Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 3/14/2001

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Vielen Dank, Frau Bundesministerin. Ich bitte, zunächst Fragen zu stellen, die sich auf den angesprochenen Bereich beziehen. Als erster Fragesteller hat sich der Kollege Gerhard Friedrich gemeldet.

Dr. Gerhard Friedrich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002657, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Bundesministerin, dieses Aktionsprogramm enthält einige Maßnahmen, die schon lange angekündigt worden sind. Wenn ich mit Vertretern der Universität in meiner Heimat spreche, merke ich, dass diese dringend auf die Einschränkung des Hochschullehrerprivilegs im Bereich des Patentrechts warten. Deshalb möchte ich Sie fragen: Was wollen Sie tun, damit Ihre Gesetzesinitiative möglichst schnell beraten und umgesetzt wird? Ist die Bundesregierung bereit, eine von den Ländern Niedersachsen und Baden-Württemberg initiierte Gesetzesinitiative des Bundesrates, die dieser bereits beschlossen hat, zu unterstützen? Haben Sie vor, Ihre angestrebte Gesetzesänderung in das Hochschullehrerdienstrecht einzubinden? Oder besteht die Absicht, die Maßnahme zu verschieben, bis das Gesetz über Arbeitnehmererfindungen insgesamt novelliert wird? Ich hätte dagegen große Bedenken, weil ein solches Vorgehen doch sehr viel Zeit kostet. ({0})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Minister:in)

Politiker ID: 11000305

Herr Friedrich, wir haben vor, die Novellierung des Hochschullehrerprivilegs gegenüber der generellen Novellierung des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen vorzuziehen. Ich teile Ihre Auffassung, dass dies notwendig ist, weil in diesem Bereich ein dringender Handlungsbedarf besteht. Im Übrigen hatten wir uns in der Bund-Länder-Kommission auf Eckpunkte verständigt, bevor der Bundesrat initiativ geworden ist. Das heißt, die Bundesregierung ist auf diesem Feld bereits in Vorleistung getreten. Wir haben diese Eckpunkte jetzt in Gesprächen mit den Ressorts, aber auch durch Anhörungen verschiedener Organisationen verbessert und weiterentwickelt. Ich gehe davon aus, dass wir in Kürze das Hochschullehrerprivileg im Deutschen Bundestag beraten können und freue mich, im Parlament so viel Unterstützung für diese wichtige Novellierung zu finden. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine Frage des Kollegen Dr. Martin Mayer von der CDU/CSUFraktion.

Dr. Martin Mayer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001448, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Bundesministerin, darf ich die Überschrift des Punktes 10 „Ausgründungen aufwerten - Gründungsbeteiligungen unterstützen“, in dem es um die finanzielle Beteiligung an Start-ups geht, so interpretieren, dass Sie eine Änderung, die von Rot-Grün im Steuerrecht vorgenommen worden ist, rückgängig machen wollen? Diese Änderung, die den Start-ups besonders geschadet hat, betraf das Senken der Beteiligungsgrenze, ab der Veräußerungsgewinne von Privatpersonen einkommensteuerpflichtig sind, von 10 Prozent auf 1 Prozent. Dadurch wurden viele Privatleute und auch Businessangels daran gehindert, sich in stärkerem Maße an Start-ups zu beteiligen.

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Minister:in)

Politiker ID: 11000305

Ich möchte zunächst darauf hinweisen, Herr Mayer, dass diese Bundesregierung eine Steuerreform durchgeführt hat, durch die zum ersten Mal seit vielen Jahren sowohl normale Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als auch Unternehmen erheblich entlastet worden sind. Damit wurde die in den jahrelang dauernden Diskussionen immer wieder erhobene Forderung umgesetzt, die steuerliche Belastung deutlich zu verringern. Genau das haben wir gemacht. Die Änderung, die Sie angesprochen haben, ist von den Ländern durchgesetzt worden. Wie Sie als Mitglied des Deutschen Bundestages sehr wohl wissen, sind bestimmte gesetzliche Regelungen zustimmungspflichtig. Die Bundesregierung hatte einen anderen Vorschlag als die Länder gemacht. Die von Ihnen angesprochene Änderung des Steuerrechts war also das Ergebnis, nachdem unsere Vorschläge den Bundesrat passiert hatten. Diese Änderung sah in der Tat so aus, wie Sie sie geschildert haben. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine Zusatzfrage, Kollege Mayer.

Dr. Martin Mayer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001448, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Bundesministerin, ich möchte fragen, welche konkreten steuerlichen Maßnahmen die Bundesregierung bisher im Rahmen der Steuerreform zur Förderung der Start-ups ergriffen hat und welche sie künftig ergreifen möchte.

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Minister:in)

Politiker ID: 11000305

Es gibt mehrere Programme, die jeweils auf einen Abschnitt des Innovationsprozesses abzielen. Es gibt zum einen die Programme, die ich schon vorhin genannt habe und mit denen wir die Existenzausgründungen, also Start-ups aus Forschungseinrichtungen, aber auch aus Hochschulen, unterstützen. Diese Programme zeitigen inzwischen einen sehr guten Erfolg. Sie wissen, dass sich die Zahl der Ausgründungen aus den Forschungseinrichtungen erheblich erhöht hat. Wir wollen durch das Beteiligungsmodell, das ich genannt habe, auch erreichen, dass in noch stärkerem Maße privates Kapital in der Start-up-Phase eingesetzt wird. Diese Programme entwickeln wir gemeinsam mit der KfW, um das vorhandene Know-how entsprechend zu nutzen. Zum anderen gibt es seitens des Wirtschaftsministeriums das Programm BTU. Das Volumen dessen, was im Rahmen dieses Programms für die Start-ups bzw. Neugründungen eingesetzt wird, hat sich in den letzten zwei Jahren verdreifacht. Auch hier gibt es eine Mischfinanzierung aus privatem und öffentlichem Kapital. Ich persönlich glaube, dass es der richtige Weg ist, beide Finanzierungsarten zu nutzen. Des Weiteren gibt es eine Reihe von Beratungsunterstützungsmaßnahmen, mit deren Hilfe das Wissen, das man braucht, um einem Start-up erfolgreich helfen zu können, mobilisiert werden soll. Diese Bundesregierung - diese Bilanz kann ich nach zwei Jahren wirklich ziehen hat inzwischen durch ihre konkreten Entscheidungen, durch ihre Programme, aber auch durch den Ausbau der Forschungsförderung im Bereich der Biotechnologie, in dem wir zum Beispiel durch das Programm „Bio-Profile“ Existenzgründungen unterstützen, in den wichtigen Hightech-Branchen eine Gründungsdynamik erreicht, die sich wirklich sehen lassen kann. Ich möchte nur auf ein Beispiel hinweisen: Deutschland liegt inzwischen bezüglich der Zahl der Unternehmensgründungen in der Biotechnologiebranche europaweit an der Spitze. Das ist das Ergebnis einer ganz klar auf Ausgründung sowie auf Anwendung und Verwertung der Forschungsergebnisse zielenden Politik. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Herr Kollege Mayer, ich möchte erst die anderen Abgeordneten, die sich ebenfalls gemeldet haben, aufrufen. Ich nehme Ihren Namen am Ende der Rednerliste noch einmal auf. Der nächste Fragesteller ist der Kollege Norbert Hauser von der CDU/CSU-Fraktion.

Norbert Hauser (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003141, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Bundesministerin, Sie haben die Frage des Kollegen Mayer nicht beantwortet. Sie sind in keiner Weise auf die Frage nach den zukünftigen Änderungen durch die Steuerreform eingegangen. Ich wäre Ihnen also dankbar, wenn Sie die Frage beantworteten. Ich bin gerne bereit, mein Fragerecht dafür zu nutzen, um die Frage des Kollegen Mayer zu wiederholen. Aber Sie sollten sich schon bemühen, statt den Erfolg von Bio-Regio hier noch einmal darzustellen - wir wissen, dass das ein sehr gutes Programm war -, auf die Fragen der Kollegen zu antworten, denn es heißt „Regierungsbefragung“ und nicht „Regierungsvortrag“. ({0})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Minister:in)

Politiker ID: 11000305

Herr Hauser, ich hatte die Frage von Herrn Mayer bereits beantwortet. Ich habe darauf hingewiesen, dass diese Bundesregierung zum ersten Mal seit vielen Jahren über eine deutliche steuerliche Entlastung von Unternehmen nicht nur diskutiert, sondern sie wirklich durchgeführt hat. ({0}) - Ja, durch die Senkung des Eingangssteuersatzes, der Körperschaftssteuer etc.- Das, was Herr Mayer angesprochen hat, ist von den Bundesländern so festgelegt worden. Normalerweise pflege ich nicht, Fragen in derselben Fragestunde zweimal zu beantworten, aber ich habe vorhin darauf hingewiesen, dass meines Erachtens beides Dr. Martin Mayer ({1}) zusammenkommen muss, also auch die besseren steuerlichen Rahmenbedingungen, die diese Bundesregierung geschaffen hat, um konkret Unternehmensneugründungen aus dem Wissenschaftsbereich heraus zu unterstützen. Private und öffentliche Finanzierung, beides gehört zusammen. ({2})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Herr Hauser, Sie dürfen gern eine Zusatzfrage stellen.

Norbert Hauser (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003141, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich versuche dann einmal herauszufinden, ob es an einer anderen Stelle konkreter wird. Sie haben vorgeschlagen, Patent- und Verwertungsinfrastrukturen zu schaffen. Können Sie uns in etwa darstellen, wann ein solches Netzwerk, von dem Sie sprechen, geschaffen sein soll, welche Mittel dafür eingesetzt werden, wann sie bereitgestellt werden und wo sie im Haushalt eingestellt sind?

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Minister:in)

Politiker ID: 11000305

Wir wollen dieses Programm in diesem Jahr starten. Es soll drei Jahre lang laufen. Wir haben die Mittel dafür im Haushalt im Rahmen der „Zukunftsinitiative Hochschule“ eingesetzt. Was die dafür vorgesehenen Mittel angeht: Für dieses Jahr sind 35 Millionen DM veranschlagt, in den darauf folgenden Jahren sind es dann zunächst wiederum 35 Millionen DM und danach 45 Millionen DM.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Die nächste Frage hat die Kollegin Ulrike Flach von der F.D.P.-Fraktion.

Ulrike Flach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003119, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Ministerin, die F.D.P. ist natürlich sehr davon angetan, dass etwas getan wird, um die Zahl der Patente in diesem Lande zu steigern. ({0}) Damit haben wir auch gar keine Probleme, obwohl wir es natürlich begrüßen würden, wenn Sie endlich auch das damit eng verbandelte Hochschuldienstrecht auf die Schiene bekämen, sodass Sie nicht in die unglückselige Lage geraten müssten, jetzt das Hochschullehrerprivileg vorziehen zu müssen, weil das andere Vorhaben immer noch nicht in den Startlöchern steckt. Aber meine Frage geht in eine ganz andere Richtung. Auf der einen Seite fördern Sie Patente; das ist ja durchaus richtig. Aber was tun Sie denn auf der anderen Seite? Sprechen Sie ab und zu auch einmal mit Ihrer Mitministerin Däubler-Gmelin über die unselige Situation beim Deutschen Patentamt, in dem derzeit 90 000 Patentanmeldungen vor sich hin schlummern und auf ihre Bearbeitung warten, gleichzeitig das Patentamt aber mit der merkwürdigen Situation fertig werden muss, dass dort in diesem Jahr zum ersten Mal Computer eingeführt wurden? Deswegen würde ich mich freuen, wenn Sie mir darstellten, was Sie auf diesem Gebiet tun. ({1})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Minister:in)

Politiker ID: 11000305

Zunächst freue ich mich natürlich, wenn Sie ungeduldig sind. Ich bitte dann allerdings doch, auch die richtigen Vergleiche durchzuführen. Ich habe den Vorschlag für die Neuordnung des Dienstrechts von Bundesseite aus im Herbst des letzten Jahres vorgestellt, nachdem ich vorher eine Kommission mit Experten aus unterschiedlichen Bereichen eingesetzt hatte, die die Vorschläge für die Erneuerung und Modernisierung des Dienstrechts aus ihrer Sicht vorbereiten sollte. Das ist auch geschehen. Diese Expertenkommission hat sehr gute Arbeit geleistet. Die Bundesregierung hat im Gegensatz zu der alten Bundesregierung, die mindestens fünf bis sechs Jahre lang über das bisherige Dienstrecht diskutiert hat, ohne einen Vorschlag zu unterbreiten, knapp ein Vierteljahr gebraucht, um einen Vorschlag vorzulegen. Ich habe jetzt drei Verhandlungsrunden mit den Ländern durchgeführt. Wir sind - das kann ich für meinen Bereich sagen - so weit fertig. Das Dienstrecht enthält ja zwei Bestandteile: einmal die Personalstruktur und zum anderen das Besoldungsrecht. Auch bezogen auf das Besoldungsrecht haben wir die drei Verhandlungsrunden durchgeführt - da sind noch einige Fragen zu klären; dies sind aber Fragen, die zügig geklärt werden können, keine grundsätzlichen Fragen mehr -, sodass Sie ganz sicher davon ausgehen können, dass das neue Dienstrecht, wie ich es immer angekündigt habe, in dieser Legislaturperiode beschlossen wird. Daran gibt es überhaupt keinen Zweifel, weil die Übereinstimmung mit den Ländern in fast allen Punkten so hoch ist, dass wir dies auch in dieser Legislaturperiode entscheiden können. Ich wundere mich - das sage ich ganz offen - über das, was Sie in Ihrem zweiten Punkt angesprochen haben. Ich stimme Ihnen nämlich völlig zu, dass es ein Unding ist, dass das Patentamt erst jetzt mit modernen Computern ausgestattet wird. Ich erinnere nur daran, dass es die alte Bundesregierung offensichtlich über viele Jahre hinweg - denn Computer sind seit mindestens Mitte der 80erJahre in Gebrauch - nicht daran gedacht hat, im Patentamt eine entsprechende technische Infrastruktur aufzubauen. Ich stimme Ihnen durchaus zu, dass dies dringend notwendig ist. ({0}) Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass dies schon Ende der 80er- bzw. Anfang der 90er-Jahre realisiert worden wäre. Viele Probleme, die wir in den 90er-Jahren gehabt haben, wären uns dann nämlich erspart geblieben. Zu dieser Zeit hätten Patente zügiger bearbeitet werden können. Ich bin sehr froh, dass die Justizministerin - übrigens mit meiner Unterstützung - dies nicht nur eingesehen, sondern von vornherein gesagt hat, dass dies ein wichtiges Ziel sei, das erreicht werden müsse, damit die Bearbeitungszeit für Patente verkürzt wird. Lassen Sie mich in dem Zusammenhang noch ein Drittes sagen: Ich bin sehr froh, dass diese Bundesjustizministerin sehr engagiert für die Einführung einer Neuheitsschonfrist auf Europa-Ebene eintritt. Auch dort gibt es ein erhebliches Defizit. Sie sehen: Diese Bundesregierung lehnt sich nicht zurück, sondern arbeitet. ({1})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine Zusatzfrage, Kollegin Flach.

Ulrike Flach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003119, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ich möchte trotzdem um Beantwortung meiner Frage bitten. ({0})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Minister:in)

Politiker ID: 11000305

Die habe ich beantwortet.

Ulrike Flach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003119, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Wie beabsichtigen Sie, die Zahl der 90 000 auf Bearbeitung wartenden Patente zu verringern, und was machen Sie, wenn - so Ihre Meinung viele neue Anträge hinzukommen?

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Minister:in)

Politiker ID: 11000305

Ich habe gerade darauf hingewiesen, dass diese Bundesregierung dabei ist, die technische Infrastruktur, das heißt die Ausstattung des Patentamtes, zu modernisieren. Dies wird zu einer deutlichen Verkürzung der Bearbeitungszeiten führen. Gleichzeitig werden zusätzliche Qualifizierungsmaßnahmen durchgeführt. Das heißt, diese Bundesregierung hat die Ausgangsbasis für die Bearbeitung von Patenten sehr deutlich verbessert. Dies wird im Ergebnis zu einer Verkürzung der Bearbeitungszeiten führen. Parallel dazu kann ich Ihnen noch darstellen, was ich aufseiten des Forschungs- und Bildungsministeriums tue, um die Patentberatung zu verbessern. Ich habe vorhin auf den Aufbau der Patent- und Verwertungsagenturen hingewiesen. Durch unsere Patentberatungsstelle bei der Fraunhofer-Gesellschaft haben wir inzwischen auch eine deutliche Verbesserung erreicht. Wir arbeiten also auf allen dafür notwendigen Ebenen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Als nächstem Fragesteller erteile ich dem Kollegen Rainer Jork von der CDU/CSU-Fraktion das Wort.

Dr. - Ing. Rainer Jork (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001033, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Bundesministerin, ich möchte Sie gern zu Punkt 8 des vorgelegten Papiers befragen. Mich interessiert die dort beschriebene Ausgründungsinitiative. Sie haben vorhin auch ältere Programme genannt und ein neues Förderprogramm angekündigt. Ich frage: Wann wird das angekündigte Förderprogramm zur Unterstützung ausgründungswilliger Wissenschaftler vorliegen? Wie viele Fördermittel werden bereitgestellt? Warum kündigt die Bundesregierung das Förderprogramm nur an und stellt die Maßnahme nicht konkret vor? In Ergänzung zu Ihrem Hinweis, dass es spezielle Initiativen für die neuen Bundesländer gibt, möchte ich fragen, ob die dortige Situation - besonders hohe Arbeitslosigkeit und damit einhergehend ein besonderer Bedarf an Ausgründung - berücksichtigt worden ist bzw. wird.

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Minister:in)

Politiker ID: 11000305

Herr Jork, ich möchte Sie zunächst korrigieren: Ich habe auf das Programm „Bio-Profile“ hingewiesen, das - ich bitte zu entschuldigen, wenn ich es nicht ganz genau sagen kann -, vor etwas mehr als einem Jahr aufgelegt worden ist. Auf die Ausgründungsoffensive bezogen möchte ich sagen: Das Programm EXIST-SEED - auf das ich mich eben bezogen habe - wurde im letzten Jahr gestartet. Das Programm EXIST läuft ebenfalls bereits. Darüber hinaus werden wir dieses Programm, das zunächst regional angelegt war, bundesweit anbieten. Die Bekanntmachung der neuen Förderrichtlinie ist für das zweite Quartal 2001 vorgesehen. Ich gehe davon aus, dass wir in diesem Jahr mit den neuen Formen der Beteiligung von privatem Kapital an Ausgründungen aus den HGF-Zentren starten können. Zu Ihrer Frage, ob wir ein spezielles Programm für die neuen Bundesländer vorgesehen haben: Ja, es handelt sich um das von mir vorhin genannte Programm „Regionale Wachstumskerne in den neuen Bundesländern“. Damit wollen wir dort, auf den vorhandenen - auch wirtschaftlichen - Kompetenzen aufbauend, Neugründungen unterstützen. Wir haben also ein Programm speziell für die neuen Bundesländer vorgesehen. Herr Hauser, in Bezug auf Ihre Frage möchte ich eine Korrektur vornehmen. Die korrekten Summen für die Patent- und Verwertungsagenturen liegen bei 30 Millionen DM, 30 Millionen DM und 45 Millionen DM. ({0}) - Leider ist es nicht so. Aber ich sage Ihnen ganz offen: Dieses Geld ist sinnvoll investiert.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Kollege Jork, eine Zusatzfrage.

Dr. - Ing. Rainer Jork (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001033, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Unter Bezugnahme auf meine vorherige Frage möchte ich ergänzend Folgendes sagen: Ich entnehme Ihrer Antwort, dass - das ist sehr begrüßenswert - eine Fortführung von Programmen wie EXIST vorgesehen ist. Nun ist ein neues Programm angekündigt. Welche neuen Fördermittel sind dafür vorgesehen? Werden da - eine Antwort darauf wollte ich mit meiner Frage erreichen - besonders die neuen Bundesländer bedacht? Oder sind die neuen Bundesländer „bloß“ - ich sage das in Anführungsstrichen Teil des von Ihnen eben genannten Programms?

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Minister:in)

Politiker ID: 11000305

Herr Jork, das von mir zuletzt genannte Programm gilt speziell für die neuen Bundesländer. Das Programm EXIST wird für ganz Deutschland infrage kommen. Die entsprechende Ausschreibung wird im zweiten Quartal des Jahres 2001 durchgeführt werden. Über die Förderung wird dann in einem Wettbewerbsverfahren entschieden, wie es von der Sache her sinnvoll ist. ({0}) Das Programm „Regionale Wachstumskerne“ gilt nur für die neuen Bundesländer. Es hat in diesem Jahr, im nächsten Jahr und im übernächsten Jahr ein Volumen von 50 Millionen DM.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Das Recht zu einer Frage hat jetzt der Kollege Dr. Ernst Rossmann von der SPD-Fraktion.

Dr. Ernst Dieter Rossmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003211, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Ministerin, Sie sprachen die Initiative für Patent- und Verwertungsagenturen positiv an. Aus Berichten weiß man, dass es so etwas schon gibt. In Baden-Württemberg spricht man teilweise von Anlaufzeiten bis zu zehn Jahren. Sie fassen eine Anschubförderung über drei Jahre ins Auge. Mit welcher Struktur wollen Sie sicherstellen, dass die Patent- und Verwertungsagenturen nach drei Jahren finanziell auf eigenen Füßen stehen? Was ist der Unterschied zwischen Ihrem Modell und den schon in der Praxis befindlichen Modellen? Gibt es so etwas wie einen Länderschlüssel, um die unterschiedlichen Initiativen der Länder - sie sind bereits jetzt vorhanden - auszugleichen? Unter den Ziffern 25 und 26 des vorgelegten Papiers sprechen Sie die akademische Weiterbildung an, speziell den Qualifizierungsverbund. Können Sie etwas zu dem Finanzvolumen sagen, mit dem Sie in diesem Bereich einsteigen wollen?

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Minister:in)

Politiker ID: 11000305

Zu Ihrer ersten Frage. Wir haben aus den Erfahrungen mit regionalen Strukturen durchaus Konsequenzen gezogen. Man kann auch sagen: Wir haben daraus gelernt. Ein Problem der bisherigen Ansätze besteht darin, dass die an vielen Hochschulen vorhandenen Technologietransferstellen für das gesamte - breite - Spektrum von unterschiedlichen Technologien zuständig sind, obwohl ihre personelle Ausstattung dafür nicht entsprechend groß ist. Es macht einen großen Unterschied, ob man ein Forschungsergebnis aus dem Bereich Biotechnologie bzw. Genomforschung - man hat ganz andere Ansprechpartner - oder ein Forschungsergebnis aus dem Bereich Maschinenbau verwertet. Das ist von einer einzigen Technologietransferstelle schwer zu bewältigen. Deshalb haben wir unseren Ansatz so gewählt, dass sich unterschiedliche Universitäten zusammenschließen können, um zum Beispiel für ein bestimmtes Technologiefeld eine Verwertungsagentur aufzubauen, sodass sich unterschiedliche Hochschulen, aber auch unterschiedliche Forschungsinstitutionen zusammenschließen können, um - ich sage auch das beispielhaft - für das Feld der Biotechnologie Verwertung zu betreiben. Wir wollen allerdings eine leichte Öffnung vornehmen. Wir wollen unser Vorgehen nicht nur auf branchenbezogene oder forschungsbereichbezogene Alternativen einschränken; vielmehr wollen wir auch die Möglichkeit regionaler Verwertungsstrukturen schaffen.Wir wollen ferner anbieten, dass dieses auch in Kooperation beispielsweise mit privaten Verwertungsagenturen möglich ist. Unsere Zielsetzung ist nämlich, durch diese Anschubfinanzierung mittelfristig zu erreichen, dass Agenturen entstehen, die sich aus ihren eigenen Einnahmen selber refinanzieren können, weil sie an dem Ertrag aus Lizenzen beteiligt werden. Dieser Ansatz hat sich in anderen Ländern durchaus als erfolgversprechend gezeigt. Deshalb haben auch wir ihn gewählt. Die Mittel im Rahmen dieses Programms werden in einem Wettbewerbsverfahren vergeben werden. Es ist kein Bund-Länder-Programm, sondern ein reines Bundesprogramm. Demzufolge gibt es auch keinen Bund-LänderSchlüssel. Die Verbünde müssen vielmehr durch die Qualität ihres Antrages, in dem sie ihre Zielsetzung erläutern, und durch eine Beschreibung, wie man zu einer dauerhaften Implementierung dieser Strukturen kommen kann, überzeugen. Auf dieser Basis wird entschieden. Die besten Anträge werden ausgewählt und entsprechend gefördert. Zum Innovationsmanagement und zur Qualifikation: Wir richten uns zum einen an diejenigen, die im Rahmen der beruflichen Ausbildung ausgebildet werden. Zum Beispiel sollte Innovationsmanagement in Zukunft ein Bestandteil der Meisterausbildung sein und auch innerhalb der Meisterförderung finanziert werden. Mir ist aber genauso wichtig, dass es zum anderen auch an den Hochschulen entsprechende Angebote gibt. Ich kann als Bundesministerin die Hochschulen nicht dazu zwingen, entsprechende Studienangebote anzubieten. Aber ich denke, dass man die Zielsetzung eines solchen Programms deutlich beschreiben sollte. Die Zielsetzung ist, durch die Bündelung von verschiedenen Initiativen, Maßnahmen und Programmen, die wir haben, eine schnellere Anwendung der Forschungsergebnisse zu erreichen. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass unser Wissen und unsere hervorragenden Forschungsergebnisse genutzt werden, damit sowohl Arbeitsplätze entstehen und gesichert werden, als auch unsere wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit gestärkt wird.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Aus Zeitgründen kann ich nur noch eine Frage zulassen. Das Fragerecht hat die Kollegin Maritta Böttcher von der PDSFraktion.

