Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die Sitzung und teile zunächst mit, daß nach einer interfraktionellen Vereinbarung der Gesetzentwurf zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch nachträglich dem Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung zur Mitberatung überwiesen werden soll. Sind Sie damit einverstanden? - Ich sehe keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 auf:
Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung zur Reise des Bundesministers des Auswärtigen nach Kairo, Damaskus und Amman ({0})
Hierzu liegt ein Entschließungsantrag der Gruppe PDS/Linke Liste auf Drucksache 12/151 vor.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. - Auch dazu sehe ich keinen Widerspruch. Ich darf vielleicht nach der kurzen Vorbemerkung ankündigen, daß die Aussprache kürzer sein wird.
Das Wort hat der Bundesminister des Auswärtigen, Herr Genscher.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen! Meine Herren! Die Welt hält den Atem an, die Hoffnung der Völker, eine Ausdehnung des Krieges am Golf könne doch noch verhindert werden, ist größer geworden. Die Aussprache, die heute auf der Grundlage einer Regierungserklärung vorgesehen war, soll sich auf den Inhalt der Regierungserklärung beschränken, auf eine Stellungnahme zu den Ereignissen der letzten Stunden.
Die Bundesregierung ist sich dabei der Tatsache bewußt, daß diese Erklärung zu einem Zeitpunkt, zu einer Stunde des heutigen Tages abgegeben wird, zu dem die von der sowjetischen Regierung angekündigte Unterrichtung des Weltsicherheitsrats über die Einzelheiten der Gespräche mit dem irakischen Außenminister noch nicht stattgefunden hat. Eine umfassende Bewertung wird erst dann möglich sein.
Schon jetzt steht die Bundesregierung in engem Kontakt mit Verbündeten und Partnern, so wie sie das auch in den letzten Wochen und Monaten gehalten hat.
Die Westeuropäische Union befaßt sich heute in Paris mit der eingetretenen Lage.
Die Bundesregierung wird sich in diesem Zeitpunkt in der öffentlichen Bewertung Zurückhaltung auf erlegen mit dem Ziel, die von Anfang an bewahrte Geschlossenheit und Solidarität der Staatengemeinschaft auch in dieser für Krieg und Frieden entscheidenden Phase zu bewahren.
({0})
Die Bundesregierung begrüßt die intensiven und großen Anstrengungen, die der sowjetische Präsident Gorbatschow unternommen hat, um Saddam Hussein doch noch zum Einlenken zu veranlassen.
Die Befolgung des Planes und des Appells, den der sowjetische Präsident vorgelegt hat, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Die Bundesregierung hofft, daß damit eine friedliche Lösung möglich werden möge.
Aber es sind entscheidende Punkte, die noch der Präzisierung und der Klärung bedürfen. So darf die sofortige Räumung nicht aufgeschoben werden. Ein sofortiger Beginn des Rückzugs und eine baldige Vollendung des Rückzugs sind geboten.
Eine Prämie für die Aggression wird es nicht geben und ein Spielen auf Zeit auch nicht.
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Wenn Saddam Hussein tatsächlich Kuwait bedingungslos räumt, dann wird er damit ganz sicher nicht zum Friedensbringer, sondern er räumt damit nur die Aussichtslosigkeit seiner eigenen persönlichen Lage ein. Seine Schuld wird damit nicht geringer.
({2})
Ganz sicher ist es nicht die Sorge um die Menschen seines eigenen Landes oder gar der anderen vom Golfkrieg Betroffenen, die ihn zu einem Einlenken veranlassen wird. Zu skrupellos und zu zynisch ist er mit den Bürgern seines eigenen Landes umgegangen. Zu bedenkenlos hat er den jahrelangen Krieg gegen den Iran geführt, und zu bedenkenlos hat er am 2. August 1990 Kuwait überfallen. Es wäre zu weiteren Überfällen auf die Staaten der Region gekommen,
wenn ihm nicht die Weltgemeinschaft in den Arm gefallen wäre.
Wenn es zur Durchsetzung der Ziele der Weltgemeinschaft kommt, dann ist das zuallererst der Entschlossenheit und der Festigkeit Präsident Bushs und der von ihm unter dem Dach der Vereinten Nationen zusammengestellten und geführten Koalition zu verdanken.
({3})
Wenn in der letzten Stunde die Einsicht in die Aussichtslosigkeit der eigenen Lage zu einem Eingehen auf die Forderungen des Sicherheitsrates führt, so haben dazu entscheidend die Verantwortung und die Zähigkeit der Bemühungen des sowjetischen Präsidenten Gorbatschow beigetragen.
({4})
Saddam Hussein allein ist es, der von Anfang an am Golf Blutvergießen hätte verhindern können, wenn er ohne Vorbedingungen Kuwait rechtzeitg verlassen hätte. An ihn allein mußten sich die Appelle zum Frieden richten. Das gilt bis zu dieser Stunde.
Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen und mit ihm die große Mehrheit der Mitgliedstaaten beschlossen die Resolutionen, mit denen der Irak aufgefordert wurde, sich bedingungslos aus Kuwait zurückzuziehen, die Souveränität dieses Landes wiederherzustellen und Recht und Frieden in der Region zu sichern.
Die Haltung der Bundesregierung war von Anfang an von dem Ziel bestimmt, dem eindeutigen und unbedingten Willen der Völkergemeinschaft zur Durchsetzung zu verhelfen. Wir stehen auf der Seite des Völkerrechts, auf der Seite der Vereinten Nationen und auf der Seite der Koalition. Ein anderer Platz würde weder den Lehren aus unserer Geschichte noch den Wertvorstellungen unserer Verfassung entsprechen. Wir sind uns dabei bewußt, daß die Soldaten unserer Verbündeten am Golf - allen voran die amerikanischen, die französischen und die englischen Soldaten - die gleichen Uniformen tragen wie diejenigen, die hier in Europa und in Deutschland an unserer Seite stehen, die in den Stunden der großen Bedrohung West-Berlins nicht zögerten, die Luftbrücke nach Berlin zu schaffen, und die mit uns zusammen den Frieden in Europa garantierten, als er durch die sowjetische Intervention in Ungarn und später in der Tschechoslowakei unmittelbar bedroht war.
({5})
Wir würdigen auch den Einsatz der arabischen Streitkräfte im Rahmen der Koalition. Ihre Teilnahme hat es Saddam Hussein schwerergemacht, sich als der Wahrnehmer der Interessen der arabischen Völker darzustellen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, in diesen Stunden sind unsere Gedanken bei den Menschen, die unmittelbar von den Kampfhandlungen betroffen sind: bei den Soldaten, bei den Zivilpersonen, bei Kindern, Frauen und Männern. Wir fühlen in besonderer Weise mit den Familien der Soldaten der
Koalition. Sie alle sind Betroffene und Opfer der Aggression Saddam Husseins. Er wollte nicht nur Kuwait besetzen; er hat bis zur Aussichtslosigkeit den Krieg gegen die Staatengemeinschaft und auch gegen das eigene Volk gewollt.
Wenn sich jetzt eine Chance eröffnet, wenn diese Chance genutzt werden soll, dann wird die Bundesregierung alles in ihren Kräften Stehende tun, daß sie genutzt wird - aus ihrer Verantwortung für den Frieden und in ihrer Solidarität mit Partnern und Verbündeten.
Ich danke Ihnen.
({6})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Vogel.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Nachrichten des gestrigen Abends und der heutigen Nacht haben uns einmal mehr mit einer Situation konfrontiert, die es unangemessen erscheinen läßt, die Debatte so zu führen, als handele es sich um eine der üblichen Auseinandersetzungen zwischen der Regierung und der Opposition. In einem Augenblick, in dem die Frage, ob am Golf die Waffen schweigen oder die Schrecken des Krieges aufs neue eskalieren werden, auf des Messers Schneide steht, verbietet sich alles, was als parlamentarische Routine oder Pflichtübung erscheinen könnte,
({0})
und noch mehr als sonst muß Wichtiges von weniger Wichtigem unterschieden werden.
Nach diesen Maßstäben - und ich stimme dem Bundesaußenminister darin zu - steht jetzt die Frage an erster Stelle, ob die Gorbatschowsche Initiative die Tür zu einem Waffenstillstand geöffnet hat. Zu Recht hat der Generalsekretär der Vereinten Nationen diese Initiative zu Beginn dieser Woche als eine historische Chance bezeichnet; zu Recht ist sie von den EG-Außenministern begrüßt worden. Auch die blockfreien Staaten haben sie unterstützt.
Die gestrige Rede Saddams schien mit ihrem selbstzerstörerischen Fanatismus die Hoffnungen auf einen Erfolg dieser Initiative zu zerstören. Nach dem, was mittlerweile über das Ergebnis des Moskauer Gesprächs bekanntgeworden ist, hat es jetzt im Gegensatz dazu den Anschein, als sei der Irak bereit, Kuwait innerhalb kürzester Frist zu räumen und damit die Kernforderung der Sicherheitsrats-Resolution zu erfüllen. Wir appellieren an alle Verantwortlichen und bitten sie, diese Erklärung sorgfältig zu prüfen und alles nur Mögliche zu tun, damit der Krieg ein Ende findet.
({1})
Dazu werden möglicherweise Verdeutlichungen und Ergänzungen des Moskauer Lösungsvorschlags notwendig sein. So muß sichergestellt werden, daß auch nach einer Lockerung oder einer späteren Aufhebung
des Wirtschaftsembargos keine Rüstungsexporte in den Irak stattfinden.
({2})
Zumindest sollten insoweit die nationalen Maßnahmen fortdauern. Auch können die Resolutionen der Vereinten Nationen sicherlich nicht sofort, sondern erst dann außer Kraft treten, wenn der Aggressor Kuwait vollständig geräumt hat.
({3})
Gefordert sind nunmehr vor allem die Vereinten Nationen und ihr Generalsekretär. Die Frage, ob der Krieg fortgeführt werden soll und ob die Bodenkämpfe beginnen sollen, kann nicht mehr von einzelnen Staaten jeweils für sich, sondern nur von den Vereinten Nationen als der dazu legitimierten Weltorganisation entschieden werden.
({4})
Dabei werden sich die Vereinten Nationen vor Augen halten müssen, daß das Ziel ihrer Maßnahmen und Beschlüsse die Räumung Kuwaits war und ist, nicht aber Vorstellungen, die davon abweichen oder darüber hinausgehen.
({5})
Meine Damen und Herren, ohne unsere Bedeutung und unser Gewicht zu überschätzen - dem sollten wir auch in den Formulierungen Ausdruck geben -, bitte ich mit aller Eindringlichkeit, daß für die Dauer dieser Prüfung keinesfalls mit den Bodenoperationen begonnen werden soll.
({6})
Wir appellieren an die Bundesregierung - nach Ihrer Erklärung, Herr Bundesaußenminister, habe ich den Eindruck, daß Sie diesen Appell aufnehmen -, ihren Einfluß aufzubieten, damit es buchstäblich in letzter Minute zu einer Verständigung kommt; nicht weil wir dem brutalen irakischen Diktator hier in diesem Hause auch nur einen Funken Sympathie entgegenbringen, sondern weil wir wollen, daß all den Leiden und Zerstörungen, die dieser Krieg schon verursacht hat, nicht noch das Sterben einer Unzahl von Soldaten und Zivilisten hinzugefügt wird, die keine Schuld an den Verbrechen Saddams tragen.
({7})
Dabei geht es uns gerade auch um die amerikanischen Soldaten und die anderen Soldaten der multinationalen Streitmacht.
Die Bundesrepublik muß übrigens - so meine ich - auch deswegen ihre Stimme erheben, weil ein Scheitern der Gorbatschowschen Initiative das Verhältnis zwischen den Weltmächten empfindlich belasten und die Rückkehr in die Zeiten der Rivalität und der Konfrontation bedeuten könnte.
({8})
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir Deutschen waren in diesen Tagen und Wochen Gegenstand lebhafter Kritik in nicht wenigen Ländern, darunter vor allem in Israel, aber auch in den Vereinigten Staaten, in Großbritannien und in anderen Staaten. Soweit sich diese Kritik gegen die Beteiligung Deutscher an Rüstungsexporten und insbesondere gegen die Mitwirkung Deutscher an der Produktion von chemischen Waffen und der Entwicklung von Raketen richtet, die Israel in Mitleidenschaft ziehen, ist sie berechtigt. Wir werden an dem, was hier nicht nur einzelne gewissenlose Geschäftemacher, sondern auch diejenigen, die in der Verantwortung die Bedeutung und Tragweite all dessen nicht erkannt haben oder untätig geblieben sind, getan bzw. zugelassen haben - ich wähle diese vorsichtige Formulierung, weil sie dieser Stunde angemessen ist - , noch lange schwer zu tragen haben. Wir können jetzt diesen Schaden nur dadurch mindern, daß alle Fakten unverzüglich auf den Tisch gelegt und die nötigen personellen und sachlichen Konsequenzen gezogen werden.
({9})
Vorschläge liegen auf dem Tisch.
Ich wünschte, es käme hier eine große Koalition zur Wiederherstellung unseres guten deutschen Rufes auf diesem Gebiet zustande. Auf die Beteiligung derer, die dafür verantwortlich sind, daß in der ehemaligen DDR noch bis zur Wende, wie wir jetzt wissen, irakische Soldaten in der Handhabung von Giftgaswaffen ausgebildet wurden, möchten wir allerdings verzichten. Dies gilt auch für die Teilnahme derer, die schamlos genug waren, zu behaupten, Israel habe es sich selbst zuzuschreiben, daß es mit Raketen beschossen wurde.
({10})
Im übrigen aber halte ich das meiste von dem, was da kritisch gegen Deutschland gesagt wurde, für ungerecht. Ich sage das auch von dieser Stelle aus. Ich danke dem Bundespräsidenten, daß er unser Volk gegen diese Kritik in Schutz genommen und dabei auch für die jungen Menschen, die für den Frieden demonstrieren, das richtige und angemessene Wort gefunden hat.
