Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 10/4/1989

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Meine Damen und Herren, die Sitzung ist eröffnet. Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf: Befragung der Bundesregierung Die Themen der Kabinettssitzung, die der Chef des Bundeskanzleramts mitgeteilt hat, sind den Fraktionen bekannt. Die Bundesregierung hat weiter mitgeteilt, daß der Chef des Bundeskanzleramts, Bundesminister Seiters, berichtet. Das Wort hat der Bundesminister, Herr Seiters.

Dr. Rudolf Seiters (Minister:in)

Politiker ID: 11002156

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte den Deutschen Bundestag informieren über die Abläufe des gestrigen und heutigen Tages und über die Bemühungen der Bundesregierung, ihren Beitrag zu einer Lösung der humanitären Probleme in Prag zu leisten. Ich bitte dabei um Verständnis, wenn ich versuche, das auf eine Weise zu tun, die die Lösung des anstehenden Problems in der gegenwärtigen Phase und bei dem gegenwärtigen Verhandlungsstand nicht erschwert. Erstens. Am 3. Oktober 1989 um 16.10 Uhr bat der Leiter der Ständigen Vertretung der DDR, Herr Neubauer, um einen dringenden Termin beim Chef des Bundeskanzleramts. Er erschien um 16.50 Uhr und erklärte, daß die Regierung der DDR aus humanitären Gründen beschlossen habe, die Personen, die sich erneut in der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Prag aufhalten, in Anbetracht der großen Zahl darunter befindlicher Kinder und Kleinkinder in die Bundesrepublik Deutschland auszuweisen. Sie würden in Zügen der Deutschen Reichsbahn in gleicher Weise wie am 1. Oktober über Gutenfürst in die Bundesrepublik Deutschland gebracht. Die technischen Absprachen würden zwischen den Bahnverwaltungen getroffen werden. Der erste Zug werde am 3. Oktober 1989 um 20 Uhr in Prag bereitstehen. Zweitens. Etwa gleichzeitig rief der Bundeskanzler den tschechoslowakischen Ministerpräsidenten Adamec an, der in dem Gespräch erklärte, daß sich an diesem Tag um 17 Uhr 6 000 DDR-Bürger in der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland aufhielten, weitere 2 000 in der Umgebung. Außerdem seien 3 000 bis 4 000 DDR-Bürger auf dem Weg nach Prag. Zusammen handele es sich um 10 000 bis 11 000 Menschen. Mit der DDR sei vereinbart, daß ab 17 Uhr desselben Tages die Grenze geschlossen werde. Alle Bürger der DDR, die sich derzeit in der CSSR befänden, würden die Möglichkeit bekommen, am Abend des 3. Oktober oder in der Nacht zum 4. Oktober über die DDR in die Bundesrepublik Deutschland auszureisen. Es sei eine Lösung wie am vergangenen Wochenende vorgesehen. Auf die Frage des Herrn Bundeskanzlers nach einer Mitteilung an die Öffentlichkeit erklärte Ministerpräsident Adamec, die tschechoslowakische Seite wolle das am Abend des 3. Oktober bekanntgeben. Drittens. Um 17.30 Uhr hat der Chef des Bundeskanzleramtes den Leiter der Ständigen Vertretung der DDR über dieses Gespräch informiert und erklärt, daß die Bundesregierung nun auch ihrerseits die Entscheidung der DDR bekanntgeben werde. Herr Neubauer nahm dies ohne Widerspruch zur Kenntnis. Viertens. Gegen 19.45 Uhr erhielt der Chef des Bundeskanzleramtes einen Anruf von Herrn Neubauer mit der Mitteilung, daß es eine Verzögerung technischer Art gebe. Er, Neubauer, werde sich wieder melden. Fünftens. Tatsächlich wurden am Abend in Prag keine Züge für die Abreise der Zufluchtsuchenden bereitgestellt. Auch Busse für die Fahrt zum Bahnhof standen nicht zur Verfügung. Die Zufluchtsuchenden mußten teilweise auf der Straße die Nacht in Prag verbringen. Unsere Botschaft hat Sorge getragen, daß jedenfalls die Frauen mit kleinen und Kleinstkindern im Gebäude und auf dem Gelände der Botschaft untergebracht werden konnten. Das DRK tat sein möglichstes für die Versorgung; dennoch entstand eine Lage, die kaum zu verantworten war. Sechstens. Im Laufe des Abends des 3. Oktober und in der Nacht zum 4. Oktober gab es deshalb zahlreiche telefonische Kontakte zwischen dem Bundeskanzleramt und der Ständigen Vertretung der DDR sowie der hiesigen Botschaft der CSSR. Seitens der Bundesregierung wurde dabei auf einen unverzüglichen Beginn der Operation gedrängt. Der Leiter unserer Ständigen Vertretung in Ost-Berlin, Staatssekretär Dr. Bertele, wurde beauftragt, sich deshalb ebenfalls direkt mit dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der DDR in Verbindung zu setzen. Siebtens. Heute früh am 4. Oktober wurde, da der Leiter der Ständigen Vertretung der DDR verhindert war, sein Vertreter Glienke in das Bundeskanzleramt einbestellt. Dabei wurde die große Besorgnis der Bundesregierung über die entstandene Lage zum Ausdruck gebracht und eindringlich auf die akuten Gefahren für Gesundheit und Sicherheit der betroffenen Menschen hingewiesen. Die DDR wurde gebeten, unverzüglich die Voraussetzungen für die Durchführung der Aktion zu schaffen und uns mitzuteilen, wann der erste Zug fahren könne. Herr Glienke war zu näheren Auskünften nicht in der Lage, wiederholte jedoch, daß die Verzögerung nur auf technische Gründe zurückzuführen sei. Achtens. Gegen 9 Uhr heute hat der Chef des Bundeskanzleramtes mit dem Leiter der Außenabteilung beim Präsidium der Regierung der ČSSR, Soukop, telefoniert, der bestätigte, daß die vorgesehene Regelung nach dem Kenntnisstand der Regierung der CSSR weiter gelte. Die CSSR sei bereit, daran mitzuwirken; in der CSSR sei alles parat. Die CSSR werde sich auch ihrerseits in der Angelegenheit direkt bemühen und uns unterrichten. Heute Mittag um 12 Uhr erhielt ich einen weiteren Anruf von Dr. Soukop, der mir über sein Gespräch mit dem Verkehrsminister der DDR berichtete. Ich bitte um Verständnis, wenn ich in diesen Minuten Einzelheiten aus diesem Gespräch nicht mitteilen möchte, da mir eine offizielle Bestätigung seitens der DDR noch nicht vorliegt. Ich will aber die Hoffnung und die dringende Erwartung aussprechen, daß wir baldmöglichst eine Lösung erreichen; denn wir wissen um die Unruhe der Menschen, die von Stunde zu Stunde zunimmt. Die Lage ist schon jetzt unerträglich. Ich möchte seitens der Bundesregierung den Deutschen Bundestag und die Fraktionen um Unterstützung für unsere Bemühungen bitten. ({0})

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Jahn.

Gerhard Jahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001012, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Für diesen Bericht ist zu danken, Herr Bundesminister. Die SPD-Fraktion wird die Bundesregierung bei diesen Bemühungen unterstützen.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Danke. - Nächste Wortmeldung, Herr Bohl.

Friedrich Bohl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000230, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin, auch ich möchte die Gelegenheit wahrnehmen, namens der Fraktion der CDU/CSU der Bundesregierung und insbesondere Herrn Bundesminister Seiters recht herzlich für die Bemühungen und den heutigen Bericht hier zu danken. Wir werden die Bundesregierung hierbei gerne unterstützen und darauf im Ablauf der Tagesordnung dieser Tage - ich sage das ganz bewußt, Frau Präsidentin - Rücksicht nehmen.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Danke. - Herr Abgeordneter Lüder.

Wolfgang Lüder (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001390, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsidentin, die Fraktion der FDP hat schon gestern Gelegenheit genommen - ich möchte das vor dem Bundestag wiederholen - , nicht nur der Bundesregierung, sondern auch den ehrenamtlichen Helfern, ({0}) die in Prag, in Warschau und anderswo zum Teil über die Grenze des Menschenmöglichen tätig sind, und auch den Bediensteten, die in der Ständigen Vertretung in der DDR wie auch in den Botschaften der Bundesrepublik tätig sind, zu danken. Um diesen Dank möchte ich das erweitern, was die Kollegen hier gesagt haben. ({1})

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Darf ich fragen, gibt es weitere Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt? - Das ist nicht der Fall. Dann rufe ich unmittelbar den Bereich der sogenannten freien Fragen auf. - Herr Dr. Wieczorek.

Dr. Norbert Wieczorek (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002502, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Bundesminister Waigel, ich habe zwei Fragen im Zusammenhang mit den Washingtoner Tagungen. Sie haben ja selber Wert darauf gelegt, da Sie insbesondere Ungarn in der Frage der Hilfsmöglichkeiten mit in den Vordergrund gestellt haben. Meine Frage geht dahin: Heißt das, daß die Bundesregierung auch bereit ist, Ungarn bei der sehr schwierigen Liquiditätslage, die sich abzeichnet, selbst dann, wenn der Währungsfonds das nicht hinreichend machen kann, zu unterstützen, um eine Umschuldung, die sonst offiziell eventuell anstehen könnte, zu verhindern? Meine zweite Frage bezieht sich auf die Wechselkursbeziehungen, auf das Wechselkursregime. In Washington ist z. B. vom Präsidentenberater Attali geäußert worden, daß Frankreich großen Wert auf eine Stabilisierung des gesamten Wechselkurssystems, also nicht nur auf eine Fortentwicklung des IMS, Wert legt. Meine Frage ist: Ist die Bundesregierung bereit, Frankreich in diesem Bestreben zu unterstützen?

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Danke. Herr Bundesminister Waigel!

Dr. Theodor Waigel (Minister:in)

Politiker ID: 11002412

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich nütze die Möglichkeit der beiden Fragen des Kollegen Wieczorek, um, wenn ich das machen darf, einige zusammenhängende Bemerkungen zum Verlauf der IWF-Jahrestagung zu machen und dabei die Fragen, die der Kollege Wieczorek im besonderen gestellt hat, zu beantworten. Ist das möglich?

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Normalerweise haben wir keinen zweiten Bericht. Wenn Sie jetzt sagen, daß Sie die Fragen im Zusammenhang beantworten wollen, weiß ich nicht, wieviel Zeit Sie dafür brauchen.

Dr. Theodor Waigel (Minister:in)

Politiker ID: 11002412

Dann will ich versuchen, zunächst auf die beiden Fragen einzugehen. Wenn Sie mir dann noch drei Bemerkungen erlauben, Frau Präsidentin, wäre ich Ihnen und dem Hohen Hause zu großem Dank verpflichtet.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Wir haben den ersten Tagesordnungspunkt kürzer denn je abgehandelt.

Dr. Theodor Waigel (Minister:in)

Politiker ID: 11002412

Wir sind im Augenblick dabei, Herr Kollege Wieczorek, sowohl in Gesprächen mit Polen als auch in Gesprächen mit Ungarn bei der Lösung der Probleme, die sich dort in der Wirtschaftspolitik, in der Finanzpolitik, aber vor allen Dingen im Zahlungsbereich stellen, zu helfen. Wir haben bei den Besprechungen in Washington im Rahmen des IWF, aber auch beim Treffen der G 7 und beim Treffen der G 10 darauf hingewiesen, daß sich in Polen und in Ungarn ein ganz besonderer politischer und ökonomischer Prozeß vollzieht und daß wir alles unterstützen, was im Rahmen des IWF getan werden kann. Das gilt für die entsprechenden Anpassungsprogramme, die dann auch mit den Umschuldungsverhandlungen im Pariser Club in Verbindung stehen. Wir überlegen in bilateralen Gesprächen, wie wir sowohl Polen als auch Ungarn entgegenkommen. Ich kann sagen: Das, was die Bundesrepublik Deutschland an Elementen im Augenblick bespricht und verhandelt - dabei bitte ich um Verständnis, daß ich im Augenblick keine Summen nenne - , liegt weit über dem, was andere Länder bisher anzubieten bereit waren. Wir sind im Gespräch, und ich hoffe, daß wir in absehbarer Zeit, sowohl was Ungarn als auch was Polen anbelangt, zu einem positiven Ergebnis kommen.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Eine Ergänzungsfrage.

Dr. Norbert Wieczorek (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002502, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Meine Ergänzungsfrage bezog sich gerade auf die Situation in Ungarn, das ja nicht offiziell in Umschuldungsverhandlungen ist, bei dem dies aber spätestens im nächsten Jahr drohen könnte. Ist da eine besondere Hilfsbereitschaft angezeigt, um die ganzen Schwierigkeiten, die damit verbunden sind, zu verhindern?

Dr. Theodor Waigel (Minister:in)

Politiker ID: 11002412

Ungarn hat in diesem Zusammenhang bisher davon abgesehen, einen Antrag entsprechend der Umschuldungsmöglichkeiten im Pariser Club zu stellen. Ungarn will seinen Verbindlichkeiten in anderer Form nachkommen. Wir sind jedenfalls bereit, Ungarn zu helfen. Wir sind im Gespräch. Es gibt darüber hinaus auch Aktivitäten einzelner Bundesländer. Wenn es hier zu der notwendigen Koordination kommt, wovon ich ausgehe, wird es ein beachtlicher Beitrag sein, wie wir ihn ja auch schon in der Vergangenheit, nämlich 1987, geleistet haben, um dem Reformprozeß in Ungarn zu helfen.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Frau Dr. Hamm-Brücher!

Dr. Dr. h. c. Hildegard Hamm-Brücher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000793, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsidentin, wenn wir schon die Freude und das Vergnügen der Anwesenheit des Herrn Finanzministers haben, möchte ich auch eine Frage an ihn richten, die er vielleicht nicht aus dem Handgelenk beantworten kann, bei der er mir aber wenigstens Hoffnung machen kann, daß er der Sache nachgeht. Die von uns vermittelten Auslandslehrer, über 1 400 an der Zahl, werden in jüngster Zeit mit Steuerbelastungen zusätzlich zur Finanzkasse gebeten, die dazu führen, daß ganze Lehrkörper von deutschen Auslandsschulen entschlossen sind, nicht länger im deutschen Auslandsschuldienst zu bleiben. Ich vermag die Zusammenhänge im Augenblick nicht ganz zu verstehen. Ich möchte Sie aber fragen, Herr Finanzminister: Wären Sie bereit, der Sache sehr dringlich nachzugehen, um nachzuprüfen, welchen Anlaß die Auslandsschullehrer haben, die so wichtige Aufgabe im Ausland für unsere deutsche Sprache und Kultur nicht länger wahrzunehmen?

Dr. Theodor Waigel (Minister:in)

Politiker ID: 11002412

Frau Kollegin, ich bin selbstverständlich bereit, der Sache nachzugehen und das mit dem Auswärtigen Amt zu besprechen. Als ich in den vergangenen Wochen im Ausland war, habe ich auch jede Möglichkeit wahrgenommen, um mich auch über die Situation der deutschen Schulen dort zu informieren. ({0}) In Japan z. B. geht es ja jetzt darum, eine Schule an einem anderen Standort zu errichten. Ich bin bereit, mit dem Auswärtigen Amt über diese Angelegenheit zu sprechen. ({1})

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Dann noch einmal Herr Dr. Wieczorek. - Herr Minister, soll die Frage noch einmal wiederholt werden?

Dr. Theodor Waigel (Minister:in)

Politiker ID: 11002412

Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie die Frage kurz wiederholen könnten.

Dr. Norbert Wieczorek (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002502, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Am Rande der Washingtoner Tagung - es ist bekannt, daß das Thema angesprochen wurde - hat z. B. der Präsidentenberater Attali darauf hingewiesen, daß Frankreich den starken Wunsch habe, nicht nur das IMS auszubauen, sondern insgesamt zu einem Wechselkursregime mit stabileren Wechselkursen zu kommen. Meine Frage: Ist die Bundesregierung bereit, solche Bestrebungen zu unterstützen?

Dr. Theodor Waigel (Minister:in)

Politiker ID: 11002412

Es wäre eine schöne Hoffnung, Herr Kollege Wieczorek, wenn wir zu einem System kämen, bei dem es keine Wechselkursveränderungen mehr gibt. Gegenwärtig müssen wir uns mit Ungleichgewichten abfinden, und gegenwärtig müssen wir alles versuchen, um Ungleichgewichten auch zu begegnen. Dazu ist in Washington festgestellt worden, daß die Länder mit einem Budgetdefizit ihren Beitrag erbringen müssen. Dazu haben sich die Vereinigten Staaten und andere Länder auch bereiterklärt. Überschußländer wie die Bundesrepublik Deutschland und Japan sind gebeten worden, ihren Beitrag dazu zu leisten, ein inflationsfreies Wachstum auch weiterhin zu ermöglichen. Ich darf hier feststellen, daß unser Ungleichgewicht, unsere Überschüsse gegenüber den Vereinigten Staaten sehr zurückgegangen sind und daß wir von den Vereinigten Staaten deswegen auch nicht kritisiert wurden. Unsere Problematik der Überschußsituation in der Europäischen Gemeinschaft. Nur, das ist natürlich ein regionales, ein intereuropäisches Problem, das sich damit nicht lösen läßt. Wir haben aber unseren Beitrag, was Strukturänderungen anbelangt, nach Meinung des IWF, wie ich meine, mustergültig erfüllt, und zwar durch Steuersenkungen, durch Strukturreformen, durch die Postreform, durch die langfristige Absicherung der sozialen Sicherungssysteme bis hin zu dem Umstand, daß wir den Entwicklungsländern 9 Milliarden DM erlassen haben und ein Defizitland gegenüber den Entwicklungsländern sind, denn aus den Entwicklungsländern wurde für 5 Milliarden DM mehr zu uns exportiert als umgekehrt. Das ist unser Beitrag. Ich hoffe, daß wir mit den beiderseitigen Beiträgen der Überschußländer und der Defizitländer zu Wechselkursrelationen kommen, die dem Anpassungsprozeß der Weltwirtschaft entsprechen. Wir sind bereit, an Möglichkeiten mitzuarbeiten, um richtige Wechselkursrelationen herbeizuführen, wobei es sehr schwer festzustellen ist, was ökonomisch richtige Wechselkurse sind. Im Gefolge der Tagung in Washington ist es ja auch zu einer konzertierten Intervention der entsprechenden Zentralbanken mit einem Ergebnis gekommen, das bekannt ist.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Als nächste hat Frau Schmidt das Wort.

Renate Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002016, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wir kennen die schwierige personelle Situation der Deutschen Bundesbahn. Wir begrüßen es deshalb, daß die Bundesregierung teilweise auch ungewöhnliche Wege geht, um dem von ihr zum Teil selbstverschuldeten Personalmangel abzuhelfen. Wir hätten aber dennoch gerne gewußt, ob die Bundesregierung plant, auch für andere Berufe, in denen ein Mangel an Fachkräften herrscht, eine Wehrdienstbefreiung, wie sie für Lokomotivführer vorgesehen ist, vorzuschlagen.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Darf ich fragen, wer antworten möchte. - Staatssekretär Wimmer.

Not found (Staatssekretär:in)

Frau Kollegin, der Bundesminister der Verteidigung hat in Anbetracht der von Ihnen geschilderten Problemlage bei der Deutschen Bundesbahn entschieden, daß Lokführer für eine befristete Zeit, bis zum Jahre 1991, wenn ich das richtig sehe, den Aufgabenstellungen der Deutschen Bundesbahn dann nachkommen können, wenn ansonsten die Ableistung des Grundwehrdienstes nicht in Frage steht.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Bitte, Frau Schmidt.

Renate Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002016, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich hätte gerne gewußt, warum das nur für Lokomotivführer gilt und z. B. nicht für Krankenpfleger und ähnliche Mangelberufe. Ich hätte weiterhin gerne gewußt, ob das auch für Zivildienstleistende gilt.

Not found (Staatssekretär:in)

Sie wissen, daß der Bundesminister der Verteidigung hinsichtlich des Problembereichs der Zivildienstleistenden keine eigene Zuständigkeit hat. Deswegen kann ich diese Frage nicht beantworten. Zum Themenbereich sonstige Unabkömmlichstellungen von Grundwehrdienstleistenden kann ich nur darauf aufmerksam machen, daß das, was mit der Deutschen Bundesbahn vereinbart worden ist, den allgemeinen Vorstellungen der entsprechenden Vorschrift entspricht, nämlich dann, wenn sich Problemlagen auftun, unabkömmlich zu stellen. Das ist im Zusammenhang mit der Problemlage bei der Deutschen Bundesbahn noch einmal verdeutlicht worden. Wir werden diesen Rechtsgrundsatz im übrigen in allen anderen Problemfällen auch so anwenden, wie wir das bisher schon getan haben. Dann, wenn eine Person unabkömmlich ist, gibt es ein gesetzlich geordnetes Verfahren, sie auch unabkömmlich stellen zu lassen. Wir haben im Zusammenhang mit den Lokführern ausdrücklich klargemacht, daß der Grundwehrdienst in jedem Fall abgeleistet wird.

Renate Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002016, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich gehe davon aus, daß meine Frage zum Zivildienst von der Bundesregierung beantwortet werden kann.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Wer beantwortet die Frage zum Zivildienst? - Frau Bundesministerin Lehr.

Prof. Dr. Dr. h. c. Ursula Maria Lehr (Minister:in)

Politiker ID: 11001305

Frau Abgeordnete, wir werden diese Frage prüfen und werden Ihnen dann schriftlich Antwort geben. ({0})

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Herr Abgeordneter Penner.

Dr. Willfried Penner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001688, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Darf ich der Antwort des verehrten Kollegen Staatssekretär Wimmer entnehmen, daß die Bundesregierung sehr wohl bereit ist, auch andere Berufsgruppen, in denen es Mangel gibt, in die Überlegungen einzubeziehen und sie vom Wehrdienst bis zur Verfestigung einer Vereinbarung freizustellen?

Not found (Staatssekretär:in)

Verehrter Herr Kollege Penner, ich darf der guten Ordnung halber darauf aufmerksam machen, daß der mir von Ihnen unterlegte Soupçon nicht zutrifft, wir stellten hier eine Gruppe vom Wehrdienst mit der Maßgabe frei, daß diese jungen Mitbürger den Grundwehrdienst nicht leisten müßten. Ich habe ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht - ich benutze Ihre Frage, um das noch einmal zu verdeutlichen - , daß der Grundsatz der allgemeinen Wehrpflicht für jeden gilt. In Anbetracht der aktuellen Problemlage bei der Deutschen Bundesbahn sind wir nach den Grundprinzipien der Vorschrift über die Unabkömmlichstellung von Grundwehrdienstleistenden zu einer Vereinbarung mit der Deutschen Bundesbahn gekommen. Diese Vereinbarung trägt der temParl. Staatssekretär Wimmer porären Schwierigkeit der Deutschen Bundesbahn Rechnung. Eigentlich haben wir damit nur einem Grundsatz Rechnung getragen, der im Zusammenhang mit der allgemeinen Wehrpflicht in allen anderen Bereichen auch gilt.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Eine weitere Frage.

Dr. Willfried Penner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001688, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, damit wir uns recht verstehen: Es gibt ja auch in anderen Berufsfeldern - nicht nur bei den Lokomotivführern - Besetzungsschwierigkeiten. Da liegt es doch nahe zu fragen, ob die Bundesregierung bereit ist, die gleichen Maßstäbe, die sie bei den Lokomotivführern angewendet hat, beispielsweise im Zusammenhang mit dem Berufsfeld der Pfleger anzuwenden.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Penner, Sie wissen, daß sich der Bundesminister der Verteidigung immer äußerst kooperativ zeigt, wenn es in dieser Republik Problemfelder gibt. Wir sind immer offen, mit Ihnen zusammen Überlegungen anzustellen, um einer Schwierigkeit abzuhelfen. Im Zusammenhang mit der Deutschen Bundesbahn will ich aber darauf aufmerksam machen, daß es sich hierbei um eine gesamtstaatliche Aufgabe der Versorgung dieser Republik handelt. Wir haben in diesem Fall eine besondere Verpflichtung gesehen, dem Wunsch der Deutschen Bundesbahn zu entsprechen. Diesen Grundsatz werden wir natürlich auch bei allen anderen Problemfeldern anwenden.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Herr Abgeordneter Lüder.

Wolfgang Lüder (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001390, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsidentin, ich weiß nicht, ob jemand aus dem Verkehrsbereich antworten kann. Aber die Bundesregierung muß ja handlungsfähig sein. Meine Frage: Was hat die Bundesregierung bisher unternommen, um den regelmäßigen Flugverzögerungen auf dem Flughafen Bonn in der Wochenendspätschicht entgegenzuwirken, die offenbar fluglotsenbedingt sind und diejenigen Werktätigen treffen - auch werktätige Abgeordnete - , die nach Hause oder zu weiteren Verpflichtungen wollen?

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Wer antwortet für die Bundesregierung? - Der ehemalige Verkehrsminister. ({0})

Dr. Jürgen Warnke (Minister:in)

Politiker ID: 11002428

Frau Präsidentin, ich antworte gerne. Die Bundesregierung hat ein Konzept ausgearbeitet, das den Engpässen in der Flugsicherung strukturell begegnen will und das zur Verstärkung der Zahl der Fluglotsen vorsieht, die notwendigen finanziellen Anreize zu schaffen. Soweit ich weiß und die Dinge bis jetzt verfolgt habe, ist dieses Konzept noch in den Abstimmungen zwischen den Parteien. Ich gehe davon aus, daß von allen Seiten die Unterstützung gewährt wird, die notwendig ist, um diese Posten mit hoher Verantwortung, hoher Einsatzbereitschaft und außerordentlichen Anforderungen an die Konzentration entsprechend zu honorieren.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Zusatzfrage.

Wolfgang Lüder (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001390, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Darf ich die Antwort des Herrn Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit zum optimistischen Anlaß nehmen, zu glauben, daß sich die Bundesregierung ressortübergreifend dieses Themas annehmen wird?

Dr. Jürgen Warnke (Minister:in)

Politiker ID: 11002428

Dies ist in der Tat richtig. Der Zufall fügt es, daß ich heute mit einem Leitungsmitglied des Bundesverkehrsministeriums aus der Verbundenheit, die sich durch die Grundlegung dieses Konzepts während meiner Amtszeit ergibt, gesprochen habe. Die ressortübergreifende Betreuung ist gewährleistet.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Frau Dr. Hamm-Brücher.