Maritta Böttcher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002631, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Frau Ministerin, ich möchte an Ihre letzte Bemerkung anknüpfen. Wir sind uns sicherlich einig, dass die Beziehung zwischen Wissenschaft und Wirtschaft sehr notwendig und wichtig ist. Es stellt sich mir aber die Frage, welchen Stellenwert die Öffnung der Wissenschaft für die Gesamtgesellschaft, also auch jenseits von unmittelbaren Verwertungs- und Profitinteressen, hat. Ich möchte Sie deshalb fragen: Sollte nicht die Zusammenarbeit mit den nicht kommerziellen Nachfragern wissenschaftlicher Erkenntnisse intensiviert werden? Ich meine hier vor allem Kommunen, Verbände, Gewerkschaften, soziale Bewegungen und gemeinnützige Projekte.

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Minister:in)

Politiker ID: 11000305

Vorweg möchte ich einen Aspekt deutlich machen: Die Kompetenzoffensive, in die wir jährlich 35 Millionen DM investieren, ist ein Programm, das in einem sehr hohen Maße gerade Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern - unabhängig davon, ob sie in einer Forschungseinrichtung oder in einem Unternehmen tätig sind - zugute kommt. Damit unterstützen wir die Qualifikation von Mitarbeitern, die sie gerade heute benötigen und die zu einer verbesserten Innovationsfähigkeit führt. Zu Ihrer generellen Frage: Das Programm „Wissen schafft Märkte“ ist ein Programm, das von BMWi und BMBF gemeinsam erarbeitet wurde und das ich Ihnen heute vorgestellt habe. Wir haben seitens dieser Bundesregierung insgesamt die Ausgaben für Forschung und Entwicklung für ganz unterschiedliche Anwendungsbereiche in den letzten zwei Jahren erheblich gesteigert, nämlich um rund 2,5 Milliarden DM. Wir haben zum Beispiel auch die Ausgaben für die Förderung der Grundlagenforschung und für die Förderung im Bereich der Vorsorgeforschung gesteigert. Ich will in diesem Zusammenhang nur auf das Programm Gesundheitsforschung hinweisen, das ich im letzten Winter vorgestellt habe. Wir setzen diese Mittel ein, um zu erreichen, dass sich die Lebensqualität insgesamt durch Forschung verbessert. Dazu gehören alle Bereiche, sowohl der Bereich der Vorsorgeforschung als auch jener der Gesundheitsforschung oder jener der Umweltforschung. Dazu gehört ebenso die Grundlagenforschung; denn ohne eine exzellente Grundlagenforschung können wir keine neuen Produkte entwickeln. Dazu gehört aber eben auch, dafür Sorge zu tragen, dass eine bessere Verwertung von Forschungsergebnissen möglich wird und diese wiederum zu einer schnelleren Verbesserung von Lebensqualität führt. Dazu gehört sicherlich ebenfalls - auch das ist ein Punkt, der eine hohe gesamtgesellschaftliche Verantwortung beinhaltet -, dass wir durch diese Maßnahmen erreichen wollen, dass in diesem Land Arbeitsplätze gesichert und neue Arbeitsplätze geschaffen werden.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Vielen Dank, Frau Bundesministerin. - Ich kann jetzt keine Frage mehr zulassen, denn wir haben die Zeit schon überschritten. Ich beende den Bereich der Themen der heutigen Kabinettssitzung. Zu einer Frage, die über diesen Themenbereich hinausgeht, hat sich der Kollege Jürgen Koppelin gemeldet. - Herr Koppelin, bitte schön.

Dr. h. c. Jürgen Koppelin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001180, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ich hätte es natürlich gern gesehen, wenn ein Vertreter des Gesundheitsministeriums anwesend gewesen wäre, den man hätte direkt fragen können. Nun muss ich Herrn Staatsminister Bury fragen. Herr Staatsminister, da wir in diesen Tagen und gerade heute wieder lesen, dass im Gesundheitsministerium mehrere Spitzenbeamte entlassen worden sind, darf ich fragen: Hat das in der Bundesregierung inzwischen eine Rolle gespielt, zumal der Koalitionspartner Bündnis 90/Die Grünen sogar von Säuberungen in diesem Ministerium gesprochen hat? Ich kann mir nur vorstellen, dass jemand entlassen wird, der für seinen Job nicht qualifiziert ist. Oder gibt es auch noch andere Gründe, warum jemand entlassen werden könnte? Gibt es bereits Nachfolger der Entlassenen im Gesundheitsministerium?

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Herr Staatsminister Bury, bitte.

Not found (Gast)

Herr Kollege Koppelin, das Thema hat in der heutigen Kabinettssitzung keine Rolle gespielt. Ich kann Ihnen deshalb auch zu einzelnen Personalentscheidungen im Bundesministerium für Gesundheit keine Auskunft geben.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage, Herr Kollege Koppelin.

Dr. h. c. Jürgen Koppelin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001180, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatsminister, es kann Sie doch nicht zufrieden stellen, wenn der Koalitionspartner von Säuberungen in einem Ministerium spricht. Das muss im Kanzleramt eine Rolle spielen. Es sind doch Verstimmungen aufgetreten. ({0}) Ich will Ihnen jetzt nicht alles vorlesen, was ich in diversen Zeitungen gelesen habe. Ich frage Sie als Staatsminister dieser Bundesregierung also noch einmal, wie das aussieht: Kann auch jemand entlassen werden, der sehr qualifiziert ist - wie zum Beispiel Bündnis 90/Die Grünen sagen -, und welche anderen Gründe außer mangelnder Qualifikation gibt es, warum jemand entlassen wird? Das müssten Sie als Staatsminister doch wissen.

Not found (Gast)

Die Äußerungen, auf die Sie sich beziehen, Herr Kollege Koppelin, sind mir nicht bekannt. ({0}) Wie Sie wissen - wir hatten das Spiel verschiedentlich -, pflege ich an dieser Stelle auch nicht Presseveröffentlichungen zu kommentieren. ({1})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Gibt es eine weitere Frage an die Bundesregierung, die über den Themenbereich der Kabinettssitzung hinausgeht? - Das ist nicht der Fall. Dann beende ich die Befragung der Bundesregierung. Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf: Fragestunde - Drucksache 14/5500 Zunächst haben wir zwei Fragen zu behandeln, die in der Fragestunde der letzten Woche nicht beantwortet werden konnten, weil die Staatssekretärin Margareta Wolf nicht mehr anwesend sein konnte.Die Fragen 26 und 27 ({0}) wurden als Anlage 2 des Stenographischen Berichts der 156. Sitzung abgedruckt. Sie ist aber jetzt anwesend. Ich rufe Frage 28 des Abgeordneten Dr. Martin Mayer ({1}) auf: Welche Bedeutung misst die Bundesregierung der Flat Rate, das heisst einer Monatspauschale für den Internetzugang einschließlich Telefongebühren, für die Förderung der Internetnutzung durch junge Leute mit schmalem Geldbeutel bei? Bitte, Frau Wolf.

Margareta Wolf-Mayer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002831

Herr Mayer, vorab möchte ich mich bei Ihnen für die Geduld bedanken, die Sie in der letzten Sitzungswoche aufgebracht haben. Ich musste zum Flieger; die Debatte hatte sich ja etwas verzögert. Aber wir haben darüber telefoniert. Ich beantworte Ihre Frage 28 wie folgt: Sie wissen, dass die Bundesregierung im vergangenen Sommer ein umfangreiches Aktionsprogramm für Wachstum und Beschäftigung im Informationszeitalter verabschiedet hat. Die Förderung des Internets und insbesondere die Nutzung dieses Mediums durch junge Menschen sind für die Bundesregierung - das kann man auch diesem Programm entnehmen - ein Anliegen von absolut höchster Priorität. Mit der Initiative „Schulen ans Netz“ leistet die Bundesregierung einen weiteren wichtigen Beitrag, um Schüler und Jugendliche an die Nutzung des Internets heranzuführen. Mittlerweile verfügen 33 000 der insgesamt 36 000 Schulen in Deutschland über einen Internetanschluss. Wir teilen auch die Auffassung, die Sie in Ihrer Frage insinuieren, dass gerade mit Blick auf die begrenzten Budgets jugendlicher Internetnutzer preisgünstigen Angeboten eine wichtige Rolle bei der weiteren Durchdringung dieser Nutzerschicht zukommt. Schon heute - so glauben wir - können Jugendliche auf mehrere attraktive Alternativen zurückgreifen. So weist beispielsweise der deutsche Markt die niedrigsten minutengetakteten Internetzugangstarife aus. Konkret bedeutet dies, dass hierzulande 30 bis 40 Stunden Internetnutzung - das ist die durchschnittliche Nutzungszeit von Flat-Rate-Nutzern in den Vereinigten Staaten oder in Großbritannien - günstiger als in diesen Ländern ist. Minutenbasierte Tarife sind im vergangenen Jahr um bis zu 60 Prozent gesunken und zählen heute europaweit zu den niedrigsten. Darüber hinaus bestehen für Schüler spezielle Angebote, die beispielsweise 80 Stunden Internetnutzung für monatlich 20 DM ermöglichen. Mittlerweile - das ist ebenfalls bekannt - gibt es in Deutschland auch zahlreiche Flat-Rate-Angebote. Ein bundesweit tätiger Anbieter ermöglicht den zeitlich unbegrenzten Internetzugang für monatlich unter 80 DM, andere Anbieter bieten sogar noch günstigere Pauschaltarife an. Des Weiteren sind DSL-Angebote am Markt, die nach einer für den britischen Regulierer erstellten Studie in Deutschland günstiger als etwa in Frankreich, dem Vereinigten Königreich oder den Vereinigten Staaten sind. Insbesondere für so genannte Power User, die das Internet täglich zu verschiedenen Tageszeiten für mehrere Stunden nutzen wollen, stellen DSL-Angebote eine Alternative zur Schmalband-Flat-Rate dar. Allerdings ist zu konstatieren, dass DSL-Angebote derzeit noch nicht überall verfügbar sind. Die Bundesregierung erwartet aber einen raschen Ausbau der DSL-Angebote der verschiedenen Anbieter und nach dem angekündigten vollständigen Verkauf der Breitbandkabelnetze durch die Deutsche Telekom in absehbarer Zeit weitere bundesweite Angebote für den Hochgeschwindigkeitsinternetzugang auf Flat-Rate-Basis.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage, Kollege Mayer.

Dr. Martin Mayer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001448, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, teilen Sie die Auffassung, dass eine echte Flat Rate, also eine echte Monatspauschale, für den Internetzugang in Deutschland nur in ganz wenigen Ausnahmefällen zu einem kostengünstigen Preis verfügbar ist und dass die Tatsache, dass die Bundesregierung der Regulierungsbehörde im Falle der Post eine Anweisung erteilt hat, im Falle der Telekommunikation aber bisher untätig geblieben ist, darauf schließen lässt, dass die Flat Rate für die Bundesregierung doch kein so großes Anliegen ist?

Margareta Wolf-Mayer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002831

Herr Kollege Mayer, ich teile Ihre Einschätzung nicht. Sie wissen, dass die Regulierungsbehörde am 15. November 2000 eine Entscheidung getroffen hat, wonach die Deutsche Telekom verpflichtet ist, bis Anfang Februar den Wettbewerbern eine Vorleistungs-Flat-Rate zu gewähren. Online-DiensteAnbieter erhalten eine verbesserte Kalkulationsgrundlage für das Angebot preiswerter monatlicher Pauschaltarife an Kunden mit schmalbandigem Internetzugang. Die Bundesregierung hat die Entscheidung der Regulierungsbehörde begrüßt. Sie hat sie für notwendig gehalten, um die hohe Wettbewerbsintensität am deutschen Internetmarkt zu sichern. Wir glauben auch, dass diese Entscheidung dazu beitragen wird, dass die große Wachstumsdynamik - das zeigen auch die Zahlenvergleiche mit anderen Ländern - bei der Internetnutzung weiter verstärkt wird, die führende Position Deutschlands in Europa ausgebaut und der Abstand zu den USA rasch aufgeholt wird.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Weitere Zusatzfrage.

Dr. Martin Mayer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001448, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, ist Ihnen bekannt, dass die Deutsche Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms Telekom AG kurz nach dem Angebot der GroßhandelsFlat-Rate ihr eigenes echtes Flat-Rate-Angebot zurückgezogen hat, und teilen Sie meine Auffassung, dass damit die Aussage des Bundeskanzlers vom 11. Februar vorigen Jahres, es werde eine Full Flat Rate unter 100 DM geben, desavouiert ist?

Margareta Wolf-Mayer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002831

Herr Kollege, ich teile Ihre Einschätzung nicht. Ich glaube, dass die bisherige Entwicklung nahe legt, dass wir auch zukünftig der Wettbewerbsdynamik in diesem Markt vertrauen können. Sollte sich herausstellen, dass das nicht der Fall ist, werden wir uns mit der Regulierungsbehörde ins Benehmen setzen. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Sie haben nur zwei Zusatzfragen. ({0}) - Nein, nur auf Frage 28. Die Frage 29 kommt noch. Herr Kollege Tauss hat eine weitere Frage.

Jörg Tauss (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002813, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Eine Zusatzfrage in dem Zusammenhang, Frau Staatssekretärin. Würden Sie mir, nachdem diese Woche aller Voraussicht nach das Oberverwaltungsgericht die Klage der Telekom bescheiden wird, nochmals bestätigen, dass zu erwarten ist, nicht nur dass die Bundesregierung an ihrem Ziel festhält, auch künftig ihren Beitrag zu einer preiswerten Zugangsmöglichkeit zum Internet zu leisten, sondern dass sie im Lichte dieser Ereignisse und dieser Urteile nochmals prüfen wird, welche Möglichkeiten es gibt, das Ziel eines preiswerten Internetzugangs auch in Deutschland zu realisieren, sofern die Telekom nicht von sich aus die geeigneten Schritte dazu ergreifen sollte?

Margareta Wolf-Mayer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002831

Herr Kollege Tauss, ich stimme Ihnen von Anfang bis Ende Ihres Redebeitrages zu, möchte dazu aber noch Folgendes sagen: Ich finde es erstaunlich, in welchem Maße sich der Grad der Durchdringung mit Internetzugängen in den letzten zwei Jahren entwickelt hat, sodass der Unterton, der in Ihrer Frage mitschwang, von mir nicht in vollem Umfang geteilt werden kann. ({0}) - Untertöne sind immer klasse.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Dann kommen wir zu der in der letzten Woche offen gebliebenen Frage 29 des Kollegen Martin Mayer ({0}). Welche Maßnahmen will die Bundesregierung ergreifen, damit in Deutschland bald flächendeckend eine erschwingliche echte Flat Rate, das heißt eine Monatspauschale für den Internetzugang einschließlich Telefongebühren, angeboten wird?

Margareta Wolf-Mayer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002831

Herr Kollege Mayer, ich beantworte im Namen der Bundesregierung Ihre Frage wie folgt: Die Regulierungsbehörde hat am 15. November 2000 die Deutsche Telekom verpflichtet - ich habe vorhin schon darauf hingewiesen -, Online-Dienste-Anbietern eine so genannte Vorleistungs-Flat-Rate anzubieten, die diesen wiederum die Ein- bzw. Weiterführung von Endkunden-Flat-Rates ermöglicht. Die Bundesregierung hat diese Entscheidung begrüßt und geht davon aus, dass sich die Deutsche Telekom und Wettbewerber auf der Basis dieser Vorgabe einigen werden. Sollte dies nicht der Fall sein - auch darauf habe ich schon hingewiesen -, muss sich die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post gegebenenfalls ein weiteres Mal einschalten. Es gibt in Deutschland flächendeckend Flat-Rate-Angebote für die Internetnutzung. Insoweit sind weitere Maßnahmen seitens der Bundesregierung im Moment nicht geplant. Insbesondere ist nicht an direkte oder indirekte Subventionsmaßnahmen für schmalbandige Internetzugänge gedacht, zumal hierdurch der oben beschriebene Aufbau von zum traditionellen Telefonnetz alternativen Infrastrukturen wie DSL oder Breitbandkabel konterkariert werden könnte.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage, Kollege Mayer.

Dr. Martin Mayer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001448, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, darf ich aus der Tatsache, dass die Bundesregierung die Flat Rate, also die Monatspauschale für den Internetzugang, sowohl durch den Bundeskanzler - wie schon erwähnt - als auch durch den Staatsminister im Bundeskanzleramt Bury ankündigen ließ, und daraus, dass es in Deutschland noch lange keine flächendeckende Flat Rate geben wird, schließen, dass die Bundesregierung dieses Ziel nicht mit Nachdruck verfolgt oder erfolglos ist?

Margareta Wolf-Mayer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002831

Herr Kollege Mayer, das können Sie daraus nicht schließen. Ich möchte Sie bitten, sich an die Frage des Kollegen Tauss zu erinnern. Er hat auf das zu erwartende Urteil hingewiesen. Ich glaube, man kann der Bundesregierung mitnichten unterstellen, dass sie kein Interesse daran hätte, eine flächendeckende Internetdurchdringung nicht nur bei jungen Leuten, sondern auch in der Wirtschaft zu erreichen. Wir werden vielmehr alles in unserer Macht Stehende tun, damit dieses auch geschieht.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Weitere Zusatzfrage, Kollege Mayer. Dr. Martin Mayer ({0})

Dr. Martin Mayer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001448, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, darf ich aus einer Agenturmeldung über eine Aussage des Bundeskanzlers anlässlich des Gipfels in Lissabon, es sei eines seiner Ziele, in der Union möglichst rasch zu sehr preisgünstigen, gegen null gehenden Gebühren beim Internetanschluss zu kommen, und aus der gegenwärtigen Lage in Deutschland, dass dies eben noch nicht verwirklicht ist, schließen, dass man auf die Aussagen des Herrn Bundeskanzlers keine allzu hohen Wetten abschließen sollte? ({0})

Margareta Wolf-Mayer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002831

Verehrter Herr Kollege Mayer, das würde ich daraus nie und nimmer schließen. Ich habe Ihnen vorhin in den Antworten auf die beiden an mich gerichteten Fragen die Ländervergleiche verdeutlicht. Wir liegen europaweit vorn, nicht nur was die niedrigen Kosten angeht. Wir haben erstens die niedrigste Flat Rate. Wir haben zweitens in Deutschland die umfassendste Durchdringung mit Internetzugängen. Wir haben in den letzten zwei Jahren sehr aufgeholt, sodass man vor dem Hintergrund der verschiedensten Initiativen der Bundesregierung und auch des Kanzleramtes, zum Beispiel von D 21, sagen kann: Diese Bundesregierung kümmert sich wirklich darum, dass wir für die Informationsgesellschaft fit werden. Wir sind schon heute auf dem besten Wege. Erlauben Sie mir eine Zusatzbemerkung, die vielleicht nicht besonders sachlich ist, aber sehr viel aussagt über das, was versäumt worden ist: In der Vergangenheit hat man Datenautobahnen eher in die Zuständigkeit des Verkehrsministers verwiesen; Sie werden sich noch an die legendäre Talkshow von 1997 erinnern. Wenn man den Debattenstand von damals mit unserem Debatten- und Sachstand von heute vergleicht, kann man mit Fug und Recht sagen, dass wir auf einem sehr guten Wege sind und sehr viel aufgeholt haben.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Gibt es in diesem Zusammenhang weitere Zusatzfragen? - Das ist nicht der Fall. Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. Bitte bleiben Sie aber hier; denn Ihr Geschäftsbereich wird noch einmal aufgerufen. Wir kommen jetzt zu den Fragen dieser Woche und beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Wolf-Michael Catenhusen zur Verfügung. Ich rufe die Frage 1 des Kollegen Norbert Hauser ({0}) auf: Trifft es zu, dass die Gesellschafteranteile der GMD Forschungszentrum Informationstechnik GmbH Anfang April 2001 auf die Fraunhofer-Gesellschaft e. V. ({1}) übertragen werden sollen, und plant die Bundesregierung, diesbezüglich gemäß § 65 Abs. 7 Bundeshaushaltsordnung die Einwilligung von Bundestag und Bundesrat einzuholen?

Wolf Michael Catenhusen (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000326

Herr Kollege Hauser, auf Ihre erste Frage möchte ich Ihnen antworten, dass es bei diesem Übergang der Gesellschaftsanteile einer gesonderten Einwilligung nach § 65 Abs. 7 Bundeshaushaltsordnung nicht bedarf. Denn im Haushaltsplan 2001 wurde in Einzelplan 30 ein Leertitel mit einem Haushaltsvermerk aufgenommen, der die Übertragung der Gesellschaftsanteile des Bundes an der GMD auf die FhG zulässt. § 65 Abs. 7 Bundeshaushaltsordnung sieht eine gesonderte Einwilligung des Bundestages und des Bundesrates nur für den Fall vor, dass die Veräußerung eines Unternehmens nicht im Haushaltsplan vorgesehen ist. Die Vertragsverhandlungen für die Übertragung der Gesellschaftsanteile der GMD Forschungszentrum Informationstechnik GmbH auf die Fraunhofer-Gesellschaft, FhG, sind abgeschlossen. In seiner Sitzung am 25. Januar 2001 hat der zuständige Bund-Länder-Ausschuss Fraunhofer-Gesellschaft der Zusammenführung der Einrichtungen zugestimmt und die finanziellen Rahmenbedingungen hierfür geschaffen. Die Gesellschafter der GMD und die FhG haben sich darauf verständigt, den Übertragungsvertrag im April zu unterzeichnen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Hauser? - Bitte schön.

Norbert Hauser (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003141, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist es zutreffend, dass die Projektträger „Fachinformation“, Darmstadt, und „Neue Medien in der Bildung“ in Sankt Augustin-Birlinghoven in das DLR eingegliedert werden sollen?

Wolf Michael Catenhusen (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000326

Das kann ich Ihnen heute nicht bestätigen. Aber es gibt darüber Gespräche.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine weitere Zusatzfrage? - Bitte.

Norbert Hauser (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003141, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist es zutreffend, dass das Hahn-Meitner-Institut ebenfalls in den IuK-Verbund der FhG eingegliedert werden soll und wie soll, wenn das so ist, die Finanzierung aussehen? Denn dann wären ja zusätzliche Mittel notwendig, weil ein weiteres Institut in den Verbund hineinkäme.

Wolf Michael Catenhusen (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000326

Das kann ich auf jeden Fall dementieren. Denn das HahnMeitner-Institut betreibt einen Forschungsreaktor. Einen sachlichen Zusammenhang zwischen einer Forschungseinrichtung, die einen Forschungsreaktor betreibt, und der GMD sehen wir nun weiß Gott nicht. Aber vielleicht hatten Sie ja auch etwas anderes gemeint.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Gibt es Zusatzfragen von anderen Kollegen? - Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Frage 2 des Kollegen Norbert Hauser ({0}): Wurden im Zuge der Fusion Verhandlungen zum Interessenausgleich mit den zuständigen Betriebsräten der GMD geführt und welche arbeitsrechtlichen Gerichtsverfahren sind wegen der Fusion von GMD und FhG anhängig?

Wolf Michael Catenhusen (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000326

Auf Ihre Frage möchte ich Ihnen wie folgt antworten: Im Januar 2001 haben Gespräche des Vorstands der GMD mit den Betriebsräten der GMD stattgefunden. Die Betriebsräte forderten einen Interessenausgleich nach §§ 111 ff. Betriebsverfassungsgesetz. Sie legten zur Vereinbarung eines Interessenausgleichs einen Entwurf vor. Die Geschäftsführung der GMD hat Verhandlungen zum Interessenausgleich im Rahmen der Zusammenführung von GMD und FhG zu Recht abgelehnt. In den Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes, in denen ein Interessenausgleich geregelt wird, wird vorausgesetzt, dass die Geschäftsführung des betroffenen Betriebes eine Betriebsänderung konkret plant. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts löst allein der Betriebsübergang der GMD auf die FhG noch keine Beteiligungsrechte der GMD-Betriebsräte nach §§ 111 ff. Betriebsverfassungsgesetz aus. Über den Betriebsinhaberwechsel hinausgehende Betriebsänderungen, die Rechte der GMD-Betriebsräte nach §§ 111 ff. Betriebsverfassungsgesetz auslösen könnten, sind aktuell bei der GMD nicht geplant. Ein entsprechender Antrag des Berliner GMD-Betriebsrates auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Arbeitsgericht Berlin wurde zurückgewiesen. Zurzeit läuft zwischen dem GMD-Betriebsrat und dem GMD-Vorstand noch ein Einigungsstellenverfahren. Dort hat man sich auf den Vorsitzenden der Einigungsstelle verständigt. Die Einigungsstelle wird in Kürze zusammentreten und erst dann über ihre Zuständigkeit entscheiden. Der Gesamtbetriebsrat der GMD hat beim Arbeitsgericht einen Antrag eingereicht mit dem Ziel, Betriebsänderungen vor Durchführung eines Interessenausgleichs zu untersagen. Sie wissen, dass dazu - ich glaube, heute eine Verhandlung vor dem Arbeitsgericht stattfindet.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage, Herr Kollege Hauser.

