Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet. Ich rufe den Punkt 1 der Tagesordnung auf: Befragung der Bundesregierung
Die Bundesregierung hat als zentrale Themen der heutigen Kabinettsitzung mitgeteilt: Situation an den Hochschulen, Änderungsgesetz über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern und Gründung einer EG-Assoziation mit Ungarn und Polen.
Ich erinnere an unsere Regeln, nach denen im Anschluß an diese Themen Fragen zu anderen Bereichen gestellt werden können.
Das Wort für den einleitenden Bericht hat der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft, Professor Dr. Rainer Ortleb. Herr Bundesminister, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der heutigen Kabinettsitzung hat der Bericht „Situation an den Hochschulen in der Bundesrepublik Deutschland" vorgelegen. Eine tiefgehende Analyse und ein folgender Gedankenaustausch erweisen sich für die weitere Gestaltung und Entwicklung an unseren Hochschulen als unumgänglich.
Die aktuelle Situation im Hochschulwesen ist derzeit dadurch gekennzeichnet, daß die Zahl der Studierenden in einem relativ kurzen Zeitraum, von 1977 bis 1991, um über 70 % gestiegen ist und in Verbindung damit die Zahl der Fächer, die durch Numerus clausus belegt sind, zugenommen hat.
Die Personal- und Sachausstattung der Hochschulen hat mit dieser Entwicklung nicht Schritt gehalten, da das Personal in diesem Zeitraum um nur 6 % und die Mittel für laufende Ausgaben preisbereinigt nur um 17,7 % gestiegen sind. Eine bedauerliche Folge ist die sich immer mehr verschlechternde Betreuungsrelation.
Von den bereits 1977 vorgesehenen 850 000 flächenbezogenen Studienplätzen und von den 1989 von den Regierungschefs zusätzlich beschlossenen 50 000 Studienplätzen für die Fachhochschulen sind bisher nur 821 000 realisiert worden.
Die Struktur der Studienangebote ist weitgehend unverändert geblieben. Die Qualität der Lehre läßt
trotz aller lobenswerten Bemühungen weiter zu wünschen übrig. Auch die seit Jahren geforderte Verkürzung der Studienzeit ließ sich nicht erreichen. Deutsche Studenten studieren zu lange; im Durchschnitt 6,7 Jahre.
Es gibt Unterschiede zwischen den neuen und den alten Bundesländern, auch solche, die derzeit für die neuen Bundesländer positiv ausfallen, beispielsweise, daß innerhalb kurzer Zeit, etwa zwei Jahren, mehr als 20 Fachhochschulen in den neuen Bundesländern gegründet worden sind und die Betreuungsrelation in den ostdeutschen Bundesländern immer noch besser als in den westdeutschen ist. Das gilt auch für die Situation bei den Wohnheimen; allerdings mache ich ausdrücklich darauf aufmerksam, daß dies zwar nicht qualitativ, wohl aber quantitativ der Fall ist.
Es besteht also Handlungsbedarf bei Bund und Ländern und insbesondere bei den Hochschulen selbst, diese Situation zu überwinden. Das halte ich nur als konzertierte Aktion zwischen Bund, Ländern und den Hochschulen für möglich. Die Sicherung des Leistungssystems Hochschule muß mit folgenden Zielen und Maßnahmen unternommen werden. Hochschulpolitisches Nahziel muß es sein, das Studium in Regelstudienzeiten studierbar zu machen. Eine Studienabbrecherquote in der Größenordnung von durchschnittlich 27 % belegt, daß die Effizienz des Hochschulwesens nicht gewährleistet ist. Bei einem Durchschnitt von 27 gibt es Fächer mit 50 % und mehr Studienabbrechern.
Sicherlich wird man Möglichkeiten und Mittel finden müssen, daß zu Beginn des Studiums eine stärkere Führung der Studierenden erfolgt, die sich im Laufe des Studiums verringert. Ziel muß es sein, daß auch ein universitäres Studium zunächst auf eine Berufsorientierung hinausläuft. Denn nicht jeder, der an der Universität studiert, hat die Absicht, eine wissenschaftliche Laufbahn einzuschlagen.
Der Ausbau des Fachhochschulbereichs muß Vorrang haben. Derzeit studieren 20 % der Studenten an Fachhochschulen. Sinnvoll wäre es, eine Zahl von 40 % zu erreichen. Daher ist der Ausbau von Fachhochschulen zu forcieren, zum Teil zu Lasten der Universitäten. Aber schließlich werden die Universitäten durch das Angebot Fachhochschule maßgeblich entlastet. Es ist nicht hinzunehmen, daß Fachhoch9274
schulen flächendeckend mit Numerus clausus belegt sind und das den Effekt hat, daß junge Leute, die an einer Fachhochschule studieren wollten, an eine Universität ausweichen müssen.
Wir müssen eine stärkere Flexibilisierung der Einstufung von Hochschulabsolventen erreichen. Damit meine ich insbesondere das Laufbahnrecht im öffentlichen Dienst. Der Bundesminister des Innern hat dazu eine gründliche Prüfung und Berichterstattung angekündigt, was ich außerordentlich begrüße.
Zur grundlegenden strukturellen Weiterentwicklung unseres Hochschulsystems ist es erforderlich, die Ausbauplanung in der Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau an dem erforderlichen Bedarf zu orientieren. Mitteleinsatz muß mit Prioritätsentscheidungen verbunden sein.
Ich glaube, es ist in diesem Zusammenhang eine schwierige Situation, daß einerseits die Länder einen größeren Einsatz des Bundes fordern - auch bei Finanzierungen, die ureigenste Länderaufgabe sind -, andererseits derzeit Bemühungen im Gange sind, die Kompetenz des Bundes erheblich zu reduzieren. Dieses Mißverhältnis sollte jedermann vor Augen geführt werden.
Bei der strukturellen Fortentwicklung des Hochschulsystems müssen zugleich Funktionsfähigkeit und Attraktivität des dualen Berufsbildungssystems beachtet werden. Es kann nicht angehen, daß in diesem Jahr voraussichtlich 200 000 Plätze für Lehrlinge frei bleiben, während Studienabbrecher - ich nannte den Anteil 27 % - mehr oder weniger erfolglos in einen Bildungsweg eintreten, der sich für sie auch persönlich nicht auszahlt. Attraktivität der beruflichen Bildung bedeutet aber auch, daß alle Partner, die für diesen Bildungszweig verantwortlich sind, natürlich Wort halten und seine Attraktivität gewährleisten müssen.
Herr Bundesminister, darf ich Sie eine Sekunde unterbrechen. Wir haben hier eine Abmachung, daß dieser Bericht sich tunlichst in einem Fünf-Minuten-Rahmen bewegen soll. Wir legen das nicht kleinlich aus. Aber Sie sind schon ein Stückchen darüber. Da ich bereits eine sehr lange Fragestellerliste habe, nehme ich an, daß Sie noch viel von dem, was Sie jetzt berichten könnten, nachher in den Antworten unterbringen werden,
Ich darf einen letzten Satz sagen, Herr Präsident. Es ist wünschenswert, daß ein Gespräch der Regierungschefs des Bundes und der Länder mit einer solchen Themenstellung erfolgt. Ein solches Gespräch wäre allerdings nur dann zweckmäßig, wenn es ausreichend vorbereitet ist und es sich nicht in Auseinandersetzungen über Finanzfragen erschöpft.
Ich danke.
Vielen Dank, Herr Bundesminister.
Jetzt würde ich gern an die Adresse der Fragesteller - es ist in der Tat etwas ungewöhnlich, daß ich für die Regierungsbefragung schon eine richtige Liste
habe - die Bitte richten, Fragen zu stellen und keine Koreferate zu halten.
Als erster erteile ich unserer Kollegin Doris Odendahl das Wort.
In der Tat, Herr Minister, trotz der Länge Ihrer Darstellung war es nicht möglich, diesem dem Kabinett vorgelegten Bericht viel Neues zu entnehmen.
Ich frage Sie: Dient denn dieser Kabinettsbericht als Beitrag der Bundesregierung zur Vorbereitung des früher so genannten Bildungsgipfels? Sie haben jetzt von einem Gespräch geredet. Von wem - vom Bildungsministerium oder vom Bundeskanzleramt? - wird dieses Gespräch, wenn der Gipfel abgeflacht ist, seitens der Bundesregierung weiter vorbereitet werden? Wer wird daran beteiligt? Und wann wird der Gipfel oder, wenn es keinen Gipfel mehr zu erklimmen gibt, das Gespräch stattfinden?
Herr Bundesminister, Sie haben das Wort.
Frau Odendahl, es ist mir nicht möglich, in gestreckten fünf Minuten den gesamten Bericht vorzutragen. Er hat 24 Seiten. Er wird sicher auch Ihnen zur Verfügung gestellt werden können.
Es ist eine Bestandsaufnahme mit Gewichtung der Probleme, deren Lösung erforderlich ist. Zum „Gespräch der Regierungschefs" oder „Bildungsgipfel": Bildungsgipfel ist ein Terminus technicus geworden. Ich würde mich nicht daran festhalten. Ich würde, statt mit dem Schlagwort Gipfel zu operieren, lieber mit den Zielen argumentieren.
Ich nehme an, daß es bei der Zeitplanung bleibt, die auch das Bundeskanzleramt bzw. der Bundeskanzler geäußert haben. Allerdings gilt die Bedingung - ich nannte sie bereits -: Der Gipfel muß ordnungsgemäß vorbereitet werden, und das von allen, d. h. vom Bund, von den Ländern und insbesondere den verantwortlichen Ministerien.
Ich habe heute in der Kabinettsitzung den Auftrag erhalten, mich mit besonderen Fragen, die noch zu klären sind, zu befassen. Das wird sicherlich in die Vorbereitung des Bundes in dieser Weise einfließen.
({0})
Frau Kollegin, wenn Sie einverstanden sind, würde ich sagen, daß wir jetzt erst einmal eine Runde durchgehen, damit jeder eine Chance bekommt, weil die Befragung ja nur 30 oder 35 Minuten dauert.
Der nächste Fragesteller ist Herr Kollege Dr. Rainer Jork.
Herr Minister, die Hochschullandschaft in den neuen Bundesländern ist bekanntermaßen im wesentlichen auf Empfehlung des Wissenschaftsrats und auf der Grundlage der Bevölkerungszahl entstanden. Können Sie mir zustimmen und bestätigen, daß damit eine Diskrepanz
Dr. -Ing. Rainer Jork
gegenüber dem traditionellen Stand der Industrie und der Tradition insgesamt aufgetreten ist und besondere Schwierigkeiten z. B. in Sachsen im Zusammenhang mit den Arbeitsplätzen bestehen?
Die wirtschaftlichen Strukturprobleme wirken sich natürlich auch auf die Strukturprobleme des Hochschulwesens aus. Insofern stimme ich Ihnen zu. Das Land Sachsen ist in dieser Frage in einer besonders schwierigen Situation, weil - wie Sie ja aus der Zeit der DDR wissen - gerade in Sachsen ein Großteil der Hochschulstandorte der ehemaligen DDR konzentriert war und daher dort die Umstrukturierung mit dem Ziel einer gleichmäßigen Verteilung der Kapazitäten auf die neuen Länder besonders drastisch spürbar wird. Ich hoffe aber, daß sich mit einer Gesundung der Wirtschaft des Landes Sachsen Ausgleiche ergeben.
Frau Kollegin Evelin Fischer.
Herr Minister, mit wie vielen Studenten ist langfristig zu rechnen, und wie viele Studienplätze hält die Bundesregierung daher langfristig für erforderlich? Und welchen Anteil sollen daran die Fachhochschulen haben?
Wir müssen nach Prognosen damit rechnen, daß wir bis zum Jahre 2000 bei den Studenten die Zweimillionengrenze erreichen werden. Es wird natürlich viel darüber debattiert, ob dies dem Beschäftigungssystem angemessen ist. Es ist allerdings außerordentlich schwierig, aus der derzeitigen Entfernung hier klarere Prognosen als die soeben genannten machen zu können.
Da wir bis jetzt mühsam mit knapp der Hälfte der flächenbezogenen Studienplätze, bezogen auf die derzeitige Zahl von fast 1,8 Millionen Studenten, gelebt haben, heißt das selbstverständlich, daß dem Ausbau der Hochschulen - und ich betone wiederum: insbesondere der Fachhochschulen - große Aufmerksamkeit geschenkt werden muß. Das bedeutet, daß sich Bund und Länder im Interesse der Gemeinschaftsaufgabe zusammen finden müssen.
Die nächste Frage hat der Herr Abgeordnete Dr. Dietmar Keller.
Herr Minister, in der internationalen wissenschaftlichen Presse wird zunehmend vor dem Tempo und dem Umfang des personellen Abbaus und der personellen Abwicklung insbesondere im Wissenschaftler-Bereich gewarnt. Es wird darauf verwiesen, daß damit ein geistiger Verlust eintreten kann, der nur in einem längeren Zeitraum aufholbar ist. Sie haben in Ihren Hochschulthesen nichts dazu gesagt. Sie konnten heute aus Zeitgründen nichts dazu sagen. Mich würde Ihr Standpunkt dazu interessieren.
Ich nehme an, daß sich Ihre Frage auf die Situation in den neuen Bundesländern bezieht.
Selbstverständlich ist es wegen der vielfältig nötigen Umstrukturierung zum Teil zu erheblichem Personalabbau gekommen. Das ist in vielen Fällen individuell außerordentlich zu bedauern. Aber auf Grund der mangelnden Leistungskraft der Wirtschaft ist es derzeit nicht möglich - was sonst in den alten Bundesländern geschieht -, erhebliche Forschungspotentiale in der Industrie abzufangen.
Um das weitestgehend zu mildern, versucht zum einen die Bundesregierung, durch das Wissenschaftler-Integrations-Programm insbesondere Mitarbeitern der ehemaligen Akademie der Wissenschaften Arbeitsmöglichkeiten zu verschaffen. Zum anderen sind Überlegungen im Gange, wie man Wissenschaftler in Drittmittel-Forschungsprojekte und ähnliches einbindet, um auch - das muß dann allerdings von den Ländern mitgetragen werden - die Bearbeitung wichtiger Forschungsthemen, die bereits früher angelaufen sind, fortzusetzen. Das Problem ist erkannt. Aber über den Schatten der wirtschaftlichen Möglichkeiten der neuen Bundesländer zu springen fällt außerordentlich schwer.
Herr Abgeordneter Dirk Hansen, Sie haben das Wort zu einer Frage.
Herr Minister, Sie haben von dem notwendigen Strukturwandel der Hochschullandschaft in Ost und West gesprochen. Sehen Sie bei diesem zitierten Handlungsbedarf die Länder wie auch die Selbstverwaltungsorgane der Wissenschaft und Forschung genügend engagiert, um den notwendigen Wandel zu verwirklichen?
Wenn ich die Situation vor etwa einem Jahr mit der heutigen vergleiche, habe ich den deutlichen Eindruck, daß die Mitwirkungsbereitschaft der Hochschulen - die das letzten Endes vollziehen müssen - außerordentlich gewachsen ist. Andererseits müssen wir alle staatlichen Reglementierungen, die dem entgegenlaufen, abbauen. Beispielsweise sollten die Universitäten - auch im Sinne einer gesunden Autonomie - mehr Möglichkeiten haben, über ihre Haushalte zu verfügen, als das derzeit der Fall ist.
Damit ich an dieser Stelle nicht falsch verstanden werde: Nicht das Hochschulrahmengesetz legt hier gelegentlich Handschellen an; dies tut häufig eine wesentlich strengere Landesgesetzgebung. Das bedeutet, daß die Konzertierte Aktion von Bund, Ländern, Universitäten und Wissenschaftsorganisationen tatsächlich stattfinden muß, wenn sich hier etwas bessern soll. Am Bund soll es nicht liegen.
Die nächste Frage stellt der Kollege Graf Waldburg-Zeil.
Herr Bundesminister, Sie haben gesagt, daß wir das Hochschulsystem entsprechend einer sehr starken Nachfrage nach dem tertiären Bereich verändern müssen, und Sie haben dabei von der Notwendigkeit der Ausweitung der Fachhochschulen gesprochen. In Ihren Thesen haben Sie die Verdoppelung des Anteils der Fachhochschulen von 20 auf 40 % angesprochen.
Gibt es in den neuen Ländern nicht die Chance, die Pyramide von vornherein auf den richtigen Sockel zu stellen und den Fachhochschulen einen sehr viel breiteren Rahmen zu geben? Dort liegt der Schwerpunkt der Nachfrage.
