Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 4/13/1988

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Die Sitzung ist eröffnet. Wir beginnen mit dem Tagesordnungspunkt 1: Fragestunde Als ersten Geschäftsbereich rufe ich den Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie auf. Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Probst steht zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung. Die Frage 1 des Abgeordneten Catenhusen soll schriftlich beantwortet werden. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Dann kommt die Frage 10 des Abgeordneten Dr. Daniels ({0}). Er ist aber nicht im Raum. Dann wird die Frage entsprechend der Geschäftsordnung behandelt. Es tut mir leid, Herr Probst; Sie sind schon befreit. Dann kommt der Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz. Herr Staatssekretär Dr. Jahn steht zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung. Ich rufe die Frage 4 der Abgeordneten Frau Oesterle-Schwerin auf: Gilt die Aussage des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Jahn ({1}) „die Erteilung einer Pflegeerlaubnis setzt dabei ganz allgemein voraus, daß in der Pflegestelle das leibliche, geistige und seelische Wohl des Kindes gewährleistet ist. Die sexuelle Orientierung des Bewerbers um eine Pflegeerlaubnis ist nur insoweit von Bedeutung, als sie geeignet ist, das Wohl des zu betreuenden Kindes zu gefährden. Dabei ist auf die Situation im Einzelfall abzustellen." nach Meinung der Bundesregierung nur für die Kinder von HIV-infizierten Müttern oder auch für die Kinder von gesunden Müttern? Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Gerhard Jahn (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001012

Frau Kollegin Oesterle-Schwerin, die Aussage gilt nach ihrem unmißverständlichen Wortlaut für Kinder gesunder wie kranker Mütter.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Sie möchten eine Zusatzfrage stellen? - Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Jutta Oesterle-Schwerin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001637, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich bitte Sie, Herr Staatssekretär, klar Stellung zu nehmen. Sie haben sich auch in Ihrer Antwort in der letzten Fragestunde immer auf Einzelfälle bezogen. Ich bitte Sie darum, klar Stellung zu beziehen, welche Kriterien Sie zu Einzelfallbewertungen heranziehen. Ist es eigentlich eher so, daß generell die homosexuelle Orientierung bei Adoptiv- und Pflegeeltern kein Hinderungsgrund ist, aber im Einzelfall einer sein kann, oder ist es genau umgekehrt: daß die homosexuelle Orientierung der Pflege- und Adoptiveltern generell ein Hinderungsgrund ist, es jedoch Einzelfälle geben mag, wo das nicht der Fall ist?

Gerhard Jahn (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001012

Frau Kollegin Oesterle-Schwerin, ich möchte Ihnen eine grundsätzliche Stellungnahme geben. Die Bundesregierung verbindet mit der Homosexualität von Menschen keinerlei moralische Qualifizierung. Dies schließt Differenzierungen dort nicht aus, wo die homo- oder heterosexuelle Lebensform eines Menschen die Rechtsgüter anderer, hier das Wohl von Kindern, in unterschiedlicher Weise tangieren kann. Sachlich gebotene Differenzierung ist keine moralische Diskriminierung.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Sie haben eine weitere Zusatzfrage, Frau Oesterle-Schwerin.

Jutta Oesterle-Schwerin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001637, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

: Ist es also so, daß die Bundesregierung in einer Homosexualität generell keinen Hinderungsgrund für die Adoption oder die Inpflegenahme von Kindern sieht?

Gerhard Jahn (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001012

Diese Frage haben die Jugendämter zu beurteilen, und dies ist Angelegenheit der zuständigen Bundesländer.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Ich rufe dann die Frage 5 der Abgeordneten Frau Oesterle-Schwerin auf: In welchen Fällen ist die sexuelle Orientierung eines Bewerbers oder einer Bewerberin nach Meinung der Bundesregierung dazu geeignet, das Wohl eines zu betreuenden Kindes zu gefährden? Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Gerhard Jahn (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001012

Frau Kollegin Oesterle-Schwerin, Sie haben danach gefragt, in welchen Fällen die sexuelle Orientierung eines Bewerbers oder einer Bewerberin nach Meinung der Bundesregierung dazu geeignet ist, das Wohl eines zu betreuenden Kindes zu gefährden. Auch insoweit ist meine bereits früher erteilte und von Ihnen selbst zitierte Antwort unmißverständlich. Ob die sexuelle Orientierung des Bewerbers um eine Pflegeerlaubnis geeignet ist, das Wohl des zu betreuenden Kindes zu gefährden, kann nicht generell, sondern nur im jeweiligen Einzelfall beurteilt werden. Ich sagte bereits eben: Für diese Beurteilung sind die Jugendämter zuständig.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine Zusatzfrage, Frau Oesterle- Schwerin.

Jutta Oesterle-Schwerin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001637, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ist die Bundesregierung der Meinung, daß die Position des Berliner Landgerichts, nach der es unverantwortlich ist, Kinder im schulpflichtigen oder gar pubertären Alter von Homosexuellen erziehen zu lassen, auch auf die leiblichen Kinder von lesbischen Frauen oder schwulen Männern zutrifft, und wie verträgt sich diese Position mit dem Art. 6 Abs. 2 und 3 unseres Grundgesetzes?

Gerhard Jahn (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001012

Frau Kollegin Oesterle-Schwerin, Sie waren maßgeblich an der Kleinen Anfrage der GRÜNEN zu dieser Problematik beteiligt. Ich erinnere an die Drucksache 11/2044, wo die Bundesregierung hierzu ausführlich Stellung genommen hat. Ich möchte deshalb nur die Präambel dieser umfassenden Stellungnahme noch einmal in Erinnerung rufen: Auch für Menschen mit homosexuellen Neigungen gilt, daß es ihre höchstpersönliche und freie Entscheidung ist, wie sie Partnerschaft und ihr eigenes Leben gestalten, weiches persönliche Verständnis sie ihren selbst gewählten partnerschaftlichen Beziehungen beimessen und wie sie dieses Verständnis sprachlich ausdrücken wollen. Der Respekt des Staates vor der Höchstpersönlichkeit solcher Entscheidungen ist ein Wesensmerkmal unserer freiheitlichen Gesellschaft. Aus ihm kann sich das Maß an Toleranz entwickeln, das gerade jene vor Benachteiligung und Herabwürdigung schützt, die ihr Leben anders als die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung gestalten möchten. Die Bundesregierung widerspricht der Auffassung, der besondere staatliche Schutz von Ehe und Familie sei gleichbedeutend mit Diskriminierung homosexueller Partnerschaften.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Sie haben noch eine weitere Zusatzf rage.

Jutta Oesterle-Schwerin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001637, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Gestatten Sie mir die Bemerkung, daß meine hier und heute gestellte Zusatzfrage durch das Vorlesen dieses Zitats überhaupt nicht beantwortet worden ist. Ich habe eine zusätzliche Frage: Betrachtet die Bundesregierung Homosexualität bei Erziehungsberechtigten als Versagen im Sinne des Art, 6 Abs. 3 des Grundgesetzes, oder ist sie der Meinung, daß Kinder, die bei homosexuellen Erziehungsberechtigten leben, unabhängig davon, ob es sich um leibliche, Adoptivoder Pflegekinder handelt, von einer Verwahrlosung im Sinne des gleichen Artikels bedroht sind?

Gerhard Jahn (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001012

Frau Kollegin, ich habe eben gesagt: Diese Beurteilungen sind Fragen eines konkreten Einzelfalles und entziehen sich dadurch einer generellen Beantwortung.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Wir sind damit am Ende dieses Geschäftsbereichs. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär, für die Beantwortung der Fragen. Ich brauche den Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Frage 6 des Abgeordneten Müller ({0}) und den Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit mit den Fragen 7 des Abgeordneten Müller ({1}) und 8 des Abgeordneten Ganz ({2}) nicht aufzurufen, weil die Fragen schriftlich beantwortet werden sollen. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit ist zu sagen, daß die Frage 9 des Abgeordneten Ganz ({3}) vom Fragesteller zurückgezogen worden ist und die Frage 10 des Abgeordneten Dr. Daniels ({4}) bereits aufgerufen wurde. Wir kommen jetzt also schon zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft. Frau Karwatzki, Parlamentarische Staatssekretärin, steht zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung. Ich rufe die Frage 11 der Abgeordneten Frau Odendahl auf: Nann werden nach Kenntnis der Bundesregierung die Voraussetzungen dafür geschaffen sein, daß die vom Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages verhängte Sperre über einen Teil der Mittel zur investiven Förderung überbetrieblicher Berufsbildungsstätten aufgehoben werden kann? Bitte schön, Frau Staatssekretärin.

Irmgard Karwatzki (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001068

Herr Präsident, Frau Kollegin, die Aufhebung der Sperre setzt voraus, daß die Bundesregierung eine Konzeption über die weitere Förderung der überbetrieblichen Ausbildungsstätten dem Deutschen Bundestag vorlegt. Über den vom Bundesminister für Bildung und Wissenschaft vorbereiteten Entwurf wird mit den zu beteiligenden Ressorts noch beraten. Es wird angestrebt, die Voraussetzungen zur Aufhebung der Sperre im Rahmen des Haushaltsaufstellungsverfahrens für den Haushalt 1989 zu schaffen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine Zusatzfrage, Frau Odendahl.

Doris Odendahl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001632, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Staatssekretärin, ist im Rahmen dieses Terminplans dann gewährleistet, daß wenigstens die Fraktionen über die Konzeption noch ausreichend beraten können?

Irmgard Karwatzki (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001068

Ich denke schon, weil die Angelegenheit dem Plenum vorgelegt wird.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kastning.

Ernst Kastning (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001070, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Staatssekretärin, können wir davon ausgehen, daß die Abstimmung der Ressorts so rechtzeitig erfolgt, daß Ergebnisse nicht erst in die Haushaltsberatung für das Jahr 1989 einfließen, sondern daß Haushaltsmittel noch 1988 wirksam werden können, d. h. noch vor der Sommerpause, wenn auch Ausschüsse oder Plenum noch ein Wort dazu sagen sollten?

Irmgard Karwatzki (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001068

Es wird angestrebt, daß wir noch 1988 etwas bewirken können. Ich kann Ihnen aber nicht zusagen, daß dies noch vor der Sommerpause geschieht.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Ich rufe die Fragen 12 und 13 des Abgeordneten Weisskirchen ({0}) auf, der aber nicht im Raum ist, so daß die Fragen entsprechend der Geschäftsordnung behandelt werden. Ich komme zur Frage 14 des Abgeordneten Kastning: Wie sollen die überbetrieblichen Ausbildungsstätten nach Erreichen des festgelegten Ausbauziels genutzt werden? Bitte schön, Frau Staatssekretärin.

Irmgard Karwatzki (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001068

Herr Kollege Kastning, überbetriebliche Ausbildungsstätten werden seit jeher multifunktional genutzt; das heißt, sie stehen sowohl der überbetrieblichen Ausbildung als auch der Weiterbildung, der Umschulung und sonstigen Maßnahmen der beruflichen Bildung zur Verfügung. Diese Nutzung soll auch nach Erreichen des Ausbauziels beibehalten werden.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Kastning.

Ernst Kastning (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001070, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Gibt es eine Einschätzung seitens Ihres Hauses, wie sich das Verhältnis der beruflichen Weiterbildung kurz- und längerfristiger Art zu den ergänzenden Aufgaben in der Erstausbildung gestalten wird?

Irmgard Karwatzki (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001068

Ich kann Ihnen das jetzt nicht aus dem Stegreif sagen. ({0}) Aber wir werden Ihnen die Förderkonzeption vorlegen. Dann werden wir uns Mühe geben, auch dieser Fragestellung besonderes Gewicht beizumessen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Sie haben eine weitere Zusatzfrage, Herr Kastning.

Ernst Kastning (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001070, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Gibt es eventuell Überlegungen, die überbetrieblichen Ausbildungsstätten stärker für Maßnahmen zu nutzen, die nicht unmittelbar mit dem Aufgabenbereich der Beteiligten - sprich: der Betriebe - zusammenhängen?

Irmgard Karwatzki (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001068

Nein, das gibt es nicht. ({0}) Unser ursprüngliches Ziel wollen wir beibehalten. Auch für die Zukunft werden die überbetrieblichen Ausbildungsstätten in ihrer Funktion dringend benötigt.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Ich rufe die Frage 15 des Abgeordneten Kastning auf : Welcher Ausbildungs- und Ausstattungsstandard soll erreicht und gehalten werden, und wie sollen nach Auslaufen des Programms diese Standards finanziell gesichert werden? Bitte schön, Frau Staatssekretärin!

Irmgard Karwatzki (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001068

Überbetriebliche Ausbildungsstätten sollen mithelfen, daß der in den Ausbildungsordnungen beschriebene Ausbildungsstandard und die Anforderungen des Arbeitsmarktes an die Ausbildung, die infolge der technischen Entwicklung einem ständigen Wandel unterworfen sind, insbesondere durch die Klein- und Mittelbetriebe erreicht und gehalten werden können. Die aus den Ausbildungsordnungen und den Anforderungen des Arbeitsmarktes abzuleitenden Ausstattungsstandards für überbetriebliche Ausbildungsstäten sind vom Bundesminister für Bildung und Wissenschaft in der Schriftenreihe „Planungshilfen - überbetriebliche Ausbildungsstätten" veröffentlicht worden. Die Schriftenreihe umfaßt zur Zeit 19 Bände. Die aus der Neuordnung der industriellen Metall- und Elektroberufe abgeleiteten Sachmittelstandards werden in den nächsten Wochen veröffentlicht. Noch in diesem Jahr soll die Veröffentlichung der Ausstattungsstandards für die neugeordneten handwerklichen Elektroberufe folgen. Die Kosten der Ausbildung sind grundsätzlich Sache der ausbildenden Wirtschaft. Die Bundesregierung wird im Rahmen der Aufstellung des Bundeshaushalts 1989 darüber befinden, inwieweit zur Erreichung oder Erhaltung der für die Ausbildung notwendigen Infrastruktur die Förderung der Träger überbetrieblicher Ausbildungsstätten weiterhin möglich ist.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Herr Kastning, Zusatzfrage.

Ernst Kastning (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001070, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Habe ich Sie richtig verstanden, daß Sie im Rahmen der Aufstellung des Haushaltsplans 1989 entscheiden wollen, ob eine Förderung überhaupt weiter möglich ist, oder geht es auch schon um die Größenordnung der öffentlichen Förderung?

Irmgard Karwatzki (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001068

Es geht natürlich auch um Größenordnungen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Noch eine Zusatzfrage, Herr Kastning.

Ernst Kastning (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001070, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Einmal unterstellt, daß zu einem bestimmten Zeitpunkt ein gewisser technischer Standard erreicht ist, der sich aus Ausbildungsordnungen und anderen Anforderungen ergibt, möchte ich Sie noch einmal fragen, wenngleich das jetzt ein bißchen spekulativ ist: Sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit, längerfristig über die Erreichung eines solchen Standards hinaus Überlegungen der Finanzierung anzustellen, weil sich dauernd ein technischer Wandel vollzieht und neue Anforderungen an die Ausbildung und vor allem an die Weiterbildung zu stellen sind?

Irmgard Karwatzki (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001068

Herr Kollege Kastning, wir sind natürlich bestrebt, ständig zu mo4700 dernisieren und damit den Betrieben und Auszubildenden Rechnung zu tragen. ({0}) - Das ist eine Beurteilungssache.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Herr Kollege, Zwischenrufe kann ich nicht abwehren, aber das gehört nicht zu unserer Tagesordnung. Jetzt kommt die Frage 16 des Abgeordneten Rixe: Wie viele Förderprojekte für überbetriebliche Ausbildungsstätten mit welcher Zuschußhöhe können deshalb nicht begonnen werden, weil die Bundesregierung in diesem Jahr notwendig gewordene Entscheidungen noch nicht bzw. zu spät getroffen hat, obwohl andere öffentliche Zuschußgeber ({0}) entsprechende Mittel bereits zur Verfügung stellen bzw. bereits zur Vorfinanzierung des Bundesanteils eingesetzt haben? Bitte schön, Frau Staatssekretärin.

Irmgard Karwatzki (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001068

Herr Kollege Rixe, bei der Entscheidung über die Förderung überbetrieblicher Ausbildungsstätten ist nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Mittel das erhebliche Bundesinteresse an der Förderung zu berücksichtigen, wobei der bewilligenden Stelle bei der Auswahl der Projekte ein Beurteilungsspielraum eingeräumt wird. Unter prioritären Gesichtspunkten ist trotz eingehender Abstimmung mit allen beteiligten Zuwendungsgebern nicht immer zu vermeiden, daß die Bundesmittel nicht für alle von anderen Zuwendungsgebern als vordringlich eingestuften Vorhaben ausreichen, für die Mittel durch andere Zuwendungsgeber unter Umständen bereits zur Verfügung stehen. Die Bundesregierung hat im Rahmen des Bundeshaushalts 1988 die möglichen Entscheidungen getroffen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Rixe? ({0}) Dann rufe ich Ihre Frage 17 auf, Herr Rixe: Wie wertet die Bundesregierung, daß sie durch ihr zögerndes Verhalten die Mobilisierung notwendiger Investitionen verhindert und damit die von ihr immer wieder propagierte offensive Beschäftigungspolitik besonders in Regionen und Wirtschaftszweigen mit hoher Arbeitslosigkeit konterkariert? Bitte schön, Frau Staatssekretärin.

Irmgard Karwatzki (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001068

Herr Kollege Rixe, die Bundesregierung hat nach der notwendigen sorgfältigen Prüfung zügig entschieden. Im übrigen werden die begrenzten Mittel bewilligt, sobald die notwendigen materiellen Vorklärungen abgeschlossen sind.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Rixe.

Günter Rixe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001861, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Staatssekretärin, Herr Möllemann hat vor dem Handwerk gesagt, daß die überbetrieblichen Ausbildungsstätten in den nächsten Jahren 500 Millionen DM benötigen. Es stehen nur 20 Millionen DM Verpflichtungsermächtigungen zur Verfügung. Wie steht das im Zusammenhang mit dieser Situation?

Irmgard Karwatzki (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001068

Das steht in einem Zusammenhang. Ich möchte dazu sagen, daß sich Herr Kollege Möllemann, der zuständige Bundesminister, im Rahmen der Haushaltsberatungen dafür einsetzt, diese Mittel für sein Haus zu erhalten.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Ja, Sie haben eine weitere Zusatzfrage.

Günter Rixe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001861, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich war in einer Ausbildungsstätte in meiner Heimatstadt. Dort wurden allein für dieses Jahr Anträge über 8 Millionen DM gestellt. 20 Millionen DM stehen insgesamt zur Verfügung, wenn man die anderen dazunimmt, 45. Und das ist nur eine Ausbildungswerkstatt. Wie wollen Sie den Nachhang überhaupt bewältigen? Das Wegschieben auf 1989 wird doch nicht reichen.

Irmgard Karwatzki (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001068

Herr Kollege Rixe, wir alle werden in unseren Wahlkreisen mit den entsprechenden Problemen konfrontiert. Ich möchte Ihnen aber zusagen, daß wir aus Bundesgesichtspunkten alles daran setzen, die richtige Entscheidung zu treffen. Ich kann nur wiederholen, daß der Kollege Möllemann, sich im Rahmen der Haushaltsberatungen Mühe geben wird, mehr Geldmittel für diesen Zweck zu erhalten.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Frau Odendahl.

Doris Odendahl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001632, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Staatssekretärin, wir sind natürlich befriedigt, daß sich der Herr Bundesminister Mühe geben wird. Aber wie beurteilt das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft angesichts der prekären Haushaltslage die Chance, daß der Bundesbildungsminister in die Lage versetzt wird, die dem deutschen Handwerk gemachten Versprechungen zu erfüllen?

Irmgard Karwatzki (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001068

Frau Kollegin Odendahl, Sie kennen das Prinzip Hoffnung. Und daraus leben wir. ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das muß man sich auf der Zunge zergehen lassen. ({0}) - Sie wollten eine Zusatzfrage zu dieser Frage stellen?

Ernst Kastning (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001070, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Entschuldigen Sie, Herr Präsident. Aber das Prinzip Hoffnung reizt mich doch noch zu einer Zusatzfrage. Wie lange, glauben Sie, Frau Karwatzki, kann der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft mit diesem Prinzip Hoffnung noch leben, ohne daß es sehr, sehr große Probleme im Bereich der OAS gibt?

Irmgard Karwatzki (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001068

Herr Kollege Kastning, es gibt nicht die Probleme, die Sie an die Wand malen. ({0}) Ich möchte nur noch einmal ausführen, daß wir die Endzahl fast erreicht haben und daß wir uns schon jetzt Mühe geben, Geldmittel zur Verfügung zu stellen, um gerade den innovativen Bereich zu unterstützen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Ich rufe jetzt die Frage 18 des Abgeordneten Dr. Böhme ({0}) auf: Wird die Bundesregierung im Zuge der Haushaltsaufstellung 1989 die geforderte Konzeption so rechtzeitig vorlegen, daß der Deutsche Bundestag die daraus resultierenden Auswirkungen haushaltsmäßig absichern kann? Bitte schön, Frau Staatssekretärin.

Irmgard Karwatzki (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001068

Herr Kollege Böhme, hier kann ich knapp antworten: Ja.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Sie haben eine Zusatzfrage, Herr Dr. Böhme.

Dr. Ulrich Böhme (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000222, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ist die Bundesregierung bereit, auf Grund der angekündigten Konzeption eventuell auch eine höhere Zahl von Trägern überbetrieblicher Berufsausbildungsstätten zuzulassen, und welche Gesichtspunkte würden dann im Einzelfall von seiten des Bundes anzuwenden sein, um eine finanzielle Beteiligung entweder zuzusagen oder abzulehnen?

Irmgard Karwatzki (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001068

Die Frage war sehr umfangreich. Ich möchte dahin gehend antworten, daß wir im Rahmen der uns zur Verfügung stehenden Mittel natürlich alle Träger, die die Voraussetzungen erfüllen, bis zum Erreichen des Ausbauzieles berücksichtigen werden.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Weitere Zusatzfrage, Herr Böhme.

Dr. Ulrich Böhme (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000222, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wäre es möglich, das etwas konkreter zu sagen: Welche Kriterien wären von seiten des Bundes anzuwenden, um finanziell ja zu sagen oder um nein zu sagen?

Irmgard Karwatzki (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001068

Herr Kollege Dr. Böhme, ich habe eben bei einer Frage des Kollegen Kastning ausgeführt, daß natürlich auch ein Bundesinteresse vorhanden sein muß. Auch kann da das Geld bei der Knappheit der Mittel nicht zu großzügig ausgegeben werden.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Ich rufe jetzt die Frage 19 des Herrn Abgeordneten Dr. Böhme auf: Wie werden in der von der Bundesregierung vorzulegenden Konzeption die nach Auffassung der an der Berufsbildung Beteiligten notwendigen Maßnahmen zur weiteren Verbesserung der Leistungsfähigkeit überbetrieblicher Berufsbildungsstätten finanziell aus Bundesmitteln abgesichert, damit auch in Zukunft die Ausbildungsfähigkeit und -bereitschaft von Klein- und Mittelbetrieben trotz steigender Qualifikationsanforderungen im Wettbewerb mit Großbetrieben und weiterführenden Schulen gesichert werden kann? Ich bitte Sie, zu antworten, Frau Staatssekretär.

