Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 3/15/1989

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Die Sitzung ist eröffnet. Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf: Befragung der Bundesregierung Meine Damen und Herren, die Themen der Kabinettssitzung, die der Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramtes mitgeteilt hat, sind den Fraktionen bekannt. Es handelt sich um folgende Themen: erstens Berufsbildungsbericht 1989; zweitens Verschärfung der Kontrollen des Wirtschaftsverkehrs mit dem Ausland im militärisch-strategischen Bereich - Entwurf eines Artikelgesetzes zur Änderung des Finanzverwaltungsgesetzes, des Atomgesetzes und des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen; drittens Drittes Gesetz zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes; viertens Bericht der Bundesregierung über die weitere Entwicklung der Belastung der Gewässer durch Ammoniumstickstoff und Phosphor. Die Bundesregierung hat weiter mitgeteilt, daß der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft zum Bundesbildungsbericht 1989 berichtet. Zu den übrigen von mir soeben bekanntgegebenen Themen der Kabinettssitzung ist ein Bericht der Bundesregierung nicht vorgesehen. Das Wort hat der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft.

Jürgen W. Möllemann (Minister:in)

Politiker ID: 11001520

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Das Kabinett hat sich mit dem Berufsbildungsbericht 1989 und auch mit Empfehlungen, die daran geknüpft worden sind, beschäftigt und diese auch beschlossen. Dieser Bericht beinhaltet die beste Bilanz im Blick auf die Ausbildungsplätze seit 1976. Die Zahlen sind so, daß 666 000 Ausbildungsplätze angeboten wurden, daß das Angebot damit die Nachfrage um 37 000 Plätze oder knapp 6 % überstieg, daß 62 000 Plätze nicht besetzt werden konnten und daß bis zum Ende des Jahres noch 13 600 junge Menschen, also 2,2 % der Gesamtnachfrage, ohne Lehrstelle waren. Sicher spielt dabei auch die Demographie, also die Bevölkerungskurve, eine Rolle - das kann man gar nicht leugnen - , aber sicher auch die klare berufsbildungspolitische Linie und die wirtschaftspolitische Entwicklung, die das begünstigt hat. Dennoch ist festzustellen - das betrifft das weitere politische Handeln - , daß es eine Reihe von noch zu lösenden Problemen gibt. Deswegen haben wir gesagt, daß es - erstens - notwendig sei, die Möglichkeiten, die das Berufsbildungsgesetz zur Differenzierung der Ausbildung bietet, von seiten der Betriebe stärker zu nutzen, und zwar, um einerseits den leistungsschwächeren, sozial benachteiligten und behinderten Jugendlichen mehr Ausbildungschancen zu eröffnen und um zum anderen mehr leistungsstärkere Jugendliche mit höheren Abschlüssen für eine Ausbildung in den gewerblich-technischen Berufen zu gewinnen. Das heißt in dem einen Fall eine intensivere, vielleicht auch etwas längere Ausbildung und in dem anderen Fall eine etwas kürzere Ausbildung. Zweitens. Es gibt den Trend zu einer immer anspruchsvoller werdenden Ausbildung. Die Inhalte, die nach den Ausbildungsordnungen vermittelt werden müssen, werden vor allen Dingen im theoretischen Teil immer komplizierter. Damit nimmt tendenziell die Zahl derjenigen jungen Menschen zu, die trotz aller Förderung eine solche Ausbildung dann nicht bewältigen. Wir können uns nun nicht damit begnügen, solchen jungen Menschen schlicht zu bescheinigen, sie seien gescheitert, sie hätten keine Perspektive. Deswegen möchte ich für die Bundesregierung in einem hoffentlich möglichen vorurteilsfreien Dialog mit Arbeitgebern und Arbeitnehmern gerne die Frage erörtern, ob man besondere Ausbildungsgänge entwickeln kann, die auf diesen Kreis zugeschnitten sind, die also von solchen jungen Menschen auch bewältigt werden können. Das ist sicher ein Thema, das sehr sensibel ist und bei dem man vermeiden muß, daß etwa die Behauptung ihre Rechtfertigung fände, hier wollte man generell eine Ausbildung zweiter Klasse einführen. Daran ist nicht gedacht. Es geht um diejenigen, die sonst die Ausbildung nicht schaffen. Der dritte Punkt betrifft die hochbegabten, besonders leistungsfähigen Jugendlichen im Berufsbildungswesen. Wir haben in allen anderen Bereichen - Schule, Hochschule - Förderungsmodelle. Die Bundesregierung möchte auch für besonders begabte junge Menschen in der Berufsausbildung besondere Förderungsmodelle entwickeln. ({0}) Schließlich möchte ich erwähnen, daß wir uns mit der Tatsache beschäftigt haben, daß sich nach wie vor nahezu 70 % aller Mädchen und jungen Frauen auf ganze 15 der 352 zugelassenen Ausbildungsberufe konzentrieren. Hier bedarf es des Umdenkens auf beiden Seiten, beim Beschäftigungssystem und den Arbeitgebern wie bei den Mädchen und jungen Frauen. Gemeinsam mit Arbeitgebern und Arbeitnehmern, Ländern und Medien wollen wir den Versuch unternehmen, eine Art Kampagne in Gang zu setzen, die den notwendigen Bewußtseinswandel auf beiden Seiten unterstützt. Frau Präsidentin, das waren die wesentlichen Eckpunkte der heutigen Beratungen über dieses Thema.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Danke. Ich bitte, zunächst Fragen zu dem Themenbereich zu stellen, über den gerade berichtet wurde. Erster Fragesteller ist Herr Rixe.

Günter Rixe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001861, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Will die Bundesregierung wirklich eine zweitklassige Berufsausbildung einführen, und will sie eine Eliteberufsausbildung installieren und damit den Konsens zwischen allen in der Berufsausbildung aufgeben?

Jürgen W. Möllemann (Minister:in)

Politiker ID: 11001520

Nein, Herr Kollege, das wollen wir ganz sicher nicht, sondern wir wollen dafür sorgen, daß alle Jugendlichen, die das eben können - selbst diejenien, die im ersten Moment Schwierigkeiten haben, mit Unterstützung des Benachteiligtenprogramms -, eine möglichst qualifizierte Ausbildung bekommen. Die Erfordernisse in Wirtschaft und Gesellschaft gehen ja nicht auf weniger Qualifikation, sondern auf mehr Qualifikation für immer mehr Menschen; das ist unbestreitbar. Aber daneben gibt es junge Menschen - es wäre einfach inhuman, davor die Augen zu verschließen -, die trotz aller Förderung die immer höher gewordenen Anforderungen der normalen Ausbildungsordnungen nicht bewältigen. Beim Benachteiligtenprogramm schaffen es 60 %, aber 40 % eben nicht, und denen bescheinigen wir im Augenblick nur, daß sie gescheitert sind. Ich bin nicht damit zufrieden, den einzelnen betroffenen Menschen nur dies zu sagen. Vielmehr müssen sie die Chance haben, eine von ihnen zu bewältigende Ausbildung angeboten zu bekommen.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Bitte, Herr Schemken.

Heinz Schemken (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001955, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, haben Sie diese Frage auch einmal mit dem Mittelstand, mit dem Handwerk, mit der Wirtschaft insofern abgestimmt, als wir ja eigentlich dafür dankbar sein dürfen, daß in den vergangenen Jahren mehr Ausbildungsplätze geschaffen wurden, und als die Zielrichtung dahin gehen muß, daß in Zukunft die Qualifizierung und die permanente Weiterbildung eine Rolle spielen? Damit meine ich, daß auch dem Teil der Jugendlichen, die den Einstieg nun absolut nicht erfahren, die Möglichkeit einer Weiterbildung gewährt wird, so daß es nicht zu einem Zweiklassensystem kommt.

Jürgen W. Möllemann (Minister:in)

Politiker ID: 11001520

Sicher, Weiterbildung für alle Beschäftigten wird künftig eine Regelanforderung sein. Die Inhalte wandeln sich so schnell, daß der Satz nicht mehr stimmt, eine gute Berufsausbildung sei hinreichendes Rüstzeug für das ganze Leben. Notwendig ist Weiterbildung vor allen Dingen für diejenigen, die in Branchen tätig sind, in denen es einen schnellen strukturellen Wandel gibt, damit sie ihre sich wandelnden Arbeitsplätze behalten können. Aber Weiterbildung setzt natürlich voraus, daß eine Grundausbildung vorausgegangen ist. Es ist einfach so, daß - nehmen wir die jetzt neu geordneten metallverarbeitenden Berufe - die Anforderungen in den Ausbildungsordnungen, auch die theoretischen Anforderungen, immer höher werden. Es gibt eben Jugendliche, die das nicht schaffen. Es gibt keinen Grund, anzunehmen, daß alle es schaffen könnten. Es ist unsere Aufgabe, so viele wie möglich von ihnen durch Sonderprogramme so zu fördern, daß sie es doch noch schaffen, aber denen, die es nicht schaffen, müssen wir eine Option eröffnen. Deswegen ist beides notwendig.

Dr. Dr. h. c. Hildegard Hamm-Brücher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000793, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Minister, muß ich davon ausgehen, daß Sie sich im Hinblick auf die von Ihnen genannte Zahl von Mädchen in Ausbildungsberufen nach wie vor überwiegend auf die Berufsausbildung weiblicher Jugendlicher konzentrieren, obwohl die Förderprogramme Ihres Hauses aus früheren Zeiten doch offensichtlich nicht den Erfolg gezeitigt haben, den wir uns davon erwünscht und erhofft haben, und - das frage ich vor allen Dingen im Hinblick auf unsere jungen ausländischen Mitbürger - wächst der Anteil von ausländischen Jugendlichen in Ausbildungsberufen, und - wenn ja - kann der Bedarf der ausländischen Jugendlichen in den nächsten Jahren überhaupt gedeckt werden?

Jürgen W. Möllemann (Minister:in)

Politiker ID: 11001520

Diese Förderprogramme haben ihre Wirkung gehabt. Das ist unbestreitbar. Aber es gibt offenkundig ein Problem, Frau Dr. Hamm-Brücher, das wir nicht frühzeitig genug erkannt haben und aus dem wir nicht frühzeitig genug Schlußfolgerungen gezogen haben. Offenkundig entscheiden sich sehr viele Mädchen und junge Frauen, die sich ja heute in immer größerer Zahl für den Beruf entscheiden und das als eine lebenslang geltende Entscheidung betrachten, nach der Fragestellung: In welchen Beruf komme ich schnell wieder hinein, wenn ich für die Dauer von ein paar Jahren während einer Familienphase pausieren muß? Wir haben kein hinreichendes Instrumentarium an Weiterbildung, die die Familienphase begleitet, damit man gar nicht erst aus dem Beruf herausrutscht. Das führt dazu, daß sich die Mädchen und jungen Frauen von vornherein für bestimmte Berufe, in denen der Wandel besonders schnell ist, gar nicht erst entscheiden. Sie sagen: In diesen oder jenen Beruf komme ich ja nie wieder hinein, wenn ich eine ZeitBundesminister Möllemann lang pausiert habe. Die Modelle der Weiterbildung, denen zufolge Weiterbildung nach fünf oder zehn Jahren für erforderlich gehalten wird, müssen also durch die Familienphasen begleitende Weiterbildung abgelöst werden. Zweiter Punkt. Dem Handwerk ist wohl klar, denke ich - es macht dies durch seinen Präsidenten in letzter Zeit auch sehr deutlich - , daß es dringend die Chance nutzen muß, die darin liegt, daß Aussiedlerkinder und junge Ausländer bereit sind, gewerblichtechnische Berufe und Handwerksberufe zu ergreifen. Die Kampagne zielt jetzt auch darauf, denn sonst kann der Bedarf an Nachwuchs überhaupt nicht mehr gedeckt werden. Schon jetzt sind 60 000 Lehrstellen unbesetzt geblieben.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Frau Hillerich.

Imma Hillerich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000902, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Minister, ich möchte noch einmal auf die Jugendlichen zurückkommen, denen Sie bzw. dann wohl auch die Bundesregierung ein Scheitern - trotz aller Hilfen - an den theoretischen Anforderungen im Berufsbildungsbericht, der bisher ja nur als Entwurf vorliegt - und selbst den kennen wir noch nicht ganz - , bescheinigen. Woran machen Sie das Scheitern trotz aller Hilfen eigentlich fest? Ist Ihr Maßstab allein das Benachteiligtenprogramm in seiner bisherigen Form, und gäbe es nicht auch die sehr viel naheliegendere und pädagogisch sinnvollere Möglichkeit, die auch dem einstigen Konsens im Bildungsrat entsprechen würde - statt dann eben doch eine Ausbildung zweiter Klasse, unterhalb des bisherigen Niveaus der Ausbildung zum Facharbeiter bzw. zur Facharbeiterin, einzuführen - , z. B. Förderungsmöglichkeiten im Rahmen des Benachteiligtenprogramms zu verbessern? Denn Sie können doch nicht behaupten, daß das, was bisher geschehen ist, der pädagogischen Weisheit letzter Schluß gewesen sei.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Herr Bildungsminister, ich darf Sie trotz der Komplexität der Frage bitten, kurz zu antworten.

Jürgen W. Möllemann (Minister:in)

Politiker ID: 11001520

Ja, das ist immer das Problem. ({0}) Darüber, was bei der Festlegung von Examensanforderungen der Weisheit letzter Schluß ist, können wir lange streiten, aber daß es eben Abschlußprüfungen bei einer Lehre gibt und daß die einen sie bestehen und die anderen nicht, ist unbestreitbar. Es kann ja nicht der Zweck der Übung sein, zu sagen: Wir schaffen die Prüfungen ab. Es gibt eben Jugendliche, die sie - trotz aller Förderung - nicht schaffen, die schon ihre Lehre abbrechen, weil sei mit den theoretischen Inhalten einfach nicht fertig werden. Ich weiß nicht, ob Sie sich einmal die Mühe gemacht haben, die Inhalte des neugeordneten Metallberufs anzuschauen. Es ist eine anspruchsvolle theoretische Konzeption. Es gibt junge Menschen, die das nicht schaffen. Ich kann sie zehnmal, zwanzigmal fördern, sie schaffen es nicht. Denen soll ich nur sagen: Du bist durchgefallen, du hast deine Prüfung jetzt nicht gemacht, du wirst kein Geselle? - Das reicht mir nicht aus.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Herr Andres.

Dr. h. c. Gerd Andres (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000038, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wie viele Ausbildungsplätze wird die Deutsche Bundesbahn 1989 nach Beschluß der Bundesregierung über den Eigenbedarf hinaus anbieten?

Jürgen W. Möllemann (Minister:in)

Politiker ID: 11001520

Wir haben heute beschlossen, noch einmal 650 zusätzliche Plätze über die Konzeption hinaus anzubieten. ({0}) - Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Sie haben mich an einem wunden Punkt erwischt. Ich habe die Zahl im Moment nicht im Kopf. Ich würde Ihnen das gern nachreichen. ({1}) - Ich würde Ihnen das gerne nachreichen. Ich habe die Zahl jetzt nicht im Kopf.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Der Herr Bundesminister hat gesagt, daß er das nachreichen wird. Das wird er dann tun. Herr Kastning.

Ernst Kastning (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001070, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, sind Sie sich darüber im klaren, daß Sie mit dem Drei-Klassen-System, das Sie einführen wollen, allen denjenigen, die sich - auch aus Ihren eigenen politischen Reihen - in den vergangenen Jahren mit Erfolg darum bemüht haben, benachteiligten Jugendlichen eine volle qualifizierte Berufsausbildung zu vermitteln, im Grunde eine Ohrfeige versetzen, und sind Sie sich darüber im klaren, daß Sie die vorhin in der Antwort auf die Frage von Frau Hamm-Brücher genannten Mädchen langfristig auf ein ausgefahrenes Abstellgleis schicken?

Jürgen W. Möllemann (Minister:in)

Politiker ID: 11001520

Darüber bin ich mir nicht im klaren, sondern ich halte das auch für ein uraltes Argument aus der Mottenkiste der Ideologie. Es bringt uns überhaupt nicht weiter, Herr Kollege Kastning, uns wechselseitig mit solchen Etiketten zu bedenken. Es gibt junge Menschen, die können Sie fördern, wie Sie wollen, die schaffen es nicht. Darum herumzureden bringt doch nichts. Das hat auch nichts mit irgendwelchen Parteiideologien zu tun. Sie treffen sie an, auch jeder Gewerkschafter sagt mir das. Die IG Chemie hat doch schon selbst Ausbildungsgänge einfacherer Art für solche jungen Menschen entwickelt, die eben nicht die Normallehre beinhalten. Seien Sie doch nicht gewerkschaftlicher als die IG Chemie. ({0})

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Herr Schemken.

Heinz Schemken (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001955, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, halten Sie das duale Ausbildungssystem im Hinblick auf die Herausforderung Europa für eine gute Ausgangschance, und sind Sie mit mir der Meinung, daß dazu die elementare Hinführung in der Schule gehört, daß die Schule, wenn Bildungsgefälle beseitigt werden soll, den einzelnen nach Eignung und Neigung fördern sollte, d. h. daß wir uns frühzeitiger in den Schulen - Hauptschulen, Realschulen, Elementarschulen - darum kümmern müssen, wo es in der beruflichen Bildung hingeht, z. B. für die Mädchen frühzeitig modellhaft Vorbereitung auf den richtigen Berufsweg?

Jürgen W. Möllemann (Minister:in)

Politiker ID: 11001520

Zum ersten Teil. Ich glaube, mittlerweile ist die Debatte über die Frage, ob das duale System ein geeignetes sei oder nicht, erledigt. Jeder weiß das. Das war eine Debatte vor zehn, zwanzig Jahren. Heute übernehmen mehr und mehr Staaten, die andere Konzepte oder eine stärker schulische Ausbildung hatten, unser Modell. Das ist so; es hat sich bewährt. Daß in der schulischen Vorlaufzeit, also in der Zeit der Grundstufe und der Sekundarstufe I, Orientierungshilfen gegeben werden sollten, ist richtig. Daß die vielleicht nicht immer so überzeugend durch die dafür Zuständigen gegeben werden, damit Fehlorientierungen vermieden werden, ist wohl auch richtig. Dennoch ist es schwierig für diejenigen, die in der Sekundarstufe I, also an der Hauptschule, Realschule, am Gymnasium, unterrichten, schon ein so wirklichkeitsgetreues Bild des Beschäftigungssystems zu geben, das sie selbst meist auch nur aus der Theorie kennen, daß Fehlentscheidungen vermieden werden. Wir wollen deswegen jetzt gemeinsam mit den Ländern und den Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen versuchen, ein Konzept zu entwickeln, das die Beratung der Mädchen und jungen Frauen über die Vielzahl der ihnen zur Verfügung stehenden Berufsmöglichkeiten verbessert. Ich will hinzufügen, wir haben auch Gesetzesvorlagen im Parlament, die Beschäftigungshemmnisse beseitigen sollen. Es gibt auch noch rechtliche Hemmnisse, die überwunden werden müssen.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Frau Steinhauer.

Waltraud Steinhauer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002238, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, Sie haben soeben die Zahl von 600 zusätzlichen Ausbildungsstellen bei der Bundesbahn genannt. Wie sieht das insgesamt bei den Ausbildungsstellen aus, die der Bund, die Bundesbehörden, in der Vergangenheit angeboten und finanziert hat? Machen Sie das weiter, um dem Fachkräftebedarf in den 90er Jahren in angemessener Weise Rechnung zu tragen?

Jürgen W. Möllemann (Minister:in)

Politiker ID: 11001520

Ja, wir tun dies, Frau Kollegin. Nur gibt es folgende Überlegung: Angesichts einer sich nicht nur geschlossen habenden Schere zwischen Angebot und Nachfrage, sondern angesichts von 60 000 freigebliebenen Lehrstellen muß sich die öffentliche Hand natürlich überlegen, ({0}) - ich weiß schon, was Sie meinen -, wo sie etwa zum Ausgleich regionaler oder struktureller Ungleichgewichte noch über den eigenen Bedarf hinaus ausbildet. Die 650 Stellen bei der Bundesbahn, über die ich gerade sprach und die wir heute beschlossen haben, gehen ausschließlich in strukturell schwache Regionen, um dort zusätzliche Angebote zu machen. ({1})

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Noch Frau Hillerich und Herr Reimann; dann rufe ich das zweite Thema auf.

Imma Hillerich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000902, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Minister, der Entwurf des Berufsbildungsberichts beschäftigt sich auch mit dem Auftrag der Berufsschule, und zwar dahin gehend, daß ihr Auftrag, eine Allgemeinbildung zu vermitteln, zu überprüfen sei, wenn bereits 12 oder mehr Schuljahre absolviert worden sind. Da möchte ich Sie fragen, welches Verständnis von Allgemeinbildung Sie haben. Ist Allgemeinbildung für Sie ein abgeschlossener Vorgang nach 12 oder 13 Schuljahren, oder ist es nicht vielmehr so, daß Allgemeinbildung Bestandteil in allen Bildungsprozessen, also auch in beruflichen Bildungsprozessen, zu sein hätte, womit dann auch die Berufsschule ihren allgemeinbildenden Auftrag hätte?

Jürgen W. Möllemann (Minister:in)

Politiker ID: 11001520

Allgemeinbildung ist weder nach 12 Schuljahren noch nach - bei mir jetzt - 17 Jahren Bundestag abgeschlossen. Für die Feststellung dieser beiden Tatsachen gibt es gute Gründe. Deswegen, liebe Frau Kollegin, hat der Berufsbildungsbericht das, was Sie hier ansprechen, ja auch nicht gesagt. Er hat gesagt, die Frage, welche Komponenten fachspezifischer oder allgemeinbildender Art im Berufsschulunterricht angesichts der Tatsache aufrechterhalten oder verändert werden sollen, daß beispielsweise immer mehr Abiturienten in die Lehre kommen, ist neu zu bedenken. Es macht nun wirklich keinen Sinn, einem Abiturienten jene Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse etwa in der deutschen Sprache zum 17. Mal beizubringen, die er sich - so sage ich einmal - von der Obertertia bis zur Oberprima dauernd angeeignet hat. Es gibt in der Lehre eben Leute mit ganz unterschiedlichen Voraussetzungen. Darauf ein bißchen differenzierter einzugehen ist doch nur vernünftig.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Herr Reimann.

Manfred Reimann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001805, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, Sie haben das Modell der IG Chemie zitiert. Dann wissen Sie sicherlich auch, daß das Modell nicht daran gescheitert ist, daß die Jugendlichen, die in diese Modellausbildung eingetreten sind, diese nicht mit Erfolg abgeschlossen haben, sondern daran, daß man Jugendliche nicht in diese Ausbildungseinrichtungen bekommen hat. Dann frage ich Sie: Gibt es denn bei der Bundesregierung eine Konzeption, diese jungen Menschen zu motivieren, diese Ausbildung anzunehmen?

Jürgen W. Möllemann (Minister:in)

Politiker ID: 11001520

Erstens teile ich Ihre Auffassung, daß dies eines der Hauptprobleme ist. Aber zweitens, verehrter Herr Kollege, erschweren wir es, einen solchen Weg wirklich gangbar zu machen, wenn wir hier von vornherein plakativ von einer Ausbildung zweiter Klasse reden. Genau das wollte die IG Chemie nicht, und das will ich nicht. Wenn wir aber hier erklären, das sei so etwas, wer geht denn dann dahin? ({0}) - Ja, so ist das. Wir müssen Wege entwickeln, die diesen jungen Leuten das Gefühl vermitteln: Du hast damit auch eine Chance. Deswegen muß zwischen den Tarifparteien unter Einschluß des Staates natürlich ebenfalls darüber gesprochen werden, wie anschließend Beschäftigungsmöglichkeiten gefunden werden. Denn es nützt nichts, eine Ausbildung zu machen und dann keine Beschäftigungsoptionen zu haben. Meine Bitte wäre, verehrte Kolleginnen und Kollegen, auch an die Kollegen der Opposition: Lassen Sie uns doch zumindest einmal den Versuch unternehmen, in einem Gespräch ohne diese Etiketten herauszufinden, ob es nicht eine Chance gibt, diesen jungen Leuten auf diese Art und Weise doch eine Ausbildung zu ermöglichen. Wenn Sie mir dann belegen können, daß das keinen Sinn macht, ziehe ich einen solchen Vorschlag auch zurück. Aber bisher habe ich eigentlich nur ideologische Argumente dagegen gehört.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Danke. Ich rufe den Punkt 2 - Artikelgesetz - auf. Herr Gansel.

Norbert Gansel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000631, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Die Bundesregierung hat heute den Entwurf eines Artikelgesetzes zur Verschärfung der Kontrolle des Exports von Rüstungsgütern und Kriegswaffen verabschiedet. Dabei handelt es sich wohl nur darum, daß man die uns im Februar vorgetragenen Vorschläge jetzt in die Form eines Artikelgesetzes gekleidet hat. Auf dem normalen Gesetzgebungsweg wird es dann bis zum Sommer dauern, bis nach der Erkenntnis des Bundeskanzlers vom November 1988, neue Gesetze müßten geschaffen werden, nun tatsächlich eine Gesetzesänderung in Kraft tritt. Ich frage mich, warum nicht zur Beschleunigung des Verfahrens der Weg über die Regierungsfraktionen im Bundestag gewählt wird, wenn Handlungsbedarf besteht. Schließlich fragen wir uns, was die Bundesregierung denn außer der Vorlage von Gesetzesänderungen tut, um auf bilateralem Wege, auf politischem Wege gegenüber Libyen vorstellig zu werden, um zu verhindern, daß die C-Waffen-Anlage also die Giftgasfabrik, in Betrieb geht, von der die Bundesregierung nach ihrem eigenen Bekenntnis seit Januar weiß, daß sie von vornherein zur C-Waffen-Fabrikation bestimmt war? Was also hat die Bundesregierung auf bilateralem Wege gegenüber Libyen politisch veranlaßt, damit diese Anlage nicht in Betrieb gehen kann? Ist der libysche Botschafter einbestellt worden? Hat der deutsche Botschafter in Tripolis demarchiert, oder tut man nichts anderes, als sich mit Gesetzgebungsplänen zu beschäftigen, die erst nach der Sommerpause in Kraft treten werden?

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Ich nehme an, daß Herr Staatssekretär Riedl antwortet.

Dr. Erich Riedl (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001843

Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter, ich darf zu Ihrer Eingangsbemerkung feststellen, daß die Bundesregierung von ihrem Gesetzgebungsrecht Gebrauch gemacht hat und daß sie in dieser außerordentlich schwierigen Materie zügig und sehr rasch die Vorbereitungen betrieben hat, die heute zur Beschlußfassung im Bundeskabinett geführt haben. ({0}) - Herr Abgeordneter, Sie müssen halt auch schon die Freundlichkeit haben, das zur Kenntnis zu nehmen, was ich vortrage. Ich habe Ihnen gesagt, daß bei dieser schwierigen Materie die Bundesregierung in der kürzesten Zeit, in der dies möglich war, einen Gesetzentwurf verabschiedet hat, über dessen Inhalt ich - nach Ihrer Frage - Sie jetzt informieren möchte. Der heute vom Bundeskabinett verabschiedete Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Überwachung des Außenwirtschaftsverkehrs und zum Verbot von Atomwaffen -

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Herr Staatssekretär, darf ich Sie einmal unterbrechen. Es geht nicht um den Inhalt des Gesetzes, sondern um den Zeitplan. ({0})

Dr. Erich Riedl (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001843

Frau Präsidentin, mein Verständnis von Gesetzentwürfen ist, daß man zunächst einmal erfährt, was drinsteht.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Herr Gansel, darf ich Sie bitten, dann ganz kurz noch einmal die Frage zu wiederholen.

Norbert Gansel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000631, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Danke, Frau Präsidentin. Ich möchte wissen, was die Bundesregierung außer dem Zusammenschreiben eines Artikelgesetzes aus ihren Vorschlägen vom 15. Februar auf bilateralem Wege gegenüber Libyen durch Demarchierung des deutschen Botschafters in Tripolis, durch Einbestellung des libyschen Botschafters in Bonn getan hat, um zu verhindern, daß die C-Waffen-Anlage in Produktion treten kann?

Dr. Erich Riedl (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001843

Ich darf bitten, daß das Auswärtige Amt diese Frage beantwortet.

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Herr Abgeordneter, wir haben uns über diese Frage in der letzten Woche im Auswärtigen Ausschuß ausführlich unterhalten. Sie finden in dem Bericht der Bundesregierung vom 15. Februar sorgfältig, chronologisch aufgeführt, an welchen Tagen der deutsche Botschafter in Tripolis Kontakt mit der libyschen Regierung gesucht und gehabt hat und welche Antwort die libysche Regierung darauf gegeben hat. Ich habe eingehend ausgeführt, daß die Bundesregierung im Rahmen der europäischen politischen Zusam9780 menarbeit mit ihren Partnern kontinuierlich Gespräche führt, um weitere Möglichkeiten der bilateralen Einwirkung auf die libysche Regierung zu suchen. Ich habe Ihnen ebenfalls gesagt, daß, obwohl wir es lieber anders sehen würden, die Chancen auf diesem Wege etwas zu erreichen, als ziemlich gering eingeschätzt werden müssen, daß wir dies aber selbstverständlich kontinuierlich weiter betreiben.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Danke. Herr Wissmann.

Matthias Wissmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002534, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Kann die Bundesregierung kurz berichten, was der wesentliche Inhalt dieser Vorschläge ist, und könnte die Bundesregierung vielleicht auch eine Aussage über die Reaktionen in den wichtigen westlichen Hauptstädten auf die Vorschläge der Bundesregierung wiedergeben?

Dr. Erich Riedl (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001843

Frau Präsidentin, an sich ist das Anliegen des Kollegen und Abgeordneten Wissmann genau der Punkt, der auch für die Befragung der Bundesregierung von Ihnen, Frau Präsidentin, der Bundesregierung gegenüber angemeldet worden ist. Ich würde sagen, wenn ich seine Frage beantworte, stelle ich fest: Thema getroffen; im anderen Fall, von Herrn Gansel: Thema verfehlt. ({0})

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Darf ich jetzt um die Beantwortung der Frage bitten. Allerdings ist der Abgeordnete Gansel berechtigt, zu dem Thema zu fragen, was er fragen möchte. ({0}) Das Wort hat Herr Staatssekretär Riedl.

Dr. Erich Riedl (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001843

Ich beantworte jetzt die Frage des Herrn Abgeordnete Wissmann. Der von der Bundesregierung heute verabschiedete Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Überwachung des Außenwirtschaftsverkehrs und zum Verbot von Atomwaffen und biologischen und chemischen Waffen bringt folgende Gesetzesänderungen: Erstens handelt es sich um die Einführung einer Strafbarkeit der Beteiligung an der Herstellung von A-, B- und C-Waffen im Inland durch die Schaffung entsprechender Verbots- und Strafvorschriften und die Erstreckung dieser Strafvorschriften auf Auslandstaten Deutscher in einem Änderungsgesetz zum Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen. Als Übergangsregelung bis zum Inkrafttreten des den Außenwirtschaftsverkehr betreffenden Teils der verschärften Bestimmungen des Kriegswaffenkontrollgesetzes gilt eine Vorschrift in der Außenwirtschaftsverordnung, mit der die Ausfuhr von Waren, Fertigungsunterlagen sowie Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Herstellung von C-Waffen in Libyen verboten wird. Zweitens werden besondere Meldepflichten und Vorschriften über die Datenübermittlung zur Einrichtung einer verbesserten Informationsbasis der Genehmigungs-, Überwachungs- und Ermittlungsbehörden im Außenwirtschaftsverkehr eingeführt. Drittens wird die Ausfuhrliste geändert und eine Ausfuhrgenehmigungspflicht für weitere gefährliche chemische Stoffe eingeführt. ({0})

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Die Reaktion auf unsere Vorstellungen in uns befreundeten Hauptstädten war, daß sie gerne bereit waren, mit uns zusammenzuarbeiten, um zu verhindern, daß die Anlage in Betrieb geht, daß sie aber die Möglichkeiten dazu - wie wir selber auch - als nur in beschränktem Umfange zugänglich einschätzen. Trotzdem sind eine ganze Reihe von Gesprächen geführt worden, zum Teil auch von unseren Partnern mit anderen Staaten in der Region, in der auch Libyen liegt. Ich möchte an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen, noch einmal darauf hinzuweisen, daß die Bundesregierung ja bereits im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft sehr erfolgreich gewesen ist, was die Verabschiedung einer Richtlinie für den Export von Stoffen anbetrifft, die unter Umständen dazu geeignet sind, chemische Waffen herzustellen. Innerhalb der Europäischen Gemeinschaft gilt jetzt einheitlich eine Liste von 17 Substanzen, die ausfuhrgenehmigungspflichtig sind. Wir haben gleichzeitig angekündigt - die Kommission arbeitet daran - , daß ein Richtlinienvorschlag erarbeitet werden soll, der sich auch auf die Gerätschaften und auf die Anlagen bezieht, die dazu gebraucht werden können, Chemiewaffen herzustellen. Grundsätzlich muß dazu gesagt werden, daß das Wichtigste nach wie vor ist, daß Chemiewaffen weltweit verboten werden und daß dieses Verbot durch ausreichende Verifikationsmaßnahmen auch kontrolliert werden kann. Darauf arbeiten wir mit aller Kraft hin.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Danke. - Herr Abgeordneter Hirsch.

