Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Meine Damen und Herren, wir eröffnen die Plenarsitzung.
Ich rufe den Punkt 1 der Tagesordnung auf:
Fragestunde
- Drucksache 10/2242 Zuerst kommt der Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit dran. Zur Beantwortung der Fragen steht uns der Herr Parlamentarische Staatssekretär Dr. Köhler zur Verfügung.
Die erste Frage ist vom Abgeordneten Toetemeyer gestellt:
Fühlt sich die Bundesregierung, wie aus verschiedenen Publikationen des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit ersichtlich, weiterhin an die „entwicklungspolitischen Grundlinien der Bundesregierung" vom 9. Juli 1980 gebunden?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Herr Kollege Toetemeyer, die am 9. Juli 1980 vom Bundeskabinett verabschiedeten entwicklungspolitischen Grundlinien der Bundesregierung sind weiterhin in Kraft. Wie Sie wissen, enthalten diese Grundlinien eine Vielzahl allgemein formulierter Zielvorgaben. Daher sieht die Bundesregierung durchaus genügend Spielraum für die Setzung neuer Akzente, wie sie sich aus der veränderten internationalen Situation ergeben, oder für Akzentverschiebungen, ohne daß die Grundlinien dadurch außer Kraft gesetzt werden. Auch die Berücksichtigung der Beschlüsse des Bundestages, die in der Zwischenzeit erfolgt sind, war unter diesem Dach möglich.
Zusatzfrage des Abgeordneten Toetemeyer.
Herr Staatssekretär, darf ich daraus schließen, daß die Bundesregierung der Auffassung ist, daß es auf diesem Gebiete einer Wende nicht bedarf?
Herr Kollege Toetemeyer, diese Grundlinien spiegeln eine seit zwanzig Jahren unter Beteiligung aller wichtigen politischen Kräften erfolgte Meinungsbildung wider. Insofern konnten sich auch verschiedene politische Kräfte, auch die damalige Opposition, mit weiten Bereichen identifizieren, so daß der Ausdruck einer hier nötigen Wende nicht angemessen und angebracht ist. Was vielmehr nötig sein wird, ist, solche Grundlinien an die internationale Entwicklung und an Problemlagen anzupassen, die zum Zeitpunkt der Verfassung dieser Grundlinien noch nicht sichtbar waren.
Weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Toetemeyer.
Würden Sie mir zustimmen, Herr Staatssekretär, wenn ich feststelle, daß sich die Bundesregierung hier der Kontinuität der entwicklungspolitischen Arbeit verpflichtet fühlt?
Die Bundesregierung hat nicht nur nie einen Zweifel daran gelassen, sondern sie hat mehrfach mit allem Nachdruck betont, daß der entwicklungspolitische Grundkonsens in der Bundesrepublik für sie eine wichtige Grundlage ihrer Arbeit ist.
Zusatzfrage des Abgeordneten Schwenninger.
Herr Staatssekretär, würden Sie nicht zugeben, daß der Begriff der Beschäftigungswirksamkeit - der in den Richtlinien des Ministeriums für Wirtschaft, übrigens auch in denen des BMZ, vorkommt - in letzter Zeit dahin gehend wichtig geworden ist, daß man mehr Wert darauf legt, daß auch deutsche Firmen etwas von der Entwicklungshilfe haben, und entspricht das nicht einer Wende innerhalb der Entwicklungspolitik?
Herr Kollege Schwenninger, bei vielen Gelegenheiten haben wir klargestellt, daß wir in der Frage der Beschäftigungswirksamkeit lediglich an die Stelle einer verschleierten Praxis der früheren Bundesregierung, die aus einschlägigen Anweisungen erkennbar ist, eine ehrlichere Praxis gestellt haben. Insofern ist in der Sache nichts geschehen, sehr wohl aber in der Klarheit, auch gegenüber der Öffentlichkeit und dem Parlament.