Irmgard Karwatzki (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001068

Herr Kollege Böhme, über den vom Bundesminister für Bildung und Wissenschaft vorbereiteten Entwurf einer Förderkonzeption für überbetriebliche Ausbildungsstätten wird innerhalb der Bundesregierung zur Zeit noch beraten. Die Bundesregierung beabsichtigt, im Rahmen der Finanzberatungen zur Aufstellung des Bundeshaushalts 1989 über die Ausfinanzierung des Schwerpunktprogrammes „Überbetriebliche Ausbildungsstätten", die Abwicklung des begrenzten Technologieprogramms und die danach noch möglichen Fördermaßnahmen abschließend zu befinden.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Frau Odendahl, Zusatzfrage.

Doris Odendahl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001632, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Staatssekretärin, ist auch für diese Absichtserklärung das „Prinzip Hoffnung" angebracht?

Not found (Staatssekretär:in)

Nein, nicht nur, sondern hier kann man auch von Realitäten ausgehen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Nun sind wir am Ende dieses Fragenbereichs. Ich danke Ihnen, Frau Karwatzki, für die Beantwortung der Fragen. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern. Herr Parlamentarischer Staatssekretär Spranger steht zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung. Ich rufe die Frage 20 des Abgeordneten Stiegler auf: Wie beurteilt die Bundesregierung die Möglichkeit, für die in den Ballungsräumen konzentrierten Bundesbehörden in den kommenden, von geburtenschwachen Jahrgängen gekennzeichneten Jahren ausreichenden Personalnachwuchs anwerben zu können, und ist sie bereit, die sich abzeichnende Personalknappheit in einer Reihe von Ballungsräumen durch Dezentralisierung von öffentlichen Aufgaben und Arbeitsplätzen in den ländlichen Raum und in das Zonenrandgebiet zu bewältigen?

Carl Dieter Spranger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002205

Herr Kollege Stiegler, die Bundesregierung hat eine interministerielle Arbeitsgruppe „Perspektiven der Nachwuchsgewinnung des öffentlichen Dienstes" eingesetzt. Die Arbeitsgruppe hat den Auftrag, Vorschläge für personalrechtliche Steuerungsmaßnahmen zu erarbeiten, die die Leistungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung gerade unter besonderen Schwierigkeiten der Nachwuchsgewinnung, wie sie im nächsten Jahrzehnt aus der Bevölkerungsentwicklung, der vorhandenen Altersstruktur der Verwaltung erwachsen können, jeweils personell sicherstellen. Die Arbeitsgruppe hat die Arbeiten aufgenommen, jedoch noch nicht abschließen können. Erste Untersuchungen zeigen bereits jetzt, daß die Probleme in den einzelnen Laufbahngruppen und Fachrichtungen sehr unterschiedlich sein werden. Bei künftigen Standortentscheidungen werden auch Fragen der Personalgewinnung zu beachten sein.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Herr Stiegler, Zusatzfrage.

Ludwig Stiegler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002248, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, werden Sie denn auch eine interministerielle Arbeitsgruppe einsetzen, die auslotet, welche Aufgaben, die bisher in Ballungsräumen wie München oder Frankfurt konzentriert sind, in die ländlichen Räume und ins Zonenrandgebiet verlagert werden können, um gerade für den Bereich des gehobenen, einfachen, mittleren Dienstes Arbeitsplätze zu schaffen und angemessene Lebensbedingungen zu ermöglichen? Denn Sie wissen so gut wie ich, daß man von den Gehältern der unteren Einkommensgruppen in den Ballungsräumen kaum leben kann.

Carl Dieter Spranger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002205

Ich kann die von Ihnen angesprochenen Probleme deswegen sehr gut verstehen, weil die Struktur meines Wahlkreises in etwa der des Ihren entspricht und ich Ihre Intentionen aus diesem Grunde durchaus unterstütze. Soweit diese Problematik nicht bereits bei dieser Arbeitsgruppe mit behandelt wird, bin ich gerne bereit, es anzuregen. Ich gehe aber davon aus, daß das bereits geschieht.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Weitere Zusatzfrage, Herr Stiegler.

Ludwig Stiegler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002248, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, werden Sie denn von sich aus auch an den Raumordnungsminister, der dafür zuständig sein müßte, mit dem Ziel herantreten, diese Fragen etwa im Geschäftsbereich des Verteidigungsministeriums, des Postministeriums, der nachgeordneten Verwaltungen wirklich in einer engagierten Arbeitsgruppe, die man z. B. mit „Arbeit zu den Menchen" überschreiben könnte, zu beraten und in absehbarer Zeit auch Zwischenergebnisse vorzulegen?

Carl Dieter Spranger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002205

Herr Kollege Stiegler, an dieser Arbeitsgruppe sind noch einige andere Ressorts beteiligt, neben dem federführenden BMI das Finanzministerium, das Wirtschaftsministerium, das Postministerium, das Verkehrsministerium, das Ministerium für Arbeit und Sozialordnung. Das heißt, die an sich anzusprechenden Ministerien arbeiten mit. Ich gehe davon aus, daß die von Ihnen konkret genannten Probleme von den einzelnen Ressorts auch angesprochen werden.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Ich rufe die Frage 21 des Abgeordneten Brauer auf. Der Abgeordnete ist aber nicht im Saal. Dann werden diese und die von ihm eingereichte Frage 22 entsprechend der Geschäftsordnung behandelt. Wir sind damit schon am Ende des Geschäftsbereichs des Bundesministers des Innern. Danke schön, Herr Staatssekretär, für die Beantwortung. Ich weiß, daß Herr Parlamentarischer Staatssekretär Häfele unterwegs ist. Wir sind ja ein bißchen schnell beim Durchgehen der Fragen. Ich habe die Kollegen gefragt, ob sie einen Moment warten werden und damit einverstanden sind, daß wir vorher die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft aufrufen. - Aber Frau Weyel hat sich zu Wort gemeldet.

Gudrun Weyel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002496, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident, ich bitte wegen der Umstellung zuzulassen, daß dann auch noch die Frage von Herrn Börnsen beantwortet wird, wenn er kommt. Er ist auf dem Weg.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Wir sind ein bißchen schnell und müssen Rücksicht nehmen. Ich werde versuchen, das großzügig und fair zu machen. ({0}) - Herr Börnsen ist gekommen. Dann können wir doch ordnungsgemäß der Reihenfolge nach verfahren. Ich rufe die Frage 27 des Abgeordneten Börnsen ({1}) auf: Beabsichtigt die Bundesregierung, entgegen den Beteuerungen des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen, nun doch eine Privatisierung der Deutschen Bundespost, so wie es der Bundesminister für Wirtschaft zum Jahreswirtschaftsbericht der Bundesregierung ausgeführt hat ({2})? Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Dr. Ludolf Georg Wartenberg (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002431

Herr Kollege Börnsen, die Bundesregierung beabsichtigt nicht, die Deutsche Bundespost zu privatisieren. Der Bundesminister für Wirtschaft hatte deshalb ausdrücklich in dem Ihrem Zitat vorausgehenden Satz von der Notwendigkeit von Fortschritten bei der Deregulierung gesprochen. Die dann von Minister Dr. Bangemann gebrauchte Wortwahl im Zusammenhang mit der Deutschen Bundespost sollte und konnte nur vor dem Hintergrund dieser generellen Aussage gesehen werden. Es ging dem Bundeswirtschaftsminister darum, zur Liberalisierung des Post- und Fernmeldewesens, wie sie von der Bundesregierung im Jahreswirtschaftsbericht angekündigt worden ist und mit dem Referentenentwurf des Bundespostministers verfolgt wird, deutliche Aussagen zu machen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Herr Börnsen, bitte schön, Zusatzfrage.

Arne Börnsen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000226, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Schönen Dank, Herr Staatssekretär. Aber meinen Sie nicht, daß die Glaubwürdigkeit der Bundesregierung dadurch beeinträchtigt wird, daß einerseits seitens des Postministers der Postgewerkschaft vorgeworfen wird, sie dramatisiere die Entwicklung, indem sie behaupte, die Bundespost solle privatisiert werden, und andererseits der Bundeswirtschaftsminister - und zwar im Auftrage der Bundesregierung - in diesem Bericht und ebenfalls im Kommunique der Bundesregierung direkt von der Privatisierung der Bundespost spricht? Das ist doch ein eklatanter Widerspruch, der entweder die Glaubwürdigkeit der Bundesregierung in Frage stellt oder die Frage aufwirft, inwieweit man den Bundeswirtschaftsminister ernst nehmen kann.

Dr. Ludolf Georg Wartenberg (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002431

Herr Kollege Börnsen, ich glaube nicht, daß es der Versachlichung der Diskussion dient, wenn in einer Diskussion gefallene Äußerungen nur in eine Richtung interpretiert und aus dem Gesamtzusammenhang herausgerissen werden. Es ist eindeutig und vielfach von allen Kabinettsmitgliedern bestätigt worden, daß es nicht um eine Privatisierung der Bundespost geht, sondern daß wir hier versuchen, im Rahmen der Deregulierung das Postmodell voranzubringen. ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Sie haben eine weitere Zusatzfrage, Herr Börnsen.

Arne Börnsen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000226, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist es eine böswillige Unterstellung, zu behaupten, daß der Bundeswirtschaftsminister offensichtlich aus seiner parteipolitischen Position heraus diese Beschreibung gewählt hat?

Dr. Ludolf Georg Wartenberg (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002431

Ich teile Ihre Meinung: Das ist eine böswillige Unterstellung. ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Ich rufe die Frage 28 des Abgeordneten Dr. Emmerlich auf : Ist der Bundesregierung bekannt, unter welchen Voraussetzungen in den Bundesländern Privatpersonen die Errichtung von Windkraftanlagen genehmigt wird? Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Dr. Ludolf Georg Wartenberg (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002431

Herr Kollege Emmerlich, die für die Genehmigung von Windkraftanlagen zuständigen Behörden haben bei der Entscheidung über Genehmigungen zur Errichtung von Windkraftanlagen - wie auch für alle anderen baulichen Anlagen - verschiedene öffentlich-rechtliche Vorschriften zu beachten. In Betracht kommen insbesondere das Baugesetzbuch, das Bundes-Immissionsschutzgesetz, die jeweilige Landesbauordnung, Naturschutzgesetze, sowie Richtlinien zur Baustatik und Betriebssicherheit. Je nach Sachlage sind in den einzelnen Genehmigungsfällen unterschiedliche Voraussetzungen zu prüfen. Die Durchführung dieser Verfahren obliegt nicht dem Bund, sondern - wie bei allen Genehmigungsverfahren über bauliche Anlagen - den Ländern und Gemeinden.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Dr. Emmerlich.

Dr. Alfred Emmerlich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000468, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, sind Sie der Auffassung, daß die Windkraft der Förderung bedarf und sie verdient, und sind Sie der Meinung, daß die vorhandenen Vorschriften für die Errichtung der Windkraftanlagen diesen Notwendigkeiten Rechnung tragen?

Dr. Ludolf Georg Wartenberg (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002431

Herr Kollege, ich bin der Meinung, daß es die Windkraft verdient, gefördert zu werden. Deshalb ist die Politik der Bundesregierung auch darauf ausgerichtet; sie wird gefördert. Wir haben im Investitionszulagengesetz und in den geltenden Bestimmungen des Steuerrechts zur Zeit noch eine Förderung der Windkraftenergie enthalten. Die Forschungsprogramme - der Haushalt des Bundesministers für Forschung und Technologie weist das aus - leiden nicht daran, daß es für sie keine Mittel gibt. Wir fördern das Ganze, sehen allerdings zur Zeit keine Möglichkeiten, die Genehmigungsvoraussetzungen zu ändern, weil das eine Angelegenheit der Länder und Gemeinden ist. Mir ist nicht bekannt, daß von dort Anregungen kommen, eine andere Praxis durchzuführen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Weitere Zusatzfrage, Herr Dr. Emmerlich.

Dr. Alfred Emmerlich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000468, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß im Lande Niedersachsen eine recht große Anzahl von Anträgen auf Errichtung von Windkraftanlagen im Dickicht - ich hätte bald gesagt: Gestrüpp - des Baugenehmigungsverfahrens hängenbleiben, und sind Sie mit mir und mit den Betroffenen und ihren Interessenvertretungen der Meinung, daß die Förderung der Windkraftanlagen insbesondere durch Erleichterung des Baugenehmigungsverfahrens erfolgen kann und infolgedessen auch erfolgen muß?

Dr. Ludolf Georg Wartenberg (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002431

Herr Kollege Emmerlich, uns liegt nichts daran, daß Baugenehmigungen, wie Sie es ausdrücken, im Dickicht von Genehmigungsverfahren hängenbleiben. Wenn Sie derartige Anlässe haben, wäre ich Ihnen für Hinweise dankbar, damit wir mit den dortigen Behörden Kontakt aufnehmen. ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Dr. Daniels.

Dr. Wolfgang Daniels (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000353, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß auch in Nordrhein-Westfalen einige Bauwillige bei Windkraftanlagen jahrelange Prozesse führen müssen, um nachher tatsächlich zu ihrem Recht zu kommen, also die Möglichkeit zu haben, eine solche Anlage dann auch tatsächlich zu errichten, und ist es aus diesen Gründen - es gibt eine Fülle von Fällen - nicht wirklich notwendig, das Genehmigungsverfahren in der dementsprechenden Art und Weise zu verändern, um die Möglichkeiten zu verbessern, Windenergieanlagen unter bestimmten Bedingungen - das ist vollkommen klar - zu errichten, und diese Bauten nicht eine solche Zeitspanne lang zu verzögern?

Dr. Ludolf Georg Wartenberg (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002431

Herr Kollege Daniels, auch hier möchte ich ähnlich wie gegenüber Herrn Emmerlich antworten: Derartige Unterlagen und die Nennung von Roß und Reiter helfen weiter. Auch wäre es sehr hilfreich, wenn man sich direkt an die Gebietsebenen wendet, die dafür zuständig sind. Das sind die Länder und die zuständigen Gemeinden, aber nicht der Bund.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Frau Garbe.

Charlotte Garbe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000635, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Möglicherweise wird auch meine Frage so beantwortet. Ich frage Sie: Welche Möglichkeiten hat ein Bürger, wenn ihm die Errichtung einer Windanlage aus ästhetischen Gründen untersagt wird? Zu welcher Gesetzgebung gehört das?

Dr. Ludolf Georg Wartenberg (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002431

Wir haben ja die ganzen Planfeststellungsverfahren. Dort sind Widerspruchsrechte vorgesehen; auch für diejenigen, die sich durch eine Windkraftanlage belästigt fühlen, gibt es Verfahrensmöglichkeiten. Mitspracherechte der Bürger sind beim Planfeststellungsverfahren und bei der Baugenehmigung gegeben.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Stahl.

Erwin Stahl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002212, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Hert Staatssekretär, nachdem hier doch eine ganze Menge von Klagen gekommen sind, daß sozusagen in der Administration der Gemeinden und der Länder doch wohl einiges zu verbessern wäre, darf ich Sie fragen, ob die Bundesregierung bereit ist, dieses Thema etwa auf einer der nächsten Bundesratssitzungen einmal zur Sprache zu bringen, damit die Bundesländer insgesamt durch die Bundesregierung über die Schwierigkeiten, die hier vorgetragen wurden, informiert werden und gebeten werden, dies in den Ländern abzustellen. Ich füge hinzu: Auch aus meinem Wahlkreis ist mir so ein Fall bekannt, in dem jemand über dreieinhalb Jahre darum gekämpft hat, eine derartige Anlage erstellen zu können, letztendlich dann doch ein negativer Bescheid kam, weil sich die Gemeinde auf den Standpunkt stellt, daß dies innerhalb des Baurechts insgesamt nicht möglich ist.

Dr. Ludolf Georg Wartenberg (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002431

Herr Kollege, wie schon ausgeführt, obliegt die Durchführung der Genehmigungsverfahren den Ländern und Gemeinden. Deshalb wäre es gerade im Interesse derjenigen, die solche Anlagen betreiben wollen, auch hilfreich, daß sie sich unmittelbar mit den Gemeinden und Ländern in Verbindung setzen und auch Sie auf der politischen Ebene derartige Bemühungen dort unterstützen. Mir ist jedoch bekannt, daß einige Länder beabsichtigen, für die Genehmigung von Windkraftanlagen Richtlinien zu erarbeiten, um eine einheitliche Genehmigungspraxis sicherzustellen. Im Zuge dieser Beratungen wird gewiß auch der Bundesrat in den entsprechenden Ausschüssen damit befaßt werden.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Jetzt kommt die Frage 29 des Abgeordneten Dr. Emmerlich: Ist der Bundesregierung bekannt, zu welchen Preisen die einzelnen Elektrizitätsversorgungsgesellschaften Strom aus privat betriebenen Windkraftanlagen abnehmen, und gibt es Untersuchungen darüber, ob dieser Preis angemessen ist? Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Dr. Ludolf Georg Wartenberg (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002431

Herr Kollege Emmerlich, der Bundesregierung sind die Einspeisevergütungen nicht für jeden Einzelfall bekannt. Die generelle Vergütungsregelung für die Stromeinspeisung ist auf Anregung der Bundesregierung fortentwickelt worden. Maßstab sind die langfristig vermiedenen Kosten bei der Elektrizitätserzeugung. Über die vermiedenen variablen Kosten hinaus werden gegebenenfalls anteilig auch Fixkosten vergütet. Wie hoch diese Fixkostenvergütung im Einzelfall ist, hängt von der jeweiligen Verfügbarkeit der Leistung ab. Bei guter Vergütbarkeit können nach Angaben der Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke auf Grund des neuen Vergütungsmodells durchschnittliche Vergütungen zwischen 9,5 und 10,7 Pf pro Kilowattstunde erzielt werden. Die Verfügbarkeit ist bei Windenergie im Vergleich zu anderen Stromerzeugungsenergien sehr gering, so daß andere Kraftwerke zur Sicherung der Versorgung bereitstehen müssen. Dies wirkt sich auf die konkrete Einspeisevergütung aus. Vom Grundsatz der vermiedenen Kosten kann nach Ansicht von Bundeswirtschaftsministerium und Bundeskartellamt nicht abgewichen werden, da sonst eine Subventionierung der Einspeiser auf Kosten der Stromverbraucher erfolgen würde.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Herr Dr. Emmerlich, Zusatzfrage.

Dr. Alfred Emmerlich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000468, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Können Sie also für die Bundesregierung definitiv erklären, daß Einspeisungsvergütungen, die im Einzelfall im Schnitt zwischen 3 und 5 Pf liegen, den von Ihnen zitierten Richtlinien widersprechen, und können Sie sagen, welche Rechtsmittel der einzelne betroffene Einspeiser in solchen Fällen hat?

Dr. Ludolf Georg Wartenberg (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002431

Ich kann dazu nicht ja sagen, Herr Kollege Emmerlich. ({0}) Ich kann das nicht bestätigen, was Sie gesagt haben.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Sie haben eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Emmerlich.

Dr. Alfred Emmerlich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000468, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich gehe davon aus, daß Sie mir in bezug auf die Rechtsmittel noch schriftlich Nachricht geben, und stelle die weitere Frage: Können Sie ausschließen, daß die Stromerzeuger über ihren Einfluß in den Stromversorgungsunternehmen bei der Festlegung der Einspeisungsvergütung die Möglichkeit haben, unangemessene, unfaire Bedingungen und Preise zu diktieren?

Dr. Ludolf Georg Wartenberg (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002431

Ich kann nur feststellen, Herr Kollege, daß Verhandlungen stattgefunden und diese Verhandlungen zu neuen Ergebnissen geführt haben, die beide Seiten befriedigten. Es gibt darüber hinaus weitergehende Wünsche von den Einspeisern derartiger Anlagen. Das ist ein ganz natürliches wirtschaftliches Interesse. Wir haben Wert darauf zu legen, daß es kartellrechtlich einwandfrei läuft.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Dr. Daniels.

Dr. Wolfgang Daniels (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000353, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, angesichts der soeben erwähnten Zahl von zehn Pfennig pro Kilowattstunde: Hält die Bundesregierung diese Einspeisevergütung zum jetzigen Zeitpunkt für angemessen, oder hält sie es für wünschenswert, daß dieser Einspeisepreis erhöht wird, und wie steht die Bundesregierung dazu - bezogen auf Ihre Aussage zu der Frage der Subventionierung - , daß die Haushaltskunden durch den erhöhten Strompreis, den sie zahlen, die Industriekunden ja jetzt schon in einem erheblichen Maß - es ist da von 8 Milliarden DM jährlich die Rede - subventionieren?

Dr. Ludolf Georg Wartenberg (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002431

Herr Kollege, wenn Sie mich fragen, ob wir die Vergütungen für ausreichend halten, ({0}) dann muß ich noch einmal darauf hinweisen, daß - wie bereits in der Antwort auf die erste Frage ausgeführt - durch Anknüpfung an die vermiedenen Kosten sichergestellt werden soll, daß die Kosten der Stromversorgung mit eingespeister Energie nicht höher sind als bei Erzeugung von Strom in eigenen Anlagen. Eine davon abweichende höhere Bewertung des eingespeisten Stroms würde zu einer Anhebung des Kostenniveaus und damit zwangsläufig auch zu einer Erhöhung der Strompreise führen, die von der Gesamtheit der Stromverbraucher zu tragen wären. Deshalb sind wir zusammen mit dem Bundeskartellamt der Auffassung, daß eine derartige Subventionierung der Einspeiser zu Lasten der Stromverbraucher nicht stattfinden sollte. Ihren zweiten Teil habe ich leider nicht verstanden, Herr Kollege. ({1})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Ich bin ein wenig in Verlegenheit. Man kann eine Frage teilen, aber nicht gleich zwei Fragen auf einmal stellen. Insofern sollten Sie, glaube ich, mit der Antwort zufrieden sein, die wir jetzt auf den ersten Teil gekriegt haben. ({0})

Dr. Ludolf Georg Wartenberg (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002431

Ich mache das gerne schriftlich, Herr Kollege.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Klären Sie das noch untereinander ab. - Herr Stahl hat sich noch zu einer Zusatzfrage gemeldet.

Erwin Stahl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002212, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, würden Sie mir zustimmen, daß die letzte Äußerung, die Sie bezogen auf die Subventionierung getan haben, unter dem Gesichtspunkt des geringen Anfalls in der Bundesrepublik im Verhältnis zur Gesamtstromerzeugung, wohl eine sehr seltsame Interpretation beinhaltet, nämlich die, daß man Windstrom damit sozusagen subventionieren würde? Aber meine Frage jetzt möchte ich zusätzlich zu der Frage von Herrn Emmerlich stellen: Sie haben gesagt, daß es eine Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und der Stromwirtschaft gebe, wonach der Strom zu einem Preis zwischen 9,5 und 10,7 Pf abgenommen wird. Herr Emmerlich hat hier doch wohl sehr glaubwürdig dargestellt, daß in mehreren Fällen in seiner Umgebung eigentlich nur 3,5 bis 5 Pf gezahlt werden sollen. Würden Sie diesem Vorgang nachgehen und dann mit den zuständigen Stromversorgungsunternehmen in der Gegend angesichts der Vereinbarung, die Sie getroffen haben, sprechen, damit dort das, was Sie vereinbart haben, durchgeführt wird?

Dr. Ludolf Georg Wartenberg (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002431

Herr Kollege, ich kann nur das berichten, was uns von den Verhandlungen gemeldet wird. ({0}) - Darf ich Ihre Frage beantworten? ({1}) Ich gehe doch nur der Sache nach, indem ich Sie noch einmal darauf hinweise, daß ich hier durchschnittliche Zahlen nenne. Wenn Sie Veranlassung zu der Annahme haben, daß diese durchschnittlichen Zahlen, die uns gemeldet wurden, nicht zutreffen, würden Sie uns helfen, indem Sie schriftlich mitteilen, wo und in welchen Fällen nach Ihrer Meinung derartige Mißbräuche stattfinden. ({2}) Uns liegen derartige Informationen nicht vor.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage des Abgeordneten Ruf.