({11})
Ich meine, wir haben uns für unser Grundgesetz nicht zu entschuldigen. Es ist in seinen hier maßgebenden Passagen mit dem Willen, nicht gegen den Willen unserer Freunde zustande gekommen. Wir müssen uns auch dafür nicht entschuldigen, daß wir deutsche Soldaten nicht an den Golf schicken wollen. Dabei können wir uns sogar auf den Rat unserer israelischen Freunde berufen, die sich aus ihren Gründen ebenfalls deutlich gegen den Einsatz deutscher Soldaten in dieser Region ausgesprochen haben.
({12})
Was zum Schutze Israels vor den irakischen Raketen notwendig und möglich war, das haben wir getan, und zwar bald und ohne Parteienstreit, wobei für uns die Durchbrechung eines Grundsatzes, den wir für wichtig halten, ein Beitrag war, zu dessen Leistung wir uns entschlossen haben.
Abgesehen von dem Aspekt, der Israel betrifft, ist - ich sage das mit aller Behutsamkeit - auch der Waffenexport kein deutsches Sonderthema.
({13})
- Ich weiß nicht, was Ihnen in dieser Stunde Anlaß zur Erheiterung bietet. Es macht mir gewisse Schwierigkeiten, das zu verstehen.
Ich füge hinzu: Wir Sozialdemokraten haben uns auch nicht dafür zu entschuldigen, daß wir intensiv und leidenschaftlich um unsere Position gerungen haben. Nichts wäre uns Deutschen - dabei bin ich für maßvolle Stimmen auch in Ihren Reihen durchaus dankbar - unangemessener, als in dieser Frage rasch oder gar zackig forsche oder schneidige Positionen zu beziehen.
({14})
Daß sich Jürgen Habermas und Wolf Biermann einerseits und Günter Grass andererseits mit großem Ernst über die richtige Antwort auf die Herausforderung auseinandersetzen, die ein Mann, der, wie der irakische Diktator, über Massenvernichtungsmittel verfügt und bereit ist, für die Erreichung seiner Ziele alles aufs Spiel zu setzen, für eine friedliche Weltordnung bedeutet, zeigt, wie existentiell die Problematik ist, um die es hier geht.
Im übrigen haben wir unsere Positionen auch außerhalb unserer Grenzen vertreten, z. B. in Israel, aber auch in Washington, wo Herr Kollege Voigt unseren amerikanischen Freunden Rede und Antwort stand.
Was Europa angeht, so ist jetzt wichtig, daß sich die Gemeinschaft schon heute auf eine gemeinsame Politik für die Zeit nach dem Ende des Krieges konzentriert. Folgende Punkte erscheinen uns wesentlich.
Erstens die Stärkung der Kräfte, die den Haß in der Region überwinden, die Wunden des Krieges heilen und die Reichtümer in dieser Region gerechter, nein: endlich gerecht verteilen wollen.
({15})
Zweitens fordern wir die Hilfe dafür, daß ein internationaler Prozeß in Gang kommt, der in etwa dem KSZE-Prozeß entspricht. In diesem Prozeß sollten Gewaltverzicht, ein Verbot nuklearer, chemischer und biologischer Waffen und strikte Rüstungskontrollvereinbarungen angestrebt werden. Dabei warne ich vor westlicher Überheblichkeit gegenüber der arabischen Welt. Wir in Europa haben zu dem Weg der KSZE auch erst nach zwei blutigen europäischen Bürgerkriegen gefunden.
Drittens fordern wir die Anerkennung des Rechts Israels darauf, in sicheren Grenzen zu leben, und die
Verwirklichung der legitimen Rechte des palästinensischen Volkes. Frieden in der Region wird es nicht geben, solange nicht auch anderen Entschließungen der Vereinten Nationen Rechnung getragen wird
({16})
und solange das israelisch-palästinensische Problem von gewissenlosen Diktatoren als politischer Sprengstoff mißbraucht werden kann.
({17})
Viertens. Es ist hoch an der Zeit, daß die Vereinten Nationen das Thema der Rüstungsexporte auf die Tagesordnung setzen und alles tun, um diesem Handel mit dem Tod die Stirn zu bieten.
({18})
Denn das ist die Wahrheit: An den Folgen dieses Handels sterben mehr Menschen als an den Folgen des Drogenhandels. Ich meine, das sollte uns alle, das sollte die Völker der Welt zur Vernunft bringen. Und es sollte sich auch nicht wiederholen, daß für einen Krieg in wenigen Wochen mehr Milliarden zur Verfügung gestellt werden - so wie sich die Situation entwickelt hat, sage ich korrekterweise: zur Verfügung gestellt werden müssen - als in Jahren für die Überwindung von Not, Hunger und Elend.
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Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, zu all dem kann die Bundesregierung einen substantiellen Beitrag leisten. Wir sind bereit, daran mitzuwirken. Wir sollten gemeinsam beweisen, daß das vereinte Deutschland die Sicherung des Friedens für seine vornehmste Aufgabe hält.
Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir zum Schluß noch ein persönliches Wort: Viele Menschen - ich zähle mich zu ihnen - beten in diesen Stunden für den Frieden. In diese Gebete sollte eine Fürbitte für die eingeschlossen werden, auf deren Schultern in dieser Stunde die Last einer geradezu erdrückenden Verantwortung liegt. Dabei denke ich insbesondere an die Verantwortlichen in Washington, in New York und in Moskau. Mögen diese Männer die richtige Entscheidung treffen.
({20})
Das Wort hat der Abgeordnete Herr Lamers.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich teile ganz die Auffassung des Kollegen Vogel, daß dies nicht die Stunde für parteipolitische Polemik ist. Ich entnehme Ihrer Rede auch Ansätze für den Beginn einer andersgearteten Diskussion, als wir sie bislang untereinander und insgesamt in diesem Lande geführt haben. Aber, Herr Kollege Vogel, eins, meine ich, sollte ich Ihnen entgegnen: Niemand, der auch nur die Spur einer VerLamers
antwortung in diesem Lande trägt, hat in den vergangenen Wochen forsche oder gar schneidige Erklärungen abgegeben.
({0})
Die Frage, um die es vielmehr geht und über die wir noch eine lange, ernsthafte Debatte werden führen müssen - hoffentlich, ich wiederhole es, anders als bislang -, ist doch, ob wir, d. h. ob die Bundesrepublik Deutschland, ein Land von ihrer Größe, ihrer Bedeutung, ihrer Lage, in einer solch zentralen Frage wie der von Krieg und Frieden - welche Frage könnte überhaupt zentraler sein - eine grundsätzlich andere Position beziehen können als alle unsere Alliierten und Partner. Ich sage mit Nachdruck: Das können wir nicht!
({1})
Versuchten wir es dennoch, meine Freunde, versuchten wir uns gar durch eine verfassungsrechtliche Institutionalisierung für Zeit und Ewigkeit festzulegen, so wäre dies nichts anderes als ein erneuter Versuch, wieder einen deutschen Sonderweg zu beschreiten. Die Folgen wären ebenso verheerend, wie sie es in der Vergangenheit gewesen sind.
({2})
Ich möchte wirklich die Gelegenheit nutzen, um zu sagen: Die richtige Lehre aus der Geschichte - darum geht es in unserer Diskussion in Wahrheit immer wieder - , und zwar sowohl aus der Geschichte zwischen 1933 und 1945 als auch aus der Geschichte danach und aus der Geschichte der vergangenen vier Wochen, die zwar eine kurze, aber, so glaube ich, eine sehr einschneidende Epoche in unserer Geschichte gewesen sind, muß lauten: Die Berufung auf die Schuld in der Vergangenheit dispensiert nicht von der Verantwortung für den Ernstfall in der Gegenwart.
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Verehrte Kolleginnen und Kollegen, schuldloses Handeln ist nur in der Utopie der erlösten Menschheit möglich, nicht in dieser Gegenwart. All unser Handeln ist immer nur ein Abwägen zwischen der größeren und der kleineren Schuld, die wir auf uns laden.
Nun aber zu der aktuellen Situation, zu den Ereignissen der letzten Wochen:
Erstens. Für die CDU/CSU-Fraktion begrüße und unterstütze ich nachdrücklich die Erklärung, die der Bundesaußenminister soeben zu den Ereignissen der letzten Stunden abgegeben hat.
({4})
Zweitens. Die Zurückhaltung, die er an den Tag gelegt hat, ist angemessen,
({5})
sowohl wegen der Nachrichten- und Informationslage wie auch im Blick auf die unbedingte Notwendigkeit, unsere Stellungnahme mit unseren Alliierten und Partnern und vorab mit den Vereinigten Staaten abzustimmen.
Drittens. Ein Gutes, meine ich, haben die Nachrichten aus der Nacht erkennen lassen: Die Sowjetunion versucht kein doppeltes Spiel zu betreiben. Sie hat sich ernsthaft um den Frieden bemüht. Das für die künftige Weltordnung so Wichtige, nämlich das gute Verhältnis zwischen ihr und den Vereinigten Staaten, das ja noch frisch und verletzbar ist, hat sie dabei nicht aufs Spiel gesetzt. Auch insofern gebührt Präsident Gorbatschow Dank,
({6})
auch wenn dieses Ergebnis noch nicht so ist, daß es vorbehaltlos angenommen werden kann.
Viertens. Ich teile die amerikanischen Bedenken, die auch der Bundesaußenminister hier hat durchblikken lassen, begrüße aber gleichzeitig die Bereitschaft der Vereinigten Staaten, die Vorschläge von Präsident Gorbatschow, also den sowjetischen Plan, eingehend zu prüfen. Dazu sollten wir die Vereinigten Staaten mit Nachdruck ermuntern.
Fünftens. Frieden, schneller Frieden muß mit der größten Ernsthaftigkeit gesucht werden. Aber sein Preis darf nicht die Gefahr eines baldigen neuen Krieges sein. Das, glaube ich, muß unsere grundlegende Bedingung sein.
({7})
Wenn ich die Vereinigten Staaten richtig verstehe, ist genau das ihre Position. Es ist offensichtlich auch die Position der französischen und der britischen Regierung.
Sechstens - auch das hat der Bundesaußenminister gesagt, und ich unterstreiche es nachdrücklich - Die Einsicht Saddam Husseins scheint mir jedenfalls bislang eine vorwiegend taktische, eine herbeigebombte Einsicht zu sein. Aber wie wir es schon oft in der Geschichte erlebt haben, ist der Übergang zwischen Taktik und Strategie fließend. Es wird darauf ankommen, durch eine Kombination von militärischen und politischen Maßnahmen in den nächsten Wochen, nein, in den nächsten Stunden diesen Übergang zu schaffen.
Siebtens. Die Hoffnung auf einen baldigen Frieden ist gewachsen. Wir, die Deutschen, werden alles in unseren Kräften Stehende dafür tun - es wäre gut, wenn wir das in einem breiten Konsens tun könnten - , daß diese Hoffnung bald wirklich begründet und berechtigt ist. Wir können das mit um so größerer Aussicht auf Erfolg tun, als wir fortfahren, unsere Position mit unseren Alliierten in Europa und in den Vereinigten Staaten auf das engste abzustimmen. Dazu möchte ich die Bundesregierung - den Bundeskanzler, den Bundesaußenminister - ermuntern.
Danke schön.
({8})
Das Wort hat der Abgeordnete Herr Dr. Gysi.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit dem 17. Januar 1991 herrscht Krieg in der Golfregion.
({0})
Alle reden über Saddam Hussein, der auf mich aber einen sehr unversehrten Eindruck macht. Kaum jemand redet über die Zivilisten, die toten und verstümmelten Kinder, Frauen und Männer, über die verwundeten und gefallenen Soldaten auf allen Seiten. Kaum jemand spricht über zerstörte Städte und Kulturdenkmäler - Kulturdenkmäler der ganzen Menschheit - und über die ökologische Katastrophe im Golf.
Viele - auch wir - hatten davor gewarnt, daß dieser Krieg schnell eskalieren könne. Tatsächlich fand eine Ausweitung zunächst durch Einbeziehung Saudi-Arabiens und vor allem durch die verbrecherischen Angriffe des Irak gegen Israel statt, durch einen, wie ich meine, unzulässigen und verbrecherischen Versuch, neue Fronten im Nahen Osten aufzutun. Deshalb war meine Stellungnahme von Anfang an völlig klar: Das ist ein Verbrechen, das mit dem Krieg an sich nichts zu tun hatte. Es ist auch völlig unzulässig zu sagen - bei aller auch berechtigten Kritik an der früheren Politik israelischer Regierungen - , daß Israel etwa selbst die Ursachen dafür geschaffen habe. Das war ein Verbrechen des Irak, nicht irgendeines anderen Staates.
({1})
Aber jetzt hat der Irak auf Vorschlag der UdSSR in einem Acht-Punkte-Plan akzeptiert, Kuwait zu räumen, und zwar vollständig und bedingungslos.
({2})
Haben nicht die USA und die anderen Mächte vor Beginn des Krieges erklärt, daß schon eine diesbezügliche Bereitschaftserklärung Husseins genügen würde, um den Krieg zu verhindern? Sie, die USA, haben damals gesagt, wenn Hussein das erkläre, werde der Krieg nicht stattfinden; aber sie haben das natürlich in dem Wissen gesagt, daß es eine solche Erklärung von Hussein nicht geben wird. Doch nun hat er seine Bereitschaft erklärt, und nun kommt nicht etwa die Forderung - auch nicht von der Bundesregierung - , sofort die Waffen ruhen zu lassen, sondern jetzt soll gründlich, d. h. längere Zeit geprüft werden. Von der Regierung der USA werden zeitliche Bedingungen und Bedingungen anderer Art gestellt, die es von vorneherein unwahrscheinlich erscheinen lassen, daß der Irak darauf eingeht, damit dieser Krieg fortgesetzt werden kann.
