitäten sowie gesetzgeberischer Maßnahmen. Aber es bedarf auch der Bereitschaft, diesen Kampf notfalls mit militärischen Mitteln zu führen. Ich halte daher die Erklärung der NATO vom 12. September für angemessen und absolut notwendig. In ihr wird zu Recht festgestellt, dass der terroristische Angriff vom 11. September gegen die USA als Handlung im Sinne von Art. 5 des NATO-Vertrages anzusehen ist, also als Angriff gegen alle NATO-Verbündeten, falls festgestellt wird, dass der Anschlag vom Ausland aus auf die Vereinigten Staaten verübt wurde. Die Aktivierung von Art. 5 bedeutet die Einforderung der Beistandspflicht der Alliierten. Wir sollten uns über die Bedeutung unseres Handelns in der NATO völlig im Klaren sein. Die NATO, die noch nie zuvor den Bündnisfall auslösen musste, steht vor einer bedeutsamen Bewährungsprobe. Die USA realisieren so deutlich wie selten zuvor, dass auch sie als einzige Weltmacht verwundbar und auf verlässliche Verbündete angewiesen sind. Daher werden sie in ihrem zukünftigen internationalen Handeln wesentlich davon beeinflusst werden, wie die Bündnispartner in Zeiten der Krise und Bedrohung Solidarität und Beistand zu leisten bereit sind. Wer befürchtet hatte, die USA würden unüberlegt und in blindem Schmerz auf die Anschläge antworten, sieht sich getäuscht. Die USA haben wohl überlegt angefangen, eine breite Koalition gegen den internationalen Terrorismus zu schmieden, und haben deutlich gemacht, dass seine erfolgreiche Bekämpfung den Einsatz unterschiedlichster Mittel mit langem Atem erfordert. Auf Antrag der USAhat sich der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen mit den Angriffen auf New York und Washington befasst. In seiner Resolution vom 12. September wird das Recht auf individuelle und kollektive Selbstverteidigung gegenüber terroristischen Gewalttaten anerkannt und zum ersten Mal der internationale Terrorismus völkerrechtlich als Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit qualifiziert. Diese Veränderung des Völkerrechts hat die Möglichkeit eröffnet, terroristische Gewalttäter, ihre Organisationen und die sie unterstützenden Kräfte mit angemessenen - auch militärischen - Mitteln zu bekämpfen bzw. ihrer Bestrafung zuzuführen. Sehr zu begrüßen ist, dass sich neben der Europäischen Union und Japan auch Russland und China an die Seite der USA gestellt haben und zu enger Kooperation gegen den internationalen Terrorismus bereit sind. ({5}) Wir sollten alles unternehmen, um eine größtmögliche Koalition gegen den Terrorismus zu schaffen. Dabei müssen insbesondere die Vereinten Nationen eine wichtige Rolle spielen. Denn die erfolgreiche Bekämpfung und Austrocknung des internationalen Terrorismus verlangt eine komplexe und differenzierte Strategie, die politische, wirtschaftliche, kulturelle und militärische - natürlich auch geheimdienstliche - Elemente miteinander verbinden muss. Es besteht kein Zweifel daran - das sollten wir über den Deutschen Bundestag auch unseren Bürgerinnen und Bürgern mitteilen -, dass es eine militärische Vergeltung für den kriegerischen Terroranschlag auf das World Trade Center und das Pentagon geben wird: wenn klar ist, wer die verantwortlichen Kräfte und die sie unterstützenden Staaten sind. Die militärische Abschreckung funktioniert bei Staaten, aber nicht bei zu Selbstmord bereiten Terroristen. Sie müssen gefasst und unschädlich gemacht werden durch zielgenaue Aufklärung und hoch mobile militärische Spezialkommandos. Sie müssen ihre Stützpunkte und staatlichen Fluchtburgen verlieren durch massive internationale Sanktionierung aller Staaten und Regierungen, die Terroristen beherbergen, unterstützen und nicht ausliefern. Sie müssen ihrer Finanzmittel verlustig gehen durch die Verstopfung ihrer Geldkanäle und Vereitelung ihrer Finanztransaktionen. ({6}) Aber auch das wird nicht reichen: Wir müssen den gesellschaftlichen Resonanzboden für Terroristen aus Armut, sozialem Elend und verletztem Stolz abbauen. ({7}) Vordringlich ist dabei - der Bundeskanzler hat darauf hingewiesen -, den Nahostkonflikt in friedliche Bahnen zu lenken und eine Lösung zu finden, die Israel eine gesicherte Existenz und den Palästinensern einen eigenen Staat garantiert, der wirtschaftlich lebensfähig ist. ({8}) Wir müssen den Armutsregionen der Welt eine Perspektive geben durch entwicklungspolitische Maßnahmen, aber auch durch die Öffnung unserer Märkte und den Abbau von Protektionismus gegenüber ihren Produkten. ({9}) Sie müssen in den Regeln der Welthandelsorganisation auch für sich Vorteile erkennen. Wir müssen den Dialog und die Solidarität der Religionen und Kulturen verstärkt organisieren und vertiefen, damit deutlich wird, dass - nun zitiere ich aus dem gemeinsamen Entschließungsantrag von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP - keine Religion Verbrechen gegen die Menschlichkeit rechtfertigt. ({10}) Meine Damen und Herren, es sind nicht nur welt- und außenpolitische Herausforderungen, denen wir uns jetzt stellen müssen, sondern wir sind im Innern genauso gefordert, uns von diesen Feinden der freiheitlichen Lebensweise der westlichen Welt diese nicht zerstören zu lassen. Wir dürfen nichts versäumen und nichts verschulden, hat Helmut Schmidt gesagt. Wir dürfen nicht versäumen, die Zellen fundamentalistischen Terrors in unseren Städten aufzudecken. Aber wir dürfen nicht verschulden, dass 3 Millionen muslimische Mitbürger in unserem Land unter Generalverdacht gestellt werden. ({11}) Wir dürfen nicht versäumen, genauer hinzuschauen, wer an unseren Hochschulen studiert. Aber wir dürfen nicht verschulden, dass diese die von uns allen gewollte Anziehungskraft in der Welt verlieren. ({12}) Wir dürfen nicht versäumen, bei der Regelung der Zuwanderung sicherheitsrelevante Aspekte im Ausländerrecht zu berücksichtigen, wie vom Bundesinnenminister geplant. Aber wir dürfen nicht verschulden, dass Zuwanderung als bedrohlich empfunden wird. ({13}) Wir dürfen nicht versäumen, alle erdenklichen Aspekte für die Sicherheit unseres Landes und unserer Bürger zu bedenken. Aber wir dürfen nicht verschulden, darüber die Werte, für die wir, die westlichen Demokratien, stehen, über Bord zu werfen. ({14}) Bundesinnenminister Otto Schily hat bei diesen Aufgaben die volle Unterstützung der SPD-Bundestagsfraktion. ({15}) Er hat in den letzten Tagen bewiesen, dass er sich den Herausforderungen mit ganzer Kraft stellt. ({16}) Ruhige Hand und kühler Kopf sind auch hier die besseren Rezepte als hektische Milliardenprogramme. ({17}) Wir werden alles, was nötig ist, einleiten und auch finanzieren. Aber wer so tut, als brauche man nur mal eben Milliarden in Geheim- und Sicherheitsdienste zu stecken, um die Terrorszene auszuheben, der macht den Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land etwas vor. ({18}) Wir alle werden möglicherweise Entscheidungen zu treffen haben, die sich niemand von uns jemals erdacht, geschweige denn gewünscht hat. Alle bisherigen Herausforderungen verblassen vor dem, was wir jetzt zu bewältigen haben. Meine Fraktion unterstützt den Bundeskanzler und die Bundesregierung im Einsatz gegen die Herausforderungen dieses Weltterrorismus. ({19}) Wir sind gewiss, dass nur eine geschlossene und entschlossene Antwort der zivilisierten Welt die Menschheit in Zukunft vor dem Grauen des 11. September schützen kann. Freiheit und Demokratie, Menschenwürde und die Achtung vor der jeweils anderen Religion dürfen nicht unter den Trümmern des World Trade Centers begraben werden. ({20}) Das ist die Verantwortung, vor der wir jetzt stehen. Sie zu übernehmen und sie zu tragen wird keinem von uns leicht fallen; aber wir dürfen und können uns dieser Verantwortung nicht entziehen. ({21})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich erteile dem Kollegen Guido Westerwelle, FDP-Fraktion, das Wort.

Dr. Guido Westerwelle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002944, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie werden verstehen, dass auch ich diese Rede hier nicht beginnen möchte, ohne an die Tausenden von Toten zu erinnern, die noch immer unter den Trümmern des World Trade Centers und des Pentagons liegen. Sie sind Opfer eines feigen, eines hinterhältigen Terroranschlages. Unsere Gedanken und Gefühle sind bei ihnen, ihren Angehörigen und Freunden. Als jemand, der sehr viel in den USA unterwegs ist, meine ich - da werden mir viele Kolleginnen und Kollegen zustimmen -: Es war eine Sternstunde, zu erleben, wie am vergangenen Freitag 200 000 Menschen in Berlin auf die Straße gegangen sind, um Solidarität mit den Amerikanern und mit den Opfern in Amerika zum Ausdruck zu bringen. ({0}) Ich denke, dass wir jetzt alle in diesem Hause überparteilich gefragt sind. Deswegen, Herr Bundeskanzler, möchte ich Ihnen auf Ihre Regierungserklärung zuerst antworten: Sie haben hier eine würdige Regierungserklärung abgegeben und ich möchte Ihnen jedenfalls für die Oppositionspartei FDP zusagen und zusichern, dass das, was Sie gesagt haben, was Sie hier als Kurs bestimmt haben, die Zustimmung der Freien Demokraten findet. Jetzt geht es nicht darum, den Parteienstreit fortzusetzen, sondern jetzt geht es darum, dass wir alle unsere Verantwortung wahrnehmen, ob wir auf der Oppositionsseite oder auf der Regierungsseite sitzen. Wir als Freie Demokraten sind dazu bereit. ({1}) Das ist eine wichtige Herausforderung für das gesamte Bündnis. Deswegen kann man an diesem Tage hier nicht sprechen, ohne auch auf die besondere Situation der Deutschen hinzuweisen. Wir sind heute Morgen vor dem Reichstagsgebäude allesamt an drei Demonstranten vorbeigegangen. Bei uns in Berlin ist es das gute Recht dieser Demonstranten, auch unmittelbar vor dem Reichstag zu demonstrieren. Aber es sei schon erlaubt, an Folgendes zu erinnern: Diese drei Demonstranten würden nicht demonstrieren, wenn die Vereinigten Staaten nicht die Freiheit und den Frieden in Europa und in Berlin gesichert hätten. ({2}) Wir alle wären nicht hier. Wir könnten hier nicht sprechen. Deutschland hat den Tyrannen nicht aus eigener Kraft überwunden, sondern mithilfe der Amerikaner und ihrer Verbündeten. Das ist weit mehr als nur eine dankbare Floskel. Das ist nach meiner Überzeugung vielmehr ein Ausdruck der persönlichen Verantwortung, die wir jetzt haben. John F. Kennedy hat einmal gesagt: „Ich bin ein Berliner.“ Er wollte damit die Verantwortung seines Landes, die Freiheit in Berlin zu sichern, zum Ausdruck bringen. Wenn wir jetzt sagen: „Wir stehen fest an der Seite der Vereinigten Staaten“, dann ist das Jahrzehnte später unser Beitrag dazu, den Frieden und die Freiheit in der Welt zu sichern. Diese große Verantwortung haben jetzt alle Demokraten. Ich denke, in den letzten Tagen konnte man erkennen, dass unser demokratisches Gemeinwesen dieser Verantwortung weiß Gott gerecht wird. ({3}) Ich freue mich übrigens darüber, dass die Ansichten mancher, die in dieser Situation mit den üblichen antiamerikanischen Reflexen reagieren - dies erfolgt selbst am heutigen Tage; bestimmten Kommentaren in süddeutschen Zeitungen habe ich dies heute entnommen -, im Augenblick widerlegt werden. Denn die Vereinigten Staaten von Amerika handeln, wie es einer reifen Demokratie entspricht: entschieden, aber auch verantwortungsvoll. ({4}) Im gemeinsamen Kampf gegen den Terrorismus und bei der Erhaltung der inneren und äußeren Sicherheit kann es keinen Parteienstreit geben. Deutschland verdient eine parteiübergreifende Verantwortung. Die FDP ist dazu bereit. Wir werden mit Sicherheit erleben, dass das Militär, aber auch die inneren Vollzugsbehörden der Polizei im Rahmen der Terrorismusbekämpfung handeln werden. Aber ich finde, wir sollten bei alledem das Politische nicht aus den Augen verlieren: Wir werden den Terrorismus in der Welt nicht in erster Linie mit Militär und Polizei, sondern nur mit politischen Lösungskonzepten bekämpfen können. ({5}) In dieser Situation ist festzustellen: Die Bevölkerung erwartet von uns zu Recht, dass wir entschieden handeln, um den Terrorismus zu bekämpfen. Aber sie erwartet von uns auch, dass wir so besonnen handeln, dass der Frieden in Europa erhalten bleibt. Es gibt einen bemerkenswerten Gedanken in dem fabelhaften Buch „Kassandra“ von Christa Wolf, der mir in diesen Tagen immer wieder in den Sinn gekommen ist. Sie schreibt dort: Wann Krieg beginnt, das kann man wissen, aber wann beginnt der Vorkrieg. Falls es da Regeln gäbe, müsste man sie weitersagen. Ich persönlich bin zu dem Ergebnis gekommen: Wenn Politiker mehr über Kriegsszenarien als über Friedenslösungen sprechen, dann beginnt ebendieser Vorkrieg. Die Bevölkerung erwartet von uns zu Recht, dass wir uns zunächst darüber unterhalten, wie man einen solchen Prozess hin zum Krieg verhindern kann. ({6}) Es geht jetzt nicht um eine einseitige Fixierung auf das Militärische. Wir brauchen vielmehr zuallererst politische Lösungskonzepte. Politiker, die sich jetzt in öffentlichen Interviews über Kriegsszenarien äußern, denen sollte man sagen: Friedensszenarien sind jetzt bei uns in der Bevölkerung gefragt. ({7}) Gleichwohl ist es notwendig, Entschiedenheit und Härte zu zeigen. Gleichwohl ist es natürlich auch notwendig, über die Rolle der Bundeswehr zu sprechen. Wir können nicht so tun, als gäbe es hier keine Probleme. Meiner Einschätzung nach sollten wir in dieser Debatte zunächst einmal über Prävention und nicht nur über Repression sprechen. Dabei geht es auch um regionale Konfliktlösungsmechanismen. Wenn etwas in diesen Tagen klar geworden ist, dann das, dass es auf dieser einen Welt keine regionalen Konflikte mehr gibt, von denen andere Teile der Welt unbetroffen sein könnten. Jeder regionale Konflikt ist in Wahrheit auch ein weltweiter Konflikt. Jeder ungelöste regionale Konflikt trägt den Keim in sich, auch bei uns Unglück zu säen. Deswegen müssen wir auch und gerade jetzt in diesen Zeiten eine globale politische Verantwortung wahrnehmen, wenn es um die Konfliktlösung im Nahen Osten geht. Wir erneuern hier unseren Vorschlag und appellieren an Sie als Bundeskanzler und an den Außenminister, diesen Vorschlag in der Europäischen Union einzubringen. Es geht darum, dass wir als Lösung eine Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit im Nahen Osten anbieten, dass wir sie initiieren; denn man hört viel zu oft, man könne im Nahen Osten niemals zum Frieden finden, dort sei alles so verhärtet, das sei nicht mehr zueinander zu führen, das könne nur noch militärisch auseinander geschlagen werden. Dies ist sträflicher, ja geradezu tödlicher Leichtsinn, meine Damen und Herren. So wie es uns in Mitteleuropa, im Nachkriegsdeutschland, im Nachkriegseuropa gelungen ist, aus Erbfeinden Freunde zu machen, so ist es auch in anderen Regionen der Welt möglich, Menschen miteinander zu versöhnen, wenn der Wille und die Anstrengung groß genug sind. Das muss erstes Ziel der deutschen Politik sein. ({8}) Ich will Ihnen, Herr Bundeskanzler, und der Bundesregierung in dieser Debatte ein paar Bemerkungen aber nicht ersparen. Wir haben die Debatte über den Haushalt unterbrochen, als uns die Nachricht von diesem schrecklichen Terroranschlag im wahrsten Sinne des Wortes getroffen hat. Wir werden diese Debatte über den Haushalt aber fortsetzen. Wir müssen sie auch fortsetzen. Vorgestern meldete die Deutsche Presse-Agentur eine Erklärung eines Sprechers des Verteidigungsministeriums. Dieser verglich die Situation der Bundeswehr mit einem Kaufhaus, in dem viele leere Regale stehen und mehrere Abteilungen wegen Umbaus geschlossen sind. Dies sagt nicht ein Oppositionspolitiker, sondern ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. Herr Bundeskanzler, wenn es Staatsräson ist, dass jetzt auch die Opposition zum Bündnis steht - und wir tun das -, dann ist es Ihre Staatsräson, dafür zu sorgen, dass die Bundeswehr entsprechend anständig ausgestattet wird. ({9}) Diese Strukturfragen haben wir zu beantworten und ich gehe davon aus, dass Sie, Herr Finanzminister, einen korrigierten Haushalt vorlegen werden. Ich möchte an das anknüpfen, was Sie, Herr Kollege Struck, gesagt haben. Sie haben gesagt, man dürfe nicht den Eindruck erwecken - Sie haben völlig Recht dabei -, dass dann, wenn man nur Milliarden in die Terrorismusbekämpfung stecken würde, die Probleme gewissermaßen gelöst seien. Sonst würde man den Bürgern etwas vormachen. Da haben Sie Recht. Ich sage Ihnen aber auch: Wenn wir diese Milliarden D-Mark nicht in die Terrorismusbekämpfung stecken, lösen wir die Probleme auch nicht und machen den Bürgerinnen und Bürgern auch etwas vor. ({10}) Deswegen ist es notwendig, dass wir in der Diskussion über die innere Sicherheit noch auf das Folgende hinweisen: Herr Innenminister, das, was rechtsstaatlich notwendig ist, um Freiheit und Sicherheit in Deutschland zu gewährleisten, werden wir mit Ihnen gemeinsam beschließen. Daran gibt es überhaupt keinen Zweifel. Aber ich füge auch hinzu: In meinen Augen beruht das Problem der inneren Sicherheit nicht zuerst auf einem Gesetzesdefizit, sondern auf einem Vollzugsdefizit. Die Ausstattung der Polizeibehörden - übrigens auch der Verfassungsschutzämter - in Deutschland lässt zu wünschen übrig. Dies ist eine finanzielle, eine haushaltspolitische Herausforderung. ({11}) Eine bessere Ausstattung ist notwendig. Ich denke, dass wir dieses Problem lösen werden. Antworten Sie darauf! Richten Sie sich darauf ein! Ich möchte zum Schluss gerne noch einen Gedanken in diese Debatte einführen. Es ist ein Gedanke, der mir ebenfalls sehr wichtig ist. Alle haben darauf hingewiesen, dass man nicht im Namen von Religion derartige Verbrechen begehen kann. Das ist völlig richtig. Ich möchte es aus meiner Sicht noch einmal sagen: So, wie ich als Christ nicht dafür in Haftung genommen werden möchte, dass in Nordirland kriminelle Fundamentalisten Schulkinder bombardieren und glauben, sie täten das im Namen der Bibel, so ist es auch unzulässig, Andersgläubige in Haftung zu nehmen, weil sich Straftäter auf den Koran berufen. Bei dem einen geht es nicht um die Bibel, bei dem anderen nicht um den Koran. Beides sind Verbrechen. ({12}) Das möchte ich - gerade als Liberaler, der unverdächtig ist, dass es ihm an Toleranz mangeln würde - zur wehrhaften Demokratie sagen. ({13}) - Ich glaube, das sind wir alle in diesem Augenblick. Oder etwa nicht? Ich meine das übrigens ganz ernst. Bezogen auf das liberale Verständnis möchte ich Ihnen etwas sagen, was ich gerade in dieser Zeit für ganz besonders wichtig halte: Toleranz ist gut. Toleranz gegenüber Intoleranz ist in meinen Augen aber nicht liberal, sondern dumm. ({14}) Darauf muss man in dieser Situation hinweisen; denn darum geht es. Herr Bundeskanzler, für das, was Sie in Ihrer Regierungserklärung gesagt haben, haben Sie die Rückendeckung der Freien Demokraten. Wir gehen davon aus, dass Sie uns auch weiter informieren. Zu dem, was Sie uns nicht gesagt haben, können wir uns nicht äußern. Wir haben Verständnis dafür, dass Sie zwar mehr wissen, aber natürlich nicht alles sagen können. Sie sehen ein, dass wir unsere Zustimmung nur Punkt für Punkt zu dem, was Sie in Ihren Erklärungen geäußert haben, geben können. Wenn Sie einen entschiedenen, aber zugleich auch besonnenen Weg gehen, werden Sie die Unterstützung über die Parteigrenzen hinweg erhalten. Das kann ich zumindest für die Freien Demokraten in diesem Hause sagen. ({15})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich erteile Kollegin Kerstin Müller, Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.