Rudolf Ruf (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001900, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß entgegen der eben von Herrn Dr. Daniels gemachten Aussage der Gewerbestrom um ein Vielfaches teurer als der Haushaltsstrom ist?

Dr. Ludolf Georg Wartenberg (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002431

Ja, Herr Kollege. ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das gehört zwar nicht unbedingt direkt in diesen Zusammenhang; aber es ist nun schon beantwortet. Herr Dr. Daniels, von Ihnen kommt die Frage 30, die ich jetzt aufrufe: Auf der Grundlage der Berichte des „Giesel-Briefes" vom 6. Januar 1988, daß es „eine umfassende Neuregelung des Energiewirtschaftsgesetzes" laut Bonner Regierungsmitgliedern „bis 1990 kaum geben" wird - ein Widerspruch zu den Koalitionsvereinbarungen - ergibt sich die Frage, ob die Bundesregierung gedenkt, das Energiewirtschaftsgesetz oder die Bundestarifordnung Elektrizität in der 11. Legislaturperiode zu novellieren und/oder andere Gesetze im Bereich des Energierechtes zu ändern oder zu initiieren? Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Dr. Ludolf Georg Wartenberg (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002431

Herr Kollege Daniels, im Jahreswirtschaftsbericht 1988 hat die Bundesregierung angekündigt, die Bundestarifordnung Elektrizität zu novellieren. Die Bundesregierung entspricht damit auch einem Beschluß der Länderwirtschaftsministerkonferenz vom 5. Oktober des vergangenen Jahres. Die Frage einer Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes wird zur Zeit geprüft. Dabei werden sowohl energiepolitische als auch ökologische Gesichtspunkte einbezogen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Daniels.

Dr. Wolfgang Daniels (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000353, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Wie gedenkt denn die Bundesregierung ihre Wortbeteuerung der Förderung von regenerativen Energien und der intel4706 Dr. Daniels ({0}) ligenteren Energienutzung administrativ umzusetzen?

Dr. Ludolf Georg Wartenberg (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002431

Herr Kollege, Ziel ist es, bei der neuen Bundestarifordnung Elektrizität kundenfreundlichere Stromtarife zu schaffen, die auch ein sparsameres und rationelleres Verbrauchsverhalten stärker honorieren. Das steht im Mittelpunkt unserer Betrachtungen bei den Überlegungen zur Reform der Stromtarife. Wir arbeiten im Wirtschaftsministerium an der Novellierung der Bundestarifordnung. Welches Tarifmodell unter Einbeziehung auch der von Ihnen genannten Gesichtspunkte der neuen Tarifordnung zugrunde gelegt wird, läßt sich im jetzigen Zeitpunkt noch nicht im einzelnen sagen. Aber Sie wissen, daß in der politischen Diskussion, auch im Hause, diese Gesichtspunkte stark beachtet werden.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Sie haben eine weitere Zusatzfrage. Bitte schön, Herr Daniels.

Dr. Wolfgang Daniels (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000353, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Bis wann will denn die Bundesregierung diese Prüfung durchführen, und wann ist mit einem Entwurf zu rechnen? Ist noch in dieser Legislaturperiode damit zu rechnen?

Dr. Ludolf Georg Wartenberg (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002431

Wir rechnen mit einem Entwurf und einer Ausarbeitung der Richtlinie für Stromtarife noch im laufenden Jahr, so daß wir noch in dieser Legislaturperiode auch hier darüber entscheiden können.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Damit sind wir am Ende der Fragen zu diesem Geschäftsbereich. Ich danke dem Staatssekretär für die Beantwortung der Fragen. Ich rufe nun den Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen auf. Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Häfele steht zur Beantwortung zur Verfügung. Ich rufe die Frage 23 des Abgeordneten Huonker auf : Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Zahl der Arbeitnehmer, die im Jahr 1988 weder einen Antrag auf Lohnsteuerjahresausgleich stellen noch zur Einkommensteuer veranlagt werden, nachdem diese Zahl im Jahr 1983 laut Lohn- und Einkommensteuerstatistik 2 701 800 Personen betragen hat, und wie hoch schätzt die Bundesregierung die Zahl der Arbeitnehmer, die ab 1990 wegen der geplanten sogenannten Dreizehntelung bei der Einbehaltung der Monatslohnsteuer und wegen der geplanten Streichung des Sonderausgabenpauschbetrags einen Antrag auf Lohnsteuerjahresausgleich stellen müssen, damit sie nicht mehr als die gesetzlich geschuldete Jahreslohnsteuer bzw. Einkommensteuer zahlen? Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Dr. Hansjörg Häfele (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000774

Die Zahl der Arbeitnehmer, die im Jahr 1988 weder einen Antrag auf Lohnsteuerjahresausgleich stellen noch zur Einkommensteuer veranlagt werden, dürfte in etwa so hoch sein wie 1983. Bei den von Ihnen für 1983 genannten 2,7 Millionen Personen handelt es sich um Arbeitnehmer, die entweder nicht steuerbelastet sind oder deren Lohnsteuer wegen des Lohnsteuerjahresausgleichs durch den Arbeitgeber oder wegen Berücksichtigung von Freibeträgen durch das Lohnsteuerermäßigungsverfahren in zutreffender Höhe einbehalten worden ist. Die geplante Dreizehntelung der Jahreslohnsteuer dürfte nur zu einem geringen Anstieg der Zahl der Anträge auf Lohnsteuerjahresausgleich führen, weil in den meisten Fällen bereits ein Ausgleich durch die Arbeitgeber erfolgt, wenn keine oder keine volle 13. Lohnzahlung am Jahresende geleistet wird. In wie vielen Fällen zusätzliche Anträge auf Lohnsteuerjahresausgleich wegen des vorgesehenen Wegfalls des Sonderausgabenpauschbetrags gestellt werden müssen, läßt sich mangels verwertbarer statistischer Unterlagen leider nicht abschätzen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Herr Huonker, eine Zusatzfrage.

Gunter Huonker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000981, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß die Bundesregierung im Entwurf eines Steuerreformgesetzes 1990 vorgesehen hat, die Pflicht der Arbeitgeber zur Durchführung des Lohnsteuerjahresausgleiches abzuschaffen, und in diesem Zusammenhang auch die Tatsache, daß etwa 70 % aller Arbeitnehmer weniger als einen vollen Monatslohn an Weihnachtsgeld bekommen und sich deswegen in mehr Fällen als bisher die Notwendigkeit zur Beantragung eines Lohnsteuerjahresausgleiches - durch die Dreizehntelung - ergeben wird?

Dr. Hansjörg Häfele (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000774

Es wird sich in der Praxis nichts ändern, d. h. die Arbeitgeber können selbst den Lohnsteuerjahresausgleich durchführen, weil das ja die einfachste Methode ist.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine Zusatzfrage, Herr Huonker.

Gunter Huonker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000981, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Jetzt provozieren Sie mich zu einer Zusatzfrage, die ich nicht stellen wollte: Weswegen beseitigt die Bundesregierung dann diese Pflicht der Arbeitgeber und räumt statt dessen nur die Möglichkeit ein? Irgend etwas muß sich die Bundesregierung ja gedacht haben, wenn sie eine Gesetzesänderung vorschlägt, von der Sie sagen, sie habe in der Realität keine Auswirkungen.

Dr. Hansjörg Häfele (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000774

Herr Kollege Huonker, ich bin wirklich nicht allwissend. Ich kann Ihnen auf diese Frage im Moment keine Antwort geben, kann sie aber gerne nachreichen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Herr Kastning, eine Zusatzfrage.

Ernst Kastning (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001070, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, gehen Sie einmal davon aus, daß das zutreffend ist, was Herr Huonker zu dem Wegfall der Pflicht der Arbeitgeber zur Durchführung des Lohnsteuerjahresausgleichs sagt: Können Sie sich vorstellen, daß die Zahl der Fälle, in denen Arbeitgeber diesen Ausgleich durchführen, in Zukunft sinken wird, da aus dem Arbeitgeberbereich seit langem Klage darüber geführt wird, daß die Arbeitgeber ohnehin mit Aufgaben belastet seien, die eigentlich gar nicht ihrem Unternehmensziel entsprächen?

Dr. Hansjörg Häfele (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000774

Nein. Unser Wille ist sicher nicht, daß das vermindert wird. ({0}) Im Verhältnis zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern ist es ja so, daß ein kluger Arbeitgeber den Wünschen des Arbeitnehmers Rechnung tragen möchte. ({1})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Wir kommen zur Frage 24 des Abgeordneten Huonker: Beruht die Tatsache, daß das Bundesministerium der Finanzen einerseits die den Arbeitgebern und Anlageinstituten bei der Durchführung des Vermögensbildungsgesetzes erwachsenden Kosten unter ausdrücklichem Bezug auf Feststellungen des Deutschen Industrie- und Handelstages schätzt ({0}) und andererseits behauptet, die in „Stellungnahmen verschiedener Bausparkassen enthaltenen Angaben zu den Verwaltungskosten im Zusammenhang mit der kleinen Kapitalertragsteuer können hier nicht geschätzt werden", die Bundesregierung halte es „aus grundsätzlichen Erwägungen nicht für angebracht, Kostengutachten zur privatwirtschaftlichen Gestaltung von Organisations- und Arbeitsabläufen zu bewerten" ({1}), darauf, daß die mit hohen Verwaltungskosten bei der Arbeitnehmersparzulage begründete Änderung des Auszahlungsverfahrens zu einmaligen Steuermehreinnahmen führt, während die extrem hohen Verwaltungskosten der Bausparkassen bei der Quellensteuer auf Bausparguthabenzinsen nur deshalb nicht eingestanden werden, weil dies gegen die Einführung der neuen Steuerbelastung spräche? Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Dr. Hansjörg Häfele (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000774

Bei der Ermittlung und Auszahlung von Arbeitnehmersparzulagen handelt es sich um ein seit langem eingeführtes Verfahren. Da die Umstellung der Auszahlung auf die Finanzverwaltung erfolgt, sind die Kosten des Verwaltungsaufwands innerhalb der staatlichen Verwaltung zu schätzen. Diese Berechnungen werden durch entsprechende Schätzungen des Deutschen Industrie-und Handelstages bestätigt. Bei der Verrechnungssteuer auf Zinsen handelt es sich demgegenüber um eine neue Steuererhebungsform im Bankenbereich, deren organisatorische Ausgestaltung bei den Zahlungspflichtigen - einschließlich der Bausparkassen - von hier nicht zu übersehen ist. Eine zuverlässige Kostenschätzung würde auch Erkenntnisse über die zweckmäßigste und kostengünstigste organisatorische Gestaltung bei den Abgabepflichtigen voraussetzen, die der Bundesregierung nicht vorliegen. Die Verrechnungssteuer dürfte aber bei Einsatz moderner Verfahren zu keinen unangemessenen zusätzlichen Verwaltungskosten bei den Bausparkassen und Finanzämtern führen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine Zusatzfrage, Herr Huonker.

Gunter Huonker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000981, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, sind Sie bereit zu bestätigen, daß Sie mir am 8. März 1988 auf eine Frage nach den Verwaltungskosten im Zusammenhang mit der Arbeitnehmersparzulage im Rahmen des Vermögensbildungsgesetzes eine Antwort gegeben haben, in der Sie deutlich gemacht haben, daß das Bundesfinanzministerium in diesem Bereich durchaus auch die Kosten bei Arbeitgebern und Anlageinstituten geschätzt hat, und können Sie mir vor diesem Hintergrund sagen, weswegen sich die Bundesregierung, nachdem sie in dem Bereich, wo es Steuermehreinnahmen gibt - bei den Anlageinstituten, zu deutsch: bei Banken und ähnlichen Einrichtungen - die Kosten geschätzt hat, weigert, das auch bei den Bausparkassen zu tun?

Dr. Hansjörg Häfele (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000774

Die zwei Fälle sind eben verschieden. Wie ich schon in meiner Antwort darzustellen versucht habe, geht es bei den ersten Fällen in erster Linie um den Verwaltungsaufwand im staatlichen Bereich. Da sind wir nun einmal zuständig und verantwortlich und können es beurteilen. Das andere ist allenfalls das Ergänzende, das man nur schwer beurteilen kann. Im zweiten Fall geht es um die Frage, welche Kosten bei den Pflichtigen entstehen. Das wissen wir eben nicht so genau.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Sie haben noch eine Zusatzfrage.

Gunter Huonker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000981, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, hier die Aussage des Bundesfinanzministers zu bestätigen, er halte keine steuerliche Regelung für vertretbar, die bei Steuerbürgern, Wirtschaft und Finanzverwaltung mehr Kosten verursacht, als die Steuermaßnahme an Steuermehreinnahmen bewirkt, und können Sie vor diesem Hintergrund begründen, warum es die Bundesregierung ablehnt, den sehr präzisen Angaben der Bausparkassen nachzugehen, die sagen, daß der Aufwand für die Durchführung bei Finanzverwaltung und Bausparkassen das Doppelte oder mehr betragen werde, als die Quellensteuer auf Zinsen aus Bausparguthaben erbringe? Warum lehnt es die Bundesregierung ab, diesem Gedanken nachzugehen, wenn der Grundsatz des Herrn Bundesfinanzministers, den ich eingangs erwähnt habe, heute noch gilt?

Dr. Hansjörg Häfele (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000774

Weil wir der Überzeugung sind, daß das nicht zutreffend ist. ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Ich rufe nun die Frage 25 des Abgeordneten Stahl ({0}) auf: Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß jeder Verkauf ein und desselben Personenkraftwagens durch den Automobilhandel - durchschnittliche Lebensdauer eines Personenkraftwagens: zehn Jahre, während der er durchschnittlich dreimal den Eigentümer wechselt - jedesmal wieder der Umsatzsteuer unterliegt, und teilt sie die Feststellung, daß diese Umsatzsteuerpflicht auf Gebrauchtwagen erhebliche Probleme für Verkäufer - Druck auf die Preisforderung wegen weiterzugebendem Umsatzsteuersockel - und Käufer - finanzielle Belastung durch einen künstlich überhöhten Preis - mit sich bringt? Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Dr. Hansjörg Häfele (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000774

Der Umsatzsteuer unterliegen Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Erhebungsgebiet gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Nach der Systematik des Gesetzes entsteht die Umsatzsteuer unabhängig davon, ob ein und derselbe Gegenstand bereits mehrmals den Eigentümer gewechselt hat. Somit unterliegen auch gebrauchte Gegenstände wie Parl. Staatssekretär Dr. Häf ele etwa Gebrauchtfahrzeuge beim Wiederverkauf durch einen Händler der Umsatzsteuer. Das deutsche Recht entspricht insoweit der 6. EG-Richtlinie zur Harmonisierung der Umsatzsteuern in der Gemeinschaft. Bei Umsätzen zwischen Unternehmern tritt in der Regel durch den Vorsteuerabzug keine Umsatzsteuerbelastung ein. Ihre Feststellung, daß die erneute Umsatzsteuerpflicht Schwierigkeiten mit sich bringe, könnte sich somit nur auf Fahrzeuge beziehen, die aus privater Hand wieder in den Handel gelangen. Die Umsatzsteuerbelastung kann in diesen Fällen durch das sogenannte Agenturgeschäft verringert werden. Denn für diese Fälle besteht seit Einführung der Mehrwertsteuer im Jahre 1968 eine Regelung, nach der Gebrauchtwagenumsätze als Vermittlungsgeschäfte abgewickelt werden können, so daß der Gebrauchtwagenhändler nur seine Provision der Umsatzsteuer zu unterwerfen hat. Ein Druck auf die Preisvorstellung des Gebrauchtwagenkäufers oder ein künstlich überhöhter Preis, wie Sie vermuten, dürfte somit weniger durch die Umsatzsteuer als durch die Marktverhältnisse bedingt sein.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Stahl.

Erwin Stahl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002212, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wie beurteilt die Bundesregierung bei diesem Thema z. B. den Vorschlag, der auch im Finanzausschuß des Deutschen Bundestages diskutiert wurde, bei Geschäften im Gebrauchtwagenhandel lediglich die Differenz zwischen dem Verkaufs- und dem Ankaufspreis eines Gebrauchtwagens der Umsatzsteuer zu unterwerfen, und trifft es zu, daß dieser Besteuerungsvorschlag z. B. in der EG am meisten zum Konsens führen könnte, und trifft es weiter zu, daß es Länder in der EG gibt, die ein derartiges Steuersystem haben?

Dr. Hansjörg Häfele (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000774

Dieser Vorschlag wird seit langem diskutiert, aber wir sind hier national nicht handlungsfähig, weil eine bestehende EG-Richtlinie uns die Möglichkeit raubt, national etwas zu ändern. Die EG hatte im letzten Jahr eine veränderte Richtlinie vorgeschlagen, sie dann aber wieder zurückgezogen und angekündigt, daß sie demnächst eine neue Richtlinie zu dieser Frage vorlegen werde. Wir unterstützen das und wünschen, daß das möglichst schnell geschieht. Wir werden dann sehr schnell Schlußfolgerungen daraus ziehen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Stahl.

Erwin Stahl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002212, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Verstehe ich Sie richtig, daß Sie den Vorschlag, der im Finanzausschuß des Bundestages gemacht wurde, unterstützen werden, und wann kann man damit rechnen, da Sie die EG angesprochen haben, daß dies in etwa die Chance hat, im Bundesgebiet Gesetz zu werden?

Dr. Hansjörg Häfele (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000774

Wir sind hier national nicht mehr frei, sondern können nur das vollziehen, was die EG an Richtlinien zuläßt. Wir wünschen, daß bald die angekündigte EG-Richtlinie kommt.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Ich rufe die Frage 26 des Abgeordneten Stahl auf: Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, daß ein Neuwagenkauf eher für einen finanziell relativ gutsituierten Personenkreis in Betracht kommt, ein Gebrauchtwagenkauf dagegen eher bei einem vergleichsweise kleinen Portemonnaie, und was wird die Bundesregierung unternehmen, um diesen sozialpolitischen Aspekten im Autohandel zu mehr Gewicht zu verhelfen? Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Dr. Hansjörg Häfele (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000774

Die Umsatzsteuer wird grundsätzlich nach dem Entgelt bemessen, das der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer. Das Umsatzsteuerrecht folgt dem Wirtschaftsleben, in dem die Leistung grundsätzlich ebenfalls an dem Gegenwert gemessen wird. Die Frage des Personenkreises, der an den Umsätzen von Kraftfahrzeugen beteiligt ist, stellt sich für die Umsatzsteuer nicht. Insbesondere kann die persönliche Leistungsfähigkeit eines Käufers kein Merkmal für die Bemessung der Umsatzsteuer sein. Sozialpolitische Vorstellungen können daher in diesem Bereich nicht verwirklicht werden.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Stahl.

Erwin Stahl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002212, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, können Sie sagen, wie sich die Pkw-Besitzumschreibungen seit etwa 1968 - von mir aus auch seit 1972 - , nach dem Jahr der Umstellung des Umsatzsteuergesetzes auf das Mehrwertsteuersystem, zahlenmäßig in den einzelnen Marktsegmenten - also Privatmarkt auf der einen Seite, gewerblicher Markt auf der anderen Seite - entwickelt haben? Wie hoch sind schätzungsweise die jährlichen Umsätze in diesem Bereich?

Dr. Hansjörg Häfele (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000774

Sie werden verstehen, daß ich das nicht auswendig beantworten kann. Ich weiß auch nicht, inwieweit wir hier statistisches Material haben. Ich gehe der Frage natürlich nach und liefere Ihnen die Antwort gerne schriftlich.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Sie haben noch eine Zusatzfrage, Herr Stahl.

Erwin Stahl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002212, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Einstellung, daß im Autohandel z. B. in Zahlung genommene Pkw vernünftig überprüft werden, wogegen dies im Privathandel ja nicht die Regel ist, obwohl damit natürlich, wenn dies ein bißchen vernünftiger gehandhabt wird, insgesamt auch der Verkehrssicherheit gedient würde?

Dr. Hansjörg Häfele (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000774

Das ist eines der Argumente, das zu Recht angeführt wird, um hier bei der Umsatzbesteuerung eine andere Lösung herbeizuführen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Herr Dr. Emmerlich zu einer Zusatzfrage.

Dr. Alfred Emmerlich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000468, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, halten Sie dann, wenn im Falle eines Neukaufs ein Pkw bei einem Händler in Zahlung gegeben wird, die Anwendung des von Ihnen soeben angezogenen Modells des sogenannten Agenturvertrags für möglich und rechtlich zulässig?

Dr. Hansjörg Häfele (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000774

Es kommt auf die Ausgestaltung an. Wir haben hierzu schon eine Rechtsprechung. Wenn man den Käufern entgegenkommen will - es war ja der Zweck des Agenturgeschäftes, hier eine Brücke zu bauen -, gibt es natürlch Fragen der Abgrenzung. Da hat die Rechtsprechung etwas verschieden reagiert. Es gab in letzter Zeit neue Entscheidungen des Bundesfinanzhofs. Wir sind im Augenblick dabei, mit den Länderreferenten eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs, die uns nicht so ganz überzeugt, so in die Praxis zu überführen, daß sie im Interesse der Gebrauchtwagenkäufer und -händler vernünftig gehandhabt werden kann.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage des Abgeordneten Andres.

Dr. h. c. Gerd Andres (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000038, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wenn man zugrunde legt, daß Autos bei einer Lebensdauer von beinahe zehn Jahren dreimal den Besitzer wechseln und dann jeweils Umsatzsteuer zu zahlen ist: Wie hoch ist denn das Gesamtsteueraufkommen aus diesen Verkäufen?

Dr. Hansjörg Häfele (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000774

Da bin ich im Moment überfragt. Wenn wir Material haben, stelle ich es Ihnen gerne schriftlich zu.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Wir sind damit am Ende dieses Geschäftsbereichs. Ich danke dem Staatssekretär für die Beantwortung der Fragen. Ich rufe nun den Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung auf. Herr Parlamentarischer Staatssekretär Vogt steht zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung. Ich rufe die Frage 31 des Abgeordneten Fuchtel auf: Warum gelingt es den Arbeitsämtern bundesweit trotz einer Arbeitslosenzahl von 2,5 Millionen nicht, die in der Fremdenverkehrswirtschaft der Fremdenverkehrskreise Calw und Freudenstadt derzeit offenen 500 Stellen im Bereich der Gastronomie zu besetzen?

Wolfgang Vogt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002384

Herr Präsident, wenn der Herr Abgeordnete einverstanden ist, möchte ich gerne die Fragen 31 und 32 gemeinsam beantworten.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Ich nehme an, Sie haben sich vorhin schon verständigt, als Sie zusammensaßen. Dann rufe ich auch noch die Frage 32 des Abgeordneten Fuchtel auf Wie ist zu erklären, daß aus dem benachbarten Gebiet des Landkreises und der Stadt Karlsruhe trotz zumindest teilweiser guter Verkehrsverbindung von den dortigen 9 000 arbeitslos gemeldeten Frauen nicht einmal i v. H. für die Tätigkeit in der Gastronomie der angrenzenden Fremdenverkehrsgebiete gewonnen werden kann?

