Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Zunächst einen freundlichen guten Morgen!
Ich eröffne die Sitzung.
Ich teile Ihnen mit, daß interfraktionell vereinbart ist, die gestern abgesetzte Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses auf Drucksache 13/250 heute wieder auf die Tagesordnung zu setzen. Über die laufenden Nr. 1 bis 423 und 426 bis 491 soll anschließend ohne Aussprache abgestimmt werden. Die laufenden Nr. 424 und 425, Eingaben zum Lärmschutz, sollen an den Petitionsausschuß zurückverwiesen werden. Sind Sie mit dieser interfraktionellen Vereinbarung einverstanden? - Davon gehe ich aus. Dann machen wir das so.
Demgemäß rufe ich jetzt Tagesordnungspunkt 14f auf:
Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses ({0})
Sammelübersicht 1 zu Petitionen - Drucksache 13/250 Wir kommen zur Abstimmung über die laufenden Nr. 1 bis 423 und 426 bis 491 der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses auf Drucksache 13/ 250. Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Damit sind die aufgerufenen Nummern bei zwei Enthaltungen angenommen.
Wer stimmt für die Zurückverweisung der laufenden Nr. 424 und 425? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Keine. Dann ist diese Zurückverweisung einstimmig angenommen.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 11 sowie die Zusatzpunkte 9 und 10 auf:
11. Beratung des Antrags der Abgeordneten Halo Saibold, Albert Schmidt ({1}), Gerald Häfner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Durchführung eines Baugenehmigungsverfahrens und einer Umweltverträglichkeitsprüfung für das im Bau befindliche Atomkraftwerk Temelin in der Republik Tschechien unter rechtserheblicher Beteiligung bundesdeutscher Bürgerinnen und Bürger
- Drucksache 13/106 Überweisungsvorschlag:
Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit ({2})
Auswärtiger Ausschuß
Ausschuß für Wirtschaft
ZP9 Beratung des Antrags der Abgeordneten Ursula Schönberger, Helmut Lippelt, Halo Saibold und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Nichtbewilligung des EBRD-Kredites für den Weiterbau des Atomkraftwerks Mochovce/ Slowakei
- Drucksache 13/309 Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuß ({3})
Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
ZP10 Beratung des Antrags der Fraktion der SPD
Durchführung von Sicherheits- und Umweltverträglichkeitsprüfungen für die im Bau befindlichen Atomkraftwerke Temelin in der Republik Tschechien und Mochovce in der Slowakischen Republik
- Drucksache 13/310 Überweisungsvorschlag:
Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit ({4})
Auswärtiger Ausschuß
Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die gemeinsame Aussprache eine Stunde vorgesehen, wobei die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN 10 Minuten erhalten soll. - Kein Widerspruch. Dann verfahren wir so.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Kollegin Frau Saibold.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Bei dem vorliegenden Antrag zum Atomkraftwerk Temelin handelt es sich um ein Novum.
Auf Grund eines Bündnisgrünen-Antrags im Passauer Kreistag entstand ein Brief des Landrats Dorfner, CSU, den wir als Begründung in unserem Antrag abgedruckt haben. Erfreulicherweise haben sich nicht nur mehrere CSU-Landräte dem Protest gegen das Atomkraftwerk in Temelin angeschlossen, sondern auch einige Landtagsabgeordnete bis hin zu Ministerpräsident Stoiber.
Wenn es ausgerechnet im Atombereich zu einer schwarz-grünen Zusammenarbeit kommt, dann muß es schon um etwas Ungeheuerliches gehen, und das ist in der Tat der Fall. In nur ca. 80 km Luftlinie von der bayerischen Grenze wird seit Mitte der 80er Jahre in Temelin bei Budweis am Bau des bisher größten Atomkraftwerks in Tschechien gearbeitet. Es handelt sich dabei um einen Reaktortyp sowjetischer Bauart, wie er auch in Stendal in der ehemaligen DDR errichtet werden sollte. In Stendal wurde nach der Wende der Weiterbau des Reaktors eingestellt und die Bauruine zum Abriß freigegeben, weil der damalige Atomminister Töpfer davon überzeugt war, daß mit diesem Reaktortyp auch unter Zuhilfenahme von westlichem Know-how ein westlicher Sicherheitsstandard niemals erreicht werden kann. In Temelin dagegen soll mit Hilfe des US-Konzerns Westinghouse und eines durch die US-amerikanische Ex- und Importbank abgesicherten Kredits in Höhe von 540 Millionen DM der Atomreaktor fertiggestellt werden. Dies wäre weltweit der erste Versuch, ein technisch gänzlich unterschiedliches System in eine bereits fertige und nach Expertenmeinung mangelhafte Bausubstanz einzuarbeiten.
1993 hat die Internationale Atomenergiebehörde in Wien in einem Bericht über Temelin 16 gravierende Fehler festgestellt, die teilweise im konstruktiven und bereits abgeschlossenen baulichen Bereich liegen. Jeder sieht ein, daß aus einem Trabi selbst mit der besten Technik kein Mercedes gemacht werden kann. Bei einem russischen AKW ist das nicht anders. Wenn die Umweltministerin die Sorgen der Bevölkerung als Panikmache abtut, dann ist dies einfach unverantwortlich.
({0})
Nach amerikanischer Gesetzgebung dürfte das AKW in Temelin weder genehmigt noch errichtet werden, weil es am Rande einer aktiven Erdbebenbruchlinie liegt. Interessanterweise hat die Europäische Bank für Entwicklung und Wiederaufbau, die sich an dem AKW in Mochovce beteiligen will, einen Kredit für Temelin „aus Gründen der wirtschaftlichen Fragwürdigkeit" abgelehnt. In Stendal hätte die Nachrüstung etwa 5 Milliarden DM gekostet.
Wir fordern daher - gemeinsam mit vielen CSUlern - die Bundesregierung auf, sich bei der tschechischen Regierung dafür einzusetzen, daß zumindest ein neues Genehmigungsverfahren samt einer Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wird, an dem wegen der Grenznähe auch die österreichische und die deutsche Bevölkerung beteiligt werden muß.
({1})
Auch auf Grund eines seit 1990 gültigen bilateralen Regierungsabkommens zwischen Tschechien und der Bundesrepublik, in dem ausdrücklich festgelegt wurde, daß das Atomkraftwerk wie eine grenznahe Anlage behandelt werden soll, müßte diese Beteiligung möglich sein. Ich möchte auch darauf hinweisen, daß es uns bereits gelungen ist, im Rahmen einer Anhörung zur Sondermüllverbrennung in Österreich die deutsche Bevölkerung einzubeziehen. Österreich hat dies auch im Hinblick darauf gewährt, daß man natürlich auch in Tschechien auf diese ganzen Verhandlungen Einfluß nehmen will.
Der in unserem Antrag geforderte vorübergehende Baustopp bis zum Abschluß der geforderten Verfahren und der daraus höchstwahrscheinlich resultierende endgültige Baustopp für das Atomkraftwerk in Temelin wäre für Tschechien kein unzumutbarer Nachteil. Selbst in einer Betreiberstudie ist eine Berechnung enthalten, nach der das Stromsparpotential Tschechiens auf 3 500 MW beziffert wird. Die Reaktoren in Temelin leisten dagegen nur 2 000 MW.
Wir fordern deshalb die Bundesregierung und das Land Bayern auf, dem Nachbarland unverzüglich technische und finanzielle Hilfe anzubieten, um das dort vorhandene Stromsparpotential zu mobilisieren und gleichzeitig die zukünftige Energieversorgung des Landes auf der Basis erneuerbarer Energiequellen sicherstellen zu können.
Helfen Sie mit, den drohenden Schaden von Mensch und Natur abzuwenden, und geben Sie Tschechien eine Chance für die Zukunft! Es ist für alle nur sinnvoll, wenn versucht wird, hier eine vernünftige Entwicklung in der Energieversorgung voranzutreiben. Der tschechische Staat wird damit nicht in den Ruin getrieben. Es fließen unheimlich hohe Geldbeträge in dieses Atomkraftwerk, die durch Export von Strom zu Dumpingpreisen in andere Länder wie die Bundesrepublik wieder zurückgeholt werden müssen. Es geht also nicht darum, daß Tschechien an Energieknappheit leidet. Vielmehr geht es darum, ein Vorhaben, das noch aus der alten Zeit stammt, fortzuführen, egal, welche Folgen damit für die Menschen in der Tschechischen Republik oder bei uns verbunden sind.
Ich bitte Sie: Berücksichtigen Sie dies bei Ihren Beratungen, und stimmen Sie dann diesem Antrag zu! Lassen Sie sich nicht von Frau Merkel dazu bewegen, das alles als Panikmache zu betrachten.
Vielen Dank.
({2})
Als nächste spricht die Bundesministerin Dr. Angela Merkel.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir debattieren heute Anträge, die sich mit dem Weiterbau von Kernkraftwerken in unseren mitteleuropäischen Nachbarländern - so wie es eben dargestellt wurde -, in der
Tschechischen Republik und der Slowakischen Republik, beschäftigen.
Lassen Sie mich zunächst auf den Antrag eingehen, mit dem die Bundesregierung aufgefordert wird, den Krediten der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung und der Europäischen Investitionsbank, die für die Nachrüstung und Fertigstellung von zwei Reaktorblöcken in Mochovce gedacht sind, ihre Zustimmung durch eine entsprechende Weisung an die deutschen Vertreter zu verweigern.
Dieser Antrag ist im wesentlichen schon einmal gestellt worden. Er wird heute nur durch ein zusätzliches Argument näher begründet, nämlich dadurch, daß keine Sicherheit vor terroristischen Anschlägen auf ein solches Kraftwerk besteht.
Dieser Antrag - so wie er im vergangenen Jahr schon einmal gestellt wurde - gründet sich in der Sache wieder auf falsche Argumente. Bei den damaligen sicherheitstechnischen Überprüfungen des Reaktorblocks WWER 440/213 in Greifswald - das ist genau der Typ von Mochovce - ist nicht gesagt worden, dieser Reaktortyp sei nicht nachrüstbar. Damals war es so, daß es keine Betreiber und kein Interesse für diese Kernkraftwerke gab.
Die Bundesregierung hat nicht den geringsten Anlaß, daran zu zweifeln, daß die beiden genannten Banken eine sorgfältige Prüfung der Vergabevoraussetzung durchführen. Es besteht also keinerlei Grund für solche Weisungen.
Nun kommen Sie und sagen: Es kann eine terroristische Bedrohung geben. Dies kann natürlich nie mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden. Das gilt für alle großtechnischen Anlagen in der Bundesrepublik und anderswo auf der Welt. Das gilt dann natürlich auch für Kernkraftwerke. Ich halte es für erforderlich - wir haben auch hier keinen Grund, daran zu zweifeln -, daß die notwendigen Vorkehrungen getroffen werden.
Wenn wir einen solchen Antrag diskutieren, müssen wir uns natürlich fragen: Was sind eigentlich die Alternativen? Da ist für mich ganz entscheidend, daß die Forderung der GRÜNEN zur Folge hätte, daß in der Slowakischen Republik weitere Blöcke ohne Nachrüstung in Betrieb gingen oder zumindest die alten Reaktoren, wie sie in Bohunice bestehen, weiter betrieben würden. Ist dies eine Alternative, oder sollten wir nicht vielleicht doch versuchen, in Mochovce einen besseren Sicherheitsstandard zu erreichen, als wir ihn heute haben - natürlich bei sorgfältiger Prüfung?
({0})
Der zweite Antrag, über den wir heute debattieren, hat eine ähnliche Zielsetzung. Wir werden aufgefordert, mit der Tschechischen Republik in Verhandlungen einzutreten, um darauf hinzuwirken, daß für Temelin eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wird und die Einwendungen von deutschen Staatsbürgern gleichberechtigt mit denen ihrer tschechischen Nachbarn betrachtet werden.
Ich habe Verständnis dafür, daß wir uns gerade in den grenznahen Regionen, aber natürlich auch in der übrigen Bundesrepublik Deutschland, ebenfalls über Atomkraftwerke in unseren Nachbarländern Gedanken machen; denn es ist natürlich so - die Erfahrung haben wir gemacht -, daß Schäden aus solchen Kraftwerken nicht an Grenzen haltmachen. Deshalb finde ich es richtig, daß man darüber debattiert. Der bayerische Ministerpräsident hat sich an mich gewandt, um Argumente zu haben, um deutlich zu machen, daß wir auch bundesweit und seitens der Bundesregierung Sorge dafür tragen müssen, daß dort die notwendigen Voraussetzungen für einen Umbau gegeben sind.
({1})
- Nun warten Sie doch ab; ich spreche noch weiter.
Wir müssen uns natürlich erst einmal die Frage stellen, welche Möglichkeiten der Einwirkung bzw. Mitwirkung die Bundesregierung auf Entscheidungen der Tschechischen Republik hat. Frau Saibold, Sie haben sich eben so ausgedrückt, als würden wir in der Tschechischen Republik sozusagen mitbestimmen, wie sich die Dinge dort entwickeln. Es gibt zwei Staaten. Diese Staaten haben jeweils ihr Recht. Im Rahmen dieses Rechts können wir in bilateralen Verhandlungen versuchen, unsere Interessen durchzusetzen. Das tun wir seitens der Bundesregierung; ich komme noch darauf zurück.
Frau Ministerin Merkel, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Rochlitz?
Ja, bitte.
Frau Ministerin, bei Ihren Argumentationen vermisse ich, daß Sie die Überlegungen, in diesen Ländern Gas- und Stampfturbinen erbauen zu können, nicht mit einbeziehen. Das wäre wirklich eine moderne Technologie, die sehr schnell zu realisieren wäre und die in einer Übergangszeit - bis regenerative Energiequellen besser erschlossen wären - sehr wohl eine Alternative zu diesen sehr unsicheren AKWs darstellen könnten, die jetzt in der Planung sind. Wie ist dazu Ihre Position? Warum wird das von Ihnen überhaupt nicht in Erwägung gezogen?
Herr Kollege, in den Verhandlungen mit anderen Staaten ist es nun einmal so, daß wir nicht die Fragen stellen, die Pläne machen und anschließend dafür sorgen, daß unsere Ideen umgesetzt werden - zumal das, was Sie vorgetragen haben, nicht notwendigerweise meine Idee ist -, sondern daß wir auf Bitten und das Interesse unserer tschechischen Nachbarn eingehen. Wir tragen dort zwar unsere Interessen vor, aber wir machen nicht die Planungen für die Energieversorgung der
Tschechischen Republik. Deshalb muß ich Ihnen sagen, daß wir froh sind, daß Braunkohlekraftwerke im böhmischen Bereich umgerüstet werden - dies wird auch durch deutsche Gelder unterstützt -, so daß sie in Zukunft umweltfreundlicher arbeiten können. Dies gilt z. B. für Tisova durch den Bau eines Filters, den wir im Rahmen unserer grenznahen Projekte finanzieren. Aber wir sind doch nicht diejenigen, die in Prag sozusagen bestimmen, in welcher Art und Weise Energieversorgung betrieben wird; an uns werden Fragen gerichtet.
({0})
- Lassen Sie mich doch noch eine Weile das sagen, was ich sagen möchte. Deshalb möchte ich jetzt keine Zusatzfrage beantworten. Wir kommen auf ein völlig anderes Gebiet.
Die Frage ist heute: Was ist mit Temelin, ist das, was dort gemacht wird, in Ordnung, und welche Möglichkeiten der Mitwirkung haben wir? Dazu möchte ich jetzt sprechen.
({1})
Mit dem Bau des Kernkraftwerks in Temelin wurde in der ersten Hälfte der 80er Jahre nach russischen Konstruktionsunterlagen und den damals geltenden gesetzlichen Vorschriften begonnen. Von den ursprünglich geplanten vier Kernkraftwerksblöcken des neuesten sowjetischen Typs, der auch nach Auffassung vieler westlicher Experten ein akzeptables Sicherheitsniveau hat, sollen jetzt nur noch zwei Blöcke in Betrieb gehen, und zwar nach ganz umfangreicher Umrüstung durch die amerikanische Firma Westinghouse, wie das hier schon gesagt wurde.
Ich freue mich, daß die Prager Regierung beschlossen hat, die beiden fast fertiggestellten russischen Kernkraftwerksblöcke umzurüsten und damit sicherheitstechnisch zu verbessern. Dies ist ein Schritt in die richtige Richtung, und dies kann ernsthafterweise eigentlich niemand bestreiten.
In diesem Kernkraftwerk arbeiten erfahrene amerikanische Unternehmen. Es ist natürlich nicht ganz einfach, wenn wir sagen: „Wir haben grundsätzlich gar kein Vertrauen zu diesen Kernkraftwerken", weil nicht wir es sind, die dort tätig sind, und weil nicht wir unsere Sicherheitsstandards dort durchsetzen können. Die zuständige Behörde beabsichtigt, zu einzelnen Aspekten - das finde ich richtig - deutsche und französische Sachverständige heranzuziehen. Wir sind zu jeder Art von Mitarbeit, Hilfe und Auskunft bereit.
Nun fordern Sie uns auf, bei der Prager Regierung darauf hinzuwirken, daß für Temelin rückwirkend eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wird, obwohl das tschechische Gesetz für Anlagen, die früher genehmigt wurden, ausdrücklich eine solche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht vorsieht.
Das heißt, eine nachträgliche Bürgerbeteiligung wird nach tschechischem Recht nicht ermöglicht. Deshalb werden wir als Bundesregierung diese auch nicht erzwingen können.
Frau Bundesministerin, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage der Kollegin Saibold?
Eine gestatte ich noch, ja.
Bitte.
Frau Umweltministerin, es ist in unserem Antrag nicht die Rede davon, daß Sie die Entscheidung erzwingen sollen. Es ist Ihnen aber sicherlich bekannt, daß die Neuerungen, die jetzt eingeführt werden sollen, ganz gravierende Eingriffe bedeuten, daß diese Neuerungen in den alten Genehmigungsverfahren logischerweise nicht berücksichtigt werden konnten und daß es deshalb dringend notwendig ist, ein neues Verfahren durchzuführen und sich nicht auf das alte aus dem Jahre 1986 zu berufen, sondern, weil gravierende Veränderungen durchgeführt worden sind, ein neues Verfahren nach den neuen Gesetzen von Tschechien anzustrengen.
Ihre Frage, Frau Saibold!
Stimmen Sie dem zu, daß es auf Grund dieser Veränderungen notwendig ist, ein neues Verfahren durchzuführen?
Ich fasse die dort jetzt in Aussicht genommenen Arbeiten als eine Nachrüstung auf. Das heißt, es ist kein Neubau. Deshalb braucht auch kein neues Verfahren eröffnet zu werden, zu dem die neuen Gesetze zur Umweltverträglichkeitsprüfung in Kraft getreten sind. Es handelt sich um eine Nachrüstung. Sie sagen: Das ist eine so wesentliche Nachrüstung, daß sie einem Neubau gleicht. Darin stimmen wir nicht überein. Ich sage vielmehr: Aus meinem Verständnis heraus handelt es sich unzweifelhaft und völlig unstrittig um eine Nachrüstung, die den sicherheitstechnischen Standard verbessert und nicht etwa weiter in Frage stellt.
