Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 4/4/2001

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Ich bitte, zunächst Fragen zu dem aufgerufenen Themenbereich zu stellen. Als Erste hat sich die Kollegin Ingrid Becker-Inglau zu Wort gemeldet.

Ingrid Becker-Inglau (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000132, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich der Ministerin für diesen Aktionsplan, der in dieser Form, so glaube ich, zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik aufgestellt worden ist, ganz herzlich danken. ({0}) Ich glaube, dieser Plan macht deutlich, dass die bestehenden Probleme nicht allein durch unser Land zu lösen sind, sondern global, also auf internationaler Ebene und auf EU-Ebene, gelöst werden müssen. Ich beglückwünsche Sie dazu, dass Sie es geschafft haben, uns hier nicht nur einen Aktionsplan Ihres eigenen Hauses vorzustellen, sondern einen Plan der Bundesregierung. Ich möchte Sie fragen: Sehen Sie auf der Grundlage dieses Plans die Möglichkeit, die Ziele der 20/20-Initiative, die seit mehreren Jahren besteht, besser umzusetzen? Ich glaube, dass man zur Umsetzung der Ziele erst entsprechende Partnerschaften mit den Entwicklungsländern eingehen muss.

Heidemarie Wieczorek-Zeul (Minister:in)

Politiker ID: 11002503

Zur Frage der Umsetzung will ich Folgendes sagen: Bei all den von uns definierten Aktionen, die teilweise auch andere Ressorts betreffen, werden wir sehr sorgfältig - jeweils, bezogen auf die konkreten äußeren Anlässe - unsere jeweiligen Schritte zur Umsetzung der Pläne formulieren. Wenn es Rückfragen hierzu gibt, kann ich Ihnen das im Zusammenhang mit den einzelnen Bereichen ausführlicher darstellen. Das Wichtige ist, dass wir bezogen auf die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit - diese haben Sie ja angesprochen - über die 20/20-Initiative eigentlich hinausgehen und versuchen, alle Aspekte einzubeziehen, wobei wir den Partnerländern, die sich auf diese 20/20-Initiative hin orientieren, Unterstützung anbieten. Wir wollen auch einzelne Entwicklungsländer, die sich bei der Armutsbekämpfung besonders engagiert haben, in starkem Maße unterstützen. Auch das kann ich im Detail darstellen, wenn Sie es möchten. Das fast noch Wichtigere aber ist - ich gebe einige Beispiele -, dass wir nicht nur die Fragen der sozialen Sicherung, der Gesundheit und der Bildung im Sinne der betroffenen Länder lösen wollen, sondern dass wir auch dazu beitragen wollen, dass die betroffenen Länder eine Chance haben, ihre verarbeiteten Produkte in die Industrieländer zu exportieren; ({0}) denn sonst bleibt ihnen nur die Rolle der Rohstoffexporteure. Wir haben in unserem Armutsbekämpfungsprogramm ausdrücklich verankert, dass wir erstens den Agrarprotektionismus abbauen wollen - das ist ganz wichtig; wir wissen, dass es früher große Konflikte in diesem Bereich gab - und dass wir zweitens dafür sorgen wollen, dass die Entwicklungsländer auch verarbeitete Produkte absetzen und dass die Zollhemmnisse in diesem Bereich abgebaut werden. Das schafft Voraussetzungen für wirtschaftliche Entwicklung in den betroffenen Ländern selbst, die die Basis für die Finanzierung sozialer Programme ist, die wir gemeinsam mit den Partnerländern verankern wollen. ({1})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Peter Weiß, Ihre Frage, bitte.

Peter Weiß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003255, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Erstens. Frau Bundesministerin, nachdem über den erweiterten Armutsbegriff, den Sie vorgetragen haben, in der entwicklungspolitischen Debatte seit Jahren Einigkeit besteht, und nachdem die Armutsbekämpfung, also die Orientierung an den Bedürfnissen der Armen, als ein wichtiges zentrales Ziel der Entwicklungszusammenarbeit Allgemeingut geworden ist, stellt sich die Frage: Was möchten Sie mit dem heute von der Bundesregierung beschlossenen Aktionsprogramm eigentlich zusätzlich erreichen? Schon das Wort verwundert, Frau Bundesministerin. Sie haben in Ihrem Vortrag - vielleicht ist es Ihnen aufgefallen - das Wort „Aktionsplan“ verBundesministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul wandt. Dieses Wort ließ sich in den Überschriften aller Ihrer bisherigen Entwürfe finden. Heute hat die Bundesregierung nur ein Aktionsprogramm verabschiedet. Warum keinen Aktionsplan? Zweitens. Warum gibt es zu diesem Aktionsprogramm keinen Umsetzungs- und Finanzierungsplan? Uns interessiert, was denn ab jetzt konkret passiert. Haben Sie heute zum Beispiel die mittelfristige Finanzplanung, die uns vorliegt und die nach wie vor ein weiteres Sinken der Ausgaben und des Anteils der Entwicklungshilfe am Bundeshaushalt vorsieht, korrigiert bzw. eine Absichtserklärung abgegeben, dass Sie dies in den nächsten Jahren korrigieren wollen, um tatsächlich ein Programm und einen Umsetzungsplan, unterlegt mit einem entsprechenden Finanzierungsplan, in Gang zu setzen, mit dem Sie eine neue Qualität in die Armutsbekämpfung hineinbringen?

Heidemarie Wieczorek-Zeul (Minister:in)

Politiker ID: 11002503

Herr Kollege Weiß, zunächst möchte ich daran erinnern - in der Zeit, in der wir in der Opposition waren, war ich selber für den Bereich der Europapolitik zuständig -, dass zum Beispiel die Kohärenz von agrarpolitischen und entwicklungspolitischen Positionen, die Sie als normal bezeichnet haben, niemals zur Position der alten Bundesregierung gehörte. ({0}) Dass wir das jetzt so verankert haben, dass die Ressorts mitziehen, halte ich für einen Riesenfortschritt. Das ist das qualitativ Neue. ({1}) Entwicklungsarbeit ist nicht nur das, was wir alle, die wir in entwicklungspolitischen Fragen engagiert sind, für richtig halten. Viele Industrieländer - ich wage zu behaupten: zumal die alte Bundesregierung - haben die Widersprüche zwischen den einzelnen Ressorts in die internationalen Beziehungen exportiert. Wir machen damit Schluss und sagen: Es gibt eine gemeinsame Verpflichtung. Das ist etwas qualitativ Neues. Es ist auch etwas qualitativ Neues, wenn wir sagen: Wir wollen dafür sorgen - das haben wir übrigens schon in Gang gesetzt -, dass nicht nur die 36 ärmsten Entwicklungsländer, sondern die große Gruppe der 70 Entwicklungsländer, die von der Weltbank verbilligte Kredite bekommt, Armutsbekämpfungsstrategien im eigenen Land verfolgen. Wir wollen das auch als Konzept in die Schwellenländer tragen; denn dort lebt ein Drittel der Ärmsten der Welt. Insofern ist ersichtlich, dass wir diesen Aspekt besonders betonen müssen. Sie haben zweitens nach der Finanzierung gefragt. Die Formulierung lautet sowohl in der Kurz- als auch in der Langfassung folgendermaßen: Die Bundesregierung hält daran fest, mit dem Anteil der Entwicklungszusammenarbeit am Bruttosozialprodukt dem international vereinbarten 0,7-ProzentZiel näher zu kommen. Dies erfolgt im Einklang mit den Konsolidierungsmaßnahmen im Rahmen des Zukunftsprogramms der Bundesregierung. Ich will an dieser Stelle sagen: 1982 lag der Anteil am Bruttosozialprodukt bei 0,48 Prozent. Während Ihrer Regierungszeit ist er bis auf 0,26 Prozent reduziert worden. ({2}) Wir wollen - das sage ich ausdrücklich -, wenn wir die Verschuldung unseres Haushalts, die Sie mit zu verantworten haben, um einen Teil zurückgeführt haben, die Leistungen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit dauerhaft steigern. Dies entspricht auch unserer internationalen Verpflichtung. Das heißt natürlich, dass wir bei jedem Haushalt darüber debattieren müssen. Bei dem Haushalt, der vor uns steht, wird es natürlich schon eine erste Diskussion zu diesem Thema geben. Aber ohne Engagement, ohne Kampf für mehr Mittel in diesem Bereich ist eben nichts durchzusetzen. Wir haben daher das Ziel „0,7 Prozent“ noch einmal ausdrücklich verankert.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Nächste Fragestellerin ist die Kollegin Adelheid Tröscher.

Adelheid Tröscher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002822, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Das ist ein ehrgeiziges Programm. Ich höre gern und habe auch gern gelesen, dass das 0,7-Prozent-Ziel weiterhin das Ziel bleibt. Es stellt sich noch die Frage nach weiteren Ressourcen, die zu erschließen wären. Ich denke da an die Privatwirtschaft - vielleicht können Sie noch etwas dazu sagen -; denn Entwicklungspolitik kann nicht nur staatliche Aufgabe sein. Was mich noch interessiert: Sie haben gesagt, alle Ressorts seien beteiligt. - Ich finde, dass der Bundeskanzler und die gesamte Bundesregierung dahinter stehen, ist ein großartiger Erfolg. Das hätten wir uns vor Jahren nicht träumen lassen. Das sage ich mit Blick auf die von mir aus gesehen linke Seite, also die rechte Seite des Hauses. - Ich könnte mir aber vorstellen, dass es schwierig sein wird, Entwicklungspolitik als Querschnittsaufgabe zu betreiben. Entwicklungspolitikerinnen und -politiker haben Entwicklungspolitik ja immer als Querschnittsaufgabe verstanden; wir müssten dies nur langsam den anderen beibringen. Wie kann man sicherstellen, dass da im Laufe der Zeit eine Verzahnung stattfindet? Soll es Gremien geben oder wie kann man das regeln?

Heidemarie Wieczorek-Zeul (Minister:in)

Politiker ID: 11002503

Ich kann jetzt natürlich nicht auf alle Aktionen im Detail eingehen. Aber ich bin froh, dass mir Gelegenheit gegeben wird, deutlich zu machen, welche weiteren finanziellen Möglichkeiten es gibt, die wir auch in konkrete Aktionen eingebracht haben. Zunächst einmal möchte ich an dieser Stelle sagen - auch das ist Entwicklungszusammenarbeit; das muss man so deutlich sagen -: Wir wollen mit unserer Entwicklungszusammenarbeit dazu beitragen, dass die betroffenen Partnerländer eigene Finanzmittel mobilisieren, dass sie eigene Steuersysteme aufbauen; denn es gibt in den beteiligten Ländern sehr wohl Gruppen der Peter Weiß ({0}) Bevölkerung, die Steuern zahlen können. Die Mobilisierung der einheimischen Mittel ist ein ganz wichtiger Punkt. ({1}) Das ist etwas, was wir der Bevölkerung in den Partnerländern, aber auch unserer Bevölkerung zu sagen schuldig sind. Darüber hinaus haben wir uns Aktionen vorgenommen - ich greife jetzt als Beispiel die Förderung erneuerbarer Energien heraus -, die wir sinnvollerweise immer in Verbindung mit dem privaten Sektor, mit privaten Investitionen leisten müssen und leisten wollen. Das, was ohnehin im Programm „Entwicklungspartnerschaft mit der Wirtschaft“ steht - Zusammenarbeit zwecks Mobilisierung privater Ressourcen -, haben wir auch in diesem Programm sehr deutlich gemacht. Eines der Hauptprobleme im Zusammenhang mit Armut und Benachteiligung ist der fehlende Zugang mancher Entwicklungsländer zu den Möglichkeiten, die mit Informations- und Kommunikationstechnologien verbunden sind. Wir bringen in unserem Programm zum Ausdruck: Wir werden die Entwicklungsländer dabei unterstützen, einen Zugang zu diesen Technologien zu bekommen. Auch an diesem Punkt ist ersichtlich, dass Entwicklungszusammenarbeit nur einen Teil ausmacht und dass der private Sektor, die Unternehmen, den anderen Teil beitragen muss. Es geht darum, dass wir auf diese Art und Weise zusätzliche Mittel mobilisieren können. Damit wollen wir Chancen eröffnen, dass in den armen Ländern Direktinvestitionen getätigt werden können. Wir wissen genau: Die heute fließenden Direktinvestitionen - ihre Höhe hat sich in den letzten Jahren verzehnfacht - dürfen nicht nur einigen Schwellenländern, sondern müssen auch den ärmsten Entwicklungsländern zugute kommen. Dazu können wir einen Beitrag leisten. Was den gesamten Bereich der Entschuldung angeht: Sie kennen unsere entsprechende Initiative. Ich erinnere an den Schuldenerlass von 70 Milliarden US-Dollar. Zur Frage der Finanzierung von Entwicklungszusammenarbeit gehört sehr viel mehr als nur die bilaterale Finanzierung.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Ich verweise darauf, dass mir acht Fragewünsche vorliegen. Die Zeit könnte etwas knapp werden. Vielleicht können im Sinne der beteiligten Kolleginnen und Kollegen Frage und Antwort etwas kürzer gefasst werden. Nächster Fragesteller ist der Kollege Klaus-Jürgen Hedrich.

Klaus Jürgen Hedrich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000840, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin, Ihrem Wunsch nachzukommen ist natürlich nicht immer ganz einfach. Frau Ministerin, es wird Ihnen wahrscheinlich nicht völlig verborgen geblieben sein, dass bereits Ihr Vorgänger vor nunmehr über zehn Jahren die Armutsbekämpfung zu einer der Schwerpunkttätigkeiten des jetzt von Ihnen geführten Hauses gemacht hat. Auch für die Vorgängerregierung war Armutsbekämpfung also selbstverständlich; insofern ist das, was Sie vorhaben, überhaupt keine Neuigkeit. Da Sie von einem Aktionsprogramm gesprochen haben, möchte ich Ihnen - Ihre schwammigen Zitate sind mir nicht präzise genug - konkret einige Fragen stellen. Erstens. Haben Sie - Sie haben darauf abgehoben, dass Sie alle verpflichtet hätten, sodass alle mitmachen müssten - eine konkrete Zusage des Bundesfinanzministers für eine Verbesserung der mittelfristigen Finanzplanung, was die Ausstattung des Einzelplans 23 betrifft? Zweitens. Haben Sie eine Zusage des Bundeswirtschaftsministers, dass er in den nächsten ein bis anderthalb Jahren darüber entscheidet, ob verarbeitete Produkte aus den Entwicklungsländern ohne Zollbeschränkungen nach Deutschland importiert werden dürfen? Drittens. Haben Sie eine konkrete Zusage des Landwirtschaftsministers, dass in absehbarer Zukunft sämtliche Agrarprodukte ohne Zollbeschränkungen nach Deutschland importiert werden dürfen? Vielleicht können Sie uns Ihre konkreten Verabredungen mit den anderen Ministern nennen und darüber den Bundestag in Kenntnis setzen. ({0})

Heidemarie Wieczorek-Zeul (Minister:in)

Politiker ID: 11002503

Zunächst einmal möchte ich ausdrücklich sagen, dass die Orientierung auf Armutsbekämpfung - Sie selbst waren einmal Parlamentarischer Staatssekretär - bisher in einem eingeschränkteren Rahmen, mit Bezug auf die soziale Sicherung der Armen, stattgefunden hat. Qualitativ neu ist unser Schwerpunkt der Schaffung von wirtschaftlichen Chancen. Ich bin Ihnen für Ihre Frage dankbar. Das heute von der Bundesregierung beschlossene Aktionsprogramm enthält die ausdrückliche Festlegung, dass die Bundesregierung bei der nächsten WTO-Runde die Interessen der Entwicklungsländer berücksichtigt und einem Teil ihrer Forderungen entgegenkommt. ({0}) - Sie haben während Ihrer Regierungszeit im Rahmen der Uruguay-Runde Verabredungen getroffen, die die Entwicklungsländer zum Teil knebeln. Es ist also etwas Neues, wenn wir jetzt dazu beitragen wollen, ihre Chancen zu verbessern. ({1}) Sie sollten sich daran erinnern, welche Verabredungen damals getroffen wurden. Sie haben sich offensichtlich, was die Uruguay-Runde betrifft, gegen den damaligen Wirtschaftsminister nicht durchsetzen können. Über diesen Punkt können wir gerne ausführlich diskutieren. Die einzelnen Punkte dieses Aktionsprogramms sind aufeinander abgestimmt. Wir haben allerdings keine vorgezogenen Haushaltsberatungen durchgeführt. Über die Finanzierung wird also bei der Beratung der jeweiligen Haushalte diskutiert werden. Dann werden wir die entsprechenden Forderungen einbringen. Wir haben die Schritte für die Erreichung der Ziele angegeben. Über die dazu notwendige Finanzierung wird, wie schon gesagt, in den jeweiligen Haushaltsberatungen entschieden. Sonst hätten wir vorgezogene Haushaltsberatungen durchführen müssen, was aber nicht Sinn der Sache war. ({2})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Hübner, Ihre Frage bitte.

Carsten Hübner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003154, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Nach der Antwort auf die Frage des Kollegen Hedrich habe auch ich leider das Gefühl, dass dieses Programm - zumindest bis jetzt - auf sehr wackligen Beinen steht. Deshalb möchte ich meine Frage zu dem Bereich stellen, der in der Diskussion über die Finanzierung immer wieder sozusagen als Ausweichterrain angesehen wird, nämlich zu dem Bereich der Public Private Partnership. Ich möchte mit Blick auf die Basisgesundheitsversorgung und auf die Basisarmutsbekämpfung gerne etwas über die Vorstellung der Bundesregierung erfahren, wie mit privaten Mitteln, deren Einsatz sich für die beteiligten Unternehmen mittel- oder langfristig rechnen muss, eine nachhaltige Strukturentwicklung möglich sein soll. Aus meiner Sicht gibt es in diesem Punkt erhebliche Widersprüche zwischen den Eigeninteressen der Wirtschaftsunternehmen und den Interessen der Entwicklungsländer. Es müsste eine Neuorientierung der wirtschaftlichen Aktivitäten vieler Unternehmen geben, damit eine entsprechende Entwicklung mit privaten Mitteln angestoßen werden kann. Ich möchte gerne wissen, nach welchen Kriterien die Umsetzung erfolgen soll und welche Erfahrungen bisher gemacht worden sind.

Heidemarie Wieczorek-Zeul (Minister:in)

Politiker ID: 11002503

Wenn wir mit Zustimmung der Landwirtschafts- und Verbraucherschutzministerin weniger Agrarsubventionen und vor allen Dingen weniger Exportsubventionen durchsetzen und wenn wir dazu beitragen, einen Teil des Agrarprotektionismus zu beseitigen, dann hätten die Entwicklungsländer die Möglichkeit - das sage ich an die Adresse derjenigen, die ausschließlich von einer öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit sprechen -, eigene Einnahmen in Höhe von 40 Milliarden US-Dollar zu erzielen. Die Kohärenz zwischen wirtschaftspolitischen, landwirtschaftspolitischen und entwicklungspolitischen Maßnahmen ist ein Beispiel dafür, dass mehr Möglichkeiten ergriffen und mehr Mittel mobilisiert werden können. Herr Hübner, wir haben im Rahmen der Regierungsbefragung nicht die Zeit - darüber wird in jeder entwicklungspolitischen Debatte diskutiert -, die Frage der Entwicklungspartnerschaft mit der Wirtschaft im Detail zu behandeln. Ich möchte aber an dieser Stelle einen Irrtum ausräumen: Die Entwicklungspartnerschaft mit der Wirtschaft beruht darauf, dass das geschäftliche Interesse von Unternehmen mit dem Interesse von Entwicklungsländern übereinstimmt. Ist dies der Fall, erfolgt ein gemeinsames Vorgehen bei der Umsetzung. Es geht dabei nicht um Exportförderung, sondern darum, die Bedürfnisse, zum Beispiel bei der Wasserversorgung, in den Partnerländern zu befriedigen. Es ist von vornherein klar, dass wir verstärkt öffentliche Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit einsetzen, zum Beispiel im Bildungssektor. Aber ich will an dieser Stelle sagen: Es muss auch möglich sein, eine gemeinsame Initiative - zum Beispiel mit Boehringer - zu ergreifen, bei der dieses Unternehmen Medikamente gegen die Übertragung von Aids von der infizierten Mutter auf das Kind kostenlos zur Verfügung stellt. Die Entwicklung auf dem Gesundheitssektor in Zusammenarbeit mit Unternehmen ist ein Beispiel dafür, dass sich für die betroffenen Entwicklungsländer ein größerer Vorteil ergeben kann, als dies im Falle einer ausschließlich auf öffentliche Mittel angelegten Entwicklungszusammenarbeit möglich ist. Das ist das Denken in Bezug auf den PPP-Ansatz in unserem Ministerium.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Die nächste Frage kommt vom Kollegen Dr. Christian Ruck.

Dr. Christian Ruck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001893, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Ministerin, eine Nachfrage zu den Finanzen. Erstens. Haben Sie eine konkrete Zusage Ihres Kollegen Eichel aus der Kabinettssitzung mitgebracht, die Finanzmittel für das BMZ in den nächsten Jahren zumindest stufenweise zu erhöhen? Zweitens. Armutsbekämpfung hat auch etwas mit den internen Rahmenbedingungen in den Entwicklungsländern zu tun, Stichwort: „good governance“. Gibt es von Ihrer Seite neue Impulse, in den Entwicklungsländern auf „good governance“ hinzuwirken, und werden diese Impulse auch von Ihrem Kollegen Fischer mitgetragen?

Heidemarie Wieczorek-Zeul (Minister:in)

Politiker ID: 11002503

Zur Frage der Finanzen habe ich vorhin das gesagt, was zu sagen war. Wir haben keine vorgezogenen Haushaltsverhandlungen. Dazu werden wir noch genug Gelegenheit haben. Zu Ihrer Frage zu „good governance“: Das ist ein Aktionsprogramm der ganzen Regierung und infolgedessen ist auch der Außenminister darauf verpflichtet. Wir haben im Übrigen bei den Verhandlungen über das Folgeabkommen des Lomé-Abkommens, das Cotonou-Abkommen, gezeigt, dass wir das Thema ernst nehmen. Ich will an dieser Stelle sagen: Wir werden gezielt vier Entwicklungsländer unterstützen, weil das, was sie selbst in Bezug auf Armutsminderung machen, beispielhaft ist. Mit unserer Unterstützung wollen wir zeigen, dass diese Länder anderen Entwicklungsländern als positive Beispiele dienen können. Diese Länder können, wenn sie ähnliche Initiativen entwickeln, diese ebenfalls finanziell unterstützt und belohnt sehen.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Nächste Fragestellerin ist die Kollegin Dagmar Schmidt.

Dagmar Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002780, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Ministerin, der Aktionsplan der Bundesregierung ({0}) unter Ihrer Federführung zeigt sehr deutlich, dass im eigenen Hause neue Allianzen verwirklicht werden, die, viel stärker als früher, auf die Partnerschaft mit der Wirtschaft und anderen Akteuren ausgedehnt werden. Ich möchte Sie bitten, ein wenig konkreter etwas zu den Kodizes, zu den Selbstverpflichtungen und möglicherweise zu den Zertifikatslösungen zu sagen, ({1}) die Sie durch diese intensive Partnerschaft mit der Wirtschaft anstreben, und dazu, inwieweit die Gruppe der Frauen, die gerade uns Entwicklungspolitikerinnen besonders am Herzen liegt, davon profitiert.

Heidemarie Wieczorek-Zeul (Minister:in)

Politiker ID: 11002503

Zunächst einmal will ich darauf hinweisen, dass wir ein Dialogforum einberufen werden, auf dem sowohl die politische Ebene als auch die Zivilgesellschaft vertreten sein werden und das in gewissen zeitlichen Abständen Überprüfungen durchführen, aber gleichzeitig auch gemeinsame Verabredungen zur konkreten Umsetzung von gemeinsamen Aktionen treffen wird. Ferner möchte ich ausdrücklich bestätigen: Unser Haus diskutiert zusammen mit Unternehmen, wie wir sozial und ökologisch sinnvolles und richtiges Wirtschaften von Unternehmen entsprechend unterstützen können und wie wir, um auch andere Unternehmen dazu anzuregen, eine Zertifizierung verwirklichen können. Ich möchte das, was dort diskutiert wird, auf eine weitere Ebene stellen: Ich habe vor, ähnlich wie beim „global compact“ von Kofi Annan, eine große Runde von beteiligten Unternehmen einzuladen, die eine entsprechende gemeinsame Verpflichtung übernehmen. Diese Aktion ist insbesondere im Interesse der sozialen und ökologischen Situation in den Partnerländern und damit auch entwicklungspolitisch sinnvoll und richtig.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Die nächste und, wie ich fürchte, letzte Fragestellerin ist die Kollegin Erika Reinhardt. Mit den Parlamentarischen Geschäftsführern hatten wir uns auf eine Verlängerung der Befragung der Bundesregierung um fünf Minuten verständigt. Dann müssen wir aber auch Schluss machen.

Erika Reinhardt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001811, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Ministerin, Sie sagten zu Beginn, Deutschland sei das erste Land, das einen solchen Aktionsplan vorlege. Ich muss Sie enttäuschen: Die deutsche Regierung steht damit an zweiter Stelle; England hat ihr das bereits im vorigen Jahr vorgemacht. Sie sagten außerdem, dass verschiedene Ministerien damit befasst sind. Das ist gut, aber es stellt sich zugleich immer die Frage, wie kohärent das Ganze gestaltet wird. Liegt die Federführung beim BMZ? Der ganze Aktionsplan sagt ja nichts über die Form der Durchführung und darüber aus, wo Prioritäten gesetzt werden. Es wurde einfach nur einmal zusammengestellt, was es alles gibt. Hat die Regierung vor, einen konkreten Plan zur Durchführung mit einer Prioritätenliste vorzulegen? Wie stellen Sie sich die Abstimmung mit der EU vor?

Heidemarie Wieczorek-Zeul (Minister:in)

Politiker ID: 11002503

Zunächst einmal lassen Sie mich sagen, dass ich die Kollegin Clare Short außerordentlich schätze. Ich finde die Vorschläge, die sie vorgelegt hat, sehr gut. Ihr Programm ist aber kein Programm der gesamten Regierung zur Erreichung des 2015-Ziels. Hier liegt der Unterschied. Es ist wichtig, dass Sie dies vielleicht einmal zur Kenntnis nehmen. Zur Frage der Durchführung sage ich: Aus den von uns festgelegten Aktionen ergeben sich die Anlässe, wo diese konkret angegangen werden. In dem Moment, in dem die WTO-Runde zustande kommt, ist unsere Verhandlungsposition entsprechend festgelegt. Auch bezüglich der Abstimmung mit der EU geben die äußeren Anlässe den Rahmen vor. Ich erinnere Sie daran, dass wir maßgeblich mit dazu beigetragen haben - auch wenn es leider etwas längere Übergangsfristen gegeben hat - dass die Initiative des EU-Kommissars Lamy, den ärmsten Entwicklungsländern völlig freien Zugang zu den Märkten der EU zu gewähren, verwirklicht werden konnte. In dieser Weise werden wir uns auch bei den anstehenden Verhandlungen über den Marktzugang verhalten. Damit gibt es jetzt schon Orientierungspunkte, um die entsprechenden Vorgaben des Aktionsprogramms anzugehen. Weitere Schritte zur Umsetzung oder Durchführung werden jeweils die beteiligten Referate in Abstimmung mit den anderen Ressorts - wo es notwendig ist - entwickeln. Im Übrigen haben wir einen großen Teil dieser Dinge schon vorbereitet und sie hier jetzt nur so weit zusammengeführt, dass ersichtlich werden konnte, dass dahinter ein Gesamtkonzept steht, dessen Fokus wirklich auf Armutsbekämpfung gerichtet ist. Über diese Vorhaben werden wir sowohl bilateral - das kann jeder überprüfen, wenn entsprechende Verhandlungen anstehen - als auch international und auf EU-Ebene verhandeln. Die äußeren Anlässe hatte ich ja schon vorher genannt, nämlich Ende des Monats das OECD-Treffen, das Weltbank- und das Währungsfondstreffen und im Mai das Treffen des EU-Entwicklungsministerrates. ({0}) - Es ist doch klar, dass wir federführend sind. ({1})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Ich beende jetzt die Befragung zu diesem Themenbereich der heutigen Kabinettssitzung. Der Kollege Eckart von Klaeden hat bereits eine Frage an die Bundesregierung zu einem freien Thema angemeldet.

Eckart Klaeden (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002698, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich möchte zum Geschäftsbereich des Bundeskanzleramtes fragen, Herr Staatsminister, und zwar aufgrund einer Meldung der Deutschen Presse-Agentur vom heutigen Tag über das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Bonn zu angeblich rechtswidrig vernichteten Akten. In einem Vermerk stellt die Staatsanwaltschaft fest: Der vom so genannten Sonderermittler Hirsch gezogene Schluss einer zentral erfolgten Löschung von 2/3 des Datenbestandes im Zusammenhang mit dem Regierungswechsel ist nicht tragfähig. Es sind vielmehr befugte Löschungen ... ohne strafrechtliche Relevanz durchgeführt worden. Weiter heißt es dort: Die Abläufe sprechen sogar ... gegen eine Berechtigung des ... Tatvorwurfs. Bezug genommen wird darin auf eine Strafanzeige des Chefs des Kanzleramtes, Herrn Steinmeier, gegen einen früheren Mitarbeiter des Kanzleramtes. Meine Fragen sind: Erstens: Welche Schritte werden im Kanzleramt unternommen, um diese von Anfang an fragwürdigen Ermittlungen in Zukunft zu vermeiden? Zweitens und vor allem: Welche Schritte unternehmen Sie zur Rehabilitierung des von Ihnen so beschuldigten Mitarbeiters? ({0})

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Herr von Klaeden, zunächst weise ich darauf hin, dass die Bundesregierung - auch das Bundeskanzleramt - natürlich keine unnötigen Ermittlungen initiiert. Ich bitte um Nachsicht: Ich habe diese Meldung nicht vor mir liegen und kann deswegen dazu jetzt inhaltlich auch nicht Stellung beziehen. ({0}) Wir haben innerhalb des Kabinetts heute über diesen Vorgang auch nicht gesprochen. Das hat keine Rolle in der Kabinettssitzung gespielt.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Eine kurze Nachfrage, bitte.

Eckart Klaeden (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002698, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Kann ich aber, Herr Staatsminister, davon ausgehen, dass Sie Schritte zur Rehabilitierung dieses Mitarbeiters unternehmen, wenn der von mir geschilderte Sachverhalt so zutrifft? ({0})

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Herr von Klaeden, ich bitte noch einmal um Nachsicht, dass selbstverständlich zunächst einmal Ihre Einlassungen, die Sie hier in der Regierungsbefragung vorgetragen haben, von meiner Seite überprüft werden müssen und dem nachgegangen werden muss. Die Schritte, die sich daraus ergeben, können natürlich erst bewertet werden, nachdem das Ergebnis dieser Prüfung vorliegt.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Noch eine Frage der Kollegin Reinhardt, bitte. Danach beende ich definitiv die Regierungsbefragung.

Erika Reinhardt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001811, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich habe eine grundsätzliche Frage an die Bundesregierung: Ich habe am 9. März eine Frage an den Bundesaußenminister gerichtet, die auf eine Äußerung zurückgeht, in der er auf eine Rede am 5. März in Ludwigshafen Bezug nimmt. Darauf erhielt ich von der Bundesregierung diese Antwort: Es ist nicht Aufgabe der Bundesregierung, Wahlkampfreden zu kommentieren. Das veranlasst mich, folgende Frage der Bundesregierung zu stellen: Ist die Bundesregierung neuerdings der Ansicht, dass bei Äußerungen oder politischen Positionsbestimmungen von einzelnen Mitgliedern der Bundesregierung in Wahlkampfveranstaltungen die Ministerverantwortung gegenüber dem Parlament nicht mehr besteht? Falls ja: Wie begründet die Bundesregierung dieses neues Verfassungsverständnis?

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Frau Kollegin Reinhardt, nicht noch eine Nachfrage. Wir hatten ausgemacht: eine Frage. ({0}) Die Frage beantwortet Herr Staatsminister Schwanitz, bitte. ({1})

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Frau Abgeordnete, zu Ihrer Vermutung besteht kein Anlass. Selbstverständlich kann allerdings nicht vermieden werden, dass auch Mitglieder der Bundesregierung in anderer Funktion Äußerungen tun.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Die Regierungsbefragung ist beendet. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf: Fragestunde - Drucksache 14/5724 Die Fragen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit sowie zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes werden schriftlich beantwortet. Deshalb rufe ich jetzt den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit auf. Zur Beantwortung steht Frau Parlamentarische Staatssekretärin Gudrun Schaich-Walch zur Verfügung. Ich rufe die Frage 3 des Abgeordneten Klaus Holetschek auf: Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung, inwieweit deutsche Patienten Reha-Einrichtungen im Ausland in Anspruch nehmen und welche Kosten dabei für die deutschen Versicherungsträger entstehen?