Norbert Hauser (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003141, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist es so, dass die Geschäftsführung den Interessenausgleich abgelehnt hat, oder ist die Geschäftsführung von Ihrem Hause angewiesen worden, den Interessenausgleich abzulehnen?

Wolf Michael Catenhusen (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000326

Ich denke, dass es zu solchen Fragen Gespräche zwischen der Geschäftsführung und dem Zuwendungsgeber, dem BMBF, gegeben hat. Sie wissen aber auch, dass die Geschäftsführung diese Frage entschieden hat.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Hauser.

Norbert Hauser (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003141, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wie darf ich dann das Schreiben Ihres Hauses vom 25. Januar 2001 - unterschrieben von Herrn Hocks - an die Geschäftsführung der GMD, an Herrn Dr. Sundermann, verstehen? Im letzten Absatz dieses Schreibens heißt es: Ich gehe deshalb davon aus, dass Sie die Bildung von Einigungsstellen verhindern und dem Abschluss eines Interessenausgleiches mit den von den Betriebsräten der GMD gewünschten Inhalten - wie bisher auch weiterhin nicht zustimmen werden.

Wolf Michael Catenhusen (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000326

Ich gehe davon aus, dass das Haus damit seine Rechtsauffassung der Geschäftsführung der GMD mitgeteilt hat.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Gibt es eine weitere Zusatzfrage dazu? - Das ist nicht der Fall. Ich bedanke mich bei Herrn Staatssekretär Catenhusen. Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundeskanzleramtes. Es ist die schriftliche Beantwortung der Frage 3 des Kollegen Koschyk beantragt worden. Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie. Auch beide Fragen zu diesem Bereich, die Fragen 4 und 5, sollen schriftlich beantwortet werden. Vielen Dank, Frau Staatssekretärin Wolf. So entgehen Sie der Pflicht, die Frage jetzt mündlich zu beantworten. Wir kommen dann zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Gerald Thalheim zur Verfügung. Ich rufe die Frage 6 des Abgeordneten Peter Harry Carstensen auf: Warum ist die Bundesregierung nicht bereit, den modernen deutschen Schweinemastbetrieb mit einem 3 000er-Stall mit automatischer Fütterung und allen Schikanen zur effizienten Mast sowie einem 30er-Schweinestall mit Auslauf, artgerechter Haltung und Fütterung, dessen Tiere der Ernährung des Landwirtes und seiner Freunde dienen, den sie im ersten Kapitel ihrer Vorschläge für eine verbraucherorientierte Neuausrichtung der Agrarpolitik und für eine andere Landwirtschaft vorstellt, namentlich zu benennen, damit erfragt werden kann, warum diese Form der geteilten Schweineproduktion in diesem Betrieb praktiziert wird und was gegen die Qualität der im 3 000er-Stall gemästeten Schweine spricht? Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft: Herr Kollege Peter Harry Carstensen, die Bundesregierung sieht grundsätzlich keine Veranlassung, interne Arbeitspapiere zum Gegenstand öffentlicher Erörterung zu machen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage, Herr Kollege Carstensen.

Peter H. Carstensen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000323, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, können Sie als Gerald Thalheim, als ein ordentlicher Kerl aus Sachsen, mir versichern, dass es diesen Betrieb gibt? Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft: Herr Kollege Carstensen, ich darf wiederholen: Ich habe als ehemaliges Mitglied des Untersuchungsausschusses „Treuhandanstalt“ gelernt, dass die interne Meinungsbildung innerhalb der Bundesregierung zum Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung zählt. Das heißt, wir müssen nicht öffentlich nachvollziehbar machen, über welche Schritte es zur internen Meinungsbildung kommt. Unabhängig davon, Herr Kollege Carstensen, gehe ich davon aus, dass es einen solchen Betrieb gibt. Es ist in der Tat die Frage zu stellen - leider geht das aus dem Papier nicht ausreichend hervor -, was die Beweggründe des Landwirts sein mögen, in seinem Betrieb in sehr unterschiedlicher Weise Schweine zu halten und dem Markt zuzuführen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Carstensen.

Peter H. Carstensen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000323, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wenn Sie der Meinung sind, dass es diesen Betrieb gibt, können Sie sich vorstellen, dass wir beide - Sie und ich - ein gemeinsames Interesse daran haben könnten, im Sinne der Fortführung der Agrarpolitik dort einmal ein Gespräch mit dem Betriebsleiter zu führen, um die Gründe für seine Betriebsaufteilung zu erfahren, und sind Sie bereit - ich darf darauf hinweisen, dass ich eine Konferenzbescheinigung der NATO habe; das heißt, dass die Leute davon ausgehen können, dass ich nicht alles weitererzähle -, dann mit mir zu diesem Betrieb zu fahren? ({0}) - Ein Semester. Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft: Herr Kollege, ich bin gern bereit, zu diesem Betrieb oder anderen Betrieben zu fahren. ({1}) Ich habe aus den Gesprächen in den letzten Tagen erfahren, dass eine derartige Praxis durchaus nicht unüblich ist. Viel notwendiger ist es, wirklich über die Beweggründe nachzudenken. Ich glaube, ohne dass ich Detailkenntnisse habe, dass dies eine Frage der Segmentierung der Märkte ist. Der Teil der Schweine, der mit höherem Standard gehalten wird - Auslauf, möglicherweise Strohaufstallung -, verursacht natürlich höhere Kosten. Das Problem ist, dass der Markt in der Vergangenheit nicht bereit war, dieses Mehr an Leistung in dem Umfang zu honorieren, in dem zusätzliche Kosten entstehen. Ich gehe davon aus, dass die öffentliche Diskussion um eine Agrarwende, und die Entscheidungen der Bundesregierung in diesem Zusammenhang die Bereitschaft in der Öffentlichkeit fördern werden, dieses Mehr an Leistung der Landwirtschaft künftig auch über die Verbraucherpreise zu honorieren.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Vielen Dank. - Wir kommen zur Frage 7 der Abgeordneten Gudrun Kopp: Wie beurteilt die Bundesregierung mögliche Klagen auf Staatshaftung im Rahmen der BSE-Krise? Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft: Sehr geehrte Frau Kollegin Kopp, ich verweise auf meine Antwort auf Ihre Frage in der Fragestunde vom 24. Januar dieses Jahres: Schadensersatzoder Entschädigungsansprüche gegen die Bundesrepublik Deutschland können aus Sicht der Bundesregierung nicht mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage, Kollegin Kopp.

Gudrun Kopp (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003160, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, wer trägt zum Beispiel für Fehlproduktionen bei der Herstellung von Futtermitteln die Verantwortung? Sehen Sie im Bereich der Verletzung von Amtspflichten vielleicht doch irgendwelche Schadensersatzforderungen auf den Staat zukommen? Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft: Frau Kollegin Kopp, Sie müssten exakter definieren, wo eine Verletzung der Amtspflicht anzusiedeln wäre. Ich habe bei der Beantwortung der eben angesprochenen Frage deutlich gemacht, dass ich als Nichtjurist im besagten Untersuchungsausschuss - ich sehe den ehemaligen Vorsitzenden, Herrn Friedrich, hier sitzen - entsprechend Rechtskenntnis und Wissen erlangt habe. Bei der Geltendmachung von Haftungsansprüchen geht es um den Kausalitätsnachweis. Haftungsansprüche ergeben sich nicht automatisch dadurch, dass Behörden der Vorwurf zu laxer Kontrollen gemacht werden kann. Bei BSE ist das Problem eindeutig der Nachweis der Kausalität. Das dürfte sich sowohl im zivilrechtlichen Bereich als Hindernis für die Durchsetzung von Haftungsansprüchen erweisen als auch im Bereich der Haftung gegenüber dem Staat, also der Bundesrepublik.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Weitere Zusatzfrage? - Bitte schön, Frau Kopp.

Gudrun Kopp (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003160, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Meine weitere Zusatzfrage betrifft die Produkthaftung. Es hat ja dazu ein Grünbuch der EU mit Empfehlungen zur Weiterentwicklung von Produkthaftungsfragen gegeben. Plant die Bundesregierung in diesem Zusammenhang einen weiteren Vorstoß, einen Gesetzentwurf, eine weitere Vorlage oder sehen Sie keinerlei Handlungsbedarf? Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft: Wir haben bereits in der vergangenen Legislaturperiode, wenn ich mich richtig erinnere, die Produkthaftung auf die landwirtschaftliche Urproduktion ausgedehnt. Das war lange strittig; aber auch hier wirkt die Produkthaftung nur in den Fällen, in denen die Kausalität wirklich nachgewiesen werden kann. Die Schädigung muss also an einem wissentlichen oder unwissentlichen Fehlverhalten des Erzeugers, bei landwirtschaftlichen Produkten also des Landwirts, festgemacht werden können. Das ist generell das Problem bei der Produkthaftung für landwirtschaftliche Erzeugnisse. Erst recht dürfte es im Falle von BSE schwer fallen, diesen Kausalitätsnachweis zu führen. ({0}) - Nein, wir haben die Produkthaftung auf die landwirtschaftliche Urproduktion ausgedehnt. Das heißt: Auch der landwirtschaftliche Erzeuger haftet für sein Produkt im Sinne der Produkthaftung. Das war in der Vergangenheit nicht der Fall.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine weitere Frage des Kollegen Carstensen.

Peter H. Carstensen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000323, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich will den Herrn Staatssekretär nicht berichtigen. Aber mit der Gefährdungshaftung hat das gerade nichts zu tun. Es geht um Produkthaftung, wenn ich das richtig sehe. Aber ich habe ja, wie gesagt, nur ein Semester Jura studiert. Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft: Da haben Sie mir etwas voraus.

Peter H. Carstensen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000323, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Kurz bevor man mir das Rechtsbewusstsein nehmen wollte, habe ich aufgehört. Können Sie mir bitte sagen, wie viele Klagen auf Staatshaftung inzwischen eingegangen oder angekündigt worden sind? Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft: Die Antwort würde ich gerne schriftlich nachreichen. Im Vorfeld der Fragestunde haben wir an dieser Stelle nicht recherchiert. Bis jetzt sind mir allerdings nur die öffentlichen Ankündigungen bekannt.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Vielen Dank, Herr Staatssekretär Thalheim. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung. Zur Beantwortung steht die Parlamentarische Staatssekretärin Ulrike Mascher zur Verfügung. Als Erstes die Frage 8 des Abgeordneten Wolfgang Dehnel: Beabsichtigt die Bundesregierung, in absehbarer Zeit auch Facharbeitern - beispielsweise aus Tschechien - die Möglichkeit einzuräumen, eine Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis für mindestens ein Jahr statt bisher vierteljährlich zu genehmigen, wenn für Unternehmen in Zusammenarbeit mit den Arbeitsämtern keine deutschen Facharbeiter zur Verfügung stehen?

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Als Ausnahme von dem seit 1973 bestehenden Anwerbestopp kann ausländischen Arbeitnehmern, soweit es sich nicht um Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes handelt, grundsätzlich nur für die in der Anwerbestoppausnahmeverordnung aufgeführten Beschäftigungen eine Arbeitserlaubnis erteilt werden. Eine allgemeine Erteilung der Arbeitserlaubnis an Fachkräfte aus einem Drittausland für die Beschäftigung bei deutschen Unternehmen ist nicht zulässig. Allerdings kann im Rahmen der nach § 6 Anwerbestoppausnahmeverordnung bestehenden Ausnahmeregelungen für Grenzgänger aus Polen und Tschechien Fachkräften eine Arbeitserlaubnis für Beschäftigungen innerhalb der Grenzzone erteilt werden. Voraussetzung dafür ist nach § 285 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch, dass den Arbeitsämtern für diese Tätigkeit keine inländischen Arbeitssuchenden zur Verfügung stehen und die Arbeitsbedingungen der Grenzgänger nicht ungünstiger als die vergleichbarer deutscher Beschäftigter sind. Die Grenzgängerregelung sieht keine Höchstgrenze für die Dauer der Beschäftigung vor. Die Beschäftigten erhalten zum Nachweis des erlaubten Aufenthaltes eine Grenzgängerkarte nach § 19 der Verordnung zur Durchführung des Ausländergesetzes. Eine zusätzliche Aufenthaltsgenehmigung ist nicht erforderlich.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage, Kollege Dehnel.

Wolfgang Dehnel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000366, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident, ich glaube es wäre sinnvoll, gleich auch die zweite Frage zu beantworten. Das gehört zusammen.

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Gerne.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Dann rufe ich auch die Frage 9 des Abgeordneten Dehnel auf: Sieht die Bundesregierung im Vorfeld der EU-Osterweiterung solch einen Schritt eher als Stärkung von Unternehmen in den Grenzregionen oder als Schwächung des Arbeitsmarktes an?

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Die Grenzgängerregelung wurde bereits Anfang der 90er-Jahre mit dem Ziel eingeführt, mit der Möglichkeit der Beschäftigung bei den auf deutscher Seite im grenznahen Raum ansässigen Betrieben einen Beitrag zum Entstehen einheitlicher Wirtschaftsräume und Arbeitsmarktregionen über die Grenzen von Polen und Tschechien hinweg zu leisten. Dabei kann die Besetzung offener Arbeitsplätze mit Fachkräften im Rahmen der Regelung sicher gleichzeitig auch zur Stärkung der Unternehmen in den Grenzregionen beitragen, wenn dadurch anders nicht auszufüllende Arbeitskräftelücken geschlossen werden können.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage, Kollege Dehnel.

Wolfgang Dehnel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000366, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, Sie haben mir gerade erläutert, dass es nicht erforderlich sei, die Verlängerung der Arbeitserlaubnis anzustrengen. Sie sagten, eine vierteljährliche Beschränkung sei nicht vorgesehen. Wie erklären Sie sich dann, dass vor Ort solche Beschränkungen ausgegeben werden? Ich war auf Hinweis Ihres Kollegen, des Herrn Staatssekretärs Mosdorf, in einem Unternehmen, das den Deutschen Musikinstrumentenpreis gewonnen hat, worüber ich mich sehr gefreut habe. Ich habe dorthin auch die Grüße und Wünsche des Staatssekretärs überbracht. Dort sagte mir ein Unternehmer, er sei nicht damit zufrieden, dass die tschechischen Arbeitnehmer, die dringend erforderlich sind, weil dieses Unternehmen expandiert hat, der Beschränkung auf vierteljährliche Arbeitserlaubnisse unterlägen. Wie sehen Sie das? Ist das in der Praxis anders als in der Theorie?

Ulrike Mascher (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001432

Wenn Sie es so beschreiben, scheint es so zu sein. Herr Abgeordneter Dehnel, ich will mich gerne darum kümmern und mich erkundigen, warum die Arbeitserlaubnis in diesem Fall nur befristet erteilt wurde. Ausdrücklich sieht die Regelung keine Befristung vor. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Die Fragen 10 und 11 des Kollegen Dr. Ilja Seifert sollen schriftlich beantwortet werden. - Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. Dann kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung. Zur Beantwortung steht die Parlamentarische Staatssekretärin Brigitte Schulte zur Verfügung. Die Fragen 12 und 13 des Abgeordneten Friedrich Nolting sollen ebenfalls schriftlich beantwortet werden. Damit kommen wir zur Frage 14 des Kollegen Werner Siemann: Ist es zutreffend, dass die Zusatzkosten für die vom Bundesminister der Verteidigung, Rudolf Scharping, im Rahmen der Feinausplanung entschiedene Aufstockung des Anteils an freiwillig Längerdienenden 60 Millionen DM betragen werden, und falls nein, wie hoch sind die Zusatzkosten?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Siemann, die Ausplanung der Streitkräfte für die von Grund auf zu erneuernde Bundeswehr erfordert eine Anpassung an die Aufgaben der kommenden zehn bis 15 Jahre. Dies hat nicht nur Auswirkungen auf die Struktur und die Ausrüstung, sondern - wie Sie mit Recht gefragt haben - auch auf das Personal. In diesem Zusammenhang soll die Zahl der freiwilligen zusätzlichen Wehrdienst Leistenden, also der FWDLer - für die, die sich nicht ständig mit der Bundeswehr beschäftigen -, schrittweise von geplanten 23 500 auf insgesamt 27 000 im Jahr 2003 erhöht werden.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage, Kollege Siemann?

Werner Siemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003236, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, ich hatte nach den Aufwendungen für die höhere Anzahl an FWDLern gefragt und die konkrete Zahl von 60 Millionen DM in den Raum gestellt. Ist diese Zahl richtig oder falsch?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Wie Sie mit Recht gesagt haben, haben Sie diese Zahl „in den Raum gestellt“. Wenn Sie in den Haushaltsplan schauen, lieber Herr Kollege Siemann, werden Sie feststellen, dass in Kapitel 14 03 die Personalausgaben für die Wehrpflichtigen und die Wehrdienstleistenden zusammengefasst werden. Der Mittelabfluss in den letzten Jahren war sehr unterschiedlich. Die Kosten hängen entscheidend davon ab, wie viele Wehrpflichtige mit normaler Dienstzeit und wie viele freiwillige zusätzliche Wehrdienst Leistende wir haben. Diese sind unter einem Haushaltstitel zusammengefasst. Wir gehen davon aus, dass die zur Verfügung stehenden Mittel auf jeden Fall ausreichen, weil wir gleichzeitig mit der Erhöhung der Anzahl der freiwilligen zusätzlichen Wehrdienst Leistenden die Anzahl derjenigen senken, die den normalen Wehrdienst leisten. Insoweit kann ich diese Zahl von 60 Millionen DM nicht bestätigen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zweite Zusatzfrage, Kollege Siemann?

Werner Siemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003236, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, bedeutet Ihre Auskunft, dass durch die FWDLer generell keine Zusatzkosten auf den Haushalt zukommen?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Wir werden sehen, wie sich die Personallage in den nächsten Jahren entwickelt. Ich will gar nicht leugnen, Herr Kollege Siemann, dass wir von den geplanten Zahlen noch ein Stück weit entfernt sind. Wir haben zurzeit 21120 freiwillige zusätzliche Wehrdienst Leistende sowie immerhin 98 991 Grundwehrdienst Leistende. Das sind zusammen 120 111. Gemessen an diesen Zahlen reichen die Haushaltsmittel in diesem Jahr und auch in den nächsten Jahren aus. Das ist klar. Die Frage wird aber sein, wie viele Leute wir in den nächsten Jahren für beide Funktionen gewinnen können. Es geht nicht in erster Linie um die Haushaltsmittel, sondern darum, genügend freiwillige zusätzliche Wehrdienst Leistende zu bekommen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Damit kommen wir zur Frage 15 des Kollegen Siemann: Aus welchen Titeln und Titelgruppen im Kapitel 14 03 des Einzelplans 14 ({0}) soll die durch den Bundesminister der Verteidigung, Rudolf Scharping, eingeräumte Deckungslücke in Höhe von 378 Millionen DM bei der Materialerhaltung von Heer, Luftwaffe und Marine im Laufe des Haushaltsvollzuges des Jahres 2001 erwirtschaftet werden?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Herr Kollege Siemann, von einer Deckungslücke im Sinne des Haushaltsrechts kann nicht gesprochen werden. Alle Zahlungen, zu denen die Bundeswehr gesetzlich oder vertraglich verpflichtet ist, können aus dem Haushalt geleistet werden. Wo ein zwingend notwendiger Mehrbedarf gegeben ist, wie teilweise bei den Materialerhaltungstiteln, wird er im Rahmen der haushaltsrechtlich zulässigen Möglichkeiten im Haushaltsvollzug erwirtschaftet werden müssen. Primär sind allerdings zunächst alle für die Zwecke der Materialerhaltung im Einzelplan 14 veranschlagten Ausgabentitel zu bewirtschaften. Im Kapitel 14 03, das Sie ansprechen, sind in den Titeln 553 02, 553 04 und 553 05 - für sie gelten flexibilisierte Bewirtschaftungsregeln entsprechend dem Haushaltsgesetz 2001 - Ansätze dafür veranschlagt. Die Ansätze in Titel 553 81 sind auch durch den in der Titelgruppe 08 ausgebrachten ersten und dritten Haushaltsvermerk gegenseitig sowohl deckungs- als auch aus dem Einzelplan verstärkungsfähig, und zwar aus anderen Titeln des Einzelplans, nicht nur aus Kapitel 14 03, soweit die Zweckbestimmung der Titelgruppe 08 „Maßnahmen der Bundeswehr im Zusammenhang mit internationalen - humanitären und sonstigen - Einsätzen“ dies zulässt. Wenn ich das richtig verstanden habe, wurde darüber - ich war zu dieser Zeit leider in einer anderen Sitzung auch im Verteidigungsausschuss diskutiert. In der Tat können wir für den Titel „Internationale Einsätze“, den wir verstärken, die Mittel insgesamt aus dem Einzelplan 14 zur Verfügung stellen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine Zusatzfrage.

Werner Siemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003236, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, Sie wollen also damit sagen, dass die 2 Milliarden DM, die wir vom Einzelplan 60 in den Einzelplan 14 überführt haben und die für Auslandseinsätze verwandt werden sollen, nun auch für die Finanzierung von Deckungslücken herangezogen werden sollen, die sich aus Materialerhaltungskosten im Inland ergeben? Ist das richtig?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Herr Kollege, wir haben die 2 Milliarden DM aus dem Einzelplan 60 das erste Mal im Einzelplan des Verteidigungsministeriums angesiedelt, weil es sich um eine sich wiederholende Aufgabe handelt. Dieses Geld, die 2 Milliarden DM, ist aber nicht in einer Summe, sondern in mehreren Titeln untergebracht, Herr Kollege Siemann. Zu einem großen Teil ist das Geld auch in dem Kapitel 14 03 eingestellt. Deswegen sind zum Teil auch die Materialerhaltungstitel erhöht worden. Dies geschah im Hinblick darauf, dass das Material zur Vorbereitung und in den Einsätzen stärker belastet wird. Wie gesagt sind nicht die ganzen 2 Milliarden DM in dem Kapitel 14 03 enthalten, sodass man in der Tat die Möglichkeit hat, die Ansätze aus anderen Titeln, die verstärkt worden sind - hinzu kommen noch die Mittel, die wir zusätzlich erwirtschaften wollen -, zu erhöhen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zweite Zusatzfrage des Kollegen Siemann.

Werner Siemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003236, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sie haben eingeräumt, dass die Deckungslücke zum großen Teil aus dem Kapitel 14 03 erwirtschaftet werden soll. Bedeutet dies, dass zukünftig weniger Wehrpflichtige, Berufssoldaten oder Soldaten auf Zeit eingezogen werden können?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Nein, das bedeutet dies nicht. Im Gegenteil: Wir bemühen uns, mehr Zeitsoldaten zu bekommen. Das Phänomen ist nicht neu, sondern das Ganze hat mit den verstärkten Einsätzen im internationalen Bereich und der guten Wirtschaftslage zu tun, die wir allgemein haben. Ich sage noch einmal: In diesem Kapitel 14 03 sind nicht nur Mittel für Personal enthalten. Vielmehr stehen diese Gelder auch für Sachmittel wie den Erhalt von Wehrmaterial zur Verfügung, das zum Beispiel im Einsatz genutzt wird, sowie für Beschaffungen von militärischen Anlagen - das ist die Titelgruppe 08 -, aber auch für Personalausgaben für diejenigen, die im Ausland die Auslandsverwendungszuschläge bekommen. Im Moment kann keine Rede davon sein, dass wir Geld aus dem Titel für Personal herausnehmen und es für andere Zwecke verwenden.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine Zusatzfrage des Kollegen Rauber.

Helmut Rauber (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002755, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, können Sie erklären, wie sich die so genannten Überkipper aus dem letzten Jahr auf Vorhaben der Materialverwaltung für Heer, Luftwaffe, Marine und Streitkräftebasis auswirken? Ein anderes Thema, das genau in diesen Zusammenhang passt: Das Heer macht geltend, dass der unabdingbare Bedarf um 110 Millionen DM höher liegt als im Haushalt unter Kapitel 03 ausgewiesen. Wie wollen Sie diese 110 Millionen DM erwirtschaften?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Das passt sehr gut. Ich danke Ihnen ausdrücklich für diese Frage. Auf diese Weise können wir die Sache mit den Überkippern endlich einmal klären und mit den Gerüchten aufräumen. Sie sehen, dass ich mit dieser Frage gerechnet habe. Herr Kollege Rauber, damit der Öffentlichkeit deutlich wird: Es ist immer üblich gewesen, dass Maßnahmen für Instandsetzung und Beschaffung sowie Material und Forschungseinrichtungen am Ende eines Jahres nicht voll bezahlt sind, weil in der Regel Rechnungen vom Vorjahr übernommen werden. Diese Bundesregierung, die bekanntermaßen erst Ende 1998 die Regierungsverantwortung übernommen hat, hat geprüft, was an Vorbelastungen aus den Vorjahren getragen werden muss. So mussten Kosten in Höhe von 608 Millionen DM für Materialerhaltung getragen werden, die in das Jahr 1997 fielen. In einer ähnlichen Situation sind wir auch jetzt. Das bedeutet nicht, dass wir nicht im Laufe des Jahres für andere, neue Beauftragungen Mittel ausgeben können. Vielmehr stehen wir in Bezug auf die so genannten Überkipper in einer gewissen Kontinuität. Betrachten wir die Jahre 1990 bis 1997 - auch im Jahre 1997 ist die Summe hinsichtlich der Beschaffungen besonders groß gewesen -, so muss man feststellen, dass es jetzt darauf ankommt, die notwendigen Instandsetzungsmaßnahmen vorzunehmen, wobei die planbaren Maßnahmen bereits eingerechnet worden sind. Wenn durch Verschleiß - das Gerät, das wir übernommen haben, ist ja ziemlich alt, Herr Kollege Rauber - jetzt unvorhergesehene Instandsetzungsmaßnahmen notwendig werden, weil durch eine starke Belastung des Materials im Zuge der Ausbildung von Truppenteilen, die anschließend in den Einsatz gehen, bzw. durch eine Belastung vor Ort ein erhöhtes Ausmaß an Instandsetzung notwendig ist, werden wir diese Mittel zu erwirtschaften haben. Das ist einfach notwendig. Das Thema Überkipper würde ich gerne einmal mit Ihnen sehr intensiv diskutieren, weil Sie mit diesem Thema zurzeit die Leute verunsichern. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Nein, Sie dürfen nur eine Frage stellen. Ich bedauere das, das gibt aber die Geschäftsordnung so vor. - Die Frage 16 des Kollegen Hofbauer wird schriftlich beantwortet. Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Wohnungswesen. Zur Beantwortung der Fragen steht die Parlamentarische Staatssekretärin Angelika Mertens zur Verfügung. Die Fragen 17, 18 und 19 sollen schriftlich beantwortet werden. Ich rufe die Frage 20 des Kollegen Peter Harry Carstensen auf: Trifft die Information zu, dass bei der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Kiel eine Entscheidung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen zur Bundesbeteiligung an der dringend notwendigen Ausbaggerung der Bundeswasserstraße „Amrumer Fahrwasser“ vorliegt und diese vor den Bürgern auf den nordfriesischen Inseln und der Öffentlichkeit an der schleswig-holsteinischen Westküste zurückgehalten wird?

