Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sitzung ist eröffnet.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die Tagesordnung um einen Antrag der Gruppe der PDS „Kein Einsatz der Bundeswehr in Ostslawonien" auf Drucksache 13/3693 erweitert werden, der zusammen mit dem Antrag der Bundesregierung an die zuständigen Ausschüsse überwiesen werden soll. Sind Sie damit einverstanden? - Dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 und den soeben aufgesetzten Zusatzpunkt 1 auf:
1. Beratungs des Antrags der Bundesregierung
Deutsche Beteiligung an der Unterstützung der VN-Übergangsadministration für Ostslawonien ({0}) durch die multinationale Friedenstruppe für Bosnien-Herzegowina ({1})
- Drucksache 13/3708 Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuß ({2}) Verteidigungsausschuß
Rechtsausschuß
ZP1 Beratung des Antrags der Gruppe der PDS
Kein Einsatz der Bundeswehr in Ostslawonien
- Drucksache 13/3693 Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuß ({3}) Rechtsausschuß
Verteidigungsausschuß
Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Wir kommen deshalb gleich zur Überweisung.
Interfraktionell wird die Überweisung des Antrags der Bundesregierung auf Drucksache 13/3708 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Der Antrag der PDS auf Drucksache 13/ 3693 soll an die gleichen Ausschüsse überwiesen
werden. Sind Sie damit einverstanden? - Ich höre keinen Widerspruch. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf: Befragung der Bundesregierung
Die Bundesregierung hat als Themen der heutigen Kabinettsitzung mitgeteilt: erstens „Info 2000" - Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft, zweitens Verringerung und Straffung von Bundesbehörden, drittens Agrarbericht 1996.
Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht hat der Bundesminister für Wirtschaft, Dr. Günter Rexrodt.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Bundeskabinett hat heute den Bericht „Info 2000" beschlossen. Das ist ein Bericht, an dem sehr viele Ressorts mitgearbeitet haben, in den die Empfehlungen des Rates für Forschung, Technologie und Innovation eingegangen sind. Er fußt auf umfangreichen Diskussionen, die wir mit der Wirtschaft und den Gewerkschaften geführt haben. Außerdem hat es eine Vielzahl von europäischen und internationalen Abstimmungen gegeben.
Es ist nicht nur ein Bericht im Sinne einer Bestandsaufnahme, sondern dieser „Bericht" enthält auch ein Aktionsprogramm darüber, was in Deutschland zu leisten ist, um den Weg in die Informationsgesellschaft zu ebnen. Diese Informationsgesellschaft ist deshalb so wichtig, weil von ihr ganz erhebliche Wirkungen auf den Arbeitsmarkt und auf unsere technische Leistungsfähigkeit ausgehen und weil die Informationsgesellschaft insgesamt einen Quantensprung für unsere Gesellschaft bedeuten wird. Die Tatsache, daß Telekommunikation, Computer und die klassischen Unterhaltungsmedien mehr und mehr zusammenwachsen, ein System bilden, wird mannigfache Auswirkungen auf unsere Gesellschaft haben, insbesondere auf den Arbeitsmarkt.
Wir haben uns in diesem Bericht auch mit den möglichen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt auf Grund der Informationsgesellschaft befaßt und sind
zu der Auffassung gelangt, daß zu den 1,4 Millionen Arbeitsplätzen, die es heute in diesem Bereich in Deutschland gibt, unter günstigen Bedingungen bis zum Jahre 2010 noch einmal 1,5 Millionen Arbeitsplätze netto hinzukommen können. Es ist also unter günstigen Bedingungen ein positiver Nettoeffekt zu erwarten.
Diese „günstigen Bedingungen" können wie folgt umschrieben werden: Deutschland muß seine führende Stellung in der Telekommunikation und verwandten Bereichen behalten. Um dies zu leisten - damit möchte ich meinen kurzen Bericht beenden -, sind eine Vielzahl von gesetzlichen und sonstigen Maßnahmen fortzuführen bzw. einzuleiten, nicht nur das Telekommunikationsgesetz und das Multimediagesetz, sondern auch im Bereich von Standardisierung und Normung, von Sicherheitsstandards, von Forschung und Entwicklung und von vielem anderen mehr. Der Bericht enthält eine Übersicht über das, was von der Bundesregierung und anderen an Schularbeiten zu leisten ist.
Vielen Dank, Herr Minister, für die Kürze.
Als erstem Fragesteller erteile ich dem Abgeordneten Wolfgang Thierse das Wort.
Herr Minister, Sie haben gerade die erstaunlich großartige Prognose gewagt, daß bis zum Jahre 2010 1,5 Millionen zusätzlicher Arbeitsplätze entstehen werden. Meine Frage lautet deshalb: Auf welche Faktoren gründet sich eine so grandiose Perspektive? Könnten Sie mitteilen, wie viele Arbeitsplätze andererseits nach Meinung der Bundesregierung durch die Entwicklung zur Informationsgesellschaft verlorengehen?
Herr Minister.
Herr Abgeordneter Thierse, ich habe gesagt, daß das eine Prognose ist, die auf günstigen Rahmenbedingungen basiert.
Sie müssen sehen, daß Arbeitsplätze im Bereich der Produktion der Hardware von Computern, Telekommunikationssystemen und anderem mehr be- und entstehen können. Zu diesem Bereich gehören private und öffentliche Rundfunkanstalten, die Printmedien, die Anbieter von Software und Systemen, die Netzbetreiber dafür, also die Telekom, und auch die Vielzahl der kleinen und mittleren Unternehmen, die in diesen Netzen in Zukunft ihren Service anbieten können.
In der Prognose, die ich vorgetragen habe, entspricht dies einer Gesamtbeschäftigtenzahl in diesem Bereich von rund 3 Millionen im Jahre 2010. Bei jetzt etwa 35 Millionen Beschäftigten in der Bundesrepublik Deutschland ist das kein unrealistischer Anteil. Dabei gehe ich davon aus, Herr Kollege Thierse, daß natürlich eine sehr viel größere Zahl von Menschen mittelbar mit der Telekommunikation und der Informationsverarbeitung zu tun hat. Schon heute sind
50 Prozent aller Beschäftigungsverhältnisse informationsorientiert.
Ein Rückgang an Beschäftigung ist natürlich in den klassischen Bereichen festzustellen. Schauen wir uns die Deutsche Telekom, früher: die Post, an! Hier ist ein ganz erheblicher Rückgang von Beschäftigung auf Grund der Tatsache festzustellen, daß dieses Unternehmen, so sage ich das einmal, anders organisiert und strukturiert ist, daß mehr Technik und Technologie Eingang finden. Es wird also im unmittelbaren Produktionsbereich, in der unmittelbaren Herstellung bestimmter Güter, einen Rückgang von Beschäftigung geben. Durch die Vielzahl der Dienste, der Netze, des Unterhalts und der Exportmöglichkeiten ist aber der von mir soeben genannte Nettoeffekt, der nicht allein unserer Einschätzung entspricht, Herr Abgeordneter Thierse, sondern der auf vielfältigen Untersuchungen und Gutachten unabhängiger Institutionen beruht, nicht unrealistisch. Also, wenn ich in das Jahr 2010 schaue: Daß von etwa 35 Millionen Beschäftigten in der Bundesrepublik Deutschland 10 Prozent in der Informationsgesellschaft arbeiten, ist keine unrealistische Größenordnung.
Herr Abgeordneter Mosdorf.
Herr Minister, ich habe den Bericht gerade erst in die Hände bekommen. Ich habe gesehen, daß in diesem Bericht eine ganze Reihe von Aktionsfeldern benannt worden ist, aber ein Finanzkataster fehlt. Meine Frage an Sie: Wie würden Sie das Finanzvolumen dieses Aktionsprogramms quantifizieren? In welcher Form beabsichtigt die Bundesregierung diese Finanzen in ihre Haushaltsplanung einzubeziehen?
Herr Abgeordneter Mosdorf, wenn Sie sich diesen Aktionskatalog anschauen, werden Sie feststellen, daß, so wichtig er ist, sich die Bundesregierung überwiegend der Aufgabe gegenübersieht, Gesetze zu machen und zu ändern.
Es gibt aber natürlich auch wichtige Aufgaben bei der Finanzierung von Forschung und Entwicklung und der Auflage von Förderprogrammen für kleine und mittlere Unternehmen. Es gibt wichtige finanzrelevante Aufgaben im Bereich des Bildungswesens, so zum Beispiel die Ausstattung der Hochschulen; hier sind die Länder selbstverständlich auch gefordert. Es wird auch etwas kosten, eine Informationsoffensive auf den Weg zu bringen, die die Akzeptanz der Systeme verbessern hilft.
({0})
Alles in allem kann ich Ihnen das hierfür erforderliche Finanzvolumen nicht seriös nennen, weil wir uns in der Frage der finanzrelevanten Aufgaben sicherlich noch zusammensetzen und die Zahlen durchgehen müssen. Nur, Herr Abgeordneter Mosdorf, das ist kein milliardenschweres Programm, das da aufgeBundesminister Dr. Günter Rexrodt
legt wird. Die Aufgaben, die zu erledigen sind, betreffen den Bereich der Verbesserung der Rahmenbedingungen sowie den Bereich der gesetzgeberischen Arbeit und der Informationsarbeit. Das ist allemal zu finanzieren.
Zusatzfrage.
Ich bin überrascht, daß das Kabinett einen Beschluß faßt, ohne mit dem Finanzminister darüber zu reden, wie er finanziert wird.
({0})
- Ja, aber offensichtlich ist nichts quantifiziert worden.
Herr Rexrodt, ich darf an dieser Stelle eine Frage hinzufügen: Wie würden Sie denn im internationalen Vergleich gegenwärtig die Bundesrepublik in einem Ranking positionieren? Wie groß zum Beispiel sind unsere Rückstände auf diesem wichtigen Zukunftssektor im Vergleich zu den USA, Japan und anderen Ländern?
Herr Abgeordneter Mosdorf, zunächst einmal komme ich zur Frage des Geldes. Ich sage noch einmal: Die Masse des Geldes, das hier investiert und in die Reihe gebracht werden muß, kommt aus dem privaten Sektor. Das sind Aufgaben, die eine privatisierte Telekom und neue Anbieter - mittelständische und größere Unternehmen - zu leisten haben. Das erfolgt im Bereich der Produktionsunternehmen oder im Bereich der Unternehmen, die Telearbeitsplätze schaffen werden. Das ist kein milliardenschweres Programm; das ist finanzierbar.
Was Ihre Hauptfrage bezüglich des Rankings der deutschen Industrie bzw. der deutschen Informationsanbieter angeht, glaube ich sagen zu können, ohne den Mund zu voll nehmen zu wollen, daß Deutschland - Gott sei Dank - im Bereich der Informationssysteme und der Telekommunikation ganz eindeutig und klar in die Spitzengruppe gehört, daß wir uns nicht zu verstecken brauchen vor dem, was in Japan und in den USA auf diesem Gebiet existiert. Das gilt sowohl für die Qualität der Netze - die Breitbandauslegung der Netze - als auch für die Qualität unserer Softwaresysteme und für die Qualität unserer Produkte. Die Standards, die wir beispielsweise im Mobilfunk gesetzt haben, werden weltweit übernommen.
Wir müssen alles daransetzen, um die Vorsprünge, das hohe Niveau, das wir - überall auch anerkannt - haben, zu halten. Hier besteht also nur in wenigen Punkten und Positionen ein Nachholbedarf. Insgesamt zählt Deutschland im Bereich der Telekommunikation zur Spitzengruppe in der Welt.
Herr Abgeordneter Mayer.
Herr Minister, teilen Sie die Auffassung, daß, wie das Beispiel USA zeigt, die Arbeitsplätze, von denen Sie gerade gesprochen haben, auch in Deutschland von privaten Unternehmen geschaffen werden müssen und daß es die Aufgabe des Staates ist, die Rahmenbedingungen so zu setzen, daß diese privaten Unternehmen - es wird sich zu einem beachtlichen Teil um Neugründungen handeln - ermutigt und nicht durch neue staatliche Vorschriften begrenzt werden? Teilen Sie die Auffassung, daß die Schaffung der Arbeitsplätze auch davon abhängt, wie die Akzeptanz der neuen Informations- und Kommunikationstechniken in der Bevölkerung ist? Meinen Sie nicht auch, daß es dafür natürlich eine Rolle spielt, wie von der Politik insgesamt, aber auch von allen gesellschaftlichen Gruppen die Chancen der neuen Informations- und Kommunikationstechniken bewertet werden?
Herr Minister.
Herr Abgeordneter Mayer, ich teile voll Ihre Auffassung, daß es primäre Aufgabe des Staates ist, die Rahmenbedingungen zu schaffen. Die müssen dann aber auch funktionieren. Wenn die Rahmenbedingungen unzulänglich sind, wenn Gesetze behindern oder nicht richtig ausgelegt sind, dann werden wir - der Abgeordnete Mosdorf hat soeben in diese Richtung gefragt - unsere Position weltweit nicht halten können.
Ich glaube aber, daß sich das Telekommunikationsgesetz, das wir gemacht haben, sehen lassen kann. Nunmehr kommt es darauf an, ein weiteres wesentliches Gesetz, das Multimediagesetz, zu machen, um endlich die Reibereien zwischen dem Bund und den Ländern hinsichtlich der Ordnung des Rundfunkwesens und der Zuständigkeiten für das Rundfunkwesen in den Griff zu bekommen. Bislang braucht man, wenn man bestimmte Dienste erbringen will, Lizenzen von 16 Bundesländern. Das kann doch so nicht sein! Ich sage es einmal ein bißchen plastisch: Es kann doch ebenfalls nicht sein, daß das Tele-Shopping, das jetzt kommen wird., unter medienrechtlichen Aspekten genauso behandelt wird wie die „Tagesthemen". Das sind zwei völlig unterschiedliche Dinge. Dafür müssen neue Standards entwickelt werden; ein Multimediagesetz muß das in die Reihe bringen. Wir sprechen darüber mit den Ländern.
Das Geld kommt - ich habe es schon gesagt - ganz überwiegend von neuen Anbietern, auch von der Telekom, auch von denen, die jetzt aller Voraussicht nach aus dem Bereich der Energieunternehmen kommen werden. Hier ist noch ein Problem gegeben. Man kann fragen: Wo kommt denn das Geld her, das die Energieunternehmen in die Hand nehmen? Oberwiegend muß das Geld für Sachinvestitionen, die notwendig sind, zur Verfügung gestellt werden, aber vor allen Dingen auch für die vielen Dienste von den mittleren und kleinen Unternehmen, von denen wir erhebliche Impulse erwarten, was Investitionen angeht, vor allen Dingen aber auch, was die Schaffung von Arbeitsplätzen angeht.
Unsere Aufgabe besteht darin, die Rahmenbedingungen so zu setzen, daß die notwendigen Kontrollmechanismen und Regelwerke da sind, was die Technik, die Sicherheit, den Datenschutz, den Verbraucherschutz, die Neuordnung der Arbeitswelt angeht. Überall da ist Regulierung notwendig. Eine Regulierung muß aber so erfolgen, daß sie den Rahmen abgibt, in den dann die privaten Anbieter einsteigen, in dem diese sich bewegen, Arbeitsplätze schaffen und auch die technische Position halten bzw. ausweiten können, die wir in Deutschland heute schon haben.
Zusatzfrage?
Herr Minister, teilen Sie die Auffassung, daß die Handhabung des Genehmigungsverfahrens für das TeleShopping, für HOT, ein besonders negatives Beispiel dafür ist, wie die Landesmedienanstalten - mit Ausnahme einer einzigen - in Deutschland solche neuen Entwicklungen behindern und damit die Anbieter solcher Dienste veranlassen, ins Ausland zu gehen?
Ich teile die Auffassung. Ich kann diesen Einzelsachverhalt letztlich nicht beurteilen, da mir die Kenntnis aller Details fehlt. Ich kann Ihnen aber glaubhaft versichern, Herr Abgeordneter Mayer, meine Damen und Herren, daß die Klagen von Anbietern neuer Dienste angesichts der Probleme der Bürokratie und auch des Kompetenzdenkens der Landesmedienanstalten in diesem Bereich überhandnehmen. Ich bin fest davon überzeugt, daß viele interessante Entwicklungen schon nicht mehr in Deutschland lizenziert werden und stattfinden, weil die Gesetze so kompliziert sind und weil es diese Rangeleien zwischen Bund und Ländern gibt. Vielmehr geht man in irgendein europäisches Land, gründet in Deutschland eine Niederlassung und bekommt somit die Dinge besser in den Griff, als wenn man das direkt von Deutschland aus versuchte.
({0})
Herr Schily, vor Ihnen sind noch drei andere Kollegen an der Reihe. Nach ihnen sind Sie dran. - Der Abgeordnete Bertl.
Herr Minister, Sie haben eben auf die Bedeutung der Entwicklung von Multimedia auch innerhalb der Europäischen Union abgehoben. In der Europäischen Union wird ja insbesondere in den Bereichen Forschung und Entwicklung, Anwendung und Nutzung im Moment ein Schwerpunkt gesetzt. Auf der anderen Seite ist allerdings ebenfalls bekannt, daß gerade im europäischen Raum eine sehr starke Konzentrationsbewegung in Richtung auf sehr große Unternehmen entstanden bzw. massiv zu erwarten ist. Wie sehen Sie aus Sicht der Bundesregierung im Moment den Stellenwert der Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen in diesem Bereich?
Herr Minister.
Herr Kollege, die Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen hat in diesem Zusammenhang ganz großes Gewicht. Wir stellen ja bewußt - gegen viele Widerstände - auf kleine und mittlere Unternehmen ab. Es gibt ja - ich will das jetzt hier gar nicht verschärfen - viele Stimmen gerade aus Ihrer Partei, die den Zugang gern auf einige Große beschränkt hätten unter der Überschrift „Universaldienstverpflichtung" . Wir stellen auf die kleinen und mittleren Unternehmen ab. Gerade was die Förderung von Forschung und Entwicklung angeht, muß ich sagen, daß es eine Vielzahl bestehender Förderprogramme gibt und daß andere aufgelegt werden sollen. Ich nenne ein paar: Programme für Informationstechnik und Arbeitswelt, Entwicklung der Mikroelektronik, neue Basistechnologien, innovative Anwendungen im Breitbandnetz und anderes mehr. Da stehen Gelder zur Verfügung. Andere Programme kommen hinzu.
Ich will mich - Herr Kollege, wenn ich das darf - sehr differenziert ausdrücken: Ich bin dezidiert der Auffassung, daß die Telekom in Zukunft auch durch große, leistungsfähige Unternehmen mit einer gewissen Kapitalkraft im Hintergrund Konkurrenz erhalten soll. Es können nicht nur kleine und mittlere sein; das ist soweit okay. Aber die Vielfalt, die Kreativität und die Flexibilität kommen von den vielen kleinen und mittleren Unternehmen. Das ist unser Credo; das ist seit vielen Monaten nachzulesen. Deshalb sind auch die Förderprogramme so ausgelegt.
Zusatzfrage.
Ich finde die Antwort sehr interessant, Herr Minister. Ich frage allerdings: Ist Ihr Haus an der Stellungnahme der Bundesregierung im Ministerrat beteiligt gewesen, als es um die Gestaltung des Programms „Info 2000" ging, welches insbesondere auf die Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen abgehoben hat - auch im Bereich der Nutzung des öffentlichen Sektors sowie im Bereich Bildung und Ausbildung? In diesem Zusammenhang hat die Bundesregierung im Ministerrat dafür gesorgt, daß die Mittel dieses Programms um 35 Prozent gekürzt wurden. Das wird von der Bundesregierung gegenüber dem Ministerrat begrüßt und steht eigentlich im Widerspruch zu Ihrer nunmehr formulierten Position, ein pluralistisches Angebot im Bereich der Medien zu bekommen.
Auch im Bereich der Multimediaanwendung und der Informationsdienste ist das eine Situation, die gerade den Bereich der Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen betrifft, die ein Stück Innovationsschub sowie auch Akzeptanz auf der Nutzerseite benötigen. Insofern sehe ich in diesem Zusammenhang einen Widerspruch zu der Position, die Sie eben vertreten haben.
Herr Minister.
Herr Kollege, es ist schon richtig: Es scheint ein Widerspruch zu sein. Aber ich darf mit Blick auf den geschätzten Kollegen Waigel sagen: Wenn es um europäische Programme geht, haben wir natürlich auch unsere Grenzen, auch dort, wo es nicht um Mikroelektronik und Telekommunikation geht. Die Bundesregierung, die an jedem neuen europäischen Förderprogramm mit 30 Prozent beteiligt ist, muß sich da ein Stück Zurückhaltung vor dem Hintergrund auferlegen, daß andernfalls wichtige Aufgaben im Inland und in Europa nicht erledigt werden können. Ich sage das nicht, um eine Nebelbombe zu werfen. Das ist nachweisbar, erkennbar und auch im Bericht enthalten.
Unsere Philosophie ist - das schließt Geld und Förderung mit ein - darauf gerichtet, gerade mittleren und kleinen Unternehmen eine Chance zu geben, einen Markt entstehen zu lassen und nicht aus einem Monopol, das wir bisher hatten und das im Grunde noch existiert, ein Oligopol von einigen wenigen großen Unternehmen werden zu lassen; denn damit würde gar nichts gewonnen werden. Es müssen kleine und mittlere auf den Markt. Dazu muß man sie fördern, wozu wir fest entschlossen sind.
Danke. Frau Abgeordnete Bulmahn.
Herr Minister, Sie haben in Ihrem Entwurf zu „Info 2000 - Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft" meines Erachtens zu Recht darauf hingewiesen, welch immense Bedeutung die Frage der rechtlichen Rahmengestaltung für die Art und Weise hat, in der die Nutzungsmöglichkeiten dieser Technologien tatsächlich zur Anwendung gelangen können.
Ich muß allerdings feststellen, daß in Ihren bisherigen Überlegungen meines Erachtens sowohl die Dringlichkeit der Regelungen, der Neuregelung dieser rechtlichen Rahmenbedingungen völlig unterschätzt wird als auch die tatsächliche Breite der Veränderungsmöglichkeiten. Ich stelle fest, daß zum Beispiel bei der Frage der Neuregelung des Verbraucherschutzes, die eine ganz wesentliche Bedeutung dafür spielen wird, ob die Nutzerinnen und Nutzer diese Technologien in ihrer ganzen Breite auch tatsächlich anwenden, nur sehr unzureichende Vorstellungen vorhanden sind.
Das gleiche trifft für den Kundenschutz zu.
Bei der Frage des Datenschutzes gibt es etwas konkretere Zielvorstellungen. Da fehlt mir allerdings die Frage des Zeitrasters, also wann wir mit diesen Veränderungen tatsächlich rechnen können.
Auch bei der Frage der Sicherheit informationstechnischer Systeme - bei allen Experten ist unbestritten, daß sie eine ganz wichtige Rolle für die Akzeptanz und Nutzung dieser Technologien spielt -muß ich feststellen, daß es an Präzisierung der genauen Vorstellungen fehlt.
Es fehlt vor allen Dingen aber an der Festsetzung eines zeitlichen Rahmens. Ich möchte deshalb noch einmal dringend nachfragen: Welche zeitlichen Vorstellungen haben Sie? Wir würden nämlich wirklich wichtige Chancen vertun, wenn die Regelung der rechtlichen Rahmenbedingungen noch zwei, drei Jahre in Anspruch nimmt. Die Techniken erfahren zur Zeit einen großen Aufschwung, es gibt schon Anwendungen.
Frau Bulmahn, stellen Sie die Frage, keine Kurzintervention!
Von daher möchte ich von Ihnen gerne einen Zeitplan hören, bezogen auf die konkreten Punkte Datenschutz, Arbeitsrecht, Verbraucherschutz, Jugendschutz, Schutz des geistigen Eigentums, Sicherheit informationstechnischer Systeme. Wann beabsichtigt die Bundesregierung die konkreten Änderungsvorschläge vorzulegen?
Herr Minister.
Frau Kollegin, Sie haben vollkommen recht: Wir müssen schnell machen. Wir machen aber schon schnell. Man kann natürlich immer fordern, daß es schneller und besser gehen soll. Das ist ganz klar.
({0})
Die Problematik des Verbraucherschutzes soll in einer Arbeitsgruppe behandelt werden. Diese werden wir Anfang 1996, also in diesen Wochen, einsetzen. Wir erwarten erste Ergebnisse noch in diesem Jahr.
In bezug auf die Sicherheitstechnik müssen eine Vielzahl von Regelungswerken angegangen werden. Sie haben sie ja mit großer Geschwindigkeit aufgezählt. Ich kann Ihnen nur sagen: Die technischen Schutzmaßnahmen zur Gewährleistung der Telekommunikation wollen wir 1996 formulieren. Das digitale Signaturverfahren - Sie werden, wenn Sie mit diesen Dingen vertraut sind, wissen, daß dies ein ganz wichtiges Thema ist - soll unter der Federführung des BMJ ebenfalls 1996 angegangen werden, genauso wie die Verbesserung und Verbreitung der Verfahren zur sicheren Identifizierung und Authentisierung.
Ich bin jetzt überfragt, wenn Sie von mir einen Zeitplan für die einzelnen von Ihnen angesprochenen Projekte hören wollen. Wir wissen aber sehr wohl, daß hier schnell gehandelt werden muß. Wenn wir nicht schnell handeln, werden die anderen besser und schneller sein als wir. Die wichtigsten Rahmenbedingungen werden geschaffen. Gerade das Telekommunikationsgesetz, die Förderung von Forschung und Entwicklung sowie die Definition der Normen und Standards sind auf einem guten Wege und haben einen höheren Reifegrad als in anderen Ländern.
Ich greife die Intention Ihrer Frage gerne auf: Wir werden uns beeilen. Da wird nichts verzögert oder auf die lange Bank geschoben. Wir haben unter Einbeziehung der Wirtschaft und der Gewerkschaften einen Stand erreicht, der nirgendwo in Europa vorhanden ist. Nirgendwo in Europa - wenn auch außerhalb Europas sehr wohl - ist man bisher so weit vorangekommen wie wir.
Ich kann Ihre Zusatzfrage, Frau Bulmahn, nicht mehr berücksichtigen, weil es gleich halb zwei ist und noch zwei Fragesteller auf der Liste stehen.
({0}) - Eine kurze Zusatzf rage.
Herr Rexrodt, Sie stimmen sicherlich mit mir darin überein, daß man sich nicht immer an dem Langsamsten orientieren soll, sondern besser an dem Schnellsten. Die USA sind uns doch in einer Reihe von Punkten voraus.
Ich habe eine Zusatzfrage bezüglich der Normen und Standards. Obwohl wir in der Bundesrepublik Deutschland sehr negative Erfahrungen mit dem hochauflösenden Fernsehen - Stichwort HDTV - gemacht haben und die deutschen Unternehmen auf Grund der Unfähigkeit der Europäischen Union, sich auf einen Standard zu verständigen, Marktchancen vergeben haben, heißt es in dieser Vorlage: Die Bundesregierung ist bereit, diesen Prozeß zu flankieren. Sie ist bereit, sich an der Festlegung von Prioritäten und der Entwicklung von Standards und Normen zu beteiligen. ({0})
Ich wünschte mir von Ihrer Seite doch etwas konkretere Angaben. Ich weiß sehr wohl, daß die Normen und Standards von privaten Organisationen festgelegt werden. Da wir aber internationale Regelungen benötigen, deutsche Regelungen alleine nicht ausreichend sind, ist es ganz wesentlich, daß die Politik die treibende Kraft ist.