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Herr Kollege, in der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung können Versicherte Reha-Einrichtungen im EU-Ausland zum einen in bestimmten Ausnahmefällen nach § 18 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch in Anspruch nehmen. Voraussetzung ist, dass eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur im Ausland möglich ist. Zum anderen ist denkbar, dass Versicherte ausnahmsweise Reha-Leistungen mit Genehmigung ihrer Krankenkasse aufgrund der EU-Verordnung 1408/71 im europäischen Ausland im Wege der Sachleistungsaushilfe durch einen ausländischen Versicherungsträger erhalten. In diesem Fall kann der Versicherte eine Reha-Leistung nach Maßgabe und im Umfang der für den ausländischen Träger geltenden Rechtsvorschriften in Anspruch nehmen. Schließlich kommt auch noch in Betracht, dass Versicherte, die nach § 13 SGB V das Recht auf Kostenerstattung haben, sich bei Vorliegen der Voraussetzungen für den Bezug einer Reha-Leistung im Inland diese Leistung auch im EU-Ausland zunächst auf eigene Kosten beschaffen und dann Anspruch auf Kostenerstattung höchstens in Höhe der Vergütung haben, die ihre Krankenkasse bei Erbringung im Inland leisten müsste. Zum zweiten Teil Ihrer Frage: Der Bundesregierung ist nicht bekannt, in welchem Ausmaß Versicherte von dieser Möglichkeit Gebrauch machen. Die Höhe der entstehenden Kosten kann also nicht benannt werden.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Holetschek zu einer Nachfrage, bitte.

Klaus Holetschek (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003153, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, halten Sie es nicht für sinnvoll, feststellen zu lassen, um welche Größenordnungen es sich handelt? Wenn Sie mit den entsprechenden Kostenträgern Kontakt aufnehmen, müsste das doch einfach zu ermitteln sein.

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Wir stehen in ständigem Kontakt mit den Kostenträgern der Krankenversicherung. Für diesen Bereich gehen wir davon aus, dass die Zahl relativ gering ist. Deswegen besteht keine Notwendigkeit, auf die Entscheidung der Versicherten und insbesondere auf die Entscheidungen der Ärzte und des Medizinischen Dienstes Einfluss zu nehmen. Zu dem Bereich der Kostenträger der Bundesversicherungsanstalt kann ich keine Aussage machen. Dort fällt der weitaus größere Teil der Reha-Maßnahmen an.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Ich rufe die Frage 4 des Kollegen Klaus Holetschek auf: Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die Benachteiligung deutscher Reha-Einrichtungen, nach der andere EU-Staaten Reha-Maßnahmen in Deutschland nicht unterstützen, zu beseitigen, und sind die jetzigen Regelungen diesbezüglich überhaupt EU-konform?

Gudrun Schaich-Walch (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001939

Die Bundesregierung sieht keine rechtliche Benachteiligung deutscher Reha-Einrichtungen. Das europäische Koordinierungsrecht nach der EU-Verordnung wie auch die wirtschaftlichen Grundfreiheiten nach dem EG-Vertrag in der Interpretation des Europäischen Gerichtshofes gelten für alle Mitgliedstaaten gleichermaßen. Gründe, die die EU-Konformität des sekundären EU-Koordinierungsrechtes nach der EU-Verordnung oder die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Leistungen im Ausland nach § 18 SGB V als zweifelhaft erscheinen ließen, sind nicht erkennbar.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bauund Wohnungswesen auf. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Achim Großmann zur Verfügung. Wir kommen zunächst zu Frage 5 des Abgeordneten Max Straubinger: In welchem Ausmaß wirken sich die Verschlechterungen der Abschreibungsbedingungen für Gebäude sowie die Verlängerung der Spekulationsfrist für die Besteuerung von Immobilienveräußerungen auf die Wohnungsbautätigkeit in Deutschland aus?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Lieber Herr Kollege, der Rückgang der Wohnungsbautätigkeit ist angesichts der weitgehend entspannten Situation auf den Wohnungsmärkten eine normale Marktreaktion. Ein Zusammenhang mit den von Ihnen genannten Rechtsänderungen lässt sich daher nicht belegen.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Straubinger, eine Nachfrage? - Bitte.

Max Straubinger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002812, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wie erklären Sie es sich dann, dass in Gebieten, in denen Wohnungsmangel herrscht - ich nenne als Beispiel den Ballungsraum München -, trotzdem keine Mietwohnungen errichtet werden?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Herr Straubinger, anlässlich der „bauma“ hatte ich vorgestern die Möglichkeit, mit Herrn Oberbürgermeister Ude zu sprechen. Er hat deutlich gemacht, dass die Stadt München derzeit in erheblichem Umfang in den Wohnungsbau investiert. Es werden sehr viele Flächen zur Bebauung freigegeben. Allerdings ist bekannt, dass gerade München aufgrund der Baulandknappheit besondere Probleme hat, die weniger mit den Fördermitteln für den Wohnungsbau zusammenhängen.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Es gibt eine zweite Nachfrage des Kollegen Straubinger, bitte.

Max Straubinger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002812, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie werden mir wohl Recht geben, dass es nicht nur öffentlich-rechtliche Investoren geben sollte; vielmehr sind auch private Investoren die Grundlage dafür, dass Wohnungsbau in großem Umfang getätigt wird. Sind Sie nicht der Meinung, dass durch den Wegfall der degressiven Abschreibung bzw. die Verschärfungen der Verlustverrechnungen im Einkommensteuerrecht weniger Wohnungsbau getätigt wird, weil es für diejenigen, die in Mietwohnungen investieren wollen, nicht mehr interessant ist?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Herr Kollege Straubinger, der Rückgang im Geschosswohnungsbau lässt sich bis zum Jahr 1996 zurückverfolgen. Es handelt sich hierbei also nicht um eine Entwicklung, die erst im Jahre 1999 aufgrund der dort erfolgten Steuergesetzgebung eingetreten ist. Ich darf Ihnen einmal die Zahlen nennen: In den alten Bundesländern ist 1996 die Zahl der fertig gestellten Wohnungen in neu errichteten Mehrfamilienhäusern um fast 20 Prozent zurückgegangen. Sie haben allerdings mit Ihrem Verweis auf die Verschlechterung der degressiven AfA Recht. Nur, die ist 1996 unter der alten Regierung von Kanzler Kohl erfolgt. ({0})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Ich rufe die Frage 6 des Abgeordneten Dr. Hans-Peter Friedrich ({0}) auf: Teilt die Bundesregierung die Einschätzung der Wohnungswirtschaft, wonach die Mietrechtsreform aufgrund ihrer nachteiligen Tendenz für Vermieter, zum Beispiel der Einführung asymmetrischer Kündigungsfristen, zu einem weiteren Rückgang des Mietwohnungsbaues führen wird?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Herr Friedrich, die Bundesregierung teilt diese Auffassung nicht. Die derzeit noch rückläufige Entwicklung des Mietwohnungsbaus ist Folge der Entspannung der Wohnungsmärkte vor dem Hintergrund der hohen Fertigstellungsergebnisse im Mietwohnungsbau der letzten Jahre. Die Auswirkungen der Mietrechtsreform auf die weitere Entwicklung können nicht anhand einzelner Regelungen, sondern nur im Gesamtzusammenhang beurteilt werden. Die Mietrechtsreform enthält Verbesserungen für Mieter und Vermieter und ist insgesamt ausgewogen. Vermieter und Investoren werden von den klaren und verständlichen Regelungen profitieren, ({0}) die weniger streitanfällig sind und eine sichere Kalkulationsgrundlage bieten. ({1})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Friedrich zu einer Nachfrage, bitte.

Not found (Mitglied des Bundestages)

, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, sind Sie denn bereit, zu akzeptieren, dass der Grundsatz gilt: „Je mehr Angebot an Mietwohnungen vorhanden ist, umso besser ist dies für den Mieter“? Sind Sie zudem der Auffassung, dass den Investoren durch Gewährung wirtschaftlicher Freiheit der Anreiz gegeben werden muss, mehr zu investieren, und sind Sie der Meinung, dass Sie, wenn Sie diese Mietrechtsreform durchführen, die wirtschaftlichen Spielräume und die Handlungsfreiheit der Investoren verringern und damit genau das Gegenteil von dem erreichen, was Sie erreichen wollen?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Die Grundannahme, die Sie zuerst geäußert haben, kann ich uneingeschränkt teilen und akzeptieren. Nur, wenn Sie dies auf die aktuelle Mietrechtsreform beziehen, dann kann ich Ihnen nicht mehr folgen. Ich nenne Ihnen einmal kurz, welche Verbesserungen wir zugunsten der Vermieter eingeführt haben: erstens die erleichterte Kündigung gegenüber dem Erben - das betrifft § 564 BGB -, zweitens den Wegfall der zeitlichen Beschränkungen bei Zeitmietverträgen, bei Index- und Staffelmiete, drittens die Erweiterung der berücksichtigungsfähigen laufenden Aufwendungen für Altbauten - das betrifft § 5 Wirtschaftsstrafgesetz -, viertens die Lockerung bei den Anforderungen für Modernisierungsankündigungen, fünftens die Erweiterung der Modernisierungsumlage auf alle Energieeinsparmaßnahmen, sechstens die ausdrückliche Festlegung der Vorfälligkeit der Miete, siebtens die Verkürzung der Kündigungsfrist für Vermieter von bis zu zwölf auf höchstens neun Monate, achtens den Ausschluss von Einwendungen des Mieters gegen Betriebskostenabrechnungen nach einem Jahr, neuntens die Möglichkeit zur einseitigen Erhöhung der Betriebskostenvorauszahlung - das betrifft § 560 BGB - und zehntens Übergangsregelungen für Altbruttomietverträge mit einem Erhöhungsvorbehalt. An dieser noch nicht einmal kompletten Auflistung dessen, was wir für die Vermieter in das Gesetz eingebaut haben, sehen Sie, dass ich Ihrer letzten Einschätzung leider nicht folgen kann.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Friedrich zu einer zweiten Nachfrage, bitte.

Not found (Mitglied des Bundestages)

, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, der Wohnungsbau geht in diesem Jahr voraussichtlich um 3,5 Prozent zurück. Wie erklären Sie sich, dass die meisten Mietrechtsexperten der Auffassung sind, dass ein Gutteil dieses Rückgangs darauf zurückzuführen ist, dass diese Mietrechtsreform am Horizont erschienen und jetzt von Ihnen verabschiedet worden ist?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Im ersten Stadium der Mietrechtsreform haben wir von den größeren Verbänden durchaus Kritik gehört. Bei den letzten Anhörungen im entsprechenden Ausschuss hat nur noch der Verband Haus und Grund grundsätzliche Kritik geäußert. Selbst der Bundesverband Freier Wohnungsunternehmen, ein großer Investor im privaten Wohnungsbau, hat nicht mehr Kritik in dem Umfange geäußert, wie er es vorher getan hat. Er hat sich sogar bei uns dafür bedankt, dass wir bei der Umlage der Modernisierungskosten bei 11 Prozent geblieben sind und sie nicht auf 9 Prozent gesenkt haben.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Es gibt eine Zusatzfrage des Kollegen Straubinger, bitte.

Max Straubinger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002812, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wenn die angesprochene Mietrechtsreform so erfolgreich ist, wieso nimmt der Mietwohnungsbau dann nicht zu?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Herr Straubinger, Sie wissen, dass das neue Mietrecht noch nicht im Gesetzblatt steht. In Ihrer Unterstellung können Sie also nur von möglichen Auswirkungen sprechen. Ferner ist es so, dass wir im letzten Jahr bei einem vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung angenommenen notwendigen Ersatzbaubestand von etwa 380 000/390 000 Wohnungen Baufertigstellungen von 422 000 Wohnungen hatten. In den neuen Bundesländern zum Beispiel gibt es bei den Baugenehmigungen im Geschosswohnungsbau einen dramatischen Rückgang um fast 50 Prozent. In diesem Bereich stehen allerdings 1 Million Wohnungen leer. ({0}) Jetzt nennen Sie mir einmal einen Investor, der völlig unabhängig von den Gesetzen, die wir erlassen, angesichts dieser Marktsituation baut. ({1})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Die Frage 7 des Kollegen Singhammer wird schriftlich beantwortet. Deshalb rufe ich jetzt die Frage 8 des Abgeordneten Albert Deß auf: Trifft es zu, dass bei der vom Bund zu finanzierenden Infrastruktur derzeit der Substanzverlust größer ist als das Neubauvolumen, und, wenn ja, teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass ein derartiges Leben von der Substanz den Bundeshaushalt langfristig wesentlich teurer zu stehen kommt, als wenn die Infrastruktur gleichmäßig und bedarfsgerecht unterhalten und ausgebaut wird? Zur Beantwortung steht Frau Parlamentarische Staatssekretärin Angelika Mertens zur Verfügung.

Angelika Mertens (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002734

Nach den dem Ministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen vorliegenden Zahlen liegen die Bruttoanlageinvestitionen des Bundes in die Infrastruktur der Bundesfernstraßen über den ermittelten Abschreibungen bzw. Abgängen. Das jährliche Investitionsvolumen ist also höher als der zeitgleiche Substanzverzehr. Dies drückt sich auch in dem steigenden Nettoanlagevermögen der Bundesfernstraßen aus.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Deß, bitte, eine Nachfrage.

Albert Deß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000376, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, auf gesamtdeutscher Ebene kann ja diese Zahl stimmen, aber stimmt sie auch, wenn sie sich auf die westdeutschen Bundesländer bezieht? Nachdem ja große Teile der Investitionen in den neuen Bundesländern stattfinden, könnte es durchaus sein, dass im Westen die erforderlichen Ersatzinvestitionen nicht durchgeführt werden.

Angelika Mertens (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002734

Ich beziehe mich auf Zahlen, deren Quelle die Anlagevermögensrechnung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin ist. Die vorliegenden Ergebnisse stammen aus einer im Auftrag unseres Ministeriums im Jahre 2000 durchgeführten Untersuchung. Das sind die Gesamtzahlen, die Sie bekommen können.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Deß, die zweite Nachfrage.

Albert Deß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000376, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, wäre es trotzdem angesichts der schlechten Lage der Bauwirtschaft nicht sinnvoll, dass man mehr Investitionen bzw. Ersatzinvestitionen in die Infrastruktur, besonders beim Ausbau der Verkehrswege, vornimmt, um auch Arbeitsplätze im Baubereich zu sichern?

Angelika Mertens (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002734

Ich glaube, da haben Sie Recht. Bei einem Blick in den Haushalt dieses Jahres werden Sie sehen, dass wir dem Rechnung getragen haben. ({0})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Die Frage 9 des Kollegen Girisch wird schriftlich beantwortet, ebenso die Fragen 10 und 11 der Kollegen Wolf und Hofbauer. Ich rufe die Frage 12 des Abgeordneten Bartholomäus Kalb auf. - Der Kollege ist nicht da, deshalb müssen wir hier gemäß Geschäftsordnung verfahren. Ich rufe die Frage 13 des Kollegen Dietmar Kansy auf: Welche in dem zwischen Bundesregierung und Bauwirtschaft im September 2000 vereinbarten Zehnpunkteprogramm zur „Förderung und Verstetigung beschäftigungswirksamer Bautätigkeit“ angekündigten Maßnahmen sind zwischenzeitlich von der Bundesregierung umgesetzt oder in Angriff genommen worden?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Sehr geehrter Herr Kollege Kansy, zu den wesentlichen Vereinbarungen im Zehnpunkteprogramm ist gegenwärtig Folgendes festzuhalten: Das Kabinett hat, wie Sie wissen, am 14. März 2001 den Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Wohnungsbaurechts beschlossen. Wir haben begonnen, stärker als das vorher der Fall war, durch eine Informationsinitiative auf bestehende Fördermaßnahmen für den Wohnungsbau aufmerksam zu machen. Der Bundesbauminister bereitet gemeinsam mit den Verbänden und der IG BAU eine Initiative „Preiswertes und ökologisches Bauen“ vor. Es ist zudem vorgesehen, ein Kompetenzzentrum für preiswertes und ökologisches Bauen beim Institut für Erhaltung und Modernisierung von Bauwerken in Berlin aufzubauen. Die Bundesregierung hat zugesagt, die Ursachen der unterdurchschnittlichen Auftragsvergabe seitens öffentlicher Auftraggeber in den Wintermonaten und deren Auswirkungen auf die saisonale Beschäftigung untersuchen zu lassen. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen bereitet derzeit - dazu sind noch Rücksprachen mit der Bauwirtschaft und mit der Gewerkschaft notwendig, die wir für morgen vorgesehen haben - die Vergabe eines entsprechenden Auftrages in allernächster Zeit vor. Das Kabinett hat am 7. März 2001 den Entwurf der Energieeinsparverordnung beschlossen. Gemeinsam wollen wir an einem neuen Leitbild der modernen Bauwirtschaft im 21. Jahrhundert arbeiten. Die Verbände der Bauwirtschaft und die IG BAU werden dazu Vorstellungen vorlegen und anschließend werden wir hierzu in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe mit dem Bauverbänden, der IG BAU sowie dem BMWi und dem BMBF über dieses Leitbild diskutieren. Wir haben dazu ja auch ein sehr hoch dotiertes Forschungsvorhaben im Bundesministerium für Bildung und Forschung aufgelegt, bei dem es um die Zukunft des Bauens geht. Die Maßnahmen zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung werden forciert. Zwischen der Bundesanstalt für Arbeit und dem BMF wurde bereits im letzten Jahr eine Vereinbarung zur Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und Leistungsmissbrauch geschlossen. BMA und BMWi erarbeiten Entwürfe zum Gesetz zur Bekämpfung illegaler Praktiken bei der öffentlichen Auftragsvergabe und zum Gesetz zur Erleichterung der Bekämpfung der illegalen Beschäftigung und Schwarzarbeit. Durch eine Informationskampagne soll in der Bevölkerung das Bewusstsein dafür geschärft werden, dass illegale Beschäftigung erhebliche die Gesellschaft schädigende Konsequenzen hat. Zur Vermeidung von Winterarbeitslosigkeit und zur Entwicklung von Anreizinstrumenten zur Förderung der Winterbautätigkeit hat das BMBF die „Rationalisierungsgruppe Bau“ beim Rationalisierungskuratorium der Deutschen Wirtschaft beauftragt, auf der Basis deutscher und internationaler Erfahrungen einen Instrumenten- und Maßnahmenkatalog zur gleichmäßigen Auslastung der Kapazitäten zu entwickeln.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Kollege Kansy, Ihre erste Nachfrage, bitte.

Dr. - Ing. Dietmar Kansy (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001064, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, könnte es sein, dass Sie das Zehnpunkteprogramm zur „Förderung und Verstetigung beschäftigungswirksamer Bautätigkeit“ deswegen etwas zurückhaltend beurteilen, weil in Ihrer Regierungszeit nicht nur bereits 100 000 Arbeitnehmer im Bauhauptgewerbe verschwunden sind, sondern nach Aussagen der Bauindustrie und des Deutschen Gewerkschaftsbundes in diesem Jahr mit weiteren 50 000 Abgängen auf dem Arbeitsmarkt zu rechnen ist? Liegt dies auch daran, dass Sie zwar Ihre Reformprogramme immer wieder in den Vordergrund stellen, sie aber zum Beispiel im sozialen Wohnungsbau so mies dotieren - heute steht dafür im Haushaltsplan nur noch ein Drittel dessen, was noch bei Helmut Kohl im Haushalt stand -, dass de facto überhaupt keine Substanz mehr vorhanden ist, um die Beschäftigungssituation zu verbessern?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Ich glaube, einen solchen Zusammenhang kann man nicht herstellen, Herr Kollege Kansy. Ich habe eben die Situation der Märkte in Deutschland geschildert. In Ballungsgebieten ist die Wohnungsnachfrage unverändert hoch, dort müssen wir bauen, während es in anderen Bereichen ausgeglichene Wohnungsteilmärkte und in wiederum anderen Bereichen Wohnungsleerstände gibt. Wenn Sie sich zum Beispiel die Förderzahlen in CDUgeführten Bundesländern ansehen, dann werden Sie feststellen, dass Baden-Württemberg die Mittel für den sozialen Wohnungsbau von 1999 auf 2000 um 60 Prozent, Thüringen von 2000 auf 2001 um 60 Prozent und das Saarland von 1999 auf 2000 um 50 Prozent gekürzt hat. Sie müssen also feststellen, dass wir uns in einem Geleitzug befinden. Wir können nicht Wohnungen gegen den Markt bauen; wir können nicht Wohnungen bauen, die anschließend leer stehen. Den Abbau der Beschäftigung im Baugewerbe nimmt die Bundesregierung sehr ernst. Das Maßnahmenpaket, das wir morgen beim Bundeskanzler zusammen mit der Bauwirtschaft und der IG BAU besprechen, ist ja ein Beleg dafür, dass wir dagegenhalten wollen und dass wir die Bereiche, in denen die Deregulierung am Markt völlig aus dem Ruder gelaufen ist, einfangen wollen. Ich spreche hier vor allen Dingen die illegale Beschäftigung und die Schwarzarbeit an.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Kansy, Ihre zweite Nachfrage, bitte.

Dr. - Ing. Dietmar Kansy (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001064, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

So bedauerlich - teilweise ist es auch verständlich - es ist, dass einige Bundesländer ihre Wohnungsbaumittel um bis zu 50 Prozent gekürzt haben ({0}) - um 60 Prozent; Frau Kollegin, ich gebe Ihnen die 10 Prozent noch dazu -, umso entsetzlicher ist es geradezu, dass der Bund in den Jahren Ihrer Regierungszeit die Mittel auf ein Drittel gekürzt hat. Wie erklären Sie sich denn, Herr Staatssekretär, dass wegen des Widerstands des Bundesfinanzministers eine Initiative Bayerns, Baden-Württembergs und Hessens, die ohne jede zusätzliche Mark aus Haushaltskassen auskäme, weil sie nämlich die Schwarzarbeit auf dem Bau durch Änderungen im Bereich des Steuerrechts bekämpfen will, seit September in den Ausschüssen dieses Parlaments schmort? ({1})

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Herr Kansy, ich kann Ihre Beurteilung überhaupt nicht teilen. Diese Bundesregierung hat im Gegensatz zur alten Bundesregierung unmittelbar nach der Wahl über den § 50 a Abs. 7 eine steuerliche Regelung eingeführt, die den Unternehmen helfen sollte. Da wir dies im Ausschuss schon diskutiert haben, wissen Sie, dass diese Regelung nicht EUkompatibel war, weil sie nicht nur die Baubranche betraf und in ihr nicht eindeutig hätte festgelegt werden können, ob aus- und inländische Bauunternehmen von der Regelung erfasst sind. Dasselbe Problem haben wir bei der Bundesratsinitiative der Länder, die Sie beschrieben haben. Dort wird zwar nicht zwischen inländisch und ausländisch unterschieden. Aber es könnte sein, dass wir mit den Regelungen, die die Bauunternehmen betreffen, wieder auf verfassungsrechtliche Bedenken stoßen. Deshalb ist es, glaube ich, sinnvoll, dass die Bundesregierung und das Parlament diese Initiative, die der Bundesrat ergriffen hat, seriös und solide prüfen. Sie wissen, dass dazu in der letzten Woche eine Anhörung stattgefunden hat. Ich habe das Gefühl, dass wir jetzt auf dem Wege sind, viele Fragen, die noch offen waren, zu klären.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Zu dieser Frage gibt es mehrere Nachfragen. Zuerst rufe ich die Kollegin Iris Gleicke auf.

Iris Gleicke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000687, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, welche Auswirkungen verspricht sich die Bundesregierung davon, dass der soziale Wohnungsbau jetzt für die Bestandsförderung geöffnet wird, gerade unter dem Aspekt des Leerstandes im Osten und der regionalen Bauwirtschaft?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Frau Abgeordnete Gleicke, wir haben in einem aus meiner Sicht sehr innovativen und modernen Gesetzentwurf festgelegt, dass wir die Gelder für den sozialen Wohnungsbau in Zukunft wesentlich flexibler einsetzen können, um damit das Negativimage des sozialen Wohnungsbaus, das sich gerade in den letzten Jahren aufgebaut hat, zu bekämpfen. Wir wissen, dass der soziale Wohnungsbau nach dem Krieg unbedingt erforderlich war und eine Erfolgsstory darstellte. Die Bedingungen am Wohnungsmarkt haben sich aber grundlegend geändert. Deshalb schlagen wir in dem Gesetzentwurf vor, dass wir die Gelder auch in den Bestand geben können. Das ist ganz wichtig hinsichtlich der Verstetigung. Bis jetzt war es so, dass bei Wohnungsknappheiten die Mittel aufgestockt wurden - es war ein Neubauprogramm -, und wenn der Wohnungsmarkt geglättet war, wurden die Kapazitäten, auch finanzielle Ressourcen, wieder abgebaut. Wenn wir die Mittel flexibel einsetzbar machen, und zwar nicht nur für den Neubau, sondern auch für den großen Bestand an Wohnungen, den wir in unserem Land haben und der teilweise dringend modernisiert und instand gesetzt werden muss, dann trägt das deutlich zu einer Verstetigung in der Bauwirtschaft bei.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Die nächste Nachfrage stellt der Kollege Singhammer.

Johannes Singhammer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002800, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, die Kürzung im sozialen Wohnungsbau mit dem Rasenmäher führt natürlich zu unterschiedlichen Wirkungen in Gebieten mit einem ausgeglichenen Wohnungsmarkt, mit einem Überangebot an Wohnraum und mit einem katastrophalen Mangel an Wohnraum - was zwischen allen Parteien völlig unstrittig ist. Denkt die Bundesregierung daran, für Gebiete mit erhöhtem Wohnungsbedarf, beispielsweise in Süddeutschland, in München, ein besonderes Programm aufzulegen, oder in welcher anderen Weise will man speziell dem Mangel an preisgünstigem Wohnraum in diesen Verdichtungsräumen begegnen?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Ich darf Sie, Herr Kollege Singhammer, daran erinnern, dass nach dem Grundgesetz die Wohnungsbauförderung zunächst in den Ländern geregelt werden muss. Der Bund schafft Rahmenbedingungen, auch finanzieller Art, und hat dadurch die Möglichkeit, ausgleichend zu wirken. Zudem kann er mit entsprechenden Programmen Länderprogramme anregen. Es war in der Vergangenheit schon immer so, dass die Länder über die Bundesmittel hinaus ein Plus an Mitteln zur Verfügung stellten, also nicht nur fiftyfifty die Kofinanzierung übernahmen. Die Länder sind mit diesen Mitteln in der Art und Weise der Wohnungsbauförderung völlig frei, sodass auch das Land Bayern, dass ebenfalls mehr Mittel zur Verfügung stellt als nur im Rahmen der Kofinanzierung der Bundesmittel, durchaus in der Lage ist, für München ein Sonderprogramm aufzulegen.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Frau Kollegin Christine Ostrowski, bitte Ihre Nachfrage.

Christine Ostrowski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001662, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Herr Staatssekretär, in dem Zehnpunkteprogramm zwischen Bundesregierung und den Tarifvertragsparteien wurde auch vereinbart, dass bei der Reform des sozialen Wohnungsbaus die gesamtwirtschaftlichen Effekte und die Belange der Bauindustrie berücksichtigt werden sollen. Können Sie mir bitte sagen, wie die gesamtwirtschaftlichen Effekte und die Belange der Bauindustrie in Ihrem Gesetzentwurf berücksichtigt wurden?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Wir diskutieren zurzeit über den Gesetzentwurf. Sie haben die Möglichkeit, sich damit auch im Parlament intensiv zu beschäftigen. In der Verbändeanhörung haben wir den Gesetzentwurf ein erstes Mal mit den Verbänden besprochen. Wir sind auch weiterhin mit den Verbänden im Gespräch. Was die Konsequenzen für die gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen betrifft, so wird unser Gesetz dazu führen, dass wir Gelder für den sozialen Wohnungsbau wesentlich effizienter einsetzen können, als das in der Vergangenheit der Fall war.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Wolfgang Weiermann, Ihre Nachfrage bitte.

Wolfgang Weiermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002447, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, dass der Beschäftigungsrückgang im deutschen Baugewerbe, der auch im Zehnpunkteprogramm zur Eindämmung der illegalen Beschäftigung beschrieben wurde, auch damit zusammenhängen kann, dass die Unternehmen, die sich an Tarifverträge und Gesetze halten, durch jene Unternehmen, die an den Gesetzen vorbei tätig werden, sozusagen in die Insolvenz getrieben werden und dadurch die Zahl der Arbeitslosen im Baugewerbe stark beeinflusst wird? ({0})

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Herr Kollege Weiermann, ich kann Ihnen das bestätigen. Die illegale Beschäftigung von Arbeitskräften durch Subunternehmer, die aus dem Ausland kommen und wieder verschwinden, ist eines der Hauptprobleme, die von der Bauwirtschaft an uns herangetragen werden. Wir versuchen - wie ich das gerade zu erläutern versucht habe -, das in den Griff zu bekommen. Aber auch darüber hinaus, nämlich bei dem Konkurrenzkampf zwischen Unternehmen aus den neuen und den alten Bundesländern, spielt es eine große Rolle, ob Tariflohn gezahlt wird oder eben nicht.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Die nächste Nachfrage kommt vom Kollegen Hans-Michael Goldmann.

Hans Michael Goldmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003133, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, trifft es zu, dass die Mittel, die Sie jetzt für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung stellen, für ein größeres Aufgabenpaket und einen größeren Personenkreis zur Verfügung stehen müssen und sich dadurch für den einzelnen Berechtigten ein Jahresbetrag von 60 DM ergibt?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Den letzten Teil Ihrer Frage - das muss ich ehrlich zugeben habe ich nicht verstanden, da nicht klar geworden ist, wie Sie auf diesen Betrag von 60 DM kommen. Ihre Rechnung müssten Sie vielleicht einmal offen legen. Der jetzt vorgelegte Gesetzentwurf enthält in dieser Hinsicht nichts anderes als das, was schon jetzt im Gesetz steht. Wir haben eine Mindestausstattung von 230 Millionen Euro vorgesehen. Dies entspricht den 450 Millionen DM, die schon 1994 - unter der alten Regierung im Zweiten Wohnungsbaugesetz im Rahmen des Wohnungsbauförderungsgesetzes eingesetzt worden sind. Die Mindestausstattung haben wir überhaupt nicht verändert. Weiterhin haben wir die Rückflussbindung der Mittel, die aus den Darlehen zurückfließen, gesichert. Wir haben allerdings die Verwendung der Mittel - das betrifft auch das Thema Stetigkeit - insofern geöffnet, als Gelder, die aus den Darlehen zurückfließen, im Rahmen von Städtebaufördermitteln, die konkret in das Schaffen von Wohnraum fließen, ausgegeben werden können. Es bleibt also beim Einsatz dieser Mittel für den Wohnungsbau. Ich glaube, das ist die richtige Zielrichtung. ({0})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Goldmann, Sie können keine weitere Nachfrage mehr stellen. Die offensichtlich letzte Nachfrage kommt von der Kollegin Dagmar Wöhrl.

Dagmar G. Wöhrl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002829, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wie stehen Sie zu der Aussage Ihrer Partei im Wahlkampf, dass wir zu der Zeit, als wir an der Regierung waren, angesichts von 1,2 Milliarden DM für den sozialen Wohnungsbau soziale Kälte hätten walten lassen, während jetzt unter Ihrer Verantwortung die Mittel für den sozialen Wohnungsbau auf 450 Millionen DM gesunken sind? Wie wollen Sie bei diesem geringen Betrag von 450 Millionen DM eine Bestandsförderung in Angriff nehmen?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Frau Wöhrl, Sie haben zu gewärtigen, dass wir den sozialen Wohnungsbau nicht unabhängig von der finanziellen Situation unseres Landes fördern können. ({0}) Weil wir eine ziemlich marode Finanzsituation vorgefunden haben, ({1}) haben wir einen Konsolidierungskurs einschlagen müssen. ({2}) Deshalb haben wir uns - zusammen mit den Bundesländern, die ihre Mittel ebenfalls dramatisch gesenkt haben hinsichtlich des Einsatzes der Mittel für den sozialen Wohnungsbau der Marktlage angepasst. Im letzten Jahr sind in den einzelnen Bundesländern die Gelder, die für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung standen, nicht zu 100 Prozent abgerufen worden. Das ist ein Hinweis darauf, dass es im Moment nicht darum geht, real mehr einzustellen. Man muss vielmehr überlegen, ob tatsächlich mehr notwendig ist. Wenn wir jetzt das Gesetz auf Förderungen im Bestand ausweiten, dann eröffnet sich eine ganz neue Zielrichtung, über die wir auch mit den Länderfinanzministern und dem Bundesfinanzminister diskutieren werden.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Es sieht ganz so aus, als ob wir doch noch ein Weilchen bei dieser Frage bleiben. Eine Nachfrage hat nun die Kollegin Gudrun Kopp.

