Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 12/9/1998

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Sitzung ist eröffnet. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf: Befragung der Bundesregierung Die Bundesregierung hat als Themen der heutigen Kabinettssitzung mitgeteilt: Bericht zum Zusammentreffen des Kabinettsausschusses „Neue Länder“ mit der Sächsischen Staatsregierung am 16. Dezember 1998, Genehmigung des Haushaltsplans der Bundesanstalt für Arbeit für das Jahr 1999 und Zeichnung des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs. Ich schlage vor, daß wir anschließend bei der Befragung in dieser Reihenfolge der Themen vorgehen. Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht hat der Staatsminister beim Bundeskanzler, Rolf Schwanitz.

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte Sie informieren, daß ich heute dem Kabinett einen Bericht über das Zusammentreffen des Kabinettsausschusses „Neue Länder“ mit der Sächsischen Staatsregierung gegeben habe. Wie Ihnen noch in Erinnerung ist, hat der Bundeskanzler bereits in der Regierungserklärung die Absicht der Bundesregierung geäußert, künftig in Zweimonatsabständen in die neuen Länder zu gehen und dort mit Landesvertretern, mit Landeskabinetten gemeinsam zu tagen, in der Absicht, bei dieser gemeinsamen Beratung von Landeskabinetten und Bundesregierung regionale Probleme, insbesondere die wirtschaftliche und arbeitsmarktpolitische Situation zu besprechen und die in den Ländern vorhandenen Probleme einer gemeinsamen Lösung zuzuführen. Der Bundeskanzler hat auch vor dem Hintergrund, daß dies eine neue Qualität der Zusammenarbeit und Befassung mit ostdeutschen Angelegenheiten ist, darauf gedrungen, daß bereits in diesem Jahr eine erste gemeinsame Sitzung zwischen dem Kabinettsausschuß „Neue Länder“ und einem Landeskabinett der neuen Länder stattfinden soll. Es hat bei dem gemeinsamen Treffen des Bundeskanzlers mit den ostdeutschen Ministerpräsidenten am 24. November dieses Jahres eine Besprechung zu diesem Vorschlag gegeben. Es ist mit den ostdeutschen Ministerpräsidenten über diesen Vorschlag der Bundesregierung, solche in Zweimonatsabständen stattfindenden gemeinsamen Sitzungen anzuberaumen, Einvernehmen erzielt worden. Es hat daraufhin die Festlegung gegeben, daß es ein erstes gemeinsames Treffen mit der Sächsischen Staatsregierung geben soll. Es wird am 16. Dezember in Dresden stattfinden. Es hat Kontakte zwischen dem Bundeskanzleramt und der Staatskanzlei des Freistaates Sachsen gegeben. Mit Brief vom 7. Dezember hat der sächsische Staatsminister für Bundes- und Europaangelegenheiten und der Chef der Staatskanzlei des Freistaates Sachsen, Staatsminister Günter Meyer, der Bundesregierung Vorschläge für die Tagesordnung dieser gemeinsamen Sitzung unterbreitet. Diese Vorschläge sind heute im Kabinett erörtert worden. Das Kabinett hat sich damit befaßt. Es hat seinerseits Ergänzungsvorschläge besprochen. Dieses Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Es wird zunächst darum gehen müssen, mit der Sächsischen Staatskanzlei in Verbindung zu treten, ihr das Ergebnis der Besprechung des Kabinetts mitzuteilen sowie eine Endabstimmung in diesem Verfahren zu erzielen. Auf dieser Grundlage werden dann die Ressorts sowohl in der Sächsischen Staatsregierung als auch in der Bundesregierung vorbereitet, so daß eine gute und konstruktive und der Problemlösung dienende Befassung möglich ist. Wir sind sicher, daß dies ein guter Auftakt wird. Herzlichen Dank.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Danke schön, Herr Staatsminister. Als erster Fragesteller ist mir der Kollege Nooke gemeldet.

Günter Nooke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003200, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Danke, Herr Präsident. - Herr Staatsminister, gibt es über den Organisationserlaß vom 27. Oktober 1998 hinaus einen Beschluß des Bundeskabinetts, daß Sie als Staatsminister für Angelegenheiten der neuen Länder bestellt werden und dieses Amt ausführen? Wie groß ist Ihre direkte Budgetverantwortung, und wie viele Mitarbeiter sind Ihnen unterstellt?

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Herr Kollege, der Organisationserlaß, den Sie angesprochen haben, ist geltendes Recht und ist in Kraft. Damit ist mir die Beauftragung übertragen worden. Folglich habe ich hier beispielsweise die Vorbereitung der organisatorischen Dinge auf meinem Tisch. Die organisatorische Abwicklung im Kanzleramt wird dem Grundsatz dienen, daß die Zuständigkeiten für die operativen Regierungsgeschäfte der einzelnen Ressorts in den Ressorts verbleiben. Meine Funktion wird die einer koordinierenden Tätigkeit sein und natürlich auch darin bestehen, ostdeutsche Interessenslagen in die Regierungsgeschäfte einzubringen. Ich habe deswegen besonderen Wert darauf gelegt, daß in meinem Arbeitsstab die Referate so aufgebaut werden, daß Querschnittsthemen dabei die entscheidende Grundlage bilden. Es werden insgesamt fünf Referate in meinem unmittelbaren Bereich neben meinem persönlichen Stab aufgebaut. Es wird damit genau das umgesetzt, was die Regierung in der Regierungserklärung angekündigt hat, insbesondere auch das, was die die Regierung tragenden Parteien im Zusammenhang mit den Wahlauseinandersetzungen angekündigt haben, nämlich die Beauftragtenfunktion vom Kanzleramt aus zu stärken und damit mehr Möglichkeiten wahrzunehmen, als das in der Vergangenheit in der Beauftragtenfunktion eines beamteten Staatssekretärs im Bundeswirtschaftsministerium der Fall war.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage.

Günter Nooke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003200, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Noch eine Nachfrage. Wir hatten hier eine Debatte mit dem Beauftragten für Angelegenheiten der Kultur und der neuen Medien, Herrn Michael Naumann, der - wenn er heute die Möglichkeit erhält - zum Staatsminister bestellt werden soll. Wird es Unterschiede zwischen Ihnen und dem Staatsminister für Angelegenheiten der Kultur und der neuen Medien geben? Sind Sie dann Dienstvorgesetzter oder nur Vorgesetzter? Wo ist der Unterschied auszumachen?

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Selbstverständlich wird es da Unterschiede geben, die beispielsweise daraus resultieren, daß ich Mitglied dieses Hauses bin und Staatsminister Naumann nicht. Wir werden dort, in der Zuständigkeit, was meine Tätigkeit als Staatsminister beim Bundeskanzler betrifft, die Funktionen wahrnehmen, was die Möglichkeiten umsetzt, die wir programmatisch vor der Bundestagswahl angekündigt haben und die wir inhaltlich im Rahmen der Regierungspolitik - übrigens auch an vielen Punkten, die wir in den letzten Wochen im Haus besprochen haben - kenntlich machen können.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Nächster Fragesteller ist der Kollege Werner Labsch.

Werner Labsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002714, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatsminister Schwanitz, ich habe mit Genugtuung und Freude gehört, daß Sie die ostdeutschen Landesregierungen besuchen werden, um festzustellen, wo die Schwerpunkte der Förderung liegen werden. Ich frage Sie ganz besonders interessiert: Haben Sie in Ihrem Gepäck auch Fragen der Weiterführung des Braunkohletagebaus, der Rekultivierung seiner Folgen und seiner Altlastenbeseitigung in der ehemaligen DDR? Wenn ja, dann ist es gut. Dann hätte ich nur die Bitte, daß Sie diese Fragen nicht nur mit der sächsischen Regierung, sondern mit allen betroffenen Landesregierungen gleichermaßen besprechen. Ich kann Ihr Gespräch ein wenig mit Wissen anreichern. Die Sanierungsleistungen im eigentlichen Sinne nehmen natürlicherweise durch die Umsetzung des Teils 1 des Verwaltungsabkommens ab; denn im Laufe der Jahre wird ja etwas erreicht. Aber es ist bisher ein erheblicher Teil strittig, obwohl es eine Befriedung durch Übernahme von Leistungen nach Verwaltungsabkommen 2b in VA 1 geben könnte. Das sind Leistungen, die, zum Beispiel bei dem aufsteigenden Grundwasser, bisher in VA 2b eingeordnet sind, ebenso der sogenannte Altbergbau. Ich würde Sie bitten, dies zum Gesprächsthema zu machen, aus dem Teil VA 2b die von mir genannten Leistungen - diese werden nämlich sehr unterschiedlich finanziert; das ist der Grund - in den Teil VA 1 mit hineinzubringen und in Dresden vielleicht einen Rahmen zu bilden beginnen,

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Herr Kollege, Entschuldigung, Sie sollten sich vielleicht doch etwas konzentrieren.

Werner Labsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002714, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich habe doch gefragt, ob es im Gespräch ist.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich möchte Sie bitten, sich zu konzentrieren.

Werner Labsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002714, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich bitte Sie also, dies dann doch mit den übrigen Ländern gemeinsam zu machen. Meine Frage: Hatten Sie das vorgesehen, Herr Minister? Wenn nicht, möchte ich Sie bitten, das mit hineinzunehmen.

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Herr Abgeordneter, ich bitte um Verständnis dafür, daß Vizepräsident Rudolf Seiters wir - ich hatte das eingangs in meinem Bericht auch erwähnt - das Verfahren der Abstimmung der Tagesordnung noch nicht abgeschlossen haben, sondern daß dies im Verlauf dieser Woche geschehen wird. Ich bitte um Verständnis dafür, daß ich deswegen jetzt nicht abschließend hier öffentlich erklären kann - auch nicht gegenüber der Sächsischen Staatsregierung -, was dort Gegenstand sein wird. Das ist vielmehr einfach auch eine Frage des wechselseitigen Verfahrens, dies zu besprechen. Ich will Ihnen aber gern versichern, daß mir das Problem bekannt ist und daß wir noch in dieser Woche außerhalb der gemeinsamen Sitzung des Kabinettsausschusses „Neue Länder“ und der Sächsischen Staatsregierung mit den an dem Problem Beteiligten zu einem ersten Gespräch zusammenkommen werden. Ich sehe wie auch Sie, daß die Problemlage nicht nur territorial den Freistaat Sachsen berührt, sondern selbstverständlich auch die anderen ostdeutschen Länder betroffen sind, soweit sie von Sanierungstätigkeit im Zusammenhang mit dem ostdeutschen Braunkohlebergbau berührt sind. Insofern ist gewährleistet, daß die Bundesregierung sich mit dem Thema befaßt, und ich bin zuversichtlich, daß wir angesichts vieler Befürchtungen, die mir auch aus dem Kreis der Betroffenen signalisiert werden, jenseits der Kabinettsausschußsitzung mit der Staatsregierung, in eine Lösung eintreten werden, die noch vor der Sitzung liegt. ({0})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Nächster Fragesteller ist der Kollege Jürgen Türk.

Jürgen Türk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002348, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatsminister, zu der ersten Frage: Wir haben noch in der letzten Legislaturperiode ein Gesetz verabschiedet, um die Investitionszulagen zu verdoppeln und ihre Zahlung zu verlängern. Meine Frage: Liegt Ihnen schon die Zustimmung der EU dafür vor, weil hier ja Handlungsbedarf besteht?

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Herr Kollege, ich habe bereits anläßlich der Debatte zur Regierungserklärung kritisiert, daß das Investitionszulagengesetz, das hier in der 13. Legislaturperiode mit einer großen parlamentarischen Mehrheit verabschiedet worden ist - das war ja ein Gesetzentwurf, der auch von Teilen der Opposition mitgetragen worden ist -, und die Frage der Beanstandungen aus der EU öffentlich und auch durch entsprechende parlamentarische Vorstöße der alten Bundesregierung nicht einer Lösung zugeführt worden sind. Sie haben bemerkt, daß wir das Investitionszulagengesetz 1996 dadurch EU-kompatibel machen, daß die dafür notwendigen Änderungen im Zusammenhang mit der Steuergesetzgebung auf den Weg gebracht worden sind. Dies hat das Parlament bereits passiert. Es besteht mit der EU Einvernehmen darüber, daß das Investitionszulagengesetz 1999 nicht beanstandet wird, weil wir Anfang nächsten Jahres eine entsprechende Gesetzesänderung auch zu diesem Bereich machen werden. Auch der Bereich des Fördergebietsgesetzes ist durch eine entsprechende gesetzliche Änderung im Rahmen der Steuergesetzgebung auf den Weg gebracht, so daß in der Tat grünes Licht und Einvernehmen mit der Kommission bestehen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich gebe Ihnen das Wort zu einer kurzen Zusatzfrage, möchte aber um Verständnis bitten, daß wir angesichts der Vielzahl von angemeldeten Fragestellern künftig auf die Zusatzfragen dann doch verzichten.

Jürgen Türk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002348, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Vielen Dank. Herr Staatsminister, Sie wollten ganz schnell ein Förderkonzept auf den Tisch legen. Liegt es in Grundlinien vor, und beinhaltet diese Förderkonzeption, daß zum Beispiel Ostdeutschland von der Ökosteuer befreit wird, und haben Sie auch schon Maßnahmen vorgesehen, um die Zahlungsmoral zu verbessern?

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Herr Abgeordneter, das sind eigentlich drei Fragen. Aber ich will gerne auf alle drei Punkte kurz eingehen. Ich bin mir voll darüber im klaren, daß die Frage der höheren Effizienz der einzelnen wirtschaftsfördernden Instrumente gegenüber Ostdeutschland nicht schnell innerhalb von zwei Wochen zu lösen ist. Das haben Vertreter der Bundesregierung gegenüber dem Parlament auch nicht anders erklärt. Wir werden deshalb nach meinem Dafürhalten in ein zweistufiges Verfahren einzutreten haben. Wir werden die wirtschaftsfördernden Instrumente im Jahre 1999 kritisch zu durchleuchten haben hinsichtlich Zielgenauigkeit, Transparenz und Hürden von seiten der Verwaltung, die den Zugang einzelner Unternehmer - nach meinem Dafürhalten insbesondere im kleinen und mittelständischen Bereich - beeinträchtigen. Weil diese Diskussion nicht im Januar 1999 abgeschlossen sein wird, werden wir als neue Bundesregierung dafür Sorge zu tragen haben, daß bei den Haushaltsberatungen zum Bundeshaushalt 1999 im Rahmen des von der alten Bundesregierung eingestellten Förderungskonzeptes neue Schwerpunkte gesetzt werden, so wie wir sie auch in der Regierungserklärung deutlich gemacht haben. Zum Thema Zahlungsmoral will ich noch einmal ausdrücklich sagen, daß dies für die Bundesregierung ein wichtiges Thema ist. Es war Hintergrund dafür, daß der Bundeskanzler bereits in seiner Regierungserklärung auf dieses Thema Bezug genommen hat. Ich sehe mit großem Interesse den Initiativen von seiten des Bundesrates entgegen. Die Bundesregierung sieht hier in der Tat Prüfungs- und Handlungsbedarf im Interesse einer Sicherung von Zahlungsmoral in Ostdeutschland. Ich will auch gerne die Gelegenheit zum Anlaß nehmen, um zu sagen, daß die Beeinträchtigung dieser Zahlungsmoral in Ostdeutschland nach meinem Dafürhalten schon in den letzten eineinhalb Jahren Dimensionen angenommen hat, die in Teilen gerade auch des mittelständischen und handwerklichen Bereiches den Glauben an den Rechtsstaat in Frage stellen. Insofern handelt es sich hier in der Tat um ein dringendes Problem. Das dritte Thema war die Ökosteuer, wenn ich das noch richtig in Erinnerung habe. Die die Bundesregierung tragenden Fraktionen haben das Thema Ökosteuer in dem Wahlkampf 1998 an ganz zentraler Position programmatisch vertreten. Wir haben, wie dies auch die alte Bundesregierung und die sie damals tragenden Fraktionen vor der Bundestagswahl öffentlich angekündigt haben, die Steuerpolitik mit zu einem Thema der Wahlkampfauseinandersetzung gemacht. Die jetzige Bundesregierung hat eine Legitimation des Wählers, ihre steuerpolitischen Vorstellungen umzusetzen. Insofern wird es zu einem ökologischen Steuerreformkonzept kommen, das ein gesamtdeutsches Konzept ist. Ich will aber ausdrücklich noch einmal bekräftigen, daß nach wie vor gilt, was der Bundeskanzler in der Regierungserklärung deutlich gemacht hat, nämlich daß die Strompreisdifferenz zwischen den alten und den neuen Bundesländern ein Standortnachteil für Ostdeutschland ist. Ich persönlich werde darauf dringen, daß wir deshalb zu einer schnellen Lösung kommen. Ich bin zuversichtlich, daß es dort in der Tat zu Bewegung kommt, die in den letzten Jahren so leider nicht gesehen werden konnte.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich gebe das Wort Frau Christine Ostrowski.

Christine Ostrowski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001662, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Herr Staatsminister, der Ministerpräsident Sachsens hat den Wunsch geäußert, den Bau der Autobahn A 17, Dresden - Prag, in dieser Kabinettssitzung zu thematisieren. Ich habe eine Frage zur Finanzierung der Bundesautobahn. Ich frage Sie, ob Sie die Auffassung des Bundesministers Müntefering teilen, daß die dringlichen Vorhaben, die im Bundesverkehrswegeplan aufgenommen worden sind - dazu gehört die A 17 -, vorangetrieben werden müssen, und zwar angesichts folgender drei Tatsachen. Erstens. Die Autobahn A 17 ist im Bundesverkehrswegeplan mit Kosten in Höhe von 625 Millionen DM veranschlagt. Die tatsächlichen Kosten betragen 1,3 Milliarden DM. Das heißt, das Nutzen-KostenVerhältnis ist unter ein Maß gesunken, das ihre Aufnahme in den Bundesverkehrswegeplan eigentlich nicht zuläßt. Zweitens. Auch eine Privatfinanzierung geht offensichtlich den Bach runter; denn das Gutachten, das noch durch die alte Bundesregierung auf den Weg gebracht worden ist und die Verdrängungseffekte bei einer Maut analysieren sollte, macht eine Maut nicht realisierbar. Das Ganze ist für einen Privatinvestor nicht finanzierbar. Drittens. Tatsache ist, daß die sächsische Sozialdemokratie, deren Mitglied Sie sind, zu den schärfsten Gegnern der A 17 gehörte und noch vor den Bundestagswahlen den betroffenen Bürgern in Briefen versprochen hatte, wenn sie denn die Regierung stellt, sich intensivst gegen die A 17 zu stellen oder sich für eine andere Trassenführung einzusetzen. Teilen Sie die Auffassung Ihres Ministers Müntefering, daß dieses Projekt unter diesen Bedingungen vorangetrieben werden sollte?

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Frau Ostrowski, das Zitat, das Sie angesprochen haben, steht nach meinem Erinnern - ich habe es jetzt nicht unmittelbar vor mir liegen, so daß ich auf Ihre Aussage angewiesen bin - unmittelbar im Zusammenhang mit der Aussage der Bundesregierung in der Regierungserklärung, daß wir in der Tat ein großes Interesse daran haben, den Infrastrukturausbau in Ostdeutschland, was insbesondere die Frage der Verkehrswege und dort in ganz besonderem Maße die Verkehrsprojekte „Deutsche Einheit“ betrifft, zügig voranbringen zu wollen. Das ist auch meine Auffassung. Ich halte das für einen wichtigen Punkt. Ich bitte um Verständnis dafür, daß Detailfragen, die Sie angesprochen haben, meinerseits nicht einer öffentlichen Erörterung unterzogen werden, bevor wir mit der Sächsischen Staatsregierung in das Gespräch eintreten. Das bleibt abzuwarten und erfolgt heute in einer Woche. Im übrigen war es in den letzten Jahren gute Tradition, daß sich die Bundesregierung nicht zu Positionen der Parteien oder von Parteien äußert. Das gilt auch für Landesverbände und Bezirksverbände von Parteien. Dieser Gepflogenheit möchte ich mich nicht verwehren.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Die nächste Fragestellerin ist Frau Katherina Reiche.

Katherina Reiche (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003209, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, welche Kompetenzen werden im Bundeskanzleramt dafür gebündelt und vor allem wie, um der Aussage in der Regierungserklärung von Gerhard Schröder, daß der Aufbau Ost Chefsache ist, gerecht zu werden? In diesem Zusammenhang würden mich Ihre Zuständigkeiten als Staatsminister für die Angelegenheiten der neuen Länder über die von Ihnen genannten Koordinierungsaufgaben hinaus interessieren. Wie groß ist Ihr tatsächliches Budget?

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Die Aussage, daß der Aufbau Ost Chefsache ist, bezieht sich insbesondere - darüber bin ich froh - auf die Tätigkeit des Bundeskanzlers selbst. Ein wichtiges Beispiel hierfür, das übrigens auch jenseits des Parteibuches die ungeteilte Zustimmung der ostdeutschen Ministerpräsidenten erfahren hat, sehen Sie in der Absicht, daß der Kabinettsausschuß „Neue Länder“ künftig dezentral in Ostdeutschland gemeinsam mit den Landesregierungen tagen wird. Ich habe großes Verständnis dafür, daß die ostdeutschen Ministerpräsidenten dies als eine neue Qualität der Befassung mit ostdeutschen Problemen begreifen. Ich habe in den wenigen Wochen meiner bisherigen Tätigkeit lernen können, daß es schon unter der alten Bundesregierung einen Ausschuß für Ostdeutschland gegeben hat, der nach meinen Informationen zum letzten Mal im April 1992 getagt hat und der sich noch nie in seiner Geschichte, was für das Bundeskabinett alt in den letzten acht Jahren liegt, zu einer Sitzung in die neuen Bundesländer aufgemacht hat. Insofern teile ich die Unterstützung der Ministerpräsidenten: Das ist in der Tat eine neue Qualität. ({0}) Ich werde dem Kanzler im Rahmen meiner Tätigkeit so weit zur Seite stehen, wie er dies nicht unmittelbar selbst ausführen kann. Das wird im wesentlichen drei Dinge betreffen: Das wird zum ersten künftig, wie auch bezogen auf den 16. Dezember, die Vorbereitungen der gemeinsamen Sitzungen des Kabinettsausschusses „Neue Länder“ mit den Landesparlamenten betreffen. Dort wird es um konkrete einzelne Projekte gehen. Hierfür bin ich unmittelbar zuständig. Es wird zum zweiten um die in der Regierungserklärung formulierte Absicht gehen, ein Aufbauprogramm Zukunft Ost auszuarbeiten, zu koordinieren. Die koordinierende Tätigkeit wird vom Bundeskanzleramt bezogen auf die einzelnen Ressorts, die fachlich die Federführung haben, von meiner Seite wahrgenommen. Ich will auch nicht unerwähnt lassen, daß die Entscheidung des Deutschen Bundestages im Gegensatz zur Strategie der alten Bundesregierung und der sie tragenden Fraktionen während der letzten acht Jahre, einen Vollausschuß für Angelegenheiten der neuen Länder einzustellen, natürlich auch meine Tätigkeit besonders prägen wird. All dies sind Dinge, die in meinen unmittelbaren Bereich fallen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Nächster Fragesteller ist Dr. Michael Luther.

Dr. Michael Luther (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001398, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister Schwanitz, ich habe gelernt: Sie sind zum Beispiel zuständig für die gemeinsamen Kabinettsitzungen und für andere Fragen der Koordinierung. Meine Frage ist: Sind Sie auch zuständig für ganz bestimmte Sachfragen? Mich hat irritiert, daß die Erarbeitung eines Konzeptes für die Fortführung der Arbeit der BVS federführend im Bundesfinanzministerium bearbeitet wird. Ich könnte mir vorstellen, daß zukünftig bestimmte Themenfelder, deren Inhalt fast ausschließlich die neuen Bundesländer betrifft, in den Bereich „Aufbau Ost“ fallen. Daher stellt sich für mich die Frage: Ist daran gedacht, daß auch solche Sachfragen in Ihre Kompetenz fallen?

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Herr Kollege Dr. Luther, der Begriff der Koordinierung ist nicht kompatibel mit dem Begriff der Federführung, einmal abgesehen davon, daß der Begriff der Federführung kein Begriff ist, der die Bundesregierung in ihrer Tätigkeit prägt. Wir haben bereits weit vor der Bundestagswahl am 27. September klargemacht, daß wir eine Zentralstelle im Bundeskanzleramt schaffen wollen, die nicht die einzelnen Zuständigkeiten für das laufende Geschäft der Ressorts zentralisiert. In Reflexion auf eine Diskussion Anfang der 90er Jahre will ich ganz deutlich sagen: Sie wissen, daß insbesondere die sozialdemokratische Fraktion, aber auch die damalige Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gegenüber der alten Bundesregierung die Schaffung eines Aufbauministeriums gefordert hat. Die alte Bundesregierung unter dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl und auch unter Ihrer Mitwirkung, denn Sie gehörten ebenfalls der Fraktion an, die diese alte Bundesregierung getragen hat, waren der Auffassung, daß eine solche Institution nicht erforderlich ist. Im Gegenteil, man ging davon aus, daß die Angleichung der wirtschaftlichen und sozialen Lebensverhältnisse offensichtlich in drei bis fünf Jahren zu bewerkstelligen sei. Deswegen ist im politischen Raum die Schaffung eines Aufbauministeriums am Ende der 12. Legislaturperiode verneint worden. Dies ist nicht nur bei Ihnen - schon damals mit einem klaren Nein -, sondern auch bei den Sozialdemokraten geschehen. In der 13. Legislaturperiode von 1994 bis 1998 hat es bei der SPD in der Tat eine Diskussion gegeben, wie das Beauftragtenverhältnis, das die Bundesregierung nach langem Zögern eingerichtet und einem beamteten Staatssekretär beim Bundeswirtschaftsminister zugeordnet hat, qualitativ verbessert werden kann. Das Ergebnis dieser Besprechung hat in die Programmatik, in die Wahlaussagen, insbesondere auch der Sozialdemokratischen Partei, Eingang gefunden und wird von dieser Bundesregierung umgesetzt. Die Umsetzung macht sich insbesondere an zwei Dingen fest, die ich ausdrücklich benennen will: zum einen in der Berufung eines Staatsministers hierfür und zum anderen in der Wahrnehmung der koordinierenden und nicht der ressortierenden Zuständigkeit. ({0}) Alles andere hieße, die Diskussion der letzten acht Jahre völlig zu konterkarieren. Ich begrüße ausdrücklich - das will ich noch einmal sagen; ich glaube, daß das auch im Ausschuß Ihre persönliche Zustimmung gefunden hat die Tatsache, daß wir künftig ein Beauftragtenverhältnis haben, das sich nicht nur mit wirtschaftlichen Fragen beschäftigt, sondern beispielsweise auch soziale und rechtliche Fragen behandelt, in die Beauftragsfunktion integriert. Das stellt eine veränderte Situation gegenüber derjenigen der letzten Jahre dar; denn die Frage der inneren Einheit hat in der Tat noch mehr Gewicht als die der wirtschaftlichen Situation.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Nächster Fragesteller ist Dr. Joachim Schmidt.

Dr. - Ing. Joachim Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002010, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, die Bundesregierung strebt weitreichende Änderungen im deutschen Steuerrecht an, und sie beabsichtigt eine Erhöhung der Energiesteuer. Welche Auffassung teilen die Bundesregierung und Sie selbst, Herr Staatsminister, im Hinblick auf die Belastungen der Unternehmen, insbesondere des Mittelstandes, in den neuen Bundesländern, die durch die Einführung der Ökosteuer zustande kommen. Dies gilt ganz besonders vor dem Hintergrund einer bekanntlich geringen Kapitalausstattung und Liquidität.

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Herr Abgeordneter Dr. Schmidt, ich teile die Auffassung der Bundesregierung - diese haben wir auch in der gesamten Zeit vor der Bundestagswahl deutlich gemacht -, daß die Einführung einer Ökosteuer vor dem Hintergrund der enormen Abgabenlast, die auch die Unternehmen in Ostdeutschland zu tragen haben, insbesondere die kleinen und mittelständischen Unternehmer - Sie haben es beschrieben -, und die als sehr drückend empfunden wird, ein vordringliches Anliegen ist. Die letzten acht Jahre der deutschen Einheit waren dadurch geprägt, daß zu keinem einzigen Zeitpunkt die Lohnnebenkosten der ostdeutschen Unternehmungen reduziert werden konnten. Im Gegenteil: Sie sind immer massiv gestiegen, in Teilbereichen, wie Sie wissen, über das westdeutsche Maß hinaus. Deshalb ist es dringend erforderlich, daß im Rahmen einer Steuerkonzeption eine Entlastung, eine Absenkung im Bereich der Lohnnebenkosten, organisiert wird. Dies wird mit der ökologischen Steuerreform passieren. Ich will nicht unerwähnt lassen, daß auch die Absenkung des Körperschaftsteuersatzes in Kombination mit einem Nachfrageschub durch die große Steuerreform auch aus ostdeutscher Sicht gerade für kleine und mittelständische Unternehmen und für Handwerker ein ganz zentrales Thema ist.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Wir werden die Befragung der Bundesregierung verlängern. Vor diesem Hintergrund bitte ich sehr darum, daß die Kolleginnen und Kollegen kurze Fragen stellen und daß nach Möglichkeit auch kurze Antworten erfolgen. Ich gebe das Wort Frau Heidi Lüth.

