Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 2/12/1993

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Meine Damen und Herren, die Sitzung ist eröffnet. Guten Morgen! Ich beginne mit einem Geschäftsordnungsantrag. Die SPD hat beantragt, den Tagesordnungspunkt 12 - zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetzes - von der heutigen Tagesordnung abzusetzen. ({0}) Wird zu diesem Geschäftsordnungsantrag das Wort gewünscht? - Herr Abgeordneter Conradi.

Peter Conradi (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000335, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Acht Monate hat die Regierung an diesem Gesetzentwurf herumgearbeitet. Das ist kein Vorwurf. Es ist eine schwierige Materie. Die Bauministerin hat mit dem Finanzminister über die Steuerregelung gestritten, der Umweltminister mit der Bauministerin über die Verzahnung von Naturschutz und Stadtplanung. Es ist kein Geheimnis, daß es auch unter den SPD-regierten Ländern Meinungsunterschiede zu einzelnen Punkten gab. Also: Der Konflikt ist normal, und wenn ich sage, daß Sie lange gebraucht haben, ist das kein Vorwurf. Unnormal, unzumutbar ist, daß dieser Gesetzentwurf, an dem die Regierung acht Monate gearbeitet hat, in acht Wochen, und zwar einschließlich der Weihnachtspause, also eigentlich in nur vier Wochen, durch den Bundestag gepeitscht werden soll. ({0}) Das Artikelgesetz greift tief ins Umweltrecht, ins Abfallrecht, ins Steuerrecht, seit letztem Mittwoch sogar ins Bürgerliche Gesetzbuch ein, und da braucht der federführende Ausschuß die Hilfe der mitberatenden Ausschüsse in viel stärkerem Maße als bei anderen Gesetzentwürfen. Wir haben loyal mitgearbeitet. Wir haben nicht filibustert. Wir haben nicht gemauert. Wir haben unsere Berichterstatter aus dem Rechts- und dem Umweltausschuß in den federführenden Ausschuß geholt, damit es schneller ging. Gleichwohl ist die parlamentarische Beratung dieses Gesetzentwurfs völlig unzureichend. Das fing mit der Anhörung an. Erst wollten Sie die Anhörung des Umweltausschusses verhindern. Dann fand sie überstürzt statt zu einer Zeit, in der wir gar nicht teilnehmen konnten. ({1}) - Nein, weil der federführende Ausschuß tagte, konnten wir an der Anhörung des Umweltausschusses überhaupt nicht teilnehmen. ({2}) - Das mit der „Verzögerungstaktik" sollten Sie zurücknehmen. Wir haben an diesem Gesetzentwurf konstruktiv mitgearbeitet. Der Ausschußvorsitzende hat uns auch bestätigt, daß wir nicht verzögert haben. ({3}) Aber Sie haben uns morgens im Umweltausschuß 20seitige Änderungsanträge auf den Tisch geknallt und Minuten später darüber abstimmen lassen. ({4}) Man muß doch die Möglichkeit haben, zu einem Antrag der Koalitionsfraktionen Fachleute zu hören und sich sachkundig zu machen, bevor man darüber abstimmt. Ich bin 20 Jahre Berichterstatter für das Bundesbaugesetz gewesen. ({5}) Ich habe eine so schlampige, so verworrene Gesetzesberatung bisher nicht erlebt. ({6}) Gleich, meine Damen und Herren, wird der Berichterstatter der Union kommen und hier acht redaktionelle Änderungen verlangen, die noch eingearbeitet werden müssen. Das macht deutlich, wie bei diesem Gesetzentwurf durch die Zeitnot gepfuscht worden ist. ({7}) Peter Conrad! Zehn Minuten vor der Schlußabstimmung haben Sie uns im federführenden Ausschuß einen Art. 11 a mit einer Änderung zum Bürgerlichen Gesetzbuch, mit einem ganz neuen Gesetz, vorgelegt. Das ist eines Parlaments unwürdig. ({8}) Die parlamentarische Beratung dieses Gesetzentwurfs zeigt, daß diese Koalition personell und inhaltlich ausgelaugt, ausgebrannt ist. ({9}) Ihnen geht es nicht mehr um die Sache; Ihnen geht es nur noch um den Machterhalt. Sie regieren nicht mehr; Sie tun nur so. ({10}) - Eine Regierung, in der Herr Bötsch Postminister wird, ist wirklich personell am Ende. ({11}) Sie werden unserem Antrag auf Absetzung von der Tagesordnung nicht folgen, aber wir werden mit diesem Antrag deutlich machen, wie die Mehrheit des Bundestags das Parlament zum Max der Regierung erniedrigt. Das schadet der Sache, dem Planungs- und Umweltrecht und dem Ansehen des Parlaments. ({12})

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Als nächster spricht zur Geschäftsordnung der Abgeordnete Dr. Rüttgers. ({0})

Dr. Jürgen Rüttgers (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001899, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Conradi, ich möchte Sie heute morgen zunächst beglückwünschen. Ich habe gerade von Ihnen gehört, daß Sie schon 20 Jahre Berichterstatter zu diesem Komplex sind. Herzlichen Glückwunsch! ({0}) - Daß Sie etwas davon verstehen, ist unbestritten. Vielleicht haben diese 20 Jahre dazu geführt, daß man zu sehr in Routine erstarrt, ({1}) daß man vielleicht noch in der Lage, aber nicht mehr bereit ist, auf neue Herausforderungen, auf neue Fragestellungen dann auch schnell und unkonventionell zu reagieren. ({2}) „Wir brauchen mehr Wohnungen" sagt die Opposition, und die Regierung legt Vorschläge dazu vor, wie man das verwirklichen kann. Die Antwort der Opposition - wie wir gerade gehört haben - ist: Ja, aber so schnell können wir das nicht machen. „Wir müssen etwas für den Aufschwung Ost tun" sagt die Opposition. Die Regierung legt einen Gesetzentwurf zur Beschleunigung des Aufschwungs Ost vor. „Ja, aber so schnell geht das nicht" sagt Herr Conradi heute morgen, „wir müssen mehr Sitzungen haben; wir müssen tiefer nachdenken." Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, große Herausforderungen brauchen nicht nur Reden; große Herausforderungen brauchen auch Entscheidungen. Und dieses Gesetz ist überfällig. ({3}) Seit im August letzten Jahres unsere ostdeutschen Kollegen auf ihrer Sitzung in Erfurt und im Anschluß daran die Koalitionsfraktionen mit den Beratungen über Verbesserungen in diesem Bereich begonnen haben, beschäftigt sich dieses Parlament in allen seinen Gliederungen mit diesem Thema. Jetzt zu sagen, man habe vielleicht eine Stunde zu wenig im Ausschuß gehabt, ist diesem Thema nicht angemessen. Wir werden den Antrag der SPD und den vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die die Zurückverweisung haben wollen, ablehnen. Dieser Gesetzentwurf ist gut. Er ist entscheidungsreif. Wir können ihn heute hier zum Abschluß bringen. ({4})

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Als nächste spricht die Abgeordnete Frau Ina Albowitz.

Ina Albowitz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000022, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir alle fordern ja übereinstimmend - auch Sie, meine Damen und Herren von der Opposition -, daß es mit dem Aufschwung Ost und der Deregulierung in den neuen Bundesländern schneller vorangeht, als es bisher geschehen ist. Heute morgen stellt sich nur die Frage, ob Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, das wirklich wollen. ({0}) - Nun lassen Sie mich doch mal reden! Ich war ja auch ganz still, als Herr Conradi geredet hat. Ich habe ihm sehr aufmerksam zugehört. ({1}) Wenn ja, warum sträuben Sie sich dann eigentlich heute vor dieser Debatte? - Ein paar Jährchen Bedenkzeit, meine Damen und Herren von der Opposition, können wir Ihnen leider nicht mehr einräumen. Die Bürger im Osten wollen das übrigens auch nicht; denn die erwarten mit Recht Entscheidungen. Sie verstehen diese Hin- und Hertaktiererei nicht mehr. ({2}) Gerade dieses Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz ermöglicht ein zügiges Vorankommen in den neuen Ländern und Deregulierung in ganz Deutschland. Sicherlich ist der eine oder andere Punkt problematisch - das ist in der Diskussion ja auch unbestritten gewesen -, doch die Situation - das hat der Kollege Rüttgers eben noch einmal gesagt - erlaubt es nun einmal nicht, meine Damen und Herren, den Kopf in den Sand zu stecken und abzuwarten. Meine Damen und Herren, wir führen heute keine Debatte über ein beliebiges Verfahrensgesetz - wir wollen sie auch nicht führen -, bei dem man seine ideologischen Grundsätze pflegen kann, ohne auf die Folgen zu achten. ({3}) - Ich weiß ja, daß das bei Ihnen viel ist. Wir sind da etwas praktischer veranlagt. ({4}) Wir wollen vielmehr über die wirtschaftliche Zukunft der neuen Lander und damit über unser aller Zukunft heute debattieren und entscheiden. In den letzten Wochen und Monaten, Herr Kollege Conradi, haben sich die Koalitionsparteien - ich denke, auch Sie hatten die Möglichkeit - intensiv um die Aufbauhilfen für die neuen Bundesländer bemüht. Die Vereinfachungs- und Verbesserungsvorschläge, die wir heute machen, wurden mit allen Ländern und den Spitzenverbänden - Landkreistag, Städte- und Gemeindebund - beraten und umgesetzt. Unser Ziel war und ist es, Licht in das Dickicht von Gesetzen und Verordnungen zu bringen und damit Planungs- und Genehmigungsverfahren in Zukunft effizienter zu gestalten. Der vorliegende Gesetzentwurf ist ein wichtiger erster Schritt in diese Richtung, dem wir alle verpflichtet sind. Meine Damen und Herren, wer heute mit Geschäftsordnungsdebatten ein Gesetz und eine Debatte darüber verhindern will und so tut, als wäre nichts geschehen und wir hätten noch 1989, der ist an Realitätsferne und Doppelzüngigkeit nicht zu überbieten. ({5}) Man kann nicht auf der einen Seite den Koalitionsparteien und ihren Abgeordneten jeden einzelnen Arbeitslosen in Deutschland als persönliche Schuld anlasten ({6}) und auf der anderen Seite gegen die zur Diskussion stehenden Maßnahmen stimmen oder sogar die Debatte darüber verhindern wollen. ({7}) Wir wollen Bürokratie abbauen. Wir wollen im übrigen auch Bürgerbeteiligung. Aber das, was Sie hier heute wollen, ist scheinheilig. Deswegen werden wir Ihrem Antrag nicht zustimmen. ({8})

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Als nächste Rednerin zu dem Antrag Frau Dr. Enkelmann.

Dr. Dagmar Enkelmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000479, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte es ganz deutlich sagen, damit mich hier jeder versteht: Es ist ein Skandal, mit welchen Mitteln die Bundesregierung hier versucht, eine solche Notstandsgesetzgebung durchzuzocken. ({0}) Hier sollen massive Eingriffe in Beteiligungsrechte von Bürgerinnen und Bürgern, von Kommunen, massive Beschneidungen im Naturschutzrecht vorgenommen werden. Das ist Abbau der Demokratie, Frau Kollegin Albowitz. Aber - darauf hat mein Kollege Conradi sehr deutlich aufmerksam gemacht - eine gründliche sachliche Auseinandersetzung mit dem vorliegenden Gesetz hat nicht stattgefunden. ({1}) - Ich kann leider nicht lauter sprechen, Frau Präsidentin. - Dem Bürger vor allem im Osten wird wieder einmal vorgegaukelt, daß für ihn jetzt alles besser wird, sein Wohnungsproblem bald gelöst ist. Er hat ja auch die Anhörungen nicht mitgemacht, in denen eindeutig bestätigt wurde, daß das Gesetz an der Beseitigung der tatsächlichen Ursachen für Planungsverzögerungen meilenweit vorbeigeht. ({2}) Diese Hast im Verfahren täuscht Geschäftigkeit vor und soll über die Unfähigkeit der Bundesregierung hinwegtäuschen. Das ist für die Bürger also zunächst eine Täuschung, aus der bald eine große Enttäuschung werden wird, weil die Erwartungen, die hier in unverantwortlicher Weise geweckt werden, nicht erfüllt werden. ({3}) Vielleicht meinen Sie, daß sich die Bürger allmählich an dieses Spielen mit ihren Hoffnungen gewöhnen werden. Ich glaube, es wird nicht so sein. Sie werden sich langsam wehren. Wir stimmen dem Antrag zu. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. ({4})

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Herr Dr. Feige.

Dr. Klaus Dieter Feige (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000523, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer weiß, wie die Beratung zu diesem Gesetzentwurf der Bundesregierung und der Koalitionsfraktionen abgelaufen ist, muß erkennen, daß eine abschließende Behandlung des vorgelegten Gesetzentwurfs einfach undenkbar ist. ({0}) Ohne auf den Inhalt des Gesetzentwurfs eingehen zu wollen, sage ich: Es gab mehrere mitberatende Ausschüsse. Wenn Sie nicht einmal mehr die Voten mitberatender Ausschüsse ernsthaft zur Kenntnis nehmen wollen, dann ist unsere Demokratie ernsthaft in Gefahr. ({1}) Es handelt sich bei diesem Gesetzentwurf um einen der einschneidendsten Gesetzentwürfe, die wir haben. Er verändert unsere Demokratievorstellung in diesem Land erheblich. So war es notwendig, diesen Gesetzentwurf mit besonderer Gewissenhaftigkeit zu beurteilen. ({2}) Auch für einen Abgeordneten, der erst gut zwei Jahre in diesem Hause ist, muß eine Chance bestehen, diesen komplexen Gegenstand zu behandeln. Die Gewissenhaftigkeit, die für die Behandlung dieses Gesetzentwurfs notwendig gewesen wäre, war in diesem Hause nicht gegeben. Es begann schon mit der Einholung der Voten der anerkannten Umweltverbände durch das Schwaetzer-Ministerium. Es ist und bleibt eine Zumutung, wenn den Verbänden am Freitagnachmittag per Boten der entsprechende Gesetzentwurf zur Verfügung gestellt wird und bis zum Dienstag der folgenden Woche eine entsprechende Antwort vorliegen muß. ({3}) In der Folge hatten die Abgeordneten vier Sitzungswochen lang Zeit, darauf zu reagieren und dieses Gesetzesvorhaben zu prüfen. Zur einberufenen Anhörung des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau waren dann noch nicht einmal die fachkompetenten Vertreter der Bürgeröffentlichkeit, die Natur- und Umweltschutzverbände, zur Befragung eingeladen. Selbst die vom Umweltausschuß als Konsequenz auf die mangelhafte Einbeziehung kurzfristig anberaumte Anhörung im Umweltausschuß sollte hinter verschlossenen Türen stattfinden. Sie wurde erst auf unseren Antrag hin - ich glaube, zum Leidwesen von Herrn Dörflinger - öffentlich durchgeführt. Nach dieser Anhörungshatz wurde dann praktisch ohne Rückgriff auf das kurz zuvor Gehörte in einer mehrstündigen Ausschußberatung Scheindemokratie demonstriert. Es ist mit der ernsthaften Tätigkeit von Abgeordneten unvereinbar, wenn uns nach einer Anhörung dann lediglich Anträge vorgelegt werden, die erkennen lassen, daß die Antragsteller auch nicht die geringste Absicht hatten, auf die berechtigten Interessen der geladenen Sachverständigen einzugehen. ({4}) Die Minuten zwischen Antragseinbringung und Abstimmung, das einer lästigen Pflicht gleichende Absitzen der Anhörung und die anschließende Ignoranz gegenüber allen Einwendungen und das Niederstimmen berechtigten Informationsbedarfs von Oppositionsabgeordneten sind des Bundestages und seiner Ausschüsse nicht würdig. Parteiverdrossenheit entsteht schon allein dadurch, daß die Öffentlichkeit erkennt, wie wir hier miteinander umgehen. ({5}) Der vorgelegte Stand des Gesetzentwurfs gleicht einem Bauplatz, und noch niemand kann die Statik des geplanten Gebäudes beurteilen. Ein Bundestag, der der Bevölkerung solch einen Knoten von Unabgestimmtheiten übergibt, hat den gleichen Spott verdient wie die Firmen, die für das Chaos um den neuen Plenarsaal verantwortlich zeichnen. ({6}) Das Gesetzgebungsverfahren läßt nun aber eine vierte oder gar eine fünfte Lesung nicht zu. Auf dieser Gesetzgebungsbaustelle gibt es noch sehr viel zu tun. Das ist kein Vorwurf an irgendeinen Abgeordneten in diesem Haus gewesen. Ich glaube, daß wir dem Geschäftsordnungsantrag der SPD alleine wegen des drohenden Verlustes der politischen Glaubwürdigkeit dieses Parlaments zustimmen müssen. ({7})

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Meine Damen und Herren, wir kommen zur Abstimmung über den Geschäftsordnungsantrag. Wer stimmt für diesen Absetzungsantrag? - Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Absetzungsantrag ist mit den Stimmen der CDU/CSU und der F.D.P. abgelehnt. Jetzt kommt noch ein Geschäftsordnungsantrag, diesmal vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Das Wort hat Herr Dr. Feige.

Dr. Klaus Dieter Feige (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000523, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Entsprechend § 82 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages beantragt die Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Rücküberweisung der Artikel 1 bis 12 des Entwurfs eines Gesetzes zur Erleichterung von Investitionen und der Ausweisung und Bereitstellung von Wohnbauland in die Ausschüsse, und zwar unter veränderter Federführung; diese soll der Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit übernehmen. ({0}) Der vorliegende Gesetzentwurf mit seinen 13 Artikeln ist der Versuch, eine komplizierte Problemsituation durch die Veränderung mehrerer Gesetze zu bearbeiten und zu lösen. Die vorgeschlagenen Änderungen sind in ihren Konsequenzen sehr weitgehend und umstritten. In einem solchen Fall haben die Abgeordneten bei ihrer Entscheidung eine noch größere Verantwortung als sonst zu tragen und brauchen für die Behandlung aller Änderungsanträge zumindest minimale Bedenkzeit. Welch geringe Chance einem Abgeordneten für die Behandlung selbst von komplexen Änderungsanträgen aus der Koalition in der Realität blieben, habe ich in der Umweltausschußsitzung am 3. Februar 1993 erfahren. Uns wurden durch die Koalition Änderungsanträge im Umfang von mehr als 30 Seiten vorgelegt, für deren Behandlung keine zumutbaren Bedingungen zugelassen wurden. Es blieb nicht einmal die Zeit, den Wortlaut der Anträge richtig zu erfassen. Darüber hinaus wurden uns Anträge vorgelegt, die von der Form her die Beurteilung der Papiere fast unmöglich machten. Ich will einmal davon absehen, zu bemängeln, daß die Anträge nicht einmal eine Drucksachennummer zur - ich sage es einmal so - verwechslungsfreien Identifikation besaßen. Aber daß uns lediglich handschriftlich korrigierte Anträge vorgelegt wurden, die sogar noch den Faxgerätabsender der Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke getragen haben, ist eine Zumutung. ({1}) Mit einer normalen parlamentarischen Arbeit hat das jedenfalls, auch wenn es sich um einen mitberatenden Ausschuß handelt, nichts mehr zu tun. Ich möchte, daß auch die Arbeit der mitberatenden Ausschüsse ernstgenommen wird, sonst können wir ja gleich Marionetten dahinstellen. Und damit begründet sich auch der zweite Punkt unseres Geschäftsordnungsantrages. Die am meisten umstrittenen Artikel des vorgelegten Gesetzentwurfes betreffen Gesetze, die direkt oder indirekt im weiteren Sinne den Umweltbereich betreffen. Allein dadurch, daß die Federführung im Falle dieses Gesetzentwurfs beim Bauausschuß lag, war eine kompetente abschließende Entscheidung nicht gegeben. ({2}) Wir glauben also, daß insbesondere zu den Umweltfragen auch keine angemessene Wahrnehmung der berechtigten Interessen der Fachverbände erfolgt ist. Diese muß nachgeholt werden, wenn wir als Parlament unsere Glaubwürdigkeit behalten wollen. ({3}) Daß die Vorbereitung des Gesetzgebungsverfahrens in den Ausschüssen tatsächlich völlig unzureichend war, belegt letztlich die durch den Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau vorgelegte Beschlußempfehlung selbst. Dieser Ausschuß erlaubt sich nun die Dreistigkeit, uns in Art. 12 folgenden Wortlaut zur Bekanntmachung des Maßnahmengesetzes zum Baugesetzbuch und Raumordnungsgesetz anzubieten. Ich zitiere: Das Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau kann den Wortlaut des Maßnahmengesetzes in der vom Inkrafttreten des Gesetzes an geltenden Verfassung im Bundesgesetzblatt bekanntmachen - und nun hören Sie bitte aufmerksam zu, was da steht und dabei Unstimmigkeiten des Wortlautes berichtigen. Das ist doch wohl der beste Beweis, daß die Hektik und die Unfairneß im Bearbeitungsprozeß ({4}) des Gesetzentwurfes dazu geführt haben, daß uns heute ein selbst von den Koalitionsparteien noch nicht hinreichend ausformulierter Gesetzentwurf vorgelegt wird. Und daß Feinheiten bis hin zum Einfügen von Silben den Sinn eines Gesetzes erheblich verändern können, brauche ich den erfahrenen Kollegen hier nicht unbedingt zu erklären. Ich frage Sie angesichts dieser Ungeheuerlichkeit: Worüber stimmen wir denn heute eigentlich ab? Was wird dann schließlich, wenn es veröffentlicht wird, wirklich in diesem Gesetz drinstehen? ({5}) Natürlich sind mir die derzeitigen Mehrheitsverhältnisse im Bundestag klar. ({6}) Aber wenn wir unsere Glaubwürdigkeit als Parlament, die in der Öffentlichkeit wahrlich nicht die beste ist, nicht völlig aufs Spiel setzen wollen, lassen Sie uns das Gesetz in demokratischem Miteinander erst einmal richtig diskutieren. Und stimmen Sie unserem Antrag zu! Danke. ({7})

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Zu diesem Geschäftsordnungsantrag Herr Abgeordneter Reschke.

Otto Reschke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001826, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die erste Abstimmung hat gezeigt, daß bei der CDU/CSU- und bei der F.D.P.-Fraktion jede Einsicht und jede Vernunft fehlen, dieses Gesetz vernünftig zu beraten. ({0}) Ihr Antrag 13 setzt ja allem die Krone auf, nämlich durch Art. 12 der Regierung eine Art Ermächtigung zu erteilen. Er wurde ja gerade zitiert. Deswegen stimmen wir dem Antrag des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN zu. Dann zum zweiten Punkt. Gestern lese ich die Reuter-Meldung, Bauministerin Irmgard Adam12172 Schwaetzer will das Baurecht umfassend entbürokratisieren. ({1}) Das heißt, die Entbürokratisierung folgt, nachdem Sie jetzt große Passagen der Bürokratisierung unterwerfen. Insofern stimmen wir zu, daß die Weiterberatung in den Fachausschüssen von diesem Plenum beschlossen wird. Wir sind für Zurücküberweisung. ({2})

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Frau Abgeordnete Enkelmann. ({0})

Dr. Dagmar Enkelmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000479, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mich werden Sie hier öfter ertragen müssen. Selbst Ihr Kollege Herr Paziorek hat gestern noch gesagt, daß dieser Gesetzentwurf einschneidende Veränderungen im Naturschutzrecht vorsieht und daß es deshalb notwendig sei, diesen Antrag zumindest noch einmal in den Umweltausschuß zu geben. Vielleicht nehmen Sie das als eine Argumentation. Für mich ist die Argumentation klar: Hier ist unsauber und schlampig gearbeitet worden. Das ist Grund genug für eine weitere, und zwar gründlichere und verantwortungsbewußte Bearbeitung durch die betreffenden Ausschüsse. Ich appelliere an Ihre Verantwortung als gewählte Vertreter des Volkes: Nehmen Sie diese Verantwortung wahr! ({0})

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Meine Damen und Herren, wir kommen zur Abstimmung über diesen Rücküberweisungsantrag. Wer stimmt für den Rücküberweisungsantrag? - Gegenstimmen? ({0}) Enthaltungen? - Damit ist dieser Rücküberweisungsantrag abgelehnt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, möchte ich, nachdem wir die streitige Diskussion hier erledigt haben, daran erinnern, daß gestern abend eine Flugzeugentführung unblutig zu Ende gegangen ist. Wir sind zufrieden über den Einsatz der Sicherheitsbehörden, die amerikanische Umsicht und über die Haltung der Piloten, wodurch alles gut ausgegangen ist. Hierfür sind wir dankbar, und das wollte ich mit Dank und auch mit Erleichterung von dieser Stelle aus sagen. ({1}) Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 12 sowie den Zusatzpunkt 7 auf: 12. a) Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Erleichterung von Investitionen und der Ausweisung und Bereitstellung von Wohnbauland ({2}) - Drucksachen 12/3944, 12/4047, 12/4208 - ({3}) b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau ({4}) zu dem Antrag der Abgeordneten Dietmar Schütz, Michael Müller ({5}), Hermann Bachmaier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren im Umweltbereich - Drucksachen 12/3948, 12/4317 Berichterstattung: Abgeordnete Peter Conradi Peter Götz ZP7 Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Peter Conradi, Dr. Eckhart Pick, Achim Großmann, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Baugesetzbuches - § 22 a - Drucksache 12/3626 ({6}) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau ({7}) - Drucksache 12/4317 Berichterstattung: Abgeordnete Peter Conradi Peter Götz Zum Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz liegen ein Entschließungsantrag und neun Änderungsanträge der Fraktion der SPD sowie ein Entschließungsantrag der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vor: Ich weise darauf hin, daß wir im Anschluß an die Aussprache vier namentliche Abstimmungen durchführen werden. Nach der Vereinbarung im Ältestenrat sind für die Aussprache zwei Stunden vorgesehen. - Dazu sehe ich keinen Widerspruch. Ich eröffne die Aussprache. - Darf ich fragen, ob zunächst der Berichterstatter sprechen möchte? - Danke. Als Berichterstatter spricht jetzt der Abgeordnete Peter Götz. ({8})

Peter Götz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000705, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Conradi, Sie wissen, nachdem Sie offensichtlich 20 Jahre Erfahrungen mit dem Städtebaurecht haben, wie Sie es vorhin erwähnten, daß es nichts Außergewöhnliches ist, daß der Berichterstatter vor Beginn der Abstimmung und vor Beginn der Debatte einige Ergänzungswünsche vorträgt. Als Berichterstatter möchte ich Sie bitten, bei der Abstimmung neun Berichtigungen der Ausschuß- beschlüsse zu berücksichtigen.*) Bei fünf Berichtigungen handelt es sich um Konsequenzen aus der Streichung von § 19 Abs. 3 Satz 2 des Baugesetzbuchs. Betroffen sind die §§ 19, 22, 145 des Baugesetzbuchs und 5 Maßnahmengesetz zum Baugesetzbuch. Eine Berichtigung betrifft die Einleitung zu Art. 1. Hier muß ein Gesetz vom 11. Januar d. J. noch berücksichtigt werden. In Art. 1 Nr. 8 und 22 geht es um eine sprachliche Richtigstellung, in Art. 1 Nr. 14 um eine Folge aus der Einführung der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme und in Art. 1 Nr. 20 um die Richtigstellung eines Verweises auf diese Vorschriften zu § 45a des Baugesetzbuchs. Ich bitte Sie, diese Berichtigungen anzunehmen. Herzlichen Dank. ({0})

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Wir beginnen mit der Aussprache. Als erster Redner hat Herr Götz das Wort.

Peter Götz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000705, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gern nutze ich vor Beginn meiner Ausführungen zum Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz die Gelegenheit, mich im Namen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu bedanken. Wir danken den Sachverständigen und den beteiligten Verbänden, die in kurzer Zeit - das ist unstrittig - zu der vom Bauausschuß durchgeführten Anhörung in ihren Stellungnahmen eine Vielzahl von wertvollen Hinweisen und Anregungen eingebracht haben. ({0}) Unser besonderer Dank gilt auch dem Sekretariat des Bauausschusses, das in hervorragender Zusammenarbeit mit dem Ausschuß und der Regierung eine beschleunigte Bearbeitung dieses wichtigen Gesetzes erst ermöglichte. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, auch Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition, für Ihre konstruktive Mitwirkung und Beratung im federführenden Ausschuß des Deutschen Bundestages zu danken. ({1}) Bei aller unterschiedlicher Auffassung in einigen Bereichen und bei allem Zeitdruck, unter dem wir dieses umfassende Artikelgesetz beraten haben, war mein persönlicher Eindruck, daß die sachliche Arbeit im Ausschuß im Vordergrund stand. Um so mehr bin ich erstaunt, daß Sie heute eine Verweigerungs- und Verzögerungsstrategie fortsetzen, wie wir sie mittlerweile bei fast allen wichtigen Gesetzen des Deutschen Bundestages von Ihnen kennen. ({2}) *) Anlage 2 Nachdem es Ihren Ampelkoalitionen in Niedersachsen und Hessen offensichtlich nicht gelungen ist, im Bundesrat das Wohnbaulandgesetz, wie beabsichtigt, insgesamt zu kippen, kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, daß Sie unter ideologischem Druck Ihrer Ampelregierungen hier Ihr taktisches Spiel fortsetzen. Sie bremsen mit einer Verweigerungsstrategie in unverantwortlicher Weise dringend notwendige Investitionen in den neuen Ländern und verhindern die für die Schaffung von Wohnungen in ganz Deutschland erforderliche Mobilisierung von Bauland. ({3}) Nach einer sehr sachlichen Debatte im zuständigen Fachausschuß - wo ich Ihre Gruppe, Herr Kollege Feige, gern einmal gesehen hätte ({4}) erscheint mir das heute vormittag der deutschen Öffentlichkeit vorgeführte Schauspiel zu durchsichtig, um erfolgreich zu sein. ({5}) Vor mehr als zwei Monaten haben wir im Parlament in erster Lesung den von uns eingebrachten Gesetzentwurf beraten. Die Menschen in den neuen Bundesländern, die in Sorge um ihren Arbeitsplatz, um die Bewältigung ihres Alltags leben, erwarten von uns in der gegenwärtigen Phase des Umbruchs zu Recht Verständnis und Solidarität. Sie erwarten eine Zukunftsperspektive und nicht parteitaktische Verzögerungen. Was wir brauchen, sind nicht monatelange Diskussionen und Debatten um der Debatten willen, sondern Entscheidungen im Deutschen Bundestag. ({6}) Die Herstellung gleicher Lebensverhältnisse in Ost und West sowie die Überleitung einer zentralistisch geführten Planwirtschaft in eine Soziale Marktwirtschaft stellen auch weiterhin eine der größten Herausforderungen in der deutschen Geschichte dar. Die Bewältigung dieses Strukturwandels erfordert zügiges Handeln, rasche Entscheidungen und deren unverzügliche Umsetzung, vor allen Dingen auch im Interesse der Menschen in den neuen Ländern. ({7}) Kreativität aller Entscheidungsträger in Bund, Ländern und Gemeinden ist gefordert, Herr Kollege Feige, um die Ermessensspielräume zugunsten der Bürger bestmöglich auszuschöpfen. Wir wollen mit diesem Gesetz erstens die beschleunigte Ausweisung dringend benötigten Wohnbaulands, zweitens die Erleichterung von Wohnbauvorhaben und drittens den Abbau von Bürokratie im Baugeschehen voranbringen. ({8}) Wir wollen, daß die Gemeinden von diesen neuen Instrumenten umfassend Gebrauch machen und verstärkt Wohnbauland bedarfsgerecht ausweisen. Wir wollen mit diesem Gesetz ferner den Gestaltungsspielraum der Gemeinden bei der Bauleitplanung fördern und die kommunale Selbstverwaltung stärken. So eröffnen z. B. die neu ins Gesetz aufgenommene Zulassung von Umlegungen im Innenbereich, der städtebauliche Vertrag oder der Vorhaben- und Erschließungsplan Chancen, die Verwaltungsleistungen der Städte und Gemeinden, aber auch der kommunalen Haushalte spürbar zu entlasten. Durch eine Entlastung bei der Finanzierung von Erschließungsmaßnahmen wird die Entscheidung der Gemeinden zugunsten von mehr Bauland erleichtert. Die heute zu beschließenden verbesserten Möglichkeiten machen allerdings erst bei einer konsequenten Umsetzung durch eine entscheidungsfreudige Verwaltung Sinn. Die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme, die mit Ausnahme der Jahre 1986 bis 1990 seit 1971 geltendes Recht ist, wird in das Dauerrecht des Baugesetzbuches übernommen. Sie ist an besondere Voraussetzungen gebunden und eine wichtige Alternative, damit Städte und Gemeinden ihren Beitrag zum Abbau der Wohnungsnot leisten können. Zur Vermeidung von Mißverständnissen haben wir in entsprechenden Anträgen Klarstellungen formuliert. Damit soll den berechtigten Interessen der Städte und der Grundstückseigentümer gleichermaßen Rechnung getragen werden. ({9}) So wurde u. a. der Befürchtung der Boden entzogen, der Anfangswert könnte unter dem allgemeinen Verkehrswert liegen. Nur eine objektive Verkehrswertermittlung darf die Grundlage für eine Grundstücksbewertung sein. Das heißt, bei der Bemessung des Anfangswerts ist ein Wert zugrunde zu legen, der sich am allgemeinen Grundstücksmarkt erzielen läßt. Das wird in den meisten Fällen der Wert für Bauerwartungsland sein. Es kann sich in Einzelfällen sogar um Rohbaulandwert oder Baulandwert handeln, wenn es um innerstädtische Gebiete geht. Die Einnahmen der Gemeinden aus Grundstücksverkäufen sind zur Finanzierung der entwicklungsbedingten Kosten zu verwenden. Das heißt, auch hier ist eindeutig geregelt, daß die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme nicht zur Sanierung öffentlicher Kassen herangezogen werden kann. ({10}) Neu geordnete baureife Grundstücke sind vorrangig den ursprünglichen Grundstückseigentümern anzubieten. Dieses Instrument ist ferner hervorragend für die Umsetzung von bisher militärisch genutzten Bereichen oder von Industrie- und Gewerbebrachen geeignet. Die Konversion wird in den nächsten ein bis zwei Jahren in Deutschland eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen. Auch dafür ist die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme nach meiner festen Überzeugung ein hervorragendes Instrument für die Städte und Gemeinden. Kleinere Gemeinden im ländlichen Raum erhalten mit der Ausweitung der Abrundungssatzung durch einfache städtebauliche Satzungen die Möglichkeit, weitere Baurechte zu schaffen, die oftmals zur Vermeidung größerer Flächeninanspruchnahme helfen können, Baulandengpässe kurzfristig zu überwinden. Wir wollen Erleichterungen beim Ausbau bestehender Dachgeschosse zu Wohnzwecken und gehen davon aus, daß die Länder im Rahmen ihrer Landesbauordnungen die notwendigen ergänzenden Erleichterungen mittragen. Einen weiteren wichtigen Bereich möchte ich ansprechen, der neu geregelt wird und nicht unumstritten ist. Wir brauchen dringend eine Harmonisierung beim Konflikt zwischen Naturschutz und Baurecht. Vor dem Hintergrund der Ökologiediskussion in den letzten Jahren ist die Praxis in manchen Bereichen eher darauf angelegt, das Bauen zu verhindern, als es zu fördern. ({11}) Leider nutzen einige Vertreter von Fachbehörden das nur bedingt harmonische Zusammenspiel von Baugesetzbuch, Bundes- und Landesnaturschutzrecht und Umweltverträglichkeitsprüfung immer mehr, um sich eher zu Bauverhinderungsbehörden zu entwickeln. ({12}) Unstrittig ist: Die natürlichen Lebensgrundlagen der wildlebenden Tier- und Pflanzenarten, aber auch des Menschen müssen gerade in einem dichtbesiedelten Land wie Deutschland einen besonderen Schutz erfahren. Aber nach unserer Überzeugung ist es ausreichend, daß bei entsprechenden Planungsvorhaben die Frage einer naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung nur einmal zu überprüfen ist, und zwar im Bebauungsplanverfahren. Wir müssen in Deutschland nicht alles zwei- oder dreifach regeln. Wir wollen ferner keine Anwendung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung im unbeplanten Innenbereich. Eine aus ökologischen Gründen sinnvolle Nachverdichtung wird dadurch erheblich erleichtert. Es macht deshalb wenig Sinn, einerseits zu fordern, zur Schonung der freien Landschaft nur innerstädtische Baulücken zu bebauen, im selben Atemzug aber den Bauherrn, der solche Baulücken schließt, mit einer Strafsteuer aus dem Naturschutzrecht zu belasten und gleichzeitig laut darüber zu jammern, daß das Bauen und damit die Mieten für die Menschen in Deutschland immer teurer werden. ({13}) Allein an diesem Beispiel werden der Widerspruch und die doppelte Moral einer ideologisch geführten Diskussion deutlich. Lassen Sie mich abschließend weitere drei Gesichtspunkte anmerken. Erstens. Wir brauchen dieses Gesetz auch vor dem Hintergrund des Investitionsstandorts Deutschland. Keines der mit uns um Investitionen für Arbeitsplätze konkurrierenden Länder verfügt über ein so perfektes, durch die Baubürokratie geprägtes Bau- und Planungsrecht. Durch Entrümpelung bürokratischer Vorschriften helfen wir, dringend notwendige Investitionen schneller zu ermöglichen. Zweitens. In einer Zeit der leeren Kassen in Bund, Ländern und Gemeinden trägt die Verkürzung von Planungs- und Genehmigungsverfahren oder der Wegfall von Anzeigeverfahren zu einer schlanken Verwaltung bei und entlastet damit auch die Personalhaushalte der Städte und Gemeinden. Drittens. Der Wohnungs- und Städtebau ist ein wichtiger Wachstumsbereich, von dem starke Impulse für die gesamte Wirtschaft ausgehen. Unsere Konjunktur ist auch auf diese Impulse der Bauwirtschaft dringend angewiesen. Aus diesen Gründen appellieren wir: Stimmen Sie im Interesse vieler wohnungsuchenden und arbeitsuchenden Menschen in ganz Deutschland diesem Gesetz zu. Vielen Dank. ({14})

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Als nächster spricht der Abgeordnete Peter Conradi.

Peter Conradi (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000335, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Nutzung des Bodens ist immer ein Konfliktfall. Boden ist unvermehrbar, vor allem am jeweiligen Ort, und er ist unersetzbar. Da reden die Wohnungsbauer mit und die Naturschützer und der Wasserschutz und die Straßenplaner, die Müllmänner und die Stadtkämmerer. ({0}) - Die Landwirtschaft redet mit und die Industrie, und außerdem geht es auch noch um Geld. Stadtplanung ist ein mühsamer Ausgleich von lebenswichtigen Interessen. Das sind keine willkürlichen Konflikte, sondern ernsthafte Auseinandersetzungen um eine vernünftige menschen- und umweltgerechte Bodennutzung. Wir haben in Westdeutschland gelernt, daß die Verfahrensregeln, nach denen diese Konflikte ausgetragen und entschieden werden, Vertrauen und Verläßlichkeit schaffen, daß sie die Gesellschaft stabilisieren und befrieden. Jetzt kommt wieder einmal der Ruf nach dem „kurzen Prozeß" auf: Das alles dauert zu lange, es müssen Fakten geschaffen werden, man muß den Bürokraten Beine machen. ({1}) Dieser Ruf kommt vor allem aus Ostdeutschland, wo sich die Länder und die Gemeinden verständlicherweise mit dem ihnen fremden und komplizierten Planungsrecht schwertun. Aber wir haben dieses komplizierte Planungsrecht, verehrter Herr Kollege Hornung, nicht aus Willkür geschaffen, nicht aus Dollerei, sondern wir haben das in den 70er Jahren aus den Erfahrungen schrecklicher Planungs- und Bausünden der 50er und 60er Jahre heraus geschaffen. Wer jetzt darangeht, die Einspruchs- und die Kontrollrechte der Bürger und der Verbände einzuschränken und abzubauen, der programmiert die Bausünden, der programmiert die Umweltsünden der 90er Jahre. ({2}) Die Befürchtung ist doch nicht unbegründet, daß in vielen ostdeutschen Gemeinden diese 90er Jahre zu einer Gründerzeit werden, in der Stadt und Land rücksichtslos zugebaut werden. ({3}) - Sie verstehen wirklich nicht, wovon Sie reden; das muß man Ihnen einmal sagen. ({4}) Die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange ist ja keine Willkür. Das sind nicht wildgewordene Bürokraten, sondern das sind Männer und Frauen, die kraft ihres Amtes für sichere Lebensbedingungen, für saubere Luft, für klares Wasser einzutreten haben. Wer die öffentlichen Belange zurückdrängen will, der wird vielleicht die eine oder andere Investition um ein paar Monate beschleunigen, aber um welchen Preis! ({5}) Der Gesetzentwurf enthält im Stadtplanungsteil einige vernünftige Regelungen, denen die SPD zustimmt. ({6}) - Anders als die Koalitionsfraktionen, die jeden Änderungsantrag der SPD - oft wider besseres Wissen - abgelehnt haben, haben wir überhaupt keine Probleme, dieser Regierung dort zuzustimmen, wo sie etwas Vernünftiges vorlegt. Das unterscheidet uns von Ihnen. ({7}) Wir stimmen also der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme zu, die zum Dauerrecht wird, auch in Ostdeutschland. Wir stimmen der Erweiterung der Vorkaufsrechte zu. Das sind übrigens alte Bekannte. Wir haben diese Maßnahmen in den 70er Jahren ins Bundesbaugesetz hineingeschrieben; Sie haben sie in Ihrer Entregelungseuphorie der 80er Jahre herausgestrichen. Jetzt kommen sie in abgeschwächter Form wieder herein, und das wird uns dann auch noch als großer Fortschritt angepriesen; denn anders kann preisgünstiges Bauland nicht geschaffen werden. Wir stimmen dem Vorhaben- und Erschließungsplan zu. Es wird sich zeigen, ob dieses Instrument die große Erleichterung ist, als die es angepriesen wird. Wir sind auch dafür, den Trägern öffentlicher Belange verbindliche Fristen zu setzen, damit nicht eine Behörde die Entscheidung hinauszögern kann. Wir stimmen für die Umlegung im Innenbereich, für den Erschließungsvertrag, für den städtebaulichen Vertrag. Wir stimmen auch für die Regelungen für die Parlaments- und Regierungsbauten in Berlin. Es gibt also eine Reihe von Einzelpunkten, denen wir zustimmen. Anderen werden wir nicht zustimmen, z. B. dem erneuten Versuch, das Bauen im Außenbereich zu erleichtern. Mit Recht sagt der Bundesrat, daß der Außenbereich nicht die Lösung des Problems der Wohnungsnot in diesem Land schafft. Das sagt übrigens auch der Freistaat Bayern. ({8}) - Sie wollen in den Gebäuden, die schon bestehen, zusätzliche Wohnungen schaffen mit allen Folgen der Erschließung wie Abwasser, Straßen und was dazukommt, bis zum Kindertransport in die Schulen. Damit lindern Sie doch die Wohnungsnot nicht, damit machen Sie den Außenbereich kaputt. Und hier zitiere ich den Freistaat Bayern, nicht ein sozialdemokratisch regiertes Bundesland. ({9}) - Bayern, das noch kein sozialdemokratisch regiertes Bundesland ist. Ich nehme den Zwischenruf gerne auf. ({10}) Wir stimmen auch den erleichterten Befreiungen und der Entmachtung der höheren Verwaltungsbehörden nicht zu; denn das sind Scheinlösungen. Sie werden das Verfahren nicht beschleunigen, sondern die Prozeßflut vermehren, weil man vorher nicht gründlich genug abgewogen hat. Der Baulandmangel schließlich kommt nicht aus der Säumigkeit der Gemeinden, die angeblich kein Bauland ausweisen, wie die Ministerin in ihrer von Kommunalpolitik und Fachwissen ungetrübten Polemik ständig behauptet. ({11}) Eine Untersuchung in Niedersachsen hat ergeben, daß ohne einen einzigen Bebauungsplan allein in Baulücken und auf Bauplanungsgebieten 174 600 Wohnungen gebaut werden können. Weitere 290 000 Wohnungen sind in Flächennutzungsplänen ausgewiesen. Im Freistaat Bayern gab es 1991 Baurecht für 930 000 Wohnungen. ({12}) - Nein, nicht im Flächennutzungsplan. ({13}) In Bebauungsplangebieten und Baulücken Niedersachsens waren es 174 600 Wohnungen. Sie müssen schon zuhören, wenn Sie Zurufe von der Regierungsbank machen. - Weitere 290 000 Wohnungen waren in Flächennutzungsplänen ausgewiesen. Wenn es an Wohnbauland fehlt, dann nicht wegen der säumigen Gemeinden, sondern wegen einer Bundesregierung, die sich beharrlich weigert, den Gemeinden die planungsrechtlichen, die enteignungsrechtlichen und die steuerrechtlichen Instrumente zu geben, mit denen sie durchsetzen können, daß Bauland endlich bebaut und nicht spekulativ gehortet wird. ({14}) Dieses Gesetz täuscht Aktivitäten vor. Wenn es Ihnen ernst wäre, müßten Sie Maßnahmen vorschlagen, die mit der Immobilienpartei, mit der Partei der leistungslosen Gewinne, die mit der F.D.P. nicht durchsetzbar sind. ({15}) - Ja, wir wissen das; wir haben es auch schon einmal versucht. Damit zum letzten traurigen Kapitel, zu Art. 11 a dieses Gesetzes. Wir haben im Dezember 1991, vor mehr als einem Jahr, vorgeschlagen, die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen zu erschweren. Die Bundesregierung hatte nichts zu bieten, hatte Bedenken. Die Koalitionsfraktionen haben gemosert und gemauert. Dann kam die befürchtete Entscheidung des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichte, die Abgeschlossenheitserklärung sei zur Bekämpfung der Umwandlungsspekulation ungeeignet. Darauf haben wir einen neuen Antrag eingebracht - ebenso die Länder -, der es den Gemeinden ermöglichen soll, so wie in Fremdenverkehrsgebieten die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen zu untersagen; selbstverständlich mit Ausnahmeregelungen für die Mieter, die ihre Wohnungen kaufen. Auch diesen Gesetzentwurf haben Sie monatelang liegen gelassen. Die Kommunalpolitiker Ihrer Partei drängen Sie. Alle Bauminister mit Ausnahme der Bundesbauministerin sind der Meinung, das sollte geregelt werden. Die Oberbürgermeister der deutschen Großstädte - und Herr Diepgen und Herr Rommel sind ja wohl kaum sozialdemokratischer Umtriebe verdächtig - haben den Bundeskanzler in einem dringenden Brief gebeten, das endlich zu regeln. Nichts geschieht. Aber am Mittwoch dieser Woche, zehn Minuten vor Ende der Ausschußberatung, legen Sie uns einen Wechselbalg vor, einen Art. 11 a, eine Sozialklausel zum BGB, rechtssystematisch ein Waisenkind - Herr Ullmann, ich bin entsetzt, daß Sie da zugestimmt haben -, undurchdacht, verworren, vor allem unwirksam; denn wenn erst einmal umgewandelt ist, dann wird auch entmietet. Wissen Sie eigentlich nicht, mit welchen Gemeinheiten Menschen in deutschen Städten aus ihren umgewandelten Wohnungen herausgetrieben werden, zum Teil durch kriminelle Entmietungsfirmen? ({16}) Was weiß eigentlich die Bauministerin davon, die Grußworte für Unternehmen schreibt, die an Umwandlungen interessiert sind und zu Umwandlungen beraten? ({17}) Ihre Sozialklausel soll Alte und Kranke schützen; aber für die Alleinerziehenden, für die Kinderreichen haben Sie nichts übrig. Zu Recht hat Herr Stoiber das gerügt. Wenn ich daran denke, mit welch großen Worten die Union hier vor einigen Monaten das Lebensrecht ungeborener Kinder beschworen hat, und wenn ich jetzt sehe, wie die Alleinerziehenden und Kinderreichen schäbig den Entmietungsspekulanten preisgegeben werden, wird mir speiübel. ({18}) Wieder einmal hat die Union vor der Immobilienpartei F.D.P. gekuscht. Die Quittung werden Sie bekommen; Sie werden sie schon bei der hessischen Kommunalwahl bekommen. Wir werden über unseren Gesetzentwurf namentlich abstimmen lassen, damit jede Mieterin, jeder Mieter in jeder deutschen Stadt, in München und in Stuttgart, in Hamburg, in Frankfurt, in Berlin, in jeder Stadt weiß, wie sich die CDU- und CSU-Abgeordneten dieser Städte für die Rechte von Mietern eingesetzt haben. Da werden wir sehen, wie wichtig Ihnen das Wohl von Menschen ist, ob Ihnen die Spekulanten wichtiger sind oder die betroffenen Mieter. ({19}) Ich bin sicher, daß der Bundesrat den Vermittlungsausschuß anrufen wird. Ich hoffe, daß der Vermittlungsausschuß dann das schafft, zu dem diese kraftlose Regierung den Mut nicht hat. Wir werden dem Gesetz auf Grund der geschilderten Defizite nicht zustimmen. ({20})

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Als nächster spricht der Abgeordnete Dr. Walter Hitschler.