Wir kommen zur Frage 2 des Abgeordneten Toetemeyer:
Beabsichtigt die Bundesregierung, diese bewährten entwicklungspolitischen Grundlinien zu ändern, und wenn ja, bei welchen Punkten sollen diese Veränderungen erfolgen?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Herr Kollege Toetemeyer, entwicklungspolitische Konzeptionen, die eine konkrete Antwort auf sich wandelnde Rahmenbedingungen und Veränderungen in der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit geben wollen, bedürfen fortlaufend der Anpassung und Weiterentwicklung. Die erste entwicklungspolitische Konzeption der Bundesregierung von 1971 wurde 1973 und 1975 fortgeschrieben. 1979 verabschiedete das Bundeskabinett 17 Thesen zur Entwicklungspolitik, ehe die derzeit gültigen Grundlinien vom 9. Juli 1980 vorgelegt wurden.
In der Kontinuität einer solchen Entwicklung überprüft die Bundesregierung derzeit diese Grundlinien und wird zu gegebener Zeit ihre entwicklungspolitischen Grundsätze - unter Berücksichtigung der inzwischen erwachsenen Problemlagen - neu formulieren. Dabei wird beispielsweise den akuten Problemen der Verschuldungskrise, den Erfordernissen der Strukturanpassung und der Notwendigkeit von Eigenanstrengungen der Entwicklungsländer Rechnung zu tragen sein. Auf Einzelfragen kann hier nicht eingegangen werden, da der Entscheidung des Bundeskabinetts jetzt noch nicht vorgegriffen werden kann.
Zusatzfrage des Abgeordneten Toetemeyer.
Herr Staatssekretär, könnten Sie mir mitteilen, wann grob etwa diese Überprüfung abgeschlossen sein wird und wann Sie persönlich mit neu formulierten Grundlinien der Bundesregierung rechnen?
Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit plant, die Vorarbeiten etwa in der Mitte des nächsten Jahres abzuschließen und dann den entsprechenden Gang der Abstimmung mit anderen Ressorts bis zur Befassung des Bundeskabinetts einzuleiten. Dabei ist die Situation zweifellos so, daß wir nicht unter einem spezifischen Zeitdruck stehen, sondern daß das Herstellen eines hohen Maßes von Übereinstimmung und einer entsprechenden Qualität den Vorrang vor irgendeinem Termin hat, den man hier setzen könnte. Wir haben also im Moment nur eine ungefähre Zeitvorstellung.
Weitere Zusatzfrage des Abgeordnete Toetemeyer.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, in Erinnerung an Ihre vorzügliche Rolle als Parlamentarier im Ausschuß - Sie wissen: Das Sein bestimmt das Bewußtsein - frage ich Sie: Würden Sie es unter diesem Aspekt für denkbar halten -- obwohl es staatsrechtlich mit Sicherheit umstritten ist -, daß der Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit an diesen Überlegungen der Bundesregierung beteiligt wird?
Herr Kollege Toetemeyer, ich kann mich trotz intensiver Bemühungen nicht erinnern, daß bei den vorangegangenen Stufen der Entwicklung jemals die Bundesregierung ausdrücklich den Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit, geschweige denn die Opposition befragt hätte. Wir werden es so halten, daß die laufenden Beratungen und Erkenntnisse des Ausschusses und der erklärte Wille des Parlaments selbstverständlich in vollem Umfang in diese Formulierung eingearbeitet werden.
Also kein Entwicklungsland in diesem Sinn!
Verzeihung, Herr Präsident, ich habe Sie nicht verstehen können.
Ich wollte nur anmerken: Wir sind kein Entwicklungsland in dieser Frage.
({0})
Ich teile selbstverständlich die Auffassung des Herrn Präsidenten, wenn es mir zusteht, Ihnen zuzustimmen, Herr Präsident.
