Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 3/20/1991

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. h. c. Helmuth Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000127

Guten Tag, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Sitzung ist eröffnet. Vor Eintritt in die Tagesordnung der 17. Sitzung des Deutschen Bundestages am Mittwoch, dem 20. März 1991 möchte ich Ihnen folgendes mitteilen. Interfraktionell ist vereinbart worden, daß die für heute vorgesehene Aktuelle Stunde betreffend Zwangsuntersuchungen bei Frauen im Zusammenhang mit § 218 bei Grenzübertritten entfallen soll. Auf Verlangen der Fraktion der SPD soll dafür morgen im Anschluß an die Fragestunde eine Aktuelle Stunde zum Thema „Haltung der Bundesregierung zur sozialen Lage der Menschen in den fünf neuen Bundesländern" stattfinden. Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf: Befragung der Bundesregierung Der Staatsminister beim Bundeskanzleramt, Herr Anton Pfeifer hat mitgeteilt, daß sich das Kabinett gestern u. a. mit dem Berufsbildungsbericht 1991, der ersten Grundmietenverordnung und der Betriebskostenumlageverordnung befaßt hat. Ich erinnere an unsere Regeln, nach denen im Anschluß an diese Thematik Fragen zu anderen Bereichen gestellt werden können. Die Bundesregierung hat mitgeteilt, daß der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft berichtet. Das Wort hat der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft, Herr Dr. Ortleb.

Prof. Dr. Rainer Ortleb (Minister:in)

Politiker ID: 11001657

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Bundeskabinett lag gestern der Beschluß zum Bildungsbericht 1991 vor. Lassen Sie mich hierzu einige grundsätzliche Anmerkungen machen. Im Zentrum der Berufsbildungspolitik der kommenden Jahre stehen vier Schwerpunktaufgaben, die gleichzeitig angegangen werden müssen. Erstens. In den neuen Bundesländern muß Vorsorge getroffen werden, daß jeder Jugendliche, der das will, einen Ausbildungsplatz erhalten kann. Gleichzeitig muß der Anpassungsprozeß an die westdeutsche Ausbildungspraxis weiter vorangebracht werden. An die berufliche Weiterbildung stellt der ökonomische und wirtschaftsstrukturelle Erneuerungsprozeß in den neuen Bundesländern Anforderungen in völlig neuen Dimensionen. Auch mit Blick auf die hohen Zahlen an Arbeitslosen und Kurzarbeitern kommt ihr in den neuen Bundesländern sowohl wirtschafts- und arbeitsmarkt- als auch sozialpolitisch eine nicht zu überschätzende Bedeutung bei. Wenn die neuen Bundesländer rasch vergleichbare Lebensbedingungen erreichen sollen, muß dieser Prozeß durch eine breit angelegte Qualifizierungsoffensive begleitet werden, in der die Instrumente von Wirtschafts-, Arbeitsmarkt- und Berufsbildungspolitik aufeinander abgestimmt eingesetzt werden müssen. Zweitens. Der in den alten Bundesländern zunehmende Nachwuchsmangel an Fachkräften fordert dringend Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung der beruflichen Bildung. Berufliche Bildung muß ebenso günstige Optionen öffnen wie andere Bildungsbereiche, und sie muß für alle Bewerbungen gleichermaßen Anreize bieten. Der Eindruck vieler Eltern und Jugendlicher, die berufliche Bildung verbaue Lebensperspektiven, die nur das Abitur oder ein Studium bieten könnten, muß durch geeignete Maßnahmen korrigiert werden. Dazu gehören die weitere Modernisierung der Ausbildung und der Lehr- und Lernmethoden, eine stärkere Differenzierung der beruflichen Bildung nach den individuellen Neigungen, Fähigkeiten und Leistungsmöglichkeiten der Jugendlichen, die in diesem Jahr beginnende Begabtenförderung wie auch die Verwirklichung der Forderung nach mehr Gleichwertigkeit von beruflicher und allgemeiner Bildung. Ganz entscheidend wird es darum gehen, der beruflichen Bildung den Nimbus einer nachrangigen Qualifizierung mit vermeintlich eingeschränkten Perspektiven für den Einsatz zu nehmen. Dies gilt jedoch nur, wenn im Rahmen der beruflichen Aus- und Weiterbildung auch der Erwerb formaler Berechtigungen wie in den allgemeinbildenden Schulen ermöglicht wird. Ich werde die Diskussion um die Gleichwertigkeit beruflicher und allgemeiner Bildung neu aufnehmen und Konzepte zur Umsetzung dieser Forderungen erarbeiten. Drittens. Europa ist eine Herausforderung an uns alle. Auch das deutsche berufliche Bildungswesen hat sich dem europäischen Wettbewerb zu stellen. Es ist mein Anliegen, den Stellenwert des dualen Systems in der Europäischen Gemeinschaft zu erhalten und zu stärken. Im Interesse der Beschäftigten und der Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft muß sich die berufliche Bildung noch stärker als bisher auf die offenen europäischen Märkte einstellen. Die Berücksichtigung der Anforderungen des Binnenmarktes in der Berufsbildung ist eine wichtige Grundlage, um die Chancen dieses Marktes nutzen zu können. Viertens. Angesichts der demographischen Entwicklung verlangt der gesellschaftliche, technische und wirtschaftliche Wandel und nicht zuletzt die zunehmende Europa-Orientierung der Wirtschaft von den bereits im Beruf Stehenden immer wieder neue berufliche Fähigkeiten und Kenntnisse. Der beruflichen Weiterbildung kommt deshalb vor allem auch für die neuen Länder die Bedeutung eines Schlüsselbereiches für die Bewältigung der Zukunft zu. Lassen Sie mich auf ein besonders dringliches Aufgabengebiet etwas differenzierter eingehen. In den neuen Bundesländern ist 1990 das Ziel einer ausreichenden Versorgung der Jugendlichen zwar erreicht worden. Dieses Ergebnis konnte jedoch nur durch die gemeinsame Anstrengung aller Verantwortlichen der beruflichen Bildung und durch massive staatliche Stützungsmaßnahmen erreicht werden. Allein das Vorsorgeprogramm der Bundesregierung hat für rund 40 000 der rund 140 000 nachfragenden Jugendlichen Plätze bereitstellen können. Für 1991 ist in den neuen Bundesländern mit 120 000 Nachfragern zu rechnen. Derzeit haben wir Meldungen über 53 000 angebotene Ausbildungsplätze. Ich bitte aber zu beachten, daß dieser Prozeß ein laufender ist. Diesen 53 000 Angeboten standen derzeit auch nur 54 000 Bewerber gegenüber. Die Versorgungsproblematik darf deshalb für 1991 in den neuen Bundesländern nicht geringer eingeschätzt werden als im Vorjahr. Eine Fortsetzung der öffentlichen Förderung zur Stützung des Ausbildungsmarktes in den neuen Ländern ist zwingend geboten. Wir brauchen eine Ausbildungsoffensive, die über die Anstrengungen des Vorjahres hinausgeht und die Unterstützung aller Politikbereiche hat. Dabei muß dem Erhalt von betrieblichen Ausbildungsplätzen Vorrang vor außerbetrieblicher Bildung eingeräumt werden. Der Bund muß hierbei Vorreiter sein und alle Möglichkeiten in seinem Verantwortungsbereich zur Steigerung des betrieblichen Ausbildungsplatzangebotes in den neuen Bundesländern nutzen. Entsprechendes gilt für Länder und Kommunen. Danke schön. ({0})

Dr. h. c. Helmuth Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000127

Herr Minister, vielen Dank für diesen Bericht. Es liegt uns eine Wortmeldung vor. Frau Doris Odendahl, bitte schön.

Doris Odendahl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001632, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, sind Sie angesichts der von mir jetzt zu ergänzenden Zahlen bezüglich der Ausbildungssituation in den neuen Ländern nicht der Meinung, daß sich die von Ihnen angesprochene Offensive in einem konkreten Programm, das ein Sofortprogramm sein müßte, niederschlagen muß? Ich will Ihnen die Zahlen noch einmal vor Augen halten. Sie haben die 130 000 zu erwartenden Schulabgänger und die 53 000 zur Verfügung stehenden Ausbildungsplätze angesprochen. Ich ergänze diese Angaben um die Zahl von 30 000 unversorgt gebliebenen Bewerberinnen und Bewerbern des vorherigen Jahres und um die Aussage, daß bis zum September eine Zahl von rund 20 000 Abbrecherinnen und Abbrechern bekannt geworden ist. Somit wären wir schon bei einer Zahl von rund 180 000 angelangt. Wenn ich die Zahl der gemeldeten Ausbildungsplätze betrachte, sehe ich die deutliche Gefahr, daß nach der Steuerlüge nun eine Ausbildungsplatzlüge entstehen könnte, wenn Sie die Aussage aufrechterhalten wollen, daß für jede und für jeden ein Ausbildungsplatz vorhanden sei. Ich frage Sie deshalb ganz gezielt: Welches Sofortprogramm hat die Bundesregierung vorgesehen?

Prof. Dr. Rainer Ortleb (Minister:in)

Politiker ID: 11001657

An diesem Problem arbeitet eine interministerielle Arbeitsgruppe. An dieser Arbeitsgruppe sind Vertreter des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft und des Bundesministers für Arbeit beteiligt. Sie wird die Zielstellung verfolgen, den Prozeß begleitend in ähnlicher Weise zu behandeln und zu fördern, wie das im vorigen Jahr erfolgreich geschehen ist. Wir gehen davon aus, daß über diesen Prozeß nachgedacht werden muß. Ich möchte nochmals darauf hinweisen, daß alles das, was geeignet ist, die Probleme in natürlicher Weise zu bewältigen, den Vorrang haben muß vor Reglementierungen. Ich meine, daß Komponenten dieser Überlegungen sein können: die Gemeinschaftsaktion, die Sie als das für uns derzeit einzig spürbare Programm bezeichnen; die Sicherung dessen, daß Treuhandbetriebe auch die Ausbildungsforderungen erfüllen und daß ähnlich wie im vorigen Jahr eine Konkurslehrlingsförderung ins Auge gefaßt wird - jedoch nur dann, wenn keine anderen Mittel mehr das Problem bewältigen können. Ferner muß auch für außerbetriebliche Ausbildung mehr getan werden, aber immer in einem dann feststellbaren Maße. Bedenken Sie bitte, daß auch im Vorjahr die unvermeidlichen staatlichen Maßnahmen erst zu einem relativ späten Zeitpunkt durchgeführt wurden, um einer natürlichen Gesundung der Wirtschaft Raum geben zu können. Wir sollten die betriebliche Ausbildung auf jeden Fall vor einer außerbetrieblichen rangieren lassen. Ich möchte Ihr Bild mit Zahlen anreichern, die dieses Bild wesentlich besser erscheinen lassen: Mir ist aus der Stadt Dresden bekannt, gemeldet in den „Dresdner Neuesten Nachrichten" vom 11. März, daß die 38 dort in der Berufsberatung Beschäftigten davon ausgehen, 2 500 Ausbildungsplätze sichern zu müssen, daß derzeit 2 017 gesichert sind und daß sie noch nicht am Ende ihrer Möglichkeiten sind.

Dr. h. c. Helmuth Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000127

Eine Zusatzfrage von Frau Doris Odendahl.

Doris Odendahl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001632, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, nachdem Sie jetzt sagen, es sei eine Gruppe zur Vorbereitung eines eventuell notwendig werdenden Programms tätig, und nachdem Sie die bereits heute bestehenden Defizite bestätigt haben - demnach sind das nun wohl 180 000 junge Menschen -, können Sie dann noch abwarten, bis eine Gruppe nun sozusagen ihr Ergebnis vorlegt, das wiederum nur die Zahlen bestätigt? Sehen Sie es auf Grund der sonstigen wirtschaftlichen und arbeitsplatzmäßigen Entwicklung nicht für dringend geboten an, nun selbst und über die Gruppe hinaus, die die Vorarbeiten leistet, sofort initiativ zu werden?

Prof. Dr. Rainer Ortleb (Minister:in)

Politiker ID: 11001657

Zunächst darf ich darauf hinweisen, daß ich Ihre Zahl von 180 000 zwar zur Kenntnis genommen, aber nicht bestätigt habe. Wir gehen von einem Defizit von 67 000 aus. Ich glaube, es macht jetzt keinen Sinn, wenn wir uns jetzt gegenseitig die Zahlen vorrechnen. Entscheidend ist, wie der Bund bereits reagiert hat. Ich will Ihnen ein Beispiel nennen: Wir haben im Ergebnis der Kabinettsitzung von gestern erneut nachgefragt, wie der Bund insbesondere durch seine Ministerien und Behörden selber als Ausbildungsträger tätig werden kann. Nach den Hochrechnungen, die wir dort erstellen können, können wir damit rechnen, daß wir eine Größenordnung von 10 000 echten Ausbildungsplätzen, die also keine provisorische Lösung sind, anbieten können, von denen etwa 40 % Überbedarfsplätze in dem Sinne sind, daß der Ausbildungsträger selber sie nicht benötigt.

Dr. h. c. Helmuth Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000127

Das Wort zu einer weiteren Frage hat unser Kollege Rainer Jork.