Heidemarie Lüth (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002727, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Herr Staatsminister, Ihnen ist sicherlich bekannt, daß die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft, die ja zum Finanzministerium gehört, gegenwärtig insbesondere im Raum Leipzig umfangreiche ehemalige Bergbaugebiete veräußert. Können Sie mir sagen, wie der gegenwärtige Stand der Dinge ist, wieviel schon verkauft wurde und zu welchen Preisen? Würden Sie sich der Meinung der Gemeinden anschließen, daß der Ausverkauf dieser Ländereien Planungsunsicherheit in den Kommunen zur Folge hat und viele Dinge gegenwärtig nicht mehr realisiert werden können, weil diese Verkäufe ins Haus stehen?

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Frau Abgeordnete, ich bitte um Verständnis dafür, daß die Beantwortung einer Frage nach dem konkreten Umfang der Veräußerungen und nach Zahlen einer Vorbereitung durch die Bundesregierung bedarf. Ich empfehle Ihnen, eine entsprechende Frage in einer Fragestunde zu stellen. Ich verweise auf den Grundzusammenhang der Frage des Kollegen Labsch, zu der ich bereits Stellung genommen habe.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Nächster Fragesteller ist der Kollege Klaus Haupt.

Klaus Haupt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003140, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatsminister, nach manchen Dingen muß man dreimal fragen. Zweimal haben Sie eine Antwort unterlassen. Ich frage deswegen kurz und bündig: Über welches Budget verfügen Sie? Ich hänge die Frage an: In welcher Rolle sind Sie am Bündnis für Arbeit beteiligt, wenn es um den Nachteilsausgleich für den Osten geht?

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Herr Abgeordneter, Ihre erste Frage ist nach meinem Dafürhalten nicht unbeantwortet geblieben. Vielmehr habe ich deutlich gemacht, daß im Rahmen meiner koordinierenden Tätigkeit die Arbeit meines Arbeitsstabes im Bereich des Kanzleramtes liegt und dort auch budgetiert ist. Die operative Zuständigkeit, die Zuständigkeit für die eigentlichen Regierungsgeschäfte, liegt in den Ressorts. Ich weiß nicht, in welchem Umfang insgesamt Haushaltsmittel für diese Einzelbereiche zur Verfügung stehen. Das kann ich aber gerne nachtragen und Ihnen zukommen lassen. Es hat im Zusammenhang mit dem Thema „Bündnis für Arbeit“, wie Sie verfolgt haben, ein Einvernehmen gegeben, sich in Arbeitsgruppen weiter mit den Dingen zu beschäftigen. Dabei wird es auch eine Arbeitsgruppe zum Thema Ostdeutschland geben, an der ich beteiligt sein werde. ({0})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Das Wort hat der Kollege Günter Baumann.

Günter Baumann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003035, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, Sie sind speziell für die neuen Länder zuständig. Daher möchte ich Sie gerne fragen, wie Sie die Belastungen speziell der Pendler, die täglich zur Arbeit fahren müssen, vor dem Hintergrund der geplanten Benzinpreiserhöhungen beurteilen. Sie wissen, daß relativ viele Menschen in den neuen Ländern fahren müssen. Ich bitte darum, bei der Antwort auch zu berücksichtigen, daß im Osten weniger verdient wird als hier.

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Herr Abgeordneter, selbstverständlich wird auf alle diejenigen, die Pkws zu benutzen haben, im Rahmen der ökologischen Steuerreform eine Mehrbelastung zukommen. Ich bin fernab von einer Position, die hier mit Verneinen oder Verschweigen reagiert. Ich will aber ausdrücklich darauf aufmerksam machen, daß die alte Bundesregierung - Sie gehören doch einer Fraktion an, die sie getragen hat - nach den Bundestagswahlen 1994 die Mineralölsteuer um 16 Pfennig pro Liter angehoben hat. ({0}) Das ist wesentlich mehr, als wir im Rahmen der ökologischen Steuerreform vorsehen. Insofern bitte ich darum, daß Sie sich die Frage vor dem Hintergrund der Sensibilität, die Sie damals gegenüber den Pendlern gezeigt haben, selber beantworten.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Das Wort hat der Kollege Ulrich Klinkert.

Ulrich Klinkert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001134, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister Schwanitz, ich muß eine Nachfrage zur Ökosteuer stellen. Sie haben mehrfach, aber wenig konkret auf diesbezügliche Fragen geantwortet. Zu Recht haben Sie darauf hingewiesen, daß das Energiepreisniveau in den neuen Bundesländern deutlich höher liegt als das Energiepreisniveau in den alten Bundesländern. Ich möchte von Ihnen konkret wissen, wie Sie persönlich zu dem Vorschlag des sächsischen Wirtschaftsministers stehen, die Energiesteuer in den neuen Bundesländern nicht einzuführen, und was Sie ihm bei Ihrem Besuch in Dresden antworten werden.

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Was ich ihm in Dresden antworte, vermag ich Ihnen jetzt nicht zu sagen - ich sage aber gleich etwas zur Sache -, weil die entsprechende Frage zunächst einmal in Dresden gestellt werden muß. Ich werde hier nicht öffentlich eine Beratung vorwegnehmen, die gegebenenfalls in Dresden ansteht. Ich bitte Sie, Herr Klinkert, dafür um Verständnis. Das ist einfach ein Gebot fairen Verfahrens auch gegenüber der sächsischen Staatsregierung. ({0}) - Ich will auch gerne in der Sache antworten. Ich bin in der Tat der Auffassung, daß die Energiepreise in ganz Deutschland erhöht werden müssen, um die Lohnnebenkosten senken zu können. Ich halte das für ein richtiges und vernünftiges Vorgehen. Das steht im Gegensatz zur Strategie der letzten acht Jahre, gemäß der Lohnnebenkosten angehoben wurden, um Haushaltslöcher zu stopfen. Unsere Herangehensweise, die sehr wohl meine Zustimmung findet, ist völlig anders. Ich persönlich habe große Zweifel, ob der Vorschlag einer regional differenzierten Einführung einer solchen Steuerbelastung mit dem EU-Recht kompatibel wäre. Das wäre allerdings im Gespräch weiter zu erörtern; einem solchen Gespräch kann ich aber - dafür bitte ich noch einmal um Verständnis - öffentlich nicht vorgreifen. Das würde bei der sächsischen Staatsregierung sicherlich nicht auf Verständnis stoßen. ({1}) - Herr Kollege Klinkert, Sie haben zwar kein Recht zu einer Zusatzfrage; aber ich will gern noch einmal ergänzen und ausdrücklich sagen, daß der Bundeskanzler in der Regierungserklärung und übrigens auch die Koalition im Koalitionsvertrag die Angleichung der Strompreise als ein Handlungsfeld für diese Bundesregierung festgeschrieben haben. Ich persönlich werde darauf drängen, daß wir dieses Thema zügig angehen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Das Wort hat der Kollege Dr. Ilja Seifert.

Dr. Ilja Seifert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002153, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Herr Staatsminister, ich habe zwei Fragen an Sie. Ich bitte Sie, Herr Präsident, um Erlaubnis, beide stellen zu dürfen, obwohl sie unterschiedliche Themenbereiche betreffen. Ich werde versuchen, mich kurz zu fassen. Meine erste Frage lautet: Welche Konzeption werden Sie als Vertreter des Kabinetts im Gespräch mit der sächsischen Staatsregierung gegenüber deren Absicht verfolgen, dort eine Sparkassen-Holding aufzubauen, die aller Voraussicht nach die Finanzkraft der Kommunen erheblich schwächen wird? Ich erfahre immer wieder, zum Beispiel in der Oberlausitz, daß es von seiten der Kommunen erheblichen Widerstand gegen diese Holding gibt. Mit welcher Konzeption gehen Sie in dieses Gespräch?

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Herr Kollege, das Thema der sogenannten SparkassenHolding ist ein landesspezifisches Thema, das zu ausführlichen Diskussionen, insbesondere zwischen der sächsischen Staatsregierung und den sächsischen Kommunen, führt. Wir werden in diesem Zusammenhang sicherlich kein Thema ansprechen, von dem der Bund nicht unmittelbar oder mittelbar betroffen ist. Insofern bitte ich um Verständnis - diese Bitte reiht sich in den von mir schon genannten Vorbehalt ein -: Wenn ich heute etwas ausführlicher über Verfahren und nicht über die konkrete Tagesordnung und folglich nicht über unsere Positionen zu einzelnen Tagesordnungspunkten reden kann, ist dies dem noch nicht abgeschlossenen Verfahren geschuldet. Jedes andere Verhalten würde von der sächsischen Staatsregierung nicht akzeptiert werden.

Dr. Ilja Seifert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002153, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Darf ich eine zweite Frage stellen?

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Angesichts der Tatsache, daß wir zum Ende der Befragung kommen müssen, kann ich eine Zusatzfrage leider nicht zulassen. Ich gebe das Wort der Kollegin Margarete Späte.

Margarete Späte (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002802, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, Sie führten bereits aus, daß die Bundesregierung die Verkehrsprojekte „Deutsche Einheit“ fortführen will. Was versteht die Bundesregierung unter Überarbeitung des Bundesverkehrswegeplans? Welche Auswirkungen hat dies auf die Projekte „Deutsche Einheit“?

Not found (Gast)

Unter Überarbeitung des Bundesverkehrswegeplans versteht die Bundesregierung - das hat sie öffentlich erklärt und übrigens auch im Koalitionsvertrag und in der Regierungserklärung festgehalten -, daß Prüfungen vorgenommen werden, die von der alten Bundesregierung nicht in ergebnisoffener Weise durchgeführt werden konnten. Die politischen Konsequenzen werden so gezogen, wie wir dies in der Regierungserklärung angekündigt haben. Die Verkehrsprojekte werden zügig fortgeführt.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich darf fragen, ob der Wunsch nach einer wichtigen Frage zu den beiden anderen genannten Themen besteht. - Das ist offensichtlich nicht der Fall. Dann beende ich die Befragung der Bundesregierung. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf: Fragestunde - Drucksache 14/143 Wir kommen zunächst zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Zur Beantwortung der Fragen steht die Parlamentarische Staatssekretärin Dr. Edith Niehuis zur Verfügung. Ich rufe die Frage 1 des Abgeordneten Thomas Dörflinger von der CDU/CSU-Fraktion auf: Gilt die im Abkommen zwischen der Europäischen Union und der Schweiz jetzt getroffene Neuregelung der Kindergeldzahlungen für Grenzgänger, nach der der Differenzbetrag zu den von der Schweiz gezahlten Werten durch die deutsche Kindergeldkasse ausgeglichen wird, auch für künftige durch Schweizer Gesetzgebung bedingte Änderungen für die deutschen Grenzgänger, wie etwa die Pläne im Züricher Kantonalparlament, nach denen das Kindergeld für ausländische Arbeitnehmer, die nicht dauernd in der Schweiz leben, um rund 20 Prozent gesenkt werden soll?

Dr. Edith Niehuis (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001609

Herr Kollege, über ein Abkommen zwischen der Europäischen Union und der Schweiz wird zur Zeit intensiv und nach Kenntnis der Bundesregierung auch mit guten Chancen für einen baldigen Abschluß verhandelt. Dennoch ist es verfrüht, von einer getroffenen Regelung zu sprechen. Die nachfolgenden Bemerkungen beruhen auf dem aktuellen Stand der Verhandlungen. Änderungen in dem in Rede stehenden Abkommensteil sind nicht wahrscheinlich, aber man kann sie nicht ausschließen. Wenn das Abkommen in der jetzt vorgesehenen Fassung in Kraft tritt, dann sind danach Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus den Mitgliedstaaten der Europäischen Union in der Schweiz den schweizerischen Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen gleichzustellen, wie umgekehrt schweizerische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Europäischen Union Unionsbürgern gleichzustellen sind. Dies gilt auch im Rahmen der vorgesehenen Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit. Dann hätten deutsche Grenzgängerinnen und -gänger nach der Schweiz einen Kindergeldanspruch in derselben Höhe wie schweizerische Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, und zwar auch in den Kantonen, die für ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geringere Kindergeldsätze vorsehen, die Sie in Ihrer Frage angesprochen haben. Das bedeutet nicht, daß die Kantonsparlamente derartige Bestimmungen nicht beschließen dürften; sie finden nur wegen des Abkommens auf Bürgerinnen und Bürger der EU keine Anwendung. Im übrigen ist im Rahmen der Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit vorgesehen, daß - wie zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union schon jetzt - auch zwischen der Schweiz und der Europäischen Union die Zahlung von Unterschiedsbeträgen in den Fällen erfolgt, in denen Kindergeldansprüche in zwei Vertragsstaaten bestehen und der Anspruch in dem vorrangig zahlungsverpflichteten Staat niedriger ist als in dem anderen Staat. Nach Kenntnis der Bundesregierung sind Einschränkungen nicht vorgesehen. Deutsche Grenzgängerinnen und -gänger nach der Schweiz erhielten also im Ergebnis Kindergeld nach dem höheren von beiden nationalen Sätzen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage des Kollegen Dörflinger.

Thomas Dörflinger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003069, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, Sie haben selbst darauf verwiesen: Durch das Nichtverabschieden im EU-Außenministerrat am gestrigen Tag ist die Angelegenheit etwas ins Stocken geraten. Bis wann rechnet die Bundesregierung mit einem Abschluß der Verhandlungen in der Weise, daß die EUAußenminister ihr Plazet zu dieser Regelung geben?

Dr. Edith Niehuis (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001609

Die Verhandlungen sind bisher recht erfolgreich verlaufen. Ich gehe davon aus, daß die Verhandlungen mit der Schweiz über alle Abkommen in jedem Fall bis zum Jahre 2001 abgeschlossen sein werden.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich rufe die Frage 2 des Abgeordneten Benno Zierer auf: Entspricht es nach Kenntnis der Bundesregierung geltendem Recht, daß Eltern für ihren 18jährigen Sohn in der Zeit von Vollendung des 18. Lebensjahres bzw. von Beendigung seiner Ausbildung an bis zum freiwilligen Eintritt des 18jährigen in die Bundeswehr als Soldat auf Zeit für vier Jahre ({0}) kein Kindergeld erhalten, und sieht die Bundesregierung gegebenenfalls Veränderungsbedarf dahin, daß in diesen Fällen des freiwilligen Dienstes von 18jährigen für einen gegebenenfalls näher zu bestimmenden Zeitraum über die Vollendung des 18. Lebensjahres bzw. die Beendigung der Ausbildung hinaus Kindergeld gewährt wird?

Dr. Edith Niehuis (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001609

Herr Abgeordneter, Kinder, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, können für das Kindergeld grundsätzlich nur berücksichtigt werden, wenn und solange sie für einen Beruf ausgebildet werden, mangels eines Ausbildungsplatzes eine gewünschte Berufsausbildung nicht beginnen oder fortsetzen können, ein Freiwilliges Soziales oder Ökologisches Jahr ableisten, arbeitslos oder wegen einer Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten. Von diesen Fallgestaltungen könnte bei der von Ihnen angesprochenen PersonenStaatsminister Rolf Schwanitz gruppe Arbeitslosigkeit vorliegen; dann wäre ein Kindergeldanspruch möglich. Dabei kommt es nicht auf das Bestehen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld, sondern nur auf die Arbeitslosmeldung beim Arbeitsamt an. Eltern können also für einen volljährigen Sohn in der Zeit von der Vollendung des 18. Lebensjahres bzw. von der Beendigung seiner Ausbildung bis zum freiwilligen Eintritt in die Bundeswehr als Soldat auf Zeit für vier Jahre nur im Falle der Arbeitslosigkeit des Sohnes Kindergeld erhalten. Weitere Voraussetzung ist dabei, daß der Sohn noch nicht 21 Jahre alt ist. Soweit die Eltern kein Kindergeld erhalten, können sie ihre tatsächlichen Unterhaltsaufwendungen unter den Voraussetzungen des § 33 a des Einkommensteuergesetzes als außergewöhnliche Belastung geltend machen. Neben den schon erwähnten Tatbeständen gibt es auch einen Kindergeldanspruch für Kinder in einer Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten von nicht mehr als vier Monaten. Dafür ist maßgebend, daß derartige Übergangszeiten im Ausbildungsgang häufig unvermeidbar sind und eine Verweisung der jungen Erwachsenen auf den Arbeitsmarkt bei Übergangszeiten von bis zu vier Monaten unrealistisch ist. Auch Zwangspausen von nicht mehr als vier Monaten vor und nach der Ableistung des gesetzlichen Grundwehrdienstes sind Übergangszeiten gleichzuachten, wenn im Anschluß daran eine Berufsausbildung oder eine sonstige Ausbildung aufgenommen oder fortgesetzt werden soll. Der Grundwehrdienst ist in derartigen Fällen eine vorgegebene Ausbildungsunterbrechung. Auch bei einer freiwilligen Verpflichtung auf Zeit für bis zu drei Jahre geht die Willensrichtung des Freiwilligen in der Regel nicht dahin, die Schul- oder Berufsausbildung zu beenden. Der Zeitsoldat trachtet vielmehr in der Regel danach, durch die ihm auf Grund der freiwilligen Verpflichtung zufließenden Bezüge und die sonstigen finanziellen Vorteile eine bessere materielle Ausgangsbasis für eine anschließende Ausbildung zu erlangen. Bei einer längeren Verpflichtung kann von einer typischen Ausbildungsunterbrechung durch Wehrdienst in diesem Sinne nicht mehr ausgegangen werden. Eine Änderung in der in Ihrer Frage angesprochenen Richtung ist nicht beabsichtigt.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage.

Benno Zierer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002594, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Da muß ich nachfragen: Es geht darum, daß ein 18jähriger die Schulausbildung abschließt, vier Monate später zur Bundeswehr geht und sich dort für vier Jahre verpflichtet. Sie sehen keinen Änderungsbedarf, wenn sich ein junger Mann für den Dienst für unser Land und die Gemeinschaft meldet. Halten Sie eine Änderung für notwendig oder nicht?

Dr. Edith Niehuis (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001609

Nein. Das habe ich schon beantwortet; aber vielleicht darf ich Ihnen ergänzend noch folgendes sagen: Auch das Wehrpflichtgesetz und das Soldatengesetz machen diese Unterschiede zwischen Wehrpflichtigen, Soldaten auf Zeit für zwei Jahre und freiwilligem zusätzlichen Wehrdienst einerseits und den für längere Zeit verpflichteten Soldaten auf Zeit andererseits. Während bei ersteren, also den Wehrpflichtigen und den Soldaten mit Dienstzeiten von bis zu zwei Jahren, das Arbeitsplatzschutzgesetz gilt, gilt es für die Längerdienenden nicht, weil auch diese Gesetze davon ausgehen, daß junge Männer, die sich für vier Jahre und länger verpflichten, dies nicht als Unterbrechung ihrer herkömmlichen Ausbildung ansehen. Daher besteht für sie auch kein Anspruch auf Kindergeld. Insofern werden wir uns den Gepflogenheiten des Wehrpflichtgesetzes und des Soldatengesetzes auch weiterhin anpassen. ({0})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Es gibt keine weiteren Zusatzfragen. Damit sind wir am Ende dieses Geschäftsbereichs. Ich danke Ihnen, Frau Staatssekretärin. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Die Frage 3 des Kollegen Dr. Martin Mayer ({0}) ist zurückgezogen worden. Ich rufe dann den Geschäftsbereich des Bundeskanzleramtes auf. Zur Beantwortung steht der Beauftragte der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien, Dr. Michael Naumann, zur Verfügung. Ich rufe die Frage 4 des Abgeordneten Wilhelm Josef Sebastian auf: Welche Kenntnis hat die Bundesregierung im Rahmen der Beteiligung des Bundes an den Baukosten über den Stand der Vorbereitungen zum Bau des Arp-Museums in RemagenRolandseck angesichts widersprüchlicher Aussagen des Landes Rheinland-Pfalz und der Arp-Stiftung über den möglichen Baubeginn, und wie wirkt sich eine mögliche Änderung des Zeitpunktes des Baubeginns auf die haushaltsmäßige Bereitstellung der Bundesmittel aus? Dr. Michael Naumann, Beauftragter der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien: Herr Abgeordneter, am 26. Juni 1996 hat der Haushaltsausschuß des Bundestages Ausgleichsmittel in Höhe von 13 Millionen DM für den Neubau des Arp-Museums in Rolandseck entsperrt. Das Land Rheinland-Pfalz trägt die Differenz zu den gesamten Baukosten in Höhe von rund 30 Millionen DM. Das Land Rheinland-Pfalz hat soeben mitgeteilt, daß die baurechtlichen Voraussetzungen für den Museumsneubau nunmehr gegeben seien. Der Stadtrat von Remagen hat dem Bebauungsplan zugestimmt. - Der Architekt ist der berühmte Architekt Richard Meier, der gerade das Ghetty-Center in Los Angeles fertiggestellt hat. Die Änderung des Flächennutzungsplans sei ebenfalls inzwischen erfolgt. Das Land geht also davon aus, daß der Baubeginn im Herbst 1999 erfolgen kann. Eine Änderung des Zeitpunkts des Baubeginns hat keine Auswirkung auf die haushaltsmäßige Bereitstellung der Bundesmittel. Die Bundesregierung wird allerdings sorgfältig prüfen, welchen Einfluß die in der Öffentlichkeit diskutierte Frage der Authentizität der Werke von Hans Arp und die erbrechtlichen Auseinandersetzungen auf das Bauvorhaben selbst haben werden. Die Bundesregierung wird alsbald ein Gespräch mit den Verantwortlichen führen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich rufe die Frage 5 des Abgeordneten Hans-Joachim Otto auf: Wie steht die Bundesregierung zu dem Vorschlag, die Medienaufsicht neu zu organisieren und an Stelle von 15 Landesmedienanstalten einen einheitlichen Kommunikationsrat von Bund und Ländern einzurichten, und welche Schritte plant sie gegebenenfalls zur Umsetzung dieses Vorhabens? Dr. Michael Naumann, Beauftragter der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien: Herr Abgeordneter Otto, die Formulierung, daß die Bundesregierung einmal zu irgendeinem Zeitpunkt vorgehabt habe, an Stelle von 15 Landesmedienanstalten einen einheitlichen Kommunikationsrat zu installieren, ist falsch. Wenn Sie darauf abheben, daß die SPD auf einem Parteitag einmal einen ähnlichen Beschluß gefaßt habe, so werden Sie bei der Lektüre dieses Antrags feststellen, daß auch dort das Wort „an Stelle“ nicht vorkommt. Dieser Kommunikationsrat war vielmehr immer als ein konsensual zu besetzendes Beratungsgremium gedacht. So lautet denn meine offizielle Antwort: Über den Vorschlag einer Neuordnung der auf viele Entscheidungsträger verteilten Medienaufsicht in Deutschland hat die Bundesregierung noch nicht abschließend beraten. Wegen der grundgesetzlichen Kompetenzverteilung kann dies nur in enger Kooperation zwischen Bund und Ländern erreicht werden. Die hierzu notwendigen Überlegungen sind noch nicht soweit gediehen, daß gegenwärtig eine konkrete Aussage zu ihrer Realisierbarkeit getroffen werden kann.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Otto.

Hans Joachim Otto (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001666, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Dr. Naumann, am 23. November dieses Jahres haben sich die medienpolitischen Sprecher der SPD-Fraktionen aus dem Bundestag, den Landtagen sowie dem Europäischen Parlament in Mainz zusammengetan und haben die Erklärung abgegeben, daß ein solcher Kommunikationsrat geschaffen werde. Meine Frage lautet jetzt: Welche konkreten Schritte wird die Bundesregierung ergreifen, um einen solchen Kommunikationsrat als Verzahnung zwischen Bund und Ländern konsensual schnellstmöglich herbeizuführen? Was läuft ab? Dr. Michael Naumann, Beauftragter der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien: Der erste Schritt, den ich persönlich nicht als Beauftragter irgendwelcher Parteitage, sondern als Beauftragter der Bundesregierung unternehmen würde, wäre, zu versuchen, die Landesregierung von Bayern davon zu überzeugen, daß es Sinn macht, sich in einem Gremium zusammenzusetzen, das keine Entscheidungskompetenz, sondern vor allem sehr viel Beratungskompetenz versammeln könnte. Ich würde den Ministerpräsidenten von Bayern, der sich bisher wie übrigens auch sein Kollege Teufel in Stuttgart, gegen einen solchen Kommunikationsrat gesträubt hat, darauf hinweisen, daß dies nicht ein Gremium sein wird, das Landeskompetenzen an sich zu reißen versucht, sondern vielmehr Medienkompetenzen für die Diskussion und die Beratung zur Verfügung stellen würde.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine weitere Zusatzfrage.

Hans Joachim Otto (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001666, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ich habe Sie, Herr Dr. Naumann, also dahin gehend richtig verstanden, daß Sie persönlich als Beauftragter der Bundesregierung ein solches Beratungsgremium für sinnvoll erachten und sich dafür einsetzen werden? Dr. Michael Naumann, Beauftragter der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien: Herr Abgeordneter, als Mitglied der F.D.P. müßten Sie doch in der Lage sein, einen Konjunktiv zu entdecken. ({0})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Keine weiteren Fragen. Ich danke Ihnen, Herr Dr. Naumann. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung auf. ({0}) - Ich habe nicht den Kollegen Schlauch aufgerufen, sondern den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Gerd Andres zur Verfügung. Ich rufe die Frage 6 des Abgeordneten Georg Girisch auf: Welche Verfahren sind derzeit beim Europäischen Gerichtshof ({1}) anhängig, die geeignet sind, nach Abschluß zu einem Sozialleistungstransfer von Deutschland in die EUPartnerstaaten zu führen?

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Herr Abgeordneter Girisch, ich würde gern die Fragen 6 und 7 zusammen beantworten, wenn Sie damit einverstanden sind.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich rufe also auch Frage 7 auf: Bei welchen der vom EuGH entschiedenen Fälle betreffend Sozialleistungstransfers aus Deutschland in die EU-Partnerstaaten besteht nach Auffassung der Bundesregierung eine besondere Mißbrauchsgefahr? Beauftragter der Bundesregierung Dr. Michael Naumann

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Zur Zeit sind keine weiteren Verfahren anhängig, die speziell den Export deutscher Sozialleistungen betreffen. Mit weiteren Verfahren ist aber bei der Frage der Kostenerstattung medizinischer Behandlung im EU-Ausland zu rechnen, da insoweit über die konkreten Auswirkungen der DeckerKohll-Rechtsprechung noch weitgehend Unsicherheit besteht. Hier ist zur Zeit ein belgisches Vorlageverfahren anhängig, in dem es unter anderem um die Erstattung einer nicht genehmigten Krankenhausbehandlung im Ausland durch die belgische Krankenversicherung geht. Die Bundesregierung wird sich mit einer eigenen Stellungnahme an diesem Verfahren beteiligen. Die Frage 7 beantworte ich wie folgt: Die Frage des potentiellen Mißbrauchs stellt sich insbesondere dort, wo die Gewährung von Sozialleistungen von spezifischen medizinischen oder einkommensmäßigen Voraussetzungen abhängt, deren Überprüfung im Ausland nur unter größten Schwierigkeiten möglich ist. Ein besonderes Mißbrauchsrisiko besteht zum Beispiel beim Krankengeld sowie bei Leistungen der Arbeitslosenversicherung; dies gilt aber nicht nur für das Ausland, sondern auch für das Inland. Als besonders problematisch werden deshalb in diesem Zusammenhang die beiden EuGH-Urteile vom 3. Juni 1992 und vom 2. Mai 1996 in der Rechtssache Paletta eingestuft, in denen der EuGH entschieden hat, daß ein Arbeitgeber auch bei naheliegenden Zweifeln an der Richtigkeit einer ausländischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung daran gebunden ist, wenn er den Mißbrauch nicht konkret nachweisen kann. Dies aber ist in der Praxis in Auslandsfällen kaum möglich. Deshalb ist auf Initiative des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung insbesondere in Italien - bei der Familie Paletta handelt es sich um eine italienische Familie - ein System deutschsprachiger Vertrauensärzte aufgebaut worden, die bereit sind, gegebenenfalls für die deutsche Krankenversicherung oder für deutsche Arbeitgeber vertrauensärztliche Kontrolluntersuchungen durchzuführen. Außerdem strebt die Bundesregierung eine verbesserte Zusammenarbeit der verschiedenen Leistungsträger an, um potentiellem Leistungsmißbrauch entgegenzuwirken. Hierzu soll im kommenden Halbjahr unter deutscher EU-Präsidentschaft eine Entschließung des Rates über einen Verhaltenskodex für die Zusammenarbeit der Behörden bei grenzüberschreitender Leiharbeit und bei der Bekämpfung von Leistungsmißbrauch und illegaler Beschäftigung herbeigeführt werden.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Herr Kollege Girisch, da der Parlamentarische Staatssekretär bereits die Frage 7 mit beantwortet hat, können Sie jetzt Ihre Zusatzfragen auch auf diese Antwort ausdehnen.

Georg Girisch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003131, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, stimmt es, daß die Bundesrepublik die meisten Transferleistungen bezahlt? Zweitens möchte ich Sie bitten, zu konkretisieren, was die Bundesregierung zu tun beabsichtigt, um möglichen Mißbrauch zu verhindern.

