Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 5/8/1992

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Meine Damen und Herren, die Sitzung ist eröffnet. Interfraktionell ist vereinbart worden, die verbundene Tagesordnung zu erweitern. Die Punkte sind in der vorliegenden Zusatzpunkteliste aufgeführt: 8. Erste Beratung des von den Abgeordneten Theo Magin, Dirk Fischer ({0}), Heinz-Günter Bargfrede, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Ekkehard Gries, Horst Friedrich, Roland Kohn, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Festlegung des Anwendungsbereiches und zur Durchführung der Verordnung ({1}) Nr. 1191/69 in der Fassung der Verordnung ({2}) Nr. 1893/91 - Drucksache 12/2573 9. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft ({3}) zu der Verordnung der Bundesregierung: Aufhebbare Achtzigste Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste - Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung - - Drucksachen 12/2031, 12/2541 10. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft ({4}) zu der Verordnung der Bundesregierung: Aufhebbare Achtzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung - Drucksachen 12/2032, 12/2542 11. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft ({5}) zu der Verordnung der Bundesregierung: Aufhebbare Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung - Drucksachen 12/2033, 12/2543 Von der Frist für den Beginn der Beratung, soll, soweit es erforderlich ist, abgewichen werden. Sind Sie mit diesen Änderungen einverstanden? - Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich rufe den Zusatzpunkt 8 auf: Erste Beratung des von den Abgeordneten Theo Magin, Dirk Fischer ({6}), Heinz-Günter Bargfrede, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Ekkehard Gries, Horst Friedrich, Roland Kohn, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Festlegung des Anwendungsbereiches und zur Durchführung der Verordnung ({7}) Nr. 1191/69 in der Fassung der Verordnung ({8}) Nr. 1893/91 - Drucksache 12/2573 Überweisungsvorschlag: Ausschuß für Verkehr ({9}) Rechtsausschuß Ausschuß für Wirtschaft EG-Ausschuß Haushaltsausschuß Interfraktionell wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu überweisen. Sind Sie auch damit einverstanden? - Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen. Ich rufe die Zusatzpunkte 9 bis 11 auf: ZP9 Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft ({10}) zu der Verordnung der Bundesregierung Aufhebbare Achtzigste Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste - Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung -- Drucksachen 12/2031, 12/2541 Berichterstattung: Abgeordneter Peter Kittelmann ZP10 Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft ({11}) zu der Verordnung der Bundesregierung Aufhebbare Achtzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung - Drucksachen 12/2032, 12/2542 Berichterstattung: Abgeordneter Dr. Heinrich Kolb ZP11 Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft ({12}) zu der Verordnung der Bundesregierung Aufhebbare Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung - Drucksachen 12/2033, 12/2543 - Berichterstattung: Abgeordneter Ernst Schwanhold Vizepräsident Hans Klein Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft zur Änderung der Ausfuhrliste, Drucksachen 12/2031 und 12/2541. Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Die Beschlußempfehlung ist angenommen. Wir stimmen jetzt über die Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung auf den Drucksachen 12/2032 und 12/2542 ab. Wer stimmt für diese Beschlußempfehlung? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Beschlußempfehlung ist angenommen. Wir stimmen jetzt noch über die Beschlußempfehlung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung auf den Drucksachen 12/2033 und 12/2543 ab. Wer stimmt dafür? - Gegenprobe! - Enthaltungen? Diese Beschlußempfehlung ist ebenfalls angenommen. Ich rufe Punkt 14 der Tagesordnung auf: a) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({13}) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Tierschutzbericht 1991 „Bericht über den Stand der Entwicklung des Tierschutzes" - Drucksachen 12/224, 12/2433 - Berichterstattung: Abgeordnete Brigitte Adler b) Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutz von Tieren vor Mißbrauch durch Aggressionszüchtung und Aggressionsdressur - Drucksache 12/977 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({14}) - Drucksache 12/1904 Berichterstattung: Abgeordnete Brigitte Adler Meinolf Michels ({15}) c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Brigitte Adler, Dr. Liesel Hartenstein, Klaus Kirschner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Verbesserung der Situation bei Tiertransporten - Drucksache 12/2069 -Überweisungsvorschlag: Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({16}) Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit EG-Ausschuß d) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({17}) zu dem Antrag der Abgeordneten Brigitte Adler, Jan Oostergetelo, Hans Gottfried Bernrath, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Für einen ethisch verantwortbaren Umgang mit Tieren - Drucksachen 12/781, 12/2424 Berichterstattung: Abgeordneter Meinolf Michels Nach einer Vereinbarung im Ältestenrat sind für die gemeinsame Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. - Dagegen erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile Bundesminister Ignaz Kiechle das Wort.

Ignaz Kiechle (Minister:in)

Politiker ID: 11001091

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bundesregierung nimmt das Engagement der vielen Menschen und der Verbände in unserem Land, die sich für den Tierschutz einsetzen, sehr ernst. ({0}) Daher begrüße ich, daß der Tierschutzbericht 1991, den die Bundesregierung bereits im vergangenen Jahr vorgelegt hat, heute im Bundestag debattiert werden kann. Inhaltliche Schwerpunkte dieses nunmehr zweiten Berichts sind die Auswertung der Erfahrungen der Länder beim Vollzug des Tierschutzes sowie die Erhebungen über in Tierversuchen eingesetzte Tiere. Über die Tierzahlen liegen nun erstmals amtliche Angaben vor. Darüber hinaus wird über alle in die Zuständigkeit der Bundesregierung fallenden nationalen sowie die unter ihrer Mitwirkung betriebenen internationalen und EG-Rechtsetzungsvorhaben berichtet. Als Ergebnis ist festzuhalten, daß im Berichtszeitraum 1989 und 1990 wesentliche tierschutzpolitische Ziele erreicht werden konnten. Die Erfolge der Tierschutzpolitik der Bundesregierung werden durch Berichte der Länder bestätigt. Im einzelnen möchte ich auf folgende Punkte hinweisen. Die Rechtsvorschriften wurden weiter im Sinne des Tierschutzes verbessert. So werden beispielsweise auch im bürgerlichen Recht Tiere nicht länger als Sachen behandelt. Dadurch ist die Pfändbarkeit von Tieren eingeschränkt und das Schadensersatzrecht im Sinne des Tierschutzes verbessert worden. Mit dem 1986 novellierten Tierschutzgesetz wurde das Genehmigungsverfahren für Tierversuche verschärft. Es sieht umfangreiche Darlegungs- und Nachweispflichten des Antragstellers vor. Der Einsatz von Tieren zu Versuchszwecken wird durch die Beteiligung von Tierschutzbeauftragten und der beratenden Kommissionen mit größter Sorgfalt vorbereitet und erst nach strenger Güterabwägung genehmigt. Mein ausdrücklicher Dank gilt an dieser Stelle den Kommissionsmitgliedern, deren engagierte Mitarbeit zu einem gesteigerten Verantwortungsbewußtsein bei den Überwachungs- und Genehmigungsbehörden für Tierversuche geführt hat. Mit der Novellierung des Tierschutzgesetzes wurde auch das Anzeigeverfahren für Tierversuche verschärft. Nunmehr ist gesetzlich vorgeschrieben, welche Angaben hierzu im einzelnen vorzulegen sind. Außerdem ist die Abgrenzung zwischen genehmigungs- und anzeigepflichtigen Tierversuchen präzisiert worden, so daß zahlreiche Tierversuche, die bis 1986 lediglich anzeigepflichtig waren, heute den strengeren Auflagen der Genehmigungspflicht unterliegen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, inzwischen liegen nicht nur für 1989, sondern auch für 1990 amtliche Zahlen über die eingesetzten Versuchstiere vor. Danach vermindert sich 1990 in den alten Bundesländern deren Zahl um rund 10 % auf insgesamt 2 370 000 Wirbeltiere, davon 2 Millionen Nager, insbesondere Mäuse und Ratten. Von diesen 2 370 000 Tieren wurden rund 1 470 000 Tiere für die Entwicklung und Prüfung von Arzneimitteln eingesetzt. Die ausgewiesenen Zahlen bleiben damit weit hinter früheren Schätzungen zurück. Ich erinnere daran, daß z. B. auch Tierschutzorganisationen bis zu 20 Millionen geschätzt hatten. Nicht enthalten sind die Tiere, die z. B. zu Aus-, Fort- und Weiterbildungszwecken an den Hochschulen eingesetzt werden. Um die Zahl der Tierversuche weiter zu verringern, setzt sich die Bundesregierung mit Nachdruck für die Erforschung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden ein. Kein anderer Staat stellt weltweit für diesen Zweck mehr öffentliche Mittel bereit als Deutschland. ({1}) - Darum sage ich es. Dabei werden Ersatzmethoden vor allem in den Bereichen gefördert, in denen Tiere besonderen Belastungen ausgesetzt sind oder besonders viele Tiere verwendet werden. Übrigens betrugen die aufgewendeten Mittel - an den Forschungen für Ersatzmethoden waren rund hundert Institute beteiligt - in den Jahren 1983 bis 1990 61 Millionen DM, und in den Jahren 1990 bis 1993 werden es 41 Millionen DM sein. Das sind etwa 10 Millionen DM pro Jahr. Deutschland ist zudem weltweit das einzige Land, in dem eine staatliche Einrichtung, nämlich die ZEBET, zur Erfassung und Bewertung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden für Tierversuche besteht. Neben der ZEBET bemühen sich weitere Einrichtungen um den Ersatz von Tierversuchen. Dazu zählt auch die 1986 von der Bundesregierung zusammen mit den Verbänden der Industrie und des Tierschutzes ins Leben gerufene Stiftung zur Einschränkung der Tierversuche. Alles in allem können wir feststellen, daß wir mit dem Tierschutz in unserem Lande ein gutes Stück vorangekommen sind. Das Tierschutzgesetz hat sich damit durchaus und grundsätzlich bewährt. ({2}) Einige Länder wünschen offensichtlich noch mehr. Im Bundesrat wird derzeit über zahlreiche Änderungsanträge beraten. Sobald das Plenum des Bundesrats die Initiative zur Änderung des Tierschutzgesetzes verabschiedet hat, wird die Bundesregierung hierzu Stellung nehmen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich an dieser Stelle auch auf den vom Bundesrat eingebrachten Gesetzentwurf zum Schutz von Tieren vor Mißbrauch durch Aggressionszüchtung und Aggressionsdressur eingehen. Die vorgesehenen Regelungen dienen dem Schutz des Menschen vor gefährlichen Hunden. Damit ist ein Problembereich angsprochen, der von der Rechtssystematik her nicht im Tierschutzgesetz, sondern im Sicherheits- und Ordnungsrecht geregelt werden muß. ({3}) Hierfür sind die Länder zuständig. Ich habe gegen diesen Gesetzentwurf deshalb vor allem formalrechtliche Bedenken. Deutschland gehört zu den Ländern mit den weltweit strengsten tierschutzrechtlichen Bestimmungen. Die Bundesregierung tritt deshalb dafür ein, daß der hohe Tierschutzstandard auch auf internationaler und EG-Ebene durchgesetzt wird. Es ist im wesentlichen unserem Einsatz zu verdanken, daß der EG-Ministerrat im November vergangenen Jahres Richtlinien für die Haltung von Schweinen und Kälbern beschlossen hat, die im Sinne des Tierschutzes zu erheblichen Verbesserungen führen. Die EG-Agrarminister haben darüber hinaus schärfere Vorschriften zum Schutz von Tieren beim Transport verabschiedet. Die neuen Regelungen bleiben allerdings in Teilbereichen weit hinter den Vorstellungen der Bundesregierung zurück. Vor allem unsere Forderung, die Dauer der Schlachttiertransporte wirksam zu begrenzen, wurde bisher nicht erfüllt. Deshalb habe ich der EG-Richtlinie nicht zugestimmt. Allerdings konnte ich erreichen, daß dieses wichtige Anliegen in Brüssel weiter auf der Tagesordnung bleibt. Die EG-Kommission hat sich nun verpflichten müssen und verpflichtet, bis Jahresmitte hierzu einen Bericht und einen neuen Vorschlag zu unterbreiten. Dabei geht es um die Höchstdauer eines Transports, um die Zeitabstände für Fütterung und Tränken, um die Dauer der Ruhezeit, um Fragen der Ladedichte und des Zustands der Lkws, in denen Tiere befördert werden. Ich hoffe sehr, daß wir bei den weiteren Beratungen Unterstützung für unser Anliegen finden werden. In einem völlig anderen Bereich, nämlich der Fischerei, haben wir im vergangenen Jahr große Fortschritte erzielt. Die Bundesregierung hat mit Erfolg für ein weltweites Verbot der großflächigen Treibnetzfischerei gekämpft, die vor allem wegen des Beifangs von Delphinen mit den Anforderungen des Tier- und Artenschutzes unvereinbar ist. Diese Regelung, ein totales Verbot, tritt für die EG am 1. Juni dieses Jahres in Kraft. Die Bundesregierung hat größtes Interesse daran, daß Tierschutzvorschriften EG-weit beschlossen und EG-einheitlich vollzogen werden. Da dem Tierschutz in den einzelnen Mitgliedstaaten eine sehr unterschiedliche Bedeutung beigemessen wird, kann ein im EG-Ministerrat erzielbarer Kompromiß nicht immer unseren hohen Vorstellungen über eine tiergerechte Haltung entsprechen. In diesen Fällen müssen wir versuchen, die in unseren Betrieben dadurch entstehenden höheren Produktionskosten durch eine besondere Förderung von Tierschutzinvestitionen aufzufangen. ({4}) - Ich denke, für einen guten Zweck zugunsten der Tiere sollten wir alle einig sein. Die einzelbetriebliche Förderung und das Agrarkreditprogramm bieten hierzu ja schon Möglichkeiten. Der ökonomische Aspekt ist nur die eine - wenn auch wichtige - Seite. Mindestens ebenso wichtig ist für viele in unserem Lande, daß Tierschutz nicht an nationalen Grenzen haltmachen darf. ({5}) In der EG stehen neben der Verbesserung der Transportvorschriften strengere Bestimmungen über das Betäuben und Schlachten von Tieren im Vordergrund. Hierzu liegt nun dem Rat ein entsprechender Kommissionsvorschlag vor. Die Haltung von Rindern, Pelztieren und Mastgeflügel bedarf dringend einer EG-weiten tierschutzrechtlichen Regelung. Die Bundesregierung wird hier weiterhin auf die baldige Vorlage geeigneter Kommissionsvorschläge drängen. Gestatten Sie mir zum Abschluß noch einen kurzen Hinweis zur Frage der Verankerung des Tierschutzes als Staatsziel im Grundgesetz. Die Diskussion hierzu macht deutlich, welche Bedeutung diesem Bereich in unserem Land beigemessen wird. Ich will der Gemeinsamen Verfassungskommission des Deutschen Bundestages und des Bundesrates natürlich nicht vorgreifen, meine aber, daß mit einem Hinweis zur Verantwortung des Menschen für die Schöpfung im Grundgesetz dem Tierschutz angemessen Rechnung getragen werden könnte. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Tierschutzfragen stehen wie kaum ein anderes Thema im Brennpunkt des öffentlichen Interesses. Die Bundesregierung wird deshalb auch in Zukunft nichts unversucht lassen, um mit Geduld und Beharrlichkeit - Emotionen nützen hier nichts - den Tierschutz in unserem Land und in der EG voranzubringen. Wir wissen: Der Tierschutz bleibt wohl auf lange Zeit eine Daueraufgabe. Ich danke Ihnen. ({6})

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Das Wort hat die Kollegin Brigitte Adler.

Brigitte Adler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000010, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach den bisherigen Erfahrungen beim Vollzug des Tierschutzes ist zur weiteren Verbesserung des Tierschutzes eine Änderung des Gesetzes erforderlich. ({0}) Diesen Satz habe ich einem Gesetzesantrag des Landes Baden-Württemberg zur Änderung des Tierschutzgesetzes entnommen. ({1}) Selbst eine CDU-Landesregierung sieht dringenden Handlungsbedarf. ({2}) Leider beschränkte sich der Inhalt der Bundesratsinitiative auf allzu Nebensächliches, was nicht verwundert, war sie doch in erster Linie ein Stück Landtagswahlkampf. Ihr wichtigster Beitrag war somit, die prinzipielle Forderung der SPD-Bundestagsfraktion, daß es zu einer weiteren Novellierung des Tierschutzgesetzes kommen muß, aufzugreifen und zu unterstützen. Im zweiten Tierschutzbericht der Bundesregierung, eigentlich als Erfolgsbericht konzipiert, ist bei genauem Hinsehen nachzulesen, wo die Schwächen des derzeitigen Tierschutzes liegen. So räumt auch die Bundesregierung in ihrem Bericht ein, daß auf Grund der zahlreichen Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Tierschutzgesetzes durch die Länder eine Ergänzung der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Tierschutzgesetzes ansteht. Einmal abgesehen davon, daß hier der Eindruck erweckt wird, es handele sich um technische Probleme bei den Ländern, muß doch eines festgestellt werden: Solange das Tierschutzgesetz in seinen Vorgaben mangelnde Konsequenz und Eindeutigkeit aufweist, solange mit einer Kette von Ausnahmeregelungen der Art. 1 des Tierschutzgesetzes, wo zu lesen ist: „Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen", ausgehöhlt wird, muß bezweifelt werden, daß Ergänzungen von Verordnungen und Verwaltungsvorschriften uns in der Sache weiterbringen. ({3}) Einige werden vielleicht sagen, daß wirtschaftliche Überlegungen einen vernünftigen Grund darstellen. In der Tat sind Wettbewerbsaspekte zu berücksichtigen, aber sie dürfen nicht zur Begründung von Versäumnissen mißbraucht werden. Das beste und zugleich erschreckendste Beispiel ist wohl die mißliche Lage bei den Tiertransporten. Trotz Beteuerung der politisch Verantwortlichen läßt sich nachweisen, daß sich die Situation beim Transport von Tieren nicht entscheidend verbessert hat. So wird verständlich, daß meine Fraktion zu diesem Thema erneut einen Antrag eingebracht hat, der heute an die zuständigen Ausschüsse überwiesen werden soll. Auf Seite 30 des Berichtes listet die Bundesregierung die Regeln auf, nach denen Tiere zu transportieren sind. Gleichzeitig muß sie aber die Defizite in der Umsetzung eingestehen. Das Abwälzen von Verantwortung auf die EG, Herr Minister, erscheint fragwürdig angesichts der großen Tierquälereien, die in diesem Bereich vorkommen. Filmdokumente belegen immer wieder diese unerträgliche Situation. Deshalb fordern wir, daß wir national das umsetzen, was aus tierschützerischen Gründen sofort zu erfolgen hat: so unter anderem Versorgungsstationen an den Grenzen, ({4}) eine bundeseinheitliche Kriterienkontrolliste für die Veterinäre und die zeitliche Begrenzung der Schlachtviehtransporte. Daß darüber hinaus diesen Forderungen innerhalb der EG Rechnung getragen werden muß, ist selbstverständlich. Hier, Herr Kollege Hornung, wird sich zeigen, wie ernst die Bundesregierung ihre eigenen Vorstellungen nimmt und wie ernst sie in Brüssel genommen wird. Ein weiterer Bereich, der erneut kritisch unter die Lupe zu nehmen ist, sind die Tierversuche. Die Behauptung, daß auf Grund der Verschärfung des Tierschutzgesetzes die Tierversuche zurückgegangen sind, riecht sehr nach Eigenlob. ({5}) Wenn dem so wäre, dann sollte es mir recht sein. In Wahrheit aber rechnen alle, die Tierversuche machen. Oftmals sind die Alternativmethoden in frühen Untersuchungsstadien schlichtweg billiger. Die Alternativmethoden sind deshalb vorrangig zu entwickeln und zu validieren. Außerdem muß in das Tierschutzgesetz eine Generalklausel aufgenommen werden, die besagt, daß alle Tierversuche auf Grundlage der verschiedenen Gesetze - u. a. dem Kosmetikgesetz, dem Waschmittel- und Reinigungsmittelgesetz, dem Wasserhaushaltsgesetz - untersagt werden, wenn anerkannte Alternativmethoden vorliegen. ({6}) - Herr Kollege, dann wollen wir das im Ausschuß gemeinsam umsetzen. Die ZEBET könnte dabei eine wichtige Rolle übernehmen, wenn diese Zentralstelle zur Erfassung und Bewertung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden endlich personell und mit Sachmitteln richtig ausgestattet wäre - auch ein altes, leidiges Thema in diesem Haus, weil Sie sich verweigern. Ihre Fürsorgepflicht haben Sie nicht immer wahrgenommen. So haben Sie zugelassen, daß Tiere in der Zwischenzeit als Genlabors benutzt werden. Die ethische Frage scheint bei Ihnen auch hier - wie bei den Tierversuchen - eine untergeordnete Rolle zu spielen. Die Arbeit in den Ethik-Kommissionen wurde sehr unterschiedlich beurteilt. Diejenigen, die für Tierversuche eintraten, bejammern den angeblich bürokratischen Weg. Diejenigen, die sich für die Verringerung der Tierversuche einsetzen, beklagten die Sorglosigkeit bei den Genehmigungsverfahren. Da das Votum der Ethik-Kommission nur beratenden Charakter hat, ist die Arbeit für die Katz. Der Forderung nach paritätischer Besetzung der Ethik-Kommission muß Folge geleistet werden und die verbindliche Anerkennung des Votums endlich erfolgen. Unser Antrag „Für einen ethisch verantwortbaren Umgang mit Tieren", der heute hier zur Abstimmung steht, begründet diese Notwendigkeit. Die Stellung der Tierschutzbeauftragten in den Betrieben und Hochschulen muß so geregelt werden, daß sie unabhängige Urteile fällen können, ohne daß ihr Arbeitsplatz gefährdet wird. Ein Gerichtsurteil hat den Gesetzgeber verpflichtet, bei der Ausbildung von Studenten tierversuchsfreie Alternativen zuzulassen. Die Liste der Defizite ließe sich beliebig fortsetzen. ({7}) In der Nutztierhaltung, die ebenfalls im Tierschutzgesetz geregelt wird, sieht es düster aus. Die Rechtsverordnungen zum Tierschutzgesetz sind ungenügend. Das Spannungsverhältnis zwischen der artgerechten Tierhaltung und der kommerziellen Priorität kann diese Bundesregierung nicht beseitigen. Dies beweist sie auch in ihrer Haltung bei der anstehenden EG-Agrarreform; denn eine artgerechte Tierhaltung kann nur realisiert werden, wenn entsprechende agrarpolitische Rahmenbedingungen gesetzt werden. Darüber wird in Brüssel leider nicht geredet. Es ist an der Zeit, darüber nachzudenken, ob Einkommensübertragungen an die Landwirtschaft - immerhin Steuergelder - nicht ausnahmslos an gesellschaftlich erwünschte Zielvorstellungen zu binden sind. ({8}) Dazu gehört eine artgerechte Tierhaltung ebenso wie andere Ziele, z. B. im Umweltschutz; denn die Frage, wie unsere Nahrungsmittel produziert werden, geht uns alle an. Legebatterien für Hühner sind in diesem Zusammenhang sicherlich unerwünscht, um nur ein Beispiel zu nennen. ({9}) Die Öffentlichkeit aber schaut immer häufiger den Verantwortlichen auf die Finger. Eine Kurskorrektur ist von dieser abgewirtschafteten Regierung dennoch nicht zu erwarten. Was die Tierversuche angeht, so fordern wir eine generelle Bewertung des Versuchsvorhabens und wollen nur in begründeten Einzelfallentscheidungen eine Genehmigung erteilen.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Gallus?