Dr. Walter Hitschler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000910, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ihnen liegt heute ein Gesetzentwurf zur abschließenden Beratung vor, der genau dem Rechnung trägt, was in unserer gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation not tut: alles ins Werk zu setzen, was geeignet erscheint, Bauinvestitionen insbesondere in den neuen Bundesländern zu erleichtern, Bauland zu mobilisieren und zusätzliches Wohnbauland bereitzustellen. Denn die Wohnungsmärkte sind gegenwärtig im Westen wie im Osten Stützen unserer Konjunktur, und sie können künftig darüber hinaus zum Motor einer neuen Aufschwungbewegung werden. Diese Chance gilt es zu nutzen, weshalb kein wehleidiges Lamentieren über die Schnelligkeit des Verfahrens oder angeblich zuwenig ausreichende Beratungszeit hilft, schon gar nicht, wenn man an den Beratungen nicht teilgenommen hat. In dieser Situation ist das Parlament nicht zur Arbeitszeitverkürzung aufgerufen, sondern zur Ableistung von Überstunden. ({0}) Das haben wir getan. Deshalb danken wir bei dieser Gelegenheit all denen, die mitgeholfen haben, diese Aufgabe in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit zu bewältigen. In der letzten Woche wurde uns ein Bericht der sogenannten Waffenschmidt-Kommission in gedruckter Form vorgelegt, in dem all die sich in der wirtschaftlichen Praxis in den neuen Ländern auswirkenden Hemmnisse und Investitionsbehinderungen untersucht und aufgezeigt wurden. Die Unsicherheit und Unkenntnis im Umgang mit der neuen Rechtsordnung und den neuen Verwaltungsstrukturen wurde als eine der wichtigsten Verzögerungsursachen ermittelt. Bau- und umweltrechtliche Genehmigungsverfahren spielen dabei eine bedeutsame Rolle sowohl für gewerbliche als auch für Wohnungsbauinvestitionen. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird dieses Dilemma angepackt. Er weist neue Wege zur erheblichen Straffung von Verfahren im Bauplanungs- und Raumordnungsrecht sowie zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren. Dies wird durch Fristenverkürzungen, durch das Ausscheiden von doppelten Prüfungen zu unterschiedlichen Verfahrenszeiten, durch Straffung des Rechtsmittelweges im Verwaltungsstreitverfahren, durch Verkürzen der Verwaltungswege, durch Wegfall von Genehmigungserfordernissen und auch durch die verstärkten Möglichkeiten freiwilliger vertraglicher Vereinbarungen geleistet. Diese Bestimmungen dienen der Verwaltungsvereinfachung und dem Abbau von Bürokratie. Doch kaum packt jemand dies es Thema ernsthaft an und setzt es in einem konkreten Gesetzgebungsvorhaben um, prangern dieselben, die vordem Investitionshemmnisse lautstark wie Klageweiber beweinten, das Fehlen möglichst zahlreicher Kontrollinstanzen, Genehmigungsbehörden und Prüfverfahren an. ({1}) Regelungen, die den Behörden beispielsweise im Raumordnungsverfahren oder bei der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung mehr Freiräume zur eigenen Gestaltung auf Grund der Sachkenntnis vor Ort einräumen, werden nunmehr als Ausbund der Verwerflichkeit skizziert. Beim heiligen Bürokratius ist nichts unmöglich. Wir bleiben dabei: Eine Schlankheitskur für die Verwaltungs- und Genehmigungsverfahren ist das Gebot der Stunde. Es gilt, verwaltungstechnische Fettpolster abzuspecken. ({2}) Die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung, die jetzt gefunden wurde, ist ein Sieg der Vernunft über die Schwärmerei. ({3}) Ein Blick auf die Effekte der Planungszeitverkürzung beweist: Diesem Anspruch wird das Gesetz gerecht, ohne, Herr Conradi, daß die Qualität der Planung Schaden nehmen müßte; denn die Qualität der Pla12178 nung hängt nicht im wesentlichen von den Gesetzgebungskonstruktionen ab, sondern von der Qualität der Personen, die diese Planungen betreiben. Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieser Gesetzentwurf genießt darüber hinaus den Vorzug, daß die Bürger nicht durch zusätzliche Abgaben belastet werden und das Bauen nicht verteuert, sondern im Gegenteil durch die Beschleunigungseffekte sogar verbilligt wird. So begrüßen wir es, daß die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung keine Ausgleichsabgabe vorsieht. Wir begrüßen auch den Verzicht auf die Einführung einer Baulandsteuer, die auf die Baulandpreise umgelegt würde. Den Verzicht auf einen steuerrechtlichen Teil in diesem Wohnbaulandgesetz betrachten wir nicht als Manko, sondern als Vorzug, weil es hilft, das Bauen zu fördern. Jede zusätzliche Belastung wirkt hinderlich, da sie das Bauen verteuert und die Investitionslust bremst. Wir sollten uns auch vor dem Irrglauben bewahren, wir sollten oder könnten unsere Wohnungsversorgungsprobleme durch weitere Innenverdichtung lösen. Wir brauchen zusätzliches Bauland und zu seiner Schaffung über die Bebauungspläne hinaus geeignete Instrumente. Dieses Gesetz überführt die städtebaulichen Erschließungsmaßnahmen ins Baugesetzbuch. Die Erfahrungen, die mit diesem Instrument bisher gemacht wurden, haben zu Verbesserungen und Verfeinerungen seiner rechtlichen Ausgestaltung geführt. Insbesondere die den Eingangswert der Grundstücke betreffende Bestimmung konnte verbessert werden. Die Rückerwerbsmöglichkeit für die ehemaligen Eigentümer sichert darüber hinaus eine spätere wirtschaftliche Nutzung. An Kosten können nur solche Maßnahmen verrechnet werden, die allein den Eigentümern im Entwicklungsgebiet zugute kommen. Es ist sichergestellt, daß keine Maßnahmen in die Kosten eingerechnet werden können, die nicht in sachlichem Zusammenhang mit der Entwicklungsmaßnahme stehen, wobei von der sehr engen Auslegung ausgegangen wird, wie sie bisher von der Verwaltungsgerichtsbarkeit definiert wurde. Mit dem Vorhaben- und Erschließungsplan wird ein Instrument ins Baugesetzbuch-Maßnahmengesetz übernommen, das für viele Gemeinden, die sich selbst finanziell nicht in der Lage sehen, ein Erschließungsvorhaben zu finanzieren, die Möglichkeit bietet, einen privaten Vorhabenträger einzuschalten, der sich nach einem mit der Gemeinde abgestimmten Plan zur Durchführung verpflichtet. Dieses Instrument ist nicht nur für den Bereich gewerblicher Ansiedlungen von Bedeutung, sondern auch für die Erschließung neuer Wohngebiete. Diese beiden Instrumente dienen der Bereitstellung zusätzlichen Baulandes ebenso wie die Möglichkeit des Erlasses einer Abrundungssatzung an unseren Ortsrändern. Der Baulandmobilisierung dient ein gemeindliches Vorkaufsrecht im Innenbereich für Wohngrundstücke und die dadurch erleichterte Erschließung von 34er Gebieten, damit auf sie die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung nicht angewandt wird. Schließlich sind wir froh darüber, daß wir mit der neuen Außenbereichsregelung den Landwirten, die sich in der Umstrukturierung befinden, als zweites Standbein zur Einkommenssicherung die Vermietungsmöglichkeit dreier zusätzlicher Wohnungen bieten können. ({4}) Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Koalitionsfraktionen konnten sich im Rahmen dieses Gesetzes darüber hinaus verständigen, die Umwandlungsproblematik erheblich zu entschärfen. Es wurde dabei eine mietrechtliche Lösung bevorzugt, die der Argumentationslinie des Urteils des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichte folgt, nicht die Wohneigentumsbildung zu erschweren, sondern den Kündigungsschutz der Mieter zu verbessern. Wir wollen kein flächendeckendes Umwandlungsverbot mit einigen wenigen Ausnahmen. Für die F.D.P. ist und bleibt die Wohneigentumsbildung ein wünschenswertes politisches Ziel. Dazu gehört auch, daß wir die Privatisierung der kommunalen Wohnungen in den neuen Ländern voranbringen wollen. Umwandlungsverbote sind da wenig hilfreich. Eine Regelung des § 22 a des Baugesetzbuches, wie dies die Opposition wünscht, würde dazu führen, daß die Investoren den Bau von Mietwohnungen einstellen. Der verstärkte Mieterschutz hilft denen dauerhaft, die des dauerhaften Schutzes bedürfen, nämlich alten und gebrechlichen Menschen. Insofern ist die Merkmalsabgrenzung gegenüber jenen gerechtfertigt, die lediglich eines vorübergehenden Schutzes, der zeitlich auf sieben Jahre verlängert wurde, bedürfen, denen aber auch zuzumuten ist, daß sie in eine angebotene angemessene Ersatzwohnung einziehen. Nach all diesen positiven Inhaltsmerkmalen, die ich Ihnen schildern konnte, darf ich Ihnen die Annahme dieses außerordentlich bedeutsamen Gesetzeswerkes empfehlen. Länder und Gemeinden sind nunmehr gehalten, das ihre zur raschen Umsetzung zu leisten. Vielen Dank. ({5})

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Als nächster spricht zu uns der Abgeordnete Dr. Ilja Seifert.

Dr. Ilja Seifert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002153, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ein Gesetz, das die Gewährleistung der Menschenrechte auf Wohnung und auf eine gesunde Umwelt regeln würde, fände nicht nur meine persönliche, sondern auch die begeisterte Zustimmung aller meiner Kolleginnen und Kollegen von der PDS/Linke Liste. Daran würden wir auch in allen Ausschüssen sehr konstruktiv mitarbeiten. Es gäbe kaum Termine, die wir für wichtiger halten würden als unsere aktive Teilnahme an einer solchen Arbeit. Leider geht es der Regierung weder um die Gewährleistung dieser Menschenrechte noch um die Nutzung der intellektuellen schöpferischen Potenzen großer Teile der Bevölkerung, die von dem, was in diesem Hause beschlossen wird, unmittelbar betroffen ist. Ich denke an die Beteiligung oder Nichtbeteiligung sowohl der Verbände bei den Anhörungen als auch von Bürgerinnen und Bürgern, die keine Zeit hatten, sich überhaupt damit zu befassen, was hier beschlossen werden soll. Der vorliegende Gesetzentwurf zeigt vielmehr, daß es der Regierung nur darum geht, so zu tun, als ob sie irgendein wirkliches Problem lösen könnte. Konfusion und Aktionismus sind die bestimmenden Merkmale der Politik dieser Regierung. Monatelang war die Diskussion der Pflegeabsicherung - nicht nur zur Pflegeversicherung - das Medienthema, aber ein Regierungsentwurf ist bis heute nicht in Sicht. Sozialabbau, Diätenerhöhung und die Makulatur von Bundeshaushalt bilden quasi ein magisches Dreieck; Autobahnvignette, Postreform und nun das sogenannte Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz, das wie das Rentenüberleitungsgesetz bei der Beschlußlage nicht einmal im Wortlaut vorliegt, als Befreiungsschläge einer Regierung, die ihre Tätigkeit, nämlich das Regieren, immer weniger auszuüben imstande ist. Dabei wissen Sie doch, meine Damen und Herren von der Koalition, so gut wie ich, daß die grundlegenden Hemmnisse für eine bedarfsgerechte Versorgung mit angemessenem und bezahlbarem Wohnraum für alle Menschen ganz woanders liegen, beispielsweise in der Vergötterung des Eigentums, besonders des Bodeneigentums, was zu entsprechenden Spekulationen führt. Aber die Verwirklichung der Menschenrechte rechnet sich nun einmal nicht, jedenfalls nicht in klingender Münze, sie würde sich nur als humaneres Leben eben für alle auszahlen. Beim vorliegenden Gesetzentwurf wird von der Hypothese ausgegangen, man möge nur einige überzogene Forderungen der Naturschützer beseitigen, die Bürger möglichst davon abhalten, in die Planung von Bauvorhaben hineinzureden, und etwas gegen die Hortung von baureifem Land zu tun, und schon würde sich der Wohnungsbau forciert entwickeln, und alle Probleme wären gelöst. Von Umweltschutz ist dann gar nicht mehr die Rede. Um es klar und deutlich zu sagen: Solange die Bundesregierung und die sie fragende christlich-liberale Koalition nicht müde werden, Art. 14 des Grundgesetzes, den zum Eigentum, immer wieder zu beschwören, aber Abs. 2: Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. nur als rhetorische, zu nichts verpflichtende Floskel betrachtet, so lange ist eine Linderung der Wohnungsnot nicht zu erwarten. Was soll man aber auch von einer Regierung erwarten, deren Bauministerin zwar Immobilienhaie als anregende Gesprächspartner betrachtet, aber die Einbeziehung von Vertreterinnen und Vertretern aus den östlichen Bundesländern in ihrer Expertenkommission Wohnungspolitik wegen deren angeblicher Befangenheit ablehnt? ({0}) - Da gibt es auch noch ganz andere, Herr Hitschler. Ich meine, auch ich habe mein Mandat. Bonner Behauptungen, daß für die katastrophale Wohnungsnot in erster Linie der fehlende Wille der Kommunen verantwortlich gemacht werden müßte, empfinde ich als zumindest unanständig. Die Bundesregierung behauptet zwar, daß sie den Wohnungsbau fördert und unterstützt, vermeidet aber sorgfältig, klare Rechnungen vorzulegen, über welche Mittel die Kommunen, insbesondere die im Osten Deutschlands, tatsächlich verfügen. Wie es sich im Leben tatsächlich verhält, verdeutlichte auch die Fragestunde am Mittwoch dieser Woche. In meinem Wahlkreis Berlin-Friedrichshain, einem Innenstadtbezirk mit hoher Bevölkerungsdichte, akutem Mangel an Freiflächen und Wohnungen für Seniorinnen und Senioren und für Menschen mit Behinderungen, leitete der Stadtbezirk am 10. September 1991 ein Bebauungsplanverfahren mit dem Ziel ein, auf einem konkreten Grundstück Wohnungen, darunter 50 bis 70 seniorengerechte und 12 für Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer, zu bauen. Gut einen Monat später verkaufte der Bund das Grundstück an eine Schallplatten-GmbH, um von dieser das Reichstagspräsidentenpalais zu kaufen. Diese Firma möchte aber keine Wohnungen bauen, sondern ein Medienzentrum. Laut Parlamentarischem Staatssekretär Grünewald ist es zu diesem Interessenkonflikt gekommen, weil man zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses von dem Vorhaben des Stadtbezirks nichts wußte. Der Bezirk und seine Vertretungskörperschaft wurden also im Vorfeld von Verhandlungen über Grundstücke auf seinem Territorium, die dem Bund als Einheitsgewinn zufielen, nicht einmal über seine Vorstellungen befragt. Daß dies ein Beispiel, aber kein Einzelfall ist, brauche ich sicher nicht weiter auszuführen. Wo, meine Damen und Herren, wollen Sie denn verkehrsvermeidendes Bauen verwirklichen, wenn nicht in den Städten? Ein Haupthindernis beim Kampf gegen die Wohnungsnot ist nicht der fehlende Wille der Kommunen, sondern deren katastrophale Finanzausstattung. Leider läuft mir die Zeit weg, ich kann das jetzt nicht so ausführlich schildern. Deswegen versuche ich, mich an dieser Stelle kürzer zu fassen; es ist auch schon oft genug gesagt worden. Jedenfalls steht fest, daß die Regierung nicht einmal das Spekulationspotential von ungefähr 500 Milliarden DM, das aus der durchschnittlichen Wohnwertsteigerung in den ostdeutschen Ländern resultiert, ernsthaft mobilisieren will, um Aufgaben lösen zu können. Nein, das soll denjenigen uneingeschränkt zugute kommen, die Spekulationsgewinner der Einheit sind. ({1}) - Wenn ich das wüßte, Herr Kansy, wäre ich auch froh. Ich finde nämlich, sie gehören uns nicht. ({2}) - Tut mir leid, das ist wirklich nicht meine Sache. Sie wissen sicherlich ganz genau, daß die PDS schon von Anfang an gesagt hat, daß sie keinerlei Anspruch auf irgendwelche Auslandsvermögen erhebt, und Herr Schalck-Golodkowski ist meines Wissens nicht in Chile, sondern am Tegernsee. Eifrig wird immer wieder betont, daß keine gravierenden Eingriffe in die Bürgerbeteiligung vorlägen. Allerdings sagte gestern der umweltpolitische Sprecher der CDU/CSU, Herr Paziorek, daß man den vorliegenden Entwurf auch Umweltrechtsänderungsgesetz nennen könnte. Sie wissen also durchaus, was Sie tun. Frau Schwaetzer läßt das Ganze auch ganz genau aufschreiben, ich sage es nur einmal: vorgezogene Bürgerbeteiligung, bisher 6 bis 8 Wochen, zukünftig 0; öffentliche Auslegung des Planentwurfs, bisher 1 Monat, zukünftig einen halben; Beteiligung der Träger öffentlicher Belange, bisher 3 bis 6 Monate, zukünftig 1; Vorhaben- und Erschließungsplan, bisher 3 Monate mit 3 Monaten Verlängerungsmöglichkeit, zukünftig 1 Monat mit 2 Monaten Verlängerungsmöglichkeit; Genehmigung von Industrieanlagen, bisher ca. 9 Monate, zukünftig ca. 6; Genehmigung von Abfallentsorgungsanlagen, bisher durchschnittlich 36 Monate, zukünftig 24; Planfeststellung für Deponien, bisher 36 Monate, zukünftig 24; Klage gegen Bebauungsplan, bisher bis zu 17 Monaten, zukünftig O. Mich erinnert das alles an Mittagsche Planvorgaben: am grünen Tisch ausgedacht, im echten Leben gleich belacht. Leider bleibt mir das Lachen im Halse stecken, wenn ich sehe, was da auf uns, auf die Bürgerinnen und Bürger, auf die Kommunen, also auf die Menschen zukommt. Jedenfalls fällt mir im Zusammenhang mit diesem durchgepeitschten Gesetz immer wieder die alte Volksweisheit ein, die gestern auch Herr Dieckmann vom Deutschen Städtetag in Erinnerung rief: Gut Ding will Weile haben. Hier handelt es sich offenbar um ein ziemlich schlechtes Ding. ({3})

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Als nächstem erteile ich dem Abgeordneten Dr. Feige das Wort.

Dr. Klaus Dieter Feige (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000523, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst zu denen, die daran zweifeln: Ich habe - das läßt sich leicht nachweisen - an sämtlichen Umweltausschußsitzungen zu diesem Thema teilgenommen. Sie können sich leicht davon überzeugen, daß ich mich intensiv an der Debatte um diesen Gesetzentwurf beteiligt habe. Ich glaube, die ganze Mühe und Hektik mit diesem umfangreichen Artikelgesetz hätte sich die Koalition tatsächlich sparen können. Ein Rückgriff auf die alte mecklenburgische Landesordnung hätte genügt, um ein viel knapperes Gesetz vorzulegen, das nur noch zwei Artikel hätte. Art. 1: Die Verwaltung hat immer recht. Art. 2: Sollte die Verwaltung einmal nicht recht haben, findet automatisch Art. 1 Anwendung. ({0}) -Das ist ein alter Witz. Ich weiß nicht, aber den haben Sie doch gemacht. Ich kann das einfach nicht anders erkennen. Unter dem Druck einer verfehlten Einheitspolitik werden der Umweltschutz und der mündige Bürger mehr und mehr zum Sündenbock für ausbleibende Investitionen in Ostdeutschland gemacht. Rechtliche Errungenschaften der alten Bundesrepublik werden in Windeseile demontiert, sei es im Verkehrsbereich mit den zweifelhaften Beschleunigungsgesetzen oder gar mit verfassungswidrigen Maßnahmegesetzen, sei es mit dem vorliegenden Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz. Dieses Gesetz ist ein Salto mortale rückwärts in die sechziger Jahre der alten Bundesländer und führt zu einem Dammbruch mit dramatischen Folgen für Natur und Umwelt. Er zielt auf den Kern von Bürgerrechten, die Grundlagen unserer demokratischen Ordnung und die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen. Nimmt man alle Änderungen zusammen, so ist festzuhalten, daß damit eine erhebliche Veränderung der Planungs- und Rechtskultur in der Bundesrepublik verbunden ist. Drei Beispiele mögen dies verdeutlichen. Erstens. Erst vor drei Jahren wurde eine möglichst frühzeitige UVP auf der Raumordnungsebene eingeführt. Mit den geplanten Änderungen wird es möglich, daß per se eine Übereinstimmung von Vorhaben mit den Erfordernissen der Raumordnung unterstellt wird ohne die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Diese Feststellung ist für die nachgeordneten Stufen des Verfahrens verbindlich, obwohl dies ohne UVP eigentlich gar nicht möglich ist. Die Streichung der Umweltverträglichkeitsprüfung aus der Raumordnungsstufe ist übrigens auch ein Verstoß gegen das Frühzeitigkeitsgebot der EG-UVPRichtlinie. Besonders bedenklich ist dabei die Regelung, wonach in den neuen Ländern für fünf Jahre von der Durchführung von Raumordnungsverfahren abgesehen werden kann, wenn dadurch bedeutsame Investitionen unangemessen verzögert würden. Zweitens. Die Außerkraftsetzung der Eingriffsregelung ist skandalös. Selbst geschützte Biotope können eine Bebauung nicht verhindern. Bedenklich ist dabei vor allem, daß künftig nicht einmal mehr das Benehmen der unteren Naturschutzbehörde erforderlich ist, da es sich von der Definition her nicht mehr um Eingriffe handelt. ({1}) Die untere Naturschutzbehörde erhält von derartigen Vorhaben nicht einmal mehr Kenntnis. Allem Gerede von der ökologischen Marktwirtschaft zum Trotze wird unsere natürliche Umwelt lediglich als Investitionshemmnis betrachtet, das es schleunigst zu beseitigen gilt. Nicht einmal ein Jahr nach Rio ist dies offensichtlich der Beitrag der Bundesrepublik für eine dauerhafte Entwicklung. ({2}) Den noch vorhandenen Naturlandschaften und Landschaftsschönheiten droht damit der Kahlschlag, weil die Wahrnehmung der Naturbelange durch einzelne Bürgerinnen und Bürger und die Umwelt- und Naturschutzverbände nicht mehr möglich sein wird. Für mich ist überhaupt nicht einzusehen, warum gerade in den neuen Bundesländern die vielfach besonders - in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und anderen Bundesländern ist das in vielen Fällen so - intakten Lebensräume auf diese Art und Weise nicht geschützt werden und die Aufstellung von Bebauungsplänen nicht zu Ausgleichsmaßnahmen führen sollte. ({3}) Warum soll gerade die Natur in Ostdeutschland wieder zum Nulltarif zu haben sein? Die mit Ausgleichsmaßnahmen verbundenen Kosten sind minimal. Wenn ich höre „Das treibt die Kosten in die Höhe", dann muß ich sagen: Sie liegen deutlich oft unter einem Prozent der Gesamtbaukosten. Die wirklichen Hemmnisse liegen bei uns in den neuen Bundesländern besonders in den ungeklärten Eigentumsverhältnissen. Die müssen wir regeln. Drittens. Besonders perfide Veränderungen für unsere Rechtskultur enthält das Gesetz zur Beschränkung von Rechtsmitteln in der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Die Bundesbauministerin und - man sollte es nicht für möglich halten - der Bundesumweltminister folgen hier dem verhängnisvollen Weg, den der Bundesverkehrsminister bereits beschritten hat. Für die neuen Bundesländer wird ein Sonderrecht geschaffen, mit dem die grundgesetzlich verbürgte Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes weitgehend ausgehöhlt wird. Die Bundesregierung will für einen Zeitraum von fünf Jahren den Bürgerinnen und Bürgern in den neuen Bundesländern die Möglichkeit einer Normenkontrollklage weitestgehend nehmen. ({4}) Die Koalition nimmt damit Vorhaben in Kauf, die abwägungsfehlerhaft mit erheblichen Naturzerstörungen oder Umweltbeeinträchtigungen verbunden sind oder auf andere Weise das Wohn- und Arbeitsumfeld der Menschen unangemessen nachteilig beeinflussen. Eine weitere einschneidende Maßnahme ist die Reduzierung des Rechtsschutzes. Alle Streitigkeiten, die Baugenehmigungen, immissionsschutzrechtliche Genehmigungen oder Anlagen, Gewässerbenutzungen, abfallrechtliche Planfeststellungen oder Genehmigungen, Planfeststellungsverfahren für Landstraßen, bergrechtliche Tätigkeiten, Hochspannungsleitungen und andere technische Anlagen betreffen, werden in Zukunft von einer Instanz abschließend entschieden.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Herr Dr. Feige, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Peter Conradi?

Dr. Klaus Dieter Feige (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000523, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Gerne.

Peter Conradi (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000335, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege, da das eine wichtige Frage ist, möchte ich Sie in Frageform darauf hinweisen: Ist Ihnen entgangen oder ist Ihnen nicht bekannt, daß der federführende Ausschuß die fünfjährige Aussetzung der Normenkontrollklage verworfen und festgelegt hat, daß die Normenkontrollklage nur während der ersten drei Monate nach Rechtskraft des B-Plans oder was auch immer ausgeübt werden kann? Das heißt, das, was Sie hier beanstandet haben, haben wir einvernehmlich in Ordnung gebracht.

Dr. Klaus Dieter Feige (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000523, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich nehme das zur Kenntnis. Es kann sein, daß mir das entgangen ist. Ich glaube aber, daß die Gesamtwirkung dieses Gesetzes genau in diesem Bereich so sein wird. Wir werden es sehen. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt sollen keine aufschiebende Wirkung mehr haben. Das ist ja wohl geblieben. Die Folge ist, daß alle genannten Vorhaben auch dann begonnen und beendet werden können, wenn dagegen Rechtsmittel eingelegt worden sind. Der durch die Begrenzung auf eine Instanz sowieso schon verkürzte Rechtsschutz wird endgültig ad absurdum geführt, wenn ein gerichtliches Urteil erst dann ergeht, wenn das Einkaufszentrum errichtet ist, der Wald für eine Mülldeponie gerodet ist und die Fundamente für eine Hochspannungsleitung in einem Feuchtgebiet betoniert sind. Die Abschneidung des Rechtsweges ist Ausdruck einer Tendenz, den Verwaltungen freie Hand zu geben. Die Verwaltungsbehörden- so die „Süddeutsche Zeitung" vom 1. Februar - wollen sich nicht mehr von den Gerichten gängeln lassen. Sie fordern gerichtsfreie Spielräume.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Herr Dr. Feige, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Seifert?

Dr. Klaus Dieter Feige (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000523, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Bitte.

Dr. Ilja Seifert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002153, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Herr Kollege Feige, da Sie gerade von den wildwachsenden Einkaufszentren usw. in Ostdeutschland sprechen: Was würden Sie davon halten, wenn das Parlament empfehlen würde, solche damals oder heutzutage ungenehmigten Bauvorhaben auf Kosten der Betreiber abreißen zu lassen, damit ein Exempel statuiert wird?

Dr. Klaus Dieter Feige (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000523, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich glaube, dazu brauchen wir keine neue Empfehlung des Parlaments. Ich denke, dies ist einfach rechtliche Grundlage. Wenn entsprechende gesetzlich festgelegte Genehmigungsverfahren nicht eingehalten wurden, muß man abbauen. Aber ich kenne natürlich auch die Praxis in den neuen Bundesländern, die heißt: Wenn es einmal selbst bei Schwarzbauten zu einem Status quo gekommen ist, der den Leuten nur einen einzigen Arbeitsplatz verspricht, passiert nichts mehr, und der Druck auf die einzelnen Abgeordneten in ihrem Wahlkreis kann unerträglich sein. Ich meine damit auch, wenn wir Grundsteine zu Projekten legen, von denen wir annehmen müssen, daß sie hier im Bundestag behandelt werden - ich denke auch an Maßnahmegesetze -, so ist das bereits eine Nötigung, die auf unser Parlament ausgeübt werden soll. Ich fahre fort. Welch fragwürdige Argumente müssen dafür herhalten? Die Gerichte, so wird argumentiert, verstehen von vielen Dingen, über die sie entscheiden müssen, nichts. Als ob der Sachverstand in den Behörden so groß wäre, daß dort keine externen Sachverständigen benötigt würden. Was würden Sie denn sagen, werte Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie nicht mehr gegen einen Arzt, der bei einer Operation gepfuscht hat, klagen dürften, mit der Begründung, der pfuschende Arzt verstehe noch immer mehr vom Operieren als der entsprechende Richter? Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir an dieser Stelle auf die besondere Situation in den neuen Ländern etwas näher einzugehen. Bis 1990 gab es in der DDR praktisch keine Möglichkeit der rechtlich abgesicherten Bürgerbeteiligung im Umweltschutz. Umweltdaten wurden geheimgehalten. Die Gewährleistung von Bürgerrechten war deshalb eine wesentliche Forderung der Demokratiebewegung in der DDR und stellte nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik eine neue Qualität der verbürgten Mitspracherechte dar. Es stimmt bedenklich, wenn die Bundesregierung bereit ist, für Scheinlösungen wertvolle Natur und Landschaft in den neuen Ländern über das notwendige Maß hinaus zu opfern. Völlig unverständlich ist, daß man sich im Stil der zentralistischen Bevormundung bei jenen Bürgern präsentiert, denen man noch vor kurzem umfassende Bürgerrechte und demokratische Mitsprache garantiert hat. Hier ist der Vertrauensschaden beim mündigen Bürger unermeßlich größer als der vermeintliche Nutzen schneller genehmigter Vorhaben. Zur Planungssicherheit trägt in erheblichem Maße die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung bei. Dies ist eine Voraussetzung, damit Bürgerinnen und Bürger gemeinsam mit Investoren und Genehmigungsbehörden nach sinnvollen Lösungen suchen können. Eine Beschneidung der Öffentlichkeitsbeteiligung gerade in diesem frühen Stadium würde Probleme in andere Verfahrensabschnitte exportieren, die dort aber nicht mehr oder nur mit ungleich größerem Aufwand gelöst werden können. Die unterschiedlichen Voraussetzungen der Beteiligten, etwa Informationsdefizite der Öffentlichkeit, verstärken zudem den Widerstand sowie den lautstarken Protest, aber nicht die Suche nach gemeinsamen Lösungen. Damit sind vermeidbare Auseinandersetzungen vorprogrammiert. Das Frühjahr 1990 in der ehemaligen DDR hat gezeigt, daß dieser Weg zu schnellen demokratischen Lösungen führen kann, von denen man selbst unter den gegenwärtigen rechtlichen Bedingungen nur träumen würde. Verwaltungen und Behörden auch und gerade im Osten Deutschlands werden nicht dadurch mündig, daß man die Bürger entmündigt, im Gegenteil. Welcher Unsinn in abgeschotteten Verwaltungen entsteht, zeigt doch das Beispiel mit den Postleitzahlen. Da sitzt eine Arbeitsgruppe zwei Jahre zusammen, entwirft theoretische Modelle und merkt dann plötzlich, daß die Realität ganz anders aussieht. Viele Scherereien wären in diesem Bereich vermeidbar gewesen, hätte man die Öffentlichkeit früher in die Diskussion einbezogen. Wenn am Ende des 20. Jahrhunderts ein schlichtes „Augen zu und durch" steht, so ist dies nicht nur gespenstisch, sondern spätestens seit Rio auch gemeingefährlich. Wir brauchen keine Auszeit für Demokratie und Ökologie. Wir brauchen ein Mehr an Demokratie, um unsere natürlichen Lebensgrundlagen zu erhalten. Lassen Sie mich mit einem Satz des amerikanischen Vizepräsidenten Al Gore schließen - ich zitiere -: Dieser letzte Punkt ist wesentlich: Engagierte Männer und Frauen müssen politisch ermächtigt werden, bei ökologischen Problemen in ihrem Lebensumfeld Abhilfe zu verlangen und an ihrer Durchsetzung mitzuwirken. Wie die dramatischen Umweltprobleme in Osteuropa zeigen, ist Freiheit eine notwendige Bedingung für eine wirksame und verantwortungsvolle Verwaltung der Umwelt. Ich glaube, dieser Gesetzentwurf ist auch nicht durch Änderungsanträge im wesentlichen reparierbar. Wir lehnen ihn deshalb ab. Danke. ({0})

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Es spricht nun die Ministerin für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, Frau Dr. Irmgard Schwaetzer.

Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer (Minister:in)

Politiker ID: 11002120

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist hier viel kommentiert worden, daß das Verfahren im Deutschen Bundestag in wenigen Monaten über die Bühne gegangen ist. ({0}) Ich begrüße das durchaus. Ich wünsche mir manchmal, daß wir wieder in einer Zeit lebten, wo Theodor Heuss es sich noch leisten konnte, alle seine Korrespondenz mit der Hand zu erledigen. Aber wir leben nun einmal in einer Zeit des Umbruchs. In einer solchen Zeit des Umbruchs müssen in der Tat die Kräfte insgesamt angespannt werden, um die Probleme zu lösen. Im Osten der Bundesrepublik Deutschland sind viele große Investitionsvorhaben jetzt vorbereitet und in Gang gekommen. Nun kommt es darauf an -jetzt, und nicht erst im nächsten Jahr! -, daß schnelle Planungsverfahren möglich sind, daß schnell Genehmigungen erteilt werden. Herr Conradi, wenn Sie hier den Kollegen aus dem Osten anraten, sie sollten lieber fünf Jahre länger arbeitslos sein, ({1}) damit man einen nach dem alten Planungsverfahren durchgeführten Vorgang abwickeln kann, dann ist 1 das schlicht zynisch und auch ein Stück Arroganz aus dem Westen. ({2}) Ich fand es schon ganz beeindruckend, wie Herr Seifert - allerdings mit einer anderen Intention, aber doch sehr plastisch - dargestellt hat, welche Beschleunigungen dieses Gesetz tatsächlich bringt. Deshalb bin ich zuversichtlich und hoffe, daß es heute verabschiedet wird und auch im Bundesrat entsprechende Mehrheiten findet. ({3}) Herr Conradi hat ja gesagt, daß die SPD einen guten Teil der Regelungen, die in diesem Gesetzentwurf stehen, unterstützt. ({4}) Ich finde, daß das ein wichtiger Ansatzpunkt ist, um weiter zusammenzukommen. Bei anderen Regelungen haben Sie offensichtlich ideologische Bauchschmerzen. Das betrifft vor allen Dingen den sogenannten Baurechtskompromiß, nämlich Baurecht und Naturschutzrecht in eine neue Abwägung zu bringen, wie wir es getan haben. Aber bis die Sozialdemokraten ihre Bauchschmerzen kurieren, dauert es immer ziemlich lange. Darauf wollen wir, glaube ich, nicht warten. ({5}) Bevor der hessische Minister spricht, möchte ich noch andere Zitate von sozialdemokratischen Politikern zu diesem Gesetzentwurf bringen. Der Planungsdezernent Martin Wentz, SPD, aus Frankfurt sagt - Zitat -: Die Regierungsvorlage bringt eine „wesentliche Verbesserung des Bauplanungsrechtes". ({6}) Weiter schreibt die „Frankfurter Rundschau" am 9. Februar, exakt auf diesen Baurechtskompromiß gemünzt, wörtlich: Der Planungsdezernent erwartet „einen entscheidenden Beitrag zur Beschleunigung des Wohnungsbaus". Er begrüßt ihn deshalb, und er steht damit nicht alleine; denn die Oberbürgermeister der Städte Frankfurt, Wiesbaden, Darmstadt, Offenbach und Mainz - die meisten gehören der Sozialdemokratischen Partei an - sowie der Umlandverband Frankfurt begrüßen diese Regelungen ausdrücklich und lehnen die derzeitige hessische Praxis ab, die der hessische Minister Jordan unbedingt aufrechterhalten möchte. Da muß ich sagen: Ich wünsche mir, daß die Sozialdemokraten auf ihre eigenen kommunalpolitischen Praktiker und Pragmatiker hören und mit uns diesen Weg in eine für die Wohnungssuchenden bessere Zukunft gehen. ({7}) Wir nutzen mit diesem Gesetz die Chance zur Reform. Wir haben in den vergangenen 40 Jahren viele gute Gesetze und Verordnungen gemacht: im Baurecht, im Umweltrecht, im Verwaltungsrecht. Aber wir haben eines nicht bedacht, nämlich daß diese Gesetze und Verordnungen nebeneinanderher angewandt und praktiziert werden. Das führt gerade auf der kommunalen Ebene, wo sie zusammengeführt werden müssen, zu erheblichen Schwierigkeiten und zeitlichen Verzögerungen, zu sich widersprechenden Entscheidungen. Mit diesem Gesetz nutzen wie die Chance der Reform, nämlich das Baurecht, das Recht der Umweltverträglichkeitsprüfung und das Verwaltungsrecht zusammenzuführen. Wir regeln, daß alles nur einmal und nicht mehrfach nebeneinander geprüft wird. Wir legen weiterhin fest, daß keines der miteinander abzuwägenden Interessen einen besonderen Vorrang genießt. Dieses alles wird im Bauplanungsrecht verankert. Ich denke, daß dies ein wichtiger Schritt ist, der auch zeigt, daß die Demokratie die Kraft zur Veränderung hat und daß diese Regierung und die sie tragenden Koalitionsfraktionen die Chance zu dieser Veränderung nutzen. ({8}) Es wird auch in der Zukunft an der Bürgerbeteiligung keine Abstriche geben; denn Bürgerbeteiligung ist auch für uns ein wichtiges Instrument der Befriedung unterschiedlicher Interessen. Aber wir stellen nun die Entscheidung den demokratischen Vertretungen vor Ort in vielen Fällen anheim. Ich bin ganz sicher, daß sie mindestens so sachgerecht entscheiden wie Sie und wir im Deutschen Bundestag. Ich habe ein großes Vertrauen in die Gemeinden. Herr Conradi, ich würde von Ihnen gerne einmal wissen -ich weiß das noch nicht -: Waren Sie einmal im Stadtrat tätig? ({9}) - Nein, das war er nicht. Ich frage das, weil Sie mir eben vorgehalten haben, ich wüßte offensichtlich nicht, wie es in der Kommunalpolitik aussieht. Ich bin sowohl als sachkundige Bürgerin wie als gewählte Ratsvertreterin über viele Jahre in der Kommunalpolitik tätig gewesen. Ich betrachte dieses als eine der wichtigsten Bereicherungen meines Lebens überhaupt. ({10}) Mit dem, was hier vorgelegt wird - das zeigt auch das Zitat von Herrn Wentz aus Frankfurt -, ist genau das Bedürfnis der Kommunalpolitiker getroffen, und nicht Ihre theoretischen Erwägungen. ({11}) Ich bedaure, daß der Bundesrat dieses Gesetzesvorhaben mit einer weiteren schwierigen Materie befrachtet hat, ({12}) nämlich mit einem Antrag, der sich auf die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen bezieht. Mit dem Antrag des Bundesrates soll die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen einem Genehmigungsvorbehalt unterworfen werden, und - das besagt dieser Antrag auch - die Umwandlung soll praktisch verboten werden. ({13}) - So steht es in der Erläuterung zum Antrag des Bundesrates. ({14}) - Ich denke, Herr Conradi, Sie können lesen. Dies widerspricht in der Tat der Zielsetzung der Bundesregierung. Wenn ein solcher Antrag verwirklicht würde, würde vor allen Dingen die Privatisierung in den ostdeutschen Bundesländern schlagartig beendet. ({15}) Dies ist nicht im Interesse der Menschen. Es liegt jedoch im Interesse der Menschen, daß diejenigen, die in solchen Wohnungen wohnen und ein besonderes Schutzbedürfnis haben, nämlich Alte und Kranke sowie kinderreiche Familien, auch tatsächlich besonders geschützt werden. Genau das ist Ziel des Antrags, der jetzt noch in das Gesetzgebungsverfahren eingeführt worden ist. Er ist sachgerecht, denn er hat ausdrücklich die Interessen der schutzbedürftigen Mieter zum Ziel.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Großmann?

Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer (Minister:in)

Politiker ID: 11002120

Wenn das nicht auf meine Redezeit angerechnet wird, Frau Präsidentin, gerne.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Nein.

Achim Großmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000735, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Ministerin, sind Sie bereit zuzugeben, daß die Länder nach dem Entwurf des Bundesrates eine Verordnung erlassen können, um den Gemeinden die Möglichkeit zu geben, Satzungen zu erlassen, d. h. daß die Landesregierung jedes neuen Bundeslandes diese Regelung nicht anwenden muß, da es sich um eine Kann-Bestimmung handelt, und daß das, was Sie gerade vorgetragen haben, daher ad absurdum geführt ist?

Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer (Minister:in)

Politiker ID: 11002120

Herr Großmann, Ihre Argumentation ist pure Augenwischerei. Sie können ja wohl nicht davon ausgehen, daß die Mieter in Leipzig, wenn die Bayerische Staatsregierung für München oder die Hessische Landesregierung für Frankfurt eine solche Rechtsverordnung erlassen, sagen: Wir sollen plötzlich weniger geschützt sein als die Mieter in München oder i n Frankfurt. ({0}) Das ist wieder so eine typische zynische West-Argumentation, wie sie von den Sozialdemokraten benutzt wird. ({1}) - Aber selbstverständlich gibt es dort schützenswerte Mieter. Deswegen verschaffen wir allen Mietern, wenn sie alt und krank sind - den Mietern in Leipzig, in Dresden, in Cottbus, in Berlin, in Hamburg, in Frankfurt, in Stuttgart, in München -, wenn Landesregierungen das so festlegen, mit dem, was jetzt beschlossen wird, ein Dauermietrecht in umgewandelten Eigentumswohnungen. Das wollten Sie nicht. ({2}) Es ist ja überhaupt sehr fragwürdig, daß Sie diese Regelung, die den Mietern einen besseren Schutz verschafft, verhindern wollen. Damit scheint die Verwirrung unter den Sozialdemokraten doch wohl komplett zu sein.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Frau Ministerin, es gibt einen weiteren Wunsch nach einer Zwischenfrage des Abgeordneten Ilja Seifert.

Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer (Minister:in)

Politiker ID: 11002120

Aber bitte, Frau Präsidentin.

Dr. Ilja Seifert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002153, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Frau Ministerin, Sie sagten ja selbst, Sie seien Kommunalpolitikerin gewesen und wüßten Bescheid, wie es vor Ort aussieht. Deshalb frage ich Sie: Wie sollen Alte und von Ihnen so genannte Kranke - ich vermute, Sie meinen Menschen mit Behinderungen - Ihrer Vorstellung nach leben, wenn alle ihre Nachbarn, alle ihre Bekannten aus der Umgebung „weggemietet" worden sind? Wie sollen sie diesen psychischen Druck aushalten, wenn ringsherum nur noch Reiche wohnen? ({0})

Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer (Minister:in)

Politiker ID: 11002120

Herr Seifert, in der Tat kenne ich mich in vielen solcher Bestände aus und weiß auch, daß sie zu einem großen Teil eine sehr zusammenhängende soziale Struktur aufweisen. Das heißt, daß entweder auf viele oder praktisch auf gar keinen der Mieter eine solche Klausel zutreffen wird. Insofern bin ich ganz zuversichtlich, daß mit dieser Regelung erstens viel preiswerter Wohnraum erhalten bleibt - auch das ist unser Ziel - und daß zweitens diejenigen, die auf Grund einer festen Sozialbindung in ihrem Wohnquartier verhaftet sind, auch in Zukunft in ihren Wohnquartier verhaftet sein werden und daß wir deshalb eine sachgerechte Lösung treffen. Was mich stört, meine Damen und Herren, ist auf der einen Seite, daß von manchen Vermietern so getan wird, als wären alle Mieter nur darauf aus, die Wohnung mutwillig zu beschädigen. Aber was mich auf der anderen Seite genauso stört und was das Investitionsklima in diesem Land mindestens genauso beeinträchtigt, ist, daß von den Sozialdemokraten, von der PDS und manchmal auch von den GRÜNEN so getan wird, als seien alle Vermieter Verbrecher. Dies geht an der Realität in der Bundesrepublik Deutschland gründlich vorbei. ({0}) Ich wünsche mir, daß dieser Gesetzentwurf, sobald er verabschiedet ist, ohne Probleme den Bundesrat passiert und pünktlich am 1. April in Kraft treten kann - im Interesse all der Wohnungssuchenden, die im Osten und im Westen unseres Landes auf Wohnungen warten, für die wir hier angemessene Regelungen treffen und denen wir Hoffnung geben. Ich danke Ihnen. ({1})

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Als nächster spricht der Abgeordnete Norbert Otto.

Norbert Otto (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001668, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der Vorlage des ersten Raumordnungsberichts für Gesamtdeutschland war eigentlich klar - er wurde mit Zahlen und Fakten untersetzt -, was viele von uns wußten: In den neuen Bundesländern haben wir einen katastrophalen Zustand in bezug auf die Qualität und die Quantität des Wohnungsbestandes zu verzeichnen, aber auch in den alten Bundesländern ist die Situation auf dem Wohnungsmarkt durch einen überdurchschnittlichen Zuzug von Asylbewerbern, ({0}) von Übersiedlern, von Aussiedlern und durch eine Flaute der Investitionswilligkeit angespannt. Im Sommer 1992 forderten die CDU-Abgeordneten der neuen Bundesländer in ihrer Erfurter Erklärung die Bundesregierung zum Handeln auf, nämlich durch Vereinfachung in der Gesetzgebung die Investitionstätigkeit anzuregen und Planungs- und Genehmigungsverfahren wesentlich zu verkürzen und zu vereinfachen. Am 11. Dezember 1992 wurde der entsprechende Gesetzentwurf von der Bundesregierung in das Parlament eingebracht, und nach einer zugegebenermaßen kurzen Beratungszeit wird er heute zur Beschlußfassung vorgelegt. Aber genau das war unser Auftrag. Ich bin sehr zufrieden, daß heute über diesen Entwurf entschieden wird. Ich spreche jetzt die Opposition an. Gerade sie hat der Bundesregierung in der Vergangenheit doch immerzu angelastet, es werde nicht schnell genug gehandelt, es werde nicht genug für die neuen Bundesländer getan, ({1}) es werde nicht genug getan, um den Aufbau zu initiieren. Jetzt wird gehandelt, und dann wird wieder kritisiert. ({2}) Ich meine, mit jedem Tag weiterer Diskussion wäre dieser Gesetzentwurf weiter verkompliziert und zerredet worden. Ich will nur einmal ein Beispiel anführen. In der Stellungnahme des Umweltbeirates einer großen Kirche in Deutschland wird dieses Gesetz abgelehnt und der Bundesregierung vorgeworfen, sie mache alles kaputt, sie zerstöre die Umwelt usw. Die gleichen Vertreter dieser Kirche, die so argumentieren, stellen sich sonntags auf die Kanzel und jammern über die Armen, die Wohnungssuchenden, über die sozial Geschädigten, die keine Wohnungen haben, über die Obdachlosen, die unter den Brücken schlafen. ({3}) Ich meine, das fördert die Politverdrossenheit in unserem Land. ({4}) Eine Schlüsselposition des Entwurfs ist die Mobilisierung von Bauland. Auch in den neuen Bundesländern würden viele Bürger ihr eigenes Haus bauen, wenn ausreichend erschlossenes Bauland vorhanden wäre. Mit der Regelung über die zeitliche Begrenzung des Raumordnungsverfahrens auf sechs Monate bzw. über den Wegfall, wenn damit etwas gravierend behindert wird, wird eine Verkürzung des Planungszeitraums erreicht.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Herr Otto, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Seifert?

