Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 6/8/1988

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Die Sitzung ist eröffnet. Der Abgeordnete Wüppesahl ist als ordentliches Mitglied aus dem Gemeinsamen Ausschuß ausgeschieden. Die Fraktion DIE GRÜNEN schlägt für den Gemeinsamen Ausschuß nach Art. 53 a des Grundgesetzes als neues ordentliches Mitglied Abgeordnete Frau Beer vor. Für den Sitz des Stellvertreters im Gemeinsamen Ausschuß wird der Abgeordnete Häfner benannt. Die Fraktion der CDU/CSU schlägt für den ehemaligen Kollegen Dr. Miltner nunmehr den Abgeordneten Dr. Laufs als stellvertretendes Mitglied im Gemeinsamen Ausschuß vor. Sind Sie mit diesen Vorschlägen einverstanden? - Sie möchten zur Geschäftsordnung sprechen, Herr Wüppesahl? - Bitte schön.

Thomas Wüppesahl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002568, Fraktion: Fraktionslos (Fraktionslos)

Ich mache es kurz. Ich bin der Auffassung, daß das in Anspruch genommene Rückrufrecht der Fraktion DIE GRÜNEN verfassungswidrig ist, und möchte meinen ausdrücklichen Widerspruch gegen die Abberufung aus dem Gemeinsamen Ausschuß zu Protokoll geben.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Danke schön. Ich frage nun - das ist mit Handzeichen abzustimmen, da es einen Widerspruch gegeben hat - , wer mit den hier vorgeschlagenen drei Neubesetzungen einverstanden ist. ({0}) - Das ist richtig. Ich lasse zunächst abstimmen über den Vorschlag der Fraktion DIE GRÜNEN auf Neubenennung der Abgeordneten Frau Beer für den Gemeinsamen Ausschuß. Wer diesem Vorschlag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltung? - Dann ist dieses mit großer Mehrheit angenommen. Gegen die Benennung der beiden neuen Stellvertreter habe ich keine Einwendungen gesehen. Dann sind diese benannt. Damit sind die Abgeordneten Frau Beer als ordentliches Mitglied und die Abgeordneten Häfner und Dr. Laufs als stellvertretende Mitglieder des Gemeinsamen Ausschusses bestimmt. Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf: Fragestunde - Drucksache 11/2401 Ich rufe zunächst den Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf. Herr Parlamentarischer Staatssekretär Gallus steht uns zur Verfügung. Ich rufe Frage 1 des Abgeordneten Wüppesahl auf: Sind der Bundesregierung Zahlen bekannt über Arten und Anzahl der Fischpopulation in der Elbe über den Zeitraum von 1950 bis heute?

Georg Gallus (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000628

Herr Kollege Wüppesahl, die zu einem beträchtlichen Teil von den Oberliegern der Elbe, der DDR und der CSSR, ausgehende Schadstoffbelastung hat zu einer Beeinträchtigung der Fischbestände in der Elbe geführt. Allerdings sind nicht so sehr die Artenvielfalt und Zahl der Fische als vielmehr deren Genußtauglichkeit auf Grund der Überschreitung zulässiger Schadstoffhöchstgrenzen betroffen. Da die Binnenfischerei in die Zuständigkeit der Bundesländer fällt, darf ich Sie wegen der gewünschten Angaben über die Entwicklung der Fischpopulationen in dem fraglichen Zeitraum bitten, sich an die Elbanliegerländer Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Hamburg zu wenden.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Wüppesahl.

Thomas Wüppesahl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002568, Fraktion: Fraktionslos (Fraktionslos)

Herr Kollege Gallus, sind Ihnen tatsächlich keine genauen Zahlen bekannt, oder ist es jetzt einfach eine Form der Bequemlichkeit gewesen, mich an die betreffenden Bundesländer zu verweisen? Da ich weiß, daß der Bundesregierung die Zahlen bekannt sind, zumindest im Bundesumweltministerium, wo die Beantwortung der Frage sicherlich auch besser angesiedelt gewesen wäre, würde ich gern zu Ihrer Analyse, die sehr allgemein ausgefallen ist, eine Bewertung der Bundesregierung zum Zustand der Elbe erfahren.

Georg Gallus (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000628

Herr Kollege, wir haben uns die Beantwortung nicht einfach gemacht. Sie sagen ja selbst, es wäre besser gewesen, die Frage dem Umweltministerium zuzuordnen. Wir jedenfalls können Ihnen keine Zahlen liefern. Deshalb ist es besser und schneller, wenn Sie sich gleich direkt an die Länder wenden.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Also, Herr Staatssekretär, die Bundesregierung entscheidet, wer die Antwort gibt. Das ist nicht die Aufgabe des Abgeordneten. Waren Sie mit Ihrer Antwort zu Ende?

Georg Gallus (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000628

Ich bin fertig. ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Dann haben Sie eine weitere Zusatzfrage, Herr Wüppesahl.

Thomas Wüppesahl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002568, Fraktion: Fraktionslos (Fraktionslos)

Ich finde es wirklich skandalös. Meine zweite Frage muß ich in ganz deutlicher Frageform artikulieren. Ist Ihnen zum Beispiel bekannt, daß in der Elbe bis in die 50er Jahre über 17 Fischarten zum Verzehr geangelt und gefischt werden konnten und daß heute keine einzige Fischart mehr in dieser Weise durch die Fischwirtschaft oder auch durch Hobbyangler aus der Elbe zu ziehen möglich ist? Und auch dazu als zweiten Teil der Frage: Ist es Ihnen möglich, eine Bewertung dieser Frage mit Antwort, die ich von Ihnen bekommen zu können hoffe, abzugeben?

Georg Gallus (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000628

Herr Kollege, es ist mir allgemein bekannt, daß Anfang der 50er Jahre die Belastung der Gewässer, die wir heute aus unterschiedlichen Gründen haben - die Gewässer haben sich aber in der Zwischenzeit wesentlich erholt -, nicht so hoch wie heute war und daß demzufolge die Genußtauglichkeit der Fische zu jener Zeit natürlich gegeben war, während sie heute nicht gegeben ist. Ich habe auch bei der Beantwortung der Frage erklärt, daß es nicht so sehr um die Frage der Populationen der in der Elbe vorhandenen Fischarten, sondern darum geht, ob sie auf Grund der Rückstandssituation genußtauglich sind. Dabei wissen wir, daß die Elbe vor allem sehr stark auch von den Hinterliegern - der DDR, der CSSR usw. - belastet ist.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage des Abgeordneten Sellin.

Peter Sellin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002159, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, wie hoch ist der Anteil der Einleitung der deutschen Industrie in die Elbe in Relation zu den Einleitungen der DDR und der CSSR?

Georg Gallus (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000628

Herr Kollege, da diese Zusatzfrage nicht im Zusammenhang mit der mir gestellten Frage steht, kann ich sie nicht beantworten. Ich bin aber gern bereit, Ihnen das schriftlich mitzuteilen. ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Aber, Herr Kollege Sellin, es ist richtig: Das war nicht in einem Zusammenhang mit der gestellten Frage. Der Abgeordnete Jungmann hat die nächste Zusatzfrage.

Horst Jungmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001047, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, Ihr Ministerium heißt „Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten". Da Fische zur Ernährungsgrundlage der deutschen Bevölkerung gehören, frage ich Sie: Ist Ihnen überhaupt die Populationsentwicklung in Süßwassergewässern in der Bundesrepublik Deutschland bekannt?

Georg Gallus (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000628

Herr Kollege, Sie wissen, daß wir ein Bundesministerium sind. Wenn ich detaillierte Aufschlüsse über ein Gewässer und die dort vorhandenen Populationen haben will, muß der Bund genauso wie jeder andere bei den Ländern nachfragen. ({0}) Wenn Sie damit einverstanden sind, daß wir solche Fragen beantworten, dann müssen Sie in Kauf nehmen, daß es einige Wochen dauert, bis wir in der Lage sind, wenn der Rücklauf von den Ländern da ist, entsprechende Antworten zu geben. ({1})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Augenblick, Herr Kollege Jungmann. Natürlich hat jeder nur eine Zusatzfrage. Jetzt kommt der Abgeordnete Carstensen ({0}) mit einer Zusatzfrage.

Peter H. Carstensen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000323, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß die organisierten Sportangler und die an der Elbe tätigen Angler durch ihr Artenschutzprogramm des VdSf dafür gesorgt haben, daß wir auch an diesen Läufen und anderen Flußläufen zu mehr Fischarten gekommen sind, nicht nur zu Fischarten, die zum Verzehr geeignet sind, sondern auch zu Fischarten, die die Biotope verbessern?

Georg Gallus (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000628

Herr Kollege, ich habe hier ausdrücklich gesagt, daß die Zahl der Arten keineswegs zurückgegangen ist. Es ist mir bekannt, daß in vielen Gewässern heute wieder Fische vorhanden sind, ob es nun den Zulauf zur Elbe oder andere Zuläufe zu großen Flüssen wie zum Rhein oder zum Nekkar betrifft. Dort haben wir es heute wieder mit einem sehr regen Fischleben in den Gewässern zu tun. Daran haben die Angler einen erheblichen Anteil, weil sie durch ihre Tätigkeit mit dafür gesorgt haben, daß entsprechende Biotope entstanden sind. Das ist richtig.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Teubner.

Maria Luise Teubner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002308, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, kann ich Ihre Antwort auf die Eingangsfrage des Kollegen Wüppesahl nach der Problematik des Rückgangs der Fischpopulation in der Elbe, in der Sie gesagt haben, das sei Ländersache, so verstehen, daß die Bundesregierung deswegen auch keinerlei Anlaß sieht, sich über Maßnahmen zur Bekämpfung der Ursachen GeFrau Teubner danken zu machen oder gar Maßnahmen ihrerseits dagegen einzuleiten?

Georg Gallus (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000628

Frau Kollegin, was die Entwicklung der Wasserqualität in den deutschen Flüssen und Seen in den letzten 20 Jahren angeht, so liegen wir hier an der Spitze in Europa, weil nirgends mehr Geld für den Bau von Kläranlagen aufgewendet worden ist als bei uns. Leider ist es in anderen Gebieten Europas, insbesondere auch in der DDR und in der CSSR, nicht in diesem Maße der Fall. Sonst hätten wir heute keine so starke Belastung der Elbe mehr. ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Wir sind damit am Ende dieses Geschäftsbereichs. Ich danke dem Staatssekretär für die Beantwortung der Fragen. Ich brauche den Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit nicht aufzurufen, weil die dort vorliegende Frage, die Frage 2 des Abgeordneten Kroll-Schlüter schriftlich beantwortet werden soll. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen. Herr Parlamentarischer Staatssekretär Rawe steht uns zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung. Ich rufe die Frage 3 der Abgeordneten Frau Bulmahn auf : Aus welchen Gründen hat der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen die haushaltswirksame Einsparung von 1 000 Arbeitskräften im Personalhaushalt für 1988 verfügt, und wie wird sich vor diesem Hintergrund der Personalbestand im Bereich der Oberpostdirektion Hannover/Braunschweig sowie den hannoverschen Postämtern entwickeln?

Wilhelm Rawe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001786

Frau Kollegin Bulmahn, die genannten haushaltswirksamen Einsparungen berücksichtigen einerseits die Aufstellungen des Bundesrechnungshofes und die möglichen Rationalisierungsmaßnahmen, andererseits die Notwendigkeiten des Betriebes, bundesweit genügend Personal zur Erledigung der Aufgaben im Jahre 1988 zur Verfügung zu haben. Nach eingehenden Verhandlungen über den Personalhaushalt 1988 wurde die Verminderung um 1 000 Personaleinheiten gegenüber 1987 einvernehmlich mit dem Bundesminister der Finanzen festgelegt. Die Auswirkungen auf einzelne Oberpostdirektionsbezirke können jedoch sehr unterschiedlich sein und werden, falls dies erforderlich ist, z. B. bei der Weiterbeschäftigung der Nachwuchskräfte durch entsprechende Maßnahmen ausgeglichen. Wie sich die geringfügige haushaltsmäßige Absenkung bei einzelnen Ämtern eines Bezirks darstellt, hängt von der unterschiedlichen Struktur und der Ausgangslage der Ämter des Post- und des Fernmeldewesens ab und läßt sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht näher ämterweise beschreiben.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine Zusatzfrage, Frau Bulmahn.

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000305, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, Sie haben ausgeführt, daß die Stellenkürzungen zum Teil durch die Neuzuweisungen der Ausgebildeten ausgeglichen werden könnten. Ist Ihnen bekannt, daß z. B. im Bereich Hannover innerhalb eines Postamtes trotz der Stellenkürzung von ca. 30 Stellen, die dort vorgesehen ist, laut Haushaltsstellenplan eigentlich 111 neue Stellen eingerichtet werden sollten, tatsächlich aber nur 80 eingerichtet werden, so daß der Wegfall der Stellen hier nicht kompensiert wird, sondern im Gegenteil sogar noch mehr Stellen, wenn man beide Bereiche zusammenrechnet, wegfallen werden?

Wilhelm Rawe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001786

Frau Kollegin, ich kann Ihnen den Einzelfall natürlich nicht aus dem Stegreif beantworten. Hier dreht es sich um eine Gesamtmaßnahme von 1 000 haushaltswirksamen Kräften. Das bedeutet im Klartext: Wir stellen darauf ab, wieviel Arbeit in den einzelnen Stellen tatsächlich vorhanden ist oder auch nicht. Ich sehe jetzt schon gegenüber dem IstErgebnis des Jahres 1987 voraus, daß wir am Ende des Jahres 1988 in Wirklichkeit trotz dieser Verfügung keine Person weniger haben. Sie hat ja auch in erster Linie den Zweck, durch Umgruppierungen zur Abdeckung des Bedarfs in den verschiedenen Zweigen tatsächlich das Personal zur Verfügung zu halten.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Sie haben eine weitere Zusatzfrage, Frau Bulmahn.

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000305, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Können Sie deutlich machen und können Sie versichern, daß es sich bei dem von mir geschilderten Fall - darum ging es mir - nur um einen Einzelfall handelt und daß derartige Fälle, in denen eine solch massive Stelleneinsparung in einzelnen Postämtern stattfindet, nicht die Regel sind, und können Sie in diesem Zusammenhang auch deutlich machen, daß mit dieser Stellenkürzung keine Einschränkung des Leistungsangebots der Deutschen Bundesbahn verbunden ist, sei es im Zustelldienst, bei der Beförderungsdauer oder auch im Bereich der Datenkommunikation?

Wilhelm Rawe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001786

Frau Kollegin, ich bitte um Nachsicht, daß ich den Bereich der Bundesbahn natürlich nicht übersehen kann. ({0}) Das wollte ich nur deutlich machen. Ich kann Ihnen aber sicher sagen, daß keinerlei Einschränkung des Kundendienstes und der Güte dieses Dienstes damit verbunden ist. Ich kann Ihnen natürlich das, was Sie zu Beginn gefragt haben, nicht bestätigen. Denn das möchte ich erst nachprüfen. Ich bitte um Nachsicht, daß ich es ohne Nachprüfung nicht sagen kann.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage des Abgeordneten Stiegler.

Ludwig Stiegler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002248, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, Sie haben der Kollegin Bulmahn auf die Hauptfrage zusätzliche Informationen nach Detailrecherche zugesagt. Können Sie mir die entsprechenden Auswirkungen auch auf die Oberpostdirektionen Nürnberg, Regensburg und München mitliefern?

Wilhelm Rawe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001786

Herr Kollege, das tue ich selbstverständlich sehr gerne, weil Sie liebenswerterweise jetzt nicht die Beantwortung der Frage fordern. Diese Frage hätte auch nicht in einem Zusammenhang mit der ersten gestanden. Danke schön. Das tue ich.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage des Abgeordneten Jungmann.

Horst Jungmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001047, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß zu diesen mit dem Finanzminister vereinbarten Einsparungen von tausend Haushaltsstellen noch die einprozentige Stellenkürzung nach § 22 des Haushaltsgesetzes und die Wiederbesetzungssperre nach § 23 des Haushaltsgesetzes auch für die Deutsche Bundespost kommen und dadurch nicht nur tausend, sondern einige tausend Arbeitsplätze bei der Bundespost wegfallen und dadurch die Übernahme der Auszubildenden nicht gesichert ist?

Wilhelm Rawe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001786

Herr Kollege, es tut mir sehr leid, daß ich Ihnen jetzt folgendes sagen muß. Dieses Hohe Haus hat bei den Haushaltsberatungen ausdrücklich beschlossen, und zwar im Einvernehmen mit allen Fraktionen hier, daß die einprozentige Kürzung für den Bereich der Deutschen Bundespost nicht gelten soll. Das ist bei den Haushaltsberatungen des Einzelplans 13 so beschlossen worden.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Man fragt sich, warum uns das leid tun soll.

Wilhelm Rawe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001786

Es tut mir leid, daß ich den Kollegen darauf hinweisen muß, daß er offensichtlich die Verhandlungen des Hohen Hauses nicht mitbekommen hat.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das kann passieren. ({0}) Ich rufe die Frage 4 der Abgeordneten Frau Bulmahn auf: Was wird der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen zum Abbau des unverantwortlich hohen Überstundenaufkommens bei der Deutschen Bundespost ({1}) unternehmen, und wie soll künftig sichergestellt werden, daß die von Überzeitarbeit betroffenen Kolleginnen und Kollegen bei der DBP ihre Ausgleichsansprüche innerhalb eines angemessenen Zeitraums realisieren können?

Wilhelm Rawe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001786

Herr Kollege, ich bitte wirklich um Nachsicht, es ist so, wie ich es Ihnen gesagt habe: Es ist im Einvernehmen mit allen Fraktionen des Hauses hier so beschlossen worden. Frau Kollegin Bulmahn, zu Ihrer zweiten Frage. Das Überzeitarbeitsaufkommen bei der Deutschen Bundespost beträgt nur 1,4 % des gesamten Arbeitsvolumens bei der Deutschen Bundespost und liegt damit unter dem in der gewerblichen Wirtschaft üblichen Rahmen. Überzeit bei der Deutschen Bundespost dient im wesentlichen dazu, Unebenheiten eines nicht kontinuierlichen Verkehrsflusses aufzufangen und Schwierigkeiten bei plötzlichen Personalausfällen zu glätten. Eine wesentliche Verringerung des Aufkommens von Überstunden bei der Deutschen Bundespost ist deshalb praktisch nicht zu erreichen. Das liegt daran, daß die Überstunden von ihrer zeitlichen Lage und Dauer her fast ausnahmslos nicht voraussehbar sind, wie z. B. bei plötzlichem Ausfall von Kräften, unaufschiebbarer Störungsbeseitigung im Fernmeldedienst, bei Verspätungen auf Schiene und Straße oder auch bei überdurchschnittlich vielen Einlieferungen von Sendungen. Insgesamt kann von einem unverantwortlich höheren Überstundenaufkommen deshalb nicht gesprochen werden. Das Überstundenaufkommen wird ständig überwacht und auf das personalwirtschaftlich unvermeidbare Maß beschränkt. Im Jahr 1987 sind insgesamt 11,42 Millionen Stunden Überzeit aufgekommen. Davon sind 10,99 - also fast 11 - Millionen durch Freizeitgewährung oder durch Bezahlung abgegolten worden. Das Verhältnis Freizeitgewährung zur Bezahlung betrug 78,8 : 21,2. Die durch Freizeit ausgeglichene Überzeitarbeit ist arbeitsmarktpolitisch von besonderer Bedeutung. Der Freizeitausgleich führt nämlich unmittelbar zu Mehrbeschäftigung, weil an Stelle der in Freizeit befindlichen Kräfte im Betriebsdienst zusätzliche Kräfte eingesetzt werden müssen. So bewirkte der aus Überzeit resultierende Freizeitausgleich im letzten Jahr die zusätzliche Beschäftigung von rund 4 300 Arbeitskräften.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Frau Bulmahn.

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000305, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sie haben die Anzahl der Überstunden genannt: 11 Millionen im letzten Jahr. Was aber von Ihnen nicht genannt worden ist, ist die unverhältnismäßige Aufteilung dieser Überstunden auf Fernmeldeämter und Postämter. Ich habe in diesem Zusammenhang eine Frage an Sie, und zwar geht es konkret um die Postämter, auch sehr stark um Zustellbezirke. Zum Beispiel sind im Bereich Hannover im letzten Jahr 163 000 Überstunden angefallen. Betrachten Sie die hohe Zahl von 163 000 bei den Überstunden für ein einziges Postamt noch als verhältnismäßig? Hinzu kommt, daß diese Überstunden eben nicht in dem entsprechenden Maße durch Freizeit abgegolten werden konnten, weil schlicht und einfach das Personal nicht vorhanden war. Ist Ihrer Meinung nach diese hohe Überstundenzahl zu verantworten? Führt diese hohe Überstundenzahl nicht auch zu einer unverhältnismäßig hohen Belastung der Beschäftigten, was wiederum zu einem höheren Krankenstand führt, was wiederum zu einer höheren Zahl von Überstunden führt, so daß hier ein Teufelskreis in Gang gesetzt wird, den man dringend stoppen muß? Führt in diesem Zusammenhang nicht diese hohe Belastung der einzelnen Arbeitnehmer letztendlich wieder dazu, daß das Leistungsangebot der Bundespost nicht in dem Maße eingelöst werden kann?