Angelika Mertens (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002734

Herr Carstensen, der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord in Kiel wurde mit Schreiben vom 20. Februar 2001 die Entscheidung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen mitgeteilt, dass der Bund als Eigentümer der Bundeswasserstraßen nach den bisher vorliegenden Daten und Fakten eine Baggerung zulasten des Bundes im „Amrumer Fahrwasser“ wirtschaftlich nicht vertreten kann. Dieses Ergebnis wird der interessierten Öffentlichkeit selbstverständlich mitgeteilt werden.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Carstensen?

Peter H. Carstensen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000323, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, können Sie mir sagen, welche zusätzlichen Informationen Sie noch brauchen, um zu einer positiven Entscheidung zu kommen? Können Sie mir weiter erklären, warum es einer Frage im Deutschen Bundestag bedurfte, um das genannte Schreiben vom 20. Februar 2001 zu veröffentlichen?

Angelika Mertens (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002734

Herr Carstensen, sowohl Sie als auch Herr Kollege Opel haben mir zu diesem Thema mehrfach geschrieben. Ein Antwortschreiben an Sie beide liegt noch auf meinem Schreibtisch. Ich möchte gerne alle Möglichkeiten ausloten. Sie wissen, dass ich anders entscheiden möchte; ich muss das aber auch dürfen. Ansonsten wirft mir Ihr Kollege Austermann vor: „So gehen Sozialdemokraten mit Steuergeldern um!“ Also: Ich brauche ein wenig Zeit, um zu prüfen, ob es Möglichkeiten gibt, über das hinauszugehen, was festgestellt wurde, um auf diese Weise zu einer anderen Entscheidungsgrundlage zu kommen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Carstensen?

Peter H. Carstensen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000323, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, ich biete Ihnen gerne an, das Gespräch mit Herrn Austermann zu führen. Ich empfehle Ihnen, eine ähnliche Lösung, wie sie die Bundesregierung beim Busetief vor Norddeich gefunden hat, bei der der Reederei in einem außergerichtlichen Vergleich 150 000 DM pro Jahr zur Unterhaltung des Fahrwassers zur Verfügung gestellt werden, anzustreben. In diesem angesprochenen Fall geht es um eine wesentlich geringere Summe. Ich möchte Sie fragen, ob es möglich wäre, nach meinem Gespräch mit Herrn Austermann und Ihren Gesprächen in der Fachabteilung bis spätestens Anfang April zu einer endgültigen Entscheidung zu kommen? Eine solche Entscheidung - die möglichst positiv sein sollte sollte uns dann sofort mitgeteilt werden und nicht für mehrere Wochen bei einer Wasser- und Schifffahrtsdirektion liegen.

Angelika Mertens (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002734

Zunächst einmal bedanke ich mich für Ihre Bereitschaft, mit Herrn Austermann ein Gespräch zu führen. Ich verspreche Ihnen, dass wir so schnell wie möglich arbeiten werden. Ob wir es bis Anfang April schaffen, kann ich nicht sagen. Ich weiß aber, dass die Zeit drängt, und insofern versichere ich Ihnen, dass die notwendigen Gespräche so schnell wie möglich geführt werden.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. Die Fragen 21 und 22 des Kollegen Hinsken sollen ebenso schriftlich beantwortet werden. Wir kämen jetzt eigentlich zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes. Der Kollege Staatsminister Dr. Ludger Volmer ist aber gegenwärtig noch im Menschenrechtsausschuss, um dort Rede und Antwort zu stehen. Deswegen schlage ich vor, den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen vorzuziehen; denn die Fragesteller wie die Frau Staatssekretärin Dr. Hendricks sind anwesend. Sind Sie damit einverstanden? - Dann machen wir das so. ({0}) - Nein, das kommt noch. Aber im Moment sehe ich den Kollegen, der die Frage gestellt hat, noch nicht. Es könnte allerdings sein, dass er in der Zwischenzeit kommt. Deswegen müssen wir warten. ({1}) Zur Beantwortung steht jetzt die Parlamentarische Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks zur Verfügung. Ich rufe Frage 33 des Abgeordneten Georg Girisch auf: Wie will die Bundesregierung bei der geplanten Neustrukturierung des Zolls beim Grenzaufsichtsdienst mittels der mobilen Kontrollgruppen eine Zunahme von illegaler Einwanderung, des Mädchenhandels, des Schmuggels, des Drogenhandels, des Handels mit gefälschten Markenwaren und anderen einfuhrverbotenen Waren verhindern, wenn sie beispielsweise im Bereich Waldsassen, der gegenüber einem Verbrechensschwerpunkt wie Eger ({2}) liegt, auf einer Grenzlänge von 80 Kilometer, also zwischen den Grenzaufsichtsstellen Selb und Waidhaus, keine weitere Grenzaufsichtsstelle einrichtet?

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Herr Kollege Girisch, im grenznahen Raum zu Tschechien und Polen ist die Einrichtung von 15 mobilen Grenzaufsichtsstellen vorgesehen. Diese sollen nach der EU-Osterweiterung in mobile Kontrollgruppen umgewandelt werden. Die Einsatzräume wurden insbesondere nach den zu erwartenden überwachungspflichtigen Warenströmen sowie den regionalen und örtlichen Verhältnissen ausgewählt. Sie liegen relativ dicht beieinander und werden über eine Personalausstattung verfügen, die annähernd doppelt so stark ist wie die der im übrigen Bundesgebiet bereits bestehenden Einheiten. Damit sind ausreichende Hinterlandkontrollen im Dreischichtbetrieb im Grenzgebiet möglich, sodass der bestehende Sicherheitsstandard auch künftig aufrechterhalten werden kann. Im Übrigen stünde eine weitere Verdichtung der Hinterlandkontrollen mit noch mehr Einheiten und Personal im Widerspruch zum EU-Recht, wonach Kontrollen durch mobile Kontrollgruppen nur zeitlich befristet und örtlich begrenzt zulässig sind.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine Zusatzfrage, Kollege Girisch? - Bitte schön.

Georg Girisch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003131, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, die Situation am Grenzübergang Waldsassen ist etwas anders, und zwar deshalb, weil die nächsten mobilen Einsatzgruppen in Selb und Waidhaus sind. Dazwischen liegen 80 Kilometer. Ich möchte Sie - aufgrund der besonderen Situation in der Stadt Eger, wo die Kriminalität am höchsten ist - bitten, in Ihrem Hause prüfen zu lassen, ob man nicht aus Gründen der Sicherheit auch in Waldsassen eine mobile Einsatzgruppe stationieren kann.

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Herr Kollege Girisch, wir sind selbstverständlich bereit, dies noch einmal zu prüfen. Ich hatte Ihnen bereits gesagt, dass wir die Einrichtung von 15 mobilen Kontrolleinheiten an der gesamten Grenze zu Tschechien und Polen vorsehen. Bis zur EUOsterweiterung wird der stationäre Grenzaufsichtsdienst weiterhin tätig sein. Die 15 mobilen Grenzaufsichtsstellen werden parallel dazu eingerichtet. Die in diesen Dienststellen eingesetzten Grenzaufsichtsbeamten verstärken also den Grenzaufsichtsdienst und werden, wie der Name sagt, auch mobil tätig sein. Es ist nicht entscheidend, von wo aus die Beamten der mobilen Grenzaufsichtsstellen ihren Dienst verrichten; denn sie sind, wie der Name sagt, mobil, sind also unterwegs und jeweils für einen kompletten Bezirk zuständig. Die Entfernung zwischen den Standorten von zwei mobilen Kontrollgruppen, die Sie gerade angeführt haben, ist also nicht so relevant, weil die Grenze zwischen diesen Standorten natürlich auch überwacht wird. Ansonsten hätte man beim System des stationären Grenzaufsichtsdienstes bleiben können und hätte kein mobiles Element einführen müssen. Im Übrigen ist über die Standorte der 15 mobilen Grenzaufsichtsdienststellen noch nicht abschließend entschieden worden.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine weitere Zusatzfrage, Kollege Girisch. Peter H. Carstensen ({0})

Georg Girisch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003131, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, ich möchte Sie trotz der von Ihnen angeführten Flexibilität der Einsätze in diesem grenznahen Raum noch einmal bitten, die ganze Angelegenheit prüfen zu lassen und dabei dem Grenzbereich zwischen Waldsassen und Eger ein besonderes Augenmerk zu schenken.

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Ich hatte Ihnen ja bereits eine nochmalige Prüfung zugesagt. Ich sagte Ihnen auch, dass wir noch keine endgültige Entscheidung über die Standorte der mobilen Grenzaufsichtsdienste gefällt haben. Bis zur EU-Osterweiterung bleibt der Grenzübergang Waldsassen in das Kontrollsystem des stationären Grenzaufsichtsdienstes einbezogen. Die Entscheidung, wie nach der EU-Osterweiterung die stationären Grenzaufsichtsdienste in mobile Kontrollgruppen - die praktisch dieselbe Personalstärke haben - umgewandelt werden sollen, etwa so, wie das bereits an den Westgrenzen geschehen ist, kann noch der Zukunft überlassen werden. Es ist natürlich auch für die Bediensteten wichtig, ihren Einsatzort zu kennen, obwohl es sich, wie ich schon sagte, um eine Region handelt, in der sie mobil tätig sind - weswegen sie nicht unbedingt an dem Ort wohnen müssen, wo der Standort ihrer Dienststelle ist.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Wir kommen dann zur Frage 34 des Kollegen Girisch: Wie lautet die Position der Bundesregierung für diese und ähnliche Regionen zu Vorschlägen, den sich abzeichnenden Kontrolldefiziten dadurch zu begegnen, dass eine Grenzaufsichtsstelle mit der Stärke von zwei Arbeitskräften des gehobenen und 24 des mittleren Dienstes an zwei Standorten, zum Beispiel im angesprochenen Raum in Selb und Waldsassen, unter einer Leitung geschaffen und dadurch nicht nur fachlichen Gesichtspunkten, sondern auch der beabsichtigten Haushaltskonsolidierung durch Verringerung un-nötiger großer Wegstrecken und das Ausnutzen bereits vorhandener Liegenschaften Rechnung getragen wird?

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Die vorgesehene personelle Ausstattung der mobilen Kontrollgruppen gewährleistet eine wirtschaftliche und zweckmäßige Aufgabenerfüllung. Von der Teilung einer mobilen Kontrollgruppe und ihrer Unterbringung an zwei verschiedenen Standorten ist aus Gründen der zu gewährleistenden Eigensicherung, der Arbeitsfähigkeit der Gruppe sowie der Auslastung der eingesetzten Technik abzusehen. Dies gilt grundsätzlich auch für die aus den mobilen Grenzaufsichtsstellen entstehenden mobilen Kontrollgruppen. Für den effektiven Einsatz der mobilen Kontrollgruppen ist es unerheblich, von welchem Standort aus die flexiblen, örtlich und zeitlich begrenzten Kontrollen im gesamten Bezirk der mobilen Kontrollgruppen durchgeführt werden.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Sie haben eine Zusatzfrage, Herr Kollege Girisch?

Georg Girisch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003131, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, ich komme noch einmal auf meine vorherige Frage zurück. Ich teile Ihre Meinung nicht, ich bitte Sie nur, dies nochmals zu prüfen, und wäre Ihnen sehr dankbar, wenn es zu einer positiven Entscheidung für eine zusätzliche mobile Einsatzgruppe in Waldsassen, Selb und Waidhaus kommen würde.

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Wir werden das im Rahmen der vorgesehenen 15 Kontrollgruppen prüfen müssen. Die Oberfinanzdirektionen sind beauftragt, bis Ende April dieses Jahres Vorschläge für die Standorte der vorgesehenen 15 mobilen Grenzaufsichtsstellen unter Berücksichtigung der späteren Einsatzräume der mobilen Kontrollgruppen zu erarbeiten. Entscheidungen werden im Bundesfinanzministerium bis Mitte dieses Jahres fallen. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Wir kommen zur Frage 35 der Kollegin Erika Lotz: Ist es richtig, dass das Zollamt Wetzlar im Rahmen der Neustrukturierung der Bundesfinanzverwaltung erhalten bleibt?

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Frau Kollegin Lotz, das Grobkonzept zur Neustrukturierung der Bundesfinanzverwaltung sieht unter anderem vor, das Zollamt Wetzlar mit der Abfertigungsstelle des Hauptzollamts Gießen und den Zollämtern Limburg und Marburg am Standort Gießen zusammenzulegen. Dieses Grobkonzept datiert vom Oktober des vergangenen Jahres. Hierbei handelt es sich jedoch um erste Vorschläge, die derzeit mit den zuständigen Industrie- und Handelskammern und den Wirtschaftsbeteiligten durch die Oberfinanzdirektion Koblenz eingehend erörtert werden. Nach Mitteilung der Oberfinanzdirektion Koblenz ist dabei auch eine Alternative im Gespräch, die den Erhalt des Zollamts Wetzlar vorsieht. Die Ergebnisse der Gespräche bleiben allerdings abzuwarten.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine Zusatzfrage der Kollegin Lotz.

Erika Lotz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002726, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich denke, bei der Entscheidung über das Zollamt und damit auch über die Frage, wo der Schwerpunkt in Mittelhessen liegt, wird doch sicherlich auch eine Rolle spielen - dies ist meine Frage -, wie hoch der Exportumsatz im Bereich der einzelnen Zollämter ist. Ist Ihnen, Frau Kollegin Hendricks, bekannt, dass Wetzlar fast denselben Exportumsatz aus dem Bereich des verarbeitenden Gewerbes bearbeitet wie die anderen Zollämter zusammen, also etwa knapp 5 Milliarden DM im Jahr 2000?

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Frau Kollegin, selbstverständlich werden die Standorte der Zollverwaltung nach den Indikatoren der Wirtschaftsbeteiligung und natürlich auch nach der Import- und Exportabhängigkeit untersucht werden. Dies ist auch Gegenstand der Verhandlungen mit den Wirtschaftsbeteiligten vor Ort, namentlich den Industrie- und Handelskammern, aber auch anderen Beteiligten der Wirtschaft. Dies geht selbstverständlich in unsere Überlegungen mit ein. Dabei ist allerdings auch zu berücksichtigen, dass zum Beispiel ein größeres Unternehmen, das regelmäßig wiederkehrende gleichartige Exportvorgänge im vereinfachten Verfahren zu bewältigen hat, diese Vorgänge mittlerweile leichter abwickeln kann, sodass dann die örtliche Anwesenheit des Vertreters eines Zollamtes nicht unbedingt notwendig ist. Dies ist jetzt keine Aussage zum Zollamt Wetzlar, sondern eine allgemeine Aussage. Der Umfang der Exporttätigkeit ist zwar ein wichtiger Indikator, aber nicht der alleinige Indikator, weil es eben auch sehr darauf ankommt, welche vereinfachten Verfahren durch die Wirtschaftsbeteiligten in Anspruch genommen werden können.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Weitere Zusatzfrage? - Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Frage 36 der Kollegin Lotz: Wie weit sind die Überlegungen gediehen, das Zollamt Wetzlar wegen seiner immensen Im- und Exportumsätze zu einem leistungsstarken Zollamt auszubauen und aufgrund des sich daraus ergebenden Arbeitsaufkommens das Zollamt Wetzlar personell zu verstärken?

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Die Situation der importierenden und exportierenden Betriebe wird in die weiteren Überlegungen und Gespräche mit den Industrie- und Handelskammern zur Neustrukturierung der Zollverwaltung einbezogen, wie Sie eben bereits hörten. Die Oberfinanzdirektion Koblenz ist - wie im Übrigen alle Oberfinanzdirektionen im Bundesgebiet - aufgefordert, Feinkonzepte mit Vorschlägen für die Neustrukturierung der Zollverwaltung in ihrem Bezirk bis Ende April vorzulegen. Sie haben dies eben auch schon in meiner Antwort auf die Frage des Herrn Kollegen Girisch gehört. Auch hier werden Entscheidungen bis zur Mitte des Jahres gefällt werden.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage der Kollegin Lotz.

Erika Lotz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002726, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Kann ich Ihrem letzten Satz entnehmen, dass bis zur Mitte des Jahres die Entscheidungen getroffen werden? Ich denke, vor Ort ist man daran sehr stark interessiert.

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Ja, Sie können davon ausgehen, dass bis zur Mitte des Jahres die Entscheidungen getroffen werden. In allen die so genannte Feinplanung der Zollverwaltung, also die Standortplanung für die Zollämter betreffenden Fällen, werden die Oberfinanzdirektionen - die Standortfestlegungen für die Hauptzollämter haben wir bereits getroffen - bis Ende April 2001 berichten. Anhand eines Abgleichs, der bundesweit nach den gleichen Parametern vorgenommen wird, wird im Bundesfinanzministerium bis Mitte des Jahres eine Entscheidung vorbereitet.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. Wir kehren nun zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes zurück. Der Staatsminister Ludger Volmer ist inzwischen eingetroffen. Wir kommen zur Frage 23 des Abgeordneten Johannes Singhammer: Hat sich der Bundesminister des Auswärtigen, Joseph Fischer, seit seinen Auskünften in der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 17. Januar 2001 bei dem von ihm im Rahmen seiner in den 70er-Jahren begangenen linksextremistischen Taten verletzten Polizeibeamten zwischenzeitlich persönlich entschuldigt, und wenn ja, wann war dies?

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Zunächst möchte ich mich für das Zu-Spät-Kommen entschuldigen. Ich war im Menschenrechtsausschuss gerade mitten in der eigenen Berichterstattung begriffen; diese konnte ich schlecht unterbrechen. Mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, würde ich die Fragen 23 und 24 des Kollegen Singhammer gerne gemeinsam beantworten.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Bitte schön. Dann rufe ich auch die Frage 24 des Kollegen Singhammer auf: Wenn dies noch nicht geschehen ist, beabsichtigt dies der Bundesminister des Auswärtigen, Joseph Fischer, noch zu tun und wann?

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Herr Singhammer, die Antwort lautet Ja, und zwar zweimal: telefonisch am 7. Januar 2001 sowie bei einem persönlichen Zusammentreffen nochmals am 7. Februar 2001.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage, Herr Kollege Singhammer.

Johannes Singhammer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002800, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, vor dem Hintergrund, dass seit den Vorfällen im Jahre 1976 bis zur Entschuldigung im Januar bzw. Februar dieses Jahres 25 Jahre verstrichen sind und diese Vorfälle ja bekannt waren, möchte ich fragen: Warum hat sich denn der Minister des Auswärtigen erst jetzt entschuldigt und nicht zumindest im Laufe der vergangenen 25 Jahre, also zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt?

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Der Minister hat sich bei dem betroffenen Polizeibeamten ein oder zwei Tage später entschuldigt, nachdem der Name des Beamten dadurch bekannt wurde, dass sich dieser auf dem in den Zeitungen abgedruckten Bild dieser Szene erkannt und dann mit Namen gemeldet hatte.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Weitere Zusatzfrage? - Bitte schön.

Johannes Singhammer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002800, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, gab es große Schwierigkeiten, oder wie ist es zu erklären, dass es einem Minister des Auswärtigen der Bundesrepublik Deutschland erst dann möglich war, diesen Polizeibeamten zu identifizieren, als in den Zeitungen im Januar noch einmal neu berichtet worden ist? Wäre es nicht für den Minister des Auswärtigen ein Leichtes und vor allem auch ein Akt der Glaubwürdigkeit gewesen, dass es ihm ernst ist mit seiner Entschuldigung, die Identität herauszufinden und sich zu einem früheren Zeitpunkt zu entschuldigen?

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Herr Singhammer, das Ganze wurde erst durch die Veröffentlichung des Bildes in den Zeitungen zu einem Thema. Erst ab diesem Zeitpunkt entstand neu ein Anlass, sich damit zu befassen. Der Bundesminister hat sofort so reagiert, wie ich es gerade geschildert habe. Ich denke auch, dass seine Entschuldigung sehr ernsthaft war. Sie ist zumindest von dem Beamten nicht in Zweifel gezogen worden.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Weitere Zusatzfrage, Kollege Singhammer.

Johannes Singhammer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002800, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, woher wissen Sie, dass diese Entschuldigung von dem Beamten nicht in Zweifel gezogen worden ist? Hat er sich über diese Entschuldigung gefreut, hat er sie angenommen oder welche Reaktion ist darauf erfolgt?

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Die erste Entschuldigung lief telefonisch. Bei diesem Telefonkontakt haben sich die beiden verabredet, auch noch einmal unter vier Augen miteinander zu sprechen. Ein Treffen kam zustande. Was dort im Einzelnen besprochen worden ist, darüber kann ich keine Auskunft geben, weil ich es nicht weiß. Ich denke auch, dass die beiden Vertraulichkeit vereinbart haben.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Letzte Zusatzfrage, Kollege Singhammer.

Johannes Singhammer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002800, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, ich hatte eine ähnliche Frage schon Anfang Februar schriftlich gestellt. Wenn diese Entschuldigung, wie Sie jetzt sagen, im Januar zunächst mündlich und später auch persönlich erfolgt ist, stellt sich für mich angesichts dieses Sachverhaltes die Frage, warum das Auswärtige Amt auf meine schriftliche Frage hin ausweichend geantwortet und mir keine diesbezügliche Auskunft gegeben hat. ({0})

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Herr Singhammer, ich erinnere mich im Moment weder genau an die Frage noch an die Antwort. Ich gehe dem aber gern nach. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Wir kommen jetzt zur Frage 25 der Kollegin Ina Lenke: Welche konkreten Initiativen zur Verbesserung der in vielen Teilen der Welt desolaten Situation der Frauen hat das Auswärtige Amt neben dem vom Bundesminister des Auswärtigen, Joseph Fischer, in seiner Erklärung zum Weltfrauentag am 8. März 2001 erwähnten „Forum Globale Fragen“ durchgeführt?

Not found (Gast)

Frau Kollegin Lenke, das Auswärtige Amt hat im Jahre 2000 eine Reihe konkreter Initiativen durchgeführt oder gefördert. Es sind zu nennen: Erstens: die viertägige Sondertagung des Ausschusses zur Beseitigung der Diskriminierung der Frau der Vereinten Nationen im November 2000 in Berlin. Bei dieser Tagung wurden die Verfahrensregeln für das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frau erarbeitet, zur so genannten CEDAW-Konvention. Das Auswärtige Amt hat durch diese Einladung gemeinsam mit dem kofinanzierenden BMFSFJ sehr wesentlich dazu beigetragen, dass das Individualbeschwerdeverfahren nunmehr in der Praxis angewendet werden kann, das betroffenen, das heißt in ihren Rechten verletzten Frauen nach dem neuen Zusatzprotokoll zusteht. Zweitens: Vorhaben gegen die weibliche Genitalverstümmelung und gegen den Frauenhandel, durchgeführt mit bzw. von örtlichen Partnern. Dazu gehören Aufklärungs- und Medienkampagnen. Drittens: Untersuchungen über Gewalt an Frauen oder die Situation und die Rolle der Frauen in überwiegend traditionellen Gesellschaften, zum Beispiel im Jemen. Viertens: eine VN-Studie zu „Mainstreaming a Gender perspective in Peacekeeping“ - so lautet der englische Titel nun einmal - sowie eine Konferenz des „Lessons Learnt Unit“ des UN-Department for Peace keeping operations in Namibia zum gleichen Thema. Das von der Bundesregierung unterstützte Ziel dieser Maßnahmen ist die stärkere Beteiligung von Frauen am VN-Peacekeeping und die Berücksichtigung der Belange von Frauen in Konfliktgebieten durch VN-Missionen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine Zusatzfrage der Kollegin Lenke.