Auch die neuen Länder fassen das offenbar so auf. Ich hatte bereits in meinen einführenden Worten diese Zahl von mehr als 20 Fachhochschulen in Ostdeutschland genannt. Das ist noch nicht die endgültige Zahl, die man sich am Ende des Ausbaus im Osten Deutschlands vorstellt. Man hat also am richtigen Punkt angefangen. Ich glaube, daß dieser Prozeß im Osten entsprechend fortgesetzt wird. Dies könnte vielleicht auch für die Altbundesländer ein Anreiz sein nachzuziehen.
Herr Kollege Eckart Kuhlwein.
Herr Bundesminister, Sie haben die dramatische Entwicklung an den deutschen Hochschulen geschildert und auf Versäumnisse der letzten Jahre hingewiesen. Meinen Sie nicht auch, daß zehn Jahre christlich-liberale Koalition mit ursächlich dafür sind,
({0})
daß sich der Hochschulbereich in der Bundesrepublik Deutschland - vormals nur der Westen - nicht ausreichend entwickeln konnte? Glauben Sie denn, daß die Länder bereit sind, sich an einem bevorstehenden Bildungsgipfel zu beteiligen, wenn der Bund nicht bereit ist, dabei mit den Ländern auch über Geld zu reden, wenn Sie nicht einmal in der Lage sind, die von den Wissenschaftsorganisationen einvernehmlich geforderten Bundesmittel in Höhe von 2 Millionen DM für den Hochschulbau in 1993 zur Verfügung zu stellen?
({1})
Darf ich mit einer Verfeinerung Ihrer Formulierung antworten? - Sie sprachen von zehn Jahren christlich-liberaler Koalition. Wenn ich mich nicht irre, gab es auch ein paar Jahre davor. Da ist wohl mancher Grundstein einer falschen Entwicklung gelegt worden.
Zum zweiten. Ich habe sehr wohl gesagt, daß sich dieser Bildungsgipfel - nennen wir ihn wieder so, damit wir keine Diskussionen über Begriffe führen müssen - nicht auf Finanzfragen beschränken darf. Das heißt aber nicht, daß dort nicht über Finanzen gesprochen werden darf. Das sind zweierlei Dinge.
({0})
Frau Kollegin Margret Funke-Schmitt-Rink, Sie haben die nächste Frage.
Herr Minister, ich möchte über das Dreieck Bundesbildungsminister, Landeswissenschaftsminister und Hochschulrektorenkonferenz sprechen und dazu zwei
Fragen an Sie richten. Erstens. Wie soll in diesem Dreieck die Studienzeitverkürzung auf die Regelstudienzeit innerhalb der nächsten 10 Jahre - ich nenne einfach einmal diesen Zeitraum - angegangen werden?
Zweitens. Wie könnten Sie der Hochschulrektorenkonferenz klarmachen, daß die Mittel, die ja in die Fachhochschulen fließen sollen - Sie sprachen davon, daß 40 % eines Jahrgangs die Fachhochschulen besuchen sollten -, zu Lasten der Universitäten gehen müssen? Ich weiß nicht, wie das vorhandene Volumen anders aufgeteilt werden soll.
Erstens. Wenn ich es erreichen kann, daß die jungen Leute, die eine Fachhochschule besuchen wollen, tatsächlich dorthin gehen können, dann studieren sie logischerweise nicht an der Universität. Damit ist bei dem dortigen Massenbetrieb natürlich eine spürbare Entlastung verbunden. Wir dürfen aber nicht davon ausgehen, daß unsere Universitäten durch die Bank schlecht ausgestattet sind.
({0})
Das wäre falsch.
Zweitens ist es außerordentlich wichtig, daß der Dritte im Bunde, den Sie nannten, nämlich die Universitäten selber - darunter verstehe ich immer die Professoren - ({1})
Herr Kollege Roth, Ihnen entgehen die Ausführungen des Ministers.
({0})
- Das genügt. - Herr Minister, fahren Sie fort.
({1})
Es kommt also darauf an, daß die Professoren - ich glaube, daß sich viele dazu bereit finden - tatsächlich ernsthaft darüber nachdenken, wie man ein Grundstudium so gestalten kann, daß es effektiv eine Berufsorientierung plus einen Ansatz für eine darauf aufbauende wissenschaftliche Ausbildung geben kann.
({0})
Herr Kollege Roth, der Kollege Norbert Lammert ist so gut Abgeordneter wie Sie und hat so gut wie Sie das Recht, zu fragen.
({0})
- Sie können das kritisieren; aber es ist so. Die
Minister sind bei uns - jedenfalls im Regelfall - auch
Vizepräsident Hans Klein
Abgeordnete. Wenn sie sich in den Saal setzen, dann können sie auch Fragen an ihre Regierungskollegen stellen.
({1})
- Bitte keine Diskussion mit mir, Herr Kollege Roth!
Die nächste Frage stellt der Kollege Norbert Lammert.
({2})
- Ich gehe zunächst die erstmaligen Fragesteller durch.
({3})
- Herr Roth, bitte halten Sie sich zurück! Sie sind erfahren genug, um zu wissen, wie weit Sie gehen können.
({4})
Bitte, Herr Kollege Lammert.
Herr Minister, eine fünfminütige Kurzberichterstattung kann ja unmöglich all das zum Gegenstand haben, was sich in der Hochschulpolitik der letzten zehn Jahre abgespielt hat.
({0})
Könnten Sie dem Kollegen Kuhlwein, der nach zehn Jahren christlich-liberaler Hochschulpolitik gefragt hat,
({1})
nicht auch die drei Hochschulsonderprogramme der Bundesregierung ins Bewußtsein heben, mit denen der Bund vornehmlich sozialdemokratisch regierten Ländern
({2})
bei der Wahrnehmung ihrer hochschulpolitischen Verpflichtungen behilflich gewesen ist?
({3})
Ich möchte vorausschicken, daß sich der Kollege Lammert und ich durchaus häufiger unterhalten, als es hier angenommen worden ist, so daß ich die Frage nicht etwa als Stützfrage interpretieren würde.
({0})
Vielmehr möchte ich Ihnen recht geben. ({1})
Es kommt natürlich darauf an, gewisse Dinge zu nennen, die die Probleme, die in 15 Jahren aufgehäuft worden sind, maßgeblich mit zu lösen geholfen haben. Dazu gehören etwa die Hochschulsonderprogramme 1 und 2 sowie das Hochschulerneuerungsprogramm.
Bitte sehr, Herr Conradi.
Herr Minister, ist das Informationschaos der Bundesregierung inzwischen so weit fortgeschritten, daß sich Regierungsmitglieder ihres Abgeordnetenfragerechts in der Regierungsfragestunde hier bedienen müssen, um etwas von Ihnen zu erfahren, oder handelt es sich hier nur um einen Versuch, den Minister bloßzustellen?
({0})
Ich hoffe, in der bisherigen Beantwortung der Fragen nicht so schlecht ausgesehen zu haben, daß man meinen könnte, ich hätte eine Stützfrage nötig.
({0})
Frau Kollegin Odendahl.
Herr Minister, nachdem Sie (D meine erste Frage nach der Federführung bei der Vorbereitung des nicht mehr „Gipfel" benannten Gesprächs nicht beantworten konnten, gebe ich Ihnen jetzt die Chance, ja oder nein zu sagen.
({0})
Halten Sie es angesichts der katastrophalen Überfüllung vieler Hochschulen auch weiterhin für möglich, mit einem Bundesansatz für den Hochschulbau von nur 1,6 Milliarden DM auszukommen?
Auch wenn Sie es so darstellen, als hätte ich die erste Frage nicht beantwortet, werde ich einen zweiten Versuch machen: Nachdem ich den Gang der Sache geschildert habe - streiten wir uns bitte nicht darüber, ob es „Bildungsgipfel" heißt oder nicht - und gesagt habe, daß die Einladung an die Ministerpräsidenten der Länder nach wie vor vom Bundeskanzler ausgesprochen werden sollte, dürfte bei einiger parlamentarischer Erfahrung doch wohl auch Ihnen klar sein, wer die Federführung hat.
Im übrigen möchte ich auf Ihre Frage wie folgt antworten: Sie wissen ganz genau, daß ich auch mit 1,6 Milliarden DM nicht einverstanden war. Soweit ich weiß, hat das Parlament, auch meinem Wunsch entsprechend, im zuständigen Ausschuß darüber nachgedacht. Sie werden in Zukunft eine andere Zahl als die von Ihnen jetzt kritisierte hören.
({0})
Danke, Herr Bundesminister.
({0})
Wenn zu diesem Themenbereich jetzt keine Fragen mehr gestellt werden, Herr Bundesminister, dann darf ich mich bei Ihnen herzlich bedanken.
({1}) Dann frage ich - ({2})
- Entschuldigung! Ich muß an die Adresse der SPD sagen:
({3})
Den Präsidenten mit dieser Art des Verhaltens unter Druck zu setzen ist
({4}) unzulässig.
({5})
Es ist die Frage, ob es die Bundesregierung für gut hält, daß sie sich selber befragt. Aber entsprechend den Regeln ist hier verfahren worden. Da waren die Rothschen Zwischenrufe nicht sehr sachdienlich und entsprachen auch nicht seinem parlamentarischen Erfahrungsstand. Aber wir wollen es damit bitte bewenden lassen.
Ich finde im übrigen, daß heute seit langer Zeit zum ersten Mal eine Menge Fragen und eine Menge Antworten, die alle nicht so lang waren und auch ziemlich informativ waren, behandelt worden sind.
Wir kommen jetzt noch zu den anderen Bereichen, die heute im Kabinett besprochen worden sind. Dazu hatte sich bereits der Kollege Klaus Francke gemeldet. Ihnen folgt der Kollege Ernst Waltemathe. Bitte.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich nehme an, daß ich am besten Herrn Staatssekretär Grünewald frage.
Wir haben gehört, daß sich das Kabinett heute mit der Neuordnung des Länderfinanzausgleichs befaßt hat. Ich frage Sie: Hat sich das Kabinett in diesem Zusammenhang auch mit der Beseitigung der Haushaltsnotlagen im Saarland und in Bremen befaßt, nachdem diese beiden Länder ihre Sanierungskonzepte vorgelegt haben und das Bundesverfassungsgericht ja davon gesprochen hat, daß die Bundesregierung auch dazu dann unverzüglich Vorschläge zu unterbreiten hat?
Bitte sehr.
Schönen Dank, Herr Präsident. - Das Kabinett hat sich heute morgen mit einer, wenn Sie so wollen, Vorab-Regelung zum bundesstaatlichen Finanzausgleich befaßt. Dabei hat es die Sanierung der Haushaltsnotlagen, der extremen Haushaltsnotlagen, wie es das Bundesverfassungsgericht formuliert hat, von Bremen und vom Saarland, nach der Sie gefragt haben, nicht behandelt. Das konnte es in diesem Zusammenhang auch nicht,
weil sich nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts diese, wenn Sie so wollen, Sanierungsansprüche der genannten Länder gegen die staatliche Gemeinschaft aller, gegen Bund und Länder, richten. Richtigerweise haben die Länder Bremen und Saarland ihre Sanierungskonzepte deshalb auch nicht nur dem Bund, sondern gleichzeitig allen Ländern zugänglich gemacht.
Diese Frage kann nur im Gesamtzusammenhang der schwierigen Neuregelung der Bund-LänderFinanzbeziehungen ab 1. Januar 1995 geregelt und behandelt werden; denn nach dem Urteil des Verfassungsgerichts haben diese Bremen und das Saarland betreffenden Fragen sehr unmittelbare Auswirkungen insbesondere auf die neuen Länder, die sich vermutlich in einer noch unvergleichlich schwierigeren Finanzlage als Bremen und das Saarland befinden.
Die nächste Frage kommt vom Kollegen Büttner. - Ich weise darauf hin, daß wir uns scharf dem Ende der Regierungsbefragung nähern.
Bitte sehr, Herr Kollege Büttner.
Eine Frage an die Bundesregierung, vielleicht an den Arbeitsminister. - Da die Bundesregierung bei ihren Kabinettsitzungen sicherlich auch aktuellere die Bevölkerung betreffende Fragen behandelt, lautet meine Frage: Hat die Bundesregierung der Bundesanstalt für Arbeit heute endlich die Liquiditätshilfe zur Verfügung gestellt, die notwendig ist, damit die Arbeitsloseninitiativen in den neuen Bundesländern, die aufgrund von Liquiditätsengpässen der Bundesanstalt seit Monaten auf Mittel warten, um ihre Beschäftigten bezahlen zu können,
({0}) ihre Verpflichtungen erfüllen können?
Dieser Bericht ist gestern im Fernsehen ausführlich dargestellt worden. Ich gehe davon aus, daß die Bundesregierung solche skandalösen Vorgänge in ihrer Kabinettsitzung sofort aufgreift und behandelt.
Herr Bundesminister Bohl, bitte.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist naturgemäß so, daß nicht jedes aktuelle Ereignis in der Kabinettsitzung behandelt werden kann. Es ist sicherlich ein wichtiges Thema, das Sie hier aufgegriffen haben. Das hat heute in der Kabinettsitzung aber keine Rolle gespielt.
Selbstverständlich sind der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung und der Finanzminister an diesem Thema. Die Politik der Bundesregierung ist auch darauf ausgerichtet, dafür Sorge zu tragen, den Aufschwung in den neuen Ländern weiterhin stützend zu begleiten und alles Erforderliche zu tun, damit sich auf dem Arbeitsmarkt dort der gewünschte Erfolg einstellt.
Nächste Frage, Herr Kollege Wilhelm Schmidt.
Ich hätte gerne von der Bundesregierung - wahrscheinlich vom Vertreter des Innenministers - die Frage beantwortet, warum denn nach den wochen- und monatelangen Diskussionen um die Bekämpfung des Dopings im Sport im Kabinett heute wieder nicht das Europaabkommen zur Bekämpfung des Dopings im Sport behandelt worden ist. Dies halte ich - dies will ich hinzufügen - für skandalös.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär Lintner.
Herr Kollege Schmidt, meines Wissens ist das unter Tagesordnungspunkt 1 verabschiedet worden.
({0})
- Ich bin für die Übersicht nicht verantwortlich.
Vielleicht kann uns Bundesminister Bohl aushelfen.
Herr Präsident, es ist im Bundeskabinett, wenn ich richtig informiert bin, seit Generationen so, daß es den Tagesordnungspunkt 1 gibt, unter dem unstreitige Themen abgewickelt werden, die ohne Aussprache verabschiedet werden können. Darüber hinaus gibt es Tagesordnungspunkte, die einer gewissen Diskussion und Klärung bedürfen.
Es ist der Wunsch des Ältestenrates gewesen, nicht nur, wie in der Vergangenheit, ein oder zwei Tagesordnungspunkte, die die Bundesregierung als besonders wichtig erachtet, für die Regierungsbefragung anzumelden, sondern alle Punkte außer „Personalien" und „Verschiedenes", die nicht unter Tagesordnungspunkt 1 fallen. Deshalb haben wir Ihnen alle diese Tagesordnungspunkte, außer Tagesordnungspunkt 1, zur Kenntnis gegeben. Ich nehme an, daß dies der Grund dieses Mißverständnisses ist.
({0})
Wir sind schon ein wenig über der Zeit, aber ich will die Frage des Kollegen Kuhlwein noch zulassen, danach jedoch die Regierungsbefragung schließen.
Bitte, Herr Kollege Kuhlwein.
Ich möchte Herrn Bundesminister Bohl fragen, ob sich das Kabinett heute - gegebenenfalls mit welchem Ergebnis - auch mit der Abschußrampe beschäftigt hat, auf die sich der Parlamentarische Staatssekretär Riedl mit seiner
gescheiterten Schirmherrschaft über die Veranstaltung in Peenemünde gegeben hat.
({0})
Ich glaube, Herr Kollege Bohl, Sie tun sich mit dieser Frage leichter als der Parlamentarische Staatssekretär Riedl.
({0})
Da der Kollege Kuhlwein offensichtlich auch noch in der Fragestunde Bedarf an Antworten hat - vielleicht auch ein anderer Kollege - und der Parlamentarische Staatssekretär Riedl zur Beantwortung zur Verfügung steht, möchte ich dieses Thema nicht ansprechen, zumal es auch in der heutigen Kabinettsitzung keine Veranlassung gab, dieses Thema zu behandeln.