Wilhelm Rawe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001786

Frau Kollegin, Sie haben eine Vielzahl von Fragen gestellt. Ich will versuchen, sie möglichst zusammenfassend zu beantworten. Ich haben Ihnen deutlich gemacht, daß wir bei etwa 11,5 Millionen Überstunden fast 11 Millionen ausgleichen. Das heißt, im Monatsdurchschnitt gleichen wir den Anfall fast aus. Wir setzen, um dazu in der Lage zu sein, 4 300 Vertreter ein. Daß es dabei im Einzelfall in einem Amt vielleicht zu Schwierigkeiten führen kann, kann ich nicht ausschließen. Ich habe Ihnen aber ausdrücklich gesagt, daß wir das sehr sorgfältig nachsteuern. Deswegen werde ich Ihre Zahlenangaben gerne zum Anlaß nehmen nachzuprüfen, warum dort solche annähernd ausgeglichenen Verhältnisse wie im Bundesgebiet nicht erreicht worden sind. Mehr kann ich Ihnen dazu im Moment wirklich nicht sagen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Sie haben eine weitere, wenn auch kürzere Zusatzfrage.

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000305, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Eine kurze Nachfrage: Ich kenne noch andere Beispiele, wo ebenfalls diese hohe Zahl an Überstunden vorhanden ist, die nicht ausgeglichen werden können, in Ihrer eigenen Zeitschrift, die Sie selber mitherausgeben, in der „Post-Praxis'', 5/88, ist das durch Zahlen noch einmal generell festgelegt. Ich möchte Sie fragen, wie Sie dafür sorgen wollen, daß in Zukunft auch in den einzelnen Postämtern, in den einzelnen Oberpostdikretionen nicht derartige Ungleichgewichte auftreten. Sie wissen sicherlich genauso wie wir, daß Durchschnittswerte oft die tatsächliche Situation verfälschen.

Wilhelm Rawe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001786

Frau Kollegin, ich habe zu unseren Mitarbeitern draußen im Lande so viel Vertrauen, daß die Amtsvorsteher und Personalräte schon dafür sorgen, daß das in der richtigen Weise geschieht.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Nun muß ich noch eine Schlußbemerkung machen: Ich muß mir sonst immer viel Mühe geben, die Staatssekretäre zu kurzen Antworten zu bewegen. In diesem Falle, Frau Kollegin, muß ich Sie einmal dazu bewegen, kürzere Fragen zu stellen. Wir sind damit am Ende dieses Geschäftsbereichs. Ich danke dem Staatssekretär für die Beantwortung der Fragen. Ich rufe nun den Geschäftsbereich des Bundesministers für Innerdeutsche Beziehungen auf. Der Abgeordnete Büchler ({0}) hat um schriftliche Beantwortung seiner Fragen 5 und 6 gebeten. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Ich rufe dann den Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung auf. Der Parlamentarische Staatssekretär Würzbach steht zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung. Ich rufe die Frage 45 des Abgeordneten Jungmann auf: Ist der Bundesregierung bekannt, daß die nuklearen Artilleriegranaten auf deutschem Boden modernisiert werden?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Präsident! Herr Kollege Jungmann, meine Antwort lautet: Ja.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Sie haben eine Zusatzfrage, Herr Jungmann.

Horst Jungmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001047, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich bin etwas erstaunt über die Schnelligkeit und die Antwort. Ich habe in der Drucksache mit den Fragen noch gar nicht so schnell umgeblättert. - Ich habe erst einmal keine Zusatzfrage.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Sie haben eine Zusatzfrage, Frau Fuchs? - Bitte schön.

Katrin Fuchs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000614, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, können Sie oder kann die Bundesregierung ausschließen, daß im Zuge der Modernisierung dieser atomaren Artillerie neutronenfähige, d. h. zu Neutronenwaffen umrüstfähige Sprengköpfe in die Bundesrepublik gebracht wurden oder gebracht werden sollen?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Ja.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Wollen Sie jetzt eine Zusatzfrage stellen, Herr Jungmann? - Nein? - Dann rufe ich jetzt Ihre Frage 46 auf: Wieviel Prozent der Kaliber 155 und 203 Millimeter sind schon bzw. werden bis Ende 1988 ausgetauscht?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege Jungmann, das Kaliber 155 mm wird überhaupt noch nicht produziert. Beim Kaliber 203 mm sind wir dabei, es auszutauschen; diese Austauschphase läuft. Ich darf hinzufügen, daß durch den Austausch eine erhebliche Verbesserung der Sicherheit u. a. beim Transport dieser Teile entsteht, eine schnellere Handhabung gewährleistet sein wird, die Treffgenauigkeit erhöht wird und - was für uns alle interessant ist - durch diese Eigenschaften eine Reduzierung in der Zahl vorgenommen werden wird.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Jungmann.

Horst Jungmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001047, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, können Sie hier dann auch einmal deutlich machen, wie groß die Reduzierung zahlenmäßig sein wird, wie groß die Wirkung der früher einsetzbaren Nuklearwaffen war und wie groß die Wirkung der jetzigen ist. Es kommt ja nicht nur auf die Zahl der Waffen an, sondern auf die Wirkungen. Hier geht es darum, ob sich die Wirkung der Waffen durch die Reduktion der Zahl reduziert.

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege, solche Dinge sind exakt am 24. Februar dieses Jahres im Unterausschuß vorgetragen worden und gehören in einen solchen Ausschuß und nicht ins Plenum.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Jungmann.

Horst Jungmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001047, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich würde gern einmal den Präsidenten fragen, ob die Regierung entscheidet, was hier hergehört und was in die Ausschüsse gehört. Herr Staatssekretär, ich hatte Sie nach den prozentualen Angaben gefragt, wieviel ausgewechselt, wieviel verringert worden sind. Sie weichen meinen Fragen wie immer aus und wollen die deutsche Öffentlichkeit darüber nicht informieren.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Herr Kollege, auch Sie müssen dann aber bei der Frage bleiben.

Horst Jungmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001047, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Stimmen Sie mit mir überein, daß es besser ist, die Öffentlichkeit exakter zu informieren, als in der Öffentlichkeit immer schwammig darzustellen, was alles getan wird, um damit Mißverständnisse auszuschließen?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege, ich habe auf Ihre Frage sehr klar geantwortet. Dinge, die dem Geheimschutz unterliegen, werden von unserer Regierung so gehandhabt, wie in der Zeit, als Ihre Partei die Regierung stellte. Dies zählt dazu. In dem Ausschuß haben wir - ich verweise noch einmal auf das genannte Datum - unter Nennen aller Grenzen und Eigenschaften alle Fraktionen darüber exakt informiert.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Jetzt hat zu einer Zusatzfrage der Abgeordnete Sellin das Wort.

Peter Sellin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002159, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Bekunden Sie mit dem Interesse, daß nukleare Artilleriegranaten auf deutschem Boden modernisiert werden, die Auffassung, daß Sie kein Interesse an einer atomwaffenfreien Zone haben?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Die Bundesregierung hat wiederholt deutlich gemacht, daß atomwaffenfreie Zonen oder waffenfreie Zonen auch anderer Kategorien unserer Sicherheitsvorstellung und unserer Sicherheitspolitik nicht entsprechen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Fuchs ({0}).

Katrin Fuchs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000614, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ich freue mich, daß Sie neutronenfähige Artillerie ausschließen. Aber da wir gerade über Mißverständnisse sprechen und wir die ja auch ausräumen wollen, möchte ich gerne wissen, ob Ihnen bekannt ist, daß die amerikanische Rüstungskontroll- und Abrüstungsbehörde neutronenfähige Sprengköpfe nicht als Neutronenwaffen definiert, und könnte es vor diesem Hintergrund vielleicht zu Mißverständnissen oder Irrtümern bei Auskünften kommen?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Frau Kollegin, ich habe an dieser Stelle nicht zu deuten, was wer in Amerika wie definiert. Ich wiederhole nur sehr klar, daß keine neutronenfähigen Munitionsteile hier bei uns stationiert werden.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Dann habe ich noch eine Zusatzfrage des Abgeordneten Scheer, bitte schön.

Dr. Hermann Scheer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001950, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wie erklären Sie sich, daß im letzten Abrüstungsbericht der Bundesregierung zwar ausführlich von Modernisierungen von Atomwaffen seitens des Warschauer Pakts die Rede ist, daß aber dadurch, daß von entsprechenden Dingen, etwa bei der nuklearen Artillerie, nicht die Rede ist, praktisch so getan wird, als würden sie im Westen nicht stattfinden? Das erweckt in der Öffentlichkeit doch einen falschen Eindruck.

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege, diesen Schluß kann ich daraus nicht ziehen. Wir haben hier überhaupt nichts versteckt und verborgen und haben seit dem Beschluß von Montebello 1983 alle Parlamentsgremien und auch die Öffentlichkeit über diese Notwendigkeit informiert.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Ich rufe Frage 47 des Abgeordneten Horn auf: Welche Absprachen bzw. Vereinbarungen sind für Modernisierung der nuklearen Artilleriegranaten zwischen den USA und der Bundesrepublik Deutschland bzw. in der NATO getroffen worden?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege Horn, die Absprachen und Vereinbarungen gehen auf den eben erwähnten Beschluß von Montebello 1983 zurück. Darüber sind alle Gremien dieses Parlaments umfangreich informiert, und zwar über alle Bestandteile des Montebello-Beschlusses. Einer war die Modernisierung des auf ein Mindestmaß zurückgeführten Bestandes. Daraus ergaben sich Handlungsanweisungen an die NATO, an den Oberbefehlshaber für einen Zeitraum von etwa fünf, sechs Jahren, der in einigen Teilen abgelaufen, in anderen noch nicht erreicht ist.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Horn.

Erwin Horn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000958, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ich möchte Sie fragen, ob es noch weitere, zusätzliche Absprachen nach Montebello über das Verfahren der Modernisierung gegeben hat?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege Horn, politisch erinnere ich daran - Sie haben das so lebendig wie ich verfolgt -, daß Montebello beim NATO-Gipfel im März 1988 und auch bei allen, die dazwischen stattgefunden haben, bekräftigt wurde. Daß sich die entsprechenden Gremien in der NATO, in denen auch wir vertreten sind, in der technischen Durchführung entsprechend der 1983 gegebenen Order jeweils damit befaßt haben, gehört zu dem normalen Ablauf in diesen NATO-Gremien.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Weitere Zusatzfrage, Herr Horn.

Erwin Horn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000958, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Können Sie mir sagen, wann und wo dies signifikant erfolgt ist?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Signifikant, Kollege Horn, ist es unmittelbar nach 1983 erfolgt, als dem SACEUR klare Vorgaben gegeben wurden, in welchem Zeitraum was bei welchen Systemen wie durchgeführt oder in die überlegende Planung eingegeben werden soll. Alles andere nachher war Ausführung dieser 1983 erfolgten Vorgabe.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Jungmann.

Horst Jungmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001047, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß die 1983 gemachten Vorgaben auch exakt durchgeführt worden sind, und, wenn Sie immer auf die Information der Gremien dieses Parlaments hinweisen, glauben Sie nicht, daß alle Abgeordneten ein gleiches Informationsrecht haben, oder gibt es Parlamentarier mit einem unterschiedlichen Informationsbedürfnis und mit unterschiedlichen Informationszugängen?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege Jungmann, es gibt eine besondere Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages bezüglich zu vermittelnder Information in dem Verteidigungsausschuß. Sie, der Sie bis vor einer Woche dort Mitglied waren, wissen, daß dort nicht einmal alle Kollegen unseres Parlaments Zutritt haben, und zwar wegen der besonderen Konstruktion und Situation dieses Ausschusses. ({0}) Daran hat sich die Regierung zu halten.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Wenn ich hier eine Zwischenbemerkung machen darf, dann die, daß man vom Präsidenten hier oben nicht verlangen kann, daß er bei einer hier ausgedruckten Frage weiß, was unter Geheimschutz steht und was nicht. Insofern muß ich mich auf das verlassen, was hier gesagt worden ist, und ich habe das bis jetzt getan. Wenn es dort Dinge gäbe, die nicht zutreffend sind, gäbe es hier die Möglichkeit, sie wieder aufzuwerfen, Herr Kollege Jungmann. Ich rufe dann die Zusatzfrage des Abgeordneten Scheer auf.

Dr. Hermann Scheer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001950, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, meine Zusatzfrage besteht aus zwei Elementen: Trifft es zum einen zu, daß die Beschlüsse von Montebello generelle Beschlüsse sind, in denen noch keine Einzelheiten festgelegt worden sind, und daß die Einzelheiten dann eher Stück für Stück durch die Nukleare Planungsgruppe der NATO festgelegt werden, und - wenn das zutrifft - wie erklärt es sich zum anderen, daß eine Modernisierung der atomaren Artillerie stattgefunden hat, im Grunde genommen eigentlich abgeschlossen ist und die parlamentarischen Gremien erst im Laufe dieses Jahres erstmals darüber informiert worden sind?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege, ich will gern zu den zwei Teilen Ihrer Frage antworten. Es ist nicht richtig, daß dort keine Einzelheiten beschlossen wurden. Ich erwähne einmal die klare Einzelheit, 1 400 atomare Gefechtsköpfe - da ist die Zahl ganz klar festgelegt worden - in einem bestimmten Zeitraum abzuziehen, was inzwischen ja erfolgt ist. Bei der Modernisierung wurde davon gesprochen - ich darf den Passus in Erinnerung rufen, wie er formuliert ist und wie er jedermann von Beginn an öffentlich bekannt war - : Damit dieser auf ein Mindestmaß zurückgeführte Bestand den bestmöglichen Beitrag zur Abschreckung leisten kann, müssen sowohl die Trägersysteme als auch die Gefechtsköpfe - nun kommen die üblichen Begriffe überlebensfähig, reaktionsfähig und wirksam sein. Hierauf aufbauend haben wir alle Gremien - alle - und auch die Öffentlichkeit informiert.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage des Abgeordneten Zumkley.

Peter Zumkley (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002608, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, welche Kosten entstehen der Bundesrepublik Deutschland für die Modernisierung dieser Artilleriegranaten?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Dies muß ich nachsehen lassen, Herr Kollege. Ihre Frage hat nicht direkt Bezug zu der Ausgangsfrage. Ich will Ihnen aber gern die Antwort geben.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Ich rufe Frage 48 des Abgeordneten Horn auf: Wann beabsichtigt die Bundesregierung, das Parlament über den Gesamtumfang der beabsichtigten bzw. stattfindenden Modernisierung von Nuklearen Kurzstreckenwaffen ({0}) zu informieren?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege Horn, wir haben in vielen ausführlichen Antworten - ich verweise ganz besonders auf die vom 24. Februar durch unseren Stabsabteilungsleiter, weil sie in dem Ausschuß zu Protokoll genommen wurde - über diesen Komplex informiert. Darüber hinaus hat es allein in diesem Jahr, auch hier in der Fragestunde, eine Vielzahl von Fragen beispielsweise der Kollegen Frau Fuchs, Erler, Jungmann und anderen aus Ihrer Fraktion gegeben. ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Herr Staatssekretär, zum Inhalt wollen Sie nichts sagen? Würzbach, Pari. Staatssekretär: Herr Präsident, ich kann über das hinaus, was ich soeben gesagt habe, im Detail nichts weiter sagen. Diese Sachen sind streng geheim. Sie sind im Ausschuß mit einem entsprechenden Stempel zum Protokoll versehen worden, und sie stehen allen Mitgliedern dort jederzeit zur Verfügung.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Sie haben noch eine Zusatzfrage, Herr Horn.

Erwin Horn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000958, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Können Sie hier wenigstens etwas über den Gesamtumfang der beabsichtigten bzw. stattfindenden Modernisierung der SNF sagen?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Ich kann Ihnen sagen, daß wir, was die Artilleriegranaten angeht, in der Phase der Umstellung sind - das habe ich soeben, bezogen auf die verschiedenen Millimetergrößen, ziemlich klar erläutert - und daß eine Entscheidung bezüglich der Kurzstreckenrakete - wenn Sie Lance damit meinen; eine andere kann nicht gemeint sein - noch nicht ansteht.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Sie haben eine weitere Zusatzfrage, Herr Horn.

Erwin Horn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000958, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Welche Gespräche sind inzwischen darüber geführt worden und mit welchem Inhalt?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Auf politischer Ebene sind keine Gespräche geführt worden, auf der Fachebene jedoch solche Gespräche, die in keiner Form verbindlich sind. Wir haben nachher noch eine ähnliche Frage zu behandeln. Wir haben den diesbezüglichen Streitkräftezielen - Sie kennen den Fachbegriff der NATO - nicht zugestimmt, sondern sie als „in Überlegung" gekennzeichnet.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zu einer Zusatzfrage Herr Jungmann.

Horst Jungmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001047, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, können Sie dem Deutschen Bundestag einmal erläutern, was die Wendungen „nicht zustimmen" und „in Überlegung befindlich" bedeuten?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Das ist ganz einfach zu erklären, Herr Kollege. ({0}) Die Fachleute sind natürlich dabei, eine Planung, die etwa Mitte des kommenden Jahrzehnts greifen muß, vorzubereiten, eine Planung, die wir aber in dem politischen Kontext als Verantwortliche - Primat der Politik in der Demokratie - nicht autorisiert haben. Wir haben sie nicht in dem Sinne autorisiert, daß jetzt bereits mit konkreten Schritten der Realisierung begonnen wird. Ich denke, das kann jedermann verstehen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zu einer Zusatzfrage Frau Fuchs.

Katrin Fuchs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000614, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sie sagten eben, Herr Staatssekretär, daß die Entscheidung über eine Modernisierung noch offen sei. Was ist offen: ob modernisiert wird oder womit modernisiert wird?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Eine Entscheidung darüber, ob, wann, wie modernisiert wird. Der gesamte Komplex ist offen und wird gründlich vorbereitet, wie eben erläutert. ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Scheer.

Dr. Hermann Scheer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001950, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, teilen Sie die Auffassung, daß der Begriff „Modernisierung" eigentlich ein nicht zutreffender Begriff ist, weil es sich tatsächlich doch um neue Rüstungen mit anderen Waffenkategorien handelt?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Diese Auffassung teile ich nicht.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Jetzt kommen wir zur Frage 49 des Abgeordneten Vahlberg: Beabsichtigt die Bundesregierung, das Luftabwehrsystem PATRIOT auch gegen unbemannte Luftkriegsmittel einzusetzen oder es zumindest so auszulegen, daß es zu solchen Einsätzen benutzt werden kann?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege Vahlberg, meine Antwort lautet: Ja!

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Haben Sie eine Zusatzfrage, Herr Vahlberg?

Jürgen Vahlberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002361, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich verstehe Sie dann also richtig in dem Sinne, Herr Staatssekretär, daß Sie beabsichtigen, die PATRIOT so auszulegen, daß sie in der Lage ist, unbemannte Objekte zu bekämpfen?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Sie verstehen mich richtig.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Sie haben eine weitere Zusatzfrage, Herr Vahlberg.

Jürgen Vahlberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002361, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sind Sie dann nicht der Auffassung, daß dies dem ABM-Vertrag widerspricht?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege Vahlberg, Ihre zweite Frage fragt konkret nach dem ABM-Vertrag. ({0}) Dazu lese ich Ihnen den Art. 2 vor, in dem deutlich folgendes steht: Im Sinne dieses Vertrages ist ein ABM-System ein System zur Bekämpfung anfliegender strategischer ballistischer Flugkörper . . . Das, worüber wir hier reden, ist weder „strategisch" noch „ballistisch".

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Herr Jungmann zu einer Zusatzfrage.

Horst Jungmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001047, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß Sie hier im Parlament auf die gleiche Frage der Abgeordneten Frau Kollegin Fuchs vor zwei Jahren für die Bundesregierung geantwortet haben, daß nicht beabsichtigt sei, die PATRIOT-Rakete zur Abwehr von unbemannten Luftkriegsmitteln einzusetzen?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Nein, das kann ich nicht bestätigen. ({0}) Ich müßte die Unterlagen nachlesen, Herr Kollege Jungmann. Das will ich auch gern tun.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Dann rufe ich jetzt die Frage 50 des Abgeordneten Vahlberg auf: Hat es Einsatzversuche des PATRIOT-Systems gegen anfliegende Raketenziele gegeben ({0}), und wie würde sich dies gegebenenfalls mit dem ABM-Vertrag vereinbaren lassen?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege Vahlberg, ich habe eben darauf hingewiesen: Ein Widerspruch zum ABM-Vertrag besteht nicht. Sie fragen aber auch noch nach den durchgeführten Versuchen. Solche Versuche hat es gegeben.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine Zusatzfrage.

Jürgen Vahlberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002361, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, können Sie dazu nähere Auskünfte geben, wann und wo diese Versuche erfolgt sind, in den Vereinigten Staaten oder wo sonst?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Sie sind in den Vereinigten Staaten erfolgt, sie sind besonders im letzten Jahr durchgeführt worden, und sie waren alle miteinander technisch erfolgreich.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage, Herr Vahlberg? - Das ist nicht der Fall. Die beiden Fragen 51 und 52 des Abgeordneten Kolbow brauchen nicht beantwortet zu werden, weil sie schriftlich beantwortet werden sollen. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Ich rufe dann die Frage 53 des Abgeordneten Dr. Scheer auf: Hat die NATO bei der Festlegung ihrer Streitkräfteziele für die Jahre 1989 bis 1994 neue atomare Kurzstreckenraketen als Streitkräfteziel beschlossen, und um welche Systeme handelt es sich dabei?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege Dr. Scheer, eine unmittelbare Entscheidung über die Nachfolgeplanung von Kurzstreckenraketen steht nicht an. Wir haben dieses Thema bereits vorhin durch Zusatzfragen erörtert. Deshalb haben wir die berühmten Streitkräfteziele bei der NATO als „noch in der Überlegung" - NATO-Fachbegriff „under consideration" - gekennzeichnet.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zu einer Zusatzfrage Herr Dr. Scheer.

