Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne unsere heutige Sitzung und hoffe, daß uns der Tag gelingt.
Ich beginne mit einem Geschäftsordnungsantrag zur Aufsetzung eines Gesetzentwurfs. Die Gruppe PDS/Linke Liste hat fristgerecht beantragt, die heutige Tagesordnung um die Beratung des von ihr eingebrachten Entwurfs eines Familien- und Schwangerenhilfegesetzes auf Drucksache 12/2912 zu erweitern und den Gesetzentwurf in die zweite und dritte Beratung der übrigen Gesetzentwürfe einzubeziehen. Die Aufsetzung kann mit einfacher Mehrheit beschlossen werden. Der Eintritt in die zweite Beratung ohne Ausschußüberweisung bedarf nach § 80 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung einer Zweidrittelmehrheit der anwesenden Mitglieder. Wird dazu das Wort gewünscht? - Herr Struck.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte für die SPD-Bundestagsfraktion erklären, daß wir gegen diesen Antrag der PDS stimmen werden. Die PDS hat versucht - absprachewidrig -, zu erreichen, daß ein Antrag der SPD-Bundestagsfraktion zu dem hier interessierenden Thema noch auf die Tagesordnung zur Abstimmung kommt. Ich erkläre ganz offiziell für die SPD-Bundestagsfraktion, daß wir unseren Antrag nicht zurückziehen werden. Auch dieser Antrag steht heute abend zur Abstimmung. Ich bitte deshalb darum, den Antrag der PDS abzulehnen.
({0})
Frau Fischer.
Ich bitte Sie darum, den Antrag zusätzlich auf der Tagesordnung zu lassen, weil wir einfach nicht sicher sein können, daß dieser Antrag sonst wirklich zur Abstimmung kommt.
({0})
- Es ist einfach so. Wir werden zum entsprechenden Zeitpunkt selbstverständlich Überlegungen anstellen, ob wir ihn zurückziehen oder nicht. Deswegen bitte ich Sie darum, daß der Antrag so auf der Tagesordnung bleibt, damit Gelegenheit bleibt, darüber abzustimmen.
Ich bedanke mich.
Wir kommen zur Abstimmung, und zwar zunächst zum Antrag auf Aufsetzung des Gesetzentwurfs auf die Tagesordnung. Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Damit ist der Aufsetzungsantrag mit den Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU/CSU und F.D.P. bei einer Enthaltung abgelehnt.
Damit erübrigt sich eine Abstimmung über den Antrag zum Eintritt in die zweite Beratung ohne Ausschußüberweisung.
Ich rufe nun Punkt 13 der Tagesordnung auf:
- Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutz des werdenden Lebens, zur Förderung einer kinderfreundlicheren Gesellschaft, für Hilfen im Schwangerschaftskonflikt und zur Regelung des Schwangerschaftsabbruchs ({0})
- Drucksache 12/551 - ({1})
- Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Christina Schenk, Dr. KlausDieter Feige, Ingrid Köppe und der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung der Entscheidungsfreiheit von Frauen beim Umgang mit ungewollten Schwangerschaften
- Drucksache 12/696 - ({2})
- Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutz des werdenden Lebens durch Förderung einer kinderfreundlichen Gesellschaft, durch rechtliche gewährleistete Hilfen für Familien und Schwangere sowie zur Sexualerziehung und zur Regelung des Schwangerschaftsabbruches ({3})
- Drucksache 12/841 - ({4})
Präsidentin Dr. Rita Süssmuth
- Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Petra Bläss, Jutta Braband, Ulla Jelpke, Andrea Lederer und der Gruppe der PDS/Linke Liste eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs und zur Sicherung von Mindeststandards für Frauen zum Schwangerschaftsabbruch
- Drucksache 12/898 - ({5})
- Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutz des ungeborenen Lebens
- Drucksache 12/1178 ({6}) - ({7})
- Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Herbert Werner ({8}), Monika Brudlewsky, Claus Jäger, Norbert Geis, Hubert Hüppe und weiteren Abgeordneten eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutz der ungeborenen Kinder
- Drucksache 12/1179 ({9})
- Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Inge Wettig-Danielmeier, Uta Würfel, Dr. Hans de With, Gerhart Rudolf Baum, Susanne Rahardt-Vahldieck, Dr. Wolfgang Ullmann und weiteren Abgeordneten eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutz des vorgeburtlichen/werdenden Lebens, zur Förderung einer kinderfreundlicheren Gesellschaft, für Hilfen im Schwangerschaftskonflikt und zur Regelung des Schwangerschaftsabbruchs ({10})
- Drucksache 12/2605 ({11}) - ({12})
Empfehlung und Bericht des Sonderausschusses „Schutz des ungeborenen Lebens" zu den Gesetzentwürfen auf
- Drucksachen 12/551, 12/696, 12/841, 12/898, 12/1178 ({13}), 12/1179, 12/2605 ({14}), 12/2875 Berichterstattung:
Abgeordnete Irmgard Karwatzki
Uta Würfel Petra Bläss Christina Schenk
Herbert Werner ({15})
Berichte des Haushaltsausschusses ({16}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
- Drucksachen 12/2876, 12/2877, 12/2878,
12/2879, 12/2880, 12/2881, 12/2882 -Berichterstattung:
Abgeordnete Thea Bock Dieter Pützhofen
Ina Albowitz
Bevor wir in die Beratungen eintreten, bitte ich um Ihre Aufmerksamkeit für einige Hinweise zum Ablauf der Debatte und zum Abstimmungsverfahren. Ich bitte das genau zur Kenntnis zu nehmen, damit nachher nicht gesagt wird, wir haben es nicht gesagt.
Der Sonderausschuß hat in seiner Empfehlung vorgeschlagen, der zweiten Beratung die sieben ihm überwiesenen Entwürfe zugrunde zu legen, und zwar teilweise in der ursprünglichen Fassung, teilweise in einer vom Ausschuß geänderten Fassung.
Zur Gestaltung der Debatte und zum Abstimmungsverfahren ist folgendes vereinbart worden: In einem ersten, vierstündigen Abschnitt wird die Redezeit nach dem Fraktionsschlüssel verteilt. Der einzelne Redner bzw. die Rednerin sollte hierbei nicht länger als 15 Minuten sprechen.
Ein zweiter, zweistündiger Abschnitt ist für ZehnMinuten-Beiträge vorgesehen.
Der dritte Abschnitt der Debatte steht für FünfMinuten-Beiträge zur Verfügung.
Voraussichtlich ab 21 Uhr folgen die namentlichen Abstimmungen über die Gesetzentwürfe. Ob alle eingebrachten Entwürfe zur Abstimmung gestellt werden, wird erst im Verlaufe der Debatte klarwerden.
Für fünf der Entwürfe ist bereits diese Abstimmungsreihenfolge vereinbart worden: Entwurf der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Entwurf der Gruppe PDS/Linke Liste, Entwurf des Abgeordneten Herbert Werner und anderer, Entwurf von Mitgliedern der Fraktion der CDU/CSU, Entwurf der Abgeordneten Inge Wettig-Danielmeier, Uta Würfel und anderer, der sogenannte Gruppenantrag.
Für die Abstimmung gilt: Ein Gesetzentwurf ist angenommen, wenn er die Mehrheit der abgegebenen Stimmen enthält. Das ist der Fall, wenn mehr Ja-Stimmen als Nein-Stimmen für ihn abgegeben werden. Stimmenthaltungen werden hierbei nicht mitgezählt. Ich wiederhole: Enthaltungen werden hier nicht mitgerechnet. Entscheidend ist also allein, daß die Ja-Stimmen die Nein-Stimmen überwiegen.
Das bedeutet, sobald einer der konkurrierenden Gesetzentwürfe die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhält, ist er in zweiter Beratung angenommen. Über weitere Entwürfe wäre dann nicht mehr abzustimmen.
Der in zweiter Beratung angenommene Gesetzentwurf ist Grundlage der dritten Beratung. Zur dritten Beratung ist kein( Aussprache vorgesehen. Die Schlußabstimmung soll ebenfalls namentlich erfolgen.
Erklärungen zur Abstimmung nach § 31 unserer Geschäftsordnung sollen am Ende der dritten Beratung abgegeben werden, aber soweit sie nicht schriftlich erfolgen, wird (MS Wort hierzu erst nach der Abstimmung erteilt werden.
Sind Sie mit der vereinbarten Debattenstruktur und dem Verfahren einverstanden, auch soweit es eine Abweichung von der Geschäftsordnung darstellt? - Da ist noch eine Wortmeldung. Herr Ullmann!
Frau Präsidentin, ich bin leider nicht einverstanden. Ich muß sagen, daß der Sonderausschuß seine Aufgabe nicht erledigt hat, hier einen Entwurf vorzulegen, über den das Hohe Haus beraten und dann abstimmen kann.
Das jetzt von Ihnen vorgetragene Verfahren impliziert, daß unter Umständen der Gruppenantrag überhaupt nicht mehr zur Beratung und Abstimmung gestellt werden kann.
({0})
Ich protestiere gegen dieses Verfahren.
Ich habe gerade die Frage gestellt, ob die übrigen mit dem Verfahren einverstanden sind. Wenn ich keinen weiteren Widerspruch höre, dann ist das bei Kenntnisnahme des Protestes von Herrn Ullmann so beschlossen.
({0})
- Dann lasse ich doch noch einmal abstimmen. Wer stimmt dem hier vorgeschlagenen Verfahren zu Debatte und Abstimmung zu? - Wer stimmt dagegen? - Dann ist der Vorschlag mit der erforderlichen Mehrheit so beschlossen.
Bevor ich die Aussprache eröffne, erteile ich Frau Wettig-Danielmeier das Wort zu einer Korrektur.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Versehentlich fehlen im Vorblatt zu Empfehlung und Bericht des Sonderausschusses in der Drucksache 12/2875 auf Seite 18 in der Auflistung der Kosten des Gesetzentwurfs der Abgeordneten Wettig-Danielmeier, Würfel u. a. die Kosten für Verhütungsmittel in Höhe von 100 Millionen DM.
Leider ist durch einen Übertragungsfehler auf Seite 20 der vorliegenden Drucksache auch der Punkt II der Beschlußempfehlung nicht abgedruckt. Es muß dort heißen:
II. Die eingegangenen Petitionen werden für erledigt erklärt.
In der noch zu druckenden Fassung werden die beiden Fehler berichtigt sein.
Danke.
Nun eröffne ich die Aussprache und erteile Frau Irmgard Karwatzki das Wort.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir heute über die Regelung zum Schutz des ungeborenen Lebens entscheiden, so tun wird dies mit der Gewißheit, daß wir das Problem des Schwangerschaftsabbruches damit nicht lösen. Wir werden als Gesetzgeber nicht mehr erreichen können als eine Regelung, die ein Höchstmaß an gesellschaftlicher Akzeptanz erwarten läßt. Aber wir dürfen auch nicht weniger erreichen als eine Regelung, die im Einklang mit der Werteordnung des Grundgesetzes
steht. Einem Wertewandel in unserer Gesellschaft in diesem Punkt darf kein Vorschub geleistet werden.
({0})
Die Unantastbarkeit der Würde des Menschen und das Recht auf Leben gehören zu den Grundlagen unseres Gemeinwesens. Diese unabdingbaren Grundrechte der Verfassung gelten für jeden: Alte, Kranke, Behinderte und auch für das ungeborene Kind. Der Staat ist verpflichtet, sich schützend vor jedes Leben zu stellen. Einen absoluten Lebensschutz wird er zwar niemals gewährleisten können, er sollte aber zumindest alles tun, um diesem Ziel so nahe wie möglich zu kommen.
Eine zentrale politische Aufgabe liegt darin, das Bewußtsein für den Eigenwert des ungeborenen Lebens zu wecken und zu stärken. Wert und Schutzwürdigkeit des ungeborenen Lebens werden oft genug im Sinne eines verbindenden Wertekonsenses beschworen. Es heißt: Nicht in der Frage des Ob - für oder gegen das Leben -, sondern nur in der Frage des Wie gebe es unterschiedliche Auffassungen. Aber, meine Damen und Herren, diese äußerliche Gemeinsamkeit in der Zielsetzung darf nicht den Blick dafür verschleiern, daß es bei der Frage Indikationsregelung oder Fristenregelung sehr wohl um mehr geht.
Inwieweit auch das Strafrecht einen Beitrag zu einem besseren Lebensschutz leisten kann, ist nur ein Aspekt. Im Kern geht es darum, welchen Rang wir künftig den Interessen des ungeborenen Kindes und der Frau in einem Schwangerschaftskonflikt beimessen wollen. Gäbe es den eingangs erwähnten Grundkonsens, dann wäre es keine Frage, daß das Lebensrecht des Kindes grundsätzlich Vorrang vor dem Selbstbestimmungsrecht der Schwangeren hat, und nicht nur für eine bestimmte Frist. So hat es das Bundesverfassungsgericht 1975 formuliert.
In Wirklichkeit sind wir jedoch von dem fast gebetsmühlenhaft beschworenen Wertekonsens schon meilenweit entfernt. Der Standpunkt von der ethischen Verwerflichkeit des Schwangerschaftsabbruches wird längst nicht mehr von allen Gruppen und Gruppierungen geteilt. Ganz offenkundig wird dies in den Gesetzentwürfen der Gruppen PDS/Linke Liste und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die dem Embryo die Anerkennung als selbständiges Rechtsgut verweigern und folgerichtig eine völlige Legalisierung der Abtreibung, bis hin zur verfassungsrechtlichen Absicherung des Rechts auf Entscheidungsfreiheit fordern. Meine Damen und Herren, wenn man diesen Entwürfen eines zugute halten kann, dann ihre schonungslose Offenheit, mit der sie sich um einen verfassungsmäßigen Wertekonsens erst gar nicht mehr bemühen.
Neu ist diese Argumentation allerdings nicht. Nur die Wertung hat sich verschoben. Ich bin der Ansicht, daß genau diese Verlagerung des Schwerpunkts Anlaß zu echter Sorge sein muß. Während nämlich früher selbst die Befürworter einer Fristenregelung die ethische Verwerflichkeit des Schwangerschaftsabbruchs nicht in Frage stellten und die Abtreibung stets als Abwägungsproblem zwischen den widerstreitenden Interessen von Frau und Kind begriffen haben, spielt dieser Gesichtspunkt heute - zugunsten einer stär8226
keren Akzentuierung des Selbstbestimmungsrechts der Frau -, eigentlich keine Rolle mehr.
Weniger die Verringerung der Abtreibungszahlen, die anscheinend als unabänderlich hingenommen werden, sondern vielmehr die Eigenverantwortung der Frau wird in den Mittelpunkt der Debatte gestellt. Das eigentliche Schutzgut, das ungeborene Kind, findet kaum noch Erwähnung.
({1})
In den ursprünglichen Entwürfen von F.D.P. und insbesondere von SPD wird dies ganz deutlich erkennbar. Aber selbst der Antrag der Kolleginnen Wettig-Danielmeier und anderer, im folgenden als „Gruppenantrag" bezeichnet, liegt ganz auf dieser Linie. Es sei die ausschließliche Entscheidung der Frau, die unbesehen und vorbehaltlos als die den Abbruch rechtfertigende Instanz hinzunehmen sei. Das ungeborene Kind wird damit schutzlos der Verfügungsgewalt eines anderen ausgeliefert.
({2})
Einige Befürworter dieses Antrages werden nicht müde, zu beteuern, daß Grundlage der der Frau überlassenen Gewissensentscheidung stets eine Not- und Konfliktlage sei.
Ihr Ansinnen in Ehren, meine Damen und Herren; aber wie es darum tatsächlich bestellt ist, zeigt ein Blick auf den geradezu verschämten Klammerzusatz in § 218a Abs. 1 Nr. 1 des Entwurfs. In diesem wird nur auf das Erfordernis einer dem Abbruch vorangegangenen Beratung in einer Not- und Konfliktlage hingewiesen - einer Beratung, die sich völlig wertneutral gegenüber dem Lebensschutz und der Eigenverantwortung der Frau verhält. Wenn die Frau nicht einmal im Beratungsgespräch mit der Möglichkeit, anonym zu bleiben, die aus ihrer Sicht einen Abbruch tragenden Gründe offenlegen, geschweige denn ihr Vorhaben begründen muß, dann wird damit überdeutlich, meine Damen und Herren, daß es letztlich um nicht mehr geht als um die bloße Hoffnung auf eine verantwortungsvolle und gewissenhafte Entscheidung der Schwangeren.
Ich möchte hier nicht weiter der Frage nachgehen, ob eine solche Regelung den Anforderungen an einen staatlichen Lebensschutz unter Verfassungsgesichtspunkten standhält. Hierauf werden noch andere Kolleginnen und Kollegen, die nach mir sprechen werden, eingehen. An dieser Stelle soll ein Hinweis genügen: Das verfassungsrechtliche Risiko einer wie auch immer gearteten Fristenregelung liegt stets über dem einer Indikationenregelung. Das haben die Anhörungen mit aller Deutlichkeit klargemacht, wie den entsprechenden Protokollen zu entnehmen ist - auch wenn es dem einen oder der anderen nicht ins Konzept paßt.
Jeder in diesem Hause muß es mit seinem Gewissen vereinbaren, inwieweit er bereit ist, ein verfassungsrechtliches Wagnis in bezug auf das höchste Rechtsgut, das Leben, einzugehen. Jeder wird sich aber auch der Folgen seiner Entscheidungen für das künftige Verhältnis der Gesellschaft zum Leben, auch zum ungeborenen Leben, bewußt sein müssen.
Um es ganz deutlich auszudrücken: Bei einer Entscheidung zugunsten einer Fristenregelung, wie sie im Gruppenantrag vorgesehen ist, würde der so oft zitierte Wertekonsens nachhaltig in Frage gestellt. Eine Rechtsordnung, die jede Entscheidung für einen Schwangerschaftsabbruch vorbehaltlos zu akzeptieren bereit ist, reduziert die verfassungsrechtlich geforderte Priorität des Lebens auf eine rein gedankliche Ebene.
({3})
In der Lebenswirklichkeit würden sich die Interessen der Schwangeren stets gegenüber denen des Kindes durchsetzen können. Im öffentlichen Bewußtsein verfestigte sich - allen hehren Vorsätzen zum Trotz - der Eindruck, jede ungewollte Schwangerschaft stelle eine rechtlich beachtliche Notlage dar, nur weil sie unerwünscht ist. Es wäre nicht mehr erkennbar, worin denn ein mehr als verbaler Unterschied zu denen liegen könne, die den Schwangerschaftsabbruch von vornherein als Ausdruck des Selbstbestimmungsrechtes der Frau begreifen. Es entstünde der fatale Eindruck, menschliches Leben sei für eine bestimmte Frist verfügbar. Lassen Sie uns diesen Weg nicht gehen!
({4})
Es geht heute nicht um irgendeine Sachfrage, die einer zeitgemäßen pragmatischen Antwort bedarf. Gefragt sind vielmehr Überzeugungen, die in diesem menschlich und rechtlich schwierigen Bereich Orientierung bieten. Selbst wenn eine Mehrheit in der Bevölkerung tatsächlich ein befristetes Verfügungsrecht über das ungeborene Leben zu billigen bereit wäre, dann zeigt das nur, daß wir als Politiker, aber auch alle anderen tragenden Kräfte der Gesellschaft versagt haben - versagt bei dem Bemühen, mehr Bewußtsein für den Stellenwert des ungeborenen Lebens zu schaffen.
({5})
Meine Damen und Herren, sicher müssen in .der ganzen Diskussion auch Defizite in unserer Gesellschaft, was die Kinder- und Familienfreundlichkeit angeht, benannt werden. Das muß uns neben der ethischen Dimension unseres Themas aufrütteln. Schwangere und ihre Familien sind auf die Solidarität der Gesellschaft in hohem Maße angewiesen. Sie müssen auf besondere Unterstützung des Staates vertrauen dürfen und ihrer sicher sein.
Eine Schwangerschaft bedeutet für jede Frau einen tiefen Einschnitt in ihre bisherige Lebensplanung. Noch mehr gilt dies für ungewollte Schwangerschaften. Die Schwangere sieht sich auf einmal vielen seelischen und oft auch materiellen Schwierigkeiten gegenüber. Nur wenn es uns gelingt, den Schwangeren Möglichkeiten aufzuzeigen, wie ihnen das Leben mit dem Kind erleichtert wird, wie sie ihre Kinder nach ihren Vorstellungen fördern und erziehen können, wie sie Familie und Beruf miteinander in Einklang bringen können und wie sie Unterstützung, Beratung und Hilfe in Lebenssituationen erfahren, die sie aus eigener Kraft nicht bewältigen können, nur dann besteht die Aussicht, daß auch viele ungewollt schwanger gewordene Frauen ein Leben mit dem
Kind als eine lebenswerte und positive Perspektive begreifen und sie ja zum Leben sagen.
Der Gesetzentwurf der CDU/CSU setzt deshalb die Schwerpunkte auf Beratung und soziale Hilfen für schwangere Frauen und ihre Familien. Kolleginnen und Kollegen, die nach mir reden, werden dazu differenziert Stellung nehmen.
Hingegen können soziale Hilfen die Rolle des Strafrechts jedoch nicht ersetzen. Strafrecht schafft Rechtsbewußtsein.
({6})
Mit diesem Argument, meine Damen und Herren, werden auch in anderen Bereichen Strafrechtsreformen gefordert.
({7})
- Ich verstehe jetzt die Aufregung auf der linken Seite des Saales nicht. Wenn ich jetzt meinen Satz zu Ende führe, dann müßten Sie mir zustimmen.
Mit diesem Argument werden auch in anderen Bereichen Strafrechtsreformen gefordert - etwa die Aufnahme der Vergewaltigung in der Ehe in das Strafgesetzbuch. Schafft es dort Rechtsbewußtsein und hier nicht? Das kann doch nicht sein.
({8})
Im CDU/CSU-Gesetzentwurf kommt die grundsätzliche Mißbilligung des Schwangerschaftsabbruchs klar zum Ausdruck. Auf das Strafrecht als Mittel zur rechtlichen Bewertung menschlichen Handelns als Recht oder Unrecht kann nicht verzichtet werden.
({9})
Das Absehen von Strafe in gesetzlich umrissenen Ausnahmefällen bedeutet keine Billigung der Abtreibung. Es zeigt vielmehr, daß der Schwangerschaftsabbruch in bestimmten Not- und Konfliktsituationen durchaus zulässig sein kann, in denen die Entscheidung zum Abbruch einer Schwangerschaft den Rang einer achtenswerten Gewissensentscheidung der Frau hat.
Mit der verbesserten Indikationsregelung wird die subjektive Seite des Schwangerschaftskonflikts stärker als im geltenden Recht berücksichtigt. Im Mittelpunkt steht die psychosoziale Notlagenindikation, die neben die medizinische Indikation tritt und die bisherige kindliche und kriminologische Indikation umfaßt.
Wir wissen alle um die Schwierigkeiten, Kriterien für die Beschreibung von Notlagen zu finden. Wir stehen vor dem drückenden Problem, daß ein Schwangerschaftskonflikt regelmäßig primär individuellen Ursprungs und von daher höchst subjektiver Beurteilung unterliegt. Das, was die eine Frau als unzumutbare Belastung empfindet, kann bei einer anderen eine völlig andere Bewertung erfahren. Unser Gesetzentwurf trägt dieser Problematik Rechnung. Die persönliche Einschätzung der Frau über ihre Notlage erhält besonderes Gewicht dadurch, daß der Arzt die Indikation nach Darlegung der Schwangeren stellt. Er ist nicht gehalten, über sein ärztliches
Gespräch hinaus weitere Ermittlungen anzustellen, wie man uns unterstellen möchte. Es wird von ihm insoweit nicht mehr als eine vertretbare ärztliche Entscheidung gefordert.
Ich fasse zusammen. Leben ist prinzipiell nicht verfügbar. Daher darf es nicht unter den Vorbehalt einer bestimmten Frist gestellt werden. Ethisch vertretbar kann ein Schwangerschaftsabbruch nur bei Vorliegen einer schweren Not- und Konfliktlage sein. Von diesem Grundgedanken ausgehend, stellt der CDU/CSU-Gesetzentwurf einen Kompromiß zwischen politischem Realismus und christlichem Menschenbild dar, der den grundsätzlichen Wertemaßstab unberührt läßt.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
({10})
Als nächste spricht Frau Inge Wettig-Danielmeier.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Am 26. September 1991 habe ich hier den Gesetzentwurf der SPD eingebracht. Ich habe von dem damals Gesagten keine Abstriche zu machen. Ich bin nach wie vor zutiefst überzeugt, daß diesem schwersten Konflikt einer Frau nur eine Regelung angemessen ist, die davon ausgeht, daß nur sie im Schwangerschaftskonflikt allein entscheiden kann und auch entscheiden muß.
({0})
Wie Albin Eser, Professor für Strafrecht, in der Anhörung zur Reform des § 218 gehen wir von drei Aspekten aus: der „singulären Symbiose zwischen Mutter und Kind, die im Falle einer unerwünschten Schwangerschaft zum unausweichlichen Konflikt wird"; dem „Unvermögen jedes Dritten ({1}), diesen zutiefst persönlichen Konflikt der Schwangeren bis in seine letzten Gründe nachzuvollziehen und stellvertretend richtig zu entscheiden, sowie" der „Erwartung, die Schwangere noch am ehesten dadurch von einem übereilten Abbruch abhalten" zu können, daß wir ihr die „Respektierung ihrer Letztentscheidung" zusichern „und sie sich demgemäß auch auf eine umfassende Erörterung ihrer Konfliktlage samt etwaigen Alternativen einlassen kann, ohne im Falle eines Abbruchs vor einer nachträglichen richterlichen Überprüfung und Verwertung Angst haben zu müssen".
({2})
Anders als Eser sind wir der Meinung, daß am ehesten die ganz und gar freiwillige Beratung dem Ziel der ernsthaften Abwägung, der Öffnung der Frau und damit letztlich auch dem Schutz werdenden Lebens dient. Das belegen viele Untersuchungen.
Ich billige anderen Auffassungen zu, daß wir letzte Sicherheit über die Richtigkeit unseres Handelns in dieser schwierigen Frage der Beratung nie haben können. Anders als manche Experten sind wir nach wie vor der tiefen Überzeugung, daß Strafandrohung
für die Frau in einer Not- und Konfliktsituation absolut sinnlos ist.
({3})
Wir schätzen den Wert werdenden Lebens nicht deshalb gering, weil wir an die allererste Stelle zu seinem Schutz die Veränderungen dieser Gesellschaft setzen; denn nur, wenn die Frau endlich gleich ist, gleiche Rechte und Pflichten hat, darauf vertrauen kann, daß ihr Leben nicht jeden Tag durch Partner und Kinder zur Disposition steht, kann sie sich mit reiner Freude und voller innerer Zustimmung für Kinder entscheiden.
({4})
In unserer Gesellschaft bedeuten Kinder immer noch Last, vor allem für die Frau. Keinem Mann wird zugemutet, von heute auf morgen sein Leben grundlegend zu verändern und Jahre auf sein Leben zu verzichten.
({5})
Nur einige wenige Väter tun das inzwischen.
({6})
Dennoch werden sie, wenn es gut geht, bestaunt, meistens aber leider belächelt.
Diese grundlegenden Voraussetzungen für das Ja zum Kind sind im Ausschuß und in der Öffentlichkeit allenfalls am Rande diskutiert worden. Die Köpfe und Herzen der meisten Mitstreiterinnen und Mitstreiter hat die Frage kaum erreicht.
Wohl ist ein erfreulicher Konsens über die Notwendigkeit sozialer Hilfen über Parteigrenzen hinweg erzielt worden. Aber welch unsägliches Frauenbild und Frauenschicksal der Notwendigkeit von Unterhaltsvorschußkassen zugrunde liegt, darüber wurde vorsichtshalber nicht diskutiert.
({7})
Wir Sozialdemokraten würden den § 218 gern endlich streichen und durch ein Familien- und Schwangerenhilferecht ersetzen, das deutlich macht, daß Strafe kein Mittel sein darf, um werdendes Leben in diesem Konflikt zu schützen,
({8})
sondern daß wir es mit Hilfen ernst meinen, mit einer frauen- und kinderfreundlichen Gesellschaft.
({9})
Unser Entwurf ist in diesem Bundestag nicht mehrheitsfähig. Wir wollten ihn um der klaren Alternative willen zurückziehen. Inzwischen hat die PDS angekündigt, sie wolle darüber im Zweifel als über einen von ihr neu eingebrachten Antrag abstimmen lassen. Ich denke, unter diesen Umständen ist es sinnvoller, über den Ursprungsantrag in unserer Fassung abzustimmen.
({10})
Wir resignieren nicht, weil unser Entwurf heute nicht durchsetzbar ist. Uns stellt sich vielmehr die Frage: Was ist erreichbar? Was kann durchgesetzt werden?
Wir haben uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten nicht seit Gustav Radbruch, seit 1920, für eine die Würde der Frau wahrende Regelung dieser schwierigen Frage eingesetzt, um uns jetzt in einen Minderheitenbunker zurückzuziehen.
({11})
Wir wollen endlich einen Schritt vorwärtskommen: für die Frauen und für den Schutz werdenden Lebens.
({12})
Mich haben die Protokolle des Reichstags aus den 20er Jahren erschüttert: dieselben Fragen, dieselben Probleme - immer noch nicht gelöst: keine Kindergartenplätze, keine soziale Sicherheit für Alleinerziehende, Strafandrohung, wo Hilfe vonnöten wäre.
({13})
Damals gab es 500 000 bis 800 000 Abtreibungen pro Jahr - trotz schärfster Strafen, Gefängnis und Zuchthaus.
Das Strafrecht hat ausgedient, meine Damen und Herren!
({14})
Wir müssen endlich die gemeinsamen Ziele unserer Demokratie mit menschenwürdigen Mitteln erreichen.
({15})
Wir wollen den Schutz werdenden Lebens. Deshalb ist für uns das Recht auf Kindergartenplatz, ist der Ausbau der Kinderbetreuung von der Krippe bis zur Ganztagsschule von elementarer Bedeutung.
({16})
Nur wenn die Frau weiß, sie kann, wenn auch mit Schwierigkeiten und persönlichen Einschränkungen, Beruf und Familie vereinbaren, kann sich und ihre Kinder ernähren, nehmen wir ihr oft unüberwindbare Konflikte. Denn jede kluge Frau weiß: Auf den Vater kann sie sich nicht verlassen, ob verheiratet oder ledig.
({17})
Ein Drittel bis 40 % der Ehen werden geschieden, Unterhaltzahlungen von Männern ermüdend bestritten und dann nicht geleistet. Das ist die Wahrheit!
({18})
Frau Wettig, vielleicht warten Sie einen Augenblick, bis sich die provozierten Väter wieder beruhigt haben.
({0})
Wir müssen die Chancen der Frauen im Beruf verbessern, ihr Rückkehrrecht ermöglichen. Wir müssen den Unterhalt Alleinerziehender so weit wie möglich unabhängig von der Familie sichern. Deshalb legt der Gruppenantrag fest, daß der Rückgriff der Sozialämter auf Eltern und gegebenenfalls ältere Kinder - ({0})
Wir sollten uns trotz aller Erregung bemühen zuzuhören. Der heutige Tag erfordert das in besonderer Weise.
({0})
Ich würde mich auch freuen, wenn ich eine bessere Lage schildern könnte. Die Statistiken beweisen leider das, was ich sage.
({0})
Deshalb legt der Gruppenantrag fest, daß der Rückgriff der Sozialämter auf Eltern und gegebenenfalls ältere Kinder von Hilfeempfängerinnen, die schwanger sind oder unter sechs Jahre alte Kinder betreuen, entfällt. Das hilft, viele Familienkonflikte gar nicht erst entstehen zu lassen.
({1})
Denn Sie wissen ja auch, daß die Frauen meist selber nicht das wollen, wozu sie sich dann durch die Umstände gezwungen sehen.
Ich will die sozialen Leistungen und Verbesserungen nicht im einzelnen aufführen.
({2})
Aber von besonderer Bedeutung - auch aus den Erfahrungen anderer Länder heraus - ist für uns der Ausbau der Beratung, Sexualaufklärung und Verhütung. Wir bedauern, daß wir Verhütungsmittel nur für Frauen und Männer bis zum vollendeten 20. Lebensjahr frei zur Verfügung stellen können, aus Kostengründen. Wir müssen das als ersten Schritt sehen und weiter ausbauen. Die Verhütung ist immer noch die beste Vermeidung von Schwangerschaftskonflikten.
({3})
Das zeigt die vergleichsweise geringe Zahl von Schwangerschaftsabbrüchen in Holland trotz weitgehender Eigenverantwortung der Frau.
Lassen Sie mich noch ein Wort zu den sozialen Leistungen für Mütter und Kinder sagen. Der Gruppenantrag stellt vorrangig auf Rechtsansprüche ab, die klar umrissen und einplanbar sind. Die Union schlägt zu viele Kann-Leistungen vor; die Stiftung „Mutter und Kind" ist ein Beispiel. Das ist für eine Frau im Konflikt nicht handfest genug. Die Frau
braucht keine Almosen. Sie muß wissen, was ihr zusteht. '
({4})
Ich freue mich, daß sich alle Parteien einig sind, daß entscheidende Fortschritte, z. B. in der Kindergartenfrage, erreicht werden müssen.
Als etwas makaber empfinde ich den Streit um die Höhe der sozialen Leistungen im Mehrheitsantrag der CDU/CSU und im Gruppenantrag. Erst gibt es eine Koalitionsvereinbarung zwischen CDU/CSU und F.D.P. über die Höhe der möglichen Ausgaben. Dann versucht uns die F.D.P. mit großer Mühe auf die in der Koalitionsvereinbarung getroffene Kostenbegrenzung herunterzuhandeln. Danach erklärt der Finanzminister, er habe überhaupt kein Geld. Kurz darauf legt die CDU/CSU noch einmal anständig drauf, um mögliche Abweichler von der CDU/CSU-Linie einzufangen.
({5})
Sie wissen doch genau, daß die meisten Kosten bei den Ländern anfallen. Aber Sie sagen kein Wort, ob und wie die Kosten zwischen Bund und Ländern aufgeteilt werden. Der Gruppenantrag macht deutlich, daß insbesondere die zusätzlichen Kosten der Kinderbetreuung zwischen Gemeinden, Ländern und Bund über den Länderfinanzausgleich oder auf andere Weise neu aufgeteilt werden müssen.
Das Spiel ist zu durchsichtig. Sie versprechen etwas, von dem Sie wissen: Sie müssen es nie einlösen. Selbstverständlich werden Sie im Bundesrat keine Mehrheit finden - wegen der Kosten und vor allem deshalb, weil Sie eine Regelung des Schwangerschaftskonflikts anbieten, die keinen Deut besser ist als der gegenwärtige § 218.
({6})
Spätestens seit Memmingen und der Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist aber klar, daß solche Regelungen Ärzten, Ärztinnen und betroffenen Frauen eine Rechtsunsicherheit aufbürden, die den Abtreibungstourismus verstärkt. Die Länder werden dem nicht zustimmen können. Wenn der Bundestag mit Mehrheit dem Gesetzentwurf der CDU/CSU zustimmte, gäbe es keine Reform; das wissen Sie so gut wie wir.
Wir haben den Gruppenantrag ausgehandelt und stimmen ihm zu, weil er mit Hilfe realisierbarer sozialer Leistungen Konflikte abbauen hilft und so werdendes Leben schützt
({7})
und weil er, anders als der alte § 218, die Würde und Eigenverantwortung der Frau achtet.
Wir wollen die Lüge aus der Entscheidung herausbringen.
({8})
Auch wir gehen davon aus, daß sich eine Frau nur in einem für sie schweren Konflikt für einen Schwangerschaftsabbruch entscheidet. Aber wir wissen, daß Menschen unterschiedlich belastbar sind. Eine Notlage kann von außen nicht objektiv beurteilt werden. Physische und psychische Belastbarkeit kann auch ein einfühlsamer Arzt, eine erfahrene Ärztin nicht einfach erkennen und abschätzen.
Nicht von ungefähr haben sich insbesondere Ärzte dagegen gewehrt, die Entscheidung aufgebürdet zu bekommen. Die Indikation einer psychosozialen Notlage durch Dritte kann der Schwangeren die Gewissensentscheidung nicht abnehmen. Wohl aber kann die Notwendigkeit, den Arzt von der Notlage zum Zwecke der Indikationsstellung überzeugen zu müssen, die Würde der Frau verletzen und den Weg zu einer eigenen Gewissensentscheidung verstellen.
Wenn Frau Merkel zur Verbesserung des Unionsentwurfs immer wieder fordert, die Dokumentationspflicht bei der Indikationsstellung zu streichen, dann bedeutet das in der Sache überhaupt nichts. Es bleibt, wie sie selbst sagt, bei der standesrechtlichen Pflicht der ärztlichen Dokumentation, und es bleibt bei der gerichtlichen Nachprüfbarkeit des Vorgangs.
({9})
Der Wegfall des Beweismittels bei gleichzeitigem Zwang zur Beweisführung ist unlogisch und streut Bürgerinnen und Bürgern Sand in die Augen.
({10})
Die Frau und insbesondere Arzt und Ärztin stehen immer mit einem Bein im Gefängnis, je nach Bundesland, Richter, Richterin oder Plausibilität der dokumentierten Indikationsstellung.
Uns Sozialdemokratinnen macht die verpflichtende Beratung des Gruppenantrags zu schaffen. Natürlich wollen wir das Recht auf Beratung und ein vernünftiges, umfassendes Beratungsangebot. Aber wir hätten uns von einer freiwilligen Beratung letztlich für den Schutz werdenden Lebens und der Würde der Frau mehr versprochen.
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Wir begrüßen, daß es trotz der Pflicht zur Beratung dennoch keine Pflicht gibt, die persönlichen Konflikte im einzelnen darzustellen, wohl aber die Möglichkeit dazu. Damit wird, so hoffen wir, zu Ehrlichkeit, zu freier Gewissensentscheidung und zur Hilfe für die Frau beigetragen.
Ich weiß, daß insbesondere viele Abgeordnete aus den neuen Ländern Fragen und Befürchtungen haben, daß sich nunmehr die Lage für sie verschlechtere. Ich denke: Wenn der Gruppenantrag Gesetz wird, gibt es für manche auch schwierige Änderungen. Aber es bleibt die eigenverantwortliche Entscheidung der Frau in den ersten drei Monaten einer Schwangerschaft. Es würde sich das Beratungsangebot verbessern, und es müßte in Zukunft auch die Möglichkeit des ambulanten Schwangerschaftsabbruchs zugelassen werden; Krankenhausaufenthalte könnten entfallen.
Wenn es zu keiner gemeinsamen Regelung kommt, gilt das alte Recht der neuen Lander zwar über 1993
hinaus; aber es wird keinen Bestand haben. Die Verfassungsklage dagegen ist bereits angekündigt. Selbst wenn das Gesetz an sich verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden wäre, so wäre doch zweierlei Recht ohne plausiblen Grund in einem Land nicht hinnehmbar. So kann die Lösung der ehemaligen DDR dauerhaft nicht verfassungskonform sein.
Wenn man bedenkt, daß es aus verfassungsrechtlichen Gründen nur eine Alternative gibt, nämlich die alte bundesrepublikanische Regelung mit Memmingen und all den Demütigungen für Frauen an der holländischen Grenze und anderswo, dann müßte auch für die Abgeordneten der neuen Länder die Entscheidung zugunsten des Gruppenantrags fallen.
({12})
Tatsächlich stimmen wir heute im Bundestag nur über die Alternative „Gruppenantrag oder alter § 218" ab. Nur der Gruppenantrag bietet eine Reformchance. Die Möglichkeit, sich urn des besseren Gewissens willen zurückzulehnen und andere die Arbeit machen zu lassen, die gibt es nicht. Wer dem Gruppenantrag letztlich nicht zustimmt, stimmt für den alten § 218 in der ganzen Republik.
({13})
Eine nordrhein-westfälische Zeitung hat gestern unsere Entscheidung von heute kommentiert: Am Ende bleibt doch nur die Frage „Fristen- oder Indikationslösung?".
Ich muß dem widersprechen: Es geht in allen Gesetzentwürfen um Fristen. Der Gruppenantrag ebenso wie der Unionsantrag gehen davon aus, daß es im unversöhnlichen Konflikt zwischen dem Persönlichkeitsrecht der Frau und dem Schutz werdenden Lebens keinen Kompromiß in der Sache, sondern nur in der Zeit geben kann. Für einen begrenzten Zeitraum von drei Monaten kann der Konflikt zugunsten der Frau entschieden werden. Die Frage ist: Wer entscheidet den Konflikt?
Der Gruppenantrag geht davon aus, daß Dritte raten und helfen können, daß aber nur die Frau allein entscheiden kann und nach ihrem Gewissen entscheiden muß.
Der Unionsantrag beläßt die Entscheidung bei Dritten. Es geht nicht um Fristen und Indikationen; das sind technische Begriffe.
({14})
Es geht um die Würde der Frau.
({15})
Darüber entscheiden wir heute.
({16})
Als nächste spricht Uta Würfel.
Frau Präsidentin! Verehrte Kollegen und Kolleginnen! Herr Dr. Schäuble, ich möchte mit Ihnen beginnen. Vor wenigen Tagen
betonten Sie auf dem deutschen Katholikentag, daß alle Abgeordneten vom Schutz des ungeborenen Lebens überzeugt seien. Diese Bemerkung hat gutgetan.
({0})
Wir Mitglieder im Sonderausschuß, die wir uns nun monatelang mit diesem schwierigsten aller Themen beschäftigt haben, haben wirklich vorurteilsfrei die Argumente des jeweils anders Denkenden abgewogen, und wir haben miteinander um den besten Weg zum Schutz des ungeborenen Lebens gerungen. Zu keinem Zeitpunkt ist es einem von uns eingefallen, dem anderen verantwortungsloses oder unethisches Handeln vorzuwerfen.
Natürlich ist jede Abgeordnete und jeder Abgeordnete durch dieses Thema und durch die monatelange Beschäftigung geprägt worden. Manche Begleiterscheinungen, z. B. die heftigen Reaktionen auf unsere Vorstellungen, aber auch die konstruktiven Stellungnahmen - vielleicht ebenso die kränkenden -, haben uns doch gezeigt, daß das Thema „ungewollte Schwangerschaften, Schwangerschaftsabbruch" an die Grundfesten der menschlichen Überzeugung rührt und sehr viel mit Erziehung und Lebenseinstellung hierzu zu tun hat, und daß ein hohes Maß an unterschiedlichen Gefühlen ausgelöst wird.
Wir haben gelernt, daß man von dem Vorurteil und der Vorverurteilung nur wegkommt, wenn man die Zuhörerinnen und Zuhörer bei Podiumsdiskussionen dazu bringt, sich selber die Frage zu stellen: Was hättest du denn getan, wenn du ungewollt gezeugt hättest? Oder: Wie hättest du reagiert, wenn deine Tochter mit 14 ungewollt schwanger geworden wäre? Oder: Wie hätten Sie reagiert oder wie würden Sie reagieren, wenn Sie in nächster Zeit ungewollt schwanger werden würden?
Wir haben auch gelernt, daß es in Ostdeutschland eine andere Sicht der Dinge gibt, daß dort dieser gesamte Problemkreis offenbar durch die Rolle der Frau in der Gesellschaft bestimmt wird, und daß es einen eklatanten Zusammenhang zwischen dem Umgang mit der Sexualität und der Art und Weise gibt, wie mit Frauen in der Gesellschaft, mit ihrer Wertigkeit und ihrer Würde umgegangen wird.
Wir haben gemerkt, daß die Frauen im Osten nach 1945 eine andere Entwicklung genommen haben: Sie sind selbständiger, sie sind eigenständiger, sie handeln auch unabhängiger. Ich denke, es ist an der Zeit, daß wir ihnen diese Unabhängigkeit und Eigenständigkeit bewahren.
({1})
Die Ursache dafür, daß die Frauen dort eine andere Entwicklung genommen haben, könnte sein, daß die Männer ihnen einfach mehr zutrauen. Bei uns war es bis 1958 so, daß ein Ehemann der Ehefrau gegen ihren Willen das Arbeitsverhältnis kündigen konnte, daß bei Ehescheidung das von der Ehefrau in die Ehe gebrachte Vermögen an den Ehemann fiel und daß sie
noch nicht einmal ein Konto eröffnen konnte. Erst 1977 wurde durch das Eherechtsreformgesetz festgelegt, daß sich Ehemann und Ehefrau im gegenseitigen Einvernehmen sowohl die Berufsausübung als auch die Haushaltspflichten teilen konnten.
Ich habe Ihnen diesen kleinen Rückblick geboten, weil ich jetzt zu einer Resolution komme, die ein Jahr später vom Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche Württembergs auf den Weg gebracht wurde und in der folgendes steht:
Die Reformation hat die individuelle Gewissensentscheidung aufgewertet, und ihr gegenüber bedeutet es einen ethischen Rückschritt, Frauen die eigenverantwortliche Entscheidung im Schwangerschaftskonfliktfall absprechen zu wollen und ihnen zu mißtrauen.
({2})
Es heißt darin weiter, dieses Mißtrauen erkläre sich nur aus der jahrtausendealten Diffamierung der Frau als verführbar, sündig und schwach, und es sei an der Zeit, daß die Kirche die Frauen nicht länger als sündiges Geschlecht schlechthin betrachte, dem man mißtrauen müsse und gegen welches man das werdende Leben durch Bestrafung und Verurteilung meine schützen zu müssen.
({3}) Dort heißt es weiter:
Den Frauen soll die Würde der Person dadurch zugestanden werden, daß man ihnen im Schwangerschaftskonfliktfall die eigenverantwortliche Gewissensentscheidung zutraut.
({4})
Das ist jetzt ein Vierteljahrhundert her. Heute stehen selbstverständlich nicht nur sieben Gesetzentwürfe auf dem Prüfstand, sondern es geht auch um Denkmodelle, es geht - fast möchte ich sagen - um Weltanschauungen, es geht dabei auch um Geisteshaltungen. Das hat tatsächlich sehr viel mit der Auffassung über die Wertigkeit und die Würde der Frau und auch mit ihren Pflichten und ihren Rechten zu tun.
Man muß sich schon die Frage stellen: Warum tun sich heute immer noch so viele Menschen - es sind nicht nur Männer, sondern es sind auch Frauen - schwer, in der Frau einen ebenso verantwortlich handelnden Menschen zu sehen wie im Manne auch? Ich denke, es kann auch nicht schaden, sich zu vergegenwärtigen, daß dies eine Entwicklung war, die im Grunde genommen auf einer zweitausendjährigen Geschichte beruht.
Erinnern wir uns doch einmal, daß 300 Jahre nach Christi Geburt bei dem Konzil von Macon eine Reihe von Bischöfen mehrere Tage darüber beriet, ob die Frau ein Mensch sei, und daß jahrhundertelang bei einer Vergewaltigung eines verlobten Mädchens nicht etwa der Täter, sondern das Opfer gesteinigt wurde. Überlegen Sie doch bitte einmal, was heute in manchen Gerichtssälen der Fall ist, wenn nachgefragt
wird, ob sich die vergewaltigte Frau auch entsprechend heftig genug gewehrt habe. Es hat alles irgendwie doch Tradition.
({5})
Wenn Thomas von Aquin, der bedeutendste Kirchentheoretiker seiner Zeit, sagen konnte - und wenn diese Meinung sehr lange anhielt -, daß die Frau ein unvollkommenes Lebewesen und nur zur Arterhaltung nötig sei und daß die Sexualität ausschließlich dem Zwecke der Zeugung zu dienen habe,
({6})
dann wundert es natürlich nicht, wenn der Naturwissenschaftler Möbius 1901 unwidersprochen behaupten konnte, daß die Frau auf Grund ihres geringeren Gehirngewichts zum Schwachsinn neige, und Schopenhauer zu der Auffassung kam, daß eine Frau ihre Gebärfähigkeit verliere, wenn sie sich gesellschaftlich engagiere.
({7})
- Meine Herren, ich weiß, daß Ihnen das vielleicht nicht so ganz gefällt, aber es muß sein.
({8})
Inzwischen, liebe Kolleginnen und Kollegen, wissen wir es nämlich besser. Wir sind im Jahre 1992.
({9})
Weder benötigt man wie Nietzsche die Peitsche, wenn man zum Weibe geht, noch sind Frauen unvollkommene Lebewesen und nötig nur zur Arterhaltung. Frauen handeln verantwortungsbewußt. Sie sind in der Lage, nach einer umfassenden Beratung, nach sorgfältiger Reflektierung ihrer persönlichen Lebenssituation und nach dem Einhalten einer Bedenkzeit im Schwangerschaftskonfliktfall eine eigenverantwortliche Entscheidung zu treffen.
({10})
Dies wurde in vollem Umfang durch die Sachverständigenanhörung bestätigt. Die Beraterinnen haben dort gesagt: Frauen sind nicht leichtfertig. Frauen handeln nicht leichtsinnig.
({11})
Sie wägen im Schwangerschaftskonfliktfall sorgfältig ab. Ungewollt schwangere Frauen empfinden ihre Situation als tragisch, als ein tiefes seelisches Trauma, als einen unausweichlichen Konflikt; denn, meine Damen und Herren, sie wollen doch das in ihnen entstandene Leben schützen und achten und wissen doch sehr wohl, daß sie im Schwangerschaftskonfliktfall beim Abbruch unter Umständen Täterin und Opfer zugleich werden.
Diese einzigartige Symbiose zwischen Mutter und Kind wird im Falle einer unerwünschten Schwangerschaft zu einem immensen Konflikt mit großer Tragweite, dessen Ausmaß und Schwere nur die Frau selbst beurteilen kann. Diese Notlage, diese Konfliktlage, ist nur von ihr selbst voll erfaßbar und nicht von Dritten stellvertretend abwägbar.
({12})
Professor Eser, der Sachverständige, sagt:
Ob die Konfliktlage, ob die Notlage einen Abbruch rechtfertigt, kann weder hinreichend von Dritten bestimmt noch von Dritten wahrhaft objektiv beurteilt werden.
Die Freien Demokraten und ebenso die Initiatoren des Gruppenantrags schließen sich dieser Auffassung an.
Unser Ziel ist es, Leben zu schützen. Deshalb wollen wir versuchen, durch Respektierung der Verantwortlichkeit der Frau deren Entscheidungsfindung auf bessere Art und Weise zu unterstützen, ja, vielleicht zu aktivieren, als das durch die Angst vor Strafe, vor strafgerichtlicher Überprüfung und Verfolgung bisher möglich war.
({13})
Wir wollen Hilfe statt Strafe!
Meine Damen und Herren, wir nehmen das ungeborene Leben als ein eigenständiges und vorrangiges Rechtsgut ernst. Wir wollen es schützen, zusammen mit der Frau, nicht gegen sie. Deshalb ist der Dreh- und Angelpunkt des F.D.P.-Gesetzentwurfs und ebenso des Antrags der Initiatoren des Gruppenantrags die Beratung. Unser Denkansatz ist die Beratung, denn wir glauben, daß ungewollt schwangere Frauen am ehesten von einem Schwangerschaftsabbruch absehen und unter Umständen zu einer alternativen Entscheidung kommen, wenn ihnen eine gute Beratung gewährt wird und ihnen massive Hilfen angeboten werden, unter denen sie sich überhaupt ein Leben als Mutter mit einem Kind vorstellen können.
Wir müssen uns doch eingestehen, daß die Perspektiven für ungewollt schwangere Frauen, wenn sie in schwierigen Lebensverhältnissen lebten, bislang eher bescheiden waren, daß die Verunsicherung der Frauen ebenso groß war wie die der Ärzte und daß die Verdrängungsmechanismen funktionierten und die ungewollt schwangere Frau in schwierigen Lebensverhältnissen mehr oder weniger alleine dastand.
Das Denkmodell der Initiatoren des Gruppenantrags und auch der F.D.P.-Fraktion beruht auf dem Verständnis - ich sage es noch einmal -, daß eine erwachsene Frau nach einer umfassenden Beratung in Kenntnis aller Hilfen verantwortungsbewußt handelt.
Unser Ziel ist es, ungewollte Schwangerschaften erst gar nicht entstehen zu lassen und deswegen die Aufklärung zu verstärken und Verhütungsmaßnahmen vorzusehen. Wir wollen eine andere SexualkulUta Würfel
tur, die durch mehr Verantwortung füreinander geprägt ist.
Ich möchte Ihnen ein paar Zahlen nennen: In Bayern gab es 1990 587 Kinder nämlich bis zu 15jährige Mädchen, di( schwanger wurden. Und es gab, wenn wir die bis zu 18jährigen nehmen, also die vollendet 13jährigen, 3 419 Mädchen, die ihr Kind austrugen und als Kinder Kinder bekamen. Ich denke, das ist bezeichnend, und das heißt für uns, daß wir die Aufklärung ganz massiv verstärken müssen.
({14})
Ich verstehe eigentlich nicht - aber unter Umständen läßt sich da ja ein Zusammenhang herstellen -, warum sich im CDU/CSU-Gesetzentwurf kein Aufklärungsteil befindet.
Zur Rechtskonstruktion werden meine Kolleginnen und Kollegen sprechen. Ich kann Ihnen nur eines sagen: Nach der Rechtskonstruktion des Gruppenantrags finden Sie dort die Mißbilligung der Tötung ungeborenen Lebens ebenso, wie der Frau massive Hilfen angeboten werden und die Beratung verpflichtend ist.
Das Zentralkomitee der Deutschen Katholiken geißelt unsere Vorstellungen im Gruppenantrag als unethisch, als unsittlich, als verantwortungslos. Sie sagen sogar, wir gäben das Leben für einen Zeitraum zu Töten frei. Ich halte es nicht für sehr christlich, anderen Menschen solche Auffassungen zu unterstellen;
({15})
denn wir haben wirklich um den besten Weg gerungen. Der Gruppenantrag ist das Ergebnis langer, langer, langer Beratungen und auch einzelner Gewissenserforschungen.
Frau Wettig hat es bereits deutlich gemacht: Bitte geben Sie doch der Öffentlichkeit bekannt, daß auch der CDU/CSU-Gesetzentwurf eine Fristenregelung enthält. Innerhalb einer Frist von zwölf Wochen darf nämlich auch bei Ihnen die ungewollt schwangere Frau einen legalen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen, wenn sie gewisse Voraussetzungen erfüllt. Der eigentliche Unterschied zwischen Ihrem und unserem Denkmodell liegt in verschiedenen Voraussetzungen. Während wir sagen, ein erwachsener Mensch, die Frau, kann in diesem für sie fürchterlichen Konflikt, in dieser Notlage eigenverantwortlich handeln, sagen Sie: Das kann sie nicht. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir müssen es so deutlich sagen: Sie sprechen der Frau in diesem Konflikt die Befähigung zum eigenverantwortlichen Handeln ab.
({16})
Sie sagen: Die Frau kann ihre Notlage nicht selbst und nicht richtig beurteilen. Sie sagen: Das kann nur ein Dritter, das kann nur ein Gynäkologe, und der hat es auch zu sein. Sie sagen: Die Frau in ihrer tiefen Not-
und Konfliktlage muß, ob sie des Deutschen mächtig ist oder nicht - jede zweite Frau, die in Deutschland einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen muß,
({17})
ist eine Ausländerin -, einen fremden Menschen davon überzeugen, wie groß nach ihrer eigenen Vorstellung ihr Elend ist. Der Arzt muß ihr - das ist Wort für Wort in Ihrem Gesetzentwurf nachzulesen - grundsätzlich mißtrauen. Er muß nachforschen, und er muß seine eigene Entscheidungsfindung gerichtsfest artikulieren und zum Zwecke der Überprüfung durch deutsche Gerichte schriftlich festhalten; denn er muß immer damit rechnen - wie in Memmingen geschehen -, daß seiner Beurteilung mißtraut wird, daß das Gericht zu einer anderen Einschätzung kommt und daß er verurteilt wird.
Verzeihen Sie mir, wenn ich das in dieser Klarheit sage, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Sie Befürworter des CDU/CSU-Gesetzentwurfes sind: Sie verlagern die Verantwortung der Frau auf den Arzt.
({18})
Sie ignorieren damit die Auffassung der Ärzteschaft. Die Ärzte sagen: Unter den Voraussetzungen, die Sie in Ihrem Gesetzentwurf festgehalten haben, stehen wir mit einem Bein im Gefängnis; wir können unter diesen Voraussetzungen keine Eingriffe vornehmen.
Ihnen muß doch die Folge klar sein: Wenn sich in der Bundesrepublik keine Ärzte mehr bereitfinden, Schwangerschaftsabbrüche vorzunehmen, werden die Frauen in die Illegalität zurückgetrieben. Was ist daran ethisch? Was ist daran moralisch?
({19})
Es gibt noch etwas - ich bitte Sie, jetzt aufmerksam zuzuhören -, was ich für wirklich unethisch halte. Die Sachverständigen haben uns im Ausschuß gesagt - das kann jeder Mensch nachvollziehen, wenn er nur nachdenkt -, daß Frauen, die die Erlaubnis zum Schwangerschaftsabbruch durch Überzeugung erreichen müssen, die unter Umständen mehrere Ärzte aufsuchen müssen, bis sie einen überzeugt haben, der die Schwere ihres Konflikts nachvollziehen kann, während der Zeit des Erlangens eines Erlaubnisscheins, dieser sogenannten Indikation, überhaupt keine alternativen Überlegungen zum Schwangerschaftsabbruch anstellen, bis sie diesen Zettel in der Hand haben, auf dem der Arzt feststellt: Jetzt kann die Schwangerschaft abgebrochen werden. Da Sie verlangen, daß der den Abbruch vornehmende Arzt derselbe sein muß, der die Indikation ausstellt, überlegt die schwangere Frau bis zu diesem Zeitpunkt nicht, ob alternative Lösungen für sie besser sind, ob sie austrägt. Das ist der Punkt, der mir bei Ihrer Indikationenregelung am meisten zu denken gibt.
({20})
Wenn Sie heute auf die Idee kommen sollten, Ihre Dokumentationspflicht aus Ihrem Gesetzentwurf durch einen Änderungsantrag herauszunehmen, dann muß ich Ihnen leider auch in aller Deutlichkeit sagen: Lassen Sie das Werfen dieser Nebelkerze.
({21})
Solange Sie auf der Indikationsstellung beharren, solange Sie wollen, daß ein Arzt den Konflikt der Frau nachvollziehen kann, solange es so ist, daß Sie die Indikationenregelung juristisch wollen, können und müssen deutsche Gerichte nachforschen und ermitteln. Da Sie - abweichend von der Meinung des Bundesverfassungsgerichts 1975 - nun zwingend vorschreiben, daß es ein und dieselbe Person sein muß, die die Erlaubnis gibt und Schwangerschaft abbricht, müssen Sie mit viel mehr Ermittlungsverfahren gegen Ärzte rechnen als nach der geltenden Indikationenregelung. Ich wiederhole daher: Sollten Sie vorhaben, Ihre Dokumentationspflicht zurückzuziehen, dann wird Ihr Gesetz eine Mogelpackung. Dann könnten Sie gleich dem Gruppenantrag zustimmen; denn der ist ehrlich.
({22})
Der Gruppenantrag ist dadurch ehrlich, daß die Frau die Verantwortung zu übernehmen hat und übernimmt. Wir hoffen, daß sie zu einer Entscheidung kommt, mit der sie ein Leben lang leben kann, die für sie ein Leben lang trägt. Deshalb ist der Dreh- und Angelpunkt die Beratung. Wir haben uns mit diesem Gruppenantrag so unendlich viel Mühe gegeben, damit er auch verfassungskonform ist. Deshalb kann ich Sie nur noch einmal bitten, uns zu glauben: Wir wollen das Leben schützen, wir werden das ungeborene Leben schützen.
Ich bitte Sie um Ihre Stimme zum Gruppenantrag.
({23})
Als nächste spricht Christina Schenk.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe 38 Jahre in der DDR gelebt, bin jetzt also Neubundesbürgerin. Ich muß Ihnen sagen: Die Debatte über die Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs, wieder in Gang gekommen durch den Anschluß der DDR an die BRD, hat micht sehr anschaulich darüber belehrt, welchen Stellenwert Frauen in dieser Gesellschaft haben.
Ich meine, der Stellenwert ist an vielem zu messen, vor allem an der Möglichkeit bzw. an der Unmöglichkeit zu ökonomisch selbständiger Existenz mittels eigenständiger qualifizierter Berufstätigkeit, ist zu messen an der Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Kinderbetreuung, am Ausmaß des Machtgefälles zwischen Männern einerseits und Frauen andererseits, an
den Gestaltungsmöglichkeiten, die Frauen in den verschiedenen Bereichen der Gesellschaft haben, und eben nicht zuletzt am Recht, über Abbruch oder Austragung einer ungewollten Schwangerschaft selbst zu entscheiden.
({0})
In all diesen Punkten, die ich genannt habe, hat das westdeutsche System, das nun ein gesamtdeutsches geworden ist bzw. bald werden wird, nicht viel zu bieten.
Seit ich in der BRD lebe,
({1})
habe ich sehr viel gelernt über das Frauenbild, den Sexismus, das Patriarchat und auch das Verhältnis zwischen Staat und Kirche in diesem Land, vor allem in der hinter uns liegenden Debatte über die Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs.
Ich möchte jetzt auf den Gruppenantrag der SPD und der F.D.P. sowie einiger Abgeordneter der CDU zur Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs eingehen, der heute als der chancenreichste gilte und von dem behauptet wird, er sei ein Fortschritt. Da erscheinen mir doch einige Relativierungen und Klarstellungen angebracht.
Ich sage es mit aller Deutlichkeit: Für Frauen, die in einem Land gelebt haben, in dem es 20 Jahre lang ein Recht für Frauen gegeben hat, ohne fremde Einmischung, ohne Strafandrohung und ohne Zwangsberatung über Fortsetzung oder Abbruch einer ungewollten Schwangerschaft zu entscheiden, ist der ausgehandelte Kompromiß eine ungeheure Zumutung. Schwangerschaft, Geburt und das Leben mit Kindern bedeuten so gravierende Veränderungen für das Leben einer Frau, daß sie selbstverständlich die Entscheidungsfreiheit darüber haben muß, ob sie eine ungewollte Schwangerschaft abbricht oder nicht. Nur wenn die Freiheit dieser Entscheidung gegeben ist und nur wenn sowohl die eine wie die andere Entscheidung als gleichwertig akzeptiert wird, kann davon gesprochen werden, daß die Würde der Frau Anerkennung erfährt.
Ich meine, der Entscheidung für den Abbruch einer Schwangerschaft steht grundsätzlich der gleiche Respekt zu wie der Entscheidung für ihre Fortsetzung. Der Zwang zur Fortsetzung einer Schwangerschaft ist ebenso verwerflich wie der Zwang zu ihrem Abbruch. Es ist eine absurde Vorstellung, daß ein Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich Unrecht sei und mit staatlicher Mißbilligung bedacht werden müsse. Dieses Denkmuster zeigt, daß die Persönlichkeitsrechte von Frauen hierzulande einen geringen Stellenwert haben.
({2})
Mit dem vorliegenden Gruppenentwurf werden nunmehr auch ostdeutsche Frauen kriminalisiert; sie werden der Bevormundung ausgesetzt und müssen sich zudem noch sagen lassen, „daß die Beratung die Schwangere in die Lage versetzen soll, eine verantwortungsbewußte eigene Gewissensentscheidung zu
treffen". Das ist an Infamie nicht mehr zu überbieten. Damit wird unterstellt, Frauen in der DDR hätten, da es eine Zwangsberatung dort nicht gab, verantwortungslos gehandelt.
Für die Ost-Frauen bedeutet der vorliegende Gruppenentwurf also eine gravierende Verschlechterung. Wer ihn als Fortschritt bezeichnet, ingnoriert, daß es in der DDR in dieser Frage bereits längst eine viel bessere Regelung gegeben hat und daß der Gruppenentwurf ein weiterer Punkt in der langen Reihe derjenigen ist, die die ostdeutschen Frauen klar und unbestreitbar zu Verliererinnen der Deutschen Einheit machen.
({3})
Auch für die westdeutschen Frauen gibt es keinen Grund zur Euphorie. Es ist unglaublich und wohl auch als ein Maß für Demokratiedefizit grundsätzlicher Art anzusehen, wenn nach 20 Jahren Kampf gegen die Indikationsregelung, gegen den Rechtfertigungszwang und gegen die Pflicht, sich beraten zu lassen, den westdeutschen Frauen zwar endlich eine Fristenregelung angeboten wird, d. h. der Begründungszwang entfällt und die Frau hat das Recht, innerhalb einer festgelegten Frist selber zu entscheiden - insofern ist das ein Fortschritt, besonders für die Frauen in den südlichen Landesteilen -, gleichzeitig aber die Beratung gegenüber der jetzt in Westdeutschland geltenden Rechtslage verschärft wird.
Es bleibt bei der Zwangsberatung - ein Widerspruch in sich, wie auch die Anhörungen ergeben haben -, die Frauen in Westdeutschland heute schon über sich ergehen lassen müssen, egal, ob frau dies will oder nicht, ob sie ein Problem mit der Abtreibung hat oder nicht, unabhängig davon, ob sie die beratende Person als solche akzeptiert, und ungeachtet dessen, daß sie ihre Entscheidung in 90 % aller Fälle längst vor der Beratung endgültig getroffen hat. Überdies muß die Beratung nach der neuen Formulierung im Unterschied zur jetzt in Westdeutschland geltenden Rechtslage dem Lebensschutz dienen.
Bisher durfte sie laut Bundesgesetz neutral sein. Die Schwangere mußte nach § 218b Abs. 1 lediglich über die Hilfen informiert werden, die die Fortsetzung der Schwangerschaft erleichtern.
Daß in der Beratung vermeintlich wertfrei ausschließlich über die physischen und psychischen Risiken einer Abtreibung informiert werden soll, nicht aber über die physischen und psychischen Risiken einer Geburt bzw. der Austragung einer ungewollten Schwangerschaft, macht deutlich, daß die Verfasser und Verfasserinnen des Gruppenentwurfes einer wirklich ausgewogenen Information keinen Raum geben. Das wird zur Folge haben, daß die in einigen Landesteilen bereits übliche Indoktrination von Frauen in Zukunft auch noch per Gesetz sanktioniert wird.
Die Beratung dient dem Lebensschutz; so steht es im Entwurf. Ich meine, hier entsteht wiederum Rechtsunsicherheit. Die Frage ist: Was muß eine Beraterin, ein Berater tun, um mit der Beratung dem Lebensschutz zu dienen? Hat er bzw. sie überhaupt die Möglichkeit, den erklärten Willen einer ungewollt schwangeren Frau, die zur Beratung kommt und den Abbruch will,
ohne den Versuch der Einflußnahme zu akzeptieren? Die Praxis wird es zeigen.
Eine weitere Verschlechterung gegenüber der jetzigen Rechtslage in Westdeutschland ist, daß in Zukunft nur noch speziell zugelassene Berater bzw. Beraterinnen die Beratung vornehmen dürfen und nicht mehr - wie zur Zeit noch - der Hausarzt oder die Ärztin des Vertrauens. Der Deal liegt eindeutig auf der Hand: Der Preis für den Wegfall der Indikation ist die Verschärfung der Zwangsberatung.
Ich nehme durchaus zur Kenntnis, daß die Zwangsberatung unter den gegebenen politischen Verhältnissen nicht zu vermeiden war. Die Ausgestaltung derselben im Kompromißentwurf, im Gruppenentwurf geht jedoch entschieden zu weit. Ich meine, hier hat sich die SPD kräftig über den Tisch ziehen lassen.
Meine Damen und Herren, ich stelle ausdrücklich noch einmal fest: Eine Zwangsberatung ist keine Bagatelle. Vielerorts gehört ein ganzes Stück Reife, persönliche Stärke und Lebenserfahrung dazu, um sie schadlos zu überstehen.
Ich meine, daß es gerade unter den Bedingungen, die sich einstellen würden, wenn der Gruppenentwurf Gesetz würde, von besonderer Bedeutung sein wird, daß es ein plurales Beratungsangebot gibt. Auch in dieser Hinsicht enttäuscht der Gesetzentwurf. Es sind keine zwingenden Vorkehrungen dafür getroffen worden, daß ein plurales Beratungsangebot wirklich entsteht. Die Angelegenheit bleibt ausschließlich in Länderkompetenz. So wird es also auch bei dem unhaltbaren Zustand bleiben, daß in einigen Ländern die Zulassung von Beratungsstellen mißliebiger Weltanschauung unterbunden wird und Beratungsstellen anderer Auffassung, gemessen am Bedarf, überproportional gefördert werden.
In der Begründung zu § 219 des Gruppenentwurfs, der die Frage der Beratung regelt, gibt es noch eine weitere dubiose Passage. Es heißt dort: Die Beratung trägt zur Vermeidung künftiger ungewollter Schwangerschaften bei. Ich kann nur hoffen, daß sich keine Frau darauf verläßt.
({4})
Offenbar gibt es immer noch Menschen, die noch nicht zur Kenntnis genommen haben, daß Sexualität grundsätzlich nicht gänzlich rational kontrollierbar ist, daß also die Vorstellung, ungewollte Schwangerschaften könnten dereinst gänzlich vermieden werden, realitätsfern und auch absurd ist.
Abgesehen davon stellt sich an dieser Stelle natürlich auch die Frage, wieso nur die Frau und nicht der Verursacher einer ungewollten Schwangerschaft zur Zwangsberatung zitiert wird. Ich denke, ich gehe nicht fehl, wenn ich meine, daß das auch wieder mit dem Frauenbild einerseits und dem Männerbild andererseits in dieser Gesellschaft zu tun hat.
Noch ein Wort zum Verfassungsgerichtsurteil von 1975. Der Logik dieses Urteils zufolge hätten die sozialen Leistungen für Schwangere, die es im Osten gab, nicht nur erhalten, sondern auf den Westen übertragen werden müssen. Mit dem systematischen
Abbau dieser Leistungen bei gleichzeitiger Einführung der §§ 218 und 219 wird genau das Gegenteil von dem praktiziert, was Regierung und Parteien immer tun zu wollen vorgeben. Es wird nicht nach dem Prinzip Hilfe statt Strafe, sondern umgekehrt nach dem Prinzip Strafe statt Hilfe verfahren.
Ich werde dem Gruppenentwurf ebenso wie dem Entwurf der CDU/CSU und dem Werner-Entwurf nicht zustimmen, weil das Frauenbild, welches dem Gesetzentwurf zugrunde liegt, zutiefst patriarchalisch ist. Es ist eine Frist vorgesehen, die nicht notwendig ist. Jede Frau hat von sich aus ein elementares Interesse daran, eine ungewollte Schwangerschaft zum frühestmöglichen Zeitpunkt abbrechen zu lassen. Es wird eine Zwangsberatung vorgeschrieben, und diese unterstellt, daß Frauen per se unmündig und unwissend seien und, quasi außerhalb der Kultur stehend, zu verantwortungsvollem Handeln nicht in der Lage seien. Ich werde nicht zustimmen, weil der Gruppenentwurf eine drastische Verschlechterung der Situation der ostdeutschen Frauen vorsieht.
Es wird immer wieder argumentiert, die Freigabe der Abtreibung sei grundgesetzwidrig. Ich meine, das Menschenrecht jeder Frau, darüber zu entscheiden, ob sie ein Kind will oder nicht, ist im Grundgesetz dreifach verankert, und zwar in Art. 1- Unantastbarkeit der Würde des Menschen -, in Art. 2 - freie Entfaltung der Persönlichkeit - und in Art. 3 - Gleichheit vor dem Gesetz -.
Die angebliche Verfassungswidrigkeit der Freigabe der Abtreibung beruht auf einem definitorischen Kunstgriff, der die Leibesfrucht der Frau, die unzweifelhaft Teil des Körpers der Frau ist, zu einem eigenständigen Menschen umdefiniert.
({5})
Auf der Grundlage dieser Fiktion wird der Fötus zum Rechtsgut, der staatlichen Schutz beanspruchen kann. Man kann dies so sehen, d. h. diese Auffassung verdient durchaus Respekt wie andere Auffassungen auch. Aber diese Auffassung nun mit dem Etikett der universellen Geltung zu versehen ist totalitär und wohl nur vor dem Hintergrund des noch immer großen Einflusses der christlichen Religion zu verstehen.
Ich sehe mich leider am Ende meiner Redezeit angekommen. Vielleicht ein Satz zum Schluß: Egal, welche Entscheidung der Bundestag heute treffen wird, die Frauenbewegung - die in Ost und die in West - wird das nicht hinnehmen. Der § 218 gehört auf den Müllhaufen der Geschichte, und da wird er auch landen. Das ist absolut sicher.
({6})
Als nächste spricht die Abgeordnete Petra Bläss.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die heutige Debatte findet statt, weil wir als gesamtdeutscher Gesetzgeber einen konkreten Auftrag durch Art. 31 des Einigungsvertrages übertragen bekommen haben. Dieser schreibt uns vor, „eine Regelung zu treffen, die den Schutz vorgeburtlichen Lebens und die verfassungskonforme Bewältigung von Konfliktsituationen schwangerer
Frauen vor allem durch rechtlich gesicherte Ansprüche für Frauen, insbesondere auf Beratung und soziale Hilfen, besser gewährleistet, als dies in beiden Teilen Deutschlands" - sprich: Sommer 1990 - „derzeit der Fall ist" .
Die unterzeichnenden Seiten des Einigungsvertrages gingen also davon aus, daß sich beide bisher geltenden Regelungen, der § 218 mit seiner Indikationsregelung und die Fristenregelung der DDR, für das Erreichen dieser Zielsetzung als nicht geeignet erwiesen haben. Soweit es den § 218 anbelangt, stimme ich den Herren Unterzeichnern auch zu. Die geltende Indikationsregelung hat sich nicht bewährt, hat keinen Schwangerschaftsabbruch verhindert, sondern Frauen entwürdigt und kriminalisiert und bietet durch seine von Bundesland zu Bundesland schwankende Auslegungspraxis keine Rechtssicherheit.
({0})
Die Protokollerklärung zur Unterzeichnung des Einigungsvertrages besagt weitergehend, daß sich beide Vertragsparteien darüber einig waren, daß eine gesetzliche Neuregelung insbesondere folgende Bestandteile enthalten soll: „einen Rechtsanspruch für schwangere Frauen auf Beratung und finanzielle und soziale Hilfen, wirksame Rechte und Unterstützung für Mütter über die bestehenden sozialen Leistungen hinaus, bei Schwangerschaftskonflikten Wegfall der Strafandrohung bei Schwangerschaftsabbrüchen in den ersten drei Monaten".
Diesen Auftrag ernst zu nehmen heißt zwangsläufig, sich nicht ausschließlich an der derzeit in den alten Bundesländern geltenden Regelung und dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1975 zu orientieren, sondern mindestens ebenfalls, die sozialen Regelungen beider vertragschließender Seiten zu prüfen und für ein einheitliches neues Gesetz bessere als zur Zeit geltende zu finden.
In diesem Parlament scheinen allerdings einige Politiker zu hoffen, daß zwei Jahre nach dem Anschluß eh kein Ossi mehr weiß, welche sozialpolitischen Regelungen es in der DDR gab, die Frauen eine selbständige ökonomische Existenz auch mit Kindern sicherten. Sicher ist hier nicht die Zeit, auf alle diese Regelungen einzugehen. Deshalb möchte ich an dieser Stelle besonders auf einige besonders drastischen Fehlleistungen - immer in bezug zum Einigungsvertrag - in den heute vorliegenden Entwürfen aufmerksam machen.
Den geforderten Rechtsanspruch auf Beratung sowie finanzielle und soziale Hilfen beispielsweise halte ich für dringend erforderlich. Nur hat sich im Falle der Beratung aus dem vorgesehenen Anspruch eine Pflicht entwickelt. Der als dritter Punkt des Protokolls geforderte Wegfall der Strafandrohung ist in den vorliegenden Gesetzentwürfen genau an diese Pflichtberatung gekoppelt. Das scheint mir im strikten Widerspruch nicht nur zum Wortlaut, sondern auch zu den Intentionen des Einigungsvertrages zu stehen.
Nun zu den finanziellen Hilfen. Ich beginne mit solchen für Verhütungsmittel. Schließlich wurde und wird auch in diesem Hause von allen Seiten immer wieder betont, daß die Verhütung die beste Methode
sei, Schwangerschaftsabbrüche zu vermeiden. Die hier von verschiedenen Einbringern vorgesehenen Hilfen muten wie ein böser Scherz an, etwa wenn sie nur für Frauen und nur bis zum vollendeten 20. Lebensjahr gelten. Ich finde es peinlich, daß es sich die arme, mißbewirtschaftete DDR leisten konnte, allen Frauen Verhütungsmittel gratis zur Verfügung zu stellen, während die reiche Bundesrepublik nicht einmal das schafft, ganz zu schweigen von der vertanen Chance, mit einem neuen Gesetz auch für Männer solche Verhütungsmittel kostenlos bereitzustellen.
({1})
Die Möglichkeit, hier zumindest einen ersten Schritt nach vorn zu machen, hätten wir übrigens gehabt: mit der Annahme des bereits im Mai vergangenen Jahres von der PDS/Linke Liste eingebrachten Antrags zur kostenlosen Bereitstellung von Schwangerschaftsverhütungsmitteln.
Wie sieht es mit den sozialen Hilfen für Frauen mit Kindern aus? Da wäre zuerst die mit so großer Medienwirksamkeit angekündigte Festschreibung eines Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz für jedes Kind. Nur hat Finanzminister Waigel schon erklärt, daß er frühestens ab 1998 bereit ist, diesen auch zu finanzieren. Es sei nur kurz daran erinnert, daß in der DDR nicht nur für jedes Kind ein Rechtsanspruch auf einen Kinderkrippen-, Kindergarten- und Hortplatz bestand, sondern daß es diese Plätze auch tatsächlich gab. Daran muß sich eine Neuregelung schon messen lassen.
({2})
Halbtagsplätze für Kinder ab drei Jahren, wie im Westen üblich, fallen bei dieser Meßlatte glatt durch. Denn Alleinerziehende z. B. können sich unter diesen Bedingungen eine Vollzeitbeschäftigung abschminken.
Seit zwei Jahren werden immer mehr Kindereinrichtungen in den neuen Bundesländern geschlossen. Doch statt diesen Trend zu stoppen und das Netz der noch vorhandenen Einrichtungen wieder zu erweitern, wird in Kauf genommen, daß der Versorgungsgrad im Osten allmählich den miserablen Stand des Westens erreicht, bis endlich der Rechtsanspruch auch wirklich gelten soll.
({3})
Es bleibt für mich ein absoluter Widersinn, die Strafandrohung für die betroffenen Frauen sofort nach der Verabschiedung des Gesetzes in Kraft treten zu lassen, die vom Bundesverfassungsgericht und im Einigungsvertrag als Voraussetzungen für ein verfassungskonformes Verhalten geforderten sozialen Rahmenbedingungen aber erst Jahre später zu verwirklichen.
({4})
Wie sieht es nun mit den arbeitsrechtlichen Begleitmaßnahmen aus, die Frauen eine eigenständige Existenz auch mit Kindern ermöglichen sollen? Das vorgeschlagene Hilfsangebot besteht nicht etwa darin, für Mütter besondere Beschäftigungsprogramme aufzulegen oder Alleinerziehenden einen
besonderen Kündigungsschutz zu gewähren bzw. Eltern zur Pflege erkrankter Kinder bei Lohnfortzahlung freizustellen. Statt dessen müssen Mütter beim Arbeitsamt nach wie vor die gesicherte Betreuung ihrer Kinder nachweisen, um als arbeitssuchend zu gelten und Leistungen beziehen zu können. Umschulungsmaßnahmen durch Unterhaltsgeld und höhere Kinderbetreuungssätze zu erleichtern, ist beileibe kein ausreichendes Konzept.
Und was bieten die Gesetzesvorschläge als Ersatz für den weggefallenen DDR-Haushaltstag an? Ein Haushaltstag für Frau und Mann wäre eine wirkliche Verbesserung gewesen. Aber davon habe ich nichts gelesen.
({5})
Zurück zur Protokollerklärung zum Einigungsvertrag: Die Unterzeichnenden fordern bei einer gesetzlichen Neuregelung des Abtreibungsrechts den Wegfall der Strafandrohung bei Schwangerschaftsabbrüchen in den ersten drei Monaten. Hier findet sich im übrigen die Meinung einer klaren Bevölkerungsmehrheit in Ost und West wieder. Ich bin der Ansicht, daß der Gesetzentwurf der PDS/Linke Liste zur Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs und zur Sicherung von Mindeststandards für Frauen zum Schwangerschaftsabbruch - auch und gerade weil er noch darüber hinausgeht - dieser Forderung voll und ganz gerecht wird.
Wir fordern durch die ersatzlose Streichung der §§ 218, 219 des Strafgesetzbuches und durch die Erweiterung des Art. 2 des Grundgesetzes, in dem die Entscheidungsfreiheit von Frauen über Austragen oder Abbruch einer Schwangerschaft verfassungsrechtlich geschützt werden soll, eine grundsätzliche Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs.
({6})
Als flankierende Maßnahme schlagen wir ein Gesetz vor, das einen Rechtsanspruch für Frauen auf Abbruch einer ungewollten Schwangerschaft beinhaltet und Mindeststandards für Frauen sichert, so daß sie überall in der gesamten BRD die bestmögliche medizinische Versorgung bei Schwangerschaftsabbrüchen erhalten.
Ausdrücklich betonen möchte ich, daß wir einen gesetzlich verankerten Ausschluß der Beratungspflicht fordern. Wir sind der Ansicht, daß sich Fremdbestimmung vor allem durch eine verpflichtende Beratung - noch dazu mit Beratungsziel - vollzieht, ein entscheidendes Instrument, Frauen den Abbruch so schwer wie möglich zu machen.
Zudem sind wir der Auffassung, daß Sexual- und Verhütungsmittelberatung ebenso wie sämtliche sozial flankierende Maßnahmen für ein Leben mit Kindern eine gesellschaftliche Querschnittsaufgabe darstellen und deshalb derartige Regelungen nicht unmittelbar mit dem Problembereich des Schwangerschaftsabbruchs zu verknüpfen sind.
Dies entbindet den Gesetzgeber selbstverständlich nicht, gleichzeitig mit einer Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs für eine ausreichende gesetzliche Absicherung im Sinne einer wahrhaft kinder- und elternfreundlichen Gesellschaft Verant8238
wortung zu tragen. Und daran hapert es ja wohl angesichts der heute auf dem Tisch liegenden halbherzigen und zum Teil unverbindlichen Vorschläge allemal.
Meine Damen und Herren, angesichts der Tatsache, daß seit Monaten nur noch von der Alternative Indikationsregelung oder Fristenregelung mit Beratungszwang die Rede ist, möchte ich noch einmal darauf hinweisen, daß wir Abgeordneten innerhalb des heutigen Abstimmungsmarathons auch darüber zu entscheiden haben, ob der frauenfeindliche § 218 ersatzlos gestrichen wird oder nicht. Denn natürlich lautet heute abend die Gretchenfrage: Kann eine Frau endlich über ihren Körper und ihr eigenes Leben selbst bestimmen oder wird sie weiterhin kriminalisiert oder bevormundet? Bei dieser Entscheidung sollten wir uns durchaus auch einmal vor Augen führen, welch unsägliche Tragödie die 121jährige Geschichte des Abtreibungsverbots in Deutschland darstellt.
Lassen Sie mich deshalb mit einem Zitat des Memminger Arztes Horst Theissen schließen:
Wenn wir die Geschichte dieses Paragraphen realistisch, d. h. aufrichtig und nüchtern analysieren und resümieren, ergibt sich eine gespenstische Chronik von erschütterndem Elend, chronischen Unterleibserkrankungen, psychischen Traumata und Todesfällen. Dies alles sind ursächliche Konsequenzen der Kriminalisierung und Strafverfolgung der Abtreibung, nicht Folgen der Abtreibung selbst. Überdies ist der Paragraph, besonders in der neueren Zeit, zu einem Synonym geworden für Illegalität und Heimlichtuerei, für Unmündigkeit, Fremdbestimmung und Bevormundung, für Diskriminierung, Willkür und Bestrafung. Der Abtreibungsparagraph ist für unsere Gesellschaft ein Armutszeugnis, ein Beweis der Ohnmacht, mit dem Problem der unerwünschten Schwangerschaft anders als mit dem Instrumentarium der Strafjustiz fertig zu werden, ist damit auch ein Zeichen unserer demokratischen Unmündigkeit.
Ich danke Ihnen.
({7})
Als nächste spricht Ursula Männle.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unsere Verfassung bietet einen weiten Gestaltungsrahmen für den offenen Streit um die besseren politischen Konzepte. Offenheit bedeutet nicht totale Beliebigkeit; weltanschaulicher Pluralismus bedeutet nicht Wertneutralität.
Treffend formulierte Konrad Hesse: „Die Verf as-sung läßt nicht nur offen, sondern sie legt auch verbindlich fest, was nicht offenbleiben soll" . Dies führt zur schwierigen Frage nach dem Verhältnis von Freiheit und Bindung, von Freiheit und Verantwortung. Das Problem des Schwangerschaftsabbruches
liegt wie kein anderes im Schnittpunkt dieser Fragen. Einfache Antworten versagen hier.
Auch wenn alte Reizwörter von einigen extremen Beispielen einmal abgesehen - die öffentliche Debatte nicht mehr so wie 1974 beherrschen, so sind leider doch irreführende problemkürzende Aktionen wie die der SPD zu registrieren. Die SPD-Bundestagsfraktion wirbt: „218 ist zuviel, Selbstbestimmung heißt das Ziel". Darin zeigt sich, daß es nicht nur - wie immer behauptet wird - um den angemessenen und erfolgversprechenden Weg effektiven Lebensschutzes geht. Es geht um grundsätzlich andere Bewertungen.
Frau Wettig-Danielmeier, gerade in Ihrer Rede ist dies mit Ihrem Schlußsatz deutlich geworden. Mir hat in Ihrem Schlußsatz das Kind gefehlt.
({0})
Sie haben von der Würde der Frau gesprochen. Die Würde der Frau, ja, aber das Recht des ungeborenen Kindes: Wo ist das Kind in Ihrem Schlußsatz geblieben?
({1})
Glaubwürdigkeit ist zu Recht Beurteilungsmaßstab und Prüfstein für die politisch Handelnden. Politische Glaubwürdigkeit heißt Übereinstimmung von Wort und Tat, aber auch Übereinstimmung von Worten und Taten mit den Verfassungsprinzipien, mit dem Verfassungsauftrag. Unser Grundgesetz enthält nicht nur Individualrechte. Es statuiert auch klare, individuelle und vor allem staatliche Pflichten, insbesondere eine Verpflichtung zur Sicherung der Grundrechte aller -zum Schutz der Schwächeren gegen die Stärkeren.
Es geht in der heutigen Debatte nicht, wie von einigen oberflächlich betrachtet, um das Prinzip: „Jeder lebe nach seiner Fasson". Die Legitimität unterschiedlicher Lebensstile ist unumstritten. Es geht heute um den Grundwert Leben. Es geht nicht nur um die Frage, wie der einzelne leben kann und will, sondern ob jemand leben darf.
Abtreibung ist Tötung von Leben. Der Staat ist verpflichtet, Leben zu schützen. Dazu sagt das Bundesverfassungsgericht:
Der Staat darf sich seiner Verantwortung nicht durch Anerkennung eines rechtsfreien Raumes entziehen, indem er sich der Wertung enthält und diese der eigenverantwortlichen Entscheidung des einzelnen überläßt.
Fristenregelungen umgehen, unabhängig von ihrer jeweiligen Modifikation, die schwierige Rechtsgüterabwägung zwischen Selbstbestimmungsrecht der Frau und Lebensrecht des Ungeborenen. Das Selbstbestimmungsrecht wird zum „Bestimmungsrecht" über andere, zur Verfügungsgewalt über andere. Das Lebensrecht des Kindes steht damit zur Disposition. Das ungeborene Kind ist rechtlich schutzlos.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ob sich eine Frau für ein Kind entscheidet, dies hängt vor allem davon ab, wie sie in unserer Gesellschaft mit einem Kind leben kann. Die Entscheidung der Frau ist
immer auch eine Entscheidung ihres sozialen Umfeldes,
({2})
ihres Partners, ihrer Eltern, ihres Arbeitgebers. Und viele Frauen machen die Erfahrung, daß der Begriff „Kind" nur negativ ausgelegt wird: keine angemessene Wohnung, kein zukunftsträchtiger Job, kein beruflicher Aufstieg, keine ausreichende ideelle und materielle Anerkennung durch die Gesellschaft.
Die Schriftstellerin Christa Peikert-Flaspöhler schreibt in einem Gedicht:
Die junge Frau hat nicht abgetrieben. Sie schützte das Kind und schenkte ihm das Leben. Ihr selber will niemand etwas zum Leben schenken.
Vor allem Frauen in den neuen Bundesländern, die ja die Hauptlast der gesellschaftlichen Veränderungen tragen, fragen zu Recht: Was bedeuten Grundwerte im Alltag? Verpflichten sie nur die Frauen oder z. B. auch die Arbeitgeber? Wie familienverträglich ist die freiheitliche Wirtschaftsordnung? - Nicht selten wird von Frauen eine totale Unterordnung ihrer Familienplanung unter die Gebote der Betriebsplanung gefordert.
Sicherlich wäre jetzt eine generelle Schelte der Arbeitgeber unangemessen. Zahlreiche Beispiele aus völlig anderen Bereichen ließen sich hier anführen. All dies verletzt grundlegende Verfassungsnormen. Auch wir als politisch Handelnde dürfen uns hier nicht ausschließen.
Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, fragen wir uns doch auch, was wir in den letzten Jahren getan haben, um zu einem Ja zum Kind beizutragen. Was haben wir seit 1982 in der Politik alles geleistet?
({3})
Wir haben - und ich betone: wir - die Anrechnung von Kindererziehungszeiten in der Rentenversicherung eingeführt ({4})
derzeit drei Jahre pro Kind. Wir haben Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub eingeführt und werden letzteren jetzt verlängern.
({5})
Wir haben die Dauer der Freistellung vom Arbeitsplatz bei Krankheit des Kindes verlängert. Wir haben zahlreiche andere Gesetze, die beispielsweise den Kündigungsschutz und Unterhaltsvorschuß betreffen, verbessert, um zu einem Ja zum Kind beizutragen. Wir haben auch für die neuen Bundesländer - wir werden dies morgen endgültig im Rahmen der Verabschiedung des Nachtragshaushaltes tun - die Mittel für den Hilfsfonds für Mutter und Kind um 100 % erhöht.
({6})
All dieses sind Leistungen, die wir in diesem Zusammenhang erwähnen müssen. Aber natürlich müssen
wir unsere Bemühungen fortsetzen. So hat unser
Gesetzentwurf auch die Fortsetzung der bereits 1982 begonnenen Politik zum Ziel.
Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, Politik allein kann dies alles nicht leisten. Auch wir als Einzelne, alle Menschen draußen im Lande, müssen etwas tun,
({7})
um unsere Gesellschaft zu verändern. Fragen wir uns doch wirklich einmal kritisch: Wie reagieren wir auf eine große Familie, die in unserer Nähe wohnt, mit mehreren Kindern, die sich selbstverständlich entfalten müssen? Wie reagieren wir darauf?
({8})
Wie reagieren wir darauf, wenn eine ledige Frau ein Kind bekommt? Es ist leider Gottes immer noch so, daß hinter vorgehaltener Hand getuschelt wird.
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Und wenn dies nicht geändert wird, wenn wir diesbezüglich keine wirkliche Bewußtseinsänderung in unserer Gesellschaft erreichen, dann erreichen wir auch mit wie auch immer gearteten Gesetzen nichts.
({10})
Meine Damen und Herren, viele - auch Kollegen hier im Hause - erliegen der Versuchung, Abtreibung zur alleinigen Angelegenheit von Frauen zu erklären. Sie unterbreiten sogar den Vorschlag, darüber dürften nur Frauen diskutieren und abstimmen.
({11})
Zynisch möchte ich dazu anmerken: Im Parlament würde eigentlich nur Männeralltag demonstriert. Ein männerloses Parlament heute wäre Spiegelbild einer vaterlosen Familie, wie wir sie leider immer wieder vorfinden.
({12})
Abtreibung ist kein Frauenrecht, keine reine Frauenfrage. Betroffen sind Frauen, Männer und vor allem Kinder. Verantwortlich sind Frauen und Männer. Warum sollen sich diejenigen, die maßgeblich am Entstehen von Leben beteiligt sind, der Verantwortung für das entstandene Leben entziehen dürfen?
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Vaterschaft verpflichtet. Wir müssen endlich von der Vorstellung Abschied nehmen, daß Manner mit der Schwangerschaft nichts zu tun hätten und diese nur Frauen etwas anginge. Sofern sich hier kein grundlegender Wandlungsprozeß einstellt, zahlen Frauen immer die Zeche ({13})
wenn sie sich für und wenn sie sich gegen das Kind
entscheiden. Frauen werden häufig allein gelassen.
Auch die, die abgetrieben haben, tragen oft lebens8240
lang an den Folgen. Auch sie brauchen unser Verständnis.
Die Behauptung, die Fristenregelung sei frauenfreundlich, ist falsch. Fristenregelungen sind immer männerfreundlich.
({14})
Die Frau Kollegin Würfel unterstellt uns ein Frauenbild, das in unserer Fraktion nicht herrscht. Sie unterstellt uns, wir würden Frauen entmündigen. Wer denn anders als die Frau soll die Entscheidung für oder gegen das Kind treffen? - Natürlich ist es die Frau, die diese Entscheidung trifft, die zum Arzt geht, die sich beraten läßt und, wie ich denke, auf verantwortungsbewußte Beraterinnen und Berater trifft. Wer denn anders als die Frau soll diese Entscheidung treffen?
({15})
Sie haben ganz recht, jetzt kommt das Aber: Aber natürlich muß auch der Arzt für sich entscheiden, ob er diesen Eingriff vornimmt, ob er tatsächlich abtreibt.
({16})
Kein Arzt kann gezwungen werden, eine Abtreibung vorzunehmen. Er muß auch für sich rechtfertigen, ob er diese Abtreibung vornimmt oder nicht, ob diese Konfliktlage vorliegt oder nicht. Er muß für sich seine ärztliche Erkenntnis festhalten.
({17})
Es gibt keine ominöse Dokumentationspflicht. Dies wird hier in der Diskussion immer fälschlich behauptet. Es geht darum, daß die ärztliche Erkenntnis festgehalten wird.
({18})
Meine sehr geehrten Damen und Herren, in den vergangenen Jahren ist oft die Frage gestellt worden: Dürfen wir alles, was wir können? Ist das Machbare auch ethisch vertretbar? In der Umweltpolitik - dies nur als Beispiel - plädieren wir für mehr gesetzliche Maßnahmen. Wir vertrauen auf die edukative Wirkung, auf die bewußtseinsbildende Kraft des Rechts.
Muß nicht aber, was für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen gilt, auch für das Lebensrecht des Ungeborenen gelten?
({19})
Messen wir hier nicht mit zweierlei Maß? Ich frage Sie dies wirklich ernsthaft.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die heutige Debatte ist für mich eine Grundsatzdebatte, in der nicht nur die einzelnen Abgeordneten ihre Voten begründen, sondern in der wir uns fragen müssen, wie hoch wir die Bindungs- und Verpflichtungskraft unserer gemeinsamen Normen einschätzen. Viele verweisen auf die schwindende Akzeptanz des Rechts, auf Werteverschiebungen und auf das Auseinanderklaffen von Theorie und Praxis.
Sicher trifft es zu, daß Recht vom Rechtsbewußtsein der Bürger getragen werden muß. Umfragen signalisieren leider auch eine schwindende Wertschätzung des Lebensrechts des Ungeborenen.
Heißt dies, daß Politiker und Politikerinnen Grundwerte der Verfassung aufgeben dürfen? -Müssen wir also resignieren oder gar kapitulieren? - Ganz im Gegenteil: Wir müssen all unsere Kräfte für den Erhalt der Grundwerte mobiliseren. Erinnern wir uns eines Satzes von Montesquieu: Etwas ist nicht Recht, weil es Gesetz ist, sondern es muß Gesetz sein, weil es Recht ist.
({20})
Der Mehrheitsentwurf der CDU/CSU versucht, eine Antwort auf eine schwierige Konfliktsituation zu finden. Wir votieren nicht für ein Entweder-Oder, sondern für ein Sowohl-als-auch, und zwar für den helfenden Sozialstaat und den normierenden Rechtsstaat. Wir bekennen uns zur notwendigen Einheit von sozialen Maßnahmen, Beratung zum Leben und strafrechtlichen Regelungen. Die heutige Entscheidung beendet eine lange parlamentarische Diskussion. Sie beendet aber nicht unsere Verpflichtung zum Lebensschutz.
Ich greife nochmals das Gedicht von Frau PeikertFlaspöhler auf:
Die junge Frau hat nicht abgetrieben, die Sorge treibt sie von einer verschlossenen Hand zur anderen.
Wir sehen, die eigentliche Arbeit beginnt erst. Wir müssen für das Leben werben, bewußtseinsbildend wirken, und zwar durch Glaubwürdigkeit im Handeln.
({21})
Als nächster spricht der Abgeordnete Hans de With.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Solange unser Strafgesetzbuch existiert, ist der § 218 umstritten. Damit leben wir seit 121 Jahren. Bis 1974 war nach dem Wortlaut des Strafgesetzbuches der alten Bundesrepublik jeder Abbruch strafbar, gab es damit die äußerste Form der Mißbilligung eines Schwangerschaftsabbruchs. Dennoch gab es auch jedes Jahr bis dahin, sehr vorsichtig geschätzt, mehr als 100 000 illegale Abbrüche, gab es ungezählte tote Frauen infolge eines verbotenen Eingriffs, in den letzten Jahren bis 1974 etwa 100 jährlich.
Seit 1976 gilt in den alten Bundesländern, wie wir wissen, das sogenannte Vier-Indikationen-Modell. Es konnte bis heute nicht befriedigen. Der unselige Prozeß von Memmingen und die immer noch zu hohe Abbruchrate belegen das schlaglichtartig.
In der DDR war übrigens seit 1972 der Weg der Fristenregelung ohne Beratungspflicht eingeschlagen worden, erklärtermaßen auch, um der Familienplanung zu dienen. Diese Regelung gilt bis heute fort. Sie wird verfassungsrechtlich ab 1. Januar 1993 nicht länger zu halten sein.
Der Einigungsvertrag verpflichtet uns deshalb - ich wiederhole das noch einmal verkürzt zitiert -,
„spätestens bis 31. Dezember 1992 eine Regelung zu treffen, die den Schutz vorgeburtlichen Lebens . . . besser gewährleistet, als dies in beiden Teilen Deutschlands derzeit der Fall ist."
Hinzu kommt, daß wir durch das Bundesverfassungsgericht wissen, welche Voraussetzungen die Richter vor beinahe 20 Jahren nach der Verfassung für notwendig hielten.
Der Deutsche Bundestag hat heute die Möglichkeit, in freier Abstimmung mit Hilfe des Gruppenantrags diesen Auftrag zu erfüllen, nämlich die Strafnormen für den Schwangerschaftsabbruch wirklich zu reformieren, und zwar in Form einer verfassungsfesten Fristenregelung. Auch sie wird keineswegs alle Probleme lösen können; kein Gesetz würde das leisten können. Ungelöstes, Bedrückendes und Leid werden immer zurückbleiben. Aber diese Reform hilft dem werdenden Leben, hilft der Frau und ist geeignet, durch praktisch alle Gesellschaftsschichten hindurch - ich sage, alle - breite Zustimmung in der Bevölkerung zu finden.
({0})
Denn sie bringt mehr Hilfe als Strafe, und vor allem vertraut sie der Frau, mißtraut ihr nicht.
({1})
Jedes Indikationenmodell, aber auch jedes, leidet an zwei unübersehbaren Mängeln. Es unterliegt immer der strafrechtlichen Nachprüfung, auch wenn, um es noch einmal zu wiederholen, die Dokumentationspflicht durch den die Indikation feststellenden Arzt gestrichen würde. Ein Prozeß von Memmingen ist so niemals ausgeschlossen.
Jede Indikationsregelung unterwirft die Frau zusätzlich der Ungewißheit der Entscheidung eines Dritten und damit der Unwägbarkeit ihrer eigenen Entscheidung. Wer die Überprüfbarkeit der Stellung der Indikation durch den Richter beseitigen und damit die Wiederholung von Memmingen verhindern will, kommt zu einem Modell - ob er will oder nicht und wie immer er es nennen mag -, das herkömmlicherweise als Fristenregelung bezeichnet werden wird.
Die Fristenregelung des Gruppenantrages ist nicht identisch mit dem Fristenmodell des Jahres 1974. Sie ist ausgerichtet an den vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Grundsätzen. Die mehr als 30 Stunden intensiven Verhandlungen zwischen Kolleginnen und Kollegen der F.D.P. und uns und - das kommt hinzu - die rund 20 Stunden Sitzungen mit Kolleginnen und Kollegen aus der CDU und den Gruppen haben den SPD-Antrag, für viele von uns sehr schmerzlich, nicht unerheblich verändert. Sie haben aber auch, so meine ich wenigstens, die Regelung lesbarer und für einen größeren Teil der Abgeordneten akzeptabel gemacht und dennoch der Frau die Möglichkeit belassen, in den ersten zwölf Wochen eine eigenverantwortliche Entscheidung zu treffen.
Diese Regelung hält auch den von den Bundesverfassungsrichtern gesetzten Anforderungen stand. Das Bundesverfassungsgericht hatte eingeräumt, daß eine durchgängige Strafdrohung nicht erforderlich ist, sie vielmehr nur im äußersten Fall geboten sei - ich zitiere -, „wenn der von der Verfassung gebotene
Schutz auf keine andere Weise erreicht werden kann".
Damit aber ist eine Fristenregelung grundsätzlich möglich. Sie ist in dieser Situation möglich, da 121 Jahre gezeigt haben, daß weder mit durchgängigen Strafdrohungen noch mit einer sehr liberalen Indikationenregelung der erwähnte, von der Verfassung gebotene Schutz erreicht werden konnte.
({2})
Der Gruppenantrag bringt auch die vom Bundesverfassungsgericht verlangte Mißbilligung des Schwangerschaftsabbruchs hinreichend deutlich zum Ausdruck. § 218 bedroht den Schwangerschaftsabbruch schlechthin mit Strafe. Die Straflosigkeit im Rahmen der 12-Wochen-Frist beseitigt also nicht mehr, wie es die Fristenregelung noch im Jahre 1974 vorsah, den Straftatbestand als solchen, sondern nur die Rechtswidrigkeit des Handelns.
Außerdem ist die Straflosigkeit an die vorangegangene Beratung durch den Arzt gebunden und daran, daß der Eingriff von einem Arzt vorgenommen wird.
Die Beratung hat in dem vorgesehenen § 219 des Gruppenentwurfs eine unübersehbare Hinwendung zur Erhaltung des werdenden Lebens gefunden.
({3})
Der hohe Stellenwert der Beratung kommt außerdem dadurch zum Ausdruck, daß die Überschrift des § 219 „Beratung der Schwangeren in einer Not- und Konfliktlage" zukünftig in der eigentlichen Fristenregelung des § 218a ausdrücklich erwähnt wird.
Die neue Beratungsregelung - das Bundesverfassungsgericht hatte 1974 die damalige Beratungspflicht für nicht hinreichend angesehen - spricht in ihrem Wortlaut für sich selbst. Lesen Sie sie bitte einmal sorgfältig nach!
Das Verfassungsgericht hat außerdem verlangt, es sei „Aufgabe des Staates, in erster Linie sozial- und fürsorgerische Mittel zur Sicherung des werdenden Lebens einzusetzen". Daß der Gruppenantrag dem entspricht, wird auch für den eiligen Leser, meine ich, auf Anhieb deutlich. Es kann deshalb mit gutem Grund gesagt werden, daß im Gegensatz zu damals jetzt die Parameter umgekehrt werden: An erster Stelle stehen Hilfsmaßnahmen, erst an zweiter Stelle steht die strafrechtliche Absicherung.
Wir wissen von den Finanzministern und Senatoren, daß wir damit an die äußerste Leistungsfähigkeit von Bund, Ländern und Gemeinden gegangen sind. Das schließt keineswegs aus - das betone ich hier -, daß in Zukunft nicht noch weiter nachgebessert werden kann.
({4})
Alle Erfahrung hat gezeigt, daß bloße Strafdrohungen nicht helfen. Ohne die Frau geht es nicht, gegen sie überhaupt nicht.
({5})
Mit ihr dürfen und müssen wir es wagen; denn die letzte Verantwortung trägt allein sie. Ich füge hinzu: Ohne sie ist zumindest in den ersten drei Monaten und wohl noch etwas danach das Leben in ihr nicht lebensfähig.
Das bei den vorliegenden sieben Anträgen jede Gruppierung versucht, ihrer Meinung zur Mehrheit zu verhelfen, ist legal und legitim. Daß außerhalb des Parlaments versucht wird, auf die Abgeordneten einzuwirken, ist normal. Das ist normal auch bei einer Gewissensfrage wie dieser. Nur: Wir haben peinliche Überziehungen erlebt.
({6})
Ich sage aber auch selbstkritisch zu uns: Jeder sollte dazu beitragen, daß Andersdenkende ohne Schwierigkeiten auch Andersabstimmende sein können.
({7})
Wir sollten ein Zweites bedenken: Erhält kein Entwurf eine Mehrheit, ist nicht nur der Auftrag aus dem Einigungsvertrag gescheitert, sondern auch das Parlament an sich selbst.
({8})
Besonders in unserer Zeit eine verheerende Folge.
Scheitert die Fristenregelung, hat das Parlament eine große Chance vertan, wird den Menschen in den neuen Ländern zu den vielen Enttäuschungen ein weiterer Schlag versetzt, wird die Rate der Schwangerschaftsabbrüche nicht kleiner, werden Hilfe und Ermunterung für die Schwangere nicht größer. Eine Stimme kann entscheiden, ob alles beim alten bleibt und ob sich die neuen Länder wieder einmal den alten fügen müssen oder ob wir einen Schritt auf dem bisherigen Weg vorankommen, der dem werdenden Leben nur ungenügend geholfen hat und der für unendlich viele Frauen - und nur für Frauen - ein Leidensweg war.
Vielen Dank.
({9})
Als nächster erhält Herr Bruno Menzel das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der Wiedervereinigung unseres Landes wurde entsprechend dem Einigungsvertrag diesem Parlament die Aufgabe zuteil, bis zum 31. Dezember 1992 eine Regelung zu treffen, die den Schutz des vorgeburtlichen Lebens und die verfassungskonforme Bewältigung von Konfliktsituationen schwangerer Frauen besser gewährleistet, als dies derzeit in den alten Bundesländern mit
der Indikationslösung und in den neuen Bundesländern mit der Fristenlösung der Fall ist.
Dieser Zwang zum Handeln gibt die Chance, eine Neuregelung zu treffen, die den Schutz des ungeborenen Lebens bei gleichzeitiger Berücksichtigung der veränderten gesellschaftlichen Bedingungen in unserem Land besser als bisher gewährleistet.
({0})
Die uns bekannten Zahlen von Schwangerschaftsunterbrechungen legen dafür ein eindeutiges Zeugnis ab. Sie zeigen, daß weder Strafandrohung noch völlige Freigabe der Interruptiones einen ausreichenden Schutz werdenden Lebens gewährleisten können. Die Indikationslösung mit entsprechender Strafandrohung treibt die Frauen in die Illegalität. Das böse Wort vom Abtreibungstourismus macht dies sehr deutlich. Die ausschließliche Fristenlösung ohne entsprechende begleitende Maßnahmen kann auch nicht die angestrebte Lösung sein.
Gefordert ist vielmehr eine Regelung, die sowohl der staatlichen Aufgabe des Lebensschutzes als auch den schwierigen Belangen der Frau gerecht wird, die sich in einer schwierigen Konfliktlage befindet. Eine Neuregelung muß daher einen besseren Lebensschutz als die bisherige Indikationslösung beinhalten. Sie muß eine andere und bessere Fristenlösung als diejenige der ehemaligen DDR oder die von 1974 in der Bundesrepublik Deutschland beinhalten. Sie muß verfassungskonform sein. Sie darf vor allem nicht das Strafrecht in den Vordergrund stellen, sondern sie muß in einem Gesamtkonzept von Beratung und Hilfe das ungeborene Leben besser schützen.
({1})
Dies heißt aber und ganz besonders, dafür Sorge zu tragen, daß solche optimalen Rahmenbedingungen sowohl für Mutter und Kind als auch für die Familie geschaffen werden, daß das Ja zum Kind erleichtert wird.
({2})
Letztendlich brauchen wir eine kinderfreundliche Gesellschaft.
({3})
Von diesen Überlegungen geht der gemeinsame Gruppenantrag aus, der von Abgeordneten aller Fraktionen dieses Hauses getragen wird. Frei von Koalitionsabsprachen und Fraktionsdisziplin, nur seinem Gewissen folgend, muß jeder Abgeordnete heute hier seine Entscheidung treffen.
Meine Damen und Herren, wir Liberalen sind zutiefst davon überzeugt, daß die dem Gruppenantrag zugrunde liegende modifizierte Fristenlösung mit obligatorischer Beratung die beste Gewähr für den Schutz des ungeborenen Lebens bietet.
({4})
Sie beinhaltet sowohl die strafrechtliche Relevanz und Mißbilligung des Schwangerschaftsabbruchs; sie akzeptiert aber auch die letztendlich eigenverantwortliche Entscheidung der Frau nach vorausgeganDr. Bruno Menzel
gener sachgerechter Beratung in qualifizierten, pluralistischen und sachorientierten Beratungsstellen, die unter der Zielsetzung erfolgt, der im Konflikt befindlichen Frau alle notwendigen Informationen zu vermitteln, die ihr eine verantwortungsvolle Entscheidung ermöglichen.
({5})
({6})
Sie garantiert, daß alle möglichen sozialpolitischen und fürsorgerischen Mittel zum Schutze des Lebens eingesetzt werden. Sie verdeutlicht aber auch, so denke ich, daß durch die gesetzliche Regelung sichergestellt ist, daß die selbstverantwortete Entscheidung der Frau nicht allein auf einem Selbstbestimmungsrecht und losgelöst vom Schutz des werdenden Lebens erfolgen kann.
Für die vertrauensvolle Basis der Beratung ist dabei die Tatsache ganz entscheidend, daß kein Rechtfertigungs- und Dokumentationszwang entsteht und daß die letztendliche Entscheidung nicht auf einen Dritten übertragen wird, sondern bei der Frau verbleibt.
Nur unter diesen Voraussetzungen kann überhaupt erwartet werden, daß die zur Beratung kommende Frau offen für die Ratschläge und die Hilfe ist und damit auch offen für die Annahme derselben.
Ich denke, es ist sicher auch einzusehen, daß, wie im Indikationsmodell vorgesehen, ein Arzt die endgültige Entscheidung über eine psychosoziale Notlage nicht treffen kann und dies auch nicht akzeptabel sein könnte. Selbst ein gut ausgebildeter Psychologe hätte kaum eine Chance, sich in einem einzigen Gespräch ein objektives Bild von dem tatsächlichen Ausmaß des Konfliktpotentials zu verschaffen, geschweige denn ein Gynäkologe, der damit völlig überfordert wäre.
({7})
Meine Damen und Herren, ob die Dokumentationspflicht dann im Gesetz verankert wäre oder nicht, ist, wenn der Arzt letztendlich die Entscheidung trifft, völlig unerheblich;
({8})
denn er ist in jedem Falle verpflichtet, seine Ergebnisse schriftlich niederzulegen. Gerade dies, so denke ich, wollen wir nicht. Außerdem würde der Helfende und der Heilende hier zum Urteilenden. Dies kann und soll nicht die Aufgabe des Arztes sein.
({9})
Wie schwer es ist, in der täglichen Praxis psychische von somatischen Beschwerden scharf zu trennen, kann ich Ihnen aus jahrelanger Praxis nur nachhaltig bestätigen. Deshalb ist das aus meiner Erfahrung heraus überhaupt kein gangbarer Weg.
Nein, meine Damen und Herren, die Lösung liegt weder in der Strafandrohung noch in der Entscheidungsfindung durch Dritte.
({10})
Die Entscheidung kann und soll nur bei der Frau liegen.
({11})
Wir, der Gesetzgeber, haben alles zu tun, um die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, um immer mehr Frauen das Ja zum Kind zu ermöglichen.
Daß wir mit dem heute und hier zur Debatte stehenden Gruppenantrag auf breite Zustimmung in unserer Bevölkerung stoßen, daß Millionen von Frauen voller Hoffnung und Erwartung unsere heutige Beratung begleiten, das haben die zahlreichen Reaktionen der vergangenen Woche gezeigt.
Mit besonderer Erwartung - wen wird das verwundern? - werden wir zweifellos von den Bürgerinnen in den neuen Bundesländern begleitet; denn für sie stellt sich jede andere Lösung als die Fristenlösung mit obligatorischer Beratung als eine eindeutige Verschlechterung ihrer heutigen Situation dar.
Sie haben auch allen Grund, denke ich, mit Erwartung und Hoffnung die heutige Beratung zu begleiten. Soweit ich mich erinnern kann, haben die Vertreter aller Parteien im Wahlkampf ihren Wählerinnen die Zusage gegeben, sich in diesem Parlament dafür einzusetzen, daß sich die Situation der Frauen betreffend die Regelung beim Schwangerschaftsabbruch nicht verschlechtert, sondern verbessert.
({12})
Diese Zusage kann jetzt mit der Zustimmung zum gemeinsamen Gruppenantrag eingelöst werden.
({13})
Meine Damen und Herren, wir sind mit der heutigen Debatte, so hoffe ich jedenfalls, am Ende eines langen Weges angekommen- eines Weges, der zwar oftmals von sehr emotional geprägten Auseinandersetzungen gekennzeichnet war, der aber auch deutlich gezeigt hat, daß der Schutz des ungeborenen Lebens eine der gesellschaftlich verantwortungsvollsten Aufgaben ist, mit denen sich Volksvertreter überhaupt befassen können. Die Schärfen innerhalb der Diskussion haben aber trotzdem nicht die große Sachlichkeit und Energie verdecken können, mit der von allen Beteiligten in tage- und nächtelangen Sitzungen an dieser Problematik gearbeitet wurde.
Ich möchte an dieser Stelle über die Parteigrenzen hinweg allen, die sich dieser Aufgabe gestellt haben, meinen Respekt und meine Hochachtung ausdrükken,
({14})
ganz gleich, in welcher Richtung sie sich entscheiden.
Allein die Anzahl der Anträge, die heute hier zur Abstimmung stehen, zeigt die Wichtigkeit einer gesamtdeutschen Regelung zum Schutze des werdenden Lebens. Sie zeigt aber auch und verdeutlicht, daß
es sich niemand leichtgemacht hat und alle redlich bemüht waren, nach bestem Wissen und Gewissen zu einer Entscheidungsfindung zu kommen.
({15})
Vor diesem Hintergrund, also Hilfe statt Strafe bei gleichzeitiger Verpflichtung zum Schutze des Lebens, ist der Gruppenantrag zu betrachten, für den ich heute abend stimmen werde. Er berücksichtigt mit seinen sozial flankierenden Maßnahmen die Aufgabe des Staates zur Sicherung des werdenden Lebens. Mit dem Instrument der obligatorischen Beratung wird sichergestellt, daß die schwangere Frau ihre Entscheidung in vollem Bewußtsein der durch die Verfassung vorgegebenen Grundentscheidung für den Schutz des ungeborenen Lebens treffen wird.
Dies bedeutet nicht - ich möchte dies ganz besonders betonen - ein Recht auf Abtreibung, sondern die im Gruppenantrag vorgesehene Fassung des § 218 betont nach wie vor - wie bereits hier ausgeführt - eine strafrechtliche Relevanz und eine Mißbilligung der Schwangerschaftsunterbrechung.