Gudrun Kopp (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003160, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie das Urteil der Bauverbände hinsichtlich der Ursachen der negativen Entwicklung im mehrgeschossigen Wohnungsbau? Die Bauverbände klagen über eine Verschlechterung der steuerlichen Rahmenbedingungen. Wie beurteilen Sie diese Einschätzung? Was gedenkt die Bundesregierung diesbezüglich zu tun?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Frau Kopp, ich möchte an meine Antwort anschließen, die ich eben schon gegeben habe: Schauen Sie sich die wirklichen Zahlen am Markt an. Sie werden dann feststellen, dass die tiefen Einschnitte bei den Baufertigstellungen und bei den Baugenehmigungen im Geschosswohnungsbau in den alten Bundesländern von 1995 auf 1996 und in den neuen Bundesländern von 1998 auf 1999 stattgefunden haben. ({0}) Ich habe die Zahlen hier; ich kann sie Ihnen gern im Einzelnen zur Kenntnis geben. ({1}) 1996 ist die degressive AfA - unter Bundeskanzler Kohl, unter Beteiligung der F.D.P. - gesenkt worden. Das hat zu Einschnitten im Wohnungsbau geführt. Von 1998 auf 1999 ist das Fördergebietsgesetz geändert worden. Es ist durch das Investitionszulagengesetz geändert worden. Das hat dazu geführt, dass in den neuen Bundesländern die Zahlen um knapp 50 Prozent zurückgegangen sind. Das heißt, es gab durchaus Reaktionen auf steuerliche Änderungen. Diese fanden aber in den 90er-Jahren statt. Dagegen haben die jetzigen steuerlichen Änderungen im Geschosswohnungsbau kaum Unterschiede bewirkt. Das, was am Markt stattfindet, ist ein Marktanpassungsprozess. In vielen Regionen ist der Markt gesättigt, in den neuen Bundesländern ist gar ein hoher Leerstand zu verzeichnen, sodass die Investoren in der Beurteilung ihrer Investitionen sehr vorsichtig sind. Was wir bei der steuerlichen Abschreibungsmöglichkeit geändert haben, ist eine leichte Einschränkung der Verlustverrechnung. Das hat dazu geführt, dass beispielsweise Immobilienfachzeitschriften geschrieben haben, dass das „Bauen mit Steuerkick“ endlich zurückgeht und man sich jetzt bemüht, nachhaltig wirtschaftliches Bauen am Markt durchzusetzen.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Die nächste Nachfrage kommt von der Kollegin Gabriele Iwersen.

Gabriele Iwersen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000998, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, sieht die Bundesregierung einen Zusammenhang zwischen dem Rückgang der Neubautätigkeit im Geschosswohnungsbau und der vergleichsweise guten Auslastung des Ausbaugewerbes? ({0}) - Im Vergleich zum Rohbaugewerbe ist die Situation dort gut. Sie haben es vermutlich noch nicht mitbekommen. Es ist nämlich ein erheblicher Rückgang an Neubauten zu verzeichnen, während der Ausbau im Bestand weiterhin gut läuft. Kann die Bundesregierung die Ansicht teilen, dass zwar eine Verlagerung der einzelnen Gewerbe innerhalb des Baugewerbes stattfindet, dies aber kein Hinweis darauf ist, dass weniger fertiger Wohnraum in Zukunft zur Verfügung steht?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Als Gesamtbild ist dies schlecht zu beurteilen. Es mag sein, dass dies in einzelnen Regionen deutlich zu Buche schlägt. Aber als Bundesregierung haben wir bei den neu aufDagmar Wöhrl gelegten Programmen die Grundphilosophie, dass wir stärkere Anreize für Investitionen in den Bestand setzen wollen. Ich erinnere nur daran, dass wir das KfW-IIModernisierungsprogramm in den neuen Ländern von zunächst 70 auf 79 Milliarden DM aufgestockt haben und wir dann zusammen mit den Ländern weitere 10 Milliarden DM zur Verfügung gestellt haben. Ich erinnere Sie daran, dass wir seit Januar dieses Jahres ein sehr umfangreiches und sehr gut angelaufenes KfW-Gebäudesanierungsprogramm aufgelegt haben, bei dem die Bundesregierung 2 Milliarden DM mit dem Ziel zur Verfügung stellt, dass damit Kredite von 10 Milliarden DM abgerufen werden. Hinzu kommt das einzusetzende Eigenkapital. Damit werden etwa 350 000 Wohnungen energetisch modernisiert. Das wird erhebliche Auswirkungen auf die Bautätigkeit haben; denn das sind Maßnahmen im Gebäudebestand, die im Wesentlichen vom Handwerk und von kleinen Unternehmen durchgeführt werden. ({0})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Ich rufe die Frage 14 des Abgeordneten Dr. Hermann Kues auf: Wie beurteilt die Bundesregierung vor dem Hintergrund, dass der Wohnungsbau einschließlich des privaten Mietwohnungsbaus nach wie vor die wichtigste Sparte des Bauvolumens in Deutschland darstellt, die Auswirkungen der von ihr betriebenen Veränderung von Investitionsrahmenbedingungen unter anderem durch Eingriffe in das Steuerrecht und Mietrecht, durch Abbau der Eigenheimförderung und der sozialen Wohnungsbauförderung sowie durch Ausgrenzung aus der zusätzlichen Altersvorsorge?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Herr Kues, ich will Ihnen Ihre Frage so beantworten, wie ich es vorgesehen hatte, obwohl ich in meinen vorigen Ausführungen bereits Teilaspekte Ihrer Frage beantwortet habe: Der Wohnungsbau ist seit 1995 rückläufig. 1994 wurden noch etwa 710 000 Wohnungen zum Bau genehmigt; 1998 waren es nur noch 475 000. Mit der Einschränkung der Verlustverrechnung wurde ein wichtiger Beitrag zur Steuergerechtigkeit geleistet und dafür gesorgt, dass bei Investitionsentscheidungen wieder die Marktverhältnisse im Vordergrund stehen. Die wichtigste Steuerentlastung im Zusammenhang mit Investitionen in Mietwohnungen, die degressive AfA, wurde bei der Steuerreform beibehalten. Ein Gesetzentwurf der CDU/CSU sah dagegen die Streichung der degressiven AfA vor. Die Mietrechtsreform enthält Verbesserungen für Mieter und Vermieter; sie ist insgesamt ausgewogen. Auch die Vermieter und Investoren werden von den klaren und verständlichen Regelungen, die weniger streitanfällig sind und eine sichere Kalkulationsgrundlage bieten, profitieren. Die Eigenheimzulage wurde zielgenauer auf Familien mit Kindern ausgerichtet, die die wichtigste Zielgruppe bei der Wohneigentumsförderung darstellt. So wurden zum Beispiel bei Familien mit drei Kindern die Einkommensgrenzen sogar angehoben. Damit wurde zugleich die Inanspruchnahme von Fördermitteln durch Haushalte, die auch ohne Förderung Eigentum erwerben können, eingeschränkt. Bei der Altersvorsorge ist das selbst genutzte Wohneigentum ausdrücklich in den Förderkatalog aufgenommen worden. Die Einzelheiten werden im Zertifizierungsverfahren geregelt. Zur Reform des sozialen Wohnungsbaus hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf vorgelegt, der eine zielgenauere und effizientere Verwendung der öffentlichen Mittel des sozialen Wohnungsbaus gewährleistet.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Kues, Sie haben eine Nachfrage? - Bitte sehr.

Dr. Hermann Kues (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002709, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wie erklären Sie sich, dass bundesweit Abgeordnete von Innungen angeschrieben werden, welche sich große Sorgen hinsichtlich der Situation auf dem Wohnungsbaumarkt und der Baukonjunktur machen? Ich glaube, sie haben uns alle den offenen Brief an den Bundeskanzler zugeschickt, in dem sie ihre Hoffnung zum Ausdruck bringen, der Bundeskanzler werde auf ihre Sorgen eingehen, weil er sich für den Mittelstand interessiere. Darf man Ihre Antwort so verstehen, dass sie sich keine Hoffnung machen dürfen, weil die Regierung keine Initiative ergreifen wird, um der Bauwirtschaft zu helfen?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Herr Kues, Sie geben mir Gelegenheit, die Maßnahmen zusammenzufassen, die die Bundesregierung bereits angestoßen hat: Wir haben die Kaufkraft dadurch erhöht, dass wir das Wohngeld aufgestockt haben. Das ist ein ganz wichtiges Element. Wir haben für Familien mit geringer Kaufkraft 1,4 Milliarden DM mehr zur Verfügung gestellt, weil solche Familien häufig in renovierungsbedürftigen Wohnungen leben und es vielfach besser ist, deren Kaufkraft zu erhöhen, als darauf zu warten, dass der Vermieter die Wohnung renoviert. Wir haben mit den Programmen, die ich eben schon angedeutet habe, für erheblich mehr Beschäftigung gesorgt und werden dies weiterhin tun. Durch das Gebäudesanierungsprogramm werden Bundesmittel im Umfang von 2 Milliarden DM zur Verfügung gestellt; ein 10-Milliarden-DM-Kreditprogramm wurde angestoßen, mit erheblichen Auswirkungen auf den Baumarkt. Wir haben in den neuen Bundesländern durch den Verzicht auf Teilentschuldungsnachzahlungen nach Restitutionen die Wohnungsunternehmen im Umfang von ungefähr 500 Millionen DM entlastet. Das sind Entlastungen, die dazu führen werden, dass Wohnungsunternehmen wieder am Markt operieren können. Wir haben mit § 6 a des Altschuldenhilfe-Gesetzes Teilschuldentlastungen im Umfang von weiteren 700 Millionen DM für die Wohnungsunternehmen vorgenommen. Die Länder kofinanzieren dieses Programm mit weiteren 700 Millionen DM. Die zur Verfügung gestellten Mittel fließen in das Wohnumfeld, in den Rückbau, die Modernisierung und die Zukunft der Städte in den neuen Bundesländern. Wir haben die Mittel für die Städtebauförderung in diesem Jahr um 100 Millionen DM aufgestockt. Sie dagegen haben immer nur davon gesprochen, sie aufzustocken. Wir haben ein neues Programm „Soziale Stadt“ aufgelegt und dieses in diesem Jahr um 50 Prozent von 100 Millionen auf 150 Millionen DM aufgestockt. Wir haben in diesem Jahr Investitionsmöglichkeiten in die Verkehrsinfrastruktur von 10,8 Milliarden DM geschaffen. Das ist eine Rekordsumme. Wir haben mit der Bahn eine trilaterale Vereinbarung getroffen, die der Bahn Sicherheiten für Investitionen im Umfang von 26 Milliarden DM für die nächsten drei Jahre gibt. Ich weiß nicht, wie wir die Rahmenbedingungen sonst noch verbessern können. Wir haben auch die mittelbaren Rahmenbedingungen dadurch verbessert, dass wir für mehr Beschäftigung und höhere Einkommen gesorgt haben. Diese Entwicklung wird dazu führen, dass die Nachfrage nach Häusern und Wohnungen zunimmt. Ich hebe mir in diesem Zusammenhang noch ein paar Zahlen und Fakten für die nächsten Fragen auf und bitte Sie dafür um Verständnis. Sie werden richtig Freude haben, wenn ich Ihnen gleich noch ein paar Zitate bringe. ({0})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Dazu kommen wir dann gleich. Zunächst hat der Kollege Kues eine zweite Zusatzfrage. Bitte sehr.

Dr. Hermann Kues (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002709, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Erste Frage: Herr Staatssekretär, darf ich dem entnehmen, dass die Innungen - nach deren Initiative hatte ich konkret gefragt keine Antwort und keine Reaktion von der Bundesregierung auf ihren Brief bekommen werden? Zweite Frage: Wie wollen Sie das, was Sie uns eben als Antwort auf meine Frage mit vielen Zahlen zu verdeutlichen versucht haben - ich habe das nicht verstanden -, den Innungen vermitteln? Glauben Sie, dass diese aufgrund dessen, was Sie eben gesagt haben, zu einer anderen Einschätzung der Situation kommen werden?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Herr Kues, wir sind eine hochkommunikative Bundesregierung. ({0}) Sie glauben gar nicht, wie viele Gespräche wir mit Vertretern der Innungen, des Handwerks, der Bauindustrie, der Bauwirtschaft und der Gewerkschaften führen. Ich war noch gestern bei der Landesgruppe der SPD Niedersachsen. ({1}) - Herr Hinsken, lassen Sie mich ausreden! Sie wissen doch gar nicht, wer bei diesem Gespräch anwesend war. Dort waren Vertreter des Handwerks, der IHK, der Bauindustrie und des Baugewerbes sowie einzelne Unternehmer und Handwerker anwesend. Rufen Sie also in Zukunft erst dann dazwischen, wenn ich mit meiner Antwort fertig bin! Wir haben mit denen natürlich darüber gesprochen, wo es brennt und wo es wehtut. Alle haben uns gesagt: Natürlich könnt ihr keine Programme zur Förderung des Wohnungsbaus auflegen, wenn die Wohnungen anschließend leer stehen. Das scheint sich offenbar noch nicht bis auf die Oppositionsbänke des Bundestages herumgesprochen zu haben.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Der Erste, der eine Nachfrage stellt, ist der Kollege Singhammer.

Johannes Singhammer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002800, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, durch Verbesserung der Investitionsrahmenbedingungen dafür zu sorgen, dass in Gebieten mit stark erhöhtem Wohnungsbedarf und katastrophalem Wohnungsmangel - wie beispielsweise München, wo der soziale Wohnungsbau dringend einer Finanzspritze bedarf, die Oberbürgermeister Ude von der Bundesregierung erbittet - mehr preiswerte Wohnungen gebaut werden können? ({0})

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Herr Singhammer, ich habe Ihnen schon eben gesagt, dass wir auf dem Weg sind, das Wohnungsbaugesetz zu novellieren und es wirklich innovativ und modern zu gestalten, und dass ich dann die Möglichkeit sehe, auch über die finanzielle Ausstattung zu sprechen. Ich möchte Ihnen allerdings nicht verhehlen, dass das CDU-geführte Land Hessen gestern einen Antrag in den Bundesrat eingebracht hat, in dem der Bund aufgefordert wird, den sozialen Wohnungsbau einzustellen. ({0}) - Ja, in Berlin. ({1}) - Natürlich angemeldet.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Ich glaube, das gehört nicht in die Fragestunde. Liebe Kollegin Ostrowski, Ihre Zusatzfrage.

Christine Ostrowski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001662, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Herr Staatssekretär, Sie hatten vorhin die Härtefallhilfen für existenzbedrohte Unternehmen in Ostdeutschland genannt und hatten ausgeführt, dass der Bund über einen gewissen Zeitraum 700 Millionen DM für diese Hilfen zur Verfügung stelle. In Ostdeutschland gibt es 1 Million leer stehende Wohnungen. Ich hätte gerne von Ihnen gewusst, für wie viele Wohnungen diese 700 Millionen DM reichen sollen.

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Sie kennen die Zahl, Frau Ostrowski. Aber ich bin gerne bereit, sie zu wiederholen; denn je öfter man die Zahl hört, desto einprägsamer ist sie. Das ist ein Lernprozess. Wir rechnen damit, dass sich mit den von uns zur Verfügung gestellten Mitteln 85 000 bis 90 000 Wohnungen entschulden lassen, die anschließend abgerissen werden.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Die Frage 15 des Kollegen Klaus-Peter Willsch wird schriftlich beantwortet. Ich rufe Frage 16 des Kollegen Karl-Heinz Scherhag auf: Wird Bundeskanzler Gerhard Schröder bei dem zweiten „Bündnisgespräch Bau“ am 5. April 2001 seine Vorstellungen zu einem „neuen Leitbild der modernen Bauwirtschaft im 21. Jahrhundert“ einbringen und welche Bundesressorts waren an der Erarbeitung beteiligt?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Herr Kollege Scherhag, Ihre Frage habe ich mit meiner Antwort auf die Frage von Herrn Kansy zumindest teilweise beantwortet. Trotzdem haben Sie Anspruch auf eine vollständige Antwort. Die Anregung zur Entwicklung eines neuen Leitbildes der modernen, zukunftsorientierten Bauwirtschaft im 21. Jahrhundert richtet sich in erster Linie an die Verbände der Bauwirtschaft und die Vertreter der in der Bauwirtschaft Beschäftigten. Die im Vorfeld von den Sozialpartnern einzubringenden Überlegungen zur Aktualisierung bzw. Neuregelung der Fortbildungsordnungen werden anschließend in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe der Bundesregierung mit den Sozialpartnern weiterentwickelt und in enger Abstimmung in geeigneter Weise umgesetzt. Die Arbeitsgruppe kann sich auf das Programm „Bauen und Wohnen im 21. Jahrhundert“ stützen, ein neues, am Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung ausgerichtetes Forschungsprogramm. Die Bundesregierung wird die Ergebnisse der Arbeitsgruppe im Deutschen Bundestag gerne zur Diskussion stellen.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Scherhag, Ihre erste Nachfrage, bitte.

Karl Heinz Scherhag (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002773, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, was an dem, was Sie vorgelesen haben, neu ist?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Neu ist, dass wir mit den Partnern - mit der Bauwirtschaft und mit der IG BAU - verabredet haben, dass wir gemeinsam dieses Leitbild entwickeln. Das ist im Zehnpunkteprogramm zugrunde gelegt worden, und wir müssen es umsetzen. Wir haben ja nicht vereinbart, dass wir in drei oder vier Monaten diese zehn Punkte abarbeiten können. Das ist völlig unmöglich. Wir werden in dem morgen stattfindenden Überprüfungsgespräch festhalten, was wir abgearbeitet haben und was noch abgearbeitet werden muss. Die Entwicklung des Leitbildes zählt zu den Punkten, die noch abgearbeitet werden müssen. Ich habe Ihnen ja gesagt, dass wir auf die Vorarbeit der Bauwirtschaft und der IG BAU angewiesen sind. Vorher können wir die Projektgruppe nicht einrichten.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Scherhag, Ihre zweite Frage.

Karl Heinz Scherhag (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002773, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Die zweite Frage lautet: Was nutzt das der Bauwirtschaft zurzeit? Wie kommen die Aufträge für die Bauwirtschaft möglichst schnell herbei? Ich frage dies vor dem Hintergrund, dass Sie noch Monate brauchen, um mit der Kommission ein Leitbild zu schaffen.

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Ich glaube, Sie stellen einen völlig falschen Zusammenhang her. Es geht einerseits um praktische Arbeit, um Programme und um Rahmenbedingungen, die gesetzt werden müssen; diese habe ich schon ausführlich erläutert. Es geht andererseits darum, dass wir der Bauwirtschaft helfen, auch über den Tag hinaus am Markt bestehen zu können. Der Wunsch, ein Leitbild zu entwickeln, ist aus der Bauwirtschaft gekommen. Dazu gehört, dass wir uns zusammensetzen und überlegen: Wie sehen Qualifizierungsstrukturen aus, wie sehen zukünftige Berufsbilder aus, wie sieht die Ordnung am Baumarkt aus, was müssen wir da - natürlich immer im Benchmarking mit den Entwicklungen anderer europäischer Länder - verändern? Das ist ein Prozess, den man nicht in drei, vier Wochen zu Ende bringen kann und der mit der aktuellen Situation und mit dem, was wir schon jetzt durch unser Handeln bewegen, unmittelbar nichts zu tun hat.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Eine Nachfrage des Kollegen Protzner, bitte.

Dr. Bernd Protzner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001756, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, die Runde Bau hat im September des letzten Jahres getagt. Seitdem ist die Zahl der Bauaufträge gesunken und die Beschäftigungssituation im Bauhandwerk und im Baunebengewerbe ist schlechter geworden. Seit September ist inzwischen ein halbes Jahr vergangen. Müsste die Bundesregierung deshalb nicht schnell zu Entscheidungen kommen, statt wieder neue Kommissionen einzuberufen?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Herr Protzner, das ist ja keine neue Kommission. Ich habe Ihnen gesagt, das Ganze ist eine Entwicklung, die über den Tag hinausgeht und die etwas mit Innovationen in unserer Gesellschaft zu tun hat. Denen kann man sich nicht verschließen und die Vorhaben kann man auch nicht in wenigen Wochen abarbeiten. Dass die Bauwirtschaft ausgerechnet nach dem September 2000 eingebrochen sein soll, käme mir überhaupt nicht in den Sinn. Sie wissen ganz genau, dass die Minuszahlen der Bauindustrie in den letzten Jahren zurückgegangen sind und dass wir in diesem Jahr nur noch mit einem kleinen Minus rechnen, mit einem Minus von 0,5 Prozent, und dass die Minuszahlen der Bauwirtschaft in den neuen Bundesländern von 8 Prozent auf 4 Prozent gesunken sind und wir in diesem Jahr mit minus 2,5 Prozent rechnen. Das heißt, wir sind fast am Ende des schmerzlichen Anpassungsprozesses, der ganz unterschiedliche Ursachen hat und der zu Ihrer Regierungszeit und nicht 1998 begonnen hat. ({0})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Jetzt rufe ich die Frage 17 des Kollegen Karl-Heinz Scherhag auf: Ist die Bundesregierung bereit, ihre Vorstellungen auch im Deutschen Bundestag zur Diskussion zu stellen?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Die Antwort habe ich bereits gegeben: Die Bundesregierung wird die Ergebnisse der Arbeitsgruppe im Deutschen Bundestag gerne zur Diskussion stellen. ({0})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Jetzt rufe ich die Frage 18 des Abgeordneten Ernst Hinsken auf: Wie hoch ist der Anteil ausländischer Bauunternehmen an den in Berlin zurzeit in Bau befindlichen Großprojekten des Bundes und worauf ist dieser Anteil zurückzuführen?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Herr Hinsken, die Regierungsbauten in Berlin sind überwiegend fertig gestellt. Bei diesen Baumaßnahmen sind derzeit keine ausländischen Bauunternehmen tätig. Gleiches trifft für die Bauten des Deutschen Bundestages zu.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Hinsken.

Ernst Hinsken (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000906, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär Großmann, welche Vorschläge und auch Forderungen haben Sie in dieser Angelegenheit seitens der Bauwirtschaft einerseits und seitens des DGB andererseits bekommen? Ich höre immer wieder Klagen, dass man nicht ohne weiteres mit dem einverstanden sein kann, was an Bauleistungen in erster Linie von ausländischen Firmen in Berlin erbracht wird.

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Herr Hinsken, die Situation sieht so aus, dass die Bundesregierung zwar teilweise Bauherr ist, dass sie die Verantwortung für die Bauleistungen aber an eine Gesellschaft delegiert hat, die extra gegründet worden ist. Was die Regierungsbauten angeht, so ist dies die Bundesbaugesellschaft. ({0}) Andere Baumaßnahmen werden von der OFD und von dem Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, also von der früheren Bundesbaudirektion, geleitet. Wir gehen allen konkreten Hinweisen nach. Auch in der Vergangenheit haben wir von den Abgeordneten eine Fülle von Hinweisen bekommen, denen wir im Einzelfall immer nachgegangen sind. Haben Sie deshalb bitte Verständnis dafür, dass ich auf allgemeine Fragen nicht antworte. Wir haben nämlich festgestellt, dass diese allgemeinen Fragen sehr oft auf Vorurteilen beruhen und dass es viel besser ist, nach konkreten Fällen zu fragen. Wenn das geschieht, gehen wir der Sache nach. Bis jetzt haben wir jeder und jedem Abgeordneten eine Antwort zukommen lassen. ({1})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Hinsken möchte eine weitere Zusatzfrage stellen. Bitte.

Ernst Hinsken (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000906, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär Großmann, ich stelle eine weitere Zusatzfrage, weil Sie auf meine Frage, wie hoch der Anteil an ausländischen Bauunternehmen an den in Berlin zurzeit in Bau befindlichen Großprojekten des Bundes ist, überhaupt nicht eingegangen sind. Können Sie diese Frage beantworten? Sie haben einen großen Apparat im Rücken, der das eruieren kann. Man hat ein großes Interesse an einer Antwort.

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Herr Hinsken, ich lese die Antwort noch einmal vor, die ich eben vorgelesen habe. ({0}) - Natürlich, wenn kein ausländisches Bauunternehmen dort tätig ist, dann kann ich nichts anderes sagen. Ich wiederhole: Die Regierungsbauten in Berlin sind überwiegend fertig gestellt. Bei diesen Baumaßnahmen sind derzeit keine ausländischen Bauunternehmen tätig. Null lautet die Zahl. - Gleiches trifft für die Bauten des Deutschen Bundestages zu.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Eine Zusatzfrage des Kollegen Rauen.

Peter Rauen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001783, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär Großmann, Sie haben eben gesagt, dass der Anteil ausParl. Staatssekretär Achim Großmann ländischer Bauunternehmen an den in Berlin zurzeit in Bau befindlichen Großprojekten des Bundes gleich null ist. Das heißt, dass nur deutsche Unternehmen dort tätig sind. Hat die Regierung also keine Erkenntnisse darüber, mit welchen Subunternehmern die deutschen Firmen, die diese Bauten erstellen, zusammenarbeiten? Gibt es im Bauministerium keine Erkenntnisse darüber - man kann sie bekommen, wenn man über die Baustellen geht -, dass auf den Baustellen fast überhaupt kein Deutsch mehr gesprochen wird? ({0})

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Meine Antwort bezog sich zunächst einmal auf die Frage, die Herr Hinsken konkret gestellt hat. Er hat nach der derzeitigen Situation gefragt und ich habe gesagt, dass dort zurzeit keine ausländischen Bauunternehmen tätig sind. Des Weiteren habe ich versucht, zu erläutern, dass wir mit den Firmen nicht unmittelbar Kontakt haben, sondern dass wir die konkrete Bauabwicklung an die Bundesbaugesellschaft, in Einzelfällen - was die Ministerien betrifft - an das BBR und an die OFD delegiert haben. Ich bin gerne bereit, dieser Frage in unserem Hause nachzugehen. Haben Sie bitte dafür Verständnis, dass ich zu diesen Zahlen auf Anhieb nichts sagen kann; denn nach ihnen ist ursprünglich nicht gefragt worden und wir tragen in diesem Bereich nicht unmittelbar Verantwortung. ({0})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Ich rufe die Frage 19 des Abgeordneten Rauen - Herr Kollege, Sie können gleich stehen bleiben - auf: Wie hat sich die zum 1. Januar 2000 vorgenommene Senkung der Einkunftsgrenzen für die Eigenheimzulage - von 120 000/ 240 000 DM auf 80 000/160 000 DM - auf den Neubau von Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen ausgewirkt?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Herr Abgeordneter Rauen, durch eine kinderbezogene Aufstockung der Einkommensgrenze um 30 000 DM pro Kind wurde die Eigenheimzulage stärker auf Familien mit Kindern zugeschnitten. Sie sind die wichtigste Zielgruppe der Wohneigentumsförderung. Die Absenkung der Einkommengrenze betrifft rein rechnerisch nur circa 8 Prozent der Steuerzahler, die in der Regel - es handelt sich um gut verdienende Haushalte - nicht auf die Förderung angewiesen sind. Darüber hinaus unterstützt die Bundesregierung das kostengünstige Bauen und verbessert damit die Chancen des Wohneigentumserwerbs für die weniger gut verdienenden Haushalte, die sich an der Schwelle des Erwerbs von Wohneigentum befinden. Meine Bemerkung „rein rechnerisch nur circa 8 Prozent“ ist ein Hinweis darauf, dass man durch eine entsprechende Gestaltung seines Einkommens und seiner Steuerzahlungen diese Zahl unterschreiten kann. ({0})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Eine Zusatzfrage des Kollegen Rauen, bitte.

Peter Rauen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001783, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Bei der Anhörung zum Gesetz über die Absenkung der Einkommensgrenzen bei der Wohnungsbauförderung wurde von den Eigenheimverbänden davon ausgegangen, dass dadurch 20 000 Eigenheime in Deutschland weniger gebaut würden. Können Sie diese Zahl bestätigen?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Nach unseren Erkenntnissen lässt sich diese Zahl nicht bestätigen, weil der Rückgang der Zahl der Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser - dies sagen auch die wissenschaftlichen Institute - andere Ursachen hat.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Rauen, Ihre zweite Zusatzfrage.

Peter Rauen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001783, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Es gibt Hinweise von Baufinanzierungsgesellschaften, dass zum einen viele Bürger den Bau eines Eigenheims nicht mehr finanzieren können und dass zum anderen viele Bauherren mit der von ihnen eingegangenen Finanzierung Probleme bekommen, weil ihr Nettoeinkommen durch die Umstellung der 630-Mark-Gesetzgebung erheblich zurückgegangen ist. Gibt es darüber Erkenntnisse?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Erkenntnisse darüber liegen mir im Moment nicht vor. Weil es eine sehr spezifische Frage ist, haben Sie sicherlich Verständnis dafür, dass ich erst in meinem Hause nachfragen muss. Ich werde Ihnen dann die Antwort schriftlich nachreichen.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Kansy, Ihre Zusatzfrage bitte.

Dr. - Ing. Dietmar Kansy (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001064, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ich unterstelle, dass Sie wissen, dass der Verband der privaten Bausparkassen sehr wohl einen Zusammenhang zwischen der Änderung der Einkommensgrenzen und der Zahl der neu gebauten Eigenheime festgestellt hat. Meine Frage in diesem Zusammenhang lautet: Könnte der rapide Einbruch im Bereich des Eigenheimbaus nicht nur mit der Senkung der Einkommensobergrenzen, sondern auch mit Änderungen im Steuerrecht, nämlich mit der während ihrer Regierungszeit durchgeführten Streichung der Vorkostenpauschale, und mit Ihren Vorstellungen im Rentenrecht bezüglich der Eigenheime als private Altersvorsorge zusammenhängen? Sie wollen das Eigenheim in einer Weise für die private Altersvorsorge berücksichtigen, über die die Fachleute nur den Kopf schütteln können. Herr Staatssekretär, auch Ihr Haus hat fieberhaft versucht, den Bundesarbeitsminister von dieser Regelung abzubringen. Könnte der Einbruch beim Eigenheimbau nicht vor diesem Hintergrund erklärt werden?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Diesen Zusammenhang sehe ich überhaupt nicht. Die Zahl der Baugenehmigungen für Eigenheime ist nämlich schon im Mai/Juni des letzten Jahres problematisch gesunken, als über die Rentenreform in der Öffentlichkeit noch nicht diskutiert wurde. Man kann also einen entsprechenden Zusammenhang nicht herstellen. In vertraulichen Gesprächen mit den Bausparkassen habe ich in den letzten Wochen erfahren, dass die Senkung der Einkommensgrenzen so gut wie keine Rolle spielt. Die Auswirkungen sind auf die Stellen hinter dem Komma beschränkt. Wir haben dafür gesorgt - Sie haben eben nur die steuerliche Einschränkung erwähnt -, dass der Spielraum der Verbraucher für Entscheidungen viel breiter geworden ist. Anstelle der Vorkostenpauschale, die nur beim Bau eines Eigenheims in Anspruch genommen werden konnte, gab es Änderungen im Rahmen der Steuerreform, die zu einer deutlichen Entlastung und damit zu einem Anstieg des Nettoeinkommens geführt haben. Ich darf Ihnen einen entsprechenden Satz aus dem Gutachten des Sachverständigenrates vorlesen: Im Wohnungsbau werden Nachfrage und Produktion aufgrund deutlicher Einkommenszuwächse bei den privaten Haushalten und bei weiterhin niedrigen Hypothekenzinsen im Laufe des Jahres wohl leicht anziehen. Wir rechnen also damit, dass beim Eigenheimbau die Talsohle schon durchschritten ist. ({0})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Ich rufe die Frage 20 des Kollegen Peter Rauen auf: Ist der Bundesregierung bekannt, in wie vielen Fällen Unternehmen der Bauwirtschaft dadurch insolvent geworden sind, dass der Betriebsausgabenabzug von und der Vorsteuerabzug aus Zahlungen an Subunternehmer von der Finanzverwaltung mit der Begründung versagt worden ist, es handele sich bei den Subunternehmen um Scheinfirmen?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Herr Rauen, der Bundesregierung liegen hierüber keine Angaben vor.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Erste Zusatzfrage des Kollegen Rauen, bitte.