({3})
Jetzt geht es schon nicht mehr um die Erfüllung der Resolution. Wie der Sprecher Ihrer Fraktion soeben gesagt hat, müsse es darum gehen, daß vom Irak nie wieder ein Angriff ausgehen kann. Das hieße ja, daß er vollständig von Waffen zu befreien ist. Das wiederum würde bedeuten, daß der Krieg bis zur vollständigen Vernichtung des Irak zumindest in militärischer Hinsicht fortgesetzt werden muß. Das alles hat mit der UN-Resolution nichts mehr zu tun, denn Inhalt dieser Resolution war ausschießlich die Räumung und die Befreiung Kuwaits.
So verstehen wir die Eskalation eines Krieges: Auch die Ziele eines Krieges eskalieren mit jedem Tag, den ein solcher Krieg dauert. Das ist auch das Furchtbare und Schrecklicke an diesem Krieg. Deshalb sage ich:
Jede Stunde, jede Minute, die durch die Herbeiführung eines Waffenstillstandes gespart werden kann, ist zu nutzen. Deshalb steht auch in unserem Entschließungsentwurf, daß die Bundesregierung aufgefordert wird, alles zu unterstützen, was einen sofortigen Waffenstillstand - nicht in einer oder zwei oder drei Wochen, sondern einen sofortigen - herbeiführt, um das Leben einer Vielzahl von Menschen zu retten und um auch endlich zu erreichen, daß diese erschreckenden Angriffe auf Israel aufhören.
Hier ist nun viel über Verantwortung gesprochen worden, völlig zu Recht auch über die Verantwortung der Verantwortlichen der DDR. Wir haben hier gestern über die Frage der Waffenexporte diskutiert. Meines Erachtens müßte die Konsequenz aus diesen Ereignissen sein, Waffenexporte generell zu verbieten, nicht nur auf weitere Beschränkungen aus zu sein. Also: nicht einfach ein bißchen neu denken, sondern wirklich umdenken in dieser Frage, damit es ausgeschlossen ist, daß künftig deutsche Waffen irgendwo für Kriege mißbraucht werden können. Das sind wir der Geschichte schuldig, auch angesichts der Fehlleistungen und unvertretbaren Handlungen, die in der DDR, vor allem aber hier in der Bundesrepublik durch diejenigen, die mit dem Krieg und mit Gasfabriken ihre Geschäfte machen, begangen wurden.
Es geht dabei gar nicht in erster Linie um das Ansehen und den Ruf Deutschlands, sondern darum, daß mit diesen Waffen und Mitteln Menschenleben zerstört werden und daß Menschen in diesem Land ziemlich erheblich daran verdient und ihren Profit damit gemacht haben. Diese Leute stehen aber offensichtlich nicht einmal in der Gefahr, diesen Profit zu verlieren. Das aber wäre ja wohl das mindeste, was dabei herauskommen müßte.
Ich füge hinzu: In einer solchen Situation ist es überhaupt nicht gerechtfertigt, die Friedensbewegung, wie es geschehen ist, anzugreifen und zu verleumden. Sie war übrigens zu keinem Zeitpunkt antiamerikanisch,
({4})
es sei denn, Sie erklären, daß die großen Teile der amerikanischen Bevölkerung, die gegen den Golfkrieg sind, ebenfalls antiamerikanisch sind;
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denn so einheitlich, wie Sie es gerne hätten, sind die USA nicht strukturiert.
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Sie wissen, wie knapp die Abstimmungen im Repräsentantenhaus und im Senat in den USA ausgegangen sind. Wollen Sie behaupten, daß die Mitglieder des Repräsentantenhauses und des Senats, die gegen den Krieg gestimmt haben, antiamerikanisch sind? Behaupten Sie das einmal in den USA! Ich glaube, das würden Sie sich nicht erlauben. Mit diesen Amerikanern stimmte die Friedensbewegung überein. Deshalb ist sie nicht antiamerikanisch, sondern hatte dieselbe Auffassung wie viele Amerikaner. Viele Amerikaner hatten diese Auffassung allerdings auch nicht. Wer von vornherein die Angriffe auf Israel schwer verurteilt hat, brauchte sich auch von niemandem nachDr. Gysi
sagen zu lassen, etwa antiisraelische Positionen eingenommen zu haben.
Die Außenpolitik der Bundesregierung in den Fragen des Golfkriegs wird von Tag zu Tag unkenntlicher. Ich weiß nicht, ob Zurückhaltung, die hier gewürdigt worden ist, in einem Krieg angemessen ist. Ich finde, daß nicht Zurückhaltung angemessen ist; ich finde, die Bundesregierung sollte all ihre Möglichkeiten nutzen, um so aktiv wie möglich dafür einzutreten, daß der Waffenstillstand nicht erst morgen, sondern schon heute vereinbart wird.
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Das Wort hat der Abgeordnete Herr Weiß.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Menschen bauen seit Jahrhunderten auf die trügerische Sicherheit der Waffen. In unserem Zeitalter hat die Technologisierung des Krieges zu dem Wahnsinn geführt, daß Rüstungsproduktion zu einem wesentlichen volkswirtschaftlichen Faktor wurde, der unser aller Wohlstand von möglichst vielen und möglichst guten Vernichtungswaffen abhängig macht.
({0})
Unser Rüstungswohlstand hat auch den Golfkrieg erst möglich gemacht. Deutsche Firmen haben gestern den Aggressor Irak beliefert und beliefern heute die potentiellen Aggressoren von morgen. Die Opfer bleiben die gleichen. Es sind nicht die Feldherren und Diktatoren, es sind die Frauen und Kinder in den zerbombten Städten. Es sind die Soldaten, die in den Krieg gepreßt wurden, die belogen und betrogen wurden.
Es gibt keinen gerechten Krieg. Dieser Krieg war vielleicht notwendig, notwendig aber nur in dem einen Sinn, um Not von den überfallenen Menschen in Kuwait, in Israel, in den anderen arabischen Staaten abzuwenden. Aber hat er nicht mehr Not gebracht als beendet?
Nein, es gibt keinen gerechten Krieg. Auch dieser Krieg war ungerecht, weil Unschuldige getötet und verstümmelt, weil Natur und Städte zerstört wurden. Auch dieser Krieg ist brutal, schmutzig, häßlich; auch dieser Krieg ist unmenschlich. Er ist sinnlos, weil die wirklichen Probleme der Region nicht gelöst, sondern bestenfalls verlagert werden.
Es hat sich bestätigt, was wir alle eigentlich wissen sollten, nämlich daß Frieden nur ohne Waffen zu schaffen ist. Auch die bestechende Aussicht, der - ich gebe es zu - auch ich einen Augenblick lang erlegen bin, nämlich die Aussicht, einen Krieg durch sogenannte chirurgische Operationen zu einer Art Zwangsabrüstung zu machen, hat sich trotz aller Perfektion der Waffensysteme nicht realisieren lassen und wird sich nie realisieren lassen.
Das Dilemma bleibt: Wie begegne ich einem Aggressor wie Saddam Hussein, der seine friedlichen Nachbarn überfällt? Wie helfe ich den Überfallenen, sich zu wehren, ohne meine eigenen politischen Ziele auf den Schauplatz zu bringen und ohne die Verbündeten von heute zu potentiellen Gegnern von morgen aufzurüsten?
Richtig war es, Israel, als es von Saddams Raketen überfallen wurde, mit Verteidigungswaffen zu helfen. Aber es war unverantwortlich, zugleich jene arabischen Nachbarn Israels, die diesem Land das Lebensrecht absprechen, hochzurüsten. Ja zu aller humanitären Hilfe für Syrien und Jordanien, aber nicht eine Waffe, nicht ein Gewehr für sie!
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Ziel des UNO-Auftrages war es allein und ausschließlich, Kuwait zu befreien. Dieses Ziel scheint nun greifbar geworden zu sein. Es kann das Leben für Tausende Frauen und Kinder, für Tausende amerikanische und irakische Soldaten bedeuten, es kann Frieden für die Städte und die Natur bringen, wenn nun das abgebrochene Gespräch mit dem Irak wieder aufgenommen würde - mit dem Irak, nicht aber mit dem Verbrecher Saddam Hussein.
Wir Deutschen sollten uns wo immer es möglich ist, dabei einbringen. Wir sollten uns zum Anwalt Israels machen, zum Anwalt des unterjochten kurdischen Volkes. Deutschland, dem die Einheit in Frieden und Freiheit gegeben wurde, hat die Pflicht, Friedensstifter zu sein.
Ich schlage vor, nein, ich bitte Sie, Herr Bundeskanzler, Herr Außenminister, sofort unsere ohnehin nur symbolischen Truppen aus der Türkei zurückzuziehen, alle Waffenexporte in den Nahen Osten einzustellen und als vermittelnde Diener des Friedens tätig zu werden.
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Unseren amerikanischen Verbündeten müssen wir sagen, daß sie allein den Auftrag hatten, die Unabhängigkeit Kuwaits wiederherzustellen. Aber sie haben nicht den Auftrag, abendländische Werte und unser Demokratieverständnis in den Orient zu exportieren.
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Wir sind keine Kreuzritter und keine Missionare. Wir alle haben die Religion und Kultur, die Lebensweise und die Lebenswerte Arabiens zu achten und zu respektieren.
Auch die Hoffnungen der irakischen Opposition, daß durch den Krieg die innere Situation des Irak so verändert werde, daß es dort Frieden gebe, dürfen wir nicht zu unserer Sache machen, so gern wir es auch möchten. Wer sollte diese Hoffnung besser verstehen als wir, die einmal in einer ähnlichen Lage gewesen sind? Aber deswegen wissen wir auch: Diese Arbeit kann nur von den Irakern selbst geleistet werden.
Die irakischen Oppositionellen, die verfolgt, gefoltert und getötet werden, brauchen unsere Solidarität. Sie brauchen menschliche Hilfe. Der endgültige Sieg des Rechts über das Unrecht, die Wiederherstellung der Menschenrechte im Irak, die die irakischen Oppositionellen vom Obersten Rat der Revolution im Irak von uns erhoffen, kann nicht von außen durch Bom468
Weiß ({4})
ben und Panzer gebracht werden; das muß im Inneren wachsen. Auch das ist eine Erfahrung, die wir gemacht haben. Unser Beitrag kann sein, Saddam Hussein für alle Zeit zu ächten und ihm keine persönliche Straffreiheit einzugestehen.
Auch in Kriegszeiten brauchen die Menschen die Vision von einer Welt ohne Krieg. Diese Hoffnung ist das, was die Pazifisten uns allen geben können. Der persönliche Verzicht auf Gewalt ist das Zeichen, das die Mutigsten - Laotse und Christus, Mahatma Gandhi und Carl von Ossietzky - der Welt gegeben haben und bis zur äußersten Konsequenz getragen haben. Dieses Zeichen wird heute von Tausenden bei uns im Land gegeben, und das macht Hoffnung.
In dieser Stunde scheint es eine kleine Chance für den Frieden zu geben, die Chance, einen Frieden ohne Waffen zu schaffen. Die Punkte des sowjetischen Friedensplanes sind bei gutem Willen in Übereinstimmung mit den Absichten der UNO zu bringen. Sie lassen den Irakern zugleich die Möglichkeit, ihr Gesicht zu wahren. Ich bitte Sie, alles zu tun, damit Frieden im Irak wird.
Vielen Dank.
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Das Wort hat der Abgeordnete Herr Irmer.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Freien Demokraten stehen voll hinter der Politik der Bundesregierung, wie sie vom Bundesaußenminister soeben formuliert worden ist. Natürlich gilt es, jede Chance zu nutzen, um dem Blutvergießen ein Ende zu bereiten. Aber es darf an einem kein Zweifel sein: Die Bundesrepublik Deutschland ist in diesem Konflikt nicht neutral. Sie ist nicht Zuschauer. Die Bundesrepublik Deutschland ist Partei in diesem Konflikt.
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Dies kann auch gar nicht anders sein, wenn es notwendig geworden ist, daß sich die zivilisierte Welt unter UNO-Aspekten gegen einen blutigen und hemmungslosen Aggressor zur Wehr zu setzen gezwungen ist.
Herr Gysi, wir wollen hier zwar kein parteipolitisches Geplänkel veranstalten; aber eben dieses haben Sie offensichtlich gründlich mißverstanden. Sie sind nämlich nicht Partei auf seiten der Vereinten Nationen, auf seiten des Rechtes. Sonst hätten Sie nicht sagen können, der Krieg habe am 17. Januar dieses Jahres begonnen. Der Krieg hat am 2. August letzten Jahres begonnen!
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Alles andere war lediglich die bittere, aber leider notwendige Folge.
Wir sollten uns auch davor hüten, Herr Gysi, die Amerikaner jetzt zu bezichtigen, sie hätten die Kriegsziele ausgeweitet. Das Kriegsziel, wie es von den Vereinten Nationen festgelegt und wie es in den
Resolutionen niedergelegt worden ist, ist die vollständige und bedingungslose Räumung Kuwaits.
({2})
An diesem Ziel werden sich alle Vermittlungsvorstöße messen lassen. Es sind doch nicht die Amerikaner gewesen, die die Kriegsziele etwa weiter gesteckt hätten. Saddam Hussein ist derjenige gewesen, der die Kriegsziele durch seinen Angriff auf Israel weiter gesteckt hat.