({0})
Frau Saibold, Sie haben eben gesagt, Sie hätten gar nicht von „erzwingen" gesprochen. Sie haben gesagt, wir sollten die Tschechische Republik nicht in den Ruin treiben. Ich muß Sie wirklich einmal fragen, welche Betrachtungsweise das ist. Wir können froh sein, daß im Gegensatz zu anderen mittel- und osteuropäischen Ländern, mit denen sich die VerBundesministerin Dr. Angela Merkel
handlungen viel zäher gestalten, die Tschechen bereit sind, sich aus eigener Kraft internationaler Angebote zu bedienen, um ihre Kernkraftwerke sicherheitstechnisch zu verbessern.
Sie müssen immer fragen: Was sind die Alternativen? Mir ist hier eine angeboten worden, die offensichtlich für die tschechische Seite keine Alternative darstellt. Deshalb sage ich: Lieber die Anlagen sicherheitstechnisch verbessern als gar nichts machen.
({1})
Wir haben erreicht - auch das halte ich für wichtig -, daß dieses Kernkraftwerk obwohl es 80 km von der Grenze entfernt ist - Sie haben es gesagt -, wie eine grenznahe Anlage behandelt wird. Das heißt, Unterlagen über geplante Anlagen, insbesondere genehmigungsrelevante Informationen, sind vorzulegen, und die Stellungnahmen der Nachbarn sind zu berücksichtigen.
Es wurde mit der tschechischen Seite vereinbart, daß in der nächsten Sitzung der gemeinsamen Kommission beider Seiten, der Bundesrepublik und der Tschechischen Republik, die geplanten Nachrüstungen und auch Möglichkeiten einer verbesserten Öffentlichkeitsbeteiligung eingehend behandelt werden. Diese Sitzung wird im März stattfinden. Danach bin ich gern bereit, Ihnen über die Ergebnisse dieser Sitzung zu berichten. Es verhält sich mitnichten so, daß wir untätig wären, sondern wir bemühen uns seit vier Jahren in gemeinsamen Sitzungen mit der tschechischen Seite, auch unsere Erfahrungen einzubringen.
Die SPD erweitert in ihrem Antrag diese Thematik über Temelin hinaus auf das slowakische Kraftwerk Mochovce und schlägt vor, daß die beantragten Kredite nicht eingeräumt werden. Ich muß Ihnen sagen, daß die Banken, die in Mochovce tätig sind, nach unserem Kenntnisstand die Unterlagen sehr sorgfältig prüfen. Die deutsche Seite hat natürlich keine Möglichkeit einer förmlichen Beteiligung an dem slowakischen Genehmigungsverfahren. Das muß man einmal festhalten, und daran wird sich so schnell nichts ändern.
({2})
- Selbstverständlich setzen wir in Gesprächen - das wollte ich gerade zum Abschluß meiner Ausführungen sagen - mit all unseren mittel- und osteuropäischen Nachbarn - Sie wissen das aus den vielfältigen Aktivitäten der Bundesregierung - alles daran, um all unsere Erfahrung und das, was wir für richtig halten, den anderen mitzuteilen, ihnen das als Option zu geben und ihnen bei den sicherheitstechnischen Umrüstungen zu helfen. Aber in ihren Entscheidungen - das bitte ich doch hier zu beachten; das werden Sie auch in den Gesprächen mit Ihren Parteikollegen in den anderen Ländern, in der Tschechischen Republik, in der Slowakei, immer wieder hören - sind diese Länder souverän. Wir können Hilfsangebote machen, aber wir können nicht oktroyieren, was wir gerne hätten.
Ich glaube - das ist ein ganz wichtiger Punkt -, daß wir unseren Sicherheitsstandard in der Bundesrepublik Deutschland halten sollten. Es gibt Verhandlungen bezüglich der Harmonisierung der Sicherheitsstandards mit der Französischen Republik. Ich halte es für ganz wichtig, daß wir Schritt für Schritt in Europa zu gemeinsamen Sicherheitsanforderungen kommen
({3})
und damit die Grundlage dafür legen, daß die Sicherheitsstandards für Kernkraftwerke immer mehr einander angenähert werden. Daran werde ich arbeiten, und ich fordere Sie auf, dabei mitzumachen.
Danke schön.
({4})
Als nächster spricht der Kollege Wolfgang Behrendt.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Ministerin Merkel, Sie haben sich relativ eingehend mit der Situation in Tschechien und dem Kernkraftwerk Temelin beschäftigt. Sie haben über Mochovce sehr oberflächlich zum Schluß etwas gesagt.
Uns scheint, daß das aktuellere Problem zur Zeit das Kernkraftwerk Mochovce ist. Denn in zwei Monaten soll die Entscheidung über die Finanzierung der Nachrüstung dieses Kraftwerks fallen. Sie wissen, daß die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung und die Europäische Investitionsbank über entsprechende Kreditersuchen befinden müssen. Ich denke, man muß sich bewußt sein, daß dies nicht nur eine Entscheidung über die Struktur der Energieversorgung in der Slowakei darstellt, sondern daß es hier auch darum geht, ob der westeuropäischen Atomindustrie ein lukrativer Markt in Mittel- und Osteuropa mit einem geschätzten Volumen von immerhin 100 Milliarden DM eröffnet wird. Angesichts der desolaten Auftragslage der westlichen Nuklearindustrie ist das sicherlich eine verlockende Chance. Man muß sehen, daß hier ganz massive wirtschaftliche Aspekte im Hintergrund stehen.
({0})
Nach den Statuten der Bank für Wiederaufbau und Entwicklung wäre eine Prüfung der Umweltverträglichkeit und die Erreichung westlicher Sicherheitsstandards Voraussetzung für eine Kreditvergabe. Nach den bisherigen Erfahrungen jedoch ist Skepsis angezeigt. Ein von der österreichischen Regierung gewünschtes und geplantes großangelegtes Hearing, das vor wenigen Tagen in Wien stattfinden sollte, ließen die Betreiber des Kernkraftwerks Mochovce platzen. Offenbar hatten sie und auch die französische Gesellschaft Electricité de France, die hier die Nachrüstung vornehmen soll, kalte Füße bekommen.
Deshalb unsere Forderung: Es muß eine öffentliche und für jedermann zugängliche Anhörung und eine umfassende Prüfung der Sicherheit und der Umweltverträglichkeit geben.
({1})
Vorher dürfen die Bauarbeiten nicht fortgeführt werden. Diese Prüfung darf nicht im stillen Kämmerlein oder in den Chefsuiten der Bankmanager stattfinden, sondern muß öffentlich erfolgen und für jedermann zugänglich sein, insbesondere für die Bevölkerung der betroffenen Nachbarstaaten.
Vor allem die Sicherheit - das ist unstrittig - ist der neuralgische Punkt dieses Projekts. Ich will eines ganz klar sagen: Wir dürfen nicht um der wirtschaftlichen Interessen der Kernkraftindustrie willen atomares russisches Roulette spielen.
Sicherheitsbedenken von Fachleuten gibt es zuhauf. Das, denke ich, wird von Ihnen heruntergespielt. Selbst eine französische Expertengruppe hat festgestellt, daß das Sicherheitssystem in Mochovce dem Stand der 60er Jahre entspricht. Die Internationale Atomenergiebehörde hat erklärt, auch nach der Umrüstung würde ein solches Kraftwerk im Westen keine Betriebsgenehmigung bekommen.
Es gibt Anzeichen dafür, daß die slowakische Regierung die Anlage trotz gravierender Schludereien nicht nachgebessert hat, sondern die Mängel mit hohen Geldstrafen geahndet hat. Der entscheidende Punkt aber ist der, inwieweit östliche und westliche Sicherheitstechnologien miteinander zu verknüpfen sind.
Der russische Atomexperte Julij Andreew, der jetzt beim Projekt „Nukleare Sicherheit" der Wiener Universität arbeitet, hat vor wenigen Tagen in einem Interview mit dem Deutschlandfunk bezweifelt, daß die Umrüstung russischer Reaktoren überhaupt möglich ist, wenn sie über die Planungsphase hinaus sind.
Zwei Blöcke in Mochovce sind immerhin schon bis zu 95 bzw. 80 % fertiggebaut. In dieser Phase eine Verschmelzung östlicher und westlicher Sicherheitsphilosophie vorzunehmen, so Andreew, komme dem Versuch gleich, einen Mercedes-Motor in einen Trabi einzubauen.
({2})
Daß sich die amerikanische Regierung bei der Zustimmung zur Kreditzusage für das tschechische Kernkraftwerk Temelin vor einem Jahr weder um die Reaktorsicherheit noch um die Umweltverträglichkeit gekümmert hat, kann man nachvollziehen. Für die USA sind Temelin und Mochovce sozusagen „böhmische Dörfer". Daß Sie aber, Frau Ministerin Merkel, die substantiierten Bedenken von Experten damit abtun, das sei „alles nur Panikmache", wie Sie es jüngst in „Focus" geäußert haben, wird Ihrer Verantwortung nicht gerecht.
({3})
Wie billig die Ausrede ist, Sie könnten als Bundesregierung nicht den völkerrechtlichen Anspruch erheben, sich in die inneren Angelegenheiten der tschechischen oder slowakischen Regierung einzumischen, wird daraus deutlich, daß die österreichische Regierung in ganz anderer Weise agiert. In verschiedenen diplomatischen Noten haben die Österreicher auf die Planungen in Tschechien und Slowakien massiv Einfluß zu nehmen versucht.
Ich erinnere nur an das Aide-mémoire an die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung im November 1994, in dem die österreichische Bundesregierung konkrete Bedenken bezüglich des Projekts Mochovce zum Ausdruck gebracht hat.
Darüber hinaus haben die Österreicher - das finde ich bemerkenswert - auch ein Angebot zu einer energiewirtschaftlichen Kooperation mit dem Ziel gemacht, hier auch Alternativen zur Energieerzeugung aus Kernkraft mit den Tschechen und Slowaken durchzusetzen.
Im Vergleich dazu ist das, was Sie geäußert haben, einfach dürftig.
({4})
Meinen Sie nicht, daß Sie es der deutschen Bevölkerung schuldig sind, sich ebenfalls einzumischen? Nehmen Sie sich ein Beispiel an der engagierten Haltung Ihrer österreichischen Kollegin, der Umweltministerin Maria Rauch-Kallat.
({5})
Sie hat ein Wissenschaftlerteam damit beauftragt, die Unterlagen für das Kernkraftwerk Mochovce zu prüfen. Sie hat Gespräche mit den Direktoriumsmitgliedern der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung geführt, um den österreichischen Standpunkt vorzutragen. Die Prüfung der Unterlagen hat ergeben, daß sie unzureichend und widersprüchlich sind und daß auf dieser Grundlage die Bank das Projekt eigentlich ablehnen müßte.
Sie müssen allerdings nicht ins Ausland blicken, um sich zu orientieren. Ihr Amtsvorgänger hat eine Entscheidung im Zusammenhang mit Greifswald getroffen, und er hat damals ausgeführt, daß die Risiken dieser Reaktoren aus dem Design, aus der Struktur der Reaktoren und ihrem Erhaltungszustand resultieren. Als Konsequenz dieser Prüfung fiel die Entscheidung gegen eine Nachrüstung und für die Abschaltung.
Nun frage ich Sie, Frau Ministerin Merkel: Woher nehmen Sie den Mut, einer Nachrüstung genau des gleichen Reaktortyps jetzt Unbedenklichkeit zu bescheinigen, und dies angesichts der Tatsache, daß statt der 2 Milliarden DM, die für die Nachrüstung von Greifswald einmal kalkuliert worden sind, jetzt nur noch 1,3 Milliarden DM für die Nachrüstung vorgesehen sind? Vielleicht, Frau Merkel, hätten Sie den Sachverstand des von Ihnen in die Wüste geschickten Staatssekretärs noch etwas länger nutzen
sollen. Dann wäre es vielleicht zu einem anderen Ergebnis gekommen.
({6})
Ich sage hier für die SPD-Fraktion: Wir haben stärkste Bedenken gegen die Nachrüstung der beiden Kernkraftwerke in Tschechien und in der Slowakei. Wir fordern die Bundesregierung auf, für eine rückhaltlose Sicherheits- und Umweltverträglichkeitsprüfung einzutreten. Sie können sich nicht damit herausreden, daß dies eine unzulässige Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines Nachbarstaates sei. Wo grenzüberschreitende Umwelt- und Sicherheitsgefährdungen drohen, müssen grenzüberschreitende Beteiligungsverfahren garantiert sein.
Wir erwarten, daß diese umfassende Umwelt- und Sicherheitsprüfung vor der Kreditentscheidung erfolgt. Wenn das Ergebnis unbefriedigend ist, dann darf es keine Kreditzusage geben.
({7})
Wir hoffen, daß auch das Europäische Parlament, dem ein entsprechender Antrag vorliegt, mit großer Mehrheit diese Haltung unterstützen wird. Gerade für Staaten, die die Mitgliedschaft in der Europäischen Union anstreben, wie Slowakien, muß gelten, daß auch nachbarschaftliche Rücksichtnahme und Verantwortung unerläßlich sind.
Meine Damen und Herren, erinnern Sie sich daran, wie vor noch nicht einmal neun Jahren Tschernobyl ganz Europa in Angst und Schrecken versetzt hat. Nun handelt es sich hier um einen anderen Reaktortyp. Aber die Kölner Gesellschaft für Reaktorsicherheit hat anläßlich der Untersuchungen in Greifswald auch dem dortigen Reaktortyp, dem der in Mochovce entspricht, gefährliche und nicht tolerierbare Sicherheitsdefizite attestiert.
Meine Damen und Herren, hier geht es um unser aller Sicherheit. Da ist falsch verstandene diplomatische Rücksichtnahme nicht am Platze. Die Sicherheit der Bevölkerung muß Vorrang haben vor einseitigen Konzerninteressen und nationalen Egoismen.
({8})
Ich hoffe daher, daß es uns in den Ausschußberatungen gelingen wird, zu einer Entschließung des Bundestages im Sinne unseres Antrages zu kommen.
({9})
Als nächster spricht der Kollege Professor Rainer Ortleb,
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit „Besen, Besen, sei's gewesen" rettete der alte Hexenmeister
den Zauberlehrling aus seiner Verstrickung in Technologien, die er nicht beherrschte. Mit seinem bekannten Gedicht „Der Zauberlehrling" aus der Zeit vor Auto und Atomphysik wollte uns der Dichter sicher vor Folgen von Selbstüberschätzung warnen,
Zunehmendes Wissen hat uns auch zunehmendes Wissen um Gefahren gebracht. Aus dieser Sicht gibt es kein Recht, auch nur ein Quentchen daran zu deuteln, daß jedes Unterfangen des Fortschritts hinsichtlich möglicher Gefahren und Folgen geprüft werden muß.
Heute beschäftigt uns die Debatte mit der Frage, wie man angemessen mit den Sorgen und Ängsten von Menschen umgeht, die mit Mißtrauen den Bau zweier Kernkraftwerke in näherer und fernerer Nachbarschaft Deutschlands beobachten - ich betone: angemessen umgeht!
Zunächst: Wie denke ich über Kernenergie? Ein Energiekonsens über die Nutzung der unterschiedlichen Energieträger, über Kernenergie, über verstärkte Anstrengungen zum Energiesparen und über verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien ist notwendig, um eine langfristig sichere, effiziente und ökologisch tragfähige Energieversorgung zu erreichen.
Die Option für die friedliche Nutzung der Kernenergie muß offengehalten werden. Die Frage nach einer weiteren Nutzung der Kernenergie als Übergangsenergie darf nicht losgelöst von Problemen der Reaktorsicherheit einschließlich Versorgung und Entsorgung verhandelt werden.
Die maroden Kernkraftwerke in den Staaten Mittel- und Osteuropas bedrohen uns alle. Nachrüstbare Reaktoren müssen an den westlichen Sicherheitsstandard herangeführt werden.
({0})
Diese so von mir dargestellten Positionen und weitere dazugehörige können Sie auch auf Seite 27 des Parteiprogramms der F.D.P. zu den Bundestagswahlen 1994 nachlesen.
({1})
- Lesen Sie es doch einmal!
Das Unglück von Tschernobyl hat in tragischer Weise gezeigt, daß Kernkraftwerksunfälle ein globales Ausmaß haben können. Es bedarf keiner weitergehenden Darstellung, um die Berechtigung von Ängsten anzuerkennen. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, wenn ich als früherer Naturwissenschaftler und Ingenieur
({2})
an Berechenbarkeit und Sicherheit garantierende
Minimierbarkeit von Risiken glaube und daher politi1014
schen Verstand für erforderlich halte, dafür zu sorgen, daß - ({3})
- Die Naturwissenschaften sind meist exakter als die politischen Wissenschaften.
({4})
Wenn ich denen trotzdem Verstand zubillige, den ich hier einfordere, dann deshalb - um im Eingangsbild zu bleiben -, damit der alte Meister und nicht der Zauberlehrling bewertet. Das kommt mir nämlich bei manchen Gutachten so vor.
({5})
Wie liegt also nach meiner Ansicht der vorliegende Fall?
Erstens. Es ist anzuerkennen, daß die Zusammenarbeit mit erfahrenen westlichen Firmen, Prüf- und Expertenorganisationen gesucht wird. Damit sehe ich die Forderung nach Heranführung an westliche Sicherheitsstandards als erfüllt an. Auch Amerika und Frankreich haben westlichen Standard - wenngleich auch nicht in allem den deutschen.
Zweitens. Durch das seit 1990 mit Tschechien bestehende Abkommen zur Regelung von Fragen gemeinsamen Interesses im Zusammenhang mit kerntechnischer Sicherheit und Strahlenschutz sind Wege geöffnet, auf den tschechischen Partner in diplomatisch angemessener Weise politisch einzuwirken. Es wäre nützlich, solche Wege zu forcieren. Das gilt natürlich auch für den Fall in der Slowakei.
Drittens. Es ist nicht zu erkennen, daß gegen die technische Beratung durch Experten westlicher Länder, die Erfahrungen in der Nutzung von Kernenergie haben, Widerstand geleistet oder daß gar Prinzipielles in den Wind geschlagen würde.
({6})
Mit diesen drei Punkten sind gute Voraussetzungen dafür gegeben, daß ein Betrieb mit akzeptabler Sicherheit erreicht werden kann. Die heutige Debatte gibt schließlich auch Gelegenheit, zu dokumentieren, daß in Fragen des sicheren Betriebes von Kernkraftwerken ein Feld berührt wird, das von solcher Sensibilität ist, daß eine Befassung des Deutschen Bundestages volle Berechtigung hat.
Ich meine, daß auch dadurch den Nachbarn nachhaltig vermittelt wird, daß die Interessen deutscher Bürger hier berücksichtigt werden müssen. Allerdings möchte ich an dieser Stelle bitten, z. B. der tschechischen Regierung nicht indirekt verantwortungsloses Verhalten gegenüber ihren Bürgern zu unterstellen.
({7})
Auch wenn die tschechischen Verfahren nicht - vielleicht auch nur noch nicht - den deutschen entsprechen, haben wir kein Recht, eine bevormundende Beugepolitik zu betreiben, wie es im slowakischen Fall eine Kreditverweigerung wäre. Die Historie verbietet es einfach, gegenüber derzeit wirtschaftlich schwächeren Ländern, die sich mühsam aus sozialistischer Zeit lösen, den weltpolitischen Holzhammer zu schwingen. Hilfe zur Selbsthilfe stelle ich mir mit anderen Instrumentarien vor.