Dr. Dr. h. c. Hildegard Hamm-Brücher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000793, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Meine Frage richtet sich an den Herrn Bundesbildungsminister. Ich möchte gerne zu einer Presseveröffentlichung von heute eine Frage stellen, daß ein Bericht des Deutschen Studentenwerks ergeben hat, daß der Anteil von Arbeiterkindern, vor allem weiblichen Arbeiterkindern an allen Studierenden, bezogen auf einen Geburtsjahrgang, an unseren deutschen Universitäten weiter zurückgeht und bereits wieder ein so niedriges Niveau angenommen hat wie vor der Zeit der Bildungsexpansion. Ich möchte nun gerne den Bundesbildungsminister fragen, ob ihm diese Zahlen bekannt sind und welche Konsequenzen er daraus zu ziehen gedenkt.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Gibt es jemanden, der für die Bundesregierung antwortet? Sonst müßten wir die Frage schriftlich beantworten lassen. ({0}) - Frau Dr. Hamm-Brücher.

Dr. Dr. h. c. Hildegard Hamm-Brücher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000793, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsidentin, ich würde Sie bitten, der Bundesregierung zu übermitteln, daß die Regierungsbefragung deshalb angesetzt worden ist, damit wir die einzige Gelegenheit in der Woche wahrnehmen können, Fragen an die Bundesregierung zu stellen. ({0}) Mindestens ein Staatssekretär könnte doch anwesend sein.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Herr Stavenhagen

Not found (Gast)

Frau Präsidentin! Frau Kollegin! Bei der Beratung des Modells Regierungsbefragung ist wiederholt darauf hingewiesen worden, daß die Bundesregierung nicht immer vollzählig anwesend sein kann, insbesondere dann nicht, wenn ein angesprochener Fragenkomplex in der Kabinettsitzung nicht behandelt wor12342 den ist. Wir werden die Frage gerne an den Bundesbildungsminister weiterleiten. Es ist aber nicht möglich, daß immer die gesamte Bundesregierung vertreten ist.

Dr. Dr. h. c. Hildegard Hamm-Brücher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000793, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatsminister, es stimmt nicht, was Sie uns hier sagen.

Not found (Gast)

Doch, Frau Kollegin. Ich habe die Verhandlungen selber geführt und dieses Abkommen selber mit unterzeichnet.

Dr. Dr. h. c. Hildegard Hamm-Brücher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000793, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Es soll die Gelegenheit gegeben werden, an alle Ressorts Fragen zu stellen; darauf lege ich allergrößten Wert, und ich denke, das tun alle Fraktionen.

Not found (Gast)

Frau Kollegin, die Gelegenheit ist gegeben. Da die Bundesregierung nicht immer alle Fragen sofort beantworten kann, wird sie sie weiterleiten. Sie werden vom Bundesbildungsminister eine schriftliche Antwort dazu bekommen. ({0})

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Ich bitte dann, die Antwort allen zuzustellen. Frau Dr. Hamm-Brücher, wir können uns in den zurückliegenden Regierungsbefragungen über die Regierungsbank nicht beklagen ({0}) - aber wohl über unsere. Daß heute der Bildungsminister oder sein Staatssekretär hier nicht vertreten ist, hat, wie wir gerade gehört haben, Gründe. Wir werden die Beantwortung Ihrer Frage allen zukommen lassen.

Dr. Dr. h. c. Hildegard Hamm-Brücher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000793, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Mit gebührendem Respekt: Aber ein Staatssekretär könnte immer anwesend sein.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Das wird weitergegeben. ({0}) Herr Abgeordneter Penner.

Dr. Willfried Penner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001688, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wie bewertet die Bundesregierung die Stellungnahme des Bundesrats zur Änderung der Beamtenversorgung?

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Herr Staatssekretär Spranger.

Carl Dieter Spranger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002205

Herr Kollege Penner, Sie wissen, daß heute auch ein entsprechendes Hearing im Deutschen Bundestag zu diesem Komplex stattfindet, ({0}) und Sie kennen die Stellungnahme der Bundesregierung zu dieser Debatte im Bundesrat am 22. September. Dem möchte ich nichts hinzufügen.

Dr. Willfried Penner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001688, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Also, ich muß schon sagen, Frau Präsidentin: Daß heute ein Hearing u. a. zu dem Initiativgesetzentwurf von drei Bundestagsfraktionen stattfindet, weiß ich selber; ich war zeitweise da. Meine Frage geht aber in eine ganz andere Richtung. Ich möchte von der Bundesregierung gern wissen, wie sie die Stellungnahme des Bundesrats zu dem von ihr eingebrachten Gesetzentwurf zur Änderung der Beamtenversorgung bewertet. Ich finde, eine Antwort der angesprochenen Art entspricht nicht dem Stil des Miteinanders im Umgang mit dem Parlament. Das geht so nicht. Deshalb bitte ich darum, Verständnis dafür zu haben, daß ich insistiere.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Herr Staatssekretär Spranger.

Carl Dieter Spranger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002205

Herr Kollege Dr. Penner, die Bundesregierung ist natürlich auch zu diesem Problem so auskunftsbereit, wie es die jeweilige Sachlage ermöglicht. Nur, der Sachstand, den ich geschildert habe, ist der, daß der Bundesrat dieses Thema am 22. September diskutiert hat. Daß jetzt die Abstimmungen auch mit den Ansichten, die da vom Bundesrat vorgetragen werden, innerhalb der Bundesregierung laufen müssen, ist verständlich. Daß in der Kürze der Zeit eine abschließende Bewertung und Stellungnahme nicht möglich ist, davon ist ebenfalls auszugehen. Daß das Hearing, das heute stattfindet, zusätzliche Erkenntnisse ergibt, ist der Sinn eines solchen Hearings; sonst wäre es überflüssig. Danach wird sich die Bundesregierung zu den sich im Verlauf dieser Tage ergebenden Erkenntnissen, Forderungen und Meinungen abschließend äußern. ({0})

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Ich habe noch eine Wortmeldung des Herrn Abgeordneten Jahn.

Gerhard Jahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001012, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Die Bundesregierung macht eine schillernde Wohnungspolitik. Es ist schwierig, die verschiedenen Dinge, die da angeblich geschehen sollen, auseinanderzuhalten oder zusammenzubringen; wie man will. In der vorigen Woche oder kurz davor haben wir gehört, daß die Regierung eine Arbeitsgruppe eingesetzt hat. Gestern konnte man Pressemeldungen hören, daß eine Arbeitsgruppe der Koalition Beschlüsse gefaßt hat. Dann konnte man hören, daß die Frau Bundesministerin Ankündigungen gemacht hat. Ich wüßte zunächst ganz gern, ob mit den Ankündigungen der Frau Bundesministerin die Tätigkeit der Arbeitsgruppe gleichzeitig abgeschlossen ist oder ob dann weitere Ankündigungen erfolgen werden oder wie das alles im Verhältnis zueinander zu werten ist. Gleichwohl, alles, was jetzt vorgebracht worden ist, ist ja angesichts der allgemeinen Notlage auf dem Jahn ({0}) Wohnungsmarkt bestenfalls eine Art von Erster Hilfe. Deshalb meine weitere Frage: Wann und in welcher Weise wird die Bundesregierung zu einem grundlegenden Kurswechsel in der Wohnungspolitik kommen?

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Wer antwortet für die Bundesregierung? - Herr Staatsseekretär Echternach.

Jürgen Echternach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000429

Herr Kollege Jahn, zu Ihrer ersten Frage darf ich rekapitulieren, was wir hier im Haus schon ausgeführt haben: daß die Koalition eine Arbeitsgruppe unter der Leitung von Frau Bundesministerin Hasselfeldt eingesetzt hat. ({0}) - Die Koalition; die Koalition unter Beteiligung von Abgeordneten der beiden Regierungsfraktionen. Diese Koalitionsarbeitsgruppe hat ihre Arbeit abgeschlossen, und gestern hat die Koalition Beschlüsse gefaßt, die Frau Bundesministerin Hasselfeldt anschließend der Öffentlichkeit mitgeteilt hat. Was die zweite Frage angeht: Es gibt keinen Grund, die Politik grundlegend zu korrigieren. Wir haben bereits als Folge der wohnungsbaupolitischen Beschlüsse dieses Frühjahrs festgestellt, daß in den letzten Monaten die Zahl der Baugenehmigungen deutlich zugenommen hat, und zwar gegenüber dem letzten Jahr zur gleichen Zeit um 30 %, bei dem Geschoßwohnungsbau sogar um rund 60 %. Allerdings wissen wir, daß Neubaumaßnahmen immer eine gewisse Zeit brauchen. Um gleichzeitig zu dem bereits in Gang gekommenen Neubauprogramm kurzfristig zusätzliche Maßnahmen in Gang zu setzen, haben wir jetzt Beschlüsse gefaßt, die vor allen dazu dienen, die Möglichkeiten in vorhandenen Gebäuden durch Umbau und Ausbau vor allem von gewerblich und landwirtschaftlich genutzten Gebäuden auszuschöpfen. Darüber hinaus werden zusätzliche Möglichkeiten eröffnet, um den Gemeinden zu helfen, möglichst schnell den Baulandengpaß zu überwinden.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Zusatzfrage.

Gerhard Jahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001012, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ich rate Ihnen, Ihre Worte zu wägen, wenn Sie erklären, es gebe keinen Grund, die Wohnungsbaupolitik zu ändern. Daran werden Sie noch erinnert werden. Sie werden Ihre Wohnungsbaupolitik noch ändern.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Herr Bohl, bitte schön.

Friedrich Bohl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000230, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin, ich habe eine Frage an Staatssekretär von Würzen. Ich habe der Berichterstattung entnommen, daß Fragen der Änderung des Außenwirtschaftsrechts auch auf der Tagesordnung standen. Nun ist ja schon ein Gesetz dem Bundestag zugeleitet worden. Das ist auch in der parlamentarischen Behandlung. Eine Anhörung ist vorgesehen. Können Sie, Herr Staatssekretär, uns sagen: Ist das jetzt eine Erweiterung, eine Konkretisierung, oder was ist heute im Kabinett dazu grundsätzlich beschlossen worden? Wie verhält sich das zu dem, was die Bundesregierung dem Bundestag schon zugeleitet hat?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, zum einen hat das Kabinett eine 66. Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung beschlossen. Zum anderen sind wir zwei Prüfungsbitten des Bundesrates nachgekommen. Diese Prüfungsbitten beziehen sich auf die Beratung der Gesetze, die zur Zeit im Bundestag sind. Sie bezogen sich auf die Strafbewehrung von Vorschriften zu Beihilfehandlungen, zur Herstellung von Atomwaffen und auf den allgemeinen Strafrahmen des § 34 AWG. Das sind Prüfbitten des Bundesrates gewesen. Die neue Außenwirtschaftsverordnung bezieht bestimmte Vorprodukte für die Herstellung von chemischen Waffen nunmehr in die Kontrolle des Außenwirtschaftsgesetzes ein. Wir haben 17 derartige Stoffe in der Kontrolle, und wir beziehen weitere 25 ein und haben damit einen Kontrollstandard wie die USA und Japan.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Zwar ist die reguläre Zeit abgelaufen, aber ich möchte diese Wortmeldung und auch die Beantwortung noch zulassen, Frau Schmidt.

Renate Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002016, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich habe noch eine Frage zum Wohnungsbau. Ich habe gestern den Fernsehnachrichten und den Äußerungen von Herrn Herion entnommen, daß er in der Runde, die mit der Bauindustrie stattgefunden hat, das Programm der Bundesregierung unter anderem als Billigwohnbau bezeichnet hat, der uns noch einmal reuen wird. Den abendlichen Tickermeldungen des gestrigen Tages und den Zitaten der Frau Bundesministerin entnehme ich, die Bauwirtschaft und die Bauindustrie hätten das Programm der Bundesregierung uneingeschränkt begrüßt. Welche Meldungen treffen denn nun zu? Die eine von Herrn Herion habe ich selber gehört.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Herr Staatssekretär Echternach. Echternach, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau: Frau Kollegin Schmidt, gestern fand ein Gespräch mit einer ganzen Reihe von bauwirtschaftlichen Verbänden statt. Es ist so gewesen, daß wir selbst in unserer Pressemitteilung bekanntgegeben haben, daß die einzige kritische Stimme die von Herrn Herion gewesen ist. Alle anderen Verbände, die gestern an dem bauwirtschaftlichen Gespräch unter Leitung von Bundesministerin Hasselfeldt teilgenommen haben, haben das Programm ausdrücklich begrüßt. Herr Herion hat den Akzent - anders, als wir es hier in der Koalition tun, und anders als die anderen Verbände, die unsere Absichten auch für richtig gehalten haben - allein auf den Neubau gesetzt. Wir meinen, daß es angesichts der erheblich ausgelaste12344 ten Kapazitäten und der Schwierigkeiten, die wir heute bereits am Arbeitsmarkt haben, sinnvoll ist, zusätzliche Maßnahmen im vorhandenen Bestand an Gebäuden in Gang zu setzen. Deswegen gab es diese Umbaumaßnahmen im Bereich der bestehenden gewerblich und landwirtschaftlich genutzten Gebäude.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Eine Zusatzfrage, Frau Schmidt.

Renate Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002016, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Heißt das, daß Herr Herion jetzt nicht mehr zur Bauindustrie und zur Bauwirtschaft gehört, weil Sie von einer uneingeschränkten Zustimmung sprechen?

Jürgen Echternach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000429

Ich habe ausdrücklich gesagt: die anderen. Die Verbände, die gestern am Gespräch teilgenommen haben, haben dieses Programm begrüßt. Die einzige kritische Stimme ist von Herrn Herion gekommen.

Renate Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002016, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Dann ist also das Zitat der Frau Bundesministerin falsch?

Jürgen Echternach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000429

Nein, es ist richtig. Wir haben sogar selbst durch eine Presseerklärung mitgeteilt, daß die einzige kritische Stimme unter den teilnehmenden Verbänden die von Herrn Herion gewesen ist.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Bitte, Graf von Waldburg-Zeil.

Alois Waldburg-Zeil (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002413, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ja, gleich nochmals zur Bauwirtschaft. Herr Staatssekretär, im Zusammenhang mit der Veranstaltung „Jugend und Parlament" ist immer wieder die Frage nach dem studentischen Wohnungsbau gestellt worden. Auch hierzu sind ja Beschlüsse gefaßt worden. Könnten Sie diese noch erläutern?

Jürgen Echternach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000429

Gerne. Wir werden innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren rund 10 000 studentische Wohnheimplätze durch verbilligte Kreditmarktmittel zusätzlich fördern, die über die KfW um rund 3 % verbilligt werden. Wir hoffen, daß sich auch die Bundesländer ihrerseits beteiligen. Es wird hier kein Kumulationsverbot mit anderen Finanzierungsinstrumenten geben. Wenn jetzt der Bund zum erstenmal seit 1980 wieder studentischen Wohnraum finanziell fördert, dann werden sich sicher auch die dafür verfassungsrechtlich zuständigen Länder ihrerseits beteiligen. Wir hoffen, damit auch den gegenwärtigen Engpaß in diesem Bereich möglichst schnell überwinden zu können.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Meine Damen und Herren, damit ist die für die Befragung der Bundesregierung vorgesehene Zeit abgelaufen, und ich beende die Befragung.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Meine Damen und Herren, ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf: Fragestunde - Drucksache 11/5281 Zunächst einmal haben wir Dringlichkeitsfragen vorliegen, und zwar aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie. Ich rufe die Frage 1 des Abgeordneten Dr. Daniels ({0}) auf: Wie soll die Sicherheit im Umgang mit den Abfallsimulaten aus der Atomwaffenproduktion der USA ({1}) im Salzstock Asse gewährleistet werden, und wo wird der hochaktive Abfall nach der Beendigung der Tests im Salzstock Asse verbleiben? Zur Beantwortung steht uns der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Probst zur Verfügung. Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort.

Dr. Albert Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001752

Herr Präsident, darf ich die beiden Fragen dieses Fragestellers, weil sie in einem inneren Zusammenhang stehen, gemeinsam beantworten?

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Da müssen wir den Fragesteller fragen. - Sind Sie damit einverstanden, Herr Abgeordneter? Ihre Zusatzfragen werden dadurch nicht eingeschränkt.

Dr. Wolfgang Daniels (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000353, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ja, unter den Bedingungen bin ich einverstanden.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Damit haben Sie vier Zusatzfragen. - Dann rufe ich auch die Frage 2 des Abgeordneten Dr. Daniels ({0}) auf: Welche Gründe führten zu einer Verschiebung der Tests mit hochaktiven Abfallsimulaten aus den USA, die bereits für den Mai 1989 geplant waren, und inwieweit können die Abfallsimulate mit ihrer besonderen Spezifikation als adäquate Vergleichsmuster zu späteren Abfallgebinden aus der Wiederaufarbeitung bundesdeutscher Brennelemente herangezogen werden?

Dr. Albert Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001752

Herr Kollege Daniels, Ihre Fragen 1 und 2 beantworte ich wie folgt. Der Umgang mit den Versuchsquellen bedarf der atomrechtlichen Genehmigung. Voraussetzung für die Erteilung ist die Qualifikation des mit der Versuchsdurchführung befaßten Personals sowie der dazu vorgesehenen Handhabungstechnik. Beim Institut für Tieflagerung der GSF als Auftragnehmer des Vorhabens liegen insbesondere auch Vorversuche zu den zur Diskussion stehenden Tests mit Kobalt-60Quellen und eine intensive Erfahrung im Umgang mit hochradioaktiven Strahlenquellen vor. Nach dem Ende der Versuche in der Asse werden die Versuchsquellen genauso wie der hochradioaktive Abfall aus der Kernenergienutzung entsorgt. Die Quellen werden in das entsprechende Endlager verbracht und bis zu dessen Verfügbarkeit - wie auch die aus Frankreich und England erwarteten verglasten Abfälle - im Transportbehälterlager Gorleben zwischengelagert. Die Verschiebung des Tests ist dadurch verursacht, daß die Vorbereitung für die Durchführung und das atomrechtliche Genehmigungsverfahren selbst sehr viel aufwendiger sind, als es geplant war. Die Versuchsquellen sind analog den seinerzeitigen DWK-Spezifikationen für den hochaktiven Abfall aus der deutschen Wiederaufarbeitung ausgelegt. Sie lassen somit in Dimension, Wärmeleistung und Strahlenintensität Versuche zu, die eine detaillierte Auslegung des Endlagers in Salz, die Durchführbarkeit von Systemanalysen und auch unter Handhabungsgesichtspunkten einen sicheren Betrieb gewährleisten.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Ihre erste Zusatzfrage, bitte sehr, Herr Dr. Daniels.

Dr. Wolfgang Daniels (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000353, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, Sie haben richtig davon gesprochen, daß es sich um radioaktiven Abfall handelt, der aus den USA in die Bundesrepublik verfrachtet wird. Ich frage mich nur, nachdem weltweit Probleme bestehen, mit diesem radioaktiven Abfall fertigzuwerden, wie Sie auf die Idee gekommen sind, 40 Millionen DM zur Verfügung zu stellen, um diesen Abfall zu kaufen.

Dr. Albert Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001752

Auf diese Frage werde ich in der Beantwortung der dringlichen Fragen 3 und 4 eingehen, weil diese Frage dort gestellt ist.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Nächste Zusatzfrage.

Dr. Wolfgang Daniels (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000353, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Eine Zusatzfrage, die direkt damit zusammenhängt: Sie haben von atomrechtlicher Genehmigung gesprochen. Wird die über die Strahlenschutzverordnung erfolgen oder über § 9 des Atomgesetzes, weil sich der mit dem Umgang mit Kernbrennstoffen befaßt?

Dr. Albert Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001752

Diese Frage ist noch offen. Sie ist derzeit noch nicht zu Ende diskutiert. Zuständig hierfür ist der Bundesminister für Umwelt.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Die nächste Zusatzfrage.

Dr. Wolfgang Daniels (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000353, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Da es sich hier um hochradioaktives Material handelt, das aus der militärischen Nutzung in den USA gewonnen wurde, es sich praktisch also um Material handelt, das hochsensibel behandelt werden muß: Gibt es darüber eine internationale Aufsicht, z. B. der IAEA, die sich mit diesen Fragen beschäftigt?

Dr. Albert Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001752

Es gibt kein Statement für diesen Fall.

Dr. Wolfgang Daniels (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000353, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Warum ist es nicht notwendig?

Dr. Albert Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001752

Es ist ein für kommerzielle Zwecke, in diesem Fall für einen wissenschaftlichen Versuch, spezifisch aufgearbeitetes Material. Es ist kein Kernbrennstoff. Denn nur Kernbrennstoff wäre diesen internationalen Reglementierungen unterworfen.

Dr. Wolfgang Daniels (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000353, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ist es ein Abfall, oder ist es ein Kernbrennstoff, oder um was handelt es sich dabei?

Dr. Albert Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001752

Es ist kein Kernbrennstoff, sondern es ist ein spezifisch für einen bestimmten Versuch aufgearbeitetes hochradioaktives Material.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

So interessant der Dialog ist, Sie müssen natürlich aufpassen, daß Sie damit Ihre Fragemöglichkeit nicht unzulässig einschränken. Ich darf diesen Hinweis geben. Nach meiner Rechnung haben Sie jetzt noch eine Zusatzfrage, Herr Daniels.

Dr. Wolfgang Daniels (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000353, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Wir haben erfahren, daß es an diesem Projekt eine internationale Beteiligung gibt, daß also auch andere Länder in Europa daran interessiert sind, Informationen über die Einlagerung von hochaktivem Müll in Salz zu erfahren. Dazu gehören Frankreich, die Niederlande und Spanien. Kann man daraus schließen, daß diese Länder gegebenenfalls daran interessiert sind, da sie selber keine Salzstöcke haben, das Material, das bei ihnen anfällt, in der Bundesrepublik endzulagern?

Dr. Albert Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001752

Das können Sie daraus nicht schließen.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Jetzt hat der Herr Dr. Lippelt eine Zusatzfrage.

Dr. Helmut Lippelt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001352, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, Sie haben vorhin ganz richtig gesagt: Es handelt sich um ein Versuchsendlager. Wenn nun Ihre Versuche zu Ende sind: Wo bleiben Sie mit diesem so teuer eingekauften Material?

Dr. Albert Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001752

Gestatten Sie, daß ich das bei den nächsten beiden Fragen beantworte?

Dr. Helmut Lippelt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001352, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Gern, wenn mir dann noch eine weitere Zusatzfrage zusteht.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Sie haben jetzt theoretisch noch eine Zusatzfrage, weil wir zwei Fragen abhandeln. Ob Sie die nutzen wollen, ist eine andere Frage.

Dr. Helmut Lippelt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001352, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Noch zu dieser Frage?

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Zu den beiden ersten Fragen. Wir haben sie zusammen behandelt. Zu jeder Frage haben Sie eine Zusatzfrage. Eine haben Sie verbraucht. Zwei Fragen sind es. Ergo haben Sie eine weitere Frage.

Dr. Helmut Lippelt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001352, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Dann komme ich lieber später.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Dann können Sie aber nicht mehr zu diesen Fragen sprechen, sondern nur noch zu denen der Abgeordneten Frau Wollny. Nun, Frau Abgeordnete Wollny, haben Sie die Möglichkeit, zwei Zusatzfragen zu stellen.

Lieselotte Wollny (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002560, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Es ist hier von Ihnen ausgeführt worden, Herr Staatssekretär, daß die Kriterien an der von der DWK aufgestellten Spezifikation bezüglich anfallenden Atommülls aus Wackersdorf zu messen waren. Uns ist gesagt worden, Sie mußten in Amerika kaufen, weil Abfall aus La Hague dafür nicht in Frage kam, weil sich der Abfall von dort von dem aus Wackersdorf unterscheidet. Nun bleibt man bei dieser gleichen Versuchsanordnung. Inwiefern entspricht diese Versuchsanordnung noch dem veränderten Atommüll, den wir aus La Hague zurücknehmen müssen, da Wackersdorf nicht mehr besteht?

Dr. Albert Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001752

Frau Kollegin, die Dimension der Kokillen und die Art der Verbringung ändern sich nicht dadurch, daß Wackersdorf, wie es aussieht, nicht gebaut wird. ({0})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Sie haben jetzt noch eine Zusatzfrage, aber die Bewertung der Antworten sollte man, wenn es möglich ist, Frau Kollegin Wollny, unterlassen. Bitte sehr.

Lieselotte Wollny (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002560, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Entschuldigung. Sie sagten, es bestünde noch keine Klarheit darüber, ob nach § 9 des Atomgesetzes oder nach § 3 der Strahlenschutzverordnung genehmigt werden müsse. Nun setzt ja § 9 des Atomgesetzes ein Planfeststellungsverfahren voraus, das, wie man weiß, mehrere Jahre dauert; der Versuch soll aber im Januar oder Anfang nächsten Jahres gestartet werden. Mit anderen Worten: Handelt es sich bei dieser Abwägung nicht um eine reine Farce, da § 9 zeitlich überhaupt nicht mehr in Frage kommt?

Dr. Albert Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001752

Nein.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Nun haben wir eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Kübler.

Dr. Klaus Kübler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001238, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wir können doch davon ausgehen, daß in Zukunft in deutschen Endlagerstätten nur deutsches Entsorgungsmaterial lagern wird und es deshalb wohl kaum einen Sinn machen kann, diese Lagerstätten mit amerikanischem Material zu testen.

Dr. Albert Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001752

Die erste Annahme stimmt, die zweite aber nicht. Ich werde in meinen Antworten auf die folgenden beiden Fragen darauf eingehen.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Sie können eine weitere Zusatzfrage stellen, Herr Dr. Kübler, wenn Sie wollen. - Das ist nicht der Fall. Dr. Lippelt hat noch eine Zusatzfrage.

Dr. Helmut Lippelt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001352, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, darf ich Sie bitten, Ihr Nein auf die Frage meiner Kollegin Wollny zu begründen? Der Kern dieser Frage war, daß Sie zeitlich mit § 9 gar nicht mehr klarkommen, so daß Sie uns hier eine Scheinalternative vorführen.

Dr. Albert Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001752

Es ist die Frage, nach welcher Zweckmäßigkeit eine Genehmigung zu erteilen ist. Da diese Frage rechtlich offen ist, prüft der Bundesumweltminister derzeit den rechten Weg für diese Genehmigung.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Es liegen keine weiteren Zusatzfragen zu den dringlichen Fragen 1 und 2 vor. Ich rufe nun die dringliche Frage 3 der Abgeordneten Wollny auf: Zu welchen vertraglichen Bedingungen wurde der Atommüll, der als Abfallsimulat im Salzstock Asse eingelagert werden soll, in den USA gekauft, und welche Auflagen wurden von seiten der USA an die Verwendung dieser Abfallsimulate geknüpft?

Dr. Albert Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001752

Frau Kollegin Wollny, Ihre Frage 3 beantworte ich wie folgt. Die Lieferung der Versuchsquellen erfolgte auf Grund genauer Spezifikationen bzw. Dimensionen, Wärmeleistung, Strahlenintensität und Kostenvereinbarungen. Der Vertrag ermöglicht darüber hinaus den Erhalt amerikanischen Know-hows zur Verglasungstechnologie. Dieses Know-how bildete die Grundlage für die Entwicklung der Verglasungstechnik im Rahmen der deutschen Wiederaufarbeitung. Da sich das amerikanische Department of Energy an den Produktionskosten für die Versuchsquellen wesentlich beteiligte, fielen auf deutscher Seite nur die Kosten für die radioaktiven Substanzen und einen Teil der Herstellung an. Auflagen von seiten der USA mit Blick auf Verwendung der Quellen existieren nicht.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Wollny, bitte schön.