Ina Lenke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003170, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

In welcher Art und Weise hat Herr Fischer die Ergebnisse dieser von ihm einberufenen Konferenzen auch bei seinen Auslandsreisen eingesetzt und umgesetzt?

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Nicht nur Herr Fischer, sondern auch die beiden Staatsminister führen zahlreiche Auslandsreisen durch. Ich bin über die Gesprächsinhalte im Einzelnen, die der Minister im Gepäck hat, nicht orientiert. Ich kann nur aufgrund meiner eigenen Reisen sagen, dass die Situation der Frauen in den betreffenden Ländern und die Möglichkeit, diese Situation zu verbessern bzw. für ihre Verbesserung auf multilateraler Ebene zu sorgen, immer wieder Gesprächsthema waren.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine weitere Zusatzfrage der Kollegin Lenke.

Ina Lenke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003170, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Mich interessiert ganz besonders, welche Erfolge der Außenminister persönlich im Bereich Menschenrechte/Frauenrechte vorweisen kann. Ich finde es schon sehr erstaunlich, Herr Staatsminister, dass Sie nicht wissen, welche konkreten Erfolge Außenminister Fischer von seinen Reisen mitgebracht hat.

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Frau Lenke, der Außenminister reist sehr viel und spricht im Grunde über alle politischen Themen. ({0}) Konkrete Nachfragen, wann er frauenpolitische oder benachbarte Themen wo und in welcher Form angesprochen hat, kann ich in der Tat nicht aus dem Stand beantworten. Dazu müsste man in seinen Reiseplanungen nachschauen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Eine Zusatzfrage des Kollegen Niebel.

Dr. h. c. Dirk Niebel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003198, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatsminister, Ihre Antwort verleitet mich zu einer Zusatzfrage - die Fragen der Kollegin Lenke sind frühzeitig eingereicht worden -: Bereiten Sie sich auf die konkrete Beantwortung frühzeitig eingereichter Fragen nicht vor?

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Herr Kollege, ich habe die Frage beantwortet, indem ich Ihnen vier Initiativen, die das Auswärtige Amt ergriffen hat - genau danach ist gefragt worden -, dargestellt habe. Ich lese Ihnen die Frage vor: Welche konkreten Initiativen zur Verbesserung der in vielen Teilen der Welt desolaten Situation der Frauen hat das Auswärtige Amt neben dem vom Bundesminister des Auswärtigen, Joseph Fischer, in seiner Erklärung zum Weltfrauentag am 8. März 2001 erwähnten „Forum Globale Fragen“ durchgeführt? Sie fragen also nach den Initiativen des Auswärtigen Amtes. Ich habe Ihnen in diesem Zusammenhang vier Initiativen dargestellt.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Gibt es weitere Zusatzfragen? - Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Frage 26 der Kollegin Ina Lenke: In welcher Weise wurden die Frauenrechte anlässlich der Indienreise des Bundesministers des Auswärtigen, Joseph Fischer, im September 2000 thematisiert, und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den nach wie vor in weiten Teilen Indiens verbreiteten alltäglichen Misshandlungen von Frauen für die konkrete Umsetzung der von ihr angekündigten Menschenrechtspolitik als zentralem Pfeiler deutscher Außenpolitik?

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Frau Kollegin Lenke, der Bundesminister des Auswärtigen ist im vergangenen Jahr zweimal nach Indien gereist. Die Menschenrechte von Frauen, insbesondere im sozialen und wirtschaftlichen Bereich, waren einer der Themenschwerpunkte der Reise im Mai 2000. Der Bundesminister besichtigte ein auch mit Mitteln der Carl-Duisberg-Gesellschaft gefördertes Projekt zur Ausbildung und Qualifizierung von Seidenspinnerinnen in der Nähe von Bangalore. Er hat sich ausführlich über die in diesem Projekt verfolgten Ansätze zur Linderung der Not insbesondere junger Frauen unterrichten lassen, die in die Lage versetzt werden, durch eigene, vermarktungsfähige Produkte ein eigenes Einkommen zu erzielen und dadurch ihr Selbstwertgefühl zu steigern. Im bilateralen Verhältnis sind die Beachtung der Menschenrechte und die Situationen der Frauen Gegenstand der Länderbewertung und Kriterium für die Ausgestaltung der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit. Das betrifft etwa die Instrumente und die Höhe der Mittel. Der Mobilisierung und Förderung von Frauen wird in der deutsch-indischen Entwicklungszusammenarbeit ein hoher Stellenwert beigemessen. In zahlreiche Vorhaben sind Frauenförderungskomponenten einbezogen. Andere Vorhaben verfolgen überwiegend oder sogar ausschließlich frauenspezifische Anliegen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage, Kollegin Lenke.

Ina Lenke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003170, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatsminister, Sie müssen zugeben, dass das, was Sie vorgelesen haben, unkonkret ist. Ich betrachte meine Frage deshalb als nicht beantwortet. Ich möchte aber meine Frage ganz konkret beantwortet haben, weil der Außenminister in seiner Oppositionszeit immer von Menschenrechten gesprochen hat und der alten Regierung vorgeworfen hat, sie würde sich nicht um diese Rechte kümmern. ({0}) Der Außenminister unternimmt Reisen in alle Welt; das wissen Sie selbst. Es müsste ein Gender-MainstreamingPrinzip geben. Sie als Staatsminister müssten mir aus dem Stand heraus sagen können, welche Fragen hinsichtlich der Frauen- und Menschenrechte mit den Regierungsvertretern der vom Außenminister besuchten Länder besprochen wurden, um auf diesem Gebiet Erfolge zu erzielen. Ich frage Sie noch einmal: Welche persönlichen Erfolge - außer der Besichtigung eines Projektes in Indien hat der Außenminister Fischer auf seinen Reisen, zum Beispiel nach Indien, erzielt, über die er hier berichten kann? Im Übrigen gab es zwei Reisen nach Indien und nicht nur eine.

Not found (Gast)

Frau Lenke, Sie haben in der Tat in Ihrer schriftlichen Frage nach der Indienreise gefragt. Deshalb bin ich auch darauf eingegangen. Wenn Sie Ihre Frage nun dahin gehend ausweiten wollen, bei welchen Reisen insgesamt der Minister dieses Thema angesprochen hat, so will ich das gerne recherchieren. Aber Sie werden mir nachsehen, dass ich das nicht auf Anhieb beantworten kann. Ich kann Ihnen aber sagen, dass diese Fragen ständig auf der Gesprächsagenda stehen. Da ich von den Reisen des Ministers aus dem Stand wenig sagen kann, will ich Ihnen aber hinsichtlich meiner Reisen sagen, dass die Agenda immer umgesetzt wurde. Mit dem Besichtigen von Projekten - das wissen Sie selbst - ist auch immer die Absicht verbunden, die Wertigkeit des jeweiligen Projektes besonders hervorzuheben, um das Thema, mit dem sich das Projekt befasst, stärker in das öffentliche Bewusstsein zu rücken. Dass sich Erfolge in der Frauenpolitik nicht von heute auf morgen einstellen und dass deren Einfluss auf die internationale Politik nicht sofort feststellbar ist, wissen Sie so gut wie ich.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zweite Zusatzfrage, Kollegin Lenke.

Ina Lenke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003170, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatsminister, was ich heute aus der Fragestunde mitnehme, ist sehr dürftig. Ich bitte Sie, die Fragen, die ich jetzt gestellt habe, zu recherchieren und mir schriftlich zu beantworten. Ich habe ein starkes Interesse daran, zu erfahren, welche Erfolge der Außenminister Fischer nach mehr als der Hälfte der Legislaturperiode vorweisen kann. ({0}) Es ist meine Pflicht als Oppositionsabgeordnete, Sie zu fragen, welchen Erfolg die vielen Auslandsreisen gebracht haben. Ich glaube, Sie würden die diplomatischen Gepflogenheiten nicht missachten, wenn Sie konkret Auskunft geben würden. ({1})

Not found (Gast)

Frau Kollegin, ich habe jetzt ein Plädoyer gehört und keine Frage. Ich verstehe den Hintergrund, vor dem Sie das Plädoyer abgegeben haben, und auch die politischen Normen, die Sie dabei im Kopf haben. Ich teile sie auch. Aber ich kann hier nur auf Fragen antworten ({0}) und nicht Appelle kommentieren.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Ihre Zusatzfrage, Herr Kollege van Essen.

Jörg Essen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000495, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatsminister, die Kollegin Lenke hat gerade im Zusammenhang mit Misshandlungen von Frauen danach gefragt, ob dieses Thema konkret Gegenstand von Gesprächen des Bundesaußenministers war. Sie hat nicht nach Besuchen gefragt. Deswegen möchte ich diese Frage gerne wiederholen: Mit wem hat der Bundesaußenminister diese Fragen bei seinen Besuchen in Indien konkret besprochen, und trifft es zu, was Sie gerade gesagt haben, dass dieses Thema nur bei einem Besuch Gegenstand war, oder war es bei beiden Besuchen Gegenstand?

Not found (Gast)

Herr Kollege van Essen, ich kann Ihnen über die Indienreise nur das sagen, was ich gerade schon gesagt habe. Über sonstige Reisen kann ich aus dem Stand leider keine Auskunft geben. Ich kann nur wiederholen, dass dieses Thema bei Reisen der gesamten Spitze des Auswärtigen Amtes ständiger Gegenstand ist. Dabei geht es um alle Aspekte von Gewalt gegen Frauen. Sie wissen, dass es in Indien spezifische Aspekte gibt. In manchen islamischen Staaten gibt es andere spezifische Aspekte. In Subsahara-Staaten gibt es die Beschneidung, die wir immer wieder als Menschenrechtsfrage ansprechen und nicht als Thema, das man im Rahmen von kultureller Autonomie akzeptieren kann.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Vielen Dank, Herr Staatsminister. - Die weiteren Fragen sollen schriftlich beantwortet werden. Wir kommen dann zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Fritz Rudolf Körper zur Verfügung. Ich rufe zunächst die Frage 30 des Abgeordneten Albrecht Feibel auf: Wie hoch war die Zahl der Todesopfer durch rechtsextreme Gewalt in der Bundesrepublik Deutschland in den vergangenen zehn Jahren und wie erklärt sich die Bundesregierung, dass die diesbezüglichen fachlichen Erkenntnisse und die Angaben in der öffentlichen Diskussion sehr weit, nämlich zwischen 36 und 93 Fällen, divergieren?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Herr Kollege Feibel, für den Zeitraum von 1990 bis Juli 2000 waren auf der Grundlage der entsprechenden Ländermeldungen - das ist ganz wichtig; die Statistiken kommen immer aufgrund von Ländermeldungen zustande - im Rahmen des kriminalpolizeilichen Meldedienstes „Staatsschutz“ zunächst 25 Todesopfer rechtsextremistischer, fremdenfeindlicher und antisemitischer Gewalt registriert. Die am 14. September 2000 im Berliner „Tagesspiegel“ und der „Frankfurter Rundschau“ veröffentlichte Opferliste des Journalisten Jansen weist für denselben Zeitraum 93 Todesopfer rechtsextremer Gewalt aus. Angesichts der erheblichen Zahlendiskrepanz hat der Bundesminister des Innern noch am gleichen Tage eine Überprüfung aller in der Liste genannten Todesfälle durch die zuständigen Polizeidienststellen der Länder veranlasst. Infolge der erneuten Überprüfung der einzelnen Sachverhalte und unter Berücksichtigung in einzelnen Fällen zwischenzeitlich ergangener Gerichtsentscheidungen - auch das zu berücksichtigen ist ganz wichtig - erhöhte sich die Zahl der Todesopfer rechtsextremistischer, fremdenfeindlicher und antisemitischer Gewalt von 1990 bis Juli 2000 auf insgesamt 36 Personen. In den übrigen 57 Fällen haben die Länder einen rechtsextremistischen, fremdenfeindlichen oder antisemitischen Tathintergrund auf der Grundlage der aktuell vorliegenden Erkenntnisse auch nach erneuter Überprüfung nicht festgestellt. Für den Zeitraum nach Juli 2000 hat das Land Schleswig-Holstein im Rahmen des kriminalpolizeilichen Meldedienstes „Staatsschutz“ mittlerweile ein weiteres rechtsextremistisches Tötungsdelikt gemeldet. Es handelt sich dabei um die Tötung eines Obdachlosen am 13. September 2000 in Schleswig. Damit beläuft sich die Zahl der Todesopfer rechtsextremistischer, fremdenfeindlicher und antisemitischer Gewalt in Deutschland seit 1990 nach den hierzu vorliegenden Meldungen der Länder derzeit auf insgesamt 37 Personen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage, Herr Kollege.

Albrecht Feibel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003433, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Schönen Dank, Herr Staatssekretär. Es stellt sich natürlich die Frage, was der Bundesinnenminister seit Bekanntwerden der sehr stark, nämlich zwischen 36 und 93, divergierenden Zahlen getan hat, um einen seriösen Umgang mit diesem Tatbestand in der Öffentlichkeit zu garantieren. Ich nehme an, Sie stimmen mir zu, dass Seriosität angebracht ist, wenn wir die Angelegenheit gemeinsam vernünftig angehen wollen. Was wurde in diesem Zusammenhang zur Aufklärung getan?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Herr Kollege Feibel, lassen Sie mich eine Vorbemerkung machen: Diese Bundesregierung hat überhaupt keine Veranlassung, mit irgendetwas hinter dem Berg zu halten. Ich habe schon in meine Antwort einfließen lassen, dass die Bundesregierung im Grunde genommen nur das Zahlenmaterial zur Verfügung hat und auswerten kann, das ihr von den Ländern zugänglich gemacht worden ist. Daraufhin haben wir dies überprüft und kamen zu den in meiner Antwort vorgetragenen Erkenntnissen und Zahlen. Wir haben darüber hinaus mit den Ländern sofort einen Dialog mit der Maßgabe begonnen, dass wegen der im Rahmen des bisherigen kriminalpolizeilichen Meldedienstes „Staatsschutz“ teilweise aufgetretenen Schwachstellen künftig alle politisch motivierten Straftaten mit Wirkung vom 1. Januar 2001 in einem neuen Meldesystem erfasst und bewertet werden. Wenn es Sie interessiert, kann ich Ihnen jetzt im Einzelnen sehr detailliert vortragen, was hierzu gilt. ({0}) Ich kann es Ihnen auch schriftlich nachreichen, wenn Sie dies lieber wollen. Daran wird übrigens auch deutlich, wie schwierig diese statistische Erfassung ist. Jedenfalls bemühen wir uns, mit dieser Problematik so umzugehen, wie Sie es zu Recht gefordert haben, nämlich seriös und objektiv. Darum hat sich auch der Bundesinnenminister auf vielfältige Art und Weise bemüht. Das Ergebnis, das ich Ihnen hier vortragen kann, unterstreicht dies.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Weitere Zusatzfrage.

Albrecht Feibel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003433, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, eine zweite Zusatzfrage: Was Sie gesagt haben, befriedigt mich nicht ganz, weil ich gefragt habe, was der Bundesinnenminister getan hat, um die Öffentlichkeit aufzuklären. Immerhin wurde am 24. Januar dieses Thema im Innenausschuss ausführlich behandelt. Es wurde auch darauf eingegangen, dass die Zahl 93 durch Pressemeldungen in die Öffentlichkeit lanciert wurde. Angesichts dessen wäre es doch sicherlich die Aufgabe des Innenministers gewesen, dies auch in aller Öffentlichkeit richtig zu stellen. Deshalb meine Frage: Was hat er konkret getan, um in der Öffentlichkeit die richtige Zahl darzustellen? (Eckardt Barthel [Berlin] [SPD]: Das hat er sogar hier gemacht!

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Herr Kollege Feibel, ich gehe davon aus, dass wir uns nicht missverstehen. Ich habe in meiner Antwort sehr konkret dargelegt, wie sich der Sachverhalt darstellt. Dieser Sachverhalt musste zuerst einmal überprüft werden. Ich könnte Ihnen die gesamten Listen vorlegen, die der Statistik seit 1990 zugrunde liegen. Dazu sage ich Ihnen ganz deutlich, dass der wesentlich geringere Teil dieses Zeitraums in die Regierungszeit der neuen Bundesregierung fällt; der Teil der alten Bundesregierung ist viel größer. Wir haben sehr sorgfältig daran gearbeitet - das haben wir dargestellt - und wir werden auch weiterhin mit den Ländern an diesem Thema arbeiten. Auch die IMK, die im Mai dieses Jahres wieder tagen wird, hat sich diesen Punkt auf die Tagesordnung gesetzt. Da Sie gefragt haben, was getan worden ist, möchte ich Ihnen jetzt einmal vortragen, was wir beispielsweise getan haben, um künftig besser überprüfbares statistisches Material zu bekommen. Ich glaube, es ist deutlich gemacht worden, dass der Versuch unternommen wurde, diese Diskrepanzen für die Zukunft aufzulösen. Ich denke, das hat der Bundesinnenminister hervorragend getan. Daran sind natürlich auch andere zu beteiligen, denn allein kann man das nicht erreichen. Es sind auch die Länder gefragt. Dazu will ich Ihnen hier nur andeutungsweise sagen: Es gibt aufgrund der neu gefassten Kriterien bestimmte Schwierigkeiten und Kritikpunkte aus dem Bereich der Länder, über die man miteinander diskutieren muss. An einer bestimmten Stelle ist diese Diskussion allerdings für die Öffentlichkeit nicht geeignet.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Damit kommen wir zu der Frage 31 des Kollegen Feibel: Auf welche Datenbasis stützt sich das entsprechende Zahlenmaterial?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Herr Kollege Feibel, ich antworte Ihnen auf Ihre Frage wie folgt: Rechts motivierte Straftaten, darunter auch rechts motivierte Tötungsdelikte, wurden bis Ende des vergangenen Jahres als rechtsextremistische, fremdenfeindliche und antisemitische Straftaten im Rahmen des kriminalpolizeilichen Meldedienstes „Staatsschutz“ beim Bundeskriminalamt statistisch erfasst. Mit Wirkung vom 1. Januar 2001 soll dieser durch den neuen kriminalpolizeilichen Meldedienst „Politisch motivierte Kriminalität“ ersetzt werden. Hierdurch sollen die im Rahmen des kriminalpolizeilichen Meldedienstes „Staatsschutz“ teilweise aufgetretenen Schwachstellen beseitigt und eine bundeseinheitliche und realitätskonforme Erfassung und Bewertung von rechts orientierten Straftaten in Deutschland sichergestellt werden. Die Erfassung beruht - von wenigen Ausnahmefällen eigener Zuständigkeit des Bundeskriminalamtes abgesehen - auf einer entsprechenden Bewertung und Meldung einer Straftat durch die jeweils sachlich und örtlich zuständige Landespolizeidienststelle. Dies gilt gleichermaßen sowohl für den bisherigen kriminalpolizeilichen Meldedienst „Staatsschutz“ als auch für das neue Meldesystem „Politisch motivierte Kriminalität“.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zusatzfrage, Kollege Feibel.

Albrecht Feibel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003433, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Das heißt, wir können davon ausgehen, dass die Zahlen seriös ermittelt wurden, ({0}) dass die von Ihnen genannte Zahl von 36 plus eins, was sich jetzt noch ergeben hat, ebenso seriös ermittelt wurde. Trotzdem stellt sich mir die Frage, wie es möglich ist, dass in einem Antrag der Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, F.D.P. und PDS vom 6. März dieses Jahres ausgeführt wird, es handele sich um 93 Menschen, die durch rechtsextremistische Gewalt ums Leben kamen. Kann ich daraus schließen, dass die Bemühungen des Bundesinnenministers bedauerlicherweise unwirksam waren?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Nein, dies können Sie daraus nicht schließen. Wenn ich es richtig weiß und es aus dem Kopf richtig zitieren kann, wird die Zahl 93 in Zusammenhang mit Pressemeldungen gebracht; es wird Bezug auf Presseveröffentlichungen genommen. Deswegen bin ich noch einmal auf die Meldungen im „Tagesspiegel“ und in der „Frankfurter Rundschau“ eingegangen. Das ist ein Vorgang, der bekannt gewesen ist. Im Übrigen führen wir das Gespräch auch mit den entsprechenden Journalisten. Ich denke, das ist sachbezogen und richtig. Wir haben da überhaupt nichts zu verbergen. Ich habe Ihnen hier die Ergebnisse unserer Ermittlungen deutlich gemacht. Das hat nichts mit Seriosität oder Nichtseriosität zu tun, sondern so ist die Lage. Es gab diesen Vorgang und ich denke, diesen braucht man nicht zu verbergen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Feibel.

Albrecht Feibel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003433, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich habe ja ebenfalls unterstrichen, dass ich davon ausgehe, dass die Zahlen, wie Sie sie vorgetragen haben, auf einer seriösen Grund- lage ermittelt wurden. Da gibt es keine Divergenzen. Meine abschließende Frage: Werden Sie diese Frage heute Nachmittag zum Anlass nehmen, noch einmal da- rauf hinzuweisen, welche Zahlen richtig und welche Zah- len falsch sind?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Herr Kollege Feibel, ich glaube, es ist nicht so entscheidend, zu sagen, was falsch und was richtig ist. Man muss vielmehr immer hinterfragen, wie statistische Erhebungen zustande gekommen sind, was deren Grundlage ist und wie sich dies auf die Ergebnisse ausgewirkt hat. Das, denke ich, ist der entscheidende Punkt. Wir haben in dieser Sache nichts zu verbergen und se- hen überhaupt keine Veranlassung, irgendetwas anderes darzustellen. Es gab diesen Vorgang. Aus diesem Vorgang heraus hat sich eine sehr gute Diskussion entwickelt, wie man dem Phänomen einer rechtsextremistisch motivier- ten Straftat statistisch ein Stück weit besser gerecht wer- den kann. Deswegen gibt es ja seit dem 1. Januar 2001 Veränderungen bei der statistischen Erfassung. Ich kann Ihnen leider noch keine Ergebnisse vorlegen, weil diese Änderung noch nicht lange genug besteht. In diesem Zusammenhang wird übrigens ebenso deut- lich, dass dieses Problem nicht nur zu öffentlichen Dis- kussionen geführt hat, sondern dass auch praktisches politisches Handeln die Folge war. Die Innenminister- konferenz wird sich im Mai dieses Jahres dieses Themas noch einmal annehmen, wobei es insbesondere darum ge- hen wird, wie die Länder im Einzelnen reagiert und ihr statistisches Material zusammengestellt haben. Ich denke, dieser Vorgang hat somit eine vernünftige Behandlung er- fahren.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Wir sind am Ende der Fragestunde.1) Der Beginn der Aktuellen Stunde ist von den Fraktionen für 15.35 Uhr vereinbart worden. Ich unterbreche bis dahin die Sitzung. ({0}) 1) Antwort zur Frage 32 siehe Anlage 13

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Meine Damen und Herren! Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet. Ich rufe Zusatzpunkt 1 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der CDU/CSU Zukunft des Unternehmens Bahn angesichts der gegensätzlichen Auffassungen von Bahnvorstand und Bundesregierung Ich eröffne die Aussprache. Erster Redner für die CDU/CSU-Fraktion ist Herr Kollege Dirk Fischer.