Ich stimme für diesen Antrag vor allem auch als Abgeordnete aus den neuen Bundesländern. In dieser Eigenschaft sehe ich eine ganz besondere Verpflichtung, heute zu einem Ergebnis zu kommen, das für die Menschen zwischen Ostsee und Erzgebirge, aber auch für diejenigen zwischen Nordsee und Alpen akzeptabel ist. Ich sehe es auch als meine Aufgabe an, zu einer rechtlichen Regelung beizutragen, die im Interesse der breiten Mehrheit der Bevölkerung ist.
Danke sehr.
({16})
Das Wort hat die Abgeordnete Dr. Angela Merkel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Über ein Jahr haben wir im Bundestag und in Arbeitsgruppen über eine Neufassung des § 218 diskutiert. Wir haben das in großem Ernst getan, wir haben kontrovers diskutiert, und wir werden heute abstimmen.
Der Anlaß dafür war, daß nach der Vereinigung der beiden Teile Deutschlands unterschiedliches Recht in bezug auf den Schwangerschaftsabbruch gilt. Der Einigungsvertrag hat uns aufgetragen, in ganz Deutschland ein einheitliches, aber auch besseres Recht zu schaffen, als wir es bisher haben. Diesen Auftrag müssen wir ernst nehmen, und wir haben ihn ernst genommen, und zwar vor allem vor dem Hintergrund, daß trotz völlig unterschiedlichen Rechts in der ehemaligen DDR und in der alten Bundesrepublik die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche im Verhältnis zu der Zahl der Geburten etwa gleich hoch war.
Ich glaube, wir alle sind uns in dem einen Ziel einig, daß wir die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche verringern wollen. Doch wie kann uns dies gelingen? Heute schauen Millionen von Bürgern - vor allem Frauen - auf uns, die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, und erwarten, daß wir ein Gesetz verabschieden; das heißt für mich: ein Gesetz, das dem
Schutz ungeborenen Lebens ebenso gerecht wird wie den vielfach vorhandenen und sehr unterschiedlichen Konfliktlagen von Frauen. Daß es diese Konfliktlagen gibt, daß sie nicht etwa nur ein Hirngespinst oder eine Ausrede Betroffener sind, weiß ich aus vielen Gesprächen mit Frauen, mit Beraterinnen und mit Ärzten.
({0})
Das sind Konflikte, vor denen wir nur allzuoft gern die Augen verschließen: sexueller Mißbrauch von Kindern, Frauen in Frauenhäusern, Partnerschaftskonflikte und vieles andere mehr.
Nicht zuletzt deshalb haben wir in der Debatte auch immer wieder betont, daß es uns in erster Linie um Hilfe und nicht um Strafe geht. Dies haben wir aus der Erkenntnis heraus getan, daß Strafrecht - in welcher Ausformung auch immer - noch zu keiner Zeit die Abtreibung ungewollter Schwangerschaften verhindern konnte.
({1})
Als neue Bundesbürgerin möchte ich heute sagen, daß die Diskussion über § 218 für mich zu Beginn ungewohnt war, daß ich viel über unsere grundgesetzliche Ordnung gelernt habe, daß sie mich über weite Strecken aber auch beschwert hat. Sie hat mich deshalb beschwert, weil wir oft über den strafrechtlichen Schutz des ungeborenen Lebens gesprochen haben, zugleich aber weniger darüber, daß dieses Leben nur mit der Frau und nicht gegen sie zu schützen ist.
({2})
Die Frau kam in der Argumentation streckenweise überhaupt nicht mehr vor. Ich habe den Zusammenhang damit vermißt, daß unabhängig von einer unbefriedigenden gesetzlichen Regelung in der ehemaligen DDR auch dort Frauen und Ärzte individuell verantwortliche Entscheidungen getroffen haben.
({3})
Ich habe andererseits oft den Eindruck gewonnen, daß die Diskussion über den § 218 auch eine Stellvertreterfunktion hat, daß diese Diskussion durch erhebliche Defizite bei der gleichberechtigten Teilhabe der Frau in vielen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens belastet ist. Rechte und Pflichten sind zwischen Männern und Frauen heute noch nicht gleich verteilt. Hier muß noch vieles in unserer Gesellschaft verändert werden, und ich glaube, wir haben da auch Fortschritte gemacht. Aber ich denke, der § 218 ist nicht geeignet, stellvertretend für andere Probleme dem Selbstbestimmungsrecht der Frau unbegrenzten Raum einzuräumen.
({4})
Es geht hier nämlich nicht allein um die Frau, sondern auch um das ungeborene Kind.
({5})
Deutscher Bundestag - 12. Wahlperiode - 99 Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. Juni 1992 8245
Deshalb kann für mich - ich habe das immer wieder gesagt - nur eine Abwägung zwischen der Notlage der Frau und dem schätzenswerten ungeborenen Leben einen Schwangerschaftsabbruch rechtfertigen. Deshalb halte ich auch eine Verkürzung der Diskussion auf die Worte „Fristen- und Indikationslösung" - das sind zwei Begriffe, zwischen denen unüberwindliche Hürden zu liegen scheinen - für unzulässig.
({6})
Wir sprechen immer und einheitlich über eine Frist von zwölf Wochen. Aber die Frage, die ich mir gestellt habe und die sich andere immer wieder gestellt haben, ist: Wer soll in einer Konfliktsituation die Abwägung zwischen dem Leben der Frau und dem des ungeborenen Kindes treffen? Die Frau allein, die Frau zusammen mit dem Arzt oder der Arzt allein?
({7})
Wir wissen, die Konfliktlage der Frau sieht in jedem Einzelfall anders aus, und sie ist abhängig von ihren subjektiven Empfindungen. Konfliktlagen von Frauen sind nicht objektivierbar. Das bedeutet, daß selbst ein umfassendes Hilfsangebot nicht jede Konfliktsituation auflösen kann.
({8})
Schwierige Partnerschaftskonflikte können immer Anlaß für unlösbare Notlagen der Frau sein. Es gibt viele andere Notlagen, und natürlich ist es so, daß die Entscheidung darüber, ob sich eine Frau in einer Notlage befindet oder nicht, auch von der Frau getroffen wird. Daß aber auch der Arzt eine Entscheidung fällt, halte ich für zumutbar und auch für selbstverständlich. Ärzte fällen immer eine Entscheidung. Sie haben unter einer völlig anderen strafrechtlichen Grundlage auch in der ehemaligen DDR Entscheidungen gefällt. Auch dort gab es Ärzte, die gesagt haben, sie machen keine Schwangerschaftsabbrüche. Jeder verantwortlich handelnde Arzt wird deshalb aus meiner Sicht mit einer Frau auch über ihre Konfliktsituation sprechen. Er wird einen Schwangerschaftsabbruch nur dann vornehmen, wenn er die Notlage nachvollziehen kann.
({9})
Aber es ist natürlich auch unstrittig, daß eine Frau in der Lage ist und dies auch oft tut - ich habe es bereits gesagt -, selbst eine Entscheidung nach einer solchen Abwägung zu treffen.
Aber, meine Damen und Herren, es geht hier nicht nur um die Frage individueller Entscheidungen, sondern es geht um die Frage, wie wir als Gesetzgeber dem grundgesetzlichen Auftrag, jede Form von Leben, auch ungeborenes, zu schützen, gerecht werden.
Frau Kollegin Merkel, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Gysi?
Eigentlich würde ich gerne durchgehend sprechen.
({0})
- Ja, ich möchte durchgehend sprechen.
Der Gesetzgeber hat den grundgesetzlichen Auftrag, jede Form von Leben zu schützen. Meine Damen und Herren, ich habe mir sagen lassen, daß Sie in der vergangenen Legislaturperiode in diesem Hause eine Debatte über ein Embryonenschutzgesetz geführt haben, in dem es sehr strenge Regelungen über den Schutz von Leben gibt.
({1})
Ich denke, daß es wichtig ist und daß es die Verpflichtung für uns als Gesetzgeber ist, daß wir in unseren Gesetzen erkennbar machen, daß diese Abwägung zwischen der Konfliktlage der Frau und dem ungeborenen Kind nicht nur gewollt ist, sondern daß sie auch tatsächlich stattfindet.
Für mich wie für viele andere ist die Beratung der eigentliche und letzte Punkt, wo man der Frau helfen kann.
({2})
Deshalb stehe ich auch zu einer solchen verpflichtenden Beratung. Aber es reicht mir eben gerade deshalb auch nicht aus, wenn in dem Gruppenantrag steht - ich zitiere -:
Die Beratung soll dazu beitragen, die im Zusammenhang mit der Schwangerschaft bestehende Not- und Konfliktlage zu bewältigen. Sie soll die Schwangere in die Lage versetzen, eine verantwortungsbewußte eigene Gewissensentscheidung zu treffen.
- dies teile ich -, aber auf der anderen Seite der Inhalt der Beratung auf die Information und Darlegung von Rechtsansprüchen beschränkt ist und die Konfliktlage, wenn die Frau dies nicht wünscht, gar nicht erst zur Sprache kommen muß.
Ich habe andererseits auch kein Verständnis für Positionen, die besagen, daß es gar keine Konfliktlagen geben kann, die einen Schwangerschaftsabbruch rechtfertigen können, mit Ausnahme der medizinischen Indikation. Es wird dann oft als ein Ausweg genannt, die Frau könne notfalls ihr Kind zur Adoption freigeben. Eine Adoption kann ein Ausweg sein. Aber eine Frau ausschließlich auf einen solchen Ausweg zu verweisen, verletzt die Würde vieler Frauen.
({3})
Ich habe in meiner Fraktion am Mehrheitsentwurf mitgearbeitet, und ich stehe dazu. Dieser Entwurf stellt für mich eine deutliche Verbesserung gegenüber der geltenden Rechtslage dar. Das geltende Recht geht von objektiv nachprüfbaren Voraussetzungen für eine Indikation aus. Der jetzt vorliegende Mehrheitsentwurf der CDU/CSU-Fraktion stellt dagegen prinzipiell klar, daß für die Beurteilung einer
psychosozialen Notlage vorrangig subjektive Gesichtspunkte von Bedeutung sind.
({4})
Ich glaube, dies ist die eigentlich entscheidende Frage.
Seit dem Prozeß in Memmingen und der Rechtsprechung hierzu ist uns allen deutlich vor Augen geführt worden, in welche Lage Ärzte und betroffene Frauen geraten, wenn Gerichte versuchen, subjektive Notlagen objektiv nachzuprüfen.
({5})
Nach unserem Gesetzentwurf kann ein Gericht nur überprüfen, ob der Arzt subjektiv von einer maßgeblichen Konfliktsituation ausgegangen ist. Ich halte das für richtig. Es kann nicht richtig sein, daß der Gesetzgeber einer Berufsgruppe, deren Berufsethos der Erhaltung von Leben dient, die gesamte strafrechtliche Verantwortung für etwas aufbürdet, was gerichtlich eigentlich und im nachhinein schon gar nicht überprüfbar ist.
({6})
Deshalb bitte ich Sie, daß Sie dies so zur Kenntnis nehmen, wie es ist.
Ich spreche mich deshalb auch noch einmal gegen die im Gesetzentwurf vorgesehene Dokumentationspflicht aus. Sie birgt die Gefahr, das Vertrauensverhältnis zwischen Frau und Arzt nachhaltig zu stören. Sie ist für mich auch ein Zeichen des Mißtrauens gegenüber einem Berufsstand, der dieses Mißtrauen aus meiner Sicht nicht verdient. Das Engagement vieler Ärzte und Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den Beratungsstellen der alten Bundesländer hat wahrscheinlich mehr ungeborenes Leben geschützt, als es das Strafrecht je vermag.
Leider hat das Strafrecht die Diskussion aus meiner Sicht viel zu lange beherrscht. Die sozialen Hilfen, über die wir heute auch entscheiden, sind neben der Beratung die wesentliche Voraussetzung für einen wirksamen Schutz des ungeborenen Lebens.
Die Regierungskoalition hat seit 1982 viele Maßnahmen auf den Weg gebracht, die Fortschritte für die Erziehung von Kindern und die Anerkennung der Familienarbeit bedeuten. Ich habe mich seit dem vergangenen Jahr zusammen mit vielen anderen auch immer wieder für die Schaffung eines Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz ausgesprochen. Ich hoffe, daß dieser Rechtsanspruch nun in absehbarer Zeit Wirklichkeit wird. Diese Frage ist für mich aus der Sicht der neuen Bundesländer von ganz besonderer Bedeutung; denn nur dann, wenn es uns gelingt, auch in den alten Bundesländern ausreichend viele Kindergartenplätze zu schaffen, werden wir die Kindergartenplätze in den neuen Bundesländern erhalten können.
({7})
Natürlich bedeutet die Schaffung von 600 000 Kindergartenplätzen in den alten Bundesländern für Länder und Kommunen eine große Anstrengung. Die
Investitionssumme von 20 Milliarden DM, auch wenn sie sich auf mehrere Jahre verteilt, ist nicht unerheblich. Aber mir fallen auf Anhieb auch eine ganze Reihe von Investitionen und Maßnahmen ein, die auch viele Milliarden Mark kosten und trotzdem nicht in Frage gestellt werden.
({8})
Mir ist klar, daß die Zuwächse unseres Wohlstands nicht größer werden und daß es in vielen Bereichen ohne Umverteilung nicht geht. Aber ich möchte für diese Umverteilung werben, nicht nur mit Blick auf den Schutz des ungeborenen Lebens, sondern auch mit Blick auf die Kinder, die geboren wurden, gleichgültig, ob gewollt oder ungewollt.
({9})
Der Kindergarten ist eine sinnvolle, die familiäre Erziehung ergänzende pädagogische Maßnahme. Er hat weniger etwas mit dem Hang von Frauen zur Selbstverwirklichung zu tun.
({10})
Nicht nur die Eltern sollten den Wunsch haben, für ihre Kinder das Beste zu erreichen; für ebenso wichtig wie Kindergartenplätze halte ich aber auch den Ausbau verschiedener Betreuungsmöglichkeiten für Kinder unter drei Jahren wie auch für Kinder im Grundschulalter. Hier hat der Gruppenantrag leider sehr wenig zu bieten.
Der CDU/CSU-Mehrheitsentwurf sieht bei den sozialen Hilfen u. a. die Zahlung eines Familiengeldes von 1 000 DM vor. Dieses Familiengeld ist oft als Geburtenprämie diffamiert worden. Tatsächlich ist das Familiengeld für viele junge Familien eine erhebliche Hilfe, die nicht unerheblichen Kosten für eine Baby-Erstausstattung zu bezahlen.
({11})
Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen: Vor allen Dingen in den neuen Bundesländern wird dieses Angebot alles andere als belächelt. Sie können sich dort gern mit Frauen unterhalten.
({12})
Die vorliegenden Vorschläge für soziale Hilfe bringen uns wieder einen Schritt weiter voran. Wir dürfen darüber aber nicht vergessen, daß noch viele Probleme offenbleiben. Ich denke da z. B. an die Studentin, die ungewollt schwanger wird und nur dann Sozialhilfe und Wohngeld erhält, wenn sie das Studium aufgibt. Wieviel anders sieht da doch die Situation des studierenden Vaters aus. Er kann problemlos sein Studium beenden. Da er außer BAföG und Zuwendungen von den Eltern im Zweifel kein Einkommen bezieht, hat er auch keinerlei Unterhaltsverpflichtungen.
Gerade dieses Beispiel führt uns noch einmal eindringlich vor Augen, welche Dimension die Notlage junger Frauen annehmen kann. Ich wünsche mir deshalb, daß der Deutsche Bundestag heute ein Gesetz beschließt, das diesen Notlagen ebenso
gerecht wird wie dem Schutz des ungeborenen Lebens.
({13})
Ich erteile das Wort der Abgeordneten Christel HanewinckeL
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Stellvertretend für viele Menschen - Frauen, Männer, Kinder, Ausländerinnen und Ausländer - im vereinten Deutschland sind wir beauftragt, eine Neuregelung für den Schwangerschaftsabbruch zu finden. Wir müssen das in der uns vom Einigungsvertrag vorgegebenen Frist tun. Denn auf Dauer ist es kein Zustand, zwei Regelungen, zwei Gesetze - eines in Ost und eines in West - zu haben. Wir müssen eine Regelung finden, der die Mehrheit dieses Hauses mit gutem Gewissen - oder besser: verantwortlich - zustimmen kann.
Wir haben hart gearbeitet. Sechs Entwürfe lagen im September 1991 vor. Seitdem haben wir gekämpft, gestritten, beraten, uns in Anhörungen beraten lassen, uns in Gesprächen und Diskussionen mit Frauen, Männern und Betroffenen zusammen- und auseinandergesetzt, und wir haben neu formuliert.
Bei all dem ist deutlich geworden, daß die Gesetzgebung für diesen Konflikt nicht Moral und Ethik schaffen kann. Aber sie kann eines tun: Sie kann Rahmenbedingungen schaffen, durch die Menschen in die Lage versetzt werden, verantwortliche und ethisch verantwortbare Entscheidungen zu treffen.
({0})
Das Ergebnis der Beratungen ist ein Gruppenantrag, ein siebter Entwurf, der „Entwurf eines Gesetzes zum Schutz des vorgeburtlichen/werdenden Lebens, zur Förderung einer kinderfreundlicheren Gesellschaft, für Hilfen im Schwangerschaftskonflikt und zur Regelung des Schwangerschaftsabbruchs". Dieser Entwurf ist ein Kompromiß, kein fauler, sondern ein fleißiger, der auf die Achtung des Lebens, und zwar des wachsenden und des erwachsenen Lebens, und auf die individuelle und gesellschaftliche Verantwortung setzt.
({1})
Entstehung und Beratung des Gruppenantrags in der Verhandlungsgruppe haben gezeigt, daß es nötig und möglich ist, daß verschiedene Lager, verschiedene Seiten und verschiedene Parteien Schritte aufeinander zu tun, um gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Daß das schwierig war, ist spürbar und deutlich gewesen. Dieser schwerwiegende Konflikt machte ein zähes Ringen notwendig.
1972 ist der Schwangerschaftsabbruch in der DDR durch eine Fristenregelung mit flankierenden sozialen Maßnahmen neu geregelt worden. Die Entscheidung über den Abbruch lag einzig und allein bei der betroffenen Frau. Als Konflikt wurde die Situation der betroffenen Frau nicht angesehen. Demzufolge war auch die Regelung eine formal-mechanische. Beratungsangebote für die Konfliktlage gab es - außer einem medizinisch-ärztlichen Beratungsangebot - kaum, es sei denn, im konfessionellen, also im kirchlichen Bereich.
Im Gruppenantrag ist die Beratung ein zentraler Punkt. Beratung in einer Konfliktsituation, während einer Schwangerschaft wird für die Frauen in den neuen Bundesländern etwas Neues sein. Aus Sorge, die Frauen könnten unseren ethischen Ansprüchen nicht genügen, und aus Sorge, wir, die Parlamentarierinnen und Parlamentarier, könnten den Verfassungsrichtern nicht genügen, haben wir die Beratung für die betroffenen Frauen zur Pflicht gemacht.
Meine Sorge ist eine andere: Die verantwortungsvolle, notwendige und schwierige Arbeit der Beratung baut auf Vertrauen und auf Offenheit auf. Das heißt: Beraterinnen und Ratsuchende gehen eine Beratungsvereinbarung aus freien Stücken - freiwillig, aus eigener Einsicht - und in der Hoffnung ein, daß die betroffene Frau dann, wenn sie den Konflikt in der nötigen Art und Weise von allen Seiten betrachtet und gewertet hat, eine Entscheidung fällen kann.
Sie erinnern sich: Wir haben im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens selbst genau diese Bedingungen für uns in Anspruch genommen, vor allen Dingen in Anhörungen, in Gesprächen mit Verbänden, in Gesprächen mit Betroffenen und in Gesprächen untereinander. Niemand von uns wäre bereit gewesen, sich einer parlamentarischen Zwangsberatung zu unterziehen.
({2})
Deshalb ist meine Sorge, daß der hohe Wert der Beratung durch die Pflichtauflage gemindert wird und Ratsuchen und damit Beratung als etwas Defizitäres erlebt und verstanden werden statt als etwas, was zum Menschsein und zur Beziehungsfähigkeit dazu gehört, ebenso wie Konflikte zum menschlichen Leben gehören. Beratung setzt Partner, Menschen voraus, die einander vertrauen und sich aufeinander einlassen. Das gilt besonders für Menschen, die in einem Konflikt sind.
Der Schwangerschaftskonflikt muß auch im Zusammenhang mit sozialen und gesellschaftlichen Bedingungen verstanden werden. Beratung bei Schwangerschaften in Konfliktsituationen hat demzufolge nicht nur mit der betroffenen Frau selber, sondern auch immer mit einem komplexen Beziehungsfeld zu tun. Jede Schwangerschaft verändert das Leben der Frau und ihres Partners von Grund auf. Nicht jede Frau und nicht jedes Paar werden mit einer solchen Veränderung fertig. Die einen können sich der neuen und oft schwierigen Lage mit einem neuen Lebensentwurf anpassen. Die anderen bewältigen diese Lage nicht oder nicht ohne weiteres.
Angesichts der derzeitigen Arbeitsmarktlage vor allem in den östlichen Ländern bei über 62 % arbeitslosen Frauen befürchten schwangere Frauen weitreichende berufliche Nachteile oder die totale Ausgrenzung.
Zwanzig Jahre haben Frauen in der DDR eigenverantwortlich, unterstützt von sozialpolitischen Maßnahmen, allein gelassen im ethisch-moralischen und persönlichen Bereich Entscheidungen getroffen. In Ost und West warten die Frauen und auch die Männer darauf, daß wir, das Parlament, Rahmenbedingungen schaffen, die verantwortliche Entscheidungen ermöglichen.
Das muß heute entschieden werden, denn auch wir sind an eine Frist gebunden. Wir können es nicht auf die lange Bank schieben. Außerdem kann das Vertrauen nicht länger strapaziert werden, das Sie, Frau Merkel, für mich und für die Frauen der neuen Bundesländer durch Ihre Haltung enttäuscht haben.
({3})
Deshalb sind alle Verfahrens-, Geschäftsordnungs-
und anderen Tricks dem Hohen Haus und vor allem der Sache, nämlich dem Menschen, vor allem den Frauen in den neuen Ländern gegenüber, nicht angemessen.
({4})
Als eine Abgeordnete aus den neuen Ländern, die den Gruppenantrag mit erarbeitet hat, muß ich sagen, daß das, was ich bei der Erarbeitung des Antrags erlebt habe, belegt, daß der Konflikt, in dem sich Frauen befinden, die ungewollt schwanger geworden sind, sich in unserer Situation und Arbeit hier im Parlament widerspiegelt.
Wir nehmen für uns in Anspruch, daß wir heute eine Gewissensentscheidung treffen. Deshalb kann es gar nicht anders sein, als daß die Entscheidung bei einer ungewollten Schwangerschaft nur bei der Frau liegen kann und daß wir ihr zugestehen, daß sie ein Gewissen hat, das wir nicht erst prägen müssen, und daß sie mit diesem Gewissen in der Lage ist, sich eigenverantwortlich für das Leben zu entscheiden.
({5})
Wir entscheiden heute. Wir wollen so entscheiden, daß wir dem Leben Rechnung tragen. Ich fordere uns deshalb auf und wünsche, daß wir dies in aller Bewußtheit tun und nicht mit unterschiedlichen Maßstäben messen und daß wir die Würde der Frau
({6})
nicht nur auf dem Papier stehen haben, sondern uns vielleicht auch daran erinnern, daß Frau und Mann
({7})
- hier wird viel von Christlichkeit gesprochen - ein Ebenbild Gottes sind.
({8})
Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist abgelaufen.
Deshalb gehe ich davon aus, daß die Frau in der Lage ist, mit Gewissen und verantwortlich zu entscheiden.
Vielen Dank.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Gerhart Baum.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Einheit Deutschlands hat es möglich gemacht, daß wir über dieses Thema diskutieren. Wir hätten eigentlich schon in der alten Bundesrepublik lange Anlaß gehabt, zu diskutieren und eine Änderung herbeizuführen. Das ist nicht möglich gewesen. Wir sollten jetzt die Chance nutzen, die der Einigungsvertrag uns bietet. Der Einigungsvertrag setzt Akzente. Er setzt auf Beratung. Er setzt auf Hilfen. Und er will eine neue, eine dritte Lösung. Er will nicht, so interpretiere ich ihn, unwirksame Lösungen, die zum Lebensschutz nicht beigetragen haben, verlängern. Die Lösung, die es in der alten DDR gegeben hat, war zum Lebensschutz nicht wirksam. Meine Kolleginnen und Kollegen von der CDU/ CSU, die Lösung, die heute noch gilt, die gesetzliche Regelung, die Indikationsregelung - will man überhaupt auf das Strafrecht setzen -, ist nicht erfolgreich. Sie trägt zum Lebensschutz, zur Reduzierung von Schwangerschaftsabbrüchen eben nicht erfolgreich bei; sonst wären ja alle Ihre berechtigten Klagen über die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche völlig ungerechtfertigt.
Wir reden jetzt über einen Weg, mit dem wir besseren, effektiveren Lebensschutz verwirklichen wollen. Das ist das Thema. Wir streiten uns über diesen Weg. Wir sind der Meinung, daß wir mit unserem Entwurf, mit dem Gruppenantrag der Vorgabe des Einigungsvertrages gerecht werden. Von anderen Vorschlägen unterscheidet sich der Gruppenantrag nicht dadurch, daß er Fristen setzt. Fristen setzen alle Entwürfe. Von allen anderen Entwürfen unterscheidet sich der Gruppenantrag dadurch, meine Damen und Herren, daß er eine Beratungsregelung ist.
Die obligatorische Beratung der Frau ist im strafrechtlichen Bereich das Kernelement des Gruppenantrags. Der Gesetzentwurf basiert auf vier Elementen: der Sexualberatung und Aufklärung, den sozialpolitischen Maßnahmen, der Neuregelung der Strafbestimmung und eben der Beratung im Schwangerschaftskonflikt.
Es geht also nicht um Fristen, es geht um Beratung. Es geht um Beratung und Hilfe für die Frau, die nicht allein gelassen werden soll mit dem möglichen Druck des ehelichen oder nichtehelichen Vaters oder anderer. Wir müssen sie in ihrer Not und Konfliktsituation sehen. Dies bringt der Gesetzentwurf an mehreren Stellen deutlich zum Ausdruck. Dies haben wir nach unseren Gesprächen mit den Kolleginnen und Kollegen aus der CDU-Fraktion noch verdeutlicht.
({0})
Im Widerstreit miteinander stehen das nach Art. 2 des Grundgesetzes geschützte werdende Leben und das Selbstbestimmungsrecht der Frau. Damit kein Zweifel besteht: nach unserer Verfassung geht Lebensschutz eindeutig dem Freiheitsschutz vor.
({1})
- Insofern folgen wir Ihnen. An der grundsätzlichen strafrechtlichen Mißbilligung des Schwangerschaftsabbruchs ist nicht zu zweifeln. Darum gibt es ja nach wie vor einen § 218 im Strafgesetzbuch und nicht außerhalb. Wir haben auf Wunsch unserer Kolleginnen und Kollegen aus der CDU/CSU-Fraktion den § 218 so geändert, daß er nicht mehr einen Tatbestandsausschluß vorsieht, sondern einen Rechtfertigungsgrund - wie bei den anderen Abbrüchen, die das Gesetz erlaubt.
Es geht jetzt also darum, meine Damen und Herren, sich jetzt zu fragen, wie wir diesen Konflikt auflösen. Auch wenn das Selbstbestimmungsrecht der Frau hinter den Lebensschutz zurücktritt - und das ist der entscheidende Grundgedanke unseres Entwurfes -,
({2})
so ist Lebensschutz eben nur mit der Frau zu erreichen. Das ungeborene Leben kann nicht gegen den Willen der Frau geschützt werden. Eine Frau kann durch den Staat nicht zur Fortsetzung der Schwangerschaft gezwungen werden.
Wir wollen also den Lebensschutz auf die einzig mögliche Weise erreichen, nämlich mit der Frau und nicht gegen sie.
({3})
Die Bereitschaft der Frau zum Austragen der Leibesfrucht soll durch Maßnahmen verschiedenster Art bestärkt werden. Wir wollen nicht die Abtreibung, sondern die Entscheidung für das Kind erleichtern, und wir sind der Meinung, daß die Frau dieser Verantwortung gerecht werden kann. Wir trauen der Frau diese Verantwortung zu.
Einer unserer Sachverständigen - Professor Baumann - hat in der Anhörung so argumentiert: Es wäre pharisäerhaft, sich mit der Schaffung einer möglichst umfassenden und harten Strafvorschrift zu begnügen und dann zur Seite zu sehen und den Armen schuldig werden zu lassen. Freilich, so sagt er, wäre das die billigste Methode, sie koste nur das Papier, auf dem die Norm steht, und sei freilich nicht einmal dieses wert.
Unser Gesetzentwurf ist von der Einsicht geleitet, daß die Entscheidung zum Schwangerschaftsabbruch in Tiefen der Persönlichkeit getroffen wird, in die der Appell des Strafrechts nicht eindringt,
({4})
wie das in den Minderheitsvoten der Richter von Brünneck und Simon damals gesagt worden ist. Auch die Mehrheitsmeinung des Bundesverfassungsgerichts geht davon aus, daß das Strafrecht nur das letzte Mittel, die ultima ratio, sein darf.
Um noch etwas aus der Debatte der letzten Wochen klarzustellen: Es ist Aufgabe des Gesetzgebers und nicht der Kirchen, darüber zu entscheiden, wie der Lebensschutz am besten erreicht wird.
({5})
Strafrechtsnormen dürfen nichts Unsittliches gebieten. Sie sind aber selbständig auf ihre Effektivität im Rechtsgüterschutz hin anzulegen. Die Kirchen können und müssen ihr Votum zu den religiösen und sittlichen Normen abgeben. Aber wie das Ziel des Lebensschutzes in einer strafrechtlichen Konstruktion erreicht wird, ist nicht ihre Sache. Das ist Sache des Parlaments.
({6})
Wir mischen uns auch nicht in Angelegenheiten des kirchlichen Lehramts ein.
Eine der wichtigsten Vorschriften unseres Gesetzentwurfs ist der § 219 des Strafgesetzbuchs. Um diesen haben wir am längsten diskutiert. Er ist in einigen Punkten verändert und ergänzt worden. Er beginnt mit der wichtigen Feststellung:
Die Beratung dient dem Lebensschutz durch Rat und Hilfe für die Schwangere unter Anerkennung des hohen Wertes des vorgeburtlichen Lebens und der Eigenverantwortung der Frau.
Mit der Beratungspflicht wird verfassungsrechtlichen Vorgaben Rechnung getragen, wonach durch gesetzliche Regelungen sichergestellt werden muß, daß die selbstverantwortliche Entscheidung der Frau nicht losgelöst vom Schutz des werdenden Lebens erfolgen kann. Die Beratung gewährleistet, daß dem Recht des werdenden Lebens in dem Entscheidungsprozeß der Frau nachhaltig Geltung verschafft wird.
({7})
Es stimmt nicht, was Sie, Frau Karwatzki, heute früh gesagt haben: Die Beratung, die wir im § 219 des Gruppenantrags vorsehen, ist nicht neutral. Sie dient dem Lebensschutz.
({8})
Die Verbesserung der Beratung ist ein zentrales Element des Gruppenentwurfs. Die Beratung soll für die Frau eine Hilfestellung sein. Sie darf sie nicht einer Gewissensprüfung unterziehen. Es darf keinen Rechtfertigungsdruck und keinen Darlegungszwang geben. Die Schwangere braucht niemanden zu überzeugen. Auch wenn die Frau ihre persönlichen Lebensumstände nicht offenlegen will - das wird in den seltensten Fällen vorkommen -, ist die Beratung mehr als bloße medizinische, soziale und juristische Information der Schwangeren. Sie bietet Rat. Sie bietet der Schwangeren Abwägungs- und Entscheidungsgrundlagen für die geforderte verantwortungsbewußte eigene Gewissensentscheidung. Umfang und Qualität der Beratung werden durch den Gesetzentwurf entscheidend verbessert. Eine Protokollierung von Gang und Inhalt der Beratung findet nicht statt. Der Frau wird lediglich bescheinigt, daß sie eine Beratung wahrgenommen hat. Es darf auch kein Zweifel darüber entstehen, daß das Entscheidende die Beratung ist und nicht die Bescheinigung. Die Beratung kann auch anonym erfolgen. Wir wollen es der
Gerhart Rudolf Raum
Frau möglichst leicht machen, das Angebot der Beratung anzunehmen.
Meine Damen und Herren, in Abgrenzung zum Mehrheitsentwurf der CDU/CSU möchte ich sagen, daß wir eben davon ausgehen, daß Lebensschutz nur mit der Frau zu erreichen ist. Sie halten im Grunde an der Indikationenregelung fest. Sie haben sie abgewandelt, aber Sie halten daran fest, daß ein Dritter entscheidet. Das ist der maßgebende Unterschied. Bei allen Indikationsmodellen entscheidet der Dritte, hier der abbrechende Arzt. Der heute bestehende Rechtfertigungszwang bleibt bestehen. Er wird lediglich zum Arzt hin verlagert. Dieser soll eine psychosoziale Notlage feststellen und seine ärztliche Beurteilung abgeben.
Frau Merkel, als Sie redeten, habe ich mir Ihren Gesetzentwurf noch einmal angesehen. Es ist keineswegs so, daß Sie nur auf die subjektive Überzeugung des Arztes abstellen. Sie sagen in § 218a Abs. 2, 1. Satz zwingend: Die Schwangere muß dem Arzt eine Notlage darlegen, „die für sie eine so schwerwiegende Konfliktsituation darstellt, daß von ihr die Fortsetzung der Schwangerschaft nicht verlangt werden kann und die nicht auf eine andere für sie zumutbare Weise abgewendet werden kann" . Das sind objektive Kriterien. Erst dann sagen Sie, daß „der Arzt nach der Darlegung der Schwangeren zu der Erkenntnis gelangt, ... ". Das heißt, Sie versuchen etwas zu objektivieren.
({9})
Und selbst wenn Sie keine Pflicht zum Protokoll, zur Aufzeichnung festlegen - ich möchte den Arzt sehen, der sich in die Situation bringt, ohne eine Aufzeichnung einen Abbruch vorzunehmen;
({10})
denn er muß damit rechnen, daß seine Entscheidung überprüft wird. Das ist der entscheidende Mangel Ihres Gesetzentwurfs. Sie trauen der Frau die Entscheidung nicht zu. Sie setzen auf eine Objektivierung, die im Grunde ja nur ganz schwierig herstellbar ist.
Wo liegt denn die Zumutbarkeit? Sie kann ja in den einzelnen Fällen ganz unterschiedlich sein. Wie kann ein Gynäkologe, ein abbrechender Arzt die Zumutbarkeit, also all diese Kriterien, beurteilen? Und wie steht er hinterher vor Dritten, also vor dem Staatsanwalt und den Gerichten, zu dieser Entscheidung? Das ist einfach nicht praktikabel. Sie lassen Arzt und Schwangere mit unsicheren Rechtsbegriffen allein und bürden ihnen die ganze Unsicherheit der Situation auf.
({11})
Im übrigen hat Professor Lenckner in der Anhörung darauf hingewiesen, daß dann, wenn es auf den Vortrag der Frau so stark ankommt, sehr leicht die Folge sein kann, daß Sie bei Ihrem Modell zu einer verkappten Fristenlösung kommen. „Für mich", so
hat er ausgeführt, „stellt sich dann einfach die Frage, wo die ehrlichere Lösung ist".
({12})
Dies, meine Damen und Herren, ist die Situation, in der sich Arzt und Schwangere bei Ihrem Entwurf befinden.
Im übrigen ist es interessant, festzustellen, daß bei Versagung einer Indikation in unserem Staat, der sonst gegen alles ein Rechtsmittel bereit hat, überhaupt kein Rechtsmittel möglich ist. Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Ich möchte auch noch einmal von mir aus darauf hinweisen: Sie selbst setzen bei Ihrem Entwurf nicht auf absoluten Lebensschutz. Schon der heute geltende Indikationsentwurf setzt nicht auf absoluten Lebensschutz. Sie machen ja wichtige, entscheidende Ausnahmen, die den hohen moralischen Anspruch eines absoluten Lebensschutzes in Frage stellen. Gehen wir doch ehrlich miteinander um bei den Ausnahmen, die von allen hier anerkannt werden!
({13})
Unser Gruppenantrag, meine Damen und Herren, entspricht einem Grundkonsens in unserer Gesellschaft. Ich möchte bei dieser Entscheidung nicht auf eine einfache demoskopische Umfrage abstellen, aber der Hinweis sei doch immerhin erlaubt: Wenn EMNID feststellt, daß 67 % Ihrer Anhänger unserem Antrag folgen, dann werden das doch keine verantwortungslosen, an Wertorientierungen nicht gebundene Bürger sein, die sich so entscheiden. Es muß doch nachdenklich machen,
({14})
daß sich der Grundkonsens in unserer Gesellschaft geändert hat. Und Sie stehen mit Ihrem Antrag isoliert in der europäischen Rechtsordnung.
({15})
Auch die südeuropäischen, katholisch beeinflußten Länder haben liberale Regelungen, die unserem Gruppenantrag entsprechen.
Wir sind heute als Gesetzgeber gefordert, meine Damen und Herren. Das Bundesverfassungsgericht ist nicht der Gesetzgeber. Es kann lediglich den Rahmen abstecken, den der Gesetzgeber zu beachten hat. Und die Entscheidung des Jahres 1975 erging zu einem Gesetzentwurf, der heute nicht mehr vorliegt. Wir haben einen wesentlich veränderten Gesetzentwurf vorgelegt. Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts betreffen immer nur den Gesetzentwurf, der zu der entsprechenden Zeit unter den entsprechenden Umständen vorgelegen hat. Wir haben eine wesentliche Veränderung in unserem Lande: Wir haben die Einheit Deutschlands, wir haben einen Bewußtseinswandel, und dem, da bin ich sicher, wird das Verfassungsgericht Rechnung tragen.
Es ist ein schlüssiges Gesamtkonzept, das wir vorlegen, das einen besseren Schutz des ungeborenen Lebens gewährleistet als die bisherigen Regelungen.
Für den einzelnen geht es um die Moralität und die Sittlichkeit seiner Entscheidungen. Sie soll und darf ihm nicht genommen werden. Für den Gesetzgeber geht es um die Effektivität des Lebensschutzes mit Hilfe der Frau. Wenn Sie einen effektiven Lebensschutz wollen, dann können Sie nur unserem Antrag zustimmen.
({16})
Herr Abgeordneter Konrad Weiß, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Der Schutz des geborenen wie des ungeborenen Lebens ist ein Menschenrecht. Es sollte unverletzlich sein und wird doch täglich gebrochen. Durch unser Leben zerstören wir anderes Leben. Menschen verhungern, werden erschlagen, werden von Bomben zerfetzt, sterben an Krankheit und Einsamkeit. 50 000 ungeborene Kinder werden weltweit tagtäglich illegal abgetrieben. Woche für Woche sterben 250 000 geborene Kinder.
Der Schutz des ungeborenen wie des geborenen Lebens ist ein Menschenrecht. Aber wir sind nicht fähig, Konflikte ausschließlich gewaltfrei zu lösen und werden es wohl auch nie sein. Solange wir hinnehmen, daß unser Land Milliarden und die Menschheit Billionen für das Töten geborenen Lebens ausgibt, werden wir auch die Ungeborenen nicht wirklich wirksam schützen können.
({0})
Ich hielte es für heuchlerisch, würde ich in dieser Debatte um den Schutz der Ungeborenen und ihrer Mütter nicht auch die Situation der geborenen Kinder im Blick haben, in der Welt und in Deutschland. Wir alle müssen bereit sein, Kinder wirklich anzunehmen und sie vom ersten Augenblick ihres Seins an als Menschen mit einer unverletzbaren Menschenwürde anzusehen.
Das erfordert solche sozialen Bedingungen, daß alle Kinder, die geboren werden, in Geborgenheit und unter dem Schutz der ganzen Gesellschaft aufwachsen können. Eltern dürfen nicht benachteiligt sein, wenn sie Kinder haben. Alle Maßnahmen, die davon Abhilfe schaffen wollen, sind nachdrücklich zu begrüßen: der Anspruch auf einen Kindergartenplatz, die Förderung der Betreuung für Kinder unter drei Jahren - alles, was Müttern die Berufstätigkeit oder die Rückkehr in den Beruf erleichtert.
Aber es muß auch klar sein, daß mit diesem Gesetz nur ein Anfang gemacht werden kann, daß wir alle gefordert sind, die soziale Gleichstellung von Frauen und die Förderung von Familien auszubauen. Ich wünsche mir insbesondere auch eine stärkere Würdigung der Erziehungszeiten im Rentenrecht.
Ich weiß aber auch, meine Kolleginnen und Kollegen, daß man keine Frau, keine Familie zwingen kann, ein Kind zu haben. Weder Prämien noch Strafen haben in der Vergangenheit Frauen, die in menschlicher oder sozialer Not waren, von einer Abtreibung abgehalten. Ungeborene Kinder können nicht durch
Strafandrohung geschützt werden; Liebe läßt sich nicht mit Polizeimaßnahmen erzwingen.
Ich bin zutiefst überzeugt, daß Frauen die eigentlichen Schützerinnen des Lebens sind
({1})
und daß kaum eine Frau leichtfertig abtreibt. Letztlich hat die Frau die Last der Entscheidung für oder gegen das Kind allein zu tragen- ganz allein. Das Gewissen der Frau ist in diesem Konflikt die letzte Instanz.
Dazu gehört, daß junge Menschen es lernen, verantwortungsvoll mit Sexualität umzugehen. Das bedeutet nicht nur Aufklärung im üblichen Sinne, sondern verlangt eine weitreichende und frühzeitige sexualethische Erziehung. Jungen und Mädchen, junge Frauen und junge Männer - und nicht nur sie, sondern auch die älteren - sollen Freude an ihrem Körper haben, an der erwachenden und an der erwachten Sexualität. Sie sollen wissend und bewußt sexuell reifen. Sie sollen sich, wenn sie es denn wollen, für ein Kind entscheiden.
Ich kann nicht umhin, in diesem Zusammenhang die Haltung meiner Kirche, der katholischen Kirche, zu tadeln. Sie verurteilt den Gebrauch von Verhütungsmitteln und macht daraus eine Glaubensfrage.
({2})
Sie bringt Menschen mit ihren Vorschriften für das Intimste in Gewissensnot und macht sie mit ihren Entscheidungen unfrei. Dabei hat die Benutzung von Verhütungsmitteln ebensowenig mit dem Christentum zu tun wie der Gebrauch von Messer und Gabel beim Essen.
({3})
Gott allein weiß, wie viele ungeborene Kinder getötet wurden, weil eine verquere Moral sie zu „Schandkindern" gestempelt hat, weil ihre Mutter oder ihr Vater nicht aufgeklärt waren oder es als Sünde ansahen, sich durch die Pille oder durch Kondome zu schützen. Keuschheit ist zweifellos auch heute noch eine Tugend, aber nur wenn sie freiwillig geübt wird. Erzwungene Enthaltsamkeit taugt ebensowenig zur Geburtenregelung wie die Abtreibung.
Zu den Rahmenbedingungen, die wir schaffen müssen, meine Damen und Herren, gehört eine fachgerechte und verantwortliche Beratung - eine Beratung, die der Frau die Entscheidung für das Kind erleichtert und ihr hilft, alle Aspekte dieser Entscheidung zu betrachten, die aber auch die Entscheidung gegen das Kind respektiert. Keine Frau darf mißachtet oder ausgestoßen werden, weil sie abgetrieben hat. Ebenso darf kein Arzt und darf keine Schwester gezwungen werden, bei einer Abtreibung mitzuwirken. In jedem Fall müssen die Betroffenen die Möglichkeit haben, ihrem Gewissen zu folgen. Dieses auszubilden und zu sensibilisieren, das ist die eigentliche Aufgabe.
Ich weiß, daß viele Frauen die im Gesetz vorgesehene Beratung ablehnen, weil sie den Gang zur Beratungsstelle als demütigend empfinden. Die Bera8252
Konrad Weiß ({4})
tung wird als Machtinstrument des Staates angesehen und wurde sicherlich nicht selten auch so erlebt. Ich denke aber, daß die Beratungspflicht ins Gesetz aufgenommen werden sollte und daß dies keinen faulen Kompromiß darstellt. Denn ein Schwangerschaftsabbruch ist immer ein Akt der Destruktivität. Destruktivität gehört zum Wesen des Menschen. Wird sie in den geschützten Raum einer Schwangerschaftskonfliktberatung aufgenommen, kann es gelingen, Frauen auch die unbewußten Konflikte bewußt werden zu lassen, die sie zum Abbruch treiben.
Im übrigen muß die Beratung auch Vätern offenstehen. Ich kann es nicht akzeptieren, wenn eine Schwangerschaft und die Entscheidung über deren Fortsetzung die alleinige Angelegenheit der Frau sein soll. Es ist richtig, daß Frauen die Hauptlast eines Ja zum Kind zu tragen haben und dabei allzuoft von den Männern, von den Vätern, allein gelassen werden. Doch an der Entscheidung über einen Schwangerschaftsabbruch muß der Vater beteiligt sein - mit allen denkbaren Konsequenzen für sich selbst und seine Lebensgestaltung.
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Eine wirkliche Schwangerschaftskonfliktberatung nimmt die schwere Entscheidung der Frau und des Mannes in eine zwischenmenschliche Beziehung hinein. Aber nicht der Staat, der Berater, trägt die letzte Verantwortung; sie wird der Frau zurückgegeben - und dem Mann. Schon deshalb ist der Begriff „Zwangsberatung" in sich ein Widerspruch und sogar irreführend. Ich betrachte das Angebot einer Beratung als wirkliche Chance. Die Erfahrung zeigt, daß eine Schwangerschaftskonfliktberatung, die auch nach einem Abbruch andauern kann, durchaus noch präventiv wirken kann - dann nämlich, wenn es gelingt, Konflikte bewußt zu machen und den Abbruch aus der Anonymität in eine menschliche Beziehung hineinzunehmen. Der Anspruch ist hoch. Auch hier müssen wir als Gesetzgeber weiterhin sensibel und aktiv sein, um Beratung im wirklichen Sinne überall möglich zu machen.
Eine Abtreibung, meine Kolleginnen und Kollegen, darf keine Belanglosigkeit und kein Normalfall sein. Auch als Mann weiß ich mich in der Verantwortung für das entstehende Leben. Ich habe versucht, diese Verantwortung zu leben. Aber ich weiß auch um die Not, die Frauen dazu bringt, sich gegen das Leben ihres Kindes zu entscheiden.
Ich weiß, daß jeder und jedem Konflikte unlösbar erscheinen können und daß Konflikte dies oftmals auch sind. Der Staat, die Gesellschaft, die Kirche, wir alle müssen den Menschen in seiner Fähigkeit zu lieben und zu hassen ernst nehmen und dürfen nichts Unmögliches von ihm verlangen. Den Menschen auch in seiner Schwäche, in seinen dunklen Seiten, in seinem Unbewußten ernst zu nehmen, das ist der Maßstab für unsere Humanität.
Ich habe gegenüber den Frauen und Männern, die mich gewählt haben, nie ein Hehl aus meinem persönlichen Nein zur Abtreibung gemacht. Doch habe ich auch gesagt, daß ich für die Gesetzeslösung stimmen werde, die das ungeborene Kind bestmöglich
schützt, zugleich aber Müttern und Vätern eine Gewissensentscheidung in Freiheit und Würde ermöglicht und die dazu beiträgt, unsere Gesellschaft kinder- und elternfreundlich zu gestalten. Die besten Ansätze hierfür sehe ich im Gruppenantrag, dem ich deshalb meine Zustimmung geben werde, ebenso wie die meisten Mitglieder der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
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Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Gregor Gysi.
Daß ich Anhänger einer ersatzlosen Streichung des § 218 des Strafgesetzbuches bin, ist bekannt. Gerade deshalb möchte ich zunächst ausdrücklich betonen, daß ich Respekt auch jenen zolle, die aus wirklichen Gewissensgründen, also auf Grund wirklicher religiöser Auffassungen z. B., zu anderen Anschauungen und Entscheidungen kommen. Aber ich erwarte von diesen, daß sie diesen Respekt auch den Gegnerinnen und Gegnern des § 218 entgegenbringen. Diesen vermisse ich häufig.
Ich finde, daß in den letzten Wochen ein geradezu unzulässiger und das Grundgesetz verletzender Druck auf einige CDU-Abgeordnete ausgeübt wurde, die sich entschlossen haben, nicht den Anträgen der eigenen Fraktion zu folgen.
({0})
Ich möchte deshalb denen, die dabei bleiben, meinen vollen Respekt zum Ausdruck bringen.
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Ich will hinzufügen, daß ich mich über manchen Wandel auch wundere. Ich weiß ja, wie Frau Bergmann-Pohl und Frau Bundesministerin Merkel früher über die Fristenregelung gedacht haben und was sie heute dazu sagen. Irgendwie müssen diese Wandlungen ja zustande gekommen sein. Erwachsene Frauen waren sie auch schon damals. Es kann nicht mit jugendlicher Unreife begründet werden, daß sie damals die Fristenregelung bejaht haben.
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Ich muß hinzufügen, daß mein Respekt vor den sogenannten Lebensschützern dann verlorengeht, wenn ich Heuchelei oder eine Geringschätzung von Frauen feststellen muß. Es ist nicht selten, daß die aktivsten sogenannten Lebensschützer ihre Stimme nicht oder viel weniger gegen die nach wie vor übliche Gewalt gegen Kinder in Familien erheben. Viele von ihnen zeigen nicht einmal Mitleid mit Kindern, die als Flüchtlinge zu uns kommen, sondern heizen diesbezüglich eine gnadenlose Asyldebatte an. Viele von ihnen beharren häufig auf einer Weltwirtschaftsordnung, durch die laut UNICEF jährlich fünf Millionen
Kinder verhungern. Während der zwölfstündigen Debatte von heute sterben in dieser Welt etwa 7 000 Kinder an Hunger. Ich glaube, da muß sich etwas verändern. Das sind die eigentlichen Skandale in bezug auf Kinder in dieser Welt und nicht die Frage des Schwangerschaftsabbruchs.
({3})
Nicht selten sind es auch jene, die ansonsten durch die Welt reisen und gegen Überbevölkerung - natürlich bei anderen Völkern und auf anderen Kon tinenten - wettern und dort weise Ratschläge geben, wie man Bevölkerung zu reduzieren hat, damit globale Probleme gelöst werden können und es uns hier besser geht. Das ist für mich eine Doppelmoral, die ich nicht akzeptieren kann.
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Wenn aktiver Lebensschützer - dann bitte in jedem Bereich. Dann muß man auch gegen Golfkriege und andere Kriege entschieden auftreten.
Ich wundere mich in diesem Zusammenhang auch sehr, daß immer dann, wenn es um soziale Maßnahmen geht, das Geld fehlt und vom Bundesminister der Finanzen betont wird, wie knapp die finanziellen Mittel sind. Wenn aber ein Golfkrieg stattfindet, kann innerhalb einer Woche scheinbar aus dem Nichts ein Betrag von 18 Milliarden DM - für mich immer noch unerklärlich gefunden werden.
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Ich komme zu einer anderen Frage. Vier Entwürfe, die hier vorliegen, stellen hinsichtlich des Selbstbestimmungsrechts der Frauen und in sozialen Fragen eine Verschlechterung der Lage der Frauen in den neuen Bundesländern dar. Ich finde, daß es dann wohl nicht wundernimmt, wenn es dort immer mehr Menschen gibt, die die Idee verfolgen, eine spezifisch ostdeutsche Interessenvertretung zu garantieren, da sie nicht in der Lage sind, über diesen Deutschen Bundestag ihre Interessen wirksam durchzusetzen.
Ich will noch auf etwas anderes hinweisen. Es ist heute oft über den Schutz des werdenden Lebens gesprochen worden. Es ist auch über das Selbstbestimmungsrecht der Frauen gesprochen worden. Aber das können wir ja nun alle drehen und wenden, wie wir wollen: Wir Männer können in eine solche Situation nicht kommen. Ich finde, da ist von diesem Geschlecht ausnahmsweise mal ein bißchen Zurückhaltung zu verlangen, wenn den Frauen etwas aufgezwungen werden soll.
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Es sagt doch alles über diese Gesellschaft, daß heute hier im Deutschen Bundestag 527 Männer darüber entscheiden wollen, wie sich die Frauen diesbezüglich zukünftig zu verhalten haben. Das ist die eigentliche Anmaßung und Unverschämtheit.
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- Nein. Ich habe allen Männern dieses Hauses angeboten, daß wir uns der Stimme enthalten und die Frauen entscheiden lassen.
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- Wissen Sie, das brauchen Sie mir nicht vorzuhalten.
Ich füge noch etwas hinzu. Ich habe einen ungewöhnlichen Geschäftsordnungsantrag oder eine Bitte: Vielleicht sollten wir später bei den Abstimmungsergebnissen immer gleich gesondert bekanntgeben, wie sich die Frauen in diesem Haus entschieden haben und wie sich die Männer in diesem Haus entschieden haben. Ich nehme an, da kommen interessante Proportionen heraus.
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Ich füge hinzu, daß auch ich Kritik an der katholischen Kirche üben will; nicht an den Gläubigen,
({10})
sondern an den Bischöfen, die sich jetzt entsprechend äußern.
Wissen Sie, eigentlich haben die meinen Respekt. Aber mir fehlt z. B. der Aufschrei der katholischen Kirche gegen die menschenunwürdige Asyldebatte.
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Ich frage mich: Wie ist eigentlich die Stellung zur Frau? Wie viele Jahrhunderte werden wir noch brauchen, bis der Gedanke an eine Päpstin einmal zulässig wird?
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Ich füge hinzu: Wer das Zölibat pflegt, sagt ja wohl am konsequentesten nein zu neuem und werdendem Leben und sollte sich in diesen Fragen etwas zurückhalten.
Ich will noch auf einen rechtlichen Aspekt eingehen. Seit dem vorigen Jahrhundert gibt es ein Bürgerliches Gesetzbuch. In § 1 steht: Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt mit der Vollendung seiner Geburt. Noch nie ist dieser Paragraph für grundgesetzwidrig erklärt worden. Damit sind alle Argumente über zwei verschiedene Rechtssubjekte schon von den Gesetzgebern des BGB im vorigen Jahrhundert ad absurdum geführt.
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Sie können diese rechtliche Konstruktion mit zwei Rechtssubjekten auch gar nicht aufrechterhalten; ich habe schon einmal darauf hingewiesen. Dann führen Sie als erstes eine Haftentschädigung für jene Kinder ein, die während der Schwangerschaft ihrer späteren Mutter mit im Gefängnis saßen; denn die haben eindeutig unschuldig gesessen. Noch nie ist jemand auf die Idee gekommen, die Rechtsfähigkeit des Embryos für diese Zeit voll anzuerkennen. Sie müssen so viele rechtliche Änderungen vornehmen, wenn Sie diese Konstruktion auch nur einigermaßen durchhal8254
ten wollen, daß Sie sich selber unglaubwürdig machen.
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Aber ich möchte noch auf etwas anderes hinweisen. Es geht ja tatsächlich um schwerwiegende Konflikte, um Konflikte, die seit Jahrhunderten andauern und immer unterschiedliche Bewertung gefunden haben. Goethe hat seinen „Faust" 1830 vollendet. In diesem „Faust" gibt es ja den berühmten Konflikt von Gretchen nach einer Beziehung mit Faust. Gretchen war 14 Jahre alt und wußte, daß sie durch ein uneheliches Kind moralisch auf ewig verdammt ist. Sie hat sich zur Kindestötung entschlossen, weil es einen legalen Schwangerschaftsabbruch nicht gab. Goethe hat also schon in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts uns alle durch Literatur aufgefordert, eine Lösung dieses Konflikts zu ermöglichen, und wir sind im Prinzip bis heute nicht weitergekommen und haben ihn nicht verstanden.
({15}) Das ist eine Tatsache.
Und vergessen Sie nicht, wie viele Mädchen schon wegen einer ungewollten Schwangerschaft und weil sie keine Möglichkeit gesehen haben, eine Lösung dieses Konflikts herbeizuführen, Selbstmord begangen haben. Darüber können Sie ja lachen, aber für diese Mädchen und Frauen war das ein sehr ernstes Problem. Zählen Sie nur einmal die Dienstmädchen, die sich in den 20er Jahren ins Wasser gestürzt haben, weil sie von ihren werten Dienstherren geschwängert wurden und diesen Konflikt eben nicht lösen konnten! Tun wir doch nicht so, als ob heute etwa in Bayern auf dem Lande die Geburt eines unehelichen Kindes kein Problem für die betreffende Frau wäre, als ob wir hier tatsächlich bereits in jeder Hinsicht eine neue Moral durchgesetzt hätten! Das ist einfach nicht wahr.
({16}) Das wissen Sie alle sehr genau.
Und ich mache - es tut mir leid - hier noch eine Bemerkung zu den Männern, weil oft gerade diejenigen Männer ein besonders moralisches Verhalten von Frauen verlangen, die nicht einmal ähnliche Maßstäbe je an sich anlegen würden.
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Ich behaupte, daß gerade in den sozial höherstehenden Schichten - und das sind in erster Linie die Männer, die sich für den § 218 aussprechen - die Männer für ihre Frauen und vor allem für ihre Freundinnen, die sie nebenbei hielten, immer noch Lösungen mit und ohne § 218 gefunden haben.
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Damit wird das ganze nämlich auch zu einer sozialen Frage, weil sich dieser § 218 in erster Linie gegen die Frauen unterer sozialer Schichten wendet, die natürlich schwer mit einer Zwangsberatung und schon gar nicht mit einem § 218 umgehen können und die dafür keine Lösung finden. Hier gibt es sehr wohl auch einen Unterschied zwischen arm und reich.
Mir müssen Sie - das will ich Ihnen auf Ihre Zwischenrufe, die ich zum Teil ungeheuerlich finde, sagen - nichts über die Liebe zu Kindern sagen. Ich bin einer der wenigen Väter, der bei voller Berufstätigkeit ab Vollendung des dritten Lebensjahres sein Kind allein aufgezogen hat. Ich weiß, was das bedeutet. Ich weiß auch, wie schön und wie reizvoll das ist, aber auch, wieviele Probleme und Schwierigkeiten es bereitet, wenn es nicht flankierende Unterstützungsmaßnahmen gibt.
Eines sage ich Ihnen aber auch: Trotz dieser Tatsache hätte ich niemals das Recht, einer Frau vorzuschreiben, gegen ihren Willen ein Kind zu bekommen, und ich finde, -
Herr Kollege Gysi, Ihre Redezeit ist um.
Ich finde, man kann es auch Kindern nicht zumuten, ungewollt auf die Welt zu kommen. Das ist nämlich eine wirkliche Katastrophe.
({0})
Herr Kollege Hans-Ulrich Klose, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann heute nicht für meine Fraktion sprechen. Die sozialdemokratische Fraktion hat zwar mehrfach über die Problematik des Schwangerschaftsabbruchs diskutiert, aber sie hat zu keinem Zeitpunkt einen Zweifel daran gelassen, daß es sich bei dieser Problematik und den dazu zu treffenden Entscheidungen um Gewissensfragen handelt, bei denen es verbindliche Mehrheitsentscheidungen nicht geben kann. Die SPD-Fraktion hat deshalb nach Einbringung ihres eigenen Gesetzesantrages keine Abstimmung über die anderen Anträge durchgeführt, auch nicht über den Gruppenantrag.
Bei den Beratungen in der Fraktion - durchweg sehr engagierte Debatten - hat es, wie nicht anders zu erwarten, sehr unterschiedliche Meinungen gegeben, für und gegen die Fristenregelung, für und gegen den Gruppenantrag. In der Fraktion sind diese verschiedenen Meinungsäußerungen mit dem nötigen Respekt für die Meinung der jeweils andersdenkenden Kolleginnen und Kollegen aufgenommen worden. Irgendwelche Versuche, auf Mitglieder der Fraktion auf andere als argumentative Weise Einfluß zu nehmen, hat es nicht gegeben. Ich lege besonderen Wert auf diese Feststellung.
({0})
Ich füge persönlich hinzu: Ich unterstelle zunächst einmal allen Kolleginnen und Kollegen, die sich an der Debatte beteiligt haben und heute beteiligen, daß sie einig sind in dem Ziel, ungeborenes Leben zu schützen. Nicht bei der Zielbestimmung beginnen die Meinungsverschiedenheiten, sondern in der Regel bei der Frage, mit welchen Mitteln dieses Ziel am besten erreicht werden kann. Über diese Frage kann und
muß gestritten werden, denn niemand kann für sich in Anspruch nehmen, dabei im Besitz der absoluten Wahrheit zu sein, niemand, sei er nun Jurist oder Arzt oder Kirchenmann.
({1})
Sie wissen vielleicht, meine Damen und Herren, daß ich gelernter Staatsanwalt bin, Jugendstaatsanwalt, Jugendschutzsachen eingeschlossen. Ich habe diesen Beruf einige Jahre mit großer innerer Zustimmung ausgeübt und weiß, daß ein Gemeinwesen den Rechtsfrieden ohne strafrechtlichen Schutz nicht gewährleisten kann. Ich habe aber auch erfahren, daß das Strafrecht nur e i n Mittel des Rechtsgüterschutzes ist und in vielen Fällen nicht das beste, so auch im Falle des Schwangerschaftsabbruchs.
Lebenswirklichkeit und erfahrene Strafrechtspraxis zeigen, daß der Schutz des ungeborenen Lebens mit dem Mittel des Strafrechts nicht oder nur sehr unvollkommen, dagegen sehr wohl besser durch Beratung und Hilfe erreicht werden kann,
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durch eine Beratung, die die Not- und Konfliktlage, in der sich die Schwangere sieht, berücksichtigt, und durch ein Angebot von Hilfe, das der Schwangeren die sie belastenden Zukunftssorgen nimmt und sie in die Lage versetzt, eine verantwortliche Entscheidung selbst zu treffen.
Beides, meine Damen und Herren, ist durch den Gruppenantrag gewährleistet, nicht in optimaler, aber doch in richtiger Weise - richtig, weil die Hilfsmaßnahmen an erster Stelle stehen und erst an zweiter Stelle strafrechtliche Absicherungen Platz greifen. Mein Kollege Hans de With hat darauf hingewiesen, daß dieses Verständnis von der richtigen Reihenfolge auch der Verfassungsgerichtsentscheidung aus dem Jahre 1975 zugrunde liegt. Es sei - so das Bundesverfassungsgericht - „Aufgabe des Staates, in erster Linie sozialpolitische und fürsorgerische Mittel zur Sicherung des werdenden Lebens einzusetzen" . In erster Linie, meine Damen und Herren! Die Strafandrohung folgt zu Recht erst an zweiter Stelle. Sie ist zum Schutz des ungeborenen Lebens erst an dieser zweiten Stelle und nicht durchgängig geboten.
Zusammenfassend: Die vorgeschlagene Regelung ist verfassungsrechtlich in Ordnung, weil sie dem Schutz des ungeborenen Lebens dient. Sie verbessert die Lebenswirklichkeit für die schwangere Frau, um ihr die Zukunftssorgen zu nehmen. Sie will und respektiert das verantwortungsbewußte Selbstentscheidungsrecht der Frauen.
Wir Männer müssen heute über die vorliegenden Anträge mitentscheiden, und ich will dies auch. Bei der Entscheidung über den Schwangerschaftsabbruch sollten wir aber den Frauen den Vortritt lassen. Ich sehe keinen Grund, warum der Gesetzgeber den Frauen bei dieser Entscheidung mißtrauen sollte. Ich werde deshalb für den Gruppenantrag stimmen.
({3})
Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Herbert Werner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur ein Vorwort an Ihre Adresse, Herr Gysi. Selten, glaube ich, ja überhaupt noch nicht hat dieses Haus erlebt, wie sich ein neokommunistischer Ideologe zu einem so ernsten Thema in so schändlicher Weise geäußert hat.
({0})
In unserem Staat des Rechts, der auf der Werteordnung des Grundgesetzes, des Menschenrechts und des Naturrechts basiert, ist der grundlegende Orientierungsmaßstab das Recht auf Leben, das Recht auf Menschenwürde. Für den Christen ist der Mensch Ebenbild Gottes und darf auch von daher in seiner naturrechtlich verankerten Existenz nicht angegriffen werden. Der Staat hat die Funktion, den fundamentalen Schutz auszuüben.
Kann es, so frage ich, überhaupt derart tragische Situationen geben, die es unter Umständen auch objektiv zumutbar erscheinen lassen mögen, die Durchsetzung des Lebensrechts und die Wahrung der Menschlichkeit zuungunsten des ungeborenen Kindes zurückzunehmen; in Anbetracht der schwierigen Lebenssituation, in der sich die Mutter befindet? - Ich meine, dies kann in wenigen Konfliktfällen, in Grenzfällen so sein. Aber gerade weil dieser Schwangerschaftsabbruch in jedem Fall eine Tötung darstellt, ist es absolut notwendig, daß in jedem dieser Grenz- und Konfliktfälle sowohl eine gründliche Überprüfung seitens des Arztes als auch, wenn erforderlich, nachträglich durch ein Gericht möglich und durchführbar sein muß.
({1})
Vor diesem Hintergrund gelangen wir, die Unterzeichner des Minderheitsentwurfs aus den Reihen der CDU/CSU, zu der Auffassung, daß der Mehrheitsentwurf der Union verbesserungsbedürftig ist,
({2})
daß allerdings die anderen vorliegenden Entwürfe eindeutig verfassungswidrig sind.
({3})
Absoluter Lebensschutz - dies räume ich ein - ist nicht möglich. Wir streiten hier darüber, wo und in welcher Weise die Grenzlinie zwischen dem, was rechtlich hingenommen werden kann, und dem, was rechtlich nicht hingenommen werden kann, verläuft. Es ist eine Tatsache, daß in einem Staat wie der doch insgesamt reichen Bundesrepublik Deutschland Jahr für Jahr 300 000 ungeborene Kinder getötet werden.
Deswegen ist es absolut notwendig - nicht nur vor dem Hintergrund des Einigungsvertrages -, daß wir jetzt auch und gerade vor dem Hintergrund unterschiedlicher Erfahrungen und Rechtsvorstellungen in unserem neuen deutschen Staat dazu die Diskussion führen, in welcher Form wir die beste, die effektivste Lösung zur Herbeiführung eines effektiveren Schut8256
Herbert Werner ({4})
zes des Lebensrechts des Ungeborenen durchführen können.
Wir sind der Auffassung, daß das Schlagwort „Hilfe statt Strafe" in unzulässiger Weise verkürzt. Der Staat hat umfassenden Schutz und Hilfe zu gewähren.
({5})
Wir sind der Auffassung, daß sich die große Mehrzahl der schwangeren Frauen, die sich mit dem Gedanken einer Abtreibung trägt, in auswegloser Situation fühlt. Aber ich füge gleichzeitig an: Objektiv betrachtet, gibt es in fast jedem Fall einen Ausweg, der im Rahmen der Rechtsordnung zumutbar ist.
({6})
Ob er jeweils auch im Rahmen des menschlich Erträglichen vertretbar ist, dies ist eine Frage, die wiederum der Arzt gemeinsam mit der Schwangeren nach vorheriger gründlicher Diskussion in der Beratungsstelle zu entscheiden hat.
Aus diesen Gründen - aus den Gründen, daß es Auswege und Hilfen genug gibt - möchte ich darauf hinweisen, daß wir bereits in den vergangenen Jahren ein umfangreiches Paket an Hilfen geschaffen haben. Wir haben das Erziehungsgeld. Wir haben den Erziehungsurlaub verlängert. Wir haben die Hilfen für Frauen, die ihnen die Rückkehr in den Beruf nach einer gewissen Kindererziehungszeit ermöglicht. Wir haben das Kindergeld und die Kinderfreibeträge verbessert und erhöht. Wir, die Koalition, haben die Anrechnung von Erziehungszeiten im Rentenrecht geschaffen. Wir wollen jetzt gemeinsam das Familiengeld schaffen. Alle in diesem Hause stimmen darin überein, daß ab 1999 ein Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz existieren soll,
({7})
wobei ich anfüge, daß ich persönlich sehr wohl sehe, daß wir im Hinblick auf die Gemeinden und die Länder wahrscheinlich nicht um ein Sonderprogramm herumkommen können, um die notwendigen Investitionsmaßnahmen durchzuführen.
({8})
Wir haben, meine Damen und Herren, in unseren Vorschlägen, die in diesem Punkt mit denen der Mehrheit aus der CDU/CSU übereinstimmen, schulbegleitende Maßnahmen zur Betreuung der Kinder und familienergänzende Maßnahmen vorgesehen, wobei ich darauf hinweisen möchte, daß auch Tagesbetreuung eine ergänzende Funktion haben soll und muß und nicht etwa dazu führen darf, daß die Mutter, die keiner außerhäuslichen Berufstätigkeit nachgeht und sich ausschließlich der Erziehung ihrer Kinder widmet, im öffentlichen Bewußtsein weiter zurückgesetzt wird.
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Deswegen glauben wir, daß wir alle miteinander in diesem Hause verpflichtet sind, Hilfen für die Familien und die Frauen insgesamt so zu gestalten, daß sich die Schwangeren und die Familienmütter ohne Außendruck, vor dem Hintergrund ihrer individuellen Lebenssituation und Lebensperspektive, für oder
gegen eine außerhäusliche Arbeit entscheiden können.
Wir waren im Sonderausschuß doch alle miteinander der Meinung, daß darüber hinaus die Unterstützungen für Familien und Frauen verbessert werden müssen. So waren wir doch alle der Meinung, daß die bevorzugte Vergabe bei öffentlich gefördertem Wohnraum auch für Schwangere möglich werden muß. Wir sind weiterhin der Auffassung, daß auch in Zukunft Kindergeld und Kinderfreibeträge im Rahmen des finanziell Möglichen weiter erhöht werden müssen.
Meine Damen und Herren, für meine Freunde und mich aus der CDU/CSU sage ich ausdrücklich: Wir sind weiterhin der Überzeugung, daß die Bundesstiftung „Mutter und Kind" eine unverzichtbare Angelegenheit ist und eine Aufgabe auch im Gesamtnetz dieser sozialen Hilfen hat, weil sie in besonderer Weise zielgerichtet dort, wo keine unmittelbare Abhilfe möglich erscheint, Abhilfe bringen kann.
({10})
Wir haben aus unserer Minderheitsgruppe heraus während der Ausschußberatung die sogenannte Obhutspflege in unseren Gesetzentwurf eingeführt. Wir meinen, daß wir damit der Schwangeren ein zusätzliches Angebot machen können, noch einmal zu überlegen, ob sie denn nicht das Kind annehmen möchte und kann, wenn sie sich dessen gewiß sein darf, daß während des ersten Lebensjahres dieses Kindes das Kind in die Obhut genommen wird und sie sich erst danach entscheiden muß, ob sie das Kind in eine Adoption weitergibt oder zu sich nimmt.
({11})
Wer hier sagt, dies sei ein Zwang, gegen die Mütter gerichtet, dem stelle ich einfach die Frage: Ist es nicht besser, zusätzliche Angebote zu vermitteln, damit Kinder ausgetragen werden, als diese zusätzlichen Angebote von vornherein abzulehnen und in Kauf zu nehmen, daß in dem einen oder anderen Fall dann eben doch ein Kind - Gott sei es geklagt - abgetrieben wird?
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Notwendig ist, daß wir in unserer Gesellschaft endlich der Wunschkindideologie Lebewohl sagen, die auf das törichte Denken zurückgeht, es müsse in unserer Gesellschaft alles machbar, planbar, perfekt und vorherbestimmbar sein.
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Wir legen besonderen Nachdruck auf die Hilfen. Aber wir sind der Auffassung, daß der Staat auf den strafrechtlichen Schutz, die strafrechtliche Mißbilligung nicht verzichten darf.
Es geht um die Wahrung des Lebensrechts aller. Es geht auch darum, in der Öffentlichkeit bewußt zu halten, daß die strafrechtliche Mißbilligung nicht zuletzt auch eine hohe präventive Funktion hat. Deswegen sind wir alle miteinander z. B. der Auffassung, daß die Schwangere gegen Nötigung geschützt werden müsse.
Herbert Werner ({14})
Wir haben während der Ausschußberatungen zwar nicht unsere Grundsätze in unserem Entwurf verändert, wir haben aber die Aussagen, die wir getroffen haben, präzisiert, um damit deutlich zu machen, daß dort, wo die Kongruenz der Schwere der Fälle mit der medizinischen Indikation gegeben ist, daß dort, wo eine echte Rechtsgüterkollision im Konfliktfall vorhanden ist, daß dann dort in der Tat unter ganz bestimmten Indikationsbedingungen ein Schwangerschaftsabbruch vertretbar erscheint.
Wir haben deswegen präzisiert: Wir haben die vitalmedizinische Indikation als Rechtfertigungsgrund ausgeführt und wir haben die sogenannte erweiterte medizinische Indikation präzisiert, die es bei uns in anderer Form im Entwurf bereits gab. Wir haben dort - das ist neu - in den Rahmen der besonderen Bedrängnis auch Straftaten nach §§ 176 ff. hineingenommen, also Vergewaltigung und sexueller Mißbrauch von Kindern, wobei wir deutlich sagen, daß nicht allein der Tatbestand des Mißbrauchs oder der Vergewaltigung der Grund für eine Abtreibung sein kann. Vielmehr fügen wir hinzu, daß wir zur Voraussetzung machen müssen, daß auch dort der Arzt in seiner gesamtmedizinischen, ärztlichen Beurteilung zu der Erkenntnis kommt, daß es keine andere zumutbare Maßnahme und Möglichkeit gibt, eine Abtreibung zu verhindern.
({15})
- Jawohl.
Wir haben darüber hinaus daran festgehalten, daß in jedem Fall der Arzt sämtliche objektiven Beweggründe und Gesichtspunkte, die er mit Hilfe der Schwangeren feststellen kann, festhält
({16})
und die Dokumentation darüber durchführt.
Wir lehnen die soziale Indikation und eine eugenische Indikation ab.
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Dem Arzt kommt - ich habe das gerade angedeutet - eine entscheidende Rolle zu. Weil sich der Arzt in dieser verantwortlichen Rolle befindet, weil er in dieser Situation gleichsam in Stellvertretung für den Staat - der, wenn überhaupt jemand, das Recht hat, eine Tötung hinzunehmen - handelt, muß er in besonderem Maße auch zur Dokumentation, zur Verobjektivierung verpflichtet sein.
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Das alles muß durch ein Gericht nachprüfbar sein,
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das selbstverständlich auf die Verfolgung und die Strafe verzichten kann.
Herr Kollege Werner, verzeihen Sie, einen Moment! - Herr Duve, wir haben bisher in dieser Debatte sehr gegensätzliche Standpunkte mit großer Ruhe ertragen; es gab auch immer wieder einmal einen Zwischenruf. Aber ich halte es nicht für gut, wenn ein Redner permanent mit Zwischenrufen bedient wird.
Herr Präsident! Ich werde dies ertragen, zumal wenn ich sehe, welche Kollegen dies sind.
({0})
Ich bitte insbesondere die Kollegen auf der linken Seite - vom Rednerpult aus gesehen - recht herzlich darum, zur Kenntnis zu nehmen, daß in einem Staat wie dem Staat des Grundgesetzes, der sich ganz bewußt zu einer objektiven Werteordnung bekennt, auch eine Überprüfung dessen möglich sein muß und gefordert ist, was im Rahmen einer Tötungshandlung und des Schwangerschaftsabbruchs geschieht.
Lassen Sie mich zum Schluß für mich persönlich noch dreierlei anfügen:
Ich habe Verständnis, wenn sich manche Kollegin und mancher Kollege durch Bischofsworte in der einen oder anderen Form angekratzt und aufgeschreckt fühlt. Nur, ich möchte hier ganz eindeutig unterstreichen: Es ist die elementare Aufgabe zuallererst der Kirchen, darauf zu achten, daß christliches und auch naturrechtliches Gedankengut eben nicht an den Rand des gesetzgeberischen Gestaltens gerät, meine Damen und Herren.
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Zum zweiten möchte ich für mich persönlich anfügen, daß ich die übrigen Entwürfe ablehnen werde, weil sie nach meiner Grundüberzeugung die Situation nicht wesentlich verbessern werden.
Herr Kollege Werner, Ihre Redezeit ist um.
Zum dritten bin ich der Auffassung, daß wir diese Diskussion nicht heute beenden werden, sondern daß wir alle uns nach dem Spruch unseres höchsten Gerichts mit dieser Frage in Fairneß, aber in aller Härte noch einmal auseinandersetzen müssen.
Vielen Dank.
({0})
Als nächste hat die Kollegin Dorle Marx das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie werden mir abnehmen, daß ich die bisherigen Debattenbeiträge mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt habe; ich bin nämlich selbst schwanger.
In welche Gesellschaft hinein gebären wir Frauen heute Kinder? Die Mitteilung: „Ich bekomme ein Kind" löst nach wie vor sicher in der Mehrzahl der Fälle erst einmal in der persönlichen Umgebung positive Gefühle aus, oft sogar Rührung. Dann kommen aber auch schon ganz schnell die wohlmeinenden Nachfragen aus dem Freundes- und Bekanntenkreis. Auch mir, einer mit einem liebevollen Vater für
das Kind versehenen und materiell abgesicherten Abgeordneten, werden Fragen gestellt. Ich bin in den letzten Wochen immer wieder gefragt worden: Kannst du dir denn als Abgeordnete wirklich ein Kind leisten? Willst du nicht doch lieber die Fruchtwasseruntersuchung machen lassen? Stell dir doch mal vor, dein Kind ist vielleicht behindert. - Und die nächste Frage: Willst du wirklich vorher nicht wissen, ob es ein Mädchen oder ein Junge wird?
All das sind - ich sagte es bereits - wohlmeinende Fragen. Es sind ganz normale Fragen in unserer Leistungsgesellschaft. Ein Kind hat geplant, ein Kind hat gesund und seine materielle Zukunft hat bestmöglichst gesichert zu sein. Versicherungsunternehmen empfehlen die frühzeitige Ausbildungsabsicherung. In der dicken Wochenzeitschrift für Leute mit viel Zeit wird die kostenträchtige Anmeldung in eliteverdächtige Internate empfohlen. Die dringend empfohlene Zubehörausstattung für den Kinderwagen erinnert an die Ausstattungslisten des Autohändlers. Der heute für einen Kinderwagen geforderte Preis mit dem Zubehör entspricht übrigens dem Zuschuß von 1 000 DM, der hier auch schon genannt worden ist.
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Wer dies alles nicht bedenkt und gar noch die Anmeldung für den Kindergartenplatz unmittelbar nach der Geburt versäumt, ist selber schuld, hat irrational, irgendwelchen Trieben folgend, ein Kind in die Welt gesetzt und wird seiner Verantwortung nicht gerecht.
Aber da ist doch noch etwas von den Urinstinkten übrig. Da entsteht Leben ohne vorherige Einsichtnahme in den Kontenstand der Eltern und das Platzangebot in der Wohnung. Da wächst und gedeiht etwas, und dieses Leben - darin stimme ich mit Ihnen allen überein - wollen wir schützen.
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Es macht mich nun aber zornig und auch traurig, daß die Befürworter der strafrechtlichen Lösung den Befürwortern einer Fristenregelung immer wieder pauschal unterstellen, diese wollten Schwangerschaftsabbrüche erleichtern und würden das vorgeburtliche Leben geringerschätzen, als die Anhänger einer strafrechtlichen Lösung dies für sich in Anspruch nehmen.
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Meine Ausgangsfrage als Betroffene ist: Wie kann die Zahl von Schwangerschaftsabbrüchen so gering wie nur irgend möglich gehalten werden?
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Welche Lösung garantiert den größtmöglichen Lebensschutz?
Die Drohung mit Strafe für den unerlaubten Abbruch hat erwiesenermaßen solche Abbrüche bisher nicht verhindert, und sie wird es auch künftig nicht tun. Die Strafrechtsregelung ist aber nicht nur untauglich, sie enthält auch Wertungswidersprüche in sich - Herr Kollege Baum hat bereits darauf hingewiesen -:
Der strafrechtliche Schutz, den wir bisher haben, gilt nur dem gesunden vorgeburtlichen Leben.
Ein Beispiel, das ich persönlich nie verstanden habe. Ich weiß, Sie, die Befürworter des Indikationenmodells, meinen das nicht so, wie es bei mir ankommt. Aber es gibt jetzt schon die Regelung - und die soll nach Ihren Vorstellungen auch beibehalten werden -, daß bei einer abzusehenden Behinderung des Kindes der selbstveranwortlichen Entscheidung der Schwangeren innerhalb Ihres Modells der Vorrang vor dem Lebensrecht des Kindes eingeräumt wird. Die Begründung ist ja nachvollziehbar. Sie folgen der Erkenntnis, daß das Leben des Kindes nicht gegen das Leben der Mutter geschützt werden kann, deren Leben in diesen Fällen durch einen auferlegten Gebärzwang wahrscheinlich eine übermäßige Beeinträchtigung erfahren würde.
Aber die Beeinträchtigung, die die Verantwortung für jedes Kind mit sich bringt, wird doch individuell immer ganz verschieden sein. Warum steht der Schwangeren dann aber nach Ihrem Modell bei einem behinderten Kind die Einrede der persönlichen Unzumutbarkeit zu, bei einem gesunden aber erst einmal nicht?
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Um es als Beispiel zu sagen: Es kann für mich als Abgeordnete im Grunde zumutbarer sein, ein mongoloides Kind auf die Welt zu bringen und großzuziehen als vielleicht ein gesundes Kind für eine Frau in einer schwierigen sozialen Lage, arbeitslos, alleinerziehend in den neuen Bundesländern.
Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Hüppe?
Nein.
Die Strafrechtsregelung entscheidet im Indikationenmodell nicht für oder gegen das Leben, sondern enthält eine eigene Wertung nach allgemeinen sozialen Kriterien. Der soziale Konflikt, in den das vorgeburtliche Leben des Kindes mit dem der Mutter geraten kann, läßt sich aber nur ganz persönlich und individuell entscheiden. Ich möchte mich hier ganz besonders an die Kolleginnen wenden, die selbst schon ein Kind geboren haben.
Ich weiß schon jetzt, daß mir die ganz persönliche Letztverantwortung für das Kind, das in mir wächst, niemals jemand abnehmen kann, nicht der liebevollste Vater, nicht die treusorgendsten Freunde, keine noch so freundliche Kirche und auch nicht ein mütterlicher Staat. Ich sage nicht: Mein Bauch gehört mir; aber zuallererst und zuallerletzt trage ich die Verantwortung für das In-die-Welt-Bringen dieses Kindes. Wie soll Strafrecht hier meine Verantwortung befördern oder, im Fall eines behinderten Kindes, vermindern?
Für die Untauglichkeit des Strafrechts zum individuellen Lebensschutz gibt es übrigens noch ein weiteres Beispiel. Jahrhundertelang war der Selbstmord strafbar. Mißlang er, konnte man eingesperrt werden. Gelang er, wurde das Erbe eingezogen, also die Familie bestraft. Bereits in der Französischen Revolution wurde die Forderung nach der Abschaffung der
Strafbarkeit des Selbstmords erhoben. Heute ist Selbstmord nicht mehr strafbar. Niemand kommt auf die Idee, der Staat erleichtere damit den Selbstmord oder wolle ihn gar befördern. Es bleibt in diesem Fall die Trauer um den verlorenen Menschen und die Frage, ob und was hätte aktiv getan werden können, um die Entscheidung für das Leben zu ermöglichen.
Sie mögen jetzt einwenden, der Selbstmord sei mit der Tötung des vorgeburtlichen Lebens nicht vergleichbar, das Leben des Kindes sei doch ein ganz eigenes. Ich behaupte, daß jeder Schwangerschaftsabbruch eine Art von partiellem Selbstmord für die Mutter, eine Vernichtung eines Stücks des eigenen Ichs ist
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und von der Schwangeren auch genauso empfunden wird. Das erklärt auch folgendes: Die Trauer nach einem nicht mit Strafe bedrohten Abbruch ist nicht geringer und kann es auch nicht sein als bei einer bisher noch strafbewehrten Entscheidung gegen das Austragen eines Kindes.
Die Verantwortung - ich sagte es bereits - nimmt mir niemand ab. Wenn wir heute statistisch belegbar wissen, daß aktiver Lebensschutz wirksam nur durch soziale Hilfsangebote befördert werden kann: Wie können wir dann noch einen Tag länger zögern? Die Verweigerung längst überfälliger sozialer Hilfen unter dem Verweis auf Geldnöte verhöhnt aus meiner Sicht die allseits betonte Verpflichtung zum Lebensschutz.
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Mit Liebe allein bekomme ich ein Kind schon lange nicht mehr groß. Das belegen nicht nur die Säuglingssterberaten in den armen Ländern dieser Erde. Und ohne Liebe geht es erst recht nicht. Liebe zum Leben kann nicht qua Gesetz verordnet werden. Daher bitte ich Sie um eine ernsthafte Selbstverpflichtung auch des Bundes zum aktiven Lebensschutz und die Zustimmung zum Gruppenantrag.
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Meine Damen und Herren, mir ist eben das Begehren auf eine Kurzintervention vorgetragen worden. Ich würde es gern zulassen, wenn Sie, Herr Kollege, es wirklich ganz kurz machen. Nur: Wenn wir das Instrument der Kurzintervention heute strapazieren, kommt diese Debatte mit den vielen Redebeiträgen - jeder kann sich ja zu Wort melden - aus der Reihe. Also: einen Satz.
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Ich möchte nur darauf hinweisen, daß der Werner-Entwurf keine eugenische Indikation beinhaltet.
Ich erteile das Wort dem Kollegen Horst Eylmann.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Dies ist - wie sollte es auch anders sein - eine Debatte der persönlichen Bekenntnisse, der moralischen Appelle, der entschiedenen Haltungen, zuweilen auch der großen Worte, aber auch eine Debatte der kritischen und zweifelnden Nachdenklichkeit. Und das ist gut so.
Die Freuden und Lasten der menschlichen Fortpflanzung sind unter den Geschlechtern höchst unterschiedlich verteilt. Nach dem beiderseitigen kurzen Vergnügen folgt für die Frau neun Monate lang die Beschwer der Schwangerschaft und der Geburt, und dann beginnt erst die schwerste Last: die jahrelange Sorge für und um das Kind. Auch heute noch tragen die Frauen zu 90 % die Last der Erziehung der Kinder. Gerade wir männlichen Politiker wissen das ja am besten, denn wir müssen ja unseren Frauen diese Aufgabe überlassen.
Die Entscheidung, ein Kind auszutragen, ist für eine Frau eine Entscheidung, die tief in ihr Leben eingreift und bis an die Wurzeln ihrer Existenz reicht. Und diese Last auf sich zu nehmen, können wir von ihr nur verlangen - das ist meine Überzeugung -, wenn sie diese Last selbst annimmt.
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Das Leben des ungeborenen Kindes kann nicht gegen den Willen der Frau geschützt werden, heißt es in der gemeinsamen Erklärung der Kirchen. Eine richtige Erkenntnis; wäre sie nur von allen Bischöfen auch in den letzten Wochen noch beherzigt worden!
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Freilich, meine Damen und Herren, was da im Körper einer Frau heranwächst, mag es auch noch so symbiotisch mit ihr verbunden sein, ist eine neue Existenz, ist mehr als ein bloßer Bestandteil des mütterlichen Körpers. Diese Existenz verdient Schutz, auch staatlichen Schutz. Dazu brauche ich gar nicht in die Verfassung zu sehen. Aber die Frage ist: Kann ich diese Existenz gegen den Willen der Mutter schützen? Damit ist schon das ganze Dilemma umrissen, in dem wir uns hier befinden und das sich niemals glatt und sauber auflösen läßt. Es bleibt immer „ein Rest zu tragen peinlich! " Deshalb stören mich auch häufig die großen Worte, die dann oft zu schrecklichen Vereinfachungen führen.
({2})
Der Kollege Werner und seine Freunde meinen, der Schutz des ungeborenen Lebens sei auch gegen den Willen der Mutter notwendig und praktisch zu verwirklichen. Sie sagen, das geborene und das ungeborene Leben seien im Prinzip gleichwertig. Niemand dürfe über ungeborenes Leben verfügen.
Diese Lösung erscheint logisch und einfach, aber das Leben ist weder logisch noch einfach.
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Ob eine vergewaltigte Frau ihr Kind zur Welt bringen muß, darf nach diesem Entwurf nicht sie selbst entscheiden, sondern das soll der Arzt entscheiden, und er darf es nur dann zulassen, wenn es unzumutbar ist. Die Unzumutbarkeit richtet sich nach der psychischen Robustheit der Frau.
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Eine Frau muß eine Schwangerschaft selbst dann austragen, wenn feststeht, daß ihr Kind unter schwersten, ein menschenwürdiges, ja ein bewußtes Leben unmöglich machenden Behinderungen leiden wird. Wenn die betreffende Frau von sich aus diesen Beschluß faßt, hat sie meine Hochachtung. Aber kann ich das von ihr verlangen?
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Würden Sie, liebe Kollegen in diesem Hause, das tun, wenn es sich um Ihre Ehefrau, um Ihre Tochter handeln würde? Hier zeigt sich wieder einmal, daß jedes Prinzip, klingt es auch noch so logisch, ist es auch noch so begründet, zu Ende gedacht geradezu zwangsläufig im Inhumanen endet.
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Der Mehrheitsentwurf der Union geht - mit Recht - einen anderen Weg. Er gibt das Prinzip, ungeborenes Leben dürfe grundsätzlich nicht zur Disposition stehen, auf. Und wenn man diesen Grundsatz aufgibt, sind folgende Fragen zu beantworten: Unter welchen Voraussetzungen darf eine Schwangerschaft unterbrochen werden? Wer entscheidet darüber?
Die Union sagt, es gibt so viele verschiedene Gründe, die einer Frau das Austragen einer Schwangerschaft unzumutbar machen, daß es unmöglich ist, dies in bestimmten Fallgruppen zu umreißen. Das ist richtig. Deshalb nimmt die Union Zuflucht zu einer pauschalen Indikation, die sie psychosoziale Notlage nennt. Ob sie vorliegt, soll nicht etwa eine staatliche Kommission entscheiden. Man weiß, daß die Frauen hi diesem Lande das nicht tolerieren würden. Deshalb weicht man der staatlichen Verantwortung aus und privatisiert diese Feststellung, indem man sie in die Hand der Ärzte legt.
({7})
Ist deren Entscheidung vertretbar, bleiben sie straflos. Ist sie unvertretbar, werden sie verurteilt. Darüber, wann Vertretbarkeit oder Unvertretbarkeit vorliegt, schweigt sich der Gesetzgeber aus.
Im Endergebnis, meine Damen und Herren, würde sich, fände dieser Entwurf die erforderliche Mehrheit, an der gegenwärtigen Rechtswirklichkeit in diesem Lande nichts ändern.
({8})
Jede Frau, die in den ersten 12 Wochen einen
Abbruch vornehmen will, würde in der Bundesrepublik - von einigen regionalen Erschwernissen abgesehen - einen Arzt finden, der den Schwangerschaftsabbruch vornimmt. Wenn man das als eine Fristenlösung bezeichnet, dann haben wir eine, nur leicht von einer Indikationenlösung verschleiert, und wir würden sie auch nach dem Mehrheitsentwurf der Union behalten.
Deshalb kann ich auch nicht die moralischen Verdammungsurteile akzeptieren, die die Anhänger des Mehrheitsentwurfs gegen die Anhänger des Gruppenantrags richten.
({9})
In den praktischen Auswirkungen unterscheiden sich beide Entwürfe nur minimal. - Auf die Rechtswirklichkeit kommt es mir an. „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen", steht in der Bibel. - Jedem, der dies bestreitet - auf welchem Flügel dieses Hauses auch immer -, kann ich die Feststellung nicht ersparen, daß er die Wirklichkeit nur unzulänglich erfaßt.
({10})
Nun könnte man mir allerdings die Frage stellen, warum ich denn nicht für den Mehrheitsentwurf stimme, wenn dessen Ergebnis so nahe bei dem des Gruppenantrags liegt. Mit dieser Frage habe ich mich lange auseinandergesetzt; denn ich entferne mich in dieser Frage ungern von meiner Fraktion. Aber der Unionsentwurf wäre eine Scheinlösung.
({11})
Der Staat würde mit dem Strafrecht drohen, obwohl er weiß, daß diese Drohung ins Leere stößt, weil es dem bloßen Zufall überlassen bleibt, ob es zur Strafverfolgung eines Arztes kommt.
({12})
Dies ist nicht, wie immer gern behauptet wird, ein Problem der Dunkelziffer, die es bei Straftaten natürlich immer gibt. 1990 hat es in der Bundesrepublik mehr als 700 000 Strafverurteilungen gegeben, aber gerade sieben wegen Verstoßes gegen § 218 StGB, obwohl in diesem Jahr nach einer Schätzung des Deutschen Ärztetages 200 000 bis 250 000 Abbrüche in den alten Ländern vorgekommen sind. Davon haben die Ärzte nur 78 000 gemeldet, obwohl sie gesetzlich dazu verpflichtet sind, aber 88 000 mit den Kassenärztlichen Vereinigungen abgerechnet.
({13})
Man braucht nur diese Zahlen zur Kenntnis zu nehmen, um zu wissen, daß das Strafrecht bei der Bekämpfung des Schwangerschaftsabbruchs keine Rolle mehr spielt, weder bei uns noch irgendwo in der Welt. Die Weltgesundheitsorganisation hat das gerade festgestellt.
({14})
Und glauben Sie bitte nicht, die Bürger draußen im
Lande würden nicht merken, daß wir hier eine Scheinlösung produzieren. Sie haben ohnehin nur noch ein
begrenztes Verständnis für manche Punkte, über die wir hier stundenlang diskutieren.
({15})
Ich werde für den Gruppenantrag stimmen, nachdem es meinen Mitstreitern und mir gelungen ist, ihn in unserem Sinne zu verbessern. - Ich darf betonen: Auf mich ist von meiner Fraktion nicht der geringste Druck ausgeübt worden, mich anders zu entscheiden. - Wir waren uns mit den Initiatoren des Gruppenantrags einig, daß die letzte Entscheidung über einen Schwangerschaftsabbruch in den ersten zwölf Wochen der Schwangeren selbst zustehen sollte. Ich bin mit Nachdruck der Auffassung, daß die Entscheidung bei der Mutter besser aufgehoben ist als beim Arzt.
({16})
Aber wir wollten noch klarer zum Ausdruck gebracht wissen, daß ein Schwangerschaftsabbruch in den ersten zwölf Wochen nicht im Bereich des ethisch Indifferenten, im Beliebigen anzusiedeln ist. Das haben wir erreicht; denn die Beratung ist eindeutig auf den Schutz des ungeborenen Lebens ausgerichtet. Sie dient dem Lebensschutz durch Rat und Hilfe für die Schwangere und soll dazu beitragen, die im Zusammenhang mit der Schwangerschaft bestehende Not- und Konfliktlage zu bewältigen. So steht es in unserem Gruppenantrag. Die Tendenz ist eindeutig: Die Beratung ist nicht neutral.
Die von den Kritikern des Gruppenantrags, vor allem auch von der katholischen Kirche, immer wieder verwendete Argumentation, mit der Strafdrohung falle auch die ethische Mißbilligung des Schwangerschaftsabbruchs, ist eindeutig falsch.
({17})
Unsere sittlichen Normen verbieten vieles, was nicht im Strafrecht steht. Nur ein Beispiel: Die Zehn Gebote sind elementare ethische Regeln für das friedliche und gottgefällige Miteinanderleben der Menschen; aber nur ein Teil der Zehn Gebote findet sich in unseren Strafgesetzen wieder.
Strafnormen sind kein Selbstzweck. Sie haben nur dann ihren Sinn, wenn ich mit ihnen etwas erreichen, auf das Handeln der Menschen Einfluß nehmen kann.
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Kann ich das Ziel auf einem anderen Weg erreichen, dann darf ich Strafnormen gar nicht einsetzen.
Wir schreiben hoffentlich ein letztes Kapitel in der traurigen Geschichte der Entmündigung und Bevormundung der schwangeren Frauen.
({19})
In der Wirklichkeit unserer Tage haben sie längst die Entscheidung über einen Schwangerschaftsabbruch selber in die Hand genommen. Jetzt geht es darum, ihnen in einem Europa der offenen Grenzen dieses
Recht, aber auch die damit verbundene Verantwortung formal zu übertragen.
Stehen wir den schwangeren Frauen mit Rat und Hilfe zur Seite, schärfen wir ihr und unser aller Bewußtsein für den Wert des menschlichen Lebens, aber geben wir den untauglichen Versuch auf, diese ungeheure schwierige Lebenssituation, in der sich eine ungewollt schwanger gewordene Frau befindet, mit dem Strafrecht lösen zu wollen!
({20})
Versuchen wir statt dessen, unsere Gesellschaft kinderfreundlicher zu machen! Das ist nicht nur eine Aufgabe für die Politik, sondern dazu kann jeder Arbeitgeber, jeder Arbeitskollege, jeder Vermieter, jeder Mitmieter und jeder Nachbar seinen Teil beitragen.
Vielen Dank.
({21})
Ich erteile dem Kollegen Professor Dr. Jürgen Meyer das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Kollege Eylmann hat mir in vielen Punkten aus dem Herzen gesprochen. Deshalb verzichte ich darauf, mich jetzt im einzelnen mit dem Antrag der Gruppe Werner und andere noch auseinanderzusetzen.
Mehrere Vorredner haben darauf hingewiesen, daß uns der Einigungsvertrag zur Reform verpflichtet. Dem füge ich hinzu: Wer gleichwohl darauf spekulieren würde, daß keiner der heute vorliegenden Entwürfe eine Mehrheit findet und daß nach der Aufhebung des ostdeutschen Rechts durch das Bundesverfassungsgericht das westdeutsche Indikationenrecht künftig in der gesamten Bundesrepublik gilt, verstieße gegen Buchstaben und Geist des Einigungsvertrages. Konsensverweigerung ist kein Beitrag zur inneren Wiedervereinigung.
({0})
Der Einigungsvertrag sagt mit großer Deutlichkeit, daß die notwendige Reform vor allem durch rechtlich gesicherte Ansprüche für Frauen, insbesondere auf Beratung und soziale Hilfen, erreicht werden soll. Es soll also vor allem um Hilfe, nicht um Strafe gehen. Darum haben sich die vor neun Monaten eingebrachten sechs Entwürfe in mehr oder weniger überzeugender Weise bemüht.
Es zeigte sich aber sehr bald, daß keiner dieser Entwürfe eine Mehrheitschance hatte. Wenn wir dem Auftrag des Einigungsvertrages, der Verfassungsrang hat, gerecht werden und die Lage schwangerer Frauen in Ost- und Westdeutschland verbessern wollten, mußten wir also einen neuen Entwurf vorlegen.
Das war unser Leitmotiv, warum wir Sozialdemokraten, obwohl wir unseren Entwurf nach wie vor für den besten halten, uns in langen Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen wie Frau Würfel und Herrn Eylmann um den Gruppenantrag bemüht haben. Bei
Dr. Jürgen Meyer ({1})
diesen Verhandlungen haben alle Beteiligten Zugeständnisse machen müssen. Sonst wären sie gescheitert.
Was uns aber verbindet, ist die gemeinsame Überzeugung, daß Hilfe werdendes Leben besser schützt als Strafe. Wir gehen gemeinsam davon aus, daß Beratung nur dann einen Sinn hat, wenn sie ohne Druckkulisse stattfindet, wenn der Schwangeren keine Darlegungspflicht und kein Rechtfertigungszwang auferlegt werden. Es muß von Anfang an klar sein, daß die Gewissensentscheidung der Schwangeren jedenfalls bei Einhaltung der gesetzlichen Frist keiner staatsanwaltschaftlichen oder richterlichen Kontrolle unterworfen wird.
Hier liegen zugleich die entscheidenden Schwachpunkte und inneren Widersprüche des CDU/CSUMehrheitsentwurfs. Er wendet sich einerseits gegen eine Fristenregelung, weil vorgeburtliches Leben von Anfang an strafrechtlich zu schützen sei. Andererseits sehen Sie selbst eine Zwölf-Wochen-Frist vor, in der die Schwangere, nicht aber der Arzt, den Abbruch nach Beratung straflos durchführen darf, eine immer noch beachtliche Strafschärfung auch gegenüber dem geltenden westdeutschen Recht, das einen persönlichen Strafausschließungsgrund für die Schwangere bis zur 22. Woche enthält. Auch die von Ihnen vorgesehenen Indikationen verbinden Sie doch mit Fristen, und zwar von 20 bis 22 Wochen bei der kindlichen Indikation und zwölf Wochen bei der psycho-sozialen Notlage. Ihre Kritik an Fristenregelungen wendet sich also gegen Ihren eigenen Entwurf.
({2})
Die von Ihnen vorgesehene Dokumentationspflicht ist die Grundlage für eine spätere staatsanwaltschaftliche und gerichtliche Überprüfung der Gewissensentscheidung der Frau. Wir lehnen aber jede Neuauflage der Memminger Prozesse mit großem Nachdruck ab.
({3})
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Diskussion der letzten Monate ist häufig mit dem Blick auf das Bundesverfassungsgericht geführt worden. Offenbar in der Erwartung, daß der Gruppenantrag heute eine Mehrheit finden könnte, ist uns aus der CDU/CSU-Fraktion bereits mit der Verfassungsklage gedroht worden. Ich will deshalb die vier Gründe nennen, warum wir dem Gang nach Karlsruhe mit großer Zuversicht und Gelassenheit entgegensehen.
Erstens bezog sich das bekannte Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1975 auf eine Fristenregelung, die mit dem Schwangeren- und Familienhilfegesetz des Gruppenantrages nicht gleichgesetzt werden kann. Die Aufgabe der Beratung, die nach dem Gruppenantrag eine wesentliche Hilfe in der Not- und Konfliktlage der Schwangeren sein soll, ist damals nur angedeutet worden, was vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich gerügt worden ist. Im Gegensatz zum Gruppenantrag sollte damals der Arzt, der den Schwangerschaftsabbruch durchführte, auch die Beratung durchführen können, und zwischen Beratung und Eingriff war keine Karenzzeit vorgesehen. Das geringere Gewicht der Beratung, weshalb der Kollege
Baum mit Recht von einem Beratungsentwurf gesprochen hat, ergab sich aber damals vor allem daraus, daß die Schwangere in den ersten zwölf Wochen der Schwangerschaft im Falle des Abbruchs auch ohne Beratung straflos bleiben sollte. Die damals für das Gebiet des Sozialrechts vorgesehenen Regelungen halten keinen Vergleich aus mit den im Gruppenantrag vorgesehenen Hilfsansprüchen vom Recht auf Kindergartenplatz bis hin zu den Arbeitsförderungsmaßnahmen.
({4})
Was damals nur ansatzweise in einem Ergänzungsgesetz stehen sollte, das lediglich geplant und noch nicht einmal verabschiedet worden war, ist heute der Hauptgegenstand des Gruppenantrags. Dieser macht Ernst mit dem bekannten Leitsatz der Entscheidung von 1975, daß der Gesetzgeber die grundgesetzlich gebotene Mißbilligung des Schwangerschaftsabbruchs auch auf andere Weise zum Ausdruck bringen kann als mit dem Mittel der Strafdrohung.
Zweitens wäre selbst im Falle eines identischen Gesetzes die Bindungswirkung der früheren Entscheidung eine höchst relative. Das Gericht selbst ist an frühere Entscheidungen nicht gebunden, im vorliegenden Fall um so weniger, als jetzt ein anderer Senat zuständig ist. Wichtiger aber ist, daß eine frühere Entscheidung durch neue Erkenntnisse überholt sein kann. Diese gibt es in doppelter Hinsicht. Einmal hat sich die vom Bundesverfassungsgericht selbst maßgeblich initiierte Indikationenregelung in den 17 Jahren ihrer Geltung als wenig geeignet erwiesen, vorgeburtliches Leben zu schützen. Zum anderen ist die Wirkung von Strafrecht als staatlichem Instrument zum Schutz des werdenden Lebens in einer großen Forschungsanstrengung in den letzten zehn Jahren empirisch und rechtsvergleichend so umfassend untersucht worden wie kaum ein anderes Strafrechtsproblem. Die Untersuchungsergebnisse des Freiburger Max-Planck-Institutes für ausländisches und internationales Strafrecht rechtfertigen die Feststellung: Das Strafrecht ist kein geeignetes Mittel zum Schutz des werdenden Lebens. Das wird auch das höchste Gericht zur Kenntnis nehmen, zumal wir im Gruppenantrag das Strafrecht lediglich zurücknehmen, nicht aber ganz darauf verzichten.
Drittens kommt im Gruppenantrag im Unterschied zu anderen Entwürfen die grundgesetzlich gebotene Mißbilligung des Schwangerschaftsabbruchs auch strafrechtlich mit großer Deutlichkeit zum Ausdruck. Ich muß das nicht ausführen, nachdem mein Kollege Horst Eylmann das so überzeugend getan hat.
({5})
Herr Professor Meyer, sind Sie bereit, eine Zwischenfrage des Abgeordneten Jäger zu beantworten?
Ich möchte jetzt zu Ende reden.
Viertens läßt der Gruppenantrag keinen Zweifel zu, daß er mit der vom Bundesverfassungsgericht so genannten Schutzpflicht des Staates zugunsten der Leibesfrucht Ernst machen will. Das Ob dieses SchutDr. Jürgen Meyer ({0})
zes war im Sonderausschuß und ebenso unter den Unterzeichnern des Hilfsantrags völlig unbestritten. Hinsichtlich des Wie bejahen wir mit dem obersten Gericht den Vorrang der Prävention vor der Repression.
({1})
Ob unser Weg richtig ist und zu der von uns allen gewollten wesentlichen Reduzierung der Schwangerschaftsabbrüche führt, muß die Erfahrung zeigen. Wir stützen uns hinsichtlich des von uns gewählten Weges auf gute Erfahrungen mit ähnlichen Regelungen in anderen westeuropäischen Ländern.
Was das Bundesverfassungsgericht angeht, darf es die Entscheidung des Gesetzgebers, die wir zu treffen haben, nur dann aufheben, wenn sie für den verfassungsrechtlich gebotenen Rechtsgüterschutz offensichtlich ungeeignet ist. Dieses sogenannte Evidenzprinzip ist eine vom Gericht selbst anerkannte Schranke seiner Macht. Nach heutigem Wissensstand spricht sehr viel für die Richtigkeit und Geeignetheit des von uns im Gruppenantrag vorgeschlagenen Weges. Wir sind von diesem Weg überzeugt. Das Gericht wird sicher nicht ohne zwingenden Grund den Versuch von 1975 wiederholen und dem Gesetzgeber einen Weg weisen, der nach heute allgemeiner Überzeugung ein Irrweg gewesen ist.
Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns heute gemeinsam in großer Bescheidenheit, mit Respekt vor der Meinung Andersdenkender und der Bereitschaft, hinzuzulernen, den heute allein mehrheitsfähigen Entwurf verabschieden, um den Schutz des werdenden Lebens zu verbessern
({2})
und die Lage der Frauen in Ost- und Westdeutschland menschlicher zu gestalten.
Ich danke Ihnen.
({3})
Ich erteile nunmehr dem Abgeordneten Peter Hintze das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich spreche für den Gesetzentwurf, der von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion mit großer Mehrheit getragen wird. Er geht von der Unverfügbarkeit menschlichen Lebens aus und wirbt für ein Leben mit Kindern. Er schützt das Leben des Kindes mit der Frau und nicht gegen sie. Er sieht die vielfältigen Konfliktsituationen des Alltags und zeigt Wege auf, solche Konflikte so zu lösen, daß Eltern ja zu ihrem Kind sagen können. Er erkennt aber auch ausdrücklich an, daß es Notlagen gibt, denen mit den Mitteln der Beratung und mit sozialen Maßnahmen nicht begegnet werden kann.
Dabei vermeiden wir drei Mißverständnisse.
Erstens. Der Staat wird seiner Schutzpflicht gegenüber dem Ungeborenen durch die Setzung einer bloßen Entscheidungsfrist nicht gerecht. Deshalb lehnen wir eine Fristenregelung ab.
({0})
Zweitens. Ein behinderter Mensch hat die gleiche Würde und das gleiche uneingeschränkte Recht auf Leben und Solidarität wie jeder andere auch. Wir vermeiden mit unserem Entwurf das schreckliche Mißverständnis, eine zu erwartende Behinderung sei allein ausreichend, nein zu diesem Leben zu sagen. Eine Gesellschaft, die ohne Behinderte leben will, wäre eine unmenschliche Gesellschaft.
({1})
Drittens. Die ganze Tragweite vieler Schwangerschaftskonflikte würde verkannt, wenn nicht unser Recht dem sehr persönlichen Charakter der jeweiligen Notlage Rechnung trüge. Der Gesetzentwurf der CDU/CSU-Fraktion ist wertgebunden und lebensnah zugleich. Er ist kinderfreundlich, er ist frauenfreundlich und er ist familienfreundlich.
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Wir sind davon überzeugt, daß jeder Mensch ein Geschöpf Gottes mit einer unverwechselbaren Würde ist, auch der ungeborene Mensch. Dies begründet nach unserem Rechtsverständnis eine Schutzpflicht der staatlichen Gemeinschaft.
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Wir wissen aber auch, daß ein Kind in allererster Linie Menschen braucht, die es annehmen.
Wenn wir unserem Thema gerecht werden wollen, müssen wir Antwort auf die Frage finden: Warum entscheiden sich Menschen für einen Schwangerschaftsabbruch und gegen das zu erwartende Kind? Nur wenn wir die Gründe kennen, können wir ihnen auch erfolgreich begegnen.
Am Anfang steht ja immer eine ungewollte Schwangerschaft, die in sehr unterschiedlichen Lebenssituationen auftritt, oft bei Müttern, die schon mehrere Kinder haben. Häufig gibt es auch ungeplante Schwangerschaften bei sehr jungen Frauen. Nicht vergessen dürfen wir auch die entwürdigenden Situationen von Frauen durch Vergewaltigungen.
Immer wird in solchen Fällen das ungeborene Leben als Auslöser bedrängender Fragen erlebt: Was sagt mein Partner dazu? Wie werden meine Eltern reagieren? Werde ich das finanziell verkraften? Was wird aus meiner Berufstätigkeit?
Ich habe vor wenigen Wochen mit 40 alleinerziehenden Frauen gesprochen, die sich in Selbsthilfegruppen organisiert haben, 40 Frauen, die in schwieriger Situation ja zu ihrem Kind gesagt haben, in den allermeisten Fällen gegen den bedrängenden Willen ihres Partners. Ihnen war die Freude an ihren Kindern anzumerken, und sie standen auch zu ihrer Entscheidung.
Aber sie haben auch sehr viel innere Bitterkeit zur Sprache gebracht. „Ich wußte nicht, worauf ich mich eingelassen hatte", sagte eine Mutter. „Bei der Wohnungssuche habe ich Schwierigkeiten gehabt. Einem Wohnungsvermieter rutschte sogar heraus, ich sähe ja doch ganz anständig aus. " - Die Gefühle dieser Frau können Sie sicher gut nachempfinden.
„Mein Mann studiert" , sagte eine andere, „jobbt nebenbei, ihm geht es ganz gut, er kümmert sich nicht um sein Kind, gibt mir kein Geld. Mir hat das
Sozialamt mitgeteilt, ich müsse mein Studium abbrechen, mich exmatrikulieren, um Sozialhilfe bekommen zu können. " - Ungerecht!
Und wer mit dem eigenen Beruf weitermachen wollte, erfuhr die beschämende Situation, was Kinderbetreuungseinrichtungen angeht. „Versuchen Sie einmal, in Köln eine Tagesbetreuung für Kinder zu bekommen", sagte eine Mutter.
In diesen Stellungnahmen der Frauen, die in schwieriger Situation ja zu ihrem Kind gesagt haben und zu diesem Ja auch stehen, wird deutlich, welche seelischen, welche sozialen und welche materiellen Probleme auftreten können, denen wir mit unserer Arbeit, auch mit unserem Gesetzentwurf Rechnung tragen müssen.
Im Zentrum des Gesetzentwurfs der CDU/CSU steht die Solidarität unserer Gesellschaft mit der schwächsten Form menschlichen Lebens, dem ungeborenen Kind. Er bietet den betroffenen Schwangeren und den Familien Hilfe und Unterstützung in schwierigen Situationen an, die sie oft nicht alleine bewältigen können. Konfliktauflösung ist daher das Ziel der Reform, mit der wir für ganz Deutschland den Schutz des ungeborenen Lebens verbessern wollen.
In erster Linie geschieht das durch eine qualifizierte Beratung, die bei seelischen Konflikten Unterstützung bietet, die zur Annahme des Kindes ermutigt und die umfassende Informationen und konkrete Hilfen zur Überwindung der Notlage gibt.
Eine kinder- und familienfreundliche Gesellschaft ist der beste Schutz ungeborenen Lebens. Dieser politische Grundsatz war für uns immer maßgeblich. Dafür steht eine lange Reihe von familien- und sozialpolitischen Leistungen, die wir mit diesem Gesetzgebungsvorhaben fortsetzen. Ich bin der festen Überzeugung, daß wir mit der Verlängerung der Arbeitsplatzgarantie für Mütter von früher dreieinhalb Monaten, wie wir sie 1982 vorgefunden haben, auf nunmehr volle drei Jahre und mit der weltweit einmaligen Einführung eines Erziehungsgeldes mehr für den Schutz des ungeborenen Lebens getan haben, als dies mit jeder sonstigen rechtlichen Regelung zu erreichen wäre.
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Mit der Anerkennung von Erziehungszeiten in der Rentenversicherung haben wir bei der Anerkennung und der sozialen Absicherung von Familienarbeit einen prinzipiellen Durchbruch erzielt. Mit diesem Gesetzentwurf setzen wir unsere Politik für eine kinder- und familienfreundliche Gesellschaft fort.
Ich möchte mich nun mit einem Vorwurf auseinandersetzen, der in der öffentlichen Diskussion der letzten Wochen eine große Rolle gespielt hat und der uns heute auch in den sehr nachdenklichen Beiträgen von Frau Würfel und vielen Rednern der SPD vorgehalten wurde. Der CDU wird vorgehalten, sie spreche der Frau die Fähigkeit zur Verantwortung ab. Ich sage hier ausdrücklich: Das Gegenteil ist der Fall. Wir betonen in unserem Gesetzentwurf die Eigenverantwortung der Frau, die ihr keine Beratung, kein Arzt und kein Gesetzgeber abnehmen kann. Aber wir
lassen Frauen in einer Konfliktsituation mit dieser Verantwortung nicht allein; das ist der Unterschied.
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Frau Kollegin Marx hat hier vor wenigen Minuten sehr nachdenklich und, wie ich finde, sehr eindringlich von der seelischen Not und von der Trauer von Frauen nach einem Abbruch gesprochen. Ich finde, diese Worte sollten wir alle noch einmal in Ruhe bedenken. Ich glaube, Frau Marx hat recht, und sie hat die Situation richtig beschrieben. Aber ich frage: Dürfen wir dann Frauen mit diesem Problem in der kritischsten Situation, der Entscheidungssituation, alleinlassen? - Ich sage: nein.
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Wir setzen auf die Wirkung einer qualifizierten Beratung, auf soziale Leistungen für Frau und Kind - das tun auch Sie in Ihrem Antrag -, aber wir setzen auch auf das vertrauensvolle Gegenüber und auf die Mitverantwortung des von ihr aufgesuchten Arztes. Das ist in der Tat ein wichtiger Unterschied.