Lieselotte Wollny (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002560, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Es würde mich interessieren, inwieweit die deutschen Sicherheitsvorkehrungen bezüglich der Transporte denen entsprechen, die in den USA vom Gouverneur von Oregon gefordert wurden.

Dr. Albert Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001752

Jeweils zu genehmigen in den Vereinigten Staaten von Amerika als auch in der Bundesrepublik Deutschland in geordneten Genehmigungsverfahren.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Weitere Zusatzfrage, bitte schön. - Frau Abgeordnete Wollny, Sie haben den Vortritt. Wenn Sie die Zeit nicht mehr haben, ist die Frage verbraucht. Es muß ja gleich auch noch Frage 4 beantwortet werden. - Herr Dr. Lippelt.

Dr. Helmut Lippelt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001352, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Präsident, ich weiß jetzt nicht, ob meine vorige Frage, die auf die Beantwortung der Frage 3 verschoben wurde, weiter auf die Beantwortung der Frage 4 verschoben wird.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Einigen wir uns so: Wenn die Antwort des Staatssekretärs lauten sollte, daß sie in der Antwort zu Frage 4 steckt, rechne ich sie Ihnen nicht an. Machen Sie aber voran!

Dr. Helmut Lippelt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001352, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank. Herr Staatssekretär, darf ich danach meine Frage wiederholen: Wo bleiben Sie im Anschluß hieran mit den so teuer eingekauften hochradioaktiven Quellen?

Dr. Albert Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001752

In der Bundesrepublik Deutschland.

Dr. Helmut Lippelt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001352, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Kann man das vielleicht ein bißchen genauer wissen?

Dr. Albert Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001752

Die Quellen werden für die Versuche verwendet, werden dann, soweit bis dahin ein Endlager nicht besteht, zwischengelagert, so wie auch deutsche radioaktive Abfälle zwischengelagert werden. Aber ich werde dies wirklich bei der Frage 4 noch einmal beantworten.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Jetzt hat Herr Dr. Kübler die Möglichkeit, eine Zwischenfrage zu stellen.

Dr. Klaus Kübler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001238, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich habe eine Frage zu den Auflagen. Gibt es Auflagen dahin gehend, daß die Zustimmung zur Veröffentlichung der Testergebnisse z. B. von der amerikanischen Regierung abhängig gemacht wird oder nicht?

Dr. Albert Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001752

Nein.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Frau Abgeordnete Wollny, Sie haben zu Ihrer Frage 3, wenn Sie wollen, noch eine Zusatzfrage. Wir können aber auch mit der Beantwortung der Frage 4 beginnen. ({0}) - Aber selbstverständlich. In einer sinnvollen Gestaltung der Debatte taucht das Problem im übrigen nicht auf. Ich rufe Frage 4 der Abgeordneten Frau Wollny auf: Warum werden für die Testlagerung im Salzstock Asse keine hochaktiven Abfälle aus der Wiederaufarbeitung bundesdeutscher Brennelemente verwendet, und inwieweit dienen die Testlagerungen als Prototyplagerung für die zukünftige Lagerung ausländischer hochaktiver Abfälle in bundesdeutschen Endlagern?

Dr. Albert Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001752

Zur Zeit der Herstellung der Versuchsquellen, nämlich 1985 bis 1987, waren in der Bundesrepublik und im europäischen Ausland, in Frankreich, England oder Belgien, weder echte verglaste Abfälle noch die relevanten Spaltprodukte Cäsium 137 und Strontium 90 in der der Spezifikation entsprechenden Menge verfügbar. Außerdem fehlten die technischen Möglichkeiten, die Glasblöcke nach der vorgegebenen Spezifikation zu produzieren. Ich muß anmerken, das von den USA erworbene Cäsium und Strontium stand dort bereits für kommerzielle Zwecke zur Verfügung, z. B. für die Bestrahlung und dadurch die Entkeimung von Klärschlämmen. Die Bundesregierung hat mehrfach, zuletzt im Rahmen des Kabinettsbeschlusses vom 6. Juni dieses Jahres, betont, daß eine Endlagerung ausländischer radioaktiver Abfälle in der Bundesrepublik nicht in Frage kommt.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Wollny.

Lieselotte Wollny (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002560, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich bin von der Antwort so erschrocken, daß ich meine Zusatzfrage vergessen habe, die ich schon im Kopf hatte. Meine Zusatzfrage betrifft folgendes. Sie sagten, daß zwischen 1985 und 1987 keine Möglichkeit zur Verglasung in Europa bestand. Wie können Sie denn dann behaupten, daß die Verglasung radioaktiver Abfälle in Europa erprobt sei?

Dr. Albert Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001752

Nicht in dem großtechnischen Maßstab, Frau Kollegin. Wir brauchen hier mehr als 30 Kokillen in der Auslegung von einem Meter Höhe und etwa 25 cm Durchmesser und mit ganz bestimmter Strahlungsauslegung, um einen realen 1 : 1-Versuch durchführen zu können. Da das in der Bundesrepublik Deutschland zum Zeitpunkt der Konzipierung des gesamten Versuchs, aber auch später, zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses mit Amerika, nach sorgfältiger Recherchierung nicht erhältlich war, wurde der Vertrag mit den Vereinigten Staaten von Amerika abgeschlossen. Aber was tuts: Es kann ein europäisches, ein amerikanisches Material sein, Sie würden Ihre Frage in jedem Falle stellen.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

So, Frau Abgeordnete Wollny, Sie haben jetzt noch eine Zusatzfrage.

Lieselotte Wollny (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002560, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich verzichte.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Danke schön. - Herr Dr. Lippelt.

Dr. Helmut Lippelt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001352, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, habe ich Sie richtig verstanden, daß Sie zunächst gesagt haben, Sie nähmen das Material erst einmal in Zwischenlagerung, bis ein Endlager gefunden sei? In der letzten Antwort haben Sie auf den Beschluß der Bundesregierung verwiesen, daß ausländische Materialien in Deutschland nicht endgelagert werden. Meinen Sie, durch den Kauf werde aus ausländischem Material bundesrepublikanisches Material, und wieviel mehr wollen Sie in Zukunft noch kaufen, um nicht diesen Widerspruch entstehen zu lassen, den Sie hier soeben vorgetragen haben?

Dr. Albert Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001752

Da wir bisweilen atomaren Sprengstoff oder spaltbares Material aus dem Ausland auch aus dem Bereich der Medizin oder anderen Bereichen beziehen und es sich hier um Versuchsmaterial handelt, ist das nicht Material im Sinne von abgebrannten und wiederaufgearbeiteten nuklearen Brennstäben. Also, kein Widerspruch, Herr Kollege. ({0})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Herr Staatssekretär, damit haben Sie hier heute Ihre Pflicht erfüllt. Denn die übrigen Fragen, die Ihrem Hause gestellt worden sind, die Frage 29 des Abgeordneten Gansel, die Frage 30 des Abgeordneten Vosen und die Fragen 31 und 32 des Abgeordneten Müller ({0}), werden auf deren Wunsch schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Wir bedanken uns. Vizepräsident Cronenberg Ich rufe den nächsten Geschäftsbereich, den Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz, auf. Der Abgeordnete Lowack hat gebeten, seine Frage, die Frage 1, schriftlich zu beantworten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Wir können nun zum Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen übergehen. Hier steht uns der Parlamentarische Staatssekretär Carstens zur Verfügung. Herr Staatssekretär, Sie möchten bitte die Frage 2 der Abgeordneten Frau Ganseforth beantworten, die ich hiermit aufrufe: Welcher getrennt lebende Elternteil erhält entsprechend dem durch die Steuerreform geänderten § 32 EStG ab 1990 für ein studierendes, am Studienort gemeldetes Kind den Haushaltsfreibetrag?

Manfred Carstens (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000322

In dem bezeichneten Fall erhält ab 1990 nach § 32 Abs. 7 Satz 1 Einkommensteuergesetz der Elternteil den Haushaltsfreibetrag von 5 616 DM, in dessen Wohnung das Kind ebenfalls gemeldet ist. Die Regelung stellt sicher, daß ein Haushaltsfreibetrag nur wegen eines Kindes in Anspruch genommen werden kann, das tatsächlich zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehört. Diese Beschränkung ist erforderlich, weil der Haushaltsfreibetrag Aufwendungen abgilt, die einem Alleinstehenden dadurch erwachsen, daß zu seinem Haushalt mindestens ein Kind gehört. War das Kind bei keinem der getrennt lebenden Elternteile gemeldet, sondern nur am Studienort, erhalt daher künftig auch kein Elternteil den Haushaltsfreibetrag. Nach der bis Ende 1989 geltenden Regelung - das ist also die jetzige Regelung - wird dagegen das Kind, das nicht in einer Wohnung eines Elternteils gemeldet ist, grundsätzlich der Mutter zugeordnet, auch wenn das Kind nicht zu ihrem Haushalt gehört. Diese steuerliche Auswirkung war sachlich nicht gerechtfertigt.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Frau Abgeordnete, eine Zusatzfrage? - Bitte sehr, Frau Ganseforth.

Prof. Monika Ganseforth (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000630, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, das heißt doch im Klartext, daß zum 1. Januar 1990 eine Veränderung stattfindet, die für die alleinstehende oder alleinerziehende Mutter in Einzelfällen eine Verschlechterung darstellt. ({0})

Manfred Carstens (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000322

Nein, das ist, verehrte Frau Kollegin, so zu werten, daß sichergestellt sein muß, daß die studierende Tochter oder der studierende Sohn nicht nur am Studienort, sondern auch in der Wohnung eines Elternteils gemeldet ist, z. B. dort, wo die alleinstehende Mutter wohnt. Wenn das sichergestellt ist, würde auch die Anrechnung des Haushaltsfreibetrages gewährleistet sein.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Weitere Zusatzfrage? - Bitte schön, Frau Abgeordnete Ganseforth.

Prof. Monika Ganseforth (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000630, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Das bedeutet also für die alleinstehende Mutter, die mich hier angesprochen hat, daß sie ab 1. Januar 1990 den Haushaltsfreibetrag nicht mehr bekommt, es sei denn, ihr Sohn meldet sich, z. B. mit zweitem Wohnsitz, bei ihr an?

Manfred Carstens (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000322

Ja, das ist richtig. ({0})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Weitere Zusatzfragen werden nicht gewünscht. Dann kann ich den Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen abschließen. Herr Staatssekretär, ich bedanke mich. Der Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft braucht nicht aufgerufen zu werden; denn ich habe hier die Bitte des Abgeordneten Müntefering und die Bitte des Abgeordneten Gansel um schriftliche Beantwortung ihrer Fragen, der Fragen 3 und 4. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Herr Staatssekretär, ich bedanke mich für Ihr Kommen und Ihren guten Willen. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Hier steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr. von Geldern zur Verfügung. Ich rufe Frage 5 des Abgeordneten Eigen auf: Wie beurteilt die Bundesregierung die Herabsetzung der Mindestflächenstillegung in den USA von vormals 27,5 % auf 5%, und welchen Rat wird sie der Kommission der Europäischen Gemeinschaft für ihr Verhalten bei den laufenden GATT-Verhandlungen geben? Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort.

Dr. Wolfgang Geldern (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000656

Herr Kollege Eigen, für das US-Weizenwirtschaftsjahr 1989/90, das vom 1. Juni bis zum 31. Mai läuft, wurde zunächst eine Kürzung der kurzfristigen, d. h. für ein Wirtschaftsjahr geltenden Flächenstillegungen angeordnet. Bei Weizen waren danach nur noch 5 % der sogenannten Basisfläche des Betriebs stillzulegen. Im Vorjahr waren es noch 10 %, im Jahre 1987 noch 27,5 %. Bekanntlich ist die kurzfristige Flächenstillegung in den USA freiwillig, aber Voraussetzung für die Teilnahme an den Preisstützungsmaßnahmen und Ausgleichszahlungen, also am sogenannten deficiency payment. Im September dieses Jahres lockerte das US-Landwirtschaftsministerium die Beschränkungen für das Weizenmarktprogramm 1989/90 insoweit zusätzlich, als die Anbaufläche über 95 % der Basisfläche hinaus auf 105 % ausgedehnt werden kann. Für die zulässige Mehrproduktion wird jedoch die übliche Ausgleichszahlung nicht gewährt. Das Landwirtschaftsministerium der Vereinigten Staaten rechnet damit, daß durch diese Programmänderung in den USA eine Mehrproduktion von etwa 2,7 Millionen t Weizen erzielt wird. Mit der vom US-Landwirtschaftsministerium für 1989/90 zuvor auf rund 56 Millionen t geschätzten Weizenernte könnten Inlands- und Auslandsnachfrage nicht hinreichend gedeckt werden. Nach dem amerikanischen Landwirtschaftsgesetz - Food Security Act - von 1985 hat der US-Landwirtschaftsminister die Flächenstillegung in AbhänParl. Staatssekretär Dr. von Geldern gigkeit von der Vorratslage festzusetzen. Die Weizenvorräte sind in den Vereinigten Staaten und weltweit vor allem infolge der Dürre in den USA 1988 drastisch zurückgegangen. Am Ende des US-Weizenwirtschaftsjahres 1988/89 betrugen die amerikanischen Endbestände nur 18,9 Millionen t Weizen gegenüber 43,3 Millionen t im Vorjahr. Im US-Weizenwirtschaftsjahr 1989/90 werden immerhin noch 4 Millionen ha Weizenfläche kurzfristig stillgelegt. Hinzu kommt die langfristige Stillegung für Bodenkonservierung und Erosionsschutz. 1987 betrug die Minderproduktion der USA infolge aller Stillegungsmaßnahmen bei Weizen 28 %. Für die Jahre 1988 und 1989 fehlen entsprechende Angaben wegen der Trockenheitsschäden. In der Verringerung der Flächenstillegung bei Weizen in den Vereinigten Staaten liegt kein Verstoß gegen die Vereinbarung der Halbzeitbilanz im Rahmen der Uruguay-Runde. Bei den gegenwärtigen GATT-Verhandlungen der Uruguay-Runde wird die Bundesregierung im Rahmen der EG ihren Einfluß dahin geltend machen, daß die Bemühungen der Gemeinschaft um ein besseres Marktgleichgewicht nicht durch Maßnahmen anderer Länder unterlaufen werden.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Eine Zusatzfrage? - Bitte sehr, Herr Abgeordneter Eigen.

Karl Eigen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000455, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Empfinden Sie, Herr Staatssekretär, es nicht als ungeheuerlich, daß die USA zwar in den GATT-Verhandlungen verlangen, daß sämtliche Stützungen, Zölle und Abschöpfungen für Nahrungsmittel auf der Welt abgeschafft werden, sich dann aber selber dadurch kontraproduktiv verhalten, daß sie die Bemühungen der Europäischen Gemeinschaft, durch Flächenstillegungen und andere Maßnahmen die Produktion zu beschränken, sozusagen von der anderen Seite her unterlaufen und damit eine vernünftige Regelung am Weltmarkt unmöglich machen?

Dr. Wolfgang Geldern (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000656

Herr Kollege Eigen, ich komme bei der Beantwortung Ihrer nächsten Frage gleich noch auf die Halbzeitbilanz zu sprechen. Bei dieser Halbzeitbilanz der Uruguay-Runde zeigt sich, daß sich die Maximalpositionen der Vereinigten Staaten ja schon bisher nicht durchgesetzt haben. Man kann hierin durchaus einen Widerspruch zum eigenen Handeln sehen; auf der anderen Seite aber gibt es ja durch die konkrete Weizensituation in den Vereinigten Staaten Begründungen für diese Verringerung der Stillegungsmaßnahmen, Begründungen, wie ich sie gerade vorgetragen habe. Es wird trotz der Dürre des Jahres 1988 immer noch ein beträchtlicher Anteil der Fläche in den USA durch langfristige oder kurzfristige Stillegungsmaßnahmen aus der Produktion genommen.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Eigen.

Karl Eigen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000455, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ist die Bundesregierung bereit, im Sinne des zweiten Teils meiner ersten Frage bei der Europäischen Gemeinschaft, die ja für uns im GATT verhandelt, dahin gehend zu intervenieren, daß diese Verhaltensweise der USA im GATT in der gebührenden Form zur Sprache gebracht wird?

Dr. Wolfgang Geldern (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000656

Ich bin davon überzeugt, daß das Verhandlungsmandat für die GATT-Runde, das die Regierungschefs der Gemeinschaft der EG-Kommission erteilt haben, schon einschließt, daß die Verhaltensweisen der GATT-Partner kritisch unter die Lupe genommen werden und die eigene Position dem gegenübergestellt wird.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Danke schön. - Wir kommen nun zur Beantwortung der Frage 6 des Abgeordneten Eigen: Welche Meinung vertritt die Bundesregierung zu Äußerungen, wonach die Landwirte in der Bundesrepublik Deutschland rechtzeitig auf den Erfolg der USA im GATT vorbereitet werden sollten, d. h. daß alle Subventionen, Zölle und Abschöpfungen im Weltmarkt für Agrarprodukte auf Null abzubauen sind?

Dr. Wolfgang Geldern (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000656

Herr Kollege Eigen, die von Ihnen zitierten Äußerungen sind der Bundesregierung nicht bekannt. ({0}) - Den müssen wir vielleicht sorgfältiger lesen. Jedenfalls sind sie unzutreffend und gehen von einem falschen Sachverhalt aus. Die Quelle haben Sie gesagt. In der Halbzeitbilanz der Uruguay-Runde am 8. April 1989 haben nämlich die Vertragsparteien des GATT ein Arbeitsprogramm für die weiteren Verhandlungen festgelegt. Darin wurde u. a. als Verhandlungsziel im Agrarbereich vereinbart - ich zitiere das jetzt - , „die Agrarstützung und -protektion schrittweise in einem noch zu bestimmenden Zeitraum zu verringern". Die amerikanische Forderung auf Abschaffung aller Subventionen, Zölle und Abschöpfungen hatte also schon bei der Halbzeitbilanz keinen Erfolg. In den kommenden Verhandlungen wird es um die Definition des Begriffs Agrarstützung und um die Aushandlung der Höhe und des Zeitraums der Stützungsverringerung gehen. Die Europäische Gemeinschaft beschreitet mit dem sogenannten Stabilisatorenkonzept bereits seit einiger Zeit den Weg des Stützungsabbaus. Daß diese Vorleistungen der Gemeinschaft im GATT anerkannt und auch angerechnet werden, ist im Beschluß zur Halbzeitbilanz vom 8. April 1989 ausdrücklich festgehalten.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Zusatzfrage, bitte sehr, Herr Abgeordneter Eigen.

Karl Eigen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000455, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, erkennen Sie mit mir an, daß die Agrarpreise in der Europäischen Gemeinschaft, in einem Gebiet der Welt mit Gott sei Dank hohem Lebensstandard und damit auch hohen Kosten für die Produktion von Agrargütern, immer eine vom Weltmarkt abgesetzte Höhe haben müssen, genauso, wie es Japan und andere Länder auch tun, und daß wir, wenn wir unsere bäuerliche Struktur in der Europäischen Gemeinschaft erhalten wollen, niemals dem Wettbewerb eines politisch und wirtschaftlich manipulierten Weltmarkts ausgesetzt sein dürfen?

Dr. Wolfgang Geldern (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000656

Herr Kollege Eigen, ich könnte das nicht besser formulieren. ({0})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Ich stelle fest: Die Frage war deutlich länger als die Antwort, Herr Kollege Eigen. ({0}) - Das fällt mir überhaupt nicht schwer.

Karl Eigen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000455, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Zweite Frage. Ist bei den GATT-Verhandlungen in Genf auch ausreichend berücksichtigt worden, daß Länder wie beispielsweise die USA, die im GATT verhandeln, ihre Produktion in sensiblen Gebieten durch andere Maßnahmen als Zölle und Abschöpfungen schützen, beispielsweise durch veterinärhygienische Bestimmungen, die einen Import beispielsweise von Wurst in die USA völlig unmöglich machen? Ist das nicht eine viel härtere Wirkung des Protektionismus, als es Abschöpfungen und Zölle sein können?

Dr. Wolfgang Geldern (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000656

Herr Kollege Eigen, Sie kritisieren hier einen Sachverhalt, den ich auch kritikwürdig finde. Deswegen meine ich, daß das, was ich zur Halbzeitbilanz der Uruguay-Runde gesagt habe, wirklich ganz wichtig ist, nämlich eine Definition des Begriffs Agrarstützung. Das muß ein umfassender Begriff sein. Er kann nicht auf bestimmte Maßnahmen etwa der Gemeinschaft verengt werden. Man muß natürlich auch die Dinge, die Sie angesprochen haben, mit einbeziehen.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Ich darf zu meiner Verwunderung feststellen, daß offensichtlich der Abgeordnete Eigen dem Pressedienst der SPD mehr Aufmerksamkeit schenkt als das Ministerium. Herr Staatssekretär, ich bedanke mich bei Ihnen. Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. Ich stelle fest, daß der Abgeordnete Stiegler um schriftliche Beantwortung seiner Frage 7 gebeten hat. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit. Zur Beantwortung steht uns Herr Parlamentarischer Staatssekretär Pfeifer zur Verfügung. Ich rufe zunächst die Frage 8 der Abgeordneten Frau Walz auf: In welchen Bundesländern wurden bisher Landesseniorenräte gegründet und mit welchen grundsätzlichen Aufgaben betraut?

Anton Pfeifer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001703

Frau Kollegin Walz, nach Kenntnis der Bundesregierung gibt es in fast allen Bundesländern Landesseniorenräte. Sie haben sich zur Aufgabe gesetzt, die Lebenssituation älterer Menschen zu verbessern und deren spezifische Interessen bei der jeweiligen Landesregierung zu artikulieren.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Zusatzfrage, Frau Abgeordnete? - Keine. Dann rufe ich die Frage 9 der Abgeordneten Frau Walz auf: Hält die Bundesregierung die Gründung eines Bundesseniorenrates für nötig, und in welcher Form könnten die Erfahrungen und die Kompetenzen eines solchen Gremiums für die Altenhilfepolitik der Bundesregierung genutzt werden?

Anton Pfeifer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001703

Es gibt bereits Zusammenschlüsse älterer Menschen, die selbständig eine Vielzahl von Initiativen entfalten und die ihre Vorstellungen zur Altenpolitik im Kontakt mit der Bundesregierung zu verwirklichen suchen. Ich nenne z. B. die Arbeitsgemeinschaft der Seniorenvertretungen, die Aktion „Alt hilft Jung" und den Bundeskongreß und die Solidargemeinschaft der älteren Generationen, eine Selbsthilfeeinrichtung von älteren Menschen. Die Bundesregierung hat Kenntnis von Überlegungen, daß sich zur Zeit die unterschiedlichen Interessenvertretungen der älteren Generation zu einer Bundesarbeitsgemeinschaft zusammenschließen wollen. Diese Entwicklung wird von der Bundesregierung begrüßt. Eine Bundesarbeitsgemeinschaft könnte der Ansprechpartner der Bundesregierung bei der Weiterentwicklung ihrer Altenpolitik sein.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Zusatzfrage? Frau Walz ({0}): Nein, ich bedanke mich.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Frau Abgeordnete Ganseforth möchte zu diesem Punkt eine Zusatzfrage stellen.

Prof. Monika Ganseforth (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000630, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Eine Zusatzfrage, Herr Staatssekretär: Gehört auch die Gruppe der Grauen Panther zu den Organisationen, mit denen Sie zusammenarbeiten und die Sie soeben aufgezählt haben?

Anton Pfeifer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001703

Nein.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Danke schön. - Nun sind wir mit diesem Geschäftsbereich fertig. Herr Staatssekretär, ich bedanke mich. Zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Post und Telekommunikation braucht hier nicht Antwort gegeben zu werden, weil der Abgeordnete Wüppesahl für die Frage 10 um eine schriftliche Beantwortung gebeten hat. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung auf. Hier steht uns der Staatssekretär Wimmer zur Verfügung. Ich rufe zunächst die Frage 11 der Abgeordneten Frau Bulmahn auf Trifft ein Bericht des Fernsehmagazins Monitor zu, wonach der Staatssekretär im Bundesministerium der Verteidigung, Dr. Carl, mit seinem Büro einen Betriebsausflug, getarnt als militärische Übung oder Unterrichtung, durchgeführt hat, und wenn ja, weshalb wurde dieser Ausflug getarnt? Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort.

Not found (Staatssekretär:in)

Verehrte Frau Kollegin, es trifft zu, daß das Büro Staatssekretär Dr. Carl am 13. September 1989 eine Gemeinschaftsveranstaltung durchgeführt hat, die nach dem Willen von Staatssekretär Dr. Carl von Anfang an als Betriebsausflug durchgeführt werden sollte. Die Vorbereitung dieses Betriebsausfluges durch das Büro führte dazu, daß die Gemeinschaftsveranstaltung als Vermischung eines Betriebsausfluges mit einer Informationsveranstaltung durchgeführt worden ist. Dies mag zu dem Eindruck beigetragen haben, der Betriebsausflug sei als militärische Übung oder Unterricht getarnt worden, was nach dem Willen von Staatssekretär Dr. Carl nicht beabsichtigt war.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete, bitte sehr.

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000305, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wie viele Teilnehmer Ihres angeblichen Betriebsausfluges waren Soldaten, Zivilbedienstete und Sicherheitsbeamte? Wie viele und welche Fahrzeuge und sonstige technische Geräte waren an dieser Gemeinschaftsveranstaltung, wie Sie sie nennen, beteiligt?

Not found (Staatssekretär:in)

Verehrte Frau Kollegin, es handelt sich nicht um meinen Betriebsausflug. Deswegen muß das „ihr" als kleingeschrieben betrachtet werden. ({0})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Das ist ein Hinweis für das Protokoll.

Not found (Staatssekretär:in)

Die Einzelheiten reiche ich Ihnen gerne nach. Ich kann in diesem Zusammenhang nur schon darauf aufmerksam machen, daß Staatssekretär Dr. Carl zu diesem Betriebsausflug - was sehr zu begrüßen war - auch die Boten und die Mitarbeiter der Registratur eingeladen hatte, Personengruppen, die normalerweise nicht von einem Betriebsausflug umfaßt werden. Deswegen wird die einzelne Aufstellung interessante Ergebnisse mit sich bringen.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Frau Abgeordnete, eine weitere Zusatzfrage.