Dirk Fischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000549, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Minister Bodewig schien ein mutiger, nicht aber überzeugender Krisenmanager in dieser besonders kritischen Phase der Bahnreform zu sein. Am Wochenende erklärte er markig: Die Frage der Trennung von Netz und Betrieb ist entschieden. Es geht nur noch um das Wann und das Wie. - Ein mutiger Krisenmanager deswegen, weil er endlich die Verweigerungshaltung seiner Vorgänger Müntefering und Klimmt aufgegeben und sich der Trennung von Netz und Betrieb geöffnet hat. ({0}) Er nutzte den Parteitag der Grünen, um dort den Widerstand der SPD und ihrer Minister gegen die Trennung von Netz und Betrieb offiziell aufzugeben. Aber auch ein schwacher Krisenmanager, weil unklar geblieben ist, ob sein Vorstoß mit Bahnchef Mehdorn und Kanzler Schröder abgesprochen war. ({1}) Bodewig: Die Trennung ist mit Mehdorn ausführlich diskutiert worden und ich sehe keinen Widerstand der DB AG. So meldeten die Agenturen am Wochenende. Mehdorn fühlt sich aber ganz offenbar übergangen und drohte bereits mit Rücktritt. Er behauptet nämlich genau das Gegenteil. ({2}) Schröder will hingegen nichts von Streitigkeiten zwischen seinem Minister und Mehdorn wissen und zeigt sich überzeugt, dass beide zu einer gemeinsamen Position kommen werden. Gelegentlich interessieren sich die Bürger und die Abgeordneten auch dafür, was Schröder eigentlich in der Sache will. Oder läuft hier wieder die Masche: Er wartet erst einmal ab, um am Ende für das gefundene Ergebnis schon immer gewesen zu sein? Das haben wir ja bei anderen politischen Fragen auch erlebt. Der Rücktritt von Aufsichtsratschef Vogel ist besonders kurios gewesen, da der Hauptgrund seines Ausscheidens bislang die Kontroverse mit Mehdorn über die Trennung von Netz und Betrieb als unabdingbare Voraussetzung für Wettbewerb auf der Schiene zu sein schien. Man fragt sich also jetzt: Ist eigentlich der Richtige in die Wüste geschickt worden? ({3}) Ich fasse zusammen: statt klarer Aussagen ein völliges Durcheinander! Es herrscht in dieser Regierung ein einziger Erklärungswirrwarr. ({4}) Festzuhalten bleibt: Wir brauchen die zügige Trennung von Netz und Betrieb für den dringend erforderlichen Wettbewerb, damit der Verkehrsträger Schiene im Markt nicht immer weiter zurückfällt. ({5}) Insoweit, Herr Minister Bodewig, biete ich Ihnen für Ihre Ankündigungen ausdrücklich die Mithilfe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion an. Sie sind durch den Verlauf unserer Ausschusssitzung mit Herrn Pällmann heute Vormittag in dieser Richtung überzeugend gestärkt worden. ({6}) Ich habe das heute Morgen so wahrgenommen, dass alle Fraktionen dafür sind, dass so schnell und so gut wie möglich die Trennung von Netz und Betrieb erfolgt. Nur durch diese Trennung ist es möglich, zwischen der staatlichen Verantwortung für eine ordnungspolitisch überzeugende Schienenverkehrspolitik und dem Sanierungsfall DB AG zu unterscheiden. ({7}) Das Netz muss möglichst schon 2003, spätestens aber, wie in der Bahnreform vorgesehen, zum 1. Januar 2004 verselbstständigt werden. Eine Verzögerung auf den Zeitpunkt 2005 oder sogar später wäre das falsche Signal. Die CDU/CSU-Fraktion fordert deshalb von dieser Regierung ein schlüssiges Gesamtkonzept zum System Schiene, welches neben der Trennung von Netz und Betrieb insbesondere die Handlungsschwerpunkte für die Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel die verlässliche Investitionsperspektive für eine mittelfristige Planungssicherheit, die europäische Dimension dieses europäischen Bündelungsverkehrssystems, die Wettbewerbsneutralität der fiskalischen Belastung, die Fahrplankoordination, die Netzorganisation und die Regionalisierung, beinhalten muss. Über diese staatliche Politik muss debattiert werden. Das ist die Verantwortung dieser Bundesregierung. ({8}) Ich bitte Sie, Herr Minister, etwas zu der AP-Meldung zu sagen, die heute über die Ticker läuft, dass die Trennung von Netz und Betrieb nach einem Gespräch Bodewig/Mehdorn „vom Tisch“ sei und dass nunmehr „von einer unabhängigen Organisation im Bereich der Holding bis zu einer vollständigen Herauslösung“ alles möglich sei. Dann heißt es dort: Bodewig schloss den Verbleib des Netzes in der Holding nicht aus. Dazu kann ich nur sagen: Dann sind Sie aber ein ziemlich fröhlicher Rheinländer: heute dies, morgen das. Auf dem Parteitag der Grünen lassen Sie sich für die Trennung feiern. Die deutsche Öffentlichkeit wird am ganzen Wochenende für die Trennung begeistert. Aber nach ein paar Tagen ist das angeblich wieder „vom Tisch“. Herr Minister Bodewig, sorgen Sie dafür, dass alle Entscheidungsträger Ihrer Regierung und alle Entscheidungsträger der DB AG das gemeinsame Ziel verfolgen, welches Trennung von Netz und Betrieb heißt! Legen Sie dafür einen detaillierten Zeitplan vor! Handeln Sie rasch! Die Zeit drängt. ({9}) Der Verkehrsträger Schiene ist für eine erfolgreiche Verkehrspolitik unverzichtbar. Er darf im Markt nicht immer weiter zurückfallen. ({10})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Das Wort hat der Herr Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Kurt Bodewig. ({0})

Kurt Bodewig (Minister:in)

Politiker ID: 11003051

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei Ihrem Verlangen nach einer Aktuellen Stunde sind Sie einer Zeitungsente aufgesessen. Sie bedauern das jetzt. Eigentlich könnten Sie sich diese Aktuelle Stunde sparen; denn alle Ergebnisse liegen auf dem Tisch. ({0}) Das gilt umso mehr, Herr Fischer, wenn Sie sich auf die Bahnreform beziehen. Das finde ich wirklich einen Hammer. Sie haben doch eine wichtige und notwendige Bahnreform angepackt, dann aber das Unternehmen Bahn über Jahre finanziell verhungern lassen. ({1}) Sie haben die Investitionen von 9 Milliarden DM auf 6 Milliarden DM heruntergefahren und sprechen von der „Zukunft des wichtigsten Verkehrsträgers“. Sie handeln doch völlig irreal! Jetzt haben Sie ein paar Fragen gestellt, die ich gerne beantworten möchte. Ich möchte die Zeitungsente, der Sie aufgesessen sind, ({2}) gerne zum Anlass nehmen, etwas über die Zukunft des Unternehmens Bahn zu sagen. Mit der Verkehrsreform, die wir anpacken werden, werden wir das Unternehmen Bahn, das System Schiene fördern. Das geht nur in einer systematischen Schrittfolge. Trennung darf kein ideologisches Prinzip sein, wie Sie es gerade propagiert haben. Vielmehr gehört sie zur politischen Gestaltung. Ich habe einige Elemente vorgesehen, die Sie alle einmal zur Kenntnis nehmen sollten. Das erste Systemelement ist die LKW-Maut. Sie wird zu einer Verlagerung des wachsenden Verkehrs führen. Das ist richtig. Das ist ein mutiger Schritt, zu dem Sie nie die Kraft gehabt haben. Das will ich einmal sehr deutlich machen. ({3}) Das zweite Element ist: Die Mehreinnahmen aus der LKW-Maut fließen in die Verkehrsinfrastruktur. Das führt zu einer Nutzerorientierung. Auch das ist wichtig. Denn wenn wir das enorme Verkehrswachstum bewältigen wollen, müssen wir alle Gestaltungsmaßnahmen in Angriff nehmen. Der dritte Punkt und ein zentraler Bestandteil unseres Reformkonzepts ist - auch das habe ich sehr deutlich gemacht - die Erhöhung des Anteils des Verkehrs auf der Schiene. Wettbewerb muss durch garantierte Unabhängigkeit des Netzes hergestellt werden. Über dieses Ziel haben Sie heute im Ausschuss mit Herrn Pällmann diskutiert. Ich beziehe mich auf die Anhörung zur Bahnreform. Ich beziehe mich auf den Pällmann-Bericht. Sie lagen uns immer in den Ohren: Setzen Sie Pällmann um! - Jetzt tun wir dies. Wir prüfen den Pällmann-Bericht sehr intensiv und entnehmen ihm die uns geeignet erscheinenden Elemente. Jetzt höre ich so etwas von Ihnen! Irgendwann müssen Sie sich einmal entscheiden. ({4}) Deswegen habe ich gesagt: Die Unabhängigkeit des Netzes ist keine Frage des Ob, sondern des Wie. Das wissen alle. Auch die Bahn hat das heute noch einmal bestätigt. Das Eisenbahninfrastrukturpaket der EU, das mit einer grundsätzlichen Entscheidung für einen liberalisierten Güterverkehrsmarkt verbunden ist, liegt auf dem Tisch. Bis 2007 muss dies gewährleistet sein. Wir fangen früher an, weil es uns auch darum geht, das Unternehmen Bahn gut aufzustellen. Wir werden eine konkrete Prüfung vornehmen. Nicht Ideologie, sondern systematische Schrittfolge: Das ist der entscheidende Punkt. Ich habe dies angekündigt und das machen wir. Wir beginnen nächste Woche mit der Taskforce. ({5}) In der Taskforce werden die unterschiedlichen Organisationsmodelle darauf untersucht, wie die Unabhängigkeit des Netzes hergestellt werden kann. Dazu gehört eine große Variantenbreite von der unabhängigen Organisation Dirk Fischer ({6}) in Form einer Holding, von einer Herauslösung des Netzes bis zur Einrichtung einer Regulierungsbehörde. ({7}) Ich denke, es ist richtig, alle Maßnahmen sehr genau zu prüfen. ({8}) Es geht hier nicht um eine Chaosentscheidung à la Großbritannien - konservative Kollegen von Ihnen -, sondern es geht um eine verantwortliche Politik, die wir zu gewährleisten haben. Dies mache ich. ({9}) Ich sage: Ein solches Netz muss weisungsgebunden und kundenneutral sein und es muss zu dem Ziel führen, das wir im Verkehrsbericht 2000 aufgeführt haben: mehr Verkehr auf die Schiene, Verdoppelung des Schienengüterverkehrs bis 2015. Dies ist ein ehrgeiziges Ziel, aber wir werden mit aller Macht daran arbeiten, es zu erreichen. ({10}) Unter Ihrer Regierungszeit ging die Kapazität im Güterverkehr zurück. Im letzten Jahr gab es erstmalig eine Steigerung. Ich gehe davon aus, dass wir diesen Prozess systematisch fortsetzen. Ich freue mich auch, dass Herr Mehdorn in der Taskforce mitarbeitet. Sie versuchen hier, einen Gegensatz zu konstruieren: Mehdorn auf der einen und Bodewig auf der anderen Seite. Wir haben bewiesen, dass es diesen Gegensatz nicht gibt. Es geht darum, das Unternehmen Bahn aufzustellen, den Sanierungsprozess fortzusetzen. ({11}) Ihre Politik ist der Grund dafür, dass wir sanieren müssen. Sie sind diejenigen, die den Sanierungsprozess notwendig gemacht haben. ({12}) Wir lösen das Problem, das Sie uns hinterlassen haben. Wir gestalten Politik. ({13}) Ich mache dies zusammen mit der DB AG und auch mit den Beschäftigten der DB AG. Das ist mir sehr wichtig. Die Bahn hat mit ihren Beschäftigten nach dem Zusammenschluss von Deutscher Reichsbahn und Deutscher Bundesbahn einen ungeheuren Integrationsakt geleistet. Sie wissen auch, dass dieser Prozess weitergeht. Dieses Unternehmen Bahn wird ein Unternehmen Zukunft. Ich sage auch: Unsere Maßnahmen werden dazu beitragen, die Verkehrsinfrastruktur systematisch auszubauen, die Neutralität des Netzes herzustellen, Unabhängigkeit zu schaffen, mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen, eine LKW-Maut einzuführen, die eine Nutzerfinanzierung darstellt. Ich denke, es ist gut, wenn dies alle gemeinsam machen; auch mit dem Bahnvorstand und dem Aufsichtsrat. Ich bin gegen Streit in der Politik. Ich bin für gemeinsames Handeln bei der Gestaltung. In diesem Sinne hat sich Ihre Aktuelle Stunde erledigt. Sie haben versucht, einen Keil zu treiben. Das ist misslungen. Mich freut dies. Mich freut dies auch im Interesse des Unternehmens Bahn. ({14}) Ihre Frage betraf die Zukunft der Bahn in Deutschland. Die Zukunft der Schiene sieht durch unsere Gestaltungsmaßnahmen besser aus und die Zukunft des Unternehmens Bahn wird durch einen kontrollierten Sanierungsprozess erfolgreich vorangetrieben. Dazu werden wir hinterher in diesem Hohen Hause gemeinsam sagen: Prima, es hat sich gelohnt, Probleme anzupacken sowie Lösungen öffentlich breit zu diskutieren und dann gestalterisch durchzusetzen. ({15}) Dies ist etwas, was wir bei Ihnen in den Jahren des Stillstandes zutiefst vermisst haben. Herzlichen Dank. ({16})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Für die F.D.P.-Fraktion spricht der Kollege Horst Friedrich.

Horst Friedrich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000593, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister Bodewig, die Aktuelle Stunde hat sich wahrscheinlich in gewisser Weise überholt, aber nicht in der Weise, wie Sie es dargestellt haben, sondern dadurch, dass Herr Mehdorn Sie offensichtlich kassiert hat. ({0}) Nach Ihrer vollmundigen Aussage vom Sonntag war ich kurzfristig in dem Glauben, dass bei Ihnen die Hoffnung, dass es der Bahn besser gehen könnte, endlich durch Wissen dessen, wie es geht, ersetzt worden ist. Da haben Sie endlich das umgesetzt, was viele vorher für richtig befunden haben und welches der letzte entsprechende Schritt sein musste, um mehr Wettbewerb und dadurch mehr Güter auf die Schiene zu bringen. ({1}) Nun kommt Ihre heutige Rede; sie klingt wie das verschüchterte Pfeifen im Wald. Dass Sie Herrn Mehdorn mit in die Taskforce nehmen, ehrt Sie, aber das ist ungefähr so, als wenn Sie die Frösche damit beauftragen, den Sumpf trockenzulegen. Das kann doch nichts werden, lieber Herr Bodewig. Herr Mehdorn hat deutlich erklärt, dass die Bahn für ihn inklusive der Netz AG funktionieren wird. Dafür habe ich volles Verständnis. ({2}) Eine Monopolrendite würde ich mir auch gerne genehmigen. Welchen Anlass hat denn Herr Mehdorn, von diesem bequemen Monopolsockel herunterzusteigen? Er nennt immer die Zahl von angeblich 150 Mitbewerbern auf der Schiene. Wir haben heute Morgen die eigentliche Zahl gehört, nämlich den tatsächlichen prozentualen Anteil der Wettbewerber auf der Schiene. Nein, das sind für die Bahn keine Wettbewerber. Das sind geduldete Zulieferer, damit der große Monopolist Bahn für einige Strecken, die er von sich aus nicht mehr bedienen will, seine Zulieferer hat. Das ist aber kein Wettbewerb. ({3}) Jetzt lesen wir zu unserer großen Freude in einer heutigen Tickermeldung: Die definitive Herauslösung des Schienennetzes aus der BahnAG ist vorerst vom Tisch ... Der Kompromiss zwischen Bodewig und Mehdorn besteht offenbar darin, dass der Minister erstmals betonte, dass auch ein Verbleib in der Holding nicht ausgeschlossen sei. Nun, Herr Minister Bodewig, das ist ziemlich genau das Gegenteil von dem, was Sie am Sonntag erklärt haben. ({4}) An diesem Tag haben Sie erklärt, es gehe nicht um das Ob, sondern nur um das Wie und um den Zeitpunkt der Trennung. Darin sind wir uns einig. Wir sind einer Meinung darüber, dass man über das Wie und den Zeitpunkt diskutieren kann, aber nicht mehr über das Ob. ({5}) Nun ist die Frage: Was gilt denn jetzt tatsächlich? Heißt der neue Verkehrsminister in Zukunft Kurt Mehdorn oder Hartmut Bodewig? ({6}) Wie halten Sie es denn? Von wem möchten Sie Eisenbahnpolitik gestalten lassen, wenn Sie tatsächlich der Meinung sind, dass Eisenbahnpolitik von der Politik noch gestaltet werden muss? Ein bisschen politischer Einfluss sollte noch vorhanden sein. Schließlich ist der Bund noch zu 100 Prozent Eigentümer. Man kann darüber diskutieren, was man macht, aber doch nicht mehr darüber, wo an den entsprechenden Stellschrauben gedreht werden muss. Eines will ich noch ansprechen: Die Koalition aus CDU/CSU und F.D.P. hat mit der Bahnreform das Thema auf das richtige Gleis gebracht. ({7}) Zu Beginn der Bahnreform haben wir damals bewusst auf die Trennung von Netz und Betrieb verzichtet, weil wir gemerkt haben, dass die gleichzeitige Vereinigung von Deutscher Bundesbahn und Deutscher Reichsbahn mit der Bahnreform und der Trennung von Netz und Betrieb nicht zu schultern sein wird. ({8}) Das war schon damals offensichtlich. Es ist und bleibt eine Behauptung, wir hätten die Bahn nicht mit den entsprechenden Finanzmitteln ausgestattet. ({9}) Ich habe es Ihnen schon einmal nachgewiesen und Herr Mehdorn hat im Ausschuss sogar zugeben müssen, dass das Geld nicht verbaut werden konnte. Er hat die Begründung angeführt, 1994 sei man von der Bahnreform überrascht worden. ({10}) Man habe nicht gewusst, dass die Bahnreform komme und habe deswegen die Gelder nicht verbauen können. Die Bahnreform kam ja auch von heute auf morgen, sozusagen über Nacht. Das war damals ein entsprechender Managementfehler. Er zieht sich durch das Thema wie ein roter Faden. Auch jetzt liest man zwischen den Zeilen, dass von den angeblich so großen Summen, die zugesagt worden sind, über eine Milliarde wieder nicht verbaut werden kann. Damit man aber einem entsprechenden Vorwurf entgegentreten kann, liest man jetzt schon, es sei nicht das Unvermögen der Bahn, es nicht verbauen zu können, sondern dies liege an dem Fakt, dass man das Ganze unter dem rollenden Rad machen müsse. An Baustellen dürfe also nicht so viel Geld ausgegeben werden, wie zur Verfügung stehe. - Das ist die blödeste Begründung, die ich jemals gehört habe, um Geld nicht auszugeben. Auf der einen Seite kommt das große Jammern nach mehr Geld, auf der anderen Seite kommt sofort der Nachsatz, man könne nicht alles ausgeben. ({11}) Entweder kann man das Geld ausgeben, dann braucht man es auch. Oder man kann das Geld nicht ausgeben, dann braucht man kein großes Geschrei zu erheben, es werde nicht genügend Geld zur Verfügung gestellt. In diesem Sinne, Herr Minister Bodewig, waren Ihre Worte eine große Enttäuschung. Ich bin gespannt, wie Sie sich in den nächsten Runden bei diesem Thema herauslavieren werden. Schauen wir einmal, was dabei herauskommt. Ich befürchte, dass es nichts Gescheites sein wird. Danke. ({12})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Das Wort hat der Kollege Albert Schmidt für die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen. ({0})

Albert Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002779, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich glaube gern, dass euch das stinkt. Wenn es um die Bahn geht, ist Schmidt immer überall. Darüber braucht ihr euch keine Sorgen zu machen. ({0}) Horst Friedrich ({1}) Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit Hartmut Mehdorn als Chef der Deutschen Bahn Aktiengesellschaft seinerzeit gesagt hat: „Den Unfug mit dem Transrapid zwischen Hamburg und Berlin machen wir nicht“, explodiert Dirk Fischer wie eine Rakete an Silvester, wenn nur der Name Mehdorn fällt. ({2}) Sie, Herr Kollege Fischer, haben damals anscheinend ein Trauma erlitten und müssen jetzt bei jeder Gelegenheit - wenn es keine gibt, versuchen Sie, eine zu konstruieren diesem Manager - er ist einer der erfolgreichsten Manager dieses Landes - ans Bein pinkeln. Dafür habe ich sogar ein gewisses Verständnis. Aber glauben Sie ja nicht, dass dies eine Basis für Politik ist. Und glauben Sie ja nicht, dass Sie mit der heutigen Aktuellen Stunde angesichts des überwältigenden positiven Presseechos der letzten Tage nur einen einzigen Punkt gewinnen werden. ({3}) Wenn Sie einmal einen Moment nachdenken würden und sich überlegten, wie die Bilanz der ersten 100 Tage dieses Ministers aussieht, müssten Sie unvoreingenommen sagen: Die trilaterale Vereinbarung - zwischen Finanzministerium, Verkehrsministerium und Bahn - ist unter Dach und Fach und schafft berechenbare Finanzzusagen für die nächsten drei Jahre. - Das ist ein Ergebnis, das Sie nie angestrebt und schon gar nicht zustande gebracht haben. - Das ist der erste Punkt. ({4}) Zweitens. Wir haben den Branchentarifvertrag unter Dach und Fach. Es ist schwierig gewesen, diesen Vertrag zwischen den Beschäftigten und der Unternehmensführung auszuhandeln. Der Vertrag schafft wichtige Voraussetzungen und hat der Unterstützung durch die Politik bedurft, die den Beschäftigten gesagt hat: Ihr werdet nicht auf die Straße geschickt, ihr werdet nicht entlassen, sondern wir nehmen unsere Verantwortung wahr, sei es durch Vorruhestandsregelungen oder andere Rahmenregelungen, die wir für euer Unternehmen schaffen. ({5}) Drittens - das ist das, was euch ärgert -: Der Verkehrsminister sagt: Wir machen in verschiedenen Punkten mit den Vorschlägen der Pällmann-Kommission Ernst. ({6}) Er will in den Fragen einer Finanzierungsgesellschaft, einer schrittweisen Umsteuerung in der Verkehrswegefinanzierung, von einer Steuer- zu einer Nutzerfinanzierung, beginnend bei der Bahn und beim LKW, und mit einer Taskforce, das heißt mit einer Arbeitsgruppe, die dezidiert eine Entscheidung, die uns durch die Europäische Union vorgegeben ist, vorbereitet, nämlich das Netz für alle Verkehrsunternehmen, die die Schiene nutzen, unabhängig zu stellen, Ernst machen. Das ist doch eine hervorragende Bilanz nach 100 Tagen und dass Sie das ärgert, kann ich sogar verstehen. ({7}) Nun ist, lieber Kollege Friedrich, die Frage nach der Unabhängigkeit des Netzes keine Glaubensfrage, wie das von manchen überstilisiert wird. ({8}) - Du musst meine Rede nachlesen. - Sie ist eine nüchterne Frage nach der Effizienz. Wenn die rechte Seite dieses Hauses schon immer ein so großes Herz für den Wettbewerb auf der Schiene gehabt haben will, wenn sie denn so sehr für die Weiterentwicklung der Bahnreform und die Trennung von Netz und Betrieb ist, muss ich Sie fragen: Warum haben Sie denn in all den Jahren nichts dafür getan? Warum haben wir denn heute diese Situation? ({9}) - Ja, nachdem ihr in der Opposition wart, habt ihr den Antrag vorgelegt und nicht vorher! Es geht jetzt schlicht und einfach darum, in einem verantwortlich organisierten Prozess die Organisationsform und den zeitlichen Verlauf, in dem die Unabhängigkeit des Netzes zu bewerkstelligen ist, sicherzustellen. Das setzt selbstverständlich voraus, dass auch der Vorstand des Unternehmens aufs Engste mit einbezogen ist. Die Tatsache, dass heute noch einmal erklärt worden ist, dass Hartmut Mehdorn in dieser Taskforce produktiv mitarbeiten wird, widerlegt doch den Anlass der von Ihnen beantragten Aktuellen Stunde. ({10}) Wir werden diesen Prozess in Ruhe vorantreiben; es wird nicht aus der Hüfte geschossen, da es in dieser Frage auch um Beschäftigte geht. Sie werden sich noch öfter ärgern müssen, weil wir diesen Prozess beharrlich betreiben werden. Abschließend will ich Ihnen noch sagen: Die Umstrukturierung im Unternehmen ersetzt in gar keiner Weise die Sanierung des Netzes durch ordentliche Finanzzusagen. Darin liegt die eigentliche Unverschämtheit Ihres Auftretens hier. ({11}) Sie wollen nur verdecken, dass Sie der Bahn über Jahre hinweg Gelder vorenthalten haben, die sie dringend Albert Schmidt ({12}) gebraucht hätte. Wir müssen jetzt beides bewältigen, nämlich die Strukturreform durch mehr Innovation und mehr Investitionen. Diese Aufgabe haben Sie uns hinterlassen und Sie können sicher sein: Wir werden sie verantwortlich, konsequent, beharrlich und erfolgreich lösen. ({13})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Für die PDS-Fraktion spricht jetzt der Kollege Dr. Winfried Wolf.