Kerstin Müller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002741, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Acht Tage sind seit dem schrecklichen Anschlag auf das World Trade Center und das Pentagon in den USA vergangen. In Amerika versuchen die Menschen inzwischen, wieder so etwas wie Alltag zu leben: Die Börse hat wieder geöffnet, die Straßen füllen sich wieder mit Menschen und die Kinder gehen wieder in die Schule. Aber nicht nur dort, sondern auch hier merken wir alle, dass das nicht so schnell geht. Die Bilder lassen sich nicht so schnell verdrängen - mir geht das jedenfalls so -: Frauen, die ihre Männer suchen, Fotos von Vermissten, die Angehörige in den Straßen von Manhattan aufgehängt haben, und Hilfsmannschaften, die seit einigen Tagen nur noch Tote bergen. Ich glaube, es wird lange dauern, bis wir alle wirklich begreifen, was dort eigentlich geschehen ist. Wir Politiker neigen ja dazu, alles und jedes sofort zu kommentieren. Ich muss Ihnen sagen: Angesichts dieser Katastrophe fällt es mir persönlich schwer, auch nur über meine eigenen Empfindungen zu sprechen. Ich glaube, ganz vielen Menschen in Deutschland geht das genauso. Bei den Hunderttausenden, die am Freitag vor dem Brandenburger Tor standen, waren das tief und ehrlich empfundene Mitgefühl für die Menschen in Amerika, aber auch die Hilflosigkeit, die Ratlosigkeit und die Sorge vor dem, was auf uns zukommt, zu spüren. Wir sind angesichts des Ausmaßes von Gewalt und Terror fassungslos. Wir spüren alle: In der vergangenen Woche hat sich etwas Grundlegendes verändert. Es ist eine politische Zäsur. Nichts wird mehr so sein wie vorher, weil der Terror eine neue Dimension bekommen hat. Das war nicht nur ein Angriff auf Tausende unschuldiger Menschen. Das war ein Anschlag auf die demokratische und offene Gesellschaft, ein Anschlag auf die Werte, die das Fundament unserer Gesellschaft bilden: auf Demokratie, Freiheit und Toleranz, ja, auf die Menschlichkeit selbst. Weil das so ist, müssen wir dazu Stellung beziehen, so ängstlich und besorgt wir auch sein mögen. Wir können uns nicht wegducken, weil wir Teil dieser Wertegemeinschaft sind und weil der Angriff auch uns galt. Deshalb haben wir Amerika unsere Solidarität versichert, nicht nur aus einer Bündnisverpflichtung heraus, nicht nur weil uns Amerika beim Aufbau von Demokratie und Liberalität unterstützt hat. Wir sind solidarisch, weil wir uns in der Verteidigung unserer Werte, der Verteidigung von Demokratie, Freiheit und Toleranz, gegen Terror und Unmenschlichkeit einig sind. ({0}) Wir, meine Fraktion, meine Partei, stehen zu dieser Solidarität. Wir meinen: Es war richtig und notwendig, dass die Bundesregierung der Feststellung des Bündnisfalls im NATO-Rat zugestimmt hat. Alles andere hätte die Solidaritätserklärung vom selben Tag zu Worten ohne Wert gemacht. ({1}) Dennoch fragen sich viele Menschen besorgt: Welche Konsequenzen wird dies haben? Bei vielen wächst die Angst vor einer Eskalation der Gewalt. Werden die USA einen Rachefeldzug starten? Wird das Bündnis durch seine Beistandspflicht in eine unkalkulierbare Zukunft steuern? Wir müssen hier und heute nicht über einen Einsatz der Bundeswehr beraten. Wenn diese Frage ansteht, werden wir zu gegebener Zeit im Bundestag darüber zu beraten haben. Ich betone: Die deutsche Zustimmung zum Bündnisfall löst keinen Automatismus aus. Wir haben den USA unsere Unterstützung zugesichert. Dies enthebt uns aber nicht der Verantwortung, dass wir, der Deutsche Bundestag, in eigener Souveränität über unseren Beitrag zur Ergreifung der Täter und zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus zu entscheiden haben. Dennoch kann es sein, dass begrenzte Militäraktionen nötig sind, um den Terror und seine Strukturen gezielt zu bekämpfen. Ich hoffe und erwarte aber auch, dass die USA, die Bündnispartner, mit der gleichen Besonnenheit und klugen Zurückhaltung vorgehen, die sie in den vergangenen Tagen gezeigt haben. Natürlich haben die USA nach dem Völkerrecht das legitime Recht auf Selbstverteidigung gegen diesen furchtbaren Angriff. Aber das Völkerrecht kennt weder Rache noch Vergeltung. Das Völkerrecht steht für universale Werte, die wir gemeinsam verteidigen müssen. Ich kann daher nur davor warnen, den Eindruck zu erwecken, wie jetzt in so manchem Leitartikel und so mancher Rede geschehen, als könne man das Problem des internationalen Terrorismus allein militärisch lösen. Wir haben es mit einer ganz neuen Bedrohung zu tun, die es so und in dieser Brutalität vorher nicht gab. Wir haben es mit einem Gegner zu tun, der aus dem Hinterhalt zuschlägt. Kein Land und keine Regierung greift uns an, sondern ein Gegner mit vielen Gesichtern. Es ist ein weltweit verzweigtes Netz des Terrors, das uns bedroht. Es ist weder ein Mangel an Solidarität noch ein Mangel an Entschlossenheit, wenn wir angesichts dieser Bedrohung fragen: Was ist das richtige und angemessene Mittel gegen diese Bedrohung? Gerade dieser Gegner erfordert zuerst Besonnenheit und kluge Abwägung und dann zielgerichtetes und entschlossenes Handeln. ({2}) Gerade die Unberechenbarkeit seiner Reaktion erfordert unsererseits eine Reaktion, die nicht die Gefahr der Eskalation mit unabsehbaren Folgen für den internationalen Frieden und nicht zuletzt auch für die Sicherheit der Menschen in Deutschland in sich birgt. Die erste Antwort auf die Frage nach den richtigen und angemessenen Mitteln haben die USA selbst gegeben, indem sie auf sofortige Gegenschläge verzichtet und zunächst die Übereinstimmung aller Bündnispartner gesucht haben. Sie haben sich damit für den multilateralen Weg entschieden. Der andere, der unilaterale Weg wäre der nationale Alleingang gewesen, der mit ziemlicher Gewissheit zu einer unmittelbaren Eskalation geführt hätte. Wir verbinden damit die Hoffnung, dass die USA auch die weiteren Maßnahmen zur Ergreifung der Täter und ihrer Hintermänner sowie den Kampf gegen den internationalen Terrorismus gemeinsam mit den Bündnispartnern abstimmen werden. Schon heute ist der deutsche Außenminister in den USA, um weitere Gespräche zu führen. Auch deshalb war es richtig, dass die NATO-Partner den Bündnisfall erklärt haben, vorausgesetzt, der Angriff erfolgte vom Ausland aus. Sie haben damit nicht nur dem NATO-Vertrag entsprochen, der 1999 ausdrücklich für den Fall terroristischer Angriffe erweitert wurde. Indem wir uns bereit erklärt haben, den Bündnisfall festzustellen, haben wir die USA darin bestärkt, den Weg des gemeinsamen Vorgehens einzuschlagen und die Hilfe sowie auch den Rat der Bündnispartner in Anspruch zu nehmen. ({3}) Nicht nur das: Auch der Schulterschluss mit den Vereinten Nationen wurde offensichtlich ganz bewusst gesucht. Das ist in dem Bemühen um ein klares und einmütiges Vorgehen des Weltsicherheitsrates deutlich geworden. Russland und China stehen an der Seite der USA. Nahezu alle arabischen Staaten - ich möchte das besonders betonen - haben unmissverständlich und klar die Anschläge verurteilt. Yassir Arafat hat gestern erklärt, dass sich die palästinensische Autonomiebehörde mit all ihren Mitteln an einem internationalen Antiterrorbündnis beteiligen wird. Das heißt, es ist ein großes, globales Bündnis entstanden, getragen von der Solidarität mit Amerika, aber auch von einem gemeinsamen Ziel, nämlich dem Kampf gegen den internationalen Terrorismus. Wann hat es je eine so große internationale Übereinstimmung gegeben? Diese Entwicklung könnte auch eine große, historische Chance bedeuten. Es könnte jetzt ein Neuanfang gelingen, und zwar nicht nur im Kampf gegen den internationalen Terrorismus, sondern auch im Kampf gegen Gewalt, Extremismus und Intoleranz insgesamt. ({4}) Es könnten neue Allianzen im Kampf gegen Armut und Ausgrenzung, gegen Rassismus und für den Schutz der Menschenrechte möglich werden. Diese Chance sollten wir nutzen. Eines sollte auch klar sein: Dieser Kampf darf sich nicht in erster Linie auf militärische Mittel stützen. Wir brauchen eine weltweite, gemeinsame internationale Offensive gegen die Strukturen des Terrorismus. Dazu gehört - einige Vorredner haben es schon gesagt -: Wir müssen dessen Finanzquellen austrocknen. ({5}) Der Hauptverdächtige, Osama Bin Laden, zum Beispiel kann sich zur Finanzierung seines Netzwerkes auf umfassende Geldquellen stützen. Wir aber wissen auch heute noch viel zu wenig über seine Finanziers. Wenn wir solchen Organisationen den Finanzhahn zudrehen wollen, brauchen wir auf den internationalen Finanzmärkten mehr Transparenz. Wir brauchen eine enge internationale Kooperation der Geheimdienste. Nicht nur die EU-Staaten, auch die USA, China und Russland müssen ihre Waffenexportpolitik überdenken. Vor allem müssen wir unsere Konzepte einer internationalen Strukturpolitik weiterentwickeln, die zu einer Entspannung der Konflikte in den Krisenregionen dieser Welt führen. Es geht darum, allen Menschen dieser Erde die Teilhabe am sozialen Fortschritt und die Chance auf ein besseres Leben zu ermöglichen. Ich sage aber auch: Ohne ein politisches Konzept, das über den Tag hinausweist, ohne ein Angebot zur wirksamen Lösung der sozialen und ökonomischen Konflikte auf dieser Erde, werden wir nicht in der Lage sein, Fanatikern und ihren terroristischen Netzwerken den sozialen Nährboden zu entziehen. An dieser Aufgabe müssen wir arbeiten. ({6}) In diesem Sinne hat Bundespräsident Johannes Rau anlässlich der Kundgebung am letzten Freitag zu Recht gesagt: Der beste Schutz gegen Terror, Gewalt und Krieg ist eine gerechte internationale Ordnung. Deshalb brauchen wir eine Neuausrichtung der Sicherheitspolitik. Im Vordergrund muss dabei stehen, wie den neuen globalen Bedrohungen durch Krisenprävention und zivile Konfliktbearbeitung begegnet werden kann. ({7}) Wie schnell militärische Maßnahmen, Terrorakte und Vergeltungsschläge in eine mörderische Gewaltspirale führen können, zeigt das Beispiel Israel. Gerade der deutsche Außenminister hat in der letzten Zeit alles darangesetzt, Israelis und Palästinenser wieder an den Verhandlungstisch zu bringen, um eine politische Lösung des Konfliktes zu erreichen. ({8}) Ich freue mich, dass es ihm, gemeinsam mit den europäischen Partnern, gerade jetzt gelungen ist, einen Waffenstillstand zwischen den Konfliktparteien zu vereinbaren. Das ist in dieser Situation ein wirklich großer Erfolg. ({9}) Kerstin Müller ({10}) Es zeigt: Gerade in Zeiten wie diesen sind politische Erfolge möglich. Die Konfliktparteien haben die historische Chance ergriffen; sie haben erkannt: Der Weg der Gewalt führt in die Sackgasse und nur eine politische Lösung wird einen dauerhaften Frieden bringen. Beide Seiten müssen jetzt zügig und ohne Wenn und Aber auf der Grundlage des international anerkannten Mitchellplans den Weg zurück, zu friedlichen Verhandlungen finden. Dies ist ein Beispiel: Die Lösung des Nahostkonflikts, die Akzeptanz und die Tatsache, dass die Menschen in Israel friedlich mit den Palästinensern leben, ist ein wichtiger erster Schritt im Kampf gegen den Terror, und zwar ein ganz konkreter politischer Schritt. ({11}) Der notwendige Kampf gegen den extremistischen Islamismus darf nicht zum Kampf gegen den Islam werden. Ein solcher Kampf ist genau das, was die Täter und Hintermänner der Anschläge erreichen wollen. Bedenken Sie: Weltweit gibt es 1 Milliarde Muslime. Sie üben ihre Religion friedlich aus. Viele leben in toleranter Nachbarschaft mit Menschen anderer Kultur und Religion. Viele Muslime sind selbst Opfer von Gewaltherrschaft und terroristischer Verfolgung, zum Beispiel in Afghanistan. Gerade für die Menschen in den arabischen Ländern muss dieser Unterschied klar und sichtbar bleiben. Der jetzt beginnende Kampf gegen den Terrorismus ist nicht der Kampf „Abendland gegen Morgenland“. Wenn dieser Unterschied verwischt wird, dann kann das dazu führen, dass der internationale Terror zusätzliche Unterstützung erfährt. ({12}) Wir sollten sehr darauf achten, dass dieser Unterschied auch in der innenpolitischen Debatte klar zu erkennen ist. Wenn Herr Beckstein dieser Tage - anders als Herr Merz heute - einem Zuwanderungsgesetz erneut eine Absage erteilt, mit der Begründung, er glaube nicht, dass man nach dem Terroranschlag in den USA noch unbefangen darüber diskutieren könne, ob man Leute zum Beispiel aus Irak, Leute aus der arabischen Welt zu uns leichter kommen lasse, dann finde ich das sehr problematisch; denn damit stellt er alle Angehörigen muslimischen Glaubens unter einen Generalverdacht. Dem müssen alle Demokraten entschieden entgegentreten. Eine solche Debatte dürfen wir in Deutschland jetzt nicht lostreten ({13}) Wir dürfen den Kampf der Kulturen auch im Inneren nicht zulassen. Wir brauchen gerade jetzt den Dialog der Kulturen. Auch die muslimischen Gemeinden sind schockiert und trauern. Auch sie haben sich solidarisch erklärt. Wenn sie jetzt von Morddrohungen und Anfeindungen auf der Straße berichten - das ist schon Alltag in Deutschland -, dann muss ich feststellen, dass das sehr gefährliche Entwicklungen sind, und dann müssen wir alles unternehmen, damit unsere ausländischen Mitbürger in Deutschland Schutz und Sicherheit erhalten. Sicherlich müssen wir auch im Innern den Kampf gegen den Terrorismus führen. Es kann zum Beispiel nicht sein, dass extremistische Organisationen unter dem Deckmantel des Religionsprivilegs hier ihr Unwesen treiben, die ohne diesen Status schon längst verboten wären. Es ist daher ein sehr vernünftiger Vorschlag des Bundesinnenministers, das Vereinsrecht entsprechend zu ändern. Aber wir müssen genau prüfen, welche Maßnahmen wirklich zu mehr Sicherheit führen und welche nur vorgeben, es zu tun. Innere Sicherheit im Rechtsstaat zu gewährleisten heißt, die richtige Balance zwischen Sicherheit und Freiheit zu finden. Sicherheit ist die Voraussetzung für Freiheit. Das hat Otto Schily dieser Tage gesagt und das ist richtig. Aber wenn wir jetzt als Reaktion auf die Anschläge in blindem Aktionismus Freiheitsrechte abbauen, dann haben die Terroristen schon gewonnen. Das können wir nicht wollen. ({14}) Herr Kollege Scholz - ich weiß nicht, ob er anwesend ist -, ich finde es absolut unangemessen, wenn Sie jetzt im Windschatten der Tragödie in den USA Ihre alten Lieblingsforderungen vom letzten Jahr durchsetzen wollen: Aufhebung der Trennung von Geheimdienst und Polizei, Einsatz der Bundeswehr im Inneren oder Einrichtung eines nationalen Sicherheitsrates. Ich frage mich: Was soll das? Ohne sorgfältige und gewissenhafte Prüfung der tatsächlichen Sicherheitslage solche Forderungen zu erheben, nenne ich Panikmache. ({15}) Damit führen Sie keine Debatte über das, was notwendig ist. Das schafft auch nicht mehr Sicherheit. Im Gegenteil: Das verunsichert die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land. Uns geht es um die Verteidigung der Freiheit sowie die Verteidigung von Demokratie und Toleranz. Daher können wir im Bereich der inneren Sicherheit keine Schnellschüsse gebrauchen. Vielmehr sind Ruhe und Besonnenheit auch in der Innenpolitik geboten. ({16}) Viele Menschen haben Sorgen. Sie fragen sich: Wie ist es möglich, dass einer der Täter acht Jahre lang unerkannt und unauffällig unter uns lebte, ohne dass es auch nur die geringsten Hinweise gab? Leider muss man antworten: Weder noch so strikte Sicherheitsgesetze oder ein noch so starker Geheimdienst bieten absoluten Schutz vor solchen Tätern. Wir müssen uns die Entwicklung in den USA sehr genau anschauen. Dort wurden allein im letzten Jahr 12 Milliarden US-Dollar für Terrorismusbekämpfung ausgegeben. Die USA haben einen der bestausgestatteten Geheimdienste der Welt und haben für ihn allein im letzen Jahr 30 Milliarden US-Dollar ausgegeben. Dennoch ist es nicht gelungen, diese lange vorbereitete Tat, an der viele Personen im Vorfeld beteiligt waren, zu verhindern. Daher müssen wir doch erst einmal genau analysieren: Wo lagen die Schwachstellen und Fehler? Arbeiten die Dienste mit den richtigen Schwerpunkten? Was muss angesichts der neuen Herausforderungen ihre Aufgabenstellung sein? Kerstin Müller ({17}) Wir müssen uns auch immer wieder klarmachen: Wir wollen eine Gesellschaft von freien Bürgern. Eine Gesellschaft von freien Bürgern bleibt immer verwundbar. Absolute Sicherheit gibt es in der offenen Gesellschaft nicht. Benjamin Franklin hat einmal gesagt - das wurde in der letzten Woche oft zitiert -: Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren. Lassen Sie uns deshalb alle gemeinsam die notwendigen Diskussionen über den richtigen Weg gegen den Terror mit Sorgfalt führen - außen- wie innenpolitisch. Was wir tun, darf das freiheitliche Fundament unserer Gesellschaft nicht beschädigen; denn es geht ja gerade um die Verteidigung unserer freiheitlichen Gesellschaft. Wir müssen sie vor dem Terror schützen - nach innen wie nach außen. Danke schön. ({18})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich erteile das Wort dem Kollegen Roland Claus, PDS-Fraktion.

Roland Claus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003065, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bilder des unfassbaren Leids wird niemand vergessen. Wir alle erleben in diesen Tagen, dass sehr viele Bürgerinnen und Bürger ihre Trauer und Wut, ihre Solidarität mit dem amerikanischen Volk eben auch mit dem Ruf nach Besonnenheit und auch mit der Angst vor Krieg verbinden. Die Politik ist wie selten zuvor in die Pflicht genommen. Herr Bundeskanzler, ich finde, Sie haben Recht: Es geht in der Tat um die Kultur dieser einen immer mehr zusammenwachsenden Welt. Die weinende Schülerin vor der Hedwigs-Kathedrale, die mir in Erinnerung bleibt, ist nicht weniger solidarisch mit den Vereinigten Staaten, nur weil sie uns Politikern zuruft: „Kein Krieg!“. Ich denke, wir sind uns einig: Wenn der globalisierte Terror den globalisierten Krieg zur Folge hätte, dann hätte nicht die Zivilisation, dann hätte der Terror obsiegt. ({0}) Die Logik des Todes ist die Logik der Terroristen. Sie darf aber nicht die Logik einer freien und gerechten Welt werden. ({1}) Der Kampf gegen den globalisierten Terrorismus ist gewinnbar, ein Krieg aber nie. ({2}) Herr Bundeskanzler, ich weiß um die Last, die Sie in diesen Tagen zu tragen haben. Ihre Regierungserklärung verdient Respekt. Aber lassen Sie mich dennoch nachfragen. Ich unterstelle Ihnen bekanntlich nicht, dass Sie der kriegerischen Vergeltung das Wort reden. Aber warum eigentlich haben Sie kein Wort zur Rede des Bundespräsidenten Johannes Rau auf der Berliner Kundgebung gefunden? ({3}) Dann war da noch das Wort von Frau Merkel an die Adresse des Bundespräsidenten, wir dürften uns nicht ins „Hinterzimmer der Gemütlichkeit“ zurückziehen. Solche Sätze lassen leider ahnen, wohin die in Sprache gebettete Verächtlichmachung von Besonnenheit und Zurückhaltung führen kann. ({4}) Frau Merkel, wir wollen auch keine Spirale der Wortgewalt. Über alle Parteigrenzen hinweg besteht große Einigkeit darüber, dass der 11. September einen tiefen Einschnitt in der Geschichte darstellt. Wenn das richtig ist - wie auch ich finde -, bedarf es aber auch ganz neuer Antworten auf neue globale Herausforderungen. Ich habe momentan jedoch das Gefühl, dass auf diese Zäsur nicht mit wirklich neuen, sondern immer noch mit ziemlich alten Überlegungen reagiert wird. Wenn die militärische Vergeltung im Mittelpunkt steht, ist das alt. Wenn in der Innenpolitik nach Einschränkung individueller Freiheiten gerufen wird, ist das alt. Dies alles ist in der Vergangenheit schon da gewesen ({5}) und es hat nichts genutzt. ({6}) Die Welt braucht eine neue Sicherheitsarchitektur. Den globalisierten Terrorismus kann die Völkergemeinschaft nur gemeinsam wirksam bekämpfen. Zivile Konfliktlösungen müssen Vorrang haben und die Gefahren einer Spirale der Gewalt müssen eingedämmt werden. ({7}) Indem wir dies sagen, wissen wir natürlich, dass die Ergreifung der Schuldigen nicht ohne repressive Maßnahmen vonstatten gehen kann. Über das Maß dieser Repression kann aber erst entschieden werden, wenn die Schuldigen ausgemacht sind und ihr Aufenthaltsort ausfindig gemacht wurde. Solche repressiven Maßnahmen müssen dann mit den Betreffenden, so auch den arabischen Staaten, und nicht gegen sie vereinbart werden. ({8}) Ein militärischer Schlag, dem Unschuldige zum Opfer fallen, wird nicht nur das Leben dieser Unschuldigen kosten, er wird auch seinerseits wieder neue Rufe nach Rache und Vergeltung hervorbringen. Dies und nichts anderes hat Gregor Gysi gemeint, als er überlegt hat, wie denn die Verantwortlichen für den Terror zu ergreifen sind. Ich will Ihnen sagen: Auch diese Frage ist der Linken natürlich nicht egal. ({9}) Meine Damen und Herren, auch wir meinen: Die Welt darf nicht in Gut und Böse aufgeteilt werden. Kein Volk dieser Erde ist ein Schurkenvolk; keine Religion der Welt ist eine Schurkenreligion. Pauschale Feindbilder werden Kerstin Müller ({10}) pauschale Hassreaktionen hervorbringen. Das kann niemand wollen. Die technische und logistische Realisierung der Anschläge von New York und Washington zeigt: Dagegen hilft keine Armee; dagegen hilft kein Raketenschutzschild. Eher ist zu befürchten, dass in der Logik des Wahnsinns der Gegenschlag bereits kalkuliert ist. Staatliche Unterstützung von Terror muss geächtet und mit politischen und ökonomischen Mitteln überwunden werden. Entschiedener als zuvor haben wir darüber nachzudenken, wie endlich die Waffenexporte eingeschränkt und die Finanzstrukturen des internationalen Terrorismus zerschlagen werden können. ({11}) Auch wir - ich will das noch einmal betonen - haben keine fertigen Rezepte für die Lösung der komplizierten Probleme. Nur: Es muss doch auch in Deutschland legitim sein, vor einer Spirale der Gewalt zu warnen, ohne des Antiamerikanismus verdächtigt zu werden. Es sind in der Gesellschaft sehr viele, die wie wir vor dieser Spirale der Gewalt warnen: Kirchen, Gewerkschaften, Verbände, Friedensorganisationen. Unter den Besorgten sind ganz Junge genauso wie auch die Älteren, die aus eigener Erfahrung wissen, was Krieg wirklich bedeutet. Der Terror darf keine Gewalt über uns gewinnen. Jetzt muss sich erweisen, wie zivilisiert die zivilisierte Welt ist. In Berlin leben Zehntausende muslimischer Mitbürgerinnen und Mitbürger als Mitbürger, wie gesagt, nicht als Feindbilder. Es ist nicht unsolidarisch oder antiamerikanisch, wenn sich die PDS-Fraktion entschlossen hat, den Beschluss des NATO-Rats nicht mitzutragen. Es muss erlaubt sein, sich dem Vorrang oder dem Übermaß des Militärischen zu entziehen. ({12}) Eine Kriegsrhetorik wie die von der Notwendigkeit eines - ich zitiere - „Kreuzzuges“, die der Präsident der Vereinigten Staaten jetzt gewählt hat, macht es schwer, kritisch solidarisch zu sein. Es ist die Verantwortung der NATO-Verbündeten, hier klare Antworten einzuholen. Wir dürfen doch fragen: Was eigentlich ist das Ziel eines Militärschlages? Was soll an seinem Ende stehen? Mit welchem Ergebnis kommt man aus ihm wieder heraus? Es bleibt uns die Hoffnung, dass aus militärischer Rhetorik nicht analoge Militärpolitik wird. Neues Denken von Sicherheitspolitik verdient eine Chance. Nein, die Terroristen sind weder Repräsentanten noch die Stimme des in bitterer Armut lebenden Teils der Welt. Nichts rechtfertigt ihre Anschläge. Dennoch muss es zu einer neuen Sicherheitsarchitektur der Welt gehören, mehr für Entwicklung und sozialen Ausgleich zu tun, ({13}) damit dem Terror der Nährboden entzogen wird. Gemeinsames Handeln aller Staaten gegen den Terrorismus ist nur in einem solidarischen Verbund aller Staaten möglich. Die NATO ist nur in einem Teil der Welt ein solcher Verbund. Die Hälfte der Welt kann nicht die Antworten für die ganze Welt geben. Die UNO hat eine Antiterrorkonvention beschlossen, die, wenn sie weltweit ratifiziert wird, Grundlage für entschiedene weltweite Schritte gegen den Terrorismus sein kann. ({14}) Friede muss gerecht sein und sich mit Wohlstand - sei er auch relativ - verbinden. Wer Sicherheit will, der muss sich real für eine gerechte Welt und für eine neue Weltwirtschaftsordnung einsetzen. Friede muss auch innerhalb der Gesellschaft freiheitlich und demokratisch sein. Es geht um das Gemeinwohl. Also muss die Gemeinschaft mehr Mittel für soziale, kulturelle und bildungspolitische Integration aufbringen. Mehr Transparenz, eine starke Zivilgesellschaft und interkultureller Austausch sind Markenzeichen eines modernen Weges zu mehr Sicherheit. Natürlich sehen auch wir die Notwendigkeit, Maßnahmen zur Verbesserung der Flugsicherheit zu ergreifen und zu wirksameren Formen der Terrorismusbekämpfung im Landesinnern zu gelangen. Aber Bürgerrechte, Demokratie und Weltoffenheit dürfen nicht im Zeichen des Zorns abgebaut werden. ({15}) Es genügt auch nicht, bei den geplanten Maßnahmen nur in Kategorien der Repression zu denken. Es ist doch angebracht, zur gemeinsamen Terrorismusprävention mit nicht deutschen Verbänden und Vereinen in der Bundesrepublik in Beratung zu treten und dieses Thema auf die Tagesordnung zu setzen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben es in dieser Legislaturperiode noch ein Jahr miteinander zu tun. Wie auch immer sich jede und jeder heute entscheidet, ich habe die Hoffnung, dass wir uns ganz am Anfang dieser Konflikte so verhalten, dass wir uns nach diesem Jahr immer noch in die Augen sehen können. Ebenso wie ich keinem Abgeordneten unterstelle, unbedacht oder gar kriegslüstern zu sein, sollten Sie einer kritischen Minderheit im Hause nicht unlautere oder unerlaubte Motive unterstellen. ({16}) Wenn wir dem globalisierten Terror mit globalisierter Vernunft und globalisierter Gerechtigkeit begegnen, dann kann Friede sein. Ich danke Ihnen. ({17})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich erteile dem Kollegen Gernot Erler, SPD-Fraktion, das Wort.