Dr. Burkhard Hirsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000908, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär Riedl, können Sie uns nun noch verraten, welche Strafdrohung Sie vorgesehen haben und wie vor allen Dingen der Zeitplan dieses Gesetzes ist, nach dem der Kollege Gansel schon vorhin gefragt hatte.

Dr. Erich Riedl (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001843

Die erste Frage, Herr Abgeordneter Hirsch, darf ich wie folgt beantworten: Wegen der besonderen Gefährlichkeit der Verbreitung biologischer und chemischer Waffen wird die Zuwiderhandlung gegen das Verbot als Verbrechen mit einem Strafrahmen von 2 bis 15 Jahren Freiheitsstrafe eingestuft. Der gleiche Strafrahmen gilt auch für die Einbeziehung der Atomwaffen in die neuen Strafvorschriften. Der Zeitrahmen ist so, daß der Entwurf mit der heutigen Verabschiedung durch das Bundeskabinett unParl. Staatssekretär Dr. Riedl verzüglich auf dem üblichen Gesetzgebungswege an den Bundesrat weitergeleitet wird. Ich gehe davon aus, daß Ihnen die Bundesratsdrucksache in Kürze vorliegen wird und daß das Gesetz im Rahmen der Verantwortung der Gesetzgebungsorgane völlig normal innerhalb des Zeitrahmens verabschiedet werden kann.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Herr Gansel zu einer Zusatzfrage.

Norbert Gansel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000631, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Stimmt es, daß außer den Gesetzgebungsvorschlägen und Vereinbarungen über Richtlinien, die alle erst in ferner Zukunft in Kraft treten werden, die Bundesregierung gegenüber Libyen nichts unternommen hat, außer einer Demarche des deutschen Botschafters bei der libyschen Regierung am 3. Januar 1989, zu einem Zeitpunkt, als die Bundesregierung noch abgestritten hat, daß es sich überhaupt um eine Giftgasanlage handeln könnte? Woher rührt die Scheu der Bundesregierung, gegenüber Libyen tätig zu werden, damit die Giftgasproduktion nicht beginnen kann?

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Frau Dr. AdamSchwaetzer.

Not found (Gast)

Herr Abgeortneter Gansel, Ihre Frage beantworte ich schlicht mit Nein. Es stimmt nicht. Ich habe soeben genauso wie im Auswärtigen Ausschuß in der letzten Woche ausgeführt, was die Bundesregierung alles getan hat und was gelaufen ist. ({0}) - Herr Gansel, ich glaube, wir waren uns in dem Ziel einig, zu versuchen, alles zu tun, damit die Anlage nicht in Betrieb geht. ({1}) Dies hat die Bundesregierung in der Tat getan. Auch zehn-, fünfzehnfaches Wiederholen Ihrer Frage, Herr Gansel, ({2}) kann nicht an dem Problem vorbeiführen, das wir haben: daß die Möglichkeiten, auf Libyen einzuwirken, beschränkt sind. ({3}) Die Bundesregierung wird trotzdem alles tun, was sie tun kann, damit dies nicht passiert. Im übrigen, für den innerstaatlichen Bereich ist noch darauf hinzuweisen, daß die Kontrollen an den Grenzen für Waren, die nach Libyen exportiert werden sollen, generell, ob sie einer Ausfuhrgenehmigung bedürfen oder nicht, sofort verschärft worden sind.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Darf ich jetzt den Komplex freie aktuelle Themen aufrufen? - Als erster Herr Penner.

Dr. Willfried Penner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001688, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Nach der Kommunalwahl am vergangenen Sonntag hat der Bundeskanzler über die Möglichkeit der Veränderungen personeller Art im Kabinett meditiert. Ich frage die Bundesregierung: Meint er damit auch sich selbst? ({0})

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Wer möchte auf diese Frage antworten? ({0})

Dr. Wolfgang Schäuble (Minister:in)

Politiker ID: 11001938

Frau Präsidentin, ich bin nicht ganz sicher, ob diese Frage dem eigentlichen Zweck der Regierungsbefragung entspricht. ({0}) Aber der Bundeskanzler hat, wenn ich mich richtig entsinne, Herr Kollege Penner, gesagt, daß er nichts ausschließe. ({1}) Ich denke, wir sollten nicht interpretieren, sondern die Worte so nehmen, wie er sie gesagt hat. ({2})

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Herr Penner, eine weitere Frage.

Dr. Willfried Penner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001688, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Darf ich daraus schließen, daß der Bundeskanzler die Schwierigkeiten für das Tief der Bundesregierung nicht allein bei anderen, sondern auch bei sich selbst sieht? ({0})

Dr. Wolfgang Schäuble (Minister:in)

Politiker ID: 11001938

Herr Kollege Penner, der Bundeskanzler und alle Mitglieder der Bundesregierung sind von der Art, daß sie Schwierigkeiten und Fehler nicht nur bei anderen suchen, sondern auch sich selbst von der Suche nicht ausschließen. ({0})

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Herr Abgeordneter Mechtersheimer.

Dr. Alfred Mechtersheimer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001450, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Eine Frage zu der Diskussion über modulare Abstandswaffen, die auch Gegenstand der gestrigen „Report"-Sendung waren. Vor fünf Wochen hat die Bundesregierung nach einer Fernsehsendung das Technex-Programm sehr schnell eingestellt. Frage: Wie beurteilt die Bundesregierung die Feststellung einer Fachzeitschrift, nämlich die von „Flight International", vom 26. März 1988, daß die Technologie dieses eingestellten Programms nun in diesem neuen modularen Abstandswaffen-Programm weitergeführt wird? ({0})

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Wer antwortet für die Bundesregierung? ({0}) - Das geht nicht. Dann müßten Sie sich zur Regierungsbank begeben. ({1})

Dr. Alfred Mechtersheimer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001450, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Dann frage ich weiter. Vielleicht besteht die Chance, bei der nächsten Frage eine Antwort zu bekommen. - Warum ist gestern -

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Herr Mechtersheimer, Sie bekommen sofort eine Antwort. ({0})

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, wenn ich im Rücken des Kollegen Dr. Mechtersheimer stehe, dann kann er völlig beruhigt sein, und er bekommt auch von mir eine Antwort. - Herr Kollege Dr. Mechtersheimer, Sie wissen, daß wir im Zusammenhang mit den modularen Abstandswaffen ausschließlich konventionelle Optionen überprüfen. Das ergibt sich auch aus dem in der Fortschreibung befindlichen Bundeswehrplan.

Dr. Alfred Mechtersheimer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001450, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Kann die Bundesregierung das entsprechende MoU von 1987 veröffentlichen, das ja in dieser „Report"-Sendung zitiert wurde, aus dem eindeutig hervorgeht, daß es nicht nur ein konventionelles, sondern auch ein nukleares Vorhaben ist?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Dr. Mechtersheimer, Sie wissen, daß wir bei entsprechenden Tagesordnungspunkten im Verteidigungsausschuß immer umfassend Kenntnis von dem geben, ({0}) was wir in der Tat unterschrieben haben und was dem aktuellen Stand einer Willensbildung entspricht.

Dr. Alfred Mechtersheimer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001450, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Meine Frage war anders gestellt, als sie beantworet wurde. ({0}) Darf ich dann fragen, warum Verteidigungsminister Scholz gestern zurückgetreten ist, ({1}) und zwar von dieser Fernsehsendung, und einen General beauftragt hat, die Irritationen für ihn vorzutragen.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Dr. Mechtersheimer, der Bundesminister der Verteidigung befindet sich im Amt und ist auch nicht vor der Sendung zurückgetreten. ({0}) - Der Bundesminister der Verteidigung ist im Amt und ist auch nicht vor der Sendung zurückgetreten. ({1})

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Ich stelle fest, daß wir die Befragung bis viertel vor zwei verlängern, dann aber schließen. Das Wort hat der Abgeordnete Eich.

Tay Eich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000447, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Es geht um denselben Komplex, um die „Report"-Sendung. Da wurde mitgeteilt, daß überlegt wird, das Lance-Nachfolgesystem mit einer Reichweite von mehr als 150 Kilometern als nukleares Nachfolgesystem nicht mehr beim Heer, sondern bei der Bundesluftwaffe anzusiedeln. Können Sie das bestätigen?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Eich, wir überlegen im Bereich der Bundesregierung auch im Zusammenhang mit der Modernisierung der Lance zahlreiche Optionen. Wir werden dem Deutschen Bundestag dann, wenn wir zu einer Entscheidung gefunden haben, auch diese Entscheidung zur normalen parlamentarischen Beratung vorlegen.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Herr Abgeordneter Jahn.

Gerhard Jahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001012, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Die Angriffe aus dem Iran gegenüber der Bundesrepublik im Zusammenhang mit der Affäre Rushdie verstärken sich fast täglich. Es ist nichts zu hören. Verfolgt die Regierung neuerdings die Politik nach dem Vorbild der berühmten drei Affen - nichts sehen, nichts hören und nichts sagen -, oder ist die Regierung in der Lage, auf Grund der heutigen Kabinettsberatungen konkrete Schritte anzukündigen, wie sie dem entgegentreten und dabei im übrigen auch dem Willen des Bundestages Ausdruck verleihen will? ({0})

Not found (Gast)

Herr Abgeordneter, die Bundesregierung nimmt den im Bundestag ausgedrückten Willen sehr ernst und wird ihn auch umsetzen. Ich habe das letzte Mal dazu schon ausgeführt, daß die Bundesregierung sehr großen Wert darauf legt, in dieser Frage in enger Übereinstimmung mit ihren Partnern in der Europäischen Politischen Zusammenarbeit zu handeln. Sie hat deshalb auch im Politischen Komitee, das in der vergangenen Woche getagt hat, diese Frage weiter erörtert, und die nächste Beratung dieser Frage steht am 20. dieses Monats während der Außenministertagung in Brüssel an.

Gerhard Jahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001012, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Dieses bedeutet: Die Regierung wird zu eigenen Schritten nicht bereit sein?

Not found (Gast)

Herr Abgeordneter, die Position der Bundesregierung in dieser Frage ist von Anfang an sehr eindeutig gewesen. Wir haben nie eigene Schritte ausgeschlossen. Wir haben immer gesagt: Es ist wichtig, hier die Chance zu nutzen, die darin liegt, daß die zwölf Staaten der Europäischen Gemeinschaft, die Partner, die hier auch gleich zu Beginn ein sehr deutliches Zeichen gegenüber dem Iran gesetzt haben, die Geschlossenheit innerhalb der Partnerschaft aufrechterhalten. Auf dieser Linie verhandeln wir auch weiter.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Herr Abgeordneter Hirsch.

Dr. Burkhard Hirsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000908, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Hat der Herr Parlamentarische Staatssekretär Wimmer die Auffassung der gesamten Bundesregierung wiedergegeben, als er in einem Interview die Meinung vertreten hat, daß die Bundeswehr eigene Trägersysteme benötige, mit denen man auch atomare Waffen einsetzen kann, und gibt es darüber eine Beschlußfassung der Bundesregierung?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Dr. Hirsch, auch die von Ihnen getragene Bundesregierung, was die Beteiligung der Freien Demokratischen Partei anbetrifft, hat über viele Jahrzehnte die Beschaffungsentscheidungen dafür mitgetragen, daß die Bundeswehr über nukleare Trägermittel verfügt. Das ist die aktuelle Praxis in den deutschen Streitkräften.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Frau Abgeordnete Matthäus-Maier.

Ingrid Matthäus-Maier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001436, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich frage die Bundesregierung: Trifft es zu, daß die Bundesregierung beim Kindergeld bis 1992 nichts zu tun beabsichtigt, und auch dann beim ersten Kind gar nichts tun will?

Dr. Wolfgang Schäuble (Minister:in)

Politiker ID: 11001938

Frau Präsidentin! Ich nehme an, daß die Frage von Frau Matthäus-Maier sich auf Koalitionsgespräche bezieht, die wir in den letzten Tagen - oft, wie heute, bis in den frühen Morgen - geführt haben. Sie wissen - der Respekt vor den unterschiedlichen Zuständigkeiten der Verfassungsorgane, auf die Frau Kollegin Schmidt noch einmal aufmerksam gemacht hat, nötigt mich besonders, dies zu betonen - , daß wir um 15 Uhr Sitzungen der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und FDP haben und daß die beiden Fraktionen beabsichtigen, über Vorschläge, die in diesen Sitzungen gemeinsam gemacht werden, zu entscheiden. Ich bitte Sie um Verständnis, daß die Bundesregierung deswegen Ihre Frage nicht beantworten kann, sondern Sie auf diese Sitzungen der Koalitionsfraktionen verweisen möchte. ({0})

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Frau Schmidt, eine Zusatzfrage.

Renate Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002016, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Bei allem Respekt vor den Verfassungsorganen und ihren Zuständigkeiten frage ich die Bundesregierung: Mit welcher Position tritt sie in diese Verhandlungen, was beabsichtigt die Bundesregierung, was sie selbstverständlich abstimmen muß?

Dr. Wolfgang Schäuble (Minister:in)

Politiker ID: 11001938

Frau Kollegin, es tut mir furchtbar leid, aber in den Sitzungen der Koalitionsfraktionen werden sich die Mitglieder der Bundesregierung, soweit sie diesen Koalitionsfraktionen stimmberechtigt angehören, was die allermeisten tun, sicherlich an der Debatte beteiligen und auch darüber abstimmen. Aber ich kann Ihnen dafür amtlich für die Bundesregierung keine Antwort geben, denn wir handeln insoweit nicht als Bundesregierung, sondern als Mitglieder dieses Hohen Hauses und als Mitglieder unserer Fraktion. ({0})

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Letzte Wortmeldung, Herr Abgeordneter Knabe.

Dr. Wilhelm Knabe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001138, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich frage die Bundesregierung angesichts der Auskünfte im Umweltausschuß, daß es nur zähfließende Verhandlungen über geänderte Geschwindigkeitszyklen bei den Kraftfahrzeugen gebe, wie sie diese Verhandlungen beschleunigen kann, bis wann sie den Abschluß schafft oder welche Ausgleichsmaßnahmen sie für diese völlig ungenügenden Geschwindigkeitsregelungen treffen will.

Prof. Dr. Rita Süssmuth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002287

Wer antwortet? - Herr Bundesminister.

Prof. Dr. Klaus Töpfer (Minister:in)

Politiker ID: 11002335

Herr Abgeordneter Knabe, Sie wissen, daß es erklärtes Ziel der Bundesregierung ist, die Testzyklen nicht nur im innerstädtischen Verkehr, wie gegenwärtig, zur Grundlage zu machen, sondern auch bei den höheren Geschwindigkeiten bis zu 120 km/h im Außenortsverkehr. Eine entsprechende Vorlage aus der Europäischen Kornmission liegt noch nicht vor, weder im Umweltrat noch im Verkehrsrat. Wir haben mehrmals die Kommission mündlich und schriftlich gebeten, diese Vorlage vorzulegen, weil auch wir der Meinung sind, daß darüber eine Verbesserung der Luftreinhaltung erreicht werden kann. Ich gehe davon aus, daß noch in diesem Jahr von der Kommission diesem unserem Begehren entsprochen wird. ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Meine Damen und Herren, die Zeit für die Regierungsbefragung ist abgelaufen. Ich beende die Befragung. Vizepräsident Westphal Ich rufe jetzt Zusatztagesordnungspunkt 1 auf: Aktuelle Stunde Haltung der Bundesregierung zur beabsichtigten Schließung der Akademie der Wissenschaften in Berlin Diese Aktuelle Stunde hat die Fraktion der FDP verlangt. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Graf Lambsdorff. Bitte schön.

Dr. Otto Lambsdorff (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001272, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Wenn das so weitergeht, werden wir aus Berlin jede Woche einen Anlaß für eine Aktuelle Stunde geliefert bekommen. Heute lese ich in der Zeitung, daß allen Ernstes der Energieverbund Berlins mit der Bundesrepublik zur Disposition gestellt wird. Wir haben unter Helmut Schmidt für die Stichleitung der Pipeline, für den schalterlosen Stromverbund gefochten. Das wird von Ihrer Partei mit Herrn Mitzscherling an der Spitze aufgegeben. Meine Damen und Herren, so wird es weitergehen. Aber zum Thema: Die Gesellschaft muß die Freiheit der Wissenschaft schützen. Die Wissenschaft schuldet der Gesellschaft Auskunft über die Ziele ihrer Forschung, deren Ergebnisse und mögliche Anwendungen. Das ist ein wörtliches Zitat aus dem Entwurf eines neuen SPD-Programms. Wie sieht das in Wahrheit aus? Eine wissenschaftsfeindliche rot-grüne Koalition beschließt als erste gemeinsame Untat, die Akademie der Wissenschaften zu Berlin aufzulösen, die ihr nicht paßt, von der sie nichts versteht und die ihrem Gesamtschuldenken unheimlich ist. ({0}) GRÜNE und Sozialdemokraten in Berlin betreiben nicht Wissenschaftsförderung, sondern Wissenschaftszerstörung. Bei den GRÜNEN wundert mich das nicht; den Sozialdemokraten hätte ich es eigentlich nicht zugetraut. ({1}) Wir sind eines Schlechteren belehrt worden. Haben Sie sich nicht immer auf aufklärerische Traditionen berufen und waren stolz darauf? Die geplante Zerstörung der Berliner Akademie der Wissenschaften ist ein Symbol für Antiaufklärung, für Reaktion, für dümmliche Spießbürgerei. ({2}) Wer diese Akademie tötet, der will den kritischen interdisziplinären Dialog nicht, weil er ihn nicht aushält. Er hat Angst vor dem Geist, dem er nicht befehlen kann. Wenn Republikaner oder NPD einen solchen Entschluß gefaßt hätten, hätte uns das alle nicht gewundert. Daß Sie, die Sie sich so gern fortschrittlich geben, diesen Akt von Kulturbarbarei vollziehen wollen, ist ein erschreckendes Zeichen für den geistespolitischen Tiefstand, den Ihre Berliner Genossen inzwischen erreicht haben. ({3}) Meine Damen und Herren von der SPD und von den GRÜNEN, haben Sie eigentlich nie etwas von der Geschichte der Preußischen Akademie der Wissenschaften gehört, 1701 in Berlin gegründet, ({4}) von dem wissenschaftlichen Ruhm seit Leibniz - deshalb Leibniz verbieten, ja? -, ({5}) von ihrem mutigen Eintreten für eine freie Forschung? Sie wissen es nicht; Sie wollen es nicht wissen. ({6}) Sie reihen sich mit diesem Beschluß ein in die schmachvolle Reihe von Banausen und der Schlimmeren, denen zweckfreie Forschung immer als staatsgefährdend oder bloß als nutzlos galt. Was unterscheidet eigentlich die Initiatoren dieser Veranstaltung von dem ruppigsten aller preußischen Könige, der seinen Hofnarren zum Präsidenten jener preußischen Akademie ernannte? Das hat sie überlebt. Aber Sie wollen einer Nachfolgegründung das Lebenslicht mit der fadenscheinigen Begründung ausblasen, es handele sich hier um ein Prestigeobjekt des bisherigen Senats oder einer Partei. ({7}) Ich lasse mich nicht gern in diese völlig unadäquate Debatte ein. Aber Sie haben damit begonnen. ({8}) Glauben Sie im Ernst, daß sich Akademiemitglieder, die korrespondierende Mitglieder der Akademien in Moskau und Ost-Berlin sind, als CDU- oder Senatswissenschaftler abstempeln lassen? Glauben Sie wirklich, daß Wissenschaftler aus Ost und West in eine Parteihochschule gekommen wären, um dort zu forschen und interdisziplinär zu arbeiten? Sind Helmut Schmidt, Edzard Reuter, Hans-Jürgen Krupp, Hermann Rappe Parteigänger der CDU? Sie sind alle der Akademie verbunden. Der kindische Ideologieverdacht fällt auf seine Urheber zurück, und er zeigt nichts anderes als die grenzenlose Ignoranz derer, die ihn erheben. ({9}) Vor zwei Wochen hat der Kollege Freimut Duve hier eine Rede gehalten, in der er unter dem Beifall des ganzen Hauses die Gedanken- und Meinungsfreiheit gegen Fanatiker in aller Welt beschwor. Was sollen wir Ihnen denn glauben, wenn Sie jetzt einen Hort eben dieser kritischen Meinungsfreiheit niederwalzen wollen? ({10}) Ihre Begründung, wissenschaftliche Arbeit als Parteipolitik zu denunzieren, enthält einen totalitären Denkansatz, den Liberale mit aller Konsequenz bekämpfen werden. ({11}) Meinen Sie etwa, die Freiheit der Wissenschaften, die Fortführung und Weiterbildung einer jahrhundertealten Tradition in Berlin sei im Ostteil der Stadt, wo auch eine Akademie der Wissenschaften amtiert, in besseren und berufenen Händen? Es wird schlimm werden in Berlin, wenn Sie so weitermachen, wenn Sie die Stadt als Forschungsplatz demontieren. Sie wissen so gut wie ich, daß Berlin heute zu einem großen Teil von seinen Forschungs- und Wissenschaftszentren lebt. Das ist Ihnen egal. In Berlin macht sich eine Koalition ans Werk, die Zerstörungswut als Fortschritt ausgibt, wissenschaftliche Arbeit als parasitären Bildungsdünkel und illiberale Provinzialität als Heimatnähe. Berlin hat das nicht verdient. Berlin ist und bleibt das Symbol der Freiheit. Ich rufe Ihnen, der Partei Ernst Reuters und Willy Brandts zu: Lassen Sie Berlin Gedankenfreiheit! ({12})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat der Abgeordnete Duve.

Freimut Duve (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000425, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ein Neuling einer Partei eine solche Rede gehalten hätte, vollgepfropft mit wohlgesuchten Schmähbegriffen - Kulturbarbarei, totalitärer Denkansatz; weil Sie so schnell gesprochen haben, konnte ich gar nicht alles mitschreiben - , wäre man darüber freundlich lächelnd hinweggegangen. Wenn aber der Parteivorsitzende der liberalen Partei einen solchen grundsätzlichen, über jedes Ziel hinausgehenden, sprachlich für sich selbst schreienden Eingangsvortrag hält, dann steckt mehr dahinter als die Angelegenheit. Dann steckt eine Angst dahinter, ({0}) dann steckt dahinter Ihr Versagen, ({1}) die Tatsache, daß Sie nicht mehr in der Lage sind, in Berlin so mitzugestalten, wie Sie gerne gestaltet hätten. ({2}) Ich finde diesen Beginn einer Diskussion ein bißchen erbärmlich, Graf Lambsdorff. ({3}) Was hat diese Akademie, die vor wenigen Jahren gegründet wurde, mit den Institutionen, mit der geistigen Tradition, die Sie bemüht haben, zu tun? Aber meine Hauptfrage ist die: Wollen wir wirklich, wenn Länderregierungen kulturpolitische und wissenschaftspolitische Entscheidungen treffen, ({4}) im Bundestag jedesmal darüber diskutieren? Ich lade Sie dazu sehr herzlich ein. Ich lade Sie z. B. sehr herzlich ein, hier einmal eine Debatte zu führen über die drei Strophen des Deutschlandliedes, die an den Schulen in Baden-Württemberg gelehrt werden, über das Herauskatapultieren bestimmter Bücher aus dem Unterricht in bayerischen Schulen. ({5}) Wir sollten hier dann auch einmal über die Frage der Autonomie der Länder in Kultur- und Wissenschaftsdingen diskutieren. Wir haben das bisher sorgfältig vermieden. Es gibt eine ganze Reihe von kulturpolitischen Punkten, wo ich gerne gesehen hätte, daß wir über das, was in den Ländern los ist, auf der Bundesebene im Grundsatz diskutieren. Hier hat eine Regierungskoalition eine Entscheidung getroffen, die ich als Hamburger Abgeordneter im einzelnen nicht beurteilen kann. Ich will sie auch nicht bewerten; das werden meine Kollegen tun. Aber die Grundsatzfrage ist: Wollen wir hier wirklich - und dann noch durch den Vorsitzenden einer Bundespartei - mit so dramatischen - mit Verlaub: fast kindischen ({6}) Begriffen die Debatte über Kulturpolitik auf Länderebene anfangen? Wir können das gerne tun; ich lade Sie dazu ein. ({7}) Sie haben gesagt, das werde die Zerstörung der Wissenschaftslandschaft in Berlin sein. Vielleicht ist ja der Grund dafür, daß es jetzt wieder einen sozialdemokratischen Bürgermeister in Berlin gibt, ({8}) gerade die Vorstellung, die viele hatten: ({9}) Man muß Berlin nur vollpfropfen mit großen wohlklingenden Einrichtungen, mit vielen, vielen immer neuen Gründungen von Stiftungen und Museen usw., dann werden die Bürger von Berlin schon befriedigt sein - mit all den ungelösten Problemen. Wenn wir über die ungelösten Probleme Berlins hier einmal sprechen könnten, wäre mir wohler. Also vielleicht sollten wir das etwas tiefer hängen. Die Tradition, auf die Sie sich heute berufen haben, Graf Lambsdorff, hat nach meiner Kenntnis diese Akademie bisher nicht eingelöst. ({10})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Rüttgers.

Dr. Jürgen Rüttgers (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001899, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Duve, ich hatte gerade den Eindruck: Sie haben sich bei dieser Rede in Ihrer Haut nicht sehr wohl gefühlt. ({0}) Denn ich glaube, es geht doch um etwas mehr als darum, hier nur Argumente des anderen durch die Mangel zu drehen und sich gegenseitig an den Kopf zu werfen. Ich lade Sie wirklich ein, die Stunde zu nutzen, gemeinsam über die Qualität dieses Beschlusses und seine Auswirkungen und das Wissenschaftsverständnis, das hier zum Ausdruck kommt, nachzudenken. Ich persönlich glaube, daß diese Entscheidung der Koalition in Berlin ein herber Schlag für die Forschungslandschaft in Berlin ist. Ich glaube darüber hinaus, daß es ein massiver und unverhüllter Angriff auf die Freiheit und Selbständigkeit der Wissenschaft ist. Die Akademie in Berlin ist mit dem Ziel gegründet worden, gerade fachübergreifende Forschung zu betreiben und zu fördern. Es ging ja um die Wechselwirkungen zwischen Wissenschaft, Technik, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft und auch um die Abschätzung der Folgen des wissenschaftlich-technischen Fortschritts. Hier hat sie ihre zentralen Arbeitsfelder. Nach ihrem eigenen Verständnis und auch nach dem, was bisher an Arbeit vorgelegt worden ist, sollen ihre Berichte und Gutachten dazu beitragen, wissenschaftliche Erkenntnisse in den öffentlichen Diskurs einzubringen und damit - auch das ist doch ein Punkt, den wir im Bundestag, etwa in der Enquete-Kommission ,,Technikfolgen-Abschätzung und -Bewertung", immer diskutieren - Verunsicherungen abzubauen, Diskussionen zu versachlichen und die politische Meinungsbildung durch abgewogene Urteile zu fördern. Ich glaube, gerade die Projekte der Akademie zeigen, daß es hier um aktuelle wissenschaftliche Fragen geht, deren gesellschaftliche Bedeutung auch von uns diskutiert wird. Nehmen Sie etwa die Automatisierung der Arbeitswelt, die Entwicklung von Umweltstandards, die Sonnenenergienutzung oder das Alter und seine Auswirkungen auf gesellschaftliche Entwicklungen. Wir alle wissen, daß diese Akademie über die Stadt Berlin hinaus in der Bundesrepublik, aber auch international in den wenigen Monaten seit ihrem Bestehen Ansehen, hohes Ansehen erworben hat. ({1}) Was mich wirklich erschüttert hat, als ich den Text der Koalitionsvereinbarung gelesen habe: Es gibt keinen sachlichen Grund und keine fachliche Begründung für diesen Auflösungsbeschluß. Mit keinem einzigen Wort wird sachliche Kritik an der Akademie geäußert. Ihre Aufgaben werden in dem Text sogar nach wie vor für wichtig gehalten, und es wird sogar eingeräumt, daß bestehende Einrichtungen bisher diese Aufgaben unzureichend wahrgenommen haben. Wenn in diesem Dokument eines deutlich wird, dann ist es dies: Es zeigt sich, daß es eben nicht um die Freiheit der Wissenschaft, sondern um ihre politische Beherrschung geht. Es geht nicht um die Akademie an sich, die den Koalitionären ein Dorn im Auge ist; sondern die Aufgaben der Akademie sollen in Hochschulen verlagert werden, und zwar mit der Begründung, daß sie dort der politischen Kontrolle leichter zugänglich sind. ({2}) Ich meine, die Koalitionsvereinbarung zur Wissenschaft ist zumindest in einer Hinsicht einmalig. ({3}) - Herr Catenhusen, Sie haben das genauso gelesen; sonst würden Sie jetzt hier nicht so rufen. Das steht wörtlich darin. ({4}) - Ich kann das zitieren. Oh ja! Das können wir zitieren: Akademie der Wissenschaften: Die Ziele, die die Akademie der Wissenschaften sich gestellt hat, nämlich interdisziplinäre Forschung, Nachwuchsförderung und internationale Wissenschaftskooperation, sind Aufgaben der bestehenden Wissenschaftseinrichtungen. ({5}) Sie müssen dort in Form von kontinuierlichen engen Arbeitszusammenhängen mehr als bisher realisiert werden. - Also bisher nicht? Die Akademie der Wissenschaften ist in ihrer bisherigen Form aufzulösen, mit dem Ziel, die vorhandenen Schwerpunkte in die bestehenden Hochschulen und außeruniversitären Wissenschaftseinrichtungen zu verlagern. Also, Herr Catenhusen. ({6}) Es wird in die Hochschulen verlagert. ({7}) Wenige Sätze davor wird gesagt, was alles in den Hochschulen verändert werden soll, damit Drittmittelforschung unmöglich gemacht wird. ({8}) - Regen Sie sich nicht auf, das steht hier drin, und das ist alles belegbar. ({9}) Noch einen letzten Gedanken: Das Bundesverfassungsgericht hat im Rahmen seines umfassenden Wissenschaftsbegriffes Forschung definiert als die geistige Tätigkeit mit dem Ziel, neue Erkenntnisse zu gewinnen. Rein politisches Handeln ist nach seiner Auffassung auch dann keine Wissenschaft, wenn wisDr. Rüttgers senschaftliche Motivation behauptet wird. Art. 5 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes ist - das dürfte ja wohl unstreitig sein - ein Freiheitsrecht, das jedem zusteht, der wissenschaftlich tätig ist und tätig werden will. Es schützt die Beteiligten vor staatlichen Eingriffen. Ich frage mich: Welchen größeren und schlimmeren Eingriff in die Wissenschaft gibt es eigentlich, als die wissenschaftliche Einrichtung aus politischen Gründen zu schließen? Hier zeigt sich, daß dieser Beschluß - es ist ein einmaliger Beschluß in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland - zumindest verfassungsrechtlich bedenklich, vielleicht sogar verfassungswidrig ist. ({10}) Meine Damen und Herren, es handelt sich hier um eine rot-grüne Koalitionsvereinbarung. Normalerweise ist man dann versucht, festzustellen, daß sich in Berlin die Fundis gegenüber den Realos durchgesetzt haben.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Herr Abgeordneter - Dr. Rüttgers ({0}): Ich komme zum Schluß. - Aber der Beschluß, die Akademie in Berlin dichtzumachen, zeigt eindeutig: Es waren hier weder die Realos noch die Fundis, die sich durchgesetzt haben, sondern die „Irrealos" ohne Fundus. Vielen Dank. ({1})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat der Abgeordnete Wetzel.