Dr. Hermann Scheer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001950, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Die Frage lautete - um darauf jetzt noch einmal zurückzukommen, muß ich das in eine Zusatzfrage kleiden - : Ist das in das Streitkräfteziel aufgenommen oder nicht?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Es kann kein Streitkräfteziel sein, wenn die Regierung erklärt, daß dies noch „in Überlegung" ist. Wenn Sie eine konzentrierte Antwort, ein Ja oder ein Nein, haben wollen, sage ich Ihnen hierzu: Nein.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Weitere Zusatzfrage, Herr Dr. Scheer.

Dr. Hermann Scheer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001950, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Heißt das, daß die Kurzstreckenraketen bei den Streitkräftezielen zwischen 1989 und 1994 gar nicht aufgerufen sind?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege Scheer, dies heißt, daß die Überlegungen, die in diese Streitkräfteziele als Vorschlag eingegangen sind, natürlich auch dies beinhalten, als Planung der Fachleute, daß dies aber von den Ministern nicht gebilligt ist und es damit kein Bestandteil der verabschiedeten Streitkräfteziele ist.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage des Abgeordneten Jungmann.

Horst Jungmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001047, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, nach Ihrer jetzigen Antwort kann ich also davon ausgehen, daß die Modernisierung der Lance-Raketen nicht in das Streitkräfteziel der Vereinigten Staaten aufgenommen worden ist und dort also auch nicht drinsteht?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege Jungmann, wenn Sie über nationale Dinge verschiedener Bündnispartner reden, ist das das eine. Ich habe hier über die NATO-Steitkräfteziele, bei denen auch wir mitzureden haben, zu reden. Darauf bezieht sich auch hier die Frage.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage des Abgeordneten Horn.

Erwin Horn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000958, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Würzbach, Sie haben vorhin gesagt, daß das Ob, Wie oder Wann der Modernisierung, Lance-Nachfolge, noch offen sei: Wie erklären Sie sich dann die definitive Stellungnahme des Generalinspekteurs kürzlich in der „Süddeutschen Zeitung"?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Mir liegt die nicht vor, Herr Kollege. Und Sie verstehen, daß ich, ohne daß ich das nachlese, was er dort erklärt hat, keine Kommentare zu den Aussagen von ihm hier abgebe.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage des Abgeordneten Sellin.

Peter Sellin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002159, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Welche Anstrengungen haben Sie seitens der Bundesregierung im Rahmen internationaler Verhandlungen unternommen, den Abbau von Kurzstreckenraketen in Ost und West herbeizuführen?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege, so große und so erfolgreiche und so sichtbar erfolgreiche wie keine Bundesregierung vorher. Die Bundesregierung hat den NATO-Doppelbeschluß mit unterstützt, hat ihn mit realisiert, hat den Erfolg in Moskau mit allen NATO-Partnern deshalb mit herbeigeführt usw. Und wir werden uns in dem gesamten Bereich - also nicht nur bei den Kurzstreckenwaffen - der strategischen Waffen, der chemischen Waffen und eben auch der konventionellen Waffen bemühen, daß eine weitere Reduzierung auf beiden Seiten überprüfbar erreicht wird.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Frau Fuchs.

Katrin Fuchs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000614, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wären Sie, nachdem Sie das Interview des Generalinspekteurs in der „Süddeutschen Zeitung" gelesen haben und falls Sie feststellen, daß die Aussage, die der Abgeordnete Horn getan hat, zutrifft, bereit, die Äußerungen des Generalinspekteurs öffentlich zurückzuweisen?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Lassen Sie mich das einmal lesen. Dann werden wir mit dem General in der gebotenen Form reden, oder ich werde auch dem Kollegen Horn meine Auffassung dazu sagen. ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Jetzt kommt die Frage 54 des Abgeordneten Dr. Scheer. Hat die Bundesregierung einer Bestimmung atomarer Kurzstreckenraketen zum Streitkräfteziel der NATO für die Jahre 1989 bis 1994 zugestimmt? Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege Dr. Scheer, meine Antwort ist, wie Sie es nicht anders erwarten, nein.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine Zusatzfrage, Herr Dr. Scheer.

Dr. Hermann Scheer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001950, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sind bei der Festlegung der Streitkräfteziele überhaupt keine neuen atomaren Waffen genannt worden?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Es sind keine Beschlüsse in dem von Ihnen nachgefragten atomaren Kurzstreckenbereich gefaßt worden.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Weitere Zusatzfrage.

Dr. Hermann Scheer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001950, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Kann ich, wenn Sie sagen, es seien keine aus dem Kurzstreckenbereich genannt worden, Ihrer Antwort entnehmen, daß eventuell welche aus anderen Bereichen genannt worden sind?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege Scheer, der Antwort können Sie entnehmen, daß ich mich konkret auf Ihre Frage, die der Fragestunde hier zugrunde liegt, beziehe.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Frau Unruh, wollen Sie eine Zusatzfrage stellen? - Dann sind Sie jetzt dran.

Gertrud Unruh (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002358, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, mein Kollege Sellin meinte die atomaren Kurzstreckenwaffen in Ost und West, die dritte Null-Lösung.

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Frau Kollegin, ich nehme Ihre Frage, wenn es da Mißverständnisse gibt, gerne auf, um unsere Haltung zu verdeutlichen. Wir wollen keine dritte Null-Lösung, aber wir wollen eine möglichst starke Reduzierung der Kurzstreckenwaffen in Ost und West auf eine möglichst niedrige Obergrenze.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Jetzt kommt eine Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Fuchs ({0}).

Katrin Fuchs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000614, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, sind unter den möglichen anderen erwähnten Raketen zufällig Abstandsmarschflugkörper für Bomber?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Frau Kollegin, ich habe hier keine möglichen anderen Raketen erwähnt.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Jungmann.

Horst Jungmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001047, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, in der Frage geht es um Kurzstreckenraketen. Wir beide wissen, was unter Kurzstreckenraketen zu verstehen ist. Jetzt frage ich zusätzlich: Sind denn andere Nuklearwaffen außer Kurzstreckenraketen bei den Streitkräftezielen der USA verhandelt worden und, wenn ja, welche?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege Jungmann, Sie fragen nach den Zielen der USA. Für die kann ich hier nicht antworten. Für die NATO sage ich nein. ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Es tut mir leid, unser System ermöglicht nicht eine anschließende Diskussion oder Kommentierung! ({0}) Ich rufe Frage 55 des Abgeordneten Erler auf: Ist der Bundesregierung bekannt, ob der amerikanische Kongreß bereits Haushaltsmittel für die Entwicklung eines LanceNachfolgesystems genehmigt hat?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege Erler, der US-Kongreß hat Haushaltsmittel für die Nachfolge in der konventionellen Rolle bereitgestellt. Für die Entwicklung eines nuklearfähigen Nachfolgesystems für Lance gibt es nach unserer Kenntnis lediglich Mittel, um Studien durchzuführen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine Zusatzfrage, Herr Erler.

Dr. h. c. Gernot Erler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000489, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß es im Kongreß die Übung gibt, daß vor der Aufnahme eines neuen Waffensystems in die Streitkräfteziele eine solche Bereitstellung von Haushaltsmitteln gefordert wird?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Ich kenne diese Usancen nicht, Herr Kollege. ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Erler? ({0}) - Dann eine Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Fuchs.

Katrin Fuchs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000614, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wie beurteilt die Bundesregierung die Aussage des amerikanischen Generals Kavanaugh vom Energieministerium, die er in einer Kongreß-Anhörung am 21. März 1988 machte und die lautet - ich zitiere - : Und wir prüfen die Möglichkeit, daß Pershing II der Sprengkopf sein könnte, den wir anpassen können, um SACEURs Bedürfnisse zu erfüllen. Das könnte das sein, was als Nachfolgesystem für Lance benutzt wird.

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Frau Kollegin, es gibt da alle möglichen Überlegungen von allen möglichen Menschen, auch von sehr unkompetenten. Ich sage hierzu, daß wir die Pershing II in einem festen Fahrplan - dieser Fahrplan ist seit 1. Juni im Kalender völlig festzumachen - innerhalb der nächsten 36 Monate aus Europa völlig abgezogen und vernichtet haben werden. ({0}) - Die gehören dazu! ({1})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Scheer.

Dr. Hermann Scheer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001950, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung über das hinaus, was ihr hinsichtlich der Haushaltsmittel für die Entwicklung eines LanceNachfolgesystems bekannt ist, bekannt, ob es bereits Haushaltsmittel für luftgestützte atomare Kurzstrekkenraketen gibt?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Das ist mir nicht bekannt, Herr Kollege.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Herr Jungmann zu einer Zusatzfrage.

Horst Jungmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001047, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß im INF-Vertrag vereinbart worden ist, daß die Sprengköpfe zwar in ihre Einzelteile - Navigationssystem und nuklearer Sprengsatz - zerlegt werden, aber nicht vernichtet werden?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege, wir haben nachher die Frage eines Kollegen aus der Fraktion DIE GRÜNEN genau zu diesem Thema.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Ja, wir kommen nachher noch einmal darauf. Ich rufe Frage 56 des Abgeordneten Erler auf: Ist der Bundesregierung bekannt, ob der amerikanische Kongreß die Genehmigung der Haushaltsmittel für die nukleare Komponente eines Lance-Nachfolgesystems davon abhängig gemacht hat, daß eine vorherige Aufnahme eines solchen Waffensystems in das NATO-Streitkräfteziel für die Jahre 1989 bis 1994 erfolgt?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege Erler, meine Antwort ist: Nein.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine Zusatzfrage, Herr Erler.

Dr. h. c. Gernot Erler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000489, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß in der Bundesregierung die Auffassung besteht, daß überhaupt keine atomare Nachfolge des LanceSystems erwartet wird?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Nein, Herr Kollege, diese Entscheidungen sind noch nicht gefallen. Wir stehen in Überlegungen und werden beraten. Dann werden wir über mögliche alternative Vorschläge politisch zu gegebener Zeit entscheiden.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Erler.

Dr. h. c. Gernot Erler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000489, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, können Sie es bewerten, daß heute der Bundesminister der Verteidigung im Verteidigungsausschuß geäußert hat, daß es keine atomare Nachfolge des Lance-Systems geben wird?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege, wie immer Sie sich der Frage nähern: Hierüber wird zu gegebener Zeit entschieden.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Scheer.

Dr. Hermann Scheer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001950, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wie erklären Sie sich, daß der Bundesregierung - gemäß Ihrer Antwort - nicht bekannt ist, ob der amerikanische Kongreß die Genehmigung der Haushaltsmittel für die nukleare Komponente eines Lance-Nachfolgesystems davon abhängig gemacht hat, daß eine vorherige Aufnahme eines solchen Waffensystems in das NATO-Streitkräfteziel für die Jahre 1989 bis 1994 erfolgt, wie es in der Frage des Kollegen Erler hervorgehoben wurde? Wie erklären Sie sich, daß der Bundesregierung dies nicht bekannt ist, aber der Opposition bekannt ist?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Wenn es so ist, wie Sie sagen, ist die Erklärung auch hier, Herr Kollege, einfach, nämlich daß Sie sich, auf Grund welcher engen Verbindung auch immer, gründlich informiert haben. Ich nehme gern zur Kenntnis, daß Sie sagen, Sie hätten Unterlagen darüber, daß eine solche Bedingung im Kongreß verabschiedet worden sei. Uns im Verteidigungsministerium liegt diese nicht vor.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das ist selbst für einen Präsidenten spannend, der hier nur zu leiten hat. Wir werden Weiteres erleben. Die Fragen 57 und 58 brauchen nicht beantwortet zu werden, weil die Kollegin Dr. Hartenstein schriftliche Antworten haben will. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Ich rufe die Frage 59 der Frau Abgeordneten Oesterle-Schwerin auf: Wann werden die Pershing II Raketen aus den Wiley Barracks in Neu-Ulm abtransportiert?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Frau Kollegin, der Vertrag ist jetzt am 1. Juni durch Austausch der Ratifizierungsurkunden in Kraft getreten. Ich darf noch einmal sagen: ein großer Erfolg der NATO und der Bundesregierung. Der Abzug wird in zwei Phasen vollzogen. In dem Art. 4 sind Einzelheiten geregelt. Die erste Phase dauert 29 Monate, die zweite sieben. Bei Abschluß der Phase 1, am 1. November 1990, dürfen beide Seiten nur noch über Flugkörper mit einer Maximalzahl von 200 Gefechtsköpfen verfügen. Am Ende der Phase 2 haben alle Raketen der entsprechenden Reichweite weg zu sein, d. h. konkret am 1. Juni 1991. Diese Dinge sind bereits zwischen den Partnern im Grundsatz abgestimmt. Einzelheiten, wann, wo, was in welchem Wechsel erfolgen wird, sind noch im Abstimmungsprozeß.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Frau Oesterle-Schwerin.

Jutta Oesterle-Schwerin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001637, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Wenn die Raketen bis 1991 weg sein sollen: Welche Notwendigkeit sieht die Bundesregierung denn dann in der unver5500 mindert weitergehenden Manövertätigkeit mit Pershing II im Raum Neu-Ulm und Ulm?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Frau Kollegin, Sie fragen nach Manövertätigkeit, Sie fragen auch nach Baumaßnahmen. Die gehen durch die neue Lage, die vor wenigen Tagen eingetreten ist, nicht in unverminderter Form weiter. Daß in einem begrenzten Umfang auch geübt, daß die Sicherheit gewährleistet werden muß, daß bestimmte Dinge technisch fertiggestellt werden müssen, versteht sich von selbst.

Jutta Oesterle-Schwerin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001637, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Halten Sie es nicht für sinnlos, das fortzusetzen, wenn der Abzug ohnehin schon beschlossen ist?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Sinnloses werden wir nicht durchführen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Fuchs.

Katrin Fuchs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000614, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, könnte es sein, daß die Bauarbeiten weitergehen, weil unter Umständen beabsichtigt ist, das Nachfolgesystem der Lance dort unterzubringen?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Frau Kollegin, ich will gern auf Ihre Frage antworten. ({0}) - Sie hat ja keinen direkten Bezug. ({1}) Aber ich beantworte sie deshalb gern, weil der Abzug durch sowjetische Beobachter überwacht wird, umgekehrt ähnlich drüben. ({2}) Sie wissen, wenn die Waffen weg sind, haben die Sowjets 13 Jahre lang das Recht, in bestimmten Rhythmen dort zu erscheinen und diese Anlagen zu inspizieren. ({3}) - Das beantwortet die Frage sehr wohl. ({4}) Ich kann mir nicht vorstellen, daß die Amerikaner in Übereinstimmung mit uns ein mögliches Nachfolgesystem einer nicht wenig sensiblen Waffenart in eine Anlage stellen, in die nach verbrieftem Recht des Vertrages die Sowjetunion immer wieder hineingehen darf. ({5}) Das gehörte schon zur Antwort.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Jetzt kommt zunächst die Zusatzfrage des Abgeordneten Sellin.

Peter Sellin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002159, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Setzt die Bundesregierung Finanzmittel dafür ein, daß die Infrastruktur für die Pershing II wieder zerstört wird?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Wie die Anlagen verwendet werden, wer sie verwendet, bedarf noch der Entscheidung. Insofern kann diese Frage nicht beantwortet werden. Die Anlagen gehören den Amerikanern. Sie sind mit NATO-Mitteln - dabei ein bestimmter Prozentsatz, um die 25 %, auch von uns - erstellt worden. Es muß entschieden werden: Wo machen wir etwas?

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage des Abgeordneten Jungmann.

Horst Jungmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001047, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, können Sie mir die technisch notwendigen Weiterbaumaßnahmen an diese Anlage erklären, nachdem Sie auf die zweite Frage der Frau Kollegin Fuchs sagten: Wir werden nach drei Jahren diese Anlage nicht mehr nutzen, und die Sowjets dürfen diese Anlage 13 Jahre kontrollieren. Was soll da technisch notwendig und sinnvoll sein? „Geld rausschmeißen" würde ich das nennen.

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege Jungmann, ich hoffe, die Antwort wird Sie von einem anderen überzeugen: Dinge aus dem sanitären Bereich, Dinge aus dem Umweltschutzbereich - es ist eine Menge Fläche betoniert worden, Hallen, Dächer sind dazugekommen - werden fortgesetzt, Regenrückhaltebecken und ähnliches müssen gebaut werden. Nur solche Dinge sind es. ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Scheer.

Dr. Hermann Scheer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001950, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, würden Sie es nicht für sinnvoller halten, sich sehr frühzeitig Gedanken über eine vernünftige Verwendung der - jetzt noch - Pershing-Il-Standorte und CruiseMissiles-Standorte zu machen und der Öffentlichkeit mitzuteilen, was damit geschieht, damit die Bundesregierung nicht ständig mit weiteren Verdächtigungen konfrontiert wird, deren Wahrheitsgehalt man ja nicht genau nachprüfen kann?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Ich halte beide Punkte, die Sie nennen, für richtig, und es ist klug, darauf hinzuweisen. Das sind Dinge, hinsichtlich deren die Bundesregierung im Augenblick mit den Partnern in der Abstimmung steht.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine Zusatzfrage, Frau Teubner.

Maria Luise Teubner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002308, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, Sie haben es mit Sicherheitsüberlegungen begründet, daß weiterhin Manöver durchgeführt werden. Ich würde gerne wissen: Was wird in diesen Manövern geübt? Wäre es nicht am sichersten - solange die Raketen nun einmal noch da verbleiben müssen -, wenn man sie unverrückt an dem Ort beließe und mit ihnen nicht noch in der Gegend herumführe?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

In der Gegend werden wir so wenig wie vorher mit scharfen Raketen herumfahren, Frau Kollegin. Aber die Durchführung von Überprüfungen - das ist ja eine militärische AusParl. Staatssekretär Würzbach bildung und Übung - muß im Interesse der Sicherheit ständig vorgenommen werden.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Wir kommen zur Frage 60 der Abgeordneten Frau Oesterle-Schwerin: Aus welchem Grund gehen die Bauarbeiten am Pershing II Depot in Neu-Ulm - trotz Unterzeichnung des INF Abkommens - unvermindert weiter?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Die Bauarbeiten gehen - wie bereits angesprochen - nicht unvermindert weiter. Die aus NATO-Mitteln zu erstellenden Bauten sind sämtlich abgeschlossen. Konkret in Neu-Ulm - danach fragen Sie - werden u. a. Waschanlagen für Soldaten und Feuerlöschanlagen erstellt. ({0}) - Hier ist nach Neu-Ulm gefragt worden, und Sie fragten nach anderen Stellungen, Herr Kollege. Ich habe einen Fächer von Maßnahmen genannt. ({1})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Lieber Kollege Jungmann, ich finde das, was Sie uns vortragen wollen, ja sehr lebhaft. Aber es paßt nicht in unsere Regeln. Eine Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Oesterle-Schwerin. ({0})

Jutta Oesterle-Schwerin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001637, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, ich möchte gerne wissen, welcher Bestimmung das Depot nach Abzug der Pershing-II-Raketen zugeführt werden soll.

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Frau Kollegin, das werden wir Ihnen, dem Parlament - das ist eben vom Kollegen Dr. Scheer schon gefragt worden - und der Öffentlichkeit nach Festlegen der zukünftigen Verwendung so früh, wie es geht, mitteilen. ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Sie haben eine weitere Zusatzfrage.

Jutta Oesterle-Schwerin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001637, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Können Sie mit Sicherheit zusagen, daß das Depot nach Abzug der Pershing-II-Raketen nicht für die Aufstellung von Kurzstreckenraketen vorgesehen ist?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Ich verweise in diesem Zusammenhang auf meine Antwort auf die Frage der Kollegin Fuchs.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Erler.

Dr. h. c. Gernot Erler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000489, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, meine Frage bezieht sich darauf, daß die Sowjetunion bekanntlich schon vor der Ratifizierung des INF-Abkommens - man kann sagen - demonstrativ für die Öffentlichkeit einen teilweisen Abzug vollzogen hat: Fürchten Sie nicht um das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland, wenn jetzt in der Weltöffentlichkeit eine Diskussion über Weiterbau und Weiterverwendung der Pershing-Standorte hier dokumentiert und belegt wird?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Nein, Herr Kollege, und zwar deshalb nicht, weil die aufmerksam beobachtende und sachliche Weltöffentlichkeit sehr wohl weiß, daß wir nicht nur demonstrativ ein paar, sondern eine riesengroße Anzahl - sie wurde vorhin genannt: über 2 000 - von atomaren Gefechtsköpfen bereits einseitig vorleistend abgezogen haben und die Diskussion über die weitere Verwendung von Liegenschaften, von Anlagen, von Kasernen etwas völlig anderes ist als das, was jetzt in Moskau vertraglich vereinbart wurde.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Sellin.