Peter Rauen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001783, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Großmann, Ihre Antwort verwundert mich. In Rheinland-Pfalz haben viele Unternehmen, die Subunternehmen beschäftigt hatten, Probleme bekommen - viele sind in Konkurs geraten -, weil sie sowohl den Betriebsausgabenabzug über die Höhe des Subunternehmerauftrages als auch den Vorsteuerabzug nicht mehr gewährt bekamen, obwohl entsprechende Bescheinigungen der Finanzämter und der Sozialversicherungsträger vorlagen, die sich allerdings im Nachhinein als Fälschungen erwiesen. Ich wäre sehr dankbar, wenn über solche wichtigen Zusammenhänge Klarheit geschaffen würde. Es ist auch von großer Bedeutung, in diesem Zusammenhang den Antrag, den Bayern jetzt gestellt hat, dass künftig ein Pauschalabzug gewährt werden soll, damit die Dinge zumindest im steuerlichen Bereich geglättet werden, richtig zu beurteilen. Die Fälle in Rheinland-Pfalz sind evident. Ich weiß, dass andere Bundesländer mittlerweile auf gleiche Art und Weise vorgehen und deshalb Firmen, die in gutem Glauben waren, Subunternehmer beschäftigt zu haben, und die Steuern und Abgaben ordentlich abgeführt haben, nachher in große Bedrängnis kamen, weil die Finanzämter rigoros verfahren sind.

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Herr Rauen, Sie kennen die Zuständigkeiten und die Situation, was die statistischen Grundlagen betrifft. Sie hatten gefragt, ob die Zahlen der Bundesregierung bekannt sind. Ich kann Ihnen nur sagen: Die Zahlen sind uns nicht bekannt. - Es mag sein, dass auf Länderebene Zahlen bekannt sind, vielleicht in jedem Land in unterschiedlicher Qualität. Da müsste man eventuell einmal nachfragen. Auf jeden Fall waren uns die Zahlen zu dem Zeitpunkt, als Sie die Frage gestellt haben, nicht bekannt.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Rauen hat noch eine zweite Frage.

Peter Rauen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001783, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Dann will ich mit meiner Frage einen Hinweis auf die Brisanz gegeben haben. Die Briefe von Innungen in Ost- und Südhessen können möglicherweise diese Ursache haben, ohne dass das explizit genannt wird; denn auch das Land Hessen hat jetzt offenbar die Praxis des Landes Rheinland-Pfalz übernommen.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Ich rufe die Frage 21 des Kollegen Dr. Bernd Protzner auf: Wie beurteilt die Bundesregierung Vorschläge, die Verdingungsordnung für Bauleistungen, VOB, überall dort zwingend vorzuschreiben, wo öffentliche Mittel, zum Beispiel in Form von Steuerzuschüssen, gewährt werden?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Herr Kollege Protzner, öffentliche Mittel werden bei Vergaben von Bauleistungen durch öffentliche Auftraggeber bei Zuwendungen und Steuervergünstigungen für Bauleistungen eingesetzt. Werden öffentliche Mittel von öffentlichen Auftraggebern unmittelbar für Bauleistungen eingesetzt, gilt bei Vergaben oberhalb der EU-SchwellenDr.-Ing. Dietmar Kansy werte § 6 der Vergabeverordnung, VgV. Nach dieser Vorschrift haben öffentliche Auftraggeber bei der Vergabe von Bauleistungen mit einem Auftragsvolumen oberhalb der EU-Schwellenwerte die VOB/A zwingend anzuwenden. Unterhalb der EU-Schwellenwerte gilt dies für Bundesbaumaßnahmen aufgrund der Bundeshaushaltsordnung und der vorläufigen Verwaltungsvorschriften zur Bundeshaushaltsordnung. Da geht es um die Ziffer 2.1.1 der vorläufigen VV zu § 55 der Bundeshaushaltsordnung. Für die Länder und Kommunen gilt Letzteres in der Regel aufgrund der Landeshaushaltsordnungen und der Gemeindehaushaltsordnungen. Werden öffentliche Mittel in Form von Zuwendungen gegeben, damit der Zuwendungsempfänger Bauleistungen vergibt, wird die Vergabe der Bauleistungen nach der VOB/A regelmäßig im Zuwendungsbescheid vorgeschrieben. Handelt es sich um Bauvergaben oberhalb der EU-Schwellenwerte, ist die Vergabe nach VOB/A für Teilbereiche, zum Beispiel Krankenhausbau, Bau von Sport- und Freizeiteinrichtungen, zwingend vorgeschrieben - dazu zitiere ich § 98 Nr. 5 GWB und § 6 VgV -, wenn diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent aus Zuwendungen finanziert werden. Werden für Bauvorhaben öffentliche Mittel in Form von Steuervergünstigungen gewährt, wären bei einer zwingenden Anwendung der VOB/A Privatunternehmen und Privatpersonen an das für die öffentliche Hand entwickelte Bauvergaberecht gebunden. Jeder Private, der eine steuerbegünstigte Baumaßnahme durchführt, müsste die nach VOB/A vorgeschriebenen Ausschreibungsverfahren durchführen. Außerdem müsste dies nach Gleichbehandlungsgrundsätzen auch auf solche Personen angewandt werden, die Gegenstände anschaffen, die als Werbungskosten steuerlich geltend gemacht werden können. Dies würde zu einer nicht gerechtfertigten und deshalb unnötigen Überreglementierung führen. Deshalb wird ein solcher Vorschlag von der Bundesregierung abgelehnt.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Protzner, Ihre Nachfrage, bitte.

Dr. Bernd Protzner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001756, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, gibt es Überlegungen, die Anwendung der VOB auch dann zwingend vorzuschreiben, wenn es sich bei den bauauftragsvergebenden Firmen um Beteiligungsfirmen des Bundes handelt? Der Bund hat ja laut Beteiligungsbericht eine ganze Reihe von Beteiligungen. Wie steht die Bundesregierung dazu?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Ich habe Ihnen eben die Situation dargestellt. Der Bund verfährt entsprechend der Bundeshaushaltsordnung. Darüber hinaus haben wir dort, wo wir Gesellschafter sind - ich nenne als Beispiel die Bundesbaugesellschaft -, sichergestellt, dass die VOB angewandt wird. Die Antwort auf die Frage, ob dies für alle Beteiligungen, also auch für unter 50-prozentige, gilt, muss ich Ihnen schuldig bleiben. Dies muss ich im Einzelnen nachprüfen. ({0})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Protzner hat keine Nachfrage mehr. - Herr Kollege Girisch, Sie haben eine Zusatzfrage.

Georg Girisch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003131, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, sieht die Bundesregierung in der Tatsache, dass öffentliche Bauaufträge in den letzten Jahren fast ausschließlich an den billigsten Bieter vergeben wurden, der aber nicht immer der kostengünstigste gewesen ist, woraus unter anderen immer höhere Nachforderungen resultieren, ein Problem und sind Sie der Auffassung, dass das billigste Angebot nicht immer das wirtschaftlichste ist?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Herr Kollege Girisch, ich bin froh, dass Sie Ihre Abwesenheit beim Aufruf Ihrer Frage 9 dadurch wettmachen können, dass Sie diese jetzt als Zusatzfrage stellen. Ich bin deshalb gerne bereit, die Antwort darauf nachzuholen. Nach nationalem Vergaberecht darf der Zuschlag grundsätzlich nicht allein auf das günstigste, sondern muss auf das wirtschaftlichste Angebot erfolgen. ({0}) In Deutschland wird an das nach den Verdingungsordnungen traditionell geltende Zuschlagskriterium der Wirtschaftlichkeit angeknüpft. Nach dem Vergaberechtsänderungsgesetz ist der Zuschlag gemäß § 97 Abs. 5 GWB auf das wirtschaftlichste Angebot zu erteilen. Für Vergaben unterhalb der EU-Schwellenwerte ist der öffentliche Auftraggeber aufgrund des Haushaltsrechts verpflichtet, auch die Verdingungsordnungen nach VOB/A einzuhalten. Nach § 25 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A kommen bei Vergaben für Bauleistungen nur solche Angebote in die engere Wahl, die unter Berücksichtigung eines rationellen Baubetriebs und sparsamer Wirtschaftsführung eine einwandfreie Ausführung einschließlich der Gewährleistung erwarten lassen. Unter diesen Angeboten soll das Angebot ausgewählt und den Zuschlag erhalten, das unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte, wie zum Beispiel Preis, Ausführung, Betriebs- und Folgekosten, Gestaltung, Rentabilität und technischer Wert, als das wirtschaftlichste erscheint. In § 25 Nr. 3 Abs. 3 Satz 3 VOB/A ist festgeschrieben, dass der niedrigste Angebotspreis allein nicht entscheidend ist. ({1})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Ich rufe die Frage 22 des Kollegen Protzner auf: Ist der Bundesregierung bekannt, dass der Hinweis mittelständischer Bauunternehmer auf das seit dem 1. Mai 2000 geltende Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen von säumigen - öffentlichen - Auftraggebern mit der Berufung auf die VOB beantwortet wird, die spezielle Zahlungsfristen enthalte, was die Fristen des neuen Gesetzes außer Kraft setze?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Herr Kollege Protzner, der Bundesregierung sind solche Hinweise nicht bekannt. Der mit dem Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen neu geschaffene § 284 Abs. 3 BGB schreibt vor, dass der Schuldner einer Geldforderung spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung in Verzug gerät. Diese Vorschrift kann durch die für die Bauunternehmen günstigere Regelung der VOB/B ergänzt werden. Nach § 16 Nr. 5 Abs. 3 VOB/B kann der Gläubiger auch vor Ablauf der 30-Tage-Frist den Schuldner in Verzug setzen, indem er nach Fälligkeit eine angemessene Nachfrist zur Zahlung setzt. Die Nachfrist kann dabei deutlich weniger als 30 Tage betragen. Außerdem schreibt der § 16 Nr. 5 Abs. 3 VOB/B im Gegensatz zum § 284 Abs. 1 Satz 1 BGB im Falle des Verzugs des Schuldners zusätzlich einen höheren Verzugszinssatz vor, nämlich 5 Prozentpunkte über dem Spitzenrefinanzierungssatz der EZB; im Moment sind dies 10,75 Prozent. Demgegenüber läge eine um 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz liegende Verzinsung bei 9,26 Prozent.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Die erste Nachfrage des Kollegen Protzner, bitte.

Dr. Bernd Protzner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001756, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, es kommen immer wieder Klagen über ausbleibende Zahlungen vonseiten der öffentlichen Hand. Welche sonstigen Maßnahmen will die Bundesregierung ergreifen, um dafür zu sorgen, dass der große Auftraggeber im Baubereich, nämlich die öffentliche Hand, fristgerecht seinen Zahlungsverpflichtungen nachkommt?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Herr Protzner, Sie wissen, dass die öffentliche Hand in Wirklichkeit aus Tausenden von öffentlichen Händen besteht. 62 Prozent der öffentlichen Bauleistungen werden von den Kommunen abgewickelt. Sie werden Verständnis dafür haben, wenn ich darauf hinweise, dass die Bundesregierung keine andere Möglichkeit hat, als in Gesprächen darauf hinzuweisen, dass man tätig werden möge. Weitere 19 Prozent werden vom Bund abgewickelt, der Rest wird von den Ländern abgewickelt. Wir haben aber im Rahmen des Zehnpunkteprogramms vereinbart, die Effizienz des Gesetzes im Auge zu behalten. Wenn sich Hinweise von erheblicher Relevanz ergäben, müsste man sicherlich darüber nachdenken, ob man an irgendeiner Stelle etwas verbessern muss. Im Moment sind uns derartige Hinweise auf gravierende Fälle nicht bekannt.

Dr. Bernd Protzner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001756, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Könnte sich die Bundesregierung vorstellen, dass über eine Neuregelung der Haushaltsvorschriften, bei denen für alle öffentlichen Körperschaften der Bundesgesetzgeber maßgeblich ist, eine Verbesserung erzielt werden kann, nachdem eine solche Beschleunigung durch das entsprechende Gesetz eben nicht erzielt worden ist, dieses Gesetz in diesem Falle also nur weiße Salbe war?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Ich kann Ihnen vorschlagen, dass wir Ihren Hinweis aufnehmen und ihn prüfen werden. Ich blicke auf meine Kollegin Frau Hendricks. Sie könnte Ihnen hierauf eine etwas kompetentere Antwort geben als ich. Sie haben sicherlich Verständnis dafür, dass ich Ihnen ausweichend antworte.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Es gibt noch eine weitere Zusatzfrage der Kollegin Dagmar Wöhrl.

Dagmar G. Wöhrl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002829, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, die Schaffung eines speziellen KfW-Programms zu unterstützen, bei dem die KfW mittelständischen Baubetrieben ihre Forderungen an säumige öffentliche Auftraggeber abkauft, also eine Art Factoring betreibt, um existenzbedrohende Liquiditätsengpässe bei diesen Firmen zu vermeiden?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Ich glaube, dass man, wenn es Probleme in diesem Bereich gibt, diese Probleme an der Wurzel packen muss und man letztlich nicht über eine Umwegfinanzierung Tatbestände sanktionieren kann, die wir lieber abschaffen würden. Von daher halte ich den Vorschlag nicht für geeignet, Fehlverhalten, wenn es solches geben sollte, abzustellen. ({0})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Ich rufe jetzt die Frage 23 des Abgeordneten Hansjürgen Doss auf: Ist der Bundesregierung bekannt, dass durch Vertragserfüllungsbürgschaften - 10 Prozent -, Gewährleistungsbürgschaften - 5 Prozent - und Gewährleistungsfristen - in der Regel 5 Jahre für Bauunternehmen ein beträchtliches Bürgschaftssvolumen entsteht, das die Liquidität der Bauunternehmen erheblich strapaziert, und dass die dadurch verschärften Kredit- und Bonitätsprobleme die Kapitalbeschaffung extrem erschweren?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Ich möchte Ihre Fragen wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantworten.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Dann rufe ich auch die Frage 24 des Abgeordneten Hansjürgen Doss auf: Was beabsichtigt die Bundesregierung zu unternehmen, um mit verringerten Bürgschaftsvolumina die mittelständische Bauwirtschaft an dieser Stelle beispielsweise durch eine Senkung der Sicherheitsforderungen von öffentlichen Auftraggebern auf 3 Prozent zu entlasten? Vizepräsidentin Petra Bläss

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Nach der Verdingungsordnung für Bauleistungen, VOB, bei deren Gestaltung die Spitzenverbände der deutschen Bauwirtschaft mitwirken, soll auf Sicherheitsleistungen ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn Mängel der Leistungen voraussichtlich nicht eintreten. Sie sollen im Bedarfsfalle, um das unverzichtbare Sicherungsinteresse der Auftraggeberseite zu gewährleisten, für die Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen aus dem Vertrag 5 Prozent der Auftragssumme und für die Gewährleistung 3 Prozent der Auftragssumme nicht überschreiten. An diese Regelungen sind alle zur Anwendung der VOB Verpflichteten, das heißt die öffentlichen Hände, gebunden. Mit der Zielstellung, die Belastung des Kreditrahmens insbesondere kleinerer und mittlerer Unternehmen durch Vertragserfüllungs- und Gewährleistungsbürgschaften weiter zu verringern und ihre Liquidität zu verbessern, sind diese Regelungen mit der seit dem 1. Februar 2001 geltenden VOB 2000 im Einvernehmen mit der Bauwirtschaft verbessert worden: Bei beschränkter Ausschreibung, freihändiger Vergabe und den entsprechenden EG-Verfahren sollen für die Vertragserfüllung Sicherheitsleistungen in der Regel nicht verlangt werden. Zusätzlich ist durch Erlass festgelegt, dass für die vertragsgeleistete Erfüllung der Bauleistungen bei öffentlicher Ausschreibung und dem entsprechenden EG-Verfahren Sicherheitsleistungen in der Regel erst ab einer voraussichtlichen Auftragshöhe von 500 000 DM zu verlangen sind und dass für die Erfüllung der Verpflichtung aus der Gewährleistung Sicherheitsleistungen in der Regel erst ab einer Auftragssumme einschließlich aller Nachträge bzw. Abrechnungssumme von 500 000 DM zu fördern sind. Im Bereich des Bundesstraßenbaus, also bei den Autobahnen und Bundesstraßen, gilt eine analoge Regelung.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Erste Nachfrage des Kollegen Doss, bitte.

Dr. Hansjürgen Doss (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000411, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sie wissen, dass ein großer Teil der Insolvenzen, die wir gerade bei mittelständischen Bauunternehmen erleben, damit zu tun haben, dass Liquiditätsenge besteht, weil eine geringe Eigenkapitalausstattung vorhanden ist, und dass die Spielräume, die die Banken den mittelständischen Unternehmen gewähren, die natürlich einen sehr hohen Kapitalbedarf haben, eng gesteckt sind. Deswegen sind diese Vorschläge, die aus der Bauwirtschaft kommen, mit Sicherheit zu begrüßen. Die Praxis sieht im Augenblick allerdings noch anders aus. Dort gibt es Ausführungs- und Gewährleistungsbürgschaften von bis zu 10 Prozent auch bei den öffentlichen Händen. Die Frage ist, ob man nicht vor dem Hintergrund der dramatischen Entwicklung auf dem Baumarkt diese Entlastungen in einer umfänglichen Form mit den Mitteln, die Sie zur Verfügung haben, jetzt aktuell nach vorn treiben müsste.

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Herr Doss, ich habe Ihnen bei der Beantwortung der Frage gesagt, dass das in die VOB 2000 eingearbeitet worden ist, die seit 1. Februar 2001 gilt, also erst seit kurzer Zeit. Ich könnte mir vorstellen, dass die Schwierigkeiten, die Sie schildern, aus der Zeit vor dieser neuen VOB resultieren und dass es hoffentlich um eine Restabwicklung schon bestehender Vertragsbeziehungen geht. Da wir das zusammen mit der Bauwirtschaft, also mit den Betroffenen, entwickelt haben, gehe ich zunächst einmal davon aus, dass die ab 1. Februar 2001 geltende Regelung Ihre Fragestellung aufnimmt und hoffentlich zum Guten wendet. Ich bin sicher, dass wir das im Auge behalten werden.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Rauen hat noch eine Nachfrage.

Peter Rauen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001783, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wegen der Bedeutung dieses Themas frage ich nach. Es ist leider Praxis geworden, dass die Banken Aval-Bürgschaften, die in der Summe bis zu fünf Jahre gelten, weil Gewährleistungs- und Durchgriffsbürgschaften oft zusammenkommen, mit 100 Prozent auf den Kreditrahmen anrechnen. Sie sollten eigentlich nur zu 50 Prozent angerechnet werden. Aber wenn die Bank befürchtet, dass der Schuldner einmal nicht zahlen kann und die Bürgschaft gezogen werden müsste, rechnet sie diese mit 100 Prozent an. Das engt die Firmen stark ein. Sehen Sie Chancen, auf die Kreditwirtschaft dahin gehend einzuwirken, dass sie, solange ein Betrieb besteht, davon ausgeht, dass dieser die Gewährleistung durchführt, wenn sie geltend gemacht wird, sodass die Bürgschaft nicht gezogen werden muss? Dadurch würde eine unglaubliche Belastung, ein starker Druck von Zehntausenden von Firmen genommen. Sehen Sie eine Chance, auf die Kreditwirtschaft insgesamt einzuwirken, dass sie diese nicht durch Gesetz, sondern durch die Praxis eingekehrte Handhabung verändert?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Herr Rauen, wir haben von verschiedenen Seiten Hinweise darauf, dass es bei einigen Banken - auch wegen des von mir gar nicht zu kritisierenden Shareholder Value - in der Art und Weise, wie sie Kredite ausreichen, wie sie für Bürgschaften stehen und wie sie Kredite und Bürgschaften zusammenbringen, nicht immer so läuft, wie das früher der Fall gewesen ist. Ich denke, dass es eines ständigen Dialoges mit der Kreditwirtschaft bedarf, um ein Stück Offenheit herzustellen. Wenn Wohnungsunternehmen im Rahmen des Altschuldenhilfe-Gesetzes entschuldet werden, dann müssen diese ihre Schulden bei Banken ablösen. Dabei geht es zum Beispiel darum: Schaffen wir es, dass die Banken auf Vorfälligkeitszinsen verzichten? Das ist ein ähnliches Problemgebiet. Ich nehme Ihren Hinweis gerne auf und werde ihn im Dialog mit der Kreditwirtschaft aufgreifen. Dies werden sicherlich auch die anderen Mitglieder der Bundesregierung tun. - Ich sehe gerade, dass sich meine Kollegin Wolf meldet. Unter Umständen gibt es beim BMWi über das, was ich Ihnen antworten konnte, hinausgehende Erkenntnisse.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Frau Parlamentarische Staatssekretärin Wolf, bitte schön.

Margareta Wolf-Mayer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002831

Herr Kollege Rauen, der Sachverhalt, den Sie angesprochen haben, ist in der Tat branchenbedingt und wurde durch die 5. KWGNovelle aus dem Jahr 1995 verschärft. Sie haben auf die Anrechnung der Aval-Bürgschaften zu 100 Prozent hingewiesen. ({0}) Ergänzend zu dem, was der Kollege Großmann gesagt hat, möchte ich Ihnen Folgendes zur Kenntnis geben: Das Wirtschaftsministerium hat mit den Bürgschaftsbanken wegen der besonderen Finanzierungsprobleme der Bauwirtschaft eine Vereinbarung getroffen, durch die ein zusätzliches Bürgschaftsvolumen von 100 Millionen DM für Aval-Kredite bereitgestellt werden. Ich denke, damit ist dem Anliegen, das Sie hier vorgetragen haben, in gewisser Weise Rechnung getragen worden. Aber wie gesagt: Der gesamte Sachverhalt, den Sie hier vorgetragen haben, geht auf die 5. KWG-Novelle aus dem Jahr 1995 zurück. Wir haben jetzt versucht, das Problem durch eine freiwillige Vereinbarung, die die Bürgschaftsbanken mit uns geschlossen haben, zu entschärfen.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Bevor ich Frage 25 des Abgeordnete Peter Weiß aufrufe, gebe ich bekannt, dass die CDU/CSU-Fraktion zu dem Themenkomplex „Aktuelle Lage der Bauwirtschaft“ eine Aktuelle Stunde beantragt hat. Diese wird nach Beendigung der Fragestunde aufgerufen. An dieser Stelle danke ich dem Parlamentarischen Staatssekretär Achim Großmann für das Mammutprogramm, das er bei der Beantwortung der Fragen absolviert hat. ({0}) Ich rufe nun die Frage 25 des Kollegen Peter Weiß auf: Wie will die Bundesregierung gewährleisten, dass das dritte und vierte Gleis der Rheintalbahn zwischen Offenburg und Basel zeitgleich mit der Neuen Eisenbahn-Alpentransversale ({1}) in der Schweiz im Jahr 2012 betriebsbereit ist, wenn bis heute die Planungen für die Streckenabschnitte zwischen Offenburg und Schliengen immer noch nicht vergeben sind, deren Einleitung laut Ankündigungen der Bundesregierung und der Deutschen Bahn AG für das Jahr 2001 vorgesehen war? Zur Beantwortung steht jetzt die Parlamentarische Staatssekretärin Angelika Mertens zur Verfügung.

Angelika Mertens (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002734

Herr Weiß, im Lenkungsausschuss „Neue Eisenbahn-Alpentransversale“, NEAT, in dem das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, das Bundesamt für Verkehr der Schweiz, die Deutsche Bahn AG und die Schweizerischen Bundesbahnen vertreten sind, wurde eine weitgehende Fertigstellung des viergleisigen Ausbaus des Streckenabschnittes Offenburg-Basel der Rheintalbahn bis 2012 festgeschrieben. Damit wird zeitgerecht zur Eröffnung des Gotthard-Basistunnels die notwendige Kapazitätserweiterung auf der Zulaufstrecke Karlsruhe-Basel bereitgestellt. ({0}) Eine Ausnahme bildet die neue Güterumgehungsbahn in der Freiburger Bucht zwischen Kenzingen und Buggingen. Hier ist wegen der schwierigen Planrechtsverfahren erst im Jahre 2014 eine Inbetriebnahme möglich. Dies wird für unkritisch gehalten, da die prognostizierte volle Belastung im Güterverkehr, die für den NEAT-Zu- und -Ablauf auf der Strecke zugrunde gelegt wurde, nicht sofort, sondern erst nach einer Anlaufphase eintreten wird.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage des Kollegen Weiß.

Peter Weiß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003255, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, zunächst muss ich sagen, dass ich mit einiger Verwunderung zur Kenntnis nehme, dass Sie nun für die Güterbahnumgehungsstrecke in der Region Freiburg das Jahr 2014 als Fertigstellungsdatum angeben. Das ist neu und entspricht nicht dem, was die Bundesregierung bislang zu dem Bahnprojekt „Anschluss der deutschen Seite an das NEAT-System“ bekannt gegeben hat. Ich möchte Ihnen noch eine Frage zum Fertigstellungsdatum 2012 stellen. Sie haben bis auf diese eine Ausnahme den mir bekannten Sachstand wiedergegeben. Der Regierungspräsident von Freiburg hat in der vergangenen Woche einen Brief - einen Brief, den ich als Brandbrief bezeichnen möchte -, an den Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bahn AG, Herrn Mehdorn, geschrieben, in dem er Folgendes ausgesagt hat: Aktueller Stand ist nun allerdings, dass wir aufgrund eines faktischen Planungsstopps bereits deutlich hinter die bisherigen Zeitziele unseres gemeinsamen Projektplans gefallen sind. Deswegen möchte ich Sie noch einmal fragen: Ist angesichts der Tatsache, dass der Regierungspräsident, bei dem das Planfeststellungsverfahren durchzuführen ist, bereits heute gegenüber dem Chef der Deutschen Bahn AG in einer solchen Weise vorstellig werden muss, der Zeitplan 2012 einhaltbar oder nicht?

Angelika Mertens (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002734

Das Ziel ist eindeutig 2012. Keiner von uns kann sagen, ob es nicht irgendwelche unvorhergesehenen Ereignisse gibt, sodass dieses Ziel nicht erreicht werden kann. Das Ziel 2012 ist in der diesbezüglichen Vereinbarung niedergeschrieben.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine zweite Zusatzfrage.

Peter Weiß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003255, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, in der Tat ist 2012 das Ziel. Aber ich muss Sie noch einmal fragen: Ist dieses Ziel noch einhaltbar angesichts dessen, dass die Planrechtsverfahren, die in diesem Jahr, in 2001, eingeleitet werden sollen, bis heute - wir haben jetzt April 2001 - nicht eingeleitet worden sind, nachdem uns die für die Durchführung zuständige DB Bauprojektgruppe Pläne mit der Vorgabe „Voraussetzung ist: Freigabe der Entwurfsplanung 01. 2001“, also Januar 2001, vorgelegt hat? Wir haben jetzt April 2001.

Angelika Mertens (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002734

Jetzt muss ich Sie zurückfragen, ob wir über dasselbe Projekt sprechen, also über die Strecke Offenburg-Basel. ({0}) - Ich habe keine anderen Informationen - auch nicht von der DB AG -, die besagen würden, dass dieses Ziel nicht erreicht werden kann. Ich gehe weiterhin davon aus, dass es möglich ist.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Dann rufe ich die Frage 26 des Kollegen Weiß ({0}) auf: Trifft es zu, dass die Planungen für das dritte und vierte Gleis zwischen Offenburg und Schliengen bislang deshalb nicht vergeben werden, weil der Bund die notwendigen Planungsmittel nicht bereitgestellt hat?

Angelika Mertens (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002734

Das ist eine ganz kurze Antwort: Nein. Die Planungsmittel sind verfügbar.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage.

Peter Weiß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003255, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, in der „Badischen Zeitung“ vom 3. April 2001 hat der Chefplaner für die Bahnstrecke zwischen Offenburg und Basel, Herr Samaras, auf die Frage „Wann kommt endlich das Geld für die Planung des dritten und vierten Gleises?“ geantwortet: Ich rechne damit, dass die letzten Entscheidungen in dieser Sache ... in den nächsten Wochen getroffen werden. Da Sie jetzt sagen, die Mittel würden bereitstehen, frage ich Sie: Wann wird denn die Entscheidung, dass diese Mittel tatsächlich zur Verfügung stehen, getroffen?

Angelika Mertens (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002734

Die Mittel sind verfügbar. Insofern sollten Sie diese Frage eigentlich an den richten, der gesagt hat, sie würden nicht zur Verfügung stehen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine zweite Zusatzfrage.

Peter Weiß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003255, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, Ihre Antwort bestätigt ein wenig die Befürchtungen in unserer Region, dass da zwischen Bund und Deutscher Bahn AG ein Schwarzer-Peter-Spiel stattfindet. Jeder sagt, der andere muss es entscheiden. Deshalb möchte ich Sie fragen: Wann stehen die Planungsmittel tatsächlich zur Verfügung? Das ist ja nicht nur eine Frage der Deutschen Bahn AG, sondern auch eine Frage des Bundes. Der Bund ist die vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Schweiz eingegangen, also muss er auch dafür sorgen, dass gemäß diesem Vertrag 2012 eingehalten wird und dass jetzt endlich die Planungsmittel zur Verfügung stehen und die Planung eingeleitet werden kann, was bis zum heutigen Tag nicht der Fall ist.

Angelika Mertens (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002734

Jetzt sage ich noch einmal: Die Planungsmittel sind verfügbar. ({0})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Keine weiteren Zusatzfragen. Ich danke Ihnen, Frau Staatssekretärin. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern auf. Die Fragen werden durch den Parlamentarischen Staatssekretär Fritz Rudolf Körper beantwortet. Die erste aufzurufende Frage, die Frage 27, stammt vom Kollegen Jochen-Konrad Fromme: In welchem Zeitraum war der heutige Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, Claus Henning Schapper, Vorsitzender des Aufsichtsrats der staatlichen landeseigenen niedersächsischen Spielbankgesellschaft mbH und zugleich Staatssekretär des für die Spielbankenaufsicht zuständigen niedersächsischen Innenministeriums?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Herr Kollege Fromme, Ihre Frage beantworte ich wie folgt: Staatssekretär Schapper war vom 20. Juni 1990 bis zum 29. Oktober 1998 Staatssekretär im niedersächsischen Innenministerium. Ab 1991 hat die Spielbank Niedersachsen GmbH einen Aufsichtsrat. Staatssekretär Schapper wurde Aufsichtsratsvorsitzender und blieb es bis zu seinem Wechsel in das Bundesinnenministerium.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage des Kollegen Fromme.

Jochen Konrad Fromme (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003126, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, sehen Sie ganz generelle Probleme, wenn die an sich gegenläufigen Interessen einer Aufsichtsbehörde und einer Funktion im Aufsichtsrat in einer Person zusammenfallen?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Herr Kollege Fromme, diese Konstruktion, die gewählt worden ist und die Sie jetzt befragen, ist keine Erfindung von Herrn Schapper, sondern das Grundstrukturmuster wurde im Jahre 1989 gelegt. Zu dieser Zeit wurde bekanntlich die Landesregierung anderweitig geführt. Dieser Aufsichtsrat musste gebildet werden, weil die Zahl der Mitarbeiter aller Spielbanken im Lande Niedersachsen 500 überschritten hatte. Sie wissen genauso gut wie ich, dass sich dieses Modell an Toto und Lotto orientiert hat, wo man in gleicher Art und Weise verfahren ist. Wie gesagt, war das auch keine Erfindung der niedersächsischen SPD-Landesregierung.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine zweite Zusatzfrage.