Dietrich Wetzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002492, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es sind ja einige happige Bemerkungen und höchst kühne Interpretationen dieses Koalitionsbeschlusses gekommen. Ich meine damit gar nicht so sehr den Grafen Lambsdorff. Wenn er Vokabular aus dem Wörterbuch des Unmenschen wie „Kulturbanausentum" gebraucht, ist das seine Sache. Aber es gibt in der Substanz einiges zurechtzurücken. Die Berliner SPD und die Alternative Liste haben in ihren Koalitionsvereinbarungen folgendes beschlossen - das muß Ihnen in Erinnerung gerufen werden -; ich zitiere: Die Akademie der Wissenschaften ist in der bisherigen Form aufzulösen mit dem Ziel, die vorhandenen Schwerpunkte in die bestehenden Hochschulen und außeruniversitären Wissenschaftseinrichtungen zu verlagern. ({0}) Herr Rüttgers, ich möchte von Ihnen einen konkreten Nachweis geführt haben, wo in den Koalitionsvereinbarungen auch nur ein Ansatz von Kontrollabsichten im Rahmen dieser Verlagerung zu entdecken ist. ({1}) Sie haben nur polemische Behauptungen aufgestellt, die substantiell durch nichts abgesichert sind. Die wissenschaftspolitischen Ziele, interdisziplinäre Forschung, Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, Ausbau der wissenschaftlichen Kontakte zwischen Ost und West usw., die sich diese Akademie gestellt hat, sollen -so die Koalitionsvereinbarung - von den bestehenden Hochschulen und von den bestehenden Wissenschaftseinrichtungen verfolgt werden, ({2}) aus guten Gründen, auf die ich gleich noch zu sprechen kommen werde. Kaum ist dieser Beschluß gefaßt, schon zetern und jammern die Konservativen. Kollege Rüttgers - ich schätze Sie sehr in anderen Arbeitszusammenhängen - hat vor einiger Zeit von einem „massiven und unverhüllten Angriff auf Freiheit und Selbständigkeit der Wissenschaften" gesprochen. ({3}) Meine Damen und Herren aus der Regierungskoalition, wo aber war Ihr Jammern und Ihr Zetern, als die Regierung Diepgen bei der Gründung der Akademie jede Spur von Wissenschaftspluralismus und von Wissenschaftsfreiheit in Grund und Boden getreten hat? ({4}) Ich will Ihnen das an drei Punkten begründen; bitte hören Sie zu: Erster Punkt. Betrachten Sie doch einmal die Liste der Mitglieder dieser Akademie: 31 Mitglieder, davon übrigens gerade drei Frauen. Dann werden Sie schnell feststellen, daß es sich mehrheitlich um Wissenschaftsmanager und Institutsdirektoren handelt, ({5}) die für eine solide Mitarbeit und Eigenforschung im Rahmen der Berliner Akademie wohl kaum noch Zeit haben. Die Berufung der Akademiemitglieder durch Senator Turner im Mai 1987 hat mit Wissenschaftspluralismus nichts, aber auch gar nichts zu tun gehabt: Von einigen Ausnahmen abgesehen - ich will hier nur die Professoren Krupp, Mittelstraß oder Frau Professor Thomas nennen - wurde die Mehrheit der Akademiemitglieder aus dem konservativen Lager berufen. ({6}) Kurzum: Es handelt sich bei dieser Akademie um ein staatlich subventioniertes Prestigeprojekt der konservativen Wissenschaftlerszene. ({7}) Damit waren wir nicht einverstanden. Zweiter Punkt. Der Präsident der Akademie, Herr Professor Albach, der den Auflösungsbeschluß von SPD und Alternativer Liste als „Ohrfeige für die deutsche Wissenschaft" bezeichnet hat, ({8}) formulierte als ein Ziel der Akademie, sie solle einen Beitrag dazu leisten, „Verunsicherungen in der Gesellschaft gegenüber wissenschaftlich-technischen Entwicklungen abzubauen". ({9}) Meine Damen und Herren, diese Zielsetzung - „Verunsicherungen abbauen" - entspricht vielleicht einer Werbeagentur der Atomwirtschaft, aber gewiß nicht einer wissenschaftlichen Einrichtung. ({10}) Zu dieser Art von Pseudowissenschaftlichkeit passen dann Überlegungen von Herrn Riesenhuber, diese Akademie mit Forschungsaufgaben zur Technikfolgenabschätzung zu betreuen. Mit dieser Akademie ist es Ihnen wesentlich darum gegangen, die Akzeptanz in der Bevölkerung für wissenschaftlich-technische Risikoentwicklungen zu fördern, um nichts anderes. ({11}) Nun zum dritten, entscheidenden Punkt. Interdisziplinäres Forschen, Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, Ausbau der wissenschaftlichen Kontakte zwischen Ost und West, alles dies sind nicht Aufgaben einer zentralisierten außeruniversitären Akademie, ({12}) sondern Aufgaben, die in die bestehenden Hochschulen und in die bestehenden Forschungseinrichtungen hineingehören. Die Förderung interdisziplinärer Forschungsansätze muß im Zentrum des Wissenschaftsbetriebs ansetzen, nicht in einer privilegierten Oase am Rande des Wissenschaftssystems. ({13}) Denn das ist das Markenzeichen konservativer Hochschulpolitik: Erst wird die Hochschulforschung ruiniert, erst werden den Studenten und den Hochschullehrern die Überlastprobleme aufgehalst, erst wird der wissenschaftliche Nachwuchs auf die Straße gesetzt, . . .

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Herr Abgeordneter - Wetzel ({0}): ... ich komme zum Ende, und dann werden einige außeruniversitäre Renommierprojekte zur Imagepflege hochgezogen. ({1}) Damit waren wir nicht einverstanden.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Herr Abgeordneter - Wetzel ({0}): Deswegen haben wir die wissenschaftliche Funktion der Akademie zurückverlagern wollen, hinein in die Hochschulen . . .

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Ihre Redezeit ist beendet.

Dietrich Wetzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002492, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

... und andere wissenschaftliche Einrichtungen. Ich danke Ihnen. ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft.

Jürgen W. Möllemann (Minister:in)

Politiker ID: 11001520

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Präambel des vom SPD-Präsidium geforderten „Dringlichkeitsprogramms für Forschung und Lehre " vom Februar dieses Jahres findet sich folgende Aussage: Verantwortete Wissenschaft in einer verletzlichen Welt muß zur Lösung drängender Zukunftsfragen ihren Beitrag leisten; ({0}) die „Gesellschaft der Intelligenz" muß sich in besonderem Maße der Zukunftsverantwortung stellen. Hochschulen und Forschung müssen im Interesse der Berufs- und Lebenschancen der jungen Generation und unserer Gesellschaft ({1}) gestärkt werden mit dem Ziel, ein auch regional ausgewogenes leistungsfähiges System von Hochschulen und Forschung wieder herzustellen. ({2}) Von diesen Gedanken der „Gesellschaft der Intelligenz" und eines - miteinander eng verbundenen und sich gegenseitig ergänzenden - Systems von Wissenschaft und Forschung hat sich die Berliner SPD offensichtlich auf Druck ihres neuen Partners kurzfristig verabschiedet. ({3}) Die sonst immer wieder beschworene Verantwortung eines leistungsfähigen Systems für Wissenschaft und Forschung für die weitere Entwicklung der Gesellschaft wird kurzfristigen Interessen zuliebe über Bord geworfen. Die besonderen Chancen und Synergieeffekte, die sich aus einem Verbund verschiedener Forschungs- und Wissenschaftseinrichtungen ergeben, werden nicht erkannt, vertan und der gerade entstehende und sich festigende Ruf Berlins als einer Forschungs- und Wissenschaftsstadt im In- und Ausland schwer geschädigt. Zu den Berliner Gründungsmitgliedern der Akademie gehören Hochschullehrer, auf deren Leistungen z. B. in der Informatik oder in der Entwicklung moderner Produktionsverfahren kein Berliner Senat, welcher Couleur auch immer, guten Gewissens verzichten kann. ({4}) Nicht nur diesen Wissenschaftlern wurden durch die Akademie neue Möglichkeiten der Forschung und der Zusammenarbeit eröffnet. Die Akademie der Wissenschaften zu Berlin ist im ganzen auf enge Kooperation mit den Berliner Hochschulen angelegt. Die Akademie soll aber nicht nur Brücken zwischen den Berliner Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen schlagen, sondern auch über die Stadt hinaus. Die Berliner Hochschulen haben in den letzten Jahren ihren wissenschaftlichen Ruf in erfreulicher Weise festigen können. Nicht von ungefähr sind sie gesuchte Partner ebenso in der Stadt wie über die Stadt hinaus. ({5}) Die Akademie der Wissenschaften zu Berlin ist mehr als die anderen fünf wissenschaftlichen Akademien im übrigen Bundesgebiet auf eine solche Partnerschaft und Brückenfunktion angelegt. ({6}) Von den ersten 30 berufenen Mitgliedern der Akademie kamen ein Drittel aus Berlin und zwei Drittel aus den übrigen Bundesländern und aus dem Ausland. Noch eine Zahl in diesem Zusammenhang: Von diesen ersten 30 Mitgliedern kamen etwa zwei Drittel aus Hochschulen und nur etwa ein Drittel aus außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Daraus ergibt sich: Wer die Akademie trifft, trifft zugleich die Hochschulen und besonders die Berliner Hochschulen. Wer so handelt, betreibt im Grunde eine wissenschaftsfeindliche Politik. ({7}) Die Akademie, meine Damen und Herren - Herr Wetzel, Ihre Einlassung hat es in wirklich prägnanter Weise deutlich gemacht - , ist von Anfang an in bekannter Weise unter sogenannten Eliteverdacht gestellt worden. Unsere Gesellschaft kann jedoch die ihr gestellten Aufgaben in Zukunft ohne hoch- bzw. höchstqualifizierte und engagierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nicht lösen. ({8}) Während Ministerpräsident Rau, verehrter Herr Kollege Catenhusen, noch vor einiger Zeit mit größerem Gefolge ({9}) zum „Research Triangle Park" in den USA reist, um sich dort praktische Anschauung von „Centers of Excellence" zu holen, ({10}) und sich für die Einrichtung solcher Modelle auch in der Bundesrepublik ausspricht, wird in Berlin das Rad wieder zurückgedreht. ({11}) Die insbesondere im Ausland sehr positiv beurteilte differenzierte Gliederung unseres Forschungssystems mit Hochschulen, Max-Planck-Instituten, anderen großen staatlichen Forschungseinrichtungen und wissenschaftlichen Akademien soll in Berlin verändert, beeinträchtigt werden. Statt internationale Ausrichtung und Anerkennung und Synergieeffekte durch Kooperation in einem engen Verbund will die rotgrüne Koalition wieder den Hauch von Engstirnigkeit und Provinzialismus in die Berliner Wissenschaftsund Forschungslandschaft bringen. Ich sage es noch einmal: Wer die Akademie der Wissenschaften zu Berlin demontieren will, schädigt die Hochschulen und schädigt die Stadt. Und, verehrter Kollege Wetzel, daß Sie, der Sie die Waschzettel der neuesten Publikation von Professor Blieshaimer gelesen haben, hergehen und sich ein Urteil über Herrn Professor Albach anmaßen, finde ich beachtlich. ({12})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Professor Heimann. ({0})

Prof. Gerhard Heimann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000845, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit der Wahl in Berlin und noch einmal verstärkt durch die Frankfurter Wahl muß die Not unter den Koalitionsparteien riesengroß sein, wenn sie jede Sitzungswoche erneut eine Aktuelle Stunde über Berlin beantragen. Meinen Sie wirklich, verehrte Kolleginnen und KolIegen von der FDP und vor allen Dingen Sie, Graf Lambsdorff, daß Sie von den verständlichen Überlebenssorgen Ihrer Partei in Berlin, in Frankfurt und anderswo ablenken können, indem Sie hier im Bundestag eine Debatte führen, die nicht nur in der Tonlage unerhört ist, die auch für Berlin schädlich ist und die richtigerweise in das Abgeordnetenhaus von Berlin gehören würde? Aber das ist Ihr Problem, nicht unser Problem. In der Sache wollen wir uns der Auseinandersetzung gern stellen. An Ihrem Schreckensgemälde von einer unter rot-grüner Regierungsverantwortung niedergehenden Wissenschaft in Berlin stimmt überhaupt nichts. Im Gegenteil, Sie greifen eine Einzelfrage heraus, bauschen sie zu einer irrealen Größenordnung auf und machen nicht einmal den Versuch, der Koalitionsvereinbarung zwischen SPD und AL im Wissenschaftsbereich auch nur einigermaßen gerecht zu werden und sich seriös mit ihr auseinanderzusetzen. ({0}) Von der FDP hätte ich das nicht geglaubt. Die entscheidenden Sätze in der Koalitionsvereinbarung lauten: Wissenschaft hat für die kulturelle, soziale, ökologische und technisch-wirtschaftliche Entwicklung unserer Gesellschaft eine Schlüsselrolle. ({1}) Neue Fragestellungen, verändertes gesellschaftliches Problembewußtsein, z. B. bei der Frauenforschung oder im Bereich des Umweltschutzes, müssen schneller als bisher Eingang in die Forschung finden. ({2}) Das sind Sätze, die voll mit dem übereinstimmen, was hier aus dem Präsidiumsbeschluß der SPD zitiert worden ist. ({3}) Der zukünftigen Koalition in Berlin geht es nicht um weniger Forschung, sondern um mehr Forschung, ({4}) und es geht ihr um andere Akzente in der Forschung. Weil Ihnen die ganze neue Forschungsrichtung nicht paßt, weil sie Ihnen zu modern, zu problemorientiert, zu sehr gesellschafts- und ökologierelevant ist, nennen Sie sie „ideologisch" . ({5}) Dabei merken Sie gar nicht, wie im höchsten Maße „ideologisch" die von Ihnen so gelobte, in Wahrheit aber rückwärts gewandte Renommiergründung zur 750-Jahr-Feier, die Akademie der Wissenschaften zu Berlin, war. ({6}) Haben wir eine solche Einrichtung neben mehreren Instituten der Max-Planck- und der Fraunhofer-Gesellschaft, neben dem Wissenschaftszentrum und dem Wissenschaftskolleg und ungezählten anderen Forschungsinstituten in Berlin je noch gebraucht? War es nicht reines Großmannsgehabe der aus Kiel und Hohenheim importierten Wissenschaftssenatoren Kewenig und Turner, die außerdem unter dem massiven Druck einiger Professoren der rechtskonservativen „Notgemeinschaft" standen, die aus der ungeliebten Universität aussteigen wollten, ({7}) das bei der Gründung Pate gestanden hat? Ist es nicht sogar unhistorisch, Graf Lambsdorff, neben der Akademie der Wissenschaften in Berlin ({8}) und der Akademie der Künste in Berlin ({9}) noch eine weitere Akademie zu gründen? Wo bleibt denn hier die von der CDU sonst bei jeder Gelegenheit beschworene Einheit der Stadt? ({10}) Deshalb war die Berliner SPD von Anfang an dagegen, ({11}) nicht erst jetzt seit den Koalitionsverhandlungen mit der AL. Aber worum geht es in aller Nüchternheit in der Sache selbst? Es geht in Wirklichkeit um 30 Wissenschaftler, die in aller Regel in feste Arbeitszusammenhänge außerhalb Berlins eingebunden sind und nicht die Zeit für eine kontinuierliche Arbeit in unserer Stadt haben. ({12}) Sofern sie dennoch in Berlin an so sinnvollen Forschungsvorhaben, wie Uwe Schlicht sie im „Tagesspiegel" gerade beschrieben hat, weiterarbeiten wollen, sieht die Koalitionsvereinbarung dies gerade vor. Es geht doch gar nicht um die Arbeit und um die Forschungsvorhaben, sondern um den institutionellen Zusammenhang. Wir wollen, daß diese Forschungsvorhaben innerhalb und nicht außerhalb der bestehenden Hochschuleinrichtungen und sonstigen Forschungseinrichtungen vor sich gehen. ({13}) Finanziell geht es um eine Summe von rund 10 Millionen DM jährlich. ({14}) Das ist der sachliche Kern, die wirkliche Größenordnung, ({15}) um derentwillen hier im Bundestag Götterdämmerung über Berlin beschworen werden soll. ({16}) Das ist doch einfach lächerlich, ist angesichts der gesamten Berliner Wissenschaftslandschaft, die zu den dichtesten der Welt gehört, einfach lächerlich; das wissen Sie selbst ganz genau. ({17}) Aber bedenken Sie: Sie tragen nicht nur Verantwortung gegenüber dieser einen Einrichtung, der Akademie der Wissenschaften, die von Anfang an - übrigens zu Recht - umstritten war. Noch mehr Verantwortung tragen Sie für die schon genannten außeruniversitären Forschungseinrichtungen, für die beiden Universitäten, für die Hochschule der Künste, für drei staatliche und weitere private Fachhochschulen, für rund 100 000 Studenten und rund 30 000 Männer und Frauen des wissenschaftlichen Personals sowie für ein Haushaltsvolumen, das allein für die Hochschulen - ohne die Universitätskliniken - fast 1,9 Milliarden DM jährlich beträgt. Das ist die Forschungs- und Wissenschaftslandschaft von Berlin! ({18}) Die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen sollten sehr vorsichtig sein, bevor sie wegen einer einzigen kontroversen Frage ein solches Zukunftspotential, das in der Welt nahezu ohne Beispiel ist, ins Negative zerreden; aber genau das machen Sie, meine Damen und Herren, aus durchsichtigen Gründen. ({19})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat der Abgeordnete Maaß.

Erich Maaß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001402, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Schließung der Akademie der Wissenschaften in Berlin ist eine schallende Ohrfeige für die gesamte Wissenschaft. Es ist ein Kniefall der SPD vor den Alternativen, es ist ein Umfall der SPD gegenüber den sozialdemokratischen Kuratoriumsmitgliedern und Angehörigen des Freundeskreises aus der SPD wie Helmut Schmidt, dem Hamburger Finanzsenator Krupp, Edzard Reuter und Hermann Rappe. ({0}) Wissenschafts- und Forschungspolitik muß langfristig berechenbar bleiben, auch bei sich ändernden Regierungen. Rot-grün in Berlin kennt Kontinuität nicht. Die Schließung der Akademie der Wissenschaften in Berlin ist einmalig in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Eine mit hochrangigen Wissenschaftlern besetzte Akademie wird zur ideologischen Manövriermasse von Rot-Grün degradiert. Plötzlich werden hochrangige Wissenschaftler als elitär bzw. ihre Einrichtung als CDU-Prestigeobjekt bezeichnet. Wird Wissenschaft unbequem oder paßt sie nicht ins parteipolitische Konzept, drehen Rot-Grün ihr den Geldhahn zu. Man nennt so etwas Gleichschaltung. Freiheit der Wissenschaft wird zur Hure der Ideologie degradiert. ({1}) Wehret den Anfängen, meine Damen und Herren! Es ist gerade 50 Jahre her, da hatten wir die gleichen Machenschaften. ({2})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Herr Abgeordneter, wir haben uns vorgenommen, solche Vergleiche aus unserer Debatte hier herauszulassen. Ich möchte Sie darum bitten, sich danach zu richten. ({0})

Erich Maaß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001402, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Heute ist es die Akademie der Wissenschaften in Berlin, morgen können es das Fraunhofer- oder das Max-Planck-Institut sein. Man möge sich vorstellen, welches Geschrei entstehen würde, käme eine CDU/CSU-Regierung auf die Idee, ein Ökoinstitut aushungern zu wollen. ({0}) Aber keine Angst, meine Damen und Herren: Die Union käme gar nicht erst auf eine solche abstruse Idee. ({1}) Für die Union gilt frei nach Voltaire der Grundsatz: Wir sind zwar nicht Ihrer Meinung, aber wir werden uns stets dafür einsetzen, daß Sie Ihre Meinung äußern können. Dieser rot-grüne Bubenstreich hat aber eher noch weitere fatale Konsequenzen. Die Akademie der Wissenschaften in Berlin sollte den Bereich Technikfolgenabschätzung bearbeiten, einen Wissenschaftsbereich, dessen Förderung von allen Parteien gefordert wird. Wenn es nach Rot-Grün geht, entsteht der Eindruck, daß hochrangige Wissenschaftler weniger geeignet sind, das Problem zu lösen, als ideologisierte Ökofreaks. Bei einer Schließung der Akademie der Wissenschaften nimmt die interdisziplinäre Zusammenarbeit der Wissenschaftler zwischen Ost und West Schaden. Dem Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort Berlin wird dadurch ebenfalls schwerer Schaden zugefügt. ({2})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Herr Abgeordneter Catenhusen, ich will Sie nur darauf aufmerksam machen, daß auch der Begriff „Heuchelei" hier in der Debatte nichts zu suchen hat. Jetzt ist der Abgeordnete Wetzel zu seinem zweiten Beitrag dran.

Dietrich Wetzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002492, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will in den mir zur Verfügung stehenden zwei Minuten nur auf einen Punkt eingehen. Es ist ein von interessierter Seite systematisch hervorgerufenes Mißverständnis, wenn hier gesagt wird, die Berliner Akademie, die jetzt geschlossen werden soll, sei eine Institution, in der wesentliche wissenschaftliche Beiträge erarbeitet werden könnten. Diese Institution, diese Akademie, wie sie gegenwärtig arbeitet, war wegen ihrer Besetzung zu derartigen Arbeiten nicht imstande. Der Vergleich mit amerikanischen Technology Centers oder ähnlichem ist absolut unangebracht. Dort sitzen hauptamtlich tätige, ganztägig arbeitende Wissenschaftler, die wirklich Spitzenleistungen hervorbringen. Die Akademie der Wissenschaften konnte das von ihrer Zusammensetzung her gar nicht. ({0}) Sehen Sie sich die Themenbreite dort an. Es geht bei diesem Akademieprojekt nur darum, Akzeptanz für bestimmte in der öffentlichen Kritik stehende wissenschaftlich-technische Fehlentwicklungen herbeizuführen. Das ist der einzige Sinn dieses Projekts. ({1}) Im übrigen, wenn hier davon gesprochen wird, sozusagen aus ideologischen Gründen werde die Akademie geschlossen bzw. würden die Aufgaben der Akademie in die Hochschulen zurückverlagert, dann ist allein die Tatsache, daß diese ganzen Funktionen wieder in die Hochschulen verlagert werden sollen, der erste Gegenbeweis. Zum zweiten. Wenn Sie danach suchen, wo eine Institution aus ideologischen Gründen geschlossen wurde, dann ist das sicherlich im Fall des Max-PlanckInstituts zur Erforschung der Lebensbedingungen der wissenschaftlich-technischen Welt der Fall. ({2}) Das war eine ideologisch motivierte Schließung. Aber das gilt nicht für diese Geschichte. Wir sagen, indem wir uns zu wissenschaftlicher Leistungsfähigkeit bekennen: Diese Institution wird diese Leistungen nicht erbringen. Sie können besser von den bestehenden Hochschulen in Berlin und von den wissenschaftlichen Einrichtungen erbracht werden. Dieses Bekenntnis zu wissenschaftlicher Leistungsfähigkeit ist die wesentliche Ursache für die Verlagerung von Aufgaben auf die Hochschulen. Danke. ({3})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat der Abgeordnete Lüder.

Wolfgang Lüder (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001390, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Wetzel, die „Frankfurter Allgemeine" hat heute morgen mit Recht daran erinnert, daß Michail Bakunin stets dafür war, lieber alles abzureißen und alles abzuschaffen, statt zu reformieren. Ich wollte dies nicht sagen, aber nachdem Sie jetzt zweimal einen Kritikansatz vorgetragen haben, der es erfordert hätte, mit Reform zu antworten, und damit die Abschaffung begründet haben, machen Sie deutlich, daß es Ihnen um mehr und um anderes ging, als Verbesserungen in eingeführten Institutionen vorzunehmen. ({0}) - Ich werde noch deutlicher. Meine Damen und Herren, es ist hier davon gesprochen worden, daß es um eine Institution mit einem Etat von 10,5 Millionen DM geht. Es handelt sich dabei übrigens nicht um einen Zuschuß, sondern um den Etat. Er enthält ja noch privates Geld, das dort aufgebracht worden ist. Aber es sind doch oft die kleinen Entscheidungen, die das große Loch in das Vertrauenskapital reißen. Wenn wir uns den Etat der Berliner Akademie der Wissenschaften ansehen, wenn wir uns eben auf diese 10,5 Millionen DM konzentrieren, die nur zum Teil aus öffentlichen Mitteln bestritten werden, dann sehen wir, daß wir es hier mit einem Etat zu tun haben, der im Haushalt der Universität, deren Vizepräsidentin die zukünftige Wissenschaftssenatorin Berlins sein will, vielleicht gerade einem Institut zur Verfügung steht. Aber gerade darum ist diese Entscheidung für das Aus der Akademie für mich so unvertretbar. Ich trage diese Etaterwägungen vor, weil Sie in den Koalitionsvereinbarungen - Sie haben uns aufgefordert, sie zu lesen; wir haben sie gelesen - die Schließung nicht mit den Argumenten begründet haben, die Sie hier vorgebracht haben, sondern Sie haben vorgebracht, Einsparungen müßten erreicht werden, Verlagerungen aus universitären Wissenschaftsbereichen in die Universität hinein, insbesondere weg von der Akademie der Wissenschaften. So steht es in dem der Presse zugänglich gemachten Koalitionspapier. Hier ist unter Haushaltsvorwand etwas gemacht worden, was politische Entscheidungen bringen sollte. Wenn man dann die Koalitionsvereinbarung weiter sieht und sieht, welche Aufgabenstellung die Universitäten jetzt haben sollen - sie sollen in den Stand versetzt werden, Fragestellungen, die von außerhalb der Hochschulen, z. B. von Gewerkschaften oder Bürgerinitiativen an sie herangetragen werden, zu bearbeiten - , so ist das gut und richtig, wenn man daneben eine solche Akademie hätte bestehen lassen, weil das der Vielfalt dient. ({1}) Aber wenn man die eine Richtung der gesellschaftlichen Arbeit als Auftrag an die Universitäten gibt und dabei die private Insitution - eine Körperschaft des öffentlichen Rechts; so ganz privat war sie nicht, sie war in ihrer Unabhängigkeit gesichert - , diese Körperschaft des öffentlichen Rechts, dafür abschaffen will, so zeigt dieses, daß Sie die Wissenschaftsfreiheit eingrenzen wollen, daß Sie die Forschungsvariation, ({2}) daß Sie die Vielfalt der Meinungsbildung begrenzen wollen. ({3}) Das ist der Zielpunkt, um den es Ihnen geht. Wissenschaft dort zu gestalten, wo allzuoft die Universitätsbürokratie keinen Handlungsspielraum mehr lassen konnte, neues Denken, wissenschaftliches Zusammengehen über staatliche und ideologische Grenzen hinweg, alles dies sollte die Akademie leisten. Man kann doch nicht sagen, das, was in den Arbeitsgruppen angepackt worden ist, das sei bürgerlich oder sei Industrieforschung gewesen, wenn man etwa an den Arbeitsbereich denkt, der unter Leitung von Professor Krupp stand und interdisziplinär nach neuen Möglicheiten für die Nutzung der Sonnenenergie als Lösung der Energieprobleme sucht. Wenn man diese Arbeitsgruppen anguckt, wenn man alles dieses, was bisher auf den Tisch gelegt ist, bringt, dann muß eigentlich auch der Skeptiker sehen, wie es Peter Glotz, der frühere Wissenschaftssenator, getan hat, daß die Entscheidung, diese Akademie abzuschaffen, falsch ist, daß sie ideologisch begründet ist und mit keinem Wort mehr. Lassen Sie mich mit einem Zitat schließen. Ich habe mir heute morgen angesehen, was die zukünftige Wissenschaftssenatorin, Frau Barbara RiedmüllerSeel, veröffentlicht hat. ({4}) In der Bibliothek des Deutschen Bundestages ist ihr Buch „Evolution und Krise" auszuleihen. Der Untertitel, den sie selber diesem Buch gegeben hat, macht mir Angst. Er heißt: „Mit dem Recht ist in der Krise kein Staat zu machen. " Ich befürchte, wir sehen schlimmen Zeiten der Wissenschaftsunfreiheit entgegen. ({5})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat der Bundesminister für Forschung und Technologie.