Dr. Winfried Wolf (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002830, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir stellen fest, dass jetzt alle Fraktionen im Bundestag für die Trennung von Fahrweg und Betrieb eintreten. Wir stellen weiter fest, dass diese Trennung eine alte Forderung der Umweltbewegung ist, die seit Mitte der 80er-Jahre erhoben wird, um eine Chancengleichheit für alle Verkehrsträger, in diesem Falle zugunsten der Bahn, zu realisieren. Wir müssen aber auch feststellen, dass bei der Bahnreform im Jahre 1994 explizit gesagt wurde, dass eine Trennung nicht stattfinden solle und dass erst ungefähr seit Herbst des letzten Jahres einzelne Anträge - nicht nur von der F.D.P., sondern auch von der PDS - eingebracht wurden, die dieses Thema konkret aufgreifen. Ich möchte aber zunächst festhalten, dass die Ausführungen in dieser Debatte und die Erklärung von Herrn Bodewig auf dem Grünen-Parteitag im Grunde der Feststellung eines Desasters in der gesamten Bahnpolitik und auch in der Bahnreform gleichkommen. Immerhin regieren SPD und Grüne schon zweieinhalb Jahre. In der Zeit hat sich der Zustand des Netzes weiterhin verschlechtert und die Zahl der Langsamfahrstrecken auf real 3 000 vergrößert. Die allgemeine Verwirrung ist ja auch dadurch zum Ausdruck gekommen - was sehr seltsam ist -, dass der Aufsichtsratschef Vogel die Trennung von Fahrweg und Betrieb zuerst fordert und dann zurücktreten muss, dann in Stuttgart bekannt gegeben wird, dass die Trennung doch realisiert werden soll, daraufhin Mehdorn erklärt, dass er zurücktreten wolle, und jetzt irgendetwas, was dazwischen liegt - die jetzt angestrebte Lösung ist mir auch nicht klar geworden -, realisiert werden soll. Wenn man generell für die Trennung von Fahrweg und Betrieb eintritt, dann muss man auch bedenken, dass der Teufel im Detail steckt. Ich möchte vier Teufelchen - darüber hat bisher kein Mensch geredet - aufzählen. Erstens. Was für eine Art von Netzgesellschaft soll es denn sein? Es wurde gesagt, es solle eine private Gesellschaft, eine Aktiengesellschaft, sein. Wir glauben dagegen, dass es, wenn es eine Trennung gibt, eine staatliche Gesellschaft sein müsste, die die Grundversorgung im Bereich der Infrastruktur - wie bei den Wasserwegen - sicherstellen muss. Im Grunde würde man mit einer solchen Gesellschaft dem Modell der erfolgreichsten europäischen Bahn, der Schweizer Bahn, nacheifern. Zweitens. Es wurde bisher von keinem Menschen darauf hingewiesen, dass die Finanzierung der Fahrwege auch nach der Trennung von Fahrweg und Betrieb garantiert werden muss und eine solche Garantie von vornherein integraler Bestandteil einer solchen Bahnreform sein muss. ({0}) Drittens. Mehdorn hat Recht, wenn er darauf hinweist, dass Betrieb und Unterhalt in einer Hand sein sollten. Hier stehen zwei Modelle zur Auswahl: zum einen das Modell Railtrack in Großbritannien, wo es eine vollkommene Trennung gibt - mit katastrophalen Folgen - zum anderen das Modell Reseau in Frankreich, wo das Netz zwar formal in der Hand des Staates ist, er direkten Zugriff hat, aber der Betrieb weiterhin in der Hand der SNCF liegt, das heißt, Betrieb und Unterhalt sind weiterhin in einer Hand. Das französische Modell Frankreich wäre auch bei uns realisierbar. Viertens. Die Trennung von Fahrweg und Betrieb müsste mit einer Neuordnung der Trassenpreise einhergehen, das heißt, es müssten Trassenpreise festgelegt werden, durch die der privat betriebene Schienenverkehr vor allem auf Nebenstrecken nicht behindert wird. Die Reform müsste so durchgeführt werden, dass die Trassenpreise allgemein und speziell auf den bedrohten Nebenstrecken gesenkt werden, um zur Aufnahme des Schienenbetriebs auch auf stillgelegten Nebenstrecken zu ermuntern. All diese vier Punkte wurden nicht konkretisiert. Herr Bodewig, Sie haben dazu nichts gesagt und sogar für neue Konfusion gesorgt. Es gibt damit zwei Möglichkeiten: Entweder es kommt zu der angedeuteten Trennung - wie sie auch von F.D.P. und Grünen vertreten worden ist -, das heißt weitere Entstaatlichung und Fortsetzung des Weges an die Börse und der Zerschlagung der Bahn. Oder es kommt zu der Lösung, die Herr Bodewig angekündigt hat, was weiteres Chaos bedeuten würde, ähnlich dem Chaos, das in den letzten zwei Jahren in der Bahnpolitik mit drei Verkehrsministern und mit der Ankündigung auf dem Grünen-Parteitag und der halben Zurücknahme derselben angerichtet wurde. Der Charme der von der CDU/CSU beantragten Aktuellen Stunde liegt darin, dass die Diskussion über das Thema dort hingeholt worden ist, wo sie hingehört, nämlich in das Parlament. Ich fordere, dass die Diskussion auch nach der Aktuellen Stunde fortgesetzt wird und konkrete Konzepte auf den Tisch gelegt werden, in denen mindestens die von mir angesprochenen „vier Teufelchen im Detail“ berücksichtigt werden. Vielleicht gibt es noch ein paar andere. Danke schön. ({1})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Wolfgang Bötsch für die CDU/CSU-Fraktion. Albert Schmidt ({0})

Dr. Wolfgang Bötsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000228, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen! Es ist ja interessant, dass der der SPD angehörende Minister ausgerechnet einen Grünen-Parteitag für seinen Auftritt wählte. ({0}) Ich gehe davon aus, dass er dieses Forum gewählt hat, um etwas mehr als in der Vergangenheit zur Kenntnis genommen zu werden, also gewissermaßen zur Steigerung des eigenen Bekanntheitsgrades. Ich gehe nicht davon aus, dass er Fusionsverhandlungen zwischen den Grünen und der SPD führen sollte. Mit einer vernünftigen und in die Zukunft gerichteten Verkehrspolitik war der Name Bodewig jedenfalls bisher nicht verbunden. Herr Minister, Sie konnten die Flickschusterei nicht beseitigen, die die Bundesregierung mit drei Bundesverkehrsministern in der Verkehrspolitik inzwischen angerichtet hat. In der Sache selbst hat die CDU/CSU - das haben Sie ja vielleicht gemerkt; Kollege Fischer hat das vorhin noch einmal unterstrichen - Ihren Vorstoß nicht kritisiert. Im Gegenteil: Mit dem, was Sie in Stuttgart gesagt haben, möchte sie Sie durchaus unterstützen. Aber wir stellen fest, dass spätestens seit heute offenbar wieder zurückgerudert wird. ({1}) Die Taskforce - das ist ja ein sehr ambitionierter Begriff in diesem Zusammenhang; das gebe ich zu ({2}) wird sich mit der Frage zu beschäftigen haben, inwieweit mit welchen Liberalisierungsmaßnahmen endlich Wettbewerb auf die Schiene gebracht wird und somit zufriedenere Kunden für die Bahn gewonnen werden können. Im Gegensatz zu Ihrer Behauptung von vorhin geht es uns nicht um Ideologie, nicht um Kunst um der Kunst willen, nicht um Wettbewerb um des Wettbewerbs willen, sondern zufriedene Kunden sollen bleiben und andere Kunden sollen gewonnen werden. ({3}) Der beste Weg dahin ist ein funktionierender Wettbewerb. Dazu ist es schlicht und einfach erforderlich, dass die Bahn pünktlich, schnell, flächendeckend und preiswert ist. Keine dieser Voraussetzungen erfüllt die Bahn AG im Augenblick. ({4}) Deshalb ist es auch nicht mehr als hohles Gerede, wenn immer wieder mit neuen Werbekampagnen Ankündigungen gemacht werden, denen aber keine Taten folgen. Zur Pünktlichkeit: Sie sagen, es seien 97 Prozent. Ich frage Sie, Herr Kollege Schmidt, warum an einem Sonntag, an dem fast kein Güterverkehr auf der Schiene rollt, der ICE 10 bis 15 Minuten Verspätung hat. Wenn Sie dann Ihren viel gepriesenen Verbund im Verkehr erreicht haben, dann haben Sie zwar große Flughafenbahnhöfe mit Eventecken oder Eventbereichen, aber das Flugzeug verpassen Sie, weil der Zug Verspätung hat. Sie haben nur dann eine Chance, das Flugzeug zu erreichen, wenn Sie einen früheren Zug wählen, den Sie eigentlich nicht wählen wollten. ({5}) Vieles dient nicht der Aufklärung, sondern der Verwirrung der Reisenden. Gehen Sie einmal zum Bahnhof Zoo in Berlin und vergleichen Sie, was auf den gedruckten Abfahrtstafeln steht, den Wagenstandsanzeigern, auf dem Display auf den Bahnsteigen, in den Fahrplänen zu den Städteverbindungen und dem Faltblatt „Ihr Zugbegleiter“! - Sie finden nur Widersprüchliches; der Kunde wird nur verwirrt. ({6}) Wenn man dann Herrn Mehdorn einen Brief schreibt, dann antwortet irgendjemand in abwägenden Worten, weil der Herr Mehdorn offenbar keine Zeit hat, einen Brief an einen Abgeordneten wenigstens zu unterschreiben. ({7}) Warum die Information der Reisenden im Zeitalter des Mobilfunks so schlecht ist, dass zum Beispiel bei geänderter Wagenfolge auf dem Bahnsteig erst in letzter Sekunde gesagt wird, die Wagen stehen an einer anderen Stelle, ist nicht zu verstehen. Die Werbung im Fernsehen ist keine Satire, sondern dargestellte Wirklichkeit: Die Bahn ist nicht in der Lage, im Verlaufe einer Stunde auf der Fahrt von Nürnberg nach Würzburg in Würzburg anzurufen, dass der Zug heute eine andere Wagenreihenfolge hat. Ich kann Ihnen die Entschuldigungen der Reihenfolge nach aufzählen: Oberleitungsschaden, Gleisschaden, Weichenschaden, ({8}) Heizungsschaden, Schäden am Triebkopf, Toiletten verstopft, Kaffeemaschine kaputt. So ungefähr lautet die Reihenfolge dessen, was Sie täglich erleben, wenn Sie mit der Bahn fahren. Dort liegen die Ursachen, warum Sie keine neuen Kunden bekommen. Meine Damen und Herren, gefragt ist zunächst das Management der Bahn, Herr Mehdorn. Ich denke, er sollte Hinweise, die gut gemeint sind, nicht einfach abwiegeln, sondern ihnen nachgehen. Gefragt ist aber auch die Bundesregierung, gefragt sind auch Sie, Herr Minister Bodewig. Kündigen Sie nicht nur an, handeln Sie! Wenn Sie vernünftig handeln, haben Sie unsere Unterstützung. Vielen Dank. ({9})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Nächste Rednerin für die SPD-Fraktion ist die Kollegin Karin RehbockZureich.

Karin Rehbock-Zureich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002756, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Lieber Kollege Bötsch, gefragt gewesen wären Sie und Ihre Fraktion in den letzten Jahren, in denen Sie an der Regierung waren, als es darum ging, die Investitionsmittel der Bahn nach der Bahnreform auf dem Niveau zu halten, wie es einmal in der Größenordnung von 9 bis 10 Milliarden DM festgelegt wurde. ({0}) Dies haben Sie nicht getan. Jetzt haben wir eine Aktuelle Stunde, für die eine Zeitungsente der Anlass ist. Eines ist doch ganz klar: ({1}) Es wird Ihnen nicht gelingen, einen Keil zwischen die DB AG und uns hinsichtlich des gemeinsamen Ziels zu treiben. Dieses gemeinsame Ziel heißt: mehr Verkehr auf die Schiene. Wir werden dieses gemeinsame Ziel erreichen. Wir haben erste Schritte getan: Wir haben die Investitionsmittel von 6 Milliarden DM auf 9 Milliarden DM erhöht, die Rahmenbedingungen insgesamt verbessert und ein Konzept für die Unabhängigkeit des Netzes, was Voraussetzung für mehr Wettbewerb in der Zukunft ist, auf die Tagesordnung gebracht. ({2}) Sie haben über Wettbewerb immer als Selbstzweck diskutiert. Das war ein Stück Ideologie. ({3}) Der Maßstab, den Sie angelegt haben, ist nicht unser Maßstab. ({4}) Unsere zukünftige Verkehrspolitik wird darauf ausgerichtet sein, mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen. Aus diesem Grund werden die Chancen und Risiken zukünftiger Konzepte genau abgeklopft. ({5}) In der heutigen Diskussion im Verkehrsausschuss wurde auch vonseiten Dr. Pällmanns ganz deutlich gesagt, dass es nicht um einen Selbstzweck gehen dürfe, sondern vor dem Hintergrund des Zieles, mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen, geschehen müsse. Es gibt ja nun ein schreckliches Beispiel: England kann für uns kein Vorbild sein. ({6}) Ihr Verhalten finde ich insgesamt sehr seltsam. Sie treten einerseits für die Trennung von Netz und Betrieb ein. Andererseits bringen Sie einen Antrag ein, mit dem Sie die Anzahl der pro Jahr zu fahrenden Zugkilometer festlegen und garantieren wollen. Dazu muss ich Ihnen schon sagen: Das Ansinnen, die Zugkilometer in der Republik festzulegen, widerspricht Ihrem Anspruch, durch die Trennung von Netz und Betrieb mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen. ({7}) Sie fordern hier eine Rückkehr zur alten Behördenbahn. Sie müssen selbst sehen, wie Sie dies unter einen Hut bringen wollen. ({8}) Die DB AG ist dabei, ihre Ziele zu erreichen. Sie erzielte im Güterverkehr ein Plus von 13 Prozent und im Bereich der Personenkilometer ein Plus von 4 Prozent. Dies ist der erste Schritt in eine bessere Zukunft. Mit den richtigen Rahmenbedingungen vonseiten der Politik werden wir gemeinsam mit der DB AG und den Fachleuten den Weg in die richtige Richtung einschlagen. ({9})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Nächster Redner für die CDU/CSU ist der Kollege Georg Brunnhuber.

Georg Brunnhuber (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000284, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es freut mich, dass der Herr Minister heute bei dieser Aktuellen Stunde anwesend ist. ({0}) Herr Minister, ich habe mich gefreut - das habe ich vor wenigen Tagen in einem Interview gelesen -, dass Sie sinngemäß erklärten, dass Sie stolz sind, deutscher Verkehrsminister zu sein. ({1}) Ich freue mich darüber. Wenn das aber Ihr Kabinettskollege Trittin liest, verdächtigt er Sie bei Ihrer Frisur der Deutschtümelei und bezeichnet Sie als Skinhead. ({2}) Wir nehmen Sie aber in Schutz. Hier im Parlament sitzen ja noch mehr mit der gleichen Frisur. ({3}) Wir unterstützen Sie im Grunde genommen nicht nur dort. Am Sonntag - als ich in den verschiedenen Fernsehnachrichten Ihre Äußerungen vernommen habe dachte ich mir: Jawohl, jetzt geht es mit der Bahn in die richtige Richtung. ({4}) Es hat noch nicht einmal zwei ganze Tage gedauert, ({5}) da sind Sie schon wieder - kehrt, marsch! - umgekehrt. Wiederum passiert das, was Herr Mehdorn schon mehrmals - auch mit Ihrem Vorgänger - gemacht hat: Er zieht Sie schneller über den Tisch, als Sie denken können. Als es um den Transrapid ging, hat Herr Mehdorn Herrn Klimmt mit völlig falschen Daten, Zahlen und Fakten über den Tisch gezogen. ({6}) Ergebnis: Transrapid weg. Mit seinen Darstellungen der großen Finanzdefizite hat er Ihren Vorgänger und auch Sie dazu gebracht, dass man in den nächsten Jahren der Bahn einen Schubkarren voll Geld nachschmeißt. Vor wenigen Tagen ist herausgekommen: Das Defizit ist gar nicht so groß; eigentlich ist es gar keins. Im Grunde genommen handelt es sich nur um ein Berechnungsproblem. ({7}) Herr Bodewig, wenn Sie nicht aufpassen, dann zieht er Sie in dieser Sache über den Tisch und die Verkehrspolitik von Rot-Grün ist endgültig gescheitert. Sie sind ja nicht ohne Grund auf die 1994 beschlossene Trennung von Netz und Betrieb gekommen. Ihre Devise im Wahlkampf 1998 „Mehr Güter auf die Schiene“ ist im Jahre 2001 doch restlos gescheitert. ({8}) Nichts von alledem ist wahr geworden. Da Sie erst 100 Tage Verkehrsminister sind, nehme ich Ihnen ab, dass Sie aus eigenem Erleben nicht wissen können, dass der Zuwachs des letzten Jahres nicht durch die Bahn in Deutschland erfolgt ist, sondern weil die Bahn AG in Holland in einer Kooperation mit einem holländischen Betrieb Tonnage zugekauft hat. ({9}) Im Gegenteil: Die Anzahl der auf der Schiene transportierten Güter und der Umfang des Güterverkehrs insgesamt sind zurückgegangen. Herr Minister, Ihre jetzige Politik wird scheitern. Es ist gut, dass wir heute die Gelegenheit haben, über dieses Thema zu sprechen. Die Arroganz, die Herr Mehdorn selber an den Tag legt, ist im ganzen Unternehmen zu spüren, vom Kopf bis hinunter in den kleinsten Bahnhof. ({10}) Sonst könnte es nicht sein, dass man 1 000 Anschlüsse kündigt, ohne mit den dortigen Unternehmen zu sprechen. Diese Unternehmen haben im September ein Schreiben bekommen, in dem ihnen mitgeteilt wurde, dass sie ab 1. März nicht mehr bedient werden, entweder sie bauen die Schiene selber ab oder man baut sie auf deren Kosten ab - Feierabend! Darüber gab es kein weiteres Gespräch. Ich nehme Ihnen ausdrücklich ab, dass Sie sich in meinem Wahlkreis Königsbronn sehr bemüht haben. Nachdem Sie Herrn Mehdorn angeschrieben hatten, hat er noch nicht einmal richtig geantwortet. Er hat überhaupt nichts gemacht. Die Unternehmen vor Ort haben keine Information. Die Bürgermeister vor Ort wurden noch nicht einmal informiert. Durch das Schließen von drei Anschlüssen in meiner Region sind 12 000 LKWs pro anno mehr nötig. 1 000 solcher Anschlüsse werden in der Bundesrepublik Deutschland gestrichen. Hochgerechnet bedeutet das 100 000 LKWs mehr. Das ist das Ergebnis der Politik von Rot-Grün. Trotzdem wollen Sie sich als Förderer der Bahn feiern lassen. ({11}) Das Gleiche gilt auch für die Streichung von Interregioverbindungen. Im Verkehrsausschuss und im Plenum des Deutschen Bundestages wird gar nicht mehr darüber diskutiert, dass die Bahn im Grunde genommen tut, was sie will. Sie will nur eines: mehr Geld. Das schieben Sie rüber. Aber Sie verlangen nicht, dass auch entsprechende Leistungen erbracht werden. Herr Minister, wann hat es das schon einmal gegeben, dass - die SPD musste dabei etwas geschoben werden - nicht nur die Regierungskoalition, ({12}) sondern die gesamte Opposition den Minister bei der Trennung von Netz und Betrieb unterstützt? Sie sind umgefallen, bevor der Krieg überhaupt begonnen hat, bevor man mit den Verantwortlichen der Bahn AG richtig ins Gespräch gekommen ist. ({13}) Ich kann Ihnen nur versichern: Wenn Sie nicht schnell handeln, wenn sie in den nächsten Wochen oder Monaten, auf jeden Fall noch im Jahr 2001, nicht zu Ergebnissen kommen, dann - das prophezeien wir Ihnen - ist diese Legislaturperiode vorbei und Sie sind als Verkehrsminister gescheitert. ({14}) Wenn Sie etwas Vernünftiges machen wollen, dann gehen Sie auf die Opposition zu; Sie haben unsere Unterstützung. Wir können gemeinsam die Trennung von Netz und Betrieb angehen.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Brunnhuber, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Georg Brunnhuber (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000284, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wenn das Herrn Mehdorn nicht passt: Wir finden auch einen neuen Bahnchef. Das garantiere ich Ihnen. ({0})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Nächster Redner ist der Kollege Helmut Wilhelm für die Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen.

Helmut Wilhelm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002825, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn ich etwas nicht mehr verstehe, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, dann ist es der Anlass für die heutige Aktuelle Stunde. ({0}) Ich weiß wirklich nicht, was an diesem Thema neu sein soll. Die Rechtslage in dieser Frage ist altbekannt. Dass die Trennung von Netz und Betrieb einer sorgfältigen Prüfung bedarf und dass es keine Schnellschüsse geben darf, ist doch wohl offenkundig. Zur rechtlichen Situation. In Art. 87 e des Grundgesetzes steht bereits: Eisenbahnen des Bundes werden als Wirtschaftsunternehmen in privatrechtlicher Form geführt. Diese stehen im Eigentum des Bundes, soweit die Tätigkeit des Wirtschaftsunternehmens den Bau, die Unterhaltung und das Betreiben von Schienenwegen umfasst. Gemeint ist also genau der Bereich des Netzes. Weiter wird geregelt, dass eine Allgemeinwohlverpflichtung besteht und dass Aktienanteile nicht verkauft werden dürfen, wenn die Aktienmehrheit dann nicht mehr beim Bund liegen würde. ({1}) All das ist altbekannt. Ich frage Sie deshalb, warum Sie eine Aktuelle Stunde beantragt haben. Dieser Artikel zeigt doch, dass in der während Ihrer Regierungszeit vorgenommenen Grundgesetzänderung, die für das Eisenbahnneuordnungsgesetz notwendig war, eine Trennung von Netz und Betrieb ausdrücklich vorgesehen wurde. ({2}) Dies ist sinnvoll, weil es ebenso wie beim Verkehrsweg Straße eine Gemeinwohlverpflichtung des Staates gibt. Im Klartext: Der Gesetzgeber hat die Entscheidung über eine spätere Ausgliederung des Netzes von Anfang an offen gelassen. Es gibt also in dieser Frage nichts Aktuelles. Wir stehen fest auf dem Boden des Grundgesetzes. ({3}) Angesichts Ihres Verlangens nach einer Aktuellen Stunde muss ich aber fragen: Haben Sie eigentlich vergessen, dass während Ihrer Regierungszeit mit breiter Zustimmung des Hauses dieser Weg im Grundgesetz verankert worden ist? Warum fragen Sie angesichts angeblicher gegensätzlicher Auffassungen von Bahnvorstand und Bundesregierung nach der Zukunft des Unternehmens Bahn? Unterstellen Sie etwa Herrn Mehdorn, ihm sei die Rechtslage bis heute nicht bekannt gewesen? ({4}) Das kann doch nicht Ihr Ernst sein. Die Koalitionsfraktionen haben volles Vertrauen in die Fähigkeit des Bahnvorstandes, das Unternehmen DB AG zu sanieren. ({5}) Bisher war ich der sicheren Überzeugung - insbesondere auch nach der Expertenanhörung im Verkehrsausschuss -, auch Ihre Fraktion befürworte die unternehmerische Trennung von Netz und Betrieb. Das haben Sie auch heute wieder ausdrücklich bestätigt. ({6}) Dass wir die Vorgehensweise bei der Trennung von Netz und Betrieb sorgfältig überlegen werden und dass mit Sicherheit verschiedene Modelle geprüft werden müssen, ist doch wohl selbstverständlich. Auch Sie konnten doch nicht erwarten, dass dies von heute auf morgen passiert. Herr Dr. Wolf von der PDS hat es richtig gesagt: Der Teufel steckt im Detail. Wir werden uns mit diesem Thema sorgfältig auseinander setzen. ({7}) Sehen Sie die Situation doch einmal folgendermaßen: Nachdem Ihre Bundesregierung dem neu gegründeten Unternehmen DB AG nur noch in stark reduziertem Umfang Mittel gewährt hat, ist gerade beim Netz der Nachholbedarf besonders groß. Diese Entwicklung geht doch auf Ihr Konto. Gerade in diesem Punkt steuert die neue Bundesregierung entschieden gegen. Meine Damen und Herren von der CDU/CSU, lassen Sie doch bitte solche Scherze und kleinkarierten Verdächtigungen, indem Sie von einem Kleinkrieg zwischen Regierung und Bahnvorstand sprechen! ({8}) Machen Sie bitte endlich eine konstruktive Oppositionspolitik und helfen Sie mit, dieses uns doch allen wichtige System Bahn auf ein sicheres Gleis zu setzen! Danke. ({9})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Das Wort hat der Kollege Klaus Hasenfratz für die SPD-Fraktion.

Klaus Hasenfratz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000822, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich möchte die Aktuelle Stunde nutzen, um einige an der Sache orientierte Sätze zu sagen. ({0}) Die Aktuelle Stunde ist deshalb deplatziert, weil sie nur darauf angelegt ist, aufgrund einer Zeitungsente - das ist schon mehrfach gesagt worden ({1}) einen Keil zwischen Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig und den Bahnvorstand zu treiben. ({2}) Es ist wohl bei allen Rednern der Opposition unverkennbar, dass man sich Herrn Mehdorn seit einiger Zeit - den Zeitpunkt hat der Kollege Schmidt genannt - als Feindbild auserkoren hat. ({3}) Dass Herr Mehdorn eine unternehmerische Führungsposition hat und die Bahn nach vorne bringen muss, ist doch ganz logisch. Aber, wie der Kollege Wilhelm es hier ausgeführt hat, auch der Staat hat hier eine Aufgabe, die wir sehr ernst nehmen. Ich glaube, es kann nicht widersprochen werden, wenn ich feststelle: Schon bei der Regierungsübernahme haben wir gezeigt, dass wir diese Aufgabe in Angriff nehmen. Der erste Schritt des Verkehrsministers Müntefering war, ({4}) die Pällmann-Kommission ins Leben zu rufen. ({5}) Der Endbericht liegt seit einem halben Jahr vor. Ich war erfreut, heute Morgen in der Ausschussberatung feststellen zu können, dass es zu wesentlichen Teilen dieses Endberichtes, vorgetragen von Herrn Pällmann, über die Fraktionsgrenzen hinweg eine große Übereinstimmung gibt. Offen bleibt, wie wir mit den Vorschlägen der Pällmann-Kommission nachher im Detail umgehen. ({6}) Jetzt wird, Herr Goldmann, Eile eingefordert mit dem Hilfsargument des Kollegen Friedrich, dass man diese offen gelassene Option der Trennung von Netz und Betrieb nur deshalb nicht auf den Weg habe bringen können, weil die Zusammenführung der Deutschen Reichsbahn und der Bundesbahn dem im Wege gestanden habe. ({7}) Da kann ich nur lachen. ({8}) Selbst in dem Antrag der CDU/CSU vom 13. Februar 2000 wird die Bundesregierung nicht aufgefordert, eine Trennung von Netz und Betrieb vorzunehmen. ({9}) - Die F.D.P. wusste ja schon immer alles. Sie sind sicherlich im Besitz der Glaskugel und können die nächsten zehn Jahre schon im Voraus sehen. ({10}) Soweit ich mich erinnern kann - bis 1987, seitdem ich dem Bundestag angehöre -, war die F.D.P. in der Regierungskoalition. ({11}) Wo war denn da Ihr Antrag? ({12}) Jetzt kommen Sie im Jahre 2001. ({13}) Da kann ich nur sagen: Guten Morgen! Ausgeschlafen? Wenn Sie immer sagen, Sie hätten schon alles gewusst, dann hätten Sie als Fraktion oder als Arbeitsgruppe Verkehr seit 1994 Gelegenheit gehabt, entsprechend dieser weit reichenden Voraussicht - da Sie ja über hellseherische Fähigkeiten verfügen -, Ihre Vorstellungen umzusetzen. ({14}) Ich werde Sie demnächst fragen, was im Jahre 2012 ist, damit wir die Weichen richtig stellen können. ({15}) Helmut Wilhelm ({16}) Ich will Ihnen noch einmal sagen: Wir haben 1998 durch Minister Müntefering die Pällmann-Kommission ins Leben gerufen. Wir haben für den Investitionsbedarf der Schiene, den Sie in Grund und Boden gefahren haben, für die Jahre 1999, 2000, 2001, 2002 und 2003 26 Milliarden DM zur Verfügung gestellt. Damit lässt sich wahrlich gut arbeiten. Herr Bötsch, die verstopften Klos und die Verspätungen der Züge gibt es ja nicht erst seit dem 27. September 1998. ({17}) Auf der Schiene ist eine wesentliche Verbesserung deutlich erkennbar. Aber Sie waren nun einmal unglücklicherweise in einem Zug, der in einem Tunnel stecken geblieben ist. Auf die 1,5 Milliarden Menschen bezogen, die die Bahn jährlich befördert, ist die Zahl der genannten Verspätungen gering. Auch ich habe am Wochenende in einem verspäteten Zug gesessen, weil ein LKW gegen ein Brückenbauwerk gefahren ist. Das kann man natürlich nicht der Bahn anlasten. Ich werbe also dafür, dass wir im Interesse der Bahn gemeinsam den Abschlussbericht der Pällmann-Kommission zur Grundlage machen. Ich wiederhole, was ich von diesem Rednerpult aus bereits gesagt habe.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Das muss jetzt aber der Schlusssatz sein, Herr Kollege Hasenfratz. Wir sind in der Aktuellen Stunde.