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000305, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, welche Kosten der Bundeswehr entstanden sind? Können Sie mir sagen, wieviel es insgesamt gekostet hat: für das Personal, für das Biwak, das dort errichtet worden ist, und für die Bootsfahrt? Können Sie sich oder kann sich Ihr Ministerium eventuell auch vorstellen, daß man, statt ein Feldbiwak aufzustellen, einen Partyservice hätte engagieren können und daß man, statt ein Boot der Bundeswehr zu benutzen, ein ganz normales Passagierschiff hätte chartern können? ({0})

Not found (Staatssekretär:in)

Verehrte Frau Kollegin, zu den Kosten, die in diesem Zusammenhang entstanden sind, sage ich gerne etwas. Nach dem, was ich derzeit weiß, liegen sie unter 1 000 DM. Hinsichtlich der Qualität der Feldküchen und der Leistungsfähigkeit der Flußpioniere: Im Zusammenhang mit dem, was in diesem Lande normalerweise unter „Catering" verstanden wird, kann ich nur sagen, daß die Leistungsfähigkeit der Bundeswehrküchen exorbitant gut ist und daß die Leistungen der deutschen Streitkräfte bewunderungswürdig sind. ({0})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Frau Abgeordnete Ganseforth möchte eine weitere Zusatzfrage stellen.

Prof. Monika Ganseforth (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000630, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, handelt es sich bei diesem vermischten Betriebsausflug um einen Einzelfall, oder ist das in diesem Bereich ein häufigeres Vorkommnis?

Not found (Staatssekretär:in)

Verehrte Frau Kollegin, Betriebsausflüge werden nach den Richtlinien des Bundesministeriums der Verteidigung durchgeführt. Es ist eine allgemeine übliche Praxis im Bereich des Bundesministers der Verteidigung wie in allen anderen Einrichtungen der öffentlichen Verwaltung, Betriebsausflüge durchzuführen. Ich lege bei dieser Feststellung allerdings auf den Hinweis wert, daß diese nach den korrekten Bestimmungen behandelt werden müssen.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Kübler.

Dr. Klaus Kübler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001238, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, die Qualifizierung als Betriebsausflug setzt voraus, daß der Personalrat beteiligt ist. Ist in diesem Falle der Personalrat beteiligt worden?

Not found (Staatssekretär:in)

Wenn das im Zusammenhang mit den Vorschriften des Hauses der Fall sein müßte, würde ich diese Frage Ihnen gegenüber gerne schriftlich beantworten. Der Staatssekretär Dr. Carl kann nach unserem Selbstverständnis diese Dinge im Rahmen seiner Verantwortung durchführen.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Danke schön. Nun, Herr Staatssekretär, werden wir die Frage 12 der Abgeordneten Frau Bulmahn beantworten: Entspricht die Durchführung des Ausflugs den Dienstvorschriften des Bundesministeriums der Verteidigung bzw. gegen welche wurde gegebenenfalls verstoßen?

Not found (Staatssekretär:in)

Verehrte Frau Kollegin, die Zentrale Dienstvorschrift 43/2 sagt in ihrer Ziffer 414, daß die Verbindung von Betriebsausflügen mit Betreuungs- oder Unterrichtsfahrten oder mit Fahrten, die einer im dienstlichen Interesse liegenden Unterrichtung dienen, nicht zulässig ist. Die Erlaßlage des Bundesministeriums der Verteidigung bestimmt ferner, daß für die Benutzung von Dienstkraftfahrzeugen bei Betriebsausflügen die Teilnehmer ein Entgelt nach § 7 der Dienstkraftfahrzeuganweisung der Bundesregierung in der jeweils gültigen Fassung zu zahlen haben. Bei der Anwendung beider Vorschriften durch das Büro bei Vorbereitung und Durchführung des Betriebsausfluges wurde dem Willen von Staatssekretär Dr. Carl nicht ausreichend Rechnung getragen. Staatssekretär Dr. Carl wurde erstmals am 20. September 1989 die Erlaßlage vorgetragen. Er hat sodann entschieden, daß auch die Fahrtkosten nach Vorschriftenlage von den Teilnehmern unverzüglich beglichen werden. Dem Bund, der Bundesrepublik Deutschland, werden wegen des Betriebsausfluges keine unzulässigen Kosten entstehen. Die Fahrt der Teilnehmer am Betriebsausflug in Schlauchbooten des Pionierbataillons 320 und die damit verbundenen vorbereitenden und begleitenden Maßnahmen sowie Nachbereitungen entsprechen den Dienstvorschriften der Bundeswehr. Notwendige Belehrungen in diesem Zusammenhang sind erfolgt.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Frau Abgeordnete, eine Zusatzfrage.

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000305, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist ein Befehl des Staatssekretärs oder seines Büros über den Führungsstab des Heeres an die jeweils zum Einsatz gekommenen Truppenteile ergangen, und in welcher Form wurde er erteilt, mündlich oder schriftlich? Wenn ein solcher Befehl erteilt wurde, sind Sie dann bereit, den Inhalt dieses Befehls dem Parlament zur Kenntnis zu geben?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich sehe überhaupt keinen Grund, Ihnen das nicht zur Kenntnis zu geben, und werde das gerne nachreichen.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Noch eine weitere Zusatzfrage?

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000305, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Nein.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Aber der Abgeordnete Dr. Kübler hat eine Zusatzfrage.

Dr. Klaus Kübler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001238, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, kann ich der Beantwortung der zweiten Frage entnehmen, daß in Zukunft vergleichbare Veranstaltungen, die ich jetzt nicht mit irgendeinem Wort qualifizieren möchte, also nicht mit „privat" oder „dienstlich", in dieser Form nicht mehr stattfinden?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Dr. Kübler, die Veranstaltungen, die im Zusammenhang mit Betriebsausflügen, Informationsveranstaltungen und sonstigen Dingen im Amtsbereich des Bundesministers der Verteidigung durchgeführt werden, werden nach den für uns gültigen Vorschriften behandelt. Der Kollege Staatssekretär Dr. Carl hat alles Erforderliche getan, um die Erlaßlage in ihrer Wirksamkeit auch nachträglich herzustellen.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Herr Abgeordneter Dr. Hirsch, eine Zusatzfrage.

Dr. Burkhard Hirsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000908, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Mich interessiert nur, weil Sie das so geschäftsmäßig beantworten: Wären Sie denn selber an Stelle des Staatssekretärs Carl genauso verf ah-ren?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Dr. Hirsch, ich werde nicht nach meiner persönlichen Beurteilung von Sachverhalten gefragt. ({0}) - Dann muß ich diese Frage unter Hinweis auf die rechtliche Qualifikation Ihrer Frage auch Ihnen gegenüber beantworten. ({1})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Das ist auch mir nicht ganz klar. Sie möchten keine persönliche Bewertung vornehmen?

Not found (Staatssekretär:in)

Ja.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Das ist verständlich. Mir war es ein bißchen unverständlich formuliert.

Not found (Staatssekretär:in)

Aber es war rechtlich präzise, Herr Präsident.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Der Fall ist erledigt; es ist in Ordnung. Nun rufe ich die Frage 13 des Abgeordneten Dr. Kübler auf: Wird die Bundesregierung nach den neuesten Gesprächen zwischen den Außenministern der USA und der Sowjetunion über den Abbau chemischer Waffen und die dazugehörende gegenseitige Information über Lagerstandorte von chemischen Waffen dieses zum Anlaß nehmen, die deutsche Bevölkerung über die Standorte in der Bundesrepublik Deutschland zu informieren?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Dr. Kübler, die Bundesregierung hält an der bisherigen Praxis der Geheimhaltung der Lagerorte amerikanischer chemischer Waffen in der Bundesrepublik Deutschland, die der Praxis aller bisherigen Bundesregierungen entspricht, fest, um einen sicheren und störungsfreien, möglichst frühzeitigen Abtransport der chemischen Waffen zu gewährleisten. Diese Praxis steht auch in Übereinstimmung mit der entsprechenden Position der amerikanischen Regierung. Die zwischen den Regierungen der Vereinigten Staaten und der Sowjetunion vereinbarten gegenseitigen Informationen schließen Lagerorte amerikanischer chemischer Waffen in der Bundesrepublik Deutschland bis zu deren Räumung nicht ein.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Zusatzfrage, Dr. Kübler.

Dr. Klaus Kübler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001238, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Auffassung, daß die in der Bundesrepublik offensichtlich an mehreren Standorten - oder auch nicht - lagernden chemischen Altwaffen überhaupt keine militärische Funktion mehr haben, sondern sehr wahrscheinlich Umweltprobleme darstellen und daß deshalb die ursprüngliche Handhabung - einmal unterstellt, sie war richtig - für die jetzige Situation gar nicht mehr zutreffen kann?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Dr. Kübler, die militärische Bewertung in Ihrer Frage, soweit sie zum Ausdruck kommt, kann ich nicht teilen. Den Teil Ihrer Frage, der sich auf die Umweltrelevanz chemischer Waffen bezieht, kann ich dahin gehend beantworten, daß wir in Anbetracht einer sehr sorgfältigen und über viele Jahre hinweg ausgeführten Inspektion keinen Anlaß haben, auch nur den geringsten Zweifel daran zu haben, daß diese Waffen umweltverträglich und sicherheitsrelevant gelagert werden.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Dr. Kübler.

Dr. Klaus Kübler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001238, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Selbst wenn ich die Auffassung, daß man alle Standorte nicht nennen kann, teilen würde, so könnte die Bundesregierung doch wenigstens bereit sein - das frage ich Sie jetzt - , die Frage zu beantworten, ob es in der Bundesrepublik nur einen Standort oder mehrere Standorte für chemische Altwaffen gibt.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Dr. Kübler, Ihre Frage kann nur im Zusammenhang mit den allgemein gültigen Sicherheitsvorschriften der Bundesrepublik Deutschland beantwortet werden: Fragen sowohl nach Standorten als auch nach der Zahl von Standorten unterliegen der Geheimhaltungspflicht.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Hirsch.

Dr. Burkhard Hirsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000908, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, da nach Länderrecht ja die kommunalen Behörden die ersten sind, die für Katastrophenschutz zuständig sind, also die Bürgermeister, die Stadtdirektoren, die Landräte und die Kreis- oder Oberkreisdirektoren, frage ich Sie: Können Sie uns hier versichern, daß diese kommunalen Behörden lückenlos über den Standort chemischer Waffen in der Bundesrepublik informiert sind?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Dr. Hirsch, ich will darauf aufmerksam machen, daß Sie als ehemaliger Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen mit Sicherheit mit mir der Auffassung sind, daß alle Bundesregierungen ihren gesetzlichen Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Sicherheitslage der Bundesrepublik Deutschland in exorbitant guter Weise nachgekommen sind und immer nicht nur dem Gesetzestext Genüge getan, sondern sich auch darüber hinaus im Atmosphärischen darum bemüht haben, ein bundesfreundliches und insbesondere länderfreundliches Verhalten an den Tag zu legen. ({0}) - Das können Sie dieser Antwort entnehmen. ({1})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Herr Staatssekretär, mit Verlaub, ich bin auch nicht schlauer geworden, aber es Ihr gutes Recht.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Präsident, ich kann gerne noch weitere Erläuterungen geben. Die Antwort auf die Frage des Kollegen Dr. Hirsch beinhaltet ein Grundproblem des staatlichen Miteinander in dieser Republik. Ich wundere mich etwas darüber, daß ein ehemaliger Innenminister - wenn ich dies sagen kann, Herr Dr. Hirsch - auch nur den leisesten Zweifel daran hat, daß wir in diesem Zusammenhang Recht und Gesetz so Genüge tun, wie es erforderlich ist. Ich kann nur sagen: Alle Bundesregierungen haben sich immer daran gehalten, dem Gesetzestext Rechnung zu tragen und ihrer Verpflichtung zu einem länderfreundlichen Verhalten zu entsprechen. Deswegen sage ich: Ja, wir haben alle unterrichtet.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Erstens ist die Sache damit erledigt. Zweitens. Sosehr ich daran interessiert wäre, diesen Dialog fortzusetzen, so bin ich doch an die Geschäftsordnung gehalten, Herr Dr. Hirsch. Deshalb kann ich Ihnen keine weitere Zusatzfrage zugestehen. ({0}) - Ja, eben. Ich rufe nunmehr Frage 14 des Herrn Abgeordneten Dr. Kübler auf: Gibt es eine neue Zeitplanung für den Abzug der chemischen Waffen aus der Bundesrepublik Deutschland und ein Konzept für eine möglichst die Umwelt und die Gesundheit schonende Entsorgung aus den Standorten, in denen chemische Waffen lagern?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Dr. Kübler, es gibt keinen neuen Zeitplan. Die Bundesregierung trifft die für den Abzug aller amerikanischen chemischen Waffen aus der Bundesrepublik Deutschland erforderlichen Vorbereitungen so, daß dieser zu einem möglichst frühen Zeitpunkt erfolgen kann. Bei den umfassenden und sorgfältigen Planungen für den Abtransport hat der Schutz der Bevölkerung und der Umwelt höchste Priorität.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Zusatzfrage, bitte sehr.

Dr. Klaus Kübler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001238, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, der neue Gesandte der Vereinigten Staaten in Bonn, Mr. Ward, hat in einem Gespräch mit der Arbeitsgruppe USA der SPD-Bundestagsfraktion geäußert, daß der Abzug möglicherweise ein Jahr früher als ursprünglich geplant, also voraussichtlich 1991 stattfinden kann. Können Sie dies bestätigen?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich kann das bestätigen.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Klaus Kübler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001238, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sie haben ja ein Konzept. Gehört zu dem Konzept der Entsorgung auch die rechtzeitige Information der zuständigen unteren Katastrophenschutzbehörden?

Not found (Staatssekretär:in)

Wir haben auf diesem Gebiet, Herr Kollege Dr. Kübler, bereits vor längerer Zeit alles Erforderliche unternommen.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Weitere Zusatzfragen werden nicht gewünscht. Die Frage 15 des Abgeordneten Dr. Mechtersheimer wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Vizepräsident Cronenberg Herr Staatssekretär, ich bedanke mich sehr herzlich für die erteilten Auskünfte. ({0}) Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr. Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Schulte steht zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung. Ich rufe die Frage 16 des Abgeordneten Dr. Hirsch auf: Hat sich der Zustand der Rast- und Gaststätten an der Autobahn, die sämtlich der zu 100 % im Bundesbesitz befindlichen Gesellschaft für Nebenbetriebe der Bundesautobahnen mbH ({1}) gehören, nach Auffassung der Bundesregierung seit meiner letzten Anfrage verbessert? Bitte sehr, Herr Staatssekretär.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Hirsch, der Zustand der Autobahnraststätten konnte seit Ihrer letzten Anfrage vom 3. Mai 1988 nur in geringem Umfang verbessert werden. Im Hinblick auf die noch nicht abgeschlossene politische Willensbildung zur beabsichtigten Privatisierung der Gesellschaft für Nebenbetriebe der Bundesautobahnen mbH, auf die ich in meiner Antwort auf Ihre zweite Frage noch eingehen werde, wurden alle anstehenden Neubaumaßnahmen zurückgestellt. Von den notwendigen größeren Ersatzbaumaßnahmen kommen vorerst nur besonders dringliche zur Ausführung.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Eine Zusatzfrage.

Dr. Burkhard Hirsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000908, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ich fände es richtig, wenn die Fragen im Zusammenhang beantwortet würden, weil sie sich zweifellos überschneiden.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Herr Staatssekretär, ich nehme an, Sie haben keine Einwendungen. Mir scheint das angesichts des Zusammenhangs, der zwischen den beiden Fragen besteht, sehr sinnvoll zu sein. Dann rufe ich auch die Frage 17 des Abgeordneten Dr. Hirsch auf: Welche Fortschritte zur Privatisierung dieser Gesellschaft sind seit dem Gutachten der Treuarbeit AG „über Gestaltungsmöglichkeiten, erforderliche Maßnahmen und Probleme einer Teilprivatisierung der GfN in rechtlicher, betriebswirtschaftlicher und steuerlicher Sicht" vom Februar 1988 gemacht worden? Bitte sehr, Herr Staatssekretär.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Hirsch, die Ergebnisse des Gutachtens der Treuarbeit AG wurden - zusammen mit der Darstellung von Alternativen - in einem Bericht des Bundesministers für Verkehr zusammengefaßt, der dem Verkehrsausschuß des Deutschen Bundestages am 7. Dezember 1988 zugeleitet worden ist. Der Verkehrsausschuß hat sich mehrfach mit diesem Thema befaßt und den Bundesminister für Verkehr am 26. April 1989 aufgefordert, ein weiteres Gutachten über alle denkbaren Möglichkeiten einer Neuordnung anfertigen zu lassen. Der Bundesminister für Verkehr hat den Auftrag hierzu vor kurzem vergeben. Das Gutachten soll bis zum Jahrsende vorliegen.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Eine Zusatzfrage.

Dr. Burkhard Hirsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000908, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, haben Sie eigentlich noch die Hoffnung, daß sich der Zustand der Gaststätten oder Raststätten ohne Privatisierung wirklich verbessern würde?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Hirsch, das wäre denkbar. Ich gehe aber davon aus, daß wir mit einer Privatisierung wesentlich weiter kommen. Die grundsätzliche Problematik an den Autobahnen hat sich seit dem ersten Autobahnbau so verändert, daß wir privatisieren müssen. Ich sehe überhaupt nicht ein, warum der Steuerzahler für Wirtshäuser an Autobahnen Geld auszugeben hat.

Dr. Burkhard Hirsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000908, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, ich bin ja völlig einig mit Ihnen. Ich frage mich nur, nachdem die Bemühungen um eine Privatisierung schon jahrelang dauern, wo die wirklichen politischen Hindernisse bestehen.

Not found (Staatssekretär:in)

Es gab sicherlich einiges Zähe im Bereich all derer, die für diese Autobahnraststätten und für Tankanlagen Verantwortung tragen. Aber eine klare politische Willensbildung ist eigentlich erst in diesem Jahr erfolgt, als der Verkehrsausschuß des Deutschen Bundestags - Ihre Fraktion inbegriffen - gesagt hat: Wir wollen das jetzt ändern. Das Ganze fängt an beim Bau von Raststätten und hört bei der Frage der Selbstbedienung an Tankstellen auf, die es immer noch nicht gibt, was ich nicht verstehe.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Burkhard Hirsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000908, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, können Sie uns über das von Ihnen erwähnte Gutachten hinaus irgendeinen Zeitrahmen darstellen, innerhalb dessen dieses nun wirklich überständige und leidige Problem gelöst werden könnte?

Not found (Staatssekretär:in)

Wir haben intern unter den Verkehrspolitikern einmal hochzurechnen versucht und kamen zu dem Ergebnis, daß wir ungefähr drei Jahre bräuchten. Dies setzt aber voraus, daß eine eindeutige politische Willensbildung vorhanden ist. Es ist z. B. die Frage zu klären, ob jede einzelne Raststätte selbständig sein soll oder ob die Raststätten in einem Verbund, meinethalben länderweise, zusammengefaßt werden sollen. Es ist zu klären, ob an einem Parkplatz mehrere Raststätten gegründet werden können oder ob es eine Art Monopol geben soll. Es muß geklärt werden, welche gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen es gibt. Das fängt mit Telefoneinrichtungen an und geht bis hin zur Benutzung von Toiletten und der Frage, wie Behinderte die Raststätten nutzen können. Es muß also geklärt werden, wie das öffentliche Interesse definiert und vertraglich auch begründet wird. Aber dann dauert es immer noch seine Zeit: Es fängt an mit der Bewertung von Grundstücken und geht bis zu der Frage neuer Pachtverträge.

Dr. Burkhard Hirsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000908, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Das ist alles richtig. Ich fragte aber nicht nach den Schwierigkeiten, sondern nach der Zeitvorstellung, die Sie haben.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, ich habe dies gesagt: Wenn wir auf Grund einer politischen Willensbildung auf der Grundlage des vorher genannten Gutachtens arbeiten können, rechnen wir mit drei Jahren.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Frau Abgeordnete Schulte.

Brigitte Traupe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002099, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, die Probleme des unterschiedlichen Zustands unserer Rast- und Gaststätten haben den Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages viele Jahre beschäftigt. Ist es nicht weiterhin zutreffend, daß die mangelhafte Aufsicht der Gesellschaft für Nebenbetriebe der Bundesautobahnen dazu geführt hat, daß die Situation der Raststätten sehr unterschiedlich ist?

Not found (Staatssekretär:in)

Frau Kollegin, es ist gewiß richtig, daß die Situation sehr unterschiedlich ist. Es gibt hervorragende Raststätten, und es gibt andere, wo man empört weggeht. Ich will hier keine Namen nennen. Ich gehe davon aus, daß Private gerade in diesem Bereich besser handeln können als eine staatliche Institution und auch besser handeln können als ein Tochterunternehmen, daß letztlich von Beamten im Aufsichtsrat kontrolliert wird.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Weitere Zusatzfrage.

Brigitte Traupe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002099, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, würden Sie mir bestätigen, daß die Gesellschaft für Nebenbetriebe der Bundesautobahnen durch entsprechende Aufsicht das Problem schon heute besser lösen könnte?

Not found (Staatssekretär:in)

Die Gesellschaft für Nebenbetriebe hat mit einem neuen Konzept begonnen. Das bedeutet wohl, daß der alte Zustand für die Gesellschaft selber nicht zufriedenstellend war. Ich gehe aber davon aus, daß wir einen riesigen Qualitätssprung schaffen, wenn wir privatisieren. ({0}) [SPD]: Das trifft natürlich nicht zu, denn Sie haben die Aufforderung seit sechs Jahren!)

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Nun hat der Abgeordnete Lüder eine Zusatzfrage.

Wolfgang Lüder (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001390, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, sehen Sie vielleicht Möglichkeiten, zu einer Verbesserung der Situation dadurch beizutragen, daß Sie Gespräche mit der Fachspartenleiterin im Deutschen Hotel- und Gaststättenverband führen, die möglicherweise auch im Deutschen Bundestag geführt werden könnten?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, es hat viele Gespräche gegeben, wie es auch mit anderen Interessierten Gespräche gibt. Ich gehe aber davon aus, daß wir jetzt zu einer Strukturänderung kommen müssen.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe die Frage 18 des Abgeordneten Antretter auf: Liegen der Bundesregierung die Ergebnisse über die Zahl der Verkehrsunfallopfer auf den italienischen Autobahnen während der Zeit dieses Jahres vor, als ein auf die Autobahnen begrenztes Tempolimit angeordnet war, und welche Konsequenzen gedenkt die Bundesregierung daraus zu ziehen?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Antretter, meine Antwort ist ganz kurz. Sie lautet nein.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Zusatzfrage.

Robert Antretter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000042, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, erwarten Sie in der nächsten Zeit Ergebnisse und Erkenntnisse über die Auswirkungen des zeitlich begrenzten Tempolimits in Italien?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich gehe davon aus, daß wir Unterlagen bekommen. Es gibt bereits einen Vorlauf zu Ihrer Frage. Wir haben in der Zwischenzeit keine weiteren Daten erhalten. Aber, Herr Kollege Antretter, in der letzten Woche - so war es in den Zeitungen zu lesen, so hat es auch die deutsche Botschaft in Rom bestätigt - hat das römische Parlament eine andere Entscheidung getroffen. Die Frage des Tempolimits wurde anders geregelt als in dem von Ihnen angesprochenen, vielleicht auch gewünschten Sinn. Vielleicht können wir auch die Parlamentsdebatte dazu auswerten.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Weitere Zusatzfrage.

Robert Antretter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000042, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Können Sie sich vorstellen, Herr Staatssekretär, daß Sie innerhalb der Bundesregierung dafür eintreten, daß es in der Bundesrepublik Deutschland ein Tempolimit auf der Basis der Ergebnisse der neueren Beratungen des italienischen Parlaments gibt, wonach das Limit statt bei lediglich 110 oder 120 km/h nun bei 130 km/h liegt, und wäre die Bundesregierung darüber hinaus bereit, auf der europäischen Ebene endlich eine gemeinsame Haltung zum Tempolimit, und zwar zu einer reduzierten Form des Tempolimits, zu beziehen?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Antretter, ich kann mir vorstellen, daß Sie Ihre erste Frage zu einem Zeitpunkt eingebracht haben, als die Entscheidung des italienischen Parlaments noch nicht bekannt war. Ich muß Ihnen sagen, daß Sie offensichtlich nicht im Trend liegen. Denn das, was Sie wünschen, wurde in der Zwischenzeit von Rom korrigiert. Man fährt also in der Urlaubszeit nicht mehr 110 km/h, sondern dann, wenn Sie mehr als 1 100 cm3 unter dem Hintern haben, können Sie 130 km/h fahren. Auch die Holländer haben die erlaubte Geschwindigkeit erhöht. Wenn Sie sich in Europa umschauen, stellen Sie fest, daß sich inzwischen einiges geändert hat. Es gibt einen Status quo; er lautet: In Italien dürfen die Lkw 100 km/h fahren. Ich weiß nicht, ob Sie das wollen.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Eine weitere Zusatzfrage zu dieser Frage wird nicht gewünscht. Ihre zwei Vizepräsident Cronenberg Zusatzfragen, Herr Abgeordneter Antretter, sind verbraucht. ({0}) - Das ist durchaus richtig. Sie werden Gelegenheit haben, diese Frage zu beantworten - nur nicht hier im Plenum. Ich rufe die Frage 19 des Abgeordneten Antretter auf : Gibt es seitens der Bundesregierung die Absicht oder, soweit der Bundesregierung bekannt, Bestrebungen der Landesregierungen Baden-Württemberg und/oder Rheinland-Pfalz, die vom Deutschen Bundestag in der Dringlichkeit „Planungen" eingestufte Autobahn-Querspange A 5/A 65 bei der Fortschreibung des Bedarfsplans für die Bundesfernstraßen in der Dringlichkeitsstufe „Vordringlicher Bedarf" unterzubringen?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, zwischen dem Bund und den Ländern Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz wurde vereinbart, die Planung der A 65 zwischen Kandel und der A 5 südlich Karlsruhe in folgende Abschnitte zu gliedern: Kandel-B 9 ({0}) und B 9 ({1})-A 5 südlich Karlsruhe. Dabei ist beabsichtigt, die Realisierung des NordSüd-Abschnittes Kandel-B 9 wegen der in Kürze zu erwartenden Fertigstellung der zweibahnigen CD 300 Lauterbourg-Strasbourg vorzuziehen. Für die Querspange B 9-A 5 südlich Karslruhe sind demgegenüber noch umfangreiche Voruntersuchungen erforderlich. Es ist davon auszugehen, daß der Bundesminister für Verkehr das gesamte Projekt bei der nächsten Fortschreibung des Bedarfsplans erneut bewerten und dem Deutschen Bundestag auf der Grundlage dieser Bewertungsergebnisse und des dann maßgeblichen Finanzierungsrahmens einen Einstufungsvorschlag machen wird. Sollte der Nord-Süd-Abschnitt vorher baureif werden, so wird eine Ausnahmegenehmigung nach § 6 des Fernstraßenausbaugesetzes - unvorhergesehener Verkehrsbedarf - geprüft werden.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Zusatzfrage. Bitte sehr, Herr Abgeordneter Antretter.