Brigitte Adler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000010, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Bitte sehr.

Georg Gallus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000628, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Kollegin, ist Ihnen bekannt, daß es über ein Jahrzehnt umfangreiche Untersuchungen über die verschiedenen Formen der Hühnerhaltung gegeben hat und daß die Wissenschaftler zu der Erkenntnis gekommen sind, daß keine Art der Haltung der Situation entspricht, wie sich ein Tier in der Natur bewegt? Glauben Sie, daß dann, wenn wir hier in Deutschland die Käfighaltung verbieten, aus anderen Ländern Europas oder der Welt keine Eier hier hereingelassen werden dürfen? Was wollen Sie eigentlich mit dieser Anmerkung bezwekken, daß wir hier die Käfige verbieten sollen?

Brigitte Adler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000010, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Gallus, Sie wissen ganz genau, daß wir uns immer wieder auch im Ausschuß über die Frage der artgerechten Tierhaltung unterhalten. Ich bin der Auffassung, daß es notwendig ist, die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die sich jeweils ergeben, hier mit einzubeziehen, daß aber die Art und Weise, wie die Rechtsverordnung das im Augenblick regelt, daß z. B. dem Tier im Käfig nachher nur die Fläche von der Größe eines DIN-A4-Blattes zusteht, schlichtweg nicht angemessen ist. Sie sollten endlich auch einmal zur Kenntnis nehmen, was, mit Forschungsgeldern auch des Bundes ermittelt, hier an Ergebnissen vorliegt, die dann auch im Gesetz umgesetzt werden müssen. Ihre Frage nach der Wettbewerbsfähigkeit ist natürlich im Grunde genommen wieder ein Ausweichen in dieser Frage ({0}) und will gewissermaßen begründen, daß die gesetzlichen Grundlagen akzeptiert werden. Ich kann Ihrer Haltung nicht folgen. Ich werde mich auch weiterhin dafür einsetzen, daß wir für die verschiedenen Tierarten entsprechende Vorschriften für deren Haltung bekommen. ({1}) - Herr Michels, europaweit. Als Beispiel dafür, wie verkehrt die Welt sein kann, verweise ich darauf, daß z. B. in die Kälberhaltungsverordnung hineingeschrieben werden muß, daß dem Tier Rauhfutter zu geben ist. Das ist eine Selbstverständlichkeit, die Ihnen jeder Landwirt draußen sofort bestätigen wird. Es erscheint mir als eine Unsinnigkeit, daß diese Regierung das natürliche Ernähren der Tiere gewissermaßen in einer Rechtsvorschrift vorgeben muß.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Brigitte Adler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000010, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ja.

Helmut Lamp (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001275, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Abgeordnete, ist Ihnen bekannt, daß Dänemark vor zehn Jahren größter Eierexporteur Europas war, mittlerweile aber, nachdem es die Käfighaltung verboten hat, größter Eierimporteur Europas ist, auf den Pro-Kopf-Import bezogen? Empfinden Sie eine solche nationale Regelung, wie sie vor zehn Jahren in Dänemark bezüglich der Käfighaltung getroffen wurde, nicht als einen Export der Probleme nach außerhalb?

Brigitte Adler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000010, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege, dem stimme ich zu. Ich will auf keinen Fall - da habe ich mich immer klar und verständlich ausgedrückt - nach dem Sankt Florians-Prinzip handeln. Wir müssen unsere Probleme hier anpacken und hier lösen und dürfen die Probleme nicht verlagern. Ich kann nicht dulden, daß man sich in einem anderen Land, nur weil dort die Gesetzgebung nicht entsprechend weit ist, gewissermaßen die Probleme an den Hals holt. Da werde ich nicht mitmachen. ({0}) - Das ist Ihre Auffassung. Solange Sie noch in der Regierung sind, können Sie sie sicherlich durchsetzen. Wir hoffen, daß wir das bald ändern können. ({1}) Was die Tierversuche angeht, so fordern wir eine generelle Bewertung des Versuchsvorhabens und wollen nur nach einer begründeten Einzelfallentscheidung eine Genehmigung erteilen. Zahlreiche vorgefertigte Briefe erreichten uns in den vergangenen Wochen von einer großen deutschen Pharmafirma. Man versuchte, uns von der dargestellten Haltung abzubringen. Arbeitsplatzargumente wurden uns Sozialdemokraten gegenüber ins Feld geführt. Ich behaupte, daß diese Argumentation unglaubwürdig ist. Für Anwendung von Alternativmethoden werden ebenfalls Arbeitsplätze benötigt. Also gleicht sich das wieder aus. Ob Ergebnisse von Tierversuchen auf den Menschen übertragbar sind, konnte bis heute nicht exakt nachgewiesen werden. Vermutungen, nichts als Vermutungen! ({2}) Der Gesetzentwurf der nordrhein-westfälischen Landesregierung zum Schutz von Tieren vor Mißbrauch durch Aggressionszüchtung und Aggressionsdressur steht heute ebenfalls zur Entscheidung an.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Frau Kollegin, Kollege Gallus hat das Bedürfnis, eine weitere Frage zu stellen. Sind Sie bereit, sie zu beantworten?

Brigitte Adler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000010, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Bitte sehr. Seinem Bedürfnis soll nachgekommen werden.

Georg Gallus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000628, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ich habe nur eine Frage, Frau Kollegin: Sind Sie bereit, Arzneimittel, die vorher nicht an Tieren getestet worden sind, an sich selbst ausprobieren zu lassen? ({0})

Brigitte Adler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000010, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Gallus, ich habe mich informiert. Ich bin bei einem großen Pharmakonzern gewesen, der Medikamente herstellt und in dessen Labor mir all das gezeigt wurde, was da vorgeht. Die Herren Wissenschaftler mußten zugeben, daß sie an Hand eines durch mehrere Stationen von Tierversuchen gewonnenen Profils nur vermuten, daß auf Grund von Tierversuchen hergestellte Medikamente auch für Menschen verträglich sind. Das bedeutet, daß auch die Wissenschaft - auch die in der Industrie, die immer höher eingeschätzt wird als sonstige WisBrigitte Adler senschaft - nicht genau weiß, ob sie für den Menschen verträglich sind. ({0}) Sie wissen - das habe ich vorhin begründet und schon mehrfach gesagt -, daß Tierversuche in den Anfangsstadien von Pharmafirmen auch heute schon durch Alternativmethoden ersetzt werden. Die so gewonnenen Erkenntnisse werden zu einem späteren Zeitpunkt an Tieren überprüft. Das heißt, daß wir die Notwendigkeit eines Tierversuches insoweit noch einsehen, wohlwissend, daß er nachher keine absolute Erkenntnis für die Übertragbarkeit auf den Menschen bringt. Das ist unser Problem und das Dilemma, in dem wir stecken. Im übrigen habe ich ja gesagt, daß das Gesetz mit der Generalklausel versehen werden muß, daß Tierversuche abgeschafft werden.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Herr Gallus möchte noch etwas fragen. ({0})

Georg Gallus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000628, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ich wiederhole meine Frage, weil Sie sie nicht beantwortet haben: Sind Sie persönlich bereit - diese emotionale Diskussion draußen muß nämlich aufhören -, Arzneimittel, die vorher im Tierversuch nicht getestet worden sind, an sich selber ausprobieren zu lassen? Auf diese Frage will ich eine Antwort.

Brigitte Adler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000010, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Gallus, Sie wissen ganz genau, daß ich darauf so einfach nichts sagen werde. ({0}) Ich bin nicht dafür, den Menschenversuch in einem sehr frühen Stadium zuzulassen. Die Polemik, Herr Hornung, können wir uns schenken. Ich sage Ihnen, daß gerade die jeweiligen Firmen versuchen, die Toxizität ihrer Mittel durch Alternativmethoden herauszufinden. Deshalb ist die Frage, wieviel Tierversuche notwendig sind. ({1})

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich bin ja dafür, daß sich gelegentlich ein Dialog abspielt. Nur haben Sie, Herr Kollege Gallus, der Kollegin schon fünf, sechs Minuten zusätzlicher Redezeit verschafft. Im übrigen bedenken Sie bitte: Das Wesen einer Debatte ist, daß jeder Redner erst einmal im Zusammenhang vortragen kann. Ich möchte darum bitten, es zunächst bei zwei oder drei Zwischenfragen bewenden zu lassen.

Brigitte Adler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000010, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wobei, Herr Präsident, unterschiedliche Auffassungen bestehenbleiben werden und können. Herr Gallus, Sie sind anderer Auffassung, und es steht Ihnen sicherlich auch zu, diese zu haben. Herr Präsident, ich fahre fort: Der Gesetzentwurf der nordrhein-westfälischen Landesregierung zum Schutz von Tieren vor Mißbrauch durch Aggressionszüchtung und Aggressionsdressur steht heute ebenfalls zur Entscheidung an. Einmütig haben sich Vertreterinnen und Vertreter aller Fraktionen dafür ausgesprochen, daß keine Kampfhunde gezüchtet, ausgebildet und gehalten werden sollen. Strittig war die Frage, wer die Regelungskompetenz hat. Die Kollegen des Rechtsausschusses haben nach einer Anhörung, der Herr Michels und ich beigewohnt haben, entschieden, daß die Länder dies zu regeln haben. Im federführenden Ausschuß haben wir uns dieser Auffassung gebeugt. Inhaltlich sind wir voll und ganz für den Antrag aus Nordrhein-Westfalen. Leider müssen jetzt 16 Länder eine entsprechende Rechtsgrundlage schaffen. Der Bundesgesetzgeber muß sich im Gesetz eine Kompetenz schaffen. Wir bleiben an der Sache dran. Es darf nicht weiter geschehen, daß Mitbürgerinnen und Mitbürger durch Hunde bedroht und verletzt werden. Von Natur sind diese Hunde nicht aggressiv. Erst der Mensch macht sie dazu. Es muß unser erklärtes Ziel sein, dies in Zukunft zu verhindern. ({0}) Zusammenfassend kann ich für meine Fraktion erklären, daß wir den 2. Tierschutzbericht der Bundesregierung zur Kenntnis nehmen, weil man einen Bericht nur zur Kenntnis nehmen kann. Die Defizite beim Tierschutz, die sich herauslesen lassen, müssen in parlamentarischen Initiativen aufgegriffen werden. Im Antrag für einen ethisch verantwortbaren Umgang mit Tieren haben wir unsere Eckpunkte für einen verbesserten Tierschutz eingebracht. Die dort vorgetragenen Positionen sind Vorschläge für eine Novellierung des Tierschutzgesetzes. Für diesen Antrag bitten wir um Zustimmung. Der Antrag zur Verbesserung der Situation bei Tiertransporten soll an verschiedene Ausschüsse überwiesen werden. Wir stimmen der Beschlußempfehlung des Landwirtschaftsausschusses hinsichtlich des Gesetzesantrages von Nordrhein-Westfalen zu. Ich betone aber nochmals, daß dies von uns nur als eine formale Frage angesehen wird; inhaltlich muß dieser Antrag so schnell wie möglich umgesetzt werden. Wir entziehen uns da nicht der Verantwortung. ({1}) Zum Schluß noch ein Wort zur Staatszielbestimmung des Tierschutzes in der Verfassung. Ich habe meiner Fraktion vorgeschlagen, keine eigene Staatszielbestimmung zu formulieren, sondern sie in die Staatszielbestimmung für die Verantwortung von uns Menschen für Natur und Umwelt aufzunehmen. Eine Inflation von Staatszielen verwässert aus meiner Sicht deren Stellenwert. ({2}) Allen, die sich in den zurückliegenden Jahren für den Tierschutz eingesetzt haben, sei von dieser Stelle aus Dank gesagt. Nicht immer sind die aufgeputzten, öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen die richtigen Helfer. Viel kann eben auch von jedem von uns für die Tiere getan werden. In diesem Sinne hoffe ich, daß Einsicht und Vernunft uns in der Sache weiterbringen werden. Die Tiere haben es verdient. ({3})

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Ich erteile dem Abgeordneten Meinolf Michels das Wort.

Meinolf Michels (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001502, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Frau Adler, es ist sicherlich die Aufgabe der Opposition, die Arbeit der Regierung sehr kritisch zu begleiten. Dem Anliegen des Tierschutzes dienen wir aber am meisten, wenn wir uns, wie wir das auch sonst immer getan haben, dieses Themas sehr sachlich annehmen und die parteitaktische Linie außen vor lassen. Ich freue mich, feststellen zu können, daß das Thema „Tierschutz" mit Regelmäßigkeit auf der Tagesordnung dieses Hohen Hauses steht. Diese Tatsache verdanken wir der Initiative meiner Fraktion, die dafür eingetreten ist, daß die Bundesregierung im Rahmen des novellierten Tierschutzgesetzes verpflichtet wurde, alle zwei Jahre einen Tierschutzbericht über den Stand der Entwicklung im Tierschutz vorzulegen. Tierschutz als Daueraufgabe - und dies ist einmalig in der Welt - gibt uns erneut die Möglichkeit, uns in besonderer Weise der Bilanz und der Weiterentwicklung des Tierschutzes anzunehmen. Wir haben nun den 2. Tierschutzbericht der Bundesregierung vorliegen. Für diesen Bericht und für die hervorragende Zusammenarbeit mit der Regierung sage ich unserem Minister Kiechle und den Damen und Herren seines Ministeriums ein herzliches Wort des Dankes. Der vorliegende Bericht kann lobenswerte rechtliche Verbesserungen im Tierschutz anführen. Ich denke z. B. an die verschärften Tierversuchsgenehmigungsverfahren, bei denen jetzt auch der Aspekt der ethischen Vertretbarkeit ein wichtiges Kriterium darstellt. Nicht zuletzt dieser Entwicklung ist es zu verdanken, daß wir bei der Entwicklung und Erprobung von Waffen ein absolutes Verbot von Tierversuchen und bei der Entwicklung von Tabakerzeugnissen, Waschmitteln und dekorativen Kosmetika ein grundsätzliches Verbot durchgesetzt haben. ({0}) Die nach dem Tierschutzgesetz an der Genehmigung von Versuchsvorhaben beteiligten beratenden Kommissionen haben, soweit ich mich überzeugen konnte, hervorragende Arbeit geleistet, wenngleich - das gehört zur Wahrheit - der rechtliche Rahmen ihrer Tätigkeit und die Zusammensetzung immer wieder kritisiert wurden. Allein die Tatsache, daß sich die Genehmigungsanträge einer strengen Prüfung dieser Kommission unterziehen müssen, hat bereits eine hemmende und regulierende Wirkung auf die dann wirklich zur Durchführung zugelassene Zahl der Versuchsvorhaben gehabt. Das bedeutet jedoch nicht, daß wir uns mit den im vorliegenden Bericht erstmals konkret aufgeführten Versuchstierzahlen zufriedengeben können. ({1}) Auch wenn auf Grund der Aussage zuverlässiger Stellen davon ausgegangen werden kann, daß die Zahl der Versuchstiere zurückgeht, darf uns dies keineswegs beruhigen. Keiner der hier Anwesenden wird sagen wollen: Das reicht uns; wir haben genug getan. Unser dringlichstes Ziel ist und bleibt eine weitere Reduzierung der nach wie vor sehr hohen Versuchstierzahlen. Dem Status der Tiere, die wir im Tierschutzgesetz ausdrücklich als Mitgeschöpfe anerkannt haben, muß Rechnung getragen werden, und dies fortlaufend. Leider können wir heute noch nicht grundsätzlich auf Tierversuche verzichten. Dies führt immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten mit den Tierschutzverbänden und Tierversuchsgegnern. Aber auch die Wissenschaft ist heute nicht in der Lage, uns, dem Gesetzgeber, eine eindeutige Regelung vorzugeben. Der größte Teil der Wissenschaft steht auf dem Standpunkt, aus Sicherheitsgründen nicht auf Tests an Tieren verzichten zu können. Im Interesse des Menschen ist es zur Zeit noch unerläßlich, daß neue Substanzen auf ihre Verträglichkeit, Wirkung und Unschädlichkeit geprüft werden. Diese Überprüfung muß jedoch nicht in allen Fällen zwingend in Form von Tierversuchen durchgeführt werden. Auch mit Alternativmethoden können und sollen die Risiken neuer Medikamente und chemischer Substanzen eindeutig und umfassend geprüft werden. Ich denke z. B. an In-vitro-Verfahren, bei denen anstelle von Tieren schmerzunempfindliche Materie eingesetzt wird. Gerade weil ich den Alternativmethoden besonders große Bedeutung zumesse, habe ich mich seinerzeit als Berichterstatter für das Tierschutzgesetz gegen heftigsten Widerstand aus den verschiedensten Richtungen für die Einrichtung der Zentralstelle für Erfassung und Bewertung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch eingesetzt. ({2}) Heute kann ich mit Freude feststellen: Die ZEBET ist auf dem richtigen Weg und wird sich zunehmend bewähren. Bei meinem Besuch in Berlin Anfang des Jahres konnte ich mich persönlich davon überzeugen: Diese Institution hat sich auch in der Wissenschaft einen Namen gemacht. Die hier gesammelten und geprüften Daten werden mittlerweile europaweit abgerufen. Dies darf nicht dazu verleiten, mit dem auf diesem Gebiet Erreichten zufrieden zu sein. Unser Engagement bei der Erforschung und Bewertung von Ersatzmethoden muß weiter verstärkt werden. Meines Erachtens sollte sich die ZEBET schwerpunktmäßig mit der Bewertung von Alternativmethoden befassen. Sie muß intensiv die Brauchbarkeit und Übertragbarkeit solcher Methoden auf ihren praktischen Einsatz überprüfen und für die Praxis abrufbereit halten. Im Bereich der innovativen Erforschung von Alternativmethoden, in dem die ZEBET ebenfalls Erfolge verzeichnen kann, ist hingegen, so meine ich, in verstärktem Maß auch die tierversuchsdurchführende Industrie gefordert. Aus diesem Grund habe ich noch in der vergangenen Woche eine gemeinsame Arbeitstagung anberaumt, an der maßgebliche Vertreter der forschenden Industrie, der Tierschutzverbände und der Regierung teilnahmen. Ich wollte hinterfragen, warum unsere Industrie - im Gegensatz zur amerikanischen - nicht aus eigenem Antrieb intensivere Forschung auf einem Gebiet betreibt, das auch marktwirtschaftlich interessant sein kann. Selbst die vom Forschungsministerium zur Verfügung gestellten Gelder werden nicht in vollem Umfang ausgeschöpft. Bei den Gesprächen wurde seitens der Industrie auf die unterschiedliche Belastung in den europäischen Ländern hingewiesen. Die ungleichen Auflagen führen zu Wettbewerbsnachteilen für die deutschen Unternehmen. Ohne dies abstreiten zu wollen - ich denke, hier sind das Europäische Parlament und die EG-Kommission stärker gefordert -, möchte ich die Industrie jedoch nicht so leicht aus ihrer aus dem Tierschutzgesetz abgeleiteten Pflicht entlassen. Es nutzt den zu Versuchen herangezogenen Tieren nichts, wenn die bei uns nicht mehr zulässigen Versuche einige Kilometer weiter hinter der Grenze durchgeführt werden. ({3}) Das Leid der Tiere bleibt das gleiche. Wenn Europa seinen hohen Standard und seine ethische Bedeutung in der Welt behalten will, können die europäischen Institutionen nicht umhin, sich für die einheitliche Beachtung tierschutzrechtlicher Normen einzusetzen. ({4}) Der konstruktive Verlauf der vorhin erwähnten Arbeitstagung hat mich ermuntert, in regelmäßigen Abständen vergleichbare Zusammenkünfte anzusetzen, um den für eine erfolgreiche Tierschutzpolitik wichtigen Erfahrungsaustausch zu gewährleisten. Denn, meine Damen und Herren, wer Tierschutz ernst nimmt, darf nicht dulden, daß es zum Stillstand der Entwicklung kommt. Nur ein gemeinsames Vorgehen und ein gemeinsames Verantwortungsbewußtsein gegenüber unseren Mitgeschöpfen erbringen ein auch langfristig zufriedenstellendes Ergebnis. An dieser Stelle möchte ich den Tierschutzverbänden und den vielen engagierten Personen meine Anerkennung aussprechen und ihnen im Namen meiner Fraktion für ihren uneigennützigen Einsatz herzlich danken. Die Stiftung zur Erforschung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden hat in den letzten Jahren ihre Arbeit aufgenommen. Bis jetzt sind durch die Stiftung drei Projekte unterstützt worden, die bedeutende tierschutzpolitische Auswirkungen gehabt haben, z. B. die Einführung der In-vitro-Methode zur Gewinnung von Antikörpern, die bei der Diagnostik und Therapie verschiedener Krebsarten Verwendung finden. Dennoch gehen unsere Erwartungen in die Schubkraft dieser Stiftung über das bis heute Erreichte hinaus. Ich hoffe, daß sie ihren Tätigkeitsbereich mit den für dieses Jahr bereits zugesagten finanziellen Mitteln ausweiten wird. Besonders dringlich erscheint mir z. B. die Ablösung des LD-50-Tests zu sein, mit dem die Giftigkeit chemischer Substanzen ermittelt wird, sowie des Draize-Tests, mit dem ätzende Eigenschaften von Substanzen getestet werden. Die Qualen, die die Tiere bei diesen Tests erleiden müssen, sind, so meine ich, nur im äußersten Falle noch vertretbar. ({5}) Mögliche Aufgabenfelder der Stiftung sehe ich jedoch nicht nur im Bereich der Projektförderung. So könnte sie sich z. B. ebenso dafür einsetzen, daß Produkte, die mit Alternativmethoden erforscht wurden, für den Verbraucher kenntlich gemacht werden. Sie könnte Tagungen organisieren, auch auf europäischer und internationaler Ebene. Schließlich darf der Tierschutz als ethische Aufgabe nicht an Deutschlands Grenzen aufhören. ({6}) Im kommenden Jahr wird der Europäische Binnenmarkt vollendet. Doch wie sieht es in Europa mit dem Tierschutz aus? Die Bundesrepublik erfreulicherweise können wir die neuen Bundesländer hier in fast allen Bereichen bereits voll mit einbeziehen - hat im Vergleich zu unseren Partnerländern das höchste Niveau. Besonders vor dem Hintergrund der wegfallenden Grenzen muß die Bundesregierung jedoch auf eine EG-weite Angleichung an eben dieses hohe Niveau drängen. In diesem Zusammenhang begrüße ich die von einer großen Mehrheit getragene Initiative des Europäischen Parlaments, Tierversuche im Bereich der dekorativen Kosmetika EG-weit zu untersagen. Auch bei der Einrichtung des Europäischen Zentrums für Alternativmethoden sind deutsche Vorhaben richtungweisend. ZEBET ist für das europäische Zentrum ein wichtiger Ansprechpartner und hat somit indirekt eine Vorreiterrolle übernehmen können. Mein besonderer Dank gilt dem Leiter der ZEBET, Herrn Prof. Spielmann. Weitere Verbesserungen im Sinne des Tierschutzes sind auch in anderen Bereichen wünschenswert. Leider werden Tiere von einem Teil der Bevölkerung immer mehr wie Wegwerfware behandelt. Einem kurzzeitigen Interesse folgt allzuoft ein absolutes Desinteresse. Die lästig gewordenen Hausgenossen werden dann ins Tierheim abgeschoben. Warum, so frage ich, sollten unsere Gemeinden bei der Bemessung der Hundesteuer nicht so vorgehen, daß sie einen Teil des Aufkommens zur Errichtung und Unterhaltung von Tierheimen verwenden können? Ein besonderes Problem sehe ich im Zusammenhang mit der Heimtierhaltung auch im Züchten und Abrichten von „gefährlichen Hunden" bzw. Kampfhunden. Brauchen wir diese Form der Züchtung überhaupt? - Ich meine, nein. So richtet sich mein Appell an die Länder, im Polizeirecht und im Recht der öffentlichen Ordnung eine Lösung zu suchen, die die Abrichtung zu Aggression grundsätzlich unterbindet. Der Forderung nach einer Verankerung des Schutzes von Tieren vor Mißbrauch durch Aggressionszüchtung und Aggressionsdressur im Tierschutzgesetz stelle ich die Überlegung entgegen, daß es sich hierbei primär nicht um ein Problem des Tierschutzes handelt, sondern vielmehr um die Abwehr von Gefahren für den Menschen. Im Bereich der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung müssen wir leider - bezogen auf den Tierschutz in Europa - große Ungleichheiten zum Nachteil der deutschen Landwirtschaft feststellen. Ein einheitlicher Wirtschaftsraum verlangt auch vergleichbare Auflagen. Da uns ethische Gründe zum Tierschutz verpflichten, sollte sich das Europäische Parlament am höchsten Standard eines Mitgliedslandes orientieren. Die Bundesregierung muß sich vehement dafür einsetzen, daß für Tiertransporte EG-weit konkrete Regelungen getroffen werden. Sie haben sicherlich noch die schlimmen Bilder vor Augen, die entstanden, als streikende Zöllner Tiertransporte am Brenner festsetzten. So etwas darf es in Europa nicht wieder geben! Ich ersuche deshalb die Bundesregierung erneut, das Thema „Tiertransporte bei Streik an den Grenzen" auf europäischer Ebene zum Verhandlungsgegenstand zu machen. Denn ich habe kein Verständnis dafür, daß Tiere durch oft tagelange Transporte unnötig leiden müssen. ({7})