({3})
Herr Gysi, insofern haben Sie auch hier unrecht. Es stimmt einfach nicht, daß die Angriffe auf Israel nichts mit dem Krieg zu tun hätten. Sie haben nur gezeigt, daß sich die Absichten Husseins von Anfang an nicht auf die Eroberung Kuwaits beschränkt haben, sondern daß die Vernichtung Israels das eigentliche Kriegsziel war. Das hat doch, als es klar wurde, dem Krieg eine völlig neue Dimension gegeben. Deshalb müssen wir uns zurückhalten, unsere amerikanischen Verbündeten dafür zu kritisieren, daß sie jetzt ernsthaft darüber nachdenken, ob man von den von den Vereinten Nationen formulierten Kriegszielen auch nur ein Jota abrücken kann, um zu einem Waffenstillstand, um zu einem Ende der Aggression und des Blutvergießens zu kommen.
({4})
Wir haben hier auch folgendes zu berücksichtigen: Es muß einfach überlegt werden, ob man dem Diktator, dem Aggressor eine neue Chance gibt, Kräfte zu sammeln, erneut aufzurüsten und dann sein eigentliches Kriegsziel anzustreben. Damit ich nicht mißverstanden werde: Ich bin der festen Überzeugung, daß wir alles tun müssen, was in unseren Möglichkeiten steht, um das Gemetzel möglichst bald zu beendigen und um den Landkrieg erst gar nicht zustande kommen zu lassen. Insofern sind wir Präsident Gorbatschow sehr dankbar dafür, daß er die Initiative ergriffen hat. Wir werten dies auch als ein Zeichen der Beständigkeit des Friedenswillens der Sowjetunion. Das gilt nicht nur im Bereich der Ost-West-Beziehungen, sondern hier zeigt sich, daß die Sowjetunion auch bereit ist, weltweit ihre Verantwortung als Weltmacht, die sie ja nach wie vor ist, wahrzunehmen.
Meine Damen und Herren, das baldige Ende des Krieges ist auch deshalb eine so wichtige Aufgabe, weil vom Krieg ja nicht nur diejenigen betroffen sind und unter ihm zu leiden haben, die unmittelbar beteiligt sind, nämlich die Soldaten und ihre Familien, denen unser Mitgefühl sicher ist, was wir in dieser Stunde zum Ausdruck bringen müssen. Es sind nicht nur die unmittelbaren Kriegsopfer, sondern auch die Länder der Dritten Welt, die Ärmsten der Armen, auf die dieser Krieg Auswirkungen hat, deren Konsequenzen wir heute noch gar nicht überblicken. Das sollten wir nicht vergessen. Wir haben immer gesagt: Das vereinigte Deutschland hat auch den Ländern der Dritten Welt gegenüber eine größere Verantwortung. Dieser Krieg wirft die Realisierung vieler Hoffnungen, vieler Möglichkeiten um lange Zeit zurück.
Wenn überhaupt Kritik an der deutschen Außenpolitik geäußert worden ist - Kollege Vogel, ich bedanke mich ausdrücklich für Ihren Beitrag heute vorIrmer
mittag; ich glaube, dies ist die richtige Art, wie wir gemeinsam diese schwierigen Dinge angehen sollten -,
({5})
dann, so meine ich, muß man das zurechtrücken. Diese Kritik kann sich nicht an die Bundesregierung richten, sondern kann sich nur an die Europäer insgesamt richten, die bisher noch nicht in ausreichendem Maße in der Lage gewesen sind, ihre Politik gemeinsam zu betreiben. Wenn wir, wie wir immer betont haben, die Europäische Union wollen, wenn wir eine gemeinsame europäische Außen- und Sicherheitspolitik formulieren und praktizieren wollen, dann haben wohl die Ereignisse in den letzten Wochen und Monaten gezeigt, wie zunehmend wichtig diese Aufgabe geworden ist. Wir allein sind nicht fähig, uns in derartigen Krisen- und Konfliktsituationen angemessen zu bewegen; wir müssen es zusammen mit unseren Partnern tun.
Deshalb ein dringender Appell an alle: Treiben wir die europäische Vereinigung voran, tun wir weitere Schritte in Richtung auf die Politische Union, in Richtung auf eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik dieses Kontinents.
Wir werden darüber in den nächsten Monaten in Ruhe und mit Besonnenheit zu diskutieren haben. In diesem Zusammenhang muß man das unterstreichen, was Herr Kollege Lamers gesagt hat: Die Deutschen können in Zukunft in Europa keine Sonderrolle spielen. Das vereinigte Deutschland hat dieselbe Verantwortung wie unsere Partner in Europa.
({6})
Die Vorstellung von einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik setzt voraus, daß die Deutschen bereit sind, in jeder Hinsicht ihre Verantwortung voll zu übernehmen und ihren Beitrag voll zu leisten.
Ich danke Ihnen.
({7})
Meine Damen und Herren, ich habe bereits gesagt, daß auf Drucksache 12/151 ein Entschließungsantrag der Gruppe PDS/ Linke Liste vorliegt. Inzwischen liegt auf Drucksache 12/155 ein weiterer Entschließungsantrag der Gruppe PDS/Linke Liste vor.
Die CDU/CSU und auch die SPD haben vorgeschlagen, die Entschließungsanträge zur federführenden Beratung an den Auswärtigen Ausschuß und zur Mitberatung an den Innenausschuß und an den Ausschuß für Wirtschaft zu überweisen. Die Gruppe PDS/Linke Liste hat die sofortige Abstimmung über ihre Entschließungsanträge beantragt.
Nach ständiger Praxis ist zunächst über den Antrag auf Ausschußüberweisung abzustimmen. Wer stimmt dem Antrag auf Ausschußüberweisung zu? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Damit ist dem Antrag auf Ausschußüberweisung gegen die Stimmen der PDS/Linke Liste und bei einer Enthaltung zugestimmt.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 12 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Duve, Dr. Penner, Bernrath, Conradi, Dr. Eckardt, Fischer ({0}), Dr. Götte, Hämmerle, Iwersen, Dr. Janzen, Koschnick, Kuhlwein, Dr. Lucyga, Mascher, Müller ({1}), Odendahl, Schmidt ({2}), Schmidt ({3}), Sielaff, Dr. Soell, Dr. Sonntag-Wolgast, Thierse, Toetemeyer, Vergin, Wallow, Wartenberg ({4}), Weiler, Weisskirchen ({5}), Weyel, Wiefelspütz, Dr. Vogel und der Fraktion der SPD
Ostdeutsche Kulturarbeit im Lichte des Grenzvertrages mit Polen
- Drucksache 12/59 Überweisungsvorschlag:
Innenausschuß ({6}) Auswärtiger Ausschuß
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine Stunde vorgesehen. - Dagegen sehe ich keinen Widerspruch.
Das Wort hat der Staatssekretär Herr Lintner.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Antrag der SPD-Fraktion zur ostdeutschen Kulturarbeit im Lichte des Grenzvertrags mit Polen gibt mir Gelegenheit, einige Tatsachen in Erinnerung zu rufen.
Erstens. Die Vertriebenen und Flüchtlinge sowie ihre Verbündeten und Verbände haben einen großen Beitrag zum Aufbau der freiheitlichen und rechtsstaatlichen Bundesrepublik Deutschland geleistet. Wir haben Freiheit, Rechtsstaatlichkeit, Wirtschaftskraft und eine stabile Sozialordnung nur erreichen können, weil sich die Vertriebenen nicht zur Speerspitze antidemokratischer Bewegungen machen ließen. Obwohl es angesichts ihrer damaligen Lage nahegelegen hätte, haben sie Gewalt, Rache und Vergeltung eine deutliche Absage erteilt und aktiv unsere Demokratie und ihre Stabilität mitgestaltet.
Viele Beispiele der Gegenwart zeigen, daß diese Haltung nicht selbstverständlich ist. Wir haben deshalb Anlaß, den Vertriebenen und ihren Repräsentanten ausdrücklich zu danken.
({0})
Zweitens. Diejenigen, die von den Folgen des Krieges und der Teilung Deutschlands am stärksten betroffen waren, haben das Bewußtsein vom ganzen Deutschland in unserem Volk am ausgeprägtesten wachgehalten und weitergetragen. Die Vertriebenen und Flüchtlinge haben das Ziel unserer Politik, die nationale Frage der Deutschen im Rahmen eines friedlichen und freiheitlichen Europas zu lösen, von Anfang an mitgestaltet und mitgetragen. Sie haben dazu einige wichtige und auch kritische Beiträge geleistet. Eine demokratische Gesellschaft muß Kritik vertragen. Das galt damals, und das gilt auch heute.
Drittens. Wir dürfen feststellen, daß die Vertriebenen mit Würde und Besonnenheit reagiert haben, als es notwendig war, die gegenwärtige Ostgrenze des
vereinten Deutschlands im Grenzvertrag mit Polen festzuschreiben. Wir teilen den Schmerz und die Trauer um den Verlust der Heimat, den die Vertriebenen empfinden. Wir verstehen, daß es bei den Vertriebenen kritische Stimmen gibt, die sich mit diesem Verlust nicht abfinden wollen. Wir bitten sie deshalb, nicht in Schmerz und Verbitterung zu verharren, sondern mit uns nach vorne zu blicken.
({1})
Herr Lintner, entschuldigen Sie, daß ich Sie unterbreche.
So können wir die Debatte zum Tagesordnungspunkt 12 nicht führen.
({0})
- Ich bitte auch die Personen auf der Regierungsbank, sich auf ihre Plätze zu begeben.
Das vereinte Deutschland will sein Verhältnis mit der Republik Polen durch einen Vertrag über gute Nachbarschaft und partnerschaftliche Zusammenarbeit umfassend regeln. Die Grenzen sollen uns nicht trennen. Wir wollen Brücken bauen.
Viertens. Bundeskanzler Helmut Kohl hat in seiner Regierungserklärung vom 30. Januar 1991 gesagt:
Wir wollen unsere Heimatvertriebenen in das Werk der Versöhnung einbeziehen. Sie haben ganz entscheidend zum Aufbau unseres freiheitlichen Gemeinwesens beigetragen. Sie haben sich bereits vor 40 Jahren in ihrer Stuttgarter Charta zum Gewaltverzicht bekannt und den Weg zur größeren Einheit Europas gewiesen. Sie verdienen deshalb unseren besonderen Dank und auch unsere Solidarität. Die Bundesregierung wird ihnen und ihren Organisationen ein fairer und verständnisvoller Gesprächspartner bleiben.
Das gilt für die Arbeit dieser Bundesregierung.
Wenn wir aneinander Kritik zu üben haben, dann werden wir das einander sagen. Die Bundesregierung wird aber die Gewährung oder gar die Versagung von Fördermitteln nicht dazu benutzen, um die Pluralität der Meinungen zu beeinträchtigen, solange sich diese Meinungen im Rahmen unserer verfassungsmäßigen Ordnung bewegen.
({0})
Fünftens. Die Aussöhnung zwischen Deutschen und Polen bleibt ohne die Vertriebenen Stückwerk. Ich freue mich, daß dies auch der polnische Außenminister so sieht. Deutsche und Polen müssen nach der schmerzlichen Vergangenheit lernen, wieder unbefangener miteinander umzugehen. Dann wird der Brückenbau auch gelingen.
Sechstens. Es besteht kein Anlaß, im Bereich der ostdeutschen Kulturarbeit Wesentliches zu ändern.
({1})
Die Koalition hat sich entschieden, auf der Grundlage des Aktionsprogramms zur Weiterführung der ostdeutschen Kulturarbeit, dem der Deutsche Bundestag ja zugestimmt hat, Herr Kollege Duve, weiterzuarbeiten und das Programm unter Berücksichtigung der jetzt möglichen Erweiterungen fortzuschreiben. Wir werden das fortgeschriebene Aktionsprogramm, wie es Übung ist, im übrigen dem Deutschen Bundestag zuleiten, damit er Gelegenheit hat, dazu Stellung zu nehmen.
Siebtens. Im Rahmen der ostdeutschen Kulturarbeit werden zahlreiche Einrichtungen von Kultur, Kunst und Wissenschaft, aber auch Organisationen und Verbände gefördert. Die Mittel werden zweckgebunden bewilligt.
({2})
Sie können nicht für andere, dem Förderzweck nicht entsprechende Aktivitäten verwendet werden. Die Verwendung der Mittel wird regelmäßig überprüft.
Der Antrag der SPD-Bundestagsfraktion ist daher überflüssig. Seiner bedarf es nicht.
Danke schön.
({3})
Das Wort hat der Abgeordnete Herr Duve.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich muß mich entschuldigen, weil der Zug aus Brüssel so ankam, daß ich hier eine oder zwei Minuten zu spät gekommen bin.
({0})
- Nehmen Sie eine Entschuldigung doch ohne Spott entgegen. Ich weiß, daß Sie es können.
Herr Staatssekretär, ich glaube, Ihre Rede hat gezeigt, daß sich die Bundesregierung der Tragweite und des Ernstes der entstandenen Situation nicht bewußt ist. Sie sagen, das Aktionsprogramm für das, was wir ostdeutsche Kulturpolitik genannt hatten, ein Programm, über das wir im Grunde schon vor Gorbatschow diskutiert hatten, könne unverändert weitergeführt werden. Daraus spricht derselbe Geist, aus dem heraus Sie bereit zu sein scheinen, die Mittel für den Bund der Mitteldeutschen weiter zu gewähren.
Wie Sie wissen, gibt es eine heillose Empörung vieler Menschen, daß jetzt, wo die Wiedervereinigung erreicht ist, immer noch Kollegen darauf drängen, daß 1 Million DM für den neuen Klub der Mitteldeutschen zu Verfügung gestellt wird, den der ehemalige Präsident gegründet hat. Der Mitteldeutsche Kulturrat hatte im vorigen Jahr mehr Geld als der Gesamtdeutsche Kulturrat zur Verfügung.
Ich will nur sagen: Es müssen hier ein anderer Geist und eine andere Diskussion entstehen. Darum haben wir diesen Antrag gestellt.