Es steht uns auch nicht an, Energiebilanz und Energieplanung anderer Länder vor- und nachzurechnen. Eine in dieser Frage sicher gegebene Weltverantwortung kann nicht von Deutschland aus bilateral wahrgenommen werden. Verantwortungsbewußtsein, das sich in Deutschland entwickelt hat, kann dagegen als Erfahrung in europäische und weltweite Gremien eingebracht werden, wobei vorbereitende, gleichberechtigte und partnerschaftliche Zusammenarbeit sicher den Boden fruchtbar machen kann.
({8})
Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich Sie meines Eindrucks versichern, daß sowohl die Erklärungen von Frau Bundesministerin Merkel als auch solche von Ministerpräsident Stoiber - also insbesondere des betroffenen Landes - das zu gewährleisten scheinen, nämlich daß wir uns in angemessener Weise prüfend, ohne zu bevormunden, an diesem Verfahren auch im eigenen Interesse und im Interesse der gesamten Bevölkerung der Welt beteiligen.
Nichtsdestotrotz: Das Auge des Parlaments sollte die Vorgänge weiter beobachten. Der Umweltausschuß sollte sich begleitend mit der Entwicklung befassen. Im Bilde: Im Augenblick erscheinen mir laute Rufe zum anderen Schiff, auch mit der Bitte um Besichtigung der Ladung, klüger als Schüsse vor den Bug.
Ich danke Ihnen.
({9})
Als nächster spricht der Kollege Kurt-Dieter Grill.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir können heute über die Sicherheit von Kernkraftwerken in Mittelosteuropa, in Tschechien und der Slowakei, insbesondere deswegen sprechen, weil sich die deutsche Bundesregierung durch Helmut Kohl als Bundeskanzler auf den Weltwirtschaftsgipfeln intensiv dafür eingesetzt hat, mit Geld und Technik die Risiken der nuklearen Energieversorgung in Osteuropa für uns jedenfalls erträglicher zu machen bzw. sie nahezu zu beseitigen. Das ist eine Konsequenz unserer Politik, wie wir sie seit Jahren verfolgen.
({0})
Meine Damen und Herren, wir können die Devise „Not kennt kein Gebot" in diesen Ländern nur auf dem Wege durchbrechen, den Frau Bundesministerin Merkel hier vorgestellt hat. Wir sollten uns bei dieser Debatte immer wieder darin einig sein und
uns daran erinnern, daß viele, über deren Entwicklung wir hier reden und von denen wir die Berücksichtigung ökologischer Parameter bei dieser Entwicklung durchaus zu Recht einfordern, in ihrer gesamten Mentalität und ihrer ökonomischen Situation der Meinung sind, daß die Abfolge nicht „Umwelt und Entwicklung" , sondern „Entwicklung und Umwelt" sein sollte. Wenn wir dieses Denken im Sinne von „Umwelt und Entwicklung" umdrehen wollen, dann werden wir nicht mit dem erhobenen Zeigefinger einen Sinneswandel erreichen, sondern durch sehr intensive Gespräche.
({1})
Herr Abgeordneter Grill, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Saibold?
Gerne, Frau Präsidentin.
Herr Abgeordneter, stimmen Sie mir zu, daß es wesentlich billiger ist, das Energiesparpotential auszunutzen und für eine bessere Energienutzung einzutreten und z. B. Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen zu bauen statt eines riesigen, zentralistisch angelegten Atomkraftwerks? Würde man damit nicht die wirtschaftliche Situation in Tschechien besser berücksichtigen?
Frau Saibold, ich werde im Rahmen meiner Betrachtungen auf diese Frage noch eingehen. Es gibt sicherlich Argumente für das Energiesparen und die rationelle Energienutzung. Aber ich will mich an dieser Stelle nicht in den Stand erheben, auch noch über die Energiepolitik der Tschechischen Republik zu entscheiden.
({0})
Frau Saibold, Sie haben zu Beginn Ihrer Rede gesagt: Es geht um etwas Ungeheuerliches. Ich sage Ihnen: Ungeheuerlich wäre es, wenn alles so weitergegangen wäre, wie es bis zum Jahre 1989/90 in Osteuropa geplant und entwickelt worden ist.
({1})
Ich will ein zweites Argument aufgreifen. Sie haben - das ist ja nicht aus der Welt zu kriegen; Sie beten das herunter; gebetsmühlenartig kommt das jede zweite Woche vor - die Frage Stendal und Greifswald angesprochen. Sie müssen doch einmal sehen, daß sich die deutschen EVUs aus ökonomischen Gründen einem Weiterbau in Stendal auch vor dem Hintergrund des nicht vorhandenen Bedarfs an neuen Kraftwerken entzogen haben. Sie haben gar keinen Betreiber für Stendal gefunden, und die Bundesrepublik Deutschland baut keine Kernkraftwerke.
Ich bin in Greifswald gewesen. Dort liegen sechs Blöcke still, und niemand merkt es, daß sie gar keinen Strom mehr produzieren. Das hat doch etwas damit zu tun, daß die gesamte ökonomische Situation
einschließlich des Verlustes von produzierendem Gewerbe auch in der ehemaligen DDR den Strombedarf erheblich heruntergesetzt hat. Das gilt nicht nur für die Kernenergie in den neuen Bundesländern, sondern es gilt in weitem Maße auch für die Nutzung der Braunkohle, die erhebliche Einbrüche hat erleiden müssen. Das sind die Gründe, die zur Stillegung von Greifswald und zur Nicht-Nachrüstung bzw. zum Nicht-Weiterbau von Stendal geführt haben. Nehmen Sie es doch einfach mal zur Kenntnis; die Ignoranz der Fakten sollte bei Ihnen zu Ende sein.
({2})
Herr Behrendt, ich will mich gerne mit dem auseinandersetzen, was Sie hier vorgetragen haben. Zunächst einmal sind Finanzen und Sicherheit untrennbar miteinander verbunden. Sie unterstellen nun, daß es lediglich um einen nutritiven Markt für die westdeutsche bzw. westliche Kernenergieindustrie geht. Ich denke, daß man zunächst einmal darauf achten sollte, daß für die Entscheidung der EBRD im März - sie wird erst im März gefällt werden, also nicht jetzt - die internen Beratungen noch nicht abgeschlossen sind und daß für Mochovce die Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist. Die Ergebnisse sind ausgelegt.
Ich will auch gerne auf das sogenannte Hearing in Wien eingehen. Sehen Sie, die Slowaken und auch die westlichen Industriefirmen sind nicht gekommen, weil es gar nicht um ein Hearing ging, sondern weil es eine geplante Protestveranstaltung war, die gar nicht das Ziel hatte, daß man in Ruhe Argumente austauscht und einander anhört. Das ist genau der Punkt, an dem ich letztendlich nur jedem sagen kann: Das ist nicht die Art, wie man ernsthafte sicherheitstechnische Probleme miteinander beredet.
({3})
Im übrigen will ich an dieser Stelle etwas sagen, was mich in der Debatte um Kernenergie schon immer aufgeregt hat. Sie sollten das „Musterbeispiel" Österreich an dieser Stelle wirklich nicht aufführen, meine Damen und Herren,
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denn Österreich hat Zwentendorf, modernste Kerntechnik, nicht in Betrieb genommen und bezieht dafür Atomstrom ({5})
- Frau Saibold, Sie klatschen an der falschen Stelle - aus Bohunice, dem wirklich unter technischen und sicherheitspolitischen Gesichtspunkten schlechtesten Beispiel für eine Produktion von Atomstrom für westdeutsche Länder.
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Ich will mich gar nicht mit Sicherheitstechnik beschäftigen, aber ich halte es für eine höchst unmoralische Veranstaltung, wenn ausgerechnet die Osterreicher so agieren und gleichzeitig den Atomstrom für sich in Anspruch nehmen, der ihnen aus den ältesten Kernkraftwerken der Tschechischen Republik beschafft wird, meine Damen und Herren.
Herr Kollege Grill, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Müller?
Nein, Frau Präsidentin, ich möchte jetzt einige Dinge im Zusammenhang ausführen.
({0})
Dann hat der Kollege Behrendt gesagt, es ginge um atomares russisches Roulette. Das ist richtig, Herr Behrendt. Ich stimme Ihnen zu. Es wäre wirklich russisches Roulette im wahrsten Sinne des Wortes, wenn wir die Kernkraftwerke ohne westliche Sicherheit zu Ende bauen lassen würden.
Ich denke, daß die Sozialdemokraten an dieser Stelle gehörig aufpassen müssen. Es gibt in ihren Reihen bis hin zu ihrem Energiekonsens-Rudelführer einen Ansatz, der darauf hinausläuft, Endlager international jedenfalls nicht undenkbar zu machen. Herr Kollege Fischer, wir wissen, daß das nicht endgültig bei den Sozialdemokraten ausgeschaltet ist.
({1})
- Nein, Herr Schröder und auch sein Staatssekretär Tacke haben die internationale Endlagerung ausdrücklich immer offengehalten. Sie haben Osteuropa gemeint, meine Damen und Herren. Das ist das eine.
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Das zweite ist: Wenn wir nach Ihren Maximen vorgehen würden, meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten, dann würden wir überhaupt keine Sicherheitstechnik exportieren mit der Folge, daß eine Nachrüstung in Tschechien und Slowakien gar nicht mit unserer Technik stattfinden könnte. Das ist Ihre Philosophie.
Im übrigen kommt mir Ihr Antrag so vor, als seien Sie auf den fahrenden Zug der GRÜNEN draufgesprungen. Ich behaupte schlicht und einfach, wenn es den Antrag der GRÜNEN zu den beiden Kraftwerksbereichen nicht gegeben hätte, dann hätten Sie Ihren eigenen Antrag heute nicht auf der Tagesordnung stehen.
({3})
Herr Kollege Grill, gilt Ihr Nein für alle weiteren Fragen?
Es gilt für alle weiteren Fragen. Ich möchte zunächst einmal zu Ende reden.
Es ist ja auch so, daß Sie die alte Masche fahren. Es ist nichts Neues, daß Sie im Grunde genommen Frau Merkel unterstellen - das haben Sie mit Herrn Töpfer
auch schon getan -, sie gehe sorglos, unverantwortlich und ohne jeden moralischen Skrupel an die Frage der Kernkraftwerke in Temelin und Mochovce heran.
({0})
- Natürlich, auch das gehört dazu. Es ist klar, daß Sie ihr das auch noch absprechen.
Meine Damen und Herren, wenn Sie in dieser Debatte diesen Teil in Zukunft etwas weniger nutzen würden, würden Sie etwas glaubwürdiger sein. Den anderen Parteien und Fraktionen in diesem Hause und auch Frau Merkel zu unterstellen, sie sei nicht besorgt im Sinne von Sicherheit auch der westdeutschen Bürger, ist schlicht und einfach eine Infamie, eine Polemik, die der Sache überhaupt nicht dient, meine Damen und Herren.
({1})
Dann kommt Herr Behrendt auch noch mit dem Vorwurf, wir müßten uns in die inneren Angelegenheiten einmischen. Ich denke, es gab vor einiger Zeit in diesem Hause noch eine Menge Leute, die bei jedem Versuch der Einmischung in innere Angelegenheiten des Ostblocks den Weltfrieden gefährdet sahen. Deswegen meine ich, daß wir bei der Forderung nach Einmischung in die inneren Angelegenheiten souveräner Staaten ein bißchen vorsichtig sein sollten,
({2})
denn ich denke, daß wir im Zusammenhang mit den heute zu diskutierenden Tatbeständen Temelin und Mochovce im Grunde genommen doch eines festhalten sollten: Wir haben eine offene Diskussion mit Tschechen und Slowaken, weil es eine politische Veränderung mitten in Europa gegeben hat, ohne die wir diese Diskussion überhaupt nicht führen könnten.
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- Da haben Sie vollkommen recht;
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und wo Sie recht haben, Herr Fischer, sollen Sie recht behalten.
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Ich will Ihnen, verehrter Herr Fischer, sagen: Ich habe persönlich erlebt, wie in unseren Landtagen in Westdeutschland, auch bei mir zu Hause, serienweise die Resolutionen verabschiedet worden sind, Schönberg nicht zu nutzen, weil das unverantwortlich ist, wie aber klammheimlich alle Landesregierungen, von Bayern bis Kiel, ihren Sonderabfall nach
Schönberg geschoben haben, weil dort die Bürger waren, die nicht protestieren konnten. Das war unsere „Moral" . Das gilt im übrigen ebenso für Hessen, auch in Ihrer Zeit.
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- Herr Fischer, wenn Sie eine Rede halten wollen, kommen Sie doch nach vorne und melden sich an.
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Ich denke, daß wir in bezug auf den Protest gegen Temelin und Mochovce auch noch ein Wort über die Alternativen verlieren sollten. Hier werden ältere Kernkraftwerke stillgelegt, hier werden Kohlekraftwerke stillgelegt. Das ist etwas, was uns in Verbindung mit der CO2-Diskussion auch nicht so angenehm ist. Es geht aber doch nicht an, daß wir uns vor dem Hintergrund der dort vorhandenen katastrophalen Kohlekraftwerke über die Atemwegserkrankungen von Kindern in der Tschechischen Republik, in der Slowakei, im gesamten Ostblock aufregen, gleichzeitig aber auch die Alternative Kernenergie ablehnen. Sie müssen doch sagen, wo es langgehen soll.
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Wenn wir über Wirtschafts- und Energiepolitik im Ausland sprechen, ist an mancher Stelle Behutsamkeit angebracht. Sehen Sie: Es gibt sicherlich zwei, vielleicht auch drei Denkschulen. Müssen wir für Geld Sicherheit kaufen oder an anderer Stelle ansetzen?
Ich sage Ihnen insbesondere nach den Erfahrungen auch deutscher Politik in West-, aber auch in Osteuropa: Wir müssen uns davor hüten, mit dem erhobenen Zeigefinger in diese politische Debatte zu gehen. Was wir tun sollten - das aber sieht Ihr Antrag heute nicht vor -, ist, einen Dialog mit den Leuten zu führen, deren Mentalitäten im Umgang mit diesen Fragen zu verändern sind. Deswegen wäre es eigentlich ganz sinnvoll gewesen, wenn wir als Parlament nicht darüber geredet hätten, was die Regierung tun kann. Es stellt sich vielmehr die Frage, was wir tun, um mit dem tschechischen Parlament darüber zu reden.
Meine Damen und Herren, die Tschechische Republik hat seit dem politischen Wandel in Europa ein souveränes, vom Wähler mit Mandaten ausgestattetes Parlament. Wir aber tun so, als müßten wir bestimmen, was sie zu entscheiden haben. Ich halte das für politisch fatal und für einen vollkommen falschen Weg.
Sie sollten also nicht auf unserer Regierung herumschlagen, wie Sie es heute morgen getan haben. Die Frage ist, welche Einsichten wir als Parlament einbringen können und was diejenigen, die die Entscheidungen für ihre Bürger zu fällen und sich vor ihnen zu verantworten haben, verändern können, damit sich die Politik ganz in diesem Sinne entwikkelt und verändert.
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Diesen Weg gehen Sie nicht. Er wäre auch etwas beschwerlicher.
Wir stehen vor der Tatsache, daß mit den Geldern, die investiert werden, nicht nur der Einkauf von Technik, sondern auch die Prüfung der Voraussetzungen im Sinne unserer westlichen Sicherheitsphilosophie gegeben ist.
Auch bezüglich der Beteiligung der Bürger haben Sie überhaupt keine Veranlassung, Frau Merkel und der Bundesregierung Nachlässigkeit und mangelnde Ernsthaftigkeit vorzuwerfen. Auf der Basis des Regierungsabkommens wird es diese gemeinsame Kommission geben, wird es einen Einsatz im Sinne der Interessen der Bürger in der Bundesrepublik Deutschland geben.
Meine Damen und Herren, wir sollten schon darüber reden, daß sich die Tschechen bereit erklärt haben, mit uns über etwas, was über den 30-km-Streifen hinausgeht - Temelin liegt 80 km von der Grenze entfernt -, zu diskutieren. Was haben Sie eigentlich zu kritisieren? Man kann doch nur auf diesem Wege fortschreiten. Wir müssen uns im Interesse unserer Bürger in diesen Diskussionsprozeß einschalten. Das bestreitet ja auch niemand ernsthaft. Aber ich denke, wir sollten zur Kenntnis nehmen, daß dies die Politik auch dieser Bundesregierung ist. Deswegen habe ich keine Veranlassung, heute morgen eine massive Kritik an dieser Bundesregierung zu üben. Ganz im Gegenteil!
({10})
- Natürlich, Herr Fischer, das ist so selbstverständlich wie Ihre Kritik. Sie machen es einem ja auch furchtbar leicht, sich auf die Seite der Bundesregierung zu stellen, denn Ihre Kritik wird sowieso nie dazu führen, daß Sie uns von dieser Nähe abbringen.
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Die Konsequenz Ihrer Politik, Herr Fischer - damit das klar ist -, heißt, daß die Projekte aus der alten Zeit mit der alten Technik ohne Hilfe weitergeführt werden. Das ist das Ergebnis Ihrer Politik!
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Deswegen sage ich abschließend für die CDU/ CSU-Fraktion: Wenn unsere Politik im Ergebnis nicht zur totalen Ablehnung unserer Interessen - der Interessen der Menschen, der Interessen der Sicherheit - führen soll, werden wir uns nicht von hier aus mit erhobenem Zeigefinger, sondern auf anderen Wegen um die Änderung der Mentalitäten, um die Umkeh1018
rung von „Entwicklung und Umwelt" zu „Umwelt und Entwicklung" bemühen müssen. Dann werden wir uns für die Beteiligung der Betroffenen einsetzen, und wir werden auch sicherstellen, daß diejenigen, die in die Europäische Union wollen, sich an die Spielregeln gewöhnen, die in der Europäischen Union und den westlichen Demokratien gelten.
Wir sollten den Tschechen und den Slowaken diesen Weg ebnen und erleichtern, aber nicht mit totalen Überforderungen letztendlich genau das Gegenteil erreichen.
Herzlichen Dank.
({13})
Als nächster spricht der Kollege Horst Kubatschka.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Kollege Grill, die Unwahrheit wird auch dann nicht wahrer, wenn Sie sie dauernd wiederholen. Nehmen Sie doch bitte zur Kenntnis: In Österreich gab es Versuche von privaten Unternehmern, Strom aus den Kernkraftwerken einzukaufen, die Sie beschrieben haben. Der sozialdemokratische Bundeskanzler hat dies sofort gestoppt. Bitte, merken Sie sich das!
Herr Kollege Ortleb, ich denke wie Sie an den Zauberlehrling, wenn ich an die Atomlobby denke. Nur habe ich festgestellt, und Sie können mir das nicht widerlegen: Die Atomlobby ist immer noch im Zustand des Lehrlings. Der Meister ist noch nicht gefunden, und das Wasser steigt.