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Herr Kollege Michels, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Meinolf Michels (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001502, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Mir wurde gesagt, daß die Rede zwei Minuten länger dauern kann. ({0}) Außerdem ist mir an einer Fortschreibung der technischen Ausstattung der Transportmittel auf den jeweils neuesten Stand gelegen. Ich denke z. B. an den Einbau von Selbsttränken, wie sie bei Tiertransporten in Großbritannien bereits häufig vorzufinden sind, wenn diese über eine gewisse Dauer hinausgehen. Dies allein ist aber noch nicht ausreichend. Die mit dem Transport beauftragten Personen sollten einen Sachkundenachweis erbringen, der ihre Befähigung im Umgang mit den Tieren gewährleistet. Zur landwirtschaftlichen Nutztierhaltung gehört naturgemäß auch die Schlachtung. Auch hierfür gibt das Tierschutzgesetz den nötigen Rahmen. Durch Verordnungen und Kontrolle haben die Regierungen die Möglichkeit, die Praxis auf den Schlachthöfen positiv im Sinne des Tierschutzes zu beeinflussen. Ich halte es für unerläßlich, daß die Betäubungsgeräte einer jährlichen technischen Überwachung unterzogen und die Schlachthöfe mehrmals im Jahr kontrolliert werden. Die Regierung muß von ihrem Recht Gebrauch machen, bestimmte Betäubungsverfahren näher zu regeln. Betäubungsgeräte dürfen nicht jahrelang ohne Prüfung ihrer Funktionsfähigkeit eingesetzt werden. Sie sollten wenigstens einmal im Jahr von einer technischen Überwachungsstelle überprüft werden. Darüber hinaus müssen mehrmals im Jahr unangemeldete Kontrollen auf den Schlachthöfen durch amtliche Stellen durchgeführt werden. Ich hoffe, daß ich Ihnen, meine Damen und Herren, verdeutlichen konnte, daß wir beim Tierschutz keine Tabus kennen. Weitere Verbesserungen sind im Rahmen des bestehenden Gesetzes möglich. Ich appelliere an die Verantwortlichen von Bund und Ländern, einen auf die Tiere bezogenen Vollzug des Tierschutzgesetzes sicherzustellen, so daß bei der Vorlage des nächsten Tierschutzberichtes über eine weitere Verbesserung bezüglich der von mir angesprochenen Punkte berichtet werden kann.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Herr Kollege Michels, jetzt haben Sie die zusätzlichen zwei Minuten schon weit überschritten.

Meinolf Michels (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001502, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Dann komme ich zum Schluß. - Meine Damen und Herren, ich verspreche Ihnen, daß sich meine Fraktion auch zukünftig für eine konsequente Umsetzung des bestehenden Tierschutzgesetzes einsetzen und ihre Möglichkeiten nutzen wird, um zu EG-weiten Verbesserungen des Tierschutzes zu gelangen. Denn wer die Tiere liebt, der liebt auch die Menschen. ({0})

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Meine Damen und Herren, wenn ich Sie erinnere, daß die Zeit abgelaufen ist, bitte ich Sie doch herzlich, nur noch einen Satz zu sprechen und nicht einen Absatz des Manuskripts zu verlesen. Das geht auf Kosten der anderen. Als nächster Rednerin erteile ich das Wort der Kollegin Dr. Ursula Fischer.

Dr. Ursula Fischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000557, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Der Tierschutzbericht der Bundesregierung vermittelt eine Reihe zwar sehr konkreter Informationen zur Situation auf diesem Gebiet und läßt zugleich erkennen, in welchen Fragen zukünftig Handlungsbedarf besteht. Ich möchte allerdings auf diese nicht mehr gesondert eingehen, da das in einigen der heutigen Debattenbeiträge bereits hinreichend geschah. Nur eine kleine Anmerkung: Was mich an der ganzen Debatte innerlich sehr bewegt, ist die Berner-kung meines Kollegen von der CDU, daß Tiere als Mitgeschöpfe anerkannt sind. Das ist für mich ein sehr philosophisches Problem; denn für mich ist der Mensch ein Teil des Ganzen. Das hat auch Robert Havemann schon gesagt. Ich habe allerdings den Eindruck, daß ein „Teilchen des Teils" das Ganze bestimmt, dann Tierschutzgesetze usw. macht, die allerdings auch nötig sind. ({0}) - Ich habe das ganz anders gemeint. Ich sehe, Sie haben nicht verstanden, was ich eigentlich sagen wollte. Das bedauere ich. ({1}) Grundsätzlich ist für die Gruppe der PDS/Linke Liste und für mich persönlich, da ich mich als Ärztin ganz besonders dem Humanismus verpflichtet fühle ({2}) - Sie werden es nicht glauben, aber es ist so , der Tierschutz ein Gradmesser dafür, wie humanistisch eine Gesellschaft tatsächlich ist. Allerdings wird eine Gesellschaft für mich dann unglaubwürdig, wenn sie z. B. auf dem Gebiet des Tierschutzes mehr tut, als für Menschen getan wird. ({3}) Ich sage nicht, daß das so ist, allerdings gebe ich das an dieser Stelle zu bedenken. Man sieht ja, in welche Richtung alle Reden über Sozialabbau, Sparmaßnahmen usw. gerade auf dem Gebiet des Gesundheitswesens gehen. Ich brauche dazu eigentlich nicht mehr zu sagen. Es ist für mich ein trauriges Kapitel bundesdeutscher Realität, daß Tiere oftmals besser behandelt werden als Menschen. ({4}) Ich möchte hier nur auf die Obdachlosen, die auch im Hauptbahnhof der Altbundeshauptstadt Bonn campieren - ich bin heute früh daran vorbeigegangen -, verweisen. Oder ein anderes Beispiel: Eine ganze Industrie produziert exquisite Futtermittel für Haustiere in breiter Palette und blitzender Verpackung und macht Reklame für das Verwöhnen der „kleinen Lieblinge". Das stößt mir, die ich in Entwicklungsländern arbeitete und lebte, mehr als sauer auf. Hunde und Katzen werden besser versorgt als Menschen. ({5}) Damit habe ich nicht gesagt, daß ich meine, daß die Tiere nicht versorgt werden sollen. Weil das so ist und nicht so bleiben darf, halte ich einmal einen ganz anderen Beitrag. Damit ich richtig verstanden werde: Auch ich bin natürlich dafür, daß Haustiere, land- und forstwirtschaftliche Nutztiere tierschutzgerecht gehalten und versorgt werden. Aber darüber hinaus darf man die anderen Probleme, die die kapitalistischen Industriestaaten mit sich bringen, natürlich nicht vergessen. ({6}) - Ich bin immer wieder begeistert, daß Sie darauf reagieren; das macht mir echt Spaß. Mit Blick auf die Situation in den neuen Bundesländern - das ist hier überhaupt nicht angesprochen worden - muß ich anmerken, daß sich angesichts der Bonner Agrarpolitik in Bälde, wenn es nicht zur Kurskorrektur kommt, kaum noch jemand ernsthaft Gedanken darüber zu machen braucht, ob auch die Schweine und Rinder tierschutz- und EG-gerecht gehalten werden. Der Rückgang der Tierbestände und damit der Verlust an Produktions-, Beschäftigungs- und Einkommenskapazität ist verheerend. Heute, knapp zwei Jahre nach der Währungsunion, gibt es gegenüber dem Zustand vorher nur noch 57 der Rinder, 39 % der Schweine und 31 % der Schafe. Es hat durchaus etwas mit dem Thema Tierschutz zu tun, wenn einerseits konstatiert wird, daß in nicht wenigen Fällen Tiere im Osten unter ungünstigen Bedingungen gehalten werden, aber andererseits der Rückgang der Tierbestände nicht etwa so erfolgt, daß die unwürdigsten Ställe ausgesondert und die besten erhalten bleiben; so etwas wäre logisch. Die Betriebszusammenbrüche richten sich nicht nach den Kriterien des Tierschutzes. So wurden leider auch Stallungen mit besten Bedingungen aus ganz anderen Gründen aus der Produktion genommen. ({7}) Ein Wort zur viel geschmähten industriemäßigen Tierhaltung: Des öfteren sind im Fernsehen Berichte zur Käfighaltung von Hühnern zu sehen. Ich bin die letzte, die diese Art und Weise der Tierhaltung verteidigen will. Auch angesichts der EG-Agrarüberschüsse kann man die Frage stellen, ob diese äußerst produktive Haltungsform zur Ernährungssicherung tatsächlich noch notwendig ist. Das scheint wohl die grundsätzliche Frage zu sein. Nur muß man diese Frage dann komplex behandeln und darf sie nicht ahistorisch diskutieren wie bisher. Ich weiß aus DDR-Zeiten, daß die industriemäßige Produktion eigentlich bei allen Produkten unter dem Strich nicht die erhofften Effizienzgewinne gebracht hat. ({8}) Deshalb mußten auch die Erzeugerpreise für Tierprodukte periodisch erhöht werden. ({9}) Im Staatshaushalt wuchsen Subventionen für billige Lebensmittel ins Unermeßliche. Es gab aber eine Ausnahme: Das waren die Eier. Hier mußten die Erzeuger sinkende Preise in Kauf nehmen, weil die Form der Käfighaltung tatsächlich effizienter war: höhere Legeleistung, niedrigere Kosten. Ich möchte damit nur sagen, daß es für mich so erscheint, daß es gerade eine Folge der Preisbildung ist und daß eigentlich überhaupt nicht an die Art und Weise der Erzeugung gedacht wird. Die Art und Weise der Tierhaltung muß EG-weit, ja weltweit geregelt werden. ({10}) Tierschutz muß sich allerdings auch auf die sogenannten Wildtiere erstrecken. In diesem Zusammenhang gibt es ja auch ein paar Probleme. Gerade in unserer Industriegesellschaft wurden sie immer mehr an den Rand gedrängt. Ganze Arten sind ausgestorben bzw. sind vom Aussterben bedroht. ({11}) Das stimmt. Es wird noch anders werden. - Deshalb findet unsere volle Unterstützung, daß der Umbruch in der Agrarproduktion Ostdeutschlands auch dazu zu nutzen ist, die bereits in der Volkskammer initiierten Landschafts- und Naturschutzgebiete - insbesondere die Biotope - zielstrebig zu entwikkeln und zu fördern. Hier haben wir einiges aufzuweisen, obwohl wir angeblich sonst ja nicht sehr viel aufzuweisen haben. Die Zahl der Störche, die besonders in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und der Altmark ihre Horste haben, beeindruckt selbst westdeutsche Tierschutzexperten. Ich erwähne das nur deshalb, weil solche Dinge leider immer sehr aus dem Blickfeld geraten und infolge von Autobahnbau und allen möglichen anderen Dingen extrem gefährdet sind. ({12}) Auch der Besatz an Hasen und Rehwild in den Feldfluren der neuen Länder ist deutlich höher als der in den alten Bundesländern, und das trotz oder vielleicht doch gerade wegen der genossenschaftlichen Bewirtschaftung. Aktueller Tierschutz muß solche Entwicklungen mit einbeziehen und dafür Sorge tragen, daß Erhaltenswertes auch erhalten bleibt. In bezug auf das Wild herrscht darüber wohl breiter Konsens. Lassen Sie mich noch einige Gedanken zur Biotechnologie und zur Gentechnologie verlieren. Natürlich ist es für eine Reihe von Wissenschaftlern faszinierend, auszuprobieren, durch welche genetische Manipulation bestimmte Merkmale, vor allem Leistungsmerkmale so zu verändern sind, daß zum Teil ganz neue Tiere entstehen. So geisterte vor einiger Zeit die Turbo-Maxi-Kuh durch die Presse. Wir, die PDS/ Linke Liste, sind für klare gesetzliche Bestimmungen, inwieweit Bio-Gentechnologie ethisch vertretbar eingesetzt werden darf. Allein der Leistungssteigerung und damit der Gewinnmaximierung darf eine solche Entwicklung auf keinen Fall dienen. Was die Bekämpfung von Krankheiten und Seuchen anbelangt, so muß man die Dinge wohl etwas anders sehen. Ich denke dabei besonders an die Dritte Welt, wo jährlich durch immer wieder grassierende Tierseuchen Hungersnöte ausgelöst werden. Das Thema Tierschutz läßt sich überhaupt sehr gut mit dem Welternährungsproblem verbinden. Die Ausrottung vieler Arten und Bestände hat ihre Ursachen nicht zuletzt auch im Kolonialismus und in den Hinterlassenschaften von Monokulturen, einseitiger Plantagebewirtschaftung und in der nach wie vor praktizierten Ausbeutung der Völker der Dritten Welt - dazu stehe ich auch; man könnte auch einiges zu den GATT-Verhandlungen sagen -, ganz zu schweigen von bestimmten Modeartikeln, die, entgegen jeglichen Tierschutzinteressen, nach wie vor international gehandelt werden und große Gewinne versprechen. Meine Damen und Herren, mit dem Einigungsvertrag wird auch das Veterinär- und Tierschutzrecht der beiden deutschen Staaten geregelt. Für viele in der DDR existierende Regelungen sind im Einigungsvertrag Übergangsregelungen und Fristen eingeräumt worden. Ich möchte hier nur daran erinnern, daß diese Fristen unbedingt erforderlich sind. In nicht wenigen Fällen sind umfangreiche Investitionen erforderlich, weil vor allem für größere Anlagen äußerst scharfe Bestimmungen formuliert werden. Wir sind für diese Regelungen, fordern aber gleichzeitig ein, daß auch die Zeit gegeben werden muß, um diese Dinge zu regeln. Haupthemmnisse sind dabei nach wie vor ungeklärte Eigentumsfragen, eine nach wie vor schleppende Treuhandarbeit und die nicht zufriedenstellende Lösung der Altschuldenproblematik, die vor allem Tierproduktionsbetriebe wegen der mangelnden Kreditbereitschaft der Banken gegenüber der Landwirtschaft betrifft. Aktiver Tierschutz muß ein gesamtgesellschaftliches Anliegen sein, nicht nur die Forderung einiger - wenn auch vieler - Enthusiasten. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. ({13})

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Das Wort hat der Kollege Günther Bredehorn.