Dr. h. c. Gernot Erler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000489, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Terrorakte vom 11. September sind eine einzige große Herausforderung - gemessen an der Zahl der Opfer, gemessen an dem Umfang der Zerstörungen, gemessen an der Symbolkraft der Ziele, gemessen an der Inszenierung, die die Medien der Vereinigten Staaten zwang, die eigene Verwundung abzuRoland Claus bilden und in die ganze Welt zu versenden, gemessen auch an dem Umstand, dass die Täter womöglich noch in der Selbstgewissheit des Gelingens ihrer Untat diese mit spekulativen Börsengewinnen verbunden haben. Es gibt kein erkennbares, definierbares Ziel dieser Anschläge, nein es handelt sich um die Herausforderung an sich. Wir erkennen, dass uns die Verwundung und die Demütigung der stärksten Macht innerhalb der Weltgemeinschaft als rein zerstörerischer Selbstzweck gegenübertritt. Diese Herausforderung hat eine ungeheure Spannung über die ganze Welt gelegt. Sie hat Amerika und die ganze Weltgemeinschaft mit hinein in eine sehr ernste Bewährungsprobe gestellt. Wir alle stehen mitten in dieser Prüfung: die Bundesregierung, die Landesregierungen, der Bundestag, unsere Sicherheitsorgane, die seit einer Woche Enormes leisten, bis an die Grenze der Belastbarkeit gehen und denen wir dafür Dank und Vertrauen aussprechen müssen, aber auch jeder Einzelne. ({0}) Liebe Kolleginnen und Kollegen, der vorgelegte Entschließungsantrag vergewissert sich noch einmal der Empfindungen, die wir in dieser Woche geteilt haben, und der Schritte, die wir in diesen sieben Tagen gemeinsam gegangen sind. Eigentlich ist der Entschließungsantrag die kürzeste Zusammenfassung dieser Tage nach dem Schock. Da ist die Rede von „Bewunderung“: ein seltenes Wort in der parlamentarischen Arbeit, aber ehrlich gemeint. Sie bezieht sich auf die menschliche Antwort, die Amerika auf die eigene Verwundung gegeben hat, auf dieses Aufbäumen der amerikanischen Gesellschaft, für das exemplarisch Bürgermeister Giuliani richtige Worte fand, und auf diese tausendfache spontane Hilfsbereitschaft und die Zeichen von Menschlichkeit. Das ist eine eindrucksvolle Antwort, die beste Antwort auf die brutalen, menschenverachtenden Gewalttaten gewesen. ({1}) Der Entschließungsantrag würdigt auch die ungezählten spontanen Gesten in Deutschland: in jedem Dorf, in jeder Stadt, bei jedem Zusammentreffen von Menschen in diesen Tagen. Diese haben von den Menschen her eine Verbundenheit und Anteilnahme demonstriert, die - das müssen wir bekennen - keiner von uns durch noch so gut gewählte Worte hätte zum Ausdruck bringen können. Ich kann nur sagen: Das hat gut getan - uns, aber auch denen, denen diese Zeichen gelten. Der Entschließungsantrag würdigt auch die politischen Reaktionen in dieser Woche nach der Herausforderung: die bemerkenswerten Beschlüsse der Vereinten Nationen, die Beschlussfassung der Allianz und das, was Bund und Länder zum Schutz aller Bürger in unserem Land im Inneren getan haben und tun werden. Alle diese Maßnahmen konnten aber eines nicht verhindern: Nach all den Zeichen der Anteilnahme und Verbundenheit verbreitet sich doch um uns herum jetzt Angst aus vor dem, was kommen könnte. Es ist die Angst vor dem Krieg; sie schlägt sich in jeder Diskussion, in zahlreichen Anrufen, Briefen und Appellen nieder, die uns Abgeordnete täglich erreichen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist unsere Pflicht, diese Angst ernst zu nehmen - und wir tun das; ich versichere das. Es ist aber auch unsere Pflicht als Abgeordnete, Antworten in der Sache auf diese Sorgen und Befürchtungen zu geben. Ich will das ein Stück weit versuchen und dabei auch zeigen: Es gibt auch Hoffnung. Ich wende mich der politischen Reaktion in den Vereinigten Staaten zu. Hätten wir überrascht sein können, wenn die verwundete Großmacht noch mitten im ersten Schmerz ausgeteilt hätte, sozusagen einen zwangsweise ungenauen Befreiungsschlag geführt hätte? Ich bin froh, dass es nicht passiert ist. ({2}) Wir hören jetzt einige Worte, die uns erschrecken, auch wenn wir ihre nach innen gerichtete Funktion erkennen. Entscheidend ist aber: In der Praxis, faktisch, passiert etwas ganz anderes. Wir sind Zeuge der Bildung eines breiten Bündnisses, einer großen Allianz gegen den Terrorismus, die auf Dauer angelegt ist, die Russland, China und auch arabische und islamisch orientierte Staaten einbezieht, ja sogar solche, bei denen hiermit eine Umkehr verbunden sein könnte. Diese große Allianz ist keine, die sich zum Krieg hinwendet, sondern eine, die auf umfassende politische, diplomatische, ökonomische und kulturelle Mittel setzt. Wir sagen ganz entschieden: Das ist der richtige Weg. Wir unterstützen diesen Weg. Es gibt uns Hoffnung, dass Amerika in diesem Moment der Erschütterung die Umsicht und die Kraft zeigt, diesen Weg einzuschlagen. Wir wollen, dass diese große Allianz gegen die Geißel der Gewaltanwendung und des Terrorismus von Dauer ist. Wir wollen aber auch noch etwas anderes: Die Stunde einer großen Gefahr ist manchmal auch die Geburtsstunde einer großen Vision, einer umwälzenden Erinnerung. Er selbst und seine schwarzen Brüder und Schwestern in Amerika waren in größter Bedrängnis, als Martin Luther King unter dem Motto „I have a dream“ die Konturen einer besseren Gesellschaft, einer besseren Welt zeichnete. Dieser Traum hatte nachhaltige politische Auswirkungen. Wir haben die Chance, aus der Allianz gegen etwas gegen den Terrorismus -, die sich jetzt bildet, eine Allianz für etwas zu machen. ({3}) Wir müssen eine umfassende Umkehr heraus aus der Gewaltanwendung in der internationalen Politik organisieren. Jede bessere Weltordnung beginnt mit diesem Weg, mit dieser Entscheidung. Der Schreck, der uns allen in die Glieder gefahren ist, muss neue Kräfte für diese Umkehr wecken. Deswegen ist es in der Tat ein Zeichen der Hoffnung, dass Yassir Arafat jetzt und gerade jetzt einen umfassenden einseitigen Waffenstillstand ausgerufen hat und dass die israelische Regierung mit dem Stopp aller offensiven militärischen Aktionen geantwortet hat. ({4}) Eine Antwort auf die Kriegsangst ist also aufzuzeigen: Es gibt Hoffnung. Es gibt gute Ansätze. Wir sind entschlossen, diese zu verfolgen. Aber es gibt für uns als Abgeordnete noch eine andere Pflicht. Wir müssen denjenigen, die Angst vor dem Schlimmen haben, das noch passieren kann, klarmachen, dass etwas sehr Schlimmes, etwas sehr Gefährliches schon passiert ist. Der Ernstfall ist schon da. Er lauert nicht erst vor der nächsten Tür. Dieser Ernstfall ist am 11. September eingetreten. Dieser Triumph der Gewalt und diese Verhöhnung aller Gebote internationalen und menschlichen Zusammenlebens dürfen so nicht stehen bleiben, dürfen keinen Bestand haben. Sie müssen auch eine direkte Beantwortung finden. Die Vereinten Nationen wissen, warum sie eine umfassende internationale Anstrengung verfolgen, um die Täter zu stellen und zu bestrafen und die, die sie schützen und unterstützen, zur Rechenschaft zu ziehen. Das ist keine moralische Frage, sondern eine sicherheitspolitische Frage. Die Vereinten Nationen haben mit der Formel „Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit“ ihr Signal für die höchste Alarmstufe gegeben. Wenn dieser Triumph der Gewalt Bestand hat, dann wird das Beispiel Schule machen, dann wird es Zulauf zu den Netzen des Terrorismus geben, dann wird es neue Anschläge geben, dann werden der Hydra der menschenverachtenden Gewaltaktionen tausend Arme wachsen. Das dürfen wir nicht zulassen. ({5}) Das Problem besteht jetzt darin, verschiedene Dinge miteinander zu verknüpfen: die Täter zu stellen und sie zu bestrafen, ihre Netze unter Druck zu setzen, ihren Triumph zu vereiteln - aber das alles so, dass diese große Allianz, die ich erwähnt habe, Bestand hat. Ich habe am Tag nach den Attentaten eine E-Mail von Dale Fuller erhalten, einem 21-jährigen amerikanischen Studenten, der zehn Monate als Praktikant in meinem Büro gearbeitet hat. Er hat seinen Bericht darüber, wie er in Minneapolis diesen Tag erlebt hat, mit folgenden Sätzen beschlossen: Ich hoffe, dass Gott uns allen hilft und dass es keinen Krieg gibt. Aber wir müssen etwas gegen diese Terroristen machen. Denkt an uns in Amerika! Unsere Herzen und unser Land sind verletzt. Das sind einfache Worte. Sie umschreiben aber die ganze Komplexität unserer Aufgaben. Wir müssen die Täter stellen. Wir müssen etwas gegen den Terrorismus machen. Wir müssen dem verwundeten Amerika helfen. Aber wir müssen gleichzeitig den Krieg verhindern und diese große Allianz bewahren. Politik ist manchmal sehr schwer. Aber ich sage all denen, die jetzt Befürchtungen und Angst haben: Wir bitten euch um Vertrauen und wir bitten euch auch darum, uns bei dieser schwierigen Aufgabe zu begleiten. Vielen Dank. ({6})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich erteile das Wort dem Kollegen Michael Glos, CDU/CSU-Fraktion.