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Ihre Frage, ob die Bundesrepublik Deutschland die meisten Sozialtransfers bezahlt, kann ich nicht beantworten, weil mir entsprechende Vergleichszahlen in bezug auf andere EUMitgliedsländer nicht zur Verfügung stehen. Als Antwort auf Fragen Ihres Kollegen Klaus Hofbauer, die sich anschließen, werde ich etwas über den Transfer von Sozialleistungen sagen, und ich werde dann im einzelnen noch einmal darauf eingehen. Was die Mißbrauchsbekämpfung angeht, möchte ich sagen: Es geht uns darum, während unserer Präsidentschaft Vereinbarungen anzustoßen, die ein koordiniertes Verhalten der EU-Länder bei Leistungsmißbrauch möglich machen. Dazu gibt es entsprechende Vorentwürfe. Wir wollen in Gesprächen auf der Ebene der Sozialminister beim informellen Gipfel im Februar des kommenden Jahres den Versuch unternehmen, ein koordiniertes Verhalten auf EU-Ebene zu ermöglichen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich rufe die Frage 8 des Abgeordneten Klaus Hofbauer auf: Welche Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs haben in den vergangenen 15 Jahren einen Export von Sozialleistungen von Deutschland in die EU-Partnerstaaten begünstigt?

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Herr Abgeordneter, wenn Sie einverstanden sind, würde ich die Fragen 8 und 9 gerne gemeinsam beantworten, weil ja der Themenzusammenhang völlig klar ist.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Dann rufe ich auch die Frage 9 auf: Wie hoch schätzt die Bundesregierung den Export von Sozialleistungen von Deutschland in die EU-Partnerstaaten in den zurückliegenden 15 Jahren, und welche Entwicklung erwartet sie für die kommenden Jahre?

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht nur in den vergangenen 15 Jahren kann generell als ausgesprochen europafreundlich qualifiziert werden. Bei der Frage des Exports von Sozialleistungen stützt sich der EuGH nicht nur auf die Verordnung 1408/71, welche einen weitgehenden Export der Leistungen der sozialen Sicherheit aus dem Beschäftigungsland eines Arbeitnehmers in sein Wohnsitzland oder das seiner Familienangehörigen vorsieht, sondern er stützt sich darüber hinaus auch unmittelbar auf das Primärrecht des EG-Vertrages, das heißt das darin enthaltene Diskriminierungsverbot auf Grund der Staatsangehörigkeit sowie die Rechte der Unionsbürger auf Freizügigkeit, auf Warenverkehrsfreiheit und auf Dienstleistungsfreiheit. Teilweise kommt er dabei zu Ergebnissen, die in der Verordnung 1408/71 nicht explizit vorgesehen sind. Besondere Bedeutung für Deutschland hatten in den letzten 15 Jahren vor allen Dingen folgende Urteile: Urteil vom 10. Oktober 1996, Hoever und Zachow, zum Export von Erziehungsgeld; Urteil vom 5. März 1998, Molenaar, zum Export von Pflegegeld sowie verschiedene Urteile zur Zahlung eines Ausgleichsbetrages, wenn die im Ausland gezahlte Familienleistung niedriger ist als die - nachrangige - deutsche Leistung. Eine neue Dimension erhielt diese Rechtsprechung jetzt durch die beiden Urteile vom 28. April 1998 in den beiden Luxemburger Rechtssachen Decker und Kohll. Hier hat der EuGH unter bestimmten Voraussetzungen die Erstattung auch im Ausland erbrachter medizinischer Leistungen nach inländischen Tarifen vorgeschrieben. Damit eröffnet er den Versicherten in diesen Fällen über die begrenzte Regelung der Verordnung 1408/71 hinaus eine zusätzliche Anspruchsberechtigung. Welche konkreten Auswirkungen diese Rechtsprechung für Deutschland haben wird, läßt sich zur Zeit noch nicht sagen. Ich habe schon eben in der Beantwortung der Frage Ihres Kollegen darauf hingewiesen, daß von belgischer Seite weitere Verfahren anhängig sind und die konkrete Ausgestaltung der Frage der Gewährung medizinischer Leistungen noch vor dem Hintergrund dieser Urteile und Verfahren geprüft werden muß. Die Frage 9 möchte ich wie folgt beantworten: Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes zur Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung stieg der Gesamtumfang der sozialen Leistungen aus Deutschland in die EGLänder von 1,3 Milliarden DM im Jahre 1983 auf 2 Milliarden DM im vergangenen Jahr an. Für die nächsten Jahre wird mit einem jährlichen Anstieg von rund 5 Prozent gerechnet. Der weit überwiegende Teil dieser Leistungen beruht aber entweder auf nationalem Recht oder auf den Regelungen der Verordnung 1408/71; nur ein sehr geringer Bruchteil hiervon, der aber statistisch nicht ausgewiesen wird, läßt sich unmittelbar auf EuGHRechtsprechung zurückführen. Es handelt sich zu einem großen Teil um beitragsbegründete Zahlungen der deutschen Rentenversicherung an Rentner, die ihren Wohnsitz in andere Mitgliedstaaten verlegt haben. Ich bin gerne bereit, Herr Abgeordneter, Ihnen auch eine entsprechende Zahlenreihe zur Verfügung zu stellen, die darstellt, wie hoch der jährliche Sozialleistungstransfer in EU-Länder ist. Ich will mir nur ersparen, jetzt die Zahlenkolonnen vorzulesen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage.

Klaus Hofbauer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003149, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wie wollen Sie im nächsten halben Jahr, wenn Sie den Vorsitz im Europäischen Rat haben, Kontrollmechanismen einbauen?

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Ich habe schon eben versucht, das anzudeuten. Wir haben die Absicht, mit den europäischen Mitgliedsländern Vereinbarungen zu treffen - ob im Wege einer Richtlinie oder anderer Instrumente, ist gegenwärtig noch offen -, die in den Fragen des Leistungsmißbrauchs, illegaler Beschäftigung und ähnlichem zu gemeinsamem Verhalten führen. Nehmen Sie es mir nicht übel: Das kann gegenwärtig nicht konkretisiert werden, weil auch das Gegenstand von Verhandlungen ist und erst im Verlauf des nächsten halben Jahres geklärt werden kann. Ein zweiter Aspekt, der möglicherweise in Ihrer Frage steckt: Wir könnten mit dem Thema in einer anderen Art und Weise umgehen, wenn die Verordnung 1408/71 - von mir mehrfach zitiert - geändert würde. Dazu bedarf es aber der Einstimmigkeit, so daß Änderungen auf absehbare Zeit nicht realistisch sind.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage, die Kollegin Claudia Nolte.

Claudia Nolte (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001621, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, inwieweit ist Ihnen bekannt, daß andere EU-Länder ihren Export zunehmend auf Sachleistungen umstellen? Gibt es Überlegungen, dies in bestimmten Fällen auch in der Bundesrepublik Deutschland zu tun? Inwieweit werden Sie in Absprache mit den EU-Mitgliedstaaten versuchen, entsprechende Regularien zu finden, um diese Umstellung zu verhindern oder zu pflegen?

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Die beiden Urteile zu Kohll und Decker im Gesundheitsbereich machen deutlich, daß das Sachleistungsprinzip - konsequent angewandt - solche Entwicklungen verhindern würde. Die alte Bundesregierung, der Sie die Ehre hatten anzugehören, hat im Gesundheitsbereich Veränderungen vorgenommen, die eine Entwicklung vom Sachleistungsprinzip zum Kostenerstattungsprinzip zur Folge hatten, was solche Urteile erst möglich gemacht hat. Wir werden morgen in den Regelungen im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung, die dem Bundestag zur Beratung vorliegen, entsprechende Korrekturen vornehmen. Wir glauben, damit einem möglichen Export von Leistungen in EU-Länder einen Riegel vorschieben zu können. Inwieweit andere europäische Länder Entwicklungen hin zum Sachleistungsprinzip nehmen, kann ich gegenwärtig nicht beantworten. Da bitte ich um Ihr Verständnis. Ich bin aber gerne bereit, Ihnen über solche Tendenzen, sofern sie vorhanden sind, schriftlich Auskunft zu geben.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage des Kollegen Singhammer.

Johannes Singhammer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002800, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, sieht die Bundesregierung in der ausdehnenden Rechtsprechung des EuGH eine Belastung der Systeme der sozialen Sicherung in Deutschland? Wenn das so ist: Sind Sie bereit, im Rahmen der europäischen Ratspräsidentschaft den steinigen Weg zu gehen, die von Ihnen angesprochene Richtlinie 1408/71 zu verändern, obwohl das Einstimmigkeit erfordert?

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Herr Abgeordneter, ich verweise auf meine Antwort auf die Frage des Abgeordneten Hofbauer, in der ich dargestellt habe, daß ich kaum Möglichkeiten sehe, die Richtlinie 1408/71 zu verändern. Mit Ihrem Hinweis, daß das ein steiniger Weg sei, haben Sie völlig recht. Ich erinnere mich noch an die letzte Legislaturperiode, in der ich als Mitglied des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung ähnliche Fragen, wie Sie sie jetzt stellen, an die damalige Bundesregierung gerichtet habe. Ich nehme mit Genuß zur Kenntnis, daß sich Ihre Haltung gegenüber der letzten Legislaturperiode verändert hat. Im übrigen will ich wiederholen, was ich eben schon in einer Antwort gesagt habe: Wenn der Leistungsexport von 1983 bis 1997 zwar von 1,3 Milliarden DM auf 2 Milliarden DM angestiegen ist, aber nur zu einem verschwindend geringen Teil auf Grund von EuGHUrteilen, dann teile ich Ihre Unterstellung, die in der Frage enthalten war, nicht, daß EuGH-Urteile zu einer kräftigen Ausweitung von Sozialleistungen führen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage des Kollegen Büttner.

Hans Büttner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000302, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, darf ich aus Ihrer Antwort auf die hier gestellten Fragen schließen, daß diese Bundesregierung anders als ihre Vorgängerin bei der Formulierung von bundesdeutschen Gesetzen die europäische Rechtslage stärker berücksichtigen wird, um solche Urteile und Auswirkungen künftig zu verhindern? ({0})

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Ja.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Die Frage 10 des Abgeordneten Aribert Wolf wird auf Grund von Nr. 2 Abs. 2 der Richtlinien schriftlich beantwortet. Um schriftliche Beantwortung ihrer Fragen haben ferner der Kollege Hartmut Koschyk und der Kollege Dietrich Austermann gebeten. Wir sind damit am Ende dieses Geschäftsbereichs. Herr Staatssekretär Andres, ich danke Ihnen. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung auf. Zur Beantwortung steht die Parlamentarische Staatssekretärin Brigitte Schulte zur Verfügung. Ich rufe die Frage 13 des Abgeordneten Paul Breuer auf: Ist es richtig, daß die noch im Sommer 1998 vom heutigen Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesministerium der Verteidigung, Walter Kolbow, MdB, abgegebene Garantie für den Erhalt aller Standorte der Bundeswehr für die Dauer von vier Jahren durch den Bundesminister der Verteidigung dahin gehend wieder aufgehoben worden ist, daß nach dem Ende der Arbeit der Kommission „Zukunft der Bundeswehr“ voraussichtlich im Herbst 2000 neue Entscheidungen zur Struktur der Bundeswehr getroffen werden, die notwendigerweise die Schließung von Standorten zur Folge haben?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Breuer, als Obmann der CDU/CSU-Fraktion im Verteidigungsausschuß wissen Sie natürlich sehr genau, daß die Kommission „Zukunft der Bundeswehr“ im Frühjahr 1999 ihre Aufgabe aufnehmen wird. Erst wenn deren Ergebnisse vorliegen, wird beurteilt werden können, ob es Auswirkungen auf einzelne Standorte geben kann. Eine gegebenenfalls erforderliche Umsetzung zur Realisierung würde dann weitere Zeit in Anspruch nehmen. Bis dahin bleibt es bei den von der Bundesregierung bislang abgegebenen Aussagen zu den einzelnen Standorten.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage, Kollege Paul Breuer.

Paul Breuer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000265, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, meine Frage war etwas konkreter, nämlich ob die Garantie, die der heutige Parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium Kolbow vor Antritt seines Amtes abgegeben hat, daß sich bis zum Jahre 2002 keine Veränderungen ergeben würden, nach wie vor aufrechterhalten wird.

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Der von Ihnen und mir sehr geschätzte Kollege Kolbow ist nicht davon ausgegangen, daß die neue Bundesregierung schneller arbeiten kann, als das bei der alten Bundesregierung der Fall war. Vor allen Dingen müssen wir in dieser Wahlperiode noch Maßnahmen, die Sie in Ihrer Bundesregierung beschlossen haben, wieder rückgängig machen. Es geht jetzt wirklich darum, daß wir das von uns angestrebte Ziel, nämlich daß die Kommission ihre Aufgaben bis zum Sommer 2000 erledigt hat, erreichen, um dann zu sehen, ob es überhaupt notwendig ist, Veränderungen vorzunehmen. Insofern hat der Kollege Kolbow meines Erachtens Rechtens gehandelt, als er im Sommer 1998 sagte, er sehe zur Zeit überhaupt keinen Grund, an der bisherigen Stationierung nicht festzuhalten bzw. die von Ihnen beschlossene und jetzt noch stattfindende Auflösung von Standorten nicht vorzunehmen. Darüber hinausgehende Entscheidungen fallen erst, wenn wir die Arbeiten im Jahre 2000 abgeschlossen haben. Es könnte sein, daß wir dann zu dem Ergebnis kommen, daß wir keine Standorte auflösen müssen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine weitere Zusatzfrage.

Paul Breuer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000265, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, ist es richtig, oder trügt mich da mein Eindruck, daß sich Herr Minister Scharping in der Sitzung des Verteidigungsausschusses in der vorvergangenen Sitzungswoche dahin gehend ausgedrückt hat, daß ab dem Jahr 2000 durchaus Veränderungen vorgenommen werden können, und wie vereinbart sich das mit Ihrer Aussage, daß Ihr Kollege Kolbow als Parlamentarischer Staatssekretär nun der Meinung ist, daß bis zum Jahre 2002 keine Veränderungen vorgenommen werden?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Wir wollen noch einmal feststellen: Der Kollege Kolbow hat dies im Sommer 1998 gesagt, als die Bayerische Staatsregierung über die von Ihrer Bundesregierung bereits beschlossenen Reduzierungen, die in dieser Wahlperiode zum Teil noch umgesetzt werden, diskutierte, und er hat dabei festgestellt, daß es darüber hinaus keine Entscheidungen geben werde. Der Bundesminister der Verteidigung hat erklärt - ich finde, das ist völlig korrekt -, daß sich am Ende der Arbeit dieser Kommission herausstellen kann: Wir ändern nichts an den Standorten, oder: Wir stellen fest, daß die Struktur der Streitkräfte Korrekturen erfordert - wofür einiges spricht. Deswegen hat er in seiner Verantwortung als Verteidigungsminister nunmehr seit dem 29. Oktober 1998 diese Frage offenlassen müssen. Ich glaube, das war vernünftig. Aber der Obmann der SPD-Fraktion, der im Sommer 1998 in Bayern einer Diskussion, die von seinen Freunden aus der CSU angezettelt worden ist, gegenüberstand, hat natürlich darauf hingewiesen, daß die Reduzierung von Standorten, die da stattfand und noch stattfindet, auf Ihr Konto und nicht auf unser Konto geht. ({0}) - Kein Mensch kann wissen, wie sich die weitere Situation entwickelt. Wir wollen eine wirklich ergebnisoffene Kommission einsetzen und nicht von vornherein sagen: Ihr habt dieses und jenes zu beschließen. Auch Sie, Herr Kollege Breuer, haben einmal in einer Koalitionsregierung gesessen, die Stein und Bein geschworen hat, daß wir 370 000 Soldaten haben würden. Der augenblicklich aktuelle Stand, der noch von Ihnen zu verantworten ist, ist aber 326 000.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage des Kollegen Koppelin.

Dr. h. c. Jürgen Koppelin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001180, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Staatssekretärin, da Sie nicht ausschließen können, daß Standorte geschlossen werden, muß ich Sie fragen, ob das bereits jetzt Einfluß auf Ihre Haushaltspolitik hat, das heißt, daß Sie die Mittel für die Standorte erst einmal zurückfahren, da Sie ja nicht wissen, welche Standorte Sie erhalten wollen und welche nicht.

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Herr Kollege Koppelin, Sie sind ein viel zu erfahrener Haushalts- und Verteidigungspolitiker, als daß Sie nicht selbst sehr genau wüßten, daß die alte Bundesregierung im Bereich der Infrastruktur - auch jener unbezweifelbar feststehenden Standorte - nicht genügend Geld zur Verfügung gestellt hat. Es sind in den letzten Jahren, Herr Kollege Koppelin, sogar notwendige Infrastrukturmaßnahmen nicht durchgeführt worden, obwohl man genau wußte, daß es dann, wenn man es zu spät tut, kostenintensiver wird und entsprechende Folgekosten verursacht. Ich gehe nicht davon aus, daß die Bundesregierung, die seit dem 29. Oktober 1998 im Amt ist, Grund hat, an den wenigen Infrastrukturmitteln, die Sie zur Verfügung gestellt haben, noch weitere Abstriche zu machen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage des Kollegen Adam.

Ulrich Adam (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000005, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, wie darf ich Ihre Antworten im Hinblick auf den konkreten Fall in Mecklenburg-Vorpommern werten? Hier war von der alten Bundesregierung geplant worden, den Standort Dehmen nach Schwerin zu verlegen. Da ich, einer Tradition folgend, am Heiligen Abend diesen Standort besuchen werde, würde mich interessieren, ob im Rahmen der Wehrstrukturkommission das Verfahren angehalten wird?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Nein, Herr Kollege. Wir haben ausdrücklich - das habe ich vorhin schon dem Kollegen Breuer geantwortet - gesagt: Standortveränderungen, -verlagerungen oder -reduzierungen, die jetzt stattfinden, gehen auf Beschlüsse der vorangegangenen Bundesregierung und der sie tragenden Mehrheitsparteien bis September 1998 zurück. Es wäre unredlich und unkorrekt, wenn wir zum augenblicklichen Zeitpunkt sagen würden: Dies gilt nicht mehr, und das werden wir verändern. Allerdings kann es sich ergeben - ich werde Ihnen gerne zusichern, daß wir uns das im Einzelfall anschauen werden; Sie haben heute im Verteidigungsausschuß ein ähnliches Thema diskutiert -, daß es in dem einen oder anderen Standort Veränderungen gibt, über die bereits die alte Bundesregierung nachgedacht hat und die wir, wenn sie uns zur Kenntnis gebracht werden, sorgfältig prüfen werden. Aber mir ist bis zum heutigen Tag nicht bekannt, daß es hier Veränderungswünsche von seiten der mecklenburg-vorpommerschen Landesregierung oder von seiten der Bundeswehr gegeben hat.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage des Kollegen Dr. Klaus Rose.

Dr. Klaus Rose (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001882, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, sind Sie mit mir nicht der Meinung, daß in Bayern keine Diskussion über die Schließung von Standorten angezettelt worden ist? Vielmehr hat man in Bayern nach Beurteilung der Aussagen, die Herr Scharping noch in seiner Funktion als SPD-Fraktionsvorsitzender gemacht hat, nämlich mit 250 000 Mann oder weniger auszukommen, logisch gesagt: Das bedeutet Schließung von Standorten. Ist das jetzt anders? Spricht Herr Scharping nicht mehr von 250 000 Mann?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Herr Kollege Rose, ich könnte mir vorstellen, daß natürlich Aussagen, die der frühere Fraktionsvorsitzende der SPD gemacht hat, eine solche Wirkung gehabt haben. Ich kenne das natürlich auch. Wir sind ja miteinander lange genug im politischen Geschäft. Aber ich weiß auch durch Besuche in Bayern sehr gut, daß natürlich der Kollege Scharping dort ganz besonders darauf hingewiesen hat, daß das weiterhin gilt, was die SPD-Bundestagsfraktion mit ihrer Mehrheit beschlossen hatte, nämlich, daß wir an der Größenordnung festhalten und daß wir uns nach der gewonnenen Bundestagswahl mit Sorgfalt die Struktur, die Standorte und den Umfang der Bundeswehr ansehen werden. Dies gilt. Sie haben natürlich als Wahlkampfthema die andere Aussage genommen, die Herr Scharping in früheren Zeiten einmal geäußert hat. Sie wissen, daß man als Verteidigungsminister eine besondere Verantwortung für die Menschen hat, die in den Standorten arbeiten, und für die Bürger, die an ihren Standorten hängen. Deshalb finde ich die Vorsicht, mit der sich der Minister hierzu geäußert hat, mehr als berechtigt. Ich sage Ihnen voraus, wir werden mit großer Sorgfalt und im Rahmen der Diskussion mit Ihnen über die Frage des Umfangs, der Struktur und der möglichen Standorte beraten, bevor es zu Veränderungen kommt.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage des Kollegen Siegfried Hornung. Dann möchte ich allerdings die eingereichten Fragen des Kollegen Werner Siemann aufrufen, die den gleichen Punkt zum Inhalt haben.

Siegfried Hornung (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000961, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sehr geehrte Frau Staatssekretärin, mich bedrückt eine ganz große Sorge: In meinem Wahlkreis sind elf Standorte. Als ich darauf kürzlich hingewiesen habe, haben einige gefragt: Noch? Nun höre ich vom Staatsminister des Auswärtigen, Herrn Volmer, daß wir im Prinzip überhaupt keine Bundeswehr mehr brauchen. Wie verhält sich das zu dem, was Sie hier versuchen, glaubwürdig darzustellen?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Herr Kollege Hornung, es gibt zwei Dinge, die mich daran hindern, Ihnen die ehrlichste Antwort darauf zu sagen. Das eine ist der Umgang, den man als Frau natürlich auch in das Parlament einbringen sollte, das andere ist das Amt, das ich bekleide. Aber ich möchte Ihnen ausdrücklich sagen: Das ist nicht die Meinung der Bundesregierung, auch nicht die Meinung des Parlaments in seiner Mehrheit. Ich glaube, es ist jedem freigestellt, auch in seiner Funktion als Parlamentarier - der Kollege Volmer ist auch frei gewählter Parlamentarier - Denkanstöße zu geben. Daß er diese Denkanstöße dann umsetzen kann, vermute ich nicht. ({0}) - Ja, aber er hat dies nicht als Mitglied der Regierung gesagt, wie Sie wissen. ({1})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich rufe jetzt die Frage 14 des Abgeordneten Werner Siemann auf: Käme die von der Bundesregierung einzusetzende Kommission „Zukunft der Bundeswehr“ in einem Globalgutachten zu dem Ergebnis, daß die Bundeswehr um 100 000 Soldaten und ca. 40 000 zivile Mitarbeiter schrumpfen soll, würde das dann bedeuten, daß weitere Standorte zu schließen seien, und wie gedenkt die Bundesregierung die daraus resultierenden wirtschaftlichen und sozialen Konsequenzen für Soldaten und zivile Mitarbeiter sowie deren Familienangehörige und für die Kommunen zu lösen?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Herr Kollege Siemann, Bundesminister Scharping hat mehrfach öffentlich darauf hingewiesen, daß die Arbeit der Kommission „Zukunft der Bundeswehr“ ergebnisoffen und ohne Vorfestlegungen erfolgt. Dazu gehört auch, daß sich die Bundesregierung nicht an der Erörterung hypothetischer Ergebnisse der Kommissionsarbeit beteiligen wird.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage?

Werner Siemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003236, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, ich habe dazu eine Zusatzfrage, die Sie sicherlich beantworten können: Wie hat sich die bisherige Reduzierung der Anzahl der Soldaten, der zivilen Mitarbeiter und der Standorte auf die Beteiligten ausgewirkt? Laufen dazu Untersuchungen? Gibt es dazu schon Ergebnisse oder Zwischenergebnisse?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Wir beide kommen aus einem Bundesland, das neben Bayern auch zum heutigen Zeitpunkt noch die meisten Standorte hat, nämlich Niedersachsen. Ich kann Ihnen nur sagen, daß für das Land Niedersachsen bislang durch die Reduzierung der Bundeswehr an Zeit- und Berufssoldaten sowie zivilen Arbeitskräften ein Verlust von mindestens 30 000 Arbeitsplätzen entstanden ist. Darüber hinaus ist ja die Struktur, die von der alten Bundesregierung gewählt und vom Parlament beschlossen worden ist, noch nicht endgültig umgesetzt. Aber ich sage Ihnen gern zu, daß das auch in die Aufgaben der Kommission einfließen muß. Ich würde sehr empfehlen, daß wir uns auch im Verteidigungsausschuß dieser Frage einmal gemeinsam annehmen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine zweite Zusatzfrage.

Werner Siemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003236, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, würde sich bei einer Reduzierung der Bundeswehr auf die Hälfte des heutigen Personalumfangs, also auf zirka 170 000 Soldaten, wie Bündnis 90/Die Grünen es immer wieder fordern, die Anzahl der heute noch 700 Standorte auf dann nur noch 300 Standorte verringern?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Jetzt muß ich Ihnen wieder mit dem antworten, was in der Antwort auf Ihre Hauptfrage so schön formuliert worden ist: Wir sind ergebnisoffen, und wir haben ausdrücklich nicht vor, die Erörterung hypothetischer Ergebnisse vorzunehmen. Ich kann mir - hypothetisch - ernsthaft nicht vorstellen, daß wir eine Bundeswehr im Umfang von nur 170 000 Soldaten haben werden. ({0})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage des Kollegen Jürgen Koppelin.

Dr. h. c. Jürgen Koppelin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001180, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Staatssekretärin, da Sie soeben in Ihrer Antwort deutlich gemacht haben, daß die Beratungen der Kommission ergebnisoffen sind, darf ich Sie fragen, ob Sie nicht doch Chancen sehen, daß die Bundeswehr reduziert wird, zumal Ihr Koalitionspartner das - Sie haben ja selber Zahlen genannt - fordert. Ergebnisoffen heißt ja wohl doch auch - das machen Sie ja deutlich, auch wenn Sie in netter Form ein bißchen darum herumreden -, daß es eine Reduzierung der Bundeswehr geben kann.

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Die Freiheit zum Nachdenken, Herr Koppelin, sollte eigentlich auch der Bundesregierung erhalten bleiben. Ich muß Ihnen ehrlich gestehen: Die Freiheit zum Nachdenken halte ich für sinnvoll. Hätte die damalige Bundesregierung 1991 mit uns gemeinsam, wie wir Ihnen das angeboten haben, sogar in sehr verantwortlicher Weise, über eine zeitgemäße Struktur der Bundeswehr und ihres Umfangs nachgedacht, dann wäre das Thema heute sicherlich im Konsens erledigt gewesen. Jetzt haben wir aber eine Situation - die kennen Sie sehr genau -, daß wir einen Verteidigungshaushalt haben, der mehr als 50 Prozent Personalkosten umfaßt und in dem ein Teil der Struktur nicht mehr zeitgemäß ist. Wir werden zuerst unsere Schularbeiten machen, bevor wir darüber nachdenken, wie groß der Umfang der Bundeswehr sein soll. Sie werden mich nicht dazu bringen, daß ich Überlegungen, die eine Partei angestellt hat - diese Freiheit muß sie haben; es muß sogar die Freiheit geben, daß Leute in diesem Parlament sagen, wir brauchen überhaupt keine Bundeswehr mehr -, hier kommentiere. Aber am Ende werden die in der Bundesregierung dafür verantwortlichen Personen, nämlich der Bundesminister der Verteidigung und die ihn unterstützenden Parlamentarischen Staatssekretäre sowie der Generalinspekteur, die Inspekteure und andere, ({0}) mithelfen, eine zeitgemäße, vernünftige Struktur zu gestalten. ({1})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine letzte Zusatzfrage hierzu vom Kollegen Paul Breuer.

Paul Breuer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000265, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretär, Sie sagten, daß Sie sich nicht vorstellen können, daß die Bundeswehr bis auf 170 000 Soldaten sinkt. Sie haben allerdings auch gesagt, daß Sie Teile der Struktur der Bundeswehr für nicht mehr zeitgemäß halten. Darf ich Sie danach fragen, ob denn für diese Teile, die nicht mehr zeitgemäß sind - Sie müßten sie auch zahlenmäßig identifizieren -, folgendes gilt: daß sie zukünftig nicht mehr existent sein werden, und das heißt dann bei etwa 40 000 Soldaten: minus 14 000 zivile Mitarbeiter, etwa 20 000 Umzüge und 80 bis 100 Standorte weniger.

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Herr Kollege Breuer, Sie sind bei den Hypothesen. Sie haben vergessen, welche sorgfältigen Diskussionen wir im Verteidigungsausschuß geführt haben. Sie wissen auch aus den gemeinsamen Diskussionen, die wir beide an verschiedenen Stellen in der Öffentlichkeit geführt haben, sehr gut, daß es Punkte gibt, bei denen man darüber nachdenken könnte, ob die Struktur zeitgemäß ist. Auch der Kollege Breuer hat da sein Nachdenken nicht aufgegeben gehabt. Das heißt nicht automatisch, daß wir die Bundeswehr zur Zeit in erheblichem Maß reduzieren können. Das ist meine persönliche Meinung. Das sage ich nicht als Regierungsmitglied; als Verteidigungspolitikerin sehe ich das zur Zeit nicht. Aber Sie werden eine Antwort bekommen. Sie können sich an der Diskussion beteiligen. Wir sind für kluge Anregungen aufgeschlossen. Wir werden nicht den Fehler wiederholen, den Sie gemacht haben, daß wir in unsere Kommission nur Leute hereinholen, die der Regierung genehm sind. Vielmehr wollen wir Leute, die uns etwas von ihrem Sachverstand und ihrer Kompetenz mitbringen können. Ich gehe fest davon aus, daß darunter auch Vertreter der Union sein werden. ({0})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich rufe die Frage 15 des Kollegen Werner Siemann auf. Beabsichtigt die Bundesregierung, wegen der Schließung vieler Standorte die Reform bereits auf 1999 vorzuziehen, oder soll damit bis nach der Bundestagswahl im Jahre 2002 gewartet werden?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Herr Kollege, die Kommission soll ihre Arbeit spätestens bis zum Herbst 2000 abschließen. Auf der Basis ihrer Arbeit wird die Bundesregierung ihre Entscheidungen sachgerecht treffen. Wahltermine spielen dabei keine Rolle. ({0})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Damit sind wir am Ende dieses Geschäftsbereiches. Frau Staatssekretärin, ich danke Ihnen. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen auf. Die Neuordnung dieses Ministeriums hat dazu geführt, daß gleich drei Parlamentarische Staatssekretäre zur Beantwortung zur Verfügung stehen, nämlich Lothar Ibrügger, Siegfried Scheffler und Achim Großmann, die sich die Beantwortung teilen. Ich rufe die Frage 16 des Abgeordneten Thomas Dörflinger auf: Wie beurteilt die Bundesregierung den Verstoß des Regionalverbands Hochrhein-Bodensee im Benehmen mit der Industrie- und Handelskammer Konstanz, die restlichen einbahnig zu bauenden Abschnitte der BAB 98 ({0}) privat vorzufinanzieren, einerseits im Hinblick auf die generelle Realisierung und andererseits im Hinblick auf eine mögliche Entlastung des Haushalts des Bundesministeriums für Verkehr, Bauund Wohnungswesen? Zur Beantwortung der Parlamentarische Staatssekretär Ibrügger.