Jochen Konrad Fromme (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003126, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wenn Sie die beiden Regierungszeiten vergleichen, ist Ihnen dann bekannt, dass es in der Zeit vor 1990 Probleme durch diese Interessenkollision gegeben hat?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Die Frage, ob es Probleme durch diese Konstruktion gegeben hat, werde ich Ihnen nachher noch beantworten. Es gibt ja noch ein paar Anfragen dazu. Ich kann dies so nicht bejahen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich rufe die Frage 28 des Kollegen Werner Siemann auf. Seit wann hatte der Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, Claus Henning Schapper, als Aufsichtsratsvorsitzender und für die Aufsicht zuständiger Innenstaatssekretär Kenntnis davon, dass durch betrügerisches Zusammenspiel einzelner Spielbankenmitarbeiter und von Gästen der Spielbank Hittfeld unter anderem mittels Manipulationen an Spielgeräten ein Schaden zulasten des Landes Niedersachsen hat angerichtet werden können, der bei 10 Millionen DM liegen soll ({0})?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Herr Kollege Siemann, wenn es mir gestattet ist, darf ich Ihre beiden Fragen im Zusammenhang beantworten. Es wird auch ein bisschen länger dauern, das will ich jetzt schon sagen. ({0})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Dann rufe ich außerdem die Frage 29 des Abgeordneten Werner Siemann auf. Was hat der Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, Claus Henning Schapper, unternommen, diese kriminellen Aktivitäten aufzuklären und die kriminellen Handlungen durch die zuständigen Behörden verfolgen zu lassen, um weitere zu verhindern?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Folgende Vorbemerkung: Die Fragen beziehen sich im Wesentlichen auf Behauptungen, die bereits von der Zeitschrift „stern“ in der Ausgabe vom 29. März 2001 erhoben worden sind. Herr Staatssekretär Schapper hat gegen die Zeitschrift „stern“ beim Landgericht Hamburg eine einstweilige Verfügung erwirkt, die folgenden Inhalt hat - ich zitiere aus dem Gerichtsbeschluss vom 3. April 2001 -: Der Zeitschrift wird im Wege der einstweiligen Verfügung bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten verboten zu veröffentlichen bzw. veröffentlichen zu lassen oder sonst zu verbreiten oder verbreiten zu lassen, 1. „ist einer der höchsten Beamten, Claus Henning Schapper aus dem Innenministerium, in kriminelle Machenschaften um das Spielcasino Hittfeld verstrickt?“ und/oder 2. „hat Otto Schilys Staatssekretär die Ermittlungen in Sachen Spielcasino Hittfeld behindert?“ und/oder 3. in Bezug auf Staatssekretär Schapper „in Fällen, in denen die mit Erlass für Kontrollen der Spielbanken zuständigen Beamten ‚uneinsichtig‘ waren, wurden gemeinsame Studienjahre des Aufsichtsratsvorsitzenden und des Geschäftsführers bemüht“. Nun zu Ihren Fragen: Zur Höhe der Einbußen, die durch kriminelle Eingriffe verursacht sein könnten, zitieren Sie den „stern“. 10 Millionen DM ist eine vollkommen aus der Luft gegriffene Zahl. Nach Schätzungen des niedersächsischen Innenministeriums lässt sich allenfalls von einer belegbaren Schadenssumme von 2,3 Millionen DM ausgehen. An einer anderen Stelle des Berichts wird von einer maximalen Schadenssumme von 2,5 bis 3,5 Millionen DM gesprochen, die auf statistischen Berechnungen beruhe. Aber das ist Ihnen ja auch bekannt. Im Jahre 1997 sprach die Geschäftsführung vier Kündigungen aus und erstattete zugleich zwei Strafanzeigen. Die Strafverfahren sind eingestellt worden. Dies betraf nach meinen Informationen zwei Saalchefs und zwei Croupiers. Die Mitarbeiter haben ihre Kündigungsschutzklagen gewonnen. Allerdings verstarb ein Mitarbeiter während des Gerichtsverfahrens. Hierbei handelt es sich um Vorgänge, über die der Aufsichtsratsvorsitzende nicht informiert wurde. Ein größerer Manipulationskomplex ist in den Vorgängen am amerikanischen Roulettetisch im Jahre 1997 zu sehen, der zum Einsatz von verdeckten Spielkontrolleuren durch die Spielbankgesellschaft in Hittfeld führte. Ab Mai 1997 erhielt die zuständige Bezirksregierung vermehrt anonyme Hinweise auf fortlaufende Diebstähle durch das Personal. Bereits aufgrund dieser Hinweise wurde mit dem Unternehmen vereinbart, dass eine geheime Spielbankkontrolle veranlasst wird. Diese geheime Kontrolle durch das Holland Casino am amerikanischen Roulette hat ergeben, dass Annoncen angenommen wurden, die zumindest unverständlich waren. Beweise für Unregelmäßigkeiten konnten aber nicht vorgelegt werden. Staatssekretär Schapper ist über die Vorgänge durch sein Aufsichtsreferat unterrichtet worden. Ihm ist zugleich mitgeteilt worden, dass ausreichende Beweise für Unregelmäßigkeiten aber nicht vorgelegt werden könnten. Einen zweiten Manipulationskomplex stellt eine so genannte Kesselmanipulation beim französischen Roulette dar. Hierbei handelt es sich um den Kessel 412, der im Sommer 1998 in Reserve für eine spätere Auswechselung eingelagert war. Dieser Kessel 412 war ordnungsgemäß von TÜV abgenommen worden. Er wurde ab September 1998 eingesetzt und die an ihm vorgenommenen Manipulationen wurden im Januar 1999 entdeckt. Die Entdeckung des manipulierten Kessels fällt nicht mehr in die Zeit, in der Herr Schapper Staatssekretär im niedersächsischen Innenministerium war. Dem Aufsichtsratsvorsitzenden sind keinerlei Vorwürfe zu machen. Erst recht wird deutlich, dass der Vorwurf der Strafvereitelung gegenüber Staatssekretär Schapper unsinnig und haltlos ist. Insoweit weise ich noch einmal auf den bereits zitierten Beschluss des Landgerichts Hamburg vom gestrigen Tage hin. Meine Damen und Herren, ich möchte auch noch auf den Vorwurf eingehen, Herr Staatssekretär Schapper habe die Vorwürfe in der Spielbank Hittfeld verharmlost. Dieser Vorwurf ist absolut unberechtigt. Das Zitat im „stern“ ist erstens nicht korrekt und zweitens in einen falschen Zusammenhang gestellt. Staatssekretär Schapper wies in der Tat darauf hin, dass Unregelmäßigkeiten im Spielbetrieb nicht nur in Hittfeld aufgedeckt worden seien. Als Beispiele nannte er die Spielbanken in Hannover, wo sich die Gesellschaft im Jahre 1992 von fünf Croupiers trennte, und in Bad Zwischenahn, wo im Jahre 1994 gleich zehn Mitarbeiter im Automatensaal überführt werden konnten. Diese Hinweise hat Staatssekretär Schapper gegeben, um zu begründen, warum er ein Sicherheitskonzept nicht nur für Hittfeld, sondern für alle niedersächsischen Spielbanken habe erarbeiten lassen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Herr Kollege Siemann, da Herr Staatssekretär Körper Ihre beiden Fragen beantwortet hat, haben Sie jetzt bis zu vier Zusatzfragen.

Werner Siemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003236, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie haben nun sehr lange geantwortet. Das ist manchmal schon sehr verdächtig. Aber es wäre gut gewesen, wenn Sie meine Frage beantwortet hätten, die zunächst einmal dahin ging, seit wann konkret Staatssekretär Schapper als Aufsichtsratsvorsitzender und für die Aufsicht zuständiger Innenstaatssekretär Kenntnis davon hatte, dass durch strafrechtlich relevante Manipulationen ein Schaden für das Land Niedersachsen angerichtet worden ist.

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Sie müssen wissen, dass sich diese Schadensschätzung auf diesen manipulierten Kessel bezieht. Dieser manipulierte Kessel ist im Januar 1999 entdeckt worden, also zu einem Zeitpunkt, als Staatssekretär Schapper den Aufsichtsratsvorsitz schon nicht mehr innehatte.

Werner Siemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003236, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wollen Sie damit sagen - ich hätte dann Ihre Antwort vorhin falsch verstanden -, dass Herr Staatssekretär Schapper in den Jahren vorher nichts von kriminellen Manipulationen in der Spielbank Hittfeld wusste?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Herr Kollege Siemann, Sie müssen die Komplexe auseinander halten. Ich habe etwas ausführlicher geantwortet, um die Sachverhalte zu erschließen und um beispielsweise deutlich zu machen, wer zu welchem Zeitpunkt wie informiert war. Die Manipulationen - Sie beziehen sich auf den Schaden, der dadurch entstanden ist - sind in der Tat im Januar 1999 entdeckt worden. Ich habe schon gesagt, dass Herr Schapper zu diesem Zeitpunkt bereits ins Bundesinnenministerium gewechselt ist.

Werner Siemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003236, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich mache es andersherum, Herr Staatssekretär, und ich möchte nicht von der Höhe des Schadens ausgehen. Zu welchem Zeitpunkt wusste Staatssekretär Schapper in seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender von ersten strafrechtlich zu sanktionierenden Handlungen in der Spielbank Hittfeld?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Herr Kollege Schapper ist zu den Vorgängen informiert worden, die sich an dem einen Roulettetisch vollzogen haben, woraufhin die Geschäftsleitung Ermittlungen durch Holland Casino veranlasst hat, bei denen sich allerdings keine Beweise ergeben haben. Daraufhin hat man die Information gegeben - allerdings mit dem Hinweis, dass es keine konkreten Beweise gibt. ({0})

Werner Siemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003236, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich finde es mit Ihnen heute verdammt schwierig. Wann war das genau?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Das war meines Erachtens im Sommer 1998. ({0}) - Lieber Herr Kollege Goldmann, zu Ihrem „Aha“ möchte ich sagen: Es ist eindeutig so, dass man die Komplexe auseinander halten muss. Die Manipulationen sind, glaube ich, sehr deutlich und darum geht es in erster Linie. Sie wissen, dass sich darum auch noch andere Fragen ranken. ({1})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Man kann einen Sachverhalt auch als schwierig bezeichnen, ohne das Wort „verdammt“ zu gebrauchen, Herr Kollege Siemann. Jetzt stellt der Kollege Fromme eine Zusatzfrage.

Jochen Konrad Fromme (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003126, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie haben sich offensichtlich umfangreich über den Sachverhalt informiert. Deswegen ist mir die Angabe „Sommer“ zu vage. Können Sie das bitte datumsmäßig beziffern?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Nein.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine weitere Zusatzfrage.

Helmut Heiderich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002946, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie haben eben formuliert, dass nach Ihrer Erkenntnis der Sommer 1998 das Datum gewesen sei. Gibt es andere Begründungen, die außerhalb Ihrer Erkenntnis liegen, die ein Datum festlegen, an welchem Herr Schapper informiert worden ist?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Ich kann nur von meinen Erkenntnissen ausgehen. Ich habe hierzu bereits vorhin deutlich Antwort gegeben. Ich bleibe bei meiner bisherigen Formulierung.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Frau Kollegin Bonitz, Sie haben das Wort zu einer Zusatzfrage.

Sylvia Bonitz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003052, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist es zutreffend, dass die Bezirksregierung bereits im Jahre 1997 Hinweise auf Manipulationen erhielt, ({0}) und können Sie ausschließen, dass diese nicht schon 1997 Herrn Schapper zur Kenntnis gelangt sind?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Frau Kollegin Bonitz, es gibt in der Tat verschiedene Vorgänge, die sich im Bereich der Spielbank Niedersachsens vollzogen haben und von denen der Aufsichtsratsvorsitzende keine Kenntnis hatte.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Dann rufe ich nunmehr die Frage 30 des Kollegen Eckart von Klaeden auf: Was unternimmt die Bundesregierung zur Aufklärung des gegen den Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, Claus Henning Schapper, im Magazin „stern“ vom 29. März 2001 erhobenen Vorwurfs eines Polizeibeamten des Landeskriminalamtes Niedersachsen, der lautet: „In den Fällen, in denen die mit Erlass von Kontrollen der Spielbanken zuständigen Beamten ,uneinsichtig‘ waren, wurden gemeinsame Studienjahre des Aufsichtsratsvorsitzenden Staatssekretär Claus Henning Schapper und des Geschäftsführers bemüht. Dieses Beziehungsgeflecht endete erst mit Weggang des ehemaligen Staatssekretärs des Bundesministeriums des Innern nach Bonn“?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Herr Kollege von Klaeden, ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Sie zitieren aus einem - ich sage: so genannten - Bericht, der sich weder in den Akten des niedersächsischen Innenministeriums noch in denen der Bezirksregierung Hannover befand und auch den Vorgesetzten des Verfassers im Landeskriminalamt nicht bekannt war. Er befand sich aber offensichtlich in Händen von Oppositionsabgeordneten und kursierte in Journalistenkreisen, wo er völlig haltlose Spekulationen auslöste. Das niedersächsische Innenministerium hat inzwischen von einem Journalisten eine Kopie erhalten und jetzt auch den Verfasser, einen Ende 1999 pensionierten Beamten, durch das LKA befragen lassen. Er weiß nicht mehr, wann und aus welchem Anlass der Bericht geschrieben worden sein könnte. Er kann auch nicht sagen, wohin der Bericht gegebenenfalls gegangen ist und ob er überhaupt irgendwohin gegangen ist. Von ihm stammt offensichtlich auch der in der Presse zitierte Vorwurf, Staatssekretär Schapper habe noch von Bonn aus versucht, die Strafverfolgung zu behindern. Er habe Minister Bartling angerufen, um die Beschlagnahme eines manipulierten Kessels zu verhindern. Dies habe der betreffende Sachbearbeiter aus dem für die Spielbankaufsicht zuständigen Referat des niedersächsischen Innenministeriums dem damals noch nicht pensionierten Kriminalbeamten mitgeteilt. Minister Bartling und der betreffende Sachbearbeiter haben inzwischen klargestellt, dass dies alles nicht der Wahrheit entspricht. Gerade hieraus aber hat der Verfasser des von den Medien als Beweismittel verwendeten Dokuments geschlossen, dass der Aufsichtsratsvorsitzende sinngemäß seine schützende Hand über den Geschäftsführer der Spielbankgesellschaft gehalten habe. Konkrete Anhaltspunkte für dieses „Beziehungsgeflecht“ habe er nicht. Staatssekretär Schapper hat mehrfach klargestellt, dass er in keinem Fall an Einzelmaßnahmen im Zusammenhang mit der Spielbank Hittfeld beteiligt war und dass er in keinem Fall von dem Geschäftsführer Wöstmann „bemüht“ wurde, um uneinsichtigen Beamten ein Einschreiten zu erschweren. Gemeinsame Studienjahre der beiden hat es im Übrigen nicht gegeben. Nach Auffassung der Bundesregierung bedarf der von Ihnen zitierte Vorwurf keiner weiteren Aufklärung. Sie schließt sich der Beurteilung des niedersächsischen Innenministeriums an, das in diesem Zusammenhang von pauschalen und vagen Vorwürfen und einer absurden Schlussfolgerung spricht.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Zusatzfrage? - Bitte.

Eckart Klaeden (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002698, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, trifft es zu, dass dieser Beamte zu einer dienstlichen Erklärung aufgefordert worden ist?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Meines Wissens ja.

Eckart Klaeden (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002698, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wissen Sie, ob diese dienstliche Erklärung von Staatssekretär Schapper veranlasst worden ist und ob auf diese Weise versucht worden ist, Druck auf diesen Beamten des niedersächsischen Landeskriminalamtes auszuüben?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Herr Kollege von Klaeden, von wem die dienstliche Erklärung initiiert wurde, weiß ich nicht. Jedenfalls ist richtig, dass dies nur bestimmte Leute machen können. Sie wissen, dass es diese Vorwürfe gegeben hat. Denen ist man nachgegangen. Der Bericht, aus dem ich Ihnen zitiert habe, liegt Ihnen vor. Dort heißt es beispielsweise: „Konkrete Anhaltspunkte für diese meine Einschätzung habe ich nicht“. Dies zeigt die Relevanz dieser Aussage. Ich denke, das muss hier einmal gesagt werden. ({0})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich rufe die Frage 31 des Kollegen Reinhard Freiherr von Schorlemer auf: Was unternimmt die Bundesregierung zur Aufklärung des gegen den Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, Claus Henning Schapper, im „stern“ vom 29. März 2001 erhobenen Vorwurfs, er habe Kenntnis gehabt, dass der von der Spielbankaufsicht im Dezember 1997 angewiesene Einbau einer Videoüberwachungsanlage in der Spielbank Hittfeld absichtlich nicht befolgt wurde, und er, Staatssekretär Claus Henning Schapper, habe in voller Kenntnis der Vorgänge nichts unternommen und erst nach seinem Weggang im Herbst 1999 sei eine erneute Verpflichtung zum Einbau der Überwachungsanlage erlassen worden?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Herr Kollege von Schorlemer, die Bundesregierung hält die gegen Staatssekretär Schapper gerichteten Vorwürfe, er habe die von der Bezirksregierung Hannover angeordnete Installation von zusätzlicher Videotechnik in der Spielbank Hittfeld behindert und verzögert, für absolut unberechtigt. Mit Verfügung vom 5. Dezember 1997 ordnete die Bezirksregierung Hannover insgesamt sechs zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen in der Spielbank Hittfeld an. Die Geschäftsführung kündigte an, dass sie hiergegen Widerspruch einlegen wolle, und teilte mit, dass sie einen entsprechenden Widerspruch bereits vorbereitet hatte. Dazu wäre die Zustimmung des Aufsichtsrates erforderlich gewesen. Hätte Staatssekretär Schapper die Zustimmung erteilt - darauf lege ich Wert -, wäre ein zeitaufwendiges Widerspruchs- und verwaltungsgerichtliches Verfahren in Gang gekommen. Stattdessen hat Staatssekretär Schapper mehrere Gespräche mit den Beteiligten geführt und eine von allen mitgetragene Lösung herbeigeführt. Die Gespräche erbrachten nämlich folgendes Ergebnis: Vier von sechs angeordneten Maßnahmen wurden unverzüglich umgesetzt. Wegen der Installation zusätzlicher Videotechnik wurde vereinbart, dass die Spielbankaufsicht und Geschäftsführung ein gemeinsames Konzept für alle Spielbanken und nicht nur für Hittfeld erarbeiten sollten. Dies sollte innerhalb von drei Monaten geschehen. Unter Teilnahme von Herrn Staatssekretär Schapper wurde das letzte Gespräch in dieser Angelegenheit Ende Februar 1998 geführt.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage.

Reinhard Schorlemer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002066, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, von Herrn Schapper ist laut „stern“ die Äußerung überliefert, dass die Installation ein wenig Zeit gekostet habe. Ist der Zeitraum, den Sie geschildert haben, ein bisschen Zeit oder nicht vielmehr ein langer Zeitraum?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Nein, Herr Kollege von Schorlemer. Das Problem bestand darin, dass Bezirksregierung auf der einen Seite und Geschäftsleitung auf der anderen Seite relativ schnell in eine formale Diskussion darüber geraten sind, bei wem die Anordnungsberechtigung liegt. Deswegen ist Herr Kollege Schapper folgendermaßen vorgegangen: Die sechs Verfügungen wurden zur Kenntnis genommen, vier sofort umgesetzt und die anderen durch Gespräche auf den Weg gebracht; denn es mussten einige Fragen abgeklärt werden. Es war nämlich gleichzeitig ein neues Sicherungssystem für den Automatensaal im Gespräch. Dies wurde beispielsweise in der Spielbank Borkum erprobt; es war aber wohl nicht eins zu eins übertragbar. Deswegen, denke ich, war der Weg sinnvoll und richtig und hat vor allen Dingen das Ganze nicht verzögert, sondern beschleunigt.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine zweite Zusatzfrage des Kollegen von Schorlemer.

Reinhard Schorlemer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002066, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wie kommt es, dass von den sechs Fällen vier sehr schnell erledigt werden konnten - in Hannover wurden entsprechende Betrügereien in wenigen Tagen aufgeklärt - und die Aufklärung gerade in Hittfeld so lange gedauert hat?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Herr Kollege von Schorlemer, Sie müssen wissen, es gab auch in der Spielbank Hittfeld schon eine Teilvideoüberwachung. Die Frage stellte sich - dafür gab es im gesamten Bereich der Spielbanken keine Erfahrungen -, wie sich eine - ich möchte mich einmal so ausdrücken - „flächendeckende“ Videoüberwachung auswirkt, insbesondere im Zusammenhang mit dem angesprochenen Sicherungssystem. Deswegen muss man hier genau unterscheiden. Entsprechende Maßnahmen wurden sofort angeordnet. Andererseits stellte sich die Frage, wie eine solche Konzeption vernünftigerweise aussehen könnte. Dies ist, wie die Ergebnisse gezeigt haben, gut auf den Weg gebracht worden.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage des Kollegen Fromme.

Jochen Konrad Fromme (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003126, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie haben eben die Frage des Kollegen von Schorlemer nicht beantwortet. Können Sie uns noch einmal erklären, warum es in einigen Fällen zu einem schnellen Erfolg kam und in den anderen Fällen nicht?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Dies lag daran, weil es in vier Fällen keinen Streit zwischen Bezirksregierung und Geschäftsführung gegeben hat. In den anderen beiden Fällen gab es einen gewissen Diskussionsbedarf um den richtigen Weg, zum Beispiel wie man die Sicherungsmaßnahmen durchführt. Dies war ein ganz normaler Vorgang. Deswegen ist das unterschiedliche und stufige Verfahren gewählt worden.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage des Kollegen von Klaeden.

Eckart Klaeden (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002698, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie haben gerade von einer vernünftigen Teilvideoüberwachung gesprochen. Stimmen Sie mir zu, dass man bei der Videoüberwachung in einer Spielbank, die erstens mit einer sichtbar und nicht versteckt angebrachten Kamera vorgenommen wird und die zweitens nur den Spieltisch, aber nicht gleichzeitig die Spieler aufnimmt, nicht von einer vernünftigen Teilvideoüberwachung sprechen kann?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Herr Kollege von Klaeden, damit Sie mich nicht missverstehen: Ich habe lediglich gesagt, dass es eine Teilvideoüberwachung gegeben hat. Die von Ihnen skizzierte Frage, wie die Videoüberwachung in einer Spielbank aussehen muss, hat im Grunde genommen die Diskussion im Zusammenhang mit anderen Sicherheitssystemen geprägt. Dies war Gegenstand der Erörterung, die ich für richtig und gut halte.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage der Kollegin Bonitz.

Sylvia Bonitz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003052, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie haben eben geschildert - vielleicht habe ich nicht richtig zugehört -, Herr Schapper hätte damals die Gelegenheit gehabt, dadurch zu einer zeitlichen Verzögerung beizutragen, dass er zum Beispiel zu einem Widerspruch hätte auffordern können. Also muss er doch offensichtlich nach dem Hinweis der Bezirksregierung aus dem Jahre 1997, die an die Geschäftsführung herangetreten ist, über die Geschäftsführung von den Unregelmäßigkeiten Kenntnis gehabt haben. Sie haben aber eingangs gesagt, Herr Schapper habe erst im Sommer 1998 von diesen Tatsachen erfahren.

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Sie halten die Komplexe nicht auseinander. Es geht hier um die Frage der Einführung eines Videosystems. Bei den Ausführungen im Zusammenhang mit dem Zeitraum vom Sommer 1998 geht es um den so genannten manipulierten Kessel, so weit ich das richtig weiß. Was die Einführung der Videosysteme anbelangt, überlegte die Bezirksregierung Ende 1997, welche Sicherungsmaßnahmen ergriffen werden sollten. Sie ist daher mit der Geschäftsleitung in Kontakt getreten. Es bestand die Gefahr - das habe ich deutlich gemacht -, dass bei Erlass eines entsprechenden Verwaltungsaktes Widerspruch eingelegt worden wäre, der große Verzögerungen mit sich gebracht hätte. Deswegen hat sich Herr Schapper im Februar 1998 der Sache angenommen; er hat die Beteiligten an einen Tisch geholt und die Sache mit ihnen besprochen. Er ist dabei so vorgegangen, wie ich es geschildert habe. Daraus geht deutlich hervor, dass Herr Schapper zur Beschleunigung der geplanten Maßnahmen und nicht zu einer Verzögerung beigetragen hat. Darauf lege ich großen Wert. Ihm sind in diesem Punkt absolut keine Vorwürfe zu machen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Sie können gleich stehen bleiben, Frau Kollegin Bonitz. Denn ich rufe Ihre Frage 32 auf: Kann die Bundesregierung den Inhalt eines Vermerkes über eine Besprechung der Spielbankaufsicht mit dem Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, Claus Henning Schapper, vom 4. März 1998 bestätigen, in dem zur Überwachung des Spielkasinos durch Videokameras die Auffassung des Staatssekretärs Claus Henning Schapper dazu mit den Worten festgehalten worden sein soll: „Insbesondere das Moment der Notwendigkeit sieht Staatssekretär Schapper nicht ohne weiteres.“ ({0})?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Frau Kollegin Bonitz, zwischen dem Aufsichtsratsvorsitzenden, der Bezirksregierung und der Geschäftsführung bestand über die Notwendigkeit zusätzlicher Sicherheitssysteme, insbesondere einer zusätzlichen Videotechnik in allen Spielbanken des Landes Niedersachsen - damit auch in der Spielbank Hittfeld -, eine grundsätzliche Übereinstimmung. Allerdings gab es zum damaligen Zeitpunkt kein geeignetes Videoüberwachungssystem, das die Gewähr geboten hätte, die Probleme der Spielbank Hittfeld ausreichend zu lösen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage, Frau Bonitz, bitte sehr.

Sylvia Bonitz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003052, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, dass es zunächst einen Prüfauftrag an eine Arbeitsgruppe gegeben hat, um möglicherweise andere, zum damaligen Zeitpunkt geeigneter erscheinende Überwachungssysteme einzuführen? Falls ja: Ist in diesem Zusammenhang eine Frist für die Vorlage des Prüfergebnisses gesetzt worden?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Frau Kollegin Bonitz, es ist beispielsweise das Sicherungssystem geprüft worden, das in der Spielbank Borkum modellhaft eingesetzt worden ist. Es ist geprüft worden, ob das dort eingesetzte Sicherungssystem auch für Hittfeld geeignet ist. Das Gleiche galt für die angesprochenen Videoüberwachungssysteme. Herr von Klaeden hat dieses Problem bereits geschildert. Man hat lange Diskussionen geführt, weil man nicht von Anfang an einen idealen Lösungsweg parat hatte, um konkret eine bestimmte Anlage sinnvoll installieren zu können.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine letzte Zusatzfrage.

Sylvia Bonitz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003052, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wenn nicht von vornherein der Einbau einer Videoüberwachung für sinnvoll gehalten wurde - damit meine ich jetzt nicht die Teilüberwachung - und Staatssekretär Schapper in seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender diese im Grunde genommen für ein unverhältnismäßiges Mittel hielt, frage ich Sie: Zu welchem Zeitpunkt wollte man denn prüfen, ob ein bestimmtes Mittel verhältnismäßig ist, weil alle anderen zuvor eingesetzten - Sie sagten: teilweise umgehend eingesetzten - Mittel zu keinem Erfolg versprechenden Ergebnis geführt hatten?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Frau Kollegin Bonitz, die Diskussion über diese Fragen ist im Februar 1998 geführt worden. Es wäre falsch zu sagen, es habe eine generelle Skepsis gegenüber Videoüberwachungssystemen gegeben. Das war nicht der Fall. Nur über die Frage, wie und in welchem Zusammenhang mit anderen Sicherungssystemen sie vernünftigerweise installiert werden können, wurde diskutiert. Ich denke, in diesem Zusammenhang war der beschrittene Weg richtig, weil es - ich will das ausdrücklich sagen - keine vergleichbaren Erfahrungen aus anderen Spielbanken in der Bundesrepublik Deutschland gegeben hat. Deswegen halte ich die eingeschlagene Vorgehensweise für absolut richtig.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Die Zeit für die Fragestunde ist abgelaufen. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär Körper, sowie den übrigen anwesenden Parlamentarischen Staatssekretärinnen und Staatssekretären. Die noch offenen Fragen aus diesem Geschäftsbereich und aus den Geschäftsbereichen des Bundesministeriums für Finanzen, des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung und des Bundesministeriums für Verteidigung werden schriftlich beantwortet. Die Fraktion der CDU/CSU - das Parlament ist darüber bereits informiert worden - hat zu den Antworten der Bundesregierung auf die Fragen 5 bis 24 aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bauund Wohnungswesen, soweit diese mündlich beantwortet worden sind, entsprechend I 1 b der Richtlinien für Aussprachen zu Themen von allgemeinem aktuellen Interesse eine Aktuelle Stunde verlangt. Ich rufe daher auf: Aktuelle Stunde Aktuelle Lage der Bauwirtschaft Ich eröffne die Aussprache und gebe für den Antragsteller das Wort dem Kollegen Karl-Heinz Scherhag, CDU/CSU-Fraktion.

Karl Heinz Scherhag (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002773, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Wahlkampf 1998 hat

Not found (Kanzler:in)

„Wir wollen nicht alles anders machen, aber vieles besser.“ ({0}) Die heutige katastrophale Situation in der Bauwirtschaft zeigt in der Tat, was es für Sie heißt, vieles besser zu machen. Von der Schlüsselbranche Bau hängen direkt oder indirekt mehr als 3 Millionen Arbeitsplätze ab. Die dort beschäftigten 3 Millionen Menschen müssen für insgesamt 10 Millionen Menschen sorgen. Die Bauwirtschaft befindet sich in der tiefsten Krise seit Jahrzehnten, und zwar durch die falsche Gesetzgebung und die falschen Rahmenbedingungen dieser Regierung. ({1}) Ihr eigener Konjunkturbericht vom 2. April 2001 über die Lage der Bauwirtschaft im Jahr 2000 zeigt, dass seit Übernahme der Regierung durch Rot-Grün im Jahr 1998 ein beschleunigter Abwärtstrend in der Bauwirtschaft zu verzeichnen ist. Gleich zu Beginn Ihrer Regierungszeit wurden noch unter Finanzminister Lafontaine die Änderungen beim Kündigungsschutz und bei der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zurückgenommen. ({2}) Die neue Schlechtwetterregelung führt zu weiteren Belastungen, sodass sich die Krise in der Bauwirtschaft beschleunigen muss. ({3}) Die Steuerreform hat den Mittelstand und auch die Bauwirtschaft keineswegs entlastet, sondern - im Gegenteil - belastet. ({4}) Es ist sehr fraglich, ob es 2005 - ich betone: 2005 tatsächlich zu einer echten Entlastung kommen wird. Die Regierung Schröder ist ein Klotz am Bein der mittelständischen Betriebe. ({5}) Mit Bestürzung habe ich die vielen Briefe meiner Kollegen an den Herrn Bundeskanzler Schröder gelesen. Der Hilferuf der Bauwirtschaft muss Sie doch endlich aufrütteln. Sie ruinieren mit Ihrer Politik die mittleren und kleinen Betriebe. Sie zeigen keinerlei Perspektiven für eine Besserung auf. Aber dafür wird die Firma Holzmann als Vorzeigekonzern mit Millionen gestützt. ({6}) Die Bauwirtschaft spürt zunehmend, wie die Belastungsgesetze der Regierung Schröder sie wirtschaftlich unter Druck setzen. Runde-Tisch-Gespräche und Versprechungen helfen den Betrieben nicht. Es ist geradezu eine Katastrophe, dass die Auftragslage im Frühjahr 2001 für die meisten Unternehmen so schlecht ist, wie sie sich schon seit Jahrzehnten nicht mehr dargestellt hat. Die Bauindustrie spricht vom niedrigsten Umsatz seit 1991. ({7}) Schuld an dieser Misere sind die Ökosteuer, die steuerlichen Nachteile für den freien Wohnungsbau, das neue Mietrecht und die neuen AfA-Tabellen, die realitätsfremd und konjunkturfeindlich sind. Verlängerte Abschreibungsfristen sind lebensfremd, weil mit der durchschnittlichen Verlängerung der Fristen für die Nutzungsdauer von Baufahrzeugen und -geräten der hohe Verschleiß am Bau völlig verkannt wird. Weitere Gründe für die schlechte Lage in der Bauwirtschaft sind das Zurückfahren der öffentlichen Haushalte und das übermäßige Sparen der Länder und Kommunen bei Investitionen im Baubereich und besonders im sozialen Wohnungsbau. 1992 wurden noch 2,5 Milliarden DM für Baumaßnahmen ausgegeben; im vergangenen Jahr waren es nur noch 36,9 Milliarden DM. ({8}) Die dringend notwendigen Investitionen im Kanalbau, beim Ausbau der Schienenwege, beim Flughafenbau sowie beim Bundesfernstraßenbau stagnieren. Wenn man den Ausbau des Schienennetzes mit einer hohen Priorität versieht, muss festgestellt werden, dass die hierfür zur Verfügung gestellten Beträge gar nicht verbaut werden können. Es gibt bisher für dieses Verbauen überhaupt keine fertigen Planungen. ({9}) Alles, was bisher die Regierung Schröder vorgelegt hat, ist Stückwerk. Meine Damen und Herren, wir brauchen für die Bauwirtschaft klare und faire gesetzliche Rahmenbedingungen, konzertierte Infrastrukturplanungen, ({10}) damit die Länder und Kommunen im Kanal- und Straßenbau, aber auch beim Bau von Schulen wieder investieren. Wir brauchen privatwirtschaftliche Finanzierung beim Bau und Unterhalt des gesamten Straßennetzes - nicht nur bei Einzelprojekten - sowie steuerliche Entlastungen auch bei Sanierungen. Ich fordere die Regierung auf, den Hilferuf der Betriebe ernst zu nehmen und so schnell wie möglich die geforderten Rahmenbedingungen zu schaffen - zum Wohle der Betriebe, aber auch zum Wohle der Arbeitnehmer. ({11})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Für die SPD-Fraktion spricht der Kollege Dieter Maaß ({0}).