Robert Antretter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000042, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Haben Sie bei der Beantwortung dieser Frage auch im Gedächtnis gehabt, Herr Staatssekretär, daß es bei der letzten Fortschreibung des Bedarfsplans für die Bundesfernstraßen im Januar 1986 über alle Fraktionen des Verkehrsausschusses hin eine eher ablehnende Haltung zu dieser Maßnahme insgesamt gegeben hat?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, was ich soeben in meiner Antwort gesagt habe, steht unter dem Vorbehalt der Beschlüsse des Deutschen Bundestags. Der Deutsche Bundestag hat den Bedarfsplan in der nächsten Legislaturperiode fortzuschreiben. Mir sind die Beratungen bekannt. Nur müssen wir uns eine Frage stellen: Wenn im Elsaß eine zweibahnige - sprich: vierspurige - Straße nach Norden gebaut wird, müssen wir denn dann nicht eine Anbindung, eine Verbindung in der Südpfalz bauen? Ich ging, als Sie Ihre Frage stellten, eigentlich davon aus, daß Sie nach der Flexibilität der Verkehrspolitik und der Straßenbauverwaltung fragten.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Zusatzfrage.

Robert Antretter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000042, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, darf ich gerade Ihren letzten Versuch einer Antwort auf meine präzise Frage so deuten, daß Sie sich vorstellen können, daß das von mir angesprochene Projekt durchaus nicht abgelehnt wird, sondern, wenn es nach dem Willen der Bundesregierung geht, bei der nächsten Fortschreibung des Bedarfsplans für die Bundesfernstraßen sogar eher unter dem vordringlichen Bedarf eingestuft werden könnte?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, ich bin in meiner Antwort sogar noch weiter gegangen. Für den Nordabschnitt habe ich gesagt: Es ist denkbar, daß die Ausnahmeregelung nach § 6 des Fernstraßenausbaugesetzes zum Tragen kommt und unabhängig von der Festlegung im Bedarfsplan eine Genehmigung zum Bau erteilt wird und eine Finanzierung erfolgt.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Nun rufe ich die Frage 20 des Abgeordneten Dr. Olderog auf: Wie ist der Stand in der Realisierung eines deutsch-sowjetischen Projekts einer Fährverbindung zwischen einem Hafen in Schleswig-Holstein und einem Hafen in der Sowjetunion, und welche Schwierigkeiten stehen gegebenenfalls einer raschen Realisierung noch entgegen?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, eine Eisenbahnfährverbindung zwischen Häfen der Bundesrepublik Deutschland und der UdSSR kann nur von den interessierten Wirtschaftsunternehmen realisiert werden. Nach Informationen der Bundesregierung haben die deutschen Reedereien, die das Projekt vorbereiten, ihre Untersuchungen über den wirtschaftlich günstigsten deutschen Endhafen für die Einrichtung der Fährverbindung noch nicht abgeschlossen. Ebenso soll noch nicht feststehen, welcher Hafen auf der sowjetischen Seite in Frage kommt.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Zusatzfrage. Bitte sehr, Herr Dr. Olderog.

Dr. Rolf Olderog (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001645, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, darauf hinzuwirken, daß die interessierten und engagierten privaten Firmen rasch zu Entscheidungen kommen, ist die Bundesregierung bereit, darauf hinzuwirken, daß sich auch die Bundesbahn sehr schnell über ihre Zielsetzung in dieser Frage klar wird, und ist die Bundesregierung bereit, darauf hinzuwirken, daß schnell geklärt wird, welcher schleswig-holsteinische Hafen als deutscher Hafen in Betracht kommt? Wirkt sie darauf hin, daß dies alles in parallelen Verfahren geschieht?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, über die Frage der Fährverbindung wird von privaten Firmen entschieden werden. Die Bundesrepublik Deutschland muß ein Interesse daran haben, daß eine solche Fährverbindung zustande kommt. Deswegen werden wir den weiteren Fortgang fördern, aber letztlich müssen Private entscheiden.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Zusatzfrage. Bitte sehr, Herr Abgeordneter Dr. Olderog.

Dr. Rolf Olderog (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001645, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Welche Voraussetzungen und welche Bedingungen müssen nach Auffassung der Bundesregierung bei der Verwirklichung dieses Projekts gegeben sein, damit sie diesem Projekt zustimmen kann? Spielen dabei insbesondere sicherheitspolitische Fragen heute noch eine Rolle?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, zunächst einmal müssen die Privaten entscheiden, was sie wollen. Wenn private Reedereien zu keinem Ergebnis kommen oder wenn sie auf der anderen Seite keinen Partner finden, ist unser Gespräch sowieso obsolet. Je nachdem, zu welchem Standort man kommt, muß geprüft werden, ob es irgendwelche Sicherheitsinteressen gibt. Es gab ja bereits einen Vorlauf vor einigen Jahren, den Sie kennen. Das müßte neu geprüft werden.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Zusatzfragen werden nicht mehr gewünscht. Dann rufe ich die Frage 21 des Abgeordneten Dr. Olderog auf: Was wird die Bundesregierung konkret tun, um dieses, von allen politischen Kräften Schleswig-Holsteins dringend geforderte Projekt zu verwirklichen, und wann rechnet sie mit seiner Fertigstellung?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, Aussagen über den Zeitraum der Fertigstellung des Projekts können erst getroffen werden - ich beziehe mich auf meine vorherigen Antworten -, wenn sich die kommerziellen Partner auf ihr Durchführungskonzept in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht geeinigt haben. Die Bundesregierung wird danach über die notwendigen politischen Rahmenbedingungen entscheiden. Das war meine Antwort auf Ihre letzte Zusatzfrage.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Weitere Zusatzfrage.

Dr. Rolf Olderog (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001645, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Glaubt die Bundesregierung, daß ein solches deutsch-sowjetisches Fährlinienprojekt einen Beitrag dazu leisten könnte, die Beziehungen zwischen der Sowjetunion und der Bundesrepublik zu verbessern?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, die Bundesrepublik Deutschland muß ein Interesse daran haben, daß eine solche Fährverbindung zustande kommt.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Weitere Zusatzfrage, Herr Dr. Olderog.

Dr. Rolf Olderog (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001645, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Steht die Bundesregierung mit den in Deutschland ansässigen interessierten und engagierten Firmen in Verbindung, um ihrerseits diesen Firmen klarzumachen, daß von ihnen rasche Entscheidungen gefordert sind? Ist die Bundesregierung gegebenenfalls bereit, diese Firmen bei der Verwirklichung dieses Projekts zu unterstützen und nicht alles den privaten Verhandlungen zwischen deutschen Firmen und den Schiffahrtsverwaltungsstellen der Sowjetunion zu überlassen?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, ich glaube, da müssen wir unterscheiden. Wenn ich vorher gesagt habe, dies sei eine kommerzielle Angelegenheit, dann heißt dies, daß wir nicht in Richtung irgendeiner gemeinwirtschaftlichen Aufgabenregelung und -finanzierung abdriften dürfen. Dies bedeutet aber nicht, daß wir nicht bereit wären, private Firmen dort zu unterstützen, wo dies tunlich, gewünscht oder erforderlich ist.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Weitere Zusatzfragen werden nicht gewünscht. Die Frage 22 des Abgeordneten Wüppesahl wird auf dessen Wunsch schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Herr Staatssekretär, ich bedanke mich bei Ihnen. Ich rufe nunmehr den Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit auf. Der Parlamentarische Staatssekretär Repnik steht uns zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung. Wir kommen nun zu den Fragen 33 und 34 des Abgeordneten Schanz. Der Abgeordnete Schanz hat um schriftliche Beantwortung seiner Fragen gebeten. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Ich rufe nunmehr die Frage 35 des Abgeordneten Toetemeyer auf: Kann die Bundesregierung mitteilen, wie hoch insgesamt die Unterdeckung des Titels 896 03 im Einzelplan 23 des Haushalts 1989 ist, und mit welchen Einsparungen innerhalb der Projekte die Unterdeckung ausgeglichen werden soll?

Hans Peter Repnik (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001825

Herr Präsident, wenn es gestattet ist, würde ich gerne beide Fragen im Zusammenhang beantworten, weil sie in einem engen inhaltlichen Zusammenhang stehen.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Der Abgeordnete Toetemeyer ist offensichtlich einverstanden. Dann rufe ich jetzt auch die Frage 36 des Abgeordneten Toetemeyer auf: Ist die Bundesregierung bereit, dem Haushaltsausschuß überplanmäßige Ausgaben beim Titel 896 03 - gedeckt durch Weniger-Ausgaben beim Titel 866 01 - vorzuschlagen?

Hans Peter Repnik (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001825

Da es sich hier um einen doch relativ komplizierten Sachverhalt handelt, bitte ich um Nachsicht, wenn ich etwas ausführlicher vortrage. Das liegt sicher auch im Interesse des Fragestellers. Herr Kollege Toetemeyer, ich will nicht verhehlen - wir haben dies bereits heute vormittag im Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit besprochen -, daß wir in der Tat im Bereich der Technischen Zusammenarbeit und damit natürlich auch bei den Projekten Finanzierungsprobleme haben. Aber diese Probleme sind erfreulicherweise auf ein zumindest entwicklungspolitisch positives Ergebnis zurückzuführen, mit dem, wie ich meine, auch Ihrem langjährigen Anliegen entsprochen wird. Lassen Sie mich ganz kurz den Sachverhalt umreißen. Die Technische Zusammenarbeit hat heute ihren seit Jahren höchsten Durchführungsstand erreicht und entspricht damit wiederholten Forderungen von Parlament und Regierung. Für dieses positive Ergebnis sind zwei Faktoren maßgeblich. Zum einen bietet gerade die Technische Zusammenarbeit ein so flexibles und vielseitiges Förderinstrumentarium an, daß vor allem die große Zahl der besonders wirtschaftsschwachen Entwicklungsländer einen verstärkten Bedarf hat und diesen auch anmeldet. Zum anderen wurden in den letzten Jahren die Planungsverfahren unter vollem Einbezug der Partner vor Ort deutlich verbessert. Diese beiden Faktoren führen dazu, daß die völkerrechtlich bindend zugesagten Leistungen früherer Jahre heute schneller zur Auszahlung führen, als bei der Aufstellung des Haushalts 1989 unter Zugrundelegung der Erfahrungswerte der letzten Jahre rechnerisch ermittelt wurde oder - das möchte ich hinzufügen - ermittelt werden konnte. Da wir ja auch in diesem Bereich an den vom Parlament bewilligten Mittelrahmen gebunden sind, haben wir selbstverständlich zunächst versucht, Geld zu sparen. Durch geeignete Bewirtschaftungsmaßnahmen sollte diese Ausgabenentwicklung auf den Rahmen des verfügbaren Baransatzes zurückgeführt werden. Sie können sicher nachvollziehen, daß es keine einfache Operation war, rund 2 000 Projekte - um diese handelt es sich konkret - einzeln daraufhin durchzuprüfen, ob und in welchem Umfang Einsparungsmöglichkeiten bestanden. Zwischen der Leitung des BMZ und der Geschäftsführung der GTZ bestand dabei in jeder Phase dieses Prozesses Einvernehmen, daß der Leistungsrahmen, zu dem wir uns gegenüber den Partnerländern völkerrechtlich verpflichtet haben, nicht unterschritten werden soll. Nicht auszuschließen war dabei natürlich, daß Mitarbeitern und Partnern vor Ort das Verständnis für die Notwendigkeit einer solchen Maßnahme nur schwer vermittelbar sein würde. Aber - dies möchte ich zum Schluß hinzufügen - ungeachtet dieser einschneidenden Maßnahmen hielt der Ausgabendruck auch in den letzten Monaten weiterhin und unvermindert an. Nach heutigem Erkenntnisstand werden wir bis Ende dieses Jahres den beim Titel Technische Zusammenarbeit - 23 02/896 03 - veranschlagten Baransatz von 1,030 Milliarden DM um rund 60 Millionen DM überschreiten müssen, wenn wir nicht in völkerrechtlich bindende Verpflichtungen eingreifen wollen. Da wir dies nicht wollen, Herr Kollege Toetemeyer, prüft die Bundesregierung - wir sind im laufenden Verfahren - , entsprechende überplanmäßige Ausgaben geltend zu machen. Ich hoffe, daß dies gelingt und daß wir dann auch diesem Druck nachgeben können.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Zusatzfrage, Herr Toetemeyer.

Hans Günther Toetemeyer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002336, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Habe ich jetzt vier Zusatzfragen?

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Sie haben jetzt vier Zusatzfragen, selbstverständlich.

Hans Günther Toetemeyer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002336, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, würden Sie mir zustimmen, daß es einen Zusammenhang zwischen den Verpflichtungsermächtigungen und den Baransätzen gibt und daß für den Fall, daß im Haushaltsjahr 1988 höhere Verpflichtungsermächtigungen mit Wirkung für 1989 ausgebracht worden wären, wir in diese Schwierigkeit nicht gekommen wären?

Hans Peter Repnik (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001825

Nein, dem kann ich nicht zustimmen. Ich stimme natürlich der ersten Feststellung zu, daß es einen Zusammenhang gibt. Ich habe bei der Beantwortung Ihrer Fragen eindeutig darauf hingewiesen, daß wir es auf Grund einer Reihe von Verbesserungsmaßnahmen und schnellerer Mittelabflüsse mit einem Faktum zu tun haben, das so nicht vorher berechenbar war. Wir konnten also nicht davon ausgehen, daß diese Abflüsse so schnell stattfinden. Deshalb mußten wir auch nicht von vornherein bei den Verpflichtungsermächtigungen einen höheren Ansatz einsetzen.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Zusatzfrage.

Hans Günther Toetemeyer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002336, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, daß wir angesichts der geringen Erhöhung um 70 Millionen DM auf jetzt 1,1 Milliarden DM im Entwurf des Haushaltsplans 1990 im nächsten Jahr die gleichen Schwierigkeiten bekommen werden, daß dieser Haushaltsansatz überhaupt nicht ausreichen kann - das wird durch Ihren Hinweis verstärkt, daß Sie schon für dieses Jahr überplanmäßige Ausgaben in Höhe von 60 Millionen DM für richtig und für notwendig halten -, daß wir also binnen Jahresfrist bei der GTZ vor den gleichen Schwierigkeiten stehen wie jetzt?

Hans Peter Repnik (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001825

Ich hoffe nicht, daß dem so sein wird. Ich räume ein, daß wir wieder ein schwieriges Jahr vor uns haben werden. Darüber haben wir im Ausschuß bereits gesprochen. Allerdings haben wir in diesem Jahr bereits unsere Erfahrungen gemacht. Wir werden gerade auch bei der Mittelbewirtschaftung aus diesen Erfahrungen Lehren ziehen. Ich gehe deshalb davon aus, daß wir zum Jahresende 1990 eine Punktlandung machen werden.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Zusatzfrage.

Hans Günther Toetemeyer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002336, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Bedeutet diese Punktlandung, daß es bei der Technischen Zusammenarbeit weniger Projekte geben wird, als ursprünglich für 1990 geplant?

Hans Peter Repnik (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001825

Aus heutiger Sicht: nein.

Hans Günther Toetemeyer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002336, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Letzte Frage, ganz konkret: Werden Sie dem Haushaltsauschuß eine entsprechende überplanmäßige Ausgabe vorschlagen, und wenn ja: wann?

Hans Peter Repnik (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001825

Wir sind bereits in konkreten Gesprächen, sowohl mit dem Haushaltsausschuß als auch mit dem Finanzministerium. Die Operation läuft. ({0})

Hans Peter Repnik (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001825

Natürlich, noch vor Jahresende: jetzt, in diesen Tagen. Wir sind, wie gesagt, derzeit in Gesprächen. Wir wollen die überplanParl. Staatssekretär Repnik mäßigen Ausgaben noch in diesem Jahr zum Ansatz bringen, um die Engpässe zu vermeiden. ({0}) - Danke sehr.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Danke schön. Das wünsche ich Ihnen auch. Damit ist die Fragestunde beendet. Wir unterbrechen die Sitzung für einige Minuten, um um 15 Uhr mit der Aktuellen Stunde zu beginnen. Es war der Wunsch insbesondere der Unionsfraktion, pünktlich um 15 Uhr zu beginnen. ({0})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Wir setzen die unterbrochene Sitzung fort. Ich rufe den Zusatztagesordnungspunkt 1 auf: Aktuelle Stunde Forschungsförderung des Bundes in Berlin Die Fraktion der SPD hat gemäß unserer Geschäftsordnung eine Aktuelle Stunde zu dem genannten Thema beantragt. Zunächst erteile ich dem Abgeordneten Catenhusen das Wort.

Wolf Michael Catenhusen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000326, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wissenschafts- und Forschungspolitik ist eine Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern; sie verlangt eine langfristig angelegte konstruktive Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den Bundesländern. Auf diesem Gebiet hat es 40 Jahre lang im Grundsatz eine faire Kooperation zwischen beiden Beteiligten gegeben. Es gab wohl im Einzelfall Klagen über eine unzureichende Berücksichtigung eines Landes bei der Neugründung wissenschaftlicher Einrichtungen, nie wurde aber die Vergabe von Forschungsmitteln von der Politik einer Landesregierung abhängig gemacht, nie wurde der Versuch unternommen, politisches Wohlwollen, politisches Wohlverhalten einer Landesregierung durch die Androhung, Forschungsmittel für die Wissenschaft eines ganzen Bundeslandes zu sperren, erzwingen zu wollen. Wir haben die heutige Aktuelle Stunde beantragt, um Schaden von der Wissenschaft in Berlin abzuwenden und um hier überfällige Klärungen und Erklärungen herbeizuführen, denn der Antrag der Koalitionsfraktionen im Ausschuß für Forschung und Technologie zielte ja letztendlich darauf ab - ich zitiere -, „bis zu einer Prüfung der Gesamtforschungssituation in Berlin neue Forschungsprojekte in Berlin nicht zu beginnen". ({0}) - Ihr Antrag lautete so. Auf den massiven Widerspruch der Opposition haben Sie gemeint, ihn abmildern und auf „institutionelle Forschungsprojekte " beschränken zu müssen. Vielleicht können die Kollegen von den Koalitionsfraktionen in einem nächsten Beitrag erklären, was das heißen soll. Wir können vor einem solchen Vorgehen nur warnen. ({1}) Es kann doch nicht angehen, daß eine parteipolitische Kampagne gegen rot-grüne Politik in einem Bundesland auf dem Rücken und auf Kosten der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, der Technikerinnen und Techniker in Berlin ausgetragen wird. Wir erwarten in dieser Debatte eine überfällige Erklärung von seiten der Bundesregierung. Vielleicht läßt sie sich wenigstens nicht auch noch von konservativ-reaktionären Heißspornen aus Berlin dazu anstiften ({2}) - ich habe nicht die Kollegen gemeint -, die Berliner Wissenschaft als Geisel im Kampf gegen Rot/Grün in Berlin zu nehmen. ({3}) Wir Sozialdemokraten sind stolz auf den Beitrag, den wir dazu geleistet haben, daß Berlin nach wie vor allgemein als exzellenter Standort für Wissenschaft und Technik gilt. Es hieß in einer Debatte vor wenigen Monaten: Sie wissen so gut wie ich, daß Berlin heute zu einem großen Teil von seinen Forschungs- und Wissenschaftszentren lebt. Das ist Ihnen egal. Damit zitiere ich eine Bemerkung, die Graf Lambsdorff am 15. März 1989 hier im Deutschen Bundestag dem Senat und uns von der SPD anzuhängen versuchte. Dieser Vorwurf fällt heute doppelt und dreifach auf Sie selbst zurück. Berlin bleibt auf eine starke und kontinuierliche Forschungsförderung des Bundes angewiesen, und wir sollten nicht vergessen: Auch wir brauchen weiter die wichtigen Anstöße aus dem Wissenschaftsstandort Berlin. Aber, meine Damen und Herren, Ihr Vorgehen wird absurd, wenn man an den Hahn-Meitner-Reaktor denkt, wenn man etwa das vergleicht, was Sie in der gleichen Situation in Nordrhein-Westfalen hätten tun müssen, hätten tun können. Könnten Sie sich vorstellen, hätten Sie den Mut gehabt, das Vorgehen der Genehmigungsbehörden des Landes NordrheinWestfalen gegenüber dem Schnellen Brüter in Kalkar mit einem Stopp für Bundesmittel für neue Forschungsprojekte in einem ganzen Bundesland zu beantworten? Der Mut hat Ihnen offensichtlich gefehlt; bei rot-grüner Politik trauen Sie sich selbst solche meiner Ansicht nach unverantwortlichen Schritte zu. Die Forschungspolitik eignet sich nicht für Revanchefouls. ({4}) Dafür haben Sie mittlerweile selbst von der Industrie- und Handelskammer die rote Karte erhalten. Herr Diepgen bemüßigt sich jetzt, deutlich zu erklären, wie unangenehm der CDU in Berlin diese von Ihnen ausgeheckte Hilfe geworden ist. Ich kann Ihnen deshalb nur raten: Nehmen Sie heute Ihren Beschluß zurück, und lassen Sie uns in der Forschungs- und Technologiepolitik gemeinsam dafür sorgen, daß Berlin seine internationale Ausstrahlungskraft als Stadt der Kultur und Wissenschaft behält! Umweltminister Töpfer tut die richtigen Schritte. Er hat empfohlen, Berlin als Standort für die Europäische Umweltagentur vorzuschlagen. In dieser Richtung, meine Damen und Herren, sollten wir weitergehen. Wir schließen uns der Aufforderung des Regierenden Bürgermeisters Walter Momper an Herrn Minister Riesenhuber an - ich schließe mit diesem Satz -: den schädlichen Versuchen entgegenzutreten, Berlin als herausragenden Standort von Forschung und Entwicklung zu demontieren. Wir erwarten von Ihnen, meine Damen und Herren, in der Debatte heute eine klare Distanzierung von Ihren Plänen. Danke schön. ({5})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Das Wort hat der Abgeordnete Lenzer.

Christian Lenzer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001327, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Catenhusen, geschädigt wird die Forschung in Berlin nicht von denjenigen, die, aus Sorge um die Entwicklung, durch den rot-grünen Senat herbeigeführt, hier ein Signal setzen, sondern geschädigt - deswegen gehört der Vorwurf an diese Adresse - wird der Forschungsstandort und Entwicklungsstandort Berlin von denjenigen, die ihre Hausaufgaben nicht verrichten. ({0}) Das ist z. B. dieser Senat und der Regierende Bürgermeister Momper, der vier Wochen für einen Zwischenbescheid durch den Staatssekretär und weitere vier Wochen verstreichen läßt, bevor er sich bemüßigt fühlt, Briefe zu beantworten. Was ist geschehen? Sie haben die Argumentation und die Fakten jetzt verdreht und auf den Kopf gestellt. Wir, die Koalitionsfraktionen, haben in der Ausschußsitzung erstens den Bundesminister für Forschung und Technologie gebeten, einen Bericht über die gesamte Forschungssituation in Berlin zu geben, damit wir überhaupt erst einmal Licht in diese diffuse Dämmerung, die durch den rot-grünen Senat herbeigeführt worden ist, bringen. ({1}) Zum zweiten haben wi: beschlossen - es besteht überhaupt keine Veranlassung, auch nur einen Zentimeter hinter diesen Beschluß zurückzuweichen -, ({2}) daß keine neuen institutionellen Projekte in Angriff genommen werden, bevor nicht in einer kritischen Bilanz der Forschungspolitik klargeworden ist, wie es dort weitergeht. ({3}) Was ist passiert? Der Berliner Akademie der Wissenschaften wurde der Stuhl vor die Tür gestellt, ein einmaliger Vorgang in der bisherigen deutschen Wissenschaftsgeschichte. ({4}) Die Wissenschaftler dort, hochqualifizierte, international renommierte Wissenschaftler, wurden als „elitärer Haufen" diffamiert. Das Genehmigungsverfahren für den BER II wird „kalkarisiert". Da weicht auch der Momper-Brief an Herrn Bundesminister Riesenhuber überhaupt nicht ab, denn er steckt voller Einschränkungen, voller Verklausulierungen. ({5}) Wir bitten unsererseits auch dazu um eine Klarstellung. Dazu wird der Kollege Seesing, der als örtlicher Abgeordneter in Kalkar über einschlägige Erfahrungen verfügt, noch etwas sagen. Der Neubau des Konrad-Zuse-Zentrums für Informationstechnik ist durch Hausbesetzungen auf dem vorgesehenen Grundstück in Frage gestellt. ({6}) In der Angelegenheit BESSY II wird diskutiert, und es wurden Bürgerinitiativen mobil gemacht, die sich dagegen wenden sollen. ({7}) Das Berliner Magnetbahn-Projekt ist gefährdet, weil der Diepgen-Senat - ({8}) - Halten Sie doch die Klappe, und hören Sie erst einmal zu!

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Ich möchte einmal darauf aufmerksam machen, daß ich dem Abgeordneten Lenzer und nicht Ihnen, Herr Dr. Briefs, das Wort erteilt habe. Herr Abgeordneter Lenzer, fahren Sie fort.