Dr. - Ing. Rainer Jork (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001033, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, bei der Sicherung der Ausbildungsplätze sind sowohl die Industriebetriebe in der ehemaligen DDR als auch - das betrifft auch die vorhergehende Frage - in hohem Maße staatliche Hilfen gefragt. Daraus leiten sich für mich zwei Fragen ab: Wie kann gesichert werden, daß die Lehrlinge, wenn Betriebe aus der Alt-Bundesrepublik Lehrstellen in der ehemaligen DDR anbieten - was sicher nötig ist - , ausreichend motiviert werden, wieder zurückzugehen? Ich halte das für besonders schwierig. Ich kann mir vorstellen, daß dazu ein gewisses Programm nötig ist. Insofern ist eine kompakte Antwort jetzt vielleicht nicht möglich. Das zweite Anliegen: Wenn wir fordern, daß die Betriebe der ehemaligen DDR und sich dort neu aufbauende Betriebe durch den Bund finanziell gefördert werden, dann kann doch sehr wohl eine Grundhaltung eintreten, daß man abwartet, daß der Bund gefälligst immer fördert, so daß wir zu einer Diskrepanz zu dem Grundanliegen des dualen Bildungssystems kommen. Dann besteht also die Gefahr, daß die Betriebe infolge des Abwartens weniger Lehrstellen bereitstellen als möglich ist. ({0}) Wie kann man dem vorbeugen? - Haben Sie die Frage verstanden? ({1})

Prof. Dr. Rainer Ortleb (Minister:in)

Politiker ID: 11001657

Ich hoffe daher, die Frage verstanden zu haben. - Zunächst zur Frage: Wie verhalten wir uns bei dem Angebot von Ausbildungskapazitäten, die in den westlichen Bundesländern liegen, die für die Auszubildenden aus den östlichen Bundesländern durchaus eine Verlockung darstellen? Ich bin der Meinung, wir sollten vor allen Dingen politisch darauf einwirken, daß erkannt wird, daß nach Abzug hervorragender Arbeitskräfte aus den neuen Bundesländern jetzt nicht als weiteres der Abzug von guten Auszubildenden stattfinden darf. Dies muß im Einvernehmen mit den Verbänden geschehen. Da gibt es bereits gute Beispiele. Mir wurde beispielsweise von der Firma Siemens mitgeteilt, daß man die Mitarbeiter der Filialen, die man inzwischen in den neuen Bundesländern eingerichtet hat, im Westen ausbildet, aber davon ausgeht, daß die Absolventen dieser Ausbildung in den Betrieben im Osten eingesetzt werden. Zur zweiten Frage: Natürlich sollte man eine staatliche Reglementierung, damit sie nicht zu einem die Wirtschaftsstruktur gefährdenden Regulierungsmechanismus wird, der weg vom Prinzip der Marktwirtschaft orientiert abläuft, nur dann einsetzen, wenn nach homöopathischer Behandlung lediglich eine medikamentöse bleibt; denn medikamentöse Behandlungen haben immer Nebenwirkungen.

Dr. h. c. Helmuth Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000127

Meine Damen und Herren, die nächste Frage will unser Kollege Eckart Kuhlwein stellen.

Eckart Kuhlwein (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001252, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, wollen Sie wirklich mit einem eigenen Programm des Bundes zur Bewältigung der Ausbildungsstellennachfrage in den neuen fünf Ländern warten, in der Hoffnung, irgend etwas in der Wirtschaft würde sich bis dahin noch bewegen? Wie stellen Sie sich eigentlich vor, wie es die Jugendlichen empfinden, wenn sie 20, 30, 40 oder 50 Bewerbungen schreiben und Absagen bekommen oder wenn sie sich bei Betrieben bewerben, die bald verschwinden, und keine Perspektive und keine Sicherheit haben, daß sie im Herbst doch noch einen Ausbildungsplatz haben werden?

Prof. Dr. Rainer Ortleb (Minister:in)

Politiker ID: 11001657

Daß die Bundesregierung abwartet, ist auf Grund der Beschlußlage in der gestrigen Kabinettsitzung falsch dargestellt. Wir haben nur - so sehe ich das, Herr Kuhlwein - Differenzen in den Methoden.

Dr. h. c. Helmuth Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000127

Meine Damen und Herren, die nächste Frage möchte unser Kollege Dirk Hansen stellen.

Dirk Hansen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000804, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Minister, wie beurteilen Sie mit Blick auf die Ausbildungsplatzvermittlung hinsichtlich Qualität und Quantität das Zusammenspiel zwischen Bund, Ländern, Gemeinden und letztlich auch den Sozialpartnern - Sie haben gesagt: vor1042 rangig ist die Wirtschaft, sind die Betriebe selber gefordert - , das von Ihnen ausdrücklich angesprochen worden ist, über solche Einzelbeispiele wie Siemens hinausgehend? Meine zweite Frage, die sich daran anschließt, ist: Läßt sich vor dem Hintergrund der erfolgreichen Vermittlung von Ausbildungsplätzen im vergangenen Jahr, gerade auch in den neuen fünf Bundesländern, schon in irgendeiner Weise etwas in bezug auf die Absicht ableiten, die von der Bundesregierung erklärt worden ist, den im Vergleich zur akademischen Ausbildung im Grunde nachrangigen Nimbus der beruflichen Bildung zu verbessern und eher einen Gleichstand zu erreichen?

Prof. Dr. Rainer Ortleb (Minister:in)

Politiker ID: 11001657

Ohne aktive Teilnahme der Länder und Kommunen ist das Problem Auszubildende für Herbst 1991 nicht bewältigbar, weil es - ich will es überhöht sagen - zentralistisch nicht gelöst werden kann. Es muß viel vor Ort getan werden. Das Beispiel aus Dresden, das ich nannte, belegt, daß dort, wo eine Aktion vor Ort läuft, das Resultat in der Regel besser ist, zumal die Ortskenntnis maßgeblich behilflich sein kann, richtig zu beraten, was in der jeweiligen Wirtschaftsregion strukturell zu erwarten sein wird. Man will ja so ausgebildet sein, daß man nach der Ausbildung eingesetzt werden kann. Die Gleichbehandlung beruflicher Ausbildungslinien halte ich auch hinsichtlich der Maßnahmen und Mittel für prüfenswürdig, die man einführen muß, um die Ausbildungswege zu beschreiben und um das notwendige Entgegenkommen seitens der ausbildenden Einrichtungen, sowohl solche Ausbildungen durchzuführen als auch die vorgelegte Ausbildung in anderen Einrichtungen anzuerkennen, zu erreichen. Hier kann nur der Weg sein, daß über die Diskussion in der Kultusministerkonferenz im Einvernehmen mit den Ländern Regelungen getroffen werden.

Dr. h. c. Helmuth Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000127

Weitere Fragen zu diesem Themenkomplex liegen nicht vor. Herr Minister, vielen Dank für die Beantwortung der Fragen. Ich möchte, durch einen Zwischenruf angeregt, hier noch einmal auf unsere Richtlinien aufmerksam machen. In diesen Richtlinien heißt es unter Punkt 2: Die Fragen können durch Bemerkungen eingeleitet werden. Sie müssen dann kurzgefaßt sein und kurze Antworten ermöglichen. ({0}) Meine Damen und Herren, es liegt uns eine weitere Bitte um eine Frage vor, und zwar von Frau Iris Gleicke. Bitte sehr.

Iris Gleicke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000687, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Ministerin Adam-Schwaetzer, warum sind in die neuerlichen Verordnungen nicht die vielfältigen Vorschläge, z. B. der ARGEBAU, eingegangen, die eine Mietobergrenze fordern, die zeitlich begrenzt ist? Warum wurde das nicht eingearbeitet?

Dr. h. c. Helmuth Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000127

Bitte sehr, Frau Minister.

Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer (Minister:in)

Politiker ID: 11002120

Frau Abgeordnete, zunächst einmal möchte ich einen Hinweis zu den Mietenverordnungen insgesamt geben. Es sind die ersten Mietenverordnungen überhaupt, die es ermöglichen, den miserablen Wohnungsbestand in den fünf neuen Bundesländern, an dem ja bedauerlicherweise in vielen Jahrzehnten weder Instandsetzungen noch Modernisierungen in ausreichendem Umfang durchgeführt worden sind, jetzt endlich so herzurichten, daß den Bürgern angemessener Wohnraum verschafft werden kann. Das ist - dessen sind wir uns bewußt - eine schwierige Gratwanderung zwischen dem, was unbedingt notwendig ist, damit die Vermieter in die Lage versetzt werden, tatsächlich die notwendigen Arbeiten durchzuführen, und dem was den Menschen in der schwierigen Umbruchsituation in den fünf neuen Bundesländern abverlangt werden kann. Ich möchte eine Bemerkung zu den von Ihnen angesprochenen Beschlüssen der Institution ARGEBAU machen. Die ARGEBAU ist die Konferenz der Länderbauminister, an denen der Bundesbauminister nur mit beratender Stimme teilnimmt. Die Länderbauminister haben nach einer langen Diskussion mehrheitlich, allerdings mit einer knappen Mehrheit empfohlen, die Mieten in den fünf neuen Bundesländern generell mit einer Obergrenze zu versehen. Argumentiert wurde mit dem Hinweis auf die langjährige Situation in den westlichen Bundesländern, insbesondere in West-Berlin. Nun weiß aber jeder, der die Wohnungsituation in West-Berlin kennt, daß der Wohnungsbestand dort im Gegensatz zu den alten Bundesländern, wo die Mieten schon viel früher freigegeben worden sind, im Schnitt qualitativ erheblich schlechter als in den westlichen Bundesländern ist. Schon deswegen konnte die Bundesregierung diese Empfehlung der ARGEBAU gar nicht aufgreifen, denn wir möchten, daß die Modernisierung im Wohnungsbestand Ost jetzt zügig in Gang kommt. Eine generelle Kappungsgrenze, also eine generelle Mietobergrenze, würde diese Entwicklung weiter verzögern wenn nicht gar völlig verhindern. Deshalb kann sie für uns nicht in Frage kommen.

Dr. h. c. Helmuth Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000127

Bitte sehr, Sie haben noch eine Zusatzfrage.

Iris Gleicke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000687, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Ministerin, Sie selber haben auf den desolaten Bauzustand - besonders im Altbaubereich - hingewiesen. Auch wir wissen, daß gerade dort der höchste Investitionsbedarf in Modernisierungsmaßnahmen besteht. Ich habe schon einmal auf ein Rechenbeispiel hingewiesen. Es werden mit spielender Leichtigkeit Investitionssummen von 200 000 DM erreicht. Wenn ich 11 % davon umlegen kann, dann würde das bedeuten, daß ich 22 000 DM im Jahr auf die Mieten umlegen kann; das würde eine monatliche Mehrbelastung von 1 833,33 DM bedeuten. Diese Höchstbeträge sind z. B. nicht mehr mit Wohngeld aufzufangen. Wie soll gewährleistet werden, daß dort keine unzumutbaren Belastungen entstehen?

Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer (Minister:in)

Politiker ID: 11002120

Frau Abgeordnete, ich glaube, wir würden den Mietern in den fünf neuen Bundesländern dienen, wenn wir weniger mit nur theoretisch denkbaren Rechenbeispielen operieren würden, wie Sie es gerade getan haben. Um auf den Boden der Realitäten zurückzukommen, möchte ich darauf hinweisen, daß 20 % des Wohnungsbestandes in den fünf neuen Bundesländern aus selbstgenutzten Eigenheimen besteht. Sie werden von Menschen genutzt, die in den fünf neuen Bundesländern leben. Diese haben - das zeigt auch der Augenschein - in den vergangenen Jahren wirklich keine Mühen gescheut, um ihre Wohnungen bzw. ihre Häuser bereits in einen vernünftigen Zustand zu versetzen, so daß auch aus dem Grunde eine solche Summe überhaupt nicht in Betracht kommen kann. Weitere 20 % des Wohnungsbestandes sind in Privatbesitz befindliche Mietwohnungen. Die finanzielle Situation der privaten Vermieter ist ähnlich. Deren Bemühungen, aus den Wohnungen in den vergangenen Jahren - trotz der schwierigen Situation - etwas Vernünftiges zu machen, waren genauso groß. Weitere 20 % befinden sich in genossenschaftlichem Bestand und werden sicherlich auch darin verbleiben. Das heißt: Diejenigen, die in solchen Wohnungen wohnen, sind nicht nur nominell, sondern über ihre Genossenschaftsanteile auch tatsächlich Miteigentümer. Der Investitionsbedarf stellt sich dort sehr unterschiedlich dar, wird aber selbstverständlich nach der Leistungskraft derjenigen bemessen werden, die in diesen Wohnungen sitzen. Wie sollten sie auch etwas anderes beschließen wollen oder können? 40 Prozent der Wohnungen befinden sich in der früheren kommunalen Wohnungsverwaltung, die heute im wesentlichen in Wohnungsunternehmen überführt ist. Ein Teil dieser Wohnungen wird von heute im Westen lebenden Menschen zurückgefordert, ein anderer Teil wird von im Osten lebenden Menschen zurückgefordert, und ein weiterer Teil wird bei der Gemeinde verbleiben. Solche Investitionssummen, wie Sie sie gerade als erschreckendes Beispiel an die Wand gemalt haben, kommen in solchen Beständen schon aufgrund der Eigentumsverhältnisse nicht in Betracht. Das heißt, die Entwicklung wird sich sehr viel eher danach bemessen, was jetzt dringend erforderlich ist. Ich halte schon aus den realen Gegebenheiten Luxussanierungen, wie Sie sie quasi vorschlagen und an die Wand malen, im Einzelfall als Forderung nicht für ausgeschlossen; es wird aber nicht der Durchschnitt sein. Für diejenigen Mieter, die sich mit der Forderung des Vermieters nach einer Luxussanierung konfrontiert sehen, kann ich nur sagen: Die geltende Rechtsprechung schützt einen Mieter gegenüber Forderungen nach solchen Luxussanierungen. Der Mieter kann die Mietzahlung also schlicht verweigern, wenn sie seine wirtschaftliche Leistungskraft überfordert. Aus diesem Grunde bin ich Ihnen dankbar, daß Sie diese Frage gestellt haben. Ich wäre Ihnen aber noch dankbarer, wenn Sie gemeinsam mit uns daran arbeiteten, die Verunsicherung nicht noch weiter wachsen zu lassen, sondern endlich dafür zu sorgen, daß man vernünftig und sachlich auf dem Boden der Tatsachen argumentiert. ({0})

Dr. h. c. Helmuth Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000127

Eine weitere Frage möchte unser Kollege Clemens Schwalbe stellen. Bitte sehr.