Peter Sellin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002159, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ist die Bundesregierung bereit, dem Ulmer Stadtrat die Möglichkeit zu geben, sich davon zu überzeugen, welche Baumaßnahmen dort noch durchgeführt werden und daß sie keinen militärischen Charakter haben?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege, Sie wissen um den Zugang zu solchen Anlagen, wie er in allen NATO-Staaten üblich ist. Davon werden wir nicht abweichen. Wir geben offen Informationen. Just zu dieser Zeit läuft in Mutlangen ein Gespräch über all diese Themen, die damit zusammenhängen, auch Neu-Ulm betreffend. Ich bin sicher, daß auch aus der dortigen Region Vertreter der Öffentlichkeit und der Presse zu dem Gespräch in Mutlangen geladen sind.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Die Fragen 61 und 62 des Abgeordneten Gerster ({0}) sollen schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Präsident, darf ich sehr herzlich um folgendes bitten? - Ich habe vorhin bei einer Frage des Kollegen Jungmann auf diesen Komplex verwiesen. Darf ich jetzt die Antwort geben? Sie ist kurz. ({0}) Der Kollege Jungmann fragte nach dem Zerstören der Gefechtsköpfe. Da habe ich gesagt, ich antworte hier darauf. Es sind zwei Sätze.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das fällt unter die GersterFrage?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Ja.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Dann machen wir das eben.

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege Jungmann, ich zitiere hier einmal wörtlich aus der Vorlage: Aus den Gefechtsköpfen werden jeweils die nuklearen Sprengladungen sowie die Lenk- und Steuereinrichtungen ausgebaut, bevor die Gefechtsköpfe zerstört werden. Sie werden zerstört. ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Wir können daraus jetzt keine Frage machen. Das geht auf das Konto des Kollegen Gerster. ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Jetzt rufe ich die Frage 63 des Abgeordneten Zumkley auf: Hat der Kommandeur der MAD-Gruppe III, Oberst Maroldt, anläßlich der Suspendierung vom Dienst von zwei MAD-Mitarbeitern im November 1987 von einem „politischen Opfer" gesprochen, und was ist in diesem Zusammenhang darunter zu verstehen?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege Zumkley, diese Äußerung hat der Oberst - so auch seine dienstlich abgegebene Erklärung - nicht gemacht.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Zumkley.

Peter Zumkley (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002608, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, die schriftliche Aussage eines Zeugen, der nicht Betroffener ist, zu den Äußerungen des Kommandeurs der MAD-Gruppe III zur Kenntnis zu nehmen, und dann gegebenenfalls weiter zu ermitteln?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Ja.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Sie haben eine weitere Zusatzfrage, Herr Zumkley.

Peter Zumkley (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002608, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Warum sind zwei Soldaten, ein Kapitänleutnant und ein Hauptbootsmann, aus dem MAD entfernt worden?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege, der Hauptbootsmann hat gesundheitliche Probleme. Da läuft ein Dienstuntauglichkeitsverfahren. Der andere Soldat ist inzwischen in das WBK III - glaube ich - versetzt worden. Über die Gründe haben wir hier öffentlich auch aus datenschutzrechtlichen und fürsorgerechtlichen Gründen nicht zu reden.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Horn.

Erwin Horn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000958, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, ob die beiden entlassen worden sind, um größere politische Probleme zu vermeiden?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege, dies ist nicht der Fall. ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage des Abgeordneten Jungmann.

Horst Jungmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001047, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist es in der Bundeswehr üblich, daß, wenn Disziplinarverfahren eingeleitet sind oder die Einleitung eines disziplinargerichtlichen Verfahrens geprüft wird, die Soldaten kurzfristig aus der Dienststelle heraus in eine andere abkommandiert werden und daß dann die Kommandierung, nachdem das Disziplinarverfahren noch nicht abgeschlossen ist, in eine Versetzung umgewandelt wird?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege, wie immer, wenn ein Einzelfall betrachtet wird, will ich das nicht verallgemeinern. Sie fragen: Ist das in der Bundeswehr üblich? - In manchen besonderen Fällen und erst recht in solchen, in denen die Aufgaben ganz besondere sind, bietet es sich geradezu an, im übrigen zuweilen auch zum Schutze der Personen, über die wir hier möglicherweise reden, sie nicht in einer bestimmten Vorgesetzteneigenschaft bei entsprechenden laufenden Ermittlungen oder Verfahren zu belassen. Solche Einzelfälle kann es geben, und sie müssen von Fall zu Fall abgewogen werden.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Ich rufe die Frage 64 des Abgeordneten Zumkley auf: Wie nimmt die Bundesregierung zu dem durch die Aussage von Oberst Dunkel - „Nachforschungen anhand der gemäß den datenschutzrechtlichen Vorschriften noch verfügbaren Unterlagen haben ergeben, daß der MAD die genannten Persönlichkeiten nicht observiert hat" - vermittelten Eindruck Stellung, es seien möglicherweise nicht mehr alle Unterlagen vorhanden und überprüfbar?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege Zumkley, mit dieser Aussage aus einer sehr frühen Antwort, die der Leiter des Pressestabes gab, sollte zum Ausdruck gebracht werden, daß erforderliche Akten und gespeicherte Daten nur noch eingeschränkt zur Verfügung standen, da sie auf Grund datenschutzrechtlicher Regelungen oder wegen bestehender Verwaltungsbestimmungen routinemäßig und den Vorschriften gehorchend zu vernichten waren. Dies war es, was der Pressesprecher mit der Formulierung deutlich zu machen beabsichtigte.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Zumkley.

Peter Zumkley (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002608, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ist die Bundesregierung bereit, Herr Staatssekretär, alle Akten in dieser Angelegenheit den dafür zuständigen Gremien des Parlaments vorzulegen, nachdem doch der Verdacht aufgetaucht ist, daß mittlerweile Akten bereinigt bzw. vernichtet sein könnten?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Wir haben hier nichts zu verstecken, und wenn ein solcher Verdacht dadurch ausgeräumt werden kann, daß wir Sie da einsehen lassen, dann will ich dies gern veranlassen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Weitere Zusatzfrage, Herr Zumkley.

Peter Zumkley (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002608, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, kann die Bundesregierung bestätigen, daß es Observationsvorgänge gibt, die nicht aktenkundig gemacht werden?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege, dies hat keinen direkten Bezug zu der Frage. Ich müßte mich, da ich im Ministerium für diesen Bereich nicht originär zuständig bin, sachkundig machen, bevor ich Ihnen hier eine klare Antwort gebe.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Jungmann.

Horst Jungmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001047, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, da der hier in Frage stehende Zeitraum der Aktenüberprüfung ja ein sehr kurzer war - es war teilweise nicht einmal ein Jahr vergangen - : Können Sie noch einmal deutlich machen, nach welchen Zeiten bei der öffentlichen Hand welche Akten vernichtet werden müssen? Es gibt ja Aufbewahrungspflichten bis zu zehn, fünfzehn Jahren und darüber hinaus. Also kann es sich bei der Aussage von Oberst Dunkel nicht um Dinge gehandelt haben, die Jahrzehnte zurückliegen.

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege, hier geht es u. a. um Vorgänge, die schon sehr lange zurückliegen, viele Jahre. Ich habe die Möglichkeit, Ihnen auf Ihre Frage hin ein paar Daten zu sagen. So ist eine bestimmte Kartei mit über 50 000 Eintragungen 1983 nach einer Diskussion, die wir auch hier geführt haben, vernichtet worden. Es sind entsprechend den Gesetzen und durch Entlastung durch den Deutschen Bundestag ebenfalls eine ganze Menge Unterlagen bis einschließlich 1984 bereits rechtmäßig vernichtet worden.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage des Abgeordneten Erler.

Dr. h. c. Gernot Erler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000489, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, nachdem Sie eben auf die zweite Frage des Kollegen Zumkley darauf hingewiesen haben, daß Sie sich erst kundig machen müssen, dem Kollegen Zumkley auf seine zweite Zusatzfrage eine schriftliche Antwort zu geben?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Ja, sicher.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Hirsch.

Dr. Burkhard Hirsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000908, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, darf ich mich vergewissern, ob Sie mit den vernichteten Unterlagen die sogenannte Basisdatei „Zersetzung" meinen.

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Die meine ich.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Ich rufe die Frage 65 des Abgeordneten Leonhart auf: Trifft es zu, daß die Ehefrau eines des vom Dienst suspendierten Mitarbeiters der MAD-Gruppe III für den MAD tätig gewesen ist, und wenn ja, auf welcher Grundlage?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege Leonhart, wenn die Feststellung in Ihrer Frage dahin gehend zu verstehen ist, daß die Ehefrau eines dem MAD angehörenden Offiziers eigenständig für den MAD ermittelt habe, dann muß ich dies mit Nein beantworten. Es sind aber - das will ich hinzufügen - in einigen Fällen als Begleitpersonal Ehefrauen von MAD-Angehörigen, um diese bei ihrer Beobachtungstätigkeit weniger auffällig erscheinen zu lassen, auf Grund freiwilliger Entscheidung - ich will auch hinzufügen: rechtlich zulässig - mitgegangen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Leonhart.

Günther Leonhart (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001330, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß ein Antrag des Hauptbootsmanns für eine Nebentätigkeit nicht bearbeitet bzw. nicht beantwortet wurde?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege, die Antwort kann ich aus der Frage nicht ableiten. Deshalb kann ich Ihnen dazu auch nichts sagen. ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Sie haben eine weitere Zusatzfrage.

Günther Leonhart (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001330, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Hat der Kommandeur der MAD-Gruppe III versucht, den Kapitänleutnant dazu zu bringen, daß seine Frau die Agentur bzw. Detektei innerhalb eines Tages aufgibt, indem er ihm mit der Entfernung aus dem MAD gedroht hat?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege, hierüber liegen mir keine Erkenntnisse vor. Ich habe sie auch nicht entsprechend aufbereiten lassen, weil das aus der Frage nicht zu ersehen war. ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage des Abgeordneten Jungmann.

Horst Jungmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001047, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß beim Tätigwerden der Observanten - „Tätigwerden" kann verschiedene Formen bedeuten; nicht nur selbständig für den MAD, sondern auch in Begleitung oder als Tarnung - auch Kinder der Observanten eingesetzt worden sind? Trifft es zu, daß der im „Stern" in zwei Artikeln beschriebene Fall sich nicht auf das Jahr 1983 und die Zeit davor bezog, sondern auf die Jahre 1986 und 1987?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege Jungmann, bezüglich der Kinder kann ich keine Auskunft geben. Aber was das Datum angeht, so geht aus meinen Unterlagen hervor, daß sich dies im Jahr 1980 abgespielt hat.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Ich rufe die Frage 66 des Abgeordneten Leonhart auf: Wurde gegen das Nachrichtenmagazin „stern" Strafantrag gestellt, wie das Bundesministerium der Verteidigung wiederholt als bereits geschehen gemeldet hat, und wenn ja, mit welcher Begründung?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege Leonhart, ich sage: Ja. Am 25. Mai 1988 haben wir bei der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Hamburg gegen alle für den Inhalt des Artikels und seine Verbrei5504 tung Verantwortlichen Strafantrag wegen übler Nachrede gestellt. ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Keine Zusatzfrage? Leonhart ({0}): Nein.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Sie wollen eine Zusatzfrage stellen, Herr Jungmann? - Bitte schön.

Horst Jungmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001047, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, der Fall, den Sie meinen, ist, so haben Sie gesagt, im Jahr 1980 gewesen. Der Fall, um den es hier geht, daß zwei Soldaten aus dem MAD kommandiert worden sind oder daß gegen sie ein Dienstunfähigkeitsverfahren und Disziplinarmaßnahmen laufen, ist mir durch eine Presseerklärung des Verteidigungsministeriums vom 29. November 1987 bekanntgeworden. Darauf beziehen sich die Fragen und nicht auf Dinge von 1980, die mit der Zersetzungsdatei und anderem zu tun haben. Ich habe den Eindruck, Sie wollen sich wieder einmal - wie schon vorhin - herausreden.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Herr Kollege Jungmann, ich bin beim Zulassen von Zusatzfragen sehr großzügig. ({0}) Aber so geht's nicht. Das war keine Zusatzfrage, sondern eine Kommentierung zu einer vorher abgehandelten Frage. Insofern kann ich den Staatssekretär nicht verpflichten, zu antworten. Ich rufe die Frage 67 des Kollegen Sellin auf: Insistiert die Bundesregierung durch die Ausübung des Doppelmandats durch den Bundesminister der Verteidigung, Dr. Scholz, und dessen Mitgliedschaft im Berliner Abgeordnetenhaus, insbesondere anläßlich der Mitwahl eines Senators für Justiz und Bundesangelegenheiten in Berlin/West im Abgeordnetenhaus, auf der politischen Auffassung, daß der Bundesminister der Verteidigung Kompetenzen in Berlin/West beansprucht?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege Sellin, meine Antwort ist: Nein. Der Bundesminister der Verteidigung hat in Berlin ({0}) keine Kompetenzen und beansprucht solche naturgemäß auch nicht. Wenn Minister Dr. Scholz sein Abgeordnetenmandat in Berlin wahrnimmt, geschieht dies im Rahmen des besonderen Status von Berlin und der Verfasssung von Berlin. Hieraus folgt, daß die Aufgaben des Bundesministers der Verteidigung von vornherein nicht berührt sind. Denn solche Zuständigkeiten des Verteidigungsministers bestehen in Berlin nicht.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Sellin.

Peter Sellin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002159, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Will der Bundesverteidigungsminister mit diesem demonstrativen Akt die Auffassung vertreten, daß Berlin ({0}) ein Bundesland wie jedes andere ist, und will er den Viermächtestatus der ganzen Stadt praktisch so verändern, wie es die DDR mit Berlin ({1}) als Hauptstadt der DDR und integriertem Teil der DDR bereits vollzogen hat?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege, meine Antwort war sehr klar. Der Bundesminister beabsichtigt all dies, wonach Sie fragen, in keiner Weise, sondern er beachtet die besondere Berliner Rechtssituation.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Sie haben eine weitere Zusatzfrage, Herr Sellin.

Peter Sellin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002159, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Sieht der Verteidigungsminister Scholz in dem entmilitarisierten Status der gesamten Stadt Berlin - also Ost und West - einen zu verteidigenden vorteilhaften Zustand, oder will er den entmilitarisierten Status für Berlin ({0}) langfristig aufheben?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Das letzte will er auf gar keinen Fall. Das habe ich soeben hier bereits zweimal deutlich gemacht. Sie wissen, daß gerade unser neuer Verteidigungsminister ein besonders rechtskundiger Mann ist, und Sie können sicher sein, daß er sich von Anfang bis Ende an das Recht ganz besonders halten wird.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Hirsch.

Dr. Burkhard Hirsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000908, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, angesichts des verfassungsrechtlichen Gebots der Trennung zwischen Bundestag und Bundesrat frage ich die Bundesregierung, ob sie es für zulässig hält, daß ein Mitglied der Bundesregierung an der Wahl eines Mitglieds des Bundesrats teilnimmt.

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Für rechtlich zulässig, Herr Kollege, wobei eine interessante politische Diskussion sicher über das geführt werden kann, was wir in unseren Fraktionen - ich weiß nicht, ob in allen; aber ich kenne viele Beispiele aus mehreren Fraktionen - hier in einer ähnlichen Zusammensetzung schon häufiger hatten. ({0}) Kollege Hirsch, lassen Sie mich darauf hinweisen, daß beispielsweise auch der Vizekanzler und Außenminister Brandt, auch auf der Regierungsbank sitzend, in Berlin das Mandat gehabt hat, für gar nicht kurze Zeit übrigens.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Scheer.

Dr. Hermann Scheer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001950, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ausgehend davon, daß es immer einmal gewisse Zeiten gab, wo Mitglieder der Bundesregierung ihr Landtagsmandat, so sie eines hatten, vorher nicht niedergelegt haben, frage ich: Ist Ihrer Aussage zu entnehmen, daß daraus ein Dauerzustand beim neuen Verteidigungsminister werden soll?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Nein.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Dr. Hamm-Brücher.

Dr. Dr. h. c. Hildegard Hamm-Brücher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000793, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Durch das klare Nein des Herrn Staatssekretärs auf die Frage des Kollegen Scheer ist das erledigt. ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Sie hatten schon zwei, Herr Sellin. Jedenfalls wird mir das hier noch einmal bestätigt. Eine Zusatzfrage von Herrn Erler.

Dr. h. c. Gernot Erler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000489, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, glauben Sie, daß es für die Bevölkerung und - das fällt ja genau in Ihren Zuständigkeitsbereich - für die Bundeswehr und für die Soldaten ein befriedigender Zustand ist, wenn ein neuer Minister den Anspruch erhebt, sowohl die erheblichen Probleme der Bundeswehr verantwortlich behandeln zu können als auch Abgeordneter im Berliner Abgeordnetenhaus zu sein?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Ich meine, daß es jeder Bundesbürger - und das macht bei den Soldaten keinen Unterschied - mit Zustimmung zur Kenntnis nimmt, wenn auch ein Bundesminister die rechtlichen Möglichkeiten zu beidem für eine bestimmte Zeit für sich in Anspruch nimmt.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Jetzt rufe ich die Frage 68 des Abgeordneten Sellin auf: Inwiefern achtet die Bundesregierung durch die Nichtaufgabe des Parlamentsmandats des Bundesministers der Verteidigung im Berliner Abgeordnetenhaus den entmilitarisierten Status der Stadt Berlin?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Die Bundesregierung hat den entmilitarisierten Status der Stadt Berlin immer strikt eingehalten. Sie wird dies auch in Zukunft tun. Dieser Status von Berlin wird durch die Mitgliedschaft von Minister Dr. Scholz im Abgeordnetenhaus von Berlin ({0}) nicht berührt.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine Zusatzfrage, Herr Sellin.

Peter Sellin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002159, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

An welchem Tage wird Herr Scholz sein Abgeordnetenhausmandat niederlegen?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Er wird dies aus eigener Entscheidung tun, so wie es sich für einen frei gewählten Abgeordneten gehört, sich nicht in den Terminzwang irgendeines anderen zu begeben.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Sie haben eine weitere Zusatzfrage, Herr Sellin.

Peter Sellin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002159, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Will Herr Abgeordneter Scholz sein Abgeordnetenhausmandat bis zum Ende der Legislaturperiode in Berlin beibehalten?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege, hierauf habe ich eben sehr klar geantwortet.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Unruh.

Gertrud Unruh (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002358, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Besteht nicht die Vermutung, daß er deshalb als Verteidigungsminister sein Abgeordnetenmandat in Berlin nicht niederlegt, weil er es sehr bedauert, daß es in Berlin ({0}) keine Wehrpflicht gibt?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Diese Vermutung besteht bei dies seriös Beurteilenden nicht, Frau Kollegin.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine Zusatzfrage, Herr Scheer? - Bitte schön.

Dr. Hermann Scheer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001950, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, könnte es sein, daß der Verteidigungsminister sein Abgeordnetenhausmandat deshalb nicht niederlegt, weil er das Amt des Verteidigungsministers als Schleudersitz empfindet und er eine Rückfallposition haben will?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Auch dies trifft nicht zu, Herr Kollege.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Nun sind wir am Ende dieses Geschäftsbereichs. Ich danke dem Staatssekretär für die Beantwortung der Fragen. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit auf. Herr Staatssekretär Stroetmann steht zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung. Ich rufe die Frage 13 des Abgeordneten Schreiner auf: Ist die Bundesregierung bereit, bei der französischen Staatsregierung dahin gehend zu intervenieren, daß der Luftraum über dem grenznahen Atomkomplex Cattenom für Überflüge gesperrt wird, da die Flugzone „LFR 45 Zone de vol rasant ({0}) " für taktische Trainingsflüge von Düsenjägern in Höhen zwischen 250 Metern und 800 Metern genau über das Atomkraftwerk Cattenom hinwegführt und andererseits die vier Atomkraftwerke in Cattenom gegen den Absturz von Flugzeugen nicht gesichert sind?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, der Standort des Kernkraftwerks Cattenom liegt in einem Flugbeschränkungsgebiet - LFR 45 - , das für den militärischen Tiefflug eingerichtet worden ist. Es handelt sich hierbei um einen 9 km breiten Streifen. Innerhalb dieses Streifens ist um das Kernkraftwerk eine Schutzzone geschaffen worden. Das heißt, das Kernkraftwerk muß in mindestens 1 500 Fuß über Grund überflogen bzw. mit einem seitlichen Abstand von einer nautischen Meile, etwa 1,8 km, umflogen werden. Die Festlegung dieser Sicherheitsabstände entspricht den zur Zeit hinsichtlich der Auslegung von Kernkraftwerken zum Schutz gegen Flugzeugabstürze geltenden französischen Kriterien, die von einer standortspezifischen Analyse der Flugbewegungen ausgehen und dabei u. a. die für den jeweiligen Standort zu erwartende Absturzwahrscheinlichkeit bestimmter Flugkörper berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund hat der Bundesverteidigungsminister dem Abgeordneten Diller auf seine Fragen vom 5. Mai 1988 schriftlich mitgeteilt, daß „eine deutsche Initiative zur Aufhebung des Flugbeschränkungsgebietes weder angebracht noch erforderlich" ist.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine Zusatzfrage, Herr Schreiner.

Ottmar Schreiner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002073, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wenn es zutrifft, daß in der Bundesrepublik Atomkraftwerke nicht überflogen werden dürfen und auf der anderen Seite in Frankreich auch im grenznahen Bereich Atomkraftkomplexe wie Cattenom - das sind ja vier Atomkraftwerke auf gedrängtem Raum - von Militärmaschinen überflogen werden dürfen, dann frage ich Sie, wie denn die Erklärung von Herrn Töpfer zu verstehen ist, daß wir vergleichbare Sicherheitsstandards zwischen der Bundesrepublik und Frankreich haben?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, ich habe eben in der Antwort darauf hingewiesen, daß die Sicherheitsbestimmungen den französischen Kriterien entsprechen. Soweit ich die Diskussion um Flugzeugabstürze im Zusammenhang mit möglichen Kernkraftwerken in der Bundesrepublik Deutschland verfolgt habe, sind diese Sicherheitsstandards durchaus vergleichbar.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Weitere Zusatzfrage, Herr Schreiner.