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

Herr Kollege Dörflinger, mit der privaten Vorfinanzierung können einzelne Projekte im Bundesfernstraßenbau frühzeitig realisiert werden. Es können jedoch keine dauerhaften Haushaltsentlastungen erzielt werden, da die Bau- und Finanzierungskosten im Rahmen der zu zahlenden Refinanzierungsraten in späteren Jahren den Bundeshaushalt belasten. Die Anzahl der nach dieser Finanzierungsart zu bauenden Maßnahmen ist daher begrenzt worden. Die von Ihnen genannten Abschnitte der Bundesautobahn A 98 sind nicht Bestandteil der 27 vom Deutschen Bundestag bzw. in Abstimmung mit dem Haushaltsausschuß beschlossenen Maßnahmen der privaten Vorfinanzierung des Bundes.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Zusatzfrage.

Thomas Dörflinger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003069, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, interpretiere ich Sie richtig, daß das, was Sie eben vorgetragen haben, entweder dazu führen müßte, den Beschluß des Haushaltsausschusses im Sinne einer Erweiterung der 27 dort genannten Projekte neu zu überdenken, oder aber dazu, daß die Bundesregierung den „normalen Weg“ über den Bedarfsplan Bundesfernstraßen dann mit besonderem Nachdruck verfolgt, um die noch nicht im „vordringlichen Bedarf“ befindlichen Abschnitte der A 98 dort hinein zu bekommen?

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

Herr Kollege Dörflinger, der Haushaltsausschuß hat am 25. März 1998 den Vorschlag zur Ausweitung der privaten Vorfinanzierung im Rahmen freier Verpflichtungsermächtigungen um 15 weitere Straßenbauprojekte, weitgehend Ortsumfahrungen mit einem Bauvolumen von insgesamt rund 550 Millionen DM, von dem die Hälfte auf die neuen Bundesländer entfällt, zur Kenntnis genommen. Die Beratung vom März dieses Jahres zeigt auch, daß der Umfang der bereits jetzt durch Privatfinanzierung bedachten Projekte eine Größenordnung erreicht hat, die bei der Gestaltung des Investitionshaushaltes des Bundesverkehrsministeriums und bei der Ausgestaltung der Investitionsmaßnahmen zum Beispiel am Anfang der einzelnen Haushaltsjahre so stark zu Buche schlägt, daß die Bundesregierung gegenwärtig nicht beabsichtigt, den Umfang zu erweitern. Das zum ersten Teil Ihrer Frage, ob der Haushaltsausschuß eine weitere Entscheidung im Parlament bewirken könnte. Im übrigen wäre das eine Aufgabe, die im Parlament bei den Beratungen des Haushaltsplanes für 1999 zu bedenken wäre. Zu der weiteren Frage, ob es andere Möglichkeiten gibt, die die Bundesregierung veranlassen, dieses Projekt im Rahmen der laufenden Haushaltsgestaltung zu finanzieren, muß ich Sie darauf hinweisen, daß den Ländern vereinbarungsgemäß eine Quote für das Haushaltsjahr zugeteilt wird. Im Rahmen dieser Quote haben die Länder weitestgehend die Entscheidung darüber zu treffen, welche Maßnahmen zu finanzieren sind. Soweit es das Land Baden-Württemberg betrifft, haben wir einen hohen Stand baureifer Maßnahmen. Vor allem durch den Prozeß der deutschen Einheit und die damit verbundene Verwendung der ursprünglich den Ländern zustehenden Investitionsmittel in Ostdeutschland gibt es in Baden-Württemberg 25 baureife Projekte, die aber im Rahmen der Länderquote zu finanzieren sind. Die Entscheidung darüber, welches Projekt im Haushaltsjahr 1999 zu finanzieren ist, hängt in entscheidendem Maße davon ab, welche Bewertung die Landesregierung Baden-Württemberg für dieses Projekt vorgenommen hat.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Zur Beantwortung der Frage 17 des Abgeordneten Wolfgang Dehnel rufe ich Herrn Staatssekretär Scheffler auf: Ist die Ankündigung der Bundesregierung, den Bau der A 17 zwischen Dresden und Tschechien zu überprüfen, dahin gehend zu verstehen, daß die A 17 trotz bereits begonnener Baumaßnahmen aus dem Bundesverkehrswegeplan möglicherweise wieder gestrichen werden soll?

Siegfried Scheffler (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001952

Herr Kollege Dehnel, auf Ihre Frage, in der Sie der Bundesregierung unterstellen, daß sie bereits die Streichung der Trasse beschlossen hat, kann ich schlichtweg mit einem Nein beantworten. Ich möchte die Tradition ein bißchen brechen, welche die vorherige Regierung praktizierte, und etwas weiter ausholen: Nein, für die Bundesautobahn A 17 Dresden-Prag wurde auf der deutschen Seite die Linie der Gesamtstrecke schon bestimmt. Ich gehe davon aus, daß Ihnen bekannt ist, daß zwischen den Punkten A 4 bis B 173 ein Abschnitt von rund 3,6 Kilometern Länge seit August des Jahres in Bau ist. Für den zweiten Teilabschnitt zwischen B 173 und B 170 läuft zur Zeit das Planfeststellungsverfahren. Alle weiteren Abschnitte von rund 32 Kilometern Länge sind in der Planung. Das Planfeststellungsverfahren dort soll 1999 eingeleitet werden. Bei diesem Planungsstand wird kein Anlaß - jetzt kommen wir wieder zu dem Wort - zu einer Streichung des Objektes gesehen. Die in der Frage zitierte Ankündigung ist der Bundesregierung nicht bekannt. Auch dem Minister, mir selbst und dem Hause liegt diese Ankündigung nicht vor. Die Aussagen zur Überarbeitung des Bundesverkehrswegeplanes in der Koalitionsvereinbarung vom 20. Oktober 1998 haben die konzeptionellen und organisatorischen Überlegungen für die notwendigen Arbeiten im Gegenteil noch beschleunigt. Es besteht aber seitens der Bundesregierung noch keine Aussage - ich unterstreiche das noch einmal - zur Streichung von Einzelprojekten, wie sie in der Frage unterstellt wird.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Zusatzfrage.

Wolfgang Dehnel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000366, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie wissen, daß es Komplikationen mit der tschechischen Seite gegeben hat, aber auch Überprüfungswünsche von der Regierungsseite. Wird es zu Verzögerungen bei dem Bau der A 17 kommen? Welche Aufwendungen werden durch die zusätzliche Überprüfung entstehen?

Siegfried Scheffler (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001952

Sie unterstellen jetzt die Streichung. Sie akzeptieren jetzt erst einmal, daß es zu Verzögerungen kommt. Mir ist natürlich bekannt, daß es auf tschechischer Seite Zusatzwünsche bzw. finanzielle Probleme gibt. Der Planungsstand der Bundesregierung sieht so aus, daß es keine Verzögerung gegenüber dem bisherigen Termin geben wird. Konkret - das bezieht die Überprüfung mit ein - ist noch nichts absehbar. Wir beide müssen noch bis zum Frühjahr 1999 warten, bis die Ergebnisse auf dem Tisch liegen. Sie wissen, daß mit dieser Überprüfung das prognostizierte Verkehrsaufkommen, das Kosten-NutzenVerhältnis und all diese Dinge, insbesondere diejenigen von der tschechischen Seite, noch nicht vorliegen. Auf dem Tisch liegt nur der erste Arbeitsentwurf. Wir beide müssen uns bis zum Frühjahr gedulden, bis konkrete Aussagen möglich sind.

Wolfgang Dehnel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000366, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Noch eine kurze Zusatzfrage. Kann ich der Antwort entnehmen, daß sich die Bundesregierung energisch für den Bau der A 17 einsetzen wird?

Siegfried Scheffler (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001952

Das haben Sie meinen Worten sicherlich nicht entnehmen können. ({0}) Auf jeden Fall wird die Bundesregierung eine Überprüfung vornehmen. Ich weiß nicht, ob dies, wie Sie sagen, „energisch“ stattfinden wird. Das Ergebnisse dieser Überprüfung wird uns beiden bis zum Frühjahr 1999 bekanntgegeben.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine weitere Zusatzfrage, Frau Ostrowski.

Christine Ostrowski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001662, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Herr Staatssekretär, ich habe eine Zusatzfrage zur Finanzierung. Entsprechende Signale kamen aus der gestrigen Landtagssitzung. Herr Minister Schommer hat dort verkündet, daß die Studie hinsichtlich der Machbarkeit einer privaten Finanzierung im vierten Bauabschnitt das Ergebnis gebracht hat, daß dies nicht zu realisieren ist. Das heißt, daß bei Gesamtkosten von 1,3 Milliarden DM auf die Bundesregierung die konventionelle Finanzierung insgesamt zukommen würde. Das bedeutet, daß 386 Millionen DM, die privat vorfinanziert werden sollten, nun wieder auf die Bundesregierung zukommen. Ich frage Sie schlicht und ergreifend: Wo nehmen Sie die 386 Millionen DM her?

Siegfried Scheffler (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001952

Ich möchte mich hier nicht zu Aussagen der sächsischen Staatsregierung äußern. Dazu sollte die entsprechende Stelle selbst Stellung nehmen. Ich stimme Ihnen zu, daß die aktuellen Kosten nach wie vor 1,32 Milliarden DM betragen. Damit ist immer noch die Bauwürdigkeit gegeben, weil das Kosten-Nutzen-Verhältnis nach wie vor bei 1 : 2 oder 1 : 3 liegt. Damit ist die entsprechende Bauwürdigkeit gegeben.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage des Kollegen Eduard Lintner.

Eduard Lintner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001351, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Ihr Minister hat versichert, daß im Bau befindliche Maßnahmen nicht gestoppt würden. Hier handelt es sich um eine solche Maßnahme. Muß ich jetzt aus Ihrer Antwort schließen, daß Sie zu dieser grundsätzlichen Position doch nicht stehen?

Siegfried Scheffler (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001952

Ich weiß nicht, aus welcher Antwort Sie das entnehmen konnten. Nach wie vor gelten sowohl die Koalitionsvereinbarung als auch die Aussagen des Ministers Franz Müntefering, daß an im Bau befindlichen Projekten festgehalten wird und daß ihr Bau selbstverständlich weitergeführt wird. Das schließt nicht aus, daß entsprechende Alternativen überprüft werden. ({0}) In diesem konkreten Fall, handelt es sich, was die deutsche Seite angeht, um eine Grundsatzfrage. Ich möchte auf die Frage zurückkommen, ob seitens der Bundesregierung eine Streichung vorliegt. Ich muß das zurückweisen; es liegt keine Streichung des Projektes vor.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich rufe die Frage 18 auf: Bis wann wird die von der Bundesregierung angekündigte Überprüfung von Alternativen zu den bisherigen Verkehrsplanungen, wie zum Beispiel der ,,Sachsen-Magistrale“ ({0}), abgeschlossen sein?

Siegfried Scheffler (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001952

Im Grunde genommen sind die Fragen 17 und 18 schon zusammengefaßt beantwortet worden. Natürlich bereitet das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen entsprechend der Koalitionsvereinbarung diese Thematik umfassend auf. Ich habe schon einige Aspekte dieser Betrachtung, auch die Einbeziehung von Alternativen, genannt. Dazu gehören das prognostizierte Verkehrsaufkommen, Reisegeschwindigkeiten, Fahrzeiten, Investitionskosten usw. Schon aus der Aufzählung dieser wenigen Punkte können Sie erkennen, daß die Überprüfung nicht wenige Wochen nach der Übernahme der Verantwortung durch die neue Bundesregierung abgeschlossen sein kann. Diese Ergebnisse werden zum Frühjahr 1999 vorliegen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage.

Wolfgang Dehnel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000366, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Die alte Bundesregierung hat sich sehr dafür eingesetzt, daß gerade in den strukturschwachen Regionen wie dem Erzgebirge und dem Vogtland eine Anbindung durch Autobahnen und Eisenbahnlinien erfolgt. Wird sich die neue Bundesregierung mit gleicher Intensität dem Ausbau dieser Strekken widmen?

Siegfried Scheffler (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001952

Selbstverständlich. Bundeskanzler Gerhard Schröder hat gesagt, daß der Aufbau Ost und, ganz dezidiert eingeschlossen, die Verkehrsprojekte „Deutsche Einheit“ bzw. der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur oberste Priorität haben. Der Bundeskanzler, die Bundesregierung, mich eingeschlossen, und, so denke ich, auch die Mitglieder des zuständigen Ausschusses sind nicht so vermessen, daß sie die in einer früheren Legislaturperiode von uns bzw. den entsprechenden Experten erstellten Prognosen über das Verkehrsaufkommen - ich nehme nur diesen einen Faktor - von einer Überprüfung ausschlössen. Diese Überprüfung schließt, unabhängig von den grundsätzlichen Aussagen der Bundesregierung, auch Alternativen ein. Ansonsten hat aber der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur nach wie vor absolute Priorität. ({0})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Zur Beantwortung der Frage 19 des Abgeordneten Peter Weiß ({0}) steht Herr Staatssekretär Ibrügger zur Verfügung. Sie lautet: Für welche Projekte des Vordringlichen Bedarfs des Bundesverkehrswegeplans steht bereits fest, daß sie bei der geplanten Fortschreibung des Planwerks entfallen oder abgestuft werden, nachdem der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Lothar Ibrügger, laut Bericht der „Badischen Zeitung“ vom 26. November 1998 bei einem Besuch in Freiburg im Breisgau erklärt hat, daß eine ganze Reihe von Projekten von der neuen Bundesregierung gestrichen werden? Bitte.

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

Herr Kollege Weiß, die Koalitionsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben sich darauf verständigt, den Bundesverkehrswegeplan zügig zu überarbeiten. Das gilt auch und zunächst für die zu aktualisierenden Strukturdaten und Verkehrsprognosen und für die Bewertungsmaßstäbe, die verkehrsträgerübergreifenden Integrations- und Substitutionseffekte und für die Sicherstellung der Finanzierbarkeit einschließlich der Folgekosten. Die ersten Arbeiten dazu sind bereits eingeleitet. Dieser frühe Stand der Arbeiten an dem künftigen Bundesverkehrswegeplan ermöglicht noch keine Aussagen zu Einzelprojekten.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage.

Peter Weiß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003255, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, kann angesichts der Tatsache, daß Sie jetzt noch keine Aussage zu Einzelprojekten machen können, eine Einschränkung, was die Überarbeitung anbelangt, vorgenommen werden? Können Sie uns zum Beispiel mitteilen, ob Projekte, die rechtskräftig planfestgestellt, aber noch im Bau sind, aus einer Überprüfung bzw. einer Abstufung herausgenommen werden, und ob Projekte, die aktuell im Planfeststellungsverfahren sind, daraufhin überprüft werden, ob sie abgestuft werden, oder davon ausgenommen sind?

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

Herr Kollege Weiß, die Bundesregierung arbeitet im Zusammenwirken mit allen Bundesländern an der Umsetzung des Ausbauplans für die Bundesfernstraßen, auf den sich Ihre Frage im Kern bezieht, ({0}) auch wenn bisher vom Bundesverkehrswegeplan die Rede war. Die Länder planen im Auftrag des Bundes nach den gesetzlichen Vorgaben, die das Parlament als verbindliche Vorgabe auch für das Wirken der BundesParl. Staatssekretär Siegfried Scheffler regierung erlassen hat; danach handelt die Bundesregierung. Das gilt für alle Projekte des vordringlichen Bedarfs, die im Ausbauplan für die Bundesfernstraßen festgelegt sind. Bei dem Besuch, den ich selbst in Freiburg durchgeführt habe und auf den Sie in Ihrer Frage abgestellt haben, habe ich aber gleichfalls zum Ausdruck gebracht, daß der Zielzeitpunkt 2012 für die Projekte des vordringlichen Bedarfs im geltenden Ausbauplan für die Bundesfernstraßen, der eigentlich gesetzliche Vorgabe ist, schon wegen der Fülle der jetzt geplanten, planfestgestellten oder in der Planung befindlichen Maßnahmen des vordringlichen Bedarfes, wenn man sich die Investitionsraten der vergangenen Jahre und auch die voraussehbare Finanzentwicklung vor Augen hält, mindestens auf das Jahr 2024 hinausgeschoben werden müßte. Das heißt, schon in den vergangenen Jahren bestand eine chronische Unterfinanzierung des Bundesverkehrswegeplans. Daraus leitet sich die Schlußfolgerung ab, daß alle Maßnahmen, die als vordringlicher Bedarf festgeschrieben sind, auch weiter geplant werden, allerdings alle Maßnahmen, bei denen teilweise enorme Kostensteigerungen aufgetreten sind, erneut einer KostenManagement-Analyse unterzogen werden müssen, um die Nutzen-Kosten-Ziffern neu zu ermitteln. Damit folgen wir im übrigen auch dem einmütigen Beschluß des Rechnungsprüfungsausschusses und auch des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages sowie des Bundesrechnungshofes, daß für jede Maßnahme, die zur Zeit geplant wird, eine Planfeststellung erfolgen muß und rechtlich unanfechtbare Planfeststellungsunterlagen erstellt werden müssen. Erst dann kann gerechtfertigterweise die Entscheidung getroffen werden, mit den Bauarbeiten für ein Projekt zu beginnen. Es dürfte Ihnen, Herr Kollege Weiß, angesichts von rund 1 400 Projekten im Bundesverkehrswegeplan und diesem Planungsverlauf schon deutlich geworden sein, daß in jedem Bundesland neu zu bewerten ist, mit welchen Vorhaben begonnen werden kann. Dies gilt gerade für Baden-Württemberg in besonderer Weise, weil dort viele Maßnahmen planungsrechtlich abgeschlossen sind, aber auf Grund der Finanzsituation der vergangenen acht bzw. neun Jahre neu mit dem Land Baden-Württemberg im Hinblick auf die Haushaltsjahre 1999 folgende abzustimmen sind. Dies geschieht in engem Zusammenwirken mit den Länderregierungen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine weitere Zusatzfrage.

Peter Weiß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003255, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie haben nachdrücklich auf das Problem der Finanzlage beim Bundesfernstraßenbau gerade in Baden-Württemberg hingewiesen. Bei Ihrem Besuch in Freiburg haben Sie erklärt, daß Sie dem Projekt „Stadttunnel Freiburg“ im Zuge der B 31 mit einem Finanzierungsvolumen von zirka 400 bis 600 Millionen DM gute Chancen einräumen, künftig in den vordringlichen Bedarf - bisher steht das Projekt im weiteren Bedarf - aufgenommen zu werden. Heißt dies, daß Projekte in Baden-Württemberg die bisher im vordringlichen Bedarf standen, zumindest in einer Größenordnung von 400 bis 600 Millionen DM - wenn nicht mehr - aus dem vordringlichen Bedarf Straßenbau im Bundesverkehrswegeplan herausfallen werden?

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

Nein, Herr Kollege Weiß, das können Sie daraus überhaupt nicht schließen. Zunächst einmal ist die Entscheidung über die Dringlichkeit von Projekten Sache des Parlamentes. Die Bundesregierung folgt hier dem gesetzlichen Auftrag. Weiterhin habe ich in Freiburg erklärt, daß die Bundesregierung bereit ist, den Planungsprozeß für die Tunnelstrecke in Freiburg jetzt mit zu genehmigen, weil die Gesamtmaßnahme nur im Zusammenhang geplant und bewertet werden kann, auch vom Parlament. Es geht darum, die Voraussetzung dafür zu schaffen, aus den drei Varianten, die gegenwärtig zur Debatte stehen, durch einen unmittelbaren Planungsprozeß vor Ort die Variante herauszufiltern, die als die ortsverträglichste und unter städtebaulichen Gesichtspunkten als qualitativ hochwertigste anerkannt werden kann. Erst dann wird auch das Parlament in der Lage sein, zu entscheiden, auf welche Art und Weise dieses Projekt im Ausbauplan für die Bundesfernstraßen verankert wird. Wir haben ausdrücklich erklärt - übrigens auch im Einvernehmen mit der Landesregierung von BadenWürttemberg -, daß wir der Auffassung sind, daß eine so wichtige Maßnahme im Gesamtrahmen des Bundesfernstraßenbaus nicht an einer einzelnen Stelle durch eine reine Verzögerung des Planungsprozesses aufgehalten werden kann, weil die Abschnitte, die von Westen und Osten zum Tunnel führen, Teil des vordringlichen Bedarfs sind. Diese Dringlichkeit hat das Parlament festgestellt. Danach handeln wir.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage der Abgeordneten Ostrowski.

Christine Ostrowski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001662, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Herr Staatssekretär, ich habe gehört, daß ein Vorhaben für die Einordnung in den vordringlichen Bedarf bis jetzt ein Nutzen-KostenVerhältnis von mindestens 3 : 1 haben muß. Ich frage Sie: Trifft diese Ziffer zu? Wenn diese Ziffer zutrifft: Bedeutet sie, daß Projekte, deren Nutzen-KostenVerhältnis bei einer Überprüfung unter den Wert 3 : 1 fällt, aus dem vordringlichen Bedarf gestrichen werden?

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

Frau Kollegin, der Gesetzgeber hat im Gesetz keine feste Vorgabe in Form eines Nutzen-Kosten-Verhältnisses getroffen. Das Verhältnis von 3 : 1, das Sie hier angesprochen haben, ist vielmehr das Ergebnis einer Berechnung im Zuge der Festlegung des letzten Ausbauplanes für die Bundesfernstraßen. In diesem Zusammenhang schieden alle Maßnahmen mit einem Nutzen-KostenParl. Staatssekretär Lothar Ibrügger Verhältnis unter 3 : 2 aus dem vordringlichen Bedarf aus. Alle Maßnahmen mit einem Nutzen-KostenVerhälntis besser als 3 : 1 blieben im vordringlichen Bedarf. Die Entscheidung über die Dringlichkeit einer Maßnahme - ich wiederhole es - liegt ausschließlich in der Verantwortung des Parlamentes, unabhängig davon, ob ein Verhältnis von 3 : 1 oder 2 : 1 erreicht wird. Ich betone aber: Jedes Projekt muß am Ende bezüglich seines Nutzen-Kosten-Verhältnisses gerechtfertigt werden. Sonst ist die Ausgabe der Steuergelder nicht zu verantworten.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage des Kollegen Thomas Dörflinger.

Thomas Dörflinger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003069, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, interpretiere ich Ihre Antwort richtig, die Sie dem Kollegen Weiß auf die Frage bezüglich des Stadttunnels der B 31 in Freiburg und der Verbindung nach Osten und Westen gaben, indem ich sage, daß die Bundesregierung mit besonderem Nachdruck den Ausbau der Bereiche vorantreiben möchte, die östlich von Freiburg, nämlich in Richtung Donaueschingen, liegen?

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

Herr Kollege, ich wiederhole für die Bundesregierung: Bei allen Maßnahmen, deren Planung als vordringlicher Bedarf der Gesetzgeber der Bundesregierung und den Ländern auferlegt hat, werden die Arbeiten ohne Einschränkung durchgeführt. Nur: Die Umsetzung solcher Projekte, das heißt: die Finanzierung, orientiert sich gemäß der Bundeshaushaltsordnung und des Haushaltsgesetzes jeweils an den jährlich zur Verfügung stehenden Mitteln, die im Zusammenwirken mit den Ländern auf die Projekte umgelegt werden.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage der Kollegin Dorothea Störr-Ritter.

Dorothea Störr-Ritter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003241, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie haben heute gesagt - so stand es auch in der „BZ“ vom 6. November -, daß unter dem jetzigen Etat allenfalls die aktuellen Vorhaben bis zum Jahr 2024 realisierbar wären. Gedenkt die Bundesregierung deshalb, den Etat für aktuelle Straßenbauvorhaben zukünftig zu erhöhen?

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

Diese Erhöhung liegt in der Verantwortung des Parlamentes, das den Bundeshaushalt beschließt. Die Länder und der Bund stimmen darin überein, daß allein der Aufwand für die Unterhaltung der Bundesfernstraßen eine Größenordnung annimmt, die Anlaß zu der Befürchtung gibt, daß mit den noch zur Verfügung stehenden Mitteln Neubaumaßnahmen nicht angemessen finanziert werden können. Die Bundesregierung kann nicht von sich aus sagen, daß die Mittel massiv erhöht werden. Wenn Sie die Restriktionen des Bundeshaushaltes betrachten - diese kennen Sie ja selbst aus der Vergangenheit; ein Viertel des Etats muß für Zinszahlungen aufgewendet werden -, dann kommen Sie zu dem Schluß, daß es gegenüber dem Steuerzahler unverantwortlich wäre, Projekte in Gang zu setzen, die am Ende nicht solide finanziert werden können. Deswegen muß jedes Projekt auf den Prüfstand. Dies erfordern schon unsere Bundeshaushaltsordnung und das Gesetz über den Ausbauplan für die Bundesfernstraßen. In diesem Sinne wird die Bundesregierung Bericht erstatten. Das Parlament wird dann die Entscheidung treffen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage des Kollegen Peter Dreßen.

Peter Dreßen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002642, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wird die neue Bundesregierung ähnliche Entscheidungen wie die alte Bundesregierung treffen und Straßenbaumaßnahmen anfangen, um sie dann jahrelang liegenzulassen? Die Frage des Kollegen Dörflinger ging ja dahin, daß in Döggingen bereits vor Jahren ein Tunnel gebaut worden ist, aber vergessen worden ist, eine Brücke zu bauen. ({0}) Die Bürger sind natürlich verärgert, wenn Straßenbaumaßnahmen begonnen und aus finanziellen Gründen nicht fortgesetzt werden. Wird die Bundesregierung wenigstens dafür sorgen, daß begonnene Maßnahmen einigermaßen zügig fertiggestellt werden?

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

Herr Kollege Dreßen, die Bundesregierung nimmt Ihre Information mit Interesse zur Kenntnis. Uns treibt sicherlich gemeinschaftlich um, daß der Vorrang für den Bau von Ortsumgehungen zur Entlastung der Ortschaften von Lärm, Abgasen und Erschütterungen eine Zielrichtung des Parlaments war. In diesem Sinne wird die Bundesregierung weiterhin handeln.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich rufe die Frage 20 des Abgeordneten Dr. Klaus Rose auf: Wie beurteilt die Bundesregierung die Chancen der Eisenbahnstrecken Nürnberg-München-Salzburg-Wien bzw. Nürnberg-Regensburg-Passau-Wien, im nächsten Jahrhundert ICEHauptstrecken zu werden? Herr Staatssekretär Ibrügger, bitte.

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

Herr Kollege Dr. Rose, Anliegen der Bundesregierung ist es, mit Österreich wie mit den anderen Nachbarländern auch eine Ressortvereinbarung zur Attraktivitätsverbesserung und zur Sicherung der Leistungsfähigkeit des grenzüberschreitenden Schienennetzes zu treffen. Eine bilaterale Arbeitsgruppe aus Vertretern der Verkehrsministerien und Bahnen beider Länder hat hierzu entsprechende verkehrliche und wirtschaftliche Untersuchungen durchgeführt und Vorschläge erarbeitet, die auch die beiden angesprochenen länderübergreifenden Eisenbahnstrecken Nürnberg-Regensburg-Passau-Wien und München-Salzburg-Wien betreffen. Auf dieser Basis wird zur Zeit eine Ressortvereinbarung vorbereitet. Unter Einrechnung notwendiger Abstimmungen wird eine Unterzeichnung durch die Verkehrsminister beider Länder für etwa Mitte des nächsten Jahres eingeplant. Die Bundesregierung geht davon aus, daß die in dieser Frage eigenverantwortlich entscheidenden Eisenbahngesellschaften die Strecken mit Zügen in ICE-Qualität nutzen werden. Ein Schritt in diese Richtung ist schon der Einsatz eines ICE der Deutschen Bahn AG in der Relation Hamburg-Nürnberg-Wien und Gegenrichtung.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine Zusatzfrage.

Dr. Klaus Rose (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001882, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Ihrer Antwort entnehme ich, daß die Bahnlinie Nürnberg-Passau-Wien nach wie vor nicht einer Rückstufung anheimfallen soll, sondern nach Auffassung der Bundesregierung eine internationale ICE-Strecke bleibt.