Clemens Schwalbe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002121, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Minister, ist es richtig, daß erstens Miete und Wohngeld eine Einheit bilden und daß sie nur zusammen in Kraft gesetzt werden, daß zweitens Eigenheimbauer, die also privaten Wohnbesitz haben, in diese Wohngeldregelung eingeschlossen sind, hier also nicht ausgegrenzt werden, und daß drittens der Wohngeldanspruch von dem Mieter an den Vermieter abgetreten werden kann?

Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer (Minister:in)

Politiker ID: 11002120

Herr Abgeordneter, in der Tat gehören Wohngeldgewährung und Mieterhöhung zusammen. Sie werden, weil es sich um unterschiedliche Verfahren handelt - Mieten durchlaufen ein Verordnungsverfahren, Wohngelder ein Gesetzesverfahren - , vielleicht nicht am gleichen Tag verabschiedet. Wir haben aber, auch in Gesprächen mit den Ministerpräsidenten der neuen Bundesländer, größten Wert darauf gelegt, sicherzustellen, daß an dem Tag, an dem Mieterhöhungen in Kraft treten, Wohngeld ausgezahlt wird. Deswegen werden wir ein vereinfachtes, pauschaliertes Wohngeld, das tabellarisch zusammengefaßt ist und damit für jeden Mieter nachvollziehbar ist, für eine Übergangszeit in Kraft setzen. Wir werden das Element der Einzelfallgerechtigkeit dadurch sicherstellen, daß im Bewilligungszeitraum, also spätestens mit Ablauf eines Jahres nach Bewilligung, spitz abgerechnet wird, welchen Anspruch der Mieter hat. Mieterhöhung und Wohngeld sind aber in der Tat eine Einheit, die nicht auseinander genommen werden darf. Zweitens. Auch Eigenheimbesitzer haben Anspruch auf Wohngeld. Da beim Eigenheimbesitzer keine Miete anfällt, stattdessen aber Zinszahlungen und Tilgungsleistungen auf Hypotheken, wird dies quasi als Miete angesehen. Die Wohnkostenbelastung, die sich beim Mieter aus der Kaltmiete und der Umlage der Betriebskosten zusammensetzt, ({0}) wird beim Eigenheimbesitzer dadurch berechnet, daß Zins- und Tilgungsleistungen sowie Betriebskosten addiert werden. Drittens. Es ist vorgesehen, daß ein Mieter seinen Wohngeldanspruch auf den Vermieter übertragen kann, aber nur auf freiwilliger Basis. ({1})

Dr. h. c. Helmuth Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000127

Meine Damen und Herren, es ist zulässig, eine Zusatzfrage zu stellen. Bitte sehr, Herr Kollege Schwalbe.

Clemens Schwalbe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002121, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Keine Zusatzfrage.

Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer (Minister:in)

Politiker ID: 11002120

Ich merke an der Reaktion der SPD-Kollegen, daß die Bundesregierung hier etwas beschlossen hat, das offensichtlich weitgehend auch Ihre Zustimmung trifft. ({0})

Dr. h. c. Helmuth Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000127

Als nächster hat sich unser Kollege Achim Großmann zu einer Frage gemeldet. Bitte sehr.

Achim Großmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000735, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich ziehe zurück. Wir haben noch ein anderes wichtiges Thema.

Dr. h. c. Helmuth Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000127

Er zieht zurück. Dann unser Kollege Walter Hitschler.

Dr. Walter Hitschler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000910, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Minister, nach dem gestrigen Kabinettsbeschluß liegt es nun offensichtlich in der Hand der Ministerpräsidenten der neuen Bundesländer, darüber zu entscheiden, wann diese beiden Verordnungen in Kraft treten können, entweder am 1. August, wie es offensichtlich die Bundesregierung will, oder erst am 1. Oktober. Können Sie bitte dem Plenum Ihre Beurteilung mitteilen, welche ökonomischen Folgen es hätte, wenn die Ministerpräsidenten diese Entscheidung noch einmal um zwei Monate hinausschöben?

Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer (Minister:in)

Politiker ID: 11002120

Herr Abgeordneter, jeder Monat, den die Mieterhöhungen später in Kraft treten, hat erhebliche ökonomische Auswirkungen. Erstens. Solange die Mieten so niedrig sind, wie sie sind, entsteht ein erheblicher Subventionsbedarf bei den Vermietern, also den Genossenschaften, den Wohnungsunternehmen und den privaten Vermietern. Dieser Subventionsbedarf beläuft sich auf ca. 1 bis 1,5 Milliarden DM pro Monat. Jede Verschiebung über den 1. August hinaus würde also einen solchen zusätzlichen Subventionsbedarf, der von den neuen Bundesländern zu decken wäre, bewirken. Zweitens. Jede Verschiebung des Mieterhöhungstermins würde bedeuten, daß die notwendigen Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen möglicherweise nicht einmal mehr in diesem Jahr in Gang kommen könnten, denn sie können nur durchgeführt werden, wenn die Vermieter aus der Miete, aus der Betriebskostenumlage und der Erhöhung der Kaltmiete die notwendigen finanziellen Mittel haben. Ich würde es also sehr begrüßen, wenn auf der Grundlage dieser Überlegungen tatsächlich ein möglichst früher Termin vorgesehen werden könnte. Aber das hängt davon ab, daß tatsächlich gleichzeitig Wohngeld ausgezahlt werden kann.

Dr. h. c. Helmuth Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000127

Meine Damen und Herren, die Fragezeit für die Regierungsbefragung ist abgelaufen. Sie wissen, daß es möglich ist, diese Zeit zu verlängern. Wir werden davon Gebrauch machen, weil noch mehrere Wortmeldungen vorliegen. Ich möchte zu diesem Komplex nur noch eine Frage zulassen. ({0}) - Herr Kollege Hitschler möchte eine Zusatzfrage stellen.

Dr. Walter Hitschler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000910, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Minister, halten Sie es angesichts der Tatsache, daß vom Bauministerium das pauschalierte Verfahren im Rahmen des Wohngeldgesetzes, das Sie vorgesehen haben, sozusagen sonderschulfest gemacht wurde, für gerechtfertigt, daß sich die Ministerpräsidenten der neuen Bundesländer darauf berufen wollen, daß ihre Verwaltungen nicht in der Lage seien, bis zum 1. August die Wohngeldauszahlungen vorzunehmen?

Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer (Minister:in)

Politiker ID: 11002120

Die Wohngeldauszahlung wird auch davon abhängen, daß die Gemeinden tatsächlich in der Lage sind, die erwarteten ca. 3 Millionen Wohngeldanträge zu bearbeiten. Wir haben zwar mit der Möglichkeit der Übertragung des Anspruchs auf die Vermieter eine leichte Vereinfachung vorgesehen. Wir müssen aber, auch aus Gründen des Mieterschutzes, darauf bestehen, daß dies ein individualisierter Anspruch bleibt. Ich möchte keinen Mieter dazu verpflichten, seine Einkommensbescheinigung seinem Vermieter vorlegen zu müssen. Deswegen muß sichergestellt sein, daß die Gemeinden vorrangig Mitarbeiter in diesem Bereich einstellen. Durch die großzügige Gewährung von Zuschüssen der Bundesregierung in den vergangenen Wochen sind die notwendigen Mittel dafür vorhanden. Jetzt muß auch gehandelt werden, damit die Mieter tatsächlich zum 1. August ihr Wohngeld bekommen.

Dr. h. c. Helmuth Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000127

Eine letzte Frage zu dem Komplex von unserem Kollegen Franz Möller.

Dr. Franz Möller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001522, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Ministerin, anknüpfend an das, was Sie gerade gesagt haben: Sind die Wohngeldstellen in den Städten der fünf neuen Bundesländer auch durch zusätzliche Ausbildungsmöglichkeiten, die Ihr Haus angeboten hat, in die Lage versetzt, diese richtigen Entscheidungen auch schnell umzusetzen?

Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer (Minister:in)

Politiker ID: 11002120

Herr Abgeordneter, wir wollen mit unserem vereinfachten, pauschalierten Verfahren - das sind Tabellen, an denen wirklich jeder ablesen kann: Einkommen, Wohnkosten, Wohngeld, Ein-Personen-Haushalt, Personenzahl, etc. - die notwendige schnelle Umsetzung erreichen. Dazu bedarf es zu Beginn keiner besonderen Schulung. Aber selbstverständlich haben wir Schulungsmöglichkeiten vorgesehen. In Zusammenarbeit mit freien Trägern werden wir - wie schon im vergangenen Jahr - in großem Umfang Schulungsmöglichkeiten anbieten. Wir hoffen, daß von ihnen auch kurzfristig Gebrauch gemacht wird.

Dr. h. c. Helmuth Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000127

Frau Minister, vielen Dank. Vizepräsident Helmuth Becker Jetzt hat sich der Kollege Wolfgang Roth zu einem anderen Themenbereich gemeldet. Bitte sehr.

Wolfgang Roth (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001891, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich richte meine Frage an das Kanzleramt. - Der amerikanische Kongreß hat für Ausgaben für den Krieg am Golf nach eigenen Schätzungen, nach Schätzungen des Budgetdirektors der USA, 42,6 Milliarden Dollar veranschlagt, wenn dieser Krieg bis zum 31. März dauern würde. Erfreulicherweise ist er schon einen Monat früher beendet worden. Die internationalen Finanzzusagen der Partnerländer der USA betragen weit mehr als 50 Milliarden Dollar. Das heißt: Es ist eine Überzahlung seitens der Partnerländer gegenüber den Kosten, die die USA selbst veranschlagen, vorgesehen. Will die Bundesregierung trotz dieses von den USA selbst eingestandenen Tatbestandes die nächste - letzte - Tranche des Beitrags zum Krieg am Golf am 28. März, wie angekündigt, doch überweisen?

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Herr Kollege, dies war gestern nicht Gegenstand der Kabinettsberatung. Ich kann aber folgendes dazu sagen: Erstens. Die Zahlen sind noch umstritten; da gibt es auf amerikanischer Seite unterschiedliche Einschätzungen. Zweitens. Wir werden mit den Amerikanern Verhandlungen führen, Gespräche über die Tatsache aufnehmen, daß international mehr Zusagen gemacht worden sind, als an Mitteln offenbar benötigt werden. Drittens. Der Zahlungstermin, von dem Sie gesprochen haben, wird im Lichte dieser Verhandlungen überprüft werden.

Dr. h. c. Helmuth Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000127

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Roth.

Wolfgang Roth (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001891, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ist die Bundesregierung bereit, dem Deutschen Bundestag nach den Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten detailliert Auskunft über die Struktur der Kosten und über die Gründe zu erteilen, weshalb und in welchem Umfang sie Zahlungen geleistet hat?

Not found (Gast)

Ja, sicher, Herr Kollege. Die Zahlungen werden durch das Kabinett selbstverständlich überprüft werden können. ({0}) - Entschuldigung, im Bundestag. - Zunächst geht es darum, Klarheit herzustellen, wieviel insgesamt benötigt wurde, und dann werden diese Zahlen selbstverständlich auch im Parlament, nämlich im Haushaltsausschuß, erörtert werden.

Dr. h. c. Helmuth Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000127

Vielen Dank, Herr Minister. Zu einer weiteren Frage hat nun unsere Kollegin Ingrid Matthäus-Maier das Wort.

Ingrid Matthäus-Maier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001436, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Habe ich der Antwort richtig entnommen, daß gesagt worden ist, der Zahlungstermin für die dritte Rate, der 28. März 1991, werde im Lichte der Gespräche überprüft - mit der Folge, daß möglicherweise gar nicht überwiesen wird? Ausweislich des Protokolls des Bundestages - 13. Sitzung am Dienstag, dem 12. März 1991 - hat Finanzminister Waigel hier folgendes wörtlich gesagt: Wenn die Ausgaben für den Golfkrieg nicht auf uns zugekommen wären, ... hätten wir im Jahre 1991 die Steuern nicht erhöht. Das ist die Wahrheit! ({0}) Dann geht es weiter: „({1}) " ({2}) Ich frage den Herrn Staatssekretär Carstens aus dem Finanzministerium: Wenn sich bei diesen Gesprächen herausstellt, daß die Anforderungen der Amerikaner - so sieht es ja aus - in der Tat höher sind als das, was man braucht, daß also etwas übrigbleibt, was wir nicht zu überweisen brauchen: Ist die Bundesregierung, ist speziell Herr Waigel bereit, die von der Bundesregierung geplanten Steuererhöhungen, die ausweislich des Protokolls von Herrn Waigel ausschließlich im Zusammenhang mit dem Golfkrieg zu sehen sind - sonst, so hat er gesagt, hätte man die Steuern 1991 nicht erhöht -, um das entsprechende Maß abzusenken?

Dr. h. c. Helmuth Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000127

Antwort, Herr Staatssekretär Manfred Carstens. ({0})

Manfred Carstens (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000322

Das ist eine typisch hypothetische Frage: Was würden Sie tun, wenn . . .? ({0}) Die Ausgangsposition ist klar: Unser Haushaltsgesetzentwurf sieht vor, daß die vorgesehenen Beträge zu zahlen sind. Darauf haben wir uns in der Haushaltsplanung eingestellt. So ist das Ganze dem Haushaltsausschuß, dem Parlament vorgetragen worden, und davon gehen wir aus. Wenn sich die Sachlage anders darstellt, dann entscheiden wir entsprechend der Sachlage, aber zu dem Zeitpunkt, in dem die Sachlage klar ist.

Ingrid Matthäus-Maier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001436, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Dann darf ich nachfragen.