Norbert Otto (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001668, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Nein, ich möchte jetzt nicht antworten. ({0}) - Ja. Ich wiederhole: Wir brauchen diese Verkürzung in den neuen Ländern, um den Aufschwung weiter voranzutreiben und um die angespannte Wohnungssituation in den neuen Bundesländern zu entschärfen. Mit den erweiterten Möglichkeiten zur Erschließung von Baugelände durch private Träger können diese Erschließungsleistungen trotz knapper Gemeindekassen gesichert und damit Bauland bereitgestellt werden - ich füge hinzu: ohne daß sich die Gemeinden dabei bereichern. Norbert Otto ({1}) Durch den vorgesehenen Wegfall der Genehmigungspflicht für eine Reihe städtebaulicher Satzungen durch die oberen Baubehörden werden eine Verkürzung der Planungszeit erreicht und die Planungshoheit und die Selbstverwaltung der Gemeinden gestärkt. Die Länder haben darüber hinaus weitere Möglichkeiten, über den Wegfall von Zustimmungspflichten zu entscheiden. Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf stellt in begrüßenswerter Weise klar, daß bei der Ausweisung von Gewerbe- und Industriegebieten dem dadurch verursachten Wohnbedarf in geeigneter Weise Rechnung getragen wird. Hier wird berücksichtigt, daß vielfach nur Gewerbeflächen, aber keine Wohnflächen ausgewiesen werden und zum Teil Gewerbeflächen überhaupt nicht bebaut werden, weil die Investoren befürchten, wegen fehlender Wohnbauflächen nicht die entsprechenden Mitarbeiter zu bekommen. Auch die Verknüpfung der Bereiche Arbeiten und Wohnen ist ein wirksames Instrument zur Verkehrsvermeidung und ein wichtiger Beitrag für unsere Umweltentlastung. ({2}) Sehr ausführlich werden die Berührungspunkte zwischen Bau einerseits und Naturschutz andererseits behandelt. Es besteht kein Zweifel darüber, daß eine Bebauung immer Auswirkungen auf die Natur hat. Diese Auswirkungen auf ein Mindestmaß zu begrenzen, aber auch neben der grünen Wiese den Menschen das sogenannte Dach über dem Kopf zu garantieren, das ist unsere Aufgabe, und das ist unser Ziel. Die Möglichkeit, durch Satzung den bebauten Bereich eines Ortes durch Einbeziehung mehrerer Grundstücke in den Außenbereichen abzurunden, ist ausdrücklich zu begrüßen und wird in den Ortsteilen in den neuen Bundesländern den Wohnungsbau initiieren. Dieses Verfahren dient dem schonenden Umgang mit der Natur, da dadurch die Ausweisung neuer, separater Baugebiete oft vermieden werden kann. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz eröffnet eine praktikable Möglichkeit zur Beschleunigung von Investitionen insbesondere in den neuen Bundesländern. Allerdings - und das charakterisiert offensichtlich die bundesdeutsche Gesetzgebung - ist auch dieses Gesetz als Artikelgesetz besonders schwer zu begreifen, und das sicherlich nicht nur für die Bürger in den neuen Bundesländern. Ich möchte deshalb die Bundesregierung bitten, so eine Art Gebrauchsanweisung für dieses Gesetz zu machen, eine Gebrauchsanweisung für jedermann, damit auch der Nichtjurist dieses Gesetz handhaben und mit diesem Gesetz ohne Zweifel umgehen kann. An die Bauverwaltungen der Länder und Gemeinden richte ich den Appell: Setzen Sie dieses Gesetz entscheidungsfreudig in Ihren Verantwortungsbereichen ein! Fördern Sie damit die Investitionswilligkeit und den Wohnungsbau für den Aufbau und für die Entwicklung in unserem Lande! Vielen Dank. ({3})

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Es spricht der Herr Abgeordnete Reschke.

Otto Reschke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001826, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Baulandprobleme mit all den negativen Auswirkungen und Begleiterscheinungen, die Bodenspekulationen und Baupreisexplosionen brennen den Kommunen und vor allem vielen Bauwilligen schon lange auf den Nägeln. Der Kollege Conradi hat begründet, daß in den Flächennutzungsplänen genügend Baulandreserven ausgewiesen sind. Doch von diesen Flächen stehen den Gemeinden nur 5 % zur Verfügung; der verfügbare kommunale Besitz ist auf 5 % begrenzt. Die mangelnde Verfügbarkeit von Wohnbauland muß als eine der Hauptursachen für die geringe Neubautätigkeit angesehen werden. Der Grund dafür liegt nach meiner Auffassung und nach Auffassung der SPD-Fraktion auch in der Besteuerung von Grundstücken und Gebäuden. ({0}) Man muß erstens sehen, daß der Handel mit zum Teil schon mehrfach abgeschriebenen Immobilien weitaus lebhafter ist als der Handel mit dem Neubau. Nehmen wir das Jahr 1988, wofür die letzten Zahlen vorliegen. Wir können feststellen: 208 000 Wohnungen wurden neu erstellt, aber insgesamt rund 630 000 Wohnungen aus dem Bestand wurden verkauft, d. h. die Immobilien wechselten den Besitzer. Das sind zwei Drittel mehr, als tatsächlich entstanden sind. Der Grund dafür ist die Besteuerung von Grundstücken und Gebäuden mit all ihren Folgen. Der zweite Punkt. Bauland ist zwar genügend vorhanden und ausgewiesen, wird allerdings wegen der niedrigen Haltungskosten und der zu erwartenden Wertsteigerung spekulativ zurückgehalten. Die Bundesregierung hat die Probleme und auch Lösungswege in zahlreichen Gutachten und Empfehlungen auf den Tisch bekommen. In den 80er Jahren haben mehrfach die fünf Wirtschaftsweisen die Regierung daran erinnert, daß die Neufassung der Besteuerung der Grundvermögen auf der Tagesordnung stehen muß. Allein in den letzten drei Jahren sind fünf Gutachten im Regierungsauftrag erstellt worden. Stoltenberg berief 1990 eine Kommission und bekam ins Gebetbuch geschrieben, die Grundsteuer endlich auf eine andere Bemessungsgrundlage zu stellen und die Erträge drastisch zu erhöhen. Das Gutachten war übrigens überschrieben „Thesen zur Verbesserung der steuerlichen Bedingungen für Investitionen und Arbeitsplätze". Das muß man sich einmal über die Lippen gehen lassen. Auch Theo Waigel war nicht untätig. Seine Gutachter schrieben ihm unter dem Stichwort „Reform der Unternehmensbesteuerung", daß die Grundsteuer sofort um 20 % zu erhöhen ist, um die Investitionsfähigkeit der Gemeinden zu sichern. Aber auch die Finanzhoheit der Gemeinden für die Grundsteuer und ein originäres Hebesatzrecht sind wichtige Mittel gemeindlicher Planungspolitik. So die Gutachter am 11. Juni. Fünf Wochen später folgte das Gutachten der Frau Wohnungsbauministerin. Am 24. Juli 1991 kam der Bericht der Bund-Länder-Kommission Wohnbauland. Diese stellte fest, daß die Mobilisierung bestehender Baurechte durch die Änderung steuerlicher Vorschriften verbessert werden muß. Mittlerweile liegen zwei weitere Gutachten beim Finanzminister unter Verschluß und werden nicht zur Auswertung herausgegeben. Warum Sie, Frau Wohnungsbauministerin, nicht auch auf die Vorschläge eingegangen sind, die der Bundesrat für den steuerlichen und abgabenrechtlichen Teil gemacht hat, bleibt mir schleierhaft. Begutachten ist grundsätzlich nicht falsch. Aber Begutachten und nicht Handeln ist wirklich das Falscheste, was getan werden kann. ({1}) Der Bundesrat macht Vorschläge, die SPD macht Vorschläge; à la bonne heure, Frau Bauministerin, Sie haben auch steuerrechtliche Vorschläge gemacht. Doch weder die Koalition noch die Bundesregierung waren in der Lage, zu diesen Vorschlägen überhaupt Stellung zu nehmen. Im Fachausschuß ist die lapidare Antwort gewesen: Wir haben uns nur eine Stellungnahme vorbehalten, wir nehmen noch nicht dazu Stellung. Auf dem Weg ins Plenum ist diese Stellungnahme noch nicht abgegeben worden. Vielleicht kommt sie heute irgendwann noch von der Regierung. ({2}) Die Bundesregierung hat es geschafft - sie hat es wirklich geschafft -, den Gesetzentwurf in einem Affentempo durchs Parlament zu jagen. Aber bei Lösungsvorschlägen, bei Antworten auf die Probleme läßt sie sich sehr viel Zeit. Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Zusammenhang von Bauland und Wohnen hat etwas zu tun mit Stadtentwicklung, mit Verfügbarkeit, mit Bodenspekulation, Horten, Preisexplosionen, mit Baukosten. Nicht zuletzt werden Wohnkosten und Wohnraumversorgung davon bestimmt. Dies im Kompetenzstreit zwischen Bauminister und Finanzminister hängen zu lassen ist der eigentliche Skandal dieser Republik vor dem Hintergrund von fast drei Millionen fehlenden Wohnungen, explodierenden Mieten, Bau- und Bodenpreisen. ({3}) Das Baulandproblem wird sich auch in diesem Gesetzentwurf ohne abgabenrechtlichen Teil nicht lösen lassen. Dieser Gesetzentwurf wird kaum zum vermehrten Angebot an Bauland beitragen. Ohne Steuerung über den Preis kommen wir im Baurecht in den Ballungsgebieten nicht mehr weiter. Die Verfügbarkeit an Bauland ist nicht erst ein Problem der letzten Monate und Jahre, sondern ist immer ein Problem der Gemeinden gewesen, das aber nicht nur die Gemeinden angeht. Die Verfügbarkeit von Bauland ist auch Angelegenheit des Gesetzgebers. Dafür wird reichlich wenig von dieser Regierung getan. Bundesfinanzhof und Bundesrechnungshof mahnen zum wiederholten Male an, daß die Einheitsbewertung zu Ungerechtigkeiten führt, die verfassungsmäßig nicht länger hinnehmbar sind. Vereinzelt wird sogar die Prognose gewagt, es sei noch im Jahre 1993 damit zu rechnen, daß das Bundesverfassungsgericht die bisher gültigen Einheitswerte für verfassungswidrig erklären werde. Kippt der Einheitswert - das muß jeder in diesem Hause wissen -, dann kippt die Vermögensteuer über die Bemessungsgrundlage. Im Vermögensteuergesetz ist festgelegt, daß bei einer Aufhebung der Einheitswerte als Bemessungsgrundlage nicht die Verkehrswerte genommen werden dürfen. Haben wir damit 1993 keine Vermögensteuer mehr, haben wir keine Grundsteuer mehr, haben wir die Gewerbekapitalsteuer nicht mehr und haben wir die Erbschaftsteuer nicht mehr, weil die Bodenbesteuerungsgrundlage 1993 kippt? Ist es das, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Koalition, worauf Sie spekulieren, weil Sie keine Anstalten machen, in diesem Haus konstruktive Vorschläge zu übernehmen? Ich kann nur sagen und schaue dabei in die Koalitionsvereinbarung hinein: Sie haben ja 1990 vereinbart, daß die Vermögensteuer und die Gewerbesteuer fallen sollen. Vielleicht zielt Ihre Spekulation auf diesen Punkt. Übrigens sind die vier Steuerarten, die ich genannt habe, Steuern, an denen Waigel recht wenig Interesse hat, da die einheitswertabhängige Grund- und die Gewerbekapitalsteuer den Gemeinden zustehen und die Vermögen- und Erbschaftsteuer die Länderkassen füllen. Die SPD schlägt deshalb vor, erstens die Baulandbereitstellung über das Abgabenrecht zu forcieren. Das Zurückhalten von unbebauten baureifen Grundstücken soll durch erhöhten steuerlichen Druck unattraktiv gemacht werden. Das Liegenlassen von Bauland im Wert von 100 000 DM mit nur 90 DM Grundsteuer im Jahr belegen bei 5 000 DM Wertsteigerung ist im Grunde genommen ein Skandal, ({4}) Wir sagen: Wer dies weiter tut, dem fehlt der ernsthafte Wille zur Förderung des Neubaus und zur Wohnraumversorgung. Unser Antrag lautet deshalb: Verdreifachung der Steuermeßzahlen für baureifes unbebautes Bauland. ({5}) Zweiter Punkt: Den Gemeinden und Städten muß endlich ein Satzungsrecht nach Zonen für den kommunalen Grundsteuerhebesatz gegeben werden. Heute gilt für das ertragsstarke Grundstück auf der Kö in Düsseldorf der gleiche Hebesatz wie für den sozialen Wohnungsbau in Düsseldorf-Flingern. Auch da muß die Gemeinde die Möglichkeit haben, etwas zu ändern. Wir wollen die Einführung eines zonierten Satzungsrechts im Grundsteuergesetz verankern, und ich hoffe, Sie stimmen unseren Anträgen trotz der bisherigen Gegenwehr zu, damit den Städten und Gemeinden endlich die Möglichkeit gegeben werden kann, nach ihren ökologischen und wohnungspolitischen, aber auch nach stadtplanerischen Voraussetzungen differenziert den Hebesatz der Gemeinden festzulegen. Wir halten das für ein Stück Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung. Drittens schlagen wir Grunderwerbsteuerbefreiung für städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen und bei freiwilliger Umlegung vor. Heute ist die Zwangsumlegung im Rahmen von Sanierungsmaßnahmen grunderwerbsteuerbefreit. Freiwillige Sanierung oder Umlegung, wo sich alle beteiligten Eigentümer einig sind, werden mit der Grunderwerbsteuer bestraft. Ich halte dies für investitionsfeindlich und investitionshemmend. Wir sollten heute diese drei Maßnahmen, die wir zur Abstimmung stellen, ins Gesetz einführen. Unser Ziel ist es, für die 90er Jahre die Bodensteuern und Bemessungsgrundlagen so zu regeln, daß die Investitionstätigkeit in den Städten zunimmt, daß Wohnungen entstehen, daß sich die Bodenpreise stabilisieren, daß das Horten und die Spekulation eingedämmt werden. Wir wollen auch, daß die Investitionsfähigkeit der Gemeinden und Städte wiederhergestellt wird. Ziehen Sie mit uns mit, und fügen Sie die beiden Artikel in dieses Gesetz ein. Schönen Dank. ({6})

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Als nächster nimmt der Abgeordnete Dr. Jürgen Starnick das Wort.

Prof. Dr. Jürgen Starnick (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002219, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die parlamentarische Debatte bezieht ihre Lebendigkeit aus der Kontroverse. Diese verdeckt jedoch vielfach die Tatsache, daß bei aller zugespitzten Auseinandersetzung zwischen den Kontrahenten auch gemeinsame Auffassungen bestehen. Solche Gemeinsamkeiten sollten in einer abschließenden Debatte zu einem Gesetzesvorhaben, so kontrovers sie auch immer geführt wird, nicht vergessen werden. So bestand zwischen der SPD und uns Übereinstimmung in der grundsätzlichen Notwendigkeit, die Rechtsvorschriften für Genehmigungsverfahren von Vorhaben im Lichte der Erfahrung, die die Genehmigungsbehörden der Länder bislang gemacht haben, unvoreingenommen und kritisch dahin gehend zu prüfen, inwieweit durch sie Erschwernisse und Hemmnisse für die Genehmigung und Realisierung wichtiger Vorhaben ausgelöst werden. Wir haben erkannt, daß der Umweltschutz vielfach über die eigenen Steine stolpert. ({0}) Schließlich hatte auch die Umweltministerkonferenz einvernehmlich eine Reihe von Vorschlägen erarbeitet, die geeignet schienen, Genehmigungsverfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen, ohne die Ziele und die materiellen Inhalte des Umweltrechts in Frage zu stellen. Die Vorschläge der Umweltministerkonferenz wurden nahezu vollständig in dieses Gesetzesvorhaben eingearbeitet. Dem Ziel, das Umweltrecht in der Substanz nicht anzutasten, fühlten sich alle in der Beratung dieses Gesetzesvorhabens verpflichtet, und so kann man heute bei allen Kontroversen um einzelne strittige Punkte sagen: Der Umweltschutz bleibt nicht auf der Strecke. ({1}) Die Umweltministerkonferenz hatte bei der Erarbeitung ihrer Vorschläge auch Punkte benannt, wie man den Ablauf der Genehmigungsverfahren von Vorhaben verbessern kann, die überwiegend in die eigene Zuständigkeit fallen; denn die Gestaltung des Ablaufs von Genehmigungen liegt schließlich in den Händen der Länder. Die Einflußmöglichkeiten des Bundes hierauf sind beschränkt. Gleichwohl sind solche Einflußmöglichkeiten vorhanden, und die SPD hat in ihrem Antrag diese Möglichkeiten aufgezeigt. Ich persönlich muß gestehen, ich hätte gern noch etwas mehr Zeit gehabt, um mit der SPD diese Vorschläge eingehender zu erörtern. Andererseits erschien es aber nicht angebracht, auf dieses massive Paket, das durch die Zusammenführung von Umweltrecht und Baurecht in diesem Artikelgesetz entstanden ist, noch etwas aufzusatteln. Vielmehr sollte man aus dem Beratungsablauf wohl die Lehre ziehen, nicht noch einmal zwei so gewichtige und komplexe Rechtsgebiete, die nur noch von Spezialisten vollständig überschaut werden können, in einem Artikelgesetz gemeinsam abzuhandeln. Die in dem SPD-Antrag enthaltenen Anregungen sollten deshalb aber nicht zu den Akten gelegt sein. Wir haben sie weitgehend in eine Entschließung aufgenommen, mit der die Bundesregierung aufgefordert wird, Möglichkeiten zur Beschleunigung und Konzentration von Verfahrensabläufen bei Anlagengenehmigungen in Rechtsvorschriften einzupassen, für die der Bund zuständig ist. Hierfür bietet sich an, unter dem Dach der 9. Verordnung nach dem BundesImmissionsschutzgesetz in Abstimmung mit den Ländern Verwaltungsvorschriften zu erlassen. Meine Damen und Herren, noch eine zweite, mehr grundsätzliche Lehre sollten wir aus der Diskussion um dieses Gesetz ziehen: Heute stehen - die Frau Bundesbauministerin sagte es schon - eine Reihe von Gesetzen im Bau- und Planungsrecht sowie im Umweltrecht nebeneinander, ich würde sogar sagen: gegeneinander. Die Heftigkeit der Debatte weist darauf hin, daß einige von diesen Gesetzen ausgesprochene Klientelgesetze geworden sind. Jedes Gesetz hat seine Kämpfer. Eine solche Situation, die sicherlich auch gesellschaftliche Prozesse widerspiegelt, kann jedoch nicht Leitbild der Gesetzgebung sein. Aufgabe des Gesetzgebers ist es vielmehr, aus der Abwägung berechtigter Belange im Grundsatz diejenigen Normen zu formulieren, die eine dem Rechtsstaat verpflichtete Gesellschaft konsensfähig macht. ({2}) Das Abwägungsgebot muß durch die Gesetze auf jene übertragen werden, die den gesetzlichen Rahmen durch tägliches Handeln und Entscheiden ausfüllen. Dies vermögen aber gegeneinanderstehende Gesetze wie das Bau- und das Naturschutzrecht nur unbefriedigend zu leisten, weil sie singulären Zielen und nicht einem Gesamtziel verpflichtet sind. Ich kann mir deshalb nur wünschen, daß die verschiedenen Gesetze unter einer einheitlichen Philosophie und Zielbestimmung zusammengefaßt werden. Aus diesem Grunde, aber auch wegen einer besseren Übersichtlichkeit und eines vereinfachten Umgangs mit der gesamten Gesetzesmaterie plädiere ich dafür, die Umweltgesetze alsbald in einem Umweltgesetzbuch zusammenzufassen und alle raumwirksamen Belange in einem Bau- und Planungsgesetzbuch zu vereinigen. Das vorliegende Gesetz ist der erste Schritt auf diesem Wege. Wir sollten hier jedoch nicht haltmachen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. ({3})

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Als nächster spricht der Abgeordnete Dietmar Schütz.

Dietmar Schütz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002093, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will noch einmal auf die Art der parlamentarischen Behandlung insbesondere auch im Umweltausschuß zurückkommen. Ich glaube, das, was wir da erlebt haben, gibt einen kleinen Vorgeschmack auf das, was vielleicht auch bei diesem Gesetz auf uns zukommt: Konfrontation statt Verständigung und Ausschaltung statt Kooperation. Ich muß gestehen, daß ich in meiner parlamentarischen Praxis noch nicht erlebt habe, daß man etwas so durchpeitschte, daß wir drei Stunden nach einer Anhörung ein Paket von 30 Seiten vorgelegt bekamen und innerhalb von zehn Minuten über zwei Anträge entscheiden mußten. ({0}) - Die nicht vereinbarte Anhörung haben wir Gott sei Dank noch durchführen können, sonst hätten wir im Umweltbereich zu den Gebieten, die uns interessiert haben, überhaupt keine Anhörung gehabt. ({1}) So wird Parlamentarismus zur Farce.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Abgeordneter Schütz, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Dietmar Schütz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002093, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Dörflinger.

Werner Dörflinger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000397, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Schütz, könnten Sie mir erklären, ob bei der Anhörung am 18. Januar 1993 im Fraktionssaal der SPD Ihr Geist anwesend war und gefragt hat oder Sie persönlich?

Dietmar Schütz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002093, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Dörflinger, mein Geist und ich persönlich waren anwesend, und ich habe da auch Fragen gestellt. Aber Sie wissen, daß die Umweltverbände - und auf die kommt es im letzten Teil des Artikelgesetzes entscheidend an - nicht da waren und daß wir im Umweltausschuß massiv durchsetzen mußten, daß wir diese Verbände auch noch hören. Im übrigen will ich Ihnen sagen, Herr Dörflinger, daß ich gar nicht Ihnen und auch nicht Herrn von Geldern den Vorwurf mache. Sie haben das, finde ich, á la bonne heure durchgeführt. Ich glaube, auch Sie selber haben die Straffungspeitsche und die Beschleunigungspeitsche erlitten. Aber gerade das geißele ich. Daß Sie das mit sich haben machen lassen, ist das, was wir nicht akzeptieren wollen. ({0}) Der Grundtenor dieses Artikelgesetzes ist - soweit es den Umweltbereich betrifft, und dazu rede ich -, eine - von uns im übrigen prinzipiell akzeptierte - Beschleunigung dadurch zu erreichen, daß die Beteiligung der Bürger und der Umweltverbände möglichst herausgehalten wird. Das Schlagwort - insbesondere aus Kreisen der Industrie - von der längsten Dauer der Genehmigungsverfahren in der westlichen Industrielandschaft - weil diese Verfahren angeblich durch Bürgerbeteiligung verlängert werden - wird ungeprüft als wahr unterstellt, und danach wird gehandelt. Umweltschutz, Naturschutz und Bürgerbeteiligung sind die Sündenböcke, die dafür herhalten müssen, weil Sie an die eigentlichen Verzögerungsgründe nicht heranwollen. Dabei handelt es sich um ineffiziente Antragsverfahren, die durch Antragsteller und Verwaltungen verursacht sind. Des weiteren handelt es sich um eine verfehlte Abfallpolitik und eine fehlende Akzeptanz bei den Bürgern. Das sind Verzögerungsgründe, die Sie eher angehen sollten. Das böse Wort aus Kreisen der Industrie, wir hätten eine subversive Umweltbürokratie, die offensichtlich in Abstimmung mit den selbsternannten Blockwarten der Nation, den Umweltverbänden, die Gesetze und die Verordnungen ausarbeite, hat in der Regierung Wirkung gezeigt. Sie wollen jetzt darauf reagieren. Die Mitwirkung gerade der Umweltverbände wird nachhaltig beschnitten - übrigens in enger Zusammenarbeit mit eben diesen Industrieverbänden, die ich dargestellt habe. ({1}) Es ist schon, Herr Paziorek, ein seltsames Demokratieverständnis, wenn während der unterbrochenen Umweltausschußsitzung in der vorigen Woche Formulierungshilfe zur Antragsberatung nicht vom Umweltministerium, sondern vom VDEW erbeten und Kontakt dorthin hergestellt wird. Ich halte das für einen Skandal. ({2})

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Herr Kollege, verzeihen Sie eine kurze Unterbrechung. - Ich möchte gerne die Arbeitsgruppensitzung, die auf den hinteren Bänken der CDU/CSU-Fraktion stattfindet und die nicht einmal die Intervention des Präsidenten zur Kenntnis nimmt, bitten, diese Sitzung entweder nach draußen zu verlegen oder zu beenden. Bitte fahren Sie fort, Herr Schütz.

Dietmar Schütz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002093, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Mit diesem Gesetz, meine Damen und Herren, nehmen Sie Abschied vom kooperativen Staatsverständnis. Die gestalterischen oder planerischen Mitwirkungsrechte der Bürger wer12190 den auf bloße Abwehrrechte reduziert: hier die Verwaltung mit ihren fertigen Vorlagen, dort der Bürger, der nur noch ja und amen sagen darf. Das können wir so nicht akzeptieren. ({0})

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Peter Paziorek?

Dr. Peter Paziorek (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001685, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Schütz, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, daß während der Sitzungsunterbrechung im Umweltausschuß keine einzige schriftliche Stellungnahme irgendeines Verbandes oder Sachverständigen mir als Berichterstatter oder der Fraktion vorgelegt worden ist, sondern daß es sich bei diesen Unterlagen, die Sie gerade zitieren, tatsächlich um schriftliche Nachgänge zu der Anhörung am 3. Februar gehandelt hat, so daß es hier um eine schriftliche Vertiefung von Gesichtspunkten gegangen ist, die am 3. Februar angesprochen worden sind? Ich bitte, das künftig bei den Äußerungen zu berücksichtigen.

Dietmar Schütz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002093, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Paziorek, uns wurde ein Fax vorgelegt, auf dem in der oberen Zeile VDEW, das Datum und die Uhrzeit zur unterbrochenen Beschlußberatung standen. Das heißt sehr deutlich: Sie haben Kontakt zum VDEW über ein Fax hergestellt. Sie haben dieses Fax zu dem Zeitpunkt bekommen. ({0})

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Erlauben Sie eine weitere Zwischenfrage des Abg. Dr. Peter Paziorek?

Dr. Peter Paziorek (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001685, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sind Sie bereit, Herr Schütz - eventuell später -, das zu widerrufen, wenn klar wird, daß es sich hier nicht um ein Fax gehandelt hat, das während der Beratung am 3. Februar vorgelegt worden ist, sondern mehrere Tage vorher auf Grund der Beratungen, der Anhörung im Umweltausschuß am 3. Februar?

Dietmar Schütz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002093, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich bin immer bereit, mir solche Faxe anzugucken. Aber ich erinnere mich, daß das ein Fax vom VDEW war. ({0}) - Lassen Sie mich jetzt bitte weiterreden. Wir Sozialdemokraten wollen nachhaltig zu Beschleunigungsmomenten in Genehmigungsverfahren beitragen; Herr Starnick hat schon darauf hingewiesen. Allerdings wollen wir uns bei der Einschätzung der Dauer der Genehmigungsverfahren und der Gründe der Verzögerung nicht auf dumpfe Gefühle verlassen, sondern auf empirische Daten und auf Ursachenbeschreibungen, ({1}) die gerade auch der Regierung nahestehende Personen und Institutionen wie Bullinger und die Waffenschmidt-Kommission dieser Bundesregierung vorgelegt haben. Auch die jüngsten Daten der Statistik von Nordrhein-Westfalen zeigen zwar Handlungsbedarf, aber auch, daß die Tatarenmeldungen wie etwa die des Herrn Seltner in der Befragung, die Öffentlichkeitsbeteiligung bedeute im Durchschnitt eine sechs- bis neunmonatige Verzögerung, vollkommener Unsinn sind. Ich habe mir dazu die Daten aus NRW für 1991 geholt: Von rund 1 800 immissionsschutzrechtlichen Verfahren sind 766 in weniger als sechs Monaten erledigt worden. - Damit ist die Gesamterledigung gemeint, also ohne die Verzögerungen durch die Umweltverbände. - 653 sind innerhalb von sechs bis zwölf Monaten erledigt worden. Weiter gibt es 387 Verfahren, die über zwölf Monate gedauert haben. Es gibt 627 Verfahren, bei denen Verzögerungen durch unvollständige Anträge oder Unterlagen bedingt sind. Das muß man wissen, um zu erkennen, worüber wir reden. Wir haben unseren Antrag vorgelegt, der die Hauptelemente der Verzögerung im Behörden-, Antragsteller- und Gutachterzusammenspiel abstellen will. Die Koalitionsparteien haben das in einem Zusatzantrag teilweise aufgenommen. Ich hoffe, daß wir diese Probleme zeitnah zu dieser Debatte beraten können. Wir sehen den Bürger nicht als Störfaktor im Verfahren, sondern er muß als mündiger Teilnehmer in den Verfahren auftreten, um so auch die Akzeptanz der vorgesehenen Regelung herzustellen. Wer die Teilnahme des Bürgers, wer seine partizipatorische Mitwirkung - auf die wir im übrigen auch hier im Parlament angewiesen sind, daher beziehen wir unsere Legitimation - aushebeln will, wird im Endergebnis auch die Akzeptanz der Maßnahmen ein für allemal zerstören. ({2}) Im einzelnen will ich unsere Position zu den umweltrelevanten Teilen des Artikelentwurfs wenigstens im Ansatz darstellen: Im Baurecht - ich will das abkürzen - sind wir damit einverstanden, die Auswirkungen der Eingriffsregelung schon im Planverfahren zu prüfen. - Frau Schwaetzer, das ist etwas, was auch angesprochen worden ist; da sind wir d'accord. - Es ist in Ordnung, daß wir dies nicht im Genehmigungsverfahren, sondern auf der Planungsebene machen. Aber wir sind überhaupt nicht einverstanden, daß Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile nicht als Eingriffe angesehen werden. Die gesetzliche Fiktion, daß in diesen Gebieten ein naturschutzrechtlicher Eingriff nicht gesehen wird, verkennt die naturschutzrechtliche Bedeutung vieler Innenbereiche. Auch in diesen Gebieten gibt es zusammenhängende Flächen - z. B. Parks -, wo Eingriffe passieren. Ich will zwar nicht immer wieder auf den Fall am Bodensee zurückkommen, aber wir alle wissen, daß es Baulücken im Innenbereich gibt, die einen wertvollen Baum-, Busch- und auch Wasserbestand haben. All dies müssen wir prüfen, wenn wir dort eingreifen. ({3}) Die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung gibt lediglich Prüfungsmaßstäbe. Sie verhindert nicht das Bauen. Aber diese Prüfungsmaßstäbe sollten wir anwenden. Das sollten wir durchsetzen. Den von uns vorgelegten Textalternativen haben die Naturschutzverbände zugestimmt. Wir legen Ihnen das vor, damit auch Sie zustimmen können. Ich will ein Weiteres aufzeigen: Sie haben die Beteiligungsrechte der Bürger auch in den Verfahren, die das Raumordnungsgesetz erst 1989 vorgeschrieben hat, abgebaut. 1989 haben wir beschlossen, daß das Raumordnungsverfahren einer UVP unterworfen wird. Heute beschließen wir schon wieder, daß das UVP-Verfahren herausgenommen wird. Was ist das für eine „konsequente" Haltung von Politik in bezug auf Bürger- und Prüfungsbeteiligung! ({4}) Meine Damen und Herren, auch bei der abfallrechtlichen Planung bekommen wir jetzt nicht mehr die Möglichkeit, im Planfeststellungsverfahren alternative Planungen vorzunehmen, sondern wir haben ein Genehmigungsverfahren, in dem wir nur noch über den Antrag entscheiden. Abwägungsverfahren können dort nicht mehr durchgeführt werden. Auch da sehen Sie den Bürger als Störfaktor; den wollen Sie heraushaben. Sie akzeptieren nicht, daß er Alternativplanungen machen will. Insgesamt möchte ich sagen, daß wir an den Stellen des Herausschmeißens von Bürgerbeteiligung nicht mitmachen. Wir lehnen prinzipiell - insbesondere zu diesem Zeitpunkt - auch eine Änderung des Abfallgesetzes ab, weil wir die Kreislaufplanung im Abfallgesetz noch gar nicht zu Ende gedacht haben. Dennoch wollen Sie jetzt schon wieder etwas regeln. Das ist voreilig. Es gibt Beschleunigung, wo Beschleunigung nicht angemessen ist. Ich glaube, Sie sollten darüber erneut nachdenken. Dann sollten Sie wieder ins Parlament kommen und etwas Vernünftiges vorlegen. ({5}) Insgesamt haben wir den Eindruck, daß Sie den Stellenwert der Umwelt und den Stellenwert der Öffentlichkeitsbeteiligung nachhaltig auf Null bringen. Konsequent wäre es, Herr Töpfer, wenn Ihr Umweltministerium auf Null gebracht würde; denn was Sie sich gegenüber dem Bauministerium, aber auch den Industrieverbänden geleistet haben, wie Sie selbst eingeknickt sind, ist eine Sache, über die Sie auch mit den Umweltverbänden zu reden haben werden. Sicher ist eines: Dieses Gesetz wird von den Umweltverbänden als Kriegserklärung gegen ihre Dialogbereitschaft und ihre Mitwirkungsfähigkeit begriffen. Es ist ein umwelt- und naturschutzrechtliches Rollback hin zu bürokratischen und obrigkeitlichen Strukturen, und da können Umweltverbände nicht mehr mitmachen. Ich danke Ihnen. ({6})

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Ich erteile das Wort dem Kollegen Dr. Peter Paziorek.

Dr. Peter Paziorek (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001685, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Umweltpolitik ist zu diesem Gesetz in zwei wichtigen Bereichen gefordert: erstens zum Art. 5, der die Harmonisierung von Baurecht und Naturschutzrecht behandelt, und zweitens zu dem sogenannten umweltrechtlichen Teil, der Änderungen des Abfallgesetzes, des Immissionsschutzgesetzes und des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung vorsieht. Wer den umweltpolitischen Teil, Herr Schütz, unvoreingenommen überprüft und bewertet, wird zu dem Ergebnis kommen: Hier droht keine Kahlschlagspolitik; Umweltstandards werden nicht gesenkt, und am hohen Umweltniveau in Deutschland wird durch dieses Gesetz nicht gerüttelt werden. ({0}) Vielmehr wird durch diese Gesetzesinitiative der Koalitionsfraktionen das Umweltrecht in sinnvoller Art und Weise fortentwickelt. Umweltrechtliche Vorschriften aus dem Umweltverfahrensrecht werden vereinfacht, so daß die Voraussetzungen für eine Verfahrensbeschleunigung im Genehmigungsverfahren geschaffen werden. Meine Damen und Herren, die Genehmigungsverfahren zum Umweltrecht sind in Deutschland einfach zu lang. Zwar liegt das nicht nur an den rechtlichen Bestimmungen, aber es ist wohl unstrittig, daß auch das Umweltrecht die Voraussetzungen dafür schaffen muß, daß Umweltpolitik zügig und effektiv betrieben werden kann. Wer also zu Verfahrensbeschleunigungen ja sagt, behindert nicht den Umweltschutz, sondern verbessert in Wirklichkeit die Instrumente einer konsequenten Umweltpolitik. Und darum geht es uns heute! ({1}) Das Umweltrecht muß so ausgestaltet werden, daß wir in Deutschland nicht auf Grund einer umweltpolitischen Selbstblockade in einer umweltpolitischen Sackgasse landen. Darum geht es heute. Vielmehr muß es unser Ziel sein, daß Anlagen, die nachweislich als umweltverbessernd anzusehen sind, so schnell wie möglich genehmigt und gebaut werden können. Von dieser Zielvorstellung sind wir heute leider noch entfernt. Nur noch in Schweden laufen die Genehmigungsverfahren im Durchschnitt länger als in Deutschland. Dadurch setzt sich unser Land im wirtschaftlichen Wettbewerb hausgemachten Schwierigkeiten aus. So wird z. B. jede neue Anlage, auch wenn sie sich an einem anderen Standort umweltpolitisch bewährt hat, auch an dem neuen Standort wieder in eine völlig unsinnige genehmigungsrechtliche Warteschleife geschickt, ohne daß die positiven Erfahrungen mit dieser Anlage an dem anderen Standort in diesem Genehmigungsverfahren überhaupt berücksichtigt werden. Daraus, meine Damen und Herren, können wir doch nur die eine Konsequenz ziehen: Wir müssen in der Umweltpolitik und im Umweltrecht in diesem Bereich umdenken. Das Umweltrecht darf kein Verhinderungsrecht werden. Es muß vielmehr Raum für unternehmerische Initiativen und Verantwortung geben. Es muß so angelegt sein, daß ökonomische Entscheidungen, die sinnvoll sind, erleichtert und daß gleichzeitig die erreichten Umweltstandards - das ist völlig ohne Zweifel - in Deutschland gesichert und verbessert werden. ({2}) Es ist bedauerlich, daß die SPD-Opposition diesen Neuanfang im Umweltrecht nicht mitgehen will. Auf BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN können wir in dieser Frage wegen ideologischer Verbohrtheit sowieso verzichten. Es war einfach traurig, daß der Sprecher der GRÜNEN hier zu einem Gesetzentwurf gesprochen hat, der heute morgen gar nicht vorliegt, weil er nämlich die Beratungen im federführenden Ausschuß zu diesem Punkt überhaupt nicht mitbekommen hat. ({3}) Die Haltung der SPD-Bundestagsfraktion ist deshalb so bedauerlich, weil sich ja gerade die SPD-geführte Landesregierung von Nordrhein-Westfalen mehrfach für einen solchen Kurswechsel, wie ich ihn gerade beschrieben habe, ausgesprochen hat, ({4}) zuletzt noch Ende Januar während einer Debatte im nordrhein-westfälischen Landtag, und zwar zu dem hier anstehenden Gesetzentwurf. ({5}) Die Presse hat zu dieser Debatte in NordrheinWestfalen folgende Überschrift gefunden, Herr Schütz: „NRW-Regierung nimmt Bonn in Schutz'' . - Das ist zwar nicht nötig, aber unter dem Gesichtspunkt, den wir hier diskutieren, ist das eine sehr schöne Überschrift gewesen. ({6}) Es ist ein Faktum: Die SPD-geführte Landesregierung von NRW und die SPD-Bundestagsfraktion sind in dieser Frage nicht mehr einer Meinung. Diesen für die SPD unrühmlichen Vorgang versucht die SPD durch zwei Thesen zu überspielen. Die erste SPD-These - Herr Schütz, Sie haben sie gerade in extenso vorgetragen - ist die Überrumpelungsthese. Da wird davon gesprochen, auf 30 Seiten seien zig Anträge vorgelegt worden. - Bei der Beratung am 3. Februar sind tatsächlich 18 Änderungsanträge vorgestellt worden. Nur, Herr Schütz, es ist Ihnen wohl entgangen, daß von den 18 Änderungsanträgen 14 ihre Grundlage in der Gegenäußerung des Bundesrates hatten, woran SPD-regierte Länder mitgewirkt haben. ({7}) Wir haben diese 14 Änderungswünsche des Bundesrates übernommen. Jetzt geht es noch weiter: Ein weiterer Antrag war nichts anderes als eine redaktionelle Klarstellung zum Bundesnaturschutzgesetz. Drei Anträge haben in der Tat eine qualitative Weiterentwicklung mit sich gebracht, und diese drei Anträge hatten ihre Ursache in der von mir in der Zwischenfrage erwähnten Anhörung vom 3. Februar. Und es ist doch richtig, daß wir Anhörungen durchführen, Sachverständige dazu laden und die Ergebnisse der Beratungen kurzfristig aufgreifen, um sie in das Gesetzesverfahren einzuführen. ({8}) Herr Präsident, hier besteht der Wunsch nach einer Zwischenfrage. ({9}) - Danke, Sie beziehen das höchstwahrscheinlich auch auf das Äußere.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Herr Kollege Kuhlwein, ein Mann braucht nicht schön zu sein.

Dr. Peter Paziorek (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001685, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Es hat aber trotzdem gutgetan.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Aber er ist es trotzdem.

Dietmar Schütz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002093, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Vielleicht kommen wir jetzt doch einmal zum Frage-Antwort-Spiel, Herr Präsident. Herr Paziorek, Sie haben qualitativ vier Anträge gestellt, die sich aus dem Gutachterverfahren ergeben haben. Sie haben uns innerhalb von zehn Minuten zu § 15 Abs. 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes - ein relativ umfangreiches Rechtsgebiet zur Genehmigung - einen Antrag vorgelegt, bei dem wir wenigstens die Chance hätten haben müssen, mit Leuten zu reden und darüber nachzudenken, ob es sinnvoll ist. Geht das irgendwie in Ihren Kopf?

Dr. Peter Paziorek (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001685, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich möchte kurz darauf antworten. Die von Ihnen, Herr Schütz, angesprochene Problematik des § 15 Abs. 2 des BundesImmissionsschutzgesetzes ist eine Hauptfrage der Diskussion der letzten Jahre zum Umweltrecht gewesen. Sie ist im November 1992 bei einem Kolloquium des Bundesumweltministers, Herrn Professor Töpfer, zu Ehren seines ausscheidenden Abteilungsleiters, Herrn Dr. Feldhaus, einem sogenannten FeldhausKolloquium, auch von den Sachverständigen ausführlich behandelt worden. Alle Mitglieder des Bundestagsumweltausschusses hatten zu dieser Anhörung eine Einladung. Der einzige Abgeordnete, der anwesend war, war ich, Herr Schütz. Es wäre schön gewesen, wären auch Sie anwesend gewesen. Dann wären Sie nämlich am 3. Februar nicht von der rechtlichen Problematik überrumpelt worden. ({0}) Ich glaube, gerade an dieser Zwischenfrage wird deutlich, daß der Vorwurf nicht stimmt, hier sei jemand überrumpelt worden. Hier ging es in Wirklichkeit um das Aufgreifen einer Diskussion, die seit September des vergangenen Jahres, seit der EinbrinDr. Peter Paziorek gung unseres Antrages zur Verfahrensbeschleunigung im Umweltrecht, im Bundestag geführt wird. ({1}) Lassen Sie mich zu der zweiten These kommen, die heute morgen hier angesprochen worden ist, zur Beschneidung von Bürgerrechten. Die Opposition versucht, den Nachweis zu führen, daß durch die neuen Vorschriften die Mitwirkungsrechte unserer Bürger eingeschränkt würden. Dieser Nachweis kann nicht gelingen. Es trifft zwar zu, daß das Mitwirkungsrecht von anerkannten Umweltverbänden ausdrücklich auf Planfeststellungsverfahren bezogen ist und daß jetzt durch die Verlagerung aus dem Abfallrecht in das Bundes-Immissionsschutzgesetz diese Vorschrift nicht mehr direkt anzuwenden ist. Aber, meine Damen und Herren, nach dem BundesImmissionsschutzgesetz gibt es auch weiterhin eine sogenannte Jedermann-Beteiligung. Damit können sich auch die Naturschutzverbände über das Jedermann-Verfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz beteiligen. Es geht also hier nicht um die Verkürzung von Mitwirkungsrechten. ({2}) Ich sage ganz deutlich: Wir wollen, daß zukünftig die Genehmigung für Abfallbehandlungsanlagen nur noch nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz zu erfolgen hat. Das hat nämlich den großen und entscheidenden Vorteil, daß das Sankt-Florians-Prinzip in der Entscheidungspraxis vor Ort aufgehoben wird. Nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz geht es zukünftig immer nur noch um die standortbezogene Einzelfallentscheidung. Das Gegeneinander-Ausspielen von sich gegenseitig blockierenden sogenannten Standortalternativen, wie es zur Zeit nach dem Abfallgesetz noch möglich ist, wird zukünftig vorbei sein. Genau das wollen wir auch im Abfall- und Umweltrecht. ({3}) Aber wir wollen natürlich keine Einschränkung der Bürgerrechte. Die These der eingeschränkten Bürgerbeteiligung trifft auch dort nicht zu, wo Industrieanlagen vom förmlichen in das vereinfachte Verfahren überstellt werden. In das vereinfachte Verfahren werden Anlagenarten übernommen, deren heutiger Stand der Technik keine besonderen Gefahren mehr für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft besorgen läßt. Hier sage ich ganz deutlich auch für unsere Fraktion: Wenn wir wissen, daß von den Anlagen keine Umweltbeeinträchtigungen mehr ausgehen können, dann ist in solchen Fällen eine umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung auch nicht mehr sachlich gerechtfertigt.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Herr Kollege Paziorek, der Kollege Dr. Seifert würde gern eine Zwischenfrage stellen.

Dr. Peter Paziorek (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001685, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ja, bitte.

Dr. Ilja Seifert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002153, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Herr Kollege Paziorek, wenn Sie keine Einschränkung der Bürgerrechte sehen, dann erlauben Sie mir bitte die Frage: Halten Sie alle Mitglieder von Bürgerinitiativen, von Interessengemeinschaften, von Umweltverbänden für so dumm, daß sie nicht merken, was Sie allerorten verkünden? ({0})

Dr. Peter Paziorek (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001685, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Seifert, ich möchte Ihnen wie folgt antworten: Der Umweltminister des Landes Nordrhein-Westfalen, Herr Matthiesen, hat Ende Januar im Landtag von NordrheinWestfalen zu Recht ausgeführt - das ist auch meine Meinung -, daß es unter keinem Gesichtspunkt um die Beschneidung von Bürgerrechten gehen darf. Aber es darf nicht mehr zulässig sein, daß wir z. B. im Bereich des Baus von Abfallentsorgungsanlagen auch zukünftig Profireisende haben, die von Anhörung zu Anhörung reisen, um überall bei den Anhörungen die Standortentscheidung kaputtzureden. ({0}) Das wollen wir zukünftig unterbinden, aber nicht die Beteiligung der Bürger vor Ort. ({1}) Ich bedauere, daß die Umweltverbände in einem Flugblatt, das zur Zeit in Westfalen vor Wahlkreisbüros der CDU-Abgeordneten verteilt wird, erklärt haben, nach dem Gesetz könnten die Behörden zukünftig tun, was sie wollen. - Um eines ganz deutlich herauszustellen: Wir halten die Erörterung mit der Bevölkerung, die ja mit der Anlage leben muß, für absolut notwendig. Hier gibt es keine Einschränkung. Wir als CDU/CSU und als Koalitionsfraktion haben aber natürlich kein Interesse daran, daß weiterhin Aktionen zur Verhinderung notwendiger Umweltinvestitionen durchgeführt werden. Wir müssen den Platz und den Raum für mehr Umweltschutz schaffen und weggehen von der Verhinderung in dem Bereich, so daß Umweltpolitik zukünftig nicht mehr eine selbstgemachte Blockade sein kann. Darum geht es uns in Zukunft. ({2})

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Herr Kollege Paziorek, der Kollege Schütz möchte noch eine Zwischenfrage stellen.