Herr Abgeordneter Schwenninger zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, werden bei dieser Neuformulierung der entwicklungspolitischen Grundlinien, die Sie ja angedeutet haben, auch das Thema Rüstungsexporte und das Thema Rüstung und Hunger in der Dritten Welt eine Rolle spielen? Ich verweise Sie darauf, daß wir dazu ja ein Hearing gehabt haben und daß wir auch bei entwicklungspolitischen Debatten mehr und mehr diesen Aspekt hier im Parlament eingebracht haben.
Herr Kollege Schwenninger, beim gegenwärtigen Stand der Vorbereitungen kann ich Ihre Frage genausowenig mit Ja wie mit Nein beantworten. Nur bitte ich Sie, doch zur Kenntnis zu nehmen, daß ich eben gesagt habe, daß der Gesamtumfang der entwicklungspolitischen Debatte, zu dem zweifellos auch dieser wesentliche Aspekt, wie Sie ja eben selber gesagt haben, seit geraumer Zeit gehört, sich in dieser Arbeit niederschlagen muß.
Wir sind am Ende der Beantwortung der Fragen zum Bereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Vielen Dank, Herr Parlamentarischer Staatssekretär, für die Beantwortung der Fragen.
Den Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen brauche ich nicht aufzurufen, weil die Fragen 5 und 6 der Abgeordneten Frau Terborg von der Fragestellerin zurückgezogen worden sind.
Vizepräsident Westphal
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Schulte zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 75 des Abgeordneten Hettling auf:
Teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß unter ausländischer Flagge fahrende Schiffe deutscher Unternehmen keinesfalls deutsche Schiffe sind und daß die Verwendung von nationalen Flaggen durch Seeschiffe im Zusammenhang mit deren Staatszugehörigkeit steht und somit die Regeln des Völkerrechts über die Flaggenhoheit nach Artikel 4 des Genfer Übereinkommens über die Hohe See, das von der Bundesrepublik Deutschland ratifiziert worden ist, zutreffen?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Herr Kollege Hettling, bei der Beantwortung dieser Frage muß zwischen hoheitlicher und wirtschaftlicher Zuordnung der Schiffe unterschieden werden. Es ist richtig, daß auf Grund des Übereinkommens über die Hohe See und einschlägiger nationaler Vorschriften ein Schiff hoheitsrechtlich dem Land zuzuordnen ist, dessen Flagge es führt; z. B. nach dem deutschen Flaggenrechtsgesetz von 1951. Diejenigen Schiffe, die nach § 7 des Flaggenrechtsgesetzes, d. h. auf zwei Jahre befristet, in - jetzt kommt der Fachbegriff - bare boat charter ausgeflaggt sind - das sind annähernd 40% der ausgeflaggten deutschen Schiffe, mit zunehmender Tendenz -, bleiben im Betriebsvermögen der deutschen Reedereien. Auch die Eintragungen im deutschen Schiffsregister bestehen fort. Die Bundesregierung betrachtet diese Schiffe als wirtschaftlich der deutschen Handelsflotte zugehörig. Sie gelten wirtschaftlich als deutsche Schiffe, die zeitlich begrenzt eine fremde Flagge führen.
Zusatzfrage des Abgeordneten Hettling.
Diese feine Unterscheidung zwischen „wirtschaftlich" und „hoheitlich" ist genau das Problem, Herr Staatssekretär; das aber hat Ihr Kollege, Herr Staatssekretär Bayer, in der Seeverkehrsbeiratssitzung nicht dargestellt.
Herr Kollege, Sie müssen fragen.
Insofern möchte ich Sie fragen: Hat Herr Staatssekretär Bayer für die Bundesregierung die Position des Verbandes Deutscher Reeder ({0}) übernommen, daß auch ausgeflaggte Schiffe deutscher Reeder als deutsche Schiffe zu betrachten sind, im wirtschaftlichen bzw. im hoheitlichen Sinne?
