Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 6/28/2000

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Zu diesem Thema gibt es Wortmeldungen. Als erster hat sich Herr Kollege Dirk Niebel gemeldet.

Dr. h. c. Dirk Niebel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003198, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, ich freue mich sehr, dass die Bundesregierung das Problem des so genannten Niedriglohnsektors in ihre politische Arbeit aufgenommen hat. Ich hätte mir das sehr viel früher gewünscht und möchte nun eine Frage an Sie stellen. Die von Ihnen vorgestellten Modelle zielen alle darauf ab, Arbeitsplätze oder Lohnnebenkosten zu subventionieren. Sie dienen aber nicht dazu, die Menschen als solche zu fördern. Befürchten Sie nicht ebenso wie ich bei einer Subventionierung von Lohnkosten oder Lohnnebenkosten Mitnahmeeffekte? Wäre es nicht Ihrer Ansicht nach sinnvoller, durch einen direkten Zuschuss an die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein zusätzliches Beschäftigungspotenzial im Niedriglohnsektor zu erschließen?

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Herr Abgeordneter Niebel, ich könnte Ihre Frage schlicht mit einem Nein beantworten. Ich will es aber nicht tun. Erstens. Sie sehen aus der unterschiedlichen Anlage dieser beiden Modelle, dass wir auf der einen Seite ein Modell gewählt haben, bei dem unmittelbar der Arbeitgeber bezuschusst wird, und auf der anderen Seite ein solches, bei dem der betroffene Arbeitnehmer bezuschusst wird. Durch dieses Vorgehen wollen wir beide Wirkungsweisen ausprobieren. Zweitens. Wir haben in einem Modell, dem Saar-Modell, gewissermaßen keine finanzielle Förderung des Arbeitnehmers. Diese Förderung läuft über Qualifizierungsmaßnahmen. Drittens. Auch ich hätte mir das alles viel früher gewünscht. Es hat viele Gelegenheiten gegeben, solche Maßnahmen früher zu verwirklichen und sinnvoll auszuprobieren. Wir sehen das vor dem Hintergrund der Schwierigkeiten, bestimmte Schwellen zu überwinden, um damit Anreize zu einer zusätzlichen und wenn möglich langfristigen Erwerbsarbeit im ersten Arbeitsmarkt zu schaffen. Ich will kein Prophet sein: Man macht Modellversuche - diese heißen deswegen auch so -, um bestimmte Erfahrungen zu sammeln. Wir gehen davon aus, dass wir mit den beiden Modellversuchen - zweimal in einem alten Bundesland und zweimal in einem neuen Bundesland die entsprechenden Erfahrungen sammeln können, um daraus Schlussfolgerungen für eine mögliche Veränderung von Gesamtsystemen ziehen zu können.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Sie haben eine Zusatzfrage, Herr Niebel? - Bitte sehr. Die anderen Fragesteller habe ich notiert. Bitte kommen Sie miteinander ins Gespräch.

Dr. h. c. Dirk Niebel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003198, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, die von Ihnen vorgestellten Modelle und Ihre Ausführungen zu meiner Frage gehen davon aus, dass in dem bestehenden System von Entlohnung und Arbeitsproduktivität ein Problem darin besteht, dass Personen mit geringer Qualifikation nicht in die untersten Lohngruppen hineinkommen. Ich denke, das Problem besteht vielmehr darin, dass Arbeitsproduktivität und Entlohnung der untersten Lohngruppen nicht deckungsgleich sind. Würden Sie dem zustimmen bzw. aus welchen Gründen sehen Sie das anders? Müsste der Ansatz daher nicht vielmehr dahin gehen, durch einen direkten Zuschuss an Arbeitnehmer einen Lohn existenzsichernd zu gestalten, der im Augenblick in den untersten Lohngruppen nicht vorgesehen ist? Würden Sie mir auch darin zustimmen? Könnten Sie mir weiter sagen, inwiefern Sie die Modellversuche des Landes BadenWürttemberg, die seit einem guten Jahr in diesem Bereich laufen, in Ihre Entscheidungsfindung einbeziehen?

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Zunächst muss ich sagen: Es gibt selbstverständlich einen Zusammenhang zwischen Lohnhöhe und Produktivität, und es gibt einen Zusammenhang zwischen Beschäftigungsproblemen im niedrig produktiven Bereich. Die spannende Frage ist, wie man damit umgeht. Das Problem einer Direktsubventionierung würde natürlich sofort flächendeckend zu Ergebnissen führen, die kein Mensch wollen kann. Wir haben auch heute schon ganz normale Beschäftigung in - so würde ich es bezeichnen - gering entlohnten Sektoren, die solche Niedriglohnsektoren sind. Wenn man dazu übergeht, hier Subventionierungen vorzunehmen, bekommt man sofort flächendeckende Mitnahmeeffekte, die kein Mensch wollen kann. Deswegen noch einmal der Hinweis darauf, dass wir mit zwei unterschiedlich gelagerten Modellen, die wir auch in größeren Regionen ausprobieren, genau untersuchen wollen, ob es denn zu entsprechenden Beschäftigungseffekten kommt. Das kann man vorher nicht prognostizieren - ich sage das noch einmal -, deswegen führen wir Modellprojekte durch und deswegen gibt es die unterschiedlichen Wirkungsmechanismen, die wir hier ausprobieren wollen. Auf Ihren Hinweis auf ein Modell von Baden-Württemberg kann ich erwidern, dass es auch andere Landesmodelle gibt. Beispielsweise in Sachsen gibt es ein anderes Konzept. Man hat sich im Bündnis für Arbeit und auch in den Folgegesprächen ausdrücklich für das Mainzer Modell und das Saar-Modell entschieden. Diese Modelle wollen wir nun ausprobieren, ohne damit andere Modelle irgendwie qualifizieren oder bewerten zu wollen. Sie werden mir auch nachsehen, dass ich das hier nicht öffentlich tun will.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Nun fragt Herr Kollege Schemken.

Heinz Schemken (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001955, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, diese Maßnahme in der Verzahnung zwischen den Kommunen und der Arbeitsverwaltung ist sicherlich zu begrüßen. Nur verweise ich aus der jahrzehntelangen Erfahrung vor Ort darauf, dass es hier recht kompliziert ist. Es ist sicherlich zu erklären, dass Arbeitslosenhilfe plus Sozialhilfe, wenn beide greifen, was bei Langzeitarbeitslosen oft der Fall ist, in die Betriebe mitgenommen wird. Dadurch wird der Betrieb bei dem Bemühen entlastet, diese Brücke zu bauen. Ich verstehe dies so. Wie soll das vor Ort geschehen? In der Vergangenheit haben sich auch die kommunalen Spitzenverbände sehr dagegen gewehrt. Ist dies abgeklärt, und wie geschieht der Datenaustausch? Der spielte bei diesen Fragen immer auch eine Rolle, wenn man zu einer Abklärung oder zu einem Abgleich kommen wollte. Die weitere Frage: Mit welchem Programm wird dann die Qualifizierung begleitet? Es handelt sich weitgehend um Menschen, die länger aus dem Arbeitsprozess heraus sind und bestimmt nicht direkt nach einer Maßnahme nach dem Berufsförderungsgesetz bzw. nach F- und U-Maßnahmen in eine Umschulungsmaßnahme von klassischem Charakter überführt werden können, weil hier sicherlich Trainingsmaßnahmen nötig sind. Kann man dies dem Betrieb zumuten, und wie wird dieser Konfliktfall im Alltag geregelt?

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Herr Kollege Schemken, was die erste Fragestellung angeht, habe ich versucht, bei meiner Einführung schon darauf hinzuweisen, dass das natürlich nur Sinn macht, wenn man die Beteiligten zusammen an einen Tisch bekommt. Das wird auch durch eine entsprechende Organisation gewährleis-tet, dass nämlich sowohl Arbeitgeber als auch Gewerkschaften als auch die Arbeitsämter und die Sozialämter unmittelbar vor Ort eingebunden werden. Es wird auch nur auf Antrag Maßnahmen geben, die von beiden Seiten getragen werden. Das ist der eine Punkt. Der zweite Punkt ist, dass wir ja schon laufende Projekte der Kooperation zwischen örtlichen Arbeitsämtern und Sozialämtern haben. Hier ist es in der Tat so, dass wir durch die Schaffung gesetzlicher Grundlagen - einerseits im SGB III und andererseits im BSHG - sicherstellen müssen, dass die Kooperation auf andere Grundlagen gestellt wird. Dazu ist besonders wichtig, dass es zu einem Datenaustausch kommt; darauf haben Sie schon hingewiesen. Aber Sie stoßen beispielsweise auch auf ein Problem, wenn Sie Leistungen aus einer Hand gewähren wollen. Wenn beispielsweise das Arbeitsamt nun die gesamte Leistungsabwicklung übernimmt, dann gibt es dafür keine rechtlichen Grundlagen. Wir werden in Kürze wahrscheinlich in der nächsten Woche - in diese Richtung auch entsprechende gesetzliche Vorstöße unternehmen. Hinsichtlich der Qualifizierung möchte ich darauf hinweisen, dass bei dem Saar-Modell nur der Arbeitgeber bezuschusst wird. Der Zuschuss für den Arbeitnehmer soll in Form von Qualifizierungsgutscheinen gewährt werden. Dies hängt natürlich von den Fragen ab: Wo befindet sich die Stelle? Um welche Beschäftigung handelt es sich? Wie muss der Arbeitnehmer für eine entsprechende Stelle qualifiziert werden? Die Auswahl bleibt zunächst einmal den Projekten vorbehalten, die am 1. September starten und bei denen die Anträge entsprechend bearbeitet und genehmigt werden müssen. Ich bitte um Verständnis, dass wir erst im weiteren Verlauf dieser Projekte und unter Begleitung der örtlichen Stellen, die das machen, darüber berichten können. Ich möchte im Vorfeld dazu nichts sagen. Es ist auch nicht alles vorgeplant. Hinsichtlich der Qualifizierung stehen uns bestimmte Instrumentarien im SGB III zur Verfügung. Aber vielleicht sind auch andere Maßnahmen möglich, die man sich allerdings genau anschauen und diskutieren muss.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Jetzt hat das Wort der Kollegen Dreßen.

Peter Dreßen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002642, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, vielleicht können Sie die Zweifel, die aus den beiden vorausgegangenen Fragen zu hören waren, zerstreuen, wenn Sie die beiden Modellansätze - das Mainzer Modell und das Modell der Saar-Gemeinschaftsinitiative - etwas detaillierter beschreiben und klarmachen, was eigentlich hinter diesen Modellen steckt. Vielleicht sind Herr Niebel und Herr Schemken, die Zweifel hatten, dann etwas besänftigt.

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Im Rahmen des SaarModells wird dem Arbeitgeber ein Zuschuss gewährt darauf habe ich schon hingewiesen -, der degressiv gestaltet sein soll und der sich nach der Einkommenshöhe richtet. Vorgesehen ist, dass bei einem Stundenlohn von etwa 10 DM der volle Zuschuss gewährt wird. Die Zuschüsse werden degressiv bis zu einem Stundenlohn von 18 DM für sozialversicherungspflichtige zusätzliche Beschäftigungsverhältnisse gewährt. Sie sehen also, dass wir schon hier Sicherungsinstrumente eingebaut haben, weil wir Mitnahmeeffekte vermeiden möchten. Deswegen muss es sich um zusätzliche Beschäftigung handeln. Es ist im Bündnis für Arbeit auch verabredet worden, dass es sich um sozialversicherungspflichtige Beschäftigung handeln muss. Der Zuschuss zum Arbeitnehmeranteil an den Sozialversicherungsbeiträgen wird dem Arbeitnehmer nicht bar ausgezahlt; vielmehr kommt ihm dieser Zuschuss in Form von Qualifizierungsmaßnahmen zugute. Beim Mainzer Modell erhalten nur die Arbeitnehmer einen Zuschuss. Der Hintergrund, der hierbei eine Rolle spielt - ich versuche, das ein bisschen zu erläutern -, ist, dass es eine Beschäftigungslücke zwischen den 630-Mark-Arbeitsverhältnissen und den darüber liegenden Einkommen gibt. Die Situation ist folgende: Bei 630-Mark-Arbeitsverhältnissen zahlt der Arbeitgeber die Renten- und die Krankenversicherung. Der geringfügig Beschäftigte zahlt 7 Prozent wahlweise nur dann hinzu, wenn er zusätzliche Leistungen haben möchte. Ab 631 DM beginnt aber die volle Sozialversicherungspflicht. Dadurch entsteht - wenn man es unter dem Strich zusammenrechnet - eine Lücke. Auch hier soll ein degressiv verlaufender Zuschuss realisiert werden, dessen Gewährung bei Einzelpersonen beim Zweieinhalbfachen und bei Verheirateten beim Doppelten der Geringfügigkeitsgrenze endet. Dadurch werden die Sozialversicherungsbeiträge subventioniert. Bei einem Einkommen von 631 DM bis 1 575 DM muss der Arbeitnehmer den vollen Sozialversicherungsbeitrag leisten. Arbeitnehmer dieser Einkommensgruppe erhalten einen Zuschuss für ihren Beitrag. Der Sozialversicherungsbeitrag von Verheirateten wird bis zu Bruttolöhnen von 1 260 DM voll und zwischen 1 260 DM und 3 150 DM abnehmend bezuschusst. Zusätzlich sieht das Mainzer Modell einen degressiven Zuschlag zum Kindergeld für erwerbstätige Geringverdiener - in Abhängigkeit vom Einkommen - in Höhe von maximal 150 DM monatlich vor. Über die Bezuschussung sollen also entsprechende Anreize geschaffen werden, beständige Beschäftigung anzunehmen.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Jetzt kommt der Kollege Gerald Weiß.

Gerald Weiß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003256, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, es ist sicherlich erwägenswert, im Zuge eines Unterstützungsmodells Angebot und Nachfrage in einem schwierigen Segment des Arbeitsmarktes zusammenbringen zu wollen. Sie sagten: Wir wissen auch, wo die Tücken liegen. Sie selber haben das Stichwort „Mitnahmeeffekte“ genannt. Habe ich es richtig verstanden, dass die Absicherung gegen den Missbrauch durch Mitnahmeeffekte nur durch das Kriterium „zusätzliche Arbeitsplätze bei niedrigen Löhnen“ erfolgen soll? Haben Sie also objektive Kriterien des Arbeitsplatzes - niedrige Produktivität, Unterversorgung mit Arbeitskräften; es gibt weitere denkbare Sicherheitskriterien - ins Modell nicht eingeführt? Zweite Frage: Es gibt ein gewisses Zahlengerüst und in einem gewissen Umfang stehen Haushaltsmittel verschiedener Ebenen zur Verfügung. Haben Sie Vorstellungen darüber, wie viel gering qualifizierte oder langzeitarbeitslose Arbeitnehmer Sie mit diesem Programm in den nächsten Jahren erreichen wollen? Gerd Andres, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung. Zur ersten Frage. Wir ziehen als Sicherheitskriterium ein, dass beim Mainzer Modell nur derjenige gefördert wird, der nicht schon vorher bei demselben Arbeitgeber beschäftigt war. Das Sicherheitskriterium wird bei sechs Monaten liegen. Im Saar-Modell muss es sich um eine zusätzliche Beschäftigung handeln. Wir werden die Einhaltung sehr genau beurteilen können, da wir die Projekte unmittelbar vor Ort begleiten. Schon die Grenzen der Einkommenshöhen - ich habe sie genannt - zeigen, dass das Kriterium, es handele sich um Jobs für gering Qualifizierte, ein bestimmtes Sicherheitspotenzial enthält. Ich sage ausdrücklich: Wir haben etwas größere Regionen - ich erinnere an RheinlandPfalz mit vier Arbeitsamtsbezirken - nach dem Beschäftigungspotenzial ausgewählt. Es ist lange über den Anteil von gering qualifizierten Langzeitarbeitslosen und das damit zusammenhängende Beschäftigungspotenzial diskutiert worden. Ich habe die Globalzahlen genannt. Wir werden für dieses Jahr 60 Millionen DM zur Verfügung stellen. Wir gehen davon aus, dass durch die jeweiligen Bundesländer eine Kofinanzierung von 20 Prozent vorgenommen wird. Wir werden mit den zur Verfügung gestellten Mitteln im Rahmen der vorgegebenen Zeit insgesamt etwa 36 000 Förderfälle jährlich finanzieren können. Das ist ein Potenzial, mit dem man eine Menge anfangen kann. Ein Modell mit kleineren Größenordnungen würde keinen Sinn machen. Nimmt man auf der Grundlage von jährlich 36 000 Fällen eine Hochrechnung bis zum Jahr 2004 vor, dann stellt man fest, dass ein ganz schönes Potenzial zusammenkommt. Man sollte sich das im Einzelnen anschauen.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Noch einmal der Kollege Weiß, bitte sehr.

Gerald Weiß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003256, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie haben im Ausschuss berichtet, dass die ersten Projekte im zweiten Halbjahr des Jahres 2000 bezuschusst werden könnten. Da das zweite Halbjahr in wenigen Tagen beginnt, sind Sie - das ist mein Eindruck nicht ganz im Zeitplan. Oder ist es so, dass Anfang Juli die ersten Projekte bewilligt werden können?

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Ich finde, dass wir sehr gut im Zeitplan sind. Es ist natürlich jeder Opposition unbenommen, die Regierung dahin gehend zu kritisieren, dass sie ihren Zeitplan nicht einhält. ({0}) Wir haben im laufenden Haushaltsjahr für diesen Gesamttitel 100 Millionen DM zur Verfügung gestellt. Für diesen speziellen Bereich stehen 60 Millionen DM zur Verfügung, die entsprechend kofinanziert werden. Wir mussten eine Reihe von Abstimmungen vornehmen, weil ausdrücklich festgehalten worden ist, dass die Bündnispartner, die Sozialämter und die Arbeitsämter einbezogen werden. Es ging darum, das Vorhaben konzeptionell vorzubereiten. Wir gehen davon aus, dass wir ganz zügig starten können.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Nun kommt die Kollegin Irmgard Schwaetzer, bitte sehr.

Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002120, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann werden zumindest in dem Modellversuch, der im Saarland läuft, Löhne gezahlt, die unterhalb der tariflich vereinbarten Mindestlöhne liegen. Ich habe Sie also richtig verstanden, dass Sie davon ausgehen, dass es ein Beschäftigungspotenzial in dem Bereich der Entlohnung auch unterhalb der Tarifverträge gibt. Wäre es dann nicht sinnvoll, diesen Beschäftigungssektor in etwas breiterer Form zu erschließen, zum Beispiel dadurch, dass der Abschluss entsprechender Anstellungsverträge zugelassen würde und man gleichzeitig aber, um sicherzustellen, dass für den Lebensunterhalt angemessene Einkommen erzielt werden, die Höhe der Anrechnung auf die Sozialhilfe und die Arbeitslosenhilfe möglichst zusammenfasste - das war ja auch der Plan dieser Bundesregierung -, diese also nur zu einem bestimmten Anteil anrechnete? Sind Sie nicht mit mir der Meinung, dass dies besser geeignet wäre, die Beschäftigungslücke zwischen 630 DM und 1 500 DM oder aber 2 500 DM, je nachdem, welche Maßstäbe man anlegt, zu schließen, als jetzt diese Lohnzuschüsse oder aber Zuschüsse zu den Sozialversicherungskosten, wie das jetzt angelegt ist, zu zahlen?

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Frau Schwaetzer, ich will ausdrücklich noch einmal sagen: Wir zahlen keine Lohnzuschüsse, sondern wir bezuschussen die Sozialversicherungsbeiträge. Das ist der eine Punkt. Der zweite Punkt. Wenn Sie aus den Stundenlöhnen von 10 DM bis 18 DM ableiten, dass das Löhne seien, die unter Tarif lägen, dann muss ich Ihnen widersprechen. Es gibt die prinzipielle Vereinbarung, dass nicht unter Tariflohn gezahlt wird. Wir kennen faktisch nur einen Mindestlohn, der in einer bestimmten Höhe definiert ist, nämlich den im Bereich der Bauwirtschaft; ansonsten kennen wir nur das, was tarifvertraglich verabredet oder für allgemeinverbindlich erklärt worden ist. Wenn Sie sich aber bestimmte Tarife anschauen - schauen Sie einmal in den Bereich der Gastronomie, in den Bereich der Feinkeramik, in den Bereich des Einzelhandels -, dann werden Sie dort Löhne vorfinden, die in einer Größenordnung von nur 10 DM bis 18 DM liegen. Dort etwas zu tun macht also Sinn, aber das ist natürlich an eine bestimmte Ausganglage gekoppelt. Es muss sich nämlich um Menschen handeln, die vor allem entweder Langzeitarbeitslose oder Sozialhilfeempfänger sind, weil wir ja genau erproben wollen, ob wir damit sozusagen Schwellen beseitigen können, wodurch diese Zielgruppen deutlicher und sofort in den ersten Arbeitsmarkt gelangen. Da hinter Ihrer Fragestellung unausgesprochen eine andere Frage steckt, was ich weiß, weil wir uns ein bisschen kennen, möchte ich Ihnen jetzt noch eine zweite Antwort geben: Es hat schon längere Auseinandersetzungen über die Frage gegeben, ob man beispielsweise den Eigenbehalt bei Arbeit im Falle von Sozialhilfebezug oder Arbeitslosenhilfebezug nicht erhöhen sollte. Ich erinnere mich noch gut daran, dass die alte Regierungskoalition, beispielsweise in der Person des damals für Sozialhilfeangelegenheiten zuständigen Ministers, den Versuch unternommen hat, den Eigenbehalt bei Sozialhilfebezug um 50 DM zu erhöhen. Da stößt man allerdings ganz schnell auf ein Problem, das mit der unterschiedlichen Systematik zusammenhängt. Das ist das Problem, dass man, wenn man den Eigenbehalt erhöht, automatisch auch die Zahl der Sozialhilfeberechtigten und die Kosten der Sozialhilfe erhöht. Da wir uns hier in einer freundlichen Gemengelage zwischen Bund und Ländern befinden, brauche ich Ihnen die Weiterungen wohl nicht zu nennen. Jedes Modell muss scheitern - das sage ich von vornherein für diese Bundesregierung -, das dazu führt, dass der Kreis der Anspruchsberechtigten für den Bezug von Sozialhilfe erweitert wird. Das können wir einfach nicht mittragen. Das wollen wir nicht. Das wäre auch kontraproduktiv zu dem, was wir mit den Modellen erreichen wollen. Wir wollen damit nämlich gerade erreichen, dass durch anders konstruierte Anreize Menschen aus dem Bezug von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe herausgeführt werden. Die etwas schwierige Systemdebatte, die dahinter steckt, will ich aber jetzt nicht weiter vertiefen. Wenn Sie sich das anschauen, dann werden Sie also feststellen, dass sich dann, wenn man den Eigenbehalt um 50 DM erhöht, auch die Zahl der Bezugsberechtigten für Sozialhilfe und die Sozialhilfekosten insgesamt erhöht.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Frau Schwaetzer.

Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002120, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, Sie haben sicherlich zu Recht die Diskussionen aus der letzten Legislaturperiode angeführt. Dennoch ist Ihr Modell - so wichtig das ist - möglicherweise nur dazu geeignet, Menschen, die derzeit Sozialhilfe oder Arbeitslosenhilfe beziehen, aus dieser Situation herauszuführen. Es ist kein Instrument, das der Prävention dient. Genau darauf zielte allerdings meine Bemerkung, was angestellt werden müsste, um den Bereich zwischen 630 DM und 1 500 DM zu schließen, das heißt den Bereich der gering Qualifizierten, die ja nach den im Moment angedachten Lösungen - das wird sicherlich nicht das Ende sein - erst einmal langzeitarbeitslos werden müssen, ehe sie die entsprechende Hilfe bekommen. Sie könnten aus der Systemdebatte herauskommen, wenn Sie das Modell der Negativsteuer wählen. Damit könnte eine Ablösung der Systemdebatte eingeleitet werden.

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Frau Schwaetzer, Sie wissen selbst, dass wir heftige Debatten über die Neuregelung der 630-Mark-Beschäftigungsverhältnisse geführt haben. Wir haben diese Regelung durchgesetzt. ({0}) Wir sind sehr froh darüber, dass sich diese Regelung in der Zwischenzeit als außerordentlich erfolgreich erwiesen hat. ({1}) Das ist so, und es muss auch der Bundesregierung, wenn die einen sozusagen ihr Modell einbringen, gestattet sein, aufzuzeigen, wo sie erfolgreich ist. Entgegen allen vorherigen Prognosen sind in der Zwischenzeit über 4 Millionen ordentliche Beschäftigungsverhältnisse von Personen, die ausschließlich einer geringfügigen Beschäftigung nachgehen und für die diese kein Zusatzverdienst ist, registriert worden. Man könnte fragen, wie denn die besagte Lücke entsteht. Sie entsteht dadurch, dass es auf der einen Seite Unterstützung gibt und auf der anderen Seite nicht, dass also derjenige, der mehr als 630 DM verdient, netto sofort weniger herausbekommt als der, der weniger verdient. Wir wollen aber probieren, ob das mit unserem Modell zu ändern ist. Es gibt andere, die sagen, dass man die Grenzen deutlich erhöhen muss. Das schließt aber diese Lücke nicht. Dem Modell der Negativsteuer will sich diese Bundesregierung, wie Sie wissen, nicht nähern.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Jetzt kommt die Kollegin Erika Lotz.

Erika Lotz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002726, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, Sie hatten ausgeführt, dass schon in vier verschiedenen Ländern Modellversuche stattfinden, und hatten auch schon etwas zur Finanzierung seitens des Bundes gesagt. Auch die Länder haben ja, wie ich denke, ein Interesse daran, dass die Menschen aus der Sozialhilfe bzw. der Langzeitarbeitslosig-keit herauskommen. Mich würde interessieren, ob die Finanzierung nur vonseiten des Bundes geschieht oder ob sich daran auch die Länder beteiligen und, wenn ja, in welcher Höhe.

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Wir erwarten eine Kofinanzierung von den beteiligten Ländern in Höhe von 20 Prozent. Das macht bei einem vom Bund vorgesehenen Volumen von 60 Millionen DM in diesem Jahr eine finanzielle Beteiligung der Länder in Höhe von 12 Millionen DM nötig. So betragen die Gesamtmittel, die dieses Jahr zur Verfügung stehen, 72 Millionen DM. Für die Folgejahre wird das entsprechend aufgeschlüsselt. Eine Kofinanzierung der beteiligten Länder ist also Voraussetzung. Dass es diese gibt, ist sichergestellt.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Nun kommt die Kollegin Frau Dr. Knake-Werner. Bitte sehr.

Dr. Heidi Knake-Werner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002700, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Herr Staatssekretär, ich nehme an, dass es Sie nicht wundern wird, wenn ich jetzt sage, dass ich im Gegensatz zu einigen meiner Vorrednerinnen überhaupt nicht froh darüber bin, dass nun die Ausweitung des Niedriglohnsektors in der Bundesrepublik noch durch Modellversuche der Bundesregierung befördert wird. Nun komme ich zu meiner Frage: Sie haben ja vorhin bemerkt, dass man Modellversuche deshalb macht, weil man Erfahrungen sammeln will, ehe man etwas in eine breitere Praxis überführt. Wenn ich das Ganze bisher richtig verstanden habe, schlagen Sie für den Modellversuch Modelle vor, die es bereits im Saarland und in RheinlandPfalz gibt. Was bitte ist jetzt das Neue, das Sie aus diesen Modellen, die sich exakt an diesen Vorgaben orientieren, erfahren wollen?

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Frau Abgeordnete Knake-Werner, ich kann verstehen, dass Sie nicht begeistert sind. Ich verstehe das gut, weil ich Ihre Grundeinstellung zu diesem Bereich kenne, die ich aber nicht ändern kann und die Ihnen unbenommen bleibt. ({0}) Ich möchte aber heftig Ihrer Position widersprechen, wir würden flächendeckende Versuche zur Einführung des Niedriglohns durchführen. Es geht uns um etwas ganz anderes. Es geht uns nämlich darum, zu erproben, ob es mithilfe von bestimmten Instrumentarien Möglichkeiten gibt, Langzeitarbeitslose und Sozialhilfeempfänger im ersten Arbeitsmarkt dauerhaft in Arbeit zu bringen. Ich will Sie darauf hinweisen - auch das mag Ihnen möglicherweise nicht gefallen -, dass sich die Bündnispartner daran beteiligen. Es handelt sich also um ein Modell, das mit den Arbeitgeberverbänden, mit den Gewerkschaften und mit der Bundesregierung gemeinsam aufgestellt worden ist. Die Saar-Initiative ist in diesem Rahmen entwickelt worden. Wir werden sie jetzt auf eine breitere Grundlage stellen und in größeren Zusammenhängen überprüfen. Ich habe schon die entsprechenden Zahlen genannt. Bestimmte Modelle müssen flächendeckend erprobt werden. Da Sie vorhin die Gesamtzahlen zur Kenntnis genommen haben, sollte Ihnen klar sein, dass es sich um ein recht gutes Verfahren handelt. Wir müssen alles tun - das ist die Position der Bundesregierung -, um die Systeme Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe daraufhin zu überprüfen, dass es nicht zu einem Verharren in diesen Systemen kommt. Wir müssen möglicherweise zusätzliche Instrumente nutzen, um die Versorgungssysteme zu öffnen und um damit deutlich zu machen, dass man aus diesen Systemen in einer vernünftigen Art und Weise in Beschäftigung kommen kann. Dieses Ziel wollen wir damit erreichen. Wir schauen uns an, was daraus wird. Wir können vorab keine Schlussfolgerungen ziehen. Vorher muss es Modellversuche geben.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Frau Knake-Werner, bitte.

Dr. Heidi Knake-Werner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002700, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Herr Staatssekretär, ich habe schon verstanden, dass Sie diese Modellversuche mit den Bündnispartnern abgesprochen haben. Ich finde dieses Vorgehen so weit in Ordnung. Ich hätte mir nur eine parlamentarische Debatte zu solch gravierenden Fragen gewünscht. Daher lautet meine zweite Frage: Habe ich Sie richtig verstanden, dass der Titel „Modellversuche zur Erprobung neuer Wege in der Arbeitsmarktpolitik“, den wir bei den letzten Beratungen zum Haushalt 2000 verabschiedet haben und der 100 Millionen DM - diese Zahl haben Sie selbst eben genannt - enthält, 60 Millionen DM sozusagen für die Erprobung zur Etablierung von Niedriglohnbereichen ausweist?

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Sie können es ruhig zehnmal wiederholen; ich widerspreche Ihnen trotzdem. Es geht nicht um die Erprobung von Niedriglohnsektoren. Es geht um etwas anderes. Im Übrigen will ich Sie darauf hinweisen, dass wir dieses im Rahmen der Haushaltsberatungen bereits mehrfach deutlich gemacht haben. ({0}) - Doch, das haben wir deutlich gemacht; Sie werden es gleich erkennen. - Ich will Ihnen verdeutlichen, worum es bei diesem Titel geht. Unter der alten Bundesregierung lautete ein Titel „Erprobung neuer Wege der Beschäftigung“. Damit wurden Modelle einerseits durch die Bundesanstalt für Arbeit oder andererseits durch den Bundesarbeitsminister gefördert. Wir haben diesen Titel geschlossen. Wir führen einen Teil dieser Modellprojekte fort. Es sind 10 Millionen DM für einzelne innovative Modellprojekte vorgesehen. Dafür haben wir den Titel ausdrücklich geschlossen. 60 Millionen DM mit Kofinanzierung der beteiligten Länder werden genutzt, um diese beiden Modelle erproben zu können. Als dritter Punkt fallen unter diesen Titel die Modellprojekte zur Erprobung der Zusammenarbeit von Arbeitsverwaltungen mit Sozialämtern. Dafür sind aus diesem Gesamttitel von 100 Millionen DM 30 Millionen DM zur Verfügung gestellt. Diese Aufteilung ist von uns deutlich dargestellt worden. Angesichts Ihrer Bemerkung zur fehlenden parlamentarischen Debatte will ich darauf hinweisen: Das Arbeitsministerium hat einen schriftlichen Bericht vorgelegt. Soweit wir in der Lage sind, werden wir laufend darüber berichten und diskutieren. Es ist nun einmal so, Frau Knake-Werner: Auch bei den anderen Projekten, die bisher finanziert worden sind, müssen Modelle aufgestellt werden, für die es Richtlinien der Bundesregierung oder des beteiligten Ministeriums gibt. Dann erfolgt eine Ausschreibung und die Projekte werden gemäß der Richtlinien gestartet. Dann kann man sie entsprechend begleiten. Das, was der Bundesregierung bisher an entsprechender parlamentarischer Begleitung möglich war, hat sie getan. Wir werden das in den nächsten Wochen auch weiterhin tun.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind schon ein bisschen über die Zeit. Das macht aber nichts. Ich möchte nur darauf hinweisen. Mir liegen noch drei Wortmeldungen vor. Danach können wir die Befragung abschließen. Das ist noch im Rahmen dessen, was wir am heutigen Nachmittag leisten können. An sich sind wir aber schon ein bisschen über die Zeit. Konrad Gilges stellt die nächste Frage.