Wolfgang Vogt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002384

Herr Abgeordneter, die Landkreise Calw und Freudenstadt gehören zu den Zentren des Fremdenverkehrs mit einem hohen Bedarf an Fach- und Hilfskräften für die Sommersaison. Nicht zuletzt deshalb gehört der Arbeitsamtsbezirk Nagold in den Sommermonaten mit einer Arbeitslosenquote von etwa 3,5 % zu den Bezirken mit der niedrigsten Arbeitslosigkeit im Bundesgebiet. Wegen des jährlich wiederkehrenden Saisonbedarfs unterhält das Arbeitsamt Nagold Partnerschaftsbeziehungen zu Arbeitsämtern in Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit und bemüht sich auch um internationalen Vermittlungsausgleich. Voraussetzung für erfolgreiche Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes ist es, daß die Betriebe ihren voraussichtlichen Bedarf, differenziert nach Anforderungen und gebotenen Arbeitsbedingungen, anmelden. Auf Grund dieser Anmeldungen führen Fachkräfte des Arbeitsamtes in den Partnerschaftsarbeitsämtern und den drei grenznahen französischen Arbeitsämtern Informationsveranstaltungen durch und bieten individuelle Beratung an. Nach den Erfahrungen des Arbeitsamtes haben vor allem diejenigen Betriebe keine Schwierigkeiten, die benötigten Kräfte zu gewinnen, die vernünftige Arbeitsbedingungen und wenigstens tarifliche Entlohnung anbieten. ({0}) Angesichts der gegenwärtigen Arbeitsmarktlage versuchen leider manche Betriebe, Arbeitskräfte auch zu untertariflichen Bedingungen zu gewinnen. ({1}) Vor allem sie haben dann oft Schwierigkeiten, die angebotenen Stellen zu besetzen. In der Stadt und im Landkreis Karlsruhe besteht ebenfalls ein Bedarf an Fach- und Hilfskräften für die Betriebe des Hotel- und Gaststättengewerbes. Dieser Bedarf wird durch die Landesgartenschau in Ettlingen verstärkt. Die von Ihnen angesprochenen Verkehrsverbindungen orientieren sich an den betriebsüblichen Arbeitszeiten, während bei den Hotels und den Gaststätten Abend- und Wochenendarbeit üblich ist. Vor allem weibliche Hilfskräfte verfügen jedoch häufig nicht über ein eigenes Kraftfahrzeug und wären daher, wenn sie aus dem Bereich Karlsruhe täglich einpendeln sollten, auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen. ({2})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Herr Fuchtel zur ersten Zusatzfrage.

Hans Joachim Fuchtel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000616, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wie beurteilt die Bundesregierung eine ausgeprägte Entwicklung, bei der Hinweise auf die Folgen einer unberechtigten Ablehnung eines Arbeitsplatzangebots seitens der Arbeitsvermittlung unterlaufen werden, indem dies zwar angenommen wird, aber nach wenigen Tagen der sogenannte gelbe Urlaubsschein, nämlich die Krankmeldung, auf den Tisch flattert, was faktisch auch noch zur Verlängerung des Arbeitslosengeldbezugs führt?

Wolfgang Vogt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002384

Herr Kollege, Sie wissen, daß mit der Arbeitsvermittlung die Bundesanstalt für Arbeit beauftragt ist. Ich kann Ihnen hier Auskünfte nur nach Erkundigungen bei der Bundesanstalt für Arbeit geben. Mir liegen im Moment keine Angaben vor, auf Grund deren ich die Frage, die Sie gestellt haben, beantworten könnte.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Die zweite Zusatzfrage, Herr Fuchtel.

Hans Joachim Fuchtel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000616, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, stimmt es die Bundesregierung eigentlich nicht nachdenklich, daß bei 2,5 Millionen Arbeitslosen wochenlange Anwerbungskampagnen unter großem Personaleinsatz notwendig sind, um wenigstens einen bescheidenen Teil der benötigten Kräfte zu gewinnen, und daß diese Leute sehr oft bereits nach kurzer Zeit das Arbeitsverhältnis wieder beenden?

Wolfgang Vogt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002384

Herr Kollege, nach den Erkundigungen bei der Bundesanstalt für Arbeit in dem von Ihnen angesprochenen Bereich muß ich darauf hinweisen, daß - so die Auskunft der Bundesanstalt für Arbeit - die Betriebe, die vernünftige Arbeitsbedingungen anbieten, auch die entsprechenden Kräfte bekommen. ({0}) Sicherlich kann auch durch Maßnahmen zur Förderung der Mobilität und der beruflichen Qualifikation das Arbeitskräftepotential, das zur Verfügung stehen kann, noch gefördert werden, aber die Vermittlungsbemühungen stoßen eben an der von mir genannten Stelle an ihre Grenzen. ({1})

Hans Joachim Fuchtel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000616, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, könnte der Erfolg der Arbeitsvermittlung nicht auch darunter leiden, daß es sich für einen Alleinstehenden mit 63 % Arbeitslosengeld in Norddeutschland genauso gut leben läßt wie bei Arbeit mit vollem Gehalt, aber zusätzlichen Kosten auf Grund eines weiteren Hausstands in Süddeutschland? ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das war die dritte Zusatzfrage, Herr Fuchtel. - Bitte.

Wolfgang Vogt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002384

Herr Kollege, ich würde dieser Überlegung nicht nähertreten, die Frage also nicht bejahend beantworten; denn das Arbeitslosengeld für den Alleinstehenden ist in dieser Höhe sicherlich ein ausreichendes Lohnersatzeinkommen, aber sicherlich kein solches das zu den Folgerungen führt, die Sie im Auge haben. ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Die letzte Zusatzfrage, Herr Fuchtel.

Hans Joachim Fuchtel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000616, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sieht die Bundesregierung bei einem weiteren nicht gedeckten Bedarf im Arbeitsamtsbezirk Nagold ähnliche Handlungszwänge, wie die Innenministerkonferenz sie für die Landwirtschaft postuliert hat, womit praktisch der Anwerbestopp unterlaufen wird?

Wolfgang Vogt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002384

Herr Kollege, wie Sie wissen, wird diese Frage der Anwerbung von Besuchern oder der kurzfristigen Beschäftigungserlaubnis für Besucher aus Ostblockstaaten derzeit überprüft. Es wird überprüft, ob das, was die Innenministerkonferenz genehmigt hat, in der Zukunft tragfähig ist. Im zuständigen Ausschuß werden diese Fragen intensiv behandelt werden, und Sie werden dort an den Beratungen ja teilnehmen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Andres.

Dr. h. c. Gerd Andres (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000038, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, sind Ihnen andere Arbeitsamtsbereiche mit möglicherweise anderen Branchen bekannt, in denen ähnliche Situationen vorzufinden sind wie im Arbeitsamtsbereich Nagold?

Wolfgang Vogt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002384

Nein.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Sie haben eine zweite Zusatzfrage.

Dr. h. c. Gerd Andres (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000038, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, würden Sie aus dem, was Sie geantwortet haben, die Schlußfolgerung ziehen, daß in einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Entlohnung ein wesentlicher Effekt liegen würde, um die freien Arbeitsplätze besetzen zu können?

Wolfgang Vogt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002384

Herr Kollege, ich will etwas klarstellen: Das Nein vorhin bezog sich darauf, ob mir so etwas derzeit bekannt sei. Ich will mit meinem Nein nicht ausschließen, daß es solche Verhältnisse anderswo gibt. Darf ich Sie jetzt - mit Erlaubnis des Präsidenten - bitten, Ihre zweite Frage zu wiederholen?

Dr. h. c. Gerd Andres (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000038, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Meine zweite Frage ist: Glauben Sie, daß sich dann, wenn die Arbeitsbedingungen und die Entlohnung verbessert werden, die Situation dort in diesen Bereichen verbessert?

Wolfgang Vogt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002384

Nach Auskunft der Bundesanstalt für Arbeit ja.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Sie wollen eine Zusatzfrage stellen, Herr Stiegler? - Bitte schön.

Ludwig Stiegler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002248, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, daß die sozialversicherungsrechtlichen Rahmenbedingungen für die Saisonarbeitskräfte wieder verbessert und an den früheren Standard angepaßt werden müssen? Ich nenne Arbeitslosengeldbezug; ich nenne Rentenversicherung während der saisonbedingten Arbeitslosigkeit.

Wolfgang Vogt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002384

Herr Kollege, ich stelle nicht in Aussicht und sehe auch gar keinen Sinn darin, so etwas in Aussicht stellen zu wollen, daß die gesetzlichen Bedingungen und Bestimmungen geändert würden. Wir haben es mit gutem Grund so getan, wie wir es getan haben, und dabei bleibt es.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Dann kommen wir jetzt zur Frage 33 des Abgeordneten Andres: Vizepräsident Westphal Wie schätzt die Bundesregierung bei Aufrechterhaltung des Vorruhestandsgesetzes die jährliche Kostenentwicklung der Bundesanstalt für Arbeit bis 1991 für die Leistungen nach dem Vorruhestandsgesetz ein?

Wolfgang Vogt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002384

Herr Kollege, erlauben Sie mir, daß ich Ihre Fragen 33 und 34 gemeinsam beantworte?

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Der Abgeordnete ist einverstanden. Dann rufe ich auch noch die Frage 34 des Abgeordneten Andres auf: In welchem Maße ist für 1988 mit einer Entlastung des Arbeitsmarktes durch die bestehende Vorruhestandsregelung zu rechnen, und welche arbeitsmarktentlastenden Regelungen werden als Alternative von der Bundesregierung nach Auslauf des Vorruhestandsgesetzes ins Auge gefaßt?

Wolfgang Vogt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002384

Vielen Dank. Die Bundesanstalt für Arbeit hat im Jahr 1987 397,5 Millionen DM für Leistungen nach dem Vorruhestandsgesetz ausgegeben. In diesem Jahr sieht der Haushaltsplan Ausgaben in Höhe von 420,3 Millionen DM vor. Angesichts der Tatsache, daß 88,1 % aller Vorruhestandsfälle auf tarifvertraglichen Regelungen beruhen und die Vorruhestandstarifverträge bis auf wenige Ausnahmen bis zum Ablauf dieses Jahres befristet sind, ist eine gesicherte Prognose über eine mögliche Inanspruchnahme der Vorruhestandsregelung nach 1988 nicht möglich. Die Bundesanstalt für Arbeit geht für das Jahr 1988 im Jahresdurchschnitt von 41 000 Zuschußfällen nach dem Vorruhestandsgesetz aus. Der Arbeitsmarkt wird in gleicher Höhe entlastet, da die Wiederbesetzung des freigewordenen Arbeitsplatzes Voraussetzung für die Gewährung des Zuschusses ist. Im Zusammenhang mit der Diskussion über eine Verlängerung des Vorruhestandsgesetzes hat die Bundesregierung auf Vorschlag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion eine Kommission unter Beteiligung der Koalitionsfraktionen eingerichtet, die kurzfristig zusätzliche Möglichkeiten zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit prüft. Hierbei wird insbesondere die Situation der älteren Arbeitnehmer und der Langzeitarbeitslosen sowie der schwer vermittelbaren Arbeitslosen berücksichtigt. Gegenstand der Überlegungen sind alle Möglichkeiten der Qualifizierung, der Vermittlung und der Arbeitszeitgestaltung sowie der Förderung der Teilzeitarbeit. Unter Berücksichtigung der finanziellen Lage der sozialen Sicherungssysteme werden insbesondere Möglichkeiten eines gleitenden Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand in die Prüfung einbezogen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine Zusatzfrage des Herrn Andres.

Dr. h. c. Gerd Andres (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000038, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wenn man davon ausgeht, daß von 1984 bis 1988, also für die Laufzeit des Vorruhestandsgesetzes, jährliche Steigerungsraten bei der Inanspruchnahme und auch bei den Ausgaben der Bundesanstalt feststellbar sind, dann könnte man ja diese Quoten sozusagen bis 1991 fortrechnen, so wie ich gebeten hatte, das zu beantworten. Wie vermuten Sie würde denn dann eine solche Entwicklung aussehen?

Wolfgang Vogt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002384

Aber, Herr Kollege, eine solche Fortrechnung macht keinen Sinn. Wenn mehr als 80 % der Vorruhestandsfälle auf Tarifverträgen beruhen, die Tarifverträge aber Ende des Jahres auslaufen, wäre es eine völlig witzlose, hypothetische Berechnung, das sozusagen bis zum Jahre 1991 fortzuschreiben. Das macht keinen Sinn.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Andres.

Dr. h. c. Gerd Andres (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000038, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir zu, daß die Tarifverträge deswegen bis 1988 befristet waren, weil das Gesetz, das sozusagen die Grundlage für diese Tarifverträge war, ebenfalls zunächst eine Befristung bis 1988 vorsah und es bei einer entsprechenden Verlängerung kein Problem wäre, auch die Tarifverträge fortzuschreiben?

Wolfgang Vogt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002384

Herr Kollege, zunächst einmal war nicht vorgesehen, die Geltungsdauer des Vorruhestandsgesetzes zunächst bis Ende des Jahres 1988 zu befristen, sondern bis 1988 zu befristen, und deshalb haben sich die Tarifvertragsparteien mit ihren Tarifverträgen auf diese Fristen eingestellt. Im übrigen wissen Sie, daß Tarifvertragspartner, die 1984/85 bereit waren, von den Möglichkeiten des Gesetzes Gebrauch zu machen, ihre Meinung geändert und erklärt haben, daß sie an einer Verlängerung dieses Gesetzes nicht interessiert sind, weil sie andere Möglichkeiten der Arbeitszeitpolitik in ihre tarifpolitischen Überlegungen übernommen hätten.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine dritte Zusatzfrage, Herr Andres.

Dr. h. c. Gerd Andres (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000038, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, würden sie mir zustimmen, daß es sich, wenn man die Zahl der Fälle des Vorruhestands in Ansatz bringt und sich die für die Bundesanstalt entstandenen Kosten ansieht, bei diesem Vorruhestandsgesetz um ein außerordentlich effektives und preiswertes Instrument zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit handelt?

Wolfgang Vogt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002384

Herr Kollege, zunächst bin ich Ihnen für diese Bewertung des Vorruhestandsgesetzes dankbar, denn als wir dieses Gesetz hier im Hause beraten haben, hörte ich aus dem Bereich der SPD-Fraktion leider ganz andere Wertungen. Ich bedanke mich ausdrücklich, daß Sie die Erwartungen bestätigen, die wir mit dem Gesetz verbunden haben. Aber ich sage: Das Gesetz war bewußt zeitlich befristet, und es hat gute Gründe gegeben, es nicht zu verlängern. Um weitere Möglichkeiten zu schaffen, den Arbeitsmarkt zu entlasten, wie ich das Ihnen gegenüber ausgeführt habe, hat die Bundesregierung eine Kommission eingerichtet, die ihre Vorschläge kurzfristig auf den Tisch legen wird.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine letzte Zusatzfrage, Herr Andres.

Dr. h. c. Gerd Andres (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000038, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Das war zwar überhaupt keine Antwort auf das, was ich gefragt habe, aber ich muß das ja so hinnehmen. ({0}) Meine letzte Frage: Wenn man in Ansatz bringt, daß die SPD-Fraktion damals diese gesetzliche Regelung deswegen nicht so jubelnd begrüßt hat, weil ihr die Konditionen so schlecht vorkamen, wenn man in Ansatz bringt, daß es sich, wenn man die Zahl der Fälle den Kosten gegenüberstellt, um ein sehr gutes Instrument zur Bekämfpung der Massenarbeitslosigkeit handelt, würden Sie dann nicht mit mir in der Bewertung übereinstimmen, daß es ein politischer Irrsinn ist, das Vorruhestandsgesetz 1988 auslaufen zu lassen?

Wolfgang Vogt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002384

Nein, Herr Kollege, das ist einmal deshalb kein Irrsinn, weil vom Vorruhestandsgeld auch in Branchen Gebrauch gemacht worden ist, wo qualifizierte ältere Arbeitnehmer mit Hilfe dieses Instruments aus dem Arbeitsleben ausscheiden, aber der Arbeitsmarkt nicht entsprechend qualifizierte jüngere Arbeitnehmer hergibt, die diese Stellen besetzen können. Das ist ein Grund, warum es zu der Entscheidung gekommen ist, die Geltungsdauer dieses Gesetzes nicht zu verlängern. Im übrigen hat diese Vorruhestandsregelung den Nachteil, daß weiter mit dem Hackebeil gearbeitet wird: eben bis zu einem bestimmten Tag „volle Pulle" , volle tarifliche Arbeitszeit und ab dem nächsten Tag überhaupt nicht mehr. Wir meinen, daß es wirtschaftlich und sozial vernünftiger ist, Regelungen für einen gleitenden Übergang aus dem Erwerbsleben in den Ruhestand zu finden.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Stiegler.

Ludwig Stiegler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002248, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, glauben Sie nicht, daß man die Probleme, die Sie eben geschildert haben, insbesondere das erste Problem, im Rahmen eines Verlängerungsgesetzes auf der Grundlage der bisherigen Erfahrungen und unter Zuhilfenahme der Tarifpartner unschwer bereinigen könnte?

Wolfgang Vogt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002384

Nein.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Noch eine Zusatzfrage.

Ludwig Stiegler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002248, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, würden Sie die Güte haben, mir Ihr Nein zu begründen?

Wolfgang Vogt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002384

Herr Kollege, die Erfahrung begründet mein Nein. ({0}) Über die Bundesanstalt für Arbeit führen wir die sogenannte Qualifizierungsoffensive durch. Wir haben das Instrument der beruflichen Fort- und Weiterbildung auf ein sehr hohes Niveau gebracht, weit über dem, das wir 1982 vorgefunden haben. Dennoch sind die Probleme entstanden, von denen ich gerade gesprochen habe und die mein Nein begründen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage des Abgeordneten Toetemeyer.

Hans Günther Toetemeyer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002336, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir zu, daß es dem normalen Bürger schwer verständlich ist, daß die Bundesregierung einerseits ein auch nach ihrer Auffassung bewährtes Gesetz, die gegenwärtige Vorruhestandsregelung, zum Ende dieses Jahres auslaufen lassen will, andererseits aber zu Beginn des nächsten Jahres in einem anderen Bereich der Wirtschaft, nämlich der Landwirtschaft, wiederum eine Vorruhestandsregelung einführen will?

Wolfgang Vogt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002384

Herr Kollege, die Situation auf dem Arbeitsmarkt für unselbständig Beschäftigte ist anders als die Situation, die wir heute in der deutschen Landwirtschaft vorfinden und auf die der letzte EG-Gipfel am 11. und 12. Februar dieses Jahres eine Antwort gegeben hat. Im übrigen weise ich Sie darauf hin: Das Vorruhestandsgesetz läuft aus, aber die Bundesregierung prüft die Möglichkeit anderer Instrumente, die nicht den Nachteil des Vorruhestandsgesetzes in sich bergen, daß der Arbeitnehmer bis zum letzten Tag vor seinem Ausscheiden voll im Berufsleben steht und ab dem nächsten Tag voll aus dem Berufsleben ausgeschieden ist. Wir wissen auf Grund von Erfahrungen und Befragungen, daß viele Arbeitnehmer an einem gleitenden Übergang interessiert sind. Wir sind dabei, genau diesen Wunsch der Arbeitnehmer zu prüfen, und hoffen, daß wir einen entsprechenden Vorschlag auf den Tisch legen können.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Frau Weyel, eine Zusatzfrage, bitte schön.

Gudrun Weyel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002496, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, Sie haben das Auslaufen der Vorruhestandsregelung auch damit begründet, daß nicht genügend jugendliche Fachkräfte zur Verfügung stünden. Finden Sie diese Begründung nicht etwas eigenartig angesichts der Ausbildungssituation in den letzten Jahren, als genügend Jugendliche zur Verfügung standen, die ausbildungswillig waren? Hätten die Betriebe da nicht die Möglichkeit gehabt, auf Vorrat auszubilden?

Wolfgang Vogt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002384

Die Betriebe haben eine vorbildliche Ausbildungsleistung erbracht. Die Ausbildungskatastrophe, die Sie jahrelang an die Wand gemalt haben, ist nicht eingetreten. ({0}) Frau Kollegin, die Arbeitslosenquote ist im übrigen im gesamten Bundesgebiet nicht einheitlich. Sie wissen, daß wir recht unterschiedliche Strukturen haben. Ich habe natürlich von den Bereichen gesprochen, wo der Arbeitsmarkt heute keine qualifizierten Arbeitnehmer hergibt, weil die Arbeitslosenquote niedrig ist. Wir hatten vorhin bei der Frage des Kollegen Fuchtel einen Arbeitsamtsbezirk im Auge, der in den Sommermonaten eine Arbeitslosenquote von unter 4 % aufwies. Wir haben recht unterschiedliche Verhältnisse, und ich habe mich auf die Verhältnisse bezogen, in denen die Tatbestände zutreffen, von denen ich gesprochen habe. ({1})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage des Abgeordneten Schmidt ({0}).

Wilhelm Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002022, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, abgesehen davon, daß ich aus einem Wahlkreis komme, der mit 16 % Arbeitslosigkeit ganz besonders unter den derzeitigen Verhältnissen leidet, möchte ich Sie bitten, mir zu beantworten, wie Sie glauben andere arbeitsmarktpolitische Instrumente finanzieren zu können, wenn Sie schon jetzt wissen, daß die Bundesanstalt für Arbeit am Ende des Jahres 1 Milliarde DM Minus in der Kasse hat.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Der Staatssekretär ist mit seinen Antworten auch weit in andere Felder des Arbeitsmarkts eingedrungen, aber dies hängt mit den Fragen nun nicht mehr zusammen. Wenn er es beantworten will, kann er dies tun; aber er muß es nicht.

Wolfgang Vogt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002384

Herr Präsident, ich will nur darauf hinweisen, daß über die Haushaltslage des Bundes und damit auch der Bundesanstalt für Arbeit im Jahr 1989 im Zusammenhang mit der Vorbereitung des Haushalts im Mai/Juni entschieden werden wird. Dann haben Sie sicherlich Gelegenheit, auf Ihre Frage zurückzukommen. ({0}) - Darauf freue ich mich schon.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Jetzt sind wir am Ende dieses Geschäftsbereichs. Ich danke dem Staatssekretär für die Beantwortung der Fragen. Zu dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung, den ich nicht aufzurufen brauche, ist zu sagen, daß die Fragen 35 und 36 des Abgeordneten Dr. Abelein schriftlich beantwortet werden sollen - die Antworten werden als Anlagen abgedruckt -, während alle anderen Fragen - die Fragen 37 und 38 des Abgeordneten Gerster ({0}), die Fragen 39 und 40 des Abgeordneten Dr. Mechtersheimer, die Fragen 41 und 42 des Abgeordneten Sielaff, die Fragen 43 und 44 der Abgeordneten Frau Dr. Götte sowie die Fragen 45 und 46 des Abgeordneten Müller ({1}) - der Bestimmung Nr. 2 Abs. 2 der Richtlinien für die Fragestunde unserer Geschäftsordnung unterliegen, weil wir auf der Tagesordnung an anderer Stelle Themen haben, die die Gebiete berühren, die in den Fragen angesprochen sind. Ich komme zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr. Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Schulte steht zur Beantwortung zur Verfügung. Herr Stiegler hat die Frage 47 eingebracht: Wie beurteilt die Bundesregierung den Ausbau der Bundesbahnstrecke Nürnberg-Weiden technisch und fahrplanmäßig, und welche finanziellen und organisatorischen Mittel wird die Deutsche Bundesbahn in diesem und im nächsten Jahr einsetzen, um Streckenausbau und Verkehrsbedienung zu verbessern? Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Stiegler, nach Angaben der Deutschen Bundesbahn werden für die Strecke Nürnberg-Weiden ausreichende Investitionsmittel zur Verfügung gestellt. Insgesamt sind für das laufende Jahr 1988 7,4 Millionen DM eingeplant. Für 1989 liegen noch keine Daten vor. Zur Verbesserung der Verkehrsbedienung hat die Deutsche Bundesbahn einen Taktverkehr auf der Grundlage eines Regionalschnellbahnsystems vorgesehen. Einzeluntersuchungen hierzu werden in Kürze aufgenommen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Stiegler.