Dieter Maaß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001401, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zur Lage der Bauindustrie gehört, über illegale Beschäftigung zu reden. ({0}) Dieses Thema hat der Deutsche Bundestag wiederholt behandelt, und ich möchte hierüber als Schwerpunkt meines Beitrages reden. Dieses Thema ist bisher ohne greifbares Ergebnis behandelt worden. In den vergangenen zehn Jahren hat es einen dramatischen Anstieg der illegalen Beschäftigung und der Schwarzarbeit gegeben. ({1}) Die illegale Beschäftigung boomt. Was erwartet eigentlich ein Bauarbeiter, der durch illegale Beschäftigung seinen Arbeitsplatz verloren hat und heute diese Debatte verfolgt? - Er erwartet, dass wir das Problem lösen. Das sollte einfach sein; denn keiner will Schwarzarbeit, keiner will illegale Beschäftigung ({2}) die Bauwirtschaft nicht, die Gewerkschaften nicht, die Regierung nicht, dieses Parlament nicht. Es gibt praktisch niemanden, der sie will. Wir wissen, 100 000 durch illegal Beschäftigte vernichtete Arbeitsplätze führen zu Steuer- und Beitragsverlusten von 3 Milliarden DM. Wir wissen, 100 000 verhinderte illegale Beschäftigungsverhältnisse könnten zu mehr als 60 000 legalen Beschäftigungsverhältnissen führen und damit zu Mehreinnahmen für den Staat und die Sozialversicherung von mehr als 2 Milliarden DM. Die Bundesregierung unter Bundeskanzler Kohl hat mehrere Versuche unternommen, illegale Beschäftigung und Schwarzarbeit einzudämmen. So ist am 1. März 1996 das Arbeitnehmer-Entsendegesetz in Kraft getreten. Ziel dieses Gesetzes war gleicher Lohn, gleiche Arbeitsbedingungen, gleiche rechtliche Verpflichtungen für deutsche und ausländische Arbeitnehmer auf den Baustellen. Ein Jahr später hat das Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau diese gesetzliche Regelung mit einem Erlass ergänzt: die Tariftreueerklärung. Diese Maßnahmen haben nicht zum Erfolg geführt. Die neue Bundesregierung hat bereits auf den Anstieg illegaler Beschäftigung reagiert. ({3}) Um legale Beschäftigungsverhältnisse weiter zu sichern, wurde das Arbeitnehmer-Entsendegesetz entfristet und die Arbeitgeberhaftung für den Mindestlohn gesetzlich verankert. Meine Damen und Herren, wir dürfen illegale Beschäftigung und Schwarzarbeit nicht als den unvermeidlichen Normalfall hinnehmen, ({4}) ganz egal, ob Schwarzarbeit beim Bau von Eigenheimen als Nachbarschaftshilfe getarnt oder ob in kriminellen Strukturen die Ausbeutung von Menschen organisiert wird. Wir müssen uns alle gemeinsam die Frage stellen: Wer sind die Nutznießer illegaler Beschäftigung? Ganz sicher sind es die Firmen, die mit krimineller Energie Steuer- und Sozialbeiträge hinterziehen. Was ist von der Moral eines seriösen Bauherren zu halten, der ganz genau weiß, dass sein Auftrag auch durch illegal Beschäftigte ausgeführt wurde? Ich sage selbstkritisch: Auch wir im Deutschen Bundestag sollten uns verantwortlich fühlen, wenn wir erfahren, dass bei Arbeiten an Bundesbauten in Bonn und Berlin Menschen illegal beschäftigt werden. Der Nachweis illegaler Beschäftigung wird immer schwieriger, weil die Täter ihre Verschleierungs- und Umgehungsmethoden immer weiter verfeinern. Aber mit klarem Blick erkennen wir neue Formen illegaler Beschäftigung. Eine Entlohnung unter geltenden Tarifverträgen würde ich als illegal bezeichnen; Lohndumping heißt das wohl. Die Bauinnung der Region Bayreuth schreibt uns, dass es Betriebe gibt, die ihre Mitarbeiter zu fest vereinbarten Monatslöhnen einstellen. Eine Kontrolle auf Einhaltung des Mindestlohns und der gearbeiteten Stunden zum Mindestlohn ist nicht mehr möglich. Wir müssen die illegale Beschäftigung radikaler bekämpfen. Deshalb fordern wir in unserem Antrag an die Bundesregierung vom 8. Februar 2001: Erstens. Wir müssen Abschreckungswirkungen erhöhen, um Vollzugsdefizite auszuräumen. Dabei müssen wir nicht nur Bußgelder und Strafrahmen anheben, sondern auch neue Tatbestände einführen. Zweitens. Ganz wichtig ist: Die Effizienz der Arbeit der Verfolgungsbehörden muss verbessert werden. Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung gehen häufig einher mit anderen Vergehen, wie Steuerhinterziehung oder Verstößen gegen das Ausländerrecht. Wechselseitiger Informationsaustausch zwischen den Behörden ist daher unbedingt notwendig. Drittens. Wir müssen Firmen, die sich der illegalen Beschäftigung schuldig gemacht haben, von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausschließen. ({5}) Alle am Wirtschafts- und Arbeitsleben Beteiligten sind gefordert, illegale Beschäftigung und Schwarzarbeit zurückzudrängen. Hierbei kommt der öffentlichen Hand eine Vorbildfunktion zu. ({6}) Als Gesetzgeber und als Bauherr muss der Staat besonders auf die Einhaltung gesetzlicher und tariflicher Bestimmungen achten. Wenn alle, die dies intensiv wollen, gemeinsam an Lösungen arbeiten, werden wir zum Erfolg kommen und Schwarzarbeit sowie illegale Beschäftigung wirksam zurückdrängen können. Auch der arbeitslose Bauarbeiter, der auf uns schaut, kann dann wieder Hoffnung schöpfen. ({7})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich gebe das Wort nunmehr dem Kollegen Hans-Michael Goldmann. Er spricht für die Fraktion der F.D.P.

Hans Michael Goldmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003133, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es gut, dass wir diese Dinge noch einmal in einer Aktuellen Stunde ansprechen; denn wir sind uns wohl einig, dass die Problematik in der Bauwirtschaft sehr aktuell und sehr brennend ist. Sie unterscheidet sich von den Problemen in anderen Branchen sehr wohl. Im Laufe dieses Jahres werden sie uns wahrscheinlich noch mehr beschäftigen müssen. Aber in der Bauwirtschaft sieht es generell schlecht aus; speziell regional sieht es zum Teil dramatisch aus. Ich selbst komme aus dem Emsland, aus einer Region im Nordwesten Niedersachsens, wo gerade in diesem Bereich sehr viele Menschen beschäftigt sind. Dort herrscht wirklich große Sorge darüber, wie es weitergeht. Kollege Maaß, hier ist sicherlich die illegale Beschäftigung anzusprechen. Wir sollten uns in solchen Fragen nicht auseinander dividieren lassen. Wir sollten hier wirklich versuchen, Gemeinsamkeit herzustellen. Auf die Frage des Kollegen Hinsken - er hat sie vorhin in der Fragestunde gestellt -, wie hoch der Anteil ausländischer Bauunternehmer an den in Berlin zurzeit in Bau befindlichen Großprojekten des Bundes sei, wurde geantwortet, es gebe keine ausländischen Bauunternehmen. Wenn das stimmt und wenn gleichzeitig wahr ist - Sie deuteten das an -, dass in diesem Bereich sehr viele Menschen illegal beschäftigt sind, dann müssen dort Unternehmen tätig sein, die Mitglieder derjenigen Verbände und Organisationen sind, die Fürsprecher in diesem Parlament haben. Wenn ich zum Beispiel an die IG BAU Dieter Maaß ({0}) denke, dann frage ich mich natürlich: Was ist ihr Beitrag zur Lösung dieses dramatischen Problems? ({1}) Wir sollten hier gemeinsam über eine Lösung nachdenken. ({2}) - Es ist mir schon klar, dass Sie der Meinung sind, ich hätte keine Ahnung und Sie seien der Einzige, der Ahnung hat. Ihre Bemühungen in dieser Sache sind geradezu „großartig“. ({3}) Wenn Ihr Kollege Maaß vorhin auf der einen Seite erklärt, es sei schon einiges unternommen worden, sich aber auf der anderen Seite darüber beklagt, dass es so viel illegale Beschäftigung gibt, dann frage ich mich: Was haben Sie eigentlich in den letzten drei Jahren gemacht? ({4}) Tun Sie doch nicht so, als ob es sich um Probleme von 1998 handele! ({5}) Nehmen Sie doch zur Kenntnis, dass wir hier in der Aktuellen Stunde ein aktuelles Thema ansprechen! ({6}) - Ihr Zwischenruf zeugt von einem Ausmaß an Intelligenz, das nur schwer zu ertragen ist, Herr Kollege. ({7}) Ich möchte über Ihre Lösungsansätze sprechen. Es ist völlig unbestritten, dass Sie das eine oder andere gemacht haben. Die Frage ist nur, ob Sie das Richtige gemacht haben. Wenn ich mir die Gesamtheit der Missstände anschaue, die wir in der Bauwirtschaft zu beklagen haben, dann komme ich zu dem Schluss, dass Ihre Maßnahmen nicht so wirksam sind, wie Sie es nach außen hin immer darstellen. Was Sie bisher auf den Weg gebracht haben - ich erwähne in diesem Zusammenhang die Investitionskürzungen, die Steueränderungen, die neuen Regelungen beim Wohngeld und bei der Eigenheimzulage, das, was Sie bisher im Zusammengang mit der Problematik „Leerstand Ost“ getan haben -, scheint nicht so wahnsinnig wirksam zu sein. Warum sonst sollte die Bauwirtschaft vom letzten Jahr als dem schlimmsten Jahr der Nachkriegszeit sprechen? Das passt doch nicht zusammen. ({8}) Ihr Problem ist, dass Sie nicht in der Lage sind, intelligente und zukunftsfähige Lösungen auf den Weg zu bringen. Beispielsweise halten Sie beim sozialen Wohnungsbau an Ihrer traditionellen Auffassung fest, die Initiative müsse von oben, also vom Bund ausgehen. Diese Überlegungen sind falsch. Ich will Ihnen einmal ein typisches Beispiel nennen - wir haben heute schon im Ausschuss darüber geredet -: Der „Tagesspiegel“ aus Berlin hat heute einen Artikel mit der Überschrift „Privatwirtschaft will den öffentlichen Investitionsstau auflösen“ veröffentlicht. In diesem Artikel wird vom so genannten BOT-Modell, Build Operate Transfer, gesprochen. Dieses Modell der privatwirtschaftlichen Finanzierung läuft auf Leasing hinaus. Damit werden Investitionen getätigt und Arbeitsplätze geschaffen. ({9}) - Nein, dieses Modell hat nichts mit den so genannten Vorfinanzierungsmodellen zu tun. Sie müssen sich schon einmal mit dieser Thematik beschäftigen. - Dieses Modell beinhaltet intelligente Lösungen für bestehende Probleme und wird der Aktualität dieses Themas gerecht. In dem erwähnten Artikel heißt es: Von politischer Seite wird aber kein Diskussionsbedarf in Bezug auf die geltende Vergabeverordnung gesehen: „Die bisherigen Instrumente sind ausreichend“, sagt der Sprecher des Bauministeriums. Ich kann dazu nur sagen: Nein, die bisherigen Instrumente sind eben nicht ausreichend. Wir müssen neue und intelligentere Wege gehen. Wir müssen die Maßnahmen bündeln, so wie wir es in unserem Antrag zum Wohnungsproblem in den neuen Ländern zum Ausdruck gebracht haben. Wir müssen den Weg gehen, der vorhin schon angesprochen wurde und den Herr Pällmann im Verkehrs- und Bauausschuss angesprochen hat, nämlich weg von der öffentlichen Finanzierung und hin zur Nutzerfinanzierung. Aber wenn wir Anträge stellen, in denen eine auch nur modellhafte Erprobung gefordert wird, dann blockieren Sie. Deswegen kann man Ihnen den Vorwurf nicht ersparen, dass Sie für einen Großteil der Probleme, die wir in der Bauwirtschaft haben und die schlimme Auswirkungen für die Menschen haben, verantwortlich sind. ({10}) - Frau Gleicke, das ist so. Sie sind dafür verantwortlich, dass so viele Menschen in diesem Bereich Arbeit verlieren und dass die Mittelständler enorme Schwierigkeiten haben, in diesem Bereich konkurrenzfähig zu sein. ({11}) Ich kann Sie nur bitten, zu versuchen, einvernehmliche Lösungen in diesem Haus zu erreichen. ({12})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Für die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen spricht die Kollegin Franziska Eichstädt-Bohlig.

Franziska Eichstädt-Bohlig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002643, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Goldmann, ich finde es sehr gut, dass wir über die Situation in der Bauwirtschaft reden. Ich finde es aber etwas zu kurz gegriffen, wenn man der Meinung ist, dass die Politik massiv eingreifen muss, um die Probleme der Marktwirtschaft zu lösen. ({0}) Ich werbe daher dafür, erst einmal zu analysieren, welche Probleme wir überhaupt haben. Dann können wir über Lösungen diskutieren. Das Erste: Die Bauinvestitionen in Westdeutschland sind seit 1996 im Prinzip stabil; sie sind sogar ein wenig gestiegen, und zwar von 345,7 in 1996 auf 353,1 in 2000; die Einheit weiß ich jetzt nicht genau. ({1}) Das Problem liegt vielmehr in Ostdeutschland. In Ostdeutschland sind die Bauinvestitionen seit 1996 von 145,8 auf 116,6 gesunken. ({2}) Die Steigerung in Westdeutschland ist zwar nur gering, aber man sollte hier hinsichtlich der Auftragslage nicht dramatisieren. ({3}) Die erste These ist also, dass wir in der Bauwirtschaft in Ostdeutschland ein großes Problem haben. ({4}) Dieses Problem muss man spezifisch analysieren. ({5}) Es hängt damit zusammen, dass die Bauwirtschaft in den vergangenen zehn Jahren insbesondere durch die Sonderabschreibungen Ost in einer unangemessenen Form aufgebläht worden ist, ({6}) dass wir nun Wohnungsleerstand und Büroleerstand haben und beleuchtete Äcker, die praktisch als leere Gewerbeflächen auf Investoren warten. ({7}) Jetzt haben wir nicht nur mit diesem Leerstand Probleme, sondern auch mit einer Bauwirtschaft, die wieder auf ein angemessenes, normales Maß zurückgeführt werden muss. Das ist eine Aufgabe, um die wir uns bemühen, die aber die Politik nicht einfach lösen kann, da sie auch ein marktwirtschaftliches Problem ist. Das zweite Problem ist die wohnungswirtschaftliche Bauwirtschaft. Auch da müssen wir unterscheiden. Wir haben - das steht auch heute in den Zeitungen - einen eindeutigen Rückgang beim Wohnungsneubau. Gerade im letzten Jahr gab es mit 423 000 Wohnungen einen Rückgang um 11 Prozent. Aber die Hauptaufgabe im Wohnungsbau ist in Zukunft nicht mehr der Neubau; denn wir haben in den meisten Regionen überwiegend ausgeglichene Wohnungsmärkte, in Ostdeutschland sogar enorme Überangebote und damit das Leerstandsproblem. Von daher verschieben sich die Investitionen im Wohnungsbau schrittweise in den Bestand. 50 Prozent der wohnungswirtschaftlichen Investitionen gehen inzwischen in den Bestand. Damit wir nicht an falscher Stelle Panik machen: Die Investitionen der Wohnungsbauwirtschaft West sind seit 1996 von 207,9 Milliarden DM auf 216,1 Milliarden DM angestiegen, während sie im Osten von 69,3 Milliarden DM auf 54,4 Milliarden DM gesunken sind. Auch da haben wir also ein Ost-West-Gefälle. Ich bitte dringend, die Bauinvestitionen nicht immer am Neubauvolumen und an der Entwicklung der Neubautätigkeit zu messen. Wir wissen alle sehr wohl, dass wir diese Verschiebung vom Neubau auf den Bestand dringend brauchen. Das ist die Aufgabe der Zukunft. ({8}) Natürlich erfordert diese Aufgabe auch Verschiebungen in der Bauwirtschaft; denn es ist eine kleinteilige Bauwirtschaft, eine Bauwirtschaft, die insbesondere die kleinen und mittleren Unternehmen fordert, die mehr Arbeitskräfte erfordert, weil sie arbeitsintensiv ist. Von daher sollten wir diesen Prozess konstruktiv nehmen. ({9}) Lassen Sie mich noch eines deutlich sagen. Wenn Sie meinen, mehr Wohnungsbau ({10}) durch eine Reform des Mietrechts, durch noch mehr Eigenheimförderung, durch noch mehr Steuerentlastung oder sonst was zu erreichen, dann argumentieren Sie völlig falsch. ({11}) Ein Marktwirtschaftler sollte wissen: Da, wo es einen gesättigten Markt gibt, kann man ihn nicht ständig weiter aufblähen, bis er wie ein Luftballon platzt. ({12}) - Herr Kollege Goldmann, ich habe langsam den Eindruck, Sie wollen, dass wir in zehn Jahren in Westdeutschland die gleiche Situation haben wie jetzt in Ostdeutschland; denn Sie wollen überhaupt nicht mehr marktmäßig bauen und investieren, ({13}) sondern nur noch nach Ideologie. Das halte ich wirklich für absolut falsch, für eine Fehlentwicklung, die wir nicht unterstützen werden. ({14}) Gestatten Sie, dass ich, bevor meine Redezeit zu Ende ist, noch einen Satz zu einem entscheidenden Problem sage, das der Kollege Maaß schon deutlich angesprochen hat, nämlich dass wir in der Bauwirtschaft eine wirklich harte Konkurrenz mit einem Lohn- und Preisdumping haben, das uns allen große Sorge macht. Auch da ist es besser, eine ehrliche Diskussion zu führen, als hier Pingpong zu spielen. ({15}) Wir wissen ganz genau, dass der Einsatz von staatlichen Instrumenten zur Steuerung der Wirtschaftsprozesse in einer Marktwirtschaft sehr schwierig ist. ({16}) Der Kollege Maaß hat schon darauf hingewiesen, was alles getan worden ist, gerade unter der rot-grünen Regierung. Wir haben das Entsendegesetz novelliert, um die Regelungen zu verschärfen, ({17}) um insbesondere die Generalunternehmer mit in Haftung nehmen zu können. ({18}) Wir haben das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen auf den Weg gebracht. Die Regierung hat mit den Gewerkschaften und der Bauwirtschaft das Zehnpunkteprogramm auf den Weg gebracht. ({19}) Wir sind jetzt dabei, das vom Bundesrat eingebrachte Gesetz zur Eindämmung illegaler Betätigung im Baugewerbe zu beraten. Bei all diesen Punkten versuchen wir Schritt für Schritt, wieder mehr Boden unter die Füße zu bekommen. Wir erwarten aber auch - das stört mich an dieser Diskussion - von der Bauwirtschaft, von den Verbänden, von den Unternehmen, dass sie auf ihrer Seite alles tun, um den Sumpf illegaler Strukturen, die in ihren Bereichen Einzug gehalten haben, wieder trockenzulegen, damit wir wieder eine solide Baukultur und -wirtschaft bekommen. ({20}) Diese Aufforderung richtet sich nicht nur an den Staat, sondern auch an die Gesellschaft und die Wirtschaftsunternehmen selbst. Ich finde es gut, wenn wir in diesem Sinne gemeinsam diskutieren und nicht billige Polemik üben. Danke schön. ({21})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Nun spricht für die Fraktion der PDS die Kollegin Christine Ostrowski.

Christine Ostrowski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001662, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Ich finde erstens, liebe Kollegen von der CDU/CSU, dass Sie sich bisher mit Initiativen zur Wohnungs- und Baupolitik nicht gerade hervorgetan haben. ({0}) Insofern verstehe ich nicht, warum Sie sich jetzt hier so große Sorgen machen. Ich schließe daraus, dass Ihre Behauptung, Sie machten sich große Sorgen, nur eine Hälfte der Wahrheit ist und Sie mit dieser Aktuellen Stunde noch etwas anderes bezwecken. ({1}) Zweitens muss ich Ihnen sagen, dass eine Wohnung gebaut wird, damit jemand darin wohnen kann, und nicht, damit die Bauwirtschaft beschäftigt wird. Das klingt so selbstverständlich, doch während Ihrer Regierungszeit wurden die Prioritäten genau andersherum gesetzt. Im Osten wurden Hunderttausende Wohnungen am Bedarf vorbeigebaut. ({2}) Sie sind vorrangig aufgrund von Steuerersparnissen und nicht, weil sie gebraucht wurden, gebaut worden. Die ostdeutsche Bauwirtschaft erlebte so kurzzeitig eine künstliche Hochkonjunktur und fiel danach umso tiefer in ein Loch, mit all den negativen Folgen wie Insolvenzen, KonFranziska Eichstädt-Bohlig kursen, hohe Arbeitslosigkeit, Niedriglohn, Überschuldung usw. ({3}) Wer im Glashaus sitzt, meine Damen und Herren, sollte nicht so stark mit Steinen werfen; ({4}) denn vieles, was Sie jetzt beklagen, haben Sie selber verursacht. ({5}) Drittens. Liebe Kollegen von der Koalition, nun zu Ihnen: Natürlich braucht die Bauwirtschaft verlässliche Bedingungen; das ist klar. Dies gilt umso mehr, da 85 Prozent der Betriebe Kleinunternehmen sind. Dass die wichtigste Bedingung für das Gedeihen der Bauwirtschaft ein verstetigtes, kontinuierliches Bauen, insbesondere im Mietwohnungsbereich - der Säule der Bauwirtschaft schlechthin - ist, ist auch klar. ({6}) Dies ist im Übrigen auch wichtig für 50 Millionen Mieter. Viertens. Von dieser Stetigkeit sehen wir allerdings im Moment nicht viel. Die Bauinvestitionen sind rasant eingebrochen, die Mietwohnungsnachfrage zieht wieder an. Mietwohnungen werden in allen südlichen Regionen in Westdeutschland wieder knapp. Der Mietwohnungsbau fiel ingesamt unter die Ersatzrate. Frau Eichstädt-Bohlig, auch wenn wir uns noch ewig darüber streiten, sage ich Ihnen: Man wird eine Ersatzrate von mindestens 1 Prozent im Jahr gewährleisten müssen. Dieses Volumen, das sind 380 000 Wohnungen im Neubau bzw. in der Wiederherstellung, muss erbracht werden. Das besagt im Übrigen auch Ihre eigene Wohnungsprognose. Diese Ersatzrate gewährleisten Sie nicht. Der Mietwohnungsbau ist eingebrochen. Selbst beim Eigenheimbau ist eine Flaute festzustellen. Auch die öffentlichen Investitionen gehen zurück, und zwar in einer Größenordnung, dass einem angst wird. ({7}) In einigen Kommunen sind nicht einmal mehr die Ersatzinvestitionen an öffentlichen Gebäuden und Plätzen gewährleistet. Dies gilt besonders für Ostdeutschland. Es ist wirklich eine hanebüchene Situation, wenn einerseits in der Vergangenheit - gefördert durch Ihre Politik - große Einkaufszentren etc. gebaut wurden, ({8}) andererseits, da die Kommunen sich übernommen haben, Schulen, öffentliche Plätze und Straßen verfallen. Das kann ja wohl nicht sein. ({9}) Wir haben es mit einer hohen Arbeitslosigkeit im Baubereich zu tun. Die Zahlen sind genannt worden, 100 000 Menschen sind in diesem Bereich im vergangenen Jahr arbeitslos geworden. Liebe Kollegen von der CDU/CSU, tun Sie aber bitte nicht so, als würde dies nur an der rot-grünen Regierung liegen. Die Beschäftigtenzahlen im Baugewerbe sind seit 1992 stetig - in einer „wunderschön“ gleichmäßigen Kurve - gesunken. ({10}) Sie haben die Beschäftigtenzahlen trotz Ihrer Steuerabschreibungen auch nicht halten können. Unter Rot-Grün geht die Beschäftigtenzahl im Baugewerbe leider weiter nach unten. Was die illegale Beschäftigung anbelangt, meine Damen und Herren, hat zweifellos die neue Bundesregierung eine ganze Menge neu auf den Weg gebracht. Trotzdem muss ich Ihnen sagen, liebe Kollegen - ich denke, das wissen Sie auch; das können Sie auch in Ihrem eigenen Bericht nachlesen, den wir gerade behandeln -: Wir können noch nicht zufrieden sein. ({11}) Wir können doch nicht allen Ernstes behaupten - das tun Sie ja hoffentlich auch nicht -, dass irgendetwas in dem gesamten Komplex der illegalen Beschäftigung wirklich richtig eingedämmt worden wäre. ({12}) Da wundert mich natürlich schon, dass die Bundesregierung so resistent ist und die umfangreichen Vorschläge der IG BAU und des DGB, die nahezu oder zumindest in wichtigen Punkten gleich lautend sind mit Vorschlägen der Länder, des Bundesrates oder auch anderer Institutionen, überhaupt nicht aufgreift. ({13}) Offensichtlich muss man, wenn sich die Situation nicht in einem neuen qualitativen Sprung zum Positiven verändert hat, die bisherigen Instrumente hinterfragen. Das ist doch wohl völlig klar! Dass die Frage der illegalen Beschäftigung sehr ernst ist, zeigt mir auch der Antrag der Koalitionsfraktionen. Meines Erachtens haben die sich erstmalig öffentlich gegen ihre eigene Regierung gestellt. ({14}) Das ist mir sonst noch nie vorgekommen. Sie sagen nämlich richtigerweise, die Regierung müsse Vorbildwirkung bei der Vergabe öffentlicher Aufträge haben. Wir haben danach vorhin in der Fragestunde gefragt. Da haben Sie, Herr Großmann, im Prinzip die Vergabeordnung vorgelesen. Aber das ist die graue Theorie! In der Praxis ist es allgemeine Tendenz, dass öffentliche Aufträge an den billigsten und mitnichten an den wirtschaftlichsten Anbieter gehen. ({15}) Wenn man solch ein Gesetz einfach im Wortlaut vorliest, dann muss ich sagen: Das kann nicht ausreichen, weil damit sogar die öffentliche Hand - gewollt oder ungewollt - illegale Beschäftigung fördert. ({16}) Das ist doch wohl die Wahrheit! ({17}) Das heißt also, meine Damen und Herren von der CDU: Sie haben in Ihrer Regierungszeit eine ganze Menge Ursachen gelegt. Sie von der SPD haben die Probleme nicht etwa zum Positiven gewendet, ({18}) sondern die Situation in der Bauwirtschaft ist heute schlechter - auch das ist die Wahrheit -, als sie noch während Ihrer Regierungszeit war. Sie machen folgenden Fehler: Es hat mit Ihrem Regierungsantritt einen finanziellen Sturz gegeben - der war ja nun wirklich rasant -, einen ganz steilen Sturz in der Finanzierungsverantwortung, die Sie eigentlich haben. Sie haben Steuervergünstigungen und die direkte Förderung gestrichen. Das hat mit einer Verstetigung nichts zu tun. Sie hätten diese Mehreinnahmen, die Sie aus der Streichung steuerlicher Vergünstigungen bekommen haben, bitte schön in die direkte Förderung geben können. ({19}) Dann hätten Sie das Baugewerbe verstetigt, dann hätten Sie den Wohnungsbau verstetigt. Das haben Sie versäumt. ({20})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Nun gebe ich das Wort für die SPD-Fraktion dem Kollegen Wolfgang Weiermann.

Wolfgang Weiermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002447, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir sind uns einig, dass der Mittelstand der Motor der Wirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland ist. ({0}) - Da können Sie alle klatschen! ({1}) Wenn das nicht so wäre, dann könnten wir unsere Debatte gleich beenden. Das wollen wir ja alle nicht. Das Baugewerbe gehört natürlich dazu. Damit der Motor dort nicht stottert, muss man vernünftige politische Ideen entwickeln. Das ist doch gar keine Frage! ({2}) Es gehört sich eigentlich in der Sache, dass dieses Haus das feststellt. Ich weiß gar nicht, was Sie daran stört. Aber Sie müssen in der Debatte ehrlich sein und auch einmal deutlich machen, dass Sie jahrelang die Möglichkeit hatten - ich will zu dem Thema keine weiteren Ausführungen machen -, in der Frage der illegalen Beschäftigung durchaus Zeichen zu setzen und diese Entwicklung aufzuhalten. Das haben Sie nicht getan. Das muss man eindeutig feststellen. ({3}) Das ist, meine Damen und Herren, ein Teil der Misere, die wir heute auch im Baugewerbe haben. Das müssen wir doch deutlich festhalten. ({4}) Im Bereich des Mittelstandes sind - das will ich positiv hervorheben - in den letzten Jahren rund 45 Prozent aller Investitionen erfolgt. Hier wurden rund 46 Prozent der steuerpflichtigen Umsätze und mehr als die Hälfte der Bruttowertschöpfung, das heißt der gesamten Wirtschaftsleistung erbracht. Bei mittelständischen Unternehmen waren zwei Drittel aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt, und circa vier Fünftel aller Ausbildungsplätze, die angeboten wurden, waren hier zu finden. Das ist eine Leistung, die wir respektieren. Deswegen wollen wir alle Kräfte mobilisieren, um zu erreichen, dass dies auch so bleibt. Sie haben gesagt, diese Regierung, die etwas mehr als zwei Jahre im Amt ist, wäre an manchen Dingen, die sich gegenwärtig ereignen, schuld. Betrachtet man aber die Bilanz der letzten Jahre Ihrer Regierungsarbeit, so ist festzustellen, dass der aus den jährlichen Insolvenzen resultierende Schaden damals jährlich 60 Milliarden DM betragen hat. Fast eine halbe Million Menschen haben dadurch in diesem Bereich ihre Arbeit verloren. Das macht die Maßstäbe deutlich, mit denen wir umzugehen haben. Hier möchte ich auch das erwähnen, was vor einigen Jahren mit Philipp Holzmann geschah. Die exemplarische Unterstützung eines Unternehmens des Baugewerbes durch die Bundesregierung war wichtig. Natürlich ging es nicht um das Unternehmen allein. Mit der Rettung dieses Unternehmens haben aber insgesamt immerhin 60 000 Menschen ({5}) ihren Arbeitsplatz in den Handwerksbereichen und in den weiterführenden Bereichen behalten können. Das darf man an dieser Stelle nicht unterschlagen. ({6}) Es ist heute festzustellen, dass Lohnzahlungen zum Teil in einer Höhe von 6 DM gewährt werden. Dann frage ich mich, wie sich normal arbeitende, sich an die Ordnung, an Gesetze und Tarifverträge haltender Unternehmen bewegen sollen. Diese Wettbewerbsverdrängung können sie doch nicht überstehen. Der Konkurs und die Insolvenz sind die Konsequenz. ({7}) An dieser Stelle möchte ich deutlich hervorheben, wie wichtig es war, dass die IG Bauen-Agrar-Umwelt und der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie zusammen mit dem Bundeskanzler innerhalb der Gespräche zum Bündnis für Arbeit zehn Eckpunkte entwickelt haben. Diese sind: Erstens. Privates Bauen ist unverzichtbar. Deshalb sollen bei der notwendigen Reform des sozialen Wohnungsbaus auch die gesamtwirtschaftlichen Belange der Bauwirtschaft berücksichtigt werden. Zweitens. Ökologisches und preiswertes Bauen fördert die Nachfrage nach Bauleistung. ({8}) Drittens. Öffentliches Bauen ist ein wichtiges Element zur Verstetigung beschäftigungswirksamer Bautätigkeit. Viertens. Die bestehenden Regalsysteme müssen verstärkt genutzt werden. Fünftens. Technischer Fortschritt sichert Arbeitsplätze im Baugewerbe. Sechstens. Private Infrastrukturfinanzierung kann Finanzierungsengpässe überwinden helfen. ({9}) Siebentens. Qualifizierung: Kontinuierliche Fortbildung sichert Beschäftigung. Achtens. Illegale Beschäftigung muss wirksam bekämpft werden. Das halte ich persönlich für eine ganz wichtige Aufgabe, die angegangen werden muss. Neuntens. Die Zahlungsmoral muss verbessert werden. Zehntens. Internationale Erfahrungen müssen für die Winterbauförderung genutzt werden. ({10}) Wenn Sie sagen, es gebe zwischen den Verbänden, der Gewerkschaft und der Politik keine sachliche Auseinandersetzung in der Frage, wie dem Baugewerbe zu helfen ist, dann müssen Ihnen diese zehn Punkte zu denken geben. Das Gegenteil ist der Fall, meine Damen und Herren von der Opposition. ({11}) Ich habe das Gefühl, dass manche die freie Marktwirtschaft so verstehen, als sei sie ein Freibrief, sich an nichts zu halten. Das kann es nicht sein. Ich könnte Ihnen aus der Vergangenheit Präsidenten von Wirtschaftsverbänden nennen, die insbesondere im Baugewerbe dazu aufgefordert haben, sich nicht an Gesetze zu halten und auch die Tarifvertragstreue nicht so ernst zu nehmen. Sie können sich doch nicht darüber wundern, dass Unternehmen bei einem solchen ungleichen Wettbewerb, in dem wir uns dadurch befanden und auch heute noch befinden, die Segel streichen müssen, weil sie unter diesem Wettbewerb leiden und in der Konkurrenz nicht mithalten können. Das ist doch eine Folge dieser Entwicklung! Die können wir alle doch nicht wollen! ({12}) Deswegen sage ich an dieser Stelle: Das oberste Ziel muss sein, dies so schnell wie möglich zu verändern.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Herr Kollege Weiermann, zwischen der vorgesehenen Redezeit von fünf Minuten und den jetzt erreichten sieben Minuten besteht ein Unterschied. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie jetzt zum Schluss kämen.