Konrad Gilges (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000680, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Parlamentarischer Staatssekretär Andres, meine Frage geht in eine Richtung, die bereits eingeschlagen worden ist. Sie haben vier Modelle angesprochen, aber daneben gibt es auch noch weitere Modellversuche. Zum Beispiel im Arbeitsamtsbezirk Köln hat der Verwaltungsausschuss einen Pluslohn beschlossen. Hierbei geht es um diejenigen, die eine besonders niedrige Tarifentlohnung haben. Sie wissen, dass es Tarifverträge gibt, die für Landarbeiter einen Stundenlohn von 9,60 DM vorsehen. Im Reinigungsgewerbe gibt es einen Stundenlohn von 14,48 DM. Das macht bei 165 Stunden ein Bruttoeinkommen von rund 2 400 DM. Nach Abzügen verbleibt den Betroffenen - Frau oder Mann - bei einer 40-Stunden-Woche ein Nettomonatsentgelt von etwa 1 600 DM. Der Verwaltungsausschuss des Arbeitsamtes vertritt die Auffassung, dass es sinnvoll wäre, diesen Betroffenen, damit sie überhaupt einen Anreiz zur Arbeit beziehungsweise zur Arbeitsaufnahme haben, auf diesen Lohn noch etwas draufzulegen, damit sie einen Mindestnettolohn von 2 000 DM haben, was nach unserer Einschätzung eine Ebene ist, bei der es sich lohnt zu arbeiten. Ein Einkommen von netto weniger als 2 000 DM bei 40 Stunden pro Woche kann man - das sage ich Ihnen - einem Arbeitnehmer nicht zumuten, weil das in der Nähe des Sozialhilfebezuges liegt. Halten Sie es für notwendig, dass man diese Modelle parallel zu den von Ihnen dargestellten auswertet, damit wir einmal einen Vergleich haben, ob ein solches Modell des Pluslohnes vielleicht genauso sinnvoll ist wie das Modell der Subventionierung von Sozialversicherungsbeiträgen und so weiter und so fort?

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Herr Gilges, wir wollen das auswerten, und das soll auch begleitet werden. Das ist der erste Punkt. Der zweite Punkt ist - das habe ich in meinem Einleitungsvortrag schon gesagt -, dass es quer durch die Bundesrepublik schon Modelle der Zusammenarbeit zwischen Arbeitsämtern und Sozialämtern gibt. Köln ist ein solches. Der dritte Punkt, um den es in diesem Zusammenhang geht - auch das habe ich schon angekündigt -, ist, dass wir faktisch die rechtlichen Grundlagen schaffen müssen, um solche experimentellen Modelle durchführen zu können. Das wollen wir tun. Noch einmal: Es geht zum einen um die beiden in größerem Maßstab auszuprobierenden Modelle, die ich geschildert habe. Zum anderen geht es darum, dass in der Bundesrepublik weitere Modelle - auf Orte begrenzt gefahren werden können und dass wir diese durch Institute wissenschaftlich entsprechend begleiten lassen und auswerten wollen. Anfang Juni hat der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit einen Runderlass an die Arbeitsämter herausgegeben, in dem die Arbeitsämter ausdrücklich aufgefordert werden, sich an solchen Modellen zu beteiligen, damit die entsprechenden Grundlagen zur Verfügung stehen.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Nun hat das Wort der Kollege Julius Louven.

Julius Louven (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001378, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Parlamentarischer Staatssekretär, wir stimmen sicherlich darin überein, dass nichts unversucht bleiben sollte, um zu mehr Arbeitsplätzen zu kommen. Sie haben auf die Frage des Kollegen Niebel beklagt, dass es nicht schon früher Modellprojekte gegeben habe. Ich darf Sie daran erinnern, dass die vorherige Bundesregierung Modellprojekte aufgelegt hat, beispielsweise das Projekt „Neue Wege“. Ich darf Sie in diesem Zusammenhang fragen: Haben sich diese Projekte, die teilweise noch laufen, nicht bewährt, beziehungsweise warum schließen Sie diese Projekte? Ich darf Sie weiter fragen, ob die Ergebnisse dieser Projekte, die wissenschaftlich begleitet wurden, in die neuen Projekte einfließen. ({0})

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Ich habe schon darauf hingewiesen, dass wir diese Modellprojekte fortsetzen wollen. Dafür ist ein bestimmter Finanzierungsanteil vorgesehen, weil es nämlich keinen Sinn macht, Projekte zu starten und sie dann irgendwann zu kappen. Ein Teil der Projekte läuft noch. Sie werden auch entsprechend evaluiert. Wir haben bei den Projekten ganz unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Teilweise waren wir der Auffassung, sie könnten noch nicht abschließend bewertet werden. Deswegen finanzieren wir sie weiter und führen eine entsprechende Evaluation durch. Um Ihnen das konkret zu sagen: Wir haben einen Teil geschlossen, weil uns die Vergabemaßstäbe - es gibt einerseits den Strang Arbeitsverwaltung, andererseits den Strang Bundesarbeitsministerium - nicht sinnvoll schienen. Wir haben die Aufgaben des zweiten Stranges, des Bundesarbeitsministeriums, komplett an die Bundesanstalt für Arbeit weitergegeben, um uns bestimmten Diskussionen, die Sie aus der letzten Legislaturperiode kennen, zu entziehen. Es gibt jetzt klarere Verfahren. Wir können zwar bestimmte Modellprojekte befürworten, aber die Durchführung, die Abwicklung usw. werden von der Bundesanstalt für Arbeit übernommen; deswegen gibt es auch das Verwaltungsabkommen, das hier eine Rolle spielt. Wir setzen die Projekte also fort und werten sie aus. Ich will aber auf einen Zusammenhang hinweisen, Herr Kollege Louven: Wenn man auf der einen Seite feststellt - was wir ja alle gemeinsam gemacht haben -, dass die Verantwortung für aktive Arbeitsmarktpolitik und auch für das Ausprobieren bestimmter Dinge, dass die Arbeitsämter selber Mittel einsetzen können, um vernünftige Wege auszuprobieren - ich nenne § 10 -, ein sinnvoller Weg zu sein scheint, der auch von sehr vielen Arbeitsämtern genutzt wird, dann muss man auf der anderen Seite ebenso sehen, dass dadurch ein zusätzliches Instrument für anders geartete Modellprojekte auf Bundesebene nicht mehr nötig ist. Aus all diesen Gründen sind wir so verfahren, wie wir es gesagt haben. Die Projekte, die angelaufen sind, werden zu Ende geführt und entsprechend finanziert. Sie werden wissenschaftlich begleitet und ausgewertet. Wir werden selbstverständlich den Deutschen Bundestag und den entsprechenden Fachausschuss über alle Erfahrungen in diesem Zusammenhang informieren. Sie wissen selbst, dass es in bestimmten Fällen zum Beispiel Mahnungen des Bundesrechnungshofs gegeben hat und wir dem nachgehen.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Nun folgt als Letzter der Kollege Niebel.

Dr. h. c. Dirk Niebel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003198, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil Sie vorhin so vehement die Negativsteuer von sich gewiesen haben. Sie wissen sicher, dass Bundesarbeitsminister Riester bei der Finanzierung der Eigenvorsorge in der Rente ein durchKonrad Gilges gängiges Negativsteuersystem vorgeschlagen hat, das in Bereichen, in denen ein höheres Einkommen erzielt wird, als Freibetrag und in Bereichen, in denen ein geringeres Einkommen erzielt wird, als direkter Zuschuss wirkt. Weil Sie so vehement verneint haben, dass man in diesem Bereich ein Negativsteuersystem einführen könnte und wir Brutto-Netto-Umkehrungen verhindern wollen, indem wir Anreize schaffen, frage ich Sie - auch bei der Green-Card-Diskussion haben Sie im Januar noch vehement verneint, dass hier Regelungsbedarf bestünde -: Wie lange werden Sie noch bei der Ablehnung der Negativsteuer bleiben und wann können wir damit rechnen, dass die Bundesregierung diesen Schritt auch im Bereich des Arbeitsmarktes gehen wird?

Dr. h. c. Gerd Andres (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000038

Herr Abgeordneter Niebel, wir könnten jetzt eine treffliche Diskussion darüber führen, was Negativsteuer bedeutet und was nicht. Ich habe die konkrete Frage von Frau Schwaetzer, ob es nicht sinnvoller wäre, in dem Zusammenhang, den wir hier diskutieren, auf dieses Modell überzugehen, verneint und ich denke, dass das auch richtig ist.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Ich danke dem Herrn Parlamentarischen Staatssekretär für die Beantwortung der Fragen. Gibt es weitere Fragen an die Bundesregierung? - Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Regierungsbefragung. Ich rufe nun die Fragestunde auf: Fragestunde - Drucksache 14/3653 Wir kommen zunächst zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Zur Beantwortung ist die Parlamentarische Staatssekretärin Gila Altmann anwesend. Ich rufe die Frage 1 des Abgeordneten Werner Siemann von der CDU/CSU-Fraktion auf: Welche Folgerungen zieht die Bundesregierung aus der per Dekret durch den russischen Präsidenten Wladimir Putin erlassenen Lockerung der Regelungen für die Ausfuhr nuklearer Materialien? Frau Staatssekretärin, bitte sehr.

Gisela Altmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002618

Herr Kollege Siemann, Sie fragen nach einem Dekret des russischen Präsidenten Putin. Von diesem Dekret ist die Bundesregierung bislang nicht unterrichtet. Sie bemüht sich zurzeit jedoch darum, Kenntnis darüber zu erlangen. Unabhängig davon bedarf es für eine Einfuhr nu-klearer Materialien aus Russland in die Bundesrepublik Deutschland einer deutschen Einfuhrgenehmigung nach § 3 des Atomgesetzes. Die Modalitäten hierfür sind unverändert.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Weitere Fragen zu diesem Geschäftsbereich gibt es nicht. Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. Ich rufe nun den Geschäftsbereich des Bundeskanzleramtes auf. In diesem Fall steht zur Beantwortung Staatsminister Dr. Michael Naumann zur Verfügung. Ich rufe die Frage 2 des Abgeordneten Hartmut Koschyk auf: Welche kritischen Einwände und Änderungsvorschläge haben die Länder und die betroffenen Einrichtungen bei einer Besprechung am 19. Juni 2000 über eine überarbeitete Fassung der Konzeption zur Kulturförderung des Bundes nach § 96 Bundesvertriebenengesetz gegenüber der Bundesregierung vorgetragen, und wie wird die Bundesregierung diesen Vorschlägen und Einwänden Rechnung tragen? Herr Staatsminister, bitte.

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Mit dieser Konzeption kommt die Bundesregierung einem seit langem vom Deutschen Bundestag und vom Bundesrechnungshof geäußerten Wunsch nach Übersichtlichkeit und Straffung der institutionellen Förderungen und nach Verbesserung der Effizienz der Arbeit der Zuwender und Empfänger nach § 96 des Bundesvertriebenengesetzes nach, und dies insbesondere unter Berücksichtigung der veränderten politischen Lage in Osteuropa und speziell in unseren östlichen Nachbarstaaten. Es sind jetzt inhaltliche und finanzielle Entscheidungen zugunsten einer Entwicklungsperspektive für die kontinuierliche Kulturarbeit zu treffen, die schon vor Jahren hätten getroffen werden müssen. Dabei ist es notwendig, festzustellen, dass sich aus Grundentscheidungen hinsichtlich der Museen und Institute schmerzhafte Folgerungen für einige wenige Einrichtungen ergeben. Es ist verständlich, dass einige mitfördernde Länder und vor allem die betroffenen Einrichtungen ihr Interesse artikulieren. Hier sind weitere Gespräche mit den betroffenen Ländern beabsichtigt. Das neue Konzept der kulturpolitischen Fördermaßnahmen gemäß § 96 des Bundesvertriebenengesetzes war schon in seiner ersten Fassung in der am 27. Oktober 1999 stattgefundenen Anhörung des Kulturausschusses des Deutschen Bundestages alles in allem positiv aufgenommen worden. Eine endgültige Fassung wird dem Deutschen Bundestag nach Abwägung der in der Besprechung am 19. Juni 2000 ausgetauschten Argumente kurz nach der Sommerpause zugeleitet werden. Grundsätzlich ist festzustellen, dass die kulturpolitischen Zuwendungen des Bundes nach § 96 des Bundesvertriebenengesetzes zwischen 1983 und 1998 von 4,3 Millionen auf 43,1 Millionen DM gestiegen sind. Zwischenzeitlich waren es sogar 55 Millionen DM. Während der Amtszeit der vorigen Regierung bzw. ein halbes Jahrhundert nach Kriegsende hat sich diese Förderung also um das Zehnfache erhöht. Ich will nicht verhehlen, dass ich versucht habe, in den Akten des Bundeskanzleramtes nach Quellen für diese neue Politik zu suchen. Eine solche Suche erübrigt sich im Grunde genommen aufgrund des skandalösen, streckenDirk Niebel weise offenkundig auch kriminellen Tatbestandes der Vernichtung von Akten - über 1 Million Seiten sind verschwunden - jedenfalls so lange, bis dieser Vorgang geklärt ist. Die jetzt vorgesehenen Korrekturen sind auch im Zusammenhang mit der Haushaltssanierung zu sehen. Die Kulturförderung nach § 96 des Bundesvertriebenengesetzes wird im Jahre 2001 bei rund 35 Millionen DM liegen.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Ihre erste Zusatzfrage, Herr Kollege, bitte.

Hartmut Koschyk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001186, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, hat die Bundesregierung denn nicht beeindruckt, dass ihr im Zuge der von Ihnen erwähnten Besprechung am 19. Juni 2000 laut Pressemeldungen ein einstimmig gefasster Beschluss der Landesarbeitsgemeinschaft für Flüchtlingsfragen und Integration, also ein Beschluss aller Bundesländer, zur Kenntnis gebracht wurde, in dem mit Enttäuschung festgestellt wird, dass die Erwartung, die die Länder an die Bundesregierung hatten, nämlich zu einem einvernehmlichen Konzept unter Mitwirkung der betroffenen Länder und Institutionen zu gelangen, nicht erfüllt wurde, in dem ferner festgestellt wird, dass die in § 96 des Bundesvertriebenengesetzes formulierte Forderung nach einem verantwortungsvollen Umgang sowohl mit den historisch begründeten Kulturlandschaften als auch mit der gewachsenen Vielfalt unbeachtet geblieben ist, und in dem die Länder Grundsätze formuliert haben, die sich in der überarbeiteten Konzeption Ihres Hauses nicht wiederfinden? Glaubt die Bundesregierung angesichts eines solchen kulturpolitisch nicht unbedeutenden Feldes wirklich, eine Konzeption durchsetzen zu können, die auch nach deren Überarbeitung auf den einhelligen Widerstand aller Bundesländer - auch der sozialdemokratisch regierten Bundesländer - gestoßen ist?

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Herr Abgeordneter, was den Widerstand der sozialdemokratisch regierten Bundesländer betrifft, bin ich der Meinung, dass es sich hier nicht um parteipolitische, sondern um kulturpolitische Auseinandersetzungen handeln sollte. ({0}) Ich bin natürlich widersprüchliche Signale gewöhnt, was die Kulturhoheit der Länder angeht. Jedes Mal, wenn es um Zuwendungen des Bundes geht, die möglicherweise infrage gestellt werden, scheint die Kulturhoheit nicht mehr das heiligste Gut der Verfassung zu sein. Umgekehrt aber bleibt es bei der unbestrittenen Verfassungspraxis der Kulturhoheit der Länder für Kulturfragen jeglicher Art. Um aber auf Ihre Frage präzise zu antworten: Es gibt einen Beschluss der Länderarbeitsgemeinschaft für Flüchtlingsfragen vom 14. Juni 2000, wonach die Länder insbesondere an Entscheidungen des Bundes mitwirken möchten und unter anderem die Förderungsvielfalt des Bundes im Rahmen eines noch aufzunehmenden Dialogs aufrechterhalten wollen. Es ist verständlich, dass sich eine vielfältige Bundesförderung auch finanziell entlastend auf die Länder auswirken kann. Im Vordergrund der Bundesförderung muss aber die Zukunftssicherung - auch die wissenschaftliche Zukunftssicherung - der Arbeit mit einer überschaubaren und effizienten Förderungsstruktur stehen, verbunden mit Professionalität und Vernetzung mit anerkannten musealen und wissenschaftlichen Einrichtungen. Herr Koschyk, wenn Sie wüssten, wie viele Fahrten zu Kirchweihen ich nicht genehmigt habe, die in der Vergangenheit ganz offenkundig dazugehörten, dann würden Sie gerade diese Ausführungen verstehen. Ausführliche Gespräche mit den betroffenen Ländern waren aber schon im Juni, September und Oktober letzten Jahres geführt worden, sodass nach der erneuten Erörterung am 19. Juni 2000 der Dialog zu einem Abschluss gebracht werden sollte und Entscheidungen auch auf unserer Seite zu treffen sind.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Noch eine Zusatzfrage? - Herr Kollege Koschyk, bitte sehr.

Hartmut Koschyk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001186, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Mir scheint ein Widerspruch zwischen Ihrer ersten und Ihrer zweiten Antwort zu bestehen. Sie haben in Ihrer Antwort auf meine Ausgangsfrage gesagt, dass Sie mit den Ländern darüber weiterhin einen Dialog führen wollen. Nun habe ich Sie so verstanden, dass Sie nach der Befassung am 19. Juni unbeeindruckt von der Entschließung aller Bundesländer zu einer Entscheidung kommen wollen und den Vorbehalten aller Bundesländer gegen Ihre überarbeitete Konzeption nicht Rechnung tragen wollen.

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Herr Abgeordneter, mein Respekt vor den Verfassungsorganen ist viel zu hoch, als dass Sie dies annehmen dürften. Ich habe in meiner Antwort auf Ihre Ausgangsfrage darauf hingewiesen - das können Sie nachher im Protokoll nachlesen -, dass wir eine veränderte, angepasste Konzeption nach der Sommerpause vorlegen wollen. Diese Bundesregierung arbeitet auch im Sommer. ({0})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Jetzt stellt Herr Kollege Fromme eine Frage. Bitte sehr.

Jochen Konrad Fromme (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003126, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, halten Sie als Regierungsmitglied die Verwendung des Wortes „kriminell“ vor Abschluss eines Strafverfahrens mit Ihrem Amtseid für vereinbar?

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Selbstverständlich.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Damit haben wir den Geschäftsbereich des Bundeskanzlers erledigt und kommen zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes. Zur Beantwortung steht Herr Staatsminister Dr. Zöpel zur Verfügung. Ich rufe die Frage 3 des Abgeordneten Koschyk auf: Ist der Bundesregierung die Studie eines an der London School of Economics and Political Science tätigen Politikwissenschaftlers bekannt, der hinsichtlich der Rückgabe des konfiszierten sudetendeutschen Eigentums vorgeschlagen hat, eine Regelung zu verwirklichen, jene sudetendeutschen Alteigentümer, deren Eigentum nicht mehr rückübertragen werden kann, aus den zurückzuzahlenden Lastenausgleichsmitteln begünstigter Alteigentümer zu entschädigen ({0}), und ist die Bundesregierung bereit, mit der tschechischen Seite einen derartigen Verfahrensweg zu prüfen? Bitte sehr.

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Frau Präsidentin! Herr Kollege, der Bundesregierung ist die zitierte Studie nicht bekannt. Im Übrigen wird auf die Gemeinsame Erklärung der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik von 1997 verwiesen, die bilateralen Beziehungen nicht mit aus der Vergangenheit herrührenden politischen und rechtlichen Fragen zu belasten.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Zusatzfrage, Herr Kollege Koschyk.

Hartmut Koschyk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001186, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, wie verträgt sich Ihre Antwort mit der von der Bundesregierung mehrfach bekundeten Rechtsauffassung, dass die Konfiskation sudetendeutschen Eigentums im Rahmen der Vertreibung von der Bundesrepublik als völkerrechtswidrig angesehen wird und dass sowohl im Deutsch-Tschechischen Nachbarschaftsvertrag als auch in der deutsch-tschechischen Erklärung diese Frage ausdrücklich offen gehalten wird? Wie verträgt sich die Antwort, die Sie mir gerade gegeben haben, mit dieser auch von der jetzigen Bundesregierung bei Parlamentsanfragen immer wieder bekundeten Rechtsauffassung?

Not found (Gast)

Im zweiten Teil meiner Antwort habe ich das Wort „belasten“ erwähnt. Nicht belastende Regelungen im Sinne Ihrer Frage sind damit nicht gemeint.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Herr Kollege Koschyk noch einmal, bitte sehr.

Hartmut Koschyk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001186, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Heißt das, dass sich die Bundesregierung Kenntnis über die von mir genannte Studie der doch immerhin renommierten London School of Economics and Political Science verschaffen wird und bereit ist, nach Begutachtung dieser Studie eine Bewertung vorzunehmen?

Not found (Gast)

Die Beamten des Auswärtigen Amtes haben sich schon bemüht - bisher ist dies nicht von Erfolg gekrönt gewesen -, die von Ihnen genannte Studie zu bekommen. ({0}) - Ja, dafür wäre ich Ihnen dankbar. Ich gebe offen zu: Ich persönlich wäre auf die Idee gekommen, Sie anzurufen. Aber ich bin für die Vorbereitung meiner Antworten nicht zuständig. ({1}) Jetzt komme ich zu der Antwort: Wann immer die Bundesregierung zusätzliche Erkenntnisse erlangt, die vor allem zu das deutsch-tschechische Verhältnis nicht belastenden Regelungen offener Fragen führen, ist sie darüber erfreut.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Nun freuen wir uns, denn der Kollege Koschyk überreicht dem Herrn Staatsminister jetzt die Studie der London School of Economics zu dieser Frage. Wir sind gespannt auf die Antwort der Bundesregierung. ({0}) Damit sind wir am Ende des Geschäftsbereichs des Auswärtigen Amtes und kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie. Frage 4 wird schriftlich beantwortet, ebenso Frage 5. Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Zur Beantwortung der Fragen steht Frau Parlamentarische Staatssekretärin Dr. Edith Niehuis zur Verfügung. Ich rufe die Frage 6 des Kollegen Dirk Niebel auf: Plant die Bundesregierung, Erkenntnisse aus Modellprojekten der Jugendsozialarbeit in die weitere Konzeption dergestalt einfließen zu lassen, dass sichergestellt ist, statt der Förderung immer neuer gleicher oder sehr ähnlicher Modellprojekte die bereitstehenden Mittel einer dauerhaften Förderung der Jugendsozialarbeit zur Verfügung stellen zu können? Frau Staatssekretärin, bitte sehr.

Dr. Edith Niehuis (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001609

Herr Kollege Niebel, Modellprojekte im Kinder- und Jugendplan des Bundes werden durchgeführt, um Erkenntnisse zur Verbesserung von Konzeptionen und Methoden der Praxis oder für die Gesetzgebung zu gewinnen. Die Förderung der Jugendsozialarbeit dient dem Abbau der Jugendarbeitslosigkeit als vorrangigem Ziel der Bundesregierung. Sie trägt dazu bei, jungen Menschen, die zum Ausgleich sozialer Benachteiligung oder zur Überwindung individueller Beeinträchtigung in erhöhtem Maß auf Unterstützung angewiesen sind, Hilfen anzubieten, die ihre schulische und berufliche Ausbildung und Eingliederung in die Arbeitswelt sowie ihre soziale Integration fördern. Die im Rahmen des seit 1976 mit unterschiedlichen Schwerpunkten laufenden Modellprogramms „Arbeitsweltbezogene Jugendsozialarbeit“ geförderten Projekte mit wissenschaftlicher Begleitung sind darauf gerichtet, innovative Problemlösungen zu entwickeln, umzusetzen, zu verstetigen und zu verallgemeinern. So wird zu einer Reform lokaler Politik an der Schnittstelle von Bildungs-, Berufsbildungs-, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik beigetragen. Über Beiräte, aktuelle Publikationen, Fachveranstaltungen und regelmäßige Kommunikation sowie über laufende Koordination der Arbeit der Ressorts wird der Erkenntnistransfer gewährleistet, kann Doppelförderung vermieden und können Synergieeffekte genutzt werden.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Zusatzfrage, Herr Kollege Niebel?

Dr. h. c. Dirk Niebel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003198, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Staatssekretärin, Sie haben angedeutet, dass dies seit 1976, auch unter den unterschiedlichsten Regierungskonstellationen, so gehandhabt wird. Das halte ich für gut und richtig. Finden Sie es aber nicht ebenso wie ich außerordentlich schade, dass, wenn ein Modellprojekt ausläuft, das ergeben hat, dass das, was damit ausprobiert worden ist, sinnvoll ist, trotzdem die Mittel nicht ausreichen, um diese sinnvollen Erkenntnisse im Bereich der Jugendsozialarbeit in ein dauerhaftes Instrument überzuleiten, und dass stattdessen die Träger dieser Modellprojekte versuchen müssen, neue Modelle meistens sind es die alten Modelle mit leichten Veränderungen, um das Innovative herauszustellen und wieder förderungswürdig zu sein - zu entwickeln? Sollten nicht stattdessen die gewonnenen Erkenntnisse im täglichen Leben umgesetzt werden können, und zwar über die Dauer von drei Jahren hinaus?

Dr. Edith Niehuis (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001609

Herr Kollege Niebel, politisches Handeln basiert auf rechtlichen, haushaltsrechtlichen und auch sonstigen Rahmenbedingungen. Wir seitens des Bundes dürfen nur innovative modellhafte Projekte fördern; das wissen Sie auch. Wir bemühen uns, über Publikationen und über Fachveranstaltungen das, was sich bei der wissenschaftlichen Begleitung als gut erwiesen hat, weiterzugeben in der Hoffnung, dass eine Anschlussfinanzierung stattfindet. Es ist leider nicht möglich, diese Anschlussfinanzierung als eine Dauerfinanzierung für lokale Projekte einzurichten. Das geht aus haushaltsrechtlichen Gründen nicht; Sie wissen dies. Wir haben nur zwei Möglichkeiten: Entweder verzichten wir auf innovative Projekte in diesem ganz wichtigen Bereich - solange wir junge Arbeitslose haben, sollten wir aber versuchen, das Unsrige zur Lösung dieses Problems beizutragen -, weil wir die Anschlussfinanzierung nicht sicherstellen dürfen, oder wir machen weiter, wie es seit 1976 Praxis ist. Sie wissen, wir haben je nach Zeitraum des Programms unterschiedliche Schwerpunkte, sodass verschiedene Bereiche erprobt werden.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Niebel.

Dr. h. c. Dirk Niebel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003198, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Staatssekretärin, Ihrer Antwort entnehme ich, dass auch Sie mit der geübten Praxis der letzten 24 Jahre nicht übermäßig glücklich sind. Sie regieren nun seit anderthalb Jahren. Was haben Sie denn, seit Sie regieren, unternommen, um auf die Länder einzuwirken und die Anschlussfinanzierung solcher Projekte sicherzustellen?

Dr. Edith Niehuis (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001609

Ich weiß nicht, ob wir jetzt über meinen Glückszustand urteilen sollten. Außerdem interpretieren Sie mich falsch. Eigentlich wollte ich deutlich machen, dass wir als Bund eben nur zwei Möglichkeiten haben: Entweder stoßen wir Innovatives an oder wir lassen es, weil wir im Nachhinein nicht für die Verstetigung der Finanzierung zuständig sind. Ich habe Ihnen gesagt: Ich bin für weitere innovative Anstöße, gerade auch in diesem auf die Arbeitswelt bezogenen Bereich. Insofern: Das hat nichts mit meinem Glückszustand zu tun. Ich finde es vernünftig, dass seit 1976 arbeitsbezogene Jugendsozialarbeit gemacht wird. ({0}) - Keine Bundesregierung kann über Länderhaushalte bestimmen. Das ist nun einmal so.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Jetzt hat Frau Kollegin Dr. Höll eine Frage. Bitte sehr.

Dr. Barbara Höll (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000921, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Frau Staatssekretärin, in der Tat können Bundespolitiker nicht über die Länderhaushalte bestimmen. Aber sie können natürlich statistisch erfassen, inwieweit Modellprojekte in einem gewissen Zeitraum fortgeführt werden. Es wäre interessant, wenn Sie uns solche Zahlen - vielleicht für die letzten 10, 15 Jahre mitteilen könnten und wenn wir erführen, inwieweit Modellprojekte in anderen Regionen aufgegriffen und verwirklicht werden.

Dr. Edith Niehuis (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001609

Wir reden hier über ein Programm, das seit 1976 läuft. Insofern können Sie, so glaube ich, nicht von mir erwarten, dass ich Ihnen aus dem Stand mitteilen kann, wie viele der Modellprojekte - im Moment laufen 23 Modellprojekte im Rahmen dieses Programms; seit 1976 gab es also sehr viele Einzelprogramme - erfolgreich waren. Ob Modellprojekte übernommen werden, hängt zunächst davon ab, ob das Projekt erfolgreich gewesen ist; andernfalls lohnt sich eine Verstetigung der Förderung nicht. Ich kann Ihnen auch nicht sagen, wie viele in diesem langen Zeitraum erfolgreich gewesen sind. Ich werde mich einmal erkundigen, ob in unserem Hause untersucht wurde, wie viele der Programme in irgendeiner Weise fortgeführt werden. Wenn ich dann die Antwort habe, stelle ich sie Ihnen zur Verfügung. ({0})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Kollege Dr. Seifert.

Dr. Ilja Seifert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002153, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Frau Staatssekretärin, die ursprüngliche Frage war ja, ob eine Verstetigung der laufenden Modellprojekte stattfindet. Sie haben darauf geantwortet, dass das nicht in der Verantwortung des Bundes liege. Wäre es dann nicht an der Zeit, gesetzliche Regelungen dergestalt zu treffen, dass die institutionelle Förderung solcher Jugendeinrichtungen zur Selbstverständlichkeit wird, auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene - insbesondere natürlich auf den unteren Ebenen?

Dr. Edith Niehuis (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001609

Herr Kollege, Sie bieten uns eine sehr fragwürdige Aussicht an. Wenn wir jetzt sagen würden, dass wir all das, was auf kommunaler Ebene in der Jugendarbeit stattfindet, zentral führen, dann bedeutete dies eine Aufgabe der guten Arbeitsteilung, die wir in der Bundesrepublik Deutschland haben. Es ist, so glaube ich, nicht vorstellbar, dass eine „Zentralregierung“ - wenn ich uns einmal so bezeichne - von Berlin aus all das beurteilen kann, was in den Kommunen der Bundesrepublik Deutschland Sinnvolles geschieht. Dieser Ansatz wäre prinzipiell nicht der richtige. Aber Haushalts- und Verfassungsrecht lassen das im Moment auch nicht zu.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Nun rufe ich die Frage 7 des Kollegen Jochen-Konrad Fromme auf: Welchen Rechtscharakter haben die seitens des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Modellprojekts „Entwicklung neuer Kooperations- und Koordinationsstrukturen - Aktives Wohnen älterer Menschen“ an die jeweiligen Projekte übergebenen 20 Förderurkunden? Frau Staatssekretärin, bitte.