Christian Lenzer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001327, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Vielen Dank, Herr Präsident! Das Berliner Magnetbahn-Projekt ist gefährdet, weil ganz einfach die Mittel, die der Berliner DiepgenSenat noch eingestellt hatte, nämlich 13,5 Millionen DM, jetzt gestrichen werden sollen. So könnte man von den Dahlem-Konferenzen bis hin zum Stromverbund und schließlich zum Deutschen Historischen Museum eine ganze Fülle von Beispielen nennen. Als absurd muß ich den Vorwurf zurückweisen, hier sei Berlin-Feindlichkeit im Spiel. ({0}) Dies ist geradezu unglaublich und durch nichts begründet. ({1}) 383 Millionen DM sind im Jahre 1988 - das sind fast 6 % der Mittel des Forschungshaushalts - an institutioneller Förderung nach Berlin geflossen. ({2}) Es gab eine ständige Steigerung von 1982 mit 229 Millionen DM bis heute. Das Doppelinstitut von Professor Spur wurde eingerichtet. Es gibt BESSY, es wurden neue An-Institute in Lasertechnik, in der Biotechnologie, in der Weltraumforschung aufgebaut. Wir sind dabei, das Wissenschaftszentrum neu zu strukturieren. Das Mikrostrukturtechnik-Institut unter Professor Reichel ist ein sehr renommiertes Institut. ({3}) Meine Damen und Herren, es ist der Vorwurf nicht an diejenigen zu richten, die, wie die FDP- und die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, mit diesem Signal, das wir gesetzt haben, offensichtlich ins Schwarze - besser gesagt: ins Rot-Grüne - getroffen haben. ({4}) - Mit Herrn Diepgen habe ich heute morgen ein sehr freundschaftliches Gespräch geführt. Sie täten gut daran, einmal den ganzen Brief zu lesen. Uns allen, auch Herrn Diepgen, auch Bundesminister Riesenhuber, geht es darum, den Standort Berlin im internationalen Wettbewerb zu stärken und zu fördern. ({5}) Das geht allerdings, Herr Catenhusen - da gebe ich Ihnen recht - , nur dann, wenn auch der Senat von Berlin in einer fairen Partnerschaft seine Hausaufgaben erfüllt, bei dringenden Entscheidungen seine Verläßlichkeit dokumentiert, die Kontinuität der Berliner Forschungs- und Technologiepolitik sichert und die überfälligen Entscheidungen trifft, damit wir wissen, wofür die Mittel verwendet werden, die wir unter diesen Kautelen auch in Zukunft gern bewilligen wollen. ({6})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Briefs. Ich hoffe, daß er weniger gestört wird als der Vorredner. ({0})

Dr. Ulrich Briefs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000266, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Das ist richtig; denn wir bringen Sie überhaupt erst einmal auf die richtige Spur, Herr Maaß. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir erleben gegenwärtig einen politischen Skandal allerersten Ranges. Überfallartig, ({0}) ohne daß irgendeine inhaltliche, argumentative Auseinandersetzung stattgefunden hätte, drückt die Koalitionsmehrheit im Bundestagsausschuß für Forschung und Technologie den Beschluß durch, die Bundesregierung aufzufordern, keine weiteren Projekte der Forschungs- und Technologieförderung in West-Berlin durchführen zu lassen. ({1}) Die Oppositionsparteien haben gegen dieses undemokratische Vorgehen sofort protestiert. ({2}) Wir haben dieses Vorgehen als das bezeichnet, was es ist: als Versuch politischer Erpressung allerersten Ranges. ({3}) - Babbeln Sie da auf der Rechten nicht so rum! Sie geben im übrigen auch noch die falschen Signale. - Es ist ein Verstoß gegen elementare demokratische Prinzipien. Wenn dieses Beispiel Schule macht, bedeutet das eine Verwilderung politisch-parlamentarischer Sitten ohnegleichen. Es zeigt, wie wenig den Koalitionsparteien an einem dem Bürgerwillen wirklich Rechnung tragenden demokratischen Zusammenleben gelegen ist. ({4}) - Ich weiß, für Sie ist es immer zu schwierig. Sie, die Koalitionsparteien, verstoßen damit gegen die Grundlagen für die Aufrechterhaltung der Bindungen West-Berlins an die Bundesrepublik, ausgerechnet Sie, die Sie dem rot-grünen Senat das immer wieder vorzuwerfen versuchen - ohne Grund und Fundament, wie inzwischen jeder weiß. Sie, die Koalitionsparteien, rächen sich nun, da Sie den Verlust der politischen Macht in West-Berlin durch das Wählervotum vorn Januar 1989 bis heute nicht verschmerzt haben, auf kleinliche Weise und auf dem Rücken der betroffenen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Berliner Forschungseinrichtungen. ({5}) Sie mauscheln sich da irgend etwas zusammen ({6}) und versuchen dann, es gegen den Wählerwillen und unter Vermeidung der inhaltlichen Diskussion über eine ökologisch und sozial sinnvolle Forschungs- und Technologieförderungspolitik durchzusetzen. Denn die ist notwendig, und das ist das erklärte Ziel des Berliner Senats und vor allem der Alternativen Liste. Statt dessen betreiben Sie seit Jahren die Förderung von Sackgassen-Technologien wie die Atomtechnik. Nicht derjenige ist wissenschaftsfeindlich, der aus dieser Technik aussteigen will ({7}) und der - wie der Berliner Senat - die Forschungs- und Technologiepolitik ökologisch und sozial refor12362 mieren will, sondern Sie sind es. Sie sind wissenschaftsfeindlich! ({8}) Sie fördern z. B. Technologien, die - wie die Raumfahrt - den Forschungs- und Technologieetat des Bundes in der Zukunft regelrecht zu strangulieren drohen. Sie binden damit Mittel, die für eine andere, eine viel reichhaltigere, eine für die Gesellschaft und die Lösung ihrer Probleme viel dringlichere Politik auf dem Gebiet von Forschungs- und Technologievorhaben benötigt werden. Sie versagen damit, insbesondere im Bereich des Umweltschutzes und der Erforschung und Lösung vordringlicher sozialer Probleme, Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen Mittel für eine gesellschaftlich nützliche Forschungs- und Entwicklungstätigkeit. ({9}) Es wird Ihnen nicht gelingen, dem Berliner Senat und der AL das Etikett der Wissenschaftsfeindlichkeit anzuheften. Das wollen Sie, aber die Beispiele, die Sie nennen, sind viel zu abseitig. Die geplante Akademie der Wissenschaften war ein rein elitäres Prestigeprojekt, ({10}) das in keiner Weise den vordringlichen Notwendigkeiten im Umweltschutz oder im sozialen Bereich Rechnung tragen konnte. Dafür lehnt aber - das ist ein zusätzlicher Skandal - jetzt das Bundesumweltministerium die Förderung der Europäischen Umweltakademie in West-Berlin ab. Das jedoch ist kein Prestigeprojekt, sondern ein auf Grundlagenarbeit und wissenschaftliche Aufklärung im Umweltschutz gerichtetes Vorhaben, noch dazu mit einem ganz bescheidenen Förderungsumfang. Wer also ist hier wissenschaftsfeindlich? Sie sind es! Sie mogeln sich wieder einmal an den Notwendigkeiten der Förderung von Forschung und Entwicklung für den Umweltschutz vorbei. Danke schön. ({11})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Das Wort hat Herr Professor Dr. Laermann.

Prof. Dr. - Ing. Karl Hans Laermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001266, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Briefs, es tut mir außerordentlich leid, aber auf Ihre verquere Argumentation kann ich hier nun wirklich nicht eingehen. ({0}) Ich glaube, dazu haben wir an anderer Stelle Gelegenheit. ({1}) Ich möchte hier in aller Sachlichkeit zunächst einmal feststellen, daß die Darstellungen und polemischen Interpretationen des Beschlusses, den die Koalitionsfraktionen mit ihrer Mehrheit gefaßt haben, durch die Opposition, den Regierenden Bürgermeister und auch den Berliner Senat eigentlich jeder Grundlage entbehren. ({2}) Man muß den Beschluß ja auch lesen. Er enthält ja Konditionen. Der Beschluß tangiert überhaupt nicht - um das noch einmal deutlich herauszustellen und zu betonen - irgendwelche laufenden Forschungsprojekte. Alle Förderungen aus den Fachprogrammen an Universitäten und Hochschulen, in der Berliner Wirtschaft und an Institutionen wie Fraunhofer-Gesellschaft und Wissenschaftszentrum in Berlin sind überhaupt nicht - mit keiner Silbe! - in Frage gestellt worden. ({3}) Deswegen läuft die Interpretation, der Forschung in Berlin würde mal eben der Geldhahn zugedreht und rund 300 Millionen DM würden der Wissenschaft und Forschung entzogen, völlig ins Leere. ({4}) Ich erkläre hier mit allem Nachdruck, daß wir im Gegenteil gerade daran interessiert sind, daß der exzellente Standort Berlin für Wissenschaft und Forschung erhalten bleibt und weiterentwickelt wird. ({5}) Dies sagen wir auch im Hinblick darauf, daß die Funktion Berlins als Bindeglied zur DDR und den osteuropäischen Staaten von eminenter Bedeutung ist. Deswegen ist es um so bedauerlicher, daß die Akademie der Wissenschaften zu Berlin, die hier eine hervorragende Funktion hätte übernehmen können, vom jetzigen Berliner Senat so nicht akzeptiert worden ist. ({6}) Meine Damen und Herren, Wissenschaft und Forschung müssen frei bleiben von parteipolitischen und ideologischen Einflüssen. Das sage ich ganz deutlich! ({7}) Aber die Wissenschaft braucht langfristig verläßliche Rahmenbedingungen. ({8}) Eine Kontinuität, die Wahlperioden überdauert, ist eine essentielle Voraussetzung dafür, daß WissenDr.-Ing. Laermann schaft ihre volle Kreativität und Leistungsfähigkeit entfalten kann. ({9}) Eine Klärung der grundlegenden Randbedingungen für Forschungsaktivitäten in Berlin ist deshalb dringend erforderlich, da die Politik des Senats von SPD und AL - hören Sie gut zu - erhebliche Irritationen ausgelöst hat. ({10}) Der genannte Beschluß mit dem Ziel, hier Klarheit zu schaffen, hat zu teilweise schrillen und propagandistisch eingefärbten Reaktionen geführt und damit eine entsprechende Beachtung in den Medien gefunden. ({11}) Diese Vorgänge scheinen tatsächlich ein Indiz dafür zu sein, daß es offenbar einigen Diskussionsrednern weniger um die Sache, die inhaltliche Festlegung von Forschungszielen, geht ({12}) als vielmehr darum, dieses Feld dafür zu benutzen, in der generellen politischen Auseinandersetzung neue Fronten zu eröffnen in der Hoffnung, damit möglicherweise ein paar Punkte zu machen. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, das ist nicht mein Stil, und das ist nicht die Position der FDP! ({13}) Aus unserer Sicht ist die Forschungspolitik für derartige Aktionen völlig ungeeignet. ({14}) Deswegen müßten Sie sich, so meine ich, ja auch einmal ernsthaft - ohne jede Polemik - mit der tatsächlichen Formulierung des Antrages auseinandersetzen. Wir möchten Klarheit haben über die Perspektiven von Wissenschaft und Forschung in Berlin und über die Haltung des Berliner Senats. Wir möchten ein eindeutiges Bekenntnis zur Freiheit der Wissenschaft, eine eindeutige Klärung der offensichtlich unterschiedlichen Positionen von SPD und AL. Die überreizte Reaktion zeigt doch, daß der Senat sehr wohl erkannt hat, wie sehr seine von der AL durchgesetzten Beschlüsse und Vorhaben - Herr Kollege Lenzer hat einige genannt - natürlich die Wissenschaft und die Forschung verunsichert haben. Nun sollte man nicht nach der Methode „Haltet den Dieb! " verfahren. Es ist doch wohl das gute Recht, ja die Pflicht des Forschungs- und Technologieausschusses, vom Bundesforschungsminister Klarheit über die derzeitige Situation und die zukünftigen Perspektiven der Forschungsinstitute und Großprojekte, die vom Bund finanziert werden, zu verlangen. Schließlich geht es um Hunderte Millionen von Steuergeldern. Es muß klargestellt werden, ob die damit finanzierten Projekte schließlich auch für Wissenschaft und Forschung zur Verfügung stehen und genutzt werden können. Wer will dem Deutschen Bundestag dies verweigern? Das liegt in seiner Kompetenz. Ich sehe darin - um es deutlich zu sagen - keinen Versuch, in die Länderhoheit einzugreifen. Verehrte Frau Senatorin Riedmüller, der Berliner Senat und die SPD und die AL mögen klären, wie die Situation ist. Sie haben es in der Hand, daß der Beschluß gegenstandslos wird. Wenn dieser Beschluß den Anlaß gegeben hat, daß wir uns überhaupt einmal unterhalten, daß wir ins Gespräch miteinander kommen, dann hat er, denke ich, seinen Zweck durchaus erfüllt. Wir sind dazu bereit. Im Lichte der Erklärungen, die wir vom Berliner Senat und vom Regierenden Bürgermeister erwarten, denken wir, daß wir auch mit diesem Beschluß in dieser Weise leben können. Wir halten ihn nach wie vor für richtig.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Herr Abgeordneter, Sie müssen zum Schluß kommen. Ich möchte nicht in den Verdacht geraten, Ihnen auch nur eine halbe Minute mehr zu geben als den anderen.

Prof. Dr. - Ing. Karl Hans Laermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001266, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident, ich darf damit schließen. Mein Appell an Sie und den Berliner Senat lautet: Lassen Sie uns über diese Dinge reden.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Das war ein ernsthafter Aufruf von mir.

Prof. Dr. - Ing. Karl Hans Laermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001266, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Lassen Sie uns das klären, und der Beschluß wird gegenstandslos. ({0})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Das Wort hat der Herr Bundesminister für Forschung und Technologie, Herr Dr. Riesenhuber.

Prof. Dr. Dr. Heinz Riesenhuber (Minister:in)

Politiker ID: 11001849

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Freunde! ({0}) - Stößt der Begriff „Freunde" auf Widerspruch? Herr Präsident, ich habe übrigens schon eine Minute Redezeit weg. Ich dachte, ich hätte zehn Minuten.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Hochverehrter Herr Bundesminister, dies ist eine vorsorgliche Maßnahme; denn in dem Moment, da Sie in Versuchung sind - als frei Sprechender ist das bei Ihnen immer besonders gefährlich -, die 10-Minuten-Frist zu überschreiten, dauert das ganze Unternehmen wesentlich länger. Das liegt nicht im Interesse des Präsidenten. Ich bitte Sie also, sich an die Zeit zu halten.

Prof. Dr. Dr. Heinz Riesenhuber (Minister:in)

Politiker ID: 11001849

Ich nehme die liebevolle Mahnung des Präsidenten respektvoll entgegen. Ich gehe davon aus, daß die Mahnung des Präsidenten nicht von meiner Zeit abgeht.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Nein; das versichere ich Ihnen.

Prof. Dr. Dr. Heinz Riesenhuber (Minister:in)

Politiker ID: 11001849

Der Kollege Christian Lenzer hat darauf hingewiesen, in welcher Weise sich Berlin über die Jahre hinweg, insbesondere in den letzten Jahren, zu einem glanzvollen Standort der Wissenschaft in Deutschland und in Europa entwickelt hat. Ich will dies nicht nachzeichnen. Aber die Vielfalt der Institutionen, die wir haben, ihre internationale Geltung, die Neugründungen in modernsten Bereichen - Informationstechnik, Materialwissenschaften, Laser, Gentechnologie, Weltraumtechnik - zeigen ebenso wie die großartige Arbeit des Wissenschaftszentrums Berlin, das in den letzten Jahren seinen Rang nicht nur als größtes, sondern auch als herausragendes sozialwissenschaftliches Institut in Europa bestätigt hat, das wirklich einzigartig ist, die tatsächlich Situation. Die heutige Debatte geht um die Forschungsförderung in Berlin. Auch hier hat Christian Lenzer auf die Fakten hingewiesen: Die Berliner Bevölkerung macht 3,1 % der Bundesbevölkerung aus; der Anteil der Forschungsmittel, die nach Berlin gehen, sind 6 %, also fast das Doppelte. In Berlin arbeiten 11 °A) aller deutschen Wissenschaftler, nämlich 13 000 Wissenschaftler. Wir haben in Berlin also einzigartige Bedingungen. Es ist dargestellt worden, in welchem Maße und in welcher Weise wir in den vergangenen Jahren die Leistungen erhöht haben. Die Zuwendungen stiegen überproportional von 230 Millionen DM auf über 380 Millionen DM. Neben der Steigerung der Zuwendungen sind eine Änderung der Struktur und eine Weiterführung der Berlin-Präferenz in Höhe von 10 % zu nennen. Dies alles gehört dazu. Nun sagte Herr Catenhusen, er möchte hier eine Erklärung zur grundsätzlichen Situation haben. Herr Catenhusen, diese Erklärung habe ich im Forschungsausschuß aus Anlaß des vorliegenden Antrags abgegeben. ({0}) Ich kann sie mit beliebiger Präzision weiterführen. Ich kann sie öffentlich abgeben. Aber für mich ist das Parlament und der Forschungsausschuß der Adressat vor allen anderen. Ich habe auf eines hingewiesen: Wir haben nie etwas anderes gemacht als eine Politik, die nach der Qualität geht, nicht nach irgendwelchen ideologischen Vorprägungen; das überlassen wir anderen. ({1}) Ob wir in Hamburg oder im Saarland, in Schleswig-Holstein oder in Niedersachsen, in Berlin oder in Hessen, in Baden-Württemberg oder in Bayern fördern, wir gehen immer von den Kriterien aus, die exzellente Forschung zu unterstützen. ({2}) - Dies zeigt die Entwicklung über die vergangenen Jahre. Ich kann es Ihnen in jedem Land zeigen: etwa die Neugründungen im Saarland z. B., das Institut der Max-Planck-Gesellschaft. Wir können es in jedem einzelnen Punkt sagen. ({3}) - Ich habe auch im Ausschuß gesagt, was zu sagen ist: Wir haben Projekte nach Qualität und Machbarkeit zu prüfen; nach Qualität ist das eine, nach Machbarkeit ist das andere. Hier wird über institutionelle Förderung gesprochen. Ich zeige sie an einem Beispiel. Ich kann Projekte bei der Berliner Akademie der Wissenschaften nicht fördern, wenn sie geschlossen wird. ({4}) Ich kann das Hahn-Meitner-Institut nicht fördern, wenn nicht sein stärkstes Instrument, um das herum die ganze Reorganisation aufgebaut wird, nicht da ist und in Betrieb genommen werden kann. ({5}) Ich verstehe die Sorge des Forschungsausschusses, wenn er sagt - so ist die Diskussion gelaufen - : Wenn wir nicht klare Rahmenbedingungen haben, mit denen die Wissenschaft rechnen kann, dann können sich die Wissenschaftler nicht auf ihre Arbeit einstellen; dann kommen wir in eine Lage, wo wir die Leute nicht berufen können, die wir für die Führung der Institute brauchen. ({6}) Dann können wir die Wissenschaftler nicht einladen. ({7}) Dann verfallen die Teams. Dann kann ich Zukunft nicht aufbauen. Ich verstehe die Sorge des Forschungsausschusses. Es liegt in seiner Verantwortung, daß er sagt, daß in einem solchen Fall überprüft werden muß, wo wir stehen. Ich kann vom Bund aus fördern; aber ich habe das Land in seiner Verantwortung zu respektieren. ({8}) Die Landesregierung hat ihre Zuständigkeit. ({9}) Wenn die Landesregierung aus welchem Grund auch immer zu dem Ergebnis kommen sollte - ich bilde ein Modell, ich unterstelle nichts - , daß der Forschungsreaktor BER II nicht in Betrieb genommen werden kann, dann hat dies denknotwendige Folgen für ein Institut, das auf ihn vital angewiesen ist. ({10}) Nun wird die Frage nach neuen institutionellen Projekten gestellt. Was heißt das? Was ist an neuen institutionellen Projekten unterwegs? Das größte, das unterwegs ist, ist Bessy II. Auch hier haben wir einen völlig korrekten Arbeitsweg. Auf dem einen Strang ist die Prüfung der Sache. Daran arbeiten die wissenschaftlichen Gremien; dazu habe ich noch Fragen. Bessy I war auf Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft angelegt. Die Wirtschaft hat sich etwas mehr zurückgezogen. Ich möchte wissen, wie das bei Bessy II ist. - Dies ist der eine Strang. Der andere ist dieser: Wenn mir heute von den Wissenschaftlern erzählt wird, daß aus den gleichen Gruppen, die den BER II anfeinden und bekämpfen, auch Bessy II angefeindet wird, wenn es sich herausstellen sollte, daß die Inbetriebnahme von Bessy II nicht in einer klaren Rahmenbedingung des Senates stattfinden kann, wie soll ich dann in ein 100-Millionen-Projekt investieren? Insofern ist es völlig richtig, zu sagen: Wir müssen eine klare Situation haben. Wir müssen wissen, was der Senat will. Wir müssen wissen, was sein Konsens und seine Linie ist. Ich habe gern mit Frau Kollegin Riedmüller gesprochen; das war ein anregendes und interessantes Gespräch. Aber es bleibt die Frage, was hernach im Senat entschieden wird. Deshalb schrieb ich am 13. Juli an Herrn Momper. Ich bekomme ein Schreiben, datiert vom 22. September, zurück, mit Boten am 2. Oktober überbracht; da traf es bei mir ein. Über diese Spiele will ich hier nichts sagen. Ich will eine klare Aussage zum Zeitablauf und zum Sofortvollzug haben. ({11}) Was nützt mir ein Zeitplan, wenn der Sofortvollzug nicht klar ist? Der Sofortvollzug hängt an der Frage des öffentlichen Interesses oder des überwiegenden Interesses eines Beteiligten. Das ist etwas, was schon geprüft sein kann. Das gehört zu einer solchen verläßlichen Rahmenbedingung, mit der wir arbeiten können. Ich bin doch nicht, sehr verehrte Frau Kollegin, im Streit mit dem Senat von Berlin. Ich werde doch nicht von mir aus Streit gegen eine Landesregierung führen. Es geht mir darum, für die Forschung solche Rahmenbedingungen zu haben, daß sie sich nach ihrer Sachgerechtigkeit entwickeln kann. So ist der Antrag des Ausschusses zu verstehen, nicht anders, und so ist er auch formuliert. ({12}) Ich möchte hier eigentlich nur noch einen Punkt zeigen. Wir haben eine Reihe von Fragen, die wir klären müssen. Der Herr Bürgermeister und auch sein Sprecher haben einiges zu diesen Fragen gesagt. Es ist nach der Entsorgung gefragt. Ich habe im Ausschuß dargestellt, daß wir wohl die positiven Grundsatzaussagen unserer amerikanischen Partner haben. Es ist nach den Unterlagen gefragt worden. Mir wird von allen Beteiligten bestätigt, daß alle Unterlagen entweder beim Gutachter oder bei der Genehmigungsbehörde sind. Ich glaube, es ist jetzt der richtige Weg, daß einerseits der Senat in Berlin seine Grundsatzposition zu Wissenschaft und Forschung klärt und daß andererseits alle Beteiligten alles tun, damit wir klare Rahmenbedingungen für eine Wissenschaftspolitik in Berlin bekommen, die die Qualität und den Glanz dieses Standortes erhalten, die seine Bedeutung für die Wissenschaftslandschaft stärken und die in einer gemeinsamen Anstrengung für Berlin eine Zukunft eröffnen, in der die Wissenschaft ihren Platz hat. ({13}) Wenn hier der Senat eine klare Position bezieht, wenn er seine internen Spannungen klärt, wenn er sagt, wo er gemeinsam steht, dann haben wir den Rahmen, und diesen braucht Wissenschaft als verläßliche Grundlage. Sie braucht die Freiheit zum Atmen und das Wissen, daß sie auch erhalten bleibt. ({14})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Das Wort hat die Senatorin für Wissenschaft und Forschung, Frau Riedmüller-Seel. Senatorin Dr. Riedmüller-Seel ({0}): Es freut mich zu hören, Herr Riesenhuber, daß wir nicht im Streit miteinander liegen. Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesrepublik ist wie kein anderes Land auf Forschung angewiesen. Berlin spielt in der Forschungspolitik der Bundesrepublik eine führende Rolle. Als durch die Lage und durch die politischen Entwicklungen der Nachkriegszeit viele Firmen ihre Leitungen und ihre Forschungsabteilungen aus Berlin abzogen, zentrale Funktionen verlorengingen, da hat die Forschungspolitik der Stadt eine neue Orientierung gegeben. Diese Orientierung stellt die Ankündigung einer Forschungsblockade durch die Koalitionsmehrheit im Forschungsausschuß des Bundestages in Frage. ({1}) - Ich kann lesen; ich habe nämlich diesen Beschluß gelesen. Da ist das Wort „institutionell" im nachhinein handschriftlich eingefügt worden. Diese Ankündigung ist auch eine Diffamierung aller in Berlin tätigen aktiven Wissenschaftler. ({2}) Die Drohung der Mittelsperrung greift bei Naturwissenschaftlern und Ingenieuren unmittelbar in die Wissenschaftsfreiheit ein. ({3}) Sie führt zur Verunsicherung und ist sachfremd. Als für den Wissenschaftsbereich verantwortliches Senatsmitglied wende ich mich gegen jegliche Diskri12366 Senatorin Dr. Riedmüller-Seel ({4}) minierung der in Berlin geleisteten wissenschaftlichen Arbeit. ({5}) Es bestand auch überhaupt kein Anlaß für diese Entschließung, ({6}) da im Kontakt mit dem Bundesministerium für Forschung und Technologie nach den Beratungen im Senat eine Beantwortung des Schreibens des Bundesministers für Ende September 1989 vereinbart worden war. ({7}) Dieser Brief war also auch nicht vorher zu erwarten. Lassen Sie mich auf einige Punkte eingehen, bei denen Klärungsbedarf unterstellt wurde. Erstens. Bereits in den Koalitionsvereinbarungen in Berlin war niedergelegt, daß das Genehmigungsverfahren für den Forschungsreaktor BER II nach Recht und Gesetz erfolgen soll. Dies ist eine Selbstverständlichkeit. Jeder Jurist weiß, daß die Auslegung von Recht und Gesetz unter dem Grundsatz von Treu und Glauben steht, so daß ein Zu-Tode-Prüfen, wie es uns unterstellt wird, eben nicht Recht und Gesetz entsprechen würde. Deswegen hat der Regierende Bürgermeister auch erklärt, daß er die Erteilung der Betriebsgenehmigung für den Reaktor spätestens im Mai kommenden Jahres erwartet. Herr Riesenhuber könnte hierzu seinen Kollegen Töpfer befragen, ob das Verfahren in Berlin nicht Recht und Gesetz entspricht. ({8}) Nach der Auffassung der Genehmigungsbehörde und aller übrigen am Verfahren Beteiligten, einschließlich des Hahn-Meitner-Instituts, ist dies ein realistischer Zeitrahmen. Dabei ist allerdings der Nachweis einer sicheren Entsorgung vorausgesetzt. Soweit wir informiert sind, ist der Weg über Amerika zur Zeit versperrt. Ich selbst habe das Überflugverbot mit den Amerikanern inzwischen allerdings regeln können. Der Senat hat weiterhin erklärt, daß er das atomrechtliche Genehmigungsverfahren zügig betreiben wird, soweit er die Voraussetzungen beeinflussen kann, einschließlich der Anordnung des Sofortvollzugs, wiederum soweit die rechtlichen Voraussetzungen vorliegen. Zweitens. Des weiteren ist behauptet worden, daß die Entscheidung über den neuen Speicherring für Synchrotronstrahlung, BESSY II, auf die wir seit Monaten warten, angeblich nicht erfolgen könne, weil die Alternative Liste den Standort in Frage stelle. Dies trifft schlicht und ergreifend nicht zu. Der Senat hat am 2. Mai 1989 eindeutig ja zu BESSY II gesagt. Dies gilt auch für den kleineren Koalitionspartner. Auch der Regierende Bürgermeister Diepgen hatte sich in den letzten Tagen seiner Amtszeit verzweifelt bemüht, eine Entscheidung in Bonn für BESSY II zu erreichen, ({9}) wobei er sein Finanzierungsangebot noch einmal erhöhte. Auch diesen Erfolg von Herrn Diepgen in letzter Minute hat ihm der Bundesminister verwehrt. ({10}) Dabei darf ich zu BESSY II noch bemerken, daß seinerzeit die sozialliberale Bundesregierung die Entscheidung für BESSY I in Berlin getroffen hat. Nun sind Sie am Zuge, Herr Riesenhuber. Drittens. Die Zukunft der Dahlem-Konferenzen ist von diesem Senat gesichert worden. Wir haben den Zuschuß aus Berliner Mitteln auf rund i Million DM erhöht, und wir stehen vor dem Abschluß einer Lösung, die die Dahlem-Konferenzen ab 1990 in Kooperation mit der Freien Universität Berlin verankert. ({11}) Viertens. Die Akademie der Wissenschaften war von Anfang an im Streit. Bei der angespannten Lage der Finanzen, bei der gewaltigen Überlast unserer Hochschulen muß ein Land wie Berlin die Möglichkeit haben, Prioritäten zu setzen. Wir haben immer klargestellt: Die Forschungsprojekte der Akademie können in Berlin weitergeführt werden. ({12}) Ich frage mich, ob die Bundesregierung mit ihren Angriffen auf Berlin von der Kritik an ihrer eigenen Forschungspolitik ablenken will. ({13}) Wir haben in Berlin nicht Kalkar und auch nicht Wackersdorf! ({14}) Wir haben dem Bundesminister für Forschung und Technologie Mitte September auf seine Anforderung eine Darstellung der Berliner Forschungs- und Technologiepolitik für den Faktenbericht des Bundesforschungsberichts übersandt. Berlin war übrigens mit einem weiteren Bundesland das einzige Land, das sich an die Terminvorgabe gehalten hat. ({15}) Ich darf noch einmal daran erinnern, daß Berlin als zentraler Wissenschafts- und Forschungsstandort unter sozialdemokratisch geführten Senaten aufgebaut worden ist. Wenn Sie sich die Berliner Forschungslandschaft heute ansehen, werden Sie sehen, daß die wichtigsten und renommiertesten Einrichtungen neben den Universitäten, die heute den Wissenschaftsstandort Berlin charakterisieren, aus dieser Zeit stammen: ({16}) Senatorin Dr. Riedmüller-Seel ({17}) vom Doppelinstitut der Fraunhofer-Gesellschaft über das Wissenschaftszentrum, das Heinrich-Hertz-Institut bis zum Wissenschaftskolleg. ({18}) An dieser weit vorausschauenden und erfolgreichen Politik, die die Sozialdemokraten begonnen haben, wird der Senat selbstverständlich festhalten. ({19}) Aber ich darf Sie daran erinnern, daß wir seinerzeit die Unterstützung der Bundesregierung hatten, und ich habe durchaus Anlaß zu Zweifeln, wenn ich mir z. B. das Entscheidungsverfahren bei BESSY und auch bei JESSI oder die Vorwände ansehe, die Sie jetzt im Forschungsausschuß gesucht haben, ob wir darauf heute noch rechnen können. In den letzten Jahren des Berliner CDU/FDP-Senats hat sich der Akzent von einer soliden Strukturpolitik auf den Propagandismus verlagert. ({20}) Durch eine konzeptionslose Gründungspolitik außerhalb der Hochschulen zu ihren Lasten wurde die Grundlagenforschung nachhaltig geschwächt. Wir müssen die Forschungslandschaft erst einmal wieder in Ordnung bringen, ({21}) wobei wir uns an die Kriterien halten, die vom Wissenschaftsrat und der Deutschen Forschungsgemeinschaft aufgestellt werden. ({22}) Wir haben den Hochschulen erst einmal Sondermittel für die Forschung zur Verfügung gestellt. Wir haben die klinische Medizin im Rudolf-Virchow-Krankenhaus aufgebaut. Wir bauen hier ein Forschungszentrum auf, das einzigartig in der Bundesrepublik ist. Im institutionellen Bereich setzen wir u. a. auf BESSY II, wobei wir nicht nur einen Standort, sondern auch die Mitfinanzierung angeboten haben, und das schon vor geraumer Zeit. Beim Hahn-Meitner-Institut haben wir darauf hingewiesen, daß der Reaktor alleine noch keine Langfristperspektive mit sich bringt. Der Vorgängersenat und die Bundesregierung haben - wie in allen Großforschungseinrichtungen - die Umorientierung sehr schleppend vorangetrieben. Allein im Hahn-MeitnerInstitut stehen vier C4-Stellen zur Berufung an. Die Berufungsverfahren werden zum Teil auf Druck der Bundesregierung verzögert. Wir haben zum wiederholten Male vorgeschlagen, durch eine stärkere Technologieorientierung und die Prüfung von Aktivitäten im Bereich der Mikroelektronik Konzepte weiterzuentwickeln, die insbesondere den wirtschaftlichen Strukturwandel flankieren würden. Ungeachtet der großen Anstrengungen des Landes, der Technischen Universität und der Fraunhofer-Gesellschaft im Bereich der Mikroelektronik, im Bereich der Aufbau- und Verbindungstechnik, der Sensorik und der Mikrosystemtechnik müssen wir aber feststellen, daß durch die Planung für JESSI in Itzehoe die Gefahr besteht, daß in Berlin aufgebaute Kapazitäten abgezogen werden. Im Gegensatz zum Vorgängersenat hat sich der rotgrüne Senat für den Ausbau der Mikroelektronik im Rahmen von JESSI eingesetzt. Wir begrüßen ausdrücklich die Anstrengung des Bundes, mit der Industrie gemeinsam die internationale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie zu erreichen. Forschungspolitik darf aber nicht zur Strukturpolitik in einem so hochkomplizierten Bereich reduziert werden. In Berlin sitzen die führenden Köpfe ({23}) für das JESSI-Forschungsprojekt. Gebaut werden soll auf der grünen Wiese in Schleswig-Holstein. Der Bundesminister hat aber alle Berliner Vorschläge - auch die der Industrie- und Handelskammer - , JESSI-Aktivitäten in Berlin auszubauen, ablehnend und hinhaltend beantwortet.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Frau Senatorin, entschuldigen Sie, wenn ich Sie unterbreche. Ich werde Sie sicher nicht in Ihren verfassungsmäßigen Rechten einschränken. Ich mache Sie nur auf die Folgen aufmerksam, wie ich das eben bei Bundesminister Riesenhuber auch getan habe. Wenn Sie die zehn Minuten überschreiten, verlängert sich die Aktuelle Stunde. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie uns das ersparen würden. Senatorin Dr. Riedmüller-Seel ({0}) : Es tut mir leid, aber ich möchte das noch zu Ende führen.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Bitte sehr, fahren Sie fort. Senatorin Dr. Riedmüller-Seel ({0}): Der Bundesminister hat sogar darüber hinaus Berlin als Standort von JESSI-Aktivitäten konstant verschwiegen, dafür aber Erlangen und Hannover genannt. Das nenne ich eine Schwächung des Forschungsstandortes Berlin, obwohl wir mit Bundesmitteln auf dem alten AEG-Gelände eine hochmoderne Technologie für Mikroelektronik aufgebaut haben. Wir haben feststellen müssen, daß der alte Senat seine Zusagen hinsichtlich der Unterbringung der Projektgruppe der Max-Planck-Gesellschaft für Kognitive Anthropologie nicht eingehalten hat. Wir haben die finanziellen und räumlichen Fragen längst geklärt. Technologieförderung, Technologietransfer und eine befriedigende Regelung für die Institute in Kooperation mit den Universitäten sind wesentliche Schwerpunkte, die Sie unserem Konzept entnehmen können. Allerdings setzen wir auch neue Akzente. Wir werden der Förderung der Geistes- und Sozial12368 Senatorin Dr. Riedmüller-Seel ({1}) wissenschaften wesentlich mehr Aufmerksamkeit schenken als bisher; ({2}) denn zahlreiche technologische Probleme sind heute Akzeptanzprobleme geworden. Erst die teilweise Ausgliederung technologischer Entwicklungen aus dem allgemeinen sozio-kulturellen Zusammenhang hat die Entstehung von Technikfeindlichkeit begünstigt. Daher müssen sich Naturwissenschaften und Technik gesellschaftlicher Kritik stellen und gemeinsam mit anderen Disziplinen an einer Neubewertung der Rolle der technischen Entwicklung arbeiten. Nicht nur die Verengung der Wissenschaftspolitik auf Technologiepolitik, nicht nur die Modernisierung und die Beschleunigung der technologischen Entwicklung sind das Ziel, sondern der Erkenntnisgewinn durch Grundlagenforschung, sozial- und umweltverträgliche Technologiegestaltung und Vorsorge. ({3}) Schließlich müssen und werden wir die Chancen nutzen, die sich im Rahmen einer sich anbahnenden Ost-West-Kooperation und der stärkeren europäischen Integration ergeben. Ich fasse zusammen: Es ist dieser Senat, der Wissenschaft und Forschung in Berlin voranbringt. Uns Wissenschaftsfeindlichkeit zu unterstellen ist absurd. Ich erwarte vom Bundesminister für Forschung und Technologie, daß er wie bisher die Berliner Wissenschaft an Qualität und Leistung mißt, nicht an politischen Vorurteilen. Eine Forschungsblockade gegen Berlin schadet der Bundesrepublik Deutschland. Ich bitte Sie, das nicht zu vergessen. Der Berliner Senat ist zu sachlicher Zusammenarbeit bereit. ({4})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Frau Senatorin, Sie haben die für die Aktuelle Stunde geltenden Regeln mißachtet. Sie haben trotz meiner Warnung die Redezeit in einem Umfang überschritten, daß § 44 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung greift. Es steht den Fraktionen frei, von diesem Recht Gebrauch zu machen. Ich bedauere außerordentlich, daß meine Warnungen nicht gefruchtet haben. ({0}) - Ich enthalte mich eines weiteren Kommentars. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Mahlo.