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Jetzt möchte ich mich mit den vorliegenden Anträgen beschäftigen, die sich in die inneren Angelegenheiten der Tschechischen bzw. der Slowakischen Republik einmischen. Natürlich ist das Einmischung. Aber wir müssen uns einmischen. Die Erfahrungen von Tschernobyl lehren uns: Betroffenheit herrscht über Hunderte und Tausende Kilometer. Und Temelin liegt ca. 80 km von der bayerischen Grenze entfernt. In Niederbayern, ja im gesamten Bayern wären wir von einem Unglück in Temelin, aber auch in Mochovce sehr schnell betroffen, wenn der Wind richtig weht. Und, Frau Kollegin Merkel, wenn der Wind in die andere Richtung weht, wären Sie in Sachsen betroffen.
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- Sie haben von Tschernobyl nichts gelernt! In einem zusammenwachsenden Europa muß erreicht werden, daß man Einwände auch über Staatsgrenzen hinweg vornehmen kann. An dieser Stelle hätte ich zumindest Beifall von der CSU erwartet, denn ich habe gerade Ministerpräsident Stoiber zitiert.
Im Falle von Temelin möchte ich auf das Regierungsabkommen zur Regelung von Fragen gemeinsamer Interessen im Zusammenhang mit kerntechnischer Sicherheit und Strahlenschutz hinweisen. Nach Art. 3 dieses Abkommens sind für geplante grenznahe Anlagen geeignete Unterlagen und Informationen so rechtzeitig vorzulegen, daß etwaige Stellungnahmen berücksichtigt werden können. Im dazugehörigen Notenwechsel wird das Atomkraftwerk Temelin als grenznahe Anlage behandelt.
Nun zur Frage der Sicherheit: Frau Kollegin Merkel, Sie haben anscheinend enormes Zutrauen zum Überprüfungsvermögen der deutschen Banken, überhaupt der Banken. Soviel ich weiß, beschäftigen die sich mit Geld,
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und da fällt mir, Herr Kollege Fischer, in der Tat der Name Schneider ein. Nicht einmal auf dem Gebiet des Geldes, von dem sie etwas verstehen sollten, können sie richtig prüfen. Aber bei der Kernenergie trauen Sie ihnen das zu!
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Die Fachleute, von denen Sie sprechen, werden halt die Fachleute der Bayernwerke und der EdF sein. Zu denen habe ich auch kein großes Zutrauen.
Im Bericht des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 10. August 1994 heißt es u. a. - ich zitiere -: „Etwa ab dem Jahre 1980 werden die Anlagen der dritten Generation gebaut, die eine ähnliche Auslegung wie im Westen haben, aber immer noch Sicherheitsdefizite aufweisen. Es handelt sich um die Druckwasserreaktoren vom Typ WWER 1000."
Falsche Argumente, Frau Merkel? Sie stammen aus Ihrem Hause.
Herr Kubatschka, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Ortleb?
Natürlich.
Herr Kubatschka, ich habe eine Frage. Sie haben die Lehrlinge eindeutig bei der Atomlobby ausgemacht und die Meister offenbar auch nicht bei den Experten. Soll ich das anerkannten Kernphysikern ausrichten?
Weil wir in Bildern sprechen - wir Altbayern lieben das -: Unter „Meister" habe ich verstanden, daß das Meisterstück noch nicht geschafft ist. Oder wollen Sie behaupten, daß das Problem der Endlagerung gelöst ist? Weltweit ist nichts auf diesem Gebiet gelöst. Also: Das Meisterstück fehlt.
({0})
Ein zweites Argument, das Sie sich vielleicht zu eigen machen könnten: Wir haben immer ein Restrisiko. Ich muß sagen: Dieses Restrisiko ist immer noch zu groß. Es wird auch nicht mit dem Popanz der Option und der Behauptung, es handele sich um noch sicherere Kernkraftwerke, beseitigt. Wir können es uns nicht leisten, mit diesem Restrisiko, mit den enormen Auswirkungen, die wir in Tschernobyl gesehen haben, zu leben. Deswegen sage ich: Der Meister hat sein Meisterstück noch nicht abgeliefert. Er wird das Problem auch nicht lösen. Das Problem der Endlagerung werden wir einmal lösen, aber das Restrisiko wird für uns immer bleiben. Ich möchte dies der Bevölkerung nicht zumuten.
({1})
Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?
Natürlich.
Ist es also richtig, daß es, nachdem wir überall die Lehrlinge haben, nur einen Meister gibt, nämlich Sie?
({0})
Ich weiß - ich bin ja auch naturwissenschaftlich-technisch ausgebildet -, daß es immer Unsicherheiten gibt. Ich würde nie von mir sagen, daß ich ein Meister werde, und wenn ich noch so alt würde und noch so dicke Bücher geschrieben hätte. In dieser Beziehung halte ich es letzten Endes mit Faust. Bitte unterstellen Sie mir nichts, was ich nicht gesagt habe.
Wir haben leider noch keinen Meister. Sie sind es nicht; Sie sind vielleicht, wie es mir auf Grund Ihrer Fragen scheint, ein noch schlechterer Lehrling als ich. Aber da könnten Sie ja etwas aufholen.
({0})
Wie gesagt: Wir haben noch nicht das Meisterstück. Deswegen können wir uns das noch nicht leisten.
Herr Kollege Kubatschka, es gibt noch von zwei Kollegen den Wunsch zu einer Zwischenfrage: von Herrn Kollegen Müller und Herrn Kollegen Grill.
Herr Kollege Kubatschka, stimmen Sie mir zu, wenn ich sage, daß man, wenn man das Dokument des Bundestages von 1980 über die künftige Kernenergiepolitik nachliest, feststellt, daß diejenigen, die sich bei den Prognosen hinsichtlich der weiteren Energiepolitik am meisten verschätzt haben, gerade die großen Experten aus
der Kernenergie gewesen sind, u. a. Professor Häfele?
Stimmen Sie mir auch zu, daß im Gegensatz zu dem antiquierten Technikverständnis die Technik keine deterministische Größe ist, sondern eine Frage der Bewertung?
Herr Kollege Müller, ich stimme Ihnen voll zu. Ich glaube, die Kollegen sollten das nachlesen, damit sie wissen, wo es langgeht.
({0})
Herr Kollege Grill.
Herr Kollege Kubatschka, würden Sie mir in Ergänzung der Frage von Herrn Kollegen Müller recht geben, daß zu denen, die damals vollkommen falsche Prognosen abgegeben haben, Helmut Schmidt gehörte, dessen Regierung noch ein Energieprogramm von 565 Millionen t SKE für 1985 geplant hatte?
Wie beurteilen Sie die Risikoabwägung des Wissenschaftlers Meyer-Abich, der in der Evangelischen Akademie Tutzing gesagt hat, das Risiko der Kernenergie sei ein örtlich begrenztes, das der CO2-Problematik hingegen global und deswegen unbeherrschbar?
({0})
- Es ist in den Dokumenten niedergelegt.
Herr Grill, ich beantworte Ihnen die Frage gern, auch wenn Sie sitzen.
Herr Kollege Grill, darf ich Sie bitten, die Antwort stehend entgegenzunehmen.
Ich schätze den Kollegen Meyer-Abich sehr. Ich habe mit ihm in der EnqueteKommission „Vorsorge zum Schutz der Erdatmosphäre" zusammengearbeitet. Sie zitieren hier einfach falsch.
({0})
Herr Kollege, wenn Sie es wollen, kann ich Ihnen an Hand von Zitaten beweisen, daß die Bibel für Selbstmord ist. Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen das beweisen.
({1})
- Natürlich, so wird hier nämlich argumentiert. - In der Bibel heißt es an einer Stelle: Judas ging weg und erhängte sich. Und Christus hat einmal gesagt: Tue desgleichen.
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Wenn Sie Zitate, so wie Sie das gerade getan haben, einfach aneinanderreihen, dann können Sie jeden widerlegen, und das machen Sie mit Herrn MeyerAbich.
({3})
Nun noch kurz zu der von Ihnen erwähnten Einschätzung der Regierung Schmidt: Natürlich, bei der Abgabe von Prognosen werden Fehler gemacht, und die Politiker müssen sich leider auch auf Prognosen der Fachleute der EVUs verlassen. Ich verlasse mich darauf allerdings nur sehr wenig. Anfang der 80er Jahre hat man daran vielleicht noch mehr geglaubt. Ich jedenfalls habe diesen Glauben inzwischen völlig abgelegt. Ich glaube einem Gutachten, einer Prognose erst dann, wenn ich weiß, wer die Prognose, das Gutachten bezahlt hat, und dann lese ich es mit viel Genuß.
({4})
Sie möchten diese Zwischenfrage wahrscheinlich noch gestatten?
Ja.
Dann ist das aber die letzte Frage; sonst manchen wir hier eine Fragestunde. - Herr Müller, wollen Sie Ihre Frage jetzt noch stellen?
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Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte noch kurz etwas über den Reaktortyp WWER 400/213 sagen. In der am Anfang zitierten Studie heißt es dazu:
Die Reaktoren vom Typ WWER 400/213 sind gegenüber den Vorläufern konzeptionell verbessert worden, besitzen aber noch zahlreiche Mängel.
Frau Kollegin Merkel, ein falsches Argument aus Ihrem Haus? - Ich glaube, nicht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in beiden Fällen haben wir es mit Technikzwittern zu tun. Es ist fraglich, ob die Technik in Temelin mit der Westinghouse-Technik so verbunden werden kann, daß eine höhere Sicherheit gewährleistet wird. Deswegen kommt die „Süddeutsche Zeitung" vom 24. Februar 1994 zu der Erkenntnis: „Nach US-Recht nicht genehmigungsfähig". Ein tschechischer Reaktorsicherheitsexperte aus Budweis sagt: „Die Umrüstung ist Neuland. Temelin ist ein Versuch."
Die westlichen und die östlichen Sicherheitskonzepte unterscheiden sich grundsätzlich. Die Beherrschung von Störfällen bei Atomkraftwerken sowjetischer Bauart wurde vernachlässigt. Man setzte im wesentlichen auf robuste Auslegung der Anlagen und auf das Ausbildungsniveau des Bedienungspersonals. Die westliche Sicherheitsphilosophie war und ist eine andere. Auch das spricht gegen diese Technikzwitter. Wesentlich sinnvoller wäre es, das Geld für Energiesparmaßnahmen, für die Umrüstung von Braunkohlekraftwerken und die Förderung umweltverträglicher Energien auszugeben.
Der „Bayernkurier" - und so etwas liest man gelegentlich
({0})
- das tue ich mir nicht an, Herr Kollege. Aber jetzt hören Sie einmal ein Argument, das Sie vom „Bayernkurier" leider nicht übernommen haben - weist in seiner Ausgabe vom 25. Februar 1994 darauf hin, daß das Vorhaben in Temelin nur deshalb in Angriff genommen wird, weil sich der US-Atomlobby damit ein milliardenschwerer Markt in Mittel- und Osteuropa öffnet. Auf diese Argumente müßten Sie doch eigentlich hören und sie nicht nur nachlesen und nachbeten, wenn es in Ihr Credo paßt, sondern auch handeln.
({1})
Es geht also um einen milliardenschweren Markt in Mittel- und Osteuropa. Die Kernenergie soll wieder salonfähig werden - und wenn es auch nur über diesen Umweg geschieht.
Die Taktik der Energieversorgungsunternehmen, Kernenergieerzeugung auszulagern, weil neue Kraftwerke bei uns nicht durchsetzbar sind,
({2})
gewinnt hier reale Gestalt. Manche nennen das „Kernenergie-Kolonialismus".
Liebe Kolleginnen und Kollegen, langfristige Hilfe für die mittel- und osteuropäischen Staaten ist nur durch eine Trendwende in der Energiepolitik möglich, die die verhängnisvolle Kette der nuklearen Energieerzeugung durchbricht.
Mit diesen Großanlagen verbauen sich diese beiden Länder, also die Republik Tschechien und die Slowakische Republik, ihren Weg in die Energiezukunft. Denn die Zukunft der Energie heißt erneuerbare Energie.
({3})
Untersuchungen der Klima-Enquete-Kommission haben ergeben, daß Ausstiegsländer beim Einsatz erneuerbarer Energien bedeutend höhere Anstrengungen unternehmen. Das also ist die industrielle Zukunft, die sich die Länder damit verbauen.
Nun ein Blick nach Bayern. Die Erfahrungen von Tschernobyl wirken noch. Damals betrug die Entfernung über tausend Kilometer. Jetzt sind es noch achtzig. Tschernobyl hat uns gelehrt: Ein Unglück in Temelin würde auch unsere Heimat gefährden. Dagegen wehrt sich die Bevölkerung. Selbst in Bayern gibt es dann neue Koalitionen, nämlich schwarzHorst Kubatschka
grün. Der Antrag der GRÜNEN wird mit dem Brief eines CSU-Landrats begründet. Wahrlich, das sind neue Begründungen! Bloß kommen sie bei der CSU nicht an.
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Auch unser Antrag deckt sich teilweise mit den Einlassungen des bayerischen Ministerpräsidenten Stoiber. Auch wir sind für öffentliche Anhörungen. Die Belange der Nachbarn müssen berücksichtigt werden. Man sieht: Die CSU ist lernfähig. Bei der Anhörung zur Wiederaufbereitungsanlage in Wakkersdorf wollten Sie die Österreicher nicht einmal einreisen lassen.
({5})
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, Sie können jetzt beweisen, ob Sie Ihrem Ministerpräsidenten folgen. Ein gemeinsamer Antrag von SPD, GRÜNEN und CSU, erarbeitet in den Ausschüssen, wäre eine gute Lösung. Die CDU würde sich dem sicher anschließen, und die F.D.P. muß ohnehin alles mitmachen.
Ich bin gespannt, ob die CSU den Mund nur spitzt oder ob sie auch pfeift. Aber ich muß sagen: Im Plenum durften Sie ja nicht sprechen.
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In Niederbayern die große Lippe riskieren, Revolutionen ausrufen, aber im Plenum schweigen: Anscheinend werden die Argumente nicht bis München getragen, oder da wirken sie noch beim Ministerpräsidenten. Auf der Reise von München nach Bonn, liebe Kollegen von der CSU, vergessen Sie die ganzen Argumente.
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Zum Schluß, etwas weniger ernst, schlage ich vor, wie auf der Krim zu verfahren. Dort wurde, wie vor zwei Tagen gemeldet, ein ehemaliges Atomkraftwerk zu einer Wodkafabrik umgerüstet. Für Budweis bietet sich natürlich Bier an.
Ich danke Ihnen fürs Zuhören und für die lebhaften Zwischenfragen.
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Das Wort hat jetzt die Kollegin Ursula Schönberger.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Merkel, Sie haben auf Lubmin bei Greifswald hingewiesen. Damals hat man auf die Nachrüstung russischer Reaktoren mit westlicher Steuerungstechnik verzichtet, auch aus Sicherheitsgründen. Spielen Sie das doch nicht herunter! Es war eine vernünftige Entscheidung der Bundesregierung.
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Jetzt soll genau dieses Experiment in Mochovce in der Slowakei durchgeführt werden. Finanziert werden soll dieses Projekt, das mehr als 1,3 Milliarden DM kosten würde, über eine EURATOM-Anleihe und über einen Kredit der Europäischen Entwicklungsbank. Um diesen Kredit geht es hier.
Hier in der Bundesrepublik können Sie neue Atomkraftwerke nicht mehr gegen den Willen der Bevölkerung durchsetzen. Denn die Menschen hier sind nicht mehr bereit, das Risiko der Atomenergie zu tragen. Allen anderen Bekundungen zum Trotz ist auch die Energiewirtschaft längst nicht mehr bereit, in neue Atomkraftwerke zu investieren, zumindest dann nicht, wenn sie den Neubau selbst bezahlen muß und nicht vom Staat subventioniert bekommt.
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Dann ist es ja auch kein Wunder, wenn die Reaktorbauindustrie - sprich: Siemens - in Deutschland für sich keine Perspektive sieht. Herr Hüttel von der Firma Siemens hat das jedenfalls am letzten Dienstag bei der Wintertagung des Deutschen Atomforums ziemlich eindeutig so gesehen und beklagt.
Verstehen kann ich es natürlich schon, daß man, wenn man in dieser Situation ist, nach neuen Märkten greift. Aber verantwortbar ist es nicht.
Da soll ein altes Kraftwerk russischer Bauart - dessen Materialien schlecht und verrostet sind, das keine zweite Sicherheitshülle hat, das nicht gegen Flugzeugabstürze gesichert ist, obwohl nebenan ein Militärflughafen ist, das in einer Erdbebenzone steht, ohne erdbebensicher zu sein, und und und - über einen Kredit der Europäischen Entwicklungsbank mit Steuerungssystemen ausgestattet werden, u. a. von Siemens.
Das ist schon schlimm genug, Frau Merkel. Aber die Vorstellungen, wie die Refinanzierung erfolgen soll, ist dann absolut skrupellos. Die Kredite sollen über Stromlieferungen an den Westen abbezahlt werden. Ein Gutteil des Stroms, der in Mochovce produziert wird, dient gar nicht der Stromversorgung der Slowakei, sondern wird in den Westen, auch in die Bundesrepublik, geliefert. Stromlieferungen zu Dumpingpreisen, Strom, für den der Westen gerade einmal halb so viel bezahlt, wie er hier für die Produktion. des Stroms selbst aufwenden müßte. Da können Sie doch nicht sagen: „Wir machen nicht die Energiepolitik in der Slowakei. " Genau damit machen wir sie. Ich fordere Sie auf: Machen Sie bei diesem skrupellosen Geschäft nicht mit, das die Slowakei zu unserer Atomstromkolonie macht!
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In der Gründungscharta der Europäischen Entwicklungsbank, die diesen Kredit geben soll, steht, daß sie eine umweltverträgliche und nachhaltige Entwicklung im Osten fördern soll. Deswegen fordern wir die Bundesregierung auf: Weisen Sie den deutschen Direktor in der Entwicklungsbank an, gegen den Kredit für Mochovce zu stimmen! Sie kön1022
nen das tun. Ob der Kredit bewilligt wird, hängt doch nicht zuletzt davon ab, ob sich Deutschland ebenso wie Österreich und die USA gegen diesen Kredit ausspricht.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der SPD, auch Sie haben zu diesem Thema einen Antrag vorgelegt. Sie fordern eine Anhörung. Das ist nicht abzulehnen. Aber wir meinen, hier geht es nicht um Anhörungen, hier geht es nicht um fehlendes Wissen. Das Wissen ist da, die Fakten liegen auf der Hand. Es geht um die Bereitschaft, von den ganz klaren und offenen Alternativen die richtige zu unterstützen.
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Frau Merkel, die Alternative ist nicht Mochovce oder Bohunice, die Alternative heißt doch: Energieeinsparpotentiale nutzen. Die Energieeinsparpotentiale in der Slowakei sind enorm. Geben Sie Investitionshilfen doch dafür! Geben Sie doch Investitionshilfen für die Nutzung umweltverträglicherer und im übrigen auch kostengünstigerer Energieversorgung in der Slowakei!
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Die Slowakei wird nicht in der Lage sein, dieses Kraftwerk aus eigenen Mitteln zu finanzieren. Dazu braucht sie diesen Kredit. Wenn er nicht dafür, sondern für andere Investitionen gegeben wird, dann wird sie dieses Kraftwerk nicht in Betrieb nehmen.