Günther Bredehorn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000256, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bundesregierung gibt uns mit der Vorlage des zweiten Tierschutzberichts eine gute Grundlage für unsere weitere Arbeit und für Entscheidungen im Bereich der Tierschutzpolitik. Erfahrungen und Anregungen der Bundesländer sind umfassend dokumentiert. Verstöße im internationalen Raum wurden aufgelistet. Im überaus sensiblen Bereich der Tierversuche werden erstmals Angaben über die Anzahl der Versuche und der Versuchstiere gemacht, so daß damit die Basis für eine Erfolgskontrolle über den Einsatz von Alternativmethoden gegeben ist. Dieser Tierschutzbericht bietet Transparenz und dient gleichermaßen als Nachschlagewerk wie auch als Sachstandsbericht. Ich empfehle die Lektüre allen, die mit Tierschutz umgehen und sich verantwortlich fühlen. Unsere Bürger haben ein Anrecht darauf, zu erfahren, was wir in diesem Bereich erreicht haben und weiter tun wollen. Ich bin deshalb froh, daß es mir gelungen ist, diesen Tierschutzbericht davor zu bewahren, ohne Debatte hier im Hohen Hause in den Bundestagsakten zu verschwinden. Erst nachdem ich massiv gedrängt hatte, kam es im Ausschuß zu der entsprechenden Beschlußfassung. Die Vorlage des Tierschutzberichtes durch die Bundesregierung liegt doch schon erhebliche Zeit zurück; vielleicht können wir in Zukunft hier etwas aktueller diskutieren. ({0}) Der zweite Tierschutzbericht der Bundesregierung ist eine gelungene Berichterstattung über alle Themenbereiche, gibt wertvolle Informationen über Aktivitäten im Bereich des Tierschutzes und ist eine gute Grundlage für die Fortentwicklung der Tierschutzpolitik. Dabei hat sich das ab 1. Januar 1987 in Kraft befindliche novellierte Tierschutzgesetz nach meiner Überzeugung durchaus bewährt. Allerdings gibt es beim Vollzug des Gesetzes insbesondere durch die Bundesländer noch Defizite. Vor allem Mißstände beim Transport der Tiere und auf den Schlachthöfen werden nicht genügend geahndet. Insgesamt ist festzustellen: Unser geltendes Tierschutzgesetz ist weltweit beispielhaft und schützt die Tiere als unsere Mitgeschöpfe. Der vorliegende SPD-Antrag auf Drucksache 12/781 ist meines Erachtens wenig konstruktiv und geht zudem im Bereich der Nutztierhaltung noch von falschen Voraussetzungen aus. ({1}) Sie haben schlicht übersehen, daß wichtige Teile des Antrages bereits erfolgreich umgesetzt oder durch Beschlüsse in Brüssel längst auf den Weg gebracht worden sind. Auch die generelle Verteufelung moderner landwirtschaftlicher Nutztierhaltung ist nicht sachgerecht. In Ausführung des Tierschutzgesetzes haben wir eine Legehennenverordnung, eine Schweinehaltungsverordnung und eine Kälberhaltungsverordnung erlassen. In diesen Verordnungen sind genaue Mindesterfordernisse für die Haltung von Nutztieren vorgeschrieben. Das führt natürlich auch dazu, daß die Landwirte bei uns, wenn wir diese Bestimmungen denn umsetzen, höhere Auflagen hinnehmen müssen als die Kollegen in den übrigen Staaten der EG. Deshalb auch noch einmal ein Appell an die Bundesregierung, massiv dafür zu sorgen, daß dieses vorbildliche Tierschutzrecht auch in Europa gemeinsam umgesetzt wird. Da gibt es viele unterschiedliche Meinungen wenn ich allein an den Streit um die Abmessungen der Käfige bei Legehennen denke - in anderen Ländern. Wie gesagt, die Regierung ist aufgefordert, zu versuchen, diese Dinge auch im EG-Agrarministerrat durchzusetzen. Im Bereich der Schweinehaltung, bei der Rinder- und Kälberhaltung gibt es eben noch keine klaren Aussagen, wann mit EG-weit gültigen Vorschriften und Regelungen zu rechnen ist. Die Hinhaltetaktik einiger Mitgliedstaaten mit dem Ziel, für sich tierschutzpolitisch ein möglichst niedriges Niveau zu erreichen, muß energisch durchkreuzt werden. Es muß der Grundsatz gelten: gleiches Recht für alle, und dies möglichst schnell. In ihrem Antrag kritisiert die SPD weiterhin, daß auf Grund ökonomischer Zwänge bei der Konzentration von Tierbeständen in zunehmendem Maße gegen das Gebot artgerechter Tierhaltung verstoßen wird. ({2}) - Nein, Sie müssen auch einmal sehen, welche erheblichen Verbesserungen durch die Novellierung des Tierschutzgesetzes und den Erlaß der entsprechenden Haltungsverordnungen für landwirtschaftliche Nutztiere erreicht worden sind. ({3}) Lassen Sie mich einige Beispiele aufzählen: Der Verbraucher honoriert inzwischen Gott sei Dank Eier aus Freilandhaltung oder Fleisch von Scharrelschweinen. Landwirte nutzen inzwischen diese Marktlücken und setzen Maßstäbe für gleichzeitig wirtschaftliche und in hohem Maße tierschutzgerechte Haltungsformen. ({4}) Auch bei der Kälbermast haben wir auf gewisse Fehlentwicklungen reagiert und in der Kälberhaltungsverordnung genaue Vorschriften erlassen, die umgesetzt werden müssen, wobei wir natürlich auch an die Verbraucher appellieren müssen, nicht nur das weiße Kalbfleisch, sondern auch das ganz natürliche zu kaufen. ({5}) - Das ist eine Aufgabe für uns. ({6}) Diese Verordnungen die wir auf den Weg gebracht haben, stoßen bei den Landwirten nicht nur auf Zustimmung, weil sie ganz erhebliche Investitionen erfordern und natürlich auch eine Übergangszeit notwendig ist. Die landwirtschaftliche Nutztierhaltung steht im übrigen zu Unrecht in Mißkredit. Massentierhaltung ist zu einem Schlagwort geworden. Kein Mensch kann aber genau sagen, was darunter zu verstehen ist. Ich nenne einmal ein Beispiel. Ich kennen mich im Milchviehbereich gut aus. Ich kann feststellen, daß Milchkühe in größeren Beständen im Laufstall sehr viel artgerechter untergebracht sind als zu vieren oder fünfen oder sechsen in kurzen, dunklen und feuchten Anbindestellen. ({7}) Sie haben die großen Tierhaltungen auch angesprochen, Frau Adler. Ich kann Ihnen nur sagen: Im Vergleich zu dem, was wir früher in den kleinen Ställen erlebt haben, stehen die Tiere heute im Laufstall wie im Tiersanatorium. Es ist ein gewaltiger Unterschied. Es hat nicht nur damit zu tun, wie die Betriebsstruktur ist. Es können durchaus moderne, fortschrittliche Betriebe sein. Das wollte ich deutlich machen. Wir merken es auch an anderer Stelle: Tierarztkosten, Tierausfälle und Tierkrankheiten sind in der modernen Landwirtschaft ganz erheblich zurückgegangen. Auch das ist ein Stück Tierschutz. Ein Schwerpunkt der tierschutzpolitischen Auseinandersetzungen sind die Tierversuche. Der zweite Tierschutzbericht enthält erstmals Angaben über die Zahl der Versuchstiere. Während im Jahr 1989 noch 2,64 Millionen Versuchstiere gebraucht wurden, fiel die Zahl für 1990 auf 2,37 Millionen zurück. Das ist immerhin ein Rückgang von 10 %. Wir sind durchaus auf dem richtigen Weg. Dies muß nur noch weiterverfolgt und deutlicher werden. Von den Versuchstieren sind 82 % Nager - die meisten davon Mäuse und Ratten - und 11 % Fische. Bezogen auf den Versuchszweck ist zu sagen, daß die meisten Versuchstiere, nämlich 1,4 Millionen, für die Entwicklung und Prüfung von Arzneimitteln gebraucht wurden. Dazu hat der Bundestag entsprechende gesetzliche Vorlagen erlassen. 1986 waren es noch 2,2 Millionen Versuchstiere. Auch hier gibt es einen Rückgang. Wir werden weiterhin darauf dringen müssen, die Tierversuche zu reduzieren. Das ist eine Daueraufgabe für uns. Dennoch dürfen wir uns nicht der Illusion hingeben, ganz ohne Tierversuche auszukommen. Unsere Ansprüche an immer bessere und sichere Arzneimittel, die Hoffnung, eines Tages auch die Immunschwächekrankheit Aids durch Schutzimpfung in den Griff bekommen zu können, gründet darauf, daß die biomedizinische Forschung weiterhin entsprechende Fortschritte erzielt. Wir müssen also beides tun: die Anzahl der Tierversuche weiter senken und alle Anstrengungen unternehmen, praxisreife Alternativmethoden zu entwikkeln, damit insbesondere Katzen, Hunde, Primaten und andere landwirtschaftliche Nutztiere nur noch in den seltensten und nur in ganz besonders begründeten Fällen für Tierversuche herangezogen werden. Es gibt erfolgreiche tierversuchsparende Testverfahren, und es gibt ausreichende Forschungsmittel hierfür. Im Haushalt des Bundesministeriums für Forschung und Technologie sind für den Zeitraum von 1990 bis 1993 mehr als 40 Millionen DM hierfür vorgesehen. In diese Richtung muß die Entwicklung beschleunigt gelenkt werden. Auch der Spielraum des Gentechnikgesetzes muß weit mehr als bisher genutzt, weiter erprobt und gegebenenfalls durch eine entsprechende Novelle erweitert werden. Das Töten von Tieren oder auch nur belastende Eingriffe zu Lehrzwecken an den Universitäten müssen möglichst durch die Verwendung von Schlachthofpräparaten oder technische Hilfsmittel wie Computersimulation oder Videofilme ersetzt werden. Wir sind das einzige Land auf dieser Erde, das eine staatliche Einrichtung zur Erfassung und Bewertung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch besitzt. Diese Einrichtung, ZEBET, ist ein sehr geeignetes Instrument zur Verringerung von Tierversuchen und muß daher weiter unterstützt werden. Die Bilder in den Medien über die schrecklichen Mißstände bei den Tiertransporten auf den Straßen und Schienen Europas waren entsetzlich und haben uns alle wachgerüttelt. Meine Partei, insbesondere auch der Bundesvorsitzende, haben sich nach dem Zöllnerstreik an der italienisch-jugoslawischen Grenze, als das Tierschutzrecht buchstäblich mit Füßen getreten wurde, bei der Bundesregierung und in Brüssel bei der EG-Kommission für eine Verbesserung der Vorschriften und eine wesentlich striktere Durchsetzung geltenden Rechts eingesetzt. Diese Aktion war erfolgreich. Aber es muß noch zu weiteren Verbesserungen kommen, die hoffentlich eingeleitet werden, wenn die EG-Kommission Mitte dieses Jahres den von der Bundesregierung angeforderten Bericht vorlegt. Wir fordern, daß Schlachtviehtransporte nicht länger dauern als ein angemessenes Futter- und Trinkintervall. Als Obergrenze halten wir zwölf Stunden für richtig. Die Transporte müssen von sachkundigem Personal begleitet werden. Bei erkennbaren Verzögerungen durch Streiks, Grenzblokkaden oder Staus müssen diese Transporte zur Versorgung und Abfertigung Sonderrechte enthalten. Die Kontrollen müssen verschärft und Verstöße entsprechend geahndet werden. Das seit dem 1. Januar 1987 geltende novellierte Tierschutzgesetz hat sich grundsätzlich bewährt. Wenn es jetzt im Bundesrat Anträge zur Änderung des Tierschutzgesetzes gibt und wenn dieser Wunsch auch von verschiedenen Tierschutzverbänden an uns herangetragen wird, werden wir diese Vorschläge sehr sorgfältig prüfen und, wenn es notwendig und vernünftig ist, durchaus auch etwas übernehmen. Eine übergeordnete Zielsetzung wird meine Fraktion im vom Deutschen Bundestag Anfang dieses Jahres eingesetzten Verfassungsausschuß jedenfalls verfolgen. Wir werden uns dafür einsetzen, daß zur Aufwertung von Umweltschutz und Tierschutz die Verantwortung des Menschen für die Bewahrung der Schöpfung Eingang in das Grundgesetz findet. Abschließend möchte ich feststellen: Die verschärften Genehmigungsverfahren für Tierversuche, die Beteiligung der beratenden Tierschutzkommissionen und des Tierschutzbeauftragten bei Genehmigungsverfahren, die Versuchstiermeldeverordnung und die stärkere Nutzung bestehender Datenbanken, die Anwendung der verschiedenen Tierhaltungsverordnungen und die strikte Anwendung des Tierschutzgesetzes bringen eine Verringerung der Tierversuche und werden dazu führen, daß Tieren weniger Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden. Kritisch möchte ich hier allerdings auch anmerken und darum sollten wir uns dann kümmern -: In den alten Bundesländern fehlen immer noch ausreichende personelle und materielle Voraussetzungen für den Vollzug dieses Gesetzes. In den neuen Bundesländern spielt der Tierschutz noch eine untergeordnete Rolle. Hier müssen wir in den nächsten Jahren unser Gesetz dann auch umsetzen. Die immer noch bestehenden Mißstände - das ist auch schon angesprochen worden - auf Schlachthöfen und beim Betäuben von Schlachttieren müssen umgehend behoben werden. Ich möchte mich beim Bundeslandwirtschaftsministerium für die Vorlage des zweiten Tierschutzberichtes bedanken. Dieser Bericht soll uns über Stand und Entwicklung des Tierschutzes in der Bundesrepublik Deutschland informieren und uns für Fragen und Probleme sensibilisieren. Tierschutz ist nicht nur eine Sache der Politik. Hier kann und sollte jeder einzelne seinen Beitrag leisten, seine Verantwortung für das Tier als Mitgeschöpf wahrnehmen und dessen Leben und Wohlbefinden schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen. Ich bedanke mich. ({8})

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Das Wort hat der Kollege Horst Sielaff.

Horst Sielaff (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002172, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Reden hören sich alle sehr schön an, nur fürchte ich, daß zwischen Theorie und Praxis doch eine Kluft ist, die hier und da aufgezeigt werden sollte. ({0}) - Nein, Herr Hornung, ich habe den Eindruck, daß es auch in Ihren Reihen - auch in dem, was ich eben von Herrn Bredehorn gehört habe - theoretisch gute und richtige Ansätze gibt, die wir alle unterschreiben. Aber man fragt sich natürlich: Wo bleiben denn Ihre konkreten Anträge, um in dieser Richtung das Tierschutzgesetz zu verbessern? Sie bringen lediglich Entschließungen, Absichtserklärungen und ähnliches ein. Ich meine schon, daß zwischen Theorie und Praxis, Herr Bredehorn, durchaus eine Kluft für diejenigen, die diese Debatte hier verfolgen, erkennbar ist. ({1}) Meine Damen und Herren, die Auffassungen über unser Verhältnis zum Tier bewegen sich heute noch zwischen zwei Extremen: dem traditionellen, vom „Macht euch die Erde untertan! " geprägten, vermeintlich unbeschränkten Verfügungsanspruch über unsere Mitgeschöpfe einerseits und der rigorosen Forderung, alle Lebewesen als gleichrangig anzusehen und das Gebot „Du sollst nicht töten" auf alles Lebendige anzuwenden andererseits. Es ist sicherlich richtig: Die Bundesrepublik Deutschland hat ein Tierschutzgesetz, das in vielen Bereichen besser ist als entsprechende Gesetze in anderen Ländern, wo beispielsweise die Jagd auf aussterbende Tierarten noch zum Volkssport gehört. Ich denke da z. B. an Belgien oder Italien, wo Singvögel nach wie vor in großangelegten Aktionen gefangen bzw. auch getötet werden, oder auch an die Insel Malta, wo aus dem gleichen Grund selbst im Frühling kaum noch eine Vogelstimme zu hören ist. Ich erkenne auch an, Herr Kiechle, daß die Bundesregierung bemüht ist, Tierversuche zu reduzieren, in einigen Bereichen die Tierhaltung zu verbessern und Tiertransporte erträglicher zu machen. Nur, ich meine, das Bemühen allein reicht nicht aus. Im Grunde werden nur Symptome behandelt, Herr Bredehorn, nicht jedoch die Ursachen all dieser Mißstände im Umgang mit den Tieren wirklich tatkräftig bekämpft. ({2}) Die Diskussion darüber, ob der Tierschutz Verfassungsrang erhalten soll, ist deshalb meine ich - berechtigt, und ich begrüße ausdrücklich, daß die Tierschutzkommission beim Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten im Juni 1990 einstimmig dafür votiert hat, an geeigneter Stelle im Grundgesetz, z. B. in der Präambel, die Verantwortung für die Bewahrung der Schöpfung zu verankern. Dafür haben heute bisher alle Vertreter der Parteien plädiert, und ich hoffe, daß wir das auch schaffen. Die in § 1 des Tierschutzgesetzes festgeschriebene Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf, dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen ist, reicht nicht aus. Dies, so meine ich, belegen auch der Tierschutzbericht 1991 und die Beschlußempfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten eindrucksvoll. Die vielen Ausnahmeregelungen höhlen den § 1 des Gesetzes immer wieder aus. Wir haben das wiederholt von verschiedenen Seiten gehört. Wir Sozialdemokraten wollen durch weitere Schritte einer verbesserten Gesetzgebung näherkommen. Deshalb haben wir auch den Antrag „Für einen ethisch verantwortbaren Umgang mit Tieren" gestellt. Obwohl, meine Damen und Herren, auch die Regierungskoalition ausdrücklich zahlreiche Mängel, insbesondere auch im Vollzug des Tierschutzgesetzes, feststellt, ist sie dennoch offensichtlich für von uns vorgelegte verbesserte Lösungen zur Zeit - leider, so sage ich - nicht zugänglich. Meine Damen und Herren, solange das Sein des Menschen rein anthropozentrisch verstanden wird, sich der Mensch also in den Mittelpunkt der Schöpfung stellt und sich nicht als ein Teil von ihr bzw. als Mitgeschöpf versteht, kann die eigentliche Zielsetzung des Tierschutzgesetzes nicht erreicht werden. Auch Sie, Frau Dr. Fischer, waren, so glaube ich, von dieser anthropozentrischen Auffassung befangen. Ihre Theorie und Ihr Anfang waren richtig, aber in der Konsequenz sind Sie dem dann, so meine ich, nicht gefolgt. Äußerungen wie „Kümmert euch mehr um die Kinder der Welt als um die Tiere!" oder „Was sind schon ein paar getötete Tiere angesichts der drängenden Probleme der Menschheit?" sind Ausdruck eines fehlgeleiteten Denkansatzes, der in der abendländischen Philosophie eine weit zurückreichende Tradition hat. Ich erinnere an Cicero, für den der gesamte Vorrat der Natur nur der Menschen wegen da war, oder an Descartes, der zwischen Maschine und Tieren eigentlich keinen Unterschied sah und Tiere damit zu reinen Automaten erniedrigte. Spinoza, Fichte und andere waren ebenfalls der Auffassung, das Tier sei allein zum Gebrauch und Nutzen des Menschen da. Ich zitiere Fichte, der gesagt hat: „Die Wildheit muß überall der Kultur weichen" . Ich meine, es ist gut, daß wir heute bemüht sind, diesen Denkansatz zu überwinden. Dieses Denken hat das Weltbild Europas bis heute geprägt und hinterläßt seine abstoßenden und schöpfungsverachtenden Spuren überall in unserem Leben. Eine davon sind die sogenannten Aggressionszüchtungen und Aggressionsdressuren bei Hunden. Aber auch in vielen anderen Bereichen der Tierhaltung und Tierzüchtung sind massive Zweifel an ihrer Vereinbarkeit mit dem Prinzip der Mitgeschöpflichkeit angebracht. Meine Damen und Herren, wir sollten nicht so tun, als ob diejenigen, die für die Aggressionszüchtungen sind, alle dumme Menschen seien. Ich glaube, daß hier der Denkansatz in der Tat von dem alten Weltbild geprägt ist und wir von daher mit diesen Menschen reden und ihnen deutlich machen müssen, daß dies nicht im Interesse unseres Gesetzes steht. Mehr denn je ist es heute an der Zeit, auf dieses drastische Beispiel menschlicher Ignoranz gegenüber der Schöpfung hinzuweisen. Den eigentlichen hehren Zielen des Tierschutzgesetzes kann jedenfalls mit dieser anthropozentrischen Geisteshaltung, wie ich meine, nicht entsprochen werden. Auch der Verweis auf die Wettbewerbsfähigkeit, der auch heute hier immer wieder vorgebracht wird, zeigt, wie § 1 des Tierschutzgesetzes in seiner Substanz immer wieder zumindest in Frage gestellt wird. Einige Bundesländer - ich möchte hier vor allem Niedersachsen und Baden-Württemberg nennen - haben in der letzten Zeit teilweise - Frau Adler hat darauf hingewiesen - weitgehende Vorstöße zur Verbesserung eklatanter Schwachstellen des Tierschutzes unternommen. Hier ist es nun dringend erforderlich, daß Bundesrat und Bundesregierung an einem Strang ziehen, damit die Länder ihre umfangreichen Verbesserungsvorschläge zum Wohl von Millionen von Tieren, seien es Haus- oder sogenannte Nutztiere, schnellstmöglich beschließen können. Hierbei sind die Länder natürlich auch aufgefordert, ihre Kompetenzen voll auszuschöpfen. Der Tierschutzbericht ruft einige Mängel des Tierschutzgesetzes wieder ins Gedächtnis. So ist es, meine Damen und Herren, völlig unbefriedigend, daß bei fast einem Drittel aller Tierversuche nicht näher bezeichnete Versuchsarten durchgeführt werden. Eine Aufschlüsselung dieser Versuche ist, Herr Kiechle, dringend nötig. Wir erfahren, daß immer noch 2,64 Millionen Wirbeltiere 1989 bei Tierversuchen eingesetzt wurden. Fast 1 500 Tiere wurden 1989 in Versuchen der Bundeswehr mißbraucht. Dabei sind die im Auftrag des Verteidigungsministeriums in zivilen Einrichtungen durchgeführten Versuchsforschungen nicht aufgeführt. Hier dürfte eine nicht unerhebliche Zahl von Tieren hinzukommen. Es ist gut und richtig, wenn von der Regierungskoalition gesagt wird, Tierversuche für den Krieg seien verboten. Aber gleichzeitig, Herr Michels, führt die Bundeswehr diese Versuche durch. Ich frage: Wozu denn das? Weiterhin mit erheblichen Unklarheiten behaftet ist z. B. die Jagdhundeausbildung, die in der Bundesrepublik zum Teil immer noch an lebenden, flugunfähig gemachten Enten durchgeführt wird. Selbst der Tierschutzbericht sagt hierzu eindeutig: „Daß hierbei der lebenden Ente Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden, ist offensichtlich." In vielen europäischen Ländern hat man derartige Ausbildungsmethoden längst verboten, ({3}) zumal es inzwischen allseits erprobte andere Methoden der Ausbildung gibt. Ich hoffe, Herr Hornung, daß Sie mit Ihrem Zwischenruf nicht diesen Leuten, den Jagdlobbyisten, recht geben wollen, indem Sie das verteidigen wollen. Ich hoffe, daß Sie es nicht wollen. ({4}) Diese internationalen Erfahrungen scheinen, meine ich, für die hiesigen Hundeausbilder nicht auszureichen. Hier ist meines Erachtens durch eine gesetzliche Änderung und nicht mit Verweis auf die Kompetenzen der Länderbehörden für Klärung zu sorgen. Wir Sozialdemokraten unterstützen ausdrücklich die Forderung des Deutschen Bauernverbandes nach Verbesserung und Erweiterung der gegenüber bundesdeutschem Recht aus tierschutzrechtlicher Sicht schlimm verschlechterten EG-Transportrichtlinie. Hier ist die Frage an die Bundesregierung angebracht: Was hat sie wirklich getan, um auf eine Verschärfung der EG-Regelungen und die Ausgestaltung der bislang ausgeklammerten Sachverhalte zu drängen? ({5}) Ich meine, so schwach kann doch wohl die Bundesrepublik Deutschland in der EG nicht sein, daß wir uns ständig zurückziehen und so tun, als könnten wir nichts bewegen. ({6}) Mir erscheint angebracht, auch auf einen Sachverhalt hinzuweisen, der geeignet ist, die Bemühungen um eine Verkürzung der Tiertransportzeiten zu konterkarieren. Die Schließung vieler kleinerer, in vielen Fällen aber durchaus rentabel arbeitender Schlachthöfe in Kommunen und Kreisen bringt nicht nur längere Anfahrtswege für die Landwirte mit sich, ({7}) sondern verhindert geradezu eine Begrenzung der Schlachttiertransporte mit den bekannten negativen Folgen für die Tiere. Den Landwirten wird damit, wie ich meine, für eine weitere Entwicklung, für die sie nicht verantwortlich sind, der Schwarze Peter zugeschoben. Wenn darüber hinaus die neue EG-Frischfleischrichtlinie, die zum Teil haarsträubende hygienische Anforderungen an die Schlachtbetriebe enthält, in dieser Form umgesetzt werden sollte, dann wird noch eine große Zahl weiterer Schlachthöfe, so fürchte ich, auf der Strecke bleiben. Das heißt, es werden wieder viele Transportstrecken verlängert. Auch hier ist die Bundesregierung aufgefordert, durch geeignete Maßnahmen dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten. ({8}) Ein Meilenstein auf dem Weg zu einem anderen Verständnis, für das Tier ist die 1990 erfolgte Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches und des Zivilprozeßrechtes. Auch hier ist bereits die Verpflichtung des Menschen festgehalten, „das Tier als Mitgeschöpf und dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen". Der SPD-Antrag „Für einen ethisch verantwortbaren Umgang mit Tieren" dient ebenfalls diesem Zweck. Es ist höchst bedauerlich, daß CDU/CSU und F.D.P. dieser Fortentwicklung nicht folgen wollen. ({9}) - Meine Damen und Herren, dann stimmen Sie dem zu. Ich glaube, Herr Hornung, Sie haben nicht das gelesen, war Ihre Fraktion beschlossen hat. Wir freuen uns ja, wenn Sie unserem Antrag dann zustimmen. Eine Novellierung des Tierschutzgesetzes wird über den Bundesrat auf uns zukommen. Die von Baden-Württemberg und Niedersachsen vorgelegten Initiativen, die auch auf die Verschärfung von Strafbestimmungen abzielen, sind ausdrücklich zu begrüßen. Meine Damen und Herren, ich stimme auch mit der CDU-Auffassung, die Herr Michels hier geäußert hat, überein, daß der Tierschutz als ethische Aufgabe nicht an den Grenzen aufhören darf. Nur darf diese Auffassung nicht dazu führen, daß wir unsere eigenen Hausaufgaben nicht machen. Es bleibt also, wie ich meine, Arbeit für uns übrig. Ich hoffe, daß die CDU/ CSU und die F.D.P. dies nicht nur mit Entschließungsanträgen bekunden, sondern auch bereit sind, konkrete Anträge der Opposition, der SPD, mit zu unterstützen. ({10}) Ich bedanke mich. ({11})