Der Parlamentarische Staatssekretär Riedl hat die Entscheidung nach Rücksprache mit dem Chef des Bundeskanzleramtes und mit seinem zuständigen Minister getroffen. Ich finde, daß damit die Angelegenheit in der Tat erledigt ist und weitere Kommentare und Erklärungen seitens der Bundesregierung nicht geboten erscheinen.
Damit sind wir am Ende der Befragung der Bundesregierung.
Wir kommen jetzt zu Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde
- Drucksache 12/3342 Ich rufe zunächst den Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf. Zur Beantwortung der Fragen ist der Parlamentarische Staatssekretär Georg Gallus erschienen.
Frage 1, Herr Staatssekretär, wird von der Kollegin Ulrike Mehl gestellt:
Welche Auswirkungen hat die EG-Verordnung für umweltgerechte und den natürlichen Lebensraum schützende landwirtschaftliche Produktionsverfahren auf die künftige Gestaltung der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" für den Zeitraum ab 1993, und mit welchen ordnungsrechtlichen Anforderungen will die Bundesregierung sicherstellen, daß nur umweltgerechte und den natürlichen Lebensraum schützende landwirtschaftliche Produktionsverfahren in die Beihilferegelung der EG-Verordnung einbezogen werden?
Bitte, Sie haben das Wort.
Frau Kollegin Mehl, die EG-Verordnung 2078/92 verpflichtet die Mitgliedstaaten, im nächsten Jahr Förderungsprogramme für umweltgerechte landwirtschaftliche Produktionsverfahren einzuführen. Derzeit laufen Bund-Länder-Beratungen, inwieweit die Umsetzung von Teilmaßnahmen für einen speziellen Förderungsgrundsatz im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" erfolgen soll.
Die Bundesregierung tritt dafür ein, strukturbedeutsame und horizontal in ganz Deutschland anwendbare Maßnahmen einer umweltgerechten landwirt9280
schaftlichen Produktion über die Gemeinschaftsaufgabe zu fördern. Diese Fördermaßnahmen können die Länder nach den regionalen Erfordernissen durch eigene Landesprogramme ergänzen oder attraktiver gestalten.
Die Programme sind insgesamt der EG-Kommission zur Prüfung vorzulegen. Die EG-Kommission entscheidet, ob die Förderungsprogramme den Zielen der EG-Verordnung entsprechen und damit die Voraussetzungen für eine EG-Mitfinanzierung erfüllen.
Für ein ordnungsrechtliches Vorgehen des Bundes besteht weder nach der EG-Verordnung noch nach den nationalen Zuständigkeiten Anlaß.
Eine Zusatzfrage, Frau Kollegin.
Heißt das, daß Sie diese EG-Verordnung nur auf bestimmte Gruppen oder Regionen anwenden wollen und nicht auf den gesamten Bereich der Landwirtschaft? Diese Verordnung besagt ja, daß die Landwirtschaft eine Umweltbelastung bedeutet, von der wir ja herunter wollen. Ich schätze, daß das der Anfang davon ist. Für mich klingt das jetzt so, als würden Sie mit bestimmten Regionen anfangen, um diese Verordnung umzusetzen. Bedeutet dies nicht eine deutliche Umstrukturierung der Landwirtschaft?
Sie haben das richtig interpretiert. Das bedeutet aber nicht eine grundsätzliche Umstrukturierung der Landwirtschaft, sondern das, was sich in der Extensivierung vollzieht, muß in Programmen festgelegt werden.
Nehmen Sie einmal ein Gebiet mit Grünland: Dort kann ich die Extensivierung im Grünlandbereich machen, um zu 1,4 Größeneinheiten zu kommen. Nehmen Sie andere Gebiete, da müssen im Rahmen der Extensivierung ganz andere Programme entwikkelt werden.
Zweite Zusatzfrage.
Das ist schon richtig; das steht hier auch so. Trotzdem müßte das ja für die gesamte Landwirtschaft gelten. Dort wird ja gesagt, die betroffenen Länder müßten sehen, wo die entsprechenden Unterschiede liegen, wofür dann entsprechende Regelungen zu treffen sind. Aber dann müßten Sie z. B. formulieren, was eine umweltgerechte Landwirtschaft ist. Ist so etwas beabsichtigt?
Das erste, was Sie gesagt haben, ist richtig. Es wird alles in ganz Deutschland angeboten. Die Länder müssen entsprechende Programme entwickeln, welche Maßnahmen sie ergreifen. Es geht ja um Extensivierung im Grünlandbereich, im Getreidebereich usw. Es geht um Aufforstung, Vorruhestand, den wir ja schon haben, usw.
Werden von den Kolleginnen und Kollegen noch Zusatzfragen gestellt? - Das ist nicht der Fall.
Dann rufe ich die Frage 2 auf, die wiederum von der Kollegin Mehl gestellt wurde:
Welche Möglichkeiten bestehen, reine Naturschutz- und Biotopschutzmaßnahmen aus EG-Mitteln, insbesondere aus den Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes", zu fördern?
Frau Kollegin Mehl, ausschließlich auf Natur- und Biotopschutz abzielende Maßnahmen fallen grundsätzlich in die Zuständigkeit der Länder. Die im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" durchgeführten Agrarstrukturmaßnahmen haben jedoch stets auch den Umwelt- und Naturschutzerfordernissen Rechnung zu tragen.
Eine Zusatzfrage.
„Rechnung zu tragen" heißt ja nicht, daß bestimmte Dinge im Bereich Natur- und Umweltschutz gefördert werden, obwohl das meines Wissens auch der Fall war. Im Rahmen bestimmter Programme innerhalb dieser Gemeinschaftsaufgabe sind Naturschutzmaßnahmen gefördert worden. Kann so etwas nicht ausgeweitet werden, gerade in bezug auf die Landwirtschaft und die umweltschädlichen Folgen von Landwirtschaft?
Frau Kollegin, ich sage Ihnen ein Beispiel: Flurbereinigung ist ein Programmpunkt der Gemeinschaftsaufgabe. Im Rahmen der Flurbereinigung wird natürlich auch Rücksicht genommen auf den Naturschutz. Aber reine Naturschutzmaßnahmen sind eben alleinige Aufgabe der Länder.
Herr Kollege Kuhlwein, bitte.
lien Staatssekretär, halten Sie es für denkbar, daß bei der anstehenden Verfassungsreform der Naturschutz in die Gemeinschaftsaufgabe „Agrarstruktur und Küstenschutz" einbezogen wird, bzw. welche Begründung gibt es dafür, daß Agrarstruktur und Küstenschutz als Gemeinschaftsaufgabe angesehen werden, Naturschutz aber nicht?
Es obliegt dem Parlament, ob es mit Zweidrittelmehrheit derartige Entscheidungen fällt. Bisher haben wir den Rechtstatbestand, nach dem wir uns richten müssen, daß die Förderung des Naturschutzes allein finanzielle Aufgabe der Länder ist.
Weitere Zusatzfragen werden nicht gestellt. Vielen Dank, Herr Parlamentarischer Staatssekretär, für die Beantwortung.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung auf. Unser Kollege Rudolf Kraus, Parlamentarischer Staatssekretär, ist zur Beantwortung erschienen.
Die Frage 3 soll schriftlich beantwortet werden. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Wir kommen dann zur Frage 68, die von der Kollegin Dr. Gisela Babel gestellt wurde:
Vizepräsident Hans Klein
Hält der Bundesminister des Innern die vorn Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung in einem Rundschreiben vom 7. Juli 1992 zur Pflegeversicherung und zu dem Kompensationsvorschlag eines Karenztages hei der Lohnfortzahlung unter Berufung auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 17. Dezember 1959 zum Arbeiterkrankheitsgesetz vertretene Auffassung, gesetzliche Neuregelungen in diesem Bereich setzten entgegenstehende Tarifverträge außer Kraft, mit der verfassungsrechtlichen Garantie der Tarifautonomie für vereinbar?
Frau Dr. Babel, der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat in dem von Ihnen zitierten Zusammenhang dargestellt, daß das Bundesarbeitsgericht im Jahre 1959 aus Anlaß der Einführung des Arbeiterkrankheitsgesetzes entschieden hat, daß der damaligen gesetzlichen Neuregelung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle entgegenstehende Tarifverträge außer Kraft getreten sind, auch wenn sie für die Arbeitnehmer günstiger waren.
Was die verfassungsrechtliche Bewertung der Einführung von Karenztagen bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall anbelangt, ist in demselben Zusammenhang auf die Auffassung der beiden Verfassungsressorts Bundesministerium des Innern und Bundesministerium der Justiz hingewiesen worden, nach der die Annahme vertretbar ist, daß bei einer gesetzlichen Einführung von Karenztagen im Rahmen der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall eine Regelung nicht den Kernbereich der in Art. 9 Abs. 3 des Grundgesetzes verankerten Tarifautonomie berührt, die bestehende Tarifregelungen außer Kraft setzt, den Tarifvertragsparteien jedoch den Inhalt künftiger Tarifverträge nicht vorschreibt. Allerdings unterliegt auch ein solcher Eingriff dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Die Frage der Beachtung dieses Grundsatzes kann nur unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs und der konkreten Ausgestaltung einer möglichen Regelung beantwortet werden.
Frau Kollegin Dr. Babel, eine Zusatzfrage.
Wie bewerten Sie die Stellungnahme des Bundesministers des Innern vom 20. August 1982, der eine gegenteilige Auffassung vertreten hat und bezweifelt, daß das Bundesarbeitsgericht seine damalige Entscheidung aus dem Jahre 1959, von der Sie gerade gesprochen haben, aufrechterhalten würde, insbesondere deshalb, weil die spätere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Tarifautonomie und ihre faktische Ausfüllung verfestigt hätte? Hat das Bundesverfassungsgericht seit 1982 Entscheidungen getroffen, die eine Abkehr von der früheren Bewertung durch den Bundesminister des Innern rechtfertigen könnten?
Frau Dr. Babel, die Antwort, die ich Ihnen jetzt gegeben habe, ist die aktuelle, mit dem Bundesinnenministerium abgestimmte Fassung.
Herr Kollege Dreßler, bitte.
Her Staatssekretär, können Sie mir bestätigen, daß in dem Ministerium, dem Sie angehören, u. a. eine völlig gegenläufige Stellungnahme zu der erarbeitet wurde, die Sie jetzt als die offizielle des Ministeriums verlautbart haben?
Das kann ich nicht bestätigen. Sollte irgendeine Arbeit in dieser Richtung im Ministerium gemacht worden sein, ist sie mir persönlich nicht bekannt.
Weitere Zusatzfragen zu dieser Frage werden nicht gestellt. Herr Parlamentarischer Staatssekretär, ich bedanke mich für die Beantwortung.
Ich rufe jetzt den Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau auf. Zur Beantwortung ist der Parlamentarische Staatssekretär Jürgen Echternach erschienen.
Ich rufe die Frage 4, gestellt vom Kollegen Dr. Ilja Seifert, auf:
Welche Einkommensanalysen dienten der Bundesregierung als Grundlage für die Beschlüsse zur Anhebung der Mieten zum 1. Januar 1993 in den ostdeutschen Ländern?
Bitte, Herr Parlamentarischer Staatssekretär.
Herr Dr. Seifert, die Bundesregierung hat im Juni dieses Jahres eine Analyse der Einkommensentwicklung in den neuen Bundesländern im Jahre 1992 vorgenommen. Das darin für 1992 ermittelte durchschnittliche Einkommenswachstum in den neuen Bundesländern rechtfertigt die mietenpolitischen Beschlüsse.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, abgesehen davon, daß Durchschnittswerte natürlich nichts darüber aussagen, wie schlecht es denjenigen geht, die am unteren Ende der Skala sind, möchte ich doch gern die Frage beantwortet haben, ob die Bundesregierung der Auffassung ist, daß die Tausenden von Menschen, die mit Petitionen und dergleichen ihren Willen bekunden, bzw. die Mieterorganisationen und Bürgerinitiativen, die einen Mietenstopp fordern, weil die Mieterhöhungen eben sozial unverträglich sind und nicht dem Geiste des Einigungsvertrages entsprechen, lügen. Wenn ja: Wie möchten Sie ihnen die entsprechende Aufklärung zukommen lassen?
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, bitte.
Herr Dr. Seifert, der Einigungsvertrag sieht vor, daß die Mieten entsprechend der Einkommensentwicklung angehoben werden sollen. Wir haben im Laufe des Jahres 1992 Einkommensentwicklungen, die nach den Feststellungen des Bundesarbeitsministeriums dazu führen, daß sich im Rahmen von neuen Tarifabschlüssen und stufenweisen Anhebungen für rund 5 Millionen Arbeitnehmer die Gehälter und Einkommen um über 24 % erhöhen. Wir gehen davon aus, daß auch die Renten dementsprechend im Laufe des
Pari. Staatssekretär Jürgen Echternach
Jahres 1992 um über 25 % im Schnitt steigen werden,
Wenn Sie sagen: Durchschnittszahlen erfassen nicht alle Fälle, so ist das richtig. Aber gerade deswegen haben wir das Wohngeld besonders angehoben, um auf diese Weise dort, wo durchschnittliche Einkommensteigerungen in Einzelfällen nicht erfolgen, individuell zu helfen, damit jeder in der Lage ist, auch die zusätzliche Wohnkostenbelastung tragen zu können.
Zweite Zusatzfrage.
Über das Wohngeld reden wir ja im Zusammenhang mit der nächsten Frage.
Herr Echternach, ich möchte doch noch einmal auf die Menschen zu sprechen kommen, die eben nicht an dieser Einkommensentwicklung teilhaben. Das betrifft ungefähr 10 % der Rentner; das sind ca. 300 000 Menschen. Neben den Rentnern und Rentnerinnen trifft dies aber auch andere, die aus dem Arbeitsprozeß ausscheiden mußten bzw. hinausgedrängt wurden. Es handelt sich um Menschen, die an der Einkommensentwicklung, von der Sie sprechen, nicht partizipieren. Wie können Sie mit Durchschnittszahlen diese Menschen erfassen, und wie vereinbart sich das mit der sozialen Verträglichkeit von Mieterhöhungen, die Sie immer betonen?
Herr Dr. Seifert, Sie wissen, daß die Sozialleistungen ebenfalls an die allgemeine Einkommensentwicklung gekoppelt sind. Im übrigen ist in Einzelfällen, wo z. B. bei bestimmten Renten eine Rentenanpassung am Ende nicht zu einer Erhöhung führt - genauso wie in anderen Fällen, wo im Einzelfall diese Einkommenssteigerung nicht stattfindet -, das Wohngeld dazu bestimmt, einen entsprechenden sozialen Ausgleich zu schaffen. Dort führt die Wohngeldregelung dazu, daß ein dementsprechend höheres Wohngeld gezahlt wird. Ich darf darauf verweisen, daß wir das Wohngeld für die neuen Bundesländer wesentlich großzügiger ausgestaltet haben als für die alten Bundesländer, so daß jemand mit gleichem Einkommen und gleicher Mietzahlung in den neuen Bundesländern ein wesentlich höheres Wohngeld erhält als in den alten Bundesländern.
Werden dazu weitere Fragen gestellt? - Das ist nicht der Fall.
Ich rufe Frage 5, ebenfalls gestellt von dem Abgeordneten Dr. Ilja Seifert, auf:
Mit wieviel mehr bzw. weniger Wohngeldempfängern in den einzelnen Bundesländern Ostdeutschlands rechnet die Bundesregierung nach der Mietenerhöhung zum 1. Januar 1993?
Herr Dr. Seifert, bei den Wohngeldbewilligungen nach dem 1. Januar 1993 werden gleichzeitig mit den erhöhten Mieten die seit dem 1. Oktober 1991 eingetretenen sowie die bei Antragstellung zu erwartenden Einkommenssteigerungen berücksichtigt. Im Ergebnis rechnet die Bundesregierung deshalb nicht mit einer wesentlichen Erhöhung der Zahl der Wohngeldempfanger.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär Echternach, ich bin jetzt ein bißchen traurig darüber, daß Sie offensichtlich nicht wissen, daß beispielsweise der Ost-Berliner Stadtbezirk Friedrichshain - mein Wahlkreis - mit Wohngeldanträgen von 50 % der Haushalte rechnet und die Bezirksämter bis heute nicht wissen, wie Sie diese Antragsflut bürgerfreundlich und korrekt bearbeiten sollen. In Friedrichshain liegt die derzeitige Bearbeitungsdauer für Wohngeldanträge bei zwölf Wochen. Nach der Mieterhöhung wird mit vier Monaten gerechnet. Weiß die Bundesregierung das nicht? Wenn Sie es jetzt wissen: Wie wollen Sie diesen Ämtern personell und eventuell finanziell helfen?