Ich hätte gerne von Ihnen gewußt, ob Sie zum Beispiel im Rahmen der WTO-Verträge darauf drängen, solche Standards zu etablieren. Es gibt zwar inzwischen Standards bei der Hardware, aber es besteht ein großes Defizit hinsichtlich der dringend nötigen Standards bei der Software-Entwicklung.
({1})
Haben Sie die Frage verstanden?
Frau Kollegin, wir waren diejenigen, die bei den GATT-Verhandlungen die Maßstäbe gesetzt haben.
({0})
1994 in Brüssel hat die deutsche Seite die Dinge vorangebracht.
Im Bereich der WTO hat das nicht die erste Priorität, sondern wir müssen im Rahmen des WTO-Prozesses dafür sorgen, daß die noch nicht geregelten Punkte, die „left overs", wie sie so schön heißen, aus der GATT-Runde - dazu gehört auch die Regelung der Mediensysteme - erledigt werden. Dabei ist Deutschland ganz vorn. In diesem Prozeß bremst Frankreich in einer Kontrahaltung - wenn ich das so sagen darf - gegenüber den Vereinigten Staaten. Damit sind wir laufend beschäftigt.
Aber die eigentlich wichtigen Institutionen bei Normen und Standards sind die technischen Institutionen. Das sind das DIN und die internationalen Normungsinstitutionen, bei denen die Deutschen - ich kann Ihnen das nicht im Detail sagen - in den wichtigsten Gremien den Vorsitz haben oder zumindest in den Führungsgremien vertreten sind.
Was den Mobilfunk angeht, haben die Deutschen mit ihrem Standard weltweit Maßstäbe gesetzt. Unser technischer Standard wird in Asien und Lateinamerika, leider nicht in den USA übernommen. Wir tun alles, was wir tun können. Gerade bei den Normen und Standards sind die Deutschen in der Welt führend.
Ich kann die Skepsis, die Sie erkennen lassen, zwar gern mitnehmen und aufgreifen, aber ich halte sie gerade in diesem Bereich für nicht berechtigt.
({1})
Herr Abgeordneter Tauss.
Herr Minister, der Bericht geht berechtigt davon aus, daß wir ein Zusammenwachsen von Telekommunikation und Computern und Verknüpfungen internationaler Datennetze erleben. Wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang bei dem hier im Hause, so glaube ich, sicher unumstrittenen notwendigen Kampf gegen Kinderpornographie und Nazipropaganda die Durchsuchungen von Internetverwaltern durch Staatsanwaltschaften in verschiedenen Bundesländern? Wie beurteilen Sie es, wenn dort geprüft wird, inwieweit schon die Schaffung von Zugängen zum Internet strafbar sein kann?
Wie wollen Sie möglichst rasch die im Sinne der Strafverfolgung und für die Internetverwalter notwendige Rechtssicherheit herstellen? Das, was im Moment geschieht, ist zum Schaden des Standortes Deutschland, schädigt unser Ansehen und kommt dem Ziel der Verfolgung von Kinderpornographie und Nazipropaganda im Netz nicht näher.
({0})
Herr Kollege, Sie haben vollkommen recht. Das Problem liegt aber gerade im Internet. Wenn wir diese Dinge in Deutschland verbieten, dann wird ein solcher zweifelhafter Anbieter seine Dienste aus irgendBundesminister Dr. Günter Rexrodt
einem anderen Land erbringen. Bei Zigtausenden von Anschlüssen und Zugängen bekommen Sie das technisch nicht in den Griff.
({0})
Deshalb gibt es gar keine andere Wahl, als daß wir internationale Regelungen herbeiführen müssen. Das ist nicht einfach; denn Faktum ist, daß wir gerade deshalb, weil wir Durchsuchungen vorgenommen haben, weil wir entsprechende Verbote ausgesprochen haben, in Amerika zumindest zum Teil diskriminiert werden. Dort wird das damit in Verbindung gebracht, daß die Deutschen es mit der Meinungsfreiheit nicht so ernst nehmen und daß von deutscher Regierungsseite Einfluß auf das Angebot von Informationen und Daten genommen wird.
Wir können diese Dinge nur dann in den Griff bekommen, wenn wir zu internationalen Abkommen und internationalen Regelwerken kommen. Dabei ist die deutsche Seite wiederum diejenige, die am meisten drängt und drückt. Die Deutschen sind diejenigen, die bisher am meisten auf nationaler Ebene getan haben, um bestimmte Informationen nicht zugänglich zu machen bzw. unter Strafe zu stellen.
({1})
Zusatzfrage.
Mich würde interessieren, wo diese Initiativen erfolgen und welche Fortschritte Sie gemacht haben bzw. bei welchen internationalen Organisationen diese Bemühungen erfolgen.
Ein ganz wesentlicher und wichtiger Punkt sind die G 7. Wir sprechen bilateral mit den Amerikanern und den Franzosen.
Herr Kollege, ich bitte um Nachsicht, vielleicht gibt es noch andere Aktivitäten. Ich kann das im Moment nicht sagen. Ich weiß nur, die G 7 stehen im Mittelpunkt. Ich werde Ihnen das nachliefern und gegebenenfalls noch andere Institutionen nennen können.
({0})
Zum Thema Verringerung und Straffung von Bundesbehörden stellt der Abgeordnete Schily eine Frage, die zugleich die letzte ist.
Herr Bundesminister Waigel, Sie haben heute Vorschläge zur Verringerung und Straffung von Bundesbehörden vorgestellt. Meine Frage ist, ob die dringend notwendige Modernisierung und Effizienzsteigerung in der Bundesverwaltung zukünftig in die Ressortzuständigkeit des Bundesfinanzministeriums gehört und ob diese Fragen nur unter fiskalischen Vorzeichen entschieden werden oder ob auch Bundesinnenminister Kanther in irgendeiner Form an diesen Fragen beteiligt wird.
Wer antwortet? - Herr Bundesminister Waigel.
Herr Abgeordneter Schily, ich bin Ihnen dafür dankbar, daß ich auf diese Art und Weise darstellen kann, daß der Bundesinnenminister bereits vor Wochen mit der Reform des öffentlichen Dienstes in Vorlage getreten ist, daß in dem umfangreichen Maßnahmenkatalog enthalten ist, wer wofür zuständig ist, und daß zwar in vielen Bereichen weitgehend die Zuständigkeit des Bundesinnenministers gegeben ist, daß aber bei bestimmten Vorgängen - ich denke an die Bundesvermögensverwaltung; ich denke an Hauptzollämter; ich denke an die Oberfinanzdirektionen - natürlich die Zuständigkeit des Bundesfinanzministers gegeben ist.
({0})
Das Programm entstand in enger Abstimmung. Es wurde jeweils im Einvernehmen mit den zuständigen Ministerien entwickelt. Bei seiner Vorbereitung wurde, obwohl es sich mitunter um schwerwiegende Eingriffe bei den Häusern handelt, Einvernehmen mit allen Häusern erzielt. In den meisten Fragen ist, wie bisher, selbstverständlich der Bundesinnenminister federführend zuständig.
Eine Zusatzfrage, bitte.
In Ihrem Paket sind, soweit ich das heute zu erkennen vermag, auch Stellenstreichungen vorgesehen, bei denen befürchtet wird, daß der Verbraucherschutz beeinträchtigt werden könnte. Könnten Sie dazu eine Auskunft geben?
Das glaube ich nicht, Herr Abgeordneter Schily. Denn eine Effizienzsteigerung, die notwendig ist, eine Verbesserung der Struktur und in manchen Bereichen auch eine Privatisierung und eine Anpassung an gewandelte Verhältnisse - ich denke zum Beispiel an Forschungsinstitutionen auf einigen Gebieten, die die Struktur früherer Jahre widerspiegeln - sind keine Beeinträchtigung, weder eine des Verbraucherschutzes noch eine des Umweltschutzes. Daß wir uns an veränderte Anforderungen anpassen und daß wir uns um moderne Methoden der Datenübermittlung und auch um den Einsatz moderner Methoden in den Ministerien und den nachgeordneten Behörden bemühen, das ist keine Einschränkung, sondern im Gegenteil eine Steigerung der Effizienz. Das findet ja nicht nur im öffentlichen Dienst statt, sondern selbstverständlich auch in anderen Bereichen.
Eine Zusatzfrage der Abgeordneten Deichmann.
Ich habe eine Frage nicht zu diesem Komplex, aber auch zum Thema
„schlanker Staat". Hat die Bundesregierung beschlossen, das Personal im Forschungsbereich des BML im Zeitraum von zehn Jahren um circa 30 Prozent zu reduzieren, und, wenn ja, auf welcher Grundlage hat die Bundesregierung festgestellt, daß diese Kürzung sachgerecht ist, und zwar unter Berücksichtigung der Tatsache, daß der überwiegende Teil der Forschung im Geschäftsbereich des BML dem Allgemeinwohl, insbesondere dem Verbraucher, dient und nicht ausschließlich der Land- und Forstwirtschaft und daß diese Forschung einen wichtigen Beitrag zur Förderung verschiedener Wirtschaftsbereiche - ich nenne nur die mittelständische Ernährungsindustrie - besonders im ländlichen Raum leistet?
Ich erlaube mir noch eine Nebenbemerkung: Wir haben heute um 12 Uhr eine Pressekonferenz des Bundeslandwirtschaftsministers zur Vorstellung des Agrarberichts erwartet. Sie wurde zugunsten einer Pressekonferenz anderer Ressorts abgesagt. Ich denke, der Mensch lebt zwar nicht vom Brot allein, aber in erster Linie vom Brot.
Zunächst wird der Bundeslandwirtschaftsminister in einem Rahmenplan auch die Neuordnung der Bundesforschungsanstalten und deren Konzentration vorstellen. Sie wissen, wir haben im Moment solche Einrichtungen an 55 Standorten. Es gibt zehn Bundesforschungsanstalten und 85 Institute in diesem Zusammenhang. Ich glaube, daß es der Effizienz dient und mit Sicherheit keinen Abbau darstellt, wenn hier eine bestimmte Reduktion stattfindet, die der Bundeslandwirtschaftsminister selber erarbeitet und in Kürze dem Parlament, dem Haushaltsausschuß und anderen Gremien, vorlegt.
({0})
Frau Kollegin, die für die Befragung der Bundesregierung vorgesehene Zeit ist schon abgelaufen. Ich muß deshalb die Befragung beenden. Ich bitte um Verständnis.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 3 auf: Fragestunde
- Drucksache 13/3666 Als erstes rufe ich den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Joachim Günther zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 1 des Abgeordneten Johannes Singhammer auf:
Wie steht die Bundesregierung zu den Aussagen des Bundesministeriums für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, die gegenüber der Arbeitsgemeinschaft der Bauminister der Länder ({0}) betreffend die Bedingungen, die beim Verkauf des Bundesanteils der „Deutschhau" gelten sollen
({1}),
gemacht wurden?
Herr Kollege Singhammer, sind Sie damit einverstanden, daß ich die Fragen 1 und 2, weil sie dasselbe Thema betreffen, im Zusammenhang beantworte?
Ja, gerne.
Ich rufe dann auch die Frage 2 des Abgeordneten Johannes Singhammer auf:
Wann werden die betroffenen Mieter der „Deutschbau" mit einem verbindlichen Schreiben über die gegenüber der ARGEBAU gemachten Zusage informiert?
Herr Singhammer, die Unternehmen werden mindestens zehn Jahre fortgeführt. Es findet in diesem Zeitraum keine generelle Vermarktung der Bestände statt, sondern wie bisher erfolgt Einzelverkauf von Wohnungen nur an erwerbswillige Mieter. Aus der staatlichen Förderung von Wohnungen resultierende Mietpreis- und Belegungsbindungen bleiben unverändert bestehen. Die Mietverträge gelten ebenfalls unverändert fort.
Selbst wenn Fördermittel vom Erwerber des Unternehmens vorzeitig zurückgezahlt werden sollten, werden die Mieten noch mindestens fünf Jahre wie im sozialen Wohnungsbau gebunden sein, und es bleiben weitere fünf Jahre Belegungsbindungen erhalten. Soweit entsprechende Fragen zur Privatisierungsabsicht gestellt werden, ist die Geschäftsführung der Deutschbau autorisiert, die Mieter über die in der ersten Frage genannten Grundsätze zu informieren.
Möchten Sie eine Zusatzfrage stellen?
Ja, Frau Präsidentin.
Bitte.
Herr Staatssekretär, ist sichergestellt, daß die Mieter der Deutschbau durch den Verkauf der Anteile in allen ihren Rechtspositionen nicht schlechter gestellt werden?
Herr Kollege, man sollte erst einmal klarstellen, daß es hier nicht um den Verkauf von Wohnungen, sondern von Anteilen des Bundes an einer Gesellschaft geht. Aus diesem Grunde ändern sich einzelne Mietverhältnisse nicht. Die Mieter sind damit nicht schlechter gestellt.
Sie können noch drei Zusatzfragen stellen.
Herr Staatssekretär, ist sichergestellt, daß die Zusicherungen, die Sie soeben gegeben haben, auch bei Kettenverkäufen auf möglicherweise weitere Käufer der Deutschbau übertragen werden?
Zum Verkauf der Anteile des Bundes wird sich der Bund einer Investmentbank bedienen. Die Verkaufsverhandlungen laufen im Augenblick an. Bei den Eckwerten, die ich Ihnen eingangs in meiner Antwort auf Ihre Frage darlegte, ist von Kettenverkäufen nicht auszugehen. Dies kann vertraglich geregelt werden.
Bitte.
Herr Staatssekretär, gestatten Sie eine dritte Zusatzfrage. Wie beabsichtigt die Bundesregierung den betroffenen Mietern, die in Sorge sind, Rechtssicherheit über das weitere Verfahren zu geben?
Ich habe Ihnen bereits im ersten Teil meiner Antwort gesagt, daß die Geschäftsführung der Deutschbau autorisiert ist, dies den Mietern mitzuteilen. Ich glaube, daß es unter den Bedingungen, wie sie jetzt vorliegen, keinen Grund zur Beunruhigung gibt.
Zu einer weiteren Zusatzfrage der Abgeordnete Frankenhauser.
Herr Staatssekretär, könnten Sie eine Angabe dazu machen, bis zu welchem Zeitpunkt die Verhandlungen mit der Investmentbank abgeschlossen sein werden?
Die Verhandlungen über die Beauftragung der Investmentbank sind im Endstadium. Ich gehe davon aus, daß sie in den nächsten zwei bis drei Wochen abgeschlossen sind.
Herr Kubatschka mit einer Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, Sie haben Zusagen gemacht. Wie wollen Sie diese juristisch so absichern, daß sie nicht nur hier gemacht werden, sondern auch rechtlich weiter gelten?
Dies soll Grundlage der Gestaltung des Vertrags mit dem potentiellen Käufer werden.
Zusatzfrage des Abgeordneten Schily.
Könnten Sie uns darüber Auskunft geben, ob die Bundesregierung über diese Fragen im Gespräch mit der US-amerikanischen Regierung ist und welchen Inhalt diese Gespräche, falls solche Gespräche geführt werden, haben?
Darüber kann ich Ihnen keine Auskunft geben. Mir ist auch der Zusammenhang nicht klar.
Damit verlassen wir diesen Geschäftsbereich. Vielen Dank, Herr Staatssekretär.
Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie. Herr Parlamentarischer Staatssekretär Bernd Neumann ist erschienen.
Ich rufe die Frage 3 des Abgeordneten Kubatschka auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß nicht, wie bisher immer behauptet, in den USA noch 18 Forschungsreaktoren mit hoch-' angereichertem Uran ({0}) betrieben werden, sondern im Rahmen des RERTR-Programmes ({1}) unter anderem acht Forschungsreaktoren zur Zeit auf niedrigangereichertes Uran ({2}) umgestellt werden und bei drei Forschungsreaktoren die Umstellung auf LEU bereits abgeschlossen ist, und welche Konsequenzen wird die Bundesregierung im Hinblick auf den Einsatz von HEU im geplanten Forschungsreaktor München II ({3}) daraus ziehen?
Nach unserer Kenntnis - diese basiert auf jüngsten Tabellen, die wir auf Arbeitsebene von der US-Botschaft erhalten haben - werden in den USA noch 18 Forschungsreaktoren mit hochangereichertem Uran, also HEU, betrieben. Die von Ihnen aufgeführten acht Reaktoren, deren Umstellung auf niedrigangereichertes Uran, also LEU, derzeit mit der Erarbeitung von Sicherheitsunterlagen betrieben wird, sind nach unserer Kenntnis kleinere Reaktoren mit einer Gesamtleistung von zirka 10 Megawatt. Keiner davon hat unserer Kenntnis nach eine Umstellungsgenehmigung.
Die verbleibenden größeren und weiterhin mit hochangereichertem Uran betriebenen Forschungsreaktoren mit einer Gesamtleistung von über
400 Megawatt sind nach unserer Kenntnis nicht im Umstellungsprozeß.
Die von Ihnen aufgeführten drei bereits auf LEU umgestellten Reaktoren sind nach unserer Kenntnis kleinere Reaktoren mit einer Leistung von je 2 Megawatt.
Dieser Sachstand legt den Schluß nahe, daß die amerikanische Seite bei ihren Überprüfungen zur Nutzung von LEU bei den Reaktoren mit hoher Leistung und anspruchsvoller wissenschaftlicher Zielsetzung offenbar auf schwierige Abwägungen wissenschaftlicher, wirtschaftlicher und technischer Art trifft.
Um noch einmal offiziell die konkreten Zahlen und Angaben zu bekommen, haben wir die Botschaft der Vereinigten Staaten gebeten, uns belastbare Angaben zur Verfügung zu stellen. Wir würden sie Ihnen, Herr Abgeordneter, ebenfalls zur Verfügung stellen.
Zusatzfrage des Abgeordneten Kubatschka, bitte.
Erst einmal danke ich für die Zusage, daß wir dann belastbare Zahlen bekommen.
Wenn wir dann die belastbaren Zahlen haben, die wahrscheinlich aussagen werden, daß weniger als 18 Reaktoren mit HEU betrieben werden, wären Sie dann auch bereit, diese Zahlen dem Herrn Staatsminister Zehetmair zur Kenntnis zu geben, damit er nicht weiteres außenpolitisches Porzellan zerschlägt?
Erstens kann ich der in Ihrer Frage enthaltenen Unterstellung nicht zustimmen, daß Staatsminister Zehetmair außenpolitisches Porzellan zerschlägt, weil Herr Zehetmair gemeinsam mit uns, bezogen auf die internationale Vertragslage bei der Nutzung von Forschungsreaktoren, das tut, was rechtlich möglich und in der Sache auch vereinbart worden ist.
Zum zweiten werden die Angaben, die wir dann offiziell bekommen, natürlich allen zur Verfügung gestellt, mit Sicherheit auch der Bayerischen Staatsregierung.
Dabei möchte ich hinzufügen, Herr Kollege: Bei dieser Diskussion, die wir kontrovers führen, geht es weniger um die Frage, ob es nun 18, 17 oder 16 Reaktoren sind, die in den Vereinigten Staaten noch mit hochangereichertem Uran betrieben werden. Vielmehr geht es um die Frage, ob, um gewisse wissenschaftliche Experimente mit anspruchsvoller Zielsetzung durchzuführen, die Benutzung von hochangereichertem Uran nötig ist. Dazu ist unsere Aussage: Bezogen auf den FRM II ist dies nötig. Ich füge hinzu: Auch die Amerikaner tun dies, und sie werden dies weiterhin tun.
Dieser Beitrag möge das Thema Nutzung von hochangereichertem Uran und das Verhältnis zwischen den USA und der Bundesrepublik Deutschland in diesem Zusammenhang objektivieren.
Herr Staatssekretär, um die Verwirrung um die Zahl etwas aufzuhellen: Sind Sie bereit, bei der Anfrage bei der Botschaft die Grenze von 1 Megawatt zu akzeptieren, die besagt: Bei Anlagen mit einer Leistung von unter 1 Megawatt soll nicht abgereichert werden; es geht nur um Reaktoren, deren Leistung größer als 1 Megawatt ist? Das ist ja die entscheidende Frage, und da ist genau zu differenzieren.
Bernd Neumann, Pari. Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie: Ich glaube, daß es sinnvoll ist, in dieser Größenordnung zu diskutieren, auch weil bei Reaktoren, die größer als 1 Megawatt sind, eine zusätzliche Ladung mit zusätzlichem Brennstoff nötig ist. Bei den kleineren Reaktoren ist es so, daß sie für eine bestimmte Lebensdauer einen Kern haben und nicht immer wieder nachgeladen werden müssen. Insofern ist es sicherlich sinnvoll, daß wir so verfahren, wie Sie vorgeschlagen haben.
Zusatzfrage des Abgeordneten Schily.
Zunächst einmal, Frau Präsidentin, muß ich mich bei dem Staatssekretär aus dem Bauministerium entschuldigen. Ich war mit meiner Frage ein wenig zu früh und habe ihn dadurch etwas irritiert. Meine Frage ist an den jetzt behandelten Geschäftsbereich zu adressieren.
Meine Frage lautet wortgleich: Ist die Bundesregierung im Gespräch mit der US-amerikanischen Regierung hinsichtlich des Gegenstandes der Befragung durch den Kollegen Kubatschka? Welchen Inhalt haben solche Gespräche, falls sie geführt werden?
Ich glaube, Herr Kollege Schily, Sie hatten nicht die Möglichkeit, an der letzten Bundestagsdebatte teilzunehmen. Gegenstand dieser Bundestagsdebatte waren, ausgelöst auch durch Beiträge Ihrer Fraktionskollegen, das Verhältnis zwischen der Regierung der Vereinigten Staaten und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland sowie die Frage nach der Zusammenarbeit. Ich konnte in dieser Debatte deutlich machen, daß wir gerade bezogen auf dieses Thema den intensiven Dialog mit der amerikanischen Seite genutzt und gesucht haben und dies auch in Zukunft tun werden, daß uns dies aber nicht davon befreit, auch im Hinblick auf die wissenschaftliche Konkurrenz, die zwischen allen Ländern besteht, vor Ort die richtigen und im Interesse Deutschlands liegenden Entscheidungen zu treffen.
({0})
Dieses Problem taucht öfters auf,
({0})
aber eine Zusatzfrage haben Sie leider nicht. - Eine Zusatzfrage der Abgeordneten Probst.
Die eben entstandene Zahlenverwirrung, Herr Staatssekretär, hat sicherlich damit zu tun, daß die USA bei der Umstellung von mit hochangereichertem Uran arbeitenden Reaktoren sind. Die USA werden ein neues Umstellungsprogramm vorlegen. Sie sind bereit, hochangereichertes Uran für Reaktoren zu liefern, die sich in der Umstellung befinden. Ich möchte Sie fragen, warum sich die Bundesregierung nicht für eine Brennstoffentwicklung im Rahmen des niedrigangereicherten Urans in der Bundesrepublik Deutschland bzw. in Europa stark gemacht hat.
Frau Kollegin, Sie wissen aus meinen Beiträgen im Forschungsausschuß - in der letzten Sitzung hat dieses Thema dort ja einen breiten Raum eingenommen -, daß sich die Bundesregierung ähnlich wie andere Regierungen, also auch ähnlich wie die Vereinigten Staaten, dort, wo es wissenschaftlich möglich und vertretbar ist, um die Reduzierung der Anreicherung bemüht und daß sie sich mit ihren in Deutschland erzielten Ergebnissen sehen lassen kann.
Ich darf Ihnen sagen, daß wir bis auf den FRM II, in dem hochangereichertes Uran eingesetzt werden soll, bei den bisher in Deutschland arbeitenden Reaktoren einen Umstellungsprozeß eingeleitet haben und diesen auch fortsetzen werden, so zum Beispiel bei der GKSS in Geesthacht. Dort ist ein Reaktor mit 5 Megawatt Leistung; er ist umgestellt. Beim Hahn-Meitner-Institut in Berlin geht es um 10 Megawatt; hier soll die Umstellung in diesem Jahr erfolgen. Auch beim FRM I ist reduziert worden, und in Jülich geht es um 23 Megawatt, was eine beträchtliche Stärke darstellt. Auch dort wird die Umstellung vorbereitet.
Das heißt, wir machen das, was andere auch tun und was wir sehr unterstützen, aber es gibt auch Situationen, bei denen wir von den Möglichkeiten auch internationaler Vereinbarungen Gebrauch machen, die dazu führen, daß man im Hinblick auf den wissenschaftlichen Anspruch Reaktoren mit hochangereichertem Uran nutzt und nutzen kann. Dies soll in München beim FRM II geschehen.
Danke schön, Herr Staatssekretär.
Die Fragen 4, 5, 6 und 7 sollen auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Wir kommen damit zur Frage 8 des Abgeordneten Thomas Krüger. Der Abgeordnete Krüger hat darum gebeten, diese Frage im Zusammenhang mit der
Frage 31 zu beantworten. Aber der Parlamentarische Staatssekretär Schäfer ist nicht im Raum. Deshalb kann ich jetzt nur die Frage 8 aufrufen:
Kann die Bundesregierung bestätigen, daß zwei ehemalige Mitarbeiter des German Tourist Office jetzt im Vorbereitungskomitee der Steuben-Parade tätig sind, und wie beurteilt sie vor dem Hintergrund des Vorwurfs angeblicher Verbindungen der Steubenorganisationen zu rechtsextremistischen und antisemitisch orientierten Personenkreisen die Tatsache, daß das German Tourist Office und das deutsche Generalkonsulat in New York die Broschüre „Germany for the Jewish Traveller" nicht zurückziehen?
Das Wort hat Herr Staatssekretär Kolb.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Kollege Krüger, nach Auskunft der Deutschen Zentrale für Tourismus, der DZT, war ein früherer, mittlerweile aber von der DZT entlassener Mitarbeiter Mitglied im Vorbereitungskomitee für die Steuben-Parade. Ob er heute noch dessen Mitglied ist, entzieht sich unserer Kenntnis. Daß ein zweiter früherer oder aktiver Mitarbeiter der DZT diesem Komitee angehören soll, ist der Bundesregierung nicht bekannt.
Der Bundesregierung ist bekannt, daß eine in den USA erscheinende deutschsprachige Zeitung im vergangenen Jahr die Steuben-Parade in die Nähe von antisemitischen bzw. rechtsextremistischen Tendenzen gerückt hat. Der Verlag hat sich inzwischen in einer Stellungnahme von Teilen des Artikels distanziert und sich bei seinen Lesern für den „Ärger und Verdruß" - so die Formulierung - entschuldigt, den der Artikel hervorgerufen hat.
Zwischen der DZT-Broschüre „Germany for the Jewish Traveller" und der Steuben-Parade sehe ich keinen Zusammenhang. Die Broschüre wurde vor zehn Jahren in Zusammenarbeit mit dem jüdischen Museum in Frankfurt am Main aufgelegt und ist in den USA als gelungener Versuch gelobt worden, Sehenswürdigkeiten in Deutschland, die jüdische Besucher interessieren könnten, vorzustellen. Die Broschüre ist inzwischen allerdings überholt. Die DZT beabsichtigt, sie nach Überarbeitung neu aufzulegen.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, angesichts der Tatsache, daß sich die von Ihnen eben genannte Zeitung nicht von allen in dem Artikel genannten Vorwürfen distanziert hat, möchte ich Ihnen die Frage stellen, ob die Bundesregierung die Steuben-Parade für eine Veranstaltung hält, mit der repräsentative Zwecke der Bundesrepublik Deutschland mit abgedeckt wären, und wie vor diesem Hintergrund die Tatsache eingeschätzt wird, daß sich verschiedene Landesregierungen auch finanziell an der Durchführung dieser Veranstaltung beteiligen.