Dr. Peter Paziorek (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001685, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ja.

Dietmar Schütz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002093, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich kann leider nur einen Aspekt ansprechen, Herr Paziorek, den Sie noch gar nicht erwähnt haben. Ich möchte Ihnen dazu verhelfen, das noch zu tun. Sie haben hier das Hohelied auf Nordrhein-Westfalen gesungen. Ich stimme da in vieler Hinsicht mit ein. In jeder Beziehung will ich es aber nicht mitsingen. ({0}) Wir haben ja auch innerhalb der Länder schon einmal unterschiedliche Vorstellungen. Aber nun zum Hohelied auf Nordrhein-Westfalen. Nordrhein-Westfalen hat zu § 8 a des Bundesnatur12194 schutzgesetzes einen eigenen Gesetzesantrag zu den Eingriffen in den Naturschutz vorgelegt, wobei Nordrhein-Westfalen der am stärksten besiedelte Flächenstaat ist, in dem die Probleme im Innenbereich am stärksten auftreten. Es ist so, daß in dem Punkt Nordrhein-Westfalen unsere Position teilt bzw. wir die Position von Nordrhein-Westfalen teilen, während Sie, was den Naturschutz angeht, das offenbar ganz anders sehen.

Dr. Peter Paziorek (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001685, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Schütz, der Stand zu § 8 a Abs. 6 ist mir durchaus bekannt. Ich stimme Ihnen da zu und möchte die Gelegenheit hier nutzen, Ihnen zu danken, und zwar trotz der harten politischen Auseinandersetzungen, die wir zu diesem Gesetz gehabt haben. Ich glaube, in vielen Detailpunkten haben wir sachlich und loyal zusammengearbeitet. Ich möchte diesen Stil fortsetzen und Ihnen folgendes zugestehen: Zu § 8a hat die nordrheinwestfälische Landesregierung eine abweichende Stellungnahme vorgelegt. Das war aber allen, die im Umweltausschuß dabeiwaren, von vornherein bekannt, ist also überhaupt nichts Neues. ({0}) Ich möchte die Position unserer Fraktion zu dem umweltrechtlichen Teil wie folgt zusammenfassen: Mit der Beschleunigung der Genehmigungs- und Zulassungsverfahren werden die notwendigen Voraussetzungen zur schnellen Errichtung von Anlagen mit hohem Umweltstandard geschaffen. Dabei gibt es an dem umweltrechtlichen Niveau und den Beteiligungsrechten der Bürger keine Abstriche. Wir wollen, daß in der Zukunft der Austausch einer alten Anlage gegen eine neue, umweltfreundlichere Anlage nicht mehr wie bisher durch zu lange Verfahren verzögert wird. Aus diesem Grunde fordere ich Sie auf, unserem Gesetzentwurf zuzustimmen. ({1})

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Ich erteile das Wort dem Minister für Landesentwicklung, Wohnen, Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz des Landes Hessen, Jörg Jordan. ({0}) Staatsminister Jörg Jordan ({1}): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich, bevor ich zur Sache komme, etwas klarstellen: Frau Dr. Schwaetzer, Sie haben mich als hessischen Umweltminister angesprochen. Der hessische Umweltminister heißt Fischer. ({2}) Sie sollten ihn einmal kennenlernen. Er wird Ihnen gefallen. Ich bin da ganz sicher. Ich möchte das klarstellen, weil ich in Hessen einem Ressort vorstehen darf, in dem die Zuständigkeit für das Bauen und für den Naturschutz zusammengefaßt ist, um zu Verfahren zu kommen, die in diesem Zusammenhang notwendig sind, aber auch beschleunigt werden müssen. Gerade aus der Sicht dieses Ressorts, das für beide Bereiche zuständig ist, möchte ich etwas zu dem Gesetzentwurf sagen. Es ist so, wie es auch der Abgeordnete Conradi gesagt hat, daß es in dem Gesetzentwurf eine Reihe von Vorschriften gibt, die man als Verbesserung empfinden wird - ich will das nicht im einzelnen wiederholen; das ist korrekt - und denen auch wir - etwa im Bundesrat - zugestimmt haben. Ich will das ausdrücklich sagen. Das Gesetz leidet aber daran, daß es in ganz wichtigen Punkten eine Entwicklung einleitet, die ausgesprochen kontraproduktiv ist, nicht nur im Hinblick auf die Sache, sondern auch im Hinblick auf die generelle politische Situation. Jede Umfrage, die dazu in Auftrag gegeben wird, bestätigt, daß der Ruf der Politik und auch der der Politiker in dieser Gesellschaft noch nie so schlecht war, wie es gegenwärtig der Fall ist. ({3}) Eine der Ursachen dafür ist die fehlende Problemlösungskompetenz, Herr Dr. Kansy, die man den Politikern vorwirft. ({4}) Dieses Gesetz ist geeignet, all diese Vorurteile, die es dazu gibt, ganz mannhaft zu bestätigen. Wir haben unstreitig ein großes Problem. Nach mehr als zehn Jahren Regierung Kohl fehlen im Lande 3 Millionen Wohnungen. Mit diesem Gesetzentwurf wird daran allerdings nichts geändert. Wenn Sie den Gesetzentwurf verabschiedet haben, dann werden die Schlangen vor den Wohnungsämtern um keinen Deut kürzer sein, sondern sie werden trotzdem weiter anwachsen. Sie tun nichts in dem eigentlichen Problembereich. Das Gesetz ist eine Mogelpackung, das den Leuten vorgaukelt, es geschähe etwas. Es geschieht aber nichts. ({5}) Es geschieht eben gerade nichts in dem Bereich, in dem etwas notwendig wäre. Es wird nicht im Bereich der Sozialwohnungen etwas angekurbelt, es wird nicht die steuerliche Förderung auf einen bauwilligen Durchschnittsverdiener konzentriert, um endlich davon wegzukommen, daß die steuerliche Förderung bei denen am günstigsten ist, die schon am meisten haben und die deshalb auch die geringsten Wohnungsprobleme haben. Es geschieht auch nichts gegen die Bodenspekulation, obwohl jeder, der sich gerade seitens der Verwaltung mit der Sache befaßt, weiß, daß die BodenStaatsminister Jörg Jordan ({6}) spekulation und die wachsenden Bodenpreise die Hauptprobleme sind, die wir haben. ({7})

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Herr Staatsminister, der Kollege Dr. Hitschler möchte gern eine Zwischenfrage stellen. Staatsminister Jörg Jordan ({0}): Das ist mir doch ein Vernügen.

Dr. Walter Hitschler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000910, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Minister Jordan, sind Sie der Auffassung, daß die in Hessen geübte Verwaltungspraxis, beim Bau von Wohnungen dem Grundstückseigentümer eine Ausgleichsabgabe aufzuerlegen - ich habe hier einen Bescheid des Magistrats der Stadt Frankfurt ({0}) für ein Bauvorhaben in Bergen-Enkheim und eine Rechnung über eine Ausgleichsabgabe in Höhe von 99 363 DM für ein Bauvorhaben -, ({1}) der Wohnungsbauförderung und der Wohnungspolitik Ihres Landes dient? ({2}) Staatsminister Jörg Jordan ({3}): Diese Praxis müßte, wenn Sie sie näher betrachten, durchaus Ihre Zustimmung finden. Was geschieht nämlich? ({4}) - Hören Sie doch einmal zu! Ich will Ihnen doch die Frage beantworten und Ihnen das an so einem Fall erläutern. - Ich kenne den konkreten Fall zwar nicht. Aber: Nach den Richtlinien, die wir zur Bemessung dieser Ausgleichsabgabe im letzten Sommer gemacht haben - ich unterstelle einmal, daß der Fall, den Sie ansprechen, danach eingetreten ist -, wird pro Wohneinheit eine Abgabe von 2 000 DM bis 3 000 DM erhoben, und zwar bei Kosten pro Wohneinheit von schätzungsweise 200 000 DM bis 250 000 DM. ({5}) Eine solche Abgabe ist also kein wirklicher Kostenfaktor. ({6}) Der nächste Punkt ist, daß diese Abgabe in Hessen nicht etwa dazu dient, den Landeshaushalt zu entlasten; vielmehr werden die Mittel den Kommunen wieder zur Verfügung gestellt für Naturschutzausgaben. ({7}) Wenn es also einen solchen Bescheid gegeben hat, wie Sie ihn genannt haben, dann muß es sich dort um einen großen Baukomplex handeln. Daß das ein Eingriff in Naturzusammenhänge ist, kann doch gar nicht streitig sein. Es ist also so, daß wir das nutzen, um die Kommunen in die Lage zu versetzen, an anderer Stelle wieder etwas für die Natur zu tun. Das halte ich für ein vernünftiges System. ({8})

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Jetzt möchte der Herr Kollege Gallus gern eine Zwischenfrage stellen. Staatsminister Jörg Jordan ({0}): Herr Gallus, natürlich.

Georg Gallus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000628, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Minister, Sie haben hier erklärt, daß in Deutschland 3 Millionen Wohnungen fehlen. Das ist wohl richtig. Können Sie bestätigen, daß der Anspruch auf Wohnraum nirgends so hoch ist wie in der Bundesrepublik Deutschland? Ich denke in diesem Zusammenhang an Frankreich und Japan. Auch das muß der Ehrlichkeit halber hier einmal gesagt werden. ({0}) Staatsminister Jörg Jordan ({1}): Herr Gallus, ich kann keinen internationalen Vergleich anstellen. Aber ich will doch bestätigen, weil es korrekt ist: Die Vergrößerung der Wohnungsnot nährt sich zu einem erheblichen Teil aus unseren gesellschaftlichen Veränderungen und Ansprüchen. Heute nimmt jeder viel mehr Wohnraum in Anspruch, als es vor zehn oder fünfzehn Jahren der Fall war. ({2}) Zum anderen sind junge Leute heutzutage Gott sei Dank viel eher in der Lage, einen eigenen Haushalt zu gründen, als es beispielsweise noch in meiner Generation der Fall war. ({3}) - Aber diese Prozesse waren doch absehbar, und die Statistiken weisen schon lange diese Tendenz auf. ({4}) Wie konnte man bei solchen gesellschaftlichen Veränderungen den Wohnungsbau so vernachlässigen, wie Sie es jetzt zehn Jahre lang gemacht haben? Das ist doch der Vorwurf, den man erheben muß. ({5})

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Erlauben Sie eine zweite Zwischenfrage des Kollegen Gallus? Staatsminister Jörg Jordan ({0}): Bei Herrn Gallus immer mit Vergnügen.

Georg Gallus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000628, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Kollege, finden Sie es eigentlich absolut notwendig und auch gesund, daß Kinder glauben, mit 18 Jahren das Haus verlassen zu können, ({0}) und vom Staat verlangen, daß er ihnen eine Wohnung zur Verfügung stellt, und das auch noch billig? Meine fünf Kinder sind zu Hause gewesen, bis sie geheiratet haben! ({1}) Staatsminister Jörg Jordan ({2}): Es gibt eine Reihe von gesellschaftlichen Prozessen, Herr Gallus, über die man nachdenken könnte. Ich erwähne die hohen Scheidungsraten und das Anwachsen der Zahl von Einpersonenhaushalten. Bei der Wohnungszählung 1987 waren in Frankfurt 49,8 % aller Haushalte - also praktisch die Hälfte - Einpersonenhaushalte. Das entzieht sich meiner moralischen Bewertung. Ich stelle nur fest, daß die gesellschaftliche Entwicklung so verläuft. Herr Gallus, eine Politik, die auf gesellschaftliche Entwicklungen nicht angemessen reagiert, hat den Vorwurf der Unfähigkeit zur Problemlösung verdient. Das ist doch der Punkt. ({3})

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage? Staatsminister Jörg Jordan ({0}): Herr Präsident, ich verstehe das so, daß ich anschließend meine Ausführungen fortsetzen kann.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Herr Minister, die Kollegen, die Ihnen Zwischenfragen stellen, verlängern Ihre Redezeit. Herr Lennartz, bitte.

Klaus Lennartz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001319, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Jordan, können sie mir zustimmen, daß die erste Frage des Herrn Kollegen Gallus zum Ziel hat, uns allesamt aufzufordern, dafür zu sorgen, das Deutsche nicht mehr als 14 bis 16 qm Wohnraum pro Person zur Verfügung haben dürfen? Würden Sie das gesellschaftspolitisch akzeptieren? ({0}) Staatsminister Jörg Jordan ({1}): Sie kennen den Kollegen Gallus näher. Wenn Sie das so interpretieren, mag das seinen Sinn haben. Ich habe die Frage, ehrlich gesagt, nicht so verstanden. ({2}) Ich möchte auf einen zweiten Punkt, der an diesem Gesetz besonders schlimm ist, zu sprechen kommen. Er verbirgt sich in einem Änderungsantrag der Regierungsfraktionen. Ich meine die Tatsache, daß mit der Entscheidung des Bundestages, die Sie herbeiführen wollen, die gemeinsame Bundesratsinitiative zur Bekämpfung der Umwandlungsspekulation in den Großstädten abgeschmettert werden soll. Das ist wirklich ein schlimmer Vorgang; denn die Länder und die Kommunen können gar nicht so schnell neue und durch öffentliche Förderung oder auf anderem Weg preiswerte Mietwohnungen schaffen, wie der Bund die Beseitigung von preiswerten Mietwohnungen durch die Umwandlung nicht nur nicht hindern will, sondern in der Regel auch noch steuerlich begünstigt. ({3}) In Frankfurt gab es vor dem Urteilsspruch, der das Ganze ausgelöst hat, im ersten Halbjahr 1990 490 Anträge auf Ausstellung einer Abgeschlossenheitsbescheinigung. Nach dem Urteil gab es im zweiten Halbjahr 1990 2 572 derartige Anträge. Selbst wenn man unterstellt, daß es dabei einen Anteil von Neubauten gibt, den man in diesem Zusammenhang nicht diskutieren muß, bleibt die Tatsache bestehen, daß in einem halben Jahr gut 2 000 Wohnungen von dieser Umwandlungsspekulation betroffen waren. Dadurch sind in einem halben Jahr rund 5 000 Menschen in derartige Bedrängnisse geraten. So schnell kann man überhaupt nicht neue Wohnungen bauen, wie auf diesem Weg preiswerter Mietwohnraum verschwindet. Daß Sie dagegen nichts tun, sondern es im Gegenteil weiter fördern wollen, ist ein schwerer Vorwurf, den man Ihnen aus der Praxis machen muß. ({4}) Das ist ja nicht nur ein Anliegen der Sozialdemokraten. Herr Kansy, Sie haben sich zu diesem Thema schon ganz anders geäußert, als Sie heute abstimmen werden. ({5}) Die Oberbürgermeister aller großen Städte haben den Bundeskanzler in einem gemeinsamen dramatischen Appell aufgefordert, diesem Treiben ein Ende zu setzen. Dem hat sich der Deutsche Städtetag angeschlossen. Das, was Sie heute tun, ist keine Antwort auf die Probleme, sondern Sie verbrämen - darauf komme ich noch zu sprechen -, daß Sie im Grunde alles so weiterlaufen lassen wollen, weil sich wieder das freidemokratische Klienteldenken durchgesetzt hat, gegen die Menschen in unseren Städten. Das ist eine schlimme Sache. ({6}) Ein von fünf auf sieben Jahre verlängerter Mieterschutz soll den Ausgleich bringen. Nach Ihrem Vorschlag bleibt es jedoch beim Kündigungsrecht des Vermieters. Gegen dieses weiterbestehende Kündigungsrecht des Vermieters hat der Mieter eine zusätzliche Widerspruchsmöglichkeit. Er kann im Prozeß beweisen, daß sein Widerspruch berechtigt ist. ({7}) Sie treiben die Mieter in zusätzliche Prozesse. Bei der Umwandlungsspekulation ist doch folgender Gesichtspunkt zu berücksichtigen: Nicht alle Mieter, Staatsminister Jörg Jordan ({8}) die eine Kündigung bekommen, bleiben bis zum Ende der Fünfjahresfrist bzw. der Siebenjahresfrist, wenn sie denn so kommt, in ihren Wohnungen, sondern sie drängen in ihrer berechtigten Angst, im fünften oder im siebten Jahr keine Wohnung zu finden, schon früher auf den Wohnungsmarkt. Die Umwandlungsspekulation vertreibt die Mieter auch dann, wenn sie nicht die letzten Möglichkeiten der Kündigungsschutzfristen ausnutzen. Daran ändert die von Ihnen vorgesehene Bestimmung überhaupt nichts. ({9}) Die älteren und kranken Mitbürgerinnen und Mitbürger sollen nach Ihren Vorstellungen von der Neuregelung verschont bleiben. Da muß man fragen: Wann denn? Dies soll dann möglich sein, wenn sie belegen können, daß eine Kündigung wegen ihres Alters oder ihrer Gebrechen eine nicht zu rechtfertigende Härte wäre. Das kann nur im Einzelfall geklärt werden. Nur dann können sie in der Wohnung bleiben. Sie glauben doch nicht, daß der Ausgang der Prozesse, die über diese Frage geführt werden, von der Masse derer, die davon betroffen sind, abgewartet werden kann. Auch diese Leute werden viel eher fliehen, und das ist ja auch Ihre Absicht, die dahintersteckt. Ich finde es geradezu zynisch, daß diese Gruppe von Mietern, die in der Regel die sozial schwächsten Mieter umfaßt, in Prozesse mit ungewissem Ausgang getrieben wird. Dabei wird auch noch behauptet, das diene dem Mieterschutz. Dies alles geschieht nur, um zu camouflieren, daß Sie im Grunde genommen die Umwandlungsspekulation weiterlaufen lassen wollen wie bisher. Es ist schlimm, wie Sie hier mit einem gemeinsamen Anliegen der Länder, über alle Parteien hinweg, umgehen. Ich finde, das ist eines der schlimmsten Dinge, die heute hier beschlossen werden sollen. ({10}) Besonders schlimm an dem Gesetz ist der Abbau von Bürgerrechten, von Länderrechten, von Naturschutz. Im besiedelten Bereich, im Bereich alter Bebauungspläne soll man keine Rücksicht auf die Natur mehr nehmen müssen. ({11}) Die Bauvorhaben sollen dort kraft Gesetzes als Nichteingriffe in die Natur definiert werden. Das ist wirklich abwegig. Ein Eingriff in die Natur ist doch nicht dadurch unbedeutend, daß es sich um einen alten Plan handelt. In der Regel ist es gerade umgekehrt: Die ältesten Bebauungspläne, die noch nicht verwirklicht sind, weisen unter ökologischen Gesichtspunkten die größten Defizite auf; die neueren Bebauungspläne sind ja meist besser. Wenn Sie nun gerade bei diesen Altplänen die Natur nicht mehr berücksichtigen wollen, dann tun Sie etwas, was in der Praxis besonders verheerend sein wird. Außerdem wollen Sie den Ländern das Recht nehmen, je nach örtlichen Gegebenheiten umweltfreundlicher zu verfahren. Damit sind wir dann wieder bei der Glaubwürdigkeit in der Politik. Den Föderalismus gibt es nur für Sonntagsreden. Warum muß denn im Naturschutz alles über einen so kümmerlichen Bundesleisten geschlagen werden? Der Naturzustand im besiedelten Bereich im Rhein-Main-Gebiet ist doch wahrscheinlich anders zu sehen als im besiedelten Bereich auf der Schwäbischen Alb oder in der Eifel oder wo auch immer. Warum kann denn nicht wenigstens das nach regionalen Gesichtspunkten gemacht werden? ({12}) Warum sollen denn den Ländern naturschutzfreundlichere Regelungen dort, wo sie es für regional angemessen halten, verwehrt werden, obwohl sie die regionale Wohnbaulandsituation wahrscheinlich viel besser kennen als die Bundesregierung? Sie wollen aus ideologischen Gründen alles vereinheitlichen. Sie wollen diejenigen, die schneller laufen, zu Ihrem umweltpolitischen Schneckengang zwingen. Aber diejenigen, die ganz stehenbleiben, die sollen für fünf Jahre stehenbleiben können. Das ist die Lösung, die Sie wollen. Das ist umweltpolitisch ein dramatischer Rückschritt. Den können Sie nicht wegdiskutieren.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Herr Minister, wenn Sie auf dem verfassungsmäßigen Rederecht nach den einschlägigen Artikeln bestehen, können Sie fast unbegrenzt weiterreden. Wenn Sie sich an die Abmachung halten wollen, ist Ihre Redezeit jedoch beendet. Staatsminister Jörg Jordan ({0}): Herr Präsident, ich habe nicht vor, unbegrenzt weiterzusprechen, wie Sie es vermutet haben. Ich werde nach wenigen Gedanken zum Schluß kommen. Wenn die Anstrengungen des Bundes nach zehn Jahren Kohl und sechs Jahren Töpfer dazu geführt hätten, daß das Klima nicht bedroht ist, daß die Wälder nicht sterben, daß das Artensterben gestoppt ist, daß die Flächenversiegelung nicht mehr zunimmt, dann könnte man vielleicht über die Rücknahme auf Naturschutz an der einen oder anderen Stelle reden. Aber das Gegenteil ist doch der Fall! Wir haben doch Artensterben, Klimaprobleme; die Artenvielfalt schrumpft; wir haben die Zersiedelung der Landschaft und die Flächenversiegelung. In dieser Situation hat die Bundesregierung keine Kraft zum Gegensteuern. Also schafft sie die Verfahren ab, die diese Entwicklung thematisieren und auf diesem Wege wenigstens eingrenzen könnten.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Herr Minister, zu den Usancen dieses Hauses gehört es, daß man, wenn der Präsident auf das Ende der Redezeit hinweist, noch einen Satz oder zwei Sätze sagt, aber nicht mehr mit einer ganz neuen Passage beginnt. ({0}) Es ist auch nicht mehr möglich, das von der Redezeit Ihrer Fraktion abzuziehen, weil Sie in der Liste der letzte sind, der von dieser Seite spricht. Staatsminister Jörg Jordan ({1}): Gut. - Ich will einen allerletzten Gedanken noch loswerden, Herr Präsident. Ich möchte mich noch einmal an den Kollegen Töpfer wenden, der ja gleich sprechen wird.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Entschuldigung! Was Sie jetzt, nach meiner Bitte, Ihre Rede zu beenden, machen, ist äußerst ungewöhnlich! ({0}) Staatsminister Jörg Jordan ({1}): Es ist schade, Herr Präsident, daß Sie mir nicht Gelegenheit geben wollen, mit dem Herrn Töpfer noch einen konkreten Gedanken auszutauschen. ({2}) Aber da Sie das hier so sehen und da ich Ihre Gepflogenheiten natürlich nicht stören will, werde ich darauf Rücksicht nehmen. ({3})

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Damit hier kein falscher Eindruck aufkommt: ({0}) Der Minister hat zehn Minuten Redezeit angemeldet und hat, auch mit Hilfe der Zwischenfragen, insgesamt 22 Minuten gesprochen. ({1}) - Ich habe ihn darauf hingewiesen, daß er, wenn er von seinem verfassungsmäßigen Rederecht Gebrauch machen will, fast unbegrenzt weiterreden darf, daß die Redezeit aber, wenn er sich an die Abmachung hält - wir haben hier eine Ordnung im Hause, und sie einzuhalten ist meine Aufgabe -, weit überschritten ist. ({2}) Ich erteile das Wort dem Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Professor Klaus Töpfer. ({3})

Prof. Dr. Klaus Töpfer (Minister:in)

Politiker ID: 11002335

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst freue ich mich sehr darüber, daß mir vom Kollegen Jordan noch ein konkreter Gedanke ins Haus steht. ({0}) Kollege Jordan, wir haben das ja auch im Bundesrat noch im zweiten Durchgang zu erörtern. Dann werden wir sicher Gelegenheit haben, auch diesen Gedanken auszutauschen. Nach der Aufregung in den letzten 20, 25 Minuten sollte man die Aussprache wieder auf das zurückführen, was einige der Redner hier klargemacht haben, nämlich daß wir in diesem Punkt einen großen Bereich von Gemeinsamkeiten haben. Ich kann das auch noch einmal mit Blick auf das sagen, was die Umweltministerkonferenz zweimal festgehalten hat, nämlich in ihren beiden Sitzungen im Jahre 1991: Die Bundesregierung wird beauftragt, eine Konzeption für die Beschleunigung von Anlagenzulassungsverfahren im besonderen Hinblick auf die neuen Bundesländer vorzulegen. - Es wird also ein besonders dringender Beschleunigungsbedarf einvernehmlich von allen Bundesländern konstatiert. Einvernehmlich ist dabei natürlich auch - ich bin Herrn Kollegen Starnick dankbar dafür, daß er gerade darauf hingewiesen hat; auch Herr Paziorek hat es aufgegriffen -, daß diese Beschleunigung zunächst bei denen erreicht werden kann, die die Genehmigungsverfahren durchführen, nämlich bei den Bundesländern. Natürlich ist es richtig, Herr Kollege Starnick - das ist ja im Entschließungsantrag enthalten -, daß wir das auch noch in der Neunten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes tun können. Diese Verordnung liegt gegenwärtig im Bundesrat. Es wäre sehr einfach, wenn der Bundesrat aus seiner weitreichenden Kenntnis von Genehmigungsverfahren das direkt aufgriffe. ({1}) Das ist in einigen Ländern sogar erst vor kurzem gemacht worden. Ich darf darauf hinweisen, daß etwa das Land Baden-Württemberg mit Datum vom 29. Januar dieses Jahres eine Verwaltungsvorschrift des Umweltministeriums zur Beschleunigung von Zulassungsverfahren im Umweltbereich vorgelegt hat. Unser langjähriger Kollege Harald B. Schäfer hat dies in seiner Funktion als Umweltminister von BadenWürttemberg offenbar bereits aufgeriffen. ({2}) Darüber, daß dem so ist, kann man sich nur freuen. Viele Dinge sind dort gemacht worden, die aus unserem Vorschlag im Bundesrat nicht aufgenommen worden sind. Zum Beispiel sind Regelfristen festgelegt worden. - Ich habe ja Verständnis dafür, daß die Länder das nicht im Gesetz wiederfinden wollen. Aber offenbar sind das so fürchterlich die Demokratie gefährdende Vorschläge nicht gewesen, wenn sie sogar vom Kollegen Schäfer aufgegriffen wurden, ({3})

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Herr Minister, darf ich Sie einen Moment unterbrechen?

Prof. Dr. Klaus Töpfer (Minister:in)

Politiker ID: 11002335

Gern. ({0})

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Meine Damen und Herren, was sich jetzt abspielt, erleben wir vor fast jeder namentlichen Abstimmung. Der Minister hat noch 9 Minuten und 18 Sekunden Redezeit. ({0}) Vizepräsident Hans Klein Dann kommen zwei weitere Redner: einer mit 5 Minuten und einer mit 3 Minuten Redezeit. Sie können sich also ausrechnen, daß Sie noch eine ganze Weile Zeit haben und die Gespräche, die Sie jetzt ungeniert und laut im Hintergrund des Saales führen, draußen führen können. ({1}) - Ich darf doch wirklich um Ruhe dahinten bitten! Bitte führen Sie doch die Gespräche außerhalb des Plenarsaals! Auch wenn Sie glauben, daß Sie weit vom Rednerpult weg sind, hört man Sie hier, und das stört. Ich bitte herzlich darum. Bitte fahren Sie fort, Herr Minister.

Prof. Dr. Klaus Töpfer (Minister:in)

Politiker ID: 11002335

Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich möchte zusammenfassend nur noch einmal sagen: Diese erste Anforderung kann von jedem Bundesland natürlich bereits jetzt erfüllt werden. Aber wir sind gern bereit, den Anregungen aus dem Entschließungsantrag nachzugehen und in der Erörterung der Neunten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes solche verfahrensbeschleunigenden, das Management der Genehmigung verbessernden Vorschläge aufzugreifen, um sie dann hoffentlich mit Zustimmung der Mehrheit des Bundesrates zu verabschieden. Ich zitiere noch einmal die Umweltministerkonferenz: Die Umweltministerkonferenz hält eine Straffung der planungsrechtlichen Verfahrensabläufe und der umweltrechtlichen Genehmigungsverfahren für notwendig, ({0}) aber auch nur dann für vertretbar, wenn keine Verschlechterungen des materiellen Umweltrechts und eine ausreichende Öffentlichkeitsbeteiligung gewährleistet sind. ({1}) Dazu werden wir also aufgerufen. Nun gehen wir doch einmal da heran und fragen: Wo gibt es einen Hinweis darauf, daß materielles Umweltrecht verschlechtert worden wäre? ({2}) Ich habe hier in aller Ruhe zugehört. Bei allen, die hier gesprochen haben, habe ich im Hinblick auf das Bundes-Immissionsschutzgesetz nicht einen Hinweis gehört, daß wir einen materiellen Umweltstandard verschlechtert hätten. ({3}) Das möchte ich nur zur Diskussion stellen.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schütz?

Prof. Dr. Klaus Töpfer (Minister:in)

Politiker ID: 11002335

Ja.

Dietmar Schütz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002093, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, sehen Sie es nicht als eine materielle Verschlechterung des Umweltrechts an, wenn Sie im Innenbereich überhaupt nicht mehr prüfen, ob da ein Eingriff vorliegt? Daß die naturschutzrechtlichen Belange überhaupt nicht mehr durchgeprüft werden, ist doch ein massiver Eingriff.

Prof. Dr. Klaus Töpfer (Minister:in)

Politiker ID: 11002335

Ich komme auf den Baurechtskompromiß sofort zurück, Herr Kollege Schütz. - Im Zusammenhang mit dem Bundes-Immissionsschutzgesetz und seinen Verordnungen und Verwaltungsvorschriften ist eine materielle Verschlechterung nirgends angemahnt worden. Das ist alles in Ordnung. Das ist offenbar ein klarer Ausfluß der hier schon mehrmals erwähnten Besorgnis einer ökologischen Selbstblockade. Der Begriff stammt ja nicht von irgendeinem der immer so hart kritisierten Interessenvertreter der Wirtschaft. Nebenbei bemerkt, meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion: Sprechen Sie doch einmal mit den Gewerkschaften über die Frage der ökologischen Selbstblockade und der Genehmigungsfristen! ({0}) Sie brauchen gar nicht immer nur in die Wirtschaft hineinzugucken. Bei den Gewerkschaften ist dieselbe Besorgnis vorhanden, nämlich daß wir zu schwierige, zu schwerfällige Genehmigungsverfahren haben und daß deswegen etwas geändert werden muß. Ich sage das noch einmal; das ist eine objektive Feststellung. Der Begriff stammt von dem Kollegen Matthiesen - ich zitiere ihn immer gem -, der darauf hingewiesen hat, daß diese ökologische Selbstblockade weg muß. Alle Änderungsvorstellungen und -vorschläge zu diesem Gesetz, die das Bundes-Immissionsschutzgesetz betreffen - ich betone: alle -, sind im Länderausschuß für Immissionsschutz unter dem Dauervorsitz von Nordrhein-Westfalen erörtert und so mit eingebracht worden. ({1}) - Herr Schütz, wenn Sie jetzt sagen, Sie hätten fast überall zugestimmt, dann sage ich: Es wäre gut gewesen, wenn Sie das auch hier gesagt und nicht den Eindruck erweckt hätten, als seien die Änderungen eine weitreichende Verschlechterung. ({2}) Wer kann denn wirklich daran zweifeln, daß es richtig ist, nach 10, 15 Jahren einmal in der Vierten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes nachzusehen. Eine Anlage, die vor 10 Jahren zu Recht in die Spalte 1 aufgenommen worden ist, also mit Öffentlichkeitsbeteiligung zu genehmigen ist, ist zu einer Routineangelegenheit geworden und kann jetzt durchaus in Spalte 2 ohne Öffentlichkeitsbeteiligung untergebracht werden. I Das ist doch kein Anschlag auf den Rechtsstaat. Das ist eine Notwendigkeit. Das hat übrigens, um das dazusagen, überhaupt nichts mit dem deutschen Einigungsprozeß zu tun. Das ist keine Regelung für die jungen Bundesländer, sondern für Deutschland insgesamt. Wir hätten schon seit langer Zeit darangehen müssen, das einmal zu überprüfen. ({3}) Nun zu einem zweiten Teilbereich, weil das ja auch immer als eine der ganz bedeutsamen Veränderungen angesehen wird. Eine Hochtemperaturverbrennungsanlage, die von einem Chemieunternehmen beantragt wird, wird nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigt. Wird dieselbe Anlage von einer öffentlichen Körperschaft für die Abfallbeseitigung beantragt, wird sie nach Abfallrecht im Planfeststellungsverfahren genehmigt. Ist es denn nicht naheliegend, daß wir das endlich harmonisieren? Das ist doch kein Anschlag auf irgendeine Beteiligung oder ein Bürgerrecht, sondern es ist vernünftig, daß wir hier in gleicher Weise reagieren. Was ist denn daran zu kritisieren? ({4}) Ich kann Ihnen natürlich gern weitere Beispiele dazu geben. Ich halte es jedenfalls für dringend notwendig, daß wir zumindest dieses Signal nach draußen bringen, damit nicht der Eindruck entsteht, hier wäre eine breite Diskussion über fürchterlich schlimme Dinge entflammt, obwohl wir doch in substantiellen Teilbereichen voll und ganz einer Meinung sind. Das gilt - um das deutlich zu sagen - bis hin zu dem inkriminierten § 15 Abs. 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes. Er ist im LAI praktisch so mit entwickelt worden und von dem Vorsitzenden des LAI mit eingebracht worden, nur mit dem kleinen Unterschied, daß man dort, wo „hat" stand, jetzt „soll" hineingeschrieben hat. Das ist die große Änderung. Ansonsten sind wir parteiübergreifend der gleichen Meinung. Also wenn wir einmal ein bißchen Luft aus der ganzen Sache herausnehmen, dann sehen wir auf einmal, daß wir uns auf etwas konzentrieren können, nämlich auf den Baurechtskompromiß. Darauf komme ich gern zurück. Interessanterweise spricht niemand vom UVP-Kompromiß, den wir mit der Frau Kollegin Schwaetzer ja auch erreicht haben. Danach ist nämlich die UVP-Pflichtigkeit der Bauleitplanung gewährleistet. Davon spricht niemand. ({5}) - Das ist nichts Neues. ({6})

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Herr Minister, Verzeihung. Davon spricht niemand. Aber über vieles andere wird offenbar im Moment im Raum gesprochen. Ich bitte Sie ein weiteres Mal herzlich, die Gespräche, die an den Rändern geführt werden und die hier ganz laut zu hören sind und den Ablauf stören - das gilt auch für Minister und Staatssekretäre -, zu beenden. - Bitte.

Prof. Dr. Klaus Töpfer (Minister:in)

Politiker ID: 11002335

Vielen Dank, Herr Präsident. Lassen Sie mich zu der Eingriffsregelung in aller Kürze noch etwas sagen. Ich gebe zunächst ganz unumwunden zu: Es ist ein Baurechtskompromiß. Ich kann nicht sagen, ich hätte hier alles gesichert oder weiterentwickelt, was unter dem Blickwinkel des puren Naturschutzes ideal wäre. Ich muß aber einen Kompromiß mittragen können, wenn es wichtige Entwicklungen in anderen Zielbereichen gibt, die vorankommen müssen. ({0}) Das kann ich doch nicht außer acht lassen. Ich rede hier nicht den Raben weiß, sondern ich sage, wir haben einen Kompromiß gemacht. Da geht es um die Frage, ob der verantwortbar ist oder nicht. Ich muß zunächst sagen, die Eingriffsregelung ist entgegen dem Eindruck, der hier erweckt worden ist, nicht gestrichen worden. Vielmehr ist sie im baurechtlichen Innenbereich verändert worden. Die Eingriffsregelung im Außenbereich ist völlig unberührt geblieben. Auch im Innenbereich soll die Eingriffsregelung nicht völlig abgeschafft werden. Es gilt aber, Doppelprüfungen zu vermeiden. Wer will das denn eigentlich kritisieren? Daß wir da nicht so ganz falsch liegen können, zeigt mir auch hier der Blick in die Bundesländer: In Baden-Württemberg gilt die Eingriffs- und Ausgleichsregelung überhaupt nicht im Innenbereich; das ist dort geltendes Recht. In Nordrhein-Westfalen gilt die Eingriffsregelung nicht für Wohngebäude. In Schleswig-Holstein gilt sie nicht für Vorhaben auf Grund von Bebauungsplänen. Überall sind genau diese Überlegungen doch mit drin. ({1}) Also kann es doch kein Grundfehler sein, wenn wir es jetzt generell machen. Auch hier rate ich uns dringend an, nicht irgendwo auf Barrikaden zu steigen, von denen wir hinterher nicht herunterkommen, sondern dieses - auch im Vertrauen darauf, daß Kommunalpolitiker das vernünftig nutzen können - dann aufzugreifen. Das ist meine dringende Empfehlung. ({2}) Mit Blick auf die Redezeit sage ich abschließend noch einmal: Ich halte es für eine gute Entwicklung, daß das Moratorium in den Beratungen dieses Hohen Hauses und in den Ausschüssen verändert worden ist. Ich halte es für gut, daß wir in Deutschland nicht ein zweifaches Recht haben. Ich halte es für richtig, daß wir eine - wenn Sie so sagen wollen - fünfjährige Experimentierphase haben, damit wir etwas mehr Flexibilität für die Bundesländer bekommen. Wir werden uns, Herr Kollege Jordan, im Bundesrat und in den Ausschüssen des Bundesrates sicherlich noch einmal sehr intensiv damit auseinandersetzen. ({3}) Ich freue mich jedenfalls auf die Diskussion. Ich bin ganz sicher, daß wir dem Auftrag der Umweltministerkonferenz nachgekommen sind, die ökologische Selbstblockade zu beseitigen, ohne daß wir vom materiellen Umweltrecht und bei der Öffentlichkeitsbeteiligung Abstriche machen, die nicht hinnehmbar sind. Ich danke Ihnen herzlich. ({4})

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Herr Kollege Briefs, Sie haben das Wort. ({0})

Dr. Ulrich Briefs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000266, Fraktion: Fraktionslos (Fraktionslos)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz ({0}) - seien Sie mal ruhig, Sie kriegen Ihr Fett schon noch ab - setzt die Bundesregierung ihrer verfehlten Wirtschafts- und Umweltpolitik die Krone auf. Angesichts der herannahenden Karnevalszeit kann man nur sagen: Es ist eine Narrenkrone. ({1}) Der vorliegende Gesetzentwurf ist der Gipfel der Rückschrittspolitik dieser Bundesregierung in Sachen Umweltschutz. Er steht jedoch nicht allein. Er ist zu sehen im Zusammenhang mit dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, mit dem Verkehrswegeplanungsvereinfachungsgesetz - was für ein Wort ({2}) und dem geplanten Gentechnikgesetz. Der BUND spricht deshalb zu Recht von einem Gesamtpaket zum Kahlschlag im Umweltschutz. ({3})

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Herr Kollege Briefs, darf ich Sie einen Moment unterbrechen?

Dr. Ulrich Briefs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000266, Fraktion: Fraktionslos (Fraktionslos)

Bitte.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Meine Damen und Herren, der Kollege Briefs hat noch über drei Minuten Redezeit, und nach ihm kommt ein Redner mit fünf Minuten Redezeit. Wenn Sie Gespräche zu führen haben, dann führen Sie sie bitte außerhalb des Saales! Und hören Sie dem Redner zu, wenn Sie im Saal sind!

Dr. Ulrich Briefs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000266, Fraktion: Fraktionslos (Fraktionslos)

Danke, Herr Präsident. - Ziel dieser Kahlschlagpolitik ist - ich zitiere die Arbeitsgruppe „Alternative Wirtschaftspolitik" erstens die Heraushaltung der lästigen Öffentlichkeit, zweitens den Schwarzen Peter für die vermurkste Anschlußpolitik und die konzeptionslose und deshalb erfolglose Wirtschaftspolitik der Bundesregierung dem Umwelt- und Naturschutz zuzuschieben, drittens den Eindruck rastlosen Bemühens, ja geradezu tatendurstigen Aktionismus' zur Beschleunigung des Prozesses des wirtschaftlichen Zusammenwachsens von Ost und West zu machen, viertens den sowieso ungeliebten Umwelt- und Naturschutz und auch die politische Umwelt- und Naturschutzbewegung wirkungslos zu machen. Scheinbar geht es um die Beseitigung von Investitionshemmnissen. In Wirklichkeit geht es um einen politischen Paradigmenwechsel zugunsten ungebremsten wirtschaftlichen Wachstums und zu Lasten der natürlichen Umwelt. Hierzu paßt auch das jeder Beschreibung spottende Durchpeitschverfahren, mit dem die Koalitionsmehrheit dieses Gesetz hier durchsetzt. Wie so viele gegenwärtige Vorhaben dieser Bundesregierung beruht dieses Gesetz auf einer grundlegenden Fehldiagnose. Das liegt daran, daß die Verantwortlichen dieser Bundesregierung allzu sehr auf die Aussagen der Absahner im Osten, denen das Absahnen immer noch nicht schnell genug geht, hören. ({0}) Ein früherer Mitarbeiter aus der Bundestagsfraktion der GRÜNEN, jetzt stellvertretender Landrat in einem der östlichen Landkreise und früher wahrhaftig kein Linker, berichtete mir in dieser Woche, wie dort im Osten - ich zitiere - „die finstersten Praktiken des Frühkapitalismus fröhliche Urstand feiern", zu Lasten der Menschen. Die Gründerjahre sind in Wahrheit großenteils Schwindlerjahre. Dabei übersieht die Bundesregierung, daß in den Flächennutzungsplänen in Ost und West längst ausreichend Wohnbauflächen und auch Gewerbebauflächen ausgewiesen sind. Bei entsprechenden Investitionsvorhaben werden nach Aussagen der Umweltschutzverbände nur 12 % aller Genehmigungsverfahren negativ bewertet. Die wirklichen Investitionshemmnisse sind ganz anderer Art. Es sind die ungeklärten Eigentumsverhältnisse, die offenen Vermögensfragen, es sind die nach wie vor unzureichend ausgestatteten öffentlichen Verwaltungen und die dadurch bedingten Verzögerungen. ({1})

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Herr Kollege Briefs, ich muß Sie noch einmal unterbrechen. ({0}) Meine Damen und Herren! Die fraktionslosen Abgeordneten, die meistens gegen Schluß einer Aussprache zu Wort kommen, haben - ob Sie nun ihre Vizepräsident Hans Klein Meinung teilen oder gegen diese Meinung sind - zumindest verdient, daß sie soviel angehört werden wie andere Abgeordnete auch. Und jetzt muß ich etwas sagen, was mir als Mitglied der CDU/CSU-Fraktion nicht leichtfällt. Aber die anderen Fraktionen sitzen auf ihren Plätzen, während diese Fraktion hinten Spalier steht und sich unterhält - und noch nicht einmal zur Kenntnis nimmt, was der Präsident sagt, ({1}) Herr Kollege Hollerith! Bitte fahren Sie fort.

Dr. Ulrich Briefs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000266, Fraktion: Fraktionslos (Fraktionslos)

Ich denke, das damit gezeigte Desinteresse entspricht dem hier ja praktizierten Durchpeitschverfahren. Die Hemmnisse vor allem für gewerbliche Investitionen, aber auch für den Wohnungsbau, sind drittens vor allem zu sehen - so wieder die Memo-Gruppe - in gesättigten Märkten, in hochmodernen zum Teil erheblich unterausgelasteten Kapazitäten im Westen, einer zu geringen Kaufkraft im Osten und der nach wie vor fehlenden Wiederbelebung der Ostmärkte. Nein, wer wirksam die Wohnungsnot in West und Ost bekämpfen und einen ökologisch verträglichen Aufbau im Osten bewerkstelligen will, muß an den wirklichen Ursachen ansetzen, der muß ansetzen beim Horten von Bauland aus Spekulationsgründen, der muß ansetzen mit einer Bodenwertsteigerungssteuer, der muß die Planung qualifizieren durch mehr Bürgerbeteiligung, ({0}) der muß Planungskonferenzen unter Beteiligung aller zuständigen Ämter und der Umweltverbände und die Zusammenführung von Raumordnungs-, Landes- und Abfallwirtschaftsplanung vorsehen. Nicht die Entfesselung z. B. der betrieblichen Entscheidungsprozesse bei Bauinvestitionen von Beteiligungs- und Umweltauflagen ist die richtige Antwort, sondern frühzeitige Transparentmachung betrieblicher Investitionsentscheidungen, z. B. durch Ansätze wie das Öko-Controlling, wie sie vom Institut für Ökologische Wirtschaftsforschung und von anderen entwickelt werden, die für jedes Investitionsvorhaben - ausgehend von stofflichen Inputs und Outputs - ein Ökoprofil abzuleiten erlauben und damit die entscheidenden zusätzlichen ökologisch bedeutsamen Investitionskriterien zu erstellen erlauben.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Herr Kollege Briefs, bitte kommen Sie zum Schluß.

Dr. Ulrich Briefs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000266, Fraktion: Fraktionslos (Fraktionslos)

Ähnliche Ansätze wären unter Zuhilfenahme von Systemen der Umweltschutzsoftware auch in dem öffentlichen Planungs- und Genehmigungsverfahren zu Grunde zu legen. Alles ist da, um durch intelligente Organisation dieser Verfahren - hierzu hat der BUND gute Vorschläge gemacht, und hierzu enthält auch der vorliegende SPD-Antrag gute Ansätze - und durch Nutzung moderner Informationstechniken eine wirksamere Planung und Genehmigung und mehr Umweltschutz zu erreichen. Was die Bundesregierung macht, ist dagegen sowohl umweltfeindlich als auch merkwürdig technikfeindlich, und es ist zudem auch nicht gerade freundlich gegenüber der ganz überwiegenden Mehrheit der betroffenen Menschen. Herr Präsident, ich danke Ihnen.

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Ich erteile das Wort dem Kollegen Wolfgang von Stetten.

