Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Die Fraktion der F.D.P. hat mitgeteilt, daß der Kollege Jörg van Essen auf seinen Sitz als stellvertretendes Mitglied im Vermittlungsausschuß verzichtet. Als Nachfolger wird der Kollege Carl-Ludwig Thiele vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? - Ich sehe keinen Widerspruch. Damit ist der Kollege Carl-Ludwig Thiele als stellvertretendes Mitglied im Vermittlungsausschuß bestimmt.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf: Beratung des Antrags der Bundesregierung
Deutsche Beteiligung an den Maßnahmen zum Schutz und zur Unterstützung des schnellen Einsatzverbands im früheren Jugoslawien einschließlich der Unterstützung eines eventuellen Abzugs der VN-Friedenstruppen
- Drucksache 13/1802 Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuß ({0}) Verteidigungsausschuß
Dazu liegt je ein Entschließungsantrag der Fraktion der SPD, der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Gruppe der PDS vor.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sollen die Vorlagen ohne Aussprache an die Ausschüsse überwiesen werden. Die Gruppe der PDS hat jedoch schriftlich beantragt, eine mindestens einstündige Debatte durchzuführen.
Dazu gibt es eine Meldung zur Geschäftsordnung. Frau Kollegin Lederer, bitte.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Namens der Abgeordnetengruppe der PDS beantrage ich zu dem genannten ersten Tagesordnungspunkt eine mindestens einstündige Debatte in der ersten Lesung. Ich will das wie folgt begründen:
Es gibt eine - wenn wohl auch die einzige - gemeinsame Auffassung in diesem Hause, nämlich daß der Deutsche Bundestag in dieser Woche eine außenpolitische Entscheidung von historischer Tragweite zu treffen hat. Es geht um die Entscheidung über einen Bundeswehreinsatz im ehemaligen Jugoslawien, um den möglicherweise ersten Kampfeinsatz der Bundeswehr außerhalb des Bündnisgebiets, den möglicherweise ersten Kriegseinsatz deutscher Soldaten nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Es geht also um eine Entscheidung, mit der die bisherige Außenpolitik der Bundesregierung eine tiefe Zäsur erfährt, einen Richtungswechsel. Ich zitiere zum Beleg dafür den Verteidigungsminister aus einer Bundestagsdebatte vom April 1994:
Für uns bleibt es dabei, keine deutschen Truppen einzusetzen, auch keine deutschen Kampfflugzeuge.
Es wäre daher mehr als angebracht gewesen, die endgültige Beratung und Entscheidung des Bundestages so zu planen, daß eine der Entscheidung auch nur halbwegs angemessene Behandlung im Plenum ermöglicht wird. Statt dessen hat die Bundesregierung von Woche zu Woche die vom Verfassungsgericht gewährte Beteiligung des Parlaments hinausgezögert und sie dann in die letzte Woche vor der Sommerpause gequetscht. Fällt Ihnen eigentlich auf, daß wir über diese Thematik immer vor Sommer-, Oster- und Weihnachtspausen debattieren?
Ich will Ihnen auch sagen, warum auf eine solche Debatte in der ersten Lesung nicht verzichtet werden sollte, warum eine solche keineswegs überflüssig wäre: Es ist nicht nur die Tragweite der Entscheidung, deren Folgen unabsehbar sind. Es ist auch bekannt, daß eine Vielzahl von Abgeordneten in ihrer Entscheidung noch nicht festgelegt ist. Es handelt sich um eine Gewissensentscheidung, die am Freitag getroffen werden muß. Die Ausschußberatungen in Anschluß an diese Diskussion finden nur vor Ausschußmitgliedern statt. Andere Abgeordnete haben aber ein Recht - ich möchte behaupten: einen Anspruch - darauf, den Antrag der Bundesregierung vor den Fachberatungen von der Bundesregierung in diesem Hause - nicht nur vor der Bundespressekonferenz, die nicht zu entscheiden hat - erläutert zu beAndrea Lederer
kommen. Das gilt insbesondere hinsichtlich des offenkundigen Charakters eines Vorratsbeschlusses, d. h. eines Beschlusses, der einen Einsatz der Bundeswehr weder zeitlich noch quantitativ noch qualitativ in irgendeiner Weise begrenzt. Und sie haben ein Recht darauf, daß die Entschließungsanträge der anderen Fraktionen und unserer Gruppe erläutert werden.
Seit Dezember werden die Antworten der Bundesregierung an NATO und UNO zu diesem Thema als unverbindlich bezeichnet. Es wird immer wieder versichert, daß der Bundestag, das Plenum rechtzeitig und ausreichend informiert wird, beraten und entscheiden kann. Nun aber kommt es zu dem von uns schon immer befürchteten Hauruckverfahren. Wenn sich dieses Parlament auch nur halbwegs ernst nimmt, dann besteht es auf einer ersten Debatte vor den Ausschußberatungen, dann darf die Zeit angesichts der Tragweite kein Argument sein, und dann läßt es sich diese Prozedur nicht gefallen.
Da, wie Sie wissen, zur Unterstützung dieses Geschäftsordnungsantrags 34 Stimmen erforderlich sind, bitte ich die Kolleginnen und Kollegen, die sich das trauen, unserem Antrag zuzustimmen, um ihn über die genannte Hürde zu bringen.
Ich danke.
({0})
Das Wort hat der Kollege van Essen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Kollegen Geschäftsführer von CDU/CSU und SPD haben mich gebeten, für sie mit zu antworten.
Wir sind überhaupt nicht der Auffassung, daß der Bundestag in dieser Frage bisher unzureichend unterrichtet worden ist. Das Gegenteil ist der Fall: Wir haben sehr ausführlich im Verteidigungsausschuß und, wie ich weiß, auch im Auswärtigen Ausschuß in vielen Sitzungen über diese Fragen gesprochen, haben die Möglichkeit gehabt, regelmäßig alle Fragen zu stellen, und sie auch beantwortet bekommen.
Soweit ich das verstanden habe - und ich stehe auch dahinter - hatten wir bei diesen Beratungen immer den Tenor, nicht zu früh zu entscheiden, um damit keine falschen Signale in Richtung eines Abzuges aus Bosnien-Herzegowina zu setzen. Das wäre politisch absolut fatal gewesen.
Der nächste Punkt: Wir sind gegen die heutige Debatte, die von der PDS beantragt wird, weil wir der Auffassung sind, daß in den Ausschüssen die letzten Vorbereitungen schnellstmöglich getroffen werden sollten. Alles das, was wir jetzt hier an Debatte erleben, nimmt uns die Zeit in den Ausschüssen.
Und die letzte Bemerkung, die ich in diesem Zusammenhang machen will: Wir möchten gern, daß ausreichend debattiert wird. Wir haben deshalb die ursprünglich vorgesehene Debattenzeit von drei Stunden am Freitag auf vier Stunden verlängert.
Wir haben auch gesehen, daß gerade Sie als PDS sich an dieser Diskussion beteiligen wollen. Wir haben deshalb schon in der Runde der Parlamentarischen Geschäftsführer vereinbart, daß Sie mehr Redezeit als sonst bekommen,
({0})
wie auch andere Gruppierungen mehr Redezeit als sonst bekommen. Zum Beispiel haben wir verabredet, daß das für die Grünen gilt, weil es dort unterschiedliche Meinungen gibt, so wie es auch in der SPD unterschiedliche Meinungen gibt.
Ich glaube, daß es diesem Thema angemessen ist, wenn wir am Freitag die unterschiedlichen Positionen, die es in dieser Frage gibt, in diesem Hause ausreichend debattieren. Ich meine aber auch, daß das reicht.
Vielen Dank.
({1})
Keine weiteren Wortmeldungen.
Nach § 78 Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit § 79 Satz 1 der Geschäftsordnung findet eine Aussprache nur statt, wenn sie von einer Fraktion oder von anwesenden 5 % der Mitglieder des Bundestages - das sind 34 Abgeordnete - verlangt wird. Ich muß deshalb feststellen, ob der Antrag der PDS die erforderliche Unterstützung erreicht. Ich stelle also jetzt die Frage: Wer unterstützt den Antrag der Gruppe der PDS auf Durchführung einer Aussprache? - Das sind jedenfalls weniger als 34 Abgeordnete. Damit ist die erforderliche Unterstützung nicht erreicht. Eine Aussprache wird nicht durchgeführt.
Wir kommen jetzt zur Überweisung. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sollen der Antrag der Bundesregierung auf Drucksache 13/1802 und die Entschließungsanträge der Fraktion der SPD, der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Gruppe der PDS auf Drucksache 13/1808, 13/1828 und 13/1835 zur federführenden Beratung an den Auswärtigen Ausschuß und zur Mitberatung an den Verteidigungsausschuß überwiesen werden. Die Überweisung soll mit der Maßgabe erfolgen, die Beschlußempfehlung so rechtzeitig vorzulegen, daß ihre Verteilung bis heute abend 24 Uhr möglich ist.
Sind Sie mit der Überweisung und der damit verbundenen Auflage einverstanden?
({0})
- Ich bin mir im Augenblick nicht klar, was es ist, was Sie da machen.
Ich möchte darum bitten, in diesem Fall auch den Rechtsausschuß damit zu befassen, weil durch die Art und Weise, wie die Beschlußempfehlung der Bundesregierung lautet, sich
schon die Frage stellt, ob das mit dem uns vorliegenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts deckungsgleich ist. Dadurch, daß keine konkreten Zeiten und keine konkrete Stärke der Kontingente benannt sind, entsteht die Frage: Ist es rechtlich zulässig, einen so allgemeinen und sozusagen generellen Beschluß durch das Parlament zu fassen?