Herr Kollege Krüger, zunächst einmal möchte ich festhalten, daß sich die Bundesregierung und auch das Generalkonsulat in
New York nicht finanziell an der Steuben-Parade beteiligen. Diese Parade findet alljährlich im September statt, um das Andenken an die Deutsch-Amerikaner, die am Revolutionskrieg 1776 bis 1783 teilgenommen haben, zu pflegen und deren Beitrag zum Aufbau der USA entsprechend hervorzuheben. Da wir uns in keiner Weise an der Förderung dieser Veranstaltung beteiligen, sehe ich auch keinen Grund, hier etwas zu kommentieren. Insbesondere steht es mir nicht an, Besuche oder die Teilnahme von Ministerpräsidenten der Länder zu kommentieren.
Eine Nachfrage: Wird die Bundesregierung alles unternehmen, um in der Zukunft mögliche Verstrickungen und Verwicklungen auszuschließen und in der Öffentlichkeit auch nicht annähernd den Eindruck zu erwecken, daß es hier Zusammenhänge im organisatorischen Bereich gibt?
Herr Kollege Krüger, nach Einschätzung des Generalkonsulats in New York gibt es keine Verbindungen des Steuben-Parade-Komitees zu rechtsextremistischen oder antisemitischen Personenkreisen. Im Gegenteil: Der derzeitige Vorsitzende des Komitees ist in der Vergangenheit selber Zielscheibe anonymer antisemitischer Angriffe geworden. Man hat sich immer mit Erfolg Versuchen nicht eingeladener rechter Gruppierungen widersetzt, sich in die Parade einzuklinken, hat also verhindert, daß diese zur Plattform für unerwünschte politische Manifestationen geworden ist. Ich glaube, vor dem Hintergrund solcher Feststellungen läßt sich kein Handlungsbedarf für die Bundesregierung ableiten.
Danke schön, Herr Staatssekretär. Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung. Der Parlamentarische Staatssekretär Horst Günther ist da.
Ich rufe zunächst die Frage 9 des Abgeordneten Hans Büttner ({0}) auf:
Wie gedenkt die Bundesregierung die nach den §§ 1552, 1553 der Reichsversicherungsordnung ({1}) in Verbindung mit § 4 der Berufskrankheiten-Verordnung vorgeschriebene Pflicht des Unternehmers durchzusetzen, nach der dieser binnen dreier Tage, nachdem er von einem Unfall Kenntnis erlangt hat, eine Unfall- bzw. Berufskrankheitenanzeige zu erstatten hat, im Hinblick darauf, daß nach Feststellungen des Hauptverbandes der Berufsgenossenschaften ({2}) davon auszugehen ist, daß die beim HVBG geführte Unfallstatistik lediglich zehn Prozent der anzeigepflichtigen Arbeitsunfälle erfaßt, weil „für einen nicht unerheblichen Anteil der Fälle die Meldung durch die einzelnen Berufsgenossenschaften allein anhand des Durchgangsberichtes vorgenommen wird, da eine Unfallanzeige nicht vorliegt" ({3})?
Danke schön, Frau Vorsitzende.
Herr Kollege, bei den gewerblichen Berufsgenossenschaften werden die Meldungen von Arbeits-
und Wegeunfällen zu 100 Prozent erfaßt. Die Meldungen erfolgen über die Unfallanzeige des Unternehmers sowie durch den Durchgangsarztbericht. Falls die Unfallanzeige des Unternehmers über einen anzeigepflichtigen Unfall, der der Berufsgenossenschaft nur durch den Durchgangsarztbericht bekannt ist, fehlt, wird die Unfallanzeige in der Regel von der Berufsgenossenschaft angefordert.
Der Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften erhält von den einzelnen Berufsgenossenschaften die Gesamtzahl der Arbeits- und Wegeunfälle und weist diese in seinen Geschäfts- und Rechnungsergebnissen jährlich aus. Diese Zahlen werden - das wissen Sie - auch in dem jährlichen Unfallverhütungsbericht der Bundesregierung zusammengefaßt und dargestellt.
Die Berufsgenossenschaften erfassen alle Anzeigen auf Verdacht einer Berufskrankheit, unabhängig davon, ob sie vom Unternehmer, von einem Arzt oder von anderen Personen bzw. Stellen erstattet werden, und weisen die Zahl in den Berichten über die Geschäfts- und Rechnungsergebnisse aus. Der Hauptverband führt eine zentrale Statistik über alle Berufskrankheitenanzeigen.
Darüber hinaus wird seit 1974 beim Hauptverband eine Unfallanzeigestatistik vorgehalten, die auf einer methodisch einwandfrei selektierten Stichprobenstatistik beruht. Die Auswahlquote für diese Stichprobenstatistik beträgt in der Tat 10 Prozent. Diese Statistik wird im wesentlichen für branchenübergreifende Analysen von unfallstatistischen Schwerpunkten herangezogen.
Die Aussagen der von Ihnen zitierten Niederschrift der Statistik-Arbeitsgruppe ist in der Tat mißverständlich. Dort wird auf die Basis der statistischen Erhebungen Bezug genommen, die üblicherweise auf dem Ersteingang der Meldung über einen Arbeits- oder Wegeunfall beruht. Dies ist oft der Durchgangsarztbericht. Nur darauf bezieht sich die Aussage in der Niederschrift. Für die Fragestellung hat das meines Erachtens keine Bedeutung, weil die Unfallanzeige, wie eben erwähnt, von den Berufsgenossenschaften angefordert und dann natürlich auch statistisch erfaßt wird.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, die Antwort kann mich natürlich nicht befriedigen; denn es ist Rechtsvorschrift, daß die Unfallanzeige zunächst durch den Arbeitgeber unter Mitbestimmung des Betriebsrats erstellt werden muß. Die Aussagen, die Sie jetzt gemacht haben, und diejenigen in der von mir zitierten Quelle machen deutlich, daß dem Gesetz nicht entsprechend nachgekommen wird.
Deswegen meine erste Zusatzfrage: Was gedenkt die Bundesregierung in Wahrnehmung ihrer exekutiven Fachaufsicht, die sie verpflichtet, Gesetze durchzuführen, zu tun, um Unfallanzeigen, wie sie in der Berufskrankheiten-Verordnung vorgeschrieben sind,
Hans Büttner ({0})
zeitnah und ordnungsgemäß von den entsprechenden Unternehmern zu erhalten?
Ich denke, Herr Kollege Büttner, daß man Gesetzgebungsverfahren auch in der Praxis abklopfen muß. Das Verfahren, das hier gewählt worden ist, also einmal die direkte Meldung und dann die Anforderung durch die Berufsgenossenschaft, hat sich in der Praxis bewährt. Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, daß darüber größere Beschwerden geführt würden.
Darf ich Ihrer Antwort entnehmen, daß die Bundesregierung nicht darauf achtet, daß die Gesetze, die der Bundestag beschlossen hat, und die Verordnungen, die die Regierung selbst verabschiedet hat, vollzogen werden, sondern daß sie es einfach darauf ankommen läßt, ob entsprechend gehandelt wird oder nicht?
Nein, darauf können Sie nicht setzen, Herr Kollege Büttner. Das habe ich auch nicht gesagt. Wir sind mit dem gewählten Verfahren zufrieden und meinen, daß es im Einklang mit dem Gesetz steht.
Wir kommen jetzt zur Frage 10 des Abgeordneten Büttner:
Wie gedenkt die Bundesregierung das in § 89 Abs. 2 und 5 RVO verbindlich festgeschriebene Mitbestimmungsrecht der Betriebsräte in den Fallen durchzusetzen, in denen die Unfallanzeige nicht über eine gesetzlich vorgeschriebene Unfall- bzw. Berufskrankheitenanzeige des Unternehmers erfolgt, sondern lediglich durch die Durchgangsarztberichte?
Herr Kollege Büttner, nach § 1552 Abs. 3 RVO ist jede vom Unternehmer zu erstattende Anzeige über einen anzeigepflichtigen Arbeitsunfall bzw. jede Unternehmeranzeige auf Verdacht einer Berufskrankheit vom Betriebsrat oder Personalrat mit zu unterzeichnen. Gemäß § 89 Abs. 5 des Betriebsverfassungsgesetzes steht dem Betriebsrat eine Durchschrift der Unfallanzeige zu. Das gilt auch für den Personalrat.
Das Mitwirkungsrecht des Betriebsrats reicht nur so weit, wie den Unternehmer eine Anzeigeverpflichtung trifft. Erfährt der Unfallversicherungsträger auf einem anderem Weg - zum Beispiel vom Versicherten selber oder von einem Arzt - von einem meldepflichtigen Arbeitsunfall, fordert er in der Regel den Unternehmer auf, seiner Anzeigeverpflichtung nachträglich nachzukommen - ich hatte das auch schon bei der Beantwortung der ersten Frage gesagt. Auf diese Weise wird auch die Beteiligung der Betriebsvertretung sichergestellt.
Bei Verdacht auf Vorliegen einer Berufskrankheit, der überwiegend von einem Arzt oder einer Krankenkasse angezeigt wird, hat der Unternehmer in aller Regel keine Kenntnisse von dem Krankheitsgeschehen, da er aus Datenschutzgründen Informationen allenfalls über das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit, nicht jedoch über die Art der Erkrankung des Arbeitnehmers erhält. Da dem Unternehmer in diesen Fällen keine Anzeigepflicht auferlegt werden kann, ist abweichend vom geltenden Recht im Entwurf eines SGB VII, das bald zur Beratung ansteht, in § 193 Abs. 2 folgendes formuliert:
Haben Unternehmer im Einzelfall Anhaltspunkte, daß bei Versicherten ihrer Unternehmen eine Berufskrankheit vorliegen könnte, haben sie diese dem Unfallversicherungsträger anzuzeigen.
Ich glaube, das hilft noch etwas mehr als die heutige gesetzliche Regelung.
Zusatzfrage? - Bitte.
In Ihrer Antwort haben Sie erneut darauf hingewiesen, daß eine erhebliche Anzahl von Unfallmeldungen durch die Durchgangsarztberichte erfolgt. Sind Sie bereit, zumindest diese Durchgangsarztberichte unverzüglich auch den Betriebsräten der betroffenen Unternehmen zur Verfügung zu stellen, damit die Unfallmeldung, die Sie im anderen Falle als gegeben sehen, wenigstens dann noch vorgenommen werden kann und die Mitbestimmung des Betriebsrates, die verbindlich in § 89 des Betriebsverfassungsgesetzes festgeschrieben ist, eingehalten werden kann?
Ich habe eben ausgeführt, Herr Kollege Büttner, daß der Arbeitgeber in der Regel aufgefordert wird, die Unfallanzeige nachzuholen, wenn sie über andere Stellen kommt. Dann ist der Betriebsrat sowieso zu beteiligen. Ich will aber gerne noch einmal im Einzelfall prüfen, ob es rechtliche Möglichkeiten und auch praktische Notwendigkeit gibt, so zu verfahren, wie Sie es gerade angeregt haben.
Keine Zusatzfrage mehr? Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Johannes Nitsch zur Verfügung.
Bei Frage 11 ist um schriftliche Beantwortung gebeten worden. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Wir kommen damit zur Frage 12 des Abgeordneten Günter Gloser:
Ist der Bundesregierung die Studie der Firma Intraplan ({0}), die der Regierung von Mittelfranken vorliegt, bekannt, und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Tatsache, daß nach dieser Studie im Durchschnitt acht Prozent, in einzelnen Bereichen bis 30 Prozent des Fahrgastaufkommens durch den Bau der B 2 a der S-Bahn Nürnberg-Roth entzogen werden?
Herr Gloser, die genannte Untersuchung ist der Bundesregierung nicht bekannt. Es gilt aber allgemein: Wenn in solchen Untersuchungen geänderte Randbedingungen Einfluß auf die gesamtwirtschaftliche Bewertung des Projektes haben, werden diese im Kostenmanagement von den Ländern und vom Bundesverkehrsministerium in verschiedenen Stadien der Planung gemäß den nach § 7 BHO vorgeschriebenen Prüfungen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit berücksichtigt.
Möchten Sie eine Zusatzfrage stellen?
({0})
Dann kommen wir zur Frage 13 des Abgeordneten Günter Gloser:
Zu welchem Zeitpunkt war oder wurde nach Erkenntnissen der Bundesregierung zur Abklärung der konkurrierenden Planung B 2 a Süd und S-Bahn Nürnberg-Roth der Bundesrechnungshof tätig und mit welchem Ergebnis?
In dieser Sache ist nach unserer Kenntnis der Bundesrechnungshof bisher nicht tätig gewesen.
Eine kurze und, wie man sieht, zufriedenstellende Antwort.
Dann kommen wir zu den Fragen 14 und 15 des Abgeordneten Horst Schmidbauer. - Er ist nicht erschienen. Es wird verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen.
Wir bleiben beim Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr und kommen zur Frage 16 des Abgeordneten Bodo Seidenthal:
Trifft es zu, daß eine erzielte Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium für Verkehr und dem Land Niedersachsen zur Finanzierung zweier aufwendiger Brückenbauwerke im Zuge der Bundesautobahn A 2 im Bereich zwischen der Anschlußstelle Hämeler Wald und dem Autobahnkreuz Braunschweig-Nord widerrufen wurde, und welche Gründe haben zu dieser Entscheidung geführt?
Herr Abgeordneter Seidenthal, es trifft nicht zu, daß eine erzielte Vereinbarung widerrufen wurde. Bereits 1993 war mit dem Land Niedersachsen wegen der hohen Kostensteigerung von rund 0,8 Milliarden DM auf rund 1,3 Milliarden DM beim sechsstreifigen Ausbau der A 2 zwischen Hannover und Sachsen-Anhalt einvernehmlich vereinbart worden, daß zwei Abschnitte, und zwar beim Hämeler Wald rund 13 Kilometer und bei Braunschweig rund 8 Kilometer, erst nach dem Jahre 2000 in diesen Ausbau einbezogen werden. In diesen Abschnitten liegen die erwähnten Großbrücken. Es ist möglich und vorgesehen, im Jahr 2000 den Verkehr auf diesen Abschnitten provisorisch sechsstreifig unter Inanspruchnahme des Standstreifens zu führen, so daß insbesondere zur Zeit der Weltausstellung Expo 2000 der Verkehrsablauf zügiger und erleichtert wird.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie mir bestätigen, daß dem BMV 204 Millionen DM fehlen sollen? Meine Frage deshalb: Wie konnte es zu dieser - in Ausführungsstrichen - Fehlplanung kommen?
Herr Abgeordneter Seidenthal, ich kann Ihnen das nicht bestätigen. Die 200 Millionen DM, die Sie nennen, beziehen sich sicherlich auf den erforderlichen Mehrbedarf, wenn wir die A2 westlich von Hannover bereits jetzt auf die Sechsstreifigkeit voll ausbauen.
Ich darf Ihnen vielleicht sagen, daß wir insgesamt schon, über die Niedersachsen-Quote hinaus, erhebliche Millionenbeträge, die bis an die Milliardengrenze reichen, in diesem Zusammenhang bereitgestellt haben.
Herr Staatssekretär, können wir es uns einfach erlauben, das Projekt „Deutsche Einheit" nicht vollwertig auszubauen?
Das Projekt „Deutsche Einheit" reicht, wenn ich das richtig überblicke, nicht in den Bereich, von dem Sie sprechen.
Zusatzfrage? - Bitte, Herr Dr. Küster.
Dem möchte ich ausdrücklich widersprechen, Herr Staatssekretär: Die A 2, größter Parkplatz Deutschlands, müßte entlastet werden.
Ich möchte noch einmal nachfragen, wie Sie gedenken diesen Engpaß, der dort besteht, in Zukunft zu lösen.
Herr Abgeordneter Küster, das ist Thema der nächsten Frage des Abgeordneten Seidenthal. Ich würde in bezug auf diese Frage dazu ausführlich Stellung nehmen.
Wenn ich darf, Frau Präsidentin, würde ich gleich auf Frage 17 übergehen.
Das machen wir. Wir kommen damit zu Frage 17:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß durch die „Schmalspurfahrstreif en" Unfallschwerpunkte, Staugefahren und anhaltende Belastungen auf Umleitungsstrecken als unausweichliche Folgen entstehen können, und wie ist dies mit dem Sicherheitsansatz der Bundesregierung gerade für Bundesfernstraßen vereinbar?
Bitte.
Schmalere Streifen als auf den Autobahnen sonst üblich können zum Beispiel bei provisorischer Verkehrsführung - ich hatte das bereits in der vorhergegangenen Antwort angedeutet - vorgesehen werden. Auf den von Ihnen angesprochenen Abschnitten der A2 soll im Jahre 2000 der Verkehr unter Inanspruchnahme der dort vorhandenen Standstreifen provisorisch sechsstreifig geführt werden.
Generell hält die Bundesregierung Standstreifen für einen störungsfreien Verkehr auf Autobahnen für unverzichtbar. Gleichwohl sind bisher verwirklichte Beispiele, bei denen Richtungsfahrbahnen mit ehemals zwei Fahrstreifen und Standstreifen zu Fahrbahnen mit drei schmaleren Fahrstreifen von 3 bis 3,5 Meter Breite ohne Standstreifen ummarkiert worden sind, unter Verkehrssicherheitsaspekten im statistischen Mittelwert nicht negativ aufgefallen. Solche Umnutzungen des Standstreifens dürfen allerdings nur restriktiv angewendet werden. Sie kommen im Vorgriff auf den geplanten sechsstreifigen Ausbau mit Regelquerschnitt für kürzere, überlastete Streckenabschnitte im Bereich von Ballungsgebieten in Frage.
Derartige Umnutzungen erfordern regelmäßig verkehrsrechtliche Maßnahmen; zum Beispiel wird zumeist die höchstzulässige Geschwindigkeit beschränkt.
Durch Überlastung bedingte Staugefahren werden durch die Erhöhung der Leistungsfähigkeit infolge der zusätzlichen Fahrstreifen verringert, und der Verkehrsfluß auf diesen Strecken wird verbessert.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, Sie haben vorhin die Expo 2000 und die daraus resultierenden Verkehrsbelastungen gerade auf dieser Magistrale angeführt. Ist es richtig, die Ausbaumaßnahme so zu belassen, wie Sie sie gerade geschildert haben?
Ich gehe davon aus, daß die Expo 2000 sehr viel Verkehr auf diese Magistrale ziehen wird. Schreit es nicht gerade auf diesem Teilstück auf Grund der zu erwartenden Verkehrsbelastung durch die Expo nach einem vollwertigen Ausbau?
Herr Abgeordneter, wir haben diese Frage ständig erörtert, gerade erst wieder am 16. vorigen Monats zwischen dem Bundesverkehrsminister und der Generalkommissarin für die Weltausstellung. Allerdings haben wir keine Finanzierungsmöglichkeiten für einen durchgängigen sechsstreifigen Ausbau finden können. Deshalb liegt dieses Angebot vor. Die Erfahrungen zeigen, daß es ein annehmbares Angebot ist.
Ich möchte in Ergänzung auf Ihre Frage noch sagen: Es handelt sich bei dieser Ummarkierung nicht um die Vier-plus-null-Variante, die wir bei Baustellen anwenden, wo wir mit Fahrstreifen von 2,50 Metern arbeiten. Hier haben wir immer Fahrstreifen in der Größenordnung von 3 bis 3,50 Metern. Bei einem Regelquerschnitt von 11 Metern wären dann die ummarkierten Fahrstreifen mindestens noch 3,25 Meter breit.
Es wird keine Zusatzfrage mehr gestellt.
Da der Kollege Schmidbauer gerade eben einen Hauch zu spät gekommen ist, als wir seine Frage aufgerufen haben, wir aber noch den seine Fragen betreffenden Geschäftsbereich behandeln, sind Sie, denke ich, damit einverstanden, wenn ich diese Fragen doch noch aufrufe. Der zuständige Staatssekretär ist auch noch anwesend. - Ich verfahre deshalb
so.
Ich rufe die Frage 14 des Abgeordneten Schmidbauer auf:
Übernimmt die Bundesregierung wie bei der Entscheidung über das Projekt der B 2 a auch in anderen Fällen ungeprüft Kostenansätze der Landesbehörden, die 13 Jahre alt sind, obwohl sich nicht nur die Indexwerte, sondern auch die Aufwendungen für Immissions-, Landschafts- und Lärmschutz erhöht haben?
Herr Abgeordneter Schmidbauer, das Bundesverkehrsministerium übernimmt die Angaben der Landesbehörden, die im Auftrag des Bundes nach Art. 90 des Grundgesetzes die Bundesfernstraßen verwalten. Das Bundesverkehrsministerium sah bisher keine Veranlassung, derartige Angaben einem Prüfverfahren zu unterziehen. Im Fall der B2 ist dem Bundesverkehrsministerium die Kostensteigerung, verbunden mit einem erhöhten Leistungsumfang, erst im Jahre 1995 bekanntgegeben worden.
Zusatzfrage des Abgeordneten Schmidbauer.
Herr Staatssekretär, zieht man daraus auch bezüglich des eigenen Verhaltens Konsequenzen? Denn der Ausgangspunkt war ja so, daß die Straße mit Kosten in Höhe von 82,6 Millionen DM geplant war. Die Daten waren 13 Jahre alt. Als Endergebnis ist heute bekannt, daß sich die Kosten auf knapp 200 Millionen DM belaufen.
Das ist eine eklatante Abweichung, die mit Kostensteigerungen nicht mehr zu begründen ist. Sie selbst hätten im Ministerium doch sehen müssen, daß daraus Konsequenzen zu ziehen sind, wenn eine Schätzung 13 Jahre alt ist und man weiß, daß die Lärmschutzmaßnahmen vor 13 Jahren ganz andere Dimensionen hatten als 13 Jahre später. Die Frage ist, wieso Sie den Kausalzusammenhang nicht erkannt haben, den selbst Nichtfachleute sofort gesehen haben.
Herr Abgeordneter, die bayerische Straßenbauverwaltung hat uns diese von
Ihnen eben genannten Kosten im Jahre 1991 für die Aufnahme in den Bundesverkehrswegeplan übergeben. Der Bundestag hat den Bundesverkehrswegeplan beschlossen. Wir sind jetzt gehalten, die dort vorgesehenen Bedarfsmaßnahmen zu realisieren.
Wir prüfen natürlich nach jeder Maßnahme - ich sagte das bereits im Zusammenhang mit einer anderen von mir gegebenen Antwort - nach § 7 BHO die Kostenentwicklung. Da gibt es ein ausgeklügeltes Verfahren, in dem immer wieder die Frage gestellt wird: Ist die jetzt anstehende Kostenhöhe noch zu vertreten? Diese Frage muß immer zwischen Ja und Nein entschieden werden. Wir prüfen; wir übernehmen nichts leichtfertig oder ungeprüft.
Weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wenn es so ist, daß Sie nicht weiter prüfen, glauben Sie dann nicht, daß bei den Abgeordneten im Haushaltsausschuß oder auch im Verkehrsausschuß der Eindruck aufkommen konnte, daß das Ganze vielleicht die politische Überschrift trägt, daß man einem Bundestagsausschuß Zahlen zur Beschlußfassung vorlegt, die sich innerhalb einer kurzen Zeit - von wenigen Wochen, kann man sagen - gravierend verändern? Das heißt, daß man im Ausschuß zur Beschlußfassung Kosten in Höhe von 60 Millionen DM zugrunde legt und nach wenigen Wochen in einem Ausschuß erfahren muß, daß das Projekt 200 Millionen DM kostet.
Diese Frage muß ich ganz klar und doppelt verneinen. Es gibt hier nicht den Verdacht, den Sie hegen. Denn die Straßenbauverwaltungen der Länder erfüllen einen Auftrag gemäß dem Grundgesetz - ich sagte das bereits. Die Bundesregierung geht davon aus, daß die nach bestem Gewissen übermittelten Angaben zu diesem Zeitpunkt, zu dem sie übermittelt werden, auch den Tatsachen entsprechen.
Übrigens handelt es sich hierbei nicht um einen Fall, der nur ein bestimmtes Land betrifft. Vielmehr können in diese Situation - mit unterschiedlichem Verlauf der jeweiligen Fälle - alle Bundesländer kommen.
Ich rufe die Frage 15 des Abgeordneten Schmidbauer auf:
Welcher Lkw-Anteil - der nach den Richtlinien für den Lärmschutz ({0}) für Bundesautobahnen oder für Bundesstraßen oder der des Gutachters Prof. Dr. Ing. Harald Kurzak - wurde der Planung des gleichen Projektes der B 2 a zugrunde gelegt?
Gemäß Projektprognose liegt der für die Lärmschutzberechnung wichtige Lkw-Anteil bei 8 bis 9 Prozent bei einer Gesamtverkehrsbelastung von 41 000 Fahrzeugen in 24 Stunden.
Zusatzfrage?
Für mich war bei der Frage wichtig, zu hören, ob als Grundlage für die Berechnung auch ein Gutachten genommen wurde - es gibt ja ein Gutachten der Behörde zu diesem Straßenbauprojekt, das von einem bestimmten Lkw-Anteil ausgeht - oder ob bei der Berechnung die eigenen Richtlinien des Bundes für Bundesstraßen zugrunde gelegt werden oder gar solche für Autobahnen. Das heißt also: Worauf bezieht sich der Wert, den Sie eben in Ihrer Antwort genannt haben?
Das ist jetzt eine sehr wichtige Frage, die ich nur so beantworten kann: Die Einstufung einer Straßenbaumaßnahme als Bundesfernstraße oder Bundesautobahn wird nach Art. 27 § 1 des Dritten Rechtsbereinigungsgesetzes vom 28. Juni 1990 verbindlich durch den Gesetzgeber getroffen. Insofern hat ein höherer oder niedrigerer Anteil der Lkw am Gesamtverkehrsaufkommen auf diese Entscheidung von unserer Seite her keinen Einfluß gehabt. Aus der Festlegung der Straßenklasse und deren Funktion im Netz des Fernverkehrs ergeben sich die Festlegungen hinsichtlich des Ausbaustandards. Es ist auch nicht möglich, daß wir ein einmal begonnenes Straßenbauprojekt vielleicht hinterher zu einer Autobahn umwidmen. Vielmehr sind wir an die Festlegungen des Gesetzgebers gebunden.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, erstens denke ich, daß es Umwidmungen gibt. Sie haben in der vergangenen Woche auf eine diesbezügliche Frage geantwortet, daß es im Bundesgebiet 44 Umwidmungen gegeben hat, und zwar solche ohne Nachrüstungen, das heißt also auf dem Standard, der zugrunde lag, nämlich dem einer Bundesstraße. Ich kann in dieser Beziehung Ihre Antwort beim besten Willen nicht nachvollziehen.