Noch etwas zu Bohunice. Es gibt keinen festen Vertrag, das Bohunice abgeschaltet wird, wenn Mochovce ans Netz geht. Ich möchte Sie hören, wenn im Jahr 2000 Bohunice weiterläuft. Sie rechtfertigen das dann auch noch.
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Lassen Sie uns nicht das wiederholen, was in der Entwicklungspolitik lange genug gemacht worden ist: aus ökonomischem Eigennutz anderen Ländern die Zukunft verbauen, in diesem Fall der Slowakei.
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Meine Damen und Herren, ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf den Drucksachen 13/106, 13/309 und 13/310 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? - Das ist der Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:
Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht der Bundesregierung über die Entwicklung des Tourismus
- Drucksache 12/7895 Überweisungsvorschlag:
Ausschuß für Fremdenverkehr und Tourismus ({0})
Ausschuß für Wirtschaft
Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ausschuß für Gesundheit
Ausschuß für Verkehr
Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine Stunde vorgesehen. - Ich sehe keinen Widerspruch.
Ich eröffne die Aussprache. Als erster spricht Staatssekretär Kolb.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die Tatsache, daß der Deutsche Bundestag heute erneut eine tourismuspolitische Debatte führt, unterstreicht die Bedeutung, die dem Tourismus und dem Fremdenverkehr in Deutschland zu Recht beigemessen wird. Der Tourismus mit seinen 2 Millionen Beschäftigten und einem Anteil von mehr als 5 % an der Wertschöpfung unseres Landes hat sich auch in der jüngsten wirtschaftlichen Schwächeperiode als stabiler Wirtschaftsfaktor erwiesen. Auch hat der Tourismus die Talsohle der hinter uns liegenden Rezession insgesamt gut überstanden.
Die Bundesregierung hat mit dem Ihnen vorliegenden Bericht über die Entwicklung des Tourismus eine umfassende Bestandsaufnahme der deutschen Tourismuswirtschaft erstellt und die Ziele und Schwerpunkte ihrer Tourismuspolitik formuliert. Sie lauten: erstens Sicherung der für eine kontinuierliche Entwicklung der Tourismuswirtschaft erforderlichen Rahmenbedingungen, zweitens Steigerung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Tourismuswirtschaft, drittens Verbesserung der Möglichkeiten für die Teilnahme breiter Bevölkerungsschichten am Tourismus und viertens Erhaltung von Umwelt, Natur und Landschaft als Grundlage des Fremdenverkehrs.
Der Bericht beschreibt die zur Erreichung dieser Ziele erforderlichen Maßnahmen. Lassen Sie mich einige Punkte davon herausstellen: Naturressourcen und Kulturgüter sind die wichtigsten und nur begrenzt reproduzierbaren Grundlagen für touristische Angebote. Dabei gilt es, einen Ausgleich der Interessen von Ökologie und Ökonomie zu schaffen, wobei es im wohlverstandenen Interesse der Tourismuswirtschaft selbst liegt, diese Grundlagen langfristig zu sichern. Das Bundeswirtschaftsministerium wird, zusammen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, einen Bundeswettbewerb für umweltfreundliche Fremdenverkehrsorte ausloben, welcher 1996 erstmals durchgeführt werden soll.
In den neuen Bundesländern hat die in kürzester Zeit vollzogene Umgestaltung eines planwirtschaftlichen Zuteilungstourismus in einen marktwirtschaftlich orientierten Fremdenverkehr die Basis für einen tourismuswirtschaftlichen Aufschwung geschaffen.
Parl. Staatssekretär Dr. Heinrich Kolb
Es wurden unternehmerische Energien freigesetzt, die teilweise zu zweistelligen Zuwachsraten in diesem Bereich führten. Der verbreitete Mangel an Eigenkapital bei den Existenzgründern in den neuen Ländern und der damit verbundene Liquiditätsengpaß im investiven Bereich, aber auch der Mangel an unternehmerischen Erfahrungen konnten durch umfangreiche Förderprogramme von Bund und Ländern gemildert werden. Die Bundesregierung wird diese erfolgreichen Maßnahmen fortsetzen, damit die vorhandenen Wachstumspotentiale in ihrer ganzen Breite ausgeschöpft werden können.
Meine Damen und Herren, was die Entwicklung des Reiseverkehrs aus dem Ausland nach Deutschland anbelangt, gibt es nichts zu beschönigen. Der Incoming-Tourismus ist in den letzten drei Jahren spürbar zurückgegangen. Die Gründe hierfür sind sicherlich vielschichtiger Natur. So mag die derzeit starke Bewertung der D-Mark als Folge der erfolgreichen Stabilitätspolitik der Bundesregierung einen Urlaub im Vergleich zu anderen europäischen Ländern teuer erscheinen lassen. Aber es stellt sich auch die Frage nach der Attraktivität Deutschlands als nationales und internationales Urlaubsziel, nach der Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Angebots im internationalen Vergleich. Ich sage ganz deutlich: Hier ist in erster Linie die deutsche Fremdenverkehrswirtschaft gefordert. Sie muß die Ursachen dieser Entwicklung analysieren und ihre Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit steigern.
Die Deutsche Zentrale für Tourismus, die zum weitaus größten Teil aus Bundesmitteln finanziert wird, wird ihre Schlagkraft als Instrument des Auslandsmarketings weiter steigern. Die Umstrukturierung der DZT mit den Zielen einer Straffung der Hauptverwaltung und einer Stärkung des operativen Bereichs ist inzwischen weitgehend abgeschlossen.
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Eine Anpassung an die veränderten zukünftigen Marketinganforderungen ist erreicht. Das Auslandsmarketing - auch das will ich deutlich sagen - darf aber nicht allein der DZT überlassen werden. Eine stärkere finanzielle Beteiligung der Wirtschaft, speziell der Tourismuswirtschaft, ist unverzichtbar.
Meine Damen und Herren, Werbung im Ausland, aber auch das Inlandsmarketing für das, wie ich glaube, durchaus attraktive Reiseland Deutschland mit seinen reizvollen Landschaften, mit historischen Orten benötigen ein geeignetes Instrumentarium. Hier müssen die vorrangig für den Fremdenverkehr zuständigen Bundesländer, die Regionen und Kommunen zu einem stärkeren gemeinsamen Handeln finden.
Ich denke hier in erster Linie an den dringend notwendigen Aufbau eines einheitlichen, möglichst flächendeckenden und auch vom Ausland her zugänglichen nationalen Informations- und Reservierungssystems für touristische Dienstleistungen, welches einen wichtigen Beitrag zur Absatzsteigerung des deutschen Angebots leisten könnte. Dieses System kann seine Wirkung nur dann erfolgreich entfalten,
wenn es durch begleitende Marketinganstrengungen unterstützt wird. Dann kann es auch gelingen, das weitere Öffnen der Schere der bundesdeutschen Reisedevisenbilanz zu stoppen. Sie wissen, wir geben im Ausland 62 Milliarden DM für Reisen aus, während wir in Deutschland gleichzeitig nur 17 Milliarden DM aus dem Ausland vereinnahmen können.
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Meine Damen und Herren, der Wirtschaftsstandort Deutschland unterliegt einem ständigen Strukturwandel. Wir begleiten ihn durch eine aktive Mittelstandspolitik, welche die Innovations- und Leistungsfähigkeit der mittelständischen Unternehmen stärkt, die Finanzierung von Unternehmenswachstum ermöglicht und damit auch die notwendigen Anpassungsprozesse erleichtert.
Es ist unverkennbar, daß sich auch im Reisemarkt die Konzentrationstendenzen verstärkt haben. Diese Entwicklung wird sich sowohl bei den Reisebüros als auch bei den Veranstaltern fortsetzen. Es ist verständlich, daß Verschärfung des Wettbewerbs und Konzentrationstendenzen vor allem den mittelständischen Unternehmen gewisse Sorgen bereiten. Ich bin jedoch der Auffassung, daß mittelständische Unternehmen auf Grund ihrer spezifischen Vorteile auch in Zukunft gute Entwicklungschancen haben werden.
Allerdings verlangt der sich weltweit verschärfende Wettbewerb um den Touristen von der deutschen Tourismuswirtschaft eine Steigerung ihrer Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit. Auch in der Reisebranche können durch höhere Flexibilität und durch Anpassung an veränderte Marktstrukturen größenordnungsbedingte Nachteile ausgeglichen werden.
Meine Damen und Herren, solange und soweit sich die Strukturveränderungen im Wettbewerb vollziehen und das geltende Wettbewerbsrecht beachtet wird, besteht für ein Eingreifen des Staates kein Anlaß. Die Bundesregierung kann und darf keine Schutzzäune um überholte Strukturen errichten.
Die Aufhebung der Vertriebsbindung seitens der größeren Reiseveranstalter wird zu mehr Marktwirtschaft führen. Es muß im eigenen Interesse der Reisevermittler liegen, daß wettbewerbsfähige Angebote kleiner und mittlerer Veranstalter auch künftig ihren Weg zum Kunden finden.
Meine Damen und Herren, die Sicherung des Tourismusstandorts Deutschland kann nicht allein Aufgabe der Bundesregierung sein. An dieser Aufgabe müssen alle mitwirken: die Länder, die Gemeinden, die Tarifpartner und alle gesellschaftlichen Gruppen. Sie alle müssen den Mut haben, hierbei auch neue Wege zu beschreiten.
Die öffentlichen Gebietskörperschaften sollten überlegen, wo sie sich zugunsten eines stärkeren privatwirtschaftlichen Engagements zurückziehen können. Privatwirtschaftliche, am Gewinn orientierte
Fremdenverkehrsorganisationen sind in puncto Leistungsfähigkeit und Flexibilität den kommunalen Einrichtungen häufig überlegen. Sie kosten auch weniger Steuergelder.
Ein letzter Punkt: In Fragen 'der europäischen Zusammenarbeit bleibt die Bundesregierung bei ihrem Standpunkt der strikten Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und einer Befürwortung von Gemeinschaftsaktionen in Bereichen, die ein gemeinschaftliches Handeln erfordern. Tourismus lebt aus dem Wettbewerb der Regionen. Für eine Gemeinschaftskompetenz der Europäischen Union für Tourismuspolitik besteht aus unserer Sicht nach wie vor kein Bedarf.
Die Änderungen des Reisevertragsrechts auf Grund der EG-Pauschalreise-Richtlinie sind bei uns inzwischen gesetzlich geregelt. Ich glaube, insgesamt konnte hierbei ein fairer Interessenausgleich zwischen den berechtigten Verbraucherinteressen und denen der Reiseveranstalter gefunden werden.
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Zusammenfassend stelle ich fest: Die deutsche Tourismuswirtschaft kann sicherlich optimistisch in die Zukunft blicken. Sie muß aber große Anstrengungen unternehmen, um in dem sich weltweit verschärfenden Kampf um den Touristen als Kunden bestehen zu können.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
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Als nächste spricht die Kollegin Susanne Kastner.
Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Liebe Kolleginnen! Eine Tourismusdebatte am Freitagmorgen zu Beginn der 13. Legislaturperiode und dann auch noch um 10 Uhr zeigt,
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daß die Bedeutung, die der Tourismus in den letzten Jahren gewonnen hat, zugenommen hat.
Mir ist klar, daß dies nicht allen Kollegen und Kolleginnen in dem Hohen Hause so bewußt ist. Um so mehr freue ich mich, daß heute doch relativ viele Kollegen und Kolleginnen dieser Debatte zuhören.
Es ist nämlich so, daß die Zahl der Beschäftigten in der Tourismusbranche inzwischen bei über 2 Millionen liegt. Sie rangiert damit vor der Beschäftigtenzahl in der Land- und Forstwirtschaft oder der Chemieindustrie. Deshalb begrüße ich es ausdrücklich, daß hier ein sichtbares Zeichen gesetzt wird. Die Tourismusbranche wird dies aufmerksam zur Kenntnis nehmen. Aus diesem Grund will ich zu Beginn einige Grundsätze darlegen.
Es ist so, daß der Bereich Tourismus und Fremdenverkehr unsere Bürgerinnen und Bürger ganz unmittelbar betrifft. Man darf den Fremdenverkehr nicht allein auf Zahlen reduzieren; denn Erholung, Entspannung, Freizeitgestaltung und Urlaub spielen eine der wichtigsten Rollen im Leben der Menschen. Das wird in diesem Hause niemand bestreiten, es sei denn, man stimmt der Vorstellung des Bundeskanzlers vom Freizeitpark Deutschland zu. Aber das werden wir ja wohl nicht tun.
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In einer rein freien Marktwirtschaft, wie einige Kollegen auch hier im Hause sie propagieren, wird man geneigt sein, die Entwicklung im Fremdenverkehr dem freien Spiel der Kräfte zu überlassen. Politisches Ziel für eine dauerhafte Entwicklung des Tourismus ist aber, die Grundbedürfnisse der Gegenwart zu befriedigen, ohne die Lebensgrundlagen zukünftiger Generationen zu gefährden. Eine attraktive Region und begehrte touristische Ziele können dieses freie Spiel der Kräfte durchaus erfolgreich tragen. Aber eine zukunftsorientierte und damit erfolgreiche Fremdenverkehrspolitik ist mehr als nur die Organisation des Gästebetriebs und die Lenkung des Fremdenverkehrs. Sie muß um ein Gleichgewicht zwischen Ökonomie und Ökologie bemüht sein.
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In kaum einem anderen Politikbereich ist der sensible Gestaltungswille so sehr die Grundlage eines erfolgreichen Wirtschaftens. Herr Staatssekretär, ich hätte mir eigentlich gewünscht, daß Sie in Ihrer Einführungsrede etwas dezidierter darauf eingegangen wären.
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Der Tourismus handelt mit einem Gut, welches sich nicht beliebig dem Wertewandel in der Gesellschaft unterordnen läßt. Wer dies begriffen hat, wird sich in der Tourismuspolitik von einer rein marktwirtschaftlichen Lehre schnell verabschieden müssen.
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Der Stellenwert, den wir auch im Deutschen Bundestag dem Tourismus daher einräumen, gestaltet das Bild von Deutschland maßgeblich mit. Es bedarf einer Gesamtkonzeption für einen sozial verantwortlichen, umweltverträglichen und langfristig wirtschaftlich tragfähigen Tourismus. Wenn allein Geld und Umsatz im Vordergrund stehen, dann werden die Regionen ihren individuellen Reiz zwangsläufig verlieren; denn mit steigender Reiseintensität sind hohe Umweltbelastungen und oftmals negative Auswirkungen auf die Kultur und das soziale Umfeld der einheimischen Bevölkerung sowie unattraktive Arbeitsbedingungen verbunden. Gerade bei der Erstellung von Ferienzentren und Freizeitparks muß es zu einer Einbindung in die umliegende, oft ökologisch wertvolle Landschaft kommen.
Das Interesse an einer ausgeglichenen Zielsetzung im Fremdenverkehr läßt in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit deutlich nach. Das ist ein Fehler. Für uns gibt es deshalb zwei unverrückbare Eckpunkte:
Erstens. Der Ausgleich mit der Natur ist die Lebensgrundlage für eine ertragreiche Zukunft.
Zweitens. Eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik beweist sich nicht nur in den sogenannten Schlüsselindustrien.
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Der Bereich Tourismus und Fremdenverkehr bildet für viele Regionen eine große Chance, Arbeitslosigkeit abzubauen. Dabei wird aber wie in keinem anderen Industriezweig von den betroffenen Menschen eine hohe Flexibilität verlangt. Auf diese Situation, liebe Kollegen und Kolleginnen, wird mein Kollege Jann-Peter Janssen anschließend genauer eingehen. Lassen Sie mich deshalb zu dem Bericht der Bundesregierung über die Entwicklung des Tourismus kommen, den wir heute diskutieren.
Ein erschreckendes Defizit zeigt der Bericht der Bundesregierung bei der Risikobereitschaft zur Finanzierung von Tourismuseinrichtungen. Dies gilt in besonderem Maße für die neuen Bundesländer. Wir haben am Mittwoch die tourismuspolitischen Haushaltsansätze im Ausschuß diskutiert. Sie wollen, Herr Staatssekretär, vom Wirtschaftsministerium gesteuert, das Eigenkapitalhilfeprogramm ersatzlos zum Ende dieses Jahres auslaufen lassen,
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obwohl Sie wissen, daß durch die verschleppte Privatisierung viele interessierte Investoren aus dem Osten erst in den nächsten Jahren investieren können und dieses Programm gerade dann besonders notwendig ist.
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Das führt dann zu einer Entwicklung, die mein Kollege Eberhard Brecht in exakt dieser Ausschußberatung wie folgt beschrieben hat: Die Arbeitgeber kommen aus dem Westen, die Arbeitnehmer aus dem Osten.
Dabei hätte die Bundesregierung bei der Angleichung der Lebensbedingungen in den neuen Landern an unsere westdeutsche Realität eine einmalige Chance gehabt, nämlich dem Fremdenverkehr eine ihm gebührende Stellung in dein Spannungsfeld zwischen intakter Umwelt und sicheren Arbeitsplätzen zu geben.
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Daß Ihre Treuhandpolitik in dieser Frage völlig falsch war, ist wohl unumstritten. Ihre Devise war die Privatisierung um jeden Preis. Dies hat sich als eklatanter Fehler herausgestellt.
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Das gibt die Bundesregierung in ihrem Bericht denn auch zu, wenn sie davon spricht - ich zitiere -, „daß die Klärung der Restitutionsansprüche und die Suche nach geeigneten Interessenten sowie die Erarbeitung einheitlicher Standardpunkte einen schnellen Verwertungsprozeß behindert haben".
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Sich dabei mit dem Verkauf von 28 Interhotels oder der erfolgreichen Privatisierung der „Travel"-Hotelkette zu brüsten ist für mich persönlich mehr als mager. Wer sich einmal intensiv mit den Problemen z. B. der Ostseebäder in Mecklenburg-Vorpommern beschäftigt hat - unsere Arbeitsgruppe hat das bei Besuchen gemacht -, mit ihren Problemen, trotz großer Nachfrage ganze Gebäudekomplexe Leerstehen zu haben, weil die Eigentumsfrage immer noch nicht geklärt ist, der weiß, wovon ich rede.
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Die SPD hat deshalb im Februar 1993 ihre Zielsetzung für eine aktive Tourismuspolitik in den neuen Ländern vorgelegt. Wir wollten ein langfristiges Zukunftsinvestitionsprogramm und eine ökologische Modernisierung für den Infrastrukturaufbau durchsetzen, statt Arbeitslosigkeit hinzunehmen. Dieses hätte in den Förderkriterien festgeschrieben werden müssen. Als das wichtigste Instrument haben wir damals die Wiedereinführung der Investitionspauschale gefordert, die den Kommunen den nötigen Handlungsspielraum gegeben hätte, umfassende Infrastruktureinrichtungen für den Fremdenverkehr zu schaffen.
Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Regierung, haben es sich da viel zu leicht gemacht. Sie haben sich an dem Fleiß der Menschen, an ihrem Interesse für die eigene Region und auch an ihrem Stolz versündigt. Hier liegt eine der Ursachen für die Verständnislosigkeit von Ost und West, dir wir so oft beklagen. Die Menschen im Osten haben nämlich von der Bundesregierung leidvoll erfahren, daß ihre Heimat allein unter dem Vermarktungsaspekt bewertet wurde.