Ich möchte nur, daß dies geprüft wird. Es kann ja sein, daß der Rechtsausschuß sagt: Das geht in Ordnung. Ich meine aber schon, daß der Rechtsausschuß einbezogen werden müßte.
({0})
Ich muß erst einmal in die Runde sehen und fragen, ob Sie mit den vorgesehenen Überweisungen - ich frage zunächst nach den vorgesehenen - einverstanden sind. - Das ist der Fall.
Dann stelle ich die Frage, ob es eine Mehrheit dafür gibt, den Antrag auch an den Rechtsausschuß zu überweisen.
Herr Präsident, darf ich von hier aus erklären, daß aus meiner Sicht keine Bedenken dagegen bestehen - immer unter der Voraussetzung, daß die Fristen eingehalten werden.
({0})
Sie hatten Ihr Mikro nicht eingeschaltet. Ich wiederhole also: Zustimmung unter der Voraussetzung, daß die Fristen eingehalten werden.
Wie sieht das bei den anderen Fraktionen aus?
({0})
- Immer langsam. Geben Sie den Geschäftsführern - das sind wichtige, geschäftsleitende Menschen - erst einmal Gelegenheit, sich zu verständigen. ({1})
Wenn es keine Einigung gibt, lasse ich darüber abstimmen. Soll das so erfolgen? - Ich sehe, es gibt keine Einigung.
Dann lasse ich über den Antrag abstimmen, auch an den Rechtsausschuß zu überweisen mit der Maßgabe, daß die Beratungen bis 24 Uhr abgeschlossen sind. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! ({2})
Ich wiederhole die Abstimmung: Wer dafür ist, daß an den Rechtsausschuß überwiesen wird, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe bitte. - Der Antrag ist mit 41 Stimmen gegen 34 Stimmen angenommen. Das heißt: Es erfolgt eine Überweisung auch an den Rechtsausschuß.
({3})
Wir haben entschieden, daß eine Überweisung an die vorgeschlagenen Ausschüsse plus den Rechtsausschuß erfolgt, mit der Maßgabe, daß die Beratungen um 24 Uhr beendet sind. Die Beratungen im Plenum finden am Freitag, beginnend um 9 Uhr, statt.
Dann haben wir diesen Punkt geklärt. Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 2 auf: Fragestunde
- Drucksache 13/1785 ({4})
- Es wäre gut, wenn es im Hause etwas ruhiger werden könnte.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung auf. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Klaus-Jürgen Hedrich bereit.
Ich rufe die Frage 1 des Abgeordneten Christoph Matschie auf:
Trifft es zu, daß die Bundesregierung in den vergangenen Jahren die Erprobung der Sonnenenergienutzung in Indonesien mit 40 Mio. DM gefördert hat, jetzt aber die Beteiligung an einem Kreditprogramm zum umfangreichen Einsatz von Photovoltaik im ländlichen Raum ablehnt, und wenn ja, welche Gründe gibt es für die Ablehnung?
Bitte, Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort.
({5})
- Es wäre schön, wenn dem Staatssekretär Gelegenheit gegeben würde, seine Arbeit zu tun.
Klaus-Jürgen Hedrich, Pari. Staatssekretär beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Danke sehr, Herr Präsident.
Bitte.
Ich darf Frage 1 folgendermaßen beantworten: Ich kann bestätigen, daß die Bundesregierung die Erprobung der Sonnenenergienutzung in Indonesien seit 20 Jahren mit insgesamt 40 Millionen DM gefördert hat.
In den am 24. Mai dieses Jahres in Jakarta stattgefundenen Konsultationen zur Vorbereitung der diesjährigen entwicklungspolitischen Regierungsverhandlungen im Herbst bestand mit der indonesischen Seite Einigkeit, Solarenergie zur Erhöhung
der Funktionstüchtigkeit von entlegenen Basisgesundheitsstationen einzusetzen und dieses Programm mit Mitteln der Finanziellen Zusammenarbeit zu unterstützen.
Die Alternative einer Versorgung privater Haushalte mit Sonnenenergie wurde aus unterschiedlichen Gründen entwicklungspolitischer und organisatorisch-technischer Art nicht weiterverfolgt.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, welche Auffassung vertritt denn das Forschungsministerium, mit dessen Mitteln ja die ursprüngliche Förderung der Solarenergie in Indonesien erfolgt ist, in dieser Frage? Ist es ebenfalls der Auffassung, daß nur eine begrenzte Förderung, wie sie jetzt vom BMZ angedacht ist, sinnvoll ist?
Herr Kollege Matschie, Sie haben sicherlich Verständnis, wenn ich Sie bitte, eine entsprechende Frage dort vorzubringen. Ich kann Ihnen nur vorzutragen, welche Dinge wir mit den Indonesiern einvernehmlich vereinbart haben.
Eine weitere Zusatzfrage.
Meine zweite Frage, Herr Staatssekretär: Welche Strategien zur Markteinführung von Solarenergie verfolgt die Bundesregierung angesichts der Tatsache, daß sie weder hier in Deutschland noch in anderen Ländern bereit ist, den Einsatz von Solarenergie in nennenswertem Umfang finanziell zu unterstützen?
Der Punkt, um den es uns geht, ist, mit der Förderung von Solarenergie einen möglichst hohen entwicklungspolitischen Effekt zu erreichen. In diesem Zusammenhang war abzuwägen, ob wir private Haushalte fördern oder ob wir Basisgesundheitssysteme oder vergleichbare Einrichtungen fördern.
Wir haben feststellen können - ebenfalls einvernehmlich mit der indonesischen Seite -, daß die Förderung privater Haushalte einen sehr hohen Subventionsbetrag erforderlich gemacht hätte, was - nach unserer Einschätzung - wahrscheinlich nur 15 bis 20 % der Bevölkerung in bestimmten Regionen zugute gekommen wäre. Würde man überhaupt keine Subventionen vornehmen, was eigentlich sinnvoll wäre, dann würden höchstens 5 % der betroffenen Bevölkerung begünstigt, und zwar vorrangig Bevölkerungsschichten, die eigentlich in der Lage sind, aus eigener finanzieller Kraft Einrichtungen zur Energieversorgung zu installieren. Es kann ja nicht Sinn der Sache sein, daß wir gerade diese Bevölkerungsschichten unterstützen.
Demgegenüber kommt die Förderung von Basisgesundheitsstationen besonders den Gruppen zugute, die zu den sozial schwächeren, den ärmeren Schichten in Indonesien gehören. Sie wissen ja, daß wir im Ausschuß einvernehmlich der Auffassung waren, daß unsere Politik, wo immer es geht, mit besonderer Intensität auf ärmere Bevölkerungsschichten ausgerichtet sein sollte.
Gibt es Zusatzfragen aus dem Haus? - Bitte.
Herr Staatssekretär, meinen Sie nicht, daß eine Beteiligung der deutschen Wirtschaft an den positiven Folgen einer Förderung durchaus in unserem Interesse sein kann, viel mehr, als beispielsweise hohe Beträge für den Bau einer U-Bahn in Shanghai auszugeben?
Sie werden verstehen, lieber Herr Kollege, daß ich einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Förderung von Sonnenenergieanlagen in indonesischen Gesundheitsstationen und der Förderung des Baus von U-Bahn-Anlagen in Shanghai nicht sehe. Da sind wir möglicherweise unterschiedlicher Auffassung.
Ansonsten kann ich nur bestätigen, daß die Bundesregierung grundsätzlich daran interessiert ist, daß bei entsprechender Auftragslage auch die deutsche Wirtschaft zum Zuge kommt. Aber gerade im zuständigen Fachausschuß wird die Bundesregierung von Ihren Kollegen des öfteren nachhaltig getadelt, daß sie angeblich zu sehr die Interessen der deutschen Wirtschaft im Blick habe.
Eine weitere Zusatzfrage? - Bitte.
Herr Staatssekretär, welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, der Abwanderung der Photovoltaik, der einzigen existierenden Produktion, die in Wedel in Schleswig-Holstein bisher stattgefunden hat, entgegenzutreten? Es hat in diesem Zusammenhang eine Förderung von einer Viertelmilliarde DM gegeben, die offensichtlich nicht zurückzuholen ist.
Nach meiner Kenntnislage kann ich nur bestätigen, daß photovoltaische Industrie - besonders auch Siemens - aus Deutschland in zunehmendem Maße abwandert bzw. abgewandert ist. Das zu bewerten steht mir nicht zu.
Parl. Staatssekretär Maus-Jürgen Hedrich
Der Punkt ist aber in der Tat folgender: Wir würden es als äußerst problematisch ansehen, zu glauben, wir könnten mit dem Instrumentarium des Ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Wirtschaft sicherstellen. Das ist mit Sicherheit nicht die Aufgabe unseres Hauses.
Es gibt keine weiteren Zusatzfragen.
Dann rufe ich die Frage 2 des Abgeordneten Matschie auf:
Trifft es zu, daß Indonesien der deutschen Photovoltaik-Industrie, im Falle einer deutschen Beteiligung am Kreditprogramm, Aufträge in Aussicht gestellt hatte und daß jetzt Aufträge für 30 000 Photovoltaikanlagen an ein australisches Unternehmen gegangen sind, da Australien das Kreditprogramm mitfinanziert?
Herr Kollege Matschie, die indonesische Regierung hat der deutschen Regierung nicht mitgeteilt, daß im Falle einer deutschen Beteiligung an Kreditprogrammen deutsche Firmen Aufträge erhalten würden.