Meine zweite Frage - sie ist noch einmal konkret -: Auf welcher Basis sind Sie zu dem von Ihnen ermittelten Wert eines Lkw-Anteils von 8 Prozent gekommen, auf der Basis der eigenen Richtlinien des Bundes, die für Bundesstraßen von einem Wert von 25 Prozent ausgehen, oder auf der Basis eines Gutachtens, das von einer geringeren Zahl ausgeht?
Auf Ihre erste Frage, zu dem Widerspruch meiner Ausführungen jetzt mit einer Antwort in der vorigen Woche, möchte ich so antworten, daß es bis zum Juni 1990 möglich war, eine Umwidmung vorzunehmen. Nach der Inkraftsetzung des Rechtsbereinigungsgesetzes im Juni 1990 ist dies aber ausgeschlossen. Vielleicht können Sie das jetzt auf Grund dieses Zusammenhangs verstehen.
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Die Prognosen des Lkw-Anteils ergeben sich für alle in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommeParl. Staatssekretär Johannes Nitsch
nen Vorhaben entsprechend den Vorschriften. Ob man sich dort des Gutachtens bedient hat, das Sie erwähnen, würde ich Ihnen gern schriftlich beantworten. Das kann ich jetzt nicht in bezug auf die eine oder die andere Richtung. Auch das ist ja möglich.
Gut.
Damit sind wir am Ende der Fragen aus diesem Geschäftsbereich angekommen. Danke schön, Herr Staatssekretär.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Der Parlamentarische Staatssekretär Ulrich Klinkert wird die Fragen beantworten.
Ich rufe zunächst die Frage 18 der Abgeordneten Irber auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die möglichen Folgen des vom Wirtschaftsministerium der Tschechischen Republik projektierten zyanidgestützten Goldabbaus im Böhmerwald für den Nationalpark Bayerischer Wald und für das zu seiner Erweiterung vorgesehene Areal?
Frau Kollegin Irber, gemäß Auskunft des tschechischen Umweltministeriums vom 2. Februar dieses Jahres ist eine Förderung von Gold im Naturschutzgebiet und Nationalpark Böhmerwald nicht vorgesehen. Die gegenwärtigen Erkenntnisse zeigten, daß die Natur und die Landschaft dadurch erheblich verletzt würden. Eine andere Methode der Förderung als das Zyanidlaugen von fein dispergiertem Gold im Gestein ist im tschechischen Umweltministerium nicht bekannt. Die Erkundungsgesellschaft ist jedoch vom tschechischen Umweltministerium darauf aufmerksam gemacht worden, daß sie für diese Weise der Förderung keine Genehmigung erhält.
Zusatzfrage?
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Dann kommen wir zur Frage 19 der Abgeordneten Brunhilde Irber:
Hat die Bundesregierung gegenüber der Tschechischen Republik in der Vergangenheit bereits Bedenken gegen die Realisierung dieses Projekts geäußert, und, falls nicht, ist sie bereit, Bedenken gegenüber der tschechischen Regierung vorzutragen?
Die Bundesregierung hat sich gegenüber der Tschechischen Republik zu dem betreffenden Projekt bisher nicht geäußert. Vor dem Hintergrund des eben geschilderten Sachverhalts besteht auch kein Anlaß, gegenüber der tschechischen Regierung vorzutragen.
Gut, vielen Dank.
Zusatzfrage des Abgeordneten Kubatschka.
Herr Staatssekretär, beobachtet Ihr Ministerium weiterhin die Schritte, die für eine Goldgewinnung in der Tschechischen Republik möglich wären?
Selbstverständlich, Herr Kubatschka. Wir beobachten dies nicht nur; wir stehen auch in gutem Kontakt zum tschechischen Umweltministerium und würden selbstverständlich informiert werden.
Es gibt keine weiteren Zusatzfragen.
Dann rufe ich die Frage 20 der Abgeordneten Ursula Schönberger auf:
Welche Angebote für die Verwertung des zwischengelagerten radioaktiven Materials im Endlager Morsleben hat es in der Vergangenheit gegeben, und warum sind diese nicht angenommen worden?
Ich bitte zunächst um Einverständnis damit, die Fragen 20 und 21 im Zusammenhang beantworten zu dürfen. Ähnlich formuliert ist auch Frage 23.
Drei Fragen von verschiedenen Fragestellerinnen gleichzeitig zu beantworten ist, glaube ich, nicht so gut. Bitte beantworten Sie zunächst die Fragen 20 und 21. Dazu rufe ich auch die Frage 21 der Abgeordneten Ursula Schönberger auf:
Was will die Bundesregierung mit dem zwischengelagerten radioaktiven Material im Endlager Morsleben zukünftig machen?
Einverstanden, Frau Präsidentin. Ich möchte nur darauf hinweisen, daß ich bei der Antwort auf die Frage 23 auf meine Antwort auf die Fragen 20 und 21 zurückgreifen müßte, da sie nahezu wortgleich sind.
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Gut.
Frau Kollegin, obwohl bislang weder aus rechtlichen Gründen noch insbesondere aus solchen der Sicherheit ein zügiges Entfernen der zwischengelagerten radioaktiven Materialien geboten war, hat sich die Bundesregierung nachdrücklich um einen solchen Schritt bemüht.
Maßgeblich hierfür ist auch, daß es sich beim Endlager für radioaktive Abfälle in Morsleben von seiner Zweckbestimmung her um ein Endlager und nicht um ein Zwischenlager handelt. Deshalb wurden bereits 1991 die Neutronenquellen sowie die radiumhaltigen Stoffe zur Übernahme an eine Landessammelstelle in Sachsen-Anhalt angemeldet und 1993 dieser Schritt auch für Materialien in Spezialcontainern angekündigt.
Vorsorglich wurden vom Bundesamt für Strahlenschutz alternative Lösungsmöglichkeiten geprüft. Für die Verwertung der in den Spezialcontainern befindlichen Stoffe wurden 1994 Angebote eingeholt. Aus ihnen ergab sich, daß eine Verwertung bei enormen Kosten nur für einen Teil der radioaktiven Stoffe möglich war, so daß diese Bemühungen zunächst eingestellt wurden.
Vor dem Hintergrund, daß die in fünf Spezialcontainern enthaltenen Quellen aus dem ehemaligen Kombinat „Kernkraftwerke" stammen, prüft das Bundesamt für Strahlenschutz die Möglichkeit der späteren Verbringung zumindest dieses Teils der Stoffe in das bei Greifswald in Errichtung befindliche Zwischenlager Nord. Eine Voraussetzung hierfür ist, daß die noch zu erteilende Genehmigung dies auch zuläßt. Wie auch in Pressemeldungen aufgegriffen, prüft das BfS weiterhin die Möglichkeit, die Abfälle so zu konditionieren, daß sie später in das geplante Endlager Konrad verbracht werden können.
Diese vorsorglichen Bemühungen des BfS ändern nichts an der Tatsache, daß das Land Sachsen-Anhalt nach wie vor eine Landessammelstelle einzurichten hat und daß die im ERAM zwischengelagerten Stoffe für eine dortige Zwischenlagerung in Frage kommen. Vom weiteren Verfolgen dieser Lösung, auch durch das Land selbst, war bis vor einiger Zeit auszugehen. Belegt wird dies unter anderem durch die Tatsache, daß das BfS das Land bei der Benennung eines Standorts für die Landessammelstelle aktiv unterstützt hat.
Zusatzfrage der Abgeordneten Schönberger.
Herr Klinkert, Sie sagten, daß es keine die Sicherheit betreffenden Gründe gebe, diese Stoffe aus dem Endlager Morsleben, wo sie zwischengelagert sind - Sie sagten selbst, eine Zwischenlagerung ist in einem Endlager nicht vorgesehen -, herauszuholen.
Heißt das denn, daß die Stoffe, die dort zur Zwischenlagerung eingelagert sind, im Sicherheitsbericht für das Endlager mit berücksichtigt worden sind?
Frau Kollegin, ich hatte ja darauf hingewiesen, daß es sich um ein Endlager handelt. Nach bundesdeutschem Recht ist es - im Gegensatz zu den früheren Verhältnissen in der DDR - nicht möglich,
eine Zwischenlagerung dauerhaft in einem Endlager vorzunehmen.
Ungeachtet dessen: Der größte Teil dieser Materialien ist im Zuge der deutschen Einheit in dem Endlager vorgefunden worden, so daß mangels Alternativen eine zeitweilige Belassung dort notwendig war. Aus diesem Grund gilt die Genehmigung aus DDR-Zeiten weiter, die sich auch auf das zwischengelagerte Material bezieht.
Zusatzfrage.
Ich weiß nicht, ob ich jetzt eine Zusatzfrage stellen soll. Sie haben mir meine Frage nicht beantwortet: Sind diese Stoffe, die ja immerhin 83 Prozent des derzeitigen radioaktiven Inventars von Morsleben ausmachen, im Sicherheitsbericht für das Endlager Morsleben mit berücksichtigt worden?
Sie sind derart mit berücksichtigt worden, als festgestellt wurde, daß es sich um eine Zwischenlagerung handelt.
Sie haben noch zwei weitere Zusatzfragen.
Bevor ich die nächste Frage stelle, muß ich feststellen: Das bedeutet, daß sie nicht mit berücksichtigt worden sind.
Sie sagten, es gebe keine rechtlichen Gründe dafür, daß diese Stoffe nicht in dem Endlager Morsleben verbleiben könnten. Nun hat Frau Merkel letzten Mittwoch im Umweltausschuß gesagt, sie gehe davon aus, daß zumindest ein Teil der Stoffe - die Neutronenquellen - nicht von der Genehmigung - sie sagt, darum handele es sich; wir sehen das nicht so - erfaßt ist. Also selbst Frau Merkel hat zugegeben, daß die Neutronenquellen dort nicht genehmigt zwischenlagern.
Halten Sie Ihre Antwort aufrecht, es gebe keine rechtlichen Gründe dafür, diesen Müll aus Morsleben herauszubringen?
Ich habe nicht gesagt, daß es keine rechtlichen Gründe gibt. Selbstverständlich sind es die rechtlichen Vorschriften zur Überführung dieses Endlagers in bundesdeutsches Recht, die es erforderlich machen, den Status eines Zwischenlagers zu beenden.
Zu den Neutronenquellen: Es handelt sich um acht von insgesamt 22 sich in einem Behälter befindlichen Neutronenquellen, deren eindeutige Herkunft nicht geklärt werden kann, so daß momentan der rechtliche Status zwischen dem Land Sachsen-Anhalt und dem Bundesumweltministerium umstritten ist.
Eine weitere Frage.
Ich stelle fest: Sie haben Ihre Aussage korrigiert, daß es keine rechtlichen Gründe gibt.
Meine Frage hinsichtlich der Verwertungsangebote, die es gegeben hat, ist noch nicht beantwortet worden. Sie sagten, diese Verwertungsangebote seien Ihnen als zu teuer erschienen. Welches Angebot dafür hatten Sie? Soll das heißen, daß Sie es vorgezogen haben, diese Stoffe - von denen Sie selbst sagen, es gebe rechtliche Gründe dafür, daß sie aus dem Zwischenlager, in dem die Lagerung nicht genehmigt ist, heraus müssen - aus ökonomischen Gründen im Endlager zu belassen, obwohl Sie die Möglichkeit hatten, zumindest einen Teil der Stoffe herauszuholen und zu verwerten?
Zu der Zeit, als man noch davon ausgehen konnte, daß das Land Sachsen-Anhalt seine gesetzlichen Verpflichtungen zur Einrichtung einer Landessammelstelle erfüllt, erschien das Angebot in der Tat als sehr teuer, so daß man zunächst von der Zwischenlagerung in einer Landessammelstelle ausging. In der Zwischenzeit gibt es selbstverständlich auch darüber hinausgehende Überlegungen, die letztendlich vor dem Hintergrund der Tatsache zu sehen sind, daß das Land Sachsen-Anhalt seiner rechtlichen Verpflichtung offensichtlich nicht nachkommen will.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Küster.
Herr Staatssekretär, mich interessiert die genaue Herkunft der umstrittenen zwischengelagerten radioaktiven Stoffe. Aus welchen Bundesländern kommen diese denn?
Das kann ich Ihnen im Detail aufführen. - Es handelt sich um fünf Spezialcontainer. Die in diesen Spezialcontainern enthaltenen Stoffe sind zu DDR-Zeiten, als man die Endlagerungsbedingungen für ein solches Lager erkunden wollte, durch die Energiewerke Nord zu Forschungs- und Entwicklungsarbeiten unter Tage gebracht worden. Sie sind zu Forschungs- und Entwicklungsarbeiten und nicht zu einer Zwischen- oder Endlagerung in das Endlager verbracht worden und sind dann nach Einstellung dieser Arbeiten in dem Endlager zu Abfall geworden.
Des weiteren handelt es sich um zwei Spezialcontainer, die Quellen aus Brunnenbestrahlung, die zu DDR-Zeiten üblich war, enthalten. Diese Brunnenbestrahlungsquellen stammen aus dem Mitteldeutschen Wasser- und Abwasserbetrieb bzw. dessen Vorgänger mit Sitz in Naumburg in Sachsen-Anhalt.
Es geht um insgesamt 23 Neutronenquellen und radiumhaltige Abfälle, deren Herkunft sich nach Kenntnis der Bundesregierung nur zum Teil zurückverfolgen läßt, was allerdings nicht ausschließt, daß auch hier unserer Meinung nach eine Mitwirkungspflicht des Landes Sachsen-Anhalt besteht.
Zweite Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, feststellend, daß offensichtlich andere Länder beteiligt sind, möchte ich auf den Punkt zu sprechen kommen, den sie vorhin mit enormen Kosten umschrieben haben. Ist es nicht nach jetziger Sicht günstiger, eine Wiederverwendung anzustreben, anstatt einer Endlagerung den Vorzug zu geben?
Die Bundesregierung wird alle Möglichkeiten untersuchen, um eine vernünftige Verwendung, Zwischen- oder Endlagerung, der in Frage stehenden Stoffe zu erreichen. Dazu gehört auch das mögliche Verbringen in das Zwischenlager Nord in Greifswald, das sich im Bau befindet. Die Konditionierung dieser Abfälle für eine mögliche Endlagerung und selbstverständlich auch die Aufarbeitung werden nach wie vor geprüft.
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Ich wiederhole: Das alles schließt die Mitwirkungspflicht des Landes Sachsen-Anhalt einschließlich der Errichtung einer Landessammelstelle nicht aus.
Zusatzfrage des Abgeordneten Behrendt.
Herr Staatssekretär, wie verträgt sich Ihre Äußerung, die Sie am Anfang Ihrer Ausführungen gemacht haben, daß die alte Genehmigung fortgelte, mit der Feststellung, die in einem Papier des BfS, das Ihrem Ministerium ebenfalls vorliegen sollte, enthalten ist: Die Endlagerung der Neutronenquellen ist nach der geltenden Dauerbetriebsgenehmigung nicht zulässig. Die für die Zwischenlagerung der Quelle erteilte Zustimmung ist inzwischen abgelaufen?
Das verträgt sich insofern, als wir eine Endlagerung nicht vorhaben und die zeitweilige Verlängerung dieser Zwischenlagerung auch durch eigenaufsichtliche Weisung durch das BfS abgedeckt ist.
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Herr Abgeordneter Fischer, Sie können Zusatzfragen stellen, aber jetzt hat der Abgeordnete Behrendt zu seiner zweiten Zusatzfrage das Wort.
Wir wissen aus dem Bericht der Bundesumweltministerin vor dem Umweltausschuß, daß es das Angebot einer Firma zur Verwertung der Abfälle gegeben hat. Sie hatten ausgeführt, dieses Angebot sei Ihnen als zu teuer erschienen. Ich habe die Frage: Warum sind nicht Angebote weiterer Firmen eingeholt worden? Das hätte die Ernsthaftigkeit des Anliegens unterstützt.
Das ist mangels anderer Alternativen nicht erfolgt. Zumindest mir sind momentan keine anderen Alternativen dazu bekannt, Herr Kollege.
Zusatzfrage des Abgeordneten Grill.
Herr Staatssekretär, Frau Heidecke bestreitet, daß die bei ERAM zwischengelagerten radioaktiven Stoffe in eine Landessammelstelle des Landes Sachsen-Anhalt gehören. Aus welchen Gründen ist die Bundesregierung hier anderer Auffassung, und seit wann vertritt Frau Heidecke diese Auffassung?
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Zunächst einmal ist die Bundesregierung grundsätzlich der Meinung, daß das Land SachsenAnhalt wie auch jedes andere Bundesland eine Landessammelstelle einzurichten hat.
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Dies ist zur Zeit beim Land Sachsen-Anhalt nicht zu erkennen.
Die derzeitige Umweltministerin des Landes Sachsen-Anhalt
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hat seit ihrer Amtsübernahme bis vor kurzer Zeit nicht erkennen lassen, daß sie sich der Errichtung einer Landessammelstelle verweigert. Das hat sie erst im zweiten Halbjahr des Jahres 1995 durchblikken lassen, mit der gleichzeitigen Aufforderung an den Bund, die zwischengelagerten Abfälle dann natürlich in ein anderes Lager oder zu einer anderen Verwendung zu verbringen.
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Warum die Bundesregierung der Meinung ist, daß zumindest Teile des in Sachsen-Anhalt lagernden
Materials in eine Landessammelstelle nach Sachsen-Anhalt gehören, hatte ich angerissen.
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Ich möchte es noch einmal detaillierter sagen. Teile sind zur Bestrahlung von Trinkwasser oder überhaupt von Brunnen verwendet und dann unter Tage gebracht worden; Teile sind erst im Endlager Morsleben zu Abfall geworden.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Grill.
Herr Staatssekretär, ist es richtig, daß bis zum Ende des Jahres 1995 seitens des sachsen-anhaltinischen Umweltministeriums und der Ministerin keinerlei Argumente hinsichtlich einer Gefährdung, insbesondere einer akuten Gefährdung durch die Zwischenlagerung bei ERAM vorgetragen worden sind?
Das ist richtig, Herr Kollege Grill; das entspricht den Tatsachen. Es gibt keinerlei akute Gefährdung durch das zwischengelagerte Material. Infolgedessen hat dies weder die damalige noch die derzeitige Regierung in irgendeiner Form angemahnt.
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Eine Zusatzfrage der Abgeordneten Eichstädt-Bohlig.
Ich habe zwei Zusatzfragen. Die erste: Woher wissen Sie, daß davon keine akute Gefährdung für die sachsen-anhaltinische Bevölkerung ausgeht?
Weder ein freigesetztes Strahlungspotential noch irgendwelche sonstigen Hinweise lassen darauf schließen, daß mit Strahlungsgefährdung über Tage zu rechnen ist. Dies bestätigen auch die vorliegenden Analysen und Gutachten zum Endlager insgesamt.
Die zweite Zusatzfrage.
Trifft die Aussage der Bundesumweltministerin zu, daß keine formale Anmeldung der zwischengelagerten radioaktiven Stoffe für eine Landessammelstelle erfolgt ist, sondern nur eine Ankündigung?
Wir sind auf Grund der Art und Weise, wie die bisherige Regierung des Landes SachsenAnhalt diese Ankündigung aufgenommen hat, davon ausgegangen, daß sie ihre Pflichten erfüllen wird und daß sie zunächst eine Landessammelstelle errichten wird, in die die zwischengelagerten Abfälle zu verbringen jederzeit problemlos möglich gewesen wäre.
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Das Wort zu einer Zusatzfrage hat jetzt die Abgeordnete Buntenbach.
Herr Staatssekretär, wenn der Bund der Auffassung ist, daß die zwischengelagerten radioaktiven Stoffe in eine Landessammelstelle gehören - das ist eine Auffassung, die weder wir noch das Land Sachsen-Anhalt teilen -, und das Land seit 1991 nichts in die Wege geleitet hat, weshalb hat denn dann der Bund nicht selbst die Initiative ergriffen? Das wäre ja nicht das erste Mal. Schließlich ist der Bund als Aufsichtsbehörde sonst immer schnell bei der Hand, um seine Rechtsauffassung durchzudrücken.
Der Bund hat bis 1994 mit dem Land Sachsen-Anhalt beispielsweise bei der Ausweisung von möglichen Standorten für eine solche Landessammelstelle aktiv zusammengearbeitet. Diese Zusammenarbeit hat sich im Jahre 1994 abgekühlt, um es vorsichtig auszudrücken, und ist 1995 dahin gehend umgeschlagen, daß sich das Land SachsenAnhalt weigert, eine solche Stelle einzurichten. Nun muß der Bund weitergehende Überlegungen anstellen.
({0})
Wollen Sie eine zweite Zusatzfrage stellen? - Bitte.
Ich könnte die Frage meines Kollegen Fischer aufnehmen und mich erkundigen, was denn 1994 die Beziehungen so einschneidend verändert hat.
Jetzt muß ich eine Bemerkung zum Verfahren machen, Frau Präsidentin. Erstens lehne ich es ab, eine solche Frage zu beantworten, weil es eine Suggestivfrage ist.
Zweitens. Nach meiner Kenntnis hat jeder, der nicht selber eine Frage gestellt hat, die Möglichkeit, nur eine Zusatzfrage zu stellen.
Es ist folgendermaßen: Die Regeln besagen, daß jeder, der nicht selbst eine Frage gestellt hat, eine Zusatzfrage stellen darf. Da Sie aber zwei Fragen zusammen beantwortet haben, kann jeder, der nachfragt, zu jeder der beiden Fragen eine Zusatzfrage stellen. Das war also korrekt.
({0})
Allerdings ist es in der Fragestunde so, daß jeder möglichst nur eine Frage stellen soll, weil jeder die Möglichkeit zur Nachfrage haben soll.
Trotzdem lehne ich es ab, die Suggestiv-frage nach den Ereignissen im Jahre 1994 zu beantworten.
Ich rufe die Zusatzfrage der Abgeordneten Höfken auf. - Ich möchte den Kollegen sagen: Ich habe Ihre Wortmeldungen alle registriert. Sie können sich also wieder setzen; das lange Stehen ist zu anstrengend.
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Sie sehen, ich passe auf, daß Sie nicht stolpern, daß Sie nicht zu lange stehen müssen. Das ist nur fair.
Bitte, Zusatzfrage der Abgeordneten Höfken.
Ich möchte fragen: Wo sind die anderen Kobaltquellen aus der ehemaligen DDR verblieben?
Ich muß Ihnen ganz ehrlich sagen, daß ich an dieser Stelle überfragt bin. Ich bin davon ausgegangen, daß die Kobaltquellen, die geborgen worden sind, in das Endlager Morsleben bzw. in andere Landessammelstellen verbracht wurden, die in den neuen Bundesländern errichtet wurden.
({0})
Dies kann ich Ihnen gerne schriftlich beantworten.
Zusatzfrage der Abgeordneten Lemke.
Herr Klinkert, Sie haben heute mehrfach schwere Vorwürfe gegen die Landesregierung Sachsen-Anhalt erhoben, die ich hiermit entschieden zurückweise, weil sie unbegründet sind.
Ich möchte Sie fragen, ob es den Tatsachen entspricht, daß das BMU in den letzten Tagen dem Umweltministerium von Sachsen-Anhalt ein Schreiben zugeleitet hat, in dem das BMU aus ökonomischen Gründen begrüßt, daß das Land SachsenSteffi Lemke
Anhalt keine eigene Landessammelstelle errichtet, sondern sich bemüht, gemeinsam mit einem anderen Bundesland eine Landessammelstelle zu errichten, so daß Ihnen offensichtlich bekannt ist, daß sich eine Landessammelstelle in der Errichtungsphase befindet.
Zunächst: Ich kenne ein solches Schreiben nicht.
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Daß das Land Sachsen-Anhalt mit einem anderen Land eine gemeinsame Landessammelstelle errichtet, ist grundsätzlich möglich. Dann muß es zu dieser Errichtung irgendwann aber auch einmal kommen. Die Landessammelstelle muß dann die Pflichten erfüllen, die dem Land mit Blick auf die zwischengelagerten Stoffe von Morsleben aufzuerlegen sind.
({1})
Möchten Sie eine zweite Zusatzfrage stellen?
Ja. Ich möchte nicht weiter auf das von Ihnen Gesagte eingehen, sondern ich möchte vielmehr eine zweite Zusatzfrage zu einem anderen Punkt stellen.
Sie sagten, daß die Abfälle samt und sonders in eine Landessammelstelle kommen sollten, die Frau Merkel letzte Woche im Umweltausschuß aufgeführt hat. Das Strahlungspotential dieser Abfälle ist aber größer als das der Abfälle, die jemals in eine Landessammelstelle verbracht wurden. Auf welche Art und Weise haben Sie überprüft, daß diese Abfälle für eine Landessammelstelle geeignet sind? Gibt es einen Bericht, eine schriftliche Äußerung, einen Briefwechsel oder was auch immer?
Nach mir vorliegenden Informationen trifft das, was Sie soeben ausgeführt haben, nicht zu, daß also das Strahlungspotential der Stoffe größer ist als das von Stoffen, die jemals in eine Landessammelstelle verbracht wurden. Das Strahlungspotential ist auf jeden Fall nicht so groß, daß man es nicht durch ganz normale, herkömmliche Baumaßnahmen einer solchen Landessammelstelle beherrschen könnte.
Zusatzfrage des Abgeordneten Köhne.
Herr Staatssekretär, wenn ich Sie richtig verstanden habe, haben Sie gesagt: Sie haben eine Endlagerung der Neutronenquellen nicht vor, und Sie haben sich deshalb selbst genehmigt, daß Sie zwischenlagern dürfen. In diesem Zusammenhang stelle ich zunächst einmal die Frage: Sind diese Neutronenquellen nach den internationalen Normen hochradioaktiv? Das ist bei der Beurteilung dieses Vorganges eine wichtige Frage.
Keine der in Morsleben lagernden Materialien sind nach dem Standard der IAEA als hochradioaktiv einzuschätzen.
Zweite Frage. Sie reden sich im Grunde genommen immer damit heraus, daß Sie sagen: Das Ganze liegt deshalb dort unten und wird zwischengelagert, weil es in eine Landessammelstelle gehört. Sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß eine Landessammelstelle schon vom Namen her eine Stelle ist, bei der das Material gesammelt wird und von der aus es dann in ein Endlager verbracht werden müßte?
Erstens rede ich mich nicht heraus, sondern erkläre. Zweitens ist das selbstverständlich auch der richtige, gesetzlich vorgeschriebene Weg, wobei die Verbringung nicht nur in ein Endlager möglich ist, sondern über Konditionierung auch in ein anderes Zwischenlager und drittens auch in eine Verwertung.
Jetzt kommt die Zusatzfrage des Abgeordneten Hornung.
Herr Staatssekretär, nach den intensiven Fragen meiner Kollegen hat mich natürlich tiefe Sorge um die Gefährlichkeit dieses radioaktiven Materials erfaßt. Ist es richtig, daß dieses Material, von dem die Rede ist, oder zumindest ein großer Teil davon in Sachsen-Anhalt zur Reinigung des Trinkwassers, also dessen, was wir als Lebensmittel für die Menschen bezeichnen, benutzt worden ist?
Das ist richtig. Aber es ist heute nicht mehr üblich, diese Verfahrensweise anzuwenden. Es war üblich, in Brunnen diese Strahlungsquellen in einer Tiefe von 20, 30 oder 50 Metern zu installieren. Dadurch wurden Bakterien bekämpft, die ihrerseits, wenn sie nicht bekämpft worden wären, zu einer sehr starken Verockerung der Brunnen geführt hätten.