Dr. Edith Niehuis (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001609

Herr Kollege Fromme, ich gehe davon aus, dass sich Ihre Frage auf das bundesweite Modellprogramm „Altenhilfestrukturen der Zukunft“ bezieht. Die zwanzig aufgrund der Ausschreibung des vergangenen Jahres für das Programm ausgewählten Projekte werden jeweils durch Verwaltungsakt in Form eines Zuwendungsbescheides gemäß den §§ 23 und 44 der Bundeshaushaltsordnung gefördert.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Zusatzfrage, bitte sehr.

Jochen Konrad Fromme (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003126, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, geben Sie mir Recht, dass das Anfertigen von Verwaltungsakten einschließlich der notwendigen Veröffentlichung Aufgabe der Regierung und nicht des Parlamentes ist?

Dr. Edith Niehuis (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001609

Ja, natürlich. Die Zuwendungsbescheide werden ausgestellt und dem jeweiligen Träger zugestellt.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Herr Kollege, zweite Frage.

Jochen Konrad Fromme (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003126, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wenn Sie sagen, dass das Aufgabe der Regierung ist, geben Sie mir dann Recht, dass das Aushändigen eines Bescheides über die Förderung im Rahmen dieses Programmes durch den Abgeordneten Wilhelm Schmidt am 14. Mai dieses Jahres ein Verstoß gegen die Gewaltenteilung ist? Oder steht dieser neuerdings als bezahlter Mitarbeiter im Dienste der Bundesregierung?

Dr. Edith Niehuis (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001609

Lieber Herr Kollege, dieses ist nie passiert. Ich weiß nicht, worauf Sie sich beziehen. ({0}) - Eben. Damit ich Ihre Frage, in der die Modellprogramme falsch bezeichnet waren, überhaupt nachvollziehen konnte, habe ich mir die Mühe gemacht, zu sehen, aus welchem Wahlkreis Sie kommen und worauf sich die Frage überhaupt beziehen kann. Ich bin so auf Salzgitter gekommen und habe den Zeitungsartikel gefunden, den Sie meinen. Nun ist die Bundesregierung nicht für das verantwortlich, was örtliche Journalistinnen und Journalisten schreiben. Ich stelle hier nur fest, dass wir am 4. Mai 2000 seitens der Bundesregierung den Zuwendungsbescheid zugestellt haben. Es gibt dazu keine Förderurkunden, Plaketten oder irgendetwas. Es geht hier schlichtweg um einen Zuwendungsbescheid und dieser wurde von uns zugestellt.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Damit haben wir diesen Geschäftsbereich abgearbeitet. Ich danke der Frau Staatssekretärin für die Beantwortung der Fragen. Ich komme zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Wolf-Michael Catenhusen zur Verfügung. Die Frage 8 der Abgeordneten Ulrike Flach wird schriftlich beantwortet. Dann rufe ich die Frage 9 der Abgeordneten Maritta Böttcher auf: Möchte die Bundesregierung der auf den bundesweiten Demonstrationen des Aktionsbündnisses gegen Studiengebühren am 7. Juni 2000 artikulierten Forderung nach einer bundeseinheitlichen Studiengebührenfreiheit ohne Wenn und Aber Rechnung tragen, und wenn ja, in welcher Weise? Herr Staatssekretär, bitte.

Wolf Michael Catenhusen (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000326

Frau Kollegin Böttcher, die Bundesregierung begrüßt die in dem Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 25. Mai 2000 über die Gebührenfreiheit des Hochschulstudiums enthaltene Vereinbarung, das Studium bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss und bei konsekutiven Studiengängen bis zum zweiten berufsqualifizierenden Abschluss - also Masters - grundsätzlich gebührenfrei zu halten. Wir sehen darin einen wichtigen Schritt zur Erreichung des Zieles, das auch die Bundesministerin Bulmahn wiederholt öffentlich ausgesprochen hat, nämlich Studiengebührenfreiheit bis zu einem ersten berufsqualifizierenden Abschluss und bei konsekutiven Studiengängen bis zu einem zweiten Abschluss sicherzustellen.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Nun rufe ich die Frage 10 der Abgeordneten Maritta Böttcher auf: Welche Folgerungen zieht die Bundesregierung aus der Weigerung der Regierungschefs der Länder, der Kultusministerkonferenz einen Auftrag zur Erarbeitung eines Staatsvertrages zur Regelung der Studiengebührenfrage zu erteilen, und sieht sie nach dieser Weigerung die Notwendigkeit einer verbindlichen bundesgesetzlichen Regelung? Herr Staatssekretär, bitte.

Wolf Michael Catenhusen (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000326

Frau Böttcher, die Bundesregierung begrüßt es sehr, dass die Ministerpräsidenten in der Sache die Vereinbarung der Kultusministerkonferenz der Länder, das Studium bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss und bei konsekutiven Studiengängen bis zum zweiten berufsqualifizierenden Abschluss grundsätzlich gebührenfrei zu halten, unterstützen. Das ist eine wichtige politische Entscheidung. Es ist daran zu erinnern, dass sowohl das Schul- wie auch das Hochschulwesen der Bundesrepublik Deutschland in weiten Bereichen auf derartigen Vereinbarungen der Kultusministerkonferenz der Länder beruhen. Dies hat sich in jahrzehntelanger Staatspraxis auch unter dem Gesichtspunkt der Verlässlichkeit staatlichen Handelns für den Bürger bewährt. Die Bundesregierung sieht deshalb zurzeit keinen Handlungsbedarf für den Bundesgesetzgeber. Im Übrigen beteiligen wir uns natürlich auch nicht an öffentlichen Spekulationen über zukünftig theoretisch mögliche Änderungen der Beschlusslage der Kultusministerkonferenz. Wenn in Zukunft ein Regelungsbedürfnis auftreten sollte, wird der Bundesgesetzgeber natürlich auf seine Regelungskompetenzen im Bereich des Hochschulrahmenrechtes zurückgreifen.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Auch diese Frage ist beantwortet. Dann verlassen wir den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Wir danken dem Herrn Staatssekretär für die Beantwortung der Fragen. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Fritz Rudolf Körper zur Verfügung. Ich rufe die Frage 11 der Abgeordneten Angelika Volquartz ({0}) auf: Welche Gründe führten zur Ablösung des Präsidenten der Bundeszentrale für politische Bildung und wie ist es vor diesem Hintergrund zu erklären, dass die Arbeitsweise des Präsidenten innerhalb des kontrollierenden Kuratoriums nie Gegenstand kritischer Auseinandersetzung war? Herr Staatssekretär, bitte.

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Frau Vizepräsidentin, zur Frage 11 folgende Antwort: Der vorgesehene Wechsel im Amt des Präsidenten der Bundeszentrale für politische Bildung ist ebenso wie die vorgesehene Veränderung der Leitungsstruktur Bestandteil der fachlichen und der organisatorischen Neuausrichtung der Bundeszentrale für politische Bildung. Über den grundlegenden Erneuerungsbedarf bei der Bundeszentrale für politische Bildung besteht weiterhin und weithin eine parteiübergreifende Übereinstimmung. Das Reformkonzept des Bundesministeriums des Innern sieht unter anderem notwendige neue Themenschwerpunkte, eine verstärkte Ansprache der jungen Generation und der Zielgruppen in den neuen Ländern sowie einen Ausbau der neuen Medien vor. Der inhaltliche Neubeginn wird durch den vorgesehenen personellen Neubeginn an der Spitze der Bundeszentrale für politische Bildung wesentlich gefördert.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Zusatzfrage, Frau Kollegin.

Angelika Volquartz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003251, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist das Ministerium also der Meinung, dass die eingeleiteten Neuerungen unter der Leitung des jetzigen Präsidenten Dr. Reichert nicht auf dem richtigen Weg sind und dass Herr Dr. Reichert nicht in der Lage ist, die vom Kuratorium begleiteten und befürworteten Neuerungen durchzuführen?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Frau Kollegin, Sie wissen, dass mit der inhaltlichen Veränderung auch eine organisatorische Veränderung notwendig ist. Die organisatorische Veränderung ist nur durch personelle Erneuerungen umsetzbar. Im Übrigen muss man ganz deutlich sagen, dass vor diesem Erneuerungsprozess, vor Einbringung der veränderten Themenschwerpunkte, die wir jetzt verfolgen wollen, und vor der Veränderung der Arbeit natürlich eine Vizepräsidentin Anke Fuchs Analyse durchgeführt wurde, die gewisse Mängel mehr als deutlich gemacht hat. Diese Mängel sind zu verantworten, auch von dem bisherigen Präsidenten.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Zweite Zusatzfrage, bitte sehr.

Angelika Volquartz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003251, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, warum ist das in dem erforderlichen Maße nie im Kuratorium erörtert und dort diese Kritik nicht deutlich angebracht worden? Warum ist es dem jetzigen Präsidenten in persönlichen Gesprächen vorher nicht erläutert worden?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Sie wissen, Frau Kollegin, dass mit dem bisherigen Präsidenten Gespräche geführt worden sind, auch was seine zukünftige Verwendung anbelangt. Das hat auch Akzeptanz gefunden. Ich weiß, dass die Frage der Qualität der Arbeit der Bundeszentrale für politische Bildung im Kuratorium nicht nur in dieser, sondern auch in der vergangenen Legislaturperiode Gegenstand der Diskussionen und Beratungen gewesen ist. Sie können sich daran nur nicht erinnern, weil Sie damals diesem Kuratorium noch nicht angehört haben. Insofern, denke ich, gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Thema Personalführungsspitze und dem, was bisher als Ergebnis zu verzeichnen war.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Das hat nun zwei Kollegen der CDU auf den Plan gerufen. Wer von Ihnen will zuerst fragen? - Bitte sehr, Herr Kollege Wolf.

Aribert Wolf (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003269, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sie haben gerade die Tatsache geschildert, dass mit dem Präsidenten der Bundeszentrale für politische Bildung jetzt Gespräche über seine Nachfolgeverwendung geführt worden sind. Wenn man Kritik an seiner Amtsführung hat, warum hat man mit ihm nicht rechtzeitig, bevor diese Entscheidung getroffen worden ist, Gespräche darüber geführt, was er gegebenenfalls an der Bundeszentrale für politische Bildung hätte verändern sollen? Diese Gespräche sind ja nicht geführt worden.

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Herr Kollege, Sie wissen, dass mit dem Präsidenten, Herrn Reichert, nicht nur jetzt, sondern auch vorher Gespräche geführt worden sind. Ich denke, das ist korrekt so.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Eine zweite Frage dürfen Sie nicht stellen. Nun hat Kollege Holetschek eine Zusatzfrage.

Klaus Holetschek (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003153, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wie können Sie mir Ihre Äußerungen im Zusammenhang damit erklären, dass der Bundesinnenminister im Kuratorium ausdrücklich die Arbeit des jetzigen Präsidenten gelobt und für gut befunden hat? Warum ist vor diesem Hintergrund ein Wechsel notwendig?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Zur Arbeit des Präsidenten kann ich im Grunde genommen nur das sagen, was wir vorgefunden haben - dies hat der Präsident nicht alles allein zu verantworten, das wäre auch zu vereinfachend -: minimale Akzeptanz und minimale Nutzung von als Flaggschiffe ausgebenen Publikationen, deutlich zu wenige oder verspätete Angebote bei aktuellen politischen Themen, völlig überalterte Teilnehmerschaft bei Seminarangeboten etc. Ich könnte diese Analyse noch weiter fortsetzen. Sie können dabei nicht behaupten, dass das nichts mit dem Thema Personal und Führung zu tun hätte. Deswegen halte ich es für richtig, deutlich zu machen, dass die Vergangenheit mit dem Thema Personal im Zusammenhang steht und dass die Neustruktur auch mit Personal in Verbindung zu bringen ist. Sie wissen, dass wir die Struktur und somit auch die Leitungsstruktur verändern. Das hat seinen guten Sinn.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Ich rufe die Frage 12 der Abgeordneten Angelika Volquartz auf: Wird angesichts der Verpflichtung der Bundeszentrale für politische Bildung zu überparteilicher Haltung ({0}) die Position des Präsidenten - wie bei vergleichbaren anderen Positionen auch - öffentlich ausgeschrieben, und wenn nein, warum nicht?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Frau Kollegin Volquartz, nach § 8Abs. 2 des Bundesbeamtengesetzes besteht für die Leiter der den Bundesministerien unmittelbar nachgeordneten Behörden, wie zum Beispiel der Bundeszentrale für politische Bildung, keine Ausschreibungspflicht. Es war bisher die Praxis keiner Bundesregierung - ich betone: keiner Bundesregierung -, diese Funktionen öffentlich auszuschreiben. Die Verpflichtung der Bundeszentrale für politische Bildung zu Ausgewogenheit und überparteilicher Haltung kann, wie es die Vergangenheit gezeigt hat, auch dann erfüllt werden, wenn ein Präsident amtiert, der ohne Ausschreibung ins Amt gekommen ist. Ich möchte weiter ausdrücklich betonen: Zukünftig wird die Besetzung des Amtes des Präsidenten der Bundeszentrale für politische Bildung auf fünf Jahre befristet erfolgen. Nach § 6 Abs. 1 des Erlasses über die Bundeszentrale für politische Bildung kontrolliert das parlamentarische Kuratorium die politisch ausgewogene Haltung und die politische Wirksamkeit der Arbeit der Bundeszentrale.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Eine Zusatzfrage, Frau Kollegin Volquartz?

Angelika Volquartz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003251, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, hält es die Bundesregierung nicht für erforderlich, bei dieser wichtigen Personalentscheidung und bei den von der Bundesregierung beabsichtigten Strukturentscheidungen bei der zu Überparteilichkeit verpflichteten Bundeszentrale für politische Bildung die Entscheidung auf eine parteiübergreifende Vertrauensbasis zu stellen? Sollte dies der Fall sein: Warum hat es dann die Bundesregierung unterlassen - wenn sie die Stelle schon nicht ausschreiben will -, die Opposition rechtzeitig zu informieren und in die Entscheidungsfindung einzubinden, um einen Konsens, wie er in der Vergangenheit üblich war, herzustellen?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Was die Frage der personellen Besetzung anbelangt, so ist diese Ihnen bekannt. Ich bin vor allen Dingen von den Qualitätsmerkmalen der ausgewählten Person im Rahmen dieser Personalentscheidung überzeugt. Insofern hält die Bundesregierung ihre getroffene und Ihnen bekannte Entscheidung für richtig.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Eine zweite Zusatzfrage?

Angelika Volquartz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003251, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, dass wir als CDU/CSU-Fraktion im Gegensatz zur Regierungskoalition - von den strukturellen und personellen Veränderungen erstmalig am Tag der möglichen Entscheidung im Kuratorium erfahren haben? Geben Sie mir insofern Recht, dass das eben von Ihnen Ausgeführte deshalb nicht zutreffen kann?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Der Zeitpunkt, zu dem Sie die entsprechenden Informationen erhalten haben, entzieht sich meiner Kenntnis. Sie wissen, dass es im Kuratorium auch Diskussionen über die Art und Ausgestaltung der Bundeszentrale für politische Bildung gegeben hat. An diesen Diskussionen haben auch Sie sich beteiligt. Ich sehe hier deshalb keinen Mangel.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Herr Kollege Wolf, Sie haben eine Zusatzfrage? - Bitte sehr.

Aribert Wolf (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003269, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich möchte etwas über die besondere Qualifikation der auserwählten Person, deren Berufung wir aus der Presse erfahren mussten, wissen: Was qualifiziert den neuen Mann, dessen Stelle Sie nicht ausschreiben wollen, im Vergleich zum bisherigen Präsidenten so sehr, dass Sie diesen personellen Wechsel anstreben? Wenn die Presseberichte stimmen - davon gehe ich einmal aus -, handelt es sich bei der zu berufenden Person um einen früheren SPD-Bundestagsabgeordneten, der nicht mehr gewählt worden ist. Inwieweit hat denn das bei der Qualifikation, die Sie jetzt in den Vordergrund stellen, eine besondere Rolle gespielt?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Herr Kollege Wolf, erstens muss ich Sie dahin gehend korrigieren, dass dieser Betroffene von sich aus auf eine Kandidatur für den Deutschen Bundestag verzichtet hat. Insofern ist Ihre Aussage falsch, dass er nicht mehr gewählt worden ist. Ich sage ganz deutlich: Es muss auch in Ihrem Interesse sein, dass eine solche berufliche Vergangenheit, also die Vergangenheit als Bundestagsabgeordneter, kein Hindernis sein sollte und sein darf, beispielsweise eine solche Position zu übernehmen. Das Gegenteil sollte eigentlich der Fall sein. Deswegen sage ich noch einmal nachdrücklich: Auch das ist ein Qualitätsmerkmal, das für diese Personalentscheidung spricht.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Herr Kollege Holetschek hat eine Zusatzfrage.

Klaus Holetschek (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003153, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, können Sie mir einen Widerspruch erklären? Sie haben vorhin auf die Frage der Abgeordneten Volquartz geantwortet, wir seien rechtzeitig informiert gewesen, und dann haben Sie weiterhin gesagt, es würde sich Ihrer Kenntnis entziehen, dass wir erst am Tag der Kuratoriumssitzung die Information erhalten haben. Das widerspricht sich ja wohl.

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Welche Information Sie jetzt meinen und an welcher Stelle sie Ihnen zugänglich gemacht worden ist, das können wir gern detailliert aufarbeiten. Ich weiß jedenfalls auch von einer Kuratoriumssitzung, in der Sie durch eine Vorlage genauestens darüber informiert worden sind, wie beispielsweise die neue Struktur dieser Bundeszentrale aussehen soll. Interessanterweise ist es ja so, dass Sie im Grunde genommen keine Kritik daran üben, dass die Veränderungen mit den notwendigen neuen Schwerpunkten herbeigeführt werden, sondern Sie ziehen sich jetzt an einer Frage hoch - so will ich es sehr vorsichtig sagen -, die ganz woanders anzusiedeln ist. Deswegen muss man sie so bewerten, wie wir sie bewerten.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Nun hat der Kollege von Klaeden eine Zusatzfrage.

Eckart Klaeden (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002698, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie haben aus der Untersuchung der Arbeit der Bundeszentrale für politische Bildung zitiert und sicherlich den einen oder anderen kritischen Punkt genannt. Aber meinen Sie nicht, dass es auch zu Ihrer Fürsorgepflicht gehört, zu sagen, dass die Untersuchung unter anderem durch das Meinungsforschungsinstitut Allensbach ergeben hat, dass das Ansehen der Bundeszentrale für politische Bildung außerordentlich hoch ist, dass die Qualität der Materialien, die dort erstellt werden, nicht nur von der Überparteilichkeit her, sondern auch von dem wissenschaftlichen Stand her außerordentlich hoch ist? Müsste das nicht vielleicht auch, wenn hier schon auf diese Weise Begründungen gesucht werden, warum Herr Reichert nicht weiter beschäftigt wird, im Parlament eine entsprechende Erwähnung finden? Und können Sie sich vor diesem Hintergrund auch vorstellen, dass, wenn man meint, an seiner Person Kritik üben zu müssen, und wenn man meint, dass tatsächlich ein derart großer qualitativer Unterschied zwischen dem vorherigen und dem jetzt neuen oder avisierten Präsidentschaftskandidaten vorliegt, es uns doch ein wenig seltsam vorkommt, dass man bei der Neuberufung nicht den Weg einer Ausschreibung gegangen ist?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Es ist unstreitig, dass die Gutachten und auch die Beschäftigung mit der Arbeit der Bundeszentrale für politische Bildung ergeben haben, dass es Korrekturbedarf gibt, insbesondere um die Aufgaben für die Zukunft zu gestalten. Wenn die bisherige Arbeit trotzdem ein hohes Ansehen in der Öffentlichkeit genießt, spricht das für die Bundeszentrale, aber es spricht nicht dafür, dass man keine Veränderungen herbeiführt. Diese sind dringend notwendig. Ich sage Ihnen noch einmal ganz deutlich: Wir brauchen eine organisatorische Veränderung, die auch eine personelle Veränderung zur Folge hat. Deswegen - das sage ich Ihnen noch einmal ausdrücklich -, ist es auch notwendig, diese Veränderung herbeizuführen. Im Übrigen ist Herr Reichert nicht beschäftigungslos. Er hat mit seiner Zustimmung eine Weiterbeschäftigung im Geschäftsbereich des Bundesinnenministeriums gefunden.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Jetzt hat der Kollege Enders eine Frage, bitte sehr.

Peter Enders (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002647, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir zu, dass zwischen der Beurteilung der qualitativen Arbeit in der Vergangenheit und dem Mengenproblem, das Allensbach klar gemacht hat, also einer geringen Akzeptanz in der Abnahme der Produkte, ein großer Unterschied zu sehen ist und dass gerade dies auch ein Teil der Kritik des Kuratoriums ist?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Herr Kollege Enders, dem stimme ich zu und füge hinzu: Das beste Produkt taugt nichts, wenn es keine Abnehmer findet. Deswegen muss man auch darüber nachdenken, wie man beispielsweise die Produkte an Mann und Frau bringt, und zwar genau dort, wo man sie absetzen möchte und wo es notwendig ist. Das ist ein Aspekt, der ebenfalls deutlich geworden ist und der verändert werden muss.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Frau Kollegin Janz, bitte sehr.

Ilse Janz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001019, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, ob die Stelle des Präsidenten in der Vergangenheit überhaupt schon einmal ausgeschrieben worden ist, und ist Ihnen bekannt, welche politische Funktion der jetzige Leiter der Bundeszentrale für politische Bildung früher ausgeübt hat?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Frau Kollegin Janz, ich habe in einer meiner Antworten deutlich gemacht, dass diese Stelle bisher noch nie ausgeschrieben worden ist. Ich möchte Ihnen auch deutlich sagen: Von 1952 bis 1974 wurde die Bundeszentrale für politische Bildung von CDU-Direktoren geleitet, ohne dass ein ähnlicher Vorwurf wie jetzt erhoben worden wäre. Bis 1992 gab es dann ein Dreierdirektorium, das sich in der Arbeit eher blockiert als gegenseitig gefördert hat. - Ich will das nicht fortsetzen. Ich sage Ihnen deutlich - das sollten insbesondere die Kolleginnen und Kollegen der Union zur Kenntnis nehmen -, dass wir durch die Befristung der Amtszeit des Präsidenten eine Veränderung herbeiführen. Die Amtszeit des Präsidenten beträgt jetzt fünf Jahre. Genau das zeigt, was wir wollen: Wir wollen Leistung und Qualität für die zukünftige Bundeszentrale für politische Bildung. ({0})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Frau Kollegin, Sie haben Ihr Kontingent an Zusatzfragen ausgeschöpft. Ich rufe jetzt die Frage 13 des Abgeordneten Aribert Wolf auf: Warum plant die Bundesregierung für die künftige Leitungsstruktur der Bundeszentrale für politische Bildung eine nicht plurale politische Zusammensetzung - anders als dies bei den Landeszentralen für politische Bildung der Fall ist -, und wie begründet sie dies?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Es tut mir Leid, wenn ich mich bei der Beantwortung dieser Frage wiederhole; denn sie betrifft den gleichen Komplex. Ein wesentlicher Bestandteil des Konzepts zur fachlichen und organisatorischen Neuausrichtung der Bundeszentrale für politische Bildung ist die organisatorische Straffung der Behörde. Hiervon kann die Leitungsstruktur der Behörde nicht ausgenommen werden. Die politische Ausgewogenheit der Arbeit der Bundeszentrale für politische Bildung wird durch die Gesamtheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter garantiert und durch ein parlamentarisches Kuratorium überwacht. Eine plurale politische Zusammensetzung der Leitung der Bundeszentrale für politische Bildung hätte zur Folge, dass alle Fraktionen des Deutschen Bundestages in der Leitung der Bundeszentrale vertreten sein müssten. Eine derartige Ausweitung des Leitungsbereichs widerspräche völlig den Grundsätzen einer effizienten Organisationsstruktur.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Herr Kollege Wolf, Sie haben eine Zusatzfrage? - Bitte schön.

Aribert Wolf (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003269, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Die Auffassung, dass Pluralität immer mit dem Vertretensein aller Parteien gleichzusetzen ist, vermag ich nicht nachzuvollziehen. Wir müssen nur unser eigenes Präsidium anschauen: Dort sitzen momentan ein Schriftführer von der Opposition und einer von der Regierung. Das ist eine plurale Zusammensetzung.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Aber wir wechseln alle zwei Stunden, Herr Kollege.

Aribert Wolf (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003269, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Aber es wird immer so gewechselt, dass stets einer von der Regierung und einer von der Opposition im Präsidium vertreten ist. Herr Staatssekretär, die wissenschaftlichen Untersuchungen über die Arbeit der Bundeszentrale für politische Bildung, auf die Sie sich bezogen haben, besagen eindeutig, dass die Bundeszentrale einen hohen Akzeptanzgrad hat, weil sie als parteipolitisch neutrale Ausbildungseinrichtung angenommen wird. Ich frage Sie - vor allem vor dem Hintergrund, dass jetzt ein ausgewiesener Parteipolitiker der SPD an die Spitze der Bundeszentrale berufen wird -: Wäre es eigentlich so schwierig gewesen, zumindest einen Präsidenten und einen Vizepräsidenten zu installieren, um die parteipolitische Neutralität zu wahren?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Ich könnte Ihnen jetzt die Gegenfrage stellen, wie der berufliche Werdegang des bisherigen Präsidenten, Herrn Reichert, gewesen war und wie seine Verbindungen insbesondere zur Parteipolitik aussahen. Ich stelle Ihnen diese Frage nicht, weil ich nicht mit gleicher Münze heimzahlen möchte. Lieber Herr Wolf, wenn Sie über Pluralität reden, habe ich den Eindruck: Die Pluralität ist immer dann hergestellt, wenn Sie von der CDU/CSU sich als Partei und Fraktion wiederfinden. Ansonsten ist Ihnen die Pluralität ziemlich egal. Das kann nach meiner Meinung keine Haltung sein. Ich verwahre mich dagegen - ich nenne jetzt den Namen -, Herrn Krüger als Parteipolitiker zu bezeichnen. Sie müssten seinen Werdegang berücksichtigen. Gerade weil er einen Werdegang hat, der sehr stark in Verbindung mit den neuen Bundesländern steht, und wir dort einen Schwerpunkt setzen wollen, ist das eine ausgezeichnete Personalentscheidung.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Zweite Zusatzfrage, Herr Kollege.

Aribert Wolf (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003269, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wenn Sie einen Schwerpunkt bei den neuen Ländern setzen wollen, wie erklären Sie sich dann, dass Sie parallel zur Neuordnung den Rückzug der Bundeszentrale für politische Bildung von ihrer Außenstelle Berlin festgelegt haben?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Sie wissen, dass wir bei der Außenstelle Berlin eine Veränderung vornehmen. Sie bleibt allerdings in Berlin - es verbleiben dort Aufga ben - präsent. Ich denke, das ist richtig, gut und notwendig. Wir sollten keine - so nenne ich es einmal - personellen Wasserköpfe erhalten, wo sie nicht notwendig sind. Insofern trifft Ihr Vorwurf nicht zu.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Sie merken, dass wir uns ein bisschen im Kreis bewegen? Deswegen bitte ich Sie, bevor Sie weitere Zusatzfragen stellen, sich die nächsten Fragen anzusehen. Jetzt hat die Kollegin Ostrowski eine Zusatzfrage.

Christine Ostrowski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001662, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Herr Staatssekretär Körper, geben Sie mir angesichts der umfangreichen Debatte über das wichtige Problem der Leitungsstruktur der Bundeszentrale für politische Bildung Recht, dass es darüber hinaus zentrale gesellschaftliche Probleme in der Bundesrepublik gibt?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Frau Kollegin, ich kann Ihnen überhaupt nicht widersprechen; ich kann Ihnen nur zustimmen. Es ist ganz wichtig, dass die Bundeszentrale für politische Bildung ihre Arbeit in diesem gesellschaftlichen Kontext effektiv und effizient leistet; deswegen haben wir die notwendigen Veränderungen herbeigeführt. Dazu war ein Stück politischen Muts erforderlich. Aber gerade in dem von Ihnen geäußerten Sinne war dieser Schritt richtig.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Wir sind noch bei der Frage 13. Der Kollege Enders hat eine Zusatzfrage.

Peter Enders (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002647, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär Körper, ich habe eine Frage zu den Landeszentralen. Ist es richtig, dass zum Beispiel in Baden-Württemberg ein ehemaliger Staatssekretär der CDU die Landeszentrale nach dem Organisationsmuster der Bundeszentrale leitet? Ist es richtig, dass ein ehemaliger Minister der CDU die Landeszentrale in Sachsen leitet? Im Übrigen leitet in Niedersachsen nach meiner Kenntnis - ich bitte um Bestätigung - ein ehemaliger Bürgermeister der CDU die Landeszentrale. Stimmen diese Informationen? Äußert sich die Neutralität nicht viel stärker in den einzelnen Beiträgen, die die Bundeszentrale herausgibt? Wird die Neutralität nicht viel stärker dadurch gewahrt, dass bestimmte Themen von unterschiedlichen Blickrichtungen aus angegangen werden? ({0})

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Herr Kollege Enders, das ist alles richtig. Was die Ausrichtung bzw. die Neutralität der Arbeit angeht, ist es notwendig, dass wir die Fähigkeit erhalten, auf neue Entwicklungen einzugehen. Die Bundeszentrale für politische Bildung kann einen sehr wichtigen Beitrag bei der Bekämpfung der leider vorzufindenden rechtsextremistischen Erscheinungen leisten, die bestimmte regionale Schwerpunkte haben. Gerade für die Bundeszentrale für politische Bildung ist es notwendig, solche Entwicklungen aufzunehmen und in der gebotenen Neutralität und Objektivität zu bearbeiten. Ich komme noch einmal zu Ihrer ersten Frage nach der Leitung der Landeszentralen für politische Bildung. Die von Ihnen gewählten Beispiele sind völlig richtig. ({0})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Nun kommt die Kollegin Volquartz, bitte sehr.

Angelika Volquartz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003251, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ich möchte nur eine kurze Anmerkung machen. Ihre Behauptung Niedersachsen betreffend trifft nicht zu.

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Was trifft nicht zu?

Angelika Volquartz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003251, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Es stimmt einfach nicht, dass ein ehemaliger Bürgermeister die Landeszentrale leitet.

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Bis unlängst war das so. Das ist richtig.

Angelika Volquartz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003251, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich habe noch eine Frage zur Außenstelle. Sie haben gesagt, der Wasserkopf solle abgebaut werden. Ist es richtig, dass Herr Krüger beabsichtigt, mehrere neue Mitarbeiter mitzubringen, während gleichzeitig ein massiver Personalabbau in der Bundeszentrale für politische Bildung geplant ist?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Was die Personalentwicklung bei der Bundeszentrale für politische Bildung anbelangt, sind Ihnen die Zahlen und Fakten bekannt. Sie sind bei den Haushaltsberatungen deutlich geworden. Inwieweit Herr Krüger neue Akzente, beispielsweise bei dem von Ihnen angesprochenen Personal, setzen will, das müssen Sie ihn und nicht mich fragen.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Ich rufe die Frage 14 des Kollegen Aribert Wolf auf: Ist die Tatsache, dass ein Parteipolitiker an die Spitze der Bundeszentrale für politische Bildung treten soll, in Übereinstimmung zu bringen mit zahlreichen öffentlichen Äußerungen von Regierungsvertretern? Herr Staatssekretär, bitte.

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Für die beabsichtigte Berufung des künftigen Präsidenten der Bundeszentrale für politische Bildung spielt es keine Rolle, ob dieser einer Partei angehört; entscheidend ist allein fachliche und persönliche Qualifikation. Der künftige Präsident garantiert - aus den Erfahrungen seiner bisherigen politischen und beruflichen Laufbahn - eine enge Verbindung zu den künftigen Schwerpunkten der politischen Bildungsarbeit der Bundeszentrale, insbesondere der in den neuen Bundesländern sowie der in Bezug auf die junge Generation. Auch das ist wichtig. Leider, Frau Vizepräsidentin, wiederholt sich das jetzt ein bisschen. Dafür kann ich nicht. ({0})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Erste Zusatzfrage.