Michael Glos (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000691, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir lassen nicht zu, dass die grundlegenden Werte unseres Zusammenlebens von Terroristen zerstört werden. Wir werden Freiheit und Recht mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln verteidigen. Deswegen steht Deutschland angesichts dieses furchtbaren, hinterhältigen Angriffs fest an der Seite unserer amerikanischen Freunde und unserer Partner im Bündnis der NATO. ({0}) Unser Land hat von den Vereinigten Staaten von Amerika ehrliche Freundschaft und echte Solidarität erfahren; ich erinnere nur an die Luftbrücke nach Berlin, an den Marshall-Plan und an den Dienst amerikanischer Soldaten in Deutschland. Ohne die Hilfe Amerikas hätten wir im Kalten Krieg nicht unsere Freiheit bewahrt und hätten nach dem Zusammenbruch des Ostblocks nicht unsere Einheit erreicht. Deswegen fühlen wir uns von den schrecklichen Bildern, die wir gesehen haben, ganz besonders belastet und selbst getroffen. Es war auch ein Angriff auf unsere Lebensform. ({1}) Aus tiefer Überzeugung und aus Mitgefühl mit den Opfern, um die wir trauern und für die wir beten - es waren auch 100 Deutsche darunter, denen unser ganz besonderes Gedenken gelten muss -, müssen wir an den Maßnahmen, die einzuleiten sind, festhalten, auch wenn sie gefährlich sein können. ({2}) Die USA reagieren auf die Terrorwelle, wie ich meine, sehr entschlossen und auch sehr besonnen. Herr Bundeskanzler, Sie haben in unserer Runde, in der wir uns manchmal treffen, selber gesagt, Präsident Bush und seine Regierung suchten die Gemeinsamkeit mit allen Staaten, die den Terror ablehnen. Die Partner in der NATO, Russland, China und viele andere Staaten in der Welt machen gemeinsam Front gegen den Terror. Umso bedauerlicher war es - daran trägt aber niemand von uns Schuld -, dass Parlamentarier aus 143 Ländern im Rahmen der IPU, der Interparlamentarischen Union, bei ihrem Treffen in Burkina Faso noch nicht einmal eine Mehrheit dafür erreichen konnten, dass zumindest die Flaggen auf Halbmast gesetzt werden. Das zeigt, dass der Antiamerikanismus noch sehr groß ist. Ich finde es richtig, dass Sie mithelfen, gegen den Antiamerikanismus bei uns in Deutschland anzukämpfen. Umfragen zeigen: Nur 37 Prozent der Bevölkerung in unserem Land sind derzeit mit Präsident Bush einverstanden. Diesen Antiamerikanismus will ich Ihren Parteien nicht pauschal zuschieben; dafür ist es auch nicht die richtige Stunde. Aber er muss uns zum Nachdenken darüber anregen, welche Vorurteile gegenüber Amerika und dem jetzigen Präsidenten bei uns in den Medien, auch in den öffentlich-rechtlichen, geschürt worden sind. ({3}) Ich bin der Meinung, George Bush meistert die Krise mit großem staatsmännischen Format. Die USA haben ein großes Bündnis zur Bekämpfung des Terrors geschmiedet. Zu diesem Bündnis muss und wird Deutschland seinen Beitrag leisten. Die Opposition ist dazu selbstverständlich bereit. Der NATO-Rat hat am 12. September einstimmig festgestellt: Die Terrorattacken sind ein Bündnisfall nach Art. 5 des Nordatlantischen Vertrages, wenn feststeht, dass diese Angriffe von außen gegen die USA geführt wurden. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat sich hinter diese Maßnahmen gestellt und hat dazu aufgerufen, Täter, Drahtzieher und Unterstützer gemeinsam zur Verantwortung zu ziehen. Herr Bundeskanzler, Sie haben den Vereinigten Staaten mit unserer Zustimmung die uneingeschränkte Solidarität Deutschlands versichert. Dieses Wort - es ist heute vor einer Woche hier im Deutschen Bundestag ausgesprochen worden - muss auch eine Wochen später noch gelten. Deswegen appelliere ich an eine geschlossene Zustimmung des Deutschen Bundestages. Dass die PDS abschwenkt, das war zu erwarten. Sich aus Solidarität mit Amerika auf eine Bühne zu stellen ist leichter, als die konkreten Maßnahmen mitzutragen. Herr Bundeskanzler, wir müssen uns deshalb fragen, ob es richtig ist, dass diejenigen, die aus der Gemeinsamkeit der Demokraten ausscheren, noch dabei sitzen, wenn die Fraktionsvorsitzenden im Deutschen Bundestag unterrichtet werden. ({4}) Ich bin der Meinung, dass die gemeinsam eingebrachte Resolution nachdrücklich die klare Haltung, die die Bundesregierung und alle Fraktionen schon vor einer Woche zum Ausdruck gebracht haben, noch einmal unterstreicht. Ich werbe deswegen für eine geschlossene Mehrheit. Das wäre ein klares Signal an unsere Verbündeten: Deutschland steht zu seinen Verpflichtungen. Das wäre auch ein klares Signal an den internationalen Terrorismus: Deutschland ist entschlossen, Zivilisation und Demokratie zu verteidigen. Dieses Signal wäre gut für unser Land. Wir wollen mit dieser Entschließung ein gemeinsames Fundament für die folgenschweren Entscheidungen bauen, die im Parlament in den kommenden Wochen und Monaten möglicherweise noch zu treffen sein werden. Diese Entscheidungen sind es dann letztlich, die unseren Mut und unsere Konsequenz auf eine große Probe stellen werden. Deutschland muss bereit sein, den Kampf gegen den Terrorismus an der Seite unserer Verbündeten auch mit militärischen Mitteln zu führen, wenn die Amerikaner geeignete Verbände der Bundeswehr anfordern. Wir alle wissen, dass der Einsatz für unsere Soldaten gefährlich ist. In Kenntnis dieser Gefahr müssen wir dennoch so entscheiden, wie unsere Pflicht, unsere Bündnissolidarität und auch unsere Überzeugung uns das abverlangen. Die Bürger erwarten von ihrer Regierung und ihrem Parlament einen klaren und festen Kurs. „Wir alle sind Amerikaner“ hat Peter Struck vor einer Woche hier gesagt. Aber zwei Tage später hat sich der Regierende Bürgermeister von Berlin, Wowereit, davon verabschiedet, indem er gesagt hat, dass wir keine Stellvertreterkriege führen dürfen und dass wir an der Seite der Vereinigten Staaten eben nur Stellvertreter seien. Es gibt keine Stellvertreterkriege, wenn es um die Freiheit geht. Herr Bundeskanzler, ich appelliere an Sie, dass Sie auch in Ihre Partei hineinwirken. Ich fand es genauso unangemessen, dass eine führende SPD-Politikerin davon sprach, dass dieser „schießwütige Cowboy“ - diesen Ausdruck sollten wir tunlichst sein lassen - wohl zur Vernunft gekommen sei. Allein mit solchen Worten schafft man Stimmungen, die nicht gut für unser Land sind. ({5}) Deutschlands Solidarität im westlichen Bündnis an der Seite der ganzen zivilisierten Welt muss klar und eindeutig sein. Ich zitiere jetzt eine Zeitung, die der Bundesregierung nahe und der Opposition sehr wenig nahe steht, nämlich die „Süddeutsche Zeitung“. ({6}) Sie schrieb am Wochenende: „Selbst wenn sie wollte, könnte die Bundeswehr nicht kämpfen.“ Solche Analysen dürfen kein Vorwand für Deutschland sein, um kleinere Lasten als andere schultern zu müssen. Wir müssen die vorhandenen Möglichkeiten - die Bundeswehr hat auch ihre Stärken - selbstverständlich zur Verfügung stellen. Wir müssen aber etwas dafür tun - die Haushaltsberatungen stehen vor der Tür -, um die Lage unserer Streitkräfte nachhaltig zu verbessern. Hier geht es um unsere Freiheit und um unsere Bündnissolidarität. Diese Solidarität kann man nur erfüllen, wenn man die entsprechenden Mittel hat. ({7}) Deutschland steht nach Bevölkerungszahl und Wirtschaftskraft im Bündnis der NATO an zweiter Stelle. Unser Beitrag zur gemeinsamen Sicherheit muss der Bedeutung unseres Landes entsprechen. Deswegen müssen wir den Auftrag und die Ausrüstung unserer Bundeswehr der neuen Bedrohungslage anpassen, die sich übrigens schon länger abzeichnet. Herr Bundeskanzler, ich appelliere an Sie - das ist keine Sache des Finanzministers und der Finanzpolitiker, wie immer gesagt wird; man kann da auch nicht „herumeicheln“ -, dieses Problem durch ein Machtwort von Ihnen zu lösen. Wenn dazu im Haushalt Umschichtungen notwendig sind, um Prioritäten zugunsten der Sicherheit zu setzen, dann können Sie mit uns darüber reden. Wir werden diese Schwerpunktverlagerungen, wenn es darauf ankommt, mittragen. Auch davor werden wir uns nicht drücken, wenn wir damit unsere Sicherheit stärken können. ({8}) Die Anschläge in den Vereinigten Staaten stellen aber auch dringende Fragen an die innere Sicherheit in Deutschland, über die Herr Schily sicher gleich sprechen wird. Wir müssen den Gefahren des Terrors entschlossen begegnen. Ich begrüße, dass heute eine Sondersitzung des Innenausschusses stattfindet, der sich ganz intensiv mit der Bedrohungslage befasst. Dazu gehört auch - ich hoffe, Sie legen das im Innenausschuss dar -, inwieweit unsere Hilfskräfte, der Katastrophenschutz, das Technische Hilfswerk usw., in der Lage sind zu helfen, wenn ein Terroranschlag bei uns passieren würde, wozu es ja sehr leicht kommen kann. All das muss sorgfältig diskutiert werden und wo Mittel fehlen, muss sehr schnell gehandelt werden. Dazu gehört aber auch, dass Bund und Länder immer wieder Polizeikräfte in ausreichender Stärke mit modernster Ausrüstung zur Verfügung stellen. Deswegen muss noch einmal überdacht werden, ob wir den Bundesgrenzschutz dauerhaft so reduzieren können, wie das geschehen ist. Wenn die Polizei in ihren Aufgaben beim Kampf gegen den Terror durch einen Einsatz von Soldaten in bestimmten Fällen - zum Beispiel für Wachaufgaben - wirksam entlastet werden kann, dann darf auch dies selbstverständlich kein Tabu sein. ({9}) Der Bund und die Länder müssen auch die Nachrichtendienste wieder stärken. Wir dürfen an unserer Entschlossenheit, jede terroristische oder extremistische Gruppierung aufzudecken und lahm zu legen, keinen Zweifel lassen. Der Terrorismus kann nur unschädlich gemacht werden, wenn seine Strukturen aufgespürt werden, weltweit und ganz besonders auch bei uns in Deutschland. Deswegen ist die Bundesregierung aufgefordert, für eine bedrohungsgerechte Ausstattung des Bundesnachrichtendienstes Sorge zu tragen. Dort, wo es rechtliche Hürden beim Austausch der Informationen zwischen den Sicherheitsdiensten gibt, müssen diese beseitigt werden. Die Verfassungsschutzämter müssen ausgebaut werden Stärkung, nicht Abbau ist das Gebot der Stunde. Ich könnte jetzt eine lange Liste aus Zitaten zusammentragen, wo sich führende Politiker der Koalition zur inneren Sicherheit geäußert haben. Ich will dies nur beispielhaft tun. Der Bundesumweltminister bezeichnete es als Erfolg, dass er in Niedersachsen gemeinsam mit dem damaligen Ministerpräsidenten Schröder „den Verfassungsschutz halbiert“ hat. Kerstin Müller - sie hat vorhin hier geredet - hat sich im „Handelsblatt“ vom 14. Januar 1999 gegen eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz bei Einbürgerungen gewandt, weil sie gegen einen „Gesinnungs-TÜV“ sei. Rezzo Schlauch, der heute nicht redet, hat über den Verfassungsschutz gesagt: „Zeitungsausschnitte sammeln, daraus Dossiers anlegen, ... finde ich überflüssig“. ({10}) So könnte ich diese Liste fortführen. Ich glaube, es ist dringend notwendig, dass diejenigen, die ich angeführt habe, jetzt sagen: Wir haben uns geirrt, wir schlagen jetzt einen anderen Weg ein. ({11}) Toleranz gibt sich selbst auf, wenn sie sich missbrauchen lässt. Deswegen muss es bei uns heißen: Keine Chance für die Feinde der Freiheit! Meine sehr verehrten Damen und Herren, die abscheuliche Katastrophe verbindet sich für viele Landsleute mit dem Schicksal von Angehörigen und Bekannten, die seitdem vermisst sind. Die Solidarität mit den Vereinigten Staaten im Bündnis muss deshalb gefestigt werden. Ich hatte jedoch das Gefühl, sie ist bei unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern emotional gefestigt, weil sie das Gefühl haben: Wir selbst sind getroffen. Deswegen kann die Bundesrepublik Deutschland im Kampf gegen den internationalen Terrorismus nicht abseits stehen. Es geht nicht, wie oft leichtsinnigerweise gesagt wird, um Vergeltung. Es geht um unsere Freiheit. Es geht auch um die Toleranz bei uns und um die Lebensqualität, um das, was unser Leben reich und lebenswert macht. Das gilt auch für unsere Kinder und für unsere Enkel sowie für alle Zukunft. ({12}) Wir gehen nicht blind durch die Gegend. Wir spüren auch die großen Sorgen unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger in Bezug auf das, was da kommen wird. Die größten Gefahren aber würde es geben, wenn eine solche Tat ungestraft bliebe und die Helfer des Terrorismus nicht zur Verantwortung gezogen würden. Deswegen sage ich: Angst ist allemal ein schlechter Ratgeber. Das Beste, was für ein sicheres Leben in Frieden und Freiheit getan werden kann, ist, diesem Terror jetzt und für immer das Handwerk zu legen. ({13}) Ich möchte Winston Churchill zitieren, der in seinen Memoiren geschrieben hat: Die Freude an schön klingenden Phrasen, das Zurückschrecken vor unerfreulichen Tatsachen, der Wunsch nach Popularität ohne Rücksicht auf lebenswichtige Staatsinteressen sind gefährlich für ein Land. Er hat gesagt, Hitler sei nur so stark geworden, ({14}) weil die Demokratien lange nicht eingesehen hätten, dass er unter großen Opfern besiegt werden müsse. Deswegen appelliere ich an uns alle: Lassen Sie uns gemeinsam die Lehre der Geschichte beherzigen. Mit Stärke und mit Standhaftigkeit werden wir auch den Terrorismus in die Schranken weisen. ({15})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich erteile das Wort dem Kollegen Staatsminister Dr. Ludger Volmer für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Not found (Gast)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Terrorangriff auf die USA hat großes menschliches Leid gebracht. Er hat ein Nervenzentrum der westlichen Welt zerstört. Er hat eine aufregende multikulturelle Stadt verwüstet. Er hat aber noch ein Weiteres bewirkt: Er hat das festgefügte Weltbild ins Wanken gebracht, das manch einer mit den dominant wirkenden USA verband. Der Schock in der amerikanischen Gesellschaft über den Verlust der vermeintlichen Unverwundbarkeit geht mit der verstörten Einsicht bei uns einher, dass die GaMichael Glos rantiemacht für unsere Sicherheit nun Opfer geworden ist. 50 Jahre lang haben die USA geholfen, in Europa Sicherheit, Freiheit und Demokratie zu sichern. Deshalb ist es jetzt, in dieser schweren, schicksalshaften Stunde, an uns Europäern, den USA beizustehen. ({0}) Wir werden dies, wie es Bundeskanzler Gerhard Schröder erneut betont hat, mit aller Entschlossenheit tun, aber auch mit der nötigen Besonnenheit, mit Augenmaß und mit dem Blick auf die Folgen unseres Handelns. Wir bewundern eine amerikanische Haltung, die Trauer und Wut zwar in starke Worte kleidet, jedoch ohne übereilte Aktionen versucht, gemeinsam mit den Partnern einen vernunftgesteuerten Plan zu entwickeln, wie die neue, erschreckende Dimension des Terrorismus bekämpft werden kann, ohne die Falschen zu treffen, ohne potenzielle Freunde zu Gegnern zu machen, ohne den gezielten Kampf gegen Verbrecherorganisationen in einen allgemeinen Kampf der Kulturen münden zu lassen. ({1}) Außenminister Fischer ist heute in Washington, um unseren amerikanischen Freunden erneut unsere Solidarität zu versichern und mit ihnen das weitere Vorgehen abzustimmen. Die NATO hat mit ihrem Beschluss vom 12. September ein wichtiges Zeichen der Solidarität mit den Vereinigten Staaten gesetzt. Die nordatlantische Allianz ist kein Schönwetterbündnis. Gegen menschenverachtende Mörder, die ohne Hemmungen die Grundlagen menschlichen Zusammenlebens zerstören wollen, muss das Bündnis gemeinsam auftreten. Wir als Verbündete des angegriffenen Partners haben nicht nur das moralische Recht, sondern auch die moralische und politische Verpflichtung, unseren Beitrag zur Verteidigung zu leisten und die Täter, Organisatoren und Sponsoren terroristischer Akte zur Rechenschaft zu ziehen. Diese Verpflichtung wird ausdrücklich auch in der Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 12. September 2001 formuliert, in der der Angriff auf die USA als Bedrohung des internationalen Friedens und der Sicherheit bewertet wird. Die Auseinandersetzung mit dem Terrorismus wird schwierig und langwierig sein. Täter, Mithelfer und Anstifter müssen bestraft werden. Tun wir das nicht, dann wird dies nur zu einer weiteren Eskalation einladen. Soll die Gefährdung aber nicht binnen kurzer Zeit in anderer Gestalt wieder erstehen, muss die gesamte internationale Gemeinschaft in einer konzertierten Aktion, in einer weltweiten Koalition, handeln. Es steht nicht Kultur gegen Kultur, sondern Zivilisation gegen Barbarei. ({2}) Aus vielen Ländern kommen dazu ermutigende Signale: aus Russland, aus China, aus Pakistan und aus Indien. Die zentralasiatischen Staaten Kasachstan, Usbekistan und Kirgistan haben ihre uneingeschränkte Unterstützung zugesagt. Es bildet sich eine regionale Koalition, die zum einen dem Terror entschlossen entgegentreten will und zum anderen verhindern möchte, dass das afghanische Talibanregime die gesamte Region destabilisiert. Ägypten hat eine internationale Terrorismuskonferenz vorgeschlagen; die EU wird am Freitag einen Sonderrat zur Terrorismusbekämpfung einberufen. Fast die gesamte arabisch-islamische Welt - das scheint mir entscheidend zu sein - hat die Terroranschläge schärfstens verurteilt. Auch sie hat wie wir teure Angehörige in den Trümmern des World Trade Centers verloren. Nicht wenige arabische Staaten haben selber sehr schmerzvolle Erfahrungen mit dem Terrorismus gemacht. Wenn die Spuren der Täter in die arabisch-islamische Welt weisen, so soll dies Anlass sein, die arabischen Staaten in der internationalen Allianz zur Bekämpfung dieser Geißel der Menschheit willkommen zu heißen. ({3}) Dieser Kampf wird umso effektiver sein, je mehr sich der Dialog der Kulturen vertieft. Wenn aber der Kulturdialog ein unabdingbarer außenpolitischer Faktor ist, dann muss er auch ein innenpolitischer sein und bleiben. Es war eine großartige Geste, dass Präsident Bush in einer Washingtoner Moschee zu Toleranz gegenüber den Moslems aufgerufen hat. Auch in Deutschland sollten wir auf unsere muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürger zugehen und ihnen zeigen, dass wir den Unterschied zwischen Islam und Islamismus sehr genau begriffen haben. ({4}) Ein weiterer Faktor für die Bekämpfung des islamistischen Terrors sind rasche und sichtbare Erfolge im israelisch-palästinensischen Friedensprozess. Jede weitere Eskalation im Nahen Osten würde die extremistischen Kräfte in der gesamten islamischen Welt fördern. ({5}) Die Bundesregierung begrüßt daher die gestrige Erklärung von Präsident Arafat als einen wichtigen Schritt auf dem Weg zum Frieden im Nahen Osten. ({6}) Es ist eine strategische Entscheidung der Palästinenser, sich unmissverständlich auf die Seite der Antiterrorkoalition zu stellen und dazu beizutragen, dass die internationalen Netzwerke des Todes zerstört werden können. Wir hoffen, dass Präsident Arafat die Kraft hat, sich in dieser Stunde null der internationalen Politik mit seinem Bekenntnis zum Waffenstillstand und zum Neuanfang gegen interne Widersacher, die heute Nacht wieder gezündelt haben, zu behaupten, und dass er von israelischer Seite die entsprechende Resonanz erhält. ({7}) Die Bundesregierung und insbesondere Bundesaußenminister Fischer haben sich in den letzten Monaten engagiert und fortlaufend um eine Wiederbelebung des Friedensprozesses bemüht. Der Außenminister hatte sich auch mit Präsident Arafat mehrfach kurzgeschlossen und die gestrige Erklärung eng mit ihm abgestimmt. Wir werden dieses Engagement fortsetzen. Wir werden weiterhin daran arbeiten, dass die Israelis und die Palästinenser Gespräche aufnehmen, und zwar wie es der Mitchellplan vorsieht: ohne jede Vorbedingung. ({8}) Auch die pakistanische Seite hat die Terroranschläge schnell und entschieden verurteilt. Dieser Schritt war in der gegenwärtigen schwierigen und aufgeheizten Lage alles andere als einfach. Präsident Musharraf hat sich klar zu Unterstützungsersuchen der USA bekannt. Seine Regierung ist bemüht, einen breiten nationalen Konsens für einen konstruktiven Kurs zu finden. Sie bedarf unserer Unterstützung, damit nicht über innere Destabilisierung islamistisch-fundamentalistische Gruppen die Verfügungsmacht über das pakistanische Atomwaffenpotenzial erhalten. Wenn militärische Aktionen gegen die Beherrscher Afghanistans gerechtfertigt und unvermeidlich sein sollten, stellt sich die Frage, mit welchem Ziel sie geführt werden sollen. Wenn sie unvermeidlich sind, dürfen sie nicht die Voraussetzung dafür zerstören, dass auch Afghanistan selber die Chance auf eine Zukunft, die Chance auf eine aufgeklärte Regierungsführung, die Chance auf die Bewältigung des Armuts- und Flüchtlingsproblems, die Chance auf Modernisierung und Demokratie hat. ({9}) Meine Damen und Herren, viele Menschen sind verunsichert, gerade auch Mitglieder und Anhänger meiner Partei, aber auch die anderer Parteien. Sie haben Angst, auf eine schiefe Bahn zu geraten, auf der die Politik in unaufhaltsame militärische Eskalation abrutscht. Viele sehen sich vor der Gewissensfrage, eventuell dem Einsatz militärischer Mittel zustimmen zu müssen. Sie sehen sich damit einer Situation ausgesetzt, die sie durch präventive Sicherheitspolitik hatten verhindern wollen. Solche Bedenken sind ernst zu nehmen. Wenn man diese Menschen dafür gewinnen will, militärische Aktionen auch gegen große innere Zweifel zu tolerieren, müssen deren Dimensionen überschaubar sein und muss ein Ende absehbar sein. Es muss deutlich sein, dass die absolute Priorität bei politischen Maßnahmen liegt. ({10}) Auch deshalb möchte ich sagen: Der 11. September 2001 hat die Welt von Grund auf verändert. Vieles, was über den Tag hinausweist, wird grundsätzlich neu zu beraten sein. Wir werden eine neue Sicherheitspolitik entwerfen müssen, die dem Terrorismus als Bedrohung Nummer eins begegnen kann. Diese wird nicht in erster Linie militärisch ausgerichtet sein. Eine umfassende Politik der Krisenprävention muss darauf abzielen, dem Terror mit den Mitteln einer internationalen Strukturpolitik den sozialen Resonanzboden zu entziehen. Vieles übrigens, was in der Globalisierungsdebatte der letzten Monate von Kritikern vorgetragen wurde, sollte ernsthaft bedacht werden. Auch wenn keine noch so ungerechte Struktur Terror rechtfertigen kann, müssen wir realistischerweise sehen, dass ein Mehr an Gerechtigkeit in der Welt ein Mehr an Fairness bei der Lösung von Regionalkonflikten, ein Mehr an Dialogen auf Augenhöhe auch mit den kleineren und ärmeren Staaten, ein Mehr an Sicherheit für uns bedeuten wird. ({11}) Lassen Sie mich abschließend noch sagen: Das Zusammenstehen in dieser schicksalhaften Stunde macht uns bewusst, dass unsere transatlantischen Gemeinsamkeiten essenziell sind, Meinungsverschiedenheiten in einzelnen Fragen, die uns in der letzten Zeit viel beschäftigt haben, dagegen geringfügig. Bei aller furchtbaren Tragik der Ereignisse liegt darin sogar eine Chance für eine erneuerte transatlantische Partnerschaft, die Chance für einen intensivierten Dialog gerade auch der jüngeren Generation diesseits und jenseits des Atlantiks, die den Weltkrieg, die Nachkriegszeit und den Kalten Krieg nicht oder nicht bewusst erlebt hat. Die Bekämpfung von Barbarei wird von nun an die gemeinsame Agenda von Amerikanern und Europäern mitbestimmen und andere einbeziehen, die am Prozess der Zivilisation mitarbeiten wollen. Ich danke Ihnen. ({12})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Für die FDP-Fraktion spricht der Kollege Dr. Wolfgang Gerhardt. ({0})

Dr. Wolfgang Gerhardt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002659, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir brauchen drei Haltungen, wenn wir die Herausforderungen bewältigen wollen. Wir brauchen zuallererst ein freiheitliches Bewusstsein. Niemand muss meine Fraktion, die Freien Demokraten, darüber belehren. Es ist bare Selbstverständlichkeit, dass zum Erhalt des freiheitlichen Bewusstseins in den transatlantischen Beziehungen das gehört, was für uns in der Bundesrepublik Deutschland Staatsräson war. Das kann man nur wiederholen. Das bedarf überhaupt keiner weiteren Bemerkungen. ({0}) Ich repräsentiere eine Partei, die auch in Zeiten, in denen es in der Bundesrepublik Deutschland viele kritische Stimmen von Kolleginnen und Kollegen und von den Medien gegen die Supermacht Amerika mit Wirkungen, die wir noch immer spüren, gab, wusste: Die Bundesrepublik Deutschland wird ihre eigene Rolle weltweit nicht geachtet finden, wenn sie sich nicht als Partner der Vereinigten Staaten von Nordamerika sieht und sich nicht europäisch einbettet. Das ist die Voraussetzung; hierbei geht es um das freiheitliche Bewusstsein. Wenn Sie jetzt nach Amerika blicken, spüren Sie, dass dies in dieser Nation tief verankert ist. Es ist mir bitter aufgestoßen, dass jemand von einem „schießwütigen Cowboy“ gesprochen hat. Das ist in der gegenwärtigen Lage so unpassend, wie es nur sein kann. ({1}) Wer sich die Gesichter der Rettungskräfte in New York ansieht, diese Charaktere wahrnimmt und sieht, dass sie die amerikanische Fahne in den größten Trümmern aufstellen, der kann nur ahnen, welche Kraft in diesem Land steckt. Diese Kraft muss mit uns zusammen weltweit für Menschenwürde und Frieden nutzbar gemacht werden. Darauf kommt es jetzt an. Dieses Land hat eine gewaltige ökonomische Kraft: Sein Anteil am weltweiten Bruttosozialprodukt liegt bei 30 Prozent, der Anteil an den Internetverbindungen liegt bei 40 Prozent. Weil das Land - wie Paul Kennedy schreibt - so international ist, stellt es 70 Prozent der Nobelpreisträger seit 1975. Es bestreitet 36 Prozent der weltweiten Rüstungsausgaben - mehr als die folgenden neun Staaten zusammen. Jeder von uns spürt, dass die amerikanische Führung einsieht, dass es allein mit einem Koloss, einer Militärmaschinerie und purer Kraft nicht geht. Wenn es eine komplette Veränderung über den Atlantik hinweg gegeben hat, dann die, dass die Amerikaner spüren, dass ihnen ihre eigene Kraft nichts nützt, wenn sie keine Verbündeten haben. Das ist eine wichtige Erkenntnis. ({2}) Deshalb kommt es auf uns an, und zwar mehr, als wir vielleicht vermutet haben, und mehr, als manche von uns mögen oder uns auch zutrauen. Bei den Haushaltsberatungen werden wir deshalb eine andere Diskussion als bisher führen müssen. Es wird eine Auseinandersetzung mit der Bundesregierung und auch mit dem Bundesverteidigungsminister stattfinden müssen. Angesichts dieser Lage kann der Haushalt so nicht bestehen bleiben. Darüber werden wir zu diskutieren haben. ({3}) In dieser Situation müssen wir - der Bundeskanzler hat es auch getan - der Öffentlichkeit ehrlicherweise sagen: Wir werden bei allen ökonomischen Anstrengungen, allem freiheitlichen Bewusstsein und aller Armutsbekämpfung am Ende nicht darum herumkommen, auch militärische Mittel einzusetzen, und zwar gegen Menschen, die - entgegen dem, was wir uns als „Gutmenschen“ in Deutschland so oft vorstellen - absolut nicht therapierbar sind. Die Gegner sind nicht fest lokalisierbar. Es handelt sich nicht um die traditionelle staatliche Auseinandersetzung. Die Situation ist auch nicht die gleiche wie bei Pearl Harbor. Damals wusste man noch, gegen wen man anzutreten hatte. Jetzt handelt es sich um eine Auseinandersetzung, die viele Kräfte in vielen politischen Bereichen beanspruchen wird. Am Ende werden notwendigerweise auch die militärische Kraft und die militärischen Fähigkeiten eingesetzt werden müssen; denn zu unserer Verantwortung für die Sicherheit der Bundesbürger in Deutschland einschließlich der ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger gehört die Fähigkeit, diejenigen zu bekämpfen, die das Leben von Menschen bedrohen. In manchen Reden, die ich in den letzten Tagen gehört habe, habe ich dieses eine Wort vermisst. Hier diskutiert niemand wie im Generalstab oder in Kriegsszenarien. Wer aber Verantwortung hat, muss unseren Mitbürgern sagen: Wenn wir dieser Menschen habhaft werden und sie bekämpfen wollen, müssen wir in der Lage sein, militärische Fähigkeiten zu entwickeln. Das ist eine bare Selbstverständlichkeit. ({4}) Deshalb kommt es darauf an, die Öffentlichkeit nicht mit falschen Bildern vertraut zu machen. Wir müssen uns mit Entschlossenheit gegen solche menschlichen Charaktere wehren, in welchen Gesellschaften - einschließlich der der Bundesrepublik Deutschland - sie sich auch immer befinden. Wir können sie nicht alle in psychiatrische Anstalten einweisen und glauben, sie therapieren zu können. Diplomatische Mittel werden im Übrigen nur dann wirkungsvoll eingesetzt werden können, wenn dahinter militärische Fähigkeiten stehen. Es gibt Menschen auf dieser Welt, die durch einen Botschafterbesuch nicht davon zu überzeugen sind, ihre Meinung zu ändern. Auch gibt es Bedrohungen, die durch schlichte Verhandlungen und Diplomatie nicht hinwegzudiskutieren sind. In dieser großen, weltweiten Allianz gegen den Terrorismus haben sich in anderen Ländern Führungseliten öffentlich zu dieser Allianz bekannt, deren Gesellschaften jedoch schwanken. Niemand weiß, ob sie morgen noch zur Allianz stehen, oder ob dort emotionale, soziale oder religiöse Bewegungen die Oberhand gewinnen, die vom Bekenntnis zur Allianz nichts halten. Oft sind sie fanatisch und haben mit Problemen zu kämpfen, die wir uns überhaupt nicht vorstellen können. Nein, es wird keine sauberen, schnellen und klaren Siege geben, wie dies Paul Kennedy ausgedrückt hat. Dies wünschen sich die Amerikaner; denn bisher war es für sie in der Geschichte immer so. Aber es wird nicht mehr so sein. Es wird einer unendlichen Anstrengung der freien Gesellschaften bedürfen, um diesem Phänomen, das eine dramatische Bedrohung der Freiheit von Menschen und Menschenwürde in diesem beginnenden Jahrtausend darstellt, zu begegnen. Hier wird sich erweisen müssen, ob die Bundesrepublik Deutschland nach einer unglaublichen Entwicklung ökonomischer, freiheitlicher und demokratischer Stabilität in der Lage ist, nach der größten Katastrophe des letzten Jahrhunderts die größte Herausforderung ohne Panik, mit Standing, mit freiheitlichem Bewusstsein, dem Bekenntnis zu ihren Verfassungsgrundsätzen, aber auch dem Bekenntnis, den Feinden von Demokratie im Ernstfall entgegenzutreten, zu bewältigen, ob sie sich dessen bewusst ist und in der Lage ist, ihre innere und wirtschaftliche Stabilität zu bewahren. Zum Abschluss, Herr Bundeskanzler, zu den Haushaltsberatungen: Es reicht heute, nach diesem Ereignis nicht mehr aus, nur über die Probleme der Wirtschaft zu diskutieren. Es gibt keine Wachstumsrate in den Vereinigten Staaten. Die Konjunktur schwächelt und die Katastrophe tut ihr Übriges dazu. Sie dürfen nicht nur woanders hinschauen. Wenn wir jetzt einen Beitrag leisten wollen, dann müssen wir alle Anstrengungen unternehmen, ökonomisch und beschäftigungsdynamisch nach vorn zu kommen. Gerade weil die Vereinigten Staaten jetzt so betroffen sind, haben wir - lassen Sie es mich so ausdrücken - ein Stück wirtschaftspolitische, ökonomische Führungsverantwortung in den freiheitlichen Gesellschaften. Wir sind keine beliebige Volkswirtschaft. ({5}) Deshalb wird dies nicht nur eine Haushaltsberatung mit Blick auf die Sicherheit. Es wird auch keine Haushaltsberatung in der Weise, wie sie der Finanzminister einmal in einer Weltlage angenommen hat, die anders war als die heutige. Es wird eine Beratung, bei der zuallererst die Regierung die Frage beantworten muss, ob sie wirklich glaubt, mit diesem Haushalt den ökonomischen und sicherheitspolitischen Beitrag der Bundesrepublik Deutschland angesichts der Veränderung der Weltlage leisten zu können. Ich sage Ihnen: Es wäre klug, wenn uns das Kabinett angesichts der Ereignisse einen neuen Haushalt vorlegen würde. ({6}) Der vorliegende wird der Lage in keinem Bereich mehr gerecht. ({7}) Während der Haushaltsdebatte dürfen diese Ereignisse nicht vergessen werden. Die Debatte wird vonseiten der Freien Demokratischen Partei aber eine klare Präzision erfahren, was wir nach diesen Anschlägen politisch und ökonomisch in Deutschland für notwendig erachten. Das ist unsere Pflicht. Heute haben Sie unsere Unterstützung, aber demnächst müssen wir uns wieder mit Ihnen auseinander setzen. Das ist notwendig. Nichtsdestoweniger finden Sie uns bei den von Ihnen abgegebenen Erklärungen gegenüber den Vereinigten Staaten von Nordamerika an Ihrer Seite. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. ({8})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich erteile nunmehr das Wort dem Bundesminister der Verteidigung, Rudolf Scharping.