Es gibt Situationen - denen trägt unser Gesetzentwurf ausdrücklich Rechnung -, die schwangere Frauen für sich als so ausweglos empfinden, daß sie trotz aller gewissenhaften Abwägung für sich nur die Möglichkeit des Abbruchs der Schwangerschaft sehen. Wer hätte das Recht, diese Frauen pauschal moralisch zu verurteilen? Ich möchte uns dazu kurz vortragen, was in der gemeinsamen Erklärung der katholischen und der evangelischen Kirche „Gott ist ein Freund des Lebens" hierzu ausgeführt ist. Ich zitiere aus dieser Denkschrift:
Wenn eine Schwangere sich nicht in der Lage sieht, das in ihr heranwachsende Leben anzunehmen, darf ihre Entscheidung, obwohl gegen Gottes Gebot, nicht pauschal und von vorneherein als selbstherrliche Verfügung über menschliches Leben verurteilt werden. Die Gründe und Umstände, die zu einem solchen Schritt führen, sind vielmehr Herausforderung zum Gespräch, zum Mitfühlen und zu tatkräftiger Hilfe.
Dieser Idee und diesem Grundsatz, den die Kirchen formuliert haben, fühlen wir uns mit unserer Arbeit und unserem Gesetzentwurf verpflichtet.
Nun ein Wort zum Strafrecht. Wir stehen vor einem seltsamen Widerspruch: Zum einen wird dem Strafrecht jede normbildende Wirkung abgesprochen; zum anderen fügen Sie von der SPD Ihre Gedanken selbst in einen strafrechtlichen Entwurf ein. Ich meine, das Strafrecht darf in dieser Diskussion nicht überbewertet werden. Dies ist in den harten Debatten und Auseinandersetzungen, die wir geführt haben, vielleicht geschehen.
Aber es bleibt richtig: Welchen Rang die staatliche Gemeinschaft den einzelnen Rechtsgütern beimißt, wird auch am Strafrecht deutlich. Die verbesserte Indikationsregelung, die wir vorsehen, stellt sicher, daß das ungeborene Leben unter dem Schutz des Rechts insgesamt steht - des Strafrechts und der sozialen Leistungen, deren Gewährung wir gesetzlich sichern - und zugleich dem Charakter und der individuellen Situation der Frau Rechnung getragen wird. Denn wir dürfen sie nicht alleinlassen.
Lassen Sie mich noch einmal die Denkschrift der Kirchen zitieren:
Der Schutz des Lebens ist nicht nur eine individuelle, sondern eine solidarische und öffentliche Aufgabe
Das finden auch wir. Deshalb darf das Strafrecht auch nicht isoliert behandelt werden, weder in der Diskussion noch innerhalb der Regelung, die wir erlassen wollen.
Deshalb ist der umfangreiche Katalog flankierender sozialer Hilfen so wichtig. Diese stellen ja nur eine Fortsetzung der Familienpolitik dar, die wir hier seit vielen Jahren machen. Ich darf daran erinnern - wir wollen in der Debatte nicht zu polemisch werden, doch muß ich hier darauf hinweisen -: Die SPD hat viele, viele Jahre über die Einführung eines Babyjahres diskutiert; wir hingegen haben sofort, nachdem wir die Regierungsverantwortung übernommen hatten, den Erziehungsurlaub mit Beschäftigungsgarantie und Erziehungsgeld eingeführt. Das ist der Unterschied!
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Eine Arbeitsplatzgarantie haben wir eingeführt, die das Zehnfache von dem umfaßt, was wir vorgefunden haben. So erstreckte sich der Mutterschutz, die Kündigungsschutzgarantie, zuvor auf dreieinhalb Monate. Wir haben diesen Schutz mittlerweile auf drei Jahre ausgeweitet.
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Das Eintreten für das Lebensrecht ungeborener Kinder ist nur dann glaubwürdig, wenn die Gesellschaft nicht nur auf Strafnormen setzt, sondern auch konkrete Hilfe in allen Lebenssituationen anbietet.
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Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Entscheidung, die wir heute zu treffen haben, ist eine zutiefst ethische Entscheidung. Die Art und Weise, wie eine Gesellschaft mit der schwächsten Form von Leben umgeht, sagt sehr viel über die Humanität einer Gesellschaft aus. Wir wissen, daß unsere Möglichkeiten begrenzt sind. Aber wir wollen mit diesen begrenzten Möglichkeiten zur ethischen Bewußtseinsbildung beitragen. Wir wollen das Bewußtsein dafür stärken, daß menschliches Leben nicht verfügbar ist. Deswegen treten wir für einen umfassenden Schutz des ungeborenen Lebens ein, der von neuen sozialen Leistungen über den Ausbau einer flächendeckenden Beratung bis hin zu einer verbesserten Indikationsregelung im Strafrecht reicht.
Unser Ziel ist eine Gesellschaft, in der jedes Kind zur Welt kommen darf, in der - darum bemühen wir uns - Bedingungen herrschen, so daß Männer und Frauen ja sagen können, ja zu einem verantwortlichen Umgang mit Sexualität, ja zu einem verantwortlichen Umgang mit dem Leben, ja zu guten Lebenschancen für Frauen, Männer und Kinder.
Es geht um eine sehr prinzipielle Frage. Ich wende mich jetzt an alle Abgeordneten meiner CDU/CSUFraktion. Stellen Sie sich bitte heute bei der Abstimmung mit Herz und Sinn der Frage, wie wir diese prinzipielle Frage zu beantworten haben. Ich bin der Meinung, daß der Gesetzentwurf, den wir mit großer Mehrheit beschlossen haben, dies in überzeugender Weise tut. Ich bitte Sie deshalb: Stimmen Sie für den Gesetzentwurf, den gemeinsamen Entwurf von CDU/ CSU!
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Das Wort hat nunmehr die Frau Ministerin des Landes Niedersachsen, Frau Waltraud Schoppe.
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Ministerin Waltraud Schoppe ({1}): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wird eine kleine Runde von Bundesratsmitgliedern von Niedersachsen und Bayern geben. Sie werden feststellen, wie groß die Pluralität der Meinungen ist, und das ist gut so.
Ich komme aus der Provinz. Vielleicht interessiert es Sie, wie die Debatte um die rechtliche Ausgestaltung des Schwangerschaftsabbruchs in gebührendem Abstand von Bonn wahrgenommen wird. Aussprüche wie „die sollen mit dem Theater aufhören und endlich wieder Politik machen" sind keine Seltenheit. Wir Politikerinnen und Politiker sollten diese Einwände ernst nehmen und darüber nachdenken, was dahinterstecken könnte.
Kaum eine Debatte findet statt, ohne daß die Beteiligten ihr Bekenntnis zum Schutz des ungeborenen Lebens, des werdenden Lebens, des vorgeburtlichen Lebens, was ja zum Leben überhaupt geworden ist, abgeben. Ich möchte mich an dieser Stelle ganz ausdrücklich für den Schutz des geborenen Lebens aussprechen. Wir kommen dem mit unseren Möglichkeiten nach, indem wir Kindergärten, Kinderhäuser und Kinderbüros aufbauen, also für die Kinder das tun, was sie brauchen.
Ich glaube nicht, daß die Menschen diese ständige Unterrichtung in Moral und Ethik - so kommt es an - wollen, diese bloßliegende Seele der Abgeordneten. Vielleicht soll durch diese Art der Präsentation der eigenen Moralität ein stückweit der Verlust an Glaubwürdigkeit aufgefangen werden, der uns hörbar und spürbar alle begleitet.
Die Art der Debatte ist vergleichbar mit der Beratungssituation, wie sie in den vorliegenden Gesetzentwürfen verfolgt wird. In einem Fall wird mit der formelhaften Wiederholung des Schutzes des ungeborenen Lebens die Fortsetzung der Schwangerschaft erwartet, und im anderen Fall wird mit der formelhaften Präsentation der eigenen Moral die Zustimmung zum jeweils vorgelegten Gesetzentwurf, d. h. die Bindung der Wählerklientel, erwartet. Ich glaube, diese Vorstellung geht nicht auf. Die Menschen wollen keine Bekenntnisse. Sie erwarten schlicht und ergreifend eine Entscheidung, die die unterschiedlichen Lebensumstände berücksichtigt, die Respekt vor der Privatheit der Frauen hat und einer allgemeinen Humanität verpflichtet ist.
Ministerin Waltraud Schoppe ({2})
Ich will mich an dieser Stelle nur dem Gruppenantrag zuwenden, da ich der Meinung bin, daß die Vorschläge der CDU mehr oder weniger verdeckt der Auffassung einer katholischen Moral zuneigen, einer Moral, die allerdings auch in der katholischen Kirche nicht überall geteilt wird.
Ich denke, es steht einer demokratischen und pluralen Gesellschaft und ihren Vertretern nicht zu, einigen hohen Würdenträgern der katholischen Kirche dadurch Erleichterung zu verschaffen, daß ihre Moral durch Gesetzwerdung allen anderen Menschen aufgezwungen werden soll.
({3})
Ausdrücklich anerkenne ich die Bemühungen derjenigen, die den Gruppenantrag zustande gebracht haben. Allerdings ist zu kritisieren, daß der Antrag seinen Versprechungen nicht gerecht wird, der Mythenbildung des Bundesverfassungsgerichts folgt und ein Bild von Gesellschaft zeichnet, das im Kern - ich kann das nicht anders sagen - unmodern ist.
Die niedersächsischen Koalitionspartner haben sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf geeinigt, daß sie sich für eine Novellierung einsetzen wollen, die den Schwangerschaftsabbruch in den ersten drei Monaten straffrei läßt. Wir vertreten diese Position mit gutem Gewissen und in der Erkenntnis, daß erwiesenermaßen eine Strafandrohung die Frauen nicht von einem Schwangerschaftsabbruch abhält.
Wir vertreten diese Position in der Achtung vor der Singularität des Zustands einer ungewollten Schwangerschaft, der sich dem Vergleich mit anderen Situationen entzieht. Entgegen anderer Auffassung sind wir nicht der Meinung, daß sich das Strafrecht hier als pädagogisches Mittel bewährt hat.
Die Mißbilligung des Schwangerschaftsabbruchs erfolgt in autonomer Bewertung mit ethischen Standards, die im sozialen Umfeld erworben werden. Nur ein obrigkeitsgläubiger Mensch läßt sich die Bewertung vom Strafrecht vorschreiben.
Moral, die ihre Konformität dann stabilisiert, wenn das Strafrecht droht, wäre nur eine Zwangsmoral. Gerade wenn man der Meinung ist, einen Wert postulieren zu wollen, der eine sorgfältige Entscheidung im Schwangerschaftskonflikt zuläßt, ist die Strafandrohung ein falsches Mittel; denn damit wird die Strafbotschaft und nicht die Normbotschaft in den Vordergrund gerückt.
Sogar das Bundesverfassungsgericht hat seinerzeit die Strafe als letztes Mittel genannt. Der Gruppenantrag knüpft in konservativer Auslegung am Urteil des Bundesverfassungsgerichts an, weil er die Strafandrohung bestehen läßt. Er folgt dem Bundesverfassungsgericht auch dort, wo es die vornehmste Aufgabe des Staates darin sieht, den Schutzwillen der ungewollt schwangeren Frau dort wieder zu erwecken, wo er verlorengegangen ist. Dies erfolgt durch die Pflichtberatung. Obwohl man weiß, daß der größte Teil der Frauen, die eine Beratung aufsuchen, entschieden ist, wird die Mystik, mit der die Beratungssituation beladen ist, noch vergrößert.
Es gibt kein anderes Land im europäischen Raum oder sonstwo, das die Kraft der Beratung so fundamental überschätzt. Offensichtlich hält kein anderes Land die Frauen im Schwangerschaftskonflikt für moralisch und ethisch dermaßen zerrüttet, für dermaßen der Unverantwortlichkeit fähig, schlichtweg für dermaßen kulturunfähig wie dieses Land.
Ganz abgesehen davon, daß die Teilnahme an der Beratung die verwerfliche Absicht des Abbruchs in eine gerechtfertigte verwandelt, stabilisiert diese Art der Beratung die Frau in der Opferrolle, - eine für mich konservative Politikauffassung, die nicht zulassen kann, daß Frauen Entschlossenheit und Durchsetzungskraft haben und bei diesem Konflikt eher im progressiven Sinne auf der Seite der Täterinnen stehen müssen.
Ich halte es außerdem für falsch, einige der Fundamente, die die Grundlage der Argumentation des Bundesverfassungsgerichtsurteils bilden, unangetastet zu lassen. Wer das Bundesverfassungsgerichtsurteil von 1976 kennt, weiß, daß dort eine Verknüpfung von Achtung vor dem Leben und der Bearbeitung des Faschismus vorgenommen wurde. Dieser dann entstehende Zusammenhang von individueller Entscheidung zum Schwangerschaftsabbruch und dem totalitären System, das Menschenleben vernichtet hat, legt die Vermutung nahe, daß abtreibende Frauen die eigentliche Gefahr der Wiederkehr eines menschenverachtenden Systems sind. Der Mordvorwurf an die Frauen und der Vergleich mit Auschwitz - wir kennen das - bestätigt dies.
Sehen wir uns die heutige Debatte an, wirkt der Mythos der abtreibenden Frauen als die eigentliche Bedrohung für das Überleben der Gattung Mensch fort. Die Kontrolle der Abtreibungsabsicht gilt dann als Bannung der Gefahr einer heraufbeschworenen Menschenvernichtung. Diese Vorstellung ist virulent, sie ist abstrus, und mit ihr muß man sich auseinandersetzen.
Meine Damen und Herren, ich bin weit weg von fundamentalistischen Vorstellungen und auch, Herta, bar jeder geschmäcklerischen Haltung in dieser Frage. Aber in einer Gesellschaft des ausgehenden 20. Jahrhunderts, die einen Prozeß der Modernisierung durchgemacht hat, der den Menschen Entscheidungs- und Verhandlungsfähigkeit und hohe soziale Kompetenzen von Kindesbeinen an abverlangt, wird den Frauen bis heute eine eigenständige Entscheidung im Schwangerschaftskonflikt verweigert.
Zu fragen wäre auch - das sehe ich so -, ob die unterwürfige Haltung in bezug auf das Verfassungsgerichtsurteil nicht schlicht und ergreifend die Tatsache verdeckt, daß die hier Versammelten den Mut nicht aufbringen, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der der Emanzipation der Frauen gerechter wird als alle Gesetze, die hier liegen.
Der Gruppenantrag, der mit einer Fristenregelung angeboten wurde, wurde im Laufe der Verhandlungen zu einem Antrag der verkappten Indikationsregelung. Auch das Bundesverfassungsgerichtsurteil hat die Gewissensentscheidung der Frau als hohen Wert anerkannt. Frauen müssen frei nach ihrem Gewissen entscheiden können - diese Forderung wird bleiben, egal, was heute bei der Abstimmung herauskommt.
Ministerin Waltraud Schoppe ({4})
Der Gruppenantrag ist leider nur das Resultat einer hochemotionalisierten Debatte, die stellvertretend für alle Probleme geführt wird, die durch die Vereinigung und den Zerfall des Sozialismus, durch ökologische Zerstörung und die Unfähigkeit, sich den neuen sozialen Problemen des Modernisierungsprozesses zu stellen, entstanden sind. Die Polarisierung hat dazu geführt, daß der Gruppenantrag, so gut er auch gemeint ist, nur wieder das alte Modell von Bevormundung, Reglementierung und Kontrolle der Frauen fortführt. Ich sage das traurig. Vielleicht ist ja auch die These richtig, die besagt, daß der Prozeß der Individualisierung die Unfähigkeit zu konsensualen Entscheidungen mit sich bringt.
Meine Damen und Herren, was in der Debatte gänzlich fehlt, mir aber ein Anliegen ist: Ich glaube, es gibt heute eine neue Form des Leidens am Schwangerschaftsabbruch, weil selbst Reste der Rituale von Trauer und Wiedergutmachung zerstört sind, woran vor allem die hohen Herren der katholischen Kirche ihren Anteil haben. Trauer befreit nämlich, und das wird nicht gewollt.
Nur eine liberale Lösung der rechtlichen Gestaltung des Schwangerschaftsabbruchs und die Wegnahme der Strafandrohung rücken die Norm in den Vordergrund und machen so eine Selbstbindung daran möglich. Wenn das gewollt wird, dann wird es Zeit, den Mut zu finden, der Gewissensentscheidung der Frau, ihrer Emanzipation von Männer- und Kirchenherrlichkeit endlich Raum zu geben.
Meine Damen und Herren, ich bin der Meinung, daß man heute abend bei der Abstimmung seine Stimme dem kleineren Übel geben muß, und das ist der Gruppenantrag. Aber das kann nicht das Ende sein. Ich denke, daß wir Frauen uns zusammentun müssen und daß es am Ende des 20. Jahrhunderts doch gelingen muß, einen Antrag hinzukriegen,
Frau Ministerin, Sie kennen die Usancen dieses Hauses, und ich werde Ihnen auch nicht Ihre verfassungsrechtlichen Rechte nehmen, aber ich darf Sie doch bitten, zum Schluß zu kommen.
Ministerin Waltraud Schoppe ({0}): - der die Emanzipation der Frauen ernst nimmt.
({1})
Nunmehr erteile ich der Staatsministerin der Justiz des Freistaates Bayern, Frau Berghofer-Weichner, das Wort.
Staatsministerin Dr. Mathilde Berghofer-Weichner ({0}): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Süd-Nord-Gefälle wird wieder einmal sichtbar. Bei uns bewegt die Frage nach dem Schicksal der Ungeborenen viele Menschen zutiefst. Die Wiedervereinigung Deutschlands gibt uns Gelegenheit, eine Bestimmung zu revidieren, die von der sozialliberalen Koalition nach dem Scheitern der damaligen Fristenlösung vor dem Bundesverfassungsgericht im Jahre 1975 in der Absicht formuliert wurde, diese ungeliebte
Indikationslösung ineffizient zu machen, was auch ziemlich gut gelungen ist.
({1})
Ungeborene Kinder, für die niemand eintritt, werden sehr häufig, ohne daß von einer Notlage ernsthaft gesprochen werden könnte, in großer Zahl um ihr Leben gebracht, etwa 300 000 jährlich. Bayern hat im Hinblick auf diese Ineffizienz der geltenden Rechtslage am 28. Februar 1990 beim Bundesverfassungsgericht Klage erhoben. Dies ist auch der Grund, warum wir uns im Hinblick auf einen Teilbereich an der heutigen Debatte beteiligen.
Die im Einigungsvertrag vorgesehene Neuregelung, die den Schutz der ungeborenen Menschen verbessern soll, ist keine leichte Aufgabe in einer Zeit, die zur rein subjektiven Beurteilung neigt und objektive Befunde oft nicht sehen will. Die persönliche Glaubwürdigkeit gilt mehr als ethische Normen und als die Frage nach der Wahrheit. Hinter der unbestreitbaren Tragik manches Einzelfalles verschwindet das Gewicht, das Grundwerte und Grundrechte wie das Recht auf Leben für alle haben müßten, im Unverbindlichen.
({2})
Dabei wissen wir dank der naturwissenschaftlichen und medizinischen Entwicklung im Gegensatz zu früheren Zeiten, wo man über die Vorgänge im Mutterleib nur spekulieren konnte, heute ganz genau, daß auch der Ungeborene vom Augenblick der Empfängnis an bereits Mensch ist mit eigenen Erbanlagen, eigenem Leben und damit eigenem Lebensrecht.
({3})
Dem Staat und Ihnen, meine Damen und Herren, als den für unsere Gesetze wesentlich Verantwortlichen verbieten die in der Verfassung niedergelegten Wertentscheidungen zum Schutz des Lebens den vermeintlich bequemen Weg, der jedem alles erlaubt. Dem Staat steht in seiner Rechtsordnung ein abgestuftes Instrumentarium zur Verfügung, das den Bürgern auch die Rangordnung der Werte in der staatlichen Gemeinschaft vor Augen führt. Das Strafrecht als schwerste Sanktion wird eingesetzt, um die höchsten Werte zu schützen.
Die Werte unterliegen durchaus zeitbedingten Entwicklungen. Die Neubewertung der Umwelt hat deshalb selbstverständlich auch zu einer Erweiterung des Strafrechtskatalogs geführt, und der Ruf nach noch mehr Straftatbeständen und höheren Strafen kommt immer wieder. Auf der anderen Seite erleben wir auch die Privatisierung mancher Straftatbestände. Sie werden ungeachtet der Frage nach der ethischen Bewertung nicht mehr als so gemeinschaftsrelevant angesehen, daß strafrechtlicher Schutz nötig wäre. Weite Teile des Sexualstrafrechts haben diese Entwicklung mitgemacht. Derzeit erleben wir allerdings in Teilbereichen die Umkehr in die Gegenrichtung.
Die Entwicklung von der privaten Blutrache durch die Familie zum staatlichen Strafrechtsmonopol ist allgemein als wohltätig empfunden worden. In Gesellschaftsordnungen, in denen diese Entwicklung nie ganz akzeptiert wurde - ich denke z. B. an Jugoslawien -, ist die Gewaltbereitschaft der Bevöl8268
Staatsministerin Dr. Mathilde Berghofer-Weichner ({4})
kerung entsprechend höher, wie wir derzeit mit Entsetzen erleben.
({5})
Eine Privatisierung im Bereich der Tötung menschlichen Lebens, die mit der Freigabe der Abtreibung beginnt, wäre der Beginn einer verhängnisvollen Entwicklung in die falsche Richtung, die in einigen Jahren vielleicht bei der pflegebedürftigen Oma endet.
({6})
Mord wird derzeit mit der höchsten, der lebenslangen Freiheitsstrafe belegt. Unser Grundgesetz anerkennt in Art. 102 - zu Recht, wie ich meine - durch die uneingeschränkte Abschaffung der Todesstrafe das Lebensrecht auch dessen, der selbst vorsätzlich und schuldhaft menschliches Leben vernichtet hat. Mit einer Fristenlösung wird, auch wenn das vornehm bemäntelt wird, die Todesstrafe für Unschuldige ohne jede Güterabwägung und ohne jedes rechtsstaatliche Verfahren eingeführt.
({7})
Eine bloße Beratungspflicht der Mutter bedeutet ja keinen Schutz für das Kind. Sie ist nur ein Pflästerchen auf das Gewissen derer, die nicht den Mut haben, wenigstens offen zur uneingeschränkten Freigabe der Abtreibung zu stehen. Dies gälte übrigens auch für Indikationsregelungen, die auf die schriftliche Fixierung aller objektivierbaren Voraussetzungen verzichten.
Herr Vilmar irrt mit seinem Hinweis auf die bestehende ärztliche Aufzeichnungspflicht. Sie führt eben gerade nicht dazu, auch die außerhalb rein medizinischer Befunde liegenden Gesichtspunkte festzuhalten, auf die der Arzt seine Entscheidung für die Abtreibung im Einzelfall stützt.
Im übrigen frage ich mich, warum selbst Feministinnen heute übersehen haben, zu erwähnen, daß es in diesem Bereich natürlich nicht nur Ärzte, sondern auch Ärztinnen gibt. Das ist ja wohl ein sehr wenig seriöser psychologischer Trick, um die „arme Frau" gegenüber dem „dominanten Mann" darzustellen.
({8})
Im übrigen geht es bei der Dokumentation nicht nur um Beweissicherung. Jeder weiß doch, daß eine Entscheidung, deren Gründe schriftlich fixiert werden müssen, gründlicher bedacht wird, als eine nur mündliche oder tatsächlich zutreffende. Warum wohl sonst müßten unsere Gerichte ihre Entscheidungen auch schriftlich begründen, selbst wenn sie schon rechtskräftig sind? Wenn solche Entwürfe Gesetz werden - von Recht möchte ich in diesem Fall nicht sprechen -, dann gilt in Wirklichkeit in Zukunft eben die Macht des Stärkeren, des schon Geborenen.
Demgegenüber stellt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts fest, daß die Verpflichtung des Staates, das sich entwickelnde Leben in Schutz zu nehmen, auch gegenüber der Mutter besteht. Es ist ein wichtiges Prinzip des Rechtsstaats, daß sich persönlich Betroffene einer Entscheidung in eigener Sache zu enthalten haben; den Politikern wird ein Verstoß dagegen derzeit in anderem Zusammenhang ständig vorgehalten. Soweit ich sehe, hat sich noch niemand die Frage gestellt, wieso dieses weise Prinzip gerade dann nicht gelten soll, wenn es um eine unwiderrufliche Entscheidung, wenn es um Tod oder Leben geht. Der Bundestag hat mit dem Embryonenschutz-Gesetz ein Zeichen zum Lebensschutz gesetzt. Es ist rational nicht nachvollziehbar, wieso das Leben in einer späteren Phase vogelfrei werden soll.
({9})
In einer weitgehend säkularisierten Gesellschaft mit pluralistischen Vorstellungen auf praktisch allen Gebieten beziehen viele Menschen ihre ethischen Maßstäbe aus staatlichem Handeln unter dem Motto: Was nicht strafbar ist, ist auch moralisch erlaubt.
({10})
Auch diese Folge einer Fristenlösung ist zu bedenken.
({11})
Um hier kein Mißverständnis aufkommen zu lassen: Es geht uns nicht um die Strafbarkeit der Schwangeren. An ihrer Position soll nichts geändert werden. Es geht um das meist männliche Umfeld, das Schwangeren oft erst Schwierigkeiten suggeriert, die objektiv nicht bestehen oder auf andere Weise, etwa durch ein breites Bündel sozialer Maßnahmen, behebbar sind. Es drängt mich, wenn ich von sozialen Maßnahmen spreche, daran zu erinnern, daß das Erziehungsgeld und der Erziehungsurlaub wohl nicht so schnell und so gekommen wären, wenn sich Franz Josef Strauß seinerzeit nicht so entschieden für diesen Bereich eingesetzt hätte.
({12})
Ich glaube, das muß einmal gesagt werden.
({13})
Letztlich geht es um die Vermeidung des schon verbreiteten Eindrucks, daß ein Mensch allein völlige Entscheidungsfreiheit über das schon existierende Leben eines Kindes habe.
Sie, meine Damen und Herren, nehmen heute eine Weichenstellung vor, die im Rechtsbewußtsein Folgen weit über die unmittelbare Fragestellung hinaus haben wird.
Die bayerische Staatsregierung ist entschlossen, Leben schützen zu helfen. Sie wird gegen jede offene oder verkappte Freigabe der Abtreibung das Bundesverfassungsgericht anrufen.
({14})
Nunmehr erteile ich der Abgeordneten Frau Edith Niehuis das Wort.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen! Es fällt mir nach dem Beitrag der Justizministerin von Bayern ausgesprochen schwer, hier Worte zu finden, die der Sache, über die wir heute diskutieren, noch angemessen sind.
({0})
Ich hatte mir intensiv vorgenommen, das zu tun, was viele Kolleginnen und Kollegen geschafft haben, nämlich hier ganz ernsthaft und sachlich über das, was uns bewegt, mit Ihnen zu diskutieren; aber ich kann nicht. Wenn hier eine Justizministerin von Bayern steht, von der wir wissen, daß sie die Prozesse in Memmingen nicht nur geduldet, sondern aktiv unterstützt hat, dann frage ich mich,
({1})
- lassen Sie mich jetzt doch bitte einmal reden! -, was wir hier denn davon halten sollen. Wir wissen doch ganz genau, was in Memmingen passiert ist, Frau Berghofer. Wir wissen, daß 279 Frauen und ihre Partner zu Hause aufgesucht wurden und vor Gericht im nachhinein über ihre Notlage berichten mußten.
({2})
Das finden Sie so normal, daß Sie sich heute hier hinstellen und das gleiche System in schlimmerer Form noch einmal propagieren.
({3})
Ich denke, es hätte Ihnen ganz gut angestanden, wenn Sie nicht nur gesagt hätten, es gebe ein NordSüd-Gefälle, sondern uns auch einmal erzählt hätten, wie dieses Nord-Süd-Gefälle in der Republik wirklich aussieht. Das Nord-Süd-Gefälle sieht nämlich so aus, daß die Frauen, die in einer Not- und in einer Konfliktsituation sind, Ihr Land, nämlich Bayern, fluchtartig verlassen und dann in die anderen Bundesländer gehen, wo ihnen geholfen wird.
({4})
- Kein Geschwätz!
Ich denke, es wäre sehr gut gewesen, wenn Sie sich mit der Problematik ein bißchen intensiver auseinandergesetzt hätten. Dann hätten Sie gewußt: Es geht nicht schlichtweg um eine Rechtssprache; hier geht es um Menschen, und hier geht es insbesondere um Frauen.
({5})
- Genau wie Sie an dieser Stelle erregt sind, bin ich
an dieser Stelle erregt. Insofern werde ich jetzt die
Justizministerin auf ihrer Bundesratsbank sitzen lassen und das erzählen, was, wie ich denke, heute intensiv bedacht werden muß.
Ich habe eben die Frauen genannt. Ich habe während der ganzen Debatte gedacht: Ist uns eigentlich klar, daß die Frauen, die uns, ich weiß nicht, ob noch zuschauen können, aber auf jeden Fall über Radio zuhören können, an diese Debatte wirklich eine ganz große Erwartung richten? Das Ganze ist ein Frauenthema. Das, was wir diskutieren, ist eine Entscheidung, die für das Leben aller Frauen ganz wichtig ist,
({6})
gefühlsmäßig für alle, aber für einige auch im ganz konkreten Fall - leider im ganz konkreten Fall.
Ich hätte mir sehr gewünscht, daß eine Justizministerin hier auch einmal dargestellt hätte, was das Bundesverfassungsgericht 1975 über die Strafe gesagt hat. 1975 hat das Bundesverfassungsgericht vollkommen zu Recht gesagt, daß die bis dahin geltende Regelung des § 218, nämlich die totale Strafandrohung, für den Schutz werdenden Lebens völlig unwirksam ist.
Das Bundesverfassungsgericht hat 1975 etwas ganz Wichtiges gesagt. Ich denke, das ist überhaupt der Kernsatz aus dem Urteil. Ich zitiere:
Bei aller Schutzverpflichtung des Staates darf nicht aus den Augen verloren werden, daß das sich entwickelnde Leben von Natur aus in erster Linie dem Schutz der Mutter anvertraut ist.
Es hilft nicht, ob Sie es einsehen wollen oder nicht: Das ist die Wirklichkeit. Das ist etwas, worüber wir reden müssen, wenn wir bei dieser Frage nicht nur einfache Worthülsen produzieren wollen.
Wenn man diesen Satz ernst nimmt, dann weiß man, daß dieser Satz eine Politik gegen die Frauen schlichtweg verbietet; denn wenn man diesen Satz ernst nimmt, dann heißt er doch auch: Eine Politik gegen die Frauen, denen das werdende Leben zuallererst anvertraut ist, ist zugleich eine Politik gegen das werdende Leben. Das können wir als Parlament nicht wollen.
({7})
Darum muß ich auf den Mehrheitsentwurf der CDU/CSU-Fraktion zurückkommen. Der Einigungsvertrag, dem wir hier mit großer Mehrheit zugestimmt haben, hat uns ganz bestimmte Aufgaben gegeben. Gott sei Dank redet der Einigungsvertrag nicht von der Strafe, sondern von Hilfen.
Ich wundere mich, daß ein Herr Schäuble - der seit geraumer Zeit leider nicht mehr hier ist -,
({8})
der Verfasser des Einigungsvertrages ist, zuläßt, daß aus seiner Fraktion ein Mehrheitsentwurf kommt, der nach wie vor der Strafe Vorrang gibt vor Hilfe.
({9})
- Doch.
({10})
- Lassen Sie mich doch einmal reden; ich habe keinen einzigen Zwischenruf gemacht, und ich war die ganze Zeit da.
({11})
- Nein, Sie haben nicht immer die Wahrheit gesagt. Auch ich mußte mich häufig sehr zusammenreißen. Ich bitte Sie jetzt ganz herzlich, sich einmal das, was ich Ihnen sagen möchte, anzuhören.
({12})
Ich denke, es ist ganz wichtig, daß wir uns klarmachen, warum hier so wenig Hilfe ist und warum der Mehrheitsentwurf der CDU/CSU nicht das tut, was Sie, Herr Hintze, gesagt haben, nämlich daß wir Frauen helfen müssen.
Dieser Entwurf läßt Frauen alleine. Denn Sie wollen nicht, daß die Frau mit ihrer eigenen verantwortungsvollen Gewissensentscheidung über ihre Notlage entscheidet. Sie versuchen in Ihrem Entwurf so etwas wie die Quadratur des Kreises, wenn Sie dem Arzt zumuten, daß er nach ärztlicher Erkenntnis eine psychosoziale Notlage feststellen soll. Die psychosoziale Notlage festzustellen ist nun wirklich keine Frage der medizinischen Wissenschaft. Vielmehr ist und bleibt es die individuelle Notlage der Frau. Aus der können wir sie leider nicht entlassen, soviel wir uns hier auch überlegen.
({13})
Ich denke, wir müssen wirklich aufpassen, daß mit der Streichung der Dokumentationspflicht, mit der einige von Ihnen liebäugeln, hier nicht der Eindruck entsteht, damit wäre die Strafverfolgung und die gerichtliche Überprüfbarkeit des Arztes und seiner Entscheidung nicht mehr möglich. Der Arzt, der eine Indikation stellen muß, wird sich notfalls diese Indikation gerichtlich überprüfen lassen müssen. Dann wird er es auch aufschreiben müssen, wenn er klug ist.
Das ist doch der Punkt, warum sich so viele Ärzte schlichtweg verweigern. Sie möchten nicht, daß der CDU/CSU-Mehrheitsentwurf hier die Mehrheit bekommt, weil sie Angst vor der Situation haben, die wir in Bayern mit Memmingen erlebt haben.
({14})
Aber es bewegt mich noch etwas: Wir haben in diesem Parlament so manche Debatte darüber geführt, was wir mit Frauen machen, die sich den Kindern und der Familien widmen, wie wir verhindern können, daß sie durch ihre Familienarbeit Nachteile in dieser Gesellschaft haben.
Wenn wir in die Familien, den Freundeskreis und in die Nachbarschaft hineinschauen, dann stellen wir
fest, es sind in der Tat die Frauen, die sich in erster Linie um die Kinder kümmern. Das heißt doch, daß diese Gesellschaft tagtäglich mit gutem Gewissen, voller Vertrauen und aus guter Erfahrung die Verantwortung für ein Kind den Frauen überträgt.
Unter diesen Umständen fragen sich angesichts unserer Debatte heute so viele Frauen: Wie läßt sich das erklären, daß die gleichen, die die Verantwortung für das Kind - es mag noch so hilflos sein - den Frauen von morgens bis abends übertragen, diesen Frauen die Verantwortung über die Entscheidung eines Schwangerschaftsabbruchs nicht mehr zutrauen? Das ist ein Widerspruch, unter dem Frauen nur leiden können.
({15})
Ich denke, Frauen wehren sich vollkommen zu Recht gegen eine so unsachgemäße Bevormundung. Ich hoffe nicht, daß dieses Parlament heute so entscheiden wird.
Ich denke, Frauen wehren sich vollkommen zu Recht, wenn sie in der Diskussion um die gesetzliche Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs als potentielle Gefahr für das menschliche Leben gesehen werden. Wenn Sie, Frau Ministerin Berghofer, es hier wagen, den Krieg in Jugoslawien mit unserer Debatte zu vermischen, dann ist das ein schlimmer Vorwurf an Frauen, den ich hier nicht stehenlassen will!
({16})
Ich kann dann auch gleich bei Herrn Waigel weitermachen: Diejenigen, die sich in dieser Linie so lautstark äußern,
({17})
sind zugleich diejenigen, die hier im Parlament in der Lage sind, zu einer Kriegsmaschinerie wie dem Jäger 90 ohne Wenn und Aber ja zu sagen. Dann wird in der ganzen Diskussion wieder ein Schuh daraus!
({18})
Obwohl meine ganze Rede sicherlich nicht so angelegt war, möchte ich Ihnen doch noch etwas sagen, was mir in vielen kirchlichen Äußerungen dann doch zu kurz kommt. Ich denke, zwei Worte - Barmherzigkeit und Liebe - eignen sich im Falle unseres Beratungsgegenstandes als Werte viel mehr als Zwang und Strafe. Weil der Gruppenantrag dies ausstrahlt, wünsche ich mir sehr, daß dieses Parlament dem Gruppenantrag die Mehrheit geben wird.
({19})
Das Wort hat Frau Staatsministerin Dr. Mathilde BerghoferWeichner.
({0})
Vizepräsident Dieter-Julius Cronenberg
- Frau Ministerin, ich nehme an, der Beifall gilt nicht Ihnen.
({1})
Staatsministerin Dr. Mathilde Berghofer-Weichner ({2}): Danke schön, ich nehme ihn gern entgegen, wenn er auch von der falschen Seite kommt.
({3})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Vorwurf bezüglich des Verfahrens in Memmingen zwingt mich zu erwidern. Ich nehme nicht an, daß die Frau Abgeordnete, die ja Vorsitzende eines einschlägigen Ausschusses ist,
({4})
den Sachverhalt so wenig kennt, um ihn so zu verzerren. Ich weise darauf hin, daß der Bundesgerichtshof das Urteil in allen wesentlichen Punkten bestätigt und wörtlich ausgeführt hat, daß jeder einzelne Fall sorgfältig geprüft und vom Gericht im Rahmen seiner Kompetenz fehlerfrei entschieden worden sei.
({5})
Es wird ja wohl auch übersehen, daß das Strafverfahren gegen die Frauen nur deshalb geführt werden mußte, weil der Herr Dr. Theissen sie nicht auf die vorher notwendige Beratung hingewiesen hat. Er hätte sonst nämlich das Honorar nicht bei der Steuer hinterziehen können.
({6})
Nunmehr erteile ich dem Finanzminister Theo Waigel das Wort.
({0})
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich spreche natürlich als Abgeordneter und, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, auch als Verantwortlicher für eine Partei, die sich - wie auch andere - diesem Punkt ganz besonders verbunden weiß. Wir verstehen uns von einem christlichen Selbstverständnis her und von unseren ethischen und politischen Grundprinzipien her als eine Partei, die sich zur Verantwortung gegenüber der ganzen Schöpfung bekennt.
({0})
- Natürlich merkt man das. - Ich freue mich, daß wir in unserer Zeit so viel Engagement für die Schöpfung, für den Naturschutz, für den Umweltschutz, für den Artenschutz, für all diese Dinge aufbringen. Ich wünsche mir aber, daß die gleiche Leidenschaft wie für die ganze Schöpfung auch für das ungeborene Leben zutage tritt.
({1})
- Auf diesen Einwurf habe ich natürlich auch gewartet, Frau Würfel. Ich glaube, nur finanzierbare Hilfen
sind gute Hilfen für die Frauen und für die Familien. Wenn man sich einmal überlegt - Sie waren in den letzten zehn Jahren auch dabei -, was in den letzten zehn Jahren seit Bestehen dieser Koalition für die Familien getan wurde, dann werden Sie feststellen, daß das wesentlich mehr als das ist, was Ihre Partei in den zehn Jahren zuvor mit einer anderen Koalitionspartei erreichen konnte.
({2})
Es ist die Aufgabe aller Finanzminister - sozialdemokratischer, christdemokratischer und christsozialer -, dafür zu sorgen, daß die Dinge, die wir beschließen, auch finanzierbar sind und nicht mit einem Verlust an Stabilität bezahlt werden. In einer Zeit, in der wir in Deutschland so vielen Herausforderungen vor allen Dingen sozialer Art gegenüberstehen, muß auch diese Frage sinnvoll und glaubwürdig beantwortet werden, und ich glaube, das ist uns auch gelungen.
({3})
- Mir in dem Zusammenhang „Jäger 90" zuzurufen, halte ich für eine Unverschämtheit, meine Damen und Herren.
({4})
Ich habe mit der Rüstungslobby oder der Rüstungsindustrie so wenig zu tun wie Sie.
({5})
- Entschuldigung, Herr Ullmann, ich lade Sie ganz gern ein. Das dürfen Sie mir glauben. Ich glaube Ihnen ja auch, wenn Sie so etwas sagen. Ich finde es eigentlich schlimm, daß man jemandem etwas anderes unterstellt.
({6})
Aber es ist ein böser und schlimmer Zwischenruf, der der Sache und dem Ernst der Debatte nicht gerecht wird, meine sehr verehrten Damen und Herren.
({7})
Im Mittelpunkt dieser Verantwortung steht der Schutz des Lebens im weitesten Sinne. Dieser Schutzgedanke umfaßt den Schutz der natürlichen Lebenswelt, den Schutz des Lebens und hier im besonderen heute den Schutz des menschlichen Lebens. Die heutige Debatte läuft auf die Frage hinaus: Wie gehen Staat und Gesellschaft mit den schwächsten, mit den wehrlosesten ihrer Mitglieder um? Es stellt sich die Frage: Inwieweit ist der Staat verpflichtet, im Rahmen der Rechts- und Sozialordnung für einen Schutz des ungeborenen Lebens Sorge zu tragen?
Das Problem dieser Debatte ist eines des Verfassungsrechts, des Verfassungsverständnisses und vor allen Dingen der zugrunde liegenden verfassungsrechtlichen Grundwerte. Erst hinter den Verfassungsfragen kommen die Aspekte des Strafrechts und der Familienpolitik.
Nach der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland ist das menschliche Leben das höchste Rechtsgut. Es steht unter dem ausdrücklichen Schutz des Staates. Wir alle müssen - das ist das große Erbe der Aufklä8272
rung und der christlichen Überlieferung - den Menschen als ein Wesen behandeln, das Selbstzweck ist wie wir selbst.
Herr Abgeordneter Waigel, der Abgeordnete Ullmann bittet um die Beantwortung einer Zwischenfrage. Würden Sie bereit sein, das zuzulassen?
Ausnahmsweise, ja.
Herr Abgeordneter, wenn es sich so verhält, wie Sie mir gegenüber soeben dargetan haben, wird es Ihnen ein Leichtes sein, die folgende Frage zu beantworten: Was ist für Sie wichtiger, die Finanzierung des Jägers 90 oder die Finanzierung des Ersten Unrechtsbereinigungsgesetzes?
({0})
Die Frage, Herr Kollege Ullmann, ist nicht beantwortbar,
({0})
weil wir beides brauchen. Wir brauchen den Schutz des ungeborenen Lebens und die Hilfe dazu, und wir brauchen die Verteidigung unserer Souveränität und der Freiheit in Deutschland.
({1})
Immanuel Kant hat gesagt: Der Mensch hat nicht nur Wert, sondern Würde. Dem entspricht Art. 1 unseres Grundgesetzes, ein großartiger Verfassungsartikel:
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
Auch das ungeborene Leben ist eigenständiges menschliches Leben. Auch die menschliche Würde des ungeborenen Lebens steht in vollem Umfang unter dem Schutz des Staates.
Nach dem heutigen Stand der Medizin ist die Auffassung von Singer, Hörster und anderen abwegig, eine Differenz zwischen Mensch und Person konstruieren zu können, den staatlichen Schutz an bestimmte Fähigkeiten wie Empfindung, Ich-Bewußtsein oder Rationalität zu knüpfen und den Abbruch der Schwangerschaft bis zur Geburt freigeben zu wollen. Wer wie wir vom Eigenwert des ungeborenen Lebens überzeugt ist, der muß nach unserer Auffassung für dessen Lebensrecht kämpfen.
({2})
Die Vertreter der Fristenlösung akzeptieren zwar den verfassungsrechtlichen Stellenwert des Lebensschutzes, räumen aber dem Selbstbestimmungsrecht der Frau, zumindest in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft, einen verfassungsrechtlichen Vorrang ein. Sie müssen sich eine Reihe kritischer Fragen gefallen lassen:
Wie läßt es sich ethisch und juristisch rechtfertigen, den Vorrang des Selbstbestimmungsrechts der Frau auf eine ziemlich willkürlich gezogene Frist von drei Monaten zu beschränken? Wie läßt es sich rechtfertigen, für den Embryo außerhalb des Mutterleibes im Rahmen des Embryonenschutzgesetzes juristische Schutzvorschriften zu erlassen, diese aber dem ungeborenen Kind innerhalb des Mutterleibes während der ersten Schwangerschaftsmonate zu versagen?
({3})
Kann, meine Damen und Herren, ein fundamentales Menschenrecht wie das Recht auf Leben überhaupt in ethisch gerechtfertigter Weise begrenzt werden? Ist es ethisch und juristisch vertretbar, das Recht zur Tötung eines ungeborenen Kindes ausschließlich von der Inanspruchnahme einer Beratung abhängig zu machen? Ist das subjektive Bestehen einer Schwangeren auf Vorliegen einer Notlage ausreichend, um die Tötung des ungeborenen Kindes objektiv zu rechtfertigen?
In einer gemeinsamen Erklärung der Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz und des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland heißt es dazu: „Selbstbestimmung findet ihre Grenze am Lebensrecht des anderen. Wer sie für sich selbst fordert, muß sie auch dem anderen zuerkennen. " Darum kann das Selbstbestimmungsrecht der Frau keine Verfügung über das in ihr heranwachsende Leben begründen.
({4})
Auch andere Grundauffassungen als die des christlichen Denkens führen zu einem ähnlichen Ergebnis. Im Mittelpunkt des philosophischen Diskurses über die Kritik der praktischen Vernunft steht die Universalisierung der Moral auf der Grundlage einer herrschaftsfreien Kommunikationsgemeinschaft. Wenn die damit verbundene Ethik den Anspruch erhebt, die legitimen Rechte der Ungeborenen oder der Unmündigen zu berücksichtigen, dann ist es mit einer solchen Ethik schlechterdings nicht vereinbar, das Lebensrecht ungeborener Kinder zur Disposition zu stellen.
Niemand wird unterstellen, betroffene Frauen würden sich im Regelfall leichtfertigt oder leichtsinnig zu einer Abtreibung entschließen. Wenn eine schwerwiegende Notlage vorliegt, wird niemand der Schwangeren aus ethischen oder juristischen Gründen einen Abbruch der Schwangerschaft verweigern dürfen. Aber wer im Schutz des Lebens, auch des ungeborenen das höchste Rechtsgut der Verfassung sieht, wird einen Schwangerschaftsabbruch nur billigen können, wenn eine solche Notlage nicht nur subjektiv, sondern objektiv und damit auch nachprüfbar vorliegt.
Dem wird jedoch der fraktionsübergreifende Gruppenentwurf nicht gerecht. In ihm wird de facto jeder Schwangeren, die eine Beratung in Anspruch nimmt, das Vorliegen einer schwerwiegenden Notlage sozusagen als Fiktion unterstellt. Wer die Zulassung des Schwangerschaftsabbruchs an das objektive Vorliegen einer schweren Notlage knüpfen will, muß deshalb der Indikationslösung zustimmen.
Nicht erst seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1975 dreht sich ein wichtiger Punkt der Debatte über die Neuregelung
des Abtreibungsrechts um die Frage, wie sich der Schutz des ungeborenen Lebens am effektivsten durchsetzen läßt. Die Vertreter der Fristenregelung neigen dazu, den Vertretern der Indikationslösung zu unterstellen, ihnen gehe es um „strafen statt helfen". Das ist eine Unterstellung, die am Kern der Probleme vorbeigeht.
Wir haben uns in unserer Ansbacher Erklärung als erste Partei ausdrücklich zu einem Gesamtkonzept bekannt, das sowohl eine umfassende Beratung und umfangreiche familienpolitische Hilfen des Staates als auch strafrechtliche Bestimmungen enthält. Eine Beratung wird nur dann dem Schutzauftrag des Staates gerecht, wenn sie mit dem Ziel erfolgt, die Schwangere zur Erhaltung des ungeborenen Lebens zu bewegen. Wer abschätzig von Zwangsberatung spricht, der stellt letztendlich den verfassungsrechtlich garantierten Eigenwert des ungeborenen Lebens in Frage.
Es ist heute schon an mehreren Stellen gesagt worden, was wir alles getan haben. Wir brauchen uns dessen nicht zu schämen. Auch als Finanzminister lasse ich mir hier keine Vorwürfe machen.
({5})
Meine Damen und Herren, das höchste deutsche Gericht hat 1975 die Fristenregelung als verfassungswidrig abgelehnt. Vielleicht werden heute nach Abschluß der Debatte und nach der Abstimmung manche sehr zufrieden sein. Ich glaube, das ist kein Anlaß zur Zufriedenheit, schon gar kein Anlaß zur Selbstzufriedenheit und auch kein Anlaß zum Jubel. Es ist kein Anlaß zur Freude. Eine Fristenregelung wäre eine Qualitätsänderung im Koordinatensystem der Grundrechte unserer Verfassung.
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Ich gebe die Hoffnung nicht auf. Ich appelliere an Sie, gegen die Fristenregelung zu stimmen und unserem Entwurf die Zustimmung zu geben. Wir bekennen uns mit Nachdruck zu den Aussagen des höchsten deutschen Gerichts: Wo menschliches Leben existiert, kommt ihm Würde zu. Es ist nicht entscheidend, ob der Träger sich dieser Würde bewußt ist und sie selber zu wahren weiß. Das gilt für den Kranken, den Behinderten, den Alten, den Schuldigen, aber auch das unschuldig Ungeborene. Diesem Anspruch, meine Damen und Herren, wird der Entwurf der CDU/CSU am meisten gerecht.
({7})
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Ulla Schmidt ({0}).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte im Vorfeld dieser Debatte oft die Befürchtung, daß die Toleranz gegenüber Andersdenkenden - viele von Ihnen werden das gleiche erlebt haben - auf der Strecke bleiben könnte. Jetzt bin ich froh, wie diese Debatte heute geführt wird, weil in der Mehrheit der Redebeiträge zum Ausdruck kommt, daß wir, obwohl wir unterschiedliche Auffassungen darüber haben, wie Leben zu schützen ist, andere Meinungen respektieren. Ich
denke, es kann bei dem, was dieses Haus heute zu leisten hat, nur so sein, daß wir miteinander darum ringen, wie Lebensschutz am wirksamsten zu gewährleisten ist.
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In der Frage, daß wir Leben schützen wollen, sind wir uns einig; in der Frage, wie, gehen die Meinungen auseinander. Das ist sicherlich mit dadurch verursacht, daß wir alle wissen, daß es einen absoluten Schutz des werdenden Lebens nicht geben kann. Das hat es in keiner Gesellschaft, zu keiner Zeit gegeben. Kein Gesetz dieser Welt wird das erzwingen können.
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Bei allen Dingen, die heute angesprochen werden, ist eines für mich sehr schwierig: Wer wie ich - und viele in diesem Hause - davon ausgeht, daß Strafrecht werdendes Leben nicht wirksam schützen kann, wer weiß - Herr Eylmann hat es noch einmal dargelegt -, daß auch die Strafbarkeit eines Schwangerschaftsabbruchs in der Realität und in dem, was vor Gericht tatsächlich behandelt wird, eine ganz unwesentliche Rolle spielt, der hat allerdings Schwierigkeiten damit bzw. kein Verständnis dafür, daß die Gruppe von Herrn Werner und anderen den Schutz des werdenden Lebens mit noch mehr Strafandrohung gegen Frauen durchsetzen will, und dies, obwohl wir alle wissen: Das Strafrecht hat immer nur dazu gedient, Frauen zu kriminalisieren, sie in die Illegalität zu treiben und sie letztendlich zu entwürdigen und zu demütigen.
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Frau Schmidt, sind Sie bereit, eine Zwischenfrage des Abgeordneten Jäger zuzulassen?
Ich möchte weiterreden.
Ich glaube, daß wir bei allem, was wir heute diskutieren, eins im Auge behalten müssen - ich meine das nach beiden Seiten -: daß fundamentalistische Positionen zur Lösung dieser schwierigen Frage weder lebensnah und menschlich sind noch dem gerecht werden, was wir für die Frauen, für die Männer und Kinder in diesem Land im Moment zu verwirklichen in der Lage sind.
({0})
Mich hat beeindruckt, was Herr Eylmann gesagt hat - ich glaube, daß wir so etwas zum Maßstab nehmen sollten -, daß nämlich Strafprozesse kein Selbstzweck sind und daß dann, wenn wir- ich sage es jetzt sinngemäß - ethische Maßstäbe bei uns selber und auch zum Schutz des werdenden Lebens anlegen,
Ursula Schmidt ({1})
unser Ringen darum gehen muß, die gesellschaftlichen Formen zu finden, die das garantieren.
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Als ich selber vor ungefähr 20 Jahren meine politische Tätigkeit begann, hätte ich mir nie träumen lassen, daß ich 1992 in einer Plenardebatte des Bundestages zur Reform des § 218 würde sprechen müssen. Die damaligen bundesweiten Demonstrationen von Frauen vor Augen, ging ich - jung und unbekümmert, wie ich war - davon aus, es werde eine gesetzgeberische Regelung durchgesetzt, die der Eigenverantwortung der Frauen entspricht und diese nicht länger zu Kriminellen abstempelt. Das war, wie ich heute sehe, ein Wunsch. Denn eine sozial wie ethisch vertretbare und an der Lebenswirklichkeit orientierte Reform des § 218 steht immer noch aus.
({3})
In all den Gesprächen, die ich mit Frauen geführt habe, habe ich eines gelernt: daß wirksamer Lebensschutz nicht gegen die Frau, sondern nur mit der Frau verwirklicht werden kann.
Ich sage Ihnen eines, liebe Kolleginnen und Kollegen: Ich als Frau - wie man sieht -, aber auch als Mutter bin tief davon überzeugt, daß nur eine Frau aus eigenem Empfinden nachvollziehen kann, was es heißt, schwanger zu sein, was es heißt, unter unerträglichen Belastungen eine ungewollte Schwangerschaft auszutragen, oder was es heißt, wenn durch den Druck äußerer Verhältnisse aus einer gewollten Schwangerschaft eine ungewollte wird. Ich weiß deswegen auch, daß sich eine Frau, die sich für einen Schwangerschaftsabbruch entscheidet, immer in einer Konfliktsituation befindet, für die sie, subjektiv empfunden, keine andere Lösung sieht.
Ich will nicht rechten. Ich weiß auch, daß viele Männer ihre Pflichten als Väter wahrnehmen.
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Aber es ist ein Problem, das wir nicht wegdrücken können: Da Männer nicht schwanger werden können,
({5})
haben sie zwangsläufig - ich respektiere das - einen anderen emotionalen Zugang zu diesem Thema als wir Frauen. Ich würde mir nur wünschen, daß doch viele zumindest den Ausspruch Richard von Weizsäkkers beherzigen:
Im übrigen wäre es gut, wenn Männer, soweit sie im Rechtsstaat dazu berufen sind, besonders behutsam über die Lage von Frauen urteilen.
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Weil das so ist, kann für mich nur eine Frau einen Schwangerschaftskonflikt in eigener Verantwortung entscheiden. Kein Gesetzgeber, kein Richter oder Staatsanwalt, kein Arzt kann diese Entscheidung für sie treffen. Für außenstehende Dritte sind Schwangerschaftskonflikte, Herr Waigel, in ihrer subjektiv empfundenen Belastung und Tragweite nicht nachvollziehbar. Deshalb kann auch in der Abwägung zwischen dem Schutz des werdenden Lebens und der Entscheidung der Frau in einem Schwangerschaftskonflikt nicht die Verantwortung an Dritte abgegeben werden. Es kann auch nicht dazu führen, daß sich Frauen von vornherein verschließen müssen, weil man ihnen bei aller Hilfe und Beratung, die man anbietet, die letztendliche Entscheidung darüber verweigert und ihnen damit vor allem nicht ermöglicht, offen ihre Probleme erörtern zu können.
({7})
Wir sind uns ja alle in diesem Haus einig: Keiner kommt an der Tatsache vorbei, daß wir Regelungen finden müssen, in welchem Rahmen Schwangerschaftsabbrüche legalisiert werden können. Die einen sagen: mit der Entscheidung der Dritten. Wir sagen: Das kann nur die Frau. Der Erkenntnis, daß das nur die Frau kann, muß das heute zu verabschiedende Gesetz Rechnung tragen. Es darf heute in diesem Bundestag kein neues Vormundschaftsgesetz für Frauen verabschiedet werden, wie es der Gesetzentwurf der CDU/ CSU-Fraktion darstellt.
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Wer die Würde und Mündigkeit der Frau respektiert und ihr die gleiche ethische Verantwortung und Achtung gegenüber dem werdenden und dem geborenen Leben zugesteht, wie wir dies alle im Hause für uns selber in Anspruch nehmen, muß der Frau auch eine eigenverantwortliche Gewissensentscheidung in einem Schwangerschaftskonflikt zugestehen.
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Dies garantiert der überparteiliche Gruppenentwurf, dem politische Eiferer schon im Vorfeld das Etikett der Verfassungswidrigkeit anhängen, nur weil die Vorstellung einer eigenverantwortlich entscheidenden Frau nicht in ihr Menschbild paßt.
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Allen Kolleginnen und Kollegen aus den neuen Bundesländern möchte ich nur eines sagen: Ich bin mir dessen bewußt, daß das, was wir heute mit diesem Gruppenentwurf verabschieden, nicht das ist, was die Frauen in ihrer Mehrheit an Liberalität wollen. Ich bin mir auch bewußt, daß es eine Einschränkung für die Frauen gegenüber geltendem Recht ist. Aber wir müssen auch sehen: Was können wir denn tun, und wo ist denn das Minimum, das wir ihnen bieten? Da sind die Hilfen, die in dem Gruppenentwurf enthalten sind, schon gut.
Aber, Herr Bundesfinanzminister Waigel, noch eine letzte Bitte: Für die Frauen in den neuen Bundesländern gehört ebenso dazu, daß wir uns ganz intensiv darum bemühen, daß sie wieder eine Perspektive sehen. Wir dürfen es nicht hinnehmen, daß Frauen ihre Existenz nicht mehr sichern können und aus Angst vor der Frage, ob sie ihre Familie noch weiter
Ursula Schmidt ({11})
ernähren können, darauf verzichten, überhaupt Kinder zu bekommen. Die Lebendgeburten in den neuen Ländern gehen bekanntlich um über 50 % zurück. Da muß unsere Hilfe über das hinaus, was in dem Gruppenentwurf steht, ansetzen.
Ich bitte alle aus den neuen Bundesländern: Muten Sie den Frauen neben all dem, was wir ihnen an Neuem beschert haben, neben allem, was wir ihnen von dem, was sie hatten, genommen haben, nicht auch noch zu, daß Dritte über ihre Konflikte entscheiden.
Vielen Dank.
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Ich erteile nunmehr der Abgeordneten Frau Schmalz-Jacobsen das Wort.
Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Seit mehr als zwei Jahren haben wir uns in der F.D.P. intensiv mit der Neuformulierung eines Gesetzes beschäftigt. Wir waren uns von Anfang an klar darüber, daß die alleinige Entscheidung bei der schwangeren Frau liegen muß und daß ein Rechtfertigungszwang gegenüber Dritten nicht angängig sei.
Wir wollten eine Verbesserung der Familienhilfen haben und haben uns von Anfang an darum bemüht, unseren Entwurf verfassungskonform zu machen. Frau Ministerin Schoppe, ich denke, es war gerade nicht kleinmütig, hier an das Bundesverfassungsgericht zu denken, sondern es war vernünftig und verantwortungsvoll, dies zu tun.
({0})
Wir mußten Kompromisse schließen. Das mußten wir auch bei der Beratung des Gruppenentwurfs tun. Aber Kompromisse zu schließen gehört zur Demokratie. Meine Kolleginnen und Kollegen aus der F.D.P. und ich wollten gern ein Ergebnis erzielen. Dann hilft es nichts, bei dem zu bleiben, was man sich einmal gewünscht hat. Hauptsache war uns, heute etwas zu verändern.
({1})
Wir haben uns von dem klaren Bewußtsein leiten lassen, daß sich aus Wunschvorstellungen nun einmal keine Gesetze machen lassen; daß es Entscheidungen gibt, die sich der Beurteilung Dritter entziehen; daß es eine Verantwortung gibt, die nur von der einzelnen übernommen werden kann.
Und die Entscheidung, ob sich eine Frau ein Kind auszutragen zumutet, wird in solchen Tiefenschichten der Persönlichkeit gefällt, an die in Wahrheit kein Dritter heran kann.
Auch möchte ich sagen: Eine Frau im Schwangerschaftskonflikt unterliegt einem inneren Druck, sie lebt in einer Zerreißprobe, die - mit Verlaub - kein Mann nachvollziehen kann.
Es mag für manche schwierig und ärgerlich sein, daß die nackte augenblickliche finanzielle Notlage nur einen Bruchteil der bisherigen Notlagenindikationen ausgemacht hat. Untersuchungen haben ergeben, daß das etwa bei 5 % lag. Deswegen war es vom Bundesverfassungsgericht seinerzeit ja auch sehr weise, die Notlage nicht auf die Armutsindikation zu beschränken. Das Leben ist nun einmal anders, meine Damen und Herren.
Finanzielle Hilfen wie Erziehungsgeld oder auch Stiftungsmittel und auch all die Maßnahmen, die die Bundesregierung und dieses Parlament beschlossen haben - sie sind schon genannt worden sind hilfreich und gut. Übrigens bin ich durchaus auch für Hilfen ohne Rechtsanspruch zu haben, allerdings nicht nur für das vorgeburtliche Leben.
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Es gibt Situationen, in denen es sehr sinnvoll ist, ohne Rechtsanspruch helfen zu können.
Mit kurzfristig begrenzten Finanzzuwendungen ist aber auf Dauer nicht geholfen. Ich will das einmal sagen: Die Babyausstattung oder die Wickelkommode wird ja wohl auch ohne die einmalige Zahlung eines Familiengeldes zu erlangen sein,
({3})
das sehr viel Geld kostet, aber nicht lange weiterhilft. Darum kann es also nicht gehen. Ich meine, jeder Geruch, daß man den Frauen ihre Kinder gewissermaßen abkaufen kann, wäre fatal.
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Nicht alles ist machbar. Damit müssen wir uns leider abfinden, auch wenn wir es gerne anders hätten. Wir müssen der Komplexität dieser Lage gerecht werden.
Bei Schwangerschaftskonflikten geht es meistens um Partnerschaftskonflikte, um Einsamkeit, auch um Ausbildung und um Beruf. Bei Ausländerinnen - Sie werden von mir vielleicht erwarten, daß ich das auch sage - geht es häufig auch um das schlichte Bleiberecht. Denn wenn der „ausreichende Wohnraum" nicht mehr da ist, sind diese Frauen in einem noch ganz anderen Konflikt.
Es geht auch um die bittere Erkenntnis, daß die selbsternannten Lebensschützer, die um ungeborenes Leben so heftig kämpfen, meist von der Bildfläche verschwunden sind, wenn das geborene Leben störende Ansprüche stellt.
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Hier darf man getrost von Heuchelei sprechen.
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Wer sich einmal der schmerzhaften Erfahrung aussetzt, in Heime zu gehen, um sich dort über das Elend unerwünschter und ungewollter Kinder kundig zu machen, der wird etwas stiller werden.
Die Unterzeichner des Gruppenentwurfs haben sich von dem Gedanken leiten lassen, daß es um eine umfassende Reform gehen muß, die den Müttern längerfristige Perspektiven eröffnet. Neben einer Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes und der
Neuregelung des Berufsbildungsgesetzes, neben der Tatsache, daß wir den Rückgriff bei der Sozialhilfe einschränken wollen - das ist alles genannt worden -, geht es auch um das Kernstück eines Rechtsanspruchs auf eine Kindertagesbetreuung. Mütter und Familien müssen wissen, auf was sie sich einlassen. Um wieviel mehr erst müssen das ungewollt Schwangere wissen.
Übrigens ist die Interessenlage zwischen Müttern, die arbeitslos sind, und denen, die eine gute Arbeit mit gutem Einkommen haben, nicht so sehr unterschiedlich. Die Frage der Kinderbetreuung ist für beide von zentraler Bedeutung. Sie eröffnet nämlich für beide gleichermaßen Chancen und kann gleichermaßen zum entscheidenden Hindernis werden. Es geht hier nicht nur um Arme. Offenbar fällt es vielen leichter, nur in den Kategorien der finanziellen Bedürftigkeit zu denken. Es kann alle Frauen treffen. Es kann ja nicht wahr sein, daß man die qualifizierten Frauen, die eine gute Arbeit haben, mit Achselzucken auf die Sozialhilfe verweist. Das entspricht doch einem Frauenbild, das wir jedenfalls nicht teilen.
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In den letzten Tagen ist noch einmal über die Kosten der Einrichtungen von Kindertagesbetreuung gesprochen worden. Es ist auch bei Ihnen, Herr Kollege Waigel, eben angeklungen. Ich kann nur einen dringenden Appell an die Gemeinden, an die Kreise, an die Länder richten, hier tätig zu werden. Wer offenen Auges durch die westdeutschen Gemeinden reist, muß doch sehen, was alles noch schöner und noch besser gemacht wird, wie die Prioritäten hier gesetzt werden.
({8})
Es ist doch unerträglich, daß in einem Gemeindeparlament eher durchzusetzen ist, einen neuen Fußballplatz als einen neuen Kindergarten zu schaffen. So ist es aber leider.
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Und ich bitte die Kolleginnen und Kollegen in den Gemeinden: Gebrauchen Sie Ihre Phantasie. Nicht jede Einrichtung eines Kindergartens ist doch eine teure Investition. Man kann sich etwas einfallen lassen, wie man das regelt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir tun uns offenbar so furchtbar schwer mit dem Abbau von Subventionen für Industrien der Vergangenheit. Andererseits scheuen leider viele die Investitionen, die ungeheure Auswirkungen auf die Zukunft haben. Und das steht hier in Rede. Da können wir auch keinen Stillstand gebrauchen. Hier muß es weitergehen, z. B. bei Ganztagsschulen.
Ungewollte Schwangerschaften verhüten zu helfen ist eine sehr notwendige Aufgabe. Sexualerziehung und Aufklärung über Verhütung sind notwendig,
({10})
auch die kostenfreie Abgabe von Verhütungsmitteln,
die wir nicht in dem Umfang festlegen konnten, wie
wir es gern gehabt hätten. Aber die Anhörungen haben gezeigt, wie wichtig das ist. Alle sozialflankierenden Maßnahmen müssen vor dem Hintergrund gesehen werden, daß sie den Kriterien einer ehrlichen und - ich sage - einer modernen Familienpolitik standhalten.
Das Entscheidungsrecht der Frau ist der Kernpunkt unseres Anliegens. Nur die Frau allein kann beurteilen, was auf sie zukommt, Monat um Monat, Jahr um Jahr.
Ich bitte Sie um Ihre Stimme für den Gruppenentwurf
({11})
Das Wort hat nunmehr die Abgeordnete Frau Dr. Enkelmann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu den schönsten Augenblicken im Leben einer Frau gehört die Geburt eines Kindes. Ich selbst habe drei Kinder zur Welt gebracht, und alle drei waren gewollt.
Ich selbst war bisher noch nicht in der Situation, mich gegen eine Schwangerschaft entscheiden zu müssen. Dennoch bin ich nicht bereit, diese meine persönliche Entscheidung zum Maßstab für die Entscheidung anderer Frauen zu machen, wie das offensichtlich heute passieren soll.
({0})
Ich weiß sehr wohl, daß es Momente im Leben einer Frau gibt, in denen Frauen meinen, Verantwortung für ein neues Leben nicht übernehmen zu können, in denen sie für sich entscheiden, eine Schwangerschaft nicht auszutragen. Ich jedenfalls kann eine solche Entscheidung akzeptieren; denn die übergroße Mehrheit handelt im vollen Bewußtsein ihrer Verantwortung. Ich meine, daß diese Entscheidung keiner Frau abgenommen werden kann und soll.
Ich empfinde es als eine unerhörte Anmaßung, mit welchen Mitteln nun die Würde und das Selbstbestimmungsrecht der Frau mit Füßen getreten werden. In Art. 1 des Grundgesetzes heißt es - Herr Waigel hat es hier schon zitiert -:
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Im übrigen sind auch Frauen Menschen.
Welch Hohn dagegen die im sogenannten Gruppenentwurf vorgeschlagene Neuregelung des § 219 zur Pflichtberatung. Ich zitiere:
Die Beratung soll dazu beitragen, die im Zusammenhang mit der Schwangerschaft bestehende Not- und Konfliktlage zu bewältigen. Sie soll die Schwangere in die Lage versetzen, eine verantwortungsbewußte eigene Gewissensentscheidung zu treffen.
Frauen sind dazu also a priori nicht in der Lage? Welches Menschenbild, welches Frauenbild entpuppt sich hier. Der Frau muß Verantwortungsbewußtsein beigebracht werden? Sie hat es halt nicht? Welch eine
Arroganz und pure Frauenfeindlichkeit. Ich jedenfalls fühle mich durch eine solche Formulierung zutiefst gedemütigt und entwürdigt.
Noch ein Wort zum Gruppenentwurf: Dieser als Kompromiß so gefeierte Entwurf ist ein fauler Kompromiß. Es wäre ehrlicher, das zumindest den Frauen im Osten auch so deutlich zu sagen. Der mittelalterliche Strafrechtsparagraph 218, den schon meine Großmütter bekämpft haben, der in der DDR abgeschafft wurde, kommt wieder über uns.
Frau Wettig-Danielmeier hat eingangs ihrer Rede gesagt, das Strafrecht habe ausgedient. Das ist doch nicht so. Das den Frauen vorzugaukeln halte ich für unverantwortlich.
Mit der Androhung einer Strafe soll Frauen „geholfen" werden. Für diese Hilfe danke ich. Behandelnder Arzt - in den meisten Fällen ein wirklicher Arzt des Vertrauens - und beratender Arzt fallen auseinander; ein für mich deutlicher Eingriff in die Intimsphäre der Frau.
Meine Damen und Herren, nicht ganz klar ist mir, nebenbei gesagt, wie eine Beratung zur Vermeidung künftiger ungewollter Schwangerschaften beitragen kann. Ich dachte bisher, das geschieht mittels Pille, Kondomen, Spirale, Koitus interruptus usw. Ich wäre also sehr dafür, wenn man sich im tatsächlichen Interesse der Vermeidung ungewollter Schwangerschaften dazu durchringen könnte, Verhütungsmittel nicht nur bis zum 20. Lebensjahr kostenlos auszugeben, wenn man eine umfassende Aufklärung, beginnend im Kindesalter, vornehmen würde, wenn diese Gesellschaft nicht so prüde wäre und offener mit Sexualität und ihren Folgen umginge.
Noch ein Wort zum Schluß: Der Bundestag hat sich monatelang in intensiven Beratungen um die Neuregelung der Abtreibung bemüht. An zwei vollen Tagen wurde im Plenum das Thema debattiert. Ich fordere sie auf, sich künfig mit mindestens der gleichen Intensität um die Lebensbedingungen geborener Kinder zu sorgen, daß Sie mit großem Nachdruck das Recht der Kinder auf freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit, die bevorzugte Versorgung von Familien mit Wohnraum, die umfassende Hilfe für Alleinerziehende, die Ahndung jeglicher Formen physischer und psychischer Kindesmißhandlungen einklagen. Ich wünsche mir, auch im Namen meiner eigenen Kinder, dafür einen Tag ebenso engagierter Debatte in diesem Hohen Hause.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
({1})
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Hannelore Rönsch.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir müssen heute und jeder von uns ganz persönlich muß heute eine Entscheidung treffen, die unter vielen Gesichtspunkten abzuwägen ist. Der Anspruch, der an uns gerichtet wird, geht über die Vorschriften zum Schwangerschaftsabbruch weit hinaus. Wir haben den Auftrag, heute Regelungen zu verabschieden, die das Recht des Ungeborenen auf Leben ebenso beachten wie die mögliche Not- oder Konfliktsituation von Schwangeren. Einen Weg, der unter beiden Gesichtspunkten alle überzeugt, haben wir trotz des langen Ringens und trotz der vielen Beratungen nicht gefunden. Das zeigen die nach wie vor grundlegenden Unterschiede in den Anträgen, die uns heute vorliegen. Wir sind uns aber - das denke ich - alle darin einig, daß der Staat am besten zum Schutz des ungeborenen Lebens beitragen kann, wenn er für Frauen, die ungewollt schwanger geworden sind, Bedingungen schafft, die ihnen eine Entscheidung für ihr Kind erleichtern. Das geschieht am überzeugendsten dadurch, daß Müttern und Vätern in ihrer Verantwortung für die Kinder durch staatliche Maßnahmen Unterstützung und Hilfe gewährt wird. Auch für den Schutz ungeborenen Lebens ist eine Familienpolitik Voraussetzung, die Familien für die gesamte Zeit, in der die Kinder auf die Betreuung, auf die Erziehung und Sorge der Eltern angewiesen sind, überzeugend Hilfe leistet und anbietet. Diese Bundesregierung hat dazu schon wichtige Beiträge, gerade auch in dieser Legislaturperiode, geleistet.
Ich will dazu noch einmal einige in Erinnerung rufen, nämlich die Erhöhung des Kindergeldes, des Kinderfreibetrages, den Ausbau des Erziehungsgeldes und des Erziehungsurlaubs, das Unterhaltsvorschußgesetz und die Ausweitung der Freistellung von Müttern und Vätern bei Erkrankung des Kindes. Diese beschlossenen Maßnahmen sind ganz erhebliche Verbesserungen für Familien und damit auch ein wesentlicher Beitrag zum Schutz des ungeborenen Lebens.
({0})
Wir dürfen uns aber nicht nur auf diese allgemeinen staatlichen Leistungen beschränken. Ebenso wichtig ist es, daß den Familien und ganz besonders den Frauen, die durch eine Schwangerschaft in eine Notlage geraten sind, auch sehr gezielt geholfen wird, also mit Maßnahmen, die die ganz persönliche Situation der Frauen erfassen. Gerade in meiner Fraktion waren wir uns wohl immer einig, daß diese individuellen Hilfen für Frauen in Konfliktsituationen im Vordergrund der Maßnahmen für den Schutz des ungeborenen Lebens stehen müssen.
({1})
Auch in diesem Punkt unterscheidet sich unser Gesetzentwurf ganz erheblich vom Gruppenantrag. Wir haben in unserem Gesetzesentwurf die Einführung eines Familiengeldes vorgesehen. Wir wollen die Ausweitung der Bundesstiftung „Mutter und Kind - Schutz des ungeborenen Lebens". Wir möchten die Bestimmungen des Bundessozialhilfegesetzes durch die „Hilfen zur Bewältigung von Schwangerschaftsnotlagen und Konflikten" konkretisieren.
Ich frage Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Sie dem Gruppenantrag zuneigen: Was hat dieser dem entgegenzusetzen? Er verzichtet auf die besonderen Hilfen in Not- und Konfliktsituationen. Wir haben in unserem Gesetzentwurf ein Familiengeld festgeschrieben. Dieses wurde in den letzten Wochen und Tagen als „Gebärprämie" diffamiert. Ich glaube, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Sie das getan haben, Sie schlagen damit den 500 000 Frauen ins Gesicht, denen die Bundesstiftung „Mutter und Kind"
Hannelore Rönsch ({2})
in den letzten zehn, fünfzehn Jahren schon sehr umfassend geholfen hat.
({3})
Ich bitte Sie auch, daran zu denken, daß ein solches Familiengeld auch in der ehemaligen DDR gezahlt wurde.
({4})
Mir ist gerade heute ein Telegramm eines Familienbundes aus Sachsen zugegangen, worin deutlich gemacht wird, daß das Familiengeld gerade von den Frauen in den neuen Bundesländern sehr dringend gebraucht werde. Ich bitte Sie nochmals, gründlich zu überdenken, welche Hilfen Sie den Frauen in Ihrem Gruppenantrag anbieten.
Ich möchte besonders an meine Kolleginnen und Kollegen aus den fünf neuen Bundesländern appellieren und sie daran erinnern, daß der „Hilfsfonds für schwangere Frauen in Not" doch wohl in den letzten eineinhalb Jahren sehr hilfreich gewesen ist.
({5})
Ich habe von vielen - von Abgeordneten aus allen Fraktionen - Briefe erhalten, in denen um die Ausweitung dieses Hilfsfonds gebeten wurde. Wir können in diesem Jahr mit um 100 % aufgestockten Mitteln Frauen in Konfliktsituationen helfen. Wollen Sie, daß dieser Hilfsfonds, daß der Ausbau der Stiftung „Mutter und Kind" gestrichen wird? Ich glaube, wir tun den Frauen - insbesondere denen in den fünf neuen Bundesländern - damit keinen Gefallen.
({6})
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sollten die schwangeren Frauen mit ihren seelischen Problemen und ihren Unsicherheiten auch in einer ihnen wirklich aussichtslos erscheinenden Situation nicht allein lassen. Widerspricht es denn nicht jeglicher Lebenserfahrung, daß Frauen in einem solchen Schwangerschaftskonflikt ihre Entscheidung für oder gegen das Leben allein und ohne jede Hilfe von außen treffen können sollen, daß sie auf Unterstützung nicht angewiesen sind? Es geht ja schließlich um eine Lebensentscheidung. In jeder anderen Konfliktsituation erwarten wir Beratung und Hilfe. Wieso tun wir dies ausgerechnet nicht, wenn es darum geht abzuwägen, ob ungeborenes Leben getötet werden soll?
({7})
Ich bin natürlich froh darüber, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, daß auch im Gruppenantrag endlich die obligatorische Beratung festgeschrieben ist. Sie alle, wir alle wissen, daß in über 50 % der Fälle junge Frauen von ihrem Partner, von ihrem Ehemann, von ihrer Familie zum Schwangerschaftsabbruch gedrängt werden.
({8})
Wir würden ansonsten den Frauen, die eine Beratungsstelle für Schwangere nicht aufsuchen können, die Möglichkeit nehmen, sich über die umfassenden Hilfen, die Staat und Gesellschaft anbieten, zu informieren. Ich bin froh, daß, wie man an dem Gruppenantrag sieht, wenigstens diese Einsicht bei ihnen gereift ist.
Dem Antrag, den BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN jetzt eingebracht haben, habe ich entnehmen können, daß diese Gruppe erkannt hat, daß das Paket an Hilfsangeboten des Gruppenantrages zu schwach ist. Denn nach diesem Antrag sollen die Hilfen aus dem CDU/ CSU-Gesetzentwurf übernommen werden. Außerdem haben sich die Antragsteller - in Erkenntnis gerade der besonderen Situation der Frauen in den fünf neuen Bundesländern - für die Zahlung eines Familiengeldes ausgesprochen.
Ich betone noch einmal, liebe Kolleginnen und Kollegen: Diskreditieren Sie diese Hilfe für Frauen nicht! In jedem Falle bitte ich darum, bei der Wortwahl etwas vorsichtiger zu sein. Es handelt sich nicht um „Heuchelei", wenn wir Frauen mit 1 000 DM unterstützen wollen.
({9})
Für mich bleibt es auch weiterhin unverständlich, daß der Arzt, der den Schwangerschaftsabbruch auf Verlangen der Frau vornehmen soll, nicht in seiner eigenen Verantwortung angesprochen wird. Warum nehmen Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Sie die Fristenregelung befürworten, die Ärzte so wenig ernst, obwohl sie diese Verantwortung mittragen wollen und auch mittragen müssen? Diese Ärzte fürchten selbst um ihre ärztliche Glaubwürdigkeit, wenn sie zum bloßen Werkzeug für die von der Frau verlangten Abtreibung gemacht werden. Wir erwarten von Ärzten, daß sie bei jedem Eingriff eine Entscheidung nach ärztlichen Gesichtspunkten treffen und auch verantworten. Warum soll dieses ausgerechnet bei einem Schwangerschaftsabbruch unterbleiben?
({10})
Wenn der Arzt zusammen mit der Frau die belastende Entscheidung verantwortet und trägt, dann ist das die rechte Hilfe für die Frauen, die in diesem Konflikt darum ringen, ob sie zu einem Schwangerschaftsabbruch ja sagen sollen oder nicht. Mir geht es um die schwachen Frauen.
Heute morgen wurde von Trauerarbeit nach einem Abbruch gesprochen. Mir geht es um die Frauen, die unter dem Schwangerschaftsabbruch leiden. Diese Frauen sind froh - ich weiß dies aus sehr, sehr vielen Gesprächen -, daß sie jemanden an der Seite haben, der die Verantwortung für den Abbruch mitträgt. Ich erwarte von uns, daß wir uns gerade vor die schwachen Frauen stellen. Dazu ist der Gesetzgeber verpflichtet. Dazu fordere ich Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, auf.
({11})
Im übrigen sehe ich gerade in der Mitverantwortung der Ärzte die große Hilfe für die Schwangeren. Sie müssen die Belastung, die mit einer solchen Entscheidung verbunden ist, nicht allein tragen. Das hat, liebe Kolleginnen und Kollegen, mit einer Bevormundung von Frauen gar nichts zu tun.
({12})
Wir wollen, daß noch ein anderer diese Last auf seinen Schultern mitträgt und mitentscheidet.
({13})
Hannelore Rönsch ({14})
Ich meine, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß es die Pflicht des Staates ist, Leben umfassend zu schützen. Des weiteren ist es die ganz besondere Pflicht des Staates, das schwächste Glied in der Kette, nämlich das ungeborene Leben zu schützen.
Ich halte es deshalb für nicht vertretbar, das Leben eines Kindes für eine bestimmte und noch dazu willkürlich gesetzte Frist grundsätzlich ohne Schutz zu lassen.
Bitte bedenken Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Sie dem Gruppenantrag zuneigen, was Sie den Frauen an Verantwortung ganz allein aufbürden - Frauen in einer Konfliktsituation, die sonst in jeder Lebenslage Unterstützung, Hilfe und Beistand erhalten. Wenn der Satz, daß der beste Lebensschutz auch Hilfen für die Frauen beinhaltet, weiterhin gelten soll, dann bitte ich Sie, daß Sie sich das Hilfepaket in unserem Gesetzentwurf noch einmal genau ansehen und erst dann Ihre Entscheidung treffen.
({15})
Ich erteile nunmehr der Abgeordneten Hanna Wolf das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind heute sicher auch hier, um zuzuhören und um Meinungen zu hören, die wir nicht immer teilen. Aber ich gestehe: Bei dem, was die drei Ministerinnen hier heute gesagt haben, fällt es mir unheimlich schwer, nicht ernsthaft zu fragen, wessen Interessen diese Ministerinnen eigentlich vertreten.
({0})
Frau Ministerin Rönsch, was Sie hier gerade geboten haben - ({1})
Wie definieren Sie die Begriffe „schwache Frauen" bzw. „Hilfe des Arztes"? Übernimmt der Arzt dann die Erziehung der Kinder? Sorgt er dann für das Kind?
({2})
Ich halte Ihre Wortwahl in bezug auf „Hilfe" und „schwache Frauen" für mißbräuchlich.
({3})
Selbstverständlich ist es unser Wunsch und unser Wille, Frauen in ihrer Not zu helfen. Wir wollen ihnen ihre Entscheidung aber nicht abnehmen, weil ihnen diese Entscheidung niemand abnehmen kann bzw. weil sie mit der Entscheidung allein fertigwerden müssen. Sie haben die Hilfe des Arztes keine 20 Jahre. Die Entscheidung, die der Arzt dann vielleicht gefällt hat, müssen die Frauen dann doch allein tragen. Insofern halte ich Ihr Verhalten für eine Heuchelei.
({4})
Genauso ist es Heuchelei, daß Sie sagen, wir hätten
keine finanziellen Hilfen vorgesehen. Sie legen jetzt
noch ein bißchen Geld - ich sage ein bißchen, weil
der Betrag lächerlich ist - drauf, und der Herr Finanzminister ermahnt uns, bei der Durchsetzung eines Anspruchs auf einen Kindergartenplatz finanzmäßig redlich zu sein. Er sagt, daß ein solcher Anspruch nicht zu finanzieren sei. Sie schieben die Frist für einen Rechtsanspruch immer weiter nach oben. Das halte ich für nicht redlich. Sie tun so, als wollten wir hier nichts erreichen.
Jetzt möchte ich aber noch etwas zu meiner eigenen Position sagen. Ich habe für den SPD-Gesetzentwurf sehr gekämpft, weil mir darin die generelle Straffreiheit und der Rechtsanspruch auf Beratung sehr wichtig waren. Ich glaube immer noch, daß das die beste Entscheidung wäre. Aber ich weiß auch, daß wir heute dafür keine Mehrheit finden. Deswegen werbe ich, obwohl ich ihn nicht unterschrieben habe, hier heute sehr eindringlich und mit der großen Bitte um Unterstützung für den Gruppenantrag.
Meine Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie dem Gruppenantrag nicht zustimmen, dann halten Sie die entmündigende und existenzbedrohende Situation aufrecht, die § 218 für die Frauen in den alten Bundesländern darstellt. Sie sind dann mitverantwortlich dafür, daß die Frauen in den neuen Ländern künftig diese unerträglichen Verhältnisse ebenfalls hinnehmen müssen.
Was das bedeutet, kann ich Ihnen sagen, denn ich bin Abgeordnete aus Bayern. Ich bin sehr dankbar, daß unsere Justizministerin heute hier gesprochen hat. Ich hätte es gar nicht so gut darstellen können, was es eigentlich bedeutet, eine CSU-Regierung zu haben.
({5})
- Ja, es lebt sich sehr schön in Bayern, ich lebe sehr gern in München. Aber die Medaille hat eine Kehrseite. Bayern ist ja nicht CSU, aber die CSU regiert in Bayern.
({6})
Der CSU in Bayern haben wir zu verdanken, daß es die Memminger Prozesse gegeben hat. Frau BerghoferWeichner, ich hätte eigentlich heute erwartet, daß Sie über den Ablauf dieser Prozesse wirklich einmal Betroffenheit gezeigt hätten
({7})
und gesagt hätten: Es ist so nicht gedacht, daß Prozesse Frauen vor der Öffentlichkeit so vorführen und so demütigen. Aber das ist der Hintergrund. Wenn die Memminger Prozesse einen Sinn gehabt haben, dann den, daß wir heute hier im Parlament über die Parteigrenzen hinaus hoffentlich einen Mehrheitsentwurf durchbringen, der solche Prozesse nie wieder möglich macht.
({8})
Wenn wir diesen Entwurf durchbringen - und dafür werbe ich -, geben wir den Frauen, die dort so gedemütigt, so vorgeführt wurden, ein wenig Genugtuung. Dann war es nicht ganz umsonst, was sie
erlitten haben. Wir werden es abschaffen und für immer unmöglich machen.
Es geht aber nicht nur um die Frauen, sondern auch um die Ärztinnen und Ärzte. In Bayern gibt es z. B. fast keinen Schwangerschaftsabbruch mehr. Es gibt kaum noch Ärztinnen und Ärzte, die einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen, und zwar nicht aus Gewissensgründen, sondern weil sie um ihre Existenz Angst haben müssen. Der Prozeß hat auch dieses bewiesen. Deswegen brauchen auch die Ärztinnen und Ärzte Rechtssicherheit bei der Hilfe für Frauen, die in einer Notlage sind, zu ihnen kommen und Rat brauchen.
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Wenn wir den Antrag nicht durchbringen, bleibt es bei diesem menschenverachtenden Gesetz, und Memmingen wird wieder möglich. Memmingen ist gerade bei den Frauen, die das dort erlitten haben, aber auch überhaupt bei uns Frauen tief im Gedächtnis. Vor diesem Erfahrungshintergrund muß heute die Entscheidung fallen: Weg von einer Indikationsregelung, hin zu einer Fristenregelung!
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All denen, die, wie ich, mehr wollten, möchte ich sagen: Erstens. Schieben wir dem CDU/CSU-Gesetzentwurf einen Riegel vor! Zweitens. Verhindern wir, daß die Frauen in Ost und West mit der geltenden Indikationsregelung bedroht werden! Stimmen Sie daher für den Gruppenantrag! Mehr ist momentan nicht zu erreichen.
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Ich erteile nunmehr das Wort der Abgeordneten Frau Leutheusser-Schnarrenberger.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir schließen heute eine Diskussion ab, die in den letzten Monaten und Wochen scharfe Gegensätze in unserer Gesellschaft aufgezeigt hat. Ich bedaure, daß der Streit um Positionen häufig im Vordergrund stand und den fairen Streit um den richtigen Weg sehr schwer gemacht hat.
Es war eine gute und richtige Entscheidung, die Abstimmungen über die Neufassung des § 218 aus den Zwängen von Koalitions- und Fraktionsabsprachen zu entlassen und der persönlichen Gewissensentscheidung des einzelnen Abgeordneten zu überantworten. Jede hier im Hause vertretene Partei muß mit sich selbst ausmachen, was sie aus dieser richtigen Entscheidung gemacht hat. Einigen wurde es nicht leicht gemacht, ihrem Gewissen treu zu bleiben.
Ich hoffe, daß die Entscheidung, die wir heute hier zu treffen haben, keine verzerrte Entscheidung ist und letztendlich das zum Ausdruck bringt, was sich jeder einzelne von uns als vor sich selbst vertretbar erarbeitet hat.
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Es war ein richtiger Entschluß, die anstehenden Entscheidungen dem Gewissen jedes einzelnen von uns zu übertragen. Dies war wenn auch nicht die
hinreichende, so daß die notwendige Bedingung dafür, die Differenziertheit, Vielfalt und Komplexität aller zu beachtenden Aspekte eingehend zur Sprache zu bringen. Selten ist ein zur Entscheidung anstehendes Problem so kontrovers und gründlich diskutiert worden wie die Neugestaltung des § 218.
Es mag neben der Sache die ausdrückliche Betonung der Gewissensentscheidung gewesen sein, die eine Vielzahl von Experten für Sittlichkeit und Ethik auf den Plan gerufen hat. Von diesen wurde ein Bild entworfen, als hätten wir am heutigen Tag darüber zu befinden, ob Sittlichkeit und Ethik über Bord geworfen werden sollten. Dieses Bild, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist falsch. Es wird vielleicht entworfen, um Druck zu erzeugen, um uns jener Freiheit zu berauben, die für eine verantwortliche Gewissensentscheidung unbedingt benötigt wird.
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Wir haben Recht zu setzen, nicht mehr und nicht weniger, ein Recht, das gebunden ist an die Verfassung, ein Recht, liebe Kolleginnen und Kollegen, das nicht behauptet, unverrückbar in Metaphysik zu gründen, sondern das bewußt und absichtsvoll lebensweltlich und nicht statisch ist, das seine sittlichethische Basis im wohlverstandenen Gemeininteresse aus dem bezieht, was gesellschaftlich geworden ist und nur dadurch jene Freiheit garantiert, die die Voraussetzung von Sittlichkeit bedeutet.
Ich verwahre mich aufs schärfste gegen den Vorwurf derjenigen, die das Eintreten, auch mein Eintreten für den überfraktionellen Gruppenantrag als Plädoyer für Schwangerschaftsabbruch darzustellen suchen.
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Es ist in meinen Augen eine Verleumdung des gesamten Parlaments, wenn mit publizistischem Aufwand behauptet wird, die Parteien des Deutschen Bundestages seien gewillt, dem ungeborenen Leben den Schutz des Staates zu entziehen. Denn es geht hier und heute nicht um die Frage, ob vorgeburtliches Leben seitens des Staates zu schützen ist - dies ist eindeutig mit Ja zu beantworten -, sondern es geht darum, wie den relevanten Forderungen unseres Grundgesetzes am besten zu genügen ist.
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Die geltende Indikationsregelung konnte nicht entscheidend zu einem verbesserten Lebensschutz beitragen. Der - ich zitiere aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1975 - „ernsthafte Versuch, durch eine Differenzierung der Strafdrohung einen wirksameren Lebensschutz und eine Regelung zu erreichen, die auch vom allgemeinen Rechtsbewußtsein getragen wird", hat nicht zum erhofften Erfolg geführt. Der Staat ist zum Schutz des ungeborenen Lebens verpflichtet, aber wir müssen uns die Frage stellen: Ist der Staat dazu verpflichtet, durch das Strafrecht zu schützen? Gerade die geltende, SchwanSabine Leutheusser-Schnarrenberger
gerschaftsabbrüche nicht verhindernde Indikationsregelung hat die Grenzen dessen, was das Strafrecht zu leisten in der Lage ist, klar aufgezeigt. Strafrecht kann also nur die Ultima ratio sein.
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Der Gruppenantrag zeigt, daß zwischen einer Indikations- und einer Fristenregelung keine unauflösbaren Gegensätze bestehen müssen. Einerseits weist der Gruppenantrag auf die Not- und Konfliktlage, in der eine schwangere Frau den Schwangerschaftsabbruch erwägt, hin, andererseits überläßt er ihr bis zur 12. Woche der Schwangerschaft die letztverantwortliche Entscheidung. Wir wollen mit dieser Regelung kein Recht auf Abtreibung, sondern ein Recht auf eine verantwortungsvolle, durch eine verpflichtende Beratung gestärkte Entscheidung darüber,
({5})
ob der Frau eine Fortsetzung der Schwangerschaft zumutbar ist. So wird nach meiner tiefen Überzeugung ungeborenes Leben am besten geschützt.
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Hier liegt der entscheidende Unterschied zum Mehrheitsentwurf der CDU/CSU. Dieser gibt dem Arzt die letzte Entscheidung, eine Entscheidung, die gerade nicht nur nach ärztlichen Erkenntnissen getroffen werden kann. Die Entscheidung, die er treffen muß, unterliegt der gerichtlichen Überprüfung. Auch eine Herausnahme der Dokumentationspflicht ändert daran nichts.
Im Vordergrund des Gruppenantrags steht eindeutig die Verbesserung des Lebensschutzes durch Beratung, Aufklärung und soziale Hilfen mit Perspektive.
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Eine perspektivische Hilfe ist gerade das Familiengeld nicht.
Entscheidend im Gruppenantrag ist die Pflichtberatung. Maßstäbe sind Lebensschutz und der hohe Wert des ungeborenen Lebens. Es werden alle Voraussetzungen dafür geschaffen, daß die für den Erfolg des Beratungsgesprächs erforderliche vertrauensvolle Atmosphäre entstehen kann, In der Beratung geht es darum, eine Alternative zum Schwangerschaftsabbruch aufzuzeigen. Eine solche Beratung kann besser als eine direktive, überredende Beratung Einfluß auf den Motivationsprozeß der Schwangeren nehmen. Deshalb meine ich, daß der Forderung des Bundesverfassungsgerichts nach Einfluß auf den Motivationsprozeß der Schwangeren im Sinne einer Fortsetzung der Schwangerschaft so und auf diesem Weg am besten Rechnung getragen wird.
Ich weiß, daß viele von Ihnen schwer mit ihrem Glauben, mit ihrem Gewissen ringen. Ich achte und respektiere Ihre Überzeugungen. Wir müssen versuchen, eine Entscheidung zu finden, die unserer Verfassung und unserer Gesellschaft gerecht wird.
Folgen Sie Ihrem Gewissen, vertrauen Sie auf die Entscheidungs- und Verantwortungsfähigkeit der schwangeren Frau. Der Gruppenantrag ist eine Regelung, die unter sittlich-ethischem Aspekt anspruchsvoll ist, die auch der konfliktbeladenen Frau die
Freiheit und die Pflicht zubilligt, selbstbestimmt und so in sittlicher Verantwortung vor sich selbst ihre Entscheidung zu treffen.
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Das Wort hat der Abgeordnete Wolfgang Ullmann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin Rönsch, zu Ihrem Beitrag eine Bemerkung und eine Antwort.
Die Bemerkung: Worunter Frauen leiden, das ist in einem hohen Maße das Frauenbild, das Sie heute hier vertreten haben.
({0})
Was der Gruppenantrag anbietet, das ist nicht eine in ein Sozialpaket verhüllte Indikationslösung, sondern die Befreiung von der unmoralischen Tyrannei der Indikationslösung. Es hilft nichts, sie in ein dickes Paket von Sozialleistungen einzuhüllen, über die ich gar nicht rede. Die Frauen werden in Art. 20 Ihres Gesetzentwurfes nachschauen.
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Denn heute wird darüber entschieden, ob diese Gesellschaft einen Schritt tut, der fällig ist, seit die Gleichheit als eines der Grundprinzipien der Demokratie anerkannt worden ist. Dieser Schritt beantwortet die Fragen: Gilt Gleichheit auch für die Frau? Gilt sie im Kernbereich menschlicher Existenz, dort, wo Leben entsteht und weitergegeben wird? Gilt hier Gleichheit? Ist die Frau, die in diesem Kernbereich unserer Existenz steht, Subjekt der Entscheidungen, die zu fällen sind, oder ist sie lediglich Objekt einer Gesetzgebung, die ihre Entscheidung im Sinne einer gerade herrschenden Mehrheit zensiert oder billigt?
Entschieden werden muß heute darüber, ob dieser Schritt der Emanzipation getan wird oder nicht. Gehört es nicht zu den inspirierendsten Perspektiven des Einigungsprozesses, daß er uns, bis hin zum Wortlaut des Einigungsvertrages in dessen Art. 31, auffordert, hier etwas Neues, über die bisherige Gesetzeslage in den beiden Teilen Deutschlands Hinausgehendes zu verwirklichen?
In diesem Zusammenhang muß eines mit aller Deutlichkeit gesagt werden: Was der Antrag der CDU/CSU-Fraktion und der Antrag Werner uns hier anbieten, als etwas Neues oder gar als einen Fortschritt anzuerkennen, ist für jemanden aus der ehemaligen DDR schlicht eine Zumutung schwer erträglichen Ausmaßes.
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Bitte, nehmen Sie endlich einmal zur Kenntnis, daß die in diesem deutschen Landesteil eingetretenen Fortschritte der Frauenemanzipation für uns nicht mehr zur Disposition stehen, vor allem nicht für die betroffenen Frauen, die keine Macht dieser Welt dazu
bringen wird, wirkliche Freiheiten, die sie wahrgenommen haben und wahrnehmen, nachträglich als Unfreiheit diskreditieren zu lassen!
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Die Emanzipation der Frau ist längst kein Proprium linker Parteiprogramme mehr, sondern Bestandteil der gesellschaftlichen Entwicklung und Praxis im Ganzen. Diejenigen, die unentwegt mit ihren Wertordnungstheorien agitieren, sollten endlich zu der Erkenntnis kommen, daß wir in einer Gesellschaft miteinander konkurrierender Wertordnungen leben. Unsere Verfassung ist just zu dem Zweck da, keiner dieser Wertordnungen zu erlauben, staatliche Machtmittel, vor allem nicht das der Gesetzgebung, dazu zu mißbrauchen, eine dieser Wertordnungen anderen mit Gewalt aufzuzwingen.
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Dessen sollten Sie gewiß sein. Der Anschauungsunterricht der DDR hat uns für immer für das sensibilisiert, was eintritt, wenn eine Wertordnung als die herrschende ausgegeben und anderen aufgezwungen werden soll.
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„Strafrecht schafft Rechtsbewußtsein" habe ich heute früh von seiten der CDU hier sagen hören. Mich schaudert vor der Realitätsblindheit und der Demokratiefeindlichkeit dieser politischen Prügelpädagogik. Wie mag das Rechtsbewußtsein wohl aussehen, das so zustande kommt, daß ein Tatbestand, der von den heldenmütigen Lebensschützern mehr oder weniger dem Mord gleichgesetzt wird, mit Geldstrafe sanktioniert ist? Der Ausschußbericht geht von einer Zahl von 160 000 Abtreibungen pro Jahr in Deutschland aus. Wie viele Prozesse, meine Damen Ministerinnen, wollen Sie eigentlich mit wie vielen Gerichten führen lassen?
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Wenn man mich als Christen nach dem fünften Gebot fragt: Es muß immer und immer wiederholt werden: Die Schuldhaftigkeit des Tötens bleibt in allen Fällen bestehen, auch in denen, die in sämtlichen Gesetzentwürfen als straffrei gelten. Was aber das subjektive Schuldgefühl bzw. Schuldbewußtsein anbetrifft: Bei wem ist es wohl stärker ausgeprägt, bei der Frau, die, ein Bild des Jammers, vom Operationstisch steigt, wenn sie dazu überhaupt in der Lage ist, oder bei demjenigen, der sie in diesen Zustand versetzt hat? Ihm droht nicht einmal die ominöse Geldstrafe des § 218. So sieht das Rechtsbewußtsein aus, das mittels des CDU/CSU-Strafrechtes geschaffen werden soll. Auch die Frage des Verfassungsrechtes ist aus diesem gesellschaftlichen Kontext nicht zu lösen, wie gerade das berühmte Karlsruher Urteil vom 25. Februar 1975 zeigt.
Der Widerspruch zwischen der Menschenwürde, dem Selbstbestimmungsrecht der Frau und dem Lebensrecht des Kindes, das selbstverständlich und uneingeschränkt unter dem Schutz des Art. 2 Abs. 2 des Grundgesetzes steht, ist nur praktisch, aber niemals durch einen Richterspruch - sei es des Verfassungsrichters oder des Strafrichters - zu lösen. Darum mußte dieses Urteil in sich widersprüchlich bleiben und war auch der Dissens des Minderheitenvotums, Rupp, von Brünneck und Simon, unvermeidlich. Das Strafrecht kann immer nur das Einzelrechtsgut schützen, das unter Grundrechtsgarantie steht. Eine gesetzliche Regelung für Grundrechtskonflikte führt zwangsläufig zum unerlaubten Ausspielen des einen gegen ein anderes.
Die Grundrechte im Ganzen aber kann nur die vom praktizierten demokratischen Konsens getragene Verfassung selbst schützen und nichts außer dem. Vor allem können sie nicht - das muß ich als Theologe abschließend einmal sagen - durch eine sogenannte Wertordnung geschützt werden, die in einigen Teilen des neokonservativen Bürgertums mit dem Christentum identifiziert wird. Dagegen ist schärfster Protest einzulegen.
Als die griechischen Kirchenväter und - auf ihrer Basis - der heilige Augustinus auf die Frage, ob die Familie oder der einzelne das Bild der Trinität sei, antworteten, sagten sie: einzig und allein der einzelne, jeder einzelne, ob Mann oder Frau. Damit haben sie ein für allemal allen Versuchen eine prinzipielle Abfuhr erteilt, das Christentum zur Stabilisierung autoritärer und hierarchisch patriarchalischer Gesellschaftssysteme zu mißbrauchen.
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Was in aller Welt haben jene läppische Moralkasuistik über Verhütungsmittel, der Versuch, die Gewissenspatronage des Beichtstuhls über das staatliche Strafrecht zu sichern, mit jener Freiheit zu tun, von der das Neue Testament zeugt,
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in der ein 4. und 8. Kapitel des Johannesevangeliums und ein 3. und 5. Kapitel des Galaterbriefes stehen?
Aber für Christen wie Nichtchristen gemeinsam gilt in gleicher Weise: Eine kinderfreundliche Gesellschaft werden wir nur über eine frauenfreundliche Gesellschaft erreichen.
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Eine Mehrheit für den Gruppenantrag wäre ein erster Schritt in diese Richtung.
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Nun hat als nächster der Kollege Claus Jäger das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bei dieser Debatte sollten das Lebensrecht der ungeborenen Kinder und ihre Menschenwürde im Vordergrund stehen. Über 300 000 vor der Geburt getötete Kinder in jedem Jahr sind ein so schreckliches Zeugnis gegen unseren Rechtsstaat,
daß der Gesetzgeber seine Verantwortung erkennen und handeln muß.
Wenn diese Legislaturperiode vorübergegangen sein wird, ohne daß Einschneidendes zum Schutz der ungeborenen Kinder getan worden ist, dann werden der Abtreibung in diesen vier Jahren 1,2 bis 1,5 Millionen Kinder zum Opfer gefallen sein. Das sind Holocaust- Zahlen, die angesichts der deutschen Geschichte bleischwer auf dem Gewissen der Politiker lasten, wenn wir diese Todeslawine nicht stoppen.
Um dies zu erreichen, gibt es von verschiedenen Seiten des Hauses, vor allem von der CDU/CSU, Vorschläge für umfassende soziale Leistungen, von denen heute hier schon geredet worden ist. Deswegen kann ich mir nähere Ausführungen dazu sparen.
Ich möchte allerdings darauf hinweisen, daß ausgerechnet der Gesetzentwurf, der heute abend rein zahlenmäßig die besten Chancen hat, nämlich der Gruppenantrag von SPD, F.D.P., GRÜNEN und einigen Mitgliedern unserer Fraktion, zugleich der dürftigste ist, was soziale Leistungen für schwangere Frauen in Not betrifft.
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Daß dieser Gesetzentwurf auch sonst in eine verhängnisvolle Richtung weist, die diametral gegen das Lebensrecht und die Menschenwürde des ungeborenen Kindes gerichtet ist, darf hier nicht verschwiegen werden.
({1})
Hatte der Entwurf bei seiner Einbringung im Mai noch eine Fristenlösung mit Beseitigung der Strafbarkeit vorgesehen, so erklärt er in seiner jüngsten Fassung knapp und brutal das Töten eines ungeborenen Kindes für nicht rechtswidrig, also für rechtmäßig, wenn nur eine Beratungsbescheinigung vorgelegt wird, wenn es von einem Arzt vorgenommen wird und wenn seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sind.
Es muß keinerlei Notlage der schwangeren Frau vorliegen, kein schwerer Schwangerschaftskonflikt, kein sonstiger besonderer Grund, um ein unschuldiges Kind sozusagen rechtmäßig töten zu können.
Meine Damen und Herren, das ist massiv verfassungswidrig, weil damit das Leben eines Menschen in die freie Disposition eines anderen Menschen gestellt wird.
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Sie, meine Damen und Herren, die diesen Entwurf unterstützen - ich richte dies besonders an die Frau Kollegin Justizministerin; sie scheint nicht mehr dazu-sein -, schaffen ein Recht auf Abtreibung, ob Sie es wahrhaben wollen oder nicht. Das kann von unserer Verfassungsordnung nicht hingenommen werden. Sollte dieser Entwurf durchkommen, werden wir dagegen eine Verfassungsklage in die Wege leiten.
Ein Wort zu den Verfechtern der These, das Strafrecht sei überhaupt ungeeignet, das Leben ungeborener Kinder zu schützen: In der Anhörung des Sonderausschusses ist vom Sachverständigen unmißverständlich und klar gesagt worden, es gebe zahlreiche Fälle, in denen keine soziale Hilfe greifen könne, weil nicht die finanzielle und soziale Belastung durch das Kind, sondern die Existenz des Kindes selber den Schwangerschaftskonflikt auslöst. Wo z. B. der Kindesvater das Kind ablehnt, weil er einfach keine Kinder will, verhindern die besten Sozialleistungen die Abtreibung nicht. Hier hilft nur die Strafdrohung des Staates,
({3})
die unser Entwurf, also der der CDU/CSU-Minderheit, gerade für solche Fälle gegen den Vater richtet.
Der Gruppenentwurf, der die Tötung ungeborener Kinder in den ersten zwölf Wochen sogar für rechtmäßig erklärt, läßt gerade Frauen im Stich. Sie können sich nicht einmal mehr mit dem Argument, das Töten des Kindes sei Unrecht, gegen die Zumutung des Kindesvaters zur Wehr setzen, der sie zur Abtreibung drängt. Auch das sollten Sie einmal bedenken!
Gegen die Fristenlösung haben die katholische Kirche und Teile der evangelischen Kirche, z. B. unser württembergischer Landesbischof Sorg, schwerste Bedenken erhoben. Sage keiner, dazu hätten die Kirchen keine Legitimation. Im Kampf gegen Hitlers Euthanasie-Programm
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standen die beiden großen christlichen Kirchen ebenfalls an vorderster Front, so der damalige württembergische Landesbischof Wurm oder Kardinal Graf Galen von Münster. Sie haben damals laut und deutlich gesagt, daß der Mensch nicht Herr über Leben und Tod ist.
Es ist heute genauso die Pflicht der Bischöfe, unmißverständlich auf den Wert und Vorrang des menschlichen Lebens hinzuweisen. Ich füge hinzu: Damit vertreten die Bischöfe kein speziell kirchliches Anliegen, sondern eine Forderung der Humanität und der Menschenrechte.
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Es ist daher töricht, es ist absurd, den Bischöfen vorzuhalten, sie wollten einer nicht mehr christlichen Mehrheit der Bevölkerung ihre christliche Moral aufzwingen.
Ich appelliere an alle Mitglieder des Hauses: Bekennen Sie sich zum Lebensrecht des ungeborenen Kindes, und lehnen Sie einen Gesetzentwurf ab, der ein zutiefst inhumanes Recht zur Tötung Unschuldiger einführen will.
Daß unsere Initiativgruppe angesichts dieser dramatischen Entwicklung dennoch am eigenen Gesetzentwurf festhält, hat schwerwiegende Gründe: Leider bringt auch der Mehrheitsentwurf der Union nicht die Wahrhaftigkeit auf, die Dinge beim Namen zu nennen und von der Tötung ungeborener Kinder statt vom Abbruch der Schwangerschaft zu sprechen.
Der Indikationsentwurf der Mehrheit - so gut er gemeint sein mag - beseitigt den grundlegenden Mangel des heute geltenden Indikationsrechts nicht. Das geltende Recht hat nicht deswegen versagt, weil
Strafrecht angeblich überhaupt nichts zum Schutz ungeborener Kinder beitragen kann. Es hat vielmehr deswegen versagt, weil es bewußt so angelegt war, daß es bei Beachtung bestimmter Formalitäten praktisch zu keiner Anklage und zu keinem Strafverfahren mehr kommen kann. Der berüchtigte Arzt von Memmingen ist doch nur deswegen angeklagt worden, weil er bei seinen Todesgewinnen auch noch die Steuern hinterzogen hatte und von der Steuerverwaltung an den Staatsanwalt übergeben worden ist.
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Auch der Gesetzentwurf der Unionsmehrheit ist leider so angelegt, daß bei Einvernehmen zwischen Schwangerer und abtreibendem Arzt eine strafrechtliche Überprüfung nicht mehr stattfindet. Damit wird dem Mißbrauch - den sollte das Gesetz ja gerade unterbinden - Tür und Tor geöffnet. In den Fällen, in denen nur der strafrechtliche Schutz das Leben des ungeborenen Kindes sichert, bliebe praktisch alles beim alten.
Unser Gesetzentwurf, der Gesetzentwurf der Minderheit der Unionsfraktion, sieht dagegen für diese Fälle ein wirkungsvolles Strafrecht mit echter Abschreckungswirkung, mit echter Generalprävention vor, das der Forderung des Einigungsvertrages gerecht wird, der uns vorschreibt, das Leben der Ungeborenen besser als bisher zu schützen.
Meine Damen und Herren, das waren einige der Argumente, mit denen wir von der Minderheit der Unionsfraktion für unseren Entwurf eintreten, und die bis zur Stunde von niemandem widerlegt werden konnten. Ich bitte Sie daher: Meine Damen und Herren, stimmen Sie unserem Initiativgesetzentwurf - Gruppe Werner - zu. Sie tun damit etwas Wirksames für den Schutz des Lebensrechts der ungeborenen Kinder.
Danke schön.
({7})
Nun hat der Kollege Hans-Jochen Vogel das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Entscheidung, die wir heute zu treffen haben, unterscheidet sich elementar von der Fülle unserer sonstigen parlamentarischen Geschäfte. Sie ist fundamentaler Natur in dem Sinne, daß sie Grundfragen unserer Daseinsordnung betrifft, nämlich die Frage nach dem Schutz des vorgeburtlichen Lebens, nach der wirksamen Gestaltung dieses Schutzes und nach der Eigenverantwortung und damit, so meine ich, auch nach der Würde der Frau.
Diese Fragen kann jeder einzelne von uns nur aus seinem Gewissen beantworten. Dabei mögen ihm Forderungen, Empfehlungen, Ratschläge und Hinweise seiner Partei, seiner Fraktion, der Kirchen, gesellschaftlicher Gruppen eine Hilfe sein, aber letzten Endes ist jeder von uns mit sich und seiner Verantwortung in dieser Frage allein, auch mit seiner Schuld; denn - da täusche sich keiner - keiner wird aus diesen Beratungen ohne Schuld hervorgehen,
welchen Standpunkt auch immer er vertreten hat und wie sehr er auch immer glaubt, selber im Recht zu sein.
({0})
Diese Situation erfordert, daß wir den unterschiedlichen Ergebnissen, zu denen wir nach sorgfältiger Prüfung gelangen, mit Respekt begegnen. Und so füge ich aus aktuellem Anlaß hinzu: Auf diesen Respekt hat auch die Präsidentin des Deutschen Bundestages Anspruch.
({1})
Die drei Fragen, die ich gestellt habe, beantworte ich für mich wie folgt:
Das vorgeburtliche Leben bedarf des Schutzes schon deshalb, weil es Leben ist, schwach ist und deshalb besonders schutzbedürftiges Leben. Leben in einem Zustand, in dem sich jeder von uns am Beginn seiner eigenen Existenz befunden hat.
Ich habe selbst bis zum Beginn der 70er Jahre geglaubt - und damit komme ich zur zweiten Frage -, ein Element dieses Schutzes könne oder müsse sogar auch die Strafdrohung sein. Die Lebenswirklichkeit und die Erfahrungen, die ich in meinen verschiedenen Funktionen gewonnen habe, haben mich eines Besseren belehrt. Heute weiß ich: Es gibt keinen wirksamen Schutz des vorgeburtlichen Lebens gegen den Willen der Mutter.
({2})
Ich stimme insoweit völlig mit dem überein, was Herr Kollege Eylmann heute vormittag dazu ausgeführt hat. Ich glaube, daß die eindrucksvollen Ausführungen einer Mutter, die selbst werdendes Leben in sich trägt - ich meine die Ausführungen der Kollegin Marx -, dies noch unterstrichen haben.
Nach meiner festen Überzeugung kommt es darauf an, durch bessere Aufklärung ungewollte Schwangerschaften zu verhindern und durch soziale Hilfen und eine verständnisvolle Beratung bestehende Not- und Konfliktlagen zu bewältigen und so die Fortsetzung der Schwangerschaft zu erleichtern.
({3})
Die interfraktionell vorgeschlagene Regelung - es könnte ein Beitrag zur Herstellung sozialen Friedens sein, daß es eine interfraktionelle Vorlage ist - entspricht diesen Anforderungen nach meinem Urteil am besten. Auch deshalb, weil sie Hilfen normiert, die - wie immer man im einzelnen über dieses oder jenes denkt - jedenfalls deutlich über den gegenwärtig geltenden Zustand hinausgehen. Darin liegt auch ein wichtiges Element der Orientierung, die zu geben die Rechtsgemeinschaft in einer Frage von solchem Gewicht nicht verweigern darf und die der interfraktionelle Antrag auch an mehreren Stellen ausdrücklich gibt.
Meine dritte Frage beantworte ich dahin, daß niemand, kein Arzt, kein Berater, kein Gericht und kein
Gesetzgeber, der Schwangeren vor der Instanz ihres Gewissens die Entscheidung und damit auch die Verantwortung dafür abnehmen kann, ob sie das Leben, das sie in sich trägt, annimmt oder ob sie glaubt, dem in ihrer besonderen Lage nicht gewachsen zu sein und deshalb zureichende Gründe für den Abbruch der Schwangerschaft zu haben. Das kann zu falschen Entscheidungen und damit auch zu Schuld führen - zur Schuld übrigens auch oder vor allem auch des beteiligten Mannes oder anderer, die es an mitmenschlicher Solidarität oder an Barmherzigkeit gegenüber der Schwangeren haben fehlen lassen.
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Aber - da mögen die Meinungen sicher wieder auseinandergehen - dieser Schuld können wir - hier unterscheidet sich meine Meinung, Herr Kollege Jäger, ganz diametral von dem, was Sie gesagt haben - mit strafrechtlichen Kategorien nicht gerecht werden.
Im übrigen: Ein Gericht mag viele Sachverhalte gerecht und richtig und zutreffend beurteilen können; aber den Schwangerschaftskonflikt einer Frau nachzuvollziehen, die für sie entscheidenden Lebensumstände zu erkennen und zu bewerten, im Widerstreit der Motivationen die letztlich bestimmende Motivation herauszufinden, das kann ein Gericht nicht, das übersteigt sein Vermögen.