Ludwig Stiegler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002248, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, Sie haben die Frage des Einsatzes des Zugmaterials noch nicht angesprochen. Werden Sie dafür eintreten, daß eines Tages der kastenwagengesteuerte Pendolino auf der Relation Weiden-Nürnberg fährt, oder ist das einer Bundesverkehrsministerstrecke Nürnberg-Hof vorbehalten?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, Sie wissen, daß sich Bundesminister Dr. Warnke sehr intensiv um die Anbindung des ländlichen Raums bemüht. Es geht hier um einen Testfall. Wenn er sich bewährt - davon gehe ich eigentlich aus - , werden wir sicherlich weitere Strecken in der Zukunft zur Verfügung haben.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Sie haben eine weitere Zusatzfrage, Herr Stiegler.

Ludwig Stiegler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002248, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist Ihnen bewußt, daß die Abgrenzung zwischen dem S-BahnVerkehr Nürnberg und dem Anschlußverkehr in die Oberpfalz, sowohl nach Amberg/Schwandorf als auch nach Weiden, erhebliche Probleme schafft, z. B. dazu führt, daß die Leute zweimal umsteigen müssen, und werden Sie dafür eintreten, daß - sei es vor, sei es nach, sei es mit Pendolino - ein durchgehender Verkehr für eine Relation geschaffen wird, die etwa eine gute Stunde dauert? ({0})

Not found (Staatssekretär:in)

Mir sind diese Probleme bekannt. Der von Ihnen angesprochene Raum ist nicht der einzige, wo diese Probleme vorkommen. Ich gehe aber davon aus, daß die Einzeluntersuchungen der Deutschen Bundesbahn auch bei Ihrem Problem eine Besserung bringen werden.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage des Abgeordneten Schmidt ({0}).

Wilhelm Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002022, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wie stehen Ihre Äußerungen über die Versorgung in der Region und im lokalen Umfeld zu den Äußerungen des Chefs der Deutschen Bundesbahn, der letztens gesagt hat, für ihn zähle nur noch der Intercity- und Interregio-Verkehr?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, wir haben in diesem Jahr im Bundeshaushalt zweckgebunden 400 Millionen DM an Investitionsmitteln vorgesehen, die außerhalb der Ballungsräume verwendet werden sollen. Allein daraus können Sie ersehen, daß unsere Politik eine andere ist. ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Jetzt kommt die Frage 48 des Abgeordneten Toetemeyer: Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Deutsche Bundesbahn zur Zeit Überlegungen anstellt, neue Standorte für den Güter- bzw. Personenverkehr in der Bundesrepublik Deutschland festzulegen? Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, ich gehe davon aus, daß sich Ihre Frage auf die Bemühungen der Deutschen Bundesbahn zur Neustrukturierung Ihrer regionalen Verkaufsorganisation bezieht. ({0}) Der Bundesregierung ist bekannt, daß die Deutsche Bundesbahn in Anlehnung an die Neuorganisation innerhalb der Vorstandsressorts auch die Generalvertretungen in fachlich selbständige Bereiche für den Personen- und Güterverkehr geteilt und in die Direktionen integriert hat. Standortveränderungen haben sich daraus nicht ergeben. Die dadurch vorübergehend eingetretene Verdoppelung der Zahl ihrer Generalvertretungen beabsichtigt die DB in einer zweiten Planungsphase unter Ausweitung der einzelnen Zuständigkeitsbereiche für den Personen- bzw. Güterverkehr wieder auf die ursprüngliche Zahl von knapp 50 zurückzuführen. Diese Planungen sind noch nicht abgeschlossen. Beeinträchtigungen in der Kundenbetreuung ergeben sich nach Angaben der DB durch diese organisatorischen Maßnahmen nicht.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Herr Toetemeyer, Zusatzfrage.

Hans Günther Toetemeyer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002336, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich bitte zunächst um Nachsicht, daß hier durch einen Druckfehler das Wort „Generalvertretungen" nicht in der Frage war. Ich habe das aber vorher mit Ihrem Hause rechtzeitig abgeklärt. Herzlichen Dank; Sie sind auf meine Frage eingegangen. Meine Zusatzfrage an Sie, Herr Staatssekretär, ist folgende. Sie sagen: Es gibt Planungen. - Insofern haben Sie meine Frage mit Ja beantwortet. Können Sie mir sagen, wann etwa die Deutsche Bundesbahn an eine Realisierung dieser Planungsvorstellungen denkt?

Not found (Staatssekretär:in)

Mir ist dies nicht bekannt. Ich habe in der Vorbereitung auf meine Antwort zu Ihren Fragen versucht, Näheres zu erfahren. Dies war nicht möglich.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Keine weitere Zusatzfrage. Dann rufe ich die Frage 49 des Herrn Abgeordneten Toetemeyer auf: Hält die Bundesregierung es mit der von ihr zugesagten Hilfe für das Ruhrgebiet für vereinbar, wenn die Deutsche Bundesbahn im Zuge ihrer Überlegungen Hagen als Standort für den Güterverkehr aufgibt, und welche Konsequenzen ergeben sich hieraus für die zur Zeit in diesem Bereich beschäftigten Mitarbeiter? Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, bei dem derzeitigen Stand der Planungen kann die DB weder Aussagen über Hagen als Standort einer Generalvertretung für den Güterverkehr noch über etwaige Konsequenzen für die in Hagen mit diesen Aufgaben beschäftigten Mitarbeiter abgeben. Mit den Hilfen für das Ruhrgebiet stehen diese Planungen in keinem Zusammenhang.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Toetemeyer.

Hans Günther Toetemeyer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002336, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wie erklären Sie sich dann, daß die Bundesbahndirektion in Essen auf eine entsprechende Anfrage der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer genau dies erklärt hat, nämlich daß beabsichtigt sei, in Hagen so zu verfahren?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, mir ist dies nicht bekannt. Ich gehe dieser Frage gerne nach. - Ich bitte allerdings für die Zukunft, daß Sie mir so etwas vorher sagen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Sie haben noch eine Zusatzfrage, Herr Toetemeyer.

Hans Günther Toetemeyer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002336, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident, ich lasse mich als Abgeordneter nicht gerne reglementieren. Insofern behalte ich mir vor, Fragen dann zu stellen -

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Der einzige, der hier zu reglementieren hat, bin ich.

Hans Günther Toetemeyer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002336, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Nein, durch den Staatssekretär, nicht durch den Präsidenten.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Nein, das werde ich schon verhindern. - Sie haben noch eine Zusatzfrage.

Hans Günther Toetemeyer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002336, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich möchte gerne die Freiheit behalten, Fragen zu stellen, wie ich das für richtig halte. Das tun normalerweise auch Sie, Herr Kollege. Würden Sie nicht für den Fall, daß Sie bestätigt finden, was ich hier gesagt habe, daß es konkrete Planungen der Bundesbahndirektion Essen bezogen auf Hagen gibt, doch einen Zusammenhang zur zugesagten Hilfe für das Ruhrgebiet sehen?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich glaube das deswegen nicht, weil ich davon ausgehe, daß das Ruhrgebiet für die Deutsche Bundesbahn ein so interessanter Raum ist, daß dort erhebliche Anstrengungen unternommen werden, um die Verkaufsorganisationen zu halten oder zu verstärken und zusätzliche Aufträge hereinzuholen. ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Die Frage 50 des Abgeordneten Catenhusen soll schriftlich beantwortet werden. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Wir sind am Ende der Fragen aus diesem Geschäftsbereich. Ich danke dem Staatssekretär für die Beantwortung der Fragen. Nun gebe ich mir große Mühe, unsere Fragenreihe noch zu Ende zu bringen, und hoffe auf die Hilfe sowohl des fragenden Abgeordneten Kleinert ({0}) als auch des Vertreters des Geschäftsbereichs des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen. Wir kommen also zum Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen. Herr Staatssekretär Florian steht zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung. Die Fragen 51 und 52 der Frau Abgeordneten Dobberthien sollen schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt. Ich rufe jetzt die Frage 53 des Abgeordneten Kleinert ({1}) auf: Wie ist sichergestellt, daß Tatsachen über zuzulassende Endgeräte der Telekommunikation aus dem Zentralamt für Zulassungen im Fernmeldewesen ({2}) in Saarbrücken bzw. aus dem Fernmeldetechnischen Zentralamt der Deutschen Bundespost ({3}) in Darmstadt nicht den Stellen der DBP zur Kenntnis kommen, die direkt oder indirekt im Wettbewerb zu den Antragstellern stehen, und ist es ausgeschlossen, daß Konkurrenzfirmen der Antragsteller Tatsachen über grundsätzliche neue Entwicklungen oder Einzelheiten solcher Entwicklungen auf diesem Wege in Erfahrung bringen können?

Not found (Staatssekretär:in)

Vielen Dank, Herr Präsident. Wenn Sie einverstanden sind, würde ich die Fragen des Herrn Abgeordneten gerne zusammen beantworten.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das muß der Abgeordnete beantworten. ({0}) - Er ist einverstanden. Dann rufe ich auch die Frage 54 des Abgeordneten Kleinert ({1}) auf: Mit welcher Höchst- und Mindestdauer solcher Zulassungsverfahren bei dem ZZF bzw. dem FTZ haben Antragsteller zu rechnen, und in welcher Weise wird durch diese Wartezeiten oder zunächst verweigerte, später aber erteilte Genehmigungen Art und Weise sowie Geschwindigkeit der Entwicklung neuer Endgeräte, dies insbesondere im Vergleich zur entsprechenden Entwicklung in anderen Ländern, beeinflußt?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, die Zulassungen für Fernmeldeeinrichtungen werden seit 1982 nur noch von dem dafür eingerichteten ZZF, also dem Zentralen Amt für Zulassung im Fernmeldewesen, in Saarbrücken erteilt. Dieses Amt ist damals bewußt autonomisiert und vom Fernmeldetechnischen Zentralamt in Darmstadt abgetrennt worden. Über einen Zulassungsantrag bzw. über ein lauf endes Zulassungsverfahren - das ist sichergestellt - erhalten weder Außenstehende noch nicht betroffene Dienststellen der Deutschen Bundespost Informationen von diesem Zentralamt. Die Bediensteten der Zentralstelle - ich habe das gestern durch ein Gespräch mit dem Präsidenten noch einmal abgesichert - unterliegen der Amtsverschwiegenheit und werden regelmäßig darauf hingewiesen, daß sie kein Know-how von einem Antragsteller zum anderen transferieren dürfen. Wenn Antragsteller von der Möglichkeit Gebrauch machen, bei technischen Prüfungen anwesend zu sein - das passiert hin und wieder - , wird ebenfalls sichergestellt, daß sie keine Geräte anderer Antragsteller, die vielleicht im Labor sein könnten, dort finden. Die werden dann weggebracht oder abgedeckt. Zu Ihrer zweiten Frage, Herr Abgeordneter: Die Mindest- und Höchstdauern der Zulassungsverfahren sind außerordentlich unterschiedlich. Vorführzulassungen werden teilweise schon nach wenigen Tagen erteilt, während in anderen Fällen ein Verfahren auch länger als ein Jahr dauern kann. Die Durchschnittsdauer ist etwa vier Monate. Aber ein Durchschnitt sagt hier nicht viel. Dabei ist zu beachten, daß die Zeit zur Vervollständigung der Unterlagen oder zur Beseitigung von bei der Prüfung erkannten technischen Mängeln der jeweils vorgestellten Einrichtung in dieser Dauer enthalten ist. Die Gesamtdauer des Verfahrens ist daher in zahlreichen Fällen nicht von der Zulassungsstelle, sondern wegen der notwendigen Nachbesserung auch vom Antragsteller zu vertreten. Die Entwicklung neuer Endgeräte wird durch die Dauer des Zulassungsverfahrens nach unserer Beobachtung nicht oder mindestens nicht entscheidend beeinflußt. Allerdings ist ein Vergleich mit anderen Ländern nur schwer möglich, weil hier detaillierte Unterlagen nicht vorliegen. Ich rechne allerdings damit - wenn ich das hinzufügen darf - , daß der Vergleich mit anderen europäischen Ländern besser möglich wird, weil wir auf dem Weg zu europäischen Zulassungsverfahren sind.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Ich würde mich freuen, wenn wir die Zusatzfragen noch schaffen, obwohl die Zeit schon um ist. Herr Kleinert, Sie haben Zusatzfragen.

Detlef Kleinert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001121, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Wo ist die Rechtsquelle für die von Ihnen dargestellte Verschwiegenheitspflicht?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, die Rechtsquelle ist selbstverständlich die Amtsverschwiegenheit des Beamten oder des öffentlichen Bediensteten.

Detlef Kleinert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001121, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Gibt es darüber hinausgehend keine weiteren speziellen Anweisungen?

Not found (Staatssekretär:in)

Es gibt spezielle Anweisungen - wenn ich das wiederholen darf - innerhalb des ZZF, zugeschnitten auf die dortige Tätigkeit.

Detlef Kleinert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001121, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Kann man diese Rechtsquelle in die Hand bekommen? Kann man sehen, wie das im einzelnen für den internen Betrieb geregelt ist?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich kann, Herr Abgeordneter, nur wiederholen, daß ständige Belehrungen dieser Art im ZZF vorgenommen werden. Ich bin aber gerne bereit, Ihnen gegenüber das noch einmal in einem Brief zu konkretisieren.

Detlef Kleinert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001121, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Da wäre ich dankbar.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Sie haben noch eine Zusatzfrage.

Detlef Kleinert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001121, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ist es nicht möglich, einen Teil dieser Zulassungsverfahren durch pauschalierte Genehmigungen überflüssig zu machen, anstatt eine Fülle von Einzelverfahren über technisch gar nicht neue Geräte durchzuführen?

Not found (Staatssekretär:in)

Genau das geschieht, Herr Abgeordneter. Ich kann Ihnen die Zahl jetzt nicht nennen, sondern nur sagen: Der weitaus größte Teil der Zulassungen läuft in der Weise, wie Sie es gerade erfragen. Es gibt eine Fülle von Zulassungen, die sich auf vorhandene Geräte stützen. Wo nur geringfügige Änderungen vorgenommen werden, kann innerhalb weniger Tage die Prüfzulassung gegeben werden. Nur in wenigen Fällen bedarf es einer umfangreichen technischen Prüfung.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das war es? - Schönen Dank für die kurzen Fragen, Herr Abgeordneter. Wir sind am Ende dieses Geschäftsbereiches. Ich danke dem Staatssekretär für die Beantwortung der Fragen. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes auf. Es handelt sich um die Fragen 2 und 3 des Abgeordneten Dr. Sperling. Herr Abgeordneter Dr. Sperling hat um die schriftliche Beantwortung seiner Fragen gebeten. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Da für diese Woche keine weiteren Fragen vorliegen, ist die Fragestunde jetzt beendet, und morgen findet keine mehr statt. Wir sind am Ende dieses Tagesordnungspunktes. Ich rufe nun den Zusatztagesordnungspunkt 1 auf: Aktuelle Stunde Meine Damen und Herren, die Fraktion der SPD hat gemäß Nr. 1 Buchstabe c der Anlage 5 unserer Geschäftsordnung eine Aktuelle Stunde beantragt zu dem Thema: Haltung der Bundesregierung zu den Vorschlägen der Sachverständigen-Kommission beim Bundesminister der Finanzen zur Neuordnung des Gemeinnützigkeitswesens Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Büchner.

Peter Büchner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000295, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die SPD-Bundestagsfraktion hat diese Aktuelle Stunde vor allen Dingen aus drei Gründen beantragt: Erstens. Das Gutachten der sogenannten unabhängigen Sachverständigenkommission zur Prüfung des Gemeinnützigkeitsrechts hat bei den 250 000 gemeinnützigen Vereinen und Verbänden in der Bundesrepublik Deutschland Befürchtungen und Verunsicherungen ausgelöst, ja sogar Entsetzen hervorgerufen. Dafür trägt die Bundesregierung die Verantwortung. Sie hat diese Kommission eingesetzt, und sie hat diese Mitglieder berufen, entgegen allen Warnungen gerade solche Mitglieder, die sich durch sportfeindliche, vorurteilsbeladene Äußerungen schon vorher hervorgetan haben. Zweitens. Das Ergebnis der langjährigen Beratungen ist weitgehend verheerend und stellt eine ernste Gefahr für das dem Gemeinwohl dienende Wirken der 64 000 Sportvereine und ihrer ehrenamtlichen Mitarbeiter dar. ({0}) Die Verwirklichung dieser Ratschläge würde den Niedergang des deutschen Sportvereinswesens bedeuten, ({1}) dessen Bürgerengagement weltweit als beispielhaft anerkannt wird. Die Empörung und die Proteste gegen dieses Machwerk sind nur allzu berechtigt und werden von der SPD nachdrücklich unterstützt. Die Vereine und Verbände vermissen allerdings diese Unterstützung bei den Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU und der FDP, besonders bei denen, die im Sport Verantwortung tragen, auch die Unterstützung des CDU-Präsidiumsmitglieds und hessischen Ministerpräsidenten Wallmann, der als Präsident des Deutschen Turnerbundes figuriert. ({2}) Ich kann nur sagen: Raus aus den Büschen, meine Damen und Herren, und hier klar Stellung bezogen! Drittens. Wir fordern die Bundesregierung auf, durch eindeutige Zusagen heute eine Bestands- und Förderungsgarantie für das gemeinnützige Vereinswesen in unserer Gesellschaft zu geben. ({3}) Die bisherige widersprüchliche und vertrauensschädigende Politik der Regierung trifft besonders den Sport als die größte gesellschaftliche Organisation der Bundesrepublik. Es ist bezeichnend, daß bei der Beratung dieses Gutachtens in dieser Aktuellen Stunde der für den Sport verantwortliche Minister überhaupt nicht anwesend ist. ({4}) Wann wollen denn Sie, Herr Staatssekretär im Finanzministerium, eigentlich den vollständigen Text des Gutachtens endlich dem Parlament zuleiten? Wir warten nun schon drei Wochen darauf, nachdem Sie die Veröffentlichung aus wahltaktischen Gründen schon über die baden-württembergische Landtagswahl hinweg verzögert hatten. ({5}) In dieser Taktik sehen wir leider Vorboten für weitere Verschleppungen der dringend notwendigen Verbesserungen für den Sport. Für die SPD-Bundestagsfraktion erkläre ich: Die Tendenz und die wesentlichen Empfehlungen des Gutachtens, die bisher beDeutscher Bundestag - 1 L Wahlperiode Büchner ({6}) kannt wurden, sind mit den gesellschaftspolitischen Überzeugungen der SPD unvereinbar. ({7}) Wer den Sportvereinen und -verbänden bis auf die sozialen Bereiche die Gemeinnützigkeitsanerkennung und -förderung entziehen will, fordert den entschiedenen Widerstand der Sozialdemokraten heraus. ({8}) Wir wollen auch mit dem Instrument der Gemeinnützigkeit die gesellschaftliche Eigenverantwortung und Gestaltungsfreiheit der Vereine und der ehrenamtlichen Helfer fördern. Dies lassen wir nicht als Privatvergnügen herabwürdigen, meine Damen und Herren. ({9}) Wir fordern die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen auf: Unterlassen Sie alle weiteren Verzögerungsversuche! Lösen Sie endlich Ihre zahlreichen Versprechungen gegenüber dem Deutschen Sportbund und den 64 000 Sportvereinen ein! Tragen Sie dazu bei, daß schnellstens umfassende Steuererleichterungen und -vereinfachungen insbesondere für den gemeinnützigen Sport beschlossen werden! Mit einer Inaussichtstellung eventueller Beschlüsse für die Zeit um 1990 ist die SPD nicht einverstanden. Wir bestehen auf einer zügigen Beratung und auf einer positiven Beschlußfassung über unseren Antrag vom April 1987 auf Drucksache 11/124. Die Bundesregierung muß übrigens auch erklären, wie sie die Zusage des Bundeskanzlers in der Regierungserklärung vom 18. März 1987 mit den Empfehlungen des Gutachtens in Einklang bringen will. Der Bundeskanzler sagte damals: Wir wollen das ehrenamtliche Engagement stärken. Deshalb werden wir bestehende Diskriminierungen ehrenamtlich Tätiger auf der Grundlage der Ergebnisse der beim Bundesfinanzminister eingerichteten Sachverständigenkommission zum Gemeinnützigkeitsrecht beseitigen. ({10}) Ich sage Ihnen zum Schluß: Die Taktik, die Sie einschlagen, wird nicht aufgehen: daß Sie sich von sportfeindlichen Pseudoexperten ein Gutachten besorgen, das dann bei den Betroffenen Angst und Schrecken verbreitet, und Sie sich dann unter dem Motto „So schlimm wird das alles nicht" als der große Retter des deutschen Sports aufspielen. Distanzieren Sie sich von dem Gutachten! Hören Sie auf zu taktieren, und machen Sie endlich eine ordentliche Sportpolitik, damit dem erheblichen Schaden, den Sie in den letzten Jahren angerichtet haben, nicht noch weiterer hinzugefügt wird! ({11})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Miltner.