Ottmar Schreiner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002073, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

So kann man wirklich nicht antworten. Das geht nicht. Herr Staatssekretär, wenn es zutrifft, daß die französischen Atomkraftwerke in Cattenom nicht gegen den Absturz überfliegender Maschinen gesichert sind, wenn es zweitens zutrifft, daß ein reger militärischer Übungsverkehr über dem Atomkomplex Cattenom stattfindet, und wenn drittens die Bundesregierung daraus nicht die Schlußfolgerung zu einer Intervention bei der französischen Staatsregierung zieht, dann frage ich Sie, ob es zulässig ist, das Verhalten der deutschen Bundesregierung so zu interpretieren, daß sie bereit ist, die Interessen einer ganzen Region dem Götzen Atomenergie zu Füßen zu legen, und daß dies eine kriminelle Unterlassung ist.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Ich habe das Fragezeichen vermißt, Herr Kollege. ({0})

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, ich habe in der Antwort darauf hingewiesen - ich darf das wiederholen -, daß um das Kraftwerk Cattenom eine Schutzzone geschaffen worden ist. In ähnlicher Weise existieren Schutzzonen um die deutschen Kernkraftwerke. Es entspricht im übrigen im Umgang mit selbständigen Staaten den Gepflogenheiten, daß die Sicherheitsbestimmungen zwar verglichen werden, aber Vergleichbarkeit von Sicherheitsbestimmungen heißt nicht, daß es in jedem Einzelfall gleiche Sicherheitsbestimmungen sind. ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Ich habe Zusatzfragen zu dieser ersten Frage des Abgeordneten Schreiner. Da ist zunächst der Kollege Diller.

Karl Diller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000391, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wie vereinbart Umweltminister Töpfer angesichts der Tatsache, daß im Unterschied zu deutschen Kernkraftwerken das Kernkraftwerk Cattenom nur gegen Abstürze der Learjet- und Cessna-Klasse, nicht aber gegen Abstürze militärischer Kampfflugzeuge gesichert ist, und angesichts der Tatsache, daß Franz Josef Strauß die Bundesregierung aufgefordert hat, jeglichen Überflug militärischer Maschinen über Kernkraftwerke einzustellen, die Haltung der Bundesregierung, die ja total desinteressiert ist, mit seiner persönlichen Erklärung vom Jahre 1986: Er wird so lange keine Ruhe geben, bis auch für die Bevölkerung im deutsch-französischen Grenzraum eine gleiche rechtliche und tatsächliche Sicherung gegenüber den Risiken der Kernenergie besteht wie in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, es ist bekannt, daß die Bundesregierung und ihre Organe in ständigem engen Kontakt gerade auch mit den für die Sicherheit französischer Kernkraftwerke zuständigen Organen in Frankreich stehen. Wir führen hier einen intensiven Meinungsaustausch und einen intensiven Willensbildungsprozeß. Sie dürfen davon ausgehen, daß die Aussagen vom Herrn Bundesminister, die Sie eben zitiert haben, in diesen Gesprächen und Abstimmungsprozessen eine wichtige Rolle spielen. ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Unruh.

Gertrud Unruh (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002358, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Welche Evakuierungsmaßnahmen haben Sie für die Bevölkerung vorgesehen? Denn dieses Cattenom entspricht wirklich nicht den Sicherheitsbestimmungen. ({0})

Not found (Staatssekretär:in)

Frau Abgeordnete, ich habe eben darauf hinzuweisen versucht, daß die Vergleichbarkeit der Sicherheitsstandards nach unserer augenblicklichen Einschätzung gegeben ist. Damit entfallen Evakuierungsmaßnahmen an diesem Punkt für die deutsche Bevölkerung.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage des Abgeordneten Fischer ({0}).

Lothar Fischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000554, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß der für die Stromversorgung zuständige französische Industrieminister über den Bau von Kernkraftwerken entscheidet und gleichzeitig auch das Gütezeichen für die Sicherheit der Anlagen erteilt, welche Konsequenzen ziehen Sie daraus für die Verhandlungen der deutschen Regierung mit der französischen Seite, und stimmt es, daß Sie es von Ihrer Seite ablehnen, mit den Franzosen zu verhandeln?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, ich habe auf die intensiven Kontakte z. B. in der deutsch-französischen Kommission hingewiesen. Ich weise etwas im Vorgriff auf Ihre noch vorliegende Frage darauf hin, daß das von Ihnen in einem anderen Zusammenhang zitierte Rausch-Gutachten der französischen Regierung Empfehlungen für die Neustrukturierung ihrer Genehmigungs- und Aufsichtspraxis gibt. Ich darf darauf hinweisen, daß in der Bundesrepublik Deutschland die Entscheidung für eine Trennung dieser beiden Bereiche seit langem gefallen und vollzogen worden ist.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Ich rufe die Frage 14 des Abgeordneten Schreiner auf: Ist die Bundesregierung bereit, bei der französischen Staatsregierung dahin gehend vorstellig zu werden, daß auch die französischen Atomkraftwerke durch zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen gegen eine Explosion von Wasserstoff geschützt werden, nachdem Bundesminister Dr. Töpfer im Anschluß an die sogenannte „Rausch-Studie" entsprechende Maßnahmen für die deutschen Atomkraftwerke angekündigt hat und die Bundesregierung bislang im Hinblick auf die grenznahen französischen Atomkraftwerke argumentiert hat, die französischen und die deutschen Atomkraftwerke verfügten über vergleichbare Sicherheitsstandards?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, in meiner schriftlichen Beantwortung Ihrer Frage vom 18. Mai 1988 habe ich bereits dargelegt, daß nicht nur in der Reaktorsicherheitskommission Maßnahmen zur vorbeugenden Restrisikominderung geprüft werden, sondern seit vielen Jahren auch in der deutsch-französischen Kommission und bei den Treffen zwischen der Reaktorsicherheitskommission und ihrer entsprechenden französischen Institution fortlaufend über diese Fragen gesprochen wird, zuletzt in der Sitzung der deutsch-französischen Kommission am 30. Mai bis 1. Juni 1988. Somit ist ein ständiger deutsch-französischer Meinungs- und Erfahrungsaustausch gewährleistet. Die diesbezüglichen laufenden Überlegungen zur weiteren Restrisikominderung sind in beiden Staaten auf vergleichbare Maßnahmen ausgerichtet. Ein Vorstelligwerden der Bundesregierung in besonderer Weise ist deshalb überflüssig. Insoweit ist auch das Argument einer vergleichbaren Sicherheit der Kernkraftwerke in beiden Staaten nicht in Zweifel zu ziehen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Schreiner.

Ottmar Schreiner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002073, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Das ist wirklich keine Antwort. Ich habe eine sehr konkrete Frage gestellt, die jetzt mit schwafeligen, weit ausschweifenden Redensarten der Regierung dem Parlament gegenüber beantwortet wurde. Auf diese Art kann die Regierung nicht mit dem Parlament umgehen! Das brauchen wir als Abgeordnete uns nicht mehr bieten zu lassen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Sie müssen hier fragen; den Ärger muß man woanders ablassen.

Ottmar Schreiner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002073, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

So geht das nicht mehr. Wir sind doch nicht die Hanswürste der Bundesregierung!

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Herr Kollege, ich bitte Sie jetzt, zu Ihrer Frage zu kommen.

Ottmar Schreiner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002073, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich frage Sie konkret: Ist die Bundesregierung bereit, nach der „Rausch-Studie" , die von einem belgischen Physikprofessor, der gleichzeitig Bischof ist, erstellt worden ist, bei der französischen Staatsregierung vorstellig zu werden, damit auch die französischen Kernenergieanlagen, insbesondere die in unmittelbarer Grenznähe, gegen die Gefahren einer Explosion von Wasserstoff geschützt werden?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, der Bundesminister hat neben der Beantwortung der schon zitierten Kleinen Anfrage erst unlängst in einer Pressekonferenz darauf hingewiesen, daß auch die „Rausch-Studie" von der Sicherheit der französischen Kernkraftwerke ausgeht. Zu dem von Ihnen angesprochenen Phänomen der hypothetischen Wasserstoffdetonation hat er darauf hingewiesen, daß die „Rausch-Studie" ausdrücklich die Untersuchungen zu den Phänomenen im Inneren des Sicherheitsbehälters für „zu intensivieren" hält. Die „Rausch-Studie" sagt nichts darüber aus, daß der Betrieb derzeit nicht sicher ist. Es ist ein hypothetischer Störfall, der nicht zu den auslegungsbedingten Störfällen gehört, Insoweit werden in der Abstimmung im Rahmen der deutsch-französischen Kommission diese Dinge gemeinsam erörtert. Der Bundesminister hat darauf hingewiesen, daß sich die Reaktorsicherheitskommission in der Bundesrepublik Deutschland mit diesen Fragestellungen intensiv beschäftigt und voraussichtlich im Herbst dieses Jahres eine abschließende Empfehlung gibt, mit dem Ziel, soweit dies irgendwie möglich ist, zu einem Ausschluß auch hypothetischer Risiken in diesem Bereich zu kommen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Sie haben noch eine weitere Zusatzfrage, Herr Schreiner.

Ottmar Schreiner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002073, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich habe Sie so verstanden, daß Sie die Frage - die ich gar nicht gestellt habe - in bezug auf die Bundesrepublik Deutschland beantwortet haben. Ich habe aber in Richtung Frankreich gefragt. Dann frage ich jetzt etwas anderes: Könnten Sie denn wenigstens einräumen, daß jeder Störfall so lange hypothetisch ist, solange er noch nicht stattgefunden hat?

Not found (Staatssekretär:in)

Es entspricht dem Sinn einer Hypothese, daß etwas abstrakt für denkbar gehalten wird, dessen Eintrittswahrscheinlichkeit sehr gering ist.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das hätte aus einem philosophischen Seminar stammen können. Zusatzfrage des Abgeordneten Diller.

Karl Diller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000391, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, würden Sie dem Hohen Hause bitte einmal deutlich erklären, worüber Bundesminister Töpfer mit der französischen Staatsregierung redet, wenn es die Bundesregierung einerseits ablehnt, über eine Aufhebung der Tiefflugstrecke über Cattenom mit der französischen Staatsregierung zu verhandeln, Sie aber andererseits bestätigen, daß der Bundesminister weiterhin für eine gleiche rechtliche und tatsächliche Sicherheit gegenüber der deutschen Bevölkerung eintritt?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, ich glaube, es besteht ein Unterschied zwischen der förmlichen Demarche einer Regierung und den inten5508 siven Gesprächen, die die französischen Stellen mit den deutschen Stellen über die Möglichkeiten und Notwendigkeiten einer weiteren Sicherheitserhöhung im Bereich der Kernkraftwerke führen. Dieses letztere wird intensiv durchgeführt.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage des Abgeordneten Fischer ({0}).

Lothar Fischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000554, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wenn Sie sich schon auf Informationen von französischer Seite verlassen: Wie beurteilt die Bundesregierung denn die Forderung, die in der „Rausch-Studie" gestellt worden ist, ein von Betreibern und Atomindustrie unabhängiges Kontrollorgan zu bilden, um die Glaubwürdigkeit der Information zu gewährleisten?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, ich bin mir zwar nicht sicher, ob dies in einem unmittelbaren Zusammenhang steht. Aber ich hatte vorhin versucht, darzustellen, daß in der Bundesrepublik Deutschland die in der Rausch-Studie empfohlene Trennung von Energiebehörde und Genehmigungsbehörde schon vollzogen ist. Die Bundesregierung bietet ihre Möglichkeiten zu einer Sicherheitserhöhung auch in diesem Bereich an, indem sie eine unabhängige Kommission wie die Reaktorsicherheitskommission zur Beratung heranzieht. Eine entsprechende Institution besteht meines Wissens auch auf französischer Seite. ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Jetzt ist der Zeitpunkt erreicht, an dem wir die Fragestunde abzubrechen haben. Ich danke dem Staatssekretär für die Beantwortung der Fragen. Er muß aber morgen leider noch einmal erscheinen, weil es noch weitere Fragen zu diesem Geschäftsbereich gibt. Ich beende damit die Fragestunde. Ich rufe Zusatztagesordnungspunkt 1 auf: Aktuelle Stunde Haltung der Bundesregierung zum Defizit der Bundesanstalt für Arbeit und damit eventuell verbundenen Beitragserhöhungen Meine Damen und Herren, die Fraktion der SPD hat gemäß unserer Geschäftsordnung eine Aktuelle Stunde zu dem genannten Thema beantragt. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Dreßler.

Rudolf Dreßler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000420, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Deutsche Bundestag muß sich heute erneut mit der defizitären Finanzlage der Bundesanstalt für Arbeit befassen. Obwohl alle Experten wissen, daß der Bundesanstalt in diesem Jahr 1,5 Milliarden DM und im Jahr 1989 ca. 5 Milliarden DM fehlen, kommt die Bundesregierung mit einem klaren Bekenntnis nicht über. Deshalb fordern wir Wahrheit und Klarheit, wie die finanzielle Schieflage der Bundesanstalt für Arbeit in diesem und im nächsten Jahr nach den Vorstellungen der Bundesregierung aufgefangen werden soll. Wir fragen den Bundesarbeitsminister erneut, ob er Qualifizierungsmaßnahmen massenweise zurückfahren will. Wir fordern, der Öffentlichkeit klar zu sagen, ob die Bundesregierung im nächsten Jahr 4 Milliarden DM bei den Beitragszahlern der Bundesanstalt und eine weitere Milliarde DM bei den Arbeitslosen abkassieren will, ob weitere Schnitte in die Arbeitsförderung beabsichtigt sind. ({0}) Wir sind das Abwiegeln, das Tarnen und Täuschen leid. Wir wollen keine faulen Ausreden mehr hören. Vor sieben Wochen, am 21. April, haben wir zuletzt über die Defizite der Bundesanstalt debattiert. Damals, vor weniger als zwei Monaten, hat der Bundesarbeitsminister gesagt - Zitat - : Wir diskutieren heute über ein mögliches Defizit der Bundesanstalt, von dem niemand weiß, ob es eintritt und wie hoch es eintritt. Das mußte er zu diesem Zeitpunkt schon besser wissen, denn die Fachleute des Ministeriums und die Experten der Bundesanstalt verstehen ihr Geschäft. Sie werden - davon gehe ich aus - dem Bundesarbeitsminister die Fakten nicht vorenthalten haben. ({1}) Nicht einmal drei Wochen nach der Aktuellen Stunde erhielt der Arbeitsminister einen Brief vom Präsidenten der Bundesanstalt, der die Probleme erneut überdeutlich machte. Wörtlich heißt es in diesem Brief - Zitat - : Der Tendenz nach ist jedoch ein höheres als das dem genehmigten Haushaltsplan zugrunde liegende Defizit nicht auszuschließen. Die Überschreitung des Haushaltsbetrages für Deutschlehrgänge sei unvermeidbar. Heinrich Franke sah sich genötigt, auf die - Zitat - „bekannten Schwierigkeiten bei der Steuerung der gesetzlichen Pflichtleistungen in den Bereichen Fortbildung, Umschulung und Rehabilitation" erneut hinzuweisen. In der Tat, meine Damen und Herren, sind Haushaltsüberschreitungen nicht zu vermeiden, es sei denn, das geltende Recht würde nicht nur gebeugt, sondern gebrochen. Allein in den Bereichen Fortbildung, Umschulung und Rehabilitation müßten im Rest des Jahres weit mehr als 400 Millionen DM, fast 500 Millionen DM erwirtschaftet werden, wenn die Bundesanstalt noch im Haushalts-Soll bleiben soll. Wenn es wieder eine Qualifizierungsoffensive geben soll, von der die Regierung so gerne redet, müßten 800 Millionen DM bereitgestellt werden. Was aber macht die Bundesregierung? Am 29. Mai kündigt eine Pressemitteilung des Arbeitsministers an: „Mehr Geld für Qualifizierungsoffensive". Tatsächlich werden aber nicht 210 Millionen DM bereitgestellt, sondern es wird eine Haushaltsüberschreitung einzelner Positionen gebilligt. Das heißt, die Summe muß an anderer Stelle eingespart werden. Wie, Herr Minister Blüm, soll das bitte schön gehen? Ich sage Ihnen: Ich weiß es nicht. Aber Sie wissen es auch nicht, weil es nicht geht. Hinzuzufügen ist: Selbst zusätzliche 200 Millionen DM reichten vorne und hinten nicht, würden allenfalls helfen, ein paar Wochen über die Runden zu kommen. Tatsache ist: Die Träger von Qualifizierungsmaßnahmen - die Volkshochschulen, die Einrichtungen der Gewerkschaften und andere - wissen nicht, woran sie sind. Sie können nicht einmal bis September, Oktober planen, und damit wissen die betroffenen Menschen auch nicht, was wird. Unabweisbar notwendig ist deshalb ein Nachtragshaushalt für die Bundesanstalt für Arbeit in Höhe von 1,5 Milliarden DM. Der Bund muß diese Summe unverzüglich bereitstellen. Sonst stehen bis zu 50 000 Arbeitslose zusätzlich auf der Straße. Die finanzielle Schieflage der Bundesanstalt ist von der Regierung hausgemacht. Mit der 8. Novelle zum AFG sind Bundesaufgaben auf den Rücken der Beitragszahler gepackt worden, insgesamt fast 1 Milliarde DM jährlich. Und Sie sehen jetzt tatenlos zu, wie die Massenarbeitslosigkeit immer weiter wächst. Hunderttausend Arbeitslose, meine Damen und Herren, kosten die Bundesanstalt 1,3 Milliarden DM, und 64 000 Arbeitslose waren im Mai - im Vergleich zu dem entsprechenden Zeitraum des Vorjahres - schon erreicht. Wir wollen Sie deshalb noch einmal fragen: Wollen Sie 1989 erneut bei den Versicherten und den Arbeitslosen 5 Milliarden im Jahr abkassieren? Wollen Sie die Lohnnebenkosten auf neue Rekorde treiben? Wir fordern Sie auf, Herr Blüm, die präzisen Fragen heute in der Aktuellen Stunde zu beantworten. Danke. ({2})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat der Abgeordnete Kolb.

Elmar Kolb (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001170, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bundesanstalt für Arbeit ist eine Institution mit über 70 000 Beschäftigten. ({0}) Diese über 70 000 Beschäftigten arbeiten vielleicht nicht immer so effektiv, wie sie das draußen von der Wirtschaft erwarten. ({1}) - Herr Präsident -

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zwischenrufe bleiben erlaubt, aber ich verschaffe Ihnen gerne Ruhe. - Bitte schön.

Elmar Kolb (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001170, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Es ist hier sehr interessant, daß es einmal einen Beschluß des Personalrats gab, die Einführung der EDV nach Möglichkeit gewaltig zu verzögern, weil es ja nicht zumutbar sei, daß man selbst in einer Institution mit den neuen Techniken arbeiten würde, wie man es eigentlich draußen von der Wirtschaft selbstverständlich erwarte. ({0}) - Das ist schon eine Antwort. Auch ein so großer Betrieb muß, wenn er nach neuem Geld ruft, nämlich einmal fragen, ob er selbst effektiv genug arbeitet. Herr Dreßler, ich habe in einer Zeit, in der Sie Staatssekretär waren und in der Sie, Herr Ehrenberg, Minister waren, einmal die Anfrage gestellt, wie viele Anordnungen täglich von der Bundesanstalt hinausgegangen sind. Die Antwort war, daß im Durchschnitt drei Anordnungen täglich hinausgegangen sind, die die verantwortlichen Mitarbeiter der Bundesanstalt bzw. der Arbeitsämter lesen mußten; sie mußten durch Paraphe bestätigen, daß sie diese gelesen haben. Ich habe mich dann einmal bei einem sachkundigen Mann orientiert und gefragt, wieviel Zeit er eigentlich dafür aufwende. Darauf hat er gesagt: Die Hälfte meiner Arbeitszeit muß ich dafür aufwenden, diese Anordnungen zu lesen; nur in der übrigen Hälfte kann ich arbeiten. - Ich finde es schon eine sehr abenteuerliche Situation, daß man hier nicht ansetzt. ({1}) - Lieber Herr Ehrenberg, wir haben das jetzt um 30 To verringert. ({2}) Aber zwei Anordnungen pro Tag sind immer noch zuviel. Nur, wir müssen diese Institution auch einmal daraufhin überprüfen, ({3}) ob sie eigentlich zeitgerecht ist. Ich habe auch einmal gefragt, wie Führungspositionen dort besetzt sind. Überwiegend von Juristen. ({4}) Ich finde es schon abenteuerlich, daß eine Institution, die die Verbindung zur Wirtschaft hat, überwiegend erst einmal fragt: Ist das im AFG oder sonstwo geregelt? Lassen Sie mich einen weiteren Punkt nennen, den ich doch für sehr kritisch halte. Wir haben in den §§ 33 bis 47 AFG geregelt, was wir zur Qualifizierung tun wollen. Fördern wir eigentlich immer die Qualifizierung, die draußen gebraucht wird? ({5}) - Das ist schon zur Sache, Herr Dreßler. - Erstaunlicherweise scheinen die Gelder nicht immer unbedingt dazu verwendet zu werden, die Arbeitslosen für Berufe zu qualifizieren, die draußen gebraucht werden, sondern für das, was gewünscht wird. ({6}) - Entschuldigung, ich lenke nicht ab; ich frage Sie - und das ist jetzt der entscheidende Punkt - : Wie ({7}) vertreten Sie eigentlich die Interessen der Arbeitnehmer, mit deren Beiträgen diese Anstalt zur Hälfte fi5510 nanziert wird? Wird dieses Geld, das die Arbeitnehmer zwangsweise zahlen müssen, dort auch so vernünftig ausgegeben, daß die Arbeitnehmer sagen können: Mit unserem Geld geschieht etwas Richtiges? ({8}) - Lieber Herr Ehrenberg, jetzt muß ich an Sie die letzte Frage richten. Da gibt es noch eine Institution, die nennt sich Selbstverwaltung. Diese Selbstverwaltung hat eigentlich dafür zu sorgen, daß so effektiv gearbeitet wird, wie gearbeitet werden sollte. ({9}) - Das sage ich auch noch einigen anderen. - Ich wundere mich nämlich - das sage ich ebenfalls etwas sehr kritisch - , wie man manchmal hinter verschlossenen Türen die Augen zudrückt und sich sagt: Wenn die anderen bezahlen, ist das gut. Deswegen erwarte ich, daß auch die Bundesanstalt für Arbeit insgesamt ihre Effektivität überprüft und dann auch einmal sagt: Alles, was wir ändern konnten, haben wir geändert; deswegen brauchen wir nur diesen Teil. ({10}) Eine allerletzte Bemerkung. Wir haben in den Zeiten, als wir in der Oposition waren, kritisiert, daß das Kindergeld über die Bundesanstalt für Arbeit abgerechnet wird. Dazu brauchte man 3 000 Stellen; die Finanzbehörden hätten das mit 1 000 Stellen machen können. ({11}) Auch darüber ist nachzudenken. - Herr Ehrenberg, ich freue mich, daß Sie als ehemaliger Minister heute sagen: Solange ich Minister war, habe ich das Unangenehme nicht tun wollen; inzwischen bin ich aber in der Opposition und kann das monieren. Ich gehe davon aus, daß wir uns zum Jahresende sehr genau darüber zu unterhalten haben werden, was jeder einzelne dazu beigetragen hat, um in Zukunft mit etwas weniger Geld eine bessere Arbeit zu leisten. Herzlichen Dank. ({12})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat die Frau Abgeordnete Beck-Oberdorf.