Ich weise darauf hin, daß in der Fragestunde Fragen gestellt werden. Dabei sollten die Zusatzfragen keine Koreferate sein, Herr Kollege Seifert. Wir können mehr Fragen zulassen, wenn alle Abgeordneten ihre Fragen kurz halten.
Bitte, Herr Parlamentarischer Staatssekretär.
Herr Dr. Seifert, Sie hatten nach der Einschätzung der Bundesregierung gefragt, nicht aber nach der Einschätzung örtlicher Bezirksämter in Berlin. Ich darf darauf verweisen, daß es insgesamt schon bei der ersten Mietanhebung am Ende wesentlich weniger Wohngeldanträge gegeben hat, als manche örtlichen Dienststellen geschätzt hatten. Zur Zeit ist jeder dritte Mieter in den neuen Bundesländern Wohngeldempfänger.
Wir gehen davon aus, daß wegen der höheren Mieten auf der einen Seite zwar zusätzliche Ansprüche an das Wohngeld geltend gemacht werden können, aber wegen der Einkommensentwicklung andere Bürger wiederum aus dem Kreis der Anspruchsberechtigten ausscheiden, so daß wir im Ergebnis von einer etwa gleichen Zahl von Wohngeldempfängern ausgehen, jedenfalls nicht von einer wesentlich höheren Zahl.
Davon unabhängig ist allerdings die Wohngeldleistung, die Bund und Länder im nächsten Jahr erbringen werden, wesentlich höher veranschlagt als in diesem Jahr: Für das Jahr 1992 rechnen wir mit Wohngeldausgaben von 3,14 Milliarden DM, und im nächsten Jahr rechnen wir für das Wohngeld mit Aufwendungen von 3,42 Milliarden DM,
Zweite Zusatzfrage.
Leider haben Sie meine Frage nicht beantwortet, wie Sie den Ämtern helfen wollen, die befürchten, in arge Bedrängnis zu kommen.
Ich möchte in meiner zweiten Frage die psychologische Seite ansprechen. Herr Staatssekretär, es ist Ihnen doch sicherlich bewußt, daß die Abhängigkeit von Wohngeld - Sie sprechen von einem Drittel der Haushalte - für viele Menschen in Ost-, aber auch in Westdeutschland ein gewaltiges psychologisches Problem ist. Wie wollen Sie diesen Menschen ihr Selbstwertgefühl erhalten? Was tut die Bundesregierung
dafür, daß sie ab 1. Januar 1993 pünktlich, d. h. vor der Fälligkeit der Miete, zu ihrem Wohngeld kommen?
Herr Dr. Seifert, es ist nicht Sache der Bundesregierung, Wohngeldbescheide zu errechnen und zu erlassen. Es ist insofern Sache der Gemeinden, dafür Sorge zu tragen, daß Wohngeldbescheide rechtzeitig ergehen. Wir haben uns bemüht, die Beschlüsse mit einer entsprechenden Übergangsfrist so rechtzeitig zu fassen, daß die Wohnungsunternehmen in der Lage sind, nicht erst zum letztmöglichen Zeitpunkt, nämlich erst Ende November, die Mieterhöhungsbescheide herauszugeben, die dann in der Tat dazu führen könnten, daß manche Wohngelddienststellen Schwierigkeiten haben könnten, den Wohngeldbescheid rechtzeitig herauszugeben. Diese Mietbescheide sollen nach Möglichkeit so rechtzeitig verschickt werden, daß auch eine dementsprechende Bearbeitungszeit für die Wohngelddienststellen der Kommunen bleibt.
Gleichwohl sind nach der wohngeldrechtlichen Regelung die Kommunen in der Lage, auf der Basis des bisherigen Wohngelds auch für die ersten drei Monate des nächsten Jahres Wohngeld weiter zu gewähren, so daß auf diese Weise nicht etwa diejenigen, die auf einen solchen Wohngeldbescheid angewiesen sind, ohne Wohngeld dastehen. Es gibt also vor Ort Möglichkeiten, dem Rechnung zu tragen. Ansonsten ist es aber Sache der Kommunen, für eine rechtzeitige Erstellung der Wohngeldbescheide Sorge zu tragen.
Weitere Zusatzfragen zu dieser Frage? - Das ist nicht der Fall. Herr Parlamentarischer Staatssekretär, ich bedanke mich für die Beantwortung.
Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft. Herr Parlamentarischer Staatssekretär Wolfgramm, der Fragesteller Duve ist nicht im Saal. Es wird verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen. Ich danke Ihnen für Ihr Erscheinen.
Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes. Der Kollege Gansel hat um schriftliche Beantwortung seiner Fragen gebeten. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Gesundheit auf. Zur Beantwortung steht uns die Parlamentarische Staatssekretärin Dr. Sabine Bergmann-Pohl zur Verfügung.
Die Fragen 32 und 33 sollen schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe Frage 34 auf, die der Kollege Rudolf Dreßler gestellt hat:
Wie hoch sind die Gesamtkosten der vom Bundesminister für Gesundheit im Zusammenhang mit seinen Gesetzesvorschlägen zu einer Gesundheitsstrukturreform derzeit in mehreren großen Zeitschriften geschalteten Anzeigen?
Bitte, Frau Parlamentarische Staatssekretärin, Sie haben das Wort.
Herr Kollege Dreßler, 737 284 DM bei einer Auflage von 37 297 222.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Dreßler.
Frau Staatssekretärin, gibt es in diesem Zusammenhang weitere Beispiele einer Verschleuderung von Volksvermögen, die das Bundesgesundheitsministerium in den letzten Wochen veranlaßt hat?
Herr Kollege Dreßler, ich glaube nicht, daß es eine Verschleuderung des Volksvermögens ist. Vielmehr diente diese Anzeige der Aufklärung der Bevölkerung.
Zweite Zusatzfrage.
Frau Staatssekretärin, können Sie aus dem veröffentlichten Anzeigentext vielleicht nur zwei Sätze aus der Fülle zitieren, die Ihrem Kriterium der Aufklärung des Volkes entsprechen?
Herr Kollege Dreßler, es geht um die Kostenexplosion im Gesundheitswesen und die daraus resultierende Notwendigkeit des Gesetzgebungsverfahrens, welches zur Zeit läuft und an welchem erfreulicherweise der Kollege Dreßler jetzt in der Konsensrunde teilgenommen hat.
Herr Kollege Dreßler, ich darf zitieren:
Tatsache ist: Seit 1991 steigen die Ausgaben der Krankenkassen geradezu explosionsartig, ohne daß hierfür medizinische Gründe vorliegen. Unsere Therapie heißt deshalb: Sofortbremsung der Kosten und langfristige Verbesserung der Wirtschaftlichkeit, damit auch in Zukunft jeder alle medizinisch notwendigen Leistungen zu bezahlbaren Preisen erhält.
({0})
Nein, aber Sie kommen gleich mit der nächsten Frage dran.
Bitte sehr, Herr Kollege Meyer.
Frau Staatssekretärin, nachdem Sie eben zur allgemeinen Erheiterung die erste Frage nur mit einer Zahl und nicht einmal mit einem ganzen Satz beantwortet haben, erlaube ich mir die Zusatzfrage, welches die drei Zeitschriften gewesen sind, für die in welcher Höhe exakt die größten Aufwendungen gemacht worden sind.
„Hörzu" in einer Auflage von 3 345 622 und „rtv" West von 4 106 819.
({0})
Bitte sehr.
Frau Staatssekretärin, können Sie bestätigen, ob die Anzeigentexte inhaltlich mit dem übereinstimmen, was jetzt in Lahnstein vereinbart wurde?
Herr Kollege, diese Anzeige hatte nicht die genauen gesetzlichen Vorhaben zum Inhalt, sondern die Notwendigkeit eines Gesetzesvorhabens.
Weitere Zusatzfragen? - Das ist nicht der Fall.
Ich rufe Frage 35 auf, die ebenfalls der Kollege Dreßler gestellt hat:
Welche anderen Ziele verfolgt der Bundesminister für Gesundheit mit dieser Anzeigenkampagne, nachdem ihr eine inhaltliche Aufklärung über die im Deutschen Bundestag zugeleiteten Gesetzentwürfe nicht zu entnehmen ist, und hat der Bundesminister für Gesundheit dabei geprüft, ob diese Kampagne dem engen rechtlichen Rahmen für Aufklärungsmaßnahmen der Bundesregierung entspricht?
Herr Präsident, Herr Kollege Dreßler, die in der Frage zum Ausdruck kommende Auffassung, daß es sich bei der Anzeige nicht um inhaltliche Aufklärung handele, teile ich nicht. Die Bürgerinnen und Bürger werden in der Anzeige über die Notwendigkeit des Gesetzesvorhabens der Bundesregierung zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung unterrichtet. Sie erhalten Informationen über die auf sie und die Leistungserbringer zukommenden Belastungen. Diese Aufklärung ist um so notwendiger, als es im Vorfeld eine Reihe von Fehlinformationen über das Gesetzgebungsvorhaben gegeben hat.
Der enge gesetzliche Rahmen für Aufklärungsmaßnahmen der Bundesregierung wurde beachtet.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Dreßler.
Wenn wir unterstellen dürfen, Frau Staatssekretärin, daß ich - und auch Sie - den Text dieser merkwürdigen Anzeige gelesen habe, und wenn Sie sagen, daß das in einem engen Zusammenhang mit inhaltlicher Aufklärung über die dem Bundestag zugeleiteten Gesetzentwürfe stand, frage ich Sie: Halten Sie es für richtig, daß die Bundesregierung 734 000 DM Steuergelder verschwendet, um dem deutschen Volke in Anzeigen mitzuteilen, daß sie beabsichtige, ein Gesetz einzubringen, weil die Kostenexplosion im Gesundheitswesen dies nötig mache? Denn das war der Tenor dieser Anzeige.
Herr Kollege Dreßler, da durch vielfältige Fehlinformationen durch die Fachverbände in der Öffentlichkeit eine Verunsicherung der Bevölkerung vorhanden war, hielten wir es sehr wohl für notwendig, die Bevölkerung aufzuklären, da von diesem Gesetzgebungsverfahren die breite Masse der Bevölkerung betroffen ist.
Zweite Zusatzfrage.
Frau Staatssekretärin, wenn das das Selbstverständnis des Gesundheitsministeriums und der Bundesregierung ist, muß ich dann befürchten, daß in den nächsten Wochen das von der
SPD erzielte Verhandlungsergebnis mit dem Bild des Bundesgesundheitsministers wieder in Tageszeitungen zu ungefähr den gleichen Kosten für den Steuerzahler erscheint?
Herr Kollege Dreßler, ich glaube, Sie brauchen diese Befürchtung derzeit nicht zu hegen.
Herr Kollege Jürgen Koppelin.
Frau Staatssekretärin, teilen Sie meine Auffassung, daß die Opposition diese Anzeigenkampagne sicher anders beurteilt hätte, wenn die Anzeigen auch in Gewerkschaftsblättern erschienen wären?
Das glaube ich schon. Wenn das Bild von Herrn Dreßler mit erschienen wäre, hätte die SPD diese Anzeigenkampagne sicher auch anders bewertet.
({0})
Herr Kubatschka, bitte.
Frau Kollegin, woher nehmen Sie die Meinung, daß der Herr Kollege Dreßler das anders bewertet hätte, wenn die Anzeige in Gewerkschaftszeitungen erschienen wäre?
({0})
Ich glaube, daß auch der Kollege Dreßler an einer breiten Information der Bevölkerung, auch seiner Klientel, interessiert ist.
Herr Kollege Meyer.
Frau Staatssekretärin, abgesehen von der Frage der Photos wüßte ich gerne von Ihnen, ob die Bundesregierung beabsichtigt, auch künftig über Gesetzentwürfe, die eingebracht worden sind oder eingebracht werden sollen, durch Anzeigen zu informieren, ohne über den Inhalt der Gesetzentwürfe aufzuklären.
Herr Kollege, ich glaube, daß wir auch andere Informationsmöglichkeiten zur Verfügung haben und diese für die Öffentlichkeitsarbeit auch nutzen. In diesem Fall war aber durch die allgemeine Verunsicherung der Bevölkerung eine solche Kampgane notwendig.
({0})
Weitere Zusatzfrage.
Frau Staatssekretärin, ich habe Ihrer Antwort entnommen, daß die Auswahl der Photos nicht nach Schönheitskriterien erfolgt ist. Würden Sie mir recht geben, daß, wenn die Auswahl nach Schönheitskriterien erfolgen würde, das Bild der Frau
Staatssekretärin selber in die engere Auswahl kommen müßte?
({0})
Herr Kollege, ich danke Ihnen dafür; aber Sie nehmen sicher nicht an, daß ich darauf antworte.
({0})
Ich muß jetzt eine geschäftsleitende Bemerkung machen: Frau Parlamentarische Staatssekretärin, auf diese ganz ungewöhnlich charmante Frage hätte ich an Ihrer Stelle schlicht mit Ja geantwortet.
({0})
Ich bedanke mich herzlich für die Beantwortung und rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz auf. Zur Beantwortung der Fragen steht uns der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Reinhard Göhner zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 10 des Abgeordneten Dr. Jürgen Meyer ({1}) auf:
Wird die für Investitionen notwendige Belastung von Grundstücken auf dem Gebiet der neuen Länder häufig dadurch erschwert, daß die genauen Grenzen vieler Grundstücke - insbesondere von ungeteilten Hofflächen - unbekannt und nicht vermessen sind?
Herr Staatssekretär, ich bitte um die Beantwortung.
Herr Präsident, wenn Sie erlauben, würde ich gerne die Fragen 10 und 11 im Zusammenhang behandeln.
Dem muß eigentlich der Fragesteller zustimmen. Herr Meyer, sind Sie damit einverstanden, daß die beiden Fragen gemeinsam beantwortet werden?
Gerne, wenn ich vier Zusatzfragen stellen kann.
Ja, Sie bekommen Ihre vier Zusatzfragen.
Ich rufe dann auch die Frage 11 des Kollegen Dr. Meyer ({0}) auf:
Erwägt die Bundesregierung, für das Gebiet der neuen Länder - auf Grund von Artikel 12 des Zweiten Vermögensänderungsgesetzes - eine Verordnung zur Schaffung eines vorläufigen Grundbuchs zu erlassen oder eine sonstige Lösung anzubieten, um Investitionshemmnisse bei unbekanntem Grenzverlauf abzubauen?
Ich glaube, die Fragen gehören untrennbar zusammen. - Sie fragen, Herr Kollege Meyer, zu Recht nach den Schwierigkeiten, die bei ungetrennten Hofräumen entstehen, wenn die Grundstücke belastet werden sollen. Das Problem liegt darin, daß man eine Eintragung im Grundbuch natürlich nur dann vornehmen kann, wenn das Grundstück in einem amtlichen Verzeichnis eingetragen ist. Man muß schließlich wissen, über welches Grundstück man verfügt.
Wenn die Grundstücke im Kataster nicht existieren, braucht man natürlich einen Ersatz, worauf Sie, Herr Kollege, in Ihren Fragen mit Recht hinweisen. Das war früher die Gebäudesteuerrolle. Wo solche Rollen und natürlich der ungeteilte Hofraum selbst noch vorhanden sind, haben wir heute keine Schwierigkeiten. Viele Steuerrollen sind aber nicht mehr vorhanden, und viele Hofräume sind ganz oder teilweise - z. B. kriegsbedingt - zerstört. In diesen Fällen haben wir Schwierigkeiten und Handlungsbedarf.
Die Bundesregierung hat deshalb in den Entwurf des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes eine Ermächtigung des Bundesministers der Justiz eingestellt, diese Frage durch eine Rechtsverordnung zu regeln. Entsprechend ist das Gesetz beschlossen worden und in Kraft getreten.
Wir sind bemüht, diese Ermächtigung noch im Laufe dieses Jahres auszufüllen, was nicht ganz einfach ist. Wir arbeiten mit Hochdruck daran. Die Probleme sind allerdings sehr vielschichtig.