Prof. Dr. Dr. Heinz Riesenhuber (Minister:in)

Politiker ID: 11001849

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die SPD war in dieser Debatte leise. Ich habe dafür Verständnis. Herr Wetzel hat für die AL die Katze aus dem Sack gelassen. Was habe ich an TA-Reden, an Sonntagsreden zur Technikfolgenabschätzung schon alles gehört! Was jetzt hier stattfindet, ist, daß eine der besten interdisziplinären Institutionen, die neu in Deutschland aufgebaut wurde, durch einen Federstrich geschlossen werden soll. ({0}) - Jetzt wollen wir einmal anschauen, welches die Themen sind, Herr Wetzel: Automatisierung, Arbeitswelt und künftige Gesellschaft, Umweltstandards, Sonnenenergienutzung, Altern und gesellschaftliche Entwicklung. Das sind die Themen, die tatsächlich an den Schnittpunkten der Bereiche stehen, wo wir eine Verantwortung dafür haben, daß wir rechtzeitig begreifen - nicht im Blick auf Einzelheiten, sondern aufs Ganze - , was geschieht, damit wir es gestalten können. Sonntagsreden höre ich hier seit Jahren; Vorwürfe, daß das nicht vorankommt, höre ich seit Jahren. 1962 hat der Senat unter SPD-Führung schon gesagt: Wir wollen eine Akademie aufbauen. 1987 ist sie nach jahrelanger Vorbereitung gegründet worden. Jetzt entwickelt sie sich in eine Richtung, wo sie wirklich an den Schnittstellen der gesellschaftlichen Probleme und der Wissenschaften Neues aufarbeitet, da wird sie in dem Moment geschlossen, wo sie sich geformt hat. ({1}) Ich habe mir sehr genau angeschaut, Herr Wetzel, wie Sie in der Sache argumentieren. Sie sagen, die Arbeitsweise sei hier offensichtlich nicht in Ordnung; das seien alles Leute, die anderes zu tun hätten. Jetzt will ich es uns ersparen, hier vorzulesen, wie diese Arbeitsgruppen besetzt sind. Es ist eine exzellente interdisziplinäre Besetzung, eine Besetzung, die die verschiedenen Arbeitsbereiche aufzuarbeiten erlaubt. Hier wird über die Frage „abhängig oder unabhängig" gesprochen. Glauben Sie - darauf haben mehrere hingewiesen, zuerst Graf Lambsdorff, aber auch andere Redner - , daß sich Herr Krupp oder Helmut Schmidt oder Herr Edzard Reuter oder Herr Rappe für eine politisch abhängige Gesellschaft hergeben würden? Das ist nicht vorstellbar, und davon gehen wir auch nicht aus. Sie haben über die Qualität gesprochen. Wenn diese Akademie in zwei Jahren erstklassige Leute gewinnen konnte und diese in einer hervorragenden Weise zur Zusammenarbeit gefunden haben, dann sind hier - ({2}) - Genau das Gegenteil. Wie wollen Sie eigentlich überhaupt interdisziplinäre Arbeit machen, wenn Sie nicht über die klassischen alten Disziplinen hinausgehen? Wo sehen Sie eine andere Institution, die in gleicher Weise wie die Akademie der Wissenschaften das Ganze und die gesellschaftliche Verantwortung, die immer wieder gefordert ist und die hier exerziert wird, im Blick hat? ({3}) - Was Ihre Bemerkungen im Ziel bedeuten sollen, ist wirklich intellektuell ganz schwer nachzuvollziehen. Ich habe auch manchmal das Gefühl, daß Sie hier weniger über politische als über intellektuelle Probleme sprechen. Ich sage das ungern, aber es ist wahr. Die Akademie der Wissenschaften hatte Aufgaben. Sie sollte über die Erschließung der einzelnen Arbeitsbereiche Brücken schlagen. Wir haben die Abkommen zur wissenschaftlich-technischen Zusammenarbeit mit der Sowjetunion und der DDR. Hierzu sind die Kontakte von der Akademie der Wissenschaften aufgebaut worden. Wir bauen die Zusammenarbeit mit Ungarn und Polen auf. Hier gab es die ersten, und zwar vorzügliche, Kontakte. ({4}) - Ich könnte jetzt hier eine Rede über das Wissenschaftskolleg und über das Wissenschaftszentrum Berlin halten. ({5}) Ich rede über die Akademie der Wissenschaften. Ich rede über das, was hier geschlossen wird. Sie haben auch begründet, warum. Sie haben gesagt, es liege daran, daß hier eine konservative Wissenschaft betrieben werde. Wenn Wissenschaft an Gesinnung gemessen wird, wenn Sie hier von einer wissenschaftlichen Institution vom Staat her Gesinnung einfordern, dann haben wir aufgehört, über die Unabhängigkeit der Wissenschaft zu reden. ({6}) Daß Sie hier den Mut haben, die Akademie mit dieser Begründung, daß sie einer bestimmten Gesinnung, die Sie jetzt hier vorgeschrieben haben, nicht gerecht geworden sei, zu schließen, das ist wirklich eine traurige Angelegenheit. ({7}) Wir sprechen hier einerseits über die Freiheit der Wissenschaften; dazu ist einiges gesagt worden. Wir sprechen auch über den Standort Berlin. Hier ist gesagt worden, dieser werde nicht beeinträchtigt. Ja, was soll ich denn sagen? Ich werde angerufen und gefragt: Wann geht der Forschungsreaktor Berlin in Betrieb? Er ist fertig. Ich lese in der „Morgenpost" von gestern: AL will Bessy II verhindern. Sie können es durchgehen. Ich lese hier: Die AL besetzt ein Grund9794 stück zum Neubau des Zuse-Zentrums. Warum? Weil es mit Mikroelektronik zu tun hat. ({8}) Ja, was soll denn aus dieser Institution werden, aus diesem großartigen und dynamischen Wissenschaftsstandort Berlin, der ein Glanzlicht der deutschen Wissenschaftsgemeinschaft war, der international ausstrahlt und in einer großartigen Weise arbeitet, der attraktiv für großartige Wissenschaftler aus Deutschland und aus allen Ländern der Welt ist? Ich kann nur hoffen, daß das, was hier falsch begonnen hat, rechtzeitig korrigiert wird, und daß dieses nicht ein Signet für den Geist einer Wissenschaft wird, die Sie jetzt anstreben. Ich ging davon aus, daß der Geist der Freiheit der Wissenschaft über das Grundgesetz hinaus gemeinsame Grundlage für alle Fraktionen des Bundestages ist. ({9})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat der Abgeordnete Catenhusen.

Wolf Michael Catenhusen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000326, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mit einer Vorbemerkung beginnen. Ich halte es für untragbar - ich denke, nicht nur für Sozialdemokraten, nicht nur für GRÜNE, hoffentlich auch für alle Freien Demokraten und hoffentlich für möglichst viele Christdemokraten - , wenn im Zusammenhang mit den Vorgängen um die Senatsbildung in Berlin ein Kollege sich erkühnt hat, hier von Gleichschaltung der Wissenschaften zu sprechen ({0}) und die Schließung der Preußischen Akademie der Wissenschaften durch die nationalsozialistische Regierung in eine Reihe mit den Vorgängen in Berlin zu rücken. Man kann sich in der Sache sehr streiten; aber wer diese historische Parallele zieht, meine Damen und Herren, der gibt klar zu erkennen, was er will: rechtsradikale Sprüche selbst hier von sich zu geben, um ein Klima in der Bundesrepublik zu erzeugen, in dem dieses Gedankengut weiter wächst. ({1}) Dem möchte ich mich heute schon ganz entschieden entgegenstellen. ({2}) - Ich höre ja, daß Sie gern mit diesen Parolen weiterfahren wollen. Das ist aber Ihr Problem, und das wird noch Ihr Problem werden, gerade bei den Wissenschaftlern, für die Sie sich jetzt als Anwälte aufspielen. Meine Damen und Herren, Akademien der Wissenschaften haben in der deutschen und europäischen Wissenschaftsgeschichte seit dem 17. Jahrhundert einen wichtigen und - so denke ich - meistens auch einen sehr fortschrittlichen Beitrag für die Entwicklung der Wissenschaft geleistet. Das gilt auch bis heute so. Ich weiß sehr wohl, welchen konstruktiven Beitrag etwa die Akademie der Wissenschaften in Düsseldorf auch für die wissenschaftliche Entwicklung des Landes Nordrhein-Westfalen geleistet hat und welche Anregungen für die Fortentwicklung der Wissenschaft geleistet wurden. ({3}) Ich denke, meine Damen und Herren, es ist sicherlich ein Manko, daß bei uns als einzigem hochindustrialisiertem Land bisher keine nationale Akademie der Wissenschaft vorhanden ist, die etwa Partner für die Arbeit der berühmten nationalen Akademien in der Sowjetunion, in den USA, in Großbritannien, in Frankreich und in anderen Ländern darstellt. ({4}) Ich denke, meine Damen und Herren, wir sind offensichtlich sowohl in der Frage der Konstruktion als auch der Aufgaben der Akademien in der Bundesrepublik bisher leider in einer - wenn Sie so wollen - Kleinstaaterei steckengeblieben. ({5}) Der Vorgang in Berlin ist ungewöhnlich. Ich bin darüber nicht begeistert. ({6}) Aber, meine Damen und Herren, was auch Liberale sehr schnell verdrängen, sind die Umstände der Schaffung dieser Akademie, denn sie waren auch sehr außergewöhnlich. ({7}) Sie waren dem Ansehen dieser Einrichtung ausgesprochen schädlich. Dafür trägt sicherlich der frühere Wissenschaftssenator Kewenig die Hauptverantwortung. Denn, meine Damen und Herren, die Schwäche der Akademiegründung war von Anfang an die Tatsache, daß sie ein Gegengewicht, eine Alternative zu den Berliner Hochschulen sein sollte. Sie sollte nicht die Aufgaben der Hochschulen ergänzen. ({8}) sondern sie war als Bollwerk, als ideologische Alternative zu den Hochschulen gedacht. Da ließen der Bund Freiheit der Wissenschaft und die Notgemeinschaft der Freien Universität an der Wiege dieser Einrichtung grüßen. ({9}) Es freut mich gar nicht, Herr Lambsdorff, daß Sie auf einmal den Eindruck erwecken, daß das die Truppen der FDP sind. Vielleicht haben sich ja die Zeiten geändert. ({10}) Die Aufgabenstellung dieser Akademie war im Gesetz nicht klar definiert. Es fehlte eine Bedarfsanalyse, aus der sich ihre Notwendigkeit hätte begründen lassen. Meine Damen und Herren, die Wissenschaftsfreiheit fängt nicht da an, wo Herr Spur, der in Berlin schon zwei bis drei Institute hat, vor der Frage steht, ob er noch ein viertes bekommt, um das einmal deutlich zu sagen. ({11}) Meine Damen und Herren, ich glaube gerade eine Akademie der Wissenschaft, die sich vorgenommen hatte, an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft, Technik, Politik und Gesellschaft zu arbeiten, war von vornherein mit einem schweren Manko belastet, denn die SPD hat schon 1986 im Berliner Abgeordnetenhaus der Errichtung dieser Akademie aus sehr guten Gründen nicht zugestimmt. ({12}) Meine Damen und Herren, dieses Manko, das an der Wiege der Gründung dieser Akademie stand, hat die Folge, daß das Verhältnis dieser Akademie zur Wissenschaft in Berlin weitgehend ungeklärt ist. Jetzt zu erzählen, daß damit die wissenschaftliche Qualität der Wissenschaftsstadt Berlin in Frage gestellt sei, verdrängt natürlich, daß Sozialdemokraten in den letzten 20 Jahren sehr stark dazu beigetragen haben, durch die Gründung des Wissenschaftszentrums, durch die Gründung des Wissenschaftskollegs in Berlin, den Ruf der Stadt Berlin als Wissenschaftsstandort zu stärken. ({13}) Lassen Sie mich zum Schluß noch zwei Argumente sagen. Herr Lambsdorff, ich hätte Ihre Rede gerne 1982 gehört, als auf Druck von Franz Josef Strauß diese Bundesregierung die Deutsche Gesellschaft für Friedens- und Konfliktforschung zwangsaufgelöst hat. ({14}) Wo war denn Ihr Kampf für die Freiheit der Wissenschaft, für eine unabhängige Friedensforschung unter der Verantwortung dieser Bundesregierung? Man hat sie schnell in die Deutsche Forschungsgemeinschaft zurückgeschoben. Da hat sie Gott sei Dank einen Zufluchtsort gefunden, bei dem sie vor dem Zugriff dieser Regierung sicher ist. ({15}) Zweitens, meine Damen und Herren, möchte ich folgendes deutlich sagen: Warten wir doch einmal die Regierungserklärung und die neuen Erklärungen der neuen Wissenschaftssenatorin ab, die Vizepräsidentin der Freien Universität ist. Ich hoffe, daß dieser Senat dazu helfen kann, die Frontstellung in Berlin in der Wissenschaft abzubauen und der Freien Universität dabei zu helfen, eine Reformuniversität zu sein, in der Spitzenforschung betrieben werden kann. Vielleicht, meine Damen und Herren, haben wir dann auch das Klima, in dem wir auch wieder in Berlin über eine Akademie reden können, über eine Akademie, in der nicht nur Gaststars zu Gastspielen in Berlin eingeladen werden, sondern in dem Spitzenforschung durch Leute betrieben wird, die in Berlin verwurzelt sind. Schönen Dank. ({16})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Mahlo. Die Menge der Zwischenrufe darf nicht reziprok zu der Menge der Reden, die hier gehalten werden, werden. Zwischenrufe sind eine reizvolle Angelegenheit, und niemand wird sie von hier oben verbieten; aber die Menge muß ein bißchen von denjenigen beachtet werden, die Zwischenrufer sind. Ich sage das nach allen Seiten. Bitte schön, Herr Dr. Mahlo.

Dr. Dietrich Mahlo (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001408, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vieles von dem, was ich sagen wollte, ist inzwischen von anderer Seite ausgeführt worden. Der FDP-CDU-Senat in Berlin hat sich während der letzten acht Jahre bemüht, die Stadt Schritt für Schritt wieder mit an die Spitze zu bringen. Er hat sich daran gewöhnt, daß seine Wissenschafts- und Kulturpolitik von rechts als zersetzend und von links als elitär gehaßt wird. ({0}) Ich will einmal, obwohl ich es ursprünglich nicht vor hatte, etwas gegen den Einwand, die Aufgaben der Akademie könnten auch in den Universitäten erledigt werden, sagen. Dieser Einwand wird hier wider besseres Wissen erhoben; denn eine Konzentration hochrangiger Wissenschaftler, die interdisziplinär und technikorientiert arbeiten und von Bürokratie nicht behindert werden, ist gegenwärtig an den Berliner Universitäten - meiner Ansicht nach an überhaupt keiner Universität - in dem erforderlichen Maß weder vorhanden noch zu bekommen. Die für Berlin entscheidende und bereits mit Erfolg angelaufene Zusammenarbeit mit den osteuropäischen Ländern, etwa mit den Akademien der Wissenschaften der Sowjetunion und der DDR, ist aus grundsätzlichen protokollarischen Gründen des Ostblocks von den Hochschulen nicht zu leisten. Wie Sie wissen, studierten 1960 etwa 3 % eines Jahrgangs, heute studieren 22 %. Wie Sie wissen, gab es 1960 etwa 290 000 Studenten und 5 000 Professoren. Heute sind es 1,5 Millionen Studenten und 25 000 Professoren. Allein in Berlin studieren mit 107 000 heute mehr, als vor dem Krieg im ganzen Deutschen Reich zwischen Aachen und Königsberg studiert haben. Ich will damit sagen: Die Anstalt heißt weiterhin Universität; aber sie hat sich qualitativ verändert. Es ist abwegig, zu glauben, man könne die Aufgaben dieser Akademie an die Universität verlagern. Drei können ein Gespräch führen, 30 können diskutieren, 300 können eine Vorlesung anhören, und 3 000 können nicht einmal das. ({1}) Lassen Sie mich noch eine andere Bemerkung machen. Ich habe am Anfang Ihres Koalitionspapiers in Berlin den schönen, interessierenden und auch zum Widerspruch reizenden Satz gefunden: „Leistung und Demokratie bedingen einander. " Verzeihen Sie, ich glaube, so schön dieser Satz ist, er ist unwahr. Er zeigt, daß das eigentliche Problem der Opposition mit der Akademie der Wissenschaften das Problem aller Demokratien ist, nämlich das ungeliebte Spannungsverhältnis zwischen Gleichheit und Qualität, zwischen Mehrheit und Rang. ({2}) Die Konzentration von Persönlichkeiten und Spitzenwissenschaftlern verstößt gegen den „ordre public" der Opposition, weil sie nämlich aus Gründen der Ideologie sozusagen von der gleichen Berufung aller für alle Aufgaben ausgehen will. ({3}) Unter der Fahne der Demokratisierung - jetzt kommen wir zu dem, was Sie in den 70er Jahren in Berlin vorexerziert haben ({4}) erfolgte deren Gleichschaltung, kamen die endlosen Reformen der Berliner Hochschulen bis nahe zum organisatorischen und inhaltlichen Kollaps. Die Folge waren Rückgang der Studentenzahlen, Abwanderung namhafter Professoren, geringe Berufschancen für Absolventen und habilitationsfreie Ernennung von Discountprofessoren per Postwurfsendung. ({5}) Für Generationen bedeutete das Lehrstühle ohne Sachkompetenz - kein Geist, aber das richtige Feindbild. ({6}) Meine Damen und Herren, im Jahre 1977 lautete die Durchschnittszensur im Fach Psychologie an der FU 1,0. ({7}) Herr Kollege Vogel ist heute nicht da; aber ich meine, als Berliner Bundestagsabgeordneter darf ich ihn hier an seine Verpflichtung erinnern, Schaden von der Stadt abzuwenden. Zusammenfassend läßt sich sagen: Die Zerschlagung der Akademie der Wissenschaften von Berlin ist ein brutaler und demonstrativer Akt von Wissenschaftsfeindlichkeit, ein Symbol des Hasses auf alles, was nicht ausreichend nivelliert ist, und ein Stück dickfelliger Verantwortungslosigkeit gegenüber den Lebensinteressen Berlins und seiner Menschen. Ich danke sehr. ({8})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat der Abgeordnete Professor Weisskirchen. ({0})

Gert Weisskirchen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002465, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, ich glaube, daß Sie schon einen ganz wesentlichen Punkt, um den es geht, angeschnitten haben, nämlich den: Wie werden die Streitfragen unserer Zeit im Wissenschaftsbetrieb, an den Universitäten, in der Hochschullandschaft behandelt? Und wenn es so wäre, daß sie nur an den Akademien und damit auch an der Akademie der Wissenschaften zu Berlin behandelt würden, dann hätten Sie mit Ihrer Kritik völlig recht. Wenn ich mir aber, Herr Lambsdorff, die Demagogie dessen, was Sie gesagt haben, noch einmal vor Augen führe, dann muß man feststellen: Das, was Sie, Graf Lambsdorff, demagogisch, und das, was Sie substantiell gesagt haben, Herr Minister, geht an der Realität dessen vorbei, was in Berlin tatsächlich geschieht. Ich habe das Gefühl, Sie waren noch nie am Wissenschaftskolleg; ich habe das Gefühl, Sie waren noch nie am Wissenschaftszentrum. Sie haben sich die Sonderforschungsbereiche in Berlin offensichtlich noch nie angeschaut. Genau dort werden die gesellschaftlichen Streitfragen unserer Zeit debattiert. Es ist nicht notwendig, daß eine solche Akademie der Wissenschaften auf die sehr differenzierte, hochleistungsfähige Hochschullandschaft in Berlin oben drauf gesetzt wird. Ich möchte bei aller Aufgeregtheit nach verlorenen Wahlen - den Schmerz verstehen wir gut - doch darum bitten, daß wir eine aufrichtige Debatte führen. Dazu gehört zunächst einzugestehen, daß die Gründung der Akademie der Wissenschaften eine Kopfgeburt war. ({0}) Lesen Sie doch einmal das nach, was Herr Kewenig damals, in seiner Rede im Januar 1987, gesagt hat. Man kann es auch im Jahrbuch der Akademie der Wissenschaften nachlesen. Es galt, so sagt er das selber - ich formuliere es jetzt mit meinen eigenen Worten - , ein Modell gegen die Hochschulreform der 70er Jahre zu setzen. Das ist doch genau das Problem, worum es sich hier handelt, Herr Minister. Dieses Modell war den Sozialdemokraten gegen ihre Haltung im Berliner Abgeordnetenhaus abgezwungen worden. Und es ist Ihnen jetzt - das sollte man der Ehrlichkeit und der Aufrichtigkeit halber auch sagen - in der Auseinandersetzung mit der AL abgerungen worden. ({1}) Das gehört mit zur Aufrichtigkeit. Die Skepsis, die die Sozialdemokraten dieser Akademie gegenüber von Anbeginn an geäußert haben, war inhaltlich begründet, und diese Kritik kam aus Weisskirchen ({2}) den Hochschulen selbst. Die Berliner Sozialdemokratie hat diese Skepsis geteilt. Was aber ist, Herr Minister, das drängendste Problem der Hochschullandschaft und der Hochschulpolitik? ({3}) Müssen die Hochschulen nicht darum kämpfen, ihre Fähigkeiten zurückzugewinnen - das, was jetzt an die Akademie der Wissenschaften ausgegliedert werden sollte - : die Fähigkeit zur Selbstreflexion, auch die Fähigkeit zur Selbstkorrektur von wissenschaftlichen Ergebnissen? Das gehört zuallererst in die Hochschulen selbst und nicht an irgendwelche ausgegliederten Akademien. Das ist der zentrale Punkt. ({4}) Wie weit sind wir denn gekommen, daß diese kritische Debatte in den Kirchen und nicht in den Hochschulen stattfindet! Nichts gegen die Kirchen, aber das ist doch der Anstrengung wert: daß die Hochschulen selber über den Zusammenhang zwischen Forschung, Lehre und Studium debattieren und das nicht an ausgegliederte zentrale Institute abgeben. Professor Kewenig - ich möchte ihn in diesem Zusammenhang noch einmal zitieren - hat in seiner Feierrede vier Aufgaben genannt, die die Akademie angehen solle. Ich nenne sie kurz: Zuerst solle sie darüber nachdenken, wohin sich bestimmte Wissenschaften entwickeln oder wo eine neu aufgetauchte Fragestellung nur durch das Zusammenwirken verschiedener Disziplinen zu bewältigen ist; Interdisziplinarität. ({5}) - Zuhören! Zweitens solle sie Transmissionsriemen - der hat den Lenin offensichtlich gut gelesen - zwischen der Wissenschaft und der Öffentlichkeit sein, und zwar in beide Richtungen. ({6}) Er hat darüber hinaus gesagt, daß die Akademie Rat geben kann mit der Folge, daß der Öffentlichkeit Zusammenhänge einsichtig und deshalb auf mangelnder Einsicht oder mangelndem Verständnis basierende Angste ausgeräumt oder doch gemildert werden. ({7}) Jetzt komme ich zu dem zentralen Punkt. Wenn diese Aufgabe bedeuten sollte, daß die Akzeptanzkrise von Wissenschaft und Technik so bewältigt werden soll, daß der öffentlichen Kritik ihre Sprache genommen werden soll, dann können wir diesem nicht zustimmen. Es kann nur bedeuten, daß der offene Dialog zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit nur so geführt werden kann, daß die Reflexionsfähigkeit von Wissenschaften an die Hochschulen zurückgeholt wird, und aus diesem inhaltlichen Grund ist es richtig, die Akademie der Wissenschaften, die bisher, Herr Minister, keine wirkliche substantielle Arbeit geleistet hat, wieder an die Hochschulen selbst zurückzuverlagern. Das ist die Aufgabe der Gegenwart. ({8})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Professor Wisniewski.

Prof. Dr. Roswitha Wisniewski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002532, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Nachricht von der durch SPD und AL geplanten Schließung der neu eingerichteten Akademie der Wissenschaften in Berlin ging wie ein Lauffeuer durch die wissenschaftlich interessierten Kreise der ganzen Bundesrepublik; ({0}) denn dies ist ein empörendes Signal der Wissenschaftsfeindlichkeit und ein Angriff auf die Autonomie einer wissenschaftlichen Einrichtung und damit auf die Freiheit der Wissenschaft. Hier wird politisches Kalkül über Wissenschaftsfreiheit gestellt; das läßt Böses für die kulturelle Zukunft Berlins ahnen. Zugleich ist dies ein Schlag gegen die Wissenschaft in der ganzen Bundesrepublik Deutschland, denn durch die Kulturhoheit der Länder ist die Pflege der Wissenschaft bekanntlich zu einem sehr großen Teil den Ländern anvertraut. Entsprechend hart sind die Proteste der länderübergreifenden Wissenschaftsorganisationen. Es ist eine Illusion, anzunehmen, daß die Aufgaben dieser jetzt bestehenden Akademie an Hochschulen und andere Forschungseinrichtungen übertragen werden könnten. Auch das Wissenschaftszentrum ist natürlich eine völlig andere Konzeption. Ich persönlich nenne es immer - ich meine das sehr positiv - eine Art Elfenbeinturm auf Zeit, und das brauchen hochqualifizierte Wissenschaftler gelegentlich. Wissenschaftliche Akademien sind - das wissen Sie alle - neben den Hochschulen und neben speziellen Forschungseinrichtungen unverzichtbar. Sie stehen zwischen den Hochschulen und den speziellen Forschungsinstitutionen und sind mit den Hochschulen meist eng verbunden, weil die meisten Akademiemitglieder, so auch hier in Berlin, zugleich Professoren sind. Gleichzeitig haben Akademien aber ihre Eigenständigkeit, und sie sind - das ist für sie typisch - auf Forschung, und zwar auf Langzeitforschung, konzentriert. Auf die Forschung und die Interdisziplinarität, den engen persönlichen Zusammenhang zwischen den einzelnen Forschern wird besonders abgehoben. Eigentlich ist nur noch in den Akademien das vorhanden, was früher einmal die Universitas litterarum ausmachte. ({1}) - Lieber Herr Weisskirchen, das wissen Sie genauso wie ich, die Hochschulen sind viel zu groß geworden. Herr Mahlo hat das schon angedeutet. ({2}) Wir haben zur Zeit 1,5 Millionen Studenten, wir haben vor allem eine Zersplitterung - gerade in Berlin gibt es abschreckende Beispiele dafür - in kleine „Fakultätchen", wie man sagen muß, Fachbereiche und ähnliches, so daß genau dies, was das interdisziplinäre Gespräch ausmacht, nicht mehr möglich ist. Wir sollen uns natürlich bemühen, an den Hochschulen diese Möglichkeiten wieder zu geben, aber der institutionelle, interdisziplinäre Zusammenhang in einer Akademie ist etwas anderes und unverzichtbar. Es war in der Zeit der sozialliberalen Koalition, als verdienstvollerweise das Akademieprogramm für die weitere Entfaltung der fünf Akademien - es sind nur fünf, nun hatten wir glücklich eine sechste, und die schafft man ab! - in der Bundesrepublik neue Hoffnung gab. Auch die Neugründung in Berlin verspricht eine gute weitere Entfaltung. Die vorgelegten Projekte aller Akademien zeigen deutlich deren Notwendigkeit. Gleichwohl darf nicht verschwiegen werden, daß es ständiger Anstrengungen von Wissenschaftlern und Politikern bedarf, um den Bestand und die Entfaltungsmöglichkeiten für Akademien zu sichern. Ich gebe ein Beispiel: Im Jahre 1986 führte Professor Dr. Otto Herbert Hajek ein viel beachtetes Kolloquium unter der signifikanten Überschrift durch: „Werden die Akademien in unserer Zeit verdrängt?" Es waren die Akademien der Künste, die er vor allem meinte. Man kann sie in die heutige Aussprache einbeziehen. Auch die Vorgänge um Günter Grass sprechen ihre eigene Sprache. Zusammenfassend: Es ist empörend und deprimierend, wenn SPD und AL in Berlin diese Frage „Werden die Akademien in unserer Zeit verdrängt?" durch ihr Verhalten bejahen. Dies, meine Damen und Herren, darf nicht etwas sein, was für die Wissenschaft der Zukunft und der Gegenwart charakteristisch wird. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. ({3})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat der Abgeordnete Feilcke.

Jochen Feilcke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000524, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Kolleginnen und Kollegen von der SPD und von den GRÜNEN, ich kann verstehen, daß Sie die Akademie der Wissenschaften zu Berlin nicht lieben. Es gibt sicherlich viele Institute, die auch wir nicht so gerne mögen. Ich glaube aber nicht, daß Sie sagen könnten, die bisher noch im Amt befindliche Regierung habe eines dieser ungeliebten Institute geschlossen. ({0}) - Das OSI ist nicht geschlossen worden, sondern es blüht, wächst und gedeiht, sehr häufig mit Ergebnissen, die auch Ihnen nicht gefallen. Das OSI ist nicht geschlossen. Das können Sie nicht vergleichen. ({1}) - Der Unterschied ist gerade: Kritik ist erlaubt. ({2}) - Natürlich ist Kritik an der Akademie erlaubt. Aber den Geldhahn zudrehen ist, glaube ich, etwas anderes. Das darf überhaupt nicht verharmlost werden. Meine Damen und Herren, in dem Vorwort einer Schrift der Akademie heißt es - ich glaube, unbestreitbar - : Den Spezialisten fällt heute das Gespräch untereinander zunehmend schwer. Und an anderer Stelle steht: Die Wissenschaftler betrachten es heute sehr häufig oder manchmal nicht mehr als ihre Aufgabe, dieses Gespräch zu vermitteln, hier zu koordinieren. Sind wir als Politiker, als Endverbraucher von Wissenschaft, eigentlich in der Lage, hier zu koordinieren, oder sind Journalisten in der Öffentlichkeitsarbeit in der Lage, das umzusetzen, was an Wissenschaftsleistung, an Verfügungswissen, wie es dort heißt, vorhanden ist, und es in Orientierungswissen umzuarbeiten? An dieser Stelle setzt die Akademie nach ihrem Selbstverständnis an, weil sie den Rückzug der Wissenschaft aus der Verantwortung für die Operationalisierbarkeit für eine Fehlentwicklung hält. Wer würde dem widersprechen? Sie ist mit dem Ziel gegründet worden, fachübergreifende gesellschaftliche Probleme zu erörtern, Lösungsvorschläge zu prüfen und zu entwickeln. Ich frage Sie: Stört Sie das? Sie will wissenschaftliches Wissen in öffentliche Erörterungen einbringen, Herr Wetzel, Verunsicherungen in der Gesellschaft gegenüber der Wissenschaft abbauen. Ich weiß, daß Sie es stört, daß sie das will. Ich vermute, es liegt daran, daß Sie in Ihrer Politik von Verunsicherungen profitieren wollen. ({3}) Sie will Verunsicherungen abbauen helfen. Sie will Diskussionen in der Gesellschaft versachlichen und die politische Meinungsbildung durch Einbeziehung aller wissenschaftlichen Aspekte fördern. Was stört Sie daran eigentlich? Sie will die Entwicklung der Wissenschaften selbst fördern. Dabei ermuntert sie den wissenschaftlichen Nachwuchs zur gemeinsamen Bearbeitung wissenschaftlicher Probleme an Schnittstellen verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen. Stört Sie das? Hat sie das nicht gut genug gemacht? Wir warten immer noch auf die Begründung, warum sie eigentlich geschlossen werden soll. Sie arbeitet mit vergleichbaren Institutionen in West und Ost zusammen. Eine eindrucksvolle Liste von Institutionen, mit denen die Akademie zusammenarbeitet, liegt vor. Stört Sie das? Ich möchte gern einmal die Begründung hören. Ich bin nun nicht im Wissenschaftsausschuß und beschäftige mich nicht täglich mit der Frage. Mir ist heute in der Debatte nicht klar geworden: Warum sind Sie so vehement gegen diese Akademie, daß Sie ihr sogar den Geldhahn abdrehen wollen? Sie wollen hier eine junge, aber schon blühende Pflanze ausstechen. Ist das politischer Dialog? Sie wollen kein Geld mehr für die Freiheit der Wissenschaft geben. ({4}) Herr Möllemann hat gesagt: Opferung für kurzfristige Interessen. Ich widerspreche dem. Das ist eine Opferung für kurzsichtige, aber langfristig gemeinte Interessen. Da die Gründe nicht genannt werden, müssen und dürfen wir vermuten - - Herr Präsident, ich formuliere es einmal anders: Zum erstenmal seit 43 Jahren und 10 Monaten soll Wissenschaft in Deutschland gleichgeschaltet werden. Aus politisch-ideologischen Gründen soll in Berlin in die Freiheit der Wissenschaften radikal eingegriffen werden. Dagegen müssen wir protestieren. Wir fordern alle Wissenschaftler auf, dagegen zu protestieren. Wir fordern insbesondere die Mitglieder der Akademie auf - Namen sind heute ja schon verschiedentlich genannt worden: Reuter, Krupp - , wir fordern die Förderer auf - Rappe, Helmut Schmidt - , dagegen zu protestieren. Sind übrigens die Bekenntnisse der SPD-Abgeordneten in der Enquete-Kommission „Zukünftige Bildungspolitik - Bildung 2000" noch gültig oder reine Lippenbekenntnisse? Da haben Sie genau diese Bildungsziele unterstützt. Da war nämlich von Interdisziplinarität und Vernetzung zwischen den Fächern als Zukunftskonzept die Rede. Nebulöse Erklärungen, die Akademie sei elitär, müssen als Kampfansage an die Freiheit und an das Niveau der deutschen Wissenschaft und Forschung interpretiert werden. Ist es eigentlich nicht auch Ihr Konzept, den Schwachen zu fördern und den Starken zu fordern? Ist es elitär, wenn wir den Starken fordern? Die beabsichtigten Eingriffe in das Deutsche Historische Museum, in die Berliner Medienlandschaft und nun auch in die Akademie der Wissenschaften lassen Schlimmstes für Berlin befürchten. ({5}) Die Stadtflagge wird in Zukunft das kleine Karo auf rotem Grund sein. ({6})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Herr Kollege Feilcke, auch Ihren Versuch der Umgehung eines Vergleichs, den wir hier nicht haben wollen, finde ich nicht gelungen und nicht in Ordnung. Die Aktuelle Stunde ist beendet. Wir fahren fort mit der Fragestunde. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Meine Damen und Herren, wir fahren in der Tagesordnung fort. Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf: Fragestunde - Drucksache 11/4165 Wir kommen zuerst zum Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen. Die Frage 1 des Abgeordneten Stiegler ({0}) - die einzige Frage aus diesem Geschäftsbereich - wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Dr. Probst zur Verfügung. Ich rufe Frage 2 des Herrn Abgeordneten Dr. Knabe auf: Inwieweit stimmen im Verhältnis zum TÜV-Gutachten Berichte über die beabsichtigte Stillegung des von der Bundesregierung geförderten Thorium-Hochtemperaturreaktors in Hamm-Uentrop, und welche Zuschüsse wurden von der Bundesregierung bisher für diesen Thorium-Hochtemperaturreaktor gewährt? Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Dr. Albert Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001752

Herr Kollege Knabe, ich beantworte Ihre Frage 2 wie folgt: Die Betreibergesellschaft Hochtemperatur-Kernkraftwerk GmbH hat mit Schreiben vom 15. Dezember 1988 den Bundesminister für Forschung und Technologie und den Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen förmlich ersucht, das Einverständnis zur endgültigen Stillegung des Prototyp-Kernkraftwerkes THTR 300 gemäß § 11 Abs. 1 des Risikobeteiligungsvertrages zu erteilen. Dieses Ersuchen wurde von der Gesellschafterversammlung am 22. Februar 1989 relativiert. Hierzu wurde in einer Presseinformation erklärt: Die Gesellschafter der Hochtemperatur-Kernkraftwerk GmbH werden eine Entscheidung über die Zukunft des THTR 300 in Hamm-Uentrop erst nach Abschluß der zur Zeit laufenden Gespräche mit Bund und Land Nordrhein-Westfalen über die notwendig gewordene Aufstockung des Risikobeteiligungsvertrages treffen. Es wurde ferner mitgeteilt: Die Gesellschafter vertraten nach einer ausführlichen Diskussion des Verhandlungsstandes mit der öffentlichen Hand die Auffassung, ein Weiterbetrieb müsse „nicht zwangsläufig über 20 Jahre gehen" ; man könne sich auch eine geordnete Beendigung des Entwicklungsprojektes THTR 300 nach Verbrauch des Brennelementevorrats in den nächsten Jahren vorstellen. Seit seiner Inbetriebnahme Ende 1985 sei der Reaktor bisher fast 16 500 Stunden in Betrieb gewesen. Er habe sich in diesen drei Jahren - bei einer Einspeisung von rd. 3 Mrd. KWh in das öffentliche Netz - als Stromerzeuger bewährt und die Vorteilhaftigkeit des Systems bewiesen. Zu den Schäden in den Heißgaskanälen des THTR 300 hat die Aufsichtsbehörde ein Gutachten vom Technischen Überwachungsverein erstellen lassen, das sie zur Zeit prüft. Eine Stellungnahme der Aufsichtsbehörde hierzu liegt noch nicht vor. Für den THTR 300 wurden bisher von der Bundesregierung Zuschüsse in Höhe von 2,2 Milliarden DM gewährt.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Knabe.