Aribert Wolf (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003269, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich will jetzt nicht Faust zitieren: „Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube“, sondern ich möchte die Bundesregierung fragen, was für sie eigentlich wichtiger ist, eine möglicherweise effizientere, weil monolithische Spitze oder die parteipolitische Neutralität der von der Bundesebene aus betriebenen politischen Bildung. ({0})

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Ihre Frage verstehe ich so, dass ich wie folgt darauf antworten möchte: Wichtig ist, dass die Bundeszentrale für politische Bildung insbesondere für die Herausforderungen, die aufgrund neuer Entwicklungen entstehen, gewappnet ist und entsprechende Arbeit leistet. ({0})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Die zweite Zusatzfrage.

Aribert Wolf (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003269, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Dann frage ich noch einmal, um das deutlicher zu machen: Wie wichtig ist es für die Bundesregierung, dass die politische Bildung, die von der Bundesebene aus betrieben wird, parteipolitisch neutral abläuft? ({0})

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Diese Frage können Sie wohl nur deshalb stellen, weil sich Ihr Verständnis von einer parteipolitischen Orientierung darauf bezieht, wie Sie das vielleicht machen; aber das dürfen Sie nicht anderen unterschieben. ({0}) Was Sie hier unterschwellig behaupten, das hätten andere jahrelang, jahrzehntelang umgekehrt behaupten können. Ich sage es noch einmal ganz deutlich: Wer den Lebensweg des bisherigen Präsidenten vom persönlichen Referenten bis hin zu verschiedenen politischen Verwendungen kennt, der kann eine solche Frage eigentlich nicht stellen. Nach meiner Auffassung ist es also notwendig, bei einer Personalentscheidung die Qualifikation in den Vordergrund zu stellen. Insofern - das sage ich noch einmal mit aller Deutlichkeit - ist an der gefundenen Entscheidung überhaupt nichts zu kritisieren. ({1})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Die Frage 15 wird schriftlich beantwortet. Ich rufe nun die Frage 16 des Kollegen Klaus Holetschek auf: Was hat die Bundesregierung dazu bewogen, ursprünglich die Schließung der Außenstelle der Bundeszentrale für politische Bildung in Berlin durchsetzen zu wollen, obwohl im Abschlussbericht zur Evaluation der Behörde ein solches Vorgehen nicht angeraten wurde, und welche konzeptionellen Veränderungen plant die Bundesregierung augenblicklich bei der Außenstelle? Da wir mit dieser Frage beim Thema bleiben, hoffe ich, dass nicht allzu viele Zusatzfragen gestellt werden.

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Die Bundeszentrale für politische Bildung wird ihre Aufgaben auch künftig in Bonn und Berlin wahrnehmen. Es entfällt vor allem die Bezeichnung „Außenstelle“ im Bereich von Berlin mit den damit verbundenen organisatorischen Konsequenzen. Auch dazu habe ich vorhin schon etwas gesagt. In Berlin bleibt eine Informations- und Kontaktstelle bestehen. Eine eigenständige Außenstelle ist nicht mehr erforderlich, da ein Teil der Aufgaben der Außenstelle entweder weggefallen ist oder anderweitig wahrgenommen wird. So bestehen nicht nur in Berlin, sondern inzwischen auch in den neuen Ländern funktionsfähige Landeszentralen für politische Bildung, deren Fehlen im Jahre 1992 eine wesentlicher Grund für die Errichtung der Außenstelle in Berlin war. Außerdem ist die Lehrerfortbildung, die im Einvernehmen mit den Kultusministern der neuen Länder eingerichtet worden war, inzwischen eingestellt worden, da der Bedarf nunmehr von den neuen Ländern selbst gedeckt werden kann. Ferner hat sich herausgestellt, dass der Besucherdienst der Bundeszentrale für politische Bildung in Berlin nur in geringem Umfang angenommen wird, da Besuchergruppen in Berlin vielfältige andere attraktive Angebote vorfinden. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass Veranstaltungen der politischen Bildung in Berlin und in den neuen Ländern, soweit sie mit Bundesmitteln gefördert werden, in erster Linie von den Einrichtungen der politischen Bildung vor Ort in den neuen Ländern durchgeführt werden, um dem Bedarf der Menschen besser gerecht zu werden.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Holetschek.

Klaus Holetschek (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003153, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, erläutern Sie mir bitte, was unter einer Informations- und Kontaktstelle zu verstehen ist.

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Das heißt, dass die Bundeszentrale nach wie vor in Berlin präsent sein wird und dass, wie es der Name schon sagt, hier Kontakte gepflegt werden können. Diese Arbeit kann durchgeführt werden. Ich habe ja auch versucht, Ihnen zu erklären, dass ein Teil der Arbeit der bisherigen Außenstelle schlichtweg weggefallen ist. Diese Umorganisation entspricht dem, was für die Arbeit hier in Berlin erforderlich und notwendig ist.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Noch eine Frage? Bitte sehr.

Klaus Holetschek (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003153, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, mit wie viel Personal wird diese Informations- und Kontaktstelle besetzt sein? Oder ist es so zu verstehen, dass hier ein besserer Prospektständer installiert werden soll?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Diese Kontaktstelle in Berlin wird auch personell besetzt sein. Es wird sich also nicht nur um einen, wie Sie es gerade sagten, Prospektständer handeln.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Nun kommt die Frage 17 des Kollegen Klaus Holetschek: Wie will die Bundesregierung vor dem Hintergrund einer künftig stärkeren Ausrichtung der Bundeszentrale für politische Bildung auf die neuen Länder sicherstellen, dass die von der Berliner Außenstelle aufgebauten Verbindungen innerhalb Berlins in den neuen Ländern und Osteuropa aufrechterhalten werden, und durch wen soll in Zukunft die Betreuung der monatlich rund 3 000 Einzelbesucher ({0}) erfolgen, die die Außenstelle derzeit verzeichnet, insbesondere in Anbetracht der völligen Auslastung des Besucherdienstes des Deutschen Bundestages? Bitte sehr, Herr Staatssekretär.

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Zur Betreuung der zahlreichen Einzelbesucher, die vor allem an den Publikationen der Bundeszentrale für politische Bildung interessiert sind, wird eine Informations- und Kontaktstelle in Berlin fortgeführt. Im Übrigen verweise ich auf meine Antwort zu der vorherigen Frage.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Eine Zusatzfrage? Bitte sehr.

Klaus Holetschek (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003153, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, werden dadurch anderen Institutionen erhebliche Mehrkosten dadurch entstehen, dass sie Aufgaben übernehmen müssen, die bis jetzt, zum Beispiel im Rahmen der Betreuung von Besuchergruppen, von der Bundeszentrale wahrgenommen wurden? Gibt es hierzu Zahlen oder Überlegungen?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Herr Kollege Holetschek, das kann ich mir nicht vorstellen. Ich kann Ihnen jetzt zwar nichts zum Thema Zahlen sagen; ich denke aber, dass es sich hierbei um einen unerheblichen Tatbestand handelt.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Zweite Frage.

Klaus Holetschek (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003153, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wurde einmal berechnet, ob Mehrkosten dadurch entstehen, dass es diese Außenstelle nicht mehr gibt? Es könnte ja ein höherer Aufwand durch Dienstreisen und vieles andere mehr entstehen.

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Nein, weil diese Veränderung der Organisation keine verstärkte Reisetätigkeit verursacht. Vielmehr entspricht der Zuschnitt der Kontaktstelle Berlin damit eher den dann zu erledigenden Aufgaben. Es wäre völlig falsch anzunehmen, dass dadurch die Reiserei von Beschäftigten der Bundeszentrale für politische Bildung gefördert würde. Das ist nicht in unserem Sinne. Gerade deshalb haben wir ja den neuen Aufgabenzuschnitt vorgenommen.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Frau Kollegin Volquartz hat noch eine Frage, bitte sehr.

Angelika Volquartz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003251, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Bezüglich der personellen Veränderungen, die ja auch die Außenstelle betreffen, möchte ich fragen, ob es an der Spitze als Vizepräsident einen Vertreter einer anderen Partei geben wird oder ob das ebenfalls ein SPD-Mitglied sein wird? ({0})

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Welche personelle Besetzung meinen Sie?

Angelika Volquartz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003251, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sie nehmen doch personelle Umstrukturierungen vor, indem Sie beispielsweise die Außenstelle verkleinern und weitere Überlegungen zum Personalabbau anstellen. Meine Frage lautete also: Werden Sie eine Umsetzung einer der jetzigen führenden Persönlichkeiten an der Spitze vornehmen oder wird es einen Neuen oder eine Neue geben und, wenn ja, welcher Partei wird der- oder diejenige angehören?

Fritz Rudolf Körper (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001162

Wenn es das, was wir mit der Kontaktstelle Berlin vorhaben, notwendig macht, auch personelle Konsequenzen folgen zu lassen, werden wir diese ziehen. Im Übrigen - das gilt für den gesamten Bereich der Bundeszentrale für politische Bildung - steht die Qualifikation der Bewerber für zu besetzende Ämter an vorderster Stelle und nicht die Frage der parteipolitischen Zugehörigkeit. Das ist Ihre Denke, nicht unsere. ({0})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Die Fragen 18 und 19 werden schriftlich beantwortet. Damit verlassen wir den Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern. Wir danken Herrn Staatssekretär Körper für die Beantwortung der Fragen. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen auf. Zur Beantwortung steht Frau Parlamentarische Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks zur Verfügung. Ich rufe die Frage 20 des Kollegen Dr. Heinrich Kolb auf. - Wo ist Herr Kolb? ({0}) - Dann müssen Sie die Frage nicht beantworten. Das Gleiche gilt auch für die Frage 21. Es wird verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen. Ich rufe die Frage 22 des Kollegen Hans Michelbach auf: Wie lauten die Bedingungen der bis zum 31. März 2002 befristet erteilten Genehmigung für die Ermäßigungen der Energiesteuersätze für das produzierende Gewerbe bei der Ökosteuer durch die EU-Kommission im Februar 2000 im Wortlaut, und warum wurde der genaue Wortlaut dem Finanzausschuss und der Öffentlichkeit bisher nicht zugänglich gemacht? Frau Staatssekretärin, bitte sehr.

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Bei den ermäßigten Energiesteuersätzen für das produzierende Gewerbe handelt es sich um staatliche Beihilfen im Sinne des Europarechts. Die EU-Kommission hat die gesetzlichen Regelungen für das produzierende Gewerbe in der Form genehmigt, wie sie notifiziert worden sind und wie sie nach der Genehmigung in Kraft getreten sind. Die Bundesregierung hat sich verpflichtet, sämtliche beihilferechtlich relevanten Tatbestände der ökologischen Steuerreform vor dem 31. März 2002 der EU-Kommission erneut zur Genehmigung vorzulegen. Darüber hinaus sind keine Bedingungen mit der beihilferechtlichen Genehmigung verbunden. Die EU-Kommission hat in den beiden vorliegenden Genehmigungsschreiben angekündigt, die Entscheidungen im Internet zu veröffentlichen. Die EGKS-Entscheidung wurde bereits ins Internet eingestellt. Für die den EG-Vertrag betreffende Genehmigung ist dies bislang noch nicht geschehen. Dies ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass noch eine Teilentscheidung zur steuerlichen Begünstigung von GuD-Kraftwerken aussteht. Im Übrigen habe ich veranlasst, dass die bereits vorliegenden Genehmigungsschreiben dem Finanzausschuss des Deutschen Bundestag zugeleitet werden.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege, bitte sehr.

Hans Michelbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002738, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, Sie bestätigen also, dass für die GuD-Kraftwerke noch keine Ausnahmegenehmigung veröffentlicht wurde. Sehen Sie nach den Aussagen, die der zuständige EUKommissar Monti gemacht hat, überhaupt noch eine Chance, nach dem 31. März 2002 eine erweiterte Ausnahmegenehmigung für all diese Ausnahmetatbestände zu erreichen?

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Herr Kollege Michelbach, die Genehmigungsfähigkeit von staatlichen Beihilfen zum Beispiel in Ökosteuergesetzen richtet sich nach dem Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen. Dieser Umweltrahmen wird zurzeit von der EUKommission überarbeitet. Die Bundesregierung hat aufgrund von intensiven Verhandlungen mit der Kommission Anlass zu der Annahme, dass der neue Umweltrahmen ihr die Möglichkeit eröffnet, ermäßigte Energiesteuersätze für die Unternehmen des produzierenden Gewerbes auch weit über den 31. März 2002 hinaus zu realisieren.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Noch eine Zusatzfrage, bitte sehr.

Hans Michelbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002738, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, wie hoch ist die zusätzliche Belastung durch die Ökosteuer für die Wirtschaft, wenn Ihre Annahme nicht eintritt und die Ausnahmeregelungen hinsichtlich der produzierenden Betriebe von der EU-Kommission nicht verlängert werden? Jetzt beträgt die Belastung durch die Ökosteuer für diese Betriebe nur ein Drittel. Dann aber würden diese Betriebe mit zusätzlichen Kosten belastet werden.

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Herr Michelbach, die Antwort auf Ihre Frage hätte spekulativen Charakter. Ich möchte eine solche Antwort für die Bundesregierung nicht geben.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Ich rufe die Frage 23 des Abgeordneten Hans Michelbach auf: Wie wird das Ökosteueraufkommen nach dem Jahr 2003 Verwendung finden? Frau Staatssekretärin, bitte.

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Mit den Gesetzen zur Einführung und Fortführung der ökologischen Steuerreform wurden die Stufen der Reform bis zum Jahre 2003 festgelegt. Die aus diesen Reformstufen fließenden Einnahmen werden nach den Vorstellungen der Regierungskoalition auch über das Jahr 2003 hinaus für eine Absenkung der gesetzlichen Lohnnebenkosten verwendet.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Eine Zusatzfrage.

Hans Michelbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002738, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, Ihre Botschaft höre ich wohl. Aber ich kann der Tagespresse entnehmen, dass Ihr Koalitionspartner, die Grünen, dieses Ökosteueraufkommen für andere Zwecke einsetzen möchte, insbesondere für Umweltaufgaben im Verkehrsbereich. Inwieweit besteht nach Ihrer Meinung die Möglichkeit, dass diese Intention Ihres Koalitionspartners umgesetzt wird, dass ab dem Jahre 2003 die Ökosteuer nicht zur Gänze für die Senkung der Lohnnebenkosten eingesetzt wird?

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Herr Kollege Michelbach, es gibt einzelne Stimmen in beiden Koalitionsfraktionen, die eine Änderung der Zweckbestimmung für die Zukunft wünschen. Es handelt sich aber in beiden Koalitionsfraktionen um Einzelstimmen. In ihrer Gesamtheit sind sie entschlossen, auch in Zukunft das Aufkommen aus der Ökosteuer für die Senkung der Lohnnebenkosten zu verwenden.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Zweite Zusatzfrage, bitte sehr.

Hans Michelbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002738, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, Sie sagen, dass die Einnahmen durch die Ökosteuer voll für die Senkung der Lohnnebenkosten verwendet werden. Wenn im Jahr 2003 das Ökosteueraufkommen etwa 32 Milliarden DM betragen wird, dann müsste demnach - die Richtigkeit Ihrer Aussage vorausgesetzt - der Rentenversicherungsbeitrag nur 18 Prozent betragen. Inwieweit wollen Sie im Jahre 2003 den Rentenversicherungsbeitrag mithilfe der Ökosteuer auf 18 Prozent senken?

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Herr Kollege Michelbach, Ihnen dürfte aus früheren Diskussionen bekannt sein, dass die Ökosteuer dazu dient, den Rentenversicherungsbeitrag zu senken, was in zwei Stufen schon um insgesamt 1,1 Prozentpunkte geschehen ist. Sie wird aber auch in Zukunft zur Stabilisierung der Rentenversicherungsbeiträge beitragen müssen, die anderenfalls weiter wachsen müssten. In diesem Fall würde es sich im Prinzip um die gleiche Operation handeln wie jene, die die alte Bundesregierung im April 1984 vorgenommen hat, als sie den Mehrwertsteuersatz um einen Punkt erhöht hat, was ausschließlich dazu gedient hat, den Rentenversicherungsbeitrag nicht über die damalige Rekordhöhe von 20,4 Prozent steigen zu lassen. Immerhin ist es uns mittlerweile gelungen, den Rentenversicherungsbeitrag auf 19,3 Prozent zu senken. Wir werden mit dem Aufkommen aus der Ökosteuer auch noch weitere Senkungsschritte herbeiführen können. Aber rein rechnerisch wird es wegen der Belastung der Rentenversicherung unter anderem aufgrund der demographischen Entwicklung sicherlich nicht zu einer Absenkung auf 18 Prozent kommen können.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Nun haben Sie weitere Zusatzfragen provoziert. Die erste Zusatzfrage stellt der Kollege Storm.

Andreas Storm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002811, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, trifft es zu, dass die aufgrund der Erkenntnisse aus den Berechnungen, die im Zusammenhang mit den Rentenkonsensgesprächen angestellt worden sind, im Jahreswirtschaftsbericht angekündigte weitere Beitragssatzsenkung in der gesetzlichen Rentenversicherung durch die Ökosteuer um 0,8 Prozentpunkte bis zum Jahre 2003 nicht mehr realisierbar ist?

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Herr Kollege Storm, ich kann aus den Rentenkonsensgesprächen von mir aus keine Mitteilungen machen. Ich habe nur einmal an den Rentenkonsensgesprächen auf der Ebene der Partei- und Fraktionsvorsitzenden teilgenommen, als es insbesondere um die steuerliche Förderung der zukünftigen privaten Altersvorsorge ging. Im Übrigen bin ich über den Stand der Rentenkonsensgespräche aus eigener Kenntnis nicht informiert.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Das war auch scharf an der Grenze, ob das noch zur Frage passt. Aber ich lasse hier fast alle Fragen zu. - Jetzt hat der Kollege Niebel das Wort.

Dr. h. c. Dirk Niebel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003198, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Vielen Dank für die Vorbemerkung, Frau Präsidentin. Das erleichtert mir die Fragestellung. Frau Staatssekretärin, sehen nicht auch Sie die große Gefahr, dass durch die Absenkung der Rentenversicherungsbeiträge aufgrund der Mittel aus der so genannten Ökosteuer die Notwendigkeit, strukturelle Veränderungen im Rentenversicherungssystem durchzuführen, gemindert wird, dass also quasi der Leidensdruck nicht groß genug ist, um schnell zu handeln?

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Herr Kollege Niebel, ich weiß nicht, welchen Leidensdruck Sie sich vorstellen. Sie tun so, als ob der bestehende Leidensdruck nicht groß genug sei. Die Bundesregierung ist in der Tat mit einem sehr mutigen Reformkonzept vorangeschritten, das in sehr vielen gesellschaftlichen Gruppen auf Widerstand stößt. Dass man vor diesem Hintergrund von mangelndem Leidensdruck spricht, zeugt schlechterdings - so sage ich einmal - von einer etwas beschränkten Wahrnehmung.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Nun hat der Kollege Tauss noch eine Frage.

Jörg Tauss (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002813, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Staatssekretärin, würden Sie freundlicherweise, wenn ich Sie darum bitten dürfte, den wissbegierigen Kolleginnen und Kollegen auf der anderen Seite erläutern, dass das Aufkommen aus der Ökosteuer in einem ganz erheblichen Maße auch dazu eingesetzt wurde, die Herausnahme versicherungsfremder Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu finanzieren, wozu die alte Regierung zu keinem Zeitpunkt Mut und Kraft fand? ({0})

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Herr Kollege, das ist so richtig. Dadurch, dass die Mittel aus der Ökosteuer die Bundesregierung in die Lage versetzen, den Bundeszuschuss um dieselbe Summe zu erhöhen, sind die versicherungsfremden Leistungen in der Tat - insbesondere die Auffüllbeträge für die Renten der Rentner in den neuen Bundesländern, aber auch das, was nach Definition als versicherungsfremde Leistung gilt, nämlich die Anrechnung von Kindererziehungszeiten - aus der Rentenversicherung herausgenommen worden.

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Nun rufe ich die Frage 24 des Kollegen Klaus Hofbauer auf: Ist die Bundesregierung bereit, ein Aktionsprogramm aufzulegen zur Abmilderung strukturpolitischer Auswirkungen im ostbayerischen Raum durch den zu erwartenden Abbau von öffentlichen Dienststellen im Rahmen der EU-Osterweiterung beim Zoll, bei der Bundeswehr einschließlich Standortverwaltungen, bei der Bahn, der Post und in der Wirtschaft? Frau Staatssekretärin, bitte.

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Herr Kollege Hofbauer, die Bundesregierung hält ein gesondertes Aktionsprogramm für den ostbayerischen Raum nicht für erforderlich. Der ostbayerische Grenzraum ist Fördergebiet der Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ bzw. EU-Ziel-2-Fördergebiet. Dieses förderpolitische Instrumentarium reicht aus, um einen Strukturwandel wirksam flankieren zu können. ({0})

Klaus Hofbauer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003149, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, teilen Sie meine Auffassung, dass durch die angesprochenen Maßnahmen insbesondere im Bereich des Zolls und der Bundeswehr einschließlich der Standortverwaltungen sowie durch die bereits beschlossenen Maßnahmen bei der Bahn in ganz erheblichem Umfang Stellen abgebaut werden müssen, was erhebliche strukturelle Auswirkungen für die Region hat, die die Region aus sich heraus nicht bewältigen kann? Die Programme, die Sie angesprochen haben, gelten bereits jetzt. Aber es kommen zusätzliche Eingriffe auf die Region zu. Deswegen besteht hier eine besondere Situation hinsichtlich der Beitrittsländer, der man gerecht werden muss. Können Sie diese Auffassung teilen?

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Nein, Herr Kollege Hofbauer. Die förderpolitischen Instrumentarien, die schon jetzt gelten, sind die Fördermöglichkeiten, die in der Europäischen Union überhaupt zur Verfügung stehen. Ich darf darauf hinweisen, dass die Erfahrung des Abbaus von Bundesbehörden oder auch Standorten der Bundeswehr nicht neu ist und dass dieser auch schon in vielen anderen Bundesländern stattgefunden hat. Ich darf daran erinnern, dass mit der Öffnung der Binnengrenze nach Westen im Jahre 1993 in ganz erheblichem Maße zum Beispiel Stellen beim Zoll an den Westgrenzen weggefallen sind. Obwohl Hunderte von Stellen weggefallen sind, haben diese Gebiete häufig nicht einmal die Kriterien für die Förderung nach Ziel 2 oder nach der Gemeinschaftsaufgabe erfüllt. Ein zusätzliches Aktionsprogramm außerhalb des bestehenden Förderrahmens, der sowohl auf deutscher Seite wie auch nach den EU-Richtlinien möglich ist, ist also nicht vorstellbar.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Hofbauer, Sie haben eine zweite Zusatzfrage.

Klaus Hofbauer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003149, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, besteht nicht ein Unterschied zwischen der Öffnung der Westgrenze damals und der Öffnung der Ostgrenze heute, bei der es sich um ganz andere Dimensionen handelt? Hier geht es um die Öffnung des Grenzgürtels zu den Ostblockländern - Gott sei Dank; ich möchte diese Entscheidung nicht kritisieren -, durch die sehr große Einschnitte erfolgen und ganz andere Dimensionen zu erwarten sind. Es geht dabei nicht um ein paar Hundert Stellen, sondern beim Zoll geht es nach meinen Informationen allein im Grenzgürtel in Ostbayern um 3 500 bis 4 000 Stellen.

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Herr Kollege Hofbauer, ich bin jetzt etwas überfragt, wie viele Stellen es im ostbayerischen Raum sind. Wir haben jedoch an den Grenzen zu Polen und Tschechien zusammen, also zu unseren Nachbarn, die wir demnächst in die EU werden aufnehmen können, zurzeit etwa 5 500 Bedienstete des Zolls im so genannten Grenzaufsichtsdienst. Das heißt, die Zahl von 3 500 Bediensteten im ostbayerischen Raum ist vielleicht etwas zu hoch angenommen. Aber das will ich nicht mit Sicherheit sagen, da ich es nicht genau weiß. Natürlich werden die genannten 5 500 Stellen im Grenzaufsichtsdienst nicht auf Dauer erhalten werden können. Andererseits werden sie auch nicht vollständig ersatzlos abgebaut werden; denn aus Gründen der Sicherheit werden gleichwohl ins Hinterland verlagerte Kontrollen stattfinden. Es wird also niemand mehr an der Grenze stehen, sondern es werden, um die Sicherheit aufrechtzuerhalten, im Hinterland Kontrollen durchgeführt werden, jedoch nicht in dieser großen Anzahl, wie das auch an den Westgrenzen der Fall war. Im Übrigen, Herr Kollege Hofbauer, ist es für den ostbayerischen Raum an der tschechischen Grenze vielleicht eine Chance - das Gleiche gilt natürlich für den sächsischen und den brandenburgischen Raum im Hinblick auf die Grenze zu Polen -, dass wir Mitgliedsländer für die Europäische Union gewinnen, die als Handelspartner von besonderem Interesse sein können, da die Märkte dort nicht so gesättigt sind, wie sie bei unseren westlichen Nachbarn gesättigt waren.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Wir kommen damit zur Frage 25 des Abgeordneten Klaus Hofbauer: In welchem Umfang werden bei den in Frage 24 genannten Institutionen in dieser Region Dienstposten in Zukunft wegfallen, und wo wird das gegebenenfalls der Fall sein?

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Herr Kollege Hofbauer, bei der Bundeswehr einschließlich Standortverwaltungen und der Bundeszollverwaltung kann ein möglicherweise auf die ostbayerischen Regionen entfallender Dienstpostenabbau derzeit nicht beziffert werden. Die Deutsche Bahn AG und die Deutsche Post AG sind keine öffentlichen Dienststellen, sondern dem Gesellschaftsrecht verpflichtete Aktiengesellschaften, die zwar zu 100 Prozent im Eigentum des Bundes stehen, auf deren unternehmerische Einzelentscheidungen der Bund jedoch keinen unmittelbaren Einfluss hat. Weder die Deutsche Bahn AG noch die Deutsche Post AG planen im Zusammenhang mit der EU-Osterweiterung den Abbau von Arbeitsplätzen.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Es gibt keine Zusatzfragen. Damit schließe ich diesen Geschäftsbereich und danke der Frau Parlamentarischen Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks. Ich rufe nunmehr den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Gerald Thalheim zur Verfügung. Ich rufe zunächst die Frage 26 des Abgeordneten Dr. Michael Meister auf: Aus welchen Gründen ist die seit der Einführung der Krankenversicherung der Landwirtschaft gesetzlich geregelte Finanzierung der Altenteilerleistungen aus dem Agrarhaushalt geändert worden?

Dr. Gerald Thalheim (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002311

Herr Kollege Meister, mit einem Betrag von rund 2 Milliarden DM pro Jahr gehören die Zuschüsse zur landwirtschaftlichen Krankenversicherung zu den größten Ausgabeposten des Einzelplanes 10. Sie konnten deshalb im Rahmen der zur Haushaltssanierung notwendigen Maßnahmen nicht unberücksichtigt bleiben. Ursprünglich war für das Jahr 2001 in der landwirtschaftlichen Krankenversicherung eine Änderung der Beitragsbemessungsgrundlagen vorgesehen. Um die mit dieser Umstellung verbundenen Schätzrisiken auffangen zu können, hatten die landwirtschaftlichen Krankenkassen ihr Vermögen in den letzten Jahren erheblich aufgestockt, und zwar um ein Vielfaches der bei den übrigen Krankenkassen im Durchschnitt vorhandenen Finanzreserven. Im Rahmen der Gesundheitsreform 2000 wurde aber aus praktischen Erwägungen heraus auf diese Umstellung verzichtet. Im Rahmen der Umsetzung des Zukunftsprogramms 2000 der Bundesregierung wurde beschlossen, dass sich die aktiven Mitglieder der landwirtschaftlichen Krankenversicherung im Jahre 2000 einmalig mit einem Betrag von 250 Millionen DM an der Finanzierung der Leistungsaufwendungen für die Altenteiler beteiligen. Der Bundeszuschuss verringert sich entsprechend. Im Regelfall ist hierfür eine Beitragserhöhung nicht erforderlich. Diese Mittel können vielmehr aus dem angesammelten Vermögen der landwirtschaftlichen Krankenkassen erbracht werden. Nach Kenntnis der Bundesregierung hat zum 1. Januar 2000 nur eine der 20 landwirtschaftlichen Krankenkassen ihre Beiträge nennenswert erhöht. Für die Zeit ab dem Jahr 2001 ist vorgesehen, dass der Bund die durch die Beiträge nicht gedeckten Leistungsaufwendungen für die Altenteiler wieder uneingeschränkt übernimmt.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Zu einer ersten Zusatzfrage, bitte, Herr Kollege Meister.

Dr. Michael Meister (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002733, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, aus welchem Grund ist man, wenn, wie Sie darstellen, von der Landwirtschaft ein Sonderopfer verlangt werden muss, nicht so vorgegangen, wie man das bei den allgemeinen Krankenkassen tut? Dort gibt es den Risikostrukturausgleich, mit dem versucht wird, geeignete Anhaltspunkte für einen Verteilerschlüssel zu definieren, indem die Zahl der Versicherten in Bezug auf Alter und Geschlecht, also die Versichertenstruktur, Berücksichtigung findet. Aus welchem Grund ist man bei dem Sonderopfer, das man mit diesen 250 Millionen DM der Landwirtschaft auferlegt, nicht nach einem Verteilungsmaßstab vorgegangen, der sich zum Beispiel an der Zahl der aktiven Mitglieder, die ja letztlich aus ihrem Betriebseinkommen die Beiträge finanzieren müssen, in der jeweiligen landwirtschaftlichen Krankenkasse orientiert?

Dr. Gerald Thalheim (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002311

Herr Kollege, es handelt sich hier um kein Sonderopfer. Denn bei den Krankenkassen der Landwirte besteht die Sonderregelung - sie gilt bei den gesetzlichen Krankenkassen nicht -, dass der Bund die durch eigene Beiträge nicht gedeckten Aufwendungen der Altenteiler übernimmt. Bei der gesetzlichen Krankenversicherung leistet das die Versichertengemeinschaft. Dieser Bundeszuschuss richtet sich nach dem Umfang der Leistungsaufwendungen für die Altenteiler. Daher war es sozial gerechtfertigt, die einzelnen Kassen in dem Maße, wie sich der Bund an der Finanzierung ihres Defizits beteiligt, auch beim Abzug in Höhe von 250 Millionen DM zu belasten.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Zu einer zweiten Zusatzfrage, bitte, Herr Kollege Meister.

Dr. Michael Meister (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002733, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich möchte noch einmal dahin gehend nachfragen, ob die Bundesregierung beabsichtigt, an der nach meiner Auffassung nach wie vor ungeeigneten Art und Weise des Verteilungsschlüssels Veränderungen vorzunehmen, um zumindest für die Zukunft, also über den August dieses Jahres hinaus, Änderungen im Interesse der aktiven Landwirte durchzuführen.

Dr. Gerald Thalheim (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002311

Diese Frage habe ich vorhin schon mit beantwortet. Wie Sie wissen, handelt es sich um eine einmalige Maßnahme, die das Jahr 2000 betrifft. Ab dem Jahr 2001, also ab nächstem Jahr, werden, wie im Gesetz fixiert, die durch eigene Beiträge nicht gedeckten Leistungsaufwendungen für die Altenteiler durch den Bund in vollem Umfang übernommen.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Damit kommen wir zur Frage 27 des Abgeordneten Michael Meister: Wie begründet die Bundesregierung den Verteilungsmaßstab, der sich nach den Ausgaben der Altenteiler und nicht nach Anzahl der Mitglieder oder nach den Einnahmen der aktiven Landwirte richtet, was im Ergebnis zu überproportionalen Belastungen einzelner landwirtschaftlicher Krankenkassen führen könnte?