Ich füge hinzu - abweichend von dem Text, den ich vor mir liegen habe -, daß das natürlich in die Richtung geht, die in der vorhergehenden Frage von der Kollegin Blunck angesprochen worden ist. Aber es bestand keine Wahrscheinlichkeit, daß die indonesische Regierung bei entsprechender Auftragslage von vornherein gesagt hätte, sie erteile nur der deutschen Seite den Auftrag. Übrigens wäre es auch problematisch gewesen, ein Kreditprogramm mit den OECD-Vereinbarungen in Übereinstimmung zu bringen.
Der Bundesregierung ist ein beabsichtigtes australisches Liefergeschäft bekannt. Ob das Liefergeschäft aus dem von Ihnen genannten Kreditprogramm finanziert wird, ist uns - auch nach Rückfrage bei der deutschen Botschaft in Canberra - nicht bekannt. Einzelheiten des australischen Geschäfts - das werden Sie verstehen - sind im übrigen vertraulicher Natur.
Eine Zusatzfrage?
Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung erwogen, wenn schon nicht aus Mitteln des BMZ - wofür ich ein gewisses Verständnis aufbringen kann -, dann doch aus Mitteln eines anderen Haushalts - z. B. aus dem für Forschung und Technologie - ein solches Programm in Indonesien weiter zu fördern? Die Markteinführung, für die schon 40 Millionen DM ausgegeben waren, war ja sehr erfolgreich.
Das ist mir persönlich nicht bekannt. Aber, Herr Kollege Matschie, wenn Sie damit einverstanden sind, werde ich mich natürlich bei den betreffenden Kollegen rückversichern und Ihnen dann eine mündliche oder schriftliche Antwort zukommen lassen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Die zweite Zusatzfrage, Herr Staatssekretär: Wie hoch ist der Umfang der Förderung aus dem Haushalt des BMZ für den Bereich von Krankenstationen?
Da wir auf Ressortebene unmittelbar vor dem Abschluß der Haushaltsberatung für das Haushaltsjahr 1996 stehen, wäre es jetzt, glaube ich, nicht im Interesse des Einzelplans 23, ein Klagelied über die etwaige Höhe dieses Einzelplans zu singen. Vielmehr hoffen wir, daß wir - zumindest in Relation zum Gesamthaushalt - bei der Kabinettsvorlage am Mittwoch der nächsten Woche verhältnismäßig gut abschneiden werden.
Vor dem Hintergrund, was wir Indonesien an Länderzusage insgesamt machen können, können Sie davon ausgehen, daß für diesen speziellen Bereich der Förderung - Photovoltaik, Basisgesundheitssysteme - ein Betrag von 10 Millionen bis 15 Millionen DM zur Verfügung stehen dürfte.
Gibt es weitere Zusatzfragen aus dem Haus? - Das ist nicht der Fall.
Dann sind die Fragen des Geschäftsbereichs des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung beantwortet. Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes auf. Zur Beantwortung steht Herr Staatsminister Schmidbauer bereit.
Ich rufe Frage 3 der Kollegin Holzhüter auf:
Welche Gruppen von Kindern und Jugendlichen werden vom Bundeskanzler aus welchen Regionen zu seinem Fest im September eingeladen?
Frau Kollegin Holzhüter, ich darf Ihre Frage wie folgt beantworten:
Grundsätzlich gilt, daß zu den in der Regel jährlich stattfindenden Kinderfesten des Herrn Bundeskanzlers jeweils regional wechselnde Landkreise und kreisfreie Städte für eine Einladung an eine Gruppe durch ihn ausgewählt werden. Die zuständigen Landräte bzw. Oberbürgermeister dieser Kreise oder Städte werden dann vom Bundeskanzler gebeten, jeweils geschlossene Schulklassen der Altersgruppe 10 bis 14 Jahre für die Teilnahme am Kinderfest zu benennen. Insgesamt steht jedem benannten Landkreis bzw. jeder kreisfreien Stadt ein Kontingent von ca. 100 Plätzen zur Verfügung.
Zusätzlich werden in der Regel erstens Kindergruppen, die sich im Sozial- und Umweltbereich besondere Verdienste erworben haben, und zweitens Kinder, die durch eine Krankheit oder Behinderung besonders belastet sind oder in schwierigen sozialen Verhältnissen aufwachsen, eingeladen. Es wird darauf geachtet, daß Kinder aus allen Bundesländern für dieses Fest berücksichtigt werden, sei es durch Einladung einer Kindergruppe aus einem Kreis oder einer kreisfreien Stadt oder einer Sondergruppe aus dem betreffenden Land.
Sie haben sicher Verständnis dafür, daß ich Ihnen an dieser Stelle nicht die Liste der in diesem Jahr eingeladenen zwölf Kreise oder kreisfreien Städte und die Aufstellung der 34 Sondergruppen vortrage. Ich bin aber gern bereit, Ihnen auf Wunsch eine entsprechende Liste zur Verfügung zu stellen.
Haben Sie eine Zusatzfrage? - Das ist nicht der Fall.
Ich rufe Frage 4 der Kollegin Holzhüter auf:
Wie kann es die Bundesregierung verantworten, daß z. B. zwei Schulklassen aus Berlin-Neukölln und BerlinHellersdorf, darunter eine Integrationsklasse mit vielen Schülern ausländischer Herkunft und einem Rollstuhlfahrer, zum Kanzlerfest eingeladen werden, die Übernahme der Kosten für Anreise und Übernachtung in Hohe von mindestens 200 DM aber offenkundig von den Eltern erwartet wird?
Frau Kollegin Holzhüter, ich denke, daß das, was ich jetzt beantworten will, der zentrale Punkt Ihrer Fragen war.
Es ist richtig, daß zum diesjährigen Kinderfest eine Klasse aus Berlin-Neukölln und eine Klasse aus Berlin-Hellersdorf über die jeweiligen Bezirksbürgermeister eingeladen worden sind. Wie in den Vorjahren gilt auch in diesem Fall generell, daß der Etat des Bundeskanzleramts für diese etwa 3 000 eingeladenen Kinder und Jugendlichen die Fahrtkosten nicht übernehmen kann. In dem zusammen mit der Einladung zum Kinderfest übersandten Informationsblatt wird auf diesen Sachverhalt gesondert hingewiesen. Die Einladung des Bundeskanzlers ist als Angebot zur Teilnahme am Kinderfest zu verstehen.
Ich will darauf hinweisen, daß es jeder Gruppe im übrigen - wie bei einer normalen Klassenfahrt - unbenommen ist, sich bei Dritten, z. B. Kreisen und Gemeinden, um entsprechende Zuschüsse zu bemühen. Die Erfahrung der vergangenen Jahre hat eindeutig gezeigt, daß dies in unterschiedlichem Umfang sehr wohl geschieht.
Bezüglich der angesprochenen Klasse aus BerlinNeukölln mit dem erwähnten Rollstuhlfahrer gehen meine Informationen dahin, daß diese Klasse offensichtlich beabsichtigt, nicht nur am Kinderfest des Bundeskanzlers teilzunehmen, sondern in diesem Zusammenhang eine mehrtägige Klassenfahrt ins Rheinland zu unternehmen, was ich als natürlich und gut empfinde. Aber es ist selbstverständlich, daß ein solches Vorhaben privat finanziert werden muß.
Ich will noch einmal darauf hinweisen, daß die Praxis immer war, daß Dritte gebeten werden können, etwa bei Bedürftigkeit entsprechende Zuschüsse zu gewähren. Meines Erachtens sollte auch in diesem Fall so vorgegangen werden.
Zusatzfrage.
Sind Sie mit mir der Meinung, daß das von Ihnen am Anfang erwähnte soziale Engagement eine Rolle spielt, und zwar nicht nur bei den Eingeladenen, sondern auch bei der Einladung selbst? Ich weiß z. B., daß die Neuköllner Klasse mit großer Mühe 500 DM für die Klassenfahrt aufgebracht hat. Sind Sie mit mir der Meinung, daß zusätzliche 200 DM genau dem Kindergeld entsprechen würden, das für jedes einzelne Kind im Monat gezahlt wird? Für Eltern bestimmter sozialer Schichten ist es sehr schwierig, dieses Geld aufzubringen. Könnte man über das hinaus, was Sie gesagt haben, nicht doch einen Hinweis geben, wie man so etwas finanzieren könnte?
Ich bin wie Sie der Meinung, daß in einem solchen Fall direkt vor Ort geholfen werden sollte und daß das in diesem Fall von Ihnen erwähnte soziale Engagement durchaus dazu führen könnte, daß im Rahmen der Leistungen für bedürftige Kinder geholfen wird. Ich setze auch in anderen Fällen voraus, daß dies geschieht. Im übrigen: Wenn diese Klasse eine mehrtägige Klassenfahrt unternimmt, ist das ein Weg in diese Richtung. Trotzdem bin ich wie Sie der Meinung, daß in einem Fall, in dem es notwendig wird, entsprechende Hilfe durch Dritte gewährt werden sollte. Ich bin gern bereit, eine entsprechende Empfehlung an die Adresse derjenigen, die Sie in Ihrer Frage angesprochen haben, zu geben.
Darf ich in einer zweiten Frage bitten, daß Sie mir vielleicht helfen, z. B. der Klasse in Hellersdorf Hinweise zu geben? Sie wissen, Hellersdorf ist ein ehemaliger Ostbezirk, und Sie müssen davon ausgehen, daß die Praxis der Geldbeschaffung in diesem Gebiet sicherlich noch nicht so ausgeprägt ist.
Frau Kollegin, ich werde veranlassen, daß sich Mitarbeiter unseres Amtes mit der entsprechenden Bezirksverwaltung in Verbindung setzen und diese Frage ansprechen.
Keine weiteren Zusatzfragen. Damit sind wir am Ende der Fragen des Geschäftsbereichs des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes.