Dr. Karl Miltner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001510, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! An die Adresse der Kollegen von der SPD gerichtet: Wir haben uns auch schon in früheren Jahren mit diesen Fragen befaßt, und auf dem Tisch des Hauses lagen einmal Vorschläge aus dem Jahre 1979. Aber wir sind jetzt in diesem Jahr, und wir werden schauen, daß wir - vielleicht gemeinsam - den Stellenwert des Sports und der Vereine in Deutschland richtig bewerten und daraus die Konsequenzen ziehen. ({0}) Vereine und insbesondere die gemeinnützigen Vereine sind ja tragende Pfeiler des gesellschaftlichen Lebens in der Bundesrepublik Deutschland. Wir wissen, daß sich Millionen Frauen und Männer in den Vereinen engagieren; sie verkörpern im besten Sinne des Wortes Bürgersinn. Neben den Kirchen, neben den Familien und Wohlfahrtsverbänden sind es gerade auch Vereine, die sich vielfach ideellen Zwecken zuwenden und füreinander da sind, für die Menschen da sind, also auch der Gemeinschaft dienen. ({1}) Die ehrenamtliche Tätigkeit in Vereinen ist für unser gesellschaftliches Leben von unschätzbarem Wert. ({2}) Sportvereine, Gesangs- und Musikvereine, Vereine zur Bewahrung von Kultur und Kunst und zur Heimatpflege ({3}) prägen eine Vielfalt unseres gesellschaftlichen Lebens. Die Aufgaben, die Vereine, ihre vielen aktiven Mitglieder und ihre Verantwortlichen erfüllen, sind in der Regel auch öffentliche Aufgaben, deren Wahrnehmung nicht nur den Mitgliedern, sondern auch der gesamten Gesellschaft, also der Gemeinschaft, zukommt. Die Dienste, die unsere Vereine den Bürgern anbieten, könnten von der öffentlichen Hand gar nicht geleistet werden. Müßte man die ehrenamtliche Tätigkeit entlohnen, wäre sie überhaupt nicht zu bezahlen. ({4}) Tausend Gründe sprechen dafür, daß der Staat ein reichhaltiges Vereinsleben ermöglicht und fördert. Dies haben Bund, Länder und Gemeinden bisher auch getan - und das in einem nicht zu knappen Umfange. Es würde den Zielen unseres gesellschaftlichen Lebens und der erfolgreich praktizierten Vereinsförderung zuwiderlaufen, wenn der Staat die Vereine in ihren Aufgaben und Aktivitäten durch seine Steuergesetzgebung behinderte. CDU und CSU setzen sich daher mit Nachdruck dafür ein, daß der Freiraum der Vereine in unserer Gesellschaft erhalten und ausgebaut wird. Das Eintreten für eine breite Entfaltung des Vereinslebens in unserer Gesellschaft entspricht ja dem Selbstverständnis der Unionsparteien. CDU und CSU wissen sich dem Subsidiaritätsprinzip verpflichtet: Wir wollen Staat nur dort, wo andere die gleichen Aufgaben nicht mindestens ebensogut oder gar besser lösen können. Wer sich also in Vereinen engagiert, offenbart damit auch Verantwortungsbewußtsein für die Gemeinschaft. ({5}) Aufgabe des Gesetzgebers ist es, die nötigen Rahmenbedingungen zu erhalten und sie, soweit nicht vorhanden, zu schaffen, ({6}) um ein Höchstmaß an freier Entfaltung der Vereine zu gewährleisten. Dazu gehört natürlich auch die finanzielle Ausstattung unserer Vereine. ({7}) Es kommt darauf an, insbesondere durch eine sachgerechte Ausgestaltung des Steuerrechts dazu beizutragen, daß Vereine - insbesondere kleine Vereine - ihre finanziellen Angelegenheiten in eigener Verantwortung auch ohne Zuhilfenahme eines Steuerberaters erfüllen können. Mittlerweile liegt das seit langer Zeit erwartete Gutachten zur Neugestaltung des Gemeinnützigkeitsund Spendenrechts vor. ({8}) Das Gutachten ist auch für uns verspätet gekommen. ({9}) Wir haben darauf gedrängt; Sie kennen die Gründe, weshalb es nicht früher vorgelegt worden ist. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird das Gutachten auch kritisch durchleuchten. ({10}) Wir werden strikt darauf achten, daß der finanzielle Spielraum unserer Vereine nicht eingeengt wird. Vorschläge, die die Arbeit der Vereine nicht erleichtern, sondern erschweren, können nicht mit der Zustimmung unserer Fraktion rechnen. ({11}) Das ändert nichts daran, daß die Fragen der Gemeinnützigkeit und der Vereinsbesteuerung einer grundlegenden Klärung zugeführt werden müssen. ({12}) Ich fasse zusammen: Erstens. Für uns steht die Anerkennung der Gemeinnützigkeit für solche Vereine außer Frage, ({13}) die öffentliche Aufgaben wahrnehmen, sich als freie Träger auch am Gemeinwohl orientieren. Zweitens. Wir werden das geltende Steuerrecht so ändern, daß es ehrenamtliche Arbeit nicht behindert, sondern fördert. Drittens. Wir werden die Steuervorschriften für Vereine so vereinfachen, daß sie auch für kleinere Vereine handhabbar sind. Viertens. Wir werden die notwendigen Korrekturen zusammen mit der Steuerreform 1990 in Kraft setzen. ({14}) Vereine und Verbände sollen wissen, daß sie in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion einen festen Verbündeten und Anwalt ihrer Interessen haben. ({15})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat der Abgeordnete Hüser.

Uwe Hüser (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000978, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich nehme an, daß die SPD von dieser Aktuellen Stunde nicht mehr als unverbindliche Stellungnahmen erwartet. So wichtig dieses Thema ist, so wenig kann man hier wohl ernsthaft und abschließend auf ein Gutachten eingehen, das überhaupt noch nicht vorliegt - und wenn, dann nur in einer Kurzfassung -, ({0}) so daß hier abschließende Stellungnahmen überhaupt - auch von unserer Seite - nicht möglich sind. Daß das Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht gravierende Mängel- und Ungereimtheiten aufweist, ist ja wohl unumstritten. Das Gutachten kann aber dazu dienen, daß dieses Thema nun endlich angepackt wird und entsprechende Vorlagen zur ausführlichen Beratung von der Regierung vorgelegt werden. Unbestritten weist das Gutachten, soweit diese Beurteilung nach der kurzen Prüfung möglich ist, einige interessante Punkte auf, die uns in der Sache weiterbringen könnten. Begrüßenswert erscheint es uns, alle Idealkörperschaften, wie sie in dem Gutachten definiert sind, für ihren ideellen Bereich von der Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, Vermögensteuer und Grundsteuer zu befreien. Dies würde eine erhebliche Vereinfachung für die Betroffenen bedeuten und schwierige Abgrenzungsprobleme lösen helfen. Durchaus überlegenswert erscheint es uns auch, eine Untergruppe der Idealkörperschaften einzuführen, und zwar derjenigen, die dann als gemeinnützig im engeren Sinn gelten sollen. Hier ist besonders die Regelung hervorzuheben, daß diese Gemeinnützigkeit in einem abschließenden Katalog und nicht wie bisher in einer beispielhaften Auflistung geregelt werden soll, die die Entscheidungsträger weiterhin in unnötige Abgrenzungsschwierigkeiten brächte. Die Definition der Gemeinnützigkeit erscheint uns allerdings in der Form, wie sie die Kommission darlegt, als zu eng definiert und nicht schlüssig. Wer pauschal darlegt, daß die ehrenamtlichen Mitarbeiter in den Vereinen - und hier besonders, namentlich erwähnt, die vielen kleinen und mittleren Sportvereine - nur aus reinem Eigennutz handeln, nimmt meines Erachtens die Situation und die Tätigkeit der Vereine in unserer Gesellschaft nicht richtig zur Kenntnis. Das Gutachten bleibt absolut die Erklärung schuldig, wieso Sportvereine nicht geeignet sind und nicht erforderlich erscheinen, die Lebensgrundlagen des Gemeinwesens zu festigen, zu sichern oder zu erhalten. Gerade in einer Zeit, wo eine Vereinsamung durch neue Produktionsabläufe im Arbeitsbereich oder z. B. sozialfeindliche Wohnsiedlungen vorangetrieben wird, kommt den Vereinen ein immer größeres Gewicht im Sozialwesen zu. Offensichtlich muß über diesen Punkt auch mit den Betroffenen in der konkreten Beratung ausführlich diskutiert werden, nach welchen Kriterien Gemeinnützigkeit definiert werden kann und muß. Eng verknüpft mit der Frage der Gemeinnützigkeit ist natürlich auch die steuerliche Behandlung von Zweckbetrieben und die steuerliche Anerkennung von Spenden, auf die ich im zweiten Teil eingehe. Daß gemeinnützige Idealkörperschaften in der Unterhaltung ihrer Zweckbetriebe steuerbegünstigt werden, ist wohl unstrittig. Auf die Differenz und die Definition der Gemeinnützigkeit bin ich schon eingegangen. Darüber ist später ausführlich zu diskutieren. Unabhängig davon ist natürlich zu prüfen - auch das ist an diesem Gutachten zu begrüßen - , inwieweit den kleinen und mittleren Vereinen, bei denen die Tätigkeit in der Regel ehrenamtlich ausgeführt wird, die Befassung mit dem komplizierten Steuerrecht erspart werden kann. Durch entsprechende Freigrenzen müßte gewährleistet werden, daß diese Vereine von der Steuerpflicht befreit sind. Hier wäre für die weitere Diskussion eine Aufstellung des Bundesministeriums der Finanzen hilfreich, in welcher Größenordnung die Zweckbetriebe überhaupt eine Rolle spielen, und zwar nach der Staffelung von Vereinsgröße und zu erwartenden steuerlichen Ausfällen bzw. Mehreinnahmen aus diesen Zweckbetrieben. Es darf allerdings nicht dazu führen, daß, wie von der Kommission vorgeschlagen, eine Steuerentlastung für alle Körperschaften in Kraft tritt. Eine zügige Behandlung des Themas ist dringend geboten und darf nicht auf die lange Bank geschoben werden. Auch um der Verunsicherung der Vereine Rechnung zu tragen, sollte dieses Thema sofort nach der parlamentarischen Sommerpause ausführlich diskutiert werden. In einer abschließenden Bemerkung in der zweiten Runde werde ich noch einmal darauf eingehen. ({1})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat der Abgeordnete Mischnick.

Wolfgang Mischnick (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001512, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wenn ein Gutachten zu einer Sachfrage vorgelegt wird, ist es immer so, daß es keinen ungeteilten Beifall findet und daß es Punkte gibt, über die man sehr nüchtern und sachlich reden kann, und Punkte, die man ablehnt; das muß man dann in der parlamentarischen Prüfung tun. Pauschal zu sagen, das Ganze sei für die Beratung nichts wert, würde diejenigen, die das sagen, selber schädigen. Denn es gibt eine ganze Reihe von Punkten, die hochinteressant sind und die man für die Überlegung verwenden kann, wie das Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht geändert und ergänzt werden soll. Ich denke z. B. daran, daß hier auch für Spender ein Schutz empfohlen wird, damit sie nicht die Leidtragenden sind, wenn die, die die Spende erhalten, Mißbrauch treiben. Das scheint mir eine sehr sinnvolle Überlegung zu sein. ({0}) - Entschuldigung, ich habe nicht gesagt, daß das das einzige in dem Gutachten ist. Wenn Sie das als das einzige bezeichnen, haben Sie wahrscheinlich nicht einmal die Kurzfassung gelesen, geschweige denn die Gesamtfassung, die wir noch gar nicht haben. ({1}) Denn darin gibt es viele Punkte, über die man hier redet. ({2}) - Ihr Zwischenruf ist billig, wenn Sie glauben, daß ich das als einzigen Punkt sehe. Ich denke auch an die Punkte, die in diesem Gutachten hinsichtlich der Frage aufgeführt worden sind, wieweit man zu Vereinfachungsverfahren kommen kann, was ich für sinnvoll und für notwendig halte. Wieweit ist es richtig, daß wir heute bei Spenden eine Aufsplitterung haben? In bestimmten Bereichen gibt es bis zu 5 %, in anderen noch einmal 5 %. Sollte es nicht eine Gesamtmöglichkeit der Absetzbarkeit geben? ({3}) Denn wieso soll ich jemandem auf Dauer vorschreiben, daß er bis zu 5 % sozial und 5 % wissenschaftlich geben kann, während der eine 10 % künstlerisch, der andere 10 % sozial geben will? Warum soll ich diese besseren Möglichkeiten zu einem besseren Recht, als es bisher gilt, einem geschlossenen Recht nicht schaffen? Der nächste Punkt: Wir dürfen uns natürlich nichts vormachen. Auch mit diesem Gutachten wird deutlich, wo Schwachpunkte vorhanden sind. Damit komme ich zu dem Hauptproblem: Natürlich wollen wir dem Sport nicht etwa die Chance nehmen, auch in Zukunft Spenden zu bekommen. Das ist doch selbstverständlich. Das war Übereinstimmung in diesem Haus, und das wird auch so bleiben. ({4}) Wir denken gar nicht daran, dem Sport die Möglichkeit zu nehmen, Spenden zu bekommen. Selbstverständlich werden wir die Übungsleiterpauschale auch beibehalten. Das ist ja ein wichtiger Teil. Aber im Zusammenhang mit der Frage der Übungsleiter muß man bei einer grundsätzlichen Debatte auch prüfen, überlegen, wieweit auch in ande4720 ren Bereichen eine ehrenamtliche Tätigkeit eine Rolle spielt. Das wollen wir tun. ({5}) Das werden wir dann parlamentarisch im einzelnen beraten. Daß es bei der Frage wirtschaftlicher Tätigkeit von Vereinen Grenzbereiche gibt - sei es im Gaststättenbereich, sei es bei Werbeeinnahmen, sei es bei Teilen der Vereine, die professionell tätig sind - , ist unzweifelhaft ein Punkt, über den man reden muß. Wenn man es beispielsweise geschafft hat, für die Fußballbundesliga gewisse Regeln über Honorierung und die steuerliche Behandlung festzusetzen, wir aber andere Fachverbände haben, die ähnliche Leistungen erbringen, aber bis heute diese Regeln nicht gefunden haben, kann man nur sagen: Hier muß der Sport mit dafür sorgen, daß das Verwischen zwischen kommerzieller Tätigkeit und ehrenamtlicher Tätigkeit nicht in einer Weise stattfindet, die zu Problemen in der Praxis führt. ({6}) Letztendlich ist bei der Beratung dieser Vorschläge ganz entscheidend, daß wir darauf achten, daß unsere vielen ehrenamtlichen Helfer in den Sportvereinen nicht überfordert werden. Oder noch besser und gezielter gesagt: Wir müssen vermeiden, daß es unseren Sportvereinen auf Dauer nicht mehr möglich ist, Schatzmeister oder Kassenwarte zu finden, weil sich wegen der Kompliziertheit des Rechtes keiner mehr dazu bereit erklärt, das zu machen. ({7}) Das werden wir in der Koalition mit aller Vernunft und aller Nüchternheit beraten. ({8}) Ich wäre deshalb dankbar, wenn a) der Sport nicht glaubt, er sollte schlechter gestellt werden - daran denken wir nicht - , wenn man b) die sachlich guten Dinge nicht unter den Tisch fallen läßt und c) gemeinsam nüchtern berät. Ich bin sicher, wir werden zu größerer Gemeinsamkeit kommen, als es im Augenblick aussieht. ({9})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen, Herr Dr. Häfele.

Dr. Hansjörg Häfele (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000774

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bundesfinanzminister Dr. Stoltenberg, der in den Vereinigten Staaten von Amerika bei wichtigen Gesprächen ist und deshalb leider nicht hier sein kann, hat das Gutachten der unabhängigen Sachverständigenkommission zum Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht am 24. März dieses Jahres, also vor noch nicht drei Wochen, erhalten. Es ist danach sofort zum Druck gegeben worden. Das 550 Seiten umfassende Gesamtgutachten, von dem am 24. März vorweg nur die Kurzfassung veröffentlicht werden konnte, wird in den nächsten Tagen in der Schriftenreihe des Bundesfinanzministeriums zur Verfügung stehen und dann selbstverständlich auch den Ausschüssen, die sich mit diesem Recht befassen, zugestellt werden. ({0}) Das Gutachten besteht aus zwei Teilen: einem Hauptgutachten der Mehrheit der Kommissionsmitglieder und einem abweichenden Sondervotum zweier Professoren. Nach einer ersten Durchsicht des Gesamtgutachtens - eine sorgfältige Prüfung bedarf natürlich mehr Zeit - läßt sich sagen, daß alle Sachverständigen das geltende Recht für unbefriedigend halten. Das Gemeinnützigkeitsrecht sei kompliziert und unstimmig, das Spendenrecht darüber hinaus in weiten Teilen sogar verfassungswidrig. Die gleiche Auffassung zum Spendenrecht vertritt auch der Bundesrechnungshof in Prüfungsmitteilungen, die er erst vor wenigen Wochen dem Bundesfinanzministerium zugeleitet hat. Viele Unzulänglichkeiten des geltenden Rechts waren auch schon vorher von Parlament und Bundesregierung erkannt worden. Das hatte den Finanzausschuß des Deutschen Bundestages schon 1985, und zwar auch mit Zustimmung aus der Opposition, zu der Aussage veranlaßt, daß eine grundlegende Neuordnung des Gemeinnützigkeits- und Spendenrechts ins Auge gefaßt werden müsse. Die Einsetzung der unabhängigen Sachverständigenkommission geht auf diese Erkenntnisse zurück. Das Gutachten enthält zahlreiche Vorschläge. Die Bundesregierung wird diese Vorschläge sorgfältig prüfen. Sie wird sie sich nicht alle zu eigen machen können. Dies ist schon heute sicher. Das gilt z. B. für die Vorschläge zum Sport, dessen Bedeutung die Gutachter nach meinem Dafürhalten nicht zutreffend gewürdigt haben. ({1}) Sport- und Musikvereine sollen auch künftig gemeinnützig sein. ({2}) Obwohl das Gesamtgutachten noch nicht veröffentlicht worden ist, hat es schon viele Stellungnahmen dazu gegeben. Soweit ich es übersehen kann, beziehen sie sich ausnahmslos auf die Vorschläge der Sachverständigen zum Sport, obwohl der Auftrag umfassender war. Dies liegt sicher zu einem erheblichen Teil daran, daß in der Öffentlichkeit einseitig die Vorschläge herausgestellt worden sind, die eine Einschränkung der steuerlichen Vergünstigungen für Sportvereine zum Inhalt haben. Dabei enthält das Gutachten auch gewichtige Vorschläge, die für die Sportvereine erhebliche Verbesserungen bedeuten würden. Die steuerlichen Vorschriften für Sportvereine könnten danach durchgreifend vereinfacht werden. Nach den Vorschlägen der Sachverständigen, jedenfalls der Mehrheit, würde wohl kaum noch ein kleinerer oder mittlerer Sportverein oder auch Musikverein mit Körperschaftsteuer oder Gewerbesteuer belastet werden. ({3}) Das ist in der Öffentlichkeit völlig untergegangen. Auch die schwierige Abgrenzung zwischen bezahltem und unbezahltem Sport würde nach den Vorschlägen der Sachverständigen entfallen. ({4}) Ich erinnere mich gut daran, daß die Sportverbände stets vorrangig eine Vereinfachung der Besteuerung gefordert haben. Die Sachverständigen bieten sie an, allerdings auf Kosten einiger Vergünstigungen. Trotzdem sollten die Sportvereine nach Veröffentlichung des Gutachtens die Vorschläge sorgfältig prüfen und auch die Vorzüge des Gutachtens würdigen. Die Sportverbände und Sportvereine sollen wissen, daß die Bundesregierung sie auch weiterhin fördern wird. Ich sehe trotz des Gutachtens keine Gefahr für ihre Gemeinnützigkeit. Es sollte möglich sein, einen Weg zu finden, der den Sportvereinen, natürlich auch den Musikvereinen, die Gemeinnützigkeit läßt und der zugleich zu wesentlichen Vereinfachungen führt. Die Verbände sind zu tatkräftiger Mitarbeit aufgerufen. Wir sollten die Phase verlassen, nur zu klagen, und sollten Lösungen konstruktiv gemeinsam mit den Verbänden herbeiführen. ({5}) Eng mit dem Gemeinnützigkeitsrecht zusammen hängt die sogenannte steuerfreie Übungsleiterpauschale für nebenberufliche Tätigkeiten bis 2 400 DM im Jahr. Das Gutachten befaßt sich auch damit. Sowohl im Hauptgutachten wie auch im Sondergutachten wird die Abschaffung der Steuerfreiheit empfohlen. Im Sondergutachten ist gar von einer Benachteiligung der beruflichen Tätigkeit die Rede. Auch die Verfassungsmäßigkeit der Regelung wird in Frage gestellt. Die Bundesregierung möchte die Übungsleiterpauschale beibehalten. ({6}) Sie sieht darin einen Anreiz, die ehrenamtliche Tätigkeit in den Vereinen zu fördern. Eine Aufstockung der Pauschale dürfte freilich nicht möglich sein. ({7}) Die Bundesregierung wird das Gutachten gründlich und zügig auswerten. - Ich muß Ihnen einmal sagen, Sie haben öffentlich verkündet, wir würden die Übungsleiterpauschale abschaffen. Das haben Sie öffentlich dem Volk verkündet. Kein Wort davon ist wahr. Das ist die Wirklichkeit. ({8}) Die Bundesregierung hat die Absicht, bis zum Sommer dieses Jahres Vorschläge für ein besseres Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht zu erarbeiten, die dann zwar nicht im Rahmen der Steuerreform - das ist technisch nicht möglich - jedoch zeitgleich mit der Steuerreform in Kraft gesetzt werden können. Ziel ist vor allem eine spürbare Vereinfachung und eine Stärkung des ehrenamtlichen Wirkens, aber auch die Verhinderung von Mißbräuchen und Wettbewerbsverfälschungen gegenüber mittelständischen Betrieben. ({9})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Mertens.