Dr. Wolfgang Stetten (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002247, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf die unerträglichen, unausgegorenen sozialistischen Äußerungen meines Vorredners will ich nicht eingehen. Es lohnt sich einfach nicht. ({0}) Der vorliegende Gesetzentwurf ist eine gute und brauchbare Grundlage zur Beschleunigung und Vereinfachung der Verfahren, und die Bürger - übrigens auch die, die heute aufgeregt gegen uns polemisieren - werden der CDU/CSU/F.D.P.-Koalition dankbar sein, wenn diese Entbürokratisierung greift und Bauen schneller und Bauland billiger wird. Gegen dieses Gesetz bestehen vom Rechtsausschuß keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Aber auch der eingeführte Artikel 11 a zur Problematik der Wohnungsumwandlung löst das zu Grunde liegende Problem, wenngleich ich zugeben muß, daß es ein Spagat zwischen eigentumsrechtlichen Ansprüchen und berechtigten Belangen von Mietern ist. Ältere und kranke Bewohner von Mietshäusern sollen im Falle von Umwandlung von Miethäusern in Eigentumswohnungen in Zukunft besser geschützt werden. Dieser bessere Schutz war notwendig, als die geübte Praxis vieler Großstädte, die Abgeschlossenheitsbescheinigung zu versagen, vom Gemeinsamen Senat aufgehoben wurde. In der Tat setzte, weil ein Antragsstau da war, eine Flut von Umwandlungsanträgen ein, die in Kerngebieten erhebliche Unruhe schaffte. Obwohl das BGB eine drei- bzw. fünfjährige Sperre für Kündigungen vorsieht, waren Mieter, insbesondere ältere Bewohner, verängstigt und auch durch sogenannte Entmietungsmethoden nicht gerade erfreulicher „Entmietungshaie" aus ihren Wohnungen vertrieben. Um diese oft seit Jahrzehnten wohnende Generation zu schützen, wurde von den Ländern und der CSU mit Nachdruck ein Genehmigungsvorhalt gefordert. In sehr umfangreichen, langwierigen Verhandlungen wurde aber anstelle der wohnbaurechtlichen Lösung eines eventuell möglichen 22 a Baugesetzbuch ausreichenden mietrechtlichen Bestimmungen der Vorzug gegeben. Meine Damen und Herren, diese Bestimmungen sehen vor, daß die Landesregierungen ermächtigt werden, durch Rechtsverordnungen Gebiete zu bestimmen, in denen die Stellung von Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist. Dort werden dann die berechtigten Interessen eines Vermieters nicht berücksichtigt, wenn die vertragsmäßige Beendigung des MietverDr. Wolfgang Freiherr von Stetten hältnisses wegen des Alters, des Gesundheitszustandes oder auch eines bei dem Mieter lebenden Familienangehörigen eine nicht zu rechtfertigende Härte bedeuten würde. In einem solchen Falle - und das nehmen Sie bitte zur Kenntnis - besteht überhaupt kein Kündigungsrecht. In allen anderen Fällen ist die Kündigung vor Ablauf von sieben Jahren nach der Veräußerung nicht möglich, es sei denn, hier wurde dem Vermieter die Möglichkeit gegeben, Ersatzwohnraum zu entsprechenden Bedingungen zu stellen. Als besonders wichtiges Element haben wir aufgenommen, daß diese Kündigungsbeschränkungen den Mietern von der Behörde und nicht vom Vermieter mitzuteilen sind. Dadurch wird ein amtlicher Charakter der Information erzeugt und den Mietern die Sorge vor schneller und urgesetzmäßiger Kündigung genommen. Dies ist deswegen ein sozial außerordentlich angemessenes Gesetz, aber kein sozialistisches Gesetz, Gott sei Dank. Durch diese Ergebnisse wurde erreicht, daß die Aufteilung von Wohnungen oder Mietbauwohnungen in Wohnungseigentum nicht behindert wird, lediglich ist die Beschränkung der Eigentumswohnung zur Verwertung eingesetzt. Meine Damen und Herren, diese Gesetzesbestimmungen wurden bewußt nicht in das BGB auf genommen, um festzuhalten, daß die zeitliche Begrenztheit dieser Schutzmaßnahme beabsichtigt ist. Sie gilt nur für Altbaubestände und behindert die Schaffung von Wohnungseigentum in Neubauten nicht, die wir weiterhin nachdrücklich fördern. Das ist durch dieses Gesetz gewährleistet. Allen Belangen ist Rechnung getragen. Danke schön. ({1})

Hans Klein (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001114

Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung. *) Mit Ihrem Einverständnis führen wir zunächst die vier namentlichen Abstimmungen durch. Drei namentliche Abstimmungen beziehen sich auf Änderungsanträge der Fraktion der SPD. Die vierte namentliche Abstimmung erfolgt zu der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau zu dem Antrag der Fraktion der SPD zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren im Umweltbereich. Nach den namentlichen Abstimmungen führen wir die Abstimmungen zum Gesetzentwurf durch, die nicht namentlich sind. Ich gehe davon aus, daß dann die Ergebnisse der namentlichen Abstimmungen vorliegen. Notfalls werde ich die Sitzung kurz unterbrechen. - Dagegen erhebt sich kein Widerspruch. Dann können wir so verfahren. Zuerst stimmen wir über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 12/4331 ab. Er betrifft Art. 1 des Gesetzentwurfs. Ich eröffne die Abstimmung. - Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme nicht abgegeben hat? - *) Erklärung zur Abstimmung Anlage 3 Ich schließe die Abstimmung. *) Ich bitte die Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Meine Damen und Herren, wir stimmen jetzt über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 12/4334 ab. Er betrifft die Art. 4 a und 4 b des Gesetzentwurfs. Ich eröffne die Abstimmung. - Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme nicht abgegeben hat? - Das ist offensichtlich nicht der Fall. Ich schließe die Abstimmung. **) Ich bitte die Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. - Meine Damen und Herren! Wir stimmen jetzt über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 12/4336 ab. Er betrifft Art. 5 des Gesetzentwurfs. Ich eröffne die Abstimmung. Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme nicht abgegeben hat? - Das war eine Beschleunigungsfrage. Sind alle Stimmen abgegeben worden? - Dann schließe ich die Abstimmung und bitte die Schriftführer auszuzählen. ***) Meine Damen und Herren, wir kommen zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau zu dem Antrag der Fraktion der SPD zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren. Der Ausschuß empfiehlt unter Nr. 3 seiner Beschlußempfehlung auf Drucksache 12/4317, den Antrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 12/3948 abzulehnen. Wer für die Beschlußempfehlung stimmen will, muß also mit Ja stimmen. Die Fraktion der SPD verlangt auch hier namentliche Abstimmung. Ich eröffne die Abstimmung. - Meine Damen und Herren, ich weise darauf hin, daß noch eine Serie von wichtigen Abstimmungen stattfindet. - Sind alle Stimmen abgegeben? - Dann schließe ich die Abstimmung und bitte die Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis wird etwas später bekanntgegeben. ****) Meine Damen und Herren, die parlamentarische Arbeit wird im wesentlichen im Sitzen ausgeübt! ({0}) Wir setzen die Abstimmung fort und kommen zu den weiteren, nicht namentlichen Abstimmungen über den Gesetzentwurf. Bevor ich Art. 1 aufrufe, darf ich Ihnen das von den Schriftführern und Schriftführerinnen ermittelte Ergebnis der ersten namentlichen Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 12/4331 bekanntgeben: Abgegebene *) Ergebnis Seite 12204 A **) Ergebnis Seite 12206A ***) Ergebnis Seite 12208 A ****) Ergebnis Seite 12210D Vizepräsident Hans Klein Stimmen 512, davon ungültig: keine. Mit Ja haben gestimmt 190, mit Nein 315 Abgeordnete; Enthaltungen: 7. Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 510; davon: ja: 189 nein: 314 enthalten: 7 Ja CDU/CSU Dr. Faltlhauser, Kurt Klein ({1}), Hans Dr. Riedl ({2}), Erich Dr. Wittmann, Fritz SPD Adler, Brigitte Andres, Gerd Antretter, Robert Bachmaier, Hermann Barbe, Angelika Bartsch, Holger Becker-Inglau, Ingrid Beucher, Friedhelm Julius Bindig, Rudolf Bock, Thea Dr. Böhme ({3}), Ulrich Börnsen ({4}), Arne Dr. Brecht, Eberhard Büchner ({5}), Peter Dr. von Bülow, Andreas Büttner ({6}), Hans Burchardt, Ursula Bury, Hans Martin Caspers-Merk, Marion Catenhusen, Wolf-Michael Conradi, Peter Dr. Däubler-Gmelin, Herta Daubertshäuser, Klaus Diller, Karl Dreßler, Rudolf Duve, Freimut Ebert, Eike Dr. Eckardt, Peter Dr. Ehmke ({7}), Horst Dr. Elmer, Konrad Esters, Helmut Ewen, Carl Ferner, Elke Fischer ({8}), Evelin Fischer ({9}), Lothar Formanski, Norbert Fuchs ({10}), Anke Fuchs ({11}), Katrin Fuhrmann, Arne Ganseforth, Monika Gansel, Norbert Gilges, Konrad Gleicke, Iris Dr. Glotz, Peter Großmann, Achim Haack ({12}), Karl Hermann Habermann, Michael Hacker, Hans-Joachim Hampel, Manfred Hanewinckel, Christel Dr. Hartenstein, Liesel Heistermann, Dieter Hilsberg, Stephan Dr. Holtz, Uwe Iwersen, Gabriele Jäger, Renate Janz, Ilse Dr. Janzen, Ulrich Jaunich, Horst Dr. Jens, Uwe Jung ({13}), Volker Kastner, Susanne Kirschner, Klaus Klappert, Marianne Dr. Klejdzinski, Karl-Heinz Klemmer, Siegrun Dr. Knaape, Hans-Hinrich Körper, Fritz Rudolf Kolbow, Walter Koltzsch, Rolf Kubatschka, Horst Dr. Kübler, Klaus Kuessner, Hinrich Dr. Küster, Uwe Kuhlwein, Eckart Lambinus, Uwe Lange, Brigitte von Larcher, Detlev Lennartz, Klaus Dr. Leonhard-Schmid, Elke Lohmann ({14}), Klaus Dr. Lucyga, Christine Maaß ({15}), Dieter Mascher, Ulrike Matschie, Christoph Mattischeck, Heide Meißner, Herbert Dr. Mertens ({16}), Franz-Josef Dr. Meyer ({17}), Jürgen Mosdorf, Siegmar Müller ({18}), Michael Müller ({19}), Jutta Müller ({20}), Christian Neumann ({21}), Gerhard Dr. Niehuis, Edith Dr. Niese, Rolf Niggemeier, Horst Odendahl, Doris Opel, Manfred Ostertag, Adolf Dr. Otto, Helga Paterna, Peter Peter ({22}), Horst Dr. Pfaff, Martin Reimann, Manfred von Renesse, Margot Rennebach, Renate Reschke, Otto Reuter, Bernd Rixe, Günter Roth, Wolfgang Schaich-Walch, Gudrun Schanz, Dieter Dr. Scheer, Hermann Scheffler, Siegfried Willy Schily, Otto Schloten, Dieter Schluckebier, Günter Schmidbauer ({23}), Horst Schmidt ({24}), Ursula Dr. Schmude, Jürgen Schöler, Walter Schreiner, Ottmar Schröter, Gisela Schröter, Karl-Heinz Schütz, Dietmar Dr. Schuster, R. Werner Schwanhold, Ernst Seidenthal, Bodo Seuster, Lisa Sielaff, Horst Simm, Erika Singer, Johannes Dr. Sonntag-Wolgast, Cornelie Sorge, Wieland Dr. Sperling, Dietrich Steiner, Heinz-Alfred Dr. Struck, Peter Tappe, Joachim Terborg, Margitta Dr. Thalheim, Gerald Thierse, Wolfgang Titze-Stecher, Uta Toetemeyer, Hans-Günther Urbaniak, Hans-Eberhard Vergin, Siegfried Voigt ({25}), Karsten D. Wagner, Hans Georg Wallow, Hans, Dr. Wegner, Konstanze Weiermann, Wolfgang Weiler, Barbara Weis ({26}), Reinhard Weisheit, Matthias Weißgerber, Gunter Weisskirchen ({27}), Gert Welt, Jochen Dr. Wernitz, Axel Wester, Hildegard Westrich, Lydia Dr. Wetzel, Margrit Weyel, Gudrun Dr. Wieczorek, Norbert Wiefelspütz, Dieter Dr. de With, Hans Wittich, Berthold Zapf, Uta Dr. Zöpel, Christoph PDS/Linke Liste Bläss, Petra Dr. Enkelmann, Dagmar Dr. Fischer, Ursula Dr. Fuchs, Ruth Dr. Gysi, Gregor Henn, Bernd Dr. Heuer, Uwe-Jens Dr. Höll, Barbara Jelpke, Ulla Dr. Keller, Dietmar Lederer, Andrea Philipp, Ingeborg Dr. Schumann ({28}), Fritz Dr. Seifert, Ilja Stachowa, Angela BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Weiß ({29}), Konrad Fraktionslos Dr. Briefs, Ulrich Nein CDU/CSU Dr. Ackermann, Else Dr. Altherr, Walter Franz Augustin, Anneliese Augustinowitz, Jürgen Bargfrede, Heinz-Günter Dr. Bauer, Wolf Baumeister, Brigitte Bayha, Richard Belle, Meinrad Dr. Bergmann-Pohl, Sabine Bierling, Hans-Dirk Dr. Blank, Joseph-Theodor Blank, Renate Dr. Blens, Heribert Bleser, Peter Dr. Blüm, Norbert Böhm ({30}), Wilfried Dr. Bötsch, Wolfgang Bohl, Friedrich Bohlsen, Wilfried Borchert, Jochen Brähmig, Klaus Breuer, Paul Brudlewsky, Monika Brunnhuber, Georg Bühler ({31}), Klaus Büttner ({32}), Hartmut Buwitt, Dankward Carstensen ({33}), Peter Harry Clemens, Joachim Deres, Karl Deß, Albert Diemers, Renate Dörflinger, Werner Doss, Hansjürgen Dr. Dregger, Alfred Ehlers, Wolfgang Ehrbar, Udo Eichhorn, Maria Engelmann, Wolfgang Eppelmann, Rainer Eylmann, Horst Falk, Ilse Fischer ({34}), Leni Fockenberg, Winfried Francke ({35}), Klaus Dr. Friedrich, Gerhard Fritz, Erich G. Fuchtel, Hans-Joachim Ganz ({36}), Johannes Dr. Geiger ({37}), Sissy Geis, Norbert Gibtner, Horst Dr. Göhner, Reinhard Göttsching, Martin Götz, Peter Dr. Götzer, Wolfgang Gres, Joachim Grochtmann, Elisabeth Gröbl, Wolfgang Grotz, Claus-Peter Günther ({38}), Horst Frhr. von Hammerstein, Carl-Detlev Harries, Klaus Haschke ({39}), Gottfried Haschke ({40}), Udo Hasselfeldt, Gerda Haungs, Rainer Hauser ({41}), Otto Hedrich, Klaus-Jürgen Heise, Manfred Dr. Hellwig, Renate Dr. h. c. Herkenrath, Adolf Hinsken, Ernst Hintze, Peter Hörsken, Heinz-Adolf Hörster, Joachim Dr. Hoffacker, Paul Hollerith, Josef Dr. Hornhues, Karl-Heinz Hornung, Siegfried Vizepräsident Hans Klein Hüppe, Hubert Jäger, Claus Jaffke, Susanne Dr. Jahn ({42}), Friedrich-Adolf Janovsky, Georg Jeltsch, Karin Dr. -Ing. Jork, Rainer Junghanns, Ulrich Dr. Kahl, Harald Kampeter, Steffen Dr. -Ing. Kansy, Dietmar Keller, Peter Kiechle, Ignaz Kittelmann, Peter Klein ({43}), Günter Klinkert, Ulrich Köhler ({44}), Hans-Ulrich Dr. Köhler ({45}), Volkmar Kolbe, Manfred Kors, Eva-Maria Koschyk, Hartmut Kraus, Rudolf Dr. Krause ({46}), Rudolf Karl Krause ({47}), Wolfgang Krey, Franz Heinrich Kriedner, Arnulf Kronberg, Heinz-Jürgen Dr. -Ing. Krüger, Paul Krziskewitz, Reiner Lamers, Karl Dr. Lammert, Norbert Lamp, Helmut Johannes Lattmann, Herbert Dr. Laufs, Paul Laumann, Karl Josef Lehne, Klaus-Heiner Dr. Lehr, Ursula-Maria Lenzer, Christian Limbach, Editha Link ({48}), Walter Lintner, Eduard Dr. Lippold ({49}), Klaus W. Dr. Lischewski, Manfred Löwisch, Sigrun Lohmann ({50}), Wolfgang Louven, Julius Lummer, Heinrich Dr. Luther, Michael Maaß ({51}), Erich Männle, Ursula Magin, Theo Dr. Mahlo, Dietrich Marienfeld, Claire Marschewski, Erwin Marten, Günter Dr. Mayer ({52}), Martin Meckelburg, Wolfgang Meinl, Rudolf Horst Dr. Meseke, Hedda Dr. Meyer zu Bentrup, Reinhard Michalk, Maria Michels, Meinolf Dr. Möller, Franz Molnar, Thomas Müller ({53}), Elmar Müller ({54}), Hans-Werner Nelle, Engelbert Niedenthal, Erhard Nolte, Claudia Ost, Friedhelm Oswald, Eduard Otto ({55}), Norbert Dr. Päselt, Gerhard Dr. Paziorek, Peter Petzold, Ulrich Pfeffermann, Gerhard O. Pfeifer, Anton Dr. Pinger, Winfried Pofalla, Ronald Dr. Pohler, Hermann Priebus, Rosemarie Dr. Probst, Albert Dr. Protzner, Bernd Pützhofen, Dieter Rahardt-Vahldieck, Susanne Raidel, Hans Dr. Ramsauer, Peter Rau, Rolf Rauen, Peter Harald Rawe, Wilhelm Reddemann, Gerhard Reichenbach, Klaus Dr. Reinartz, Bertold Repnik, Hans-Peter Dr. Rieder, Norbert Riegert, Klaus Ringkamp, Werner Rode ({56}), Helmut Romer, Franz-Xaver Dr. Rose, Klaus Rossmanith, Kurt J. Roth ({57}), Adolf Rother, Heinz Dr. Ruck, Christian Rühe, Volker Dr. Rüttgers, Jürgen Sauer ({58}), Helmut Schätzle, Ortrun Dr. Schäuble, Wolfgang Scharrenbroich, Heribert Schartz ({59}), Günther Schemken, Heinz Schmidbauer, Bernd Schmidt ({60}), Christian Dr.-Ing. Schmidt ({61}), Joachim Schmidt ({62}), Andreas Schmidt ({63}), Trudi Schmitz ({64}), Hans Peter Dr. Schockenhoff, Andreas Graf von SchönburgGlauchau, Joachim Dr. Scholz, Rupert Frhr. von Schorlemer, Reinhard Dr. Schreiber, Harald Schulhoff, Wolfgang Dr. Schulte ({65}), Dieter Schulz ({66}), Gerhard Schwalbe, Clemens Schwarz, Stefan Dr. Schwörer, Hermann Seesing, Heinrich Seibel, Wilfried Sikora, Jürgen Skowron, Werner H. Sothmann, Bärbel Spilker, Karl-Heinz Dr. Sprung, Rudolf Steinbach-Hermann, Erika Dr. Stercken, Hans Dr. Frhr. von Stetten, Wolfgang Stockhausen, Karl Strube, Hans-Gerd Stübgen, Michael Dr. Süssmuth, Rita Susset, Egon Dr. Töpfer, Klaus Dr. Uelhoff, Klaus-Dieter Uldall, Gunnar Vogel ({67}), Friedrich Vogt ({68}), Wolfgang Dr. Vondran, Ruprecht Graf von Waldburg-Zeil, Alois Dr. Warrikoff, Alexander Werner ({69}), Herbert Wetzel, Kersten Wiechatzek, Gabriele Dr. Wilms, Dorothee Wilz, Bernd Wimmer ({70}), Willy Dr. Wisniewski, Roswitha Wissmann, Matthias Wittmann ({71}), Simon Wonneberger, Michael Wülfing, Elke Würzbach, Peter Kurt Yzer, Cornelia Zeitlmann, Wolfgang Zierer, Benno Zöller, Wolfgang F.D.P. Albowitz, Ina Baum, Gerhart Rudolf Beckmann, Klaus Dr. Blunk ({72}), Michaela Bredehorn, Günther Cronenberg ({73}), Dieter-Julius Eimer ({74}), Norbert Engelhard, Hans A. van Essen, Jörg Dr. Feldmann, Olaf Friedhoff, Paul K. Friedrich, Horst Funke, Rainer Dr. Funke-Schmitt-Rink, Margret Gallus, Georg Ganschow, Jörg Gries, Ekkehard Grüner, Martin Günther ({75}), Joachim Dr. Guttmacher, Karlheinz Hansen, Dirk Heinrich, Ulrich Dr. Hirsch, Burkhard Dr. Hitschler, Walter Homburger, Birgit Dr. Hoth, Sigrid Dr. Hoyer, Werner Irmer, Ulrich Kleinert ({76}), Detlef Kohn, Roland Koppelin, Jürgen Dr. Graf Lambsdorff, Otto Leutheusser-Schnarrenberger, Sabine Lühr, Uwe Dr. Menzel, Bruno Möllemann, Jürgen W. Nolting, Günther Friedrich Dr. Ortleb, Rainer Paintner, Johann Peters, Lisa Dr. Pohl, Eva Richter ({77}), Manfred Rind, Hermann Dr. Röhl, Klaus Schäfer ({78}), Helmut Schmidt ({79}), Arno Dr. Schmieder, Jürgen Dr. Schnittler, Christoph Schüßler, Gerhard Schuster, Hans Dr. Schwaetzer, Irmgard Sehn, Marita Seiler-Albring, Ursula Dr. Semper, Sigrid Dr. Solms, Hermann Otto Dr. Starnick, Jürgen Dr. von Teichman, Cornelia Dr. Thomae, Dieter Timm, Jürgen Türk, Jürgen Walz, Ingrid Wolfgramm ({80}), Torsten Würfel, Uta Zurheide, Burkhard Zywietz, Werner Enthalten CDU/CSU Dr. Jüttner, Egon BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Dr. Feige, Klaus-Dieter Poppe, Gerd Schenk, Christina Schulz ({81}), Werner Dr. Ullmann, Wolfgang Fraktionslos Lowack, Ortwin Der Antrag ist abgelehnt. Ich rufe Art. 1 auf. Über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 12/4331 haben wir namentlich abgestimmt. Der Änderungsantrag ist, wie bekanntgegeben, abgelehnt. Ich bitte diejenigen, die dem Art. 1 in der Ausschußfassung mit den vom Berichterstatter vorgetragenen Berichtigungen zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Art. 1 ist angenommen. Ich rufe Art. 2 auf. Hierzu liegt auf Drucksache 12/4332 ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD vor. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? 12206 Vizepräsident Hans Klein Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist abgelehnt. Wer stimmt für Art. 2 in der Ausschußfassung mit den vom Berichterstatter vorgetragenen Berichtigungen? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich seiner Stimme? - Art. 2 ist angenommen. Ich rufe Art. 3 in der Ausschußfassung auf und bitte diejenigen, die zustimmen wollen, um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Art. 3 ist angenommen. Ich rufe Art. 4 auf. Hierzu liegt auf Drucksache 12/4333 ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD vor. Wer stimmt für den Änderungsantrag? Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist abgelehnt. Wer stimmt für Art. 4 in der Ausschußfassung? - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Art. 4 ist angenommen. Die zweite namentliche Abstimmung betraf den Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 12/4334. Damit wurde die Einfügung eines Art. 4 a und eines Art. 4 b beantragt. Ich gebe Ihnen das von den Schriftführern und Schriftführerinnen ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung darüber bekannt. Abgegebene Stimmen: 512. Ungültige Stimmen: keine. Mit Ja haben gestimmt: 185. Mit Nein: 319. 8 Kolleginnen und Kollegen haben sich der Stimme enthalten. Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 511; davon: ja: 184 nein: 319 enthalten: 8 Ja SPD Adler, Brigitte Andres, Gerd Antretter, Robert Bachmaier, Hermann Barbe, Angelika Bartsch, Holger Becker-Inglau, Ingrid Beucher, Friedhelm Julius Bindig, Rudolf Bock, Thea Dr. Böhme ({82}), Ulrich Börnsen ({83}), Arne Dr. Brecht, Eberhard Büchner ({84}), Peter Dr. von Bülow, Andreas Büttner ({85}), Hans Burchardt, Ursula Bury, Hans Martin Caspers-Merk, Marion Catenhusen, Wolf-Michael Conradi, Peter Dr. Däubler-Gmelin, Herta Daubertshäuser, Klaus Diller, Karl Dreßler, Rudolf Duve, Freimut Ebert, Eike Dr. Eckardt, Peter Dr. Ehmke ({86}), Horst Dr. Elmer, Konrad Esters, Helmut Ewen, Carl Ferner, Elke Fischer ({87}), Evelin Fischer ({88}), Lothar Formanski, Norbert Fuchs ({89}), Anke Fuchs ({90}), Katrin Fuhrmann, Arne Ganseforth, Monika Gansel, Norbert Gilges, Konrad Gleicke, Iris Dr. Glotz, Peter Großmann, Achim Haack ({91}), Karl Hermann Habermann, Michael Hacker, Hans-Joachim Hampel, Manfred Hanewinckel, Christel Dr. Hartenstein, Liesel Heistermann, Dieter Hilsberg, Stephan Dr. Holtz, Uwe Iwersen, Gabriele Jäger, Renate Janz, Ilse Dr. Janzen, Ulrich Jaunich, Horst Dr. Jens, Uwe Jung ({92}), Volker Kastner, Susanne Kirschner, Klaus Klappert, Marianne Dr. Klejdzinski, Karl-Heinz Klemmer, Siegrun Dr. Knaape, Hans-Hinrich Körper, Fritz Rudolf Kolbow, Walter Koltzsch, Rolf Kubatschka, Horst Dr. Kübler, Klaus Kuessner, Hinrich Dr. Küster, Uwe Kuhlwein, Eckart Lambinus, Uwe Lange, Brigitte von Larcher, Detlev Lennartz, Klaus Dr. Leonhard-Schmid, Elke Lohmann ({93}), Klaus Dr. Lucyga, Christine Maaß ({94}), Dieter Mascher, Ulrike Matschie, Christoph Mattischeck, Heide Meißner, Herbert Dr. Mertens ({95}), Franz-Josef Dr. Meyer ({96}), Jürgen Mosdorf, Siegmar Müller ({97}), Michael Müller ({98}), Jutta Müller ({99}), Christian Neumann ({100}), Gerhard Dr. Niehuis, Edith Dr. Niese, Rolf Niggemeier, Horst Odendahl, Doris Opel, Manfred Ostertag, Adolf Dr. Otto, Helga Paterna, Peter Peter ({101}), Horst Dr. Pfaff, Martin Reimann, Manfred von Renesse, Margot Rennebach, Renate Reschke, Otto Reuter, Bernd Rixe, Günter Roth, Wolfgang Schaich-Walch, Gudrun Schanz, Dieter Dr. Scheer, Hermann Scheffler, Siegfried Schily, Otto Schloten, Dieter Schluckebier, Günter Schmidbauer ({102}), Horst Schmidt ({103}), Ursula Dr. Schmude, Jürgen Schöler, Walter Schreiner, Ottmar Schröter, Gisela Schröter, Karl-Heinz Schütz, Dietmar Dr. Schuster, R. Werner Schwanhold, Ernst Seidenthal, Bodo Seuster, Lisa Sielaff, Horst Simm, Erika Singer, Johannes Dr. Sonntag-Wolgast, Cornelie Sorge, Wieland Dr. Sperling, Dietrich Steiner, Heinz-Alfred Dr. Struck, Peter Tappe, Joachim Terborg, Margitta Dr. Thalheim, Gerald Thierse, Wolfgang Titze-Stecher, Uta Toetemeyer, Hans-Günther Urbaniak, Hans-Eberhard Vergin, Siegfried Voigt ({104}), Karsten D. Wagner, Hans Georg Wallow, Hans Dr. Wegner, Konstanze Weiermann, Wolfgang Weiler, Barbara Weis ({105}), Reinhard Weisheit, Matthias Weißgerber, Gunter Weisskirchen ({106}), Gert Welt, Jochen Dr. Wernitz, Axel Wester, Hildegard Westrich, Lydia Dr. Wetzel, Margrit Weyel, Gudrun Dr. Wieczorek, Norbert Wiefelspütz, Dieter Dr. de With, Hans Wittich, Berthold Zapf, Uta Dr. Zöpel, Christoph PDS/Linke Liste Bläss, Petra Dr. Enkelmann, Dagmar Dr. Fischer, Ursula Dr. Fuchs, Ruth Dr, Gysi, Gregor Henn, Bernd Dr. Heuer, Uwe-Jens Dr. Höll, Barbara Jelpke, Ulla Dr. Keller, Dietmar Lederer, Andrea Philipp, Ingeborg Dr. Schumann ({107}), Fritz Dr. Seifert, Ilja Stachowa, Angela Fraktionslos Dr. Briefs, Ulrich Nein CDU/CSU Dr. Ackermann, Else Dr. Altherr, Walter Franz Augustin, Anneliese Augustinowitz, Jurgen Bargfrede, Heinz-Günter Dr. Bauer, Wolf Baumeister, Brigitte Bayha, Richard Belle, Meinrad Dr. Bergmann-Pohl, Sabine Bierling, Hans-Dirk Dr. Blank, Joseph-Theodor Blank, Renate Dr. Blens, Heribert Bleser, Peter Dr. Blüm, Norbert Böhm ({108}), Wilfried Dr. Bötsch, Wolfgang Bohl, Friedrich Bohlsen, Wilfried Borchert, Jochen Brähmig, Klaus Vizepräsident Hans Klein Breuer, Paul Brudlewsky, Monika Brunnhuber, Georg Bühler ({109}), Klaus Büttner ({110}), Hartmut Buwitt, Dankward Carstensen ({111}), Peter Harry Clemens, Joachim Deres, Karl Deß, Albert Diemers, Renate Dörflinger, Werner Doss, Hansjürgen Dr. Dregger, Alfred Ehlers, Wolfgang Ehrbar, Udo Eichhorn, Maria Engelmann, Wolfgang Eppelmann, Rainer Eylmann, Horst Falk, Ilse Dr. Faltlhauser, Kurt Fischer ({112}), Leni Fockenberg, Winfried Francke ({113}), Klaus Dr. Friedrich, Gerhard Fritz, Erich G. Fuchtel, Hans-Joachim Ganz ({114}), Johannes Dr. Geiger ({115}), Sissy Geis, Norbert Gibtner, Horst Dr. Göhner, Reinhard Göttsching, Martin Götz, Peter Dr. Götzer, Wolfgang Gres, Joachim Grochtmann, Elisabeth Gröbl, Wolfgang Grotz, Claus-Peter Günther ({116}), Horst Frhr. von Hammerstein, Carl-Detlev Harries, Klaus Haschke ({117}), Gottfried Haschke ({118}), Udo Hasselfeldt, Gerda Haungs, Rainer Hauser ({119}), Otto Hedrich, Klaus-Jürgen Heise, Manfred Dr. Hellwig, Renate Dr. h. c. Herkenrath, Adolf Hinsken, Ernst Hintze, Peter Hörsken, Heinz-Adolf Hörster, Joachim Dr. Hoffacker, Paul Hollerith, Josef Dr. Hornhues, Karl-Heinz Hornung, Siegfried Hüppe, Hubert Jäger, Claus Jaffke, Susanne Dr. Jahn ({120}), Friedrich-Adolf Janovsky, Georg Jeltsch, Karin Dr. -Ing. Jork, Rainer Junghanns, Ulrich Dr. Kahl, Harald Kampeter, Steffen Dr. -Ing. Kansy, Dietmar Keller, Peter Kiechle, Ignaz Kittelmann, Peter Klein ({121}), Günter Klein ({122}), Hans Klinkert, Ulrich Köhler ({123}), Hans-Ulrich Dr. Köhler ({124}), Volkmar Kolbe, Manfred Kors, Eva-Maria Koschyk, Hartmut Kraus, Rudolf Dr. Krause ({125}), Rudolf Karl Krause ({126}), Wolfgang Krey, Franz Heinrich Kriedner, Arnulf Kronberg, Heinz-Jürgen Dr. -Ing. Krüger, Paul Krziskewitz, Reiner Lamers, Karl Dr. Lammert, Norbert Lamp, Helmut Lattmann, Herbert Dr. Laufs, Paul Laumann, Karl-Josef Lehne, Klaus-Heiner Dr. Lehr, Ursula Lenzer, Christian Limbach, Editha Link ({127}), Walter Lintner, Eduard Dr. Lippold ({128}), Klaus W. Dr. Lischewski, Manfred Löwisch, Sigrun Lohmann ({129}), Wolfgang Louven, Julius Lummer, Heinrich Dr. Luther, Michael Maaß ({130}), Erich Männle, Ursula Magin, Theo Dr. Mahlo, Dietrich Marienfeld, Claire Marschewski, Erwin Marten, Günter Dr. Mayer ({131}), Martin Meckelburg, Wolfgang Meinl, Rudolf Dr. Meseke, Hedda Dr. Meyer zu Bentrup, Reinhard Michalk, Maria Michels, Meinolf Dr. Möller, Franz Molnar, Thomas Müller ({132}), Elmar Müller ({133}), Hans-Werner Nelle, Engelbert Niedenthal, Erhard Nolte, Claudia Ost, Friedhelm Oswald, Eduard Otto ({134}), Norbert Dr. Päselt, Gerhard Dr. Paziorek, Peter Petzold, Ulrich Pfeffermann, Gerhard O. Pfeifer, Anton Dr. Pflüger, Friedbert Dr. Pinger, Winfried Pofalla, Ronald Dr. Pohler, Hermann Priebus, Rosemarie Dr. Probst, Albert Dr. Protzner, Bernd Pützhofen, Dieter Rahardt-Vahldieck, Susanne Raidel, Hans Dr. Ramsauer, Peter Rau, Rolf Rauen, Peter Harald Rawe, Wilhelm Reddemann, Gerhard Reichenbach, Klaus Dr. Reinartz, Bertold Repnik, Hans-Peter Dr. Rieder, Norbert Dr. Riedl ({135}), Erich Riegert, Klaus Ringkamp, Werner Rode ({136}), Helmut Romer, Franz Dr. Rose, Klaus Rossmanith, Kurt J. Roth ({137}), Adolf Rother, Heinz Dr. Ruck, Christian Rühe, Volker Dr. Rüttgers, Jürgen Sauer ({138}), Helmut Schätzle, Ortrun Dr. Schäuble, Wolfgang Scharrenbroich, Heribert Schartz ({139}), Günther Schemken, Heinz Schmidbauer, Bernd Schmidt ({140}), Christian Dr.-Ing. Schmidt ({141}), Joachim Schmidt ({142}), Andreas Schmidt ({143}), Trudi Schmitz ({144}), Hans Peter Dr. Schockenhoff, Andreas Graf von SchönburgGlauchau, Joachim Dr. Scholz, Rupert Frhr. von Schorlemer, Reinhard Dr. Schreiber, Harald Schulhoff, Wolfgang Dr. Schulte ({145}), Dieter Schulz ({146}), Gerhard Schwalbe, Clemens Schwarz, Stefan Dr. Schwörer, Hermann Seesing, Heinrich Seibel, Wilfried Sikora, Jürgen Skowron, Werner H. Sothmann, Bärbel Spilker, Karl-Heinz Dr. Sprung, Rudolf Steinbach-Hermann, Erika Dr. Stercken, Hans Dr. Frhr. von Stetten, Wolfgang Stockhausen, Karl Strube, Hans-Gerd Stübgen, Michael Dr. Süssmuth, Rita Susset, Egon Dr. Töpfer, Klaus Dr. Uelhoff, Klaus-Dieter Uldall, Gunnar Vogel ({147}), Friedrich Vogt ({148}), Wolfgang Dr. Vondran, Ruprecht Graf von Waldburg-Zeil, Alois Dr. Warrikoff, Alexander Werner ({149}), Herbert Wetzel, Kersten Wiechatzek, Gabriele Dr. Wilms, Dorothee Wilz, Bernd Wimmer ({150}), Willy Dr. Wisniewski, Roswitha Wissmann, Matthias Dr. Wittmann, Fritz Wittmann ({151}), Simon Wonneberger, Michael Wülfing, Elke Würzbach, Peter Kurt Yzer, Cornelia Zeitlmann, Wolfgang Zierer, Benno Zöller, Wolfgang F.D.P. Albowitz, Ina Baum, Gerhart Rudolf Beckmann, Klaus Dr. Blunk, Michaela Bredehorn, Günther Cronenberg ({152}), Dieter-Julius Eimer ({153}), Norbert Engelhard, Hans A. van Essen, Jörg Dr. Feldmann, Olaf Friedhoff, Paul K. Friedrich, Horst Funke, Rainer Dr. Funke-Schmitt-Rink, Margret Gallus, Georg Ganschow, Jörg Gries, Ekkehard Grüner, Martin Günther ({154}), Joachim Dr. Guttmacher, Karlheinz Hansen, Dirk Heinrich, Ulrich Dr. Hirsch, Burkhard Dr. Hitschler, Walter Homburger, Birgit Dr. Hoth, Sigrid Dr. Hoyer, Werner Irmer, Ulrich Kleinert ({155}), Detlef Kohn, Roland Koppelin, Jürgen Dr. Graf Lambsdorff, Otto Leutheusser-Schnarrenberger, Sabine Lühr, Uwe Dr. Menzel, Bruno Möllemann, Jürgen W. Nolting, Günther Friedrich Dr. Ortleb, Rainer Paintner, Johann Peters, Lisa Dr. Pohl, Eva Richter ({156}), Manfred Rind, Hermann Dr. Röhl, Klaus Schäfer ({157}), Helmut Schmidt ({158}), Arno Dr. Schmieder, Jürgen Dr. Schnittler, Christoph Schüßler, Gerhard Schuster, Hans Dr. Schwaetzer, Irmgard Sehn, Marita Seiler-Albring, Ursula Dr. Semper, Sigrid Dr. Solms, Hermann Otto Dr. Starnick, Jürgen Dr. von Teichman, Cornelia Dr. Thomae, Dieter Timm, Jürgen Türk, Jürgen Walz, Ingrid Wolfgramm ({159}), Torsten Würfel, Uta Zurheide, Burkhard Zywietz, Werner Vizepräsident Hans Klein Enthalten CDU/CSU Dr. Jüttner, Egon BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Dr. Feige, Klaus-Dieter Poppe, Gerd Schenk, Christina Schulz ({160}), Werner Dr. Ullmann, Wolfgang Weiß ({161}), Konrad Fraktionslos Lowack, Ortwin Der Antrag ist abgelehnt. Damit kommen wir zum Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 12/4335, mit dem die Einfügung eines Art. 4 c beantragt wird. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Der Änderungsantrag ist abgelehnt. Ich rufe Art. 5 Nr. 1 in der Ausschußfassung auf und bitte diejenigen, die zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Art. 5 Nr. 1 ist angenommen. Ich rufe Art. 5 Nr. 2 auf. Über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 12/4336 haben wir vorhin ebenfalls namentlich abgestimmt. Ich gebe das von den Schriftführern und Schriftführerinnen ermittelte Ergebnis bekannt. Abgegebene Stimmen: 509. Ungültige: keine. Ja: 187. Nein: 313. Enthaltungen: 9. Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 509; davon: ja: 187 nein: 313 enthalten: 9 Ja SPD Adler, Brigitte Andres, Gerd Antretter, Robert Bachmaier, Hermann Barbe, Angelika Bartsch, Holger Becker-Inglau, Ingrid Beucher, Friedhelm Julius Bindig, Rudolf Bock, Thea Dr. Böhme ({162}), Ulrich Börnsen ({163}), Arne Dr. Brecht, Eberhard Büchner ({164}), Peter Dr. von Bülow, Andreas Büttner ({165}), Hans Burchardt, Ursula Bury, Hans Martin Caspers-Merk, Marion Catenhusen, Wolf-Michael Conradi, Peter Dr. Däubler-Gmelin, Herta Daubertshäuser, Klaus Diller, Karl Dreßler, Rudolf Duve, Freimut Ebert, Eike Dr. Eckardt, Peter Dr. Ehmke ({166}), Horst Dr. Elmer, Konrad Esters, Helmut Ewen, Carl Ferner, Elke Fischer ({167}), Evelin Fischer ({168}), Lothar Formanski, Norbert Fuchs ({169}), Anke Fuchs ({170}), Katrin Fuhrmann, Arne Ganseforth, Monika Gansel, Norbert Gilges, Konrad Gleicke, Iris Dr. Glotz, Peter Großmann, Achim Haack ({171}), Karl Hermann Habermann, Michael Hacker, Hans-Joachim Hampel, Manfred Hanewinckel, Christel Dr. Hartenstein, Liesel Heistermann, Dieter Hilsberg, Stephan Dr. Holtz, Uwe Iwersen, Gabriele Jäger, Renate Janz, Ilse Dr. Janzen, Ulrich Jaunich, Horst Dr. Jens, Uwe Jung ({172}), Volker Kastner, Susanne Kirschner, Klaus Klappert, Marianne Dr. Klejdzinski, Karl-Heinz Klemmer, Siegrun Dr. Knaape, Hans-Hinrich Körper, Fritz Rudolf Kolbow, Walter Koltzsch, Rolf Kubatschka, Horst Dr. Kübler, Klaus Kuessner, Hinrich Dr. Küster, Uwe Kuhlwein, Eckart Lambinus, Uwe Lange, Brigitte von Larcher, Detlev Lennartz, Klaus Dr. Leonhard-Schmid, Elke Lohmann ({173}), Klaus Dr. Lucyga, Christine Maaß ({174}), Dieter Mascher, Ulrike Matschie, Christoph Mattischeck, Heide Meißner, Herbert Dr. Mertens ({175}), Franz-Josef Dr. Meyer ({176}), Jürgen Mosdorf, Siegmar Müller ({177}), Michael Müller ({178}), Jutta Müller ({179}), Christian Neumann ({180}), Gerhard Dr. Niehuis, Edith Dr. Niese, Rolf Niggemeier, Horst Odendahl, Doris Opel, Manfred Ostertag, Adolf Dr. Otto, Helga Paterna, Peter Peter ({181}), Horst Dr. Pfaff, Martin Reimann, Manfred von Renesse, Margot Rennebach, Renate Reschke, Otto Reuter, Bernd Rixe, Günter Roth, Wolfgang Schaich-Walch, Gudrun Schanz, Dieter Dr. Scheer, Hermann Scheffler, Siegfried Schily, Otto Schloten, Dieter Schluckebier, Günter Schmidbauer ({182}), Horst Schmidt ({183}), Ursula Dr. Schmude, Jürgen Schöler, Walter Schreiner, Ottmar Schröter, Gisela Schröter, Karl-Heinz Schütz, Dietmar Dr. Schuster, R. Werner Schwanhold, Ernst Seidenthal, Bodo Seuster, Lisa Sielaff, Horst Simm, Erika Singer, Johannes Dr. Sonntag-Wolgast, Cornelie Sorge, Wieland Dr. Sperling, Dietrich Steiner, Heinz-Alfred Dr. Struck, Peter Tappe, Joachim Terborg, Margitta Dr. Thalheim, Gerald Thierse, Wolfgang Titze-Stecher, Uta Toetemeyer, Hans-Günther Urbaniak, Hans-Eberhard Vergin, Siegfried Voigt ({184}), Karsten D. Wagner, Hans Georg Wallow, Hans Dr. Wegner, Konstanze Weiermann, Wolfgang Weiler, Barbara Weis ({185}), Reinhard Weisheit, Matthias Weißgerber, Gunter Weisskirchen ({186}), Gert Welt, Hans-Joachim Dr. Wernitz, Axel Wester, Hildegard Westrich, Lydia Dr. Wetzel, Margrit Weyel, Gudrun Dr. Wieczorek, Norbert Wiefelspütz, Dieter Dr. de With, Hans Wittich, Berthold Zapf, Uta Dr. Zöpel, Christoph FDP Baum, Gerhart Rudolf Homburger, Birgit Dr. Starnick, Jürgen PDS/Linke Liste Bläss, Petra Dr. Enkelmann, Dagmar Dr. Fischer, Ursula Dr. Fuchs, Ruth Dr. Gysi, Gregor Henn, Bernd Dr. Heuer, Uwe-Jens Dr. Höll, Barbara Jelpke, Ulla Dr. Keller, Dietmar Lederer, Andrea Philipp, Ingeborg Dr. Schumann ({187}), Fritz Dr. Seifert, Ilja Stachowa, Angela Fraktionslos Dr. Briefs, Ulrich Nein CDU/CSU Dr. Ackermann, Else Dr. Altherr, Walter Franz Augustin, Anneliese Augustinowitz, Jürgen Bargfrede, Heinz-Günter Dr. Bauer, Wolf Baumeister, Brigitte Bayha, Richard Belle, Meinrad Dr. Bergmann-Pohl, Sabine Bierling, Hans-Dirk Dr. Blank, Joseph-Theodor Blank, Renate Dr. Blens, Heribert Bleser, Peter Vizepräsident Hans Klein Dr. Blüm, Norbert Böhm ({188}), Wilfried Dr. Bötsch, Wolfgang Bohl, Friedrich Bohlsen, Wilfried Borchert, Jochen Brähmig, Klaus Breuer, Paul Brudlewsky, Monika Brunnhuber, Georg Bühler ({189}), Klaus Büttner ({190}), Hartmut Buwitt, Dankward Carstensen ({191}), Peter Harry Clemens, Joachim Deres, Karl Deß, Albert Diemers, Renate Dörflinger, Werner Doss, Hansjürgen Dr. Dregger, Alfred Ehlers, Wolfgang Ehrbar, Udo Eichhorn, Maria Engelmann, Wolfgang Eppelmann, Rainer Eylmann, Horst Falk, Ilse Dr. Faltlhauser, Kurt Fischer ({192}), Leni Fockenberg, Winfried Francke ({193}), Klaus Dr. Friedrich, Gerhard Fritz, Erich G. Fuchtel, Hans-Joachim Ganz ({194}), Johannes Dr. Geiger ({195}), Sissy Geis, Norbert Gibtner, Horst Dr. Göhner, Reinhard Göttsching, Martin Götz, Peter Dr. Götzer, Wolfgang Gres, Joachim Grochtmann, Elisabeth Gröbl, Wolfgang Grotz, Claus-Peter Günther ({196}), Horst Frhr. von Hammerstein, Carl-Detlev Harries, Klaus Haschke ({197}), Gottfried Haschke ({198}), Udo Hasselfeldt, Gerda Haungs, Rainer Hauser ({199}), Otto Hedrich, Klaus-Jürgen Heise, Manfred Dr. Hellwig, Renate Dr. h. c. Herkenrath, Adolf Hinsken, Ernst Hintze, Peter Hörsken, Heinz-Adolf Hörster, Joachim Dr. Hoffacker, Paul Hollerith, Josef Dr. Hornhues, Karl-Heinz Hornung, Siegfried Hüppe, Hubert Jäger, Claus Jaffke, Susanne Dr. Jahn ({200}), Friedrich-Adolf Janovsky, Georg Jeltsch, Karin Dr.-Ing. Jork, Rainer Junghanns, Ulrich Dr. Kahl, Harald Kampeter, Steffen Dr. -Ing. Kansy, Dietmar Keller, Peter Kiechle, Ignaz Kittelmann, Peter Klein ({201}), Günter Klein ({202}), Hans Klinkert, Ulrich Köhler ({203}), Hans-Ulrich Dr. Köhler ({204}), Volkmar Kolbe, Manfred Kors, Eva-Maria Koschyk, Hartmut Kraus, Rudolf Dr. Krause ({205}), Rudolf Karl Krause ({206}), Wolfgang Krey, Franz Heinrich Kriedner, Arnulf Kronberg, Heinz-Jürgen Dr.-Ing. Krüger, Paul Krziskewitz, Reiner Lamers, Karl Dr. Lammert, Norbert Lamp, Helmut Lattmann, Herbert Dr. Laufs, Paul Laumann, Karl-Josef Lehne, Klaus-Heiner Dr. Lehr, Ursula Lenzer, Christian Limbach, Editha Link ({207}), Walter Lintner, Eduard Dr. Lippold ({208}), Klaus W. Dr. Lischewski, Manfred Löwisch, Sigrun Lohmann ({209}), Wolfgang Louven, Julius Dr. Luther, Michael Maaß ({210}), Erich Männle, Ursula Magin, Theo Dr. Mahlo, Dietrich Marienfeld, Claire Marschewski, Erwin Marten, Günter Dr. Mayer ({211}), Martin Meckelburg, Wolfgang Meinl, Rudolf Horst Dr. Meseke, Hedda Dr. Meyer zu Bentrup, Reinhard Michalk, Maria Michels, Meinolf Dr. Möller, Franz Molnar, Thomas Müller ({212}), Elmar Müller ({213}), Hans-Werner Nelle, Engelbert Niedenthal, Erhard Nolte, Claudia Ost, Friedhelm Oswald, Eduard Otto ({214}), Norbert Dr. Päselt, Gerhard Dr. Paziorek, Peter Petzold, Ulrich Pfeffermann, Gerhard O. Pfeifer, Anton Dr. Pflüger, Friedbert Dr. Pinger, Winfried Pofalla, Ronald Dr. Pohler, Hermann Priebus, Rosemarie Dr. Probst, Albert Dr. Protzner, Bernd Pützhofen, Dieter Rahardt-Vahldieck, Susanne Raidel, Hans Dr. Ramsauer, Peter Rau, Rolf Rauen, Peter Harald Rawe, Wilhelm Reddemann, Gerhard Reichenbach, Klaus Dr. Reinartz, Bertold Repnik, Hans-Peter Dr. Rieder, Norbert Dr. Riedl ({215}), Erich Riegert, Klaus Ringkamp, Werner Rode ({216}), Helmut Romer, Franz Dr. Rose, Klaus Rossmanith, Kurt J. Roth ({217}), Adolf Rother, Heinz Dr. Ruck, Christian Rühe, Volker Dr. Rüttgers, Jürgen Sauer ({218}), Helmut Schätzle, Ortrun Dr. Schäuble, Wolfgang Scharrenbroich, Heribert Schartz ({219}), Günther Schemken, Heinz Schmidt ({220}), Christian Dr. -Ing. Schmidt ({221}), Joachim Schmidt ({222}), Andreas Schmidt ({223}), Trudi Schmitz ({224}), Hans Peter Dr. Schockenhoff, Andreas Graf von SchönburgGlauchau, Joachim Dr. Scholz, Rupert Frhr. von Schorlemer, Reinhard Dr. Schreiber, Harald Schulhoff, Wolfgang Dr. Schulte ({225}), Dieter Schulz ({226}), Gerhard Schwalbe, Clemens Schwarz, Stefan Dr. Schwörer, Hermann Seesing, Heinrich Seibel, Wilfried Sikora, Jürgen Skowron, Werner Sothmann, Bärbel Spilker, Karl-Heinz Dr. Sprung, Rudolf Steinbach-Hermann, Erika Dr. Stercken, Hans Dr. Frhr. von Stetten, Wolfgang Stockhausen, Karl Strube, Hans-Gerd Stübgen, Michael Dr. Süssmuth, Rita Susset, Egon Dr. Töpfer, Klaus Dr. Uelhoff, Klaus-Dieter Uldall, Gunnar Vogel ({227}), Friedrich Vogt ({228}), Wolfgang Dr. Vondran, Ruprecht Graf von Waldburg-Zeil, Alois Dr. Warrikoff, Alexander Werner ({229}), Herbert Wetzel, Kersten Wiechatzek, Gabriele Dr. Wilms, Dorothee Wilz, Bernd Wimmer ({230}), Willy Dr. Wisniewski, Roswitha Wissmann, Matthias Dr. Wittmann, Fritz Wittmann ({231}), Simon Wonneberger, Michael Wülfing, Elke Würzbach, Peter Kurt Yzer, Cornelia Zeitlmann, Wolfgang Zierer, Benno Zöller, Wolfgang F.D.P. Albowitz, Ina Beckmann, Klaus Dr. Blunk ({232}), Michaela Bredehorn, Günther Cronenberg ({233}), Dieter-Julius Eimer ({234}), Norbert Engelhard, Hans A. van Essen, Jörg Dr. Feldmann, Olaf Friedhoff, Paul K. Friedrich, Horst Funke, Rainer Dr. Funke-Schmitt-Rink, Margret Gallus, Georg Ganschow, Jörg Gries, Ekkehard Grüner, Martin Günther ({235}), Joachim Dr. Guttmacher, Karlheinz Hansen, Dirk Heinrich, Ulrich Dr. Hitschler, Walter Dr. Hoth, Sigrid Dr. Hoyer, Werner Irmer, Ulrich Kleinert ({236}), Detlef Kohn, Roland Koppelin, Jürgen Dr. Graf Lambsdorff, Otto Leutheusser-Schnarrenberger, Sabine Lühr, Uwe Dr. Menzel, Bruno Möllemann, Jürgen W. Nolting, Günther Friedrich Dr. Ortleb, Rainer Paintner, Johann Peters, Lisa Dr. Pohl, Eva Richter ({237}), Manfred Rind, Hermann Dr. Röhl, Klaus Schäfer ({238}), Helmut Schmidt ({239}), Arno Dr. Schmieder, Jürgen Dr. Schnittler, Christoph Schüßler, Gerhard Schuster, Hans Dr. Schwaetzer, Irmgard Sehn, Marita Seiler-Albring, Ursula Dr. Semper, Sigrid Dr. Solms, Hermann Otto Dr. von Teichman, Cornelia Dr. Thomae, Dieter Timm, Jürgen Türk, Jürgen Walz, Ingrid Wolfgramm ({240}), Torsten Vizepräsident Hans Klein Würfel, Uta Zurheide, Burkhard Zywietz, Werner Enthalten CDU/CSU Dr. Jüttner, Egon F.D.P. Dr. Hirsch, Burkhard BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Dr. Feige, Klaus-Dieter Poppe, Gerd Schenk, Christina Schulz ({241}), Werner Dr. Ullmann, Wolfgang Weiß ({242}), Konrad Fraktionslos Lowack, Ortwin Der Antrag ist abgelehnt. Wer stimmt für Art. 5 Nr. 2 in der Ausschußfassung? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Art. 5 Nr. 2 ist angenommen. Wir kommen zum Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 12/4318, dort Buchstabe b. Danach soll in Art. 5 eine neue Nr. 3 eingefügt werden. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? Gegenprobe! - Enthaltungen? Der Änderungsantrag ist abgelehnt. Ich rufe Art. 6 in der Ausschußfassung auf. Ich bitte diejenigen, die zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Art. 6 ist angenommen. Ich rufe Art. 6 a bis Art. 7 Nr. 1 a in der Ausschußfassung auf. Ich bitte diejenigen, die zustimmen wollen, um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die aufgerufenen Vorschriften sind angenommen. Wir kommen zum Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 12/4318, dort Buchstabe a. Dadurch soll in Art. 7 eine neue Nr. 1 b eingefügt werden. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist abgelehnt. Ich rufe Art. 7 Nr. 2 und 3 auf. Ich bitte diejenigen, die zustimmen wollen, um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Art. 7 Nr. 2 und 3 ist angenommen. Ich rufe Art. 7 Nr. 4 auf. Hierzu liegt auf Drucksache 12/4319 ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD vor. Wer stimmt dafür? - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Der Änderungsantrag ist abgelehnt. Wer stimmt für Art. 7 Nr. 4 in der Ausschußfassung? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Art. 7 Nr. 4 ist angenommen. Ich rufe Art. 7 Nr. 5 bis Art. 10 in der Ausschußfassung auf. Wer zustimmt, gebe bitte das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Art. 7 Nr. 5 bis Art. 10 sind angenommen. Ich rufe Art. 11 auf. Hierzu liegt auf Drucksache 12/4320 ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD vor. Wer stimmt für den Änderungsantrag? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist abgelehnt. Wer stimmt für Art. 11 in der Ausschußfassung? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Art. 11 ist angenommen. Ich rufe die Art. 11a bis 13, Einleitung und Überschrift in der Ausschußfassung auf. Ich bitte diejenigen, die zustimmen wollen, um ein Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufenen Vorschriften sind angenommen. Damit ist die zweite Beratung abgeschlossen. Wir treten in die dritte Beratung und Schlußabstimmung ein. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich von ihren Plätzen zu erheben. - Ich bitte um das gleiche von denen, die dagegen sind. - Nun von denen, die sich der Stimme enthalten wollen. - Der Gesetzentwurf ist angenommen. Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktion der SPD zur Änderung des Baugesetzbuches auf Drucksache 12/3626. Der Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau empfiehlt auf Drucksache 12/4317 unter Nr. 2, den Gesetzentwurf abzulehnen. Ich lasse über den Gesetzentwurf der Fraktion der SPD auf Drucksache 12/3626 abstimmen. Ich bitte diejenigen, die zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Gegenstimmen! - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist in zweiter Lesung abgelehnt. Damit entfällt nach unserer Geschäftsordnung die weitere Beratung. Unter Nr. 4 seiner Beschlußempfehlungen empfiehlt der Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau die Annahme einer Entschließung. Wer stimmt für diese Beschlußempfehlung? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Beschlußempfehlung ist angenommen. Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 12/4321. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Der Entschließungsantrag ist abgelehnt. Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 12/4339. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? - Gegenprobe! - Wer enthält sich der Stimme? - Der Entschließungsantrag ist abgelehnt. Jetzt gebe ich das von den Schriftführern und Schriftführerinnen ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau zu dem Antrag der Fraktion der SPD zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren im Umweltbereich bekannt. Wir haben über Nr. 3 der Beschlußempfehlung auf Drucksache 12/4317 abgestimmt. Abgegebene Stimmen: 508, ungültige: keine. Mit Ja haben 313 Kolleginnen und Kollegen, mit Nein 189 gestimmt, enthalten haben sich 6. Vizepräsident Hans Klein Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 508; davon: ja: 313 nein: 189 enthalten: 6 Ja CDU/CSU Dr. Ackermann, Else Dr. Altherr, Walter Franz Augustin, Anneliese Augustinowitz, Jürgen Bargfrede, Heinz-Günter Dr. Bauer, Wolf Baumeister, Brigitte Bayha, Richard Belle, Meinrad Dr. Bergmann-Pohl, Sabine Bierling, Hans-Dirk Dr. Blank, Joseph-Theodor Blank, Renate Dr. Blens, Heribert Bleser, Peter Dr. Blüm, Norbert Böhm ({243}), Wilfried Dr. Bötsch, Wolfgang Bohl, Friedrich Bohlsen, Wilfried Borchert, Jochen Brähmig, Klaus Breuer, Paul Brudlewsky, Monika Brunnhuber, Georg Bühler ({244}), Klaus Buttner ({245}), Hartmut Buwitt, Dankward Carstensen ({246}), Peter Harry Clemens, Joachim Deres, Karl Deß, Albert Diemers, Renate Dörflinger, Werner Doss, Hansjürgen Dr. Dregger, Alfred Ehlers, Wolfgang Ehrbar, Udo Eichhorn, Maria Engelmann, Wolfgang Eppelmann, Rainer Eylmann, Horst Falk, Ilse Dr. Faltlhauser, Kurt Fischer ({247}), Leni Fockenberg, Winfried Francke ({248}), Klaus Dr. Friedrich, Gerhard Fritz, Erich G. Fuchtel, Hans-Joachim Ganz ({249}), Johannes Dr. Geiger ({250}), Sissy Geis, Norbert Gibtner, Horst Dr. Göhner, Reinhard Göttsching, Martin Götz, Peter Dr. Götzer, Wolfgang Gres, Joachim Grochtmann, Elisabeth Gröbl, Wolfgang Grotz, Claus-Peter Günther ({251}), Horst Harries, Klaus Haschke ({252}), Gottfried Haschke ({253}), Udo Hasselfeldt, Gerda Haungs, Rainer Hauser ({254}), Otto Hedrich, Klaus-Jürgen Heise, Manfred Dr. Hellwig, Renate Dr. h. c. Herkenrath, Adolf Hinsken, Ernst Hintze, Peter Hörsken, Heinz-Adolf Hörster, Joachim Dr. Hoffacker, Paul Hollerith, Josef Dr. Hornhues, Karl-Heinz Hornung, Siegfried Hüppe, Hubert Jäger, Claus Jaffke, Susanne Dr. Jahn ({255}), Friedrich-Adolf Janovsky, Georg Jeltsch, Karin Dr.-Ing. Jork, Rainer Junghanns, Ulrich Dr. Kahl, Harald Kampeter, Steffen Dr.-Ing. Kansy, Dietmar Keller, Peter Kiechle, Ignaz Kittelmann, Peter Klein ({256}), Günter Klein ({257}), Hans Klinkert, Ulrich Köhler ({258}), Hans-Ulrich Dr. Köhler ({259}), Volkmar Kolbe, Manfred Kors, Eva-Maria Koschyk, Hartmut Kraus, Rudolf Dr. Krause ({260}), Rudolf Karl Krause ({261}), Wolfgang Krey, Franz Heinrich Kriedner, Arnulf Kronberg, Heinz-Jürgen Dr.-Ing. Krüger, Paul Krziskewitz, Reiner Lamers, Karl Dr. Lammert, Norbert Lamp, Helmut Lattmann, Herbert Dr. Laufs, Paul Laumann, Karl-Josef Lehne, Klaus-Heiner Dr. Lehr, Ursula Lenzer, Christian Limbach, Editha Link ({262}), Walter Lintner, Eduard Dr. Lippold ({263}), Klaus W. Dr. Lischewski, Manfred Löwisch, Sigrun Lohmann ({264}), Wolfgang Louven, Julius Dr. Luther, Michael Maaß ({265}), Erich Männle, Ursula Magin, Theo Dr. Mahlo, Dietrich Marienfeld, Claire Marschewski, Erwin Marten, Günter Dr. Mayer ({266}), Martin Meckelburg, Wolfgang Meinl, Rudolf Dr. Meseke, Hedda Michalk, Maria Dr. Möller, Franz Molnar, Thomas Müller ({267}), Elmar Müller ({268}), Hans-Werner Nelle, Engelbert Niedenthal, Erhard Nolte, Claudia Ost, Friedhelm Oswald, Eduard Otto ({269}), Norbert Dr. Päselt, Gerhard Dr. Paziorek, Peter Petzold, Ulrich Pfeffermann, Gerhard O. Pfeifer, Anton Dr. Pflüger, Friedbert Dr. Pinger, Winfried Pofalla, Ronald Dr. Pohler, Hermann Priebus, Rosemarie Dr. Probst, Albert Dr. Protzner, Bernd Pützhofen, Dieter Rahardt-Vahldieck, Susanne Raidel, Hans Dr. Ramsauer, Peter Rau, Rolf Rauen, Peter Harald Rawe, Wilhelm Reddemann, Gerhard Reichenbach, Klaus Dr. Reinartz, Bertold Repnik, Hans-Peter Dr. Rieder, Norbert Dr. Riedl ({270}), Erich Riegert, Klaus Ringkamp, Werner Rode ({271}), Helmut Romer, Franz Dr. Rose, Klaus Rossmanith, Kurt J. Roth ({272}), Adolf Rother, Heinz Dr. Ruck, Christian Rühe, Volker Dr. Rüttgers, Jürgen Sauer ({273}), Helmut Schätzle, Ortrun Dr. Schäuble, Wolfgang Scharrenbroich, Heribert Schartz ({274}), Günther Schemken, Heinz Schmidbauer, Bernd Schmidt ({275}), Christian Dr. -Ing. Schmidt ({276}), Joachim Schmidt ({277}), Andreas Schmidt ({278}), Trudi Schmitz ({279}), Hans Peter Dr. Schockenhoff, Andreas Graf von SchönburgGlauchau, Joachim Dr. Scholz, Rupert Dr. Schreiber, Harald Schulhoff, Wolfgang Dr. Schulte ({280}), Dieter Schulz ({281}), Gerhard Schwalbe, Clemens Schwarz, Stefan Dr. Schwörer, Hermann Seesing, Heinrich Seibel, Wilfried Sikora, Jürgen Skowron, Werner H. Sothmann, Bärbel Spilker, Karl-Heinz Dr. Sprung, Rudolf Steinbach-Hermann, Erika Dr. Stercken, Hans Dr. Frhr. von Stetten, Wolfgang Stockhausen, Karl Strube, Hans-Gerd Stübgen, Michael Dr. Süssmuth, Rita Susset, Egon Dr. Töpfer, Klaus Dr. Uelhoff, Klaus-Dieter Uldall, Gunnar Vogel ({282}), Friedrich Vogt ({283}), Wolfgang Dr. Vondran, Ruprecht Graf von Waldburg-Zeil, Alois Dr. Warrikoff, Alexander Werner ({284}), Herbert Wetzel, Kersten Wiechatzek, Gabriele Dr. Wilms, Dorothee Wilz, Bernd Wimmer ({285}), Willy Dr. Wisniewski, Roswitha Wissmann, Matthias Dr. Wittmann, Fritz Wittmann ({286}), Simon Wonneberger, Michael Wülfing, Elke Würzbach, Peter Kurt Yzer, Cornelia Zeitlmann, Wolfgang Zierer, Benno Zöller, Wolfgang F.D.P. Albowitz, Ina Baum, Gerhart Rudolf Beckmann, Klaus Dr. Blunk ({287}), Michaela Bredehorn, Günther Cronenberg ({288}), Dieter-Julius Eimer ({289}), Norbert Engelhard, Hans A. van Essen, Jörg Dr. Feldmann, Olaf Friedhoff, Paul K. Friedrich, Horst Funke, Rainer Dr. Funke-Schmitt-Rink, Margret Gallus, Georg Ganschow, Jörg Gries, Ekkehard Grüner, Martin Günther ({290}), Joachim Dr. Guttmacher, Karlheinz Hansen, Dirk Heinrich, Ulrich Dr. Hirsch, Burkhard Dr. Hitschler, Walter Homburger, Birgit Dr. Hoth, Sigrid Dr. Hoyer, Werner Irmer, Ulrich Kleinert ({291}), Detlef Kohn, Roland Koppelin, Jürgen Dr. Graf Lambsdorff, Otto Leutheusser-Schnarrenberger, Sabine Lühr, Uwe Dr. Menzel, Bruno Möllemann, Jürgen W. Nolting, Günther Friedrich Dr. Ortleb, Rainer Paintner, Johann Peters, Lisa Dr. Pohl, Eva Vizepräsident Hans Klein Richter ({292}), Manfred Rind, Hermann Dr. Röhl, Klaus Schäfer ({293}), Helmut Schmidt ({294}), Arno Dr. Schmieder, Jürgen Dr. Schnittler, Christoph Schüßler, Gerhard Schuster, Hans Dr. Schwaetzer, Irmgard Sehn, Marita Seiler-Albring, Ursula Dr. Semper, Sigrid Dr. Solms, Hermann Otto Dr. von Teichman, Cornelia Dr. Thomae, Dieter Timm, Jürgen Türk, Jürgen Walz, Ingrid Wolfgramm ({295}), Torsten Würfel, Uta Zurheide, Burkhard Zywietz, Werner Nein CDU/CSU Frhr. von Hammerstein, Carl-Detlev Michels, Meinolf SPD Adler, Brigitte Andres, Gerd Antretter, Robert Bachmaier, Hermann Barbe, Angelika Bartsch, Holger Becker-Inglau, Ingrid Beucher, Friedhelm Julius Bindig, Rudolf Bock, Thea Dr. Böhme ({296}), Ulrich Börnsen ({297}), Arne Dr. Brecht, Eberhard Büchner ({298}), Peter Dr. von Bülow, Andreas Büttner ({299}), Hans Burchardt, Ursula Bury, Hans Martin Caspers-Merk, Marion Catenhusen, Wolf-Michael Conradi, Peter Dr. Däubler-Gmelin, Herta Daubertshäuser, Klaus Diller, Karl Dreßler, Rudolf Duve, Freimut Ebert, Eike Dr. Eckardt, Peter Dr. Ehmke ({300}), Horst Dr. Elmer, Konrad Esters, Helmut Ewen, Carl Ferner, Elke Fischer ({301}), Evelin Fischer ({302}), Lothar Formanski, Norbert Fuchs ({303}), Anke Fuchs ({304}), Katrin Fuhrmann, Arne Ganseforth, Monika Gansel, Norbert Gilges, Konrad Gleicke, Iris Dr. Glotz, Peter Großmann, Achim Haack ({305}), Karl Hermann Habermann, Michael Hacker, Hans-Joachim Hampel, Manfred Hanewinckel, Christel Dr. Hartenstein, Liesel Heistermann, Dieter Hilsberg, Stephan Dr. Holtz, Uwe Iwersen, Gabriele Jäger, Renate Janz, Ilse Dr. Janzen, Ulrich Jaunich, Horst Dr. Jens, Uwe Jung ({306}), Volker Kastner, Susanne Kirschner, Klaus Klappert, Marianne Dr. Klejdzinski, Karl-Heinz Klemmer, Siegrun Dr. Knaape, Hans-Hinrich Körper, Fritz Rudolf Kolbow, Walter Koltzsch, Rolf Kubatschka, Horst Dr. Kübler, Klaus Dr. Küster, Uwe Kuhlwein, Eckart Lambinus, Uwe Lange, Brigitte von Larcher, Detlev Lennartz, Klaus Dr. Leonhard-Schmid, Elke Lohmann ({307}), Klaus Dr. Lucyga, Christine Maaß ({308}), Dieter Mascher, Ulrike Matschie, Christoph Mattischeck, Heide Dr. Mertens ({309}), Franz-Josef Dr. Meyer ({310}), Jürgen Mosdorf, Siegmar Müller ({311}), Michael Müller ({312}), Jutta Müller ({313}), Christian Neumann ({314}), Gerhard Dr. Niehuis, Edith Dr. Niese, Rolf Niggemeier, Horst Odendahl, Doris Opel, Manfred Ostertag, Adolf Dr. Otto, Helga Paterna, Peter Peter ({315}), Horst Dr. Pfaff, Martin Reimann, Manfred von Renesse, Margot Rennebach, Renate Reschke, Otto Reuter, Bernd Rixe, Günter Roth, Wolfgang Schaich-Walch, Gudrun Schanz, Dieter Dr. Scheer, Hermann Scheffler, Siegfried Schily, Otto Schloten, Dieter Schluckebier, Günter Schmidbauer ({316}), Horst Schmidt ({317}), Ursula Dr. Schmude, Jürgen Schöler, Walter Schreiner, Ottmar Schröter, Gisela Schröter, Karl-Heinz Schütz, Dietmar Dr. Schuster, R. Werner Schwanhold, Ernst Seidenthal, Bodo Seuster, Lisa Sielaff, Horst Simm, Erika Singer, Johannes Dr. Sonntag-Wolgast, Cornelie Sorge, Wieland Dr. Sperling, Dietrich Steiner, Heinz-Alfred Dr. Struck, Peter Tappe, Joachim Terborg, Margitta Dr. Thalheim, Gerald Thierse, Wolfgang Titze-Stecher, Uta Toetemeyer, Hans-Günther Urbaniak, Hans-Eberhard Vergin, Siegfried Voigt ({318}), Karsten D. Wagner, Hans Georg Wallow, Hans Dr. Wegner, Konstanze Weiermann, Wolfgang Weiler, Barbara Weis ({319}), Reinhard Weisheit, Matthias Weißgerber, Gunter Weisskirchen ({320}), Gert Welt, Jochen Dr. Wernitz, Axel Wester, Hildegard Westrich, Lydia Dr. Wetzel, Margrit Weyel, Gudrun Dr. Wieczorek, Norbert Wiefelspütz, Dieter Dr. de With, Hans Wittich, Berthold Zapf, Uta Dr. Zöpel, Christoph PDS/Linke Liste Bläss, Petra Dr. Enkelmann, Dagmar Dr. Fischer, Ursula Dr. Fuchs, Ruth Dr. Gysi, Gregor Henn, Bernd Dr. Heuer, Uwe-Jens Dr. Höll, Barbara Jelpke, Ulla Dr. Keller, Dietmar Lederer, Andrea Philipp, Ingeborg Dr. Schumann ({321}), Fritz Dr. Seifert, Ilja Stachowa, Angela BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Dr. Feige, Klaus-Dieter Poppe, Gerd Schenk, Christina Schulz ({322}), Werner Weiß ({323}), Konrad Fraktionslos Dr. Briefs, Ulrich Enthalten CDU/CSU Dr. Jüttner, Egon Dr. Meyer zu Bentrup, Reinhard Frhr. von Schorlemer, Reinhard SPD Meißner, Herbert BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Dr. Ullmann, Wolfgang Fraktionslos Lowack, Ortwin Die Beschlußempfehlung ist angenommen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 14 auf: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Appell an die in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Ausländer, in deren Heimat gekämpft wird - Drucksache 12/2818 Überweisungsvorschlag: Innenausschuß Nach einer Vereinbarung im Ältestenrat ist für die Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. - Ich sehe keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Vizepräsident Hans Klein Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Kollegen Freimut Duve das Wort.