Die Fragen zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes sollen sämtlich schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Vizepräsident Hans-Ulrich Klose
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern auf. Zur Beantwortung steht uns der Parlamentarische Staatssekretär Eduard Lintner zur Verfügung.
Die Fragen 13 bis 17 sollen schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 18 des Kollegen Joachim Tappe auf:
Beabsichtigt die Bundesregierung, im Rahmen der Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung auch Einsparungen beim Bundesgrenzschutz vorzunehmen, und, wenn ja, bedeutet dies eine Gefährdung von Grenzschutzstandorten?
Herr Kollege Tappe, die Bundesregierung beabsichtigt derzeit beim Bundesgrenzschutz keine haushaltsmäßigen Einsparungen, die Auswirkungen auf Bundesgrenzschutzstandorte hätten.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ich habe definitive Informationen aus CDU-Kreisverbänden dahin gehend, daß in Hessen Umstrukturierungen geplant sind im Zusammenhang mit einer Änderung des Auftrages der Bundesgrenzschutzeinheiten, die verstärkt an der Ostgrenze eingesetzt werden sollen.
Herr Kollege Tappe, diese Untersuchungen und Überlegungen haben aber nichts mit der Haushaltskonsolidierung zu tun, sondern sie sind Ergebnis der neuen Lage, wie sie sich nach der Wiedervereinigung darstellt. Sie müssen bedenken, daß sich die Standorte schwerpunktmäßig immer noch entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze befinden, während mittlerweile das Hauptaufgabengebiet des BGS an der deutschen Ostgrenze liegt. Deshalb hat das Ministerium veranlaßt, daß Überlegungen angestellt und Untersuchungen durchgeführt werden, ob die Struktur des Bundesgrenzschutzes aus diesem Grund und anderen Gründen neu überdacht werden muß bzw. geändert werden muß.
Eine weitere Zusatzfrage.
Wann ist gegebenenfalls mit einem solchen Konzept, in das diese Überlegungen Eingang gefunden haben, seitens des Innenministeriums zu rechnen?
Wir gehen davon aus, daß Ende diesen oder Anfang nächsten Jahres Konkretes dazu gesagt werden kann. Im übrigen haben wir bislang schon interessierte Abgeordnete immer wieder darüber informiert, welchen Auftrag unsere Weisung beinhaltet, hinsichtlich der Struktur des BGS Untersuchungen anzustellen.
Keine Zusatzfragen. - Dann rufe ich die Frage 19 des Kollegen Tappe auf:
Beabsichtigt die Bundesregierung eine Modifizierung am Bundesgrenzschutzstandort in Hessen, insbesondere in Eschwege, und für welchen Zeitzaum ist eine Standortsicherung gegeben?
Im Bundesministerium des Innern wird derzeit geprüft, ob und durch welche Maßnahmen die Kräfte des Bundesgrenzschutzes noch zielgenauer und effizienter eingesetzt werden können. Nach Abschluß der Prüfungen sollen die zu treffenden Maßnahmen in einem Gesamtkonzept zusammengestellt werden. Von Art und Umfang der zu ergreifenden Schritte, die auch strukturelle Veränderungen im Bundesgrenzschutz umfassen können, wird es abhängen, ob für Bundesgrenzschutzstandorte Konsequenzen zu ziehen sind. Konkrete Aussagen zu einzelnen Standorten oder zu der Frage, für welche Zeit die heutigen Standorte unverändert bleiben werden, sind gegenwärtig nicht möglich. Ich verweise auf die Erläuterungen, die ich gerade in meiner Antwort zu Frage 18 gegeben haben.
Eine Zusatzfrage? - Das ist nicht der Fall.
Es liegen keine weiteren Fragen vor. Wir sind damit am Ende der Fragen des Geschäftsbereichs des Bundesministeriums des Innern.
Ich rufe jetzt den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen auf.
Zur Beantwortung steht uns die Parlamentarische Staatssekretärin Irmgard Karwatzki zur Verfügung.
Die Fragen 20 bis 24 sollen schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe jetzt die Frage 25 des Kollegen Günter Gloser auf:
Ist bereits eine Entscheidung über die Beibehaltung bzw. Verlegung des Nürnberger Bundesvermögensamtes getroffen worden, und, wenn nein, wann ist mit einer Entscheidung zu rechnen?
Herr Kollege Gloser, eine Entscheidung ist noch nicht getroffen worden. Zur Zeit werden alle dazu vorliegenden Anregungen und Vorschläge nochmals geprüft. Das BMF ist bemüht, die Entscheidung so schnell wie nur irgend möglich auf den Weg zu bringen.
Eine Zusatzfrage.
Frau Staatssekretärin, welche nachvollziehbaren Kriterien werden denn diesen Entscheidungen zugrunde gelegt?
Es werden die betroffenen Bundesvermögensämter gefragt. Es wird um eine Mitwirkung der entsprechenden Mitarbeiter gebeten. Danach versuchen wir, die richtige Entscheidung zu treffen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Wie erklären Sie sich, Frau Staatssekretärin, daß im Falle des Bundesvermögensamtes Nürnberg davon gesprochen wird, die Dienststelle möglicherweise nach Amberg zu verlegen, und dies mit dem schönen Wort der „Entballisierung" begründet wird, während in Südbayern eine Dienststelle aus einem kleineren Ort, nämlich Passau, in ein Ballungszentrum verlegt werden soll?
Herr Kollege Gloser, es wird soviel geredet. Ich höre das hier zum ersten Mal. Ich weiß allerdings, daß es Überlegungen gibt, Nürnberg und Amberg erneut in einen Austausch hineinzunehmen. Diese Entscheidung ist aber noch nicht getroffen.
Es gibt keine weiteren Zusatzfragen. Das war der Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Norbert Lammert zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 26 des Abgeordneten Wolfgang Dehnel auf:
Welche strukturpolitischen Maßnahmen wurden oder werden von der Bundesregierung, gemeinsam mit der Regierung des Freistaates Sachsen, vorgesehen und, falls abgeschlossen, mit welchem Ergebnis, um in den Grenzregionen des Westerzgebirges und des Vogtlandes der dortigen Arbeitslosigkeit - der höchsten in Deutschland überhaupt - wirksam zu begegnen?
Herr Kollege, das wichtigste regionalpolitische Instrument zur Schaffung von Arbeitsplätzen in strukturschwachen Regionen ist die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" . Im Rahmen dieser Gemeinschaftsaufgabe ist es Sache der Länder - im Falle Ihrer konkreten Fragen also des Freistaats Sachsen -, entsprechend den regionalen Problemlagen räumliche Schwerpunkte innerhalb ihrer Förderung zu setzen.
Die Region Westerzgebirge und sächsisches Vogtland haben im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe eine hohe Förderpriorität. In den Jahren 1993 und 1994 waren sie im GA-Rahmenplan als Sonderfördergebiet ausgewiesen, so daß Investitionen mit einem Höchstfördersatz bis zu 35 % gefördert werden konnten.
Mit der Neuregelung der Gemeinschaftsaufgabe ab 1995 können im Westerzgebirge und im Kreis Klingenthal sowie in einigen Gemeinden der übrigen Landkreise des sächsischen Vogtlandes darüber hinaus für kleine und mittlere Unternehmen Fördersätze von bis zu 50 % gewährt werden.
Die hohe Förderpriorität kommt auch in den Ergebnissen der GA-Förderung bis zum 30. April 1995 zum Ausdruck, also vor der Neufestlegung der Förderbedingungen. Die bewilligten GA-Zuschüsse liegen im Westerzgebirge und im Vogtland mit 3 199 DM pro Einwohner rund 8 % über dem Landesdurchschnitt. Insgesamt sind in dieser Region GA-Investitionszuschüsse in Höhe von 1,54 Milliarden DM bewilligt worden. Damit wird ein Investitionsvolumen von 4,2 Milliarden DM angeschoben; fast 40 000 Arbeitsplätze werden damit geschaffen oder gesichert.
Es ist im übrigen - wenn ich das noch sagen darf - vorrangig Aufgabe der Länder und ihrer Regionen, regionale Strukturprobleme soweit wie eben möglich aus eigener Kraft zu lösen. Dazu gibt es, wie Sie wissen, auch gesonderte Programme des Freistaates Sachsen.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, anscheinend sind diese Maßnahmen noch nicht ausreichend. Sehen Sie Chancen, daß wir die Zonenrandförderung für diese Gebiete wieder einführen, wie sie in den Jahren vor der deutschen Einheit für bestimmte Regionen der alten Bundesländer getätigt wurde?
({0})
Nein. Ich kann dafür eine überzeugende Begründung auch nicht erkennen, auch wenn Sie mit Ihrer Vermutung recht haben, daß aus der Sicht der jeweils betroffenen Regionen eine noch so großzügig ausgestattete regionale Wirtschaftsförderung immer hinter dem zurückbleibt, was man sich an sinnvollem Mitteleinsatz zur Förderung von Investitionen vorstellen könnte.
Sie werden mir aber sicher recht geben, daß die Geschäftsgrundlage der Zonenrandförderung die deutsche und europäische Teilung war. Diese Geschäftsgrundlage ist inzwischen glücklicherweise weggefallen. Ich vermute, daß Sie und auch Ihre Freunde in den betroffenen Regionen zum Zwecke der Wiederherstellung der Zonenrandförderung nicht die Wiederherstellung der ihr zugrundeliegenden Geschäftsgrundlage vorschlagen wollen.
Noch eine Zusatzfrage?
({0}) - Das ist nicht der Fall.