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

Ich biete Ihnen an, Ihnen die Ergebnisse der angesprochenen Arbeitsgruppe, die zur Zeit zusammengestellt werden, an die Hand zu geben. Jetzt kommt es darauf an, auch auf die beteiligten Bundesländer zuzugehen und die Ergebnisse der Arbeitsgruppe mit den Ländern, also auch mit dem Freistaat Bayern, zu erörtern. In dem Zeitplan zum Ressortabkommen sind all die Punkte, die Sie gerade angesprochen haben, enthalten: Information des Freistaates Bayern auf Arbeitsebene, Verständigung über das weitere Vorgehen und Sicherstellung des Mittragens der Inhalte des Ressortabkommens durch die Bahnen beider Länder. In diesem Zusammenhang wird auch die Strecke, die Sie angesprochen haben, weiter zu erörtern sein.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Eine zweite Zusatzfrage.

Dr. Klaus Rose (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001882, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß Meldungen, wie sie zum Beispiel in der österreichischen Bahnzeitschrift „Eisenbahn Österreich“ zu lesen sind, aber auch Äußerungen, wie sie von der Eisenbahnergewerkschaft beispielsweise im Raum Passau/Plattling vertreten werden, nämlich daß die Strecke Nürnberg-Regensburg-Passau in eine Regionalbahn - die Österreicher sprechen von einer „Franz-Joseph-Bahn“ - umgewandelt werden soll, Falschmeldungen und Kassandrarufe sind?

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

Herr Kollege Dr. Rose, der Deutsche Bundestag hat einmütig die Bahnreform beschlossen. Die Ausgestaltung des Angebotes auf den Schienenstrecken obliegt einzig und allein der unternehmerischen Verantwortung der beteiligten Bahnen. Die Meldungen und Äußerungen, die Sie gerade zitiert haben, sind der Bundesregierung nicht bekannt. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn ich sie bekommen könnte, um darauf gegebenenfalls reagieren zu können.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich rufe die Frage 21 des Abgeordneten Dr. Klaus Rose auf: Beabsichtigt die Bundesregierung, das Eisenbahnvermögen, vor allem die Immobilien, zu 51 Prozent im Bundesbesitz zu belassen, und welche Auskunft kann die Bundesregierung zu den Konditionen und den Bietern hinsichtlich des Verkaufs der restlichen 49 Prozent der Gesellschaftsanteile am Bundeseisenbahnvermögen geben?

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

Herr Kollege Dr. Rose, der Bundesminister für Verkehr, Bauund Wohnungswesen ist darum bemüht, so rasch wie möglich eine Lösung für die Veräußerung der Anteile des Bundeseisenbahnvermögens an den 18 Eisenbahnwohnungsgesellschaften mit insgesamt rund 112 000 Wohnungen vorzulegen. ({0}) Dabei steht im Vordergrund, daß die gesetzlich verankerte Wohnungfürsorge garantiert wird.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Herr Rose, Ihre Zusatzfrage bitte.

Dr. Klaus Rose (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001882, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, diese Auskunft ist wunderbar. Damit wird fortgesetzt, was vorherige Bundesregierungen getan haben. Sind Sie der Meinung, daß dies im besten Sinne des Wortes eine Kontinuität ist, und sind Sie mit mir auch der Meinung, daß die Bieter, die an den möglichen 49 Prozent der Gesellschaftsanteile teilhaben, als seriöse Unternehmen und nicht als mieterschädigende Immobilienhaie bezeichnet werden sollten?

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

Herr Kollege Dr. Rose, an Bewertungen bzw. Beurteilungen dieser Art beteiligt sich die Bundesregierung nicht. Im Zusammenhang mit der Veräußerung der Gesellschaftsanteile an der Eisenbahnwohnungsgesellschaft muß ich aber daran erinnern, daß die Bundesregierung, die bis zum 27. Oktober dieses Jahres in der Verantwortung war, bei den Verkaufsverhandlungen damit konfrontiert wurde, daß der Hauptpersonalrat beim Präsidenten des Bundeseisenbahnvermögens der von der alten Bundesregierung vorgeschlagenen und beabsichtigten Art des Verkaufes nicht zugestimmt hat. Damit war dieser Verkauf gescheitert. Wir wollen ein solches Ergebnis nicht erzielen, sondern im Einvernehmen mit dem Hauptpersonalrat beim Präsidenten des Bundeseisenbahnvermögens dafür Sorge tragen, daß sozialverträgliche Wege beschritten werden und daß die benötigten Wohnungen für Wohnungsfürsorgezwecke dauerhaft gesichert werden. Gleichzeitig wollen wir aber auch das haushaltspolitische Ziel erreichen - dies war bereits Absicht der alten Bundesregierung -, Haushaltsmittel auch für das Eisenbahnvermögen freizusetzen.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Noch eine Zusatzfrage, bitte.

Dr. Klaus Rose (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001882, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, sind Sie der Meinung, daß die von Ihnen apostrophierte Sozialverträglichkeit, die aus meiner Sicht wertvoll ist, nur erreicht werden kann, wenn 51 Prozent des Bundeseisenbahnvermögens im Besitz des Bundes bleiben?

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

Herr Kollege Dr. Rose, dies kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht in dieser Art und Weise beantwortet werden, weil die Überprüfungen und Gespräche gegenwärtig noch andauern.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Eine Zusatzfrage, bitte sehr, Frau Kollegin.

Christine Ostrowski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001662, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Herr Staatssekretär, können Sie die Sicherung der Wohnungsfürsorge, von der Sie soeben gesprochen haben, vielleicht noch etwas konkretisieren? Das heißt, welche konkreten Ziele zur Sicherung der Wohnungsfürsorge haben Sie? Denn das, was man immer wieder hört, ist sehr allgemein. Ich möchte dies gerne untermauert haben.

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

Frau Kollegin, Ausgangspunkt der Antwort der Bundesregierung war die Frage des Kollegen Dr. Rose. Sie bezog sich ausdrücklich auf das Eisenbahnvermögen bzw. auf die 112 000 Wohnungen der Eisenbahnwohnungsgesellschaften. Ich darf Ihnen aber versichern: Wir suchen eine sozialverträgliche Lösung, die den Zweck der benötigten Wohnungen dauerhaft sicherstellt. Im übrigen haben wir dies in der Koalitionsvereinbarung geregelt. Ich darf daraus zitieren: Bei der Privatisierung bundeseigener Wohnungsbestände gehen wir sozialverträgliche Wege, wie Kaufangebote an Kommunen und Länder, Genossenschaftsgründungen, Mieterprivatisierung zur Vermögensbildung und Altersvorsorge oder Erhalt einzelner Gesellschaften bei größerer Wirtschaftlichkeit. Dies ist die Leitlinie der Bundesregierung, die sich allerdings nur aus der Beantwortung der Frage des Kollegen Dr. Rose ableiten läßt, die aber nicht unmittelbar Gegenstand der Frage war, die er der Bundesregierung gestellt hat.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Noch eine Zusatzfrage? - Bitte sehr.

Christine Ostrowski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001662, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Herr Staatssekretär, ich habe sehr wohl verstanden, wonach Kollege Rose gefragt hat. Aber da Sie in Ihrer Antwort auf seine Frage auf die Wohnungsfürsorge eingingen, habe ich noch einmal nachgefragt. Ich kenne den diesbezüglichen Passus aus der Koalitionsvereinbarung durchaus. Mir ging es darum, daß Sie vielleicht etwas Konkreteres sagen könnten über das hinaus, was ich allgemein sowieso schon weiß. Wenn Sie dies nicht können, ist das auch gut.

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

Natürlich können wir das, Frau Kollegin, nur nicht in dieser Sekunde. Wir werden Ihnen auf Ihre Frage hier in der Fragestunde gerne unmittelbar, aber schriftlich eine Antwort geben, wenn Sie damit einverstanden sind. ({0})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Meine Damen und Herren, ich bekenne, daß ich eine Zusatzfrage mehr zugelassen habe, als ich durfte. Ich bitte um Nachsicht. Wir kommen nun zur Frage 22 des Abgeordneten Norbert Otto ({0}): Beabsichtigt die Bundesregierung, das Verkehrsprojekt „Deutsche Einheit“ ({1}) Nr. 8 ({2}) in demselben Zeitraum und auf der vorgesehenen Trasse fortzuführen und fertigzustellen, wie es von der vorangegangenen Bundesregierung vorgegeben wurde, und, wenn ja, ist sie dann bereit, sich ohne Einschränkung von der in den Anträgen der Fraktion der SPD ({3}) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ({4}) enthaltenen Ablehnung des VDE-Projektes Nr. 8 zu distanzieren? Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Scheffler zur Verfügung. - Bitte sehr, Herr Scheffler.

Siegfried Scheffler (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001952

Lieber Kollege Otto, durch die Bundesregierung wird derzeit gemäß Bundesschienenwegausbaugesetz der Bedarfsplan Schiene überprüft. Wie ich heute schon mehrfach ausgeführt habe, sind in diese Überprüfung natürlich Teile der Verkehrsprojekte „Deutsche Einheit“ und im konkreten Fall das Verkehrsprojekt „Deutsche Einheit“ Nr. 8 einbezogen. Die ersten Auswertungen der Ergebnisse lassen schon erkennen, daß das Verkehrsprojekt „Deutsche Einheit“ weiterhin als vordringlicher Bedarf bestätigt werden kann. Endgültige Aussagen das werden Sie auch auf Grund der von mir vorhin etwas detaillierter gemachten Äußerungen verstehen werden erst nach Vorlage der Ergebnisse der Bedarfsplanüberprüfung im Frühjahr 1999 möglich sein. Die in der Koalitionsvereinbarung genannten Prüfungen von Alternativen zu den bisherigen Planungen der Vorhaben, der sogenannten Mitte-Deutschland-Linie und der sogenannten Franken-Sachsen-Magistrale, werden dabei ebenfalls Berücksichtigung finden.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege, bitte.

Norbert Otto (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001668, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Ihren Worten und den vorangegangenen Worten von Herrn Staatsminister Schwanitz kann ich also entnehmen: grünes Licht für das Verkehrsprojekt Nr. 8, insbesondere die Strecke Erfurt-Nürnberg. Vor diesem Hintergrund frage ich: Sind Sie dann auch gewillt, zur kontinuierlichen Fortführung dieses Projektes im Frühjahr nächsten Jahres die Vereinbarung für die Folgefinanzierung abzuschließen, damit es zu keiner Unterbrechung in der Durchführung dieses Projektes kommt?

Siegfried Scheffler (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001952

Was die Durchführung betrifft, muß ich sagen: Sie wissen, daß die vergebenen Bauaufträge - wie es auch der zuständige Minister gesagt hat; aber auch die gesamte Bundesregierung bekennt sich grundsätzlich dazu weitergeführt werden. Das schließt natürlich nicht aus, daß das Verkehrsprojekt „Deutsche Einheit“ insgesamt überprüft wird, daß auch Alternativen geprüft werden. Insofern kann auf die von Ihnen gestellte Frage heute keine endgültige Antwort gegeben werden. Wir werden Ihnen unsere Antwort hierzu dann, wenn die Überprüfung im Frühjahr 1999 erfolgt sein wird, geben.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Otto.

Norbert Otto (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001668, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich kann also feststellen: Es gibt keine absolute Sicherheit für die kontinuierliche Fortführung dieses Projektes, da die Prüfung noch nicht abgeschlossen ist.

Siegfried Scheffler (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001952

So kann ich Ihnen das nicht bestätigen. Ich sage Ihnen: Das Verkehrsprojekt „Deutsche Einheit“ wird wegen der Priorität für den Aufbau Ost und natürlich auch aus Gründen der Verkehrsinfrastruktur weitergeführt werden. Das schließt nicht aus, daß entsprechende Alternativen geprüft werden.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Frau Lengsfeld, eine Zusatzfrage, bitte sehr.

Vera Wollenberger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002721, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie haben uns jetzt alles und nichts versprochen. Deswegen frage ich noch einmal nach: Werden denn durch die Prüfungen, die nach Ihren eigenen Aussagen bis zum Frühjahr 1999 dauern sollen, die Bauvorhaben dieser Strecke gefährdet oder nicht?

Siegfried Scheffler (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001952

Was die Termine oder die Bauvorhaben betrifft - ohne jetzt in die Diskussion einzelner Bauabschnitte oder einzelner Projekte, ob 8.1 oder 8.2, einzusteigen -, kann ich Ihnen sagen: Insgesamt steht die Bundesregierung nach wie vor zum Verkehrsprojekt „Deutsche Einheit“ und zu dem, was dort als vordringlicher Bedarf bezeichnet wird. Das stellt die Bundesregierung ja überhaupt nicht in Frage. Aber Sie werden verstehen, daß im Rahmen der Überprüfung nach dem Schienenwegeausbaugesetz Alternativen geprüft werden, die sowohl von Gutachtern als auch von der Deutschen Bahn AG, also aus dem eigenen Hause, kommen, und es wird dann eine endgültige Beschlußfassung im Frühjahr 1999 geben. Ich darf an dieser Stelle noch einmal daran erinnern, daß die Prüfung von Alternativen das prognostizierte Verkehrsaufkommen, Reisegeschwindigkeiten, Fahrzeiten, Umweltverträglichkeit, Investitionskosten berücksichtigt. Angesichts dessen werden Sie verstehen, daß man das, was in der Koalitionsvereinbarung vom 20. Oktober steht, natürlich nicht in vier oder acht Wochen abschließend beurteilen kann.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Frau Kollegin, Sie dürfen keine weitere Zusatzfrage stellen. Nur der Fragesteller darf zwei Zusatzfragen stellen. Das habe ich vorhin schon falsch gemacht; das mache ich nicht noch einmal. ({0}) Jetzt kommen wir zur Frage 23 des Kollegen Norbert Otto ({1}): Sieht die Bundesregierung bei einer Ablehnung des Baus der ICE-Trasse über Erfurt ({2}) oder einer Änderung der Streckenführung, die dann nicht mehr die Thüringer Landeshauptstadt einschließt, einen Widerspruch zu den Aussagen von Bundesminister Franz Müntefering, der in der Aussprache zur Regierungserklärung am 12. November 1998 sowie am 18. November 1998 im Ausschuß für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen eine zügige Fortführung der Verkehrsprojekte „Deutsche Einheit“ in Aussicht gestellt hat? Herr Staatssekretär, bitte.

Siegfried Scheffler (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001952

Kollege Norbert Otto, bei den Infrastrukturinvestitionen wird, wie ich bereits ausgeführt habe, den Verkehrsprojekten „Deutsche Einheit“ seitens der Bundesregierung nach wie vor Vorrang eingeräumt. Das steht überhaupt nicht im Widerspruch zur Prüfung von Abschnitten des Verkehrsprojektes „Deutsche Einheit“ Nr. 8, zumal sie sich im Eisenbahnkorridor der zu überprüfenden Planung von Vorhaben gemäß der Koalitionsvereinbarung befinden. Da ich Ihre Sorgen, Kollege Otto, aus vielen Gesprächen, auch im Verkehrsausschuß, kenne und weiß, daß Sie Ihren Wahlkreis in Erfurt haben und hinter Ihrer Fragestellung letztendlich die nicht ausgesprochene Frage der Anbindung Erfurts in einem zukünftigen ICEKonzept steht, will ich weiterführend sagen, daß Erfurt nach wie vor - auch nach Überprüfung anderer Alternativen - eingebunden ist.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Ihre erste Zusatzfrage, Herr Kollege, bitte.

Norbert Otto (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001668, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ich bedanke mich für Ihr Engagement für meine Heimatstadt Erfurt. Ich denke, die Stadt ist es wert. Ist Ihnen die Verlautbarung des Herrn Abgeordneten Rezzo Schlauch bekannt, der laut „Leipziger Volkszeitung“ vom 28. November 1998 gesagt hat, ({0}) die Trassenführung über Erfurt sei vom Tisch, es bestehe weitestgehend Einigkeit mit Herrn Müntefering, daß die Trasse über das Vogtland geführt werde? Nun haben wir uns vorhin von Herrn Staatsminister Volmer belehren lassen müssen, daß man sowohl als Abgeordneter als auch als Mitglied der Regierung sprechen kann. Wie beurteilen Sie die Aussage von Herrn Schlauch? Vielleicht hat er dies als Bürger und nicht als Fraktionsvorsitzender Ihres Koalitionspartners gesagt. Klassifizieren auch Sie das als Unsinn, oder hat die Aussage des Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen, daß die ICETrasse des Projektes Nr. 8 über das Vogtland geführt wird, irgendeine Substanz?

Siegfried Scheffler (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001952

Mir liegt natürlich der Artikel der „Leipziger Volkszeitung“ vor. Nach dieser Pressemeldung gab es Rücksprachen sowohl mit dem zuständigen Minister als auch mit dem von Ihnen zitierten Fraktionsvorsitzenden, unserem Kollegen Schlauch. Es gibt zwischen den Fraktionen des Bündnisses 90/Die Grünen und der SPD keine anderen Vereinbarungen als die, die in der Koalitionsvereinbarung stehen. Im übrigen bin ich berechtigt, hier zu sagen, daß der Kollege Schlauch von der Presse falsch zitiert wurde. ({0}) Infolgedessen gibt es auch keine Vereinbarung zwischen Herrn Minister Müntefering und Herrn Schlauch.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Eine weitere Zusatzfrage der Kollegin Lengsfeld, bitte.

Vera Wollenberger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002721, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie haben uns ja eben versichert, daß Erfurt trotz Prüfung aller Alternativen auf jeden Fall in der Planung bleibt. Allerdings muß ich gestehen, daß ich nicht richtig verstehe, wo Erfurt bleibt, wenn - die Prüfung soll ja ergebnisoffen sein - man sich für eine Alternativstrecke entscheiden würde. Aber lassen wir das beiseite. Ist der Bundesregierung bekannt, daß das Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz im nächsten Jahr ausläuft und alle neuen Planungen einen ungleich längeren Zeitraum in Anspruch nehmen würden?

Siegfried Scheffler (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001952

Das ist selbstverständlich nicht nur der Bundesregierung bekannt. Ich selbst war in der letzten Legislaturperiode Berichterstatter meiner Fraktion für die Verkehrsprojekte in den neuen Bundesländern. Das hat überhaupt nichts mit der konkreten Feststellung zu tun, daß die Bundesregierung die Überprüfung von Alternativen bis zum Frühjahr 1999 vereinbart hat. Es schließt auch nicht aus, daß im Rahmen des Planungsbeschleunigungsgesetzes die Aufträge des Verkehrsprojektes „Deutsche Einheit“ wie vorgesehen fortgesetzt werden können.

Dr. h. c. Dirk Niebel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003198, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, ich konnte Ihrer Antwort eben entnehmen, daß die Stadt Erfurt als ICE-Haltepunkt vorgesehen ist. Ich weiß, daß zum Beispiel auch eine Metropole wie Montabaur ICEHaltepunkt ist - nichts gegen Montabaur. Die Stadt Heidelberg hingegen, die touristisch und wissenschaftlich nicht ganz unbekannt und unbedeutend ist, soll als ICEHaltepunkt wegfallen. Können Sie mir erklären, nach welchen Kriterien die ICE-Haltepunkte festgelegt werden?

Siegfried Scheffler (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001952

Ich habe nicht festgestellt, daß die Stadt Erfurt auf jeden Fall ICE-Haltepunkt wird, sondern ich habe gesagt - das können Sie im Protokoll nachlesen -, daß die Stadt Erfurt bei entsprechenden alternativen Korridoren auch eingebunden ist. Das ist eine ganz andere Lesart. Zu Projekten von einzelnen Städten, Kommunen und Gemeinden kann ich mich zum jetzigen Zeitpunkt natürlich nicht konkret äußern. Wir beide müssen uns gedulden, bis die entsprechenden Gutachten und Expertenmeinungen vorliegen und sich die Bundesregierung im Frühjahr 1999 ein abschließendes Urteil gebildet hat. ({0})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Vielen Dank, Herr Staatssekretär Scheffler. Wir kommen nun zu Frage 24 der Abgeordneten Dorothea Störr-Ritter: Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung für den weiteren Ausbau der Bahnstrecken in Baden-Württemberg aus dem Ergebnis der Volksabstimmung in der Schweiz vom 29. November 1998, mit dem nunmehr definitiv die Finanzierung des neuen 57 km langen Gotthardtunnels und des neuen 36 km langen Lötschbergtunnels für den Schienenverkehr gesichert wurde, um von deutscher Seite her eine Verbesserung des Anschlusses für den alpenquerenden Güterverkehr auf der Schiene zu gewährleisten? Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Ibrügger zur Verfügung. Bitte sehr, Herr Staatssekretär.

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

Frau Kollegin Störr-Ritter, die Bundesregierung ist bei ihren bisherigen Planungen immer davon ausgegangen, daß die sogenannte neue Eisenbahn-Alpentransversale in der Schweiz mit dem Basistunnel am Gotthard und Lötschberg als Kernelement die Zustimmung der schweizerischen Bevölkerung findet. Der Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen hat schon frühzeitig ein Abkommen mit der Schweiz zur Sicherung der Leistungsfähigkeit des nördlichen Zulaufs zu dieser Alpentransversale geschlossen, das am 2. Juni dieses Jahres in Kraft getreten ist. Es sieht als wesentliche Maßnahme auf deutscher Seite den Ausbau des Oberrheinkorridors Karlsruhe Freiburg ({0}) - Basel vor. Neben dem derzeit abschnittsweise im Bau befindlichen Streckenteil Karlsruhe - Offenburg soll der Streckenzug Offenburg - Basel bedarfsgerecht stufenweise ertüchtigt werden. Erste Stufe ist die Erhöhung der Leistungsfähigkeit der vorhandenen zweigleisigen Strecke durch den Einbau moderner Betriebsleit- und Signaltechnik, die im Mai 1999 in Betrieb gehen soll. Für die zweite Stufe, den abschnittsweisen viergleisigen Ausbau zur Beseitigung kapazitiver Engpässe, laufen die Planfeststellungsverfahren an. Die dritte Stufe ist der durchgehende viergleisige Ausbau der Strecke Offenburg - Basel im Hinblick auf die Vollauslastung der neuen Eisenbahn-Alpentransversale. Aus Sicht der Bundesregierung wird das Ergebnis der Volksabstimmung in der Schweiz als Bestätigung der bisherigen Verabredungen gesehen und ausdrücklich begrüßt.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Frau Kollegin, eine Zusatzfrage, bitte sehr.

Dorothea Störr-Ritter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003241, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, kann dann sichergestellt werden, daß der Ausbau des dritten und vierten Gleises zwischen Offenburg und Basel bis zum Jahr 2006 - dann soll der Lötschbergtunnel in Betrieb genommen werden - abgeschlossen ist?

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

Frau Kollegin Störr-Ritter, der Ausbau der Schienenwege richtet sich nach dem Schienenwegeausbaugesetz. Der Bund beteiligt sich an den Kosten dieser Schienenwege mit entsprechenden Baukostenzuschüssen. Der Fertigstellungszeitpunkt orientiert sich natürlich auch daran, ob rechtlich unanfechtbare Planungen vorliegen. Angesichts Ihres beruflichen Hintergrundes werden Sie mir zustimmen, daß niemand mit Bestimmtheit sagen kann, ob angefochtene Schienenausbauvorhaben wirklich zu dem Zeitpunkt umgesetzt sein werden, zu dem das Parlament ihre Fertigstellung erwartet. Deswegen sehen Sie mir nach, daß ich heute keine Aussage über einen bestimmten Fertigstellungszeitpunkt machen kann. Dieser hängt von den dann rechtlich unanfechtbaren Planungen ab, die sich schließlich als Investitionsentscheidungen im Bundeshaushalt niederschlagen.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Ihre zweite Zusatzfrage, bitte sehr.

Dorothea Störr-Ritter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003241, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, welche Chancen sieht die Bundesregierung innerhalb welcher Zeit, weitere Zulaufstrecken innerhalb Baden-Württembergs zur Alpenüberquerung anzubinden? Ich denke an die Gäubahn oder an die Südbahn.

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

Frau Kollegin Störr-Ritter, wir werden im federführenden Ausschuß für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen am 25. Januar 1999 den Schienenwegeausbaubericht der Bundesregierung erörtern. Ich möchte Sie bitten, diese Fragestellung dann in die parlamentarischen Beratungen mit einzubringen. Ich kann gegenwärtig nur Aussagen zu den auch uns gesetzlich bindenden Vorgaben des Schienenwegeausbaugesetzes machen.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Eine weitere Frage des Kollegen Wiese, bitte sehr.

Heinz Wiese (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003261, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wie bewerten Sie vor dem Hintergrund der Schweizer Entscheidung die Bemühungen bei uns im Bodenseeraum, in der Region Ulm-BodenseeOberschwaben, eine weitere Alpentransversale für die Zukunft anzustreben, nämlich den Splügen-Basistunnel? Sie kennen mit Sicherheit die Diskussion, die seit 20 Jahren läuft, daß man davon ausgehen muß, daß auch mit dem Ausbau vom Gotthardtunnel und vom Lötschbergtunnel die Alpentransversale Splügen nicht für alle Zeiten aus der Diskussion verschwindet. Wie bewerten Sie vor diesem Hintergrund die Bemühungen des Landes Baden-Württemberg - das kann man in der Regierungserklärung von Ministerpräsident Teufel nachlesen -, die Strecke Ulm - Friedrichshafen Lindau zu elektrifizieren, um besser an die neuen Alpentransversalen heranzukommen?

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

Herr Kollege, die Bundesregierung kann zum heutigen Zeitpunkt zu der von Ihnen aufgeworfenen Frage keine abschließende Bewertung vortragen. Dies beruht auf Erwägungen, die vorrangig hier im Parlament selbst zu treffen sind, vor allem auch im Zusammenwirken mit Vizepräsidentin Anke Fuchs unseren Nachbarstaaten, die den Alpentransit zu gewährleisten haben. Die Bundesregierung ist über das Ergebnis der Volksabstimmung in der Schweiz hocherfreut. Dies ist aus unserer Sicht eine historische Entscheidung für die Verkehrsmagistralen durch die Alpen innerhalb der Europäischen Union. Ob und in welcher Weise sich weitere wirklich begrüßenswerte und denkbare Alternativen an Alpenquerungen ergeben, muß der Planungsprozeß in der Zukunft zeigen. Dazu gehören insbesondere die Abstimmungen und Überlegungen über den weiteren Ausbau des Schienennetzes in der Bundesrepublik Deutschland. ({0})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Sie haben leider keine weitere Zusatzfrage. Der Kollege Weiß hat eine weitere Frage, bitte.

Peter Weiß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003255, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, in der Antwort auf die Frage der Kollegin Störr-Ritter haben Sie auf die drei Stufen für den Ausbau der Rheintalstrecke zwischen Offenburg und Basel hingewiesen. Die Deutsche Bahn AG hat mitgeteilt, daß sie derzeit die Planunterlagen aktualisiert und das Planfeststellungsverfahren für diesen Streckenabschnitt Ende 1999 einleiten will. Ist denn die Bundesregierung unbeschadet der Unwägbarkeiten, die sich in einem Planfeststellungsverfahren noch ergeben können, bereit, darauf zu drängen, daß der durchgehende vierspurige Ausbau der Rheintalbahn von Offenburg bis Basel bis zum Jahre 2006, wenn der Lötschbergtunnel in Betrieb gehen soll, erfolgt, und wird sie in Gesprächen mit der Schweiz auch darauf drängen, daß die innerschweizerischen Zulaufstrecken zu den neuen Schienentunneln bis dahin fertiggestellt sind?

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

Herr Kollege, die Bundesregierung ist wie bei allen anderen Schienenprojekten im Schienenwegenetz der Bundesrepublik Deutschland vor allem mit Blick auf unsere Nachbarländer daran interessiert, daß die Grenzen ihren trennenden Charakter für den Güter- und Personentransport mit der Eisenbahn verlieren. Die Inkompatibilität der Systeme, die Unvereinbarkeit bei der Signaltechnik und vieles andere mehr beschweren uns in besonderer Weise. Deswegen wird die Bundesregierung alles in ihren Kräften Stehende tun, um gemeinschaftlich mit unseren Nachbarn den Ausbau der Schienenwege voranzutreiben. Dazu gehört in besonderer Weise wegen dieser auch historischen Entscheidung in der Schweiz der Ausbau der Schienenstrecken in Richtung Süden innerhalb der Europäischen Union. Dies schließt die von Ihnen genannten Strecken ein.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Wir kommen nun zur Frage 25 der Abgeordneten Dorothea Störr-Ritter: Welche Bemühungen unternimmt die Bundesregierung, um für Straßengüterverkehr aus den Niederlanden und Norddeutschland, der zur Alpenquerung die schweizerischen Schienenstrecken nutzen will, bereits außerhalb Baden-Württembergs bzw. im jeweiligen Heimatland Umschlaganlagen von der Straße auf die Schiene einzurichten bzw. auf deren Einrichtung hinzuwirken? Zur Beantwortung steht auch hier der Staatssekretär Ibrügger zur Verfügung. Bitte sehr.