({5})
Es regt zur Nachdenklichkeit an, warum die Zahl der Verfahren, die es gibt, so gering ist: wohl gerade deswegen, weil Staatsanwaltschaften und Gerichte - von einer bekanntgewordenen Ausnahme abgesehen - ein Empfinden dafür haben, daß dies eine Überforderung darstellt.
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Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte - auch dafür ist der Bundestag, glaube ich, in diesem besonderen Fall der richtige Ort - ein persönliches Wort an die Kirche richten, der ich selbst angehöre. Ich begrüße es, daß sie die bisherige Diskussion intensiv begleitet und immer wieder die Schutzwürdigkeit des vorgeburtlichen Lebens betont hat. Ich bedaure, daß dabei Positionen vertreten werden, die nicht mehr erkennen lassen, daß bis tief in den kirchlichen Bereich hinein, bis in zentrale Veranstaltungen des Katholikentags in Karlsruhe hinein, nicht um das Ob, sondern um das Wie des Schutzes gerungen wird.
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Ich halte es jedoch für schwer erträglich, daß dem einzelnen - ich betone: dem einzelnen; die Frage, ob eine Partei das Attribut „christlich" beanspruchen sollte, steht auf einem ganz anderen Blatt -, der in der Frage des Wie eine von der Position der Hierarchie abweichende Position vertritt, das Christsein abgesprochen wird.
({8})
Und ich erschrecke bei dem Gedanken, dieses Verdikt, kein Christ zu sein, könne eines Tages auch über diejenigen gefällt werden, die sich außerstande sehen, die Position des Lehramts zur Frage der Empfängnisverhütung zu akzeptieren.
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Ich drücke die Hoffnung aus - ich formuliere es als Bitte -, daß ein solcher Konflikt gläubigen Christen erspart bleiben möge.
({10})
Jeder, der sich zu seinem Glauben hält, hat die Lehren seiner Kirche ernsthaft zu bedenken und sich mit den Gründen auseinanderzusetzen, die sie dafür anführt. Die Verantwortung für das, was wir hier und heute zu entscheiden haben, kann uns aber niemand, auch keine kirchliche Institution, abnehmen.
({11})
Ich werde aus meiner Verantwortung dem interfraktionellen Antrag zustimmen, weil ich ihn für die würdigste und vertretbarste Lösung halte.
({12})
Das Wort hat nun der Kollege Julius Cronenberg.
Verehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! In der Debatte am 6. September 1991 habe ich den Kollegen Eylmann und Werner von dieser Stelle gewünscht, daß sie für ihre Positionen in ihrer Fraktion die gleiche Toleranz und den gleichen Respekt erfahren mögen, die ich für meine - von der Mehrheit der Fraktion abweichende - Auffassung bei den Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion erfahren durfte.
Heute darf ich mit Dankbarkeit feststellen, daß die tolerante und, wie ich meine, wirklich liberale Haltung sowohl in der Fraktion als auch in der Partei konsequent durchgehalten wurde. Ob mein Wunsch nach Toleranz und Respekt auch in den anderen Fraktionen ganz oder auch nur teilweise in Erfüllung gegangen ist, mögen andere beurteilen.
Unsachliche und unfaire Angriffe - um das Wort „persönlich verletzende" zu vermeiden -, wohlgemerkt, nicht von Kolleginnen und Kollegen aus diesem Hause, mußte ich allerdings von, wie ich meine, verblendeten Anhängerinnen der sogenannten „Mein Bauch gehört mir"-Bewegung erfahren.
({0})
Meine Haltung in der Sache selbst hat das nicht ändern können. Ich halte daran fest, daß die schon im letzten September genannten Kriterien für mich nach wie vor unverzichtbar sind.
Erstens. Ich vermag keinem Vorschlag zuzustimmen, der sich an Zeitabläufen orientiert. Das heißt: Eine Fristenlösung ist für mich nach meinem Verfas8286
Dieter-Julius Cronenberg ({1})
sungsverständnis, aber auch für mich als Christ nicht ausreichend für unseren Willen und unsere Pflicht, Leben zu schützen.
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Zweitens. Es muß bei dem Grundsatz bleiben, daß es zwischen dem Leben des Ungeborenen einerseits und dem Lebenskonflikt der Mutter andererseits keine Güterabwägung geben kann, die eine Entscheidung gegen das ungeborene Kind im Ergebnis strafrechtlich rechtfertigt. Es kann im Strafrecht an dieser Stelle immer nur um die Frage des Schuldvorwurfs gehen.
Drittens. Wir als Gesetzgeber müssen Hilfs- und Beratungsangebote als Pflicht verstehen und auch entsprechend normieren. Die Mutter und natürlich auch der Vater des Ungeborenen müssen verläßliche Hilfen haben, auf die sie bauen können. Diese müssen ihnen aber, u. a. auch in der Form einer Pflichtberatung, von der Gesellschaft so angeboten werden, daß sie dazu geeignet sind, eine Entscheidung für das Leben des noch Ungeborenen wirksam zu ermöglichen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, diesen drei Kriterien wird der Gruppenantrag, aber auch der Mehrheitsentwurf der Union nach meiner Überzeugung nicht gerecht. Obwohl der Mehrheitsentwurf der Union Indikationsvoraussetzungen umschreibt und nicht allein auf einen bestimmten Zeitablauf abstellt, ist die Indikationsumschreibung doch so weit gefaßt, daß - nicht zu Unrecht - von einem lediglich graduellen Unterschied zum Entwurf mit Fristenlösung gesprochen wird.
Im Konflikt zwischen der Schwangeren und dem Anspruch des Ungeborenen auf Leben kann es meiner festen Überzeugung nach keinen Kompromiß geben. Es kann deshalb immer nur darum gehen, daß sich die Gesellschaft es gegebenenfalls versagt, den Schuldvorwurf zu erheben. Genauso kann es auch bei der heutigen Entscheidung über die verschiedenen Anträge zur Lösung dieses Konflikts keine halbherzigen, verfassungsrechtlich bedenklichen Kompromisse in der Grundfrage der Strafbarkeit geben.
({3})
Aus all diesen Gründen und auf Grund meiner Verantwortung werde ich dem Werner-Entwurf konsequenterweise zustimmen und alle anderen Vorschläge ablehnen.
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Als nächster hat der Kollege Ortwin Lowack das Wort. - Wenn der Kollege Ortwin Lowack nicht anwesend ist, dann kommen wir zum nächsten Kollegen, und das ist der Kollege Jürgen Schmude.
({0}): Das ist ein Irrtum! -
Clemens Schwalbe [CDU/CSU): Frau Pfeiffer ist dran!)
- Entschuldigung, Herr Kollege Schmude, der Kollege Schwalbe hat recht. Die nächste Rednerin ist Angelika Pfeiffer, der ich hiermit das Wort erteile.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe in den letzten Wochen und Monaten mit vielen Menschen in meinem Wahlkreis in Sachsen - in Eilenburg, Torgau, Wurzen und Delitzsch -, mit Fraktionskollegen und auch mit Parteifreunden über den auch von mir unterzeichneten Gruppenantrag gesprochen und diskutiert.
Für meinen Standpunkt habe ich nicht nur heftige und zum Teil bösartige Kritik, sondern auch viel Lob und Zustimmung erhalten. Diese Gespräche haben mich letztlich darin bestärkt, daß die Entscheidung für den Gruppenantrag richtig und vor allen Dingen notwendig ist.
({0})
Dieser Antrag wird am ehesten dem Antrag gerecht, zu dessen Erfüllung der Gesetzgeber auf Grund von Art. 31 Abs. 4 des Einigungsvertrages verpflichtet worden ist, nämlich die Gesetze von Ost und West zu einem guten gemeinsamen Gesetz zusammenzubringen - zu einem für die Frauen guten Gesetz.
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Ich möchte der Meinung widersprechen, daß die Regelung bei uns in der ehemaligen DDR nur darauf aus war, den Frauen recht zu geben. Unsere Frauen - ich spreche im Namen unserer Frauen, weil ich aus dem Osten komme und dort aufgewachsen bin - haben also auch sehr verantwortungsvoll gehandelt und haben sich genauso in einer Konfliktsituation befunden wie die Frauen in diesem Teil Deutschlands; sie haben nicht leichtfertiger abgetrieben als anderswo.
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In der ehemaligen DDR waren weniger Abtreibungen zu verzeichnen als z. B. in dem katholischen Polen und in dem katholischen Italien.
({3})
Der Gruppenantrag enthält die Regelungen, die den Schutz vorgeburtlichen Lebens und die verfassungskonforme Bewältigung von Konfliktsituationen schwangerer Frauen, vor allem aber rechtlich gesicherte Ansprüche der Frauen besser gewährleisten, als dies nach der derzeit noch geltenden Regelung der Fall ist.
Auf folgende Punkte des von mir unterstützten Antrags möchte ich besonders hinweisen: Die Abtreibung wird auch von den Unterzeichnern des Gruppenantrages weiterhin strafrechtlich mißbilligt werden. Die Gruppenantragsteller sind sich bewußt, daß der Schutz des vorgeburtlichen Lebens genauso wichtig ist wie der Schutz der Frauen. Wir haben keine schlechtere Moral als andere Kollegen, die eine andere Auffassung vertreten.
({4})
Die Gewährung eines Rechtsanspruchs für Frau und Mann auf Beratung in Fragen der Sexualaufklärung und Verhütung sowie die Möglichkeit einer kostenfreien Versorgung von Versicherten bis zur VollenAngelika Pfeiffer
dung des 20. Lebensjahres mit ärztlich verordneten Verhütungsmitteln wird dazu beitragen, möglichst von vornherein ungewollte Schwangerschaften zu verhindern. Aufklärung muß in den Kindergärten und in den Schulen anfangen, damit Auswirkungen ungewollter Schwangerschaft - z. B. Vernachlässigung der Kinder, Ungeliebtsein und, was noch schlimmer ist, Mißhandlungen ungewollter Kinder - ausbleiben können.
Das Paket an sozialen Hilfen und die angestrebte Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Familie sowie die Schaffung einer kinderfreundlichen Umwelt umfaßt z. B. eine kindgerechte Wohnung.
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Meine Damen und Herren, sehen Sie sich die Wohnungen im Osten an, wo die Toiletten in der Mehrzahl aller Fälle auf der Treppe sind und manchmal oder sogar in vielen Fällen nur über den Hof zu erreichen sind! Ich habe einen ländlichen Wahlkreis, Frau Schenk, so ist es: Die Frauen müssen noch über den Hof gehen. Ein Kinderzimmer soll größer sein als eine Garage. Ich frage Sie, meine lieben Kolleginnen aus dem Osten: Wo ist das Kinderzimmer größer als die Garage? In den meisten Fällen ist die Garage größer.
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Wo sind Mieten für Familien mit Kindern bezahlbar? Das ist auch so eine Sache: Wenn ich zwei oder drei Kinder habe und muß eine große Wohnung nehmen, dann kann ich die Miete als Normalverdiener im Osten nicht aufbringen.
Mit der angestrebten Verbesserung der Lage einer Mutter wird der Schwangeren die Entscheidung über die Fortsetzung der Schwangerschaft erleichtert werden können.
Die Pflichtberatung der Schwangeren in einem Schwangerschaftskonflikt dient deshalb auch unabdingbar dem Lebensschutz des ungeborenen Kindes. Die Pflichtberatung - da bin ich vielleicht ein bißchen anderer Meinung als Sie, Frau Schenk, oder als andere Kolleginnen - ist für uns ostdeutsche Frauen kein notwendiges Übel. Ich denke, jede verantwortungsbewußte Frau läßt sich beraten. Wir lassen uns vor jeder kleinen Operation beraten. Bei jedem Zahnarzt sind wir dankbar, wenn er uns berät, ob es wehtut oder nicht oder was daraus werden kann. Also die Pflichtberatung ist nicht das Problem.
Ich bin sicher, daß trotz aller unterschiedlichen Meinungen, mit denen die Diskussion bislang geführt worden ist, die Entscheidung jedes einzelnen Abgeordneten für seinen Antrag als Gewissensentscheidung respektiert werden muß. Ich werbe dafür, daß Sie für den Gruppenantrag stimmen.
Danke.
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Jetzt hat der Kollege Ortwin Lowack das Wort. Ich bitte um Entschul
digung; wir haben hier so oft die Liste verändert, daß es nicht mehr ganz übersichtlich war.
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- Nein, er stand in dieser Reihenfolge auf der Liste; ich habe nur die Kollegin Pfeiffer übersehen, weil das dreimal überschrieben und ausgebessert war. Dadurch ist es passiert, Kollege Pfeffermann. Alles klar?
- Wunderbar.
Kollege Lowack.
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Kolleginnen und Kollegen im Deutschen Bundestag! Meine Damen und Herren! Daß wir diese Debatte führen, ist ein gutes Zeichen, vor allen Dingen weil unglaublich viel an Menschlichkeit und wirklichem Ringen um die richtige Lösung zum Ausdruck kommt. Ich glaube, so etwas suchen unsere Menschen draußen in diesem Bundestag; sie wollen im Grunde genommen so eine Debatte und diese Art der Behandlung von Gegenständen im Deutschen Bundestag haben.
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Und doch, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ist es eine gespenstische Debatte in einer Zeit, in der überall in der Welt, vor allem auch in Europa, Menschen gequält, oft wie Tiere gejagt und getötet werden, das Lebenswerk von Generationen von Menschen vernichtet wird, ohne daß etwas dagegen unternommen wird und ohne daß wir den Eindruck erwecken, daß wir etwas dagegen unternehmen wollen. Vor allen Dingen befassen wir uns leider viel zuviel mit den Symptomen und nicht mit den Ursachen. Denn wenn in unserer eigenen Gesellschaft Eltern gegen Kinder, Jüngere gegen Ältere, Frauen gegen Männer aufgebracht und gegeneinander ausgespielt werden, wenn Rücksichtslosigkeit vorgelebt, wenn das Gemeinschaftsgefühl geschwächt und gestört wird, wenn Mutter zu sein keine Ehre, Auszeichnung und Aufgabe, sondern oft sozialen Abstieg, Häme, oft genug sogar unmenschliche und bürokratische Behandlung bedeutet, wenn Kinder oft genug ganz offen nur als Belastung empfunden und teilweise auch vom Gesetzgeber zur Belastung gemacht werden, wenn Schule und Lehrer dabei versagen, Lebensermutigung und -ermunterung zu vermitteln, wenn Glaubens- und Gewissensleere das menschliche Leben entwerten und sinnlos machen, wen verwundert es denn eigentlich, daß der Schutz des geborenen wie des ungeborenen Lebens oft zur Farce verkommt?
Nicht nur deshalb, weil er zufällig in meinem Wahlkreis, in Bayreuth, gelebt hat, fällt mir Jean Paul ein mit seinem Traum von der Rede des toten Christus vom Weltengebäude herab, daß kein Gott sei. Da hat er eigentlich dargestellt, mit was wir heute zu kämpfen haben, mit dieser Orientierungslosigkeit, die nicht nur typisch für die Welt ist, in der wir uns bewegen, sondern auch typisch ist für unsere Politik. Ich behaupte einfach, daß auch diese Debatte im Grunde genommen die Orientierungslosigkeit und die Hilflosigkeit einer nach der Verfassung berufenen politischen Führung darstellt, die im Bewußtsein der Men8288
schen eben doch keine Ethik verkörpert, sondern leider oft nur geballte Macht. Auch wenn das hier einige stört und stören muß und sie es nicht gerne hören, sollte das trotzdem als Tatbestand und als das, was draußen so gesehen wird, zumindest akzeptiert werden. Man sollte hier nicht den Kopf in den Sand stecken.
Zunehmende Verantwortungslosigkeit und Gleichgültigkeit gegenüber dem Nächsten - auch in der eigenen Familie - haben längst den Grundstock zu einer zerstörerischen Entwicklung unserer Gesellschaft gelegt, in der Gemeinsinn, Gemeinschaftsgeist und das Füreinander-Einstehen zu Mangelware geworden ist und in der das Verantwortungsgefühl gravierend abnimmt. Das ist eine ganz große Sorge für die Zukunft. Denn auch unser ökonomisches System baut gerade auf dieser Verantwortungsbereitschaft auf.
Ich behaupte, daß bei vielen Menschen in unserem Volk durchaus noch das Gespür da ist, wie eine Gesellschaft, wie Familiarität und Menschenwürde verkörpert aussehen könnte. Aber die Politik gibt hierauf keine Antwort. Sie steht erst recht nicht an der Spitze einer positiven Entwicklung und vor allem einer lebensbejahenden Denkweise. Weil sie selbst ständig gegen einfache Prinzipien menschlichen Zusammenlebens verstößt und selbst keinerlei Werte mehr verkörpert, weil ihr die großen Überzeugungen vom Wert des Menschen und seiner Zukunft fehlen, trägt sie entscheidende Mitschuld an Unsicherheit, Lebensangst und Perspektivlosigkeit unzähliger Menschen.
Wenn ich die Anträge - teilweise glänzend begründet und teilweise mit großer Menschlichkeit - und die Gegenanträge, die Androhung, zum Verfassungsgericht zu gehen oder Maßnahmen zu treffen oder was auch immer, zusammenstelle, frage ich mich doch eines: ob wir heute schon so weit sind, eine Entscheidung treffen zu können, die draußen zum Teil neue oder falsche Hoffnungen begründet.
In der Zwischenzeit haben wir einen - sicher nicht optimalen - Zustand, auf den man sich irgendwie eingestellt hat. Ich möchte jetzt auch völlig offen lassen, was meine persönliche Auffassung ist. Sie können ruhig wissen: Der Entscheidung, nicht abtreiben zu lassen, verdanke ich eine glückliche Ehe und einen prachtvollen ältesten Sohn in meiner Familie. Ich habe also durchaus eine ganz persönlich begründete Auffassung. Aber ob wir heute diese Entscheidung tatsächlich treffen sollten oder ob es nicht besser ist, zu sagen, wir belassen es bei der bisher geltenden Regelung in den alten Bundesländern, und geben, weil sich die Menschen darauf einstellen müssen, im Rahmen einer Übergangsfrist die Möglichkeit, daß man sich auf dieses Recht in ganz Deutschland einstellen kann, sollte überlegt werden.
Ich muß ganz offen sagen: Ich vermisse bei den vorliegenden Anträgen den Geist wirklich großer Menschlichkeit, eines Verständnisses für die physischen und metaphysischen Ansprüche und Bedürfnisse, die der Mensch hat und vor allen Dingen die notwendige Zuwendung zur besonderen Situation der schwangeren Frau. Ich frage, ob wir nicht die geltende
Regelung mit den vielen sozialen begleitenden Maßnahmen verbinden könnten, die hier im Zusammenhang mit anderen Entwürfen dargelegt und zu Recht gefordert werden und sehr gut ausgearbeitet wurden. Ich behaupte einfach, daß diese Entwürfe, die vorliegen, nur Teilaspekte regeln, wo es im Grunde genommen - das ist eine Aufforderung an alle von uns - eines überzeugenden Gesamtprogramms für eine menschliche Wertegemeinschaft bedarf.
Ich bitte deshalb um Verständnis dafür, daß ich zu allen Anträgen, die gestellt wurden - teilweise auch so, daß über einen Antrag vorab abgestimmt wird und das Ergebnis bei der nächsten Abstimmung berücksichtigt werden soll -, mit Nein stimmen werde. Ich hoffe, daß damit der Weg realisierbar bleibt, die notwendigen politischen Entscheidungen zu treffen, die Voraussetzung für eine humane und lebenswerte Gesellschaft vor allem auch in den neuen Bundesländern mit ihren ungeheuren wirtschaftlichen und seelischen Problemen sind.
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Nun hat der Kollege Jürgen Schmude das Wort.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch dieses düstere Problem- und Moralgemälde, das wir hier gehört haben, darf uns nicht dazu bringen, der Entscheidung auszuweichen, die heute fällig ist und für die wir die Voraussetzungen geklärt haben. Die sehr schwierige Entscheidung über die rechtliche Regelung des Schwangerschaftsabbruchs müssen wir Abgeordnete in eigener Verantwortung nach bestem Wissen und Gewissen treffen. Wie die Regelung auszusehen hat, kann uns auch unter Berufung auf Glaubensgrundsätze niemand verbindlich vorschreiben oder verbieten,
({0})
auch nicht, wie ich aus aktuellem Anlaß sage, in der Form, daß Abgeordnete je nach ihrer Entscheidung als Christen akzeptiert oder verworfen werden.
Wer an uns zur Neuregelung des § 218 appelliert, wird mit seinen Sachargumenten und Wertungen ernstgenommen. Und natürlich haben Kirchen und Christen besondere Legitimation und Auftrag, in dieser Argumentation mitzuwirken.
Dabei besteht so gut wie vollständige Übereinstimmung darin, daß durch die gesetzliche Regelung der Schutz des vorgeburtlichen Lebens bestmöglich gewährleistet werden soll. Das ist eine klare Orientierung. Welche Regelung diesem Ziel dient, müssen wir nüchtern auf der Grundlage der Erfahrungen von Jahrzehnten prüfen, und darüber gibt es auch in den Kirchen - Herr Kollege Vogel hat von der katholischen Kirche gesprochen, ich verweise auf die evangelische Kirche - recht unterschiedliche Auffassungen.
Aber Gebote und Verbote zu erlassen, die auf dem Papier strengsten moralischen Forderungen zu entsprechen scheinen, tatsächlich aber lebensfern sind
und unwirksam bleiben, das dient in Wahrheit weder der Moral noch dem Lebensschutz.
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Wir können heute zurückgreifen auf Erfahrungen mit den verheerenden Konsequenzen des in den 50er und 60er Jahren und zuvor geltenden Strafrechts. Wer will ernsthaft in diese Zeit zurück? Nachdem ich hier Befürworter des Werner-Antrages gehört habe, bin ich nicht mehr so sicher, daß ich auf diese Frage mit einem klaren „niemand" antworten kann.
Wir haben die Erfahrung mit der immer noch unbefriedigenden Praxis und Rechtslage des geltenden Gesetzes, und wir haben durch die deutsche Einigung Anlaß und Auftrag zur Prüfung und zur neuen Entscheidung. Bei ihr stehen wir vor der Frage, ob wir endlich ernst machen wollen mit dem wirksamsten Schutz, den das vorgeburtliche Leben erfahren kann, dem Schutz mit der Mutter und nicht gegen sie, auch nicht über sie hinweg.
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Genau dazu sieht der Gruppenantrag vor, daß endlich das Letztentscheidungsrecht über den Schwangerschaftsabbruch bei der Frau selbst liegen soll. Niemand soll über sie und gegen sie entscheiden, weder beiläufig und gleichgültig in Unkenntnis des Einzelfalles noch mit dem aussichtslosen Versuch, sich als Fremder in ihre Lage zu versetzen und ihre Empfindungen nachzuvollziehen. Nur so befreien wir Frauen von dem Druck, sich im Verfahren von vornherein auf einen Kampf um ihre Schwangerschaft einzustellen und alle ihre Äußerungen entsprechend zu gestalten. Nur so können wir Offenheit schaffen für ein vertrauensvolles Beratungsgespräch, in dem alles erörtert werden kann, ohne daß das für die Frau zu ungewollten Konsequenzen führt.
Diese Beratung freilich ist aus meiner Sicht unverzichtbar. Sie gibt die Hilfe. Und ich kann nicht verstehen, wenn in der Tatsache, wie uns Frau Rönsch das dargelegt hat, daß jemand anders der Frau die Entscheidung wegnimmt, eine Hilfe gesehen werden soll. Das ist das Gegenteil von Hilfe.
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Schwangerschaftsabbruch ist ein schwerwiegender, stets mit Schuld verbundener Eingriff in ein anderes menschliches Leben. Das kommt im Gruppenantrag, wie hier schon dargestellt, eindeutig zum Ausdruck. Und ich finde es fatal, bei allen Meinungsverschiedenheiten, die ausgetragen werden müssen, wenn hier die Intention und Gestaltung des Gruppenantrags polemisch verfälscht wird. Er wird möglicherweise alsbald gelten, und wir werden ein gemeinsames Interesse daran haben müssen, die Mißbilligung des Schwangerschaftsabbruchs und die Betonung des Wertes des vorgeburtlichen Lebens, die in diesem Gesetz zum Ausdruck kommt, zur Geltung zu bringen
({4})
gegen die Verdrehungen, die heute auf uns zukommen.
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Und wir werden dann eine Daueraufgabe haben, nämlich dafür zu sorgen, daß das Bewußtsein vom Wert des vorgeburtlichen Lebens weiter gestärkt wird und daß die Hilfen, die ja teilweise nur angestrebt werden, noch gar nicht alle gewährleistet werden in den Begleitregelungen, weiter ausgebaut werden. Da haben wir alle miteinander eine Menge zu tun auf einem Feld, auf dem es sich lohnt - viel mehr als in dem Bereich des Strafrechts.
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Nun hat der Kollege Hans Engelhard das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach wie vor empfinde ich es als störend, ja ärgerlich, daß die Entwürfe, über die wir heute zu entscheiden haben, hier im Hause, aber zum Teil auch in den Entwürfen selbst über andere und draußen in der Presse als „Lösungen" bezeichnet werden. Ich glaube, dies ist bei mir kein sprachlicher Tick oder eine Marotte, wie man es nennen könnte, sondern es steckt hier schon die Überlegung dahinter, daß mehr Bescheidenheit am Platze wäre.
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Denn mit dem Worte „Lösung" bei einem so schwierigen Thema tritt man im Grunde mit einem Anspruch auf, der bei allem auch sehr gesunden und vielleicht auch berechtigten Selbstbewußtsein nicht berechtigt ist. Ich erinnere mich - Jahre zurückliegend in einem ganz anderen Zusammenhange -, daß ein Richter des Bundesverfassungsgerichtes mich einmal seine Meinung zu diesem Thema wissen ließ. Er sagte, es gibt Rechtsmaterien, als da etwa ist: das Scheidungsrecht oder der Schwangerschaftsabbruch, § 218, und nur weniges mehr. Das sind Materien, die so schwierig sind, daß niemand kommen und sagen kann, er habe da die beste Lösung gefunden. Nein, vielleicht soll man gar nicht sagen, da sei eine gute Regelung erfolgt. Er ging weiter, hat es gesteigert und gesagt, man könne im Grunde zufrieden sein, wenn sich die politisch Verantwortlichen, wenn sich der Gesetzgeber verständigen kann und mit Mehrheit oder gar einmütig eine Regelung durchsetzt, die die geringsten Nachteile und Fehler hat.
Meine Damen und Herren, wir haben jetzt eine Gewissensentscheidung zu treffen. Nun wissen wir, es gibt kein Kollektivgewissen, es gibt auch kein Gruppengewissen. Gewissen ist das, was höchstpersönlich jedem einzelnen eigen ist. Wenn das so ist und wenn man es ernst meint mit seinem eigenen Gewissen, dann muß man auch Verständnis und Achtung für das Gewissen des anderen haben.
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Die Grundlage dafür ist, daß man der Auffassung ist, da gibt es zu demselben Ziel mit guter Absicht mehrere Wege. Mehrere Wege werden von den einzelnen unterschiedlich eingeschlagen.
Nun ist es sechs bis sieben Stunden her - aber ich kann es nicht unterdrücken, auf die einleitenden Worte zu dieser Debatte heute morgen zurückzukommen -, daß Frau Karwatzki - ja, ich werde doch nicht noch Propaganda machen und nun alles aufzäh8290
len - gesagt hat, daß das gemeinsame Rechtsbewußtsein verfallen sei, da wurde gesagt, daß die Senkung der Abtreibungszahlen nicht mehr das gemeinsame Ziel hier im Hause sei. Ich glaube, da ist genau jener Punkt, wo das Gewissen des anderen nicht mehr so ernstgenommen wird.
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Aber ich will versuchen, es freundlicher zu sagen. Zumindest hat Frau Karwatzki zur Auffassung gebracht - freundlich ausgedrückt -, daß wir anderen alle Inhaber eines irrenden Gewissens seien, bemüht vielleicht, aber nicht in der Lage, mit unserem Gewissen etwas darzustellen, was man so ernst nehmen könnte.
Meine Damen und Herren, wir kommen heute zu einer Entscheidung. Ich plädiere dafür, den Gruppenantrag nachhaltig zu unterstützen. In diesem Hause gibt es in den Reihen der Union viele, die in diese Richtung tendieren. Ich weiß, daß es nicht einfach ist, in einer solchen Frage, die individuell zu entscheiden einem jedem aufgegeben ist, mit der Parteiräson ins reine zu kommen. Julius Cronenberg hat es aus seiner ganz anderen Sicht der Dinge eben dargelegt: Wenn man sich einmal anschaut, welche Vorschläge in dem Entwurf von CDU/CSU gemacht werden, so kann man feststellen, daß dieser nicht weit von der Fristenregelung entfernt ist. Im Grunde besteht der einzige Unterschied darin, daß die Union glaubt, alle Last, alle Fehlentscheidungen, alle Belastungen dadurch wegwischen zu können, daß man einen kaum Einblick habenden Arzt mit der Entscheidung beauftragt und der betroffenen Frau die Möglichkeit zur Entscheidung nicht gibt.
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Die beiden Auffassungen liegen ansonsten sehr nahe beieinander. Dann ist der Schritt von Ihrer Seite, von der CDU/CSU, für den Gruppenantrag zu votieren, ein so weiter nicht.
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Nun hat die Kollegin Ulrike Mascher das Wort.
Ich bitte die Kolleginnen und Kollegen, auch diejenigen, die ehemals in Regierungsverantwortung waren, sich möglichst an ihre Redezeit zu halten.
Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Frau Berghofer-Weichner, die bayerische Staatsministerin der Justiz, hat heute vormittag mit wünschenswerter Deutlichkeit gezeigt, welche Realität auch den ostdeutschen Frauen droht, wenn wir hier heute keine Mehrheit für den Gruppenantrag finden sollten. Ich bitte alle, die nachher zu entscheiden haben werden, sich noch einmal vor Augen zu führen, was die bayerische Realität für Ostdeutschland bedeuten würde.
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Ich möchte als bayerische Abgeordnete deshalb für den Gruppenantrag werben. Die Frauen sollen in der Konfliktsituation, in die eine Schwangerschaft sie
stürzen kann, die Möglichkeit zu einer eigenverantwortlichen Entscheidung bekommen. Und wir wollen auch die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche senken und damit zum Schutz des werdenden Lebens beitragen.
Die Erfahrung zeigt: Strafrecht schützt das werdende Leben nicht. Strafrecht hat in der Vergangenheit dazu beigetragen, daß Frauen ihr Leben riskieren mußten, um einen Konflikt, eine Notsituation zu beenden, wenn es ihnen anders als durch einen Schwangerschaftsabbruch nicht möglich erschien.
Schwangerschaft kann eine glückhafte Situation darstellen mit der Aussicht auf ein Leben mit einem gewünschten Kind. Schwangerschaft kann aber auch die Lebensperspektiven einer Frau verdunkeln und der Frau keinen Ausweg offenlassen. Wir haben heute durch Annahme des Gruppenantrages die Chance, den schwangeren Frauen in ihrer unauflösbaren Verbindung mit dem Embryo die Möglichkeit einer verantwortlichen und auch verantwortbaren Entscheidung zu geben, die niemand der Frau abnehmen kann - kein Arzt, kein Gesetzgeber.
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Ich bin sicher, daß alle Mitglieder dieses Parlamentes wissen: Gegen den Willen der Frau ist der Schutz des werdenden Lebens letztlich nicht möglich. Wir wollen deshalb durch Verbesserung der sozialen Rahmenbedingungen die Situation der Frauen erleichtern. Im SPD-Antrag und auch im Gruppenantrag ist sehr sorgfältig formuliert worden, welche Angebote einer Schwangeren gemacht werden sollen, um ihr während der Schwangerschaft, aber vor allem auch nach der Geburt des Kindes das Leben zu erleichtern, Probleme aus dem Weg zu schaffen. Durch diese Verbesserungen der sozialen Rahmenbedingungen werden die Beratungsstellen endlich in die Lage versetzt, auch wirklich praktische Hilfe in typischen Schwangerschaftskonflikten anbieten zu können, was bisher leider nur in sehr unzureichendem Maße möglich war.
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Wir wollen durch die Beschlußfassung über den Gruppenantrag heute ein Gesetz beschließen, Glas es Frauen besser möglich macht, auch mit Kindern ihre Ausbildung abschließen zu können, ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen zu können, weil es ausreichend bedarfsgerechte Betreuungsangebote für Kleinkinder gibt, weil jedes Kind einen Kindergartenplatz bekommt und weil es ausreichend Ganztagesplätze gibt.
Wir wollen, daß schwangere Frauen und Mütter mit Kindern bessere Chancen bei der Wohnungsvergabe haben. Wir wollen ihnen Möglichkeiten zur Fortbildung eröffnen und den Rückgriff auf Eltern bei Bezieherinnen von Sozialhilfe ausschließen.
All diese Verbesserungen der Lebensbedingungen von Schwangeren und von Müttern mit Kindern scheinen eigentlich selbstverständlich zu sein, und man wundert sich - oder frau wundert sich - ein wenig, wenn wir hören, wie hier der Schutz des werdenden Lebens beschworen wird, daß wir das alles noch nicht haben.
Die konkrete Umsetzung, die Realisierung, also der Bau von Kindergärten und die notwendige Gewinnung von Erzieherinnen und Erziehern und deren Finanzierung, wird noch ein hartes Stück Arbeit sein. Wir haben uns in den letzten Wochen sehr intensiv mit den Kosten für die Länder und Gemeinden beschäftigt. Der Bund muß hier bei der Verteilung der Lasten seinen Anteil übernehmen.
({3})
Die Länder und die Gemeinden werden sich daran im Rahmen ihrer Einnahmesituation beteiligen.
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Der Gruppenantrag tritt nicht in einen Wettbewerb ein nach dem Motto: Wer hat die meisten Milliarden veranschlagt? Aber: Der Gruppenantrag - und nur der Gruppenantrag - ist der Gesetzentwurf, der auch im Bundesrat mehrheitsfähig ist. Wenn wir dem Auftrag des Einigungsvertrags gerecht werden wollen,
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wenn wir die Chance nutzen wollen, zu zeigen, daß der Bundestag aus seiner Mitte heraus zur Formulierung und zur Beschlußfassung eines Gesetzes in gemeinsamer Anstrengung, in gemeinsamer Kompromißfähigkeit fähig ist, und wenn wir einen großen Schritt weg von der Bevormundung von Frauen, von ihrer oft entwürdigenden Situation in einer schweren persönlichen Konfliktlage kommen wollen - auch wenn wir dabei viele Erwartungen von Frauen noch nicht erfüllen können -, dann müssen wir - darum bitte ich Sie - dem Gruppenantrag hier zustimmen.
Vielen Dank.
({6})
Nun hat das Wort Frau Kollegin Professor Rita Süssmuth.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Entscheidung über die Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs zu treffen, heißt, vor einer nicht lösbaren Aufgabe zu stehen. Das gemeinsame Ziel ist der wirksame Schutz des ungeborenen Lebens. Wenn heute morgen bereits gesagt wurde, das seien reine Lippenbekenntnisse, dann möchte ich fragen, wer das Recht hat, wem den wirksameren Schutz als Absicht abzusprechen.
({0})
Wenn ich hier wiederhole, was viele vor mir gesagt haben - dieser kann nur mit der Mutter und nicht gegen sie erreicht werden -, so ist das nicht nur Erfahrung, sondern meine tiefste Überzeugung. Niemand wird das Kind gegen die Mutter retten können. Deswegen geht dies nur mit der Mutter.
({1})
So gilt es auch, nicht beide gegeneinander auszuspielen, sondern sich schützend vor das ungeborene Leben und vor die Mütter zu stellen.
({2})
Unser aller und auch mein Dilemma besteht darin, zu wissen, daß jeder Schwangerschaftsabbruch Tötung menschlichen Lebens ist, aber auch um die ausweglosen Situationen zu wissen, in denen ein Schwangerschaftsabbruch subjektiv als der einzige Ausweg aus einer anders nicht abwendbaren Notlage gesehen wird. Dabei sind die seelischen Konflikte in vielen Fällen weit weniger lösbar als die sozialen.
({3})
Auch ich sage hier: Es geht nicht darum, zu behaupten, dies sei eine Frauensache. Wenn es uns gelungen wäre, die Verantwortung der Männer und Väter in einer anderen Weise zu praktizieren, wären weit mehr Kinder nicht abgetrieben worden.
({4})
Deswegen sage ich noch einmal: Dieses Dilemma in Gesetzesform zu fassen, ist nicht nur schwierig, sondern im Grunde unmöglich. Aber wir sind gezwungen, normative Antworten auch auf die letzten, existentiellen Fragen unseres Lebens zu geben.
Wir streiten nicht über das Ziel, sondern ringen um den besseren Weg. Dies habe ich auch mit den Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion über Monate getan. Wir haben gerungen und es uns nicht leicht gemacht. Ich respektiere alle, die in dieser Frage unterschiedliche Antworten, nämlich ihre ganz persönlichen, ihre Gewissensantworten, geben.
Dabei sollte allerdings noch einmal festgehalten werden: Nicht hinnehmbar ist, daß die einen erklären, diejenigen, die nicht dem strengen Modell oder dem Modell der psycho-sozialen Notlage folgten, gäben menschliches Leben preis, stellten es zur Disposition.
({5})
Niemand hat das Recht, über menschliches Leben zu verfügen.
({6})
Es gibt kein Selbstbestimmungsrecht als ein Recht über anderes menschliches Leben. Tötung von Leben ist ein Unrecht, ein strafbares Delikt. Diese Aussage ist wichtig für unser Unrechtsbewußtsein, für unsere Ehrfurcht vor dem Leben und den Umgang mit ihm. Der rechtliche Schutz ist unbestritten.
Aber ich wünschte mir, daß bei allem Reden über Sittenverfall auch einmal mehr gesehen würde, in welchem Maße gerade in der jungen Generation die Ehrfurcht vor dem Leben gewachsen ist.
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Es gilt hier auch, mehr Anerkennung und Respekt
gegenüber den vielen Müttern auszusprechen, die
unter schwierigsten Verhältnissen ja zum Kind gesagt haben.
({8})
Glauben Sie mir, mich treffen am meisten jene Briefe, die mich in diesen Tagen erreicht haben, in denen gesagt wird: Sie haben uns damals geraten, die Schwangerschaft auszutragen; ich will Ihnen meine heutige Situation darstellen. Sie ist äußerst schwierig. Weil ich ja zum Kind gesagt habe, habe ich keine Sozialhilfe, weil meine Mutter über der Einkommensgrenze lag; habe ich kein BAFÖG, weil ich zu Hause wohne, und ich würde gern meine Schulausbildung, mein Abitur nachholen.
Bei allem, was wir geleistet haben, versperren wir nicht den Blick dafür, wie die Realität aussehen kann!
({9})
Machen wir uns weiter zum wichtigsten Ziel, dort, wo wir helfen können, noch wirksamer zu helfen, als wir es in der Vergangenheit getan haben!
({10})
Lassen Sie mich in den mir verbleibenden Minuten sagen, warum ich für den Gruppenantrag stimme. Es geht mir nach wie vor um die Frage, wer denn über eine Not- und Konfliktlage entscheiden kann; denn ein Schwangerschaftsabbruch kann doch überhaupt nur in einer ausweglosen Not- und Konfliktlage in Frage kommen. Ich frage mich, warum in dieser Not-und Konfliktlage eigentlich dem Arzt oder nachfolgend dem Richter, dem Staatsanwalt mehr Kompetenz, mehr Verantwortung zugesprochen wird als der Frau,
({11})
die die Verantwortung nicht nur jetzt, sondern ein Leben lang für das Kind, für die Kinder übernimmt. Hören wir deswegen endlich auf, die Frauen für entscheidungsunfähig, für nicht verantwortungsfähig zu halten!
({12})
- Herr Geis, ich verstehe Ihre Erregung, aber ich antworte genauso entschieden: Wenn Sie das nicht tun, warum trauen Sie dann der Entscheidung von Frauen nicht?
({13})
Alle, die ich bisher als Ärzte und Ärztinnen gefragt habe, antworten sehr schlicht: Wir glauben unseren Patienten. Wir haben als Ärzte zuzuhören, nachzudenken, unsere verantwortliche Entscheidung, die auch eine Gewissensentscheidung ist, zu treffen.
Es ist Unsinn und nicht redlich, hier zu behaupten, diejenigen, die nicht von einer Indikation durch den Arzt ausgehen, ließen die Frauen allein. Da ist die verpflichtende Beratung, verpflichtend gegenüber dem Leben, so wie der Staat verpflichtend sein muß in seinen sozialen Hilfen. Da ist das Gespräch mit dem Arzt oder mit der Ärztin. Aber dann muß ich Ihnen sagen und wiederhole ich hier: Niemand kann der Frau die letzte Entscheidung abnehmen.
({14})
Ich finde problematisch, was in den letzten Wochen über Gewissen und Gewissensentscheidung gesagt worden ist, und will dies hier nicht vertiefen.
({15})
Ich möchte allerdings bei dieser Gelegenheit ausdrücklich unserem Fraktionsvorsitzenden danken, der zu jeder Zeit dies respektiert hat und auf mich keinen Druck ausgeübt hat.
({16})
Lassen Sie mich abschließend sagen: Ich halte es für unvertretbar, daß wir jetzt noch in den beiden Anträgen prüfen, welche soziale Hilfe die einen oder die anderen mehr haben.
({17})
Dann kann ich nur sagen, sie sind unterschiedlich gewichtet. Wer den Kinderbetreuungsanspruch auf 1996 statt auf 1999 setzt, hat eine andere Gewichtung.
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Ich bin überhaupt nicht dagegen, daß auch noch Familiengeld gegeben wird - damit das klar ist -, aber ich halte es für ganz wichtig, daß ein Rechtsanspruch bei der Sozialhilfe bis zum 6. Lebensjahr ohne Regreß besteht.
({19})
Deswegen vergleichen wir nicht, was wir hier nicht vergleichen sollten, sondern achten wir mehr darauf, daß wir im Bundesrat das durchsetzen, was zunächst einmal noch zur Verwirklichung ansteht.
({20})
Ich schließe mit dem Satz: Geben wir endlich dem Leben eine Chance, mehr Chancen! Lassen Sie mich hinzufügen: Leben weitergeben ist unsere Aufgabe,
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nicht nur dem ungeborenen, sondern auch dem geborenen. Bemühen wir uns gemeinsam darum!
({22})
Als nächste Kollegin hat das Wort die Abgeordnete Regina Schmidt-Zadel.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die vom Einigungsvertrag geforderte Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchsrechts steht heute hier zur Abstimmung. Monatelange Beratungen und Sachverständigenanhörungen im Sonderausschuß, zahlreiche Schreiben von Institutionen, aber auch von Privatpersonen haben deutlich gemacht, wie schwer ein Konsens in dieser Frage zu erreichen ist. Sie haben auch gezeigt, welche Unsicherheiten und Nöte die derzeitige Rechtslage hervorruft und wie sehr eine gemeinsame, parteiübergreifende Lösung gefunden werden muß.
Diese liegt uns nun im Gruppenantrag vor. Ich begrüße diesen Kompromiß, auch wenn ein Kompromiß immer bedeutet, daß nicht alle eigenen Interessen durchgesetzt werden konnten, daß mancher wichtige Aspekt zurückstehen mußte. Aber die bislang geltenden Regelungen waren unbefriedigend.
Der Gruppenantrag sichert der Frau zu, sich eigenverantwortlich entscheiden zu können. Pauschal formulierte Indikationen, das Nichtberücksichtigen des von Fall zu Fall unterschiedlichen individuellen Schwangerschaftskonfliktes wird es danach künftig hoffentlich nicht mehr geben. Ich halte dies für den entscheidenden Fortschritt in der Diskussion über das Abbruchsrecht.
Nur, wer der Frau die Entscheidung überträgt, muß auch dafür Sorge tragen, daß die Frau etwas zu entscheiden hat. Der Entscheidung gegen ein Kind müssen Gründe für eine Entscheidung für ein Kind entgegengesetzt werden. Wenn unsere Gesellschaft hier nichts zu bieten hat, reichen alle moralischen Appelle nicht aus.
({0})
Im Gegenteil: Ohne konkrete Hilfen, ohne wirkliche soziale Perspektiven kann eine echte Lösung von Konfliktsituationen nicht erfolgen.
Ich will hier ein Erlebnis von dieser Woche wiedergeben: Eine junge Frau, im achten Monat schwanger, nicht verheiratet, hat mich angerufen und mir gesagt: Wenn ich das gewußt hätte, was ich jetzt erlebe, hätte ich mich zum Abbruch entschlossen. Ich bekomme keine Wohnung. Ich habe noch keine Möglichkeit, mein Kind unterzubringen, und ich werde auf Sozialhilfe angewiesen sein. - Was kann und was soll ich dieser Frau in dieser Situation sagen, meine Damen und Herren?
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Da muß ich fragen: Wo sind denn die Hilfen, Frau Ministerin Rönsch - sie ist jetzt leider nicht hier -, von denen Sie gesprochen haben, die wir dieser Frau dann angedeihen lassen können? - Deshalb dürfen wir keine Almosen verteilen, sondern Rechtsansprüche auf soziale Leistungen sind das Gebot der Stunde.
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Eine vernünftige Neuregelung des Abbruchsrechtes muß sich aber nicht nur daran messen lassen, ob das Selbstbestimmungsrecht der Frau ausreichend geachtet wird. Ebenso wichtig ist das, was an konkreten Hilfen, an sozialen Leistungen für Frau und Kind, geboten wird. Für mein Verständnis wird der vorliegende Gruppenantrag noch nicht allen Erwartungen in dieser Beziehung gerecht. Ich hätte mir gewünscht - ich kann das aus meiner langjährigen Erfahrung als Sozialarbeiterin sagen; ich habe auch Beratungen gemacht -, daß das Sozialpaket noch umfassender geschnürt worden wäre und daß manche Maßnahmen, die vorgesehen sind, früher als jetzt geplant hätten durchgeführt werden können.
Wir erleichtern der Frau sicher das Ja zum Kind, wenn sie weiß, daß für sie ein Kindergartenplatz verfügbar ist. Ich hoffe, daß die vereinbarte stufenweise Umsetzung dieses wichtigen Punktes dann auch wirklich konsequent erfolgt.
Ähnliches gilt auch für den Bereich der Prävention. Unerwünschte Schwangerschaften sind keine Frage des Alters. Kostenlose Verhütungsmittel nur für die unter 20jährigen lösen nur einen Teil der Probleme. Aber auch hier muß ich sagen: Ich habe mich damit zufriedengegeben und dem Gruppenantrag zugestimmt, weil ich weiß, daß dies ein Einstieg ist. Ein Einstieg läßt ja immer hoffen. Vielleicht wird zu einem späteren Zeitpunkt eine Ausweitung dieser Regelung zu einem weiteren Absinken unerwünschter Schwangerschaften führen.
Der Einigungsvertrag verpflichtet uns, bis zum Ende des Jahres ein einheitliches Abbruchsrecht zu schaffen. Der vorliegende Gruppenantrag bietet eine wirkliche Alternative, die die Entscheidung für das Kind erleichtert und einen Weg bereitet, hin zu einer kinderfreundlicheren Gesellschaft. Das Votum für den Gruppenantrag wird der Einstieg in konkrete Hilfen - das ist für mich ein ganz wichtiger Punkt - für Schwangere und Kinder bedeuten. Deswegen stimme ich dem vorgelegten Gruppenantrag zu. Ich bitte, daß das viele Kolleginnen und Kollegen mit mir tun werden.
Danke.
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Nun hat die Kollegin Maria Michalk das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kinder sind unser größtes Gut, sie sind unsere Zukunft. Kinder sind spontan, sie sind kreativ, sie sind vor allem ehrlich - Eigenschaften, die unsere Welt dringend nötig hat. Verringert sich die Zahl der Kinder in unserer Gesellschaft, wird die Zukunft ärmer sein. Der Schutz des ungeborenen Lebens ist ein Anliegen aller. Die Beratungen haben es gezeigt: Allen geht es um den Schutz des ungeborenen Lebens. Dennoch liegen heute ganz unterschiedliche Gesetzentwürfe zur Abstimmung vor. Ich spreche für den Mehrheitsentwurf der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion, und lassen Sie mich sagen, warum.
Wenn eine Frau und ein Mann, wenn eine Mutter und ein Vater im Zuge einer Schwangerschaft vor Konflikten stehen, dann wird die Lösung des Schwangerschaftskonfliktes zugunsten aller Beteiligten - für das ungeborene Kind genauso wie für die Frau - nur dann herbeizuführen sein, wenn sie ihre Vorstellungen konkret entwickeln können, wie sie ihr Leben mit dem Kind zu gestalten in der Lage sind, ohne Unmögliches oder unerträgliche Unsicherheiten in Kauf nehmen zu müssen. Deshalb haben wir in unserem Gesetz Soforthilfen sowie Hilfsmaßnahmen und Hilfsangebote, die langfristig wirken.
Die Verbesserung der gesellschaftlichen Bedingungen für ein Leben mit dem Kind, die nie vollkommen sein werden, ist der beste Schutz für das ungeborene Leben. Deshalb sind die sozialen Maßnahmen unseres Gesetzes für mich das Wichtigste; denn sie sind eine echte Hilfe, und sie sind auch finanzierbar. Wenn Sie in unser Gesetz hineinschauen, dann entdecken Sie, daß mancher Artikel gar nicht mehr darin enthalten ist, weil nämlich im Zuge der Beratung Artikel schon Gesetz geworden sind. Das zeigt, daß eine kontinuierliche Arbeit der Regierung zu verzeichnen ist und wir die Hilfen permanent realisieren.
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Die Verlängerung des Erziehungsurlaubes auf drei Jahre, die Erhöhung des Kindergeldes für das erste Kind und des steuerlichen Freibetrages, die verlängerte Freistellung bei Krankheit des Kindes und die Verbesserung en im Unterhaltsvorschußgesetz sind wirkliche Hilfen für die Mütter.
Allein die Tatsache, daß jede Mutter auch in den neuen Bundesländern jetzt ein Erziehungsgeld von 600 DM für zwei Jahre erhält, ist eine große Verbesserung im Vergleich zur früheren DDR-Regelung, als die schwangeren Frauen, wenn sie z. B. ein zweites Kind erwarteten, gezwungen waren, vor Eintritt in den Schwangerschaftsurlaub eine Beschäftigung nachzuweisen, um den Anspruch auf Mütterunterstützung nicht zu verlieren. Sie mußten also - zum Teil nur eine Woche - in den Betrieb gehen. Welche Belastung das für die Betroffene, aber auch für die Kollegen war, kann jeder nachfühlen, der in einer solchen Situation war.
Die jetzige Regelung ist frauen- und familienfreundlich. Das Land Sachsen z. B. diskutiert die Einführung eines Landeserziehungsgeldes von 400 DM für das dritte Erziehungsjahr - und das bei den uns allen bekannten finanziellen Schwierigkeiten und finanziellen Anforderungen. Ich denke, das zeigt, wo man Prioritäten sieht.
Eines möchte ich noch sagen: Ich habe heute in der Debatte von vielen gehört, daß man den Frauen in den neuen Bundesländern nicht etwas zumuten soll, was sie nicht wollen oder was sie nicht tragen können. Ich bin sehr dafür, daß man Bewährtes weiterführt und übernimmt. Die Fristenregelung hat sich nicht bewährt. Deshalb bin ich nicht dafür, daß wir sie übernehmen. Was sich aber bewährt hat, sind z. B. die 1 000 Mark, die man damals als Geburtengeld ausgegeben hat, 150 Mark im sechsten Monat, 750 Mark zur Geburt des Kindes und vier mal 25 Mark in den folgenden vier Monaten. Wenn Sie die gute Erfahrung, die wir damit gemacht haben, jetzt als fatal und unlogisch abstempeln und unser Familiengeld schlechtreden, dann halte ich das für eine unfaire Sache auch denjenigen gegenüber, die die 1 000 DM gerne in Anspruch nehmen.
({1})
Es ist für mich nicht hinnehmbar, daß menschliches Leben für Dritte verfügbar wird, auch nicht innerhalb einer Frist. Deshalb ist der Abbruch nur bei medizinischer oder psycho-sozialer Indikation zu rechtfertigen.
Ich werde dem Kommissionsentwurf zustimmen, weil dieser vom eigenen, unantastbaren Lebensrecht des Kindes ausgeht.
Ich danke Ihnen.
({2})
Nun hat die Kollegin Andrea Lederer das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte hier zunächst auf Argumente, die gefallen sind, eingehen. Ich mache es mir insofern etwas leicht, als ich mit denjenigen anfange, die hier für den Werner-Antrag plädiert haben.
Zunächst zum Kollegen Kronenberg: Ich würde gerne von ihm eine Antwort haben, wem eigentlich mein Bauch gehören soll, wenn nicht mir. Wenn er Toleranz einklagt, dann verlange ich auch, daß er nicht die Frauenbewegung in der Weise lächerlich macht, daß er sich sozusagen über Parolen, die genau das Richtige aussagen, hermacht.
Ein zweiter Punkt: Was Frau Berghofer-Weichner hier präsentiert hat, ist in der Tat, wie Hanna Wolf es gesagt hat, das Bild, das sich in Bayern ergibt. Es ist die Situation, die Frauen dort zu erleiden haben. Das sind nicht nur die Prozesse wie in Memmingen, sondern auch die Tatsache, daß Frauen tatsächlich keine Ärzte finden können, die dort einen Abbruch vornehmen, und somit gezwungen sind, in andere Länder zu gehen.
Den Gipfel hat meiner Ansicht nach allerdings der Abgeordnete Jäger hier produziert, indem er auch noch den Begriff „Holocaust" in diese Debatte eingeführt hat. Ich muß sagen: Daß dieses Parlament es zuläßt, diesen Begriff in diesem Zusammenhang einzuführen, und dieses nicht rügt, das halte ich wirklich für einen Skandal. Das muß zurückgewiesen werden.
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Das entspricht genau der Demagogie, mit der Lebensschützer aller Art gegen das Selbstbestimmungsrecht der Frau vorgehen. Das zeigt nur, wo sie insgesamt stehen: Sie haben weder etwas aus der Geschichte gelernt, noch zögern sie auch nur eine Sekunde, Waffen zu exportieren und Flüchtlinge an den Grenzen abzuweisen, wie beispielsweise in Bayern. Sie tragen Parolen im Mund, wie: „Die Deutschen sterben aus" und auf der anderen Seite: „Das Boot ist voll". Das gehört zusammen, und man sieht genau, wie eng
diese beiden Politikvorstellungen miteinander verbunden sind.
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Ich möchte in diesem Kontext auch auf den Gruppenantrag eingehen, der mir - zugegeben - die größten Schwierigkeiten in dieser Entscheidungssituation macht. Ich bin eine Anhängerin der ersatzlosen Streichung des § 218. Ich bin natürlich auch der Auffassung, daß Frauen selbstverantwortlich entscheiden können. Ich bin der Meinung, daß Fristensetzung willkürlich geschieht. Wenn man sich die anderen Regelungen in anderen europäischen Ländern ansieht, kann man den Frauen dort kaum vorwerfen, sie würden verantwortungslos handeln.
Das Schwierige ist folgendes: Fakt ist doch, der Gruppenantrag führt im Ergebnis dazu, daß es, zugegeben, einen Vorteil für Frauen in den südlichen Altbundesländern - Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz - gibt, keine Frage. Fakt ist aber auch, daß es bereits einen kleinen Nachteil für die Frauen in den nördlichen Altbundesländern gibt, wo eine Beratungspflicht mit einem Beratungsziel statuiert wird, das lebensschutzorientiert und damit nicht neutral - wie eigentlich eine offene Beratung sein müßte - ist.
Fakt ist vor allem, daß Frauen im Osten nur Nachteile haben, ausschließlich Nachteile von dieser Regelung. Ich möchte einmal wissen: Wenn der Gesetzgeber beim Einigungsvertrag erkannt hat, daß es notwendig ist, für beide Teile bessere Regelungen zu treffen, dann kann dies doch nicht bedeuten, daß nun der eine Teil ausschließlich Nachteile hat und daß bei dem anderen Teil nur etwa bei der Hälfte Vorteile entstehen. Genau das ist das Ergebnis des Sonderausschusses, und das ist die Realität dieses Gruppenantrages. Genau das macht mir die immensen Probleme, diesem Gruppenantrag zustimmen zu können.
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Wir wissen jetzt schon, daß, was z. B. die Beratungssituation anbelangt, in Ländern wie Thüringen und Sachsen die Gefahr droht, daß bayerische Verhältnisse einziehen: In Thüringen gibt es zu 50 % konfessionelle Beratungsstellen bei nach Umfragen schätzungsweise 20 % gläubigen Menschen, die der Religion tatsächlich anhängen etc. Das ist doch eine Einflußnahme auf die Entscheidung der Frau, die tatsächlich problematisch ist.
Deswegen kann ich jetzt erklären - auch, um heute abend die Debatte nicht zu verlängern -: Ich werde nicht gegen den Gruppenantrag stimmen, weil ich nicht diesen Lebensschützern sozusagen noch die Möglichkeit geben will, das zu überstimmen.
Aber es tut mir herzlich leid: Ich kann kein Ja zu dem Gruppenantrag formulieren. Das hat inhaltliche Gründe; ich habe sie genannt.
Ich bin auch der Meinung, daß eine weitere Debatte stattfinden muß, deren Ziel eine ersatzlose Streichung dieses Paragraphen sein muß. Sie sind ja auch mit dem in der Volkskammer gegebenen Versprechen angetreten - das gilt vor allem für die Abgeordneten aus
dem Osten -, tatsächlich dafür einzutreten, daß den Frauen dort nicht wieder eine solche Regelung des § 218 beschert wird. Es bleibt leider bei einer strafrechtlichen Regelung.
Das widerspricht meiner Auffassung, daß das Selbstbestimmungsrecht Geltung haben muß, so fundamental, daß ich dem jedenfalls nicht zustimmen kann.
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Als nächster spricht der Kollege Robert Antretter.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Erlauben Sie, daß ich zwei Jahre zurückblende. Der Auftrag, den uns der Einigungsvertrag im Hinblick auf zwei unterschiedliche Regelungen stellt, lautet, das Recht des Schwangerschaftsabbruchs in den Rechtsgebieten West und Ost anzupassen, eine einheitliche Neuregelung zu schaffen. Dabei haben wir hinsichtlich des Gestaltungsspielraums die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu beachten. Die Karlsruher Richter haben deutlich gemacht, daß der Gesetzgeber die grundsätzlich gebotene rechtliche Mißbilligung des Schwangerschaftsabbruchs auch auf andere Weise zum Ausdruck bringen kann als mit dem Mittel der Strafdrohung.
Im Gruppenantrag wird dies mit einer Reihe von sozialen Maßnahmen versucht, von denen ich glaube, daß sie geeignet sein können, der werdenden Mutter im Konfliktfall die Annahme ihres Kindes zu erleichtern.
Nur, ist die Finanzierung dieser sozialen Hilfen tatsächlich sichergestellt? Sieht nicht alles danach aus, daß nach einer Verabschiedung dieses Entwurfs die sozialen Leistungen ganz oder teilweise entfallen? Und was geschieht, wenn die Doppelstrategie der Regierung aufgeht, die einerseits das Maßnahmenpaket des Gruppenantrags als zu dürftig bezeichnet, andererseits zugleich die Forderungen von Müttern nach sozialen Hilfen ausschlägt, die den Anspruch auf einen Kindergartenplatz erst im Jahr 1999 verwirklichen will und dabei gar nicht daran denkt, die Finanzierung durch den Bund mitzutragen?
Gewiß, die Kolleginnen und Kollegen, die den Gruppenentwurf einbringen, haben auch nach meiner Überzeugung einen richtigen Weg gewiesen; einen Weg, der zeigt, wie es möglich wäre, die positive Seite jenes Lebensschutzes zu stärken, den jede staatliche Rechtsordnung gewähren muß. Es geht um diesen Lebensschutz und nicht darum - wie manchmal polemisch gesagt wird -, die Frauen zu kriminalisieren. Es geht darum, daß der Staat klarstellt, was ihm der Schutz des menschlichen Lebens wert ist.
Herr Kollege Eylmann, ich habe mich gefreut, als Sie heute vormittag großen Applaus meiner Fraktion für Äußerungen bekommen haben, die ich nicht rundum teile. Ich habe mich darüber gefreut, weil das gegenseitige Bekennen des Respekts über Fraktionsgrenzen hinweg gerade in einer so schwierigen Auseinandersetzung ein Ereignis von eigenem Wert ist. Ich meine, daß nicht nur wir das so sehen, sondern daß
die Mitbürgerinnen und Mitbürger, die die Debatte heute verfolgen, das ähnlich beurteilen werden.
Ich teile den Teil Ihrer Einschätzung, Herr Kollege Eylmann, den ich mit meinen Worten so beschreiben will: Wollten wir alles im Geschäfts- oder Sexualleben oder auch in der politischen Auseinandersetzung unter Strafe stellen, was christlicher Ethik widerspricht, dann wären wir wahrscheinlich ein Volk von Sträflingen.
({0})
Aber ich sage auch, meine lieben Kolleginnen und Kollegen: Ich möchte nicht, daß denjenigen in allen Fraktionen, die das ungeborene Leben nicht zu diesem ethischen Minimum zählen möchten, der Respekt versagt wird.
Die Kolleginnen und Kollegen, die den Gruppenentwurf formuliert haben, haben Anerkennenswertes geleistet, aber sie können mir die Sorge nicht nehmen, daß die weitere Aushöhlung der Indikationsregelung und die vorgeschlagene Regelung der Beratung den Lebensschutz eher verschlechtern könnten.
Sie können mir auch nicht die Sorge nehmen, daß in der langfristigen Folge einmal jene „praktischen Ethiker" in unserer Gesellschaft - ich meine nicht, in diesem Raum - Zustimmung finden könnten, die uns einreden möchten, es gebe eine abgestufte Würde des Menschen und Stufen menschlichen Rechts auf Leben, etwa bei ungeborenen, behinderten und alten Menschen.
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Ich kann deshalb diesem Gruppenantrag meiner Fraktion und der F.D.P. nicht zustimmen. Ich habe drei Vorbehalte:
Erstens. Die rechtliche Gesamtbewertung hat sich verschoben. Bisher war der Abbruch unter bestimmten Bedingungen nicht strafbar. Es war klar, daß er nicht Rechtens ist; nun aber wird gesagt, unter bestimmten Bedingungen sei der Schwangerschaftsabbruch nicht rechtswidrig.
Mein zweiter Einwand bezieht sich auf den Beratungsinhalt, der mir zu kurz greift. Gewiß, in § 219 sind die Beratungsinhalte angesprochen. Doch diese beziehen sich nur auf Informationen über Hilfen, die der Frau zur Verfügung stehen. Die eigentliche ethische Abwägung aber kommt nicht vor.
Schließlich mein dritter Einwand, wenn Sie erlauben, Frau Präsidentin: Der Gruppenentwurf konzentriert die rechtliche Regelung des Abbruchs auf die Frage nach der Erfüllung von Bedingungen. Das Augenmerk gilt nicht der Verhinderung des Abbruchs selbst, sondern der Beratungspflicht. Auch hier zeigt sich eine Schieflage, die ich nicht mittragen möchte.
({2})
Meine Damen und Herren, ich finde mich heute nach elf Jahren Parlamentszugehörigkeit zum erstenmal nicht in der Mitte meiner Fraktion. Mir war immer die Geschlossenheit meiner Fraktion wichtiger, als in der Öffentlichkeit gegen sie recht zu haben. Bei diesem schwierigen Thema wäre ich lieber in ihrer
Mitte. Aber ich bin dankbar, daß ich nicht das Gefühl haben muß, aus ihrer Mitte ausgeschlossen zu sein.
Vielen Dank.
({3})
Als nächste hat Monika Brudlewsky das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es gibt eigentlich keine neuen Argumente mehr. Es ist vieles gesagt worden. Man ist geneigt, nicht mehr zuzuhören. Und doch sitze ich Stunde urn Stunde hier wie bei der ersten großen Debatte, weil ich es einfach begreifen will, warum jeder meint, er habe recht.
Auch die Juristen, die ja die verschiedensten Entwürfe erarbeitet haben, kommen zu den verschiedensten Ergebnissen, obwohl sie doch alle das gleiche Recht studiert haben.
Warum ist das so? Es gibt meines Erachtens nur eine Ursache: Von welcher Richtung aus schaue ich diese Welt an? Fühle ich mich als Herrscher der Schöpfung, als Nabel der Welt, dem sich alles unterzuordnen hat, oder spüre ich zuerst Verantwortung dem Schöpfer gegenüber für diese Welt, für alles Schwächere und Hilflose?
Kann ich mich zurücknehmen? Kenne ich Opferbereitschaft und Verzicht? Habe ich dies eingeübt? Ja, das sind schreckliche Vokabeln für einen selbstbewußten, von sich überzeugten Menschen: Opferbereitschaft und Verzicht. Die ungeplanten Kinder brauchen dies. Da scheiden sich die Geister in den alten und in den neuen Bundesländern gleicherweise; denn auch in den neuen Bundesländern gibt es viele Menschen, die hoffen, daß die Fristenregelung aus unserem Recht verschwindet.
({0})
Vor allem haben mir viele Ärzte aufgetragen, dieses Recht beseitigen zu helfen, damit sie nicht mehr reihenweise abtreiben müssen.
Ständig wird behauptet, daß Männer und Frauen in den neuen Bundesländern weiterhin die Fristenregelung bzw. die Liberalisierung des § 218 wollten. Das wäre eine Pauschalierung. Ich halte dagegen. Durch Podiumsdiskussionen und Gespräche auf der Straße und im Freundeskreis kenne ich den Stand der Argumente und der Meinungsbildung der Menschen bei mir zu Hause. Man muß bedenken, daß es immerhin seit 1972 möglich war, die ungeborenen Kinder nach Recht und Gesetz zu töten. Es muß erst wieder ein Wertebewußtsein erarbeitet werden, das das Recht auf jedwedes Leben an die erste Stelle setzt.
Die derzeitigen Umfrageergebnisse beeindrucken mich wenig. Unsere Menschen im Osten brauchen Zeit. Jetzt ist jeder im Aufbruch und hat mit der Neuorientierung erst begonnen. In einigen Monaten oder Jahren sehen die Umfrageergebnisse auch in den neuen Bundesländern sicher wieder ganz anders aus, wenn das Thema ohne Hysterie angegangen wird.
Dazu paßt genau, was Ministerpräsident Teufel am Wochenende unter großem Beifall vor Tausenden Christen auch aus den neuen Bundesländern sagte: Das Selbstbestimmungsrecht der Mutter und des Vaters findet seine Grenzen im eigenständigen Lebensrecht des Kindes.
({1})
Herr Teufel sagte auch: Dies muß vertreten und auch dann durchgehalten werden, wenn eine Mehrheit in der Bevölkerung und im Parlament diese Priorität zeitweise nicht mehr sieht.
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Auch dem kann ich mich anschließen.
Es wird ständig von Notlagen gesprochen, um ein gesetzlich zugelassenes Töten der ungeborenen Kinder zu fordern und gleichermaßen zu entschuldigen -in diesem Land, das eines der reichsten Länder der Welt ist.
Bei aller Achtung vor dem Gewissen: Das Gewissen sollte eine warnende Stimme bleiben, wenn ich Unrecht tun will. Wem wird Unrecht getan: dem getöteten Kind oder der selbstbestimmenden Frau? Man sollte das Gewissen nicht anwenden, um dem Töten zuzustimmen. Man kann das Gewissen nur anwenden, um Töten abzuwenden.
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Aus Gewissensgründen haben unsere Vorgänger im Parlament die Todesstrafe abgeschafft. Auch die gräßlichsten Verbrecher an der Menschheit werden von unserer Demokratie begnadigt. Wir entsetzen uns über Menschenrechtsverletzungen in aller Welt - mit Recht. Voller Abscheu reagiern wir, wenn Tiere gequält und unnötig getötet werden, und auch das mit Recht. Aber die unschuldigsten, wehrlosesten aller menschlichen Wesen töten wir unter vielerlei Entschuldigungen und Ausreden.
Erinnern wir uns: Wir, die wir kurz nach dein Zweiten Weltkrieg geboren sind, haben unsere Eltern und Großeltern zur Rede gestellt, warum sie nichts getan haben gegen Hitlers Macht, gegen Gaskammern und Euthanasie. Wir haben es ihnen nicht abgenommen, daß sie nichts machen konnten.
Wir aus der ehemaligen DDR wissen, daß ähnliche Fragen unserer Kinder an uns gestellt werden. Warum habt ihr nicht eher etwas getan, sagten sie zu uns, und es war schwer zu erklären. Unsere Kinder sind sehr kritisch, und das ist gut so. Unsere Enkel werden uns, vor allem uns, die wir in diesem Parlament sitzen, fragen: Warum habt ihr das Töten der Kinder nicht verhindert? Vielleicht können diese Enkel mit wachem Verstand und echtem Gewissen abwenden, daß Behinderten und uns im Alter und im Siechtum die Euthanasie angetan wird.
Ich werde nur dem Initiativantrag der Gruppe Werner zustimmen.
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Als nächste hat Renate Schmidt das Wort.
Liebe Kollegen! Liebe Koleginnen! Das, was ich will, das, was für mich in dieser Debatte ausschlaggebend ist, ist das, was ich auch in der ersten Lesung zu unserem Gesetzentwurf gesagt habe: Ich möchte die Zuversicht und den Optimismus, sich für Kinder zu entscheiden, stärken. Ich will die Chancen für Partnerschaft und Liebe, soweit das Politik kann, vergrößern.
Frau Kollegin Brudlewsky, das, was uns alle, gleichgültig, wo wir im Moment sitzen, umtreibt, ist doch, daß wir möchten, daß es weniger Schwangerschaftsabbrüche gibt. Es hilft doch nicht, einen Zustand zu beklagen und dann die falschen Instrumente zu wählen, um diesen Zustand zu heilen.
({0})
Ich will doch wie wir alle weniger Schwangerschaftsabbrüche, denn Kinder sind in allererster Linie eine Freude oder könnten es für Mütter und Väter sein, wenn wir endlich andere und neue Prioritäten setzten.
Ich weiß, Frau Kollegin Brudlewsky, daß ich nicht der Nabel der Welt bin. Ich weiß auch, daß ich mich irren kann. Auch kann ich mir nicht sicher sein, ob wir mit unserem Gesetzentwurf dieses Ziel und alle Ziele, die wir damit verfolgen, wirklich erreichen werden. Aber ich habe Grund zu der Annahme, daß die Chance besteht, daß wir in allen 16 Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland mit diesem Gesetzentwurf tatsächlich weniger Schwangerschaftsabbrüche haben werden.
({1})
Um diese Chance geht es mir; diese Chance möchte ich gern verwirklichen. Wenn ich sehe, daß das, was wir in unserem Gruppenentwurf niedergeschrieben haben, in den Niederlanden praktiziert wird, wenn ich mir vergegenwärtige, daß es dort - ohne statistische Tricks -, bezogen auf die Bevölkerungszahl, nur 50 % der Schwangerschaftsabbrüche gibt, die wir hier haben, dann sage ich: Lassen Sie uns doch diese Chance tatsächlich ergreifen! Lassen Sie uns das Ziel, weniger Schwangerschaftsabbrüche zu bekommen, wenigstens im Ansatz verwirklichen!
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Der Einigungsvertrag hat uns auf mehr Gleichberechtigung, mehr Vereinbarkeit von Kindern und Beruf, mehr Sicherung von Kindergartenplätzen in den fünf neuen Bundesländern und auch darauf verpflichtet, eine bessere Lösung für den Schwangerschaftsabbruch zu finden.
Wir haben diese Ziele in den zwei Jahren seit Vereinbarung dieses Vertrags bei weitem noch nicht erreicht. Wir haben heute darüber zu entscheiden, ob wir es wenigstens schaffen, dem Auftrag gerecht zu werden, eine bessere Lösung als die Indikationslösung in der alten Bundesrepublik und eine bessere Lösung als die Fristenlösung in der ehemaligen DDR zu verwirklichen, indem wir den Gruppenentwurf annehmen.
Um Zuversicht und Optimismus - beide unverzichtbar für die Aufgabe, Kinder großzuziehen - zu stärken, bedarf es der Hilfe, gesicherter Hilfe. Dieser
Renate Schmidt ({3})
Maßstab „gesicherte Hilfe" ist an die Gesetzentwürfe anzulegen.
Wir haben es uns mit unserem Entwurf nicht leicht gemacht. Wir wissen, daß mehr vorstellbar ist und daß in absehbarer Zukunft auch mehr durchgesetzt werden muß. Wir haben mit den Bundesländern über unsere Vorschläge geredet und gehen davon aus, daß den Bundesländern und Gemeinden über eine Veränderung des Bund-Länder-Finanzausgleichs entsprechend den Steuereinnahmen geholfen werden muß, die Rechtsansprüche auf den Kindergartenplatz auch zu erfüllen, weil es sonst nicht geht.
({4})
Sie haben sich leider, was die Finanzierung betrifft, ausgeschwiegen; Sie haben das nicht gesucht. Darum verzeihen Sie mir bitte, wenn sich bei mir die Vermutung aufdrängt, daß ein nicht unbeträchtlicher Teil der CDU/CSU-Fraktion den Mehrheitsentwurf gar nicht durchsetzen will, weil Sie über die Finanzierung nichts sagen,
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weil das Ihren bisherigen Intentionen nicht entspricht. Ich habe das Gefühl, daß Sie darauf bauen, daß Ihr Antrag, wenn er hier eine Mehrheit findet, spätestens im Bundesrat scheitert, so daß es dann bei dem Prinzip „Strafe statt Hilfe" bleiben würde.
({6})
Dort, wo es in Ihrem Gesetzentwurf um die Befriedigung von Rechtsansprüchen geht, sind Länder und Gemeinden zuständig. Dort, wo der Bund zuständig wäre, bleiben Sie im Unverbindlichen.
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Deshalb, liebe Kollegen vom BÜNDNIS 90, ist auch Ihr Änderungsantrag verfehlt. Denn vom Umfang der Seiten her wird bezüglich der Hilfen nur der Anschein erweckt, als ob die Hilfen, die Sie nach dem CDU/ CSU-Antrag gewähren wollen, umfangreicher sind als unsere. In Wirklichkeit aber sind sie dort, wo sie Rechtsansprüche schaffen sollten, unverbindlich; sie gewähren nur Almosen und machen Frauen, Familien, Kinder und Väter zu Bittstellern. Das wollen wir nicht.
({8})
Ein letzter kurzer Passus: Der Herr Bundeskanzler, Herr Waigel, Herr Lambsdorff und Hans-Jochen Vogel haben in ihrer Eigenschaft als Vorsitzende ihrer Parteien im Zusammenhang mit dem Einigungsvertrag zugesichert, daß es in dieser Frage keine Koalitionsabsprachen und auch keinen Fraktionszwang geben werde. Ich habe in all den Monaten dieser Debatte vermißt, daß einer von ihnen, Herr Kohl oder Herr Waigel, den jeweiligen Parteifreunden einmal gesagt hätte, daß sie dies nicht dauernd anmahnen dürfen, daß es hier Absprachen gibt und daß es auch eine Frage der Glaubwürdigkeit von Politik ist, solche Absprachen einzuhalten.
({9})
Liebe Kollegen, liebe Kolleginnen, Gewissensfreiheit wird in dieser Frage hochgehoben. Sie ist eine Selbstverständlichkeit. Sie steht uns nach unserer Verfassung zu. Es gehören immer ein bißchen Zivilcourage und ein Quentchen Mut dazu, diese Gewissensfreiheit und die Rechte, die man hat, in Anspruch zu nehmen.
Auch hier sind Zuversicht und Optimismus angesagt. Wir versuchen in unserer Fraktion, denen, die sich anders entscheiden, das Gefühl zu geben, nicht ausgegrenzt zu werden. Ich wünschte mir, daß alle Kollegen und Kolleginnen in diesem Parlament dieses Gefühl haben dürfen.
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Das Wort hat Gabriele Wiechatzek.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Bundestag debattiert heute - übrigens nach neun Monaten Ausschußdebatte - erneut über eine Neuregelung des Abtreibungsrechts. Die Debatte, meine ich, war bisher von großer Sachlichkeit geprägt - bis, diese Einschränkung muß ich leider machen, zu Ihrem Auftritt, Frau Kollegin Schmidt.
Was Sie sich an Unterstellungen gegenüber der CDU geleistet haben, finde ich dieser Debatte nicht angemessen.
({0})
Die heutige Debatte kann den Anschein erwecken, als habe sich seit dem vergangenen Herbst nichts bewegt. Die grundsätzlichen Standpunkte - dies wurde deutlich - sind die gleichen geblieben. Die Vorstellungen von der künftigen strafrechtlichen Regelung klaffen nach wie vor auseinander; alle Bemühungen um eine Einigung, so scheint es, sind gescheitert. Dieser Eindruck täuscht, zumindest in einigen wichtigen Punkten.
Schon im September haben viele Kollegen erklärt, daß es vorrangig nicht um Strafe gehen könne. Vielmehr komme es darauf an, welche Hilfen wir schwangeren Frauen geben. Deshalb habe ich bereits im Herbst darauf aufmerksam gemacht, daß gerade die Frage der Wohnungen für Frauen in Schwangerschaftskonflikten oft von entscheidender Bedeutung ist.
Im Sonderausschuß „Schutz des ungeborenen Lebens" und im Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau habe ich mich daher nachdrücklich für eine Regelung eingesetzt, die schwangeren Frauen bei der Vergabe von Wohnungen nicht nur bessere Chancen gibt, sondern sie in der Konkurrenz mit anderen Wohnungssuchenden eindeutig bevorzugt.
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Bereits die ursprünglichen Gesetzentwürfe von CDU/CSU, SPD und F.D.P. sahen vor, schwangere Frauen explizit in den Kreis der Personengruppen aufzunehmen, die bei der Vergabe von Wohnraum zu fördern sind. Die Diskussion in den vergangenen Monaten hat jedoch zu der Überzeugung geführt, daß
dies allein nicht ausreichen kann. Auch die Expertenanhörung im Sonderausschuß hat ergeben, daß die Wohnsituation ein sehr wichtiges Thema in vielen Beratungsgesprächen ist.
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Die Koalitionsparteien kamen daher überein, daß schwangere Frauen als wohnberechtigte Wohnungssuchende nicht nur gleichberechtigt, sondern sogar vorrangig vor anderen zu fördernden Personengruppen zu berücksichtigen sind.
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Dies kann dadurch ermöglicht werden, daß Gemeinden dort, wo sie ein direktes Vergaberecht haben, Wohnungen bevorzugt an Schwangere vergeben. Auch in den Fällen, in denen das zuständige Wohnungsamt dem Vermieter drei mögliche Mieter vorschlagen muß, sieht der Koalitionsentwurf vor, daß der Dreiervorschlag ausschließlich aus wohnungssuchenden schwangeren Frauen bestehen kann. Diese Verbesserung, die hier im Zuge der Beratung erreicht worden ist, zeigt das zähe Ringen aller Fraktionen, Hilfen für die schwangeren Frauen zu erzielen. Ich glaube, dies sollte man eindeutig festhalten.
Der Verbesserungsvorschlag der Koalition traf dann auch auf die Zustimmung auch der Opposition und findet sich jetzt im vorliegenden Gruppenentwurf wieder.
Auch wenn also in diesem Hause keine breite Mehrheit für eine Neuformulierung des § 218 zustande kommen wird, gibt es dennoch einen breiten Konsens für eine Verbesserung der sozialen Hilfen. Das Prinzip Hilfe statt Strafe findet seinen Ausdruck in den vorliegenden Sozialpaketen, gerade in dem Sozialpaket, das von meiner Fraktion, der CDU/CSU, vorgelegt worden ist.
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Der Schutz des ungeborenen Lebens erfordert vor allem die Solidarität der Gesellschaft mit schwangeren Frauen.
Lassen Sie mich noch etwas zu meinem Abstimmungsverhalten sagen. Meine Mitarbeit bei der Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs war von der Hoffnung getragen, daß der Bundestag in einer so fundamentalen Frage zu einem breiten Konsens finden könne. Für mich stand aber immer fest, daß eine völlige Freigabe der Abtreibung in einer bestimmten Frist ethisch nicht verantwortbar ist.
Ich glaube nach wie vor, daß es Möglichkeiten zu einem Kompromiß gab, der sowohl die Würde des ungeborenen Lebens unterstrichen als auch den Konfliktlagen und der Verantwortungsfähigkeit der betroffenen Frauen Rechnung getragen hätte.
Der Gruppenentwurf stellt für mich keinen solchen Kompromiß dar. Die Konzeption der Beratung macht deutlich, daß das Ziel, Leben zu schützen, ganz in den Hintergrund tritt. Ich habe mich in den vergangenen Monaten immer wieder um eine Verbesserung des CDU/CSU-Entwurfs bemüht.
Ein Verzicht auf die sogenannte Dokumentationspflicht und eine stärkere Betonung der Entscheidung der Frau hätten, glaube ich, einen glaubwürdigen
Kompromiß möglich gemacht. Auch wenn diese Änderungen leider nicht zustande gekommen sind, bietet der Entwurf der CDU/CSU eine Reihe von Verbesserungen gegenüber dem gegenwärtigen Recht. Er ist von der Einsicht getragen, daß der Schwangerschaftskonflikt ein zutiefst persönlicher ist, der weitgehend einer strafrechtlichen Beurteilung entzogen ist.
Da von den vorliegenden Gesetzentwürfen der Unionsentwurf der Problematik des Schwangerschaftsabbruchs am besten gerecht wird, werde ich ihm zustimmen.
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Als nächste spricht Christina Schenk.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte mit einigen grundsätzlichen Bemerkungen an das anschließen, was ich heute vormittag gesagt habe. Ich habe u. a. ausgeführt, daß nicht das Grundgesetz gegen das Recht auf Abtreibung steht, sondern die Interpretation, die heute zwar dominiert, aber dennoch nicht die einzige mögliche ist und die nur vor dem Hintergrund des noch immer großen Einflusses der christlichen Glaubensgrundsätze erklärbar ist.
Ich muß Ihnen sagen, daß ich als neue Bundesbürgerin mit einigem Erstaunen wahrgenommen habe, welchen Einfluß die Katholische und auch die Evangelische Kirche in der Diskussion über die Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs beanspruchen. Ich meine, die Kirchen sollten sich auch hier daran gewöhnen, nur für ihr Klientel sprechen zu können, und sollten aufhören, ihre Ansichten Menschen mit anderer Weltanschauung aufzuzwingen.
({0})
Offenbar haben aber die verschiedenen missionarischen Heilslehren mit Unfehlbarkeitsanspruch, von denen ich eine ja auch erleben durfte, grundsätzlich einen Hang zum Diktatorischen. So wird die Säkularisierung des Rechts als eine hierzulande noch zu leistende Aufgabe einige Anstrengungen erfordern, meine ich.
Eine weitere Anmerkung. Es ging in der Diskussion um die Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs nach meiner Wahrnehmung nicht vorrangig um die Senkung der Zahl der ungewollten Schwangerschaften, wie immer wieder behauptet wurde; dann, meine ich, hätte ganz anders über sexuelle Aufklärung und Verhütung diskutiert werden müssen, und es hätten entsprechende gesetzliche Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden müssen.
Ich füge hinzu: Nur die Senkung der Zahl der ungewollten Schwangerschaften kann ein gesellschaftlich anzustrebendes Ziel sein, nicht jedoch die Senkung der Zahl der Schwangerschaftsabbrüche. Das ist ein ganz großer Unterschied.
Am wenigsten ging es in der Diskussion, so wie ich sie erlebt habe, um Kinder. Dann wäre über die Frage der Kinderbetreuung und über die Finanzierung anders diskutiert worden, und dann wäre bei anderen Gelegenheiten in diesem Hause anders über die
Fragen der Vereinbarkeit von Beruf und Elternschaft diskutiert worden.
Ich meine, es geht hier um nichts anderes als um patriarchale Machtausübung gegen Frauen. Der Tötungsvorwurf, der Rechtfertigungszwang, die Pflichtberatung und schließlich die Strafandrohung dienten einzig und allein der Transportation des patriarchalen Frauenbildes der westdeutschen Gesellschaft, wonach Frauen unwissend, ahnungslos und im Grunde unmündig sind und es ihnen qua Geschlecht grundsätzlich an Kulturfähigkeit mangelt.
({1})
Es geht, wie ich meine, auch in einer zweiten Richtung um Macht. Der Staat maßt sich mit der Mißbilligung des Schwangerschaftsabbruchs mittels Strafrechts die Definitionsgewalt über die Leibesfrucht an. Diese kommt jedoch ausschließlich der schwangeren Frau zu und kann ausschließlich von ihr wahrgenommen werden. Es gibt kein objektives Kriterium für die Bedeutung der Leibesfrucht, es gibt kein objektives Kriterium für die Beurteilung der individuellen Situation einer ungewollt schwangeren Frau. Hier naturwissenschaftliche Erkenntnisse heranziehen zu wollen, führt mit Notwendigkeit in die Irre.
Die Spannbreite der Definition ihrer eigenen Situation ist für die Schwangere sehr groß. Ich sage das hier mit aller Deutlichkeit. Der Embryo kann für sie ein Kind sein, Mensch von Anfang an, vom ersten Augenblick an geliebt, weil erwünscht und sehnsüchtig erwartet. Er kann - ich weiß, was ich sage - für sie aber auch ein parasitärer Zellhaufen sein,
({2})
der die Potenz hat, Lebenspläne zu zerstören, und der daher so schnell wie möglich entfernt werden soll. Solange die Symbiose zwischen Frau und Leibesfrucht andauert, muß die Frau ihre eigene Situation innerhalb dieser Spannbreite feststellen können. Diese Definitionsmacht endet - auch das sage ich mit aller Deutlichkeit, um Mißverständnissen vorzubeugen - mit der Auflösung der Symbiose per Geburt und der Existenz eines weiteren Menschen.
Meine Damen und Herren, wer nicht begreift, daß es diese Spannbreite gibt, wird in der Diskussion um die Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs den ungewollt schwangeren Frauen nicht gerecht werden können. Schwangerschaftsabbruch muß auch in diesem Land endlich etwas Normales - nicht Alltägliches - werden. Alltägliches waren Schwangerschaftsabbrüche zu keiner Zeit und für keine Frau. Sie müssen normal in dem Sinne werden, daß Frauen die Entscheidungen zum Schwangerschaftsabbruch ohne Gewissensbisse und ohne Schuldgefühle in einem gesellschaftlichen Klima der Akzeptanz dieser ihrer Entscheidung treffen können.
Bis dahin ist in der Bundesrepublik Deutschland offensichtlich noch ein sehr weiter Weg. Aber Frauen
brauchen einen langen Atem, haben ihn immer gebraucht. Ich denke, sie werden ihn haben.
({3})
Nun hat die Kollegin Dr. Cornelia von Teichman das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen! Meine Herren! Lassen Sie mich meine Rede mit meinem ersten Erleben der Abtreibungsproblematik beginnen, mit meinen ersten praktischen Auseinandersetzungen mit diesem Thema. Es war 1971. Ich war 23 Jahre alt und betreute als Medizinstudentin als Sitzwache im Krankenhaus eine 28jahrige Frau, verheiratet, drei Kinder, die ein viertes hat abtreiben lassen, weil sie sich in einer außergewöhnlichen persönlichen Konfliktsituation befand.
Diese Frau hatte, weil damals jegliche Abtreibung illegal war, die Abtreibung von einer sogenannten Engelmacherin mit Seifenlauge vornehmen lassen und lag nun, medizinisch unrettbar, im Sterben. Der Todeskampf zog sich über mehrere Tage hin. Währenddessen haben wir uns, soweit diese Frau noch bei Bewußtsein war, über die gesamte Problematik ungeschönt unterhalten.
Sie war verzweifelt über ihre Situation, verbittert über die Umstände, die sie dazu gebracht haben, verbittert über die Gesetze, die bei uns bestehen. Sie war verbittert, daß sie weder finanzielle Mittel noch Informationen für einen ärztlichen Eingriff hatte. Sie war jedoch nach wie vor der Meinung, und das bis kurz vor ihrer Bewußtlosigkeit, daß für sie kein anderer Ausweg aus ihrer Situation bestanden hatte.
Ich habe sie den ganzen Weg beim Sterben begleitet, bis zum Tod. Das ist mir, nicht zuletzt deswegen, weil es eine gleichaltrige Frau war - nur mit einem ganz anderen Schicksal, viel weniger informiert, viel weniger aufgeklärt -, sehr stark im Gedächtnis haften geblieben. Mir erschien damals und erscheint auch heute noch ihr Tod völlig sinnlos, ebenso das Zurückbleiben dreier Halbwaisen. Eine Wiederholung dieses Schicksals, das keineswegs ein Einzelschicksal darstellte und das mir in meiner medizinischen Laufbahn immer wieder begegnet ist, möchte ich für die Zukunft auf jeden Fall vermeiden.
({0})
Meine Damen und Herren, seien wir einmal ganz ehrlich miteinander. Die Vergangenheit bei uns und auch in anderen Ländern hat gezeigt, daß keine noch so hohe Strafandrohung eine Frau daran hindern wird, die sich in einer außerordentlich schwierigen Lebenssituation befindet, in einer schweren Konfliktsituation, in ihrer Not auch unter den erbärmlichsten Umständen abtreiben zu lassen und dabei im Zweifel sogar den Tod in Kauf zu nehmen. Dies betrifft insbesondere weniger informierte, weniger aufgeklärte, mit weniger finanziellen Mitteln ausgestattete Frauen. Wir haben in der Vergangenheit hier eine Zweiklassengesellschaft gehabt.
({1})
Dazugekommen ist eine Ost-West-Unterscheidung, die einfach unerträglich ist.
Ich meine, es darf keine Frau, ob arm, ob reich, ob gebildet, ob ungebildet, ob West, ob Ost, in die Illegalität getrieben werden.
({2})
Damit, meine Damen und Herren, retten Sie auch kein Kind, sondern verhindern nur die Beratungsoffenheit der Frauen und verhindern Beratungsmöglichkeiten und nehmen nur Elend und Tod der Schwangeren in Kauf.
Wer heute eine Verschärfung des Strafrechts fordert, um Abtreibung zu verhindern, verschließt seine Augen vor der Realität,
({3})
der verengt die Problematik in unverantwortlicher Weise.
Wenn wir eine Minderung der Abtreibungsrate wirklich erreichen wollen, müssen wir den Gruppenantrag in seiner Gesamtheit unterstützen. Denn wie kann man denn Abtreibung verhindern? Doch nur mit mehr Aufklärung, mit mehr Verhütung, mit eingehender Beratung, mit einer mutter- und kinderfreundlichen und familiengerechten Umwelt.
({4})
Auch davon - da sollten wir ganz ehrlich sein - sind wir weit entfernt. Ich weiß, wovon ich rede. Ich habe zwei schulpflichtige Kinder und habe aus eigenem Erleben meine Erfahrung.
Um Abtreibung zu verhindern, brauchen wir unsere gesamten Kräfte, müssen wir wirklich unsere Maßnahmen bündeln und so handeln, wie es im Gruppenantrag dargestellt ist.
Ich möchte es noch einmal betonen, weil mir das aus meiner persönlichen und auch aus meiner ärztlichen Tätigkeit und aus meiner Erfahrung heraus so wichtig ist: Mit einer Verschärfung des Strafrechts, mit einer Kriminalisierung der Frau verhindern Sie keinen einzigen Schwangerschaftsabbruch. Lassen Sie mich das wirklich betonen. Das hat die Vergangenheit gezeigt. Sie verhindern statt dessen nur die Beratungsbereitschaft der Frau, treiben sie in die Illegalität mit all den bekannten, entsetzlichen Folgen.
Ich bitte Sie, stimmen Sie dem Gruppenantrag zu.
({5})
Das Wort hat nun die Kollegin Marliese Dobberthien.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben heute eine Entscheidung zu treffen, welche die Grundlagen unserer Ethik genauso berührt wie unser Frauenbild. Wir befinden darüber, in welchem Maße wir der Frau zutrauen, verantwortungsbewußt für das in ihr wachsende Leben zu entscheiden. Darf sie in einem Schwangerschaftskonflikt selber die letzte Entscheidung treffen? Oder werden fremde Menschen ermächtigt, über die Fortsetzung ihrer Schwangerschaft zu bestimmen? Achten wir ihr Persönlichkeitsrecht, oder wird sie unter Androhung von Strafe zum Austragen der Schwangerschaft gezwungen?
Meine Damen und Herren, ich bin zutiefst davon überzeugt, daß es ein Irrtum ist, zu glauben, das Strafrecht könne Menschen zu einem Verhalten zwingen, das sie selber nicht ertragen können.
Wissen wir nicht längst, daß eine Frau, die sich einer Schwangerschaft und Mutterschaft nicht gewachsen fühlt, auch von einer Strafandrohung nicht abgehalten wird, einen Weg aus ihrem existentiellen Konflikt zu suchen?
Und wissen wir nicht längst, daß dieses Strafrecht nur Illegalität und Heimlichtuereien fördert und angstbesetzte und überhastete Entscheidungen geradezu provoziert? Meine Vorrednerin hat das sehr zutreffend ausgeführt.
Ich vertrete daher die Überzeugung, daß jeder Versuch, die Fortsetzung einer Schwangerschaft gegen den Willen der Frau und ohne Verständnis für ihre Not zu erzwingen, zum Scheitern verurteilt sein muß.
Und wer glaubt, durch eine Prämie Frauen zum Austragen bewegen zu können, handelt wenig bedacht.
({0})
Für ein Linsengericht von 1 000 DM kann und darf einer Frau ihre Gewissensentscheidung niemals abgekauft werden. Die Entscheidung für ein Kind erfordert mehr als ein Handgeld.
({1})
Denn wieviel Verzicht, wieviel Abstriche, wieviel grundlegende Änderungen ihrer Lebensführung werden heute noch Frauen abverlangt! In der Regel sind es Frauen, die zurückstecken, verzichten, ihr gesamtes Leben umstellen, wenn ein Kind ankommt. Es sind viel mehr Frauen als Männer, die wegen eines Kindes auf Ausbildung, Beruf, Einkommen und weitergehende Lebenspläne verzichten.
Männer hingegen neigen eher dazu, gerade wegen eines Kindes, wegen einer Familie im Beruf Fortschritte machen zu wollen, statt Verzicht zu üben. Auch diese traditionelle Rollenteilung muß sich einmal ändern.
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Und lassen sich durch eine Strafandrohung Liebe, Fürsorge und Zuwendung herbeiführen? Durch eine Gebärpflicht läßt sich keine Liebe erzwingen. Ich meine aber, jedes Kind hat, weil es eine Bereicherung ist und weil einfach so viel Schönes damit verbunden ist, das Recht, erwünscht und willkommen zu sein.
({3})
Jedes Kind soll geliebt und umsorgt werden. Wer den Schwangerschaftsabbruch vermeiden will, muß Müttern und Familien helfen, statt Strafe anzudrohen. Wer - wie die Reformgegner - so stark auf Zwang, Bevormundung und Strafrecht setzt, muß sich den Vorwurf gefallen lassen, durch die Wahl untauglicher Mittel die Abtreibung gar zu begünstigen. Wenn die
konservativen Gesetzentwürfe die Sexualaufklärung und Verhütungsmittel verweigern, nehmen sie die Entstehung ungewollter Schwangerschaften und damit in der Konsequenz auch Schwangerschaftsabbrüche in Kauf. Das kann nicht verfassungskonform sein.
({4})
Ms Lebensschutz ungeeignet sind auch apodiktische Bekenntnisse. Sie sind zwar für den Bekenner moralisch bequem und oft so schön selbstgerecht, aber folgenlos. Den besten Lebensschutz kann nur die Frau selber gewähren und nicht die meist männlichen selbsternannten „Lebensschützer". Wer heute noch glaubt, durch Kriminalisierung der Frau Schwangerschaftsabbrüche verhindern zu können, wer Frauen weiterhin bevormundet, demütigt und entmündigt, wer Frauen die eigenverantwortliche Entscheidungsfähigkeit pauschal abspricht, fällt rechtspolitisch ins 19. Jahrhundert und frauenpolitisch ins Mittelalter zurück.
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Ich möchte noch einmal klarstellen: Bei der Neuregelung im Gruppenantrag geht es nicht um eine Gutheißung oder gar Förderung von Schwangerschaftsabbrüchen. Niemand, aber auch wirklich niemand, wünscht sich viele Schwangerschaftsabbrüche, am wenigsten die betroffene Frau. Darum besteht der Fortschritt auch nicht in der Zunahme von Schwangerschaftsabbrüchen, sondern ausschließlich in deren Vermeidung. Das Beispiel der Niederlande lehrt uns, daß durch Verhütung und Aufklärung, durch soziale Hilfen und Verständnis für die Frauen die niedrigsten Abbruchraten Europas erreicht wurden. Wollen wir nicht einen solchen Weg auch selber beschreiten?!
Die Anerkennung eines grundsätzlichen Selbstbestimmungsrechts der Frau, wie im Gruppenantrag vorgesehen, möge heute, nach 121jähriger leidvoller Geschichte des § 218, eine parlamentarische Mehrheit finden.
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Ich hoffe, daß wir eines Tages auch noch die vollständige Entkriminalisierung der Frau als den besten Lebensschutz erreichen.
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Nun hat die Kollegin Maria Eichhorn das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach monatelangem Ringen stehen wir heute vor der Entscheidung zum § 218. Seit Anfang letzten Jahres befasse ich mich sehr intensiv mit diesem Thema. Mir geht es so wie vielen Bürgerinnen und Bürgern in diesem Lande, die endlich eine Entscheidung wollen. Es ist zu diesem Thema alles gesagt; die Anhänger jeder Gruppe haben ihre Meinung dargelegt. Dennoch drängt es mich, noch einmal deutlich zu machen, warum ich mich als überzeugte Katholikin für den Mehrheitsentwurf der
CDU/CSU entscheide. Es drängt mich dazu auch deswegen, weil das „C" in den letzten Tagen und Wochen in der öffentlichen Diskussion eine große Rolle gespielt hat und weil ich deutlich machen möchte, daß wir uns als Abgeordnete die Entscheidung nicht leicht gemacht haben.
Als ich in die Kommission der CDU/CSU zum Schutz des ungeborenen Lebens berufen wurde, um einen Gesetzentwurf mit zu erarbeiten, hatte ich das Ziel, eine möglichst strenge Lösung zum Schutz des werdenden Lebens zu finden. In der Folgezeit habe ich viele persönliche Gespräche geführt: mit Beraterinnen, mit betroffenen Frauen, mit Geistlichen. Mir wurde immer mehr klar, daß einerseits mit dem Strafrecht ein deutliches Signal gesetzt werden muß, welches besagt: Abtreibung ist Tötung.
({0})
Andererseits müssen wir auch echte Nöte und Konfliktlagen von Frauen sehen.
Der vorliegende Indikationenentwurf der CDU/ CSU trägt dem Rechnung. Unter Abwägung aller Gesichtspunkte, die für oder gegen den Mehrheitsentwurf der Fraktion der CDU/CSU sprechen, bin ich der Meinung, daß es richtig ist, wenn ich diesem Entwurf heute meine Stimme gebe.
Auf jedem von uns lastet die Verantwortung. Das Thema Abtreibung kann man nicht einfach wegstekken wie ein anderes Thema, wenn man nach Hause geht. Es beschäftigt mich wie auch viele meiner Kolleginnen und Kollegen, die sich intensiv damit befaßt haben, in jeder freien Minute. Ich habe mich immer wieder gefragt: Ist meine Entscheidung richtig?
Mein Ziel ist es, die Fristenregelung zu verhindern. Deswegen stimme ich für den Mehrheitsentwurf der CDU/CSU, der zwar nicht in allem meinen Vorstellungen entspricht, jedoch meiner Gesamtverantwortung Rechnung trägt. Ich bitte auch die Anhänger der sogenannten Werner-Gruppe, dies bei der heutigen Abstimmung zu berücksichtigen.
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Mit meiner Stimme für den Indikationenentwurf entscheide ich mich klar gegen die Fristenlösung. Nach meiner Überzeugung kann das werdende Leben nicht für eine bestimmte Frist schutzlos preisgegeben werden. Dem besseren Schutz des Lebens dient unser Gesetzentwurf mit einem ganzen Bündel von sozialen Hilfen und durch die Verbesserung der Beratung. Aber auch das Strafrecht ist ein wichtiger Ansatzpunkt.
Der Gruppenantrag gibt das werdende Leben während der ersten zwölf Wochen preis. Die darin vorgesehenen sozialen Hilfen bleiben weit hinter denen des CDU/CSU-Entwurfes zurück. Die im Gruppenantrag festgeschriebene Beratung verbessert auch nicht den Lebensschutz. Die Feststellung, die Beratung diene durch Rat und Hilfe dem Lebensschutz, hat eine reine Alibifunktion, da diese Beratung nur der Information zu dienen hat. Eine Frau braucht sich also nur anzuhören, was ihr während der Beratung dargelegt wird - nicht mehr.
Die Begründung zu diesem Gesetzentwurf verlangt eine Beratung von hoher Qualität. Der Deutsche Caritasverband und der Sozialdienst katholischer Frauen haben übereinstimmend festgestellt, daß zu einer derartigen Beratung das Eingehen auf die gesamte psychische und soziale Situation der Schwangeren gehört - ich zitiere -, „damit ihr eine überlegte und verantwortliche Entscheidung ermöglicht werden kann".
Nach dem vorliegenden Entwurf von SPD, F.D.P. u. a. bleibt jedoch die Beratung auf Information und Darlegung von Rechtsansprüchen beschränkt. Deswegen wird diese Beratung zur Farce. Eine qualitativ hochwertige Beratung kann Hilfestellung geben. Voraussetzung dafür ist aber, daß die Probleme, Nöte und Konflikte, die die Schwangere an einen Abbruch denken lassen, zur Sprache kommen.
({2})
Caritasverband und Sozialdienst katholischer Frauen haben daher erklärt, „daß die im Gesetzentwurf des Gruppenantrags vorgesehenen Bestimmungen für die Beratung untauglich sind, um eine wirksame und qualitativ hochstehende Beratung zu gewährleisten. Sie werden diese im Gegenteil verhindern. "
Diese Aussage von Fachleuten sollten alle bedenken, die sich für den Gruppenantrag entscheiden, weil sie glauben, den Frauen damit etwas Gutes zu tun. Alle hier im Saal, die sich Christen nennen und dem Gruppenantrag zustimmen wollen, bitte ich, nochmals zu überdenken, ob sie ihre Entscheidung mit dem Gewissen vereinbaren können.
Meine Damen und Herren, heute wurde das Land Bayern mehrmals kritisiert. Doch denke ich, auch die Kritiker müssen anerkennen, daß wir eines der wenigen Bundesländer sind, die seit langem
Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluß. Ihre Redezeit ist abgelaufen.
- sofort, einen Satz noch - das Landeserziehungsgeld eingeführt haben. Außerdem liegt Bayern, was die Versorgung mit Kindergartenplätzen betrifft, im Bundesgebiet an der Spitze.
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Unsere Aufgabe als Politiker ist es nicht, ein Gesetz zu schaffen, das das menschliche Leben von bestimmten Fristen abhängig macht; unsere Aufgabe ist es, Politik so zu gestalten, daß Kinder gern gesehen und als Glück empfunden werden.
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Als nächste Rednerin spricht Dr. Helga Otto.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ausgangspunkt für eine Neuregelung der Probleme im Zusammenhang mit dem Schwangerschaftsabbruch ist der Art. 31 Abs. 4 Satz 1 des Einigungsvertrages. Nach dieser Regelung ist es Aufgabe, Auftrag und Pflicht des gesamtdeutschen Gesetzgebers, bis zum Ende dieses Jahres eine Regelung zu schaffen, die besser ist als das, was bisher in beiden Teilen Deutschlands praktiziert wurde. Die bessere Lösung, die laut Einigungsvertrag von uns Politikern gefunden werden muß, kann nur eine solche sein, die auf einen breiten gesellschaftlichen Konsens gestützt ist und der geänderten Stellung der Frau in der Gesellschaft am Ende des 20. Jahrhunderts Rechnung trägt.
Konsens läßt sich nicht mit den Mitteln des Strafrechts erzwingen. Das wäre nichts anderes als eine Bankrotterklärung an die Politik. Luther sagte einmal, man soll „dem Volke aufs Maul" schauen. Ich frage mich manchmal: Tun das Politiker gelegentlich? Würden sie das tun, dann hätten sie mehr Einblick in den Lebensweg und die Lebenssituation von Frauen mit Kindern.
Für mich als Ärztin kann das Strafrecht keinen Beitrag dazu leisten, Schwangerschaftsabbrüche zu vermeiden.
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Dies beweisen auch ärztliche Erfahrungen.
Wichtig ist es, die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen so zu ändern, daß es trotz einer ungewollten Schwangerschaft möglich ist, sich für ein Kind zu entscheiden. Dies wäre meine Idealvorstellung. Dazu benötigen wir genügend Krippen- und genügend Kindergartenplätze sowie genügend Arbeits- und Teilzeitarbeitsplätze für Familien mit Kindern. Wir benötigen aber auch Ausbildungsplätze und reelle Berufschancen für unsere Jugendlichen sowie ausreichend Wohnraum, - kurz: eine frauen- und kinderfreundliche Gesellschaft.
Die Entscheidung für ein Kind setzt eine Verantwortungsbereitschaft und -fähigkeit für die nächsten 20 Jahre voraus.
Der gigantische sozialpolitische Feldversuch „Deutsche Einheit" legt nun auch die ersten Ergebnisse der Sexualmedizin vor.
Der gesellschaftliche Umbruch und die damit verbundene soziale Unsicherheit haben die Geburtenzahlen und das Familienplanungsverhalten drastisch geändert. In den ersten sieben Monaten des Jahres 1991 wurden insgesamt die Hälfte der Kinder, nämlich 42 547 Kinder weniger geboren als 1990. Ende 1992 wird es nicht einmal die Hälfte der Neugeborenen von 1991 sein.
Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche in der Gruppe der 18- bis 24jährigen stieg nach Ahrendt in Magdeburg auf 28,1 %. Die Zahl der Sterilisationen betrug in einer Klinik früher 10 bis 15 pro Jahr. Jetzt haben wir die gleichen Zahlen innerhalb einer Woche.
Die Zahl der Eheschließungen ging ebenfalls zurück und lag Mitte 1991 deutlich unter den Werten der alten Bundesländer.
Diese Ergebnisse verdeutlichen, daß bei der noch möglichen Eigenverantwortung der Frau die äußeren Lebensumstände prägend sind. Sie zeigen aber auch, daß die Realisierung der Kinderwünsche primär mit
der beruflichen Situation und der Arbeitslosigkeit in Zusammenhang stehen.
Die Frau in der alten DDR hatte sich eine hohe gesellschaftliche Stellung erworben. Sie hat nahezu alle Berufe mit hoher Verantwortung ausgeführt. Wir können ihr doch nicht plötzlich die Fähigkeit absprechen, verantwortlich zu handeln.
Deswegen fordere ich Sie auf: Versuchen Sie, über Ihren Schatten zu springen, und geben Sie den Frauen eine Chance, auch über eine ungewollte Schwangerschaft eigenverantwortlich zu entscheiden.
Nur zu gut habe ich als Ärztin die traurige Wirklichkeit der Seifenaborte und der instrumentiellen Eingriffe in den schwangeren Uterus in Erinnerung, bei der junge Mädchen und Mütter aus Angst vor der Strafe - das bitte ich Sie zu beachten - in den Tod getrieben wurden.
Ebenso lehne ich es als Ärztin ab, in diesem zutiefst menschlichen und persönlichen Konflikt den Richter zu spielen.
({1})
Als nächster spricht unser Kollege Norbert Geis.
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr verehrte Frau Kollegin Dr. von Teichman, Sie haben vorhin in eindrucksvoller Weise einen Konflikt geschildert, der zur Abtreibung geführt hat. Erlauben Sie mir die Frage: Glauben Sie wirklich, daß, wie schwer ein Konflikt auch immer sein mag, er durch die Tötung eines anderen Menschen gelöst werden kann und gelöst werden darf?
({0})
Haben Sie, meine sehr verehrte Frau Teichman, je bedacht, daß bei der Abtreibung - das wissen Sie als Ärztin doch - nicht ein Zellklumpen beseitigt, sondern ein Mensch getötet wird? Bei jeder Abtreibung wird der untaugliche Versuch unternommen, einen Konflikt durch die Tötung eines anderen Menschen zu lösen.
Was wären wir für eine Gesellschaft, wenn wir wirklich davon ausgehen müßten, daß wir einen solchen Konflikt nur durch die Tötung eines unschuldigen Menschen lösen könnten!
({1})
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es werden bei uns im Land jährlich über 300 000 unschuldige Menschen getötet. Sie werden getötet, obwohl große soziale Hilfen bereitstehen.
({2})
Ich will die sozialen Hilfen, die gerade diese Koalition in den vergangenen Jahren durchgesetzt hat, nicht geringachten. Obwohl wir seit 17 Jahren die Pflichtberatung haben, die ich nicht geringschätzen will, im Gegenteil, werden bei uns jährlich 300 000 Kinder getötet. Das muß uns doch zum Nachdenken Anlaß
geben, wenn wir nicht eine Gesellschaft darstellen wollen, in der das Leben unschuldiger Menschen keinen Stellenwert mehr hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, da wird behauptet, das Strafrecht sei das ungeeignete Mittel. Frau Süssmuth sagt, man könne der Frau die Verantwortung nicht abnehmen. Das ist richtig; aber es kann doch nur eine Verantwortung zum Leben hin sein, es kann doch niemals eine Verantwortung zur Tötung hin sein. Was ist aber, wenn getötet wird?
({3})
Man kann, so heißt es, die Entscheidung der Frau nicht abnehmen. Richtig! Aber was ist, wenn diese Entscheidung falsch ist? Muß, kann und darf sich der Arzt zum Helfershelfer einer solchen falschen Entscheidung machen, die unwiederbringlich zur Tötung eines Menschen führt?
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube nicht, daß wir ohne strafrechtliche Hilfe auskommen. Das Strafrecht ist eine Hilfe, es ist ein Schutz für das noch nicht geborene Kind. Deswegen haben wir es im Gesetz, und deswegen gibt es bei uns überhaupt das Strafrecht. Wir haben das Strafrecht doch nicht, damit der Staat strafen kann - das wäre eine überholte Vorstellung -, sondern damit er Straftaten verhindert.
Glauben Sie denn nicht, daß auf die Einstellung einer Frau, die in einer so ungewissen Situation ist, gerade der Appell des Strafrechts eine ganz ausschlaggebende Bedeutung haben kann? Warum glauben Sie denn darauf verzichten zu können?
Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Sie den Gruppenantrag eingebracht haben, Sie verzichten ja gar nicht auf das Strafrecht. Sie tun ja nur so. Nach drei Monaten sind Sie der Meinung, wie wir, daß das Strafrecht nicht ausbleiben kann. Und Sie beschränken sich nicht einmal auf drei Monate. Sogar in den ersten drei Monaten setzen Sie das Strafrecht ein und strafen Ihre eigenen Behauptungen Lügen; denn Sie bestrafen die Abtreibung, die ohne Beratung vorgenommen wird. Das muß man sich einmal vorstellen: Die Unterlassung der Beratung und nicht die Tötung wird strafbar gestellt. Was ist das für eine Logik?
({4})
In welche Irrungen und Wirrungen gehen wir da hinein?
Meine sehr verehrten Damen und Herren, meine Zeit ist abgelaufen
({5})
- hier -, aber ich bin sicher, daß diese Debatte, wenn sich der Antrag, den Sie gestellt haben, durchsetzen sollte, noch längst nicht zu Ende ist. Denken Sie daran, daß hinter der Fristenregelung im Grunde genommen ein furchtbarer Zynismus steht, mit dem wir uns auch in Zukunft nie werden einverstanden erklären können!
Danke schön.
({6})
Als nächste spricht Birgit Homburger.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir alle haben in den letzten Wochen eine Unmenge von Briefen besorgter Bürgerinnen und Bürger erhalten, die sich gegen Abtreibung aussprechen. Viele dieser Briefe waren von der wirklichen Sorge getragen, das ungeborene Leben zu schützen. Ich möchte diesen Bürgerinnen und Bürgern sagen, daß wir alle uns vom Gedanken des Lebensschutzes leiten lassen.
Es gab aber auch eine Reihe von Briefen und Äußerungen in der Presse, die, von Intoleranz getragen, allen Befürwortern einer Fristenregelung unterstellen, sie seien gegen das werdende Leben und gleichzeitig mitverantwortlich und des Mordes mitschuldig, wenn sie der Fristenregelung zustimmen.
Vor allem Äußerungen von Kardinal Meisner, es dürfe sich zukünftig nur noch derjenige christlich nennen, der einer Verschärfung des § 218 zustimme, empfinde ich als Brüskierung all derjenigen Christen, die sich in derselben tiefen Sorge um den Schutz werdenden Lebens für einen anderen Weg entschieden haben,
({0})
für den Weg der Fristenregelung mit obligatorischer Beratung bei gleichzeitiger sozialer Flankierung durch eine Vielzahl von Maßnahmen.
Ich glaube in der Tat, daß dieser Weg des Helfens statt des Verurteilens und Strafens Frauen in Not das Ja zum Kind erleichtert und der effektivere Lebensschutz ist.
Weder hat der bisherige § 218 Abtreibungen verhindert, noch wird dessen strafrechtliche Verschärfung dieses erreichen. Im Gegenteil, die Verschärfung führt zu Abtreibungstourismus, schönt die Statistiken im eigenen Land und ist ein Feigenblatt für das Gewissen derjenigen, die noch immer glauben, daß Bestrafung der Frau die Probleme löst.
({1})
Wir brauchen kein frauenfeindliches Strafrecht, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen eine kinderfreundliche Gesellschaft.
({2})
Besonders wichtig scheint mir vor allem die Prävention zu sein. Deshalb hätte ich mir eine weitergehende Regelung bei der kostenlosen Abgabe von Verhütungsmitteln gewünscht. Auch die Beschränkung der kostenlosen Abgabe von Verhütungsmitteln auf Pille und Spirale schiebt erneut die alleinige Verantwortung auf die Frau.
Aufklärung und Schwangerschaftsverhütung sind für mich die wirksamsten Methoden, Abtreibungen zu verhindern. Wer aber, wie die katholische Amtskirche, auch moderne Schwangerschaftsverhütung ablehnt, ist weltfremd und muß sich den Vorwurf gefallen lassen, Konfliktverhinderung zu hintertreiben.
({3})
Es stellt sich für mich als Katholikin die Frage, wer sich eigentlich um die Frauen kümmert, die von katholischen Priestern schwanger sind.
({4})
- Warum schreien Sie denn so, Herr Kollege? Sind Sie betroffen?
({5})
Noch heute morgen erreichte mich ein sogenannter persönlicher Brief ohne Absender, der den Frauen vorwirft, sie wollten Abtreibungen nur deshalb, weil sie den Wunsch nach Bequemlichkeit, Sorglosigkeit und sogenanntem Lebensglück haben. Hinter diesen Vorwürfen steht das Frauenbild der unverantwortlichen „Schlampe", die vom Mann zivilisiert werden muß.
({6})
Es wird verkannt, daß auch Frauen intelligente Wesen mit Werthaltung und Moral sind, die selbst fähig sind, nachzudenken und Entscheidungen zu treffen.
({7})
Auch die Ankündigung der katholischen Kirche, sich für den Fall, daß die Fristenregelung verabschiedet wird, aus der §-218-Beratung zurückzuziehen, ist ein unzulässiger, wenngleich lächerlich anmutender Versuch, Abgeordnete zu erpressen.
({8})
Er bestätigt mich lediglich in der Auffassung, daß wir dringend neu über die Privilegien der Kirche nachdenken müssen.