Dr. Franz Josef Mertens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001481, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen! Meine Herren! Seit mehr als drei Jahren - daran beißt die Maus keinen Faden ab - verhindert die Bundesregierung zusammen mit den Koalitionsfraktionen eine Verbesserung des Gemeinnützigkeitsrechts. Betroffen sind davon nicht nur die Sportvereine, betroffen sind auch alle anderen gemeinnützigen, mildtätigen und kirchlichen Einrichtungen, in denen Personen ehrenamtlich tätig sind, die mit den bestehenden gesetzlichen Regelungen oftmals überfordert sind. ({0}) Alle unsere Anträge auf steuerliche Erleichterungen für die Sportvereine und die anderen gemeinnützigen Vereine hat die Koalition bisher wegen des ausstehenden Gutachtens der vom Bundesfinanzminister eingesetzten Kommission entweder abgelehnt oder blockiert. ({1}) Nun jedoch liegt dieses Gutachten vor, und die Zeit des weiteren Verzögerns und des Hinausschiebens geht zu Ende. Jetzt müssen Sie Farbe bekennen, ({2}) ob Sie die gemeinnützigen Vereine weiterhin steuerlich begünstigen wollen, ob Sie zu einer Vereinfachung der steuerlichen Regelungen im Interesse der Vereine bereit sind, ob Sie etwa den Kleintierzuchtvereinen den Status der Gemeinnützigkeit zuerkennen wollen oder ob Sie die bisherigen Steuervergünstigungen einschränken wollen. Die Vorschläge der Sachverständigenkommission des Bundesfinanzministers berühren den Nerv vieler gemeinnütziger Vereine. Das hat bereits jetzt, da nur die Kurzfassung des Gutachtens bekannt ist, zu einer erheblichen Verunsicherung der Vereine geführt. Der Bundesfinanzminister hat angekündigt, daß die gesetzlichen Folgerungen aus dem Gutachten zeitgleich mit dem Steuerpaket 1990 in Kraft treten sollen. Angesichts der Hektik, das Steuerpaket noch vor der Sommerpause durchzupeitschen, habe ich kein Verständnis dafür, daß die Vereine über die Existenzfrage nach der künftigen steuerlichen Behandlung womöglich bis weit in das Jahr 1989 hinein im unklaren gelassen werden. Die Vereine haben einen Anspruch darauf, möglichst bald zumindest die Eckpunkte der auf sie zukommenden Neuregelung zu erfahren. ({3}) Das Gutachten enthält insbesondere, wie wir gehört haben, für Sportvereine einen drastischen Abbau der bisherigen Steuervergünstigungen. Die Sportvereine Dr. Mertens ({4}) sollen nicht mehr als gemeinnützig behandelt werden, ihre sportlichen Veranstaltungen sollen in voller Höhe steuerpflichtig werden, und Spenden sollen nicht mehr steuerlich berücksichtigt werden können. Die Verwirklichung dieser Vorschläge würde eine deutliche Herabsetzung des Stellenwerts der Sportvereine in unserer Gesellschaft bedeuten. Es handelt sich hierbei um eine politische Willensentscheidung, die auch ohne große steuersystematische Prüfungen möglich ist. Deshalb fordere ich Sie hier noch einmal auf, hier und heute klipp und klar zu sagen, ob dieser Schlag gegen den Vereinssport geführt werden soll oder nicht. ({5}) - Dann nehme ich das gerne zur Kenntnis. In dieser Klarheit habe ich das bisher nicht gehört. ({6}) Meine Damen und Herren, ein weiterer schwerwiegender Punkt ist die vorgeschlagene Abschaffung der Übungsleiterpauschale. Dieser Vorschlag war bereits in der Subventionsabbauliste des Bundesfinanzministers vom Sommer letzten Jahres enthalten. ({7}) Dafür waren Mehreinnahmen von 100 Millionen DM einkalkuliert, ({8}) die Herr Stoltenberg sicher gut zur Finanzierung der Steuergeschenke für Spitzenverdiener gebrauchen kann. ({9}) Das gleiche gilt für die vorgeschlagene Aufhebung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für Leistungen der gemeinnützigen, mildtätigen und kirchlichen Einrichtungen, für die in der Subventionsabbauliste Mehreinnahmen von 60 Millionen DM angesetzt waren. Meine Damen und Herren, falls dies alles nicht richtig sein sollte: Bitte, hier ist die Gelegenheit, noch einmal klar zu sagen, daß die angesprochenen Regelungen in der bisherigen Form erhalten bleiben sollen. Dafür wären wir dankbar. Meine Damen und Herren, das Gutachten lehnt die von Baden-Württemberg vorgeschlagene Vereinfachung durch eine pauschale Besteuerung wirtschaftlicher Aktivitäten wie Vereinsgaststätten oder Werbeleistungen rundweg ab. Sofern Sie, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, auch dieser Meinung sind, sollten Sie dies den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Späth wissen lassen, damit er sich hierauf bei einem Abstimmungsverhalten über das Steuerpaket 1990 einstellen kann. Immerhin hat er ja im Wahlkampf seine Zustimmung zu dem Steuerpaket u. a. von der Annahme der baden-württembergischen Vorschläge zur Vereinsbesteuerung abhängig gemacht. Meine Damen und Herren, das Gutachten enthält aber auch eine Reihe durchaus vernünftiger Forderungen und Aussagen. So spricht sich die Kommission für die von der SPD seit langem geforderte Anhebung des Freibetrags bei der Körperschaftsteuer sowie der Freigrenze bei der Gewerbesteuer aus. Wir werden daher darauf drängen, daß unser Antrag auf steuerliche Erleichterungen, in dem diese Vorschläge enthalten sind, alsbald verabschiedet wird und als Sofortmaßnahme bereits im nächsten Jahr in Kraft treten kann. ({10}) Schließlich enthält das Gutachten die bemerkenswerte Aussage, daß auf der Grundlage des geltenden Rechts dem Antrag auf Einbeziehung der Kleintierzucht- und Pflanzenzuchtvereine in die Steuerbefreiung kaum mehr mit überzeugenden Argumenten entgegengetreten werden kann. Das Gutachten sieht vor, daß bei einer Neuordnung des Gemeinnützigkeitsrechts auch diese Vereine steuerbefreit werden. Wir erwarten daher, daß über unseren diesbezüglichen Antrag, der dem Parlament seit Monaten vorliegt, nunmehr ohne weitere Verzögerung entschieden wird.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Dr. Franz Josef Mertens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001481, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Es sind keine Gründe mehr ersichtlich, z. B. den vielen Brieftaubenzuchtvereinen nicht bereits ab 1989 die Steuerbegünstigung zu gewähren. Meine Damen und Herren, zeigen Sie hier endlich einmal ein Herz für Tiere! Wir fordern Sie auf, unsere Anträge nicht länger zu blockieren. Danke schön. ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat der Abgeordnete Glos.

Michael Glos (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000691, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich verstehe nicht, warum die SPD zum jetzigen Zeitpunkt eine Debatte vom Zaun gebrochen hat. Es wäre viel sinnvoller gewesen, wir hätten das Gutachten bekommen, hätten es in Ruhe lesen können und hätten dann erst miteinander darüber diskutiert. Ich habe den Verdacht, daß eine Neuauflage des Sommertheaterspiels erfolgen soll, das uns die SPD im Zusammenhang mit der Steuerreform bereitet hat. Was wurde da nicht alles behauptet! ({0}) Damals wurde schon behauptet, daß der Übungsleiterfreibetrag von 2 400 DM abgeschafft werden soll. Es wurde behauptet, die Mehrwertsteuer solle um 3 Prozentpunkte erhöht werden. Es wurde behauptet, die Mineralölsteuer solle um 30 Pfennig erhöht werden, usw. usf. Jetzt versuchen Sie die gleiche Masche bei den Sportvereinen! ({1}) Ich glaube, es ist ein böses Spiel, wenn man absichtlich wider besseres Wissen Dinge in die Welt setzt. ({2}) Damit komme ich zum Stichwort „Übungsleiterpauschale" : Sie kennen die vorgesehenen Subventionsabbaulisten. Da kommt die Übungsleiterpauschale nicht vor. ({3}) - Sie ist niemals aufgenommen worden! ({4}) Ich kann mir nicht vorstellen, daß mit der CDU/CSUFraktion eine Abschaffung der Übungsleiterpauschale möglich ist. ({5}) Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte hier aber nicht versäumen, den Gutachtern sehr herzlich für ihre intensive Arbeit zu danken. Wenn man das hier jetzt einfach so wegwischt und sagt „Es war die Böswilligkeit der Bundesregierung, die dazu geführt hat, daß irgend etwas verzögert worden ist", dann möchte ich hier an zwei leider verstorbene Mitglieder dieser Gutachterkommission erinnern, an den angesehenen Vorsitzenden der Kommission, Herrn Hofbauer und an Herrn Ulmer, der stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Steuergewerkschaft war. Wenn der Tod dazwischenkommt, kann man einfach nicht verlangen, daß die Arbeit nicht anhält, nicht stockt und nicht erst wieder neu aufgenommen werden muß. Ich finde, wenn Sie diese Dinge, von denen Sie genauso wissen wie ich, einfach weglassen und dies alles auf die Bundesregierung schieben, ist das wenig gut und wenig geeignet für eine sachliche Arbeit. ({6}) Ich habe auch nur eine Kurzfassung des Gutachtens dieser Kommission gelesen. Es stehen sehr viele sinnvolle Vorschläge darin, und die werden wir mit Sicherheit ernsthaft prüfen. Es stehen auch Dinge darin, die ich nicht unterstützen kann. Ich beziehe mich da auf ein Interview, das Herr Professor Isensee der „Zeit" gegeben hat; er will da, wie er sagt, heilige Kühe schlachten und setzt hauptsächlich bei den Sportvereinen an. Ich kann mir nicht vorstellen, daß dies mit uns möglich ist. Ich darf sagen, daß für uns die Sportvereine einen hohen Stellenwert genießen. Weil ich einen ländlichen Wahlkreis habe, denke ich bei Sport weder an Becker noch an Beckenbauer, sondern an die vielen Idealisten, die mit ihrem Einsatz immer wieder auch den Jugendlichen die Möglichkeit eröffnen, sich sportlich zu betätigen. ({7}) Ich darf in aller Kürze die Grundsätze wiederholen, mit denen wir an die Beratungen herangehen: Erstens. Wir wollen - was in der Regierungserklärung dargelegt ist - Verbesserungen, nicht Verschlechterungen, vor allen Dingen keine Verschlechterung der steuerlichen Bedingungen. Zweitens. Wir wollen weniger Verwaltungsaufwand, weniger Bürokratie. Wir wollen, daß auch Nicht-Steuerberater Vereinskassierer sein können, ohne daß sie mit einem Fuß im Gefängnis stehen. Drittens. Wir möchten einen eindeutigen Trennungsstrich zu den Bereichen ziehen, die wirtschaftliche Betätigung bedeuten. ({8}) Es ist nicht im Sinne und im Interesse von Sportvereinen, mittelständischen Geschäftsleuten, die bei ihnen zahlendes Mitglied sind, die teilweise in diesen Vereinen aktiv waren und sind, noch Konkurrenz zu machen. Hier wird die Möglichkeit eines Trennungsstriches sicher kommen. Wir werden versuchen, dies schnell zu verwirklichen. Die CDU/CSU hat eine Kommission eingesetzt, die bis zur Sommerpause Vorschläge machen soll. Wir werden dann auch dafür sorgen, daß diese Vorschläge, die im Finanzausschuß beraten werden, ({9}) in Gesetzesform gegossen werden, und zwar so, daß dies noch rechtzeitig mit der Steuerreform 1990 in Kraft gesetzt werden kann. ({10}) Wir werden selbstverständlich gerne Ihre Vorschläge mit aufgreifen, vor allen Dingen wenn sie sachlich ernsthaft vorgetragen werden, z. B. in dem Stil, wie das der Herr Hüser heute getan hat. Wenn dies so erfolgt, dann bin ich überzeugt, daß aus dem Finanzausschuß ein gutes Ergebnis herauskommt, mit dem unsere Vereine leben können. ({11})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Dann können Sie sich gleich bedanken, Herr Hüser; Sie sind dran.

Uwe Hüser (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000978, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ob ich das Lob auch noch nachher in der sachlichen Beratung für die einzelnen Vorschläge bekomme, da bin ich skeptisch. Aber das werden wir ja dann sehen. ({0}) - Oder auf Ihre. Ich will nur einmal kurz auf einen Punkt eingehen, der auch in diesem Gutachten mit behandelt wird. Es wird ja so getan, als wenn es hier nur um die Sportvereine ginge. Das ist natürlich ein sehr gravierender Punkt. Aber insgesamt wird in dem Gutachten auch die gesamte Spendentätigkeit von gemeinnützigen Vereinen behandelt. Ein Punkt, der da richtig angesprochen worden ist und den wir auch in der letzten Legislaturperiode schon einmal per Antrag angesprochen haben, betrifft die Durchlaufspenden für gemeinnützige Vereine, daß also bei bestimmten gemeinnützigen Vereinen und Verbänden die Spenden erst an die Gemeinden gehen müssen und sie dann wiederum weitergeleitet werden an die berechtigten Empfänger. Dies ist unseres Erachtens aus mehreren Gründen abzuschaffen. Erstens ist überhaupt nicht einsehbar, wieso eine Gemeinde einen besseren Einblick darin haben könnte, ob diese Person spendenberechtigt ist oder ob dieser Verband spendenempfangsberechtigt ist, als das Finanzamt. Zweitens. Gerade in kleinen Gemeinden ist es durchaus vorstellbar, daß bestimmte Spender nicht wollen, daß eventuell in der Gemeinde erfahren wird, an welche Organisation gespendet wird. Das ist unseres Erachtens in diesem Gutachten sehr deutlich und auch positiv dargestellt worden. Ein zweiter Teil, bei dem es ebenfalls dringend notwendig ist, daß er neu beraten und auch geändert wird, ist die gesamte Parteienfinanzierung, daß also die Parteispendenpraxis in diese Neuregelung mit einbezogen wird. Hier sind mit Sicherheit noch umfängliche Beratungen notwendig. Abschließend vielleicht noch eine sehr bemerkenswerte Anmerkung, die in diesem Gutachten zu finden war. Die Gutachter haben der Bundesregierung eine grundsätzliche steuer- und sozialpolitische Vorgabe ins Stammbuch geschrieben. Denn auf Seite 11 des Gutachtens steht - und das ist vielleicht auch eine Intention dafür gewesen, daß eine Steuerbefreiung für diese Vereine und Verbände abgelehnt wird - : Solange einkommensteuerrechtlich das physische Existenzminimum nicht durch einen realistischen Grundfreibetrag berücksichtigt wird, solange auch keine realistischen Kinderfreibeträge eingeführt sind, ist es nicht konsequent, Aufwendungen oder Zuwendungen für die Freizeitbetätigung und die sportliche Betätigung zum Abzug zuzulassen. Dies ist in der Intention mit Sicherheit richtig. Allerdings glaube ich auch, daß in der Praxis die Vereine und Verbände zweifellos noch nicht an der Reihe sind, wenn es um Steuervergünstigungen und Subventionen geht. Hier sind sicherlich erst andere, wesentlich größere Posten in Angriff zu nehmen, wenn wir da an den Airbus denken oder in der konkreten Beratung jetzt an die Steuerbefreiung z. B. für die Privat- und Sportfliegerei. Das sind wahrscheinlich Punkte, die zuerst anzugreifen wären. ({1}) - Die Sportförderung von Ministerpräsident Strauß. ({2}) Also, die Intention ist hier durchaus richtig, nur die Konsequenz, die daraus gezogen wird, ist unseres Erachtens falsch. Ich gebe zu bedenken, daß wir auch dies noch einmal mit beraten sollten. ({3})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Jetzt kommt der Abgeordnete Rind. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Hermann Rind (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001851, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Beispiel des Kollegen Glos von den heiligen Kühen erachte ich als ein sehr gefährliches Beispiel; er hat ja auch nur zitiert. Heilige Kühe dürfen natürlich nicht geschlachtet werden, Herr Kollege Glos; aber sie haben zweifellos ein sehr hartes Schicksal. Denn weil niemand von ihnen Nutzen hat, ist auch niemand bereit, sie zu ernähren. Entsprechend mager und schlecht lebend vegetieren sie dahin. Wir betrachten die Sportvereine und die anderen gemeinnützigen Einrichtungen nicht als heilige Kühe, sondern als Kühe - ich mit dem Namen Rind darf das hier ganz besonders betonen - , von denen wir Nutzen haben wollen und die wir deswegen ernähren und am Leben halten wollen. Unter diesem Aspekt werden wir auch an die Auswertung des Gutachtens herangehen. Herr Kollege Mertens, Sie haben zum wiederholten Mal - in anderen Zusammenhängen geschah dies auch schon - immer wieder auf die Subventionsabbauliste vom Sommer 1987 hingewiesen. So einfach können Sie es sich nicht machen, Herr Kollege Mertens. Wir haben im Sommer 1987 vom Finanzministerium eine Liste erhalten, in der alle Subventionsbegünstigungstatbestände aufgelistet waren, ohne jede Aussage, was damit zu geschehen hat, als Beratungsgrundlage. Wenn Sie in diesem Zusammenhang dann noch unterstellen, daß die Sachverständigenkommission hier eine Hilfe zur Finanzierung der Steuerreform in ihrem Gutachten anbieten wollte, dann disqualifizieren Sie in einem ungehörigen Maß eine unabhängige Sachverständigenkommission. Wir sollten uns diesen Umgang eigentlich wirklich ersparen. ({0}) Dann müssen Sie bitte auch fragen, wer den Auftrag gegeben hat. ({1}) Er kam aus diesem Hause, wurde vom Finanzminister gegeben, aber nachdem ein Entschließungsantrag von allen Fraktionen unterstützt worden ist. Zumindest im Finanzausschuß ist dies so geschehen. Also kam der Auftrag indirekt aus dem Parlament, und ich halte es nicht für zulässig, dann diejenigen zu beschimpfen, die diesen Auftrag erfüllt haben. ({2}) Auch uns brennt natürlich die gesetzliche Neuordnung des Gemeinnützigkeitsrechts auf den Nägeln. Herr Kollege Glos hat auf die Gründe hingewiesen, weshalb es so lange gedauert hat. Ein wesentlicher Grund sind natürlich auch die Komplexität und der Umfang des Auftrags, den wir erteilt haben. Etwa 500 Seiten Hauptgutachten und noch einmal über 200 Seiten Minderheitenvotum sind der schlagende Beweis dafür, daß wir es mit einer Materie zu tun haben, die wir auch nicht zusammen mit dem Steuerreformpaket behandeln und verabschieden wollen, sondern in einem eigenen Gesetzesvorhaben noch in diesem Jahr auf den Weg bringen wollen. Wenn man diese Vorgeschichte kennt und jetzt schon in einer Aktuellen Stunde die Haltung der Bundesregierung abfragt, dann muß man sagen, daß Sie die Tätigkeit der Kommission eigentlich als Makulatur betrachten, über die man überhaupt nicht mehr reden muß. ({3}) Was soll sonst heute eigentlich diese Aktuelle Stunde? Wie kann man über ein Gutachten herziehen, dessen ausführliche Begründung man noch nicht einmal kennt? Man mag zu den Vorschlägen stehen, wie man will, aber die Diskreditierung wissenschaftlich hoch qualifizierter Mitarbeiter von Verbänden, Gruppen und Experten, die ihren Sachverstand in dieses Gutachten eingebracht haben, halten wir für unzulässig und weisen sie ganz entschieden zurück. ({4}) Wir sind darüber hinaus der Meinung, daß wir ein übersichtliches, in einem Guß geschaffenes Vereinssteuerrecht und Gemeinnützigkeitsrecht haben wollen. Dabei ist es uns ein Anliegen, daß unzumutbare Wettbewerbsbeeinträchtigungen insbesondere des Gaststättenbereichs, aber auch des Werbebereichs nicht stattfinden, und wir haben hier sicherlich noch eine große Aufgabe vor uns. Wenn in dem Gutachten von einer Gewichtigkeitsgrenze von 40 000 bis 60 000 DM Umsatz die Rede ist, dann ist das eine Größenordnung, in der wir uns auch bewegen können, um den Vereinen die Steuervereinfachung zu bieten, die wir ihnen auch gerne geben wollen. ({5}) - Herr Mischnick hat von sich aus eine Meinung bekanntgegeben, über die wir im parlamentarischen Beratungsverfahren natürlich reden werden. Wenn Sie heute so tun, als ob das Gutachten quasi bereits das Gesetz wäre, das wir schaffen wollen, dann verkennen Sie die Aufgabe, die wir einem Parlament zubilligen. Wir werden dieses Gutachten auswerten und uns dabei auch über die Frage der Höhe der Übungsleiterpauschale auseinandersetzen. ({6}) Ich darf bekräftigen, was Kollege Mischnick gesagt hat: Wir haben gestern auch bereits in der Fraktionssitzung betont, daß für uns die Übungsleiterpauschale nicht in Frage gestellt ist. ({7}) Ebenso wird die Gemeinnützigkeit der Sportvereine nicht in Frage gestellt. Diese wurden im Gutachten als Einrichtungen eingestuft, die mehr der Freizeitgestaltung dienen, aber wir teilen diese Auffassung aus dem politischen Impetus, den wir den Sportvereinen gegenüber empfinden, nicht. ({8}) Das sind die Leitlinien, nach denen wir an dieses Gutachten herangehen werden. Wir werden aber ebenso darauf achten, daß das wirtschaftliche Handeln - ich spreche jetzt von den Wirtschaftsbetrieben der Vereine - zu keiner Konkurrenzsituation zu den Gewerbebetrieben führt. Steuerungerechtigkeiten und den Verlust von gewerblichen Arbeitsplätzen werden wir ebensowenig hinnehmen wie eine Beeinträchtigung der Arbeit der Sportvereine. ({9})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat der Abgeordnete Andres.

Dr. h. c. Gerd Andres (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000038, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Daß in dieser Debatte zur Frage des Gemeinnützigkeitsrechts ein Sozialpolitiker spricht, ist sicher kein Zufall, sind doch nicht nur die Sportvereine betroffen, wie der Kollege von den GRÜNEN schon gesagt hat, sondern auch Wohlfahrtsverbände und Jugendorganisationen wären von einer möglichen Neuregelung des Gemeinnützigkeitsrechts in gravierender Weise betroffen. Herr Häfele, ich halte es schon für einen besonderen Witz, was Sie hier gesagt haben. Sie haben drei Jahre die Entscheidung verschleppt und auf politische Fragen keine Antwort gegeben. Sie sind noch nicht einmal in der Lage, wenigstens den Fraktionen und den Fachausschüssen das Gutachten in seiner Gesamtfassung vorzulegen. Das halte ich für einen Skandal. ({0}) Dennoch muß man der Bundesregierung eine Reihe von Fragen stellen. Ich bitte Sie, dazu eindeutig Stellung zu beziehen, weil ich befürchte, daß das gewählte Verfahren der Bundesregierung die Möglichkeit gibt, mit einer prinzipiellen Neuordnung des Gemeinnützigkeits- und Spendenrechts auch die Bedingungen auch für Wohlfahrtsverbände, Jugendorganisationen und ähnliches zu verändern oder einzugrenzen. Deshalb fordere ich an dieser Stelle auch, daß sich der Bundesarbeitsminister zu dieser Frage äußert, der für diese Bereiche fachlich zuständig ist. Bisher hat er sich an keiner Stelle dazu geäußert und hält sich außerordentlich bedeckt. Ich halte es für ganz wichtig, daß Sie sich dazu entsprechend äußern. Wir haben an die Bundesregierung die Frage, ob mit einer Neuordnung des Steuerrechts die bisherigen rechtlichen und steuerrechtlichen Möglichkeiten von Spenden an Wohlfahrtsverbände und andere gemeinnützige Organisationen eingeschränkt werden ({1}) oder ob sie Veränderungen in ihren bisherigen Arbeitsmöglichkeiten befürchten müssen. Im Gutachten - ich habe es auch gelesen; damit das klar ist - ist festgehalten, daß Vereine und Körperschaften, die ohne Gewinnabsichten tätig sind, auch weiterhin von ihrer Steuerpflicht befreit bleiben sollen, desgleichen alle Organisationen, die sich der Bildungsarbeit, der Wohlfahrtspflege, der Jugend- und der Altenhilfe widmen. Allerdings wird das schon dadurch eingeschränkt, daß die Leistungen der Zweckbetriebe künftig voll besteuert werden sollen, während sie bisher von der vollen Steuerpflicht befreit waren. Welche Veränderungen dies beispielsweise für Altenheime, Krankenhäuser und andere Institutionen mit sich bringen würde, ist jetzt noch nicht absehbar. Dazu bitte ich die Bundesregierung um eine eindeutige Position. ({2}) Meine sehr verehrten Damen und Herren, in der Zwischenzeit gibt es berechtigte Sorgen der Wohlfahrtsverbände, die sich schon in Stellungnahmen gegenüber der Kommission, beispielsweise in der Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege, niedergeschlagen haben. Deswegen sollte man diese Position nicht auf die leichte Schulter nehmen. Insbesondere kommt es uns darauf an - das sage ich noch einmal in Richtung Arbeitsministerium, das hier nicht vertreten ist - , daß die Ministerien nicht die Ergebnisse der Kommission auf einer Arbeitsebene hin- und herschieben, während die politisch Verantwortlichen möglicherweise bis 1990 nicht eindeutig Flagge zeigen. Wir wollen von Ihnen eindeutig wissen, was Sie vorhaben. Die Bundesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege ist darum bemüht, für die von ihr vertretenen Anstalten und Einrichtungen bisher bestehende Steuervergünstigungen aufrechtzuerhalten. Es geht ihr vor allem darum, zu verhindern, daß die Lösungsvorschläge der Kommission zur Regelung aktueller Abgrenzungsprobleme im Gemeinnützigkeitsrecht, zur steuerlichen Behandlung der wirtschaftlichen Betätigung gemeinnütziger Körperschaften im Ergebnis zur Verschlechterung des geltenden Rechts führen. Dabei geht es ihnen insbesondere um folgende Positionen: Sie fordern die Aufrechterhaltung der Definition der Wohlfahrtspflege nach § 66 Abs. 2 der Abgabenordnung. Sie bestehen weiterhin darauf, daß es eine beispielhafte Aufzählung der steuerfreien Zweckbetriebe wie bisher in § 68 Abs. 1 der Abgabenordnung gibt. Drittens halten sie den Entfall der Prüfung des Wettbewerbs des steuerpflichtigen Betriebes bei Annahme eines steuerfreien Zweckbetriebes gemäß Anwendungserlaß zu § 68 Abs. 1 Abgabenordnung für sinnvoll. Allein aus der Aufzählung dieser drei Positionen ergibt sich, daß die Bundesregierung zu schneller und eindeutiger Stellungnahme gezwungen und aufgefordert ist, damit Verunsicherungen, wie sie im Bereich der freien Wohlfahrtspflege nach ersten Presseveröffentlichungen der Kurzfassung des Gutachtens entstanden sind, beseitigt werden können. Dazu fordern wir die Bundesregierung, aber insbesondere den zuständigen und verantwortlichen Minister für den Bereich der Wohlfahrtsverbände, Dr. Norbert Blüm, nachdrücklich auf. ({3})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat der Abgeordnete Tillmann.