Dr. h. c. Helmuth Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000127

Bitte sehr. ({0})

Ingrid Matthäus-Maier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001436, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Danke, Herr Präsident. Ich war in die Antwort so vertieft, daß ich leider etwas voreilig war. Ich bitte um Entschuldigung. Nach den Äußerungen von Herrn Stavenhagen und Ihnen ist es also sehr wohl möglich, daß die geplanten, von Herrn Waigel ausschließlich mit dem Golfkrieg begründeten Steuererhöhungen nicht in dem Maße stattfinden werden? Sie werden uns also rechtzeitig vor der Verabschiedung der Steuergesetze für den Fall, daß es so kommt, hier mit dem Vorschlag der Absenkung der Steuererhöhungen gegenübertreten? Oder aber - das wäre die Alternative - Herr Waigel müßte zugeben, daß es wirklich eine Steuerlüge gibt, daß er das Geld nämlich für die deutsche Einheit braucht.

Manfred Carstens (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000322

Eine Steuerlüge gibt es bei uns überhaupt nicht. ({0}) Das ist in der letzten Woche ausführlich debattiert worden. Das steht überhaupt nicht zur Debatte. Ich stelle fest - das werden alle, die aufmerksam zugehört haben, ebenso festgestellt haben -, daß Sie mit anderen Worten die erste Frage wiederholt haben. ({1}) Ich beziehe mich auf die Antwort, die ich auf die erste Frage gegeben habe.

Dr. h. c. Helmuth Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000127

Herr Staatssekretär, vielen Dank. Zu einer letzten Frage hat nun unser Kollege Willfried Penner das Wort.

Dr. Willfried Penner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001688, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Hält der Bundesverteidigungsminister an seiner Forderung fest, daß die Bundeswehr Forderungen in Milliardenhöhe zu stellen habe, die über das hinausgehen, was im Bundeshaushalt vorgesehen ist?

Dr. h. c. Helmuth Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000127

Bitte, Herr Staatssekretär Ottfried Hennig.

Dr. Ottfried Hennig (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000871

Herr Kollege Penner, wie inzwischen mehrfach öffentlich klargestellt worden ist, hat sich diese Bemerkung des Bundesverteidigungsministers auf die Perspektive bezogen, aber nicht etwa auf den Bundeshaushalt des Jahres 1991. ({0})

Dr. h. c. Helmuth Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000127

Herr Willfried Penner zu einer Zusatzfrage.

Dr. Willfried Penner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001688, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, da der Begriff Perspektive in der Politiksprache noch nicht hinreichend konkretisiert ist, darf ich Sie fragen: Was verstehen Sie denn darunter, wenn man an den zeitlichen Rahmen denkt?

Dr. Ottfried Hennig (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000871

Herr Kollege Penner, wir sind ja Gott sei Dank in diesem Hause Jahr für Jahr in der Lage, einen neuen Haushalt aufstellen zu müssen, und wir tun dies miteinander. Die Bemerkung bezieht sich auf die Haushalte ab 1992, d. h. auf die mittelfristige Finanzplanung. Wenn wir alle miteinander sehen, was alles beispielsweise an dringendster Modernisierung und der Notwendigkeit, menschenwürdige Verhältnisse zu schaffen, in den fünf neuen Ländern auf uns zukommt, dann werden wir in der Tat noch einmal darüber sprechen müssen, ob die dafür vorgesehenen Beträge wirklich ausreichend sind.

Dr. h. c. Helmuth Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000127

Nun zu einer letzten Frage unser Kollege Peter Struck.

Dr. Peter Struck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002278, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, darf ich aus Ihrer Frage schließen, daß der Bundesverteidigungsminister für den Haushalt 1991 und den nachfolgenden Haushalt 1992 gegenüber den jetzigen Anmeldungen im Rahmen der Kabinettsberatung für den Haushalt erhebliche Steigerungsraten für den Einzelplan 14 verlangen wird?

Dr. Ottfried Hennig (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000871

Herr Kollege, das läßt sich heute sicher nicht abschließend beantworten. Was das geheime Ziel seiner Wünsche dort ist, haben Sie möglicherweise richtig umschrieben.

Dr. h. c. Helmuth Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000127

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Meine Damen und Herren, wir sind damit am Ende der Befragung der Bundesregierung. Wir haben die Zeit um einige Minuten überzogen. Diese Zeit wird auf die Zeit für die Fragestunde angerechnet werden. Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf: Fragestunde - Drucksache 12/266 Wir kommen zunächst zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Post und Telekommunikation. Der Abgeordnete Ludwig Stiegler hat um schriftliche Beantwortung seiner Frage 1 gebeten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. Die Fragen 2 und 3 des Abgeordneten Günther Heyenn werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Die Kollegin Claire Marienfeld hat um schriftliche Beantwortung ihrer Frage 4 gebeten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Ich komme zur Frage 5 unseres Kollegen Hans Wallow. Unser Kollege Wallow ist nicht im Saal. Dann wird nach den Richtlinien verfahren; das heißt, die Frage wird gar nicht beantwortet. Meine Damen und Herren, ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft auf. Zur Beantwortung der Fragen steht uns Herr ParlamentaVizepräsident Helmuth Becker rischer Staatssekretär Klaus Beckmann zur Verfügung. Die Fragen 6 und 7 des Abgeordneten Hermann Bachmaier sollen schriftlich beantwortet werden. Dem soll entsprochen werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Auch bei der Frage 8, die unsere Kollegin Edelgard Bulmahn gestellt hat, wird um schriftliche Beantwortung gebeten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Ich rufe dann die Frage 9 unserer Kollegin Angela Stachowa auf: Was gedenkt die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit den Ländern und Kommunen zu tun, um der Zerstörung alter sorbischer Kulturlandschaften, Dörfer und Kulturdenkmäler sowie der Verdrängung der Sorben aus ihren angestammten Gebieten durch den weiteren ungehemmten Braunkohleabbau, insbesondere in der Niederlausitz, Einhalt zu gebieten? Sie ist da, und damit darf ich Sie, Herr Staatssekretär, um die Antwort bitten.

Klaus Beckmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000133

Herr Präsident! Frau Kollegin Stachowa, die zentrale Planwirtschaft der ehemaligen DDR hatte die Braunkohlenförderung ohne Rücksicht auf die Belange von Menschen und Umwelt in den betroffenen Gebieten auf mehr als 300 Millionen t jährlich gesteigert. Mit der beginnenden Umstrukturierung der Energienachfrage und der Industrieproduktion ist die Förderung bereits 1990 auf weniger als 250 Millionen t zurückgegangen. Dieser Prozeß wird sich auch in den nächsten Jahren fortsetzen. Bei durchgreifender Rationalisierung und dem Einsatz moderner Umweltschutztechnik bleibt die Braunkohle aber jedenfalls in der Verstromung dauerhaft wichtiger Bestandteil einer sicheren und wettbewerbsfähigen Energieversorgung. Angesichts der Förderrücknahme und Konzentration auf die besten Tagebaue können die Braunkohleunternehmen bis über die Jahrtausendwende hinaus auf Tagebauneuaufschlüsse verzichten und von den zur Zeit noch arbeitenden 38 Tagebauen eine Reihe stillegen. Die Landschaftsinanspruchnahme nimmt also deutlich ab. Von einem weiterhin ungehemmten Braunkohleabbau kann folglich keine Rede sein. Dementsprechend - so denke ich - wird auch der Siedlungsraum der Sorben geringer beeinträchtigt, als nach den alten DDR-Planungen vorgesehen. Soweit Umsiedlungen nicht vermeidbar sind, erfolgen sie in unmittelbarer Nähe der aufzugebenden Orte und unter Bewahrung des spezifisch deutsch-sorbischen Charakters. Der Bergbau und die mit ihm verbundenen Kraftwerke und Veredlungsanlagen bieten im Lausitzer Raum neben der Landwirtschaft eine wichtige Erwerbsquelle und sind damit auch für die Existenz der Sorben in ihrem angestammten Siedlungsraum von erheblicher Bedeutung. ({0})

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Frau Kollegin Stachowa, eine Zusatzfrage.

Angela Stachowa (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002211, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Ich bin mir natürlich der Zweischneidigkeit der Angelegenheit bewußt. Was bedeutet aber in diesem Falle, sie würden „geringer beeinträchtigt" ? Sie gebrauchten den Ausdruck „geringer" .

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Herr Parlamentarischer Staatssekretär, bitte.

Klaus Beckmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000133

Frau Kollegin, es gibt eine entsprechende Planung der zuständigen Braunkohlegesellschaft, die z. B. vorsieht, daß, wenn überhaupt, gegen Ende des Planungszeitraums - das ist das Jahr 2020 - noch drei Ortschaften, nämlich Mühlrose, Rohne und Mulkwitz, aufgegeben werden müssen. Voraussetzung dafür ist, daß der Tagebau Nochten dann noch zur Deckung des Energiebedarfs erforderlich ist. Das ist aber im Augenblick noch nicht absehbar, weil wir ja noch nicht wissen, welche Einsparmöglichkeiten sich durch Rationalisierung und durch den Einsatz moderner Techniken ergeben werden.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Die zweite Zusatzfrage.

Angela Stachowa (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002211, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Wie sieht es konkret mit dem Ort Mühlrose aus, denn diesen betrifft es zur Zeit am meisten?

Klaus Beckmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000133

Ich bitte um Verständnis, daß ich Ihnen das hier nicht konkret sagen kann. Ich kenne die Planungen der Bergwerksgesellschaften nicht im einzelnen. Aber wir sind gerne bereit, Ihnen diese Frage schriftlich zu beantworten. ({0})

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Herr Parlamentarischer Staatssekretär Gallus steht zur Beantwortung der Fragen bereit. Ich rufe die Frage 10 der Frau Abgeordneten Susanne Kastner auf: Wie will die Bundesregierung auf Ankündigungen der EG-Kommission reagieren, das in Brüssel notifizierte deutsche Verbot von Atrazin keinesfalls zuzulassen, und wie stichhaltig ist das Argument der Bundesregierung jetzt noch, ein Verbot weiterer grundwassergefährdender Pflanzenschutzmittel in der im Bundesrat zu beschließenden Änderung der PflanzenschutzAnwendungsverordnung würde das vorgesehene Atrazinverbot verzögern?

Georg Gallus (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000628

Herr Präsident, gestatten Sie, daß ich die Fragen 10 und 11 gemeinsam beantworte?

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Bitte. Ich rufe dann noch die Frage 11 der Abgeordneten Susanne Kastner auf: Welche Konsequenzen hätte es für die Notifizierung der Änderung der Pflanzenschutzverordnung in Brüssel, wenn der Bundesrat am 22. März vorerst nur dem Atrazinverbot zustimmt, aber die neuen Ausnahmeregelungen für die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in Naturschutzgebieten, Wasserschutzgebieten und Heilquellenschutzgebieten ({0}) ablehnt?

Georg Gallus (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000628

Frau Kollegin, eine Ankündigung der EG-Kommission, ein deutsches Verbot von Atrazin keinesfalls zuzulassen, liegt der Bundesregierung nicht vor. Die Kommission hat nur allgemeine Bemerkungen gemacht und mitgeteilt, daß die Verordnung nicht gegen Gemeinschaftsrecht verstößt. Dagegen haben die Mitgliedstaaten Belgien und Italien ausführliche Stellungnahmen, insbesondere zu dem vorgesehenen Atrazin-Verbot, abgegeben. Die Bundesregierung ist dabei, diese Stellungnahmen zu prüfen. Falls der Bundesrat in dieser Woche am 22. März der Verordnung mit den vom Agrarausschuß des Bundesrats empfohlenen Änderungen zustimmt, wird der BML die Verordnung unverzüglich in Kraft setzen. Das heißt, die Anwendung von Atrazin wird damit verboten. Sollte der Bundesrat jedoch beschließen, weitere Stoffe in die Verordnung aufzunehmen, so kann der BML den geänderten Entwurf nicht in Kraft setzen. Er ist vielmehr erneut zu notifizieren - mit der Konsequenz, daß die Frist neu beginnt.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Frau Kollegin Kastner, eine Zusatzfrage.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001069, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ich habe einen Artikel der „Süddeutschen Zeitung " vorn heutigen Tag vor mir liegen, in dem steht, daß am Montag in Brüssel bekanntgeworden ist, daß die EG-Kommission Deutschland aufgefordert hat, das Verbot des Unkrautvernichtungsmittels Atrazin drei Monate hinauszuschieben. Ich hätte von Ihnen gern gewußt, wie die Bundesregierung auf diese Aufforderung reagiert. Das ist meine erste Zusatzfrage. Die zweite stelle ich am besten zunächst zurück.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Herr Gallus.

Georg Gallus (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000628

Frau Kollegin, Sie haben bei meiner Antwort gemerkt, daß ich diese Aufforderung der EG eigentlich ignoriert habe. Tatsache ist, daß zwei Länder gegen unsere Notifizierung Einwendungen erhoben haben, nämlich Belgien und Italien. Auf Grund dieser Einwendungen hat sich die EG-Kommission bemüßigt gefühlt, neue Erhebungen anzustellen und noch einmal darüber zu diskutieren. Die Italiener haben darauf hingewiesen, daß sie sich einem Verbot von Atrazin insbesondere deshalb widersetzen, weil - von der WHO und auch von Amerika ausgehend - keineswegs festgelegt sei, daß der festgesetze Wert von 0,1 Mikrogramm maßgebend sei; darüber müsse noch einmal diskutiert werden. Wir sind aber der Auffassung, daß wir, da die Zulassung von Atrazin am 31. Dezember 1990 ausgelaufen ist und Atrazin nicht mehr in den Verkehr gebracht werden darf, jetzt den zweiten Schritt tun sollten, ungeachtet dessen, was auf uns zugekommen ist, nämlich daß wir, wenn der Bundesrat am Freitag zustimmt, die Anwendung von Atrazin verbieten.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Die zweite Zusatzfrage.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001069, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, Ihre Antwort bestätigt eigentlich meinen Verdacht, daß es im Hinblick auf die Harmonisierung innerhalb der EG durch die Hintertür wieder zu einer Zulassung von Atrazin in der Bundesrepublik kommt. Könnten Sie meinen Verdacht bestätigen, daß dies auch vom Landwirtschaftsministerium zum Teil gewollt wird, zumal das Landwirtschaftsministerium erst auf Druck auch des bayerischen Ministerpräsidenten Streibl bereit war, über dieses Verbot überhaupt nachzudenken?