Eine zweite Frage: Sie bestätigen also, daß Trinkwasser damit gereinigt worden ist und daß das Material, das heute nicht mehr gebraucht wird, das große, schwierige Potential, das diskutiert worden ist, darstellt?
Ganz streng genommen, Herr Kollege, ist
nicht das Trinkwasser gereinigt worden, sondern es wurden die Bakterien bekämpft, um zu verhindern, daß Ockerstoffe in dem Trinkwasserbrunnen auf treten.
Zusatzfrage der Abgeordneten Wolf.
Herr Staatssekretär, ich möchte Sie fragen, ob Sie bereit sind, zur Kenntnis zu nehmen, daß das Atomgesetz keinesfalls vorsieht, daß jedes Land eine Landessammelstelle in seinen eigenen Grenzen einrichtet.
Zum zweiten möchte ich Sie fragen, ob in der Bundesrepublik Deutschland die Reinigung von Trinkwasser durch Kobalt rechtlich zulässig ist.
Zu den Landessammelstellen: Selbstverständlich ist es auch nach dem Atomgesetz möglich, daß sich mehrere Länder zusammentun und gemeinsam eine Landessammelstelle nutzen. Nur müssen solche Aktivitäten auch erfolgen.
({0})
Soweit sich Ihre Frage auf Sachsen-Anhalt bezieht, ist zu sagen, daß diese Aktivitäten - nachdem man sich zunächst sehr lange vollständig verweigert hat -, eine gemeinsame Landessammelstelle zu nutzen, für uns erst in den letzten Tagen erkennbar geworden sind.
Die Behandlung von Trinkwasser oder von Brunnen mit Strahlungsquellen ist in der Bundesrepublik Deutschland nicht üblich und nicht gestattet.
Zusatzfrage des Abgeordneten Kubatschka.
Herr Staatssekretär, was ist außer Kobaltquellen und Neutronenquellen an radioaktiven Materialien dort noch eingelagert worden?
Wir haben insgesamt an vier verschiedenen Stellen Zwischenlagerungen von radioaktiven Quellen im Endlager Morsleben. Zum einen sind es im sogenannten Bohrloch A 2 Kobalt 60-Quellen und Cäsium 137-Quellen sowie Europiumstäbe. Diese sind in den fünf Spezialcontainern dieses Bohrloches untergebracht. Zum zweiten sind im Bohrloch A 1 ebenfalls Kobalt 60-Quellen untergebracht. Am dritten Standort, in der Nordstrecke, befinden sich Neutronenquellen. An der vierten Stelle befindet sich ein
250-Liter-Faß mit radiumhaltigen Stoffen vor allen Dingen aus der medizinischen Verwertung.
({0})
- Das ist im einzelnen nicht mehr in jedem Fall nachvollziehbar. Ich hatte Ihnen diese Antwort bereits am Anfang gegeben. Ein Teil stammt aus dem ehemaligen Kombinat Bruno Leuschner, ein Teil stammt aus der Brunnenbehandlung, ein Teil aus der Medizin. Da gibt es sehr unterschiedliche Quellen.
Herr Staatssekretär, Sie haben hier einen schweren Stand. Fragen, die ich noch nicht zugelassen habe, müssen Sie nicht gleich beantworten. So bekommen Sie eine kleine Pause.
Ich rufe jetzt die Zusatzfrage der Abgeordneten Hustedt auf.
Herr Staatssekretär, können Sie mir das Rechtskonstrukt der eigenaufsichtlichen Weisung genauer schildern?
Die Zwischenlagerung insgesamt erfolgt über die Dauerbetriebsgenehmigung vom 22. April 1986. Diese ist in bundesdeutsches Recht übernommen worden und gilt fort bis zum Jahre 2000. Sie beinhaltet auch die Zwischenlagerung der in Frage kommenden Materialien.
Dies wird ergänzt durch die fortgeltende Zustimmung und Genehmigung des Staatlichen Amtes für Atom- und Strahlenschutz und unterliegt der Eigenaufsicht des Bundesamtes für Strahlenschutz. So ist es juristisch ganz korrekt ausgedrückt.
Eine zweite Frage. Es gab bezüglich der Stoffe, die in Morsleben eingelagert sind, immer wieder Nachmeldungen. Frau Merkel hat im Umweltausschuß von einem Wirrwarr in den Genehmigungsakten der ehemaligen DDR gesprochen. Sind Sie eigentlich inzwischen sicher, daß Sie wissen, was dort liegt?
In der Zwischenzeit steht fest, welche Strahlungsquellen als zwischengelagerte Quellen im Endlager Morsleben anzunehmen sind.
Weitere Zusatzfragen zur Frage 21 liegen nicht vor. Ich rufe jetzt die Frage 22 auf:
In welchem Zustand ({0}) befinden sich die zwischengelagerten radioaktiven Stoffe im Endlager Morsleben, und welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Rückholbarkeit dieser Stoffe?
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
Ich gehe davon aus, daß die Frage 23 damit im Zusammenhang steht, so daß ich auch die Frage 23 aufrufe:
Was hat die Bundesregierung seit 1991 unternommen, um den Zustand der Zwischenlagerung radioaktiver Abfälle im Endlager Morsleben zu beenden?
Ich bitte allerdings um Verständnis, daß sich manches aus der fruchtbaren Diskussion, die wir eben hatten, wiederholen wird.
Bei den zwischengelagerten radioaktiven Stoffen handelt es sich um Neutronenquellen und radiumhaltige Abfälle, die zugänglich gelagert sind. Daneben befinden sich in sieben Spezialcontainern Kobalt 60- und Cäsium 137-Quellen sowie Europiumstäbe; diese wiederum sind in zwei Bohrlöchern aufbewahrt.
Der äußere Zustand der zugänglichen radioaktiven Stoffe ist unbedenklich und läßt eine sichere Handhabung zu. Bei den in den zwei Bohrlöchern befindlichen sieben Spezialcontainern mit radioaktiven Stoffen wurde in den letzten Jahren die Rückholbarkeit der jeweils obersten Container periodisch - etwa halbjährlich - kontrolliert und nachgewiesen. Hinweise auf eine Verschlechterung des äußeren Zustands konnten nicht festgestellt werden. Die letzte dieser Überprüfungen wurde am 23. November 1995 durchgeführt.
An der zwecks Rückholbarkeit der Container in die beiden Bohrlöcher eingebrachten Verrohrung wurde bei jeder Rückholbarkeitsprüfung Abrieb in Form von Korrosionsmaterial festgestellt. Ein negativer Einfluß auf die Handhabbarkeit des jeweils obersten Containers war nicht feststellbar.
Es ist vorgesehen, im Laufe dieses Jahres eine umfassende Kontrolle der Rückholbarkeit aller Container vorzunehmen. Eine diese Maßnahme gestattende bergrechtliche Zulassung wurde im August 1995 bei dem dafür zuständigen Bergamt Staßfurt beantragt.
Zusammenfassend ist festzustellen, daß es derzeit keine Hinweise gibt, die Bedenken gegen einen sicheren Zustand der zwischengelagerten Stoffe begründen könnten.
Zusatzfrage.
Habe ich Sie eben richtig verstanden, daß es bisher keine umfassende Prüfung der Rückholbarkeit gegeben hat?
Ich hatte ausgeführt: Bei den beiden Bohrlöchern wurde jeweils der oberste Behälter kontrolliert. Ferner wurde die Wandung des Ausfüllmaterials des Bohrloches kontrolliert. Dabei gab es keinerlei Rückschlüsse darauf, daß irgendwelche negativen
Veränderungen zu verzeichnen sind, so daß man es bei dieser Kontrolle belassen konnte.
Wie können Sie, wenn noch keine vollständige Überprüfung stattgefunden hat, ausschließen - das erschließt sich mir logisch nicht -, daß die tiefer lagernden Fässer sehr wohl mit Problemen behaftet sein können, und sagen, daß sie eventuell in Morsleben verbleiben müßten, weil sie eben nicht mehr rückholbar sind?
Jetzt muß ich Ihnen die geometrischen Dimensionen erläutern. Bei diesen Containern handelt es sich um Behälter, die einen Durchmesser von 10 Zentimetern und eine Länge von 50 Zentimetern haben. Es sind maximal fünf übereinander in einem Bohrloch abgestapelt. Wenn man fünf bzw. zwei dieser Behälter hat und sich den obersten betrachtet, kann man mit Sicherheit darauf schließen, daß es keine negativen Veränderungen an den anderen Behältern gibt. Eine eventuell nicht gegebene Rückholbarkeit ist völlig ausgeschlossen.
Auch das ist nicht logisch.
Habe ich jetzt vier Nachfragen auf einmal?
Ja, Sie haben vier, müssen sie jedoch nicht ausschöpfen.
Ich nehme sie ganz gerne in Anspruch.
Auf Grund der Aussage, die Sie soeben getätigt haben, möchte ich gern nachfragen, ob auch die Zwischenlagerung dieser Stoffe durch die Dauerbetriebsgenehmigung abgedeckt ist. Frau Merkel hat dazu letzte Woche im Umweltausschuß etwas anderes ausgeführt. Sie sagte, daß ebendiese Genehmigung für die Zwischenlagerung 1991 ausgelaufen und deshalb die eigenaufsichtliche Anweisung erfolgt sei. Ich sehe hier einen Widerspruch. Könnten Sie das vielleicht erläutern?
Das sind Zusammenhänge, die einander bedingen. Die Zwischenlagerung war zunächst bis 1991 vorgesehen, ist aber durch entsprechende Optionen, die auch in der Dauerbetriebsgenehmigung enthalten sind, verlängert worden.
Nun hat Frau Merkel im Umweltausschuß auch ausgeführt, daß es einen Wirrwarr in den Unterlagen gegeben hat. Vielleicht liegt es daran, daß Sie das selber offensichtlich nicht auseinanderdividieren können.
Wenn es diesen Wirrwarr in den Unterlagen gibt, wie können Sie dann ausschließen, daß dort unten
noch weitere Stoffe vorhanden sind, von denen Sie vielleicht noch nichts wissen? Denn offensichtlich sind Sie gar nicht genau darüber informiert, welche Unterlagen wem vorliegen.
Die Stellen, an denen Materialien zwischengelagert werden, sind genau lokalisiert. Sie sind auch genau überprüfbar. In der Zwischenzeit hat eine Aufarbeitung der Materialien stattgefunden, so daß es inzwischen keine Hinweise mehr darauf gibt, daß weitere, bisher nicht identifizierte Strahlungsquellen zwischengelagert sind bzw. daß der Umfang der dokumentierten zwischengelagerten Stoffe nicht mit den Angaben in den Dokumenten übereinstimmt.
Eine Zusatzfrage der Abgeordneten Mehl.
Herr Klinkert, Sie sprachen vorhin davon, daß bei den eingelagerten Behältern eine sichere Handhabung gewährleistet sei. Sie haben wohl nicht die Absicht, wenn es nicht notwendig ist, diese Behälter herauszunehmen. Worin besteht die sichere Handhabung der stehenden Behälter?
Es gibt überhaupt keine unlösbaren technischen Schwierigkeiten, an diese Behälter heranzukommen, sie aus der Verrohrung herauszuziehen und, wenn es nötig ist - so sich irgendeine andere Verwendung ergibt oder sich eine Landessammelstelle bereit erklärt, diese aufzunehmen -, dann auch zu transportieren.
Was wäre eine „andere Verwendung", die Sie eben ins Auge faßten?
Entschuldigung, Frau Mehl, aber das habe ich heute schon mindestens zweimal ausgeführt. Eine andere Verwendung wäre eine Konditionierung für ein Endlager bzw. eine Aufbereitung zur weiteren Verwendung.
({0})
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Küster.
Herr Staatssekretär, mir fiel eine Formulierung auf, die man so nicht gebraucht, wenn man sicher ist. Sind Sie sicher, daß alle Strahlungsquellen, die dort eingelagert worden sind, inzwischen identifiziert worden sind? Können Sie genau sagen, was wo ist?
Ja.
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Eine Zusatzfrage der Abgeordneten Schönberger.
Herr Klinkert, Sie haben gesagt, daß die Genehmigung durch die Dauerbetriebsgenehmigung für das Endlager Morsleben abgedeckt ist und damit durch die Eigenaufsicht. Nun ist es so, daß es sich hier um die Zwischenlagerung von Stoffen in einem Endlager handelt. Ist es richtig, daß in dem Untertagemeßfeld, wo fünf Spezialcontainer sind, diese Abfälle nicht von der Dauerbetriebsgenehmigung umfaßt sind?
Bei der Erteilung der Dauerbetriebsgenehmigung wurde seinerzeit davon ausgegangen, daß einige Stoffe in diesem Lager sogar endgelagert werden. Dies ist aber heute nicht mehr möglich. Schon deshalb ist ein Teil dieser Materialien dort nur zwischenlagerfähig.
Sie haben mir meine Frage wieder nicht beantwortet. Ich habe eine konkrete Frage nach ganz bestimmten Abfällen, die dort gelagert werden, gestellt. Ich habe das Gefühl, daß Sie vielleicht etwas durcheinanderbringen, was in welchem Meßfeld lagert.
Teilen Sie denn die juristisch ausgearbeitete Auffassung, daß sich die Eigenaufsicht des Bundesamtes für Strahlenschutz auf seine gesetzlich zugewiesenen hoheitlichen Aufgaben beschränkt, also auf die Aufgaben, die im Zusammenhang mit der Endlagerung im Endlager Morsleben stehen, nicht aber auf Fragen, die mit der Zwischenlagerung in diesem Endlager zu tun haben, erstreckt? Bei der Zwischenlagerung greifen ja nicht die Eigenaufsicht des Bundesamtes für Strahlenschutz - das ist für die Endlagerung zuständig - und insofern auch nicht die Anordnungen, die im Rahmen dieser Eigenaufsicht erteilt worden sind.
Zunächst einmal bringe ich nicht durcheinander, was wo abgelagert ist, weil ich mich nämlich bei der Schilderung dessen immer auf die mir vorliegenden Unterlagen beziehe. Darin steht das eindeutig.
Zum anderen muß man davon ausgehen, daß das BfS natürlich auch eine Gesamtaufsicht über das Endlager Morsleben hat. Wenn in diesem Endlager Morsleben radioaktive Stoffe zwischengelagert sind,
so bezieht sich die Pflicht der Aufsicht auch auf diese Stoffe.
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Eine weitere Zusatzfrage ist nicht zulässig.
Die nächste Zusatzfrage hat die Abgeordnete Dr. Renate Hellwig.
Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß die Ministerin in der letzten Ausschußsitzung als Anschauungsmaterial einen dieser Kobaltstäbe - sprich: eine dieser gefährlichen Kobaltbomben - in einem Plastiktäschchen dabeihatte, ohne daß der gesamte Ausschuß bereits in den Strahlentod gegangen ist?
({0})
Frau Kollegin Hellwig, das trifft nur insofern zu, als es nicht ein - wenn ich das so sagen darf -„scharfer" Gegenstand war. Er diente zur Verdeutlichung der geometrischen Dimension, hat aber seinerseits zu einigem Erstaunen der anwesenden Abgeordneten geführt, die sich wer weiß was unter den in Morsleben zwischengelagerten Strahlungsquellen vorgestellt haben.
Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß dieses Problem wesentlich leichter lösbar wäre, wenn der Bund in der Lage wäre, zum Zwecke der Einrichtung eines solchen Zwischenlagers in Form des Enteignungsverfahrens ein Stück des Landes von Sachsen-Anhalt zum direkten Bundesgebiet erklären und dort ein solches Zwischenlager einrichten zu können?
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Betrachten Sie es nicht auch als einen ausgesprochenen Nachteil, daß der Bund über kein eigenes Gebiet verfügt?
Frau Kollegin, rühren Sie doch nicht an den Grundfesten des Föderalismus!
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Frau Kollegin, auf den ersten Blick mag dieser Vorschlag plausibel erscheinen, aber ich bitte um Verständnis, daß es an dieser Stelle nicht möglich ist, über Änderungen des Atomgesetzes zu spekulieren. In diesem Gesetz gibt es eindeutige Vorschriften, die leider vom Land Sachsen-Anhalt nicht eingehalten werden.
Eine Zusatzfrage der Abgeordneten Eichstädt-Bohlig.
Ich bin von den zwei Vorschlägen der Kollegin der CDU absolut fasziniert: erstens im Bundestag eine Art Bundessammelstelle einzurichten und dafür Ausschußsäle bereitzustellen und zweitens ein Stück von Sachsen-Anhalt zu enteignen.
Meine Frage bezieht sich auf das, was Sie anfangs auf die Fragen der Abgeordneten Ursula Schönberger gesagt haben. Ich weiß nicht, ob ich es richtig verstanden habe, daß die zwischengelagerten Stoffe, die etwa 83 Prozent des radioaktiven Inventars von Morsleben ausmachen, nicht im Sicherheitsbericht berücksichtigt sind. Wenn dies so ist, dann lautet meine Frage: Wo sind sie zusammengestellt, dargestellt und berücksichtigt?
Ich gehe davon aus, daß der Sicherheitsbericht die Tatsache der Zwischenlagerung anerkennt und insgesamt die Strahlendosis der von dort ausgehenden Strahlung berücksichtigt.
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Wie kann ich das „Ich gehe davon aus" verstehen? Ich denke, wir wollen darüber Sicherheit haben. Das ist bei diesen radioaktiven Stoffen kein Spaziergang, den man einfach nur als Abwägungsaspekt betrachten kann.
Ulrich Klinkert, Pari. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Wenn ich sage „Ich gehe davon aus", dann unterstelle ich, daß das von der Gesamtstrahlendosis beachtet wird.
Das war deutlich. Danke schön.
Der Abgeordnete Küster hat noch eine Nachfragemöglichkeit.
Herr Staatssekretär, ich unterstelle, daß wir in folgender Betrachtung übereinstimmen: daß die Stoffe, die zur Zeit in der Diskussion strittig sind, nicht nach Morsleben gehören. Jetzt gibt es also ein Schwarzer-Peter-Spiel zwischen Land und Bund. Das können wir feststellen. Sind Sie mit mir der Meinung, daß diese Stoffe auch nicht einer Landessammelstelle zugeführt werden sollten, weil sie eigentlich in ein Endlager gehören? Sie stellen es aber so dar, als ob wir Morsleben als Endlager benutzen könnten.
Nein, die Stoffe sind in einer KonditionieParl. Staatssekretär Ulrich Klinkert
rung, so daß sie - warum, kann ich Ihnen im Detail nicht schildern - in Morsleben nicht endlagerungsfähig wären.
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An dieser Stelle gebe ich Ihnen recht, wenn Sie sagen, die Stoffe gehören dort nicht hinein. Sie müssen über ein Zwischenlager so behandelt und konditioniert werden, daß sie entweder weiterverwandt oder endgelagert werden können. Aber die Frage der Endlagerung ist keine Frage, die ausschließlich der Bundesregierung zu stellen ist.
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Herr Küster, Sie dürfen jetzt nicht mehr fragen, sondern der Abgeordnete Behrendt.
Herr Staatssekretär, da Sie sich immer wieder auf Landessammelstellen kaprizieren, habe ich die Frage an Sie: Gibt es ein fundiertes Gutachten darüber, inwieweit der Transport der Container ein Gefahrenpotential darstellen könnte und inwieweit bei einer Einlagerung in Landessammelstellen die Anwohner bei Bränden oder ähnlichen Unglücksfällen hinreichend gesichert wären?
Meine zweite Zusatzfrage: Würden Sie mir zustimmen, daß eine gewisse Abfallkategorie, wie der Abfalltyp A 1/F 6 - dazu gehören auch die Europiumstäbe -, gar nicht in Landessammelstellen auf genommen werden darf und daß insoweit Ihre Argumentation ins Leere geht?
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Zunächst einmal sind die in Frage kommenden Materialien von ihrem Volumen, von ihrem Umfang und von der Strahlenintensität her in einem Zustand, daß sie bei einem möglichen Transport überhaupt keine Gefahr für die Bevölkerung oder für die Umwelt darstellen. Sie wären auch in einer Landessammelstelle dauerhaft sicher ablagerbar.
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- Entschuldigung, in einer Landessammelstelle zwischenlagerbar.
Der Frage, inwieweit hierunter die Europiumstäbe fallen, gehe ich noch einmal nach.
Darf ich darauf eine schriftliche Antwort erwarten? - Danke.
Eine Zusatzfrage der Abgeordneten Buntenbach.
Zu den Stoffen, die nach Morsleben verbracht worden sind: Der für das ERAM zuständige Minister der DDR Pflugbeil geht in einem Interview in der „Süddeutschen Zeitung" vom 25. Januar 1996 davon aus, daß weitere hochradioaktive Stoffe nach Morsleben verbracht worden sind. Teilt die Bundesregierung diese Auffassung?
Die Bundesregierung teilt erstens nicht diese Auffassung, und zweitens weist die Bundesregierung noch einmal darauf hin, daß überhaupt keine hochradioaktiven Stoffe nach Morsleben verbracht worden sind.
Was hat die Bundesregierung bisher unternommen, um die Bedenken, die an dieser Stelle von jemandem vorgetragen werden, der durchaus über einige Kenntnisse über dieses Verfahren verfügt, überhaupt zu prüfen und gegebenenfalls auszuräumen?
Diese Bedenken, die von einem ehemaligen Minister gegenüber Pressevertretern geäußert worden sind, sind in keiner Weise von der Bundesregierung nachvollziehbar. Es wäre sehr hilfreich und würde der Verantwortung eines ehemaligen Ministers entsprechen, wenn er seine Bedenken etwas näher beschreiben und der Bundesregierung direkt zukommen lassen würde. Allein auf Grund vager Mutmaßungen konnten wir nichts feststellen und werden wir keine intensiven Nachforschungen einleiten können und müssen.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Weis, Stendal.
Herr Staatssekretär, auf die Frage der Kollegin Hellwig nach der Attrappe, die die Ministerin in die Ausschußsitzung mitgebracht hat, haben Sie befriedigt festgestellt, daß die kleinen geometrischen Abmessungen der Attrappe bei einigen Ausschußmitglieder Verwunderung und Beruhigung ausgelöst haben.
Ich frage Sie, ob Sie mit mir darin übereinstimmen, daß die geometrischen Abmessungen von radioaktiven Strahlenquellen überhaupt kein Indiz dafür sind, wie gefährlich oder ungefährlich diese sind.
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Da gebe ich Ihnen selbstverständlich recht. Trotzdem ist das Bild einiger Abgeordneter,
um welche Volumina es sich unter Tage handelt, korrigiert worden.
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Eine Zusatzfrage der Abgeordneten Hustedt.
Ich möchte noch einmal auf die eigenaufsichtliche Weisung zurückkommen. Ich fasse einmal zusammen: Sie haben eigentlich nicht das Recht, für ein Zwischenlager eine Weisung zu erteilen; vielmehr muß das Land dies genehmigen. Sie haben sich selbst dennoch die Genehmigung erteilt - das ist also eine eigenaufsichtliche Weisung - und befinden sich damit - stimmen Sie mir zu? - in einem rechtswidrigen Zustand.
Nein, da stimme ich Ihnen nicht zu. Sie gehen von der reinen Lehre des Atomgesetzes der Bundesrepublik Deutschland aus und verkennen vollständig, daß es sich hier um einen Zustand handelt, der durch den Übergang von einem Rechtssystem in das andere entstanden ist. Deswegen ist im Einigungsvertrag die Dauergenehmigung, die aus dem Jahre 1986 datiert, ausdrücklich bis zum Jahre 2000 verlängert worden. In diesem Kompromißfeld muß sich auch die Zwischenlagerung bewegen.
Sie stimmen mir aber darin zu, daß der Bund - das wird auch durch rechtliche Gutachten unterstützt - Eigentümer dieses Mülls ist und nicht das Land Sachsen-Anhalt?
Er ist im Besitz dieses Mülls. Die Eigentumsfrage wäre an anderer Stelle zu klären. Aus dem Besitz und der Verantwortung des Landes SachsenAnhalt heraus habe ich die Schlußfolgerung abgeleitet, die ich in den letzten Antworten bereits zur Kenntnis gegeben habe.
Eine Zusatzfrage der Abgeordneten Höfken.
Haben Sie einen Vergleich angestellt, was es kosten würde, die betreffenden Quellen in der Landessammelstelle unterzubringen? Wenn ja: Um wieviel billiger oder teurer wäre diese Variante gegenüber dem Angebot der Firma Ammershan & Buchlar gewesen?
Diesen Vergleich anzustellen ist nicht
Aufgabe der Bundesregierung. Das hätte allenfalls das Land Sachsen-Anhalt tun müssen; denn eine solche Abwägung läge in dessen Verantwortung.
Der Preis der privaten Verwertung bewegte sich in einer Größenordnung von mehreren hunderttausend D-Mark. Wenn Sie davon ausgehen, daß eine Landessammelstelle nicht nur für das Volumen an radioaktivem Material gebaut wird, über das wir heute hier sprechen, kann man an dieser Stelle keine eindeutige Tendenz dahin gehend erkennen, was billiger wäre.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Beck.
Herr Staatssekretär, Sie haben gerade ausgeführt, man solle nicht von der reinen Lehre des bundesdeutschen Atomrechts ausgehen, und vorher gesagt, daß der Müll, der dort eingelagert sei, nicht hochradioaktiv sei.
Es handelt sich um Müll der Strahlenklassen S 5 und S 6. Wie bewerten Sie die Tatsache, daß Müll dieser Strahlenklassen nach DDR-Recht als hochradioaktiver Müll eingestuft worden war? Wie erklären Sie sich die Differenz in der Bewertung?
Zunächst einmal ist die Einstufung in schwach-, mittel- oder hochradioaktiv keine juristisch belastbare Einstufung nach dem Atomgesetz. Das Atomrecht sieht Strahlengrenzwerte vor. Nach diesen Grenzwerten und den zur Zeit gängigen Einschätzungen der Internationalen Atomenergieagentur ist dieser Müll allenfalls als mittelradioaktiv einzuschätzen.
Wir kommen damit zur Frage 24 des Abgeordneten Dr. Uwe Küster:
Welche mittel- bis hochradioaktiven Stoffe werden im Endlager Morsleben gelagert, die nicht durch die Betriebsgenehmigung aus dem Jahre 1986 gedeckt werden?
In das Endlager für radioaktive Abfälle Morsleben wurden nur solche radioaktiven Stoffe eingebracht, die in Übereinstimmung mit der Dauerbetriebsgenehmigung vom 22. April 1986 und den Zustimmungen des damals zuständigen Staatlichen Amtes für Atomsicherheit und Strahlenschutz der ehemaligen DDR stehen. In das Endlager Morsleben wurden auch radioaktive Stoffe eingebracht, die nicht zur Endlagerung kamen und deshalb zwischengelagert wurden. Hierzu gehören neben Neutronenquellen und radiumhaltigen Stoffen sieben Spezialcontainer mit Kobalt-60- und Cäsium-137-Quellen sowie Europiumstäben.
Die Zwischenlagerung dieser radioaktiven Stoffe erfolgt auf Grund der Dauerbetriebsgenehmigung,
einer Zustimmung des Staatlichen Amtes für Strahlenschutz sowie aufsichtlicher Anordnungen des Bundesamtes für Strahlenschutz. Sollten weitere Rechtsprüfungen hinsichtlich der Lagerung von acht mit anderen Quellen in einem Behälter vermischten Neutronenquellen zu dem Ergebnis führen, daß hierfür keine ausreichend belastbare Rechtsgrundlage vorhanden sein sollte, wird das BfS unverzüglich eigenaufsichtlich tätig werden.