Marieluise Beck-Oberdorf (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002624, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich möchte zunächst den Kollegen Kolb fragen, ob es seiner Meinung nach auch für Abgeordnete gelten sollte, daß sie für etwas weniger Geld bessere Arbeit tun sollen. ({0}) Dann ist bei der anstehenden Diätenerhöhung vielleicht doch zu bedenken, diesen Vorschlag aufzunehmen. ({1}) Es ist jetzt 6 Wochen her, daß wir in diesem Hause über die Bundesanstalt für Arbeit diskutiert haben. Natürlich war schon damals klar, daß sich dort ein Finanzloch auftut. Es ist eben von dem Kollegen Dreßler noch einmal darauf hingewiesen worden, wie sich Herr Blüm damals dazu verhalten hat. Ich möchte diesen Hinweis noch einmal aufnehmen. Der zuständige Minister hat damals wortwörtlich gesagt: Wir debattieren über ein mögliches Defizit der Bundesanstalt, von dem niemand weiß, ob es eintritt und wie hoch es eintritt. Die Öffentlichkeit muß sich mit solchen Aussagen auseinandersetzen. Sie hat es mit einem Bundesminister zu tun, der entweder überhaupt nicht in der Lage ist, mit Statistiken und Daten 6 Wochen vorausschauend umzugehen - was ihn eigentlich für dieses Amt disqualifizieren sollte -, ({2}) oder er blendet die Wahrheit gezielt aus. Das sollte ihn eigentlich auch disqualifizieren, aber bei dieser Regierung qualifiziert ihn dies ja vielleicht gerade für ein Ministeramt. ({3}) Aber nun zu den Fakten selbst. Das große Verschieben hat wieder eingesetzt; das 88er Loch ist jetzt offensichtlich, es ist vorhanden. Jetzt werden wieder Leistungen heruntergefahren. Ich greife nur eines, was mir sehr am Herzen liegt, heraus; das sind die Qualifizierungsmaßnahmen insbesondere für diejenigen, die sich gerade in den Randbereichen bewegen, sprich: Jugendliche, sprich: Frauen, also die, die bisher überhaupt noch keinen Zugang zum Erwerbsarbeitsmarkt hatten. Jetzt muß man einmal die perfide - ich sage das bewußt: perfide - Öffentlichkeitsarbeit hinzunehmen, die derzeit aus den Reihen der CDU betrieben wird, durch die Person von Herrn Späth und auch durch Frau Hellwig, wenn sie jetzt die Werbetrommel rührt und fordert, man müsse endlich etwas gegen die Gammelei und Verwahrlosung von Jugendlichen tun. ({4}) Wenn sie dann noch einen Antrag für den CDU-Parteitag einbringt und erklärt, sie glaube nicht daran, daß junge Arbeitslose mit Appellen und Aufforderungen zur freiwilligen Weiterbildung aus ihrer Lethargie zu reißen seien, dann wird damit in der Öffentlichkeit der Vorstellung Vorschub geleistet: Da sitzen die gammelnden Jugendlichen, die nichts Besseres zu tun haben, als Haschisch zu rauchen, und die müssen zur Qualifikation gezwungen werden. Auf der anderen Seite wird im Zusammenhang mit der Bundesanstalt für Arbeit eine Politik betrieben, durch die die Möglichkeiten, sich zu qualifizieren, immer weiter zurückgeschnitten werden. ({5}) Das nenne ich perfide. ({6}) Ich möchte wirklich wissen, wie Sie solch eine Verleumdung gegenüber der Öffentlichkeit verantworten wollen. ({7}) In diesem Zusammenhang würde ich gern einmal Herrn Blüm sehen, wie er von Arbeitslosigkeit betroffenen Jugendlichen oder z. B. Arbeitslosen-Initiativen, die sich in einer Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung heute artikulieren konnten, oder der EKD klarmachen will, was für einen Sinn es gibt, Flugbenzin für Privatflieger nicht zu besteuern, gleichzeitig aber im Rahmen der Bundesanstalt für Arbeit Leistungskürzungen vorzunehmen. ({8}) Ich möchte gern einmal sehen, Herr Blüm - ich kenne Ihre Qualität als Büttenredner - , wie Sie diesen Betroffenen so etwas verkaufen. Ich weiß, daß das Finanzvolumen, das durch die Besteuerung des Flugbenzins hereingeholt werden könnte, nicht ausreicht, um ein Finanzloch von 5 Milliarden DM und mehr in der Bundesanstalt abzudecken. Aber es geht um die moralische Integrität bzw. Nicht-Integrität dieser Regierung, ({9}) die diese Umverteilung von arm zu reich ganz schamlos und ganz offen vornimmt und sich nicht einmal mehr die Mühe gibt, wenigstens die offensichtlichsten Ungerechtigkeiten zuzudecken. Das ist eine Unverfrorenheit, von der ich mir kaum hätte träumen lassen, daß selbst Sie, obwohl ich Ihnen einiges zutraue, da mitmachen. ({10}) Vielleicht äußern Sie sich einmal dazu.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Jetzt kommt Herr Abgeordneter Cronenberg. Bitte schön. ({0})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000342, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

In der Tat, nur beim Flugbenzin. - Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! In den letzten Jahren sind viele - wie ich meine, zu viele - Aktuelle Stunden beantragt worden, und ich habe Zweifel, ob das immer sinnvoll war. Heute, so meine ich, ist es nicht schwierig, zu bestätigen, daß es sich um ein aktuelles Problem handelt ({0}) und daß die politische Bedeutung dieser Frage von erheblichen Auswirkungen ist: für Arbeitnehmer, für Arbeitgeber, für die Bundesanstalt und somit auch für die Arbeitslosen und für die Beschäftigungspolitik. Wenn man sich mit der Bundesanstalt und dem offensichtlich vorhandenen und schon seit langem zu befürchtenden Finanzdefizit beschäftigt, muß man, so meine ich, ein paar Gedanken, ein paar Sätze darüber verlieren, wieso es dazu gekommen ist. Denn wie immer: Richtige Analyse ist die Voraussetzung für richtige und ordentliche Therapie. ({1}) Neben der Arbeitslosigkeit, die sich leider nicht in dem wünschenswerten Umfang abgebaut hat - trotz der erfreulichen Steigerung der Beschäftigtenzahlen - , ist wohl unbestritten die Leistungsausweitung der Bundesanstalt ursächlich für diese Defizite. ({2}) Ich erinnere nur an die Regelung hinsichtlich der Verlängerung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes und an die 8. AFG-Novelle. Nun ist es ja jedermann, der die Dinge verfolgt hat, bekannt, daß es eine beliebte Tätigkeit der Abgeordneten ist, Leistungserhöhungen vorzunehmen, ({3}) und sich die Bereitschaft, über die seriöse Finanzierung nachzudenken, umgekehrt proportional zur Ausgabenlust bewegt. ({4}) So auch bei der 8. AFG-Novelle. Hier haben wir in einem beachtlichen Umfang, fast 1 Milliarde DM 1988, zusätzliche Leistungen auf die Bundesanstalt verlagert. Wie bekannt ist, haben einige meiner Freunde und ich dies in der Höhe für unvertretbar und in der Sache für falsch gehalten. ({5}) - Nun, ich habe das ja schon einmal erklärt: Selbstverständlich haben wir die Verantwortung dafür zu tragen; ich erinnere an meine letzte Rede in einer Aktuellen Stunde zu diesem Thema. Cronenberg ({6}) Ich kann mir in diesem Zusammenhang, Herr Kollege Ehrenberg, auch die Bemerkung nicht verkneifen, daß es zwar keinen formalen Zusammenhang zwischen der „Trümmerfrauen" -Regelung und den Defiziten der Bundesanstalt gibt, ({7}) aber ich würde niemandem widersprechen, der behauptet, es gebe politische Zusammenhänge. ({8}) Auch dies, Herr Kollege Ehrenberg, ist sozusagen eine Wiederholung meiner Darlegungen in der letzten Aktuellen Stunde zu diesem Thema. Meine Damen und Herren, im Hinblick auf die Vereinbarungen, die die Koalition in diesem Zusammenhang getroffen hat - und beide Seiten des Hauses werden ja wohl bestätigen können, daß ich mich immer besonders koalitionsvereinbarungstreu verhalten habe, zu jenen wie zu diesen Zeiten - , erscheint es mir in diesem Zusammenhang wichtig, die Meinung und den Willen der Sozialpolitiker der Koalition zu unterstreichen, die gemeinsam immer der Auffassung gewesen sind, daß das Problem nicht durch Beitragserhöhungen zu finanzieren ist, sondern daß sich Beitragserhöhungen kontraproduktiv für den Arbeitsmarkt auswirken werden. Diese Zusage ist sozusagen Geschäftsgrundlage für die von Ihnen eben kritisierte Zustimmung zur 8. Novelle gewesen, und ich weise deswegen darauf hin. Mein Vertrauen in den Koalitionspartner ist ungebrochen. ({9}) Deswegen gehe ich davon aus, daß keine Maßnahmen getroffen werden, die die Beschäftigungsmöglichkeiten, ({10}) also den Abbau der Arbeitslosigkeit, durch Beitragserhöhungen erschweren. ({11}) Ich möchte hier auch ausdrücklich bestätigen, daß ich gemeinsam mit Norbert Blüm der Auffassung bin, daß im Qualifizierungsbereich nichts abgebaut werden darf; ({12}) vielmehr war „stabilisieren auf hohem Niveau" die Position, die der Bundesarbeitsminister in dieser Frage mit Recht eingenommen hat. ({13}) Meine Damen und Herren, Sie sehen, das Problembewußtsein der Koalition ist groß. ({14}) Die Ursachenanalyse ist richtig. ({15}) Der gute Wille, unter diesen Voraussetzungen etwas Gescheites zu tun, ist vorhanden. ({16}) Wir werden also eine Lösung finden. ({17})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat der Abgeordnete Urbaniak.

Hans Eberhard Urbaniak (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002360, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollege Kolb, wenn ich Ihre Ausführungen richtig verstanden habe, liegen die Ursachen darin, daß 70 000 Beschäftigte der Bundesanstalt nicht ordentlich arbeiten, daß die Selbstverwaltung nicht funktioniert und daß eigentlich die Tarifpartner schuld sind. So ist es nicht! ({0}) Sie bringen Monat für Monat mehr Arbeitslosigkeit zustande. Die Ursache ist, daß die Regierung gegen die Massenarbeitslosigkeit nichts tut. ({1}) Da müssen Sie sich bewähren! ({2}) In den Beratungen unseres Ausschusses über die 8. Novelle habe ich auch zur Frage der Haushaltspositionen Stellung genommen, und ich habe Ihnen schon seinerzeit eindringlich gesagt, daß wir in ein Defizit hineinkommen. Der Präsident Franke hat das übrigens damals schon bestätigt. ({3}) Politik bedeutet auch, Vorsorge zu treffen, damit man in solche Situationen nicht hineinkommt. Sie haben dies aber entgegen den Ermahnungen der sozialdemokratischen Abgeordneten dennoch getan, und heute haben Sie dieses Dilemma. Darum bitte ich Sie, nicht andere verantwortlich zu machen, ({4}) sondern die Ursachen in der mangelnden Aktivität dieser Regierung zu sehen. ({5}) Es gibt gar keine andere Ursache! ({6}) Nach dem, was Julius Cronenberg hier gesagt hat, weiß ich nicht, ob er die Politik zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und die Politik ordnungsgemäßer Finanz- und Haushaltsgestaltung eigentlich noch ernst nimmt und ob er in dieser Frage sich und die FDP noch ernst nimmt. Ich kann das nicht mehr feststellen. In der Koalition geht es in dieser Frage völlig durcheinander! ({7}) In den Beratungen habe ich mit meinen Kolleginnen und Kollegen darauf hingewiesen, daß diese Verlagerung mit der Konsequenz, daß es zu einem Defizit von einer Milliarde kommt, unter allen Umständen vermieden werden muß. Aber Stoltenberg hat sich durchgesetzt. Zwar wußte er nicht, was sich daraus ergeben würde - er weiß ja eigentlich nie, wie die Zusammenhänge sind - , aber der Arbeitsminister hat wieder einmal nachgegeben. Er hat seine Verantwortung nicht voll wahrgenommen, und das muß ich ihm vorwerfen. Nun haben wir uns einmal bei den Ruhrgebietsstädten erkundigt, beispielsweise in Essen und Dortmund. Kollege Blüm, dort werden die Qualifizierungsmaßnahmen schon zurückgenommen. Wie ich höre, fehlen den Arbeitsämtern in beiden Städten Millionen von Mark, bis zu 10 Millionen nur in diesen beiden Städten. Mehr als jeweils 500 Personen, die für Qualifizierungsmaßnahmen vorgesehen waren, können nicht mehr aufgenommen werden. ({8}) Diese Menschen, die eine Hoffnung hatten, für den Arbeitsmarkt fit gemacht zu werden, werden keine Perspektive haben. Daraus können Sie erkennen, welch eine verfehlte Politik Sie auf diesem Felde eingeleitet haben. Wir fordern Sie daher mit allem Nachdruck auf, der Bundesanstalt für Arbeit endlich die notwendigen Mittel bereitzustellen, um den eingetretenen Schaden zu begrenzen und weiteren abzuwenden. ({9}) Eines steht natürlich auch fest, und wir werden uns bemühen, auf diese Dinge immer wieder aufmerksam zu machen: ({10}) Das Millionen-Geschäft, das der Bundesfinanzminister zu Lasten der Bundesanstalt für Arbeit durchgesetzt hat, geht zu Lasten der Arbeitslosen und Beitragszahler. Dieses wollen wir als Sozialdemokraten abwenden. ({11})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat die Frau Abgeordnete Hasselfeldt.

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000825, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gerade die letzten Äußerungen verleiten mich dazu, auf einige grundlegende Tatsachen im Zusammenhang mit dem Arbeitsmarkt hinzuweisen. Zu diesen Tatsachen, meine Damen und Herren von der Opposition, gehört auch, daß nicht wir, sondern Sie die hohe Arbeitslosigkeit verschuldet haben ({0}) und daß nicht wir, sondern Sie während Ihrer Regierungszeit Tausende von Arbeitsplätzen vernichtet haben. ({1}) - Ich verstehe Ihre Empörung, aber ich verweise Sie ganz bescheiden auf die Dynamik der Arbeitslosenentwicklung während Ihrer Regierungszeit, im besonderen zu Anfang der 80er Jahre, wo wir jährliche Zuwachsraten von 43 und 44 % pro Jahr hatten. ({2}) - „Zuwachsraten", Herr Ehrenberg. Heute monieren Sie ein Defizit bei der Bundesanstalt für Arbeit und mokieren sich über angebliche Beitragssteigerungen. ({3}) In diesem Zusammenhang ist interessant, sich einmal die Aussagen und den Gesetzentwurf der SPD von vor einem Jahr anzuschauen. In Ihrem Gesetzentwurf zur Wiederherstellung eines ausreichenden Schutzes bei Arbeitslosigkeit schreiben Sie, die Bundesanstalt habe einen Überschuß von 5,5 Milliarden DM angesammelt und Jahr für Jahr kämen Überschüsse von über 2 Milliarden DM hinzu. Daraus folgern Sie, es müßten massive Leistungsverbesserungen im AFG vorgesehen werden, z. B. Verlängerung der Anspruchsdauer bei Arbeitslosengeld ohne Altersgrenze, Verkürzung der Sperrzeiten, höhere Leistungssätze beim Arbeitslosengeld - um nur einige zu nennen. ({4}) Diese Vorschläge hätten schon im Jahre 1987 zu zusätzlichen Belastungen der Bundesanstalt von 2,4 Milliarden DM und in den Folgejahren von 4,8 Milliarden DM geführt. ({5}) Wenn man noch im vergangenen Jahr in diesem Haus solche überhöhten Forderungen gestellt hat, Forderungen, die die Bundesanstalt langfristig weit höher belastet hätten, und sich heute über die Finanzsituation der Bundesanstalt beklagt, ist das in höchstem Maße unglaubwürdig und unseriös. ({6}) Aber ich sehe es Ihnen nach: Offensichtlich wird durch die lange Dauer der Oppositionszeit Ihr Gedächtnis immer schwächer. ({7}) Eines darf ich für die CSU in Anspruch nehmen: Wir haben bei den Beratungen über die 8. AFG-Novelle rechtzeitig auf die Gefahren hingewiesen, die durch die Übernahme der Leistungen für die Bundesanstalt entstehen können, ({8}) und wir werden hier auch in Zukunft sehr genau hinschauen. Aber eines stellen wir auch klar: Jede Mark, die aus dem Haushalt der Bundesanstalt ausgegeben wurde und wird, wird nicht zum Vergnügen ausgegeben, sondern sie stärkt die soziale Situation der Arbeitslosen. Wir haben innerhalb kurzer Zeit die Dauer des Bezugs von Arbeitslosengeld zweimal verlängert und eine aktive Arbeitsmarktpolitik betrieben, ({9}) von der die SPD nur hat träumen können. All das wird bei allen Daten - ABM, Lohnkostenzuschüsse, Fortbildung und Umschulung und Reha-Maßnahmen - deutlich. Im übrigen wurde heute in der Anhörung auch sehr deutlich gemacht, daß sich die Instrumente der Arbeitsmarktpolitik in den letzten Jahren hervorragend entwickelt haben. Wir haben diese Instrumente nicht nur verstreut, sondern gezielt für besondere Problemgruppen eingesetzt, ({10}) nämlich für ältere Arbeitnehmer, für Frauen, für wenig und nicht qualifizierte Arbeitslose. Wir werden auf diesem Wege, Herr Andres, fortfahren. Wir werden weiterhin verantwortungsbewußt und zielgerichtet die Probleme des Arbeitsmarktes und die der Bundesanstalt angehen. Ich möchte aber auch betonen, daß die anstehenden Probleme nicht allein vom Staat gelöst werden können, daß hier auch die Tarifpartner eine Verantwortung tragen. Wir müssen die Rahmenbedingungen setzen. Die großen Reformen, die in den nächsten Wochen und Monaten in diesem Hause beraten werden, leisten ihren Beitrag dazu. Wir alle, auch die Opposition, sind herzlich eingeladen, konstruktiv mitzuarbeiten. Ich danke Ihnen. ({11})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Beck-Oberdorf. ({0})

Marieluise Beck-Oberdorf (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002624, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich möchte noch einmal auf die Anhörung eingehen, die heute morgen begonnen hat und nach dieser Debatte fortgesetzt wird. Da muß ich zunächst einmal sagen: Ich finde es erschütternd, wie unterschiedlich in der Anhörung und hier diskutiert wird. Wenn man die Ernsthaftigkeit in der Anhörung mit der Oberflächlichkeit hier vergleicht, finde ich das erschütternd. Es ist ja mitnichten so, daß in der Anhörung bestätigt worden wäre - auch nicht von den Vertretern der Evangelischen Kirche - , die Instrumente der Arbeitsmarktpolitik hätten sich hervorragend bewährt. Im Gegenteil: Von fast allen Geladenen - sowohl von den Institutionen als auch von den einzelnen Sachverständigen - ist noch einmal sehr ausführlich und sehr eindringlich das ungeheure Elend und die Perspektivlosigkeit derjenigen geschildert worden, die schon lange erwerbslos sind und die im Grunde genommen überhaupt keine Chance auf dem Arbeitsmarkt haben. Am eindringlichsten war die Aussage einer Vertreterin einer Arbeitsloseninitiative, die gesagt hat: Uns ist immer gesagt worden, ihr müßt nur auf den Aufschwung warten, auf die wirtschaftliche Verbesserung. Jetzt ist dieser Aufschwung da, und wir sind immer noch arbeitslos. Worauf sollen wir denn noch warten? Das ist der Kernpunkt der Debatte, um den es geht. Es geht nicht um die Finanzsituation der Bundesanstalt für Arbeit. Das ist nur eine vordergründige Debatte. Die eigentliche Debatte muß über die Massenarbeitslosigkeit geführt werden und über die Antworten, die Sie für all jene haben, die noch draußen stehen - obwohl Sie Ihren Aufschwung ja schon hatten - , die zum Teil registriert, zu einem großen Teil jedoch nicht registriert sind und eigentlich noch dazugezählt werden müßten, insbesondere die Frauen. Und für die tut sich nichts. Wenn Sie nicht an die Umverteilung von Arbeit gehen, wenn Sie das nicht wirklich zu einem Moment auch Ihrer Politik machen, nämlich die vorhandene Arbeit auf alle umzuverteilen, die eine Arbeit suchen, ({0}) dann werden wir diese deprimierenden Debatten um Verschieben von Beträgen, um Stopfen von Löchern - hier ein bißchen aufbuddeln, da ein bißchen wegholen und dort wieder zuschieben - in den nächsten zehn Jahren so weiterführen. Es wird sich nichts ändern. Erforderlich ist also, zum Thema zurückzukehren: Wollen Sie eine Umverteilung von Arbeit oder stellen Sie sich dem mit der alten Engstirnigkeit weiterhin entgegen? ({1})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat der Abgeordnete Heinrich.