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

Frau Kollegin Störr-Ritter, die Bundesregierung fördert den Bau von Umschlaganlagen des kombinierten Verkehrs. Diese Förderung bezieht sich auf den Bau und Ausbau von öffentlichen Umschlaganlagen des kombinierten Verkehrs und kann auch von Dritten beantragt werden. Insbesondere Grunderwerb, Infrastrukturmaßnahmen, Gebäude und Umschlaggeräte werden bei Dritten zumindest zu 20 Prozent als zinsloses Darlehen und zu maximal 80 Prozent als Baukostenzuschuß gefördert. Die Deutsche Bahn AG erhält 100 Prozent als Baukostenzuschuß. Mit der niederländischen Seite werden intensive Gespräche über die Verlagerung der Verkehre auf die umweltfreundlichen Verkehrsträger Schiene und Binnenschiff geführt, wobei bereits jetzt günstige und gut genutzte Verbindungen mit dem Zug im unbegleiteten kombinierten Verkehr von Rotterdam, Duisburg und Köln nach Italien bestehen, die mit Ganzzugverbindungen bedient werden und so eine attraktive Nutzung bieten. Zur Zeit werden die für den Alpentransit besonders wichtigen Umschlaganlagen in Köln-Eifeltor, Karlsruhe und Mannheim, insbesondere bei der BASF, in erheblichem Umfang gefördert. Der Bau von Umschlaganlagen des kombinierten Verkehrs wird in Zukunft in noch größerem Umfang als bisher gefördert, um das Ziel einer spürbaren Entlastung der Straße zu erreichen.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Eine Zusatzfrage, bitte sehr, Herr Kollege.

Heinz Wiese (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003261, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wie bewerten Sie in diesem Zusammenhang das Ansinnen auch von Vertretern östlich gelegener Gemeinden - wenn man es einmal von der Oberrheinschiene aus betrachtet -, im Bereich Ulm/Stuttgart bessere Voraussetzungen mit Güterbahnhöfen zu schaffen, um in der Zukunft den alpenquerenden Güterverkehr zu bewältigen? Sie wissen - ich gehe davon aus, daß Sie das so sehen -, daß gerade die Lombardei sowie die Bundesländer Baden-Württemberg und Bayern die wirtschaftlichen Triebfedern im Herzen Europas sind und daß gerade unter diesem Gesichtspunkt die notwendigen Voraussetzungen dafür geschaffen werden müssen, damit nicht die gleiche Nadelöhrsituation in den Alpen entsteht wie am Ende der A 7 bei Bregenz. Wie bewerten Sie diese Perspektive?

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

Herr Kollege, Nadelöhrsituationen wollen wir vermeiden, wo es nur geht. Alle Anstrengungen der Bundesregierung im Verkehrswesen sind darauf ausgerichtet, insgesamt eine Verbesserung des Verkehrsnetzes zu erreichen. Die Leistungsfähigkeit dieses Netzes kann nur gesteigert werden, wenn die Knoten - dazu zählen wir die Umschlaganlagen des kombinierten Verkehrs - gestärkt werden. In diesem Sinne teile ich Ihre Auffassung. Wo immer wirtschaftliche und leistungsfähige Nachfrage besteht, müssen auch die Initiativen der privaten verladenden Wirtschaft, der gewerblichen Wirtschaft, aber auch der Deutschen Bahn AG unterstützt werden, um mehr Güter auf die Schiene zu bekommen.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Weiß, bitte.

Peter Weiß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003255, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, darf ich Ihre Antwort auf die Frage des Kollegen Wiese so verstehen, daß die Bundesregierung auf die Deutsche Bahn AG so einwirken wird, daß sie ihre bisherigen Planungen, den Schienengüterverkehr in Richtung Schweiz auf der Rheintalstrecke zu konzentrieren, überdenkt und daß weitere Zulaufstrecken durch Baden-Württemberg für eine Verteilung des Schienengüterverkehrs genauso gleichrangig geplant werden?

Lothar Ibrügger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000989

Herr Kollege, ich möchte seitens der Bundesregierung noch einmal darauf hinweisen, daß sich die Ausgestaltung des Angebotes im Personen- und Güterverkehr mit der Bahnreform grundsätzlich verändert hat. Das heißt, die Deutsche Bahn und ihr Vorstand sind eigenverantwortlich tätig. Die Bundesregierung hat dafür Sorge zu tragen, daß der Zugang zum Netz der Schienenwege in der Bundesrepublik Deutschland für jedermann diskriminierungsfrei gewährleistet wird. Deswegen wäre ein Drängen allein bei der Deutsche Bahn AG aus der Sicht der Mitglieder ihres Aufsichtsrates und ihres Vorstands, soweit sie für die Gestaltung des Angebotes verantwortlich sind, sicherlich hilfreich. Aus der Sicht der Bundesregierung muß ich Ihnen allerdings sagen: Für die Gestaltung des Angebotes haben wir die gesetzlichen Vorkehrungen so getroffen, daß ein diskriminierungsfreier Zugang gewährleistet ist. Deswegen kann und wird sich die Bundesregierung hier nicht einseitig den Vorwurf gefallen lassen dürfen, daß sie ein Verkehrsunternehmen begünstigt und Wettbewerber, die mit Verkehrsangeboten auch auf die Schiene wollen, ausschließt oder in irgendeiner Weise benachteiligt. Diesen Eindruck möchte ich hier nicht entstehen lassen.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Vielen Dank. Jetzt kommt die Frage 26 des Kollegen Helias. Welche finanziellen Mittel wurden dem Berliner Senat im Rahmen des Wasserstraßenprojektes Hannover-MagdeburgBerlin ({0}) überwiesen? Dazu steht zur Beantwortung der Staatssekretär Siegfried Scheffler zur Verfügung. - Herr Staatssekretär, bitte.

Siegfried Scheffler (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001952

Frau Präsidentin! - Herr Kollege Helias, wenn Sie gestatten, würde ich die Fragen 26 und 27 gern zusammen beantworten. - Vielen Dank.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Dann rufe ich auch noch die Frage 27 auf: Welche Auflagen waren mit der Mittelüberweisung verbunden, und wie übt der Bund die Kontrolle über die Verwendung aus?

Siegfried Scheffler (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001952

Das Wasserstraßenprojekt Hannover-Magdeburg-Berlin, also das Verkehrsprojekt „Deutsche Einheit“ Nr. 17, wird von der Wasser- und Schiffahrtsverwaltung des Bundes ausgeführt. Im Gegensatz zur Auftragsverwaltung im Straßenbau planen die nachgeordneten Behörden des Bundes dieses Projekt. In Einzelfällen, die in der Regel auf Beteiligungsmaßnahmen des Bundes an Brükken beschränkt sind, zum Beispiel - als Berliner kennen Sie sich ein bißchen aus - für die Südostalleebrücke mit einer Zahlung von 2,9 Millionen DM in 1998, werden Zahlungen entsprechend einer jeweiligen Verwaltungsvereinbarung geleistet. Die Überweisungen erfolgen in der Regel nach Baufortschritt. Im Jahr 1998 wurden bei einer weiteren Maßnahme zusätzlich Zahlungen des Bundes an das Land Berlin geleistet. Im Zuge des Neubaus der Schleuse Charlottenburg wurden dem Land Berlin bis heute 4,8 Millionen DM als Pauschalbetrag zugewiesen. Dies erfolgte im Rahmen einer entsprechenden Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Bund und dem Land Berlin. Diese Vereinbarung sieht einen Pauschalbetrag zur Erstattung aller Aufwendungen, die dem Land im Zusammenhang mit dem Neubau der Schleuse entstehen, in Höhe von insgesamt 10 Millionen DM vor. Die Summe wurde auf Grund von Fiktivkosten ermittelt. Darin sind unter anderem enthalten: Grundstücksübereignung, Nutzung des Baufeldes, Dienstbarkeiten, Entschädigungen, Räumungskosten in Höhe von 50 Prozent, Vermessung etc. Da es sich um eine pauschale Abgeltung handelt, erfolgt hier auch keine weitere Kontrolle der Mittelverwendung durch den Bund.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Eine Zusatzfrage? Bitte sehr.

Siegfried Helias (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003144, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wenn Sie das so einfach beantworten können: Wie beurteilen Sie denn die Tatsache, daß die Berliner Finanzsenatorin eine parlamentarische Anfrage zur Mittelverwendung seit Anfang Juni 1998 nicht beantworten kann und zur Klärung eines so einfachen Sachverhaltes eine vierte Fristverlängerung bis Ende Januar 1999 erbeten hat?

Siegfried Scheffler (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001952

Ich stehe hier nicht Rede und Antwort, um Aussagen der Finanzsenatorin des Landes Berlin zu kommentieren. Ich möchte mich dazu auch nicht äußern.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Eine zweite Zusatzfrage.

Siegfried Helias (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003144, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wann ist denn mit der Fertigstellung des Wasserstraßenprojektes zu rechnen, und wann fällt die endgültige Entscheidung, ob zum reibungslosen Schiffsverkehr ein Spreedurchstich nach der Charlottenburger Schleuse erforderlich ist? Oder ist ein solcher Durchstich eventuell entbehrlich?

Siegfried Scheffler (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001952

Wie bei den anderen Projekten, ob Schiene oder Straße, erfolgt natürlich auch bei dem Wasserstraßenprojekt, das für die Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Wasserwege sehr wichtig ist, eine entsprechende Überprüfung. Sie wissen, daß Einwendungen im Rahmen von Planfeststellungsverfahren und, wenn der Plan festgestellt ist, in Brandenburg im Rahmen der unteren Wasserstraße Havel auf dem Tisch liegen, so daß über den Bauverlauf und auch über den Abschluß heute keine endgültige Aussage getroffen werden kann. Das gilt hier gleichermaßen wie für die anderen Projekte. Auch dazu wird im Frühjahr 1999 eine Bewertung auf den Tisch gelegt.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Die dritte Zusatzfrage, Herr Kollege Helias? - Bitte.

Siegfried Helias (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003144, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ja, das ist ja auch zu zwei Fragen.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Ich weiß. Ich zähle genau mit.

Siegfried Helias (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003144, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Danke. Herr Staatssekretär, im Interesse der Betroffenen, die von einem solchen Spreedurchstich ja mit ihren weiteren Planungen abhängig sind, wäre es doch erforderlich, daß die Bundesregierung eine klare Position bezieht und sagt, ob denn nach dem Bau der Charlottenburger Schleuse der bisherige Wasserstraßenverlauf ausreichend ist, so daß Euro-Schiffe ungehindert durchkommen können, oder ob das eben nicht der Fall ist, so daß ein Spreedurchstich mit erheblichen Umbaumaßnahmen nötig ist. Wie ist da Ihre Bewertung?

Siegfried Scheffler (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001952

Ich werde mich zu diesem Zeitpunkt Ihnen gegenüber nicht in einem abschließenden Urteil äußern. Ich kann aber aus der bisherigen Tätigkeit als Mitglied des Verkehrsausschusses seit 1990 sprechen, wo seitens der alten Bundesregierung das Verkehrsprojekt „Deutsche Einheit“ Nr. 17 auf dem Tisch lag, und zwar bis zum heutigen Tag letztendlich auch in Abstimmung mit den betroffenen Ländern, also Brandenburg, Sachsen-Anhalt und natürlich Berlin. Ich selbst war ja Moderator zwischen dem Senator Strieder und der alten Bundesregierung, was gerade den Neubau der Charlottenburger Schleuse betrifft. Aber gegenwärtig - da bitte ich Sie um Verständnis - kann ich zu weiteren Vorhaben als Folgemaßnahmen der Charlottenburger Schleuse keine Stellung nehmen.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Die letzte Frage, Herr Kollege, bitte sehr.

Siegfried Helias (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003144, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Können Sie denn wenigstens sagen, Herr Staatssekretär, in welchem Zeitraum Sie eine solche Aussage treffen könnten?

Siegfried Scheffler (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001952

Ich habe Ihnen den Zeitraum genannt. ({0}) Im Frühjahr 1999 wird hier etwas auf dem Tisch liegen. Vielleicht ist Ihnen bekannt, daß noch in diesem Jahr erste Gespräche zwischen der neuen Bundesregierung sowie dem Senator Strieder und dem Verkehrssenator geführt werden sollen. Gesprächsgegenstand ist eine allgemeine Überprüfung. Auf dieser Grundlage werden wir im Frühjahr 1999 unsere Stellungnahme abgeben können.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Vielen Dank. Damit ist die Fragestunde beendet. Ich danke den Staatssekretären für die Beantwortung der Fragen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich rufe den Zusatzpunkt 1 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der CDU/CSU Pflicht zur Vorlage eines Bundeshaushalts 1999 in den verfassungsrechtlichen Fristen angesichts der widersprüchlichen Aussagen zur Finanz- und Haushaltspolitik in der Bundesregierung ({0}) Als erstes erteile ich das Wort dem Kollegen Merz, CDU/CSU. Bitte sehr.

Friedrich Merz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002735, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben diese Aktuelle Stunde beantragt, Herr Bundesfinanzminister, weil wir von Ihnen erwarten, daß Sie, nachdem wir Sie zweimal erfolglos dazu aufgefordert haben, uns sagen, wann Sie beabsichtigen, dem Deutschen Bundestag den Entwurf des Haushaltsplanes 1999 vorzulegen. Wir haben heute den zweitletzten Sitzungstag des laufenden Jahres und gehen morgen in die Weihnachtspause. Herr Lafontaine, das Grundgesetz erlegt der Bundesregierung und Ihnen als dem zuständigen Ressortminister eine verfassungsrechtliche Pflicht auf. Diese Pflicht lautet wörtlich im Artikel 110 Abs. 2 des Grundgesetzes: Der Haushaltsplan wird für ein oder mehrere Rechnungsjahre, nach Jahren getrennt, vor Beginn des ersten Rechnungsjahres durch das Haushaltsgesetz festgestellt. Das Grundgesetz erwartet sogar eine rechtskräftige Feststellung des Haushaltsplanes vor Beginn des Kalenderjahres. Wir erwarten von Ihnen, Herr Lafontaine, daß Sie uns und die deutsche Öffentlichkeit über den Haushaltsplan informieren, und zwar nicht erst im Laufe des nächsten Jahres. ({0}) Wir können dies von Ihnen vor allem deshalb erwarten, weil Sie jetzt seit fast drei Monaten die Regierungsverantwortung tragen. ({1}) Wir erwarten dies aber von Ihnen auch deshalb, weil Sie, Herr Lafontaine, das kennen, was derjenige, den Sie zu Ihrem Haushaltsstaatssekretär gemacht haben, schon im Sommer dieses Jahres aufgeschrieben hat. Der damalige haushaltspolitische Sprecher der SPDBundestagsfraktion hat bereits im Juni dieses Jahres den damaligen Kanzlerkandidaten der SPD, Gerhard Schröder, darauf hingewiesen, daß die Spielräume für den Bundeshaushalt 1999 gering sind. Er hat dann empfohlen, im Falle einer sozialdemokratisch geführten Regierung den Erblasthaushalt, wie er sich ausgedrückt hat, im Dezember unverändert erneut im Parlament einzubringen und Ihre politischen Gewichtungen dann bei den weiteren Beratungen vorzunehmen. Herr Lafontaine, wir und Sie wissen, daß die verfassungsmäßige Pflicht eine Sollvorschrift ist. Aber Sie können deswegen nicht beliebig gegen diese Verpflichtung des Grundgesetzes verstoßen. Wir erwarten von Ihnen wenigstens, daß Sie vor Ablauf des Jahres 1998 erklären, warum Sie sich nicht in der Lage sehen, den Bundeshaushaltsplan 1999 vorzulegen. Diese Pflicht haben Sie allerdings, Herr Lafontaine! Ich will Ihnen in diesem Zusammenhang sagen: Sie können sich, wenn Sie dieser Pflicht nicht nachkommen, den Vorwurf nicht ersparen, daß Sie wieder mit der altbekannten Leichtfüßigkeit, um nicht zu sagen Nachlässigkeit, mit den öffentlichen Finanzen umgehen, wie die Bundesrepublik Deutschland dies aus fast allen Jahren einer SPD-geführten Bundesregierung zwischen 1969 und 1982 gekannt hat, meine Damen und Herren. ({2}) Ich habe mir zur Vorbereitung dieser Diskussion, meine Damen und Herren, noch einmal sämtliche Zahlen seit 1970 geben lassen. Es ist in den 13 Jahren der SPD-geführten Bundesregierung in keinem Jahr ein Bundeshaushalt vor Beginn des Haushaltsjahres festgestellt worden. Es ist in der Zeit der alten Regierung Helmut Kohl und Theo Waigel bis auf ein Jahr - und das war das Jahr der deutschen Einheit - in jedem Jahr vor Beginn des Haushaltsjahres der Haushaltsplan rechtskräftig festgestellt worden. ({3}) Herr Lafontaine, wir erwarten von Ihnen heute eine verbindliche Aussage darüber - es mag ja Gründe geben -, warum Ihnen das nicht gelingt. Wenn Sie uns diese Auskunft nicht geben, dann sagen wir Ihnen noch einmal: So einfach kommen Sie nicht davon, daß Sie vor den Weihnachtstagen des Jahres 1998 großzügig Geschenke verteilen, nämlich eine Kindergelderhöhung in der Größenordnung von 5,8 Milliarden DM beschließen lassen, ohne zu sagen, wie das finanziert werden soll, ({4}) daß Sie die Ausfälle bei den 620-DMBeschäftigungsverhältnissen in Höhe von 4,5 Milliarden DM in Kungelrunden der sozialdemokratischen Finanzminister besprechen, aber hier keine klare Linie erkennen lassen und nicht sagen, wie diese Ausfälle für den Bundeshaushalt 1999 bezahlt werden sollen, und daß Sie die Absenkung der Sozialversicherungsbeiträge beschließen lassen, ohne ebenfalls klar und erkennbar und für jeden nachvollziehbar zusagen, wie die entsprechende Finanzierung über den Bundeshaushalt vonstatten gehen soll. Herr Lafontaine, Sie haben heute die letzte Gelegenheit, ({5}) vor Ablauf des Jahres 1998 zu sagen, warum es Ihnen nicht gelingt, einen Haushaltsplan fertigzustellen, welche Gründe dafür bestehen. Die deutsche Öffentlichkeit hat einen Anspruch darauf, daß mit dem Wichtigsten, was in Bonn zu entscheiden ist, nämlich mit den öffentlichen Finanzen, begonnen wird und vom Finanzminister der Bundesrepublik Deutschland vor Ende des Jahres eine klare Aussage dazu gemacht wird, welche zusätzlichen Belastungen auf die Bürgerinnen und Bürger und auf die Betriebe in der Bundesrepublik Deutschland im nächsten Jahr zukommen. ({6}) Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluß noch sagen -

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Wir sind in der Aktuellen Stunde.

Friedrich Merz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002735, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich bleibe beim Thema der Aktuellen Stunde.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Ja, aber Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Friedrich Merz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002735, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Vielen Dank, die nachfolgenden Redner werden dies aufgreifen. Herr Lafontaine, dieses Desaster, das Sie in der Anhörung des Finanzausschusses in diesen Tagen erleben, bedarf auch an dieser Stelle der Erklärung. Vielen Dank. ({0})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind am Beginn einer Aktuellen Stunde. Deswegen weise ich darauf hin, daß die Redezeit fünf Minuten beträgt, für die Bundesregierung zehn Minuten. Ich werde mich dazwischenschalten müssen, weil wir sonst die Spielregeln nicht einhalten. Ich erteile das Wort dem Bundesfinanzminister Oskar Lafontaine.

Oskar Lafontaine (Minister:in)

Politiker ID: 11002715

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Opposition möchte über die Frage der „Pflicht zur Vorlage eines Bundeshaushalts 1999 in den verfassungsrechtlichen Fristen angesichts der widersprüchlichen Aussagen zur Finanz- und Haushaltspolitik in der Bundesregierung“ debattieren - zumindest eine beeindruckende Formulierung, wie ich einräumen muß. ({0}) Vielleicht haben Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, aber übersehen, daß am 27. September 1998 eine Bundestagswahl stattfand und daß daraufhin ein Regierungswechsel stattfand. Ein Inkrafttreten des Haushalts zum Jahresbeginn 1999 ist daher zeitlich schwer möglich und kann auch von Ihnen nicht ernsthaft gefordert werden. ({1}) Die Bundesregierung will eine zügige, aber zugleich auch ordnungsgemäße und gewissenhafte Aufstellung und Beratung des Bundeshaushaltes 1999. Es liegt auch in unserem Interesse, den etatlosen Zeitraum kurz zu halten, denn mit dem Inkrafttreten des neuen Haushalts schaffen wir den haushaltsrechtlichen Rahmen für neue politische Akzente, mit deren Umsetzung wir bereits in den letzten Tagen begonnen haben. Die Beschlußfassung im Kabinett zum neuen Haushaltsentwurf wird am 20. Januar erfolgen. Das hatte ich schon öfter vorgetragen, aber ich sage es hier gerne noch einmal. Die Beratungen im Bundestag und im Bundesrat können bis Ende Mai 1999 abgeschlossen werden. Der Bundeshaushalt 1999 wird dann Anfang Juni 1999 verkündet. Sie, Herr Kollege Merz, haben sich nicht nur hinsichtlich der Amtszeit geirrt. Wir sind noch nicht drei Monate im Amt. Psychologisch verstehe ich ja, daß Ihnen das viel zu lange vorkommt. ({2}) Auch Ihre Aussage, Sie hätten den Haushalt immer pünktlich vorgelegt, stimmt nicht; denn der Bundeshaushalt 1999 wird dann früher wirksam als der Haushalt 1995, der am Beginn der letzten Wahlperiode stand. Dieser Haushalt wurde erst Ende Juni 1995 verkündet. Ich erinnere mich noch genau. ({3}) - Natürlich hatte der Bundesrat Einspruch eingelegt. Das ist richtig. Aber es ändert nichts daran, daß Sie mit der Feststellung, Sie hätten immer pünktlich vorgelegt, schlicht und einfach eine falsche Behauptung aufgestellt haben. ({4}) Auf Grund der verfehlten Finanzpolitik der letzten Jahre mußte nach Amtsübernahme der neuen Bundesregierung ein Kassensturz durchgeführt werden. ({5}) Die haushaltspolitische Bestandsaufnahme hat die Befürchtungen bestätigt. Die Finanzdaten für 1999 und die Folgejahre sind Makulatur, und zwar nicht wegen unvorhersehbarer finanzwirtschaftlicher Veränderungen, sondern weil Sie von der alten Regierung einfach unseriös gearbeitet und falsch geplant haben. ({6}) Sie haben milliardenschwere Risiken bei den Steuereinnahmen, den Arbeitsmarktaufwendungen, den Gewährleistungen, im Rentenbereich und bei der Privatisierung ignoriert oder zu gering veranschlagt. Sie sind die strukturellen Probleme des Haushaltes nicht angegangen; vielmehr haben Sie die Probleme vor sich hergeschoben und deren Lösung in die Zukunft vertagt. Als Folge dieser unseriösen Politik zeigen sich gegenüber Ihren geschönten Zahlen schon für 1999 Mehrbelastungen in der Größenordnung von 10 Milliarden DM. Im Finanzplanungszeitraum erreicht die Deckungslücke, wie jeder weiß, rund 20 Milliarden DM, was Sie bisher immer durch Veräußerung des Tafelsilbers kaschiert haben. Jeder weiß das. ({7}) Das zeigt, daß es für die von Ihnen vor der Wahl groß angekündigte Steuerreform mit einem Nettoentlastungseffekt von 30 Milliarden DM nie auch nur den geringsten finanzpolitischen Spielraum gab. ({8}) Deshalb ist es kein Wunder, daß Sie in Ihrem Finanzplan dafür keine Mark eingesetzt hatten. Das zeigt - um das noch einmal in Erinnerung zu rufen -, wie unseriös Sie gearbeitet haben. ({9}) Die vorherige Bundesregierung hat große Probleme hinterlassen. Die Zinslasten des Bundes haben sich seit 1982 fast vervierfacht - von gut 20 Milliarden DM auf 80 Milliarden DM. Die Zins-Steuer-Quote im Bundeshaushalt hat sich im gleichen Zeitraum auf rund 24 Prozent - das ist die aktuelle Zahl - verdoppelt. Die Verschuldung des Bundes und seiner Sonderrechnungen wird Ende des Jahres bei 1,45 Billionen DM liegen und damit den Schuldenstand des Jahres 1982 - er lag bei 308 Milliarden DM - mehr als vervierfacht haben. ({10}) Wenn Sie hier von leichtfüßiger Politik sprechen, dann fällt dieser Vorwurf aber in vollem Umfang auf Sie zurück. Wie leichtfüßig haben Sie die Schulden auf extreme Höhen getrieben! ({11}) Angesichts dieser Erblast sind große Anstrengungen erforderlich, um wieder Ordnung in die Bundesfinanzen zu bringen. ({12}) Dennoch ist die Bundesregierung entschlossen, die Nettokreditaufnahme zu begrenzen, und zwar so zu begrenzen, daß der Art. 115 eingehalten wird. Bis zum Inkrafttreten des neuen Haushalts gelten die Regeln der vorläufigen Haushaltsführung. Aber auch während dieser vorläufigen Haushaltsführung gibt es keinen Investitionsstau, wie Sie behaupten. Die von Ihnen lancierten Meldungen über eine Investitionsblockade in zweistelliger Milliardenhöhe sind falsch. Der größte Teil der Investitionen gerade im Bereich der Verkehrsinfrastruktur kann wie geplant weiterfinanziert werden, da diese Investitionen auf rechtlich begründeten Verpflichtungen des Bundes beruhen oder weil es sich um Maßnahmen handelt, für die im Haushalt 1998 oder in früheren Haushaltsplänen bereits Beträge bewilligt worden sind. Das gleiche gilt für wichtige arbeitsmarktpolitische Leistungen aus dem Bundeshaushalt bzw. aus dem Haushalt der Bundesanstalt für Arbeit. Hier handelt es sich ganz überwiegend um Fortsetzungsmaßnahmen, deren Finanzierung im Zeitraum der vorläufigen Haushaltsführung zulässig ist. Bei neuen Investitionen oder sonstigen neuen Maßnahmen werden wir sorgfältig prüfen, ob vor Verabschiedung des neuen Haushalts eine Finanzierung nach den einschlägigen verfassungsrechtlichen und haushaltsrechtlichen Vorschriften möglich ist. Das von uns initiierte Sofortprogramm zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit ist eine solche unabweisbare Maßnahme. ({13}) Dieses Programm ist ein erster wichtiger Schritt zur Verbesserung der Ausbildungs- und Arbeitschancen von 100 000 Jugendlichen. Ich fordere Sie daher auf, Ihre polemischen Angriffe gegen dieses Programm zu unterlassen. Die Jugend braucht das Programm. ({14}) Es ist richtig, meine Damen und Herren: Auf Grund der enormen Erblast, die wir angetreten haben - ({15}) - Ich glaube, Sie sind die einzigen in Deutschland, die bei 1,5 Billionen DM Schulden noch lachen. Die anderen lachen da nicht mehr. ({16}) Auf Grund dieser Erblast und der unseriösen Wirtschaft der letzten Jahre brauchen wir etwas Zeit, um die Dinge ins Lot zu bringen. Diese Zeit werden wir uns nehmen. Sie werden damit leben müssen. ({17})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Ich erteile das Wort Herrn Dr. Günter Rexrodt, F.D.P.-Fraktion.