Hochradioaktive Materialien werden in Morsleben weder zwischen- noch endgelagert. Die in Spezialcontainern zwischengelagerten radioaktiven Materialien sind nach der Klassifizierung der Internationalen Atomenergieorganisation als mittelradioaktiv einzustufen.
Ich deutete, Frau Präsidentin, bereits an, daß sich jetzt sicherlich einiges wiederholen wird.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, Sie haben recht, es wurde schon einiges vorab geklärt. Ich habe noch eine Nachfrage: Mit welchem Datum ist letztmals etwas zwischengelagert worden, was dort nicht hingehört?
Meines Wissens bezieht sich das auf das Jahr 1990. Ich will das gerne überprüfen; es kann aber nicht später gewesen sein.
Danke.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Köhne.
Herr Staatssekretär, es geht hier ja um die Genehmigung aus dem Jahr 1986. Ist Ihnen bekannt, daß Bestandteil dieser Genehmigung eine Auflage mit der Nummer ERA 2/86 des damals zuständigen SAAS gewesen ist, die der Betreiber damals letztendlich nicht erfüllt hat, da sich im Zuge des Vereinigungsprozesses im Grunde genommen die Situation ergeben hat, daß die Behörde, die die Erfüllung einer Auflage eingefordert hat, nicht mehr existiert und deshalb diese Auflage auch nicht erfüllt worden ist?
Herr Kollege, könnten Sie sich etwas konkreter ausdrücken?
Ich will versuchen, dies konkreter auszudrücken. Es gibt eine Auflage ERA 2/86, die dem damaligen Betreiber überreicht worden ist. Am 29. Juni 1990 wurde dem SAAS eine aktualisierte Dokumentation übergeben mit dem Vermerk:
An Stelle des Sicherheitsberichts vom Juni 1984 ist zukünftig der neue Sicherheitsbericht vom Juni 1990 der Genehmigung zugrunde zu legen.
Weiterhin schreibt der Betreiber:
Eine konkrete Verwahrkonzeption dazu sollte als weiterführende Forschungs- und Entwicklungsaufgabe angefertigt werden. Eine entsprechende Beantwortung der Auflage ERA 2/86 wurde vom SAAS nicht akzeptiert.
So heißt es in dem Bericht des Betreibers.
Ich schließe daraus, daß diese Auflage nicht erfüllt worden ist. Das war im Juni 1990, also noch zu Zeiten der DDR. Nach der Wiedervereinigung wurde das Ganze gesetzmäßig übernommen; es ist nun eine andere Behörde zuständig. Von dieser Auflage ist aber nie wieder die Rede gewesen. Daraus schließe ich, daß das Ganze im Grunde genommen überhaupt nicht genehmigungsfähig ist.
Die Frage ist: Ist Ihnen dieser Vorgang bekannt?
Bei der Fülle von Analysen und Begutachtungen, die über dieses Endlager in der Zwischenzeit erstellt worden sind, kann ich beim besten Willen nicht erkennen, was von diesen vordatierten Auflagen bis heute nicht erfüllt worden ist bzw. sein kann. Ich biete Ihnen aber an, daß wir diese sehr spezielle Frage im direkten Kontakt klären. Aus dem, was Sie gesagt haben, kann ich kein Vollzugsdefizit erkennen.
Eine Zusatzfrage der Abgeordneten Eichstädt-Bohlig.
Sie haben eben erklärt, daß Sie letztlich die Strahlenklasse S 5, S 6 aus DDR-Zeit als mittelradioaktiv einstufen. Ich hätte gern erläutert, wieso das Gesetz der Bundesregierung einen solchen Ermessensspielraum gibt, letztlich selbst zu entscheiden, wo die Grenze zwischen mittelradioaktiv und hochradioaktiv ist.
Ich habe bereits darauf hingewiesen, daß das Atomrecht nicht zwischen Belastungskategorien schwach-, mittel- und hochradioaktiv unterscheidet, sondern daß das Atomgesetz Grenzwerte nach Strahlenintensität und Halbwertzeit setzt. Entsprechend der Strahlenintensität und Halbwertzeit fallen alle diese Stoffe in den Bereich, der nach gängiger Einschätzung der Internationalen Atomenergieorganisation als mittelradioaktiv einzuschätzen ist, und liegen keinesfalls über den Grenzwerten, die für Morsleben vorgegeben sind.
Heißt das eventuell, daß in bezug auf die Grenzwerte noch einmal eine politische Erörterung
I nötig sein wird, damit man das Maß an Radioaktivität wirklich ernst nimmt? Ich habe den Eindruck, als handele es sich bei den strahlenden Stoffen in Morsleben um solche, die wir in ihren Auswirkungen nicht sonderlich ernst zu nehmen haben, weswegen wir sie in Zwischenlagern unterbringen, sie gegebenenfalls einer Aufbereitung zuführen oder gegebenenfalls endlagern, sie also praktisch hin und her im Lande spazierenfahren können.
Erstens haben wir diese Materialen nicht hin und her und schon gar nicht spazierengefahren. Vielmehr lagern sie schon seit Jahren mindestens 500 Meter unter Tage.
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Auch das zeigt, daß das in keiner Weise in irgendeiner Form leichtgenommen wird. Es handelt sich um strahlende Materialien, die entsprechend den Vorschriften im Atomgesetz zu behandeln sind. Da sie nach Atomgesetz zu behandeln sind und für das Endlager Morsleben allenfalls eine befristete Zwischenlagerung gestattet ist, können diese zwischengelagerten Materialien nicht in Morsleben bleiben; sie müssen in andere dafür geeignete Unterbringungsmöglichkeiten verbracht werden.
Ich rufe jetzt die Frage 25 des Abgeordneten Küster auf:
Auf welcher wissenschaftlichen oder sonstigen Grundlage stellte die Bundesregierung bisher fest, daß vom Endlager Morsleben durch den aktuellen Betrieb und für die nächsten zehntausend Jahre keine Gefahren ausgehen können?
Die Bundesregierung, Herr Kollege Küster, stützt ihre Beurteilung auf Berichte des Bundesamtes für Strahlenschutz, auf Gutachten und Stellungnahmen der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe sowie auf gutachterliche Analysen und Berichte der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit und auf weitere einschlägige Expertisen unabhängiger Wissenschaftler und Fachleute. Hierzu gehören auch die Empfehlungen der Reaktorsicherheitskommission und der Strahlenschutzkommission. Im übrigen wird auf die entsprechenden Protokolle des Plenums des Deutschen Bundestages und des Umweltausschusses verwiesen, zum Beispiel auf die Sitzung des Deutschen Bundestages am 30. November 1995, in der wir alle diese Fragen schon einmal sehr ausführlich behandelt haben.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie gewährleisten, daß über das derzeitige Fachwissen hinaus die Sicherheit der Einlagerung nicht in
10, 15, 20 Jahren in Frage gestellt werden wird, und - damit im Zusammenhang - was würden Sie vorschlagen, wie man dann mit dem Endlager umgehen soll?
Auf diese Frage, Herr Küster, möchte ich Ihnen mit einem Zitat antworten:
Aus den geochemischen Untersuchungen von Professor Dr. Hermann vom Institut für Mineralogie und mineralogische Rohstoffe der TU Clausthal vom 1. Januar 1991 bis zum 31. Dezember 1993 ist kein Nachweis einer Gefährdung des ERAM durch Lösungsvorkommen während des laufenden Betriebes abzuleiten.
Dieses Zitat entstammt einer Pressemitteilung des Umweltministeriums des Landes Sachsen-Anhalt, und zwar aus einer Zeit, als dieses Ministerium bereits unter der Leitung von Frau Heidecke stand.
Ich unterstelle, daß, wenn das Gutachten zu anderen Ergebnissen gekommen wäre oder sonst irgendwelche Befürchtungen hinsichtlich der dauernden Sicherheit des Endlagers bestünden, das Umweltministerium des Landes Sachsen-Anhalt dies entsprechend öffentlichgemacht hätte.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, das war genau nicht der Punkt, den ich beantwortet haben wollte. Ich hatte gefragt: Was würden Sie für den Fall vorschlagen, daß wir Erkenntnisse gewinnen, die über das derzeitig vorhandene Fachwissen hinausgehen?
Diese Frage steht überhaupt nicht im Raum, weil alle Fachleute einschätzen, daß das Endlager dauerhaft sicher ist.
Ich rufe die Frage 26 des Abgeordneten Reinhard Weis auf:
Welche Schritte hat die Bundesregierung eingeleitet, die Zwischen- oder Endlagerung hochradioaktiver Strahlenquellen im Endlager Morsleben zu beenden?
Die Dauerbetriebsgenehmigung vom 22. April 1986 gestattet für das Endlager für radioaktive Abfälle in Morsleben die Endlagerung niedrig- bis mittelradioaktiver Abfälle. Nach der Dauerbetriebsgenehmigung werden die Strahlenquellen in den Spezialcontainern der Abfallart A 3 - also umschlossene Strahlenquellen - und der Strahlenschutzgruppe S 5 bzw. den festen radioaktiven Stoffen der Abfallart A 1 und der Strahlenschutzgruppe S 6 zugeordnet.
Die Dauerbetriebsgenehmigung sah die Endlagerung solcher Stoffe nicht vor. Eine Endlagerung dieser Stoffe zum Zweck eines Probebetriebs wurde erst mit der Zustimmung Nr. 7 möglich. Diese vom Staatlichen Amt für Atomsicherheit und Strahlenschutz der ehemaligen DDR am 24. Oktober 1989 erteilte Zusage war bis 31. Dezember 1991 befristet. Aus der Tatsache, daß nur Abfälle S 1 bis S 4 in dem für niedrig- und mittelradioaktive Abfälle genehmigten Endlager endgelagert werden durften, mag man schließen, daß es sich bei den Abfällen S 5 und S 6 um hochradioaktive handelt.
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Nach internationaler Klassifizierung, IAEA, sind die Stoffe in den Spezialcontainern jedoch als mittelradioaktiv-kurzlebig einzustufen. Im übrigen verweise ich auf die bereits gegebenen mündlichen und schriftlichen Antworten.
Ihre Zusatzfrage, bitte. - Keine Zusatzfragen.
Dann rufe ich die Frage 27 des Abgeordneten Reinhard Weis auf:
Können die hochradioaktiven Strahlenquellen in ihren derzeitigen Behältern in eine Landessammelstelle transportiert werden?
Die Spezialcontainer sind für den Transport von Quellen, auch wenn diese, wie ausgeführt, nicht hochradioaktiv sind, nicht vorgesehen. Für den Transport sind vielmehr solche Behälter zu verwenden, die den internationalen Beförderungsvorschriften entsprechen, sofern sich nicht darüber hinausgehende Anforderungen aus den Annahmebedingungen einer Landessammelstelle ergeben sollten.
Zusatzfrage?
Herr Staatssekretär, stehen solche Behälter zur Verfügung, oder sind sie zu entwickeln? Ist ein Genehmigungsverfahren für derartige Transporte noch einzuleiten?
Diese Behälter stehen zur Verfügung, da radioaktive Stoffe von solcher Intensität in der Bundesrepublik Deutschland nicht zum ersten Mal transportiert werden.
Gibt es noch eine Zusatzfrage? - Es gibt keine mehr.
Wir hätten noch zwei Minuten Zeit für die Fortsetzung der Fragestunde. Ich glaube aber nicht, daß es sich lohnt, für diese Zeit einen neuen Geschäftsbereich aufzurufen.
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Herr Parlamentarische Geschäftsführer Schulz erbeten. - Herr Kollege Schulz.
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist sicherlich keine Überraschung für Sie. Die Fragen, die hier zum Zwischenlager in Morsleben gestellt wurden, haben eine Kette weiterer Fragen hervorgerufen, eine echte Kettenreaktion. Insofern beantrage ich im Namen meiner Fraktion, aus dieser Fragestunde heraus eine Aktuelle Stunde zu diesem Thema durchzuführen.
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Bitte schön, Herr Dr. Küster.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fragestunde hat den Eindruck hinterlassen, daß sehr viele Probleme offen sind oder im dunkeln gehalten werden. Die Fraktion der Sozialdemokraten schließt sich dem Antrag der Grünen an.
Die PDS möchte sich anschließen; wer hätte das gedacht. Bitte, Herr Köhne.
Wir schließen uns der Forderung nach einer Aktuellen Stunde an.
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- Ich wollte das nur für das Protokoll dokumentieren.
Sie wissen, daß nach den Richtlinien der Geschäftsordnung, Ziffer 1 Buchstabe b der Anlage 5, der Antrag einer Fraktion zur Einleitung einer Aktuellen Stunde ausreicht. Die Aussprache muß unmittelbar nach Schluß der Fragestunde durchgeführt werden. Das ist der Fall.
Aktuelle Stunde
Zwischenlagerung radioaktiver Stoffe im Endlager Morsleben
Damit eröffne ich die Aussprache und erteile der Abgeordneten Ursula Schönberger das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich den Ausführungen meines Kollegen Schulz anschließen. Daß man Fragen stellt, führt nicht dazu, daß die Sachverhalte klarer werden. Ganz im Gegenteil: Die Antworten des Herrn Staatssekretärs auf die Fragen, die sich im Zusammenhang mit diesem Endlager Morsleben auftun, werden immer unklarer.
Zuerst heißt es in seinen Ausführungen: Es gibt keine rechtlichen Gründe dafür, daß das im Endlager Morsleben zwischengelagerte Material wieder herausgeholt werden muß. Auf Nachfragen, einige Minuten später, sagt er: Die rechtlichen Gründe zwingen uns dazu, vom Land Sachsen-Anhalt zu fordern, eine Landessammelstelle einzurichten, weil wir den Müll wieder aus dem Endlager herausholen müssen.
Zuerst sagt er: Es gibt keine Sicherheitsbedenken, die zu dem Schluß führen, daß diese radioaktiven Stoffe wieder aus dem Endlager heraus müssen. Dann kommt heraus, daß diese Stoffe im Sicherheitsbericht für das Endlager gar nicht berücksichtigt sind. Wenig später sagt der Staatssekretär: Das stimmt gar nicht. Er glaubt - in diesem Zusammenhang kann man, so denke ich, nicht von „glauben" sprechen, in diesem Zusammenhang muß man wissen -, daß diese Stoffe im Sicherheitsbericht für das Endlager Morsleben aufgeführt sind.
Meine Damen und Herren, diese Information des Staatssekretärs ist schlichtweg falsch.
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83 Prozent des in diesem Endlager zwischengelagerten radioaktiven Inventars sind nicht in dem Sicherheitsbericht für das Endlager Morsleben aufgeführt.
Das Bundesumweltministerium weiß seit 1991, daß diese radioaktiven Stoffe in dem Endlager ohne Genehmigung lagern. Zuerst wird dieser Zustand unter den Teppich gekehrt - solange sich die Öffentlichkeit nicht darum kümmert. Das ist verantwortungslos. Sie legen doch immer so großen Wert darauf, Aufsichtsbehörde zu sein. Dann müssen Sie sich auch darum kümmern, was in diesem Endlager zwischenlagert.
Es geht auch nicht, daß Frau Merkel im Umweltausschuß sagt: Ich weiß, daß die Genehmigungslage nicht für alle Stoffe, die dort zwischenlagern, in Ordnung ist, daß nicht bei allen Stoffen stringent verfahren wird; aber was soll ich denn tun? - Ein solch burschikoses Handeln - man kennt es von der Ministerin - kann ja in manchen Dingen nützlich sein, aber nicht bei Verstößen gegen das Atomgesetz.
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Wir müssen so schnell wie möglich über diese Fragen diskutieren - auch heute und hier -: Was bedeutet es für die Sicherheit und die Gesundheit der Menschen, daß in diesem Endlager radioaktive Stoffe zwischenlagern, die dort nicht hingehören? Was bedeutet es für das Rechtsgefüge, wenn eine Bundesumweltministerin zugibt, daß sie sich nicht bis in alle Enden um das Atomgesetz kümmert, sondern darüber hinweggeht mit dem Hinweis, es gebe einen Entsorgungsnotstand, sie wisse nicht, wohin sie mit dem Material soll, und versucht, das dem Land Sachsen-Anhalt in die Schuhe zu schieben?
Darüber müssen wir heute diskutieren. Das muß nämlich Konsequenzen haben: Solange nicht geklärt ist, welche Stoffe dort lagern, solange nicht geklärt
ist, was mit diesen Stoffen passieren kann, solange nicht geklärt ist, welche Auswirkungen das auf die Sicherheit in diesem Endlager hat, muß die Einlagerung in dieses Endlager sofort gestoppt werden. Es kann doch nicht sein, daß Tag für Tag Atommüll in dieses Endlager gekippt wird, ohne daß man berücksichtigt, was dort unten schon alles liegt. Darüber muß sofort diskutiert werden.
Man hat ja schon vieles im Laufe der Amtszeit der Frau Ministerin erlebt. Aber was sie sich letzte Woche im Umweltausschuß geleistet hat, fand ich schon sehr bemerkenswert: Sie sehe überhaupt nicht ein, wieso sich immer der Bund um die Altlasten der DDR zu kümmern habe, sollen sich doch die neuen Länder darum kümmern.
Frau Merkel, Herr Klinkert, das Endlager haben Sie sich ja auch ohne Planfeststellungsverfahren nach bundesdeutschem Atomrecht unter den Nagel gerissen.
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Dann können Sie doch nicht sagen: Das Endlager betreiben wir, aber um das, was dort unten liegt, kümmern wir uns nicht; sollen sich doch die neuen Länder darum kümmern.
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Es gibt in diesem Bereich einen wachsenden Berg von Fragen. Wenn Sie, Herr Klinkert und Frau Merkel, nicht endlich dazu beitragen, diese Fragen zu klären und Licht in den Wirrwarr in Ihrem Haus, von dem heute nachmittag schon viel die Rede gewesen ist, zu bringen, werden wir dazu beitragen, diesen Wirrwarr zu entwirren; ich kann mir schwer vorstellen, daß sich Ihr Haus darum kümmern wird, schließlich kennen wir die Verquickung von Wirtschaftslobbyinteressen, politischen Interessen und Ihren eigenen ökonomischen Interessen.
Wir haben heute nachmittag gehört, es wäre möglich gewesen, einen Teil der Stoffe weiterzuverwerten. Sie haben gesagt: Das ist Ihnen zu teuer, lieber lagern Sie dort unten, egal, wie es genehmigt ist. Ich denke nicht, daß Sie von sich aus bereit wären, diesen Wirrwarr zu entwirren. Wir werden Wege finden, dieses Knäuel von unrechtmäßigem Vorgehen aufzulösen.
({4})
Ich erteile dem Abgeordneten Kurt-Dieter Grill das Wort.
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Kampeter, ich weiß nicht, ob es Sinn macht, zu versuchen, den Grünen und der SPD in diesem Hause die Sache zu erklären; denn den Beschluß, daß die Antworten, die
der Parlamentarische Staatssekretär und damit die Bundesregierung in dieser Fragestunde gegeben hat, nicht ausreichen, haben Sie nicht während der Fragestunde gefaßt, sondern Sie, Herr Kollege Schulz, haben richtig bemerkt, wir wußten vorher, daß Sie es tun würden. Insofern ist das genauso unglaubwürdig wie das ganze Theater, das Sie hier abziehen.
({0})
Mit dem, was Frau Schönberger gerade gesagt hat, ist eigentlich deutlich geworden, Herr Küster, daß Sie in einer geradezu leichtsinnigen Art und Weise - das ist nicht das erste Mal - über Gefahren reden, die gar nicht da sind,
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und der Ministerin auch noch unterstellen, daß sie leichtfertig ({2})
- ich komme auf Ihre 83 Prozent Unwissen gleich noch zurück, Frau Schönberger, ich sage Ihnen nur, es ist die gleiche Unverschämtheit wie immer - und ohne moralische Grundsätze über die Gesundheit der Menschen und des Betriebspersonals hinweggeht.
({3})
Das ist die eigentliche Infamie, die eigentliche bösartige Unterstellung, mit der Sie die Menschen in Sachen Kernenergie rücksichtslos aufhetzen.
Das zweite ist: Sie haben die Sachverhalte nicht zur Kenntnis genommen.
({4})
Deswegen reichen Ihnen die Antworten auch nicht. In diesem Zusammenhang muß man wissen: Die 83 Prozent Inventar, über die Sie, Frau Schönberger, reden, tauchen im Sicherheitsbericht für das Endlager deswegen nicht auf, weil niemand die Absicht hegte, genau dieses Material in Morsleben endzulagern. Deshalb brauche ich das auch nicht in den Sicherheitsbericht hineinzuschreiben.
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Sie können doch über die Tatsache nicht hinwegreden, daß Frau Heidecke, die Ihrer Partei angehört,
({6})
bis zum November überhaupt nichts angedeutet hat, daß sie keine Landessammelstelle einrichtet. Sie hat weder schriftlich noch in irgendeiner anderen Form von einer Gefahr des dort zwischengelagerten Materials für Mensch und Umwelt gesprochen. Jetzt,
nachdem sie sich entschieden hat, keine Landessammelstelle einzurichten,
({7})
fangen Sie an, mit Frau Merkel Zoff zu machen. Es geht Ihnen nicht um den Sachverhalt, sondern es geht Ihnen um die politische Beschädigung von Frau Merkel,
({8})
unabhängig davon, ob Ihre Sachbehauptungen stimmen oder nicht.
Diese Fragestunde ist die Fortsetzung einer anderthalbstündigen Ausschußsitzung, in der wir das Ganze schon einmal erörtert haben. Herr Küster, ich würde Ihnen dringend raten, zurückhaltend zu sein. Die SPD war im Ausschuß gar nicht dabei, weil Ihre Fraktion beschlossen hat, an einer so wichtigen Sitzung gar nicht teilzunehmen.
({9})
- Das ist doch vollkommen egal, sie waren nicht dabei, als es vor einer Woche um Morsleben ging.
({10})
Ich sage Ihnen nur: Die sachsen-anhaltinische Landesregierung, Frau Heidecke, hat sich aus der Verantwortung gezogen,
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weil sie folgendes festgestellt hat - das ist ganz einfach -: Sie hat eine Standortsuche gemacht. Bei der Standortsuche für solche Anlagen - dafür spricht in der Republik von Garmisch-Partenkirchen bis Flensburg und von Aachen bis Frankfurt/Oder einiges - kann man sich nur Ärger und keine freundliche Zustimmung einhandeln. Bevor sich Frau Heidecke der schwierigen Aufgabe unterzogen hat, in ihrem Land eine eigene Sammelstelle einzurichten, hat sie beschlossen, sich den Ärger nicht selber zu bereiten, sondern ihn nach Bonn weiterzuschieben und mit einem Mal, von heute auf morgen, zu sagen: Ich brauche eigentlich keine Landessammelstelle.
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Wenn sie diesen Beschluß verkündet und gleichzeitig einen Vertrag mit Monika Griefahn über die Nutzung der Landessammelstelle in Steyerberg vorgelegt hätte, dann hätte sie glaubwürdig gehandelt. Aber sie hat die Absage an einen Standort für eine Landessammelstelle gegeben, bevor sie einen VerKurt-Dieter Grill
trag vorlegen konnte. Damit kommt sie ihrer Verantwortung als Lundesumweltministerin überhaupt nicht nach.
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Sie müssen sich schon entscheiden, ob Sie, wie Sie es hier tun, in bezug auf das Bund-Länder-Gefüge sagen: Frau Merkel hat die Bundesaufsicht, und deswegen muß sie handeln, oder ob Sie sich in allen anderen Fragen, siehe Niedersachsen und jetzt auch Sachsen-Anhalt, hier hinstellen und die Länderverantwortung in bezug auf die atomrechtliche Gesetzgebung nutzen, um im Grunde genommen wider besseres Wissen Zoff zu machen. Dann stimmt entweder die These, daß Frau Merkel für alles verantwortlich ist und die Länder für gar nichts, oder die These, wie wir sie vertreten, daß die Länder eine zumindest gleich große Verantwortung für die nukleare Entsorgung haben wie die Bundesumweltministerin. Dann kann ich Ihnen nur sagen: Frau Heidecke und Sie in diesem Hause werden dieser Verantwortung auf Grund des Atomgesetzes und des Bund-Länder-Verhältnisses bis heute nicht gerecht. Nehmen Sie Ihre Verantwortung wahr! Reden Sie hier nicht so viel! Handeln Sie lieber draußen! Dann hätten wir die Probleme nicht, die Sie heute hier beredt beklagen. Das ist die Realität.
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Nun erteile ich dem Abgeordneten Wolfgang Behrendt das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat hat selbst die Fülle der Fragen, die heute an den zuständigen Staatssekretär gestellt wurden, keine ausreichende Aufklärung der Sachverhalte und der brisanten Probleme im Zusammenhang mit der Lagerung hochradioaktiver Stoffe in Morsleben erbracht. Statt dessen haben wir feststellen müssen, daß die Mitglieder der CDU/CSU-Fraktion eher dazu neigten, die Probleme zu verharmlosen. Herr Grill, die polemischen Äußerungen zu Beginn Ihrer Rede waren, wie mir scheint, dem Thema in keiner Weise angemessen.
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- Wir wollen unsere Verantwortung gegenüber diesen Menschen wahrnehmen, und wir haben Zweifel, daß Sie dieses Problem ernst genug nehmen.
In den vergangenen Debatten ging es vorwiegend um den Aspekt der Langzeitsicherheit, der nach wie vor von großer Bedeutung ist. Doch jetzt ist durch zu DDR-Zeiten nach Morsleben verbrachte hochradioaktive Abfälle eine zusätzliche Dramatik entstanden. Die vorhergehende Fragestunde hat es noch einmal ganz deutlich gemacht: Morsleben ist - das können
Sie auch nicht durch polemische Zwischenrufe wegwischen - kein geeignetes Endlager, egal für welche Abfallkategorie auch immer; Morsleben ist vielmehr eine Altlast, die dringend sanierungsbedürftig ist.
Der von der Bundesumweltministerin im Umweltausschuß vorgelegte Bericht hat leider nur ein sehr diffiziles juristisches Dickicht aufgebaut, aber nicht zu wirklicher Aufklärung geführt. Heute ist auch durch den Staatssekretär das Dickicht nur geringfügig gelichtet worden. Die Bundesregierung ist nicht in der Lage, eine klare und deutliche Antwort darauf zu geben, wie die Abfälle gelagert sind, welches Gefahrenpotential die hochradioaktiven Abfälle darstellen, in welchem Zustand insbesondere die Kobaltstrahler sind und wie diese Altlasten sachgemäß beseitigt werden können.
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Ich hoffe nur, daß die Angaben, die Frau Merkel in ihrem Bericht über den Lagerort und über das Einlagerungsinventar gemacht hat, entgegen früheren Angaben ihres Amtsvorgängers Töpfer jetzt zumindest zutreffend sind.