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Meine Damen und Herren, bevor ich der Kollegin Vera Wollenberger das Worte erteile, erlauben Sie mir eine Bemerkung. Über die Frage der Plenarpräsenz werden sich - ich glaube, aus gutem und zwingendem Grund in absehbarer Zeit alle Fraktionen und Gruppen ernsthaft unterhalten müssen, ({0}) auch vor dem Hintergrund konkurriender Prioritäten. Nur ist es, Frau Kollegin Wollenberger, natürlich ein besonders fragwürdiger Vorgang, wenn bei einer Debatte eine Gruppe zunächst überhaupt nicht anwesend ist und in letzter Minute, während der vorletzte Redner spricht, noch eine Rednerin in die Debatte schickt. Sie haben selbstverständlich das Rederecht, aber wir debattieren ständig übereinander und gegeneinander, was das äußere Erscheinungsbild des Parlaments betrifft, und ich bitte Sie herzlich, dies in Ihrer Gruppe noch einmal zur Sprache zu bringen. Sie haben das Wort.

Vera Wollenberger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002721, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Präsident, vielen Dank für die Ermahnung. Manchmal ist es uns trotz aller Anstrengungen leider nicht möglich, allen Plenardebatten beizuwohnen. Das hat einfach etwas mit der geringen Anzahl der Mitglieder unserer Gruppe zu tun. Aber wir geben uns wirklich Mühe. Ich werde Ihre Worte berücksichtigen und hoffe, daß wir nicht noch einmal Anlaß zu einer solchen Bemerkung geben werden. ({0}) Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auschwitz beginnt, wenn wir sagen: Es sind ja nur Tiere. - Dieser Satz von Theodor Adorno kommt mir immer wieder in den Sinn, wenn ich Bilder von Tiertransporten oder vom lustvollen Töten von Tieren, genannt „Volksbrauch", sehe oder Berichte aus Fleisch- und Eierproduktionsstätten lese. Der Weg vom Ferkel zum Schnitzel ist ein solcher Horrortrip, daß mir schon längst das Schweinefleischessen vergangen ist. Manchem, der sich für die Bedingungen in den sogenannten modernen Massentierhaltungen interessiert, ist es ähnlich ergangen. Tiere werden in zu enge Käfige gepreßt, auf Metallroste gestellt, in dunkle Transportfahrzeuge getrieben, wo sie oft stunden- und tagelang ohne Wasser und Futter bleiben und sich in Panik verletzen oder zu Tode trampeln. Sie werden in Labors systematisch vergiftet oder auf andere Weise zum Wohle der Wissenschaft gepeinigt. Vorher sind sie schon unter oft unsäglichen Bedingungen von dafür spezialisierten Betrieben gezüchtet worden. Das sind Alltäglichkeiten in Deutschland, das ein vergleichsweise hohes Niveau des Tierschutzes besitzt. Es wurde als großer Erfolg angesehen, als 1986 im Tierschutzgesetz als Grundsatz formuliert wurde: Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen. Aber was ist ein „vernünftiger Grund"? Viele werden die Massenproduktion von Fleisch, Milch und Eiern als durchaus vernünftigen Grund ansehen. Solange exzessiver Fleischverbrauch, hoher Butter-und Milchkonsum als Maßstäbe eines Wohlstands angesehen werden, auf den man nicht verzichten möchte, wird das so bleiben. Natürlich kann man mit einer Reform der Massentierhaltung einiges erreichen und verbessern. Sie ist als erster Schritt auch unbeding erforderlich. Wichtig ist auch, Veränderungen und Verbesserungen im Tiertransport durchzusetzen. Die EG-Richtlinie über den Schutz von Tieren beim Transport verdient den Titel nicht, den sie trägt. Schärfere Kontrollverfahren und eine bessere Ausbildung der Fahrer allein können die wirklich brennenden Probleme nicht lösen. Wir erwarten, daß die verantwortlichen deutschen Gremien darauf hinwirken, daß die EG-Kommission zum 1. Juli 1992 über Ruhezeiten beim Transport, über regelmäßiges Füttern und Tränken beim Transport, über Ladedichten bei den Fahrzeugen und vor allem über die Frage der Transportbeschränkung bis zum nächsten Schlachthof entscheidet bzw. sie durchsetzt. Es ist ja nur allzu klar, daß die brutale Praxis der Tiertransporte das Ergebnis rein wirtschaftlicher Überlegungen ist. Solange es auf Grund der laschen Transportvorschriften billiger ist, lebendes Schlachtvieh statt Kühlfleisch zu transportieren, wird es die Horrortransporte geben. ({1}) Grundsätzlich wird sich an der kommerziellen und wissenschaftlichen Tierquälerei nur etwas ändern, wenn wir Tiere nicht mehr als etwas ansehen, was benutzt und verbraucht werden darf. ({2}) Tierversuche und Aggressionszüchtungen müssen verboten werden; denn es ist nicht nachgewiesen, daß sie außer Profit noch anderen Nutzen bringen. Massentierhaltung ist unzeitgemäß und überdies ökologisch so schädlich, daß sie mittelfristig abgeschafft gehört. Deutschland sollte seinen ganzen Einfluß geltend machen, ({3}) daß die für Tiere tödlich endenden Volksbräuche in der ganzen Welt geächtet werden. Vielen Dank. ({4})

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Ich erteile dem Abgeordneten Albert Deß das Wort.

Albert Deß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000376, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Tierschutzbericht 1991 zeigt die Aktivitäten in den verschiedenen Bereichen des Tierschutzes auf. Er zeigt aber auch, daß sich das novellierte Tierschutzgesetz im großen und ganzen bewährt hat. ({0}) - Wenn es, Herr Kollege Sielaff, in der Umsetzung des Tierschutzgesetzes noch Lücken gibt, so sind die einzelnen Bundesländer in ihrer Vollzugszuständigkeit gefordert, diese Lücken zu schließen. ({1}) Auch in den neuen Bundesländern wird das Tierschutzgesetz inzwischen entsprechend umgesetzt. Es ist erfreulich, daß dort die in einzelnen Bereichen vorhandene Massentierhaltung abgebaut wurde. Wenn das Wort „Massentierhaltung" eine Berechtigung hatte, dann war dies in der sozialistischen, planwirtschaftlich geführten Landwirtschaft der ehemaligen DDR der Fall. ({2}) Wenn aber in bezug auf die bäuerlich strukturierte Landwirtschaft in den alten Bundesländern von Massentierhaltung gesprochen wird, so ist dies meiner Meinung nach ein Schlagwort, das meist zu Unrecht verwendet wird. Notwendig ist eine sachlich geführte Diskussion im Bereich des Tierschutzes. Ich freue mich darüber, daß sich viele Bürger in unserem Lande für den Tierschutz engagieren. Als Landwirt schmerzt es mich jedoch, wenn die Diskussionen um den Tierschutz in den Medien oft sehr unsachlich geführt werden. Man könnte einige Fernsehsendungen dazu aufzählen. Jeder Landwirt, der seinen Beruf nicht nur mit dem Rechenstift, sondern auch mit dem Herzen ausübt, wird seinen Betrieb so führen, daß sich die Tiere wohlfühlen. Ich kenne viele, gerade junge Landwirte, die bestrebt sind, z. B. in ihrem Milchviehbetrieb wieder Haltungsarten einzuführen, durch die ein langes Lebensalter der Kühe erreicht wird. Die Wirtschaftlichkeit einer Milchviehherde kann dadurch wesentlich gesteigert werden. Betriebe mit hohen Tierarzt- und Arzneimittelkosten werden in Zukunft den harten Wettbewerb im Agrarbereich nicht bestehen. Wettbewerbsvorteile hat, wer seine Tiere so hält, daß sie sich wohlfühlen, gesund bleiben und damit entsprechende Leistungen bringen. Die SPD stellt in der Drucksache 12/781, die heute vorliegt, zu einem ethisch verantwortbaren Umgang mit Tieren fest - ich zitiere -: Das derzeit extrem hohe Leistungsniveau der Nutztiere basiert auf Fütterungsmethoden und dem häufig mißbräuchlichen Einsatz von Leistungsförderern, die den angeborenen Bedürfnissen der Tiere keineswegs entsprechen. Darüber hinaus kommt es zu systemimmanenten Krankheiten, die den Tieren Schmerzen bereiten und einen auch aus Verbrauchersicht bedenklich hohen Medikamenteneinsatz erfordern. Dazu kann ich, Herr Sielaff, nur sagen: Man merkt, daß praktizierende Landwirte bei der SPD dünn gesät sind. ({3}) Es handelt sich bei der Darstellung der SPD um eine billige, pauschale Polemik gegen die Landwirtschaft, die so nicht hingenommen werden kann. ({4}) Man könnte auch sagen, es ist eine pauschale Beleidigung meines Berufsstandes. ({5})

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Verzeihung, Herr Kollege Deß, darf ich Sie einen Moment unterbrechen. Herr Kollege Sielaff, ich will Ihren Zwischenruf jetzt nicht qualifizieren, aber ich bitte Sie doch bei aller Lebhaftigkeit, mit der der Redner begleitet wird, heute ein bißchen Rücksicht darauf zu nehmen, daß der Kollege Deß seine Jungfernrede hält. ({0})

Albert Deß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000376, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich kann Ihnen, Herr Sielaff, in meinem eigenen Betrieb Kühe mit einer extrem hohen Leistung zeigen, die durch tiergerechte Fütterung und Haltung ermöglicht wird. Diese Kühe - das können Sie mir glauben, und das kann ich jederzeit beweisen - werden tiergerecht gefüttert und gehalten. Etwas anderes könnte ich nicht verantworten. Ich lade die Kolleginnen und Kollegen von der SPD gern ein, einmal in meinen Betrieb zu kommen, um ihr fachliches Defizit abzubauen. ({0}) Albert Dell Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft wäre dann gefährdet, wenn Vorschriften im Tierschutzbereich weit über das hinausgingen, was praktikabel und sinnvoll ist. Problematisch wird es dann - das wurde heute schon angesprochen -, wenn diese Vorschriften nicht EG-weit gelten. Die Bundesrepublik Deutschland gehört heute - Minister Kiechle hat es gesagt - zu den Ländern mit den strengsten Vorschriften im Tierschutzbereich in der ganzen Welt. ({1}) Deshalb bin ich der Bundesregierung und Ihnen, Herr Minister Kiechle, dankbar, daß immer wieder die EG-weite Umsetzung der strengen deutschen tierschutzrechtlichen Bestimmungen gefordert wird. Durch die Richtlinien, die der EG-Agrarministerrat im Oktober 1991 für die Haltung von Schweinen und Kälbern beschlossen hat, werden Wettbewerbsnachteile der deutschen Landwirtschaft abgebaut. Durch die EG-Richtlinien werden die Haltungsbedingungen für Schweine und Kälber wesentlich verbessert. Besonders erfreulich ist es, daß nach der EG-Richtlinie für die Schweinehaltung Schweine aus Ländern außerhalb der EG nur dann eingeführt werden dürfen, wenn die EG-Vorschriften auch im Erzeugerland eingehalten wurden. Solche Vorschriften, meine Damen und Herren, bräuchten wir bei allen Agrareinfuhren aus Drittländern. ({2}) Die agrarpolitische Problematik in der Europäischen Gemeinschaft wäre dann wesentlich geringer. Zum Beispiel wäre es meiner Meinung nach interessant, Agrareinfuhren nur aus Ländern zuzulassen, in denen zu unseren sozialen Bedingungen und zu unseren Umweltauflagen Landwirtschaft betrieben wird. ({3}) Dann könnten wir wahrscheinlich in weiten Bereichen auf den Außenschutz verzichten. Ich war überrascht, in einem SPD-Antrag zu lesen ich darf nochmals zitieren -: Die derzeitigen wirtschaftlichen und gesetzlichen Rahmenbedingungen für tierhaltende Betriebe sind unvereinbar mit den Grundsätzen des Tierschutzgesetzes, da sie die Notwendigkeit tierartgerechter Haltungsformen nicht berücksichtigen. So sind Konzentrationsprozesse in der Tierhaltung zu beobachten, die staatlicherseits nicht nur geduldet, sondern zum Teil gefördert werden, trotz der bekannten negativen Auswirkungen. Auch bei dieser Feststellung ist die SPD vollkommen unglaubwürdig, wenn sie in ihrem Antrag vom 12. Dezember 1991 ({4}) zu den GATT-Verhandlungen fordert - ich werde Sie doch noch zitieren dürfen! -, daß der EG-Agrarbereich von der allgemeinen Zielsetzung eines freien Welthandels mit offenen Grenzen nicht ausgenommen werden darf. Wie soll denn unsere bäuerliche Landwirtschaft mit einer kleinstrukturierten Tierhaltung im internationalen Wettbewerb ohne Außenschutz bestehen können? Hier bin ich enttäuscht, daß die SPD unserem Landwirtschaftsminister bei seinem Bemühen um einen wirkungsvollen Außenschutz mit einem solchen Antrag in den Rücken fällt. ({5}) Wenn in den alten Bundesländern bei der Schweinehaltung noch über 70 % der Betriebe Bestände unter 100 Mastschweinen und in der Rindviehhaltung über 75 % der Betriebe Bestände unter 60 Rindern haben, wird mit diesen Bestandsgrößen ein Überleben zu Weltmarktbedingungen nicht möglich sein. ({6}) In den letzten Jahren hat der Strukturwandel in der Landwirtschaft zu größeren Beständen geführt. Diese Entwicklung ist noch nicht abgeschlossen. Die deutsche Landwirtschaft befindet sich hier in einem Spannungsfeld zwischen tiergerechter Haltung und Betriebs- und arbeitswirtschaftlichen Zwängen. Strengere Auflagen für die Nutztierhaltung bringen in verschiedenen Bereichen natürlich auch höhere Kosten. Landwirtschaftliche Tierhaltung muß aber auf Dauer wirtschaftlich und mit den Bedingungen anderer Anbieter auf dem gleichen Markt vergleichbar sein; andernfalls muß sie aufgegeben werden. Es stellt sich also die Frage, inwieweit der Verbraucher bereit ist, nur Produkte zu kaufen, die aus Ländern stammen, in denen die Forderungen des Tierschutzes erfüllt sind. Als Landwirt bin ich gerne bereit, Haltungsarten zu akzeptieren, die nach wissenschaftlichen Erkenntnissen weitere Verbesserungen bewirken. ({7}) Dies ist jedoch nur dann möglich, wenn diese Erkenntnisse europaweit umgesetzt werden oder der Verbraucher bereit ist, dafür einen höheren Preis zu zahlen. Ich habe aber die Erfahrung gemacht - Verbraucherumfragen bestätigen dies -, daß sich leider sehr wenige dafür interessieren, auf welche Art und Weise ein tierisches Produkt erzeugt wurde. Entscheidungskriterium ist nach wie vor in erster Linie der Preis eines Produktes. Unter diesen Voraussetzungen hat es wenig Sinn, wenn der deutsche Gesetzgeber im Alleingang weitergehende gesetzliche Regelungen erläßt. Auch im Tierschutzbericht 1991 wird festgestellt, daß sowohl EG-rechtlich als auch im Hinblick auf das GATT erhebliche Bedenken wegen der Eingriffe in den freien Wettbewerb bestehen. Werden weitergehende Forderungen von verschiedenen Gruppierungen und Verbänden in der Bundesrepublik Deutschland aufgestellt, so plädiere ich dafür, daß diese EG-weit umgesetzt werden und daß gleichzeitig, wie es bei den Schweinen der Fall ist, Einfuhren, die aus Ländern kommen, die diese Bedingungen nicht erfüllen, verboten werden. Damit könnte die deutsche und Albert Dell europäische bäuerliche Landwirtschaft gut leben. Eine einseitige Wettbewerbsverzerrung darf es für unsere Landwirtschaft nicht geben. Zur Problematik der Tierversuche - Kollege Michels ist bereits darauf eingegangen - kann ich am Schluß nur anmerken: Sie müssen auf das unbedingt Notwendige beschränkt werden; die Forschung im Bereich von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch ist verstärkt fortzuführen, damit wir der Verantwortung des Menschen gegenüber den Tieren als Mitgeschöpfen gerecht werden. Auch hier hat die Bundesrepublik Deutschland eine Vorreiterrolle übernommen, worüber ich mich freue. Ich bitte die Bundesregierung, ihre Bemühungen in diese Richtung fortzusetzen. Lassen Sie mich zum Schluß noch eine Bemerkung machen. Frau Adler, Sie haben gefordert, daß für Tierversuche nur im begründeten Einzelfall Genehmigungen erteilt werden sollen. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie dafür sorgen würden, daß auch bei der Diskussion um den Schutz des menschlichen Lebens im Zusammenhang mit dem § 218 ähnliche Kriterien angelegt werden. ({8}) Danke schön. ({9})

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung, und zwar zunächst über die Beschlußempfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zum Tierschutzbericht 1991, Drucksachen 12/224 und 12/2433. Wer stimmt für die Beschlußempfehlung? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Beschlußempfehlung ist angenommen. Wir kommen zur Einzelberatung und Abstimmung über den Gesetzentwurf des Bundesrates zum Schutz von Tieren vor Mißbrauch durch Aggressionszüchtung und Aggressionsdressur, Drucksache 12/977. Der Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten empfiehlt auf Drucksache 12/1904, den Gesetzentwurf abzulehnen. Ich lasse über den Gesetzentwurf des Bundesrates abstimmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Das ist niemand. Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung vom Hause einstimmig abgelehnt. Damit entfällt nach unserer Geschäftsordnung die weitere Beratung. Der Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten empfiehlt unter Nr. 2 seiner Beschlußempfehlung auf Drucksache 12/1904 die Annahme einer Entschließung. Wer stimmt für diese Beschlußempfehlung? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Beschlußempfehlung ist angenommen. Wir stimmen jetzt ab über die Beschlußempfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zum Antrag der Fraktion der SPD zu einem ethisch verantwortbaren Umgang mit Tieren, Drucksachen 12/781 und 12/2424. Der Ausschuß empfiehlt, den Antrag abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlußempfehlung? - Gegenprobe! - Die Beschlußempfehlung ist angenommen. Der Ältestenrat schlägt Überweisung des Antrags der Fraktion der SPD auf Drucksache 12/2069 - Verbesserung der Situation bei Tiertransporten - an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vor. Sind Sie damit einverstanden? - Dies ist der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 15 auf: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu der Vereinbarung vom 8. Oktober 1990 über die Internationale Kommission zum Schutz der Elbe - Drucksache 12/869 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit ({0}) - Drucksache 12/2053 Berichterstattung: Abgeordnete Wolfgang Ehlers Dietmar Schütz ({1}) Nach einer Vereinbarung im Ältestenrat ist für die Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. - Dagegen erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Vor Eröffnung der Aussprache will ich erst den Kolleginnen und Kollegen, die anderen Verpflichtungen nachzugehen gedenken, Gelegenheit geben, den Raum zu verlassen. Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Herrn Abgeordneten Dr. Wolfgang von Geldern das Wort.