Ich rufe die Frage 27 der Kollegin Susanne Kastner auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung den Bericht einer deutschbritischen Arbeitsgruppe der Wirtschaftsministerien und Industrievertreter dieser Länder unter Vorsitz des Parlamentarischen Staatssekretärs, Dr. Norbert Lammert, in dem gefordert wird, den einheitlichen Vorsorgegrenzwert von 0,1 Mikrogramm/Liter für Pestizide in der EG-Trinkwasserrichtlinie abzuschaffen, damit die ,,Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Pflanzenschutzmittelindustrie nicht behindert" wird, und wie ist dies mit den Versicherungen der Bundesregierung zu vereinbaren, für eine Beibehaltung des Vorsorgegrenzwertes in Deutschland und in der EU einzutreten?
Frau Kollegin Kastner, auf dem Deutsch-Britischen Gipfel im April des vergangenen Jahres haben beide Regierungen vereinbart, einen Bericht über Deregulierung in der Europäischen Union zu erarbeiten. Dieser Bericht liegt Ihnen vor. Ich freue mich, daß er offenkundig Aufmerksamkeit und Resonanz gefunden hat.
Die Vorschläge in diesem Bericht wurden von unabhängigen Unternehmensvertretern formuliert und „spiegeln nicht in jedem Fall die Meinung der betreffenden Regierungen wider", wie es in der Einleitung des Berichts ausdrücklich hervorgehoben wurde.
Die Vorschläge der Deregulierungsgruppe werden von der Bundesregierung eingehend geprüft - das versteht sich fast von selbst -; dies gilt natürlich auch für die Vorschläge in dem Bericht zur Trinkwasserrichtlinie.
Die Europäische Kommission hat am 28. April dieses Jahres einen Vorschlag für eine Ratsrichtlinie über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch, also eine Trinkwasserrichtlinie, vorgelegt, der im Anhang I Teil B für Pestizide einen Parameterwert von 0,1 Mikrogramm pro Liter für die einzelnen Pflanzenschutzmittelwirkstoffe enthält.
Die Bundesregierung hat sich, wie Sie sicher wissen, in letzter Zeit bereits mehrfach zu diesem Pflanzenschutzmittelgrenzwert geäußert. Dabei trat sie für die Wahrung eines hohen Niveaus zum Schutz des Grund- und Trinkwassers ein.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, darf ich das so interpretieren, daß die Bundesregierung - so ihre Aussage vom 7. Januar 1995, die mir vorliegt -das hohe Schutzniveau für Trinkwasser sichern will und ihren Einfluß dahin gehend gegenüber dieser Kommission geltend macht?
Es gibt jedenfalls keine anderen oder gar gegenteiligen Äußerungen der Bundesregierung zu diesem gerade von Ihnen angesprochenen Sachverhalt.
Eine weitere Zusatzfrage.
Könnten Sie mir auch noch sagen, ob es in diesem Punkt eine gemeinsame Zielrichtung des Wirtschaftsministeriums, des Landwirtschaftsministeriums, des Gesundheitsministeriums und des Umweltministeriums gibt?
Das kann ich Ihnen nicht abschließend sagen. Aber wenn ich den begründeten Eindruck hätte, daß es eine gemeinsame Zielrichtung nicht gäbe, dann würde ich das jetzt vortragen.
Eine Zusatzfrage, Frau Kollegin Blunck.
Herr Staatssekretär, Sie haben gesagt, daß das Ganze die Vorschläge der Unternehmensvertreter widerspiegelt. Darf ich davon ausgehen, daß Sie damit auch die Wasserwirtschaft und die Umweltunternehmensverbände meinten, oder handelt es sich hierbei nur um die Industrieverbände?
Es handelt sich bei dem Bericht, nach dem die Kollegin Kastner gefragt hat, um die Vorschläge, die eine namentlich benannte Gruppe prominenter Industrievertreter gemacht hat. Insofern reden die Persönlichkeiten zunächst einmal für sich, und man darf sicher auch unterstellen, im großen und ganzen für ihr jeweiliges Unternehmen, vielleicht auch für ihre Branche. Aber es soll mit dem Bericht, der vorliegt, niemand in förmlicher Weise für Positionen in Anspruch genommen werden, die er möglicherweise an dieser oder jener Stelle nicht teilt oder differenzierter beantworten möchte.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, könnten Sie namentlich die Industrievertreter nennen, die in dieser Kommission sitzen?
Das kann ich, wenn Sie mir die Zeit zum Nachblättern geben.
({0})
Ich unterstelle einmal, daß Sie jetzt insbesondere an den deutschen Mitgliedern dieser Kommission interessiert sind. Das waren Herr Dr. Gottschalk von
Pari. Staatssekretär Dr. Norbert Lammert
der Mercedes-Benz AG, Herr Dr. Knauer von der Stinnes AG bzw. der VEBA AG, Herr Dr. Arend Oetker von der Oetker Holding GmbH und Herr Dr. Strube von der BASF.
Sie sind im übrigen aber allesamt - insofern nehme ich noch einmal Bezug auf die vorherige Antwort auf die Frage der Frau Kollegin Blunck - in diesem Bericht namentlich als Autoren aufgeführt.
({1})
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Kunick.
Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung in dieser Frage auch Stellungnahmen der trinkwassergewinnenden Wirtschaft eingeholt?
Nein. Das war auch zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt und vor dem Hintergrund der Zielsetzung dieses Berichts nicht notwendig. Ich habe darauf hingewiesen, daß es sich hier um einen Vorlauf handelt, bei dem in einer gemeinsamen Absprache der beiden Regierungschefs die auf beiden Seiten der Regierung vorgetragenen Beschwernisse aus der jeweiligen Industrie, daß über zunehmende Regulierungen auf europäischer Ebene Entscheidungsspielräume und Entscheidungsabläufe in den Unternehmen in einer, wie die Industrie vorträgt, schwer verkraftbaren Weise eingeengt werden, aufgearbeitet werden sollen.
Deswegen haben damals die beiden Regierungschefs verabredet, daß eine hochrangig besetzte Gruppe von Industrievertretern auf beiden Seiten die aus ihrer Sicht - aus der Sicht der Industrie - besonders auffälligen Beispiele - nichts anderes wird hier vorgetragen - auflisten und einer Behandlung zuführen sollte. Es handelt sich hier nicht um gutachtliche Stellungnahmen der Bundesregierung oder von der Bundesregierung angesprochener Fachverbände zu diesem oder jenem konkreten Sachverhalt.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Schily.
Herr Staatssekretär, hätte es sich dann nicht eigentlich empfohlen, einem solchen Gremium mindestens einen Vertreter aus der Wasserwirtschaft zuzugesellen, um dann zu prüfen, ob die Einwände und Bedenken, die geltend gemacht werden, wirklich tragfähig sind?
Nein, Herr Kollege Schily. Jedenfalls nach meiner Überzeugung hätte sich das ausdrücklich nicht empfohlen.
Wir hätten nämlich das Ziel der Deregulierung in einem Deregulierungsprojekt in eindrucksvolle Weise ad absurdum geführt, indem wir wiederum mit teutonischer Gründlichkeit einen zum Zeitpunkt der Einsetzung dieser Kommission noch gar nicht absehbaren Kreis von Fragestellungen mit einem möglichst breitgefächerten Spektrum von Verbands- und Fachvertretern präventiv ergänzt hätten, um dann in einer kaum noch zu überbietenden Persiflage von Deregulierung einen Bericht - wahrscheinlich fünf Aktenordner - vorzulegen, in dem zu einem riesigen Kreis von Themen nicht nur Beschwerden, sondern dazu jeweils fünf oder sechs alternative fachliche Stellungnahmen enthalten wären.
Eine weitere Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, habe ich Sie richtig verstanden, daß Sie der Deregulierung Vorrang vor der Wasserqualität geben?
Sie haben mich nicht richtig verstanden. Ich bin ziemlich sicher, daß Ihnen auch bewußt ist, daß Sie mich nicht richtig verstanden haben.
Eine weitere Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, wird Ihrerseits geplant, wenigstens zu einem späteren Zeitpunkt die Vertreter der Wasserwirtschaft anzuhören?
Sie wissen sicher, Herr Kollege, daß es keinen relevanten Sachverhalt gibt - jedenfalls keinen, der in gesetzliche Regelungen oder Verordnungen oder Richtlinien der Bundesregierung mündet -, bei dem nicht schon auf Grund der Geschäftsordnung der Bundesregierung sichergestellt wäre, daß in die Erarbeitung eines entsprechenden Entwurfes oder einer Richtlinie der Sachverstand der entsprechenden Verbände einbezogen wird.
({0})
Keine weitere Zusatzfrage.
Dann rufe ich die Frage 28 der Kollegin Susanne Kastner auf:
Wie verträgt sich die Forderung des Bundesministers für Wirtschaft, Dr. Günter Rexrodt, in seinem Positionspapier über Kernpunkte einer ökologisch verpflichteten sozialen Marktwirtschaft vom Juni 1995, ordnungsrechtliche Vorgaben sollten auf Umweltschutzanforderungen verzichten und sich auf den Schutz höherrangiger Rechtsgüter, z. B. auf den Schutz von Leben und Gesundheit, konzentrieren, obwohl dies alles zusammengehört, mit dem Prinzip des vorsorgenden Umweltschutzes, auf das sich die Bundesregierung in internationalen Abkommen verpflichtet hat, und welche konkrete gesetzliche Anforderung im Gewässerschutz und bei der Luftreinhaltung sollen demnach nach Meinung der Bundesregierung in Kürze wegfallen?
Frau Kollegin, in dem Positionspapier des Bundeswirtschaftsministers „Kernpunkte einer ökologisch verpflichteten Sozialen Marktwirtschaft" vom Juni dieses Jahres wird darauf hingewiesen, daß sich effizienter Umweltschutz verstärkt marktwirtschaftlicher Instrumente bedienen muß.