Ich denke, es ist ein Skandal, daß diejenigen, die seit Jahren die Sicherheit von Morsleben beteuern und sich über alle wissenschaftlichen Bedenken hinweggesetzt haben, offensichtlich nicht in vollem Umfang über die Fakten Bescheid wissen. Angesichts des enormen Risikopotentials der Abfälle ist ein derartiges in der Vergangenheit verbreitetes Datenchaos nicht hinnehmbar. Die Zuverlässigkeit des Betreibers muß ernsthaft bezweifelt werden. Man fragt sich, ob die Bundesregierung und die zuständige Ministerin eigentlich wissen, was ihr Bundesamt für Strahlenschutz als Betreiberin und gleichzeitig als Aufsichtsbehörde von Morsleben macht.
Meine Damen und Herren, ich will an dieser Stelle nicht beurteilen, ob die Abfälle zu DDR-Zeiten legal zu Forschungszwecken oder illegal eingelagert worden sind. Fest steht, daß in Morsleben potentiell hochgefährliche und hochaktive feste Abfälle gelagert werden, Abfälle, für die Morsleben nicht genehmigt und erst recht nicht geeignet ist und die ein unabschätzbares Gefahrenpotential darstellen.
Dieser gesetzwidrige Zustand ist dem BfS seit fünf Jahren bekannt, und diese Abfälle werden seit nunmehr fünf Jahren auf Grund einer - das muß man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen - aufsichtlichen Anordnung der Eigenüberwachung des BfS gelagert, wohl wissend, daß eine Zwischenlagerung nach dem Atomgesetz in einem Endlager unzulässig ist.
Eine solche eigenmächtige Anordnung kann nach meinem Verständnis immer nur eine Übergangsanordnung sein. Eine derart lange Zwischenlagerung wie im vorliegenden Fall bedarf der Genehmigung, aus der der weitere Verbleib der Abfälle klar hervorgeht. Doch an all diesem fehlt es. Es drängt sich der Verdacht auf, daß, bedingt durch den zunehmenden Entsorgungsdruck, Morsleben allmählich für immer weitere Abfallkategorien geöffnet werden soll.
Dies können wir nicht hinnehmen. Wir können auch nicht hinnehmen, daß Sie, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition und von der Bundesregierung, hier versuchen, die Verantwortung nun der sachsen-anhaltinischen Landesregierung in die Schuhe zu schieben, wohl wissend um das Fehlen von Landessammelstellen und auch darum, daß gewisse Abfallkategorien wie der Abfalltyp A 1 F 6, der schon angesprochen wurde - die Europiumstäbe -, nicht in Landessammelstellen aufgenommen werden dürfen. Das heißt, hier wird uns zusätzlich Sand in die Augen gestreut. Mit keinem Wort sind Sie auf die Gefahren beim Transport der Container und bei einer Lagerung in Landessammelstellen eingegangen.
Es wird immer deutlicher, daß Morsleben bei der dringend notwendigen Novellierung und Aktualisierung des deutschen Entsorgungskonzeptes keine Rolle spielen darf. Deswegen möchte ich hier noch einmal meine Forderungen präzisieren: ein Einlagerungsmoratorium bis zum Abschluß des Planfeststellungsverfahrens, das den Betrieb nach dem 30. Juni 2000 bewertet, eine zügige Bearbeitung hinsichtlich des Planfeststellungsverfahrens, damit es nicht in weite Ferne rückt, aber vor allem vollständige, umfassende Aufklärung über Herkunft, Menge, Art der Lagerung und Verbleib der hochradioaktiven Abfälle und eine überzeugende Lösung des Problems.
Der Bund hat per Einigungsvertrag die Haftung für das Endlager Morsleben übernommen. Ich denke, der Bund kann sich vor dieser Verantwortung nicht drücken. Er muß zur Lösung des Problems konkrete Vorschläge unterbreiten.
({2})
Nun erteile ich dem Abgeordneten Professor Ortleb das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe den Eindruck, in diesem Bundestag noch so etwas wie ein MorslebenVeteran zu werden auf Grund der Häufigkeit der Debatten verschiedenster Art über dieses Thema.
Bisher ist der Bundestag eher mit der Legalität des Endlagers Morsleben an sich beschäftigt worden. Heute ist es eher die Frage, ob das dort Gelagerte dort gelagert werden darf und ob es Sachsen-Anhalt oder in einer anderen abstrakt-rechtlichen Weise dem Bund gehört. Hoffentlich soll aus dem „Schwarzer-Peter-Spiel" - das sagten Sie, Herr Küster - nicht gar noch „Schnapp hat den Hut verloren" werden. Die Schwierigkeiten bei dem Übergang von einem Staat in den anderen sind schon von Herrn Klinkert erklärt worden.
Aus der Fragestunde ist heute eine Aktuelle Stunde geworden, weil die heutigen Antworten der Bundesregierung nicht ausreichen sollen. Man kann
von einem Befragten schlecht verlangen, mehr als I eine Antwort auf jede Frage zu geben. Antworten sind nicht grundsätzlich dann unzureichend, wenn sie die Meinung der Frager nicht treffen.
({0})
Schon vor Tagen hat Frau Ministerin Merkel eigentlich nichts anderes gesagt als das, was heute zur Beantwortung vorgesehen war. Das nimmt auch nicht wunder, weil nichts Neues an Erkenntnis - ich behaupte, auf beiden Seiten - hinzugekommen ist - und auch nicht kann. Denn die Sachverhalte sind eigentlich eindeutig und klar festgestellt.
Ich habe bei den Auskünften von Herrn Klinkert übrigens stichwortartig mitgeschrieben. Ich habe sie mit anderen Aufzeichnungen, die ich vom vorigen Mittwoch habe, verglichen und muß feststellen, daß ihm einiges an Nichtbeantwortung durchaus unterstellt worden ist. Ich will einen einzigen Fall aufgreifen, nämlich den, daß er gesagt habe, daß es rechtlich keine Gründe gebe, die Zwischenlagerung dort zu beenden und nicht etwa schleichend in eine Endlagerung zu verwandeln. Er hat von einem zügigen Entfernen als Sachverhalt, der auszuschließen ist, gesprochen, und zwar deswegen, weil zu dem Zeitpunkt, zu dem sich die Bundesregierung ausdrücklich darum bemüht hatte, zu einer echten, rechtlich unangefochtenen Zwischenlagerung in SachsenAnhalt zu kommen, die Genehmigung galt.
Ich könnte jetzt so fortfahren und Punkt für Punkt demontieren wollen. Ich halte das aber für genauso müßig, wie das Kollege Grill gesehen hat, und danke Ihnen erneut für Ihre Aufmerksamkeit in Sachen Morsleben.
Danke schön.
({1})
Jetzt erteile ich dem Abgeordneten Rolf Köhne das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
({0})
- Ich weiß nicht, was da drin liegt, aber vielleicht kriegen wir das ja einmal heraus.
Meiner Meinung nach herrscht in der ganzen Frage Morsleben ein absoluter Genehmigungswirrwarr. Ich möchte das einmal an Hand der Historie erläutern; auf die aktuellen Fragen sind schon die Kollegen von den Grünen und der SPD eingegangen.
Erste Pläne zu Morsleben stammen aus dem Jahre 1969. Schon damals wurde über Probleme diskutiert, nämlich erstens über die unvollständige Stabilitätsberechnung auf Grund der unregelmäßigen Anlage der Abbaue dort, zweitens über die vermutete proRolf Köhne
blematische Tragfähigkeit des Deckgebirges auf Grund von Ablaugungen, drittens über Laugenzuflüsse, Tropfstellen, Schachtwässer und vermutete Verbindungen zu Oberflächengewässern und viertens über die Wahrscheinlichkeit des Absaufens der Grube und Grundwassergefährdungen bei Einstellung der Laugenbeseitigung innerhalb von zwei bis zehn Jahren.
Seit 1972 wurde in Morsleben versuchsweise endgelagert. Am 22. April 1986 erteilte dann die zuständige Behörde, das Staatliche Amt für Strahlenschutz der DDR, eine Dauerbetriebsgenehmigung, aber verbunden mit einer Auflage, genannt ERA 2/86; das hatte ich vorhin schon erwähnt.
In dieser Auflage ging es um die Erarbeitung eines Trockenverwahrkonzeptes bis Dezember 1989, das den Grundsatz des bestmöglichen Abschlusses der eingelagerten Abfälle durch den Verschluß mit trokkenen Materialien und unter bestmöglicher Vermeidung des Kontaktes mit Wässern und Laugen verwirklichen sollte.
Diese Auflage, ERA 2/86, zur trockenen Verwahrung konnte aber nicht innerhalb der gesetzten Frist erfüllt werden. Der Betreiber bezeichnete das damals als explizit nicht möglich und schlug statt dessen in einem Sicherheitsbericht im November 1989 die Erarbeitung eines neuen Konzeptes vor. Er schlug vor, die Grube nach Beendigung der Einlagerungsarbeiten mit einer Magnesiumchloridlösung zu fluten.
Dieser Vorschlag wurde seinerzeit von der zuständigen staatlichen Strahlenschutzbehörde der DDR abgelehnt, verbunden damit, daß bis Dezember 1989 erneut ein Verwahrkonzept erarbeitet und vorgelegt werden sollte.
Diese Auflagen sind unserer Ansicht nach im Grunde nie erfüllt worden. Sie sind sozusagen mit der Übertragung der Zuständigkeit der DDR auf die Bundesrepublik Deutschland einfach unter den Tisch gefallen.
Deswegen sind wir nach wie vor der Meinung, daß die ursprüngliche Betriebsgenehmigung vom Jahre 1986 spätestens seit dem 1. Januar 1990 nicht mehr gültig ist, daß es kein schlüssiges, überprüfbares und genehmigtes Verwahrkonzept gibt und daß allein schon aus diesem Grunde die ganze Geschichte sehr fragwürdig ist, was die Genehmigung von 1986 und ihre Fortschreibung in der Bundesrepublik Deutschland betrifft.
Ich möchte von Ihnen, Herr Staatssekretär und Frau Ministerin Merkel, die Frage beantwortet haben, ob Sie damit übereinstimmen und wie Sie diese Informationen, die ich eben hier vorgetragen habe, beurteilen.
Das ist natürlich für die Beurteilung des gesamten Vorganges, was dort mit welcher Genehmigung eingelagert ist, von äußerst wichtiger Bedeutung. Meiner Meinung nach beruht alles auf dieser Genehmigung von 1986. Wenn man von vornherein sagt, sie ist ungültig, dann muß man, meine ich, auch zu dem Schluß kommen, daß man dort nicht weiter endlagern darf, sondern daß man Morsleben dichtmachen muß. - Das als Beitrag zu der aktuellen Diskussion.
Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren.
({1})
Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Dr. Harald Kahl.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Daß das Dauerthema Morsleben uns auch weiterhin beschäftigen würde, war allen Anwesenden klar. Die Tatsache, daß wir uns heute in dieser Aktuellen Stunde mit dem Thema befassen müssen, ist wieder einmal ein klares Zeichen dafür, daß es zum einen auf seiten derjenigen, die diese Aktuelle Stunde beantragt haben, einen Mangel an Grundwissen über bundesdeutsches Recht gibt, in diesem Fall über das Atomgesetz. Zum anderen sprechen wir heute über Versäumnisse der Umweltministerin einer SPD-Landesregierung mit PDS-Duldung, die mit einer Politik des Aussitzens versucht, Probleme, für deren Lösung sie nicht nur verantwortlich, sondern zu deren Lösung sie auch verpflichtet ist, an jemanden zu schieben, der für derartige Aufgaben eigentlich gar nicht zuständig ist, nämlich den Bund.
({0})
Ich möchte betonen, daß ich in dieser Sache kein anderes Ergebnis erwartet habe. Die Landesregierung von Sachsen-Anhalt ist in dieser Hinsicht berechenbar.
Die vom Bündnis 90/Die Grünen beantragte Aktuelle Stunde gibt wieder einmal die Gelegenheit, nicht nur die ausstiegsorientierte Politik der Landesregierung von Sachsen-Anhalt aufzuzeigen, sondern auch anschaulich zu machen, wie man Verantwortung am besten auf andere abschiebt. Das Sankt-Florians-Prinzip läßt grüßen.
Ich bin zuversichtlich, daß das nicht gelingt. Die rechtliche Gefechtslage ist nämlich eindeutig: Das Land Sachsen-Anhalt ist nach § 9 a Abs. 3 des Atomgesetzes verpflichtet, für auf seinem Gebiet anfallenden radioaktiven Abfall eine Landessammelstelle zu errichten. Das Bundesamt für Strahlenschutz hat bereits im September 1991 die Abfälle der Nordstrecke und des Ostquerschlages ERAM für eine Landessammelstelle angemeldet. Erwartungsgemäß hat die Landesregierung bis heute keine Landessammelstelle dafür eingerichtet, obwohl ein Standortsuchverfahren in Gang gesetzt worden ist, für welches das BfS seine Mitwirkung angeboten hat. Trotzdem kann sich das Land der Einrichtungspflicht nicht entziehen. Möglichkeiten zur Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern bestehen bekanntlich ebenso wie die Möglichkeit einer Übernahme der Sammlung durch Dritte.
Bei den angesprochenen Abfällen handelt es sich eindeutig um Abfälle, die von einer Landessammelstelle anzunehmen und zu lagern sind,
({1})
weil sie nach der Klassifizierung der Internationalen Atomenergie-Organisation als „mittelradioaktiv" einzustufen sind und die augenblickliche Lagerung als die derzeit vom Sicherheitsstandpunkt aus beste Lösung anzusehen ist.
({2})
Meiner Ansicht nach wird sich die Kooperationsfähigkeit von Frau Heidecke bzw. der Landesregierung unter den gegebenen politischen Verhältnissen in Sachsen-Anhalt in bescheidenen Grenzen halten oder gegen Null tendieren. Fortschritte bei der Genehmigung einer landeseigenen Sammelstelle sind ja bisher nicht zu erkennen. Nicht nur aus diesem Grunde halte ich einen Machtwechsel für diese offenbar überforderte Landesregierung in Sachsen-Anhalt für erforderlich.
({3})
Meine Damen und Herren, das Beispiel Morsleben zeigt wieder einmal, daß es in Deutschland sehr leicht ist, sich aus der politischen Verantwortung zu stehlen. Die Aktivitäten der Landesregierung von Sachsen-Anhalt zeigen ja in allen unbequemen, unpopulären Fragen eine gleichartige Auffassung. Ich wünsche mir für die Zukunft, daß sich die Landesregierung von Sachsen-Anhalt mehr der Verantwortung stellt, denn die Entsorgung geht alle an, alle profitieren vom Einsatz der Radioaktivität,
({4})
aber wie immer fühlt sich keiner für den Wohlstandsmüll verantwortlich. Auf Dauer wird eine solche Auffassung in einer Selbstblockade enden.
Ich halte aus diesem Grunde diese Aktuelle Stunde für überflüssig und fordere Frau Ministerin Heidecke auf, endlich ihre Hausaufgaben zu machen.
Ich bedanke mich.
({5})
Nun erteile ich das Wort dem Abgeordneten Dr. Uwe Küster.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wird Zeit, daß die Verunsicherung in Sachen Atomendlagerung, die von der Bundesregierung, von der Bundesministerin Frau Merkel ausgeht, endlich beendet wird. Was wir wollen, ist Sicherheit im Umgang mit radioaktiven Stoffen und Sicherheit bei der Endlagerung. Darum geht es uns! Das heißt, wir wollen hier Klarheit und Sicherheit bekommen.
Ich möchte an das erinnern, was wir 1989/90 gewollt haben: Rechtssicherheit. Das war eine der wichtigsten, der zentralen Forderungen aus dieser ganzen Zeit. Wir wollten einen Staat, der auf klaren
rechtlichen Beziehungen fußt. Aber: Wir haben ein Geschenk bekommen, Honecker sei Dank. - An dieser Stelle können Sie ein Dankeswort an die SED richten, daß Sie ein Atomklo geerbt haben. Ohne dieses Atomklo wüßte die Bundesregierung bis heute nicht, wo sie den radioaktiven Kram, der anfällt, unterbringen sollte. Man muß sich das einmal vor Augen halten: ein Geschenk der SED! Damit gehen Sie wunderbar um.
({0})
- Ich möchte erst einmal das Dankschreiben der Kollegin Merkel an die SED dafür sehen, daß sie - Honecker sei Dank - weiter damit umgehen kann.
({1})
Das Unglaubliche daran ist, daß das Endlager Morsleben, dieses bedenkliche Erbe, das einzige aus der DDR-Zeit ist, was sie wirklich hochhält. Frau Merkel weiß genauso wie ich - wir haben ein Stück gemeinsame Vergangenheit, nämlich in der DDR aufgewachsen zu sein -, daß solche Entscheidungen nicht immer - ich sage es sehr vorsichtig - von sachlichen Erwägungen begleitet worden sind; denn es wurde gebraucht. Man hat ein bißchen gesucht. Dann kam man irgendwann zu der politischen Anweisung: Dieses ist der geeignete Ort. - Er mag ja einigermaßen geeignet sein. Ob er für ein Endlager geeignet ist, dieser Nachweis steht aus. Um diese Unsicherheit geht es uns. Die muß beendet werden.
Hier, so meine ich, ist die Bundesregierung nicht in der Lage, eine verantwortungsvolle Entsorgungspolitik zu betreiben, auch mit rechtlicher Sicherheit. Mein Eindruck ist, daß die neuen Bundesländer jetzt - hier geht es speziell um Sachsen-Anhalt - zum Entsorgungsnotnagel gemacht werden. Man versucht, Dinge, die in den alten Bundesländern nach den rechtlichen Grundlagen nicht genehmigungsfähig wären, dort durchzusetzen. Das gilt für Morsleben, das gilt ebenso für Greifswald. Es ist ein viel zu großes Zwischenlager - ich weiß nicht, wie der Bedarf hochgerechnet worden ist -, eigentlich nicht geeignet.
Was mich ein bißchen stört: Immer, wenn für Gorleben Ersatz gesucht wird, denkt man kurz nach und findet Ersatzlagerstätten - allerdings immer in den neuen Bundesländern und am liebsten in Sachsen-Anhalt. Entsorgungspark Ostdeutschland - das ist ein Deal, der mir nicht gefällt. Hier sage ich ganz deutlich: Das kann so nicht weitergehen!
({2})
- Offensichtlich aus einer anderen Welt. Sie scheint nicht aus der hiesigen Welt zu stammen.
Mich wundert die Unbekümmertheit der Bundesministerin und ihres Parlamentarischen Staatssekretärs bezüglich der Vision, daß Morsleben für die
nächsten zehntausend Jahre sicher sein soll. Ich wäre froh, wenn wir die Sicherheit wenigstens so lange garantieren und nach außen behaupten könnten, bis möglicherweise mal entschieden wird, dieses Lager in einer anderen Form weiterzubetreiben oder es aufzulösen. Es wäre gut, wenn wir dann in der Lage sind, damit umzugehen. Darauf hat die Bundesregierung vorhin in der Fragestunde keine Antwort geben können, nicht einmal die Andeutung einer Antwort.
Frau Bundesministerin war gerade in Tschernobyl und hat sich dort die verheerenden Wirkungen eines Unglücks, das vor knapp zehn Jahren stattgefunden hat, angesehen. Sie hat dort Bemerkungen gemacht, die ich unterstütze. Aber hier im eigenen Lande geht sie fahrlässig mit dem Thema Atompolitik um.
({3})
- Ich bezeichne das als fahrlässig. Hier muß endlich einmal Sicherheit hineinkommen.
Jetzt noch eine Frage: Wie wird es demnächst weitergehen? An welchem Standort wird das nächste Endlager beschlossen werden? Wir rechnen damit, daß wir im nächsten halben Jahr die Gespräche über den Energiekonsens haben werden. Da wird ein Teppichhandel beginnen. Es wird versucht werden, einen Deal zu machen. Ich befürchte, daß die Verlierer bei diesem Deal die neuen Bundesländer sein sollen. Das wäre die Fortsetzung der Politik, das, was in den neuen Bundesländern vielleicht leichter durchsetzbar ist und in den alten Bundesländern bisher nicht durchsetzbar war, in den neuen Bundesländern zu machen. Das darf so nicht weitergehen!
Ich fordere Sie auf, eine vernünftige Konzeption auf den Tisch zu legen. Schluß mit dem „Weiter so!" dieser Bundesregierung!
({4})
Ich gebe der Abgeordneten Steffi Lemke das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eingangs möchte ich noch einmal auf die Ausgangslage, die wir in Morsleben zu verzeichnen haben, eingehen.
Erstens. Es herrschen dort im Augenblick katastrophale Endlagerungsbedingungen, wenn man das überhaupt so bezeichnen kann. Es gibt vagabundierende Flüssigkeiten, die nach wie vor nicht unter Kontrolle sind; es gibt Tropfstellen; es wird dort die Versturztechnologie angewendet; es gibt eine problematische geologische und hydrogeologische Gesamtsituation, so daß selbst das BMU inzwischen schätzt, daß ein Weiterbetrieb über das Jahr 2000 hinweg mit Risiken behaftet sein wird.
Zweitens. Morsleben ist im Augenblick auf Grund einer Genehmigung aus DDR-Zeiten in Betrieb.
Wenn ich mir angucke, was solche Genehmigungen in anderen Bereichen hinterlassen haben - zum. Beispiel Wismut, Bitterfeld, Teersee Rositz, was gerade im Parlament behandelt wurde, oder Rheinsberg, wo es auch noch ein Endlager aus DDR-Zeiten gibt, in dem, völlig außer Kontrolle, in Betonwannen Atommüll endgelagert wird -, und versuche, Parallelen zu Morsleben zu ziehen, dann, so denke ich, ist es offensichtlich, daß Morsleben kein Endlager sein kann. Ein Weiterbetrieb über das Jahr 2000 hinaus wird kaum möglich sein, auch wenn es zu einem ordnungsgemäßen Planfeststellungsverfahren kommen sollte, was ich im Augenblick aber als in Frage gestellt betrachten muß.
In Morsleben wird rigoros eingelagert, um einen möglichst hohen Deckungsbeitrag für die Schließungskosten zu erzielen. In so ein Endlager sind jetzt auch noch Stoffe zur Zwischenlagerung verbracht bzw. befinden sich dort schon länger. Dort lagert also Atommüll ohne Genehmigung, wenn ich einmal von der bundesaufsichtlichen Weisung absehe, die keine Genehmigung für eine solche Zwischenlagerung auf Dauer sein kann. Dieser Müll kann dort nicht verbleiben. Frau Merkel, das haben Sie selber zugegeben. Dieser Müll gehört dem Bund, und Sie wissen derzeit nicht, wohin mit diesem Müll. Das ist die Ausgangslage, mit der Sie versuchen müssen, umzugehen.
In Ihrer Not, in Ihrer Ratlosigkeit versuchen Sie seit Wochen, diesen Müll dem Land Sachsen-Anhalt in die Schuhe zu schieben.
({0})
Sie haben dafür aber im Augenblick keine Handhabe. Also wird diesmal versucht, mit der moralischen Keule zu drohen: Sachsen-Anhalt habe die Verpflichtung und müsse sich dieser Verpflichtung stellen, sich an der Endlagerung und Entsorgung dieser Stoffe zu beteiligen.
({1})
Als neuester Vorschlag ist nun heute von Ihnen gekommen, einen Teil des Landes Sachsen-Anhalt zu enteignen. Ich möchte wissen, wie lange Sie sich im Umgang mit solchen Stoffen Vorstellungen aus alten DDR-Zeiten noch annähern wollen.
({2})
Erstens zur Verantwortung, Frau Merkel. Ich rate Ihnen: Stellen Sie sich dieser erst einmal selbst, bevor Sie mit dem Finger auf Landesregierungen zeigen, und räumen Sie in Ihrem BfS auf! Wenn ich von Ihnen höre - ich zitiere, wie es in Ihrem eigenen Bericht für die Sitzung des Umweltausschusses der letzten Woche
({3})
steht -,
daß das BfS das BMU nur unvollständig über die Aktivitäten zur Verwertung dieser Abfälle informiert hat,
oder
daß das BfS in seinen Handlungen nicht stringent gewesen ist,
oder
die Aktenvorgänge nicht immer eindeutig zu verfolgen sind,
dann muß so etwas, bitte schön, doch Konsequenzen haben. Ich frage Sie, wo diese sind.
Die Bundesregierung hat sich nach der Wende mit der Übernahme von Morsleben auf Honeckers Schultern gestellt und aus alten DDR-Gesetzen und Einigungsvertrag ihr eigenes Besatzungs-Atomrecht gebastelt. Offensichtlich werden Sie jetzt auch noch im laufenden Betrieb so schlampig, wie es zu DDR- Zeiten der Fall gewesen ist.
Zweitens zur Auslagerung des Atommülls: Natürlich weiß ich, daß dieses Zeug dort nicht bleiben kann. Die Voraussetzung für eine einvernehmliche Lösung mit dem Land Sachsen-Anhalt, die Sie eingefordert haben, ist, daß das Lager erst einmal geschlossen wird. Sie können doch nicht in einem Lager, in dem ein illegales Zwischenlager betrieben wird, auch noch munter weiter einlagern!
({4})
Wenn Sie also tatsächlich eine gemeinsame Lösung mit dem Land Sachsen-Anhalt anstreben und wenn das nicht bloß billigste Politiker- und Politikerinnenpolemik ist, wie ich das persönlich befürchte, dann berufen Sie sofort eine Morsleben-Kommission ein, die sich der Lösung dieser Probleme stellt und in der BMU, Umweltministerium Sachsen-Anhalt und die BIs sich an einen Tisch setzen und gemeinsam diskutieren können, was mit Morsleben passieren soll, was es für Möglichkeiten gibt. Sie können doch in einem Endlager, in dem sich Müll befindet, der 83 Prozent des radioaktiven Potentials ausmacht, im Sicherheitsbericht jedoch nicht einmal erwähnt wird, nicht ständig weiter Stoffe einlagern, wenn Sie nicht wissen, ob diese Stoffe dort verbleiben können.
Stellen Sie sich also Ihrer Verantwortung! Räumen Sie in Ihrem BfS auf! Schließen Sie Morsleben! Berufen Sie einen Runden Tisch ein
({5})
und lösen Sie so Ihre Probleme, statt in alter DDR-Manier per Anweisung unter Umgehung der Sicherheitsstandards und der Befürchtungen der Bevölkerung die Staatskeule zu schwingen!
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Ich erteile nun der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Frau Dr. Angela Merkel, das Wort.
Herr Präsident!
Meine Damen und Herren! Wir befassen uns heute in der Aktuellen Stunde, die selbst bei der beantragenden Fraktion auf mittelmäßige Resonanz zu stoßen scheint,
({0})
mit einer Frage, die wir in der letzten Woche im Umweltausschuß eineinhalb Stunden diskutiert haben und die so geartet ist, daß man sie in acht oder neun Minuten Redezeit, die mir in dieser Aktuellen Stunde zur Verfügung stehen, nicht umfassend beantworten kann.
({1})
Deshalb werde ich mich auf die politischen Implikationen konzentrieren.
Herr Küster, Sie werfen alles durcheinander. Das eine ist die Endlagersituation, das andere ist die Frage der Zwischenlagerung in dem Endlager Morsleben. Daß es mit der Endlagerung in der Bundesrepublik Deutschland nicht vorangegangen ist, gehört zu den außerordentlich bedauerlichen, aber durch Ihre Partei ganz wesentlich mit hervorgerufenen Zuständen.