Herr Kollege, Sie kommen in Ihrer nächsten Frage auf denselben Tatbestand zurück. Gehen Sie bitte davon aus, daß das, was ich gerade in meiner ersten Antwort erklärt habe, die Haltung der Bundesregierung ist. Herr Bayer hat diese Haltung auch so vertreten.
Wenn es darum geht, zwischen „hoheitlich" und „wirtschaftlich" zu unterscheiden, gibt es dafür ganz exakte Kriterien, die ich Ihnen bereits genannt habe. Auch Herr Staatssekretär Bayer geht davon aus.
Sie haben eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hettling.
Inwieweit ist dann für die Bundesregierung der Art. 27 des Grundgesetzes noch relevant:
Alle deutschen Kauffahrteischiffe bilden eine einheitliche Handelsflotte?
Und was will die Bundesregierung tun, um dieses Grundgesetzgebot zu erfüllen? Muß sie deshalb nicht deutschen Reedern bzw. Reedereien verbieten, ihre Schiffe auszuflaggen?
Herr Kollege Hettling, ich gehe davon aus, daß die bisherige Praxis in diesem gesamten Bereich grundgesetzkonform war und ist. Dies galt für die alte Bundesregierung genauso wie für die derzeitige.
Ich rufe die Frage 76 des Abgeordneten Hettling auf:
Wenn die Bundesregierung diese Auffassung teilt, wie bewertet sie dann die Ausführungen von Staatssekretär Bayer in der Sitzung des Seeverkehrsbeirates vom 23. Mai 1984, „daß auch unter liberianischer Flagge fahrende Schiffe deutscher Unternehmen deutsche Schiffe sind", und dies gerade auch unter dem Gesichtspunkt zunehmender Ausflaggung, mit der eine Unterlaufung des Ziels der Bundesregierung zum langfristigen Erhalt und Absicherung der deutschen Handelsflotte erfolgt?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Aus der Beantwortung der Frage 75 ergibt sich, daß die Erklärung von Staatssekretär Bayer vor dem Seeverkehrsbeirat sich in gegebenem Zusammenhang auf die wirtschaftliche Zuordnung bezog. Im übrigen ist die Möglichkeit der Ausflaggung einzelner Schiffe für viele deutsche Reeder, die im internationalen Wettbewerb stehen, angesichts des hohen Kostendrucks unter deutscher Flagge eine betriebswirtschaftliche Notwendigkeit.
Über die Praxis der früheren Bundesregierung habe ich bereits etwas ausgesagt.
Die Ausflaggung ermöglicht es, im Wege der Mischkalkulation einen Teil der Schiffe für den Betrieb unter deutscher Flagge zu erhalten.
Die Bundesregierung ist weiter bemüht, durch Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Schiffahrt unter deutscher Flagge der Ausflaggung entgegenzuwirken.
Zusatzfrage des Abgeordneten Hettling.
Ich komme auf meine vorherige Frage zurück: Wie steht diese Ihre Aussage zur Frage 76 im Einklang mit dem Grundgesetzgebot, wenn wir heute festzustellen haben, daß 40 % der gesamten Handelstonnage ausgeflaggt worden sind und wir fast die Hälfte aller deutschen Arbeitsplätze - 25 000 - bei der Seeschiffahrt unter ande7014
rem durch Ausflaggung verloren haben, und was wollen Sie wirklich tun, um die deutsche Seeschiffahrt vor einem totalen Untergang zu retten?
Herr Kollege Hettling, ich habe Ihnen vorhin gesagt, daß es den Prozeß des Ausflaggens bereits seit mehreren Jahren gibt, unter der alten Bundesregierung und unter der neuen ebenfalls, leider Gottes. Wir bedauern dies. Wir tun Erhebliches gegen diesen Trend der Ausflaggung. Wir haben kürzlich im Verkehrsausschuß anläßlich der Mitberatung des Einzelplans 12 auch über das Programm der Bundesregierung gesprochen, den deutschen Reedern, aber auch den deutschen Werften - beides gehört zusammen - zu helfen. Ich meine mich erinnern zu können, daß wir das, was dort beschlossen worden ist, sogar einstimmig beschlossen haben.