Dabei ist klargestellt, daß auf das Ordnungsrecht auch künftig nicht verzichtet werden kann. Es ist notwendig, um den Schutz von Leben oder Gesundheit und die Abwehr absehbarer und konkreter Gefahren zu gewährleisten. Hieran wird selbstverständlich festgehalten.
Soweit das Ordnungsrecht auch andere Bereiche regelt, setzt hier die Kritik des Bundeswirtschaftsministers bzw. seine Empfehlung an, auch alternative Regelungen verstärkt ins Auge zu fassen. Marktwirtschaftliche Instrumente sind nämlich in der Regel besser als ordnungsrechtliche Maßnahmen geeignet, im Vorfeld der Gefahrenabwehr einen effektiven Umweltschutz herbeizuführen, der auch von den Unternehmen als eigene Aufgabe verstanden und, wenn eben möglich, auch als eigenes Interesse begriffen wird.
Davon kann man sich mit guten Gründen eine Verstärkung des Umweltschutzes versprechen, und zwar immer dann, wenn Ideenreichtum und Initiative der Wirtschaft für den Umweltschutz selber aktiviert werden können und nicht als eine Vorgabe verstanden -in manchen Fällen sicher auch mißverstanden - werden, an deren Abwehr man Interesse haben müsse. Solche Überlegungen einer stärkeren Mobilisierung von Eigeninteresse über Wettbewerbsmechanismen zur Berücksichtigung von Umweltaspekten müssen auch international verstärkt zum Tragen kommen.
Es geht also - um das zusammenzufassen - nicht darum, daß bestimmte Anforderungen des materiellen Umweltschutzes wegfallen sollen. Vielmehr kommt es darauf an, Bürokratisierungen aufzuhalten oder vermeidbar zu machen, wo sie vermeidbar oder wo andere Instrumente geeigneter als ordnungsrechtliche Vorgaben erscheinen. Aus diesem Grunde ist im Positionspapier auf die Vorschläge einer Arbeitsgruppe aus Abgeordneten und Ressorts hingewiesen worden, die hierzu Vorschläge gemacht haben.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, wie würden Sie dann die Aussage interpretieren - ich zitiere jetzt einmal aus einem Papier des Wirtschaftsministeriums zur Deregulierung -:
Eine Überarbeitung dieser EG-Richtlinie sollte Grenzwerte lediglich für toxische oder gesundheitsgefährdende Pflanzenschutzmittel festlegen; und den derzeit in der EU für alle Arten von Pflanzenschutzmitteln geltenden einheitlichen Grenzwert von 0,1 Mikrogramm/Liter durch individuelle wissenschaftlich begründete Grenzwerte, die auf dem toxikologischen Profil der einzelnen Substanzen begründet sind, ersetzen.
Wie würden Sie bitte in diesem Fall das Wort individuell" begründen? Was heißt das eigentlich?
Die Aufforderung zur Interpretation ist immer ebenso naheliegend wie kompliziert. Ich kann mir nicht vorstellen - da Sie mich ausdrücklich zu einer Interpretation aufgefordert haben -, daß mit „individuell" gemeint ist, daß jeder einzeln für sich erklärt und in welcher Weise auch immer festlegt, welchen Wert er für richtig oder zumutbar hält. Aber gemeint ist schon, daß wir uns vielleicht mehr als in der Vergangenheit bei der Festlegung von solchen Vorgaben, soweit sie denn überhaupt für erforderlich gehalten werden, auf solche Regelungen verständigen, die als sachlich zwingend geboten dargestellt werden können. Es gibt in der Tat auch und gerade in dem von Ihnen genannten Bereich nicht zuletzt aus dem Bereich der Wissenschaft begründete Zweifel, ob festgelegte Vorgaben fachwissenschaftlich hinreichend begründet sind.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wenn Sie von Zielsetzungen, die sachlich zwingend geboten sind, sprechen: Würden Sie mir bitte noch einmal erklären, wie Sie dann diese sachlich zwingenden Zielsetzungen aufteilen wollen? Ist dann die sachlich zwingende Meinung des Gesundheitsministeriums oder die sachlich zwingende Meinung des Wirtschaftsministeriums ausschlaggebend?
Wenn Sie auf mögliche Meinungsverschiedenheiten zwischen Ressorts abheben, wäre ich bei einer solchen Art von Diskussionslage, die es gelegentlich gibt, sehr zögerlich, eine der beiden Auffassungen als die von vornherein sachlich gebotene zu bezeichnen. Fast immer haben wir es dann mit der Abwägung der relativen Gewichte des einen und des anderen Aspekts zu tun, die jeweils für sich ihre Bedeutung haben. Das muß dann allerdings in beiden Richtungen gelten. Das heißt - wenn wir bei Ihrem Beispiel bleiben -, es muß nicht nur eine Relativierung ökonomischer Interessen unter ökologischen Gesichtspunkten möglich sein, sondern es müssen auch ökologische Aspekte unter dem Gesichtspunkt ökonomischer Zusammenhänge relativiert werden dürfen.
Eine Zusatzfrage, Frau Kollegin Blunck.
Herr Staatssekretär, unter Würdigung Ihrer Antwort auf die erste Frage möchte ich gerne wissen: Definiert dann ausschließlich die Industrie die sachlich bedingten Vorgaben? Wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang den Verbraucher3730
Schutz, den Menschenschutz für das Lebensmittel Nummer eins, nämlich das Trinkwasser?
Soweit es sich um gesetzlich oder in ähnlicher Weise vorzunehmende Regelungen handelt, definiert die sachlich gebotene Regelung in gar keinem Fall die jeweils betroffene Industrie, sondern der Gesetzgeber oder der Verordnungsgeber. Mir ist auch kein Fall bekannt, in dem das anders gehandhabt worden wäre.
Eine Zusatzfrage des Kollegen Schily.
Herr Staatssekretär, soll ich Ihre Antwort, was die Relativierung von ökologischen Zielsetzungen durch ökonomische Vorstellungen angeht, so verstehen, daß das Reinheitsgebot bei dem Grundnahrungsmittel Trinkwasser auch durch ökonomische Überlegungen in Frage gestellt werden darf?
Nein, ganz sicherlich nicht, jedenfalls dann nicht, - ({0})
- Nein, ich habe das weder angedeutet noch erklärt. Das gilt schon gar nicht dann, wenn es sich um solche Grenzwerte handelt, bei denen Zweifel an der Gesundheitsverträglichkeit der Unter- bzw. Überschreitung solcher Grenzwerte bestehen würden.
({1})
Keine weiteren Zusatzfragen.
Das war der Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft. Ich danke dem Herrn Parlamentarischen Staatssekretär.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Wolfgang Gröbl bereit.
Die Frage 29 soll schriftlich beantwortet werden. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 30 des Kollegen Dietmar Schütz ({0}) auf:
Welche Erkenntnisse besitzt die Bundesregierung über den Einsatz und die Herkunft von mit bis zu 800 PS ausgestatteten „Euro-Kuttern" im Bereich der Plattfisch-Schutzzone vor der niedersächsischen Nordseeküste, und kann sie bestätigen, daß diese Kutter die Gewichtsbegrenzungen von 800 Kilogramm für Fanggeschirre und die Fangquoten in der Seezungenfischerei überschreiten?
Herr Kollege Schütz, durch Kontrollen des Staatlichen Fischereiamtes Bremerhaven wird der Verdacht erhärtet, daß in den Baumkurrenlisten der Küstenländer auch Fahrzeuge geführt werden, deren Motorleistung weit über 221 kW, also 300 PS, liegt. Betroffen sind sowohl deutsche als auch niederländische Fahrzeuge.
Es hat sich aber gezeigt, daß der Nachweis einer Manipulation an der Maschinenanlage nur sehr schwer zu führen ist. Eine gerichtlich verwertbare Feststellung der Maschinenleistung ist derzeit nur durch Ingenieure des Germanischen Lloyd möglich. Die mit der Kontrolle beauftragten Bediensteten sowohl der Länder als auch des Bundes können gerichtsverwertbare Feststellungen auf Grund der fehlenden technischen Qualifikation derzeit nicht treffen.
Sofern die Kontrollbeamten der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung auf Grund einer hohen Schleppgeschwindigkeit den Verdacht haben, daß ein Fischereifahrzeug über eine zu hohe Maschinenleistung verfügt, wird dies dem zuständigen Fischereiamt des Küstenlandes mitgeteilt. Eine Kontrolle auf See ist ohnehin nur bei ruhiger Witterung möglich.
Eine Gewichtsbeschränkung für Fanggeschirre in der Baumkurrenfischerei gibt es nicht. Insoweit kann es daher auch keine Überschreitungen geben.
Darm haben Sie noch nach den Fangquoten für Seezungen gefragt: Diese Fangquoten wurden nicht überschritten. Die Ausnutzung der deutschen Seezungenquoten betrug 1993 lediglich 61,1 % und 1994 89,4 %. Individualquoten für einzelne Fischer sind in dem Bereich nicht festgelegt worden.
Eine Zusatzfrage.
Die letzte Frage habe ich nicht gestellt, Herr Staatssekretär. Ich habe etwas anderes gefragt. Aber vielleicht kommen wir noch dazu.
Gibt es denn konkrete Erkenntnisse von Überwachungen auf See, wie hoch eine solche Überschreitung sein könnte? Sie gehen ja davon aus, daß wir noch keine konkreten Festlegungen und gerichtsverwertbaren Tatsachen haben. Aber Sie wissen, daß es an der Küste eine umfangreiche Berichterstattung gegeben hat. Ich habe deshalb nachgefragt, weil die CDU-Kollegen im niedersächsischen Landtag das gleiche hinterfragen. Dazu muß es doch etwas geben.