Dr. Wilhelm Knabe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001138, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Die erste Zusatzfrage: Wurde die ursprüngliche Genehmigung von 1985 auf 600 sogenannte Vollasttage beschränkt, oder gab es noch weitere Möglichkeiten, den Betrieb weiterlaufen zu lassen?

Dr. Albert Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001752

Der Reaktor wurde ja wegen einer Routineuntersuchung abgeschaltet. Hierbei sind Mängel festgestellt worden, die der TÜV derzeit gutachtlich bewertet und die Aufsichtsbehörde prüft.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Die zweite Zusatzfrage.

Dr. Wilhelm Knabe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001138, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Welche Passagen in dem TÜV-Gutachten und den TÜV-Untersuchungen haben Ihre Entscheidungen zu diesem teuren Hochtemperaturreaktor bisher beeinflußt?

Dr. Albert Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001752

Das TÜV-Gutachten wurde im Auftrag der Aufsichtsbehörde erstellt und liegt der Aufsichtsbehörde in Nordrhein-Westfalen vor, die dieses Gutachten derzeit prüft. Ein Ergebnis ist bis heute nicht veröffentlicht.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Dr. Daniels.

Dr. Wolfgang Daniels (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000353, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Da muß ich Sie kurz korrigieren: Dieses Gutachten ist, soweit ich weiß, in den letzten Tagen veröffentlicht worden. - Mich interessiert dies: Auf der einen Seite muß für diesen Risikobeteiligungsvertrag Geld zur Verfügung gestellt werden, damit die Anlage noch die restlichen zwei Jahre, wie es von den Betreibern gefordert wird, weiterbetrieben werden kann. Auf der anderen Seite müßte, wenn das nicht der Fall ist, Geld zur Stillegung zur Verfügung gestellt werden; auch das zu bezahlen sind die Betreiber ja nicht in der Lage; es muß also wieder einmal der Staat eingreifen. An welcher Stelle sind jetzt von Ihrer Seite Vorstellungen entwickelt worden, Finanzmittel in welcher Höhe und in welcher Größenordnung zur Verfügung zu stellen? In irgendeiner Form müssen Sie ja reagieren. Denn man kann diesen Reaktor nicht einfach so auf der Wiese stehenlassen. Sie müssen sich also entscheiden, ihn weiter zu finanzieren. In welcher Form ist das geplant?

Dr. Albert Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001752

Diese Zusatzfrage werde ich bei Beantwortung der Frage 3 erledigen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Dr. Lippelt, Zusatzfrage.

Dr. Helmut Lippelt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001352, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, wenn ich es recht verstanden habe, hat es für eine Produktion von 3 Milliarden KWh 2,2 Milliarden DM an öffentlichem Zuschuß gegeben. Wenn Sie das Kapital des Errichters und des Betreibers und die Betriebskosten dazurechnen, wie teuer waren dann die Produktionskosten für 1 KWh? Wenn also von den öffentlichen Zuschüssen her 1 KWh bereits 80 Pfennig gekostet hat, wie teuer ist es wirklich geworden, wenn Sie alles andere hinzurechnen?

Dr. Albert Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001752

Herr Kollege, Ihre Berechnung ist zwar aus Ihrer Position verständlich, aber sie ist dennoch unsinnig, weil es sich hier um einen Prototypreaktor handelt, der nicht ursprünglich für die Stromerzeugung im konventionellen und wirtschaftlichen Sinn gedacht war. Er ist ein Forschungsprojekt.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Danke schön. Ich rufe die Frage 3 des Abgeordenten Dr. Knabe auf: Welche finanziellen Verpflichtungen kämen auf die Bundesregierung im Fall des Weiterbetriebs - mit Aufstockung der Risikobeteiligung - bzw. einer Stillegung zu? Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Dr. Albert Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001752

Herr Abgeordneter Knabe, Ihre Frage 3 beantworte ich wie folgt: Die Bundesregierung hat für den THTR 300 folgende Verpflichtungen übernommen: 300 Millionen DM im Rahmen des Risikobeteiligungsvertrages, wovon bereits 100 Millionen DM ausgezahlt wurden; 227 Millionen DM Bürgschaften unter Berücksichtigung von 30 % Rückbürgschaften der HKG-Gesellschafter. Diese Verpflichtungen bestehen unabhängig davon, ob der Reaktor weiterbetrieben oder stillgelegt wird. Über die bestehenden Verpflichtungen hinaus hat die Betreibergesellschaft zur wirtschaftlichen Absicherung weitere finanzielle Forderungen an den Bund und an das Land Nordrhein-Westfalen gestellt, und zwar sowohl für den Fall der Stillegung als auch für den Fall des Weiterbetriebs. Der Bund ist jedoch der Auffassung, daß das Problem der finanziellen Vorsorge für die Stillegung oder eine etwaige Beseitigung der Anlage in erster Linie Angelegenheit des Betreibers der Anlage und der ihn tragenden Elektrizitätsversorgungsunternehmen ist.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Knabe.

Dr. Wilhelm Knabe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001138, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, was haben die Verhandlungen, die Sie mit dem Land Nordrhein-Westfalen über die Finanzierungslücken geführt haben, inzwischen ergeben?

Dr. Albert Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001752

Der Bund führt keine Finanzverhandlungen; diese Verhandlungen führen die Betreibergesellschaften mit den jeweiligen zuständigen Einrichtungen der öffentlichen Hand. Da sich Nordrhein-Westfalen in der Phase der Bewertung des Gutachtens über einen möglichen Weiterbetrieb - d. h. darüber, ob der Reaktor noch ein genehmigtes Unternehmen ist - befindet, ist es derzeit nicht möglich, in finanzielle Verhandlungen einzutreten. Sie muß erst den technologischen Umgriff klar definiert haben; dann kann man das machen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zweite Zusatzfrage, Herr Dr. Knabe.

Dr. Wilhelm Knabe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001138, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Die zweite Frage: Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, auszusagen, daß die jetzige Bundesregierung nicht über die genannten 300 Millionen DM Zuschüsse und 227 Millionen DM Burgschaften bei ihrer Förderung des Hochtemperaturreaktors hinausgehen will?

Dr. Albert Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001752

Das kann ich heute nicht; das werden die Untersuchungen und die Gutachten ergeben.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Dr. Lippelt.

Dr. Helmut Lippelt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001352, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, wie teuer war die Prototyp-Kilowattstunde?

Dr. Albert Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001752

Ich habe Ihnen, Herr Kollege, bereits gesagt: Da wir solche Berechnungen bei einem Prototypreaktor für unsinnig halten, haben wir diese Berechnungen nicht angestellt. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Dr. Klejdzinski.

Dr. Karl Heinz Klejdzinski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001124, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, Sie haben vorhin erklärt, es wäre nach Auffassung der Bundesregierung Aufgabe der Betreibergesellschaften, auch die Kosten der Stillegung zu tragen. Was passiert, wenn die GmbH, die, wenn man so will, im Grunde genommen der Betreiber ist, in Konkurs geht? Welche Kosten kommen dann auf wen zu?

Dr. Albert Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001752

Es ist, glaube ich, heute nicht der richtige Zeitpunkt, zu bewerten, was unter welchen Umständen wann geschehen würde. Wir haben die Lage zu bewerten - das macht derzeit das Land Nordrhein-Westfalen - , und dann werden daraus Folgerungen gezogen, Herr Kollege.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zussatzfrage, Dr. Daniels ({0}).

Dr. Wolfgang Daniels (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000353, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, es ist bekannt, daß der Abriß 400 Millionen DM kosten soll, und es ist klar, daß, wenn die Betreibergesellschaft das Geld aufbringen muß, sie in Konkurs geht. Unter diesen Voraussetzungen hat doch Ihre Aussage, daß der Betreiber das zu zahlen hat, eigentlich überhaupt keinen Wert. Es ist vollkommen klar, daß hier der Bund einspringen muß und wiederum erhebliche Kosten für den Abriß bzw. für die Endlagerung - es ist ja im Atomgesetz vorgeschrieben, daß der Bund dafür verantwortlich ist - zur Verfügung stellen muß; insoweit kommen Sie daran doch nicht vorbei.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zur Frage bitte.

Dr. Wolfgang Daniels (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000353, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Meine Frage: Sind Sie nicht meiner Meinung, daß Sie an einer solchen Finanzierung nicht vorbeikommen?

Dr. Albert Probst (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001752

Herr Kollege, nein.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Danke schön, Herr Staatssekretär, Ihr Geschäftsbereich ist damit beendet. Meine Damen und Herren, ich wollte noch darauf hinweisen, daß die CDU/CSU-Fraktion sowie die FDP-Fraktion Fraktionssitzungen haben und aus diesem Grunde hier nur mit wenigen Abgeordneten sein können. Ich sage das, damit man sich darüber nicht wundert. Im Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft soll die Frage 4 des Abgeordneten Stiegler schriftlich beantwortet werden. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr. von Geldern zur Verfügung. Wir kommen zur Frage 5 des Abgeordneten Eigen: Welche Importe an Rindfleisch hat der EG-Ministerrat im Verhältnis zum Vorjahr beschlossen, und wie verträgt sich eine eventuelle Steigerung mit den Haushaltseinsparungen und der Begrenzung der Intervention auf 220 000 Tonnen? Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Dr. Wolfgang Geldern (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000656

Herr Kollege Eigen, der EG-Ministerrat hat für 1989 im Rahmen der sogenannten Bilanzregelung mit qualifizierter Mehrheit folgende abschöpfungsbegünstigte Einfuhren an Rindfleisch beschlossen: Verarbeitungsfleisch: 20 000 Tonnen - im Vorjahr waren es 12 000 Tonnen - , hochwertiges Rindfleisch: 6 000 Tonnen - 1988 8 000 Tonnen. Die Bundesregierung hat bei den Verhandlungen in Brüssel auch im Hinblick auf die beschlossene Begrenzung der Intervention mit Nachdruck den Standpunkt vertreten, daß bei den Einfuhrkontingenten für Rindfleisch im Rahmen der Bilanzregelung die Vorjahresmengen nicht überschritten werden sollten. Wegen des 1989 zu erwartenden geringeren Angebots an Verarbeitungsfleisch wurde jedoch von mehreren anderen EG-Mitgliedstaaten eine Erhöhung der Einfuhrmenge für Verarbeitungsfleisch bei gleichzeitiger Senkung der Einfuhrmenge für hochwertiges Rindfleisch gefordert. Dieser Forderung wurde in dem Beschluß Rechnung getragen, dem die deutsche Delegation allerdings nicht zugestimmt hat. Die GATT-vertraglich vereinbarten Einfuhrkontingente für Rindergefrierfleisch - 53 000 Tonnen - und für hochwertiges Rindfleisch - 34 300 Tonnen - haben sich gegenüber dem Vorjahr nicht verändert.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Eigen, bitte.

Karl Eigen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000455, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, bei meiner Freude darüber, daß die Bundesregierung der Veränderung der Importe an Rindfleisch nicht zugestimmt hat, darf ich an Sie die Frage richten, wieso die Kornmission eigentlich so argumentiert hat. Denn sie will durch Veränderung der Intervention Geld sparen, und sie hat die Intervention ja auch begrenzt. Wenn sie jetzt zusätzliche Verarbeitungsware zu besonders günstigen Bedingungen hereinläßt - darum handelt es sich ja; über die normale Abschöpfung kann soviel aus dem Weltmarkt hereinkommen, wie will -, dann konterkariert sie sozusagen ihre eigene Handlungsweise.

Dr. Wolfgang Geldern (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000656

Herr Kollege Eigen, ich kann eigentlich nur wiederholen, daß die Kommission und eine Mehrheit von Mitgliedstaaten im Rat der Meinung waren, daß die zurückgehenden Verarbeitungsmengen duch diese Importe - 20 000 Tonnen, was im Verhältnis zu dem Aufkommen in der Gemeinschaft relativ wenig ist - abschöpfungsbegünstigt ergänzt werden müssen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zweite Zusatzfrage, bitte.

Karl Eigen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000455, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß für unsere Landwirte eine solche Verhaltensweise der Kommission und eines Teils des Ministerrats psychologisch überhaupt nicht zu verstehen ist?

Dr. Wolfgang Geldern (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000656

Da bin ich Ihrer Meinung. Das ist auch einer der Gründe, weshalb die Bundesregierung in der Abstimmung gegen diese Lösung gestimmt hat.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Ich rufe die Frage 6 des Herrn Abgeordneten Eigen auf: Kann die Bundesregierung Nachrichten bestätigen, daß mit Finanzierung aus dem EG-Regionalfonds Mammutbetriebe zur Produktion von Schweinen in Griechenland und Portugal erstellt werden? Bitte, Herr Staatssekretär.

Dr. Wolfgang Geldern (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000656

Herr Kollege Eigen, die Bundesregierung hat zur Beantwortung Ihrer Frage Erkundigungen bei der zuständigen Generaldirektion „Regionalpolitik" der EG-Kommission eingeholt und dabei die Mitteilung erhalten, daß mit Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung weder in Griehenland noch in Portugal Mammutbetriebe zur Produktion von Schweinen erstellt worden seien.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Eigen.

Karl Eigen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000455, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, es halten sich nachhaltig Gerüchte, auch in der Öffentlichkeit, in der Publizistik, daß im Rahmen der Förderung von Schlachthöfen in diesen beiden Ländern als Vorstufe auch Bauten für die Herstellung und Erzeugung von Schweinen und anderen Tieren aus dem Regionalfonds gefördert worden sein sollen. Haben Sie einmal überlegt, ob man eine solche Förderung vielleicht über die Schlachthöfe durchgeführt hat?

Dr. Wolfgang Geldern (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000656

Herr Kollege Eigen, die Gerüchte, von denen Sie sprechen, haben offenbar zu Ihrer Frage geführt. Wir sind dieser Frage bei der zuständigen Generaldirektion nachgegangen und haben die gerade mitgeteilte Antwort bekommen. Wir können solche Tatbestände nicht aus eigenem Recht untersuchen. Die zuständige Generaldirektion der EG-Kommission teilt uns mit, daß diese Gerüchte nicht auf Tatsachen beruhen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Eigen.

Karl Eigen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000455, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich wollte nur fragen, ob von der Bundesregierung nicht im Rahmen eigener Möglichkeiten - Agrarattaché in Rom, Athen oder Lissabon - Nachforschungen hätten angestellt werden können.

Dr. Wolfgang Geldern (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000656

Herr Kollege Eigen, ich möchte das nicht grundsätzlich ausschließen, obwohl das vielleicht nicht der richtige Weg ist. Die Frage, die Sie gestellt haben, bezieht sich auf die Förderung aus Mitteln des EG-Regionalfonds. Das ist etwas, was man nicht durch Augenschein feststellen kann. Hier muß man sich schon bei den zuständigen Behörden erkundigen. Das haben wir gemacht und die mitgeteilte Antwort bekommen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Dr. Klejdzinski.

Dr. Karl Heinz Klejdzinski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001124, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, da die Fragestunde Abgeordneten auch etwas beibringen soll und Abgeordnete in der Fragestunde lernen sollen, darf ich Sie fragen, was nach Ihrer Auffassung ein Mammutbetrieb ist, und darf weiterhin fragen: Gibt es solche Mammutbetriebe auch in Schleswig-Holstein oder Niedersachsen?

Dr. Wolfgang Geldern (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000656

Natürlich ist „Mammutbetrieb" kein genau festgelegter Begriff. Wir haben ihn aus der Frage des Kollegen Eigen übernommen. Wir haben in dem gerade in der Beratung befindlichen Gesetz zur Förderung der bäuerlichen Landwirtschaft einige Anhaltspunkte dafür gegeben, was wir für nicht mehr förderwürdig halten. Das sind bei uns z. B. Betriebe, die mehr als 1 700 Schweinemastplätze haben. Wenn nun ein Betrieb weit über diese Größenordnung hinausgehen würde, könnte man ihn durchaus als Mammutbetrieb bezeichnen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Danke schön, Herr Staatssekretär. Sie haben Ihren Fragebereich beantwortet. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung auf. Der Parlamentarische Staatssekretär Wimmer steht zur Beantwortung zur Verfügung. Ich rufe Frage 7 des Herrn Abgeordneten Reimann auf: Kann die Bundesregierung den Bericht der „Allgemeinen Zeitung", Mainz, vom 7. März 1989 bestätigen oder dementieren, wonach ein Planungspapier des Bundesministeriums der Verteidigung zur Neuordnung der Tieffluggebiete existiert, und kann die Bundesregierung Auskunft über den Stellenwert dieses Papiers geben?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Reimann, die Regierungschefs von Bund und Ländern kamen bei ihren Besprechungen am 15. Dezember 1988 überein, zur detaillierten Unterrichtung der Länder und zur Vorbereitung von durch die Bundesregierung zu treffenden Entscheidungen eine Bund-Länder-Kommission zum Themenkomplex „Militärischer Tiefflug" einzusetzen. An dieser Kommission, die unter persönlicher Leitung des Bundesministers der Verteidigung steht, sind die Länder durch die Chefs der Staats- und Senatskanzleien vertreten. Die Kommission hat inzwischen zweimal getagt. Bei der ersten Sitzung wurden vom Bundesminister der Verteidigung ein Handlungsrahmen für die weitere Tiefflugentlastung und eilt Modell zur Lösung des besonderen Problems der Belastung in den Tieffluggebieten mit Flughöhen bis 75 m vorgestellt. Die Annahme, es handele sich um ein offizielles Planungspapier, ist insofern unzutreffend. Das vorgestellte Modell ist eine Möglichkeit zum Abbau besonderer Belastungen, ohne daß dadurch vergleichbare Belastungen an anderer Stelle geschaffen würden. Konkrete Vorstellungen über Einzelheiten, insbesondere über eine eventuelle Einführung des Modells bestehen noch nicht. Frau Präsidentin, wenn mir diese Anmerkung gestattet sei: Herr Kollege Reimann und Frau Kollegin Dr. Götte haben Fragen gestellt, die sich auf ein und denselben Artikel in der Mainzer „Allgemeinen Zeitung" beziehen. Die erste Frage von Frau Kollegin Dr. Götte wird natürlich auch diese Antwort finden. Ich weise der guten Ordnung und der Vorsicht halber darauf hin.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Danke schön. Bei den Zusatzfragen kommen wir dann darauf zurück. Bitte schön, Herr Kollege Reimann, Sie haben das Wort zu einer Zusatzfrage. ({0}) Dann Herr Francke ({1}) zu einer Zusatzfrage.

Klaus Francke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000569, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin, Herr Staatssekretär, entspricht der von dem Bundesminister der Bundesregierung vorgelegte Handlungsrahmen den Beschlüssen des Verteidigungsausschusses vom Dezember des vergangenen Jahres?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Francke, der Verteidigungsausschuß des Deutschen Bundestages hatte auf Antrag der Koalitionsfraktionen am 7. Dezember 1988 einen Forderungskatalog über die Tiefflugentlastung an den Bundesminister der Verteidigung gerichtet. Der Bundesminister der Verteidigung ist diesem Forderungskatalog durch eine Vorlage, die am 18. Januar 1989 im Verteidigungsausschuß des Deutschen Bundestages vorgestellt wurde, nachgekommen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Reimann, wollen Sie jetzt doch noch Zusatzfragen stellen? ({0}) Herr Abgeordneter Müller ({1}) zu einer Zusatzfrage.

Albrecht Müller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001543, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, sieht die Bundesregierung nur in den sieben 75-Meter-Gebieten ein besonderes Problem, oder gibt es nach Ihrer Meinung Probleme auch in anderen Gebieten? Vielleicht können Sie bei dieser Gelegenheit auch einmal sagen, wie die Lärmbelastungen in diesen 75-Meter-Gebieten im Vergleich zu den 150-Meter-Gebieten ist. Wimmer, Pari. Staatssekretär: Herr Kollege Müller, wir sehen das Tiefflugproblem natürlich umfassend. Deswegen haben wir auch einen sehr konkreten Handlungsrahmen auf Grund der Anforderungen des Verteidigungsausschusses des Bundestages vorgestellt. Wir haben in den beiden Sitzungen der BundLänder-Kommission die Bundesländer gebeten, uns ihrerseits über die uns bekannten Belastungskriterien hinaus noch mehrere länderspezifische Belastungskriterien an die Hand zu geben. Die Bundesländer sind dieser Bitte nachgekommen und kommen ihr weiterhin nach. So ist die letzte Sitzung in der vergangenen Woche im wesentlichen dadurch gestaltet worden, daß wir entsprechende Vorschläge und Anregungen der Bundesländer betreffend die flugspezifischen Belastungen in den verschiedenen Bundesländern vorgelegt bekommen haben.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Dr. Klejdzinski.

Dr. Karl Heinz Klejdzinski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001124, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, da Sie gerade ausgeführt haben, laut Beschlußfassung der Mehrheit des Verteidigungsausschusses wäre ein Forderungskatalog vorgelegt worden und die Bundesregierung würde gegenwärtig nach diesem Handlungsrahmen verfahren: Darf ich Sie fragen, ob die Bundesregierung daraus den Schluß zieht, daß keine neuen Erkenntnisse aus dem Unterausschuß Tiefflug für die Beschlußfassung der Bundesregierung möglich sind.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Dr. Klejdzinski, selbstverständlich beziehen wir alle Beratungen des Verteidigungsausschusses und des Tiefflug-Unterausschusses des Verteidigungsausschusses in unsere Überlegungen ein. Aber ich möchte in diesem Zusammenhang auch sagen - ich versichere das ausdrücklich - , daß wir bei dem intensiven Dialog mit den Bundesländern natürlich nicht ausschließen, daß wir zu weiteren Erkenntnissen kommen, die nicht Erkenntnisse des Verteidigungsausschusses des deutschen Bundestages sind. Da wir uns mit diesem Handlungsrahmen und mit weiteren Erkenntnissen konkret darum bemühen, der Tiefflugbelastung in diesem Lande Herr zu werden, werden wir alle Erkenntnisse in unsere Beschlußfassung einbeziehen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Frau Dr. Götte.

Dr. Rose Götte (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000701, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, sind in diesem Papier, das Sie als Handlungsrahmen bezeichnet haben, genaue regionale Vorstellungen enthalten?

Not found (Staatssekretär:in)

Nein, sie sind darin nicht enthalten. Wir haben derzeit folgende Situation: Es gibt in der Bundesrepublik Deutschland sieben Tieffluggebiete, deren räumliche Lage Ihnen ja bekannt ist. Wir haben Vorstellungen präsentiert - und auch umfassend diskutiert - , wie man das auch anders machen könnte. Das war allerdings ein erster Schritt. Der guten Ordnung halber muß ich darauf auf9804 merksam machen, daß wir es uns nur so vorstellen können, daß ein rein theoretisches Modell von uns nur dann weiter behandelt werden kann, wenn die betroffenen Bundesländer uns ihrerseits Belastungskriterien, die von uns auch noch berücksichtigt werden müssen, an die Hand geben. Ich darf darauf hinweisen, daß die Organisation des Luftraums in diesem Zusammenhang ausschließlich in der Zuständigkeit des Bundesministers der Verteidigung liegt. Dennoch verhalten wir uns so länderfreundlich, daß wir alles in Erfahrung zu bringen versuchen, was aus der regionalspezifischen Situation für unsere Beratungen von großer Bedeutung ist. In diesem Zusammenhang sehen wir auch die Gespräche mit den Bundesländern. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Herr Dr. Knabe.

Dr. Wilhelm Knabe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001138, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, welche Kriterien oder Wünsche wurden vom Land NordrheinWestfalen konkret vorgebracht, und ist geplant, dort neue Tieffluggebiete einzurichten?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Dr. Knabe, wir sind mit den Bundesländern ausdrücklich übereingekommen, daß wir aus den Beratungen der Bund-Länder-Kommission nicht berichten.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Frau Beer.

Angelika Beer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000134, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, Sie haben ausgeführt, daß Sie bereit sind, Belastungskriterien aus den einzelnen Bundesländern aufzunehmen. Nun gibt es Länder, die nicht damit einverstanden sind, Belastungskriterien zu nennen, weil das beinhalten würde, daß man eine Verlagerung in Erwägung zieht. So hat Rheinland-Pfalz z. B. beschlossen, sich insgesamt gegen Tiefflug auszusprechen. Ist die Bundesregierung in der Lage, diese Argumentation zu begreifen oder nachzuvollziehen?

Not found (Staatssekretär:in)

Frau Kollegin Beer, die Gespräche mit den Bundesländern stehen so sehr unter den Vorzeichen der Kooperation und der Gesprächsbereitschaft, daß ich derzeit keine Veranlassung sehe, die von Ihnen an die Wand gemalten Folgerungen zu ziehen. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Herr Dr. Mechtersheimer.

Dr. Alfred Mechtersheimer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001450, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, Sie haben eben gesagt, daß Sie keine Möglicheit haben, öffentlich über den derzeitigen Diskussionsstand in der Bund-Länder-Kommission zu berichten. Können Sie bitte sagen, zu welchem Zeitpunkt eine öffentliche Mitberatung oder schon vorher eine Einbeziehung des Parlaments stattfindet?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Dr. Mechtersheimer, durch die kooperationsfreundlichen Einlassungen des Bundesministers der Verteidigung wissen Sie, daß der Verteidigungsausschuß des Deutschen Bundestages zum frühestmöglichen Zeitpunkt in jede Überlegung einbezogen wird. Das ist ständige Praxis.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Ich rufe Frage 8 des Abgeordneten Reimann auf: Falls ein solches Papier existiert, kann die Bundesregierung begründen, wieso zukünftig in Rheinland-Pfalz Tiefflüge bis auf eine Höhe von nur 75 Metern erlaubt werden sollen, obwohl diese bisher auf Grund der starken Belastung durch militärisches Flugaufkommen im pfälzischen Raum nicht erlaubt waren, und es lediglich Korridore gibt, die nicht unter 150 Metern durchflogen werden dürfen?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Reimann, wie bereits ausgeführt, ist eine Entscheidung über das vorgestellte Modell noch nicht getroffen. Der von Ihnen angesprochene Gesichtspunkt bereits vorhandener Belastungen durch den militärischen Flugbetrieb in einem bestimmten Gebiet ist - das führte ich gerade aus - wesentlicher Bestandteil des Modells. Zielsetzung ist eine gleichmäßigere und gerechtere Verteilung des zur Erhaltung der Einsatzbereitschaft unserer Luftstreitkräfte unabwendbaren Flugbetriebs. Diese gleichmäßigere und gerechtere Verteilung ist daher nur möglich, wenn bestehende Grundlasten - das war dieses Kriterium - nach objektiven, allgemein anerkannten Kriterien berücksichtigt werden.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Reimann.

Manfred Reimann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001805, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ich würde aber doch gern einmal wissen - vielleicht können Sie mir da helfen -, ob es eine Aufschlüsselung gibt, die man vielleicht prozentual greifen kann, eine Aufteilung in Flüge, die in 75 m Höhe durchgeführt werden, und solche in 100 m oder in 300 m Höhe, und zwar einschließlich der Flüge der Alliierten, also nicht nur der der Bundeswehr.

Not found (Staatssekretär:in)

Wir haben im Vorgriff auf diesen Handlungsrahmen und seine Konkretisierung eine Entscheidung in Vorbereitung, nämlich die, daß wir ab April 1989, also in wenigen Wochen beginnend, alle Flüge über dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland erfassen werden, um sie in einem weiteren Prozeß dann auch steuern zu können. Denn wir sind uns darüber im klaren, daß ein großer Teil der Beschwerden über Tiefflüge nicht aus den Gebieten kommen, in denen Tiefflug bis zu einer Höhe von '75 m möglich ist, sondern sich aus sogenannten Ballungseffekten in anderen Teilen der Bundesrepublik Deutschland ergeben. Wenn wir auf Dauer eine solche Erfassung aller Flüge vornehmen können, dann können wir auch wesentlich präziser angeben, wer wann wo, in welchem Gebiet, geflogen ist. Das ist ein kontinuierlicher Prozeß, auf den wir uns jetzt vorbereiten.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zweite Zusatzfrage, bitte.

Manfred Reimann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001805, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich habe soeben keine Zusatzfrage zu der ersten von mir eingereichten Frage gestellt, weil Sie gesagt haben, Sie könnten - aus welchen Gründen auch immer - nicht antworten. Ich möchte Ihnen jetzt eine Frage betreffend die Grenze von 75 m stellen: Ist die Pfalz in diesen Bereich einbezogen, was diesen neuen Handlungsrahmen anbelangt, bei all den Belastungen, die wir in der Pfalz jetzt schon zu verkraften haben, oder gibt es andere - bessere - Erkenntnisse und - wenn ja - welche?