({1})
Wir möchten die Bundesregierung zwingen - das ist
ja auch unsere Aufgabe als Opposition - , gegenüber
der Republik Polen Klarheit zu schaffen: Wer macht in Polen die Kulturpolitik der Deutschen? Macht es das Innenministerium oder macht es das Auswärtige Amt im Rahmen der auswärtigen Kulturpolitik? Natürlich muß es auch darum gehen, daß die Menschen deutscher Herkunft dort in der für sie auch neuen Situation - das muß man sehen - Möglichkeiten haben, sich zu artikulieren, teilzuhaben am kulturellen Leben. Darüber gibt es überhaupt keinen Streit.
Herr Abgeordneter Duve, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Werner?
Bitte schön.
Lieber Kollege Duve, wenn Sie so argumentieren: Ist Ihnen eigentlich nicht bekannt, daß, beginnend mit dem Wiener Schlußdokument vom Januar 1989, einem KSZE-Dokument - und jüngst noch einmal bestätigt durch eine Empfehlung der Delegiertenversammlung des Europarates - , ganz eindeutig festgestellt wurde, daß die sogenannten Minderheiten nicht nur von den jeweiligen Staaten gefördert werden dürfen, sondern auch jederzeit Kontakt mit den Völkern außerhalb der staatlichen Grenzen haben dürfen? Ich sage dies jetzt nicht im Hinblick auf „mitteldeutsch" , sondern auf das, was Sie in punkto Polen angesprochen haben; denn ich möchte verhindern, daß wir in eine Schräglage kommen und so tun, als dürften wir unsere Landsleute in Polen jetzt nicht mehr unterstützen.
({0})
Das hat überhaupt niemand gesagt. Ich habe Ihre Frage nicht ganz verstanden.
({0})
Daß es das zentrale Problem Ost- und Südosteuropas sein wird, ob und wie diese Behandlung kultureller Minderheiten zu einem friedlichen Europa führt, ist doch klar. Darum ist doch auch die Frage, wie wir das jetzt behandeln, ein Beispiel für ganz Osteuropa, möglicherweise auch für Republiken, die der Sowjetunion angehören.
Sie wissen, daß es bei der Kulturkonferenz, die Sie angesprochen haben, der Vorläuferkonferenz in Budapest, nicht zu einem Schlußdokument gekommen ist, weil Rumänien und Ungarn unfähig waren, etwas zu unterzeichnen, was die Minderheitenfrage nicht in ihrem Interesse geregelt hätte.
Das heißt, ganz Europa guckt auch darauf, wie die Deutschen und die Polen mit dieser Frage umgehen.
({1})
Dies ist ein Beispiel. Dies ist der Lackmustest dafür, wie zwei große Völker nach dem Krieg und nach dieser Periode des Hasses zwischen beiden damit umgehen und wie Versöhnung entstehen kann.
Darum möchte ich doch noch einige Dinge dazu sagen, warum wir den Antrag gestellt haben. Herr Dr. Dregger hat hier auf eine Zwischenfrage von mir am 15. November 1990 gesagt: „Auf der Grundlage
dieser Verträge müssen wir Freundschaft schließen. " Dann hat sich der Präsident der Organisation, über die wir reden, gemeldet und gesagt: Ich akzeptiere diese Verträge nicht, ich akzeptiere diese Grenze nicht. Das heißt, das Innenministerium finanziert einen Verband, dessen gewählte Sprecher immer wieder, auch in ihren Publikationen, sagen: Diese Grenze kann nicht akzeptiert werden.
({2})
Um diese grundsätzliche Frage geht es.
({3})
Die Bundesregierung ist hier in der Verantwortung:
({4})
Will sie Freundschaft oder will sie aus zwei Kassen zahlen, so daß die Polen annehmen müßten, als werde mit zwei Zungen gesprochen?
({5})
Wer aus zwei Kassen zahlt, spricht mit zwei Zungen.
Wir werden nicht aufhören, Sie in dieser Frage immer wieder zu stellen; denn nur so können wir auch in einen kulturellen und kultivierten Dialog mit den polnischen Staatsbürgern deutscher Herkunft kommen und eine Minderheitenpolitik, die friedensträchtig ist, fördern.
Es geht doch nicht an, daß mich Polen fragen: Wie kommt es, daß der Verbandsgeneralsekretär, der jetzt auch Mitglied einer Regierungsfraktion ist, jedem Vorstandsmitglied der deutschen Vereine in Polen 200 DM pro Monat zahlt? Ich weise das zurück und sage: Das können Sie gar nicht beweisen, das ist ein Gerücht. Die Polen sagen: Wir werden Ihnen das beweisen.
({6})
- Sie wissen genau, woher die Mittel dieses Verbandes kommen. In dem Moment, wo ein solcher Verband, der die Grenze nicht anzuerkennen bereit ist, jedem deutschen Verbandsfunktionär in Polen 200 DM pro Monat zahlen würde, wäre das ein Monatsgehalt. Das wäre die Subvention einer Kulturpolitik, die gegen die Grenze gerichtet ist. Anders kann ich das nicht verstehen.
({7})
Wir können nicht Freundschaft bekommen, wir können nicht den Zustand zwischen Deutschland und Frankreich, zwischen den dort lebenden Menschen herstellen, die sich der deutschen Kultur verbunden fühlen - wie im Elsaß - , wenn wir eine solche Politik fortführen.
({8})
Herr Abgeordneter Duve, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Abgeordneten Herrn Koschyk?
Bitte schön.
Herr Abgeordneter Duve, haben Sie schon einmal den Versuch unternommen, nachdem Sie von polnischen Gesprächspartnern solche Informationen erhalten haben, mit dem Verband, über den Sie jetzt sprechen, und mit seinen Repräsentanten über solche Vorwürfe zu reden, um diesen gewählten Sprechern eines großen Verbandes Gelegenheit zu geben, solche Gerüchte auszuräumen?
Wenn Sie nach mir reden mögen und dieses Gerücht ein für allemal ausräumen wollen, wäre ich Ihnen sehr dankbar. Es wird dem Ansehen der Deutschen sehr helfen.
({0})
- Danke schön.
Wir möchten also die Bundesregierung bitten, daß sie genau überprüft, welche aus Bundesmitteln finanzierten Zeitschriften - in diesem Fall auch welchen Inhalts - über die Grenze gehen und welche Kulturpolitik der Deutschen dort in den Dörfern und Städten durch den Bund gefördert werden. Dies muß möglich sein, und es muß auch möglich sein, daß wir das Aktionsprogramm „Ostdeutsche Kulturpolitik" einer gründlichen Überprüfung unterziehen.
Ich will auch sagen, warum. Es geht dabei nicht nur um unsere Gefühle und Empfindungen. Es geht auch darum, daß sich natürlich auch in Polen jahrzehntelang Deutschfeindlichkeit unter dem Stalinismus und Nachstalinismus entwickelt hatte, die jetzt wirklich keine Nahrung mehr bekommen darf.
Ich will eine polnische Wissenschaftlerin zitieren, Leiterin des polnischen Westinstituts in Posen, die in einem bemerkenswerten Artikel daran erinnert hat, wie verklemmt und verbohrt diese Beziehungen über 40 Jahre zwischen Polen und Deutschen waren. Sie waren im eiskalten Keller des Kalten Krieges; denn nicht nur bei uns gab es solche negativen Gefühle, sondern auch in Polen.
({1})
Ich zitiere:
Die Menschen, die in den polnischen Westgebieten leben, sind von der Warschauer stalinistischen und poststalinistischen Regierung immer wieder instrumentalisiert worden.
Die Wissenschaftlerin geht sehr kritisch mit der Warschauer Politik im Kalten Krieg ins Gericht. Wieder Zitat:
Zu schwerwiegenden Fehlgriffen gegenüber der angestammten Bevölkerung Schlesiens, Ermlands und Masurens hat diese Politik in Polen geführt.
Das Verschweigen
- so fährt sie fort der zivilisatorischen und kulturellen Leistungen der Deutschen in den west- und nordpolnischen Gebieten, die jahrelang sich hinziehenden Streitereien über die Schreibung von Ortsnamen waren Ausdruck von Hinterweltlertum und Provinzialismus.
Das haben wir auf beiden Seiten erlebt, Provinzialismus und Hinterweltlertum, auch mit dem Schreiben von Namen.
Dieses sagt Anna Wolff-Poweska, die den Lehrstuhl für deutsche Literatur in Posen hat. Ich denke, man sollte das auch anerkennen. Nur kann das auch in Polen nur überwunden werden, wenn sich die Bundesregierung nicht dem Verdacht aussetzt, „ doppelkassig " und doppelzüngig zu sein.
({2})
- Es geht darum, daß dieser Verband seine Position zum Grenzvertrag revidiert.
({3})
- Das müssen Sie mir nicht vorwerfen. Es geht nicht um die abweichende Ansicht. Es geht um das, was die Polen aus der Finanzierung durch die Bundesregierung jetzt in diesem Freundschaftsprozeß machen können und was sie nicht machen können.
Das ist den meisten Ihrer Kollegen auch klar. Ich weiß das aus Gesprächen. Es ist auch für die Union eine schwierige Lage entstanden - das sehe ich ein - , und darüber soll man auch nicht einfach hinweggehen. Wir wollen Ihnen ja auch gerne helfen. Es geht aber nicht, daß ein Verband in dieser Weise einen wichtigen Vertrag, der seine eigene Geschichte betrifft, im Grundsatz ablehnt und sagt: Wir sind diejenigen, die dort die Kulturpolitik machen.
Herr Abgeordneter Duve, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Abgeordneten Sauer ({0})?
Ich freue mich über das Interesse meiner Kollegen an dem Dialog mit mir.
Bitte schön, Herr Sauer.
Herr Kollege Duve, wann können wir damit rechnen, daß bei dem Interesse, das Sie an den Tag legen, wir von Ihnen einen Antrag über die Überprüfung der Gelder bekommen, die seit Jahrzehnten auf offiziellem Wege von Warschau hier den polnischen Verbänden gegeben werden, nämlich der Szgoda, der Polonia und auch der Deutsch-Polnischen Gesellschaft?
Ich danke Ihnen sehr für diesen Hinweis. Ich wäre ja manchmal gern Mitglied einer Oppositionspartei im Sejm. Ich kann kein Polnisch, und ich bin auch kein polnischer Bürger. Aber es ist meine Aufgabe, die Bundesregierung und ihre Aktivitäten zu kontrollieren. Es ist aber nicht meine Aufgabe, die polnische Regierung zu kontrollieren.
Sie müßten diese Frage bitte an Freunde im polnischen Parlament stellen; denn die kontrollieren die polnische Regierung und können sie auch kritisieren.
({0})
- Das ist eine Sache der polnischen Regierung.
({1})
Ich möchte eine Schlußbemerkung machen. Herr Bötsch hat sich zu dem laufenden zweiten Vertrag geäußert. Er hat eine Reihe von Forderungen aufgestellt. Die erste Forderung ist, daß die CSU beteiligt wird. Nun weiß ich nicht, in welcher Form die Bundesregierung die CSU beteiligt. Das ist ihre Sache.
Aber Herr Bötsch hat Forderungen im Hinblick auf die vertragliche Sicherung von Minderheitenrechten aufgestellt - ich habe das im „Handelsblatt" gelesen - , die weit über das hinausgehen, was wir als Grundhaltung sowohl bei der Kulturkonferenz in Wien als auch im Europarat bisher haben.
({2})
Ich bitte, auch das noch einmal sehr genau zu überprüfen.
Mir liegt der Entwurf dieses zweiten Vertragswerkes vor. Ich sehe, daß in Art. 15 das Wort Minderheit steht. Sonst steht da nichts mehr. Das heißt, das ist der Gegenstand, über den jetzt zwischen den beiden Regierungen gestritten wird. Das ist auch der Grund, warum wir darüber hier diskutieren.
Wir möchten gerne der Bundesregierung helfen, daß es zu einem guten, großen Vertrag kommt und daß die Menschen deutscher Kultur und deutscher Herkunft in Polen, die polnische Staatsbürger sind, mit dem neu entstandenen Zustand in Frieden leben können.
({3})
- Ich bin am Schluß meiner Rede. Sie können sich ja später noch einmal melden und etwas sagen.
Dabei möchten wir helfen. Es ist eine der ganz, ganz großen Aufgaben der Deutschen und der Polen, zweier großer europäischer Völker - ich wiederhole das -, jetzt in dieser Frage keine Fehler zu machen.
Wir möchten vermeiden und auch verhindern, daß jetzt weit wirkende Fehler gemacht werden.
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit und das Interesse, das durch Zwischenfragen gezeigt wurde.
({4})
Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Professor Wisniewski.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Duve, zuletzt haben Sie Ziele formuliert, die meines Erachtens in den vielfachen Verlautbarungen des Bundes der Vertriebenen genauso zu finden sind. Man will Brückenfunktionen herstellen. Ich finde es unerträglich, wenn hier sozusagen die freie Meinungsäußerung gekappt werden soll.
({0})
Die SPD-Bundestagsfraktion fordert in ihrem Antrag „Ostdeutsche Kulturarbeit im Lichte des Grenzvertrages mit Polen", die Aktivitäten des Bundesverbandes der Vertriebenen im Ausland einer gründlichen Prüfung zu unterziehen. Das ist sicherlich richtig und angebracht im Zusammenhang mit der Neuordnung des Verhältnisses der Bundesrepublik Deutschland zur Republik Polen, wozu der Abschluß des Grenzvertrages gehört, d. h. die ostdeutsche Kulturarbeit ist zu überdenken und im Sinne einer grenzüberschreitenden Kulturarbeit erneut zu definieren. Aber das darf nicht nach den alten nationalstaatlichen Denkmustern geschehen, wie sie im SPD-Antrag anklingen. Im Zeitalter des Werdens der europäischen Einheit kann Kulturförderung eines Volkes und eines Staates nicht von Grenzziehungen abhängig sein.