Rudolf Scharping (Minister:in)

Politiker ID: 11002769

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zwei Gefühle beschäftigen die Menschen in Deutschland besonders stark: das Gefühl des Mitempfindens, der Solidarität, des Zusammenstehens auf der einen Seite und das Gefühl von Angst, Unsicherheit, Sorge vor Terror und Krieg auf der anderen Seite. Das Zweite berührt die Sorgen um die Sicherheit und die Freiheit des eigenen Lebens. Wenn wir nicht verstehen - diese Debatte macht eindrücklich deutlich, wie gut wir es verstehen -, dass dieser Angriff ein Angriff auf uns alle war, ein Angriff auf unser Leben, unsere Würde sowie auf unsere Vorstellungen von einem friedlichen Zusammenleben und einem friedlichen Austragen von Konflikten, ein kalt geplanter, menschenverachtend ins Werk gesetzter, gut organisierter und leider auch wirkungsvoll finanzierter Angriff, dann können wir die umfassende Antwort, die jetzt notwendig ist, nicht entwickeln. Unsere Antwort entscheidet darüber, ob wir die Kraft finden, ökonomisch und kulturell, sozial und finanziell - auch unter Einsatz militärischer Mittel - dem internationalen Terror mit seiner Brutalität, Gewalt und Menschenverachtung eine möglichst enge Grenze zu ziehen. ({0}) Sie entscheidet zuletzt auch darüber, ob wir die Entwicklung bestimmen oder ob wir es einem blutigen Terrorismus überlassen wollen, zu entscheiden, wann und wo Menschen erneut in den Tod gerissen werden. Es gibt in meinen Augen überhaupt keine andere Alternative, als diese Grenze umfassend, kraftvoll und wirkungsvoll zu ziehen. Wenn ich von einer umfassenden Antwort spreche, ist dem, was der Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung gesagt hat, nichts hinzuzufügen ({1}) außer einem Gedanken: Das alte Denken in den Kategorien des Ost-West-Konfliktes, einschließlich seiner antiamerikanischen Chiffren und Sentiments, ist endgültig passé. ({2}) Im Lichte dieser Bedrohung, die nicht neu ist, deren Qualität, Umfang und Wirkungsweise jetzt aber so entsetzlich sichtbar geworden sind, wird vielleicht verständlicher, was die Staats- und Regierungschefs der NATO schon 1999 in Washington formuliert haben, nämlich dass Krisenprävention, umfassende Sicherheitspolitik und, in sie eingeschlossen, der Kampf gegen den internationalen Terror gemeinsame Aufgaben sind. Insofern geht es nicht nur um eine umfassende Antwort, es geht auch um eine entschiedene, das heißt zielgerichtete, angemessene und maßvolle Antwort. Willy Brandt hat in seinen Erinnerungen im Zusammenhang mit Frieden und Friedensbewahrung geschrieben, dass es gerade für Deutschland nach der Einheit nicht mehr darum gehen könne, alleine verbale Beiträge zu leisten; es gehe um mehr: Wir stehen vor einer Entscheidung, die sehr ernst sein wird und sich nicht auf verbale Beiträge beschränken kann und darf. Das wirft die Frage auf, ob wir gemeinsam die Fähigkeiten haben, diese Antwort zu geben. Diese Fähigkeiten sind in der Strategie der NATO und in den daraus entwickelten Anforderungen an die Streitkräfte beschrieben. Sie konsequent, ohne zeitlichen Verzug und ohne inhaltliDr. Wolfgang Gerhardt che Abstriche umzusetzen ist die praktische Verwirklichung dessen, was unser gemeinsames Interesse an Sicherheit und unser gemeinsamer Wille zur Bewahrung von Frieden, Freiheit und rechtsstaatlicher Demokratie praktisch bedeuten. Die Bundesrepublik Deutschland kann dazu einen Beitrag leisten. Dieser Beitrag wird von ihr erwartet. Nicht allein deshalb, sondern auch weil es in unserem ureigensten Interesse als freiheitlicher Demokratie liegt, dass nicht andere nach ihrer menschenverachtenden Ideologie oder ihrem menschenverachtenden Fanatismus entscheiden, welches freiheitliche und demokratische Land jeweils Ziel ihrer Angriffe ist, werden wir ihn leisten. ({3}) Es wird im Übrigen nüchtern zu prüfen sein, ob wir den schon vorhandenen Fähigkeiten schnell neue hinzufügen müssen. Das gilt auch im Sinne der jetzt notwendigen umfassenden Antwort und beschränkt sich beileibe nicht auf die Erneuerung der Bundeswehr alleine. Aber dazu wird noch an anderer Stelle der Debatte etwas gesagt werden. Ich möchte nur deutlich machen: Es geht nicht nur darum, die USA - wie manche sagen - zu unterstützen, sondern darum, die Chance, die die Tragödie in den USA bietet - davon haben einige in dieser Debatte zu Recht gesprochen -, zu nutzen, den jeweiligen nationalen Identitäten eine globale und zivilisatorische Identität hinzuzufügen und eine gemeinsame Antwort auf jenen mittelalterlichen und vordemokratischen Geist zu entwickeln, der sich - frei von jeder Vorstellung von der Würde des einzelnen Menschen - in Europa mit fürchterlicher Brutalität im Dreißigjährigen Krieg und während der faschistischen Zeit ausgetobt hat und der sich jetzt kaltblütig der technischen Möglichkeiten der Zivilisation des 21. Jahrhunderts bedient. Diese Antwort muss, wie gesagt, umfassend, entschieden, klar und angemessen sein. Wir alle haben uns in den 50 Jahren, in denen wir in die westlichen Demokratien und ihre Gemeinschaften hineingewachsen sind, nicht vorstellen können, dass der Bündnisfall der NATO zum ersten Mal wegen und zum Schutz der gemeinsamen Werte, ausgelöst durch einen Angriff auf die USA, erklärt werden muss. Wir haben uns in den letzten 50 Jahren auf die Solidarität der westlichen Demokratien verlassen. Das war gut für Deutschland. Also haben die westlichen Demokratien und insbesondere die Vereinigten Staaten einen Anspruch darauf, dass wir jetzt mehr tun, als sie nur zu unterstützen. Das wäre schon viel. ({4}) Aber wir müssen gemeinsam eine Antwort geben, wissend, dass diejenigen, die über mehrere Jahrzehnte für uns eingestanden sind, jetzt einen Anspruch darauf haben, dass wir mit ihnen gemeinsam für unsere Interessen und für unsere Wertvorstellungen eintreten. ({5}) Das wird sehr harte und ernste Entscheidungen erforderlich machen. Ich hoffe - das sage ich auch im Interesse der Soldaten und ihrer Familien -, dass der Ernst, die Entschlossenheit und die Gemeinsamkeit, die in diesen Tagen in diesem Hohen Hause sichtbar geworden sind, auch alle anderen notwendigen Entscheidungen tragen werden. Vielen Dank. ({6})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich erteile das Wort der Kollegin Dr. Angela Merkel für die Fraktion von CDU und CSU.

Dr. Angela Merkel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001478, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Wir werden das World Trade Center wieder aufbauen“ - der New Yorker Bürgermeister Rudolph Giuliani hat diesen Satz vor ein paar Tagen gesagt. Inmitten der größten Katastrophe, die Amerika je heimgesucht hat, inmitten all der Zerstörung, inmitten all des Leids, der Toten und der Verletzten sagt er ein wenig trotzig, vor allem aber entschlossen und mutig: „Wir werden das World Trade Center wieder aufbauen.“ ({0}) Wie wir die Amerikaner kennen, werden sie es wahrscheinlich größer und schöner bauen als je zuvor. Das imponiert mir, das imponiert vielen Menschen. Damit kein Missverständnis aufkommt: Es kann niemand sagen, dass die Menschen in den Vereinigten Staaten bei dem, was sie erlebt haben, und bei dem, was geschehen ist, nicht mindestens so viel Verzweiflung empfinden wie wir. Es kann niemand sagen, dass die Mütter und Väter in den USA oder in Großbritannien nicht die gleichen Ängste haben wie die Mütter und Väter in Deutschland - vor dem, was geschehen ist, aber auch vor dem, was jetzt kommen mag. Ich will hinzufügen: Ich finde diese Angst verständlich. Sie drückt die Fassungslosigkeit aus. Sie ist ein Maß für die Ungewissheit über das, was kommt. Sie lässt bei vielen Erinnerungen wieder aufkommen oder aber Gelesenes fast real erscheinen. Ich bin aber fest davon überzeugt: Angst darf nicht unser Ratgeber sein. Deshalb hat Giuliani etwas ganz Besonderes geschafft. Er hat ausgedrückt, was es bedeutet, den Sieg der Freiheit gegenüber dem Terror durchzusetzen. Diese Worte von Giuliani fassen für mich die Entschlossenheit zum Sieg der Menschenwürde gegenüber der Barbarei in Worte. Sie stehen auch in der Stunde der größten Not dafür, dass wir nicht kapitulieren vor Feigheit und Zerstörungswut. ({1}) Das ist der Geist, der die Menschen nicht im Geschehenen gefangen nimmt, sondern der sie aus Trauer und Verzweiflung wieder ausbrechen lässt. Das ist der Geist einer Debatte, die der Zukunft zugewandt ist. Das ist der Geist, den ich mir auch für die kommenden Debatten in Deutschland wünsche und der auch von der heutigen Debatte ausgehen muss; denn verantwortungsbewusste Politik - ob in der Regierung oder in der Opposition - war und bleibt immer eines: die Gestaltung der Zukunft. Es ist vielleicht ein oft dahingesagtes Wort, aber es sollte gerade auch in den kommenden Wochen der Kern unseres Handelns bei allen Entscheidungen - ob im Nordatlantischen Bündnis oder in der Europäischen Union, ob in der Regierung oder in der Opposition - sein: jeder in seiner Rolle, jeder an seinem Platz. Genau deshalb nehmen wir als Union unsere Aufgabe als kritischer Wächter, aber auch als zuverlässiger Begleiter der Bundesregierung sehr energisch und konsequent wahr. ({2}) Es ist richtig, dass das, was am 11. September stattgefunden hat, eine Kriegserklärung an die zivilisierte Welt ist. Der 11. September war eine Zäsur. Heute sind wir dabei, zum ersten Mal auch über die Konsequenzen und Folgerungen zu beraten. Es geht dabei um sehr konkrete Konsequenzen in wirtschaftlicher Hinsicht, in politischer Hinsicht, in diplomatischer Hinsicht und - um das ganz ausdrücklich hinzuzufügen - auch in militärischer Hinsicht. Es geht darum, dass wir einer vollkommen neuen Lage gegenüberstehen. Es ist in den letzten Tagen viel von Dankbarkeit, ja sogar von Schuld die Rede gewesen, in der gerade wir Deutschen nach 50 Jahren Beistand durch die Amerikaner gegenüber den USA stünden. Das ist ohne Zweifel richtig. Aber wäre es das allein, es würde auf Dauer nicht tragen. Eine wahre Freundschaft lebt auch, aber nicht allein von Dankbarkeit. Wahre Freundschaft lebt von ihrer Tragfähigkeit für die Zukunft. ({3}) Der Bundeskanzler hat deshalb Recht, wenn er von uneingeschränkter Solidarität mit den NATO-Partnern und den USA spricht. Er hat Recht, wenn er sagt: Es darf nicht heißen „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“. Deshalb füge ich hinzu: Eine tragfähige Partnerschaft zwischen den Staats- und Regierungschefs innerhalb des Bündnisses der NATO, der Europäischen Union und darüber hinaus gründet diese uneingeschränkte Solidarität auf Selbstbewusstsein zwischen den Partnern. Eine tragfähige Partnerschaft gründet diese Solidarität auf aktives Engagement für den anderen. Eine tragfähige Partnerschaft gründet diese Solidarität auf Taten und nicht alleine auf Worte. Meine Damen und Herren, wenn dieser 11. September eine Zäsur markiert, wenn dieser 11. September ein Tag war, der für die Geschichte des 21. Jahrhunderts eine ausschlaggebende Bedeutung hat - ich glaube das -, dann geht es darum, den Gegner genau zu erkennen, und dann geht es darum, die Ordnung für das 21. Jahrhundert zu finden. Nach der Beendigung des Kalten Krieges, Ende der 80er-, Anfang der 90er-Jahre, gab es Aufsätze und Bücher, in denen wichtige Autoren vom Ende der Geschichte geschrieben haben. Wir wissen heute: Die Bedrohungen des 21. Jahrhunderts haben spätestens am 11. September ein klares Gesicht bekommen. Wir haben keine Illusionen mehr über die Gefahren unseres Jahrhunderts. Niemand kann mehr sagen, er habe es nicht gesehen. Alle Warnungen vor solchen Gefahren sind durch die Realität übertroffen worden. Deshalb ist es so wichtig, dass wir versuchen, aus dieser großen Krise auch eine Chance zu machen. Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um den Aufbau einer Architektur des 21. Jahrhunderts. Mit Sicherheit - keine Frage - ist dies eine globale Architektur. Für mich ist in den letzten Tagen noch einmal ganz deutlich geworden, wie sehr die zwei Seiten einer Medaille zusammenhängen: die politische Demokratie und die wirtschaftliche Ordnung einer globalen Welt. Wir haben dies in Deutschland immer wieder erlebt. Freiheitliche Demokratie und soziale Marktwirtschaft waren zwei Seiten einer Erfolgsgeschichte. Genauso wird es in einer globalen Welt sein. ({4}) Von den Gegnern der Globalisierung haben wir so viel Kritisches über die Globalisierung gehört. Ich kann nur sagen: In der letzten Woche hat die Wirtschaftsordnung eine schwere Bewährungsprobe bestanden. Das gemeinsame besonnene Vorgehen von amerikanischer Notenbank und Europäischer Zentralbank hat dazu geführt, dass diese Wirtschaftsordnung im Rahmen des Möglichen einigermaßen stabil blieb. Das war ein Riesenerfolg. Wenn der Euro seine erste Bewährungsprobe bestanden hat, dann war dies in der letzten Woche. Wir können dankbar sein, dass wir ihn haben. ({5}) Jetzt geht es um eine neue politische Ordnung. Kerstin Müller hat gesagt: Es wird nichts mehr so sein, wie es war. Ich halte das für falsch. Die Werte, auf die wir diese Ordnung gründen, werden die gleichen Werte bleiben wie vor dem 11. September. Es sind die Werte der Freiheit, der Gerechtigkeit und der Solidarität. ({6}) Aber wir werden die Linien neu ziehen müssen. Wir werden sehr klar sagen müssen, wo die Unterschiede liegen. Sie werden gezogen werden zwischen Demokratie und Diktatur, zwischen Achtung der Menschenwürde und ihrer Missachtung, zwischen Freiheit und Unfreiheit. ({7}) Jeder im internationalen Rahmen und jeder bei uns zu Hause wird gefragt werden, wie er sich zu diesen Linien stellt. Da wird es keine Halbheiten geben, da wird es keine Ausflüchte geben. Deshalb wird sich die Staatengemeinschaft in dieser Krisensituation auch neu ordnen. Es geht nicht nur um eine neue Architektur der NATO, es geht genauso um eine neue Architektur von Allianzen, die in den nächsten Tagen und Wochen ihre Bewährungsproben zu bestehen haben. Ich halte die Resolution des UN-Sicherheitsrates für einen ersten Vorboten dieser neuen Architektur. Aber sie muss sich bewähren und das wird in der Praxis erfolgen. ({8}) Meine Damen und Herren, national heißt das für uns auch vieles. Es heißt auf der einen Seite, dass sich jeder in diesem Lande, in jeder Vereinigung, in jeder Partei, entscheiden muss, wie er sich zu den Grundwerten unserer Ordnung stellt. Ich wünsche mir, dass gerade auch die Vertretungen der ausländischen Bürgerinnen und Bürger in unserem Lande diese Trennlinie sehr klar ziehen. Das würde unserer Gemeinsamkeit im Lande und der Integration sehr helfen. ({9}) Es wird für uns heißen, dass wir nicht werden warten können, bis jemand auf uns zukommt und uns um etwas bittet. Vor allen Dingen werden wir nicht die Attitüde einnehmen können, dass der Kelch an uns vielleicht vorübergehe. Es geht in dieser Stunde um die Fragen: Welche Rolle wird Deutschland in der Welt des 21. Jahrhunderts spielen? Werden wir in der Lage sein, entsprechend unserer ökonomischen Kraft auch eine politische Kraft in dieser Weltordnung zu sein? ({10}) Es ist unser ureigenes Interesse, zu klären, inwieweit wir in diesen Wochen und Monaten zu dem bereit sind, was nach Art. 5 des NATO-Vertrages von uns mit großer Wahrscheinlichkeit verlangt werden wird, nämlich die Ausübung und Auslebung des Bündnisfalles. Es ist das erste Mal, dass wir nach dem Ende des Kalten Krieges - unserem ureigenen Interesse als wiedervereinigtes Land folgend - für Freiheitlichkeit einstehen können. ({11}) Ich sage dies so betont, weil ich weiß, dass in den neuen Bundesländern viele Menschen keine Dankbarkeit für 50 Jahre NATO fühlen, wie das in den alten Bundesländern der Fall ist. Aber auch mit diesen Menschen werden wir darüber sprechen, dass es keine freiheitliche Ordnung in der Bundesrepublik Deutschland geben wird, wenn wir jetzt die Zeichen der Zeit verschlafen. Es ist für mich keine Petitesse, wenn der Regierende Bürgermeister von Berlin in dieser Auseinandersetzung von „Stellvertreterkriegen“ spricht. Es sind keine Stellvertreterkriege, sondern es waren Angriffe auf unsere ureigenen Werte; deshalb dürfen wir uns nicht anders verhalten als andere. ({12}) Herr Staatsminister Volmer - als solcher scheinen Sie gesprochen zu haben -, wenn Sie hier, abweichend von dem, was der Bundeskanzler gesagt hat, und sogar abweichend von Ihrem eigenen heute abwesenden Minister, darum bitten, dass die militärischen Aktionen kurz seien, dann kann das nicht der Maßstab sein. Der Maßstab muss die Frage sein, ob wir unsere Werte wie die Freiheit erfolgreich verteidigen und mit welchen Mitteln dies am besten gelingt. Deutschland hat dabei nicht darüber zu entscheiden, ob ihm die Vorgehensweise der USA passt oder nicht. ({13}) Wir dürfen weder Wut noch Angst haben; das dürfen nicht unsere Ratgeber sein. Sicherlich ist es auch richtig, dass Besonnenheit gefragt ist. Die Diskussionen der nächsten Wochen deuten sich aber schon an. Wenn in diesen Tagen von Besonnenheit gesprochen wird, dann spüre ich durch viele Ritzen, dass dahinter ein ganz unterschiedliches Verständnis steht. Besonnenheit kann Entschlossenheit, Mut und richtiges Handeln mit kühlem Kopf bedeuten. Wenn Besonnenheit jedoch Wankelmütigkeit bedeutet, dann ist dies nicht unser Verständnis. ({14}) Es muss eine Besonnenheit sein, bei der klar wird, dass wir nicht nur wissen, was wir nicht wollen oder wovor wir uns fürchten, sondern auch wissen, was wir anstreben und wozu wir uns entschließen. Das ist das Allerwichtigste. ({15}) In den nächsten Wochen wird es um diese Fragen gehen. Ich sage auch: So wie wir den Schulterschluss mit der Regierung in dem Kampf gegen die Bedrohung eingegangen sind und auch weiterhin eingehen werden, so werden wir die Tatsache, dass dies in der innenpolitischen Debatte eine Zäsur war, nicht einfach wegschieben können. Verantwortung einer Opposition heißt immer auch Verantwortung für diejenigen Dinge, die in unserem Lande geleistet werden. Wenn angeblich, wie Frau Müller gesagt hat, nichts mehr so ist, wie es war - eine Auffassung, die ich noch nicht einmal teile -, dann darf der Bundeshaushalt mit Sicherheit nicht das Einzige sein, was so bleibt, wie es war. ({16}) Herr Bundeskanzler, wir sehen uns hier nächste Woche zu einer anderen Debatte wieder. Diese Debatte wird etwas mit den Fragen zu tun haben, wie unsere Bundeswehr ausgerüstet ist und wie unsere innere Sicherheit ausgestattet ist. Genau diese Fragen werden dann zu beantworten sein. Da wir uns einig sind, dass es sich um neue Schwerpunkte, um neue Aufgaben handelt, erwarten wir auch einen neuen Bundeshaushalt. Herzlichen Dank. ({17})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Ich erteile das Wort dem Kollegen Gert Weisskirchen für die SPD-Fraktion.