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Herr Parlamentarischer Staatssekretär.

Georg Gallus (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000628

Frau Kollegin, ich hoffe, daß Sie das, was ich soeben gesagt habe, richtig würdigen können, nämlich daß die Bundesregierung sich über eine Mitteilung der EG hinwegsetzt und sogar Gefahr läuft, daß sie nun verklagt wird oder daß andere Maßnahmen gegen uns ergriffen werden, weil wir - ich sage es noch einmal - entsprechend der Ankündigung des Landwirtschaftsministeriums nach dem Auslaufen der Zulassung das Anwendungsverbot herbeiführen und vollziehen werden, ungeachtet der Einwendungen, die von seiten der EG und dieser beiden Länder erhoben werden. Mehr können Sie von uns nicht verlangen. Das andere ist, daß wir um ein EG-weites Verbot kämpfen. Auch insoweit liegt die Bundesregierung ganz an der Spitze. Das Landwirtschaftsministerium hat bei der EG entsprechende Vorschläge gemacht und Forderungen erhoben. In allen übrigen Mitgliedstaaten ist Atrazin allerdings noch zugelassen, freilich mit Einschränkungen: In Italien ist die Anwendung seit 1990 ausgesetzt. In Dänemark ist die Zulassung mit zahlreichen Anwendungsbeschränkungen versehen. In Großbritannien ist eine Neubewertung in Arbeit. Das trifft auch für Luxemburg, Spanien, Frankreich und Griechenland zu. Die Niederlande reden davon, Atrazin eventuell erst ab 1992 zu verbieten.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Sie haben weitere Zusatzfragen.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001069, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, Ihnen ist sicher bekannt, daß der Bundesverband der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft darauf hinweist, daß gerade Wasserschutzgebiete in besonderem Maße der Vorsorge bedürfen und daß die geplante Ausnahmeregelung gegen diese Vorsorge u. a. auch deshalb massiv verstößt, weil bei Untersuchungen der Wasserwerke einige Wirkstoffe im Grundwasser gefunden wurden, für die in der Verordnung keine Beschränkungen vorgesehen sind. Ich frage Sie jetzt: Wie stehen Sie zum Vorsorgeprinzip, gerade was Wasserschutzgebiete, Heilquellenschutzgebiete und Naturschutzgebiete anbelangt?

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Herr Staatssekretär.

Georg Gallus (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000628

Frau Kollegin, wir stehen zum Vorsorgeprinzip und sind bemüht, so schnell wie möglich alle an uns herangetragenen Wünsche zu erfüllen. Aber hier geht es darum, daß vorgeschlagen worden ist, sechs Stoffe in die Anlage 3 zu übernehmen, damit sie in Naturschutzgebieten, Wasserschutzgebieten und Heilquellenschutzgebieten nicht mehr angewendet werden dürfen. Es muß allerdings gesagt werden, daß diese sechs Stoffe - Chloridazon, Chlortoloron, Isoproturon, Mecoprop, Metolachlor, Terbuthylazin - zur Zeit von der Biologischen Bundesanstalt daraufhin überprüft werden, ob sie tatsächlich in Naturschutzgebieten, Wasserschutzgebieten usw. verboten werden müssen. Bei dieser Überprüfung sind nach unserem Pflanzenschutzgesetz selbstverständlich das Bundesgesundheitsamt und das Bundesumweltamt mit eingeschaltet. Sobald diese Überprüfungen abgeschlossen sind, werden wir entsprechend handeln.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Frau Kollegin, Sie haben eine weitere Zusatzfrage. Aber erlauben Sie mir noch die Bemerkung: Nach den Regeln der Fragestunde sind einleitende Bemerkungen und anschließende Kommentare nicht zulässig. Vielmehr muß die Frage gestellt werden.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001069, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wenn Sie von der Überprüfung dieser Stoffe sprechen, dann frage ich Sie, nachdem die Gesundheitsunschädlichkeit ja nicht erwiesen ist, warum Sie im Rahmen des Vorsorgeprinzips diese Stoffe nicht vorsorglich verbieten.

Georg Gallus (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000628

Frau Kollegin, wenn die Gesundheitsunschädlichkeit aller Stoffe bewiesen werden müßte, würde als erstes das Kochsalz verboten, als zweites destilliertes Wasser; denn nach Einnahme von 3 1 wären Sie tot. So ginge das weiter. Wenn wir nach diesem Grundsatz handeln wollten, könnten wir überhaupt nicht mehr leben. ({0})

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Eine weitere Zusatzfrage, Kollege Bredehorn.

Günther Bredehorn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000256, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, die Bundesregierung prescht ja hier voran, indem sie ein Atrazinverbot erlassen wird. Nachdem am 5. Juli 1990 in Dänemark die Zulassung von Atrazin in Pflanzenschutzmitteln bis zum 1. August 1998 verlängert wurde und die französische Regierung am 23. Mai 1990 die Zulassung von Atrazin für weitere zehn Jahre verlängert hat, frage ich, da wir ja für einen gemeinsamen europäischen Markt produzieren: Liegen der Bundesregierung neue fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse vor, die es notwendig erscheinen lassen, für die Bundesrepublik sofort ein Atrazinverbot auszusprechen?

Georg Gallus (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000628

Herr Kollege, ich weiß, daß die wissenschaftliche Wertung in bezug auf Atrazin umstritten ist. Wir müssen auch damit rechnen, daß der Hersteller Ciba-Geigy klagt. Wir wissen auch, daß die Akademie der Wissenschaften in Amerika im Gegensatz zu Europa für Trinkwasser die zugelassenen Höchstwerte auf 15 mg festgelegt hat, während die EG 1 mg und die Weltgesundheitsorganisation 2 mg festgelegt haben. Aber gerade im Hinblick auf das, was ich vorher gesagt habe, wiederhole ich: Die Bundesregierung nimmt das Vorsorgeprinzip sehr ernst. Deshalb setzen wir uns an die Spitze bei den Verboten von entsprechenden Pflanzenschutzmitteln - auch wenn nicht alles wissenschaftlich hunderfünfzigprozentig bewiesen ist - , um der Bevölkerung die Gewähr zu geben, daß wir alles Menschenmögliche tun.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Ich rufe Frage 12 der Abgeordneten Brigitte Adler auf: Wie bewertet die Bundesregierung den ersten in Frankreich aufgetretenen BSE-Fall? Herr Parlamentarischer Staatssekretär, Sie haben das Wort.

Georg Gallus (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000628

Frau Kollegin, die Bundesregierung hat den ersten Fall von BSE in Frankreich mit Sorge zur Kenntnis genommen. Nach allem, was bisher bekannt ist, handelt es sich um einen isolierten Fall dieser Krankheit. Weitere Fälle sind bisher nicht aufgetreten. Nach Auskunft der französischen Behörden soll der Fall auf tiermehlhaltiges Futtermittel zurückzuführen sein, das vor der Einfuhrsperre aus Großbritannien eingeführt worden war.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Eine Zusatzfrage, Frau Kollegin.

Brigitte Adler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000010, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, die Einfuhr dieses Tiermehls aus Großbritannien ist genau unser Problem. Ich frage Sie: Wie sicher können diejenigen, die auf unserem Markt Tiermehl anbieten, davon ausgehen, daß im Augenblick kein Tiermehl aus Großbritannien bei uns in der Bundesrepublik im Umlauf ist?

Georg Gallus (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000628

Frau Kollegin, seit 1989 sind in England sehr harte Maßnahmen ergriffen worden, und wir haben ein absolutes Verbot der Einfuhr von Tiermehl.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Weitere Zusatzfragen? ({0}) - Auch nicht aus dem Kreise der Kollegen? - Das ist nicht der Fall. Dann rufe ich Frage 13 der Abgeordneten Brigitte Adler auf: Welche erweiterten Schutzmaßnahmen gegen die Ausbreitung von BSE, insbesondere bei der Tiermehlverfütterung, hat die Bundesregierung nun ins Auge gefaßt, damit die bisherigen und offensichtlich gescheiterten Vorsorgestrategien verbessert werden? Herr Parlamentarischer Staatssekretär zur Beantwortung, bitte.

Georg Gallus (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000628

Frau Kollegin, die Bundesregierung sieht keinen Anlaß für erweiterte Schutzmaßnahmen, die über das hinausgehen, was bisher national und EG-weit beschlossen worden ist. Dies ist auch die Auffassung des Wissenschaftlichen Veterinärausschusses bei der EG-Kommission. Auf Grund einer Entscheidung vom 28. Juli 1989 durften aus Großbritannien keine Rinder in andere Mitgliedstaaten ausgeführt werden, die von Kühen stammen, die an BSE erkrankt sind oder dieser Krankheit verdächtig sind. Ergänzende Maßnahmen wurden am 7. Februar 1990 beschlossen. Seither darf Großbritannien keine Rinder, die dort geboren und älter als sechs Monate sind, in die Mitgliedstaaten verbringen. Die bisherigen Vorsorgestrategien sind nicht als gescheitert anszusehen, sondern nach dem gegenwärtigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand ausreichend. Die getroffenen Maßnahmen und die hohen Erhitzungstemperaturen bei der Herstellung von Tiermehl in der Bundesrepublik Deutschland schließen eine Weiterverbreitung des BSE-Seuchengeschehens wie in Großbritannien nach wissenschaftlichem Erkenntnisstand aus.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Eine Zusatzfrage.

Brigitte Adler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000010, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, Ihr Haus hat ja heute - sicher in zeitlichem Zusammenhang mit diesen Fragen - eine Pressemitteilung herausgegeben, in der Sie darauf hinweisen, daß das Verbot der Einfuhr von Tiermehl aus Großbritannien verlängert worden ist. Ich möchte Sie aber noch einmal fragen: Ist sichergestellt, daß die Schutzmaßnahmen, die Sie eben vorgelesen haben, auch tatsächlich greifen? Wie werden sie kontrolliert, und wie sieht es mit der Erhitzung, die Sie gerade angesprochen haben, aus? Sie verweisen ja darauf, daß diese sehr hitzebeständigen Krankheitserreger erst nach einer gewissen Zeit und bei einer gewissen Temperatur, nämlich nach 20 Minuten und bei 133 Grad, abgetötet sind. Wie beurteilen Sie dann eine Aussage von Herrn Dr. Riedinger, Landesanstalt für Landwirtschaftliche Chemie der Universität Hohenheim, der in der „Deutschen Getreidezeitung" vom 19. März darauf hinweist, daß man den Erreger auch mit diesen Maßnahmen nicht mit absoluter Sicherheit unschädlich machen kann?

Georg Gallus (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000628

Frau Kollegin Adler, Sie fragen mich, ob ich auch wisse, daß alles hundertprozentig funktioniert. ({0}) Wir gehen davon aus! Die Überprüfung der Kontrolle der Einfuhren liegt natürlich bei den Ländern, und ich glaube, daß in dieser Republik jeder Verantwortliche, der in diesem Bereich tätig ist, weiß, um was es hier geht. Man kann als Regierung nicht mehr tun als dafür sorgen, daß die zuständigen Stellen angewiesen werden, das entsprechend zu vollziehen. Sie haben nun Zweifel daran, daß die Tierkörperbeseitigungsanstalten bei uns wirklich garantieren können, daß die Erreger durch diese Maßnahmen tatsächlich abgetötet werden. Nach den geltenden wissenschaftlichen Erkenntnissen auch des Bundesgesundheitsamts geht man davon aus, daß das der Fall ist. Im letzten Jahr, als der Streit darüber geführt wurde, haben sich mehrere Professoren geäußert, u. a. einer aus Berlin vom Bundesgesundheitsamt und einer aus München; Sie erinnern sich sicher an die Berichterstattung im Fernsehen. Daraufhin haben wir das Bundesgesundheitsministerium gebeten, ein europaweites Kolloquium der maßgebenden Veterinäre einzuberufen und noch einmal unter Einschluß der kritischen Wissenschaftler über all diese Fragen zu diskutieren. Bei diesem Kolloquium ist herausgekommen, daß die Maßnahmen, die wir ergriffen haben, ausreichen. Natürlich besteht kein Zweifel daran, daß immer neue Erkenntnisse gewonnen werden können, aber ich würde dem Herrn Professor aus Hohenheim sehr empfehlen, sich einmal das zu Gemüte zu führen, was bei diesem europaweiten Kolloquium herausgekommen ist. Wir sind auch bereit, ihm die Namen derer zu nennen, die daran teilgenommen haben, damit er dann in eine vertiefte Diskussion mit den Experten eintreten kann. Das ist uns sehr wichtig.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Weitere Zusatzfragen? - Herr Bredehorn.

Günther Bredehorn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000256, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, um es ganz sicher zu machen: Könnte man nicht überlegen, ob es überhaupt notwendig ist und ob man gegebenenfalls eine Handhabe von seiten der Regierung hat, die Beimischung von Tierkörpermehl zum Rinderfutter - da gibt es durchaus andere Möglichkeiten - zu unterbinden?