Ulrich Heinrich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000851, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, Frau Beck-Oberdorf, 750 000 neue Arbeitsplätze zeigen, was wir in den vergangenen Jahren geleistet haben. Das sich abzeichnende Defizit der Bundesanstalt für Arbeit ist meiner Meinung nach im wesentlichen unter zwei Gesichtspunkten zu sehen. Der eine ist die achte AFG-Novelle; Kollege Cronenberg hat bereits darauf hingewiesen. Die vermehrten Leistungen, die in Anspruch genommen worden sind, sind ja ganz beachtlich. Wenn man nur einmal ein paar Zahlen nennt: Aussiedler und Asylanten haben für Sprachkurse und Unterhaltsgeld Leistungen bekommen, die im März dieses Jahres mit 24 000 DM doppelt so hoch waren wie ein Jahr davor. Die Zahl der unterstützten Aussiedler schnellte innerhalb eines Jahres um 123 % in die Höhe. Ein zweiter wesentlicher Gesichtspunkt bei der Erörterung des sich abzeichnenden Defizits ist die erfreuliche Inanspruchnahme der Mittel für die berufliche Qualifizierung. Mit 360 000 Arbeitnehmern nahmen Ende März 67 000 Personen mehr an beruflichen Bildungsmaßnahmen teil als vor einem Jahr. Hören Sie doch einmal diese Zahl! Diese starke InanspruchHeinrich nahme von Maßnahmen der 1986 gestarteten beruflichen Qualifizierungsoffensive ist deswegen als erfreulich zu bezeichnen, weil sie dem Übel der Massenarbeitslosigkeit am ehesten beikommt, indem sie einer wesentlichen strukturellen Ursache der Massenarbeitslosigkeit, nämlich der geringen Qualifikation einer Vielzahl der Arbeitslosen, entgegenwirkt. Für solche Maßnahmen der beruflichen Qualifizierungsoffensive, die einer Effektivitätskontrolle standhalten, müssen in jedem Fall ausreichende Mittel zur Verfügung stehen. Einschränkungen und Umgehungen sind hier unverantwortlich. Der finanzielle Engpaß der Bundesanstalt zeichnete sich - wie gesagt - schon Ende des letzten Jahres bei der Beratung der 8. Novelle zum AFG ab. Wir haben vergeblich versucht, andere sinnvolle Finanzierungsinstrumente zu finden. So sehr wir auch die Vergeblichkeit unserer Bemühungen bedauern mußten - wir konnten aber auf der anderen Seite feststellen, daß die Sozialpolitiker der Koalition mit uns der Auffassung waren, daß Beitragserhöhungen nicht in Frage kommen, ({0}) sondern daß für den Fall von Defiziten der Bundeshaushalt in Anspruch zu nehmen ist. Nun, warum keine Beitragserhöhungen? - Arbeitslosigkeit wird auch dadurch bekämpft, daß die Lohnnebenkosten gesenkt werden. ({1}) Den Lohnnebenkostensenkungen dienen natürlich auch unsere Anstrengungen zur Strukturreform der Krankenversicherung und zur Rentenreform, die das gleiche Ziel haben, nämlich Beitragsstabilität herbeizuführen. ({2}) Für diesen Punkt ist ganz entscheidend, daß wir auch in der Zukunft eine positive Einstellung von den Unternehmern haben, um weitere Arbeitsplätze zu schaffen. Ich möchte hier wiederholen: Eine Beitragserhöhung ist nicht der richtige Weg zur Lösung der gegenwärtigen Finanzprobleme der Bundesanstalt. ({3}) Der Finanzminister ist vielmehr zum jetzigen Zeitpunkt im Rahmen der Bundesgarantie in seiner Verantwortung angesprochen. Allerdings dürfen wir, wenn es um die Finanzsituation der Bundesanstalt geht, nicht nachlassen, uns grundsätzlich Überlegungen über die Struktur der Arbeitslosenversicherung zu machen. Zu erwägen ist zum Beispiel, inwieweit wir die Leistungen bei Arbeitslosigkeit in sozialverträglicher Weise ({4}) ähnlich wie bei der Rentenversicherung in Abhängigkeit zur Beitragszeit setzen können. Ich glaube, hier müssen wir langfristig gesehen einmal nachdenken, wie wir die Finanzierbarkeit der Bundesanstalt für Arbeit sicherstellen können. Herzlichen Dank. ({5})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung.

Dr. Norbert Blüm (Minister:in)

Politiker ID: 11000204

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Konjunkturlage ist zufriedenstellend. Sie ist besser, als wir selbst geschätzt haben. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt ist nicht zufriedenstellend. Die konjunkturelle Entwicklung ist zufriedenstellend. Ich will das in Erinnerung rufen, weil das auch eine Voraussetzung für eine bessere Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt ist: Das Bruttosozialprodukt ist im ersten Quartal 1988 um 4,2 % gestiegen, der private Verbrauch um 4,6 %, das Volkseinkommen nahm um 6,2 % zu, ({0}) die verfügbaren Einkommen der Privaten um 4,4 %. Die Zahl der Erwerbstätigen im Inland - das ist für den Arbeitsmarkt nicht unwichtig - ist in den ersten drei Monaten dieses Jahres um 116 000 gestiegen. ({1}) - Wir reden im Moment über die Arbeitslosigkeit in der Bundesrepublik. Da finde ich es eine zwar noch nicht zufriedenstellende, aber immerhin doch eine positive Antwort, daß wir in der Beschäftigungsentwicklung vorwärtskommen. ({2}) - Halten Sie doch Ihren Kopf nicht fest, sondern hören Sie zu. 116 000 Mitbürger, die vorher keine Arbeit hatten, haben Arbeit bekommen. ({3}) Daß die Zahl der Arbeitslosen nicht in der gleichen Weise zurückgegangen ist - ({4}) - Daß sich die Zahl der Arbeitslosen nicht in der gleichen Weise verändert hat, Herr Ehrenberg, ({5}) liegt doch daran, daß wir es erstens noch immer mit den geburtenstarken Jahrgängen zu tun haben, daß zweitens der Anteil der erwerbstätigen Frauen so hoch ist wie nie zuvor, was ich gar nicht kritisiere, sondern nur beschreibe, daß wir drittens - auch das eine erfreuliche Ursache - mehr Aussiedler, mehr Landsleute bei uns haben, als wir je erwartet hatten und als je in Ihrer Regierungszeit bei uns wieder Heimat gefunden haben. Welches sind die Gründe für die Ausgabensteigerungen bei der Bundesanstalt? Wir haben Leistungen verbessert. Wollen Sie das bestreiten? Wollen Sie nachträglich sagen, wir sollten sie wieder zurückneh5516 men? Wir haben die Bezugszeit für das Arbeitslosengeld für die älteren Arbeitslosen verlängert. Wollen Sie das kritisieren? Das ist auch eine wesentliche Ursache der Ausgabensteigerung. Es wird behauptet, wir hätten nichts getan; aber das war eine ganz handfeste Hilfe für die Arbeitslosen, die schon lange arbeitslos sind. Auf diese Weise haben wir verhindert, daß sie in die Sozialhilfe, in die Arbeitslosenhilfe kamen. Wollen Sie das zurücknehmen? Wir haben das Kurzarbeitergeld für die Stahlarbeiter auf 36 Monate verlängert. Wollen Sie das zurücknehmen? Wollen Sie das nachträglich beklagen? Wir haben die Laufzeit für die Lohnkostenzuschüsse für Ältere von fünf auf acht Jahre verlängert. Wir haben die Bezugsdauer für das Überbrückungsgeld für Arbeitslose, die sich selbständig machen wollen, auf sechs Monate erweitert. Auf Grund der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt und auf Grund der Leistungsverbesserungen wird die Rücklage der Arbeitslosenversicherung 1988 aufgezehrt sein. Soweit die Ausgaben die Einnahmen dann übersteigen, greift die Zuschußpflicht des Bundes. ({6}) - Wollen Sie mich jetzt anhören, oder wollen Sie Ihre vorgefertigten Erwartungen jetzt lautstark pausenlos zu Protokoll geben? ({7}) Ich dachte, Sie wollten mich anhören. Zur Sicherung der Finanzkraft der Bundesanstalt für Arbeit im Jahre 1989 müssen politische Entscheidungen gefällt werden. Die Bundesregierung wird dazu rechtzeitig die entsprechenden Vorschläge unterbreiten. Mein Appell geht an die Bundesanstalt, den genehmigten Haushalt als Maßstab für ihre Arbeitsmarktpolitik zu nehmen. Dazu sind wir auch der parlamentarischen Verantwortung wegen verpflichtet. Der genehmigte Haushalt ist kein unverbindliches Orientierungsdatum. Er ist Richtwert auch für die Arbeitsmarktpolitik. Wichtige Schritte auch zu einer qualitativen Konsolidierung der Qualifizierung sind notwendig, ganz unabhängig von allen Finanzfragen. Das entspricht doch auch dem gesunden Menschenverstand. Wenn eine Maßnahme so gepusht wird, wie sie gepusht wurde - damit meine ich die Qualifizierung; wir wollten das ja, und ich kritisiere das gar nicht nachträglich - , dann ist es jetzt an der Zeit, diesen Schritt solide abzusichern und auch danach zu fragen, ob die Qualifizierung immer an der richtigen Stelle ansetzt. Es ist doch nichts gewonnen, wenn man nur Zahlen steigert. ({8}) Die Qualifizierung ist eine wichtige Voraussetzung für eine arbeitsmarktpolitische Besserung. Die Bundesregierung hat sich deshalb bereit erklärt, der Bundesanstalt für Arbeit für die Ausbildungsförderung Jugendlicher und für die berufliche Weiterbildung und Rehabilitation weitere 210 Millionen DM durch Umschichtung zur Verfügung zu stellen. Den aufgetretenen Schwierigkeiten, auf die viele Kollegen aus dem Hohen Hause zu Recht hingewiesen haben, kann damit gezielt entgegengewirkt werden. ({9}) Meine Damen und Herren, jetzt noch ein paar Sätze zu der Behauptung, wir würden kürzen. Jetzt berufe ich mich nicht auf Ideologie, sondern einfach auf Zahlen aus den Jahren 1987 und 1988. Berufliche Bildung 1987: 6,26 Milliarden DM; in diesem Jahr sind es 6,45 Milliarden DM. Wie kommen Sie eigentlich dazu, eine Steigerung als Kürzung zu bezeichnen? Das tun Sie entweder wider besseres Wissen oder in Unkenntnis der wirklichen Zahlen. ({10}) Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen: 1987 waren es 3,18 Milliarden DM, in diesem Jahr werden es 3,37 Milliarden DM sein. Wie kommen Sie dazu, zu sagen, wir würden zurücknehmen: Förderung der Arbeitsaufnahme 1988 575 Millionen, im letzten Jahr 538 Millionen. Auch durch Wiederholung wird nicht wahr, daß eine Steigerung eine Kürzung wäre. Das ist eine Steigerung, eine Verbesserung unserer Anstrengungen. ({11}) Berufliche Rehabilitationsmaßnahmen: 2,47 Milliarden in diesem Jahr, im Vorjahr 2,45 Milliarden. Meine Damen und Herren, merken Sie sich die Zahlen - auch die Öffentlichkeit - gegen den ganzen Wust von Behauptungen, wir würden die Arbeitsmarktpolitik zusammenschlagen und jetzt auf null fahren: Nie, in keinem Jahr und schon gar nicht zu Zeiten der SPD-Regierungen wurde soviel Geld für Arbeitsmarktpolitik ausgegeben wie 1988: Ohne die 8. Novelle - lassen wir den Streit über die 8. Novelle mal beiseite - sind es 1988 13,6 Milliarden gegenüber 12,9 Milliarden im letzten Jahr. Was ist mehr, 13,6 oder 12,9? Ganz nachweislich der Mathematik: Wir geben in diesem Jahr mehr aus als im letzten Jahr, und es ist unverschämt, es ist die Unwahrheit, zu sagen, wir würden weniger tun als zuvor. ({12}) - Also, wenn Sie mich, Herr Ehrenberg, schon so aufregen, dann nenne ich auch noch die Zahl, die bei Ihnen dafür ausgegeben wurde. 1982: 6,9 Milliarden, Herr Ehrenberg, nahezu das Doppelte geben wir aus als zu Ihrer Zeit. ({13}) - Warum schreien Sie denn so? ({14}) - Ich rede nicht unverschämtes Zeug, ich rede davon, daß zu Ihrer Zeit, die Hälfte von dem Geld für berufBundesminister Dr. Blüm liche Qualifikation und Arbeitsmarktpolitik ausgegeben wurde als zu unserer Zeit. ({15}) Ich rede nicht unverschämt, ich rede davon, daß in Ihrer Zeit eine Million Arbeitsplätze weggefallen sind, und in den Jahren, in denen wir an der Regierung sind, nachweislich nach der Beschäftigten-Statistik eine Million Beschäftigte mehr da sind. Meine Damen und Herren, Sie eignen sich doch nun wirklich nicht als Lehrmeister, wie man Defizite vermeidet. Sie nun wirklich nicht. Dafür haben Sie wirklich keinen Führerschein. Sie hatten ein Defizit von 17 Milliarden Mark von 1980 bis 1982. 17 Milliarden Mark Defizit bei der Bundesanstalt, und Sie treten hier auf, als hätten Sie die Geheimnisse, wie man Defizite vermeidet. Sie haben einen Gesetzentwurf noch vor einem Jahr hier vorgelegt: 6,5 Milliarden hätte er mehr gekostet. Dann hätten wir jetzt 6,5 Milliarden mehr Defizit. ({16}) Ich würde bevorzugen, wir würden den Streit über Zahlen nicht weiter führen, sondern wir würden gemeinsam Anstrengungen unternehmen, wie man den Arbeitslosen hilft, und das sage ich, da ist nicht nur die Bundesanstalt an der Reihe, da sind auch die Unternehmer an der Reihe; Qualifizierung ist nicht nur eine Sache der öffentlichen Hand, sondern auch der Unternehmen. ({17})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat der Abgeordnete Reimann.

Manfred Reimann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001805, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und meine Herren! Das zu erwartende Defizit der Bundesanstalt, Herr Minister, wird eine Milliarde in diesem Jahr und fünf Milliarden im nächsten Jahr betragen. Das ist nicht wegzureden. Das bedeutet für die Bundesregierung, daß sie in einen weiteren Leistungsabbau einsteigen wird. Damit sind die Mißerfolge bei einer neuen notwendigen Ausbildung zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit im Grunde genommen jetzt schon wieder erneut programmiert, und das ist nicht zu bestreiten. Aber gestatten Sie mir ein Zitat: Angst lähmt, und Zukunftsfrucht ist ein schlechter Ratgeber. Die Förderkurse schaffen Erfolgserlebnisse, geben Mut und fördern das Vertrauen in die Zukunft. Das ist die beste Medizin gegen Resignation. Der Mensch beginnt nicht beim Hochschulabsolventen, und wer die Welt mit der Hand begreift, ist nicht weniger wert als der Theoretiker. Wer war das wohl? ({0}) Sie werden eingeholt von Ihren Zitaten und von Ihren Sprüchen Herr Minister: ({1}) Bundesarbeitsminister Blüm vor zwei Jahren, anläßlich des 10jährigen Bestehens des christlichen Jugenddorfes Bonner Gustav-Heinemann-Haus. Und weiter: „Natürlich braucht eine solidarische Sozialpolitik auch eine solide finanzielle Ausstattung. " Was der Herr Blüm damals sagte, ist das Gegenteil des Verschiebebahnhofs zwischen dem Finanzminister Stoltenberg und dem Arbeitsministerium jetzt und heute. Sie machen die Bundesanstalt zur Sparkasse der Nation. Sie greifen hinein, wann immer Sie das für notwendig halten. Herr Blüm, wenn ich Ihre arbeitnehmerfreundlichen Reden mit Ihrer Politik vergleiche, kann ich Ihrer Vorstellung von Solidarität nicht mehr folgen. Wir haben auch im Ausschuß einmal darüber diskutiert. Was Ihr arbeitsmarktpolitischer Zickzackkurs mit neuer Sozialpolitik zu tun hat, ist mir täglich unverständlicher. Norbert Blüm ist Vorsitzender des Stiftungsrates des Gustav-Heinemann-Hauses. Auch dieses Haus kann demnächst wahrscheinlich dichtmachen, weil dem Bonner Arbeitsamt die Gelder für die einjährigen Förderlehrgänge für physisch behinderte, nicht berufsreife Jugendliche fehlen. Gerade diese Jugendlichen fallen bundesweit Ihrer rücksichtslosen Sparpolitik zum Opfer. Das ist weder sozial noch christlich, sondern einfach zynisch. Während Sie vor drei Jahren mit der Qualifizierungsoffensive begonnen haben und bei den meist arbeitslosen Menschen Hoffnungen weckten, lassen sie heute einfach die Leute im Regen stehen. Zukunftsfurcht, ist, wie Sie sagten, ein schlechter Ratgeber. Aber Vertrauen in die Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung ist noch ein viel schlechterer Ratgeber. Das gilt besonders für die Frauen. Ihre Arbeitslosenquote lag 1987 mit 10,5 % deutlich über der der Männer mit 8,3 %. Obwohl der Bundesarbeitsminister in den Augen der Öffentlichkeit längst in die Defensive geraten ist, läßt er in seinem Bemühen, angebliche Erfolge darzustellen, nicht nach. Wir haben es eben wieder gehört. Er sagt, noch nie sei so viel Geld für Qualifizierungsmaßnahmen ausgegeben worden. Es sind jetzt 5,6 Milliarden DM. Dann lassen Sie es doch dabei! Dann kritisieren Sie das hier doch nicht immer wieder! Wenn es stimmt, drücken Qualifizierungsmaßnahmen die Arbeitslosenquote um 2,2 % herunter. Wenn Sie also Qualifizierungsmaßnahmen streichen, müßte notgedrungen die Arbeitslosigkeit steigen. Wenn Sie immer wieder sagen, bei den Sozialdemokraten sei das alles nicht so viel gewesen, stelle ich fest: Bei den Sozialdemokraten hat es auch nicht so viel Arbeitslose gegeben wie unter dieser CDU/CSU-FDP-Regierung. ({2}) Schon bei der Verabschiedung der Achten Novelle zum Arbeitsförderungsgesetz warnten wir davor, die Bundesanstalt für Arbeit zum Lückenbüßer für das Defizit des Bundesetats zu machen. Nehmen wir doch beispielsweise einmal die Kosten für die Sprachförderung der Aussiedler und für andere Asylberechtigte. Das ist eine notwendige Arbeit; aber dies gehört nicht in die Kassen der Bundesanstalt. Hierfür hätte Herr Stoltenberg sorgen müssen. Deshalb sollte der Rechtsanspruch der Arbeitslosen auf volle Kostenerstattung für Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen auch bei freien Trägern ihrer Wahl nicht abgeschafft werden. Die Arbeitsämter sollten wegen der engen finanziellen Spielräume jetzt nicht mit gebremstem Schaum fahren. Wenn Sie von einem Zuschuß von 210 Millionen DM im Moment reden, dann doch auch nur deshalb, weil Sie als der Bundesarbeitsminister seit Jahren zu viel weggenommen und zu viel umverteilt haben. Jetzt kommen Sie mit Ihrem Defizit nicht mehr zurecht. ({3}) - Herr Kollege Kolb, wie sieht denn die Lage vor Ort aus? Zur Zeit können die Arbeitsämter überhaupt keine Aussagen machen, wie das zu erwartende Mittelkontingent für die nächsten Jahre aussieht. Sie können weder beraten, noch können sie irgendwelche Qualifizierungsmaßnahmen einbringen. Zusammengefaßt heißt das, Herr Bundesarbeitsminister, wie wir hören: Personalabbau um 1 %, zu erwartender Leistungsabbau, zu erwartende Beitragssteigerungen. Das sind die Antworten der Bundesregierung auf die abzubauenden Defizite. Ich meine, ideenloser und unsozialer kann sich Ihre Politik kaum noch darstellen. Herzlichen Dank. ({4})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat der Abgeordnete Schemken.