({1})
In der Europäischen Gemeinschaft und weltweit ist die Frage der Rechte von Minderheiten und Volksgruppen zu einem zentralen Thema geworden. Zu dessen Diskussion und gedanklicher und politischer Bewältigung sollte gerade auch das deutsche Volk in seiner durch die Vertreibung nach 1945 bedingten besonderen Situation aufgerufen sein.
Das immer enger werdende Zusammenwachsen Europas und die Einbeziehung der Staaten Mittel-und Osteuropas in diesen Prozeß machen es erforderlich, auch die Probleme der zahlreich vorhandenen Volksgruppen in den verschiedenen anderen europäischen Ländern zu lösen, vor allem auch in den westeuropäischen Ländern. Deshalb ist das gegenwärtige Bemühen, eine Charta der Volksgruppenrechte im Europäischen Parlament zu erarbeiten und zu verabschieden, sehr zu begrüßen. In diesen größeren Zusammenhang gehört auch das hier aufgeworfene Problem.
Es wäre verantwortungslos, die Pflege der jahrhundertealten deutschen Kultur in den spezifischen Ausprägungen, die sie in den früheren deutschen Ostprovinzen und in den Siedlungsgebieten im östlichen Europa erfahren hat, nicht intensiv und mit allen dafür geeigneten Instrumenten forzuführen und weiterzuentwickeln. Regionale Traditionen und Eigenheiten begreifen wir heute überall in der Welt als Bereicherungen. Warum sollte das für deutsche Volksgruppen und Minderheiten nicht gelten?
({2})
Auf beides - auf die Bewahrung des kulturellen Erbes, aber auch auf die vermittelnde Weitergestaltung für die Zukunft - muß ostdeutsche Kulturarbeit heute gerichtet sein. Sie ist nicht nur ein Angebot an die in ihrer Heimat verbliebenen Deutschen bzw. Deutschstämmigen, ihre Kultur und die Kultur ihrer Vorfahren weiter zu pflegen, sondern sie ist zugleich auch ein Angebot an die dort lebenden Polen, sich mit der deutschen Kultur und Kulturgeschichte und ihrer neuen Heimat auseinanderzusetzen.
Dieses Angebot nicht der Vermittlung der allgemeinen deutschen Kultur - und deren Pflege im Ausland kümmert sich in der Tat das Auswärtige Amt - , sondern die Pflege der spezifischen Ausprägung und Überlieferung der ebenso reichen wie in weiten Kreisen zumeist unbekannten regional gebundenen deutschen Kultur im östlichen Europa muß erhalten bleiben. Dafür gilt es die Einrichtungen bereitzuhalten, die sich seit vielen Jahren damit befassen. Sie sollen - wie gesagt - nicht nur Ansprechpartner der Deutschen sein, sondern ebenso der Polen.
Um einen kurzen Einblick in das zu geben, was zur Zeit vom Bundesinnenministerium gefördert wird, lese ich rasch einmal aus dem Programm für Deutsche in Polen 1991 vor. Dort steht: Fortführung des Programms des Bundes der Vertriebenen; 100 weitere Begegnungsstätten sollen ausgebaut bzw. errichtet werden; die deutschen katholischen Gemeinden sollen gestärkt werden; das kirchlich-karitative Programm im Bistum Allenstein soll fortgeführt werden. Weiter werden Hilfen für die in der Diaspora lebenden etwa 10 000 Pommern im Sozialwerk der Pommerschen Landsmannschaft genannt, ebenso das Programm medizinischer Hilfen über den deutschen Caritas-Verband und Hilfen für die protestantischen Diaspora-Kirchen. Was wirtschaftsbezogene Hilfen und Mittlerorganisationen usw. betrifft, wird noch zu prüfen sein.
Dieses Angebot wird durch den großen Einsatz der Vertriebenenorganisationen ständig unterstützt, die wir voll anerkennen. Dieser Einsatz währt bereits seit vielen Jahrzehnten. Er wurde auch schon in einer Zeit geleistet, als offizielle Hilfe durch die Regierung noch gar nicht möglich war. Es sind vor allem soziale Hilfen, und es sind auf der anderen Seite Möglichkeiten der Begegnung und der kulturellen Verbindung, die ständig erhalten bleiben sollen.
Wichtig ist, daß jetzt - vor allem auch seit der Öffnung des Eisernen Vorhangs - zunehmend wissenschaftliche Kontakte geknüpft werden; für deren Aufbau und Ausbau sind die Vertriebenenorganisationen schlechthin unverzichtbar. Wer je die Freude erlebt hat, die Deutsche aus dem östlichen Europa oder z. B. auch aus Israel empfinden - ich sehe hierin auch eine große Aufgabe der geistigen Wiedergutmachung -, wenn sie aus ihrer teilweisen kulturellen Isolation heraustreten und dann etwa an einem wissenschaftlichen Symposion teilnehmen können, der wird sicherlich mit allen Kräften dazu beizutragen versuchen, daß ostdeutsche Kulturarbeit nicht nur erhalten bleibt, sondern verstärkt wird. Dies ist meines Erachtens eine historische Aufgabe, die uns zum gegenwärtigen Zeitpunkt erwächst.
Noch einmal sei gesagt: Gerade die vielfachen familiären und emotionalen Bindungen, die sich bei denen finden lassen, die zum Bund der Vertriebenen gehören oder die als Heimatvertriebene leben, ergeben besonders wirksame Antriebskräfte für Initiativen dieser Art. Die Vertriebenen hier und die Deutschen in ihren Heimatgebieten in Polen können, sollen und wollen gemeinsam mit den Polen zur Brücke für ein größeres Europa werden.
Meine Damen und Herren, in seinem umfassenden Antrag „Grundsätze und Ziele der staatlichen Kulturpolitik" hat der Deutsche Bundestag am Ende der 11. Legislaturperiode betont, daß es infolge der Veränderungen in Ost- und Mitteleuropa möglich geworden ist, in der ostdeutschen Kulturarbeit neue oder zusätzliche Akzente zu setzen. Sie sollen zur Verständigung und Zusammenarbeit unter den europäischen Völkern beitragen.
Dieses Vorhaben sollte jetzt in Angriff genommen werden. In einer Fortschreibung und Erweiterung des Aktionsprogramms zur Weiterführung der ostdeutschen Kulturarbeit sollte die Bundesregierung konkret darstellen, welche Maßnahmen in diesem Rahmen ergriffen werden können, damit der deutsche Beitrag zur menschlichen Kultur im Bereich des östlichen Europas bewußt bleibt oder vielleicht auch besser bewußt gemacht wird und insofern fortlebt und fortwirkt.
Deshalb sollte die Bundesregierung fortfahren, auch über die ostdeutsche Kulturarbeit der Vertriebenenverbände das Bemühen um Verstehen und Verständigung zwischen deutschen Heimatvertriebenen bzw. in der Heimat Verbliebenen und der polnischen Bevölkerung zu unterstützen. Man darf die Vertriebenen und ihre Organisationen von diesen zukunftsweisenden Aufgaben nicht ausschließen.
Man muß und kann natürlich erwarten, daß sie diese verantwortungsvollen Aufgaben mit dem notwendigen Gespür wahrnehmen. Andererseits müssen aber auch kritische Äußerungen den selbstverständlichen Schutz des Grundrechts der Meinungsfreiheit genießen. Argumentative Auseinandersetzung, nicht Ausschalten durch Mittelentzug ist gefragt.
({3})
Meine Damen und Herren, diese Fragen sollten wir in den zuständigen Ausschüssen eingehend und in aller Ruhe erörtern. Wir stimmen der Überweisung des Antrags in die Ausschüsse zu.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
({4})
Als nächster hat der Abgeordnete Herr Dr. Keller das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Damit es keine Meinungsverschiedenheiten gibt, sage ich gleich zu Beginn: Die Gruppe der PDS im Deutschen Bundestag ist der felsenfesten Überzeugung, daß das kulturelle Erbe der Deutschen, die viele Jahrhunderte in Osteuropa gesiedelt haben, integraler Bestandteil der Kultur aller Deutschen ist und gepflegt und gefördert werden muß. Die Erinnerung daran in den Staaten Osteuropas muß im Rahmen der auswärtigen Kulturpolitik in Zusammenarbeit mit unseren Nachbarstaaten erfolgen. Wenn dabei die Verbände eine eigenständige Arbeit leisten, so bedürfen sie auch der Unterstützung und Förderung.
Aber - auch das sei gesagt - das Engagement von Teilen der Verbände gegen die bestehenden Grenzen in Europa, hin und wieder zu hörende Gebietsansprüche und Drohungen, Angriffe auf das friedliche Zusammenleben in Europa bereiten Sorgen. Vielfach
hört man auch von einer sich verstärkenden Zusammenarbeit mit rechtsextremistischen Kreisen in der Bundesrepublik Deutschland. Dazu ist in den letzten Jahren von demokratischen und antifaschistischen Kräften in der Bundesrepublik vieles aufgearbeitet und dokumentiert worden.
Ich erzähle hier nichts Neues, wenn ich betone, daß es Sorgen gibt, was die Zusammenarbeit mit neofaschistischen Kräften in unserem Land betrifft. Im übrigen ist es so, daß die Vertriebenenverbände und eine beträchtliche Anzahl ihrer Funktionäre aus diesem Tatbestand kein Hehl machen. Schaut man sich z. B. die Zeitungen der Vertriebenenverbände an, wie z. B. das „Ostpreußenblatt" , so wird dort die neofaschistische Literatur rauf- und runterzitiert; überdies wird für diese Werke geworben.
Erwähnt werden muß auch, daß der Vorsitzende der Landsmannschaft Schlesien, Herr Hupka, heute immer noch von Mitteldeutschland spricht, wenn es um die ehemalige DDR geht,
({0})
und drohend die Anerkennung der polnischen Westgrenze als „Grenzdiktat" tituliert.
({1})
- Halten Sie es doch für normal, daß es unterschiedliche Meinungen gibt. Wenn Sie das als Mitteldeutschland betrachten, bin ich anderer Auffassung. Es ist doch normal, daß man andere Auffassungen in einem Parlament austrägt und daß man sich darüber verständigt, daß man möglichst eine gemeinsame Auffassung findet.
({2})
Ich möchte darauf verweisen, daß ich nicht der einzige bin, der auf diese inhaltlichen und personellen Verquickungen der Verbände hinweist. Vor mir haben das seit Jahren schon andere getan. Die CDU/ CSU/FDP-Bundesregierung hatte bereits Mitte der 80er Jahre dem damaligen Mitteilungsblatt der Landsmannschaft Schlesien, „Der Schlesier", aus denselben Gründen die weitere finanzielle Unterstützung versagt.
({3})
Auch die niedersäsische Landesregierung hat Konsequenzen gezogen und Gelder gestrichen.
Unter dem Deckmantel von Kultur- und Traditionspflege darf - darüber sind wir uns bestimmt einig - keine Politik betrieben werden, die Deutsche, Polen und andere Osteuropäer mit Sorgen erfüllt.
Die Gelder für die Vertriebenenverbände sind in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen.
Uns macht auch Sorge, daß sie leider nicht nur für neue Trachten und dafür verwandt werden, daß eine
gute, die Nachbarschaft fördernde auswärtige Kulturpolitik betrieben wird. Herr Koschyk und sein Präsidium haben im Juni und Dezember vergangenen Jahres deutlich gemacht, daß sie, darüber hinausgehend, andere Vorstellungen haben. Wir halten es hinsichtlich der parlamentarischen Arbeit für normal, daß das Parlament dann, wenn es solche Sorgen gibt und sie vorgetragen werden, prüft. Wir stimmen deshalb dem Antrag der SPD zu und bitten um Überweisung an den Ausschuß.
Herr Keller, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage des Abgeordneten Koschyk?
Selbstverständlich gestatte ich Ihnen eine Zwischenfrage.
Herr Kollege Keller, wie beurteilen Sie die noch in Ihre Zeit als Kultusminister der ehemaligen DDR fallenden und zurückreichenden Aktivitäten eines Kuratoriums für die Deutschen im Ausland, das damals in der DDR entstanden ist, das nach allgemeinen Erkenntnissen sehr von ehemaligen SED-Kräften durchsetzt ist, das heute noch besteht und versucht, sich in den neuen Aufgabenbereich - Unterstützung für Deutsche in Ost- und Südosteuropa - hineinzudrängen, und distanzieren Sie sich davon?
Wenn Sie über meine Arbeit so genau Bescheid wissen, wissen Sie auch, daß ich bei all meinen Besuchen, sowohl in Polen, in Ungarn als auch in der Sowjetunion, Deutsche in diesen Ländern besucht
({0})
- ich komme auf Ihre Frage zurück - und alles aus meiner Sicht Mögliche getan habe, Verluste durch die DDR-Geschichte, durch das Fehlverhalten der ehemaligen DDR aufzuarbeiten und zu korrigieren. Ich habe keine Ahnung, wie das Kuratorium heute arbeitet. Ich würde jede Form der Arbeit unterstützen, die den im Ausland lebenden Deutschen ihre Verbindung zur Bundesrepublik Deutschland erleichtert und ihre Sprache, ihre Literatur, ihre Tradition fördert und unterstützt.
({1})
Vielen Dank.
({2})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Poppe.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich kann die lapidare Erklärung vorausschicken, daß Bündnis 90/Die Grünen den Antrag der SPD-Fraktion unterstützen, der im Klartext lautet, die mit öffentlichen Geldern finanzierten obskuren Praktiken des Bundesverbandes der Vertriebenen einer gründlichen Überprüfung zu unterziehen. So weit, so gut.