Gert Weisskirchen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002465, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Merkel, es wird Ihnen nicht gelingen, einen Misston in die Debatte hineinzubringen; ({0}) denn, liebe Frau Kollegin Merkel, Sie und wir, das ganze Haus bis auf die PDS, haben deutlich Zustimmung zu dem Vorschlag signalisiert, über den wir nachher abstimmen werden, dass sich der Bundestag für ein international abgestimmtes Vorgehen und für besonnenes Handeln ausspricht, weil es im Interesse aller Völker, auch der Bundesrepublik Deutschland, liegt, den Terrorismus weltweit zu bekämpfen. ({1}) Der Kollege Dr. Gerhardt hat einen, wie ich finde, sehr wichtigen Punkt angesprochen. Er hat den amerikanischen Historiker Paul Kennedy zitiert. Dieser hat gerade am letzten Sonntag im „Independent on Sunday“ darüber geschrieben, dass es jetzt wohl so sei, dass Amerika ins 21. Jahrhundert eingetreten ist. Sind denn die Terrorschläge gegen New York und Washington die Schattenrisse, die die Zukunft auf unsere Gegenwart wirft? Ich meine: Eiskalte Selbstmörder, die Tausende gemordet und nicht unterschieden haben, welche Hautfarbe ihre Opfer hatten, welcher Religion oder welcher Nationalität sie zugehörten, haben das oberste Recht zerstört, das jedem Menschen eignet, nämlich das Recht auf Leben. Deswegen müssen wir die Kraft aufbringen, gegen diesen internationalen Terrorismus auch gemeinsam zu handeln. ({2}) Noch ein weiterer Gedanke mag das verdeutlichen: Morgen findet wie jedes Jahr der Tag des Kindes statt; die Vereinten Nationen rufen dazu auf. Wie viele Kinder sind vorletzten Dienstag in den Explosionen umgekommen? Wie vielen Kindern ist die Mutter weggenommen worden und wie vielen der Vater? Auch das ist ein Grund, warum alle Staaten bis auf zwei die Anschläge verurteilt haben. Es waren nämlich Anschläge auf die Universalität der Menschenrechte. Die Terroristen müssen wissen: Wir werden diesen Fortschritt der Zivilisation mit allem, was wir vernünftigerweise gegen sie einsetzen können, verteidigen. ({3}) Verstört uns und auch andere nicht das unerhört Grausame, wie sich technische Intelligenz mit dem Trieb mischt, sich und unschuldige andere unentrinnbar massenhaft in den Tod zu reißen? Verstört es uns nicht auch, wenn gesagt wird, eine jede Gesellschaft werde verwundbarer, je moderner sie wird? Wir alle haben in diesen letzten Tagen erlebt, dass die Welt auf den gemeinsamen Fernsehblick darauf geschrumpft ist, was vor uns allen stehen kann. Jeder hat in den Abgrund sehen können. Von daher ist es sehr verständlich, dass mit Angst auf diese Verstörung reagiert wird. Von Angst aber dürfen wir uns nicht hinreißen lassen. Schärfe des Denkens, Klarheit des Verstandes, auch eine Debatte darüber, wie vernünftig auf die neuen Formen internationalen Terrors geantwortet werden muss, sind jetzt nötig. Es ist sinnvoll, jetzt einmal einen Blick auf die amerikanische Debatte zu werfen. Die, wie ich finde, absurdeste Antwort auf die Frage, wie der Terrorismus entstand und was er bedeutet, hat der christlich-fundamentalistische Fanatiker Jerry Falwell gegeben. Er beschuldigt das säkulare Amerika, Gott erzürnt und so die Katastrophe heraufbeschworen zu haben. Es gibt aber andere in den USA, die jetzt ungeschminkt und selbstkritisch über die Ursachen reden. Stephen Greenblatt, ein großer Renaissance-Forscher, sagt: Ich versuche mir vorzustellen, welchen Phantasien sie - die Täter sich hingaben. Das Einzige, was mir einfällt, sind biblische Bilder vom „Fall der Türme deiner Feinde“. Er fügt hinzu: Das Problem mit der ... Rede von unserem - dem amerikanischen Kampf gegen das reine Böse ist, dass dies genau die Sprache ist, derer sich auch diese Leute - die Terroristen nämlich bedienen. Allzu rasch wird bei dem Versuch, die neue Form des internationalen Terrors zu erklären, zu ideologischen Schablonen gegriffen. Nein, der Kampf, der jetzt stattfindet, ist nicht ein Kampf zwischen Kulturen und nicht ein Kampf zwischen Zivilisationen. Es ist der Kampf gegen den internationalen Terrorismus, der jetzt geführt wird. ({4}) Wir müssen uns fragen: Was treibt die Täter an? Zuallererst unbändiger Hass. Worauf zielen sie? Auf die Grundfesten des modernen Lebens. Wahllos morden sie, um Schrecken zu verbreiten, um Menschen einzuschüchtern, um die Institutionen der Staaten zu zerstören, die sie zu ihrem Feind erklärt haben. Worauf zielt ihre Logik? Ihre Halluzination ist es, in einem heiligen Krieg zu kämpfen. Wir sollten uns selbstkritisch fragen: Erinnert uns das nicht an die Vergangenheit des Christentums? Wer einmal nachgelesen hat, was Hernán Cortés Kaiser Karl über seine Erfahrungen mit der Expansion berichtet hat, der spürt den Fieberwahn, den Gewalt und Expansion bei denen auslösten, die sich von Gott erwählt glaubten. Sie gefielen sich als Conquistadores, als Werkzeuge der christlichen Welt wie Kolumbus, der Cristóbal Colón, der Christus tragende Kolonisator. Wer also den Kampf der Kulturen verhindern will, der kann auf gar nichts anderes setzen als auf die Kraft der Freiheit. Sie ist stark, wo sie sich an die Vernunft bindet. Die Freiheit ist dann unbezwingbar, wenn Konflikte zwischen Kulturen im Dialog ausgetragen werden. Das setzt aber voraus, dass sich die Kulturen wechselseitig als gleichberechtigt anerkennen. Menschen verschiedener Kulturen sind fähig, gemeinsame Werte zu teilen. Der Träger des Nobelpreises für Ökonomie Amartya Sen hat den Wert der Freiheit als den überragenden erkannt, weil die Freiheit der Pfeiler ist, auf dem alle anderen Werte ruhen. ({5}) Das ist der Grund, warum das Jahr 2001 von der UNO zum Jahr des Dialoges zwischen den Kulturen ausgerufen worden ist. Der iranische Präsident war es, der diesen Vorschlag gemacht hat. Viele Tausende von jungen Iranern haben jetzt mit ihren Kerzen in Teheran deutlich gemacht, dass sie sich gegen den Terrorismus wehren und dass sie sich an die Seite der zivilisierten Welt stellen, um dagegen zu kämpfen, dass die Terroristen die Religion und den Gert Weisskirchen ({6}) Islam für ihre finsteren Zwecke missbrauchen. Das ist ein wunderbares, deutliches Zeichen, dass im Islam und bei Muslimen jetzt die Erkenntnis gewachsen ist: Der Terrorismus muss auch innerhalb des Islam bekämpft werden. ({7}) Wenn es also wirklich einen Kampf gibt, dann ist es nicht der Kampf zwischen den Zivilisationen, sondern der im Innern der Zivilisationen, jeweils zwischen jenen Muslimen, Christen, Hindus, Buddhisten oder auch Juden, die für einen modernen Entwurf ihrer Gesellschaft streiten, und denen, die für einen rückwärts gewandten Entwurf ihrer Gesellschaft kämpfen. Wer Hass sät, wer Gewalt privatisiert, wendet sich gegen menschliches Zusammenleben, gleich in welcher Region der Erde. Die Stärke der offenen Gesellschaft, der liberalen Demokratie und des reformfähigen sozialen Rechtsstaates kann und darf aber von den Terroristen wirklich nicht erschüttert werden. Der moderne Staat, die Demokratie, muss sich allerdings schützen können. Weil Terroristen international agieren, muss auch die internationale Staatengemeinschaft gemeinsam handeln. Das ist jetzt zum Beispiel in Jerusalem deutlich geworden, wo, wie in Teheran, junge Menschen unterschiedlichen Glaubens, Palästinenser wie Juden, ihre Solidarität gezeigt haben. Sie haben gemeinsam deutlich gemacht, dass es darauf ankommt, die Hintermänner, die Drahtzieher von Attentaten und die Förderer islamistischer Terroristen, die religiöse Gefühle missbrauchen, die so ihre Gier nach Macht maskieren, die Menschen in den Untergang führen und die versuchen, Staaten zu zerbrechen, zur Verantwortung zu ziehen. Liebe Frau Kollegin Merkel, Sie haben eben zu Recht darauf hingewiesen, dass man eine neue globale Architektur braucht. Ich bitte Sie: Bedenken Sie aber auch die schwierige innere Situation in Afghanistan. Afghanistan ist ein Land, das seit Jahren, ja fast seit Jahrzehnten geschunden ist und politisch hin und her gestoßen wird. Es wird von einer selbst ernannten Elite regiert, die die Abhängigkeit von Menschen nutzt. Ich nenne nur Drogen-, Menschen- und Waffenhandel. Das alles zeigt die Gier dieser selbst ernannten Elite, über andere zu herrschen. Eine Strategie gegen diesen Terror muss daher viel mehr als nur militärische Mittel umfassen. Sie braucht einen viel breiter angelegten Ansatz mit einer vernünftigen, klaren Mischung aus militärischen Zielen, die auf den Punkt genau definiert werden müssen, und darüber hinaus aus zivilen Mitteln. Durch diesen neuen politischen Ansatz, auch durch eine stärkere Mobilisierung der Entwicklungspolitik, wird es erst möglich, den Boden auszutrocknen, auf dem ein solch schrecklicher Terrorismus entstehen kann. Die Erarbeitung eines solchen Ansatzes ist die gemeinsame Anstrengung der internationalen Staatengemeinschaft. Das wird der Deutsche Bundestag hier gemeinsam beschließen. Herzlichen Dank. ({8})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Ich erteile das Wort dem Bundesminister des Innern, Otto Schily. Otto Schily, Bundesminister des Innern ({0}): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Heute erinnere ich mich an die US-amerikanischen Soldaten, die ihr Leben im Kampf gegen den Faschismus, den Nationalsozialismus geopfert und aufs Spiel gesetzt haben. Ich erinnere mich an die US-amerikanischen Soldaten, die am Ende des Krieges mit uns Kindern ihre Essensrationen geteilt haben. Ich erinnere mich an die jungen Amerikaner, die zu uns gekommen sind, um die Demokratie in Deutschland aufzubauen. Ich erinnere mich an die amerikanischen Geschäftsleute, die - so im Gespräch mit meinem Vater - zusammen mit ihren ehemaligen Feinden die Wirtschaft in Deutschland wieder aufgebaut haben. Ich erinnere mich an den Tag, an dem wir gemeinsam vor dem Schöneberger Rathaus John F. Kennedy zugejubelt haben, weil er an der Seite Berlins und für Freiheit stand. Ich erinnere mich an viele Gespräche mit vielen respektablen Botschaftern der Vereinigten Staaten, Herrn Burns, Herrn Burd, Herrn Kornblum und anderen, die in großer demokratischer Offenheit auch über Meinungsverschiedenheiten in der Politik mit uns gesprochen haben. Ich erinnere mich an die Worte des amerikanischen Präsidenten Bush vor der Mauer hier in Berlin. Ich finde, wir haben allen Grund, in diesen Tagen die Unverbrüchlichkeit der Freundschaft zu Amerika zu betonen. ({1}) Das ist nicht nur eine Frage der Rhetorik, sondern etwas, was unser Volk mit dem amerikanischen Volk verbindet, der Nation, die in der Menschheitsgeschichte allen voran als Symbol für die Menschenrechte, für Freiheit und Demokratie gilt. In diesen Tagen sind wir Zeugen mörderischer Verbrechen geworden, deren grauenvolle Dimension uns alle im tiefsten Innern erschauern lässt. Es sind Verbrechen, in denen sich Hass, Fanatismus, Feindschaft und Menschenverachtung auf unvorstellbare und erschreckende Weise verdichtet haben. Es sind Tage des Schreckens, der Trauer und des Zorns. Es sind für viele - das ist schon in einigen Debattenbeiträgen gesagt worden - auch Tage der Sorgen, der Angst und der Furcht. In dieser Lage muss jeder seine Verantwortung kennen und wahrnehmen. Wir müssen Festigkeit und Entschlossenheit beweisen. Zaghaftigkeit und Unsicherheit dürfen nicht die Devise sein. Wir sind auf die Mitwirkung aller angewiesen. Deshalb danke ich heute dem gesamten Parlament - ich möchte über ein paar kleinere Unstimmigkeiten hinwegsehen -, dass es diese Einmütigkeit bewiesen hat. ({2}) Wir sollten diese Einmütigkeit in den Vordergrund rücken. Gert Weisskirchen ({3}) Ich bedanke mich auch für das Angebot zur Zusammenarbeit. Gernot Erler und Frau Merkel haben es hier mit Recht angesprochen: Ich glaube in der Tat, dass uns der American Spirit, der Geist des Mutes und des aufrechten Ganges, den wir heute in Amerika beobachten können, als Vorbild dienen kann. Die Feuerwehrleute, die Bergungskräfte, die Börsianer, die Schuhputzer, die Krankenschwestern, die unzähligen Menschen, die sich zur Blutspende bereit erklärt haben, und auch Hillary Clinton mit ihrer eindrucksvollen Rede sind Vorbilder für uns. Wir sollten in dieser Situation von unserer Zaghaftigkeit und von unserem Hang zum Pessimismus Abschied nehmen. ({4}) Ich bin fest davon überzeugt, dass wir mit Entschlossenheit, Klarheit und Festigkeit den Kampf gegen den Terrorismus gewinnen werden. Aber dieser Kampf wird schwierig werden und er wird lange dauern. Darüber sollte sich niemand Illusionen machen. Ich neige bekanntlich nicht zu Dramatisierungen und Übertreibungen. Ich bin für realistische Einschätzungen. Ich habe aktuell stets darauf hingewiesen, dass im Augenblick keine konkrete Gefahr für unser Land besteht. Das ist die Einschätzung unserer Dienste und unserer europäischen Nachbarn. Aber niemand sollte sich über den Ernst der Lage täuschen. Die Sicherheitssituation kann sich in sehr kurzer Frist grundlegend verändern. Es ist allerdings nicht hilfreich, wenn sich einige in der Ausmalung ausufernder Schreckensszenarien überbieten. ({5}) Nicht hilfreich ist ebenso, wenn manche die engagierte, gefahrvolle und schwere Arbeit unserer Polizei und unserer Sicherheitsdienste wider besseres Wissen bemäkeln. ({6}) Gerade jetzt und auch künftig sollten wir unserer Polizei, den Sicherheits- und den Verfassungsschutzbehörden unsere besondere Anerkennung, unseren besonderen Dank und auch unser Vertrauen aussprechen. ({7}) Aber selbstverständlich werden wir unsere Anstrengungen erhöhen müssen. Manche Gemächlichkeit und Umstandskrämerei müssen wir ablegen. In meinem Haus gilt der Grundsatz - der gerade im Bereich der inneren Sicherheit seine Bedeutung hat -, dass sich niemand dadurch auszeichnet, dass er mir umständlich erklärt, was angeblich nicht geht. ({8}) Vielmehr kam und kommt es stets darauf an, rasch herauszufinden, was geht, was zum Erfolg führt. ({9}) Unmittelbar nach Bekanntwerden der Anschläge haben wir zu Sofortmaßnahmen gegriffen, im Bereich der Luftsicherheit, der Verkehrswege, der Infrastruktur insgesamt, des Objektschutzes. Wir haben unsere Aufklärungsmaßnahmen verstärkt. Denn Aufklärung ist natürlich das wichtigste Mittel im Kampf gegen den Terrorismus. Wir werden heute im Kabinett eine Reihe von weiteren Maßnahmen beschließen. Diese, Herr Merz, sind - ich sage dies, damit bei Ihnen kein Irrtum entsteht - noch nicht vollständig; das wird weiterzuführen sein. Ich bedanke mich jedoch schon jetzt ausdrücklich für das Angebot, das Sie, Herr Merz, gemacht haben, in diesen Fragen eng mit uns zusammenzuarbeiten. Das ist der Konsens der Demokraten, der jetzt im Vordergrund stehen muss. ({10}) Ich bin froh darüber, dass Bedenken, die in kirchlichen Kreisen zeitweise durchaus vorhanden waren, überwunden werden konnten und dass wir jetzt endlich dem Zustand ein Ende bereiten, dass Vereine, die sich mit religiösen Zielsetzungen tarnen, weiter ihr Unwesen treiben dürfen. Wir werden das Religionsprivileg im Vereinsrecht beseitigen. ({11}) Wir müssen zusammen mit der Polizei und unter Anwendung des Strafrechtes dafür sorgen, dass wir alle terroristischen Gruppen erfassen, nicht nur jene, die ihre Zielsetzungen mit Aktivitäten im Innern entfalten. Deshalb ist es dringend erforderlich, das Strafgesetzbuch zu ändern. Wir werden das umsetzen, indem wir einen § 129 b einfügen. ({12}) Wir werden darüber hinaus auch andere Maßnahmen ergreifen müssen, etwa im Bereich der Überprüfung des Sicherheitspersonals beim Luftverkehr. Auch dafür werden wir heute die rechtlichen Voraussetzungen schaffen. Überdies werden wir - das ist schon von mehreren angesprochen worden - dafür sorgen müssen, dass wir den Geldern auf die Spur kommen, mit denen der Terrorismus Mord und Totschlag finanziert. Das ist ja einer der schrecklichsten Zusammenhänge, deren wir ansichtig werden. ({13}) Meine Damen und Herren, wir werden uns von manchen Vorurteilen und Denkgewohnheiten verabschieden müssen. An anderer Stelle werden wir über das Zuwanderungsgesetz zu reden haben. Ich werde mich - das siBundesminister Otto Schily chere ich Ihnen zu - von diesem Projekt nicht verabschieden. ({14}) Das wäre ein Sieg der Terroristen. Diesen Sieg dürfen wir nicht zulassen. Ich bin dem Herrn Bundeskanzler für das dankbar, was er in seiner Regierungserklärung dazu gesagt hat. Aber eines muss auch klar sein: Das Sicherheitsproblem bei der Zuwanderung ist gar nicht in erster Linie ein Problem der Arbeitsmigration, die wir steuern und regeln wollen, sondern die Frage danach, welche Personen unter dem Zeichen des Flüchtlings- oder Asylschutzes zu uns kommen. Darunter befinden sich leider einige, die das Asyl- und das Flüchtlingsrecht missbrauchen. ({15}) Wenn sich unter denen einige befinden, die terroristischen Aktionen dienen, dann müssen wir - das versteht sich von selber - diesen Herrschaften auf die Spur kommen. ({16}) Deshalb darf mir und anderen an dieser Stelle niemand in den Arm fallen: Es kann nicht sein, dass bestimmte Dateien, die wir zur Verfügung haben, um diese Dinge aufzuklären, nicht genutzt werden. Datenschutz ist in Ordnung, aber der Datenschutz darf nicht zur Behinderung von Kriminalitäts- oder Terrorismusbekämpfung führen. ({17}) Kerstin Müller und auch einige von der SPD-Fraktion haben hier gesagt, der Rechtsstaat dürfe dafür nicht geopfert werden. ({18}) Das stimmt mit meinen Überzeugungen überein. Alles andere wäre ja auch eine Torheit und das sieht, glaube ich, niemand in diesem Hause anders. Aber man muss schon sehr sorgfältig unterscheiden: Ist es ein Verstoß gegen die Freiheitsrechte, wenn wir dafür sorgen, dass niemand seine Identität verschleiert oder andere darüber täuscht? Identitätssicherung, damit der Staat seine Kontrollpflichten und Kontrollrechte ausüben kann, ist in einem Rechtsstaat eine Selbstverständlichkeit. ({19}) Die Zeit lässt es nicht zu, dass ich Ihnen alle Einzelheiten vortrage. Selbstverständlich gehört dazu auch, dass wir den Katastrophenschutz voranbringen. Wir haben schon vor den Ereignissen einiges in Bewegung gebracht. Ich bin in dieser Beziehung sehr dankbar für die Zusammenarbeit zwischen den Ländern und dem Bund. Wir hatten gestern eine Schaltkonferenz der Innenminister der Länder und des Bundes. Ich möchte nicht versäumen, meinen besonderen Dank an meine Kollegen in den Ländern auszusprechen. Es ist vorbildlich, in welcher Einmütigkeit und Entschlossenheit Bund und Länder gegen den Terrorismus vorgehen und sich über die Maßnahmen geeinigt haben. ({20}) Es wird auch - das gehört zu dem, was wir gestern in der Schaltkonferenz gemeinsam erörtert haben - ein Ineinandergreifen von militärischen und polizeilichen Operationen notwendig sein. Wenn man es mit einer Herausforderung wie dem Terrorismus zu tun hat, darf man sich nicht auf philosophische Haarspaltereien einlassen. Ich habe das übrigens bereits viel früher, schon im vergangenen Jahr, der Weizsäcker-Kommission gesagt. Es ist eine Situation, die eine Verbindung von polizeilichen und militärischen Strategien erforderlich macht. Wir werden jetzt gegen Bin Laden, wo immer er sein sollte, vermutlich nicht die üblichen Verfahren - ein Auslieferungsgesuch zu stellen, im Rahmen eines Rechtshilfeverfahrens innerhalb von mehreren Jahren herauszufinden, wo er ist, um dann vielleicht eine Entscheidung zu treffen - einhalten können. Auch im Kosovo-Konflikt gab es, wie Sie feststellen können, wenn Sie den Dingen genau auf den Grund gehen, eine polizeiliche Zielsetzung, die wir mit militärischen Mitteln gemeinsam durchgesetzt haben. Es wird also ein Ineinandergreifen von militärischen und polizeilichen Strategien geben müssen. Das darf aber nicht so missverstanden werden, dass nun die Bundeswehr überall in der Bundesrepublik postiert werden soll; das ist nicht der Fall. Aber im Rahmen der durch die Verfassung gezogenen Grenzen wird auch die Bundeswehr ihre Aufgaben bei der Sicherung der Infrastruktur und militärischer Einrichtungen in Deutschland zu erfüllen haben; das versteht sich ganz von selbst. Ich bin nicht dafür, dass wir uns jetzt in Schuldzuweisungen verstricken. Herr Kollege Glos, das sage ich an Ihre Adresse. Ich begrüße es, dass der Freistaat Bayern soeben durch eine Kabinettsentscheidung den Personaleinsatz beim Verfassungsschutz erhöht hat. Ich werde daraus nicht den Vorwurf ableiten, dass es in der Vergangenheit irgendwelche Versäumnisse gegeben hat. ({21}) Ich habe mich in den Haushaltsdebatten der vergangenen Jahre in sehr guter Kooperation mit dem Finanzminister für Mittel für die innere Sicherheit eingesetzt. Sie wissen - ich habe das in jeder Haushaltsdebatte gesagt -, dass wir die Mittel für die Institutionen, die für die innere Sicherheit zuständig sind, nicht gekürzt, sondern erhöht haben. Ich habe einige Zahlen vor mir liegen, die ich Ihnen jetzt nicht alle erläutern kann. Ich möchte nur folgende Zahl nennen: Für die Luftsicherheit haben wir seit 1998, also seit unserem Regierungsantritt, 1,2 Milliarden DM aufgewendet. Das ist nun wahrlich kein kleiner Betrag. Ich könnte Ihnen viele weitere Zahlen nennen. Sie haben Unrecht, Herr Glos, wenn Sie sagen, wir hätten die Mittel für den BGS zurückgeführt; im Gegenteil. Wir haben ihn nur anders organisiert. Das ist übrigens die BGSReform, die Ihre alte Regierung beschlossen hat. ({22}) Wir wollen uns da nicht in irgendwelche Dinge verstricken. Eines will ich Ihnen allerdings auch ankündigen: Wir werden den Personaleinsatz und die Sachmittel für die innere Sicherheit an einigen Stellen verstärken müssen. Da muss ich die Hilfe des Parlaments, vor allem natürlich die der Regierungsfraktionen, in Anspruch nehmen. Das wird notwendig sein. Allerdings sollten nicht einfach nur quantitative Forderungen gestellt werden. Es kommt vielmehr auf die Verbesserung der Qualität an. ({23}) Wer mit der Forderung, es müssten Zigtausende Polizeibeamte eingestellt werden, durch die Lande wandert, den frage ich: Woher soll ich die eigentlich nehmen? Man muss sehr vorsichtig sein, um die Dinge richtig zu entscheiden. Wir werden den sicherheitsempfindlichen Bereichen den Vorrang geben. Dort werden wir eine Verstärkung vornehmen. Das werden wir gemeinsam tun. Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Abschluss sagen, dass für die Bundesregierung Folgendes gilt: Wir müssen und wir werden gegen die Terroristen, die diese Verbrechen zu verantworten haben, mit äußerster Konsequenz und mit der gebotenen Härte vorgehen. Wir werden alle polizeilichen und militärischen Mittel aufbieten, über die die freiheitlich-demokratische Staatsordnung, die wehrhafte Demokratie verfügt. Wir werden den Kampf gegen den hasserfüllten, menschenfeindlichen Terrorismus aber nur gewinnen, wenn er zugleich ein Kampf für die Universalität und Unverbrüchlichkeit der Menschenrechte ist, wenn er ein Kampf für geistige Freiheit, für soziale Gerechtigkeit, für den Rechtsstaat und für die unbedingte Achtung der Würde des Menschen ist. ({24}) Wir dürfen uns nicht - ich wiederhole bewusst das, was der Bundeskanzler heute in seiner Regierungserklärung formuliert hat - in einen angeblichen Kampf der Kulturen hineintreiben lassen. Im Gegenteil: Es ist an der Zeit, dass wir ein geistiges Zeichen für den interkulturellen Dialog, für Aufklärung, für Verständnisbereitschaft und geistige Offenheit setzen. Religiöser, hasserfüllter Fanatismus hat in der Menschheitsgeschichte zu den schlimmsten Verbrechen geführt. Diese Verbrechen waren zugleich immer die Verleugnung der vermeintlich eigenen religiösen Überzeugungen, auf die sich die Fanatiker berufen haben. ({25}) Mit „geistiger Offenheit“ meine ich sehr viel mehr als bloße Toleranz im Sinne von Ertragen unterschiedlicher religiöser und weltanschaulicher Auffassungen. Geistige Offenheit heißt, die eigenen Überzeugungen infrage zu stellen, infrage stellen zu lassen und infrage stellen zu können, anstelle des Verharrens in starren Dogmen der Gedankenfreiheit Raum zu geben und niemanden zu verdammen, der fortschreitende Erkenntnis sucht. ({26}) Wir müssen uns heute und morgen in einer geistig-kulturellen Offensive vereinen, die die Erkenntnisfähigkeit der Menschen in einer mitunter geistvergessenen Welt erweitert, ihre moralischen Willensimpulse stärkt und ihre seelisch-geistigen Fähigkeiten gesunden lässt. Niemand kann sich der Einsicht entziehen: Die Verbrechen beginnen im Geist und in der Seele von Menschen, derer sich das Böse bemächtigt.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Herr Minister, ich muss Sie an die Einhaltung Ihrer Redezeit erinnern.