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Nun reden Sie in Ihrem Bericht davon, daß es Aufgabe wäre, das touristische Angebot insgesamt gegenüber westlichen und internationalen Angeboten konkurrenzfähiger zu machen, und zweitens reden Sie davon, die Marktstellung der ostdeutschen Existenzgründer nach der Phase der Privatisierung zu festigen, und drittens davon, die Lebensqualität der einheimischen Bevölkerung zu steigern, um damit auch einen Beitrag zur Stabilität der Arbeitsmärkte zu leisten. Wenn man dagegen Ihre mehr als dürftigen Haushaltsansätze bzw. Ihre politischen Entscheidungen hier im Deutschen Bundestag gegen die Stärkung der Inlandskaufkraft sieht, dann kann ich
nur feststellen: Die Botschaft les' ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.
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Einen Punkt möchte ich noch ansprechen: Ich begrüße es ausdrücklich, daß die Bundesregierung in ihrem Bericht
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- nun lobe ich einmal die Bundesregierung, Herr Feldmann; hören Sie doch einmal zu ({15})
die Erhaltung von Umwelt, Natur und Landschaft als Grundlage des Tourismus herausstellt.
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Wir stehen nun einmal gerade im Fremdenverkehr vor dem Dilemma, daß die Erschließung und Nutzung der Natur die Natur selbst zerstören kann. Die Grenzen der Erschließung müssen deshalb in der politischen Debatte sehr deutlich formuliert werden. Wir müssen gemeinsam das Bewußtsein dafür stärken, daß im Bereich des Tourismus der Stellenwert der Natur den wirtschaftlichen Zielen vorangestellt wird. Wir alle kennen genügend Beispiele dafür, daß die reinen Wirtschaftsinteressen den Tourismus geschädigt haben, und dafür brauchen wir überhaupt nicht nach Spanien oder Italien zu schauen.
Herr Staatssekretär, nun hätte ich als Leserin Ihres Berichtes erwartet, etwas darüber zu lesen, wie Sie die vorzunehmenden Verschiebungen in der Fremdenverkehrspolitik zugunsten der Umweltverträglichkeit denn umsetzen wollen, welche Schwerpunktkriterien die Bundesregierung in dieser Frage überhaupt aufstellt.
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Dies müßte sich doch z. B. auch in Ihren Haushaltsansätzen niederschlagen. Sie konnten mir aber bei den ersten Beratungen keine Antwort darauf geben, wie diese von Ihnen so nett formulierten Ziele bei der Mittelvergabe z. B. der Gemeinschaftsaufgabe der regionalen Wirtschaftsförderung Berücksichtigung finden sollten.
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Das, was wir in Ihrem Bericht unter Punkt III.5 zur Erhaltung von Umwelt, Natur und Landschaft als Grundlage des Tourismus lesen können, ist nun wirklich außerordentlich dünn. Ein allgemeines Bekenntnis kann das beschriebene Spannnungsfeld überhaupt nicht auflösen. Die Bundesregierung hat weder den Dreiwegekatalysator noch das Bundes-Immissionsschutzgesetz allein für den Tourismusstandort Deutschland eingeführt. Das sind Regelungen, die sicher auch dem Fremdenverkehr zugute kommen, weil sie richtig sind.
Gleichzeitig verhindert aber gerade das federführende Wirtschaftsministerium nur allzugerne die Verbesserung von Umweltgesetzen, die dem Fremdenverkehr dienlich wären.
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Ich nenne als Beispiel die Diskussion um pestizidfreies Trinkwasser oder das Bundesnaturschutzgesetz.
Deshalb bleiben wir doch bitte alle auf dem Teppich. Das, was sich in einer Statistik als erfolgreiche Wirtschaftspolitik vermarkten läßt, hat die Bundesregierung auch im Rahmen ihrer Kompetenzen im Fremdenverkehr unterstützt. In dem komplizierten Geflecht der Fremdenverkehrspolitik reicht das aber bei weitem nicht mehr aus.
Sie hätten weitgehende umweltpolitische Ziele und Standards für die Fremdenverkehrszentren setzen müssen und die daraus resultierende höhere Belastung der Wirtschaft flankieren müssen. Sie hätten Existenzgründungen mit zukunftsweisenden neuen Tourismusansätzen gesondert fördern müssen und die Koordination - Herr Feldmann, da gebe ich Ihnen recht, das ist auch eine Aufgabe des Wirtschaftsministeriums - zwischen der Fremdenverkehrspolitik in Bund und Ländern intensivieren müssen.
Ich könnte gerade an meinem Fachgebiet, dem Gewässerschutz, diese Diskussion gezielt festmachen. Sie schreiben in Ihrem Bericht, daß die Sanierung der Gewässer ein vorrangiges Ziel der Bundesregierung ist, und führen weiter aus, was Sie in den alten Bundesländern an Geld investiert haben.
Im Hinblick auf die neuen Länder und die sich in diesem Bereich abzeichnenden enormen Gebührenbelastungen für die Bürger schreiben Sie lediglich - jetzt hören Sie zu -, daß es einer nationalen Solidaritätsaktion bedarf. Hier, in der politischen Wirklichkeit des Parlaments, verweigern Sie sich bei allen Gesetzentwürfen gerade diesen nationalen Solidaritätsaktionen.
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Die Wasser- und Abwassergebühren z. B. belasten das sehr wasserintensive Hotel- und Gaststättengewerbe in ungeheurem Ausmaß. Wo bleiben da bitte Ihre Solidaritätsaktionen? Allein an diesem Beispiel kann man festmachen, wie der Anspruch dieses Berichts und die Wirklichkeit in der täglichen Praxis vor Ort bei Ihnen auseinanderklaffen.
Für die SPD-Fraktion, die sich im Ausschuß besonders für das barrierefreie Reisen eingesetzt hat, bedanke ich mich für die korrekte Situationsbeschreibung der Reisemöglichkeiten von Behinderten. Nur ein bißchen mehr Engagement, Herr Staatssekretär, hätte ich mir auch da gewünscht.
Ich muß Ihnen sagen: Viele Kommunen sind da schon viel weiter als die Bundesregierung in ihrem Bericht. Sie könnten hier unterstützend tätig werden, indem Sie z. B. ein Konzept „barrierefreier Urlaub" in einer Region fördern oder die Sicherstellung des freien Zugangs für mobilitätsbehinderte Menschen zu den in Bundeshand befindlichen Sehenswürdigkeiten, öffentlichen Gebäuden und kulturellen Einrichtungen gewährleisten würden.
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Ich hätte mir gewünscht, daß der Tourismusbericht der Bundesregierung nicht nur mit in der Zielsetzung auch richtigen Sprechblasen gefüllt wäre. So, wie der Tourismusbericht vor uns liegt - das kann ich Ihnen, Herr Staatssekretär, nicht ersparen -, liest er sich doch eher wie die Bastelanleitung eines Experimentierkastens, und zwar unter dem Motto: Schauen wir mal!
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In der Fremdenverkehrspolitik brauchen wir aber Selbstbewußtsein und ein Bekenntnis zu den schönsten Regionen und Orten in Deutschland und in der Welt.
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Wir in der SPD-Fraktion haben unsere Zielsetzung für einen erholsamen, sozial verantwortlichen, umweltverträglichen und marktwirtschaftlich erfolgreichen Tourismus in unseren tourismuspolitischen Leitlinien klar formuliert. Sie sind mit den Verantwortlichen und den Betroffenen in den Verbänden abgestimmt. Es wäre gut, wenn die Regierungskoalition darin einmal intensiver lesen würde, damit wir endlich vom Reden zum Handeln kommen.
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Im Tourismus bestehen gute Voraussetzungen, soziale und ökologische Aspekte mit erfolgreichem Unternehmertum zu verbinden und so bei der ökologischen Modernisierung der Industriegesellschaft eine Vorbildfunktion einzunehmen.
Das schrieb mein Vorgänger Carl Ewen im letzten Jahr. Wir wollen jetzt an die Umsetzung gehen.
Ich danke Ihnen.
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Als nächster hat der Kollege Olderog das Wort.
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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Bundestag hat erneut einen Ausschuß für Fremdenverkehr und Tourismus eingerichtet. Wenn wir vielleicht die erste Legislaturperiode des Tourismusausschusses als eine Art Testlauf verstehen konnten, so hat jetzt der Tourismus in Bonn auf dem Felde der Bundespolitik wohl endgültig den Durchbruch geschafft.
Meine Damen und Herren, meine Fraktion begrüßt die Vorlage des Tourismusberichts der Bundesregierung. Ich möchte ausdrücklich die Leistungen der Bundesregierung für den Fremdenverkehr würdigen, insbesondere auch, Herr Staatssekretär, die Leistungen beim Aufbau Ost. Dazu wird noch Stellung genommen werden.
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Für uns ist der Bericht eine ausgezeichnete Grundlage für unsere parlamentarische Arbeit und auch für die Fremdenverkehrswirtschaft. Er enthält neben dem Bericht über die Entwicklung und die heutige Situation für viele verschiedene Tourismusfelder insbesondere auch eine Fülle konzeptioneller und programmatischer Zielvorgaben - auch wenn sie nicht so deutlich herausgearbeitet worden sind, wie man sich das vielleicht wünschen könnte.
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- Ich habe mir das alles angestrichen; es sind sehr, sehr viele Stellen.
Ich danke ganz herzlich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Wirtschaftsministeriums. Bei äußerst knapper personeller Besetzung der Fremdenverkehrsreferate, der Tourismusreferate, wird von ihnen oft Schwerarbeit verlangt.
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- Sie, lieber Herr Fischer, haben davon leider keine Ahnung. Deswegen machen Sie so ironische Zwischenrufe.
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Meine Damen und Herren, der Tourismusbericht unterstreicht das Gewicht dieser Branche. Er wird auch in Zukunft die Wachstumsbranche Nummer 1 auf der Welt bleiben.
Ich will die Zahlen über Wertschöpfungsanteil und über Arbeitsplätze nicht wiederholen. Ich möchte nur darauf hinweisen: Der Anteil des Tourismus an der Wertschöpfung entspricht dem der deutschen Automobilindustrie. Nur, der Tourismus schafft dreimal so viele Arbeitsplätze wie die Automobilindustrie.
Auch die politische Bedeutung des Tourismus nimmt zu. Für die Mehrheit der Bürger in den alten Bundesländern hat der Bereich Urlaub, Reisen und
Freizeit bereits heute eine wichtigere Bedeutung als der Bereich Arbeit und Beruf.
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Die Werteverschiebung hat Bedeutung für die Politik: Unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger gewinnen zunehmend stärker ihre Wertmaßstäbe für Wohlbefinden und Lebensqualität aus dem Bereich der Freizeit. Aus ihm gewinnen sie maßgeblich Erfahrungen und Haltungen auch für ihre Einstellung zu Beruf und Politik. Dazu habe ich bereits in der Haushaltsdebatte am 16. Dezember kurz Stellung nehmen können.
Meine Damen und Herren, wir Tourismuspolitiker vertreten nicht nur die Interessen unserer Wahlkreise. Unsere Verantwortung erfaßt natürlich alle Bereiche der Tourismuspolitik, alle Bereiche von Urlaub, Reisen und Freizeit. Ich nenne nur wenige Stichworte: touristischer Aufbau in den neuen Bundesländern, Verbraucherschutz im In- und Ausland, Hilfen für Reisebüros und Reiseveranstalter, angesichts eines dramatischen Konzentrationsprozesses insbesondere für kleine und mittlere Betriebe,
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die Bekämpfung der Schattenseiten des Ferntourismus. insbesondere der Prostitution und Kinderprostitution,
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die Förderung von neuen Formen eines umweltfreundlichen Tourismus, die konsequente Durchsetzung des Subsidiaritätsprinzips in der europäischen Tourismuspolitik und schließlich die Förderung von Urlaubsmöglichkeiten - das haben auch Sie angesprochen. Frau Kastner - für Behinderte, kinderreiche Familien und sozial Schwache.
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Meine Damen und Herren, ich möchte mich jetzt gerne ausführlicher einem Thema zuwenden, das zunehmend an Aktualität gewinnt: Wie können wir die Angebote für Reisen und Urlaub in Deutschland international wieder wettbewerbsfähiger machen? Immer mehr Deutsche machen ihren Urlaub im Ausland. Gut zwei Drittel der längeren Reisen gehen über die Grenzen. Das schafft verständlicherweise Probleme.
Das Leistungsbilanzdefizit Deutschlands ist 1994 auf 70 Milliarden DM angestiegen. Mit 50 Milliarden DM schlägt das Reiseverkehrsdefizit zu Buche. Deutsche Touristen haben im Ausland 67 Milliarden DM ausgegeben, Ausländer in Deutschland hingegen nur 17 Milliarden DM.
Manche westdeutschen Urlaubsgebiete und touristischen Städte haben bereits 1993 und zum Teil 1994 erneut schmerzliche Einbußen hinnehmen müssen. Mit einer Verlagerung der Touristenströme innerhalb Deutschlands von West nach Ost allein ist das nicht zu erklären.
Daher müssen wir uns sehr rasch folgender Frage zuwenden: Wo liegen die Schwachpunkte des Fremdenverkehrsangebots in Deutschland? Deutschland ist doch mit seinen herrlichen Landschaften, mit seinen touristischen Städten und auch mit seinem herausragenden kulturellen Angebot ein attraktives Reise- und Urlaubsland.
Die zentrale Ursache ist diese: Deutschland verkauft sich zu schlecht. Wir sind in weiten Bereichen einfach nicht professionell genug.
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Immer wieder mangelt es in vielen Bereichen an der gebotenen Kooperation. Werbung und Marketing für Urlaub in Deutschland sind den massiven und professionellen Werbekampagnen der großen Reiseveranstalter, wie etwa TUI und NUR, leider eindeutig unterlegen. Häufig fehlt es insbesondere im mittelständischen Bereich an markt- und betriebswirtschaftlichem Denken. Aus- und Fortbildung lassen immer noch zu wünschen übrig.
Was ist zu tun? Damit der Fremdenverkehr im Hochlohnland Deutschland dem internationalen Wettbewerb standhält, muß Deutschland im gastgewerblichen Angebot und in der Infrastruktur Spitze sein. Wir müssen die Aus- und Fortbildung der Mitarbeiter und - ich betone - auch der Chefs noch weiter verbessern.
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Wir müssen in Werbung und Marketing endlich so schlagkräftig, zielgerichtet und intensiv arbeiten, wie uns das die großen Reiseveranstalter seit Jahren schon vorführen.
Wann endlich schafft es die Fremdenverkehrswirtschaft, zu einer zentralen und konzentrierten Dachwerbung für Urlaub in Deutschland zu kommen? Wann endlich schafft es die deutsche Fremdenverkehrswirtschaft, das seit Jahren angekündigte Projekt eines flächendeckenden Informations- und Reservierungssystems für Deutschland zu realisieren?
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Urlaub in Deutschland muß endlich genauso leicht zu buchen sein wie Urlaub im Ausland.
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Wann endlich tritt in Deutschland an die Stelle von Zersplitterung und allzu häufigem Kirchturmsdenken eine Bündelung aller Kräfte, bei allen Beteiligten die notwendige Kooperation?
Meine Damen und Herren, das sind ganz überwiegend Aufgaben der Fremdenverkehrswirtschaft. Aber wir Tourismuspolitiker des Bundestages werden alles tun, nicht nur immer wieder eindringlich zu mahnen, sondern auch jede uns mögliche Hilfe zu geben.
Herzlichen Dank.
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Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 16. Sitzung. Bonn, Freitag den 27. Januar 1995 1029
Als nächste spricht die Kollegin Saibold.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir debattieren heute über einen Bericht der Bundesregierung, dessen Grundlage die tourismuspolitischen Zielsetzungen aus dem Jahre 1975 sind. Dies ist ein Indiz dafür, welchen Stellenwert die Tourismuspolitik innerhalb der Bundesregierung besitzt. Ein weiteres Indiz war ja auch die „engagierte" Rede des Parlamentarischen Staatssekretärs. Dabei rangiert der Wirtschaftsbereich Tourismus laut Angaben der Bundesregierung inzwischen vor der chemischen Industrie und ist gleichzusetzen mit dem Maschinenbau und der Automobilindustrie.
Es gibt jedoch einen ganz großen Unterschied: Im Gegensatz zu diesen Wirtschaftsbereichen ist der Tourismus abhängig von lebendigen Systemen, d. h. von einer intakten Landschaft und natürlich von Menschen, sei es in Form von Touristinnen und Touristen oder aber auch von den in der Tourismuswirtschaft tätigen Personen. Darüber hinaus ist er von der Kultur und insbesondere auch vom Wohlwollen der einheimischen Bevölkerung abhängig. Dieser speziellen Situation ist auch politisch Rechnung zu tragen, z. B. durch regionale Umwelt- und Sozialverträglichkeitsprüfungen.
Da durch den Tourismus nicht nur eine Steigerung des Bruttosozialprodukts zu erreichen ist, sondern auch viele volkswirtschaftliche und ökologische Schäden entstehen, ist endlich ein neues Tourismuskonzept fällig.
({0})
Als ich nach vier Jahren wieder in den Bundestag gekommen bin
({1})
- danke für den Beifall -, habe ich in den Papieren und Programmen ein Wachstum in bezug auf den grünen Wortschatz feststellen können, und auch viele grüne Ideen sind übernommen worden,
({2}) was natürlich sehr erfreulich ist.
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Im Gegensatz zu den Regierungsparteien und insbesondere zur F.D.P. sehen wir in dem von uns geforderten umwelt- und sozialverantwortlichen Tourismus nicht nur eine Marktnische, mit der man eine neue Klientel gewinnen kann. Unser Ziel ist es, den gesamten Tourismusbereich unter ökologisch und
sozial verantwortliche Kriterien zu stellen. Nur wenn dies gelingt, ist es möglich, auch in der Zukunft eine langfristige Sicherheit für den Tourismus zu haben. Ich möchte nämlich gerne, daß auch meine Enkel und Urenkel noch verreisen können, um fremde Kulturen kennenzulernen und in der Natur Erholung und Erbauung zu finden.
({4})
- Ich hoffe ja auch, wir werden hier gut zusammenarbeiten.
Deshalb kann es nicht nur um weitere kurzfristige Umsatzsteigerungen einzelner touristischer Wirtschaftszweige gehen; vielmehr sind endlich ein Umdenken und ein Umhandeln erforderlich.
Angesichts des Ozonlochs und auch der Klimakatastrophe werden wir alle hier im Parlament und außerhalb des Parlaments nicht darum herumkommen, uns zu fragen: Wie weit und vor allen Dingen wie oft müssen bzw. können wir denn noch in den Urlaub fahren oder gar fliegen?
({5})
Gerade der Trend zu Flugreisen steigt enorm und wird durch günstigste Angebote angeheizt. Es ist heute billiger, den Urlaub auf den Kanarischen Inseln statt an der Nordsee oder im Bayerischen Wald zu verbringen.
({6})
- Ich fahre auch gerne zu Ihnen.
Millionen von Menschen sind das ganze Jahr unterwegs, legen Tausende von Kilometern zurück, verbrauchen Unmengen an Energie und belasten durch diese Mobilität Klima und Atmosphäre. Dies ist nur möglich, weil die Preise nicht die ökologische Wahrheit ausdrücken.