Freimut Duve (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000425, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist eigentlich schade, daß das Haus eben so voll war und jetzt in solcher Windeseile so leer ist. Ich bin selber manchmal daran beteiligt, das Haus leer zu halten; insofern ist es nicht selbstgerecht, wenn ich dies sage. Unsere Fraktion hat vor einigen Monaten darüber diskutiert, wie es eigentlich Menschen gehen muß, in deren Heimat die Völker oder Gruppen gegeneinanderstehen und in deren Heimat Krieg ist. Es ist für die Deutschen eine neue Situation, daß Hunderttausende von Menschen bei uns, mit uns leben, wenn zur gleichen Zeit in ihrer Heimat blutige Auseinandersetzungen stattfinden, und sie begegnen sich weiterhin in unseren Straßen, möglicherweise leben sie in den gleichen Etagenhäusern, haben vorher vielleicht auch ein ganz gutes Verhältnis miteinander gehabt, und nun müssen sie damit umgehen lernen, daß zu Hause Krieg ist. Ich glaube, es steht dem Bundestag gut an - wir werden über dieses wichtige Thema auch in den Ausschüssen noch beraten und später im Plenum darüber vielleicht mit ein bißchen mehr Echo unter der Kollegenschaft diskutieren -, dieses Thema einmal in den Blick zu nehmen. Deshalb haben wir diesen Appell, der Ihnen vorliegt, geschrieben, mit dem wir uns an die bei uns lebenden Menschen, die von dieser Problemlage betroffen sind, wenden. Denn innerer Frieden - da stimmen wir, glaube ich, alle überein -ist die Voraussetzung auch für die innere Sicherheit unseres Landes. Es geht um einen Aspekt des inneren Friedens, den wir hier im Bundestag, wenn ich mich richtig erinnere, unter diesen Vorzeichen bisher noch nicht angesprochen haben. Wir dürfen dieses Thema auf keinen Fall dämonisieren, aber wir müssen auch lernen, es ernst zu nehmen. ({0}) Hier in Deutschland, meine Damen und Herren, sind in den letzten Jahren immer wieder Menschen angegriffen, ja ermordet worden, in deren Heimat es blutige Unterdrückung oder Bürgerkrieg gibt. Der Mord an den vier kurdisch-iranischen Gästen der Sozialistischen Internationale im vergangenen Herbst in Berlin war ein grausames Beispiel für den Terror, den die aus dem Iran beauftragten Täter bereit waren in unserem Land auszuüben. Die Auftraggeber, aller Wahrscheinlichkeit nach in der großen Staatsfamilie des Khomeini-Staats zu suchen, sind dabei mindestens so schuldig wie die Terroristen selber; auf der einen Seite werden mit uns diplomatische Beziehungen unterhalten, und auf der anderen Seite wird unser Land zu einer Art Kriegsschauplatz gemacht. In diesem Fall waren die Täter selber keine Iraner, sondern mutmaßliche Mitglieder der Hisbollah, die schon lange hier bei uns im Lande leben. Der von uns eingebrachte Appell bezeugt aber zunächst auch Respekt vor all denen, die den Haß und die Gewalt zwischen den Gruppen in der Heimat bisher nicht auf unser Land haben übergreifen lassen. Als Abgeordneter aus Hamburg weiß ich, wovon ich rede. Ich habe sehr viele Gruppen eingeladen und mit Kroaten, Serben und Bosniern gesprochen. Ich muß sagen, ich habe den Respekt, daß diese Menschen immer noch wieder zusammenkommen und immer noch wieder, wenn auch manchmal sehr erregt, miteinander zu reden versuchen. Bosnier, Kroaten und Serben, die hier seit Jahren als Jugoslawen gelebt haben, sind über die Nachrichten von zu Hause oft verzweifelt. Sie haben von Verwandten gehört, die umgebracht, vertrieben oder ins Lager gesperrt wurden. Wenn aus Trauer und Entsetzen Zorn und Wut werden, dann darf sich dies um des inneren Friedens willen nicht in Racheakte umsetzen. Daß dies bisher weitgehend ausgeblieben ist, verzeichnen wir mit Respekt. Vielleicht kann nach der Beratung in den Ausschüssen das Präsidium des Bundestages, vielleicht können aber auch die Ausschüsse dafür Sorge tragen, daß dieser Appell in der dann hoffentlich gemeinsamen Form in die wichtigsten Sprachen der bei uns lebenden Bürger übertragen und auch deren Medien zugeleitet wird. Ich will es damit trotz noch nicht abgelaufener Redezeit bewenden lassen, weil viele unter Zeitdruck stehen. Ich danke denen, die mir Aufmerksamkeit gewidmet haben, für diese Aufmerksamkeit und sage denen, die das nicht getan haben, daß ich ihre Gespräche während der Rede respektiere. ({1})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Ich erteile nunmehr dem Abgeordneten Meinrad Belle das Wort.

Meinrad Belle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000138, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Der Krieg ist nach Europa zurückgekehrt. Mit ohnmächtigem Entsetzen müssen wir die schrecklichen Kriegsereignisse im ehemaligen Jugoslawien zur Kenntnis nehmen. Alle Anstrengungen der Europäischen Gemeinschaft und der UNO, diese grausamen Auseinandersetzungen zu beenden, sind bisher leider fehlgeschlagen. Wir können nur hoffen, daß die Bemühungen der neuen amerikanischen Regierung von Erfolg gekrönt werden, und wir wünschen den Menschen im ehemaligen Jugoslawien endlich Frieden und Freiheit. Mit der Aufnahme von über 250 000 Bürgerkriegsflüchtlingen in Deutschland stehen wir absolut an der Spitze aller Hilfe leistenden Länder. Angesichts der schrecklichen Ereignisse des Bürgerkrieges steigen zwangsläufig die Spannungen zwischen den Angehörigen der verschiedenen Volksgruppen in unserem Land. Leider ist es nun nicht so, daß die Gewaltkonflikte nicht bereits auf die Bundesrepublik übergegriffen hätten. Insbesondere im letzten Jahr wurden den Sicherheitsbehörden eine Reihe von Straftaten bekannt, die von ehemaligen jugoslawischen Staatsangehörigen untereinander begangen wurden. Diese Aktivitäten, insbesondere Bedrohungen und Spendengelderpressungen, richten sich bisher überwie12214 gend auf die Heimatregionen der entsprechenden Volksgruppen und beschränken sich im wesentlichen auf Hilfsmaßnahmen. Meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD, angesichts der besonders schlimmen Grausamkeiten dieses Bürgerkrieges ist es schon etwas naiv, zu glauben, mit Appellen erreichen zu können, daß es nicht zu Aggressions- oder Gewalttaten bei uns kommt. Gleichwohl unterstützen wir den vorliegenden Antrag selbstverständlich, wir werden ihn auch sachgerecht beraten ({0}) - natürlich - und wollen ihm auch zustimmen, weil wir darin auch ein deutliches Signal an die Bürgerkriegsflüchtlinge der verschiedenen Gruppen sehen. Denn, meine Damen und Herren, wir können und wir werden Gewalttaten gegen den politischen Gegner auf deutschem Boden nicht dulden. Wir werden solche Aktivitäten mit allen Möglichkeiten des demokratischen Rechtsstaates bekämpfen. Wir werden auch nicht dulden, daß Bürgerkriegsflüchtlinge bei uns bleiben können, die ihr Gast- und Aufenthaltsrecht auf diese Art mißbrauchen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. ({1})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Ich erteile nunmehr dem Abgeordneten Dr. Burkhard Hirsch das Wort.

Dr. Burkhard Hirsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000908, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will dem Vorbild meiner Vorredner folgen und mich auf wenige Bemerkungen beschränken, nicht ohne zu sagen, daß auch das geschriebene Wort gilt. Ich finde den Gedanken eines Appells gut. Man muß sich nur fragen, wen man damit erreicht: ({0}) die Gutwilligen sicherlich. Zweifel sind angebracht, ob wir die politischen Fanatiker erreichen, die ihre politischen Feinde immer finden und denen es ziemlich egal ist, ob sie damit ihrem Volk nutzen oder schaden. Da habe ich Zweifel. Die Bilanz ist nicht so positiv, wie sie nach dem Antrag aussieht. Wir haben massive Straftaten in diesem Zusammenhang von Iranern vor und nach dem Sturz des Schahs und später erlebt. Es sind türkische Diplomaten ermordet worden. Es sind Kurden ermordet worden. Wir haben Straftaten von Libyern gegen Libyer, aber auch gegen Amerikaner. Wir haben massive Straftaten von Palästinensern gegen Israelis auf dem Boden der Bundesrepublik - alles schreckliche Vorgänge. Diese Leute werden wir kaum erreichen. Wichtig ist der Appell an die deutschen Solidaritätsgruppen. Sie haben eine große Verantwortung, den ihnen nahestehenden Ausländern deutlich zu machen, daß sie mit Gewalt hier ihrer eigenen Sache schaden. Die Solidaritätsgruppen haben natürlich das Recht und behalten es, auf völkerrechtswidrige Zustände und auf Menschenrechtsverletzungen in den betreffenden Ländern hinzuweisen. Aber die Antwort kann nicht in privater Gewalt liegen, sondern nur in der offiziellen Politik der Bundesrepublik. ({1}) Wir müssen den Ausländern, die hier leben, sagen, daß wir private Gewalt und das Austragen von Bürgerkriegen auf unserem Boden nicht hinnehmen können, daß wir die Täter bestrafen und daß sie auf Dauer unser Land zu verlassen haben.' Wir haben ebenso, wie das in dem Appell gesagt worden ist, den vielen Ausländern, die dieser Versuchung nicht erliegen und die sich hier wie Mitbürger verhalten, dafür unseren Dank auszusprechen. Vielen Dank. ({2})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Meine Damen und Herren, die Fraktionen der CDU/CSU und der F.D.P. haben beantragt, den Antrag auf Drucksache 12/2818 an den Innenausschuß zu überweisen. Die Fraktion der SPD verlangt sofortige Abstimmung. Wir haben im Hause die ständige Übung, daß der Überweisungsvorschlag vorgeht. ({0}) - Wenn Sie ihn jetzt ergänzen, ist das, wenn es keine Einwendungen dagegen gibt, okay. Es kommt dann zu dem in der Tagesordnung aufgeführten Innenausschuß der Auswärtige Ausschuß mitberatend hinzu. Da das offenkundig einstimmig so gesehen wird, können wir uns auf die Überweisung verständigen. Dann brauche ich auch keine kontroverse Abstimmung darüber durchzuführen. Das macht die Sache angenehmer. Dann rufe ich den Tagesordnungspunkt 15 auf: Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Wolfgang Ullmann, Ingrid Köppe, Konrad Weiß ({1}) und der Gruppe BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung von Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid im Grundgesetz - Drucksache 12/3826 Überweisungsvorschlag: Rechtsausschuß ({2}) Innenausschuß Haushaltsausschuß gemäß § 96 GO Der Ältestenrat empfiehlt Ihnen eine Zehn-Minuten-Runde. Ich hoffe, daß das Haus damit einverstanden ist. - Auch das ist offensichtlich der Fall. Dann kann ich die Debatte eröffnen und zunächst dem Abgeordneten Dr. Ullmann das Wort geben.

Dr. Wolfgang Ullmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002354, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Europäisierung unserer Verfassung, unseres demokratischen Willensbildungsprozesses, das ist es, was sich der Gesetzentwurf der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Ziel gesetzt hat. Denn so lautet die grundlegende Definition der Maastrichter Union der Völker Europas: Sie sei eine solche Union, „in der die Entscheidungen möglichst bürgernah getroffen werden", oder, wie es die Verfassung der Republik Frankreich in klassischer Prägnanz ausdrückt: „Die nationale Souveränität liegt beim Volk, das sie durch seine Vertreter und durch den Volksentscheid ausübt. " Europäisierung, das hat nicht nur einen formalen, verfassungs- und verfahrensrechtlichen Sinn, sondern damit sind auch ganz bestimmte Inhalte gemeint. Das politische Europa von heute, das nicht mehr durch Kalten Krieg und Eisernen Vorhang geteilte, sondern auf der Basis der Demokratie wieder geeinte Europa, ist bestimmt durch Initiativen seiner Bürgerinnen und Bürger, allen voran jene Initiative, die Grün neben Rot zur zweiten Hauptfarbe der Demokratie hat werden lassen. Es ist die Initiative, die durchsetzen mußte und durchgesetzt hat, daß die Demokratie eine Lebensgrundlage braucht. Diese kann nicht mehr wie im Zeitalter Rousseaus und Saint-Simons als selbstverständlich gegeben vorausgesetzt werden. Vielmehr muß sie erst durch eine politische Entscheidung für die Priorität des Lebens sichergestellt und durch freie Kreativität immer neu gestiftet werden. Es ist die Initiative, die den Schritt von der mechanisierten Ökonomie in die Kultur der Ökologie initiierte und die durchsetze, daß der Mensch aufhörte, sich als Maß aller Dinge zu gerieren, die außermenschliche Wirklichkeit als ausbeutbaren Stoff zu betrachten. Es bedurfte der Initiative von Bürgern und Bürgerinnen, um durchzusetzen, daß diese Art von Anthropozentrik als Barbarei betrachtet und daß als erste Voraussetzung aller Kultur und Demokratie die Wesensgleichheit des Menschen mit allen Mitgeschöpfen in allen Bereichen gesellschaftlichen und politischen Lebens anerkannt wurde. Es waren zweitens Initiativen von Bürgern und Bürgerinnen, die in allen europäischen Ländern ein Bewußtsein davon erzeugt haben, daß Frieden etwas anderes ist als ein zwischenstaatlicher Zustand, etwas, das allein völkerrechtlich definiert und normiert werden kann. Jetzt weiß man es dank dieser Initiativen überall: Von Frieden kann gesprochen werden, wo Menschenrechte und Menschenwürde unantastbar sind, wo sich Menschen verschiedener Rassen und Kulturen wechselseitig als Gleiche anerkennen und die außermenschliche Wirklichkeit um ihrer selbst willen geachtet und nicht als Manipulationsmasse und Ausbeutungsobjekt mißhandelt wird. Es waren schließlich Bürger und Bürgerinnen, die unter den Bedingungen kommunistischer Diktaturen etwas durchsetzten, was für alle Demokratien, wo auch immer und wann auch immer, in Geltung bleiben wird. Als ohne daß irgend jemand vorher in Büchern nachgeschlagen hätte, auf den Straßen in Dresden, Leipzig und Berlin die Anfangsworte der USA-Verfassung zitiert wurden -„Wir, das Volk" -, da war eines klargestellt: Vor allen Verfahren und Institutionen ist Demokratie an die unvertretbare Mündigkeit und Mündlichkeit ihrer Artikulation durch jede einzelne Bürgerin, jeden einzelnen Bürger gebunden. Selbstbestimmung und freie Entscheidung, von der das Grundgesetz an hervorgehobener Stelle spricht, sie beruhen darauf, daß es kein Gremium und kein Parlament der Welt gibt, das an der Stelle von Bürgern und Bürgerinnen sagen könnte: Wir sind das Volk. An uns als oberstem Verfassungsorgan ist es jetzt, endlich auf diese nun schon fast zwei Jahrzehnte andauernden und für die Demokratie lebensnotwendigen Initiativen in angemessener Weise zu reagieren. Der Gesetzentwurf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN tut das, indem er an die Traditionen unseres Verfassungsrechtes anknüpft. Art. 20 Abs. 2 des Grundgesetzes sieht Abstimmungen als Ausdruck dafür an, daß alle Staatsgewalt vom Volk ausgeht. Art. 29 regelt dann ausführlich, wie mit Volksbefragung, Volksbegehren und Volksentscheid im Zusammenhang mit Länderneugliederungen umzugehen ist. Es gibt keinerlei verfassungsrechtliche Festlegung darüber, daß diese Formen der Bürger- und Bürgerinnenbeteiligung auf die Materie der Länderneugliederung und auf die Länderebene zu beschränken seien; das zeigt der zitierte Art. 20 Abs. 2. Dieser Sachverhalt macht die immer wieder zutagetretende Verlegenheit aller Kritiker der Bürger- und Bürgerinnenbeteiligung aus. Da sie aus dem Grundgesetz heraus nicht argumentieren können, nehmen sie ihre Zuflucht zu historischen und psychologischen Hilfsgründen. Unermüdlich wird das Heuss-Diktum über die Plebiszite der Weimarer Republik aufgewärmt, obwohl alle Welt weiß, daß Hitler nicht durch ein Plebiszit, sondern durch die besondere, in Art. 48 der Weimarer Reichsverfassung fundierte Machtfülle des konservativen Reichspräsidenten Hindenburg an die Macht kam. Welche Fülle von Erklärungen der Unzurechnungsfähigkeit hat sich das demokratische Volk von der antiplebiszitären Psychologie der Antragsgegner anhören müssen - bis hin zu dem unsäglichen Verlauf der gestrigen Debatte in der Verfassungskommission! Es könne die difizilen Probleme der Gesetzgebung nicht verstehen, sei nur ansprechbar auf die gröbsten Schwarz-Weiß-Schemata plebiszitwütiger Demagogen. Wenn man diese Tiraden hört, fragt man sich immer, warum gerade diesem unzuverlässigen Pöbel so schwerwiegende Personalentscheidungen, wie sie in Wahlen zu treffen sind, anvertraut werden. Konnte diese antidemokratische Massenpsychologie schlagender widerlegt werden als durch die Maastricht-Entscheide in Dänemark und Frankreich? Ist die Abfuhr, die der Appell an fremdenfeindliche Instinkte jüngst in Österreich gerade durch die Bürger und Bürgerinnen selbst erfahren hat, nicht ein Anlaß zur Beschämung für die, die der demokratischen Bevölkerung die Kompetenz zur vernünftigen Entscheidung ständig absprechen? Wer hat in deutschen Landen mehr für die Unantastbarkeit der Grundrechte getan: die Redner des Deutschen Bundestages oder die Bürger und Bürgerinnen der Lichterketten, der freiwilligen Schutz- und Nachbarschaftsinitiativen, von denen, die Ausländer in ihre eigenen Wohnungen aufgenommen haben, ganz zu schweigen?

Renate Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002016

Herr Abgeordneter Ullmann, das veranlaßt den Abgeordneten Duve zu einer Zwischenfrage.

Dr. Wolfgang Ullmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002354, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ja.

Freimut Duve (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000425, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege, wir sind uns in der Bewertung all dessen einig, was die freie Demonstration der Bürger bewirken kann und in den letzten Monaten auch bewirkt hat. Aber glauben Sie, daß es sinnvoll ist, diese beiden großen Elemente der Demokratie, nämlich die Ausübung des Wahlrechts und dessen, was daraus entsteht, und die Ausübung des Demonstrationsrechts und dessen, was daraus entsteht, in so einfacher, in so wertender Weise gegeneinanderzustellen, daß Sie sagen, man wisse, daß die einen mehr als die anderen für die Stabilität des demokratischen Staates getan haben? Ich frage Sie nur deshalb, weil ich selber immer dafür plädiere - das sage ich immer wieder, auch an uns selber -, beide Ausdrucksformen - die Gestaltungsform ist nur in der einen da - nicht in einer solchen wertenden Weise in eine Rangfolge zu setzen. ({0})

Dr. Wolfgang Ullmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002354, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Darin stimmen wir überein, Herr Kollege Duve. Aber leider bin ich nicht in der Lage, durch diese sachlich völlig unanfechtbare Überlegung das historische Urteil zu relativieren, das ich soeben habe aussprechen wollen. Angesichts dieser überwältigenden Aktivitäten an einer Verweigerung partizipativer Bürger- und Bürgerinnenkompetenz weiter festzuhalten wäre weltfremd und realitätsblind. Der Gemeinsamen Verfassungskommission ist am 17. Juni vorigen Jahres eine unseren Antrag unterstützende Petition mit 265 000 Unterschriften übergeben worden. Das ist mehr als das Doppelte des Quorums, das unser Entwurf für eine Volksinitiative fordert. Wer kann in diesem Hohen Hause einen guten Grund für das Ignorieren dieser Initiative angeben? Die Gewerkschaften unterstützen das Gesetzesvorhaben. Die Evangelische Kirche in Deutschland rät eine ernsthafte Prüfung. Die neuen Landesverfassungen haben im Sinne unseres Entwurfs entschieden. Frankreich, Dänemark, Griechenland, Italien, Irland, Portugal, Spanien und die Schweiz ohnehin haben bereits, was wir vorschlagen. Wäre es vernünftig, sich unter Ausnutzung einer temporären Parlamentsmehrheit dem zu verweigern, was offenkundig ein Grundzug unserer Epoche ist, nämlich auf unvorhersehbare Herausforderungen der Demokratie mit einem Tieferlegen ihrer Fundamente zu antworten? ({0})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Das Wort hat nunmehr der Abgeordnete Heinrich Seesing.

Heinrich Seesing (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002142, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Schon seit Jahren beschäftigt mich die Frage, ob es sinnvoll ist, plebiszitäre Elemente in das Grundgesetz einzuführen, und meine Haltung war wankend. Wenn ich mich wieder einmal über die da in Bonn geärgert hatte, meinte ich, es wäre geboten, zu solchen Lösungen zu kommen. Das war noch zu Zeiten der sozialliberalen Koalition. Für einen CDU-Kommunalpolitiker, also an der Basis tätig, gab es damals oft Gründe, sich zu ärgern. Nachdem ich jedoch in den Bundestag gewählt worden war und mich jetzt ernsthaft mit der Frage beschäftigen mußte, wurden meine Zweifel immer stärker. Mancherlei spricht sicher für die Einführung solcher Elemente in die Verfassung. Aber die Gründe dagegen wiegen doch sehr viel schwerer. Da heute für die Einführung solcher Elemente in das Grundgesetz vieles gesagt wurde und wahrscheinlich noch gesagt wird, möchte ich mich in den folgenden Ausführungen auf einige Gegenargumente beschränken. Die weitere Diskussion kann in den Ausschüssen erfolgen. Das System der repräsentativen Demokratie der Bundesrepublik Deutschland hat sich auf Bundesebene bewährt. Kein differenziertes politisches Gemeinwesen, insbesondere kein so hoch organisiertes und komplexes wie das der Bundesrepublik Deutschland, kann ohne repräsentative oberste Leitungsorgane bestehen. Plebiszitäre Entscheidungen, aber auch Initativen des Volkes, führen in einem demokratisch-repräsentativen System zu einer Abwertung des Parlaments, zu einer Schwächung seiner Entscheidungsfähigkeit. Sie hindern die vom Volke gewählte parlamentarische Mehrheit, ein bestimmtes politisches Konzept zu verwirklichen. Eine klare politische Willensbildung ist durch sie gefährdet, eine wachsende politische Konfrontation ist nicht auszuschließen. Stabile und berechenbare Mehrheiten sind für eine kontinuierlich und sachlich konzeptionelle Arbeit aber zwingend erforderlich. In der Regel gewährleistet das parlamentarische System die sachgerechte Behandlung auch von sehr komplexen Gegenständen. Neben der Beauftragung von Abgeordneten mit Berichterstattungen zu den einzelnen Themen werden zum einen Stellungnahmen sämtlicher betroffener Verbände schon über das Gesetzgebungsverfahren durch die Bundesregierung eingeholt, aber auch Anhörungen von Sachverständigen sowohl durch die Bundesregierung als auch durch die parlamentarischen Gremien durchgeführt. Im Rahmen dieser Beratungen erfolgen fachliche Abwägungen, wobei in die Willensbildung stets auch abweichende Minderheitenvoten einfließen. Regelmäßig wird versucht, im Wege der Kompromißbildung auch diesen Auffassungen gerecht zu werden. Dies ist nicht zuletzt ein Grund für die lange Dauer vieler Gesetzgebungsverfahren, vor allem derjenigen über Materien von komplexer Natur. Eine sachgerechte Lösung der immer komplexer werdenden Probleme, mit denen es die Politik heute zu tun hat, ist mit plebiszitären Elementen nicht zu erwarten. Kompromisse, die eine Konsensbildung notwendigerweise voraussetzen, sind bei Plebisziten kaum zu erhoffen. Insbesondere ist eine verantwortungsvolle Berücksichtigung der Interessen von Minderheiten, die sich gegen die zahlenmäßige Mehrheit nicht durchsetzen können, auf diese Weise schwerlich zu fördern. Sehr zweifelhaft ist daher die Befriedungsfunktion von Plebisziten gegenüber dem unterlegenen Bevölkerungsteil. Auf diese Überforderung der Bevölkerung nahm die Weimarer Reichsverfassung insoweit Rücksicht, als über den Haushaltsplan, über Abgabengesetze und Besoldungsordnungen nur der Reichspräsident eine Volksentscheidung veranlassen konnte. Dem folgen analog einzelne Landesverfassungen. Diese Bereiche werden als von besonders hohem Abstraktionsniveau angesehen und wohl auch wegen der gravierenden Auswirkungen in diesen Bereichen der Entscheidung der Bevölkerung entzogen. Wenn aber Fragen von hohem Abstraktionsniveau und schwer einschätzbaren Folgewirkungen weiterhin repräsentativ entschieden werden müssen - so etwa bei Haushalts- und Abgabengesetzen sowie Besoldungsordnungen oder auch der gesamte Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik sowie der Bereich der Mitwirkung in der Europäischen Gemeinschaft -, führt dies wiederum dazu, daß der Bürger für nicht mündig genug gehalten wird, über derartige Fragen zu entscheiden. Dies wiederum würde bedeuten, daß das Volk über Plebiszite nur zweitrangige, vor allem nicht zu komplizierte Fragen entscheiden dürfte, obwohl es der Souverän ist. Plebiszite sind geeignet, die Entscheidung politischer Fragen zu entrationalisieren. Sie unterliegen in starkem Maße der Stimmung der Bevölkerung. Die Emotionalisierung der politischen Auseinandersetzung wird bei Plebisziten unverhältnismäßig gefördert, und die politische Rationalität bleibt auf der Strecke. Zum Gegenstand von Volksbegehren und Volksentscheiden werden zudem tendenziell Modethemen gemacht, wodurch dem Populismus Tür und Tor noch weiter geöffnet wird. Manche Mehrheit, die dabei zustandekommen könnte, kann sich keiner wünschen: Das Thema Todesstrafe ist ein klassisches Beispiel; aber auch das Thema Asylpolitik ist nach meiner Auffassung für ein Plebiszit nicht gerade geeignet. Die Anfälligkeit für kurzzeitige Stimmungsumschwünge ist seit dem Fernsehzeitalter eher noch gestiegen. Volksabstimmung und Volksentscheid sind in fairer und sachgerechter Weise zudem nur durchführbar, wenn gleichzeitig sämtliche Presseorgane - öffentliche wie private - verpflichtet werden, ausführlich, umfassend und objektiv über jede Volksinitiative zu berichten. Nur auf diese Weise kann eine ausreichende Unterrichtung der Bevölkerung und eine faire Diskussion gewährleistet werden. Dieses Ziel läßt sich aber mit den gegenwärtigen Pressegesetzen nicht erreichen. Um dies zu erreichen, müßte in die Pressefreiheit eingegriffen werden. Dies ist aber mit der Union nicht zu machen. Ich darf zusammenfassen. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion spricht sich gegen die Aufnahme plebiszitärer Entscheidungsformen in das Grundgesetz aus. Das parlamentarisch-repräsentative Regierungssystem hat sich nach unserer Auffassung, aufs Ganze gesehen, bewährt und der Bundesrepublik Deutschland über 40 Jahre politische Stabilität beschieden. Plebiszitäre Entscheidungen können der Vielschichtigkeit und Kompliziertheit der heutigen Staatsaufgaben nicht gerecht werden. Wir meinen, daß sie die Gefahr der Entrationalisierung und Emotionalisierung der politischen Entscheidungsprozesse begründen. Ich erinnere an Reizthemen wie Todesstrafe oder „Ausländer raus". Letztlich führen, so unsere Ansicht, plebiszitäre Entscheidungsformen zu einer ständig wachsenden Abwertung des Parlaments, seiner Verantwortung und seiner Verantwortungsbereitschaft. ({0})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Ich erteile nunmehr dem Abgeordneten Dr. Konrad Elmer das Wort.