Heinz Schemken (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001955, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Natürlich befindet sich die Bundesanstalt für Arbeit in einer angespannten Finanzsituation; das bestreitet niemand. Niemand in der CDU/CSU- oder FDP-Fraktion bestreitet auch, daß wir gegen diese angespannte Finanzsituation und gegen das, was an Aufwendungen hier notwendig ist, auch Leistungen stellen. Die Qualifizierungsoffensive hat ein Rekordergebnis erreicht - dies auch erneut im ersten Drittel dieses Jahres - , das nicht zu bezweifeln ist. Auch Sie wollten diese Offensive. Sie ist sinnvoll. Denn 70 % der Qualifizierten werden wieder in den Arbeitsmarkt eingeführt. Hier ist wirklich eine wirksame Hilfe gegen die Arbeitslosigkeit gegeben. Erfreulich ist, daß die Kurzarbeit zurückgeht. Dort sind weniger Mittel notwendig. Erfreulich ist auch, daß wir weitere Erwerbstätige in Arbeit bringen konnten. Das sind 115 000. Der Minister hat es soeben ausgeführt. Das führt im übrigen dazu, daß die Einnahmen um 300 Millionen DM verbessert werden; das ist ein erfreulicher Tatbestand. Trotzdem sind wir auch besorgt darum, daß wir Ende des Jahres vor allen Dingen eine weitere Zunahme der Qualifizierungsoffensive bei der vorhandenen Haushaltsbeschreibung und -kapazität erreichen. Ich muß aber hier nochmals ausdrücklich sagen, Herr Ehrenberg - vielleicht ist das auch einmal wichtig zur Wahrheitsfindung - : Bei weniger Arbeitslosen und bei weniger Leistung haben Sie zu Ihrer Zeit 1980 ein Defizit von 1,8 Milliarden DM eingefahren, 1981 von 8,2 Milliarden und 1982 von 7 Milliarden DM. Man muß das einmal sagen. Es kann sein, daß Sie das begründen können. ({0}) - Ja; Sie hatten weniger Arbeitslose, weniger zu leisten ({1}) und trotzdem weniger Qualifizierungsmaßnahmen, weitaus weniger. Trotzdem hatten Sie ein so hohes Defizit. ({2}) Das sollten Sie einmal erklären. - Da ist doch wohl ein Zusammenhang. Wenn Sie weniger Aufwendungen betrieben haben, weil weniger Arbeitslose da waren - dessen rühmen Sie sich - , und trotzdem hat es ein so hohes Defizit gegeben, dann hat es doch an einer nicht guten Wirtschaft in diesem Bereich gelegen. ({3}) Zu den Zahlen. Der Minister hat sie eben in D-Mark genannt. Ich sage sie in Personen, in Betroffenen, in Betroffenheiten, in einzelnen Betroffenheiten: 1984 in Fortbildung und Umschulung 353 000, 1985 409 000, 1986 530 000, und 1987 geraten wir über 600 000. Das ist wirklich ein Kraftakt, eine Leistung, die insgesamt anerkannt werden muß. Trotzdem bedauern auch wir, daß wir in den Bereichen, wo es darum geht, Jugendliche zu einer gediegenen Ausbildung und zu einem entsprechenden Einstieg in die Berufswelt hinzuführen, im Moment zwar keine Rückführung der Leistungen, aber eine gewisse Einfrierung auf hohem Niveau feststellen. ({4}) Nur - das darf ich hier auch einmal sagen - : Wo bleibt eigentlich die Pädagogik? Bei der Resignation, die für 14 % von jungen Menschen eintritt, die erst gar nicht den Hauptschulabschluß erreichen, und bei der hohen Zahl von arbeitslosen Lehrern - ich kenne das aus dem Land Nordrhein-Westfalen - müßte es möglich sein, diesem existentiellen Anliegen der Jugendlichen nachzugehen und diese Jugendlichen in den Elementarschulen besser zu fördern, ({5}) damit sie nach Eignung und Neigung auf den Berufsweg vorbereitet werden. Wir tun es über die entsprechenden Maßnahmen. Wir tun es auch im Reha-Bereich, und wir tun es im Bereich der Fortbildung und der Umschulung. Aber wer die Antwort auf die 90er Jahre geben will, muß wissen, daß er sich bei so einem monolithischen Block von 40 Milliarden DM verfügbarer Masse der Bundesanstalt für Arbeit etwas einfallen lassen muß. Hier fordere ich die VerantwortliSchemken Chen der Bundesanstalt für Arbeit nochmals auf, sich darüber Gedanken zu machen, ob es richtig ist, im AB-Maßnahmen-Bereich weiter hochzufahren, oder ob es sinnvoller ist, ({6}) jungen Menschen auf den richtigen Berufsweg und damit in Arbeit zu bringen. Denn die Vermittlungsquote bei jungen Menschen ist erfreulich hoch. Dann sage ich Ihnen noch etwas. Die AB-Maßnahmen bei den Kommunen eröffnen mittlerweile einen zweiten Arbeitsmarkt, der meiner Meinung nach in dieser Größe nicht mehr gerechtfertigt ist. Hier wird mancher Schnickschnack fabriziert. Ich weiß, worüber ich rede. Manche Stelle wird zusammengeschrieben, damit es klappt, damit eine Stelle bei der Arbeitsverwaltung angemeldet werden kann. Ich bitte zugunsten der Jugendlichen - das ist ein Anliegen, das auch von Ihnen vorgetragen worden ist -, daß sich die Bundesanstalt für Arbeit Gedanken macht, ob nicht aus diesem Bereich heraus Mittel weiter umgeschichtet werden können, um die Berufsvorbereitungslehrgänge zu finanzieren. Eines möchte ich abschließend sagen. Wichtig ist, daß die Bundesanstalt für Arbeit mit den zusätzlichen Mitteln, die durch den Arbeitsminister und durch den Finanzminister mit der Umschichtung freigelegt wurden, reagiert. Es muß den Ausbildungsträgern Sicherheit gegeben werden. Das ist nämlich entscheidend. Hier darf nicht mehr gewackelt werden. Hier muß in den Selbstverwaltungsorganen endlich einmal entschieden werden. Schönen Dank. ({7})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Ehrenberg. ({0})

Dr. Herbert Ehrenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000445, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kollege Cronenberg hat zu Beginn - sehr richtig - bestätigt, daß diese Aktuelle Stunde ein aktuelles Thema behandelt. ({0}) Es war ja wohl eine legitime Erwartung des Parlaments, von dem zuständigen Ressortminister eine konkrete Auskunft zu dieser aktuellen Situation zu erhalten. Was haben wir gehört? - Nichts. Wir haben Beschönigungen gehört. Herr Blüm erzählt uns, daß er die Ausgaben für die Arbeitsmarktpolitik kräftig gesteigert hat, auf das Doppelte von 1981 - was stimmt. Nur war die Arbeitslosigkeit 1980 ein Drittel und 1981 halb so groß wie heute. ({1}) Zu Ihrer Beschäftigtenzahl, Herr Blüm: Sie liegt immer noch um 300 000 unter der Zahl der Beschäftigten aus dem Jahre 1980. Vergessen Sie, sich damit zu rühmen. ({2}) Dann wird in dieser aktuellen Situation, wo keiner bestreitet, daß die Gefahr eines Defizits besteht, vom Bundesarbeitsminister gesagt: Das werden wir rechtzeitig vorlegen, wenn der Haushalt 1989 dran ist. Dieser Haushalt ist am 1. September 1988 vorzulegen, d. h. die Selbstverwaltungskörperschaften müssen ihn in diesem Sommer beschließen. Sie warten darauf zu erfahren, ob sie vom Bund auf Grund der Defizithaftung etwas erwarten können oder ob sie die Beiträge erhöhen sollen. Herr Kollege Blüm, Sie wollen die Entscheidungen auf den Sommer verschieben, statt sie jetzt zu fällen, wo in diesen beiden Wochen - wenn auch noch mit 100 Zusatzanträgen, wie wir sie gerade im Wirtschaftsausschuß gehabt haben - über die Steuerreform entschieden wird und die Kassen des Bundes, der Länder und der Kommunen damit leer gemacht werden; da wollen Sie die Bundesanstalt für Arbeit auf das nächste Jahr vertrösten. ({3}) Die Selbstverwaltung muß in diesem Sommer entscheiden, wie ihr Haushalt aussieht, und sie weiß nicht, was sie von Herrn Stoltenberg zu erwarten hat. Unter der Devise dieser Bundesregierung steht ständig ein Abbau der Lohnnebenkosten und der Lohnkosten überhaupt. Bei der Diskussion um die Standortprobleme dieser Republik spielt das Lohnniveau eine große Rolle. Verschwiegen wird dabei, Herr Bundesarbeitsminister, daß die Nettoreallöhne 1987 um immer noch 40 DM niedriger lagen als im Jahre 1979 - aus Ihren Statistiken bitte nachzulesen: 40 DM niedriger als 1979! Gestiegen sind die Lohnnebenkosten, aber in erster Linie dadurch, daß die Arbeitslosigkeit so groß ist und die Beiträge so hoch sind. Lesen Sie einmal beim Institut der Deutschen Wirtschaft nach. Dort steht zu den Arbeitskosten: nur die Schweiz ist teurer. Aber bei den Direktentgelten steht dort: Die Bundesrepublik liegt im Mittelfeld, 5 DM pro Stunde unter der Schweiz und unter Dänemark. Die Lohnnebenkosten sind höher, und diese wollen Sie jetzt im nächsten Jahr erhöhen. Herr Bundesarbeitsminister, wenn es eine Chance gibt, Beitragserhöhung und Leistungskürzungen zu vermeiden, dann müssen Sie jetzt, bevor die Steuerreform beschlossen ist, von Herrn Stoltenberg die Zusage bekommen, die Defizithaftung zu erfüllen. Nach der Steuerreform kann er es nicht mehr. Sie, Herr Blüm, haben vor einem Jahr bei den Koalitionsverhandlungen laut gesagt: Die Senkung des Spitzensteuersatzes ist ein Schlag in das Gesicht der Arbeitnehmer. Diesen Schlag haben Sie inzwischen ausgeführt. Jetzt sind Sie soweit, über Beitragserhöhungen im nächsten Jahr die Arbeitnehmer diesen Schlag auch noch selber bezahlen zu lassen, den Sie ihnen versetzt haben. Herzlichen Dank. ({4})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Warrikoff.

Dr. Alexander Warrikoff (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002429, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, ich bin immer wieder fasziniert von der besonderen sozialdemokratischen Logik, wobei ich keineswegs gegenüber den GRÜNEN diskriminieren will. Einerseits beklagen Sie das Defizit, andererseits verlangen Sie enorm verstärkte, höhere Ausgaben. Haben Sie eigentlich nicht begriffen, daß, wenn man mehr ausgibt - Herr Minister Blüm hat das im einzelnen ausgeführt -, das zu höheren Defiziten führt? ({0}) Verstehen Sie denn gar nicht, daß Sie die Quadratur des Kreises wollen? Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie das endlich einmal zur Kenntnis nehmen würden. ({1}) - Lieber Herr Andres, ich will Ihnen einmal etwas sagen: Jetzt haben Sie zum 15. Mal den Zwischenruf mit den Hobbyfliegern gemacht. Sie lassen damit erkennen, daß Sie es an der diesem Thema angemessenen Ernsthaftigkeit fehlen lassen. ({2}) Hier geht es nicht um Hobbyflieger, sondern hier geht es um Arbeitslose, und ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie das zur Kenntnis nehmen würden. ({3}) Ich finde es übrigens unglaublich, daß ausgerechnet von Ihnen derartige dumme Zwischenrufe kommen. Meine Damen und Herren, eine der weiteren Faszinationen ist die nach wie vor verbreitete Vorstellung - insbesondere Sie, Herr Dreßler, lächeln mich so freundlich an; ich darf das zurückgeben - nicht nur von Schnitten, sondern von weiteren Schnitten. Ich komme mir langsam doof vor, wenn ich Ihnen die Zahlen, die Herr Minister Blüm dutzendweise vorgetragen hat, ({4}) nun noch einmal vorlege und Ihnen nun noch einmal ausführe, daß wir keine Schnitte gemacht haben, sondern dramatisch erhöht haben. ({5}) Auch im Vergleich vom Jahr 1987 zum Jahr 1988 wurde keineswegs gekürzt, sondern bei den meisten Sachen sogar noch erhöht. Für mich ist es ein Faszinosum, daß Sie das nicht begreifen können, denn daß Sie es nicht begreifen wollen, würde Ihnen eine Bösartigkeit unterstellen, zu der ich noch gar nicht bereit bin. Aber vielleicht können Sie sich dazu einmal im einzelnen erklären. Meine Damen und Herren, die Situation der Bundesanstalt für Arbeit, mit der wir uns zu befassen haben, ({6}) wird dazu führen, daß eventuell ein Haushalt vorgelegt werden muß, bei dem auf die zusätzlichen Anforderungen Rücksicht genommen werden muß. Ich fordere die Bundesregierung auf, diese zusätzlichen Informationen, wenn es sie geben sollte, vorzulegen - wenn sie vorliegen, aber auch nicht früher. Deswegen finde ich es lächerlich, immer wieder neue Aktuelle Stunden zu machen. Die Aktuelle Stunde ist angemessen, wenn die Informationen, die die Grundlage für eine solche Diskussion sein können, auf dem Tisch liegen. ({7}) Sie liegen aber noch nicht vor. Im übrigen gehen die Konsequenzen, über die wir heute reden, auf Dinge zurück, die Sie mit großem Beifall bedacht haben. Erinnere ich mich richtig, daß Sie der längeren Zahlung des Arbeitslosengeldes für ältere Arbeitslose zu Recht zugestimmt haben? Ist Ihnen eigentlich klargeworden, daß das Geld kostet? ({8}) - Wunderbar, herrlich. - Darf ich noch einmal hören, daß Sie da zugestimmt haben? ({9}) Ich wiederhole die Frage, nachdem Sie so großartig in Zwischenrufen sind: Waren Sie sich darüber klar, daß das mehr Geld kostet, oder nicht? Nächster Punkt. Wir haben die Anwartschaftsdauer für den Bezug von Arbeitslosengeld von drei auf zwei Jahre gesenkt; eine wichtige sozialpolitische Maßnahme. Ich meine mich zu erinnern, Sie hätten zugestimmt. War Ihnen eigentlich klar, daß das Geld kostet? ({10}) Jetzt will ich Ihnen sogar etwas sagen, dem Sie nicht zugestimmt haben, aber worüber wir uns freuen sollten, nämlich die Position im Haushalt für Sprachförderung bei Aussiedlern, die kommen, anzuheben. ({11}) Sie wollen doch nicht etwa vorschlagen, daß wir die Aussiedler nicht mit einer anständigen Sprachausbildung versehen. ({12}) - Entschuldigen Sie bitte: Eine wesentliche Voraussetzung für den Arbeitsmarkt ist die Kenntnis der deutschen Sprache. Ich würde mich freuen, wenn Sie dies zur Kenntnis nähmen. ({13}) Das ist eine Position, die der beruflichen Förderung dient und sonst nichts. ({14}) Bei all diesen Fortschreibungen von Dingen stellt sich der Herr Urbaniak hin - auch wieder so ein Faszinosum für mich - und erklärt, daß die BundesregieDr. Warrikoff rung überhaupt nichts zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit tut, ({15}) und das angesichts solcher Zahlen, die zu einer höheren Belastung der Bundesanstalt für Arbeit führen, als wir das angenommen haben. Meine Damen und Herren, was immer die Zahlen sein werden, die wir für den Haushalt der Bundesanstalt haben werden: Wir werden mit Sicherheit Ihren Rekord von 7 Milliarden DM Defizit im Jahre 1982 nicht erreichen. ({16})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat der Abgeordnete Günther.

Horst Günther (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000749, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als letzter Redner meiner Fraktion möchte ich zunächst etwas zu dem Kollegen Reimann sagen. ({0}) - Da brauchen Sie keine Sorge zu haben, Herr Kollege Dreßler. Das tue ich hier immer. ({1}) Wenn Sie sich hier schon über das Gustav-Heinemann-Haus auslassen, dann erkundigen Sie sich doch bitte erst einmal genau, wie das aussieht. Nach Auskunft des Landesarbeitsamtes Nordrhein-Westfalen sind mit der zur Verfügungstellung der 210 Millionen DM auf Bundesebene auch in Nordrhein-Westfalen für das Gustav-Heinemann-Haus keine Probleme mehr zu erwarten. ({2}) Vielleicht sollten Sie sich einmal an Herrn Sund, den Präsidenten, wenden. ({3}) - Die 210 Millionen DM werden aus dem Etat der Bundesanstalt für Arbeit umgeschichtet, Herr Ehrenberg. ({4}) - Also, Sie Dauerzwischenrufer, Herr Ehrenberg, Sie hätten während Ihrer Regierungszeit einmal besser Schularbeiten machen müssen, besser regieren sollen, dann hätten wir die Probleme, die heute da sind, nur zur Hälfte. ({5}) Sie haben doch überhaupt nichts getan. Ihre Erfolgsbilanz ist doch so schlimm, daß Sie sich schämen sollten, hier dauernd solche Zwischenrufe zu machen. ({6}) Es ist auch schon mehr als merkwürdig und vielsagend zugleich, ({7}) wenn die Fraktion der SPD im Deutschen Bundestag eine Aktuelle Stunde beantragt, weil durch Leistungsausweitungen an Arbeitslose in der Kasse in Nürnberg Probleme entstehen. Das ist wirklich sehr, sehr merkwürdig. Dabei ist Ihnen bekannt, daß die Bundesregierung trotz des erkennenbaren finanziellen Mehrbedarfs für die Qualifizierungsmaßnahmen zusätzlich zu den genannten Zahlen - ich will sie nicht wiederholen - noch einmal 210 Millionen DM zur Verfügung stellt. ({8}) - Ich habe es Ihnen doch gesagt. Sie können offensichtlich nicht zuhören. ({9}) - Herr Dreßler, Sie wissen ganz genau, daß die Selbstverwaltung dies beschließen wird, weil sie die Mittel braucht und sie auch bekommt. ({10}) Die Verpflichtungsermächtigung der Bundesregierung liegt vor. Im übrigen sind Defizite in Nürnberg nach einem Gesetz abzudecken. Das wissen auch Sie. ({11}) Insofern passiert nämlich überhaupt nichts, und niemand braucht mit Leistungskürzungen zu rechnen. Sie beschwindeln hier die Bevölkerung, ({12}) wenn Sie ständig wiederholen, daß Leistungskürzungen vorgenommen werden. Das gilt aúch für Sie, Frau Beck-Oberdorf. Die Zahlen, die hier schon genannt wurden, sprechen eine eindeutige Sprache. Unterlassen Sie es bitte, ständig zu sagen, es würden Leistungskürzungen vorgenommen und auf Grund dessen Maßnahmen nicht durchgeführt. Genau das Gegenteil ist der Fall. Daß Sie, Herr Ehrenberg, mit die Grundlage gelegt haben, will ich Ihnen noch an Hand einiger Zahlen belegen. ({13}) - Sie haben Gott sei Dank soeben bestätigt, daß die Arbeitslosenzahlen in den letzten beiden Jahren Ihrer Regierung um jeweils 450 000 gestiegen sind. Während dieses Anstiegs haben Sie Leistungen in Nürnberg gekürzt und Qualifizierungsmaßnahmen zurückgefahren. Dies ist kontraproduktiv und wirkt sich bis in die heutige Zeit hinein aus. ({14}) Wie war es denn damals um Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen bestellt? Mickrige 29 100 haben Sie auf die Beine gestellt. Heute sind es 116 000. ({15}) Wie war es denn mit den Milliarden für berufliche Bildung? 1982: 3,78 Milliarden DM; heute: 6,2 Milliarden DM. ABM: 869 Millionen DM; heute: 3,372 Milliarden DM. ({16}) Daß Sie mit Zahlen nicht umgehen können, beweist auch Ihre Aussage, daß die Arbeitslosigkeit heute dreimal so hoch ist wie zu Ihrer Zeit, wenn Sie die Dezember-Zahlen 1982 nehmen. ({17}) - Entschuldigung: die September-Zahlen. Ja, in der Tat, ich habe mich versprochen. - Wenn Sie die September-Zahlen 1982 nehmen - das war ja wohl der letzte Monat Ihrer Regierungszeit -, dann stellen Sie fest: 1,8 Millionen Arbeitslose. Im September 1987 hatten wir 2,1 Millionen Arbeitslose. Das sind 300 000 mehr, aber die Zahl ist nicht dreimal so hoch, wie Sie sagen. ({18}) Sie haben es einmal wieder mit den Nullen; damit konnten Sie ja noch nie umgehen. Meine Damen und Herren, wir wollen die finanzielle Lage der Bundesanstalt für Arbeit überhaupt nicht beschönigen. Wir wissen, daß hier nachgebessert werden muß, und wir werden dies auch sach- und zeitgerecht tun, so wie Sie das leider viel zu oft haben tun müssen. Bei uns ist es das erste Mal seit sechs Jahren. - Lachen Sie nicht so. Sie hätten besser in sich gehen sollen. Was Sie uns hinterlassen haben, war das Schlimmste, was es in der Nachkriegszeit überhaupt gegeben hat. ({19})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Meine Damen und Herren, die Aktuelle Stunde ist beendet. Wir sind damit am Schluß unserer heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 9. Juni, 9 Uhr ein. Die Sitzung ist geschlossen.