Dr. Günter Rexrodt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002759, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Haushalt, so heißt es zu Recht, ist das Kursbuch der Nation. Ich stelle fest: Gegenwärtig gibt es weder einen Haushaltsentwurf 1999 noch einen erkennbaren Kurs in der Finanz- und Steuerpolitik dieser Regierung. Das ist eine Tatsache. ({0}) Es ist schon richtig: Zwischen haushaltspolitischer Klarheit und gesamtpolitischer Solidität einer Regierung gibt es einen engen Zusammenhang. ({1}) Herr Lafontaine, Sie begründen die Verschiebung der Einbringung damit, daß es Erblasten gebe; man müsse einen Kassensturz machen; es gebe immer neue Haushaltslöcher, von denen bisher nichts erkennbar gewesen sei. Dies ist nicht richtig. ({2}) Ich habe über Monate hinweg gelesen: „Wir sind bereit. SPD.“ Wenn Sie doch bereit gewesen wären! Nichts da! Unvorbereitet sind Sie, und zwar nicht nur im Detail; ({3}) das würde Ihnen noch jeder nachsehen. Es gibt keine Linie und kein Konzept in der Finanz- und Steuerpolitik: ({4}) ein bißchen Fortsetzen der Konsolidierungspolitik auf der einen Seite und auf der anderen Seite Nachfragestimulierung an der falschen Stelle. Da wird mit der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts gearbeitet, um so möglicherweise Art. 115 des Grundgesetzes zu umgehen; dann wird das wieder nicht getan. Da wird anhaltend über die günstige Entwicklung der Steuereinnahmen gesprochen - so in einem Papier von Herrn Diller an den Haushaltsausschuß; das ist gerade eine Woche her -, und auf Seite 4 desselben Papieres lesen wir dann etwas über Steuermindereinnahmen wegen schlechter Wirtschaftsdaten. So wird gearbeitet. Sie können es drehen und wenden, wie Sie wollen: Sie sind nicht vorbereitet. ({5}) Sie kommen nicht klar, obwohl Ihnen hochqualifizierte und auch loyale Apparate zur Verfügung stehen. Der Grund ist ein ganz einfacher: Sie haben es nicht vermocht, sich auf die Grundlinien Ihrer Politik zu einigen, nicht etwa nur in Randfragen, sondern auch in wichtigen Kernfragen, deren Lösung für das Schicksal und die Entwicklung dieses Landes in den nächsten Jahren entscheidend ist. Das ist der Grund dafür, daß der Haushalt 1999 nicht rechtzeitig eingebracht wird. ({6}) Exkulpieren Sie sich nicht damit, daß Sie an Erblasten zerbrächen, auch nicht damit, daß Sie in Sachfragen zunächst Diskussionen mit den Betroffenen führen müßten! Das Gerede von den Erblasten entbehrt jeder Grundlage. ({7}) Seit Jahren ist Ihnen der gesamte Haushalt, die Finanzplanung, jedes Kapitel, jede Ausgabe, jede Zahl bekannt. Sie hätten in kürzester Zeit, wenn notwendig, Korrekturen einbringen können. Es gibt keine Geheimnisse über irgendeine Haushaltsposition. Deshalb ist das Gerede vom Kassensturz nur eine Nebelkerze. ({8}) Zweitens. Der von uns vorbereitete Haushalt war grundsolide. ({9}) Die Wirtschaftsforschungsinstitute - hören Sie zu - haben in ihrem Herbstgutachten festgestellt: Nach der Prognose der Institute stellt sich die finanzielle Lage der öffentlichen Haushalte besser dar, als dies bei den gegenwärtigen Diskussionen offenbar unterstellt wird. ({10}) Der Herr Bundesfinanzminister möchte die Leute mit Kindergeld und mit niedrigen Eingangssteuersätzen zum 1. Januar unterm Weihnachtsbaum beglücken. ({11}) Das kostet Geld; das hat er nicht. Also muß die Bemessungsgrundlage verbreitert werden. Das soll Geld bringen. Die Pläne dafür sind aber unausgegoren; also muß nachgebessert werden. Das kostet Zeit und verwirrt die Leute und auch uns im Parlament. ({12}) Zwischenzeitlich bemerkt man, daß die Wirtschaft von einer neuen Bemessungsgrundlage bei den Pensionsrückstellungen ausgeht. Da fehlen dann wieder Steuereinnahmen. Also erfindet man ein Vorläufergesetz und einen weiteren Vorläufer und macht die Verwirrung total. Das sind die Gründe, warum der Haushalt nicht rechtzeitig eingebracht wird. ({13}) Die Regierung möchte die Beiträge zur Rentenversicherung senken. Das kostet Geld. Dazu erfindet man eine Ökosteuer, die keine ist, ({14}) weil sie die Unternehmen, die viel Energie verbrauchen, entlastet und diejenigen, die schon sparsam sind, den Mittelstand nämlich, zusätzlich schröpft. Bei den 620Mark-Jobs gibt es genau das gleiche Theater. ({15}) Diese Beispiele lassen sich beliebig fortsetzen. So schafft man keine Arbeitsplätze, so vernichtet man sie. So kann ein Parlament auch nicht arbeiten; so etwas kann es im Hinblick auf die Verabschiedung des Haushaltes nicht hinnehmen. Ich möchte für meine Fraktion unser äußerstes Mißfallen ausdrücken. ({16}) Lassen Sie die Katze jetzt aus dem Sack und nicht erst nach der Wahl in Hessen. Stimmen Sie sich besser ab, schaffen Sie Klarheit, nehmen Sie die Ihnen übertragene Verantwortung wahr und bezeugen Sie Respekt vor dem Parlament - einen Respekt, wie ihn dieses Parlament verdient. Schönen Dank. ({17})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Ich erteile das Wort jetzt dem Kollegen Oswald Metzger, Bündnis 90/Die Grünen. ({0})

Oswald Metzger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002736, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Man kann es nicht mehr hören, Kollege Rexrodt, wenn Sie hier von der Solidität der Haushaltsführung der alten Regierung reden. Schauen Sie sich an, was die von Ihnen zitierten Gutachter, hier der Sachverständigenrat, im aktuellen Herbstgutachten präsentiert haben: Ein strukturelles Defizit von 1,2 bis 1,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes wurde durch Privatisierungserlöse mit dem gigantischen Ausmaß von 32 Milliarden DM im diesjährigen 98er Haushalt finanziert. Allein um diese Erblast zu bewältigen - wenn Tafelsilber verscherbelt ist, kann man diese Lücke nicht anders schließen als durch Sparmaßnahmen oder Neuverschuldung -, muß die neue Bundesregierung, die 43 Tage im Amt ist, zunächst einmal quer durch die Häuser einen internen Kassensturz machen. ({0}) Bei diesem hausinternen Kassensturz stellt sie eine Fülle von Risiken fest, die Sie hinterlassen haben. Ich würde mich an Ihrer Stelle also schämen, heute die großen Töne zu spucken. ({1}) Denken Sie daran, daß 1991 und 1995 nach den Wahlen die damalige Regierung, die nicht gewechselt hatte, sondern im Amt blieb, die Verabschiedung des Haushalts erst Monate nach dem Jahresultimo vornahm. Sie erwecken hier den Eindruck, als ob das Grundgesetz etwas anderes vorsehe. Dabei steht im Kommentar zum Grundgesetz explizit, daß es in der Regel unmöglich ist, den Haushalt fristgerecht festzustellen, ({2}) wenn im Herbst Wahlen stattfinden. Sie haben auch nicht zugehört, als der Finanzminister heute sagte, daß am 20. Januar der Haushalt des nächsten Jahres im Kabinett vorgelegt wird. Die Wahl in Hessen ist am 7. Februar. ({3}) Sie werden sich wundern: Die Regierungsfraktionen werden alles daransetzen, Grundziele im Haushalt einzuhalten, die gemäß den Aussagen des Finanzministers lauten: Die Grenze des Art. 115 des Grundgesetzes wird unterschritten. Das Maastricht-Kriterium wird eingehalten, obwohl die Erlöse der Privatisierungen nicht das Defizit vermindern. Die mittelfristige Finanzplanung wird Perspektiven aufzeigen, die eine Konsolidierung über die nächsten vier Jahre ermöglichen. Sie können den Haushalt an Hand seiner Zahlen überprüfen und werden dann feststellen, daß bestimmte Maßnahmen, die auch Sie früher durchgeführt haben, nicht deshalb ausbleiben können, nur weil jetzt eine andere Regierung die Verantwortung trägt. Sie werden sich mit der Tatsache anfreunden müssen, daß in der Übergangsphase, in der wir Ihre Erblasten abtragen müssen, bestimmte Privatisierungsmaßnahmen die einzige Möglichkeit darstellen, die Einhaltung der grundgesetzlich vorgeschriebenen Verschuldungsgrenze zu erreichen. ({4}) Darüber hinaus werden wir als neue Regierung - auch in diesem Punkt sind wir uns einig - andere Akzente setzen. Wir müssen die investiven Ausgaben wieder erhöhen. Unter der alten Koalition, genaugenommen seit 1992, ist die Quote der Investitionsausgaben des Bundes ständig gesunken. Sie haben immer gepredigt: Wir haben einen Haushalt für Wachstum und Beschäftigung. ({5}) Das Gegenteil war der Fall. Sie haben die Arbeitskosten nach oben getrieben und die Investitionen nach unten gefahren. Damit haben Sie gleichzeitig die Ausgaben für den Arbeitsmarkt explodieren lassen. ({6}) Der entscheidende Punkt ist: Unsere Gesellschaft befindet sich in einer Situation, in der die öffentlichen Ressourcen ausgepowert sind. ({7}) Wir sollten im Rahmen dieser tagespolitischen Auseinandersetzung einmal innehalten und uns bewußtmachen, daß Nachhaltigkeit in der Finanzpolitik - wie in der Ökologiepolitik - bedeutet, daß wir nicht heute die Mittel vervespern, die die nachfolgenden Generationen brauchen. ({8}) Ähnlich wie im Zusammenhang mit der Rentenreform wird die neue Regierung durch eine neue Steuergesetzgebung genau die Akzente setzen, die Wachstum und Investitionen stärken und die Nachfrage, aber auch die Angebotsbedingungen für die Wirtschaft verbessern. Denken Sie an die Aussage, die Unternehmenssteuerreform vorzuziehen! Diese Ankündigung des Bundeskanzlers war absolut richtig. An dieser Aufgabe lassen wir uns messen. Aber wir haben uns mit Erblasten herumzuschlagen, die Sie zu verantworten haben und die Sie hier nicht einfach wegdiskutieren können. Vielen Dank. ({9})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Das Wort hat die Kollegin Christa Luft, PDS-Fraktion.

Prof. Dr. Christa Luft (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002728, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ein auf die leichte Schulter zu nehmendes Faktum ist es freilich nicht - dies ist unbestritten -, wenn der Nation vor Beginn eines neuen Haushaltsjahres ein Haushaltsplan nicht vorliegt, weil dadurch in der Bevölkerung Verunsicherungen, geschürt nun noch durch die Koalitionsabgeordneten, genährt werden. Abgesehen von der Tatsache, daß die Kritik der Kollegen Merz und Rexrodt an diesem Faktum für mich absolut überzogen war, möchte ich sagen, daß die Regierung schon ihren Anteil an dem entstandenen Zustand hat. Wir haben alle noch gut das Hü und Hott im Ohr, welches es bei der Frage der Besteuerung oder Nichtbesteuerung von 620-Mark-Jobs gegeben hat. Wir haben noch den Zickzackkurs vor Augen, den es bei der Diskussion der Ökosteuer gegeben hat. Wir haben noch unterschiedlichste Aussagen zur Neuverschuldung im Ohr. Soll sie sich im nächsten Jahr erhöhen oder nicht? Diese Vorwürfe hat sich die neue Regierung an die Brust zu heften. Von der Natur der Sache her ist es natürlich für die Opposition ein gefundenes Fressen, wenn der Tatbestand eingetreten ist, daß der Nation vor Beginn des Haushaltsjahres ein Haushaltsbuch fehlt. Nur: Die Aufregung der Oppositionsneulinge in diesem Parlament, der CDU/CSU- und auch der F.D.P.-Fraktion, empfinde ich als künstlich, aufgesetzt und überhaupt nicht glaubwürdig. ({0}) Ich darf daran erinnern, daß die abgewählte Regierung in den 90er Jahren den Haushaltsplan in den meisten Fällen zwar pünktlich vorgelegt hat. Aber gerade wir Haushaltsausschußmitglieder erinnern uns auch daran, wie viele überplanmäßige und außerplanmäßige Ausgaben zu bewilligen und wie viele Korrekturen vorzunehmen waren, weil nicht solide geplant worden ist. Diesen Punkt dürfen Sie bitte nicht vergessen. Ich erinnere auch daran, meine Damen und Herren von den Nicht-mehr-Regierungsfraktionen, daß Sie noch am vergangenen Freitag den ersten Vorläufer des Steuerentlastungsgesetzes nicht passieren lassen wollten, weil Sie ein Interesse daran hatten, noch einmal Sand ins Getriebe zu streuen. Dann wären die Eckpunkte für den neuen Bundeshaushalt ja noch später zu Papier gebracht worden. ({1}) Auch das dürfen Sie bitte nicht vergessen. Wir von der PDS-Fraktion legen selbstverständlich Wert darauf, daß es alsbald zu einem Haushaltsentwurf kommt. Die Finanzlage ist eng; das ist bekannt. Wir wundern uns daher, daß nicht mehr Einnahmequellen von der Bundesregierung ins Auge gefaßt werden. Ich erinnere beispielsweise an notwendige Aktivitäten zur Wiedererhebung der Vermögensteuer. ({2}) Kürzlich hat der Vorsitzende der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion erklärt, wenn auch noch unverbindlich, daß er sich die Erhebung einer Millionärsabgabe vorstellen könne. Ich bin darauf gespannt, wie sich diese Diskussion in den jetzigen Koalitionsparteien weiterentwickeln wird. An die vorläufige Haushaltsführung des Bundes stellen wir folgende Mindestanforderungen - ich möchte das hier noch einmal sagen -: Bei den arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen in West und Ost darf es wegen eines nicht vorliegenden Haushalts zu keinerlei Verunsicherungen kommen. ({3}) Das betrifft ebenfalls die Absicherung des Programms für die 100 000 jungen Menschen, die in Ausbildung und Arbeit kommen sollen. ({4}) Wir erwarten feste Zusagen seitens der Bundesregierung, daß bei der Finanzierung von Infrastrukturmaßnahmen und bei der Wirtschaftsförderung in den neuen Bundesländern keine Einschnitte und keine zeitlichen Verzögerungen zugelassen werden. Auch das gehört dazu, wenn man die Angelegenheiten in den neuen Ländern zur Chefsache gemacht hat. Wir erwarten, daß die zusätzlichen Ausgaben, die es für Bund und Länder geben wird, fair verteilt werden und nicht wegen einer zusätzlichen Belastung der Länder am Ende die Belastungen an die Kommunen weitergegeben werden, die ja ohnehin bis über die Halskrause verschuldet sind. Dann wären nämlich die Menschen, die dort wohnen, letztlich die Leidtragenden. Strengste Kontrolle erwarten wir von der Bundesregierung gegenüber der BvS. Es kann doch nicht sein, daß ständig Forderungen im zwei- und dreistelligen Millionenbereich als nicht eintreibbar abgeschrieben werden, wie es gerade dieser Tage wieder bei der Rothenberger-Gruppe geschehen soll, parallel dazu aber von der Treuhand privatisierte Unternehmen nur deshalb pausenlos in die Pleite gehen, weil sie im In- und Ausland auf eine schlechte Zahlungsmoral ihrer Kunden stoßen. Mit anderen Worten: Wir erwarten, daß Unternehmen, die in Liquiditätsschwierigkeiten geraten, ohne daß sie selbst daran schuld sind, auch vom Bund unterstützt werden, damit nicht ständig neue Arbeitslose produziert werden. Wir erwarten schließlich, daß Schluß ist mit der Veräußerung des restlichen Bundesvermögens zum Stopfen akuter Haushaltslöcher. Auch hier ist endlich eine ErlösAufwand-Rechnung notwendig, die die abgewählte Koalition leider immer verhindert hat. Danke schön. ({5})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Das Wort hat der Kollege Dietrich Austermann, CDU/CSU-Fraktion. ({0})

Dietrich Austermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000066, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kein verantwortlicher Familienvater würde zu Weihnachten seine Familie mit Geschenken überhäufen und erst im Januar nachschauen, was er im Portemonnaie hat, es sei denn, er ist ein Hochstapler. ({0}) So schreibt das „Handelsblatt“ denn auch mit Recht von den „Rechentricks des frechen Oskar“ und weist darauf hin, was der Bundesfinanzminister den Bürgern in diesem Lande zumutet. Herr Bundesfinanzminister, Sie verstoßen gegen die Verfassung, nämlich gegen Art. 110 des Grundgesetzes, der vorschreibt, daß der Haushalt vor Beginn des Haushaltsjahres vorzulegen ist. ({1}) Wir erwarten nicht, daß Sie ständig das Grundgesetz unter dem Arm mit sich führen; wir erwarten aber, daß Sie es nicht mit Füßen treten. Das aber tut die Bundesregierung, wenn sie den Entwurf des Bundeshaushalts nicht rechtzeitig vorlegt. ({2}) Es gab schon einmal die Situation, daß ein Ministerpräsident aus einem kleinen Bundesland nach Bonn gekommen ist, um Finanzminister zu werden. Das war am 1. Oktober 1982 Gerhard Stoltenberg. Innerhalb von vier Wochen war der Haushalt fertig. Sie brauchen sechs Monate für die gleiche Prozedur. Warum brauchen Sie sechs Monate? Sie brauchen sie deshalb, weil Sie Geschenke jetzt verteilen wollen und erst nach der Wahl in Hessen - und keinen Tag vorher - hier in diesem Parlament über den Haushalt diskutiert werden soll. ({3}) Erst zu diesem Zeitpunkt soll die große Debatte im Bundestag zu dem Haushalt, den Sie vorlegen wollen, stattfinden. ({4}) Wenn man sich die Situation in den Bundesländern anschaut, kann man feststellen: Sie haben bewährte Vorturner. Herr Schröder hat in Niedersachsen vom Staatsgerichtshof dreimal hintereinander eine Ohrfeige wegen seiner Haushaltspolitik bekommen - weil er die Gemeinden ausgeplündert hat und aus vielen anderen Gründen. Die Landesregierung von Schleswig-Holstein hat vom Verfassungsgericht viermal eins auf die Nase bekommen, unter anderem auch wegen eines Immobiliendeals. Denn man hat versucht, mit einem Rechentrick - dies sind Rechentricks wie beim frechen Oskar - Geld zu schaufeln, das man anderweitig mit vollen Händen an falscher Stelle ausgegeben hat. ({5}) Das wichtigste Recht des Parlaments ist es, zu kontrollieren, was die Regierung mit dem Geld des Steuerzahlers macht. Jetzt möchte ich etwas zum Zeitplan der Bundesregierung hinsichtlich der Aufstellung des Haushaltes 1999 sagen: Sie haben auf das Jahr 1995 Bezug genommen. Das ist natürlich besonders dreist. Der Haushalt 1995 wurde rechtzeitig vorgelegt. ({6}) Dann aber kamen die Ministerpräsidenten der SPDregierten Länder - Stichwort: Totalblockade - und haben drei Monate im Bundesrat gemauert, um die rechtzeitige Verabschiedung des Haushalts zu verhindern. Es war das erste Mal in der deutschen Verfassungsgeschichte, daß so etwas geschehen ist. ({7}) Jetzt sage ich etwas zu der angeblichen Erblast. Ich könnte aus dem „Spiegel“ zitieren und vieles aufzählen, nachdem Kollege Diller schon im Haushaltsausschuß versucht hat, mit Nebelkerzen zu werfen. Es gibt dazu keine einzige konkrete Zahl. Wir stellen fest: In 1998 kommt es zu Minderausgaben für den Arbeitsmarkt in Höhe von 5 Milliarden DM. Das setzt sich in das nächste Jahr fort. Wir stellen fest: In 1998 gibt es höhere Steuereinnahmen. Zusätzliche Privatisierungserlöse in Höhe von 5 Milliarden DM aus dem Verkauf der Postbank, die wir eingeplant haben, werden überhaupt nicht gebraucht. Das nehmen Sie als positives Faktum mit in das nächste Jahr. Und schließlich erzählen Sie etwas über Gewährleistungen, bei denen man nicht genau abschätzen kann, was sich da möglicherweise ergeben wird. Dazu kann ich nur sagen: Sie versuchen, den Bundestag und die deutsche Öffentlichkeit mit dem, was Sie tun, zu täuschen. Das ist nicht in Ordnung, insbesondere dann nicht, wenn Sie darüber hinaus auch noch die Verfassung brechen - und das vor dem Hintergrund, daß jede Regierung bei der Leistung ihres Amtseides zusagt, daß sie die Verfassung einhält. Wie sieht es mit den Problemen aus, deren Folgen in der Zukunft wirksam werden? Schauen wir uns das einmal an. Das einzig vorhandene Problem ist von Rotgrün gemacht. Rotgrün ist das Problem und nicht die Lösung! Schauen Sie sich einmal die vorgesehenen Änderungen an! Haben Sie eine Reform der 620-Mark-Jobs erreicht? Finanzminister Möller aus Schleswig-Holstein sagte: Mehrbelastungen muß Bonn ausgleichen. Das stammt nicht aus Zeitungen von gestern oder von vorgestern. Das steht vielmehr heute - nach Ihrer Einigung mit den Ländern - in der Zeitung. Was haben Sie denn bisher getan, um die Problematik der Erhöhung des Kindergeldes zu lösen bzw. die Fragen zu beantworten, die die Länder und die Gemeinden in diesem Zusammenhang stellen? Wer spricht denn bei dieser Problemlösung von den Gemeinden? Wo ist denn Ihr Angebot? Es gibt kein einziges in die Zukunft gerichtetes Finanzproblem, das Sie uns anlasten könnten. Ich möchte ein Letztes zur Finanzsituation und zu dem, was Sie als Erblast bezeichnen wollen, sagen. Wenn Sie die Staatsschuld mit einem Betrag von 1,4 Billionen DM beziffern - Bundesschuld und Staatsschuld werden ja manchmal in einen Topf geworfen -, so macht dies deutlich, daß Sie dazu offensichtlich auch die Erblast aus der DDR zählen. Was bestätigt uns das? Sie haben sich mit der Wiedervereinigung bis heute nicht abgefunden. Sie wollten sie nie. ({8}) Sie sind deshalb auch nicht bereit, anzuerkennen, daß die Belastungen, die sich aus den Spätfolgen des Sozialismus ergeben haben, natürlich vom Steuerzahler zu tragen sind. ({9}) Wenn man das nicht akzeptiert, dann sagt man einfach: Helmut Kohl hat eine Erblast in Höhe von 500 Milliarden DM - in Klammern fügen Sie hinzu: auf Grund der Wiedervereinigung - hinterlassen. ({10}) - Die andere konnten Sie doch nicht quantifizieren! Herr Diller hat im Haushaltsausschuß gesagt, daß im Haushalt ein Loch von 20 Milliarden DM sei. Als wir nach konkreten Zahlen fragten, hatte er nur ein Papier von fünf Seiten, mit unterschiedlichen Schreibmaschinen geschrieben und wahrscheinlich aus verschiedenen Stellen zusammengetragen. Man hatte die Zuständigen wahrscheinlich noch nicht ausgetauscht. Sie hatten die Wahrheit geschrieben. Sie hatten von einer positiven Perspektive für 1998 und 1999 gesprochen. ({11}) Herr Finanzminister, in dieser Situation können wir Sie nur auffordern: Sorgen Sie dafür, daß schnell Klarheit geschaffen wird, damit die Bürger vor Weihnachten wissen, was die Konsequenz der Geschenke ist, die ein unverantwortlicher Familienvater ihnen hier macht! ({12})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Das Wort hat der Kollege Hans Georg Wagner, SPD-Fraktion. ({0})

Hans Georg Wagner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002406, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wenn es Sie interessiert: sehr schön. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Christoph Böhr aus Rheinland-Pfalz hat heute eine Forderung an die CDU/CSU-Fraktion veröffentlicht, die lautet: Die CDU muß endlich zur politischen Attacke blasen. Da dachte ich: Das hat heute nachmittag aber geklappt. Was Herr Merz und Herr Austermann hier vorgetragen haben, war wirklich eine unglaublich beeindruckende Attacke. Ich glaube, daß Herr Böhr sein Fernsehgerät wieder ausgeschaltet hat, weil auch er der Meinung sein muß, daß diese Ausführungen lächerlich und unerträglich sind. ({0}) - Gut, ich kann ja verstehen, Herr Schäuble, daß Sie sich darüber ärgern, daß wir das Kindergeld erhöht haben; daß Sie sich darüber ärgern, daß wir den Eingangssteuersatz gesenkt haben; daß Sie sich darüber ärgern, daß wir Leuten, die Steuern hinterziehen wollen, eine Aufbewahrungsfrist für ihre Belege von zehn Jahren auferlegen - statt Ihrer sechs Jahre -, und daß Sie sich darüber ärgern, daß nun Großunternehmen andere Pensionsrückstellungen vornehmen müssen als die, die Sie vorsehen wollten. Das alles kann ich verstehen. Nur, lassen Sie uns die Freude darüber, daß wir das eingehalten haben, was wir vor der Wahl versprochen haben. Das ist etwas, was Sie 16 Jahre lang nicht geschafft haben. ({1}) Herr Kollege Rexrodt sprach eben vom Kursbuch der Nation. In der Tat, Herr Kollege Rexrodt, haben die Wählerinnen und Wähler am 27. September eine Kursänderung beschlossen. ({2}) Diese Kursänderung besteht darin, daß die neue Bundesregierung auch einen neuen Bundeshaushalt vorlegt. In den vergangenen sechs Wochen hat sie gute Arbeit geleistet. Am 23. Dezember werden die Abteilungsleitergespräche stattfinden; am 9. Januar werden die Gespräche auf der Chefebene stattfinden; am 20. Januar wird beschlossen - vor der Hessen-Wahl -, wie der Haushalt 1999 aussehen soll. Daran wird sich das weitere parlamentarische Beratungsverfahren anschließen. Sie sind eingeladen, dabei mitzumachen. Ich habe Ihnen ja vorgeschlagen, die Beratung um eine Woche zu verlängern; bei dieser Gelegenheit könnten Sie dann Ihre Alternativvorschläge Punkt für Punkt einbringen. Bis jetzt habe ich von Ihnen nur gehört: Ausführungen über BSEProbleme, Geschäftsordnungsdebatten und Beantragungen von Aktuellen Stunden. Irgendwann einmal müssen Sie ja zur politischen Arbeit zurückfinden und sich an das halten, was Ihr Kollege Böhr gefordert hat. Er hat nämlich erklärt: Die CDU muß endlich die Trauer über die verlorene Wahl hinter sich lassen und zur politischen Attacke blasen. - Richtig! Wir freuen uns auf diese Auseinandersetzung. ({3}) Bisher ist es allerdings nicht zu dieser Auseinandersetzung gekommen. Herr Finanzminister, wir hatten Zweifel, ob Sie es in dieser kurzen Zeit schaffen würden, den Bundeshaushalt völlig umzukrempeln. ({4}) - Daran habe ich nicht den geringsten Zweifel. Aber wir kennen uns ja gut: Wenn Herr Koppelin eine Forderung aufstellt, die er am nächsten Tag wieder zurücknimmt, dann wird behauptet, das sei Ihre Linie gewesen. Aber jetzt ist eben nicht Ihre Linie, sondern unsere Linie gefragt. ({5}) In Berichterstattergesprächen haben Sie Vorschläge präsentiert, wonach ganze Behörden aufgelöst werden sollen, und am nächsten Tag haben Sie die gleichen Behörden personell aufgestockt. Ich bin gespannt, wie das bei Ihnen zu einer Linie werden soll. Die wichtigste Frage ist in der Tat die Frage der Investitionen; da haben Sie recht. 1995 ist schon das gleiche gemacht worden wie jetzt. Zwei Monate später, als jetzt der Haushalt 1999 verabschiedet werden wird, haben Sie Ihren verabschiedet; Herr Kollege Rexrodt, daran waren Sie ja auch beteiligt. Damals war überhaupt nicht von einem Investitionsstau die Rede, der dadurch entstehen könnte. Wir haben uns damals zurückgehalten, weil wir Verständnis dafür hatten, daß das alles nicht so schnell gehen kann. Aber jetzt machen Sie schon nach vier Wochen den größten Krawall und bilden sich ein, damit irgend jemanden beeindrucken zu können. Diejenigen, die am 1. Januar ein erhöhtes Kindergeld auf ihrem Konto vorfinden, werden kein Verständnis für Sie und für das, was Sie hier darstellen, haben. ({6}) Wenn Sie, Herr Kollege Rexrodt, vom Kursbuch sprechen und wenn Sie Klarheit und Wahrheit im Bundeshaushalt einfordern, dann erwidere ich: Sie haben als damaliger Bundeswirtschaftsminister einem Haushaltsplan zugestimmt, der um 1,3 Milliarden über der Verschuldungsgrenze nach Art. 115 Grundgesetz lag. Diese 1,3 Milliarden sollten eigentlich für Investitionen verwendet werden. Aber wenn Sie das, was Sie persönlich in den Kohlerunden vereinbart hatten, hätten einhalten wollen, wären diese 1,3 Milliarden schon aufgebraucht gewesen. Sie haben ja mit dem Bundeshaushalt 1999 die Bergleute hintergehen wollen; das gleiche gilt für die Teilentschuldung des Saarlands und Bremens. Der Bundesfinanzminister sagte: Ich möchte, daß die Länder die Hälfte davon tragen. Diese Position kann man akzeptieren. Aber gleichzeitig hat er dafür keinen Betrag in den Haushalt eingestellt. Die 1,3 Milliarden wären ja längst aufgebraucht gewesen, wenn er nur das gemacht hätte, wozu er vom Bundesverfassungsgericht gezwungen worden ist. Deshalb sollten Sie über Weihnachten Ruhe und Gelassenheit bewahren. Wir sind froh darüber, daß wir unsere Wahlversprechen schon größtenteils eingelöst haben. Sie werden sehen, wie gut und solide der Bundeshaushalt 1999 sein wird. ({7})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Das Wort hat die Kollegin Elke Wülfing, CDU/CSU-Fraktion.