Dr. Wolfgang Geldern (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000656, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 8. Oktober 1990, also fünf Tage nach dem Tag der Wiedervereinigung Deutschlands, ist in Magdeburg die Vereinbarung über die Internationale Kommission zum Schutz der Elbe von den Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik und von der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft unterzeichnet worden. Diese Vereinbarung ist, wie es im Vertragstext heißt, getroffen worden „in der Sorge um die Reinhaltung der Elbe, in dem Bestreben, ihre weitere Verunreinigung zu verhindern und ihren derzeitigen Zustand zu verbessern, im Hinblick auf die Notwendigkeit, die Belastung der Nordsee durch die Elbe nachhaltig zu verringern, in der Überzeugung von der Dringlichkeit dieser Aufgaben und in der Absicht, die auf diesem Gebiete bereits bestehende Zusammenarbeit der Vertragsparteien zu verstärken". Damit ist nach einem jahrelangen heftigen und völlig unfruchtbaren Streit, in dem die alte Bundesrepublik Deutschland vergeblich versucht hatte, mit der damaligen DDR Fortschritte zur Verbesserung der Situation der Elbe zu erzielen, und dabei ständig durch den Versuch der DDR abgeblockt worden ist, zuvor einer Grenzziehung auf dem zum deutschen Grenzfluß gewordenen Elbstrom im Sinne der DDR zuzustimmen, ein Schlußpunkt gesetzt worden. Viel wichtiger aber ist, daß mit dieser Vereinbarung ein Anfang, und zwar der denkbar schnellste, für die dringend gebotene verstärkte Zusammenarbeit der Elbanlieger auf dem Gebiet der Wasserwirtschaft im gesamten Elbeeinzugsgebiet, gesetzt worden ist. Daß dies von der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft als Vertragspartei zusätzlich gefördert und unterstützt wird, können wir nur begrüßen. Ebenso zügig, wie Bundesumweltminister Klaus Töpfer an die Gründung der Internationalen Kommission zum Schutz der Elbe gegangen ist, wofür ihm, wie ich meine, großes Lob gebührt, hat diese auch ihre Arbeit aufgenommen. Inzwischen liegt das Erste Aktionsprogramm zur Reduzierung der Schadstofffrachten in der Elbe und ihrem Einzugsgebiet vor, das am 10. Dezember 1991 beschlossen wurde. Ziel dieses Aktionsprogramms ist die kurzfristige Beseitigung oder jedenfalls drastische Verminderung der größten Verschmutzungsquellen bis zum Jahr 1995, um eine schnelle Verbesserung der Gewässergüte der Elbe und ihrer Nebenflüsse zu erzielen. Der Schwerpunkt ist dabei auf die kommunalen Einleitungen und die Einleitung von 15 ausgewählten Stoffen in drei Industriezweigen gelegt worden, wobei alle im Bau befindlichen Kläranlagen vorrangig fertigzustellen sind. Meine Damen und Herren, der Nachholbedarf auf dem Gebiet der Abwasserbehandlung in den neuen Ländern der Bundesrepublik Deutschland und in der CSFR im Einzugsgebiet der Elbe, in dem über 25 Millionen Menschen leben, ist ungeheuer! Zur Zeit ist die Nutzung des Elbewassers und des Wassers der Hauptnebenflüsse als Uferfiltrat für die Trinkwasserversorgung, als Bewässerungswasser für die Landwirtschaft und als Betriebswasser für die Industrie stark beeinträchtigt, teilweise unmöglich, und infolge der Schadstoffkonzentrationen in den Fischen ist die Fischerei für den menschlichen Konsum schon lange zum Erliegen gekommen, weil durch Überschreiten der lebensmittelrechtlichen Grenzwerte die Fische nicht mehr vermarktet werden dürfen. Die Vermehrungsmöglichkeit der Vögel in der Elblandschaft ist insbesondere durch die Quecksilberkonzentration in den Uferräumen stark eingeschränkt. Zwar gibt es schon seit 1990 positive Veränderungen der Wassergüte der Elbe; diese sind aber nur dadurch eingetreten, daß Stillegungen und Produktionsverminderungen in zahlreichen Industriebetrieben in den neuen Ländern erfolgt sind. Jetzt müssen zielgerichtete Sanierungsmaßnahmen im kommunalen wie im industriellen Bereich in den beiden Elbanliegerstaaten im Sinne des Aktionsprogramms durchgeführt werden. Ziel ist, in acht Jahren eine dem heutigen Stand der Wasserqualität des Rheines vergleichbare Wasserqualität der Elbe zu erhalten. Hinzuweisen ist auch auf den Internationalen Warn- und Alarmplan Elbe, den die Kommission beschlossen hat. Dieser Plan wird ein wirksames Instrument zur Früherkennung von Schadensereignissen und zur schnellen Information zur Gefahrenabwehr sein. Es werden fünf internationale Warnzentralen mit Sitz in Prag, Dresden, Magdeburg, Potsdam und Hamburg errichtet. Meine Damen und Herren, Sie können sich vorstellen, daß der Neubau von 38 Kläranlagen - 21 in den neuen Bundesländern und 17 in der Tschechoslowakei - und die Fertigstellung der bereits im Bau befindlichen Anlagen sowie die notwendigen Investitionen im industriellen Bereich einen zweistelligen Milliardenbetrag bis zum Jahre 2000 erfordern. Ich möchte deshalb mit allem Nachdruck begrüßen und unterstützen, daß sich die Bundesrepublik Deutschland als Vertragspartei hier voll zu ihrer finanziellen Verantwortung bekennt. Dies wird ein entscheidender Schritt bei der großen Aufgabe der Verbesserung der Wasserqualität der Nordsee sein. Lassen Sie mich abschließend bitte zwei Punkte hinzufügen, die für das künftige Schicksal der Elbe ebenfalls von großer Bedeutung sind: Der Umweltausschuß des Deutschen Bundestages wird seine nächste Sitzung am 21. Mai im Rahmen einer Schiffahrt auf der Elbe von Magdeburg bis Dessau durchführen. Bei dieser Gelegenheit werden wir insbesondere über Fragen des Ausbaus der Elbe als Schiffahrtsweg im Spannungsverhältnis zum Naturschutz diskutieren. Die Wünsche der Verkehrspolitik sind bekannt: Die für die Schiffahrt wichtigen Regulierungswerke sollen instandgesetzt werden. Für Magdeburg ist ein Wasserstraßenkreuz geplant, durch das auch die Berlin-Anbindung hergestellt werden soll. Die Sanierung des Elbe-Havel-Kanals und der Ausbau des Mittellandkanals mit einer wasserstandsunabhängigen Elbquerung werden ebenfalls ins Auge gefaßt. Dadurch soll eine leistungsfähige Wasserstraßenverbindung zu den Nordseehäfen gesichert werden. Uns wird es dabei darauf ankommen, daß alle diese Maßnahmen vom Umwelt- und Naturschutz gegengecheckt werden und wir am Ende eine so weit wie möglich naturbelassene Elbe behalten. Dies ist übrigens das große Problem beim Rhein. Trotz der erheblichen Erfolge bei der Wiederherstellung einer guten Gewässerqualität ist der Rhein inzwischen doch zu einer Schiffahrtsschnellstraße geworden und ist nicht mehr das Biotop, das er einmal war. Wir sollten bei der Elbe die Chance nutzen, einen Mißbrauch des Flusses zu verhindern. ({0}) ({1}) Insbesondere aber mache ich mir Sorgen über die von Hamburg geforderte Vertiefung der Unterelbe. Ein umfassender Ausbau der Niederelbe von Cuxhaven bis Hamburg kommt nach meiner Überzeugung nicht in Frage. Ich fordere Hamburg auf, von seiner Planung Abstand zu nehmen, und Niedersachsen, die manchmal schon zaghaft angedeutete mögliche Unterstützung zu verweigern. Die erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung wird zeigen, daß eine große Elbvertiefung den notwendigen Kriterien der Sturmflutsicherheit und der ökologischen Vertretbarkeit nicht gerecht wird. Ich glaube, es ist besser, wenn sich Hamburg rechtzeitig darauf einstellt, daß nicht mehr alle großen Containerschiffe aller künftigen Generationen die Elbe aufwärts bis nach Hamburg werden gelangen können. Hamburg sollte zu einer vernünftigen Zusammenarbeit und Arbeitsteilung mit den Seehäfen Bremerhaven und Cuxhaven bereit sein. Wenn wir uns Sorgen über die Anschläge gegen die Natur machen, wie sie z. B. in den Donauauen verübt werden, indem trotz der Stillegung des ungarischen Kraftwerks Nagy Maros gleichwohl das Kraftwerk am Standort Gabčikovo in der Slowakei mit der geplanten Donauverlegung weiter vorangetrieben wird, wenn wir bestimmte Ausbaumaßnahmen am Rhein bedauern, dann sollten wir genug gelernt haben, um der Elbe ein derartiges Schicksal zu ersparen und so mit ihr umzugehen, daß sie auch für künftige Generationen als einer der schönsten deutschen Flüsse bei lebendiger Flora und Fauna erhalten bleibt. ({2})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Das Wort hat nun der Herr Abgeordnete Schütz.

Dietmar Schütz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002093, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der uns vorliegende erste internationale Vertrag, den das vereinte Deutschland über die internationale Kommission zum Schutz der Elbe beschlossen hat, findet - so glaube ich das voraussehen zu können - die ungeteilte Zustimmung aller Mitglieder dieses Hauses, wie dies auch die Ausschußempfehlung ausweist. Ich begrüße dies, weil hierin die Chance besteht, für den Gewässerschutz in den neuen Ländern neue Maßstäbe zu setzen. Die in dem Abkommen geforderte Bestandsaufnahme der Verursachungsfeststellungen und Verursachungsermittlungen mit den daraus abzuleitenden Maßnahmen zur Beseitigung kann dazu beitragen, daß die immer noch horrende Verschmutzung der Elbe langfristig abgebaut wird. Herr von Geldern hat vorhin schon darauf hingewiesen, daß die Elbe jetzt weniger verschmutzt ist. Das liegt aber nur daran, daß die Industrien jetzt nicht mehr arbeiten. Das im Vertrag formulierte Ziel der Elbsanierung, Trinkwasser aus Uferfiltraten zu gewinnen, ein möglichst naturnahes Ökosystem mit einer gesunden Artenvielfalt zu erreichen und die Nordseebelastung zu verringern, findet selbstverständlich unser aller Zustimmung. In dem ersten Aktionsprogramm zur Reduzierung der Schadstofffrachten in der Elbe und ihrem Einzugsgebiet sind die entscheidenden Punkte der Elbsanierung schon in Umrissen dargestellt. Die darin vor allem angesprochenen Neubauten und die Nachrüstung von Kläranlagen in den Industriebetrieben und den Kommunen an der Elbe und ihren Nebenflüssen sind der entscheidende Ansatz zur Sanierung der Wassergüte. Der hierfür erforderliche finanzielle Kraftakt ist allerdings zunächst nur in Umrissen erkennbar. Die Haushaltsansätze für die Sanierung von 1991 und 1992 in Höhe von 155,5 Millionen DM sind angesichts der von der Treuhand geschätzten Sanierungskosten in Höhe von über 150 Milliarden DM mit Auswirkung auf den Gewässerbereich natürlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein. ({0}) Gleichwohl ist zu begrüßen - Herr von Geldern hat darauf hingewiesen --, daß die konkreten Aktionen angelaufen sind. Wir sollten sie massiv weiterbetreiben. Daß dies nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist, sage ich nicht, um die Bundesregierung zu kritisieren, sondern um uns die Dimension der Aufgaben vor Augen zu halten. Trotz der Zuständigkeiten der Kommunen und Länder für den Kläranlagenbau muß angesichts der Größe der Aufgabe der Bund die entscheidende Anfangsfinanzierung übernehmen. Wir brauchen auch Finanzierungsprogramme zur Elbsanierung. ({1}) Meine Damen und Herren, der von uns begrüßte internationale Vertrag mit der CSFR kann und soll auch für die Oder-Sanierung Vorbild sein, daß dort ähnliche Anstrengungen unternommen werden. Die von der Bundesregierung gerade in diese Richtung unternommenen Schritte werden von uns unterstützt. Wenn wir ernsthaft eine Ostsee-Sanierung betreiben wollen, sind die dorthin entwässernden Flüsse und Flußsysteme in Deutschland, aber auch in den anderen Ostsee-Anrainerstaaten genauso gewissenhaft zu sanieren, wie wir es mit der Elbe vorhaben. ({2}) Über alle diese Anstrengungen zur Wiederherstellung der Wassergüte gibt es im Grundsatz keinen Streit. Jeder sollte sie nach Kräften unterstützen. Meine Damen und Herren, das Vertragsziel, ein möglichst naturnahes Ökosystem mit einer gesunden Artenvielfalt zu erreichen und zu erhalten, muß vor allem auch die Planungen für die Schiffbarkeit der Elbe zum Gegenstand haben, weil hierin das größte ökologische Konfliktpotential liegt. Das Elbe-Abkommen hat unzweifelhaft die internationalen Abkommen über den Rhein zum Vorbild. Die Erfolge und Fehler, die wir dort gemacht haben, müssen positives bzw. abschreckendes Beispiel für unser Handeln im Osten Deutschlands sein. Ernst Dörfler, der letzte Vorsitzende des Umweltausschusses der Volkskammer, hat in einer Anhörung zur Elbe dargelegt, daß bei der Sanierung der Wassergüte im Rhein einer Verbesserung der Lebensgemeinschaft der im Wasser lebenden Arten nicht mehr in erster Linie die Wasserqualität entgegenstehe, sondern das künstliche Korsett aus Uferbausteinen, Spundwänden und Staustufen, womit gleichzeitig die Auen ruiniert werden. Wenn wir über das Ökosystem an der Elbe diskutieren, muß uns dies vor Augen stehen. ({3}) Der jetzt vorgelegte Bundesverkehrswegeplan mit dem Teil Wasserstraßen ermöglicht es uns, schon bei der Diskussion über die Elbsanierung das in Art. 1 Abs. 2 dargelegte Ziel - ich habe es schon häufig zitiert , ein möglichst naturnahes Ökosystem mit einer gesunden Artenvielfalt zu erreichen, unter dem Aspekt der Ausbauten für die Schiffahrt zu berücksichtigen. Für den Bereich der Elbe von Geesthacht bis zur Grenze zur CSFR steht in der Anmeldung für den vordringlichen Bedarf im Referentenentwurf eine Stromregulierung durch Ergänzung der Regulierungsbauwerke; das sind Buhnen und Sohlschwellen zur Verstetigung der Gefälle und Verbesserung der Wassertiefenverhältnisse bis zu einer Tauchtiefe von etwa 20 cm. Ausdrücklich wird der insbesondere von der CSFR, aber auch von Hamburg und vom Binnenschiffsfahrtverband geforderte weitergehende Elbausbau mit Staustufen als unwirtschaftlich zurückgewiesen. Wenn wir bei den Sohlschwellen nur die Sohlgleichen meinen, ist dies eine Ausgangslage, die wir sehr akzeptieren, weil damit ausdrücklich auf Staustufen verzichtet wird. Der Bau von Staustufen wäre auch der unheilvolle Anfang eines technisierten Elbausbaus; den wollen wir nicht. ({4}) Der Verzicht könnte die Chance bedeuten, ein Flußsystem mit den angrenzenden Auen zu erhalten. Die zumindest in Deutschland trotz der schlechten Wasserqualität fast einzigartige Flußlandschaft muß in ihrer Gestalt so erhalten bleiben und deshalb geschützt werden. Hier kann die Wasserbautechnik im Zusammenwirken mit den interessierten Ökologen zeigen, ob tatsächlich ein naturnaher, aber schiffbarer Wasserraum, der nicht kanalisiert ist, erhalten werden kann. Die Erhaltung der Selbstreinigungskraft des Flusses und die Filterwirkung der Auenböden für das Grundwasser sind für die gesamte Wasserversorgung der Region unabdingbar. Jeder Versuch, die Elbe zu kanalisieren, wie es jüngst wieder als langfristiges Ziel der internationalen Binnenschifferunion gefordert wurde, muß deshalb von uns gemeinsam zurückgewiesen werden. Ich wäre dankbar, wenn dies auch die Union und die F.D.P. tun. Ich bin weder Ökologe noch Wasserbauer, um endgültig beurteilen zu können, ob und wie eine Tauchtiefenverbesserung von etwa 20 cm ohne Gefährdung der einzigartigen Flußlandschaft herstellbar ist. Ich kann es mir aber vorstellen. Dem immer wieder auftretenden Problem des sommerlichen Niedrigwassers für die Binnenschiffahrt kann auch mit dem ökologisch sehr förderlichen Mittel der Elbwasserbewirtschaftung durch Waldaufforstungsprogramme im tschechischen und deutschen Oberlauf der Elbe begegnet werden. Herr von Geldern hat vorhin schon darauf hingewiesen, daß wir so etwas machen sollten. Wir können und müssen wieder die Rückhaltefähigkeit der Wälder und anderer Vegetationsformen nutzen, die wir auch aus Klima- und Luftreinhaltungsgründen brauchen. Den dabei erzielten Nebeneffekt, einen gleichmäßigen Wasserablauf zu erhalten, wollen wir im Interesse der Elbschiffahrt. Die Chance, so eine staustufenfreie ökologisch vertretbare Binnenschiffahrt auf der Elbe herzustellen, ist sehr real. Wir sollten sie nutzen. Ob mit diesem Ziel des ökologisch vertretbaren Ausbaus für die Schiffahrt allerdings der geplante Ausbau der Saale von der Mündung in die Elbe bis Halle-Trotha mit einer Abladetiefe von 2,50 m und einer Staustufe im Saalemündungsbereich übereinstimmt, weiß ich nicht. Wir müssen prüfen, ob hier nicht Zwangspunkte geschaffen werden, die für die Elbe Ausbaufolgen zeigen, die wir nicht wollen. Ein anderer Zwangspunkt, nämlich die Querung der Elbe beim Wasserstraßenkreuz Magdeburg, scheint mir bei Realisierung der Trogbrückenlösung einvernehmlich lösbar zu sein. Ich sehe, daß es so kommt; etwas anderes können wir uns nicht vorstellen. Für den Bereich der Unterelbe - Herr von Geldern hat dies angesprochen - ist auch nach den Erklärungen der Naturschutzverbände Deutschlands die Erhaltung der Unterelbe als Schiffahrtsweg für den Wirtschaftsraum Hamburg unverzichtbar. Ob aber eine Vertiefung der Fahrrinne für die Containerschiffe der vierten Generation mit den Forderungen der Ökologie, der Uferstandfestigkeit, der Sturmflutsicherheit und auch der Problematik der Verlagerung von Süßwasserwattflächen, die für die Selbstreinigung wichtig sind, vereinbar ist, bleibt fraglich. Hamburg hat deshalb schon jetzt auf eine durchgehende Vertiefung verzichtet. Es diskutiert, die Containerschiffe mit dem Flutstrom von einem zu vertiefenden Bereich in der Höhe von Brunsbüttel in den Hamburger Hafen zu bringen; sie nennt das die Tidefensterlösung. Auch bei dieser Vorgehensweise ist eine nachhaltige Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig, die - so fordern es zumindest die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein - zuvor mit zusätzlichen Gutachten eingeleitet werden muß. Wir dürfen das gemeinsame Ziel der Elbsanierung nicht auf dem Altar einer hochfunktionalen Wasserstraße opfern. ({5}) Wir wissen alle, daß dieser Fluß mit seinen noch großen Biberbeständen und den Schwerpunkten des Weißstorchs und auch des Kranichs nachhaltig Schutz braucht. Die Chance, in einer ökologisch hochsensiblen Zeit, die auch um die Bedeutung der umweltfreundlichen Binnenschiffahrt weiß, eine Elbsanierung vorzunehmen, könnte das Ergebnis haben, nicht nur eine Verbesserung der Schiffbarkeit zu erreichen, sondern zugleich auch die Wasserqualität zu verbessern und die Auen und Flußlandschaft der Elbe beständig zu sichern. Die Wasserbauer der neuen Generation - ich nenne sie nicht die vierte Generation - könnten es sich zum Ziel setzen, diese ökologischen Maßstäbe zu erreichen. Daß ihnen das gelingt, das wünschen wir uns alle gemeinsam. Ich danke Ihnen. ({6})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Nunmehr spricht der Abgeordnete Josef Grünbeck.