Die Arbeiten zielen darauf ab, bis zur Durchführung der Vermessung, die auf Dauer natürlich nicht entbehrlich ist, die aber in vielen Fällen noch Zeit in Anspruch nimmt, das bei ungetrennten Hofräumen nicht bestehende Kataster als amtliches Verzeichnis vorläufig, eben bis zur endgültigen Vermessung, zu ersetzen. Die Grundstücke würden so voll verkehrsfähig. Für einen Teilbereich könnte die Lösung in einem Hofraumplan bestehen, der als Teil einer behördlichen Entscheidung die Grundstücke in einem Plan katasterfähig zeichnerisch ausweist und bezeichnet.
Diese Lösung bereitet in Gebieten mit größeren Kriegsschäden Schwierigkeiten, weil hier im Grunde zunächst rekonstruiert werden müßte, wo die alten Hofräume lagen. Das ist natürlich sehr aufwendig. Wir denken deshalb darüber nach, ob man hier mit einer Gesamtberechtigung aller Hofraumberechtigten arbeiten kann. Auch das ist nicht einfach; aber das Problem ist, wie erste Gespräche gezeigt haben, möglicherweise lösbar.
Herr Kollege Meyer, wenn Sie erlauben, würde ich, bevor ich Ihnen das Wort zur ersten Zusatzfrage gebe, gern sagen: Die Araber begrüßen jemanden, der nach Hause zurückkehrt, mit Hamdullilah as Salami. Auf der Tribüne hat jemand Platz genommen, der lange Jahre auf diesem Stuhl gesessen hat, nämlich unser alter Kollege und Vizepräsident Heinz Westphal. Ich richte ein herzliches Wort des Grußes an ihn.
({0}) Jetzt Herr Kollege Meyer, bitte.
Herr Staatssekretär, können Sie, nachdem Sie in Ihrer Antwort Schwierigkeiten bei Investitionen eingeräumt haben, Informationen darüber geben, wie umfangreich die Schwierigkeiten, nach Hofflächen oder auch nach Investitionsprojekten gerechnet, sind?
Nein, Herr Kollege Meyer, solche statistischen Angaben haben wir nicht. Sie könnten auch nus sehr schwer und, wenn überhaupt, dann nur von den Ländern
gemacht werden. Ich finde, wir sollten die neuen Länder nicht mit Verwaltungsaufgaben belasten, die vielleicht gar nicht notwendig sind. Denn es besteht bei uns Übereinstimmung darüber, daß wir vorübergehende Lösungen für die Fälle brauchen, in denen bei ungetrennten Hofräumen Verfügungen über die Grundstücke heute erschwert sind. Nicht alle Investitionen sind deshalb erschwert, aber diejenigen, bei denen Verfügungen über die Grundstücke notwendig sind, z. B. um sie für Grundschulden oder Hypotheken beleihen zu können, oder bei Veräußerungen.
Die zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, könnten mir vor kurzem bei einer Gesprächsrunde in Dresden von Vertretern kommunaler Behörden gegebene Informationen zutreffend sein, die besagen, daß es in diesem Jahrzehnt kaum gelingen wird, die erforderlichen Arbeiten der Katasterämter abzuschließen?
Herr Kollege Meyer, das kann ich nicht ausschließen. Auf Grund der früheren Entwicklung - Sie müssen wissen, es ist ja ein Umstand, der auf eine frühere preußische Gewohnheit zurückzuführen ist - gibt es in allen neuen Ländern, die sämtlich zum ehemaligen Preußen gehört haben, tatsächlich ganze Innenstädte, die katasteramtlich nicht erfaßt und nicht vermessen sind. Wir arbeiten mit Hochdruck daran und bemühen uns darum, öffentliche wie private Vermessungsingenieure verstärkt in den neuen Ländern einzusetzen. Dieser Einsatz wird aus dem Bereich des Bundesministers des Innern gefördert. Viele alte Bundesländer helfen mit der Abordnung von Personal. Aber ich habe mich bei Besuchen in den neuen Ländern persönlich davon überzeugen können, daß es außerordentlich schwierig ist, hier voranzukommen, weil eben ganze Innenstädte zum Teil nicht vermessen sind. Dies wird nur Stück für Stück aufgearbeitet werden können. Eine Prognose darüber, wie lange das bis zum letzten Grundstück dauern wird, ist, glaube ich, außerordentlich schwierig. Aber gerade weil wir wissen, daß es eine unbestimmte Zeit dauern wird, bemühen wir uns um eine Übergangslösung.
Eine weitere Zusatzfrage, bitte schön, Herr Meyer.
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir darin zu, daß das Problem nicht vermessener Grundstücke und der deshalb nach der Grundbuchordnung erschwerten Eintragung neuer Eigentümer und neuer Belastungen weit über den Bereich der von uns bisher nur erörterten Hofräume hinausgeht?
Ja. Es erfaßt natürlich auch Grundstücke, die keine ungeteilten Hofräume darstellen, wenn etwa, wie soeben erwähnt, ganze Innenstädte nicht vermessen sind. Dieses Problem betreffend Grundstücke außerhalb ungeteilter Hofräume läßt sich aber nicht etwa - auch nicht übergangsweise - durch den Erlaß von Verordnungen lösen, sondern wirklich nur durch Bemühungen, Vermessungen vorzunehmen.
Im übrigen darf ich noch einmal darauf hinweisen, daß natürlich nicht alle ungeteilten Hofräume verkehrsunfähig sind oder nicht belastet werden können, weil in den Fällen, in denen die alte preußische Gebäudesteuerrolle noch vorhanden ist und es sich um alte ungeteilte Hofräume handelt, sehr wohl auch heute schon eine Verfügung stattfindet. Das ist auch Praxis in den Grundbuchämtern.
Vierte Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, verstehe ich Sie richtig, daß das Problem der Grundstücke außerhalb der ungeteilten Hofräume nicht durch das Instrument eines vorläufigen Grundbuchs gelöst werden soll und daß deshalb aus der Sicht der Bundesregierung der verstärkte Einsatz von Vermessungsbeamten in den neuen Bundesländern notwendig ist?
Herr Kollege Meyer, es ist so: Wenn ein Grundstück im Grundbuch erfaßt ist, aber beispielsweise die Grenzsteine herausgerissen worden sind - das ist etwa im landwirtschaftlichen Bereich der Fall; in der früheren DDR hat man ja seinerzeit im Zusammenhang mit LPG-Gründungen bewußt Aktionen gestartet, um die Grenzsteine zu vernichten -, muß neu vermessen und der frühere Zustand wiederhergestellt werden. Der grundbuchmäßige Verkehr kann natürlich gleichwohl stattfinden. Es ist dann eine Frage des Vollzugs und eine Frage der Einräumung von Besitz. Das müssen wir unterscheiden.
Herr Küster, bitte sehr.
Ich möchte auf das Problem der ungeteilten Hofräume zurückkommen und das einmal auf die Neubaugebiete erweitern, die katastermäßig ja nun überhaupt nicht erfaßt sind. Ich frage die Bundesregierung, was in diesem Zusammenhang zu tun ist, um die Beleihungsfähigkeit und die Verkehrsfähigkeit dieser Grundstücke herzustellen?
In all diesen Fällen besteht die beste und wirkungsvollste Möglichkeit auch für die Praxis des Grundstücksverkehrs darin, die Vermessungen zu erreichen. Ich weiß, daß die Städte in solchen Neubaugebieten mit Hochdruck daran arbeiten. Ich selbst habe mich z. B. in Magdeburg davon überzeugen können. Denn es ist natürlich klar: Wenn z. B. eine Veräußerung, ein Verkauf von Grundstücken aus solchen Neubaugebieten erfolgen soll, dann will der Käufer genau wissen, wie groß das Grundstück ist, das er erwerben will. Hierzu ist eine Vermessung erforderlich.
Bitte, Frau Kollegin Jäger.
Können Sie schon Aussagen darüber machen, wie hoch die Zahl der Vermessungsbeamten ist, die zur Erbringung dieser zusätzlichen Leistungen in die neuen Bundesländer entsandt werden oder die für diese Arbeiten bereits qualifiziert werden?
Nein, das kann ich nicht. Aussagen darüber könnten nur die Bundesländer treffen. Das liegt auch außerhalb der Zuständigkeit der Justizressorts; das gilt nicht nur für die Bundesregierung, sondern ist auch in den Landesregierungen sehr unterschiedlich aufgeteilt.
Ich rufe Frage 12 der Abgeordneten Renate Jäger auf:
Welchen Handlungsbedarf sieht die Bundesregierung durch die Tatsache, daß von seiten der Verfügungsberechtigten noch bis zum 2. Oktober 1992 Investitionen in Grundstücke getätigt wurden, auf die später und bis zum Dezember 1992 Restitutionsansprüche gestellt werden konnten und können und ohne daß nach § 7 des Vermögensrechtsänderungsgesetzes bei einer Rückübertragung diese Investitionen zurückerstattet werden müssen?
Bitte, Herr Parlamentarischer Staatssekretär.
Verehrte Frau Kollegin, in den Fällen, in denen bis zum 2. Oktober 1990 - nicht 1992 -, also bis zum Beitritt der neuen Länder, Maßnahmen für eine Bebauung, Modernisierung oder Instandsetzung des Vermögenswertes durchgeführt worden sind, hat der Berechtigte bei der Rückübertragung des Vermögenswerts Wertausgleich nach § 7 des Vermögensgesetzes in der Fassung des 2. Vermögensrechtsänderungsgesetzes, wo diese Frage gerade neu geregelt worden ist, zu zahlen.
Wenn ich Ihre Frage richtig verstehe, fragen Sie nach all den Fällen, in denen § 7 nicht greift. Dabei sind zwei Konstellationen zu unterscheiden, die allerdings nichts mit dem Stichtag zu tun haben, den Sie in der Frage erwähnt haben, nämlich mit dem 2. Oktober 1992.
Man muß zwischen den Fällen, in denen ein Antrag auf Rückübertragung des Vermögenswertes gestellt worden ist, und den Fällen unterscheiden, in denen vor der Stellung eines solchen Antrages, aber nach Ablauf der Anmeldefrist im Sinne der Anmeldeverordnung Maßnahmen, Investitionen, vorgenommen worden sind.
Bis zum Ablauf der Anmeldefrist bzw. nach Stellung eines Rückübertragungsantrags war und ist der derzeit Verfügungsberechtigte nach dem Vermögensgesetz grundsätzlich verpflichtet, den Abschluß dinglicher Rechtsgeschäfte oder die Eingehung langfristiger vertraglicher Verpflichtungen ohne Zustimmung des Berechtigten zu unterlassen. Verstößt der Verfügungsberechtigte gegen diese Unterlassungspflicht, so kann er nicht etwa Ersatz der dafür aufgewendeten Kosten verlangen.
Von dieser Verfügungsbeschränkung sind allerdings bestimmte Rechtsgeschäfte ausgenommen, etwa Maßnahmen, die zur Erfüllung der Rechtspflichten des Eigentümers oder zur Erhaltung und Bewirtschaftung des Vermögenswertes erforderlich sind. Ich nehme an, Sie denken bei Ihrer Frage vor allem an letzteres. Nimmt der Verfügungsberechtigte solche erlaubten Maßnahmen, etwa Investitionen, vor, so ist der Berechtigte nach § 3 Abs. 3 Satz 4 des Vermögensgesetzes verpflichtet, dem Verfügungsberechtigten die aufgewandten Kosten, soweit er diese durch eine instandsetzungsbedingte Mieterhöhung nicht bereits ausgeglichen bekommen hat, zu erstatten, sobald
über die Rückübertragung des Eigentums bestandskräftig entschieden ist.
Hat der Verfügungsberechtigte nach Ablauf der Anmeldefrist Investitionen getätigt, ohne daß bisher ein Antrag auf Rückübertragung des Vermögenswertes gestellt worden ist, so war er zu diesen Investitionen berechtigt. In solchen Fällen ist wiederum entsprechend der Vorschrift des § 3 Abs. 3 Satz 4 Vermögensgesetz vorzugehen, so daß der Berechtigte bei einer Rückübertragung ebenfalls verpflichtet ist, dem bislang Verfügungsberechtigten die aufgewendeten Kosten, soweit diese durch eine instandsetzungsbedingte Mieterhöhung nicht bereits ausgeglichen sind, zu erstatten.
Zusatzfrage, Frau Kollegin.
Ich danke Ihnen für die ausführliche Beantwortung und möchte auch meinerseits noch einmal richtigstellen, daß es in meiner Frage 12 statt „2. Oktober 1992" tatsächlich heißen muß: „2. Oktober 1990". Aber noch einmal eine Frage zum allerersten Fall: Wenn die Kommunen vor Anmeldung eines Rückübertragungsanspruches investiert haben, erhalten sie Wertausgleich. Aber ist nicht dann, wenn eine Sache privatisiert wird, der Fall gegeben, daß wertvolle Steuergelder, die von den Kommunen für Werterhaltung aufgewendet worden sind, ihnen nicht wieder zufließen?
In den Fällen, in denen bis zum 2. Oktober 1990 Investitionen vorgenommen worden sind, trifft § 7 des Vermögensgesetzes eine unterschiedliche Regelung, je nachdem, ob von privater oder von öffentlicher Seite investiert wurde.
Nach dem 2. Oktober 1990 gilt das, was ich soeben vorgetragen habe, unabhängig davon, von wem Investitionen getätigt wurden. Es erfolgt also eine Erstattung unter den genannten Bedingungen.
Werden dazu weitere Zusatzfragen gestellt? - Das ist nicht der Fall. Herr Parlamentarischer Staatssekretär, dann bedanke ich mich für die Beantwortung der Fragen.
Wenn unser Kollege Ulli Irmer das wüßte, würde er jetzt sicher die Gelegenheit nutzen. Aber so bleibt sie mir, die neue Kollegin Dr. Sissy Geiger zu begrüßen, die seit wenigen Tagen Mitglied unseres Hauses ist und heute auch noch Geburtstag hat.
({0})
Dann kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen. Die Fragen wird der Herr Parlamentarische Staatssekretär Dr. Joachim Grünewald beantworten.
Herr Kollege Grünewald, die Fragen 13 und 14 sind zurückgezogen worden.
Die Fragen 15 und 16 sollen schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 17, die von der Kollegin Renate Jäger gestellt worden ist, auf:
Vizepräsident Hans Klein
Inwieweit schafft die Bundesregierung die Möglichkeit, daß in den Fällen, in denen die Treuhandanstalt rechtswidrig gehandelt hat ({1}), eine Entschädigung gegen die Treuhandanstalt geltend gemacht werden kann, um nicht durch das Zweite Vermögensrechtsänderungsgesetz die Benachteiligung der Kommunen weiter zu betreiben?
Ich bitte um Beantwortung.
Frau Kollegin Jäger, beim Verkauf von Kapitalgesellschaften, in deren Eigentum sich u. a. auch ehemals kommunales Eigentum befindet, handelt die Treuhandanstalt nicht rechtswidrig. Im übrigen geht nach Auffassung der Bundesregierung ein etwa bestehender Rückerstattungsanspruch der Kommune gegen die Kapitalgesellschaft durch deren Veräußerung nicht unter. Es besteht daher keine Notwendigkeit, einen Entschädigungsanspruch gegen die Treuhandanstalt zu begründen.
Durch den im Rahmen des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes geschaffenen § 7 a Vermögenszuordnungsgesetz ist die Präsidentin der Treuhandanstalt im übrigen ermächtigt worden, im Eigentum von Treuhandunternehmen stehende Grundstücke, Gebäude usw., die überwiegend zur Erfüllung der kommunalen Selbstverwaltungsaufgaben benötigt werden, nach Maßgabe des Art. 21 des Einigungsvertrages auf die Kommunen zu übertragen; insoweit ist durch das Zweite Vermögensrechtsänderungsgesetz eine Besserstellung der Kommunen erfolgt.
Frau Kollegin, eine Zusatzfrage.
Es geht mir um die Fälle, in denen das kommunale Eigentum von der Treuhandanstalt nach § 7 a Vermögenszuordnungsgesetz nicht an die Kommunen zurückgegeben wurde. Inwieweit haben die Kommunen dann ein Anrecht auf Entschädigung oder auf Rückerstattung?
Den Kommunen bleibt im Falle eines Restitutionsanspruchs dieser Anspruch grundsätzlich erhalten. Sie haben also, wenn die Treuhandanstalt über die Kapitalanteile verfügt hat und damit Lasten und Vorteile auf eine neue Gesellschaft übergegangen sind, weiterhin ihren Anspruch gegen die nachfolgende Kapitalgesellschaft und können ihn dann geltend machen.