Dr. Gerald Thalheim (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002311

Herr Kollege Meister, die Höhe der auf jede landwirtschaftliche Krankenkasse entfallenden Bundesmittel richtet sich nach ihren Leistungsaufwendungen für Altenteiler, vermindert um die von den Altenteilern entrichteten Beiträge und sonstigen Einnahmen. Je höher der Anteil der Altenteiler an der Zahl der Versicherten und den Leistungsausgaben einer landwirtschaftlichen Krankenkasse ist, desto höher ist auch der rechnerisch auf jedes aktive Mitglied entfallende Bundesmittelbetrag. Deshalb ist es sachgerecht, den Anteil der einzelnen landwirtschaftlichen Krankenkassen an der einmalig im Jahr 2000 zu erbringenden Bundesmitteleinsparung in Höhe von 250 Millionen DM nach ihrem Anteil an diesem Defizit in der Altenteilerkrankenversicherung zu bemessen.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Zur ersten Nachfrage des Kollegen Meister, bitte.

Dr. Michael Meister (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002733, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ich gehe davon aus, dass der Bundesregierung bekannt ist, dass die landwirtschaftlichen Krankenkassen regional eine sehr unterschiedliche Struktur haben; ich nenne zum Beispiel den Anteil der Nebenerwerbslandwirte. Im Bereich der Krankenkassen herrscht ja Wettbewerb; es ist also auch die Möglichkeit gegeben, die Krankenkasse zu wechseln. Deshalb ist auch bei einmaligen Belastungen, von denen Sie sprechen, bereits die Frage zu stellen, ob nicht etwa in Ballungsräumen, in denen der Anteil von Nebenerwerbslandwirten relativ hoch ist, davon auszugehen ist, dass gerade diejenigen, die hohe Beiträge zahlen und wenig Leistungen in Anspruch nehmen, diese Krankenkassen verlassen, während die anderen, die eher Leistungsbezieher sind, dort verbleiben, wodurch ein zusätzliches Ungleichgewicht in die landwirtschaftlichen Krankenkasse hineingetragen würde. Beabsichtigt die Bundesregierung, dagegen Vorkehrungen zu treffen?

Dr. Gerald Thalheim (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002311

Nein. Bei der Mitgliedschaft in der landwirtschaftlichen Krankenkasse handelt es sich um eine Pflichtmitgliedschaft ohne Kassenwahlrecht. Man kann die Krankenkasse nicht ohne weiteres verlassen.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Es gibt eine zweite Frage des Kollegen Meister, bitte.

Dr. Michael Meister (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002733, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich habe mich zwar eben auf die Nebenerwerbslandwirte bezogen, was bedeutet, dass sie einen Hauptberuf haben; aber ich denke, dass wir das stehen lassen können. Ich habe noch eine zweite Frage, die sich auf das Ausmaß der Betroffenheit bezieht. Sie haben in Ihrer ersten Antwort dargestellt, dass nur eine landwirtschaftliche Krankenkasse ihre Beiträge erhöhen musste. Dennoch möchte ich nachfragen, ob Sie nicht ein Ungleichgewicht etwa darin sehen, dass in Hessen eine doppelt so hohe Belastung für das einzelne in der landwirtschaftlichen Krankenkasse versicherte Mitglied im Vergleich zum Bundesdurchschnitt besteht. In Hessen entfällt auf das einzelne Mitglied ein Beitrag von etwa 1 600 DM, während es im Bundesdurchschnitt nur etwa 800 DM sind. Glauben Sie vor diesem Hintergrund nicht, dass der Verteilungsschlüssel infrage gestellt werden sollte?

Dr. Gerald Thalheim (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002311

Nein. Ich nehme auf meine Antwort auf die erste Frage Bezug. Es war für uns sozial ausgewogen und sachgerecht, dass die einmalige Kürzung im Jahr 2000 in der Relation erfolgen musste, in der in der Vergangenheit aufgrund des prozentualen Anteils der Altenteilerlasten die Bundeszuwendungen erfolgten. Da es sich, wie gesagt, um eine einmalige Aktion handelt und im Übrigen auf die Rücklagen der Krankenkassen verwiesen werden konnte, hielten wir in diesem Punkt die Entscheidung für sachgerecht.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Es gibt eine weitere Zusatzfrage. Bitte, Herr Kollege.

Wolfgang Steiger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002807, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, so wie ich die Diskussion eben verstanden habe, gibt es regionale Unterschiede. Nach welchen Kriterien begründen sich denn diese Unterschiede?

Dr. Gerald Thalheim (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002311

Die Beiträge der Landwirtschaft zur Krankenkasse wie auch zur Unfallversicherung hängen in den einzelnen Regionen von der Struktur der Betriebe ab und sind am Ende ein Solidarausgleich innerhalb des jeweiligen Kassengebietes, aber nicht darüber hinaus.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Damit kommen wir zur Frage 28 des Kollegen Andreas Storm: Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass die Änderungen im Zuschussrecht der landwirtschaftlichen Alterssicherung etwa in den höchsten Zuschussklassen zu Beitragssteigerungen von 111 Prozent führen und damit existenzbedrohende Ausmaße annehmen?

Dr. Gerald Thalheim (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002311

Sehr geehrter Herr Kollege Storm, die Bundesregierung hat bei ihrem Amtsantritt eine Schuldenlast von 1,5 Billionen DM vorgefunden. Deshalb gibt es zur Politik der Bundesregierung, Maßnahmen zur Konsolidierung der Staatsfinanzen zu ergreifen, keine Alternative. Um den notwendigen Gesamtsparbetrag aufzubringen, müssen die Haushalte aller Bundesressorts einen Einsparbeitrag erbringen, der ihrem Anteil am Bundeshaushalt entspricht. Der Anteil der Bundesmittel für die Agrarsozialpolitik am Agrarhaushalt des Bundes beträgt rund zwei Drittel. Deshalb konnten sie bei den notwendigen Einsparungen nicht ausgenommen werden. Bei der Ausgestaltung der Sparmaßnahmen wurde jedoch darauf geachtet, soziale Härten und insbesondere eine übermäßige Belastung einzelner Personengruppen zu vermeiden. Deshalb ist im Haushaltssanierungsgesetz unter anderem eine maßvolle Anhebung des Einheitsbeitrages vorgenommen worden. Damit werden alle Beitragszahler in der Alterssicherung der Landwirte an den unausweichlichen Einsparungen beteiligt. Neben der Anhebung des Einheitsbeitrages und einer Reihe weiterer Maßnahmen mussten allerdings auch beim Beitragszuschuss Einschnitte vorgenommen werden. Der auf die Alterssicherung der Landwirte entfallende Einsparbetrag hätte anders nicht erbracht werden können. Durch diese Änderungen beim Beitragszuschuss ergibt sich eine effektive Mehrbelastung gegenüber 1999, die im Einzelfall bis zu 111 Prozent betragen kann. Das ist bedauerlich. Angesichts des zwingenden Bedarfs der Konsolidierung des Bundeshaushaltes, den diese Bundesregierung nicht zu verantworten hat, ist dies aber leider unabänderlich. Aus dieser Beitragsmehrbelastung in der Alterssicherung ergibt sich keine Existenzbedrohung für die landwirtschaftlichen Betriebe. Jedoch verlangen die in der jüngeren Zeit beschlossenen Reformmaßnahmen, also das Zukunftsprogramm 2000 und die ökologische Steuerreform, der deutschen Land- und Forstwirtschaft insgeDr. Michael Meister samt eine erhebliche Anpassungsleistung ab, die durch die Bundesregierung unterstützt werden soll.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Es gibt eine erste Zusatzfrage des Kollegen Storm. Bitte.

Andreas Storm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002811, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, nachdem Sie in Ihrer Antwort bestätigt haben, dass Beitragssteigerungen bis zu 111 Prozent zu erwarten sind, möchte ich Sie fragen: Es war ja erklärtes Ziel der Bundesregierung, die Beiträge für die sozialen Sicherungssysteme zu reduzieren. Habe ich Sie richtig verstanden, dass die Bundesregierung die Erwerbstätigen bzw. Versicherten im Bereich der Landwirtschaft hiervon ausnehmen will?

Dr. Gerald Thalheim (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002311

Nein, sie nimmt sie nicht aus. Bei der Darstellung des Sachverhalts ist natürlich darauf hinzuweisen, dass trotz dieser Maßnahmen das Beitrags-Leistungs-Verhältnis in der landwirtschaftlichen Alterskasse noch immer günstiger ist als in der gesetzlichen Rentenversicherung. Das ist etwas, auf das man nicht genug hinweisen kann. Vor diesem Hintergrund erschien uns die Entscheidung an dieser Stelle noch vertretbar, zumal es hier wie in keinem anderen Bereich auch zu Beitragszuschüssen kommt. Im Jahr 2000 gibt es zum Beispiel bei der untersten Beitragsklasse - darauf nehmen die 111 Prozent Bezug - einen monatlichen Zuschuss in Höhe von 205 DM. Das gibt es in keinem anderen vergleichbaren System.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Auch der Kollege Meister hat eine Zusatzfrage. Bitte.

Dr. Michael Meister (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002733, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ich möchte noch einmal nachfragen. Sie haben eben in Ihrer Antwort auf die Frage des Kollegen Storm gesagt, dass auch die Landwirtschaft für den Konsolidierungsbeitrag herangezogen werden muss, zum einen im Bereich der Sozialversicherung, zum anderen durch die Ökosteuer. Und Sie haben erwähnt, dass die Bundesregierung den Landwirten helfen will, diese Inanspruchnahme zu bewältigen. Könnten Sie einmal konkret sagen, in welchen Bereichen die Bundesregierung der Landwirtschaft Hilfe gewährt, um diese Belastungen zu kompensieren?

Dr. Gerald Thalheim (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002311

Die gesamte Agrarpolitik der Bundesregierung ist in die Zukunft weisend. Ich nenne die Agenda 2000 und ähnliche Entscheidungen. Wir gehen davon aus, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft insgesamt besser wird. Auf der anderen Seite habe ich in meiner Antwort eingeräumt, dass es in einigen Bereichen zu Belastungen kommt. Allerdings ist mir nicht bekannt, dass es seitens der Opposition zu den Sparmaßnahmen der Bundesregierung alternative Vorschläge gegeben hätte, zum Beispiel die, bei anderen Haushaltspositionen, etwa bei Positionen im Haushalt des Bundesverteidigungsministers, zu streichen, bei den Renten stärker einzusparen oder die Mehrwertsteuer deutlich zu erhöhen, um das strukturelle Defizit des Bundeshaushaltes abzubauen. Von solchen Vorschlägen ist mir nichts bekannt. Eines wäre nicht gegangen, nämlich so weiterzumachen wie in der Vergangenheit. Dann hätten wir einen mit der Verfassung nicht konformen Bundeshaushalt vorlegen müssen. Das hat sich von selbst verboten. Aus diesem Grunde musste auch der Agrarbereich an den Sparmaßnahmen beteiligt werden.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Es gibt eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Steiger.

Wolfgang Steiger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002807, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, verstehe ich Ihre Antwort auf die Frage des Kollegen Meister richtig, dass die Hilfsmaßnahmen, die Sie anführen, nur Rhetorik sind?

Dr. Gerald Thalheim (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002311

Nein, Sie verstehen das völlig falsch. Das Problem ist, dass die Agrarpolitik der alten Bundesregierung seit langer Zeit - man muss schon fast sagen: seit 1982 - darauf ausgerichtet war, das, was am Markt weniger verdient wurde, durch öffentliche Gelder auszugleichen. Diese Politik aufrechtzuerhalten ist der alten Bundesregierung in den letzten Jahren immer schwerer gefallen. Sie war jetzt einfach nicht mehr fortzusetzen. Insofern hat es eine Neuausrichtung der Agrarpolitik gegeben. Dies wird den Bauern auf längere Zeit gesehen mehr helfen als schaden. Natürlich ist das eine Umorientierung. Unser Ziel ist, dass die Bauern zukünftig am Markt mehr Geld verdienen anstatt Hilfen aus öffentlichen Kassen zu beziehen.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Auch Herr Kollege Storm hat noch eine Zusatzfrage. Ihm stehen als Fragesteller selbstverständlich zwei Zusatzfragen zu.

Andreas Storm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002811, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie haben in Ihrer Antwort auf die Frage des Kollegen Meister eben beklagt, dass es keine alternativen Einsparvorschläge gebe. Nun ist es ja so, dass die landwirtschaftlichen Alterskassen schon vor Jahresfrist einen Vorschlag gemacht haben, mit dem erhebliche Einsparungen bei den Verwaltungskosten möglich sind, nämlich wenn hinsichtlich der Einkommen ein Datenabgleich mit den Finanzbehörden stattfindet. Es sind deshalb erhebliche Einsparungen möglich, weil die Widerspruchsquote in diesem Bereich bei 70 Prozent liegt, also ganz beachtlich ist. Ich frage Sie deshalb: Warum ist die Bundesregierung auf diese Anregung der landwirtschaftlichen Alterskassen bisher überhaupt nicht eingegangen?

Dr. Gerald Thalheim (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002311

Weil wir als Bund in dem Bereich auf die Verwaltung keinen Einfluss haben. Die Aufsicht über die landwirtschaftlichen Alterskassen obliegt den Ländern. Wir als Bund sind bemüht, im Rahmen einer Neustrukturierung im gesamten Sozialbereich unseren Einfluss zu stärken. Dies ist bisher an dem Widerstand der Länder gescheitert. Ich interpretiere Ihre Frage aber so, dass wir bei dem Bemühen, in dem Bereich zu einer Neustrukturierung zu kommen - um am Ende damit viel Geld einzusparen -, auf Ihre Unterstützung bauen können.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Damit kommen wir zur Frage 29 des Abgeordneten Andreas Storm: Beabsichtigt die Bundesregierung, diese Belastungen rückgängig zu machen, etwa durch eine Zuführung von Mitteln aus der Ökosteuer, wie dies in der gesetzlichen Rentenversicherung geplant ist?

Dr. Gerald Thalheim (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002311

Sehr geehrter Herr Kollege Storm, zunächst will ich darauf hinweisen, dass im Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte Regelungen enthalten sind, aufgrund deren der Beitrag der Landwirte mit dem Beitragssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung verknüpft ist. Infolge eines höheren Bundeszuschusses - aus den Einnahmen der Ökosteuer - konnte dieser Beitragssatz zum 1. Januar 2000 gesenkt werden. Diese Verknüpfung hat also dämpfend auf den Beitragsanstieg in der Alterssicherung der Landwirte gewirkt. Es ist nicht vorgesehen, die in der Alterssicherung der Landwirte vorgenommenen Einsparmaßnahmen wieder rückgängig zu machen. Der Bundesregierung ist bewusst, dass ihre haushalts- und finanzpolitischen Beschlüsse der Land- und Forstwirtschaft erhebliche Anpassungsleistungen abverlangen. Gerade wegen der besonderen Belastung durch die Ökosteuer soll ein besonderer Steuersatz für den in Betrieben der Land- und Forstwirtschaft verwendeten Dieselkraftstoff eingeführt und damit die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft gestärkt werden. Der notwendige Prozess einer Anpassung an den stärkeren Wettbewerb im Rahmen der EU-Agrarpolitik soll so erleichtert werden. Der Steuersatz beträgt 0,57 DM pro Liter Dieselkraftstoff. Dies entspricht einer Begünstigung von 23 Pfennig pro Liter Dieselkraftstoff im Jahr 2001. Die Begünstigung wird mit den weiteren Stufen der Ökosteuer bis zum Jahr 2003 auf 35 Pfennig pro Liter anwachsen, was Mindereinnahmen bei der Mineralölsteuer in einem Volumen von rund 700 Millionen DM zur Folge haben wird. Dies wird zu einer Entlastung der Landwirtschaft führen. Im Energiebereich bestehen zwischen den EU-Mitgliedstaaten aufgrund unterschiedlicher Steuersätze für in der Land- und Forstwirtschaft verwendeten Dieselkraftstoff erhebliche Wettbewerbsunterschiede. Als grundsätzliche Lösung strebt die Bundesregierung deshalb weiterhin eine EU-weite Harmonisierung der Besteuerung von Dieselkraftstoff für Arbeiten in der Landwirtschaft, im Gartenbau, in der Fischzucht und in der Forstwirtschaft an. Die durch den Wegfall der Gasölverbilligung ab dem Jahre 2002 frei werdenden Mittel bleiben dem Agrarhaushalt in vollem Umfang erhalten. Sie sollen eingesetzt werden, um die Bundesmittel für die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ auf bisherigem Niveau zu verstetigen. Damit kann die Gemeinschaftsaufgabe einen nachhaltigen Beitrag zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit landwirtschaftlicher Betriebe und zur Schaffung von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum leisten.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Eine erste Zusatzfrage, bitte, Herr Kollege Storm.

Andreas Storm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002811, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wenn ich Ihre umfangreiche Antwort im Hinblick auf die Frage auf ihren Kern reduziere, haben Sie ausgeführt, dass hier nicht wie in der gesetzlichen Rentenversicherung ein Teil der durch die Ökosteuer erzielten Mittel zugeführt wird und dies auch nicht beabsichtigt ist. Ich frage Sie deshalb im Hinblick auf die Verteilungsgerechtigkeit, auf die Verteilungswirkungen, die die Bundesregierung angeblich im Auge hat: Wie können Sie es für sozial vertretbar halten, wenn einerseits die Landwirtschaft durch die Ökosteuer überdurchschnittlich belastet wird, andererseits aber die Beitragszahler aus der Landwirtschaft nicht durch eine direkte Beitragssatzminderung bedingt durch das Ökosteueraufkommen entlastet werden?

Dr. Gerald Thalheim (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002311

Auf den ersten Teil Ihrer Frage möchte ich antworten: Der Vorwurf ist insofern nicht gerechtfertigt, als der Beitrag der landwirtschaftlichen Alterskasse vom Beitragssatz der gesetzlichen Rentenversicherung abgeleitet ist und sich damit in der landwirtschaftlichen Alterskasse die Entlastungswirkung analog zur Rentenversicherung ergibt. Allerdings wird das am Ende durch die Sparmaßnahmen bei der Alterskasse nicht wirksam. Bei der vorangegangenen Beantwortung der Fragen habe ich dargelegt, aus welchen Gründen auch im Agrarsozialbereich gespart werden muss. Denn dieser umfasst mittlerweile 70 Prozent des Einzelplanes 10. Trotzdem - das ist die Frage nach der sozialen Gerechtigkeit - ist das Beitrags-Leistungs-Verhältnis der landwirtschaftlichen Alterskasse immer noch deutlich günstiger als das der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Besserstellung betrug früher etwa 20 Prozent. Als Konsequenz dieser Maßnahmen verringert sich diese Vergünstigung auf etwa 10 Prozent, aber es bleibt noch eine Besserstellung. Das Negative daran ist, dass eine Besserstellung der Landwirtschaft hinsichtlich des Beitrag-Leistungs-Verhältnisses um 20 Prozent natürlich besser ist als eine um 10 Prozent und dies in Einzelfällen auch zu Härten führte. Aber hier muss ich auf die Begründung der Sparmaßnahmen verweisen.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Es gibt eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Meister. Bitte.

Dr. Michael Meister (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002733, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, zunächst haben Sie darauf hingewiesen, dass die den Landwirten durch die Ökosteuer entstehenden Belastungen zum Teil durch die Gasölbeihilfe kompensiert werden. Diese haben Sie expressis verbis genannt. Dazu möchte ich nachfragen: Ist es nicht vielmehr so, dass die ursprüngliche Dieselrückvergütung den Landwirten mehr als die jetzige Ökosteuererhöhung und die damit verbundene Lohnnebenkostenentlastung, von der insbesondere Familienbetriebe kaum profitieren, gebracht hätte? Jetzt haben sie Mineralölsteuer plus Ökosteuer minus die reduzierte Gasölbeihilfe. Dies führt zu keiner Entlastung, sondern zu einer zusätzlichen Belastung der Landwirtschaft.

Dr. Gerald Thalheim (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002311

Man muss den Sachverhalt in zwei Teile trennen. Auf der einen Seite stehen die Auswirkungen der Haushaltskonsolidierung. Diese bewegen sich in dem Rahmen, den ich dargestellt habe, einschließlich der Kürzungen im Bereich der Gasölbeihilfe. Auch hier ist darauf zu verweisen, dass es zu Zeiten der alten Bundesregierung zwischen 1990 und 1995 Mineralölsteuererhöhungen bei Diesel um 17 Pfennig pro Liter gegeben hat, ohne dass im gleichen Zeitraum die Gasölrückerstattung angehoben worden ist. Also hier sind in der Vergangenheit ähnliche Entscheidungen getroffen worden. Wenn wir jetzt diese Änderung im Mineralölsteuergesetz vornehmen wollen und damit die Landwirtschaft teilweise von den Auswirkungen der Ökosteuer entlasten, dann hat das den Grund, dass die Anteile der Energiekosten an der Erzeugung im landwirtschaftlichen Bereich im Vergleich zu anderen Volkswirtschaftszweigen unverhältnismäßig hoch sind und nicht überwälzt werden können. Am Ende wird das Ganze dazu führen, dass die Landwirtschaft um etwa 700 Millionen DM entlastet wird.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Kollege Storm macht von seiner Chance Gebrauch, die zweite Frage zu stellen.

Andreas Storm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002811, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie hatten in der Antwort auf meine erste Nachfrage ausgeführt, die Versicherten in der landwirtschaftlichen Alterskasse würden dadurch entlastet, dass die Rentenanpassung in der landwirtschaftlichen Alterskasse an die Rentenanpassung in der gesetzlichen Rentenversicherung gekoppelt ist. Nun haben Sie in diesem und im nächsten Jahr die Rentenformel ausgesetzt. Die Rentner bekommen nur Rente nach Kassenlage, ({0}) also eine Rentenanpassung, die sich nicht an der Nettoeinkommensentwicklung der Beitragszahler orientiert. Herr Staatssekretär, das bedeutet doch, dass die Rentner auch an dieser Stelle einen Verlust erleiden und an keiner Stelle, wie Sie es darstellen, einen Gewinn erzielen. Denn die Rentenanpassung ist doch niedriger, als sie es wäre, wenn die Rentner an der allgemeinen Einkommensentwicklung teilhaben würden.

Dr. Gerald Thalheim (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002311

Wir haben soeben über die Beitragsseite diskutiert, nicht über die Gewährung der Rente oder der Altersbezüge der Landwirte. Auf der Beitragsseite gilt selbstverständlich, dass aus dem Aufkommen der Ökosteuer auch der Beitrag zur landwirtschaftlichen Alterskasse in dem gleichen Maße abgesenkt wird wie der Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung. Davon bleibt die Frage der Erhöhung der Rente und der Alterskassenbezüge unberührt. Das heißt, das Entscheidende ist, dass die Landwirtschaft, was die Absenkung der Beiträge durch die Ökosteuer anbelangt, in gleicher Weise berücksichtigt wird.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Wir kommen zur

Wolfgang Steiger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002807, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Trifft es zu, dass das strukturwandelbedingte Defizit in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung bei jährlichen Gesamtaufwendungen von rund 1,7 Milliarden. DM deutlich über 700 Millionen. DM beträgt?

Dr. Gerald Thalheim (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002311

Frau Präsidentin, die Fragen 30 und 31 stehen in sachlichem Zusammenhang. Deshalb bitte ich darum, diese beiden Fragen gemeinsam beantworten zu können.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Dann rufe ich auch die Frage 31 des Abgeordneten Wolfgang Steiger ({0}) auf: Wenn ja, warum werden die Bundesmittel zur Beitragsentlastung dennoch erheblich gekürzt?

Dr. Gerald Thalheim (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002311

Sehr geehrter Herr Kollege Steiger, für die Gewährung von Bundeszuschüssen zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung ist ein wie auch immer begründetes und quantifiziertes strukturwandelbedingtes Defizit nie sachliche Rechtfertigung oder Anlass gewesen. Die zweckgebundenen Bundeszuschüsse zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung sind dafür bestimmt, eine Senkung der Unternehmerbeiträge und damit eine kostenmäßige Entlastung landwirtschaftlicher Betriebe herbeizuführen. Diese Zielsetzung ist den Erläuterungen des Bundeshaushaltsplanes und den jährlichen Zuwendungsbescheiden des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu entnehmen. Der Begriff des strukturwandelbedingten Defizites geht auf ein Gutachten des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung aus dem Jahre 1983 zurück. Der Inhalt des Gutachtens war seit Erstellung nicht Grundlage für die Höhe der Bundesmittelgewährung. Die Fortschreibung eines vom Ifo-Institut berechneten strukturwandelbedingten Defizites anhand des in diesem Gutachten entwickelten Verfahrens würde bei Berücksichtigung der neuen Länder für das Jahr 2000 einen Betrag von 728 Millionen DM ergeben. Auch die Bundeszuschüsse zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung mussten im Rahmen der Haushaltskonsolidierung gegenüber 1999 um 50 Millionen DM auf nunmehr 500 Millionen DM abgesenkt werden. Nur so konnte gewährleistet werden, dass das BML seinen Beitrag zu den dringend notwendigen Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung leisten konnte. Für den Zeitraum der mittelfristigen Finanzplanung soll diese Höhe der Bundesmittel beibehalten werden.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Eine erste Nachfrage, bitte, Herr Kollege Steiger.

Wolfgang Steiger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002807, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wenn man den gesamten Fragenkomplex von der Frage 26 bis zu dieser Frage sieht, muss man doch zu dem Schluss kommen, dass unter dem Stichwort Ökosteuer, sowie durch die Belastungen aus der Agenda 2000 und aus dem jetzt diskutierten Problemkreis auf die Landwirtschaft enorme Belastungen zukommen. Es stellt sich dann doch die Frage, ob mit Ihrer Politik nicht ein Strukturwandel herbeigeführt werden soll, durch den die bäuerlichen Kleinbetriebe und vor allem die Nebenerwerbsbetriebe beseitigt werden sollen. Teilen Sie diese Auffassung?

Dr. Gerald Thalheim (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002311

Nein, diese Auffassung teile ich nicht. Ich will zur Begründung meine Antworten auf die vorangegangenen Fragen anführen: Es stimmt nicht, dass die Agenda 2000 so negative Auswirkungen haben wird, wie immer behauptet wurde. Dies wird angesichts der aktuellen Preisentwicklung in einigen Bereichen auch von niemandem mehr angeführt. Ganz abgesehen davon hat die Agenda 2000 die Europäische Union in die Lage versetzt, bei den WTOVerhandlungen gut dazustehen und die Osterweiterung zu meistern. Ich habe aber auch deutlich gemacht, dass es keine Alternative zu der Entscheidung gab, die Kompensation von Einkommensverlusten aus öffentlichen Geldern nicht weiter fortzusetzen. Dies bedeutet natürlich Belastungen und Härten. Auf längere Sicht wird es aber zu einer besseren Zukunftsorientierung der Landwirtschaft führen.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Eine zweite Nachfrage, Herr Kollege Steiger.

Wolfgang Steiger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002807, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wie begründen Sie denn Ihre optimistische Sicht auf die Zukunft?

Dr. Gerald Thalheim (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002311

Sie müssen nur einmal mit jungen Landwirten diskutieren. Diese sagen Ihnen eindeutig, sie wollten nicht mehr diese Abhängigkeit vom Staat, wie sie in der Vergangenheit üblich war; sie wollen vielmehr am Markt ihr Geld verdienen. Man muss einmal unterscheiden: Will man unternehmerisch tätig sein, kann man nicht bei jedem Problem sofort fragen, wie viel Geld man aus öffentlichen Mitteln erhält. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Landwirtschaft auch vonseiten der Europäischen Union unterstützt wird. Allein die Ausgleichszahlungen im Rahmen der Agenda 2000 belaufen sich für die Landwirtschaft in Deutschland auf 12 Milliarden DM pro Jahr. Wenn man die diversen Zahlungen aus dem Agrarhaushalt, die trotz der eben diskutierten Kürzungen noch verbleiben, hinzunimmt, dann fließen aus dem europäischen Haushalt sowie dem Bundeshaushalt öffentliche Gelder in Höhe von knapp 20 Milliarden DM. Vor diesem Hintergrund läuft die Behauptung ins Leere, die rot-grüne Regierung tue nicht genug für die Landwirtschaft.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Es gibt eine Zusatzfrage des Kollegen Peter Dreßen.

Peter Dreßen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002642, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wenn Sie diese Debatte verfolgen und dabei den Antrag der Opposition zum Agrarbericht berücksichtigen, in dem sehr viele Steuervergünstigungen gefordert werden: Würden Sie mir darin zustimmen, dass wir, wenn alle Bereiche so handeln würden, einen Gesamthaushalt in Höhe nicht von 480 Milliarden DM, sondern von 800 Milliarden DM bräuchten, um diese Wünsche überhaupt zu erfüllen? Halten Sie es in diesem Zusammenhang nicht für richtiger, einmal der alten Regierung vorzuwerfen, wie zergliedert die Sozialversicherungssysteme im Bereich der Landwirtschaft sind und dass in diesem Bereich etwas hätte getan werden müssen?

Dr. Gerald Thalheim (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002311

Ich kann Ihnen an dieser Stelle nur zustimmen. Ich sehe regelmäßig Kopfnicken in den Bauernversammlungen, wenn ich die Landwirte mit der Tatsache konfrontiere, dass eine Weiterführung der bisherigen Politik bedeuten würde, mit Kreditaufnahmen eine Konsumtion im landwirtschaftlichen Bereich zu finanzieren, deren Lasten die Kinder der heutigen Bauernfamilien in der Zukunft zu tragen hätten.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Nun eine Zusatzfrage des Kollegen Meister.

Dr. Michael Meister (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002733, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ich entsinne mich, dass diese Bundesregierung angetreten ist, die Situation am Arbeitsmarkt durch Senkung der Lohnnebenkosten zu verbessern. Wir haben jetzt über drei Versicherungsbereiche - Krankenkasse, Unfallversicherung und Altersversicherung - diskutiert. Für alle drei Bereiche haben Sie dargelegt, dass die Beitragssätze - in einem Bereich sogar um bis zu 111 Prozent - steigen werden. Glauben Sie, dass das von Ihnen Vorgetragene im Einklang mit den Zielen dieser Bundesregierung und der Koalitionsvereinbarung steht, nämlich die Lohnnebenkosten zu senken und damit mehr Arbeit in Deutschland zu schaffen?

Dr. Gerald Thalheim (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002311

Herr Kollege, wir sind auch angetreten, für mehr Gerechtigkeit zu sorgen. Ich habe deutlich gemacht, dass das Beitrags-Leistungs-Verhältnis in der Landwirtschaft trotz der Maßnahmen immer noch günstiger ist als in der gesetzlichen Rentenversicherung, um ein Beispiel zu bringen. Das Gleiche gilt für die Krankenversicherung mit der Übernahme der Altenteilerleistungen durch den Bund und es gilt auch für die Unfallversicherung. Nur im landwirtschaftlichen Bereich gibt es einen Zuschuss; in den anderen Bereichen lediglich das Gemeinlastverfahren, bei dem die Belastungen zwischen den einzelnen Sektoren ausgeglichen werden. Insofern geht der Vorwurf ein Stück ins Leere. ({0})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Damit ist dieser Geschäftsbereich ab geschlossen. Sämtliche Fragen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung werden schriftlich beantwortet. Deshalb kommen wir jetzt zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung. Zur Beantwortung steht Frau Parlamentarische Staatssekretärin Brigitte Schulte zur Verfügung. Ich rufe die Frage 35 des Abgeordneten Karl-Josef Laumann auf: Trifft es zu, dass künftig nur noch vier Wehrbereichsverwaltungen vorgesehen sind, und wenn ja, wie werden diese dann räumlich aufgeteilt? Ich verweise darauf, dass nur noch reichlich drei Minuten zur Beantwortung zur Verfügung stehen.

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Ja, ich will mich bemühen, das schnell zu klären. Herr Kollege Laumann, Sie stellen eine Frage, die viele Kollegen, die Standorte in ihrem Wahlkreis haben, jetzt stellen. Ich kann Ihnen ausdrücklich sagen: Gemäß dem Eckpfeilerpapier „Die Bundeswehr sicher ins 21. Jahrhundert“ von Anfang Juni dieses Jahres wird die territoriale Wehrverwaltung im Gleichklang mit der territorialen Wehrorganisation gestrafft. Hierzu wird die Zahl der Wehrbereichsverwaltungen von sieben auf vier reduziert. Die Zuständigkeitsbereiche und die Standorte der verbleibenden Wehrbereichsverwaltungen werden im Rahmen der Feinausplanung festgelegt.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Laumann, bitte eine Zusatzfrage.