({7})
Die Politiker der Regierungsparteien beklagen gemeinsam mit den Fremdenverkehrsverbänden den Rückgang der Übernachtungszahlen in der Bundesrepublik. Wenn es jedoch darum geht, die staatliche Subventionierung des Flugverkehrs abzubauen und z. B. endlich einmal eine Kerosinbesteuerung einzuführen,
({8})
dann verschließen sie aus Rücksicht auf die Interessen der Fluggesellschaften und der großen Reiseveranstalter beide Ohren.
({9})
Wer den Tourismus auch in den nächsten 20 und weiteren Jahren ermöglichen will, der muß heute für eine ökologische Steuerreform eintreten.
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Es ist immer wieder die Rede vom Erhalt des Wirtschaftsstandortes Deutschland; wir haben es ja auch heute gehört. Mit Rücksicht auf alle möglichen Wirtschaftsbereiche wird versucht, die Umweltstandards zu senken sowie Kürzungen im Sozialbereich und auch bei den Einkommen zu erreichen. Auf den Wirtschaftsbereich Tourismus wird dabei allerdings wenig Rücksicht genommen. Die Lockerungen, z. B. beim Abwasserabgabengesetz, wirken sich auf die Badegewässerqualität von Flüssen und Seen aus und sind über kurz oder lang auch in der Nordsee und der Ostsee bemerkbar. Sie senken dort die Wasserqualität und damit auch die Besucherzahlen. Im Nationalpark Wattenmeer in Schleswig-Holstein wurde einem Unternehmen die Erdölförderung erlaubt, und die Bundeswehr betreibt darin ihre wehrtechnischen Experimente. Neue Müllverbrennungsanlagen oder die Ausweitung von Tieffluggebieten beeinträchtigen in gravierendem Maße die Attraktivität und die Erholungsmöglichkeiten in ländlichen Regionen.
({11})
Welchen Einfluß auf den Tourismus das politische Klima in unserem Lande hat, wurde besonders deutlich an Hand der rechtsextremen Ausschreitungen. Ein Land, in dem Ausländerfeindlichkeit herrscht, bietet wenig Anreiz für Besucher aus anderen Ländern. Der Rückgang z. B. der Zahl der Touristen aus den USA war deutlich spürbar.
({12})
Da helfen dann auch keine Werbekampagnen mit Neuschwanstein.
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Mit diesen Beispielen will ich verdeutlichen, daß Tourismuspolitik mehr umfassen muß als nur die wirtschaftliche Unterstützung für einzelne Fremdenverkehrsgebiete.
Um die Vernetztheit mit anderen Politikbereichen aufzuzeigen, möchte ich noch ein Beispiel anführen. Etwa die Hälfte der durch Autos verursachten Luftverschmutzung geht auf das Konto des Freizeit- und Urlaubsverkehrs. Ein Großteil dieser Schadstoffemissionen belastet gleichzeitig die Freizeit- und Feriengebiete nachhaltig. Hier zeigt sich die verkehrte Politik der letzten Jahrzehnte, in denen unter Infrastrukturmaßnahmen immer nur der Ausbau von Straßen und die Förderung des Individualverkehrs gesehen wurde.
Gerade in den Urlaubsgebieten, wie z. B. in der ostbayerischen Region, baut die Bahn die vorhandenen Strecken immer noch weiter rigoros ab, und die Fahrpläne werden vollkommen unattraktiv gestaltet.
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Dabei sind genau dort neue Chancen für Schiene und Bus vorhanden, die endlich zum Vorteil von allen genutzt werden müssen.
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- Ich habe es doch gerade erlebt. Durch die Privatisierung geht es bei uns noch stärker in den Keller.
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Die Ausweisung von weiteren Nationalparks in den neuen Bundesländern - ich denke z. B. an den Oderbruch oder an eine vernünftige Ausweitung des Nationalparks Sächsische Schweiz - könnte sehr wohl zu einer guten touristischen Entwicklung beitragen. Der Nationalpark Bayerischer Wald, der heuer 'sein 25jähriges Jubiläum feiert, kann hier als Musterbeispiel dienen. Auch damals gab es große Probleme bei der Ausweisung, doch mittlerweile hat sich herausgestellt, daß dort das Kunststück gelungen ist, Naturschutz und Tourismus zusammenzubringen. Die gesamte Region weit um den Nationalpark herum hat eine große wirtschaftliche Stärkung erfahren, weil der Nationalpark eine starke Anziehungskraft für Besucher aus allen Teilen der Bundesrepublik und darüber hinaus besitzt.
Frau Saibold, trotz Auslobung des bayerischen Waldes ist Ihre Redezeit überschritten.
Ich möchte noch ein Letztes anfügen. Ich möchte darauf hinweisen, daß aus dem vorliegenden Bericht ganz deutlich hervorgeht, daß die Bundesregierung im Bereich Tourismus eine Flickschusterei betreibt. Viele Ministerien engagieren sich konzeptionslos in irgendwelchen Bereichen.
Wir fordern die Bundesregierung auf, endlich eine vernünftige, ganzheitliche Tourismuskonzeption vorzulegen, die den Weg für eine nachhaltige Entwicklung aufzeigt. Vor allen Dingen brauchen wir eine ständige interministerielle Koordinationsstelle, damit in der weiteren Tourismuspolitik ein roter Faden sichtbar wird und die Aktivitäten der verschiedensten Ebenen bis hin zur EU und zu den Ländern abgestimmt werden.
Wir werden dazu beitragen, daß hier eine vernünftige Entwicklung vorankommt und werden demnächst ein Bündel von Maßnahmen vorlegen. Ich hoffe sehr auf eine gute Zusammenarbeit und Unterstützung in diesem Bereich.
Danke.
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Herr Kollege Brähmig hat das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die heutige Debatte zum Bericht der Bundesregierung über die Entwicklung des Tourismus im geeinten Deutschland ermöglicht eine Zäsur der seit 1990 geleisteten Arbeit. Ich möchte mich in meinem Beitrag auf die Situation in den fünf neuen Bundesländern beschränken, und dieses nicht nur als neutraler Beobachter, liebe Frau Kastner und liebe Frau Saibold, sondern als Verantwortlicher in vielfältigen Funktionen des sächsischen Fremdenverkehrs vor Ort.
Dem Tourismus eilt der immer wieder berechtigt publizierte Ruf voraus, weltweit die Wachstumsbranche Nummer eins zu sein. Bei einem Anteil von nunmehr 6 % an der wirtschaftlichen Wertschöpfung ist dies sicherlich auch richtig. Daher wurde naturgemäß auch bei uns nach der Wende Hoffnung in den Aufbau des Tourismus als Erwerbs-, Entwicklungs- und Wirtschaftsfaktor durch Politiker und Bevölkerung gesetzt. Der Umbau eines zentralistischen Urlaubssystems - vom FDGB verwaltet, gelenkt und geleitet - in ein marktwirtschaftlich orientiertes und im internationalen Wettbewerb stehendes System ist nach heutigen Erkenntnissen vollauf gelungen. Es konnte ein gutes Fundament für den Ausbau des Gesundheits-, Städte-, Seminar-, Kongreß-, Erholungs-
und Kulturtourismus in den nächsten Jahren geschaffen werden.
Dies zeigen nicht zuletzt Präsentationen bei nationalen und internationalen Messen, Herstellungen von Publikationen, die Infrastrukturentwicklung, wie beispielsweise die Modernisierung von Freibädern, Häusern des Gastes, Fahrrad- und Reitwege, aber auch die Einrichtung von Telefonanschlüssen als Grundvoraussetzung für ein Funktionieren gerade auch des Privatvermietungs- und Ferienwohnungsgeschäftes.
Die Gestaltung von touristischen Produkten, wie die Silberstraße im Freistaat Sachsen, die Klassikerstraße in Thüringen und die Straße der Romanik in Sachsen-Anhalt, können für eine gesunde Strukturentwicklung in diesem Zusammenhang genannt werden. Wir wurden dabei von den jeweiligen westlichen Partnerländern, den entsprechenden touristischen Bundesverbänden sowie selbstverständlich durch das Bundeswirtschaftsministerium großzügig unterstützt. Ich erlaube mir hier, all denen, die daran mitgewirkt haben, ein herzliches Dankeschön auszusprechen.
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Es wurde dabei nach Möglichkeit darauf geachtet, Fehlentwicklungen zu vermeiden und aus bereits im westlichen Teil Deutschlands gemachten Erfahrungen eine zielgenaue Förderung für Ostdeutschland vorzunehmen. Ich denke, angesichts der Aufbaustimmung ist uns dies in den neuen Bundesländern weitestgehend gelungen, wovon sich der Ausschuß
Fremdenverkehr und Tourismus in vielen Vorortbesuchen überzeugen konnte. Statistiken im gewerblichen Bereich können diese Aufbauleistung nur unterstreichen.
Sicherlich haben wir nach wie vor gegenüber den Altbundesländern ein niedrigeres Niveau. Die Zahlen aber sprechen für sich: Die Gästeübernachtungen im ersten Halbjahr 1994 sind gegenüber 1993 in Brandenburg um 38 %, in Sachsen-Anhalt um 29 %, in Thüringen um 20 % und in Mecklenburg-Vorpommern um 13 % gestiegen.
Während es leider in den alten Bundesländern in den letzten beiden Jahren Rückgänge bezüglich der Zahl der Gäste und Übernachtungen sowie der Umsätze in Gastronomie und Handel gegeben hat, steigen die entsprechenden Zahlen in den neuen Bundesländern stetig an, im Freistaat Sachsen beispielsweise gegenüber 1993 um fast 18 %, wobei die niedrige Ausgangsbasis und die regional großen Unterschiede selbstverständlich nach wie vor berücksichtigt werden müssen.
Frau Saibold, die Sächsische Schweiz ist ein sehr schöner Nationalpark. Allein in der Sächsischen Schweiz liegt die Fremdenverkehrsintensität bei sieben Übernachtungen pro Einwohner, im Vergleich dazu in der Landeshauptstadt Dresden bei 2,8.
Zu diesem guten Ergebnis tragen sicherlich auch die ca. 60 Kur- und Bäderorte bei, die sich, zu neuem Leben erweckt, vielerorts zum Revitalisierungsfaktor der Kommunen und Regionen entwickelt haben; so auch in meinem Bundestagswahlkreis.
Meine Damen und Herren, die Privatisierungen der Beherbergungseinrichtungen und Reisebüros durch die Treuhandanstalt sind inzwischen fast abgeschlossen. Neue Investitionen in Hotels, Freizeit- und Kulturbereiche sind hinzugekommen und haben neue Arbeitsplätze schaffen können. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ordnet sich. Leistungsfähige Tourismusverbände haben sich gebildet. Wie ich aus meinem Heimatland, dem Freistaat Sachsen, berichten kann, sind beispielsweise der sächsische Heilbäderverband, der Landesfremdenverkehrsverband und der sächsische Hotel- und Gaststättenverband anerkannte Partner in Deutschland.
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Letzteres wurde von den Teilnehmern der jüngsten DEHOGA-Bundesversammlung in Dresden eindrucksvoll bestätigt.
Die Bemühungen der Bundesregierung durch mittelstandsfreundliche Instrumentarien beim Aufbau und weiteren Ausbau des Fremdenverkehrs in den neuen Bundesländern sind seit 1990 vielfältig.
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Stellvertretend seien hier nur die Unterstützung durch das Deutsche Seminar für Fremdenverkehr mit seinen Bildungsangeboten, das Projekt „Deutsches Seminar für Städtebau und Wirtschaft", die ERP-Kreditprogramme mit einem Kreditvolumen von 4 Mil1032
liarden DM, das Eigenkapitalhilfeprogramm für den Beherbergungsbereich in Höhe von 2 Milliarden DM und für die Verpflegungsbetriebe in Höhe von 1,6 Milliarden DM,
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der Einsatz der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" sowie Programme aus den Bereichen Umwelt, Landwirtschaft und Soziales genannt. Diese Hilfe und Unterstützung wird auch weiterhin notwendig sein.
Der Tourismus und die Freizeitwirtschaft sind längst zu einer gesellschaftlichen Querschnittsaufgabe geworden. Städtebau, Ver- und Entsorgung, intelligentes Verkehrsmanagement, ökologische Landwirtschaft und Landschaftspflege sowie die daraus entstehenden Synergieeffekte für das mittelständische Handwerk und den Dienstleistungsbereich bringen erhebliche Beschäftigungseffekte weit über den eigentlichen Bereich des Fremdenverkehrs hinaus.
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- Ich denke, da stimmen Sie mir zu, Frau Kastner.
Auch profitiert von einer modernen touristischen Infrastruktur durch die Steigerung der Lebensqualität die einheimische Bevölkerung, was oftmals vergessen wird.
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Die Erfolgsbilanz kann sich sehen lassen. Natürlich gibt es aber noch keinen Grund zur Selbstzufriedenheit. Alle Landkreise und Kommunen in den neuen Bundesländern, die sich ihrer Verantwortung für diesen Wirtschaftszweig bewußt sind, rufe ich auf, auch weiterhin ihren Beitrag zu einer Stabilisierung und Entwicklung des Tourismus zu leisten. Tourismus sollte nicht länger nur als Freiwilligkeitsaufgabe angesehen werden, was sicherlich auf Grund der finanziellen Situation gerade bei uns in den neuen Ländern nicht immer leicht sein wird.
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Aber der Blick nach Bonn und in die Landeshauptstädte ist die eine Seite der Medaille, alle möglichen Reserven bei den Partnern und Leistungsträgern vor Ort aufzuspüren die andere. Innovative touristische Aktion, Produktgestaltung, Mitteleinsatz im Marketing und im Personalbereich, Einführung von Kommunikationssystemen, flächendeckende Tin-NormErfassung, Kooperation zwischen Fremdenverkehr und Gastgewerbe sowie enge Zusammenarbeit mit den böhmischen und polnischen Nachbarn und über Ressortgrenzen hinweg sind gefragt.
Nicht alle Rahmenbedingungen für Wachstum und Investoren im Bereich des Tourismus der öffentlichen Hand kosten auch gleich Geld, wobei das immer wieder aufkommende Thema „Kreditgewährung durch die Banken" viel zu kompliziert ist, um hier in wenigen Sätzen abgehandelt zu werden. Durch Phantasie, Durchsetzungvermögen und klare Entscheidung
der örtlichen und regionalen Verwaltungen kann relativ einfach dazu beigetragen werden, Investitionshemmnisse zu überwinden und Wachstumpotentiale weiterhin auszuschöpfen.
Die eigentliche Arbeit, meine sehr geehrten Damen und Herren, wird an der Basis geleistet. Es wird allerhöchste Zeit, aus der Phase der vielfältigen Konzeptionen herauszukommen, diese in touristische und ökologische Leitbilder für Fremdenverkehrsregionen nicht nur der neuen Bundesländer zu formulieren und in eine zielgerichtete Umsetzungsphase zu gehen.
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So wird der Tourismus seinen Beitrag zum gegenseitigen Verstehen der Menschen im geeinten Deutschland und im zu einenden Europa leisten.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
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Es spricht der Kollege Feldmann.
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Wasser im Büro, Sonne im Plenum - meine Damen und Herren, was will man mehr!
Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Während der Bundesgrenzschutz - wie vor 13 Monaten - mein Büro ausräumt, weil wieder einmal Rheinwasser „geflutet" wird, freue ich mich, daß ich hier im Trockenen, im Plenum des Deutschen Bundestages, den Bericht der Bundesregierung begrüßen darf.
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Frau Kastner, das ist ein guter Bericht. Ein Eigenkapitalhilfeprogramm, das Sie angemahnt haben, wird selbstverständlich weiterlaufen.
Ein besonderes Lob verdient das kleine Referat „Fremdenverkehr" im BMWi. Es hat bei großem Zeitdruck unter zeitgleicher Bearbeitung der Großen Anfrage zum Gastgewerbe einen Kraftakt vollbracht, und das alles auch noch von Berlin aus. Hier ist ein besonderes Lob fällig.
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Seit dem ersten Tourismusbericht 1975 hat die wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus enorm zugenommen. 1982, bei meiner Rede zum zweiten Tourismusbericht, konnte die Bundesregierung nicht einmal die Zahlen in bezug auf den Beitrag des Tourismus zum Bruttosozialprodukt schätzen, geschweige denn konkrete Zahlen nennen. Sie hat aber meiner Schätzung von 3 % nicht widersprochen. Heute, bei Vorlage dieses Tourismusberichts, haben wir fast 6% Anteil des Tourismus am Bruttosozialprodukt. Der
Tourismus ist wirtschaftlich ein Riese. Weltweit liegt sein Anteil nach WTO-Schätzungen sogar bei fast 10 %. Der Tourismus bleibt trotz wirtschaftlicher Rezession Wachstumsbranche.
Ich darf auf die arbeitsplatzintensive Dienstleistung hinweisen, die dem Tourismus zugrunde liegt. Deswegen hat der Tourismus bei uns einen besonderen Stellenwert. Die Zahl der Beschäftigten liegt höher als im Automobilbau.
Während aber die Industrie aus Kostengründen Produktionsstätten zunehmend ins Ausland verlagert - das sollten sich gerade die Sozialdemokraten merken -, und sei es nur ins nahe Ausland, z. B. nach Frankreich, muß das überwiegend mittelständisch strukturierte Gastgewerbe als ein sehr arbeitsintensives Dienstleistungsgewerbe seine Dienste im Hochlohnland Deutschland erbringen. Das Gastgewerbe kann nicht einfach auswandern. Um so höher ist seine Dienstleistung zu bewerten.
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- Es ist gut, wenn Sie das anerkennen. Sie sollten das bei der Tarif- und Lohnpolitik berücksichtigen.
Frau Kollegin Kastner, so wie Sie begrüßt auch die F.D.P., daß der Zielkatalog der Tourismuspolitik der Bundesregierung um die „Erhaltung von Umwelt, Natur und Landschaft als Grundlage des Tourismus" erweitert wurde. Eine intakte Umwelt ist das Grundkapital des Fremdenverkehrs.
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Frau Saibold, wir wissen schon lange, daß der Wirtschaftsfaktor Tourismus und der Umweltschutz zwei Seiten ein und derselben Medaille sind. Der Fremdenverkehrsausschuß - lassen Sie mich das in aller Deutlichkeit sagen - hat sich immer als Lobbyist der Umwelt verstanden.
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Die F.D.P. begrüßt das Umweltengagement der Reiseveranstalter und vor allem das 40-Punkte-Programm des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes. Dieser DEHOGA-Katalog hat Vorbildfunktion.
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Nicht Gebote und Verbote, sondern marktwirtschaftliche Anreize fördern das Umweltengagement der Betriebe. Wenn sich, meine Kolleginnen von der Opposition, Umweltschutz auch betriebswirtschaftlich rechnet, dann sind wir auf dem richtigen Weg.
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Wir freuen uns, daß der Bundeswettbewerb „Umweltfreundliche Fremdenverkehrsorte" unter der Trägerschaft des DFV nunmehr in Gang kommt. Hierzu hat, Frau Saibold, wiederum der Fremdenverkehrsausschuß mit seiner Anhörung vor einigen Jahren den entscheidenden Anstoß gegeben. Ich stimme mit der Bundesregierung überein, daß die Entwicklung eines Umweltgütesiegels in der Verantwortung der Tourismuswirtschaft erfolgen soll.