Otto Schily (Minister:in)

Politiker ID: 11001970

Ich bin sofort fertig. Der Kampf gegen das Böse ist ein realer Kampf. Das Böse ist eine geistige, eine gesellschaftliche Realität. Wir werden und wir müssen diesen Kampf furchtlos aufnehmen. Wir werden ihn gewinnen, wenn wir in uns und in den anderen den Frieden suchen und finden. Vielen Dank. ({0})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Ich erteile dem Kollegen Wolfgang Bosbach für die CDU/CSU das Wort. Der Kollege Ludwig Stiegler weiß schon, dass er heute nicht mehr zum Reden kommt. ({0})

Wolfgang Bosbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002632, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesminister Schily, Sie haben sich an dieser Stelle sehr kämpferisch, sehr entschlossen gezeigt und haben vieles gesagt, was wir voll unterstreichen können und was wir immer schon gesagt haben, und zwar bereits vor dem 11. September 2001. Wir hätten uns aber viel mehr gefreut, wenn Sie diese Entschlossenheit und den kämpferischen Einsatz auch schon vor den mörderischen Anschlägen in den USA gezeigt und schon vorher so wie heute gesprochen hätten. ({0}) Wir hätten uns noch mehr gefreut, wenn sich wenigstens ein Teil von dem, was Sie heute gesagt haben, in der Koalitionsvereinbarung wiederfinden würde. ({1}) Dazu, dass Sie in diesen Tagen das Ende einer permissiven Gesellschaft fordern und darauf hinweisen, dass die Haltung nach dem Motto „anything goes“ nicht mehr tolerabel sei, muss ich Ihnen sagen, dass Sie diese Überzeugungsarbeit nicht bei der CDU/CSU-Bundestagsfraktion leisten müssen. Wir liefern Ihnen gern die Adressen derjenigen, bei denen das notwendig ist. ({2}) Sie werden auch sehr genau registriert haben, wer bei Ihren Ausführungen geklatscht und wer mehr Betroffenheit als Freude gezeigt hat. ({3}) Die sicherheitspolitische Lage hat sich in der Tat seit dem Fall der Mauer und des Eisernen Vorhangs, seit dem Ende der Ost-West-Konfrontation nachhaltig geändert. Aber trotz dieser geänderten Lage sind die Gefährdungen für die innere und äußere Sicherheit Deutschlands nicht geringer geworden. Sie sind lediglich ganz anders als noch vor 15 oder 20 Jahren, aber deswegen nicht weniger bedrohlich, nicht weniger gefährlich. Wir stehen nicht erst heute, nicht erst seit den schrecklichen Ereignissen der vergangenen Woche, sondern bereits seit vielen Jahren vor völlig neuen Herausforderungen hinsichtlich der Sicherheitspolitik unseres Landes. Der international operierende Terrorismus, der von Staaten gedeckt und unterstützt wird und daher über erhebliche logistische und finanzielle Möglichkeiten verfügt und dem es immer wieder gelingt, junge Menschen zu rekrutieren, die aus religiösem oder politischem Fanatismus bereit sind, das eigene Leben hinzugeben, um mörderische Attentate auszuüben, ist für uns alle eine existenzielle Bedrohung. Der Kampf gegen den religiös oder politisch motivierten gewaltbereiten Extremismus und gegen den internationalen Terrorismus erfordert daher Besonnenheit gleichermaßen wie Entschlossenheit. In den vergangenen Tagen gab es in vielfältiger und auch beeindruckender Form Gesten der Trauer für die Opfer in den USA, Worte des Mitgefühls für die Hinterbliebenen und für das gesamte amerikanische Volk. Die Gesten waren richtig und wichtig, aber es darf jetzt nicht bei Worten und Gesten bleiben. Die USA haben aus einer ganzen Fülle von Gründen einen Anspruch darauf, dass gerade wir sie in ihrem Kampf gegen den internationalen Terrorismus tatkräftig unterstützen. Dies liegt auch in unserem eigenen Interesse. In den letzten Tagen war oft - an dieser Stelle ist schon zu Recht darauf hingewiesen worden - von Vergeltungsschlägen die Rede und davon, dass man Gewalt nicht mit Gegengewalt beantworten solle. Wichtiger als militärische Aktionen seien politische Lösungen. Aber es geht nicht um Vergeltung, nicht um Rache, sondern um Prävention, um die Verhinderung von neuen, Tod und Zerstörung mit sich bringenden Anschlägen, nicht nur in den USA. Wer wollte bestreiten, dass eine friedliche Konfliktlösung einer gewaltsamen vorzuziehen ist? - In diesem Hause niemand. Wir wissen aber aus vielen, auch eigenen leidvollen Erfahrungen, dass todbringender Terror und mörderische Banden nicht mit sicherlich gut gemeinten Gesten und Appellen erfolgreich bekämpft werden können. Der Kollege Gerhardt hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es in dieser Welt leider zu viele Despoten, zu viele Terroristen gibt, die sich nicht von Argumenten, sondern nur von einer entschlossenen Gegenwehr beeindrucken lassen. ({4}) Wenn es richtig ist, dass Konsequenzen gezogen werden müssen, müssen wir das Recht fortentwickeln, wie dies heute auch das Bundeskabinett zumindest in Teilen beschließen wird. Wir werden auch im Haushalt Konsequenzen ziehen müssen. Entscheidend ist aber, dass wir zunächst alle darin übereinstimmen, dass der äußeren und inneren Sicherheit endlich die notwendige politische Priorität eingeräumt werden muss. ({5}) Selbstverständlich geht es dabei auch, aber nicht nur, um die Bereitstellung der notwendigen finanziellen Mittel für Personal und Technik. Es geht aber vor allen Dingen um eine andere politische Haltung der Koalition zu allen Fragen der äußeren und inneren Sicherheit. ({6}) Ich nenne als ein Beispiel die Bundeswehr. Die Bündnisfähigkeit stellt man doch nicht allein dadurch unter Beweis, dass man Auslandseinsätzen zustimmt, sondern dadurch, dass man die Armee in allen Teilstreitkräften so ausstattet, dass sie ihre Bündnispflichten in vollem Umfang erfüllen kann. ({7}) Davon sind wir weit entfernt. Das weiß nicht nur die militärische Führung der Bundeswehr, sondern auch die Bundesregierung, ohne dass sie bislang entsprechend gehandelt hat. Es muss auch endlich aufhören, dass diejenigen, die für einen starken Staat - nicht nur in Worten, sondern auch in Taten - und für eine wehrhafte Demokratie kämpfen, unter den Generalverdacht gestellt werden, sie wollten in Wahrheit einen Polizeistaat. Wir wollen keinen allmächtigen Staat, der die Bürger ständig kontrolliert oder sie gar ihrer Freiheitsrechte beraubt. Wir wollen einen starken Staat, der sich gegen seine Gegner zu wehren und seine Bürger zu schützen weiß. ({8}) Im Kampf gegen den Rechtsextremismus waren wir uns völlig einig: keine Toleranz der Intoleranz. Nichts anderes darf beim Kampf gegen Extremisten aller Schattierungen und Kriminelle gelten. ({9}) Wir wollen auch weiterhin ein liberales Land und eine tolerante Gesellschaft sein. Aber wenn wir das auf Dauer bleiben wollen, müssen wir diejenigen entschlossen bekämpfen, die diese Toleranz dazu nutzen, unser Land und seine freiheitliche Ordnung zu bekämpfen. Für uns ist „law and order“ kein Schimpfwort. Recht und Gesetz sind - jedenfalls für die rechtstreuen Menschen in unserem Land - keine Bedrohung, keine Gefahr und keine Fessel. Sie sind unabdingbare Voraussetzungen für ein Leben in Freiheit und Sicherheit. ({10}) Die Sicherheit seiner Bürger zu gewährleisten ist die vornehmste Aufgabe des Staates. Deshalb müssen wir angesichts der dramatischen Ereignisse in allen Bereichen der äußeren und inneren Sicherheit überprüfen, ob wir in personeller und technischer Hinsicht so ausgestattet sind, dass wir die potenziellen Gefahren rechtzeitig erkennen und abwehren können. Der Kollege Glos hat beispielhaft den Bundesgrenzschutz erwähnt. Mit Verlaub, Herr Innenminister, Sie haben den Kollegen Glos nicht richtig zitiert und möglicherweise missverstanden. Er hat darauf hingewiesen, dass der Bundesgrenzschutz heute eine völlig andere Aufgabenstellung hat und vor völlig anderen Herausforderungen steht als noch vor 15 oder 20 Jahren. Machen wir uns aber bitte nichts vor: Spätestens mit der EU-Erweiterung nach Ost- und Südosteuropa wird auch der Bundesgrenzschutz wiederum vor neue Herausforderungen gestellt werden. ({11}) Deshalb müssen wir immer überprüfen, ob Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst, Bundesgrenzschutz und die Polizeien des Bundes und der Länder auf der Höhe der Zeit sind. Nichts anderes hat der Kollege Glos gesagt. Damit hat er Recht. ({12}) Die aktuelle und dringend notwendige Debatte über mehr äußere und innere Sicherheit kann nur dazu führen - dazu fordern wir die Bundesregierung auf -, dass schon bei den Haushaltsplanberatungen in der nächsten Woche der Haushalt so umgeschichtet wird, dass deutliche Prioritäten für mehr äußere und innere Sicherheit gesetzt werden. Mehr Sicherheit gibt es nicht zum Nulltarif. Daneben müssen wir das Recht fortentwickeln. Wir haben bereits vor dem 11. September einen Gesetzentwurf zur Bekämpfung des Terrorismus mit vielen konkreten Maßnahmen vorgelegt. Wir erwarten von der Bundesregierung, dass sie diesen Gesetzentwurf nachhaltig unterstützt. Der Bundesinnenminister hat sich in den letzten Tagen und auch heute sehr dezidiert zum Thema „innere Sicherheit“ geäußert. Er hat dabei Vorschläge unterbreitet, die von der Union ausdrücklich begrüßt werden, und zwar insbesondere deshalb, Herr Schily, weil uns diese Vorschläge sehr bekannt vorkommen. Sie sind nicht, wie der Kollege Özdemir gestern gesagt hat, „abenteuerlich“. Diese Vorschläge sind notwendig. Herr Schily, Sie sagen: Datenschutz darf nicht zum Täterschutz werden. Wir sagen: Richtig. Diese Erkenntnis war - mit Verlaub - noch bis vor wenigen Tagen politisch höchst unkorrekt. ({13}) Wir sind mit Ihnen darin einig, dass sich zur Abwehr von Gefahren und zugunsten von mehr Sicherheit auch in der Ausländer- und Asylpolitik einiges ändern muss. Wir begrüßen es daher ausdrücklich, dass Sie bei Ihren Vorstellungen auch Forderungen der Union aufgegriffen haben, die zum Teil schon seit vielen Jahren auf dem Tisch liegen. Aber beim Thema „Zuwanderung und Integration“ geht es nicht nur darum, einige zum Teil seit langem bekannte Probleme zu lösen. Es geht uns, der CDU/CSU, um eine grundsätzliche Neuorientierung unserer Ausländer- und Integrationspolitik. Es ist richtig, dass wir uns mitten im Übergang von der Industrie- zur Informationsgesellschaft befinden und dass wir uns selber schaden würden, wenn wir bei dem weltweiten Wettbewerb um die klügsten Köpfe nicht mitmachten. Dies kann aber im Umkehrschluss nicht bedeuten, dass wir sowohl unter humanitären als auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ständig mehr Zuwanderung nach Deutschland zulassen. ({14}) Allein in den letzten zehn Jahren sind 8,1 Millionen Ausländer nach Deutschland gekommen. Im gleichen Zeitraum haben 5,8 Millionen Ausländer unser Land verlassen. Der positive Wanderungssaldo beträgt in diesen zehn Jahren 2,3 Millionen. In diesem Zeitraum haben wir mehr Menschen aufgenommen als die Vereinigten Staaten von Amerika. - Wir haben in den letzten zehn Jahren 1,8 Millionen Asylbewerber aufgenommen und damit doppelt so viel wie die USA, viermal so viel wie England und sechsmal so viel wie Frankreich. Wir haben keinen Mangel an Zuwanderung, sondern einen deutlich erkennbaren Mangel an Integration und ein nicht ausgewogenes Verhältnis von Zuwanderung aus humanitären Gründen einerseits und aus wohl verstandenem eigenen staatlichen Interesse andererseits. ({15}) Ihr Gesetzentwurf, Herr Schily, trägt den Titel „Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung“. Der Titel ist gut. Es kommt bei einem Gesetz, aber nicht darauf an, was draufsteht, sondern darauf, was drinsteht. Ihr Gesetzentwurf ist leider nicht dazu geeignet, die Zuwanderung nach Deutschland im Sinne einer Begrenzung zu reduzieren, sondern er ist dazu geeignet, Zuwanderungsanreize zu schaffen und weitere Zuwanderungsmöglichkeiten zu eröffnen. Das ist der Grund, warum dieser Gesetzentwurf aus unserer Sicht nicht zustimmungsfähig ist. ({16}) Wir haben auch heute mehrfach von dieser Stelle aus gehört - für uns als Union ist das eine Selbstverständlichkeit -, dass wir niemanden unter Generalverdacht stellen dürfen. In Deutschland leben 3,5 Millionen Muslime. Der allergrößte Teil von ihnen ist rechtstreu, weder extremistisch noch gewalttätig und lehnt den Terrorismus als Mittel der Politik ebenso ab wie wir. Aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass es darunter auch Menschen gibt, die unter dem Deckmantel der Humanität oder der Religionsfreiheit extremistischen oder terroristischen Bestrebungen Vorschub leisten. Rund 32 000 von ihnen gelten als extremistisch und gewaltbereit. Darüber muss man offen reden können, ohne der Ausländerfeindlichkeit bezichtigt zu werden. ({17}) So heißt es im Verfassungsschutzbericht: Zu einer nachhaltigen Bedrohung haben sich die Aktivitäten der „Arabischen Mujahedin entwickelt, die sich in einem losen Netzwerk am internationalen Jihad“ beteiligen. Ihre antiwestliche Zielrichtung, ihre Gewaltbereitschaft und ihr transnationales Zusammenwirken machen ihre Gefährlichkeit aus. Wegen ihrer Leitfunktion kommt der Organisation „Al Qaida“ des saudischen Millionärs Osama Bin Laden eine besondere Bedeutung zu. - Es kann und darf uns nicht genügen, die Aktivitäten in Deutschland zu beobachten, sondern wir müssen uns von denen trennen, die in diesen Organisationen Mitglied sind. ({18}) Was spricht eigentlich dagegen, bei der Beantragung eines Visums eine Kopie des Reisepasses anzufertigen und vom Antragsteller einen Fingerabdruck zu verlangen oder vor der Einbürgerung eines Ausländers beim Verfassungsschutz anzufragen, ob dort Erkenntnisse vorliegen, dass sich der Bewerber um die deutsche Staatsangehörigkeit verfassungsfeindlich betätigt hat? Warum sollten wir jemanden einbürgern, von dem wir wissen, dass er die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet? ({19}) Warum sollte sich der Staat bei einer so wichtigen Entscheidung wie der Verleihung der Staatsbürgerschaft künstlich dümmer stellen, als er tatsächlich ist? Wenn wir beim Kampf gegen den Rechtsextremismus eine Unkultur des Wegsehens beklagen und Zivilcourage einfordern, dann darf auch der Staat nicht wegschauen und sich dümmer stellen, als er ist. Wir müssen auch Staatscourage zeigen und nicht nur Zivilcourage verlangen. ({20}) In einem freiheitlichen Rechtsstaat müssen wir immer die Balance zwischen viel Freiheit auf der einen Seite und einem Höchstmaß an Sicherheit für alle Menschen auf der anderen Seite halten. Der Bonner Staatsrechtler Professor Isensee hat einmal gesagt: Der Rechtsstaat gibt sich nicht nur preis, wenn er die Freiheit seiner Bürger unterdrückt, sondern auch, wenn er ihnen die Sicherheit vorenthält. Der Rechtsstaat hat nicht nur ein einziges Feindbild, die Despotie, sondern deren zwei, die Despotie und die Schwäche. Deswegen gilt für uns: Wir müssen Stärke zeigen und unsere Pflicht tun. Danke. ({21})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Als letztem Redner erteile ich dem Kollegen Cem Özdemir für Bündnis 90/ Die Grünen das Wort. Ich bitte Sie, auch diesem Redner noch aufmerksam zuzuhören.