Dr. Konrad Elmer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000463, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch wir Sozialdemokraten haben zu dem gleichen Thema einen Antrag in die Gemeinsame Verfassungskommission eingebracht: Volksinitiative, Volksbegehren, Volksentscheid, allerdings mit kleinen Differenzen, über die wir mit dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in den Ausschüssen gerne diskutieren werden. Wir freuen uns auf die Debatte. Wir sind der Meinung, es gehört zu den Grundrechten eines jeden Menschen, sich im Prinzip zu jeder Zeit in die politischen Belange des Gemeinwesens einzuschalten, und zwar nicht nur durch Willensäußerungen, sondern auch durch Mitentscheid. Auf diesem Wege bedarf unsere Demokratie einer Fortentwicklung, und zwar auch um den Anschluß in der Europäischen Gemeinschaft zu halten, da, wie Sie wissen, die Verfassungen dieser Staaten in ihrer Mehrheit solche Elemente enthalten. Für mich persönlich als ostdeutschen Abgeordneten - es ist sicher kein Zufall, daß Herr Ullmann, der auch aus dieser Gegend kommt, zu diesem Thema gesprochen hat - gibt es noch ein zusätzliches gewichtiges Argument. Ich meine, daß mit den Ereignissen im Herbst 1989 etwas geschehen ist, was auch verfassungspolitische Relevanz hat. Es hat sich in der Tat gezeigt, daß die Bevölkerung - nicht immer, aber in bestimmten Punkten und zu bestimmten Zeiten - den Regierenden durchaus eine Nasenlänge voraus sein kann. Wer hätte gedacht, daß ein solcher Umschwung, der die ganze Welt verändert hat, so friedlich verlaufen könnte. Ich bin mir nicht sicher, ob Politiker allein dies hätten so bewerkstelligen können. Schon das ermutigt uns, dem Volk nicht in der gleichen Weise zu mißtrauen, wie es von anderen Rednern vorgetragen wurde. So komme ich zu den Gegenargumenten. Es wird gesagt, beim Volksentscheid sei niemand verantwortlich. Nun frage ich Sie, ob z. B. die Bürger der ehemaligen DDR die Entscheidung im Blick auf die Einheit Deutschlands in ihren Folgen, den positiven wie den negativen, nicht sehr wohl verantwortlich tragen müssen. Sind bei einem Volksentscheid nicht sehr viel mehr Menschen verantwortlich, einfach deswegen, weil sie Verantwortung übernehmen, sich in den Kommunikationsprozeß, der hier läuft, einschalten? Zu dem Argument, bei uns in den Ausschüssen sei sehr viel mehr Kompetenz und Diskussion und Kompromißbereitschaft vorhanden, kann ich nur sagen: Auf Grund der Erfahrungen in den Ausschüssen, in denen ich bisher mitarbeiten durfte, habe ich doch immer wieder gemerkt, wie die Mehrheit im Ausschuß ihre Interessen bisweilen brutal durchsetzt und sehr wenig auf die Gegenargumente der Minderheit hört. Es wird ferner gesagt, der Minderheitenschutz werde beim Plebiszit nicht gewahrt. Natürlich wird er durch die Verfassung gewahrt. Wenn man die Quoren so ansetzt, wie wir es tun, dann wird es sehr, sehr schwierig sein, die Todesstrafe durch einen Volksentscheid einzuführen. Sie brauchen eine Zweidrittelmehrheit im Volk und eine über 50 %ige Beteiligung. Daran sind fast alle Volksentscheide, die ein solch hohes Quorum hatten, gescheitert, z. B. in der Weimarer Republik. Deswegen kann man die damaligen Volksentscheide auch nicht als Argument dafür verwenden, das sei nicht hilfreich, das Volk sei dann nur frustriert. So hoch dürfen die Quoren bei einfachen Gesetzen natürlich nicht sein. Aber sie sollten vielleicht auch nicht so niedrig wie in der Schweiz sein, wo es in der Tat zu häufig zu solchen Entscheiden kommt und dann ein gewisser Überdruß entsteht. Deswegen würden wir gern mit dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN über diese Quoren diskutieren. Um es auf den Punkt zu bringen: Alle Gegenargumente, die man hört, laufen im Grunde doch darauf hinaus, daß die berufsmäßigen Politiker ihre Kreise nicht gestört sehen wollen. Was stört, ist hier eben das Volk. Insofern war es kein Wunder, daß unser Antrag in der gestrigen Sitzung der Verfassungskommission abgelehnt wurde, weil man die Verfassungskommission nicht so zusammengesetzt hat, wie wir es uns wünschten, nämlich aus allen Teilen der Bevölkerung, sondern nur mit Politikern, die natürlich etwas von ihrer Macht abgeben müssen. So hat man hier leider den Bock zum Gärtner gemacht und darf sich nicht wundern, wenn die Erfolge zunächst ausbleiben. Ich bin jedoch voller Zuversicht, daß diese Elemente der Bürgerbeteiligung Bestandteil unserer Verfassung werden, weil man das Problem der Politikverdrossenheit anders gar nicht mehr in den Griff bekommt. Wer dem Volk in dieser Weise mißtraut, darf sich nicht wundern, daß das Volk auch seinerseits den Politikern mißtraut. Das werden Sie nicht mehr ändern können; denn es ist ein Strukturproblem, das wir nur mit strukturellen Veränderungen wieder in den Griff bekommen können. Lassen Sie mich ähnlich wie gestern in der Verfassungskommission schließen, wo ich mein Vertrauen auf eine Wende auch in diesen Fragen mit dem Lied von der Moldau zum Ausdruck brachte: Die Nacht hat zwölf Stunden, dann kommt schon der Tag. Es gibt nämlich auch noch eine zweite Strophe, in der es heißt: Es wechseln die Zeiten. Die riesigen Pläne Der Mächtigen kommen am Ende zum Halt. Und gehn sie einher auch wie blutige Hähne, - heute hielt es sich ja in Grenzen, aber wir kennen ja manche Debatten zu diesen Fragen Es wechseln die Zeiten, da hilft kein' Gewalt. Die Mehrheiten für den Volksentscheid werden kommen. Vielen Dank. ({0})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Ich erteile nunmehr dem Abgeordneten Ulrich Irmer das Wort.

Ulrich Irmer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000996, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich mich dagegen verwahren, daß die Kollegen Ullmann und Elmer einen Vergleich ziehen, der in meinen Augen gänzlich unzulässig ist. Es werden nämlich die Situation des Jahres 1989 in der damaligen DDR und der Aufstand des Volkes gegen das dortige Unrechtsregime mit der Situation verglichen, die wir hier in der Bundesrepublik Deutschland haben. Das ist ein gänzlich unzulässiger Vergleich. Sie können doch nicht sagen, wir müssen plebiszitäre Elemente in unsere Verfassung einfügen, weil sonst Derartiges wie damals in der DDR nicht geschehen könne. Dort hatten wir es mit einem Unrechtsregime, und hier haben wir es mit einem Verfassungsstaat zu tun. Zweite Bemerkung. Politikverdrossenheit werden Sie mit Sicherheit nicht dadurch bekämpfen, daß Sie plebiszitäre Elemente in die Verfassung einfügen. Ein Blick über die Grenzen genügt. Die Politikverdrossenheit ist ein europaweites und weltweites Phänomen. Sie ist auch dort anzutreffen, wo die Instrumente Volksbegehren und Volksentscheid vorhanden sind. ({0}) Herr Ullmann - er ist gar nicht mehr anwesend -, ich muß mich auch dagegen verwahren, daß Sie die Argumente, die gestern in der Verfassungskommission gegen Ihre Vorschläge vorgebracht wurden, als Tiraden bezeichnen. Das ist schlicht unzulässig. Es gibt sehr gute Gründe. Herr Seesing hat einige dieser Gründe genannt. Ich will noch auf ein paar weitere eingehen. Ich fürchte nämlich, so ernst ich es nehme, daß man das Volk stärker beteiligen will, daß Sie genau das mit diesen Instrumenten nicht schaffen. Herr Elmer, Sie haben die Quoren erwähnt. Die Quoren müssen zwangsläufig ziemlich hoch sein. Das führt dazu, daß der einzelne Bürger, der eine solche Initiative startet, gar nicht in der Lage ist, diese Quoren zustande zu bringen. Er muß sich mit allen möglichen großen Organisatoren verbünden. Nur dann hat er Aussicht auf Erfolg. Ich komme aus Bayern. Wir haben dort das Instrument von Volksbegehren und Volksentscheid. Ich weiß, daß Volksbegehren dann nicht zustande komUlrich Irmer men, wenn sich nicht große Organisationen, große Verbände der Sache annehmen. Sonst hat man überhaupt keine Chance. Wissen Sie, was die Folge ist? Die Bürger, die dann glauben, daß sie selbst etwas ins Werk setzen, werden anschließend von diesen Verbänden manipuliert, seien das Gewerkschaften, sei das der ADAC, seien das Kirchen. Ich sage es nur. Das wird dem Bürger aus der Hand genomnmen, und er ist auf diese Verbände angewiesen. Und dann kommt das entscheidende Argument: Diese Verbände oder ihre Sprecher, die sich die Sache dann zu eigen machen, haben keinerlei demokratische Legitimation. Sie sind vielleicht von ihren Mitgliedern gewählt, aber nicht vom Volk. ({1}) Und das wollen Sie dem gewählten Parlament - Bundestag, Landtag usw. - entgegensetzen?

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Sie sind bereit, eine Frage zu beantworten.

Ulrich Irmer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000996, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ja.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Bitte schön, Herr Dr. Elmer.

Dr. Konrad Elmer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000463, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Darf ich Sie fragen, ob unsere Verbände und Kirchen, wie Sie sie erwähnten, nicht auch legitimerweise berechtigt sind, sich in den Meinungsbildungsprozeß, also auch in Volksentscheide einzubringen, und ob Politiker in ihrer Meinung von solchen Verbänden nicht beeinflußt werden?

Ulrich Irmer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000996, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Es ist sicher richtig, daß auch die Verbände legitimerweise im Gesetzgebungsverfahren gehört werden. Ich will nur sagen: Sie meinen, der Bürger als solcher bekäme mehr Möglichkeiten, wenn wir diese Instrumente einführten. Da irren Sie aber, weil der Bürger mit einem solchen Begehren auf die Mitwirkung der Verbände angewiesen ist. Sonst bekommt er die Quoren nicht zusammen. Ich möchte ein weitere Bemerkung machen. Herr Seesing hat es schon gesagt. Wenn Sie dem Volk Gesetzentwürfe zur Abstimmung vorlegen, kann man naturgemäß nur mit Ja oder Nein antworten. Das bedeutet, daß das gesamte ausgeklügelte Gesetzgebungsverfahren nicht stattfinden kann. Sie werden es kaum erleben, daß ein Gesetzentwurf, der im Parlament eingebracht wird, das Parlament so wieder verläßt, wie er von den Initiatoren formuliert worden ist. Da gibt es die Ausschußberatungen. Da gibt es Anhörungen der Beteiligten. Da gibt es Diskussionen in den unterschiedlichsten Ausschüssen und im Plenum. Da wird Meinung gemacht. Darüber setzt man sich auseinander, ob eine Sache so zweckmäßig geregelt ist. Da kann man dann auch die Interessen berücksichtigen, die von negativ Betroffenen geltend gemacht werden. All das ist bei Volksbegehren und Volksentscheid nicht möglich. Ich bestreite nicht, daß diese Instrumente auf Landesebene durchaus sinnvoll sein können, obwohl sich auch da die Grenzen zeigen. Ich erinnere an das Volksbegehren und den Volksentscheid „Das bessere Müllkonzept" in Bayern im Jahre 1991, wo sich dann völlig klar herausstellte, daß die Regelung, die letzten Endes gefunden wurde, nicht sinnvoll war, nicht sinnvoll sein konnte, weil bei einer hochkomplizierten Materie bestimmte Dinge vorher gar nicht bedacht worden waren. Wir können bei der Regelung komplizierter Sachverhalte gar nicht darauf verzichten, den geballten Sachverstand, auch die geballte Geltendmachung von Interessen der Betroffenen und Beteiligten und den Sachverstand der Abgeordneten, der Regierungsvertreter, die sich damit beschäftigen, einzubeziehen. All das würde bei Volksbegehren und Volksentscheid untergehen. Theodor Heuss, den Liberale gerne und mit Lust zitieren und dessen Zitate auch die Angehörigen anderer Parteien mit Gewinn zur Kenntnis nehmen können, hat einmal gesagt: Plebiszite sind die Stunden der Demagogen. - Leider ist das richtig. Herr Ullmann hat die Abstimmungen über Maastricht in Frankreich und Dänemark erwähnt. Wissen Sie, was in Frankreich abgelaufen ist? Da haben sich gegen den Vertrag von Maastricht alle Möglichen zusammengefunden, die gar nicht über Maastricht abgestimmt haben, sondern über völlig neben der Sache liegenden Angelegenheiten. ({0}) In Frankreich haben z. B. die Landwirte überwiegend gegen Maastricht gestimmt. Warum? Weil sie mit den Agrarpreisen unzufrieden sind. ({1}) Von Agrarpreisen steht aber im Vertrag von Maastricht kein Wort. Viele Bürger in Frankreich haben gegen Maastricht gestimmt, weil sie dem Präsidenten Mitterrand eins auswischen wollten. ({2}) Aber auch von Präsident Mitterrand ist im Vertrag von Maastricht mit keinem Wort die Rede. Es waren völlig sachfremde Elemente. ({3}) Ich will jetzt durchaus polemisch etwas sagen. Ich wage nicht vorauszusagen, wie ein Volksentscheid zumindest in Westdeutschland ausgehen würde, der heute sagen würde: Wir machen die deutsche Einheit rückgängig. Ich gebe zu, daß das polemisch ist. Aber auch das sollten Sie bedenken. Wenn Sie lediglich momentanen Stimmungen nachgeben, ist das in hohem Maße gefährlich. Es wird immer gesagt, es muß mehr politische Beteiligung her. Ich frage Sie: Wird denn die politische Beteiligung wirklich nur bei Wahlen ausgeübt? Es gibt doch die vielfältigsten Möglichkeiten für den Bürger, sich politisch zu betätigen. Vielfach werden diese Möglichkeiten leider nicht wahrgenommen. Vielfach wird kein Gebrauch davon gemacht. Aber ich kann doch jeden Bürger nur einladen, so abstoßend die Parteien zum Teil vielleicht wirken, sich z. B. in den politischen Parteien an der Willensbildung zu beteiligen. Warum denn eigentlich nicht? Hier kann der einzelne sehr viel ausrichten. Wir wissen es alle, und wir wollen uns ja gerne mit dem Bürger auseinandersetzen. Wir wollen seine Anregungen auch aufgreifen. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, daß ein Petitum, das von mehreren hunderttausend Menschen verfolgt und getragen wird, nicht auf die eine oder andere Weise auch in den Deutschen Bundestag kommt. Wir haben doch ein pluralistisches System mit mehreren Parteien. Wir wissen es doch, wenn wir manches anschauen, was hier auf der Tagesordnung steht. Das kommt doch unmittelbar daher, daß die Bürger gesagt haben, sie wollten, daß sich ihr Parlament damit beschäftige. Mir ist es überhaupt noch nicht vorgekommen, daß ich von einer großen Anzahl von Mitbürgern gehört hätte, hier sei ein Thema, mit dem wir uns beschäftigen müßten, das ich nicht sofort aufgegriffen und in die Fraktion eingespeist und zu dem ich nicht gesagt hätte: „Machen wir einen Entschließungsantrag." Wir erleben das täglich. Herr Ullmann hat in seiner Begründung vor der romantisierenden Suche nach einem über dem Parteiengezänk stehenden starken Mann gewarnt. Ich fürchte, daß die Initiative, die Sie starten, auch etwas mit der romantisierenden Suche nach dem über dem Parteiengezänk stehenden Volk zu tun hat. Das halte ich für gefährlich. Sie haben mit Ihrem Begehren eine sicherlich richtige und gute Sache im Auge. Nur, die Methode, die Sie vorschlagen, wird nicht zu dem gewünschten Erfolg führen. Ein letzter Satz zu dem Element, das auch in meiner Partei zum Teil für richtig gehalten wird, nämlich Volksinitiative in dem Sinne, daß eine große Anzahl von Unterschriften dazu führen kann und soll, daß eine Sache hier auf die Tagesordnung gesetzt wird. Ich meine, auch damit würde man dem Bürger eher Steine als Brot geben. Denn wenn die Sache hier diskutiert und nicht in der Weise entschieden wird, wie sich die Initiatoren das vorgestellt haben, dann ist die Enttäuschung um so größer. Sie haben mit Ihrer Besorgnis wegen der Politikverdrossenheit recht. Das geht uns alle an. Hier müssen wir viel tun. Aber ich bezweifle sehr stark, daß das, was Sie vorschlagen, dazu die richtige Methode ist. Wir müssen offener werden. Wir müssen zum Teil auch ehrlicher werden. Aber deshalb sage ich auch ganz ehrlich: Dies ist der falsche Weg. Es sind keine Tiraden, wenn wir hier kritisch sind und dies gestern auch in der Verfassungskommission abgelehnt haben. Wir sind vielmehr daran interessiert, daß sich die Demokratie bei uns im Gespräch zwischen Bürgern und Politikern weiterentwickeln kann. Danke schön. ({4})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Ich erteile nunmehr dem Abgeordneten Professor Dr. Uwe-Jens Heuer das Wort.

Prof. Dr. Uwe Jens Heuer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000891, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir begrüßen den vorliegenden Gesetzentwurf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Einführung einer dreistufigen Volksgesetzgebung. Der Gesetzentwurf ist aus unserer Sicht auch hinsichtlich der konkreten rechtlichen Ausgestaltung eine reife Leistung und trägt nationalen und internationalen Erfahrungen Rechnung. Es geht um die Ergänzung der repräsentativen Demokratie durch unmittelbare Demokratie. Wir gehen natürlich ebenso davon aus, daß auf Bundesebene mehr als 99 % der Gesetze weiterhin von Bundestag und Bundesrat beraten und verabschiedet werden. Es geht nicht, wie manche hier besorgt sagen, um eine Ersetzung der repräsentativen Demokratie durch die unmittelbare Demokratie, sondern um ihre Ergänzung. Aber gerade die halten wir für wichtig, weil wir der Meinung sind, daß das zu einer Weiterentwicklung des gesamten politischen Klimas in diesem Lande führen kann. Die Regierung, die Partei- und Fraktionsführungen müßten den Interessen und Erwartungen in der Bevölkerung damit mehr Beachtung schenken. Man müßte dem Volk mehr aufs Maul schauen, ohne ihm nach dem Munde reden zu müssen. Das wäre meines Erachtens der Staatspolitik sehr zuträglich. Die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes sprechen sich mit zunehmenden Mehrheiten für Volksbegehren und Volksentscheid aus. Zwischen 70 und 80 % der Befragten befürworten in jüngster Zeit eine derartige Demokratisierung des Verfassungsrechts. Gäbe es einen Volksentscheid über den Volksentscheid, dann hätten wir ihn zweifellos längst. Trotzdem stehen - wie wir auch heute hören - die Chancen dafür nicht gut. Das hängt wohl - das hat der Kollege Elmer ja gesagt - auch mit Eigeninteressen der durch das gegenwärtige Modell der Demokratie geschützten politischen Klasse zusammen. Wir haben gestern in der Verfassungskommission beraten und abgestimmt. Wir hatten immerhin eine Mehrheit von 28 gegen 27 für den sozialdemokratischen Vorschlag. Aber wie Sie wissen, ist in der Verfassungskommission eine Zweidrittelmehrheit erforderlich, und es war damit nicht die nötige Mehrheit. Aber immerhin, 28:27 läßt mich hoffen. Herr Elmer hat seine Hoffnung - gestützt auf ein Zitat von Bert Brecht, was ich dankbar vermerke - ebenso ausgedrückt. Wie immer, wenn es um Machtpositionen geht, wehren sich diejenigen dagegen, die Macht abgeben sollen. Das ist auch nicht verwunderlich. Wir haben das - sicherlich in ganz anderem Ausmaß - auch in der DDR erlebt. Aber ich wende mich dagegen, daß dies nicht unter Berufung auf Machtinteressen, sondern unter Hinweis auf eherne Grundsätze der Demokratie erfolgt. Es wurde schon darauf hingewiesen, daß Art. 20 des Grundgesetzes Abstimmungen ermöglicht. Und die Mehrheit will - ich sagte ja, es war auch die Mehrheit der Verfassungskommission -, daß dem Volk ein Stück der Staatsgewalt zurückgegeben wird, die mittlerweile weitgehend bei Regierungs- und Parteienbürokratie liegt. Die Bundesregierung hat viele Gründe angeführt, die sie veranlassen, sich gegen die Aufnahme plebiszitärer Elemente auszusprechen. Wir haben sie gestern gehört, und wir haben sie heute wieder gehört. Im Grunde geht es bei all diesen Argumenten um die Verteidigung eines Demokratiekonzepts, das nicht die Entfaltung von Volkssouveränität, sondern die Bewahrung von Regierungsstabilität als Ausgangspunkt nimmt. Demokratie wird als Regelmechanismus verstanden, der zwar die Regierungsmacht vom Volk herleitet, aber diese Macht zugleich gegen das unberechenbare Volk abschotten will. Das haben wir ja jetzt gehört. Ich darf einmal Schumpeter zitieren, der diese Konzeption in einer theoretisch hervorragenden Weise dargelegt hat. Er hat geschrieben, Demokratie sei eine „Ordnung der Institutionen, bei welcher einzelne die Entscheidungsbefugnis vermittels eines Konkurrenzkampfes um die Stimmen des Volkes erwerben". Die soziale Funktion der Politik würde nur nebenher erfolgen, im gleichen Sinne, wie die Produktion eine Nebenerscheinung des Erzielens von Profiten sei. Das Warenhaus könne nicht durch seine Warenzeichen, eine Partei nicht durch ihre Prinzipien definiert werden. Die Wähler müßten einsehen - so sagt er weiter -, „daß, wenn sie einmal jemanden gewählt haben, die politische Tätigkeit seine Sache ist und nicht die ihre". Er schreibt dies in dem Buch „Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie", München 1955, S. 428 ff. Diese Konzeption sagt, Demokratie bedeutet im Grunde nur die Wahl von Eliten durch das Volk, aber nicht die Entscheidung des Volkes selbst. Das Volk soll nur Quelle und nicht Träger der Staatsgewalt sein. Die andere Konzeption will Demokratie als reale Machtausübung durch das Volk - unter den komplizierten Bedingungen eines großen Staates natürlich nicht mehr so, wie Rousseau sie verstand, sondern als eine Kombination von repräsentativer und unmittelbarer Demokratie, wobei die repräsentative Demokratie dominieren muß und auch notwendigerweise dominiert. Ich meine - und das ist auch allgemein gesagt worden -, daß wir gegenwärtig eine Tendenz der politischen Apathie haben und daß dagegen auch plebiszitäre Mittel erforderlich sind. Jürgen Habermas hat in seinem neuen Buch „Faktizität und Geltung", Frankfurt a. M. 1992, S. 533, darauf hingewiesen, daß sich die aktuelle Kritik an der Verstaatlichung der politischen Parteien in erster Linie gegen eine Praxis richte, die den Wettbewerb der Parteien für Ziele der Personalrekrutierung und Ämterverteilung instrumentalisiere. Ich glaube, nur durch eine Entscheidung über eine Korrektur der Diäten - was ja jetzt offenbar beabsichtigt ist, indem gesagt wird, daß das eine unabhängige Kommission machen soll - werden wir dieses Problem nicht lösen können. Ich möchte mich jetzt mit einigen Gegenargumenten auseinandersetzen. Das erste Argument, das wir immer wieder hören, ist das Argument, das Volk sei nicht reif. Es war ein grundfalscher Ansatz in der Politik der SED-Führung nach 1949, daß sie glaubte, die Interessen des Volkes erkennen zu können, ohne das Volk fragen zu müssen. Ich habe dieser Position vielfach widersprochen. Nach der Wende war klar, daß eine solche Ergänzung notwendig ist. Und hier stelle ich fest, daß auch wieder die Floskel vom unmündigen oder unberechenbaren Volk strapaziert wird. Dafür wird immer wieder Theodor Heuss zitiert. Es geht bei Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid nicht um Meinungsumfragen, sondern um realen Einfluß der Bevölkerung. In der DDR nahm ich einmal an einer Diskussion teil, in der gefragt wurde, wie, mit welchen agitatorischen Formen man den Leuten Eigentümerbewußtsein vermitteln könne. Ich habe in dieser Diskussion gesagt, daß man das überhaupt nicht durch Agitation lösen könne, sondern als Eigentümer fühle sich, wer Eigentümer sei. Auch das Volk fühlt sich nur dann verantwortlich, wenn es verantwortlich ist. Man kann es ihm nicht einreden, daß es regiere. Das heißt, nur wenn es selbst entscheidet, fühlt es auch Verantwortung, und diese Verantwortung entwickelt es durch Tätigkeiten. Dabei bin ich natürlich auch der Meinung, daß das Volk irren kann. Parlamente können irren, das Volk kann irren, wir alle können irren. Aber das Volk lernt das Regieren nur, indem es wirklich regiert. Deswegen meine ich, daß solche Debatten, solche Diskussionen nötig sind. Zweitens. Vieles, was heute kritisch zu Plebisziten gesagt worden ist, gilt genauso für Wahlen. Werden Wahlen denn nicht manipuliert? Herr Irmer hat gestern von Aufhetzung des Volkes gesprochen. Wird das Volk nicht auch im Zusammenhang mit Wahlen in seinem Sinne aufgehetzt? Er sagt, den Verbänden könne man nicht trauen, das Volk opfere sich für die Verbände, werde von den Verbänden manipuliert. Wie ist es denn mit den Parteien? Gilt da nicht dasselbe? Ich meine, man muß sehr sorgfältig überlegen, warum nur das eine und warum nicht das andere. Ich halte auch den Einwand für falsch, es handele sich um eine Schwächung des Parlaments. In der DDR hatten wir die Allmacht von Partei und Staat. Das hat zu keinem guten Ende geführt. Ich meine, in vielen Fällen ist die Schwächung eine Stärkung, wenn man sich mit anderen auseinandersetzt. Wir reden ja von Gewaltenteilung. Warum soll das Parlament nicht in gewissem Maße seine Macht auch mit dem Volk teilen? Das kann doch nicht schaden. Das dritte Argument lautet, das Volk könne nur Ja-Nein-Entscheidungen fällen, und das sei doch viel zu primitiv. Aber z. B. über Maastricht gab es für dieses Parlament ja nur eine Ja-Nein-Entscheidung. Wir haben jetzt die Südumfahrung Stendal. Die Drucksache dazu ist ein dicker Packen Papier. Wie viele Abgeordnete haben das gelesen? Auch da gibt es Ja-Nein-Entscheidungen. ({0}) - Ich habe heute die Ja-Nein-Entscheidungen in diesem Hause auch erlebt. Diese Abstimmungen hier waren doch ein beeindruckendes Erlebnis. Ich empfand das nicht als den Habermasschen freien Diskurs. (Dr. Harald Schreiber ({1}) - Sie können das ja anders sehen, aber Sie haben ja heute alle brav die Händchen gehoben, wenn Herr Rüttgers auch seine Hand gehoben hat. Auch da gibt es Ja-Nein-Entscheidungen. ({2}) - Aber nein, das ist gar keine Unverschämtheit, sondern eine Feststellung von mir. Ich möchte noch zu zwei weiteren Argumenten Bemerkungen machen. Einmal wird die Meinung vertreten, für Ostdeutschland und für die Länder sei das gut, für ganz Deutschland aber schlecht. Und gestern wurde von einem Abgeordneten der CDU gesagt, die Bürger der DDR hätten sich mittels der Volkskammer unter das Grundgesetz begeben. Ich sehe überhaupt keinen Grund für die Behauptung, daß das, was für Ostdeutschland und für die Länder gut sei, für die gesamte Bundesrepublik schlecht sei. Ich habe auch niemanden gehört, der das beweisen kann. Zu einem fünften Einwand: Gestern und heute ist gesagt worden, daß sich das Grundgesetz bewährt habe und daß das Bewährte bleiben solle - auch eine Formulierung, die ich aus der DDR kenne. Es ist gesagt worden, das Grundgesetz habe kluge Väter gehabt, und diese klugen Väter hätten schon gewußt, was sie tun. Ich möchte Ihnen am Schluß ein Zitat von Georg Lukács unterbreiten. Er hat an die Adresse einiger Marxisten, die Marx nur wiederholten und nicht weiter nachdachten, gesagt, sie seien wie der Mops auf dem Himalaja, der meinte, weil er oben auf dem Himalaja sei, sei er so groß wie der Himalaja. Ich meine, wir sollten doch heute klug sein und können uns nicht nur auf die Klugheit der Väter und Mütter des Grundgesetzes - es waren überwiegend Väter - berufen. Unsere Klugheit muß darin bestehen, heute klug auf die heutigen Fragen zu antworten. Darin sehe ich unsere Aufgabe. Danke schön. ({3})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende der Aussprache. Der Ältestenrat empfiehlt Ihnen, die Vorlage auf Drucksache 12/3826 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu überweisen. - Das Haus ist offensichtlich damit einverstanden. Damit ist dieser Tagesordnungspunkt beendet. Ich rufe nunmehr den Zusatzpunkt 8 auf: Aktuelle Stunde Verhältnis zu den osteuropäischen Nachbarstaaten Diese Aktuelle Stunde wurde von der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantragt. Ich erteile zunächst dem Abgeordneten Gerd Poppe das Wort.

Gerd Poppe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001736, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung, nicht zuletzt mit ihr Bundeskanzler Kohl, hal bisher durchaus ihren Willen zu guter Nachbarschaft mit den osteuropäischen Völkern gezeigt. Sie hat unzweifelhaft eine verdienstvolle Rolle bei der Gestaltung der Nachbarschaftsverträge mit diesen Staaten gespielt. Die Verträge mit Leben zu erfüllen war eine Devise aller Fraktionen und Gruppen dieses Hauses. Was wir aber nun als eine erste Konsequenz des sogenannten Asylkompromisses erleben, droht ebendiesen Geist der Verträge über Freundschaft und Zusammenarbeit zu zerstören. Von einem auf den anderen Tag verkommt er zu einem Kuhhandel über die sogenannten Altfälle, während die Nachbarn den gewünschten Freund und Partner zunehmend als Großmacht erleben. Spätestens hier deutet sich an, welch verheerende Folgen eine Politik haben kann, die einseitig scheinbaren innenpolitischen Stabilitätskriterien die Priorität gegenüber dem Ziel einer gesamteuropäischen, friedlichen, sozialen und ökologischen Union einräumt. Ich will jetzt nicht ausführlich unsere Kritik am sogenannten Asylkompromiß wiederholen, den wir von Anfang an nicht nur als inhuman und schädlich für die demokratische politische Kultur abgelehnt haben, sondern auch als nutzlos. Jetzt zeigt sich, daß er dazu auch noch außenpolitischen Schaden anrichtet. Harmonisierung der Einwanderungs-, Flüchtlings- und Asylpolitik kann doch nicht bedeuten, sich einerseits mit den westlichen Nachbarn auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zu einigen und andererseits die östlichen Nachbarn vor vollendete Tatsachen zu stellen. Die Bundesregierung hat es versäumt, sich vor dem Aushandeln innenpolitischer Regelungen mit den osteuropäischen Regierungen zu beraten, sich über ihre Schwierigkeiten und Vorstellungen zu informieren und nach einvernehmlichen Lösungen zu suchen. Kein Wunder, wenn das deutsche Vorgehen jetzt als Diktat empfunden wird. Die Bundesregierung ist offenbar nicht bereit, die tatsächliche Situation in Polen, der Tschechischen Republik, der Slowakei und in den anderen vormals sowjetisch dominierten Staaten zur Kenntnis zu nehmen. Nicht alle rechtsstaatlichen Instrumentarien sind dort schon perfekt ausgebaut und funktionieren zuverlässig. Die politische Lage dieser Länder ist noch nicht sehr stabil und die wirtschaftliche noch weniger. Dessen ungeachtet zwingt die Bundesrepublik sie in eine Situation, der sie politisch, ökonomisch und verwaltungstechnisch nicht gewachsen sein können. Wie sollen z. B. Polen und die Tschechische Republik ihre Wirtschaft entwickeln, wenn ihnen einerseits die westlichen Märkte versperrt bleiben und sie andererseits gezwungen werden, an ihrer Ostgrenze eine neue Mauer zu bauen? Die Fragen danach, wo die Grenzen Europas verlaufen und wie sie gestaltet werden, welche neuen wirtschaftlichen Räume sich herausbilden werden und wie ökologische Verantwortung gemeinsam wahrgenommen wird, sind gesamteuropäische Fragen. Wenn die reiche Bundesrepublik jetzt dem armen Polen anbietet, die Lasten der europäischen Armutsflüchtlinge in zwei Hälften zu teilen und meint, das Problem mit einigen Millionen lösen zu können, dann ist das nicht nur heuchlerisch, sondern auch eine Selbsttäuschung. Von einer den realen Möglichkeiten entsprechenden Verpflichtung zu solidarischem Teilen werden wir uns nicht freikaufen können. Wir sollten das auch nicht wollen. Vor allem fordern wir aber von der Bundesregierung den Einsatz für eine europäische Lösung, die politisches Asyl schützt und Einwanderung regelt. Wir fordern eine Lastenteilung bei der Bewältigung der Probleme und nicht das Abschieben unserer, der Probleme eines reichen und darum anziehenden Landes auf unsere ärmeren Nachbarn. Wir fordern eine Lösung, die Rumänien und die Ukraine genauso einbezieht wie Österreich und die Tschechische Republik, die Slowakei und Weißrußland genauso wie die Schweiz und Polen. Wir fordern eine Lösung, die keiner Listen von erst-, zweit- und drittklassigen Staaten bedarf. Solche Listen, die in den betroffenen Ländern als diskreditierend empfunden werden, lehnen wir ab - und nicht nur wir, wie die Reaktionen des UNHCR und anderer Organisationen zeigen. Wir fordern, daß die bisher in der Bundesrepublik aufgenommenen Menschen nicht wieder nach Polen oder in die Tschechische Republik abgeschoben werden. Was wir jetzt erleben, ist keine Europapolitik, die diesen Namen verdient, sondern kleinkariertes Krisenmanagement, das zudem begleitet wird von beleidigenden öffentlichen Unterstellungen, die andere Seite wolle nur den Preis hochtreiben. Für uns, meine Damen und Herren, geht es nicht einfach um Geld. Es geht um ein Europa, wo Grenzen abgebaut werden, ohne andere Grenzen auszubauen, und wo gemeinsam Wege zur Beseitigung der Fluchtursachen gesucht werden. Es geht um die Frage nach der eigenen politischen Moral und nicht zuletzt um die Respektierung unserer östlichen Nachbarn als gleichwertige Partner. ({0})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Ich erteile nunmehr dem Abgeordneten Klaus Francke das Wort.

Klaus Francke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000569, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Beziehungen des wiedervereinigten Deutschlands zu den Staaten in Mittel- und Osteuropa haben sich auf der Grundlage der bilateral abgeschlossenen Verträge positiv entwickelt. Das gilt insbesondere für unser Verhältnis mit Polen, dem wir historisch, politisch und moralisch die gleiche Qualität beimessen wie unserem Verhältnis mit Frankreich. Kein anderes Industrieland des Westens leistet quantitativ und qualitativ so viel an Stabilisierungs- und Aufbauhilfen für Polen und die anderen Reformstaaten wie die Bundesrepublik Deutschland. Dies hat nicht nur zu einer erfreulichen Ausweitung der Beziehungen geführt, sondern vor allem auch eine gegenseitige Vertrauensbasis für die Zukunft geschaffen. Auf dieser Vertrauensbasis finden die Verhandlungen der Bundesregierung mit Polen und den übrigen Nachbarstaaten über Fragen statt, die sich für diese Länder aus der Neuregelung unseres Asylrechts ergeben. In der ersten Lesung des Gesetzes zur Änderung von Art. 16 hat der Kollege Klose zu Recht festgestellt - ich zitiere ihn -, daß wir „die Probleme nicht einfach einseitig bei anderen abladen können und wollen. Wir wenden uns ja auch dagegen, daß derzeit die Probleme ganz überwiegend bei uns abgeladen werden. " Von dieser völlig zutreffenden Überlegung ausgehend führt die Bundesregierung - entsprechend dem Parteienkompromiß in der Asylfrage vom 6. Dezember 1992 - Verhandlungen mit unseren östlichen Nachbarstaaten mit dem Ziel, zu einer gemeinsam ausgehandelten Lastenteilung zu kommen. Die CDU/ CSU-Bundestagsfraktion unterstützt die Bundesregierung in den Bemühungen, die Verhandlungen mit Polen und den übrigen betroffenen Staaten zu einem positiven und zügigen Abschluß zu führen. Damit tut die Bundesregierung genau das, was der Sprecher vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der Kollege Weiß, in der schon erwähnten ersten Lesung des Gesetzes am 21. Januar 1993 gefordert hat, nämlich mit unseren Nachbarn ernsthaft über gemeinsame Lösungen zu verhandeln. ({0}) Ich habe nicht den geringsten Zweifel, daß unsere östlichen Nachbarn, die sich zu ihrer Mitverantwortung bei der Bewältigung des europäischen Migrationsproblems bekennen und gewillt sind, ihren bereits eingegangenen Verpflichtungen nachzukommen, dabei eine konstruktive Rolle spielen werden. In der gemeinsamen deutsch-polnischen Presseerklärung nach der letzten Verhandlungsrunde heißt es folglich: „Beide Seiten sind der Auffassung, daß in erster Linie eine gemeinsame europäische Politik unter Einschluß einer europäischen Lastenteilung geschaffen werden muß, mit der die Fluchtursachen bekämpft werden sollen." Genau darum geht es aber. Die gegenwärtige Situation, in der 70 % aller Asylbewerber in Europa nach Deutschland kommen - wobei die Bewerberzahlen von 1991 auf 1992 um 71 % gestiegen sind -, ist nicht länger hinnehmbar. Eine solche Lage ist aber mit nationalen Mitteln nicht mehr zu beherrschen, zumal wir es ja in Wirklichkeit weniger mit einer Asyl- als vielmehr mit einer generellen Flüchtlingsbewegung bzw. -problematik in Europa zu tun haben. Es ist trotz unserer beträchtlichen materiellen Leistungsfähigkeit völlig ausgeschlossen, daß die Bundesrepublik die Folgen dieser zu erwartenden Migration wie bisher beinahe allein tragen soll. Warum auch sollten bei der zunehmenden internationalen und multilateralen Verflechtung unserer Politik ausgerechnet diese Fragen ausgeklammert und in einem rein nationalen Kontext entschieden werden? Klaus Francke ({1}) Selbstverständlich müssen wir einem Land wie Polen, das im ganzen Jahr 1992 nur ca. 500 Asylverfahren durchzuführen hatte, materielle und organisatorische Unterstützung gewähren. Die Bundesregierung hat dazu eine Reihe von Hilfen angeboten. Wir halten das für einen geeigneten Schritt, auch im Hinblick auf die Budapester Konferenz über Migrationsfragen. Nirgendwo sonst wird die Bereitschaft zu Solidarität in Europa so sehr auf die Probe gestellt werden wie bei der Bewältigung des Migrationsproblems. Solidarität wächst erfahrungsgemäß immer dann, wenn sich die Erkenntnis durchsetzt, daß alle von der Herausforderung betroffen sind. Deshalb ist es ausgesprochen schädlich, wenn vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Zusammenhang mit ihren Gesprächen in Polen angekündigt wird, man werde seine politischen Freunde in Polen ermutigen - ich zitiere - sich den „Erpressungsversuchen der deutschen Regierung" nicht zu beugen. Es ist auch abwegig, von Eingriffen in die Souveränität der Polnischen Republik oder der Tschechischen Republik zu sprechen. Mit derartigen Ausfällen, meine Damen und Herren, fördern Sie nur diejenigen in den genannten Ländern, die wegen ihrer nationalistischen und uns nicht gerade wohlgesonnenen Grundeinstellung an pragmatischen Lösungen ohnehin nicht interessiert sind. Auf diese Weise schaden Sie unseren außenpolitischen Beziehungen und erschweren gleichzeitig die Lösung innenpolitischer Aufgaben. Insofern ist die Zielsetzung, die Sie mit dieser Aktuellen Stunde beabsichtigt haben, völlig an den Interessen Deutschlands und Europas vorbei orientiert. ({2})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Ich erteile nunmehr dem Abgeordneten Peter Glotz das Wort.

Prof. Dr. Peter Glotz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000692, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir Sozialdemokraten teilen alle die Ziele, die Kollege Poppe hinsichtlich der Beziehungen Deutschlands zu den osteuropäischen und mitteleuropäischen Staaten dargelegt hat. Ich glaube, wir müssen uns nur klar sein, daß man sich mitten in Verhandlungen zuerst einmal auf die Verhandlungen konzentrieren sollte und diese Verhandlungen nicht durch allzuviel Nebenluft stören sollte. ({0}) Das geht in alle Richtungen. Das geht in unsere Richtung, aber auch in die polnische Richtung. Der polnische Präsident hat beispielsweise die Bemerkung gemacht: „ Wir bilden Spalier. " Auch das ist eine problematische Bemerkung. Ich räume ein, Herr Kollege Poppe, daß es auch von unserer Seite problematische Bemerkungen gibt. Lassen Sie uns bitte versuchen, die Probleme pragmatisch zu lösen, und lassen Sie uns bitte alles tun, um zu verhindern, daß wir wirtschaftliche Stärke der Bundesrepublik Deutschland gegenüber schwächeren Partnern im Osten irgendwie ausspielen. Das ist unsere Auffassung. ({1}) Dabei sind wir mit Nachdruck der Auffassung, wir sollten den Versuch machen, auch zu multilateralen Vereinbarungen zu kommen. Ich muß aber sagen: Das ist auch das Ziel der Bundesregierung. Das heißt, wir können nicht alles bilateral lösen, jedenfalls nicht auf Dauer, sondern wir wollen, daß Österreicher und Ungarn und Tschechen und Slowaken und Polen auch miteinander sprechen. Im übrigen passiert das ja gerade derzeit. Lassen Sie uns diese multilateralen Elemente mit Nachdruck unterstützen. ({2}) Als dritte Bemerkung - eingehend auf Herrn Poppe - will ich sagen: Man braucht Zeitbrücken. In der Tat wird es nicht von heute auf morgen möglich sein, die Voraussetzungen zu schaffen, viele Asylbewerber in einem Land, das gerade erst der Genfer Flüchtlingskonvention beigetreten ist, auf vernünftige Weise administrativ einzugliedern oder auch abzulehnen. Dazu müssen erstens Hilfen von uns kommen, und zweitens muß man Zeit geben. Auch das muß in die Verhandlungen hinein. Lassen Sie uns das unserer Regierung mit Nachdruck auf den Weg geben. Ich bin überzeugt, daß dies auch versucht wird. Auf ein konkretes Problem will ich hinweisen. Es können Situationen auftreten - stellen Sie sich das bitte vor - wie revolutionäre Umtriebe oder Unruhen z. B. in der Ukraine, in irgendeinem Land; ich will keines benennen, weil man nichts hervorrufen oder nichts beschreien möchte. In diesem Fall könnten beispielsweise nach Polen mit einem Schub Tausende oder Abertausende Flüchtlinge kommen. Für diesen Fall ist es notwendig, daß wir nicht nur Geld geben und helfen, sondern für diesen Fall ist es auch notwendig, daß wir Personengruppen nach Deutschland übernehmen. Das muß unsere Politik sein. ({3}) Da möchte ich der Bundesregierung sagen - das ist unstreitig; ich räume das ein -, daß man dann nicht nach einer Grundlinie verhandeln kann, die von vornherein administrativ festlegt: Ein solcher Notfall tritt dann ein, wenn das Land Polen z. B. halb so viel hat wie das große Land Bundesrepublik. Hier bitte ich die Bundesregierung, nicht nach allzu administrativen Gedanken, sondern sinnvoll vorzugehen und von jetzt aus klipp und klar die These zu widerlegen, nach Deutschland könne man als Asylbewerber nur noch mit Fallschirm oder Schlauchboot kommen. Die These ist falsch. Das müssen wir aber auch in unseren Verhandlungen widerlegen, meine Damen und Herren. Herzlichen Dank. ({4})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Ich erteile nunmehr dem Abgeordneten Ulrich Irmer das Wort.