Noch eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hettling, bitte.
Herr Staatssekretär, ich kann diese Ihre Aussage immer noch nicht nachvollziehen. Denn ich muß zurückkommen auf die Seeverkehrsbeiratssitzung, auf der Ihr Kollege Bayer auf eine Ausführung von Herrn Buss, der auch Mitglied dieses Beirates ist, zu der Frage der offenen Register und deren Schließung, die ursprünglich aus Sicherheitsgründen angesprochen wurden, diese Ausführung aber nicht in dem von Ihnen dargestellten Sinne zurückgewiesen hat. Insofern stellt das die Problematik der Ausflaggung, wie sie dort angesprochen worden ist, doch auf den Kopf. Wir sind der Auffassung, daß ernsthaft etwas gegen die Ausflaggung getan werden muß. Ich frage Sie noch einmal: Wann und wie will die Bundesregierung erreichen, daß etwas gegen die Ausflaggung getan wird?
Herr Kollege Hettling, Sie waren ja, wie ich annehmen muß, nicht nur körperlich, sondern auch geistig anwesend, als wir im Ausschuß diese Problematik beraten haben. Ich habe vorhin bereits gesagt, daß wir zum Schluß zu einstimmigen Voten gekommen sind. Es gibt erhebliche Hilfen, zum Teil unter erheblicher Kritik seitens der Öffentlichkeit, seitens mancher Zeitungen, mancher Journalisten. Die Bundesregierung hält daran fest, den deutschen Reedereien zu helfen, und ich glaube, hier kommen auch recht ordentliche Beträge zusammen.
Zusatzfrage des Abgeordneten Duve.
Herr Staatssekretär, Sie wissen, daß es ein einstimmiges Votum des Deutschen Bundestages zur Erhaltung einer deutschen Seefahrtflotte gibt, in dem bestimmte Grundbedingungen und Gründe, warum wir das wollen, festgelegt wurden. Sie haben soeben von Rahmenbedingungen gesprochen. Könnten Sie die Verbesserung der Rahmenbedingungen hier einmal genau präzisieren?
Herr Kollege Duve, es gibt hierzu einen Kabinettsbeschluß, auch mehrere Beratungen des Parlaments. Das fängt z. B. an bei Zinsverbilligungen und hört auf bei Zuschüssen zum Kauf eines Schiffes. Es gibt viele andere Maßnahmen, die im übrigen fast alle einvernehmlich gestaltet wurden. Ich bin, sofern Sie dies wünschen, gern bereit, dies in großem Zusammenhang darzustellen und Ihnen dies schriftlich zuzuleiten.
Zusatzfrage des Abgeordneten Hansen ({0}).
Herr Staatssekretär, kann die Bundesregierung hier eine Aussage darüber machen, wie bei zunehmender Ausflaggungspraxis der deutschen Reeder, die j a durch Aussagen, wie sie im Seeverkehrsbeirat durch Staatssekretär Bayer gemacht wurden, offensichtlich gestützt werden, zukünftig Arbeitsplätze für die etwa 25 000 arbeitslosen deutschen Seeleute geschaffen oder erhalten werden sollen?
Herr Kollege, ich habe bereits zweimal gesagt, daß es hierzu ein konkretes Programm gibt. Ich habe auch Beispiele aus diesem Programm genannt. Es gibt im Augenblick wenige darüber hinausgehende Vorschläge. Eine Frage wird noch geprüft werden; das ist die Frage nach dem Steuerrecht. Da gibt es auch terminliche Zusagen. Darüber hinaus wäre es z. B. vorstellbar, daß man die Fördersätze prozentual verändert. Ich habe aber z. B. auch im parlamentarischen Raum bisher noch niemanden gesehen, der hier andere Prozentsätze gefordert hätte.