Herr Kollege Dr. Meyer, Zusatzfrage.
Ist die Antwort, daß die Treuhand nicht rechtswidrig handelt, wenn sie Kapitalgesellschaften oder Anteile daran verkauft, in denen sich ehemals kommunales Eigentum befand, so zu verstehen, daß die Treuhand sehr wohl rechtswidrig handelt, wenn sie unter den gegebenen Voraussetzungen Betriebe verkauft, bei denen es sich nicht um Kapitalgesellschaften handelt?
Nein, diese Schlußfolgerung ist nicht zutreffend, Herr Kollege. Das ist letztlich gleichgültig, weil der Erstattungsanspruch auf den jeweiligen Rechtsnachfolger übergeht.
Werden zu dieser Frage weitere Zusatzfragen gestellt? - Das ist nicht der Fall.
Dann rufe ich die Frage 18, gestellt von der Kollegin Regina Kolbe, auf:
Sind nach Ansicht der Bundesregierung die in der Fragestunde am 23. September 1992 gegenüber dem Abgeordneten Dr. Konrad Elmer auf mehrere Nachfragen durch den Parlamentarischen Staatssekretär Manfred Carstens verweigerten Angaben über allgemeine bzw. gemäß Stufenplan spezielle Nichteinhaltung von Arbeitsplatzzusagen korrekte Auskünfte gemäß tatsächlich vorhandenem bzw. möglichem Kenntnisstand gewesen, wenn man berücksichtigt, daß laut „DIE ZEIT" ({0}) vom 18. September die Präsidentin der Treuhandanstalt, Birgit Breuel, angegeben hat, daß ca. 20 % bis 30 % der Arbeitsplatzzusagen von den Käufern nicht erfüllt werden, und in Rechnung stellt, daß all diese Angaben in und gegenüber der Presse in einem direkten sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem von dem Abgeordneten Dr. Konrad Elmer und anderen Abgeordneten in der schriftlichen Frageform sowie durch Nachfragen während der Fragestunde problematisierten Komplex Arbeitsplatzzusagen gestanden haben, und warum hat sich der Parlamentarische Staatssekretär nicht wenigstens auf diesen offensichtlich bei Treuhand-Angehörigen vorhandenen, ungefähren Kenntnisstand bezogen, statt nur darauf zu verweisen, daß die entsprechenden Erhebungen seitens der Treuhandanstalt noch nicht abgeschlossen sind?
Ich bitte urn Beantwortung, Herr Parlamentarischer Staatssekretär.
Die Antworten des Parlamentarischen Staatssekretärs Manfred Carstens auf die Frage des Abgeordneten Dr. Konrad Elmer in der Fragestunde am 23. September 1992 entsprachen dem damaligen Kenntnisstand von Bundesregierung und Treuhandanstalt. Konkrete und ausreichend belastbare Angaben zur Nichteinhaltung von Arbeitsplatzzusagen waren am 23. September 1992 nicht möglich. Sie können auch heute noch nicht gegeben werden. Eine seriöse Beantwortung ist erst mit Fertigstellung des Berichts der Treuhandanstalt zur „Realisation der vertraglich zugesicherten Investitionen und Arbeitsplätze" Mitte dieses Monats möglich. Der Bundesminister der Finanzen wird das Ergebnis so bald wie möglich dem Unterausschuß Treuhandanstalt vorlegen.
Die von Frau Breuel in der Wochenzeitschrift „Die Zeit" gemachten Aussagen zur Einhaltung der Arbeitsplatzzusagen, auf die Sie sich beziehen, beruhen nicht auf den Ergebnissen einer systematischen Untersuchung, sondern geben die persönliche Einschätzung von Frau Breuel wieder. Inwieweit sich das in den Ergebnissen der Untersuchung durch die Treuhandanstalt bestätigen wird, muß abgewartet werden. Aus jetziger Sicht werden die Aussagen von Frau Breuel nicht bestätigt.
Zusatzfrage, Frau Kolbe.
Frau Breuel hat diese Angaben am 18. September gemacht. Es ist nicht nur Frau Breuel gewesen, die Aussagen dazu gemacht hat, und meines Wissens soll Frau Breuel diese Aussagen auch vor dem Vorstand der CDU/CSU-Fraktion gemacht haben. Weil Sie sagten, die Zahlen würden nicht bestätigt, frage ich Sie: Ist zu hoffen, daß die ArbeitsRegina Kolbe
platzzusagen bei 1,2 Milliarden bleiben, oder müssen wir doch mit weniger rechnen?
Wir sind guter Hoffnung. Die Treuhandanstalt hat - auch in Reaktion auf die Presseberichterstattung - eine lückenlose Kontrolle der 1991 geschlossenen Verträge sowohl mit Sicht auf die vereinbarten Investitionszusagen wie auch auf die vereinbarten Arbeitsplätze vorgenommen.
Das Direktorat „Zentrales Beteiligungscontrolling" hat 3 557 Verträge mit 273 129 Arbeitsplätzen, die für 1991 zugesagt worden waren, geprüft. Nach dem heutigen Stand der Rückmeldungen haben wir von 2 638 Verträgen, in denen rund 218 000 Arbeitsplätze zugesichert waren, das erfreuliche Ergebnis - wohlgemerkt: nur für 1991 -, daß zum Stand 1. Januar 1992 sogar 229 000 Arbeitsplätze vorhanden waren, d. h. 11 000 mehr. Das ist also eine Einhaltungsquote von über 100 %.
Bei diesem Stand sind wir also, auch wenn es nur eine Zwischenmeldung ist, guter Hoffnung, daß wir damit aufwarten können, daß die Arbeitsplatzzusagen, wie in den Verträgen vereinbart - und pönalisiert -, auch eingehalten werden. Ich darf aber nochmals betonen, daß das noch ungesicherte Aussagen sind und daß sich das letztere nur auf das Jahr 1991 bezog. Denn Sie wissen, daß Gegenstand der Vereinbarungen stufenweise Regelungen über mehrere Jahre hinweg sind.
Zweite Zusatzfrage, Frau Kollegin Kolbe.
Zum angekündigten Untersuchungsergebnis: Ist der Zeitraum der bis zum 31. Dezember 1991, oder beziehen sich die Angaben auch schon auf 1992? Denn es ist eine Tatsache, daß sich bei Betrieben, die Anfang 1990 verkauft wurden - die Arbeitsplatzgarantien sind ja meist bloß für ein Jahr erteilt worden -, die Entlassungen zum 31. Dezember noch nicht niederschlagen, sondern erst im Laufe des Jahres 1992 erfolgen.
Nein. Wir haben nach sehr umfänglicher Beratung im Unterausschuß Treuhandanstalt ein umfassendes VertragsControlling sowohl in der Treuhandzentrale als auch in den Treuhandniederlassungen - wer immer die Verträge geschlossen hat - veranlaßt. Das bezieht sich auf alle Verträge und auch auf alle Zeiträume. Wie gesagt, wir hoffen - für die Zentrale haben wir im wesentlichen die Zahl, bei den Niederlassungen noch nicht; das muß auch computergerecht aufgebaut werden -, daß wir den ersten Bericht noch Ende dieses Monats dem Unterausschuß Treuhandanstalt vorlegen können.
Eine Zusatzfrage des Kollegen Dr. Eberhard Brecht.
Eben fiel das historische Wort „für alle Zeit". Darf ich Sie fragen, ob die Bundesregierung schon darüber Vorstellungen hat, wie nach Schließung der Treuhandanstalt das Kontrollieren der Arbeitsplatzzusagen weitergeführt wird.
Wenn das operative Geschäft der Treuhandanstalt nach Aussagen der Präsidentin - und wir hoffen, daß es auch so werden wird - Ende des Jahres 1993, Anfang 1994 abgeschlossen sein wird, werden aus dem Aufgabenbereich der Treuhandanstalt weitere Aufgaben verbleiben. Das ist insbesondere das Vertrags-Controlling, weil sich die Verträge über mehrere Jahre erstrecken, sowohl mit Sicht auf die zugesagten Investitionen - Ist-Stand 130 Milliarden DM - wie auch im Blick auf die mehr als 1,2 Millionen zugesagten Arbeitsplätze.
Weitere Zusatzfrage des Kollegen Dr. Uwe Küster.
Herr Staatssekretär, bezieht sich die weitere Arbeit der Treuhandanstalt nach dem 31. Dezember 1993 nur auf das Controlling oder auch auf weitere Privatisierung und Sanierung?
Ich hatte in der Antwort gerade schon gesagt: Sie wird u. a. das Vertrags-Controlling umfassen. Es werden noch andere Aufgaben verbleiben. Es ist auch nicht zu erwarten, daß die Treuhandanstalt dann alle ihre Betriebe, die sie jetzt noch im Portfolio hat, privatisiert haben wird. Wir denken auch schon jetzt zusammen mit der Treuhandanstalt über nachfolgende Anschlußregelungen nach.
Ich rufe die Frage 19 auf, ebenfalls gestellt von der Kollegin Regina Kolbe:
Wie beurteilt die Bundesregierung dieses Antwortverhalten des Parlamentarischen Staatssekretärs Manfred Carstens vor dem Hintergrund, daß von seiten verschiedener Mitglieder des Deutschen Bundestages wie auch in der Presse in der letzten Zeit mehrfach eine schleichende Aushöhlung des Kontrollinstruments „Fragerecht" durch die Beantwortungspraxis der Bundesregierung beklagt worden ist?
Der Parlamentarische Staatssekretär Manfred Carstens hat die an die Bundesregierung gerichteten Fragen in der Fragestunde am 23. September 1992 nach dem damaligen Stand der der Bundesregierung und der Treuhandanstalt vorliegenden Erkenntnisse beantwortet.
Die Bundesregierung nimmt - das darf ich hier für alle Kollegen mit sagen - das Fragerecht der Mitglieder des Bundestages sehr ernst. Sie beantwortet die an sie gerichteten Fragen stets so umfassend und exakt wie nur eben möglich, hält es aber nicht für vertretbar, mit nicht abgesicherten Zahlen zu argumentieren.
Dazu werden offensichtlich keine Zusatzfragen gestellt. Dann, Herr Parlamentarischer Staatssekretär, bedanke ich mich.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft auf. Zur Beantwortung steht uns der Herr Parlamentarische Staatssekretär Dr. Erich Riedl zur Verfügung.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, die Frage 20 des Kollegen Ludwig Stiegler soll schriftlich beant9290
Vizepräsident Hans Klein
wortet werden. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 21 auf, die der Kollege Dr. Klaus Kübler gestellt hat. - Bitte, Herr Staatssekretär zur Beantwortung.
Sind der Bundesregierung die Konditionen der Urangewinnung und Verarbeitung in den Ländern, aus der die Bundesrepublik Deutschland Uran bezieht, bekannt, und wie bewertet sie die Auswirkung der Urangewinnung und Verarbeitung in diesen Ländern auf Mensch und Umwelt?
Herr Präsident! Herr Abgeordneter Dr. Kübler, der Uranbergbau unterliegt den gesetzlichen Regelungen der entsprechenden Förderländer. Dazu gehört auch der Gesundheitsschutz.
In den für die Bundesrepublik Deutschland wichtigen Förderländern Australien, Kanada, Frankreich, Republik Südafrika, Namibia sind für Uranbergwerke und Uranverarbeitungsbetriebe strenge gesetzliche Regelungen und Schutzstandards für den Gesundheitsschutz, den Umweltschutz und die Anlage von Abraumhalden festgelegt. Sie entsprechen den internationalen Standards. In Kanada, in Australien und in den USA kann im übrigen nur mit Zustimmung der ansässigen Bevölkerung Bergbau auf Uran betrieben werden.
Uranerz enthält radioaktive Folgeprodukte wie Radium und Radon. Natürliche Gammastrahlung von Radium hat auf die Umwelt keine schädlichen Auswirkungen. Ich unterstreiche: natürliche Gammastrahlung. Beim Abbau von Uran freiwerdendes Radon und seine Zerfallsprodukte können durch Bewetterung der Grube, mit dem Erz und mit dem Abraum an die Oberfläche und in die Umgebung der Grube gelangen. Die Konzentrationen liegen jedoch im allgemeinen im Bereich natürlich vorhandener Werte und sind ungefährlich. Für die Arbeiter in den Gruben werden strenge Schutzvorschriften beachtet.
Grundsätzlich ist die Umweltverträglichkeit von Uranerzbergbau und Uranaufbereitung nicht anders als die von anderen großtechnischen Aktivitäten zu bewerten. Die Sicherheitsstandards der zuständigen ausländischen Behörden gewährleisten, daß sich diese Aktivitäten nicht nachhaltig auf Mensch und Umwelt auswirken.
Herr Kollege Kübler.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß sich diese Uranvorkommen insbesondere in den Vereinigten Staaten, aber auch in Kanada und anderen Ländern, überwiegend auf Stammesgebiet - und das ist ja auch der Hintergrund der Frage - indigener Völker befinden? Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß die rechtlichen Verhältnisse zwischen den indigenen Völkern und den jeweiligen Regierungen in Ordnung sind?
Herr Abgeordneter, in der Kürze der Zeit versuche ich einmal, Ihre sehr komplexe und auch von uns sehr beachtete Frage zu beantworten.
Was die Auswirkungen des Bergbaus im Permafrost in Kanada z. B. anbetrifft, so wurden in Permafrostgebieten nach unseren Informationen lediglich Explorationsarbeiten durchgeführt. Eine Lizenz für den Uranbergbau wird von den zuständigen kanadischen Behörden nur dann erteilt, wenn strenge Umweltauflagen eingehalten werden. Das gilt auch für die Permafrostgebiete.
Ein anderer Teil Ihrer Frage betraf die Landrechte der indigenen Bevölkerung. Diese richten sich nach den Rechtsbestimmungen des jeweiligen Landes. Bei der Erteilung von Explorations- und Abbaugenehmigungen werden die entsprechenden Ansprüche berücksichtigt.
Und noch eine Antwort betreffend die Probleme der Uranproduktion in Südafrika: Der größte Teil des in Südafrika geförderten Urans ist ein Nebenprodukt des Goldbergbaus. Meldungen über schwere Unfälle im Goldbergbau sind bekannt. Die Empfehlungen der Internationalen Strahlenschutzkommission werden eingehalten.
Herr Abgeordneter, auch mit Rücksicht auf die Geschäftsordnung habe ich Ihnen, weil es sonst zu lange dauerte, auch noch einen ausführlichen Informationsvermerk mitgebracht. Ich würde mir erlauben, Ihnen diesen im Anschluß an die Beantwortung Ihrer Fragen zu übergeben.
Herr Staatssekretär Dr. Riedl, ich bin Ihnen dafür sehr dankbar und will auch nicht mehr inhaltlich rekurrieren. Ich habe deshalb nur die Frage: Sieht sich die Bundesregierung überhaupt in der Lage, diese Situation ausreichend zu beurteilen, und geht sie deshalb in ihren Aussagen da nicht zu gewagt vor?
({0})
Da haben Sie ein Problem angeschnitten, das so ist, wie Sie es darstellen. Wir können natürlich nicht vor Ort mit riesigen Expertenkommissionen und Meßtrupps aufwarten, wie das an sich notwendig wäre. Herr Abgeordneter Dr. Kübler, dies ist natürlich auch internationale Verpflichtung, der man sich hier stellen muß. Die Bundesregierung tut ihr Möglichstes, aber immer unter den Bedingungen, die eine solch weltweite Initiative und Aktion auch von der Manpower und von den technischen Möglichkeiten her ermöglichen.
Ich darf eines sagen: Die angesprochenen Regierungen sind sehr offen. Sie teilen die Interessen, die wir auch mit anderen Ländern haben, und die internationale Zusammenarbeit funktioniert - ich glaube, man kann sagen - sehr gut.
Weitere Zusatzfragen liegen mir nicht mehr vor.
Damit kommen wir zur Frage 22 der Kollegin Uta Zapf.
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die Internationale Reaktion auf die geplante Teilnahme des Paralmentarischen Staatssekretärs Dr. Erich Riedl an einer Gedenkveranstaltung zum 50. Jahrestag des ersten „erfolgreichen" Testfluges des Vorläufermodells ({0}) der sogenannten V-2-Rakete in Peenemünde am 3. Oktober 1992 vernichtend gewesen ist und daß das Vorhaben des Parlamentarischen
Vizepräsidentin Renate Schmidt
Staatssekretärs Dr. Erich Riedl, an dieser Veranstaltung teilzunehmen, der Bundesrepublik Deutschland erheblichen politischen Schaden zugefügt hat?