Allerdings kann ich eine erhebliche Irritation nicht verleugnen, die sich allein aus der Überschrift des
Antrages bei mir ergeben hat: „Ostdeutsche Kulturarbeit im Lichte des Grenzvertrages mit Polen". Ich hatte angenommen, spätestens seit dem Grenzvertrag mit Polen und seit der Unterzeichnung des immer noch nicht ratifizierten Zwei-plus-Vier-Abkommens wäre unter „Ostdeutscher Kulturarbeit" die Kulturarbeit Ostdeutschlands in Polen zu verstehen, also die der neuen Bundesländer, des Beitrittsgebietes oder wie immer Sie es nennen. Ostdeutschland sollte doch nun eindeutig als bis zur Oder reichend definiert sein. Dies zur Kritik an der Überschrift des Antrages.
Nun zur Sache selbst. Ich hoffe, gestern in der Aktuellen Stunde zum Thema Jugoslawien und kürzlich im Zusammenhang mit einer Reise ins Baltikum ausreichend klar gemacht zu haben, wie Bündnis 90/Die Grünen es mit den Minderheitenrechten halten.
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Wir wissen, daß auch die Unterdrückung der deutschen Minderheit in Polen Wunden geschlagen hat. Wir wissen auch, daß das Verschweigen und Tabuisieren der Vertreibung und der Schicksale der Vertriebenen in der ehemaligen DDR zu meist verdrängten Aggressionen geführt haben, die nun erst einmal freigelegt werden.
Wir halten es für wichtig, daß die deutschstämmige Minderheit in Polen die gleichen Rechte wie die Polen erhält. Die Verdrängung unserer Schuld darf nicht so weit gehen, europäische Politik unter Vernachlässigung deutscher Minderheiten zu betreiben.
Aber die Wunden werden nicht heilen, wenn Deutsche gegenüber Polen hervorgehoben, für Deutsche mehr Rechte verlangt werden, Arroganz und Hochmut gegenüber den Polen verbreitet wird, wenn für die Deutschstämmigen in Polen ein Autonomiestatus gefordert wird, wenn der Zwei-plus-Vier-Vertrag revidiert werden soll, noch ehe er rechtskräftig ist. All das fordern Mitglieder des genannten Verbandes.
Die Bürgerbewegungen und die Grünen der ehemaligen DDR haben zu deutsch-polnischen Beziehungen andere Vorstellungen. Sie haben als erste zur polnischen Demokratiebewegung Kontakte aufgenommen; im Unterschied zu manchen traditionellen „rechten" oder „linken" Strömungen haben sie niemals Berührungsängste zu Solidarnosc gehabt. Sie haben immer wieder öffentlich gesagt, daß europäische Politik nicht Dominanz des Westens gegenüber dem Osten bedeuten darf, sondern wirklich Europa in seiner Gesamtheit meint. Sie haben sich nach der sogenannten Wende viele Male dazu bekannt, daß die deutsche Einheit ohne eine Klärung der deutsch-polnischen Beziehungen keinen Sinn macht.
Für viele von uns war die sogenannte Freundschaftsgrenze etwa neun Jahre lang gesperrt. Jetzt könnte sie erstmals tatsächlich eine werden, ohne daß man für sie eine so hochtrabende Bezeichnung suchen muß. Aber wie soll das möglich werden, wenn noch heute an einer Bonner Litfaßsäule ein Plakat zu sehen ist, auf dem innerhalb der Grenzen von 1937 Deutschland West und Deutschland Ost in gleicher Farbe dargestellt sind, östlich davon aber in weißer Farbe das Gebiet des ehemaligen Ostpreußens gezeigt wird und darunter der Satz steht: „Soundso viele Quadratkilometer" - die Zahlen sind mir leider entfallen - „und
soundso viele Menschen kann man doch nicht einfach verschenken" ?
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Solch ein Plakat ist vielleicht, werte Kollegin, Ausdruck von Meinungsfreiheit. Aber nicht jede Meinung muß mit öffentlichen Geldern unterstützt werden.
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Wer solche Plakate druckt, hat nach meinem Empfinden den Anspruch auf öffentliche Gelder verwirkt.
Bündnis 90/DIE GRÜNEN werden sich dafür einsetzen, daß dem Vertriebenenverband die Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt entzogen werden. Wir können uns eine weitaus sinnvollere Anwendung dieser Mittel vorstellen, z. B. für den Aufbau deutsch-polnischer Begegnungszentrum auf lokaler Ebene an beiden Seiten der Oder-Neiße-Grenze, z. B. zur Förderung deutsch-polnischer Pojekte auf den Gebieten der Kultur, der Ökologie und der Wirtschaft in Polen, die von deutsch-polnischen Gremien gemeinsam verwaltet werden, oder, allgemeiner gesagt, zur Unterstützung deutscher Kulturarbeit in Polen, für deren Pflege es einer hohen Sensibilität und der vollen Respektierung der völkerrechtlichen Verträge mit der Republik Polen bedarf. Diese Kriterien müssen für die Förderung durch die Bundesregierung ausschlaggebend sein.
Schönen Dank.
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Nun erteile ich dem Abgeordneten Lüder das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir führen heute die erste Debatte im Deutschen Bundestag über die ostdeutsche Kultur nach der Änderung des Grundgesetzes, die die Vollendung der Einheit Deutschlands, wie es in der Präambel heißt, festgeschrieben hat - nach der Änderung des Grundgesetzes, durch die die Option des Art. 23 entfallen ist. Das gibt uns Veranlassung, den Rahmen festzulegen, der für ostdeutsche Kulturarbeit heute und in Zukunft gilt.
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Wir Freien Demokraten lassen uns dabei von fünf Grundpositionen leiten.
Lassen Sie mich aber eines vorweg sagen. Ich unterstreiche voll das Wort des Parlamentarischen Staatssekretärs Lintner zur Friedensarbeit der Vertriebenen in den vierzig Jahren unserer Bundesrepublik. Ich möchte eines in Erinnerung rufen. In der letzten Debatte des Deutschen Bundestages über die ostdeutsche Kulturarbeit am 5. Oktober 1989 hat Herr Dr. Czaja ein Wort vorweggestellt, das für mich nach wie vor maßgebend ist, auch für die Kulturarbeit. Er hat von dem „Rechtsgehorsam gegenüber dem
Grundgesetz" gesprochen, der uns verpflichtet. Czaja hat sich an Rechtsgehorsam gehalten.
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Das vorausgeschickt meine ich, daß wir differenzieren müssen, wenn wir politische Äußerungen aus dem Bereich der Vertriebenen hören, die über das hinausgehen, was für uns erträglich sein kann, und was die Verbandsarbeit ist, für die wir öffentliche Gelder bewilligen.
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Nun die fünf Grundsätze.
Erstens. Kulturarbeit ist kein Selbstzweck. Durch die Pflege der eigenen Kultur der Vergangenheit wird die Grundlage für Verstehen und Versöhnen in Gegenwart und Zukunft gelegt. Deutsche Kultur im früheren Ostdeutschland, im heutigen Polen, war deutsche Kultur, aber nicht national oder gar nationalistisch, sondern grenzübergreifend und international. Kant und Comenius stehen dafür als zwei Namen.
Zweitens. Auch für die öffentliche Kulturarbeit gilt, daß der Staat nur fördern darf, was nach dem Grundgesetz auch gewollt ist. Die Förderung der Kulturarbeit nach § 96 des Bundesvertriebenengesetzes, die in der Begründung angesprochen ist, bezieht sich meines Erachtens allein auf das Inland, auf die Pflege und Entwicklung kultureller Werte aus der Vergangenheit, aus der Zeit vor der Vertreibung. Mit dieser Bestimmung wird kulturelle Arbeit innerhalb der Bundesrepublik, nicht außerhalb ihrer Grenzen gefordert und gefördert.
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Wir wollen uns der alten kulturellen Werte Königsberg in Ostpreußen und Königsberg in Pommern bewußt bleiben, und wir wollen diese Werte pflegen. Aber wir wollen auch die heutigen kulturellen Leistungen im polnischen Chojna und im sowjetischen Kaliningrad respektieren.
Lesen Sie einmal die Kommentierung des Ministerialrats Haberland aus dem Innenministerium in der Sammlung der Bonner Bundesgesetze über die Pflege des Kulturguts der Vertriebenen und Flüchtlinge und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung. Er schreibt dort genau das, indem er sagt:
§ 96 verpflichtet Bund und Länder im Rahmen ihrer grundgesetzlich festgelegten Zuständigkeit dazu, das Kulturgut der sogenannten Vertreibungsgebiete lebendig zu erhalten. Hierzu sollen Archive, Museen und Bibliotheken gesichert, ergänzt und ausgewertet werden. Archivalien, museumswürdige Gegenstände und Bücher sind als Zeugnisse kultureller Tätigkeit in Obhut zu nehmen. Anschließend sind die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß das Kulturgut einem möglichst großen Teil der Bevölkerung zugänglich gemacht wird. Erforderlich ist weiter, neue Impulse für das Kulturschaffen zu geben, Ausstellungen und Arbeitstagungen zu veranstalten.
All diese Bereiche sollen gefördert werden. Hier ist wertvolle historische und kulturelle Arbeit geleistet worden, und zwar insbesondere durch die Einrichtung von Museen, in denen ostdeutsche Kultur lebendig gehalten wird. Dies entspricht § 96 Bundesvertriebenengesetz; so muß diese Vorschrift angewandt werden. Wir werden dem Bericht darüber, was Kulturarbeit ist, den Herr Lintner im Ausschuß angekündigt hat, aufmerksam zuhören.
Drittens. Die Kulturarbeit in den früher deutschen Gebieten ist nach unserer Auffassung allein Gegenstand der auswärtigen Kulturpolitik und kann nur im Einvernehmen zwischen den Regierungen der beteiligten Staaten erfolgen.
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Die deutschen Grenzen sind endgültig und verfassungsfest. Wer daran rüttelt, ist Gegner unserer Verfassung.
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Auswärtige Kulturpolitik vollzieht sich jedoch nicht nur durch das Handeln der Beamten, sondern sie vollzieht sich vor allem auch durch die Mitarbeit freiwilliger Organisationen und auch der Organisationen der Vertriebenen, und zwar in dem Rahmen, der festgesetzt wird. Wir wollen, daß die Kontakte zu den deutschen Menschen aufrechterhalten werden, aber wir wollen säuberlich trennen, was unter welche Rubrik gehört.
Viertens. Wir sind für eine Fortsetzung der Förderung der Kulturarbeit, wie sie im Inland zur Wahrung kultureller Traditionen und Werte des früheren Ostdeutschlands auch und gerade von den Vertriebenenorganisationen wahrgenommen wird. Wer jedoch mit diesen Mitteln außerhalb unserer Grenzen tätig wird, bringt die gesamte Arbeit in Mißkredit.
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Wir wollen, daß die kulturellen Werte des früheren Breslau in der Bundesrepublik gepflegt werden, aber Wroclaw bleibt polnisch.
Fünftens. Der deutschstämmigen Minderheit in Polen sagen wir, daß sich deutsche Politik bei der Regierung der Republik Polen dafür einsetzt, daß sie in ihrer eigenen kulturellen Identität als deutsche Minderheit in ihrem Staat Polen leben kann und daß sie auch die deutsche Identität und die kulturelle Identität wahren und pflegen kann. Dieser Aufgabe ist die Bundesregierung bisher gut nachgekommen. Hier bedarf es keiner Nachhilfe durch irgendwelche Verbandsäußerungen.
Meine Damen und Herren, die Aussöhnung mit unseren Nachbarn bleibt eine der Hauptaufgaben europäischer Politik. Ihr hat auch und insbesondere die kulturpolitische Arbeit zu dienen.
Ich habe mich gefreut, daß Herr Lintner angekündigt hat, ausführlich zu berichten und auch die Fortschreibung der gesamten Programme, die hier zur Erörterung anstehen, im Ausschuß zur Diskussion zu stellen. Wir werden diesen Prozeß auf dem Boden des Grundgesetzes, wie ich es hier dargelegt habe, aufmerksam begleiten und im Ausschuß entsprechend votieren.
Danke.
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Das Wort hat der Abgeordnete Meckel.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte darauf hinweisen, daß das Problem, das hier zur Debatte steht, nicht nur Polen und die deutsche Minderheit in Polen, sondern ebenso auch die Hilfe für die deutschen Minderheiten in Rumänien betrifft, denn auch sie erhalten Unterstützung durch das Bundesministerium des Innern. Ich denke, daß für diese Minderheit das gleiche gilt, was ich soeben mit äußerster Genugtuung gehört habe, nämlich daß diese Unterstützung künftig anders geregelt werden soll. Sie muß Teil auswärtiger Kulturbeziehungen sein.
Ich möchte mich jetzt aber nicht konkret zu dieser Frage äußern, sondern ich möchte mich grundsätzlicher dem deutsch-polnischen Verhältnis zuwenden. Vor zehn Monaten - nach meiner Wahl zum Außenminister der DDR - führte mich meine erste Auslandsreise nach Warschau. Das war kein Zufall, sondern es hatte im wesentlichen zwei Gründe.
Zum einen sollte damit zum Ausdruck gebracht werden, daß wir in der DDR die deutsche Schuld gegenüber Polen im Zweiten Weltkrieg als eigene anerkennen und uns in ihrer Verantwortung wissen. Wir in der damaligen DDR wollten uns öffentlich mit dem Kniefall Willy Brandts von 1971 identifizieren. Viele hatten dies schon damals innerlich getan. 40 Jahre lang war uns diese eigene Geschichte vorenthalten worden, und wir waren von der Verantwortung von ihr ausgeschlossen.
Zum anderen wollte ich den Polen Dank sagen. Denn Danzig 1980 und Solidarnosc gehören in die den Herbst 1989 in der DDR ermöglichende Vorgeschichte. Wir Deutschen haben den Polen viel zu verdanken, zumal wir alle wissen: Die Einheit Deutschlands ist durch den Herbst 1989 in der DDR ermöglicht worden.