({9})
Abschließend möchte ich denjenigen Kolleginnen und Kollegen in der CDU/CSU, die in den vergangenen Wochen großem Druck ausgesetzt waren
({10})
sagen, daß sie meine Hochachtung dafür haben, daß sie diesem Druck bisher standgehalten haben. Ich wünsche ihnen, daß sie ihn bis heute abend durchstehen werden.
Denjenigen, die noch schwanken, möchte ich versichern: Keinem von uns fällt die Entscheidung heute leicht. Aber auch die, die für den Gruppenantrag stimmen, treffen eine christliche Entscheidung. Denn es geht nicht um die Frage „Schutz des ungeborenen
Lebens oder Nichtschutz", sondern lediglich um die Frage, welcher Weg den wirksamsten Schutz bietet.
({11})
Wer mit mir der Auffassung ist, daß der Gruppenantrag der wirksamste und realistischste Weg ist, der darf sich nicht aus falsch verstandener Solidarität bei der Abstimmung über den CDU/CSU-Mehrheitsantrag der Stimme enthalten, sondern muß konsequenterweise mit Nein stimmen. Es geht nicht um Fraktionssolidarität, sondern um eine Gewissensentscheidung.
({12})
Daher bitte ich Sie herzlich um Ihr entschiedenes Nein zum Mehrheitsantrag der CDU/CSU-Fraktion und um Ihr Ja zum Gruppenantrag.
({13})
Als nächste spricht Sigrid Skarpelis-Sperk.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor mehr als drei Jahren, Anfang Mai 1989, ging in Memmingen ein Prozeß zu Ende,
({0})
dessen Ablauf Millionen Frauen empörte und dessen barbarische Härte die Öffentlichkeit schockte. Im Namen des Volkes setzte die bayerische Justiz
({1})
bewußt und vorsätzlich ein politisches Signal. Einmalig in der Justizgeschichte der Bundesrepublik Deutschland
({2})
sollten in einem Schauprozeß Frauen eingeschüchtert und Ärzte abgeschreckt werden.
({3})
Einmalig und ein Schandfleck in der Justizgeschichte dieses Landes
({4})
waren auch die Vorerhebungen und erst recht die Durchführung dieses Prozesses, in dem mehr als 200 Frauen vor Gericht gezerrt wurden.
({5})
Ich glaube nicht, daß es etwas zu unserer Parlamentsdebatte beiträgt, wenn
wir uns hier mit Bezug auf Herrn Theissen gegenseitig anschreien.
({0})
Völlig unnötig und in einer unglaublichen Art wurde das Intimleben der Frauen und der Männer von Staatsanwalt und Richtern an den Pranger gestellt, deren inquisitorisches Vorgehen, deren fehlende Menschlichkeit, aber auch deren persönliche Doppelmoral - wenn ich mich in diesem Zusammenhang an einen Richter erinnere - peinlich sichtbar machten, wie sehr der erste Artikel unserer Verfassung
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
für die Richter zu einer unbedeutenden Floskel verkommen war.
Ich hätte mir gewünscht, daß all diejenigen, die, wie auch Frau Berghofer-Weichner, diesen Prozeß und sein Ergebnis gerechtfertigt haben, wenigstens mit einem Wort auf die Durchführung des Prozesses und auf die Art und Weise eingegangen wären, mit der diese Frauen vor Gericht gezerrt, diskriminierend behandelt und - das will ich Ihnen auch offen sagen - zum Teil mit einer offenen Frauenverachtung angegangen worden sind, worüber die Presse berichtet hat.
Ich habe sehr bedauert, daß Frau Kollegin Berghofer-Weichner, die die Justiz in Bayern beaufsichtigt, nicht imstande war, auch nur mit einem Wort zu der Verhandlungsführung von Staatsanwälten und Richtern Stellung zu nehmen, bei der u. a. Worte wie ,,orientalisch-weitschweifiges Geschwätz" zu den Antworten einer ausländischen Arbeitnehmerin fielen, die versucht hatte, ihre Situation zu rechtfertigen, oder bei der auf ein Gelärme hin gefragt wurde, ob im Saale Radio oder Kinder vorhanden seien, die den Raum gefälligst verlassen sollten.
Zum ersten: Was in diesem Prozeß gelaufen ist, was hier an die Öffentlichkeit gezerrt wurde, hat Millionen von Frauen und Männern in diesem Land entsetzt und ein Signal und ein Fanal dafür gegeben, daß sich die Vorfälle von Memmingen nicht mehr wiederholen dürfen.
({0})
Zum zweiten. Es ist uns allen, durch diesen Prozeß aufgerüttelt, klarer geworden, daß das, was Wissenschaft, Praxis und auch die Gesetzgeber der meisten Länder der Welt für aussichtslos erklärten, nämlich mit den Mitteln des Strafrechts etwas zu erzwingen, was nur freiwillig und in eigener Verantwortung mit der Würde der Frau vereinbar ist, nicht geht. Herr Kollege Geis und Herr Werner, die lebenslange Verantwortung für das Kind kann nur freiwillig angenommen werden! Nicht nur die Memminger Richter hatten vergessen, daß sich vieles durch staatlichen Druck erzwingen läßt, nicht aber Liebe und Zuneigung
sowie die Bereitschaft zur Verantwortung für ein Kind.
({1})
Der Gruppenentwurf, den ich selbst mit eingebracht habe, wird diesem Anspruch nicht voll gerecht. Auch dieser Entwurf verzichtet nicht auf eine Strafandrohung gegen die betroffenen Frauen. Er bietet auch nicht jene sehr weitgehenden Hilfen an, die wir alle uns gewünscht hätten. Aber unter den im Parlament und in der Gesellschaft heute gegebenen Umständen ist das hoffentlich jener Kompromiß, den man - bei aller Verbesserungsfähigkeit - mit gutem Gewissen vertreten kann.
Wir sind es Millionen von Frauen in unserem Land schuldig, heute ein politisches und rechtliches Signal für eine Lösung zu geben, die die Würde der Frau achtet und eine Wiederholung der Memminger Prozesse an anderen Orten verhindert.
({2})
Als nächste spricht die Abgeordnete Frau Philipp.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte aus der Sicht einer linken Christin zur anstehenden Problematik etwas sagen.
Vor wenigen Tagen war ich in Karlsruhe auf dem Katholikentag, und zwar bei der Kirche von unten. Diese „Kirche von unten" hat ein Symbol, das dort weithin sichtbar war: eine Kirche, die in den Wolken schwebt. Kirche und Wolken werden von Menschen an Seilen auf die Erde heruntergeholt. Das ist notwendig, damit die Kirche endlich begreift, wie menschliche Probleme aussehen und in der Praxis gelagert sind.
({0})
Ich habe dort zu meiner Freude festgestellt, daß die Initiative „Kirche von unten" , die erst vor zehn Jahren ins Leben gerufen wurde, hier in Bonn ein Büro unterhält. Diese „Kirche von unten" hat es fertiggebracht, den Katholikentag zu organisieren und auch zu gestalten. Das ist eine beachtliche Leistung, die hoffen läßt; denn es war so, daß Tausende innerlich bewegter Menschen, darunter viele junge Menschen, auf diesem Kirchentag waren. Ich konnte beobachten, daß besonders ältere Frauen eine ganz klare Haltung zu § 218 hatten und ihre ablehnenden Gedanken klar und deutlich aussprachen.
Im Gegensatz zu dieser Atmosphäre stand die Erklärung von Kardinal Meisner, die schon vorhin zitiert wurde, der das „C" verweigerte, wenn bestimmte Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Wer Achtung vor dem Leben hat, der sieht nicht zu, wenn 20jährige junge Menschen in den Golfkrieg geschickt
werden. Das ist mein Verständnis von Verantwortung.
({1})
Ich halte Angstmachen für zutiefst unchristlich.
({2})
Ich fand mich da in sehr, sehr guter Gesellschaft mit vielen Teilnehmern. Wir alle haben uns über Drewermann gefreut, der klar und differenziert Aussagen machte, die die Herzen und Köpfe der Menschen erreichten. Nur so kommen wir weiter. Drewermann ist nicht allein; Dorothee Sölle und viele andere haben sich geäußert. Wir sind also nicht allein, sondern es gibt viele, die darauf warten, daß von uns positive Impulse ausgehen.
Es gab eine Podiumsdiskussion. Eine ältere Teilnehmerin eröffnete ihren Beitrag mit einem Bild, das ins Jahr 2000 und darüber hinaus blickte. Aus diesem Blickwinkel - über das Jahr 2000 hinaus - hatte sie eingeschätzt: Dann werden Autos Dinosaurier aus der Vergangenheit sein - und der § 218 ebenso. So ist es schon heute: Der § 218 ist ein Fossil, mit dem wir fertigwerden müssen.
Für die Frauen in den neuen Bundesländern ist die Situation besonders schlimm; denn sie sind mit einer Arbeitslosigkeit konfrontiert, die sie nicht kannten. Wenn jetzt noch diese Belastung hinzukommt, wird das einfach zuviel. Das wird langsam eine gefährliche soziale Situation.
Wir müssen versuchen, daß wir damit konstruktiv fertigwerden. Ich selbst habe heute die Diskussion sehr aufmerksam verfolgt und habe mich über viele Beiträge gefreut. Ich habe mich auf der Grundlage dieser Diskussion entschlossen, dem Gruppenantrag zuzustimmen.
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Als nächste spricht Ortrun Schätzle.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Viele Argumente sind in der heutigen Debatte schon ausgetauscht. Trotzdem möchte ich noch einmal auf das Grundsätzliche unserer heutigen Entscheidung zurückführen und Antwort geben auf einen sehr skeptischen und besorgten Zuruf eines Besuchers draußen vor dem Wasserwerk heute früh, der die Frage stellte: Wißt ihr auch, was ihr heute hier im Bundestag zu entscheiden habt?
Die heutige Entscheidung zur Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs ist in ihrer rechtlichen, sozialen und ethischen Dimension außerordentlich weitreichend. Sie betrifft ja nicht nur die Streitfrage um eine gesamtdeutsche Regelung, die den Schutz des vorgeburtlichen Lebens und die verfassungskonforme Bewältigung von Konfliktsituationen schwangerer Frauen besser gewährleisten soll, als es bisher in Ost und West der Fall war, sondern sie betrifft vor
8308 Deutscher Bundestag - 12. Wahlperiode - 99. Sitzung. Borm, Donnerstag, den 25. Juni 1992
allem auch die Entscheidung über die Verfügbarkeit des Lebens generell.
({0})
Ich möchte die Sorgen und die Beunruhigung, die Befürchtungen aus der Bevölkerung artikulieren, die in einer Fristenregelung den Lebensschutz grundsätzlich in Frage gestellt sehen, Fragen von der älteren Generation, aber auch Fragen aus der jüngeren Generation.
Wenn wir heute die Tötung ungeplanten und ungeborenen Lebens tolerieren, wer garantiert uns dann, daß dieses Gesetz in Zukunft nicht auf andere Formen des nicht mehr gewollten Lebens ausgedehnt wird?
({1})
Ist das eine Entwicklung, die wir verantworten können, eine Entwicklung, wie sie uns in Holland vorgezeichnet ist?
({2})
Die Diskussion in weiten Teilen der deutschen Bevölkerung verdeutlicht, daß es bei der heutigen Entscheidung vorrangig darum geht, den Wert menschlichen Lebens zu manifestieren und über gesinnungsethische Maßstäbe hinaus zu verantwortungsethischem Handeln zu führen.
Wenn dies, liebe Kolleginnen und Kollegen, das Postulat ist, halte ich folgende Wertvorstellungen auch in Zukunft für unverzichtbar: Erstens. Menschliches Leben darf nicht zur Disposition gestellt werden.
Zweitens. Das Selbstbestimmungsrecht der Frau schließt die Verfügung über ungeborenes Leben nicht ein. Ich verkenne nicht die Problematik der Entscheidung zwischen der Lebensplanung der Frau und dem Lebensrecht des Kindes. Es ist letztlich ein unlösbares Spannungsgefüge. Aber die Gewissensentscheidung der Frau darf nicht so verstanden werden, daß sie die freie und unkontrollierte Verfügungsgewalt über das Leben des ungeborenen Kindes einschließt.
Ein drittes. Es ist die Pflicht der Gesellschaft und des Staates, der schwangeren Frau dergestalt zu helfen, daß das Lebensrecht des Kindes gewahrt wird. Wir müssen deshalb mehr sozial- und familienpolitische Hilfen für Frauen in Konfliktsituationen, aber auch für Frauen und Eltern mit Kindern anbieten.
({3})
Der Mehrheitsentwurf der CDU/CSU entspricht diesen meinen Grundsätzen. Er geht von dem vorrangigen Gebot aus, ungeborenes Leben zu schützen. Der Ansatz stimmt mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts und mit dem Grundgesetz überein, auch das sich im Mutterleib entwickelnde Leben als selbständiges Rechtsgut zu schützen. Unser Verfassungsrecht versteht unter Leben auch ungeborenes Leben. Das Lebensrecht muß unabhängig von persönlichen, religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen respektiert werden.
({4})
Die Verbesserungen des CDU/CSU-Mehrheitsentwurfs im Vergleich zum geltenden Recht werden sich frauen- und kinderfreundlich auswirken. Diese Verbesserungen sind in aller Breite genannt worden. Auf der anderen Seite glaube ich, daß ein verschärftes Strafmaß auch kein geeignetes Instrument zur Steuerung des Bewußtseins ist. Aber das jetzt gültige Strafmaß, das der Mehrheitsentwurf vorsieht, muß in seiner unverzichtbaren bewußtseinsbildenden Kraft beibehalten werden. Verwirft dagegen die Fristenregelung das Lebensrecht, die Eigenständigkeit und den Schutzanspruch der ungeborenen Kinder, dann kann ich dem nicht zustimmen. Deshalb meine ich, die Fristenregelung bildet keine verläßliche Grundlage für die Zukunft.
Ich bitte Sie deshalb eindringlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, der freien Verfügbarkeit von Leben nicht zuzustimmen und den Mehrheitsentwurf der CDU/CSU-Fraktion zu unterstützen.
({5})
Als nächste spricht Elke Ferner.
Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Liebe Kolleginnen! Als ich vor nunmehr 19 Jahren eine 15jährige Klassenkameradin in der Pause weinend in den Armen hielt, weil sie ungewollt schwanger geworden war, habe ich nicht im Traum daran gedacht, heute - 1992 - zur zweiten Reform des § 218 hier reden oder sogar mit abstimmen zu können. Was meiner Klassenkameradin damals widerfuhr, war der Alptraum einer jeden 15jährigen, und ich denke, es ist der Alptraum einer jeden Frau. Daß sie sich damals mit 15 Jahren ohne Schulabschluß, ohne Beruf, ohne die Aussicht, weiter die Schule besuchen zu können, zusammen mit ihrem 16jährigen Freund gegen die Fortsetzung der Schwangerschaft entschieden hat, konnte ich gut verstehen. Daß sie mit Unterstützung ihrer Eltern und der Eltern ihres Freundes das Geld zusammenbekam, daß sie einen Arzt fand, der den Schwangerschaftsabbruch in seiner Praxis vornahm, daß sie nicht auf dem Tisch eines Kurpfuschers landete oder nach Holland fahren mußte, war 1973 nicht selbstverständlich, denn der Schwangerschaftsabbruch war immer noch verboten.
Seitdem sind mir viele Frauen begegnet, die ungewollt schwanger geworden waren: junge und ältere Frauen, Frauen aus den unterschiedlichsten Gesellschaftsschichten mit den unterschiedlichsten persönlichen Situationen. Aber alle hatten eines gemeinsam: Jede einzelne von ihnen hat sich erst nach langen sorgfältigen Überlegungen, nach Gesprächen mit Personen ihres Vertrauens für oder gegen die Fortsetzung der Schwangerschaft entschieden. Im Vordergrund ihrer Überlegungen stand nie die mögliche Strafe, sondern nur die Frage: Kann ich in meiner Situation die Entscheidung in die eine oder in die andere Richtung verantworten? - Ich frage Sie, liebe Kollegen und Kolleginnen: Wer von Ihnen will denn die Entscheidung für die betroffene Frau treffen?
({0})
Für mich ist deutlich geworden, daß werdendes Leben nie gegen die Frau, sondern nur mit ihr geschützt werden kann, daß eine Gesellschaft, die die notwendigen Hilfen für Alleinerziehende und für junge Familien verweigert, nicht das Recht hat, nicht den moralischen Anspruch haben kann, zu entscheiden, was die Frauen zu tun oder zu lassen haben.
({1})
Es ist klar, daß sich keine Frau leichtfertig für einen Schwangerschaftsabbruch entscheidet, und es ist auch nie ein Grund allein, sondern eine Vielzahl von Gründen.
Der Gruppenantrag für ein Schwangeren- und Familienhilfegesetz ist ein Kompromiß, der für viele nicht leicht zu tragen ist, auch für mich nicht. Ich hätte mir gewünscht, eine Mehrheit könnte sich für den SPD-Antrag entscheiden. Die Mehrheiten sind leider anders. Aber der Gruppenantrag ist dennoch ein Fortschritt. Die sozialen Hilfen, die Tatsache, daß letztendlich die Frau alleine darüber entscheidet, ob sie es verantworten kann, die Schwangerschaft fortzusetzen, oder nicht, ist eine Verbesserung gegenüber dem gegenwärtigen Recht, und es ist auch eine Verbesserung, wenn man bedenkt, was nach Ablauf der Regelung im Osten den Frauen blühen wird. Dieser Gruppenantrag stellt für mich sicher, daß die Frau letztendlich alleine entscheidet - niemand anders, kein Richter, kein Staatsanwalt, kein Arzt, keine Ärztin, sondern sie selbst.
Wir wissen, daß die Formel „je mehr Strafandrohung, desto weniger Schwangerschaftsabbrüche" nicht aufgeht. Das wissen wir aus Ländern mit restriktivem Strafrecht. Restriktives Strafrecht drängt die Frauen, die Ärzte und die Ärztinnen in die Illegalität. Die Frauen fahren, wenn sie es sich leisten können, ins Ausland, oder sie landen wie zu Beginn des Jahrhunderts auf dem Tisch von Kurpfuschern. Das können wir alle nicht wollen.
({2})
Ich appelliere an alle, vor allem aber an die Kollegen und die Kolleginnen, die wegen der noch geltenden Regelung in den neuen Ländern den Gruppenantrag ablehnen wollen: Bedenken Sie bitte die Folgen für die Frauen im Osten und auch für die Frauen im Westen, wenn der Gruppenantrag keine Mehrheit findet. Ein Nein zum Gruppenantrag ist letztendlich ein Ja für die Indikationsregelung. Stellen Sie Ihre grundsätzlichen Bedenken zurück, und stimmen Sie dem Gruppenantrag zu!
({3})
Als nächster spricht Hubert Hüppe.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst einmal SPD und F.D.P. auffordern, endlich damit aufzuhören, den Memminger Prozeß hier in Schwarz darzustellen.
({0})
Sie verteidigen damit einen Arzt, der sich, ohne Beratung vorzunehmen, an Frauen bereichert und mehr Geld genommen hat, als ihm nach den Sätzen der Krankenkassen zugestanden hätte.
({1})
Wenn Sie hier einen solchen Mann, der Frauen ausbeutet und die Not der Frauen ausnutzt, verteidigen, halte ich das für einen Skandal.
({2})
Meine Damen und Herren, ich habe gestern gegen die Finanzierung der Containerschiffe gestimmt, gegen das Geschäft mit China, weil ich für die Menschenrechte bin.
({3})
Ich hätte mir gewünscht, daß viele von denen, die gestern so moralisch gesprochen haben, auch von seiten der SPD, heute die Menschenrechte der ungeborenen Kinder in Deutschland in der gleichen Weise verteidigt hätten.
({4})
In der Zeit, in der wir heute diskutieren, sterben rund tausend Kinder. Tausend Kinder werden legal getötet. Würden heute tausend tote Aale an das Rheinufer in Bonn geschwemmt, würden alle Fernsehanstalten hierher eilen, und die Nachrichten heute abend wären voll davon. Die tausend toten Kinder dagegen scheinen kaum jemanden zu interessieren.
Aber offenbar scheint vielen diese Zahl noch nicht zu reichen, wenn ich Frau Schenk richtig verstanden habe, die gesagt hat, sie wolle keine Senkung der Zahl der Abtreibungen.
Es wird immer behauptet, Strafrecht würde die Zahl von Abtreibungen nicht senken. Tatsache ist: 1974 haben die Ärzte und der Deutsche Bundestag festgestellt, daß man mit rund 74 000 bis 75 000 Abtreibungen pro Jahr rechnen müsse. Heute schätzen wir eine Zahl von 300 000 Abtreibungen. Und da behaupten Sie, Strafrecht habe keine Wirkung, Strafrecht würde wirklich nichts nutzen?
Meine Damen und Herren, Sie sagen „Hilfe statt Strafe". Aber warum, frage ich Sie, schaffen Sie nicht statt eines flächendeckenden Netzes von Abtreibungskliniken ein flächendeckendes Netz von Hilfsstellen? Warum wollen Sie statt einer Stiftung „Mutter und Kind" eine Abtreibungsfinanzierung? Sie wollen den Staat mit einbinden in ein Tötungssystem, dem ich niemals zustimmen kann. Wir brauchen keinen Staat, der Millionen ausgibt, um das Leben zu töten,
({5})
sondern wir brauchen einen Staat, der hilft und Frauen nicht vom Sozialamt zum Wohnungsamt, von der Krankenkasse zur Fürsorgestelle und vom Arbeitsamt zum Sozialamt schickt. Wir brauchen einen Staat, der die Probleme der Frauen beseitigt und nicht die Kinder.
Meine Damen und Herren, ich bin für den Werner-Entwurf, weil ich gegen die eugenische Indikation bin. Ich kann nicht dafür stimmen, daß Kinder allein,
weil sie behindert sind, noch im sechsten Schwangerschaftsmonat, zwei Wochen vor der Überlebensfähigkeit außerhalb des Mutterleibes, getötet werden.
({6})
Wie sieht das in der Realität aus? In der Frankfurter Uni-Klinik gibt es die beste Frühgeburtenabteilung in der Bundesrepublik. Hier ist es gelungen, 24 Wochen alte Embryos am Leben zu erhalten. In derselben Klinik werden Abtreibungen nach der eugenischen Indikation bis zur 22. Woche durchgeführt. Weil man jetzt Angst hat, daß diese Kinder nicht nur lebend - wie das bei Prostaglandinen immer der Fall ist -, sondern auch überlebensfähig zur Welt kommen, überlegt man, wieder zur alten Curettage-Methode überzugehen, d. h. man reißt den Kindern die Hände und Beine ab, und das Kind ist erst tot, wenn ihm der Kopf vom Leib abgetrennt wird. Das ist die Realität in Deutschland. Das ist die Realität, die mit Ihrem Gesetz, das die eugenische Indikation noch so spät gestattet, ermöglicht wird.
Jeder muß wissen - ich sage das mit allem Ernst -, ob er heute mit seiner Stimme so etwas legalisieren will. Jeder muß wissen, daß er, wenn er heute den Rechtsschutz für eine Gruppe von Menschen aufhebt, natürlich bald das Lebensrecht anderer Gruppen von Menschen auch zur Diskussion stellt. Werden wir bald, wie inzwischen in Holland, auch bei älteren und behinderten Menschen ebenfalls Fristen und Indikationen suchen, vielleicht nach Beratung von Angehörigen?
Jeder wird sich - das ist mein letzter Satz, und bitte nehmen Sie diesen ganz ernst - vor der nächsten Generation rechtfertigen müssen, wie er heute abgestimmt hat: für oder gegen das Leben.
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Als nächster spricht Herr Abgeordneter Briefs.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Debatte ist stellenweise ein wenig gespenstig. Man spürt, wie rechte konservative Kreise einer weiteren Liberalisierung des gesellschaftlichen Lebens in der Bundesrepublik Deutschland geradezu entgegenarbeiten.
({0})
Man spürt, wie ebendiese Kräfte das Leben von Frauen und Mädchen weiter belasten und einschnüren wollen. Man spürt Mißtrauen und Feindseligkeit gegenüber Frauen und Mädchen und gegenüber deren auf Emanzipation gerichtete Lebensvorstellungen. Man spürt auch Lustfeindlichkeit. Man spürt Mißtrauen gegenüber sehr privaten, sehr intimen Beziehungen, in denen Emanzipation gelebt wird und die sich als Lebenswirklichkeit der äußeren Kontrolle entziehen.
Man spürt zugleich auch das Ziel, tatsächliche oder vorgebliche moralische Instanzen wie die katholische Kirche wieder maßgeblich als aktiven, prägenden, ja dominierenden Faktor in das gesellschaftliche Leben hineinzubringen. Kaum etwas eignet sich dazu so sehr
wie die Fragen der Sexualität und der Geschlechterbeziehungen. Das ist einer der entscheidenden Punkte, warum sich die Alt- und Neukonservativen hier mit soviel Energie festgebissen haben.
Daher müssen wir uns fragen, ob diese politische Strategie nicht geradezu Teil eines neoautoritären Vorgehens gegen die liberale, gegen die offene Gesellschaft ist. Wir müssen uns fragen, ob mit der Beibehaltung insbesondere der strafrechtlichen Verfolgung des Schwangerschaftsabbruchs nicht nur der weiteren notwendigen Liberalisierung vorgebaut werden soll, sondern ob damit nicht sogar der Weg in andere, neoautoritäre Verhältnisse bereitet werden soll.
Dem entspricht die Tatsache, daß die Alt- und Neukonservativen in diesem Hause wenig Konkretes zu den wirklichen sozialen Mißständen in diesen Zusammenhängen sagen: kein wesentlicher Vorschlag zur Bekämpfung der in Deutschland leider so verbreiteten Kinderfeindlichkeit, kein entsprechender Plan zur Behebung des Mangels an Betreuungseinrichtungen für Kinder, kein entsprechend ausgestalteter Ansatz zur Behebung der Misere am Wohnungsmarkt, die gerade auch Mütter und alleinerziehende Frauen trifft. So viele konkrete Aufgaben, aber nichts zu ihrer Lösung seitens der Konservativen.
Diese und andere Gründe, die bereits genannt worden sind, bringen mich dazu, dem Gruppenentwurf zuzustimmen. Ich tue das allerdings mit großen Bauchschmerzen. Die ersatzlose Streichung des § 218 und das volle Selbstbestimmungsrecht für Frauen und Mädchen sind beim derzeitigen Stand der politischen Kräfteverhältnisse leider nicht zu erreichen. Sie bleiben aber auf der politischen Tagesordnung; ich denke, bereits in der nahen Zukunft.
Um einen Rückschritt, wie der Entwurf der Werner-Gruppe ihn verkörpert, zu verhindern und um wenigstens einige Schritte auf dem Wege zur Emanzipation - nicht nur der Frauen und Mädchen, sondern auch der Gesellschaft und von uns allen - voranzukommen, stimme ich - wenn auch mit sehr starken Bedenken - für den Gruppenentwurf.
Ich danke für die Aufmerksamkeit.
({1})
Als nächste spricht Renate Diemers.
Frau Präsidentin! Meine Damen! Meine Herren! Kein Mensch hat Verfügungsgewalt über das Leben eines anderen Menschen.
({0})
In diesem Prinzip stimmen wir alle überein, wenn es sich um sichtbares Leben handelt. Daß einige bereit sind, dieses Grundprinzip zu durchbrechen, wenn es sich um - noch - unsichtbares Leben handelt, zeigt ihr Eintreten für die Fristenlösung. Fristenlösung, so sagen sie, entspricht dem Selbstbestimmungsrecht der Frau. Deshalb wollen sie ihr die Verfügungsgewalt über das ungeborene Leben in den ersten drei
Monaten uneingeschränkt zugestehen. Damit geben sie der Frau eine Freiheits- und Machtfülle, hinter die alle Werte zurückgedrängt werden.
Alle, die eine Fristenlösung befürworten, müssen wissen, daß sie damit die bestehende Werteorientierung an ihrer Schnittstelle in Frage stellen. Ihnen sollte auch klar sein, daß die Dreimonatsfrist, in der ungeborenes Leben getötet werden kann, willkürlich ist. Tatsächlich fordern viele die Fristenlösung - wir haben es gehört - als Einstieg in die unbefristete Freigabe des Schwangerschaftsabbruchs.
Ich frage mich, ob sich alle, die das Selbstbestimmungsrecht der Frau über das Lebensrecht des ungeborenen Kindes stellen,
({1})
bewußt sind, daß sich genau dieses vermeintliche Selbstbestimmungsrecht gegen die Frau wenden kann.
({2})
Wir kennen die Angaben, daß viele Frauen von ihren Partnern und Ehemännern zum Schwangerschaftsabbruch gedrängt und für die Schwangerschaftsverhütung allein verantwortlich gemacht werden. In welche Rolle werden die Frauen gezwungen, wenn sich in diesem Hause eine Mehrheit für die Verfügbarkeit ungeborenen menschlichen Lebens finden sollte? Würde dann nicht dem Selbstbestimmungsrecht der Frau die Würde der Frau geopfert?
Zu dem Argument, die Fristenlösung habe sich nach DDR-Recht als frauenfreundlich erwiesen, stelle ich fest, daß der Schwangerschaftsabbruch nach ebendiesem Recht als eine Möglichkeit der Familienplanung verstanden und praktiziert wurde. Es darf doch nicht unser Wollen und unser Handeln sein, Schwangerschaftsabbruch als Mittel der Familienplanung rechtsfähig zu machen.
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Für mich wie für die Mehrheit der Bevölkerung steht außer Zweifel, daß menschliches Leben in jedem Stadium geschützt und seine Würde erhalten werden muß.
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Unbestritten ist, daß Leben mit der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle beginnt. Weil der Mensch von Anfang an Mensch ist, weil der Mensch unverfügbare Person ist, darf hinsichtlich der Schutzwürdigkeit menschlichen Lebens nicht zwischen geborenem und ungeborenem Leben unterschieden werden.
({5})
Das gilt für rechtliche Normen, das gilt insbesondere für unser eigenes Verständnis von menschlichem Leben.
Unser Auftrag lautet, bessere Voraussetzungen für den Schutz vorgeburtlichen Lebens und die Bewältigung von Schwangerschaftskonfliktsituationen zu gewährleisten. Er lautet nicht, die Fristenlösung einzuführen. Deshalb dürfen keine Energien darauf verschleudert werden, wie die Abtreibung zu erleichtern ist. Wir müssen unsere Energien bündeln, um die
Voraussetzungen zu schaffen, die für das Leben ermutigen.
({6})
Das Vertrauen der Frau, der Eltern wird doch auf den Kopf gestellt, wenn ihnen die Abtreibung als geringeres Übel, das Leben des Kindes dagegen als für sie mit Konflikten beladen suggeriert wird.
Mir ist bewußt, daß es auch bei einem breitgefächerten Angebot an unterstützenden Hilfen Indikationen geben wird. Diese müssen auf medizinische und psychosoziale Notlagen beschränkt werden, wie es der CDU/CSU-Entwurf vorsieht.
Unbestritten liegt die letzte Entscheidung, nämlich die Gewissensentscheidung, auch bei vorhandener Indikation bei der Frau. Das heißt nicht, daß sich die Gesellschaft, daß sich der Gesetzgeber, daß sich also jede und jeder einzelne von uns seiner Mitverantwortung entziehen kann oder darf. Wir alle müssen uns dieser Mitverantwortung bewußt sein und uns ihr stellen. In der Auseinandersetzung „Lebensschutz contra Fristenlösung" kann morgen niemand von uns sagen: Das habe ich nicht gewußt oder das habe ich nicht gewollt.
Lassen Sie uns heute mit unserem Ja zum Leben auch ein Signal für Menschlichkeit und Mitmenschlichkeit setzen. Ich bitte Sie: Geben Sie dem Leben eine Chance. Lehnen Sie die Fristenlösung ab.
({7})
Als nächster spricht Herr Abgeordneter Gunter Weißgerber.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Freude über den deutschen Einigungsprozeß vermochte meinen Blick zu keiner Zeit unrealistisch zu verstellen. Vorausschauend nannte ich in den Wahlkämpfen des Jahres 1990 lediglich zwei Punkte, die das neue Deutschland durch die gewesene Existenz des zweiten deutschen Staates eventuell kurzfristig beeinflussen werden. Diese zwei Punkte waren bzw. sind aus meiner Sicht: zum einen das vierzigjährige Hauptstadt- und Regierungssitzversprechen für Berlin, zum anderen eine fristenlösungsähnliche Regelung zum Schutz des ungeborenen Lebens. Mehr war damals nicht drin.
Ich werde heute aus folgenden Gründen für den Gruppenentwurf stimmen und hoffe, Sie werden es ebenfalls tun. Erstens. Das Selbstbestimmungsrecht ist ein Menschenrecht. Dies gilt selbstredend auch für Frauen. Im Gruppenentwurf sehe ich es akzeptiert.
Zweitens. Die überwiegende Mehrheit der Frauen handelt sehr wohl verantwortungsvoll. Das Argument der wenigen verantwortungslos handelnden Frauen spricht deshalb nicht gegen eine Fristenlösung.
({0})
Aus der Existenz von Bankräubern schließen wir ebensowenig auf eine Abschaffung der Banken.
({1})
Drittens. Aus der Gebärfähigkeit folgt keine Gebärpflicht. Wir wollen das Leben schützen, besonders da, wo es Hilfe am meisten benötigt. Doch wo es ungewünscht oder gar gehaßt zum Leben gezwungen wird, beginnt Unmenschlichkeit. Der in der Drucksache 12/2605 ({2}) beschriebene Katalog an Hilf eangeboten wird insgesamt zu einer Hinwendung zum geborenen Leben führen.
Viertens. Die tatsächlichen Abtreibungszahlen werden durch eine Indikationslösung nicht beeinflußt, wie die Statistik beweist.
Fünftens. Die Menschen im Osten sind nicht für eine Rückkehr der Vergangenheit auf die Straße gegangen, sondern für eine verbesserte Bundesrepublik.
({3})
Wer den Frauen dieses Selbstbestimmungsrecht nehmen bzw. vorenthalten will, bricht den Frauen das Rückgrat, einer Vergewaltigung gleichkommend. Frauen tragen bekanntermaßen die Hauptlast der Erziehung von Kindern und sollen nicht entscheiden können, wie einige §-218-Varianten vorsehen?
Wer sich zur Verantwortung der Frau in der Erziehung bekennt, muß ihr in erster Linie auch die Entscheidungsfähigkeit bescheinigen. Schutz des ungeborenen Lebens darf nicht auf faktische Gebärsklaverei hinauslaufen.
Ausdrücklich bekenne ich mich - und halte dies auch für notwendig zu erklären - zum Wissen um das Leben vom ersten Moment an. Wir Abgeordneten müssen für unsere Entscheidung in ihrer gesamten Tragweite stehen. Es ist das gleiche Leben, welches als nachgeburtliches mit gesegneten Waffen sogar in einen Krieg ziehen darf, um da eventuell vernichtet zu werden.
Hier kann ich mich nicht eines unangenehmen Eindrucks der Zwiespältigkeit erwehren. Es gibt wichtige Kirchenvertreter, welche einem militärischen Eingreifen, beispielsweise in Jugoslawien, aus Gründen der Prävention das Wort reden, in der Schwangerschaftsproblematik hingegen Prävention verteufeln.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, verhindern Sie bitte heute die Möglichkeit von diktatorischen Entscheidungen über die Köpfe der Frauen hinweg. Tragen Sie bitte heute mit Ihrer Entscheidung zum Erhalt der Würde der ostdeutschen Frauen bei. Gestehen Sie bitte den westdeutschen Frauen ein Gleiches zu. Stimmen Sie dem Gruppenentwurf zu. Ungeborenes Leben ist nur mit den Frauen zu schützen, nicht gegen sie.
({4})
Das Wort hat Norbert Eimer.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In den letzten Tagen erreichten mich - wie viele andere auch - Berge von Zuschriften, vor allem aus christlichen Kreisen, zum § 218. Weil ich mich selbst meiner Kirche verbunden fühle, nehme ich diese Zuschriften sehr ernst und
wende mich gerade an diese Schreiber. Leider muß ich aber feststellen, daß man darin wenig gnädig und wenig barmherzig mit diesem Thema umgeht.
Ich werde dem Gruppenentwurf zustimmen, also einer modifizierten Fristenregelung, und zwar nicht etwa deswegen, weil ich meine, es gehe um das Selbstbestimmungsrecht der Frau. Nein, wir haben zu entscheiden zwischen zwei Grundrechten: dem Grundrecht auf Selbstbestimmung auf der einen und dem Grundrecht auf Leben des werdenden Kindes auf der anderen Seite.
Über die Nöte und Konflikte, die dabei entstehen, will ich nicht reden. Das hat sehr ausführlich und sehr gut mein Kollege Baum gemacht. Ich meine, daß kein Mensch in diesem Konfliktfall gerecht entscheiden kann. Wir können nicht im Gewissen der Frau lesen. Wir sollten als diejenigen, die staatliche Gesetze machen, in aller Bescheidenheit eingestehen, daß es Probleme gibt, deren Lösung sich einem menschlichen Richterspruch entzieht.
({0})
Der Gruppenentwurf tut nicht so, als könne er richten.
Wenn es bei diesem Gesetzentwurf meiner Meinung nach auch nicht um Selbstbestimmung geht, so geht es doch um Selbstentscheidung. Der Staat nimmt der Frau die Entscheidung nicht ab. All den Christen, die mir geschrieben haben, möchte ich in Erinnerung rufen, daß es einen Dr. Martin Luther gegeben hat, der das Buch von der Freiheit des Christenmenschen geschrieben hat, auch von der Freiheit zur Sünde. Die Kehrseite der Medaille „Freiheit" ist aber die Verantwortung; Verantwortung, die bei der Abtreibung - und so ist unser Gesetzentwurf konzipiert - niemand der Frau abnehmen kann. Eine Indikationsregelung tut aber so, als könne der Staat Persilscheine verteilen.
Zum zweiten möchte ich gerade den Kritikern aus den Kirchen - ich möchte mich da auch an meinen Kollegen Geis wenden - sagen, daß wir keine göttlichen Gesetze machen. Sie verwechseln das göttliche Recht mit dem Recht, das wir als Staat setzen können.
({1})
Meine Kollegen, in aller Bescheidenheit: Wir können nur Spielregeln aufstellen, und wir sollten nicht so vermessen sein, uns göttliche Gesetzeskompetenz zubilligen zu wollen.
({2})
Daß es sich wirklich um zwei getrennt zu behandelnde Ebenen handelt, mag man an folgendem Beispiel sehen: Gehe ich bei Rot über die Ampel, so begehe ich keine Sünde, aber ich werde vom Staat bestraft. Belüge ich jemanden, ohne ihm damit zu schaden, so begehe ich keinen Rechtsverstoß, aber eine Sünde. Am deutlichsten wird es wohl in der Frage der Notwehr: Wenn man einen anderen Menschen in Notwehr tötet, so wird man nicht bestraft. Ob man mit dem Argument Notwehr vor seinem Herrgott bestehen kann, ist eine andere Frage, heißt es doch: Wenn man
Norbert Eimer ({3})
dich auf die rechte Backe schlägt, halte auch die linke hin.
Wenn ich also für den Gruppenentwurf und damit für eine modifizierte Fristenregelung stimme, so stimme ich nicht für Abtreibung. Ich weiß nur um den Unterschied zwischen staatlichem Recht und der göttlichen Gerechtigkeit. Ich persönlich habe zur Abtreibung sehr strenge Vorstellungen, aber ich kann meine strengen Moralvorstellungen anderen nicht aufdrängen. Außerdem sollte die eigene Moral immer strenger sein als die Gesetze.
({4})
Ein Leserbrief aus dem „Sonntagsblatt" vom Juni 1991 eines ehemaligen Staatsanwalts und Richters namens Walter Müller aus München beschreibt das mit anderen Worten sehr deutlich. Deswegen will ich das zum Abschluß zitieren:
Erstens: Gottes Gebot lautet: Du sollst nicht töten. Daran gibt es gar nichts zu deuteln. Das mögen sich alle hinter die Ohren schreiben, die immer so tun, als sei das Strafgesetzbuch dazu da, die Gebote Gottes auszulegen.
Sie sollten sich durch Luthers Lehre von den zwei Regimenten Gottes darüber aufklären lassen, daß der Staat, der „Große Heide" ({5}), nach ganz anderen Grundsätzen und Gesichtspunkten arbeitet und arbeiten muß als die christ die Gemeinde, daß es uns als Christenmenschen Mo gar nicht zu kümmern hat, ob der Staat seinerseits also die Verletzung eines göttlichen Gebotes unter Strafe stellt oder - sei es allgemein, sei es unter bestimmten Umständen - auf eine Bestrafung verzichtet.
Zweitens: Als Christen haben wir unter dem Auftrag des allgemeinen Priestertums mit Zuspruch, Ermahnung und tätiger Hilfe für Gottes Gebote einzutreten. Wenn wir uns davor drücken und statt dessen den Staat als Büttel herbeirufen möchten, so sind wir „unnütze Knechte" ({6}).
Ich habe dem nichts hinzuzufügen.
({7})
Als nächste spricht die Abgeordnete Karin Jeltsch.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Über die unterschiedlichsten Gesetzentwürfe, die uns zur Abstimmung vorliegen, ist ernsthaft und leidenschaftlich diskutiert worden: ernsthaft, weil das dem Schutz des ungeborenen Lebens angemessen ist, und leidenschaftlich, weil uns das Thema alle zutiefst bewegt. Dennoch hatte ich manchmal das Gefühl, uns trennen Welten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich gebe mein Votum für den Mehrheitsentwurf der CDU/CSU- Bundestagsfraktion ab, weil ich die Fristenlösung entschieden ablehne. Ich will Ihnen auch meine Gründe nennen.
Erstens. Dieser Gesetzentwurf ist für mich der umfassendste Schutz ungeborenen Lebens. Denn das ungeborene Kind ist für mich von Anfang an Mensch. Der Entwurf anerkennt aber auch, daß es schwere Konflikte geben kann, die für die schwangere Frau unlösbar zu sein scheinen.
Zweitens. Der Entwurf ermutigt die Frau zur Fortsetzung der Schwangerschaft durch qualifizierte Beratung, ein umfangreiches Angebot von sozialen Leistungen und praktischen Hilfsmaßnahmen.
Drittens. Hilfe statt Strafe ist der Grundgedanke unseres Gesetzentwurfs, der das Strafrecht nur bei Mißbrauch vorsieht.
Ich möchte eine dieser Maßnahmen aufgreifen: die Beratung. Es macht mich betroffen, wenn in der öffentlichen Diskussion die Beratung immer wieder als Zwangsmaßnahme bezeichnet wird. An dieser Stelle möchte ich einmal ausdrücklich jenen Menschen danken, die täglich gewissenhaft und verantwortungsvoll zum Leben beraten und der Frau helfen, ja zum Kind sagen zu können.
({0})
Die Frau hat ein Recht auf qualifizierte Beratung, eine Beratung, die auf die individuelle Situation der schwangeren Frau eingeht, die ihr alle Möglichkeiten zur Überwindung von Notlagen und Konfliktsituationen aufzeigt. Deswegen sehen wir in der Beratung eine große Chance, ungeborenes Leben mit der Frau und nicht gegen sie zu schützen.
({1})
Die Beratung muß deutlich machen, daß das Leben der Frau durch ein Kind anders sein wird, daß es aber auch durch einen Schwangerschaftsabbruch genauso anders sein wird.
Wenn sich die Frau dessen bewußt ist, wird sie sich immer verantwortungsvoll entscheiden. Diese Entscheidung liegt doch zunächst bei ihr. Deshalb ist die Beratung als Hilfe für die Frau anzusehen und, so sie es dann will, für den Partner und für die Familie. Denn das Problem eines Schwangerschaftskonfliktes ist nicht auf die Frau zu reduzieren. Das Klima im Alltagsleben der betroffenen Frauen und ihrer Familien, der alleinerziehenden Mütter wird ganz entscheidend vom Verhalten des persönlichen Umfelds geprägt. Deshalb setzen wir auf eine positive begleitende Beratung.
Lassen Sie mich noch einmal auf die Leidenschaftlichkeit zurückkommen, die diese Debatte hier und da begleitet hat. Dieselbe Leidenschaft wünsche ich mir, wenn es darum geht, für die Verbesserung der Situation von Familien und Frauen einzutreten.
({2})
Ich wünschte sie mir auch, wenn es darum geht, die Situation alleinstehender Mütter so zu verbessern, daß die alleinstehende Schwangere alleinstehende Mütter aus ihrem persönlichen Umfeld als positives Beispiel erleben kann.
({3})
Sie können ihr so Mut geben, ja zum Kind zu sagen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die hohe Zahl von Schwangerschaftsabbrüchen muß uns alle bewegen, egal, wo wir stehen. Deshalb muß unser oberstes Ziel Handeln sein. Die Bundesregierung hat gehandelt. Sie hat die Rahmenbedingungen für die Familien und Frauen entscheidend verbessert und wird sie weiter verbessern. Nur, das alles kann es nicht allein sein. Wir alle sind aufgefordert, überzeugend für eine kinder- und familienfreundliche Gesellschaft unseren eigenen Beitrag zu leisten.
Abschließend möchte ich Sie alle sehr ernsthaft bitten: Stimmen Sie dem Gesetzentwurf der CDU/ CSU-Fraktion zu.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
({4})
Als nächste spricht Frau Gudrun Weyel.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Meine Herren! Ich möchte sprechen als eine alte Frau, die die Zeit erlebt hat, als der alte § 218 noch in seiner strengen Form galt. Ich möchte dies besonders an die Adresse derjenigen sagen, die immer noch glauben, daß Strafrecht etwas ist, was werdendes Leben schützen kann.
In dieser Zeit habe ich mein Kind bekommen. Ich wollte dieses Kind. Aber ich habe erlebt, was das hieß. Es gab das Gesetz, das den Schwangerschaftsabbruch unter Strafe stellte, und es gab die gesellschaftliche Akzeptanz, die dazu im Gegensatz stand. Das sah so aus: Die Frauen, die damals entgegen dem Recht ihre Schwangerschaft abgebrochen haben - wenn sie Glück hatten, mit einem Arzt und einer medizinischen Indikation, wenn sie schlecht beraten waren, mit gesundheitlichen Schäden - wurden gesellschaftlich anerkannt - unter der Oberfläche, aber man hat das akzeptiert. Die Frauen, die sich aus einer gesellschaftlich nicht anerkannten Position für das Kind entschieden, wurden gesellschaftlich bestraft.
({0}) Ich spreche aus eigener Erfahrung.
Das erste war der Verlust des Arbeitsplatzes. Es wurde einem nicht gekündigt mit der Begründung, Sie haben ein Kind. Das erfolgte vielmehr unterschwellig: Man wurde an eine Stelle versetzt, wo man für das Kind nicht sorgen konnte, und zwar in der Erwartung, daß man dann eben kündigen würde.
Das ging weiter mit der gesellschaftlichen Ächtung an vielen Stellen und damit, daß noch Mitte der 70er Jahre, als wir schon die erste Erleichterung des § 218, das heute geltende Recht hatten, Beförderungen mit der Begründung verweigert wurden, diese Frau hat ein uneheliches Kind, die kann man nicht befördern. Das war die gesellschaftliche Wirklichkeit.
Heute sind wir Gott sei Dank darüber hinaus. Heute kann eine Frau sagen: Ich will mein Kind. Sie wird akzeptiert. Aber ich möchte ganz klar sagen: Die Frau bekommt ihr Kind nicht, weil sie sich von Strafe bedroht fühlt, sondern weil sie sich dazu bekennt, und weil sie es haben will.
({1})
Sie wird sich durch nichts davon abbringen lassen, wenn sie glaubt, nicht in der Lage zu sein, mit dieser Situation fertigzuwerden einen Weg zu finden, egal, was Sie an Strafen da rein schreiben.
Deshalb bitte ich noch einmal, ganz deutlich zu sehen: Strafrecht ist keine Lösung. Die Lösung ist eine kinderfreundliche Gesellschaft. Deswegen bitte ich Sie, dem Gruppenentwurf zuzustimmen.
({2})
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Jäger?
Wenn Sie das am Ende meiner Rede noch zulassen wollen, gern.
Frau Kollegin Weyel, ich stimme Ihnen in dem, was Sie zur Geschichte gesagt haben und was da an Schlimmem passierte, zu. Aber ich möchte Sie doch fragen: Meinen Sie nicht, daß das Strafrecht der Frau gerade in den Fällen helfen kann, wo die Frau selber das Kind haben möchte, der Kindesvater oder Mann aber Druck auf sie ausübt, es nicht zu bekommen, so daß die Frau dann die Chance hat, sich auf das Strafrecht zu berufen?
({0})
Herr Kollege Jäger, wenn ein Mann die Frau in dieser Situation im Stich läßt - das ist ja leider häufig der Fall -, dann wird es der Frau nicht helfen, daß sie mit Strafe bedroht wird.
({0})
- Aber das steht ja gar nicht zur Debatte.
({1})
- Gut. Ich habe nichts dagegen, wenn der Mann dann mit Strafe bedroht wird. Aber vergessen Sie eines nicht - das kommt in einem alten lateinischen Sprichwort zum Ausdruck -: Wer die Mutter ist, weiß man immer. Die Väter haben viele Möglichkeiten, sich zu drücken
({2})
und sich aus der Verantwortung zu ziehen.
Deswegen sage ich noch einmal: Sie helfen der Frau in dieser Situation weder, wenn Sie sie mit Strafe bedrohen noch wenn Sie den Mann mit Strafe bedrohen. Sie helfen ihr nur, wenn Sie ihr soziale Hilfe und gesellschaftliche Anerkennung geben, und zwar für die nächsten 20 Jahre nach der Geburt des Kindes.
Danke.
({3})
Als nächster spricht der Abgeordnete Adolf Jahn.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was sind die Maßstäbe unserer Verfassung, für den Schutz des ungeborenen Lebens einzutreten?
({0})
- Ich meine, da sollte man nicht lachen; denn auf die Verfassung sind wir alle verpflichtet. Unumstößlicher Maßstab für den Schutz des Ungeborenen sind, erstens, die allgemeinen Menschenrechte sowie, zweitens, die jedem Menschen zukommenden Grundrechte unserer Verfassung. Das Grundgesetz geht von einer wertgebundenen Verfassung aus, die den einzelnen Menschen und seine Würde in den Mittelpunkt aller seiner Regelungen stellt.
Dem liegt, wie das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat, die Vorstellung zugrunde, daß der Mensch in der Schöpfungsordnung einen eigenen, selbständigen Wert besitzt, der die unbedingte Achtung vor dem Leben jedes einzelnen Menschen unabdingbar fordert. Diese Wertvorstellungen gelten für den geborenen Menschen ebenso wie für den ungeborenen, für den Behinderten ebenso wie für den Alten und für den Kranken. Die Menschenrechte und die Menschenwürde sind unteilbar.
Frau Kollegin Wettig-Danielmeier hat heute morgen ihre Rede mit dem Satz beendet: Es geht um die Würde der Frau.
({1})
Dies stimmt. Es ist aber nur die halbe Wahrheit. Es geht heute zugleich - und nach unserer Verfassung grundsätzlich vorrangig - um die Würde, um das Lebensrecht des Ungeborenen.
({2})
Weil das menschliche Leben also innerhalb der grundgesetzlichen Ordnung einen Höchstwert darstellt, ist der Staat und kein anderer verpflichtet, sich schützend und fördernd vor dieses Leben zu stellen.
Die Befürworter des Gruppenantrages gehen davon aus, daß allein die Tatsache einer Schwangerschaft eine Notlage darstellt, die durch die Tötung des Kindes beseitigt werden kann, und zwar allein auf Grund einer eigenverantwortlichen Entscheidung der Frau. Meine Damen und Herren, eine Notlage auf Selbsteinschätzungsbasis erfüllt nicht die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an eine Notlagensituation; denn die Schutzpflicht des Staates für das ungeborene Leben darf nicht privatisiert werden.
Vom Arzt festgestellt und vom Gericht nachgeprüft wird beim Gruppenantrag nur die Einhaltung der Frist. Materiellrechtlich kommt es nur auf deren Einhaltung an. Was bleibt, ist also eine Fristenregelung, die mit nicht überprüfbaren Begriffen verbrämt ist. Nach meiner Auffassung steht die Privatisierung
der Schutzpflicht des Staates für das ungeborene Leben für den Gesetzgeber nicht zur Disposition.
({3})
Frau Kollegin Würfel, Sie haben heute gesagt, wir sprächen der Frau die Befähigung zu einer eigenverantwortlichen Entscheidung ab. Das tun wir nicht.
({4})
Nur stellt sich die Frage: Unter welchen Voraussetzungen ist die Frau berechtigt, das zu tun?
({5})
Es handelt sich also, wenn von der Befähigung und von der Berechtigung zum Töten gesprochen wird, um einen qualitativen Unterschied. Die Schwangere hat das Letztentscheidungsrecht - unbestritten.
({6})
Und wenn es im Gruppenantrag an verschiedenen Stellen heißt, „niemand kann der Frau nach Pflichtberatung und Gespräch mit dem Arzt die Entscheidung für einen Schwangerschaftsabbruch nehmen", dann ist das zutreffend. Doch wird hierbei vergessen hinzuzufügen, daß nach unserer Verfassung vorher eine Notlage festgestellt werden muß. Und dieses kann die Betroffene nicht;
({7}) vielmehr muß ein objektiver Dritter das tun.
({8})
Meine Damen und Herren, auch wenn der Zeitgeist die Fristenregelung fordern sollte - ich will das gar nicht bestreiten -, sollten wir ihm nicht erliegen,
({9})
sondern weiterhin auf die Grundwerte unserer Verfassung bauen. Lassen Sie mich deshalb mit einem berühmten und mutigen Wort gegen den Zeitgeist aus meiner Heimatstadt schließen. Ich zitiere:
Wir sind in diesem Augenblick nicht Hammer, sondern Amboß. Fragt den Schmiedemeister, und laßt es euch von ihm sagen: Was auf dem Amboß geschmiedet wird, erhält seine Form nicht nur von dem Hammer, sondern auch vom Amboß. Der Amboß kann nicht und braucht auch nicht zurückzuschlagen.
({10})
Er muß nur hart, fest sein. Wenn der Amboß, hinreichend fest, hart ist, dann hält meistens der Amboß länger als der Hammer. Wie hart der Hammer ({11}) auch zuschlägt, der Amboß steht in ruhiger Festigkeit da
({12})
und wird noch lange dazu dienen, das zu formen, was neu geschmeidet wird.
Dr. Friedrich-Adolf Jahn ({13})
Clemens-August Graf von Galen.
({14})
Als nächste spricht die Abgeordnete Angelika Barbe.
Frau Präsidentin! Meine Kolleginnen und Kollegen! Ich kann leider nicht mit einem so herrlichen Hammer-Amboß-Zitat aufwarten.
({0})
Ich darf um etwas mehr Ruhe bitten.
Ich kann Sie aber an das Gedicht von Tucholsky erinnern, das Ihnen allen präsent ist, „Die Leibesfrucht" betitelt. Tucholsky sagte darin sinngemäß: „Neun Monate kümmern sie sich alle um mich, und nach der Geburt muß ich sehen, wie ich weiterkomme."
Ich möchte nun auf einige Argumente eingehen. Frau Michalk hat gesagt, die Zahlung von 1 000 Mark habe sich doch bewährt bei uns. Frau Michalk, bei uns hat sich noch viel mehr bewährt. Das steht aber in Ihrem Gesetzentwurf nicht drin. Natürlich würden bei uns die Frauen, die Eltern diese 1 000 DM nehmen! Denn es gibt ja nichts anderes. Denken Sie einmal an den Hilfsfonds für schwangere Frauen in Not! Da wurden schon versprochene Zahlungen abgelehnt.
({0})
Mit derlei haben die Bürgerinnen und Bürger bei uns in der ehemaligen DDR schon schlechte Erfahrungen gemacht. Deshalb heißt es: Wir brauchen Rechtsansprüche, keine Verheißungen. Das ist wichtig.
({1})
Bewährt haben sich bei uns sichere Arbeitsplätze, die Freistellung zur Pflege erkrankter Kinder, kostenlose Verhütungsmittel. Ich hoffe, daß wir dieses in den nächsten Jahren mit Ihrer Hilfe gesetzlich festschreiben werden können.
Nun möchte ich etwas zu Frau Brudlewsky sagen. Ich achte Ihre Haltung sehr. Doch, Frau Brudlewsky, bedenken Sie folgendes: Sie sagten, „Verzicht", das sei eine schwere Vokabel für selbstbewußte Frauen. - Ich sage Ihnen: Gerade selbstbewußte Frauen sind diejenigen, die sich zutrauen, Kinder zu bekommen, auch wenn sie alleinstehend sind, es sind die Frauen, die sich zutrauen, auch in einer schwierigen Situation die Kinder auszutragen und mit ihnen zu leben.
({2})
Ich glaube, Sie alle haben den Brief bekommen, den eine alleinstehende Frau, die mit ihren vier Kindern in Cottbus lebt, mir zugeleitet hat. Darin hat sie ihr Schicksal dargelegt und darum gebeten, hier für eine Fristenregelung für die Frauen zu streiten, obwohl sie persönlich in ihrer Konfliktsituation anders entschieden hat.
Herr Baum, Sie sagten, die DDR-Fristenregelung sei für den Lebensschutz nicht hilfreich gewesen. Ich muß Ihnen erwidern: Das war sie doch; denn daran
war ein großes Sozialpaket geknüpft. Wir im Osten hatten einen Geburtenüberschuß - nicht Sie im Westen.
({3})
Frau Rönsch ich will Ihnen antworten -: Kein Arzt und keine Frau werden durch die Gesetzentwürfe - den Gruppenantrag und den SPD-Antrag - zum Abbruch gezwungen. Ihr CDU-Entwurf ist aber ein Lastenträgermodell für die Ärzte, den diese im übrigen abgelehnt haben.
Herr Werner sprach davon, daß mit der Wunschkinderideologie endlich Schluß sein müsse. Ich bitte Sie: Unterscheiden Sie bitte zwischen den ungeplanten und den ungewünschten Kindern. Da gibt es riesengroße Unterschiede.
Ich selber kann von meinem eigenen Schicksal berichten. Unser drittes Kind war nicht geplant. Ich war arbeitslos. Wir hatten Wohnungsprobleme. Viele, die aus der DDR kommen, wissen, was das heißt. Gemeinsam mit meinem Mann habe ich mich entschieden, dieses Kind zu bekommen. Die Besonderheit dabei ist: Ich konnte mich auf meinen Mann verlassen. Ich kann das auch heute noch tun. Er unterstützt mich. Er ist dann da, wenn die Kinder ihn brauchen und ich hier in Bonn bin. Das ist die wichtige Grundlage, die eine Frau braucht, wenn sie sich in einer solchen Konfliktlage befindet.
({4})
Ich konnte ohne Druck selber entscheiden. Ich mußte ja die Konsequenzen tragen. Ich habe mich dann mit meinem Mann gemeinsam für das Kind entschieden. Aber ich habe das nur deshalb getan, weil ich mich frei und ohne Druck entscheiden konnte; denn wer mich kennt, weiß, daß er mich zu nichts zwingen kann.
({5})
Wie aber sieht die Situation heute aus? Ich bin in die Politik gegangen, weil ich mir von den kommunistischen Gerontokraten an der Spitze der DDR-Diktatur damals nicht sagen lassen wollte, wie ich mein Leben zu gestalten habe bzw. wer über mein Leben und das Leben meiner Kinder entscheidet.
Ich streite seit dieser Zeit für das Kindeswohl, und ich streite dafür, daß es einen kindgerechten Umbau der Industriegesellschaft gibt. Ich muß Ihnen sagen: Ich bin von dieser Gesellschaft, die den Frauen eine hohe Arbeitslosigkeit zuweist, und zwar nicht nur im Osten, sondern auch im Westen, und den Lebensstandard für die Frauen senkt oder sehr niedrig hält, maßlos enttäuscht. Es gibt die Gewalt gegen die Frauen, den sexuellen Mißbrauch von Kindern, und Männer verschwinden gerade dann, wenn man sie am nötigsten braucht - und sei es nur, daß sie den Unterhalt zahlen sollten.
Es zeugt auch nicht von Toleranz, wenn die Lebensschützer behaupten, nur sie würden Leben schützen, weil sie das ungeborene Leben als schützenswert
beschwören. Ich frage mich nur, woher sie das Geld für ihre teuren Kampagnen haben.
Gleichermaßen klage ich den Schutz des geborenen Lebens ein. Dazu gehört auch die Verbesserung der Umwelt. Dazu gehört auch, daß die Tötung von Kindern bei Verkehrsunfällen beendet wird.
({6})
Wenn Herr Waigel das ungeborene Leben mit dem Jäger 90 und dem Strafrecht schützen will, dann antworte ich - so viel habe ich inzwischen von Marktwirtschaft auch schon gelernt -, daß der Schutz des geborenen Lebens ohne das Strafrecht und ohne den Jäger 90 wesentlich billiger und ehrlicher zu haben ist.
({7})
Frau Barbe, Ihre Redezeit ist zu Ende.
Nur noch ein Satz.
In einer freien Gesellschaft sollten Frauen von dem Verdacht, nicht verantwortungsbewußt entscheiden zu können, freigesprochen werden. Ich frage Sie: Sollte etwa in die Geschichte eingehen, daß Frauen in Deutschland nur während der kommunistischen Diktatur als mündig galten, in einer Konfliktlage selber ohne Strafrecht und ohne Beratungszwang zu entscheiden? Ich wünschte mir deshalb, daß der SPD-Entwurf heute die Mehrheit fände. Wenn wir Frauen allein entschieden, dann wäre es tatsächlich so. Dann hätten wir nämlich mindestens 77 Stimmen.
({0})
Aber dieser Wunsch wird heute noch nicht wahr. Deshalb werde ich dem Gruppenantrag zustimmen und weiter für die Abschaffung des § 218 streiten.
Danke schön.
({1})
Als nächster Redner spricht der Abgeordnete Dr. Klaus Röhl.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben heute eine der schwerwiegendsten Entscheidungen seit der Wiederherstellung der Einheit Deutschlands zu treffen - eine Entscheidung von grundlegender Bedeutung für alle Bürgerinnen und auch Bürger unseres Landes, für die aus den alten, vor allem aber auch für die aus den neuen Bundesländern. Es ist uns die Aufgabe gestellt, für die in den alten und neuen Bundesländern bestehenden unterschiedlichen Regelungen und Gesetze zum Schwangerschaftsabbruch ein einheitliches, für das gesamte Deutschland geltendes Recht zu finden. Das ist eine schwere und verantwortungsvolle Aufgabe von hoher menschlicher und rechtlicher Bedeutung.
Schwangerschaft und Kinder können im menschlichen Leben, wenn es normal und in sicheren Bahnen verläuft, zu den glücklichsten Ereignissen gehören. Ein Schwangerschaftsabbruch, gleich aus welchen Gründen, gehört immer zu den unglücklichen, tragischen Momenten.
Deshalb ist es unsere Aufgabe, Bedingungen zu schaffen, damit Schwangerschaftsabbrüche zu den Ausnahmen in den Lebensabläufen der Betroffenen gehören. Wir müssen aber gleichfalls Bedingungen dafür schaffen, daß die Kinder ein glückliches Leben führen können, Bedingungen dafür, daß Kinder den Müttern, den Eltern willkommen sind und mit Freude angenommen werden. Dies ist die Aufgabe des Gesetzgebers. Hier hat er Vorsorge zu treffen; denn Not- und Konfliktsituationen kann man nicht durch Strafandrohung lösen und aus der Welt schaffen.
Schwangerschaft und Schwangerschaftsabbruch sind Erlebnisse, die tief in das psychische und physische Leben einer Frau hineinwirken. Eine Schwangerschaft kann zu einer Not- und Konfliktsituation führen, die, gleichgültig, wodurch sie bedingt ist, sehr oft als unlösbar und ausweglos erscheint.
({0})
Hier muß unsere Hilfe einsetzen. Hier sind wir aufgefordert, tätig zu werden - menschlich, medizinisch, psychisch und ganz besonders auch im sozialen Bereich. Diese Fürsorge muß ohne Zwang, ohne seelischen Druck, ohne Kontrolle, ohne Strafandrohung wirksam werden. Eine Strafandrohung löst diese schweren menschlichen Probleme nicht. Sie verschlimmert sie nur.
Ein Schwangerschaftsabbruch ist für jede Frau ein tragisches Ereignis, in das sie mit ihrer ganzen Person voll verwickelt ist. Es wäre vermessen und anmaßend, wenn Außenstehende für sich in Anspruch nähmen, anstelle der Frauen hierüber zu entscheiden. Keine andere Person als nur die betroffene Frau selbst hat das Recht, über ihr Leben, über ihr Schicksal und über das beginnende Leben in ihr zu entscheiden. Niemand darf sie entmündigen und entwürdigen, indem man ihr die Verantwortung und die Entscheidung abnimmt. Nur sie allein ist die Trägerin des entstehenden Lebens, das ohne sie nicht werden kann, das ohne sie nicht existieren kann.
({1})
In ihr selbst läuft der Entstehungsvorgang ab, also kann nur sie allein entscheiden, eine Entscheidung treffen. Alle Außenstehenden haben nur das Recht und die Pflicht, ihr zu einer richtigen Entscheidung über das werdende Leben zu verhelfen.
Wir als Gesetzgeber können und wollen das werdende Leben schützen durch helfende Beratung, durch das Bereitstellen von sozialen Hilfen. Moralische, ethische, weltanschauliche oder religiöse Auffassungen von einzelnen Menschen oder Gruppen dürfen nicht mit Zwang oder Druck auf andere Menschen, die diese Ansichten nicht teilen, übertragen werden, wenn damit Grundrechte und Prinzipien der Demokratie verletzt werden. Das hat auch bei dem heute zu entscheidenden Problem ungebrochene Gültigkeit. Auch deshalb kann und muß die Entscheidung für oder gegen eine Schwangerschaft letztlich nur der
Verantwortung der Frau überlassen bleiben. Diese Entscheidung kann und wird sie selbstverständlich nur vor dem Hintergrund ihrer eigenen moralischen, ethischen, weltanschaulichen oder religiösen Auffassung treffen. Niemand und kein Gesetz kann und will eine Frau zu einem Schwangerschaftsabbruch zwingen, aber ebenso kann und darf niemand ihr die eigene Entscheidung verwehren.
Wir wollen alles in unserer Kraft Stehende tun, um das entstehende Leben zu schützen und ihm zu helfen. Diese Aufgabe kann nur gelingen, wenn wir ohne Zwang, ohne Strafe die besten Bedingungen für das entstehende Leben schaffen.
Das wollen wir mit dem Gruppenantrag erreichen. Ich bitte Sie deshalb, für dieses Gesetz zu stimmen. Ich jedenfalls werde meine Stimme diesem Gruppenantrag geben.
({2})
Als nächste spricht die Abgeordnete Barbara Höll.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir sprechen hier über den natürlichen Vorgang der Schwangerschaft, zu dem sich die Menschen als denkende Wesen, der einzigen Spezies auf unserer Erde, die Vernunft hervorgebracht hat, mehr oder weniger bewußt verhalten.
Das Verhältnis zur Schwangerschaft ist gesellschaftlich eingebunden: in die sozialen Strukturen von der Familie bis zur Arbeitswelt, in die geltenden sozialen und individuellen Werte und Normen bis zur Sexualität, und, da nun mal nur Frauen Kinder gebären können, insbesondere in die gesellschaftliche Stellung zur Frau.
Für mich ist hierbei sehr bemerkenswert, daß wir konkret in Deutschland doch den sehr perversen Zustand haben, daß Frauen kaum noch zu dem biologisch günstigsten Zeitpunkt Kinder gebären, weil Ausbildungs- und Arbeitsverhältnisse, materielle Sicherheit und Kinderbetreuung dies nicht gestatten, und daß zunehmend mehr Frauen erst jenseits des 30. Lebensjahres die Realisierung des Kinderwunsches in ihre reale Lebensplanung aufnehmen können und sie es dann erst oft nach Durchleiden vieler Torturen tatsächlich noch schaffen, ein Kind zu bekommen.
Da ich als „Ossi" bzw. ,,Neu-Wessi" gelernt habe, daß sich in dieser Gesellschaft möglichst alles rechnen soll, ist es nebenbei auch für die Gesellschaft effektiver, anstelle in Größenordnungen Geld für künstliche Befruchtung oder Verpflanzung fremder Eizellen auszugeben, Bedingungen zu gestalten, die es Frauen bis Mitte zwanzig ermöglichen, ihren Kinderwunsch zu erfüllen.
Nun sprechen wir heute darüber, wie der Staat damit umgehen soll, wenn sich schwangere Frauen nicht dazu in der Lage sehen, ihr Kind zu gebären. Das ist dann der „Schwangerschaftskonflikt".
Ich halte bereits die erfolgte Einbürgerung dieses Begriffs für einen schweren Fehler, für den die Politik verantwortlich zeichnet; denn nicht die Schwangerschaft an sich ist ein Konflikt. Jede schwangere Frau sieht doch vor ihrem geistigen Auge ihren Sohn oder ihre Tochter bereits mit der Schultüte in der Hand vor sich. Mit dieser schönen realen Zukunftsvision vor Augen treffen Frauen trotzdem die Entscheidung: „Ich kann dieses Kind jetzt nicht bekommen. Ich habe keine Möglichkeit und damit kein Recht, diesem Kind jetzt Leben zu schenken", eine Entscheidung, die, weil nur durch einen medizinischen Eingriff realisierbar, stets das Risiko zukünftiger Unfruchtbarkeit beinhaltet.
Sie, meine Damen und Herren besonders auf dieser Seite, brauchen die Frauen, die Schwangerschaften erleben, nicht darüber aufzuklären, daß in ihnen Leben entsteht. Die Frau spürt es, und sie entscheidet nicht über ein bißchen Zellgewebe, sondern über ihr eigen Fleisch und Blut und über das Bild des kleinen niedlichen Babys, das sie vielleicht bekommen könnte.
Meine Herren, Sie sind hier in einer unerträglichen Arroganz anmaßend wie z. B. Herr Werner, wenn in dieser Art und Weise über Frauen geurteilt wird.
Ich sehe sowohl in diesem Antrag als auch in dem CDU-Antrag und in dem Gruppenantrag eine hehre Pflicht verwirklicht, daß die schwangere Frau, die sich in einer solchen Lage befindet, in der sie sagt, sie könne das Kind nicht bekommen, zu einer Beratung gezwungen werden soll. Das heißt, Sie alle sind der Meinung, daß die Frau in dieser Lage allein nicht fähig ist, verantwortungsbewußt zu entscheiden.
Für mich ist das der pure Geist des Mittelalters, ein Frauenbild, welches unter der Hand beinhaltet: Wenn Gott nun schon leider die Frauen zum Werkzeug der Arterhaltung auserkoren hat, so muß der Mann diese seine Erzeugerrolle als Allesentscheidender wenigstens über patriarchale Machtstrukturen ausüben. Nur er kann letztendlich über Leben oder Tod eines neuen Kindes entscheiden.
({0})
Im Mittelalter durften Ehemänner teilweise geborene unerwünschte Kinder töten. Hexen können heute nicht mehr verbrannt werden, aber die Männer diskriminieren und kriminalisieren mit Hilfe des von Ihnen dominierten Staates die Frauen. Davon zeugt die Besetzung dieses Parlaments.
Herrschende politische Meinungen, insbesondere von CDU und CSU, unterstellen Frauen Verantwortungslosigkeit und stempeln sie zu potentiellen Mörderinnen.
Wer tut denn hier was? Das ist eine eindeutige Umkehrung der Beweislastpflicht. Eine Frau wird immer noch geschwängert. Sie ist Opfer in mindestens dreifacher Hinsicht: als Opfer der Verantwortungslosigkeit der Männer, die ungeschützten Geschlechtsverkehr ausüben, als Opfer biologischen Versagens bei Eintritt einer Schwangerschaft trotz Verhütung und als Opfer einer kinder- und frauenfeindlichen Gesellschaft.
Bitte antworten Sie: Welche Frau handelt verantwortungslos? - Diejenige, die gottgewollt ein Kind nach dem anderen gebiert, oder diejenige, die überDr. Barbara Höll
legt: Was bedeutet es für mein Kind, mit seinem Eintritt ins Leben Empfänger von Almosen wie der Sozialhilfe zu werden und mit diesem Stigma aufzuwachsen? Was bedeutet es für mein Kind, letztendlich Ursache für konkrete Wohnungsnot zu sein, wenn Vermieter Mütter mit Kindern nicht wollen? Was bedeutet es für mein Kind und mich als Frau real, doch nur eine kleine Pappfigur für geplante militärische Einsätze, eben auch deutscher Truppen - ich erinnere dabei nur an die WEU-Tagung vom letzten Wochenende in Bonn - zu sein? Was bedeutet das Kind für mein eigenes Leben, als Mensch, als Frau?
Die Schamlosigkeit dieses Herangehens, einer Frau die Fähigkeit abzusprechen, verantwortungsbewußt und selbstbestimmt über ihre Schwangerschaft entscheiden zu wollen und zu können, ist eigentlich kaum noch zu übertreffen. Wenn überhaupt Beratungszwang existiert, so wäre es notwendig gewesen, den Gedanken von Frau Dobberthien aus der ersten Lesung vom September aufzugreifen, nämlich den Beratungszwang für Männer vor jedem Geschlechtsakt, bei dem sie nicht für Schutz sorgen, und, damit er wirksam ist, bitte vor jedem.
Die erste Rednerin des heutigen Tages, Frau Karwatzki, unterstellte den Anträgen von PDS/Linke Liste und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, sie würden nur noch vom Selbstbestimmungsrecht der Frauen ausgehen und die ethische Konfliktlage, die bei einem geplanten Abort vorliegt, nicht beachten. Was berechtigt Sie überhaupt, zu trennen und gegenüberzustellen? Falls nur Sie in solchen Gegensätzen denken können, unterstellen Sie bitte Ihre Beschränktheit nicht noch anderen. Hat denn eine Frau a priori keine ethischen Normen und Werte? Dies gipfelt dann des öfteren in Diskussionen und Feststellungen uns gegenüber, daß wir damit gleich zu einer Abtreibung im achten oder neunten Monat die Erlaubnis geben können.
Abgesehen davon, daß dies in medizinischer Hinsicht blanker Unsinn ist - ab einem bestimmten Zeitpunkt handelt es sich um eine frühzeitige Geburt; für Ärzte und Frauen kann es tatsächlich dazu kommen, daß sie sich zu solch einem Eingriff unter medizinischen Aspekten in Ausnahmesituationen entscheiden müssen -: Was unterstellen Sie damit Frauen überhaupt? - Was unterstellen Sie Frauen, die jahrhundertelang, bis heute dazu verdammt sind, Kinder zu gebären, aufzuziehen und erleiden zu müssen, wie diese ihre Kinder sinnlos in Kriegen, in von Männern geführten Kriegen - ob unter religiöser Zielstellung oder, wie beim Golfkrieg, für pures Öl -, sterben müssen?
In der Debatte des vergangenen Jahres bin ich für eine gesetzlich geregelte Fristenlösung eines auf breiter gesellschaftlicher Basis getragenen Kompromisses zur Lösung der Konfliktlage der Frau eingetreten. Besonders durch meine Mitarbeit im Sonderausschuß habe ich jedoch in einem sehr schmerzlichen Prozeß die bittere Erfahrung machen müssen, daß ich die tatsächlich völlig andere Stellung der Frau in der auf uns überkommenen Bundesrepublik noch nicht erfahren hatte.
({1})
In dieser Hinsicht möchte ich mich ausdrücklich bei meinen Wählerinnen und Wählern dafür entschuldigen, daß ich annahm, an einer Gesetzesregelung zum Schwangerschaftsabbruch mitwirken zu können, die die Rechtslage in beiden Teilen Deutschlands verbessert, so wie es der Einigungsvertrag festschreibt. Darum ging es in der Arbeit des Sonderausschusses bei vielen Mitgliedern leider nicht. Es ging vielmehr um die Festschreibung eines reaktionären, überholten Frauenbildes, was durch sozialbegleitende Maßnahmen bemäntelt wird, die damit wieder nur an die Frauen gebunden sind. Außerdem bleiben sie tatsächlich noch weit hinter dem Niveau der ehemaligen DDR zurück, was ja unsere erste Rednerin, Petra Bläss, eindeutig nachgewiesen hat.
({2})
Mit Hilfe der Neuregelung des § 218 wird im deutschen Parlament versucht, insbesondere den Frauen aus der ehemaligen DDR ihre erreichte Selbstbestimmung in allen Bereichen des Lebens zu nehmen. Wenn ich es nicht so bitter erfahren hätte: Dies ist für mich ungeheuerlich.
Frau Dr. Höll, Ihre Redezeit ist zu Ende.
Noch einen Satz:
Dieses Frauenbild harmoniert auch überhaupt nicht mit dem Gedanken der europäischen Einigung. Es gab 1981 und 1990 Entschließungen im Europäischen Parlament. Deutschland, Irland und Spanien bilden die Schlußlichter in diesem Prozeß, obwohl sie bei militärischen Fragen immer die Vorreiterrolle haben.
Ich danke Ihnen.
({0})
Als nächster spricht der Abgeordnete Friedbert Pflüger.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vorhin ist in der Rede der Kollegin Schenk ein Begriff gefallen, mit dem sie sich nicht identifiziert hat, der aber dennoch hier einer weiteren Erwähnung wert ist, nämlich der Begriff „parasitärer Zellklumpen" für ungeborenes Leben. Ich finde es wichtig, daß man noch einmal feststellt - jedenfalls ist das meine Beobachtung gewesen -: Keiner, der dem Gruppenantrag zustimmt, ist der Auffassung, daß das eine richtige, auch nur annähernd richtige Beschreibung dessen ist, worum es heute in dieser Diskussion geht.
({0})
Damit haben wir nichts zu tun.
Aber wir haben auch nichts mit denjenigen zu tun, die sagen: „Fristenlösung ist gleich Endlösung" oder „Abtreibung ist Auschwitz". Auch solche Briefe haben wir bekommen, wie Sie wissen. Ich finde
- auch das muß man klar und deutlich sagen -, daß auch das nicht in eine sachliche Debatte gehört.
({1})
Ich finde es gut, daß - jedenfalls soweit ich die Diskussion hier im Hause beobachtet habe - solche Töne sowohl von der einen wie von der anderen Seite nicht oder so gut wie nicht zu hören waren. Ich meine, das ist für dieses Haus und für diese Diskussion gut. Von daher kann man vielleicht auch sagen: So sehr sind der Wertkonsens und das Wertekoordinatensystem doch gar nicht außer Rand und Band geraten, wie das der eine oder andere behauptet. Ich finde, wir haben hier eine verantwortliche Debatte geführt, wie man Lebensschutz am besten verwirklichen kann. Das spricht für dieses Haus, meine Damen und Herren.
({2})
Ich glaube, daß das geltende Indikationsmodell nicht geeignet war, die Anzahl der Abbrüche zu verringern. Was dagegen de facto gefördert worden ist, das war Abtreibungstourismus ins Ausland.
({3})
Wenn wir nun daran anknüpfen und eine Moral festschreiben, die die Realität nicht berücksichtigt, dann würden wir unserer Verantwortung heute nicht gerecht. Dann geben wir eine Form, die leer bleibt. Dann droht das Strafrecht zu einem Alibi zu denaturieren. Wir müßten uns dann den Vorwurf gefallen lassen, es uns zu leicht zu machen.
Ich setze mich für eine Regelung ein, die dazu führt, daß wir Leben wirksam schützen. Aber das ist nur im Zusammenwirken mit der Frau, niemals gegen die Frau möglich. Die Beziehung zwischen Mutter und Kind ist mit so weitreichenden Pflichten verbunden, daß sie nur freiwillig übernommen werden kann.
In diesem Sinne hat z. B. der katholische Moraltheologe Professor Reiter bei der Sachverständigenanhörung argumentiert. Er hat gesagt - ich zitiere -:
Letztlich hängt alles davon ab, daß die schwangere Frau das in ihr wachsende Leben annimmt und bejaht. Ihr „Ja" zum Kind kann nicht ersetzt und nicht vertreten werden.
Das sagt ein katholischer Moraltheologe. Ich finde das, was er gesagt hat, völlig richtig.
({4})
Meine Damen und Herren, auf Grund dieser Erkenntnis stellt sich für uns jetzt doch die Frage: Setzen wir nun die betroffenen Frauen oder die Ärzte einer Strafandrohung aus und lassen sie im übrigen allein? Oder wenden wir uns den Frauen zu, indem wir ihnen erlauben, angstfrei eine Beratung aufzusuchen? In nahezu allen Fällen befinden sich die betroffenen Frauen in einer Situation, die ihnen ausweglos erscheint. Nur wer nicht vom Strafrecht bedroht wird, ist offen für Beratung; denn eine solche Beratung schafft Mut zum Kind. Nur dann können wir hoffen, daß sich die Frau wirklich für das Kind entscheidet.
Wenn Vertreter der katholischen Kirche nun androhen, ihre Beratungsdienste zu verweigern, wenn der Gruppenantrag durchkommt,
({5})
so frage ich mich, ob sich das wirklich mit dem Auftrag der Kirche vereinbaren läßt. Ich hatte ihn bislang so verstanden, daß jeder Mensch, gleich in welcher Rechtsordnung er lebt, Anspruch auf Beratung und Hilfe der Kirche hat. Ich finde, diese sollten wir unter keinen Umständen den Menschen verwehren.
({6})
Der Staat hat eine Schutzpflicht für das ungeborene Leben. Aber Schutzpflicht heißt nicht Strafpflicht.
({7})
In erster Linie - da sind wir uns weitgehend einig - kommt es auf Einsicht in den Wert des ungeborenen Lebens, auf die sozialen Bedingungen, die Kinderfreundlichkeit an.
Ich bin gegen ein Recht auf Abtreibung. Sie ist nicht ein verspätetes Verhütungsmittel.
({8})
Aber nicht jedes sittlich gebotene Verhalten läßt sich mit der Androhung von Strafen erzwingen. Umgekehrt ist ein Verhalten nicht automatisch dadurch gerechtfertigt, daß es nicht bestraft wird.
Ich vertraue auf die verantwortliche Entscheidung der Frau.
({9})
Warum eigentlich sollte irgend jemand anders verantwortlicher entscheiden als sie?
Ich komme zum Schluß: Es fällt nie leicht, gegen die Mehrheit der eigenen Fraktion zu stimmen; das ist doch ganz klar. Aber heute geht es nicht um Parteikämpfe, sondern um eine Gewissensentscheidung. Wenn wir hier eine Mehrheit finden wollen, dann muß parteiübergreifend gedacht werden. Das ist sozusagen naturgemäß notwendig, wenn wir uns entscheiden wollen.
({10})
Deshalb, glaube ich, haben wir in der Union, die wir uns für den Gruppenantrag ausgesprochen haben, richtig gehandelt. Wir nehmen für uns in Anspruch, ihn wesentlich verbessert und dafür gesorgt zu haben, daß er verfassungskonform ist.
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
({11})
Als nächstes spricht die Abgeordnete Margot von Renesse.
Verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lasssen Sie mich bei aller Leidenschaft, die auch mich bei diesem Thema ergreift, ein bißchen zu nüchternen Argumentationen zurückkehren. Ich erspare Ihnen die Begründung meines Bekenntnisses zum Gruppenantrag.
Mir geht es um zwei Unterschiede zwischen Gruppenantrag und CDU/CSU- bzw. Werner-Entwurf, worin sich, glaube ich, eine Menge der relevanten Unterschiede erkennen lassen.
Erstens. Fristen beinhalten alle Entwürfe; eingeschränkte Strafbarkeit nach Fristen beinhalten alle. Daraus den Schluß zu ziehen, die einen seien weniger am Schutz des Lebens interessiert als die anderen, ist darum nicht zulässig.
Zweitens. Die grundsätzliche Strafbarkeit beinhalten auch alle Entwürfe, allerdings mit jeweils unterschiedlichen Rechtsfolgen, die an Fristen angeknüpft sind. Wo liegen also die wirklichen Unterschiede?
Beim Gruppenentwurf entscheidet die Frau; das ist hier mehrfach gesagt worden.
({0})
- Das ist einer der entscheidenden Punkte, Herr Werner. Ich erlaube mir, ein Argument für Ihre Meinung anzuführen, das mir qualifizierter erscheint als das, was ich dazu bisher hier gehört habe.
Wenn das, was z. B. Frau Rönsch gesagt hat - es sei eine Form von Hilfe für die Schwachen, die Frauen, die die Entscheidungen, wie wir alle wissen, zu tragen und auszutragen haben, ihnen diese aus der Hand zu nehmen -, richtig ist und nach diesem Prinzip Hilfe geleistet werden soll, dann werden wir bald ein Volk von Entmündigten sein.
({1})
Wenn in Krisen schwerwiegende Entscheidungen zu treffen sind, ziehen wir als Staat, als Gesetzgeber daraus in der Regel nicht die Folgerung, daß wir die Betroffenen entmündigen. Das ist nicht üblich und wird auch sonst so nicht gesagt.
Aber es gibt ein Qualitätsargument; lassen Sie es mich für Sie sagen: Es gibt nämlich das Argument der Besorgnis der Befangenheit, nämlich daß der oder die nicht ohne Verstoß gegen die Würde entscheiden könne, der oder die seinerseits in dem Interessenkonflikt, um den es geht, befangen, nämlich Träger von Interessen ist. Ist das ein gutes Argument? - Ich denke doch.
Trotzdem zieht es hier nicht. Es zieht deshalb nicht - lassen Sie mich das als erstes sagen; das ist das grundsätzliche offensichtliche Unverständnis insbesondere von Männern gegenüber Frauen, die schwanger sind; ich weiß darüber einiges, weil ich schwanger war -, weil nämlich die Frau, die Trägerin ihrer eigenen Interessen ist, gleichzeitig nicht umhinkann, auch Interessenträgerin, im wahrsten Sinne des Wortes: verkörpertes Interesse des Kindes zu sein. Sie verkörpert beide Interessenlagen.
Der Tatbestand des Schwangerschaftsabbruchs ist, wenn es um den Selbstabbruch geht, wahrscheinlich der einzige im ganzen Strafgesetzbuch, den eine Täterin nur unter massiver Selbstverletzung begehen
kann, und zwar nicht nur unter Verletzung des Körpers, sondern auch der Seele. Wenn aber eine Frau das Interesse für ihr Kind, den Schutzwillen, den ihr das Bundesverfassungsgericht auch zuerkannt hat und von dem es nur fürchtet, er sei vielleicht verlorengegangen, aber den es doch zumindest immerhin einmal gegeben haben muß, verkörpert - und das tut sie, die sie neun Monate lang 24 Stunden im Dienst ist -, dann ist die Vorstellung von der Waage, bei der sich auf der einen Seite die Frau und auf der anderen Seite das Kind befindet, total verkehrt, weil sie physiologisch gar nicht existent ist.
({2})
Lassen Sie mich ein Zweites sagen. Eine Entscheidung im Sinne einer richterlichen Entscheidung - letzten Endes entscheiden nicht die Weiß-, sondern die Schwarzkittel - über das objektiv Richtige ist nur denkbar, wenn das objektiv Richtige findbar ist. Aber es sind sich alle darüber im klaren, daß es das objektiv Richtige - wenn überhaupt - nur bei Gott gibt, aber doch nicht bei den Menschen in einem solchen Konflikt.
({3})
Wenn die Menschen das objektiv Richtige nicht finden können, denn Gott ist ein Freund des Lebens - es ist mehrfach davon gesprochen worden, daß die Notlage einer schwangeren Frau nicht nachvollziehbar sei und nicht beurteilt werden könne; es war die Rede von der hochgradigen Relativität und von der fehlenden Überprüfbarkeit -, dann gibt es auch nicht den Befangenheitskonflikt, und dann ist schon gar nicht möglich, was nach dem Mehrheitsentwurf möglich ist, nämlich daß der Arzt eines Tages möglicherweise zwar nicht über die Notlage von Frau A, aber darüber entscheidet, ob sich Herr Doktor B darüber im klaren sein konnte, daß sich Frau A in einer Notlage befindet. Dazu müßte der Richter die Kriterien einer Notlage kennen; er müßte außerdem die Kriterien kennen, an Hand deren der Arzt eine solche Entscheidung treffen kann. Das ist unmöglich.
Der letzte Grund dafür, weshalb das nicht möglich ist, ist schlicht und einfach der, meine Damen und Herren - auch das ist hier mehrfach gesagt worden -: Es ist einfach so. Die letzte Entscheidung liegt bei der Frau. Daran kommen Sie nur vorbei, indem Sie Geßlerhüte aufrichten, und dafür ist das Strafrecht nicht da.
({4})
Ein letztes Wort noch Frau Präsidentin. Ein katholischer Moraltheologe hat einmal in einer Podiumsdiskussion, an der ich teilgenommen habe, ein so phantastisches christliches Wort gesagt, daß ich es hier wiederholen möchte: „Ein Christ ist nicht interessiert am Strafen."
({5})
Als nächster spricht der Abgeordnete Wolfgang Ehlers.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Heute stehen wir Parlamentarier vor der wohl kompliziertesten Entscheidung, die von jedem Abgeordneten dieses Hohen Hauses nur seinem Gewissen folgend getroffen werden kann. Aus Respekt vor dieser Gewissensentscheidung einer jeden Kollegin und eines jeden Kollegen gehe ich bewußt nicht ausführlich auf die Gesetzentwürfe ein, die ich nicht akzeptieren kann. Ich widme mich demzufolge vorrangig dem Gesetzentwurf der CDU/CSU-Fraktion.
Er kam als ein Kompromiß zustande, um dem Deutschen Bundestag einen mehrheitsfähigen Entwurf vorlegen zu können, der dem Auftrag des Einigungsvertrages gerecht wird, nämlich eine bessere Lösung zum Schutz des ungeborenen Lebens in ganz Deutschland zu finden, als sie gegenwärtig noch besteht.
Meine christliche Überzeugung von der Unverfügbarkeit menschlichen Lebens kommt bei Betrachtung aller Entwürfe am besten in diesem Gesetzentwurf der CDU/CSU-Fraktion zum Ausdruck. In ihm wird das ungeborene Leben unter den Schutz der Rechtsordnung gestellt; zugleich werden schwerwiegende Konflikte betroffener Frauen ernst genommen. Erfreulich sind für mich als Bürger aus den neuen Bundesländern auch die verbesserten Rahmenbedingungen für eine Entscheidung zum Kind wie finanzielle Leistungen im Bereich der Familien- und Sozialpolitik, der flächendeckende Ausbau der Schwangerenberatungsstellen und die Bereitstellung von Kinderbetreuungseinrichtungen.
({0})
Meiner Meinung nach muß jedes menschliche Leben, geborenes und ungeborenes Leben, einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf Schutz durch den Staat haben.
({1})
Dabei gehe ich, meine Damen und Herren, für mich von folgenden Prämissen aus: Ein Schwangerschaftsabbruch ist als Tötung von Leben grundsätzlich ein zu mißbilligendes Unrecht. Ungeborenes Leben ist durch staatliche Maßnahmen zu schützen. Das bedeutet für mich auch die Einbeziehung des Strafrechts. Schließlich: Für die gesamte Dauer der Schwangerschaft gilt der Vorrang des Lebensrechts des Ungeborenen vor dem Selbstbestimmungsrecht der Frau. Das schließt für mich jegliche Art von Fristenregelung aus.
({2})
Was ich auf Grund von aktuellen Diskussionen, auch aus meinem Wahlkreis in Westmecklenburg, für äußerst wichtig erachte: Der Schwangerschaftsabbruch darf im geeinten Deutschland niemals zu einem Schwangerschaftsverhütungsmittel werden.
({3})
Wenn ich die übrigen Anträge - mit Ausnahme des Antrages des Kollegen Herbert Werner - betrachte, so kann ich nicht umhin, festzustellen, daß diese den Vorgaben des Einigungsvertrages nicht entsprechen. Bei Annahme eines dieser Anträge würde sich kein besserer Schutz des ungeborenen Lebens ergeben.
({4})
Der CDU/CSU-Gesetzentwurf bietet ein ref ormier-tes Indikationenmodell an, insbesondere durch die Aufnahme der psychosozialen Indikation.
Darüber hinaus ist für mich die Frage nach dem Ziel einer Beratung der Schwangeren sehr entscheidend. Hat die Beratung wie nach dem Entwurf der Union die Aufgabe, die Schwangere zur Fortsetzung der Schwangerschaft zu ermutigen, oder hat die Schwangere wie nach dem SPD/F.D.P.-Antrag lediglich eine umfassende medizinische, soziale und juristische Information im Rahmen der Beratung zu erhalten? Eine solche Beratung, mit der kein Ziel angestrebt wird, meine Damen und Herren, ist in meinen Augen keine Beratung zum Schutz des Lebens.
({5})
Noch eine letzte, hoffentlich zum Nachdenken anregende Bemerkung: Ich habe mir - nicht nur heute, sondern auch in den letzten Tagen, Wochen und Monaten - häufig die Frage gestellt, wer Menschen das Recht gibt - Ausnahmen sind für mich die im Unionsentwurf enthaltenen Notlagen -, über ungeborenes Leben, das aber eben auch bereits Leben ist, zu verfügen. Kein Mitglied dieses Hauses würde doch auf die Idee kommen, über die weitere Existenz von geborenem menschlichen Leben entscheiden zu wollen. Aber das ungeborene Leben wird, zumindest in den ersten zwölf Wochen, zur Disposition gestellt.
Ich werfe für mich und alle Christen hier im Hause die Frage auf: Bestehen wir mit einer befristeten Freigabe von Leben vor unserem Gewissen und vor Gott? Ich sage dazu: nein.
({6})
Als nächste spricht Eva-Maria Kors.
Verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In den wenigen Minuten meiner Redezeit will ich mich mit einem einzigen, allerdings wesentlichen Bestandteil des Gesetzentwurfs der CDU/CSU-Fraktion und des Gruppenantrags befassen. Das ist die Beratung.
Wir alle wissen, daß die Frau bei einer ungewollten Schwangerschaft in eine schwere Notlage geraten kann. In vielen Fällen wird sie vom Partner oder von ihrem unmittelbaren Umfeld unter schweren psychischen Druck gesetzt. Dann braucht die Frau umfassende Hilfe. Dazu gehört vor allem auch das wirklich helfende Beratungsgespräch.
Im Gruppenentwurf ist nach meiner Auffassung die Beratung in ihrer Kernaussage auf eine Information reduziert. Damit bekommt die Selbstbestimmung der Frau Vorrang vor dem Lebensrecht des ungeborenen Kindes. Dies ist auch logisch bei der Fristenregelung im Gruppenentwurf, der die Entscheidung zum
Schwangerschaftsabbruch in den ersten zwölf Wochen allein der Frau überträgt.
Eine Beratung, die im Kern nur eine Informationspflicht beinhaltet, verzichtet aber auf ein wesentliches Element einer Beratung, nämlich auf die, wie die Fachleute sagen, Exploration, d. h. auf die Befragung, wenn Sie so wollen, das Nachfragen nach den Ursachen des Konfliktes durch die Beraterin oder durch den Berater. Daß dies auch so gewollt ist, bestätigen die heutigen Äußerungen von führenden Vertreterinnen des Gruppenantrages, die klar sagen, daß die Frau ihre persönlichen Probleme nicht darzulegen braucht. Diese persönlichen Probleme aber, meine Damen und Herren, sind doch in vielen Fällen gerade die Ursache für die schwere Konfliktsituation.
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Der CDU/CSU-Entwurf gibt dagegen ein klares Beratungsziel vor: die Schwangere zur Fortsetzung der Schwangerschaft zu ermutigen, dazu beizutragen, die bestehende Notlage oder innere Konfliktsituation zu bewältigen und Perspektiven für ein gemeinsames Leben mit dem Kind zu eröffnen.
Ich bin mir aus vielen Gesprächen mit Beraterinnen darüber im klaren, daß eine Beratungspflicht und die Vorgabe eines Beratungsziels für den Einstieg in ein Beratungsgespräch erschwerend sein können. Diese mögliche Erschwernis ist aber nach meiner Auffassung sowohl für das Beratungspersonal als auch für die schwangere Frau zumutbar, denn schließlich geht es hier nicht um die Erfüllung einer Informationspflicht, sondern um eine wirkliche Beratung für die Frau und insbesondere um den Schutz des elementaren Rechtes des ungeborenen Kindes auf Leben.
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Die Beratungspflicht und die Vorgabe des Beratungszieles sind bei uns im CDU/CSU-Entwurf die logische Konsequenz, denn bei uns ist ein Abbruch nur bei schwerster Notlage der Frau zulässig.
In einer solchen Situation braucht die schwangere Frau umfassende Hilfen, eine menschliche Begleitung, deren Umfang meiner Meinung nach allerdings auch weit, weit über alle Möglichkeiten von Gesetzentwürfen hinausgehen muß. Dem Schutz des ungeborenen Kindes und damit auch dem Schutz der Mutter ist nicht nur der Gesetzgeber verpflichtet, sondern auch alle gesellschaftlichen Gruppen, die Kirchen, ja jeder einzelne. Dabei ist es sicherlich auch einmal lohnenswert, darüber nachzudenken und darüber zu diskutieren, welche gesellschaftliche Anerkennung jene bei uns genießen, die eine schwangere Frau unter Druck setzen und sie so in eine Konfliktsituation bringen.
Lassen Sie mich zum Abschluß eine persönliche Bemerkung machen. Auch wenn ich sie nicht nachvollziehen kann, habe ich gerade als katholische Christin die Gewissensentscheidung Andersdenkender immer respektiert. Das gleiche wünsche ich mir aber auch umgekehrt. Denn, meine Damen und Herren, eine Fristenlösung, wie sie der Gruppenantrag beinhaltet, kann ich mit meinem Gewissen nicht vereinbaren, auch wenn diese meine Einstellung vielleicht gegen den Zeitgeist verstoßen mag. Ich werde deshalb für den CDU/CSU-Fraktionsentwurf stimmen.
Ich danke Ihnen.
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Als nächste hat unsere Kollegin Barbara Weiler das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bundespräsident Richard von Weizsäcker hat uns vor einigen Tagen gemahnt, zu bedenken, daß Politiker nicht allein Vertreter ihrer Partei, sondern Vertreter des Volkes seien. Bei wenigen Debatten ist diese Mahnung so angebracht wie bei der heutigen Verabschiedung des Gesetzes zur Neuregelung des § 218.
Die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger, unabhängig davon, ob sie im Osten oder im Westen Deutschlands leben, erwartet zwei wichtige Veränderungen: erstens die Straffreiheit der Schwangeren bei Abbruch während der ersten drei Monate und zweitens die eigenverantwortliche Entscheidung der Frau.
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Im Bewußtsein dieses Konsenses in der Bevölkerung bereitet es mir Angst, mit welch militantem Eifer die selbsternannten Lebensschützer und auch einige katholische Würdenträger, voran der Fuldaer Bischof Dyba, gegen die geplante Neuregelung polemisieren. Sogar die heute geltende Indikationsregelung wird als „allgemeine Tötungslizenz" verurteilt, und es wird der Abschied vom Rechtsstaat vorausgesagt, falls der Souverän, der Deutsche Bundestag, sich heute für eine Fristenregelung entscheidet.
Mit völligem Unverständnis habe ich vom erneuten Glockenläuten heute morgen im Bistum Fulda gehört. Ich bin erleichtert, daß sich andere Kirchengemeinden dem nicht angeschlossen haben.
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Wie wohltuend ist vor diesem Hintergrund die Äußerung des Prälaten Paul Bocklet vom Kommissariat der katholischen Bischöfe. Er bietet beim Aufbau der Beratungsstellen im Osten Hilfe an. Ich richte an dieser Stelle eine Bitte an die Vertreter der Kirche: Helfen Sie mit, das antiquierte Bild der Frau in Ihren Reihen zu korrigieren.
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Denn vor allem in ländlichen Regionen werden ledige Mütter immer noch geschnitten und ausgegrenzt.
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Ein Mann, der unehelich geboren wurde, konnte übrigens bis in die 70er Jahre nicht Priester werden. Das Spießrutenlaufen für die Frauen, die nicht verheiratet sind und schwanger werden, ist auch im 20. Jahrhundert noch nicht vorbei. Wenn wir ihnen helfen, dann helfen wir auch dem werdenden Leben.
Wir Sozialdemokraten wollen mit den Kirchen im Gespräch bleiben. Denn wir müssen darüber reden, wie wir die Gesellschaft gestalten, wie wir die rechtlichen und weiteren sozialen Rahmenbedingungen schaffen wollen. Das ist die Aufgabe, vor der wir erst nach Verabschiedung des Gesetzes stehen.
Das bedeutet aber auch, daß diese Debatte in demokratisch-fairer Streitkultur und nicht in der vergifteten Atmosphäre selbsternannter Lebensschützer geführt wird.
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Ein kategorisches Nein ist keine Hilfe beim Dialog.
Ein weiterer Grund für meine Zustimmung zu dem Gruppenentwurf ist das Angebot einer flächendekkenden Beratung. Liebe Kolleginnen und Kollegen, in der Debatte über die unterschiedlichen Regelungen in Ost- und Westdeutschland wird vielfach vergessen, daß auch im Westen eine große Diskrepanz zwischen Nord und Süd, zwischen Stadt und Land besteht. Leider haben sich die Unterschiede im Laufe der Jahre verfestigt, was vom Gesetzgeber sicher nicht beabsichtigt gewesen ist.
Es gibt Regionen in Westdeutschland, in denen Frauen und Männer eben kein plurales Angebot an Beratungsstellen vorfinden. Es gibt Regionen, z. B. im Kreis Fulda, wo „pro familia" per Verwaltungsgericht eine kommunale Unterstüzung erzwingen muß; es gibt Regionen, in denen es im Umkreis von 30, 40 km kein Krankenhaus gibt, das einen Schwangerschaftsabbruch vornimmt. Dort, wo Frauen es ohnehin viel schwerer haben, den verfassungsmäßigen Anspruch auf gleiche Chancen in Beruf und Gesellschaft zu verwirklichen, müssen sie darüber hinaus in persönlichen Konfliktsituationen besondere Hemmnisse und Schikanen bewältigen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Teile der CDU/ CSU haben bereits angekündigt, daß sie vor das Bundesverfassungsgericht gehen wollen, falls der Gruppenantrag heute abend mit Mehrheit verabschiedet wird.
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Ich bitte Sie sehr herzlich, zu überlegen, ob es - auch im Sinne eines friedlichen und toleranten Miteinander in der Bevölkerung - für den Fall, daß Sie den Gruppenantrag nicht mittragen wollen, nicht viel besser wäre, statt dessen eine Volksbefragung zu initiieren.
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Als nächste hat die Kollegin Dr. Sigrid Semper das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wenn wir heute über die Neuregelung der Rechtslage im Zusammenhang mit Schwangerschaftskonflikten befinden, so schließen wir hoffentlich eine in einigen Bereichen peinliche und für mich unverständliche Diskussion über dieses Thema ab. Eine Neuregelung der in den neuen und in den alten Bundesländern unterschiedlichen Vorschriften zum Schwangerschaftsabbruch ist nach dem Einigungsvertrag nicht nur rechtlich geboten, sondern in Anbetracht der unzulänglichen Regelung in den alten Bundesländern auch wünschenswert. Denn die dort geltende Indikationsregelung ist eine nicht länger hinzunehmende Entmündigung der betroffenen Frauen. Diese Tendenz der Entmündigung der Frauen wurde in der öffentlichen Diskussion verbal munter weiterbetrieben.
Sachlich unangebracht finde ich vor allem den Versuch, Vertreter einer Fristenregelung als unverantwortlich, gewissenlos und sich als Richter über Leben und Tod aufspielend abzuqualifizieren.
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Peinlich war für mich die Diskussion über die Einstellung der Bundestagspräsidentin. Ich unterstütze das mutige Eintreten von Professor Süssmuth für ihre Meinung in dieser Frage ausdrücklich und verurteile ebenso diejenigen, die auf Grund dieser Meinungsäußerung ihren Rücktritt gefordert haben und fordern.
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Eine von Fraktionszwängen vollkommen freie Meinungsäußerung und eine entsprechend eigenständige Gewissensentscheidung in dieser Frage tun wahrlich not.
Frau Ministerin Merkel, ich habe bei Ihrer Rede geklatscht, obwohl sie zwiespältig war, und möchte Sie an dieser Stelle fragen, warum Sie das, was Sie wirklich denken, nicht auch öffentlich vertreten.
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Warum lassen Sie sich durch den Druck in Ihren eigenen Reihen verbiegen, statt sich zur Fürsprecherin der überwältigenden Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in den neuen Bundesländern zu machen?
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Wir haben in der ehemaligen DDR mit der noch geltenden Fristenlösung durchaus gute Erfahrungen gemacht.
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- Das mag Ihre Meinung sein. Sie sind sehr klug, und das Recht gebe ich Ihnen, klug zu sein.
Es gab eine Mütterrate von ca. 90 % der gebärfähigen Mütter eines Jahrgangs. Die Statistik belegt weiterhin, daß trotz oder vielleicht gerade mit der Fristenregelung in der ehemaligen DDR die Abtreibungszahlen rückläufig waren. Es ist also keine Rede von einer zwangsläufig höheren Abtreibungsrate.
Ich möchte noch eine weitere Erfahrung aus der Praxis der nunmehr neuen Bundesländer im Zusammenhang mit der Abtreibungsregelung aufzeigen. Die Wahlfreiheit der Frau führte im Osten dazu, daß es keine Diskriminierung unehelicher Kinder mehr gab und daß es auch für Ledige üblich war, Kinder zu haben. Ich bin auf vielen Veranstaltungen zu § 218 in Leipzig und Umgebung immer wieder auf kopfschüttelndes Unverständnis über die endlosen Debatten zur Neuregelung des Abtreibungsrechtes gestoßen. Die Frauen und Männer im Osten fordern mit überwältigender Mehrheit und parteiunabhängig eine Fristenregelung.
In meiner Heimatstadt Leipzig sind alle Frauengruppen - einschließlich der CDU-Frauenunion - einhellig für eine Fristenregelung. Die gegen die Fristenregelung eingestellten Teile der Union müssen sich folglich fragen lassen, ob sie sich in dieser Frage mit ihren restriktiven Forderungen nicht unüberbrückbar weit von ihrer Basis entfernt haben.
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Vielleicht wäre es hilfreich, sich daran zu erinnern, daß die Volksvertreter nicht nur so heißen, sondern unbenommen ihrer persönlichen Ungebundenheit wenigstens ansatzweise auch so handeln sollten.
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Auch die in diesem Zusammenhang vorgebrachten Argumente der angeblichen Verfassungswidrigkeit einer Fristenregelung gewinnen durch ständiges Wiederholen nicht an Glaubwürdigkeit.
Das Ergebnis des 16. Strafverteidigertages 1992 in Hamburg hat eindeutig die Verfassungskonformität der in den neuen Bundesländern zur Zeit geltenden Fristenregelung erbracht. Nicht anders wird es mit dem vorliegenden Schwangeren- und Familiengesetz gemäß Drucksache 12/2605 sein.
Eine über Strafandrohung erzwungene Gebärpflicht wird dagegen niemals in der Lage sein, bei Schwangerschaftskonflikten sinnvolle Lösungen anzubieten. Es gibt nun einmal außer der Sterilisation keine hundertprozentig sichere Verhütungsmethode; und dementsprechend wird niemand ungewollte Schwangerschaft für die Zukunft genauso wie schwerwiegende anderweitige Schwangerschaftskonflikte ausschließen können.
Die Saubermänner, die glauben, das tun zu können, leben in einer moralisch sauber ausstaffierten Traumwelt, die mit der oftmals verzweifelten Realität
unschuldig in Bedrängnis geratener Frauen und Familien wenig gemein hat.
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Der in diesem Zusammenhang zum Teil gezeigte fast militante Lebensschutz übereifriger Aktivisten ist völlig fehl am Platze. Denn es geht nicht um ein Verfügensrecht über das menschliche Leben, sondern um ein der Gewissensfreiheit verwandtes Recht als der Kehrseite der mit der Mutterschaft verbundenen Verantwortung. Wo Pflichten sind, da müssen auch Rechte eingeräumt werden; und die macht sich keine Frau leicht.
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Ich kenne keine einzige betroffene Frau, die sich in einem Schwangerschaftskonflikt leichtfertig und verantwortungslos wie auch immer entschieden hat oder entscheiden würde.
Derart abwegige Vorstellungen finden sich vor allem bei einigen Männern, die mit entsprechenden Konfliktlagen persönlich noch nicht im entferntesten zu tun hatten. Fast muß gesetzlich festgeschrieben werden, daß in einer freiheitlichen Gesellschaft eine mit so elementaren Pflichten und Emotionen verbundene Beziehung wie die zwischen Mutter und Kind nur freiwillig übernommen, nicht aber mit den Mitteln des Strafrechts erzwungen werden kann.
Hilfe statt Strafe ist somit der logische Schwerpunkt des interfraktionellen Gesetzentwurfes. Ich unterstütze diesen Gesetzentwurf und schließe mich den eindringlichen Worten von Frau Uta Wüfel an.
Stimmen Sie dem Gruppenantrag zu! Danke.
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Als nächstes hat das Wort der Kollege Dr. Jürgen Warnke.
Frau Präsidentin! Meine Kolleginnen und Kollegen! Es ist jetzt zwei Jahrzehnte her, daß ich aus dem Munde von Marianne Strauß zum erstenmal die Zielsetzung für Schwangere in Notlagen hörte: Helfen statt Strafen. In diesem Sinne hat die CSU ihre Ansbacher Erklärung beschlossen; der Entwurf der Unionsfraktionen atmet diesen Geist. Zu Recht setzen wir einen Schwerpunkt bei der Hilfe im sozialen Bereich. Bund, Länder und Gemeinden sind in die Pflicht genommen, die notwendigen Mittel aufzubringen, auch im Angesicht einer beispiellosen finanziellen Herausforderung durch deutsche Einheit, durch internationale Hilfsbedürftigkeit und durch den Schutz der Umwelt.
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Nur, zur Bewahrung der Schöpfung gehört es doch auch, daß ungeborenes Leben die nach Gottes Willen in ihm angelegte Persönlichkeit entfalten kann.
So sicher eine schwangere Frau in der Notlage der Beratung und materiellen Hilfe bedarf, so sehr bedarf
sie des seelischen Zuspruchs. Ich möchte den Organisationen und Gruppen - ich denke an die Stiftung „Mutter und Kind" -, die beides miteinander verbinden, hier danken. Ich danke besonders den Kirchen. Wie immer wir heute nacht entscheiden werden, ihre Mitwirkung an dieser Beratung wird auch in Zukunft gebraucht.
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Neben sozialer und neben seelischer Hilfe kann moralische Hilfe dem Schutz des ungeborenen Lebens geleistet werden, wenn der Staat Abtreibung rechtlich klar mißbilligt und nur eine anders nicht zu bewältigende Notlage zur Rechtfertigung zuläßt. Dies und nicht die Drangsalierung der in Notlage befindlichen Frau ist Sinn und Wirkung der strafrechtlichen Schutznorm für das Leben.
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Damit trägt der Staat gleichzeitig dem Verfassungsgebot des Schutzes menschlicher Würde und menschlichen Lebens Rechnung.
Entscheidend bleibt, daß bei dem uns vorliegenden Gruppenantrag der Schwangerschaftsabbruch für gerechtfertigt erklärt und damit menschliches Leben zur Disposition gestellt wird, auch ohne daß eine Notlage vorzuliegen braucht. Es ist zwar wahr, daß ungeborenes Leben nicht gegen den Willen der Frau wirksam geschützt werden kann, aber keine Frau und kein Mann hat nach unserer Verfassung das Recht, sich zum Herrn oder zur Herrin über Tod und Leben zu erklären. Ich spreche hier bewußt vom Mann und von der Frau.
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Frau Kollegin Wettig-Danielmeier hat heute früh erklärt: Jede kluge Frau weiß, auf den Vater kann sie sich nicht verlassen, ob verheiratet oder ledig. - Frau Kollegin, zu diesem Exemplar der Spezies Mann möchte ich Ihnen kondolieren. - Ihnen, Frau Kollegin Barbe, kann ich zu dem gratulieren, was Sie über Ihren Mann zu berichten gewußt haben. Natürlich gibt es Männer - es gibt viel zu viele davon -, die sich der schwangeren Frau gegenüber verantwortungslos verhalten. Natürlich gehört diesen Männern, soweit das gesetzlich nur möglich ist, das Handwerk gelegt. Der Unionsentwurf sieht genau das vor.
Aber das Bild, das die Debatte von der linken Seite des Hauses beherrscht hat: von Männern, die nur Schurken sind, und von Frauen, die sich ohne Ausnahme nur nach strenger Prüfung ihres Gewissens entscheiden, ist eine Karikatur unserer Wirklichkeit und als Grundlage eines wirklichen Lebensschutzes nicht tragfähig.
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Ich erspare Ihnen und mir die Zitate aus den Medien, wo sich Frauen in einer Weise geäußert haben, die weder der Würde der Frau noch der Stärkung der Grundwerte eines freiheitlichen Gemeinwesens und schon ganz und gar nicht der Verantwortung für das ungeborene Leben gerecht wird.
Ich befürchte, daß die grundsätzliche Freigabe der Abtreibung durch die Fristenregelung den Frauen einen Schutzschild nimmt und geeignet ist, den Druck
zur Abtreibung durch Ehemänner und Partner auf die Frau, durch Eltern auf die unverheiratete Tochter in Zukunft zu erhöhen.
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Dagegen hat die fortentwickelte Indikationenlösung des Unionsentwurfes in Verbindung mit sozialer Hilfe, Beratung und rechtlichem Schutz des ungeborenen Lebens zum Ziel, die Stellung der Frau gegenüber dem Druck durch äußere Umstände oder personales Umfeld zu stärken.
Alle gesetzlichen Vorkehrungen werden aber nur erfolgreich sein, wenn jeder von uns das Seine tut, Müttern nicht nur in den Konflikten der Schwangerschaft, sondern auch und gerade wenn sie alleinstehend sind, danach mit ihren Kindern in Notlagen und auf Jahre hinaus durchs Leben begleitend zur Seite zu stehen und damit dem Schutz des vorgeburtlichen Lebens bessere Voraussetzungen zu geben als bisher.
Zum Schluß ein persönliches Wort: Wie wir uns auch mühen - wir müssen uns mühen - und welche Entscheidung wir heute nacht auch fällen werden, gerade am Schutz des ungeborenen Lebens wird uns klar: Wir wären übel beraten, zu glauben, wir hätten Patentrezepte, mit denen wir die Dinge in den Griff bekommen werden. Um das zu einem guten Ende zu bringen, was der Gesetzgeber heute beschließt, bedarf es auch der Hilfe Gottes.
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Nun hat die Kollegin Frau Rosemarie Priebus das Wort.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Durch die Wiedervereinigung hat sich die Gesellschaft in Deutschland auf einen Schlag verändert. Es sind 16 Millionen Menschen hinzugekommen, für die im Gegensatz zu den Westdeutschen der Glaube an einen Gott nicht die herausragende und lebensbestimmende Bedeutung hat. Die Schlußfolgerung liegt nahe: Bei den Bemühungen um einen Gesetzentwurf sei uns nicht bewußt gewesen, daß es sich hier um werdendes, schützenswertes Leben handelt. Dem muß ich an dieser Stelle vehement widersprechen.
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Uns Ostdeutschen wird dieser Vorschlag zu Unrecht gemacht. Im Gegenteil: Seit der Verabschiedung des Gesetzes über die Unterbrechung der Schwangerschaft von 1972 - es ist das einzige Volkskammergesetz mit 14 Gegenstimmen und 8 Enthaltungen gewesen - hat es in der ehemaligen DDR immer wieder Bedenken in folgenden Punkten gegeben: ethische Bedenken gegen den Eingriff in keimendes Leben, Furcht vor der Zunahme der Leichtfertigkeit und Sorge um die Entwicklung der Geburtenrate.