Frau Präsidentin, ich habe die Bitte, daß die Fragen 22 und 23 wegen des inhaltlichen Gesamtzusammenhangs gemeinsam beantwortet werden dürfen.
Wenn die Kollegin Zapf damit einverstanden ist?
Wenn mir die übliche Anzahl an Zusatzfragen bleibt, selbstverständlich.
Immer, immer, Frau Kollegin.
Ich rufe die Frage 23 der Kollegin Uta Zapf auf:
Wie bewertet die Bundesregierung die vom Bundesverband der Deutschen Luftfahrt-, Raumfahrt- und Ausrüstungsindustrie e. V. ({0}) geplante - und schließlich abgesagte - Gedenkveranstaltung zum 50. Jahrestag in Peenemünde, und wie wird sich die Bundesregierung zukünftig bei ähnlichen Anlässen bei Anfragen zur Übernahme von Schirmherrschaften durch Regierungsmitglieder verhalten?
Danke schön, Frau Abgeordnete.
Die internationale Reaktion auf diese geplante Veranstaltung hat gezeigt, daß die Erinnerung an die leidvolle Vergangenheit in den betroffenen Ländern doch noch sehr gegenwärtig ist und die wissenschaftliche Leistung deutscher Raumfahrtpioniere bei weitem überlagert.
In Respekt vor dieser - und ich sage es Ihnen ganz offen - auch für mich ganz unerwarteten Reaktion, habe ich die Schirmherrschaft nach Rücksprache mit Kanzleramtsminister Bohl und auf Bitten von Bundesminister Möllemann niedergelegt. Aus den gleichen Gründen hat der Bundesverband der Luft- und Raumfahrtindustrie die Veranstaltung abgesagt.
Die Bundesregierung wird auch in Zukunft bei Ereignissen mit historisch sensitivem Hintergrund zu prüfen haben, ob und in welchem Rahmen eine öffentliche Repräsentanz angemessen und zweckmäßig erscheint.
Was die von Ihnen angesprochene internationale Reaktion auf dieses Vorhaben anbetrifft, so ist zu unterscheiden zwischen der öffentlichen und der veröffentlichten Meinung. Um die - ich darf es noch einmal so sagen - internationale Reaktion objektiv bewerten zu können, bedarf es nicht nur der Zeitungslektüre, sondern sicherlich auch einer besonderen Meinungserforschung, der nicht Vermutungen und Unterstellungen, sondern die objektiven Fakten über die Veranstaltungsplanung zugrunde zu legen wären.
Frau Kollegin, Sie haben jetzt vier Zusatzfragen.
Danke.
Erste Zusatzfrage. Ist es üblich, daß parlamentarische Staatssekretäre nach ihrem Gutdünken Schirmherrschaften für Veranstaltungen übernehmen können, ohne den zuständigen Minister zu informieren?
Wäre es nicht nötig gewesen, über die politische Signalwirkung einer Veranstaltung nachzudenken, die ausgerechnet am zweiten Jahrestag der deutschen Einheit an Hitlers Rüstungsprojekte für Massenvernichtungswaffen für seine Eroberungskriege erinnert?
Frau Abgeordnete, ich habe diese Schirmherrschaft in meiner Verantwortung als Koordinator der Bundesregierung für die Luft- und Raumfahrt übernommen. Ich möchte Ihnen - das fällt eigentlich in den Fragebereich des Kollegen Mosdorf hinein und ich bitte um Nachsicht, wenn sich die Antworten überschneiden - hier folgendes sagen:
Ich bin am 8. Februar 1992 mit dem Ministerpräsidenten von Mecklenburg-Vorpommern und mit dortigen Abgeordneten in Peenemünde gewesen, um mit den politisch Verantwortlichen, mit der Industrie und mit der Wissenschaft ein Gesamtkonzept für dieses Gebiet Peenemünde, das sich aus meiner Sicht als eine riesige Industriebrache darstellt, zu erarbeiten. Wir haben am 8. Februar - und ich habe mir erlaubt, Ihnen Fotokopien mitzubringen, die ich Ihnen dann übergeben werde - unterzeichnet vom Ministerpräsidenten des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Dr. Gomolka, vom Vorsitzenden des Beirats der Deutschen Luftfahrt-, Raumfahrt- und Ausrüstungsindustrie, vom Leiter des Fachausschusses Raumfahrt des BDLI, von den Bundestagsabgeordneten Frau Susanne Jaffke, Ulrich Adam und Dr. Paul Krüger und vom Generaldirektor des Deutschen Museums, Dr. Otto Mayer - im übrigen waren eine ganze Reihe von Kommunalpolitikern, Landespolitikern, Beamten aus den Ministerien dabei - folgende Absichtserklärung verabschiedet, die ich Ihnen hier aus Gründen der Geschäftsordnung nur zu einem Teil vortragen darf:
Bei Ihrem gemeinsamen Besuch am 8. Februar 1992 in Peenemünde haben die Unterzeichneten zusammen mit Vertretern des Landtags von Mecklenburg-Vorpommern und der Treuhandanstalt die Möglichkeiten zur Gründung eines Raumfahrtparks an dieser historischen Stätte erörtert und den weiteren Verfahrensweg abgestimmt.
Dabei konnten sich die Teilnehmer von den Bemühungen der Gemeinde überzeugen, Peenemünde als Wiege der Raumfahrt wieder zur Geltung zu bringen.
In aufopferungsvoller Arbeit hat die Gemeinde den Grundstein für ein historisches Raumfahrtmuseum gelegt. Alle Beteiligten stimmten darin überein, daß dieser historische Standort ideale Voraussetzungen zur erweiterten Nutzung als Raumfahrtpark bietet.
Peenemünde hat die Chance, von der Geburtsstunde der Raumfahrt an den Bogen zu spannen zu einer immer bedeutungsvoller werdenden Nutzung der Raumfahrt, zum Wohle der Menschheit.
Die Teilnehmer äußerten den festen Willen, alle
notwendigen organisatorischen Schritte zur Ver9292
wirklichung des Projektes alsbald in die Wege zu leiten.
Ziel ist es, bis zum 3. Oktober 1992 als dem 50. Jahrestag des ersten erfolgreichen Raketenflugs in den Weltraum der Öffentlichkeit eine konkrete Realisierungsmöglichkeit des Raumfahrtprojektes vorstellen zu können.
Ich bin gebeten worden, dafür die Schirmherrschaft zu übernehmen. Das war die Meinung aller Beteiligten.
Ich darf Ihnen noch, Frau Präsidentin, wenn Sie mir das -
Herr Kollege Riedl, das ist eine sehr ausführliche Beantwortung einer Zusatzfrage.
Das ist ja auch ein sehr kompliziertes Thema. Wenn ich den Kopf dafür hinhalten muß, dann habe ich auch das Recht, mich hier vor dem Deutschen Bundestag zu rechtfertigen.
Herr Kollege Riedl, es war eine kurze Frage, und ich bitte um eine kurze Antwort.
Das Thema ist halt so kompliziert. Ich konnte mir die umfassende Kritik, Frau Präsidentin, auch nicht aussuchen.
Der Ministerpräsident des Landes MecklenburgVorpommern, Herr Seite, hat noch mit Schreiben vom 30. September 1992 an den Generaldirektor der Deutschen Agentur für Raumfahrtangelegenheiten dieses Projekt „Raumfahrtpark Peenemünde" nachdrücklich unterstützt. Ich werde Ihnen diese beiden Schreiben übergeben.
Hierüber wollte und sollte ich die Schirmherrschaft übernehmen. Von einer V-2-Siegesfeier und was hier alles geschrieben und geredet wurde, kann überhaupt nicht die Rede sein.
Herr Staatssekretär, Sie haben in Ihrer letzten Antwort gerade von idealen Voraussetzungen für einen solchen Raumfahrtpark gesprochen, wo man sozusagen die Wiege der Raumfahrt feiern könne. Ist die Bundesregierung in ihrer Gesamtheit der Meinung, daß dieser historische Ort mit seinen doch sehr negativen Implikationen tatsächlich der ideale Standort für eine solche museale Einrichtung ist?
Frau Präsidentin! Frau Abgeordnete! Diesen Punkt haben wir natürlich auch erkannt. Es ist in der Tat die Problematik der Vergangenheit, so wie Sie sie darstellen, und man könnte dies sogar noch erweitern. Genau deshalb wollten wir am 3. Oktober unter besonderer Berücksichtigung der geschichtlichen Entwicklung des Mißbrauchs der Wissenschaft durch die Politik unter Berücksichtigung der Gesamtsituation auch und in erster Linie dieses Problem mit bewältigen und bearbeiten.
Es ist jetzt nicht möglich, die Gedanken, die Projekte und die Überlegungen für diese Vision „Peenemünde 2000" im einzelnen darzustellen, und zwar anknüpfend auch an die Idee, dort eine europäische Universität zu gründen, an der sich Raumfahrttechniker und Raumfahrtwissenschaftler aus aller Welt treffen können. Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, dies war für mich der eigentliche Anlaß - hier fühle ich mich völlig im Recht -, diese Schirmherrschaft zu übernehmen.
Jetzt kommt Ihre dritte Frage.
Wie gedenkt die Bundesregierung, den trotz aller gegenteiligen Darstellungen über die beabsichtigte Art dieser Feier im Ausland entstandenen Ängsten und Irritationen zu begegnen, um den politischen Schaden zu begrenzen?
Frau Abgeordnete, ich weiß nicht, welche Aspekte bei der Öffentlichkeitsarbeit im Ausland hierbei zu berücksichtigen sind. Ich hoffe, daß die Darlegungen vor dem Deutschen Bundestag, die mir durch Ihre Fragen ermöglicht worden sind, in die nationale und internationale Presse ebenso Eingang finden werden, wie es bei der sehr vordergründigen Kritik an diesem Vorhaben der Fall gewesen ist. Ich bin absolut sicher, daß das Forum des Deutschen Bundestages auch von der internationalen Presse entsprechend beachtet wird.
Die letzte Zusatzfrage.
Meine letzte Zusatzfrage geht an die Bundesregierung. Ich frage die Bundesregierung, ob sie bereit ist, den Staatssekretär Riedl zu entlassen.
Frau Abgeordnete, wenn Sie etwas früher in den Plenarsaal gekommen wären, dann hätten Sie gehört, daß Kanzleramtsminister Bohl die Notwendigkeit eines solchen Schrittes verneint hat.
Im übrigen - wenn ich einen Spitzenpolitiker Deutschlands zitieren darf - hat sich der frühere Außenminister Genscher in dieser Frage hinter mich gestellt.
Eine weitere Zusatzfrage zu diesem Komplex, der Kollege Jürgen Koppelin.
Herr Staatssekretär, nachdem mir das Wirtschaftsministerium auf eine Anfrage schriftlich mitgeteilt hat, daß Ihre Äußerungen zum Jäger 90 nicht mit Minister Möllemann abgestimmt waren, und nachdem ich nun in der Presse lese, daß auch Ihre Schirmherrschaft für die Veranstaltung in Peenemünde nicht mit Minister Möllemann abgestimmt war, darf ich Sie einmal fragen, wie Sie sich in wichtigen Fragen mit Ihrem Minister abstimmen.
Herr Abgeordneter, Sie müssen eines erkennen, daß ich nämlich zwei Hüte aufhabe, den Hut des Parlamentarischen
Staatssekretärs in der Vertretung des Bundesministers für Wirtschaft und noch einen weiteren: Ich habe einen selbständigen Auftrag des Bundeskabinetts, nämlich Koordinator für die deutsche Luft- und Raumfahrt zu sein. In der Zusammenarbeit zwischen dem Bundesminister für Wirtschaft und mir gibt es überhaupt keine Probleme. Wir sprechen alles miteinander ab.
In dieser Frage war ich in meiner eigenen Kompetenz als Koordinator gefragt und hatte deshalb überhaupt keinen Grund - ich hätte das auch nicht getan, weil das Verhältnis zwischen dem Minister und mir ein absolut vertrauensvolles ist -, ihm da etwas zu verschweigen. Ich habe dafür überhaupt keinen Grund gesehen. Für mich war diese Schirmherrschaft eine völlige Routineangelegenheit.
Weitere Zusatzfrage, Kollege Koppelin? - Nein.
Dann Kollege Uwe Küster.
Herr Staatssekretär, zurückkommend auf Ihre Rechtfertigung, die durch ihre Fülle und auch im Zwang ein bißchen eigenartig überzeugte, möchte ich Sie fragen, welche Abgeordneten Sie in Mecklenburg-Vorpommern eingeladen haben und welchen Gruppierungen, welchen Parteien diese angehörten.
Herr Abgeordneter, welche Abgeordneten eingeladen waren und wer anwesend war, das teile ich Ihnen gern mit. Es waren sicherlich mehr eingeladen, als gekommen sind. Die genannten Abgeordneten haben diese Absichtserklärung unterschrieben.
Ich bin aber gern bereit, Ihnen die gesamte Liste der zur Besprechung Eingeladenen zu geben. Völlig übereinstimmend war, daß ich von allen Seiten gedrängt worden bin: Mache du diesen Schirmherrn; wir müssen vorankommen. - Ich bitte aber um Nachsicht, ich habe diese Liste nicht. Ich leite sie Ihnen gerne zu, wenn ich sie mir beschaffen kann.
Weitere Zusatzfrage, Herr Kollege? - Nein.
Dann der Kollege Eberhard Brecht.
Herr Staatssekretär, Sie haben vorhin ausgeführt, daß Sie die Schirmherrschaft über die Veranstaltung in Peenemünde auf Grund der Bitten der Vertreter der Bundesregierung niedergelegt haben, dies auch als Folge der innen- und außenpolitischen Reaktionen. Ich darf Sie nun fragen, ob Sie denn in der Retrospektive, wenn Sie frei entscheiden könnten, bei der Abwägung der wissenschaftlichen Leistungen der Männer um Wernher von Braun und dem dunklen geschichtlichen Hintergrund der V2 noch heute zu der Auffassung kämen, daß es gut wäre, eine wolche Schirmherrschaft zu übernehmen.
Herr Abgeordneter, der Einlader war ja der Bundesverband der Luft- und Raumfahrtindustrie. Ich habe die Schirmherrschaft übernommen. Wenn ich diese Entwicklung vorhergesehen hätte - sie war für mich nicht vorhersehbar -, hätte ich im Vorfeld dieser Veranstaltung mit Sicherheit eine andere Art der Öffentlichkeitsarbeit betrieben; von der Industrie ist sie entweder nicht betrieben worden oder nur unzureichend veranlaßt worden.
Zu dem, was ich wollte und was mir abverlangt wurde, stehe ich heute noch.
Weitere Zusatzfrage, Kollege Brecht.
Verstehe ich Sie richtig, daß Sie bedauern, daß Sie die Öffentlichkeitsarbeit nicht richtig betrieben haben, daß Sie aber ansonsten zu der gleichen Handlung und zur Übernahme der gleichen Schirmherrschaft bereit wären?
Herr Abgeordneter, Sie müssen sehr genau differenzieren zwischen dem, was gewollt war, und dem, was dann an öffentlichen Reaktionen kam. Ich habe ja in der Antwort schon gesagt, daß ich auf Grund dieser öffentlichen Reaktionen die Schirmherrschaft niedergelegt habe, um den Mißverständnissen, die sich darum gerankt haben und die man gar nicht mehr ausräumen kann, wenn eine solche Lawine einmal in Gang gekommen ist, nicht weiter Vorschub zu leisten.
Eine weitere Zusatzfrage, der Kollege Horst Kubatschka.
Herr Staatssekretär, Sie haben vor uns vom Wohl der Menschheit gesprochen. Können Sie mir die Beziehung zwischen dem Wohl der Menschheit und der V2-Produktion herstellen?
Das ist die Frage nach dem zivilen Nutzen der Raumfahrt und nicht nach dem Nutzen der V2. Herr Abgeordneter, darum ging es überhaupt nicht!
Ich bin seit 23 Jahren im Deutschen Bundestag. Ich habe es nach 23jähriger Arbeit im Deutschen Bundestag nicht nötig, mich bezüglich einer Veranstaltung zu rechtfertigen, die so angelegt war, wie ich es vorgetragen habe. Wer mir unterstellt, ich wollte eine V2-Siegesfeier machen - Sie nicht, Herr Abgeordneter; ich kenne Sie ja viel zu gut -, dem unterstelle ich Böswilligkeit. Das weise ich mit aller Entschiedenheit zurück.