Karl Josef Laumann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001294, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, Ihre Kabinettskollegin Frau Wieczorek-Zeul hat in einer Pressemitteilung in Wiesbaden veröffentlicht, dass die Wehrbereichsverwaltung Wiesbaden erhalten bleibe und die Wehrbereichsverwaltung Düsseldorf aufgelöst werde. Wie stehen Sie zu dieser Pressemitteilung Ihrer Kabinettskollegin, und glauben Sie, dass Sie dann allen Ernstes hier im Parlament sagen können, dass Sie noch keine Planungen in dem Bereich haben?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Lieber Herr Kollege Laumann, erstens - das muss ich freundlicherweise sagen - steht es jedem frei gewählten Parlamentarier dieses Landes, auch Ihnen, zu, sich für seine Standorte einzusetzen. Dass die Abgeordnete von Wiesbaden, die zufällig auch noch Ministerin ist, diese Behauptung aufgestellt hat, höre ich von Ihnen. Sie hat es uns weder in irgendeiner Weise mitgeteilt noch gibt es irgendwelche ernst zu nehmenden Überlegungen. Wir sind zu diesem Zeitpunkt wirklich noch nicht so weit. Ich könnte mir vorstellen, dass es andere Kollegen - sehen wir uns nur die Kampagnen an, die im Moment die CSU in Bayern macht - ähnlich tun. Nein, wir können es Ihnen zu diesem Zeitpunkt wirklich nicht sagen.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Jetzt rufe ich die Frage 36, des Kollegen Karl-Josef Lauman auf: Ist bei den Privatisierungsabsichten im Bereich der Standortverwaltungen auch ein Market Testing, ähnlich wie beim Gerätehauptdepot in Rheine-Kanalhafen, vorgesehen, um auch den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes eine faire Chance zur Optimierung einzuräumen? Ich bitte wiederum um eine kurze Antwort.

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Aber selbstverständlich werde ich auch die zweite Frage schnell beantworten. - Herr Kollege Laumann, die territoriale Wehrverwaltung befindet sich in einem Prozess der Optimierung und Rationalisierung. Das klingt gut, darum bemühen wir uns ja eigentlich, aber jetzt wollen wir wirklich auch Ernst machen. Was heißt das? Wir versuchen wirklich intensiv, die Aufwendungen für den Betrieb zugunsten neuer Investitionen zu verringern. Es ist klar, dass die Bundeswehr schon immer nach § 7 der Bundeshaushaltsordnung verpflichtet ist, Organisation, Betrieb und Verfahren strikt an den Kriterien Wirtschaftlichkeit und Effizienz zu orientieren. Diese Grundsätze verpflichten jede Verwaltung, auch die Bundeswehrverwaltung, zur Prüfung, ob die Aufgaben kostengünstig privatisiert werden können oder ob sie überhaupt noch notwendig sind; auch das halte ich für einen ganz wesentlichen Punkt. Das Programm der internen Optimierung bei den Standortverwaltungen ist angelaufen. Wir wollen es fortführen, aber letztendlich wollen wir Kostenvergleiche haben, bei denen klar wird, dass wir auch unsere öffentlichen Aufgaben wirtschaftlicher gestalten können. Auf Ihre konkrete Frage nach dem Market-TestingVerfahren kann ich Ihnen sagen, dass es zurzeit nicht durchgeführt wird.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Eine kurze Nachfrage, bitte, Herr Kollege Laumann.

Karl Josef Laumann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001294, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, könnten Sie sich denn vorstellen, dass die Bundesregierung den Standortverwaltungen die Möglichkeit gibt, wie es etwa in dem Depot im Rheine-Kanalhafen geschehen ist, ihre Leistungsfähigkeit gegenüber der privaten Wirtschaft zu beweisen? Ja oder nein?

Brigitte Traupe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002099

Ausdrücklich kann ich mir das vorstellen, und ich muss Ihnen auch ehrlich sagen: Vor allen Dingen kann ich mir vorstellen, dass alle unsere öffentlichen Verwaltungen sich an zwei Grundsätze halten, indem sie sich zwei Fragen stellen Erstens: Ist die Aufgabe heute noch notwendig? Zweitens: Kann ich sie wirtschaftlicher gestalten? Das gilt auch für alle zivilen Verwaltungen der Bundeswehr. Es gilt eigentlich für jede öffentliche Verwaltung.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Ich bedanke mich, vor allem für die Kürze der Antworten, Frau Parlamentarische Staatssekretärin. Die noch offenen Fragen 37 bis 41 zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung werden auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die noch ausstehenden Fragen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Wohnungswesen werden ordnungsgemäß schriftlich beantwortet. Damit ist die Fragestunde beendet. Ich rufe den Zusatztagesordnungspunkt 1 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der CDU/CSU Haltung der Bundesregierung zur Reduktion der Investitionen im Bundeshaushalt 2001 und zu den sich aus geringeen Aufträgen ergebenden Wirkungen auf den Mittelstand Ich eröffne die Aussprache. Erster Redner für die Fraktion der CDU/CSU ist der Kollege Dietrich Austermann. ({0})

Dietrich Austermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000066, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben die heutige Aktuelle Stunde aus Sorge um die Entwicklung der Wirtschaft und insbesondere des Mittelstandes in unserem Land beantragt. Wir leiten unsere Sorge aus dem Entwurf des Bundeshaushalts für das kommende Jahr ab. Ich freue mich deswegen, dass auch der zuständige Staatssekretär aus dem Wirtschaftsressort hier ist, weil es ihn besonders angeht, wenn Veränderungen vorgenommen werden sollen, die ziemlich erschreckend für die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes sind. ({0}) Ich erinnere an das, was der Bundesfinanzminister auf der Veranstaltung des BDI noch gestern Abend gesagt hat: Er sprach von Budgetkonsolidierung, von der Sicherung sozialer Systeme und davon, dass Wachstum und Investitionen deutlich gefördert werden sollten. ({1}) Von all dem ist im Haushaltsentwurf für das kommende Jahr nichts zu erkennen: ({2}) Die Ausgaben für Investitionen werden kräftig zusammengestrichen; sie sinken im Vergleich zu diesem Jahr um 3 Milliarden DM und im Jahr 2004 um 5,5 Milliarden DM. ({3}) Damit erreicht die Investitionsquote einen traurigen Negativrekordwert von 10,3 Prozent, der nur noch von Schleswig-Holstein übertroffen wird. Noch bitterer wäre es allerdings geworden, wenn das Bundesverwaltungsgericht heute nicht entschieden hätte, dass die Verträge über den Verkauf der Eisenbahnerwohnungen in Ordnung seien. Dies lässt die Kampagnen, die Sie in Bezug auf dieses Geschäft lange vorbereitet und durchgeführt haben, endlich in sich zusammenfallen. Mit dem Bundeshaushalt 2001 und dem Finanzplan werden ökonomisch eindeutig falsche Signale gesetzt. ({4}) Das hängt wohl damit zusammen, dass die Popökonomen in der Bundesregierung weiterhin das Sagen haben. Absichtsvoll schlecht wird der Mittelstand behandelt. Gemessen an Ihren eigenen Forderungen - Förderung des Mittelstandes, Voranbringen des Technologie- und Forschungsstandortes, Verdoppelung der Forschungsinvestitionen - muss man leider feststellen: ({5}) überall Fehlanzeige; es geht an der Realität vorbei. Die Leistungs- und die Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen wurden unter unserer Regierung 1998 mit 1,3 Milliarden DM gefördert. Im kommenden Jahr sind es nur noch 508 Millionen DM. Das ist fast nur noch ein Drittel. Daran wird deutlich, dass es diese Regierung insgesamt nicht gut mit dem Mittelstand in unserem Lande meint. Das hat Folgen für die Arbeitsplätze, für die wirtschaftliche Entwicklung und für die Beschäftigung. Gleiches gilt im Übrigen auch für die zur Chefsache erklärte Angelegenheit Aufbau Ost. ({6}) - Ja, so kann man es verstehen. - Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung in den neuen Bundesländern werden um 30 Millionen DM zurückgefahren. Die Ausgaben für die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ werden sogar um 300 Millionen DM zurückgefahren. Die Ausgaben für die anderen Förderbereiche gehen um 300 Millionen DM zurück. Dann bleibt noch eine globale Minderausgabe von 250 Millionen DM. Angesichts dieser Entwicklung bleibt dem Beauftragten der Bundesregierung für die neuen Bundesländer, Herrn Schwanitz, eigentlich nichts anderes übrig, als zurückzutreten, wenn er es mit seiner Aufgabe, die Interessen der neuen Bundesländer zu vertreten, ernst meint. ({7}) Der Haushalt des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie wird brutal zusammengestrichen: Von 16,8 Milliarden DM im Jahre 1998 bleiben im nächsten Jahr nur noch 10,8 Milliarden DM übrig. Wie Sie damit wirkungsvolle Mittelstands- und Technologieförderung betreiben wollen, bleibt Ihr Geheimnis. Herr Mosdorf und Herr Diller, ich hätte den Bundesfinanzminister hier gerne persönlich anwesend gesehen, um ihm das deutlich zu machen. Aber ich bin überzeugt, Sie tragen das weiter. Wenn man berücksichtigt, dass noch eine globale Minderungsausgabe vorgesehen ist, und die Entwicklung bei der Deutschen Ausgleichsbank einbezieht, dann wird einem klar, dass die Mittel für die mittelständischen Betriebe - das heißt für die Betriebe, die Ausbildungs- und Arbeitsplätze zur Verfügung stellen - immer geringer werden. Das ist deshalb so bedeutsam, weil das Wachstum in Deutschland, das etwa dem des Jahres 1998 entspricht, einseitig exportorientiert ist und weitgehend am Mittelstand, an der inländischen Stabilität und an der Nachfrage im Inland vorbeigeht. Es wird also deutlich: Zwischen Anspruch und Wirklichkeit rot-grüner Politik klaffen Welten. Bezogen auf die Steuerpolitik findet das eine entsprechende Ergänzung. Im nächsten Jahr wird die Ökosteuer noch einmal 8 Pfennig mehr betragen. ({8}) Drei mal 8 Pfennig mehr Ökosteuer sind dann insgesamt schon 24 Pfennig. ({9}) Man versucht, diese Feststellung zurückzuweisen, indem man sagt, dafür seien ganz andere verantwortlich. Gleichzeitig bringt man eine Steuerreform auf den Weg, die ebenfalls am Mittelstand vorbeigeht. Dies geschieht, obwohl der Bundesfinanzminister, wie wir mehrfach nachgewiesen haben, im Geld schwimmt. Er stellt sich hier her, als hätte er ausgefranste Hosen an. In Wirklichkeit ist aufgrund von Entscheidungen früherer Jahre - Privatisierungserlöse und anderes mehr - die Situation so, dass er zweifelsohne dazu beitragen könnte, wesentlich mehr zu einer Steuerreform, die diesen Namen auch verdient, beizutragen und Mittel für eine kräftige Anschubfinanzierung zur Verfügung zu stellen; zumal die Kritik an der Steuerreform aus vielen Bereichen - selbst von den SPD-Ländern, vom Handwerk, von den Bauern, von der BDI und von der BDA - immer größer wird. Eine andere Geschichte - die Kollegen werden noch darauf hinweisen - sind die Ausgaben für Verkehrsinvestitionen. Im Bereich Verkehrs- und Bauwesen werden Kürzungen im Bereich der notwendigen Infrastruktur fortgesetzt. Ein Anti-Stau-Programm wird angekündigt; dennoch gibt es innerhalb der nächsten zwei, drei Jahre kein einziges neues Projekt. Die Ausgaben im Verkehrsetat gehen um 5 Milliarden DM zurück. Der Kollege Kalb wird dazu noch etwas sagen. Frau Kollegin Schulte, Sie wissen es am besten: Für die Finanzausstattung der Bundeswehr reicht das Geld hinten und vorne nicht. Für die Reform, für die natürlich zunächst einmal mehr Geld zur Verfügung gestellt werden muss, gibt es keine zusätzlichen Mittel. Unter Einbeziehung des Kosovo-Einsatzes heißt das: Scharping stehen im nächsten Jahr 500 Millionen DM weniger zur Verfügung. Das Fazit: Der Rückgang des nominalen Investitionsvolumens ergänzt sich mit Preiseffekten zu einem schmerzhaften Auftragsrückgang mit zwangsläufigem Kapazitäts- und verstärktem Arbeitsplatzabbau. Wir reden heute über den Haushaltsentwurf des Jahres 2001. Nach dem, was ich gesagt habe, ist klar: Dieser Entwurf ist in einer Weise gestaltet, dass er für die weitere ökonomische Entwicklung unseres Landes unbrauchbar ist. ({10}) Dies kann nur bedeuten: Wir fordern den Bundesfinanzminister auf, diesen Etat zurückzuziehen und einen neuen vorzulegen, ({11}) der die ökonomischen Notwendigkeiten in diesem Lande aufgreift und dafür sorgt, dass nicht der Konsum, sondern die Investitionen steigen

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Austermann, Sie müssen zum Schluss kommen.

Dietrich Austermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000066, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

- und dass mehr für Wachstum und Beschäftigung getan wird. Ich bedanke mich für das Zuhören. ({0})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Für die SPD-Fraktion spricht jetzt der Kollege Hans Georg Wagner.

Hans Georg Wagner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002406, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Wirtschaft boomt, die Arbeitslosigkeit geht zurück, die Jugendarbeitslosigkeit wird erfolgreich bekämpft, ({0}) das Kindergeld ist erhöht worden und das Erziehungsgeld wird im nächsten Haushalt erhöht. In diesem Haushaltsplanentwurf stehen lauter gute Dinge drin; deswegen begrüßen wir nachdrücklich die Vorlage der Bundesregierung und sagen ihr unsere Unterstützung zu. ({1}) Der Haushalt bewegt sich im Rahmen der Eckwerte, die wir im Bundestag mit Mehrheit beschlossen haben. Davon wird auch im weiteren Verfahren nicht abgewichen. Deshalb bin ich zuversichtlich, dass wir im November zu einem guten Abschluss kommen. Die heutige vorgezogene Debatte wäre eigentlich unnötig gewesen. Herr Kollege Austermann, ich möchte auf einige Punkte eingehen, die Sie immer wieder vorbringen. Sie vergleichen unsere Haushalte immer mit dem verfassungswidrigen Haushalt des Jahres 1996. In Karlsruhe liegt eine Klage vor, über die noch nicht entschieden worden ist. Der damalige Haushalt war verfassungswidrig; Sie selbst haben im Bundestag die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts festgestellt. Ziehen Sie also bitte keinen Vergleich mit dem, was nicht sein soll; denn unsere Haushalte sind alle verfassungsgemäß. Wenn man die Zahlen bis 2004 sieht, dann sind sie noch verfassungsgemäßer, weil wir dann bei einem Unterschied von 48 Prozent zwischen der Nettokreditaufnahme und den dann zu tätigenden Investitionen liegen. ({2}) Das heißt, wir bewegen uns absolut im Rahmen der Verfassung. Es ist ein Haushalt, wie er besser nicht sein kann. Wir sind stolz, die Verfassungsmäßigkeit des Haushaltes - es ist der dritte, den wir voll zu verantworten haben - feststellen zu können. Wir erfüllen alle zugesagten Aufgaben. Wenn Sie sagen, die Forschungsmilliarde fehle, dann bitte ich Sie, doch einmal in den Haushaltsplan hineinzuschauen. Es ist schrecklich, dass Sie einfach immer wieder durch nichts bewiesene Behauptungen aufstellen. Bereits ein einfacher Blick in den Haushalt zeigt Ihnen: 500 Millionen DM mehr bei Frau Bulmahn und 500 Millionen DM mehr bei dem Wirtschaftsminister ergeben zusammengezählt 1 Milliarde DM mehr an Forschungsgeldern. Allein für Mittelstandsforschung werden im Haushalt etwa 70 Millionen DM mehr veranschlagt. Sie müssen sich dies nur einmal ansehen! ({3}) Wenn Sie sagen, die Privatisierungserlöse müssten anders verwendet werden, wir verwendeten sie falsch, dann sage ich Ihnen: Sie haben alle Privatisierungserlöse zur Schließung Ihrer Haushaltslöcher verbraucht und sie niemals für konstruktive Politik verwendet. Wir machen das völlig anders. Wenn Erlöse eintreten sollten, dann verwenden wir sie dafür, dass endlich auch einmal positive Dinge gemacht werden, das heißt, dass damit nicht nur die Haushaltslöcher, die Sie verursacht haben, geschlossen werden müssen. Jetzt noch etwas zur Nettokreditaufnahme und zur Verschuldung insgesamt. Man muss ehrlich sein, Herr Kollege Austermann: Die Nettokreditaufnahme bedeutet mehr Schulden. Wenn im Haushaltsentwurf 2001 eine Nettokreditaufnahme von 46,1 Milliarden DM vorgesehen ist, dann sind das also 46,1 Milliarden DM mehr Schulden. Wir bauen diese Schulden bis spätestens zum Jahre 2006 ab, das heißt, wir führen die Nettokreditaufnahme bis zum Jahre 2006 auf Null zurück. Erst danach beginnen wir damit, Ihren Schuldenberg abzubauen. Erst im Jahre 2006 wird es uns möglich sein, Ihren Schuldenberg von 1,5 Billionen DM und die 82 Milliarden DM Zinsen im Jahr abzubauen. Denken Sie daran: Das ist Ihr Schuldenberg, der dann nach acht Jahren Regierung von SPD und Grünen abgebaut werden kann. ({4}) Ein Wort noch zum Verteidigungshaushalt. Begreifen Sie denn nicht, dass wir hier das von Ihnen hinterlassene absolute Chaos in der Verteidigungspolitik beseitigen? ({5}) Die technologische Ausrüstung der Bundeswehr ist doch so, dass sie nirgendwo eingesetzt werden kann. Das ist Ergebnis Ihrer Verteidigungspolitik. Wir sind dabei, dies zu korrigieren, ({6}) um die Bundeswehr auch für die Einsätze fit zu machen, für die sie im Rahmen der NATO und der Vereinten Nationen gebraucht wird. Sie haben gesagt, im Verkehrshaushalt sänken die Investitionsausgaben. In der Tat, wenn man das so rechnet wie Klein Fritzchen, dann stimmt das auch, Herr Kollege Austermann. Man muss dabei allerdings berücksichtigen, dass von den insgesamt 6,1 Milliarden DM für den Transrapid, der nun nicht von Hamburg nach Berlin, sondern möglicherweise irgendwo sonst in der Bundesrepublik gebaut wird, nur bis zu 1 Milliarde DM benötigt wird, und zwar für die Ertüchtigung der Eisenbahnstrecke zwischen Hamburg und Berlin. Das ist natürlich eine Reduzierung bei den Investitionen. Wenn ich noch andere Maßnahmen wie etwa die Aktualisierung des Bundesverkehrswegeplans betrachte, dann stelle ich fest, dass Sie auch dort ein Chaos hinterlassen haben. Der Bundesverkehrswegeplan war das Lügenbuch der Nation, ({7}) war das Lügenbuch der alten Koalition, mit dem Sie der Bevölkerung draußen vorgegaukelt haben, diese OrtsumHans Georg Wagner gehung werde gebaut, jener Autobahnabschnitt werde gebaut, diese Schienenstrecke werde gebaut, ({8}) - Herr Kollege, Sie haben davon keine Ahnung -, obwohl der Bundesverkehrswegeplan bis zum Jahre 2050 unterfinanziert ist. Die letzten Maßnahmen des Bundesverkehrswegeplans bis zum Jahre 2012 könnten frühestens im Jahre 2050 umgesetzt werden. Das war Ihre Politik. Die haben wir beendet. Deshalb ist dies ein guter Haushaltsentwurf, den wir unterstützen werden. ({9})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Für die F.D.P.-Fraktion spricht jetzt der Kollege Dr. Günter Rexrodt. ({0})

Dr. Günter Rexrodt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002759, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Wagner, ich wollte diese Diskussion eigentlich der anstehenden Generaldebatte über den Haushaltsentwurf überlassen, aber nun muss ich Sie fragen, warum Sie hier damit anfangen, uns gegenüber von „Ihren Schulden, die wir übernommen haben und mit denen wir aufräumen mussten“ zu reden. Obwohl wir es alle wissen, muss ich es mit Blick auf die Zuschauer hier doch sagen: Was heißt hier „Ihre Schulden“? Wir alle wissen, weshalb die Schulden entstanden sind. Wir haben x-mal darüber diskutiert, dass es nie eine Alternative zu dem gab, was wir in der Finanzpolitik gemacht haben. ({0}) Fahren Sie doch einmal durch die neuen Länder und schauen Sie sich dort die Infrastruktur an! ({1}) Da fehlt vielleicht noch das eine oder andere, aber da gibt es Autobahnen, da gibt es neue Bundesstraßen, neue Landstraßen, da gibt es eine Telekommunikationsinfrastruktur. ({2}) Das ist sozusagen eine Explosion, die dort finanziert worden ist. ({3}) Da ist das Geld hingeflossen und das ist gut für die Menschen in den neuen Ländern und das ist gut für unser gemeinsames Vaterland. ({4}) Da ist das Geld hingeflossen und da haben wir richtig investiert. Kommen Sie also nicht mit den alten Hüten an! ({5}) - Herr Wagner, nun einmal langsam! - Dann kommen Sie her und sagen - hierüber werden wir, wie gesagt, die Klingen noch in der Generaldebatte kreuzen -, Sie hätten aufräumen müssen, Sie müssten es tilgen. Ich sage Ihnen: Sie müssen es tilgen mit dem Geld, das Sie aus Privatisierungen bekommen, die Sie bis aufs Messer bekämpft haben. ({6}) Sie haben die Privatisierung bekämpft in der Telekommunikation, Sie haben sie bekämpft im Energiebereich, Sie haben sie bekämpft, als es um die Post ging und um vieles andere mehr. Ich könnte das alles aufzählen. Heute fließen da die Milliarden. Darüber sollten wir froh sein. Das ist okay. Ob das die Lizenzen sind, ob das die Veräußerungen aus der Telekommunikation und bei der Post sind - ein dreistelliger Milliardenbetrag! Es ist okay, dass Sie das vornehmlich für den Abbau der Schulden verwenden. Diese Politik tragen wir ja auch mit. Aber stellen Sie sich hier nicht hin und sagen Sie hier nicht: „Ihre Schulden“ und „Unser Geld, mit dem wir aufräumen“. Das ist nicht zutreffend. Wir haben richtig investiert. Sie hätten es nicht anders machen können. Sie hätten vielleicht noch mehr in den Konsum fließen lassen. ({7}) Damit bin ich auch bei meinem Stichwort: Der Grund für die Debatte, die wir heute führen, ist der erschreckende Niedergang der Investitionsquote. Die Investitionsquote ist der Teil des Haushalts, der sich in einer Vermehrung des Volksvermögens niederschlägt. 90 Prozent werden im Jahre 2004 verfressen, konsumiert werden. ({8}) Das ist ein historisches Tief. Wenn man mit so hohen Ansprüchen einen Haushalt aufstellt, dann muss man auch einer solchen Diskussion im Parlament standhalten. Warum geht das Geld in den Konsum? Weil Sie mit den Leistungsgesetzen nicht klarkommen. Ich sage ja nun nicht, dass wir das in der Vergangenheit mit einem großen Wurf gemeistert hätten. Auch wir haben uns bei den Leistungsgesetzen schwer getan. In alter Verbundenheit mit den Kollegen von der CDU/CSU sage ich: Die haben sich damit besonders schwer getan. Wir von der F.D.P. sind zwar wenige, aber wir sind gut. ({9}) Wir haben vor dem Aus-dem-Ruder-Laufen der Leistungsgesetze immer gewarnt und den Finger immer in die Wunde gelegt. Das war schon damals so. Sie aber, meine Damen und Herren, haben nur verteilt. Sie, Herr Kollege Wagner, verbraten auch einen Teil des Geldes, das Sie mit der so genannten Ökosteuer einnehmen, im Konsum. Die Ökosteuer - das wissen wir alle - ist gar keine Ökosteuer, sondern eine Rentensteuer. Einen Teil der Rentensteuer verbraten Sie über den Haushalt im Konsum. Das ist nicht gut! Heute Morgen, Herr Kollege Metzger, habe ich lesen können, dass Sie gesagt haben, das werde in Zukunft besser. Wenn Sie sagen, es werde in Zukunft besser, geben Sie damit zu, dass es zumindest für 2001 und für den Finanzplanungszeitraum bis 2004, wie Sie ihn ausgewiesen haben, über alle Maßen kritisch ist. ({10}) Es trifft vor allem den Mittelstand, Herr Kollege Mosdorf. Die Mittelstandsförderung des Bundeswirtschaftsministeriums und anderer Ministerien ist enorm heruntergefahren worden. Sie stagniert jetzt bei 1,5 Milliarden DM. Das ist ein Rückgang gegenüber 1998 um 40 Prozent. ({11}) Das trifft die kleinen und mittleren Unternehmen, diejenigen, die auf die Dispositionen des Staates angewiesen sind. Wenn die Investitionsquote heruntergeht, dann betrifft das den Mittelstand in doppelter Hinsicht: nicht nur insofern, als er unter den Kürzungen im Haushalt des Wirtschaftsministeriums leidet, sondern auch dadurch, dass dieser zugleich der potenzielle Auftragnehmer von Aufträgen wäre, die jetzt im Straßen-, Eisenbahn- und Wasserstraßenbau und auf anderen Gebieten nicht mehr vergeben werden. Sie setzen im Haushalt falsche Akzente. Wenn man sich ihn vornimmt und sachverständig die einzelnen Positionen durchgeht, dann kann man die Probleme nicht mehr damit abtun, dass man pauschal sagt: Wir tilgen eure Schulden mit unserem Geld. Dann muss man sich an dem messen lassen, was da wirklich schwarz auf weiß steht. Da sehen Sie in der rot-grünen Koalition schlecht aus. ({12}) Deshalb sollten Sie den Mund angesichts dieses Haushalts nicht so voll nehmen. Er muss an dem gemessen werden, was drinsteht. Ich sage noch einmal: Wir werden darauf achten und darauf drängen, dass Investitionen und damit die Vermehrung des Volksvermögens wieder den Stellenwert im Haushalt bekommen, den sie verdienen. ({13})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt der Kollege Oswald Metzger.

Oswald Metzger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002736, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Rexrodt, Sie sind klein und haben den Finger immer in die Wunde gelegt? Wer 29 Jahre am Stück Regierungsverantwortung innehatte, und zwar in zwei Koalitionen ({0}) - nicht Sie persönlich, sondern Ihre Fraktion -, und in dieser Zeit zwei Höhepunkte der staatlichen Neuverschuldung mit zu verantworten hatte, nämlich in jüngster Vergangenheit nach der Wiedervereinigung und davor in den 70er-Jahren, sollte nicht den Mund spitzen, sich hinstellen und die heutige Regierung dafür attackieren, dass sie schon in den letzten zwei Jahren mit Konsolidierung ernst gemacht hat. Nach allen harten Parametern - da brauchen Sie nur die Ihnen nahe stehende Wirtschaftspresse zu lesen - machen wir doch unsere Hausaufgaben gut: Wir senken systematisch die Nettoneuverschuldung; dabei liegen wir genau im Plan. Wir halten die Investitionen auf relativ hohem Niveau. Weil der Kollege Austermann durch die Lande zieht und immer darauf hinweist, dass in der letzten Legislaturperiode das Ausgabevolumen des Bundes unter der alten Koalition, relativ gesehen, stagnierte habe, sage ich Ihnen, Herr Kollege Fuchtel: Der Mann vergisst, dass 1996 eine Umstellung des Kindergeldes stattgefunden hat. Plötzlich stellte das Kindergeld anstatt einer Ausgabenposition in Höhe von fast 23 Milliarden DM pro Jahr eine Einnahmeverkürzung dar. Wenn Sie mit dieser Argumentation der deutschen Bevölkerung klarmachen wollen, dass wir nicht sparen, weil unser Haushalt steigt - der Anstieg liegt allein schon in der volkswirtschaftlichen Entwicklung und in der Zunahme der - wenn auch niedrigen - Inflationsrate begründet -, dann sage ich: Wir sind, relativ gesehen, besser. Wenn Sie den Haushalt des Jahres 1998 mit dem Etat des Jahres 2001 vergleichen, dann werden Sie feststellen, dass - bereinigt um die Sonderfaktoren Postunterstützungskassen, deren Ausgaben 1998 im Bundeshaushalt noch nicht eingestellt waren, und bereinigt um die Zuschüsse an die Rentenversicherung für Kindererziehungszeiten, die über 23 Milliarden DM ausmachen - die Investitionsquote 1998 bei 12,8 Prozent und 2001 bei 12,9 Prozent liegt. Das sind die Fakten. Die Koalitionsfraktionen, Sozialdemokraten wie Grüne, werden natürlich Acht geben - dies ist unser gemeinsames Begehren -, dass sie im investiven Bereich nicht nachlassen. Das ist keine Frage. Sie können sich darauf verlassen, dass wir im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens im Herbst in den Koalitionsfraktionen genau prüfen werden, ob wir nicht in dem einen oder anderen Fall - beispielsweise im Bereich des Verkehrs, der Altbausanierung und des Wohnungsbaus - durch Umschichtung Mittel im Bundeshaushalt zur Verfügung stellen können. Eines ist für uns auf jeden Fall klar: Wir werden die Eckpunkte des Etats einhalten, weil wir mit dem Marsch aus dem Verschuldungsstaat Ernst machen wollen. ({1}) Das hat höchste Priorität für diese Koalition. Nur dieser Konsolidierungskurs macht es überhaupt möglich, dass wir derzeit im Vermittlungsausschuss zwischen Regierung und Opposition über die größte Steuerentlastung der letzten Jahrzehnte in dieser Republik diskutieren können. Es geht nur noch um die Frage, wie hoch die Entlastung sein wird und ob die Union und die F.D.P. in diesem Vermittlungsverfahren im Bremserhäuschen sitzen oder ob sie tatsächlich den Aufschwung der deutschen Volkswirtschaft mittragen, der sich - wie Herr Kollege Wagner eben richtig gesagt hat - auch an den niedrigeren Arbeitslosenzahlen und an höheren Steuereinnahmen ablesen lässt. So weit zum Thema Solidität. Eine weitere Bemerkung zu den Lizenzgebühren, die Sie, Herr Kollege Rexrodt, zu Recht angesprochen haben. Aus Ihrem politischen Lager gab es vor zwei, drei Monaten die Versuchung, das Geld für Steuersenkungen einzusetzen. ({2}) Dieser Vorschlag entspricht der Politik, die Sie unter dem Finanzminister Theo Waigel mit zu vertreten hatten, als Einnahmeerlöse aus dem Postbereich als Einmalerlöse im Bundeshaushalt eingestellt werden mussten, um überhaupt einen verfassungsgemäßen Haushalt vorzulegen. Wenn Sie diese Einmalerlöse nicht eingesetzt hätten, hätte der damalige Etat nicht im Einklang mit dem Grundgesetz gestanden. Die heutige Koalition will - seriöserweise - mit den Einmalerlösen aus dem Postunternehmensbereich Schulden tilgen, weil wir genau wissen - und die Verantwortung dafür tragen -, dass die Bundesregierung, unabhängig davon, welche Partei sie in den nächsten Jahrzehnten stellen wird, für die früheren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Pensionen in den nächsten 40 bis 45 Jahren zahlen muss. Versicherungsmathematisch abgezinst kommt nach der Barwertmethode eine Last von über 170 Milliarden DM auf den Bund zu. Wenn wir heute mithilfe der Einmalerlöse die Schulden tilgen und dadurch die Zinsausgaben der Zukunft bremsen, dann ist genau das der langfristige Deckungsbeitrag, um dem Obligo des Bundes gegenüber den früheren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Postunternehmen gerecht zu werden. Auch das ist Seriosität und Solidität. Wenn man diese Solidität, die trotzdem eine, relativ gesehen, hohe Investitionsquote ermöglicht, beibehalten kann, wenn sich die Koalitionsfraktionen im Herbst in den parlamentarischen Beratungen noch damit auseinander setzen werden, die Investitionsquote anzuheben, dann brauchen wir uns nicht zu genieren und können sagen: Gute Leistung der Regierung beim Aufstellen der Regierungsvorlage. Im Haushaltsausschuss werden wir sie noch weiter verbessern. Vielen Dank. ({3})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Für die PDS-Fraktion spricht jetzt die Kollegin Dr. Christa Luft.