Georg Gallus (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000628

Wir können bisher davon ausgehen, daß Tierkörpermehl nach dieser Erhitzung unschädlich ist. Zum anderen ist es in der Bundesrepublik Deutschland nicht üblich, daß Tierkörpermehl für Wiederkäuer verwendet wird. Es ist bisher nicht üblich gewesen, und ich nehme an, daß in der jetzigen Situation, nachdem man weiß, was in England alles los ist, niemand dazu übergehen wird, jetzt auf einmal Tierkörpermehl für Wiederkäuer zu verwenden.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Dazu keine weiteren Zusatzfragen. Ich bedanke mich, Herr Parlamentarischer Staatssekretär. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung auf. Zur Beantwortung steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Hennig zur Verfügung. Frage 14. - Der Abgeordneter Kriedner ist nicht im Saal. Es wird nach der Geschäftsordnung verfahren. Die Abgeordnete Dr. Christine Lucyga hat um schriftliche Beantwortung der Fragen 15 und 16 gebeten. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Ich rufe Frage 17 des Abgeordneten Klaus Kirschner auf: Hält die Bundesregierung angesichts der - durch die Entwicklung in Osteuropa bedingten - veränderten Sicherheitslage Waffenschauen der Bundeswehr noch für zeitgemäß, und teilt sie die Auffassung, daß künftig die Vorstellung „Unser Heer" nicht mehr in Form einer Waffenschau stattfinden soll, wie vom 18. bis 24. April 1991 in Villingen-Schwenningen geplant? Herr Parlamentarischer Staatssekretär, Sie haben das Wort.

Dr. Ottfried Hennig (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000871

Herr Kollege Kirschner, die mobilen Ausstellungen der Teilstreitkräfte sind keine Waffenschauen. Sie haben die Zielsetzung, Verständnis für die Sicherheitspolitik der Bundesrepublik Deutschland zu wecken und zu fördern, die Aufgaben der Bundeswehr zu verdeutlichen und Interessenten für den freiwilligen Dienst in den Streitkräften zu gewinnen. Besuche der Ausstellungen sind mit den jeweiligen Kommunen abgestimmt und finden nur mit ihrer Zustimmung statt. Dies gilt auch für die Stadt Villingen-Schwenningen, die vom 18. bis 24. April 1991 durch die Ausstellung „Unsere LuftParl. Staatssekretär Dr. Ottfried Hennig waffe", nicht durch die Ausstellung „Unser Heer", besucht wird. Die Ausstellungen „Unser Heer" und „Unsere Luftwaffe" führen eine begrenzte Geräte- und Waffenkomponente mit. Ihr Zweck ist nicht die Demonstration militärischer Macht, sondern auch im Sinne der Informationsverpflichtung gegenüber dem Bürger die realistische Darstellung der Bundeswehr als einer auch bewaffneten Armee. Sie dient auch der Ergänzung und Erläuterung arbeitsplatz- und ausbildungsbezogener Aspekte für den am freiwilligen Dienst interessierten jungen Mann, vor allem in garnisonsarmen Räumen. Keine Waffen zu zeigen, würde der Bundeswehr zu Recht den Vorwurf der Verheimlichung eintragen. Die Ausstellungen weisen auch auf den häufigen Einsatz von Großgerät in Friedenszeiten hin, so im Katastrophen- und Rettungsdienst. Die Ausstellung „Unsere Luftwaffe" wird in Villingen-Schwenningen u. a. das Patriot-System zeigen, das im Golfkrieg zum Schutze der Bürger Israels vor den Raketenangriffen des Irak eingesetzt wurde. Den veränderten sicherheitspolitischen Gegebenheiten tragen die Ausstellungen durch neugestaltete Elemente wie Ausstellungstafeln, entsprechendes Informationsmaterial und eine starke Öffentlichkeitskomponente Rechnung. So werden Diskussionsforen mit Schülern, Vorträge und Gespräche mit Lehrern, sowie Vor- und Nachbereitung durch Jugendoffiziere angeboten.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Zusatzfrage, Herr Kollege.

Klaus Kirschner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001102, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wenn Sie anfangs sagten, daß dies keine Waffenschauen seien, und gleichzeitig betonen, daß Waffen vorgeführt werden, können Sie mir dann erklären, was es nun wirklich ist?

Dr. Ottfried Hennig (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000871

Herr Kollege, wir haben uns dies auch im Blick auf die Tatsache, daß der Golfkrieg die Öffentlichkeit natürlich in extremem Maße sensibilisiert hat, noch einmal sehr sorgfältig angeschaut und überprüft. Ich glaube, daß ein völliger Verzicht auf die mobilen Ausstellungen das Problem nicht löst. Es ist gerade in der gegenwärtigen Situation wichtig, daß die Streitkräfte in der Öffentlichkeit sichtbar bleiben und damit Gelegenheit zur Diskussion ihres Auftrags und ihrer Rolle in der Gesellschaft bieten. Die Grundeinstellung der Ausstellungsbesucher bedingt ein großes Interesse an den mitgeführten Waffen und ihrer Vorführung. Es ist so, daß in der Vergangenheit immer wieder nachgewiesen werden konnte, daß ohne sie die Anziehungskraft der Ausstellungen spürbar nachläßt. Aber auch bei Vernachlässigung dieses Attraktivitätsgesichtspunkts wäre ein völliger Verzicht auf die Waffenkomponente, wie ich glaube, keine angemessene Lösung. Dies käme einem Informationsdefizit gleich, da die Streitkräfte in diesem Fall auftragsfern und somit unrichtig dargestellt werden würden. Es ist unsere Aufgabe, hier einen richtigen Kompromiß zu finden.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Herr Abgeordneter Kirschner, eine weitere Zusatzfrage.

Klaus Kirschner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001102, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung nicht bereit, einmal darüber nachzudenken, ob diese Waffenschauen nicht der Vergangenheit angehören könnten?

Dr. Ottfried Hennig (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000871

Herr Kollege, wie ich Ihnen sagte, denken wir über die Art dieser Ausstellungen sehr wohl nach und sind auch dabei, ständig Veränderungen und Verbesserungen vorzunehmen. Im übrigen handelt es sich nicht um Waffenschauen, sondern um allgemeine Informationsveranstaltungen, bei denen auch die eine oder andere Waffe gezeigt werden muß. Um jedoch den sicherheitspolitisch sensitiven Teil der Bevölkerung nicht herauszufordern - dies ist keineswegs unsere Absicht - und um den Kommunikationsprozeß zwischen Bürger und Soldat nicht zu erschweren, werden seit einiger Zeit die betroffenen Kommunen sehr sorgfältig gefragt, ob sie im Falle der Ausstellung „Unser Heer" Einwände gegen eine Vorführung von Waffen und Gerät haben oder ob sie andererseits geradezu gewünscht wird. Entsprechend flexibel wird dann verfahren; ich glaube, dieses Verfahren hat sich bewährt.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Gibt es dazu weitere Zusatzfragen? - Das ist nicht der Fall. Dann rufe ich die Frage 18 des Kollegen Gernot Erler auf: Gilt für die Bundesregierung auch heute noch die auf meine Fragen 2 und 3 zur schriftlichen Beantwortung am 15. Oktober 1990 ({0}) gemachte Aussage, daß sie an der vertraglich fixierten Standortidentität des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes und des Bundesarchivs-Militärarchivs festhält, und welches ist gegebenenfalls der Grund für einen Meinungswandel in dieser Frage? Herr Parlamentarischer Staatssekretär, Sie haben das Wort.

Dr. Ottfried Hennig (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000871

Herr Kollege Erler, die Bundesregierung hält die Standortidentität von Militärgeschichtlichem Forschungsamt und Bundesarchiv-Militärarchiv bei den gegenwärtigen Forschungsschwerpunkten grundsätzlich für sinnvoll. Aus diesem Grund hat sie die Zusammenlegung bzw. die Zusammenbelassung beider Institutionen auch befürwortet. Die Bundeswehr strebt andererseits eine angemessene Repräsentanz auch bei den zentralen militärischen Dienststellen in den neuen Bundesländern an. Das Militärgeschichtliche Forschungsamt gehört zu den Dienststellen, die verlegt werden können, im Prinzip ist dies sicher so. Vor dem Hintergrund der gesellschaftspolitischen Aufgabe, das Zusammenwachsen der beiden Teile Deutschlands auch durch repräsentative Dienststellen zu fördern, und der zu erwartenden Verlagerung von Arbeitsschwerpunkten von der Aufarbeitung der Geschichte des Zweiten Weltkriegs zur Erforschung der deutschen Geschichte nach 1945 erscheint die Zusammenlegung mit dem Bundesarchiv-Militärarchiv nicht mehr unbedingt zwingend; die Entscheidung ist aber völlig offen.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Eine Zusatzfrage, Herr Erler.

Dr. h. c. Gernot Erler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000489, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß das Bundesministerium des Innern und auch die Bundesarchivverwaltung an dem Standort Freiburg für beide Organisationen festhält und daß gegenwärtig bereits Aktenbestände der NVA von Potsdam nach Freiburg verbracht werden?

Dr. Ottfried Hennig (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000871

Herr Kollege, wie ich Ihnen schon sagte, ist eine irgendwie geartete Entscheidung - das wird bei der Beantwortung der zweiten Frage, die Sie gestellt haben, im einzelnen darzulegen sein - unsererseits bisher nicht getroffen. Wir werden alle diese Komponenten, auch die Informationen, die Sie eben gegeben haben, bis zum Juli, wenn die Entscheidung des Ministers fallen soll, sorgfältig prüfen und dabei das sorgfältig berücksichtigen, was Sie gesagt haben.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Eine zweite Zusatzfrage.

Dr. h. c. Gernot Erler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000489, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, Sie deuteten eben an, daß sich etwas bei den ursprünglichen Gründen geändert haben könnte, die sogar zu einer vertraglichen Standortidentität aus dem Jahre 1968 geführt haben. Können Sie noch einmal erklären, was sich geändert hat, so daß man jetzt die Frage der Standortidentität anders als noch im Oktober letzten Jahres beurteilt, wo mir Ihr Haus ohne Wenn und Aber gesagt hat, daß an einer Standortidentität festgehalten wird? Das müßten ja Erscheinungen sein, die von Oktober bis heute eingetreten sind.

Dr. Ottfried Hennig (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000871

Herr Kollege, ich bin so unterrichtet, daß zweierlei inzwischen in besonderer Weise in Erwägung gezogen wird, ohne daß sich an der grundsätzlichen Haltung des Hauses etwas geändert hätte. Ich habe hier einleitend gesagt, daß die Bundesregierung das nach wie vor grundsätzlich für sinnvoll hält. Es ist aber von uns zu berücksichtigen, daß die fünf neuen Länder auch bei den zentralen Einrichtungen der Bundeswehr eine Mindestausstattung, eine Mindestberücksichtigung finden müssen. Ich bin weiterhin darüber unterrichtet worden, daß die Verlagerung der Arbeitsschwerpunkte insofern erwartet werden kann, als es in erster Linie eben nicht mehr um die Aufarbeitung der Geschichte des Zweiten Weltkriegs geht, sondern insbesondere um die Zeit danach. ({0})

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Herr Parlamentarischer Staatssekretär, Sie sollen jetzt die Frage 19, die ebenfalls vom Kollegen Erler gestellt wurde, beantworten: Was ist der genaue Inhalt der Entscheidungsvorlage des Stellvertretenden Generalinspekteurs an den Bundesminister der Verteidigung für den künftigen Standort des seit 1957 in Freiburg ansässigen Militärgeschichtlichen Forschungsamtes?

Dr. Ottfried Hennig (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000871

Die Entscheidungsvorlage zu diesem Problemkreis ist noch in Vorbereitung. Die Frage der Stationierung der zentralen militärischen Dienststellen der Bundeswehr ist in Zusammenhang mit den Stationierungsuntersuchungen für die Bundeswehr insgesamt zu sehen, deren Ergebnisse noch nicht abschließend vorliegen. Der Konsultationsprozeß mit den Ländern hat begonnen. Ziel ist es, die endgültigen Entscheidungen im Juli 1991 herbeizuführen.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Herr Kollege, eine Zusatzfrage.

Dr. h. c. Gernot Erler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000489, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, Sie haben eben von einer Gesamtkonzeption gesprochen. Würden Sie zugestehen, daß die Tatsache, daß das Militärgeschichtliche Forschungsamt in Freiburg die einzige zentrale militärische Dienststelle ist, die es in Baden-Württemberg gegenwärtig noch gibt, auch eine Rolle spielen sollte?

Dr. Ottfried Hennig (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000871

Solche Gesichtspunkte sind in den Entscheidungsfindungsprozeß ganz selbstverständlich einzubeziehen, Herr Kollege Erler. Es wird auch notwendig sein, Vorschläge der einzelnen Teilstreitkräfte wie Folien übereinanderzulegen, um zu ermitteln, ob durch ihre gleichzeitige Anwendung und Verwirklichung ein Bundesland, eine Region, eine Stadt wie Freiburg in überproportionaler Weise betroffen wäre. Erst dann werden wir eine abschließende Entscheidung treffen können.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Erler.

Dr. h. c. Gernot Erler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000489, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, Sie haben eben gesagt, daß die Entscheidung in Vorbereitung sei. Aus dieser Antwort ist nicht klar hervorgegangen, ob es bereits eine Vorlage des Stellvertretenden Generalinspekteurs, der hier die Verantwortung trägt, an den Herrn Minister gibt, und zwar zusammen mit einer Entscheidungsempfehlung, die - wie Sie sagten - dann erst im Juli beantwortet wird.

Dr. Ottfried Hennig (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000871

Dann darf ich das noch einmal sagen: Die Entscheidungsvorlage zu diesem Problemkreis ist noch in Vorbereitung, Herr Kollege.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Es gibt keine weitere Zusatzfrage, auch nicht aus dem Kreis der Kolleginnen und Kollegen. Dann teile ich Ihnen mit, daß bei der Frage 20 des Abgeordneten Albrecht Müller ({0}), den Fragen 21 und 22 des Abgeordneten Dr. Hans Modrow sowie der Frage 23 der Abgeordneten Andrea Lederer um schriftliche Beantwortung gebeten wurde. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Herr Parlamentarischer Staatssekretär, vielen Dank für Ihre Beantwortung. Ich rufe jetzt den Geschäftsbereich des Bundesministers für Frauen und Jugend auf. Zur Beantwortung ist der Parlamentarische Staatssekretär Hintze erschienen. Die Fragen 24 und 25 des Abgeordneten Benno Zierer sollen schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Vizepräsident Hans Klein Somit kommen wir zur Frage 26 der Abgeordneten Dr. Margrit Wetzel: Ist der Bundesregierung bekannt, daß das Bundesamt für Zivildienst aus „haushaltstechnischen Gründen" mit der zeitgerechten Zahlung des Soldes, der Aufwandszuschüsse und des Entlassungsgeldes für Zivildienstleistende so sehr im Verzug ist, daß Zivildienstleistenden kein Geld mehr ausgezahlt wird, und daß das Bundesamt für Zivildienst offenbar noch keine Maßnahmen zur Realisierung seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Aufgabenvorbereitung erstmalig gewählter Vertrauensmänner getroffen hat? Herr Parlamentarischer Staatssekretär, Sie haben das Wort.