Nun hat der Kollege Ulrich Böhme eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, nachdem Sie hier die vorbereiteten Erklärungen vorgetragen haben: Darf ich Sie dann wenigstens fragen, ob es nicht möglich wäre, politisch instinktvoller - angesichts der Tatsache, daß wir es mit der europäischen Einigung so schwer haben - mit solchen Themen umzugehen? Hätte man dafür nicht Fachleute, wenn Sie es denn selbst schon nicht bringen?
Ich weiß nicht, was Sie unter einem Fachmann verstehen. Ich habe mich in der Verantwortung des Amtes, das ich habe,
mit gutem Wissen und Gewissen und in völliger Übereinstimmung mit diesen genannten Personen und mit anderen für diese Schirmherrschaft entschieden.
Was Sie, Herr Abgeordneter, mir hier unterstellen, das weise ich noch einmal mit aller Entschiedenheit zurück. Für die Feier, die Sie im Kopf haben, hatte ich nicht die Absicht, die Schirmherrschaft zu übernehmen.
Nun noch eine Zusatzfrage des Kollegen Hinsken.
Herr Staatssekretär, ich habe Ihren Veröffentlichungen in den letzten Tagen entnommen, daß Sie hier gut gemeint die Schirmherrschaft übernommen haben. Sind sie mit mir einer Meinung, wenn ich Festelle, daß man jetzt nach wie vor versucht, Ihnen irgendwie etwas über dieses Peenemünde am Zeug zu flicken, Sie in Mißkredit zu bringen und Ihnen hier, soweit irgendmöglich,
({0})
einen Schaden zuzufügen? Wenn man etwas nicht hören will, wird man es auch nicht hören können und hören wollen.
Herr Abgeordneter, wer so lange in der Politik ist und wer auch in anderen Bereichen schon erhebliche öffentliche Kritiken hinnehmen mußte, der gewöhnt sich auch an eine solche Situation. Ganz entscheidend ist nur, daß man - und dafür bin ich den Fragestellern sehr dankbar -die Möglichkeit bekommt, über dieses Vorhaben zu diskutieren, sich entsprechend zu äußern. Das habe ich hier getan, und dafür bin ich dem Deutschen Bundestag auch sehr dankbar.
Zu diesen beiden Fragen liegen keine weiteren Zusatzfragen vor.
Nun kommen wir zur Frage 24 des Kollegen Siegmar Mosdorf:
Wer hat die Gedächtnisveranstaltung zum ersten Raketenabschuß am 3. Oktober 1992 initiiert?
Frau Präsidentin, jetzt laufe ich Gefahr, daß ich mich wiederhole: Ich darf es aber gleichwohl so vortragen, wie es dem Fragesteller gebührt.
Der Gedanke an eine Gedächtnisveranstaltung entstand anläßlich meines Besuches in Peenemünde am 8. Februar 1992 zusammen mit dem damaligen Ministerpräsidenten von Mecklenburg-Vorpommern, Herrn Dr. Alfred Gomolka.
Außer mir waren die Mitglieder des Deutschen Bundestages - Ulrich Adam, Susanne Jaffke und Dr. Paul Krüger - sowie Abgeordnete des Landtags und Vertreter der Treuhandanstalt in Peenemünde anwesend. Bei ihrem Besuch konnten sich die Teilnehmer von den Bemühungen der Gemeinde überzeugen, Peenemünde als Wiege der Raumfahrt durch ein historisches Raumfahrtmuseum sowie einen Raumfahrtpark wieder zur Geltung zu bringen.
Ich verweise jetzt auf die Erklärung, Herr Abgeordneter, die ich vorgelesen habe.
In diesem Zusammenhang entstand der Gedanke, eine Gedächtnisstunde vorzunehmen. An mich erging die Bitte, hierfür die Schirmherrschaft zu übernehmen. Dem habe ich in meiner Funktion als Koordinator der Bundesregierung für die deutsche Luft- und Raumfahrt in eigener Verantwortung zugestimmt; anderweitige Abstimmungen haben nicht stattgefunden.
Wir müssen Antworten eigentlich - noch dazu, wenn der Herr Abgeordnete Mosdorf anwesend war - nicht unbedingt wiederholen; er hat vorhin, glaube ich, auch zugehört.
Eine Zusatzfrage dazu, Herr Kollege Mosdorf.
Herr Staatssekretär, gehe ich recht in der Annahme, daß am 28. Februar, an diesem Datum, von dem Sie uns nun zweimal berichtet haben,
({0})
- am 8. Februar, Entschuldigung - nicht auf der Tagesordnung stand, daß man diese Veranstaltung auch dazu nutzt, der 20 000 Zwangsarbeiter zu gedenken?
Können Sie mir dann erklären, wieso Sie am Sonntag abend auf die Frage von Ulrich Wickert - warum Sie die Schirmherrschaft übernommen haben, ohne dies zu bedenken - gesagt haben, Sie wollten das gleich mitmachen?
Herr Abgeordneter, das ist eine Unterstellung, die ich ebenfalls zurückweisen muß. Es war ein erheblicher Teil unserer Gespräche, wie wir dieser Gedenkstätte, die sich in keinem guten Zustand befindet, um es einmal sehr zurückhaltend zu sagen, künftig eine entsprechende Gestaltung geben. Das ist doch ganz selbstverständlich, daß einer der vorrangigen und wichtigsten Punkte dieser Gedenkstunde bzw. dieser Veranstaltung gewesen wäre, gerade an diese in die Zehntausende gehenden Opfer und an die Zwangsarbeiter zu denken. Das war doch völlig klar.
Am 3. Oktober stand das aber nicht auf der Tagesordnung, das geben Sie zu?
Nach der Tagesordnung für diese Feierstunde am 3. Oktober hätte ich dort sprechen sollen. Ich wäre - das war ja der Ausgangspunkt der Überlegungen und von mir so konzipiert - an erster Stelle auf diesen Punkt zu sprechen gekommen.
Das war die zweite Zusatzfrage. Jetzt stellt eine weitere Zusatzfrage der Kollege Dr. Eberhard Brecht.
Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie denn die Sabotageakte, von denen Herr Mosdorf gesprochen hat und die von den Zwangsarbeitern durchgeführt worden sind? Waren das Akte, die den triumphalen Beginn der Deutschen Raumfahrt behindert haben, oder war dies der berechtigte WiderDr. Eberhard Brecht
stand gegen eine imperialistische Großmachtpolitik Hitler-Deutschlands?
Der Zusammenhang war sicher so, wie er von Ihnen dargestellt worden ist. Das ist auch in vielen Publikationen zum Ausdruck gebracht worden. Ich glaube, daß auch die Darstellungen der noch Überlebenden aus der damaligen Zeit diesen Zusammenhang sicherlich untermauern und unterstreichen.
Die Kollegin Zapf hat dazu noch eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, habe ich Sie bei der vielfältigen Beantwortung der Fragen richtig verstanden, daß Sie nach wie vor Ihre Kritiker und Kritikerinnen für Hysteriker und Hysterikerinnen halten und daß Sie keinen politischen Schaden angerichtet sehen trotz der Tatsache, daß dies im Ausland durchaus Irritationen gebracht hat, und daß Sie das Ganze nur auf eine verfehlte Öffentlichkeitsarbeit Ihrerseits zurückführen?
Diesen Formulierungskünsten in Ihrer Fragestellung schließe ich mich überhaupt nicht an. Dieses Thema ist viel zu komplex, als daß ich mich einer solchen pauschalen Fragestellung stelle.
({0})
Meine Stellungnahmen, die ich abgegeben habe, sind deutlich und klar. Auf diese beziehe ich mich. Davon nehme ich auch nichts zurück.
({1})
Weitere Zusatzfragen liegen zur Frage 24 nicht vor. Nun kommt die Frage 25 des Kollegen Mosdorf:
Wann hat der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Erich Riedl die Schirmherrschaft übernommen, und mit wem in der Bundesregierung war das abgestimmt?
Entschuldigung, Frau Präsidentin, ich bin davon ausgegangen - wir haben das allerdings nicht formell gemacht -, daß ich beide Fragen gemeinsam beantworte. Ich dachte, das gilt auch für diesen Bereich.
Nun hat der Kollege Mosdorf noch zwei Zusatzfragen.
Es gibt in dieser Frage noch einen Aspekt, Herr Staatssekretär, den Sie noch beantworten sollten, nämlich mit wem das in der Bundesregierung abgestimmt worden ist.
Ich habe das vorgetragen. An mich erging die Bitte, hierfür die Schirmherrschaft zu übernehmen. Der habe ich in meiner Funktion als Koordinator der Bundesregierung für die deutsche Luft- und Raumfahrt zugestimmt. Anderweitige Abstimmungen haben nicht stattgefunden.
Das war dann keine Zusatzfrage, sondern nur die Beantwortung der Frage. Nun kommen zwei Zusatzfragen, Kollege Mosdorf.
Herr Staatssekretär, teilen Sie die Auffassung von Edzard Reuter, der sich von dieser Veranstaltung distanziert hat, daß das ein nicht besonders intelligentes Projekt war, wie er es beschrieben hat? Wie hoch bemessen Sie den Schaden, der für die Raumfahrtindustrie in Deutschland und in der Welt entstanden ist?
Da ich nicht weiß, ob Herr Reuter diese Äußerung wirklich getan hat, will ich sie auch nicht kommentieren.
Können Sie den zweiten Teil beantworten, wie hoch Sie den Schaden bemessen, der für die deutsche Raumfahrtindustrie entstanden ist?
Für mich ist durch diese Angelegenheit allenfalls ein Schaden für die Region Peenemünde entstanden. Das ist das eigentlich Bedauerliche.
Ich wiederhole es noch einmal, weil Sie es akustisch nicht verstanden haben: Für mich ist allenfalls ein Schaden entstanden für die Region Peenemünde, was ich aus vielen Anrufen und vielen Gesprächen in der Zwischenzeit - auch von Kommunalpolitikern - erfahren habe,
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der aus den Diskussionen um dieses Thema zweifelsfrei entstehen mußte.
Die zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sind Sie nach dieser Erfahrung weiterhin der Auffassung, daß es gut ist, daß Sie zwei Hüte aufhaben, und können Sie mir die Frage beantworten, welche Gründe es dafür gibt, daß Sie nicht zurückgetreten sind?
Weil es keine Gründe für den Rücktritt gab, bin ich nicht zurückgetreten. Die beiden Hüte passen mir sehr gut. Im übrigen ist der zweite Hut - Koordinator für die deutsche Luft- und Raumfahrt - vom früheren Bundeskanzler Helmut Schmidt gefertigt worden. Ich habe zwar einen etwas großen Kopf, aber der Hut steht mir sehr gut.
Nun eine Zusatzfrage des Kollegen Dr. Böhme.
Herr Staatssekretär, nachdem Sie hier nun alles abgeblockt haben, darf ich Sie dann wenigstens fragen - Sie haben gesagt, Sie
Dr. Ulrich Böhme ({0})
seien 23 Jahre in diesem Parlament -: Können Sie aus Gründen der Glaubwürdigkeit denn nicht wenigstens sagen, daß Sie einen Fehler, einen großen, schweren Fehler gemacht haben? Geben Sie das doch wenigstens zu!
Herr Abgeordneter, den Gefallen tue ich Ihnen mit Sicherheit nicht.
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Nun noch eine Zusatzfrage des Kollegen Hinsken.
Herr Staatssekretär, sind Sie im Vorfeld - die erste Verabredung war ja praktisch am 8. Februar, wenn ich Sie richtig verstanden habe; diese Veranstaltung hätte am 3. Oktober stattfinden sollen - aus Kreisen der Wirtschaft angesprochen worden, diese Schirmherrschaft nicht zu übernehmen, oder hat man sich jetzt erst im nachhinein gerührt?
Es war so, wie Sie es formuliert haben. Es ist auch eine Erfahrung, die man halt immer wieder macht, daß es nach dem Gang aus der Kirche immer viel Klügere gibt als beim Betreten der Kirche. Herr Abgeordneter, das nehme ich als eine Lebenserfahrung mit. Alle die, die jetzt klug reden, hätte ich gern dabeigehabt, als wir Anfang Februar in Peenemünde diese Besprechung hatten. Sie wären mit Sicherheit bei den Unterzeichnern dieses Memorandums gewesen.
Nun noch eine Zusatzfrage des Kollegen Kubatschka.
Herr Staatssekretär, Sie haben von dem Schaden für die Region und für Peenemünde gesprochen. Wer hat denn nach Ihrer Meinung diesen Schaden verursacht - die Kritiker an Ihnen oder derjenige, der die Schirmherrschaft übernommen hat?
Herr Abgeordneter, ich hatte ja schon gesagt, ich hätte mir gewünscht, die Veranstaltung hätte stattgefunden; dann hätte man sich hinterher über diese Veranstaltung in aller Ruhe unterhalten können. Ich bin absolut sicher, daß dann, wenn die Veranstaltung stattgefunden hätte, für Fragen, die Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen jetzt stellen, überhaupt kein Grund und Anlaß gegeben gewesen wäre.
Nun die letzte Zusatzfrage des Kollegen Küster.
Mir ist nach diesen Antworten nicht klar, aus welchem Grund die Veranstaltung in Peenemünde abgesagt wurde.
War das die Frage? - Herr Abgeordneter, das beantworte ich Ihnen ganz einfach menschlich: Glauben Sie, daß ich mich wegen einer Initiative, die von Anfang an inhaltlich und methodisch notwendig und richtig war, derart durch den Dreck ziehen lasse, wie das hier der
Fall war? Meine Geduld für derartige Strapazen ist auch nur sehr begrenzt.
Das Zurücknehmen der Schirmherrschaft ging in allererster Linie auf mich zurück. Ich habe mich mit Kanzleramtsminister Bohl und mit Minister Möllemann sehr ausführlich darüber unterhalten. Die Grenze der Zumutbarkeit war für mich erreicht; in allererster Linie deshalb habe ich die Schirmherrschaft zurückgegeben.
Und nun die allerletzte Zusatzfrage der Kollegin Jäger.
Ist es an dem - wie Sie es eben sagten -, daß Sie diese Schirmherrschaft aus freien Stücken abgegeben haben, oder hat Sie Herr Möllemann aufgefordert, diese Schirmherrschaft abzugeben, und wenn ja, warum?
Ich habe mit dem Kanzleramtsminister Bohl Gespräche geführt. Ich habe ihn um Rat gefragt, was in dieser Situation zu tun ist. Minister Möllemann hat mir die klare Bitte vorgelegt, angesichts der öffentlichen Diskussionen möge ich doch die Schirmherrschaft zurückgeben. Das habe ich gemacht. Wir haben uns in dieser Frage sehr vertrauensvoll und sehr offen unterhalten. Die beiden Minister sind auch über die Vorgänge, die zu dieser Schirmherrschaft geführt haben, informiert.
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Frau Kollegin Jäger, Sie haben keine weitere Zusatzfrage.
Frau Präsidentin, sollte ich etwas überhört haben, dann sollte Frau Jäger es wiederholen.
Sollten Sie ein akustisches Problem haben, dann klären Sie das bitte miteinander.
Frau Kollegin Jäger!
Die Frage hatte einen zweiten Teil:
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Warum hat Herr Möllemann diese Bitte Ihres Erachtens an Sie gerichtet? Das war der zweite Teil meiner Frage.
Sie haben doch die Gelegenheit, den Minister selber zu fragen. Ich habe Ihnen das eben doch ganz klar und eindeutig erklärt. Wenn Ihnen diese Antwort nicht reicht, rufen Sie ihn doch an.
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- Ich habe die Frage doch beantwortet.
Damit sind wir, Herr Staatssekretär, am Ende Ihres Geschäftsbereichs. Herzlichen Dank.
Damit ist auch die Fragestunde beendet. Die übrigen Fragen dieser Woche werden entsprechend unse-
Vizepräsidentin Renate Schmidt
rer Geschäftsordnung schriftlich beantwortet. *) Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
*) Die Fragen 47, 48 des Abgeordneten Friedhelm Julius Beucher ({0}), 60 des Abgeordneten Dr. Klaus Kübler ({1}) sowie 62 und 63 des Abgeordneten Hans-Joachim Fuchtel ({2}) wurden zurückgezogen.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 8. Oktober 1992, 9.00 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.