Prof. Dr. Christa Luft (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002728, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist zweifelsohne ein volkswirtschaftlich außerordentlich wichtiges Thema, das die Union hier zum Gegenstand einer Aktuellen Stunde gemacht hat. Aber irgendwie - das muss ich auch sagen - ist das auch ein wenig schizophren - diejenigen, die uns zuhören und zuschauen, werden das ebenfalls so empfinden -: Das, was die Unionsparteien, als sie noch Regierungsparteien waren, gemacht haben, kritisieren sie heute. Das, was die heutigen Koalitionsparteien früher kritisiert haben, machen sie jetzt. Es muss doch richtig bleiben, Kollege Austermann, dass sich die investiven Ausgaben im Bundeshaushalt in den Jahren 1996 bis 1998, also noch unter der Regie der Union, von 61 Milliarden auf 57,1 Milliarden DM, also beträchtlich, wie ich finde, reduziert haben. Was nun allerdings nach den Vorstellungen des rot-grünen Haushalts für das Jahr 2001 geschehen soll, nämlich eine Absenkung innerhalb eines Jahres um 2,9 Milliarden DM, ist schon ein starkes Stück und eine bittere Fortsetzung des Trends, den Sie in den vergangenen Jahren eingeschlagen hatten, ({0}) wobei die Zahlen, die Investitionen betreffend, im Haushaltsentwurf für das Jahr 2001 auch noch geschönt sind. Darin sind, wie der Kollege Metzger in einer Pressemitteilung ausgeführt hat, Gewährleistungen enthalten, die weiß Gott nicht als Investitionen zu werten sind. Was bis 2004 geschehen soll, nämlich eine weitere Absenkung der Investitionsquote auf 10,3 Prozent, bedeutet den Tiefststand seit dem Jahre 1990. Nicht nur in Schleswig-Holstein ist das möglicherweise heute so, sondern das war auch zu Unionszeiten im Jahre 1990 so. Damals hatten wir auch 10,3 Prozent. Also, ich möchte nur darum bitten, ein bisschen fairer mit diesen Dingen umzugehen und sich sachlich dazu zu äußern. Die Bundesregierung, speziell der Bundeskanzler persönlich, wollte sich am spürbaren Abbau der Massenarbeitslosigkeit messen lassen. Herr Kollege Wagner, Sie dürfen, wenn Sie von einem rasanten Abbau der Arbeitslosigkeit sprechen, nicht immer nur die alten Bundesländer im Blick haben. In den neuen Bundesländern ist die Arbeitslosigkeit zur Stunde genauso hoch, wie sie 1991 war. Das, so finde ich, ist im Haushaltsentwurf für 2001 völlig ungenügend berücksichtigt. ({1}) Wenn der Abbau der Massenarbeitslosigkeit nicht vorrangig über demographische Effekte, über eine Bereinigung der Arbeitsmarktstatistik, durch Einrichtung von Niedriglohnsektoren erfolgen soll, dann ist ein Investitionsschub notwendig. Das haben die Haushälter der Bündnisgrünen und der SPD vor Jahren ebenso gesehen als sie in der Opposition waren. Ich zitiere einmal aus der Rede von Oswald Metzger vom 2. September 1998. Er rügte, dass die von CDU/CSU und F.D.P. getragene Regierung die Investitionsausgaben seit Jahren zurückgefahren habe. Wörtlich sagte er: Verflixt noch mal, es ist doch nicht nur die Höhe der nominalen Staatsquote entscheidend, sondern auch ihre Zusammensetzung. Sie müssen den Investitionen wieder Vorrang geben. Richtig, sage ich, aber leider wohl vergessen. Hans Georg Wagner entgegnete mir vor knapp einem Jahr, nämlich am 15. September 1999, an diesem Pult auf meine Kritik, im Bundeshaushalt 2000 sinke die Investitionsquote, wörtlich - ich zitiere -: In Wirklichkeit aber bleibt es bei den 58 Milliarden DM, die wir in der mittelfristigen Finanzplanung zur Finanzierung der Investitionen jährlich vorgesehen haben. Daran wird nichts geändert. Wir werden jedem Versuch widerstehen, etwas daran zu ändern. Dazu kann ich nur sagen: Dann ist der Widerstand recht, recht schlaff ausgefallen. ({2}) Mit semantischen Klimmzügen, von denen man hier und dort hört, von der Art, Bildungsausgaben, die in der Tat ein wenig angehoben werden, seien Zukunftsinvestitionen - das sind sie selbstverständlich -, darf man den Investitionsbegriff nicht verwässern. Tatsache ist, dass insbesondere die vor allem im Osten, aber auch in den alten Bundesländern Not leidende Bauwirtschaft auf noch weniger Aufträge hoffen kann als bisher. Die Zahl der Firmeninsolvenzen in diesem Bereich wird steigen, qualifizierte Menschen bleiben arbeitslos. Dabei ist der Nachholbedarf in der Infrastruktur insbesondere in den neuen Bundesländern trotz aller Fortschritte gerade in den letzten Monaten von verschiedenen Instituten auf dreistellige Milliardenbeträge beziffert worden. Es geht auch darum, dass ein Zurückfahren öffentlicher Investitionen weniger private Investitionen anschiebt. Es geht auch darum, dass die ostdeutschen Länder und Kommunen aufgrund ihrer Finanzschwäche den Rückgang der Investitionen im Bundeshaushalt nicht ausgleichen können. Ganz im Gegenteil: Die Steuerreform der Regierung belastet die Gemeinden überproportional. Die PDS, meine Fraktion, wird in den Haushaltsberatungen keine Erhöhung der Neuverschuldung fordern. Aber wir werden uns mit dem Umfang und dem Tempo des Abbaus der Neuverschuldung nicht einverstanden erklären. Wir werden darauf bestehen, dass man einen Vergleich anstellt, was wichtiger und volkswirtschaftlich sinnvoller ist: im Interesse kurzfristiger Effekte, nämlich einer größtmöglichen Zinsersparnis, unkalkulierbare langfristige Negativwirkungen stagnierender oder reduzierter Ausgaben in Zukunftsbereichen hinzunehmen oder aber im Bereich von Bildung, Forschung, Infrastruktur und Umwelt etwas draufzulegen.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Frau Kollegin, Sie müssen bitte zum Schluss kommen.

Prof. Dr. Christa Luft (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002728, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Ich komme zum Schluss. Wir lehnen es auch ab, Einmalerlöse aus der Versteigerung der Mobilfunklizenzen komplett zur Schuldentilgung einzusetzen. Hier sehen wir Spielraum, um insbesondere Investitionen im Bereich der Schiene, aber auch im Wohnungsbau vorzunehmen. Danke. ({0})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Nächster Redner ist der Kollege Manfred Hampel, SPD-Fraktion.

Manfred Hampel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000798, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Neues Spiel, neues Glück. Dieser Gedanke ist mir gekommen, als ich von der Ankündigung dieser Aktuellen Stunde gehört habe, die von der CDU/CSU-Fraktion beantragt worden ist. Genau vor einem Jahr, im Sommer 1999, hat uns die Opposition mit sehr viel Theaterdonner nachweisen wollen, dass wir erstens das Sparvolumen von 30 Milliarden DM nie erreichen würden ({0}) - natürlich haben wir es erreicht, schauen Sie sich doch den Haushalt an - und dass es zweitens gar nicht so viel sei, dass es nur 7,5 Milliarden DM seien. Heute kräht kein Hahn mehr danach; das ist längst vergessen. Und was machen Sie jetzt? - Jetzt versuchen Sie, ein neues Kaninchen aus dem Zylinder zu zaubern; jetzt entdecken Sie auf einmal fehlende Investitionen. Darauf gehe ich noch ein, aber vorab möchte ich etwas zum Kollegen Rexrodt sagen; aber er ist nicht mehr da. ({1}) - Ja, der muss jetzt Geld verdienen. - Es wird immer gesagt, die neuen Bundesländer seien an der hohen Verschuldung schuld. Das kann man nicht unwidersprochen hinnehmen; das stimmt nur zu einem gewissen Teil. Schauen Sie sich an, wie wir im vergangenen Haushalt die Nettoneuverschuldung abgebaut haben und wie wir das in diesem Haushalt tun. Trotzdem werden die Leistungen für die neuen Bundesländer auf hohem Niveau fortgeführt. Das hätte die alte Regierung genauso gut leisten können. ({2}) Also stimmt es nur zum Teil, was der Kollege Rexrodt hier ausgeführt hat. Noch ein Wort zu den Investitionen: Nominell - das ist richtig - fehlen 2,9 Milliarden DM; 2000 waren es 57,5 Milliarden DM, 2001 sind es 54,6 Milliarden DM. Aber wenn Sie versuchen, die Summe aufzugliedern, dann werden Sie feststellen, dass 600 Millionen DM davon Mittel für Strukturanpassungsmaßnahmen sind, die Sie immer als investive Maßnahmen in den Haushalt eingestellt haben und die bei uns zur Bundesanstalt für Arbeit übergehen und von ihr geleistet werden. Diesen Posten können Sie schon einmal abhaken. ({3}) Zweitens gibt es 400 Millionen DM Einsparungen bei den Baumaßnahmen hier in Berlin. Dagegen können Sie doch auch nichts haben! Sie können doch nichts dagegen haben, wenn wir sagen, der Umzug von Bonn nach Berlin wird um 400 Millionen DM billiger. Der nächste Punkt - der Kollege Wagner hat schon darauf hingewiesen -: Einsparungen von rund 1 Milliarde DM beim Transrapid. Dann sind Sie schon bei 2 Milliarden DM. ({4}) - Die Industrie wollte doch nicht mitspielen; das liegt doch nicht an der Politik! ({5}) Ich möchte noch auf ein paar andere Dinge eingehen, zunächst auf die nicht investiven Zukunftsausgaben, die natürlich in einem erheblichen Maße investiven Charakter haben bzw. Investitionen nach sich ziehen. Der Bereich Forschung, Entwicklung, Innovation im Mittelstandsbereich, Existenzgründungen wird um 35 Millionen DM auf fast 900 Millionen DM aufgestockt. Diese Mittel sind zwar nicht in den Investitionshaushalt eingestellt, ziehen aber Investitionen nach sich. Das sind Mittel - Herr Kollege Austermann, Sie haben ja vor allem auf den Mittelstand hingewiesen -, die die kleinen und mittleren Unternehmen dringend benötigen und die sie so bekommen. Nächster Punkt: Förderung erneuerbarer Energien. Sie wissen selber, wie wir in der letzten Zeit mit den Solarprogrammen rumgemacht haben. ({6}) Das wird fortgesetzt, ebenso wie andere Maßnahmen. Auch das steht im Haushalt nicht als Investition, hat aber in erheblichem Maße investiven Charakter. Die Mittel für das Programm Inno-Regio werden um 20 Millionen DM aufgestockt und die für die Forschungszusammenarbeit von Unternehmen werden von 262 auf 280 Millionen DM erhöht. Das alles sind Maßnahmen, die sich auf das Investitionsgeschehen bei kleinen und mittleren Unternehmen positiv auswirken und die ein positiver Beitrag zu diesem Haushalt sind. Ich denke, wir sollten uns nicht vor der Sommerpause, sondern während der ersten Lesung des Haushaltes 2001 mit diesem Problem auseinander setzen. ({7}) Sie haben vergangenes Jahr und auch in diesem Jahr immer wieder versucht, im Vorhinein Haushaltsdebatten zu führen. Diese Debatten sind völlig sinnlos und überflüssig wie ein Kropf. ({8})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Nächster Redner ist der Kollege Bartholomäus Kalb, CDU/CSU-Fraktion. ({0})

Bartholomäus Kalb (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001055, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, ich spreche über den Bundeshaushalt und nicht über den bayerischen Haushalt. Denn der ist so hervorragend, dass man sich daran ein Beispiel nehmen sollte. - Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist bereits angedeutet worden, dass insbesondere bei den Verkehrsinvestitionen massiv gespart wird. Der Haushalt des Bundesministers für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen wird massiv zurückgefahren, der Verkehrsbereich sogar überproportional. ({0}) Der zuständige Fachminister selber stellt fest, dass in seinem Haushalt die Investitionen um 2 Milliarden DM sinken. Das ist nur die Hälfte der Wahrheit. In Wirklichkeit ist es noch sehr viel mehr; ich werde gleich darauf eingehen. Herr Kollege Wagner, man wird die Probleme, die sich aus einer mangelnden Finanzausstattung im Hinblick auf Verkehrsinvestitionen ergeben, nicht lösen können, indem man, wie Sie es soeben dargestellt haben, sagt: Man muss daher noch weniger Mittel in den Haushalt einstellen. Sie sparen am falschen Platz. Sie gefährden die Zukunft und die bereits getätigten Investitionen. Das führt zu einem Substanzverlust, zu einer Gefährdung der Entwicklung wirtschaftsschwacher Regionen und letztlich auch - direkt und indirekt - zu Gefährdungen von Arbeitsplätzen. Zudem enthalten Sie den entsprechenden Regionen bzw. Menschen mit dem Ausbleiben von Investitionen die Schaffung neuer Arbeitsplätze vor. Die Verkehrsinvestitionen - um es deutlich zu sagen sinken auf einen historischen Tiefstand. Da ist nicht mehr von Modernisierung - ein Schlagwort, das Sie gerne in den Mund nehmen - die Rede. Das ist ein Substanzverlust, eine Vernichtung von volkswirtschaftlichem Vermögen und, wie es Kollege Rexrodt genannt hat, die Weigerung, neues volkswirtschaftliches Vermögen zu schaffen. ({1}) Beim Straßenbau schaffen Sie es, innerhalb von zwei Jahren nochmals um 600 Millionen DM zu kürzen. Das bedeutet nach Auskunft des zuständigen Ministeriums, dass im Grunde genommen in den alten Bundesländern keine einzige neue Maßnahme mehr gestartet werden kann. ({2}) Es kann also keine neue Ortsumgehung gebaut werden und es kommt zu keiner Entlastung der Bürger bzw. der Städte und Dörfer, geschweige denn zu Anbindungen von Wirtschaftsregionen. Das alles kann nicht erreicht werden, weil Sie dafür keine Mittel zur Verfügung stellen. Völlig inakzeptabel ist Ihr Verhalten beim Kapitel „Ausbau der Schienenwege der Bundeseisenbahnen“. Hier weisen Sie zwar vorsichtig nach, dass Sie im Haushalt 2001 eine geringfügige Steigerung der Mittel vorsehen. Vorhin war jedoch die Rede vom Transrapid. Der Bau der Transrapidstrecke Hamburg-Berlin ist gestrichen worden. Die dafür vorgesehenen Mittel haben Sie - bis auf einen kleinen Restbetrag - einkassiert. Das sind über 800 Millionen DM pro Jahr. Sie wissen aber ganz genau, dass Sie jetzt wegen des Streichens der Transrapidstrecke die Schienenstrecke Hamburg-Berlin neu ausbauen müssen, wofür Sie im nächsten Jahr 1 Milliarde DM benötigen. Das Streichen der Mittel für die Transrapidstrecke geht also zulasten des Schienenwegeausbaus. ({3}) - Nein, das ist kein Quatsch. Diese Mittel benötigen Sie schon im nächsten Jahr für den Ausbau dieser Strecke. ({4}) Herr Kollege Metzger nickt zustimmend; der weiß das. ({5}) Zum Zweiten: Für das Bundeseisenbahnvermögen sehen Sie wider besseres Wissen einen Betrag vor, der deutlich unter dem Bedarf liegt, nämlich um rund 4,3 Milliarden DM. Das heutige Urteil ermöglicht Ihnen, die Einnahmen aus dem Verkauf der Eisenbahnerwohnungen zu kassieren. Aber ich hoffe, dass Sie diese Einnahmen, wenn man schon Zinslasten einsparen muss, auch in diesem Jahr noch realisieren werden. Also ist das, was im Haushalt 2000 steht, Makulatur. Sie bräuchten eigentlich 11 Milliarden DM, haben aber nur 6,8 Milliarden DM eingesetzt. Das heißt, hier gibt es eine Lücke. Nun haben die Experten mittels Buchungstricks etwas ganz Schlaues gemacht: Sie haben beim Titel 891 01 „Baukostenzuschüsse für Investitionen in die Schienenwege der Eisenbahnen des Bundes“ einen neuen Haushaltsvermerk aufgenommen: „Einsparungen dienen bis zur Höhe von 1,15 Milliarden DM zur Deckung von Mehrausgaben bei folgendem Titel: 634 01.“ Damit noch nicht genug: Gleichzeitig haben sie einen Deckungsverbund zu den anderen Investitionstiteln im Bereich der Schienenwege hergestellt und eine Sperre in Höhe von 1,35 Milliarden DM beim Titel 861 01 und eine Sperre von 1 Milliarde DM beim Titel 891 02 verfügt. Damit erlaubt sich der Finanzminister, das Geld, das er vorher beim Titel 634 01 nicht bereitstellen wollte, hier zu erwirtschaften. Da es aber bereits einkassiert war, wird noch mehr an Investitionen gefährdet, als es vorher schon ganz offenkundig war. Das ist nicht hinnehmbar. Sie verhöhnen damit all die Menschen, die mobil sein müssen, weil sie nur so ihrer Erwerbstätigkeit nachkommen können.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Kalb, Sie müssen zum Schluss kommen.

Bartholomäus Kalb (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001055, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sie kassieren bei ihnen durch die Ökosteuer und andere Maßnahmen immer mehr ab und enthalten ihnen zugleich die notwendigen Investitionen vor. In den alten Bundesländern passiert auf diesem Gebiet praktisch nichts mehr. ({0})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Nächster Redner ist der Kollege Matthias Berninger für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Matthias Berninger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002627, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich betreibe Haushaltspolitik erst seit annähernd zwei Jahren. ({0}) Gleichwohl sind mir Debatten in der Form, in der sie zum Teil von der Opposition geführt werden, einfach deshalb zuwider, weil Sie wider besseres Wissen Behauptungen aufstellen, die man so nicht aufstellen darf. Herr Kollege „Barthel“ Kalb hat hier über Verkehrsinvestitionen geredet. Das ist ein außerordentlich wichtiges und sensibles Thema, bei dem die Bundesregierung etwas tun muss. Aber Sie dürfen die Leute nicht an der Nase herumführen. ({1}) Sie haben es aufgrund der Transrapid-Diskussion, die das Investitionsrisiko voll zulasten der Bahn hätte gehen lassen, über Jahre versäumt, die Verbindung zwischen Hamburg und Berlin schnell zu machen. ({2}) Den Menschen in Berlin und Hamburg ist es doch völlig egal, mit welchem öffentlichen Verkehrsmittel sie von A nach B kommen; Hauptsache ist, sie können diese Strecke möglichst schnell zurücklegen. Diese Bundesregierung hat zusammen mit der Wirtschaft und der Bahn AG eine klare Entscheidung getroffen: Wir werden die Schienenstrecke so ausbauen, dass man in vertretbarer Zeit von Hamburg nach Berlin und umgekehrt fahren kann. Nun wissen Sie ganz genau, dass man nach einer solchen Entscheidung nicht in einem Jahr 1 Milliarde DM ausgeben kann. ({3}) Der Bundesverkehrsminister wird in diesem Jahr und auch in den Folgejahren jeweils 250 Millionen DM ausgeben, damit diese Strecke möglichst schnell ertüchtigt werden kann. Damit ist den Menschen gedient. Das ist eine sehr gute Investition. Sie aber irren völlig, wenn Sie glauben, dass hier keine Anstrengungen unternommen würden. Wir tun so viel, wie möglich ist, begeben uns aber nicht in das Wolkenkuckucksheim, in dem Sie sich offenbar immer noch befinden. ({4}) Eine Aktuelle Stunde verdient dieses Thema in der Tat; denn vor ein paar Stunden hat das Bundesverwaltungsgericht eine sehr wichtige Entscheidung getroffen, als es urteilte, dass der Bund die Eisenbahnerwohnungen, die bisher zum Bundeseisenbahnvermögen gehören, tatsächlich veräußern kann. Das macht den Weg für Investitionen im Verkehrsetat frei. ({5}) Jetzt kommt der entscheidende Punkt, den Sie überdenken müssen: Ihre Bundesregierung wollte die Eisenbahnerwohnungen um 1 Milliarde DM unter Marktwert an eine Firma namens WCM verhökern, die allein in einem Jahr Ihrer Partei 3,6 Millionen DM gespendet hat. ({6}) Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen an dieser Stelle Ihre alte Position überdenken, wenn Ihnen Investitionen so wichtig sind. ({7}) Ich halte es für wichtig, dass die Bundesregierung aufgrund der Entscheidung des Gerichts den Mieterinnen und Mietern letzten Endes zweierlei sagt: dass man bei der Privatisierung der Eisenbahnerwohnungen erstens die sozialen Interessen aller Mieter wahrt und zweitens am Markt den maximal erreichbaren Ertrag erzielen will. Dieser liegt im Moment bei 5,5 und nicht bei 4,5 Milliarden DM. Diese 1 Milliarde DM mehr wollen wir vom Bündnis 90/Die Grünen für Investitionen im Verkehrsbereich einsetzen. Sie können dies unterstützen. Sie können von Ihrem alten Fehler Abstand nehmen und ihn wieder gutmachen, indem Sie diese Linie unterstützen. Dann kann tatsächlich mehr Geld für Investitionen im Verkehrsetat mobilisiert werden. Herr Austermann hat aber schon angedeutet, dass er das nicht will. So schlecht geht die CDU mit ihren alten Spendern nun wirklich nicht um. ({8}) - Herr Kollege, ich rede die ganze Zeit zum Thema. Das wissen Sie auch. Der entscheidende Punkt ist, dass ich mir hinsichtlich dieses Themas in anderer Form Gedanken mache als Sie. Dieses Blabla und das Operieren mit falschen Zahlen, wie Sie es tun, halte zumindest ich für nicht akzeptabel. ({9}) Ich will auf einen weiteren Punkt zu sprechen kommen. Ihre Darstellung im Zusammenhang mit den Investitionen ist eine Milchbubenrechnung. Jede Mark, die wir mehr für Investitionen ausgeben, ist gut für Arbeitsplätze. Jede Regierung, egal ob es Ihre war oder ob es diese ist, hat natürlich das Ziel, möglichst viel für Investitionen auszugeben. Auch wir werden in den Haushaltsberatungen versuchen, dieses Ziel zu verwirklichen. Es gibt aber einen Unterschied zu Ihrer Politik - nehmen Sie das bitte endlich zur Kenntnis! -: Ihre Politik war eine Politik des Schuldenmachens. Investitionen hatten bei Ihnen nur eine Funktion. Sie mussten möglichst so hoch sein, dass sie Ihre Neuverschuldung einigermaßen abgedeckt haben. Das war der Grund. ({10}) Ob sie sinnvoll waren, ob es Buchungstricks waren oder ob sie tatsächlich stattgefunden haben, war nicht der entscheidende Punkt. Entscheidend war: Die Schulden beliefen sich auf eine bestimmte Höhe und dann wurde, weil das Grundgesetz es so vorschreibt, gewaigelt und gewaigelt, bis die Investitionen dieses Niveau erreicht hatten. ({11}) Dennoch lag Ihre Investitionsquote nicht höher als die dieser Bundesregierung. Es gibt aber einen Unterschied: Ihre Sorgen haben wir nicht; denn wir senken Jahr für Jahr die Nettoneuverschuldung. Unser Ziel für das Jahr 2006 ist nicht nur, dass Deutschland die Weltmeisterschaft ausrichtet, sondern auch, dass wir einen ausgeglichenen Haushalt haben. Entlang unserer beiden Leitplanken, nämlich mehr Geld für Investitionen einzusetzen und nicht weiter neue Schulden zu machen, also nicht immer auf Pump zu investieren, sondern den Haushalt ins Gleichgewicht zu bringen, werden wir unsere Politik aufbauen. Das sollten Sie loben und unterstützen, statt hier zu blockieren, wie etwa bei der Unternehmensteuerreform oder der Sanierung der Rentenkassen, und damit den Kurs der Bundesregierung weiter zu gefährden. Vor allen Dingen sollten Sie aufhören, Schauveranstaltungen wie die am heutigen Nachmittag zu organisieren, bei denen Sie am Ende ohnehin den Kürzeren ziehen. Vielen Dank. ({12})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Nächster Redner ist der Kollege Steffen Kampeter für die Fraktion der CDU/CSU.

Steffen Kampeter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001062, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat diese Aktuelle Stunde beantragt, weil in der Haushaltspolitik der rot-grünen Regierung so ziemlich alles schief läuft, was schief laufen kann. ({0}) Deswegen müssen wir heute über die Fehlentwicklungen reden, die es bei den öffentlichen Finanzen gibt. Die Auswirkungen auf die Beschäftigung sind ja dramatisch. Seit der Regierungsübernahme der rot-grünen Schröder-Truppe haben wir 730 000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte weniger, also weniger Menschen, die Beiträge und Steuern zahlen, und das, obschon durch die 630-Mark-Regelung eine ganze Reihe von Leuten zusätzlich sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind. Diese dramatische Entwicklung ist Auswirkung der rotgrünen Haushaltspolitik, die sich in dem Entwurf für den Bundeshaushalt 2001 weiter fortsetzt. Wir beklagen insbesondere, dass der Teil der öffentlichen Ausgaben, die dauerhaft für Wachstum und Beschäftigung im privaten Sektor sorgen können, also die Investitionen, zurückgeht. Hätte es einer Begründung für die Aktuelle Stunde bedurft, die über unsere guten Argumente hinausgeht, so hat der Kollege Metzger, der haushaltspolitische Sprecher der Grünen, der hier vorhin geredet hat, sie heute mit seinem Interview in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ geliefert. Dort steht nämlich: Die Kritik der Union, im nächsten Bundeshaushalt gebe es zu wenig Investitionen, hält Metzger für berechtigt. Hört, hört, für berechtigt hält er das, was wir hier kritisieren. ({1}) Problematisch sei auch, dass rund 5 Milliarden DM der knapp 55 Milliarden DM Investitionsausgaben nur Gewährleistungen darstellten, also Gelder, die für Bürgschaften bereitstünden und damit nicht für echte Investitionen. Schattenbuchung, Falschinformationen - und dies bestätigt vom haushaltspolitischen Sprecher einer der Regierungsfraktionen. Eine bessere Steilvorlage für die Richtigkeit unserer Argumente konnte heute doch nicht geliefert werden. ({2}) Was Sie machen - die Neuverschuldung durch Reduzierung der Investitionen senken zu wollen -, ist eben falsch. Sie müssen endlich einmal den politischen Mut haben, auch den staatlichen Konsum zu senken, um damit die Investitionsquote zumindest relativ wieder zu steigern. Angesichts der Rahmenbedingungen müsste diese Koalition vor Kraft kaum laufen können. Denn wie der Kollege Rexrodt zu Recht darauf hingewiesen hat, stellt sich die Einnahmeseite nicht aus eigener politischer Leistung so gut dar. Der Finanzminister handelt eher als „Hans im Glück“. Er profitiert von politischen Entscheidungen, die die von F.D.P. und Union geführte Bundesregierung, insbesondere im Bereich Privatisierung und Deregulierung, durchgesetzt hat. Wenn wir heute darüber reden, dass 120 Milliarden DM zusätzlich in die Staatskasse fließen, ist dies das Ergebnis einer Entscheidung im Zuge der Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte, die CDU/CSU und F.D.P. herbeigeführt haben ({3}) und die Sie bis zuletzt immer bekämpft haben. Ich habe manchmal den Eindruck, Herr Kollege Wagner, dass es, wenn es nach Ihnen gegangen wäre, Mobiltelefone nur für sozialdemokratische Funktionäre gegeben hätte und die übrige Bevölkerung hätte zugucken sollen. Wir wollten, dass Telekommunikation nicht zu einem Luxusgut wird. Wir haben diese Märkte liberalisiert. Das einzig Ärgerliche daran ist, dass jetzt der „Hans im Glück“ 120 Milliarden DM zusätzlich in seine Schatulle bekommt. Sie hätten auch die Möglichkeit gehabt, mit der Steuerreform Ihre miese Haushaltspolitik ein bisschen auszubügeln und Investitionssignale zu setzen: Unsere Forderung: stärkere Senkung des Spitzensteuersatzes! Wir fordern, diese blödsinnige Unterscheidung von guten und schlechten Gewinnen aufzugeben und nicht weiter zwischen Unternehmern und Unternehmen zu trennen. Wir hoffen, dass im Vermittlungsausschuss durch unsere Initiativen endlich eine investitionsfreundliche, bessere Alternative in der Steuerpolitik durchgesetzt wird. ({4}) Das ist ein zentraler Unterschied zwischen Ihrer und unserer Politik: Sie wollen nur Ihre Ideologie durchsetzen; wir wollen kooperativ mitarbeiten. ({5}) Mit einer Mär muss endlich Schluss sein: bei Bildung und Forschung gebe es eine Investitionsoffensive. Das ist falsch. Das Volumen des Entwurfs für den Bildungsetat im Jahre 2001 liegt unter dem Gesamtvolumen des Bildungsetats von 1998. Sie haben versprochen, in dieser Legislaturperiode eine „Zukunftsmilliarde“ in Bildung und Forschung zu investieren - ein bisschen beim Wirtschaftsetat und ein bisschen beim Forschungsetat. Wenn ich die Ausgaben dieser beiden Haushalte aber zusammenzähle - Herr Kollege Mosdorf, Sie wissen es genauso gut wie ich -, ergibt sich für 2001 eine Summe, die knapp eine Viertelmilliarde unter dem Ansatz für das Jahr 2000 liegt. Auch in diesen beiden Etats gibt es also keine Steigerung der Investitionen. Ihre „Zukunftsmilliarde“ ist ein groß angelegter Wählerbetrug. Ihr Versprechen wird nicht umgesetzt. Dieser Haushalt belegt es. ({6}) Angesichts der Tatsache, dass der Etat für Bildung und Forschung früher Ausdruck dessen war, wie viel für kleine und mittlere Unternehmen, den Technologiemotor unserer Volkswirtschaft, ausgegeben wurde, habe ich mir einmal die Erklärung der Frau Forschungsministerin zu diesem Thema durchgelesen. Da ist viel die Rede von den Milliardeninvestitionen und den großen Summen, die sie bewegt, aber es gibt kein einziges Wort zu speziell mittelstandsorientierten Forschungsprogrammen. Die sind nämlich alle herausgefallen. ({7}) Sie interessieren sich nur noch für Großforschungseinrichtungen. Das mag ein wichtiger Impuls sein, aber die vielen anderen Bereiche, die kleinen und mittelständischen Unternehmen, vergessen Sie einfach. Bei Ihnen stehen die Großen an der ersten Stelle.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Kampeter, Sie müssen bitte zum Schluss kommen.

Steffen Kampeter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001062, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Deswegen war es wichtig, auf einige dieser Fehlentwicklungen im Haushaltsentwurf 2001 hinzuweisen. Wir werden dies beherzt herausstellen und Herrn Metzger beim Wort nehmen, der vor der Presse immer etwas anderes erklärt, als er durch Abstimmungen im Ausschuss bekundet hat. Mal gucken, wo seine Anträge zur Steigerung der Straßenverkehrsinvestitionen sind, wie er es heute in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ angekündigt hat! ({0})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Es spricht jetzt für die SPD-Fraktion die Kollegin Jelena Hoffmann.