Betrachte ich diese drei Punkte, dann muß ich folgendes Resümee ziehen.
Zu den ethischen Bedenken. Ich glaube, hier besteht Konsens, daß es sich um werdendes Leben
handelt, welches nur in einer Notsituation angetastet werden darf.
Zu den Bedenken der Leichtfertigkeit. Es hat Frauen gegeben, die leichtfertig gehandelt haben. Aber der größte Teil hat sich die Entscheidung - es ist in der Tat eine Gewissensentscheidung in einer Konflikt- oder Notlage - reiflich überlegt. Keine Frau hat es sich einfach gemacht, und kein Außenstehender, sei es nun der Arzt, der Berater oder gar der Vater, kann die Komplexität dieser Konfliktlage beurteilen. Deshalb kann nur die Frau allein die Entscheidung treffen.
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Sie muß sie in dem Bewußtsein treffen dürfen, daß ihre Entscheidung rechtlich nicht überprüfbar ist.
Zur Sorge um die Geburtenrate kann ich nur feststellen: Diese Sorge war unbegründet.
Bei der Betrachtung des westdeutschen Indikationsmodells komme ich fast zum gleichen Resümee: Beide Regelungen haben, wie alle in diesem Hohen Hause wissen, nicht die Lösung gebracht.
Wäge ich nun die für mich überhaupt zustimmungsfähigen Gesetzentwürfe - Mehrheitsentwurf der CDU/CSU und Gruppenantrag - ab, habe ich mich also zu entscheiden zwischen Indikation von Anfang an und Indikation ab der zwölften Woche, dann lehne ich aus folgenden Gründen den Mehrheitsentwurf ab:
Erstens. Die Feststellung einer Indikation ist immer juristisch überprüfbar, siehe BGH-Urteil zum Mem-minger Prozeß.
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Zweitens. Die Verantwortung wird auf eine Zweitperson, den Arzt, delegiert. In den Thesen des Arztetages von 1991 heißt es abschließend:
Die Feststellung der Notlage ist mit ärztlichen Erkenntnissen nicht zu erreichen.
Danach muß nach entsprechender Pflichtberatung die Entscheidung von der Betroffenen eigenverantwortlich gefällt werden.
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Führen wir uns noch einmal die Indikationsregelung im Mehrheitsbeschluß vor Augen: Die Indikation soll jederzeit juristisch überprüfbar bleiben. Nur, wie soll das, bitte schön, stattfinden, wenn auf die Dokumentationspflicht verzichtet wird, was in Diskussion war? Das habe ich bis heute nicht verstanden. Verstehen Sie das, verehrte Kolleginnen und Kollegen? Das ist doch vorn und hinten nicht schlüssig.
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Lassen Sie mich noch einen dritten Gesichtspunkt anführen. Da wir 1993 einem einheitlichen Europa angehören werden, müssen wir auch die Entschließungen des Europäischen Parlaments, Dokument B III usw., in Betracht ziehen, in dem unter Punkt C folgendes steht:
Frauen muß in der EG das Recht auf Selbstbestimmung über ihr eigenes Leben zugestanden werden, also auch das Recht, zwischen Mutterschaft und Unterbrechung ungewünschter Schwangerschaft zu entscheiden.
Zur Ablehnung des Mehrheitsentwurfes, der heute abend hoffentlich keine Mehrheit erhalten wird, möchte ich viertens allen Kollegen der ehemaligen Volkskammer die Koalitionsvereinbarung zwischen den Fraktionen ins Gedächtnis rufen, in der der umfassende Schutz des ungeborenen Lebens durch umfangreiche Beratung, Aufklärung und Unterstützungsangebote bei Beibehaltung der Fristenregelung zum Schwangerschaftsabbruch zugesichert wird.
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Nicht zuletzt hat sich meine persönliche Meinung auch dadurch verfestigt - und deshalb gibt es für mich heute kein Zurück mehr -, daß mich in den vielen Diskussionen vor Ort - und ich habe in allen fünf Kreisen und auch in anderen Kreisen Podiumsgespräche zum § 218 durchgeführt - überwiegend Frauen angesprochen und ermutigt haben, für den Gruppenantrag zu votieren.
Frau Abgeordnete, jetzt wäre es allmählich soweit.
Was sollte ich also anderes tun, als durch die Untermauerung meiner Gewissensentscheidung an dieser Stelle auch für die hoffnungsvoll auf das Bonner Parlament schauenden Frauen zu sprechen und zu stimmen?
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Stimmen Sie also mit mir für mehr Ehrlichkeit, stimmen Sie für den Gruppenantrag!
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Nun hat die Kollegin Erika Reinhardt das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir werden heute darüber entscheiden, ob ein ungeborenes Kind im Konfliktfalle das Licht der Welt erblicken darf oder ob es nur durch eine alleinige Entscheidung der Frau nicht auf die Welt kommen darf.
Jeder von uns nimmt für sich in Anspruch, durch seinen Gesetzentwurf das ungeborene Kind schützen zu wollen. Ich möchte niemandem den guten Willen absprechen, obwohl ich heute in der Diskussion manchen Beitrag gehört habe, der mich daran zweifeln läßt.
Tatsache ist, daß sich die Entwürfe wesentlich unterscheiden. Sie reichen von der Streichung des § 218 über die Fristenlösung mit Beratung bis zur Indikationslösung. Die Regelung des Schwangerschaftsabbruchs war in der Vergangenheit Gegen8328
stand kontroverser Auseinandersetzungen. In aller Regel war der Knackpunkt die strafrechtliche Regelung.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, sicher geht es auch um die Strafbarkeit. Aber dies ist nur ein Teil dessen, was wir heute entscheiden werden. Ebenso wichtig sind, so meine ich, die im Gesetzentwurf der CDU/CSU enthaltenden flankierenden Maßnahmen.
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Aus diesem Grund ist unser Gesetzentwurf auch als Paket zu verstehen. Wenn ich für den Mehrheitsentwurf der CDU/CSU spreche, dann tue ich dies aus tiefster Überzeugung, ungeborenes Leben zu schützen.
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Grundsätzlich ist in unserer Gesellschaft eine Veränderung des Lebensstils festzustellen. Zunächst ist es vorrangig, einem Beruf nachzugehen. Das, was man erlernt hat, muß umgesetzt werden; der Kinderwunsch wird auf später vertagt. Hintergrund für diese Überlegung ist die Erkenntnis, daß Kinder Kosten und Mühen verursachen, daß die Elternschaft mit Verzicht und Last verbunden ist. Dieser Trend erschüttert mich. Wie kann eine Gesellschaft kinderfreundlich werden, wenn Kinder zum Kostenfaktor werden,
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wenn sie wie eine Steuererklärung oder eine Abschreibung, aus der ich möglichst viel Gewinn ziehe, an ihrer Rentabilität gemessen werden?
Selbstverständlich wächst die Belastung einer Familie, wenn ein Kind unterwegs ist. Es wächst aber auch die Freude und Verantwortung gegenüber dem neuen Leben.
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Dieses ungeborene Leben zu schützen ist Aufgabe und Verpflichtung des Gesetzgebers.
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Ein Schlagwort der Befürworter einer Liberalisierung ist das Selbstbestimmungsrecht der Frau. Was bedeutet das konkret? - Sie sagen, die Entscheidung für oder gegen eine Schwangerschaft ist Sache der einzelnen Frau. Ich sage Ihnen als Frau: Das ist einseitig und kurzsichtig; denn Sie lassen die Frau mit ihrer Entscheidung, die ihr ganzes weiteres Leben beeinflußt, alleine.
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Und Sie entlassen damit die Männer voll aus ihrer Verantwortung. Auch sie sind nämlich ein Teil dieser Entscheidung für das Kind und damit auch ein Teil der Verantwortung, aus der ich sie nicht entlassen möchte. Bei einer Fristenlösung - ob mit oder ohne Beratungspflicht - fällt es ihnen sehr leicht, sich dieser Verantwortung zu entziehen.
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Selbstverständlich müssen einer Frau im Konfliktfall alle erdenklichen Hilfen angeboten werden. Die
Hilfen, die unser Gesetzentwurf bietet, sind vielfältig und umfassend. Die Fraktion der CDU/CSU beweist mit diesem Gesetzentwurf, daß der Schutz des Lebens im Zentrum unserer Politik steht, daß wir diesen Schutz zugleich einbetten in den Schutz der Familie, die der Grundstock jeder Gesellschaft ist. Eine Gesellschaft ohne Kinder wäre auf Dauer zum Tode verurteilt, finanziell ebenso wie moralisch.
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Lassen Sie mich an dieser Stelle einen Ausschnitt aus einem Leserbrief von einer Mutter mit drei Kindern aus den neuen Bundesländern aus der „Sächsischen Zeitung" zitieren:
Ich bin nur gespannt, wie sich die Männer und Frauen, die heute für die Abtreibung sind, damit abfinden werden, wenn sie in ca. 20 Jahren von ihren „Wunschkindern" getötet werden, weil sie keine „Wunschalten" sind.
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Auch wenn dieses Zitat vielleicht etwas überspitzt ist, sollte es uns nachdenklich stimmen. Wir sollten darüber nachdenken, wie weitreichend die Entscheidung sein kann, die wir heute treffen. Wer von uns kann sich anmaßen, zu entscheiden, wann Leben lebenswert ist und wann nicht? - So bitte ich Sie im Bewußtsein unserer Verantwortung, dem Mehrheitsentwurf der CDU/CSU-Fraktion zuzustimmen.
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Als nächster Redner hat der Kollege Dr. Konrad Elmer das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der heutige Tag ist nicht nur für die Frauen besonders wichtig, sondern auch für uns Männer. Denn Frauenfragen sind immer auch Männerfragen und umgekehrt.
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Wir Männer jedenfalls haben für uns dort, wo wir möglicherweise eine Entscheidung zwischen Leben und Tod treffen müssen, nämlich beim Wehrdienst, die freiwillige Gewissensentscheidung für oder gegen einen Dienst mit der Waffe sogar grundgesetzlich festgeschrieben.
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Doch den Frauen haben wir in bezug auf die Problematik, bei der es um Leben und Tod geht, eine solche Gewissensentscheidung - jedenfalls bisher - nicht zugebilligt.
Wenn die Mehrheitsverhältnisse in diesem Hause eine Zweidrittelmehrheit für eine verfassungsmäßige Sicherung dieses Rechtes auf eine freie Gewissensentscheidung für die Frau nicht zulassen, so wollen wir diese der Frau diesmal wenigstens mit einem einfachen Gesetz einräumen. Denn es handelt sich um die
existentielle Problematik, zwischen Leben und Tod zu entscheiden.
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Meine Damen und Herren, ein Wort noch zur Beratung. Für mich liegt ein guter Kompromiß nur dann vor, wenn etwas nicht nur aus pragmatischen Gründen beschlossen wurde, sondern auch sachlich zu vertreten ist. Ich kann diesem Kompromiß des Gruppenantrages zustimmen. Denn de facto wird darin keine Beratungspflicht, sondern eine Pflichtinformation festgeschrieben.
({3})
Ob daraus ein offenes Gespräch wird, bleibt der Frau überlassen. Sie muß nicht, aber sie kann durch die Darlegung ihrer persönlichen Gedanken und Gefühle und durch die Spiegelung von Weite seitens der Beraterin zusätzliche Klarheit und Begleitung erleben. Jeder gute Berater wird ein nicht wertendes, nicht direktives Gegenüber sein. Er wird der Frau die Chance bieten, sich in ihrer singulären Entscheidungssituation mit ihren ganz spezifischen Einsamkeitsmomenten und in ihrer hohen Eigenverantwortung wahrzunehmen.
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Ich weiß, es bleibt eine Gratwanderung. Denn die Frau wird zunächst einmal genötigt, zu einer Beratungsstelle zu gehen. Doch wenn wir ein plurales Netz von Beratungsstellen in allen Teilen Deutschlands haben werden, dann wird diese Nötigung der Frau nur die Nötigung zu etwas Hilfreichem sein.
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Deshalb bitte ich vor allem auch die ostdeutschen Frauen, die eine qualifizierte Beratung früher weithin vermissen mußten, von der neuen Freiheit Gebrauch zu machen.
({6})
Es bleibt ein Kompromiß. Doch bietet er immerhin die Chance, daß die Frau aus freien Stücken aus der Pflichtinformation heraustritt in einen Freiraum der Beratung. Die Frau hat dabei die Gelegenheit, sich im Gespräch mit der Beraterin der eigenen Argumente zu vergewissern, eine Chance, die sie ansonsten vielleicht doch nicht ergriffen hätte. Insofern kann und werde ich dieser Informationspflicht zustimmen.
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Ich muß aber sofort hinzufügen, daß wir, wenn wir die Gleichstellung von Frau und Mann ernst nehmen, jetzt darüber nachdenken müßten, ein Gesetz zur Beratungspflicht für junge Männer zu erarbeiten,
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um auch sie zu verpflichten - bitte nicht erschrecken, ich meine es ernst -, vor dem Wehrdienst, dem Erlernen des Tötens für den Ernstfall, gleichfalls eine Beratungsstelle aufzusuchen, in der sie sich über das Für und Wider informieren lassen und für ihre Entscheidungsfindung Beratung erfahren, damit auch sie dort, wo es um Leben und Tod geht, in der Lage sind, eine verantwortliche Gewissensentscheidung zu fällen,
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eine Gewissensentscheidung, die wie alle Gewissensentscheidungen durch Dritte nicht zu überprüfen ist.
Insofern werden wir nach der Verabschiedung des Gruppenantrags demnächst darüber reden müssen, wann wir endlich auch die unsäglichen Versuche einer Gewissensüberprüfung bei Kriegsdienstverweigerern abschaffen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluß darauf hinweisen, daß wenigstens hier bei der Neuregelung des § 218 der Prozeß der deutschen Einheit als ein gleichberechtigter gelungen ist. Wenn wir dem Gruppenantrag folgen, werden weder die Westdeutschen das Gefühl haben, unter eine ostdeutsche Regelung zu kommen, noch werden wir in Ostdeutschland das Gefühl haben, uns sei eine westdeutsche Regelung übergestülpt worden. Hier wurde endlich einmal das beste aus beiden Teilen Deutschlands zu einer neuen Qualität geformt. Wäre uns das doch auch in anderen Bereichen gelungen!
Auf jeden Fall hoffe ich, daß am Ende dieses Tages der Gruppenantrag eine Mehrheit findet und daß der eine oder andere dies auch als ein Geschenk des Ostens an den Westen versteht.
Vielen Dank.
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Nun hat der Kollege Wolfgang Kubicki das Wort.
Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Auf „Kubitzki" höre ich auch.
({0})
In der Diskussion um das Abtreibungsrecht haben wir sehr viele brauchbare und durchdachte Argumente und Gegenargumente gehört. Leider gab es auch vieles, was darauf abzielte, die Gegenmeinung zu diffamieren und zu verletzen. Dazu zähle ich Aussagen wie jene: „Abtreibung ist Mord."
({1})
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, auf diesen Unsinn und diese Ungeheuerlichkeit sachlich einzugehen. Bei der gegenwärtigen Ausgangslage schützt § 218 StGB das Leben der Leibesfrucht explizit nur vor vorsätzlichen Angriffen. Klassifiziert man nun diesen vorsätzlichen Angriff als Mord, so müßte konsequenterweise auch die fahrlässige Abtreibung als fahrlässige Tötung strafbar sein, aber gerade dies ist nicht der Fall.
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- Ich komme gleich zu der moralisch postulierten
Formel, der Schutz des werdenden Lebens habe
absoluten Vorrang vor allen anderen Rechtsgütern. - Aber auch minder intensive Einwirkungen, die nicht die Abtreibung des Fötus, sondern lediglich postnatale Schädigungen zur Folge haben, sind nicht strafbar. Das heißt: Angriffe gegen die Gesundheit der Leibesfrucht, seien sie fahrlässig oder vorsätzlich, sind straflos, und zwar auch dann, wenn sie an dem später gewordenen Menschen als Gesundheitsschäden fortwirken. Für die Strafbarkeit ist demnach lediglich der Zeitpunkt der Einwirkung auf die Leibesfrucht maßgeblich. Gerade weil es keine Körperverletzung an der Leibesfrucht gibt, gibt es auch keinen Mord am ungeborenen Leben.
Anderenfalls würde die schwangere Frau zur bloßen Gebärmaschine degradiert. Sie wäre gezwungen, jeden ihrer Schritte danach abzuwägen, ob er dem Wohl der Leibesfrucht nicht vielleicht abträglich ist, und bei jedem Nahrungsmittel, das sie zu sich nimmt, zu analysieren, ob es den Fötus nicht schädigen könnte. Die Folge wäre nämlich sonst möglicherweise eine Anklage.
Ich empfehle daher allen, die dieses Argument in ihrem Munde führen, doch wirklich einmal einen Blick in das Strafgesetzbuch und in die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs.
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Bei Gott, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen aus der CDU/CSU-Fraktion, zum Beleg, wie bigott das Strafrecht gerade in dieser Frage ist, empfehle ich Ihnen die Lektüre von § 217 StGB, der die Tötung eines geborenen Kindes bei oder unmittelbar nach der Geburt privilegiert, wenn es sich dabei um ein nichteheliches Kind handelt.
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Liebe Kolleginnen und Kollegen, der vorliegende Gruppenantrag, der von mir unterstützt wird, garantiert grundsätzlich die Straffreiheit der Frau, wenn sie innerhalb von zwölf Wochen die Abtreibung vornehmen läßt und sich vorher hat beraten lassen. Kritiker des Gruppenantrags laufen vor allen Dingen gegen diese generelle Straffreiheit der Frau Sturm. Deshalb stelle ich die Frage, was denn die obligatorische Beratung bringen soll, wenn die Frau sich am Ende gegen die Schwangerschaft entscheidet und eine Bestrafung zu erwarten hätte. Dies wäre eben nicht ein Anreiz für die Frau, sich über die vielfältigen Formen der staatlichen Hilfe und Unterstützung zu informieren, die im Gruppenantrag vorgesehen sind, vielmehr wäre diese Beratung dann lediglich Schwangerschaftszwangsregistrierung.
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Die Frau müßte unter Umständen nach einer Frühgeburt nachweisen, daß es sich hierbei eben nicht um eine Abtreibung gehandelt hat. Von einem fairen Angebot des Staates an die Schwangere bei fortbestehender Strafandrohung kann deshalb nicht die Rede sein.
({6})
Die letzten Jahrzehnte haben gezeigt, daß kein Strafrecht dieser Welt eine Frau dazu zwingen kann, ein Kind zur Welt zu bringen. Die Pönalisierung läuft unweigerlich ins Leere, wenn die Frau die ungewollte lebenslange Mutterschaft als größere Belastung empfindet denn jede Strafe, die im Strafgesetzbuch stehen kann.
({7})
Daraus muß der Staat Konsequenzen ziehen. Er muß der Frau ein Angebot machen. Diesen Gedanken hat der Gruppenantrag zum Kern. Er bietet erstmalig in der Geschichte die wirkliche Chance, die unerträglich hohe Zahl von Abtreibungen in unserem Land zu reduzieren.
Der intensiven Beratung, in der nicht nur alle bestehenden und vorgesehenen Hilfen erläutert werden, sondern auch besonderer Wert auf Beratung bei psychischen Konfliktsituationen gelegt wird, muß die freie Entscheidung der Frau folgen. Die Beratung kann nur als Entscheidungshilfe verstanden werden.
({8})
Wirklich frei kann diese Entscheidung nur sein, wenn nicht die Möglichkeit einer Bestrafung besteht. Freie Entscheidung und Angst vor Bestrafung schließen einander vollkommen aus. Die schwangere Frau braucht Sicherheit. Sie braucht Freiheit von Angst vor sozialer, psychischer und menschlicher Not, aber auch Freiheit von Angst vor Bloßstellung und Verfolgung. Ihr diese Angst zu nehmen und damit den Mut zu verantwortungsvoller Mutterschaft zu geben ist zentrales Ziel des Gruppenantrages. Deshalb bitte ich auch hier um Ihre Unterstützung; um nichts anderes kann es heute gehen. Damit beende ich für mich die Debatte.
Vielen Dank.
({9})
Nun hat das Wort die Kollegin Sigrun Löwisch.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal sind wir uns in einer Aussage einig, nämlich in der, daß positiverweise alle Gesetzentwürfe familien- und sozialpolitische Maßnahmen vorsehen. Denn wir sagen alle - darin haben wir noch Konsens -: Schützen heißt zunächst einmal helfen.
Viel mehr in den Vordergrund rücken muß aber eine Hilfe, die es ermöglicht, auch in den schwersten Konflikten das Kind zur Welt zu bringen, und ich finde, dies ist das Wichtigste, was wir hier diskutieren
sollten, die Adoption. Wir sind uns auch darin einig, daß Adoptionen erleichtert werden müssen. Eigentlich schlimm ist aber, daß auf Frauen oder auch Familien, die in schwersten Notlagen sind, oft mit dem Finger gezeigt wird, wenn sie ihr Kind zur Adoption freigeben, so nach dem Motto: Seht einmal, diese Rabenmütter, diese Rabeneltern!
({0})
Hier müssen wir uns alle an die Brust klopfen und zu einer Meinungsänderung beitragen, damit dieser moralische Zeigefinger zurückgenommen wird. Ich würde mich freuen, wenn eine Familie, die schon mehrere Kinder hat und in einer so schwierigen Situation ist, daß sie ein weiteres Kind nicht mehr in die Familie aufnehmen kann, sagt, daß das Kind zur Welt kommen soll, und die Möglichkeit ins Auge faßt, es in ein SOS-Kinderdorf oder in eine Pflegestelle zu geben. Ich fände das sehr positiv. Auch das wäre noch die bessere Lösung, und wir sollten das unterstützen.
({1})
Nun kommen wir zu einer Frage, in der ich nicht mehr im Konsens mit vielen meiner Kolleginnen und Kollegen bin. Es ist für mich keine Frage, daß staatlicher Schutz des werdenden Lebens auch strafrechtlichen Schutz erfordert. Entscheidend ist für mich: Wenn wir dem werdenden Leben strafrechtlichen Schutz zusprechen, dürfen wir diesen nicht einfach auf die konfliktfreie Situation beschränken. Wir müssen auch für den Konflikt zwischen dem Lebensrecht des Ungeborenen und der Lebenssituation der werdenden Mutter nach Kriterien suchen.
Das gilt in doppelter Hinsicht: Zum einen müssen wir materiell fragen, wann es vertretbar ist, das werdende Leben hinter den Belangen der Mutter zurücktreten zu lassen. Zum anderen müssen wir uns Rechenschaft über die Verfahrensweise geben, nach der die Entscheidung über die Lösung des Konflikts getroffen wird.
Ich halte in dieser Frage die Antworten des Werner-Entwurfs für richtig, der insoweit im wesentlichen mit dem geltenden Recht der alten Bundesländer in Einklang steht: Der strafrechtliche Schutz des werdenden Lebens darf nur dann zurücktreten, wenn ohne den Abbruch der Schwangerschaft die Gefahr einer dauerhaften und schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren droht.
Die Entscheidung über die Lösung des Konflikts zwischen zwei widerstreitenden Interessen darf doch nicht allein dem Träger des einen Interesses überlassen werden, wie das der Gruppenentwurf vorsieht.
({2})
Ich finde, das widerspricht dem Gebot eines fairen Verfahrens. Auf ein solches faires Verfahren muß das Ungeborene doch um so mehr Anspruch haben, als es sich selbst gar nicht artikulieren kann.
Im Laufe dieser Debatte - ich beklage es - waren meiner Ansicht nach die Anwälte des ungeborenen
Kindes leider in der Minderheit. Vielleicht ändert sich das jetzt noch.
({3})
Letztendlich führen aber alle Überlegungen - jedenfalls für mich; ich hoffe, auch für Sie, meine lieben Kolleginnen und Kollegen - zu der Frage: Welcher Gesetzentwurf sieht den umfassendsten Schutz des ungeborenen Lebens vor? Deswegen gibt es für mich nur die Möglichkeit, für den Werner-Entwurf zu stimmen.
({4})
Jetzt spricht Jan Oostergetelo zu uns.
Frau Präsidentin! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Schutz vorgeburtlichen Lebens - darum geht es uns heute. Vorgeburtliches Leben ist zu allererst einmal menschliches Leben. Mit dem Abbruch der Schwangerschaft wird somit die Entwicklung eines neuen werdenden Menschen abgebrochen.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, für mich stellen sich drei Fragen. Erste Frage: Wer gibt uns eigentlich das Recht, Leben abzubrechen, zu töten?
({0})
Zweite Frage: Wer gibt uns eigentlich das Recht, über Frauen, die mit ihrer Konfliktsituation nicht mehr fertigwerden, zu urteilen und sie zu verurteilen? Das machen wir auch bei Selbstmördern nicht.
({1})
Dritte Frage: Haben wir nicht die Pflicht, menschliches Leben in jeder Situation zu schützen, und zwar letztlich auch mit dem Strafrecht?
({2})
Ich frage aber gleichzeitig: Was bewirkt Strafe in dieser Situation? Hilft sie tatsächlich, Schwangerschaftsabbrüche zu verhindern?
Bei Abwägung dieser Fragen komme ich zu dem Ergebnis, daß es eine Lösung nicht gibt. Bescheidenheit und Demut ist hier am Platze.
Ich habe großen Respekt vor der Ernsthaftigkeit, mit der hier heute diskutiert worden ist, mit der wir gemeinsam darum ringen, Regelungen zu finden, mit denen Leben erhalten werden kann. Wie immer wir heute auch entscheiden - oder nicht entscheiden -: Ohne Schuld kommt hier keiner raus.
({3})
Häufig genug fühlen sich Frauen gerade von den Menschen alleingelassen, denen sie sich bisher anvertrauten. Manchmal werden sie gerade von diesen Menschen unter Druck gesetzt, ihr Kind abzutreiben.
Die Entscheidung allein der Frau zuzuschieben, ohne ihr gleichzeitig Wegweisung und Hilfe anzubieten, halte ich für sehr unbarmherzig.
({4})
Wir alle sind zur Hilfe verpflichtet. Aber die letzte Entscheidung kann dann nur die Frau treffen.
({5})
Wir dürfen keine Regelung verabschieden, mit der wir der Gesinnung „Ich kann mit meinem Körper machen, was ich will" Vorschub leisten.
({6})
Wir dürfen auch nicht verschweigen, daß Abtreibung wirklich Unrecht ist. Wir Mitbürger stehen alle in der Verantwortung, den Frauen zu helfen - darum geht es heute -, damit Leben erhalten wird. Wie menschlich unsere Gesellschaft ist, können wir daran erkennen, wie wir miteinander umgehen, wie wir mit den schwächsten Gliedern der Gesellschaft umgehen: Das sind die Ungeborenen und die Geborenen, das sind die Pflegebedürftigen und Behinderten und die Frauen in der Konfliktsituation.
Nun zu den Anträgen. Zu dem Werner-Antrag, dem ich sehr nahestehe, möchte ich sagen: Für meine Frau und mich kann es Abtreibung nicht geben, es sei denn, es steht Leben gegen Leben.
({7})
Aber, meine Freunde: Was nutzt Strafandrohung? Ich frage uns: Wo bleibt auch hier die Barmherzigkeit, wenn die Frau keinen Ausweg aus ihrer Konfliktsituation sieht?
({8})
Die Anträge der PDS und auch der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN lehne ich ab.
Beim Gruppenantrag, der hier vorliegt, fehlt mir die Strafandrohung für den Fall, daß die Frau zum Schwangerschaftsabbruch genötigt wird. Ich bin kein Jurist, aber ich hätte hier gerne den Nötigungsparagraphen gesehen, den es, wie ich mir habe sagen lassen, ja gibt.
({9})
Zudem fehlt mir eine qualifzierte Beratung dahin gehend, wie Frauen ermutigt werden können, ihr Kind auszutragen.
({10})
Aber der CDU-Antrag ist auch nur eine modfizierte Fristenlösung. Sowohl beim CDU-Antrag wie auch beim Gruppenantrag ist eine Sonderregelung mit Strafverzicht bis zur 20. bzw. 22. Woche vorgesehen, wenn infolge von Erbanlagen oder anderer Einflüsse mit einer nicht behebbaren Schädigung des Kindes zu rechnen ist. Dies kann ich nicht mittragen. Ich frage uns: Wer gibt uns eigentlich das Recht für diese Sonderregelung? Wer sind denn die Behinderten, wir sogenannten Gesunden oder die Kranken? - Eine Gesellschaft ohne Behinderte ist eine unmenschliche Gesellschaft.
({11})
Besteht nicht die Gefahr, liebe Kollegen, daß Taten Vorschub geleistet wird, die in unserer jüngsten Vergangenheit so sehr zu beklagen sind? Ich hatte eine Tante, die geistig und körperlich schwerstbehindert war. Die Nazis haben sie umgebracht. Ihre Tochter wurde durch eine glückliche Fügung von der Mutter getrennt, so daß sie überleben konnte. Auch sie war behindert. Aber sie war der gute Geist der Gemeinde Enger, ihres Betriebes und ihres Bekanntenkreises.
Meine lieben Freunde, ich will hier bekennen: Aus persönlichen Gründen kann ich auch zu diesen beiden Entwürfen nicht ja sagen. Ich weiß, daß meine Entscheidung nicht konsequent ist, weil ja eine Regelung gefunden werden muß. Aber ich kann nicht anders, und dazu stehe ich.
({12})
Bevor ich nun der Kollegin Michaela Geiger das Wort gebe, möchte ich Sie, damit wir uns Arbeit ersparen und nicht etwas protokollieren, was nicht protokolliert werden müßte, um Ihre Zustimmung bitten, damit einverstanden zu sein, daß abweichend von unserer Geschäftsordnung Reden zu Protokoll gegeben werden. In der Zwischenzeit sind schon 50 Reden zu Protokoll gegeben worden. Besteht Einverständnis darüber, daß weitere Reden ohne gesonderte Nennung zu Protokoll gegeben werden können?
({0}) - Ich sehe dazu keinen Widerspruch.
Damit hat nun die Kollegin Michaela Geiger das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In meiner jetzt über elfjährigen Zugehörigkeit zum Deutschen Bundestag hat es wenige Fragen gegeben, bei denen ich mich mit meiner Entscheidung so schwer getan habe. Warum dies so ist, will ich durch einige Lebensgeschichten verdeutlichen, die mir Frauen in der letzten Zeit geschildert haben.
Mit einer Ordensschwester, die in meinem Wahlkreis in einem Waisenhaus tätig ist, sprach ich über den § 218. Sie setzte sich vehement für das Lebensrecht der ungeborenen Kinder ein, und dies, obwohl in ihrem Heim gerade das fünfte Kind einer Alkoholikerin aufgenommen wurde, das wieder einen anderen Vater hatte als seine Geschwister.
Ich weiß von einer jungen Frau, die unter großen medizinischen Schwierigkeiten zwei Kinder zur Welt gebracht hat. Ihr Arzt riet ihr dringend, nicht wieder schwanger zu werden. Trotzdem passierte es zum dritten Mal. Der Arzt riet wegen Lebensgefahr für die Mutter zur Abtreibung. Sie und ihr Mann rangen sich dazu durch, das Kind auszutragen. Trotz der Komplikationen ging alles gut, und aus der Problemschwangerschaft ist ein ganz lieber Lausbub entstanden. Trotzdem steht diese Frau heute in der ersten Reihe, wenn es darum geht, für die ersatzlose Streichung des § 218 zu demonstrieren. Sie sagt, für sie sei eine Abtreibung nicht in Frage gekommen, findet aber, daß jede Frau das Recht auf eine eigene Entscheidung haben muß.
Nun noch ein letztes Schicksal. Eine Frau um die 50 sprach mit mir über ihre Kinderlosigkeit. Es tue ihr
heute sehr leid, daß sie keine Kinder habe. Sie sei einmal schwanger gewesen, habe aber abgetrieben, weil der damalige Partner das Kind nicht haben wollte. Heute mache sie sich Vorwürfe, daß sie nicht die Kraft hatte, ihr Kind allein aufzuziehen. Jedesmal, wenn sie eine schwangere Frau oder einen Kinderwagen sehe, deprimiere sie dies tief. Sie glaubt heute, daß vor allem soziale Hilfen notwendig sind, um die Zahl der Abtreibungen senken zu können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dies sind nur drei Schicksale. Mir sind noch viele andere bekannt, die ich hier anführen könnte. Jede dieser Frauen hat aus ihren ganz persönlichen Erfahrungen andere Schlüsse gezogen. Keine hat leichtfertig gehandelt oder geurteilt. Was will ich damit sagen? Vermutlich hält niemand von uns den Schlüssel zur reinen Wahrheit in Händen, ganz sicher auch ich nicht.
Wenn ich heute trotzdem dem Gesetzentwurf der CDU/CSU zustimme, dann deshalb, weil ich glaube, daß er den Frauen wie auch dem ungeborenen Leben am ehesten gerecht wird und dem, was das Grundgesetz von uns verlangt, am ehesten Genüge tut. Ich glaube, daß in diesem Entwurf die Fragen der sozialen Hilfen und der finanziellen Leistungen im Bereich der Familien- und Sozialpolitik vorbildlich gelöst sind und er unserer Maxime „Hilfe vor Strafe" voll entspricht.
Gewisse Probleme bereitet mir allerdings die Strafandrohung in diesem Gesetzentwurf. Wenn ich der Strafandrohung heute trotzdem zustimme, dann aus folgenden Gründen: Jede Frau, die ein Kind hat, weiß, daß sie in der Schwangerschaft mit diesem neuen Wesen aufs engste verbunden ist. Sie ist es, die ja sagen muß, damit ein neuer Mensch geboren werden kann. Wenn sie aber nicht ja sagt, macht es dann Sinn, das Kind gegen seine Mutter zu schützen?
Unbestritten ist, daß ein werdendes Kind ein Recht auf Leben hat. Wenn es aber ein solches Lebensrecht gibt, dann muß es auch rechtliche Mittel geben, dieses Grundrecht durchzusetzen.
({0})
Ich kann mir nicht vorstellen, daß ein Staat, der Tiere und Pflanzen oft auch gegen den Willen der Besitzer unter Strafandrohung schützt, beim höchstentwickelten aller Lebewesen, dem Menschen, auf diese Schutzpflicht verzichten kann.
({1})
Frauen wehren sich heute vehement dagegen, daß andere über sie und ihren Körper verfügen. Die Forderung etwa nach der strafrechtlichen Ahndung der Vergewaltigung in der Ehe entspringt diesem Denken. Beim Schwangerschaftsabbruch geht es nicht allein um Seele und Körper der Frau, sondern auch um ein Wesen, das sich selbst noch nicht wehren kann. Deshalb bleibt vermutlich auch keine andere Möglichkeit, als durch das Strafrecht zu verhindern, daß über dieses Wesen nach Gutdünken verfügt werden kann.
Wenn wir aber das Strafrecht weiterhin benötigen, um den Schutz des ungeborenen Lebens sicherzustellen, dann sollten wir dies auch konsequent zu Ende
denken. An der Entstehung eines Kindes sind immer zwei Menschen beteiligt. Die Konsequenzen hat jedoch häufig allein die Frau zu tragen. Aus Gesprächen mit Schwangerschaftsberaterinnen und Ärztinnen weiß ich, daß Frauen in vielen Fällen bereit wären, ihr Kind auszutragen, wenn sie mehr Unterstützung durch den Ehemann, den Freund, die Familie hätten. Oft genug besteht der Partner darauf, das Kind abzutreiben. Der Partner der schwangeren Frau, der ihr die Hilfe verweigert, müßte folgerichtig ebenfalls strafrechtlich belangt werden, und zwar in stärkerem und eindeutigerem Maße, als dies bisher in diesem Entwurf vorgesehen ist. Dann würde mir mein Ja zu diesem Gesetz leichter fallen.
Trotzdem, ich stimme ihm zu und hoffe, daß unser Entwurf die Mehrheit erhalten wird.
Danke schön.
({2})
Als nächstes hat unser Kollege Wolf Bauer das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen! Meine Kollegen! Wir müssen uns in dieser Debatte immer wieder klarmachen, um was es im Kern geht: Es geht um Menschen, nicht um Sachen oder abstrakte Prinzipien. Es geht um Menschen in Ausnahme- und Extremsituationen, die, weil sie sich in einer solchen Situation befinden, des besonderen Schutzes und der Fürsorge der staatlichen Gemeinschaft bedürfen.
Zum einen geht es um das ungeborene Kind. Daß das ungeborene Kind ein Mensch ist, ein Individuum, einzigartig, im Besitz einer unteilbaren Würde, das steht doch fest. Deshalb ist es auch unbezweifelbar, daß dieser noch nicht geborene Mensch ein Lebensrecht besitzt wie wir alle. Das ungeborene Kind kann sein Lebensrecht nicht selber geltend machen und gegen Angriffe verteidigen. Es ist in dieser Extremsituation wehrlos. Daher bedarf es in besonderem Maße der staatlichen Gemeinschaft.
({0})
Zum anderen geht es um die Mutter. Sie kann zweifelsohne auf Grund ihrer Schwangerschaft ebenfalls in eine Ausnahmesituation geraten. Auch sie bedarf daher des besonderen Schutzes der staatlichen Gemeinschaft, einerseits, um ihr Kind zur Welt bringen zu können, und andererseits, um vor Bedrängung durch Dritte geschützt zu sein.
Diese beiden unterschiedlichen Ausnahme- bzw. Extremsituationen, die des ungeborenen Kindes und die der schwangeren Frau, gilt es gegeneinander abzuwägen, wobei für das Kind immer das Leben auf dem Spiel steht,
({1})
für die Frau - abgesehen von einer medizinischen Indikation - in aller Regel ein weniger schwerwiegendes Rechtsgut.
Frage: Beinhaltet das Recht der Schwangeren auf selbstbestimmte Lebensgestaltung auch das Recht, in ihr unlösbar erscheinenden Konfliktsituationen das Lebensrecht des Kindes zu mißachten und den Kon8334
flikt durch Abbruch der Schwangerschaft zu mildern oder zu beseitigen?
Nach allgemeinem Rechtsverständnis ist das Lebensrecht des ungeborenen Kindes unvergleichbar stärker. Das Recht muß hier zuvörderst dem Schwächsten beistehen. Das ist eindeutig das ungeborene Kind.
({2})
In diesem Haus besteht weitgehend Einigkeit darüber, daß der Abbruch einer Schwangerschaft ein weiterhin im Strafgesetz zu verankernder Tatbestand sein soll. Ich möchte nur darauf hinweisen, daß wir uns dann alle danach richten müssen und nicht einteilen dürfen, wann es ein Straftatbestand sein kann und wann nicht. Uneinigkeit besteht also nur darüber, ob, wann und unter welchen Umständen die generell vorzusehende Strafe für den Abbruch einer Schwangerschaft nicht angewendet werden soll.
Die Frage, die es heute zu beantworten gilt, lautet also: Soll es auch in Zukunft eine spürbare - nicht nur theoretische, sondern spürbare - rechtliche Hemmschwelle für den Abbruch einer Schwangerschaft geben?
Wer wie ich diese Frage bejaht, dem stellt sich eine zweite Frage: Wie hoch muß diese rechtliche Hemmschwelle im Interesse des ungeborenen Kindes sein, und wie niedrig darf sie sein, um die Interessen der Frau in einer schweren unauflösbaren Konfliktsituation angemessen zu berücksichtigen? Meine Antwort lautet: Es gibt Extremsituationen, in denen die zum Schutz des ungeborenen Kindes verpflichtete staatliche Gemeinschaft einer Frau die Fortsetzung einer Schwangerschaft nicht zumuten kann. In solchen Extremsituationen - aber nur in solchen Extremsituationen - ist es gerechtfertigt, die für den Abbruch einer Schwangerschaft vorzusehende Strafe nicht anzuwenden. Begriffe wie allgemeine oder psychosoziale Notlage sind mir hier einfach zuwenig; sie sind mir zu unklar.
Der Gesetzentwurf der Gruppe Werner mit seiner eindeutig definierten Indikationsstellung ist deshalb der einzige Entwurf, dem ich persönlich zustimmen kann. In Verbindung mit einer Vielzahl von Hilfen für die schwangere Frau bietet er von allen Gesetzentwürfen den bestmöglichen Schutz des ungeborenen Kindes.
({3})
Die Unterstützung eines anderen Gesetzentwurfs ist mit meinen Vorstellungen von einem christlichen und wertorientierten Menschenbild nicht zu vereinbaren.
Ich möchte die Damen und Herren des Hauses gern noch daran erinnern, wie sie sich beim Embryonenschutzgesetz verhalten haben. Ein Zitat von der SPD: „Menschliches Leben darf nicht total planbar und darf nicht verfügbar gemacht werden. " - Ja, dann bleiben wir doch dabei!
({4})
Von den GRÜNEN wurde ausgeführt, daß sich Kranke und Behinderte in einem Gesetz wiederfänden, das sie zu „Objekten legitimer negativer Selektion" macht. - Bleiben wir doch dabei!
Zur F.D.P.: Strafbewehrte Verbote seien sinnvoll, „denn wir müssen uns gegen jede Manipulation menschlichen Lebens bereits im Vorfeld wehren und einen umfassenden Lebensschutz gewähren".
Das waren Zitate von der F.D.P., von den GRÜNEN und von der SPD. Ich appelliere an Sie: Denken Sie daran, was Sie vor diesem Hohen Hause eirural erklärt haben, und stimmen Sie unserem Antrag zu!
({5})
Nun hat die Kollegin Regina Kolbe das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich weise aufs entschiedenste den soeben gemachten Vorwurf zurück, daß vorgeburtliches Leben im Zusammenhang mit dem Leben Körperbehinderter zur Disposition gestellt wird. Kein Mensch, der die Fristenlösung vertritt, hat dieses Ansinnen jemals geäußert oder wird es umsetzen.
({0})
In diesem Hause haben heute viele selbsternannte Lebensschützer für das vorgeburtliche Leben plädiert. Ich frage Sie: Waren Sie selber einmal in der Situation, ungewollt schwanger zu sein? Die Männer können das nicht, nur die Frauen. Ich sage Ihnen: Ich war es zweimal, und ich mußte mich entscheiden. Trotz des Anratens der Ärzte, die gegen das Leben meines Sohnes gesprochen haben, habe ich mich für ihn entschieden. Das drückt aus, daß Frauen das Kind bekommen, wenn sie es wollen. Wenn sie es nicht wollen, werden sie Mittel und Wege finden, um die Schwangerschaft abzubrechen.
({1})
Die Frage, vor die wir hier heute gestellt sind, ist, wie wir ihnen diese Wege eröffnen.
({2})
In allen vorliegenden Entwürfen spielt die Beratung eine sehr wichtige Rolle. In einigen Entwürfen wird sie sogar zwingend vorgeschrieben. Auch im Gruppenentwurf wird davon ausgegangen, daß Frauen erst nach Beratung verantwortungsvoll eine Gewissensentscheidung treffen können.
Ich räume ein, daß Frauen in dieser sehr schwierigen Situation Beratungsbedarf haben. Aber die Beratung soll freiwillig erfolgen und nicht per Gesetz mit Zwang verordnet werden. Der vorliegende CDU/ CSU-Gesetzentwurf geht sogar so weit, daß Frauen nicht allein entscheiden können; sie sollen mit dem Arzt gemeinsam entscheiden.
Deutlicher kann man seine Einstellung gegenüber Frauen kaum darstellen. Eine Frau ist demnach nur mit bestelltem Beistand in der Lage, zu entscheiden. Das widerspricht den Grundfesten unserer Gesellschaft, nämlich der Auffassung, daß in einer freien Gemeinschaft jeder verantwortlich vor sich selbst und den anderen handeln muß. Genau diese Fähigkeit zur Verantwortung sprechen Sie, die Sie für einen Beratungszwang eintreten, den Frauen ab.
In diesem Zusammenhang ist für mich auch unverständlich, daß Frauen für Frauen die Beratung fordern. Frauen machen Frauen dadurch unmündig.
Meine Zustimmung zum Gruppenentwurf fällt mir sehr schwer. Ich stimme ihm trotzdem zu. Ich sagte, daß der Beratungszwang für mich ein wesentlicher Hinderungsgrund ist. Ferner ist vor allen Dingen ein Hinderungsgrund, daß der § 218 weiterhin im Strafgesetzbuch enthalten sein wird. Trotzdem stimme ich also dem Gruppenantrag zu,
({3})
weil ich erreichen möchte, daß den Frauen in Westdeutschland endlich eine freie Entscheidung ermöglicht wird, ob sie ein Kind bekommen wollen oder nicht.
({4})
Hinzu kommt, daß ich somit wenigstens dazu beitragen kann, daß den Frauen in Ostdeutschland die jetzt hierzulande geltende Indikationenlösung erspart bleibt.
Ich hörte vorhin die Worte: Vorher soll die Frau entscheiden, ob sie schwanger wird oder nicht. - Ich bin mit bewußter Verhütung schwanger geworden. Ich habe das Pech gehabt, mit Pille und Spirale schwanger zu werden. Auch das gibt es. Diese Realität sollten Sie anerkennen. Auch für diese Frauen muß eine Lösung gefunden werden.
({5})
Ich glaube auch nicht, daß in diesem Hause heute zum letzten Mal über dieses Problem diskutiert worden ist. Daß der § 218 auch nach dem Gruppenentwurf erhalten bleibt, wird dafür sorgen, daß die Frauen weiter Protest anmelden. Irgendwann wird dieses Relikt der Vergangenheit angehören.
Danke.
({6})
Nun hat die Kollegin Dr. Margret Funke-Schmitt-Rink das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Herren! Meine Damen!
Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages ... sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.
So steht es in Art. 38 des Grundgesetzes.
Der Bundestag als Institution hat ebensowenig ein Gewissen wie die katholische Kirche als Institution. Trotz Glockenterrors
({0})
und anderer „Kulturkampfaktionen" ({1}): Der moderne Verfassungsstaat ist nicht mehr das weltliche Schwert der Kirche,
({2})
nicht der Vormund und Sittenwächter von Frauen und Männern.
({3})
In einem weltanschaulich neutralen Staat haben kirchliche Standpunkte keinen Anspruch, zur Gesetzesnorm verallgemeinert zu werden.
({4})
Wieviel wert, meine Herren und Damen, ist also die vielgerühmte Gewissensfreiheit der 662 Abgeordneten im Streit urn den § 218? Oder ersetzen gar Parteien das Gewissen? Gibt es etwa ein Partei- oder Kollektivgewissen? Ich sage: nein. Gegenüber den unerträglichen Bevormundungsversuchen durch die katholische Kirche und mancher ihrer Gefolgsleute sage ich: Widerstand ist Pflicht. Heute wird nicht entschieden, wer ein guter Christ ist und wer ein schlechter Christ ist.
({5})
Die sozialliberale Koalition hatte 1974 beschlossen, durch die prinzipielle Freigabe des Schwangerschaftsabbruchs innerhalb der ersten drei Monate den schwangeren Frauen neben der Gewissenslast, die sie ohnehin haben, auch den Gewissensentscheid zu übertragen.
Das Bundesverfassungsgericht verwarf diese Regelung und formulierte die Vorlage für das bis heute bestehende Indikationsmodell, das eine Abwägung des werdenden Lebens gegenüber den Interessen der Frau durch Dritte erzwingt. Mit anderen Worten: Die Entscheidung zwischen dem Schutz des ungeborenen Lebens und der Notlage der Frau haben bis heute in den ersten drei Monaten - und es wird auch zukünftig so sein, sollte der CDU-Mehrheitsentwurf obsiegen - dritte Personen und nicht die schwangere Frau.
In unserem Gruppenantrag fordern wir statt dessen, daß die betroffene Frau und nur sie die letzte Gewissensentscheidung trifft. Dies ist der grundsätzliche Unterschied zwischen dem Indikationsmodell und dem Fristenmodell.
Niemand, nicht ein Arzt, nicht ein Richter, nicht ein Bischof, kann und darf der schwangeren Frau diese Entscheidung abnehmen.
({6})
Vor allem: Können, oder besser: müssen, Dritte dann auch die Folgen dieser Entscheidung mittragen? Wer kann denn allen Ernstes behaupten, daß Dritte ein größeres Verantwortungsbewußtsein gegenüber dem
ungeborenen Leben hätten als die schwangere Frau selbst?
({7})
So wie der Embryo sich in völliger physischer Abhängigkeit von der Frau befindet, so ist die Verbindung, von der Frau aus gesehen, mit keiner anderen Beziehung vergleichbar, weder körperlich noch emotional noch sozial. Die Menschwerdung der Leibesfrucht im Körper der Frau ist nur möglich, wenn diese sich voll und ganz, total, zur Verfügung stellt. Ein Schwangerschaftskonflikt ist mit einer biologisch einzigartigen Situation verknüpft.
Eine gegebene Kollision des werdenden Lebens mit den Interessen der Frau ist ein in der Rechtsordnung einmaliger Fall. Der Konflikt kann nicht generell- abstrakt dadurch gelöst werden, daß der Gesetzgeber seine Entscheidung an die Stelle der Entscheidung der Frau setzt. Die staatliche Drohung, die Strafbarkeit des Abbruchs, muß den Konflikt verschärfen und in eine unerträgliche Zwangslage verwandeln. Das Problem der Abtreibung, meine Damen, meine Herren, ist mit den Mitteln des Strafrechts nicht zu bewältigen.
({8})
Ich behaupte, daß der bisherige § 218 bis heute keine einzige Abtreibung verhindert hat.
Die Verpflichtung der Frau zum Austragen des Kindes gegen ihren Willen bedeutet den tiefsten Eingriff in ihre gesamte Lebensplanung und Lebensführung. In einer freiheitlichen Gesellschaft, die wir doch sind, kann eine mit so weitreichenden Pflichten vorhandene Sonderrechtsbeziehung wie die MutterKind-Beziehung nur freiwillig übernommen, aber nicht mit Mitteln des Strafrechts erzwungen werden. Dies kommt einer Entmündigung der schwangeren Frau gleich. Sittliche und strafrechtliche Bewertung, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, müssen nicht deckungsgleich sein, wie Sie das gebetsmühlenartig formulieren.
({9})
Will der Staat die Entscheidung zum Kind erleichtern, darf er nicht zum Strafrecht, sondern muß er in die Taschen seiner Bürgerinnen und Bürger greifen.
({10})
Dazu gehören die seit vielen Jahren geforderten familienfreundlichen Maßnahmen, die alle Fraktionen in diesem Haus befürworten. Aber dazu gehört noch viel mehr. Unser gemeinsames langfristiges Ziel muß der soziale Umbau unserer Gesellschaft sein, damit Frauen und Männer gleichberechtigt und gleichgestellt mit Kindern leben können und wollen.
({11})
Fazit: Wer im Verzicht auf die Anwendung des Strafrechts in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft eine Bankrotterklärung unserer Wertegemeinschaft sieht, der irrt. Bankrott ist eine Familienpolitik, die immerzu von der Chancengleichheit von Mutterschaft und Beruf redet, während in Wirklichkeit Frauen und Familien mit Kindern sozial und wirtschaftlich diskriminiert werden.
({12})
Nur hier und nicht im Abtreibungsrecht liegt die Wurzel des Übels.
({13})
Meine Herren, meine Damen, stehen Sie zu der von Ihnen durch das Grundgesetz garantierten Gewissensfreiheit! Beenden Sie die pharisäerhafte Selbstgerechtigkeit der Diskussion über den § 218! Stimmen Sie für den Gruppenantrag!
({14})
Nun spricht die Frau Kollegin Roswitha Verhülsdonk.
Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Ich habe heute viele Reden gehört, bei denen ich Schwierigkeiten hatte, die Meinung zu teilen; aber die letzte Rede fand ich schlimm.
({0})
Wer die öffentliche Debatte über die Reform des Abtreibungsparagraphen verfolgt hat, konnte manches Mal den Eindruck gewinnen: An dieser Frage entscheidet sich, wie gut oder wie schlecht es um die Rechte der Frau bestellt ist. Von Selbstbestimmung, ja von Befreiung der Frau war dabei die Rede. Diese Verkürzung der Diskussion finde ich unverantwortlich.
({1})
Sie verschleiert den ethischen Aspekt des Schwangerschaftsabbruchs, und sie wird auch den Problemen der Frauen nicht gerecht.
In den alten Bundesländern konnten wir in den letzten 15 Jahren wichtige Erfahrungen mit dem § 218 sammeln. Wer sich wie ich jahrelang darum gekümmert hat, was sich in Beratungsstellen und Arztpraxen abspielt, der konnte erfahren, wie schwierig, komplex und konfliktbeladen die Entscheidungssituation ungewollt schwangerer Frauen ist.
Die Notsituationen, die dort zur Sprache kommen, sind so verschieden wie die Frauen selbst. Da gibt es die starke, selbstbewußte Frau, die einen Schwangerschaftskonflikt notfalls allein meistert. Die meisten der ratsuchenden Frauen, so sagen uns die Beraterinnen, sind aber in ihren Problemen so befangen, daß sie diese allein nicht bewältigen können. Viele sind von ihrem Partner gedrängt und von ihren Familien verlassen. Die Frauen sprechen häufig zunächst von ihren wirtschaftlichen und sozialen Nöten, die auch für engagierte Beraterinnen nicht leicht lösbar sind;
das wissen wir alle. Ich denke hier vor allem an das Wohnungsproblem.
Die Bedeutung der sozialen Hilfsmaßnahmen ist in der öffentlichen Diskussion bedauerlicherweise zu kurz gekommen. Von ihnen hängt es aber unter Umständen ab, ob sich eine Frau in schwieriger Lage für ihr Kind entscheiden kann.
Die Union hat sich mit ihrem Hilfepaket viel Mühe gemacht. Wir haben alle wesentlichen Forderungen der Beratungsstellen, die uns in den letzten Jahren immer wieder auf den Tisch gelegt worden sind, berücksichtigt. Dieses Sozialpaket zielt nicht nur auf Abhilfe in akuten Schwangerschaftsnotlagen, sondern enthält auch wesentliche Verbesserungen für das Leben mit dem Kind und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das ist eine Stelle, an der wir ansetzen müssen. Ich bin sicher, wir haben über das hinaus, was hier an Hilfe diskutiert wird, noch viel mehr zu tun.
Erfahrene Beraterinnen berichten uns aber seit langem, daß hinter den sozialen und materiellen Problemen der Frauen fast immer tiefgreifende Beziehungskonflikte zwischen den Partnern stehen. Oft ist die Frau die einzige, die das Kind eigentlich will. Aber der Druck, es „wegmachen" zu lassen, wie der verharmlosende Sprachgebrauch da lautet, ist übermächtig.
({2})
Kommt es zum Abbruch, sind es wieder die Frauen, die die Trauerarbeit leisten und die seelischen Probleme, die daraus folgen, bewältigen müssen.
Vor diesem Hintergrund finde ich es geradezu zynisch, wenn die Antwort auf die Probleme heißt: Selbstbestimmung innerhalb einer Frist.
({3})
Vielen Frauen ist es keine Hilfe, wenn ihnen ein möglichst schneller und unkomplizierter Weg zur Abtreibung eröffnet wird. Frauen, die keinen Ausweg mehr sehen, brauchen vor allem eine verständnisvolle Beratung, in der ihr Konflikt vertrauensvoll und behutsam aufgearbeitet wird. Am Ende soll dann eine reflektierte Entscheidung der Mutter stehen. Eine Beratungspflicht ist deshalb nicht Gängelung, sondern Hilfe für die Frau. Das möchte ich einigen Kolleginnen sagen.
Nun nennt der Gruppenentwurf in seiner Begründung als Ziel zwar eine qualitativ hochwertige Beratung. Er verpflichtet die Frau aber nicht, ihre Situation darzulegen. Die sogenannte Beratung bleibt auf ärztliche Information und Darstellung von sozialen Rechtsansprüchen beschränkt und wird damit nach meiner Ansicht zu einer Farce.
({4})
Bisher gilt die Trennung von ärztlicher und psychosozialer Beratung. Ich frage die Verfasser des Gruppenentwurfs: Warum wird diese Trennung aufgegeben? Sollen alle, die unter der bisherigen Bedingung qualifiziert beraten haben, aus dieser Beratungsaufgabe herausgedrängt werden? Das bedeutete dann doch eine Fristenlösung mit einer bloßen Pro-forma-
Beratung. Man spürt dem Gruppenentwurf geradezu den Widerwillen an, das Selbstbestimmungsrecht der Frau durch Beratung „einzuschränken".
({5})
Wegen des überzeugenden Beratungskonzepts und des besseren Hilfepakets, aber auch wegen der strafrechtlichen Ausgestaltung werde ich für den Mehrheitsentwurf der Union stimmen.
({6})
Als nächste hat die Kollegin Margitta Terborg das Wort.
Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Es ist schwierig, nach einer so langen Debatte hier und nach einer in der Öffentlichkeit so breit geführten Diskussion über dieses Problem noch einen neuen Gedanken beizusteuern.
Diesen Ehrgeiz habe ich nicht. Ich will Flagge zeigen und die Frauen und Mütter in meinem Wahlkreis wissen lassen, daß ich ihre Sorgen und Nöte verstehe und sie in dieser Frage nicht allein lasse.
({0})
Ich bin für den Gruppenantrag, der mehrheitlich von den Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion getragen wird. Ich bin für die Fristenlösung, und ich stehe dafür, daß die letzte Entscheidung über einen Schwangerschaftsabbruch bei der Frau bleibt. Zwar werden wir mit dieser Reform den Beratungszwang statt des Angebots der Beratung nicht verhindern können, aber ich würde den Frauen, die in Not geraten sind, einen noch schlechteren Dienst erweisen, wenn ich um der „reinen Lehre" willen den vorgeschlagenen Kompromiß ablehnte. Ganz nebenbei: Es gibt hier keine „reine Lehre".
Ein Schwangerschaftsabbruch ist eine so tiefgreifende persönliche und ethische Entscheidung in fast auswegloser Situation, daß das Strafrecht verstummen muß und auch die Priester schweigen müssen.
({1})
Ich persönlich hätte eine solche Entscheidung nie treffen wollen und können. Zum Glück ist sie mir erspart geblieben.
Aber ich weiß von vielen Frauen aus meinem Wahlkreis, die keinen anderen Ausweg mehr sahen. Ich war außerstande, ihre Entscheidung zu mißbilligen. Die Gesellschaft hatte sie allein gelassen.
Wenn ich den Finanzierungsvorbehalt der Damen und Herren Finanzminister aller Couleur richtig deute, wird das noch längere Zeit so bleiben. Das, meine Kolleginnen und Kollegen, ist der eigentliche Skandal.
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Er würde noch größer, wenn der Bundestag mehrheitlich die Indikationenlösung beschließen würde, denn dann müßten die Hilfen für das werdende Leben, für die Mutter und das Kind noch viel intensiver ausgestaltet werden, d. h. teurer sein.
Wenn der Staat das Austragen eines Kindes von der Mutter erzwingt, hat er die Obhut für dieses Kind zu übernehmen. Die Indikationen-Befürworter setzen sich dem Verdacht aus, Sittenrichter der Nation zu sein und sich um die Folgen nicht kümmern zu wollen.
Wir alle, meine Kolleginnen und Kollegen, stehen in der Pflicht, dem werdenden Leben, den Müttern und den Kindern zu helfen.
Nun sage ich noch etwas, was Sie vielleicht schockiert; aber das meine ich so. Ich kann mich an einen Krieg erinnern, wo über Nacht im Bundeshaushalt 10 Milliarden DM zur Mitfinanzierung der Tötung geborenen Lebens zur Verfügung standen.
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Ich hoffe, Sie erinnern sich auch daran, schämen sich und stellen sich auf die Seite des werdenden Lebens, der Mutter und des Kindes.
Ein allerletztes Wort - ich weiß, es ist nicht üblich, aber was kann schon üblich sein an einem Tag wie diesem -: Ich wollte dem Kollegen Eylmann danke sagen für eine Rede, die durch ihre Brillanz turmhoch aus der Debatte herausragte. Ich kann nur hoffen, daß seine Rede in den Köpfen seiner CDU-Kollegen Bewegung ausgelöst hat. Wenn nicht, bleibt sie dennoch ein Beispiel dafür, daß es wenigstens einen Mann in der Union gibt, der den Konflikt begriffen, aufgenommen und intellektuell verarbeitet hat.
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Nun hat die Kollegin Dr. Ursula Fischer das Wort.
Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte, die wir heute miteinander führen, ist so widersprüchlich wie die Gesellschaft, in der wir leben. Positionen und Argumente prallen aufeinander und sind scheinbar unversöhnlich. Jeder glaubt, daß seine Wichtung, seine Entscheidung nur so und nicht anders möglich ist.
Oft genug ist betont worden, daß die Abgeordneten in diesem Punkt nur ihrem Gewissen verpflichtet sind. Das begrüße ich, das sollte immer so sein.
Aber das entspricht derzeit wohl nicht der tatsächlichen Situation. Ich jedenfalls fühle mich bedrängt und muß letztlich taktisch entscheiden, um meinen Wählern und Wählerinnen wenigstens die Tür für ihre Selbstbestimmung offenzuhalten.
Hier wird getan, als ob Frauen zur Abtreibung gezwungen werden sollen. Warum ist es nicht möglich, eine Toleranz an den Tag zu legen, die jedem Individuum das Recht einräumt, sich selbstbestimmt in seinem Umfeld - und für mich gehören die Männer dazu - zu orientieren und zu entscheiden, auch darüber, welche Form und Art der Beratung von anderen Stellen zusätzlich gewünscht werden?
Ich sehe, daß hier der Mensch, ob nun Mann oder Frau, entmündigt wird. Ich sage das, obwohl ich nach
wie vor für eine Fristenregelung eintrete, und zwar, wie ich meine, mit gewichtigen Gründen.
Ich hätte persönlich die Möglichkeit gehabt, Abtreibungen bei meinen drei Kindern vornehmen zu lassen. Ich tat das trotzdem nicht, obwohl ich beim ersten Kind gar eine Empfehlung, aus welchen Gründen auch immer, erhalten hatte.
Ich denke einfach, daß ein gesetzlicher Rahmen, der eine Frist benennt, aber keinerlei Strafandrohung beinhaltet, dazu geeignet wäre, wirklich selbstbestimmt zu entscheiden. Verpasse ich diese Frist, dann kann ich das nicht dem Staat, der Ärztin oder dem Arzt oder sonstwem anlasten, sondern es ist mein eigenes Versäumnis, mit dem ich dann leben muß. Für mich ist die zwölfte Woche eben kein willkürlich gesetzter Termin.
Aber warum ist ein Kind für die Partner oft kein Grund zur Freude? Das Dasein des Kindes war nicht eingeplant. Und viele wissen nicht, daß Kinder auch Glück bedeuten; besser gesagt, sie haben diese natürlichen Reaktionen auf Grund der gesellschaftlichen Gegebenheiten verlernt.
Wenn das so ist, dann ist in der Art und Weise, wie wir leben, ein Punkt erreicht oder gar überschritten, der mich als Ärztin dazu verleitet, zu sagen: Eine Gesellschaft, in der Kinder oft sehr einseitig als Belastung empfunden werden, ist krank. Verhalten wird erzeugt und ist nicht einfach so gegeben. Machen wir Frauen uns doch nichts vor: Viele Männer wollen an der Entscheidung über das Leben des Kindes nicht teilhaben oder sind froh, daß sie die Verantwortung der Frau zuschieben können. Die Rolle des Mannes wird in der Diskussion für mich zuwenig berücksichtigt oder zu einseitig gesehen, obwohl ständig vom Patriarchat geredet wird. Die Männer haben oft entscheidenden Einfluß auf den Ausgang einer Schwangerschaft.
Was aber macht es so schwer, sich bewußt für ein Kind zu entscheiden? Unsicherheit gibt es auf allen Wegen. Wer Angst vor dem weiteren beruflichen Werdegang und den finanziellen Belastungen hat, scheut auch vor Partnerschaft und Kind zurück.
Strafrechtliche Regelungen schaffen zusätzliche Ängste und bauen sie nicht ab. Es ist ein großer Irrtum, daß staatlicher Druck auf längere Sicht die Probleme löst. Das gilt wohl nicht nur für den § 218.
Mit Sorge beobachte ich die besondere Situation in den neuen Bundesländern. Frauen sind in vielen Richtungen verunsichert. Wenigstens nicht schwanger werden, heißt die Devise; jetzt ein Kind wäre unser Aus, eine Art der Selbstaufgabe für uns selbst.
Meine Damen und Herren, der § 218 - und machen wir uns nichts vor, im Gruppenentwurf ist nach wie vor der § 218 enthalten - löst auch Ängste aus. Die Folgen sind psychische und psychosomatische Störungen.
Die Folgerung lautet immer häufiger: Sterilisation. Die ist ja wohl erlaubt. Auch Arbeitgeber sind ja nicht gerade unglücklich über eine derartige Mitteilung. Mir macht das Angst; denn das ist eine eindeutige Absage an die Zukunft. Offensichtlich glauben die Frauen, die zu diesem Mittel greifen - auch Männer
tun es - nicht mehr an eine Veränderung in Richtung auf eine kinderfreundliche Gesellschaft. Auch mir fällt es manchmal schwer.
Wenn ich mich heute entscheide, dann nicht nach meinem Gewissen, sondern, wie gesagt, rein taktisch, um Schlimmeres zu vermeiden. Ich denke, so werde ich das auch meinen Wählerinnen und Wählern erklären müssen.
Der Gruppenantrag verursacht mir Bauchschmerzen, und ich möchte mich zumindest enthalten wollen; aber das kann ich wohl nicht verantworten. Ich sage es ganz deutlich: Mein Ja ist erzwungen durch die Verhältnisse, wie sie derzeit sind, nicht mehr und nicht weniger.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
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Bevor ich nun der Kollegin Frau Professor Dr. Ursula Lehr das Wort erteile, möchte ich Sie nur kurz darüber informieren, daß wir derzeit noch mindestens elf Wortmeldungen vorliegen haben, daß also die Abstimmung frühestens in einer Stunde beginnen kann.
Ich sage das, damit Sie die Chance haben, falls Sie sich lieber noch unterhalten, das jetzt nicht hier im Raum zu tun, und damit die anderen die Chance haben, denen zuzuhören, denen sie zuhören wollen. Das ist nur meine Bitte wegen des Geräuschpegels. Ich mag auch nicht immer die ganze Zeit brüllen, Sie zur Ordnung rufen und Sie bitten, Platz zu nehmen und ähnliches, sondern ich bitte schlicht und einfach, die Gespräche unten im Keller oder draußen auf dem Vorplatz, im Garten oder sonstwo zu führen und hier denen, die den Verhandlungen folgen wollen, die Möglichkeit dazu zu geben.
Nun, Frau Kollegin Professor Dr. Lehr, haben Sie das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Fast die Hälfte der Abgeordneten des Deutschen Bundestages sind in der Kriegs- und Nachkriegszeit geboren: 192 in den Kriegsjahren 1939 bis 1945 und 106 in der Nachkriegszeit bis 1948,
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in einer Zeit, die damals für die meisten Mütter und Väter wahrhaftig durch eine vielfache soziale Notlage gekennzeichnet war,
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in einer Zeit, die durch Hunger und Not, durch Bombenangriffe und Flüchtlingselend geprägt war. Die Wohnsituation war äußerst angespannt. Viele lebten zu mehreren, teils fremden Personen in einem meist schlecht geheizten Raum zur Untermiete. Ihre Väter waren damals vielleicht eingezogen, in Kriegsgefangenschaft oder gar im Krieg gefallen. Und trotzdem haben Ihre Mütter ja zu ihnen gesagt.
Aus biographischen Erhebungen, aus vielen eingehenden Gesprächen mit jetzt älteren Menschen weiß ich: Hätte es damals die Fristenregelung gegeben,
würden manche, die sich heute so vehement dafür einsetzen, gar nicht existieren.
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Ein weiterer Gesichtspunkt, vor einer Fristenregelung zu warnen, ergibt sich aus der durch Untersuchungen belegten Tatsache, daß die Feststellung einer Schwangerschaft zwar von einigen werdenden Müttern und Vätern sehr positiv begrüßt wird, bei einem hohen Prozentsatz der Frauen jedoch zunächst Unsicherheit oder gar Schock und Entsetzen auslöst. Selbst wenn ein Kind im Grunde bejaht wird, heißt es oft: Nicht gerade jetzt, nicht zu dieser Zeit! Wir wissen aus diesen Studien aber auch, daß die ursprüngliche Ablehnung mit der Zeit sehr oft in eine Annahme, Bejahung und sogar freudige Erwartung umschlägt.
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Ist die Schwelle für die Durchführung der Abtreibung nicht hoch gesetzt, würde manch eine in einer solchen ersten oder zweiten Reaktion eine Entscheidung treffen, die sie später bereuen würde.
In der Tat ist die Geburt eines Kindes im Leben einer Frau eine äußerst einschneidende Zäsur, bedeutet oft eine völlige Umgestaltung der eigenen Lebensplanung, wie sie ein Mann kaum nachvollziehen kann. Das Leben des Vaters verläuft meist - mehr oder weniger beeinflußt - in gleichen Bahnen weiter. Für die Frau dagegen kann eine Schwangerschaft, gerade wenn sie sich alleingelassen fühlt, zu einer existentiellen Krise werden. Solchen Situationen muß die Formulierung des Gesetzes Rechnung tragen.
Wir haben uns hier zu fragen, wie wir die Situation der jungen Mutter erleichtern können. Eine breite Palette unterstützender Maßnahmen ist in dem CDU/ CSU-Antrag vorgesehen. Doch mit materiellen und finanziellen Hilfen allein ist es oft nicht getan.
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Solche Aspekte sind oft nicht primär entscheidend für eine Ablehnung des Kindes, vor allem dann nicht, wenn sich die junge Mutter verpflichtet fühlt, ihren Beruf aufzugeben oder die Berufstätigkeit für längere Zeit zu unterbrechen. Wir schützen werdendes Leben nur dann, wenn wir Frauen Beruf und Familie ermöglichen, wenn wir Frauen nicht direkt oder indirekt den Platz allein im Haushalt oder bei den Kindern zuweisen, wenn wir für eine qualifizierte Tagesbetreuung auch von Kleinstkindern Möglichkeiten schaffen, sie zumindest nicht ablehnen. Die junge Mutter, die trotz Kleinkind berufstätig sein will, sollten wir nicht als Rabenmutter abstempeln. Diejenigen, die mit mehr oder minder gewichtigen Gründen die Mutter unbedingt an den Herd binden, haben sicherlich nicht zu einer Verbesserung des Schutzes des ungeborenen Lebens beigetragen.
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Hier ist ein Wandel in der Einstellung der berufstätigen jungen Mutter gegenüber notwendig.
Eine Fristenlösung lehne ich aus vielen Gründen ab. Die Kriterien für eine Notlagenindikation sollten eng gesetzt werden: aus einer ethischen Verantwortung dem werdenden Leben gegenüber und auch aus einer Verantwortung der jungen Frau gegenüber. Denn
das, was in der momentanen Situation vielleicht als eine Befreiung aus der Konfliktsituation erscheinen mag, hat sich oft als lebenslange psychische Belastung herausgestellt.
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Und ein letztes: Leben darf in keiner Phase zur Disposition gestellt werden. Auch wenn es die Befürworter der Fristenlösung nicht wollen, ist zumindest nicht auszuschließen, daß sich dann, wenn an einer Stelle das Lebensrecht beschnitten wird, sich auch an anderen Stellen Schleusen öffnen.
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Zum Schluß einige Zahlen aus Holland: In einer Verlautbarung des niederländischen Ärztebundes heißt es, daß bei 129 000 Todesfällen über 60jähriger insgesamt 19 675, das sind 15,3 %, das Leben durch aktive Euthanasie beendet wurde,
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davon 8 655 mit ausdrücklicher Absicht des Kranken, aber in 11 575 Fällen ohne ausdrückliche Bitte des Kranken.
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Schon heute ist bei unserer älteren Bevölkerung die Angst, pflegebedürftig zu werden, sehr groß. Hoffentlich wird angesichts der Diskussion über die Einschränkung des Lebensrechts
Frau Kollegin, Ihre Redezeit!
- daraus nicht die Angst, daß auch das Leben von pflegebedürftigen alten Menschen eines Tages zur Disposition steht.
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Ich erteile das Wort der Kollegin Uta Titze.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es würde mich ja reizen, mich speziell an Sie, Herr Klein, zu wenden, in Vertretung für die 527 hier anwesenden Männer; denn die heutige Schlagzeile der „Bild-Zeitung" hat mich schon beeindruckt. Die lautete: 527 Männer entscheiden über alle Frauen. Ich hoffe, Herr Präsident, und mit Ihnen alle Männer, Sie sind sich dieser schweren Verantwortung bewußt.
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Es würde mich auch reizen, Herrn Blüm zu fragen. Es wäre sehr reizvoll, zu erfahren, wie er sich gestern im EG-Sozialministerrat verhalten hat, wo es ja doch darum ging, die Blockade der deutschen Bundesregierung gegen einen besseren Schutz der Schwangeren aufzuheben. Aber die Antwort wird wohl heute abend nicht erfolgen.
Zum Kollegen Warnke: So, wie Sie die Realität schildern, ist sie zum Glück ja nicht. Immerhin befürworten, auch wenn man nicht an Umfragen glauben mag, bis zu 80 % der bundesdeutschen Bevölkerung eine für die Frauen, wie ich meine, bessere Lösung, die Fristenlösung, und unter diesen 80 % dürften auch Männer sein.
Kaum ein gesellschaftspolitisches Thema hat in jüngster Zeit zu so unterschiedlichen Reaktionen und Bewertungen geführt wie die Diskussion um den § 218.
Nun ist die Diskussion ja nicht neu. Wir führen sie, wie Frau Funke-Schmitt-Rink ausgeführt hat, seit sehr vielen Jahren und vollziehen im Augenblick den zweiten Schritt zu einer, wie ich für mich persönlich gestehen muß, nicht optimalen Lösung, aber einer Lösung, die akzeptiert werden muß, weil wir eine bessere nicht bekommen.
Ich habe bewußt den Gruppenantrag nicht unterschrieben, spreche mich aber bewußt heute dafür aus, und das nach sehr vielen Gesprächen mit vielen, vielen Frauen, vor allem jungen. Und junge Frauen sagen: Beratung ist nicht der Punkt für uns. Beratung, selbst wenn sie sein muß, ist kein Argument, gegen den Gruppenantrag zu stimmen. Für uns ist die Möglichkeit der Öffnung zur Fristenlösung der wichtige Fortschritt.
Deswegen spreche ich mich massiv dafür aus, daß Sie, meine Damen und Herren, die noch zögern, diese Interessen von jungen Frauen, die ja mal Familienmütter werden könnten, hier zu begreifen und ihnen zu entsprechen.
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Eines muß ich auch sagen: Ich habe die Debatte über den ganzen Tag hinweg zum größten Teil verfolgt. Es ist beeindruckend, daß auf jeder Seite doch achtbare Argumente gefallen sind und als solche auch aufgefaßt worden sind. Dieser zumeist faire Umgang mit Worten und Menschen hat mich sehr beeindruckt. Es ist allerdings ein Umgang, der der Sache auch angemessen ist, denn in keinem menschlichen Bereich geht es urn so Persönliches, Intimes wie in der Frage des Schwangerschaftsabbruchs, handelt es sich doch dabei um die Auswirkung gelebter Sexualität. Dieser Komplex ist angstbesetzt und wird wegen des Einflusses der katholischen Amtskirche - das ist von Frau Funke-Schmitt-Rink in entsprechendem Kampfesmut vorzüglich dargestellt worden - immer noch stark tabuisiert, moralisiert und läuft auf fast unanständige Weise emotinalisiert ab.
Ich begreife zwar, daß man deshalb zu sehr subjektiven Argumenten greift; ich habe aber kein Verständnis mehr dafür, daß mir gestern beispielsweise - Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, geht es sicherlich genauso - etwas auf den Schreibtisch gelegt wurde, was ich nur unter großer Erschütterung in den Papierkorb werfen konnte, nämlich Fotos von abgetriebenen Föten in einem Eimer. Diese Werbung für eine Sache geht mir zu weit. Da ist die Grenze der Zumutbarkeit erreicht. Diese Art Kulturkampf zeigt doch mehr als jedes Wort die Mißachtung der Frau, die hinter solchen Aktionen steckt.
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In allen meinen Unterredungen, Gesprächen und Diskussionen mit jungen und älteren Frauen sind zwei schwere Diskriminierungen angeführt worden, unter denen Frauen bei der Debatte um den § 218 generell leiden: zum einen die Unterstellung, daß eine Frau, die abtreibt, eine Quasi-Mörderin ist, und zum anderen, daß Frauen unmoralisch, leichtfertig und - falls
auch noch abtreibungswillig - nicht ganz bei Sinnen sind.
Wir haben hier genügend kluge und richtige Ausführungen zur Beratung gehört. Ich brauche das nicht zu erläutern. Ich möchte nur mit einem Satz meine berufliche Erfahrung als langjährige Sonderschullehrerin in München für erziehungsschwierige Jugendliche, die alle etwa 15 bis 17 Jahre alt waren, weitergegeben.
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- Ich komme zum Schluß. - Das Recht auf Sexualberatung, auf Sexualerziehung ist äußerst wichtig. Ich habe in meiner Arbeit so große Defizite bei Mädchen, Jungen und auch Eltern festgestellt, daß es gerade dieser Punkt verdient, in den Gruppenantrag aufgenommen zu werden.
Ich appelliere an Sie alle, an die Frauen in ganz Deutschland zu denken und dem Gruppenantrag zuzustimmen.
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Frau Kollegin Titze, Sie hatten die Redezeit zwar ein kleines bißchen überschritten, aber die Glocke galt nicht Ihnen, sondern der Unruhe im Saal.
Ich bitte Sie alle doch herzlich, die Stunde jetzt durchzuhalten. Es ist für den Redner oder die Rednerin sehr schwer, sich durchzusetzen, wenn hier im Saal etwa 30 Minikonferenzen stattfinden.
Ich erteile dem Kollegen Karl-Josef Laumann das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Diskussion um die Auseinandersetzung über § 218 ist nach meinem Empfinden nicht nur unter dem Aspekt des rechtlichen Schutzes des menschlichen Lebens zu führen, sondern auch unter dem Blickwinkel der sozialen Hilfen für Mutter und Kind zu betrachten. Dieses Thema habe ich in der heutigen Debatte manchmal etwas vermißt.
({0})
Es geht um die Frage: Wie stark ist unsere Gesellschaft bereit, für Frauen, die durch eine Schwangerschaft in eine Konfliktsituation geraten, Hilfen zu organisieren?
({1})
Ich bin froh darüber, daß in den Anträgen der CDU/CSU und der Werner-Gruppe hierzu deutliche Aussagen gemacht worden sind. Daß wir dies ernst meinen - damit komme ich auf den Zwischenruf „Wo denn?" -, können Sie an den Ergebnissen der Politik der letzten zehn Jahre sehen. Erziehungsgeld, Anerkennung von Kindererziehungszeiten in der Rentenversicherung, Steuererleichterungen für Familien mit Kindern und viele andere Entscheidungen kennzeichnen eine richtige Politik für den Schutz des ungeborenen Lebens.
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Allerdings wird sich in Zukunft zeigen, wie ernst es unsere Parteien mit dem Schutz des ungeborenen Kindes meinen, wenn es darum geht, in den Gemeinden, Kreisen und Ländern den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz vor Ort zu realisieren. Dann geht es nämlich um die Frage: Geben wir unser Geld für Kindergärten aus oder für andere wünschenswerte Investitionen in unseren Gemeinden?
Meine Damen und Herren, sosehr ich für soziale Hilfen bin, sosehr ich auch davon überzeugt bin, daß wir mit diesen Hilfen und mit Zuwendungen an Schwangere das ungeborene Leben schützen können,
({3})
so sehr bin ich auch dafür, daß wir das ungeborene Leben, das menschliche Leben vom Anfang bis zum Ende, unter einen rechtlichen Schutz stellen.
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Daher bin ich nicht bereit, den staatlichen Schutz für das höchste Gut, das es zu schützen gilt, das Recht des Menschen auf Leben, in irgendeiner Phase, auch nicht in den ersten drei Monaten, zurückzunehmen.
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Ich persönlich empfinde es als unverantwortlich, wenn die Vertreter unseres Volkes den staatlichen Schutz für das menschliche Leben für eine bestimmte Frist streichen und damit das Lebensrecht des ungeborenen Kindes der Verfügungsgewalt eines einzelnen Menschen überlassen. Vor dieser Abstimmung sollten wir sicherlich noch einmal bedenken, daß unsere Rechtsordnung auch eine Werteordnung ist. Insofern können wir, so meine ich, einer Fristenlösung nicht zustimmen.
({6})
Aus diesem Grunde werde ich, meine Damen und Herren, heute den Antrag der Gruppe Werner leidenschaftlich unterstützen. Denn dieser Antrag spricht sich eindeutig für den rechtlichen Schutz des ungeborenen Lebens aus.
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Ich sage aber auch: Sollte dieser Antrag keine Mehrheit finden, so werde ich - mit schwersten Bedenken - in einer anderen Abstimmung dem Mehrheitsantrag von CDU/CSU zustimmen. Ich erwäge dies nur deswegen,
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weil ich meine, daß wir die Einführung einer Fristenregelung auf jeden Fall verhindern müssen.
({9})
Ich bitte noch einmal all diejenigen, die für eine Fristenlösung sind, zu bedenken, ob sie mit dieser Entscheidung heute nicht einer Entwicklung Vorschub leisten, die irgendwann darin münden wird, daß in unserem Lande auch darüber gesprochen wird, den Schwerstpflegebedürftigen den rechtlichen Schutz auf Leben zu entziehen.
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Ich möchte Sie - das sage ich auch meinen Freunden aus der Werner-Gruppe - ganz herzlich darum bitten, dann, wenn wir die Abstimmung hier verlieren sollten, dem Mehrheitsantrag der Union zuzustimmen.
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Ich glaube, wir sind es Gott und unseren Bürgern
schuldig, in diesem Falle mit der erwähnten Möglichkeit die letzte Chance zur Verhinderung der Einführung einer Fristenlösung in diesem Land zu nutzen.
({12})
Herr Kollege Jörg Ganschow, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zum drittenmal steht heute die Neuregelung des Abtreibungsparagraphen an. Das ist eine Pflichtaufgabe, die uns in erster Linie auf Grund der Wiedervereinigung Deutschlands übertragen wurde. Doch sehe ich die Neuregelung nicht als lästige Pflicht, sondern vor allem als eine Chance dazu an, überhaupt zu einer Reform dieses Paragraphen zu kommen.
In Deutschland gibt es derzeit zweierlei Recht: in den alten Ländern die Indikationslösung, in den neuen die Fristenregelung. Wenn ich mir das, was ich heute hier gehört habe, noch einmal durch den Kopf gehen lasse, so muß ich sagen: Ich glaube nicht, daß die Diskussion nach einer Beschlußfassung beendet sein wird. Denn inzwischen gibt es zahlreiche Ankündigungen, gegen die eine oder andere Änderung beim Bundesverfassungsgericht Klage zu erheben.
Ich werde für den Gruppenantrag stimmen.
({0})
Ich habe dafür mehrere Gründe.
Zum einen befürworte ich persönlich die Fristenregelung ganz grundsätzlich. Das Stellen von Indikationen halte ich nicht für besonders ehrlich, da weder eine Strafandrohung noch das Aufbauen von Indikationshürden bisher irgend etwas daran geändert haben, daß Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden.
Zum zweiten sehe ich die Situation in Ostdeutschland. 76 % der Menschen in Deutschland - der Anteil in Ostdeutschland liegt bei 82 % - befürworten die Fristenregelung. Insofern finde ich hier im Gruppenantrag die Fristenregelung wieder. Dazu möchte ich jedoch noch zwei Dinge anmerken.
Erstens. Es ist ziemlich unverschämt, wenn von radikalen Frauengruppen behauptet wird, daß dieser Gruppenantrag nur eine verdeckte Indikationslösung sei, der vor allem die Frauen in Ostdeutschland ins Mittelalter zurückwerfen würde.
Ich warne davor, das Strafgesetzbuch der DDR nachträglich zu glorifizieren, nur weil es keinen § 218 enthalten hat. Man betrachte dann bitte auch die politischen Strafparagraphen dieses Strafgesetzbuchs.
({1})
Ich warne auch vor einer Romantisierung der DDR im Zusammenhang mit der Beratung. Schon die Bezeichnung „Zwangsberatung" suggeriert etwas
Bedrohliches, während Pflichtberatung eigentlich etwas Normales ist.
Es gibt in diesem Haus einige, die meinen, die DDR besser zu kennen als die, die dort selber gelebt haben. Aber obwohl im DDR-Gesetzbuch das Wort „Beratung" nicht stand, konnte keine Frau in eine Krankenhausstation eingewiesen werden, bevor sie nicht zusammen mit dem Arzt einen Fragebogen ausgefüllt hatte, den beide gemeinsam unterschreiben mußten. Insofern gab es sogar eine Dokumentation.
({2})
Meine Herren, lassen Sie sich jetzt nicht davon abhalten, auch in dieser Frage mitzureden.
Meine Damen, verurteilen Sie nicht die Männer, die sich das Recht herausnehmen, in dieser Frage mitzureden.
Die Herren dieses Hauses sollten aber heute und hier zeigen, daß sie nicht daran zweifeln, daß jede Frau in Deutschland mit einer Fristenregelung verantwortlich umgehen kann.
Danke.
({3})
Das Wort hat der Kollege Dr. Andreas Schockenhoff.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Viele hier im Saal, auf allen Seiten des Saals, stehen heute als Christen vor einer sehr schwierigen Gewissensentscheidung. Ich zähle mich dazu.
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Frau Funke-Schmitt-Rink, Sie haben einige von uns als „Gefolgsleute des Glockentenors" bezeichnet. Ich habe das als sehr verletzend empfunden und bitte Sie, sich zu entschuldigen.
({1})
Wir müssen in dieser Debatte der besonderen Situation der schwangeren Frau gerecht werden. Deshalb ist es wichtig, daß die Diskussion nicht ausschließlich auf den strafrechtlichen Aspekt des Schwangerschaftsabbruchs beschränkt war. Strafe kann Beratung und Hilfen allenfalls flankieren.
Als Mutter ist die schwangere Frau für ihr Kind der wichtigste Mensch. Ihr obliegen die Fürsorge und die Verantwortung für ihr ungeborenes Kind. Im Grenzfall der ungewollten Schwangerschaft schließt das auch die Zumutung einer ungewollten Verantwortungsübernahme ein.
Ein wirksamer Schutz kann nur mit den betroffenen Frauen, nicht gegen sie erreicht werden. Das ist richtig. Nicht nur das ungeborene Kind braucht Schutz, sondern auch die betroffene Frau vor dem Druck von außen.
Die Frau hat in einem Schwangerschaftskonflikt Anspruch auf Solidarität und Hilfe - nicht nur für ihr Kind, sondern auch um ihre eigenen Lebenschancen zu wahren.
Die Güterabwägung zwischen dem Lebensrecht des Kindes und dem Selbstbestimmungsrecht der
Frau ist deshalb so schwierig, weil beide verschiedenen Wertordnungen angehören. Als das fundamentalste Gut ist das Leben die Voraussetzung für die Verwirklichung aller anderen Güter. Das Selbstbestimmungsrecht der Frau kann deshalb nicht so verstanden werden, daß es die freie Verfügungsgewalt über das Leben des ungeborenen Kindes einschließt;
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denn die Selbstbestimmung der Frau ist in diesem Fall eine irreversible Fremdbestimmung des Embryos, die dessen fundamentale Rechte mißachtet.
({3})
Eine solche Mißachtung läßt sich auch nicht mit der Berufung auf das eigene Gewissen rechtfertigen. Die Rechte eines Menschen dürfen nicht von der Gewissensentscheidung eines anderen Menschen abhängen.
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Es gibt in der Ehrfurcht vor dem Leben keinen qualitativen Unterschied zwischen dem geborenen und dem ungeborenen Leben. Das haben wir übrigens in der Debatte bezüglich des Embryonenschutzgesetzes mit großer Mehrheit gemeinsam zum Ausdruck gebracht. Der Embryo ist von Anfang an Person und damit dem staatlichen Schutz seiner Menschenwürde unterstellt.
Wenn wir die Würde der Person beim ungeborenen Kind außer acht lassen, hat das Konsequenzen für unser ganzes Menschenbild - weit über die Frage der Abtreibung hinaus. Wenn wir das ungeborene Leben für eine bestimmte Frist zur Disposition stellen - wie können wir dann Ehrfurcht vor dem geborenen Leben verlangen? Wer entscheidet, welches Leben schützenswert ist, etwa in der Frage der Euthanasie. Frau Lehr hat das eindrucksvoll dargestellt.
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In einer immer älter werdenden Gesellschaft stellt sich die Frage des Lebensschutzes nicht nur vor der Geburt, sondern in zunehmendem Maße auch vor dem Tod eines Menschen. Auch da gibt es für die unmittelbar betroffenen Angehörigen Zumutungen und Notlagen. Das Lebensrecht darf nur in begründeten Ausnahmen von der Betroffenheit anderer abhängen.
Ich kann deshalb eine Fristenregelung weder moralisch noch biologisch, noch medizinisch oder rechtlich rechtfertigen. Die medizinische Indikation ist eindeutig. Hier kollidieren gleichrangige Rechtsgüter. Eine psychosoziale Indikation muß überprüfbar sein. Dazu reicht nach meiner Auffassung die Darlegung der Frau nicht aus. Die straffreie Tötung eines Menschen ist nicht durch die subjektiv empfundene und nicht überprüfbare Notlage eines anderen Menschen zu rechtfertigen, auch nicht eines sehr nahestehenden.
Ich bitte Sie deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, um Unterstützung des Werner-Entwurfs. Helfen Sie mit, eine Fristenlösung zu verhindern! Die Straffreiheit der Abtreibung, auch für eine bestimmte Frist, wäre im Urteil der Bevölkerung eine ethische Freigabe.
Vielen Dank.
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Meine Damen und Herren! Die Rednerliste ist in der letzten halben Stunde nicht kürzer, sondern länger geworden. Ich habe jetzt noch 14 Namen auf der Liste. Das bedeutet, daß wir mit der Abstimmung frühestens etwas nach 22.30 Uhr werden beginnen können.
Als nächster hat Kollege Dr. Axel Wernitz das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mehr als bei anderen Entscheidungen, die wir im Parlament zu treffen haben, ist heute bei der rechtlichen Regelung des Schwangerschaftsabbruchs jeder einzelne von uns im spezifischen Sinne von Art. 38 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes in der Pflicht des Gewissens.
Es ist ohne Zweifel ein positives Ergebnis des kontroversen Ringens um die notwendig gewordene erneute Reform des § 218, daß doch ein relativ breiter politischer Konsens über umfangreiche zusätzliche frauen-, familien-, sozial- und gesundheitspolitische Maßnahmen entstanden ist. Hierbei handelt es sich eben nicht um rein flankierende Maßnahmen zum Schutz des ungeborenen Lebens, sondern um fundamentale Voraussetzungen für einen besseren Schutz des Lebens als bisher.
Das menschliche Leben, meine Damen und Herren, läßt sich nicht in verschiedene Phasen einteilen, die vom Staat geschützt werden oder nicht. Steht aber die Anfangsphase des menschlichen Lebens prinzipiell oder faktisch nicht mehr unter dem staatlichen Rechtsschutz, dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch das Ende des Lebens verstärkt in Frage gestellt wird.
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Gerade vor dem Hintergrund mancher Anzeichen für ein erneutes Aufflackern des alten Ungeistes, der zwischen lebensunwertem und lebenswertem Leben unterscheiden will, verdienen alle ernsthaften Aufklärungsbemühungen Unterstützung, die darauf gerichtet sind, die Sensibilität und Verantwortung für Würde und Wert des ungeborenen Lebens bei Mutter und Vater sowie bei Dritten zu bewahren und zu stärken.
Zum staatlichen Schutz gehört auch das Mittel des Strafrechts, insbesondere, wenn es um das Grundrecht auf Leben geht. Angesichts der besonderen Beziehungen zwischen der Schwangeren und dem ungeborenen Kind ist das Strafrecht ja bereits weitgehend zurückgenommen worden und wird spätestens seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1975 als Ultima ratio gesehen. Sowohl die werdende Mutter als auch das noch nicht geborene Kind haben ein Recht auf Entfaltung ihres Lebens. Hier gibt es trotz aller Hilfen immer wieder Zielkonflikte, die nach meiner Auffassung verfassungskonform nur im konkreten Einzelfall entschieden werden können.
Da das Recht auf Selbstbestimmung am Lebensrecht des anderen, hier des ungeborenen Kindes, seine Grenze findet, muß nach meiner Überzeugung
unsere Rechtsordnung auch in Zukunft den Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich mißbilligen.
Für mich bleibt jede Regelung inakzeptabel, die prinzipiell oder in ihrer konkreten Handhabung für eine bestimmte Zeitspanne generell und ohne Prüfung des Einzelfalles auf den Einsatz des Strafrechtes verzichten will. Die rechtsbewußtseinsbildende Kraft der Strafnorm darf gewiß nicht überschätzt, aber eben auch nicht unter rechtliche Mindestanforderungen abgesenkt oder gar negiert werden.
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Alle Gesetzentwürfe auf der Basis der Fristenregelung aber - dazu gehört auch der Gruppenantrag - geben aus meiner Sicht letztlich im Falle des geschilderten Zielkonflikts nicht die dem bewußt wertgebunden angelegten Grundgesetz angemessene Antwort.
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Vielmehr geben sie ein Signal, das ich in seinen tatsächlichen und möglichen Auswirkungen auf das Rechtsbewußtsein in unserem Gemeinwesen für falsch und gefährlich halte und werte.
Ich halte die Indikationenreglung trotz aller ihrer Schwächen für die ethisch-religiös überzeugendere und zudem für die verfassungskonforme Antwort, gerade weil und wenn es um eine ernsthafte Güterabwägung geht, die an Hand sachlicher Kriterien erf olgen muß und nicht nach zeitlichen Fristen.
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Meine Damen und Herren, nach gewissenhafter Prüfung bin ich zu dem Ergebnis gekommen, daß der von der Mehrheit der Unionsfraktion vorgelegte Indikationenentwurf meiner Einstellung zu § 218 noch am nächsten kommt. Ich werde deshalb für diesen Gesetzentwurf stimmen.
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Herr Kollege Professor Immo Lieberoth, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die meisten Argumente sind ausgetauscht. Trotzdem glaube ich, daß einige Gesichtspunkte nochmals hervorgehoben werden sollten.
So möchte ich gleich zu Beginn die Frage stellen: Was bedeutet eigentlich „reine Gewissensentscheidung" eines Abgeordneten? Es bedeutet doch nur, daß er vor seinem Gewissen eine in seinem Wahlkreis mehrheitlich vertretene Meinung in die Abstimmung einbringt,
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und das nicht nur bei einer Abstimmung wie heute, sondern jedesmal. Also sollte es im Abstimmungsverhalten keine prinzipiellen Unterschiede geben. Wenn ich mich zu dieser Thematik nach dem Stimmungsbild in meinen drei Verwaltungskreisen richte, folgt, daß der größere Teil der Bevölkerung, insbesondere die unter 50jährigen, dem Gruppenantrag zugeneigt ist.
In zahllosen Petitionen, die mir in den letzten Monaten zugegangen sind, wird immer wieder an das christliche Gewissen der Bundestagsabgeordneten appelliert, dem wir uns in unserer Entscheidung verpflichtet wissen sollten. Das ist wahr: Wir alle tragen unmittelbar oder mittelbar Verantwortung für die Kinder dieser einen Welt, für die geborenen und die noch nicht geborenen, für die sozial vergessenen Kinder in den Slums Lateinamerikas, für die sexuell ausgebeuteten Mädchen Südostasiens, für die strahlungsgeschädigten in Tschernobyl, für die verhungernden in Afrika und für die nicht selten reizüberfluteten und gestreßten Kinder unserer Familien.
In der dramatischen Überbetonung der Verantwortung des christlichen Gewissens für das noch ungeborene Leben - mein Blick ist dabei auf den Geltungsbereich des reformierten § 218 gerichtet, der sich ausschließlich auf das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland beschränkt - sehe ich eine nationale Verengung des christlichen Moralgedankens.
Als weiterer Gesichtspunkt kommt hinzu, daß wir nicht so tun können, als ob wir uns im luftleeren Raum befinden. Mit unserer Entscheidung sind wir in das sich entwickelnde Europa eingebettet, in ein Umfeld von Staaten, in denen unterschiedliche Regelungen gelten und daher immer die Möglichkeit des Ausweichens gegeben ist.
Wie sagte doch eine Berlinerin, die vor unserem Fraktionsraum im Reichstag den Kaffee ausschenkte und von mir anläßlich unserer § 218-Diskussion um ihre Meinung befragt wurde: Da kommen die besser-gestellten Frauen wieder gut weg. Die fahren einfach nach Holland oder woandershin. Wir armen Schlucker aber bleiben im Netz hängen.
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Das war die Stimme des Volkes, d. h. unserer Wählerschaft.
Das in diesem Hohen Hause so oft zitierte grenzenlose Europa von morgen können wir bei diesen Diskussionen um den § 218 nicht aus dem Blickfeld lassen.
Betrachtet man die Geburtenregelung weltweit - ich hatte kürzlich Gelegenheit, mich in Indien und in Pakistan an Ort und Stelle zu informieren -, so kann man unsere Diskussion kaum noch verstehen. Natürlich muß es dort in erster Linie um Aufklärung und Verhütung gehen, die unvergleichlich besser als Unterbrechung sind. Eines Tages aber müssen wir eine weltweite Regelung anstreben, die nicht nur unsere Probleme, die zur Zeit anderer Natur als diejenigen in den Entwicklungsländern sind, sondern auch die in diesen Staaten vorhandenen berücksichtigt. Für mich ist die Bevölkerungsexplosion in vielen Ländern der Erde schon zum schwierigsten Problem in dieser Welt geworden, das alle anderen bedingt bzw. nach sich zieht.
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Was ist schlimmer dort? Verhütung, eventuell Unterbrechung oder der Tod von zigtausend Kindern, von denen sich einige vielleicht fragen: Warum mußten wir geboren werden?
Damit komme ich noch einmal zum Kernpunkt meiner Ausführungen, der Wahl zwischen dem Antrag der CDU/CSU und dem Gruppenantrag. In Anbetracht des zu Beginn Gesagten und nachdem weitere Sperren im Gruppenantrag eingebaut worden sind, habe ich mich für diesen entschieden. Ganz besonderen Wert lege ich persönlich dabei auf die Beratungsregelung, auf die obligatorische Konfliktberatung unter dem Aspekt des Lebensschutzes und unter Beachtung von Freiheit und Würde der betroffenen Frauen.
Da allerdings habe ich einige Sorgen, was die personelle Besetzung der Beratungsstellen in den neuen Bundesländern betrifft. In der Regel sind die neu entstandenen bzw. entstehenden Einrichtungen dieser Art mit ehemaligen Mitarbeitern der früheren DDR-Beratungsstellen besetzt und müssen sich daher stärker als bisher auf eine lebenserhaltende Beratung orientieren.
Abschließend sei betont, daß mir die Entscheidung sehr schwerfällt. Unter Abwägung aller Umstände und Fakten bin ich zu dem Schluß gekommen, daß es nicht um die Entscheidung zwischen einem Übel und einem Nicht-Übel geht, sondern um die Entscheidung zwischen dem kleineren und dem größere Übel. Für das kleinere halte ich die ehrliche Fristenlösung unter den Aspekten des Lebensschutzes und des Selbstbestimmungsrechtes der Frauen.
Ich danke Ihnen.
({3})
Ich erteile der Kollegin Dr. Christine Lucyga das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte anfangs nicht vor, in dieser Debatte zu sprechen. Ich habe den Gruppenantrag unterschrieben und mir meine Entscheidung reiflich überlegt. Aber was schließlich den Ausschlag gegeben hat, mich dann doch zu Wort zu melden, waren diese Vorabdiskriminierungen und diese unsäglichen Vergleiche, die von bestimmten klerikalen Kreisen - ich sage nicht: von allen, sondern: von bestimmten - herangezogen wurden. Ich hatte den Eindruck: Hier urteilen Leute über eine Lebenswirklichkeit, die sie nicht kennen und die sie nicht verstehen können.
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Die Polemik einzelner Kleriker, daß Politiker heute über Leben und Tod entscheiden würden, ist schlichtweg falsch. Wenn wir hier dafür eintreten, werdendes Leben wirksamer als durch Strafandrohung zu schützen, und in diesem Kontext auch dafür eintreten, Schwangerschaftsabbrüche nicht länger unter Strafe zu stellen, dann bedeutet das ja nicht gleichzeitig, daß wir den Schwangerschaftsabbruch auch wollen. Denn es ist ja der falsche Diskussionsansatz: Es wird von den Gegnern der Fristenregelung so getan, als würden von jetzt an alle Frauen nur noch abtreiben wollen. Das ist ja gar nicht so.
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Umgekehrt ist es richtig: Es ist eine uralte Erfahrung, daß Strafen, wie in § 218 verankert, vorgeburtliches Leben nicht wirksam schützen können, schon gar nicht gegen den Willen der ungewollt Schwangeren, wie hier sehr oft gesagt wurde, und auch nicht dort, wo Schwangerschaftskonflikte im sozialen Bereich und in den Lebensbedingungen begründet sind.
Die Erfahrung zeigt auch: Es ist nicht nachzuweisen, daß § 218 vorgeburtliches Leben schon gerettet hat. Denn die Zahlen der Schwangerschaftsabbrüche sind bei Indikationslösung und bei Fristenlösung annähernd gleich. Warum fragt denn niemand, ob nicht menschliches Leben hätte gerettet werden können, wenn es eine Fristenregelung gegeben hätte und wenn dadurch illegale Abtreibungen mit tragischem Ausgang unterlieben wären?
Die Konfliktsituation schwangerer Frauen muß mit anderen und mit angemesseneren Mitteln gelöst werden.
Einen Moment, Frau Kollegin.
Meine Damen und Herren, in dieser Debatte haben sich die Rednerinnen und Redner heute mehrfach gegenseitig bekundet, daß man unterschiedlichen Standpunkten den nötigen Respekt erweisen müsse. Zu diesem Respekt gehört an allererster Stelle, daß man sich gegenseitig anhört.
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Nicht strafrechtliche Drohgebärden bewegen Frauen in Schwangerschaftskonflikten zur Annahme eines Kindes, sondern es sind soziale und materielle Leistungen auf der Basis eines Rechtsanspruches, die die Grundvoraussetzung für eine kinderfreundliche Lebensplanung bilden. Diese Rechtsansprüche müssen ernstgemeint und durchsetzbar sein; denn nicht die Schwangerschaft ist das Problem. Das Problem ist das Leben des Kindes nach der Geburt, und da werden Mutter und Kind oft alleingelassen.
({0})
Wenn der Staat Leben wirksam schützen will, dann muß er den sozialen Rahmen für Kinderfreundlichkeit der Gesellschaft schaffen. Es müssen Wohnungen gebaut und zugesagte Hilfen auch eingehalten werden. Überhaupt: Der ethische Anspruch, ungeborenes Leben schützen zu wollen, muß sich immer daran messen lassen, was für das geborene Leben getan wird.
({1})
Da möchte ich ganz konkret fragen, ob diejenigen, die für jeden gerade erst gezeugten Embryo kämpfen wollen und den Befürwortern der Fristenregelung mit schlimmsten Höllenstrafen drohen, etwas dagegen tun, daß jährlich eine Million Kinder in der Dritten Welt noch vor Erreichen des ersten Lebensjahres Hungers sterben, daß sie an Mangelkrankheiten sterben, daß Frauen und Kinder im Granatfeuer von Sarajevo umkommen oder obdachlose Kinder in Rio
von Todesschwadronen verfolgt werden. Oder sind diese Leben etwa weniger schutzbedürftig?
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Aber so weit brauchen wir gar nicht zu schauen. Auch aktuelle Entwicklungen in unserer Gesellschaft sind es, die Frauen in eine Verweigerungshaltung treiben, nämlich oft dahin, an die Stelle des Kinderwunsches den Wunsch nach Kinderlosigkeit setzen zu wollen. Sollen etwa diese Frauen dafür bestraft werden, daß sie eine noch immer überwiegend nach männlichen Strukturen organisierte Welt nicht als die ihre und als kinderfeindlich empfinden?
Wer den Frauen das Recht auf Verantwortung abspricht, selbst entscheiden zu wollen, ob sie sich auf Grund angebotener Hilfen für ein Kind entscheiden oder ob sie sich aus Gründen, die wir respektieren müssen, gegen ein Kind entscheiden, verletzt die Würde der Frau. Diesen Anspruch auf Würde für Mutter und Kind unterstreicht der Gruppenantrag, und ich stimme ihm zu.
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Ich erteile dem Kollegen Dr. Burkhard Hirsch das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man muß es fast am Ende dieser Debatte trotz der enormen physischen und psychischen Anstrengungen vieler Beteiligten sagen: Wenn man die Protokolle der Debatten liest, die wir vor fast 20 Jahren in diesem Hause geführt haben, ist festzustellen, daß sich, abgesehen von den gesetzgeberischen Details, die Argumente zu den rechts- und sozialpolitischen Grundproblemen und zu den moralischen Positionen nicht verändert haben. Das liegt nicht an mangelnder Intelligenz oder an mangelnder Zuhörbereitschaft, sondern daran, daß der elementare Interessenkonflikt unverändert geblieben ist, in dem auf der einen Seite die Frau, die sich in einer Konfliktsituation sieht und deren Lebensverhältnisse sich gegen ihren Willen völlig verändern sollen, und auf der anderen Seite das ungeborene menschliche Leben steht, das nach unserer Verfassung geschützt werden muß.
Die Frage, wie das zu geschehen hat, ist über Jahrhunderte immer wieder anders beantwortet worden. Frau Würfel hat in ihrer heutigen Rede zutreffend darauf hingewiesen, daß das auch immer damit zusammengehangen hat, welche Rechtsstellung die Frau in einer Gesellschaft hat und welche Verantwortung ihr zugebilligt oder auch zugemutet wurde. Man muß daran erinnern, daß es selbst im Kirchenrecht über lange Zeit mit der Lehre der Beseelung eine Fristenregelung von 50 bis 80 Tagen gegeben hat.
Es geht hier nicht darum, eine Morallehre in gesetzliche Bestimmungen zu transformieren, sondern darum ein staatliches Gesetz zu machen, das von allen akzeptiert werden kann und das Aussicht darauf bietet, die gewünschten Wirkungen zu erzielen. Der Staat soll und darf keine Strafgesetze machen, die
nach aller Erfahrung wirklungslos bleiben und die von den Betroffenen zumindest bei einigem finanziellen Einsatz leicht umgangen werden können. Es ist nicht möglich, die Austragung einer Schwangerschaft mit dem Strafrecht zu erzwingen. Diese Erfahrung haben wir nun lange genug gemacht.
Darum sind die sozialen Begleitmaßnahmen des Gruppenantrages und der vorliegenden Gesetze der eigentliche Kern des staatlichen Lebensschutzes. Die Frau muß die Sicherheit haben, daß sie von der Gesellschaft nicht allein gelassen wird, wenn sie das Kind zur Welt gebracht hat. Sie kann erst dann eine wirklich freie Entscheidung treffen, wenn sie weiß, welche Rechte ihr für das Kind zustehen, und wenn sie weiß, daß das nicht nur Versprechungen, sondern Ansprüche sind.
Darum ist die Pflicht zur Beratung nach meiner Überzeugung nicht etwa unzumutbar, sondern wichtig dafür, daß die Frau auch denjenigen sozialen Zwängen entzogen wird, die sie aus ihrem unmittelbaren Lebensumfeld zu einer bestimmten Entscheidung drängen oder zwingen wollen. Die Pflicht zur Beratung unterwirft sie nicht fremden Zwängen, sondern soll sie gerade von fremden Zwängen befreien.
Ich bin der festen Überzeugung, daß der Gruppenantrag unsere verfassungsrechtlichen Pflichten erfüllt und sowohl gerechter als auch wirksamer als die gegenwärtige Rechtslage ist.
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Es ist nur eine Bemerkung nachzutragen: Die sozialen Ansprüche, die mit dem Gruppenantrag verbunden sind, sind ein wesentlicher Schritt hin zu einer kinderfreundlichen Gesellschaft. Wir müssen eigentlich darüber nachdenken, warum wir diesen Schritt erst jetzt unter dem Zwang vollziehen können, eine neue Regelung zum Schutz des noch nicht geborenen Lebens zu finden.
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Es sollte uns die Befriedigung darüber einigen, daß keiner mehr hinter diesen sozialen Standard zurückgehen kann.
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Der Kollege Dr. Peter Paziorek hat das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Gegensatz zu meinem Vorredner bin ich nicht der Ansicht, daß der Gruppenantrag den Bestimmungen unseres Grundgesetzes entspricht. Ich stimme ihm nur darin zu, daß in der Diskussion um die Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs im Strafgesetzbuch die Vorgaben des Grundgesetzes, unserer Verfassung, von entscheidender Bedeutung sind.
Die Entscheidung des Gesetzgebers, von welchem Zeitpunkt an er menschliches Leben schützen will, ist
eine Rechtsentscheidung, die den Boden unserer Verfassung nicht verlassen darf.
Natürlich handelt es sich bei der Regelung des Schwangerschaftsabbruchs für den einzelnen Abgeordneten um eine Gewissensentscheidung, die z. B. durch medizinische oder theologische Maßstäbe geprägt ist. Dies ändert jedoch nichts daran, daß auch Entscheidungen, die als Gewissensentscheidungen zu qualifizieren sind, das Verfassungsrecht zu berücksichtigen haben.
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Das Verfassungsrecht muß sogar zwingend als Maßstab für jede Gesetzgebungsentscheidung herangezogen werden.
Nach meinem Verfassungsverständnis steht das ungeborene Leben unter dem Schutz des Art. 2 Abs. 2 des Grundgesetzes. Das ungeborene Leben ist dem geborenen Leben gleichwertig.
Menschliches Leben beginnt mit der Vereinigung von Samen und Eizelle und entwickelt sich von diesem Augenblick an kontinuierlich und nach einem eigenständigen Lebensplan. Fristen, innerhalb deren ein Schwangerschaftsabbruch auf Grund einer stufenweisen Entwicklung vertretbar wäre, sind daher nicht zu rechtfertigen.
Die Garantie des Rechts auf Leben zieht die Verpflichtung des Staates nach sich, das Leben auch tatsächlich zu schützen. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, klar zum Ausdruck zu bringen, daß die Vernichtung menschlichen Lebens prinzipiell Unrecht ist. Weil der Lebensschutz Vorrang hat, richtet sich dieser Schutzanspruch auch gegen das sogenannte Selbstbestimmungsrecht der Frau.
Der Staat ist nach meinem Verständnis verpflichtet, das Strafrecht beim Lebensschutz nicht als alleiniges Mittel einzusetzen. Zu den sonstigen Mitteln zähle ich umfassende soziale Hilfen einschließlich der Beratung.
Sowohl der sogenannte Werner-Entwurf als auch der Mehrheitsentwurf der CDU/CSU-Fraktion gehen davon aus, daß der Schutz des vorgeburtlichen Lebens auch durch umfassende finanzielle Leistungen im Bereich der Familien- und der Sozialpolitik, durch den Ausbau von Schwangerschaftsberatungsstellen sowie durch die Bereitstellung von Kinderbetreuungseinrichtungen zu erfolgen hat. Der Staat ist zur Schaffung eines kinder- und familienfreundlichen gesellschaftlichen Klimas aufgerufen und damit zu einer entsprechenden Familienpolitik.
Trotz dieser sozialpolitischen Sichtweise ergibt sich für mich wegen des zwingenden verfassungsrechtlichen Hintergrunds die Konsequenz, daß durch das Strafrecht der Schwangerschaftsabbruch als Unrecht zu bezeichnen ist, da die vorsätzliche Tötung menschlichen Lebens, gleichgültig, in welcher Entwicklungsstufe, grundsätzlich schwerstes Unrecht ist.
Nur im Ausnahmefall kann ein Schwangerschaftsabbruch strafrechtlich gerechtfertigt oder entschuldigt sein, und zwar in einer besonderen Konfliktlage, in der zwei Rechtsgüter aufeinandertreffen. Auf den Lebensschutz mit Hilfe des Strafrechts darf somit wegen der Signalwirkung des Strafrechts grundsätzlich nicht verzichtet werden.
Ich kann somit der Fristenregelung im Gruppenantrag nicht zustimmen. Vielmehr bitte ich Sie, sich nach Abwägung aller Gesichtspunkte, auch des Gesichtspunkts, daß der Einsatz des Strafrechts gegenüber der Frau dann bestimmte Probleme aufwirft, wenn die Frau ungewollt schwanger geworden ist, für das verbesserte Indikationsmodell der CDU/CSU-Fraktion auszusprechen.
Die besondere Konfliktlage kann vorliegen bei Lebensgefahr für die Mutter oder in einer Situation, in der die psychische Kraft der Mutter nicht ausreicht, eine Notlage, eine existentielle persönliche Krise zu bewältigen. Im Rahmen der psychosozialen Indikation ist daher zu berücksichtigen, daß der Gesetzgeber - es geht heute nur um uns als Gesetzgeber - nicht den seelischen Zusammenbruch einer Frau auf Grund einer schwerwiegenden Konfliktlage hinnehmen will. Die psychosoziale Indikation ist eine Ausnahmeregelung, die sich zusammensetzt aus der lebensorientierten Beratung, der Darlegung der Konfliktlage durch die Frau und der Eigenwertung des Facharztes, der seine Entscheidung dokumentieren muß. Durch ein solches Verfahren wird deutlich, daß eine derartige Indikationslösung nicht auf pauschale Aussagen abstellt.
Ich bin der Ansicht, daß ein solches Indikationsmodell den Anforderungen unseres Grundgesetzes entspricht. Den Gruppenantrag halte ich für verfassungswidrig. Aus diesem Grunde werde ich für den Entwurf der CDU/CSU-Fraktion stimmen.
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Das Wort hat der Abgeordnete Prof. Dr. Eckhart Pick.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben in den vergangenen fast 13 Stunden eine Diskussion erlebt, die ich als auf einem hohen Niveau stehend - im allgemeinen zumindest - bewerten möchte. In einigen Beiträgen wurde aber der Versuch unternommen, eine Parallele von dieser Diskussion zur Euthanasie und dem Töten alter Menschen zu ziehen. Ich halte diese Argumentation für die heutige Diskussion nicht angemessen,
({0})
weil sie den Respekt vor der Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit der Diskussion in diesem Hause vermissen läßt.
Meine Damen und Herren, ich will, weil das schon so oft geschehen ist, jetzt nichts mehr zu den einzelnen gesetzlichen Regelungen und ihrer unmittelbaren Problematik sagen. Ich habe den Gruppenantrag mit unterschrieben, und ich denke, daß ich dieses Verhalten nicht noch einmal im einzelnen zu begründen habe, weil dazu schon Überzeugendes gesagt worden ist.
Der Gang der Diskussion gibt mir allerdings Anlaß, doch über drei Fragen zu sprechen, die sich mir
aufdrängen, weil sie unmittelbar und untrennbar mit der Problematik verbunden sind, an die anzunähern wir uns heute bemühen, die wir jedoch nicht lösen können.
Herr Kollege, darf ich Sie einen Moment unterbrechen. - Meine Damen und Herren, auch die Konferenzen unter der Empore, die Gespräche, die an der Tür geführt werden, stören den Ablauf der Debatte und irritieren den Redner. Ich bitte Sie, in der letzten halben Stunde der Debatte noch Geduld aufzubringen und zuzuhören. - Bitte, fahren Sie fort.
Schönen Dank, Herr Präsident.