Wolfgang Weiermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002447, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wir werden alles dafür tun, um die baugewerblichen Tätigkeiten mit der notwendigen politischen Unterstützung zu versehen, sodass wir sagen können: Auch das Baugewerbe hat eine Zukunft. Wir sind überzeugt, dass diese Zukunft sicher sein wird. Herzlichen Dank. ({0})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Der Kollege Ernst Hinsken spricht nun für die CDU/CSU-Fraktion.

Ernst Hinsken (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000906, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist natürlich hochinteressant, wenn ein Gewerkschaftsfunktionär, Herr Weiermann, der auch von mir geschätzt wird, über den Mittelstand und die soziale Marktwirtschaft spricht, wenn er dann das Thema Holzmann, das uns in den letzten Jahren beschäftigt hat, anspricht und hier mit falschen Zahlen operiert. Herr Kollege Weiermann, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass es bei der Firma Holzmann um 13 000 Arbeitsplätze geht - diese Zahl an Arbeitsplätzen hält sie momentan vor - und nicht um 60 000, wie Sie das hier hinausposaunt haben? ({0}) Zweite Bemerkung. Bei der Bauwirtschaft handelt es sich um eine Schlüsselwirtschaft. Mehrere Vorredner haben bereits darauf hingewiesen, wie wichtig die heutige Debatte ist. Wie wichtig sie Ihnen ist, lässt sich an der Regierungsbank ablesen: Es sind nur zwei Staatssekretäre anwesend. Nicht ein einziger Minister hält es für erforderlich, hierher zu kommen, und eine Staatssekretärin musste sogar auf ihren Abgeordnetenplatz bei den Grünen wechseln, damit die Rednerin der Grünen jemanden hat, der Beifall klatscht, und es bei den Grünen nicht ganz so leer aussieht. - Das gibt doch zu denken! ({1}) Ich möchte darauf verweisen, dass uns vor allen Dingen eine große Sorge bedrückt und umtreibt: In persönlichen Gesprächen vor allem mit Kommunalpolitikern, aber auch mit kleinen und mittleren Bauunternehmern haben wir erfahren, dass sie sich momentan in einer katastrophalen Situation befinden. Der Landrat in meinem Wahlkreis hat mir gesagt, dass allein im letzten Jahr die Zahl der Bauanträge um 28 Prozent zurückgegangen ist. Darüber hinaus hat uns ein Hilferuf von Bauinnungen aus ganz Deutschland erreicht, die versuchen, uns zu sensibilisieren, weil es in der Bauwirtschaft leider sehr negative Zahlen zu verzeichnen gibt. Viele Mitarbeiter von Baufirmen bangen um ihren Arbeitsplatz. Herr Wiesehügel, das ist an Sie gerichtet. Ich bedauere sehr, dass Sie heute nicht sprechen. Denn ich hätte erwartet, dass sich jemand, der im Gewerkschaftsbereich stark ist, für die Arbeitnehmer, für seine Freunde, einsetzt, damit sie ihren Arbeitsplatz behalten können. ({2}) Der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes läutet die Alarmglocken. Es sagt, dass die Auftragsbestände, die Geräteauslastung und die Baupreise fallend sind. Gibt es Ihnen, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, nicht zu denken, dass laut Verband der Vereine Creditreform im Baubereich allein im vergangenen Jahr über 8 000 Konkurse verzeichnet werden mussten? Da müssen doch wirklich die Alarmglocken läuten! Leider lässt Sie das in gewisser Hinsicht kalt. Noch ein weiterer Kronzeuge: Der Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Professor Walter, sagt leider zu Recht, das Jahr 2000 sei für die Bauwirtschaft das schlimmste Jahr der Nachkriegsgeschichte gewesen ({3}) und in diesem Jahr sei ein weiterer Abbau um 50 000 Arbeitsplätze zu befürchten. Da müsste es doch auch bei Ihnen klingeln. Da müsste bei Ihnen, wie es in meiner Region heißt, das Fünferl fallen, dass es höchste Eisenbahn ist, etwas zu tun, damit es mit der Bauwirtschaft wieder aufwärts geht. ({4}) Denn es ist zu befürchten, dass die Zahl der Mitarbeiter im Baugewerbe erstmals auf unter eine Million abrutschen wird. Mich bestürzt vor allen Dingen, wenn ich immer höre, dass Betriebe Arbeitsplätze abbauen oder sogar die Betriebsaufgabe planen. Was tut die Bundesregierung? - So viel wie nichts. Das, meine Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und Kollegen, darf nicht unsere Zukunft sein. Herr Kollege Scherhag, Sie haben vorhin zu Recht darauf verwiesen. Uns treibt die Sorge, denn wir sind eben auch für diesen wichtigen Wirtschaftszweig da und haben deshalb diese Aktuelle Stunde beantragt. Wir werden diese Verschlechterung der Lage nicht ohne Taten hinnehmen, sondern wir wollen hier Zeichen setzen und werden es nicht allein bei dieser Aktuellen Stunde belassen. ({5}) Anstatt für positive Impulse für die heimische Bauwirtschaft zu sorgen, hat die Bundesregierung die Rahmenbedingungen verschlechtert. Die Investitionsquote im Bundeshaushalt ist auf ein historisches Tief gesunken. Bei der Verkehrsinfrastruktur ({6}) lebt unsere hoch entwickelte Industrienation inzwischen von der Substanz. Die Investitionsbereitschaft im Wohnungsbau ist durch eine Reihe steuerlicher Verschlechterungen nachhaltig beschädigt worden. Die Mietrechtsreform weist eine eindeutige familienfeindliche Tendenz auf und bringt dem Mietwohnungsbau nicht das, was er braucht, sondern bringt ihn zum Erliegen. Des Weiteren, verehrte Kolleginnen und Kollegen, belastet natürlich die Schwarzarbeit. Diese kann - das soll uns allen ins Gewissen geschrieben werden - nur durch Senkung der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge bei den regulären Arbeitsverhältnissen bekämpft und gesenkt werden, ({7}) wobei ich auch bereit bin, dem zuzustimmen, was Kollege Maaß zu Beginn seiner Rede gesagt hat, nämlich dass wir alle gemeinsam Maßnahmen ergreifen müssen, um der illegalen Beschäftigung verstärkt zu begegnen. In der Bundesrepublik Deutschland haben wir schätzungsweise 250 000 illegale Beschäftigte. Deshalb verstehe ich nicht, dass zum Beispiel Bundesfinanzminister Eichel dagegen ist, wenn die Bayerische Staatsregierung über den Bundesrat versucht, endlich ein Gesetz durchzubringen, das unter dem Titel „Eindämmung illegaler Beschäftigung“ läuft. Die Zahlungsmoral der öffentlichen Hand ist genauso ein Schlag ins Wasser. Investitionshaushaltskürzungen, die Sie vorgenommen haben, sind meines Erachtens rückgängig zu machen, damit es wieder läuft. Außerdem muss es doch auch allen zu denken geben, wenn wir feststellen müssen, dass in einigen Ländern der Bundesrepublik Deutschland leider mehr Geld für ABM ausgegeben wird als für den Investitionsbereich. Deshalb lassen Sie uns antreten und auch den Kommunen wieder die Möglichkeit geben, kommunalfreundliche Politik zu machen und die Investitionen zu tätigen, die sie dringend tätigen müssen, um über die Runden zu kommen. Wir müssen auch gemeinsam dafür eintreten, eine Infrastrukturinitiative zu erreichen. Eine Milliarde bedeutet 13 000 Arbeitsplätze. ({8})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Herr Kollege Hinsken, ich bin überzeugt, dass Sie noch viel Material haben, das Sie vortragen könnten. Aber auch Sie müssen jetzt zum Schluss kommen.

Ernst Hinsken (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000906, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident, ich habe gedacht, nachdem Sie dem Vorredner acht Minuten gegeben haben, dass ich wenigstens sieben Minuten reden darf. Ich bedanke mich, dass ich die Möglichkeit bekommen habe. In einem Abschlusssatz möchte ich noch den Wunsch äußern, der Bundeskanzler möge sich jetzt wenigstens halb so stark für die mittelständischen und kleinen Baubetriebe einsetzen, wie er das bei der Firma Holzmann getan hat. Herzlichen Dank. ({0})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Nur der Ordnung halber, Herr Kollege Hinsken, damit Sie nicht das Gefühl haben, Sie seien benachteiligt worden: Es waren 7 Minuten und 25 Sekunden. ({0}) Nun gebe ich das Wort der Kollegin Leyla Onur für die Fraktion der SPD. ({1})

Leyla Onur (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002747, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Vielen Dank, Herr Präsident. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich war immer der Ansicht, mich könne nicht mehr viel überraschen. Die Dreistigkeit des Kollegen Goldmann hat mich allerdings überrascht. Herr Kollege Goldmann, Sie waren noch nicht im Deutschen Bundestag, das ist mir sehr wohl bekannt, aber Sie sind trotzdem als Redner Ihrer Fraktion auch für das verantwortlich, was Ihre Fraktion als Koalitionspartner in der alten Regierung getan oder nicht getan hat. ({0}) Ich werde Sie heute noch einmal darauf hinweisen, dass Sie - die F.D.P. allen voran - sich vehement gegen das Entsendegesetz gewandt haben, ({1}) weil Sie nicht wollten, dass in diesem wichtigen Bereich die notwendigen Regeln eingeführt wurden. In diesem Zusammenhang muss ich Herrn Blüm als ehemaligen Arbeitsminister ausdrücklich in Schutz nehmen. Er hat sich darum bemüht, hatte aber riesengroße Probleme mit dem Koalitionspartner F.D.P., die alles getan hat, um das Entsendegesetz zu verhindern. ({2}) Das Fehlen entsprechender Regelungen hat ganz viel damit zu tun, dass es in der Baubranche über viele Jahre Schwierigkeiten gegeben hat und leider immer noch gibt. Das sollten wir nicht vergessen. Es hat sich nämlich eingespielt, dass Unternehmen mit Subunternehmern arbeiten, die aufgrund der Dienstleistungsfreiheit im europäischen Raum erlaubt sind. Grundlage des Entsendegesetzes ist ja die europäische Entsenderichtlinie. Weil Sie versucht haben, dieses Gesetz zu verhindern, und es dann auch noch zeitlich befristet haben, konnten sich in dieser Branche immer mehr Subunternehmer breit machen, was dazu führte, dass Bauunternehmer nur noch zusammen mit solchen Subunternehmern - das nennt man Mischkalkulation - wettbewerbsfähig sein konnten. Da liegen manche Wurzeln der heutigen Probleme. ({3}) Sie kritisieren diese Bundesregierung, haben selbst aber nichts getan. ({4}) - Sind Sie hier der Redner oder habe ich zurzeit das Wort? - Hier wird kritisiert, die Bundesregierung habe in den letzten zwei Jahren keine ausreichenden Maßnahmen ergriffen, ({5}) um ein Problem zu lösen, das seine Wurzeln vorrangig in Ihrer Regierungszeit hat. Ich stelle fest, dass zahlreiche Maßnahmen ergriffen worden sind. ({6}) - Sie waren erfolgreich. ({7}) Allerdings ist auch das, was gut ist, noch zu verbessern. Aus diesem Grunde haben wir, die Koalitionsfraktionen, jetzt Eckpunkte zur Verbesserung der Bekämpfung der illegalen Beschäftigung und Schwarzarbeit vorgelegt. Es sind sehr viele Maßnahmen ergriffen worden und aus den Berichten sind auch Erfolge ablesbar. ({8}) Aber wir, meine Damen und Herren, sind einsichtig genug, um hier noch Defizite festzustellen und entsprechend zu handeln, wenn bestimmte Dinge noch nicht ausreichen. Mit diesen Eckpunkten fordern wir die Bundesregierung auf, sehr schnell einen Gesetzentwurf vorzulegen, um in all den Bereichen, die der Kollege Maaß bereits angesprochen hat, wirkungsvoller und erfolgreicher durchgreifen zu können. ({9}) - Wenn wir am Freitag dieser Woche einen solchen Antrag verabschieden, wird er zur Folge haben, dass sehr schnell ein Gesetzentwurf vorgelegt werden wird. Es liegt dann auch an Ihnen, dass wir ihn genauso schnell beraten und über ihn entscheiden. ({10}) Ich erwarte mit großem Interesse Ihre konstruktiven Vorschläge; ({11}) denn wir behaupten nicht, die Weisheit für uns allein gepachtet zu haben, sondern sind für konstruktive Vorschläge jederzeit offen. Allerdings würde ich Vorschläge, meine Damen und Herren, wie sie auch von der BDA in der Anhörung wieder vorgetragen worden sind, nicht billigen. Sie besagen nämlich schlicht und ergreifend: Steuern gegen null, Löhne gegen null, dann gibt es keine Schwarzarbeit mehr. Ich habe das jetzt verkürzt formuliert, das gebe ich zu. Aber es trifft genau den Kern. ({12}) - Nein, das entspricht der Wahrnehmung einer bestimmten Argumentation, die insbesondere in Ihren Reihen zu finden und wie folgt wiederzugeben ist: Wenn mein Nachbar sein Wohnzimmer für 300 DM schwarz und für 800 oder 1 000 DM vom Malermeister tapezieren lassen kann, dann sei es nahe liegend, dass er sein Wohnzimmer für 300 DM tapezieren lässt. Also, meine Damen und Herren, wenn das in Ihren Köpfen ist - und das ist es offensichtlich ({13}) und wenn das von Ihnen immer wieder so propagiert wird, dann sollten wir uns nicht wundern, dass das Unrechtsbewusstsein der Bevölkerung ({14}) in solchen Fragen gen null geht. ({15}) Genau da müssen wir ansetzen. Der Gesellschaft und dem Staat entsteht ein riesengroßer Schaden. Ich spreche hier nicht nur vom Sozialversicherungssystem und vom Steuersäckel, sondern insbesondere davon, dass aufgrund solcher Bedingungen, die wir einfach nicht länger zulassen wollen und dürfen, reguläre Arbeitsplätze vernichtet und Unternehmer in den Ruin getrieben werden. ({16}) Deswegen fordere ich Sie nachdrücklich auf: Tragen Sie dazu bei, dass wir illegale Beschäftigung und Schwarzarbeit effizienter bekämpfen. ({17}) Das ist ein wesentlicher Baustein - es bedarf selbstverständlich noch weiterer Maßnahmen; das ist schon vielfach angesprochen worden -, um gerade der Not leidenden Baubranche - ich möchte es so nennen - zu helfen. Dies ist gestern - Herr Staatssekretär Großmann hat das vorhin schon erwähnt - in der Gesprächsrunde mit Vertretern der Bauwirtschaft Niedersachsen ausdrücklich bestätigt worden. ({18}) Die haben ausdrücklich gesagt: Solche „Kavaliersdelikte“ kann man nicht dulden, sondern - im Gegenteil - wir müssen gemeinsam dagegen angehen. Ich danke Ihnen. ({19})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich erteile dem Kollegen Hansjürgen Doss für die Fraktion CDU/ CSU das Wort.

Dr. Hansjürgen Doss (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000411, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Die Bauwirtschaft ist in einer krisenhaften Situation. Das ist eine abstrakte Feststellung, die Sie in dem Konjunkturbericht, den wir heute im Wirtschaftsausschuss auf dem Tisch hatten, nachlesen können. Besonders erwähnenswert ist jedoch die Tatsache, dass dieser Niedergang in der Bauwirtschaft gerade in den vergangenen zwei Jahren erfolgt ist, also zu Ihrer Regierungszeit. ({0}) Denjenigen, die sich hier mehr oder minder ahnungslos und vielleicht mit einer gewissen Überheblichkeit geäußert haben, möchte ich sagen, dass hinter den KonkurLeyla Onur sen und der Arbeitslosigkeit, die es zurzeit gibt, immer menschliche Schicksale stehen. ({1}) Insofern reden wir keineswegs nur über einen abstrakten Vorgang, sondern über das Schicksal unserer Mitbürger. ({2}) Es wäre zu begrüßen, wenn wir zumindest bei Rot und Grün eine bestimmte Betroffenheit über diese Entwicklung zur Kenntnis nehmen könnten. Stattdessen wird - ist „schwadronieren“ ein geziemender Ausdruck? ({3})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Sie finden sicherlich einen anderen Ausdruck. ({0})

Dr. Hansjürgen Doss (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000411, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

- über diese Fragen herumschwadroniert, ({0}) ohne dass die Bundesregierung tätig wird und die Rahmenbedingungen verbessert. Ursächlich für die nun dramatische Situation in der Bauwirtschaft ist der Umstand, dass das wirtschaftliche Handeln in Deutschland unter Rot-Grün mit ihren gesamten Auflagen und Lasten in einem solchen Maße erschwert wurde. ({1}) Das hat Auswirkungen. Ich weiß, wovon ich rede, weil ich selbst aus der Bauwirtschaft komme. Sie müssen sich einmal ansehen, wie es bei den am Bau Tätigen im Bereich der freien Berufe aussieht. Dort gab es dramatische Veränderungen. Viele meiner Kollegen sind in der Zwischenzeit arbeitslos geworden. Das muss man auch einmal sehen. Was geschieht? Es gibt einen Bau-Gipfel. Ich bin gespannt, was dabei konkret herauskommen wird. Ich vermute, dass es zu medienwirksamen Aussagen, Ankündigungen und Absichtserklärungen kommt. Die Bekämpfung der Schwarzarbeit ist eine wichtige Facette; das ist überhaupt keine Frage. Die Schwarzarbeit in Deutschland führt - abgesehen von ihrer Illegalität - zu Steuermindereinnahmen in Höhe von mittlerweile 668 Milliarden DM. Aber wer ist daran schuld? - Das sind im Grunde genommen jene, die legales Arbeiten so belastet haben, dass unsere Bürger ausweichen. ({2}) - Im Gegensatz zu Ihnen, verehrte gnädige Frau, weiß ich, wovon ich rede; ich komme nämlich aus dieser Branche. ({3}) Ihre Ahnungslosigkeit eben war beeindruckend; das muss ich wirklich sagen. ({4}) Ihr Gesetz zur Zahlungsbeschleunigung war wirklich ein Flop. Helfen könnte hingegen ein spezifisches Bauvertragsrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch. Wir haben einen entsprechenden Gesetzentwurf eingebracht. Er ist abgelehnt worden. Er war solide und gut. ({5}) - Sie würden viel dabei lernen. Es wäre gut für Sie und Sie würden auf der Karriereleiter einen gewaltigen Sprung nach oben machen. ({6}) - Meine Damen, meine Herren, beruhigen Sie sich doch! Denken Sie an Ihren Adrenalinspiegel. ({7}) Weitere Tiefschläge gegen die Bauwirtschaft sind die Schlechterstellung des Wohneigentums bei der Altersvorsorge und die Pläne zu massiven Erbschaftsteuererhöhungen. Das alles wirkt sich natürlich auch auf die Psyche aus. ({8}) Die Bauwirtschaft ist keine Schlüsselindustrie, sondern sie ist ein Seismograph für die Stimmung in Deutschland, für Investitionen, für Zutrauen in die Zukunft. Ich muss Ihnen sagen: Bei der derzeitigen Lage erteilt die Bauwirtschaft Ihrer Politik eine klare Absage. Meine Damen, meine Herren, wo bleibt der medienwirksame Bundeskanzler? Er wartet offensichtlich noch auf die Erleuchtung durch den Engel Aloisius und die göttlichen Eingebungen und dann kommt sein medienwirksamer Auftritt. ({9}) Diese Erleuchtung ist ihm noch nicht widerfahren. Die im Augenblick schon Not leidende Bauwirtschaft wird in eine aussichtslose Situation geraten, wenn Sie nicht anfangen zu handeln. Sie stellen die Bundesregierung. Wir als Opposition werden Sie nachdrücklich an Ihre Pflichten erinnern. ({10})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Nach diesem lobenswert kurzen Beitrag folgt der Beitrag des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Achim Großmann.

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer geglaubt hat, die Opposition würde in der Fragestunde ein Feuerwerk mit kritischen Fragen zur Bauwirtschaft veranstalten, sah sich enttäuscht. Was als Orkan angekündigt war, kam als leises Säuseln. ({0}) Noch nicht einmal die Nachfragemöglichkeiten wurden genutzt. Einige Kolleginnen und Kollegen hatten es sogar vorgezogen, der Fragestunde fernzubleiben. ({1}) Nachdem ich hier die ersten Beiträge gehört habe, frage ich mich, wer dafür verantwortlich ist, dass wir heute diese Aktuelle Stunde durchführen. Eine solche Debatte hätte man vielleicht vor ein oder zwei Jahren führen können. ({2}) Sie führen sie aber zu einem Zeitpunkt, in dem die Branche aus der Krise herauskommt. Sie kommen nun in den Deutschen Bundestag und wollen diese Branche erneut in die Krise reden. Das finde ich unverschämt. ({3}) Die Bauwirtschaft ist auf gutem Wege, die Durststrecke der letzten Jahre zu überwinden. ({4}) Viele Betriebe haben sich mit Innovationen, der Nutzung neuer Technologien und marktorientierter Anpassung für die Zukunft fit gemacht und die Bundesregierung hat gehandelt und eine Reihe von wesentlichen Rahmenbedingungen deutlich verbessert. Die dringend notwendige Kapazitätsanpassung ist noch nicht am Ende, aber die Investitionsbedingungen für den Bau verbessern sich deutlich. ({5}) Sie wissen genau, dass die Bundesregierung die Investitionen in Schiene und Straße deutlich erhöht hat. Die Investitionen in den Straßenbau haben mit rund 11 Milliarden DM ein Rekordniveau erreicht. ({6}) Im Bereich Schiene haben wir mit der Bahn einen Vertrag geschlossen, der Investitionssicherheit gibt und ein finanzielles Volumen von über 26 Milliarden DM in drei Jahren zur Verfügung stellt. ({7}) Herr Scherhag, ich darf Sie freundlicherweise daran erinnern, dass die letzte Bundesregierung die Investitionen in die Schiene auf fast 6 Milliarden DM gekürzt hatte. ({8}) Wenn Sie heute beklagen, dass die Bahn nicht in der Lage ist, alles direkt zu verbauen, dann frage ich Sie: Wer ist denn daran schuld? Wer hat denn dafür gesorgt, dass die Bahn nicht richtig planen konnte? Wer hat denn die Planungsressourcen bei der Bahn abgebaut? Wer hat denn das Schienennetz marode werden lassen? Wer hat denn dafür in den letzten Jahren Verantwortung getragen? - Wir korrigieren das. Wir schaffen die Möglichkeit für Investitionen in die Zukunft. ({9}) Ich zitiere den Vorsitzenden der Bundesfachgruppe Straßen- und Tiefbau, Wolfgang Paul, der im Zentralverband des Deutschen Baugewerbes vor wenigen Tagen eine Pressemitteilung veröffentlicht hat, in der er sich lobend über die Investitionen des Bundes ausspricht. Dort heißt es wörtlich: Die Bundesregierung hat die Zeichen der Zeit klar erkannt und stellt mit steigender Tendenz Investitionsmittel für die Verkehrsinfrastruktur zur Verfügung. ({10}) Auch die Bauwirtschaft lobt uns also dafür, dass wir endlich die Weichen umgestellt haben und dass wir mehr Mittel für Straße und Schiene bereitstellen. ({11}) Beim Wohnungsbau ist festzuhalten, dass Wohnungen nicht gegen den Markt gebaut werden können; dies ist hier schon zutreffend gesagt worden. Die Fertigstellungszahlen lagen im letzten Jahr bei 422 000 Wohnungen. Es wird also in erheblichem Maße gebaut. Sogar in Ostdeutschland, wo wir einen hohen Leerstand zu verzeichnen haben, sind 86 000 neue Wohnungen fertiggestellt worden. Mit 422 000 Wohnungen haben wir eine Zahl erreicht, die über dem Ersatzbaubedarf liegt. Für dieses Jahr schätzt der Sachverständigenrat weitere Fertigstellungen in Höhe von rund 400 000 Wohneinheiten. Auch diese Zahl an Wohnungsfertigstellungen geht über den Bedarf hinaus. Natürlich haben wir noch nicht alle Probleme gelöst. Trotzdem gibt es weitere positive Anzeichen, die man nicht verschweigen sollte. So gibt es eine Pressemitteilung vom Zentralverband des Deutschen Handwerks von gestern, in der Herr Philipp Folgendes sagt, das Handwerk gehe aber davon aus, dass die Talsohle in dieser Branche erreicht und deshalb nicht mehr mit einem größeren Beschäftigungsabbau zu rechnen sei. Auch das Handwerk merkt allmählich, dass die Programme, die die Bundesregierung aufgelegt hat, greifen und dass die Menschen wieder Zuversicht gewinnen und im Baubereich investieren. ({12}) Wenn Sie Herrn Philipp, der ein aktiver CDU-Stadtrat in der Stadt Aachen war, nicht glauben, zitiere ich eine weitere Pressemeldung vom heutigen Tage. ({13}) Morgen erscheint die neue Ausgabe der Zeitschrift „Capital“. ({14}) „Capital“ hat die Renditeimmobilien auf dem deutschen Wohnungsmarkt von einem Bad Homburger Wirtschaftsforschungsinstitut, Feri, prüfen lassen. Herr Rau von Feri sagt: „Der Markt ist an einem Wendepunkt.“ Dies stellte der Immobilienexperte bei seinen Untersuchungen fest. Alle Zeichen sprächen dafür, begründet Rau seine Prognose: Die Steuern sinken, das Einkommen steigt, die Zahl der Haushalte nimmt zu und enttäuschte Börsianer kehren wieder zu Substanzwerten wie Wohneigentum zurück. ({15}) - Hören Sie doch einfach einmal zu! Immobilien würden bis 2008 Renditen wie selten zuvor bieten; sie könnten sich wieder problemlos mit anderen Kapitalanlagen messen und seien zudem der beste Schutz gegen die Geldentwertung. ({16}) Die Rahmenbedingungen verbessern sich. ({17}) - Sie können sich nur noch dadurch wehren, dass Sie versuchen, mich durch laute Zwischenrufe zu stören. Sie haben offensichtlich keine Argumente. ({18}) Die Zahlen verbessern sich. Ich habe Ihnen heute in der Fragestunde gesagt: Wir rechnen damit, dass die Bauwirtschaft in den alten Bundesländern nur mit einem kleinen Minus abschließen wird, nämlich mit minus 0,5 Prozent. In den neuen Bundesländern, wo die Bauwirtschaft einen höheren Kapazitätsabbau durchführen muss, wird dieser Prozess länger dauern. Dieser Kapazitätsabbau kommt aber von einem ganz hohen Zyklus.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Herr Staatssekretär, ich darf Sie einen Augenblick unterbrechen. Ich tue das ungern, aber auf der Besuchertribüne hat eben der Präsident des Nationalrats der Slowakei, Jozef Migas, mit seiner Delegation Platz genommen, der uns aber nun wieder verlassen muss. Ich möchte Sie herzlich begrüßen ({0}) und Ihnen im Namen des ganzen Hauses sagen, dass wir Ihren Weg in die Europäische Union mit großer Sympathie begleiten werden. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Aufenthalt in Deutschland. ({1}) Ich denke, Herr Staatssekretär, Sie haben Verständnis dafür, dass ich Sie unterbrochen habe.

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Ja, selbstverständlich. Ich will an meine vorherigen Ausführungen anknüpfen: Die Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt verläuft in Zyklen. Wir waren auf einer sehr hohen Amplitude, von der aus wir nun den notwendigen Kapazitätsabbau vornehmen müssen. Dieser ist notwendig, weil die CDU/CSU Ende der 80er-Jahre nichts gegen die Wohnungsnot getan hat und dann am Anfang der 90erJahre verzweifelt versuchen musste, die sich dramatisch zuspitzende Wohnungsnot zu bekämpfen. Sie hat durch eine nicht verstetigte Politik geradezu neue Kapazitäten entstehen lassen, weil in zeitlicher Verzögerung zu dem Bedarf Wohnungen errichtet wurden. Auf diese Weise sind in der Wohnungs- und Bauwirtschaft schwierige Strukturen entstanden, die überwunden werden müssen. Im Zusammenhang mit dem Rückgang im Geschosswohnungsbau - auch in dieser Debatte wurde der Eindruck erweckt, der Rückgang hinge mit steuerlichen Beschlüssen aus dem Jahre 1999 zusammen - darf ich Ihnen einige Zahlen nennen: In den alten Ländern gingen die Baumaßnahmen im Geschosswohnungsbau 1995/96 um 19,2 Prozent, 1996/97 um 13 Prozent, 1997/98 um 16 Prozent und 1998/99 um 10,7 Prozent zurück. Das sind die Fakten, die es bei diesem Thema zu nennen gilt. ({0}) Als das Fördergebietsgesetz, das Sie in den neuen Ländern zu lange angewandt haben, durch eine Förderung mittels Investitionszulagen abgelöst wurde, hatte das zur Folge, dass der Geschosswohnungsbau in den neuen Ländern von 1997 bis 1998 um 46,4 Prozent und von 1998 bis 1999 um 47 Prozent zurückging. Das sind Fakten, die zeigen, dass in der Wohnungspolitik Fehler gemacht wurden. Wir mussten versuchen, Anpassungsprozesse in Gang zu setzen, indem wir damit begonnen haben, die vorhandenen finanziellen Ressourcen in den Bestand zu lenken. Auf diese Weise tragen wir zu einer Verstetigung der Bauwirtschaft bei. Außerdem haben wir mehr Beschäftigung erreicht und die Lohnnebenkosten gesenkt. ({1}) Wenn sich Herr Doss hier aufbläst und behauptet, es sei alles sehr teuer geworden, kann ich nur fragen: Wer hat denn die Lohnnebenkosten gesenkt? - Das war diese Bundesregierung. ({2}) Unter der alten Bundesregierung sind die Lohnnebenkosten jedes Jahr gestiegen. Wir haben durch eine Erhöhung der Einkommen mehr Wohnkaufkraft geschaffen sowie innovative und moderne Instrumente eingeführt. Beispielsweise haben wir für Bestandsinvestitionen das Gebäudesanierungsprogramm aufgelegt, von dem sowohl diejenigen, die in ihr selbst genutztes oder vermietetes Wohneigentum investieren, um geringere Betriebskosten zu haben, als auch Umwelt und Klima profitieren, weil durch das Programm der CO2Ausstoß gesenkt wird. Das ist eine Aufgabe, der Sie sich in den letzten Jahren nicht so intensiv gewidmet haben. ({3}) Ich will meine Rede schließen, indem ich nur stichwortartig erwähne, mit welchen finanziellen Mitteln wir der Bauwirtschaft deutlich helfen werden. Wir können nur Rahmenbedingungen setzen, im Übrigen muss der Markt die Bedingungen regeln; wir wissen das. Wir haben die Energieeinsparverordnung verabschiedet, das KfW-Modernisierungsprogramm aufgestockt, das KfW-Gebäudesanierungsprogramm auf den Weg gebracht, das Altschuldenhilfe-Gesetz geschaffen, das durch seinen § 6 a die Wohnungsunternehmen entlastet, und die Mittel für die Städtebauförderung sowie für das Programm „Soziale Stadt“ aufgestockt. ({4}) Bei der Baumaschinenmesse in München haben Vertreter der Bauwirtschaft gesagt, sie seien es selber leid zu jammern. Wir müssen ein optimales Klima erzeugen, damit die Menschen wieder Freude am Bauen bekommen. Wir dürfen den Markt nicht kaputtreden, sondern müssen helfen, damit der Markt wieder auf die Füße kommt. Die Rahmenbedingungen für die Menschen, um Eigentum zu bilden, sind nach wie vor hervorragend. Das Gleiche gilt für den Bereich der Gebäudesanierung. Das ist das Ergebnis einer zweijährigen Arbeit und dieses kann sich sehen lassen. ({5})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Für die CDU/CSU-Fraktion spricht der Kollege Gerhard Schulz.