Peter Hintze (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000907

Herr Präsident, ich würde die Fragen 26 und 27 gerne zusammenhängend beantworten, wenn Sie damit einverstanden sind.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Selbstverständlich. Daher rufe ich auch die Frage 27 auf: Was tut die Bundesregierung, um diesen skandalösen Zustand umgehend zu beenden?

Peter Hintze (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000907

Frau Kollegin, der Sold und das Entlassungsgeld werden den Zivildienstleistenden von den Beschäftigungsstellen des Zivildienstes ausgezahlt. Das Bundesamt für den Zivildienst erstattet den Beschäftigungsstellen die verauslagten Beträge nach einem gesetzlich festgelegten, automatisierten Verfahren. Hierbei treten keine Verzögerungen auf. In den neuen Bundesländern wurde von der vierteljährlichen nachträglichen Erstattung zugunsten einer Vorauserstattung abgewichen, um die Auszahlung an die Zivildienstleistenden nicht durch Liquiditätsengpässe bei den Beschäftigungsstellen zu gefährden. Die Vorauserstattung ist für das erste Quartal 1991 erstmals Ende Januar 1991 erfolgt. Bei den Aufwandszuschüssen, die keine gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen des Bundes darstellen, mußten die Beschäftigungsstellen darauf hingewiesen werden, daß bis zur Verabschiedung des Haushalts 1991 durch das Parlament Haushaltsmittel nur in beschränktem Umfang zur Verfügung stehen. Das Bundesamt für den Zivildienst hat inzwischen aber fast 60 Millionen DM ausgezahlt, davon 42 Millionen DM an die Beschäftigungsstellen in den neuen Bundesländern. Letztere haben damit Vorauszahlungen für 6 Monate erhalten. Das Bundesamt für den Zivildienst hat bereits vor der Verabschiedung des Gesetzes über die Beteiligung der Soldaten und der Zivildienstleistenden vom 16. Januar 1991 und dem Erlaß der Wahlordnung für die Wahl der Vertrauensmänner der Zivildienstleistenden vom 16. Januar 1991 die notwendigen Maßnahmen zur Aufgabenvorbereitung erstmals gewählter Vertrauensmänner eingeleitet und dem Bundesministerium für Frauen und Jugend einen Maßnahmenkatalog vorgelegt, dessen Prüfung in den nächsten Tagen abgeschlossen sein wird. Dieser Maßnahmenkatalog sieht folgendes vor: Erstens. Alle erstmals gewählten Vertrauensmänner der Zivildienstleistenden erhalten ein vom Bundesamt erarbeitetes Merkheft, das im einzelnen über die Grundlagen und die gesetzlichen Verbesserungen der Rechte der Vertrauensmänner unterrichtet und sie dadurch in die Lage versetzt, ihr Amt sachkundig und engagiert wahrzunehmen. Zweitens. In dem Leitfaden für die Durchführung des Zivildienstes wird eine entsprechende Ergänzung aufgenommen. Der Leitfaden liegt in allen Beschäftigungsstellen des Zivildienstes zur Einsicht aus. Er steht allen Zivildienstleistenden zur Verfügung - nicht nur den Vertrauensmännern - und kann dadurch eine breite Unterstützung der Arbeit der Vertrauensmänner durch die Zivildienstleistenden und die Dienststelle bewirken. Drittens. Eine weitere intensive Information findet im Rahmen des Einführungsdienstes der Zivildienstleistenden in den Zivildienstschulen statt. Die Darstellung der Beteiligungsmöglichkeiten der Zivildienstleistenden in dienstlichen Angelegenheiten durch Vertrauensmänner gehört bisher schon zum festen Bestandteil der Unterrichtspläne und wird sich nach Inkrafttreten des neuen Rechts darauf besonders konzentrieren. Viertens. Zur Beantwortung von Einzelfragen stehen die Regionalbetreuer zur Verfügung. Es wird sichergestellt, daß Fragen an das Bundesamt für den Zivildienst von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beantwortet werden, die auf dem Gebiet der Beteiligung von Vertrauensmännern besonders sachkundig sind. Die Bundesregierung wird an Hand der Erfahrungsberichte des Bundesamts für den Zivildienst prüfen, ob eine weitergehende oder anders gestaltete Vorbereitung erforderlich ist. Die Bundesregierung erwartet allerdings auch, daß die Vertrauensmänner und die Zivildienstleistenden durch ihren persönlichen Einsatz zur wirksamen Wahrnehmung der gesetzlichen Beteiligungsrechte beitragen.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Frau Kollegin Wetzel, eine Zusatzfrage?

Dr. Margrit Wetzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002494, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ja, ich habe einige Zusatzfragen. - Der Kommentar, daß die Antwort zwar sehr ausführlich war, aber leider wohl graue Theorie beinhaltet, ist mir leider nicht verstattet. Meine erste Zusatzfrage: Ist der Bundesregierung tatsächlich nicht bekannt, daß es - wie das Bundesamt für Zivildienst zumindest mir gegenüber inzwischen bestätigt hat - auch in den alten Bundesländern zu einem erheblichen Zahlungsverzug kommt, daß die übliche Zahlungsweise so aussieht, daß für das vergangene Quartal in der Mitte des folgenden Quartals abgerechnet wird, daß es bei diesen Zahlungen erhebliche Rückstände gibt und es deshalb zumindest in mir bekannten Einzelfällen - ich hätte mich gefreut, wenn ich von Ihnen weitere Fälle erfahren hätte - zu Überlegungen gekommen ist, daß Zivildienstleistende versetzt werden müssen und in ihrem Aufgabenbereich, für den sie vorgesehen sind, nicht mehr eingesetzt werden können, weil die Zahlungen nicht erfolgen können? Halten Sie das für richtig?

Peter Hintze (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000907

Erst einmal zum Tatbestand, Frau Kollegin: Es ist so, daß bei der Zahlung der gesetzlich vorgesehenen Mittel nach § 6 Abs. 2 ZDG für die Beschäftigungsstellen ein Zah1054 lungsverzug nicht vorliegt. Zahlungen im Bereich der Aufwandszuschüsse - das sind Mittel, auf die es keinen gesetzlichen Anspruch gibt, d. h. für die nur insoweit ein Anspruch besteht, als hierfür Haushaltsmittel auch tatsächlich zur Verfügung stehen - können wie auch in den vergangenen Jahren dagegen nur im Rahmen des verfügbaren Mittelansatzes ausgegeben werden. Die Zahlungen von Aufwandszuschüssen für neue Platzbelegungen in den ersten Monaten dieses Jahres und ein Teil von Zahlungen aus dem letzten Quartal 1990 konnten nicht durchgeführt werden, weil der vorgesehene Haushaltsansatz für 1991 erst nach der Beschlußfassung durch das Parlament in vollem Umfang zur Verfügung steht. Dies ist eine gesetzlich vorgesehene Einschränkung bei der vorläufigen Haushaltsführung, die in diesem Jahr durch die späte Terminierung der parlamentarischen Beratung des Haushalts in Kauf genommen werden muß.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Noch eine Zusatzfrage.

Dr. Margrit Wetzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002494, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich habe eine zweite Zusatzfrage dazu: Wie sieht es mit dem Haushalt 1991 aus? Werden die 200 Millionen DM, die dort für diesen Bereich eingestellt sind, ausreichen, um in den alten und in den neuen Bundesländern die Aufwandszuschüsse für die individuelle Schwerstpflegehilfe und für die mobilen sozialen Dienste aufrechtzuerhalten?

Peter Hintze (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000907

Nach dem jetzigen Kenntnisstand werden die Mittel ausreichen, um in den neuen Bundesländern die Aufwandszuschüsse für alle Tätigkeitsbereiche zu sichern - es gibt dort keine Einschränkung auf die beiden von Ihnen genannten Bereiche - sowie in den alten Bundesländern die Aufwandszuschüsse in den beiden genannten Tätigkeitsbereichen zu sichern.

Dr. Margrit Wetzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002494, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich habe eine weitere Zusatzfrage. - Ich habe doch vier Zusatzfragen, nicht wahr?

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Normalerweise wird das Wort erteilt; aber Sie haben in der Tat vier Zusatzfragen, Frau Kollegin.

Dr. Margrit Wetzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002494, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Entschuldigen Sie, Herr Präsident. Das soll nicht wieder vorkommen.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Bitte.

Dr. Margrit Wetzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002494, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich habe dann eine Zusatzfrage zu dem Merkheft, das die Vertrauensleute der Zivildienstleistenden informieren soll. Sehen Sie in dem Merkheft, das den Vertrauensleuten der Zivildienstleistenden zur Verfügung gestellt werden soll, um sie auf ihre Aufgaben vorzubereiten, eine Gleichbehandlung gegenüber den Wehrpflichtigen, die durch Seminare auf ihre Aufgaben vorbereitet werden?

Peter Hintze (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000907

Frau Kollegin, ich habe soeben in der Beantwortung der Anfrage ausgeführt, daß es verschiedene Maßnahmen gibt. Das war eine von vier Maßnahmen. Eine wesentliche Maßnahme wird sicherlich sein, daß im Rahmen des Einführungsdienstes eine gute Vorbereitung auf die Aufgaben der Vertrauensmänner erfolgt. Das ist deswegen wichtig, weil sich die Fragestellung nicht nur an die Vertrauensmänner selber richtet, sondern an die Zivildienstleistenden überhaupt, dieses Institut anzunehmen und wahrzunehmen, was in der Vergangenheit bedauerlicherweise in nur geringem Umfang der Fall war. Die Bundesregierung erwartet also durch die eingeleiteten Maßnahmen, daß die Zivildienstleistenden selber das Institut des Vertrauensmannes als Chance und Aufgabe wahrnehmen. In der Vergangenheit war es so, daß die Arbeit in den Beschäftigungsstellen so komplikationslos und die Zusammenarbeit zwischen hauptamtlich Beschäftigten und Zivildienstleistenden so vertrauensvoll war, daß von seiten der Zivildienstleistenden sehr oft auf die Wahl eines Vertrauensmannes ganz verzichtet wurde. Ich fordere aber bei allen Besuchen die Zivildienstleistenden auf, dieses Recht, auch wenn es keine konkreten Konflikte gibt, wahrzunehmen. Wir erhoffen uns durch die Regelung, die ich hier vorgetragen habe, daß das in Zukunft auch in den Stellen stärker geschieht, in denen es nicht zu konkreten Konflikten gekommen ist.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Wollen Sie die vierte Frage stellen?

Dr. Margrit Wetzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002494, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Gern. - Sie hatten ausgeführt, daß auch die Regionalbetreuer des Bundesamts für den Zivildienst die Vertrauensleute auf ihre Aufgaben hinweisen und bereit sind, Einzelfragen zu beantworten. Wie stellen Sie sich denn dazu, daß in einem speziellen Fall, der mich zu meinen Fragen veranlaßt hat, der zuständige Regionalbetreuer noch nicht einmal davon wußte, daß es die Gesetzesänderung zur Aufgabenvorbereitung der Vertrauensleute der Zivildienstleistenden gibt, und dementsprechend dem erstmalig gewählten Vertrauensmann in keiner Form irgendeine Auskunft darüber geben konnte, wie dieses Gesetz überhaupt umgesetzt werden kann? Peter Hintze, Parl Staatssekretär: Da mir der Fall, Frau Kollegin, nicht bekannt ist, würde ich Sie herzlich darum bitten, mir die notwendige Information zu geben, damit ich mich zum konkreten Einzelfall Ihnen gegenüber äußern kann. Wenn es so gewesen sein sollte, wie Sie es hier schildern, dann wäre das, denke ich, ein sehr bedauerlicher Vorfall, der sofort nach Korrektur verlangt. Ich kenne diesen Fall aber nicht.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Herr Kollege Opel zu einer Zusatzfrage.

Dipl. - Ing. Manfred Opel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001652, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, darf ich eine Ihrer Antworten so verstehen, daß die Unfähigkeit der Bundesregierung, den Haushalt 1991 administrativ rechtzeitig in die Gänge zu bekommen, jetzt von den Zivildienstleistenden ausgebadet werden muß? Und wie erklären Sie sich eigentlich die Tatsache, daß Zivildienstleistende ganz offensichtlich anders behandelt werden als Wehrpflichtige? Denn mir ist kein Fall bekannt, daß ein Wehrpflichtiger seinen Wehrsold nicht bekommen hätte. Peter Hintze, Parl Staatssekretär: Herr Kollege, mir ist kein Fall bekannt, in dem ein Zivildienstleistender seinen Zivildienstsold nicht bekommen hat. Ich habe soeben bei der Antwort auf die Frage der Kollegin Dr. Wetzel darauf hingewiesen, daß die Mittel, die die Beschäftigungsstellen für Soldzahlungen und andere Geldleistungen erhalten, ohne Verzug ausgezahlt wurden.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Weitere Zusatzfragen werden nicht gestellt. Dann bedanke ich mich bei Ihnen, Herr Parlamentarischer Staatssekretär. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Gesundheit auf. Zur Beantwortung steht Frau Parlamentarische Staatssekretärin Dr. Bergmann-Pohl zur Verfügung. Ich rufe die Frage 28 der Abgeordneten Renate Jäger auf: Worin sieht die Bundesregierung die Ursache, daß die von ihr versprochenen Bundesmittel für die Finanzierung der praktischen Ausbildung von Ärzten ({0}) und medizinischem Fachpersonal in den neuen Ländern nicht bei den Kommunen angekommen sind, und wie gedenkt die Bundesregierung diesen Finanzierungsmangel in Zusammenarbeit mit der Bundeskassenärztlichen Vereinigung sowie den Ärztekammern zu beheben, damit die versprochenen Mittel zur Verfügung stehen? Frau Parlamentarische Staatssekretärin, bitte zur Beantwortung.