Dr. Dietrich Mahlo (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001408, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident, bedeutet das, daß ich jetzt länger als fünf Minuten reden kann?

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Nein, das bedeutet es nicht, Herr Dr. Mahlo. Weil ich bei Ihnen das Recht habe, Ihnen das Wort zu entziehen, würde ich von meinem Recht Gebrauch machen. Das bedeutet aber sehr wohl, daß die Fraktionen CDU/CSU und FDP weitere Redner benennen können. ({0}) - Das, Frau Abgeordnete Schulte, wäre ein Kompromißvorschlag, den zu unterstützen ich gerne bereit bin.

Dr. Dietrich Mahlo (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001408, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Erstaunliche an dieser Aktuellen Stunde scheint mir die Tatsache zu sein, daß ausgerechnet die Sozialdemokraten Veranlassung gesehen haben, den Skandalfall Forschungspolitik in Berlin hier öffentlich zu debattieren. Wir erinnern uns: Die Senate Diepgen und Weizsäcker haben in den letzten acht Jahren mit Hilfe des Bundesministers Riesenhuber Berlin zum größten Zentrum öffentlich geförderter Forschung in der Bundesrepublik ausgebaut und einen Wissenschaftsstandort von vorbildlicher Vielfalt und Leistungsfähigkeit entstehen lassen. An rund 180 wissenschaftlichen Instituten - einige davon mit Weltruf - arbeiten heute 40 000 Menschen. Die Förderung durch den Bund hatte sich von jährlich 75 Millionen DM auf etwa 380 Millionen DM verfünffacht. Es entstand eine Aufbruchstimmung. Es entstand die Hoffnung, Berlin etwas von seinem alten Rang auf diesem Gebiet zurückzugeben. Es gelang, namhafte Wissenschaftler für diese Arbeit in Berlin zu begeistern. Der Stadt brachte diese Politik Zuversicht und einen Zuwachs an Intelligenz und internationalen Verbindungen gerade auch zum Osten. Aber das junge Gewächs brauchte weiterhin Unterstützung. Es brauchte eine wissenschaftsfreundliche, ideologiefreie und vertrauensvolle Atmosphäre der Zusammenarbeit. ({0}) Was vom neuen Senat kommt, ist das Gegenteil: verständnisloses Desinteresse, mißtrauische Mäkelei bis zu haßerfüllter Gegnerschaft gegen alles, ({1}) das in Verdacht steht, anders zu denken als man selbst. ({2}) In der 30seitigen Regierungserklärung Mompers gibt es eine einzige Zeile über Forschung ({3}) - eine einzige Zeile! - , und diese ist inhaltslos. ({4}) Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie tun so, als sei alles, was wir hier sagen, sozusagen, ein Hirngespinst der CDU. Ich darf Sie fragen, Herr Briefs: Ist es richtig, daß das Genehmigungsverfahren für die größte und einzige Großforschungseinrichtung in Berlin einer Senatorin willkürlich zugeordnet worden ist, von der man ganz genau wußte, daß ihr Staatssekretär höchstpersönlich der Wortführer der Gegner dieses HMI-Instituts in der öffentlichen Anhörung gewesen ist? ({5}) Wollen Sie leugnen, daß die Senatorin Schreyer noch am 19. Juni dieses Jahres eine Gruppe von Atomgegnern aufgefordert hat, gegen das HMI-Institut Propaganda zu machen, weil es ihr eine Handhabe geben würde, das Verfahren hinauszuzögern. ({6}) Wollen Sie leugnen, daß Teile des AL-Senats den Versuch gemacht haben, noch im letzten Augenblick den Ausbau des Virchow-Klinikums - 450 Millionen DM Bundeszuschuß - zu stoppen? Geben Sie Freiheit für die Akademie der Wissenschaften, oder vertreiben Sie die Akademie der Wissenschaften aus Berlin? ({7}) Propagiert der Senat die Viertelparität an den Berliner Universitäten, obwohl er weiß, daß sie verfassungswidrig ist? Wissen Sie, daß Berufungen deswegen bereits gescheitert sind und daß die Abwanderung von Spitzenwissenschaftlern aus Berlin droht? Bestreiten Sie, Frau Senatorin, daß der Neubau des Zuse-Zentrums seit zehn Monaten dadurch blockiert wird, daß Sie die Besetzung dieses Grundstücks durch autonome Gruppen untätig hinnehmen?

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Herr Dr. Mahlo, ich mache Sie darauf aufmerksam, daß ich von meinem Recht Gebrauch machen muß, wenn uns die Aktuelle Stunde hier nicht ganz aus den Fugen geraten soll, und bitte Sie, zum Schluß zu kommen. Sie wissen, daß in der Aktuellen Stunde - Dr. Mahlo ({0}): Meine Frage: Sind das Signale für Forschungsfreundlichkeiten? Ist das Forschungsfreiheit? ({1}) Wir warten auf ein klares, durch Fakten belegtes Bekenntnis des Senats zu Berlin als Ort von Spitzenforschung ohne ideologische Einschränkung. Wenn dies vorliegt, wird von allen Beteiligten etwas dazu beigetragen, daß die Forschungszukunft dieser Stadt gewährleistet ist; aber nur dann. ({2})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Nun ist wirklich Schluß! Herr Abgeordneter Dr. Briefs, Sie haben nun das Wort. ({0}) - Auch dies ist völlig korrekt. Ich bitte, den Redner besser zu behandeln, als er die anderen Redner behandelt hat.

Dr. Ulrich Briefs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000266, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Kommen Sie! Dazu sage ich Ihnen gleich mal etwas, Herr Kollege Cronenberg. Herr Minister Riesenhuber, mir ist da irgendwie etwas nicht so richtig klar geworden. ({0}) Wenn Sie einen verläßlichen Rahmen brauchen, warum tun Sie dann nicht das, was sowieso Ihre Pflicht als Minister ist, treten einmal an den Berliner Senat heran und handeln das mit ihm aus? Sie verstecken sich doch praktisch hinter dieser CDU/CSU-FDPGarde im Bundestagsausschuß. ({1}) Das kann doch wohl keine Politik sein. Die Argumente der Koalitionsparteien - ich muß sagen, wenn es nicht so traurig wäre, würde man herzlich lachen - sind in ihrer Substanzlosigkeit wirklich phantastisch. ({2}) Ich bin versucht, Sie zu bitten, das einfach noch ein paarmal so zu machen. Jedenfalls: In der Sache stoßen Sie ins Leere. ({3}) - Bei Ihnen sowieso. Sie hören ja nicht einmal zu. Im übrigen hat der Herr Stroetmann, der Ihrer eigenen Partei zugehört, ganz klar vor der Presse gesagt, daß Sie die europäische Umweltakademie aus - ich zitiere - politischen Gründen nicht haben wollen. Da kommt das doch durch. Das ist doch die Wahrheit. ({4}) Ihnen paßt die ganze grün-rote Richtung nicht. Das ist die Wahrheit; ja, genau. Deshalb dieser Klamauk hier. ({5}) - In der Tat: Das ist nichts Neues. Das ist richtig. Aber gelernt haben Sie immer noch nichts. ({6}) Wissenschaftsfeindlich, das heißt feindlich verfahrend gegen notwendige Reformen für eine humane und ökologisch und sozial verantwortbare Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiepolitik, ist nämlich Ihre Politik. Das vergessen Sie. Noch mehr als dieses Verfahren hier, das, wie gesagt, irgendwie politische Substanz vermissen läßt, ({7}) bekümmert mich allerdings die Art und Weise, wie Sie mit demokratischen Institutionen umgehen, mit der parlamentarisch allseits beschlossenen Unterstützung West-Berlins, mit dem Wohl und Wehe der Bevölkerung, mit der Bindung zwischen Bund und West-Berlin, mit dem Berliner Senat, den Sie zu einem Almosenempfänger machen wollen, mit diesem Parlament, das Sie zum Verrichtungsgehilfen einer undemokratischen Verfahrensweise machen wollen, und mit dem F- und T-Ausschuß, dessen politische Funktion Sie zutiefst denaturieren.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Herr Dr. Briefs!

Dr. Ulrich Briefs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000266, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Wir fordern die Bundesregierung, insbesondere Bundesminister Riesenhuber, auf, sich von diesem Vorstoß der Koalitionsparteien im Ausschuß zu distanzieren, die F- und T-Förderung West-Berlins voll und ganz aufrechtzuerhalten, ja sie auf ökologische und soziale Gebiete auszuweiten und zugleich insgesamt zu reformieren. Das wäre vernünftig. ({0})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Nun hat das Wort der Abgeordnete Lüder. ({0})

Wolfgang Lüder (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001390, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir diskutieren heute - wie es die Geschäftsordnung in § 106 vorsieht - über „ein bestimmt bezeichnetes Thema von allgemeinem aktuellen Interesse" ; sonst hätte es keine Aktuelle Stunde geben können. Ich habe versucht, mich schlauzumachen, ob es schon einmal über einen Ausschußbeschluß eine Aktuelle Stunde gegeben hat. Wir machen unser eigenes Verhalten im eigenen Ausschuß zum aktuellen Thema. ({0}) - Nein; nein, nein. Die SPD hat beantragt, hier über das zu diskutieren, was durch unseren Ausschuß ausgelöst ist. Darüber sollten wir später zumindest einmal nachdenken. ({1}) - Nun hören Sie mal auf mit „skandalös" ! Wenn Sie hier - durch Herrn Briefs - von Kungelei sprechen, ({2}) wo es um einen offiziellen Beschluß eines offiziellen Ausschusses geht, der zudem protokolliert ist und den Sie nur nicht richtig lesen können, dann ist das Skandalöse bei Ihnen und nicht bei der Koalition. ({3}) Vielleicht sollten Sie das zum Anlaß nehmen - wenn ich mir das als Polemik am Rande erlauben darf -, dem Haushalt des Bundesinnenministeriums jedenfalls an der Stelle zuzustimmen, bei der erstmalig eine Förderung aus öffentlichen Mitteln für die Stiftung Lesen aufgenommen worden ist. Aber zur Sache. Nachdem nun sowohl in Berlin als auch heute hier die Diskussion begonnen hat, glaube ich, sollten wir in vier Positionen deutlich machen, worum es eigentlich nur gehen kann. Der Beschluß des Ausschusses, wonach der Forschungsminister einen Bericht zur Forschungslage in Berlin erstellen soll - so habe ich den Text gelesen - , fiel doch nicht aus heiterem Himmel. Zu oft mußten wir doch feststellen, daß die Wissenschafts- und Forschungspolitik des Berliner Senats in Bahnen geraten ist, die berechtigte Zweifel ausgelöst haben, ob die Grundsätze von Wissenschaftsfreiheit und verantwortlicher Forschungspolitik noch beachtet werden. Herr Briefs, das ist nicht so, weil uns die ganze Richtung nicht paßt. Die Zweifel kommen durch das, was hier gelaufen ist und noch läuft. Wir haben Zweifel an der Präzision und an der grundsätzlichen Richtung der Wissenschaftsfreiheit: Stichwort Akademie. Herr Catenhusen, Sie haben aus der Rede meines Bundesvorsitzenden zitiert. Lesen Sie einmal nach, was er vorher und hinterher gesagt hat. Wenn Sie auch noch unterschreiben, was Graf Lambsdorff da zu Berlin gesagt hat, dann sind Sie auf dem richtigen Weg; nicht aber mit dem einen Satz, den Sie hier zitiert haben. ({4}) Offenbar stimmt die Kommunikation zwischen Bonn und Berlin nicht mehr. Sonst hätte manches von dem, was im Forschungsausschuß diskutiert worden ist, auch schon auf dem institutionellen Wege zwischen Bonn und Berlin besprochen werden können. ({5}) Hier sollte sich Berlin nicht auf das hohe Roß setzen und warten - in der Terminologie der Frau Senatorin: „erwarten" -, bis der Bonner Sponsor gütigst um Gespräche bittet. Hier ist auch Berlin gefordert. Aber, meine Damen und Herren, ich meine, wir sollten diese Aktuelle Stunde auch zum Anlaß nehmen, zu sagen, daß auch wir nicht mit einem Zeigefinger nach Berlin drohen wollen. ({6}) Wer den Beschluß richtig liest, wird sehen, daß darin keine Drohung ist. Die Debatte sollte auch dazu dienen, klarzumachen, daß wir nicht drohen, Forschung einzuschränken. ({7}) Wir wollen vielmehr, daß hier im Gespräch miteinander die Chancen gewahrt werden, damit die Stadt, ihr Forschungspotential und ihre Wirtschaft keinen Schaden nehmen und damit weitere gute Entwicklungsmöglichkeiten folgen. Die Förderung für Projekte in Berlin, welcher Art auch immer, darf und wird nicht als Instrument für Disziplinarmaßnahmen benutzt werden. ({8}) Es ist in Berlin viel darüber spekuliert worden, ob hier Wahlkampf auf dem Rücken Berlins gemacht werde. Das kann und das darf es nicht geben. Jede Mißinterpretation dieses Beschlusses, die in diese Richtung geht, sollte auch von uns zurückgewiesen werden. Uns geht es um Sachlichkeit und Forschungsfreiheit. Uns geht es auch um die Entwicklung Berlins. Deswegen komme ich zu dem Ergebnis, daß wir die ganze Sache etwas tiefer hängen müssen. Wir sollten das Gewitter, das seine reinigende Wirkung hoffentlich gehabt hat, zum Anlaß nehmen, um Senat und Bundesregierung aufzufordern, auf allen Ebenen miteinander ins Gespräch zu kommen. Es darf kein Zweifel daran bestehen, daß wir Berlin und seine Forschungsinstitutionen stützen und Forschungsprojekte nicht stürzen wollen. Es geht nicht um irgendein laufendes Forschungsprojekt. Vielleicht war der Forschungsausschuß - das sage ich in allem Freimut - ein bißchen zu forsch. Jetzt sollten wir nachdenken und gemeinsam nach Wegen suchen, ({9}) wie wir bei unterschiedlichen politischen Konstellationen - die einen regieren in Bonn, und die anderen stellen in Berlin den Senat - zu Wegen kommen, um der Stadt, ihren Bürgern, ihrer Wirtschaft und ihrer Forschung durch solide Arbeit in Berlin und dann folgend auch durch solidarisches Handeln in Bonn helfen können. Danke. ({10})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Das Wort hat der Abgeordnete Fischer ({0}).

Lothar Fischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000554, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Lüder, ich möchte hier keine Geschäftsordnungsdebatte eröffnen. Wenn Sie aber die Aktualität anzweifeln, dann frage ich mich natürlich auch, warum Herr Diepgen, der CDU-Landesvorsitzende in Berlin, einen Brief an unseren Bundeskanzler Kohl geschrieben hat, in dem er u. a. - ich zitiere - schreibt: Die Berliner CDU ist gegen jede Einschränkung der Forschungsmittel für Berlin. Das sollte auch Christian Lenzer einmal begreifen. ({0}) - Ereifern Sie sich nicht so, Kollege Laermann. Ich weiß, was ursprünglich im Antrag gestanden hat. Sie haben dann noch „institutionalisiert" und bei den Forschungseinrichtungen dazugesetzt. Gehen Sie konsequent weiter und ziehen Sie den Antrag zurück. Ziehen Sie das „Stopp" zurück. ({1}) Gestatten Sie mir zwei Zitate, Herr Präsident. Erstes Zitat: Forschen in Berlin, das bedeutet, viele Köpfe von Rang, gebündelte Kreativität und Ausdauer, wegweisende Innovationen und bisweilen wirtschaftliches Risiko. In keiner Stadt, in der die Wissenschaftler deutsch miteinander reden, wird so intensiv und vielfältig zwischen Forschungsinstitutionen und der Industrie kooperiert. Dieses Zitat stammt von dem Chefredakteur von „Bild der Wissenschaft" Wolfram Huncke. Herr Lüder, lesen Sie einmal die Regierungserklärung des Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Walter Momper, vom 13. April 1989 nach. Darin steht, was Sie vorhin vermißt und nicht gefunden haben. Aus Zeitgründen kann ich das leider nicht vorlesen. Ich kann Ihnen das nachher gern geben. Auch die CDU/CSU und die FDP wissen das. Der aktuelle Streit geht weder um den Standort Berlin noch um die erfolgreiche Wissenschaftspolitik des Berliner Senats, sondern um den Regierungsverlust der CDU in Berlin ({2}) und um die Unkenntnis der elementaren Spielregeln unserer parlamentarischen Demokratie. ({3}) - Ja, Herr Jäger, hören Sie nur zu, die Berliner haben Herrn Diepgen und Herrn Lummer abgewählt. Die CDU muß sich endlich damit abfinden, daß sie in Berlin in der Opposition sitzt. ({4}) Darum geht es und um nichts anderes. Die in Berlin - natürlich mit anderen Akzenten - betriebene Wissenschaftspolitik ist erfolgreich und dies trotz Ihrer Polemik. Sie können die Berliner nicht für dumm verkaufen - gerade die Berliner nicht. Der Versuch der konservativen Mehrheit im Forschungsausschuß, Herrn Riesenhuber aufzufordern, keine institutionellen Projekte mehr zu beginnen, bis die gesamte Forschungssituation in Berlin überprüft ist, muß mit aller Schärfe zurückgewiesen werden. ({5}) Lesen Sie eigentlich keine Presse mehr? Wissen Sie denn überhaupt, wie Ihre durchsichtigen Aktivitäten in der Öffentlichkeit gesehen werden? Ich darf Ihnen einmal einige Überschriften vorlesen: „Bonn will Berlin gezielt bestrafen"; „Boykottaufforderung gegenüber Berlin" ; „Politisches Wohlverhalten soll erzwungen werden" ; „Bonn kontra Berlin - Rot-Grün als Haßobjekt" usw. Das waren keine Zitate aus der „taz". Lesen Sie einmal „Die Welt" und die „FAZ". Lesen Sie das einmal. ({6}) - Da machen Sie die Augen zu, wenn Sie das lesen, weil es Ihnen nicht gefällt. Inzwischen dürfte auch Ihnen nicht mehr unbekannt sein, daß Ihre Boykott12372 Fischer ({7}) aufforderung weder eine Zustimmung bei der Berliner Wirtschaft ({8}) noch bei den verantwortlichen CDU-Politikern in Berlin findet. Den Brief habe ich ja schon zitiert. Berlin ist und bleibt ein exzellenter Standort für Forschung und Technologie. Zum Schluß gestatten Sie mir einen Vorschlag. Ich möchte Sie schon jetzt warnen: Unterschätzen Sie die Berliner nicht. Sie beobachten sehr genau, wer sich wirklich zu Berlin bekennt und wer nur große Sprüche klopft. Die Berliner haben schon viele Blockaden ausgehalten. Sie haben sie aber bisher alle überstanden und sich immer gut erinnert, wer ihnen in schwierigen Zeiten geholfen hat. Schönen Dank. ({9})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Pfennig.