Nach Jahrzehnten - und das ist erstmalig - begegnen sich nun ein demokratisches und souveränes Polen und ein demokratisches und souveränes Deutschland an einer gemeinsamen völkerrechtlich anerkannten Grenze. Wir haben heute die Chance eines wirklichen Neubeginns in der Beziehung zwischen Deutschen und Polen.
Die Beziehung zwischen Polen und dem direkten deutschen Nachbarn DDR war in der Vergangenheit offiziell freundschaftlich, die Grenze wurde vorbehaltlos anerkannt. Dies merkt man - übrigens quer durch alle Parteien - daran, daß sich die Volkskammer im April, sofort nach der Wahl im letzten März, dazu geäußert hat, und an klaren Äußerungen aus dem Osten Deutschlands. Die wirklichen Beziehungen der DDR zu Polen waren aber eher kühl. Anfang der 80er Jahre schürte man antipolnische Ressentiments, um uns vor den polnischen Entwicklungen um Solidarnosc abzuschotten.
Die Beziehungen zum zweiten deutschen Staat waren nicht viel herzlicher. Eine von Willy Brandt begonnene Entspannungs- und Versöhnungspolitik wurde auf bundesdeutscher Seite immer wieder dadurch unterlaufen, daß die angeblich offene Grenzfrage und die Orientierung an den deutschen Minderheiten Kriterien und Streitpunkte der Polenpolitik wurden. Innenpolitische Rücksichtnahmen des Bundeskanzlers auf das eigene rechte Lager in der Partei und unter den Wählern störten immer wieder die Entwicklung wirklich guter Beziehungen.
Heute ist klar: Die Grenze ist endgültig, die ehemaligen deutschen Ostgebiete sind unwiderruflich Polen. Das anzuerkennen ist von europäischer Bedeutung. Das aber wird Konsequenzen haben müssen - eine nennt der Antrag, der hier zur Debatte steht.
Doch muß das auch in unserer Sprache deutlich werden. Ich habe mich gefreut, daß auch die anderen Kollegen - bezeichnenderweise Ostdeutsche - dies eben schon deutlich gemacht haben. Auch ich habe mich sehr gewundert, als ich die Begrifflichkeit des Haushaltstitels, in dem es um ostdeutsche Kulturarbeit geht, las. Ostdeutschland, das ist nun einmal die DDR. Die sogenannten fünf bzw. sechs neuen Bundesländer sind nach dem Grenzvertrag unwiderruflich der Osten Deutschlands, weshalb ich auch von den „östlichen deutschen Ländern" spreche. Weiter östlich gibt es keine mehr.
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„Mitteldeutschland" - Sie haben vorhin danach gefragt - ist für dieses Territorium zu einem historischen Begriff geworden.
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Wir müssen lernen, klar zu reden und klar zu denken. Wenn wir dies wirklich tun und wenn dies in unserer Gesellschaft deutlich zum Ausdruck kommt, wird es die Polen ermutigen, auch öffentlich, bis in Museen, Landkarten und Geschichtsbücher hinein, die deutsche Vergangenheit in großen Teilen Polens anzuerkennen und das dort vorgefundene Erbe zu würdigen und zu pflegen.
Am 17. Juli letzten Jahres wurde in Paris abgesprochen, daß ein Grundlagenvertrag geschlossen wird. Dieser Vertrag der jetzt in Vorbereitung ist, wird, so hoffe ich, auf dem Weg zur Vertrauensbildung und Zusammenarbeit ein wichtiger Baustein sein. Ich hoffe, daß auch der offene § 15 in dem Sinne, wie er heute von uns angesprochen wurde, schnell geklärt werden kann.
Die Beziehungen zwischen Deutschland und Polen sollen vertrauensvoll und freundschaftlich, die Begegnung zwischen den Menschen soll so selbstverständlich werden, wie es bei Deutschen und Franzosen heute ist. Im Unterschied zu Frankreich besteht jedoch im Verhältnis zu Polen ein zentrales Problem: Die Grenze zu Polen ist gleichzeitig die Grenze der Europäischen Gemeinschaft, Grenze zwischen West-und Osteuropa. Sie wird mittelfristig nach einem Aufschwung in den östlichen deutschen Bundesländern zu einer Wohlstandsgrenze werden. Das kann nicht in unserem Interesse liegen.
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Wir werden alles dafür tun müssen, diesen Prozeß zu verringern.
Die Bundesregierung hat es im letzten Jahr trotz unserer Forderung versäumt, den Osthandel der
DDR-Betriebe rechtzeitig und stark genug zu stützen. So hat sie u. a. Polen sehr geschadet und vielen Betrieben bei uns im Osten Deutschlands die Chance zur Umstrukturierung genommen.
Polen muß wirtschaftlich gefördert werden. Dafür trägt die EG mit uns Deutschen wesentliche Verantwortung.
Das ist für uns aber nicht nur ein Solidaritätsbeweis und Hilfe, sondern ganz wesentlich auch Eigeninteresse. So, wie es früher eine Zonenrandförderung an der Grenze zur DDR gab, müssen nun die Gebiete an unserer Ostgrenze zu Polen besonders gefördert werden; denn die katastrophale Situation der Finanzen in den dortigen Gemeinden läßt dort wenig Spielraum. Die Förderung muß aber langfristig und dauerhaft sein. Zusätzlich erwarten wir finanzielle Mittel aus dem Interregio-Programm der EG und fordern die Bundesregierung auf, sich in Brüssel dafür einzusetzen.
Die Grenze nach Polen darf keine Festungsmauer werden. Die Gefahr des Aufkommens nationaler Vorurteile und Ressentiments wäre dann hoch, besonders in der Grenzregion beider Seiten. Dem aber müssen wir mit aller Kraft entgegenwirken.
Wichtig dafür ist eine Strukturpolitik in der Grenzregion beider Seiten, welche das Zusammenleben der Menschen diesseits und jenseits der Oder und Neiße fördert. Wir brauchen eine Vielzahl von Grenzübergängen und Brücken. Die Städte müssen wieder zusammenwachsen können und brauchen dafür entsprechende Hilfe.
Kommunikationsmöglichkeiten und Verkehrsinfrastruktur müssen verbessert und gemeinsam konzipiert werden. In diesem Bereich liegt eine besondere Aufgabe der Kommunen und Länder an der Ostgrenze Deutschlands.
Ich begrüße sehr, was in der Kommission für grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Angriff genommen worden ist. Daran muß weitergearbeitet werden, und man muß versuchen, dafür angemessene Strukturen zu finden, auch in der Frage der Kultur- und Bildungsarbeit mit Polen.
Wichtig erscheint mir in diesem Zusammenhang eine finanzielle Förderung. Polen ist finanziell schwach, das wissen wir. Deshalb muß es unterstützt werden, um alles zu fördern, was dem gegenseitigen Kennenlernen dient. Ich denke dabei an Kulturzentren, Studentenaustausch und anderes; ich will das jetzt nicht ausführen.
Eine ganze Menge von dem hat begonnen, so auch die Arbeit der Schulbuchkommission. Ich denke, gerade mit Blick auf unsere gemeinsame Geschichte und auch auf die unterschiedliche Geschichte haben wir Deutschen in den ehemals zwei deutschen Staaten etwas aufzuarbeiten; denn diese unterschiedliche Geschichte muß bei uns und ebenso in Polen offengelegt werden.
Wie gesagt: Es hat vieles begonnen, aber alles droht doch kärglich auszugehen, weil die Geldmittel fehlen. Gerade in diesen Wochen, in denen Milliarden für den Krieg aufgebracht werden, erscheint es besonders absurd, daß für die Zukunftsaufgabe der Gestaltung der
Beziehung zu Polen oft so wenig Geld da ist. Die konkrete Praxis und das Finanzgebaren der Bundesregierung scheinen alle guten Vorsätze zunichte zu machen.
Ich hoffe aber sehr, daß wir einiges noch ändern können, um dann diese Arbeit gemeinsam gegen einige Gruppierungen, die sie torpedieren wollen, zu tragen.
Ich danke Ihnen.
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Das Wort hat der Staatsminister Helmut Schäfer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der SPD-Fraktion, Herr Kollege Duve, betrifft die Grundsätze der Förderung deutscher Minderheiten im Ausland mit Mitteln der Bundesregierung. Er berührt damit die diese Aufgaben wahrnehmenden Ressorts, nämlich das Auswärtige Amt und das Bundesministerium des Innern. Ich darf mich nach den Ausführungen von Herrn Kollegen Lintner auf die Aufgaben des Auswärtigen Amtes beschränken.
Der SPD-Antrag zieht nicht in Zweifel, sondern bekräftigt in seiner Begründung, daß die Pflege des kulturellen Erbes der Deutschen in Mittel- und Osteuropa auch künftig die Aufgabe der Bundesregierung ist. Das Dokument des Kopenhagener KSZE-Treffens von 1990 sowie unsere bilateralen Verträge und Übereinkünfte haben nach den Veränderungen in Mittel-und Osteuropa unsere Möglichkeiten erweitert, den deutschen Minderheiten zu helfen, ihre Sprache und ihre kulturelle Tradition zu pflegen.
Dazu dienen die Mittel, die dem Auswärtigen Amt aus dem Bundeshaushalt zur Verfügung stehen. Sie sind im Verhältnis zu den Mitteln des Bundesinnenministeriums, Herr Kollege Waffenschmidt, relativ gering; sie betrugen für 1990 10,2 Millionen DM.
Die Durchführung der aus den Mitteln geförderten Projekte hat das Auswärtige Amt besonderen Institutionen übertragen: für Rumänien und Polen z. B. dem Institut für Auslandsbeziehungen, für die Sowjetunion dem Verein für das Deutschtum im Ausland. Beide arbeiten mit anderen Mittlerorganisationen der auswärtigen Kulturpolitik zusammen.
Gegenüber diesen Partnern hat das Auswärtige Amt seine politische Richtlinienkompetenz durch schriftliche Abmachungen voll gewahrt.
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Auswärtiges Amt und Bundesministerium des Innern stimmen sich grundsätzlich über ihre Förderungsmaßnahmen ab. Inzwischen geschieht dies auch im Wege von Planungsbesprechungen für das jeweilige Jahresprogramm.
Die Förderung der deutschen Minderheiten - darauf ist heute ständig hingewiesen worden - hat natürlich eine außenpolitische Bedeutung, da sie die bilateralen Beziehungen zu den jeweiligen Ländern Mittel- und Osteuropas in sehr starkem Maße berührt.
Unter diesen Gesichtspunkten sind sich Auswärtiges Amt und Bundesministerium des Innern in der Notwendigkeit einig, daß alle von der Bundesregierung verantworteten Programme auch unseren außenpolitischen Interessen Rechnung tragen müssen. § 96 des Bundesvertriebenengesetzes berührt nach unserer Meinung, Herr Kollege Lüder - aber darüber können wir ja sprechen - , eine wesentliche Aufgabe der auswärtigen Kulturpolitik. Das Auswärtige Amt behält sich deshalb vor, an allen Aktivitäten der Kulturarbeit im Ausland voll beteiligt zu werden.
Wir treten außerdem dafür ein, die Wahrnehmung der Aufgaben aus § 96 des Bundesvertriebenengesetzes auf der Grundlage des europäischen Standards der Minderheitenrechte und im Geiste einer zukunftsorientierten Gestaltung unserer Beziehungen mit den Ländern in Mittel-, Ost- und Südosteuropa wahrzunehmen, wie dies der ständig und eindeutig von der Bundesregierung vertretenen Linie entspricht.
Herr Staatsminister, Sie sind bereit, eine Zwischenfrage zu beantworten?
Bitte schön.
Bitte sehr.
Herr Staatsminister, Sie sprachen von Minderheitenrechten. Können Sie dem Haus heute schon sagen, in welcher Weise Sie auf die fünf oder sechs Forderungspunkte des Kollegen Bötsch bei den laufenden Verhandlungen über Art. 15 des künftigen Vertrages zwischen Deutschland und Polen eingehen werden?
Herr Kollege Duve, Sie haben sich auf Äußerungen von Herrn Kollegen Bötsch, wenn ich recht verstanden habe, im „Handelsblatt" bezogen.
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- Herr Kollege Koschnick, noch habe ich gar keine
Gelegenheit gehabt zu antworten. Sie beziehen sich
jetzt raffinierterweise auf einen völlig anderen Vorgang im Auswärtigen Ausschuß.
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Aber ich habe das voll verstanden.
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Durch den Zwischenruf des Kollegen Koschnick ist hier eine gewisse Konfusion aufgetreten. Aber ich darf auf die Zwischenfrage des Kollegen Duve zurückkommen.
Herr Kollege Duve, natürlich gibt es in einer Koalition Meinungsäußerungen und Versuche, laufende Verhandlungen in diesem oder jenem Sinne zu beeinflussen. Das ist ein ganz normaler Vorgang. Ich würde dem keine zu große Bedeutung zumessen. Es wird bei den Verhandlungen, die wir führen, natürlich alles berücksichtigt, was machbar ist, was mit der polnischen Seite sinnvollerweise vereinbart werden kann und was den deutschen Minderheiten dient. Aber ich kann Sie beruhigen: Wir werden bei diesen Verhandlungen mit Polen sicher zu einem guten Ergebnis kommen, gleichgültig welche einzelnen Forderungen Sie jetzt hier meinen. Wir sollten sie nicht dramatisieren.
Ich war bereits am Ende meiner Rede. Aber Sie gaben mir Gelegenheit, auch diesen Punkt noch anzusprechen.
Vielen Dank.
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Meine Damen und Herren, interfraktionell ist vereinbart worden, daß der Antrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 12/59 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse überwiesen wird. - Das Haus ist damit einverstanden. Dann ist dies beschlossen.
Außerdem darf ich feststellen, daß ich in der ungewöhnlichen Situation bin, die Sitzung eher zu schließen, als es ursprünglich geplant war. Das passiert außerordentlich selten und sollte deswegen Erwähnung finden.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 27. Februar 1991, 13.00 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.