Dr. Sabine Bergmann-Pohl (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000155

Frau Kollegin Jäger, es gibt keine Zusagen der Bundesregierung, die praktische Ausbildung von Ärzten und medizinischem Fachpersonal in den neuen Ländern aus Bundesmitteln zu finanzieren. Mittel stehen hierfür nicht zur Verfügung. Wie ich bereits in meiner schriftlichen Antwort auf die Frage des Herrn Kollegen Dr. Kahl vom 28. Februar 1991 ausgeführt habe, sind jedoch im Entwurf des Bundeshaushalts 1991 Mittel in Höhe von 10 Millionen DM veranschlagt, mit denen Überbrückungsmaßnahmen auf Darlehensbasis für Ärzte und Zahnärzte in der Weiterbildung finanziert werden können, die ihre Anstellung an einer Poliklinik im Gebiet der ehemaligen DDR verloren, jedoch die Möglichkeit haben, sie an einer anderen Einrichtung auf unentgeltlicher Basis fortzusetzen. Inzwischen haben die Spitzenverbände der Krankenkassen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft ein Soforthilfeprogramm vereinbart, wonach Kosten für die in Krankenhäusern eingesetzten Weiterbildungsassistenten einschließlich der aus Polikliniken übernommenen Ärzte über die Pflegesätze finanziert werden sollen. Ein Finanzierungskonzept für die im ambulanten Bereich tätigen Weiterbildungsassistenten, die nicht in das Soforthilfeprogramm der Spitzenverbände der Krankenkassen und der Deutschen Krankenhausgesellschaft einbezogen werden können, wird derzeit mit beteiligten Verbänden abgestimmt. Mit den obersten Landesgesundheitsbehörden und den Ärzte- und Zahnärztekammern der neuen Länder sind wegen des hierfür benötigten Zahlenmaterials - insoweit geht es z. B. um die Zahl der betroffenen Ärzte und Zahnärzte - und benötigter weiterer Informationen, z. B. über Möglichkeiten des weiteren Einsatzes, Kontakte aufgenommen worden.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Frau Kollegin Jäger, eine Zusatzfrage.

Renate Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001003, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Mich würde interessieren, wie die Bundesregierung verhindern will, daß medizinisches Fachpersonal bereits in der praktischen Ausbildungsphase weiterhin aus den neuen Bundesländern abwandert.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Frau Parlamentarische Staatssekretärin.

Not found (Staatssekretär:in)

Frau Kollegin, uns liegen hierzu keine konkreten Zahlen vor. Es muß nicht zu diesen Abwanderungen kommen, weil ausreichende Maßnahmen vorgesehen sind, um eine Weiterbeschäftigung zu ermöglichen.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Frau Jäger, weitere Zusatzfrage.

Renate Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001003, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wie erklären Sie sich die Tatsache, daß die drei Gesundheitsdezernenten der drei größten sächsischen Städte ihre bisherige Arbeit auf der Information aufgebaut haben, daß Bundesmittel im Zusammenhang mit der Kassenärztlichen Vereinigung zur Verfügung gestellt werden?

Dr. Sabine Bergmann-Pohl (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000155

Frau Kollegin, ich weiß nicht, welche Bundesmittel Sie meinen. Ich habe in meiner Antwort ausgeführt, daß die Bundesregierung 10 Millionen DM für die Ausbildung zum Weiterbildungsassistenten auf Darlehens- basis zur Verfügung stellt und daß des weiteren auf Grund einer Vereinbarung zwischen den Krankenkassen und den Krankenhäusern über Pflegesätze eine Weiterbildung gewährleistet wird.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Keine weiteren Zusatzfragen. Die Fragen 29 und 30 des Herrn Abgeordneten Jaunich sollen auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Ich rufe die Frage 31 des Abgeordneten Alfons Müller ({0}) auf: Ist der Bundesregierung bekannt, daß immer mehr private Anbieter auf dem Gebiet der Krankenpflege tätig werden? Frau Parlamentarische Staatssekretärin, bitte zur Beantwortung.

Dr. Sabine Bergmann-Pohl (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000155

Herr Präsident, wenn Sie gestatten, würde ich die Fragen 31 und 32 gerne zusammen beantworten.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Darf ich sicherheitshalber einmal die Feststellung treffen: Dies zu akzeptieren ist Sache des Fragestellers und nicht des Präsidenten. - Herr Kollege, Sie sind einverstanden. Dann rufe ich auch die Frage 32 des Abgeordneten Alfons Müller ({0}) auf: Vizepräsident Hans Klein Was gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen, damit eine ausreichende Qualitätskontrolle der privat organisierten Pflegedienste gewährleistet ist und nicht medizinisch unausgebildete Arbeitskräfte im Pflegebereich beschäftigt werden?

Dr. Sabine Bergmann-Pohl (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000155

Danke schön. - Der Bundesregierung ist bekannt, daß immer mehr private Anbieter auf dem Gebiet der Krankenpflege tätig werden. Umfassendes Zahlenmaterial zur Beteiligung privater Anbieter an der häuslichen Krankenpflege liegt ihr aber nicht vor. Dies ist im Hinblick auf die Zahl möglicher Vertragspartner - mehr als 1 200 allein auf Kassenseite - nicht überraschend. Insbesondere die Ersatzkassen schließen zunehmend Verträge mit privaten Anbietern, um die steigende Nachfrage nach Leistungen bei Schwerpflegebedürftigkeit ab 1. Januar 1991 zu dekken. Regionale Schwerpunkte der Beteiligung privater Anbieter sind nach Erfahrung der Bundesarbeitsgemeinschaft Hauskrankenpflege die Länder Berlin und Niedersachsen. Die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung, die rund 90 To der Bevölkerung versichern, haben ihre anspruchsberechtigten Versicherten mit Pflegeleistungen zu versorgen. Wenn sie sich in Erfüllung dieser Verpflichtung privater Anbieter von häuslicher Pflege bedienen möchten, müssen sie einen Vertrag mit dem privaten Anbieter abschließen. In diesen Vertrag sind auf Grund einer durch die Gesundheitsreform eingeführten zwingenden Regelung auch qualitätssichernde Bestimmungen aufzunehmen. Diese Art der Qualitätskontrolle funktioniert nur dort, wo Pflegeleistungen der Krankenkassen als Sachleistung in Anspruch genommen werden. Dies hat der Gesetzgeber als den Regelfall angesehen. Wählt der Pflegebedürftige die Geldleistung und „kauft" er die Leistungen selbst auf dem Markt ein, kann nur er selbst Einfluß auf die Qualität der Leistung nehmen. Qualitätskontrollen finden auch dort ihre Grenzen, wo ohne Inanspruchnahme von professionellen Diensten z. B. durch die Familie oder in Nachbarschaftshilfe gepflegt wird. Wir werden aber weiterhin auf diese Art pflegerischer Hilfsleistungen angewiesen sein. Zu Ihrer zweiten Frage. Im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung, die rund 90 Prozent der Bevölkerung versichert, ist die Qualitätskontrolle der privat organisierten Pflegedienste gewährleistet. Die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung, die ihre Pflegeleistungen mit Hilfe privater Anbieter erfüllen, sind auf Grund einer durch die Gesundheitsreform eingeführten Regelung gehalten, qualitätssichernde Bestimmungen vertraglich zu vereinbaren. Damit werden überall dort, wo Pflegeleistungen der Krankenkassen als Sachleistungen in Anspruch genommen werden, entsprechende Qualitätskontrollen durchgeführt. Dies hat der Gesetzgeber als den Regelfall angesehen. Im übrigen gilt auch in den Fällen, in denen die gesetzliche Krankenversicherung nicht berührt ist, ganz allgemein folgendes: In aller Regel wird die berufliche Qualifikation privater Pflegedienste durch den Nachweis der staatlichen Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnungen „Krankenschwester", „Krankenpfleger" sowie „Altenpfleger/in" oder einer anderen, vergleichbaren sozialpflegerischen Berufsbezeichnung nachzuweisen sein. Diese wird durch die zuständige Behörde auf Antrag und gegen Nachweis des Bestehens der staatlichen Prüfung auf der Grundlage einer vorgeschriebenen Ausbildung zu diesen Berufen erteilt. Hierdurch ist, zumindest soweit pflegerische Leistungen durch privat organisierte Pflegedienste mit den Kassen abgerechnet werden, eine hinreichende Qualitätskontrolle sichergestellt. Im übrigen genießt die pflegerische Tätigkeit als solche ganz allgemein keinen Tätigkeitsschutz zugunsten examinierter Pflegekräfte, so daß z. B. in Fällen der Pflege durch Familienangehörige oder in Form von Nachbarschafts- oder Freundschaftshilfe eine staatliche Qualitätskontrolle nur gewährleistet ist, wenn hierfür z. B. Sozialhilfeleistung durch die zu Pflegende in Anspruch genommen wird und die zuständige Sozialbehörde bei dieser Gelegenheit gewisse qualitative Mindestanforderungen an die Pflege stellt.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Herr Kollege Müller, Zusatzfrage.

Alfons Müller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001544, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, ist Ihnen bekannt, daß einige der von mir angesprochenen privaten Anbieter an den Vorschriften vorbei Aushilfskräfte engagieren, die nach meiner Erkenntnis überhaupt keine Vorbildung haben, um in diesem schwierigen Bereich tätig sein zu können, und was gedenkt die Bundesregierung gegen diese ausufernde Praxis zu unternehmen?

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Frau Dr. BergmannPohl.

Dr. Sabine Bergmann-Pohl (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000155

Die Krankenkassen bemühen sich diesbezüglich, daß der Mustervertrag, den sie ausgearbeitet haben und der mit privaten Anbietern von Pflegeleistungen abgeschlossen wird, erfüllt wird. Diese Verträge sehen ausdrücklich eine persönliche Qualifikation, z. B. eine abgeschlossene Ausbildung als Krankenpfleger oder Altenpfleger oder in einem anderen geeigneten Beruf im Bereich der Gesundheit, vor und regeln auch sächliche Mindestanforderungen an die Organisation des privaten Pflegedienstes. Soweit hier bekannt ist, bereiten auch die anderen Spitzenverbände der Krankenkassen derzeit Musterverträge vor, die die Zulassung privater Anbieter zur häuslichen Krankenpflege von Versicherten regeln.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Zweite Zusatzfrage.

Alfons Müller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001544, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Stimmen Sie mir zu, daß wir auf diese Großaufgabe, wie ich sie einmal bezeichne, noch nicht genügend vorbereitet sind? Denn die Zahl der Pflegefälle steigt weiter an, und ich sehe, daß die Wohlfahrtsverbände, die sich bisher vorrangig mit dieser Frage befaßt haben, zusehends in Personalschwierigkeiten geraten. Müßten wir nicht viel mehr tun, um diejenigen, die, was von Ihnen als notwendig erachtet wird, in der Familie Alfons Müller ({0}) Pflege leisten, oder anderen nachbarschaftlich Tätige dafür zu schulen, und ist die Bundesregierung bereit, bewußtseinsbildend auf die Länder und die Kassenverbände einzuwirken, damit Entsprechendes in Gang kommt?

Dr. Sabine Bergmann-Pohl (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000155

Die Bundesregierung ist stets bereit, hier Musterbeispiele anzuregen. Aber die Krankenkassen bieten bereits verstärkt für Angehörige von pflegebedürftigen Versicherten Kurse an, die theoretische und praktische Grundkenntnisse für die häusliche Krankenpflege vermitteln. Es ist z. B. bekannt, daß eine bundesweit vertretene Krankenkasse mit dem Deutschen Roten Kreuz eine Vereinbarung getroffen hat, nach der bestimmte Lerninhalte an Angehörige vermittelt werden. Das bezieht sich z. B. auf den Verlauf einer Krankheit, die sachgemäße und kräftesparende Pflege, z. B. wie Kranke zu lagern sind usw. Praktische Hilfen werden angeboten. Diese Kurse sind für die Versicherten der Krankenkassen kostenlos.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Herr Kollege Müller, wir sind schon ein gutes Stück über die Zeit. Wenn Sie jetzt vielleicht noch eine kurze Frage stellen?

Alfons Müller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001544, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich mache es kurz, Herr Präsident. - Stimmen Sie mir zu, daß der Tarifabschluß im öffentlichen Dienst, durch den besonders die im Pflegebereich tätigen Kräfte besser entlohnt werden sollen, dazu ein erster Ansatz ist? Halten Sie es nicht für notwendig, daß wir die in der Familie erbrachten Pflegeleistungen für diejenigen, die sie erbringen, auch im Rentenrecht entsprechend rentenbegründend und rentensteigernd, über die bisherigen Maßnahmen hinaus, anerkennen?

Dr. Sabine Bergmann-Pohl (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000155

Ich stimme Ihnen zu, daß die Tarifverträge sicherlich sehr hilfreich sein werden, um hier eine Verbesserung der Pflegeleistungen zu erbringen. Zum zweiten muß ich es der Diskussion der gesetzgebenden Körperschaften vorbehalten.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Danke sehr, Frau Parlamentarische Staatssekretärin. Meine Damen und Herren, wir sind damit am Schluß unserer heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 21. März 1991, um 9 Uhr ein. Die Sitzung ist geschlossen.