Dr. Gero Pfennig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001706, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte an das anknüpfen, was der Kollege Lüder gesagt hat. Bei der heutigen Diskussion über die Forschungsförderung in Berlin sollten wir die Kirche im Dorf lassen. ({0}) Der Forschungsausschuß des Bundestages hat ein Warnsignal gesetzt. Der Haushaltsausschuß, der über die Mittel zu befinden hat, ist mit dieser Angelegenheit überhaupt noch nicht befaßt gewesen und hat auch noch nichts entschieden. Der Beschluß des Forschungsausschusses besagt, daß ein Bericht des Bundesforschungsministeriums vor der Finanzierung neuer Projekte in Berlin vorgelegt werden soll. Wenn ich richtig informiert bin, sind vom neuen Senat in Berlin überhaupt keine wirklich neuen institutionellen Forschungsprojekte angemeldet worden. Wo keine Projekte neu angemeldet sind, herrscht Stillstand, und über Förderung oder Nichtförderung kann auch nicht entschieden werden. ({1}) Der jetzt vom Senat vom Zaun gebrochene Streit über die Fortsetzung der Bundesförderung für vom alten Senat angemeldete Forschungsprojekte geht am Beschluß des Forschungsausschusses völlig vorbei. Aus meiner Sicht als Mitglied des Haushaltsausschusses möchte ich einmal ganz eindeutig die Situation für die Altprojekte darstellen. Wenn diese Forschungsprojekte entsprechend den Absprachen zwischen Bund und Land durchgeführt werden, gibt es auch das dafür vorgesehene Geld des Bundes. Mit seiner jetzigen Kampagne will der Senat offenbar davon ablenken, daß es erhebliche Zweifel gibt, ob die vereinbarten Projekte tatsächlich entsprechend diesen Absprachen durchgeführt werden. ({2}) Der Senat fühlt sich bei Diskussionen innerhalb der Regierungskoalitionen über den Bruch der Kontinuität in der Forschungsförderung offensichtlich ertappt. Ein Beispiel dafür ist das Hahn-Meitner-Institut. Ein Kollege sagte es schon. Während der Bürgermeister und die durchaus redliche Wissenschaftssenatorin mitteilen, die erforderliche Genehmigung komme Anfang nächsten Jahres, versucht die für die Genehmigung zuständige Umweltsenatorin, das alles zu sabotieren. ({3}) Dazu hätten wir gerne von der Umweltsenatorin etwas gehört und nicht von der unzuständigen Wissenschaftssenatorin, ({4}) zumal aus der AL-Ecke bei Bessy II auch schon eine Sabotage versucht wird. Das ist ein Glaubwürdigkeitsproblem. Einige Kollegen haben schon andere Beispiele genannt. Berlin muß es sich gefallen lassen - wie es sich auch jedes andere Bundesland gefallen lassen müßte -, daß sich der Bund z. B. ein Bild darüber machen will, ob die für das HMI vorgesehenen 170 Millionen DM - die der Bund zu 90 % finanziert - in Berlin auch tatsächlich termingemäß verwandt werden. ({5}) Schließlich kostet jeder Tag Verzögerung des Genehmigungsverfahrens nach Berechnungen des HMI 40 000 DM. Auch hieran ist der Bund zu 90 % beteiligt. ({6}) Die mühsam erkämpfte Einbeziehung des HMI in den Kooperationsvertrag mit der Sowjetunion möchte der Bund auch nicht gern gefährdet sehen. Klarheit muß Berlin schaffen, übrigens auch in Sachen Umweltakademie. Ich sage Ihnen einmal etwas aus meiner Erfahrung als Haushaltssprecher der Christdemokraten im Europäischen Parlament: Die EG finanziert Ihnen doch nicht zwei Sachen in Berlin, zusätzlich zur eigenen Behörde der EG, der Umweltagentur, auch noch das vom alten Berliner Senat angemeldete Projekt Umweltakademie. Wenn Sie die haben wollen, müssen Sie selber eine neue Finanzierung auf die Beine stellen. Die müssen Sie mit dem Bund diskutieren. Bevor Sie das nicht getan haben, kriegen Sie keinen Pfennig aus dem Bundeshaushalt. Sie kriegen allenfalls einen Sperrvermerk, wenn Mittel vorgesehen werden. ({7}) Legen Sie endlich einmal Konzepte vor. Insgesamt - das kann ich Ihnen nur sagen - wird hier viel Lärm um nichts veranstaltet. Ich halte es für eine Torheit, die der Senat mit sich selbst ausmachen muß, daß es überhaupt eine Diskussion über die schon bestehende Forschungsförderung des Bundes in Berlin gibt. ({8}) Denn jetzt hat der Senat die hausgemachten Glaubwürdigkeitsprobleme in der Abwicklung bestehender Projekte zu erläutern, z. B. die Frage, ob auf AL-Wunsch die Magnetbahn in der Probephase gestoppt werden soll, für die der Bund immerhin 66 Millionen DM gezahlt hat. Alles das hätte sich der Senat ersparen können, wenn er schlicht und einfach neue Projekte für die Zukunft angemeldet und die kontinuierliche und vereinbarte Abwicklung der bestehenden Projekte im vorgesehenen Terminplan bestätigt hätte. Ein interner Länderbericht wird dem Haushaltsausschuß dafür jedenfalls nicht ausreichen. ({9})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Bulmahn.

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000305, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Inhalt Ihres Antrags, meine lieben Kollegen, ist es nicht, nachzuprüfen, ob ein Antrag sinnvoll ist oder nicht, sondern Inhalt Ihres Antrags ist - und das ist das Beispiellose - , daß in Berlin keine neuen institutionellen Forschungsprojekte begonnen werden sollen. Das ist eine beispiellose Einmischung des Bundes in die inneren Angelegenheiten eines Bundeslandes. Der Versuch, den Sie hier starten, ein Bundesland durch die Verweigerung von Bundesmitteln auf Kurs zu bringen, es politisch zu erpressen, ist gegen den Geist unserer Verfassung. Er stellt einen schweren Eingriff in die bundesstaatliche Ordnung dar, der nicht hingenommen werden kann. ({0}) Dieser Eingriff ist eine Verletzung von Recht und Gesetz. Einfluß nehmen kann der Bund nämlich allein durch positive Entscheidungen, durch die Vergabe von Fördermitteln. ({1}) Eine pauschale Verweigerung von Mitteln für ein Bundesland, Herr Laermann, um eine bestimmte Politik zu erzwingen, ({2}) die Einführung des zentralistischen Einheitsstaates, die Sie auf diesem Wege durch die Hintertür offensichtlich betreiben wollen, ist ein klarer Bruch unserer Verfassung. ({3}) Die Vergabe von Forschungsmitteln ist allein an sachlichen Kriterien zu orientieren. ({4}) Darüber, meine Damen und Herren, darf es in diesem Haus wohl keinen Streit geben. Herr Probst, ich zitiere Sie. Sie haben in einem Schreiben an mich ausgeführt: Die Förderung ist nicht Belohnung für Wohlverhalten, sondern sie richtet sich danach, ob das einzelne Vorhaben einen wichtigen Beitrag zu den übergeordneten Forschungs- und Entwicklungszielen leisten kann. ({5}) Besitzt diese Aussage noch Gültigkeit, Herr Probst, oder wird in Zukunft doch Wohlverhalten ein Kriterium für die Vergabe von Forschungsmitteln? Meine Damen und Herren, mit dieser Strafaktion gegen Berlin und gegen die Politik des Berliner Senats hat die Regierungskoalition deutlich gemacht, daß ihr die Luft ausgegangen ist, daß sie keine Zukunft mehr hat. ({6}) Sie verfahren nach dem einfachen Motto: Wer selbst nicht weiß, wie es weitergehen soll, der muß erstmal auf andere dreinschlagen, um im Gespräch zu bleiben. Das ist ein übler politischer Stil. Glauben Sie ernsthaft, meine Damen und Herren, daß Sie durch solche Mätzchen von Ihrem Versagen in der Forschungspolitik und davon ablenken können, ({7}) daß Sie mit Ihren Entscheidungen für die Weltraumfahrt und Riesenspielzeuge wie den Jäger 90 jeglichen forschungspolitischen Spielraum verloren haben, daß Sie davon ablenken können, daß Sie über kein forschungspolitisches Gesamtkonzept zur ökologischen Erneuerung unserer Industriegesellschaft verfügen? Sie, meine Herren, die dem Berliner Senat immer das Mäntelchen der Wissenschafts- und Technikfeindlichkeit umhängen wollen, müssen sich diesen Mantel selber umlegen. ({8}) Statt von den eigenen Fehlern abzulenken und andere mit Polemik zu überziehen, sollten Sie auf den Boden der Tatsachen und zu einer sachlichen Auseinandersetzung über die Ziele, Instrumente und Methoden der Forschungspolitik zurückkehren und nicht unnötig weiteres Prozellan zerschlagen. Berlin spielt in der bundesdeutschen Wissenschafts- und Forschungslandschaft eine außerordentlich wichtige Rolle. Hieran darf es keine Abstriche geben. Wer hier eine Blockadepolitik betreibt und für Unsicherheit sorgt, der setzt die falschen Signale nicht nur zum Schaden Berlins, sondern zum Schaden unseres Landes. ({9})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Seesing.

Heinrich Seesing (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002142, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Rundbrief der „Mütter und Väter gegen atomare Bedrohung e. V. Berlin" ({0}) vom 20. Juli 1989 heißt eine Überschrift: „Kalkar in Berlin". Das hat mich veranlaßt, hier um das Wort zu bitten, denn eine „Kalkarisierung" der Berliner Forschungslandschaft bedeutet nach meinen Erfahrungen das praktische Aus für moderne Technologien in Berlin. ({1}) Ich freue mich, wenn sich Bürgerinnen und Bürger engagieren, aber es ist bedauerlich, daß es sich meistens darum handelt, gegen etwas zu sein, hier z. B. gegen den Forchungsreaktor BER II. Es wird zwar festgestellt - so lese ich in dem erwähnten Rundbrief - , daß das Genehmigungsverfahren so weit fortgeschritten ist, daß dieser Reaktor „wohl nicht mehr endgültig verhindert" werden kann. ({2}) Ich freue mich, daß die Senatorin für Wissenschaft und Forschung den BER II für ein unentbehrliches Forschungsinstrument hält und die Betriebsaufnahme befürwortet, natürlich nach positivem Abschluß des Genehmigungsverfahrens. Dafür bin ich auch. Beim Schnellen Brüter in Kalkar haben SPD-Minister auch über viele Jahre hinweg die Inbetriebnahme für unbedingt erforderlich gehalten; sonst hätten sie ihn wohl nicht gebaut. Gleichzeitig kann man aber auch die Inbetriebnahme verhindern. Das macht man in Berlin so: Eine andere Senatorin gibt beim ÖkoInstitut Darmstadt ein neues größeres Gutachten zu umweltrelevanten Fragen in Auftrag. Sie fordert dabei auch eine private Vereinigung auf, verstärkt Öffentlichkeitsarbeit gegen das Hahn-Meitner-Institut zu machen, da ihr ein starker Protest möglicherweise wieder Handhaben gäbe. ({3}) So etwas habe ich auch über viele Jahre in Kalkar erlebt. Was dort geschehen ist und was sich in Berlin anbahnt, darf doch nicht zum Merkmal deutscher Forschungspolitik und Forschungsförderung werden. ({4}) Nun kann man sagen: Was sind schon 130 Millionen DM? In Berlin, das ja nicht ohne Grund hohe Finanzhilfen des Bundes erfährt, erfahren muß und auch erfahren soll, scheint das nicht allzu viel zu sein. In anderen Regionen würde man eine solche Investition freudig begrüßen und baldmöglichst nutzen wollen. ({5}) Dabei geht es hier um ein Gerät der Grundlagenforschung. Der Widerstand dagegen scheint mir ein Symptom dafür zu sein, daß bestimmte Teile der Berliner Koalition aus weiten Gebieten der Forschung aussteigen wollen, denn für naturwissenschaftlichtechnische Forschung kann ein Forschungsprogramm über das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Weltanschauung und Sexualauffassung in Zweier-, Dreier-, Vierer- oder in welchen Gruppen auch immer wohl keine Alternative sein. Es muß die Frage erlaubt sein, wohin die Berliner Forschungspolitik nun wirklich zielt. Meine leidvollen Erfahrungen mit dem SNR 300 sind mir Anlaß genug, zu fordern, daß in jedem Fall volle Klarheit über das Wollen, über die Kosten und über das Genehmigungsverfahren bestehen muß. Daß die GRÜNEN fast alles an neuen Techniken ablehnen, wissen wir; es entspricht ihrer Grundeinstellung zu den Dingen dieser Welt. ({6}) Daß aber die Sozialdemokraten uns vorwerfen, wir würden den Forschungsetat mißbrauchen wollen, um Berlin zu boykottieren, hat mich, sehr gelinde gesagt, in Erstaunen versetzt. Ich halte es für mit meinen Pflichten als Abgeordneter nicht verantwortbar, etwas auf den Weg zu bringen, das ein ähnliches Schicksal wie der SNR 300 erleben könnte. ({7}) SPD-Kollege Josef Vosen hat von einer bisher nicht dagewesenen Entgleisung der politischen Auseinandersetzung gesprochen. ({8}) Er ist leider nicht da. Aber wir kennen alle die Freude, die Kollege Vosen an kräftigen Ausdrücken und bunten Bildern hat. Aber es bleibt immer noch Kalkar, und Josef Vosen trägt Mitverantwortung dafür, daß - wenn ich einmal einen seiner Aussprüche aufgreifen darf - 7 Milliarden DM in den Sand gesetzt wurden. ({9}) Ich möchte nicht den Vorwurf erhalten, daß ich etwas mit auf den Weg gebracht hätte, das nicht vorher in allen Einzelheiten abgesichert ist. Wie wird sich denn der jetzige Berliner Senat gegenüber neuen Verkehrsprojekten wie z. B. der Magnetbahn oder auch gegenüber der Gentechnologie verhalten? Da muß Klarheit her. Einen Wunsch habe ich noch. Ich hoffe, daß trotz Rot-Grün Berlin so schön bleibt, wie es Kalkar trotz des ursprünglich von der SPD gewünschten Schnellen Brüters geblieben ist. Ich danke Ihnen. ({10})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Das Wort hat der Abgeordnete Wartenberg.

Gerd Wartenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002430, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Debattenstrategie von seiten der Koalition ist merkwürdig. Einerseits wird sehr vehement die Forschungs- und Wissenschaftspolitik Berlins kritisiert, und im nächsten Augenblick wird gesagt: Also, dieser Antrag im Forschungsausschuß ist überhaupt keine Blockade Berlins, nichts liegt uns ferner. ({0}) Wartenberg ({1}) Wieso ist das eigentlich keine Blockade? Was geht eigentlich bei der Industrie- und Handelskammer vor, die dagegen protestiert? ({2}) - Ach, die IHK kann nicht lesen? Der Deutsche Gewerkschaftsbund kann nicht lesen, der Innerdeutsche Ausschuß kann nicht lesen, der einen einstimmigen Beschluß gegen Ihren Beschluß gesetzt hat, und Herr Diepgen kann nicht lesen, der sich wegen dieses Beschlusses bemüßigt fühlte, einen Brief an den Bundeskanzler zu schreiben. Sagen Sie einmal: Für wie bekloppt halten Sie diese Leute eigentlich, die weitestgehend auch Ihre Leute sind? Irgend etwas an Ihrer Argumentation kann doch wohl nicht stimmen. Der Fakt ist, daß das, was dort im Forschungsausschuß von, ich sage einmal: einigen Dummbolzen beschlossen worden ist, ein Rohrkrepierer geworden ist, daß der Beschluß der Realität nicht entsprochen hat. ({3}) Meine Damen und Herren, ich möchte sagen, warum auch so viele Institutionen einen eigentlich lächerlichen Vorgang so ernst nehmen. Ein lächerlicher Vorgang könnte es sein, wenn man sich die Leute von der Koalition im Forschungsausschuß ansieht, die braucht man in der Tat nicht so ernst zu nehmen, ({4}) wenn nicht der Versuch der Blockade und Diffamierung gegenüber Berlin Methode hätte. Das bringt inzwischen sehr viele Berliner und Berliner Institutionen in eine Situation, folgendes zu sagen: Vielleicht machen die in Bonn wirklich etwas, was Berlin schädigt. - Deswegen reagieren sie zu Recht alle so heftig. Deswegen muß man auch einmal ein bißchen zurückdenken. 1981 hat es in Berlin einen Regierungswechsel von dem sozialliberalen Senat zu einem CDU-Senat gegeben. Wenige Wochen später gab es in Berlin ein großes Fest, und der damalige Kanzler Helmut Schmidt, Chef der sozialliberalen Regierung, hat in seiner Rede ganz bewußt gesagt - ich habe mir das noch einmal angesehen - : Die sozialliberale Regierung in Bonn wird nicht im Traum daran denken, Berlin durch finanzpolitische und politische Maßnahmen zu behindern, nur weil dort jetzt eine Landesregierung einer anderen Couleur ist. Im nachhinein erscheint dieser Satz, der eigentlich selbstverständlich war, als nobel und intelligent, denn was erleben wir seit einiger Zeit von dieser Koalition und dieser Bundesregierung? Kleinbürgerliches Imponiergehabe, weil in Berlin eine Landesregierung ist, die Ihnen nicht paßt; Sie wollen das Wahlergebnis nicht akzeptieren. ({5}) Dies ist das, was inzwischen auch viele Berlinerinnen und Berliner gegenüber Ihrer Politik skeptisch werden läßt, denn die Berliner können sehr genau unterscheiden, was sie an ihrem neuen Senat kritisieren oder positiv finden. Darüber diskutieren sie, und ein Teil der Berliner findet nicht alles positiv, wie es in einer Demokratie nun einmal üblich ist. Aber sie sind sehr kritisch, wenn sie merken, daß in Bonn offensichtlich Maßnahmen diskutiert werden sollen, die Berlin als Ganzes treffen, nämlich als einen Standort der Wissenschaft und der Technik, indem man androht, bestimmte Finanzmittel dieser Stadt nicht mehr zur Verfügung stellen zu wollen. Sie sollten aus dieser Geschichte lernen, und nicht nur aus dieser Geschichte. Das fing mit der albernen Nichteinladung des Regierenden Bürgermeisters beim Bush-Besuch an. Alle diese Maßnahmen sind Rohrkrepierer gewesen; sie schädigen letzten Endes die Stadt. Sie bekommen Widerstand gegen Ihre eigene Politik in der Stadt, und die Leute merken das. ({6}) Und, was ja noch interessanter ist: Ihnen selbst wird es nun langsam peinlich. Denn sonst hätte sich Herr Diepgen ja wohl nicht selbst bemüßigt gefühlt, einen Brief an den Bundeskanzler zu schreiben. ({7}) Das Ganze war wohl nichts! Vielen Dank. ({8})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Das Wort hat der Abgeordnete Maaß. ({0})

Erich Maaß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001402, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon ein kurioses Spiel, verfolgen zu dürfen, wie rot-grüne Schludrigkeit in Berlin hier in Erfolge umgemünzt werden soll. ({0}) Meine Damen und Herren, jetzt müssen wir das wirklich einmal wieder auf den Punkt zurückbringen. Was ist denn passiert? Meine Damen und Herren, Sie haben durch Ihre Taten in den letzten Wochen und Monaten - hier im Deutschen Bundestag habe ich an dieser Stelle mehrfach darauf hingewiesen ({1}) die Zeichen für ein totales Durcheinander in der Forschungspolitik in Berlin gesetzt. ({2}) Wir haben die Notbremse gezogen, um Schaden von Berlin abzuwenden. ({3}) Und wenn Sie wenigstens so fair und anständig wären, hier ordnungsgemäß zu zitieren! Selbst dazu sind Sie ja nicht in der Lage. Wie war es denn mit der Akademie der Wissenschaften, meine Damen und Herren? ({4}) Da haben Sie doch angefangen und gesagt: Uns paßt die Richtung nicht. ({5}) An die 40 renommierte Wissenschaftler wurden durch Ihre Aussagen diskreditiert. Wie wollen Sie sich eigentlich dagegenstellen, daß Helmut Schmidt, Herr Rappe, Herr Reuter, renommierte Sozialdemokraten, zu den Gründungsvätern dieser Akademie gehören? Das ist doch ein Fußtritt für diese Leute! ({6}) Meine Damen und Herren, Sie wollen uns hier vorhalten, uns passe die ideologische Richtung nicht. Sie betreiben durch Ihre Taten Gleichschaltung. Auch wenn ich jetzt wieder einen Ordnungsruf bekomme, Herr Präsident, ({7}) es ist für mich ein Herzensbedürfnis, zu sagen: So etwas haben wir vor 50 Jahren schon einmal gehabt! ({8}) Meine sehr verehrten Damen und Herren, der nächste Punkt: ({9})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Also, ich werde ihn in dieser Aktuellen Stunde nicht unterbrechen, aber darauf reagieren.

Erich Maaß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001402, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Die Frau Kollegin, die Senatorin Riedmüller - jetzt ist sie draußen - möchte ich fragen: Wie verstehen Sie es eigentlich, wenn Sie sich in Gesprächen mit Professor Albach hinstellen und sagen: Na ja, es ist nicht meine Überzeugung, aber ich will und muß den Beschluß vollziehen? Meine Damen und Herren, wenn sie Rückgrat hätte, würde sie nicht gegen ihr Gewissen und gegen ihre Natur arbeiten, ({0}) sondern zurücktreten. Meine Damen und Herren, Sie zitieren weiter, daß hier ausgehungert werde. Sie reden von Erpressung, von Boykott. ({1}) Ja, was soll denn diese Bundesregierung noch alles tun? Soll sie einen Hund zur Jagd tragen, was mit dem Berliner Senat doch der Fall ist. Meine Damen und Herren, gucken Sie sich bitte die Magnetschwebebahn an. Hier warten bis zum Jahresende 3 bis 4 Millionen DM ultimativ auf Abruf, nur weil der Senat eine Verzögerungspolitik betreibt. ({2}) Sie sind doch schuld daran, daß sich das Klima in Berlin so entwickelt. Meine Damen und Herren, Sie schaden der Stadt Berlin! Ein weiterer Punkt: BER II, wie er hier schon zitiert worden ist. Ein schnurriges Verfahren, wenn der Staatssekretär der Frau Senatorin Schreyer mit in der Aktionsgruppe ist und auf der Straße öffentlich dazu aufruft, diesen Reaktor kaputtzumachen, von dem jeder weiß, daß es ein Forschungsreaktor ist. Das ist doch eine Politik, die unmöglich ist. Meine Damen und Herren, lassen Sie mich hier einen weiteren Punkt erwähnen. Der Kollege aus Berlin hat hier so oft zitiert und Herrn Diepgen immer im Munde geführt. Ich zitiere aus diesem Brief: Die Berliner CDU ist gegen jede Einschränkung der Forschungsmittel für Berlin. Das sind wir ebenfalls. ({3}) Die eklatanten Fehler der Senatspolitik dürfen weder die in Berlin arbeitenden Wissenschaftler noch den Standort Berlin schädigen. ({4}) Wir sind dafür, wir setzen uns dafür ein. Ein weiterer Punkt: Der Senat muß Signale setzen. Bislang sind doch nur Luftblasen gekommen. Der Senat muß zu einer Kurskorrektur seiner Forschungspolitik und zur Vertragstreue bereit sein sowie die Fähigkeit zur Kontinuität bekunden. ({5}) Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist der Punkt. Wenn Sie fair wären, würden Sie das so zitieren. Aber Sie wollen der Öffentlichkeit Sand in die Augen streuen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn Sie hier so harte Worte wie „Erpressung" und „Boykott" benutzen, so kann ich nur warnen. Selbst die Wissenschaftler merken, wohin rot-grüne Politik führt. Gott behüte uns, daß das so weitergeht! Herzlichen Dank. ({6})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Herr Abgeordneter Wartenberg, ich würde Sie bitten, einmal darüber Vizepräsident Cronenberg nachzudenken, ob der Vergleich, den Sie angestellt haben ({0}) - ja, Sie! -, und damit Ihre Bewertung der Kollegen von der Koalition aus dem Forschungsausschuß die richtige Methode ist. Für den Fall, daß Sie, wie das Präsidium es gehört hat, den Ausdruck „Dummbolzen" benutzt haben sollten, erteile ich Ihnen vorsorglich einen Ordnungsruf. Ob Sie diesen Ausdruck benutzt haben, wird an Hand des Protokolls festzustellen sein, das mir im Augenblick noch nicht vorliegt. Herr Abgeordneter Maaß, auch Ihnen erteile ich einen Ordnungsruf und bitte Sie, ernsthaft darüber nachzudenken, ob Sie mit derartigen Ausdrücken nicht genau den Zustand herbeizuführen mithelfen, den Sie hoffentlich ablehnen. Ich habe dafür kein Verständnis! ({1}) Ich schließe die Aktuelle Stunde und berufe den Deutschen Bundestag für Donnerstag, den 5. Oktober 1989, 9 Uhr ein. Die Sitzung ist geschlossen.