Cem Özdemir (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002746, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der 11. September hat vieles verändert: Wir haben eine neue Situation. Eine neue Situation verlangt, dass man nicht einfach Vorschläge recycelt nach dem Motto „Was ich schon immer zu diesem Thema sagen wollte“. Eine neue Situation bedeutet für uns als politische Klasse, als Menschen, die Verantwortung übernommen haben und in die Verantwortung gewählt worden sind - Opposition und Regierung -, dass wir nicht den Eindruck erwecken dürfen, als ob sich die Bundesrepublik Deutschland im Kriegszustand befinde. Wir dürfen nicht so tun, als ob nationale Panik angesagt wäre. Wenn man seiner Verantwortung gerecht werden will, bedeutet Führung in diesem Zusammenhang, der Bevölkerung deutlich zu machen: Wir sind dafür gewählt, um in dieser Republik Verantwortung zu übernehmen, ohne Panik zu säen, ohne Ängste zu schüren und ohne dazu beizutragen, dass weniger Sicherheit in der Bevölkerung entsteht. ({0}) Ich bin froh, dass der Bundeskanzler in seiner Rede zu Besonnenheit gemahnt hat, dass er die Notwendigkeit deutlich gemacht hat, die Sicherheit - sofern dies in unserer Macht steht - mit Sofortmaßnahmen zu erhöhen, soweit dies noch nicht geschehen ist, dass es aber nicht darum gehen kann, Sicherheit gegen Freiheit auszuspielen. Wir brauchen beides: Sicherheit und Freiheit gehören zusammen. Wer das eine vom anderen trennt, hat nicht verstanden, wofür unsere Zivilisation, unsere Gesellschaftsordnung steht. ({1}) Das Vereinsgesetz wurde bereits mehrfach - auch vom Innenminister - angesprochen. Deshalb möchte ich mich an dieser Stelle kurz fassen und nur eines dazu sagen: Ich glaube, wir sind uns über alle Fraktionsgrenzen hinweg darin einig - wichtig ist auch die Tonlage -: Die Änderung des Vereinsgesetzes durch die Streichung des Religionsprivileges, die wohl alle wollen, ist keine Maßnahme, die sich gegen den Islam richtet. Extremismus kann sich bedauerlicherweise in allen Religionen finden. Ich will nur ein Beispiel in Erinnerung rufen, das einige vielleicht schon vergessen haben: Viele haben noch den schrecklichen Vorfall im Kopf, als eine japanische Sekte einen Giftgasangriff auf die U-Bahn in Tokio unternommen hat. Wir sind nicht davor gefeit, dass es Erscheinungen dieser Art in den verschiedensten Religionen geben kann. Deshalb ist es richtig, diese Maßnahme zu treffen. Sie richtet sich nicht gegen eine Religion, sondern gegen den Missbrauch der Religion durch Extremisten. Deshalb ist sie richtig. ({2}) Wir müssen jetzt - auch darauf wurde bereits hingewiesen - Maßnahmen treffen, um die Flugsicherheit zu erhöhen, weil auch auf diesem Feld ein Anspruch unserer Bevölkerung besteht, sich sicher zu fühlen. Auch hier wird etwas geschehen. Stichwort Waffenrecht. Viele Maßnahmen sind bereits vor diesem schrecklichen Ereignis in die Wege geleitet worden. Wir sind der Meinung: Wir brauchen in unserer Gesellschaft nicht mehr, sondern weniger Waffen. Das führt zu mehr Sicherheit für alle. ({3}) Auch das Stichwort Geldströme ist bereits gefallen. Ich glaube, dass wir auf diesem Gebiet in Zukunft - das bezieht sich nicht nur auf den religiösen Extremismus, ich denke auch an die UCK und andere Fälle - sehr genau hinschauen müssen, wo unter dem Deckmantel der Humanität Gelder für extremistische, terroristische und menschenrechtsverachtende Zwecke akquiriert werden. So etwas kann mit Sicherheit nicht hingenommen werden. Wir müssen sehen, wie wir ein solches Vorgehen durch rechtsstaatliche Maßnahmen unterbinden können. Ich möchte die Gelegenheit nicht verstreichen lassen, um auch namens meiner Fraktion unseren Polizeien zu danken. Sie müssen in diesen Tagen Überschichten fahren und haben einen sehr schweren Job zu erfüllen, um Sicherheit zu gewähren. ({4}) Ich glaube, ich kann an dieser Stelle fraktionsübergreifend den Dank an unsere Polizei dafür aussprechen, dass sie in diesen Tagen ihre Arbeit in bewährter Weise so macht, wie wir das von ihr kennen. Ich glaube, die aktuellen Ereignisse haben auch gezeigt, dass die Zusammenarbeit zwischen dem FBI und den bundesrepublikanischen Diensten sehr gut funktioniert und sich bewährt hat. Ich möchte noch eines deutlich machen. In der „Welt am Sonntag“ vom 16. September 2001 hat Elie Wiesel geschrieben: Terrorismus ist die Herrschaft der Angst. Wenn dies zutrifft, dann sind wir alle aufgefordert, dafür zu sorgen, dass dies nicht gilt, ({5}) dass der Terrorismus sein Ziel, uns in Angst und Schrecken zu versetzen, nicht erreichen wird. Unter diesem Aspekt bitte ich, alle Vorschläge, die in der jetzigen Debatte gemacht werden, zu überprüfen. Ich glaube, dass sich jeder, der Vorschläge macht, gefallen lassen muss, dass seine Vorschläge daraufhin überprüft werden, inwiefern sie geeignet sind, einen solchen feigen Anschlag, wie wir ihn erlebt haben, in Zukunft zu verhindern. ({6}) Wenn man die einzelnen Vorschläge prüft, dann wird man zu dem Ergebnis kommen - ich hoffe, dass wir uns darüber einig sind -, dass der Datenschutz eben kein Täterschutz, sondern eine Errungenschaft ist, für den sowohl die alte als auch die jetzige Regierung eingetreten sind, und dass im Bereich des Datenschutzes Änderungsbedarf besteht, eben weil er nach unserer Meinung zu den Errungenschaften unserer Gesellschaft gehört. Wir werden ihn mit Sicherheit nicht abschaffen. ({7}) Wir werden das Grundgesetz mit Sicherheit nicht ändern. Die Bundeswehr kann bereits heute, wenn die Notwendigkeit besteht - Stichwort „Oderbruch“ -, im Katastrophenfall eingesetzt werden. Es besteht also kein Änderungsbedarf. Ich rate, Vorschläge zukünftig genau auf ihre Praktikabilität hin zu prüfen, bevor man sie macht. ({8}) Ich bin sehr froh darüber, dass der Bundeskanzler, aber auch der Verteidigungsminister deutlich gemacht haben, dass hier kein Änderungsbedarf besteht, dass vielmehr die geltende Rechtslage ausreichend ist, um die notwendigen Maßnahmen durchzuführen. Froh bin ich auch darüber, dass klargemacht worden ist, dass wir von dem Vorhaben, ein Einwanderungsgesetz zu verabschieden und damit anzuerkennen, dass die Bundesrepublik Deutschland ein Einwanderungsland geworden ist, nicht abrücken werden. Jetzt ist es erst recht notwendig, dass wir mehr für die Integration von Flüchtlingen tun und dass wir die Bedürfnisse unserer Wirtschaft nach Zuwanderung befriedigen. Wir müssen noch in dieser Legislaturperiode gemeinsam das Einwanderungsgesetz verabschieden. ({9}) Der feige Anschlag in den USA - das ist von verschiedenen Rednern so gesagt worden - war ein Anschlag auf die offene Gesellschaft. Wenn das stimmt, dann war dies auch ein Anschlag auf unsere Art zu leben. Menschen unterschiedlicher religiöser Herkunft und unterschiedlichen kulturellen Hintergrundes, die vor Hunger, politischer Unterdrückung und religiöser Verfolgung geflohen sind, haben gemeinsam - das ist die Gründungsgeschichte - die Vereinigten Staaten von Amerika aufgebaut. Der Anschlag hat nicht nur ihre, sondern auch, wie gesagt, unsere Art zu leben getroffen, die darin besteht, dass Menschen unterschiedlicher Herkunft und unterschiedlicher religiöser Zugehörigkeit friedlich zusammenleben. Unsere Antwort auf den Anschlag darf nicht dazu führen, dass die Gesellschaft entlang religiöser Linien gespalten wird. Wer das will, dem muss man mit einem klaren Nein entgegentreten. ({10}) Wir wollen weiterhin in einer interkulturellen und interreligiösen Gesellschaft leben. Wir alle sind aufgefordert, eine solche Gesellschaft zu verteidigen. Ich bin deshalb sehr froh darüber, dass der amerikanische Präsident Bush eine Moschee besucht hat. Ich kann alle Mitglieder dieses Hohen Hauses nur auffordern, in ihren Wahlkreisen - sofern das nicht schon geschehen ist; ich weiß, dass viele Kollegen das schon getan haben - das Beispiel von Präsident Bush aufzugreifen und Gespräche mit Muslimen zu organisieren. Wir brauchen in unserer Gesellschaft auch den Dialog mit dem Islam. Wir müssen den Islam aus den Hinterhöfen herausholen und in das Licht der Öffentlichkeit führen. ({11}) Es ist klar, dass Integration keine Einbahnstraße sein kann. Wir müssen auch von muslimischen Organisationen in der Bundesrepublik Deutschland erwarten können, dass sie die Spielregeln unserer Gesellschaft beachten. Nur, das tun 99 Prozent der Muslime genauso wie Christen, Juden, Andersgläubige und Atheisten. Zum Schluss: Lassen Sie uns gemeinsam überlegen, was wir tun können, um die Integration zu verstärken. Die Stichwörter sind „Religionsunterricht“ und „Fakultäten“, an denen Lehrstühle für den Islam geschaffen werden müssen, damit der moderne, zeitgenössische Islam eine Heimat in der Bundesrepublik Deutschland bekommt. Herzlichen Dank. ({12})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Ich schließe die Aussprache. Mir liegen Erklärungen nach § 31 der Geschäftsordnung vor, und zwar von Herrn Dr. von Stetten, von Frau Nickels und anderen sowie von Herrn Gehrcke, Herrn Dr. Seifert, Herrn Dr. Jens und Frau Dr. Antje Vollmer. Wir kommen zur Abstimmung über die Entschließungsanträge, und zwar zunächst über den Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des Bündnisses 90/Die Grünen und der FDP auf Drucksache 14/6920. Die Fraktion der CDU/CSU verlangt namentliche Abstimmung. Bei der Stimmabgabe bitte ich alle Kolleginnen und Kollegen, darauf zu achten, dass die Stimmkarte, die Sie haben, auch Ihren Namen trägt. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. - Sind alle Urnen besetzt? - Das ist der Fall. Ich eröffne die Abstimmung. Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme nicht abgegeben hat? - Ich stelle fest, dass alle ihre Stimmen abgegeben haben. Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen später bekannt gegeben. Wir setzen die Abstimmung fort und kommen zum Entschließungsantrag der Fraktion der PDS auf Drucksache 14/6919. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Der Antrag ist gegen die Stimmen der PDS abgelehnt. Bis zum Vorliegen des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung unterbreche ich die Sitzung. ({0})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet. Wir danken den Schriftführerinnen und Schriftführern, dass sie so schnell gearbeitet haben. Ich gebe das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des Bündnisses 90/Die Grünen und der FDP zu der Regierungserklärung zu den Terroranschlägen in den USA und zu den Beschlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO auf Drucksache 14/6920 bekannt. Abgegebene Stimmen 611. Mit Ja haben gestimmt 565, mit Nein haben gestimmt 40, Enthaltungen 6. Der Entschließungsantrag ist damit angenommen. Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 611; davon ja: 565 nein: 40 enthalten: 6 Ja SPD Brigitte Adler Gerd Andres Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Hermann Bachmaier Ernst Bahr Doris Barnett Dr. Hans-Peter Bartels Eckhardt Barthel ({0}) Klaus Barthel ({1}) Ingrid Becker-Inglau Wolfgang Behrendt Dr. Axel Berg Hans-Werner Bertl Friedhelm Julius Beucher Petra Bierwirth Rudolf Bindig Lothar Binding ({2}) Kurt Bodewig Klaus Brandner Willi Brase Rainer Brinkmann ({3}) Hans-Günter Bruckmann Edelgard Bulmahn Ursula Burchardt Dr. Michael Bürsch Hans Martin Bury Hans Büttner ({4}) Marion Caspers-Merk Wolf-Michael Catenhusen Dr. Peter Danckert Dr. Herta Däubler-Gmelin Christel Deichmann Karl Diller Peter Dreßen Detlef Dzembritzki Dieter Dzewas Dr. Peter Eckardt Sebastian Edathy Ludwig Eich Marga Elser Peter Enders Petra Ernstberger Annette Faße Lothar Fischer ({5}) Gabriele Fograscher Iris Follak Norbert Formanski Rainer Fornahl Hans Forster Dagmar Freitag Lilo Friedrich ({6}) Harald Friese Anke Fuchs ({7}) Arne Fuhrmann Monika Ganseforth Konrad Gilges Iris Gleicke Günter Gloser Uwe Göllner Renate Gradistanac Günter Graf ({8}) Angelika Graf ({9}) Dieter Grasedieck Monika Griefahn Kerstin Griese Achim Großmann Wolfgang Grotthaus Karl-Hermann Haack ({10}) Hans-Joachim Hacker Klaus Hagemann Manfred Hampel Alfred Hartenbach Anke Hartnagel Klaus Hasenfratz Hubertus Heil Reinhold Hemker Frank Hempel Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Monika Heubaum Reinhold Hiller ({11}) Stephan Hilsberg Gerd Höfer Jelena Hoffmann ({12}) Walter Hoffmann ({13}) Iris Hoffmann ({14}) Frank Hofmann ({15}) Ingrid Holzhüter Eike Hovermann Christel Humme Lothar Ibrügger Barbara Imhof Brunhilde Irber Gabriele Iwersen Renate Jäger Jann-Peter Janssen Ilse Janz Johannes Kahrs Ulrich Kasparick Sabine Kaspereit Susanne Kastner Vizepräsidentin Anke Fuchs Ulrich Kelber Hans-Peter Kemper Klaus Kirschner Marianne Klappert Siegrun Klemmer Hans-Ulrich Klose Walter Kolbow Fritz Rudolf Körper Karin Kortmann Anette Kramme Nicolette Kressl Volker Kröning Angelika Krüger-Leißner Horst Kubatschka Ernst Küchler Helga Kühn-Mengel Ute Kumpf Konrad Kunick Werner Labsch Christine Lambrecht Brigitte Lange Christian Lange ({16}) Detlev von Larcher Christine Lehder Robert Leidinger Klaus Lennartz Dr. Elke Leonhard Götz-Peter Lohmann ({17}) Christa Lörcher Erika Lotz Dr. Christine Lucyga Dieter Maaß ({18}) Winfried Mante Dirk Manzewski Tobias Marhold Lothar Mark Ulrike Mascher Christoph Matschie Heide Mattischeck Markus Meckel Ulrike Mehl Ulrike Merten Angelika Mertens Dr. Jürgen Meyer ({19}) Ursula Mogg Christoph Moosbauer Siegmar Mosdorf Michael Müller ({20}) Jutta Müller ({21}) Christian Müller ({22}) Franz Müntefering Andrea Nahles Volker Neumann ({23}) Gerhard Neumann ({24}) Dr. Edith Niehuis Dr. Rolf Niese Dietmar Nietan Günter Oesinghaus Eckhard Ohl Leyla Onur Manfred Opel Holger Ortel Adolf Ostertag Kurt Palis Albrecht Papenroth Dr. Martin Pfaff Georg Pfannenstein Johannes Pflug Dr. Eckhart Pick Joachim Poß Dr. Carola Reimann Margot von Renesse Renate Rennebach Bernd Reuter Dr. Edelbert Richter Christel RiemannHanewinckel Reinhold Robbe René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Michael Roth ({25}) Birgit Roth ({26}) Gerhard Rübenkönig Marlene Rupprecht Thomas Sauer Dr. Hansjörg Schäfer Gudrun Schaich-Walch Bernd Scheelen Dr. Hermann Scheer Siegfried Scheffler Horst Schild Dieter Schloten Horst Schmidbauer ({27}) Ulla Schmidt ({28}) Silvia Schmidt ({29}) Dagmar Schmidt ({30}) Wilhelm Schmidt ({31}) Dr. Frank Schmidt ({32}) Regina Schmidt-Zadel Carsten Schneider Dr. Emil Schnell Walter Schöler Karsten Schönfeld Fritz Schösser Ottmar Schreiner Gerhard Schröder Gisela Schröter Dr. Mathias Schubert Richard Schuhmann ({33}) Brigitte Schulte ({34}) Reinhard Schultz ({35}) Ewald Schurer Dietmar Schütz ({36}) Dr. Angelica Schwall-Düren Rolf Schwanitz Bodo Seidenthal Erika Simm Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk Dr. Cornelie SonntagWolgast Wieland Sorge Wolfgang Spanier Dr. Margrit Spielmann Jörg-Otto Spiller Dr. Ditmar Staffelt Antje-Marie Steen Ludwig Stiegler Rolf Stöckel Rita Streb-Hesse Reinhold Strobl ({37}) Joachim Tappe Jörg Tauss Jella Teuchner Dr. Gerald Thalheim Franz Thönnes Uta Titze-Stecher Adelheid Tröscher Hans-Eberhard Urbaniak Rüdiger Veit Simone Violka Ute Vogt ({38}) Hans Georg Wagner Hedi Wegener Dr. Konstanze Wegner Wolfgang Weiermann Reinhard Weis ({39}) Gunter Weißgerber ({40}) Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker Jochen Welt Dr. Rainer Wend Hildegard Wester Lydia Westrich Dr. Margrit Wetzel Dr. Norbert Wieczorek Jürgen Wieczorek ({41}) Helmut Wieczorek ({42}) Heidemarie Wieczorek-Zeul Dieter Wiefelspütz Heino Wiese ({43}) Klaus Wiesehügel Brigitte Wimmer ({44}) Engelbert Wistuba Barbara Wittig Verena Wohlleben Hanna Wolf ({45}) Heidemarie Wright Uta Zapf Peter Zumkley CDU/CSU Ulrich Adam Ilse Aigner Peter Altmaier Dietrich Austermann Norbert Barthle Dr. Wolf Bauer Günter Baumann Brigitte Baumeister Meinrad Belle Dr. Sabine Bergmann-Pohl Otto Bernhardt Hans-Dirk Bierling Dr. Joseph-Theodor Blank Renate Blank Dr. Heribert Blens Peter Bleser Dr. Norbert Blüm Friedrich Bohl Dr. Maria Böhmer Sylvia Bonitz Jochen Borchert Wolfgang Börnsen ({46}) Dr. Wolfgang Bötsch Klaus Brähmig Dr. Ralf Brauksiepe Paul Breuer Monika Brudlewsky Georg Brunnhuber Klaus Bühler ({47}) Hartmut Büttner ({48}) Dankward Buwitt Manfred Carstens ({49}) Peter H. Carstensen ({50}) Leo Dautzenberg Wolfgang Dehnel Hubert Deittert Albert Deß Renate Diemers Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Maria Eichhorn Rainer Eppelmann Anke Eymer ({51}) Ilse Falk Dr. Hans Georg Faust Albrecht Feibel Ulf Fink Ingrid Fischbach Dirk Fischer ({52}) Dr. Hans-Peter Friedrich ({53}) Erich G. Fritz Jochen-Konrad Fromme Hans-Joachim Fuchtel Dr. Jürgen Gehb Norbert Geis Dr. Heiner Geißler Georg Girisch Dr. Reinhard Göhner Dr. Wolfgang Götzer Kurt-Dieter Grill Hermann Gröhe Manfred Grund Horst Günther ({54}) Gottfried Haschke ({55}) Gerda Hasselfeldt Hansgeorg Hauser ({56}) Helmut Heiderich Ursula Heinen Manfred Heise Siegfried Helias Hans Jochen Henke Ernst Hinsken Peter Hintze Klaus Holetschek Josef Hollerith Dr. Karl-Heinz Hornhues Joachim Hörster Hubert Hüppe Susanne Jaffke Georg Janovsky Dr.-Ing. Rainer Jork Dr. Harald Kahl Bartholomäus Kalb Steffen Kampeter Dr.-Ing. Dietmar Kansy Irmgard Karwatzki Eckart von Klaeden Ulrich Klinkert Norbert Königshofen Eva-Maria Kors Vizepräsidentin Anke Fuchs Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Rudolf Kraus Dr. Martina Krogmann Dr. Hermann Kues Werner Kuhn Karl Lamers Dr. Karl A. Lamers ({57}) Dr. Norbert Lammert Helmut Lamp Dr. Paul Laufs Karl-Josef Laumann Vera Lengsfeld Peter Letzgus Ursula Lietz Walter Link ({58}) Eduard Lintner Dr. Klaus W. Lippold ({59}) Dr. Manfred Lischewski Wolfgang Lohmann ({60}) Julius Louven Dr. Michael Luther Erich Maaß ({61}) Erwin Marschewski ({62}) Dr. Martin Mayer ({63}) Wolfgang Meckelburg Dr. Michael Meister Friedrich Merz Hans Michelbach Meinolf Michels Dr. Gerd Müller Elmar Müller ({64}) Bernd Neumann ({65}) Günter Nooke Franz Obermeier Friedhelm Ost Eduard Oswald Norbert Otto ({66}) Dr. Peter Paziorek Anton Pfeifer Dr. Friedbert Pflüger Beatrix Philipp Ruprecht Polenz Marlies Pretzlaff Dr. Bernd Protzner Thomas Rachel Hans Raidel Dr. Peter Ramsauer Helmut Rauber Peter Rauen Christa Reichard ({67}) Katherina Reiche Erika Reinhardt Hans-Peter Repnik Klaus Riegert Franz Romer Hannelore Rönsch ({68}) Heinrich-Wilhelm Ronsöhr Dr. Klaus Rose Kurt J. Rossmanith Adolf Roth ({69}) Dr. Norbert Röttgen Dr. Christian Ruck Volker Rühe Anita Schäfer Hartmut Schauerte Heinz Schemken Karl-Heinz Scherhag Dr. Gerhard Scheu Norbert Schindler Bernd Schmidbauer Christian Schmidt ({70}) Dr.-Ing. Joachim Schmidt ({71}) Andreas Schmidt ({72}) Michael von Schmude Birgit Schnieber-Jastram Dr. Andreas Schockenhoff Dr. Rupert Scholz Reinhard Freiherr von Schorlemer Gerhard Schulz Diethard Schütze ({73}) Clemens Schwalbe Dr. Christian SchwarzSchilling Wilhelm Josef Sebastian Horst Seehofer Heinz Seiffert Bernd Siebert Werner Siemann Johannes Singhammer Bärbel Sothmann Carl-Dieter Spranger Erika Steinbach Andreas Storm Dorothea Störr-Ritter Max Straubinger Matthäus Strebl Thomas Strobl ({74}) Michael Stübgen Dr. Rita Süssmuth Dr. Susanne Tiemann Edeltraut Töpfer Dr. Hans-Peter Uhl Gunnar Uldall Arnold Vaatz Angelika Volquartz Andrea Voßhoff Dr. Theodor Waigel Peter Weiß ({75}) Gerald Weiß ({76}) Annette Widmann-Mauz Heinz Wiese ({77}) Hans-Otto Wilhelm ({78}) Klaus-Peter Willsch Bernd Wilz Willy Wimmer ({79}) Matthias Wissmann Werner Wittlich Dagmar Wöhrl Wolfgang Zeitlmann Benno Zierer Wolfgang Zöller BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Marieluise Beck ({80}) Volker Beck ({81}) Angelika Beer Matthias Berninger Grietje Bettin Ekin Deligöz Dr. Thea Dückert Franziska Eichstädt-Bohlig Dr. Uschi Eid Hans-Josef Fell Andrea Fischer ({82}) Katrin Göring-Eckardt Rita Grießhaber Gerald Häfner Antje Hermenau Kristin Heyne Ulrike Höfken Michaele Hustedt Dr. Angelika Köster-Loßack Steffi Lemke Dr. Helmut Lippelt Dr. Reinhard Loske Oswald Metzger Kerstin Müller ({83}) Winfried Nachtwei Christa Nickels Simone Probst Christine Scheel Rezzo Schlauch Albert Schmidt ({84}) Werner Schulz ({85}) Christian Sterzing Jürgen Trittin Sylvia Voß Helmut Wilhelm ({86}) Margareta Wolf ({87}) FDP Ina Albowitz Hildebrecht Braun ({88}) Rainer Brüderle Ernst Burgbacher Jörg van Essen Ulrike Flach Paul K. Friedhoff Horst Friedrich ({89}) Rainer Funke Hans-Michael Goldmann Joachim Günther ({90}) Dr. Helmut Haussmann Ulrich Heinrich Walter Hirche Dr. Werner Hoyer Ulrich Irmer Dr. Klaus Kinkel Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Jürgen Koppelin Ina Lenke Sabine LeutheusserSchnarrenberger Dirk Niebel Günther Friedrich Nolting Hans-Joachim Otto ({91}) Detlef Parr Cornelia Pieper Dr. Günter Rexrodt Gerhard Schüßler Dr. Irmgard Schwaetzer Marita Sehn Dr. Hermann Otto Solms Carl-Ludwig Thiele Dr. Dieter Thomae Jürgen Türk Nein SPD Dr. Uwe Jens BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Annelie Buntenbach Winfried Hermann Monika Knoche Hans-Christian Ströbele PDS Monika Balt Dr. Dietmar Bartsch Petra Bläss Maritta Böttcher Eva Bulling-Schröter Heidemarie Ehlert Dr. Heinrich Fink Dr. Ruth Fuchs Wolfgang Gehrcke Dr. Klaus Grehn Dr. Gregor Gysi Uwe Hiksch Dr. Barbara Höll Carsten Hübner Ulla Jelpke Sabine Jünger Gerhard Jüttemann Dr. Evelyn Kenzler Dr. Heidi Knake-Werner Rolf Kutzmutz Heidi Lippmann Ursula Lötzer Dr. Christa Luft Heidemarie Lüth Pia Maier Angela Marquardt Kersten Naumann Rosel Neuhäuser Christine Ostrowski Petra Pau Dr. Uwe-Jens Rössel Christina Schenk Gustav-Adolf Schur Dr. Winfried Wolf Enthalten SPD Gudrun Roos BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Irmingard Schewe-Gerigk Christian Simmert Dr. Antje Vollmer PDS Manfred Müller ({92}) Dr. Ilja Seifert ({93}) Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Dienstag, den 25. September 2001, 18 Uhr, ein. Die Sitzung ist geschlossen.