Gerhard Schulz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002106, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Hilfen der Bundesregierung für die Bauwirtschaft sind so groß, dass sich die Bauwirtschaft neue Feindbilder suchen muss, Ursache und Wirkung verwechselt und Schwierigkeiten auf Feldern sieht, auf denen keine vorhanden sind. Als Vertreter des Ausschusses für Angelegenheiten der neuen Länder möchte ich mich für meine Fraktion kurz auf ein anderes Thema beziehen; denn hier wird eine Diskussion geführt, die unnötig und des Problems unwürdig ist, weil sie von dem eigentlichen Problem ablenkt. Innungen und Kammern aus Hessen und Bayern haben sich mit bitteren Klagebriefen an den Bundeskanzler gewandt, um ihrem Unmut über das „Lohndumping Ost“ Luft zu machen. Sie beschweren sich darüber, dass sie im ehemaligen Zonenrandgebiet durch das Lohndumping in Ostdeutschland in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerieten. Ein Rückblick zur Sache: Nach der Öffnung des europäischen Binnenmarktes im Januar 1993 setzten westdeutsche Bauunternehmen - ich betone: Baukonzerne, nicht die mittelständischen Baubetriebe - auf den ostdeutschen Baustellen billige Arbeitnehmer aus westeuropäischen EU-Ländern ein. Sie traten damit in Konkurrenz zur ostdeutschen Bauwirtschaft, die nach Privatisierung und Reprivatisierung von der Treuhand verpflichtet war, ostdeutsche Bauarbeiter zu beschäftigen, natürlich zu regulären ostdeutschen Tarifen. Im Februar 1996 trat das Arbeitnehmer-Entsendegesetz mit der Regelung des Mindestlohns in Kraft. Zurzeit beträgt der Mindestlohn im Westen 18,87 DM und im Osten 16,60 DM. Ich habe meine Zweifel, dass ein Lohnunterschied von 2,27 DM wirklich die Ursache für die Probleme ist, die die Bauwirtschaft in den entsprechenden Gebieten in Westdeutschland hat. Ich möchte ein plastisches Beispiel geben. In Leipzig gibt es eine große GmbH, die sich zu 100 Prozent im Eigentum der Stadt Leipzig befindet. Diese GmbH ist in der Region der größte Auftraggeber für Wohnungsbau und Wohnungssanierung. Zwischen diesen Unternehmen und westdeutschen Baukonzernen hatte sich ein Beziehungsgeflecht entwickelt, welches dazu führte, dass über Jahre hinweg Bauaufträge in Höhe von Hunderten Millionen DM nicht an die regionale Bauwirtschaft, sondern an diese großen westdeutschen Anbieter vergeben wurden. Es hat drei Jahre gedauert, bis die örtliche Bauwirtschaft genügend Beweise gesammelt hatte, um zu belegen, dass dies so ist, und endlich dem Geschäftsführer dieses Unternehmens - natürlich nach Zahlung einer ordentlichen Abfindung - gekündigt wurde. Es sind westdeutsche Anbieter, die seit 1992/93 bei öffentlichen Ausschreibungen in Ostdeutschland Preise anbieten, die die Möglichkeiten der örtlichen Bauwirtschaft übersteigen. Der vom Bundeskanzler so medienwirksam gerettete Holzmann-Konzern war hierbei ein Vorreiter. Es wurden und werden Preise und Abschläge angeboten, die nur zu realisieren sind, wenn es gelingt, Subunternehmer weit genug zu drücken. Ist dies nicht möglich, nehmen diese Konzerne in Kauf, dass sie ihre Verluste im Osten mit ihren noch vorhandenen Gewinnen im Westen ausgleichen. Die ostdeutsche Bauwirtschaft kann das nicht tun; denn sie hat solche Gewinne nicht. Zwischen 1995 und 1999 schrumpfte die Bauwirtschaft im Osten um 21,7 Prozent. Das ist das Doppelte von dem, um das die Bauwirtschaft im Westen geschrumpft ist. Aus meiner Sicht haben die westdeutschen Firmen - ich betone noch einmal: besonders die Großkonzerne - nur ein Ziel: Marktbereinigung. Es ist nicht meine Absicht, diese Fakten, die einfach einmal genannt werden müssen, wenn man über die Probleme der Bauwirtschaft redet, und die Beschwerden gegeneinander aufzurechnen. Ich verfahre wohlweislich nicht nach dem Motto: Ihr habt es so gemacht und jetzt machen wir es auch so. Aber ein Hinweis muss gestattet sein. Kein einziger Auftragnehmer aus dem Westen hat sich je Gedanken darüber gemacht, dass durch seine Auftragsübernahme die Mitarbeiter eines ostdeutschen Bauunternehmens in Schwierigkeiten geraten; ich betone: niemand. Dabei rede ich nicht von den Verheerungen, die durch die zumeist illegale Beschäftigung von super billigen Arbeitskräften aus Osteuropa entstehen, die nicht von den mittelständischen Bauunternehmern im Osten und nicht von denen im Westen, die in Ostdeutschland tätig sind, initiiert wurden. Die Aktivitäten westdeutscher Bauunternehmer im Osten sind wesentlich stärker als die der ostdeutschen Bauunternehmer im Westen. Es gibt in Sachsen den Spruch - der kommt nicht von irgendwoher -: Bayern bauen in Sachsen, aber Sachsen bauen nicht in Bayern! Das kann nicht daran liegen, dass es beim Mindestlohn einen Unterschied zwischen Ost und West von 2,27 DM gibt. Die tarifgebundenen ostdeutschen Unternehmen haben 69,8 Prozent tarifliche Lohnzusatzkosten. Im Westen sind es 96,8 Prozent. Dass es in den ostdeutschen Tarifverträgen kein 13. Monatseinkommen, keine vermögenswirksamen Leistungen, keine Alters- und Invalidenbeihilfen und keine Ergänzungsbeihilfen für langjährige Betriebszugehörigkeit gibt, liegt am Realismus ostdeutscher Tarifpartner. Ich hoffe, dass sich in absehbarer Zeit hieran nichts ändern wird. Das ist Wettbewerb. Wer sich angesichts einer Krise einen Wettbewerbsvorteil durch Verzicht und Einschränkung verschafft, wird von mir nicht kritisiert, sondern gelobt. ({0}) Ich möchte kein West-Ost-Problem aufmachen. Ich möchte nur ein paar Fakten nennen; denn wenn wir jetzt ein Feld West-Ost aufmachen, dann lenken wir von den eigentlichen Problemen ab. Diese sind woanders. Das, was die Bauwirtschaft in Ost und West braucht, sind Aufträge, auskömmliche Preise und weniger Belastung durch Steuern und Abgaben - und nichts anderes. ({1}) Wenn diese Regierung den Anteil der Investitionen im Haushalt 2001 auf rund 11 Prozent reduziert - zur Information: in Sachsen beträgt er in diesem Jahr 26,5 Prozent -, wenn eine Mietrechtsnovelle durch dieses Haus geprügelt wird, die zukünftige Investoren abschreckt, wenn Straßen- und Schienenwegebau sich auf einem Niveau befinden, das deutlich unter dem notwendigen liegt, wenn Abschreibungsbedingungen so verändert werden, dass sich viele überlegen, ob eine vorgesehene Bauinvestition nicht doch noch verschoben werden sollte und müsste, wenn eine Steuerreform beschlossen wird, die Kapitalgesellschaften und dabei besonders die großen bevorteilt, aber Personengesellschaften und dabei besonders die größeren mittelständischen benachteiligt, dann ist es nicht verwunderlich, wenn die Bautätigkeit zurückgeht und die Bauwirtschaft Probleme bekommt. ({2}) Denen, die sich beklagen, kann ich nur zurufen: Liebe Leute, der Feind sitzt nicht im Osten. Der Feind sitzt auf der Regierungsbank und auf der linken Seite dieses Hauses. Er behindert den Aufschwung bei der Beschäftigung. Schönen Dank für Ihre Geduld. ({3})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Das Wort hat nunmehr der Kollege Peter Rauen, ebenfalls für die Fraktion der CDU/CSU.

Peter Rauen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001783, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Staatssekretär Großmann, Sie haben eben gesagt, wir hätten die Diskussion vor zwei Jahren führen sollen, weil die Branche jetzt aus der Krise herauskomme. Sie wissen, dass ich Sie schätze. Sie wissen auch, dass ich die Branche sehr genau kenne. Ich bitte Sie, dies nicht mehr zu wiederholen, denn die Krise der Bauwirtschaft war noch nie so dramatisch wie jetzt. ({0}) Wovon sprechen wir? Wir haben zurzeit etwa 1 Million Beschäftigte in der Bauwirtschaft. Davon sind 900 000 in Betrieben mit weniger als 200 Mitarbeitern beschäftigt; es handelt sich also um eine zutiefst mittelständisch geprägte Wirtschaft. Wenn einer wie ich 35 Jahre in der Branche tätig ist, dann hat er immer wieder erlebt, dass es Konjunkturhochs und -tiefs gegeben hat. Das stört einen nach 35 Jahren nicht mehr. Aber ich muss Ihnen sagen: Wir haben zurzeit eine Situation, die ausweglos erscheint. ({1}) Ich will Ihnen auch sagen, warum. Ich versuche schon seit Monaten - um meine Stammmannschaft zu halten - unter den Gestehungskosten anzubieten. Ich bekomme trotzdem nicht genügend Arbeit für die Mitarbeiter. ({2}) Das kann man auch nicht lange machen, denn dann geht man ja Bankrott. Viele gehen Bankrott, die nicht das Polster haben, um das noch machen zu können. Ich schaue mir natürlich an, was meine Konkurrenten besser machen, die billiger sind. Ich weiß, dass ich gute und hervorragende Mitarbeiter habe, die hoch produktiv sind. Was machen die anderen anders? Ich stelle plötzlich fest, dass Unternehmerkollegen, die ich seit 20, 30 Jahren kenne, einen Weg gefunden haben, wie sie wirklich billiger anbieten können. Sie haben ganz legal zum Beispiel im Süden Europas Firmen gegründet und arbeiten mit den Mitarbeitern beispielsweise von der iberischen Halbinsel hier und drücken ihren Mittellohn ganz legal auf 30 DM, während ich meinen deutschen Mitarbeitern rund 59 DM Mittellohn zahlen muss. Da habe ich keine Chance mehr. Bei diesem Thema muss uns klar werden - das hat sich schon seit langem aufgebaut und in den letzten drei Jahren enorm beschleunigt -, wovon wir reden. Wenn ich zum Beispiel in Portugal bin, erlebe ich, dass dort ein Bauboom ohnegleichen herrscht: über 5 Prozent, wurde uns gestern von der iberischen Halbinsel berichtet. Ich habe einmal interessehalber dort die Baustellen besucht und habe geschaut, wer denn da arbeitet. Die Portugiesen arbeiten in Frankreich, Luxemburg und hier in Deutschland. Dort arbeiten Marokkaner auf den Baustellen. Das ist Fakt. Schauen Sie sich einmal um, wer hier arbeitet, Herr Großmann! Deshalb habe ich das genannt, nicht aus chauvinistischen Gründen, wie irgend so ein Dummkopf von der linken Seite gerufen hat, ({3}) sondern weil das die Fakten sind. Hier arbeiten unglaublich viele Leute aus Polen, aus Tschechien, aus der Slowakei, aus Ungarn, und zwar völlig legal. Ich spreche jetzt nicht von den illegal Beschäftigten. Ich unterstreiche das, was dazu gesagt wurde, insbesondere von dem Kollegen Maaß. Wir müssen begreifen, dass wir es mit einer Lohnwanderung in Europa zu tun haben. ({4}) Wir müssen begreifen, was es heißt, mit einer Herausforderung umzugehen, auf die wir alle noch keine Antwort haben. ({5}) Wir Politiker halten kluge Reden und sagen: Europäischer Markt bedeutet freien Verkehr von Waren, Kapital und Arbeit. ({6}) - Lassen Sie doch wirklich diesen dummen Zwischenruf, wenn ich hier einmal einen Gedanken entwickeln will, der Ihnen zu denken geben müsste. Es ist wirklich unverschämt, dass Sie hier einen so dummen Zwischenruf machen. ({7}) Wir Politiker sprechen in großen Tönen davon, dass europäischer Markt den freien Verkehr von Waren, Kapital und Arbeit bedeutet. Wir sagen auch: Wenn wir in Europa den Frieden bewahren möchten, dann darf es kein großes Wohlstandsgefälle geben. Jetzt wundern wir uns, dass die Menschen das tun, was wir von ihnen erwarten: Sie versuchen, durch Arbeit - in ganz Europa - zu mehr Wohlstand zu kommen. ({8}) Das ist völlig normal. Wir Deutschen glauben, alles unter besitzstandswahrerischen Gesichtspunkten diskutieren zu können, als wenn wir noch eine Nationalökonomie hätten, als wenn wir auf einer Insel lebten, auf der man sich soziale Dinge leisten kann, die sich kein anderer zu leisten vermag. Es ist wichtig - ich hoffe, der Präsident gestattet mir, noch diesen Punkt anzusprechen -, dass Sie einmal im Einzelnen begreifen, was eigentlich auf dem Bau los ist; Herr Wiesehügel ist Gott sei Dank anwesend. Ab dem 1. April liegt der Lohn von Facharbeitern im Spezialbau bei 27,35 DM. Wenn der Facharbeiter im Monat seine normalen 169 Stunden schafft, dann erhält er 4 622,15 DM brutto. Davon bekommt ein Junggeselle - Steuerklasse I - 2 760,45 DM ausbezahlt; das sind netto 16,33 DM pro Stunde. Eine verheiratete Person - Steuerklasse III - bekommt monatlich 3 351,63 DM ausbezahlt; das sind 19,83 DM. So weit, so gut. Zusätzlich zum Bruttolohn von 4 622,15 DM muss der Arbeitgeber 19,85 Prozent Arbeitgeberanteil für die Sozialversicherungskassen, 19,40 Prozent Arbeitgeberanteil für die Zusatzversorgungskasse und 6,12 Prozent Arbeitgeberanteil für die Berufsgenossenschaft zahlen. Damit liegen die Kosten für den Unternehmer bei 6 719,23 DM im Monat. Das ist nichts anderes als die lohngebundenen Kosten. Dieser Betrag macht mehr als das Doppelte dessen aus, was die Arbeitnehmer netto verdienen. Dazu kommt der Zuschlag für die Soziallöhne in Höhe von 39 Prozent; denn es gibt in keiner Branche so viel bezahlte Nichtarbeit wie in der Bauwirtschaft. Wer einen Tag legal arbeitet, der hat ein Anrecht auf einen halben Tag bezahlte Nichtarbeit. Ich muss meine Mitarbeiter für etwa 280 Tage im Jahr bezahlen und bei einem entsprechenden Schlechtwetteranteil ist nur an 180 Tagen Arbeit geleistet worden. So etwas gibt es auf der Welt kein zweites Mal. Berücksichtigt man zusätzlich den Soziallohn, muss ein Unternehmer für einen Facharbeiter pro Tag 55,25 DM zahlen. Außerdem fallen allgemeine Geschäftskosten, Baustellengemeinkosten und die Mehrwertsteuer an. Ohne dass ein Pfennig Gewinn erzielt worden ist, kostet die Arbeitsstunde 83 DM. ({9}) Man muss vier bis sechs Stunden arbeiten, um sich eine legale Arbeitsstunde leisten zu können. Wir dürfen uns über die Bemühungen, in die Schwarzarbeit auszuweichen, oder darüber, dass man jede Chance nutzt, den Mittellohn durch die Beschäftigung von Subunternehmern zu senken, nicht wundern. Wenn wir die Kernaufgaben, das Steuersystem bzw. die Sozialsysteme kräftig zu reformieren und den Arbeitsmarkt zu deregulieren, statt ihn zu regulieren - wie Sie es jetzt in vielen Fällen tun -, nicht angehen, dann werden wir die Herausforderungen der Zukunft nicht bewältigen. Wir werden erst recht mit der Osterweiterung im Jahre 2004 und der damit verbundenen legalen Vergrößerung des Arbeitsmarktes in Schwierigkeiten geraten. ({10}) Das wollte ich in aller Ruhe sagen. Man wird diesem Thema nicht gerecht, wenn man nur an der Oberfläche kratzt. Deshalb habe ich die Bitte, dass wir darüber vertieft diskutieren.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Herr Kollege Rauen, Sie müssen wirklich zum Schluss kommen. Ich denke, Sie haben Anregungen für die Fortsetzung der Debatte in den Ausschüssen gegeben.

Peter Rauen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001783, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Lieber Herr Präsident, Sie haben mir drei Minuten und sieben Sekunden zusätzlich gewährt. Ich danke Ihnen herzlich, dass Sie mir zugehört haben. Danke schön. ({0})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich gebe jetzt der Parlamentarischen Staatssekretärin Margareta Wolf das Wort. ({0}) - Nein, das ist schon alles in Ordnung. Wenn Sie das einmal nachprüfen, dann werden Sie das feststellen. Die CDU/CSU hat ihr Kontingent voll ausgeschöpft, die Regierung bzw. die Koalition nicht.

Margareta Wolf-Mayer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002831

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Herr Rauen, ich fand Ihren Beitrag nachdenklich. Die Bundesregierung denkt in die Richtung, die Sie angesprochen haben. Das ist unter anderem der Grund, warum der Kanzler morgen das zweite Branchengespräch führt. Ein anderer Grund sind die hohen Lohnnebenkosten, über die Sie ebenfalls gesprochen haben. Wir wollen Strategien entwickeln, um von dem Höchststand, den wir 1998 hatten, herunterzukommen. Wir haben das Ziel, die Lohnnebenkosten auf unter 40 Prozent zu senken. Herr Rauen, Sie haben gesagt, wir müssen gemeinsam handeln und die Situation in Europa zur Kenntnis nehmen. Die Senkung der Lohnnebenkosten ist sicherlich eine wichtige Strategie in diesem Zusammenhang. Ein weiterer wichtiger Punkt, über den wir mit Ihnen in einen Diskurs eintreten wollen und über den wir mit der Bauwirtschaft reden, ist die EU-Osterweiterung. Sie haben die Situation in Tschechien und Polen angesprochen; der slowakische Präsident war hier. Natürlich gibt es gerade in der Bauwirtschaft die Befürchtung, dass durch die EU-Osterweiterung der Lohndruck auf die Betriebe größer wird. Es darf aber keinesfalls sein - Sie haben dies zwar nicht getan; ich will es dennoch erwähnen -, dass man die Freiheitschancen der Menschen in Osteuropa vornehmlich unter dem Gesichtspunkt des Lohndumpings diskutiert. Die Bundesregierung wird in einen Dialog mit den Gewerkschaften und den Arbeitgebern eintreten. Weil wir die Befürchtungen der Menschen und des Handwerks in den Grenzregionen ernst nehmen, hat der Bundeskanzler in Nizza eine Übergangsregelung für die Einschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit bei der EU-Osterweiterung angeregt. Wir werden überprüfen, ob eine Übergangszeit von sieben Jahren ausreicht. Wir wollen die Auslandsaktivitäten des Mittelstandes fördern, Herr Kollege, um Europa ökonomisch weiter zusammenzubringen. Gestern haben wir mit den Bürgschaftsbanken eine Vereinbarung erreicht, um den Liquiditätsspielraum und die Eigenkapitalbasis besonders der Bauunternehmer und des Handwerks zu erweitern. Sie haben heute Nachmittag in der Fragestunde schon darauf abgehoben, dass durch die 5. KWG-Novelle aus dem Jahre 1995 die Situation der kleinen und mittleren Unternehmen verschärft wurde. Ich möchte Ihnen nicht unterstellen, dass Sie die Situation verschärfen wollen. Aber ich würde mich freuen, wenn nicht immer alles so schwarz gesehen werden würde, wenn nicht immer so getan würde, als würden wir uns kurz vor dem Untergang befinden. Angesichts der sehr schwierigen Situation dieser Branche würde ich es für sinnvoll halten, dass wir uns darüber unterhalten, was schon erreicht wurde. Herr Uldall hat heute im Ausschuss gelobt, dass wir einen Konjunkturbericht der Bauindustrie vorgelegt haben, der ausgesprochen objektiv ist ({0}) - so wurde mir berichtet -, ({1}) der eine gute Grundlage für die weitere Arbeit bietet und der die schlechte Situation der Bauwirtschaft zur Kenntnis nimmt. ({2}) - Mit Verlaub, so wurde mir berichtet. ({3}) - Staatssekretär Mosdorf war anwesend. Es erreichen uns Anfragen von kleinen und mittleren Unternehmen des Bau- und Baunebengewerbes, die durch zu erbringende Sicherheitsleistungen - wie zum Beispiel Vertragserfüllungsbürgschaften und Gewährleistungsbürgschaften - zunehmend in ihrem Liquiditätsspielraum eingeschränkt werden. Wegen der besonderen Finanzierungsprobleme der Bauwirtschaft hat das BMWi mit den Bürgschaftsbanken eine Vereinbarung getroffen, durch die ein zusätzliches Bürgschaftsvolumen von 100 Millionen DM für die angesprochenen Avalkredite bereitgestellt wird. Ich würde mir wünschen, dass Sie diese Tatsache einmal hervorheben und dass Sie daran mitarbeiten, das Zehnpunkteprogramm, über das Sie sich heute Nachmittag nur lustig gemacht haben, weiterzuentwickeln. Ich habe von Ihnen in dieser Debatte keinen einzigen konzeptionellen Vorschlag gehört. ({4}) - Sie haben vier Vorschläge gemacht? ({5}) - Entschuldigen Sie bitte, Herr Scherhag, bei Ihrem Beitrag hatte ich - ohne Ihnen zu nahe treten zu wollen - den Eindruck, dass das ein Besinnungsaufsatz war, den man immer wieder vortragen kann. ({6}) Sie reden von der Steuerreform, der Scheinselbstständigkeit usw. - Das greift alles nicht. Das wird zwischen uns immer streitig bleiben, aber selbst die Deutsche Bundesbank sagt, dass wir das Handwerk und den Mittelstand mit der Steuerreform nachhaltig entlasten. ({7}) Sie können immer wieder behaupten, dass dem nicht so sei; dadurch wird es auch nicht besser. ({8}) Ich würde Sie auch bitten, zur Kenntnis zu nehmen, dass wir durch das KfW-Modernisierungs- und -Gebäudesanierungsprogramm Projekte und Forschungsvorhaben zum preiswerten ökologischen Bauen auf den Weg gebracht haben. Lassen Sie mich noch einen weiteren Punkt ansprechen, Herr Scherhag, den wir auch zwischen den Ressorts diskutieren, und zwar zur Verbesserung der Baunachfrage. Ich möchte Sie einladen, in diesen Diskurs mit einzusteigen. Zur Bewältigung des steigenden Verkehrsaufkommens diskutieren wir die Ausweitung der Verkehrsinfrastruktur durch private Finanzierungsmodelle. Der Kollege Goldmann hat vorhin gesagt, dass wir völlig blind seien und diese Debatten nicht führten. ({9}) - Wir führen Diskussionen zwischen den Ressorts über die Schlussfolgerungen der Pällmann-Kommission, Herr Kollege. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis. ({10}) - Wir haben hier eine Aktuelle Stunde, in der ich Ihnen gerade berichte, dass die Ressorts überlegen, wie man die konzediert schlechte Situation in der Bauindustrie beheben kann. Für uns ist das keine Machtfrage, sondern eine mittelstandspolitische und wirtschaftspolitische Frage. ({11}) Lassen Sie mich diesen Aspekt hier doch bitte einbringen. Wir diskutieren über den Bau von Bildungseinrichtungen und anderen öffentlichen Hochbauten. Wir wissen, dass dies zusätzliche Investitionen erfordert. Auch hier könnte, Herr Kollege, private Finanzierung den Investitionsstau auflösen und die öffentlichen Haushalte entlasten. Wir diskutieren darüber, wie man die kommunalen Ausgaben für die maroden Abwassersysteme bewältigen kann. Die hier notwendigen erhöhten Investitionsmittel könnten ebenfalls über private Finanzierung beschafft werden, zum Beispiel über zeitlich befristete Betreibermodelle. Ich kann Sie nur einladen: Führen Sie diesen Diskurs über die Situation der Bauwirtschaft mit uns. Ich denke, der zweite Branchendialog, der morgen anfängt, ist unterstützenswert. Sie wissen alle, dass wir im Osten erst durch die Abschreibungsmodelle in diese Situation gekommen sind und dass wir uns jetzt in einer Marktklärungsphase befinden, die wir politisch flankieren müssen. Danke schön. ({12})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Redekontingent der CDU/ CSU - darauf habe ich hingewiesen - ist ausgeschöpft. Aber die Fraktion beruft sich zu Recht auf Ziffer 6 der Anlage 5 der Geschäftsordnung zur Aktuellen Stunde, wo es heißt: Ergreift ein Mitglied der Bundesregierung, des Bundesrates oder einer ihrer Beauftragten nach Ablauf der vorgeschriebenen Dauer der Aussprache oder in der Aussprache so spät das Wort, dass eine Erwiderung von fünf Minuten nicht mehr möglich ist, so erhält auf Verlangen einer Fraktion oder von anwesenden fünf vom Hundert der Mitglieder des Bundestages erneut je ein Sprecher der Fraktionen das Wort. Bei einer Aussprache auf Verlangen erhält als erster Redner eines der Mitglieder des Bundestages das Wort, die die Aussprache verlangt haben ... Dass ich das vorgelesen habe, muss nicht bedeuten, dass jetzt alle Redner ihre fünf Minuten ausschöpfen, auf keinen Fall sieben Minuten reden. ({0}) Es muss auch nicht bedeuten, dass sich jede Fraktion noch zu Wort meldet. Aber ich weise darauf hin, dass die Fraktionen das Recht haben. Ich gebe das Wort dem Kollegen Gunnar Uldall.

Gunnar Uldall (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002353, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es liegt mir fern, die Debatte jetzt unnötig zu verlängern. Aber weil die Staatssekretärin mich persönlich angesprochen hat, muss ich jetzt doch erwidern. Frau Staatssekretärin, Sie waren ja heute Morgen in der Ausschusssitzung nicht dabei. Sie meinten aber, ich hätte in dieser Ausschusssitzung den Bericht des Wirtschaftsministeriums zur Situation in der Bauwirtschaft und auch die Regierungspolitik gelobt. Ich stelle ausdrücklich fest: Dies ist nicht der Fall gewesen. Das werden Sie, Frau Staatssekretärin, auch leicht erkennen, wenn Sie sich das Protokoll ansehen. Im Gegenteil, ich habe darauf hingewiesen, dass die Bundesregierung in diesem Bericht sehr klar dargelegt hat, wie ernst die Lage der Bauwirtschaft ist. ({0}) Ich möchte Ihnen jetzt noch einmal die Zahlen nennen, die Ihr Haus selbst uns heute Morgen vorgetragen hat. Wir hatten über mehrere Jahre Monat für Monat einen Rückgang des Bauvolumens zu verzeichnen, Frau Staatssekretärin. Die Zahl der Beschäftigten ist nach Ihrer Aufstellung seit dem Jahre 1995 - weiter zurück reicht sie nicht - von 1,4 über 1,3, 1,2 und 1,1 auf 1,0 Millionen zurückgegangen. Das heißt, wir haben in den letzten Jahren einen Rückgang um etwa 40 Prozent zu verzeichnen gehabt. Selbst wenn ich Regierungspolitiker wäre - das wäre ich sehr gerne, Frau Staatssekretärin -, könnte ich doch die Politik, die für diese Entwicklung gesorgt hat, überhaupt nicht loben. Dies muss doch uns alle erschrocken machen. Wir müssen uns deshalb überlegen, was wir besser machen können. Wenn ich jetzt noch zwischen dem früheren Bundesgebiet und den neuen Bundesländern differenziere, dann stelle ich fest, ({1}) dass die Bilanz für das frühere Bundesgebiet außerordentlich schlecht ausfällt und für die neuen Bundesländer bereits einer Katastrophe nahe kommt. Ich kann deshalb gar nicht verstehen, wieso Sie sagen können, dass ich so etwas gelobt hätte. ({2}) Jetzt kommt das Wichtigste: Die Regierung schreibt in Ihrem Bericht, zwischen den alten Ländern und den neuen Ländern hätten sich in den letzten Jahren die Arbeitslosenzahlen in den Bauberufen nahezu gegensätzlich entwickelt. In den alten Ländern habe die Arbeitslosigkeit auf dem Bausektor abgenommen und in den neuen Ländern habe sie zugenommen. ({3}) Nun traue ich den von der Regierung vorgelegten Zahlen immer: Wenn also die Regierung zum einen sagt, dass die Arbeitslosenzahl in den alten Bundesländern abgenommen habe, zum anderen zwei Seiten vorher feststellt, dass das Auftragsvolumen von Jahr zu Jahr massiv zurückgegangen sei, dann kann ich dazu nur sagen, dass dieses unsere Aussage, die wir in den letzten zwei Jahren immer wieder aufgestellt haben, bestätigt, nämlich dass der Rückgang der Arbeitslosigkeit in Deutschland darauf zurückzuführen ist, dass mehr Leute aus Altersgründen aus dem Beruf ausscheiden, als junge Leute auf den Arbeitsmarkt kommen. ({4}) Deswegen bestätigt dieses Papier unsere politischen Aussagen. Ich könnte also vielmehr die Regierung loben, dass sie endlich den Mut gefunden hat, diese für sie so unbequemen Dinge darzustellen und einzuräumen. Wir müssen hieraus eine Konsequenz ziehen; diese lautet: Wir dürfen Politik nicht mit dem Gestalten von symbolhaften Handlungen verwechseln. Gerhard Schröder ist ein Meister symbolhafter Handlungen. Irgendwann wird man aber von der Wirklichkeit eingeholt. Wenn morgen die große Baurunde zusammentritt, dann weiß ich schon jetzt, dass man, nachdem man anderthalb Stunden lang miteinander Kaffee getrunken hat, vor die Fernsehkameras treten und große Erklärungen abgeben wird, sich aber in der Sache überhaupt nichts ändert. Dieses können wir uns angesichts der dramatischen Lage in der Bauwirtschaft nicht länger erlauben. ({5})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Das Wort hat die Kollegin Eichstädt-Bohlig für die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen.

Franziska Eichstädt-Bohlig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002643, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte nur eines richtig stellen: Wer vorhin bei dem Beitrag von Frau Staatssekretärin Margareta Wolf zugehört hat, konnte feststellen, dass sie weniger Sie zitiert hat, als vielmehr die kritische Präzision des Berichtes gelobt und für richtig befunden hat. Sie hat nichts darüber gesagt, wie Sie von der Opposition die Politik beurteilen oder zu sonstigen Dingen stehen. Insofern haben Sie mit Ihrem Redebeitrag eben nichts anderes getan, als die Ausführungen der Frau Staatssekretärin zu bestätigen. Das muss hier noch einmal klargestellt werden, damit keine Missverständnisse im Raum stehen bleiben. Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters Danke schön. ({0})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich sehe keine weiteren Wünsche nach Wortmeldungen mehr. Ich bedanke mich und beende die Aktuelle Stunde. Wir sind am Schluss unserer heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 5. April 2001, 9 Uhr, ein. Ich wünsche Ihnen und auch den Besuchern auf den Tribünen noch einen schönen Tag. Die Sitzung ist geschlossen.