Klaus Hasenfratz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000822, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wenn das - ich sage es so burschikos - in die Hose geht und wir die Bahn nicht für die nächsten Jahre fit machen, dann wird es weder Gewinner bei der Opposition noch Gewinner bei der Regierungskoalition geben. Dann werden die Bahn und deren Beschäftigte verloren haben, aber auch diejenigen, für die die Bahn da sein soll, die Kunden. Deshalb appelliere ich an Sie, dass wir das, was der Verkehrsminister jetzt im wahrsten Sinne des Wortes auf die Schiene gesetzt hat, gemeinsam konstruktiv begleiten. Vielen Dank. ({0})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Jetzt spricht der Kollege Eduard Lintner für die CDU/CSU-Fraktion.

Eduard Lintner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001351, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Hasenfratz, Sie haben zu Recht betont, dass wir die Bahnpolitik dieser Bundesregierung natürlich unter anderem daran messen werden, ob das, was der Minister angekündigt hat, ernst gemeint ist. Genau das ist auch Zweck der Aktuellen Stunde: ihn auf seine öffentlichen Ankündigungen festzulegen. ({0}) Wie berechtigt die Aktuelle Stunde ist, zeigt die Tatsache, dass innerhalb von zwei Tagen wieder ernsthafte Zweifel an dieser Ankündigung aufgekommen sind. ({1}) Diese Zweifel haben nicht wir von der Opposition genährt, sondern der dritte Verkehrsminister dieser Bundesregierung innerhalb von zweieinhalb Jahren. ({2}) - Das ist doch wahr, Herr Hasenfratz. Sie lesen dieselben Zeitungen wie ich, nehme ich an, und haben auch ansonsten dieselben Nachrichtenquellen. Dort ist eben zu lesen und zu hören, dass Herr Mehdorn nach wie vor an seiner Auffassung festhält und der Minister seitdem nur zurückrudert. Er tut dies in zeitlicher Hinsicht, indem er sagt, man habe noch viel zu tun, und er setzt Arbeitskreise ein, für die bekanntlich das Sprichwort gilt: Wenn einer nicht mehr weiter weiß, dann gründet er ’nen Arbeitskreis. Genau nach dieser Methode wird hier verfahren. ({3}) Wir begrüßen ja seine Absicht; das haben wir bereits zum Ausdruck gebracht. Sie entspricht auch unserer alten Forderung, die schon bei Beginn der Bahnreform erhoben worden war. Aber die Ankündigung allein reicht uns bei weitem nicht aus - damit ist die Kuh nicht vom Eis -, sondern wir werden Sie an den Taten, an dem, was tatsächlich umgesetzt wird, messen. ({4}) Dazu gehört, wie in den Kommentaren ebenfalls zu lesen war, viel Geld - viel mehr Geld, als Sie der Bahn zurzeit zugestehen wollen. Es werden für die Dauer von mindestens einem Jahrzehnt etwa 10 Milliarden DM pro Jahr gebraucht, während Sie bisher nur für drei Jahre Finanzsicherheit über 9 Milliarden DM geschaffen haben. Hinzu kommt, dass die Bahn bis heute noch nicht einmal in der Lage ist, diesen Betrag zu investieren; denn sie hat im vorigen Jahr wieder 1,1 Milliarden DM zurückgegeben und zugeben müssen, dass sie diese Mittel gar nicht für Investitionen ausgeben kann. ({5}) Uns ist der Zeitraum von vier bis fünf Jahren, den Sie, Herr Bodewig, in Aussicht gestellt haben, viel zu lang; denn er bedeutet, dass Sie die Trennung von Bahnbetrieb und Schienennetz bis weit nach der nächsten Bundestagswahl und womöglich weit nach Ablauf der Amtszeit des Herrn Mehdorn, der im Moment für vier Jahre verpflichtet ist, verschoben haben. Deshalb gibt es begründete Zweifel daran, ob Sie das Ganze überhaupt ernst meinen, ob das nicht ein Geschenk war, das Sie den Grünen gemacht haben. Ich will auch nicht ganz ausschließen, dass es auch ein Instrument für Sie gewesen sein könnte, um sich populär zu machen. ({6}) Meine Damen und Herren, eines fehlt noch: die solide Finanzierung des Vorhabens. Weil Angaben dazu fehlen, gibt es viel Raum für Spekulationen. Zwangsläufig muss man deshalb all das, was hier erörtert worden ist, mit den noch nicht präzisierten Einzelheiten zum Beispiel für die Maut für LKWs verquicken. Sie haben nämlich etwa im gleichen zeitlichen Zusammenhang auch verlauten lassen, dass deren Höhe noch nicht feststehe. Sie haben gesagt, dass es eventuell Möglichkeiten gäbe, etwa die Erhebung der Ökosteuer über das Jahr 2003 hinaus zu verlängern. Ich füge hinzu - auch wenn Sie sich selbst anders äußern -, dass der eigentliche Hausherr in der Bundesregierung im Hinblick auf die Finanzen, Herr Eichel, das keineswegs ausgeschlossen hat. Es ist auch denkbar, dass vielleicht nach einer Anstandsfrist nach der Bundestagswahl die Maut von den LKWs noch auf die PKWs ausgedehnt wird. Ich habe ein wenig den Verdacht, dass Sie das dann alles mit dem ungeheuren Finanzbedarf begründen wollen, der jetzt für die Eisenbahn entstanden ist. Deshalb werden wir sehr darauf achten, dass dies nicht zum bloßen Einnahmenpool der Bundesregierung verkommt, der ihr mehr Einnahmen verschafft, ohne dass - was unser Ziel ist - tatsächlich für die Bahn etwas Zusätzliches hinsichtlich der Qualität herauskommt. Der Plan muss also nach unserer Auffassung viel schneller über die Bühne gehen, als dies von Ihnen angekündigt worden ist. Es sollte bis 2004 möglich sein, das Projekt insgesamt abzuschließen. Es sollte vor allem möglich sein - das fordern wir auch -, dass Sie noch vor der Bundestagswahl die Finanzierungsquellen bekannt geben, aus denen Sie diese Bahn-Netz AG ausstatten wollen, damit sie den Anforderungen des Art. 87 e Abs. 4 des Grundgesetzes gerecht werden kann. Die ausdrückliche Verpflichtung im Grundgesetz lautet, auf diesem intakten Netz ein Verkehrsangebot zu ermöglichen, das dem Wohl der Allgemeinheit Rechnung trägt. Sie, Herr Bodewig, und die Regierung darauf zu verpflichten, ist Anliegen des vorhin genannten Gesetzentwurfes von Baden-Württemberg und Bayern, die dafür Sorge tragen wollen, dass Sie sich nicht durch die Festlegung eines bestimmten Mindestangebots aus dieser grundgesetzlich abgesicherten Verpflichtung davonstehlen. ({7}) Wir brauchen also eine Verstetigung und auch eine Erhöhung der verbindlichen Investitionszusagen des Bundes, wenn das Ganze überhaupt einen Sinn machen und nachhaltig sein soll. Im Übrigen begrüße ich den Plan auch aus der Sicht der Belegschaft der Bahn. Lassen Sie mich das bitte noch sagen.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Lintner, aber bitte nur ganz kurz. Das ist eine Aktuelle Stunde.

Eduard Lintner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001351, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Selbstverständlich, Frau Präsidentin. Ich will nur darauf hinweisen: Mit dem Netz hat die Bahn nie die Chance, in die schwarzen Zahlen zu kommen. Ich kann mir vorstellen, wie schwierig es dann für eine Belegschaft ist, sich positiv zu motivieren. Wie dringend die Bahn das braucht, hat Kollege Wolfgang Bötsch hier dargelegt. ({0}) Ohne das Netz besteht eventuell die Chance. Deshalb begrüße ich Ihre Planung auch aus der Sicht der vielen hunderttausend Eisenbahner, die davon betroffen sind. ({1}) Sie haben jetzt die Möglichkeit, ihre Leistungen einzubringen. Sie können ihre Leistungen dann auch an einem positiven Ergebnis messen. Das ist eine weitere Folge dieses Vorhabens. Ich kann Sie nur ermutigen, das tatsächlich durchzusetzen. Wir werden Sie jedenfalls daran messen. Vielen Dank. ({2})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Es spricht jetzt Kollege Reinhard Weis für die SPD-Fraktion.

Reinhard Weis (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002457, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die CDU/CSU-Fraktion hat diese Aktuelle Stunde angemeldet - es ist schon gesagt worden -, um einen Keil zwischen Bahn AG, Bundesregierung und Koalitionsfraktionen zu treiben. ({0}) Dieser Versuch ist gescheitert. ({1}) Nun versuchen Sie, aus der Not eine Tugend zu machen. Sie unterstellen, die offen gehaltene Beantwortung der Frage, wie denn das Ziel, mehr Verkehr im Modal Split auf die Schiene zu bekommen, zu erreichen ist, sei als Einknicken des Ministers zu interpretieren. Auch dies ist zum Scheitern verurteilt. ({2}) Sie verlangen doch wohl nicht im Ernst, dass diese Schlüsselfrage ohne Prüfung zu entscheiden ist. Es müsste auch bei Ihnen gelten, dass jede Prüfung auch ein negatives Prüfergebnis haben kann. Sie wissen auch ganz genau ({3}) - hören Sie zu, was ich Ihnen sage! -: Auf diesen Status quo kann in dieser Entscheidungsfrage gar nicht zurückgefallen werden, weil die EU die bilanzielle und die unternehmerische Trennung des Netzbetreibers von dem, der den Verkehr auf der Schiene abwickeln soll, fordert. ({4}) - Na gut, dann behaupten Sie nicht, dass wir bei dem jetzigen Zustand bleiben wollten. ({5}) Koalitionsfraktionen, Bundesregierung und Bahn AG haben seit dem Regierungswechsel einen guten Job gemacht. Ich wiederhole zwei, drei Zahlen: Die Produktivität der Bahn AG hat sich mehr als verdoppelt. Die Verkehrsleistungen konnten sowohl im Güterverkehr - um 9 Prozent - als auch im Personenverkehr - um 17 Prozent - gesteigert werden. Vergessen Sie bei der Bewertung der Bahn AG nicht: Sie ist in Europa mit Abstand diejenige Bahn, die die meisten Verkehrsleistungen erbringt. Das ist eine beachtliche Leistung. Unser Dank gilt natürlich und ganz ausdrücklich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die in diesem Prozess die Leistungsträger sind. ({6}) Allerdings ist die Verschiebung innerhalb des Modal Split noch nicht erreicht. Hier liegt unsere verkehrspolitische Verantwortung. Deshalb sage ich ganz deutlich: Unsere verkehrspolitische Verantwortung hat auch eine andere Seite. Wenn die Bahn AG im Zusammenhang mit ihrem Sanierungskonzept ihre Leistungen vor allem im Güterverkehr auf den Prüfstand stellt, dann sind wir verpflichtet, zu überlegen, wie eine eventuelle Reduzierung des Leistungsangebots der Bahn AG kompensiert werden kann. Das reicht aber nicht. Denn unser Ziel ist mehr Schienenverkehr für Kunden in der Güter- und Personenbeförderung. Das heißt, wir müssen die Chancen für zusätzliche Anbieter im deutschen Schienenverkehr verbessern. Bei den heutigen Strukturen und Organisationsformen ist das so nicht optimal zu leisten. Die Botschaft vom Wochenende ist - die gilt auch heute noch und weiterhin, da die Mitarbeit von Herrn Mehdorn in der Taskforce bekannt gegeben worden ist -, dass für dieses Problem eine Lösung gesucht wird, die zu mehr Leistungen auf der Schiene und im Ergebnis zu mehr Wettbewerb führt. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die Finanzierung des Schienennetzes in enger Verbindung mit der Organisation des Bahnwesens insgesamt steht. Wir haben heute Morgen mit Herrn Pällmann ausgiebig darüber diskutiert. Aber auch er hat heute Morgen festgestellt, dass die Bandbreite dessen, was entschieden werden muss, von der Neutralisierung bis zur Trennung reicht. Er kann deshalb nicht als Ihr Kronzeuge für die missglückte Beantragung der heutigen Aktuellen Stunde gelten. ({7})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Es spricht der Kollege Klaus Lippold für die CDU/CSU-Fraktion.

Dr. Klaus W. Lippold (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001353, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister Bodewig, vor gut 100 Tagen haben wir es begrüßt, dass Sie nach zwei gescheiterten Ministern ins Amt gekommen sind. Denn wir hatten gehofft, dass das eine neue Chance bedeutet. ({0}) Wir haben uns in der Folgezeit, Herr Minister - denn Sie haben damals gesagt, der Verkehrsbereich sei für Sie neu und Sie kämen aus einem anderen Beritt -, in unserer Kritik zurückgehalten, weil wir jedem eine faire Chance geben, sich einzuarbeiten. ({1}) Am letzten Wochenende haben Sie sich, Herr Minister, auf dem Parteitag der Grünen zum Reformer hochstilisieren lassen. Ich habe den Parteitag im Fernsehen verfolgt. Sie haben den Delegierten, die gläubig auf Ihre Lippen geschaut haben, gesagt: Wir werden Netz und Betrieb trennen. ({2}) Sie haben nicht gesagt, dass Sie ergebnisoffen prüfen werden. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Wenn Sie gesagt hätten: „Ich werde ergebnisoffen prüfen“, hätten Sie dort nicht einen solch frenetischen Beifall erhalten. Sie haben Hunderte von Delegierten getäuscht. Albert Schmidt versucht heute mühsam, darüber hinwegzugehen, dass die Erwartungen, die auch er dort geweckt hat, durch Sie jetzt wieder einkassiert worden sind. ({3}) Ich will nicht das Bild vom Tiger, der gesprungen ist und als Bettvorleger gelandet ist, strapazieren. ({4}) Aber deutlich ist doch: Sie sind kein Reformer, Herr Minister. Sie haben nicht die Kraft, dem gestandenen Unternehmer Mehdorn Paroli zu bieten. Der holt einmal tief Luft, dann hängen Sie quer unter der Nase und aus Ihrem Reformeifer wird nichts. Das ist der Punkt. ({5}) Herr Bodewig, das ist schade. Denn wir haben, nachdem wir sehr lange und sorgfältig geprüft hatten, ob die Trennung von Netz und Betrieb der richtige Weg sei, und zum Ergebnis gekommen sind, dass nur so wirklich eine Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene möglich ist, ({6}) gedacht, dass Sie eingesehen haben, dass die Bahn mit Ihrem bisherigen Kurs die Verlagerung des Verkehrs von Reinhard Weis ({7}) der Straße auf die Schiene nicht schafft und dass Sie deshalb Ihren Kurs ändern müssen. Denn deutlich ist doch: Ein Rückzug aus der Fläche und die Schließung von Anschlussstellen, Herr Bodewig, führen bei der Bahn zum genauen Gegenteil. Das heißt, die Marschrichtung der Bahn geht derzeit in eine völlig andere Richtung, als Sie hier darzustellen versuchen. ({8}) Dazu sagt der verantwortliche Minister nichts. Er stellt nur für die ferne Zukunft, nämlich für 2015, in Aussicht, dass sich bis dahin der Verkehr auf der Schiene verdoppelt haben könnte. Woher nehmen Sie eigentlich angesichts dessen, dass die Bahn heute in die völlig falsche Richtung marschiert, das Zutrauen, dass irgendwann einmal eine Trendwende eintritt? Nein, Sie wollen jetzt Nebelkerzen werfen, um von Ihrem Versagen abzulenken. Der gescheiterte Reformator Bodewig, der die Delegierten der Grünen getäuscht hat, ({9}) ist nicht der Mann, der hier durchsetzt, was zwingend notwendig wäre: Reform bei der Bahn. Das ist der entscheidende Punkt. ({10}) Wir haben die Finanzierungsproblematik hier sehr deutlich zum Ausdruck gebracht. Wir haben Bahnentschuldungsaktionen vorgenommen. Wir haben der Bahn Mittel zur Verfügung gestellt, die von ihr nie investiv ausgegeben werden konnten; verschiedene Kollegen haben das hier deutlich gemacht. ({11}) Es muss wirklich ein Umdenken einsetzen, damit wir zu Ergebnissen kommen. ({12}) Ich freue mich, dass auf die Pällmann-Kommission verwiesen worden ist. Nur, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion, ({13}) das Einsetzen einer Kommission ist das eine; das Liegenlassen ihrer Ergebnisse über ein Dreivierteljahr ist das andere; das Nichtumsetzen dieser Ergebnisse ist das Dritte. Ihr Fehler ist, dass Sie nicht im Traum daran denken, das, was die Pällmann-Kommission Ihnen aufgeschrieben hat, umzusetzen. ({14}) Darin liegt das Scheitern der zukünftigen Verkehrspolitik begründet. Sie haben keine Perspektive. Sie haben keinen Bundesverkehrswegeplan, den Sie noch in dieser Legislaturperiode abschließen wollen. ({15}) Sie haben kein schlüssiges Konzept für den Straßenverkehr. Sie haben kein schlüssiges Konzept für die Wasserstraßen. Mit einer so konzeptionslosen Politik, die noch dazu von einem solchen Hickhack von Versprechungen, Ankündigungen und sofortigen Zurücknahmen geprägt ist, schaffen Sie nicht das Vertrauen, das die Bahn braucht. Sie schaffen damit auch keine Zukunftsperspektive für die Bahn. Ich bedaure das, Herr Minister. Es wäre besser, Sie würden zu einem entschlossenen Reformkurs zurückkehren. Sie haben - das sage ich Ihnen ganz deutlich - vorläufig jede Menge Kredit verspielt. ({16})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Der letzte Redner in dieser Aktuellen Stunde ist der Kollege Konrad Kunick, SPD-Fraktion.

Konrad Kunick (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002711, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Polemik des Kollegen, die wir gerade gehört haben, ({0}) - ja, ich weiß -, kann über bestimmte Übereinstimmungen überhaupt nicht hinwegtäuschen. Die erste Übereinstimmung - ich will einmal feststellen, dass sie erfreulich ist -: Niemand hier im Raume hat an der überproportionalen Finanzierung des Systems Schiene durch den Deutschen Bundestag für kommende Jahre Kritik geübt. Es ist ja nicht selbstverständlich, dass ein Verkehrssystem, das gegenwärtig 15 Prozent der Transportleistungen im Güterbereich und - wenn man den ÖPNV noch dazu nimmt 15 Prozent der Transportleistungen im Personenbereich erbringt, mit 50 Prozent der Infrastrukturinvestitionen des Verkehrshaushaltes und zusätzlich noch mit 13,5 Milliarden DM für den Regionalverkehr in den Ländern gefördert wird. Das Vorhandensein dieser Übereinstimmung eröffnet die Chance, die Bahnreform zu ihren Zielen zu bringen; denn die erste Voraussetzung ist, dass man viele Jahre lang Finanzsicherheit hat. Wir sehen zweitens eine Übereinstimmung in dem Punkt, dass Neutralität bei der Handhabung des Netzes eine Voraussetzung für die Bahnreform ist. Bei all dem Pulverdampf, der hier entstanden ist, ging es lediglich um die Frage, wie diese Neutralität zu gewährleisten ist. Es ist nur vernünftig, darüber eine gründliche und natürlich auch zeitlich eng begrenzte Debatte in Gang zu setzen, an der auch die beteiligt werden, die das Hauptunternehmen auf der Schiene bleiben werden. ({1}) Wir sagen als Sozialdemokraten aber ganz deutlich: Wir wollen diese Neutralität. Es geht nicht an, dass der größte Dr. Klaus W. Lippold ({2}) Konkurrent auf der Schiene darüber bestimmt, ob und zu welchen Bedingungen andere am Verkehr teilnehmen können. ({3}) Wenn darüber Einigkeit besteht, dann geht es nur ums Detail. Über dieses Detail werden wir reden. Der vom Verkehrsminister gegangene Weg zeigt im Übrigen, dass die Bahn sich umso stärker um ihre eigentlichen Zukunftsfragen kümmern muss. Die eigentliche Zukunftsfrage, meine Damen und Herren, ist, wenn wir die Prognosen für das kommende Jahrzehnt sehen, der Güterverkehr. Der Gesamtgüterverkehr soll in einem Jahrzehnt um 68 Prozent wachsen, der Personenverkehr, die Personenmobilität um 20 Prozent. Wenn also die Verlagerung auf die Schiene das Ziel bleiben soll - und es kann ja nicht angehen, dass auf die Dauer die Hälfte des Geldes für 15 Prozent der Transporte ausgegeben wird -, dann bedeutet das eine gründliche Umorganisation der Güterbahn, ihre Kooperation mit Privaten, ihre Konkurrenz mit anderen Transportkonzernen, damit auf der Schiene endlich mehr zum Rollen kommt. Es reicht nicht aus, Ganzzüge für die Automobilindustrie, die Chemieindustrie, für einige große Häfen zu organisieren. Unter den Bedingungen des europäischen Wettbewerbs, der kommen wird, werden auch andere mit diesen Zügen fahren wollen. Es kommt schon darauf an, sich intensiv um den kombinierten Ladungsverkehr zu kümmern. Es kommt schon darauf an, mit Spediteuren zusammenzuarbeiten und nicht zu glauben, man könne es allein machen. Es kommt meines Erachtens im Interesse einer reformierten Güterbahn auch darauf an, im Umkreis von 300 Kilometern auch LKW in Bewegung zu setzen; denn nur die Zusammenarbeit von Schienenbahn als Güterbahn und LKW-Verkehr kann gewährleisten, dass wir diese außerordentlichen Zuwächse, die politisch gewollt sind, auch halbwegs erreichen können. Vor diesem Hintergrund - das will ich noch einmal sagen - ist die Neutralisierung des Netzes dringend erforderlich. ({4}) Denn es muss, wenn es eng wird, entschieden werden, ob der Personenzug den Vorrang hat oder auch einmal wichtige Güterzüge den Vorrang haben. Und es muss entschieden werden, ob und wie die Konkurrenten der Bahn in das Ganze so hineinkommen, dass das System Schiene insgesamt im nächsten Jahrzehnt einen großen Aufbruch erlebt. Was wir gegenwärtig erlebt haben, war ein ständiges Zurückgehen im Modal Split. Die Produktivitätssteigerung des letzten Jahres ist ja zu einem Teil auch der Verringerung der Personalzahlen bei der Bahn geschuldet. Das sind nicht alles großartige Erträge! Es muss also vorangehen. Wir setzen die nötigen finanziellen Daten für die Bahnreform. Die Bahn muss sich anstrengen. Voraussetzung ist auch, dass es zu einer guten Zusammenarbeit zwischen Verkehrsministerium und Bahn kommt, zwischen den Parteien dieses Hauses zumindest da, wo die Polemik nicht so wirksam ist wie hier auf offener Bühne. Das alles sollte die Gelegenheit geben, mit dem System Bahn voranzukommen. Wir brauchen es ja, auch wenn es nur minderheitlich unsere Bevölkerung und ihre Güter befördert.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Kunick, auch wenn Sie heute das Schlusswort haben: Es muss jetzt ein Ende haben. Wir sind in der Aktuellen Stunde.

Konrad Kunick (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002711, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ja, das Ende ist der Halbsatz: Überhaupt nur im Überlauf von der Straße auf eine leistungsfähigere Schiene ist das zu bewältigen, was die Volkswirtschaft an Transporten braucht. Schönen Dank. ({0})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Ich schließe die Aussprache. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind am Schluss unserer heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 15. März 2001, 9 Uhr, ein. Die Sitzung ist geschlossen.