Ich möchte drei Anmerkungen machen, und zwar erstens zu dem Thema „Selbstwert der Parlamentarierinnen und Parlamentarier", zweitens - dieser Punkt ist häufig angesprochen worden - zum Verhältnis der Legislative zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, und drittens schließlich möchte ich auch eine Bemerkung zur Kontinuität der sozialdemokratischen Vorstellungen zur Bewältigung der Problematik des Schwangerschaftsabbruchs machen.
Zum ersten Punkt. Angesichts einer weitverbreiteten Vorstellung in der Öffentlichkeit, Abgeordnete seien Marionetten in der Hand ihrer Fraktionsführungen, sozusagen willfährige Vollzugsbeamte einer verordneten Beschlußlage, kommt die heutige Debatte gerade zum richtigen Zeitpunkt. Sie ist geeignet, dieses Bild wieder etwas zurechtzurücken.
({0})
In einer juristischen Zeitschrift wurde dieser Tage die Frage gestellt: Sind Richter Zinnsoldaten der Macht? Diese Frage könnte man auf die Abgeordneten übertragen, spricht man doch gelegentlich von Parteisoldaten. Der Bundestag, meine Damen und Herren, sollte die heutige Entscheidung als Chance begreifen, sein angeschlagenes Image in der Bevölkerung ein wenig zu verbessern.
Der freie, nur seinem Gewissen untergeordnete Abgeordnete ist schon lange nicht mehr mit dem Anspruch, daß es auf ihn als Einzelperson ankomme, aufgetreten. Zuletzt war etwas von dieser Einschätzung bei der Debatte um die Frage der Bundeshauptstadt zu spüren. Ich denke, das sollte kein einmaliger Vorgang sein, sondern erwarte, daß er sich gelegentlich wiederholt.
({1})
Zum zweiten Punkt: Bei der Debatte ist mir aufgefallen, wie häufig, sowohl von den Befürwortern als auch von den Gegnern einer liberaleren Regelung, das Bundesverfassungsgericht für ihre Zwecke in Anspruch genommen wurde, sozusagen als Kronzeuge in eigener Sache. Nun weiß ich sehr wohl, daß Urteile dieses Gerichts als Steinbruch benutzt werden, um für die eigene Argumentation Material zu gewinnen, in vielen Fällen ohne Rücksicht auf den Zusammenhang der Zitate.
Darin liegt aber ein grundsätzliches Mißverständnis. Ich denke, das Bundesverfassungsgericht ist nicht dazu da, uns die Verantwortung für unser Handeln als Gesetzgeber abzunehmen.
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Es hat auch nicht verdient, als Feigenblatt mißbraucht zu werden. Das Prinzip der Gewaltenteilung ist auch ein Gestaltungsprinzip unserer Demokratie,
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und es lehrt uns, daß es unsere Aufgabe ist, Gesetze zu machen und nicht immer wie gebannt auf das Bundesverfassungsgericht zu starren.
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Wenn wir unsere Aufgabe nicht selbstbewußt wahrnehmen, dann, meine Damen und Herren, kann uns niemand helfen, keine Instanz, auch kein Bundesverfassungsgericht.
Zum dritten Punkt: Hier geht es um die Kontinuität der politischen Aussage. Ich denke, daß dies eine Partei mit Tradition auszeichnet - und wenn sie sich dieser Tradition verpflichtet fühlt, um so besser. Ich erinnere deshalb daran, daß die Fraktion der SPD am 31. Juli 1920 im Reichstag einen Antrag einbrachte, der die Freigabe des ärztlichen Schwangerschaftsabbruches forderte, schon damals begrenzt auf die ersten drei Monate der Schwangerschaft. Dies hat damals noch nicht zu einer Gesetzgebung durch den Reichstag geführt, aber immerhin die Diskussion eröffnet. 1926 kam es zu einer Änderung und der Einführung des § 218 ins Strafgesetzbuch. Damals wurde aus der von der Schwangeren selbst vorgenommenen Abtreibung statt eines Verbrechens „nur noch" ein Vergehen. Wir können also sehen, daß es eine lange Entwicklung gewesen ist, die diese Vorschrift gestaltet hat. Die Zeit war allerdings damals noch nicht reif.
Herr Kollege, Ihre Redezeit ist ein gutes Stück überschritten.
Ich komme zum letzten Satz.
Ich denke, daß der Gruppenantrag eine sinnvolle, zeitgemäße Fortentwicklung dieser politischen Grundposition ist. Deswegen bitte ich um Ihre Zustimmung.
({0})
Ich erteile dem Kollegen Georg Gallus das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Es geschieht selten, daß man die Möglichkeit hat, eine einen ganzen Tag auf einem so hohen Niveau stattfindende Debatte zu verfolgen. Ich habe das heute getan. Man muß allen,
die hier gesprochen haben, dafür dankbar sein, wie diese Debatte geführt worden ist.
Die Erkenntnis aus dieser Debatte ist für mich, daß in unserem Volk sehr viel mehr Leid vorhanden ist, als wir gemeinhin erkennen können.
Wir alle sind ja sehr stolz auf unsere Selbstverwirklichung, sowohl Frauen als auch Männer. Ich habe aber das Gefühl, daß das Miteinander in unserer Gesellschaft und das Miteinander-Auskommen in vielen Fällen auf der Strecke bleiben. Das können wir erstaunt gemeinsam feststellen. Die Leidtragenden sind Frauen und Kinder. Der christliche Grundsatz „Einer trage des anderen Last" scheint auf der Strecke zu bleiben.
Aber wir können gleichzeitig erfreut feststellen, daß es viele junge Menschen in unserem Volk gibt, die das Gegenteil beweisen.
({0})
Der Gemeindetag der Evangelischen Kirche in Stuttgart und der Katholikentag in Karlsruhe haben das erst kürzlich bewiesen.
Ich habe am heutigen Tag eines gelernt: unter welchen Bedingungen man überhaupt ein Kind haben kann. Wenn ich das heute abend meiner Frau erzähle,
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dann müßten wir zu dem Schluß kommen, meine Frau und ich hätten kein einziges Kind haben dürfen, und zwar deshalb, weil wir zu der Zeit, als unsere fünf Kinder geboren wurden, noch nicht einmal eine Waschmaschine besessen haben. Meine Frau hat die Wäsche für fünf Kinder auf dem Herd gekocht.
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Ich spreche heute auch im Namen meiner Frau.
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Wissen Sie, Sie dürfen nicht glauben, daß ich eine Frau zu Hause habe, die sich hier nicht selber artikulieren könnte. Sie hat fünf Kinder aufgezogen und ist schon seit zwölf Jahren im Kreistag in Göppingen. Wenn sie hier wäre, würde sie das Nötige sagen. Aber ich tue es an ihrer Stelle.
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Wir sind uns - das hat die Debatte gezeigt - sicher alle einig
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- Sie wissen doch gar nicht, was ich sagen will -:
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daß die Ehrfurcht vor dem Leben unser Handeln bestimmen muß.
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Wie wir allerdings dem Schutz des Lebens am besten gerecht werden, darüber streiten wir uns. Das ist legitim. Bei den Begleitmaßnahmen wetteifern wir miteinander. Das ist richtig. Nur, meine Damen und Herren, geben wir uns keiner Illusion hin: Der Vollzug
der Begleitmaßnahmen wird von unserem Volk und von uns allen noch sehr viel fordern.
Keiner von uns macht es sich bei seiner Entscheidung leicht. Ich hoffe bloß, daß, gleichgültig, wie die Abstimmung ausgeht, die Respektierung der jeweils anderen Meinung auch danach noch gilt.
Seit geraumer Zeit setze ich mich mit meiner Frau mit der Frage auseinander: Gruppenentwurf, Fristenlösung oder Entwurf der CDU/CSU-Indikationenlösung. Ich weiß, es gibt keine Lösung, an der man nichts aussetzen könnte. Ich bin aber zu der festen Überzeugung gekommen, daß der Spielraum, den ich mir selber gesetzt habe, mit der verbesserten Indikationslösung des CDU/CSU-Antrags ausgeschöpft ist.
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Meine Damen und Herren, diese meine Haltung soll aber niemanden im Zweifel darüber lassen, daß ich der Meinung bin: Dieser Antrag schließt eine verantwortungsvolle Sexualerziehung nicht aus, schon gar nicht die Empfängnisverhütung. Ich halte die Probleme dieser Welt schlechterdings nicht mehr für lösbar, wenn wir das Problem der Bevölkerungsentwicklung nicht lösen können.
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Herr Kollege Gallus, Ihre Redezeit ist abgelaufen.
Ich bin fertig, ich bin gerade beim letzten Satz.
Dies ist allerdings auch ein Appell an die religiösen Führer der Welt.
Ich bedanke mich.
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Das Wort hat der Abgeordnete Martin Bury.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir führen heute eine weitgehend abstrakte Debatte über ein sehr persönliches Thema. Ich bin mir mitunter nicht sicher, ob sich die Dimension dieses Themas bei einigen Rednern bzw. Antragstellern nicht etwas außerhalb ihrer persönlichen Lebenssituation befindet.
Ich habe mich mehrmals gefragt, was Sie dem noch sehr jungen Paar sagen würden, das neulich in meinem Bürgerbüro saß. Die beiden hatten sich nach sehr intensivem Ringen für die Fortsetzung der Schwangerschaft entschieden. Nun ist das Kind geboren worden. Die Mutter befindet sich noch in der Ausbildung, der Vater ist gerade dabei, seine zu beenden. Eine Wohnung finden die beiden seit Monaten nicht, und das Bundesamt für Zivildienst stellt sich gegenüber dem Wunsch, den Vater erst einzuziehen, wenn wenigstens die Mutter ihre Ausbildung beendet hat und das Kind betreuen kann, auch noch stur.
Was würden Sie den beiden sagen? Ihr habt nicht gegen Strafrechtsnormen verstoßen, aber nun schaut, wie ihr klarkommt?!
Mit einer Strafandrohung werden Sie weder diesem Paar helfen, noch einem Paar oder einer Frau, die die Entscheidung über die Fortsetzung der Schwangerschaft noch nicht getroffen hat, die Entscheidung für das Kind und damit für den Schutz des werdenden Lebens erleichtern.
Meine Damen und Herren, ich befürchte, hier wird das Strafrecht zum Valium für das Gewissen des Gesetzgebers.
({0})
Denn Strafrecht ist kein Selbstzweck, wie auch das Bundesverfassungsgericht in der Begründung seines Urteils von 1975 ausdrücklich bestätigt, das explizit darauf abhebt, daß die Gesamtheit der Schutzmaßnahmen, insbesondere jedoch die sozialrechtlichen, einen tatsächlichen Schutz gewährleisten. Dabei gelte, so das Bundesverfassungsgericht, für den Schutz des werdenden Lebens in besonderem Maße der Leitgedanke des Vorrangs der Prävention vor der Repression.
Diesem Leitgedanken wird meines Erachtens nur der vorliegende Gruppengesetzentwurf ausreichend gerecht, vor allem, wenn Sie sich vor Augen halten, daß das Bundesverfassungsgericht es ausdrücklich gebilligt und als unbedenklich bezeichnet hat - wörtliches Zitat -,
... wenn der Gesetzgeber seine Pflicht zu einem besseren Schutz ungeborenen Lebens durch präventive Maßnahmen einschließlich einer die Eigenverantwortung der Frau stärkenden Beratung zu erfüllen versucht.
Strafrechtsnormen waren schon damals nicht gefordert. Sie sind auch weder sinnvoll noch gerechtfertigt, wie die Entwicklung deutlich gezeigt hat.
Daß mit Strafandrohung werdendes Leben nicht wirkungsvoll geschützt werden kann, zeigen nicht nur die Erfahrungen in anderen Ländern, sondern auch die Erfahrungen mit der bestehenden Regelung in der alten Bundesrepublik. Wenn wir uns also einig sind im Ziel, werdendes Leben wirkungsvoll zu schützen, dann müssen wir gesellschaftliche Rahmenbedingungen schaffen, in denen die eigenverantwortliche Entscheidung der Betroffenen möglichst für Kinder ausfallen kann.
Eine Reihe konkreter Verbesserungen sieht der Gruppenentwurf vor. Wenn Sie Zweifel daran haben, ob die staatlichen Hilfen für Schwangere und die Bedingungen für Kinder, Familien und Alleinerziehende ausreichend sind, um den Schutz werdenden Lebens angemessen zu gewährleisten, dann erwarte ich Ihre Initiative in diesen Bereichen; insbesondere bei der Schaffung von ausreichendem, bezahlbarem Wohnraum, bei der überfälligen Einführung eines gerechten Familienlastenausgleichs, aber auch bei der Sicherung unserer natürlichen Lebensgrundlagen.
Denn wenn sich Frauen nicht in der Lage sehen, eine Schwangerschaft fortzusetzen, dann fordert das nicht eine Verschärfung der Strafdrohung. Und: Eine strafrechtliche Regelung entläßt uns nicht aus der Verantwortung. Nur wenn wir die eigenverantwortliche Entscheidung der Frau akzeptieren - und niemand anders kann letztlich entscheiden -, nehmen wir auch uns auf Dauer in die Pflicht.
In den meisten Redebeiträgen und in fast allen Briefen gegen die Fristenregelung wird der fatale Glaube deutlich, mit der Verabschiedung einer Indikationslösung sei das Grundproblem gelöst. Ein folgenreicher Trugschluß.
Die Dimension der Aufgabe und die Notwendigkeit, über den Tag hinaus tätig zu werden, belegt eindrücklicher als vieles andere eine beschämende Zahl, die sich noch auf die alte Bundesrepublik bezieht. In der öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses zum Steueränderungsgesetz 1992 wurde der Armutsbericht des Deutschen paritätischen Wohlfahrtsverbandes zitiert. Demnach ist Kindererziehung in 85 % aller Fälle dominierender Armutsfaktor. Wenn einige hier mit dem gleichen Engagement für geborenes Leben eintreten würden, wäre das zugleich eine ehrliche, eine tatsächliche Hilfe für Schwangere in Konfliktsituationen und ein wirkungsvoller Beitrag zum Schutz werdenden Lebens.
({1})
Die vermeintlich konsequente Entscheidung gegen die Fristenregelung ist in Wirklichkeit eine vordergründige Gewissensberuhigung. Wer so entscheidet, macht es sich einfach und den Betroffenen schwer.
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Ich bitte Sie, sich nicht mit einer Strafrechtsnorm und ein paar eher halbherzigen Veränderungen aus der Verantwortung zu stehlen, sondern dem Gruppenentwurf zuzustimmen, der die Betroffenen und uns nicht aus der Verantwortung entläßt.
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Ich erteile dem Kollegen Dr. Paul Laufs das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu meinen politischen Aufgaben gehört der Schutz der wundervollen und vielfältigen Schöpfung mit all dem, was kreucht und fleucht und wächst und ein großes Glück für uns Menschen ist. Um wieviel mehr möchte ich sagen: Jedes Kind ist ein großes Glück und eine Quelle der Freude.
({0})
Das Ungeborene trägt mit 12 Wochen ein menschliches Antlitz. Ich empfinde die Frage nach dem Schutz eines Lebensrechts von Anfang an als eine Frage nach unserer Menschlichkeit.
Ich empfinde auch die religiöse Dimension, die diese Frage letztlich hat. Ich bekenne mich zu meinem christlichen Glauben, nach dem jeder Mensch sein Leben aus dem Willen Gottes empfängt. Darin allein ist seine unantastbare Würde begründet. Die Achtung dieser Würde steht jedem Menschen zu, dem ungeborenen ebenso wie der Frau.
Ich weiß um das Unvermögen des Mannes, der Not und Angst der Frau gerecht zu werden, die an der
ungewollten Schwangerschaft zu zerbrechen meint. In meinem Wahlkreis habe ich erfahren - dies erfüllt mich mit Dankbarkeit -, daß mich zahlreiche Frauen, junge und ältere, alleinstehende und Mütter, in meiner Überzeugung bestärken, daß sich der Staat nicht zurückziehen darf, wenn es gilt, das Kind vor Unvermögen und Irrtümern seiner Eltern zu schützen, also mit der Bereitstellung von Rat, tätiger Hilfe und - unverzichtbar - mit dem eindeutigen Aufzeigen von Unrecht seine schützende Aufgabe wahrzunehmen.
Das Strafrecht ist gewiß nicht das bevorzugte Mittel zum Lebensschutz.
({1})
Mich bedrückt und beunruhigt aber der Gedanke an eine Rechtsordnung, die die Tötung menschlichen Lebens nicht als Unrecht qualifiziert und nicht mißbilligt.
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Ich lehne deshalb jede Fristenregelung ab; die Fristenregelung stellt nicht nur das Lebensrecht des Ungeborenen in den ersten Monaten in die alleinige Entscheidungsfreiheit der Frau, sie weist auch dem Arzt die Rolle eines Handwerkers zu, der die Tötungshandlung auf Bestellung vornimmt. Dies bedeutet den Bruch mit den überkommenen und auch heute notwendigen Grundlagen allen ärztlichen Handelns. Für alles ärztliche Tun, wenn es beruflich legitim sein und vor dem Recht bestehen soll, ist unverzichtbare Voraussetzung, daß es indiziert, d. h. vom beruflichen Heilauftrag umfaßt und geboten ist.
Es ist meine Bitte, daß wir uns gerade in dieser Zeit der Krise und des sich ausbreitenden Nihilismus auf das christlich-abendländische Menschenbild besinnen und es verteidigen.
({3})
Dazu gehört die Ehrfurcht vor dem menschlichen Leben von Anfang an und in allen seinen Gestalten. Ich bin überzeugt, daß eine Fristenregelung die Auseinandersetzung um das Lebensrecht des Ungeborenen weder befrieden noch beenden kann, weil hier die Frage nach dem Wert des menschlichen Lebens überhaupt gestellt ist.
Ich danke Ihnen.
({4})
Frau Kollegin Petra Bläss, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich heute gegen die Annahme des Gruppenentwurfs stimmen werde, dann ganz sicher nicht deshalb, um einer wie auch immer gearteten Indikationsregelung Tür und Tor zu öffnen,
({0})
und auch nicht, um als radikale Feministin fundamentalistische Prinzipienreiterei zu betreiben.
({1})
- Vielleicht darf ich wenigstens zu Ende reden. Ich denke, wir hatten im Laufe des Tages schon vielfach Gelegenheit, zur Abstimmung Stellung zu nehmen.
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Ich habe mir die Entscheidung über mein Abstimmungsverhalten wahrlich nicht leicht gemacht. Wie viele Kolleginnen und Kollegen in diesem Hause bewegen mich auch jetzt noch sehr zwiespältige Gefühle. Trotzdem habe ich mich entschieden, meinem Gewissen zu folgen und nein zu sagen. Dabei denke ich in erster Linie an meine Wählerinnen und Wähler, die mir den eindeutigen Auftrag gegeben haben, keine Lösung zuzulassen, die schlechter ist als die bisher in der DDR geltende.
Diesem Maßstab entspricht der Gruppenentwurf in keiner Weise. Daß einer seiner Hauptbestandteile ein Strafrechtsparagraph 218 ist, der für die neuen Bundesländer nach 20jähriger Straffreiheit des Schwangerschaftsabbruchs eingeführt werden soll, ist in den Debatten der letzten Wochen ebenso in den Hintergrund getreten wie die tatsächliche Bedeutung einer verpflichtenden Beratung mit dem Ziel des Lebensschutzes. Statt dessen wurde eine Mogelpackung als Fristenregelung verkauft, wohl wissend, daß der größte Teil der Bevölkerung eine wirkliche Fristenregelung, also ohne Strafandrohung, wünscht.
Meine Entscheidung beruht darauf, daß ich nicht weiß, wie ich es vor vielen Frauen, die meine Auffassung teilen, und vor mir selbst rechtfertigen soll, einen solchen § 218 mit Strafandrohung und Zwangsberatung für Frauen legalisiert zu haben, und sei es auch durch Stimmenthaltung.
Ich betone noch einmal, da ich im Verlauf der ganzen Diskussion um die Neuregelung des § 218 immer im Namen meiner Gruppe gesprochen habe: Dies ist eine persönliche Erklärung.
Ich möchte zum Abschluß, ganz bewußt kurz vor der Abstimmung in diesem Hause, noch mit meinen Abgeordnetenkolleginnen und -kollegen 33 000 Unterschriften aus den neuen Bundesländern gegen § 218 übergeben.
({3})
Ich danke.
({4})
Das Wort hat die Kollegin Claudia Nolte.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die meisten werden in ihrer Entscheidung festgelegt sein. Aber ich möchte die Möglichkeit nutzen, die mir als Mitglied des Parlaments gegeben ist, um ausdrücklich für den rechtlichen Schutz ungeborenen menschlichen Lebens einzutreten. Für mich gelten in diesem Zusammenhang keine demoskopischen Mehrheitsmeinungen und auch keine Einzelfallbeispiele, um daraus allgemeine Rechtsgrundsätze herzuleiten.
Für mich steht heute eine grundsätzliche Entscheidung an. Ich glaube, die Tragweite dessen, was wir heute beschließen, geht über die Frage des Schutzes ungeborenen Lebens hinaus. Menschliches Leben ist in keiner Phase der Entwicklung verfügbar,
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unabhängig von Behinderung und Alter. Ein Rechtsstaat, der Menschen zeitweilig das Lebensrecht abspricht, stellt sich selbst in Frage.
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Wieviel ist menschliches Leben wert, wenn allein eine Frist, das Verlangen einer Person und die fachgerechte Ausführung Rechtfertigungsgründe für dessen Tötung sind?
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Ich befürchte einen regelrechten Dammbruch, wenn wir Leben vor der Geburt zeitweilig zur Disposition stellen.
Wir können uns politisch darüber streiten, welche Maßnahmen umgesetzt werden müssen, um eine familien- und kinderfreundliche Gesellschaft zu schaffen. Unabhängig von notwendigen sozialpolitischen Maßnahmen ist aber das Rechtsbewußtsein entscheidend. Dies drückt sich in einer entsprechenden Rechtsprechung aus. Der Staat hat eine Schutzpflicht für das Leben. Er kann im Einzelfall von Strafe absehen.
Von Bismarck stammt der Satz: Politik ist die Kunst des Möglichen. Wer die Tötung menschlichen Lebens rechtfertigt, überschreitet das, was politisch machbar ist, machbar sein darf. Denn es steht der Politik nicht an, menschliches Leben zu qualifizieren.
({3})
Schon die Praxis des bisherigen § 218 läßt zu Recht Zweifel an dessen Verfassungsmäßigkeit aufkommen. Die sozialliberale Fristenregelung fiel bereits vor 17 Jahren beim Bundesverfassungsgericht durch. Das wird sich wiederholen, wenn der SPD-F.D.P.-Gruppenentwurf heute eine Mehrheit findet.
({4})
Aus diesem Grunde stimme ich für den Gruppenentwurf aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, den Antrag zum Schutz der ungeborenen Kinder, den sogenannten Werner-Entwurf.
({5})
Heute kann jeder wissen, daß menschliches Leben mit der Verbindung von Ei- und Samenzelle beginnt. Der Mensch ist Mensch von Anfang an. Ich bedauere, daß bei der Anhörung des Sonderausschusses die Frauen, die eine Abtreibung hinter sich haben, nicht zu Wort kamen. Wenn heute Frauen aus eigenem Erleben vor den insbesondere psychischen Folgen eines Schwangerschaftsabbruches warnen, müssen wir das ernst nehmen. Die betroffenen Frauen sind das zweite Opfer einer Abtreibung.
Unabhängig davon, wie wir heute entscheiden, wird das Thema „Schutz des ungeborenen Lebens" damit nicht abgeschlossen sein. Wir werden auch in Zukunft darauf aufmerksam machen, was Abtreibung
bedeutet. Ich bin mir sicher, daß Bewußtsein für das Leben wird sich weiter durchsetzen.
({6})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Otto Schily.
Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Zwei Fragen stehen, so wie ich es sehe, im Mittelpunkt dieser sehr beachtlichen und ernsten Debatte. Zum einen: Wie weit reicht das Recht, wie weit gehen die Befugnisse des Staates? Zum anderen: Welche Vorstellungen haben wir von dem realen Geschehen der Inkarnation eines Menschen im mütterlichen Leib?
Wer die embryonale Entwicklung für einen mehr oder weniger mechanistisch-materiellen Prozeß der genetisch gesteuerten Ausdifferenzierung von Zellgebilden hält, hat möglicherweise geringere Hemmungen, in diesen Prozeß medizinisch einzugreifen. Wer dagegen das embryonale Geschehen als Zusammenwirken geistig-seelischer und physischer Vorgänge versteht, wird eher dazu tendieren, sich gegenüber medizinischen Interventionen äußerste Zurückhaltung aufzuerlegen.
Jedenfalls entspricht es nicht dem wunderbaren und geheimnisvollen Geschehen der Menschwerdung im Mutterleib - dem wir mit Ehrfurcht begegnen sollten -, wenn von einem Verfassungsrichter vor geraumer Zeit formuliert wurde, der menschliche Embryo sei nichts als ein erdbeerähnlicher Zellklumpen.
({0})
Die Frauen, die im Unterschied zu Männern eine viel intimere Wahrnehmung für die embryonale Entwicklung haben, sind mit Sicherheit gegen eine derart seelenlose Betrachtungsweise gefeit.
Erkenntniszugang und moralische Einstellung sind eng verwoben. Kann das Recht eine bestimmte Erkenntnis und die damit verbundene moralische Einstellung privilegieren und mit staatlichen Sanktionen durchsetzen? Die Frage kann sowohl aus einem positivistischen als auch einem naturrechtlichen Rechtsverständnis gestellt werden.
Im Rahmen der Problematik des Schwangerschaftsabbruches mag der Staat durch die Verfassung und durch Gesetz einen gesellschaftlichen Konsens artikulieren, der den Schwangerschaftsabbruch einem Unwerturteil unterwirft. Das Recht und der Staat dehnen damit aber ihren Geltungsanspruch in fiktiver Form auf einen Bereich aus, der sich existentiell der staatlichen und rechtlichen Regelung entzieht.
Meine Grundthese lautet: Das Verhältnis zwischen Frau und Embryo ist keine Rechtsbeziehung, sondern eine Naturbeziehung. Die Schwangerschaft begründet eine geistige, seelische und körperliche Verbindung mit einer menschlichen Individualität, die ihre Verkörperung sucht in einem Naturzusammenhang, in der die Mutter für das werdende Leben gewissermaßen den Kosmos bildet. Der Staat hat in diesem Naturverhältnis nichts zu suchen.
Entscheidungen, die die Frau souverän in der Schwangerschaft trifft, haben dadurch vielleicht sogar noch eine gesteigerte moralische Verantwortlichkeit. Dieser Verantwortung werden die Frauen auch gerecht, denn ich bin überzeugt, daß sich keine Frau leichten Herzens zu einem Schwangerschaftsabbruch entschließt.
({1})
Der Staat überschreitet die ihm gezogenen Grenzen, wenn er mit strafrechtlichen Sanktionen eine bestimmte Entscheidung erzwingen will. Es ist eine zutiefst entwürdigende Prozedur, wenn sich Männer mit schwarzen Kitteln bekleiden und Frauen zu Gefängnisstrafen verurteilen, weil sie in einer Konfliktsituation eine möglicherweise moralisch problematische Entscheidung getroffen haben. Dem Schutz werdenden Lebens dienen solche Veranstaltungen nicht.
({2})
Patrick Bahners hat in einem Aufsatz für die „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" sehr gut herausgearbeitet, daß die Grenze des Körpers zugleich die Grenze des Staates ist, und die Debatte zu § 218 in Beziehung zur Herausbildung der Habeas-corpus-Rechte gesetzt. Bahners weist aber auch darauf hin, daß es dem Staat gewiß erlaubt ist, durch Vergünstigungen, vielfältige Hilfen und Beratungsangebote Frauen, die im Zweifel sind, ob sie eine Schwangerschaft austragen können, dazu zu bewegen, das Kind zur Welt zu bringen.
In diesem Sinne ist das beste Mittel gegen Schwangerschaftsabbrüche eine kinderfreundliche und kindheitsschützende Gesellschaft.
({3})
Davon sind wir noch sehr weit entfernt, solange wir immer noch oft Leben, Gesundheit und seelisches Gedeihen von Kindern vermeintlich wichtigeren Zielen unterordnen. Manche sind ja nicht einmal bereit, dem Lebensrecht von Kindern Vorrang gegenüber der schnellen Fortbewegung von Autos zu geben.
({4})
Im Interesse des werdenden Lebens und aus Respekt vor den Frauen unterstütze ich den Gruppenentwurf.
({5})
Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Dr. Norbert Blüm.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich weiß, daß der Konflikt, über den wir heute sprechen, ein Konflikt ist, den existentiell die Frauen austragen. Deshalb weiß auch ich, daß den Männern in dieser Debatte eine gewisse Zurückhaltung zu empfehlen ist.
({0})
Dennoch hat es mich immer gestört, wie sehr die Männer auch in unserer Sprache der Verantwortung los- und ledig werden konnten. Über Jahrhunderte sprachen wir von der unehelichen Mutter. In diesem Ausdruck war unausgesprochen Diskriminierung enthalten. Vom unehelichen Vater sprach niemand. Er war sprachlich auf der Flucht. Wenn wir das verändern wollen, dann muß es zwischen Mutter und Vater einen partnerschaftlichen Dialog über dieses Thema, das wir heute behandeln, geben.
({1})
Es gab viel doppelte Moral. Die Mutter, die ihr Kind abtrieb, wurde mit Strafe des Rechtes bedacht. Die Mutter, die ihr uneheliches Kind austrug, wurde von der Gesellschaft verachtet. Das war eine doppelte Moral, die wir nicht hinnehmen können.
({2})
Der Mutter, die ihr Kind austrägt, muß geholfen werden.
Meine Damen und Herren, ich frage Sie: Selbstbestimmung der Frau kann doch nicht Alleinbestimmung sein? Jede Selbstbestimmung muß doch mit der Selbstbestimmung anderer abgewogen werden. Der Schwächste in diesem Abwägungsprozeß ist der Kleinste, der ungeborene Mensch. Wer verleiht ihm in dieser Debatte Stimme?
({3}) Auch er muß in diese Debatte eingebracht werden. Ich melde mich hier zu Wort
({4})
- können wir uns nicht ganz in Ruhe zuhören? -, weil ich meine, daß wir hier nicht nur über das Leben des noch nicht geborenen Kindes diskutieren, sondern auch über die Frage, ob wir alles dürfen, was wir können. Wir werden mehr können als je zuvor. Der Abstand zwischen Können und Dürfen wird größer werden. Wir werden den Homunkulus zum erstenmal herstellen können. Frösche können wir klonieren, warum - wenn wir alles dürfen, was wir können - nicht auch den Menschen?
Ich glaube, wir können uns vor diesen Zumutungen und Gefahren nur durch ein neues Tabu befreien: durch das Tabu des Lebens. Wenn das Leben einmal befristet zur Disposition gestellt wird, gibt es kein Halten mehr.
({5})
Wenn es eine Frist am Beginn des Lebens gibt, warum nicht auch eine Frist beim verlöschenden Leben? Eine Notlage ist doch nicht vom Geburtsdatum abhängig. Es kann im Alter schwere Notlagen geben.
Deshalb plädiere ich für eine Verständigung über neue Tabus. Unsere Sittlichkeit ist nicht sehr stabil. Wir müssen sie auch durch das Recht stützen, wenn auch nicht deshalb, weil Recht schon Sittlichkeit wäre. Aber ich glaube schon, daß wir bei der Instabilität des
Menschen das Recht brauchen, um uns vor dem Absturz in die Barbarei zu bewahren.
({6})
Ich stelle noch einmal die Frage: Dürfen wir alles, was wir können? - Ich antworte: nein. Wir dürfen das Leben nicht manipulieren.
({7})
Wir liefern es sonst unseren Wünschen und Launen aus. Wir müssen den Mensch durch das Recht schützen. Ich selber war und bin der Meinung, daß sich der Staat nur im Konflikt Leben gegen Leben zurückziehen darf.
({8})
Nur kommt es nicht auf meine private Gesinnung an. In einer Verantwortungsethik muß man auch die Folgen mitbedenken. Einen solchen Standpunkt hier heute abend zu Protokoll zu geben, bewegt nichts. Es kommt darauf an, das Schlimmste zu verhindern. Nach meiner Güterabwägung ist das Schlimmste für mich eine befristete Freigabe des Lebens. Deshalb appelliere ich an alle - auch an die, die meinen ethischen Standpunkt teilen -, sich dem Mehrheitsantrag der CDU/CSU-Fraktion anzuschließen.
Im übrigen bin ich gar nicht so pessimistisch: Eine neue Verantwortung für die Schöpfung bricht sich Bahn. Sie hat die Natur schon erreicht, warum sollte sie auch nicht die Menschen einschließen?
({9})
Das schrecklichste, weil zynischste Wort ist das Wort „Abtreibung". Ein Mensch ist doch kein Stück Holz, der vom Strom mitgerissen wird. Das schönste Wort ist das einer werdenden Mutter, die sagt, sie wäre guter Hoffnung. Ich bin sicher, daß diese Hoffnung stärker ist als alle Fristenlösungen.
({10})
Das Wort hat der Kollege Wolfgang Lüder.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Blüm! Vor einem Jahr stand dieses Haus - Klaus Röhl und andere haben heute daran erinnert - schon einmal vor einer entscheidenden Frage,
({0})
der Vollendung der Einheit Deutschlands. Heute geht es - diesen Aspekt möchte ich voranstellen - um die Schaffung eines einheitlichen Rechtes in Deutschland. Was in Frankfurt/Oder straflos bleibt, kann nicht in Frankfurt/Main strafbar sein, und was in Dresden gilt, muß auch in Düsseldorf Rechtens sein.
({1})
Darum zu ringen, darauf kommt es heute zunächst an.
Wenn wir uns heute in einer Debatte zu einem Thema befinden, zu dem uns viele außerhalb des Parlamentes einen Rat gegeben haben - Sie haben
eben wieder auf einige der Ratgeber Bezug genommen -, so lassen Sie mich bitte zwei Bemerkungen machen.
Ich finde, es geht hier um eine Frage, bei der wir Männer sehr wohl mit zu beraten und mit zu entscheiden haben. Aber ich wäre froh, wenn die Frauen, wenn es um einen Schwangerschaftsabbruch geht, von den Männern nicht in so vielen Fällen alleingelassen würden, wie es heute noch der Fall ist.
({2})
Wenn ich dies sage, so muß ich einen grundsätzlichen Widerspruch zu dem anmelden, was Sie, Herr Blüm, zum Selbstbestimmungsrecht gesagt haben. Alle heute vorliegenden Anträge gehen davon aus, daß am Schluß einer die Entscheidung trägt. Kein Antrag sieht Kollektiventscheidungen etwa der Frau mit dem Partner vor. Alle Anträge sehen die Schlußentscheidung eines einzelnen vor. Dabei stellt sich doch die Frage: Trauen wir es den Frauen zu, die Entscheidung selbst zu treffen, oder meinen wir, wir bräuchten den Arzt, einen urteilenden Vormund? Da sage ich als Unterstützer des Gruppenantrages: Nein, die Selbstbestimmung kann nur von der Betroffenen selbst wahrgenommen werden, von niemandem sonst.
({3})
Ihr Antrag läuft auf eine Fremdbestimmung der Frau hinaus, nicht auf eine Selbstbestimmung.
Lassen Sie mich noch eines ergänzen. Es ist heute schon mehrfach angesprochen worden, daß die Herren der katholischen Kirche uns Rat geben. Ich möchte einmal den Gedanken weiterspinnen. Was wäre eigentlich, wenn es Kirchen gäbe, in denen nur Frauen die Sakramente spenden dürfen und Männer daran gehindert wären? Wie wäre dann eigentlich die Entscheidung dazu, was die Gottheit für richtig hält, ausgefallen?
({4})
Meine Damen und Herren, bei seinem Abstimmungsverhalten sollte jeder, der für die Selbstbestimmung der Frau ist, berücksichtigen, daß wir nur dann zur Abstimmung über den Gruppenantrag kommen, wenn wir nicht vorher durch Enthaltung oder andere Freundlichkeiten für andere Papiere signalisiert haben. Wir kommen heute in klare Entscheidungssituationen, und unser Wort kann zu jedem Antrag nur - lassen Sie es mich so biblisch sagen - ja oder nein lauten. Ein Zwischending trägt nur dazu bei, daß am Ende die falsche Entscheidung getroffen wird.
({5})
Meine Damen und Herren, ich will deutlich machen - gerade aus juristischer Sicht -: Der Gruppenantrag ist in meinen Augen nicht nur verfassungsmäßig zulässig, sondern er ist verfassungsmäßig und ethisch geboten. Er bringt die Entscheidungsmöglichkeiten für die Frau, die der Bürgerin gebühren, und drängt
den Staat in die Aufgabe zurück, die ihm obliegt, nämlich Hilfen zu bieten, nicht aber Vormund und Urteilsgeber zu sein.
({6})
Ich erteile das Wort der Kollegin Susanne Rahardt-Vahldieck.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben eine zum Teil sehr ergreifende, zum Teil sehr bewegte Debatte gehabt, zum Teil aber auch Formulierungen gehört, die mir nicht gefallen haben.
Das ist das Wort vom „Gebärzwang" gefallen. Da ist der Spruch „Mein Bauch gehört mir" gekommen. Da kam auch die Vokabel - das hat mir ebenfalls nicht gefallen, Frau Kollegin Funke-Schmitt-Rink - vom Glockenterror.
Das sind Formulierungen, die dieser Debatte und diesem Problem nicht angemessen sind.
({0})
Auf der anderen Seite ist es genauso unangemessen, wenn Formulierungen wie „Euthanasie" oder „Holocaust" gebraucht werden.
({1})
Unterstellungen dieser Art sind unakzeptabel. Man hat so etwas aus einigen Redebeiträgen herausgehört - als ob diejenigen, die den Gruppenantrag unterstützen, für Abtreibung seien oder Kindstötung befördern wollten oder Leben verfügbar machen wollten. Diese Unterstellungen weise ich für mich und für die anderen, die diesen Gruppenantrag unterstützen, zurück.
({2})
Wir von der Union, die wir den Gruppenantrag unterstützen, wissen - ich nehme an, das gilt auch für die meisten anderen -: Es handelt sich um ungeborenes menschliches Leben. Es ist menschliches Leben von Anfang an. Zellklumpen, Schwangerschaftsprodukt - all diese merkwürdigen Vokabeln, die auch gelegentlich Verwendung finden - dürfen keinen Eingang in eine solche Debatte finden. Sie sind der Sache nicht angemessen. Dieses ungeborene menschliche Leben muß natürlich auch vom Staat geschützt werden. Das ist ganz selbstverständlich. Das bestreitet ja auch niemand von uns.
Die Frage ist doch nur: Wie schützen wir es? Die Frage ist doch, ob ein Indikationenmodell der derzeitigen Regelung oder ein Indikationenmodell, wie es der derzeitige Entwurf meiner Fraktion vorsieht, das richtige Mittel ist.
Ich glaube eben nicht, daß der Entwurf meiner Fraktion richtig ist. Welches ungeborene Kind soll das Strafrecht schützen? Welche verzweifelt entschlossene Schwangere, die glaubt, die Schwangerschaft nicht austragen zu können, trägt das Kind aus, weil ihr das Strafrecht vor Augen steht? Sie wird nach Holland fahren. Sie wird in ein anderes Bundesland fahren.
Früher hat sie die Stricknadel genommen. Das Strafrecht hat sie nicht davon abgehalten.
({3})
Die schwankende, unsichere Schwangere, die noch nach einem Weg sucht, die sich vielleicht für das Kind entscheiden könnte, die tut dies nicht auf Grund des Strafrechts, sondern dann, wenn ihr die Sicherheit und eine Zukunftsperspektive für sich und das Kind gegeben wird.
Diese Sicherheit hat sie nicht. Sie hat nicht die Ruhe, nachzudenken, das Kind anzunehmen. Sie hat nicht die Ruhe, eine Beratung offen mitzuerleben, wenn sie weiß, daß sie von der Entscheidung dritter abhängig ist. Wenn sie weiß, daß sie selber die Verantwortung, die sie annehmen soll, nicht tragen darf, dann kann sie sich nicht frei für das Kind entscheiden. Deswegen dürfen wir mit dem Druck des Strafrechts nicht arbeiten.
Nach meiner persönlichen festen Überzeugung - die sicher viele von Ihnen nicht teilen - gilt: Strafrechtliche Regelungen gefährden eher das ungeborene menschliche Leben durch Zwang und Druck auf die Schwangere, als sie es schützen.
({4})
Offenheit und Vertrauen schützen das menschliche Leben im Mutterleib. Deswegen stehe ich für den Gruppenantrag.
Ich will aber noch einen anderen Gedanken einbringen. Ich habe die Hoffnung, daß, wenn wir diese Debatte abgeschlossen haben, eine gewisse Ruhe einkehren wird und daß das Feldgeschrei der vergangenen Jahre - hier Selbstbestimmungsrecht, da Lebensschutz, obwohl gar nicht miteinander gesprochen wurde, sondern nur gegeneinander polemisiert wurde - aufhört. Dann können wir uns endlich auf das konzentrieren, auf das es wirklich ankommt, nämlich den Wert des ungeborenen Lebens in der Politik und in der Gesellschaft verstärkt herauszustellen. So kann in der Gesellschaft und durch uns an all den Hilfen gearbeitet werden, die wir wirklich brauchen, um das ungeborene Leben mit seiner Mutter und nicht gegen sie zu schützen.
Danke.
({5})
Frau Kollegin Ingrid Matthäus-Maier, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die heutige Debatte ist fast vorüber. Eines hat sie deutlich gemacht, nämlich, worum es nicht ging. Es ging nicht um die Frage, ob man für oder gegen Abtreibung ist. Ich will hier klar und deutlich sagen: Jeder Schwangerschaftsabbruch ist einer zuviel. Wir haben heute darüber gestritten, wie wir den besten Weg finden, um Schwanger8356
schaftsabbrüche zu vermeiden, meine Damen und Herren.
({0})
Ein Weg hat sich über die Jahrzehnte als wirkungslos erwiesen, die Strafandrohung des § 218. Den Schutz des werdenden Lebens hat dieser Paragraph jedenfalls nicht bewirkt. Wir wissen dies doch aus unzähligen Leidensgeschichten von Frauen. Frauen, die aus Verzweiflung über das Verlassenwerden durch den Vater des Kindes, aus Angst vor der Schande, aus sozialer Not, aus körperlicher oder seelischer Überlastung das Kind nicht austragen wollten, haben sich nie durch einen Abtreibungsparagraphen davon abhalten lassen.
Der § 218 war auf diese Weise zwar der wirkungsloseste Strafrechtsparagraph, was den Schutz des werdenden Lebens anging, aber er war einer der wirkungsvollsten, was die Demütigung, die Verängstigung, die Einschüchterung, die Verzweiflung bis hin zum Tod von Frauen betrifft.
({1})
Generationen von Frauen haben unter ihm gelitten. Ich erinnere mich noch gut, als wir Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre - ich war damals junge Studentin - Unterschriften gegen den § 218 sammelten. Jeder weiß, daß ältere Frauen sich in der Regel bei solchen Aktionen nicht engagieren. Damals war es anders. Alte und ganz alte Frauen kamen an die Stände und sagten: Ich will auch mit unterschreiben; ihr jungen Frauen sollt es einmal besser haben, als wir es hatten. Zum Teil berichteten sie von ihren Leiden, von drei, von fünf und mehr Abtreibungen, und das waren alles keine Abtreibungen aus Leichtfertigkeit, meine Damen und Herren, sondern weil diese Frauen, sehr oft Mütter von mehreren Kindern, sich einer weiteren Schwangerschaft nicht mehr gewachsen fühlten.
Daß dies alles nicht so lange her ist, Herr Blüm, daran möchte ich Sie erinnern, weil Sie das Stichwort „Unehelichenrecht" hier genannt haben. Es ist doch erst wenig mehr als 20 Jahre her, daß der damalige Justizminister Gustav Heinemann gegen zum Teil entschiedenen Widerstand aus Ihren Reihen eine Reform des Nichtehelichenrechts durchsetzen mußte.
({2})
Wir, die wir den Gruppenantrag eingebracht haben, gehen einen anderen Weg. Er heißt: Hilfe statt Strafe, und wir halten ihn für wirkungsvoller sowohl für den Schutz des werdenden Lebens als auch für die Würde und Gesundheit der Frauen.
Dazu gehört erstens: Ungewollte Schwangerschaften müssen möglichst verhindert werden. Umfassende Aufklärung, Sexualunterricht in der Schule und ungehinderter Zugang zu Verhütungsmitteln gehören dazu. Ich habe nie verstanden, warum es so oft die gleichen waren, die einerseits für scharfe Bestrafung der Frauen eintreten, andererseits aber zugleich eine
moderne Sexualaufklärung oder wirksame Verhütungsmittel, wie die Pille, bekämpft haben.
({3})
Zweitens gehören bezahlbarer Wohnraum und Krippenplätze zu dem Hilfsangebot für werdende Mütter. In seinem Gedicht über die Leibesfrucht, das Angelika Barbe schon genannt hat, schrieb Tucholsky so treffend:
Für mich sorgen sie alle, Kirche, Staat, Ärzte und Richter, neun Monate lang. Aber wenn diese neun Monate vorbei sind, dann muß ich sehen, wie ich weiterkomme. Sagt selbst: Ist das nicht eine merkwürdige Fürsorge?
Auch wenn sich seit Tucholskys Zeiten viel geändert hat, so gilt doch auch heute noch, daß der Staat sich mehr um den Schutz des ungeborenen als des geborenen Lebens kümmert. Und das wollen wir ändern, meine Damen und Herren.
({4})
Deswegen lassen Sie mich abschließen: Viele Frauen in unserem Lande haben das, wie ich glaube, richtige Gefühl: Wenn nur Frauen im Bundestag die Mehrheit hätten, gäbe es den § 218 schon längst nicht mehr.
({5})
Ich appelliere deswegen gerade auch an die Kollegen hier im Raume -
Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist ein gutes Stück überschritten.
Ich bitte Sie, stimmen Sie dem Gruppenantrag zu. Werdendes Leben kann man nur mit der Mutter, nie gegen die Mutter schützen. Lassen Sie Frauen entscheiden, nicht mehr Staatsanwälte und Richter!
({0})
Ich erteile dem Kollegen Dr. Heiner Geißler das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will am Anfang etwas zu Rita Süssmuth sagen und zu den anderen Frauen aus allen Fraktionen, die in ihren Aussagen die Verantwortung der Frauen und die letzte Entscheidung der Frauen besonders herausgestellt haben.
Viele haben vermißt, daß in manchen dieser Reden nicht von der Würde des Kindes die Rede war. Das ist richtig. Was wir aber heute von Frauen über Frauen gehört haben, ist das vielleicht nicht doch das Echo, auch ein später Aufschrei für die Generationen von schwangeren Frauen, die seit Jahrhunderten auch auf Grund einer falschen Sexualmoral gedemütigt, verDr. Heiner Geißler
stoßen, verfemt, arbeitslos gemacht und oft zum Selbstmord getrieben worden sind?
({0})
In der größten deutschen Dichtung wurde es zum zentralen Thema:
Nah war der Freund, nun ist er weit, zerrissen der Kranz, die Blumen zerstreut.
Das sagt Margarete in Goethes „Faust" im Kerker und schon im Wahnsinn.
Laß mich nur erst das Kind noch tränken. Ich herzte es die ganze Nacht.
Sie nahmen miss, um mich zu kränken und sagen nun, ich hätt' es umgebracht, und niemals werd' ich wieder froh.
Das erbärmliche Schicksal Hunderttausender von Frauen vor uns wirkt bis heute in unserer Diskussion. Wer hätte eigentlich das Recht, auch wenn man einer anderen Auffassung ist, vielen heutigen Frauen vorzuwerfen, daß sie sich dagegen wehren, daß Richter und Staatsanwälte die Konflikte der Schwangerschaft lösen sollen.
Den Schwachen zu helfen, nicht sie zu strafen, hat meine Partei auf dem Wiesbadener Parteitag beschlossen. Das war schon immer die vornehmste Aufgabe des Staates.
Dies gilt aber auch für das Kind. Deshalb muß ich zurückfragen: Wie soll ich, würde der Gruppenantrag und damit die Fristenlösung angenommen, z. B. meinen Kindern erklären, daß ein ungeborenes Kind am ersten Tag der 13. Woche vom Staat geschützt wird, dasselbe Kind aber am Tag zuvor straflos abgetrieben werden darf, und zwar - das ist das Entscheidende - nur deswegen, weil die Zeit noch nicht abgelaufen ist. Das kann nicht richtig sein.
({1})
Ich stimme für den Entwurf der Union, weil es nach meiner Auffassung zu einer menschenwürdigen Ordnung gehört - auch wenn es strafrechtlich zugegebenermaßen kaum eine Wirkung hat, weil es schwer justitiabel ist -, daß eine Schwangerschaft auch innerhalb einer Frist nicht einfach ohne jeden Grund und ohne jede Begründung abgebrochen werden darf.
({2})
- Ich habe eine andere Meinung; ich habe sie zum Ausdruck gebracht. Aber es ist vielleicht doch des Nachdenkens wert, daß wir uns noch einmal kurz austauschen.
Es gibt auch noch eine andere Frage. Manchmal wundere ich mich - ich war 13 Jahre Sozial- oder Familienminister -, welches Bild hier gezeichnet wird. Was ist denn eigentlich mit den Frauen, die das Kind haben wollen, aber nicht dürfen? In welcher Welt leben wir denn? Ich stelle die Frage: Erschwert nun die Fristenlösung den Druck der Umgebung, der Familie, der Männer, des Freundes, des Partners auf die Frau abzutreiben, oder setzt sie nicht, im Gegenteil, die Pressionen erst richtig frei? Das ist die Frage.
({3})
Deshalb sagen wir: Diejenigen, die schwangere, mit ihren Konflikten beladene Frauen nötigen und erpressen, müssen - das fehlt in den anderen Entwürfen - bestraft werden. Das ist wahr.
({4})
Es ist immer ein zentraler Punkt auch der neuen sozialen Frage gewesen, daß wir an der Seite der Schwächsten zu stehen haben. Das ist mit der weitere Grund für mich, warum ich diesem Entwurf der Union zustimme. Ich bin der festen Überzeugung, daß der Entwurf der Union den sozialen Schutz für Frauen und Kinder am konsequentesten durchsetzt und auch weiterentwickelt.
Die Zustimmung zu dieser Debatte werden wir dann am leichtesten haben, wenn wir in unsere politische Obhut nicht nur die Kinder einbeziehen, die schon leben, aber noch nicht geboren sind, und nicht nur die Frauen, die Konflikte austragen müssen, sondern auch die 250 000 Kinder, die auf der Welt pro Woche sterben müssen, weil sie nicht genügend zu essen haben, die Kinder der Flüchtlinge, die Kinder der Bürgerkriegsflüchtlinge und - das sage ich hinzu ({5})
alle anderen Kinder. Laßt uns darüber in den kommenden Debatten mit demselben Engagement diskutieren und entscheiden, wie wir uns für die Kinder entschieden und eingesetzt haben, die noch nicht auf der Welt sind, die aber schon leben.
Deswegen bitte ich alle, dem Entwurf der Union die Zustimmung unter der Voraussetzung zu geben, daß wir diese Verantwortung auf die übrigen Kinder ausdehnen, die ebenfalls unserer Obhut anheim gegeben sind.
({6})
Ich schließe die Aussprache.
Meine Damen und Herren, ich bin gebeten worden, zum Bericht des Sonderausschusses folgendes mitzuteilen: Wegen verfahrensrechtlicher Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Behandlung von Petitionen wird die heute morgen hier mündlich vorgetragene Ergänzung der Empfehlung, wonach die an den Sonderausschuß gerichteten Petitionen für erledigt erklärt werden sollten, zurückgezogen.
({0}) Ich erteile dem Kollegen Schulz das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Spannung ist auf dem Höhepunkt. Nicht nur heute, sondern seit Monaten, ja eigentlich mit und seit der deutschen Einigung erleben wir eine bewegende Diskussion. Sie werden mir sicherlich zustimmen, daß
Werner Schulz ({0})
wir heute nacht zu einer Entscheidung finden werden und müssen. So oder so, ob Schutz des ungeborenen Lebens oder Schwangerschaftsabbruch oder Recht auf selbstbestimmte Schwangerschaft, ob Indikationen- oder Fristenlösung: Es wird eine offene gesellschaftliche Wunde bleiben. Unsere Aufgabe sollte es vor allen Dingen sein, eine demokratische Entscheidungsfindung in diesem Haus zu ermöglichen, d. h. den Gesetzentwurf herauszufinden -
Herr Kollege Schulz, Sie wollten zur Geschäftsordnung und zur Tagesordnung sprechen. Bitte, tun Sie das.
Ich möchte zur Geschäftsordnung sprechen, weil ich meine, daß wir in diesem Haus eine demokratische Entscheidungsfindung ermöglichen sollten, also den Antrag herausfinden sollten, der die höchste Akzeptanz hat. Das Abstimmungsverfahren, das uns vorliegt, wird diesem Anspruch, meine Damen und Herren, nicht gerecht.
Wir haben heute früh auf eine Geschäftsordnungsdiskussion verzichtet. Mein Kollege Dr. Ullmann hat unsere Bedenken angemeldet. Ich zitiere aus dem Protokoll:
Das jetzt von Ihnen vorgetragene Verfahren impliziert, daß unter Umständen der Gruppenantrag überhaupt nicht mehr zur Beratung und Abstimmung gestellt werden kann.
Darauf vermerkt das Protokoll den Zuruf der CDU/ CSU: „Das wäre doch gut! " Ich denke, das wäre fatal. Das würde im Moment eher eine Stimmung verstärken, die gegen die herkömmliche Politik gerichtet ist. Ich bitte Sie deswegen, einem Verfahren zuzustimmen, das die gegenüberstellende Abstimmung sämtlicher Anträge gemäß § 48 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung ermöglicht. Auch hier besteht die Möglichkeit, daß die in den Fraktionen ohnehin schon diskutierte Situation der Zurücknahme einzelner Gesetzentwürfe durchaus erwogen werden kann. Und Herr Gysi, wenn Sie auf bestimmte Mätzchen verzichten würden, wäre hier eine faire Lösung möglich.
Ich möchte Sie deswegen abschließend bitten: Lassen Sie uns einen Entscheidungsweg finden, der auf der Kraft der Argumente und nicht auf den Finessen eines Verfahrens beruht.
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. ({0})
Wird dazu das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Meine Damen und Herren, dieser Antrag kann nur mit einer Zweidrittelmehrheit der Anwesenden angenommen werden, weil er eine Abweichung von der Geschäftsordnung anstrebt. Wer stimmt für diesen Antrag? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Damit ist der Antrag abgelehnt. Es bleibt bei dem heute morgen festgelegten Verfahren.
Ich darf es noch einmal in Erinnerung rufen, bevor wir zur Abstimmung kommen. Über die Gesetzentwürfe wird jetzt in der zweiten Beratung in folgender Reihenfolge namentlich abgestimmt: Entwurf der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Entwurf der Gruppe PDS/Linke Liste, Entwurf des Abgeordneten Herbert Werner ({0}) und anderer, Entwurf der Fraktion der F.D.P., Entwurf der Fraktion der SPD, Entwurf von Mitgliedern der Fraktion der CDU/CSU, Entwurf der Abgeordneten Inge Wettig-Danielmeier, Uta Würfel und anderer, der sogenannte Gruppenantrag.
Die vorliegenden Änderungsanträge werden jeweils vor dem entsprechenden Gesetzentwurf aufgerufen. Ein Gesetzentwurf ist angenommen, wenn er die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhält. Das ist der Fall, wenn mehr Jastimmen als Neinstimmen für ihn abgegeben werden. Stimmenthaltungen werden hierbei nicht mitgezählt. Entscheidend ist also allein, daß die Jastimmen die Neinstimmen überwiegen. Das bedeutet, sobald einer der konkurrierenden Gesetzentwürfe die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhält, ist er in zweiter Beratung angenommen. Über weitere Entwürfe wäre dann nicht mehr abzustimmen.
Wir stimmen zuerst über den Gesetzentwurf der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ab: Gesetzentwurf zur Sicherung der Entscheidungsfreiheit von Frauen beim Umgang mit ungewollten Schwangerschaften, Drucksache 12/696.
Ich eröffne die namentliche Abstimmung.
({1})
Meine Damen und Herren, darf ich fragen, ob noch ein Mitglied im Hause ist, das seine Stimmkarte nicht abgegeben hat? Meine Damen und Herren, ich frage noch einmal: Gibt es noch ein Mitglied hier im Hause, das seine Stimme bisher nicht abgegeben hat? - Ich stelle fest: Das ist nicht der Fall.
Ich schließe damit die Abstimmung. Ich bitte die Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, bis zum Vorliegen des Ergebnisses muß ich die Sitzung unterbrechen.
({0})
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.
Ich gebe das von den Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Gesetzentwurf der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 12/696 bekannt. Abgegebene Stimmen: 657, davon ungültig: keine. Mit Ja haben gestimmt: 17, mit Nein haben gestimmt: 634, Enthaltungen: 6.
Vizepräsident Helmuth Becker
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 655; davon
ja: 17
nein: 632
enthalten: 6
Ja
SPD
Roth, Wolfgang PDS/Linke Liste
Bläss, Petra
Dr. Enkelmann, Dagmar
Dr. Gysi, Gregor
Dr. Heuer, Uwe-Jens Dr. Höll, Barbara Jelpke, Ulla
Dr. Keller, Dietmar Lederer, Andrea Dr. Modrow, Hans Dr. Seifert, Ilja
Stachowa, Angela
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Dr. Feige, Klaus-Dieter Köppe, Ingrid
Poppe, Gerd
Schenk, Christina
Fraktionslos
Dr. Briefs, Ulrich
Nein
CDU/CSU
Adam, Ulrich
Dr. Ackermann, Else Dr. Altherr, Walter Augustin, Anneliese Augustinowitz, Jürgen Austermann, Dietrich
Bargfrede, Heinz-Günther
Dr. Bauer, Wolf
Baumeister, Brigitte Bayha, Richard
Belle, Meinrad
Dr. Bergmann-Pohl, Sabine Bierling, Hans-Dirk
Dr. Blank, Joseph-Theodor Blank, Renate
Dr. Blens, Heribert Bleser, Peter
Dr. Blüm, Norbert
Böhm ({0}), Wilfried Dr. Böhmer, Maria
Börnsen ({1}), Wolfgang Dr. Bötsch, Wolfgang
Bohl, Friedrich
Bohlsen, Wilfried Borchert, Jochen Brähmig, Klaus
Breuer, Paul
Brudlewsky, Monika Brunnhuber, Georg Bühler ({2}), Klaus
Büttner ({3}), Hartmut
Buwitt, Dankward
Carstens ({4}), Manfred Carstensen ({5}),
Peter Harry
Clemens, Joachim Dehnel, Wolfgang Dempwolf, Gertrud Deres, Karl
Deß, Albert
Diemers, Renate Dörflinger, Werner Doss, Hansjürgen Echternach, Jürgen Ehlers, Wolfgang Ehrbar, Udo
Eichhorn, Maria
Engelmann, Wolfgang Eppelmann, Rainer Eylmann, Horst
Eymer, Anke
Falk, Ilse
Dr. Faltlhauser, Kurt Feilcke, Jochen
Dr. Fell, Karl
Fischer ({6}), Dirk Fischer ({7}), Leni Fockenberg, Winfried Francke ({8}), Klaus Frankenhauser, Herbert
Dr. Friedrich, Gerhard Fritz, Erich G.
Fuchtel, Hans-Joachim Ganz ({9}), Johannes Geiger, Michaela
Geis, Norbert
Dr. Geißler, Heiner
Dr. von Geldern, Wolfgang Gerster ({10}), Johannes Gibtner, Horst
Dr. Göhner, Reinhard Göttsching, Martin Götz, Peter
Dr. Götzer, Wolfgang Gres, Joachim
Grochtmann, Elisabeth Gröbl, Wolfgang Grotz, Claus-Peter
Dr. Grünewald, Joachim Günther ({11}), Horst Frhr. von Hammerstein,
Carl-Detlev
Harries, Klaus
Haschke ({12}), Gottfried
Haschke ({13}), Udo Hasselfeldt, Gerda Haungs, Rainer
Hauser ({14}), Otto Hauser ({15}), Hansgeorg
Hedrich, Klaus-Jürgen Heise, Manfred
Dr. Hellwig, Renate
Dr. h. c. Herkenrath, Adolf Hinsken, Ernst
Hintze, Peter
Hörsken, Heinz-Adolf Hörster, Joachim
Dr. Hoffacker, Paul Hollerith, Josef
Dr. Hornhues, Karl-Heinz Hornung, Siegfried Hüppe, Hubert
Jäger, Claus
Jaffke, Susanne
Jagoda, Bernhard Dr. Jahn ({16}),
Friedrich-Adolf Janovsky, Georg Jeltsch, Karin
Dr. Jobst, Dionys Dr.-Ing. Jork, Reiner Dr. Jüttner, Egon
Jung ({17}), Michael Junghanns, Ulrich
Dr. Kahl, Harald Kalb, Bartholomäus Kampeter, Steffen
Dr.-Ing. Kansy, Dietmar
Dr. Kappes, Franz-Hermann Karwatzki, Irmgard
Kauder, Volker Keller, Peter
Kiechle, Ignaz Kittelmann, Peter
Klein ({18}), Günter
Klein ({19}), Hans Klinkert, Ulrich
Köhler ({20}),
Hans-Ulrich
Dr. Köhler ({21}), Volkmar
Dr. Kohl, Helmut Kolbe, Manfred Kors, Eva-Maria Koschyk, Hartmut Kossendey, Thomas Kraus, Rudolf
Dr. Krause ({22}), Günther
Dr. Krause ({23}), Rudolf Karl
Krause ({24}), Wolfgang Krey, Franz Heinrich Kriedner, Arnulf Kronberg, Heinz-Jürgen Dr.-Ing. Krüger, Paul
Krziskewitz, Reiner Eberhard Lamers, Karl
Dr. Lammert, Norbert
Lamp, Helmut Johannes Lattmann, Herbert
Dr. Laufs, Paul Laumann, Karl Josef
Lehne, Klaus-Heiner
Dr. Lehr, Ursula Lenzer, Christian Dr. Lieberoth, Immo Limbach, Editha
Link ({25}), Walter Lintner, Eduard
Dr. Lippold ({26}),
Klaus W.
Dr. sc. Lischewski, Manfred Löwisch, Sigrun
Lohmann ({27}),
Wolfgang
Louven, Julius Lummer, Heinrich Dr. Luther, Michael
Maaß ({28}), Erich Männle, Ursula
Magin, Theo
Dr. Mahlo, Dietrich Marienfeld, Claire Marschewski, Erwin Marten, Günter
Dr. Mayer ({29}),
Martin
Meckelburg, Wolfgang Meinl, Rudolf Horst Dr. Merkel, Angela Dr. Meseke, Hedda Dr. Meyer zu Bentrup,
Reinhard
Michalk, Maria Michels, Meinolf
Dr. Mildner, Klaus Gerhard Dr. Möller, Franz
Molnar, Thomas
Dr. Müller, Günther Müller ({30}), Elmar
Müller ({31}),
Hans-Werner
Müller ({32}), Alfons Nelle, Engelbert
Dr. Neuling, Christian Neumann ({33}), Bernd Nitsch, Johannes
Nolte, Claudia
Dr. Olderog, Rolf
Ost, Friedhelm
Oswald, Eduard
Otto ({34}), Norbert Dr. Päselt, Gerhard
Dr. Paziorek, Peter Paul Pesch, Hans-Wilhelm Petzold, Ulrich
Pfeffermann, Gerhard O. Pfeifer, Anton
Pfeiffer, Angelika
Dr. Pfennig, Gero
Dr. Pflüger, Friedbert Dr. Pinger, Winfried Pofalla, Ronald
Dr. Pohler, Hermann Priebus, Rosemarie Dr. Probst, Albert
Dr. Protzner, Bernd Pützhofen, Dieter Rahardt-Vahldieck, Susanne Raidel, Hans
Dr. Ramsauer, Peter Rau, Rolf
Rauen, Peter Harald Rawe, Wilhelm
Reddemann, Gerhard Regenspurger, Otto Reichenbach, Klaus Dr. Reinartz, Berthold Reinhardt, Erika
Repnik, Hans-Peter Dr. Rieder, Norbert
Dr. Riedl ({35}), Erich Riegert, Klaus
Dr. Riesenhuber, Heinz Ringkamp, Werner Rode ({36}), Helmut Rönsch ({37}),
Hannelore
Roitzsch ({38}), Ingrid Romer, Franz-Xaver
Dr. Rose, Klaus
Rossmanith, Kurt J. Roth ({39}), Adolf Rother, Heinz
Dr. Ruck, Christian Rühe, Volker
Dr. Rüttgers, Jürgen Sauer ({40}), Helmut Sauer ({41}), Roland Scharrenbroich, Heribert Schätzle, Ortrun
Dr. Schäuble, Wolfgang Schartz ({42}), Günther Schemken, Heinz
Scheu, Gerhard
Schmalz, Ulrich
Schmidbauer, Bernd Schmidt ({43}), Christian Dr. Schmidt ({44}),
Joachim
Schmidt ({45}), Andreas Schmidt ({46}), Trudi Schmitz ({47}),
Hans Peter
von Schmude, Michael Dr. Schneider ({48}), Oscar
Dr. Schockenhoff, Andreas Dr. Scholz, Rupert
Frhr. von Schorlemer,
Reinhard
Dr. Schreiber, Harald
Vizepräsident Helmuth Becker Schulhoff, Wolfgang
Dr. Schulte ({49}), Dieter
Schulz ({50}), Gerhard Schwalbe, Clemens
Schwarz, Stefan
Dr. Schwarz-Schilling, Christian
Dr. Schwörer, Hermann Seehofer, Horst
Seesing, Heinrich
Seibel, Winfried
Seiters, Rudolf
Sikora, Jürgen
Skowron, Werner
Dr. Sopart, Hans-Joachim Sothmann, Bärbel
Spilker, Karl-Heinz
Spranger, Carl-Dieter Dr. Sprung, Rudolf
Steinbach-Hermann, Erika Dr. Stercken, Hans
Dr. Frhr. von Stetten, Wolfgang
Stockhausen, Karl
Dr. Stoltenberg, Gerhard Strube, Hans-Gerd
Stübgen, Michael
Dr. Süssmuth, Rita
Susset, Egon
Tillmann, Ferdinand
Dr. Töpfer, Klaus
Dr. Uelhoff, Klaus-Dieter Uldall, Gunnar
Verhülsdonk, Roswitha Vogel ({51}), Friedrich Vogt ({52}), Wolfgang
Dr. Voigt ({53}),
Hans-Peter
Dr. Vondran, Ruprecht Dr. Waffenschmidt, Horst Dr. Waigel, Theodor
Graf von Waldburg-Zeil, Alois Dr. Warnke, Jürgen
Dr. Warrikoff, Alexander Werner ({54}), Herbert Wetzel, Kersten
Wiechatzek, Gabriele
Dr. Wieczorek ({55}), Bertram
Dr. Wilms, Dorothee
Wilz, Bernd
Wimmer ({56}), Willy Dr. Wisniewski, Roswitha Wissmann, Matthias
Dr. Wittmann, Fritz
Wittmann ({57}), Simon
Wonneberger, Michael Wülfing, Elke
Würzbach, Peter Kurt Yzer, Cornelia
Zeitlmann, Wolfgang Zierer, Benno
Zöller, Wolfgang
SPD
Adler, Brigitte Andres, Gerd Antretter, Robert Bachmaier, Hermann
Barbe, Angelika Bartsch, Holger
Becker ({58}), Helmuth Becker-Inglau, Ingrid
Berger, Hans
Bernrath, Hans Gottfried Beucher, Friedhelm Julius Bindig, Rudolf
Blunck, Lieselott
Bock, Thea
Dr. Böhme ({59}), Ulrich Börnsen ({60}), Arne Brandt-Elsweier, Anni
Dr. Brecht, Eberhard Büchler ({61}), Hans Büchner ({62}), Peter Dr. von Billow, Andreas Büttner ({63}), Hans Bulmahn, Edelgard Burchardt, Ursula
Bury, Hans Martin Caspers-Merk, Marion Catenhusen, Wolf-Michael Conradi, Peter
Dr. Däubler-Gmelin, Herta Daubertshäuser, Klaus
Dr. Diederich ({64}), Nils Diller, Karl
Dr. Dobberthien, Marliese Dreßler, Rudolf
Duve, Freimut
Ebert, Eike
Dr. Eckardt, Peter
Dr. Ehmke ({65}), Horst Eich, Ludwig
Dr. Elmer, Konrad
Erler, Gernot
Esters, Helmut
Ewen, Carl
Ferner, Elke
Fischer ({66}), Evelin
Fischer ({67}), Lothar Formanski, Norbert
Fuchs ({68}), Anke Fuchs ({69}), Katrin Fuhrmann, Arne
Ganseforth, Monika Gansel, Norbert
Dr. Gautier, Fritz
Gilges, Konrad
Gleicke, Iris
Dr. Glotz, Peter
Graf, Günter
Großmann, Achim
Haack ({70}), Karl-Hermann
Habermann, Frank-Michael Hacker, Hans-Joachim Hämmerle, Gerlinde Hampel, Manfred Eugen Hanewinckel, Christel
Dr. Hartenstein, Liesel Hasenfratz, Klaus
Dr. Hauchler, Ingomar Heistermann, Dieter Heyenn, Günther
Hiller ({71}), Reinhold Hilsberg, Stephan
Dr. Holtz, Uwe
Horn, Erwin
Huonker, Gunter
Ibrügger, Lothar
Iwersen, Gabriele
Jäger, Renate
Janz, Ilse
Dr. Janzen, Ulrich
Jaunich, Horst
Dr. Jens, Uwe
Jung ({72}), Volker Jungmann ({73}), Horst Kastner, Susanne
Kastning, Ernst
Kirschner, Klaus
Klappert, Marianne Klemmer, Siegrun
Klose, Hans-Ulrich
Dr. sc. Knaape, Hans-Hinrich Körper, Fritz Rudolf
Kolbe, Regina
Kolbow, Walter Koltzsch, Rolf
Koschnick, Hans Kretkowski, Volkmar Kubatschka, Horst Dr. Kübler, Klaus Kuessner, Hinrich Dr. Küster, Uwe Kuhlwein, Eckart Lambinus, Uwe Lange, Brigitte
von Larcher, Detlev Leidinger, Robert Lennartz, Klaus
Dr. Leonhard-Schmid, Elke Lohmann ({74}), Klaus
Dr. Lucyga, Christine
Maaß ({75}), Dieter
Marx, Dorle
Mascher, Ulrike Matschie, Christoph Dr. Matterne, Dietmar Matthäus-Maier, Ingrid Mattischeck, Heide Meckel, Markus
Mehl, Ulrike
Meißner, Herbert
Dr. Mertens ({76}), Franz-Josef
Dr. Meyer ({77}), Jürgen Mosdorf, Siegmar
Müller ({78}), Michael Müller ({79}), Albrecht Müller ({80}), Rudolf Müller ({81}), Jutta Müller ({82}), Christian Müntefering, Franz Neumann ({83}), Volker Neumann ({84}), Gerhard Dr. Niehuis, Edith
Dr. Niese, Rolf
Niggemeier, Horst Odendahl, Doris Oesinghaus, Günter Oostergetelo, Jan Opel, Manfred
Ostertag, Adolf Dr. Otto, Helga Paterna, Peter
Dr. Penner, Willfried Peter ({85}), Horst Dr. Pfaff, Martin Pfuhl, Albert
Dr. Pick, Eckhart Poß, Joachim
Purps, Rudolf
Rappe ({86}), Hermann Reimann, Manfred
Rempe, Walter
von Renesse, Margot Rennebach, Renate Reschke, Otto
Reuschenbach, Peter W. Reuter, Bernd
Rixe, Günter
Schäfer ({87}), Harald B.
Schaich-Walch, Gudrun Schanz, Dieter
Dr. Scheer, Hermann Scheffler, Siegfried Willy Schily, Otto
Schloten, Dieter Schluckebier, Günter Schmidbauer ({88}),
Bernd
Schmidt ({89}), Ursula Schmidt ({90}), Renate Schmidt ({91}), Wilhelm Schmidt-Zadel, Regina
Dr. Schmude, Jürgen Dr. Schnell, Emil
Dr. Schöfberger, Rudolf Schreiner, Ottmar Schröter, Gisela Schröter, Karl-Heinz
Schütz, Dietmar
Schulte ({92}), Brigitte
Dr. Schuster, Werner Schwanhold, Ernst Schwanitz, Rolf Seidenthal, Bodo Seuster, Lisa
Sielaff, Horst
Simm, Erika
Singer, Johannes
Dr. Skarpelis-Sperk, Sigrid
Dr. Soell, Hartmut
Dr. Sonntag-Wolgast, Cornelie Sorge, Wieland
Dr. Sperling, Dietrich
Steen, Antje-Marie Steiner, Heinz-Alfred
Stiegler, Ludwig Dr. Struck, Peter Tappe, Joachim Terborg, Margitta Dr. Thalheim, Gerald
Thierse, Wolfgang Titze, Uta
Toetemeyer, Hans-Günther Urbaniak, Hans-Eberhard Vergin, Siegfried Verheugen, Günter
Dr. Vogel, Hans-Jochen
Voigt ({93}), Karsten D. Vosen, Josef
Wagner, Hans Georg
Wallow, Hans Waltemathe, Ernst Walter ({94}), Ralf
Walther ({95}), Rudi Wartenberg ({96}), Gerd
Dr. Wegner, Konstanze Weiermann, Wolfgang
Weiler, Barbara
Weis ({97}), Reinhard Weißgerber, Gunter Weisskirchen ({98}), Gert Welt, Hans-Joachim
Dr. Wernitz, Axel Wester, Hildegard Westrich, Lydia Wettig-Danielmeier, Inge
Dr. Wetzel, Margrit Weyel, Gudrun
Dr. Wieczorek, Norbert Wieczorek ({99}), Helmut Wieczorek-Zeul, Heidemarie Wiefelspütz, Dieter
Wimmer ({100}),
Hermann
Dr. de With, Hans Wittich, Berthold Wohlleben, Verena Wolf, Hanna
Zapf, Uta
Dr. Zöpel, Christoph
F.D.P.
Albowitz, Ina
Dr. Babel, Gisela Baum, Gerhart Rudolf Beckmann, Klaus Cronenberg ({101}),
Dieter-Julius
Eimer ({102}), Norbert Engelhard, Hans A. van Essen, Jörg
Dr. Feldmann, Olaf Friedhoff, Paul
Friedrich, Horst
Vizepräsident Helmuth Becker
Funke, Rainer
Dr. Funke-Schmitt-Rink, Margret
Gallus, Georg
Ganschow, Jörg
Genscher, Hans-Dietrich Gries, Ekkehard
Grünbeck, Josef
Grüner, Martin
Günther ({103}), Joachim Dr. Guttmacher, Karlheinz Hackel, Heinz-Dieter Hansen, Dirk
Dr. Haussmann, Helmut Heinrich, Ulrich
Dr. Hirsch, Burkhard Dr. Hitschler, Walter Homburger, Birgit
Dr. Hoth, Sigrid
Dr. Hoyer, Werner
Irmer, Ulrich
Kleinert ({104}), Detlef Kohn, Roland
Dr. Kolb, Heinrich L. Koppelin, Jürgen
Kubicki, Wolfgang
Dr.-Ing. Laermann, Karl-Hans Dr. Graf Lambsdorff, Otto Leutheusser-Schnarrenberger,
Sabine
Lüder, Wolfgang
Lühr, Uwe
Dr. Menzel, Bruno
Mischnick, Wolfgang Möllemann, Jürgen W. Nolting, Günther Friedrich Dr. Ortleb, Rainer
Otto ({105}),
Hans-Joachim
Paintner, Johann
Peters, Lisa
Dr. Pohl, Eva
Richter ({106}), Manfred
Rind, Hermann
Dr. Röhl, Klaus
Schäfer ({107}), Helmut Schmalz-Jacobsen, Cornelia Schmidt ({108}), Arno Dr. Schmieder, Jürgen
Dr. Schnittler, Christoph Schüßler, Gerhard
Schuster, Hans
Dr. Schwaetzer, Irmgard Sehn, Marita
Seiler-Albring, Ursula Dr. Semper, Sigrid
Dr. Solms, Hermann Otto
Dr. Starnick, Jürgen
Dr. von Teichman, Cornelia Thiele, Carl-Ludwig
Dr. Thomae, Dieter Timm, Jürgen
Türk, Jürgen
Walz, Ingrid
Dr. Weng ({109}), Wolfgang
Wolfgramm ({110}), Torsten
Würfel, Uta
Zurheide, Burkhard Zywietz, Werner
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Schulz ({111}), Werner Weiß ({112}), Konrad
Fraktionslos
Henn, Bernd Lowack, Ortwin
Enthalten
SPD
Tietjen, Günther PDS/Linke Liste
Dr. Fischer, Ursula
Dr. Fuchs, Ruth
Dr. Schumann ({113}), Fritz
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Dr. Ullmann, Wolfgang Wollenberger, Vera
Der Antrag ist damit abgelehnt.
Meine Damen und Herren, wir stimmen jetzt über den von der Gruppe PDS/Linke Liste eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs und zur Sicherung von Mindeststandards für Frauen zum Schwangerschaftsabbruch - Drucksache 12/898 - ab.
Ich eröffne die namentliche Abstimmung. Meine Damen und Herren, ich frage: Ist noch jemand im Hause, der seine Stimmkarte nicht abgegeben hat? - Ich frage noch einmal: Ist noch ein Mitglied im Hause, das die Stimmkarte nicht abgeben hat? - Das ist offenbar nicht der Fall. Ich schließe die Abstimmung. Ich bitte die Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen.
Meine Damen und Herren, bleiben Sie bitte in der Nähe des Plenarsaals. Wir können uns bei unseren
Schriftführern bedanken. Sie haben die erste Auszählung in sieben Minuten beendet.
({114})
Bis zum Vorliegen des Ergebnisses unterbreche ich erneut die Sitzung.
({115})
Meine Damen und Herren, ich gebe das von den Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Gesetzentwurf der Gruppe PDS/Linke Liste auf Drucksache 12/898 bekannt.
Abgebene Stimmen: 655, davon ungültig: keine. Mit Ja haben gestimmt: 17; mit Nein haben gestimmt: 635; Enthaltungen: 3.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 653 davon
ja: 17
nein: 633
enthalten: 3
Ja
PDS/Linke Liste
Bläss, Petra
Dr. Enkelmann, Dagmar
Dr. Gysi, Gregor
Dr. Heuer, Uwe-Jens Dr. Höll, Barbara Jelpke, Ulla
Dr. Keller, Dietmar Lederer, Andrea Dr. Modrow, Hans Philipp, Ingeborg Dr. Schumann ({116}),
Fritz
Dr. Seifert, Ilja
Stachowa, Angela
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Dr. Feige, Klaus-Dieter Köppe, Ingrid
Schenk, Christina
Fraktionslos
Dr. Briefs, Ulrich
Nein
CDU/CSU
Adam, Ulrich
Dr. Ackermann, Else
Dr. Altherr, Walter
Augustin, Anneliese Augustinowitz, Jürgen Austermann, Dietrich Bargfrede, Heinz-Günther
Dr. Bauer, Wolf Baumeister, Brigitte
Bayha, Richard Belle, Meinrad Dr. Bergmann-Pohl, Sabine
Bierling, Hans-Dirk
Dr. Blank, Joseph-Theodor Blank, Renate
Dr. Blens, Heribert Bleser, Peter
Dr. Blüm, Norbert
Böhm ({117}), Wilfried Dr. Böhmer, Maria
Börnsen ({118}), Wolfgang Dr. Bötsch, Wolfgang
Bohl, Friedrich
Bohlsen, Wilfried Borchert, Jochen Brähmig, Klaus
Breuer, Paul
Brudlewsky, Monika Brunnhuber, Georg Bühler ({119}), Klaus Büttner ({120}),
Hartmut
Buwitt, Dankward
Carstens ({121}), Manfred Carstensen ({122}),
Peter Harry
Clemens, Joachim Dehnel, Wolfgang Dempwolf, Gertrud Deres, Karl
Deß, Albert
Diemers, Renate Dörflinger, Werner Doss, Hansjürgen Echternach, Jürgen Ehlers, Wolfgang Ehrbar, Udo
Eichhorn, Maria
Engelmann, Wolfgang Eppelmann, Rainer Eylmann, Horst
Eymer, Anke
Falk, Ilse
Dr. Faltlhauser, Kurt Feilcke, Jochen
Dr. Fell, Karl
Fischer ({123}), Dirk Fischer ({124}), Leni Fockenberg, Winfried Francke ({125}), Klaus Frankenhauser, Herbert
Dr. Friedrich, Gerhard Fritz, Erich G.
Fuchtel, Hans-Joachim Ganz ({126}), Johannes Geiger, Michaela
Geis, Norbert
Dr. Geißler, Heiner
Dr. von Geldern, Wolfgang Gerster ({127}), Johannes Gibtner, Horst
Dr. Göhner, Reinhard
Vizepräsident Helmuth Becker
Göttsching, Martin Götz, Peter
Dr. Götzer, Wolfgang
Gres, Joachim Grochtmann, Elisabeth
Gröbl, Wolfgang Grotz, Claus-Peter
Dr. Grünewald, Joachim Günther ({128}), Horst Frhr. von Hammerstein,
Carl-Detlev Harries, Klaus Haschke ({129}),
Gottfried
Haschke ({130}), Udo Hasselfeldt, Gerda Haungs, Rainer
Hauser ({131}), Otto Hauser ({132}),
Hansgeorg
Hedrich, Klaus-Jürgen
Heise, Manfred
Dr. Hellwig, Renate
Dr. h. c. Herkenrath, Adolf Hinsken, Ernst
Hintze, Peter Hörsken, Heinz-Adolf
Hörster, Joachim Dr. Hoffacker, Paul
Hollerith, Josef
Dr. Hornhues, Karl-Heinz Hornung, Siegfried Hüppe, Hubert
Jäger, Claus
Jaffke, Susanne Jagoda, Bernhard Dr. Jahn ({133}),
Friedrich-Adolf Janovsky, Georg Jeltsch, Karin
Dr. Jobst, Dionys Dr.-Ing. Jork, Reiner
Dr. Jüttner, Egon
Jung ({134}), Michael Junghanns, Ulrich
Dr. Kahl, Harald Kalb, Bartholomäus Kampeter, Steffen
Dr.-Ing. Kansy, Dietmar
Dr. Kappes, Franz-Hermann Karwatzki, Irmgard
Kauder, Volker Keller, Peter
Kiechle, Ignaz Kittelmann, Peter Klein ({135}), Günter
Klein ({136}), Hans Klinkert, Ulrich
Köhler ({137}),
Hans-Ulrich
Dr. Köhler ({138}),
Volkmar
Dr. Kohl, Helmut Kolbe, Manfred Kors, Eva-Maria Koschyk, Hartmut Kossendey, Thomas
Kraus, Rudolf
Dr. Krause ({139}), Günther
Dr. Krause ({140}),
Rudolf Karl
Krause ({141}), Wolfgang Krey, Franz Heinrich Kriedner, Arnulf Kronberg, Heinz-Jürgen Dr.-Ing. Krüger, Paul
Krziskewitz, Reiner Eberhard Lamers, Karl
Dr. Lammert, Norbert
Lamp, Helmut Johannes Lattmann, Herbert
Dr. Laufs, Paul
Laumann, Karl Josef Lehne, Klaus-Heiner Dr. Lehr, Ursula Lenzer, Christian Dr. Lieberoth, Immo Limbach, Editha
Link ({142}), Walter Lintner, Eduard
Dr. Lippold ({143}), Klaus W.
Dr. sc. Lischewski, Manfred Löwisch, Sigrun
Lohmann ({144}), Wolfgang
Louven, Julius
Lummer, Heinrich Dr. Luther, Michael
Maaß ({145}), Erich Männle, Ursula
Magin, Theo
Dr. Mahlo, Dietrich Marienfeld, Claire Marschewski, Erwin Marten, Günter
Dr. Mayer ({146}), Martin
Meckelburg, Wolfgang Meinl, Rudolf Horst Dr. Merkel, Angela Dr. Meseke, Hedda Dr. Meyer zu Bentrup,
Reinhard
Michalk, Maria
Michels, Meinolf
Dr. Mildner, Klaus Gerhard Dr. Möller, Franz
Molnar, Thomas
Dr. Müller, Günther Müller ({147}), Elmar Müller ({148}),
Hans-Werner
Müller ({149}), Alfons Nelle, Engelbert
Dr. Neuling, Christian Neumann ({150}), Bernd Nitsch, Johannes
Dr. Olderog, Rolf Ost, Friedhelm
Oswald, Eduard
Otto ({151}), Norbert Dr. Päselt, Gerhard
Dr. Paziorek, Peter Paul Pesch, Hans-Wilhelm Petzold, Ulrich
Pfeffermann, Gerhard O. Pfeifer, Anton
Pfeiffer, Angelika Dr. Pfennig, Gero
Dr. Pflüger, Friedbert Dr. Pinger, Winfried Pofalla, Ronald
Dr. Pohler, Hermann Priebus, Rosemarie Dr. Probst, Albert Dr. Protzner, Bernd Pützhofen, Dieter
Rahardt-Vahldieck, Susanne Raidel, Hans
Dr. Ramsauer, Peter Rau, Rolf
Rauen, Peter Harald Rawe, Wilhelm
Reddemann, Gerhard Regenspurger, Otto Reichenbach, Klaus Dr. Reinartz, Berthold Reinhardt, Erika Repnik, Hans-Peter Dr. Rieder, Norbert
Dr. Riedl ({152}), Erich Riegert, Klaus
Dr. Riesenhuber, Heinz Ringkamp, Werner Rode ({153}), Helmut Rönsch ({154}),
Hannelore
Roitzsch ({155}), Ingrid Romer, Franz-Xaver
Dr. Rose, Klaus
Rossmanith, Kurt J. Roth ({156}), Adolf Rother, Heinz
Dr. Ruck, Christian Rühe, Volker
Dr. Rüttgers, Jürgen Sauer ({157}), Helmut Sauer ({158}), Roland Scharrenbroich, Heribert Schätzle, Ortrun
Dr. Schäuble, Wolfgang Schartz ({159}), Günther Schemken, Heinz Scheu, Gerhard
Schmalz, Ulrich
Schmidbauer, Bernd Schmidt ({160}), Christian
Dr. Schmidt ({161}), Joachim
Schmidt ({162}), Andreas Schmidt ({163}), Trudi Schmitz ({164}),
Hans Peter
von Schmude, Michael Dr. Schneider ({165}), Oscar
Dr. Schockenhoff, Andreas
Dr. Scholz, Rupert Frhr. von Schorlemer, Reinhard
Dr. Schreiber, Harald Schulhoff, Wolfgang Dr. Schulte ({166}), Dieter
Schulz ({167}), Gerhard Schwalbe, Clemens Schwarz, Stefan
Dr. Schwarz-Schilling, Christian
Dr. Schwörer, Hermann Seehofer, Horst
Seesing, Heinrich Seibel, Winfried
Seiters, Rudolf
Sikora, Jürgen
Skowron, Werner
Dr. Sopart, Hans-Joachim Sothmann, Bärbel Spilker, Karl-Heinz Spranger, Carl-Dieter
Dr. Sprung, Rudolf Steinbach-Hermann, Erika
Dr. Stercken, Hans Dr. Frhr. von Stetten, Wolfgang
Stockhausen, Karl
Dr. Stoltenberg, Gerhard Strube, Hans-Gerd Stübgen, Michael
Dr. Süssmuth, Rita Susset, Egon
Tillmann, Ferdinand Dr. Töpfer, Klaus
Dr. Uelhoff, Klaus-Dieter Uldall, Gunnar
Verhülsdonk, Roswitha Vogel ({168}), Friedrich Vogt ({169}), Wolfgang
Dr. Voigt ({170}),
Hans-Peter
Dr. Vondran, Ruprecht Dr. Waffenschmidt, Horst Dr. Waigel, Theodor
Graf von Waldburg-Zeil, Alois
Dr. Warnke, Jürgen
Dr. Warrikoff, Alexander Werner ({171}), Herbert Wetzel, Kersten
Wiechatzek, Gabriele
Dr. Wieczorek ({172}), Bertram
Dr. Wilms, Dorothee Wilz, Bernd
Wimmer ({173}), Willy Dr. Wisniewski, Roswitha Wissmann, Matthias
Dr. Wittmann, Fritz Wittmann ({174}),
Simon
Wonneberger, Michael Wülfing, Elke
Würzbach, Peter Kurt Yzer, Cornelia
Zeitlmann, Wolfgang Zierer, Benno
Zöller, Wolfgang
SPD
Adler, Brigitte
Andres, Gerd
Antretter, Robert
Bachmaier, Hermann
Barbe, Angelika
Bartsch, Holger
Becker ({175}), Helmuth Becker-Inglau, Ingrid
Berger, Hans
Bernrath, Hans Gottfried Beucher, Friedhelm Julius Bindig, Rudolf
Blunck, Lieselott
Bock, Thea
Dr. Böhme ({176}), Ulrich Börnsen ({177}), Arne Brandt-Elsweier, Anni
Dr. Brecht, Eberhard
Büchler ({178}), Hans
Büchner ({179}), Peter Dr. von Billow, Andreas Büttner ({180}), Hans Bulmahn, Edelgard Burchardt, Ursula
Bury, Hans Martin Caspers-Merk, Marion Catenhusen, Wolf-Michael Conradi, Peter
Dr. Däubler-Gmelin, Herta Daubertshäuser, Klaus
Dr. Diederich ({181}), Nils Diller, Karl
Dr. Dobberthien, Marliese Dreßler, Rudolf
Duve, Freimut
Ebert, Eike
Dr. Eckardt, Peter
Dr. Ehmke ({182}), Horst Eich, Ludwig
Erler, Gernot
Esters, Helmut
Ewen, Carl
Ferner, Elke
Fischer ({183}), Evelin
Fischer ({184}), Lothar Formanski, Norbert
Fuchs ({185}), Anke
Fuchs ({186}), Katrin Fuhrmann, Arne
Ganseforth, Monika
Gansel, Norbert
Dr. Gautier, Fritz
Gilges, Konrad
Gleicke, Iris
Graf, Günter
Vizepräsident Helmuth Becker
Großmann, Achim Haack ({187}),
Karl-Hermann Habermann, Frank-Michael Hacker, Hans-Joachim Hämmerle, Gerlinde Hampel, Manfred Eugen Hanewinckel, Christel
Dr. Hartenstein, Liesel Hasenfratz, Klaus
Dr. Hauchler, Ingomar Heistermann, Dieter Heyenn, Günther
Hiller ({188}), Reinhold Hilsberg, Stephan
Dr. holtz, Uwe Horn, Erwin
Huonker, Gunter Ibrügger, Lothar Iwersen, Gabriele Jäger, Renate
Janz, Ilse
Dr. Janzen, Ulrich Jaunich, Horst
Dr. Jens, Uwe
Jung ({189}), Volker Jungmann ({190}), Horst Kastner, Susanne
Kastning, Ernst Kirschner, Klaus Klappert, Marianne Klemmer, Siegrun Klose, Hans-Ulrich
Dr. sc. Knaape, Hans-Hinrich Körper, Fritz Rudolf
Kolbe, Regina
Kolbow, Walter Koltzsch, Rolf
Koschnick, Hans Kretkowski, Volkmar Kubatschka, Horst Dr. Kübler, Klaus Kuessner, Hinrich Dr. Küster, Uwe Kuhlwein, Eckart Lambinus, Uwe Lange, Brigitte
von Larcher, Detlev Leidinger, Robert Lennartz, Klaus
Dr. Leonhard-Schmid, Elke Lohmann ({191}), Klaus
Dr. Lucyga, Christine Maaß ({192}), Dieter Marx, Dorle
Mascher, Ulrike Matschie, Christoph Dr. Matterne, Dietmar Matthäus-Maier, Ingrid Mattischeck, Heide Meckel, Markus
Mehl, Ulrike
Meißner, Herbert
Dr. Mertens ({193}), Franz-Josef
Dr. Meyer ({194}), Jürgen Mosdorf, Siegmar
Müller ({195}), Michael Müller ({196}), Albrecht Müller ({197}), Rudolf Müller ({198}), Jutta
Müller ({199}), Christian Müntefering, Franz Neumann ({200}), Volker Neumann ({201}), Gerhard Dr. Niehuis, Edith
Dr. Niese, Rolf
Niggemeier, Horst Odendahl, Doris Oesinghaus, Günter Oostergetelo, Jan Opel, Manfred
Ostertag, Adolf
Dr. Otto, Helga
Paterna, Peter
Dr. Penner, Wilfried Peter ({202}), Horst Dr. Pfaff, Martin
Pfuhl, Albert
Dr. Pick, Eckhart
Poß, Joachim
Purps, Rudolf
Rappe ({203}), Hermann Reimann, Manfred
Rempe, Walter
von Renesse, Margot Rennebach, Renate Reschke, Otto
Reuschenbach, Peter W. Reuter, Bernd
Rixe, Günter
Roth, Wolfgang
Schäfer ({204}), Harald B.
Schaich-Walch, Gudrun Schanz, Dieter
Dr. Scheer, Hermann Scheffler, Siegfried Willy Schily, Otto
Schloten, Dieter
Schluckebier, Günter Schmidbauer ({205}), Bernd
Schmidt ({206}), Ursula Schmidt ({207}), Renate Schmidt ({208}), Wilhelm Schmidt-Zadel, Regina
Dr. Schmude, Jürgen Dr. Schnell, Emil
Dr. Schöfberger, Rudolf Schreiner, Ottmar Schröter, Gisela
Schröter, Karl-Heinz Schütz, Dietmar
Schulte ({209}), Brigitte Dr. Schuster, Werner Schwanhold, Ernst Schwanitz, Rolf
Seidenthal, Bodo
Seuster, Lisa
Sielaff, Horst
Simm, Erika
Singer, Johannes
Dr. Skarpelis-Sperk, Sigrid
Dr. Soell, Hartmut
Dr. Sonntag-Wolgast, Cornelie Sorge, Wieland
Dr. Sperling, Dietrich Steen, Antje-Marie Steiner, Heinz-Alfred Stiegler, Ludwig
Dr. Struck, Peter
Tappe, Joachim
Terborg, Margitta Dr. Thalheim, Gerald Thierse, Wolfgang Titze, Uta
Toetemeyer, Hans-Günther Urbaniak, Hans-Eberhard Vergin, Siegfried
Verheugen, Günter
Dr. Vogel, Hans-Jochen Voigt ({210}), Karsten D. Vosen, Josef
Wagner, Hans Georg Wallow, Hans
Waltemathe, Ernst Walter ({211}), Ralf
Walther ({212}), Rudi Wartenberg ({213}), Gerd
Dr. Wegner, Konstanze Weiermann, Wolfgang Weiler, Barbara
Weis ({214}), Reinhard
Weißgerber, Gunter Weisskirchen ({215}), Gert Welt, Hans-Joachim
Dr. Wernitz, Axel Wester, Hildegard Westrich, Lydia Wettig-Danielmeier, Inge
Dr. Wetzel, Margrit Weyel, Gudrun
Dr. Wieczorek, Norbert Wieczorek ({216}), Helmut Wieczorek-Zeul, Heidemarie Wiefelspütz, Dieter
Wimmer ({217}),
Hermann
Dr. de With, Hans Wittich, Berthold Wohlleben, Verena Wolf, Hanna
Zapf, Uta
Dr. Zöpel, Christoph
F.D.P.
Albowitz, Ina
Dr. Babel, Gisela Baum, Gerhart Rudolf Beckmann, Klaus Bredehorn, Günther Cronenberg ({218}),
Dieter-Julius
Eimer ({219}), Norbert Engelhard, Hans A. van Essen, Jörg
Dr. Feldmann, Olaf Friedhoff, Paul Friedrich, Horst Funke, Rainer
Dr. Funke-Schmitt-Rink,
Margret
Gallus, Georg Ganschow, Jörg Genscher, Hans-Dietrich Gries, Ekkehard Grünbeck, Josef
Grüner, Martin
Günther ({220}), Joachim Dr. Guttmacher, Karlheinz Hackel, Heinz-Dieter
Hansen, Dirk
Dr. Haussmann, Helmut Heinrich, Ulrich
Dr. Hirsch, Burkhard
Dr. Hitschler, Walter Homburger, Birgit Dr. Hoth, Sigrid
Dr. Hoyer, Werner Irmer, Ulrich
Kleinert ({221}), Detlef Kohn, Roland
Dr. Kolb, Heinrich Koppelin, Jürgen Kubicki, Wolfgang
Dr.-Ing. Laermann, Karl-Hans Dr. Graf Lambsdorff, Otto Leutheusser-Schnarrenberger,
Sabine
Lüder, Wolfgang
Lühr, Uwe
Dr. Menzel, Bruno Mischnick, Wolfgang Möllemann, Jürgen W. Nolting, Günther Friedrich Dr. Ortleb, Rainer
Otto ({222}), Hans-Joachim
Paintner, Johann
Peters, Lisa
Dr. Pohl, Eva
Richter ({223}), Manfred
Rind, Hermann
Dr. Röhl, Klaus
Schäfer ({224}), Helmut Schmalz-Jacobsen, Cornelia Schmidt ({225}), Arno Dr. Schmieder, Jürgen
Dr. Schnittler, Christoph Schüßler, Gerhard
Schuster, Hans
Dr. Schwaetzer, Irmgard Sehn, Marita
Seiler-Albring, Ursula Dr. Semper, Sigrid
Dr. Solms, Hermann Otto Dr. Starnick, Jürgen
Dr. von Teichman, Cornelia Thiele, Carl-Ludwig
Dr. Thomae, Dieter
Timm, Jürgen
Türk, Jürgen
Walz, Ingrid
Dr. Weng ({226}), Wolfgang
Wolfgramm ({227}), Torsten
Würfel, Uta
Zurheide, Burkhard
Fraktionslos
Henn, Bernd Lowack, Ortwin
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Poppe, Gerd
Schulz ({228}), Werner Dr. Ullmann, Wolfgang Weiß ({229}), Konrad Wollenberger, Vera
Enthalten
SPD
Tietjen, Günther
PDS/Linke Liste
Dr. Fischer, Ursula Dr. Fuchs, Ruth
Der Antrag ist abgelehnt.
Meine Damen und Herren, wir stimmen jetzt über den Gesetzentwurf der Abgeordneten Herbert Werner ({230}), Monika Brudlewsky, Claus Jäger, Norbert Geis, Hubert Hüppe und anderer ab: Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der ungeborenen Kinder auf Drucksache 12/1179 in der Ausschußfassung.
Ich eröffne die namentliche Abstimmung.
Meine Damen und Herren, darf ich fragen, ob noch jemand im Hause ist, der seine Stimmkarte nicht abgegeben hat? - Soweit ich sehen kann, haben alle ihre Stimmkarten abgegeben.
Meine Damen und Herren, ich schließe die Abstimmung. Ich bitte die Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Ich bitte alle Kolleginnen und Kollegen, in der Nähe zu bleiben. Es ist sehr rasch gearbeitet worden. Das gilt auch für die nächste Runde.
Die Sitzung ist unterbrochen.
({0})
Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet. Ich gebe das von den Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Gesetzentwurf der Abgeordneten Herbert Werner ({0}) und anderer auf Drucksache 12/1179 bekannt. Abgegebene Stimmen: 656. Ungültig: keine. Mit Ja haben gestimmt: 104. Mit Nein haben gestimmt 495. Enthaltungen: 57.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 653; davon
ja: 104
nein: 492
enthalten: 57
Ja
CDU/CSU
Dr. Altherr, Walter Austermann, Dietrich Dr. Bauer, Wolf
Belle, Meinrad
Dr. Blank, Joseph-Theodor Bleser, Peter
Böhm ({1}), Wilfried Brähmig, Klaus
Brudlewsky, Monika Brunnhuber, Georg Bühler ({2}), Klaus Deres, Karl
Deß, Albert
Dörflinger, Werner Echternach, Jürgen Ehlers, Wolfgang Ehrbar, Udo
Engelmann, Wolfgang Dr. Fell, Karl
Fischer ({3}), Leni Fockenberg, Winfried Fritz, Erich G.
Ganz ({4}), Johannes Geis, Norbert
Gerster ({5}), Johannes Götz, Peter
Dr. Götzer, Wolfgang Gröbl, Wolfgang
Dr. h. c. Herkenrath, Adolf Hinsken, Ernst
Hörsken, Heinz-Adolf Dr. Hoffacker, Paul Hollerith, Josef
Hornung, Siegfried Hüppe, Hubert
Jäger, Claus
Jagoda, Bernhard Dr. Jahn ({6}),
Friedrich-Adolf Janovsky, Georg Dr. Jobst, Dionys
Dr. Kappes, Franz-Hermann Kauder, Volker
Keller, Peter
Koschyk, Hartmut Dr. Krause ({7}), Rudolf Karl
Krey, Franz Heinrich Dr. Laufs, Paul
Laumann, Karl Josef Dr. Lehr, Ursula
Lenzer, Christian
Dr. Lippold ({8}), Klaus W.
Löwisch, Sigrun
Lummer, Heinrich Dr. Luther, Michael Marienfeld, Claire Meinl, Rudolf Horst Michels, Meinolf Dr. Möller, Franz Dr. Müller, Günther
Müller ({9}), Elmar Müller ({10}),
Hans-Werner
Müller ({11}), Alfons Nelle, Engelbert
Nitsch, Johannes Ost, Friedhelm
Pfeffermann, Gerhard O. Dr. Probst, Albert Raidel, Hans
Dr. Ramsauer, Peter Rauen, Peter Harald Rawe, Wilhelm Regenspurger, Otto Dr. Reinartz, Berthold Dr. Rieder, Norbert
Dr. Riedl ({12}), Erich Riegert, Klaus
Ringkamp, Werner Romer, Franz-Xaver Dr. Rose, Klaus
Rossmanith, Kurt J.
Sauer ({13}), Helmut Schartz ({14}), Günther
Schemken, Heinz
Schmitz ({15}), Hans Peter
Dr. Schneider ({16}), Oscar
Dr. Schockenhoff, Andreas Dr. Schreiber, Harald
Dr. Schwörer, Hermann Seesing, Heinrich
Dr. Stercken, Hans Dr. Frhr. von Stetten, Wolfgang
Stockhausen, Karl Strube, Hans-Gerd Tillmann, Ferdinand
Dr. Uelhoff, Klaus-Dieter Vogt ({17}), Wolfgang
Graf von Waldburg-Zeil, Alois Werner ({18}), Herbert
Dr. Wilms, Dorothee Wimmer ({19}), Willy Dr. Wittmann, Fritz Wülfing, Elke
Zierer, Benno
Zöller, Wolfgang
F.D.P.
Cronenberg ({20}), Dieter-Julius
Nein
CDU/CSU
Adam, Ulrich
Dr. Ackermann, Else Augustin, Anneliese Augustinowitz, Jürgen Baumeister, Brigitte Bayha, Richard
Dr. Bergmann-Pohl, Sabine Bierling, Hans-Dirk
Dr. Böhmer, Maria
Börnsen ({21}), Wolfgang Dr. Bötsch, Wolfgang
Bohl, Friedrich
Bohlsen, Wilfried Breuer, Paul
Büttner ({22}), Hartmut
Buwitt, Dankward Carstensen ({23}), Peter Harry
Clemens, Joachim Doss, Hansjürgen Eichhorn, Maria
Eppelmann, Rainer Eylmann, Horst
Falk, Ilse
Dr. Faltlhauser, Kurt Feilcke, Jochen
Fischer ({24}), Dirk Francke ({25}), Klaus Dr. Friedrich, Gerhard Fuchtel, Hans-Joachim Geiger, Michaela
Dr. Geißler, Heiner
Dr. von Geldern, Wolfgang Gibtner, Horst
Dr. Göhner, Reinhard Gres, Joachim
Grochtmann, Elisabeth Grotz, Claus-Peter Günther ({26}), Horst Harries, Klaus
Hasselfeldt, Gerda Heise, Manfred
Dr. Hellwig, Renate
Hintze, Peter
Hörster, Joachim Jaffke, Susanne Jeltsch, Karin
Jung ({27}), Michael Junghanns, Ulrich
Dr. Kahl, Harald Kalb, Bartholomäus Kampeter, Steffen
Dr.-Ing. Kansy, Dietmar Karwatzki, Irmgard Kittelmann, Peter
Klein ({28}), Günter Klinkert, Ulrich
Köhler ({29}),
Hans-Ulrich
Dr. Köhler ({30}),
Volkmar
Dr. Kohl, Helmut Kolbe, Manfred Kossendey, Thomas
Dr. Krause ({31}),
Günther
Krause ({32}), Wolfgang Kriedner, Arnulf
Dr.-Ing. Krüger, Paul Krziskewitz, Reiner Eberhard Dr. Lammert, Norbert
Lamp, Helmut Johannes Lattmann, Herbert Lehne, Klaus-Heiner
Dr. Lieberoth, Immo
Lintner, Eduard
Dr. sc. Lischewski, Manfred Lohmann ({33}),
Wolfgang
Maaß ({34}), Erich Männle, Ursula
Magin, Theo
Dr. Mahlo, Dietrich
Marten, Günter
Dr. Mayer ({35}), Martin
Meckelburg, Wolfgang
Dr. Merkel, Angela Dr. Meseke, Hedda Michalk, Maria
Dr. Mildner, Klaus Gerhard Molnar, Thomas
Dr. Neuling, Christian Neumann ({36}), Bernd Otto ({37}), Norbert
Dr. Päselt, Gerhard
Pesch, Hans-Wilhelm
Petzold, Ulrich Pfeifer, Anton Pfeiffer, Angelika Dr. Pfennig, Gero
Dr. Pflüger, Friedbert
Dr. Pinger, Winfried
Pofalla, Ronald
Dr. Pohler, Hermann
Priebus, Rosemarie Rahardt-Vahldieck, Susanne Rau, Rolf
Repnik, Hans-Peter
Dr. Riesenhuber, Heinz Rönsch ({38}),
Hannelore
Roitzsch ({39}), Ingrid Rother, Heinz
Rühe, Volker
Dr. Rüttgers, Jürgen Scharrenbroich, Heribert Schätzle, Ortrun
Dr. Schäuble, Wolfgang Scheu, Gerhard Schmalz, Ulrich Schmidbauer, Bernd
Dr. Schmidt ({40}), Joachim
Schmidt ({41}), Andreas
Vizepräsident Helmuth Becker
Schmidt ({42}), Trudi von Schmude, Michael Dr. Scholz, Rupert
Schulhoff, Wolfgang
Dr. Schulte ({43}), Dieter
Schulz ({44}), Gerhard Schwalbe, Clemens
Schwarz, Stefan
Dr. Schwarz-Schilling, Christian
Seehofer, Horst
Seibel, Winfried
Sikora, Jürgen
Skowron, Werner
Dr. Sopart, Hans-Joachim Sothmann, Bärbel
Spilker, Karl-Heinz
Dr. Sprung, Rudolf Steinbach-Hermann, Erika Dr. Stoltenberg, Gerhard Stübgen, Michael
Dr. Süssmuth, Rita
Dr. Töpfer, Klaus
Uldall, Gunnar
Verhülsdonk, Roswitha Vogel ({45}), Friedrich Dr. Voigt ({46}),
Hans-Peter
Dr. Vondran, Ruprecht Dr. Waffenschmidt, Horst Dr. Waigel, Theodor
Dr. Warrikoff, Alexander Wetzel, Kersten
Wiechatzek, Gabriele
Dr. Wieczorek ({47}), Bertram
Wilz, Bernd
Wissmann, Matthias Wonneberger, Michael Würzbach, Peter Kurt Yzer, Cornelia
Zeitlmann, Wolfgang
SPD
Adler, Brigitte
Andres, Gerd
Antretter, Robert
Bachmaier, Hermann
Barbe, Angelika
Bartsch, Holger
Becker ({48}), Helmuth Becker-Inglau, Ingrid
Berger, Hans
Bernrath, Hans Gottfried Beucher, Friedhelm Julius Bindig, Rudolf
Blunck, Lieselott
Bock, Thea
Dr. Böhme ({49}), Ulrich Börnsen ({50}), Arne Brandt-Elsweier, Anni
Dr. Brecht, Eberhard
Büchler ({51}), Hans
Büchner ({52}), Peter Dr. von Bülow, Andreas Büttner ({53}), Hans Bulmahn, Edelgard
Burchardt, Ursula
Bury, Hans Martin Caspers-Merk, Marion Catenhusen, Wolf-Michael Conradi, Peter
Daubertshäuser, Klaus
Dr. Diederich ({54}), Nils Diller, Karl
Dr. Dobberthien, Marliese Dreßler, Rudolf
Duve, Freimut
Ebert, Eike
Dr. Eckardt, Peter
Dr. Ehmke ({55}), Horst Eich, Ludwig
Dr. Elmer, Konrad Erler, Gernot
Esters, Helmut
Ewen, Carl
Ferner, Elke
Fischer ({56}), Evelin
Fischer ({57}), Lothar Formanski, Norbert
Fuchs ({58}), Anke Fuchs ({59}), Katrin Fuhrmann, Arne Ganseforth, Monika Gansel, Norbert
Dr. Gautier, Fritz Gilges, Konrad
Gleicke, Iris
Dr. Glotz, Peter Graf, Günter
Großmann, Achim Haack ({60}),
Karl-Hermann Habermann, Frank-Michael Hacker, Hans-Joachim Hämmerle, Gerlinde Hampel, Manfred Eugen Hanewinckel, Christel
Dr. Hartenstein, Liesel Hasenfratz, Klaus
Dr. Hauchler, Ingomar Heistermann, Dieter Heyenn, Günther
Hiller ({61}), Reinhold Hilsberg, Stephan
Dr. Holtz, Uwe
Horn, Erwin
Huonker, Gunter Ibrügger, Lothar Iwersen, Gabriele Jäger, Renate
Janz, Ilse
Dr. Janzen, Ulrich Jaunich, Horst
Dr. Jens, Uwe
Jung ({62}), Volker Jungmann ({63}), Horst Kastner, Susanne
Kastning, Ernst Kirschner, Klaus Klappert, Marianne Klemmer, Siegrun
Dr. sc. Knaape, Hans-Hinrich Körper, Fritz Rudolf
Kolbe, Regina
Kolbow, Walter Koltzsch, Rolf
Koschnick, Hans Kretkowski, Volkmar Kubatschka, Horst Dr. Kübler, Klaus Kuessner, Hinrich Dr. Küster, Uwe Kuhlwein, Eckart Lambinus, Uwe Lange, Brigitte
von Larcher, Detlev Leidinger, Robert Lennartz, Klaus
Dr. Leonhard-Schmid, Elke Lohmann ({64}), Klaus
Dr. Lucyga, Christine Maaß ({65}), Dieter Marx, Dorle
Mascher, Ulrike Matschie, Christoph Dr. Matterne, Dietmar Matthäus-Maier, Ingrid Mattischeck, Heide Meckel, Markus
Mehl, Ulrike
Meißner, Herbert
Dr. Mertens ({66}), Franz-Josef
Dr. Meyer ({67}), Jürgen Mosdorf, Siegmar
Müller ({68}), Michael Müller ({69}), Albrecht Müller ({70}), Rudolf Müller ({71}), Jutta
Müller ({72}), Christian Müntefering, Franz Neumann ({73}), Volker Neumann ({74}), Gerhard
Dr. Niehuis, Edith Dr. Niese, Rolf Niggemeier, Horst Odendahl, Doris Oesinghaus, Günter Opel, Manfred Ostertag, Adolf
Dr. Otto, Helga Paterna, Peter
Dr. Penner, Willfried
Peter ({75}), Horst Dr. Pfaff, Martin Pfuhl, Albert
Dr. Pick, Eckhart Poß, Joachim
Purps, Rudolf
Rappe ({76}), Hermann Reimann, Manfred
Rempe, Walter
von Renesse, Margot Rennebach, Renate Reschke, Otto Reuter, Bernd
Rixe, Günter
Roth, Wolfgang Schäfer ({77}),
Harald B.
Schaich-Walch, Gudrun Schanz, Dieter
Dr. Scheer, Hermann Scheffler, Siegfried Willy Schily, Otto
Schloten, Dieter Schluckebier, Günter Schmidbauer ({78}),
Bernd
Schmidt ({79}), Ursula Schmidt ({80}), Renate Schmidt ({81}), Wilhelm Schmidt-Zadel, Regina
Dr. Schmude, Jürgen
Dr. Schnell, Emil
Dr. Schöfberger, Rudolf Schreiner, Ottmar Schröter, Gisela Schröter, Karl-Heinz
Schütz, Dietmar
Schulte ({82}), Brigitte
Dr. Schuster, Werner Schwanhold, Ernst Schwanitz, Rolf Seidenthal, Bodo Seuster, Lisa
Sielaff, Horst
Simm, Erika
Singer, Johannes
Dr. Skarpelis-Sperk, Sigrid
Dr. Soell, Hartmut
Dr. Sonntag-Wolgast, Cornelie Sorge, Wieland
Dr. Sperling, Dietrich
Steen, Antje-Marie Steiner, Heinz-Alfred
Stiegler, Ludwig Dr. Struck, Peter Tappe, Joachim Terborg, Margitta Dr. Thalheim, Gerald
Thierse, Wolfgang Titze, Uta
Toetemeyer, Hans-Günther Urbaniak, Hans-Eberhard Vergin, Siegfried Verheugen, Günter
Dr. Vogel, Hans-Jochen Voigt ({83}), Karsten D. Vosen, Josef
Wagner, Hans Georg Wallow, Hans
Waltemathe, Ernst Walter ({84}), Ralf
Walther ({85}), Rudi Wartenberg ({86}), Gerd
Dr. Wegner, Konstanze Weiermann, Wolfgang Weiler, Barbara
Weis ({87}), Reinhard Weißgerber, Gunter Weisskirchen ({88}), Gert Welt, Hans-Joachim
Dr. Wernitz, Axel Wester, Hildegard Westrich, Lydia Wettig-Danielmeier, Inge
Dr. Wetzel, Margrit Weyel, Gudrun
Dr. Wieczorek, Norbert Wieczorek ({89}), Helmut Wieczorek-Zeul, Heidemarie Wiefelspütz, Dieter
Wimmer ({90}),
Hermann
Dr. de With, Hans Wittich, Berthold Wohlleben, Verena Wolf, Hanna
Zapf, Uta
Dr. Zöpel, Christoph
F.D.P.