Jelena Hoffmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002681, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Entwurf der Bundesregierung zum Haushalt 2001 ist gerade fertig gestellt worden, da trommeln die Oppositionskollegen bereits zum Aufstand. Man muss sich schon fragen, was hinter Ihrem Aktionismus steckt. ({0}) Unterschätzen Sie Ihre Wählerinnen und Wähler nicht! Sie sind nämlich nicht dumm. Sie werden mit der Zeit verstehen, dass Sie sich mit uns nicht in der Sache auseinander setzen wollen, sondern reinen Populismus betreiben. ({1}) Anstatt eine solche Aktuelle Stunde zu beantragen, hätten Sie lieber eine Nachhilfestunde bei Hans Eichel nehmen sollen. ({2}) Liebe Oppositionskollegen, Sie denken sehr oft betriebswirtschaftlich und versuchen, volkswirtschaftlich zu handeln. Aber das geht nicht. Das müssen auch Sie endlich einmal verstehen. Sie betrachten den Haushaltsplan einseitig, ohne die volkswirtschaftlichen Auswirkungen auf unsere zukünftige gesamte Politik in Betracht zu ziehen. ({3}) Herr Kollege, Sie vergessen die gesamtwirtschaftliche Entwicklung im Lande und auch die finanzpolitische Ausgangslage. Doch unsere Strategie zeigt erste Erfolge: Sie von der Opposition werden das natürlich nicht gerne hören, aber die Konjunktur erlebt einen kräftigen Aufschwung. Nach der Asienkrise hat sich die deutsche Exportwirtschaft stabilisiert, auch die Binnenkonjunktur befindet sich im Aufschwung. Die Arbeitslosigkeit sinkt. Ich weiß nicht, woher Sie, Herr Kampeter, die Zahlen nehmen, aber die Zahl der Erwerbstätigen hat sich im ersten Quartal dieses Jahres um 115 000 erhöht. Wenn wir davon ausgehen, dass der Mittelstand in Deutschland durch unsere Steuervorhaben um fast 15 Milliarden DM entlastet wird, dann können Sie doch nicht sagen, dass wir den Mittelstand in seiner Entwicklung behindern, es sei denn, Sie behindern unsere Mittelstandspolitik, indem Sie zum Beispiel die Steuerreform blockieren. ({4}) Auch auf die privaten Haushalte entfallen steuerliche Entlastungen in Höhe von 23 Milliarden DM. Das ist eine nicht gering zu schätzende Spritze für die Binnennachfrage, für die Binnenkonjunktur. Dies kommt natürlich auch den kleinen und mittleren Unternehmen - auch im Osten, Frau Pieper - zugute, weil sie im Wesentlichen regional agieren. Ich denke manchmal, dass Sie selber überhaupt nicht verstehen, was Sie fordern. Einerseits wollen Sie hier mehr öffentliche Investitionen, andererseits verlangt Herr Merz tagein, tagaus eine drastische Senkung des Spitzensteuersatzes. Dies bedeutet - das müssen Sie endlich einmal begreifen - Steuermindereinnahmen. ({5}) - Moment einmal! - Sie müssen sich erst einmal untereinander darauf verständigen, was Sie wollen, bevor Sie solche Aktuelle Stunden veranlassen. Davon abgesehen soll und will der Mittelstand das Geld auf dem Markt erwirtschaften. Mehr Schulden zulasten unserer Gesellschaft, zulasten unserer Kinder sind mit uns und vor allem mit Hans Eichel nicht zu machen. ({6}) Endlich müssen auch Sie verstehen: Je weniger Schulden wir haben, umso mehr Freiräume bleiben uns für die Gestaltung anderer staatlicher Aufgaben, zum Beispiel die Förderung des Mittelstandes. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, können Sie in den Tabellen, in den Unterlagen, die auch Ihnen zur Verfügung stehen, nicht übersehen haben. Sehen Sie sich einmal die Titelgruppe 05 - Forschung und Entwicklung, Innovationen im Mittelstand - an! Herr Hampel ist schon darauf eingegangen. Wir fördern wirklich das, was zu fördern ist. Wir machen eine ganz gezielte Förderung des Mittelstandes. Ich gehe auf die Zahlen jetzt nicht ein, aber diese können Sie nachlesen. Die entsprechenden Ausgaben in diesem Haushalt steigen vom Jahr 2000 auf das Jahr 2001 um etwa 5 Prozent. Dies steht dort auch. Dies ist keine Einmalaktion. Sehen Sie sich die Verläufe bis 2004 an! Fast 1 Milliarde DM wird die Förderung des Mittelstandes in diesem Bereich betragen. Nur so können wir die Zukunft unseres Mittelstandes gestalten. Ich bitte Sie herzlich: Hören Sie auf mit diesem Aktionismus! Das bringt nichts. Lassen Sie uns ganz sachlich und konkret über die Haushaltsvorhaben unserer Regierung diskutieren! Danke. ({7})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Nächster Redner ist der Kollege Hans-Joachim Fuchtel, CDU/CSU-Fraktion.

Hans Joachim Fuchtel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000616, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eines ist heute interessant, nämlich dass die Grünen die Situation realistischer einschätzen als die Roten. Das will etwas heißen. ({0}) Das habe ich schon lange nicht mehr erlebt. Herr Kollege Wagner, ich halte es schon für ein Problem, wenn einerseits dem Steuer- und Beitragszahler so hohe Lasten aufgebürdet werden und andererseits, beispielsweise bei mir im Schwarzwald, in den nächsten Jahren kein einziger Quadratmeter Straße gebaut wird. Die Bürger haben damit langsam ein Problem. Unter unserer Regierung war es wenigstens noch so, dass immer irgendwo irgendetwas gegangen ist. Das schaffen Sie eben nicht mehr. ({1}) Bei Ihnen sollten die Alarmglocken läuten, wenn jetzt darüber gesprochen wird, dass die Investitionsquote immer weiter sinkt. Man muss sich auch mit dem befassen, was dieses Jahr stattfindet. Es ist nicht viel wert, immer darüber zu reden, was unter anderen Bedingungen gewesen wäre. Vielmehr müssen wir jetzt feststellen: Die Investitionsquote sinkt. Das ist schädlich für unsere Wirtschaft ({2}) und es schafft natürlich auch nicht die Arbeitsplätze, die wir brauchen, schon gar nicht beim Mittelstand. Hier muss mehr geschehen. Darum setzen wir uns dafür ein, dass die Investitionsquote gesteigert wird. ({3}) Sie müssten bei der Konsumquote entsprechende Einschränkungen zustande bringen. Dann kommen Sie auf einen Nenner, der vernünftig ist, aber nicht so. Kollege Hampel schließlich rechtfertigt das Ganze auch noch, wenn der Verschiebebahnhof zu den Sozialkassen weiter fortschreitet. Das ist ebenfalls eine völlig falsche Linie. Einer der zentralen Vorwürfe der CDU/ CSU ist, dass Sie in diesem Haushalt wieder eine Politik der Verschiebebahnhöfe erster Güte betreiben. Das muss ganz deutlich gesagt werden; denn das wird langsam zur Methode. Im letzten Jahr haben Sie die Beiträge zur Rentenversicherung für die Arbeitslosenhilfeempfänger drastisch gekürzt. Im Haushalt 2001 sollen die Beiträge zur Krankenversicherung der Arbeitslosenhilfeempfänger in Milliardenhöhe gekürzt werden. Hier wurde zwar der Minister etwas abgebügelt, aber ich sage Ihnen: Wenn es zu unserer Regierungszeit so gewesen wäre, dass 1,2 Milliarden DM plus wahrscheinlich 400 Millionen DM globale Minderausgaben in diesem Bereich gekürzt worden wären, dann hätten Sie den Untergang des Sozialstaates ausgerufen. ({4}) Das hat entsprechende Auswirkungen auf die Krankenversicherungsbeiträge. Die Krankenkassen sprechen schon davon, dass sie die Beiträge um 0,1 bis 0,4 Prozent erhöhen müssen. Das wiederum schlägt sich auf die Lohnzusatzkosten nieder. ({5}) Eine solche Politik, die dem Mittelstand das Leben schwerer macht, wollen wir nicht. Wir sollten die Zusatzkosten abbauen und nicht durch solche Maßnahmen der Verschiebung wieder aufbauen. ({6}) Das ist eine kontraproduktive Politik für den Mittelstand. Es ist natürlich auch für die aktuelle gesundheitspolitische Diskussion äußerst schädlich. Schon jetzt erleben die Patienten ein ständiges Spießrutenlaufen im Labyrinth der Budgets. ({7}) Sie brauchen sich überhaupt nicht zu wundern, wenn das Ganze weiter eskaliert, falls Sie bis zur dritten Lesung nicht etwas Vernünftiges auf die Beine stellen. ({8}) Meine Damen und Herren, ich komme zum Thema Arbeitsmarktpolitik. Es ist der größte Witz, wenn die Sache jetzt so dargestellt wird, als sei es Ihre Leistung, dass die Arbeitslosenquote sinkt. Sie wissen genauso gut wie wir, Jelena Hoffmann ({9}) dass hier die Demoskopie den wesentlichen Beitrag leis-tet. ({10}) Die Aufblähung der Arbeitsmarktpolitik, die Sie betreiben, tut ihr Übriges. Ich sage Ihnen: Hätten Sie den Mut, zu sagen, wir lassen das, was wir politisch gewollt haben, im Bundeshaushalt, das andere kommt in den Arbeitslosenversicherungshaushalt und dann senken wir die Beiträge, so hätten Sie mit Sicherheit etwas Vernünftiges auf den Weg gebracht. Aber dazu sind Sie leider nicht fähig. Was erleben wir jetzt im Augenblick? In meinem Wahlkreis haben wir 3,9 Prozent Arbeitslose, im Erzgebirge 25 Prozent. Sie wenden aber die gleichen arbeitsmarktpolitischen Instrumente an wie früher, obwohl sich die Beschäftigungssituation vollständig geändert hat. ({11}) Hätten Sie doch jetzt den Mut und würden für Leute, die aus den neuen Bundesländern kommen und arbeitslos sind, eine Sonderaktion machen! Sie sollten für drei Jahre zum Arbeiten in die alten Bundesländer gehen. Dann bekämen wir eine Entwicklung, die uns etwas Vernünftiges beschert, nicht so, wie Sie die Sache angehen. Allein einen Verschiebebahnhof zu gestalten ist alte und nicht neue Politik. Damit werden Sie keine guten Ergebnisse erzielen. ({12})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Für die Bundesregierung spricht der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, Siegmar Mosdorf.

Siegmar Mosdorf (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001535

Lieber Herr Kollege Fuchtel, Sie haben eben von „Demoskopie“ gesprochen, meinten aber wahrscheinlich „Demographie“. Ihr Beitrag war insgesamt von diesem Niveau. ({0}) Es erstaunt mich, dass Sie noch nicht einmal zwischen „Demographie“ und „Demoskopie“ unterscheiden konnten. Ich verstehe aber: Sie wohnen in der Nähe von Allensbach und da ist man natürlich geneigt, immer nur von „Demoskopie“ zu reden. Außerdem haben Sie sowieso nur die Umfragezahlen im Kopf. Wir dagegen haben die Wirtschaftsdaten im Kopf und die sind gut und werden immer besser. ({1}) Wir haben in den Neunzigerjahren ein Wirtschaftswachstum von 1,4 Prozent gehabt und werden in diesem Jahr ein Wachstum von 3 Prozent haben. Der Aufschwung ist da und wir können sagen: Das wirtschaftliche Ankurbelungsprogramm der Bundesregierung zeigt Wirkung. Da sollten eigentlich auch Sie, Herr Fuchtel, klatschen. ({2}) Es gibt den berühmten Satz von Philipp Rosenthal: „Wer zu spät an die Kosten denkt, ruiniert Unternehmen und Volkswirtschaften. Wer zu früh an die Kosten denkt, tötet Kreativität.“ Sie haben beides fertig gebracht. Sie haben zum einen überhaupt nicht an die Kosten gedacht diese sind galoppiert und entsprechend ist die Verschuldung auf das jetzige Niveau gestiegen - und zum anderen haben Sie den Etat für Forschung und Technologie real um 30 Prozent gesenkt. Wir drehen dies gerade um, indem wir versuchen, die Verschuldung massiv zu begrenzen. In diesem Zusammenhang treffen wir, Herr Austermann, auch Entscheidungen, die nicht vergnügungssteuerpflichtig sind. ({3}) Wir machen richtig große Sparanstrengungen, die auch ungemütlich sind. Wir machen das, weil wir der Meinung sind, das Land brauche Luft, um sich wieder bewegen zu können. Deshalb wollen wir bis zum Jahre 2006 auf eine Nettoneuverschuldung von Null kommen. Ich bin mir sicher, dass trotz dieser ungemütlichen Entscheidungen die Wähler sagen werden: Es ist verantwortungsvoll, diese Entscheidung jetzt zu treffen. Deshalb ist der Konsolidierungskurs des Bundesfinanzministers vollständig richtig. ({4}) Herr Austermann, ich kann nichts dafür, dass Sie in Schlewig-Holstein nichts geworden sind. Das ändert nichts daran, dass Sie bei uns Hospitant werden. Sie sind ein kluger und interessanter Mann. Das ist keine Frage. Seien Sie doch einmal fair, Herr Austermann - wir beide sitzen zusammen im Verwaltungsrat der Deutschen Ausgleichsbank -: Sie wissen genauso gut wie ich - wir können das den Kollegen ja zusammen mitteilen -, was sich im Augenblick im Bereich der Existenzgründer und des Venture Capital abspielt, ist unglaublich positiv für unser Land. ({5}) - Ja, das ist sowieso ein ganz kluger Kopf. Karl Diller könnte ohne ihn im Haushaltsausschuss gar nicht auskommen. Das ist gar keine Frage. Ich lese Ihnen einmal vor, was der Ifo-Report morgen als neueste Umfrage vorlegen wird: Von den großen Industriebereichen verzeichnen in erster Linie die Investitionsgüterhersteller, die sowohl von der lebhaften Weltkonjunktur als auch von der regen inländischen Investitionstätigkeit profitieren, die deutlichsten Verbesserungen. Das ist der Punkt, um den es geht: Sie - obwohl Sie eigentlich keine Etatisten sein wollen - konzentrieren sich auf einen Haushalt; gleichzeitig schreitet die konjunkturelle Entwicklung voran, die Investitionsneigung nimmt zu und die Mittelständler investieren. Dabei sagen wir ganz im Sinne einer sinnvollen Philosophie: Es muss nicht alles vom Staat ausgehen, vielmehr müssen die Rahmenbedingungen so sein, dass die Investitionskonjunktur in Gang kommt; und sie kommt in Gang. Deshalb ist es in Ordnung, dass man diesen Spagat macht, nämlich den Haushalt zu konsolidieren, die Steuern zu senken und trotzdem Mittel für Investitionen in Zukunftsbereiche vor allem Forschung und Technologie, die uns besonders wichtig sind - zu mobilisieren. Zu dem Bereich Forschung und Technologie möchte ich noch etwas sagen: Wir haben genau aus dem Grund, weil Sie den Forschungs- und Technologieetat um real 30 Prozent gekürzt haben, während andere Länder aufgeholt haben, entschieden, jedes Jahr eine Innovationsmilliarde draufzulegen. ({6}) - Herr Kampeter, Sie haben eine sehr laute Rede gehalten, aber Sie waren nicht überzeugend. ({7}) Das war nett gemeint, aber es ist wahr: sehr laut, aber nicht überzeugend. Ich erläutere Ihnen das noch einmal anhand der Zahlen. Wir setzen die Innovationsmilliarde - Sie können uns dabei helfen - in wichtigen Hochschulbereichen ein. Frau Bulmahn - Herr Austermann weiß dies auf jeden Fall - arbeitet jetzt die Warteschleifen bei Hochschulprogrammen der Fachhochschulen, Universitäten und Hochschulen ab, da in diesem Bereich über Jahre nichts passiert ist. Wir sind jetzt dabei zu investieren, und zwar massiv zu investieren. ({8}) Ich finde es richtig, gerade jetzt, wenn man weiß, dass wir bei Informatiklehrstühlen eine zehnfache Überzeichnung - das gibt es ja nicht nur an der Börse - von Studenten haben, die keine Studienplätze finden. ({9}) - Jetzt hören Sie doch auf mit dieser alten Geschichte! Erwin Teufel hat 1996 und 1997 in Karlsruhe an der besten Informatik-Universität, die wir in Deutschland haben, die Mittel gekürzt. ({10}) - Erkundigen Sie sich erst einmal genau nach dem Sachverhalt! Das ist immer ganz hilfreich. Jetzt sage ich Ihnen noch einmal: Wir engagieren uns besonders stark bei Forschung, Entwicklung und Innovation im Mittelstandsbereich. Wir werden die Mittel für Forschung, Entwicklung und Technologie im KMU-Bereich von 849 Millionen DM im Jahr 2000 auf 1 Milliarde DM im Jahr 2004 erhöhen. Das ist eine ganze Menge angesichts der Tatsache, dass wir ansonsten sparen. Das ist eine gezielte Investitionsförderung in ganz gezielten Bereichen. Ich lese es Ihnen noch einmal vor: Erhöhung des Beteiligungskapitals Technologieunternehmen in unserem Haus von 60 Millionen DM im Jahr 2000 auf 145 Millionen DM im Jahr 2004. Im Multimediasektor - ganz wichtig - erhöhen wir von 47 Millionen DM im Jahr 2000 auf 70 Millionen DM im Jahr 2004. Bei Forschungskooperation, Innovationskompetenz - Herr Wagner hat darauf hingewiesen - steigern wir von 262 Millionen DM auf 300 Millionen DM im Jahr 2004. Wir reden nicht nur über Investitionen, wir reden nicht nur über Forschung und Technologie, ({11}) sondern wir machen große Anstrengungen. Herr Kampeter, wenn Sie uns dabei helfen wollen, sind wir Ihnen ja dankbar dafür. Wir brauchen natürlich immer Unterstützung. Ich habe mir die Zahlen gerade geben lassen und sage jetzt noch eines. Ihr Einzelplan 30 sah folgende Entwicklungskurve vor: Im Jahr 2000 hatten Sie für den Einzelplan 30, Forschung und Bildung, einen Anteil am Gesamthaushalt von 3,10 Prozent vorgesehen und Sie wollten auf 2,97 Prozent im Jahr 2002 heruntergehen. ({12}) Wir gehen von 3,05 Prozent auf 3,28 Prozent hoch und stärken enorm das, was in Forschung und Bildung notwendig ist. ({13}) Ich will Ihnen noch eines sagen: Wir versteigern jetzt die UMTS-Lizenzen. Herr Rexrodt weiß, wovon ich rede. Ich will ich gar nicht darüber reden, welche Diskussion wir darüber hatten - Sie selber gehörten nicht dazu -, ob wir überhaupt versteigern sollten. ({14}) - Ich rede jetzt nicht vom Auktionator. - Es gab viele, die gesagt haben, Lizenzen könne man auch so vergeben. Wir haben schon damals gesagt: Guckt euch mal an, wie die das in Amerika gemacht haben! In Chicago und Los Angeles hat man schon auf regionaler Ebene versteigert, also lasst uns das auch machen. Ich will nicht über 120 Milliarden DM reden. Das sind Fantasiezahlen, die nicht realistisch sind. Aber der Bundesfinanzminister hat jetzt 20 Milliarden DM in den Haushalt eingestellt und ganz getreu seiner Linie gesagt: Die werden systematisch zur Schuldentilgung verwendet. Aber von den frei werdenden Zinsmitteln in Höhe von 1 Milliarde DM nimmt er 500 Millionen DM für Verkehr und 500 Millionen DM für Forschung und Technologie. Das ist genau die Linie, um die es geht. Ich finde, meine Damen und Herren, Sie sollten diese Linie unterstützen. Dann wird der Aufschwung sich verstetigen und dann wird Deutschland eine positive Entwicklung nehmen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. ({15})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Für die CDU/CSUFraktion spricht jetzt der Kollege Hans Jochen Henke.

Hans Jochen Henke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003146, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Auf die Ausführungen von Herrn Staatssekretär Mosdorf entgegne ich mit einer Fragestellung. Die Verabschiedung des Haushaltsentwurfs 2001 erfolgte zu Beginn der Fußball-Europameisterschaft. Was haben Deutschland und Italien gemeinsam, Herr Mosdorf? Bei der Fußball-Europameisterschaft nicht so viel - die Italiener sind nämlich noch drin, wir sind draußen -, aber bei der Wirtschafts- und Strukturpolitik haben wir, denke ich, sehr viel gemeinsam. Da sind wir beide nämlich auf den hintersten Plätzen. ({0}) Ich meine, dass diese regierungs- und koalitionsamtliche Freude darüber, dass es derzeit konjunkturell aufwärts geht, eigentlich stark gedämpft werden müsste, wenn Sie intensiv darüber nachdenken würden, welche strukturpolitischen Maßnahmen Sie ergreifen müssten, um tatsächlich originär, und zwar bei uns zu Hause, Wachstumsimpulse zu generieren. Das schlägt sich durchaus in den Daten und in der Konzeption des Haushalts 2001 nieder. An zwei Stellen ist er bemerkenswert: Erstens. Der Haushaltsentwurf ist rechtzeitig verabschiedet worden. Zweitens. Sie haben in der Tat - das bestreiten wir gar nicht - Sparziele verfolgt, die ihren Niederschlag im Entwurf gefunden haben. Nur, Herr Mosdorf und Herr Diller, ich sage Ihnen: Das hätten wir unter den jetzt bestehenden Rahmenbedingungen auch geschafft. Wahrscheinlich wären wir sogar hier und in anderen Bereichen sehr viel weiter als Sie. ({1}) Nur, das Problem liegt ganz woanders: ({2}) Ihre Politik ist von den Rahmenbedingungen her, die Sie setzen, überhaupt nicht kalkulierbar. Die Unternehmen und insbesondere der Mittelstand, um dessen Interessen im Zusammenhang mit den daraus resultierenden Arbeitsplätzen es in der heutigen Debatte vorrangig geht, haben - Gott sei es geklagt - nicht nur mit den Risiken des Marktes, sondern in den letzten beiden Jahren in zunehmendem Maße - das ist an zahllosen Beispielen ablesbar - auch mit dem wirtschafts-, sozial- und finanzpolitischen Zickzackkurs dieser Regierung zu kämpfen. ({3}) Wenn ich mir den Haushaltsentwurf 2001 anschaue und ihn an dem messe, was Finanzminister Eichel ständig erklärt, nämlich dass er in Einklang mit den Steuerreformzielen umgesetzt werden solle, dann muss ich feststellen, dass er und die mittelfristige Finanzplanung eine völlig andere Sprache sprechen. 75 Milliarden DM an Entlastungen sind bis 2005 in Aussicht gestellt. Wenn Sie sich im Haushaltsentwurf 2001 die mittelfristige Finanzplanung für die Steuereinnahmeentwicklung anschauen, dann werden Sie eine erstaunliche Entdeckung machen: Sage und schreibe 160 Milliarden DM Mehreinnahmen unter Berücksichtigung der 75 Milliarden DM an so genannten Steuervergünstigungen - werden im Jahre 2005 zu gewärtigen sein. Da kann von Entlastung keine Rede sein. Für Freude ist nach meiner Meinung überhaupt kein Platz. Diejenigen, die Verantwortung tragen, sollten darüber nachdenken, wie sie mit der steuer- und strukturpolitischen Kritik solide und seriös umgehen, die von 68 Wissenschaftlern - leider Gottes etwas spät; aber in der Sache umso mehr berechtigt - geübt worden ist. ({4}) Wenn der Bundesfinanzminister auf der gestrigen Veranstaltung des BDI erklärt, es gehe im Wesentlichen darum, die nächste Generation vor einer Schuldenfalle zu bewahren, dann meine ich: Darüber sind wir längst hinaus. Die Weichen - das ist wiederholt ausgeführt worden - haben wir rechtzeitig gestellt. ({5}) Es geht um etwas anderes. Es geht darum, die nächste Generation, die Wirtschaft und vor allen Dingen den Mittelstand vor Fallen zu bewahren, die Sie, der Bundesfinanzminister und sein Vorgänger Lafontaine gestellt haben, dessen falsche Weichenstellungen Sie beibehalten haben. ({6}) Der Haushalt 2001, werte Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, trägt nach wie vor sehr viel mehr die Handschrift von Oskar Lafontaine, als Ihnen lieb ist. Seine Weichenstellungen finden nach wie vor in allen Bereichen, vor allem im konsumtiven Bereich, ihren nachhaltigen Niederschlag. Weder der Finanzminister noch der Wirtschaftsminister und auch nicht die Koalition hat es geschafft, die Weichen in wesentlichen Bereichen anders und neu zu stellen. Wo sind denn die bemerkenswerten Veränderungen im Bundeshaushalt, die Ihre Regierung angeblich durchgesetzt hat? Wo haben Sie denn wirklich strukturelle Veränderungen herbeigeführt? Die Ausgaben für Investitionen waren nie so niedrig wie heute. Die Zuschüsse an die Sozialversicherungen waren nie so hoch wie heute. Die Zahl der Steuern wurde durch die ungerechte Ökosteuer erhöht, die sich heute immer mehr als falsch und überflüssig erweist. Was ist mit Ihrem feierlichen Versprechen, die zweite Stufe der Ökosteuer erst bei entsprechendem Mitziehen der europäischen Partner im Interesse der Unternehmen und der Steuerzahler umzusetzen? Aus diesem Versprechen ist nichts geworden.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Henke, kommen Sie bitte zum Schluss!

Hans Jochen Henke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003146, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Erlauben Sie mir eine letzte Anmerkung: ({0}) Der Kollege Kampeter hat meinen Namensvetter, Hans Eichel, als „Hans im Glück“ bezeichnet. Am Anfang wurde Hans Eichel „Der blanke Hans“ genannt; jetzt ist er der „Hans im Glück“. Mir fällt ein Vergleich ein, der heute wahrscheinlich sehr viel besser passt, nämlich der Vergleich mit Hänsel und Gretel.

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Herr Kollege Henke, zum Märchenerzählen fehlt jetzt wirklich die Zeit; wir sind in einer Aktuellen Stunde.

Hans Jochen Henke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003146, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Er ist relativ gut genährt und hält ein dünnes Hölzchen heraus, um der rot-grünen Koalition vorzumachen, wie vermeintlich schlecht es ihm geht. Ihm geht es besser, als Sie denken und als er Ihnen glauben machen möchte. ({0})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Letzter Redner in der Aktuellen Stunde ist der Kollege Christian Lange, SPDFraktion.

Christian Lange (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003168, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen von der Opposition, wir sind im Herbst 1998 mit der Vorgabe angetreten, uns daran messen zu lassen, ob wir die Arbeitslosigkeit senken oder nicht. Schauen Sie sich bitte einmal die Tatsachen an: Die Arbeitslosenquote lag im Oktober 1998 - es geht um die Bilanz am Ende Ihrer Regierungszeit - bei 11,2 Prozent; im Mai 2000 lag sie bei 9,3 Prozent. Ist das nicht ein Erfolg? ({0}) Es wäre doch einmal ein Grund, der Bundesregierung zu gratulieren. Die Jugendarbeitslosigkeit lag im Oktober 1998 bei 10,8 Prozent und im Mai 2000 bei 8,3 Prozent. Das sind die Messwerte, die uns interessieren. ({1}) Bei den Haushaltsberatungen wurde der Schwerpunkt auf die Förderung der Erneuerungsfähigkeit der Wirtschaft gelegt. Sie haben es gehört: Ziel ist es, durch Innovationen und Existenzgründungen die Arbeitslosigkeit weiter zu senken. Frau Kollegin Hoffmann hat auf die 115 000 neuen Stellen hingewiesen. Die „Financial Times“ sprach sogar von 155 000 neuen Arbeitsplätzen. Auch das ist doch einmal ein Grund zur Freude. Man könnte doch einmal sagen: Herzlichen Glückwunsch, liebe Bundesregierung! ({2}) Gleichzeitig sind wir dabei, den Haushalt zu sanieren. Wir haben vor, im Jahre 2006 keine Nettoneuverschuldung mehr vorzunehmen. 1,5 Billionen DM Schulden heißt: Mehr als 150 000 DM Zinsen pro Minute. Ich habe einmal nachgerechnet: Während dieser segensreichen Aktuellen Stunde gibt die Bundesrepublik Deutschland sage und schreibe 9 Millionen DM an Zinsen aus. Damit ist noch keine einzige müde Mark an Tilgung gezahlt. Das ist das Ergebnis Ihrer Politik. Es wurde Zeit, dass wir diesen Schutt aufräumen. Dabei sind wir auf einem guten Weg. ({3}) Hinzu kommt, dass wir einen kräftigen Aufschwung haben. Herr Staatssekretär hat darauf hingewiesen: ({4}) Die Prognosen - sie sind so günstig wie schon lange nicht mehr - liegen bei 2,8 bis 3 Prozent. Ganz erfreulich ist dabei, dass auch die Binnenkonjunktur anzieht. Davon profitiert besonders das Handwerk. Lassen Sie uns an dieser Stelle einen tieferen Blick in den Bundeshaushalt werfen, zum Beispiel in den Haushalt des Bundeswirtschaftsministeriums - Herr Kollege Henke, Sie haben die Rahmenbedingungen angesprochen -, etwa in den Bereich kleinerer und mittlerer Unternehmen. Bei der Förderung von Lehrgängen und bei der überbetrieblichen beruflichen Bildung im Handwerk kann von Kürzungen keine Rede sein. ({5}) Sie können nicht davon sprechen, dass bei der Innovationsförderung Investitionen zurückgefahren wurden. ({6}) Innovationsförderung als Schwerpunkt der Fördermaßnahmen begründet sogar die Erhöhung von Investitionen für den Ausbau und die Ausrüstung der Technologietransferstellen. Der Haushaltsplan gibt für das Jahr 2000 8,7 Millionen DM und für das Jahr 2001 10,5 Millionen DM an. Diese Investitionen kommen den kleinen und mittleren Unternehmen ganz besonders zugute. Ich bitte zu beachten, dass die Mittel für die Beratungsförderung im Handwerk, einem ganz wichtigen Bereich - wir wollen ja Existenzgründungen fördern -, die bisher auf verschiedene Titel verteilt waren, ebenfalls nicht gekürzt - davon kann überhaupt keine Rede sein -, sondern weiterhin massiv gefördert werden. Das ist gut so; denn davon werden Existenzgründer in großem Umfang profitieren. Die Mittel für Bildung und Forschung steigen - das ist erwähnt worden - um 5,4 Prozent. Davon werden nicht nur die Studierenden durch etwas mehr BAföG, sondern indirekt auch die Bezieher von Meister-BAföG profitieren. Dasselbe gilt also auch für den gewerblichen Bereich, dass sich die Erhöhung des Darlehens und der Zuschüsse entsprechend auswirken wird. Es ist doch ein Grund zur Freude, dass wir für die Studierenden und die gewerbliche Wirtschaft etwas tun. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie dazu einmal etwas Positives sagen. Das hätte zur Wahrheit gehört. ({7}) Ich habe noch überhaupt kein Wort zur Steuerreform gesagt. ({8}) Die Bilanz zeigt, dass die Steuerreform in großem Umfang gerade kleine und mittlere Unternehmen entlastet. Von 2001 bis 2005 liegt die Gesamtentlastung bei 44,9 Millionen DM. ({9}) Das macht für die Privathaushalte eine Entlastung von 23,3 Milliarden DM, für den Mittelstand von 14,8 Milliarden DM und für die Großunternehmen von 6,8 Milliarden DM aus. Das Jahr 2001 wird für Familien, aber auch für kleine und mittlere Unternehmen die größte Nettoentlastung in der Geschichte der Bundesrepublik bedeuten. Das ist ein Grund zur Freude, meine Damen und Herren. ({10}) Da sollten Sie doch einmal applaudieren und sollten das nicht am laufenden Band mies machen. Wenn ich mir dann noch die Gesamtbilanz anschaue, 76 Milliarden DM Entlastung von 1999, Antritt dieser Bundesregierung, bis 2005, davon allein 20,8 Milliarden DM für den Mittelstand, dann komme ich zu dem Ergebnis, dass der Mittelstand in der Tat der Schrittmacher der Konjunktur in unserem Lande ist. Das wird auch so bleiben, und zwar wegen der erfolgreichen Haushalts-, Steuer- und Wirtschaftspolitik dieser Bundesregierung. Herzlichen Dank. ({11})

Petra Bläss-Rafajlovski (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000189

Die Aktuelle Stunde ist beendet. Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestags auf morgen, Donnerstag, den 29. Juni 2000, 9 Uhr, ein. Die Sitzung ist geschlossen.