Josef Grünbeck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000737, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bedeutung dieses Gesetzes ist durch meine Vorredner deutlich unterstrichen worden. Es ist das erste Gesetz zwischen dem vereinigten Deutschland, der CSFR und der Europäischen Gemeinschaft. Ich glaube, es gibt uns Optimismus genug, das Ziel nicht aus dem Auge zu verlieren, nämlich eine der größten und wichtigsten Umweltaufgaben zu erledigen, die es zu erledigen gilt. Flüsse sind eine natürliche Quelle unserer Lebensgrundlagen. Es ist unbestritten unser Ziel, daß man wieder Fische aus der Elbe essen kann, daß man das Wasser aus der Elbe als Trinkwasser nutzen kann. Aus den bisherigen Ausführungen werden nach meinem Eindruck allerdings einige Widersprüche sichtbar. Man hat zuwenig daran gedacht, daß es sich um einen Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland, der CSFR und der Europäischen Gemeinschaft handelt. Ich kann die Betrachtung allein von Hamburg und Umgebung aus nicht in allen Einzelheiten unwidersprochen lassen. Hinsichtlich der ökologischen Auswirkungen der Staustufenregelung, bezüglich der Schiffahrt stimmen wir überein. Da besteht überhaupt kein Widerspruch. Ich sage Ihnen allerdings auch, daß wir - auch als Umweltschützer - uns überlegen müssen, daß die Wasserstraßen ein enormer Energieproduzent sind. Die Staustufe als solche erlaubt eine sehr ökologische Energieerzeugung. Da muß man dann die Übereinstimmung zwischen den einzelnen Dingen sehen. Die Elbe entspringt im Riesengebirge. ({0}) Auch dort muß man abwägen, aber wir müssen uns auch an den anderen Vertragspartnern ausrichten. Ich bin mit Ihnen auch darin einig, daß wir die Elbe nicht vertiefen müssen. Aber wir müssen natürlich auch daran denken, daß durch meterhohe Ablagerungen ein ökologischer Schaden entsteht, der natürlich großen Einfluß auf die Nutzung des Uferfiltrats hat. Die Internationale Kommission hat das zum Ausdruck gebracht. Ich glaube, wir werden auf diesem Gebiet keine großen Schwierigkeiten haben. Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen - weil meine Vorredner das nicht getan haben -, daß es nicht bloß um die Elbe, sondern auch um die gesamten Einzugsgebiete, also auch um die Nebenflüsse der Elbe geht. ({1}) In der CSFR sind die Eger und die Moldau Nebenflüsse der Elbe. Damit haben wir wirklich ein ganz gewaltiges Problem zu berücksichtigen. Es hilft uns nämlich überhaupt nicht, wenn wir bei der Elbe in Hamburg anfangen. Wir müssen vielmehr dort anfangen, wo die Haupteintragsstrukturen für Schadstoffe sind. Die Kommission hat darauf hingewiesen, daß bis 1995 eine Reduzierung der Schadstoffe durch in Bau befindliche Anlagen, insbesondere aber durch die industriellen Kläranlagen der chemischen, der pharmazeutischen, der Zellstoff- und der Papierindustrie sowie der metallverarbeitenden Industrie erreicht werden soll. Meine Damen und Herren, wir haben in Pardubice, in Hradec Kralove und in Cesky Krumlov schon erhebliche Fortschritte bei der Reduzierung auch auf der tschechischen Seite erzielt. Das muß fortgesetzt werden. Die bisher erreichten Ergebnisse stimmen uns im Grunde genommen zuversichtlich. Lassen Sie mich zum Abschluß noch eines sagen: Wir haben in dieser Woche den Freundschaftsvertrag mit der CSFR in erster Lesung behandelt. Ich möchte darum bitten, daß wir möglichst bald eine Zustimmung zur endgültigen Fassung dieses Freundschaftsvertrages erreichen. Eines wissen wir alle: Die Umweltverschmutzung macht an keiner Grenze halt, weder die Verunreinigung des Wassers noch der Luft. Wir brauchen die internationalen Vereinbarungen. Ich glaube, wenn wir an diesen Verträgen weiterarbeiten und wenn wir mit unseren Nachbarn auf dem ökologischen Sektor gut zusammenarbeiten, dann erreichen wir den Frieden mit der Natur als Grundvoraussetzung des Friedens zwischen den Völkern und unseren Nachbarn. Vielen Dank. ({2})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Nunmehr erteile ich dem Parlamentarischen Staatssekretär Dr. Laufs das Wort.

Prof. Dr. Paul Laufs (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001293

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist in Ordnung, daß Meldungen über Verschmutzungen unserer Gewässer groß und eindringlich herausgestellt werden. Wie anders sollten auch die Erfordernisse der Gewässerreinhaltung bewußt werden! Ich finde es aber bedauerlich - erlauben Sie mir diese Vorbemerkung -, daß Sanierungserfolge, die sich wirklich sehen lassen können, wenn überhaupt, dann nur am Rande Aufmerksamkeit finden. Die Bereitschaft zu neuen Anstrengungen, wie sie heute wieder vor uns liegen, würde sehr gefördert, wenn alle Beteiligten sehen könnten, daß sich ihre Bemühungen auch tatsächlich lohnen. Tatsache ist, daß sich der Belastungszustand der Oberflächengewässer in den alten Bundesländern während der letzten 15 Jahre nachhaltig verbessert hat. Eine Vielzahl von Fließgewässern hat die angestrebte Gewässergüteklasse II erreicht. Im Rhein konnte die Belastung mit Schmutz- und Schadstoffen gegenüber den frühen 70er Jahren auf die Hälfte bis auf ein Zehntel gesenkt werden. Als Folge verdoppelte sich der Sauerstoffgehalt im Rhein und verdreifachte sich die Artenzahl der auf und im Rheinboden lebenden Tiere. Auch die Zahl der im Rhein vorkommenden Fischarten derzeit ca. 40 - stieg wieder deutlich an. Die Elbe ist demgegenüber noch sehr stark verschmutzt. Ihre Beschaffenheit ist durch hohe Ammoniumkonzentrationen, die ihrer Sedimente durch eine starke Anreicherung mit Schwermetallen und organischen Chlorverbindungen gekennzeichnet. Die am Ende der DDR beobachtete Wassserbeschaffenheit der Elbe entspricht etwa dem Zustand maximaler Belastung des Rheins vor gut 20 Jahren. Mit der am 8. Oktober 1990 in Magdeburg unterzeichneten Vereinbarung über die Internationale Kommission zum Schutz der Elbe sollen die Voraussetzung en für geeignete Sanierungsschritte weiter verbessert werden. Es sollen ein möglichst naturnahes aquatisches Ökosystem erreicht und die Belastung der Nordsee durch Schadstofffrachten aus dem Elbeeinzugsgebiet umfassend verringert werden. Das vorliegende Vertragsgesetz dient der Ratifizierung dieser Vereinbarung. Anläßlich ihrer Tagung in Magdeburg im Dezember 1991 hat die Kommission bereits ein 1. Aktionsprogramm zur Reduzierung der Elbeverschmutzung verabschiedet. Mit der Realisierung dieses Sofortprogramms sollen bis 1995 bereits wesentliche Senkungen der in die Elbe und ihre Nebenflüsse eingeleiteten Abwasserlasten aus dem kommunalen Bereich sowie aus der chemischen und pharmazeutischen Industrie, aus der Zellstoff- und Papierindustrie und aus der metallverarbeitenden Industrie erreicht werden. Bis zum Jahre 2000 wird eine ähnlich positive Entwicklung in der Elbe angestrebt, wie sie im Rhein die heute erreichte Gewässergüte erbracht hat. Lassen Sie mich Befürchtungen und Sorgen aufgreifen, wie sie von den Kollegen hier angesprochen worden sind: Es ist richtig, daß seitens der Wirtschaft und der Anrainerländer der Elbe ein großes Interesse besteht, die Schiffbarkeit der Elbe zu verbesssern und den Strom von Hamburg bis zur CSFR auszubauen. Es trifft auch zu, Herr Kollege Schütz, daß Maßnahmen geplant sind, um die Tauchtiefe um etwa 20 cm zu erhöhen und das Flußbett zu stabilisieren. Ein kompletter Ausbau wird nicht angestrebt. Ich möchte dazu feststellen, daß wasserbauliche Maßnahmen an der Elbe, in welcher Form und Intensität auch immer, aus ökologischen und landschaftspflegerischen Gründen schwerwiegende Probleme aufwerfen. Ein tiefgreifender Elbausbau durch Kanalisierung mittels Staustufen ist mit den Zielen und Grundsätzen des Naturschutzes und der Landschaftspflege überhaupt nicht vereinbar. ({0}) Jeder Eingriff in die Elbe und die Elblandschaft ist auf das unabdingbar Notwendige zu beschränken und einer sorgfältigen Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterwerfen. Für die Ausarbeitung von Arbeitsprogrammen hat die Kommission bereits sechs internationale Arbeitsgruppen eingesetzt. Die Arbeitsgruppe 4 ist gerade mit dem Schutz und der Gestaltung der Gewässerstrukturen und Uferregionen befaßt. Die Frage der Vertretung der Bundesländer in diesen Arbeitsgruppen, die im Vorfeld der Beratungen eingehend erörtert wurde, ist einvernehmlich gelöst. Die Bundesländer sind in der Internationalen Kommission zum Schutz der Elbe angemessen vertreten. Meine Damen und Herren, in Magdeburg wurde auch ein Sekretariat zur Vorbereitung und Unterstützung der Arbeiten der Kommission eingerichtet. Hier werden auch die Daten aus dem Elbe-Meßprogramm zusammengefaßt und in Güteberichten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Zur Gefahrenabwehr bei Störfällen wurde ein internationaler Warn- und Alarmplan Elbe erarbeitet, für den es ja auch am Rhein ein bewährtes und erprobtes Vorbild gibt. Die Kommission hat bereits anerkennenswerte Arbeit geleistet. Es ist daher nur konsequent, wenn die Bundesregierung derzeit die Berufung weiterer Flußkommissionen für die Oder und die Donau vorbereitet. Ich hoffe, daß wir auch dort in überschaubarer Frist ähnliche Erfolge wie bei den Gewässern in den alten Bundesländern erreichen können. Meine Damen und Herren, ich möchte zum Schluß allen Fraktionen für die durchgängige Bereitschaft danken, die Bemühungen um den Schutz der Elbe und die Erhaltung dieser einzigartigen Stromlandschaft zu unterstützen. Vielen Dank. ({1})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Meine Damen und Herren, wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zu der Vereinbarung über die Internationale Kommission zum Schutz der Elbe. Er liegt Ihnen auf der Drucksache 12/869 vor. Der Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit empfiehlt auf Drucksache 12/2053, den Gesetzentwurf unverändert anzunehmen. Diejenigen, die dieser Empfehlung folgen wollen, dem Gesetzentwurf also zustimmen, bitte ich, sich zu erheben. - Die Frage nach Gegenstimmen und Enthaltungen erübrigt sich, da ich feststellen darf, daß der Gesetzentwurf einstimmig angenommen worden ist. Ich rufe nunmehr Zusatzpunkt 7 zur Tagesordnung auf: Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/ CSU, SPD, F.D.P. und der Gruppe Bündnis 90/ GRÜNE Hilfe für die demokratische Opposition in Peru - Drucksache 12/2550 Der Ältestenrat schlägt Ihnen eine Debattenzeit von dreißig Minuten vor. Erhebt sich dagegen Einspruch? - Das ist nicht der Fall. Dann darf ich dem Abgeordneten Duve das Wort erteilen.

Freimut Duve (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000425, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Meine Damen und Herren, wir Parlamentarier aller Gruppen und Fraktionen im Parlament haben uns nicht leichtfertig zusammengesetzt und überlegt, in welcher Weise wir auf den Putsch in Peru reagieren sollen. Denn wir wissen alle, daß an den Bedingungen Perus nicht nur der Putschpräsident schuld hat und daß viele in Peru, die diesen Putsch jetzt kritisieren, ein gerüttelt Maß zu der Krise dieses Landes, auch an der Krise der demokratischen Demokratie dort beigetragen haben. Trotzdem oder gerade deswegen haben wir gesagt: Wir wollen uns zusammensetzen und den Parlamentariern in Peru, die sich ihrerseits außerhalb des für sie geschlossenen Parlaments zusammengesetzt haben, ein Signal der Solidarität geben, auch dem gewählten Präsidenten: So nicht! Dieses Signal kommt aus Deutschland, das sich in den letzten zwanzig, dreißig Jahren sehr engagiert für Peru und die Entwicklung in Peru eingesetzt hat: So nicht! Die Abschaffung der parlamentarischen Demokratie wird von uns nicht hingenommen. Das wollen wir nicht leichtfertig aus dem bequemen Sessel europäischer Parlamente diskutieren. Viele von uns wissen, wie es in Peru aussieht. Wir wissen auch, wieviel Anteil am Mißtrauen gegenüber dem Parlament Parlamentarier dort selber haben, daß es im Parlament Korruption und ähnliches gegeben hat. Aber gerade deswegen wollen wir ein Stoppsignal nach Lima schicken, die Herstellung der Demokratie fordern. Das peruanische Parlament wird jetzt sehr viel beschimpft. Wer sich damit beschäftigt hat, weiß wieviel daran richtig ist, weiß aber auch, wie engagiert peruanische Parlamentarier unter sehr erschwerten Bedingungen in den letzten Jahren versucht haben, die Befriedung im Lande zu erreichen, Befriedungsmaßnahmen der Regierung zu erzwingen, das Militär unter parlamentarische Kontrolle zu bringen und selber als Parlament einen Beitrag zu leisten, auch zum Schutz des Justizwesens. Ich will dazu gleich noch etwas sagen. Ich sehe etwa sechs zentrale Gründe für uns - die Kollegen werden es ähnlich sehen , warum wir diesen Schritt heute gehen sollten. Wir sind ihn in anderen Fällen ähnlich gegangen. Ich sehe sechs Gründe, warum wir als Parlament sagen, wir sind für die Kontaktaufnahme zum peruanischen Restparlament, um deutlich zu machen, daß wir in unseren Beziehungen zu Peru auf dein demokratischen Weg bleiben. Erstens. Wir wissen inzwischen: Diktaturen lösen nicht die Probleme der Armut und Verelendung, nicht die Probleme des Drogenreichtums, auch nicht die Probleme der Korrumpierung der Politik. Wir wissen, daß in der ganzen sogenannten Dritten Welt in der Regel die Diktatoren weitaus korrupter sind als selbst die schlimmsten unter den gewählten Politikern. Zweitens. Es gibt keinen Grund für diesen Präsidenten, sich als den Saubermann hinzustellen. Wenige Monate vor seinem Putsch mußte er seine eigene Familie daran hindern, weiter die aus Japan kommenden Hilfssendungen zu stehlen und auf dem Markt zu verkaufen. Es ist also nicht gerade ein Präsident, der Ruhe, Ordnung und Sauberkeit predigen kann. Drittens. Den Vormarsch der Terrororganisation „Sendero Luminoso" kann dieser Putsch nicht stoppen; im Gegenteil Vargas Llosa, einer der Präsidentschaftskandidaten, der sich zur Zeit in Deutschland aufhält, hat in einem eindrucksvollen Artikel in der „FAZ" darauf hingewiesen, daß die große Gefahr der Polarisierung, aber auch der Solidarisierung aller, die gegen die neue Herrschaft sind, der Solidarisierung von Demokraten und bisherigen Antidemokraten gegeben ist, und das würde den Vormarsch des „Sendero Luminoso", des „Leuchtenden Pfades", eher beflügeln als bremsen. Viertens. Wir wollen dies hier auch als ein besonderes Signal an andere Demokratien in Lateinamerika, die in der Krise sind, setzen. Wir gehen darum über die Verurteilung des Putsches hinaus, und - ich habe es gesagt - wir werden sehr konkret den Kontakt zu den gewählten Repräsentanten des peruanischen Volkes suchen. Fünftens. Ein Kernstück künftiger wirtschaftlicher, demokratischer und rechtsstaatlicher Entwicklung ist das Rechtswesen, und das Kernstück der Krise ist die allgemeine Rechtsunsicherheit. Es muß ein Weg gefunden werden, um aus dem Teufelskreis von Unterbezahlung der Juristen, Juristenmord, Richtermord und Bestechung herauszukommen, und wir müssen dabei helfen. Das ist eine zentrale Frage. Wir haben sie wahrscheinlich bisher zuwenig beachtet. Und sechstens. Die peruanische Armee hat bislang die oft durch Brutalität erzwungene Ausbreitung des „Sendero Luminoso" nicht verhindern können. Sie hat einen ausschließlich diktatorisch-militärischen Weg beschritten. Das Parlament hatte versucht, dies zu ändern. Der jetzt wieder in Aussicht genommene ausschließlich militärische Weg führt in eine weitere Katastrophe. Wir richten also den Appell auch an die Militärs, noch einmal zu prüfen, ob nicht das Gespräch mit dem Parlament die Reformmöglichkeiten des Militärs verbessert hat, während die harte Hand des Diktators in Wahrheit wieder eine Militärdiktatur wäre. Ich danke für die Aufmerksamkeit. ({0})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Nun erteile ich dem Abgeordneten Heribert Scharrenbroich das Wort.

Heribert Scharrenbroich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001945, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Es ist wichtig, daß wir diesen Staatsstreich - so muß man das nennen, was dort passiert ist; die Lateinamerikaner haben das Wort „Autogolpe" dafür - eindeutig verurteilen. Das ist auch frühzeitig geschehen: durch die Bundesregierung, durch die Gemeinschaft der europäischen Staaten, aber auch durch die Gemeinschaft der amerikanischen Staaten. Wir lehnen diesen jetzt eingeschlagenen Weg auf Grund der historischen Erfahrung ab, weil autoritäre Regime das Leid ihrer Völker erfahrungsgemäß stets vergrößern. Peru hat inzwischen Militärregierungen aller Schattierungen hinter sich. Alle haben die sozialen Konflikte der Gesellschaft eigentlich eher verschärft, und zwar zugunsten einiger weniger. Es gibt, so glaube ich, keinen Grund, von dem jetzigen Regime etwas anderes anzunehmen. Deswegen sind wir - genauso, wie die parlamentarischen Einrichtungen Perus, also wie das Abgeordnetenhaus und der Senat, aber auch wie z. B. die Bischofskonferenz Perus vom 29. April sagte oder wie es die Staaten von Amerika erklärten - der Auffassung, daß der Zeitplan, den Herr Fujimori aufgestellt hat, bis wieder ein verfassungsgemäßes Parlament installiert werden soll, unbefriedigend ist. Von daher begrüßen wir, daß die Bundesregierung unmittelbar nach diesem Staatsstreich die Verhandlungen über künftige bilaterale Verträge abgebrochen hat und daß jetzt auch das Parlament, das einen Entschließungsantrag verfaßt hat, auf jeden Fall der Auffassung ist, daß die Entwicklungszusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Peru überprüft werden soll. Wir sind allerdings der Meinung - und auch da sind wir uns sicher einig -, daß darunter die Armen des Landes nicht leiden sollen. Das heißt, daß wir selbstverständlich keine Entwicklungsruinen zurücklassen wollen und daß Programme zur Bekämpfung der Armut, der Cholera, des Drogenhandels, Programme gegen die Umweltzerstörung anders behandelt werden sollten als Finanzierungsprojekte zur Reaktivierung der Wirtschaft. Letzteres ist sehr wichtig, weil Herr Fujimori anscheinend nur im wirtschaftlichen Bereich beachtliche Sensibilität aufweist. Die eindeutige Haltung der Bundesregierung und die in der Entschließung zum Ausdruck kommende eindeutige Haltung des Bundestages ist deswegen von Bedeutung, weil, wie Herr Kollege Duve ausführte, der Gefahr, daß dieses Beispiel Schule macht, begegnet werden muß. Dies ist ein sehr aktuelles Thema in Lateinamerika, weil zunehmend Persönlichkeiten in politische Führungspositionen gewählt werden, die keine politische oder parlamentarische Erfahrung haben. Herr Fujimori, der diesen Hintergrund hat, hat es ja auch nicht nötig gehabt, sich in seiner anderthalbjährigen Regierungszeit um parlamentarische Unterstützung zu bemühen. Er hat sich noch nicht einmal um die Unterstützung durch seine eigene Parteigruppe bemüht. Deswegen war das, was jetzt in Peru passiert ist, fast zwangsläufig, und das sollte in anderen Ländern nicht noch einmal geschehen. Wir nehmen mit Respekt zur Kenntnis, daß Außenminister Blacker Miller zurückgetreten ist, ebenso Industrieminister Joy Way und Wirtschaftsminister Bolona, alles Stützen der Regierung Fujimori. Wir halten es auch für sehr vordergründig, wenn der Vorwurf der Korruption nur dem Parlament und dem Justizwesen gemacht wird und man die Korruption in den Reihen der Regierung oder ihr nahestehender Persönlichkeiten, wie Herr Duve das bereits sagte, oder des Militärs nicht nennt. ({0}) Herr Fujimori muß also wissen, daß sein Wirtschaftsprogramm die wesentliche Unterstützung der Industriestaaten verliert, solange er nicht zu einer demokratischen Verfassung zurückkehrt. Die Lage Perus würde weiter erschwert, wenn die ohnehin schon schlimme Menschenrechtslage weiter verschlechtert würde. Das ist der zweite Punkt, den wir sehr sorgfältig beobachten werden. Der Unterausschuß für Menschenrechte des Deutschen Bundestages wird, wie vorgesehen, am 5. Oktober dieses Jahres eine Anhörung zur Lage der Menschenrechte in Peru durchführen. Ich appelliere von hier aus an die staatlichen Institutionen Perus, daß sie diese Anhörung unterstützen und keineswegs erschweren, so daß auch die Menschen aus Peru, die wir hier anhören wollen, die Möglichkeit bekommen, hier zur Lage in Peru zu sprechen. All dies wird für unsere künftige Haltung gegenüber der peruanischen Regierung wichtig sein. Vielen Dank. ({1})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Nunmehr spricht die Abgeordnete Frau Dr. Fischer.