Ulrich Irmer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000996, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben gerade ein Schulbeispiel für die unterschiedliche Art erlebt, in der man Probleme angehen kann. Man kann die Welt tieftraurig finden wie der Herr Kollege Poppe; man kann aber auch nach vernünftigen, konstruktiven Lösungen suchen, wie das der Herr Kollege Glotz eben in beispielhafter Weise vorgeführt hat. ({0}) Am Mittwoch dieser Woche haben wir im Auswärtigen Ausschuß eine lange Debatte über die Probleme geführt, um die es hier geht. Wir werden im Auswärtigen Ausschuß auch sorgfältig beobachten, daß durch den Gang der Verhandlungen die außenpolitischen Beziehungen zu unseren Nachbarstaaten im Osten nicht belastet werden. Darauf kann sich jeder verlassen. Wir müssen uns aber - deswegen nehme ich gerne die Gelegenheit wahr, heute in dieser Debatte zu sprechen - vor allem überlegen, wie wir die Ursachen der Probleme beseitigen können, mit denen wir es zu tun haben. Eines ist ganz klar: Flüchtlingsströme wird es nur dann nicht geben, wenn in Osteuropa auf Dauer Stabilität erreicht werden kann. Ich sage kritisch: Hier habe ich das Gefühl, daß wir im Westen - nicht nur Deutschland, sondern auch die EG-Partner - noch zu wenig tun, um dazu beizutragen, daß sich in Osteuropa auf Dauer Stabilität entwickeln kann. ({1}) Wir wissen erstens alle, daß unsere EG-Märkte für Produkte aus den osteuropäischen Ländern nach wie vor verschlossen sind, mit denen diese Länder auf unseren Märkten sogar konkurrenzfähig sein könnten. Wir müssen dafür sorgen, daß die Handelsbarrieren abgebaut werden; denn es ist viel sinnvoller, Waren hier verkaufen zu lassen und dort dann den Rückfluß an Geld zu haben, das für diese Waren bezahlt wird, als endlos Hilfsmittel im Sinne von Entwicklungszusammenarbeit in diese Länder hineinzupumpen. Sie müssen aus eigener Kraft auf die Füße kommen und international wettbewerbsfähig werden. Das ist, wirtschaftlich gesehen, die einzig vernünftige Lösung, obwohl ich nicht verkenne, daß dies bei sensiblen Produkten wie Kohle, Stahl, Textil und Agrarprodukten auch für uns Schwierigkeiten mit sich bringt. Zweiter Punkt. Die Lander Osteuropas haben ein ausgeprägtes Sicherheitsbedürfnis, und sie haben das Gefühl, daß sie in einem Sicherheitsvakuum leben. Das betrifft insbesondere Polen, die Tschechische Republik, die Slowakei und Ungarn, d. h. die Länder, mit denen wir bereits Assoziierungsverträge abgeschlossen haben; sie sind noch nicht ratifiziert, aber das kommt. Ich meine, wir sollten etwas mehr Phantasie für die Antwort auf die Frage aufwenden, wie wir die Annäherung dieser Länder an Europa verstärken können, wie wir ihren Sicherheitsbedürfnissen mehr entsprechen können, als das bisher möglich war. Ich erwähnte die Assoziierungsverträge. In ihnen wird ja die Perspektive für einen EG-Beitritt eröffnet. Nun weiß jeder - und die Betroffenen wissen es besonders gut -, daß sie heute aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage sind, Vollmitglieder der EG zu werden. Das kann noch Jahre dauern. Aber müssen wir nicht politische Instrumente entwickeln, mit denen wir den Ländern für diese Übergangszeit entgegenkommen, die Hand reichen und das konkretisieren, was wir als Perspektive eines späteren Beitritts beschworen haben? Müssen wir nicht darüber nachdenken, ob es nicht eine engere Beteiligung etwa an der Europäischen Politischen Zusammenarbeit geben könnte? ({2}) - Wir sollten damit anfangen, natürlich. - Wir sollten überlegen, ob es nicht möglich wäre, zumindest den Informationsfluß ganz stark zu intensivieren, ob es nicht möglich wäre, Gremien zu schaffen, in denen die Vertreter dieser Länder an den Sitzungen der Ministerräte teilnehmen können. Genügt es denn wirklich, daß wir diese Länder in den Nordatlantischen Kooperationsrat aufgenommen haben? Die Polen, die Tschechen, die Slowaken und die Ungarn beklagen sich natürlich und sagen: Da sitzen wir ohne eine herausgehobene Position mit all denen zusammen, mit denen wir früher zwangsweise im Warschauer Pakt verbündet waren. Das genügt ihnen nicht. Sollten wir nicht zumindest erwägen, ihnen den Status assoziierter Mitglieder in der Westeuropäischen Union anzubieten? ({3}) Das wäre auch in der Logik des Maastrichter Vertrages, weil wir diese Länder ja der EG assoziieren wollen und im Maastrichter Vertrag sagen, die Europäische Union und die Westeuropäische Union als deren Verteidigungskomponente sollen enger miteinander verknüpft werden. Die logische Konsequenz wäre, daß wir diesen Ländern alsbald das Angebot machen, sie als assoziierte Mitglieder in der Westeuropäischen Union willkommen zu heißen. Herzlichen Dank. ({4})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Das Wort hat nunmehr die Abgeordnete Andrea Lederer.

Andrea Lederer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001301, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde es schon bezeichnend, daß Sie, Herr Irmer, lange Ausführungen über die Aufnahme der osteuropäischen Nachbarländer in Militärbündnisse machen, wo es doch eigentlich darum geht, welche Folgen der deutsche Asylkompromiß für diese Länder hat. Ich wage zu bezweifeln, daß durch einen solchen Schritt auch nur eine Fluchtursache beseitigt oder auch nur ein Migrationsproblem gelöst wird. ({0}) Insofern müßte man wirklich über etwas anderes reden. ({1}) In angesehenen Zeitungen wie der „Süddeutschen Zeitung" und dem „General-Anzeiger" liest man momentan Bewertungen der Folgen dieser Politik, die hellhörig machen müssen. Ich will nur ein Zitat aus der „Süddeutschen Zeitung" bringen: „Zum erstenmal seit mehr als 50 Jahren haben deutsche Politiker nach Art einer Hegemonialmacht ungefragt über drei Nachbarstaaten verfügt mit dem sogenannten Asylkompromiß." Überschrift: „Die Deutschen investieren, die anderen parieren. " - Ich will das gar nicht weiter ausführen. Man könnte aber zur Zeit massenhaft solche Zitate bringen. Es muß wirklich aufmerksam machen, daß zur Zeit genau das Gegenteil dessen eintritt, was die Bundesregierung tatsächlich zu erreichen behauptet, nämlich wirklich nachbarschaftliche Beziehungen. Es ist doch so, daß eine Art Zäsur in den Beziehungen eingetreten ist, und zwar dadurch, daß die Bundesregierung im Asylkompromiß gemeinsam mit der SPD, so diese dann letztlich zustimmen wird, eine Politik entwickelt und Folgen verursacht hat für diese Länder, bei denen diese so gut wie nichts mitzusprechen hatten. Dort, wo Widerstand geäußert wird, beispielsweise von Regierungen dieser Staaten, werden im Prinzip die Instrumente gezeigt. So ist offenbar Polen unverhohlen angedroht worden, den Visazwang für polnische Staatsbürger wieder einzuführen für den Fall - ({2}) - Sie nehmen nicht zur Kenntnis, daß das, worüber es nach Ihren ständigen Behauptungen ein Einverständnis gibt, von der polnischen Regierung dementiert wird. ({3}) Ich glaube wirklich, daß Sie die ökonomische Situation der Bundesrepublik im Verhältnis zu diesen Staaten ausnutzen, und ich glaube, daß hier wirklich ein ganz gefährlicher Weg eingeschlagen worden ist. ({4}) Die Auswirkungen sind nicht nur etwa an den Westgrenzen dieser Nachbarstaaten zu spüren, sondern die Auswirkungen sind auch zu spüren im Hinblick auf die Innenpolitik wie auch die Außenpolitik in diesen Staaten. Das heißt, diese Länder sind gezwungen, beispielsweise auch andere außenpolitische Beziehungen zu ihren weiteren östlichen Nachbarn aufzunehmen, als das bislang vielleicht der Fall war und sein konnte. Wenn in dieser Situation davon geredet wird, daß man der Bundesregierung doch Zeit lassen und darauf vertrauen soll, daß sie diese Beziehungen sozusagen wieder einzurenken in der Lage ist, dann muß ich sagen, daß mir dieses Vertrauen einfach fehlt, Herr Glotz. Für mich ist es sehr besorgniserregend, wenn es der Bundesregierung z. B. durch einfache Gesetze oder durch den Abschluß von Verträgen überlassen wird, ({5}) wie all das ausgestaltet werden soll, was an Asylpolitik hier bereits eingeleitet wurde. Das ist genau das, wovor wir warnen, nämlich wenn dies durch sogenannte einfache Gesetze gemäß Art. 16a, so wie er beschlossen werden soll, der Bundesregierung überlassen wird, im Grunde genommen niemand mehr mitzureden hat, sondern lediglich die Interessen, die die Bundesregierung mit dieser Politik verfolgt, ihren Niederschlag finden werden - und das auf dem Rücken der Flüchtlinge, auf Kosten derjenigen, die vielleicht sogar intensiver und mit guten Argumenten versucht haben, dem zu widerstehen, und im Grunde mit einem Signal für eine Rolle Deutschlands in dieser Welt, die ich für katastrophal halte. Großmachtpolitik ist nicht mehr ein Begriff, den vielleicht nur wir oder ab und zu mal ein Kollege von Ihnen verwendet, sondern das ist ein Begriff, der zur Kennzeichnung der Politik der Bundesregierung mittlerweile offiziell in den Medien verwendet wird. Ich glaube, das sollte sehr nachdenklich machen. Ich danke. ({6})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Ich erteile dem Abgeordneten Erwin Marschewski das Wort.

Erwin Marschewski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001424, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Alles, was Sie, Herr Kollege Poppe, vorhin gesagt und gefordert haben, haben wir vor zu tun. Alles das haben wir bereits eingeleitet. Eigentlich wäre diese Debatte am Freitag nachmittag also gar nicht mehr nötig gewesen. ({0}) Da wir aber nun schon darüber sprechen, will ich Ihnen eines dazu sagen: Wer verhandelt, wer miteinander spricht, um Probleme zu regeln, belastet niemals das Verhältnis zu seinem Nachbarn. Nur derjenige belastet es, der Unwahres sagt. Ich will einmal das aufgreifen, was Sie vorhin erwähnt haben. Es ist unwahr, wenn Sie von einem Diktat sprechen, es ist unwahr, wenn Sie von einem Freikauf sprechen und wenn Sie davon sprechen, daß wir die Ostgrenze als neue Mauer errichten würden. Dies ist absurd, Herr Poppe. ({1}) Wir haben diese Politik in diesem Hause betrieben, als andere schon glaubten, die Mauer sei endgültig. Wir haben dies getan, um die Mauer einzureißen. Wir wollen keine neue Mauer errichten. Im Gegensatz zu dem, was Sie gesagt haben, ist wahr und gut, was Herr Dr. Glotz vorhin gesagt hat, dieser administrative Imperativ. Wir wollen natürlich, Herr Dr. Glotz, zwei Dinge. Wir wollen eine tatsächliche Öffnung, aber wir wollen auch eine rechtliche Öffnung, ein rechtliches Offensein garantieren. Gerade deswegen haben wir, Herr Dr. Schmude, den Art. 16 Abs. 2 Satz 2 so geändert, daß eine rechtliche Öffnung neben unserer politischen und tatsächlichen Absicht möglich ist. Das Ziel der Asylverhandlungen, die Sie mit Ihrem Antrag von heute offensichtlich etwas beeinträchtigen wollen, so denke ich mir, besteht doch darin. unser Asylrecht europafähig zu machen. Wir wollen gerade mit den Nachbarn gemeinsam die europäische Lastenverteilung regeln, wir wollen tun, was das deutsche Volk will, und wir wollen erreichen, daß eine mißbräuchliche Inanspruchnahme des Asylrechts nicht möglich ist. Wie Sie wissen, haben wir uns deswegen am 6. Dezember verständigt. Wir wollen verhindern, daß 100 000 Leute wieder einfach so über die polnische Grenze zu uns kommen. Da haben wir ein Abkommen gemacht. Ich begrüße es, daß der stellvertretende polnische Ministerpräsident erklärt hat, daß das Abkommen der Schengen-Staaten mit Polen auch von ihm erfüllt wird. Wir müssen miteinander reden. Das ist das Problem. Der Kollege Koschyk ist in dieser Hinsicht sehr aktiv. Auf seine Veranlassung hin habe ich am Dienstag polnische Innenpolitiker zu einem Gespräch eingeladen. Ich will der Kollegin, die nicht mehr hier ist, weil sie wahrscheinlich verhindert ist, nicht sagen, was die polnischen Politiker von Solidarnosc mir dazu erzählt haben, was die von der PDS halten. Ich will ihr aber sagen, daß sie es als gut empfanden, daß wir miteinander sprechen. Das ist doch letzten Endes der Sinn der Übung, meine Damen und Herren. ({2}) Vielleicht noch eines; ich habe das in der Zeitung gelesen. - Man soll diese Dinge nicht tun; Herr Dr. Glotz hat es zu Recht gesagt. Wir schwächen dadurch unsere Verhandlungsposition. Wenn die „Süddeutsche Zeitung", normalerweise eine seriöse Zeitung, schreibt, wir versuchten das Asylproblem in Großmachtart zu lösen, dann ist das barer Unsinn. Was wir wollen, ist Zusammenarbeit mit der Tschechischen Republik; was wir wollen, ist Zusammenarbeit mit Polen. Wir wollen Europa. Ich denke mir, daß wir gemeinsam diese schweren Probleme lösen werden. Wir wollen ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis mit allen unseren Nachbarn. Das sage ich Ihnen, und das wird die Bundesregierung auch in dieser Art betreiben. Herzlichen Dank. ({3})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Das Wort hat nun der Abgeordnete Jürgen Schmude.

Not found (Mitglied des Bundestages)

, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Neben den außenpolitischen Gesichtspunkten, die hier eben erörtert worden sind, möchte ich auf Erfordernisse des deutschen Verfassungsrechts, auch des künftigen Verfassungsrechts hinweisen, die Auswirkungen haben werden auf die außenpolitischen Beziehungen zu unseren östlichen Nachbarn, die aber auch Maßstäbe setzen für das, was im Rahmen dieser Beziehungen erreicht werden muß. Dabei will ich vor allem zwei Mißverständnissen entgegentreten. Es gibt offenbar die Annahme, und zwar auch zu der Drittstaatenregelung, die wir in dem Art. 16a und in dem Ausführungsgesetz haben, es werde niemand mehr als Flüchtling in die Bundesrepublik Deutschland kommen können, um hier Asyl zu beanspruchen. Diese Annahme ist eindeutig falsch. Ich würde mich freuen, wenn man sich mit denen, die heute solche Horrorgemälde zeichnen, in einem Jahr oder in eineinhalb Jahren noch einmal auseinandersetzen könnte. Weiterhin werden Flüchtlinge kommen, nicht zuletzt über die Lastenteilung, die wir zu vereinbaren haben. Hinter der genannten Annahme steckt die zumindest teilweise falsche Rechtsauffassung, die Neuregelung, nach der Flüchtlinge, die verfolgt sind, Asylrecht genießen, werde dadurch unterlaufen, daß niemand das mehr in Deutschland bekommen könne. Das ist falsch. Wer hierher kommt, kann den Asylanspruch stellen. Aber es gibt nicht im Gegenzug die Regelung - eine solche Regelung hat es nie gegeben -, daß jeder Verfolgte, der sich für Deutschland entscheidet, dann auch ein Bleiberecht in Deutschland zu beanspruchen hat. Das Asylrecht hat seinen Sinn darin, daß Zuflucht und Schutz gewährt werden und daß keine Rückschiebung in die Verfolgungssituation erfolgt. Der Sinn ist nicht, Flüchtlingen das Wahlrecht zu eröffnen, in welchem Land dieser Welt sie die Bleibe haben wollen. ({0}) Darum sind Vereinbarungen zwischen den europäischen Nachbarstaaten über Lastenverteilung und Zuständigkeiten sinnvoll und notwendig. Diese Vereinbarungen und Regelungen sind mit dem Zweck des Asylrechts vereinbar. Das klärt der neue Gesetzentwurf. Allerdings hat die Rechtslage auch Auswirkungen auf die Praxis einer Drittstaatenregelung. Wir haben schon im Gesetzgebungsverfahren zu bedenken - die zu treffenden Regelungen sind entsprechend den rechtlichen Erfordernissen zu gestalten -, daß es ja darum geht, nicht nur Menschen wieder loszuwerden, sondern ihnen zu gewährleisten, daß sie Zuflucht und Schutz auch künftig bekommen. Das erfordert das Grundrecht im neuen Art. 16a Abs. 1, das dem alten Art. 16 Abs. 2 Satz 2 entspricht. Das bedeutet: Dann muß dieser Schutz auch bei Anwendung der Drittstaatenregelung gewährleistet sein. Deutsche verfassungsrechtliche Interessen sind es also - nicht nur außenpolitische Rücksichtnahmen -, die es erfordern, daß zurückgeschobene Asylsuchende bei Verfolgung Schutz und Zuflucht im Drittland finden, vielleicht mit deutscher Hilfe, vielleicht auch hier in Deutschland durch Lastenteilung in Form der Übernahme von Flüchtlingen. Fehlt es daran, ist die Anwendung der Drittstaatenregelung unzulässig, und die Drittstaatenregelung selbst kann dadurch verfassungswidrig werden. Dazu wollen wir es nicht kommen lassen. Deshalb wollen wir im deutschen verfassungsrechtlichen Interesse sichergestellt sehen, daß die Aufnahme, daß die Unterbringung, daß ein Asylverfahren, das völkerrechtlichen Kriterien entspricht, und daß ein Abschiebeschutz im Drittstaat gewährleistet sind. ({1}) Wir würdigen die Bemühungen der Bundesregierung um Vereinbarungen mit Polen und anderen, aber wir werden sehr genau prüfen, ob das Ergebnis den verfassungsrechtlich begründeten Erfordernissen entspricht. Die Tatsache einer bloßen Vereinbarung genügt nicht; die Realität dessen, was dann gelten soll, zählt. ({2}) Sie läßt sich nicht durch Zwang und Druck erreichen; sie läßt sich durch Hilfe und durch Konsens erreichen. ({3}) Ich lasse keinen Zweifel daran: Unser Ziel ist, die Abkommen von Schengen und Dublin anwendbar zu machen und entsprechende Regelungen auch für andere Drittstaaten zu finden. Das ist unser Ziel, und daran halten wir fest. Aber das hat Voraussetzungen, und auf diese wollte ich hier hinweisen. ({4})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Ich erteile nunmehr dem Parlamentarischen Staatssekretär Eduard Lintner das Wort.

Eduard Lintner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001351

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Über die Notwendigkeit und die Ziele einer asylrechtlichen Grundgesetzänderung in Umsetzung des Parteienkompromisses vom 6. Dezember 1992 hat der Deutsche Bundestag bereits ausführlich im Januar dieses Jahres bei der Einbringung des Gesetzes zur Änderung des Art. 16 debattiert. Wie Sie wissen, ist beabsichtigt, die Begleitgesetze am 4. März dieses Jahres fraktionsübergreifend im Deutschen Bundestag einzubringen. In diesem Parteienkompromiß ist festgelegt, daß kein Asylrecht erhält, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung der Genfer Konvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention sichergestellt ist. Diese sicheren Drittstaaten sollen vom einfachen Gesetzgeber festgelegt werden. Die Fraktionen haben sich bereits am 6. Dezember 1992 auf die Anrainerstaaten Österreich, Polen, die Schweiz und die Tschechische Republik verständigt. Nach Auffassung des Bundesministeriums des Innern - die Fraktionen von CDU/CSU und F.D.P. sind sich hier auch einig - sollte diese Liste im Gesetzgebungsverfahren noch um weitere Staaten - gedacht ist beispielsweise an die nordischen Staaten, die Slowakische Republik und Ungarn - ergänzt werden. In allen diesen Staaten ist gewährleistet, daß Ausländer, die sich auf ihre Flüchtlingseigenschaft berufen, nicht politisch verfolgt werden, keinen unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlungen ausgesetzt sind, nicht den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention zuwider in einen Verfolgerstaat abgeschoben werden und die Möglichkeit haben, sich an der Grenze oder im Hoheitsgebiet des betreffenden Staates mit einem Schutzersuchen an die dortigen Behörden zu wenden. Bei Abschluß ihrer Vereinbarung haben die Parteien auch die Auswirkungen auf unsere Nachbarstaaten sehr wohl bedacht. Die Bundesrepublik Deutschland tritt seit eh und je für eine europäische Lastenverteilung ein, um die Auswirkungen von Wanderungsbewegungen insbesondere auf Osteuropa zu mildern. Im Vorgriff auf eine solche Regelung ist am 6. Dezember 1992 vereinbart worden, daß wir unverzüglich mit Polen und der damaligen CSFR Gespräche aufnehmen. Der Bundesminister des Innern hat bereits wenige Tage nach dem Parteienkompromiß mit unseren östlichen Nachbarländern Polen und der damaligen CSFR Kontakt aufgenommen. So wurde der Botschafter der Republik Polen bereits am 8. Dezember 1992 über die vereinbarten Ergebnisse informiert. Dabei wurde ihm auch angeboten, daß die Innenminister beider Länder baldmöglichst zu einem Gespräch zusammenkommen. Die Bundesjustizministerin hat darüber hinaus bei ihrem Besuch in Warschau am 12. Dezember letzten Jahres ein Schreiben von Herrn Bundesinnenminister Seiters überreicht, in dem der Wunsch nach einem baldigen konstruktiven Gespräch noch einmal bekräftigt und übermittelt wurde. Die polnische Seite hat bereits damals Verständnis für unsere Situation zum Ausdruck gebracht. Staatssekretär Dr. Vöcking hat Mitte Januar erste Gespräche in Warschau geführt. Wie Sie wissen, meine Damen und Herren, sind diese Verhandlungen dann am 8. und 9. Februar dieses Jahres hier in Bonn fortgesetzt worden. Mit Vertretern der tschechischen Regierung sind ebenfalls Gespräche aufgenommen worden. Mit dem tschechischen Innenminister Ruml haben wir am 21. Januar 1993 umfassende Erörterungen über die geplanten Änderungen des deutschen Asylrechts sowie Elemente eines bilateralen Abkommens zwischen beiden Ländern angestellt. Dieses Gespräch wird in diesen Tagen fortgesetzt. Der bisherige Verlauf aller dieser Gespräche hat folgendes gezeigt: Unsere Nachbarn haben Gott sei Dank großes Verständnis dafür gezeigt, daß unser Asylrecht geändert werden muß. Sie sind sehr daran interessiert, daß Deutschland weiterhin innenpolitisch stabil bleibt und wir den Zustrom von Asylbewerbern - es waren im letzten Jahr immerhin knapp 440 000 - in den Griff bekommen. Sie sind ebenfalls der Auffassung, daß nicht einzelne Länder mit der Last einer Vielzahl von Flüchtlingen alleingelassen werden können, sondern vielmehr ein Burden-sharing innerhalb ganz Europas notwendig ist. Die Bundesregierung ist sich der Sensibilität des Gesamtthemas voll bewußt. Sie beabsichtigt nicht, wie da und dort behauptet wird, unsere deutschen Probleme bei der Bewältigung des Asylantenzustroms an unsere Nachbarländer weiterzugeben. Wir haben uns bereits frühzeitig für eine Zusammenarbeit zur Bewältigung unkontrollierter Wanderungsbewegungen aus Mittel- und Osteuropa ausgesprochen. Hierzu diente beispielsweise schon die vom damaligen Bundesinnenminister Dr. Schäuble initiierte Berliner Ministerkonferenz Ende Oktober 1991. Was wir brauchen-ich habe es bereits betont-, ist eine Lastenverteilung innerhalb Europas. Für eine solche vernünftige gesamteuropäische Regelung wird die Bundesregierung auch weiterhin eintreten. Dazu beitragen sollen letztendlich auch die Erörterungen in der Migrationskonferenz in Budapest, die in der nächsten Woche, am 15. und 16. Februar 1993, stattfinden wird. Dabei geht es u. a. um wirksame Maßnahmen zur Bewältigung von illegalen Wanderungen. Es sind bilaterale und multilaterale Rückübernahmeabkommen notwendig, um illegale Einwanderungen soweit wie möglich rückgängig machen zu können. Wie Sie wissen, besteht seitens der Republik Polen bereits ein solches Rückübernahmeabkommen mit den Schengener Staaten. Polen hat hier bereits Verpflichtungen übernommen. Die Gespräche in dieser Woche mit polnischen Vertretern haben auch gezeigt, daß die polnische Seite diese Verpflichtungen voll und ganz erfüllen wird. Letztlich geht es aber darum, die Fluchtursachen wirksam zu bekämpfen. Der Bundesinnenminister hat bereits 1990 ein Flüchtlingskonzept entwickelt. In Umsetzung dieser Konzeption hat er beispielsweise in den Hauptherkunftsländern Rumänien und Bulgarien Modellversuche im Rahmen von Rückkehrförderungs- und Reintegrationsprogrammen initiiert. Damit soll der Wanderungsdruck durch gezielte Förderung der individuellen beruflichen Perspektiven vor Ort reduziert werden. Ich selbst habe Anfang Dezember letzten Jahres in Rumänien ein Ausbildungszentrum für Holztechnik im Landkreis Arad einweihen können. Bei den begonnenen Verhandlungen mit Polen und mit der Tschechischen Republik geht es jetzt in erster Linie darum, diesen Ländern eine wirksame Hilfestellung zu leisten. Sie sollen administrative, technische und finanzielle Unterstützung erhalten. Hierdurch sollen sie in den Stand gesetzt werden, ihre Grenzen besser zu sichern, um illegale Einreisen zu verhindern. Diese Länder müssen künftig auch vermehrt Asylverfahren durchführen und Ausländer im Anschluß daran in ihre Heimatländer zurückführen können. Auch hierzu werden wir Hilfestellung leisten. Bei den Gesprächen sind wir bereits ein gutes Stück vorangekommen. Ich bin zuversichtlich, daß wir in absehbarer Zeit tatsächlich auch zu Vereinbarungen kommen werden. Allerdings möchte ich in diesem Zusammenhang auf eines hinweisen, meine Damen und Herren: Zwischen dem Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des Grundgesetzes hier und den damit zusammenhängenden Begleitgesetzen sowie den Vereinbarungen mit unseren Nachbarländern gibt es kein Junktim. Wer das hier im Lande fordert, der sollte bedenken, daß er dann möglichweise auch die Verantwortung für die Erschwerung des Erreichens dieser Vereinbarungen auf sich nehmen muß.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Herr Staatssekretär, ich möchte Sie vorwarnen. Ihre Redezeit ist, wie Sie wissen, unbeschränkt. Aber wenn Sie noch sehr lange weitersprechen, ist die allgemeine Debatte eröffnet. Gewitzt durch die letzten Ereignisse möchte ich doch sehr davor warnen.

Eduard Lintner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001351

Herr Präsident, nichts liegt mit ferner als das. Lassen Sie mich schließen mit einem Zitat aus einem Interview des Oppositionsführers, Herrn Klose: Mit Polen und anderen Staaten wurde und wird ernsthaft und fair verhandelt. Deutschland geht gerade mit Polen und der Tschechischen Republik in besonders fairer Weise um, und es muß doch erlaubt sein, als deutsche Politiker auch in Grenzen deutsche Interessen zu vertreten. Dem ist eigentlich - mit der Opposition - nichts hinzuzufügen. ({0}) Vielen Dank. ({1})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Meine Damen und Herren, ich erteile nunmehr dem Abgeordneten Christian Schmidt das Wort.

Christian Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002003, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Obwohl die Kollegin der PDS sehr eilig und schnurstracks den Sitzungssaal verlassen hat, will ich doch noch einmal auf die Pikanterie zurückkommen, daß hierzu jemand spricht, ein Vertreter einer Nachfolgeorganisation der kommunistischen Partei, der SED - ({0}) - Doch, ab und zu müssen wir uns daran erinnern, Herr Duve! Sie können ja das, was ich nicht mehr sagen kann, dann noch mit übernehmen. Also: Wir sprechen im wesentlichen über Polen und über die Tschechische Republik. - Herr Poppe, ich darf in dem Zusammenhang eines sagen - insofern ist nämlich auch das Thema der Aktuellen Stunde nicht ganz gut gewählt -: Unsere polnischen und unsere tschechischen Nachbarn verstehen sich als Mitteleuropäer und nicht als Osteuropäer. Deshalb sollten wir in der Terminologie sehr genau darauf achten, sie auch so zu bezeichnen. ({1}) Also: Wer 1980 Pläne hatte, nach Polen einzumarschieren, und wer 1968 in die Tschechoslowakei einmarschiert ist, der sollte eigentlich zur Frage der Belastung der Beziehungen zu unseren Nachbarstaaten wenigstens schweigen. ({2}) Christian Schmidt ({3}) - Ja, aber sie vertritt die Ideologie der Nachfolgeorganisation dieser Partei. ({4}) Herr Kollege Glotz, ich nehme aber gern das auf, was Herr Duve sagte, und werde damit dann die Anmerkung zu der PDS, die Sie in der SPD noch angeregt diskutieren können, beenden. Kommen wir nun zu der Frage, die von Herrn Kollegen Irmer bereits ausführlich angesprochen worden ist. - Wir können und müssen die Frage des Ausgleichs, des Austauschs und der gemeinsamen Problembewältigung, gemeinsam mit unseren Nachbarstaaten Polen, der Tschechischen Republik und anderen Staaten, im gesamteuropäischen Kontext sehen, auch im gesamtpolitischen Kontext sehen. Mit Nachbarn baut man Häuser. Wir sind ja dabei, das europäische Haus zu bauen, und haben gerade in der nächsten Zeit das Ratifizierungsverfahren über das Assoziierungsabkommen der Europäischen Gemeinschaft mit der polnischen Republik zu beraten. Ich darf zitieren, was uns die Bundesregierung zu der Zielsetzung, die dieser Vertrag enthält, schreibt: Die Instrumente sind Zusammenarbeit durch Handelszugeständnisse, Freizügigkeit der Arbeitnehmer, Einräumung der Niederlassungsfreiheit für Unternehmen und des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs, die Zusammenarbeit im wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und technischen Bereich, wobei der Zusammenarbeit im Energie-, Umwelt- und Verkehrssektor besondere Priorität zukommt, sowie die finanzielle Zusammenarbeit. Von diesem Pult hier hat die polnische Ministerpräsidentin gesprochen - Herr Präsident, das war in der kurzen Zeit, in der wir diesen Saal hier als Ausschuß- und Anhörungssaal verwenden konnten und durften - und hat dargelegt, wie wichtig ihr gerade die Zusammenarbeit bilateral zwischen Deutschland und Polen im Hinblick auf finanzielle Zusammenarbeit und auf die gerade angesprochenen Fragen ist. Einen Gedanken aufzunehmen, den Kollege Irmer bereits geäußert hat, heißt, daß wir in diese bilaterale Zusammenarbeit noch viel mehr als bisher unsere westlichen Partner mit einbeziehen müssen. ({5}) Ich habe die Sorge, daß das, was als sogenanntes Großmachtstreben dargestellt und damit verdreht wird, und zwar die Bereitschaft zur Investition, die übrigens insbesondere von Lech Walesa sehr nachhaltig gefordert worden ist, mehr und mehr auf den deutschen Schultern deswegen lastet, weil nicht alle unsere westeuropäischen Partner bisher die Bereitschaft gezeigt haben, in vollem Umfang, mit vollem Engagement zu einer Stabilisierung der Verhältnisse auch durch wirtschaftliche Kooperation beizutragen. Ich sage das gerade im Lichte dieses Abkommens über die Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und der Republik Polen. Ich meine, daß das nur der erste Schritt sein kann. Der Gedanke einer Assoziierung im politischen Bereich an die Westeuropäische Union ist bestechend, und ich teile ihn voll. Ich hoffe, daß auch in dieser Frage deutlich wird, daß wir Polen und die Tschechische Republik als europäische Partner in allen Bereichen ernst nehmen, als gleichberechtigte Partner nehmen, so wie wir das auch für uns in Anspruch nehmen. Wir sollten deutlich machen, daß die polnischen und die tschechischen Partner Interessen haben, gerade im sicherheitspolitischen Bereich - sie haben sie auch bei verschiedenen Gelegenheiten deutlich artikuliert -, daß aber auch wir Interessen haben. Wenn ein Staat seine Interessen in fairer und angemessener Weise vertritt und geltend macht, dann hat das mit Großmachtstreben nichts zu tun. ({6}) Wenn man gemeinsame Grenzen hat, so wie Nachbarn nun einmal gemeinsame Grenzen haben, müssen grenzüberschreitende Probleme auch gemeinsam bewältigt werden. Nichts anderes stellt diese gegenwärtige Verhandlungsrunde dar. Ich hoffe, daß sie zu einem baldigen Abschluß kommen wird und daß wir mit solchen Aktuellen Stunden nicht -

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Herr Abgeordneter, ich gebe Ihnen schon laufend ein Zeichen!

Christian Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002003, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich habe das übersehen, Herr Präsident. Sie mögen entschuldigen. ({0}) Aber ich bin auch am Schluß meiner Rede, weil wir, meine ich, nun genügend über diese Frage geredet haben. Vielen Dank. ({1})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Das Wort hat nunmehr der Abgeordnete Freimut Duve.

Freimut Duve (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000425, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Poppe, ich möchte hier nur einen Gedanken noch einbringen. - Mich hat selten etwas so enttäuscht und auch verwirrt wie die Reaktion zunächst der publizistischen Öffentlichkeit auf den Versuch, mit Polen und der Tschechischen Republik in ein Gespräch zu kommen. Ich kann bis heute nicht fassen, daß bedeutende Autoren und kluge Freunde das Wort Mauer benutzen - das war bis 1989 Einsperrung - für den Versuch, Probleme zu lösen, die die Begrenzungszwänge setzen. ({0}) Das ist ungeheuer gewesen, und ich sehe darin eine intellektuelle Aberration, ein intellektuelles Versagen. ({1}) Wir haben, auch in der Ethik der christlichen Tradition, zwei große Probleme, nämlich mit dem Thema „jemanden einsperren" und mit dem Thema „jemanden aussperren". Beides sind tiefe ethische Herausforderungen, aber es gibt einen radikalen Unterschied zwischen „einsperren" und „aussperren", zwischen nicht rauslassen und nicht reinlassen, und dieser Unterschied ist in einer Weise verwässert worden, bis hin zu diesem fürchterlichen Artikel in der „Süddeutschen Zeitung", in dem plötzlich Generalgouvernementsgrenzen alter Zeit aufgemacht werden. ({2}) Ich finde auch, daß der Versuch nicht glücklich gestartet war, um mit Polen und der Tschechischen Republik zu einer Verhandlungslösung zu kommen, die das vermeidet, was Walesa mit dem Wort von dem Spalier ausdrückte. Es wäre ja doch eine Belastung ganz ungeheuren Ausmaßes für Polen geworden, einfach zu sagen: Wir sind sozusagen das spalierhafte Durchgangsland. Ich glaube, daß in den Verhandlungen, wenn sie fair geführt werden, die Chancen auch für Polen und die Tschechische Republik liegen, mit einem Problem umzugehen, was bereits längst auch ihr Problem ist. ({3}) Nun plötzlich im Umkehrschluß zu sagen, es ist Machtpolitik, Polen und die Tschechische Republik als Nichtverfolgerstaaten zu definieren, halte ich nun - mit Verlaub - für außerordentlich problematisch. ({4}) Herr Poppe, wir sind wirklich an einer Scheidungslinie in der intellektuellen Diskussion hier im Land. Jeder weiß tief im Innern - es gibt niemanden, der das nicht weiß -, daß wir auch aus ethischen Gründen unter Begrenzungszwängen bei der Zuwanderung stehen. Niemand darf die Opfer dieses Zwanges für seine moralische Selbstgerechtigkeit benutzen. ({5}) Das wäre eine zweite Instrumentalisierung dieser Menschen. Was die Formen betrifft, wie wir mit diesem Begrenzungszwang umgehen, so muß ich vieles bedauern, was in den letzten zehn Jahren hier im Lande gesagt und getan wurde. Ich habe das immer wieder sehr scharf kritisiert und werde es auch weiterhin kritisieren. Aber sich über den Begrenzungszwang an sich hinwegzumogeln, um dann eine moralisch einwandfreie Position zu erhalten, ist ethisch nicht mehr vertretbar. Wir können es uns als reiches großes Land, in das viele Menschen auch aus Gründen des Reichtums wollen, nicht leisten, daß gesagt wird: Wenn dieses reiche große Land anfängt, Verhandlungen zu führen, dann ist das bereits Großmachtpolitik und Reichtumspolitik. Das geht nicht. Wir müssen solche Verhandlungen führen. Ich bin der Meinung, man hätte die Verhandlungen an dem Wochenende für einen Tag unterbrechen müssen und hätte in beide Hauptstädte reisen müssen. Man hätte sagen müssen: Wir unterbrechen diese Verhandlungen. Dann wäre wahrscheinlich auch ein Teil dieser merkwürdigen Diskussionen - Fallschirmabsprung, Cordon sanitaire - anders gelaufen. Ich glaube, daß da ein Fehler gemacht worden ist. Aber wir müssen im Grundsatz - alle miteinander - sehr aufpassen, wie wir alle - auch in uns selbst - mit diesem Tatbestand der Begrenzungszwänge umgehen. Ich hätte gerne noch ein Wort zu einem Punkt gesagt, den ich aus der Sicht der Außenpolitik als viel problematischer ansehe als die Anerkennung als Nichtverfolgerstaat, nämlich die Definition der Verfolgerstaaten aus außenpolitischen Gründen. Diese Definition ist außenpolitisch, wenn wir etwa den südlichen Mittelmeerraum nehmen, außerordentlich schwierig und problematisch. Da ist noch lange nicht das letzte Wort über die Definition gesprochen. Es gibt viele bei uns, die ihre Zustimmung zu dem Ganzen sehr stark davon abhängig machen, wie man mit dieser Frage umgeht. Ich wünsche dem Präsidenten und Ihnen allen ein wunderbares Wochenende. Laßt uns nicht allzusehr auseinanderfallen in dieser Sache. ({6})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Ich bedanke mich zunächst einmal für die guten Wünsche und rufe nunmehr den Abgeordneten Hartmut Koschyk auf.

Hartmut Koschyk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001186, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß sagen, ich bin sehr beeindruckt von der Art und Weise, wie wir diese Aktuelle Stunde dazu verwenden, um wirklich in vielen Fragen, die mit der Umsetzung des Asylkompromisses nach innen und außen zusammenhängen, einen großen politischen Konsens zu erzielen. Ich kann nur sagen: Ich kann dem, was der Kollege Glotz, und dem, was der Kollege Duve gesagt hat, voll und ganz zustimmen. ({0}) - Natürlich kann ich auch dem Kollegen Schmude zustimmen. - Wir wissen ja, wieviel wir sonst außenpolitisch gestritten haben; wir werden sicherlich auch weiter streiten. Aber ich glaube, es ist sehr wichtig, daß wir uns in dieser Frage einig sind. Das ist auch sehr wichtig für unsere Nachbarn in Mitteleuropa. Eine Konsequenz aus dieser Debatte muß doch sein - das müssen wir den Bürgern in unserem Land, aber auch unseren westeuropäischen Nachbarn deutlicher machen -: Innere und äußere Sicherheit in Europa werden nicht mehr organisierbar sein, wenn wir nicht schon in die ersten Schritte unsere Nachbarn, und zwar sowohl die EFTA-Staaten als auch die MOE-Staaten, mit einbeziehen. Deshalb ist es sicherlich sehr richtig und wichtig, daß z. B. der Auswärtige Ausschuß des Bundestages gemeinsam mit dem Auswärtigen Ausschuß des polnischen Sejm und dem Auswärtigen Ausschuß der französischen Nationalversammlung nach ihrer Tagung hier in Bonn beschlossen haben, gemeinsam in die Staaten Osteuropas zu fahren, in die östlichen Nachbarstaaten Polens. Wir müssen unseren französischen Freunden - sicherlich auch unseren britischen und anderen Freunden - an Hand solcher gemeinsamen Reisen und eines gemeinsamen deutsch-polnischen, deutsch-tschechischen, deutsch-ungarischen und deutsch-slowakischen Vorgehens deutlich machen, daß wir wirklich - jetzt greife ich das auf, was Herr Irmer gesagt hat - mehr Phantasie walten lassen müssen bei der Überlegung, wie wir Schritte der EFTA-Staaten und der MOE-Staaten zur europäischen Integration durch andere Organisationsmechanismen und Organisationsformen, sowohl was die innere Sicherheit als auch was die äußere Sicherheit anbelangt, beschleunigen können. Das heißt für das Thema Asyl: Wir müssen jetzt ein Interesse daran haben und die Partner, die da zu fragen und dafür zu gewinnen sind, überzeugen, daß wir z. B. so schnell wie möglich die Republik Polen, die Tschechische Republik, die Slowakische Republik und die Republik Ungarn am Dubliner Übereinkommen beteiligen. Selbstverständlich ist es richtig, was Herr Kollege Schmude gesagt hat, daß wir sie auch dazu befähigen müssen, diesem Abkommen beizutreten. Das ist eine deutsche Aufgabe, es ist aber auch eine europäische Aufgabe. Die am Dubliner Übereinkommen beteiligten Staaten müssen die MOE-Staaten dazu befähigen, sich am Dubliner Übereinkommen zu beteiligen. Jetzt noch einige Worte zur Sache selbst. Ich bin sehr sicher, daß - ich nehme einmal die ausstehende deutsch-polnische und die deutsch-tschechische Regelung; über die deutsch-polnische Regelung wird ja zur Zeit sehr konkret verhandelt - erstens eine Regelung in diesem deutsch-polnischen Übereinkommen gefunden wird - das gilt analog für die anderen Staaten -, wenn wir ihnen signalisieren: Wenn es in diesen Staaten eine ungewöhnliche Situation gibt, wenn also unvorhersehbare politische Ereignisse eintreten, die zu einer Masseneinwanderung in diese Staaten führt, dann brauchen wir wirklich eine europäische Lastenteilung. Zweitens wird man sicherlich auch eine pragmatische Regelung für die Altfälle finden müssen. Da ist man auf einem guten Weg. Lassen Sie mich ein Letztes sagen, Herr Poppe. Es dient doch nicht dem gemeinsamen Ziel - wir wissen, daß auch die MOE-Staaten ein Interesse daran haben, schneller in Europa integriert zu werden -, wenn wir jetzt mit Worten wie „Diktat" und „Zerstörung der Grundlage der Verträge" hier um uns werfen. Ich hätte mir sehr gewünscht, daß Sie dabeigewesen wären und gesehen hätten, wie der Verhandlungsführer der Bundesrepublik Deutschland, Herr Staatssekretär Vöcking, am Dienstagabend über vier Stunden mit polnischen Parlamentskollegen aus dem polnischen Innenausschuß zusammengesessen hat, sich ihre Sorgen angehört hat. Da war nicht von Diktat und nicht von Zerstörung des Geistes des Nachbarschaftsvertrages die Rede. Seien wir also ein bißchen vorsichtig im Umgang miteinander und bei dem, was wir uns gegenseitig an Hand solcher Dinge vorwerfen. Das dient der Vertiefung der Beziehungen zu unseren Nachbarn nicht. ({1})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Ich erteile nunmehr dem Abgeordneten Dieter Wiefelspütz das Wort.

Dr. Dieter Wiefelspütz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002506, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die tiefgreifenden revolutionären Veränderungen in Osteuropa und Südosteuropa lassen unser Land selbstverständlich nicht unberührt. Wie könnte es auch anders sein? Mir scheint, daß sich uns allen die volle Tragweite der Auswirkungen dieser Revolution im Guten wie im weniger Guten erst in Ansätzen erschließt. Eine der zentralen Auswirkungen ist die wachsende Wanderungsbewegung in Richtung Westeuropa. Nahezu zwei Drittel aller Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, stammen aus Osteuropa oder Südosteuropa. Angesichts dieser Situation gibt es Handlungsbedarf, national, vor allem aber auch international. Nicht Abschottung nach Osten darf unsere Hadlungsmaxime sein, sondern faire, gutnachbarliche Zusammenarbeit mit unseren osteuropäischen Nachbarn. Für die SPD-Bundestagsfraktion ist klipp und klar: Eine Zustimmung zu dem Gesetzespaket Zuwanderung und Asyl wird es nur geben, wenn hinreichend geklärt ist, daß es eine faire Lastenverteilung mit unseren osteuropäischen Nachbarn, vor allem mit Polen und der Tschechischen Republik gibt. Das heißt vor allem, daß wir einander wechselseitig - ich betone: wechselseitig - nicht überfordern dürfen. Dabei geht es gar nicht allein um die Interessen der mitteleuropäischen und westeuropäischen Staaten, sondern insbesondere um die Achtung der Menschenwürde der Flüchtlinge und Zuwanderer. Wir benötigen dringend mehr europäische Solidarität, wenn es um Flüchtlinge und Zuwanderung geht. ({0}) In diese Solidarität müssen unsere osteuropäischen Nachbarn mit einbezogen werden. In überschaubaren Zeiträumen werden Polen, die Tschechische Republik und weitere Staaten die Mitgliedschaft in der Europäischen Gemeinschaft erworben haben. Die Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, liebe Kolleginnen und Kollegen, versuchen wir gerecht auf das gesamte Bundesgebiet zu verteilen. Es darf keinen Unterschied machen, ob ein Flüchtling in Essen, Augsburg oder Kiel zu den Behörden geht und um Asyl nachsucht oder hier eine Aufenthaltsgenehmigung bekommen will. Dies muß auch für die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft und unsere östlichen und südöstlichen Nachbarn gelten. Es darf keinen Unterschied machen, ob ein Flüchtling erstmals in Dänemark, Deutschland, Polen oder Österreich sicher vor Verfolgung war. Selbstverständlich müssen wir sicherstellen, daß es im demokratischen und im rechtsstaatlichen Europa zu einer gerechten Verteilung der Flüchtlinge und Zuwanderer kommt. Wir benötigen auch gemeinsame Grundlagen für die Zurückweisung von Flüchtlingen, wenn keine politische Verfolgung vorliegt. Um der politisch Verfolgten willen, um der Flüchtlinge aus Kriegs- und Bürgerkriegsgebieten willen, um der Menschen willen, die nach West- und Mitteleuropa einwandern wollen, brauchen wir praktischen humanen Internationalismus. Das ist der Maßstab der SPD, mit dem wir das Ergebnis der Verhandlungen mit unseren östlichen Nachbarn beurteilen werden. Herzlichen Dank. ({1})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Meine Damen und Herren, der Abgeordnete Wolfgang Zeitlmann wollte gern in seine Heimat, an den schönen Chiemsee. Um diese rechtzeitig zu erreichen, hat er mich gebeten, Ihre Zustimmung einzuholen, daß er seine Rede zu Protokoll geben darf. *) Ich habe ihm signalisiert, daß ich dafür eintrete. - Die Zustimmung wird offensichtlich erteilt. Damit sind wir am Ende der Aktuellen Stunde und auch am Schluß der Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 3. März 1993, 13 Uhr ein. Soweit Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen, beabsichtigen, Karneval zu feiern, wünsche ich Ihnen dabei viel Vergnügen, im übrigen ein geruhsames Wochenende. Die Sitzung ist geschlossen.