Der Verdacht besteht zwar, nur ist der Nachweis sehr schwer zu erbringen. Weil der Verdacht immer wieder erhärtet wird, hat sich die Bundesregierung einige Maßnahmen überlegt, die ich in der Antwort auf Ihre zweite Frage vortragen werde.
Die Frage nach der Fangquote für Seezungen haben Sie schon gestellt, Herr Kollege Schütz. Aber das macht nichts. Jetzt wissen Sie es wenigstens.
Das läßt sich durch Nachlesen klären.
Haben Sie noch eine weitere Zusatzfrage? - Bitte.
Gibt es Subventionierungen für diese Kutter, d. h. leisten wir in diesen Bereichen Unterstützung mit EG-Mitteln, was die Ausstattung und die Maschinenleistung der Kutter angeht?
Für die Manipulation an den Motoren gibt es mit Sicherheit keine EG-Subventionen. Darüber, glaube ich, sind wir uns sehr schnell einig. Das ist ja das Problem: Die in den Baumkurrenlisten eingetragenen Schiffe sind berechtigt, in der Plattfischbox zu fischen.
Herr Staatssekretär, -
Es tut mir leid, aber Sie haben nur zwei Zusatzfragen.
Wir können das Gespräch gerne nachher fortsetzen.
Ich sehe keine weiteren Zusatzfragen.
Wir kommen zur Frage 31 des Kollegen Dietmar Schütz ({0}):
Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen, um die Einhaltung der bestehenden Regelungen hinsichtlich der technischen Ausrüstung der Kutter und des Fanggerätes sowie der Fanggebiete und Fangquoten besser zu überwachen und ggf. zu erzwingen?
Um die in der Antwort zur ersten Fragen beschriebene unbefriedigende Situation zu beseitigen, wird derzeit von der Bundesforschungsanstalt für Fischerei in Kooperation mit der Technischen Universität Aachen an der Entwicklung eines Geräts gearbeitet, das auch die Kontrolle der Maschinenleistung auf See ermöglichen soll. Wann die Entwicklung eines entsprechenden Meßgerätes abgeschlossen sein wird, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abzusehen.
Bis zur Entwicklung des obengenannten Geräts wird die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung weiterhin Kontrollen im Rahmen der bereits verfügbaren technischen und personellen Möglichkeiten durchführen. Zudem wird die Bundesanstalt den Fischereiämtern der Küstenländer weiterhin jeden Verdacht einer zu hohen Maschinenleistung mitteilen, damit die Küstenländer im Rahmen ihrer Zuständigkeit für die Verwaltung der Listen der Baumkurrenfahrzeuge eine Überprüfung vornehmen können.
Auf Initiative der Bundesregierung wurde Art. 9 der Verordnung ({0}) über technische Maßnahmen zur Erhaltung der Fischbestände im Mai 1995 geändert. Nunmehr ist es Fischereifahrzeugen, die nicht den Kriterien für die Aufnahme in die Baumkurrenlisten entsprechen, untersagt, innerhalb der PlattfischSchutzzone mit Baumkurren zu fischen, auch wenn diese Fahrzeuge in den Baumkurrenlisten geführt werden.
Durch die Änderung ist nunmehr eine unmittelbare Ahndung von Verstößen von Fahrzeugen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union möglich. Gegenüber deutschen Fahrzeugen wurde diese Rechtsgrundlage bereits im Jahr 1994 durch eine Änderung der nationalen Seefischereiverordnung geschaffen.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, gibt es bei den Überprüfungen, also bei den Maßnahmen, dies festzustellen, eine Zusammenarbeit mit den Niederländern und den Dänen, vor allem mit den Niederländern? Denn in der Zeitung werden meistens niederländische Fahrzeuge genannt.
Die Kontrollen in der Plattfischzone werden ja von deutschen Schiffen durchgeführt. Eine Zusammenarbeit mit den niederländischen Behörden ist natürlich erforderlich. Ein Verdacht wird den niederländischen Behörden auch angezeigt. Wir haben Grund zu der Annahme, daß die niederländischen Behörden dieser Sache nachgehen.
Eine Zusatzfrage.
Haben Sie konkrete Anhaltspunkte dafür, daß die Niederländer das tatsächlich tun? Kann man nachprüfen, daß die Niederländer in der Überwachung in der Tat genau das gleiche wie wir tun? Es gibt in der Presse Zweifel daran.
Ich kann von keinem konkreten Erfolgserlebnis berichten. Ich kann allerdings davon berichten, daß mit den niederländischen Nachbarn über diese Frage intensiv gesprochen wurde, mit dem Ergebnis, daß wir annehmen können, die Niederländer gehen der Sache nach.
Keine Zusatzfrage.
Die Frage 32 ist zurückgezogen.
Vizepräsident Hans-Ulrich Klose
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung auf. Hier werden alle Fragen schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Dann rufe ich den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung auf. Zur Beantwortung steht die Parlamentarische Staatssekretärin Michaela Geiger bereit.
Die Frage 36 des Kollegen Meckel kann nicht aufgerufen werden, da der Kollege nicht da ist. Die Antwort entfällt. Das gilt auch für die Frage 37. Es wird verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen.
Bei den Fragen 38 und 39 ist schriftliche Beantwortung vorgesehen. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich danke Ihnen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit auf. Ich sehe, daß alle Fragen - bis auf Frage 64 - schriftlich beantwortet werden sollen. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Die Frage 64 des Kollegen Dr. Wodarg ist zurückgezogen.
Damit rufe ich den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr auf. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Johannes Nitsch bereit.
Die Frage 65 wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 66 des Kollegen Dreßen auf:
Welche Untersuchungen sind im Zusammenhang mit dem seit langem geplanten Bau einer Anschlußstelle Ringsheim an der Bundesautobahn 5 derzeit im einzelnen noch im Gange, und wann ist konkret mit einem Abschluß dieser Untersuchungen zu rechnen?
Herr Abgeordneter Dreßen, aus neuerlich vorliegenden Untersuchungen ist erkennbar, daß auch ohne die zusätzliche Anschlußstelle Ringsheim eine wesentliche Verbesserung der Verhältnisse auf der Autobahn und der Verkehrsführung zum Freizeitpark Rust möglich ist. Hierzu gehören Maßnahmen der Verkehrslenkung zur Verteilung des Verkehrs auf der Autobahn und auf die beiden vorhandenen Anschlußstellen sowie die Erhöhung der unzulänglichen Zufahrts- und Parkplatzkapazität beim Freizeitpark selbst.
Zunächst sind diese Maßnahmen durchzuführen; ihre Wirksamkeit ist eine Saison lang zu beobachten. Erst nach Auswertung des Ergebnisses kann frühestens 1996 abschließend über eine zusätzliche Anschlußstelle Ringsheim entschieden werden.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß der Parkplatz eigentlich nur dann gebaut werden kann, wenn auch die Autobahnausfahrt errichtet wird? Der Parkplatz ist nämlich genau auf diese ausgerichtet, er kann gar nicht anders erstellt werden.
Bitte, Herr Staatssekretär.
Ich weiß nicht, ob das nicht im Vorfeld des Baus zu klären ist. Sie wissen: Die Anschlußstelle Herbolzheim ist seinerzeit schon in diesem Zusammenhang gebaut worden. Die Verkehrsführung auf der A 5 wird durch eine weitere Verkürzung der Abstände zwischen den Anschlußstellen wesentlich beeinträchtigt.
Zusatzfrage.
Ich möchte noch einmal konkret nachfragen: Ist der Bau der Ausfahrt nach dem aktuellen Stand der Untersuchungen, so wie Sie ihn jetzt geschildert haben, überhaupt noch wahrscheinlich?
Es gibt einige Varianten, die Sie wahrscheinlich sehr genau kennen, deren Wirkung zunächst abgewartet werden muß. Dann wird frühestens am Ende des nächsten Jahres entschieden werden. Das heißt: Über die Abfahrt Ringsheim ist noch nicht entschieden.
Keine Zusatzfragen? - Dann rufe ich die Frage 67 des Kollegen Dreßen auf:
Haben sich in diesem Kontext seit 1992 wesentliche Änderungen ergeben, die den bisher geplanten Baubeginn einer solchen Anschlußstelle im Jahre 1996 verzögern werden?
Herr Abgeordneter Dreßen, die abschließende Entscheidung über eine zusätzliche Anschlußstelle Ringsheim ist - ich hatte es eigentlich schon gesagt - noch nicht getroffen, so daß die Voraussetzungen für eine zeitliche Festlegung einer Baudurchführung auch noch nicht gegeben sind und insoweit von keiner Verzögerung eines geplanten Baubeginns die Rede sein kann.
Zusatzfrage.
War es vor diesem Hintergrund dem damaligen Verkehrsminister Krause möglich, schon im April 1992 den Baubeginn des Autobahnanschlusses für 1996 anzukündigen?
Nach den mir vorliegenden Unterlagen ist das eigentlich nicht möglich gewesen. Denn die Voraussetzungen waren nicht gegeben, und es bestanden - wie gesagt - die erheblichen Bedenken bezüglich des Verkehrsflusses auf der Autobahn 5 damals genauso wie heute. Durch eine zuPari. Staatssekretär Johannes Nitsch
sätzliche Anschlußstelle in Ringsheim würden wir einen Abstand von 3 kin erhalten; der übliche Abstand beträgt 15 km.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, Sie haben immer noch nicht erwähnt, welche Untersuchungen eigentlich noch notwendig sind. Ich darf Ihnen mitteilen, daß vor Ort alle Untersuchungen fix und fertig abgeschlossen sind. Das Regierungspräsidium, alle Kommunen, die Landräte - alle haben ihr O.K. gegeben, und man ist sich hinsichtlich der Planung einig. Ich frage mich: Welche Untersuchungen wollen Sie eigentlich noch? Ich habe das Gefühl, daß die Bauankündigung 1992 und die jetzt noch erfolgenden unseriös sind. Über Ihre bisherige Stellungnahme bin ich bitter enttäuscht.