Not found (Staatssekretär:in)

Wenn ich auf Ihre Frage jetzt in dem Sinne antworten würde, daß die Pfalz einbezogen sei, dann wäre das insoweit falsch - und ich könnte das auch so nicht erklären - , als wir noch keinen konkreten Ausdruck unseres Willens haben. Wir warten noch auf die Zulieferung der Länderdaten bzw. wir verarbeiten sie erst noch, so daß ich eine derartige Festlegung jetzt nicht treffen kann. Das heißt im Umkehrschluß - den Sie auch ziehen können - , daß wir für die Pfalz derzeit keine konkreten Planungen auf dem Tisch liegen haben, die Pfalz - über die bisher bekannten Belastungskriterien hinaus - in unsere Überlegungen einzubeziehen. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Die beiden von Ihnen eingereichten Fragen sind zwar nicht im Zusammenhang beantwortet worden, aber dagegen ist eigentlich nichts zu sagen, bitte schön.

Manfred Reimann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001805, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich bedanke mich. - Können Sie mir denn einen zeitlichen Rahmen nennen, wann die Bundesregierung soweit sein wird?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Reimann, die Verhandlungen mit den Ländern und die Verhandlungen mit den Alliierten werden im Laufe dieses Jahres abgeschlossen. Sie können dessen versichert sein, daß nachdem der Bundesminister der Verteidigung so zügig an diese Handlungsrahmen herangegangen ist, wir uns bemühen, den Zeitpunkt der endgültigen Drucklegung dieser Erkenntnisse in diesem Jahr möglichst weit vorzuziehen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Francke ({0}).

Klaus Francke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000569, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, haben sich die sozialdemokratisch regierten Bundesländer in der schon mehrfach erwähnten Komissionssitzung vom Grundsatz her eigentlich ebenfalls positiv dazu erklärt, daß die Verteidigungslasten der Bundesrepublik nach Möglichkeit auch gleichmäßig im Bundesgebiet verteilt werden müssen?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Francke, der Kollege Dr. Mechtersheimer wird dieser Antwort vielleicht besonders aufmerksam zuhören, weil ich ihm soeben gesagt habe, daß wir vereinbart haben, nichts von den Gesprächen mit den Bundesländern zu berichten. Aber ich kann Ihnen sagen, daß die Sitzungen der Bund-Länder-Kommission von einer allgemeinen Kooperationsbereitschaft getragen sind.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Müller ({0}).

Albrecht Müller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001543, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, können Sie die Meinung Ihres Fraktionskollegen Geißler bestätigen, der nach einem Telefongespräch mit dem Verteidigungsminister in einem Telefax an die Zeitung „Rheinpfalz" am 7. März den bestimmten Eindruck erweckt hat, daß zumindest die Südpfalz durch diese vorgesehene Neuverteilung nicht zusätzlich belastet werden soll?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Müller, Sie wissen, daß es eine gute Tradition einer jeden Bundesregierung ist, Äußerungen von Abgeordneten des Deutschen Bundestages nicht zu kommentieren. ({0}) - Ich habe dazu das gesagt, was ich vertreten kann.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Frau Dr. Götte.

Dr. Rose Götte (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000701, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, Sie haben gesagt, Sie wollten die Belastungen gleichmäßiger verteilen. Nun versuche ich seit Jahren, die Bundesregierung dazu zu bewegen, die Belastungen einmal objektiv zu messen, aber sie hat das immer abgelehnt. Wie wollen Sie denn jetzt, nachdem Sie nie Langzeitmessungen über Lärmbelastungen angestellt haben, feststellen, wo große Belastungen bestehen? Glauben Sie, daß das durch eine Befragung der Bundesländer, die ja gar nicht zuständig für Lärmmessung im militärischen Bereich sind, erreicht werden kann?

Not found (Staatssekretär:in)

Frau Kollegin Dr. Götte, wir haben hier ein umfangreiches Kompendium von Untersuchungen: Wir haben auf der einen Seite die Untersuchungen des Bundesgesundheitsamts. Sie wissen, welche Auswirkungen das auf die Diskussionen bei uns über den Lärmpegel gehabt hat. Wir haben auf der anderen Seite die Kompetenz der Bundesländer, die darauf hinausläuft, daß sie für ihr jeweiliges Gebiet natürlich schon wissen, wie sich durch den Flugverkehr Ballungseffekte und sonstige Effekte ergeben können, die zu einer über das Normalmaß hinausgehenden Belastung führen. Sowohl Herr Kollege Müller als auch Herr Kollege Reimann haben soeben darauf aufmerksam gemacht, daß das Bundesland Rheinland-Pfalz wegen der dort vorhandenen Flugplätze natürlich einer besonderen Belastungskategorie angehört. Das ist uns nicht neu, und das ist uns geläufig. Deswegen sind wir darauf angewiesen, daß wir mit allen Bundesländern einen umfassenden Dialog darüber führen können, was zusätzlich in unsere Überlegungen einbezogen werden kann. Ich habe soeben darauf aufmerksam gemacht, daß wir uns in besonderem Maße länderfreundlich verhalten wollen. Ich glaube, man kann das hier auch an die Adresse des Kollegen Francke sagen, der immer wieder darauf aufmerksam gemacht hat: Wir ha9806 ben bei dieser Diskussion immer zwei Zielsetzungen verfolgt, zunächst einmal in der Substanz den Tieffluglärm zu reduzieren, um dann anschließend im Interesse der Bürger, die in diesen Tieffluggebieten leben, zu einer gerechteren Verteilung des Tiefflugaufkommens zu kommen. Das ist unser derzeitiger Überlegungsstand. Wir sind auch im Dialog mit den Bundesländern auf einem guten Weg.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Dr. Lippelt.

Dr. Helmut Lippelt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001352, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, wenn Sie nun schon planen und wenn auf Grund der Untersuchungsreihen beispielsweise des Bundesgesundheitsamtes, beispielsweise von Professor Ising schon vorläufige Ergebnisse formuliert sind, etwa in dem Unterausschuß, in dem Sie saßen, bevor Sie Staatssekretär wurden, gehen diese Erkenntnisse in diese Ihre Planungen ein, beispielsweise die Erkenntnis 115 Dezibel, nicht mehr als 420 Knoten, bringen Sie also irgendeine Beschränkung von Geschwindigkeiten, oder in welcher Form gedenken Sie, auf die schon klargemachten Ergebnisse einzugehen?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, Sie wissen, daß die Untersuchungen in dieser Beziehung nicht abgeschlossen sind. Weil wir aber die Meldungen genau wie Sie bekommen, gehen wir im Rahmen unserer konkreten Planung davon aus, daß wir im Vorgriff alles tun sollten, um diesen möglicherweise eines Tages so in Druck gehenden Erkenntnissen Rechnung tragen zu können. Wenn Sie sich einmal der Mühe unterziehen würden, den Handlungsrahmen in toto zu lesen, wüßten Sie, wie breit die Palette unserer Verhandlungen mit den Alliierten ist und daß wir diesen Punkt natürlich in die Überlegungen einbezogen haben. Der Inspekteur der Luftwaffe wird am 20. März, also in wenigen Tagen, mit seinen Kollegen aus den anderen Ländern, die ihre Luftwaffen hier stationiert haben, zusammenkommen, um in einer Abfolge von Gesprächen weitere Präzisierungen zu bekommen. Ich kann Ihre Frage also dahingehend beantworten, daß wir diese Erkenntnisse selbstverständlich nicht an uns vorbeiziehen lassen, ohne konkret zu handeln.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Dr. Klejdzinski.

Dr. Karl Heinz Klejdzinski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001124, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, Sie haben erklärt - das ist sicherlich Ihr gutes Recht - , daß in der Bund-Länder-Kommission kooperativ gearbeitet werde, gleichzeitig haben Sie aber gesagt, Sie wollten nichts dazu sagen, ob Rheinland-Pfalz zukünftig miterfaßt werde oder nicht. Darf ich in dem Zusammenhang wenigstens fragen: Sind Sie vom Grundsatz her daran interessiert, Tiefflugbelastungen von einem Tieffluggebiet wegzunehmen? Wenn Sie das wegnehmen, müssen Sie das ja vom Grundsatz irgendwo anders hinpacken. Ist das richtig?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Dr. Klejdzinski, deswegen habe ich soeben in Beantwortung Ihrer Frage darauf aufmerksam gemacht, daß unser stringentes Bemühen darauf hinausgeht, die Tiefflugbelastungen in der Substanz wegzunehmen und das, was übrig bleibt, gerechter zu verteilen. Uns ist nicht unbekannt, Herr Dr. Klejdzinski, daß einige Bundesländer schon seit vielen Jahren, zum Teil seit Jahrzehnten, in diesem Zusammenhang ein besonders Maß an Belastung tragen. Unsere politische Aufgabe muß auch darin gesehen werden, die Belastungen so zu verteilen, daß nicht einige besonders stark belastet werden.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Jetzt kommen wir zur Frage 9 der Abgeordneten Frau Dr. Götte: Hat die Bundesregierung das „Planungspapier", von dem am 7. März 1989 in der „Allgemeinen Zeitung Mainz" berichtet wird und das militärischen Tiefflug bis zu 75 Metern über Grund für die Vorder- und Westpfalz vorsieht, mit der rheinland-pfälzischen Landesregierung abgestimmt, und wie beurteilt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang den einstimmigen Beschluß des rheinland-pfälzischen Landtages vom 6. Juli 1988, in dem u. a. die Einstellung aller Tiefflüge unterhalb von 300 Metern gefordert wird? Herr Staatssekretär, gibt es da die gleiche Antwort wie auf Frage 7, genau die gleiche Antwort?

Not found (Staatssekretär:in)

Ja.

Dr. Rose Götte (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000701, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Zum zweiten Teil der Frage haben Sie noch nichts gesagt.

Not found (Staatssekretär:in)

Ich bin noch nicht aufgerufen worden dazu.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Ich wollte nur wissen, ob Sie mit genau dem gleichen Text antworten, ({0}) denn dann wäre es unsinnig, den noch einmal zu verlesen, oder?

Not found (Staatssekretär:in)

Nein, das ist genau mein Hinweis.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Dann treten wir gleich in Ihre Zusatzfragen ein.

Dr. Rose Götte (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000701, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Damit kann ich nicht einverstanden sein. Denn zum zweiten Teil der Frage, wie die Bundesregierung den Beschluß des rheinlandpfälzischen Landtages beurteilt, haben Sie in Ihrer vorherigen Antwort nichts gesagt.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Verzeihen Sie. Dann, bitte, Herr Staatssekretär, wiederholen Sie die Antwort, und vielleicht können Sie gleich etwas hinzufügen.

Not found (Staatssekretär:in)

Ich kann hierzu, Frau Kollegin Dr. Götte, nur darauf aufmerksam machen, daß wir auch diese Überlegungen des Landes Rheinland-Pfalz, d. h. den Beschluß des rheinland-pfälzischen Landtags, in unsere Überlegungen einbeziehen. Da wir eine andere konkrete Vorgehensweise hinsichtlich der Tiefflugbelastung haben, und zwar in Übereinstimmung mit unserem Handlungsrahmen, ist das die Antwort auf die von Ihnen gestellte Frage.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Frau Dr. Götte.

Dr. Rose Götte (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000701, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Werden Sie denn auf Grund dieses Beschlusses des rheinland-pfälzischen Landtages irgendwelche Aktivitäten mit dem Ziel einleiten, den Tiefflug konkret zu verringern oder zu einem Konzept zu kommen, das Tiefflug überflüssig macht?

Not found (Staatssekretär:in)

Wir sind heute in Anbetracht der technologischen und sicherheitsmäßigen Gegebenheiten noch nicht in der Situation, daß wir den Tiefflug in der Bundesrepublik Deutschland generell abschaffen können. Aber unser Handlungsrahmen läuft ja präzise darauf hinaus, daß wir uns bemühen, die Tiefflugbelastungen so weit zurückzudrängen, wie es eben geht. Deswegen ist auch der Hinweis des Landtages von Rheinland-Pfalz für uns eine ernste Aufforderung, uns Gedanken darüber zu machen. Nur bitte ich um Verständnis dafür, wenn wir uns in Anbetracht auch der verteidigungspolitischen Notwendigkeiten, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen, und der Verpflichtungen, die wir unseren Piloten gegenüber haben, auf die Position des Landtages von Rheinland-Pfalz so nicht stellen können.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Frau Dr. Götte.

Dr. Rose Götte (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000701, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ich präzisiere noch einmal meine Frage. Haben Sie denn irgendwelche Planungen in Auftrag gegeben, wie Sie konkret zu dem Ziel kommen wollen, das Sie gerade skizziert haben, oder ist es nur ein allgemeiner Wunsch, der so im Raum steht? Es muß doch irgend jemand einmal den Auftrag bekommen, ein Konzept oder einen Plan zu entwickeln, wie man ohne Tiefflug auskommt. Haben Sie so etwas in Auftrag gegeben?

Not found (Staatssekretär:in)

Frau Kollegin Dr. Götte, wir haben - Sie sind ja Mitglied des Verteidigungsausschusses - am 18. Januar 1989 unsere Antwort auf die von Ihnen gestellte Frage im Verteidigungsausschuß vorgelegt. Das ist auch unsere Antwort auf die von Ihnen gestellte Frage. Diese macht deutlich, wie ernsthaft wir uns darum bemühen, in der Tat mit der Tiefflugproblematik in einer neuen Form fertigzuwerden.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Francke ({0}).

Klaus Francke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000569, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin, ich bitte zunächst um Verständnis dafür, daß ich Sie etwas frage. Nach meinem Zählzettel habe ich noch zwei Zusatzfragen. Ist das richtig?

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Nein, das haben Sie nicht, Sie haben bei der nächsten Frage von Frau Dr. Götte wieder eine Zusatzfrage, aber jetzt nur eine.

Klaus Francke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000569, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Aber jetzt darf ich eine stellen?

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Ja. Bitte, Herr Francke, Sie haben das Wort.

Klaus Francke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000569, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, in welchem Umfang hat eigentlich die Bundesregierung bisher Reduzierungen der Tiefflugübungen in der Bundesrepublik vorgenommen?

Not found (Staatssekretär:in)

Wir haben über viele Jahre hinweg, seitdem es die Bundesregierung Helmut Kohl gibt, Herr Kollege Francke, einen kontinuierlichen Prozeß. Wir haben im Bereich der Bundesluftwaffe das Tiefflugaufkommen in der Bundesrepublik Deutschland um rund 40 % reduziert. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Abgeordneter Müller ({0})!

Albrecht Müller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001543, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, hält es die Bundesregierung für ausgeschlossen, daß die wachsende Politikverdrossenheit der Menschen auch etwas damit zu tun hat, daß Politiker, da, wo nicht entschieden wird, wie etwa in Mainz, schöne und gute Beschlüsse fassen, und da, wo entschieden wird, wie in Bonn, nichts mehr davon wissen wollen, wie das für die Kollegen der CDU und FDP aus Rheinland-Pfalz gilt?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Müller, ich persönlich bin der Auffassung, daß ein Teil der Politikverdrossenheit in diesem Lande darauf zurückzuführen ist, daß nicht alle, die den deutschen Streitkräften einen Auftrag gegeben haben, im Deutschen Bundestag auch dazu stehen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Reimann.

Manfred Reimann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001805, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, es müßte doch möglich sein, auf eine klar formulierte Frage auch eine kurze und knappe Antwort zu erhalten. Deshalb frage ich noch einmal: Der einstimmige politische Wille einer sogar CDU-geführten Landesregierung wie der von Rheinland-Pfalz lautet: Tiefflugverbot unter 300 m. Sie müßten doch in der Lage sein, als Bundesregierung zu sagen, daß Sie dafür oder dagegen sind. Was sind Sie denn jetzt?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Reimann, unsere Politik ist darauf ausgerichtet, daß wir verantwortliche Antworten geben. Deswegen haben wir vor dem Hintergrund der Willensbildung in unterschiedlichen Bundesländern und nach den Beratungen im Verteidigungsausschuß und nachdem wir diese Tiefflugkommission des Verteidigungsausschusses haben, unsere Antwort auf die von zahlreichen Bürgern und Parlamenten gestellten Fragen gegeben. Diese liegen dem Deutschen Bundestag seit dem 18. Januar 1989 vor.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Beer.

Angelika Beer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000134, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, wenn Sie hier für die Bundesregierung sprechen, bestätigen Ihre Ausführungen, daß Änderungen tatsächlich, jedenfalls dem Bevölkerungsmehrheitswillen entsprechend, nicht vorgesehen sind, denn die Verlagerung und die gerechte Verlagerung ist nicht das, was in Rheinland-Pfalz von der Gesamtbevölkerung getragen wird. Ich muß jetzt fragen, weil das eventuell noch ein Hoffnungsschimmer ist, vielleicht können Sie dazu etwas sagen: Wenn ich an Ihre Äußerungen denke, daß Sie für eigene nukleare Trägermittel der Bundesrepublik sind - was ja ganz sicher keine offi9808 zielle Stellungnahme der Bundesregierung war, denn im Moment dementiert sie es noch - : ist es vielleicht möglich, daß Sie diesen Prozeß in Rheinland-Pfalz mit der Bundesregierung noch nicht ausreichend erörtert haben?

Not found (Staatssekretär:in)

Frau Kollegin Beer, Sie wissen, daß es eine seit Jahrzehnten durchgesetzte Praxis ist, daß die deutschen Streitkräfte über nukleare Trägermittel verfügen. Ich brauche hier nicht an die Waffensysteme zu erinnern, die wir im Arsenal der deutschen Streitkräfte haben. Deswegen ist das eine seit Jahrzehnten praktizierte Politik einer jeden Bundesregierung, auch einer sozialdemokratisch geführten Bundesregierung. Deswegen will ich darauf aufmerksam machen - wir machen ja auch bei den Planungen für den Tiefflug für uns deutlich, daß wir einen klar umrissenen Auftrag an die deutschen Streitkräfte gegeben haben - , daß wir natürlich auch hinsichtlich des Tieffluges und sonstiger Diskussionen eine Güterabwägung vornehmen müssen, und zwar bezogen auf alle Felder, die wir dabei berücksichtigen müssen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Dr. Lippelt.

Dr. Helmut Lippelt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001352, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, Sie werden sich erinnern, daß Ihr Minister im Unterausschuß einräumte, daß zwischen Art. 2 Grundgesetz und dem Verteidigungsauftrag ein Zielkonflikt von verfassungsrechtlicher Dimension bestehe. Meine Frage: Wenn jetzt ein Verfassungsorgan wie ein Landtag sich dazu äußert, glauben Sie, daß dann Ihre Antwort zu dieser Frage der Sache gerecht geworden ist?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, die Verteidigung der Bundesrepublik Deutschland ist eine ureigene Aufgabe des Bundes, die der Bundesregierung obliegt. Wenn dann ein Organ wie der Landtag von Rheinland-Pfalz in Anbetracht der Vertretungskompetenz, die er für Rheinland-Pfalz hat, eine derartige Entschließung trifft, dann nehmen wir die sehr ernst.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Abgeordneter Bahr.

Prof. Egon Bahr (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000080, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir zu, daß es ein Unterschied ist, ob man Atomwaffen besitzt oder über sie verfügt?

Not found (Staatssekretär:in)

Das ist zutreffend. Das entspricht der Praxis einer jeden Bundesregierung.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Sie haben leider nur eine Zusatzfrage, Herr Kollege. Aber bei der nächsten Frage können Sie wieder fragen. Ich rufe eine weitere Frage in diesem Zusammenhang auf, dann haben Sie wieder eine Frage, aber im Moment nicht. Herr Dr. Klejdzinski.

Dr. Karl Heinz Klejdzinski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001124, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ich stimme Ihnen ausdrücklich zu, wenn Sie sagen: Tiefflug in der Bundesrepublik durchzuführen, ist ein politischer Auftrag; die Flugzeugführer üben diesen Auftrag nur deswegen aus, weil wir Politiker vom Grundsatz her dies beschließen. Aber glauben Sie nicht, daß, wenn Sie den Verteidigungsauftrag ernst nehmen, die gegenwärtige Art, wie Tiefflug in der Bundesrepublik geübt wird, dazu nicht ausreicht, den Verteidigungsauftrag im eigentlichen Sinne durchzuführen, weil dieser Verteidigungsauftrag letztlich nur eine Chance bietet, heil durchzukommen, wenn man mindestens 30 Meter tief heruntergeht?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Dr. Klejdzinski, Ihnen als Mitglied des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestags ist bekannt, wo die Piloten der Bundesluftwaffe derartiges üben.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Ich rufe die Frage 10 der Frau Abgeordneten Dr. Götte auf: Sind der Bundesregierung die Lärmmessungen verschiedener Kommunen in der Westpfalz, wie z. B. der Stadt Kaiserslautern, der Verbandsgemeinde Kaiserslautern-Süd und der Ortsgemeinde Ramstein-Miesenbach, bekannt, wonach die Zahl der Lärmereignisse in den letzten Jahren ständig zugenommen hat und Tagesspitzenwerte von bis zu 163 Überflügen mit Lärmwerten von 95 bis 108 dB verzeichnet wurden, obwohl diese Gemeinden nicht in einer Tiefflug-Area liegen?

Not found (Staatssekretär:in)

Kaiserslautern und Ramstein-Miesenbach liegen innerhalb der Flugplatzkontrollzone des US-Flugplatzes Ramstein. Innerhalb von Kontrollzonen wird keine Tiefflugausbildung durchgeführt. Die von Ihnen angegebenen Zahlen und die Intensität der Lärmereignisse ergibt sich daher aus Starts und Landungen an diesem Flugplatz. Das Flugaufkommen unterliegt gewissen periodischen Schwankungen. Spitzenbelastungen der genannten Art sind nicht auszuschließen. Die Annahme, der Flugbetrieb in Ramstein habe in den letzten Jahren ständig zugenommen, ist jedoch unzutreffend. Vielmehr ist das Flugaufkommen in den letzten Jahren um etwa 30 % zurückgegangen. Es beträgt damit etwa ein Viertel des Aufkommens des Zivilflughafens Frankfurt.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Frau Dr. Götte.

Dr. Rose Götte (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000701, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ich habe in meiner Frage nicht behauptet, daß die Zahl der Flugbewegungen zugenommen hat, sondern ich habe die Bundesregierung gefragt, ob ihr bekannt sei, daß die Lärmereignisse zugenommen und nicht abgenommen haben, wie uns sie immer glauben machen will.

Not found (Staatssekretär:in)

Frau Kollegin Dr. Götte. Sie fragen nach bestimmten Lärmbelastungen. Ich habe ausdrücklich gesagt, daß sich diese Lärmbelastungen aus den Flugbewegungen des Flugplatzes in Ramstein selber ergeben. Sie haben dann darauf aufmerksam gemacht, daß es sich nicht um eine Tiefflugzone handelt. Das habe ich bestätigt.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Sie haben noch eine Zusatzfrage.

Dr. Rose Götte (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000701, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin, ich weiß nicht, wie man sich verhält, wenn eine Frage nicht beantwortet worden ist. Muß ich dann meine Zusatzfrage dafür opfern, darauf aufmerksam zu machen, daß die Frage nicht beantwortet worden ist?

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Leider ist das so.

Dr. Rose Götte (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000701, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich habe nämlich gefragt, ob der Bundesregierung die langfristigen Lärmmessungen im Raum Kaiserslautern und in verschiedenen Verbandsgemeinden bekannt sind. Es ist ja keine Erfindung, sondern eine mit Geräten der Universität Kaiserslautern technisch einwandfrei nachgewiesene Tatsache, daß der Lärm zugenommen hat, während die Bundesregierung behauptet, er habe abgenommen. Ich habe gefragt: Erstens: Wissen Sie das, kennen Sie diese Untersuchungen? Zweitens: Was sagen Sie dazu?

Not found (Staatssekretär:in)

Frau Kollegin Dr. Götte, ich habe soeben ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, daß der durch Tiefflugbewegungen verursachte Lärm in den letzten sechs Jahren, seitdem es diese Bundesregierung gibt, um 40 % reduziert worden ist. Wenn Sie es hier so darstellen, als hätte ich das zu der Flugplatzbelastung von Ramstein zur Antwort gegeben, dann ist das unzulässig.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Ich weiß nicht, was unzulässig sein soll. Ich kann nur bestätigen: Sie antworten sehr viel. Ich kann nicht immer beurteilen, ob das ausreichend ist. Aber das ist leider nun einmal so. Das ist individuell zu beurteilen. ({0}) Ich gebe jetzt Herrn Francke ({1}) das Wort zu einer Zusatzfrage.

Klaus Francke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000569, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, zur weiteren Reduzierung der Belastungen für ihren Zuständigkeitsbereich und den Bereich der NATO-Streitkräfte weitere signifikante Reduzierungen der Tiefflugübungen vorzunehmen, ohne damit die Verteidigungsbereitschaft zu mindern und die Sicherheit der Piloten zu gefährden?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Francke, wir haben dazu in dem Handlungsrahmen ein umfangreiches Paket vorgelegt. Dieses Paket reicht von der Überlegung, weitere Tiefflugbelastungen ins Ausland zu verlegen, bis hin zu der Einführung von Simulatoren; das wäre zum erstenmal in der westlichen Welt der Fall. Damit sind wir bemüht, die Reduktionen so erheblich vorzunehmen, wie es der Bundeskanzler zum Ausdruck gebracht hat, als er davon gesprochen hat, daß eine drastische Reduzierung der Tiefflugbelastungen unser Ziel ist.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Abgeordneter Müller ({0}).

Albrecht Müller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001543, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß der Abgeordnete Wimmer und seine Gruppe „Sicherheit" laut „Welt am Sonntag" am 2. Oktober 1988 erklärt haben, es gebe, einen Widerspruch zwischen Politik und militärischen Übungen, und daß er dies vor allem damit begründet habe, daß es schizophren sei, wenn einerseits Reagan und Gorbatschow Küßchen austauschten und andererseits wir wegen angeblicher Bedrohung weiter Tiefflug üben müßten? Das sind jetzt meine Worte; sinngemäß ist das aber der Bericht der „Welt am Sonntag" vom 2. Oktober 1988.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Müller, ich nehme an, daß Sie sich diesen Überlegungen anschließen können.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Reimann.

Manfred Reimann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001805, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, aus der Frage der Kollegin Götte geht eindeutig hervor, daß es sich bei den Gebieten nicht um Tieffluggebiete handelt. Wenn nach Messungen der Universität in Kaiserslautern der Lärm objektiv zugenommen hat, und zwar beängstigend und bedrohend, dann kann es ja wohl nur so sein, daß sich Starts und Landungen gehäuft haben, d. h., es wird mehr geflogen. Können Sie dazu etwas sagen?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich habe soeben in meiner Antwort schon zum Ausdruck gebracht, daß wir nach unseren Erkenntnissen, die wir haben, davon ausgehen, daß in den letzten Jahren das Flugaufkommen in Ramstein um 30 % reduziert worden ist. ({0}) - Das ist ein Flugplatz der Alliierten, ein US-amerikanischer Flugplatz.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Dr. Lippelt.

Dr. Helmut Lippelt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001352, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, im Anschluß an die Frage des Kollegen Müller: Wer ist denn nun hier schizophren?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, wir müssen uns bemühen, daß wir - ungeachtet einer von uns international als erfreulich bezeichneten Entwicklung - die Unterstützung unserer Mitbürger für die Verteidigungsaufwendungen in der Bundesrepublik Deutschland ständig erhalten. An diesem Prozeß sollten auch Sie sich beteiligen. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Ich rufe die Frage 11 des Herrn Abgeordneten Müller ({0}) auf. Warum gibt die Bundesregierung die Erarbeitung eines neuen Verteidigungskonzeptes, das den endgültigen Verzicht auf Tiefflug möglich macht, überhaupt nicht in Auftrag?

Not found (Staatssekretär:in)

Die zuständigen Stellen beobachten laufend die Entwicklung der Rahmenbedingungen. Dabei geht es vor allem um die Fähigkeiten eines möglichen Gegners und um neue technologische Möglichkeiten der Verteidigung für unsere eigenen Streitkräfte. Maßstab für die Weiterentwicklung der Bundeswehr ist in erster Linie der Auftrag, der erfüllt werden muß. Dazu ist es u. a. notwendig, einem Angriff auch durch die Bekämpfung der nachfolgenden Staffeln der Landstreitkräfte und der Luftstreitkräfte des Gegners am Boden zu begegnen. Hierzu werden immer wieder Untersuchungen durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen bislang, daß es für diese Aufgaben mittelfristig keine realistische Alternative zum Einsatz bemannter Waffensysteme im Tiefflug gibt. Wohl aber zeichnen sich Möglichkeiten ab, die dazu erforderliche Ausbildung teilweise zu ersetzen. Ich verweise in Ergänzung zu dem bisher Gesagten auf unsere Bemühungen um die Entwicklung von Tiefflugsimulatoren.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Kollege Müller

Albrecht Müller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001543, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, das war zwar nicht die Beantwortung meiner Frage, aber ich stelle trotzdem eine Zusatzfrage: Hält die Bundesregierung es nicht für vertretbar, einmal den Versuch zu machen - Ihrer Antwort muß ich wieder entnehmen, daß das offenbar nicht der Fall ist - , ein Konzept zu erarbeiten, das es möglich macht, auf Tiefflug langfristig zu verzichten, da das Grundrecht auf Unversehrtheit der Person in Deutschland täglich millionenfach verletzt wird? ({0})

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, ich muß mich dagegen verwahren - ich tue das mit allem Nachdruck - , daß dieser oder einer anderen Bundesregierung etwas derartiges unterstellt wird. Die Verteidigung der Bundesrepublik Deutschland ist eine Aufgabe des ganzen deutschen Volkes. Wir als Regierung erfüllen diese Aufgabe so, daß wir unsere Mitbürger nur in einem vertretbaren Maß belasten. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Müller, bitte.

Albrecht Müller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001543, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Hängt die Tatsache, daß Sie offenbar unwillig sind, ein solches Konzept in Auftrag zu geben, möglicherweise damit zusammen, daß - jetzt wörtlich - „die Alliierten nicht einstellen werden", wie der ehemalige Bundesverteidigungsminister es in der Debatte am 14. April 1988 angedeutet hat?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Müller, die Politik dieser Bundesregierung gegenüber den Staaten Osteuropas ist darauf gerichtet, mit unseren osteuropäischen Nachbarn zu einer Friedensordnung in Europa zu kommen, die der entspricht, wie wir sie gegenüber unseren westeuropäischen Nachbarn haben. Das ist mit Sicherheit eine langfristige Zielvorgabe dieser Bundesregierung. ({0}) Wenn dieses Ziel einmal erreicht werden könnte - und daran arbeiten wir - , würden sich auch hinsichtlich der verteidigungspolitischen Notwendigkeiten andere Prioritäten stellen bzw. Dinge, die wir heute erleben, nicht mehr notwendig sein. Aber das ist, wie gesagt, eine langfristige Aufgabe, der wir uns stellen. Das von uns in Auftrag gegebene konkrete Konzept - im Zusammenhang mit dem Handlungsrahmen, den wir vorgelegt haben - wird dem, was Sie fordern, aus unserer Sicht der Dinge in vollem Umfang gerecht. ({1})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Kollege, darüber kann ich nicht rechten. Das ist die Antwort des Herrn Staatssekretärs, und daran können wir leider nichts ändern. ({0}) Herr Kollege Francke hat jetzt das Wort zu einer Zusatzfrage.

Klaus Francke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000569, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung nach wie vor die Auffassung, die einer Ihrer Vorgänger, Herr Staatssekretär Dr. Penner, 1982 in einem Brief an den Bundestag mitgeteilt hat, daß Tiefflugübungen zur Aufrechterhaltung der Verteidigungsbereitschaft und der Sicherheit der Piloten notwendig sind, und teilt die Bundesregierung die Auffassung des SPD-Kollegen Kolbow, Vorsitzender des Unterausschusses Tiefflug, daß noch mehr, noch schneller und noch tiefer geflogen werden muß, um diese beiden Elemente, die ich aus dem Brief des Kollegen Penner zitiert habe, aufrechterhalten zu können? ({0})

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Francke, ich gehe davon aus, daß es in diesem Lande nachvollziehbar ist, daß sich diese Bundesregierung in Bezug auf die Tiefflugbelastungen anders verhält, als die Vorgänger-Bundesregierung es getan hat. ({0}) Die Vorgänger-Bundesregierung hat uns im Zusammenhang mit dem Tiefflug - aber nicht nur damit - viele Folgeprobleme auf dem Tisch belassen. ({1}) Wir sind da an die Substanz gegangen und haben die Tiefflugbelastungen, wie ich Ihnen soeben bereits sagen konnte, in der Zeit dieser Bundesregierung um rund 40 % unter das Maß herabgedrückt, das die Vorgänger-Regierung uns hinterlassen hat. ({2})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Dr. Klejdzinki.