Ferdinand Tillmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002326, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich Herrn Kollegen Mischnick und auch Herrn Staatssekretär Häfele ausdrücklich zustimmen, wenn sie auch auf die positiven Aspekte des Gutachtens hinweisen. ({0}) Man wird nämlich, Herr Kollege Büchner, dem Gutachten nicht gerecht, wenn man es in Bausch und Bogen verdammt. Insbesondere aus der Sicht der gemeinnützigen Vereine wird man damit diesem Gutachten nicht gerecht. ({1}) Es gibt bemerkenswerte Vorschläge und sehr positive Aspekte im Blick auf die Vereinfachung des Steuerrechts für die Vereine. ({2}) Ich denke nur an den im Gutachten erwähnten § 67 a der Abgabenordnung, der nun wirklich kein steuerrechtliches und steuerpolitisches Meisterstück ist und gewesen ist. Er wird zur Abschaffung vorgeschlagen. Nun werden Sie es dem Vorsitzenden des Sportausschusses nicht verargen, wenn er Kritik übt an der von den Gutachtern aufgebauten Argumentationskette, die dann zur Ablehnung der Gemeinnützigkeit des Sports und anderer Vereinstätigkeiten heute führt. ({3}) Das ist für uns nicht nachvollziehbar. Die Gutachter wissen offensichtlich nichts oder nur sehr wenig über die Realität in unseren Vereinen, meine Damen und Herren. ({4}) Es zeigt sich, Herr Staatssekretär, daß die Kritik berechtigt war, die darauf hinauslief, daß man gesagt hat: Es hätten eigentlich auch Fachleute des Sports in der Gutachterkommission sitzen müssen, ({5}) dann wäre das sicherlich so nicht passiert. ({6}) Herr Kollege Becker, man hat sich in der Kommission zwar die Mühe gemacht, die Werte des Sports aufzulisten, z. B. im Bereich der Jugendpflege, im Bereich des Sozialen, im Bereich der Gesundheit. Aber dann hat man mit abenteuerlichen Argumentationsklimmzügen versucht, die positiven Wirkungen des Sports herabzureden und Fehlentwicklungen, z. B. auf dem Gebiet des Spitzensports, hochzujubeln, um damit die Gemeinnützigkeit ablehnen zu können. ({7}) Ich will Ihnen eine Kostprobe für die Qualität der Argumente aus dem Gutachten geben. ({8}) Da steht z. B. folgender Satz: Selbst der Tennissport verliert allmählich seine Reputation als Gentleman-Sport. Deswegen eben keine Gemeinnützigkeit mehr. ({9}) Aber lassen wir das. Ich will noch erwähnen, daß das, was wir zum Sport sagen, auch für die gemeinnützigen Laienchöre und Volksmusikvereine, für die Gesangvereine und für die Musikvereine gilt. Nach dem Gutachten muß man fast meinen, alles das, was Spaß macht und was den Menschen Freude bringt, ist schon von daher nicht gemeinnützig, weil es nicht selbstlos und nicht uneigennützig sein kann. Dem widerspreche ich nachdrücklich, meine Damen und Herren. ({10}) Zwar wird der Kultur die Gemeinnützigkeit zuerkannt. Aber zur Kultur rechnet man offensichtlich nicht das freiwillige und das amateurhafte Musizieren und Singen. Offensichtlich wird eher dem Konsum von Kultur die Gemeinnützigkeit und damit Steuervergünstigung zuerkannt ({11}) als dem aktiven, produktiven kulturellen Tun. Auch das halte ich für falsch. ({12}) Wie dem auch sei, ich meine fast, die Gutachter hätten sich öfter einmal eine Rede unseres Bundespräsidenten anhören sollen. ({13}) Denn der hat folgendes gesagt: Die positiven Wirkungen der Arbeit unserer Vereine für unsere Gesellschaft sind schwer zu überschätzen. Dann hat er hinzugefügt: Das freie Vereinsleben gehört zu einem freien Staat wie das Grün zum Baum. Insofern wird das, was die Gutachter zum Sport und zu den anderen gemeinnützigen Tätigkeiten gesagt haben, auch der staatspolitischen Rolle des Sports, der Musik und des Gesangs in den Vereinen nicht gerecht. Die Konsequenzen für uns: Ich betone das, was ich schon im vorhinein in der Presse erklärt habe. Das Gutachten ist für uns kein Gesetz. Wir hier im Bundestag machen die Gesetze. ({14}) Wir werden das Gutachten heranziehen, um uns sachkundig zu machen. Dann werden wir entscheiden, und zwar sehr bald. Es steht die Zusage des Bundeskanzlers aus seiner Regierungserklärung, daß die bestehenden Benachteiligungen der Ehrenamtlichen abgeschafft werden sollen. Wir werden bis zur Sommerpause Klarheit schaffen, damit unsere Vereine wissen, wohin der Weg geht. ({15})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat die Frau Abgeordnete Will-Feld.

Waltrud Will-Feld (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002515, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage mich in der Tat, meine Herren Kollegen von der SPD, in welcher Veranstaltung ich heute mittag hier bin. Da höre ich von „entschiedenem Widerstand der SPD", „Die Vereine haben einen Anspruch ...". Natürlich haben sie einen Anspruch. ({0}) Dann heißt es: ,,... wird verschleppt". Ich rate Ihnen allen an, einmal in den Protokollen des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages Ende der 70er Jahre nachzulesen, was Sie damals, als Sie an der Regierung waren, dazu gesagt haben. Das muß man mal rekapitulieren. ({1}) Ich stelle fest, Kollegen: Die die Bundesregierung tragenden Fraktionen denken nicht daran, die Tätigkeit der kleinen Vereine zu erschweren und die ehrenamtlichen Mitarbeiter zu demotivieren. ({2}) Aber - und ich sage dies mit aller Entschiedenheit - es muß dabei bedacht werden, daß die Wettbewerbsfähigkeit - und ich glaube, Sie gehen da mit mir einig - der kleinen Betriebe beispielsweise der Gastronomie auch erhalten bleibt. ({3}) - Ist ja wunderbar. Dann sind wir ja wieder einig, meine Herren. Nur auf eines darf ich jetzt noch hinweisen: Das Gemeinnützigkeitsrecht ist einer der kompliziertesten und schwierigsten Rechtsbereiche, die wir im Steuerrecht haben. Es sollte daher von allen Fraktionen begrüßt werden, wenn hier eine Vereinheitlichung und damit auch eine Vereinfachung angestrebt wird. Ich weiß gar nicht, was Sie dagegen einzuwenden haben. Ich weiß doch, was draußen in den Vereinen los ist. ({4}) - Sie hätten es schon Ende der 70er Jahre machen können, meine sehr verehrten Damen und Herren. Können Sie eigentlich gegen folgendes sein? Die Kommission stellt beispielsweise auf die Vereinfachung ab. Da heißt es: Vereinfachung bei der Besteuerung der wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe - da können wir doch einverstanden sein ({5}) soll vor allem durch die Einführung einer Gewichtigkeitsgrenze erreicht werden. Können wir doch gemeinsam überlegen. ({6}) - Sie haben es früher noch viel mehr abgelehnt. ({7}) Ich zitiere weiter: Vereinfachung dadurch, daß die Freibeträge für kleinere Körperschaften angehoben, und Vereinfachung dadurch, daß auch Zweckbetriebe abschließend geregelt werden. ({8}) Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, Sie wissen doch, was wir draußen für einen Ärger mit der steuerlichen Anerkenntnis der sogenannten steuerunschädlichen Zweckbetriebe haben, nichtgeselliger und sportlicher Veranstaltungen. Hier müssen wir doch Bereinigungen durchführen. ({9}) Daher begrüße ich von der Seite das Gutachten, daß sich mal Leute zusammengesetzt und die Fakten zusammengetragen haben. Wir haben doch geglaubt, wir alle zusammen würden den Vereinen helfen, indem wir Ende der 70er Jahre die steuerunschädlichen Zweckbetriebe begünstigt haben. Wir haben damit zum Teil Dinge nicht erreicht, die wir erreichen wollten. ({10}) - Sie haben da mit zugestimmt. Das muß man doch auch mal hier sagen. ({11}) - Ich kann Ihnen nur sagen: Das geltende Recht hier enthält vielfache Momente auch der Willkür, das heißt im Klartext: auch der Mißbrauchsmöglichkeiten. Mich erreichen zur Zeit eine Reihe von Briefen in diesem Zusammenhang. Sie werden nicht leugnen, daß auch Sie solche Briefe von Bürgern erhalten. Ich bin dem Kollegen Andres sehr dankbar, daß er „Gemeinnützigkeit" mal ein bißchen ausgeweitet hat; denn das ist nicht nur eine Sache der Musikvereine und der Sportvereine. ({12}) Unter „Gemeinnützigkeit" muß einiges untergebracht werden. Und gerade dort sind in den letzten Jahren Mißbrauchsmöglichkeiten in einer Vielzahl aufgetreten. Von drei bei der Begutachtungszentrale zur Gemeinnützigkeit in Berlin eingereichten Anträgen auf Anerkennung als sozialer, gemeinnütziger Verein sind 100 % als nicht förderungswürdig abgelehnt worden, ({13}) weil Organisationsstrukturen überhaupt nicht überschaubar waren und weil wirtschaftliche Aktivitäten zutage getreten waren, die die Gemeinnützigkeit unterlaufen haben. Von daher - ich sage das in aller Offenheit - ist die Durchforstung des Gemeinnützigkeitsrechts erforderlich. ({14}) Wir werden eine Initiative ergreifen, werden eine Vereinfachung herbeiführen und werden gebührende Rücksicht auch auf unsere kleinen Vereine nehmen. ({15})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat der Abgeordnete Schmidt ({0}).

Wilhelm Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002022, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst stelle ich einmal fest, daß die Regierungsbank, was die Ministerbeteiligung betrifft, hier total leer ist. Es fehlen sowohl der Arbeitsminister, der von dieser Materie sehr intensiv berührt wäre, als auch vor allen Dingen der Innenminister. ({0}) Ich kann mir eigentlich nur vorstellen, daß sie gerade mit der Langfassung des Gutachtens beschäftigt sind; das wäre ja immerhin noch ehrenwert. Ich stelle aber auch fest, daß sich DIE GRÜNEN hier im Hause in manchen Positionen der Regierungsseite schon ganz schön angenähert haben. Auch dies sollte für die weiteren Beratungen von Interesse sein. Ich möchte in diesem Schlußbeitrag noch einmal dokumentieren, daß von der ganzen Materie beileibe nicht nur der Sport und einige wenige andere Organisationen, sondern daß eine ganze Palette anderer Organisationen betroffen sind. Ich will nur nennen: die Kulturvereinigungen, die Sozialorganisationen, die Jugendverbände, die Kirchen, die Stiftungen, die Tierschutz- und Umweltverbände, die Gewerkschaften möglicherweise und die Wohnungsbaugenossenschaften. ({1}) Ich frage mich, warum wir an dieser Stelle ruhig bleiben sollen, Herr Häfele, wenn dieses Gutachten in der hier beschriebenen Form auf dem Tisch liegt und wenn wir es möglicherweise nicht einmal kommentieren können. Ich will aber - das möchte ich hinzufügen - auch fragen: Wann endlich gibt es die Solidarität unter diesen Verbänden? Wann endlich kommen sie alle einSchmidt ({2}) mal zusammen, um eine gemeinsame Reaktion an der Stelle, wo sie möglicherweise gemeinsam betroffen sind, zu produzieren? Ich erwarte, daß wir als Politiker auch an dieser Stelle künftig mehr Rückhalt bekommen, damit wir ein Mandat für unsere Aufgaben zusätzlich, über das hinaus, was ohnehin schon vorhanden ist, bekommen. Ich will Ihnen einige Formulierungen aus der Kurzfassung des Gutachtens nicht ersparen, und zwar deshalb, weil sie untermauern, weswegen wir schon jetzt, ohne die ausführliche Fassung von 550 Seiten zu kennen, praktisch auf der Palme sind. Da steht beispielsweise über den Sport: Der von der Kommission vorgeschlagene Katalog der sonstigen Gemeinwohlzwecke enthält nur solche Tätigkeiten, durch die tatsächlich das Gemeinwohl gefördert werden kann. Eine Körperschaft, die z. B. die Geselligkeit oder andere Arten der Freizeitgestaltung ihrer Mitglieder fördert, ist nicht selbstlos tätig. Danach kann - so geht es wörtlich weiter z. B. der Sport künftig nicht mehr dem vorgeschlagenen engeren Begriff der Gemeinnützigkeit zugeordnet werden. Davon wird ausdrücklich auch das Spendenabzugsrecht erfaßt. Wo sind wir denn eigentlich, wenn uns das nicht jetzt schon auf die Palme bringen dürfte und müßte? Wo sind wir eigentlich, wenn wir nicht dann reagieren sollen, wenn solche Gutachten im Regierungsauftrag auf den Weg gebracht worden sind? Wegen der willkürlichen Ergebnisse soll im übrigen die Übungsleiterpauschale ganz abgeschafft werden. Ich staune über das, was die Regierungskoalition hier von sich gegeben hat. Der Herr Häfele - auch dies ist heute hier zu registrieren - hat unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß höchstens der Status quo gesichert werden könne, eine Erhöhung käme nicht in Frage. ({3}) - Das hat er wohl gesagt; gucken Sie ins Protokoll. Das lasse ich überhaupt nicht anders gelten. Ich will im übrigen hinzufügen, Herr Tillmann, daß der § 67 a der Abgabenordnung, den Sie hier auch ins Gespräch gebracht haben, ebenfalls in diesem Kommissionsbericht enthalten ist. ({4}) - Das ist es ja gerade: Er ist uns vom Sport quasi aufgedrückt worden. Er kann doch nicht einfach ohne jeden Widerspruch wieder weggepustet werden. ({5}) Wir müssen uns doch erst einmal mit den Betroffenen zusammensetzen. Es gehört doch eine ganze Menge dazu, dies hier eigentlich unkommentiert hinzunehmen. Wissen Sie denn eigentlich gar nicht, meine Damen und Herren von der Regierungsseite, was in den Sportvereinen und -verbänden los ist? Die Verbände und Vereine sind doch jetzt schon nicht nur verunsichert, sondern mit dem Rücken an der Wand, weil sie mit der Aufgabe, die sie leisten wollen, total überlastet sind ({6}) und sie schon in vielen Fällen wegen bürokratischer Überlastungen überhaupt nicht mehr zu leisten in der Lage sind. ({7}) Lassen Sie uns an dieser Stelle Partner der Vereine und Verbände sein! Lassen Sie uns an dieser Stelle die Vereine nicht weiter in die Defensive drücken, wie Sie es gemacht haben! Wo bleiben denn eigentlich die großen Ankündiger in Ihren Reihen? Wo bleibt denn eigentlich der Späth in diesen Tagen, der vor der Wahl noch gesagt hat: Ohne diese Realisierung von Steuervereinfachungen für den Sport gibt es bei mir keine Zustimmung über die Steuerreformpläne. ({8}) Ich will Ihnen an dieser Stelle einmal sagen: Das geht rein technisch überhaupt nicht. Wenn Sie nämlich nächste Woche das Steuerreformpaket im Bundestag einbringen, werden Sie rein technisch gar nicht mehr in der Lage sein, die Zustimmung von Herrn Späth vor Verabschiedung des Steuerreformpakets, bevor diese Regelungen auf den Weg gebracht sind, zu haben, denn die werden, was die Gemeinnützigkeit anbetrifft, erst viel später gelten. ({9}) Also lassen Sie uns an dieser Stelle Ihre Konsequenz aus dem abrufen, was Sie in vielen, vielen Sonntagsreden immer wieder gesagt haben! Ich finde schon, die Vereine müssen enttäuscht sein. Sie sind mit Recht, so wie es der Präsident Hansen und andere für die Sportvereine schon ausgedrückt haben, denn auch mehr als enttäuscht, indem sie sagen: Das ist ein Schlag ins Gesicht des Sports, oder: Das ist ein Weg zurück in die Steinzeit. Dies darf nicht sein. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten. Wir haben die Gemeinsamkeit noch nicht abgeschafft. Aber ich glaube, wir sollten versuchen, die Verfehlungen, die jetzt schon in dem Gutachten zum Ausdruck kommen, nicht zu übernehmen. ({10})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Meine Damen und Herren, bevor ich das Wort weitergebe, muß ich der Fairneß halber sagen, daß mir ein Brief vom Bundesminister des Innern, Dr. Friedrich Zimmermann, vorgelegt worden ist, in dem er sich beim Präsidenten entschuldigt hat, weil er an einer internationalen Konferenz in Wien teilnimmt. ({0}) - Dazu habe ich nichts gesagt. Im übrigen möchte ich darauf hinweisen, und aus alter Fachkenntnis weiß ich, daß der Arbeitsminister nun wirklich nicht einbeziehbar ist, aber Jugend, Fa4 730 Vizepräsident Westphal milie, Frauen und Gesundheit ist für all die Verbände, von denen hier neben den Sportverbänden die Rede war, zuständig. ({1}) Jetzt kommt Herr Fischer ({2}) dran.

Dirk Fischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000549, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bedeutung der gemeinnützigen Vereine, des Vereinswesens und insbesondere des Sportes für unsere Gesellschaft kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Ich will mich hier speziell mit den Sportvereinen befassen. Sie leisten eine Arbeit und üben Funktionen aus, die sonst der Staat übernehmen müßte. Dies muß man deutlich sagen, auch gegenüber dem Gutachten, in dem dies in Abrede gestellt wird. Gesundheitsvorsorge, soziale Integration, eine sinnvolle Freizeitgestaltung und die Betreuung besonderer Problemgruppen in unserer Gesellschaft sind wichtige Funktionen, die sonst der Staat übernehmen müßte. Im übrigen, wenn wir nicht wollen, daß am Ende die gesamte Jugend in den Spielhallen steht und damit den Problemgruppen der Gesellschaft ständig ein Zugang erwächst, ({0}) dann müssen wir etwas tun für sinnvolle Freizeitgestaltung in einer Zeit von immer mehr Freizeit und dann darf das nicht so mit „Freizeitvereinen" abgetan werden, wie es an vielen Stellen des Gutachtens heißt. Meine Damen und Herren, Hauptträger dieser Leistung sind die Sportvereine. Grundlage ihrer Leistungsfähigkeit ist das ehrenamtliche Engagement vieler Bürger. Kommerzielle Anbieter und Profisport dürfen uns den Blick dafür nicht verstellen, ({1}) und diese Erscheinungsformen haben ganz offensichtlich den Blick der Kommission weitgehend vernebelt. ({2}) Sie hat eine Brille aufgehabt, die nur auf diese Bereiche orientiert war. ({3}) Das ist in der Proportionierung unzutreffend. Meine Damen und Herren, die CDU/CSU sieht es als eine Hauptaufgabe ihrer Politik an, das Ehrenamt zu stärken und zu unterstützen. ({4}) In unserem Sportprogramm von 1982 heißt es: Sie hält es für selbstverständlich, daß Vereine und Verbände im Sport öffentlich gefördert und bei der Erfüllung aller Aufgaben unterstützt werden. Die Erklärung des Bundeskanzlers vom März 1987 ist hier schon zitiert worden: „Wir wollen das ehrenamtliche Engagement stärken. " ({5}) Generalsekretär Dr. Geißler hat im Januar 1988 formuliert: Es gehört zu den gesellschaftspolitischen Grundsätzen der CDU, das ehrenamtliche, freiwillige Engagement der Bürger für die Gemeinschaft zu fördern und zu sichern helfen. ({6}) Die Vereine leiden unter einer komplizierten und teilweise ungerechtfertigten Besteuerung, die ihre Tätigkeit und Zweckerfüllung behindert. ({7}) Wir wollen die Vereine schnellstmöglich entlasten. Nachdem das Gutachten jetzt auf dem Tisch ist, wissen wir, was dort gedacht wird und was wir politisch zu tun haben. ({8}) Der Bundeskanzler und der Fraktionsvorsitzende Dregger haben gesagt: Es muß bis zur Sommerpause Klarheit geschaffen werden. Und dies ist eine Antwort auf Fragen auch von der SPD-Fraktion. Grundlage dieser gesetzgeberischen Maßnahmen werden aber nicht die Empfehlungen des vorgelegten Gutachtens sein - jedenfalls weitgehend nicht -, sondern unser sportpolitisches Programm, unser politisches Wollen. ({9}) Die Gutachter haben insoweit ein völlig weltfremdes, theoretisches Papier vorgelegt, ({10}) als es das Verständnis vom Sport in unserer Gesellschaft betrifft. Dies ist wohl ziemlich eindeutig. Steuertheorie wurde hier vor staatspolitische Zielsetzung gerückt, und dies ist nicht unser politisches Wollen. ({11}) Den Sport - ich fasse das noch einmal zusammen - künftig nicht mehr dem engeren Begriff der Gemeinnützigkeit zuzuordnen, die Spendenförderung des Sports abzuschaffen, die Übungsleiterpauschale zu streichen ist nicht unser politisches Wollen; das ist heute ausdrücklich gesagt worden. Im übrigen, meine Sportfreunde von der SPD: Herr Büchner, Sie haben den 79er Antrag hier abgelehnt, weil Ihr Finanzminister Dr. Apel Ihnen den Sack über den Ohren zugebunden hat. ({12}) Und, Herr Kollege Mertens aus Bottrop: Ihre Landesregierung unter Rau hat die Übungsleiterzuschüsse Fischer ({13}) sozusagen völlig zusammengestrichen und nichts mehr übriggelassen. ({14}) Deswegen würde ich sagen: Die Krokodilstränen für den Sport sollten Sie gelegentlich auch einmal Johannes Rau ins Taschentuch drücken und hier nicht in dieser Weise bringen. ({15}) Meine Damen und Herren, 50 % der Bevölkerung sind in Vereinen organisiert, ein Drittel der Bevölkerung, mehr als 20 Millionen, in Sportvereinen. Die strikte Umsetzung des Gutachtens wäre das Todesurteil für die in Jahrhunderten gewachsene Vereinsstruktur in unserem Lande. Der Finanzminister hat das Problem erkannt und in seiner Presseerklärung ganz klar gesagt, daß die hohe gesellschaftspolitische Bedeutung der Sportvereine in den Beratungen berücksichtigt werden muß. Der Innenminister hat gesagt: Der Vorschlag der Kommission, Sportvereine nicht mehr als gemeinnützig gelten zu lassen, darf und wird nicht Gesetz werden. ({16}) Die CDU/CSU-Fraktion hat erklärt, daß sie das Steuerrecht für die Vereine gerechter und überschaubarer gestalten wird, wie wir es seit Jahren anstreben. Es ist für alle Klarheit geschaffen. Die Zeit ist reif für Entscheidungen. ({17})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Meine Damen und Herren, die Aktuelle Stunde ist zu Ende. Wir sind damit gleichzeitig auch am Schluß der Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 14. April 1988, 9 Uhr ein. Die Sitzung ist geschlossen.