Elke Wülfing (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002567, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Wagner, wir ärgern uns nicht, sondern wir freuen uns über Kindergelderhöhungen. Wir freuen uns darüber, daß die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in Angriff genommen wird. Wir freuen uns über alle Ihre Geschenke. Wir freuen uns nur nicht darüber, daß Sie diese Geschenke vor Weihnachten machen, aber nicht wissen, wie Sie sie im Januar bezahlen sollen. ({0}) Herr Bundesfinanzminister, es ist nicht verständlich, daß Sie davon reden, angeblich irgendwelche Erblasten gefunden zu haben, aber trotzdem, wie gerade beschlossen, 7,1 Milliarden DM - einfach so in die Gegend gestreut - drauflegen, ganz in sozialistischer Manier: erst einmal ausgeben, auch wenn die Einnahmen überhaupt nicht zu überschauen sind. ({1}) Sicherlich nicht mit großer Freude haben Sie - in der „FAZ“, in der „Stuttgarter Zeitung“, in der „Süddeutschen Zeitung“ - Überschriften wie „Vernichtendes Urteil über Mindestbesteuerung“, „Überwältigende Ablehnungsfront bei Finanzwissenschaftlern“ gelesen. Es geht dabei um Ihre Steuerreform - besser gesagt: um Ihr Steuerbelastungsgesetz. ({2}) Wir haben folgende Situation: Sie haben schon 7,1 Milliarden DM ausgegeben, für die Erhöhung des Kindergeldes und die Senkung des Eingangssteuersatzes. Die sind also schon mal weg. Gestern mußten wir dann von den Experten, und zwar von der Crème de la crème der Finanzwissenschaftler in der Bundesrepublik Deutschland - nicht, wie Sie gestern gemeint haben kommentieren zu müssen, von angeblich Betroffenen -, hören, daß fast alles, was in dem Gesetzentwurf steht, verfassungswidrig sein könnte und daß das, was Sie im Wahlkampf im Zusammenhang mit der Mindestbesteuerung beschlossen haben, ganz sicher verfassungswidrig ist. Da geht es immerhin um Einnahmen in Höhe von 1 Milliarde DM. Somit fehlen Ihnen bei dieser Steuerreform schon 8,1 Milliarden DM. Wenn es stimmt, was man so hört, was alles bei Nudelgerichten verabredet wird, wird die Abschaffung der Teilwertabschreibung nicht wie vorgesehen erfolgen. Das macht 3,4 Milliarden DM. Ich bin damit in der Sache ja sehr einverstanden; denn die Streichung der Teilwertabschreibung wäre eine Katastrophe: für die gewerbliche Wirtschaft, für die Banken, für den Handel. Das erweitert Ihr Loch auf immerhin 11,5 Milliarden DM. Genauso wird es sich mit der Streichung der Abzugsfähigkeit von Betriebsausgaben bei Auslandsgeschäften verhalten. Auch das durchzusetzen wird Ihnen nicht gelingen - weitere 1,4 Milliarden DM, insgesamt 12,9 Milliarden DM. Auch Ihre Vorhaben mit dem Mehrkontenmodell bekommen Sie nicht hin, wie gestern sehr deutlich wurde. Somit sind wir - plus 1,1 Milliarden DM - bei insgesamt 14 Milliarden DM. Damit sind wir aber erst bei der laufenden Nummer 37 im Gesetzentwurf angelangt. Es gibt aber 108 Belastungspunkte. Dann kommt noch der Landwirtschaftsminister, und dann kommt noch Herr Clement: Bei diesem Nudelgericht ist im Zusammenhang mit der Gewerbeertragsteuer über weitere Entlastungen von 1,5 Milliarden DM gesprochen worden. Ich finde es richtig, daß die Mittelständler entlastet werden. Nur, das sind teure Nudeln. Dieses Geld fehlt Ihnen dann bei der Steuerreform. Sie bekommen das doch alles gar nicht mehr zusammen! ({3}) Ich bin ein bißchen enttäuscht von Bauminister Müntefering. Warum steigt der eigentlich nicht auf die Barrikaden? Sie haben in diesem Steuerbelastungsgesetz - es ist kein Entlastungsgesetz - so viele Dinge drin, die die Bauwirtschaft belasten, daß ich mich frage, wie man es überschreiben kann mit: „Ziel ist, Arbeitsplätze zu schaffen“. Warum also steigt Herr Müntefering nicht auf die Barrikaden, wenn es um sein Thema geht? ({4}) Eine solche Anhörung ist ja auch deshalb schön, weil sich manchmal auch Freunde verplappern. In Ihrem Bündnis für Arbeit haben Sie vage irgend etwas mit 35 Prozent für Unternehmenssteuern verabredet. Aber der DGB-Vertreter, Herr Wehner, hat geplaudert: Diesen Steuersatz wollen Sie gegenfinanzieren, zum Beispiel mit der Abschaffung der degressiven AfA. ({5}) Dann bezahlt die Wirtschaft zweimal: Sie bezahlt jetzt das Kindergeld und den Eingangssteuersatz und bezahlt nachher noch einmal. Ich denke, das sollte man hier deutlich machen. Ich habe Ihre Wahlkampfanzeigen noch sehr gut in Erinnerung. Danach sind Sie doch alle dafür, daß im Mittelstand und im Handwerk mehr Arbeitsplätze geschaffen werden. Sie tun aber genau das Gegenteil. Den Haushalt können Sie deswegen nicht aufstellen, weil Sie den Bürgern vor der Landtagswahl nicht die Wahrheit sagen wollen. ({6})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich habe einen Augenblick gedacht: Was können eigentlich die armen Nudeln dafür? Die esse ich nämlich sehr gerne. - Frau Kollegin, das sollte nur ein Scherz sein. Das Wort hat die Kollegin Antje Hermenau, Bündnis 90/Die Grünen.

Antje Hermenau (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002673, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Wülfing, ich hätte gerne erlebt, wie Sie hier vorne versuchen, auf der Grundlage Ihrer Petersberger Beschlüsse 30 Milliarden DM Nettoentlastung zu erklären. ({0}) Mein Gott, wären Sie rumgeeiert! Sie bekämen doch schon bei den 10 Milliarden DM, die wir hier vorschlagen, große Probleme. Aber Ihre Sünden sind ja vergessen, weil keine Taten folgten. Natürlich kann ich mir vorstellen, Herr Rexrodt, daß Sie das Chaos der letzten Jahre vermissen. Ich verstehe auch, Herr Austermann, daß Sie neugierig sind, wie wir jetzt das auf die Reihe bekommen werden, was Sie in den letzten Jahren nicht geschafft haben. Meine Herren, Sie haben die Perspektive verloren. Sie denken, wir würden so arbeiten wie Sie. Sie unterstellen uns Ihre Arbeitsweise. ({1}) Sie versuchen mit ein paar Paragraphen und Artikeln, diesen Eindruck zu erwecken. Wer hat in den letzten Jahren denn ständig souverän und haushoch den Wettbewerb „Flinke Nadel“ gewonnen? Ich erinnere mich zum Beispiel an Ihr Vorgehen im Zusammenhang mit Maastricht. Da wurde von vornherein ein zu niedriger Zuschuß an die Bundesanstalt für Arbeit überwiesen, um im Laufe des Jahres eine überplanmäßige Ausgabe tätigen zu können, die nicht zum Maastricht-Kriterium gerechnet wurde. Sie haben im Prinzip von vornherein geschummelt und unterstellen jetzt auch uns eine solche Arbeitsweise. ({2}) Der zweite Akt im Wettbewerb „Flinke Nadel“ - wenn ich noch einmal für alle ins Gedächtnis rufen darf, wohin eine so hektische Haushaltsführung führt sind die Kurz-ABM im Wahljahr. Ich erinnere mich - das ist noch ganz frisch -: 75 000 Ostdeutsche hatten wir im September 1998 mehr in ABM als im September 1997. Das klingt nicht schlecht. Das Problem an der Sache ist: Das sind Kurz-ABM; die laufen noch in diesem Jahr aus. Wir müssen uns jetzt Gedanken über eine strukturelle Veränderung der Arbeitsmarktpolitik im Osten machen, weil Sie mit solchen Kurzläufern und solcher Atemlosigkeit solche Probleme geschaffen haben. ({3}) Punkt drei im Wettbewerb „Flinke Nadel“ war die Frage der Energiepfade. Bei Herrn Rüttgers, der damals noch für Forschung und Bildung zuständig war, wurde der Ausstieg aus dem Energiepfad „erneuerbare Energien“ - mal peu à peu, mal mit einem großen Sprung gemacht, weil man nicht mehr so recht wußte, was man damit noch sollte bzw. wie man es auf die Reihe bekommt. Und damit trauen Sie sich in diese Debatte! Sie trauen sich wirklich, uns Ihre Fehler zu unterstellen! Da nutzen wir natürlich die Gelegenheit, Ihnen aufzuzeigen, was Sie in den letzten Jahren angerichtet haben und was wir jetzt in Ordnung bringen müssen. Seien Sie froh, daß der Haushalt schon im Januar des nächsten Jahres vorliegen wird! Davon können Sie sich eine Scheibe abschneiden. ({4}) Ein letzter Akt aus dem Wettbewerb „Flinke Nadel“, allerdings ein guter - keiner von Ihnen -, einer, der schnell gehen mußte und auch schnell kam, ist das Vorziehen des Sofortprogramms zur Bekämpfung der Lehrstellenmisere und der Jugendarbeitslosigkeit. Seien Sie froh, daß wir da schnell gehandelt haben! ({5}) Es ging darum, der Jugend in dieser Gesellschaft wieder eine Heimat zu geben. Das haben Sie sträflich vernachlässigt, und zwar strukturell. ({6}) Sie haben das über Jahre schleifen lassen. Wir haben das innerhalb weniger Monate in Angriff genommen. ({7}) Da werden wir im nächsten Jahr weiter erneuern und verbessern müssen; aber ein erster Schritt ist getan. Sie hatten jahrelang Zeit und haben gar nichts gemacht. Das ist Fakt. ({8})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Das Wort hat der Kollege Bartholomäus Kalb, CDU/CSU-Fraktion.

Bartholomäus Kalb (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001055, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir kritisieren nicht, daß eine neue Bundesregierung eine gewisse Zeit braucht, einen Haushaltsentwurf zu überarbeiten und dann neu vorzulegen. Vielmehr kritisieren wir, daß Sie seit Wochen jeden Tag neue Vorfestlegungen für künftige Haushalte machen, sich aber gleichzeitig nicht in der Lage sehen, hier einen Haushaltsentwurf ordentlich vorzulegen und einzubringen. ({0}) Wenn wir uns das Chaos der letzten Tage und Wochen in Erinnerung rufen, dann müssen wir feststellen: Mit diesem Chaos erhöhen Sie täglich das Haushaltsrisiko. ({1}) Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Herr Bundeskanzler hat von seinem Stuhl bis hier herüber, auf diesen 2,50 Meter, zu Ihren Lasten 4,7 Milliarden DM verloren, als er ankündigte, wie er die 620-MarkBeschäftigungsverhältnisse neu ordnen möchte. ({2}) - Und zu Lasten der Länder. Ich sage Ihnen: Die Länder und die Gemeinden werden es Ihnen nicht durchgehen lassen, daß Sie ihnen die zustehenden Beträge vorenthalten. Sie werden den Ländern natürlich den Anteil der Kindergelderhöhung ausgleichen müssen. Sie werden natürlich auch die Nachteile aus der Neuregelung der 620-Mark-Beschäftigungsverhältnisse ausgleichen müssen. Allein damit sind Sie, Herr Lafontaine, mit rund 6,5 Milliarden DM dabei; um diese Größenordnung handelt es sich. ({3}) Sehr viel schlimmer ist, daß Sie die Struktur des Haushaltes fundamental zum Nachteil der investiven Ausgaben verändern. Sie erhöhen den konsumtiven Anteil zu Lasten der investiven Ausgaben. Sie wissen auch nicht, wohin die Reise eigentlich gehen soll. Auf die Frage des Kollegen Michelbach neulich, ob man beabsichtige, die Staatsquote zu senken, hat die Frau Staatssekretärin Hendricks geantwortet: Die Bundesregierung strebt eine mittelfristige Begrenzung der Staatsquote an. Eine genaue Quantifizierung ist derzeit nicht sinnvoll. Da kommt einem geradezu das Grausen. Der Kollege Wagner hat Gott sei Dank zugestanden, daß die Frage der Investitionen sehr wohl vom Zeitpunkt der Vorlage und der Verabschiedung des Haushaltes betroffen ist. Natürlich sind diejenigen Maßnahmen nicht betroffen, für die bereits Beträge vorgesehen sind, für die Verpflichtungsermächtigungen eingestellt sind. Aber Sie können keine neuen Maßnahmen beginnen. Nach unserer Schätzung geht es bei dem, was Sie hier an Investitionsstau verursachen, immerhin um Beträge in der Größenordnung von 15 bis 20 Milliarden DM. Das ist mindestens soviel wie das, was die Gesamtentlastung Ihrer Steuerreform ausmachen soll - wenn sie überhaupt so kommt, wie Sie sie angekündigt haben. ({4}) Aber ganz offensichtlich haben Sie, Herr Bundesfinanzminister, ganz andere Sorgen. Wenn ich die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ vom 7. Dezember richtig gelesen habe, so haben Sie sich Sorgen über den Export in Deutschland gemacht. Die neue deutsche Regierung werde nicht mehr „krampfhaft“ auf Exporterfolge setzen. Wer erfolgreich exportiert - so Lafontaines Kredo -, tut dies letztlich immer zu Lasten eines anderen Landes. ({5}) Ich habe noch in Erinnerung, daß Ihr damaliger Kanzlerkandidat und jetziger Bundeskanzler Schröder im Wahlkampf die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes in den Mittelpunkt gestellt hat. Im übrigen werden Sie, Herr Bundesfinanzminister, diese Sorgen ohnehin nicht mehr haben müssen, wenn Sie finanzpolitisch, verteidigungspolitisch und außenpolitisch weiterhin so viel Porzellan zerdeppern, wie Sie das in den letzten Tagen und Wochen getan haben. ({6}) Denn damit wächst das Mißtrauen unserer Partner, Freunde und Nachbarn. Das wird sich wirtschaftspolitisch und auch in unseren Exporten mittel- und langfristig niederschlagen. Sie haben heute erfreulicherweise angekündigt, daß Sie von der früheren Vorstellung abgerückt sind, unter Umständen den Art. 115 in Anspruch zu nehmen. Sie müssen wohl erkennen, daß es bei der komfortablen Lage, die Sie jetzt vorfinden, keinen Grund gibt, den Art. 115 in Anspruch zu nehmen: steigendes Wirtschaftswachstum, steigende Steuereinnahmen, sinkende Arbeitslosigkeit, weniger Ausgaben für den Arbeitsmarkt, stabile Zinsen, stabile Preise. Sie können es sich sogar leisten - mein Vorredner hat es bereits gesagt -, eingeplante Privatisierungserlöse in diesem Jahr nicht zu realisieren und ins nächste Jahr zu verschieben, um sich damit einen größeren Puffer für die Finanzierungsprobleme des nächsten Jahres zu verschaffen, die Sie selber zu verantworten haben. Wir kritisieren das auf das nachdrücklichste. Wir können die Ausreden, die Sie jetzt gebrauchen und vorbringen, nicht akzeptieren. Es ist so, wie es schon hundertmal gesagt worden ist: Sie machen jetzt Geschenke und offerieren hinterher die Rechnung. ({7})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Ich erteile das Wort der Kollegin Konstanze Wegner, SPD-Fraktion.

Dr. Konstanze Wegner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002442, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Aufregung, die die Opposition hier verbreitet, hat in der Tat etwas Künstliches. Frau Kollegin Luft hat diesen Begriff schon gebraucht. Auch ich hatte ihn in meinem Konzept. Er stimmt einfach. ({0}) - Ich versuche, Sie ernst zu nehmen, aber das fällt mir heute schwer angesichts dessen, was Sie hier abliefern. ({1}) Die Regierung wird einen Haushaltsentwurf vorlegen, und zwar im Januar, das heißt - entgegen alle Spekulationen - noch vor der Hessenwahl. In diesem Haushaltsentwurf wird erstens die verfassungsmäßige Grenze des Art. 115 des Grundgesetzes respektiert werden. Zweitens werden in ihm Maßnahmen zur langfristigen Konsolidierung enthalten sein. Drittens werden mit ihm in einigen Bereichen auch neue Akzente im Sinne der Koalitionsvereinbarung gesetzt werden. ({2}) Den Haushalt eher vorzulegen war realistischerweise nicht möglich. Das wissen Sie auch ganz genau. Der Kassensturz mußte gemacht werden, um Klarheit über die Haushaltslage zu gewinnen. ({3}) Wenn man hört, was Sie, Herr Repnik, und Ihre Kollegen hier ablassen: Wissen Sie, was man dann für einen Eindruck hat? - Man hat den Eindruck, Sie hätten uns Vollbeschäftigung und gefüllte Staatskassen hinterlassen. So führen Sie sich hier auf. ({4}) In Wahrheit besteht Ihre Hinterlassenschaft jedoch in der höchsten Massenarbeitslosigkeit und in der höchsten Schuldenlast in der Geschichte dieser Republik. Das ist der Grund, warum der Haushalt nicht sofort vorgelegt werden kann. Das wissen Sie auch ganz genau. ({5}) Einen Vorgeschmack auf das, was die Opposition heute hier bietet, hatten wir schon in der letzten Sitzung des Haushaltsausschusses bekommen. Dort hat die Opposition die Absicht der Regierung, der Bundesanstalt für Arbeit einen Zuschuß in Höhe von 11 Milliarden DM zu gewähren, als verfassungswidrig bezeichnet. Beanstandet haben Sie vor allem die Einstellung des Sofortprogramms zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in den Haushalt der Bundesanstalt. Aber es ist verfassungsrechtlich zulässig, wenn die Bundesregierung den Haushalt der BA mit einem Defizit von 11 Milliarden DM genehmigt. Art. 111 des Grundgesetzes ermächtigt sie, auch bei noch nicht bestehendem Haushaltsgesetz „rechtlich begründete Verpflichtungen des Bundes zu erfüllen“. ({6}) Das Sofortprogramm zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit ist darüber hinaus auch im Sinne von Art. 112 des Grundgesetzes unabweisbar, weil damit die hohe Jugendarbeitslosigkeit bekämpft wird. Es trägt dazu bei, die Verpflichtung der beschäftigungspolitischen Leitlinie der Europäischen Union zu erfüllen. Es muß deshalb am 1. Januar 1999 in Kraft treten. ({7}) - Was Herr Fuchtel sagen wird, weiß ich schon. Er wird sich auf den Rechnungshofbericht berufen, in dem in der Tat kritisiert wird, daß das Programm bei der BA angesiedelt wird. Aber der gleiche Rechnungshof hat in diesem Bericht auch gesagt, daß sich das Problem in Kürze von selbst erledigt, weil in dem Gesetz zur Wiederherstellung der Arbeitnehmerrechte, das wir eingebracht haben und das morgen hier endgültig verabschiedet wird, festgesetzt wird, daß dieses Programm künftig bei der Bundesanstalt etatisiert wird. Insofern hat sich das Problem gelöst, und Sie können sich Ihre ganze Spucke sparen. ({8}) Ich wiederhole: Ihre Aufregung ist künstlich. Daß Sie Ihre Chance als Opposition nutzen, um uns hier zu attackieren, das ist Ihr gutes Recht. Aber an Ihrem Verhalten stört mich - das muß ich schon sagen -, daß Sie jeden Hauch von Selbstkritik vermissen lassen. ({9}) Woran liegt es denn, daß wir heute in einer so außerordentlich schwierigen haushaltspolitischen und arbeitsmarktpolitischen Situation sind? Es liegt daran, daß Sie 16 Jahre dieses Land regiert haben. Ich danke Ihnen fürs Zuhören. ({10})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Jetzt hat der Kollege Hans-Joachim Fuchtel, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.

Hans Joachim Fuchtel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000616, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Dr. Wegner weiß ja schon, was ich sagen werde. Ich aber möchte wenigstens darauf hinweisen: Wenn ich so frech wie Oskar wäre, würde ich hier behaupten, es sei das alleinige Verdienst der Opposition, wenn 1999 diesem Bundestag überhaupt ein Haushalt vorgelegt wird. ({0}) Das Gebot der Konsolidierung hat der Bundeskanzler hier hochleben lassen. Aber was für Lippenbekenntnisse das sind, möchte ich einmal an dem Beispiel des Zuschusses zur Bundesanstalt für Arbeit aufzeigen. ({1}) - Ja natürlich, wir verstehen uns in der Sache ja auch ganz gut; solange Sie in der Opposition waren, verstanden wir uns noch besser. Meine Damen und Herren, in dieser Zeit wird sichtbar, daß wir zirka 5 Milliarden DM in diesem Jahr übrig haben werden. Wir haben nämlich 5 Milliarden DM weniger Ausgaben, und das ist ein Erfolg der früheren Regierung. ({2}) Das darf hier einmal gesagt werden. Ein Ergebnis dieser Politik wird auch sein, daß wir im nächsten Jahr einen Rückgang an Arbeitslosen um etwa 200 000 haben werden. Darüber sind wir froh. Aber auch das ist ein Erfolg der früheren Regierung. ({3}) Die Frage, die sich jetzt hier stellt, ist doch: Was macht der jetzige Finanzminister daraus? Sie haben 11 Milliarden DM mehr. Und was machen Sie? Sie haben sie bereits der Bundesanstalt für Arbeit wieder zugewiesen. Das ist keine Leistung, Herr Lafontaine; denn der Waigel-Entwurf sah ebenfalls vor, daß 11 Milliarden DM zur Verfügung stehen. Aber wir waren schon weiter. Wir hatten schon einen Haushaltsentwurf. Den haben Sie jetzt noch nicht. Das ist der Unterschied. ({4}) Also brüsten Sie sich nicht weiter mit einer solchen Leistung! Sie könnten 8 Milliarden DM von dem Geld zur Senkung der Nettokreditaufnahme oder zur Entlastung der Finanzmärkte verwenden. Aber das tun Sie nicht. Reden Sie also künftig nicht mehr vom Stopfen von Haushaltslöchern, wenn Sie das gar nicht ernsthaft vorhaben! ({5}) Genauso könnten Sie mit diesem Betrag die Sozialversicherungsabgaben um 0,5 Beitragspunkte senken ({6}) - ohne diese komische Öko-Abkassiererei. Aber Sie tun auch das nicht, Sie haben dazu nicht mal mehr die Kraft. ({7}) Sie könnten auch viele Milliarden für Investitionen einsetzen. Auch das tun Sie nicht. Wir wissen, warum das alles so läuft. Wir haben sehr genau beobachtet, wie die Personalpolitik hier läuft. Noch nie haben wir erlebt, daß ein Haushaltsdirektor direkt aus der Funktion eines Büroleiters in diese wichtige Funktion hochbefördert wird. Was hier passiert ist, ist der Öffentlichkeit bis jetzt entgangen. Hier kommt jemand, der der Büroleiter des saarländischen Schuldenkönigs war, und der bekommt den Platz des Haushaltsdirektors im Finanzministerium. Das muß man sich einmal vorstellen! Da braucht man sich nicht zu wundern, wenn das dann diese Entwicklung nimmt. ({8}) So kommt es dann auch, daß Sie jetzt 10 Milliarden DM in weitere AB-Maßnahmen hineinpumpen. Wir müssen darauf hinweisen: Hier handelt es sich um einen klaren Bruch der Verfassung. Frau Kollegin Dr. Wegner hat vorhin erklärt, es gehe hier um die Sozialgesetzgebung. Jawohl! Aber noch wichtiger ist die Verfassung, und diese wird in diesem Punkt mißachtet. ({9}) Es ist der Bundesregierung untersagt, einen Schattenhaushalt bei der Bundesanstalt für Arbeit zu verstecken. Herr Finanzminister, nichts anderes tun Sie. Das ist verfassungswidrig, und das kann man Ihnen nicht durchgehen lassen. Das muß hier deswegen ganz deutlich gesagt werden. Ich fasse zusammen: Hier wird schon zu Beginn dieser Regierungszeit an einem ganz wichtigen Punkt eine große Störung des Vertrauens zum Parlament offensichtlich. Ich kann Sie nur auffordern: Tun Sie so etwas nie wieder! Ich bin mir sicher, nach Weihnachten, wenn Sie dann die Ratenzahlungen für die ganzen Geschenke, die Sie ausgeteilt haben, erbringen müssen, dann werden immer mehr Leute rufen: Wir wollen unseren Theo wiederhaben. ({10})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Nun erteile ich der Kollegin Uta Titze-Stecher das Wort.

Uta Titze-Stecher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002331, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der letzte Satz hat mich wirklich schallend lachen lassen, Herr Kollege Fuchtel. Wenn Sie die Gesichter der Stenographen betrachtet hätten - das konnten Sie natürlich aus dieser Position heraus nicht -, dann hätten Sie auch deren Schmunzeln beobachten können. Das kann man ja nicht ernst nehmen. Als Präsident für Ihre Kamele sind Sie sicherlich effizienter als bei der Kritik des Bundeshaushalts. ({0}) Es hat eine verräterische Anmerkung seitens des Kollegen Kalb gegeben. Der Kollege Kalb äußerte nämlich, daß ihn vor allem die Politik dieser neuen Bundesregierung störe. Er hat nämlich alle Maßnahmen, die wir bisher ergriffen haben, kritisiert. Das heißt, es stimmt, was Frau Luft und Frau Wegner hier gesagt haben, daß die Aktuelle Stunde einberufen worden ist, obwohl es dafür keinen rationalen Grund gibt. Sie bemühen ja heute so außerordentlich oft das Grundgesetz. Darf ich Sie darauf aufmerksam machen auch der Bundesfinanzminister ist bereits darauf eingegangen -, daß der Art. 111 Grundgesetz die vorläufige Haushaltswirtschaft regelt? Ich sage Ihnen auch, warum - Sie wissen es -: Weil die Situation schlicht und einfach eintreten kann, wie sie im Moment aktuell ist, daß nämlich das Haushalts- und das Rechnungsjahr nicht miteinander identisch sind. Wenn Sie im Haushaltsausschuß und im Plenum behaupten, daß Ihnen das nie untergekommen ist, dann muß ich sagen: Ja gut, wenn die neue Regierung die alte Regierung ist, wie das 1994 der Fall war, dann ist es natürlich nicht schwer, einen Bundeshaushalt einzubringen. Aber verabschiedet haben Sie ihn auch erst im nächsten Sommer. Zur Bewältigung der augenblicklichen Haushaltssituation hat der Gesetzgeber Sorge getragen. Deswegen sollten Sie hier nicht so herummäkeln und für diese Aktuelle Stunde Vorwände suchen. Ihnen geht es darum, daß Sie die Politik der neuen Regierung schlicht nicht verknusen können. ({1}) - Nun muß ich sagen, Herr Rexrodt, das können Sie dann in der parlamentarischen Debatte bei der Einbringung von Gesetzentwürfen trefflich diskutieren. Da ist der richtige Platz, aber nicht hier, wo Sie einen Vorwand wie heute zum Anlaß nehmen, um herumzumeckern. Wir hätten das im gleichen Fall nicht getan. ({2}) Es hat ein totaler Wechsel stattgefunden - das muß ich Ihnen noch einmal sagen -, nämlich nicht nur mit der neuen Bundesregierung, sondern auch mit der gesamten Konstellation, nämlich der Koalition. Es ist nun mehr als verständlich und nachvollziehbar, wenn diese neue Bundesregierung auch im Bundeshaushalt ihre eigene Handschrift wiederfinden möchte. ({3}) Wie oft haben mir bei Haushaltsberatungen die Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen freundlich lächelnd ins Gesicht gesagt: Tja, das geht nicht, was du möchtest; wir regieren. - So ist es nun für uns. Aus Ihrer Sicht ist das natürlich mißlich. Aber nur ein Kind hätte geglaubt oder erwartet, daß die abgewählte Bundesregierung davon ausgehen kann, daß ihr noch vor den Wahlen vorgelegter Bundeshaushalt von uns schlicht übernommen werden könnte. ({4}) Ihnen geht es ja gar nicht um die Fristen. Ihnen geht es ja nur ums Madigmachen. Eine Bemerkung zum Thema Verfassungsmäßigkeit. Da sind wir beim Punkt. Sie outen sich hier als Fans der Verfassungsmäßigkeit der haushaltsrechtlichen Bestimmungen im Grundgesetz. Da muß ich aber herzhaft lachen. ({5}) Nicht erst, seit ich Vorsitzende im Rechnungsprüfungsausschuß bin weiß ich - acht Jahre Arbeit im Rechnungsprüfungsausschuß haben mich dies gelehrt -, daß die abgewählte Kohl-Regierung geradezu als MarHans-Joachim Fuchtel kenzeichen ständige und hartnäckige Verstöße gegen verfassungsmäßig normierte Grundsätze der Haushaltsund Wirtschaftspolitik vorgewiesen hat. ({6}) Das sagt nicht die SPD, sondern das sagt selbst der Bundesrechnungshof, und zwar Jahr für Jahr bei der Vorlage seines Prüfberichts, zuletzt im November dieses Jahres. Und der BRH ist nun der unparteiische Bewerter schlechthin und nicht Sie. Im Art. 110 - Sie haben heute sehr oft das Grundgesetz bemüht, Herr Austermann - schreibt das Grundgesetz zum Haushaltsplan und zum Haushaltsgesetz des Bundes vor: Alle Einnahmen und Ausgaben des Bundes sind in den Haushaltsplan einzustellen… So schlicht, so einfach. Nur, Sie haben es nie befolgt. Der Bundesrechnungshof hat Ihnen zum wiederholten Mal klargemacht, daß Ihre Art der Haushaltsrechnung, nämlich die 16 Sondervermögen und ihre Einnahmen und Ausgaben gesondert beizulegen, schlicht verfassungswidrig ist, weil dies keinen Gesamtüberblick über die Gesamtverschuldung des Haushaltes erlaubt. Dieses und weitere Verstöße sind an der Tagesordnung gewesen, beispielsweise Verstöße - ich mache es ganz kurz gegen Art. 109, Haushaltswirtschaft in Bund und Ländern, Art. 110, Haushaltsplan und Haushaltsgesetz, Art. 112, überplanmäßige und außerplanmäßige Ausgaben, ein ständiger Renner. Dies ist am Haushalt der Bundesanstalt für Arbeit verifiziert worden. Das Neueste zum Thema hat die Präsidentin des Bundesrechnungshofes im November voller Sorge geäußert: Der Schuldenberg und die Zinsverpflichtungen, die in 16 Jahren seit 1982 aufgehäuft worden sind, haben sich vervierfacht wie der Bundesfinanzminister gesagt hat. Durch diese Ihre Erblasten sind die Spielräume zur politischen Gestaltung so schmal geworden - ich komme zu meinem Schlußsatz -, daß es wohl recht und billig ist und seriöser Haushaltsführung entspricht, einen völlig überarbeiteten Bundeshaushalt mit völlig überarbeiteter mittelfristiger Finanzplanung vorzulegen. Dafür müssen Sie uns wohl oder übel Zeit lassen. ({7})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Die Aktuelle Stunde ist beendet. Wir sind damit am Schluß unserer heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 10. Dezember 1998, 9.00 Uhr ein. Die Sitzung ist geschlossen.