Dr. Karl Heinz Klejdzinski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001124, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, Sie haben vorhin ausgeführt, daß die Bundesregierung weiterhin daran festhält, daß zur Durchführung des Verteidigungsauftrags Tiefflug notwendig ist. Darf ich Sie in dem Zusammenhang fragen: Stimmen Sie mir zu, daß dieser Tiefflug, der notwendig ist, um den Verteidigungsauftrag durchzuführen, über dem Gebiet der Bundesrepublik nicht durchgeführt werden kann?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Dr. Klejdzinski, ich habe Ihnen bereits eben zur Antwort gegeben, daß Sie als Mitglied des Verteidigungsausschusses wissen, daß wir in Anbetracht der Situation in der Bundesrepublik Deutschland die von Ihnen angesprochene notwendige Ausbildung u. a. in Kanada absolvieren. Wir betrachten es als Entgegenkommen des kanadischen Bündnispartners, uns in Anbetracht der verteidigungspolitischen Notwendigkeiten eine Hilfestellung zu geben.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Herr Dr. Penner.

Dr. Willfried Penner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001688, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß sich seit 1982 die Sicherheitslage der Bundesrepublik Deutschland eher zum Besseren gewendet hat, und teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß das auch Auswirkungen auf das haben muß, was unter dem Thema Tiefflug bei uns erörtert wird?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Dr. Penner, ich teile Ihre Auffassung. Das ist auf die erfolgreiche Politik dieser Bundesregierung zurückzuführen. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Herr Dr. Lippelt ({0}).

Dr. Helmut Lippelt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001352, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß Tiefflug und damit Übung von Eindringtiefe in der Kombination mit Abstandswaffen zu einer Unterlaufung des INF-Vertrags führt?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, ich kann ausdrücklich versichern, daß sich die Bundesregierung stets und immer am INF-Vertrag orientieren und sich daran halten wird.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Ich rufe die Frage 12 des Abgeordneten Müller ({0}) auf: Warum kehrt die Bundesregierung bei den 75-Meter-Tieffluggebieten nicht zu der Regelung zurück, die vor Antritt der Regierung Kohl galt und die eine Deaktivierung der sieben Gebiete für Bundeswehrflugzeuge - ausgenommen simulierte Waffeneinsätze - bestimmte?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Müller, die von Ihnen angesprochene Regelung für die Nutzung der Tieffluggebiete 250 Fuß, ca. 75 Meter, durch Stahlflugzeuge der Bundeswehr ist seit 1967 unverändert gültig. Ihre Annahme, es habe mit dem Antritt der Regierung von Bundeskanzler Dr. Kohl eine Änderung gegeben, trifft nicht zu.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Müller.

Albrecht Müller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001543, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, heißt das, daß der Zeuge Oberstleutnant Schultess vor dem Verwaltungsgericht Münster am 15. September 1982 die Unwahrheit gesagt hat, als er wörtlich feststellte: Diese sieben Tieffluggebiete sind seit Mai 1974 deaktiviert. Und heißt das auch, daß das Bundesverteidigungsministerium selbst in einer Veröffentlichung vom März 1978 die Unwahrheit gesagt hat, als es wörtlich feststellte: Die deutsche Luftwaffe verzichtet mit Ausnahme von Manövern auf Tieflüge ({0}) in diesen Räumen.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Müller, wir sind gern bereit, mit Ihnen zusammen in eine Exegese der entsprechenden Begründung des Urteils und auch der von Ihnen herangezogenen Zitatstellen einzutreten. Wenn Sie diesen Teil im Kontext lesen, wird es Ihnen genauso wie mir bei der Durchsicht dieses Textes auffallen, daß ein Sprachdreher in diesem Zusammenhang nicht ausgeschlossen zu sein scheint. Ich kann vor dem Hintergrund der entsprechenden Praxis seit dem von Ihnen angesprochenen Zeitraum nur sagen, daß die Bundesluftwaffe die 75-Meter-Gebiete sehr wohl in einem kontinuierlichen Verfahren nutzt.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Müller.

Albrecht Müller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001543, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, worin liegt denn dieser Sprachdreher, und was heißt „kontinuierlich nutzen"? Heißt das seit 1983 oder 1984?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Müller, wenn ich zutreffend unterrichtet bin, nutzen wir diese 75-Meter-Gebiete seit den 60er Jahren, also noch vor der sozialliberalen Regierung. Was den Sprachdreher anbetrifft: Wenn Sie diese Passage im Kontext lesen - wir können das gern gemeinsam tun -, werden Sie feststellen, daß der dort ausgedruckte Text so keinen Sinn ergibt, der von uns beiden nachvollzogen werden könnte.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Ich rufe die Frage 13 des Abgeordneten Dr. Mechtersheimer auf: Trifft es zu, daß in Verbindung mit der Verlängerung der Wehrdienstzeit auf 18 Monate die Friedenspräsenzstärke der Bundeswehr mehrmals auf 520 000 Mann ansteigt, und wie beurteilt die Bundesregierung diesen Sachverhalt im Hinblick auf die einseitigen Truppenreduzierungen der Sowjetunion und der anderen sozialistischen Staaten?

Not found (Staatssekretär:in)

Die Umstellung nach der Wehrdienstverlängerung auf sechs Quartalsergänzungen in Verbindung mit der Vorverlegung der Einberufungstermine um einen Monat führt ab 1. Juni 1989 unvermeidbar für 18 Monate zu großen Stärkeschwankungen, ohne daß im Jahresdurchschnitt die von dem Bundeshaushalt vorgegebenen Durchschnittsstärken überschritten würden. Fünfmal steigen alle drei Monate die Stärken für einen Monat auf über 500 000, am stärksten im Juni 1989 auf 524 000, an. Diese zeitweise überhöhten Stärken führen jedoch zu keiner den Rüstungskontrollprozeß belastenden Erhöhung der personellen Einsatzbereitschaft der Streitkräfte. In den fünf Überlappungsmonaten erhöht sich lediglich vorübergehend die Stärke durch nicht einsatzbereite Rekruten im ersten Monat der allgemeinen Grundausbildung. Insgesamt führt die Umstellung von W 15 auf W 18 bis zu ihrem Abschluß zu hinnehmbaren Fehl- und nicht zu Überbeständen an präsentem voll ausgebildetem Personal. Dies ist auch dem Warschauer Pakt bekannt.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Dr. Mechtersheimer.

Dr. Alfred Mechtersheimer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001450, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Wie wollen Sie den betroffenen Jugendlichen erklären, daß sie länger dienen müssen, während andere sozusagen nicht wissen, was sie tun sollen? Denn ich kann mir kaum vorstellen, daß die Bundeswehr auf 520 000 oder sogar, wie sie jetzt sagen, 523 000 Mann angelegt ist. Halten Sie es nicht für denkbar, zu sagen, diejenigen, die bald entlassen werden sollen, sollen früher nach Hause gehen? Wäre das nicht eine Maßnahme, diese politisch in der Tat bedenkliche außerordentliche Erhöhung der Streitkräfte aufzufangen?

Not found (Staatssekretär:in)

Nein, Herr Kollege Dr. Mechtersheimer, das ist in unseren Augen keine adäquate Maßnahme.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zweite Zusatzfrage, Herr Dr. Mechtersheimer.

Dr. Alfred Mechtersheimer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001450, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Gab es alternative Überlegungen, wie man einen solchen Anstieg auf 520 000 Soldaten in einer Zeit von Abrüstungen und Abrüstungshoffnungen durch andere Lösungen hätte vermeiden können?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Dr. Mechtersheimer, Sie wissen, daß diese Bundesregierung es sich im Zusammenhang mit dem Gesetz über die Verlängerung des Wehrdienstes ohnehin nicht leichtgemacht hat, weil wir natürlich wie jeder andere wissen, daß wir auf der einen Seite verteidigungspolitische Notwendigkeiten haben, dies aber auf der anderen Seite bedeutet, daß wir unsere jungen Mitbürger in entsprechender Weise stärker heranziehen müssen. Wir haben diese Dinge offensiv vertreten, und wir machen deutlich, daß sich der von uns eingeleitete Prozeß überhaupt nicht gegen den Prozeß der Zusammenarbeit in Europa richtet.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Traupe.

Brigitte Traupe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002099, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, war der Bundesregierung, den Mitgliedern des Bundeskabinetts, und den Mitgliedern der diese Bundesregierung tragenden Fraktionen bewußt, daß es zu dieser zeitweisen Überschneidung auf mehr als 520 000 Soldaten in Friedenszeiten kommen würde? Mir war diese Zahl nie bekannt. Ich kann mich auch nicht erinnern, daß sie irgendwann gefallen wäre. Ich möchte von Ihnen die klare Auskunft haben: Wußten das Kabinett und CDU/CSU- und FDP-Fraktion, daß dies passieren würde?

Not found (Staatssekretär:in)

Frau Kollegin Traupe, Sie wissen genauso gut wie ich, daß die Richtschnur für derartige Überlegungen das ist, was im Bundeshaushalt für den Zeitraum eines Jahres festgelegt ist. Im Zusammenhang mit dem Jahr überschreiten wir zu keinem Zeitpunkt die vorgegebenen Maßstäbe. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Herr Dr. Lippelt.

Dr. Helmut Lippelt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001352, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, wie wollen Sie der niedersächsischen CDU, die genau in diesem Punkte einen Grund des Niedergangs der CDU sieht, erklären, daß es nicht hieran liegt?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, wir wissen sehr wohl, wie der Dialog in einer so großen Partei wie der CDU geführt werden muß. Deswegen kann ich im Zusammenhang mit diesem und anderen Tatbeständen nur ausführen: Auch im politischen Bereich muß es gestattet sein - vielleicht wird es von den anderen auch verstanden - , in Anbetracht der Notwendigkeiten, die vor einem stehen, zu sagen: Ich stehe hier, und ich kann nicht anders. - Das gibt es auch einmal im Zusammenhang mit sicherheitspolitischen Erwägungen einer Bundesregierung. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Daniels.

Dr. Wolfgang Daniels (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000353, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, kann man in dem Zusammenhang noch von einer durchschaubaren und für die Öffentlichkeit verständlichen Politik reden, wenn Sie auf der einen Seite beschließen, die Wehrdienstzeit zu verlängern, und auf der anderen Seite der Verteidigungsminister äußert, daß jetzt Überlegungen in Gang kämen, das wieder abzuschaffen?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, wir haben im Verlaufe des Diskussionsprozesses der letzten Monate immer wieder darauf aufmerksam gemacht, daß wir uns sehr wohl vorstellen können, daß es einen Prozeß über die Verhandlungen in Wien zum Abbau konventioneller Rüstung in Europa geben kann, wo wir auch die jetzt durchzuführende Verlängerung des Wehrdienstes wieder rückgängig machen können.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Müller.

Albrecht Müller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001543, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, da die verteidigungspolitische Vernunft der Bundesregierung offenbar sehr eng mit Wahlergebnissen gekoppelt ist, hat sich ja der Minister in diesem Sinne geäußert, wie mein Vorfrager gesagt hat. Ich möchte Sie fragen, wie bei einer solchen Art von Planung junge Menschen ihre Berufsplanung machen sollen, wenn die Wehrdienstverlängerung, die die Bundesregierung vorgesehen hat, offensichtlich von Wahlergebnissen abhängt.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Müller, ich muß Sie insoweit korrigieren, als diese ErklärunParl. Staatssekretär Wimmer gen bereits im Januar 1989 u. a. vom Bundeskanzler abgegeben worden sind.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Francke ({0}).

Klaus Francke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000569, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß bei der Beschlußfassung über die Verlängerung der Wehrpflicht durch diese Regierung die sicherheitspolitische Grundanalyse der sozialdemokratischen Regierung fortgeschrieben worden ist und daß die Schlußfolgerung der sozialdemokratischen Regierung seinerzeit gewesen ist, eine zweimalige Wehrpflichtverlängerung - auf 18 und auf 24 Monate - vorzunehmen?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Francke, das trifft zu. Der Kollege Dr. Penner, der eben noch hier war, war als letzter Parlamentarischer Staatssekretär der ausgehenden SPD/FDP-Bundesregierung auch derjenige, der diese Planungen dem Verteidigungsausschuß des Deutschen Bundestages präsentiert hat. Ich kann das in vollem Umfange bestätigen. Wir sind im Zusammenhang mit den Überlegungen zur Verlängerung der Wehrpflicht nicht der Auffassung, daß es vertretbar ist, in den 90er Jahren eine Dauer des Wehrdienstes von 21 oder 24 Monaten zu erreichen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Beer.

Angelika Beer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000134, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, das klingt ja, als wenn in die Gedanken der Bundesregierung so etwas wie die „flexible response" eingekehrt ist. Nachher, wenn vielleicht das Gesamtkonzept präsentiert wird, kommt dann doch wieder alles ins Wakkeln. Bezogen auf Ihre eben gemachten Ausführungen: Zu welcher der demnächst anstehenden Wahlen wollen Sie diese Entscheidung denn rückgängig machen?

Not found (Staatssekretär:in)

Sie wissen, Frau Kollegin Beer, daß derzeit in Wien die Verhandlungen über die konventionelle Abrüstung in ihr erstes Stadium getreten sind. Sie kennen genauso gut wie ich die Erklärungen des sowjetischen Außenministers, der davon gesprochen hat, daß wir in Wien erste Verhandlungsergebnisse möglicherweise schon in einem Zeitraum von zwei Jahren erzielen können. Er hat weitere Jahresschritte angekündigt, die auch deutlich machen, daß die sowjetische Seite im Zusammenhang mit den Verhandlungen in Wien davon ausgeht, daß wir hier bestimmte Prämissen in zeitlicher Hinsicht sehen und erkennen müssen. Das ist exakt auch die Zeitvorgabe, die wir in unsere Überlegungen einbeziehen müssen, wenn es darum geht, konkrete Verhandlungsergebnisse, die wir anstreben, in Wien erzielen zu können. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Nickels.

Christa Nickels (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001601, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, sind Sie eigentlich selber davon überrascht worden, daß die Friedenspräsenzstärke auf 520 000 Mann ansteigen wird, oder wußten Sie das schon vorher, als Sie die Wehrpflichtverlängerung eingeplant haben?

Not found (Staatssekretär:in)

Frau Kollegin Nikkels, es ist natürlich in der Tat so, daß es bei den Verlagerungen, die ich eben ausgeführt habe, zu Überlappungen über 500 000 hinaus kommen muß. Das ist ein Prozeß, den man logisch nachvollziehen kann. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Meine Damen und Herren, es gibt hier keine Debatte, wenn ich darum bitten darf. Wir befinden uns in der Fragestunde. Es tut mir leid. Es besteht keine andere Möglichkeit, als die Antworten entgegenzunehmen und die Fragen möglicherweise bei anderer Gelegenheit in anderer Form zu stellen. Ich rufe die Frage 15 der Abgeordneten Frau Beer auf: Trifft es zu, daß der Mitarbeiter des Bundesministeriums der Verteidigung O. B. im Rahmen seiner Tätigkeit im Referat für Psychologische Verteidigung, jedoch unter Verschweigung seiner Aufgabenstellung als Lehrbeauftragter am Institut für Publizistik der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster tätig war und von dieser Lehrtätigkeit auf Grund seiner unvollständigen Angaben zur Person mittlerweile entbunden wurde?

Not found (Staatssekretär:in)

Frau Kollegin Beer, es trifft nicht zu, daß der Mitarbeiter des Bundesministeriums der Verteidigung - wie angegeben - O. B. im Rahmen seiner dienstlichen Aufgabenstellung als Lehrbeauftragter tätig war. Von einer offiziellen Entbindung seiner Lehrtätigkeit durch den dafür zuständigen Direktor des Instituts für Publizistik ist nichts bekannt.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage.

Angelika Beer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000134, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, erhält denn der Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft für Medienauswertung und der Studiengesellschaft für Zeitprobleme, Heinz Schulte, für seine Arbeit ein Gehalt des Verteidigungsministeriums, oder ist er eventuell sogar Beamter des BMVg?

Not found (Staatssekretär:in)

Frau Kollegin Beer, ich bin auf diese Frage nach einem Herrn Schulte nicht vorbereitet. Ich werde die Antwort gerne nachliefern.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Sie haben eine weitere Zusatzfrage, Frau Beer.

Angelika Beer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000134, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

War Herr Buchbender im Auftrage des Bundesverteidigungsministeriums in Münster tätig, und gehörte es zu seiner Tarnung, sich dort als Regierungsdirektor aus Köln einzuführen?

Not found (Staatssekretär:in)

Auch dazu gebe ich Ihnen gern eine schriftliche Antwort.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Haben Sie noch eine Zusatzfrage?

Angelika Beer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000134, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich stelle die zweite Zusatzfrage jetzt. Ist der Ruf der Bundeswehr und militärischer Verteidigung inzwischen so sehr gesunken, daß Beamte des Ministeriums nicht mehr wagen, sich korrekt vorzustellen, wer sie sind, wenn es um die Ausübung von Lehraufträgen geht?

Not found (Staatssekretär:in)

Das würde der Praxis in der Bundesrepublik Deutschland widersprechen, insbesondere der Praxis, die die Mitarbeiter des Bundesministeriums der Verteidigung an den Tag legen. Deswegen kann ich nicht davon ausgehen, Frau Kollegin, daß die von Ihnen vorgenommene Unterstellung der Wirklichkeit entspricht.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Ich rufe die Frage 14 der Frau Abgeordneten Beer auf: Welche Beträge, sachliche und personelle Förderung, hat die nach Auskunft der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, Institut für Publizistik, im Auftrag des Bundesministeriums der Verteidigung tätige Arbeitsgemeinschaft für Medienauswertung seit 1985 aus dem Etat des Bundesministeriums der Verteidigung erhalten, und für welche Aufgaben wurden die Förderungen und Finanzmittel gewährt?

Not found (Staatssekretär:in)

Das Institut für Publizistik an der Westfälischen Wilhelms-Universität erhielt über die Arbeitsgemeinschaft für Medienauswertung 70 000 DM zur Förderung eines Forschungsprojekts. Dieses Forschungsprojekt sollte untersuchen, wie sich in den Sendungen des sowjetischen Rundfunks die Prinzipien von Perestroika und Glasnost umsetzen. Entscheidend für die Vergabe des Projekts war die Absicht, dem Institut für Publizistik völlige Freiheit bei der Durchführung des Forschungsauftrags zu gewähren. Die Ergebnisse des Projekts sollen im wissenschaftlichen Rahmen vom Institut für Publizistik der Öffentlichkeit präsentiert werden.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Beer.

Angelika Beer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000134, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Welche Studien und wissenschaftlichen Arbeiten wurden oder werden über die Arbeitsgemeinschaft für Medienauswertung außer dem jetzt ja wohl erst einmal auf Eis gelegten Projekt - das ist unser Informationsstand - in Münster gefördert?

Not found (Staatssekretär:in)

Das geht über die hier vorgelegte Frage hinaus. Insoweit kann ich Ihnen zusichern, daß Ihre Zusatzfrage beantwortet wird.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zweite Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Beer.

Angelika Beer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000134, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Trifft es zu, daß die Arbeitsgemeinschaft für Medienauswertung, die der Münsteraner Institutsleiter, Professor Lerk, als eine Arbeitsgemeinschaft des Verteidigungsministeriums bezeichnet, zwar keine Rechtsform wie etwa „Eingetragener Verein" oder ähnliches besitzt, dennoch aber Mittel aus dem Verteidigungsministerium erhalten hat und erhält?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich muß auch das schriftlich beantworten.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Das wird schriftlich beantwortet, wenn ich es richtig verstehe. Es ist denkbar, daß das nicht anders geht. ({0})

Not found (Staatssekretär:in)

Ja, selbstverständlich. Aber das, was Sie mir als weitere Fragen vorlegen, ist nicht Gegenstand der Hauptfrage.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Daniels zu einer Zusatzfrage.

Dr. Wolfgang Daniels (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000353, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ist es eigentlich üblich, Herr Staatssekretär, daß sich der Bundesminister der Verteidigung hinter einer privaten, im Beispiel der hier diskutierten Arbeitsgemeinschaft offenbar nicht einmal rechtsfähigen Organisationsform verbirgt und auf diese Weise verdeckt auf Wissenschaftler, Schulen und andere Bereiche der Gesellschaft einwirkt?

Not found (Staatssekretär:in)

Wir haben hier auch von der entsprechenden Einrichtung der WilhelmsUniversität Briefe vorliegen, die offiziell an den Bundesminister der Verteidigung in seiner Funktion gerichtet sind. Deswegen kann ich aus meiner Sicht der Dinge nur davon ausgehen, daß die von Ihnen vorgenommene Unterstellung nicht zutrifft.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Mechtersheimer, Zusatzfrage.

Dr. Alfred Mechtersheimer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001450, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Diese Fragen gehören ja zu dem Gesamtbereich PSV, über den ja im Ausschuß leider immer noch nicht beraten werden konnte. Trifft es zu, daß die Regierung dabei ist, den Gesamtkomplex auch im Hinblick auf die hier gestellten Fragen zu überprüfen?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Dr. Mechtersheimer, wenn die Möglichkeit dieser Beratung im Verteidigungsausschuß besteht, werden wir uns dieser Beratung natürlich nicht entziehen, weil es unserer Aufgabenstellung entspricht. Deswegen wäre man bei einer derartigen Beratung in der Lage gewesen, die vielfältigen Fragen, auch die, die die Kollegin Beer gestellt hat, im Verteidigungsausschuß zu behandeln. Ich kann nicht davon ausgehen, daß das, was Sie ansprechen, unserer Intention entspricht. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Aber ich bitte Sie, verehrter Kollege! Es hat ja keinen Sinn, daß wir dauernd kritisieren, wenn uns eine Antwort nicht gefällt. Ich kann es doch nicht ändern. Der Staatssekretär gibt eine Antwort - das ist sein Recht - , und wir müssen sie hinnehmen. Alles andere spielt sich auf einer anderen Ebene ab. Es hat keinen Sinn, hier immer wieder dieselben Beanstandungen vorzubringen. Danke schön, Herr Staatssekretär. Ich rufe als nächsten den Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie, Frauen und GeVizepräsidentin Renger sundheit auf. Zur Beantwortung steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Pfeifer zur Verfügung. Ich rufe die Frage 16 der Frau Abgeordneten Nickels auf: Da die Bundesregierung 1978 eine negative Stellungnahme zur Förderung von Hospizen ({0}) abgegeben hat, ist sie jetzt bereit, eine neue Umfrage bei den Bundesländern und unter relevanten Trägern der bundesdeutschen HospizBewegung durchzuführen und auf der Grundlage dieser Umfrage eine neue Stellungnahme abzugeben? Ich bitte um Beantwortung, Herr Staatssekretär. Bitte schön.

Anton Pfeifer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001703

Frau Präsidentin! Frau Kollegin Nickels, die Bundesregierung hat 1978 nach der nahezu einhelligen Ablehnung der Einrichtung von Sterbekliniken durch befragte Institutionen und Einzelpersönlichkeiten die Förderung eines beantragten Modellprojekts für eine spezielle Sterbeklinik nicht vorgenommen. In der Zwischenzeit hat jedoch die Hospiz-Bewegung ihre Konzeption in zweierlei Hinsicht erweitert und verbessert. Sie umfaßt sowohl eine Intensivierung der ambulanten Pflegedienste als auch eine verbesserte Betreuung Schwerstkranker und Sterbender. Die Schmerzbekämpfung und die seelische Betreuung stehen dabei im Vordergrund. Die Hospiz-Bewegung widmet sich der Aufgabe, die Beschwerden des nicht mehr heilbaren Patienten zu lindern, mit dem Ziel, es ihm zu ermöglichen, seine letzte Lebensphase in seiner vertrauten Umgebung bzw. dort, wo er es wünscht, menschenwürdig zu verbringen. Diese Konzeption findet grundsätzlich die Zustimmung der Bundesregierung, auch ohne die von Ihnen gewünschte erneute gesonderte Umfrage.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Frau Nikkels.

Christa Nickels (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001601, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, ich freue mich über die Antwort. Ich bin allerdings auch verwundert, weil Sie auf eine Kleine Anfrage meiner Kollegin Frau Kelly vom letzten Jahr bezüglich Punkt 8 dahin gehend geantwortet haben, daß Sie sich auf die Stellungnahmen von 1978 zurückgezogen haben und diese negative Meinung wiederholt haben. Deshalb habe ich Sie gefragt, ob sich Ihre Meinung dazu geändert hat. Wenn das offensichtlich so ist, finde ich das gut. Ich frage Sie trotzdem, ob Sie, wenn Sie gerade dargestellt haben, daß es eine breite Hospiz-Bewegung gibt, etwa 200 Initiativen in der Bundesrepublik von Schwestern, Pflegern, Angehörigen und Ärzten, die hier etwas verändern wollen, es nicht dennoch für nötig halten, noch einmal - wie damals - die möglicherweise in Frage kommenden Träger und die bundesweite Bewegung einzuladen und anzuhören, damit Sie als Bundesregierung sich selber nach über zehn Jahren ein genaues Bild machen können?

Anton Pfeifer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001703

Frau Kollegin Nickels, ich habe in meiner Antwort darauf hingewiesen, daß die Hospiz-Bewegung ihre Konzeption erweitert, verändert und verbessert hat. Dies hat dazu geführt, daß ich heute auf Ihre Frage in der Form geantwortet habe, wie das eben geschehen ist. Im übrigen weiß ich, daß es eine Umfrage des Landes Hamburg gegeben hat, deren Ergebnisse wir sehr interessiert zur Kenntnis genommen haben. Ich möchte Ihnen ebenfalls mitteilen, daß das Bundesministerium für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit der Hospiz-Bewegung bereits im vergangenen Jahr ein Gespräch angeboten hat; diese Gesprächsbereitschaft besteht fort.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Frau Nikkels.

Christa Nickels (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001601, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Daran wollte ich meine nächste Zusatzfrage anknüpfen: Mir ist bekannt, daß die damalige Gesundheitsministerin Frau Süssmuth ein Hospiz in Aachen, das von einer Priestergemeinschaft, vom Oratorium des Heiligen Filippo Neri, gegründet worden ist, besucht hat und daß u. a. der Besuch vor Ort sie dazu bewogen hat, ihre Meinung in dem Sinne, wie Sie es jetzt hier vortragen, zu ändern; sie hat das auch geschrieben. Sie hat in einem Brief Anfang letzten Jahres zu erkennen gegeben, daß sie auch mit Herrn Minister Blüm und mit dem Staatssekretär reden und an die beiden mit der Bitte herantreten wollte, selber vor Ort einen Besuch zu machen und zu prüfen, ob man hier nicht einen Modellversuch fördern könnte. Das ist jetzt über ein Jahr her. Die Ministerin ist jetzt Präsidentin geworden, und wir haben eine neue Ministerin.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Aber jetzt kommt die Frage!

Christa Nickels (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001601, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Meine Frage ist, ob Frau Ministerin Lehr das zusammen mit Herrn Blüm einmal realisieren möchte?

Anton Pfeifer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001703

Frau Kollegin, ich kann hier natürlich nicht für den Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung antworten; aber ich kann Ihnen, was das Bundesministerium für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit angeht, sagen, daß sich das Gesprächsangebot an die Hospiz-Bewegung auch auf die Erörterung eines eventuellen Modellversuchs bezieht.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Danke schön, Herr Staatssekretär. Die Frage 17 des Abgeordneten Kastning, die Fragen 18 und 19 des Abgeordneten Andres, die Fragen 20 und 21 der Abgeordneten Frau Blunck, die Fragen 22 und 23 der Abgeordneten Frau Würfel sowie die Fragen 24 und 25 des Abgeordneten von Schmude sollen auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Ich rufe nun den Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr auf. Die Fragen 26 und 27 der Abgeordneten Frau Ganseforth, die Fragen 28 und 29 der Abgeordneten Frau Walz, die Fragen 30 und 31 des Abgeordneten Antretter sowie die Fragen 32 und 33 Vizepräsidentin Renger des Abgeordneten Scherrer sollen auf Wunsch der Fragesteller ebenfalls schriftlich beantwortet werden. Auch diese Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Ich rufe nun den Geschäftsbereich des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit auf. Der Parlamentarische Staatssekretär Grüner steht zur Beantwortung zur Verfügung. Wir kommen zur Frage 34 des Herrn Abgeordneten Dr. Daniels ({0}). Welche Kenntnisse besitzt die Bundesregierung über die Ende letzten Jahres nur knapp verhinderte Kernschmelze im Reaktor eines atombetriebenen sowjetischen Eisbrechers, und wie gedenkt sie die Bewohner der deutschen Küstenregionen vor Strahlung zu schützen, die von atombetriebenen Schiffahrtsantrieben aller Schiffahrtsnationen ausgehen?

Martin Grüner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000738

Herr Kollege, die Bundesregierung besitzt keine Kenntnisse über den von Ihnen angesprochenen Vorgang, wenn ich einmal von Pressemeldungen absehe, die wir gelesen haben. Zum Schutze der Bevölkerung wird die Radioaktivität in der Umwelt überwacht. Das Deutsche Hydrographische Institut in Hamburg ist für die Überwachung radioaktiver Stoffe im Wasser von Nord- und Ostsee zuständig. Das Meßnetz des Deutschen Hydrographischen Instituts ist ein Teil des Integrierten Meß- und Informationssystems zur Überwachung der Umweltradioaktivität, das zur Zeit vom Bundesumweltministerium eingerichtet wird.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Daniels.

Dr. Wolfgang Daniels (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000353, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Welche Vorsichtsmaßnahmen hat die Bundesregierung im einzelnen ergriffen? Ihnen ist ja bekannt, daß es solche Schiffe gibt, die nach wie vor mit Atomreaktoren angetrieben werden. Wenn schwere Störfälle z. B. in der Deutschen Bucht auftreten, wird es eine Erhöhung der Radioaktivität geben. Wie ist die Bundesregierung auf solche möglichen Katastrophen vorbereitet?

Martin Grüner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000738

Herr Kollege, wir haben auf der einen Seite die Vereinbarung der Beteiligten seit dem Wiener Abkommen von 1986, beim Eintreten von Unglücksfällen mit tatsächlich eintretenden Folgen eine gegenseitige Information einzuleiten. Wir haben darüber hinaus das schon erwähnte Meßnetz, das uns in die Lage versetzt, etwaige Radioaktivität zu messen und, falls erforderlich, entsprechende Warnungen an davon etwa Betroffene abzugeben.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine zweite Frage, Herr Abgeordneter Daniels.

Dr. Wolfgang Daniels (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000353, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Es ist ja so, daß in der Bundesrepublik Schiffe mit Spaltreaktoren nicht mehr gebaut werden. Gibt es von seiten der Bundesregierung auf internationaler Ebene Bemühungen, daß solche Reaktoren insgesamt nicht mehr auf beweglichem Untergrund eingesetzt werden, weil die ja doch mit einem erheblichen Risiko verbunden sind, wenn sie z. B. auf dem Meer umhertreiben und dann solche Unfälle auftreten? Gibt es von seiten der Bundesregierung Bemühungen, das international zu regeln?