Frage!
Ist Ihnen überhaupt bekannt, daß dort unten alle Untersuchungen, die auf kommunaler und regionaler Ebene notwendig waren, abgeschlossen sind?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Ich hatte Ihnen gesagt, daß es in dieser Saison noch andere Möglichkeiten zu einer Entlastung der Verkehrsführung gibt, die eingeleitet sind und deren Wirkungen abgewartet werden müssen. Ich kann Ihnen das noch einmal vorlesen. Das betrifft die Verkehrsführung zum Freizeitpark, die unzulänglichen Zufahrtsbedingungen zum Parkplatz und die Organisation des Parkplatzes selbst.
Das sind Konzepte, die in diesem Jahr beobachtet werden müssen, damit über deren Wirkung im nächsten Jahr geurteilt werden und daran anschließend vielleicht eine Entscheidung getroffen werden kann.
Ich sage Ihnen aber auch, daß von seiten der Betriebsführung auf der Autobahn erhebliche Bedenken bestehen, eine weitere Anschlußstelle zwischen den bereits bestehenden Anschlußstellen einzurichten.
({0})
Verzeihung, Sie haben keine Zusatzfragen mehr.
Die Fragen 68 bis 71 werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Um schriftliche Beantwortung ist, gerade noch rechtzeitig, auch hinsichtlich der Fragen 72 und 73 gebeten worden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. - Ich weise darauf hin: Bis zum Beginn der Fragestunde muß eine schriftliche Beantwortung beantragt werden.
Dann rufe ich Frage 74 der Frau Kollegin Lemke auf. Da die Fragestellerin nicht im Saal ist, wird verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen: Die Beantwortung entfällt.
Ich danke dem Herrn Parlamentarischen Staatssekretär.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit auf. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Ulrich Klinkert bereit.
Ich rufe die Frage 75 des Kollegen Köhne auf:
Wer sind die neuen Eigentümer respektive die neuen Besitzer des in La Hague wiederaufgearbeiteten Urans deutscher Energieversorgungsunternehmen, welches unter Beteiligung der EURATOM-Versorgungsagentur veräußert wurde?
Herr Kollege Köhne, Ihr Einverständnis und das des Herrn Präsidenten vorausgesetzt, werde ich die Fragen 75 und 76 aus inhaltlichen Gründen gemeinsam beantworten.
Darf ich den Herrn Kollegen Köhne fragen, ob er einverstanden ist? - Das ist der Fall. Dann rufe ich auch seine Frage 76 auf:
Erfolgte im Anschluß an die Veräußerung des wiederaufgearbeiteten Urans eine schadlose Verwertung oder eine geordnete Beseitigung, und welche Nachweise wurden über die Verwertung bzw. über die Beseitigung geführt?
Herr Kollege Köhne, im Rahmen einer von Ihrer Gruppe an die Bundesregierung gerichteten Kleinen Anfrage hatte die Bundesregierung im Mai dieses Jahres geantwortet, daß ihr über die näheren Umstände der Veräußerung des Urans aus der Wiederaufarbeitung keine Informationen vorlägen. Dies bedeutet, daß der Bundesregierung nicht bekannt ist, wer die Eigentümer respektive neuen Besitzer des Urans sind und in welcher Weise dieses Uran weiterverwertet wird.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist es nicht von öffentlichem Interesse, zu wissen, wo sich radioaktive Reststoffe aus deutschen Atomanlagen derzeit befinden?
Bitte.
Selbstverständlich ist dies der Fall. Sie befinden sich entweder in der Wiederaufarbeitung in Frankreich oder auf dem Weg der ordnungsgemäßen Entsorgung innerhalb Deutschlands.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wenn die Bundesregierung keine Informationen darüber hat, wie können Sie dann die Aussage treffen, daß sich das wiederaufbereitete Uran, das nicht mehr in La Hague ist, auf dem Weg in eine gesicherte Entsorgung befindet?
Sie wissen, daß es nach der Änderung des Atomgesetzes grundsätzlich zwei Möglichkeiten gibt, abgebrannte Brennelemente zu entsorgen: zum einen über die Wiederaufarbeitung, zum anderen auch über die direkte Endlagerung. Beide Wege werden in Deutschland beschritten.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie ausschließen, daß radioaktive Reststoffe aus deutschen Atomanlagen, insbesondere dieses wiederaufbereitete Uran, in ein drittes Land gelangen können, in dem sie nicht schadlos verwertet oder ordnungsgemäß beseitigt werden?
Die Bundesrepublik hat mit ihrem Beitritt zur Euratom auf staatliche Souveränität auf diesem Gebiet verzichtet. Die Europäische Gemeinschaft hat die Euratom gegründet, die unter der Aufsicht der Europäischen Kommission steht.
Zusatzfrage.
Wissen Sie denn wenigstens, wie groß die Menge des wiederaufbereiteten Urans ist, das sich noch in La Hague befindet?
Um nicht in ungenaue Schätzungen zu verfallen, bitte ich darum, Ihnen diese spezielle Frage schriftlich beantworten zu dürfen.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Die Frage 77 wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 78 des Kollegen Schily auf:
Warum weigert sich die Bundesregierung, Rußland eine Probe des am 10. August 1994 in München sichergestellten Plutoniums ({0}) für Vergleichsuntersuchungen zur Verfügung zu stellen?
Herr Kollege Schily, das in München sichergestellte Plutonium unterliegt als Beweismittel ausschließlich der Anordnungsbefugnis des für das laufende Strafverfahren zuständigen Gerichts. Nach Aussage der Staatsanwaltschaft muß das sichergestellte Material für etwaige im Verlauf des Verfahrens erforderliche weitere Analysen im vollen Umfang und unverändert verfügbar bleiben, bis das Urteil rechtskräftig ist.
In Kenntnis dieser Sachlage wurde im Memorandum vom 22. August 1994 zwischen dem Staatsminister beim Bundeskanzler, Schmidbauer, und dem Direktor des Föderalen Sicherheitsdienstes Rußlands, Stepaschin, im Auftrag der Regierungschefs beider Staaten vereinbart, daß gemeinsame Analysen von sichergestelltem Material zur Bestimmung der Verwendung und der Herkunft des Materials in einem Labor des Staates erfolgen, in dem sich das Material befindet.
Herr Direktor Stepaschin ist mit Schreiben des Herrn Staatsministers Schmidbauer vom 15. September 1994 über das weitere Vorgehen bei gemeinsamen Analysen unterrichtet und gebeten worden, Terminvorschläge für diese Analysen sowie Namen geeigneter russischer Experten zu übermitteln. Die Einladung an die russische Seite wurde außerdem beim Besuch einer russischen Delegation unter Leitung von General Stepaschin am 19. September 1994 in Bonn mündlich erörtert. Eine offizielle Antwort der russischen Seite steht aber noch aus. Die deutsche Seite hatte sich bereit erklärt, die Aufenthaltskosten für die Dauer der gemeinsamen Analysen zu übernehmen. Die Einladung wurde mit Schreiben von Staatsminister Schmidbauer vom 22. Juni 1995 an General Stepaschin bekräftigt.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, hat denn die Bundesregierung einen Versuch unternommen, sich mit dem Gericht und der Staatsanwaltschaft darauf zu verständigen, daß eine Untersuchung einer quantitätsmäßig relativ kleinen Probe in Rußland stattfindet? Das könnte möglicherweise auch im Aufklärungsinteresse des laufenden Prozesses liegen.
Herr Schily, die Bundesregierung sieht keine Notwendigkeit, das Material zu teilen und Anteile davon während des laufenden Gerichtsverfahrens außerhalb Deutschlands untersuchen zu lassen. Dies wurde in der Zwischenzeit auch von russischer Seite nicht mehr bemängelt. Im übrigen mischt sich die Bundesregierung nicht in die Souveränität deutscher Gerichte ein.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, zunächst einmal darf ich darauf hinweisen: Die zweite Antwort widerspricht Ihrer ersten.
({0})
- Doch. Sie haben zunächst gesagt, Sie beriefen sich nur darauf, daß die formelle Zuständigkeit des Gerichts und der Staatsanwaltschaft vorhanden ist. Jetzt geben Sie noch einen zusätzlichen sachlichen Grund
- ich würde sogar sagen: Vorwand - dafür an,
Keine Debatte!
- daß Sie diese Maßnahme nicht getroffen haben. Gibt es denn eine Anforderung der russischen Regierung, eine Probe des Plutoniums zu bekommen und zu untersuchen?
Zum ersten zu der Behauptung, die Sie aufgestellt haben: Der Grund dafür, daß momentan keine Probe des sichergestellten Materials nach Rußland geschickt werden kann, ist zunächst einmal ein rein juristischer. Im weiteren habe ich versucht, anzureißen, daß es auch physikalisch nicht notwendig ist.
Zum zweiten: Es gab die Bitte eines Vertreters der russischen Regierung, bevor die Aktivitäten von Staatsminister Schmidbauer, die ich Ihnen eben erläuterte, eingeleitet worden sind. Da in der Zwischenzeit nahezu ein Jahr vergangen ist und von der russischen Regierung keine gegenteilige Meinung geäußert wurde, gehe ich davon aus, daß die russische Seite mit dem Vorgehen einverstanden ist.
Keine weiteren Fragen. Dann danke ich Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir sind am Schluß der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 29. Juni, 9 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.