Zur Umsetzung der EU-Pauschalreiserichtlinie in deutsches Recht hat sich der Herr Staatssekretär schon geäußert. Ich begrüße die Feststellung der Bundesregierung, „daß für die nähere Zukunft kein weiterer Regelungsbedarf gesehen wird".
Erfreulicherweise hat sich inzwischen auch ein Wettbewerb der Insolvenzversicherer entwickelt. Die Befürchtung, daß sich ein Monopol bilden könnte, hat sich nicht bestätigt.
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Meine Damen und Herren, wir wollen keine EU-Tourismuspolitik. Deswegen begrüßen wir, daß - ich zitiere wieder - „sich die Bundesregierung mit Nachdruck gegen eine spezielle Gemeinschaftskompetenz für den Tourismus" ausspricht. Der Aussage, daß bei allen Gemeinschaftsaktivitäten auf die strikte Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips geachtet werden muß, ist nichts hinzuzufügen.
Im EG-Aktionsplan zur Förderung des Tourismus sind nur die Bemühungen um eine gemeinschaftliche Fremdenverkehrsstatistik, eine Entzerrung der Ferientermine und die gegenseitige Anerkennung der Aus- und Fortbildungszertifikate sinnvoll. Vordringlich ist natürlich eine EU-Steuerharmonisierung.
Abzulehnen ist eine Werbung für Europa in Drittländern. Wir brauchen keine europäische Tourismuszentrale. Erforderlich ist vielmehr eine europäische Tourismus-Charta, die gleiche Rechte für EU-Reisende in allen EU-Ländern sichert.
Zu den Rahmenbedingungen des Tourismus gehört auch eine verläßliche Tourismusstatistik. Der Bundesregierung ist zuzustimmen, daß - ich zitiere -„die Informationsbasis mangels amtlicher Statistiken höchst unvollkommen" ist. Hier ist dringender Handlungsbedarf gegeben.
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Ich kann die Bundesregierung nur bitten, keine Bürokratie zu installieren, aber für eine bessere Zahlengrundlage im Tourismus zu sorgen.
Ich darf zum Schluß anmerken - Frau Präsidentin, ich bedanke mich für den Hochwasser- oder Unterwasserzuschlag, den Sie mir zeitlich gesehen im Augenblick geben -: Wenn heute über die Viertagewoche diskutiert wird, muß auch über ein flexibles Wochenende - also entweder Samstag/Sonntag oder Sonntag/Montag - nachgedacht werden. Wir brauchen neben flexiblen Wochenenden auch die Flexibilisierung bei den Ferienzeiten, um die Überlastungen während der Hauptferien abzubauen.
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- Frau Kastner, vielleicht stimmen Sie mir ja sogar zu. Nur dann, wenn nicht alle zur selben Zeit am selben Ort ihr Freizeitvergnügen suchen, gewinnen alle: Gäste, Mitarbeiter und Umwelt.
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Damit wäre bereits ein wesentliches Ziel der Tourismuspolitik erreicht, nämlich zufriedene Menschen, Gäste und Mitarbeiter.
Vielen Dank.
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Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, wie immer ich es heute morgen bei der Reihenfolge der Redner gemacht hätte - wir können darüber im Ältestenrat sprechen -, es wären stets zwei Redner der Koalition hintereinander an die Reihe gekommen. Es gab eine entsprechende Vereinbarung. Nun sind Sie sechs Minuten später an der Reihe. Der Grund dafür war, es irgendwie auseinanderzuziehen.
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Hier waren zwei Absprachen getroffen worden; deswegen gab es ein Problem.
({1})
- Nun kann er um so besser auf den Redner der Koalition antworten.
({2})
Das Wort hat jetzt der Kollege Jann-Peter Janssen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu Beginn meiner Ausführungen möchte ich den Vorsitzenden der CDU/CSU-Fraktion, Herrn Kollegen Dr. Schäuble, zitieren, der im Juni 1994 anläßlich eines tourismuspolitischen Kongresses seiner Partei darauf hinwies, daß es der Tourismusbranche schwerfalle, Fachkräfte zu finden.
({0}) Er sagte:
Bis zu einem gewissen Grade ist es nachvollziehbar, daß - neben anderen Besonderheiten der Branche - insbesondere
- Herr Feldmann hat es gerade auch angesprochen die ungünstigen Arbeitszeiten abends und am Wochenende viele zögern läßt, sich in diesem Bereich um eine Arbeitsstelle zu bemühen.
({1})
Ich frage mich aber,
- so Dr. Schäuble weiter ob es sich unser Land auf Dauer leisten kann, unbequeme oder unangenehme Arbeiten nurmehr
durch ausländische Arbeitskräfte erledigen zu lassen.
({2})
- Wie recht er hat! Nur, es muß auch besser bezahlt werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, warum - nun will ich Ihnen die Frage beantworten, Herr Kollege von der CDU - werden Stellen in der Tourismusbranche nicht besetzt? Weil die Arbeitsplätze in dieser Branche in weitaus größerem Maße, als der Kollege Schäuble es erkannt hat, unattraktiv sind.
({3})
Es geht hier nicht nur um ungünstige Arbeitszeiten, nein, es geht hier auch um schlechte Bezahlung.
({4})
- Herr Feldmann, entschuldigen Sie bitte, es geht nicht darum, ob ich arbeiten will, wenn andere Ferien haben. Aber das Arbeitsverhältnis muß ein geregeltes sein, und das, was wir hier politisch nicht regeln können, wollen wir über die Tarifvertragsparteien machen.
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Es geht hier also nicht allein um schlechte Bezahlung, sondern es geht hier auch um nur befristete Arbeitsverträge.
({6})
Es geht weiter darum, daß die Bezahlung dieser Arbeitsplätze teilweise unterhalb des in Deutschland üblichen Niveaus liegt.
({7})
- Das ist nicht falsch. ({8})
Denn bereits die von der NGG auf Länderebene ausgehandelten Tarife sind bedauerlich niedrig.
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Unsere ausländischen Kolleginnen und Kollegen sind zudem oft bereit, diese Tarife noch zu unterschreiten, weil die Aufenthaltsgenehmigung, die vom Arbeitsplatz abhängig ist, die einzige „Bezahlung" für diese Menschen ist.
({10})
- Das kann ich Ihnen anschließend beantworten. Denn ich komme aus der Automobilindustrie, Herr Feldmann, das hat ganz andere Gründe.
({11})
Darum müssen wir darangehen, die Arbeitsplätze in der Fremdenverkehrsbranche arbeitnehmerfreundlicher zu gestalten. Das und nichts anderes ist die Aufgabe der Politik.
({12})
Wir müssen die Arbeitsbedingungen im Tourismus nachhaltig verbessern.
({13})
In unserem Fremdenverkehr - Sie haben es soeben schon zweimal gehört - erkennen wir einen Strukturwandel, ja, wir erkennen verstärkt Konzentrationsprozesse, und wir erkennen einen verstärkten internationalen, insbesondere europäischen Wettbewerb. Deshalb ist es wichtig, die kleineren und mittleren Unternehmen zu stärken und für sie politische Rahmenbedingungen zu schaffen, die es ihnen ermöglichen, im wirtschaftlichen Wettbewerb zu bestehen. Aber, wie gesagt, dies darf nicht auf dem Rücken der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geschehen.
({14})
Die Bundesregierung sagt in dem Bericht, den wir heute diskutieren, nichts bzw. nur wenig über vorbeugenden Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und Weiterbildung.
({15})
Die Bundesregierung hat die etwa 750 000 sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die im Wirtschaftsbereich Tourismus beschäftigt sind, wohl vergessen.
({16})
Sie geht zumindest ohne erkennbares sozialpolitisches Interesse über sie hinweg.
({17})
Daher wird sich die SPD-Bundestagsfraktion in dieser Wahlperiode verstärkt dafür einsetzen, der Debatte über die Situation und die Perspektiven der Beschäftigten in der Tourismusbranche einen höheren politischen Stellenwert zu verschaffen.
({18})
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Schauerte?
({0})
Es ist bei einer Jungfernrede nicht üblich, daß dem Redner gleich eine Zwischenfrage gestellt wird.
Das ist akzeptiert.
Denn die Arbeitsbedingungen und die Ausbildungsmöglichkeiten der Beschäftigten im Tourismussektor müssen verbessert werden. Die Attraktivität der Arbeitsplätze in der Tourismusbranche muß durch Verbesserungen bei Bezahlung und Arbeitszeitregelung, durch eine Neuordnung der Berufsausbildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten und durch die Schaffung von Dauerarbeitsplätzen erhöht werden. Das soziale Ansehen der Tourismusberufe muß insgesamt aufgewertet werden.
({0})
- Das kann ich Ihnen noch sagen.
Dazu gehören: erstens sichere Arbeitsplätze durch die Schaffung von Dauerarbeitsplätzen, z. B. durch Saisonausweitung und durch die Auslegung der Vertragsgestaltung auf die Jahresarbeitszeit; zweitens attraktive Arbeitsbedingungen durch die Verbesserung von Entlohnung, von Vertrags- und Arbeitszeitgestaltung durch tarif- oder einzelvertragliche Regelungen, durch Kooperation von mehreren Betrieben sowie durch die Schaffung eines Arbeitsschutzrechts „aus einem Guß" in einem Arbeitsschutzgesetzbuch, das dem Leitziel der Vorbeugung verpflichtet ist; drittens Qualifizierung.
Der Tourismus braucht ein zeitgemäßes Berufsausbildungsangebot mit einer breitangelegten Grundausbildung und mit Spezialisierungsmöglichkeiten.
({1})
- Herr Feldmann, darüber brauchen Sie mich nicht zu belehren.
Ein besonderes Anliegen ist die Verbesserung des Arbeitsschutzes.
Herr Kollege Janssen, um Sie gleich mit den Härten vertraut zu machen: Ihre Redezeit ist deutlich überschritten. Sie müssen zum Schluß kommen.
({0})
Dann komme ich zum Schluß, Herr Präsident.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt vieles zu verbessern. Denn es sind die Frauen und Männer, die im Fremdenverkehr das Bier zapfen, das Essen servieren und für saubere Zimmer sorgen. Sie sind es, die im Fremdenverkehr direkt und unmittelbar
Kontakt zum Kunden - sprich: zum Gast - haben, die für Hotels und Restaurants, für die gesamte Tourismusbranche Werbung machen. Darum habe ich die herzliche Bitte: Lassen Sie uns gemeinsam über die Fraktionen hinweg für den Tourismus noch mehr tun.
Recht herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
({0})
Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Gerd Müller.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Vertreter der CSU möchte ich am Ende der Tourismusdebatte einige Denkanstöße zum Themenbereich Tourismus, Umwelt und Zukunft geben.
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- Ja, hören Sie zu. Sie können von uns einiges lernen.
Die moderne Gesellschaft ist heute gekennzeichnet durch immer mehr Freizeit, steigende Einkommen und hohe Mobilität. Die Tourismusbranche hat sich sprunghaft entwickelt: 130 Millionen Beschäftigte weltweit, allein 2 Millionen in Deutschland. Herr Janssen, als ehemaliger Europaabgeordneter sage ich Ihnen: Nirgendwo in Europa und schon gar nicht in der Welt gibt es mehr an Arbeitsschutzauflagen als in Deutschland.
({1})
Wenn wir Ihren Forderungskatalog umsetzen, dann führt das dazu, daß Ihnen niemand mehr ein Schnitzel und ein Bier servieren wird. Das ist die Folge.
({2})
Ich komme aus dem Allgäu, einer der Toptourismusregionen Deutschlands.
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Ich kenne die Entwicklung, und ich kenne die Probleme.
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- Nun hören Sie einmal zu, Frau Fuchs.
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12 Millionen Einwohner und 12 Millionen Urlaubsgäste kommen dort zusammen. Das schafft Probleme. Ich will hier einige nachdenkliche Dinge ansprechen.
Rund 60 % der Urlaubsreisen - das wurde schon gesagt - und 55 % der Wochenendausflüge werden mit dem privaten Pkw unternommen. Die Lösung der anstehenden Verkehrsprobleme ist das zentrale Thema.
({6})
Hier plädiere ich als jüngerer Vertreter für ein grundlegendes Umdenken und eine Verlagerung der Verkehrsströme vom Individual- auf den öffentlichen Verkehr.
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- Ich freue mich, daß Sie Beifall klatschen. Nur, liebe Kolleginnen und Kollegen, dies bedeutet nicht, daß ich die Blockadepolitik der GRÜNEN bei dringenden Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen unterstütze.
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Ich nenne Ihnen ein Beispiel. Von der A 7 von Flensburg bis an die deutsch-österreichische Grenze sind 975 Kilometer fertiggestellt. Die letzten 15 Kilometer werden von den GRÜNEN seit zwanzig Jahren verhindert.
({9})
Die Folge davon ist, daß sich an schönen Wochenenden 35 000 Autos über die Landschaft, durch kleine Dörfer und Ortschaften quälen. Umweltschutz ist bei mir auch Menschenschutz.
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Da würde ich die GRÜNEN gern ins Boot nehmen.
Nun möchte ich eine Botschaft an die Bahn schikken. Wenn wir den Umstieg als Ziel vor Augen haben, brauchen wir attraktivere Angebote bei der Bahn.
Wenn Sie in Japan zum Skilaufen fahren, können Sie gar nicht mit dem Auto anreisen. In Deutschland ist es umgekehrt. Wenn Sie von Köln aus zu mir nach Oberstdorf fahren wollen, können Sie so gut wie nicht mit der Bahn hinfahren, weil Sie dreimal umsteigen müssen. Hier muß die Bahn umdenken, hier muß sich dringend etwas ändern.
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Herr Feldmann, ich gebe Ihnen recht, wir brauchen eine Entzerrung der Verkehrsströme. Sie haben die notwendigen Punkte genannt - ich lasse das jetzt weg -, ich unterstütze das.
Es gibt ermutigende Zeichen. Wir haben etwas gemacht, Kollegin Kastner. Kommen Sie einmal zu mir nach Hause, nach Oberstdorf, nach Hindelang und zu dem Kollegen in Berchtesgaden. Wir haben eine Modellregion autofreier Kur- und Fremdenverkehrsorte. Das haben Sie bei sich zu Hause noch nicht fertiggebracht.
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Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Thema Verkehr möchte ich eine Forderung aufstellen, in der ich auch mit Ihnen von der SPD, zumindest mit einigen Kolleginnen und Kollegen, übereinDr. Gerd Müller
stimme. Es geht um den Flug- und Fernreisetourismus. Ich gönne jedem seine Flugreise. Aber wir müssen - da denke ich auch an die eigene Fraktion - zur Umsetzung des Prinzips der Kostenwahrheit bei den Verkehrsträgern kommen.
({13})
Bei den Flugzeugen, im Fernreise- und Luftverkehr, ist dies bisher nicht der Fall.
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- Strauß ging, wie ich meine, den falschen Weg. Er hat die Befreiung der Privatlinien von der Mineralölsteuer gefordert. Er wollte eine Gleichstellung. Ich bin der Meinung, wir müssen nicht nur national, sondern international über die Einführung einer Kerosinsteuer nachdenken.
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Wir müssen die Maßstäbe zurechtrücken. Bei einem Vergleich einer Reise einer Familie mit zwei Kindern mit dem Zug über 1 000 Kilometer ab Hamburg und einer Flugreise werden Sie feststellen, daß eine innerdeutsche Urlaubsreise mit der Bahn wesentlich teurer ist, als wenn sie in München oder Hamburg ins Flugzeug steigen und auf die Malediven, Kanaren oder sonstwohin fliegen. Diesen Trend müssen wir stoppen.
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Ich komme zum Schluß. Wir müssen nicht immer weiter in die Ferne gehen. Entdecken wir Deutschland, entdecken wir den deutschen Markt, den deutschen Touristen im Inland! Hier müßte dem Wirtschaftsministerium etwas mehr einfallen als in der Vergangenheit.
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Schaffen wir ein besseres Angebot für junge Familien, Senioren und gesundheits- und umweltbewußte Urlauber!
Zusammenfassend fünf Thesen: Erstens: Notwendig ist die Umsetzung des Prinzips der Kostenwahrheit bei den Verkehrsträgern, aber auch ein persönliches Umdenken bei jedem selber.
({18})
Zweitens. Tourismus - das will ich hier noch einmal deutlich sagen - schafft viele Arbeitsplätze und Wohlstand in Regionen, in denen wir sonst keine Alternative haben. Ich bin gegen eine einseitige Schuldzuweisung. Tourismus muß aber im Einklang mit Mensch und Natur erfolgen.
Drittens. Wir brauchen, Herr Feldmann, noch bessere Rahmenbedingungen gerade für das mittelständische Gewerbe, ich denke aus europäischer Sicht beispielsweise an die Steuerungleichheiten.
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Viertens. Wir alle müssen wachsam sein, auch gegenüber unserer eigenen Bundesregierung, was im EU-Ministerrat passiert. Das Prinzip der Subsidiarität muß eingehalten werden. Es dürfen keine neue Macht und Kompetenzen nach Brüssel verlagert werden. Wir sind entschieden dagegen, daß über Brüssel beispielsweise neue Fördertöpfe aufgemacht werden, mit denen die Subventionierung des Tourismus im Süden der Gemeinschaft weiter vorangetrieben wird.
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Zum Schluß: Wir kennen die Welt. Aber kennen wir Deutschland, unsere Heimat, unsere Kultur, unsere Vielfalt? Deutschland muß sich im Inland und im Ausland professioneller darstellen. Es bleibt viel zu tun. Gehen wir mutig neue Wege.
Herzlichen Dank.
({21})
Wir sind am Schluß der Aussprache. Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlage auf Drucksache 12/7895 zu überweisen, zur federführenden Beratung an den Ausschuß für Fremdenverkehr und Tourismus und zur Mitberatung an den Ausschuß für Wirtschaft, den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, den Ausschuß für Gesundheit, den Ausschuß für Verkehr, den Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, den Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau sowie an den Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union. Gibt es dazu anderweitige Vorschläge? - Das ist nicht der Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 12a bis 12c auf:
a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulla Jelpke, Steffen Tippach und der weiteren Abgeordneten der PDS
Unbefristeter Abschiebestopp für Kurdinnen und Kurden
- Drucksache 13/211 -Überweisungsvorschlag: Innenausschuß
b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Cem Özdemir, Christa Nickels, Amke Dietert-Scheuer, Angelika Beer und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Abschiebestopp für Kurdinnen und Kurden - Drucksache 13/217 -
Überweisungsvorschlag: Innenausschuß
Vizepräsident Hans-Ulrich Klose
c) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD
Abschiebestopp für Kurdinnen und Kurden - Drucksache 13/311 Überweisungsvorschlag:
Innenausschuß ({0}) Rechtsausschuß
Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen auf den Drucksachen 13/211, 13/217 und 13/311 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Der Antrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 13/311 soll zusätzlich dem Rechtsausschuß zur Mitberatung überwiesen werden. Sind Sie damit einverstanden? - Ich sehe allgemeines Kopfnicken. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.
Wir sind damit am Schluß unserer Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 8. Februar 1995, 13 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.