Martin Grüner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000738

Wir haben sehr erfolgreich eine Pflicht zur gegenseitigen Information in diesen Fragen erreicht. Wir sehen keine Chance, von unserer Seite aus Einfluß darauf zu nehmen, ob solche Schiffe gebaut werden oder nicht. Über die Höhe des Risikos ist im Umweltausschuß des Deutschen Bundestages diskutiert worden. Auch von dieser Seite her sehen wir keine Chance, daß von Staaten wie etwa der Sowjetunion oder den Vereinigten Staaten von Amerika auf den Bau solcher Schiffe verzichtet wird.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Ich rufe die Frage 35 des Herrn Abgeordneten Brauer auf: Kann die Bundesregierung bestätigen, daß nach Abbruch des standortunabhängigen Genehmigungsverfahrens für ein Hochtemperaturreaktor-Modul in Niedersachsen trotzdem Überlegungen und Planungen bestehen, ein Genehmigungsverfahren für das Hochtemperaturreaktor-Modul durchzuführen im Hinblick auf Exportgeschäfte, und inwieweit sind Bundesministerien in die rechtliche Abklärung dieser Fragen involviert?

Martin Grüner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000738

Herr Kollege, die Antwort auf Ihre erste Frage lautet: Nein.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Brauer.

Hans Jochim Brauer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000248, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ist es dann so, daß die Presseerklärung des niedersächsischen Umweltministers, Herrn Remmers, vom 28. Februar dieses Jahres nichts weiter als eine Ankündigung ist? Ich möchte sie zitieren und Sie dann fragen, was Sie darüber denken: Der Umweltminister wird deshalb Gespräche mit dem Bundesumweltminister und dem Bundesforschungsminister führen.

Martin Grüner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000738

Herr Kollege, aus diesem Zitat kann ich nicht entnehmen, auf was sich diese Äußerung von Herrn Remmers bezieht.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Brauer.

Hans Jochim Brauer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000248, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Es bezieht sich genau auf das standortunabhängige Genehmigungsverfahren, das in Niedersachsen eingestellt worden ist, weil die rechtliche Grundlage nach § 7 a nicht mehr gegeben war, weil nämlich kein konkreter Antragsteller zur Verfügung stand.

Martin Grüner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000738

Wenn Sie einverstanden sind, Herr Kollege, würde ich Ihre nächste Frage beantworten, weil sie gleichzeitig die Antwort auf die jetzt gestellte Zusatzfrage enthält.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Sind Sie damit einverstanden, Herr Kollege?

Hans Jochim Brauer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000248, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Bitte schön.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Dann rufe ich die Frage 36 des Abgeordneten Brauer auf: Vizepräsidentin Renger Welche Möglichkeiten gibt es nach Ansicht der Bundesregierung, in rechtlicher Hinsicht ein Hochtemperaturreaktor-Modul-Genehmigungsverfahren auf Bundesebene durchzuführen, und ist es nach Ansicht der Bundesregierung möglich, die Sicherheitstechnik des Hochtemperaturreaktor-Moduls ohne formelles Genehmigungsverfahren behördlicherseits zu prüfen? Bitte schön, Herr Staatssekretär. Grüner, Pari. Staatssekretär: Genehmigungsverfahren nach § 7 des Atomgesetzes und Vorbescheidsverfahren nach § 7 a des Atomgesetzes werden gemäß § 24 des Atomgesetzes im Auftrag des Bundes durch die Länder durchgeführt. Eine diesbezügliche Verwaltungskompetenz des Bundes besteht nicht. Die sicherheitstechnischen Eigenschaften eines Reaktortyps können grundsätzlich - durch entsprechende Studien und Gutachten - auch ohne ein formelles Genehmigungsverfahren ermittelt und bewertet werden. Ein konkretes Genehmigungsverfahren würde durch eine derartige Sicherheitsprüfung nicht präjudiziert.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Brauer.

Hans Jochim Brauer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000248, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Können Sie bitte noch einmal präzisieren, was nach dem Atomgesetz rechtlich dann überhaupt möglich ist? Ist das eine Konzeptgenehmigung, ist das eine allgemeine Genehmigungsfähigkeit, geht das über die allgemeine Machbarkeit oder Eignung eines solchen HTRs, oder was genau würde rechtlich vom Atomgesetz abgedeckt werden?

Martin Grüner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000738

Es gibt keine Kompetenz des Bundes im Sinne einer Genehmigung - das habe ich ausgeführt -, aber es gibt selbstverständlich die Möglichkeit, die sicherheitstechnischen Eigenschaften eines Reaktortyps unabhängig von der Frage, ob er in Betrieb gehen soll, ob er gebaut werden soll oder ob ein Antragsteller vorhanden ist, durch entsprechende Studien und Gutachten zu bewerten. Das hat aber nichts mit einem Genehmigungsverfahren, welcher Art auch immer, zu tun.

Hans Jochim Brauer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000248, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Dann bitte: Auf welcher rechtlichen Grundlage, und zwar ganz präzise.

Martin Grüner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000738

Die rechtliche Grundlage ist unser Atomgesetz mit den dazu geschaffenen Einrichtungen, die die Möglichkeit geben, sicherheitstechnische Überprüfungen von vorhandenen Reaktoren oder von geplanten Reaktoren im Rahmen einer gutachtlichen Tätigkeit vorzunehmen. Ich bin aber gern bereit, Ihnen zusätzlich zu dieser Antwort auch noch eine schriftliche Stellungnahme zuzuleiten.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Danke schön. Herr Abgeordneter Vosen, Zusatzfrage.

Josef Vosen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002395, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, halten Sie es überhaupt für genehmigungsfähig, daß Hochtemperaturreaktoren auf Modulbasis exportiert werden können - das steht ja in dieser Frage -, wobei wir gar nicht wissen, ob ein solcher Reaktortyp, den es in der Bundesrepublik Deutschland außer einem Versuchstyp bisher ja nicht gibt, überhaupt die Sicherheitsauflagen erfüllt, um exportfähig sein zu können? Handeln wir uns nicht mit einem Export ein zweites Tschernobyl ein? Das ist die Frage.

Martin Grüner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000738

Herr Kollege, nein, diese Frage stellt sich nicht, denn bisher ist ein solcher Export nicht geplant. Wenn ein solcher Export in Frage käme, ist es eine Entscheidung des Importeurs eines solchen Reaktors, welche Anforderungen er an Standort und Sicherheit stellt. Ich betone noch einmal, daß eine wissenschaftliche Begutachtung der Sicherheit außerhalb eines Genehmigungsverfahrens durchaus möglich ist, was aber keinesfalls eine Genehmigung hier bei uns oder in einem etwaigen importierenden Land ersetzen würde.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Weil zwei Fragen zusammengezogen waren, hat jeder zwei Fragen. Bitte schön, Herr Vosen.

Josef Vosen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002395, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ist Ihnen bekannt, Herr Staatssekretär, daß Minister Riesenhuber im Zusammenhang des Abkommens mit der Sowjetunion offeriert hat, ein solches Modul im Rahmen eines Exportabkommens dorthin zu liefern?

Martin Grüner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000738

Nein, Herr Kollege. Vielmehr sind in diesem Abkommen gemeinsame Arbeiten zu Weiterentwicklung und zur Ausrichtung eines solchen Hochtemperaturreaktors auf die von der sowjetischen Seite gewünschten Eigenschaften vereinbart worden.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Daniels.

Dr. Wolfgang Daniels (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000353, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, jetzt ist das Genehmigungsverfahren in Niedersachsen eingestellt worden. Können Sie mir andere Bundesländer nennen, z. B. Nordrhein-Westfalen oder Bayern, in denen ein nach wie vor standortunabhängiges Verfahren entweder ruht oder noch Gültigkeit besitzt? Gibt es Bundesländer, in denen ein solches Genehmigungsverfahren derzeit in Gang ist?

Martin Grüner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000738

Nein, das ist mir nicht bekannt.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Daniels.

Dr. Wolfgang Daniels (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000353, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, können Sie noch einmal genau sagen, nach welchen Vorschriften des Atomgesetzes im einzelnen eine solche Überprüfung eines Konzepts möglich ist, das Atomgesetz also der Bundesregierung eine Handhabe gibt, eine solche Überprüfung aus eigenem Willen heraus durchzuführen?

Martin Grüner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000738

Herr Kollege, ich habe schon dem Kollegen Brauer angeboten, mich dazu schriftlich zu äußern, weil ich die Paragraphen des Atomgesetzes und was dazugehört nicht im Kopf habe, um eine solche Frage zu beantworten. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Wollny.

Lieselotte Wollny (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002560, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, wenn Sie sagen, es gibt so etwas wie ein, sagen wir einmal: TÜV-Prüfsiegel auch für Atomreaktoren: Wie erklären Sie dann, daß die niedersächsische Landesregierung, nachdem sich herausgestellt hat, daß es keinen Abnehmer gibt, gesagt hat, ohne einen solchen könne man dieses Verfahren nicht durchführen?

Martin Grüner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000738

Das beruht auf der Einschätzung der Rechtslage, wie sie sich aus dem Atomgesetz für Genehmigungsverfahren ergibt.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Noch eine Zusatzfrage, Frau Kollegin Wollny.

Lieselotte Wollny (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002560, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Sollte die Bundesregierung so etwas wie eine Sicherheitsüberprüfung vornehmen, ohne daß ein Standort bekannt wäre oder die Absicht bestünde, einen solchen Reaktor innerhalb der Bundesrepublik zu bauen, würde das heißen, daß bei einer späteren Absicht, einen solchen Reaktor zu bauen, die Sicherheit bereits als überprüft gelten würde?

Martin Grüner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000738

Nein, das wäre nicht der Fall.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Danke schön, Herr Staatssekretär. Die Fragen 37 und 38 des Abgeordneten Pauli werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Staatsminister Dr. Stavenhagen zur Verfügung. Ich rufe Frage 39 des Abgeordneten Dr. Daniels ({0}) auf: Erlaubt es die Terminplanung des Bundeskanzleramtes, nun darüber Auskunft zu geben, wann der Bundeskanzler der Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf seinen Besuch abstatten will - nachdem dieser schon im Dezember letzten Jahres vorgesehen, aber im Februar immer noch nicht terminiert war -, und wird der Bundeskanzler auch bereit sein, sich in einem Zusammentreffen mit den Anti-WAA-Bürgerinitiativen der Oberpfalz mit deren Argumenten auseinanderzusetzen?

Not found (Gast)

Herr Abgeordneter, der Bundeskanzler hatte im vergangenen Jahr dem mittlerweile verstorbenen bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Franz Josef Strauß zugesagt, mit ihm gemeinsam die Wiederaufarbeitungsanlage in Wackersdorf zu besuchen. Wegen des Todes von Franz Josef Strauß kam dieser Besuch nicht zustande. Mit Schreiben vom 25. November 1988 erklärte der Bundeskanzler auch gegenüber dem neuen bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Max Streibl seine Bereitschaft zu einem gemeinsamen Besuch in Wackersdorf. Termin und Ablauf dieses Besuchs wurden bislang noch nicht festgelegt.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Daniels.

Dr. Wolfgang Daniels (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000353, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Sie wissen, daß die Diskussion um diese atomare Wiederaufarbeitungsanlage in dieser Region zu erheblichen Eruptionen geführt hat. Ist es dann, wenn der Herr Bundeskanzler bereit ist, dort einen Besuch abzustatten, vorgesehen, dort auch ein Gespräch mit der betroffenen Bevölkerung bzw. Vertretern der Bürgerinitiative zu führen, um sich deren Sorgen einmal direkt anzuhören?

Not found (Gast)

Herr Abgeordneter, der Bundeskanzler plant, sich mit diesem Besuch einen Eindruck vor Ort zu verschaffen. Es ist bisher aber weder über den Termin noch über den Ablauf der Veranstaltung gesprochen worden, und es ist nichts festgelegt worden.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Die zweite Zusatzfrage.

Dr. Wolfgang Daniels (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000353, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Kann man, da Sie weder zu den Vorbereitungen noch zu dem Termin etwas sagen können, dann, da der Herr Bundeskanzler ja langfristig plant, davon ausgehen, daß in diesem Jahr wohl kein Besuch mehr in dieser Region vorgesehen ist?

Not found (Gast)

Herr Abgeordneter, ich kann weder positiv noch negativ eine Terminfestlegung oder die Festlegung eines bestimmten Zeitraums ins Auge fassen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Ich rufe Frage 40 des Abgeordneten Dr. Penner auf: Ist der Vizepräsident Münstermann beim Bundesnachrichtendienst auf Grund seines Verhaltens ein Sicherheitsrisiko nach den Maßstäben der Bundesregierung? Herr Staatsminister, bitte schön.

Not found (Gast)

Herr Kollege, Ihre Frage kann in der Sache erst dann beantwortet werden, wenn der Sachverhalt ausreichend geklärt ist. Der Staatssekretär beim Bundeskanzler hat den Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes dazu um einen Bericht gebeten. Dieser Bericht liegt noch nicht vor.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Penner.

Dr. Willfried Penner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001688, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Was hat denn nun der Präsident des Bundesnachrichtendienstes getan, um den Sachverhalt aufzuklären?

Not found (Gast)

Herr Kollege, ich kann Ihnen nicht sagen, was der Präsident des Bundesnachrichtendienstes im einzelnen getan hat. Er ist um einen Bericht gebeten worden, weil er den Staatssekretär beim Bundeskanzler über Hinweise informiert hat. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Die zweite Zusatzfrage.

Dr. Willfried Penner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001688, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Aber ist der Sachverhalt, unterstellt, er ist wahr, nicht nach den eigenen Maßstäben der Bundesregierung ein Sicherheitsrisiko, und verlangt dies nicht ein sofortiges Handeln der BundesreDr. Penner gierung, der ja die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland nach ihrer Selbsteinschätzung in besonderer Weise am Herzen liegt?

Not found (Gast)

Herr Kollege, die Unterstellung, daß die in einer großen Boulevardzeitung ({0}) dargelegten Dinge wahr wären, kann bisher nicht bestätigt werden. Die Vorwürfe sind zu wenig konkret, als daß eine solche Frage jetzt schon beantwortet werden könnte.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Herr Dr. Emmerlich.

Dr. Alfred Emmerlich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000468, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatsminister, nachdem die Vorwürfe im Gegensatz zu Ihrer Aussage ganz konkret erhoben worden sind, frage ich Sie, ob es nicht nach Ihrer Auffassung zu den Pflichten der Bundesregierung gehört, einem Sachverhalt nachzugehen, der, wenn er zutrifft, bedeutet, daß der Vizepräsident des Bundesnachrichtendienstes nach den eigenen Maßstäben der Bundesregierung ein Sicherheitsrisiko darstellt.

Not found (Gast)

Herr Kollege, es gehört zu den Pflichten der Bundesregierung, einem Sachverhalt nachzugehen. Genau dies haben wir getan. Wir sind dabei, diesen Sachverhalt aufzuklären. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hirsch.

Dr. Burkhard Hirsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000908, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatsminister, wenn man so sittenstreng ist, wie die Kollegen der SPD - wie ich zu meinem großen Erstaunen zur Kenntnis nehmen muß - es plötzlich sind, und wenn Sie in Ihren Antworten einräumen, daß - unterstellt, die Meldungen dieser Zeitungen wären zutreffend - tatsächlich ein Sicherheitsrisiko gegeben sein könnte, müßte die Bundesregierung dann allerdings nicht bis zur Feststellung des Sachverhalts irgendwelche vorläufigen Maßnahmen treffen, um einen Schaden für die Bundesrepublik abzuwenden? ({0})

Not found (Gast)

Herr Kollege Hirsch, die Bundesregierung hat auf Grund eines entsprechend wirksam aufgemachten Berichts in einer bestimmten Boulevardzeitung keine Maßnahmen zu ergreifen, insbesondere dann nicht, wenn die Hinweise, die der Präsident des Bundesnachrichtendienstes gegeben hat, dies nicht in irgendeiner Weise konkretisieren. Nun ist der Präsident beauftragt worden, diesen Vorwürfen nachzugehen. Aber nach den dienstrechtlichen Maßstäben, denen jeder Inhaber eines Amtes wie diesem hier unterworfen ist, und nach den Verfahrensregeln des Beamtenrechts ist es nicht geboten, bereits jetzt irgendwelche Schritte zu ergreifen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Dr. Nöbel.

Dr. Wilhelm Nöbel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001617, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ihren Antworten entnehme ich, daß Sie meine Frage mit Nein beantworten werden: Ihnen dürfte - nach dem, was Sie bisher geäußert haben - auch nicht bekannt sein, daß es sich um fortgesetzte Dienstvergehen handelt, ({0}) die über das hinausgehen, was diese besagte Boulevardzeitung behandelt?

Not found (Gast)

Herr Kollege, solche fortgesetzten Dienstvergehen, wie Sie ausführten - ich weiß nicht, wie Ihre Formulierung war -, ({0}) sind mir nicht bekannt.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Gansel.

Norbert Gansel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000631, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Trifft es zu, Herr Staatsminister, daß sich die Prüfung der Bundesregierung bislang darin erschöpft hat, den Betroffenen zu einer Äußerung aufzufordern, und bleibt die Bundesregierung wenigstens in dem Bereich, den der Kollege Hirsch einschlägig apostrophiert hat, auch in Zukunft bei ihrer bisherigen Praxis, Hinweisen aus dem BND erst dann nachzugehen, wenn sie gerichtsverwertbar sind? ({0})

Not found (Gast)

Herr Kollege, ich beantworte beide Teile Ihrer Frage mit Nein. ({0}) - Wir gehen den Dingen nicht erst dann nach, wenn sie gerichtsverwertbar sind. Ich beantworte diesen Teil der Frage mit Nein. ({1}) - Der erste Teil ist auch mit Nein zu beantworten. ({2})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Meine Damen und Herren, bitte! - Herr Vosen, Sie haben die Möglichkeit zu einer Zusatzfrage.

Josef Vosen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002395, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatsminister, die Diskrepanz zwischen der Berichterstattung dieser großen Zeitung in Deutschland und Ihren Untersuchungen müßte sich doch aufklären lassen. Denken Sie daran, eventuell auch Ermittlungen vor Ort zu führen?

Not found (Gast)

Herr Kollege, wir bemühen uns in der Tat - ich habe das Notwendige hier vorgetragen - , die Vorwürfe, die dort geäußert worden sind, aufzuklären. Ob sich daraus die Not9820 wendigkeit ergibt, vor Ort zu recherchieren, wage ich hier nicht zu beurteilen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Leider muß sich die amtierende Präsidentin jeden Kommentars enthalten. ({0}) - Ich bin nach den Fragestellungen und vor allen Dingen nach den Antworten nicht ganz so sicher. Ich rufe Frage 41 des Abgeordneten Dr. Nöbel auf: Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse über die nicht nur innerhalb des Bundesnachrichtendienstes ({1}), sondern auch in der Öffentlichkeit bekanntgewordenen dienstlichen, die Sicherheit des BND gefährdenden Verfehlungen des BND-Vizepräsidenten Münstermann vor, und welche Schritte - z. B. Einleitung eines Disziplinarverfahrens - hat die Bundesregierung zur Untersuchung und eventuellen Ahndung dieser Dienstvergehen unternommen?

Not found (Gast)

Herr Kollege, die vorliegenden Erkenntnisse lassen noch keine konkrete Aussage über die weitere Behandlung der Angelegenheit zu. Wie ich soeben schon ausführte, hat der Staatssekretär beim Bundeskanzler den Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes um einen genauen Bericht über die Vorgänge gebeten, auf die sich die gegen Herrn Münstermann erhobenen Vorwürfe beziehen. Auf der Grundlage dieses Berichts wird über das weitere Verfahren entschieden.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Dr. Nöbel.

Dr. Wilhelm Nöbel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001617, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wenn die Bundesregierung in diesem hochsensiblen Bereich ein schnelles, effektives Handeln schon nicht für erforderlich hält, ist der Bundesregierung denn der Charme meiner Frage aufgefallen, der darin liegt, daß sie wortwörtlich - nach Austausch des Namens - mit einer Frage übereinstimmt, die ein jetziges Mitglied der Bundesregierung im Juli 1979 hier gestellt hat?

Not found (Gast)

Herr Kollege, die Prämisse, die in Ihrer Frage lag, ist unzutreffend. Die Bundesregierung bemüht sich um eine zügige Aufklärung der Vorwürfe. Der Sinn des zweiten Teils Ihrer Frage ist mir im dunkeln geblieben. Vielleicht können Sie die Frage so formulieren, daß ich sie beantworten kann.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Können Sie das Dunkel aufhellen?

Dr. Wilhelm Nöbel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001617, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sind Sie denn mit mir der Meinung, da ich es Ihnen persönlich nicht unterstelle, daß Ihre Adlaten Sie bei der Vorbereitung auf diese Fragestunde sehr schlampig bedient haben?

Not found (Gast)

Nein, Herr Kollege, dies bin ich nicht, aber ich bin wirklich der Meinung, daß wir den zweiten Teil dieser Frage nicht hier diskutieren sollten, und zwar nicht wegen der jetzt aufzuklärenden Vorwürfe, sondern wegen Vorwürfen, die zurückliegen, gegenüber jemand anderem, der, wenn ich es richtig weiß, inzwischen verstorben ist. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Dr. Penner.

Dr. Willfried Penner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001688, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatsminister, wollen Sie allen Ernstes hier vor dem Deutschen Bundestag behaupten, daß die Bundesregierung respektive der BND in dieser Angelegenheit bisher mehr getan hat, als den Betroffenen zu einer dienstlichen Äußerung aufzufordern? - Bedenken Sie es wohl!

Not found (Gast)

Herr Kollege, der Staatssekretär beim Bundeskanzler hat den Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes um einen Bericht zu diesen Vorwürfen gebeten. Ich kann mir nicht vorstellen, daß sich der Bericht darin erschöpft, nur die in Frage kommende Person zu befragen. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Dr. Emmerlich.

Dr. Alfred Emmerlich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000468, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatsminister, halten Sie es, nachdem die Veröffentlichung nunmehr sechs Tage zurückliegt, für mit den Verflichtungen der Bundesregierung zur Aufklärung solcher schwerwiegender Sachverhalte vereinbar, daß sich die Bundesregierung damit begnügt, einen Auftrag an den BND zu geben, den Sachverhalt aufzuklären, und keinerlei Rückfrage während dieser sechs Tage erfolgt ist, welche Aufklärungsmaßnahmen ergriffen worden sind und welches Zwischenergebnis bei diesen Aufklärungsmaßnahmen erreicht worden ist?

Not found (Gast)

Herr Kollege, das übliche Verfahren in diesem Fall ist, daß der Dienstvorgesetzte - das ist der Präsident - um einen umfassenden Bericht gebeten wird. Genau dies ist ohne jede Verzögerung veranlaßt worden. Damit ist der Bundesregierung überhaupt kein Vorwurf zu machen. Auf der anderen Seite ist bei der in Frage kommenden Person zunächst einmal von der Unschuldsvermutung auszugehen. Man kann nicht öffentlich eine Person vorverurteilen, bevor man diese Fragen geklärt hat. Wir bemühen uns um eine umfassende Klärung der Fragen ohne jede Verzögerung und mit dem notwendigen Tempo, wie es dem Amt und den allgemeinen beamtenrechtlichen Usancen entspricht.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Vosen.

Josef Vosen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002395, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatsminister, ich wollte Sie nach Ihrer persönlichen Wertung fragen. Wenn sich bestätigen sollte, was diese Boulevardzeitung berichtet hat, halten Sie das für ein Kavaliersdelikt?

Not found (Gast)

Herr Kollege, ich weiß nicht, ob die Bundesregierung hier über die Einschätzung einzelner Mitglieder zu dem, was als Kavaliersdelikt zu bezeichnen ist, befragt werden kann. Ich möchte mich zu dieser Frage nicht äußern.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Becker ({0}).

Dr. h. c. Helmuth Becker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000127, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatsminister, nachdem wir feststellen, daß wir nicht übersittenstreng sind, was der Herr Abgeordnete Hirsch meinte, habe ich nur die Frage: Werden in diese Ermittlungen zu den Vorwürfen, die erhoben worden sind, alle Begleitpersonen einbezogen, die mit Herrn Münstermann unterwegs waren?

Not found (Gast)

Herr Kollege, nicht ich führe diese Ermittlungen, sondern der Präsident des Bundesnachrichtendienstes ist beauftragt worden, diesen Bericht zu geben. Ich gehe davon aus, daß er sich, wenn er diesen Bericht ordnungsgemäß und pflichtgemäß geben will, umfassend informiert und die notwendigen Informationsquellen dazu heranzieht. Davon gehe ich aus.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Danke sehr, Herr Staatsminister. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers des Auswärtigen auf. Herr Staatsminister Schäfer steht zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung. Die Fragen 42 und 43 der Abgeordneten Frau Dr. Hamm-Brücher werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Dann rufe ich die Frage 44 des Herrn Abgeordneten Vosen auf: Kann die Bundesregierung gegenüber der pakistanischen Regierung Rechtsansprüche geltend machen wegen des Erwerbs von Komponenten für eine Hochleistungszentrifuge zur Herstellung atomwaffenfähigen Urans, die mit Wissen und auf Betreiben der pakistanischen Regierung über Mittelsmänner unter Verletzung der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland aus der Bundesrepublik Deutschland bezogen worden sind, und wenn nicht, welche politischen Maßnahmen hat die Bundesregierung auf bilateraler Ebene gegenüber der pakistanischen Regierung ergriffen, damit Pakistan nicht unter Verwendung von Komponenten aus der Bundesrepublik Deutschland Nuklearwaffen produzieren kann?

Not found (Gast)

Herr Kollege, die Frage bezieht sich offensichtlich auf ein derzeit laufendes staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit jüngst bekanntgewordenen Fällen von Ausfuhren von Waren der Kernenergieliste, die ohne die erforderlichen Genehmigungen nach Pakistan gelangt sind. Die genaue technische Beschreibung der ausgeführten Waren und ihre Zuordnung zu Positionen der Kernenergieliste sind noch nicht möglich. Das Ergebnis der laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ist zunächst abzuwarten. Das gilt auch für die Frage einer Beteiligung pakistanischer Stellen an illegalen Ausfuhrvorgängen und für die Frage möglicherweise daraus resultierender völkerrechtlicher Konsequenzen. Die pakistanische Regierung wurde um Stellungnahme und Mithilfe Pakistans bei der Aufklärung der Vorgänge gebeten.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Vosen.

Josef Vosen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002395, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatsminister, ist Ihnen bekannt, daß durch den illegalen Export dieser Technologie im Grunde ein Beitrag zur Produktion von Kernwaffenmaterial in Pakistan geleistet wurde?

Not found (Gast)

Herr Kollege, ich habe darauf hingewiesen, daß zur Zeit staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit solchen Anschuldigungen laufen. Ich kann deshalb Ihre Frage nicht bereits abschließend beantworten. Dazu müßten erst die Beweise auf den Tisch gelegt werden.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Noch eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Vosen?

Josef Vosen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002395, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Gleich.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Sie warten also noch, gut. Bitte, Herr Abgeordneter Gansel.

Norbert Gansel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000631, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatsminister, ist in diesem Zusammenhang der pakistanische Botschafter durch die Bundesregierung einbestellt worden?

Not found (Gast)

Wir haben natürlich versucht, uns in diesem Zusammenhang auch durch Gespräche mit den betreffenden Persönlichkeiten dieses Landes kundig zu machen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Dr. Daniels.

Dr. Wolfgang Daniels (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000353, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Welche Möglichkeiten gibt es denn überhaupt, von seiten der Bundesregierung oder von seiten der Staatsanwaltschaft Ermittlungen durchzuführen, die zum Ergebnis haben, daß man Klarheit über diesen Vorgang bekommt? Muß da nicht in Pakistan selber eine Ermittlung durchgeführt werden? Das geht ja nur mit den Behörden vor Ort. Gibt es solche Verhandlungen?

Not found (Gast)

Unsere Ermittlungen können sich natürlich nur auf Waren bzw. Produkte beziehen, die von hier aus in irgendein Land gelangt sein sollen, die also entgegen den bestehenden Gesetzen ausgeführt worden sind. Darauf müssen sich unsere Ermittlungen konzentrieren.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Herr Vosen; bitte.

Josef Vosen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002395, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatsminister, die Technologie, um die es geht, ist seitens der Bundesregierung in unserem Land mit einer Milliarde DM gefördert worden. Hieraus leiten sich Rechtsansprüche der Bundesregierung, speziell des Ministers für Forschung und Technologie, in Höhe von 300 Millionen DM gegen die Hersteller dieser Technologie ab. Da nun diese Technologie illegal exportiert wurde, könnte der Bundesrepublik Deutschland ein bedeutender Schaden entstanden sein. Was tun Sie - das ist die Frage -, um diesen Schaden zu begrenzen?

Not found (Gast)

Herr Kollege, ich habe Sie darauf hingewiesen, daß diese Angelegenheit zur Zeit untersucht wird. Ich kann Ihnen nicht bereits jetzt mitteilen, was das Ende dieser Untersuchungen bringen wird und welcher Schaden uns möglicherweise entstanden ist oder entstehen könnte.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Dann kann ich noch Frage 45 des Herrn Abgeordneten Vosen aufrufen: Hält die Bundesregierung das Verhalten Pakistans in diesem Zusammenhang für völkerrechtswidrig, oder ist es nach Auffassung der Bundesregierung rechtlich nicht zu beanstanden?

Not found (Gast)

Herr Kollege, wie sich aus der Antwort zur vorangegangenen Frage ergibt, kann zur Zeit hierzu noch nicht abschließend Stellung genommen werden.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Herr Vosen.

Josef Vosen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002395, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatsminister, Sie stellen fest, daß sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Bundesregierung ermittelt. Ich meine aber, es ist ein so bedeutsamer Vorgang, der schon lange in der Öffentlichkeit bekannt ist, daß ein Ermittlungsergebnis doch irgendwann absehbar sein müßte. Können Sie mir mitteilen, bis wann die Bundesregierung denn den ihr obliegenden Untersuchungsteil abschließend oder zumindest mit einem Zwischenbescheid versehen mitteilen kann?

Not found (Gast)

Ich kann Ihnen, Herr Kollege, nur sagen, daß wir die pakistanische Regierung aufgefordert haben, bei der Aufklärung der Vorgänge mitzuhelfen. Es gibt inzwischen in Pakistan, wie Sie wissen, eine neue Regierung, die aus demokratischen Wahlen hervorgegangen ist und noch nicht lange im Amt ist. Ich gehe davon aus, daß die Regierung von Frau Benazir Bhutto sicher dazu beitragen wird, diese Vorgänge, die sich auf einen früheren Zeitpunkt beziehen, mit aufzuklären. Aber ich kann Ihnen jetzt nicht voraussagen, zu welchem Zeitpunkt wir alle diese Informationen haben werden.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Ich kann nur noch eine letzte Zusatzfrage zulassen. Die Fragestunde ist nämlich bereits abgelaufen. Bitte, Herr Vosen.

Josef Vosen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002395, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatsminister, auch in Deutschland ist es möglich, Ermittlungen durchzuführen, nämlich bei allen Lieferanten dieser Technologie; z. B. bei der Firma Uranit, die die Herstellerfirma vieler Komponenten ist. Sind Untersuchungen auch im Inland und nicht nur in Pakistan geführt worden?

Not found (Gast)

Herr Kollege, ich dachte, ich hätte diese Frage bereits mit dem Hinweis auf laufende staatsanwaltschaftliche Ermittlungen beantwortet. Ich kann Ihnen darüber hinaus nicht Auskunft geben, welche weiteren Möglichkeiten hier vorhanden sind, bei einer bestimmten Firma zusätzliche Ermittlungen anzustellen; aber das gesamte Verfahren in diesem Komplex läuft ja, wie Sie wissen; nur können wir jetzt noch nicht voraussagen, bis zu welchem Zeitpunkt wir eine Aufklärung haben werden.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Danke sehr. Meine Damen und Herren, es tut mir leid, wir haben die Fragestunde um zwei Minuten überschritten. Die zwei Stunden sind um. Alle anderen Fragen werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Die Fragen 72 und 73 des Abgeordneten Fuchtel sind zurückgezogen worden. Ich danke Ihnen und berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 16. März 1989, 9 Uhr ein. Die Sitzung ist geschlossen.