Albowitz, Ina
Dr. Babel, Gisela Baum, Gerhart Rudolf Beckmann, Klaus Bredehorn, Günther Eimer ({91}), Norbert Engelhard, Hans A. Dr. Feldmann, Olaf Friedhoff, Paul
Friedrich, Horst
Funke, Rainer
Dr. Funke-Schmitt-Rink, Margret
Gallus, Georg
Ganschow, Jörg
Genscher, Hans-Dietrich Gries, Ekkehard
Grünbeck, Josef
Grüner, Martin
Günther ({92}), Joachim
Dr. Guttmacher, Karlheinz Hackel, Heinz-Dieter Hansen, Dirk
Dr. Haussmann, Helmut Heinrich, Ulrich
Dr. Hirsch, Burkhard Dr. Hitschler, Walter Homburger, Birgit Dr. Hoth, Sigrid
Dr. Hoyer, Werner Irmer, Ulrich
Kleinert ({93}), Detlef Kohn, Roland
Dr. Kolb, Heinrich Leonhard Koppelin, Jürgen
Kubicki, Wolfgang
Dr.-Ing. Laermann, Karl-Hans
Vizepräsident Helmuth Becker
Dr. Graf Lambsdorff, Otto Leutheusser-Schnarrenberger, Sabine
Lüder, Wolfgang Lühr, Uwe
Dr. Menzel, Bruno Mischnick, Wolfgang Möllemann, Jürgen W. Nolting, Günther Friedrich
Dr. Ortleb, Rainer Otto ({94}),
Hans-Joachim Paintner, Johann Peters, Lisa
Dr. Pohl, Eva
Richter ({95}), Manfred
Rind, Hermann Dr. Röhl, Klaus
Schäfer ({96}), Helmut Schmalz-Jacobsen, Cornelia Schmidt ({97}), Arno
Dr. Schmieder, Jürgen
Dr. Schnittler, Christoph Schüßler, Gerhard Schuster, Hans
Dr. Schwaetzer, Irmgard Sehn, Manta
Seiler-Albring, Ursula
Dr. Semper, Sigrid
Dr. Solms, Hermann Otto
Dr. Starnick, Jürgen
Dr. von Teichman, Cornelia Thiele, Carl-Ludwig
Dr. Thomae, Dieter Timm, Jürgen
Türk, Jürgen
Walz, Ingrid
Dr. Weng ({98}), Wolfgang
Wolfgramm ({99}), Torsten
Würfel, Uta
Zurheide, Burkhard Zywietz, Werner
PDS/Linke Liste
Bläss, Petra
Dr. Enkelmann, Dagmar
Dr. Fischer, Ursula Dr. Fuchs, Ruth Dr. Gysi, Gregor
Dr. Heuer, Uwe-Jens
Dr. Höll, Barbara Jelpke, Ulla
Dr. Keller, Dietmar Lederer, Andrea Dr. Modrow, Hans Philipp, Ingeborg Dr. Schumann ({100}),
Fritz
Dr. Seifert, Ilja Stachowa, Angela
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Dr. Feige, Klaus-Dieter Köppe, Ingrid
Poppe, Gerd
Schenk, Christina
Schulz ({101}), Werner Dr. Ullmann, Wolfgang Weiß ({102}), Konrad Wollenberger, Vera
Fraktionslos
Dr. Briefs, Ulrich Henn, Bernd
Lowack, Ortwin
Enthalten
CDU/CSU
Bargfrede, Heinz-Günther Blank, Renate
Dr. Blens, Heribert
Dr. Blüm, Norbert
Borchert, Jochen
Carstens ({103}), Manfred Dehnel, Wolfgang Dempwolf, Gertrud Diemers, Renate
Eymer, Anke Frankenhauser, Herbert Göttsching, Martin
Dr. Grünewald, Joachim Frhr. von Hammerstein, Carl-Detlev
Haschke ({104}), Gottfried
Haschke ({105}), Udo Haungs, Rainer
Hauser ({106}), Otto Hauser ({107}), Hansgeorg
Hedrich, Klaus-Jürgen Dr. Hornhues, Karl-Heinz Dr.-Ing. Jork, Rainer
Dr. Jüttner, Egon
Kiechle, Ignaz
Klein ({108}), Hans Kors, Eva-Maria
Kraus, Rudolf
Kronberg, Heinz-Jürgen Lamers, Karl
Limbach, Editha
Link ({109}), Walter Louven, Julius Marschewski, Erwin Dr. Meyer zu Bentrup,
Reinhard
Dr. Olderog, Rolf
Oswald, Eduard
Dr. Paziorek, Peter Paul Dr. Protzner, Bernd Pützhofen, Dieter Reddemann, Gerhard Reichenbach, Klaus Reinhardt, Erika
Rode ({110}), Helmut Roth ({111}), Adolf Dr. Ruck, Christian
Sauer ({112}), Roland Schmidt ({113}), Christian Frhr. von Schorlemer,
Reinhard
Seiters, Rudolf
Spranger, Carl-Dieter Susset, Egon
Dr. Warnke, Jürgen
Dr. Wisniewski, Roswitha Wittmann ({114}), Simon
SPD
Oostergetelo, Jan Tietjen, Günther
F.D.P.
van Essen, Jörg
Der Antrag ist abgelehnt.
Wir stimmen jetzt über den Gesetzentwurf der Fraktion der F.D.P. ab: Schwangeren- und Familienhilfegesetz auf Drucksache 12/551.
Ich eröffne die namentliche Abstimmung.
Meine Damen und Herren, darf ich fragen, ob noch ein Mitglied im Haus ist, das seine Stimmkarte nicht abgegeben hat? - Einer noch. - Noch einmal: Ist noch jemand im Hause, der seine Stimmkarte nicht abgegeben hat? - Offenbar ist das nicht der Fall.
Ich schließe die Abstimmung. Ich bitte die Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Bis zum Vorliegen des Ergebnisses unterbreche ich die Sitzung.
({115})
Meine Damen und Herren! Die unterbrochene Sitzung wird fortgesetzt.
Ich gebe das von den Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktion der F.D.P., Drucksache 12/551 bekannt. Abgegebene Stimmen: 656. Ungültige Stimmen: keine. Mit ja haben 75, mit Nein 577 Abgeordnete gestimmt. Enthaltungen: 4
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 653 davon
ja: 74
nein: 575
enthalten: 4
Ja
SPD
Erler, Gernot F.D.P.
Albowitz, Ina Dr. Babel, Gisela
Baum, Gerhart Rudolf Bredehorn, Günther
Eimer ({0}), Norbert Engelhard, Hans A. Dr. Feldmann, Olaf Friedhoff, Paul Friedrich, Horst Funke, Rainer
Dr. Funke-Schmitt-Rink,
Margret
Ganschow, Jörg Genscher, Hans-Dietrich Gries, Ekkehard Grünbeck, Josef
Grüner, Martin
Günther ({1}), Joachim Dr. Guttmacher, Karlheinz Hackel, Heinz-Dieter Hansen, Dirk
Dr. Haussmann, Helmut Heinrich, Ulrich
Dr. Hirsch, Burkhard
Dr. Hitschler, Walter Homburger, Birgit Dr. Hoth, Sigrid
Dr. Hoyer, Werner Irmer, Ulrich
Kleinert ({2}), Detlef Kohn, Roland
Dr. Kolb, Heinrich Leonhard Koppelin, Jürgen
Kubicki, Wolfgang
Dr.-Ing. Laermann, Karl-Hans Dr. Graf Lambsdorff, Otto Leutheusser-Schnarrenberger,
Sabine
Lüder, Wolfgang Lühr, Uwe
Dr. Menzel, Bruno Mischnick, Wolfgang Möllemann, Jürgen W. Nolting, Günther Friedrich Dr. Ortleb, Rainer
Otto ({3}),
Hans-Joachim Peters, Lisa
Dr. Pohl, Eva
Richter ({4}), Manfred
Rind, Hermann
Dr. Röhl, Klaus
Schäfer ({5}), Helmut Schmalz-Jacobsen, Cornelia
Schmidt ({6}), Arno
Dr. Schmieder, Jürgen
Dr. Schnittler, Christoph Schüßler, Gerhard Schuster, Hans
Dr. Schwaetzer, Irmgard Sehn, Marita
Seiler-Albring, Ursula Dr. Semper, Sigrid
Dr. Sohns, Hermann Otto
Dr. Starnick, Jürgen
Dr. von Teichman, Cornelia Thiele, Carl-Ludwig
Dr. Thomae, Dieter
Vizepräsident Helmuth Becker
Timm, Jürgen Türk, Jürgen Walz, Ingrid
Dr. Weng ({7}), Wolfgang
Wolfgramm ({8}), Torsten
Würfel, Uta Zurheide, Burkhard
Zywietz, Werner
Nein
CDU/CSU
Adam, Ulrich
Dr. Ackermann, Else Dr. Altherr, Walter Augustin, Anneliese Augustinowitz, Jürgen Austermann, Dietrich Bargfrede, Heinz-Günther
Dr. Bauer, Wolf
Baumeister, Brigitte Bayha, Richard
Belle, Meinrad
Dr. Bergmann-Pohl, Sabine Bierling, Hans-Dirk
Dr. Blank, Joseph-Theodor Blank, Renate
Dr. Blens, Heribert Bleser, Peter
Dr. Blüm, Norbert
Böhm ({9}), Wilfried Dr. Böhmer, Maria
Börnsen ({10}), Wolfgang Dr. Bötsch, Wolfgang
Bohl, Friedrich
Bohlsen, Wilfried Borchert, Jochen Brähmig, Klaus
Breuer, Paul
Brudlewsky, Monika Brunnhuber, Georg Bühler ({11}), Klaus Büttner ({12}),
Hartmut
Buwitt, Dankward
Carstens ({13}), Manfred Carstensen ({14}),
Peter Harry
Clemens, Joachim Dehnel, Wolfgang Dempwolf, Gertrud Deres, Karl
Deß, Albert
Diemers, Renate Dörflinger, Werner Doss, Hansjürgen Echternach, Jürgen Ehlers, Wolfgang Ehrbar, Udo
Eichhorn, Maria Engelmann, Wolfgang Eppelmann, Rainer Eylmann, Horst
Eymer, Anke
Falk, Ilse
Dr. Faltlhauser, Kurt Feilcke, Jochen
Dr. Fell, Karl
Fischer ({15}), Dirk Erik Fischer ({16}), Leni Fockenberg, Winfried Francke ({17}), Klaus Frankenhauser, Herbert
Dr. Friedrich, Gerhard Fritz, Erich G.
Fuchtel, Hans-Joachim Ganz ({18}), Johannes Geiger, Michaela
Geis, Norbert
Dr. Geißler, Heiner
Dr. von Geldern, Wolfgang Gerster ({19}), Johannes Gibtner, Horst
Dr. Göhner, Reinhard Göttsching, Martin
Götz, Peter
Dr. Götzer, Wolfgang
Gres, Joachim Grochtmann, Elisabeth Gröbl, Wolfgang Grotz, Claus-Peter
Dr. Grünewald, Joachim Günther ({20}), Horst Frhr. von Hammerstein,
Carl-Detlev Harries, Klaus
Haschke ({21}), Udo Hasselfeldt, Gerda
Haungs, Rainer
Hauser ({22}), Otto Hauser ({23}),
Hansgeorg
Hedrich, Klaus-Jürgen
Heise, Manfred
Dr. Hellwig, Renate
Dr. h. c. Herkenrath, Adolf Hinsken, Ernst
Hintze, Peter Hörsken, Heinz-Adolf Hörster, Joachim
Dr. Hoffacker, Paul
Hollerith, Josef
Dr. Hornhues, Karl-Heinz Hornung, Siegfried
Hüppe, Hubert Jäger, Claus Jaffke, Susanne Jagoda, Bernhard
Dr. Jahn ({24}),
Friedrich-Adolf
Janovsky, Georg Jeltsch, Karin Dr. Jobst, Dionys
Dr.-Ing. Jork, Reiner
Dr. Jüttner, Egon
Jung ({25}), Michael Junghanns, Ulrich
Dr. Kahl, Harald Kalb, Bartholomäus Kampeter, Steffen
Dr.-Ing. Kansy, Dietmar
Dr. Kappes, Franz-Hermann Karwatzki, Irmgard
Kauder, Volker Keller, Peter Kiechle, Ignaz Kittelmann, Peter
Klein ({26}), Günter
Klein ({27}), Hans Klinkert, Ulrich
Köhler ({28}),
Hans-Ulrich
Dr. Köhler ({29}),
Volkmar
Dr. Kohl, Helmut Kolbe, Manfred Kors, Eva-Maria Koschyk, Hartmut Kossendey, Thomas
Kraus, Rudolf
Dr. Krause ({30}), Günther
Dr. Krause ({31}),
Rudolf Karl
Krause ({32}), Wolfgang Krey, Franz Heinrich Kriedner, Arnulf
Kronberg, Heinz-Jürgen Dr.-Ing. Krüger, Paul Krziskewitz, Reiner Eberhard
Lamers, Karl
Dr. Lammert, Norbert Lamp, Helmut Johannes Lattmann, Herbert
Dr. Laufs, Paul
Laumann, Karl Josef Lehne, Klaus-Heiner Dr. Lehr, Ursula-Maria Lenzer, Christian
Dr. Lieberoth, Immo Limbach, Editha
Link ({33}), Walter Lintner, Eduard
Dr. Lippold ({34}), Klaus W.
Dr. sc. Lischewski, Manfred Löwisch, Sigrun
Lohmann ({35}), Wolfgang
Louven, Julius
Lummer, Heinrich Dr. Luther, Michael
Maaß ({36}), Erich Männle, Ursula
Magin, Theo
Dr. Mahlo, Dietrich Marienfeld, Claire Marschewski, Erwin Marten, Günter
Dr. Mayer ({37}), Martin
Meckelburg, Wolfgang Meinl, Rudolf Horst
Dr. Merkel, Angela Dorothea Dr. Meseke, Hedda
Dr. Meyer zu Bentrup,
Reinhard
Michalk, Maria
Michels, Meinolf
Dr. Mildner, Klaus Gerhard Dr. Möller, Franz
Molnar, Thomas
Dr. Müller, Günther Müller ({38}), Elmar Müller ({39}),
Hans-Werner
Müller ({40}), Alfons Nelle, Engelbert
Dr. Neuling, Christian Neumann ({41}), Bernd Nitsch, Johannes
Nolte, Claudia
Dr. Olderog, Rolf Ost, Friedhelm
Oswald, Eduard
Otto ({42}), Norbert Dr. Päselt, Gerhard
Dr. Paziorek, Peter Paul Pesch, Hans-Wilhelm Petzold, Ulrich
Pfeffermann, Gerhard O. Pfeifer, Anton
Pfeiffer, Angelika Dr. Pfennig, Gero
Dr. Pflüger, Friedbert Dr. Pinger, Winfried Pofalla, Ronald
Dr. Pohler, Hermann Priebus, Rosemarie Dr. Probst, Albert Dr. Protzner, Bernd Pützhofen, Dieter
Rahardt-Vahldieck, Susanne Raidel, Hans
Dr. Ramsauer, Peter Rau, Rolf
Rauen, Peter Harald Rawe, Wilhelm
Reddemann, Gerhard Regenspurger, Otto Reichenbach, Klaus Dr. Reinartz, Berthold
Reinhardt, Erika Repnik, Hans-Peter Dr. Rieder, Norbert
Dr. Riedl ({43}), Erich Riegert, Klaus
Dr. Riesenhuber, Heinz Ringkamp, Werner Rode ({44}), Helmut Rönsch ({45}),
Hannelore
Roitzsch ({46}), Ingrid Romer, Franz-Xaver
Dr. Rose, Klaus
Rossmanith, Kurt J. Roth ({47}), Adolf Rother, Heinz
Dr. Ruck, Christian Rühe, Volker
Dr. Rüttgers, Jürgen Sauer ({48}), Helmut Sauer ({49}), Roland Scharrenbroich, Heribert Schätzle, Ortrun
Dr. Schäuble, Wolfgang Schartz ({50}), Günther Schemken, Heinz Scheu, Gerhard
Schmalz, Ulrich
Schmidbauer, Bernd Schmidt ({51}), Christian
Dr. Schmidt ({52}), Joachim
Schmidt ({53}), Andreas Schmidt ({54}), Trudi Schmitz ({55}),
Hans Peter
von Schmude, Michael Dr. Schneider ({56}), Oscar
Dr. Scholz, Rupert Frhr. von Schorlemer, Reinhard
Dr. Schreiber, Harald Schulhoff, Wolfgang Dr. Schulte ({57}), Dieter
Schulz ({58}), Gerhard Schwalbe, Clemens Schwarz, Stefan
Dr. Schwarz-Schilling,
Christian
Dr. Schwörer, Hermann Seehofer, Horst
Seesing, Heinrich Seibel, Winfried Seiters, Rudolf
Sikora, Jürgen
Skowron, Werner
Dr. Sopart, Hans-Joachim Sothmann, Bärbel Spilker, Karl-Heinz Spranger, Carl-Dieter
Dr. Sprung, Rudolf Steinbach-Hermann, Erika Dr. Stercken, Hans
Dr. Frhr. von Stetten,
Wolfgang
Stockhausen, Karl
Dr. Stoltenberg, Gerhard Strube, Hans-Gerd Stübgen, Michael
Dr. Süssmuth, Rita Susset, Egon
Tillmann, Ferdinand Dr. Töpfer, Klaus
Dr. Uelhoff, Klaus-Dieter Uldall, Gunnar
Verhülsdonk, Roswitha Vogel ({59}), Friedrich Vogt ({60}), Wolfgang
Dr. Voigt ({61}), Hans-Peter
Vizepräsident Helmuth Becker
Dr. Vondran, Ruprecht Dr. Waffenschmidt, Horst Dr. Waigel, Theodor
Graf von Waldburg-Zeil, Alois Dr. Warnke, Jürgen
Dr. Warrikoff, Alexander Werner ({62}), Herbert Wetzel, Kersten
Wiechatzek, Gabriele
Dr, Wieczorek ({63}), Bertram
Dr. Wilms, Dorothee Wilz, Bernd
Wimmer ({64}), Willy Dr. Wisniewski, Roswitha Wissmann, Matthias
Dr. Wittmann, Fritz
Wittmann ({65}), Simon
Wonneberger, Michael Wülfing, Elke
Würzbach, Peter Kurt Yzer, Cornelia
Zeitlmann, Wolfgang Zierer, Benno
Zöller, Wolfgang
SPD
Adler, Brigitte Andres, Gerd Antretter, Robert Bachmaier, Hermann
Barbe, Angelika Bartsch, Holger
Becker ({66}), Helmuth Becker-Inglau, Ingrid
Berger, Hans
Bernrath, Hans Gottfried Beucher, Friedhelm Julius Bindig, Rudolf
Blunck, Lieselott Bock, Thea
Dr. Böhme ({67}), Ulrich Börnsen ({68}), Arne Brandt-Elsweier, Anni
Büchler ({69}), Hans
Buchner ({70}), Peter
Dr. von Billow, Andreas Büttner ({71}), Hans Bulmahn, Edelgard
Burchardt, Ursula Bury, Hans Martin Caspers-Merk, Marion
Catenhusen, Wolf-Michael Conradi, Peter
Dr. Däubler-Gmelin, Herta Daubertshäuser, Klaus
Dr. Diederich ({72}), Nils Diller, Karl
Dr. Dobberthien, Marliese Dreßler, Rudolf
Duve, Freimut Ebert, Eike
Dr. Eckardt, Peter
Dr. Ehmke ({73}), Horst
Eich, Ludwig
Dr. Elmer, Konrad
Esters, Helmut Ferner, Elke
Fischer ({74}),
Evelin
Fischer ({75}), Lothar Formanski, Norbert
Fuchs ({76}), Anke
Fuchs ({77}), Katrin
Fuhrmann, Arne Ganseforth, Monika
Gansel, Norbert Dr. Gautier, Fritz Gilges, Konrad Gleicke, Iris
Dr. Glotz, Peter
Graf, Günter
Großmann, Achim Haack ({78}),
Karl-Hermann Habermann, Frank-Michael Hacker, Hans-Joachim Hämmerle, Gerlinde Hampel, Manfred Eugen Hanewinckel, Christel
Dr. Hartenstein, Liesel Hasenfratz, Klaus
Dr. Hauchler, Ingomar Heistermann, Dieter
Heyenn, Günther
Hiller ({79}), Reinhold Hilsberg, Stephan
Dr. Holtz, Uwe Horn, Erwin
Huonker, Gunter Ibrügger, Lothar Iwersen, Gabriele Jäger, Renate
Janz, Ilse
Dr. Janzen, Ulrich Jaunich, Horst
Dr. Jens, Uwe
Jung ({80}), Volker Jungmann ({81}), Horst Kastner, Susanne
Kastning, Ernst Kirschner, Klaus Klappert, Marianne Klemmer, Siegrun Klose, Hans-Ulrich
Dr. sc. Knaape, Hans-Hinrich Körper, Fritz Rudolf
Kolbe, Regina
Kolbow, Walter Koltzsch, Rolf
Koschnick, Hans Kretkowski, Volkmar Kubatschka, Horst Dr. Kübler, Klaus Kuessner, Hinrich Dr. Küster, Uwe Kuhlwein, Eckart Lambinus, Uwe Lange, Brigitte
von Larcher, Detlev Leidinger, Robert Lennartz, Klaus
Dr. Leonhard-Schmid, Elke Lohmann ({82}), Klaus
Dr. Lucyga, Christine Maaß ({83}), Dieter Marx, Dorle
Mascher, Ulrike Matschie, Christoph Dr. Matterne, Dietmar Matthäus-Maier, Ingrid Mattischeck, Heide Meckel, Markus
Mehl, Ulrike
Meißner, Herbert
Dr. Mertens ({84}), Franz-Josef
Dr. Meyer ({85}), Jürgen Mosdorf, Siegmar
Müller ({86}), Michael Müller ({87}), Albrecht Müller ({88}), Rudolf Müller ({89}), Jutta
Müller ({90}), Christian Müntefering, Franz Neumann ({91}), Volker Neumann ({92}), Gerhard Dr. Niehuis, Edith
Dr. Niese, Rolf
Niggemeier, Horst Odendahl, Doris Oesinghaus, Günter Oostergetelo, Jan
Opel, Manfred
Ostertag, Adolf
Dr. Otto, Helga
Paterna, Peter
Dr. Penner, Willfried Peter ({93}), Horst Dr. Pfaff, Martin
Pfuhl, Albert
Dr. Pick, Eckhart
Poß, Joachim
Purps, Rudolf
Rappe ({94}), Hermann Reimann, Manfred
Rempe, Walter
von Renesse, Margot Rennebach, Renate Reschke, Otto
Reuschenbach, Peter W. Reuter, Bernd
Rixe, Günter
Roth, Wolfgang
Schäfer ({95}), Harald B.
Schaich-Walch, Gudrun Schanz, Dieter
Scheffler, Siegfried Willy Schily, Otto
Schloten, Dieter
Schluckebier, Günter Schmidbauer ({96}), Bernd
Schmidt ({97}), Ursula Schmidt ({98}), Renate Schmidt ({99}), Wilhelm Schmidt-Zadel, Regina
Dr. Schmude, Jürgen Dr. Schnell, Emil
Dr. Schöfberger, Rudolf Schreiner, Ottmar Schröter, Gisela
Schröter, Karl-Heinz Schütz, Dietmar
Schulte ({100}), Brigitte Dr. Schuster, Werner Schwanhold, Ernst Schwanitz, Rolf
Seidenthal, Bodo
Seuster, Lisa
Sielaff, Horst
Simm, Erika
Singer, Johannes
Dr. Skarpelis-Sperk, Sigrid
Dr. Soell, Hartmut
Dr. Sonntag-Wolgast, Cornelie Sorge, Wieland
Dr. Sperling, Dietrich Steen, Antje-Marie Steiner, Heinz-Alfred Stiegler, Ludwig
Dr. Struck, Peter
Tappe, Joachim
Terborg, Margitta Dr. Thalheim, Gerald Thierse, Wolfgang Titze, Uta
Toetemeyer, Hans-Günther Urbaniak, Hans-Eberhard Vergin, Siegfried
Verheugen, Günter
Dr. Vogel, Hans-Jochen Voigt ({101}), Karsten D. Vosen, Josef
Wagner, Hans Georg Wallow, Hans
Waltemathe, Ernst Walter ({102}), Ralf
Walther ({103}), Rudi Wartenberg ({104}), Gerd Dr. Wegner, Konstanze Weiermann, Wolfgang Weiler, Barbara
Weis ({105}), Reinhard
Weißgerber, Gunter Weisskirchen ({106}), Gert Welt, Hans-Joachim
Dr. Wernitz, Axel Wester, Hildegard Westrich, Lydia Wettig-Danielmeier, Inge
Dr. Wetzel, Margrit Weyel, Gudrun
Dr. Wieczorek, Norbert Wieczorek ({107}), Helmut Wieczorek-Zeul, Heidemarie Wiefelspütz, Dieter
Wimmer ({108}),
Hermann
Dr. de With, Hans Wittich, Berthold
Wohlleben, Verena Ingeburg Wolf, Hanna
Zapf, Uta
Dr. Zöpel, Christoph
F.D.P.
Cronenberg ({109}), Dieter-Julius
Gallus, Georg
Paintner, Johann
PDS/Linke Liste
Bläss, Petra
Dr. Enkelmann, Dagmar
Dr. Fischer, Ursula Dr. Fuchs, Ruth Dr. Gysi, Gregor
Dr. Heuer, Uwe-Jens Dr. Höll, Barbara Jelpke, Ulla
Dr. Keller, Dietmar Lederer, Andrea Dr. Modrow, Flans Philipp, Ingeborg Dr. Schumann ({110}),
Fritz
Dr. Seifert, Ilja
Stachowa, Angela
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Dr. Feige, Klaus-Dieter Köppe, Ingrid
Poppe, Gerd
Schenk, Christina
Schulz ({111}), Werner Dr. Ullmann, Wolfgang Weiß ({112}), Konrad Wollenberger, Vera
Fraktionslos
Dr. Briefs, Ulrich Henn, Bernd
Lowack, Ortwin
Enthalten
CDU/CSU
Haschke ({113}), Gottfried
SPD
Dr. Brecht, Eberhard Tietjen, Günther
F.D.P.
van Essen, Jörg
Vizepräsident Helmuth Becker
Der Gesetzentwurf ist damit abgelehnt.
Wir stimmen jetzt über den Gesetzentwurf der Fraktion der SPD, Familien- und Schwangerenhilfegesetz, Drucksache 12/841, ab.
Ich eröffne die namentliche Abstimmung. Ich möchte darauf hinweisen, daß wir jetzt 24 Uhr haben.
Meine Damen und Herren, ich frage noch einmal, ob ein Mitglied im Hause ist, das die Stimmkarte noch nicht abgegeben hat. - Das ist offenbar nicht der Fall. Ich schließe die Abstimmung.
Ich bitte die Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen.
Ich gratuliere unserem Kollegen Gert Wartenberg, der seit zwei Minuten Geburtstag hat.
({114})
Meine Damen und Herren, wir können noch zwei weiteren Mitgliedern des Hauses heute zum Geburtstag gratulieren. Es ist Dr. Jürgen Rüttgers,
({115})
und es ist neben mir unser Kollege Schriftführer Bodo Seidenthal.
({116})
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf Sie auf Grund einiger Interventionen auf folgendes hinweisen. Es ist bei solchen Abstimmungen auch in der Vergangenheit schon vorgekommen, daß falsche Stimmkarten eingeworfen worden sind, es gab Namensverwechslungen und dergleichen. Es gibt auch heute abend einige wenige Fälle, wo das passiert ist. Ich bitte die Kollegen, sich unmittelbar an das Präsidium zu wenden und darauf aufmerksam zu machen, was ihnen widerfahren ist. Alle anderen bitte ich, immer genau darauf zu achten, daß der richtige Name auf der Stimmkarte steht.
Meine Damen und Herren, darf ich um Aufmerksamkeit bitten; wir haben das nächste Abstimmungsergebnis vorliegen.
Ich gebe das von den Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktion der SPD auf Drucksache 12/841 bekannt. Abgegebene Stimmen: 658, ungültig: keine. Mit Ja haben gestimmt: 237, mit Nein haben gestimmt: 405. Enthalten haben sich 16 Kolleginnen und Kollegen.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 654; davon
ja: 236
nein: 402
enthalten: 16
Ja
SPD
Adler, Brigitte Andres, Gerd
Bachmaier, Hermann Barbe, Angelika
Bartsch, Holger Becker-Inglau, Ingrid Berger, Hans
Beucher, Friedhelm Julius Bindig, Rudolf
Blunck, Lieselott
Bock, Thea
Dr. Böhme ({117}), Ulrich Börnsen ({118}), Arne Brandt-Elsweier, Anni Büchler ({119}), Hans
Dr. von Bülow, Andreas Bulmahn, Edelgard Burchardt, Ursula
Bury, Hans Martin Caspers-Merk, Marion Catenhusen, Wolf-Michael Conradi, Peter
Dr. Däubler-Gmelin, Herta Daubertshäuser, Klaus
Dr. Diederich ({120}), Nils Dr. Dobberthien, Marliese Dreßler, Rudolf
Duve, Freimut
Ebert, Eike
Dr. Eckardt, Peter
Dr. Ehmke ({121}), Horst Eich, Ludwig
Dr. Elmer, Konrad Erler, Gernot
Ewen, Carl
Ferner, Elke
Fischer ({122}), Evelin
Fischer ({123}), Lothar Formanski, Norbert
Fuchs ({124}), Anke Fuchs ({125}), Katrin Fuhrmann, Arne Ganseforth, Monika Dr. Gautier, Fritz Gilges, Konrad
Gleicke, Iris
Dr. Glotz, Peter Graf, Günter
Großmann, Achim Haack ({126}),
Karl-Hermann Habermann, Frank-Michael Hacker, Hans-Joachim Hämmerle, Gerlinde Hampel, Manfred Eugen Hanewinckel, Christel
Dr. Hartenstein, Liesel Hasenfratz, Klaus
Dr. Hauchler, Ingomar Heistermann, Dieter Heyenn, Günther
Hiller ({127}), Reinhold Hilsberg, Stephan
Dr. Holtz, Uwe
Horn, Erwin
Huonker, Gunter Ibrügger, Lothar Iwersen, Gabriele Jäger, Renate
Janz, Ilse
Dr. Janzen, Ulrich Jaunich, Horst
Dr. Jens, Uwe
Jung ({128}), Volker Jungmann ({129}), Horst Kastner, Susanne
Kirschner, Klaus Klappert, Marianne Klemmer, Siegrun Klose, Hans-Ulrich
Dr. sc. Knaape, Hans-Hinrich Kolbe, Regina
Kolbow, Walter Koltzsch, Rolf
Kretkowski, Volkmar Kubatschka, Horst Dr. Kübler, Klaus
Dr. Küster, Uwe Kuhlwein, Eckart Lange, Brigitte
von Larcher, Detlev Leidinger, Robert Lennartz, Klaus
Dr. Leonhard-Schmid, Elke Lohmann ({130}), Klaus
Dr. Lucyga, Christine
Maaß ({131}), Dieter
Marx, Dorle
Mascher, Ulrike
Matschie, Christoph Dr. Matterne, Dietmar Matthäus-Maier, Ingrid Mattischeck, Heide Meckel, Markus
Mehl, Ulrike
Meißner, Herbert
Dr. Mertens ({132}), Franz-Josef
Dr. Meyer ({133}), Jürgen Mosdorf, Siegmar
Müller ({134}), Michael Müller ({135}), Albrecht Müller ({136}), Jutta Müller ({137}), Christian Müntefering, Franz Neumann ({138}), Volker Neumann ({139}), Gerhard
Dr. Niehuis, Edith Dr. Niese, Rolf Odendahl, Doris Oesinghaus, Günter Ostertag, Adolf
Dr. Otto, Helga Paterna, Peter
Peter ({140}), Horst Dr. Pfaff, Martin Pfuhl, Albert
Dr. Pick, Eckhart Poß, Joachim
Purps, Rudolf
Rappe ({141}), Hermann Reimann, Manfred
Rempe, Walter
von Renesse, Margot Rennebach, Renate Reschke, Otto Reuschenbach, Peter W. Reuter, Bernd
Rixe, Günter
Roth, Wolfgang Schäfer ({142}), Harald B.
Schaich-Walch, Gudrun Schanz, Dieter
Dr. Scheer, Hermann
Scheffler, Siegfried Willy Schily, Otto
Schloten, Dieter Schluckebier, Günter Schmidbauer ({143}),
Bernd
Schmidt ({144}), Ursula Schmidt ({145}), Renate Schmidt ({146}), Wilhelm Schmidt-Zadel, Regina
Dr. Schnell, Emil
Dr. Schöfberger, Rudolf Schreiner, Ottmar Schröter, Gisela Schröter, Karl-Heinz
Schütz, Dietmar
Schulte ({147}), Brigitte
Dr. Schuster, Werner Schwanhold, Ernst Schwanitz, Rolf Seidenthal, Bodo Seuster, Lisa
Simm, Erika
Singer, Johannes
Dr. Skarpelis-Sperk, Sigrid
Dr. Sonntag-Wolgast, Cornelie Sorge, Wieland
Dr. Sperling, Dietrich
Steen, Antje-Marie Steiner, Heinz-Alfred
Stiegler, Ludwig Dr. Struck, Peter Tappe, Joachim Terborg, Margitta Dr. Thalheim, Gerald
Thierse, Wolfgang
Vizepräsident Helmuth Becker
Titze, Uta
Toetemeyer, Hans-Günther Urbaniak, Hans-Eberhard Vergin, Siegfried Verheugen, Günter
Voigt ({148}), Karsten D. Vosen, Josef
Wagner, Hans Georg Wallow, Hans
Waltemathe, Ernst Walter ({149}), Ralf
Walther ({150}), Rudi Wartenberg ({151}), Gerd
Dr. Wegner, Konstanze Weiermann, Wolfgang Weiler, Barbara
Weis ({152}), Reinhard Weißgerber, Gunter Weisskirchen ({153}), Gert Welt, Hans-Joachim
Wester, Hildegard Westrich, Lydia Wettig-Danielmeier, Inge
Dr. Wetzel, Margrit Weyel, Gudrun
Dr. Wieczorek, Norbert Wieczorek ({154}), Helmut Wieczorek-Zeul, Heidemarie Wiefelspütz, Dieter
Dr. de With, Hans Wittich, Berthold Wohlleben, Verena Wolf, Hanna
Zapf, Uta
Dr. Zöpel, Christoph
PDS/Linke Liste
Bläss, Petra
Dr. Enkelmann, Dagmar
Dr. Fischer, Ursula Dr. Fuchs, Ruth
Dr. Gysi, Gregor
Dr. Heuer, Uwe-Jens Dr. Höll, Barbara Jelpke, Ulla
Dr. Keller, Dietmar Lederer, Andrea Dr. Modrow, Hans Philipp, Ingeborg Dr. Schumann ({155}),
Fritz
Dr. Seifert, Ilja
Stachowa, Angela
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Dr. Feige, Klaus-Dieter Köppe, Ingrid
Poppe, Gerd
Schenk, Christina
Schulz ({156}), Werner Dr. Ullmann, Wolfgang Wollenberger, Vera
Fraktionslos
Dr. Briefs, Ulrich Henn, Bernd
Nein
CDU/CSU
Adam, Ulrich
Dr. Ackermann, Else Dr. Altherr, Walter Augustin, Anneliese
Augustinowitz, Jürgen Austermann, Dietrich Bargfrede, Heinz-Günther Dr. Bauer, Wolf
Baumeister, Brigitte Bayha, Richard
Belle, Meinrad
Dr. Bergmann-Pohl, Sabine Bierling, Hans-Dirk
Dr. Blank, Joseph-Theodor Blank, Renate
Dr. Blens, Heribert Bleser, Peter
Dr. Blüm, Norbert
Böhm ({157}), Wilfried Dr. Böhmer, Maria
Börnsen ({158}), Wolfgang Dr. Bötsch, Wolfgang
Bohl, Friedrich
Bohlsen, Wilfried
Borchert, Jochen
Brähmig, Klaus
Breuer, Paul
Brudlewsky, Monika Brunnhuber, Georg Bühler ({159}), Klaus Büttner ({160}),
Hartmut
Buwitt, Dankward
Carstens ({161}), Manfred Carstensen ({162}),
Peter Harry
Clemens, Joachim Dehnel, Wolfgang Dempwolf, Gertrud Deres, Karl
Deß, Albert
Diemers, Renate
Dörflinger, Werner Doss, Hansjürgen
Echternach, Jürgen Ehlers, Wolfgang
Ehrbar, Udo
Eichhorn, Maria
Engelmann, Wolfgang Eppelmann, Rainer Eylmann, Horst
Eymer, Anke
Falk, Ilse
Dr. Faltlhauser, Kurt Feilcke, Jochen
Dr. Fell, Karl
Fischer ({163}), Leni Fockenberg, Winfried Francke ({164}), Klaus Frankenhauser, Herbert Dr. Friedrich, Gerhard Fritz, Erich G.
Fuchtel, Hans-Joachim
Ganz ({165}), Johannes Geiger, Michaela
Geis, Norbert
Dr. Geißler, Heiner
Dr. von Geldern, Wolfgang Gerster ({166}), Johannes Gibtner, Horst
Glos, Michael
Dr. Göhner, Reinhard Göttsching, Martin Götz, Peter
Dr. Götzer, Wolfgang Gres, Joachim
Grochtmann, Elisabeth Gröbl, Wolfgang
Grotz, Claus-Peter
Dr. Grünewald, Joachim Günther ({167}), Horst Frhr. von Hammerstein,
Carl-Detlev
Harries, Klaus
Haschke ({168}), Gottfried
Haschke ({169}), Udo Hasselfeldt, Gerda Haungs, Rainer
Hauser ({170}), Otto Hauser ({171}),
Hansgeorg
Hedrich, Klaus-Jürgen
Heise, Manfred
Dr. Hellwig, Renate
Dr. h. c. Herkenrath, Adolf Hinsken, Ernst
Hintze, Peter
Hörsken, Heinz-Adolf Hörster, Joachim
Dr. Hoffacker, Paul Hollerith, Josef
Dr. Hornhues, Karl-Heinz Hornung, Siegfried Hüppe, Hubert
Jäger, Claus
Jaffke, Susanne Jagoda, Bernhard Dr. Jahn ({172}),
Friedrich-Adolf Janovsky, Georg Jeltsch, Karin
Dr. Jobst, Dionys Dr.-Ing. Jork, Reiner Dr. Jüttner, Egon
Jung ({173}), Michael Junghanns, Ulrich
Dr. Kahl, Harald Kalb, Bartholomäus Kampeter, Steffen
Dr.-Ing. Kansy, Dietmar
Dr. Kappes, Franz-Hermann Karwatzki, Irmgard
Kauder, Volker Keller, Peter
Kiechle, Ignaz Kittelmann, Peter Klein ({174}), Günter
Klein ({175}), Hans Klinkert, Ulrich
Köhler ({176}),
Hans-Ulrich
Dr. Köhler ({177}), Volkmar
Dr. Kohl, Helmut Kolbe, Manfred Kors, Eva-Maria Koschyk, Hartmut Kossendey, Thomas Kraus, Rudolf
Dr. Krause ({178}), Günther
Dr. Krause ({179}), Rudolf Karl
Krause ({180}), Wolfgang Krey, Franz Heinrich Kriedner, Arnulf Kronberg, Heinz-Jürgen Dr.-Ing. Krüger, Paul
Krziskewitz, Reiner Eberhard Dr. Lammert, Norbert
Lamp, Helmut Johannes Lattmann, Herbert
Dr. Laufs, Paul Laumann, Karl-Josef
Lehne, Klaus-Heiner
Dr. Lehr, Ursula Lenzer, Christian Dr. Lieberoth, Immo Limbach, Editha
Link ({181}), Walter Lintner, Eduard
Dr. Lippold ({182}),
Klaus W.
Dr. sc. Lischewski, Manfred Löwisch, Sigrun
Lohmann ({183}),
Wolfgang
Louven, Julius
Lummer, Heinrich Dr. Luther, Michael
Maaß ({184}), Erich Männle, Ursula
Magin, Theo
Dr. Mahlo, Dietrich Marienfeld, Claire Marschewski, Erwin Marten, Günter
Dr. Mayer ({185}), Martin
Meckelburg, Wolfgang Meinl, Rudolf Horst Dr. Merkel, Angela Dr. Meseke, Hedda Dr. Meyer zu Bentrup,
Reinhard
Michalk, Maria
Michels, Meinolf
Dr. Mildner, Klaus Gerhard Dr. Möller, Franz
Molnar, Thomas
Dr. Müller, Günther Müller ({186}), Elmar Müller ({187}), Hans-Werner
Müller ({188}), Alfons Nelle, Engelbert
Dr. Neuling, Christian Neumann ({189}), Bernd Nitsch, Johannes
Nolte, Claudia
Dr. Olderog, Rolf Ost, Friedhelm
Oswald, Eduard
Otto ({190}), Norbert Dr. Päselt, Gerhard
Dr. Paziorek, Peter Paul Pesch, Hans-Wilhelm Petzold, Ulrich
Pfeffermann, Gerhard O. Pfeifer, Anton
Pfeiffer, Angelika Dr. Pfennig, Gero
Dr. Pflüger, Friedbert Dr. Pinger, Winfried Pofalla, Ronald
Dr. Pohler, Hermann Priebus, Rosemarie Dr. Probst, Albert Dr. Protzner, Bernd Pützhofen, Dieter
Rahardt-Vahldieck, Susanne Raidel, Hans
Dr. Ramsauer, Peter Rau, Rolf
Rauen, Peter Harald Rawe, Wilhelm
Reddemann, Gerhard Regenspurger, Otto Reichenbach, Klaus Dr. Reinartz, Berthold Reinhardt, Erika Repnik, Hans-Peter Dr. Rieder, Norbert
Dr. Riedl ({191}), Erich Riegert, Klaus
Dr. Riesenhuber, Heinz Ringkamp, Werner Rode ({192}), Helmut Rönsch ({193}),
Hannelore
Roitzsch ({194}), Ingrid Romer, Franz-Xaver
Dr. Rose, Klaus
Rossmanith, Kurt J. Roth ({195}), Adolf Rother, Heinz
Dr. Ruck, Christian Rühe, Volker
Dr. Rüttgers, Jürgen
Vizepräsident Helmuth Becker
Sauer ({196}), Helmut
Sauer ({197}), Roland
Scharrenbroich, Heribert
Schätzle, Ortrun
Dr. Schäuble, Wolfgang Schartz ({198}), Günther Schemken, Heinz
Scheu, Gerhard
Schmalz, Ulrich
Schmidbauer, Bernd
Schmidt ({199}), Christian Dr. Schmidt ({200}), Joachim
Schmidt ({201}), Andreas Schmidt ({202}), Trudi Schmitz ({203}),
Hans Peter
von Schmude, Michael Dr. Schneider ({204}), Oscar
Dr. Schockenhoff, Andreas Dr. Scholz, Rupert
Frhr. von Schorlemer, Reinhard
Dr. Schreiber, Harald Schulhoff, Wolfgang
Dr. Schulte ({205}), Dieter
Schulz ({206}), Gerhard Schwalbe, Clemens
Schwarz, Stefan
Dr. Schwarz-Schilling, Christian
Dr. Schwörer, Hermann Seehofer, Horst
Seesing, Heinrich
Seibel, Winfried
Seiters, Rudolf
Sikora, Jürgen
Skowron, Werner
Dr. Sopart, Hans-Joachim Sothmann, Bärbel
Spilker, Karl-Heinz
Spranger, Carl-Dieter
Dr. Sprung, Rudolf Steinbach-Hermann, Erika Dr. Stercken, Hans
Dr. Frhr. von Stetten, Wolfgang
Stockhausen, Karl
Dr. Stoltenberg, Gerhard Strube, Hans-Gerd
Stübgen, Michael
Dr. Süssmuth, Rita
Susset, Egon
Tillmann, Ferdinand
Dr. Töpfer, Klaus
Dr. Uelhoff, Klaus-Dieter Uldall, Gunnar
Verhülsdonk, Roswitha Vogel ({207}), Friedrich Vogt ({208}), Wolfgang
Dr. Voigt ({209}),
Hans-Peter
Dr. Vondran, Ruprecht Dr. Waffenschmidt, Horst
Graf von Waldburg-Zeil, Alois Dr. Warnke, Jürgen
Dr. Warrikoff, Alexander Werner ({210}), Herbert Wetzel, Kersten
Wiechatzek, Gabriele
Dr. Wieczorek ({211}), Bertram
Dr. Wilms, Dorothee
Wilz, Bernd
Wimmer ({212}), Willy Dr. Wisniewski, Roswitha Wissmann, Matthias
Dr. Wittmann, Fritz
Wittmann ({213}), Simon
Wonneberger, Michael Wülfing, Elke Würzbach, Peter Kurt
Yzer, Cornelia Zeitlmann, Wolfgang
Zierer, Benno Zöller, Wolfgang
SPD
Antretter, Robert
Becker ({214}), Helmuth Büchner ({215}), Peter Büttner ({216}), Hans Müller ({217}), Rudolf Oostergetelo, Jan
Dr. Penner, Willfried Dr. Wernitz, Axel Wimmer ({218}),
Hermann
F.D.P.
Albowitz, Ina
Dr. Babel, Gisela Baum, Gerhart Rudolf Beckmann, Klaus Bredehorn, Günther Cronenberg ({219}),
Dieter-Julius
Eimer ({220}), Norbert Engelhard, Hans A. van Essen, Jörg
Dr. Feldmann, Olaf Friedhoff, Paul Friedrich, Horst Funke, Rainer
Dr. Funke-Schmitt-Rink,
Margret
Gallus, Georg Ganschow, Jörg Genscher, Hans-Dietrich Gries, Ekkehard Grünbeck, Josef
Grüner, Martin
Günther ({221}), Joachim Dr. Guttmacher, Karlheinz Hackel, Heinz-Dieter Hansen, Dirk
Dr. Haussmann, Helmut Heinrich, Ulrich
Dr. Hirsch, Burkhard
Dr. Hitschler, Walter Homburger, Birgit Dr. Hoth, Sigrid
Dr. Hoyer, Werner Irmer, Ulrich
Kleinert ({222}), Detlef Kohn, Roland
Dr. Kolb, Heinrich Leonhard Koppelin, Jürgen
Kubicki, Wolfgang
Dr.-Ing. Laermann, Karl-Hans Dr. Graf Lambsdorff, Otto Leutheusser-Schnarrenberger,
Sabine
Lüder, Wolfgang Lühr, Uwe
Dr. Menzel, Bruno Mischnick, Wolfgang Möllemann, Jürgen W. Nolting, Günther Friedrich Dr. Ortleb, Rainer
Otto ({223}),
Hans-Joachim Paintner, Johann Peters, Lisa
Dr. Pohl, Eva
Richter ({224}), Manfred
Rind, Hermann
Dr. Röhl, Klaus
Schäfer ({225}), Helmut Schmalz-Jacobsen, Cornelia Schmidt ({226}), Arno Dr. Schmieder, Jürgen
Dr. Schnittler, Christoph Schüßler, Gerhard
Schuster, Hans
Dr. Schwaetzer, Irmgard Sehn, Marita
Seiler-Albring, Ursula Dr. Semper, Sigrid
Dr. Solms, Hermann Otto Dr. Starnick, Jürgen
Dr. von Teichman, Cornelia Thiele, Carl-Ludwig
Dr. Thomae, Dieter
Timm, Jürgen
Türk, Jürgen
Walz, Ingrid
Dr. Weng ({227}), Wolfgang
Wolfgramm ({228}), Torsten
Würfel, Uta
Zurheide, Burkhard
Zywietz, Werner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Weiß ({229}), Konrad
Fraktionslos Lowack, Ortwin
Enthalten
SPD
Bernrath, Hans Gottfried
Dr. Brecht, Eberhard
Diller, Karl
Esters, Helmut Gansel, Norbert Kastning, Ernst Körper, Fritz Rudolf Koschnik, Hans Kuessner, Hinrich Lambinus, Uwe Niggemeier, Horst Dr. Schmude, Jürgen
Sielaff, Horst
Dr. Soell, Hartmut Tietjen, Günter
Dr. Vogel, Hans-Jochen
Der Gesetzentwurf ist damit abgelehnt.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie jetzt, Platz zu nehmen, weil ich Ihnen in Abänderung unseres usprünglich vorgesehenen Ablaufs etwas mitzuteilen habe, wofür ich wirklich alle Aufmerksamkeit brauche.
Wir stimmen jetzt über den Gesetzentwurf der Fraktion der CDU/CSU, Gesetz zum Schutz des ungeborenen Lebens, auf Drucksache 12/1178 ({230}) in der Ausschußfassung ab. Der vorgesehene Änderungsantrag der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 12/2924 ({231}) ist zurückgezogen worden. Wir stimmen also jetzt direkt über den Gesetzentwurf der CDU/CSU ab.
Ich eröffne die namentliche Abstimmung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, haben alle Mitglieder des Hauses ihre Stimmkarte abgegeben? - Das ist offensichtlich der Fall. Dann bitte ich die Schriftführer, mit der Auszählung der Stimmkarte zu beginnen.
Lassen Sie mich noch eine Bemerkung machen: Je nach den Abstimmungsergebnissen zu diesem oder möglicherweise zu einem anderen Antrag kommen wir in die Lage, in dritter Lesung den Gesetzentwurf erneut zu behandeln. Dafür ist namentliche Abstimmung verlangt. Ich bitte Sie also, hier zu bleiben und das Haus nicht zu verlassen.
Die Sitzung ist unterbrochen.
({232})
Meine Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.
Ich gebe das von den Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktion der CDU/CSU auf Druck8372
Vizepräsident Helmuth Becker
sache 12/1178 ({0}) bekannt. Abgebene Stimmen: 658, ungültige Stimmen: keine. Mit ja haben gestimmt: 272, mit Nein haben gestimmt: 370, Enthaltungen: 16.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 657; davon
ja: 272
nein: 369
enthalten: 16
Ja
CDU/CSU
Dr. Altherr, Walter Augustin, Anneliese Augustinowitz, Jürgen Austermann, Dietrich Bargfrede, Heinz-Günther Baumeister, Brigitte Bayha, Richard
Belle, Meinrad
Dr. Bergmann-Pohl, Sabine Dr. Blank, Joseph-Theodor Blank, Renate
Dr. Blens, Heribert Bleser, Peter
Dr. Blüm, Norbert
Böhm ({1}), Wilfried Dr. Böhmer, Maria
Dr. Bötsch, Wolfgang Bohl, Friedrich Bohlsen, Wilfried Borchert, Jochen Brähmig, Klaus Breuer, Paul
Brunnhuber, Georg Bühler ({2}), Klaus Buwitt, Dankward Carstensen ({3}),
Peter Harry
Clemens, Joachim Dehnel, Wolfgang Dempwolf, Gertrud Deres, Karl
Deß, Albert
Diemers, Renate Dörflinger, Werner Doss, Hansjürgen Echternach, Jürgen Ehlers, Wolfgang Ehrbar, Udo
Eichhorn, Maria Engelmann, Wolfgang Eppelmann, Rainer Eymer, Anke
Falk, Ilse
Dr. Faltlhauser, Kurt Feilcke, Jochen
Dr. Fell, Karl
Fischer ({4}), Dirk Erik Fischer ({5}), Leni Fockenberg, Winfried Francke ({6}), Klaus Frankenhauser, Herbert
Dr. Friedrich, Gerhard
Fritz, Erich G.
Fuchtel, Hans-Joachim
Ganz ({7}), Johannes Geiger, Michaela
Dr. Geißler, Heiner
Dr. von Geldern, Wolfgang Gerster ({8}), Johannes Gibtner, Horst
Glos, Michael
Dr. Göhner, Reinhard
Götz, Peter
Gres, Joachim Grochtmann, Elisabeth
Gröbl, Wolfgang Grotz, Claus-Peter
Dr. Grünewald, Joachim Günther ({9}), Horst Frhr. von Hammerstein,
Carl-Detlev
Haschke ({10}),
Gottfried
Haschke ({11}), Udo Hasselfeldt, Gerda Haungs, Rainer
Hauser ({12}), Otto Hauser ({13}),
Hansgeorg
Hedrich, Klaus-Jürgen
Heise, Manfred
Dr. h. c. Herkenrath, Adolf Hinsken, Ernst
Hintze, Peter Hörsken, Heinz-Adolf Hörster, Joachim
Dr. Hoffacker, Paul Hollerith, Josef
Dr. Hornhues, Karl-Heinz Hornung, Siegfried Jaffke, Susanne
Jagoda, Bernhard Dr. Jahn ({14}),
Friedrich-Adolf Janovsky, Georg Jeltsch, Karin Dr.-Ing. Jork, Reiner
Dr. Jüttner, Egon
Jung ({15}), Michael Junghanns, Ulrich
Dr. Kahl, Harald Kalb, Bartholomäus Kampeter, Steffen
Dr.-Ing. Kansy, Dietmar
Dr. Kappes, Franz-Hermann Karwatzki, Irmgard
Kauder, Volker Keller, Peter
Kiechle, Ignaz Kittelmann, Peter Klein ({16}), Günter
Klein ({17}), Hans Klinkert, Ulrich
Köhler ({18}),
Hans-Ulrich
Dr. Köhler ({19}),
Volkmar
Dr. Kohl, Helmut Kors, Eva-Maria Koschyk, Hartmut Kossendey, Thomas
Kraus, Rudolf
Dr. Krause ({20}), Günther
Krey, Franz Heinrich Kriedner, Arnulf Kronberg, Heinz-Jürgen Dr.-Ing. Krüger, Paul
Krziskewitz, Reiner Eberhard Lamers, Karl
Dr. Lammert, Norbert
Lamp, Helmut Johannes Lattmann, Herbert
Dr. Laufs, Paul Laumann, Karl Josef
Lehne, Klaus-Heiner Dr. Lehr, Ursula-Maria Lenzer, Christian Limbach, Editha
Link ({21}), Walter Lintner, Eduard
Dr. Lippold ({22}), Klaus W.
Löwisch, Sigrun
Lohmann ({23}), Wolfgang
Louven, Julius
Lummer, Heinrich Dr. Luther, Michael
Maaß ({24}), Erich Männle, Ursula
Magin, Theo
Dr. Mahlo, Dietrich Marienfeld, Claire Marschewski, Erwin Marten, Günter
Dr. Mayer ({25}), Martin
Meckelburg, Wolfgang
Dr. Merkel, Angela Dorothea Dr. Meseke, Hedda
Dr. Meyer zu Bentrup,
Reinhard
Michalk, Maria
Michels, Meinolf Dr. Möller, Franz
Müller ({26}), Elmar Müller ({27}),
Hans-Werner
Nelle, Engelbert
Dr. Neuling, Christian Neumann ({28}), Bernd Nitsch, Johannes
Nolte, Claudia
Dr. Olderog, Rolf Ost, Friedhelm
Oswald, Eduard
Otto ({29}), Norbert Dr. Päselt, Gerhard
Dr. Paziorek, Peter Paul Pesch, Hans-Wilhelm Petzold, Ulrich
Pfeifer, Anton
Dr. Pfennig, Gero Dr. Pinger, Winfried Pofalla, Ronald
Dr. Pohler, Hermann Dr. Probst, Albert Dr. Protzner, Bernd Pützhofen, Dieter Raidel, Hans
Dr. Ramsauer, Peter Rau, Rolf
Rauen, Peter Harald Rawe, Wilhelm
Reddemann, Gerhard Regenspurger, Otto Dr. Reinartz, Berthold Reinhardt, Erika Repnik, Hans-Peter Dr. Rieder, Norbert
Dr. Riedl ({30}), Erich Riegert, Klaus
Dr. Riesenhuber, Heinz Ringkamp, Werner Rode ({31}), Helmut Rönsch ({32}),
Hannelore
Romer, Franz-Xaver Dr. Rose, Klaus
Rossmanith, Kurt J. Roth ({33}), Adolf Rother, Heinz
Dr. Ruck, Christian Rühe, Volker
Dr. Rüttgers, Jürgen Sauer ({34}), Helmut
Sauer ({35}), Roland Scharrenbroich, Heribert Schätzle, Ortrun
Dr. Schäuble, Wolfgang Schartz ({36}), Günther Schemken, Heinz Schmalz, Ulrich Schmidbauer, Bernd Schmidt ({37}), Christian
Schmidt ({38}), Andreas Schmidt ({39}), Trudi Schmitz ({40}),
Hans Peter
von Schmude, Michael
Dr. Schneider ({41}), Oscar
Dr. Schockenhoff, Andreas
Dr. Scholz, Rupert Frhr. von Schorlemer, Reinhard
Dr. Schreiber, Harald Schulhoff, Wolfgang Dr. Schulte ({42}), Dieter Schwalbe, Clemens Schwarz, Stefan
Dr. Schwarz-Schilling,
Christian
Dr. Schwörer, Hermann Seehofer, Horst Seesing, Heinrich Seibel, Winfried Seiters, Rudolf
Sikora, Jürgen
Sothmann, Bärbel Spilker, Karl-Heinz Spranger, Carl-Dieter Dr. Sprung, Rudolf
Steinbach-Hermann, Erika
Dr. Stercken, Hans Dr. Frhr. von Stetten, Wolfgang
Stockhausen, Karl
Dr. Stoltenberg, Gerhard Strube, Hans-Gerd Stübgen, Michael Susset, Egon
Tillmann, Ferdinand Dr. Töpfer, Klaus Uldall, Gunnar
Verhülsdonk, Roswitha
Vogel ({43}), Friedrich Vogt ({44}), Wolfgang
Dr. Vondran, Ruprecht
Dr. Waffenschmidt, Horst
Dr. Waigel, Theodor
Graf von Waldburg-Zeil, Alois Dr. Warnke, Jürgen
Dr. Warrikoff, Alexander Wetzel, Kersten Wiechatzek, Gabriele
Dr. Wieczorek ({45}),
Bertram
Dr. Wilms, Dorothee Wilz, Bernd
Wimmer ({46}), Willy
Dr. Wisniewski, Roswitha Wissmann, Matthias
Dr. Wittmann, Fritz Wittmann ({47}),
Simon
Wülfing, Elke
Yzer, Cornelia
Zeitlmann, Wolfgang
SPD
Dr. Wernitz, Axel
Vizepräsident Helmuth Becker F.D.P.
Gallus, Georg Paintner, Johann
Nein
CDU/CSU
Dr. Ackermann, Else Dr. Bauer, Wolf
Bierling, Hans-Dirk
Börnsen ({48}), Wolfgang Brudlewsky, Monika
Büttner ({49}),
Hartmut
Carstens ({50}), Manfred Eylmann, Horst
Harries, Klaus
Dr. Hellwig, Renate Hüppe, Hubert
Jäger, Claus
Dr. Jobst, Dionys
Krause ({51}), Wolfgang Dr. Lieberoth, Immo
Dr. sc. Lischewski, Manfred Molnar, Thomas
Müller ({52}), Alfons Pfeiffer, Angelika
Dr. Pflüger, Friedbert Priebus, Rosemarie Rahardt-Vahldieck, Susanne Reichenbach, Klaus Roitzsch ({53}), Ingrid Schulz ({54}), Gerhard Skowron, Werner
Dr. Sopart, Hans-Joachim Dr. Süssmuth, Rita
Dr. Voigt ({55}),
Hans-Peter
Werner ({56}), Herbert Wonneberger, Michael Würzbach, Peter Kurt Zierer, Benno
SPD
Adler, Brigitte
Andres, Gerd
Antretter, Robert
Bachmaier, Hermann
Barbe, Angelika
Bartsch, Holger
Becker ({57}), Helmuth Becker-Inglau, Ingrid
Berger, Hans
Bernrath, Hans Gottfried Beucher, Friedhelm Julius Bindig, Rudolf
Blunck, Lieselott
Bock, Thea
Dr. Böhme ({58}), Ulrich Börnsen ({59}), Arne Brandt-Elsweier, Anni
Dr. Brecht, Eberhard
Büchler ({60}), Hans
Büchner ({61}), Peter Dr. von Bülow, Andreas Büttner ({62}), Hans Bulmahn, Edelgard
Burchardt, Ursula
Bury, Hans Martin Caspers-Merk, Marion Catenhusen, Wolf-Michael Conradi, Peter
Dr. Däubler-Gmelin, Herta Daubertshäuser, Klaus
Dr. Diederich ({63}), Nils Diller, Karl
Dr. Dobberthien, Marliese
Dreßler, Rudolf
Duve, Freimut
Ebert, Eike
Dr. Eckardt, Peter
Dr. Ehmke ({64}), Horst Eich, Ludwig
Dr. Elmer, Konrad Erler, Gemot
Esters, Helmut
Ewen, Carl
Ferner, Elke
Fischer ({65}), Evelin
Fischer ({66}), Lothar Formanski, Norbert
Fuchs ({67}), Anke Fuchs ({68}), Katrin Fuhrmann, Arne Ganseforth, Monika Gansel, Norbert
Dr. Gautier, Fritz Gilges, Konrad
Gleicke, Iris
Dr. Glotz, Peter Graf, Günter
Großmann, Achim Haack ({69}),
Karl-Hermann Habermann, Frank-Michael Hacker, Hans-Joachim Hämmerle, Gerlinde Hampel, Manfred Eugen Hanewinckel, Christel
Dr. Hartenstein, Liesel Hasenfratz, Klaus
Dr. Hauchler, Ingomar Heistermann, Dieter Heyenn, Günther
Hiller ({70}), Reinhold Hilsberg, Stephan
Dr. Holtz, Uwe
Horn, Erwin
Huonker, Gunter Ibrügger, Lothar Iwersen, Gabriele Jäger, Renate
Janz, Ilse
Dr. Janzen, Ulrich Jaunich, Horst
Dr. Jens, Uwe
Jung ({71}), Volker Jungmann ({72}), Horst Kastner, Susanne
Kastning, Ernst Kirschner, Klaus Klappert, Marianne Klemmer, Siegrun Klose, Hans-Ulrich
Dr. sc. Knaape, Hans-Hinrich Körper, Fritz Rudolf
Kolbe, Regina
Kolbow, Walter Koltzsch, Rolf
Koschnick, Hans Kretkowski, Volkmar Kubatschka, Horst Dr. Kübler, Klaus Kuessner, Hinrich Dr. Küster, Uwe Kuhlwein, Eckart Lambinus, Uwe Lange, Brigitte
von Larcher, Detlev Leidinger, Robert Lennartz, Klaus
Dr. Leonhard-Schmid, Elke Lohmann ({73}), Klaus
Dr. Lucyga, Christine Maaß ({74}), Dieter Marx, Dorle
Mascher, Ulrike Matschie, Christoph
Dr. Matterne, Dietmar Matthäus-Maier, Ingrid Mattischeck, Heide Mehl, Ulrike
Meißner, Herbert
Dr. Mertens ({75}), Franz-Josef
Dr. Meyer ({76}), Jürgen Mosdorf, Siegmar
Müller ({77}), Michael Müller ({78}), Albrecht Müller ({79}), Rudolf Müller ({80}), Jutta Müller ({81}), Christian Müntefering, Franz Neumann ({82}), Volker Neumann ({83}), Gerhard Dr. Niehuis, Edith
Dr. Niese, Rolf
Niggemeier, Horst Odendahl, Doris
Oesinghaus, Günter Opel, Manfred
Ostertag, Adolf
Dr. Otto, Helga
Paterna, Peter
Dr. Penner, Willfried Peter ({84}), Horst Dr. Pfaff, Martin
Pfuhl, Albert
Dr. Pick, Eckhart
Poß, Joachim
Purps, Rudolf
Rappe ({85}), Hermann Reimann, Manfred
Rempe, Walter
von Renesse, Margot Rennebach, Renate Reschke, Otto
Reuschenbach, Peter W. Reuter, Bernd
Rixe, Günter
Roth, Wolfgang
Schäfer ({86}), Harald B.
Schaich-Walch, Gudrun Schanz, Dieter
Dr. Scheer, Hermann Scheffler, Siegfried Willy Schily, Otto
Schloten, Dieter
Schluckebier, Günter Schmidbauer ({87}), Bernd
Schmidt ({88}), Ursula Schmidt ({89}), Renate Schmidt ({90}), Wilhelm Schmidt-Zadel, Regina
Dr. Schmude, Jürgen Dr. Schnell, Emil
Dr. Schöfberger, Rudolf Schreiner, Ottmar Schröter, Gisela
Schröter, Karl-Heinz Schütz, Dietmar
Schulte ({91}), Brigitte Dr. Schuster, Werner Schwanhold, Ernst Schwanitz, Rolf
Seidenthal, Bodo
Seuster, Lisa
Sielaff, Horst
Simm, Erika
Singer, Johannes
Dr. Skarpelis-Sperk, Sigrid
Dr. Soell, Hartmut
Dr. Sonntag-Wolgast, Cornelie Sorge, Wieland
Dr. Sperling, Dietrich Steen, Antje-Marie Steiner, Heinz-Alfred Stiegler, Ludwig
Dr. Struck, Peter Tappe, Joachim Terborg, Margitta Dr. Thalheim, Gerald
Thierse, Wolfgang Titze, Uta
Toetemeyer, Hans-Günther Urbaniak, Hans-Eberhard Vergin, Siegfried Verheugen, Günter
Dr. Vogel, Hans-Jochen
Voigt ({92}), Karsten D. Vosen, Josef
Wagner, Hans Georg
Wallow, Hans Waltemathe, Ernst Walter ({93}), Ralf
Walther ({94}), Rudi Wartenberg ({95}), Gerd
Dr. Wegner, Konstanze Weiermann, Wolfgang
Weiler, Barbara
Weis ({96}), Reinhard Weißgerber, Gunter Weisskirchen ({97}), Gert Welt, Hans-Joachim
Wester, Hildegard Westrich, Lydia Wettig-Danielmeier, Inge
Dr. Wetzel, Margrit Weyel, Gudrun
Dr. Wieczorek, Norbert Wieczorek ({98}), Helmut Wieczorek-Zeul, Heidemarie Wiefelspütz, Dieter
Wimmer ({99}),
Hermann
Dr. de With, Hans Wittich, Berthold
Wohlleben, Verena Ingeburg Wolf, Hanna
Zapf, Uta
Dr. Zöpel, Christoph
F.D.P.
Albowitz, Ina Dr. Babel, Gisela
Baum, Gerhart Rudolf Beckmann, Klaus Bredehorn, Günther Cronenberg ({100}),
Dieter-Julius
Eimer ({101}), Norbert Engelhard, Hans A. van Essen, Jörg
Dr. Feldmann, Olaf Friedhoff, Paul Friedrich, Horst Funke, Rainer
Dr. Funke-Schmitt-Rink,
Margret
Ganschow, Jörg Genscher, Hans-Dietrich Gries, Ekkehard Grünbeck, Josef
Grüner, Martin
Günther ({102}), Joachim
Dr. Guttmacher, Karlheinz Hackel, Heinz-Dieter
Hansen, Dirk
Dr. Haussmann, Helmut Heinrich, Ulrich
Dr. Hirsch, Burkhard
Dr. Hitschler, Walter Homburger, Birgit Dr. Hoth, Sigrid
Dr. Hoyer, Werner Irmer, Ulrich
Kleinert ({103}), Detlef Kohn, Roland
Vizepräsident Helmuth Becker
Dr. Kolb, Heinrich Leonhard Koppelin, Jürgen
Kubicki, Wolfgang
Dr.-Ing. Laermann, Karl-Hans Dr. Graf Lambsdorff, Otto Leutheusser-Schnarrenberger,
Sabine
Lüder, Wolfgang
Lühr, Uwe
Dr. Menzel, Bruno
Mischnick, Wolfgang Möllemann, Jürgen W. Nolting, Günther Friedrich Dr. Ortleb, Rainer
Otto ({104}),
Hans-Joachim
Peters, Lisa
Dr. Pohl, Eva
Richter ({105}), Manfred
Rind, Hermann
Dr. Röhl, Klaus
Schäfer ({106}), Helmut Schmalz-Jacobsen, Cornelia Schmidt ({107}), Arno Dr. Schmieder, Jürgen
Dr. Schnittler, Christoph Schüßler, Gerhard
Schuster, Hans
Dr. Schwaetzer, Irmgard Sehn, Marita
Seiler-Albring, Ursula Dr. Semper, Sigrid
Dr. Solms, Hermann Otto Dr. Starnick, Jürgen
Dr. von Teichman, Cornelia Thiele, Carl-Ludwig
Dr. Thomae, Dieter
Timm, Jürgen
Türk, Jürgen
Walz, Ingrid
Dr. Weng ({108}), Wolfgang
Wolfgramm ({109}), Torsten
Würfel, Uta
Zurheide, Burkhard
Zywietz, Werner
PDS/Linke Liste
Bläss, Petra
Dr. Enkelmann, Dagmar Dr. Fischer, Ursula
Dr. Fuchs, Ruth
Dr. Gysi, Gregor
Dr. Heuer, Uwe-Jens Dr. Höll, Barbara
Jelpke, Ulla
Dr. Keller, Dietmar Lederer, Andrea Dr. Modrow, Hans Philipp, Ingeborg Dr. Schumann ({110}),
Fritz
Dr. Seifert, Ilja Stachowa, Angela
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Dr. Feige, Klaus-Dieter Köppe, Ingrid
Poppe, Gerd
Schenk, Christina
Schulz ({111}), Werner Dr. Ullmann, Wolfgang Weiß ({112}), Konrad Wollenberger, Vera
Fraktionslos
Dr. Briefs, Ulrich Henn, Bernd
Lowack, Ortwin
Enthalten
CDU/CSU
Adam, Ulrich
Geis, Norbert
Göttsching, Martin
Dr. Götzer, Wolfgang
Kolbe, Manfred
Dr. Krause ({113}), Rudolf Karl
Meinl, Rudolf Horst
Dr. Mildner, Klaus Gerhard Dr. Müller, Günther Pfeffermann, Gerhard O. Scheu, Gerhard
Dr. Schmidt ({114}), Joachim
Dr. Uelhoff, Klaus-Dieter Zöller, Wolfgang
SPD
Oostergetelo, Jan Tietjen, Günther
Damit ist der Gesetzentwurf abgelehnt.
Meine Damen und Herren, wir stimmen jetzt über den Gesetzentwurf der Abgeordneten Inge Wettig-Danielmeier, Uta Würfel, Dr. Hans de With, Gerhart Rudolf Baum, Susanne Rahardt-Vahldieck, Dr. Wolfgang Ullmann und anderer ab: Gesetz zum Schutz des vorgeburtlichen/werdenden Lebens, zur Förderung einer kinderfreundlicheren Gesellschaft, für Hilfen im Schwangerschaftskonflikt und zur Regelung des Schwangerschaftsabbruchs, Drucksache 12/2605 ({115}).
Dazu liegt ein Änderungsantrag der PDS/Linke Liste auf Drucksache 12/2923 vor. Ich bitte diejenigen, die dem Änderungsantrag zuzustimmen wünschen, um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist bei Zustimmung der Gruppe PDS/Linke Liste vom Haus abgelehnt.
Wir stimmen jetzt über den Gesetzentwurf in der Ausschußfassung ab. Dazu ist namentliche Abstimmung beantragt. Ich eröffne die namentliche Abstimmung.
Meine Damen und Herren, ich mache noch einmal darauf aufmerksam: Nach dieser Abstimmung gibt es noch einmal eine namentliche Abstimmung.
Meine Damen und Herren, ich will noch einmal einen besonderen Dank an unsere Kolleginnen und Kollegen Schriftführer aussprechen. Sie haben hervorragend gearbeitet.
({116})
Ich hoffe, daß ich in fünf bis zehn Minuten auch das Ergebnis dieser Abstimmung verkünden kann.
Aber bitte verlassen Sie das Haus nicht. Anschließend findet mit hoher Wahrscheinlichkeit die nächste namentliche Abstimmung statt. Meine Damen und Herren, ich darf fragen: Haben alle Mitglieder des Hauses ihre Stimmkarten abgegeben? - Das ist offenbar der Fall.
Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen.
Ich unterbreche die Sitzung, bis das Ergebnis vorliegt.
({117})
Meine Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.
Ich gebe das von den Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Gesetzentwurf der Abgeordneten Inge Wettig-Danielmeier, Uta Würfel und anderer auf Drucksache 12/2605 ({0}) bekannt. Abgegebene Stimmen: 657, davon ungültig: keine. Mit Ja haben gestimmt: 356, mit Nein haben gestimmt: 283, Enthaltungen: 18.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 656; davon
ja: 356
nein: 282
enthalten: 18
Ja
CDU/CSU
Adam, Ulrich
Dr. Ackermann, Else
Bierling, Hans-Dirk
Börnsen ({1}), Wolfgang Büttner ({2}), Hartmut
Eylmann, Horst Göttsching, Martin Harries, Klaus
Dr. Hellwig, Renate
Kolbe, Manfred
Krause ({3}), Wolfgang Dr. Lieberoth, Immo
Dr. sc. Lischewski, Manfred
Molnar, Thomas
Petzold, Ulrich
Pfeiffer, Angelika
Dr. Pfennig, Gero
Dr. Pflüger, Friedbert
Priebus, Rosemarie Rahardt-Vahldieck, Susanne Rau, Rolf
Reichenbach, Klaus
Roitzsch ({4}), Ingrid Scharrenbroich, Heribert Dr. Schmidt ({5}),
Joachim
Schulz ({6}), Gerhard Skowron, Werner
Dr. Sopart, Hans-Joachim Dr. Süssmuth, Rita
Dr. Voigt ({7}), Hans-Peter
Wonneberger, Michael Würzbach, Peter Kurt
SPD
Adler, Brigitte
Andres, Gerd
Bachmaier, Hermann Barbe, Angelika
Vizepräsident Helmuth Becker
Bartsch, Holger
Becker ({8}), Helmuth Becker-Inglau, Ingrid
Berger, Hans
Bernrath, Hans Gottfried Beucher, Friedhelm Julius Bindig, Rudolf
Blunck, Lieselott
Bock, Thea
Dr. Böhme ({9}), Ulrich Börnsen ({10}), Arne Brandt-Elsweier, Anni
Dr. Brecht, Eberhard
Büchler ({11}), Hans
Büchner ({12}), Peter Dr. von Billow, Andreas Büttner ({13}), Hans Bulmahn, Edelgard
Burchardt, Ursula
Bury, Hans Martin Caspers-Merk, Marion Catenhusen, Wolf-Michael Conradi, Peter
Dr. Däubler-Gmelin, Herta Daubertshäuser, Klaus
Dr. Diederich ({14}), Nils Diller, Karl
Dr. Dobberthien, Marliese Dreßler, Rudolf
Duve, Freimut
Ebert, Eike
Dr. Eckardt, Peter
Dr. Ehmke ({15}), Horst Eich, Ludwig
Dr. Elmer, Konrad
Erler, Gernot
Esters, Helmut
Ewen, Carl
Ferner, Elke
Fischer ({16}), Evelin
Fischer ({17}), Lothar Formanski, Norbert
Fuchs ({18}), Anke
Fuchs ({19}), Katrin
Fuhrmann, Arne
Ganseforth, Monika
Gansel, Norbert
Dr. Gautier, Fritz
Gilges, Konrad
Gleicke, Iris
Dr. Glotz, Peter
Graf, Günter
Großmann, Achim
Haack ({20}), Karl-Hermann
Habermann, Frank-Michael Hacker, Hans-Joachim Hämmerle, Gerlinde
Hampel, Manfred Eugen Hanewinckel, Christel Dr. Hartenstein, Liesel Hasenfratz, Klaus
Dr. Hauchler, Ingomar Heistermann, Dieter
Heyenn, Günther
Hiller ({21}), Reinhold Hilsberg, Stephan
Dr. Holtz, Uwe
Horn, Erwin
Huonker, Gunter
Ibrügger, Lothar
Iwersen, Gabriele
Jäger, Renate
Janz, Ilse
Dr. Janzen, Ulrich
Jaunich, Horst
Dr. Jens, Uwe
Jung ({22}), Volker Jungmann ({23}), Horst Kastner, Susanne
Kastning, Ernst
Kirschner, Klaus
Klappert, Marianne Klose, Hans-Ulrich
Dr. sc. Knaape, Hans-Hinrich Körper, Fritz Rudolf
Kolbe, Regina
Kolbow, Walter
Koltzsch, Rolf
Kretkowski, Volkmar Kubatschka, Horst Dr. Kübler, Klaus
Kuessner, Hinrich Dr. Küster, Uwe
Kuhlwein, Eckart
Lambinus, Uwe
Lange, Brigitte
von Larcher, Detlev Leidinger, Robert
Lennartz, Klaus
Dr. Leonhard-Schmid, Elke Lohmann ({24}), Klaus Dr. Lucyga, Christine Maaß ({25}), Dieter Marx, Dorle
Mascher, Ulrike
Matschie, Christoph Dr. Matterne, Dietmar Matthäus-Maier, Ingrid Mattischeck, Heide Meckel, Markus
Mehl, Ulrike
Meißner, Herbert
Dr. Mertens ({26}), Franz-Josef
Dr. Meyer ({27}), Jürgen Mosdorf, Siegmar
Müller ({28}), Michael Müller ({29}), Albrecht Müller ({30}), Rudolf Müller ({31}), Jutta Müller ({32}), Christian Müntefering, Franz Neumann ({33}), Volker Neumann ({34}), Gerhard Dr. Niehuis, Edith
Dr. Niese, Rolf
Niggemeier, Horst Odendahl, Doris
Oesinghaus, Günter Opel, Manfred
Ostertag, Adolf
Dr. Otto, Helga
Paterna, Peter
Dr. Penner, Willfried Peter ({35}), Horst Dr. Pfaff, Martin
Pfuhl, Albert
Dr. Pick, Eckhart
Poß, Joachim
Purps, Rudolf
Rappe ({36}), Hermann Reimann, Manfred
Rempe, Walter
von Renesse, Margot Rennebach, Renate Reschke, Otto
Reuschenbach, Peter W. Reuter, Bernd
Rixe, Günter
Roth, Wolfgang
Schäfer ({37}), Harald B.
Schaich-Walch, Gudrun Schanz, Dieter
Dr. Scheer, Hermann Scheffler, Siegfried Willy Schily, Otto
Schloten, Dieter
Schluckebier, Günter Schmidbauer ({38}), Bernd
Schmidt ({39}), Ursula
Schmidt ({40}), Renate Schmidt ({41}), Wilhelm Schmidt-Zadel, Regina
Dr. Schmude, Jürgen
Dr. Schnell, Emil
Dr. Schöfberger, Rudolf Schreiner, Ottmar Schröter, Gisela Schröter, Karl-Heinz
Schütz, Dietmar
Schulte ({42}), Brigitte
Dr. Schuster, Werner Schwanhold, Ernst Schwanitz, Rolf Seidenthal, Bodo Seuster, Lisa
Sielaff, Horst
Simm, Erika
Singer, Johannes
Dr. Skarpelis-Sperk, Sigrid
Dr. Soell, Hartmut
Dr. Sonntag-Wolgast, Cornelie Sorge, Wieland
Dr. Sperling, Dietrich
Steen, Antje-Marie Steiner, Heinz-Alfred
Stiegler, Ludwig Dr. Struck, Peter Tappe, Joachim Terborg, Margitta Dr. Thalheim, Gerald
Thierse, Wolfgang Titze, Uta
Toetemeyer, Hans-Günther Urbaniak, Hans-Eberhard Vergin, Siegfried Verheugen, Günter
Dr. Vogel, Hans-Jochen
Voigt ({43}), Karsten D. Vosen, Josef
Wagner, Hans Georg
Wallow, Hans Waltemathe, Ernst Walter ({44}), Ralf
Walther ({45}), Rudi Wartenberg ({46}), Gerd
Dr. Wegner, Konstanze Weiermann, Wolfgang
Weiler, Barbara
Weis ({47}), Reinhard Weißgerber, Gunter Weisskirchen ({48}), Gert Welt, Hans-Joachim
Wester, Hildegard Westrich, Lydia Wettig-Danielmeier, Inge
Dr. Wetzel, Margrit Weyel, Gudrun
Dr. Wieczorek, Norbert Wieczorek ({49}), Helmut Wieczorek-Zeul, Heidemarie Wiefelspütz, Dieter
Wimmer ({50}),
Hermann
Dr. de With, Hans Wittich, Berthold Wohlleben, Verena Wolf, Hanna
Zapf, Uta
Dr. Zöpel, Christoph
F.D.P.
Albowitz, Ina
Dr. Babel, Gisela Baum, Gerhart Rudolf Beckmann, Klaus Bredehorn, Günther Eimer ({51}), Norbert Engelhard, Hans A. Dr. Feldmann, Olaf
Friedhoff, Paul
Friedrich, Horst
Funke, Rainer
Dr. Funke-Schmitt-Rink, Margret
Ganschow, Jörg
Genscher, Hans-Dietrich Gries, Ekkehard
Grünbeck, Josef
Grüner, Martin
Günther ({52}), Joachim Dr. Guttmacher, Karlheinz Hackel, Heinz-Dieter Hansen, Dirk
Dr. Haussmann, Helmut Heinrich, Ulrich
Dr. Hirsch, Burkhard Dr. Hitschler, Walter Homburger, Birgit
Dr. Hoth, Sigrid
Dr. Hoyer, Werner
Irmer, Ulrich
Kleinert ({53}), Detlef Kohn, Roland
Dr. Kolb, Heinrich Leonhard Koppelin, Jürgen
Kubicki, Wolfgang
Dr.-Ing. Laermann, Karl-Hans Dr. Graf Lambsdorff, Otto Leutheusser-Schnarrenberger,
Sabine
Lüder, Wolfgang
Lühr, Uwe
Dr. Menzel, Bruno
Mischnick, Wolfgang Möllemann, Jürgen W. Nolting, Günther Friedrich Dr. Ortleb, Rainer
Otto ({54}), Hans-Joachim
Peters, Lisa
Dr. Pohl, Eva
Richter ({55}), Manfred
Rind, Hermann
Dr. Röhl, Klaus
Schäfer ({56}), Helmut Schmalz-Jacobsen, Cornelia Schmidt ({57}), Arno Dr. Schmieder, Jürgen
Dr. Schnittler, Christoph Schüßler, Gerhard
Schuster, Hans
Dr. Schwaetzer, Irmgard Sehn, Marita
Seiler-Albring, Ursula Dr. Semper, Sigrid
Dr. Solms, Hermann Otto Dr. Starnick, Jürgen
Dr. von Teichman, Cornelia Thiele, Carl-Ludwig
Dr. Thomae, Dieter
Timm, Jürgen
Türk, Jürgen
Walz, Ingrid
Dr. Weng ({58}), Wolfgang
Wolfgramm ({59}), Torsten
Würfel, Uta
Zurheide, Burkhard
Zywietz, Werner
PDS/Linke Liste
Dr. Fischer, Ursula Dr. Fuchs, Ruth
Dr. Gysi, Gregor
Dr. Heuer, Uwe-Jens Jelpke, Ulla
Dr. Keller, Dietmar
Vizepräsident Helmuth Becker
Dr. Modrow, Hans Philipp, Ingeborg
Dr. Schumann ({60}), Fritz
Stachowa, Angela
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Dr. Feige, Klaus-Dieter Poppe, Gerd
Schulz ({61}), Werner Dr. Ullmann, Wolfgang Weiß ({62}), Konrad Wollenberger, Vera
Fraktionslos
Dr. Briefs, Ulrich Henn, Bernd
Nein
CDU/CSU
Dr. Altherr, Walter Augustin, Anneliese Augustinowitz, Jürgen Austermann, Dietrich Bargfrede, Heinz-Günther
Dr. Bauer, Wolf
Baumeister, Brigitte Bayha, Richard
Belle, Meinrad
Dr. Blank, Joseph-Theodor Blank, Renate
Dr. Blens, Heribert Bleser, Peter
Dr. Blüm, Norbert
Böhm ({63}), Wilfried Dr. Böhmer, Maria
Dr. Bötsch, Wolfgang Bohl, Friedrich
Bohlsen, Wilfried Borchert, Jochen Brähmig, Klaus
Breuer, Paul
Brudlewsky, Monika Brunnhuber, Georg Bühler ({64}), Klaus Buwitt, Dankward
Carstens ({65}), Manfred Clemens, Joachim
Dehnel, Wolfgang Dempwolf, Gertrud Deres, Karl
Deß, Albert
Diemers, Renate Dörflinger, Werner Doss, Hansjürgen Echternach, Jürgen Ehlers, Wolfgang Ehrbar, Udo
Eichhorn, Maria Engelmann, Wolfgang Eppelmann, Rainer Eymer, Anke
Falk, Ilse
Dr. Faltlhauser, Kurt Dr. Fell, Karl
Fischer ({66}), Dirk Fischer ({67}), Leni Fockenberg, Winfried
Francke ({68}), Klaus Frankenhauser, Herbert
Dr. Friedrich, Gerhard
Fritz, Erich G.
Fuchtel, Hans-Joachim
Ganz ({69}), Johannes Geiger, Michaela
Geis, Norbert
Dr. Geißler, Heiner
Dr. von Geldern, Wolfgang Gerster ({70}), Johannes Gibtner, Horst
Glos, Michael
Dr. Göhner, Reinhard Götz, Peter
Dr. Götzer, Wolfgang Gres, Joachim
Grochtmann, Elisabeth Gröbl, Wolfgang Grotz, Claus-Peter
Dr. Grünewald, Joachim Günther ({71}), Horst Frhr. von Hammerstein,
Carl-Detlev
Haschke ({72}), Udo Hasselfeldt, Gerda Haungs, Rainer
Hauser ({73}), Otto Hauser ({74}),
Hansgeorg
Hedrich, Klaus-Jürgen Heise, Manfred
Dr. h. c. Herkenrath, Adolf Hinsken, Ernst
Hintze, Peter
Hörsken, Heinz-Adolf Hörster, Joachim
Dr. Hoffacker, Paul Hollerith, Josef
Dr. Hornhues, Karl-Heinz Hornung, Siegfried Hüppe, Hubert
Jäger, Claus
Jaffke, Susanne Jagoda, Bernhard Dr. Jahn ({75}),
Friedrich-Adolf Janovsky, Georg Jeltsch, Karin
Dr. Jobst, Dionys Dr.-Ing. Jork, Rainer Dr. Jüttner, Egon
Jung ({76}), Michael Junghanns, Ulrich
Dr. Kahl, Harald Kalb, Bartholomäus Kampeter, Steffen
Dr.-Ing. Kansy, Dietmar
Dr. Kappes, Franz-Hermann Karwatzki, Irmgard
Kauder, Volker Keller, Peter
Kiechle, Ignaz
Kittelmann, Peter Klein ({77}), Günter Klinkert, Ulrich
Köhler ({78}),
Hans-Ulrich
Dr. Köhler ({79}), Volkmar
Dr. Kohl, Helmut Kors, Eva-Maria Koschyk, Hartmut Kossendey, Thomas Kraus, Rudolf
Dr. Krause ({80}), Günther
Dr. Krause ({81}), Rudolf Karl
Krey, Franz Heinrich Kriedner, Arnulf Kronberg, Heinz-Jürgen
Dr.-Ing. Krüger, Paul Krziskewitz, Reiner Eberhard Lamers, Karl
Dr. Lammert, Norbert Lamp, Helmut Johannes Lattmann, Herbert
Dr. Laufs, Paul
Laumann, Karl Josef Lehne, Klaus-Heiner Dr. Lehr, Ursula
Lenzer, Christian
Limbach, Editha
Link ({82}), Walter Lintner, Eduard
Dr. Lippold ({83}), Klaus W.
Löwisch, Sigrun
Lohmann ({84}), Wolfgang
Louven, Julius
Lummer, Heinrich Dr. Luther, Michael
Maaß ({85}), Erich Männle, Ursula
Magin, Theo
Dr. Mahlo, Dietrich Marienfeld, Claire Marschewski, Erwin Marten, Günter
Dr. Mayer ({86}), Martin
Meckelburg, Wolfgang Meinl, Rudolf Horst Dr. Meseke, Hedda Dr. Meyer zu Bentrup,
Reinhard
Michalk, Maria
Michels, Meinolf
Dr. Möller, Franz Dr. Müller, Günther
Müller ({87}), Elmar Müller ({88}),
Hans-Werner
Müller ({89}), Alfons Nelle, Engelbert
Dr. Neuling, Christian Neumann ({90}), Bernd Nitsch, Johannes
Nolte, Claudia
Ost, Friedhelm
Oswald, Eduard
Otto ({91}), Norbert Dr. Päselt, Gerhard
Dr. Paziorek, Peter Paul Pesch, Hans-Wilhelm Pfeffermann, Gerhard O. Pfeifer, Anton
Dr. Pinger, Winfried Pofalla, Ronald
Dr. Pohler, Hermann Dr. Probst, Albert Dr. Protzner, Bernd Pützhofen, Dieter Raidel, Hans
Dr. Ramsauer, Peter Rauen, Peter Harald Rawe, Wilhelm
Reddemann, Gerhard Regenspurger, Otto Dr. Reinartz, Berthold Reinhardt, Erika
Repnik, Hans-Peter Dr. Rieder, Norbert
Dr. Riedl ({92}), Erich Riegert, Klaus
Dr. Riesenhuber, Heinz Ringkamp, Werner Rode ({93}), Helmut Rönsch ({94}),
Hannelore
Romer, Franz-Xaver Dr. Rose, Klaus
Rossmanith, Kurt J. Roth ({95}), Adolf Rother, Heinz
Dr. Ruck, Christian Rühe, Volker
Dr. Rüttgers, Jürgen Sauer ({96}), Helmut Sauer ({97}), Roland Schätzle, Ortrun
Dr. Schäuble, Wolfgang Schartz ({98}), Günther Schemken, Heinz Scheu, Gerhard
Schmalz, Ulrich
Schmidbauer, Bernd Schmidt ({99}), Christian
Schmidt ({100}), Andreas Schmidt ({101}), Trudi Schmitz ({102}),
Hans Peter
von Schmude, Michael Dr. Schneider ({103}), Oscar
Dr. Schockenhoff, Andreas Dr. Scholz, Rupert
Frhr. von Schorlemer,
Reinhard
Dr. Schreiber, Harald Schulhoff, Wolfgang Dr. Schulte ({104}), Dieter Schwalbe, Clemens Dr. Schwarz-Schilling,
Christian
Dr. Schwörer, Hermann Seehofer, Horst
Seesing, Heinrich Seibel, Winfried
Seiters, Rudolf
Sikora, Jürgen
Sothmann, Bärbel Spilker, Karl-Heinz Spranger, Carl-Dieter Dr. Sprung, Rudolf
Steinbach-Hermann, Erika
Dr. Stercken, Hans Dr. Frhr. von Stetten, Wolfgang
Stockhausen, Karl
Dr. Stoltenberg, Gerhard Strube, Hans-Gerd Stübgen, Michael Susset, Egon
Tillmann, Ferdinand Dr. Töpfer, Klaus
Dr. Uelhoff, Klaus-Dieter Uldall, Gunnar
Verhülsdonk, Roswitha Vogel ({105}), Friedrich Vogt ({106}), Wolfgang
Dr. Vondran, Ruprecht Dr. Waffenschmidt, Horst Dr. Waigel, Theodor
Graf von Waldburg-Zeil, Alois Dr. Warnke, Jürgen
Dr. Warrikoff, Alexander Werner ({107}), Herbert Wetzel, Kersten
Wiechatzek, Gabriele Dr. Wilms, Dorothee Wilz, Bernd
Wimmer ({108}), Willy Dr. Wisniewski, Roswitha Wissmann, Matthias
Dr. Wittmann, Fritz Wittmann ({109}),
Simon
Wülfing, Elke
Yzer, Cornelia
Zeitlmann, Wolfgang Zierer, Benno
Zöller, Wolfgang
Vizepräsident Helmuth Becker SPD
Antretter, Robert Dr. Wernitz, Axel
F.D.P.
Cronenberg ({110}), Dieter-Julius
Gallus, Georg
Paintner, Johann
PDS/Linke Liste
Bläss, Petra Dr. Seifert, Ilja
Fraktionslos Lowack, Ortwin
Enthalten
CDU/CSU
Dr. Bergmann-Pohl, Sabine Carstensen ({111}), Peter Harry
Feilcke, Jochen
Haschke ({112}), Gottfried
Dr. Merkel, Angela
Dr. Mildner, Klaus Gerhard Dr. Olderog, Rolf
Dr. Wieczorek ({113}), Bertram
SPD
Klemmer, Siegrun Koschnick, Hans Oostergetelo, Jan Tietjen, Günther
F.D.P.
van Essen, Jörg PDS/Linke Liste
Dr. Enkelmann, Dagmar
Dr. Hö11, Barbara Lederer, Andrea
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Köppe, Ingrid Schenk, Christina
Der Antrag ist damit in zweiter Beratung angenommen.
({114})
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir treten in die
dritte Beratung
ein und kommen zur Schlußabstimmung.
Auch hierzu ist namtliche Abstimmung verlangt.
Ich eröffne die Abstimmung. Meine Damen und Herren, ich darf noch einmal fragen: Haben alle Mitglieder des Hauses ihre Stimmkarte abgegeben? - Das ist offensichtlich der Fall.
Ich schließe damit die Abstimmung, bitte die Schriftführer mit der Auszählung zu beginnen, und unterbreche die Sitzung.
({115})
Meine Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.
Ich weise noch einmal darauf hin, daß wir in knapp zwei Stunden acht namentliche Abstimmungen zu diesem wichtigen Thema durchgeführt haben. Ich bedanke mich, liebe Kolleginnen und Kollegen, für die außerordentliche Disziplin und Hilfsbereitschaft bei dieser Abstimmungsserie.
Ich gebe das von den Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Gesetzentwurf auf Drucksache 12/2605 ({0}) bekannt.
Abgegebene Stimmen: 657; ungültige Stimmen: keine. Mit Ja haben gestimmt: 357; mit Nein haben gestimmt: 284; Enthaltungen gab es 16.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 654; davon
ja: 355
nein: 283
enthalten: 16
Ja
CDU/CSU
Adam, Ulrich
Dr. Ackermann, Else
Bierling, Hans-Dirk
Börnsen ({1}), Wolfgang Büttner ({2}), Hartmut
Eylmann, Horst
Göttsching, Martin
Harries, Klaus
Dr. Hellwig, Renate
Kolbe, Manfred
Krause ({3}), Wolfgang Dr. Lieberoth, Immo
Dr. sc. Lischewski, Manfred Molnar, Thomas
Petzold, Ulrich
Pfeiffer, Angelika
Dr. Pflüger, Friedbert Priebus, Rosemarie Rahardt-Vahldieck, Susanne Rau, Rolf
Reichenbach, Klaus
Roitzsch ({4}), Ingrid Scharrenbroich, Heribert Dr. Schmidt ({5}),
Joachim
Schulz ({6}), Gerhard Skowron, Werner
Dr. Sopart, Hans-Joachim Dr. Süssmuth, Rita
Dr. Voigt ({7}), Hans-Peter
Dr. Wieczorek ({8}), Bertram
Wonneberger, Michael Würzbach, Peter Kurt
SPD
Adler, Brigitte
Andres, Gerd
Bachmaier, Hermann
Barbe, Angelika
Bartsch, Holger
Becker ({9}), Helmuth Becker-Inglau, Ingrid
Berger, Hans
Bernrath, Hans Gottfried Beucher, Friedhelm Julius Bindig, Rudolf
Blunck, Lieselott
Bock, Thea
Dr. Böhme ({10}), Ulrich Börnsen ({11}), Arne Brandt-Elsweier, Anni
Dr. Brecht, Eberhard
Büchler ({12}), Hans
Büchner ({13}), Peter
Dr. von Bülow, Andreas Büttner ({14}), Hans Bulmahn, Edelgard
Burchardt, Ursula Bury, Hans Martin Caspers-Merk, Marion
Catenhusen, Wolf-Michael Conradi, Peter
Dr. Däubler-Gmelin, Herta Daubertshäuser, Klaus
Dr. Diederich ({15}), Nils Diller, Karl
Dr. Dobberthien, Marliese Dreßler, Rudolf
Duve, Freimut Ebert, Eike
Dr. Eckardt, Peter
Dr. Ehmke ({16}), Horst
Eich, Ludwig
Dr. Elmer, Konrad
Erler, Gernot Esters, Helmut Ewen, Carl
Ferner, Elke
Fischer ({17}), Evelin
Fischer ({18}), Lothar Formanski, Norbert
Fuchs ({19}), Anke
Fuchs ({20}), Katrin Fuhrmann, Arne Ganseforth, Monika
Gansel, Norbert Dr. Gautier, Fritz Gilges, Konrad Gleicke, Iris
Dr. Glotz, Peter Graf, Günter Großmann, Achim
Haack ({21}),
Karl-Hermann Habermann, Frank-Michael Hacker, Hans-Joachim Hämmerle, Gerlinde
Hampel, Manfred Eugen Hanewinckel, Christel
Dr. Hartenstein, Liesel Hasenfratz, Klaus
Dr. Hauchler, Ingomar Heistermann, Dieter
Heyenn, Günther
Hiller ({22}), Reinhold Hilsberg, Stephan
Dr. Holtz, Uwe Horn, Erwin Huonker, Gunter Ibrügger, Lothar Iwersen, Gabriele Jäger, Renate Janz, Ilse
Dr. Janzen, Ulrich
Jaunich, Horst Dr. Jens, Uwe
Jung ({23}), Volker Jungmann ({24}), Horst Kastner, Susanne
Kastning, Ernst Kirschner, Klaus Klappert, Marianne
Klemmer, Siegrun
Klose, Hans-Ulrich
Dr. sc. Knaape, Hans-Hinrich Körper, Fritz Rudolf
Kolbe, Regina Kolbow, Walter
Vizepräsident Helmuth Becker
Koltzsch, Rolf
Koschnick, Hans Kretkowski, Volkmar Kubatschka, Horst Dr. Kübler, Klaus Kuessner, Hinrich Dr. Küster, Uwe Kuhlwein, Eckart Lambinus, Uwe Lange, Brigitte
von Larcher, Detlev Leidinger, Robert Lennartz, Klaus
Dr. Leonhard-Schmid, Elke Lohmann ({25}), Klaus
Dr. Lucyga, Christine Maaß ({26}), Dieter Marx, Dorle
Mascher, Ulrike Matschie, Christoph Dr. Matterne, Dietmar Matthäus-Maier, Ingrid Mattischeck, Heide Mehl, Ulrike
Meißner, Herbert
Dr. Mertens ({27}), Franz-Josef
Dr. Meyer ({28}), Jürgen Mosdorf, Siegmar
Müller ({29}), Michael Müller ({30}), Albrecht Müller ({31}), Rudolf Müller ({32}), Jutta Müller ({33}), Christian Müntefering, Franz Neumann ({34}), Volker Neumann ({35}), Gerhard
Dr. Niehuis, Edith Dr. Niese, Rolf
Niggemeier, Horst Odendahl, Doris Oesinghaus, Günter Opel, Manfred
Ostertag, Adolf Dr. Otto, Helga Paterna, Peter
Dr. Penner, Willfried Peter ({36}), Horst Dr. Pfaff, Martin Pfuhl, Albert
Dr. Pick, Eckhart Poß, Joachim
Purps, Rudolf
Rappe ({37}), Hermann Reimann, Manfred
Rempe, Walter
von Renesse, Margot Rennebach, Renate Reschke, Otto
Reuschenbach, Peter W. Reuter, Bernd
Rixe, Günter
Roth, Wolfgang Schäfer ({38}), Harald B.
Schaich-Walch, Gudrun Schanz, Dieter
Dr. Scheer, Hermann Scheffler, Siegfried Willy Schily, Otto
Schloten, Dieter Schluckebier, Günter Schmidbauer ({39}),
Bernd
Schmidt ({40}), Ursula Schmidt ({41}), Renate Schmidt ({42}), Wilhelm Schmidt-Zadel, Regina
Dr. Schmude, Jürgen Dr. Schnell, Emil
Dr. Schöfberger, Rudolf Schreiner, Ottmar
Schröter, Gisela
Schröter, Karl-Heinz Schütz, Dietmar
Schulte ({43}), Brigitte
Dr. Schuster, Werner Schwanhold, Ernst Schwanitz, Rolf
Seidenthal, Bodo Seuster, Lisa
Sielaff, Horst
Simm, Erika
Singer, Johannes
Dr. Skarpelis-Sperk, Sigrid
Dr. Soell, Hartmut
Dr. Sonntag-Wolgast, Cornelie Sorge, Wieland
Dr. Sperling, Dietrich Steen, Antje-Marie Steiner, Heinz-Alfred Stiegler, Ludwig
Dr. Struck, Peter Tappe, Joachim
Terborg, Margitta Dr. Thalheim, Gerald Thierse, Wolfgang Titze, Uta
Toetemeyer, Hans-Günther Urbaniak, Hans-Eberhard Vergin, Siegfried Verheugen, Günter
Dr. Vogel, Hans-Jochen
Voigt ({44}), Karsten D. Vosen, Josef
Wagner, Hans Georg Wallow, Hans
Waltemathe, Ernst Walter ({45}), Ralf
Walther ({46}), Rudi Wartenberg ({47}), Gerd
Dr. Wegner, Konstanze Weiermann, Wolfgang Weiler, Barbara
Weis ({48}), Reinhard Weißgerber, Gunter Weisskirchen ({49}), Gert Welt, Hans-Joachim
Wester, Hildegard Westrich, Lydia Wettig-Danielmeier, Inge
Dr. Wetzel, Margrit Weyel, Gudrun
Dr. Wieczorek, Norbert Wieczorek ({50}), Helmut Wieczorek-Zeul, Heidemarie Wiefelspütz, Dieter
Wimmer ({51}), Hermann
Dr. de With, Hans Wittich, Berthold Wohlleben, Verena Wolf, Hanna
Zapf, Uta
Dr. Zöpel, Christoph
F.D.P.
Albowitz, Ina
Dr. Babel, Gisela Baum, Gerhart Rudolf Bredehorn, Günther Eimer ({52}), Norbert Engelhard, Hans A. Dr. Feldmann, Olaf Friedhoff, Paul
Friedrich, Horst
Funke, Rainer
Dr. Funke-Schmitt-Rink, Margret
Ganschow, Jörg
Genscher, Hans-Dietrich
Gries, Ekkehard Grünbeck, Josef Grüner, Martin
Günther ({53}), Joachim Dr. Guttmacher, Karlheinz Hackel, Heinz-Dieter Hansen, Dirk
Dr. Haussmann, Helmut Heinrich, Ulrich
Dr. Hirsch, Burkhard Dr. Hitschler, Walter Homburger, Birgit Dr. Hoth, Sigrid
Dr. Hoyer, Werner Irmer, Ulrich
Kleinert ({54}), Detlef Kohn, Roland
Dr. Kolb, Heinrich Leonhard Koppelin, Jürgen
Kubicki, Wolfgang
Dr.-Ing. Laermann, Karl-Hans Dr. Graf Lambsdorff, Otto Leutheusser-Schnarrenberger,
Sabine
Lüder, Wolfgang Lühr, Uwe
Dr. Menzel, Bruno Mischnick, Wolfgang Möllemann, Jürgen W. Nolting, Günther Friedrich Dr. Ortleb, Rainer
Otto ({55}),
Hans-Joachim Peters, Lisa
Dr. Pohl, Eva
Richter ({56}), Manfred
Rind, Hermann
Dr. Röhl, Klaus
Schäfer ({57}), Helmut Schmalz-Jacobsen, Cornelia Schmidt ({58}), Arno
Dr. Schmieder, Jürgen Dr. Sehmittler, Christoph Schüßler, Gerhard Schuster, Hans
Dr. Schwaetzer, Irmgard Sehn, Marita
Seiler-Albring, Ursula Dr. Semper, Sigrid
Dr. Solms, Hermann Otto
Dr. Stamick, Jürgen
Dr. von Teichman, Cornelia Thiele, Carl-Ludwig
Dr. Thomae, Dieter Timm, Jürgen
Türk, Jürgen
Walz, Ingrid
Dr. Weng ({59}), Wolfgang
Wolfgramm ({60}), Torsten
Würfel, Uta
Zurheide, Burkhard Zywietz, Werner
PDS/Linke Liste
Dr. Fischer, Ursula Dr. Fuchs, Ruth Dr. Gysi, Gregor
Dr. Heuer, Uwe-Jens Jelpke, Ulla
Dr. Keller, Dietmar Dr. Modrow, Hans Philipp, Ingeborg Dr. Schumann ({61}),
Fritz
Stachowa, Angela
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Dr. Feige, Klaus-Dieter Poppe, Gerd
Schulz ({62}), Werner Dr. Ullmann, Wolfgang Weiß ({63}), Konrad Wollenberger, Vera
Fraktionslos
Dr. Briefs, Ulrich Henn, Bernd
Nein
CDU/CSU
Dr. Altherr, Walter Augustin, Anneliese Augustinowitz, Jürgen Austermann, Dietrich Bargfrede, Heinz-Günther Dr. Bauer, Wolf
Baumeister, Brigitte Bayha, Richard
Belle, Meinrad
Dr. Bergmann-Pohl, Sabine Dr. Blank, Joseph-Theodor Blank, Renate
Dr. Blens, Heribert Bleser, Peter
Dr. Blüm, Norbert
Böhm ({64}), Wilfried Dr. Böhmer, Maria
Dr. Bötsch, Wolfgang Bohl, Friedrich
Bohlsen, Wilfried
Borchert, Jochen
Brähmig, Klaus
Breuer, Paul
Brudlewsky, Monika Brunnhuber, Georg Bühler ({65}), Klaus Buwitt, Dankward
Carstens ({66}), Manfred Clemens, Joachim
Dehnel, Wolfgang Dempwolf, Gertrud Deres, Karl
Deß, Albert
Diemers, Renate
Dörflinger, Werner Doss, Hansjürgen Echternach, Jürgen Ehlers, Wolfgang
Ehrbar, Udo
Eichhorn, Maria
Engelmann, Wolfgang Eppelmann, Rainer Eymer, Anke
Falk, Ilse
Dr. Faltlhauser, Kurt Dr. Fell, Karl
Fischer ({67}), Dirk Fischer ({68}), Leni Fockenberg, Winfried Francke ({69}), Klaus Frankenhauser, Herbert Dr. Friedrich, Gerhard Fritz, Erich G.
Fuchtel, Hans-Joachim
Ganz ({70}), Johannes Geiger, Michaela
Geis, Norbert
Dr. Geißler, Heiner
Dr. von Geldern, Wolfgang Gerster ({71}), Johannes Glos, Michael
Dr. Göhner, Reinhard Götz, Peter
Dr. Götzer, Wolfgang
Vizepräsident Helmuth Becker
Gres, Joachim
Grochtmann, Elisabeth Gröbl, Wolfgang
Grotz, Claus-Peter
Dr. Grünewald, Joachim Günther ({72}), Horst Frhr. von Hammerstein,
Carl-Detlev
Haschke ({73}), Udo Hasselfeldt, Gerda
Haungs, Rainer
Hauser ({74}), Otto Hauser ({75}), Hansgeorg
Hedrich, Klaus-Jürgen Heise, Manfred
Dr. h. c. Herkenrath, Adolf Hintze, Peter
Hörsken, Heinz-Adolf Hörster, Joachim
Dr. Hoffacker, Paul
Hollerith, Josef
Dr. Hornhues, Karl-Heinz Hornung, Siegfried
Hüppe, Hubert
Jäger, Claus
Jaffke, Susanne
Jagoda, Bernhard
Dr. Jahn ({76}),
Friedrich-Adolf
Janovsky, Georg
Jeltsch, Karin
Dr. Jobst, Dionys
Dr.-Ing. Jork, Reiner Dr. Jüttner, Egon
Jung ({77}), Michael Junghanns, Ulrich
Dr. Kahl, Harald
Kalb, Bartholomäus
Kampeter, Steffen
Dr.-Ing. Kansy, Dietmar
Dr. Kappes, Franz-Hermann Karwatzki, Irmgard
Kauder, Volker
Keller, Peter
Kiechle, Ignaz
Kittelmann, Peter
Klein ({78}), Günter Klein ({79}), Hans Klinkert, Ulrich
Köhler ({80}),
Hans-Ulrich
Dr. Köhler ({81}), Volkmar
Dr. Kohl, Helmut
Kors, Eva-Maria
Koschyk, Hartmut
Kossendey, Thomas
Kraus, Rudolf
Dr. Krause ({82}), Günther
Dr. Krause ({83}), Rudolf Karl
Krey, Franz Heinrich Kriedner, Arnulf
Kronberg, Heinz-Jürgen Dr.-Ing. Krüger, Paul Krziskewitz, Reiner Eberhard Lamers, Karl
Dr. Lammert, Norbert Lamp, Helmut Johannes Lattmann, Herbert
Dr. Laufs, Paul
Laumann, Karl Josef Lehne, Klaus-Heiner Dr. Lehr, Ursula
Lenzer, Christian
Limbach, Editha
Link ({84}), Walter Lintner, Eduard
Dr. Lippold ({85}), Klaus W.
Löwisch, Sigrun
Lohmann ({86}), Wolfgang
Louven, Julius
Lummer, Heinrich Dr. Luther, Michael
Maaß ({87}), Erich Männle, Ursula
Magin, Theo
Dr. Mahlo, Dietrich Marienfeld, Claire Marschewski, Erwin Marten, Günter
Dr. Mayer ({88}), Martin
Meckelburg, Wolfgang Meinl, Rudolf Horst Dr. Meseke, Hedda Dr. Meyer zu Bentrup,
Reinhard
Michalk, Maria
Michels, Meinolf
Dr. Möller, Franz Dr. Müller, Günther
Müller ({89}), Elmar Müller ({90}),
Hans-Werner
Müller ({91}), Alfons Nelle, Engelbert
Dr. Neuling, Christian Neumann ({92}), Bernd Nitsch, Johannes
Nolte, Claudia
Ost, Friedhelm
Oswald, Eduard
Otto ({93}), Norbert Dr. Päselt, Gerhard
Dr. Paziorek, Peter Paul Pesch, Hans-Wilhelm Pfeffermann, Gerhard O. Pfeifer, Anton
Dr. Pinger, Winfried Pofalla, Ronald
Dr. Pohler, Hermann Dr. Probst, Albert Dr. Protzner, Bernd Pützhofen, Dieter Raidel, Hans
Dr. Ramsauer, Peter Rauen, Peter Harald Rawe, Wilhelm
Reddemann, Gerhard Regenspurger, Otto Dr. Reinartz, Berthold Reinhardt, Erika
Repnik, Hans-Peter Dr. Rieder, Norbert
Dr. Riedl ({94}), Erich Riegert, Klaus
Dr. Riesenhuber, Heinz Ringkamp, Werner Rode ({95}), Helmut Rönsch ({96}),
Hannelore
Romer, Franz-Xaver Dr. Rose, Klaus
Rossmanith, Kurt J. Roth ({97}), Adolf Rother, Heinz
Dr. Ruck, Christian Rühe, Volker
Dr. Rüttgers, Jürgen Sauer ({98}), Helmut Sauer ({99}), Roland Schätzle, Ortrun
Dr. Schäuble, Wolfgang Schartz ({100}), Günther Schemken, Heinz Scheu, Gerhard
Schmalz, Ulrich Schmidbauer, Bernd Schmidt ({101}), Christian
Schmidt ({102}), Andreas Schmidt ({103}), Trudi Schmitz ({104}),
Hans Peter
von Schmude, Michael Dr. Schneider ({105}), Oscar
Dr. Schockenhoff, Andreas Dr. Scholz, Rupert
Frhr. von Schorlemer, Reinhard
Dr. Schreiber, Harald Schulhoff, Wolfgang
Dr. Schulte ({106}), Dieter
Schwalbe, Clemens
Schwarz, Stefan
Dr. Schwarz-Schilling, Christian
Dr. Schwörer, Hermann Seehofer, Horst
Seesing, Heinrich
Seibel, Winfried
Seiters, Rudolf
Sikora, Jürgen
Sothmann, Bärbel
Spilker, Karl-Heinz
Spranger, Carl-Dieter Dr. Sprung, Rudolf
Steinbach-Hermann, Erika Dr. Stercken, Hans
Dr. Frhr. von Stetten, Wolfgang
Stockhausen, Karl
Dr. Stoltenberg, Gerhard Strube, Hans-Gerd
Stübgen, Michael
Susset, Egon
Tillmann, Ferdinand
Dr. Töpfer, Klaus
Dr. Uelhoff, Klaus-Dieter Uldall, Gunnar
Verhülsdonk, Roswitha Vogel ({107}), Friedrich Vogt ({108}), Wolfgang
Dr. Vondran, Ruprecht Dr. Waffenschmidt, Horst Dr. Waigel, Theodor
Graf von Waldburg-Zeil, Alois Dr. Warnke, Jürgen
Dr. Warrikoff, Alexander Werner ({109}), Herbert Wetzel, Kersten
Wiechatzek, Gabriele Dr. Wilms, Dorothee
Wilz, Bernd
Wimmer ({110}), Willy Dr. Wisniewski, Roswitha Wissmann, Matthias
Dr. Wittmann, Fritz
Wittmann ({111}), Simon
Wülfing, Elke
Yzer, Cornelia
Zeitlmann, Wolfgang Zierer, Benno
Zöller, Wolfgang
SPD
Antretter, Robert Dr. Wernitz, Axel
F.D.P.
Cronenberg ({112}), Dieter-Julius
Gallus, Georg
Paintner, Johann
PDS/Linke Liste
Bläss, Petra Dr. Seifert, Ilja
Fraktionslos Lowack, Ortwin
Enthalten
CDU/CSU
Carstensen ({113}), Peter Harry
Feilcke, Jochen
Gibtner, Horst
Haschke ({114}), Gottfried
Dr. Merkel, Angela
Dr. Mildner, Klaus Gerhard Dr. Olderog, Rolf
SPD
Koschnick, Hans Oostergetelo, Jan Tietjen, Günther
F.D.P.
van Essen, Jörg PDS/Linke Liste
Dr. Enkelmann, Dagmar
Dr. Höll, Barbara Lederer, Andrea
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Köppe, Ingrid Schenk, Christina
Der Gesetzentwurf ist damit in dritter Beratung angenommen.
({115})
Meine Damen und Herren, ich muß Ihnen noch folgendes bekanntgeben: Es liegen uns zahlreiche Erklärungen zur Abstimmung nach § 31 der Geschäftsordnung vor, die schriftlich abgegeben worden
Vizepräsident Helmuth Becker
sind und die zu Protokoll genommen werden. *) Aber es gibt auch eine Wortmeldung zu § 31 der Geschäftsordnung, und zwar vom Kollegen Gysi. Ich möchte ihm das Wort erteilen.
({116})
Herr Kollege Gysi, ich bitte Sie noch einem Moment um Geduld.
Meine Damen und Herren, ich bitte, dafür Sorge zu tragen, daß wir diese Sitzung ordnungsgemäß beenden können und daß der Redner hier zu Wort kommen kann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich mich rechtzeitiger entschieden hätte, hätte ich die Erklärung zu Protokoll gegeben. So muß ich es mündlich tun, einfach deshalb, weil ich zumindest scheinbar im Widerspruch auch zu Dingen, die als Meinung meiner Partei vertreten werden, gehandelt habe, indem ich zu diesem Gruppenantrag in zweiter und dritter Beratung ja gesagt habe. Ich will wenigstens die Gelegenheit haben, dies kurz zu erklären.
Ich bin der Auffassung, daß das nun angenommene Gesetz eine Verschlechterung für die Frauen in den neuen Bundesländern ist. Deswegen hatte ich zunächst eine Haltung dagegen eingenommen.
Ich muß andererseits akzeptieren, daß im Einigungsvertrag eine Regelung enthalten ist, die ich für bedenklich halte, nämlich die, daß dann, wenn keine gesetzliche Regelung zustande kommt, in beiden Teilen Deutschlands das unterschiedliche materielle Recht unbefristet weiter gilt.
*) Werden in einem Nachtrag zu diesem Plenarprotokoll abgedruckt
Ich muß deshalb befürchten, daß das Bundesverfassungsgericht bei einer entsprechenden Klage einfach mit dem Hinweis darauf, daß die Gleichheit vor dem Gesetz es nicht zuläßt, daß ungleiche rechtliche Verhältnisse in beiden Teilen Deutschlands unbefristet gelten, gezwungen wäre, diesen Satz aufzuheben. Wenn dieser Satz aus dem Einigungsvertrag aufgehoben würde, hätte das zur Folge, daß unmittelbar danach das bisherige Bundesrecht in den neuen Bundesländern gilt.
Das hätte zur Folge, daß für die Frauen in den neuen Bundesländern dann die Indikationsregelung gilt, wie sie bisher in der Bundesrepublik Deutschland galt.
Das wollte und konnte ich den Frauen in den neuen Bundesländern nicht zumuten. Deshalb habe ich, zwar auch zum Teil gegen meine Auffassung, aber eben aus dieser Motivation heraus mit Ja gestimmt.
Ich füge hinzu, ich konnte dem Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts dort nicht ganz trauen, schon deshalb, weil dort sieben Männer sitzen und nur eine Frau.
Danke schön.
({0})
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir sind damit am Schluß unserer heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf heute morgen, 8.00 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.