Dr. Ursula Fischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000557, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 5. April hat der peruanische Präsident Alberto Fujimori in einem Staatsstreich von oben das Parlament abgeschafft, die Verfassung außer Kraft gesetzt, den Obersten Gerichtshof aufgelöst und die Presse der Zensur unterworfen. Bei aller berechtigten Kritik an der Effizienz des formal demokratischen peruanischen Systems, der allseits bekannten Korruption in Justiz, Parlament, Regierung und Militär kann ein verordneter Militärputsch natürlich niemals ein probates Mittel sein, um die immer akuter werdenden Probleme des Landes zu lösen. Daher verurteilt auch die Gruppe PDS/Linke Liste die Vorgehensweise des peruanischen Präsidenten. Herr Duve, bei Ihrer Rede ist mir aufgefallen, daß Sie gesagt haben, daß Diktaturen natürlich Probleme der Armut nicht lösen. Ich gebe zu bedenken: Ich habe manchmal den Eindruck, wenn ich mir alle UNO-Berichte anschaue: Demokratien offensichtlich auch nicht. Ich glaube, man muß das wirklich sehr umfassend diskutieren. ({0}) - Ich gebe das zu bedenken, und ich merke, ich habe einen wunden Punkt getroffen. Der bisher vom Präsidenten Fujimori verfolgte „harte Kurs" zur wirtschaftlichen Gesundung des Landes und in der Auseinandersetzung mit der Guerilla des „Sendero Luminoso" ging in erster Linie zu Lasten der breiten Masse der Bevölkerung. Es steht zu befürchten, daß die offensichtlich geplante weitere Verschärfung dieses politischen Kurses eher zu einer Eskalation der Gewalt denn zu einer Verbesserung der Lage im Land führen wird. Ich stelle mir allerdings schon die Frage, ob mit der im Antrag geforderten „umgehenden Rückkehr zu einer demokratischen Ordnung unter Beteiligung aller demokratischen politischen Kräfte" das Übel auch wirklich an der Wurzel gepackt wird. Im Prinzip läuft der Antrag darauf hinaus, von der Bundesregierung bereits getroffene Entscheidungen nachträglich parlamentarisch abzusegnen. Ich frage mich: Weshalb dieser Aufwand? Es hätte in diesem Jahr bereits verschiedene Anlässe gegeben, bei denen die hier zur Schau getragene Einmütigkeit des Bundestages bei der Verteidigung von Demokratie und Menschenrechten genauso angebracht gewesen wäre. Wir sind übrigens in diese parlamentarische Initiative nicht einbezogen gewesen. Was also soll der vorliegende Antrag bewirken außer einer risikolosen, weil wirkungslosen formalen Geste zur Verteidigung der Worthülse Demokratie? Angenommen, der peruanische Präsident beugt sich den Forderungen nach umgehender Wiederherstellung demokratischer Verhältnisse, welche Art von Politik -

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Frau Abgeordnete Dr. Fischer, sind Sie bereit, eine Zwischenfrage des Abgeordneten Duve zu beantworten?

Dr. Ursula Fischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000557, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Ja, natürlich.

Freimut Duve (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000425, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Kollegin, Sie haben jetzt zum zweitenmal Skepsis gegenüber der Demokratie im Entwicklungsprozeß geäußert. Ich will Ihnen nicht unterstellen: überall in der Welt, aber im Entwicklungsprozeß. Natürlich ist solche Skepsis angebracht, aber Sie haben gesagt: „Worthülse" und „die Demokratie auch" und „die Diktatur auch" . Ja was denn sonst? Sind Sie bereit, mit mir anzuerkennen, daß die großen Hoffnungen von Anfang der 60er Jahre von allen Seiten, Entwicklung durch ein gewisses Maß - ich nenne es jetzt einmal - vordemokratischer Autorität besser in Gang zu bekommen als durch Demokratie, überall in der Welt, überall in der Dritten Welt, welchen Weg auch immer man damals gewollt hatte, fast völlig zusammengebrochen sind und daß in Wahrheit dort, wo ein Mindestmaß an Demokratie bestand, der Entwicklungsweg mehr Erfolg hatte als irgendwo anders auch die ökologische, die soziale Komponente und all die anderen Komponenten? Sind Sie bereit, das anzuerkennen?

Dr. Ursula Fischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000557, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Herr Kollege Duve, ich freue mich sehr über die Frage, die Sie mir hier stellen. Sie wissen sicher auch ganz genau, worauf ich hinauswill. Ich halte es einfach nicht für legitim, immer nur von der Demokratie zu sprechen, sondern für mich gibt es dann wirklich Demokratien, die, jeweils dem Land angepaßt, sehr unterschiedlich sein können. Für mich ist das manchmal sehr augenfällig. Ich halte demokratische Prinzipien natürlich auch für weitaus besser. Ich habe nur zu bedenken gegeben: Mir geht es um eine Sensibilisierung dieser Fragen, damit wir darüber nachdenken, was denn eigentlich selbst unter solchen vordemokratischen und demokratischen Entwicklungen gerade in Lateinamerika, Mittelamerika usw. passiert ist, weil man weiterdenken müßte, um dann noch effizienter diesen Weg zu beschreiten. Darum geht es mir. Angenommen, der peruanische Präsident beugt sich den Forderungen nach umgehender Wiederherstellung demokratischer Verhältnisse, welche Art von Politik kann dann die demokratische Opposition ausüben? Zwischen Weltbankauflagen zur Strukturanpassung, Schuldenlast, allgegenwärtigen sozialen Mißständen, Guerillakrieg und Drogengeschäft bleibt verzweifelt wenig Handlungsspielraum. Allein formal demokratische Verhältisse wie vor dem Selbstputsch Fujimoris sind offensichtlich kein Garant für die Lösung der wachsenden sozialen und wirtschaftlichen Krise in Peru. Wichtiger sind aus meiner Sicht Überlegungen, wie diese Probleme an der Wurzel zu packen sind, sprich: die Lage der breiten Bevölkerung dauerhaft so weit zu stabilisieren ist, daß von einer Respektierung auch der sozialen Menschenrechte auf Ernährung, Gesundheit und Bildung gesprochen werden kann. ({0}) - Genauso ist es. Aber ich habe den Eindruck, daß diese echten Ursachen immer sehr wenig und nicht konkret angesprochen werden. Staatsstreich und verschärfte Konfrontation lösen die peruanischen Probleme nicht. Wirtschaftlicher und politischer Druck aus der ersten Welt, der nur auf die Ersetzung eines lösungsunfähigen Regimes durch ein anderes abzielt, beruhigt bestenfalls das Gewissen, bleibt aber ebenso wirkungslos. Ich habe es mir wirklich nicht leicht gemacht. Mir ist dieser Antrag einfach zuwenig konkret. Die Umsetzung ist mir nicht garantiert. Aus dem Grund wird sich die PDS/Linke Liste enthalten.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Nunmehr spricht der Abgeordnete Ulrich Irmer.

Ulrich Irmer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000996, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn wir heute die Situation in Peru diskutieren, dann kommen wir damit zugleich einer Aufforderung der Interparlamentarischen Union nach, die auf ihrer letzten Tagung am 7. April zu Peru einen Beschluß gefaßt hat, in dem der Putsch scharf mißbilligt wird und in dem am Schluß alle Mitglieder, die der IPU angehören, aufgefordert werden - ich darf zitieren - „entschlossene und unverzügliche Maßnahmen zu ergreifen, um die Wiedereinführung der Demokratie in Peru sicherzustellen" . Frau Kollegin Fischer hat natürlich recht, wenn sie sagt, daß durch ein demokratisches System allein noch nicht die Probleme gelöst werden, die in einem Entwicklungsland bestehen. Das hat auch niemand behauptet. Aber gegen die Demokratie sind die Probleme erst recht nicht lösbar. ({0}) Ich bin schon äußerst verwundert - leider kann ich nicht darauf verzichten, daß hier zu sagen -, solche Worte über angeblich nur formale Demokratie als eine „Worthülse" von jemandem zu hören, der - wie ich gerade noch einmal nachgeschaut habe - seit 1972 in der SED war. ({1}) -Entschuldigung, wie man in den Wald hineinruft, so tönt es heraus. Ich hätte sonst kein Wort dazu gesagt. Aber man darf sich doch die Personen anschauen, die hier solche Äußerungen machen. Demokratie ist natürlich bei weitem nicht das einzige Mittel der Entwicklungshilfe. Aber ohne Demokratie ist eine gesunde und gedeihliche Entwicklung eben überhaupt nicht möglich. Sie haben hier die wirtschaftspolitischen Maßnahmen kritisiert, die in Peru eingeleitet worden sind. Eine Lösung der schwerwiegenden Probleme wird nur möglich sein, wenn ganz konkrete Wirtschaftsreformen eingeleitet werden. Daß dies - vor allem in der Übergangszeit - erhebliche soziale Härten und Einschnitte mit sich bringt, wissen wir alle. Aber wo ist denn die Alternative? Herr Duve und Herr Scharrenbroich haben mit Recht darauf hingewiesen, daß wir nicht schweigen können, wenn durch einen Putsch Parlament und Justiz beseitigt werden. Eben dies ist hier geschehen. Unser Antrag zielt auch darauf, der demokratischen Opposition in Peru Mut zu machen. Wir werden die Kontakte, die wir haben, weiter pflegen. Wir werden die Kontakte zu dem Parlament, das jetzt nach Hause geschickt worden ist, nicht abbrechen. Wir werden mit der Opposition sprechen. Ich begrüße es deshalb, daß diese Anhörung stattfindet. Wir sollten bei Besuchen in Südamerika Peru nicht aussparen, sondern vor Ort dazu aufrufen, daß die Demokratie wiederhergestellt wird. Herr Fujimori, der mit Recht als „Putschpräsident" bezeichnet wird, hat einen Zeitplan vorgelegt, in dem er selbst ankündigt, demokratische Institutionen wieder einzuführen. Wir werden sorgfältig beobachten, ob er Wort hält. Es ist ganz klar, daß hier Konsequenzen für unsere offizielle Zusammenarbeit mit der Regierung gezogen werden müssen. Insofern begrüßen wir die Maßnahmen der Bundesregierung. Ich warne ein wenig davor, zu glauben, daß man Armutshilfe auf Dauer in der Weise betreiben kann, daß dadurch Verhältnisse grundlegend geändert werden. Ich halte es für richtig - ich bezweifle das gar nicht, - daß sich das BMZ dafür entschieden hat, die Armutshilfeprojekte weiterzuführen. Wir können diese Ärmsten der Armen dort nicht verrotten und verrecken lassen. Aber wir sollten uns nicht einbilden, daß durch derartige Maßnahmen der Armutsbekämpfung allein die Probleme zu lösen wären. Dies geht nur durch grundlegende Wirtschaftsreformen. Insofern war Fujimori ursprünglich, als er noch ein legaler Präsident war, in Ansätzen zumindest auf dem richtigen Wege. Dazu muß er zurückfinden. Ich wiederhole: Die Demokratie in Peru muß wiederhergestellt werden. Wir müssen dies anmahnen. Ohne Wiedereinführung der Demokratie wird eine gedeihliche Entwicklung auch dieses Landes nicht möglich sein. Danke schön. ({2})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Nunmehr erteile ich dem Abgeordneten Konrad Weiß das Wort.

Konrad Weiß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002461, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich begrüße, daß es zu diesem gemeinsamen Antrag der Fraktionen und des Bündnisses 90/GRÜNE gekommen ist, in dem eindeutig und unmißverständlich der Putsch verurteilt wird und die Unterstützung der gewählten Parlamentarier in Peru zugesagt wird. Wir können es nicht hinnehmen, daß frei gewählte Parlamentarier von Exekutivorganen übergangen und hintergangen werden - das soll ja nicht nur in Peru vorkommen - oder sogar an der Wahrnehmung des Mandats gehindert werden. Auch die Popularität, die Fujimori nach den jüngsten Umfragen genießt, ist keine Legitimation. In Diktaturen ist Popularität keine Kunst. Auch Herr Honecker war, wenn Sie so wollen und wenn man den Mai-Demonstrationen und den Ergebenheitsadressen glauben kann, populär. ({0}) - So ist es. Ich bin aber doch kritisch, wenn es in dem Antrag heißt „Rückkehr zur Demokratie". Hier muß man einfach fragen: War das, was in Peru gewesen ist, Demokratie? Kann man bei einem Land, in dem seit Jahrzehnten an mehreren Fronten ein Krieg geführt wird - Drogenmafia, der Leuchtende Pfad, eine korrupte Justiz - überhaupt von Demokratie sprechen? Peru ist ein im Ergebnis dieser Demokratie zerstörtes Land. Es ist politisch, kulturell, sozial, moralisch zerschlissen. Es wird von Auswanderung, Armut und Drogen gebeutelt. Es ist kaputtregiert worden, auch von einer sogenannten demokratischen Regierung. Demokratie setzt eine umfassende soziale Reform voraus. Hier muß die Hilfe von außen, muß auch unsere Hilfe ansetzen. Wenn die Opposition eine verfassunggebende Versammlung fordert, ist das richtig. Aber es muß auch gewährleistet sein, daß das Volk wirklich vertreten ist. Die Demokratie in Peru zu unterstützen heißt heute, denke ich, Hilfe vor Ort zu leisten, und zwar in den kleinen Einheiten, in den Projekten der Nichtregierungsorganisationen, wo Familien, wo Dorfgemeinschaften geholfen wird. Wir müssen auf jeden Fall jede Form von Sonderhilfen aussetzen, die direkt oder indirekt dem Militär nutzen. ({1}) Zum Beispiel muß man darüber nachdenken, ob nicht die Lieferung von Unimog-Lastkraftwagen nach Peru eine verschleierte Hilfe für das peruanische Militär ist. Wenn Entwicklungszusammenarbeit ausgesetzt wird, dann darf das nicht auf Kosten der Bevölkerung gehen. Ich plädiere dafür, Ausstattungshilfen aus diesem Anlaß nicht nur einzufrieren, sondern endgültig auszusetzen. Vielen Dank. ({2})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Das Wort hat der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Helmut Schäfer.

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Präsident Fujimori hat den „kalten Staatsstreich", den er am 5. April in Peru begangen hat, damit begründet, daß er behauptet hat, nur so sei ein erfolgreicher Kampf gegen die Probleme des Landes, nämlich den Rauschgifthandel, den Terrorismus und die Überwin7566 dung der tiefen wirtschaftlichen Krise, machbar, und all das werde von einer korrupten Legislative und einer korrupten Justiz verhindert. Das peruanische Parlament hat am 9. April mit absoluter Mehrheit der Parlamentarier den Vizepräsidenten, San Roman, zum vorläufigen Präsidenten proklamiert und am 21. April vereidigt. Die Begründungen, die Fujimori gegeben hat, haben ihm in der Bevölkerung gewisse Sympathien eingetragen. Es ist keine Frage, daß es sicherlich noch eine Mehrheit der Bevölkerung gibt, die ihn nicht ablehnt. Die Kirche und einflußreiche Wirtschaftskreise haben zwar den Verfassungsbruch mißbilligt, halten aber die angestrebten Ziele für legitim. Das Militär hat den Staatsstreich Fujimoris unterstützt. Wir sind uns in diesem Haus mit unseren Partnern in der Europäischen Gemeinschaft und mit der Organisation Amerikanischer Staaten, insbesondere mit den lateinamerikanischen Staaten, einig, daß Gewalt in allen ihren Formen abzulehnen ist. Auch ein Staatsstreich, meine Damen und Herren, ist eine Form von Gewalt. Das peruanische Parlament hat Fujimoris Zeitplan der Rückkehr zur Demokratie, der zwei Referenden in diesem Jahr und Parlamentswahlen im Februar 1993 vorsieht, zurückgewiesen, die Notwendigkeit einer Verfassungs- und Justizreform aber anerkannt. San Roman hat vor einigen Tagen vor Politikern und Journalisten eigene Vorstellungen über den zeitlichen Ablauf der Rückkehr zur Demokratie unterbreitet, d. h.: kein Plebiszit zur Sanktionierung des Staatsstreichs, vielmehr Wahlen zu einer verfassunggebenden Versammlung am 5. Juli; am 28. Juli - so die Vorstellung des Vizepräsidenten beziehungsweise des inzwischen vom Parlament vereidigten Präsidenten -, dem peruanischen Nationalfeiertag, sollen Fujimori und San Roman zurücktreten und eine von dieser Versammlung zu wählende Übergangsregierung die Regierungsgeschäfte übernehmen. Die internationale Reaktion auf den Staatsstreich von oben reicht von Enttäuschung über Mißbilligung bis zu klarer Verurteilung. Bundesregierung und Europäische Gemeinschaft haben die schnelle Rückkehr zur demokratischen Ordnung verlangt. Die Bundesregierung hat rasch reagiert. Ein geplanter Besuch des peruanischen Präsidenten in Deutschland wurde abgesagt, die entwicklungspolitische Zusammenarbeit, wie Sie wissen, bis auf weiteres suspendiert, mit Ausnahme laufender Projekte und dabei natürlich vor allem Projekte der Armuts- und Cholerabekämpfung, aber auch der Rauschgiftbekämpfung. Außerdem wurden laufende Vertragsverhandlungen in verschiedenen Bereichen bis auf weiteres ausgesetzt.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Herr Staatsminister, sind Sie bereit, eine Zwischenfrage des Abgeordneten Duve zu beantworten?

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Nein, es ist doch hier nichts streitig, und die Zeit ist knapp. Die Rio-Gruppe hat die Mitgliedschaft Perus suspendiert. ({0}) - Vielleicht hätte sich durch die Zwischenfrage Herr Geißler für das Thema interessiert. Das wäre natürlich ein psychologischer Effekt gewesen, Herr Duve; aber er tut's nicht. Die Organisation amerikanischer Staaten hat auf einer Krisensitzung größte Besorgnis geäußert und eine Sondermission nach Peru geschickt, um einen Dialog zwischen Regierung und Opposition zur Wiederherstellung der demokratischen Ordnung in die Wege zu leiten. Meine Damen und Herren, wir sind uns darüber im klaren: Peru befindet sich schon seit geraumer Zeit in einr tiefen, seine Existenz bedrohenden Krise. Es ist geplagt von Massenelend und Cholera, bedroht von dem mehrfach zitierten „Leuchtenden Pfad" . Wer selbst Anschläge dort miterleben konnte - was ich noch als Abgeordneter des Deutschen Bundestages erlebt habe -, der weiß, was jeden Tag passiert. Es ist eine Steinzeit-Guerilla, deren Ziele nach wie vor unklar sind, die seit Jahren rücksichtslosen Terrorismus betreibt. Peru ist aber auch - wie andere Nachbarstaaten in Lateinamerika - von der Drogenmafia bedroht. Fujimori war für viele Peruaner ein Hoffnungsträger, der eine mutige Politik der Wirtschaftsreformen nicht ohne Erfolg eingeleitet hatte. Heute hat das Land eine Regierung ohne Legalität und einen legitimen Gegenpräsidenten ohne Macht, gestützt von einer nach Aussage der OAS-Mission zersplitterten Opposition. Welche Schlußfolgerungen sollten wir ziehen? Es gibt nur einen einzigen Weg - Sie beschreiben ihn heute in Ihrem Antrag: den der schnellen Rückkehr zur Demokratie unter Beteiligung aller politischen Kräfte. Die Opposition ist bereit, über eine Verfassungsreform zu reden. Darin verdient sie volle Unterstützung. Unser Botschafter hat bereits ein erstes Gespräch mit Herrn San Roman geführt. Fujimori muß dem Parlament im Interesse Perus und der Demokratie entgegenkommen. Dieses Ziel verfolgt auch die Organisation Amerikanischer Staaten. Wir unterstützen diese Bemühungen nach Kräften. Gerade weil wir uns Peru in Freundschaft verbunden fühlen, haben die Parteien des Deutschen Bundestages heute diese Resolution vorgelegt. Die Bundesregierung begrüßt diesen Schritt ausdrücklich. Vielen Dank. ({1})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Zu einer Kurzintervention erteile ich dem Abgeordneten Duve das Wort.

Freimut Duve (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000425, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich wollte nur den Staatsminister bitten, daß wir vielleicht eine Liste der jetzt gestoppten Projekte, wie sie sich im Haushalt ausweisen, bekommen. ({0}) - Die Bundesregierung kann uns diese Liste vielleicht über den Auswärtigen Ausschuß überreichen, damit man weiß, was konkret gestoppt worden ist.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Nach der offensichtlichen Zustimmung der Regierung zu Ihrer Anregung, Herr Abgeordneter, komme ich zur Abstimmung; denn weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Wer stimmt für den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, F.D.P. sowie der Gruppe Bündnis 90/ GRÜNE auf Drucksache 12/2550? - Wer enthält sich? - Gegenstimmen sind nicht zu verzeichnen. Damit ist der Antrag mit allen Stimmen des Hauses mit Ausnahme der Enthaltung der Gruppe der PDS/Linke Liste angenommen. Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende unserer Tagesordnung. Ich bedanke mich bei all denjenigen, die bis zum Schluß hiergeblieben sind. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 20. Mai 1992, um 9.00 Uhr im Reichstagsgebäude in Berlin ein. Ich wünsche Ihnen ein erholsames und angenehmes Wochenende. Die Sitzung ist geschlossen.