({2})
Abweichend von einem Ministerpräsidentenbeschluß mit dem Bundeskanzler - damals SPD - tun vor allem die SPD-regierten Länder heute alles, um jedwede Erkundung oder jedweden Planfeststellungsbeschluß von in Aussicht genommenen Endlagern zu verhindern.
({3})
- Herr Küster, damals war es so - das wissen Sie vielleicht nicht -, daß sich die Ministerpräsidenten auf eine Lastenteilung geeinigt haben. Da gab es Wakkersdorf in Bayern, und da gab es Konrad in Niedersachsen.
({4})
- Lassen Sie mich einmal ausreden!
({5})
- Darf ich weiterreden? - Da gab es also Konrad und Gorleben in Niedersachsen. Ich habe wiederholt gesagt: Wenn jemand der Meinung ist, daß die Voraussetzungen des damals gefundenen Kompromisses aus der Sicht der Länder nicht mehr gegeben sind - ({6})
- Hören Sie mir doch einmal zu!
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Das ist das mindeste, was ich erwarten kann. Wenn Sie die Einberufung einer Aktuellen Stunde zu diesem Thema befürworten, dann hören Sie wenigstens einmal zu, da Sie ja nicht Mitglied des Umweltausschusses sind. Ich sage Ihnen, daß es so gewesen ist, daß man sich damals geeinigt und daß jedes Land seine Aufgabe übernommen hat. Heute gibt es eine sozialdemokratische Regierung in Niedersachsen, die alles, aber auch alles tut, um das Vorankommen bei der Erkundung der Endlager zu unterbinden und uns das Leben außerordentlich schwer zu machen. Das wird nicht einmal Frau Griefahn, Ihre Parteifreundin, bestreiten.
({8})
Ich möchte also - nicht etwa auf Kosten der neuen Bundesländer - bei der Erkundung der Endlager vorankommen und das, was in der alten Bundesrepublik auf der Tagesordnung steht, auch durchsetzen.
Es gibt im Endlager Morsleben radioaktive Stoffe zur Zwischenlagerung. Das ist nie bestritten worden. Das ist seit langem bekannt. Diese zwischengelagerten radioaktiven Stoffe müssen aus diesem Endlager wieder heraus. Das ist auch keine Frage. Aber diese dort zwischengelagerten Stoffe lagern dort unserer Meinung nach sicher. Wenn Sie den Leuten weiszumachen versuchen, daß diese Art der Zwischenlagerung nicht den sicherheitstechnischen Anforderungen entspricht, dann müssen Sie dafür den Beweis erbringen. Nichtsdestotrotz müssen diese Stoffe dort wieder ausgelagert werden.
Was Ihre Frage nach dem Sicherheitsbericht angeht, so haben wir das einmal überprüft. In dem letzten Sicherheitsbericht aus dem Jahre 1989 sind die Versuche mit den fünf Spezialcontainern für die Kobalt 60-Quellen, die Cäsium 137-Quellen und die Europiumstäbe aufgeführt, und zwar zum Beispiel auf Seite 127 des Sicherheitsberichtes, verbunden mit der Frage: Was ist der Status und was nicht?
Jetzt kommen wir zu der Frage: Was haben wir übernommen, und wie bringen wir diese Sache in einen bundesrepublikanisch rechtskräftigen Zustand, das heißt in einen nach dem Atomgesetz vernünftigen Endzustand? Da sage ich wie alle anderen: Diese Stoffe müssen aus diesem Endlager heraus. Genau aus diesem Grunde sind von den vier verschiedenen Chargen, die dort bestehen, zwei schon im Jahre 1993 für die Landessammelstelle angemeldet worden, und zwei weitere Chargen wurden angekündigt. Das Land Sachsen-Anhalt hat es weder unter der Regierung, die bis 1994 im Amt war
({9})
- richtig -, noch unter der Regierung von Frau Heidecke, die mit der jetzigen Zwischenlagerung riesige Probleme hat, geschafft, eine solche Landessammelstelle einzurichten. Damit ist das Land absolut im Rückstand.
Nach § 82 der Strahlenschutzverordnung gibt es ganz eindeutige gesetzliche Grundlagen, die besagen, daß die Lagerung in einer solchen Landessammelstelle zu erfolgen hat oder zumindest erfolgen kann.
In diesem Zusammenhang muß erst einmal gesagt werden, warum das Land eine solche Landessammelstelle nicht hat. Daß Frau Heidecke nach einem Standortsuchverfahren - ({10})
- Richtig. Ich gehe darauf noch einmal ein. Nach § 82 dieser Verordnung ist es so: Wenn auf dem Gebiet eines Landes radioaktive Abfälle anfallen, die nach bundesdeutschem Recht zwischengelagert werden müssen, dann ist dieses Land verpflichtet, diese Abfälle in seinem Land aufzunehmen.
({11})
In der Verordnung steht nicht, daß man erst nach dem Eigentümer fragen muß. Darin steht vielmehr, daß man diese Abfälle aufnehmen muß.
({12})
- Genau. Es kommt aber nicht auf den Ort der Herstellung an, so wie es zum Beispiel bei Röntgenabfällen niemals darauf ankommt, wo die Röntgenquelle hergestellt wurde, sondern darauf, wo die Röntgenquelle genutzt wurde, wo sie sich von einem Wertstoff in Abfall verwandelt. Das Land, auf dessen Gebiet das passiert, wo also der Abfall entsteht, ist verpflichtet, für die Zwischenlagerung dieser radioaktiven Abfälle zu sorgen, bis eine Endlagerung vorgesehen werden kann.
({13})
Das ist völlig unbestritten.
Es ist immer Aufgabe eines Landes, radioaktive Abfälle zwischenzulagern, unabhängig davon, ob zum Beispiel ein kommunales Krankenhaus oder eine Bundeseinrichtung diese verursacht hat. Sie versuchen, aus der Tatsache, daß es sich bei dem Eigentümer um den Bund handelt, zu konstruieren, daß deshalb eine Ausnahme von dieser eindeutigen gesetzlichen Regelung zu machen ist. Das ist nicht der Fall.
Weiter verhält es sich bei diesen radioaktiven Abfällen so, daß wir durchaus kooperativ sind und über andere Formen nachgedacht haben, weil wir zur Kenntnis nehmen mußten, daß sich das Land Sachsen-Anhalt nicht gerade beeilt, mit diesem Problem fertigzuwerden.
Ich muß Ihnen einmal ganz klar sagen, daß es hier natürlich auch unsererseits entsprechende Bemühungen gibt, daß aber in der gesamten Bundesrepublik Deutschland dafür kein einziges Endlager vorhanden ist.
({14})
Da beißt sich sozusagen die Katze in den Schwanz.
Daß es in den neuen Bundesländern für diese Art von
Abfällen keine Möglichkeit der Endlagerung gibt, wissen wir. Das ist vollkommen klar.
Jetzt stellt sich die Frage: Was macht Frau Heidecke mit der Landessammelstelle?
({15})
Sie hat nun herausgefunden - ({16})
- Ich muß Ihnen noch einmal meine Rechtsauffassung mitteilen, daß die Landessammelstelle der natürliche Ort für die auf dem Gebiet des Landes anfallenden radioaktiven Abfälle ist.
({17})
- „Anfallenden", genau so.
({18})
- Ich weiß gar nicht, was Sie mit Mecklenburg-Vorpommern haben.
({19})
- Die Energiewerke Nord haben gegenüber dem Bundesamt für Strahlenschutz schriftlich erklärt, daß sie sich nicht als Eigentümer dieser Abfälle fühlen.
({20})
- Sie sagen, Sie seien es nicht. - Dann muß der Bund zu seiner Verantwortung stehen und diese Abfälle in seinem Endlager verwahren, bis er jemanden findet, dem er rechtlich nachweisen kann, daß er der Eigentümer ist.
({21})
- Das ist ja gemacht worden.
Frau Heidecke macht nun folgenden Trick: Sie sagt, sie finde keine Landessammelstelle auf ihrem Gebiet. Deshalb möchte sie sich an eine andere Landessammelstelle anschließen. - Das kann sie rechtlich tun. Ich weise Frau Heidecke nur darauf hin, daß sie sich eine Landessammelstelle suchen muß, die diese Art von Inventar, das im Land Sachsen-Anhalt anfällt, aufnimmt; dafür braucht sie eine entsprechende Genehmigung. Sie kann sich allerdings nicht die brandenburgische Sammelstelle aussuchen, da sie für diese Art von Abfällen, die sie zu lagern wünscht, nicht geeignet ist.
({22})
- Ich habe überhaupt nichts begrüßt.
Sie, Frau Lemke, haben gerade die Katze aus dem Sack gelassen. Sie haben gesagt, das Land Sachsen-Anhalt sei bereit, sich mit dem Bund auf eine vernünftige Lösung zu verständigen ({23})
das aber, wie immer, nicht unkonditioniert, sondern verknüpft mit der Frage des Endlagers Morsleben.
Hier sind zwei ganz verschiedene Dinge zu betrachten. Das eine ist das Zwischenlager und die Frage, wie wir es in einen vernünftigen, nach altbundesrepublikanischem Recht vorgesehenen Zustand bringen. Das andere ist das Endlager. Diese beiden Fragen haben miteinander äußerst wenig zu tun. Deshalb kann ich Ihnen sagen: Ein solches Junktim werden wir natürlich nicht akzeptieren. Wir werden uns jedoch jeder vernünftigen, kompromißbereiten Lösung mit dem Lande Sachsen-Anhalt nicht verschließen, wie es bis 1994 der Fall war. Das sage ich hier ausdrücklich zu. Wir sind aber nicht bereit, Dinge, die miteinander nichts zu tun haben, miteinander zu verquicken.
Da ich im Rahmen meiner Redezeit nicht in der Lage bin, die verschiedenen Chargen auseinanderzulegen, verweise ich noch einmal darauf, daß ich Ihnen im Ausschuß in aller Deutlichkeit und Klarheit sowie über alle denkbaren Unwägbarkeiten berichtet habe. Ich empfinde es wie ein Stück aus dem Tollhaus, daß Sie einen solchen Bericht nicht zu weiteren vernünftigen Fragestellungen, die Sie vielleicht noch haben, nutzen, sondern daß Sie gebetsmühlenartig immer wieder versuchen, Leuten, die von der Sache keine tiefe Detailkenntnis haben, Angst zu machen und sie damit zu verunsichern. Das halte ich politisch nicht nur für bedenklich, sondern für absolut unverantwortlich.
({24})
Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, nach den Regeln der Aktuellen Stunde sind Zwischenfragen nicht vorgesehen. Es hat nun keinen Sinn, das durch Zurufe ersetzen zu wollen. Der Sinn der Aktuellen Stunde besteht vielmehr darin, daß jeder nur kurz redet und wir dem Redner zuhören, wenn man nicht gerade durch Zurufe stört. Darum empfehle ich doch sehr, daß wir uns nun etwas intensiver an diese Spielregeln halten.
Ich erteile dem Kollegen Dr. Klaus Lippold das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren, insbesondere meine geschätzten Kollegen von der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands!
({0})
Es ist natürlich, liebe Freunde, ein tolles Stück, im Ausschuß nicht anwesend zu sein, hier aber dem Antrag auf Abhaltung einer Aktuellen Stunde Beistand zu leisten. Wer sich in solchen Fragen exakt informieren will, hat im Ausschuß das Gremium, in dem er dies in allen Detailfragen tun kann.
({1})
Dr. Klaus W. Lippold ({2})
Wenn er dort nicht vertreten ist, dann muß er sich nachsagen lassen, daß ihm dieses Thema ganz offensichtlich nur für eine öffentliche Panikmache recht ist, aber nicht für eine sachliche Behandlung im zuständigen Gremium.
({3})
Ich will jetzt aus dem Vorfeld dieser Aktuellen Stunde plaudern, als uns signalisiert wurde: Wenn Frau Merkel - die heute eine ganze Reihe anderer Verpflichtungen hatte - nicht kommt, dann wird die Ministerin per Parlamentsbeschluß herzitiert. - Im Ausschuß selbst war weder die zuständige Ministerin aus Sachsen-Anhalt noch der zuständige Staatssekretär. Der Leiter der Landesvertretung SachsenAnhalt hält es offensichtlich auch nicht für nötig, nachdem er der ersten Gesprächsrunde beigewohnt hat, im Parlament weiterhin anwesend zu sein, um zu Hause dann hinreichend berichten zu können, wie diese Veranstaltung abläuft.
({4})
Das Desinteresse der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands an einer wirklichen Sacharbeit ist in unübersehbarer Weise deutlich geworden.
({5})
Gerade vor dem Hintergrund, daß hier immer von Verantwortung gesprochen wird, ist das schon ein starkes Stück. So können wir nicht miteinander umgehen!
Wenn man sich sachlich nicht vorbereitet, dann kann es natürlich vorkommen, daß man permanent davon spricht, daß in Morsleben hochradioaktive Stoffe eingelagert werden, weil sich das in der Außendarstellung mit Panik wesentlich besser verbinden läßt, obgleich diese Stoffe dort nicht eingelagert und auch nicht zur Einlagerung vorgesehen sind.
Frau Kollegin Schönberger, wenn Sie der Frau Ministerin Verquickung von politischen und wirtschaftlichen Interessen vorwerfen, dann müssen Sie das belegen. Das einzige, was hier in diesem Zusammenhang feststellbar ist, ist, daß die originäre Verpflichtung des Bundeslandes, in dem sich dieser Ort befindet, nicht eingehalten wird. Hier geht es nicht um Bundeszuständigkeit, sondern um die Zuständigkeit der Landesregierung von Sachsen-Anhalt, die aber ihren Part, den sie zu übernehmen hätte, nicht spielt - ich füge hinzu: auch nicht spielen will. Statt dessen versuchen Sie immer wieder aufs neue, den Schwarzen Peter dem Bund zuzuschieben. Also schicken wir ihn genau dahin wieder zurück, wo er hingehört. Auch diese Landesregierung wird doch hoffentlich fähig und in der Lage sein, sich ernsthaft mit diesem Problem auseinanderzusetzen und die ihr obliegenden Pflichten nun endgültig zu erfüllen.
Geärgert hat mich dann natürlich schon, Herr Kollege Behrendt - ich sage das so deutlich -, Ihre Aussage: Die CDU will verharmlosen. - Sie sind nicht im Ausschuß. Wir gehen den Dingen, wie die Ministerin im Ausschuß sehr sachkundig nachgewiesen hat, konsequent nach, und Sie sprechen hier von Verharmlosung. Wer diesen Vorwurf macht, sollte sich bitte vorab sachkundig machen; dann lasse ich mit mir reden. Aber ansonsten läuft hier wirklich gar nichts.
In bezug auf Herrn Köhne sage ich natürlich: Der Vertreter einer Partei, deren Vorgängerin diese Probleme verursacht hat, kann sich hier schlecht hinstellen und jetzt Dinge einklagen, die eben seine Vorgängerpartei mit verschuldet hat. Ich sage das ganz deutlich, Herr Köhne: So können wir nicht miteinander umgehen. Ich lasse das nicht zu!
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Was sehr deutlich wird, Herr Küster, ist: Wenn Sie hier sagen, wir würden die Sicherheitsfrage nicht beachten, erwidere ich: Sie wie wir wissen ganz genau, daß es dort keine Risikogefährdung der Bevölkerung gibt. Deshalb sollten Sie auch in keiner Weise in Panik machen. Das größere Sicherheitsrisiko für die Bevölkerung sind diejenigen,
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die durch Panikmache Angst schüren, und zwar dort, wo keine wirklichen Gefahren sind. Das ist der Punkt, Herr Küster. Das nächste Mal lade ich Sie ein, im Ausschuß dabeizusein;
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dann werden Sie solche Beiträge wie jetzt wohl nicht mehr leisten.
Herzlichen Dank.
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Nun erteile ich das Wort dem Abgeordneten Reinhard Weis.
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen!
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Was die Details zum geologischen Zustand im radioaktiven Endlager Morsleben betrifft, was die fehlende Eignung dieses Endlagers, gemessen an bundesdeutschen Kriterien für radioaktive Endlager, betrifft und was die problematische Rechtssituation betrifft - über all diese Punkte haben wir in diesem Haus schon mehrfach diskutiert.
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Heute debattieren wir über Abfälle, die im Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle zwischengelagert sind, obwohl das nicht durch die Betriebsgenehmigung abgedeckt ist.
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Reinhard Weis ({3})
Welche Steigerung des Konfliktpotentials um Morsleben ist denn überhaupt noch denkbar?
Das Thema der Debatte ist aber heute auch die Politik, die die Bundesregierung mit dem Endlager für radioaktive Abfälle in Morsleben betreibt. Frau Ministerin, Sie sollten nicht nur die Verantwortlichkeit auf die Länder abschieben, wenn es Konflikte gibt, und wenn Sie das schon machen, dann denken Sie zum Beispiel an Ministerpräsident Albrecht aus Niedersachsen, CDU, der zu seiner Zeit schon gesagt hat: Das Endlager in Gorleben wird nicht in Betrieb gehen.
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Diese Politik der Bundesregierung ist in keiner Weise geeignet, das notwendige Vertrauen, das im Zusammenhang mit dem Betrieb einer solchen nuklearen Anlage erforderlich ist, aufzubauen. Wir wissen, daß wir in der Bundesrepublik ein radioaktives Endlager brauchen. Wir wissen auch, daß wir dazu auf einen breiten gesellschaftlichen Konsens angewiesen sind. Doch mit der aggressiven Politik der Bundesregierung, die wider besseres Wissen Fakten schafft, deren Durchsetzung weder in der Sache kurzfristig notwendig noch verantwortbar ist, werden wir nie zu einem solchen Konsens kommen, auch dann nicht, wenn wir ihn eines Tages brauchen werden.
Die Art der polemischen Argumentation des Kollegen Lippold ist eher geeignet, die Bereitschaft für einen Konsens im Keime zu ersticken. Dafür bedanke ich mich.
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Ich will jetzt nicht noch einmal auf die zahlreichen Details der Ungereimtheiten in der bislang unendlichen Geschichte des Endlagers Morsleben eingehen. Zum Ende der heutigen Debatte möchte ich vielmehr die Bundesregierung auffordern, zur Beendigung des Streites um das Endlager Morsleben dadurch beizutragen, daß endlich über eine Gesamtkonzeption für den Umgang mit radioaktiven Abfällen und über allgemein akzeptierte Sicherheitskriterien in der Bundesrepublik Deutschland verhandelt wird.
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Wir Sozialdemokraten sind dazu bereit und warten auf ein konkretes Gesprächsangebot, und zwar mit den Ländern, in denen die Standorte ja untersucht werden müssen; mit den Nutzern von Endlagern, die über die Entsorgungsbedingungen und -kosten informiert sein müssen und die auch sagen müssen, wie viele Endlager erforderlich sein werden; vor allen Dingen mit der Öffentlichkeit, das heißt mit den Menschen, die heute kein Vertrauen in bezug auf die Sicherheit der bisher untersuchten Standorte haben; mit der Industrie und der Wissenschaft, die eventuell Verfahren anbieten könnten, wie die Mengen endzulagernder Rückstände minimiert oder sogar absolut
begrenzt werden können. Nicht zuletzt: Verhandeln und reden Sie auch mit der Opposition
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- es gibt mehr Anlässe als den vergangenen Mittwoch -, die an allen notwendigen Gesetzesänderungen beteiligt ist und den Gang der Gesetzgebung beeinflussen kann!
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Nachbarländer, die Sie uns immer zur Nachahmung empfehlen, zum Beispiel Frankreich und Schweden, machen es Ihnen mit deren Praxis zur Lösung der Endlagerfrage doch vor.
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Wenn Sie einen solchen Weg endlich beschreiten würden, könnten Sie sich vielleicht ohne Gesichtsverlust von Morsleben trennen
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und schon heute als vertrauensbildende Maßnahme den wohl zu erwartenden negativen Bescheid des Planfeststellungsverfahrens berücksichtigen, das für die Zeit nach dem 30. Juni 2000 erforderlich ist. Sagen Sie doch: Wir lassen das anlaufende Planfeststellungsverfahren gleich mit dem Ziel der Stilllegung des Endlagers Morsleben erarbeiten. Nur so sehe ich einen Ausweg aus der blockierten Debatte - nicht nur um Morsleben, sondern generell um Endlagerstandorte in Deutschland.
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Nun erteile ich das Wort dem Abgeordneten Steffen Kampeter.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es obliegt mir als letztem Redner, die Debatte zusammenzufassen.
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Das ist angesichts der etwas dünnen Argumentation der Opposition ein ziemlich schwieriges Unterfangen. Deswegen will ich mich auf die zentralen Fakten und Tatsachen beziehen.
Die erste zentrale Feststellung „Morsleben ist sicher" muß, glaube ich, an den Anfang dieser Zusammenfassung gestellt werden; denn keine Fragestunde, keine Debatte im Ausschuß und auch keine Debatte im Plenum hat begründete, ernsthafte, belegbare Zweifel an der Sicherheit von Morsleben erbracht. Die Behauptungen der Opposition sind in der Regel durch nichts zu belegen.
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Deswegen zielen Sie einzig und allein darauf ab, in der Atompolitik weitere Verunsicherung in der Bevölkerung hervorzurufen. Sie sind wenig verantwortungsbewußt und können von uns daher nicht unterstützt werden.
Ich frage mich, wie lange es dauert, bis die nächste Fragestunde dazu führen wird, daß Redner der Opposition das Thema Morsleben mit ihren überraschenderweise schon vorbereiteten Beiträgen dazu nutzen werden, die Geschäftsordnung etwas weit zu interpretieren.
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Die zweite Feststellung, die hier wohl angebracht ist, ist die, daß Morsleben zur Zeit notwendig ist. Wir benötigen die entsprechenden Lagerkapazitäten. Es ist wichtig, auch darauf hinzuweisen, daß es sich um Reste nicht ausschließlich aus der Energieversorgung handelt, sondern auch aus zahlreichen medizinischen und forschungstechnischen Anwendungen.
Es wäre ein sinnvoller Beitrag zu dieser Diskussion gewesen, wenn die Kritiker von Morsleben ihre konstruktive Mitarbeit am Endlagerkonzept vorgestellt hätten. Wer Morsleben kritisiert, der gehört in der Regel aber mit genau dergleichen Intensität zu den Kritikern der Endlagerung.
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Wer das eine kritisiert, darf das andere nicht unmöglich machen. Diese Debatte ist eigentlich nur ein Zeichen der energiepolitischen Konzeptionslosigkeit von SPD und Grünen.
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Sie haben hier keinerlei Auswege gezeigt.
Es wundert mich schon, wenn Herr Weis hier von Konsens spricht. Sehr geehrter Herr Kollege, Sie sollten sich erstmal darum kümmern, daß Sie Konsens mit Ihrem jeweiligen Verhandlungsführer bei den Energiekonsensgesprächen erreichen; denn dort läuft es immer nach dem Motto: Sie schicken einen vor - in der Regel Herrn Schröder - und entziehen ihm dann das Vertrauen. Den Konsens, den Sie mit der Bundesregierung suchen, sollten Sie vorrangig in Ihrer eigenen Partei suchen.
Mit Interesse habe ich gehört, daß Sie die französische Lösung - also die oberirdische Ablagerung von Atommüll - als Beispiel angeführt haben. Ich frage mich, wie breit der Konsens für Ihren Vorschlag zur Endlagerkonzeption innerhalb der Opposition ist.
Die dritte Feststellung ist: Morsleben taugt eigentlich nur für die Presse.
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Man muß es wiederholen: Wir haben dieses Thema in der Fragestunde mehrfach intensiv erörtert - ohne sicherheitsrelevanten Befund, wie ich hier noch mal feststellen möchte. Wir haben in der vergangenen Woche im Ausschuß das Angebot der Ministerin
gehabt; die Sozialdemokratische Partei aber - Herr Kollege Müller, das müssen Sie nun mal zugeben - ist unter recht windigen Gründen, zumindest nicht gut begründet, aus dem Ausschuß ausgezogen.
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- Sie wußten doch genau, daß Morsleben auf der Tagesordnung stand. Teile Ihrer Fraktion sind dennoch begeistert ausgezogen; diejenigen von Ihnen, die eher an der sachlichen Debatte interessiert sind, vielleicht weniger begeistert. Ausdrücklich ausnehmen möchte ich Bündnis 90/Die Grünen, das sich an diesem Klimbim nicht beteiligt hat.
Herr Weis, Sie haben heute in dieser Debatte gefordert: Reden Sie mit der Opposition! - Die Opposition muß daran erinnert werden, daß es im Ausschuß hinreichend Redemöglichkeit gegeben hätte. Die Frau Ministerin war extra wegen dieses Punktes erschienen, auf Anregung der Opposition. Sie haben das Gespräch nicht gesucht. Wenn Sie jetzt uns vorwerfen, wir redeten nicht mit Ihnen, ist das empörend.
Viertens die Feststellung: Das Land SachsenAnhalt steht nicht zu seiner Verantwortung. Wo sind denn die konstruktiven Beiträge - zum Beispiel der Aufbau einer Landessammelstelle -, die das Land Sachsen-Anhalt in diese Diskussion einbringen will? Das ist ein weiteres Beispiel für eine weitgehende Verweigerung gegenüber den Notwendigkeiten einer gesicherten Energieversorgung.
Ich fasse daher zusammen: Unsere Energiepolitik ist verantwortungsvoll. Sie trägt Verantwortung für die Sicherheit der Energieversorgung in der Bundesrepublik Deutschland und in nicht minder großem Maße Verantwortung für die Sicherheit der Menschen. Daran werden wir auch weiter arbeiten.
Herzlichen Dank.
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Ich gebe dem Abgeordneten Dr. Küster das Wort zu einer persönlichen Erklärung nach § 30 der Geschäftsordnung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß hier etwas geraderükken, was meine Person betrifft. Der Kollege Lippold hat vorhin geäußert - wider besseres Wissen -, daß ich vergangenen Mittwoch nicht im Ausschuß gewesen sei, als es um die Sachverhalte ging, die hier beraten worden sind.
Ich stelle fest, daß ich zu dieser Zeit im Ausschuß war - das ist belegbar - und daß der Auszug der Mitglieder meiner Fraktion bei der Behandlung eines vorhergehenden Tagesordnungspunktes nichts mit Morsleben zu tun hatte, sondern mit der Unfähigkeit der Koalition, einen anderen Beratungspunkt vernünftig zu handhaben.
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Herr Dr. Lippold.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Küster, Sie stehen hier stellvertretend für die Fraktion, die dem Begehren der Grünen gerade beigetreten ist. Deshalb habe ich gesagt, sie - kleingeschrieben! - müßten dann auch anwesend sein, wenn das bearbeitet wird. Dazu stehe ich nach wie vor. Das nehme ich auch nicht zurück.
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Denn Sie als Parlamentarischer Geschäftsführer sind Repräsentant Ihrer Fraktion. Das wissen Sie auch.
Im übrigen, Herr Kollege Küster, wissen Sie selbst, daß der Vorwand, unter dem Ihre Fraktion ausgezogen ist, gesucht war. Wer in der Sache hätte argumentieren wollen - wir nehmen dieses Thema ja ernst -, hätte dieses Thema im Ausschuß diskutieren müssen, nicht aber hier eine Aktuelle Stunde unterstützen dürfen.
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Ich schließe damit die Aktuelle Stunde. Wir sind am Ende der Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung auf morgen, Donnerstag, den 8. Februar 1996, 9 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.