Zusatzfrage des Abgeordneten Kuhlwein.
Herr Staatssekretär, können Sie sich vorstellen und wie können Sie sich vorstellen, daß mit ausgeflaggten Schiffen im Verteidigungsfall die erforderliche Tonnage zur Verfügung steht?
Herr Kollege Kuhlwein, ich würde Ihnen vorschlagen, daß Sie diese Frage dem Kollegen aus dem Verteidigungsministerium stellen.
Zusatzfrage des Abgeordneten de With.
Herr Staatssekretär, halten Sie es als Vertreter der Bundesregierung für den angemessenen Ton, daß Sie hier vor wenigen Minuten gegenüber einem Abgeordneten dieses Hauses - wenn auch indirekt - bezweifelten, daß er geistig anwesend gewesen sei, nachdem Sie meinten, er sei körperlich anwesend gewesen?
({0})
Herr Kollege, ich hatte lediglich den Eindruck, daß sich der angesprochene Kollege nicht mehr an unsere Ausschußberatungen erinnerte. Aber vielleicht liegt es daran, daß seine Zusatzfragen schon vorher schriftlich ausgearbeitet waren. Ich kann das nicht beurteilen.
Dies war hart an der Grenze dessen, was wir hier gemeinsam machen wollen.
Ich habe als nächsten Zusatzfrager den Abgeordneten Fischer ({0}). Bitte schön.
Herr Staatssekretär, können Sie mir bestätigen, daß der von den Vorfragestellern angesprochene schlimme Ausflaggungstrend sich insbesondere in den langen Jahren der sozialliberalen Koalition vollzogen hat, und ist Ihnen aus dieser Zeit eine Initiative der damaligen Bundesregierung bekannt, die offenen Register zu schließen?
Herr Kollege Fischer, ich habe dazu bereits gesagt, daß dieser Trend seit langem anhält. Ich habe auch gesagt, daß es dazu in der Vergangenheit Hilfen gegeben hat. Wir haben diese Hilfen intensiviert. Ich habe aus Verlautbarungen von der Küste den Eindruck, daß man dort sehr dankbar annimmt, mit welchem Engagement sich der Bundesminister für Verkehr um diese Fragen kümmert. Dies kommt auch aus Bundesländern, die in einer anderen parteipolitischen Zusammensetzung regiert werden als der Bund. Ich habe deswegen den Eindruck, daß hier nicht nur nichts zu verstecken ist, sondern daß man hier offen sagen kann und sagen muß, was tatsächlich geleistet wird.
Zusatzfrage des Abgeordneten Klejdzinski.
Herr Staatssekretär, können Sie sich, da die Bundesregierung auf allen Ebenen immer wieder betont, wie notwendig die Verteidigungsbereitschaft ist, in diesem Zusammenhang auch vorstellen, daß Sie als Verkehrsminister gefragt sind, wenn es gilt, die notwendige Tonnage zur Verfügung zu stellen, und daß dies nicht auf Grund der Zuständigkeit allein Sache des Verteidigungsministers sein kann?
Herr Kollege, ich habe vorher zum Ausdruck gebracht, daß die Bundesregierung alles Vernünftige versucht, um dem Trend der Ausflaggung entgegenzuwirken. Es gibt dafür mehrere Gründe. Einen davon haben Sie erwähnt. Dies ist aber sicherlich nicht abschließend. Der Bundesminister der Verteidigung unterstützt im Kabinett das, was der Bundesminister für Verkehr als der Federführende vorgelegt hat.
Meine Damen und Herren, wir kämen zu den Fragen 77 und 78 des Herrn Abgeordneten Antretter. Der Fragesteller hat um schriftliche Beantwortung gebeten. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Dann kommen wir zur Frage 79 des Abgeordneten Becker ({0}):
Wann werden die Zoll-Douane-Schilder an den Binnengrenzen der Bundesrepublik Deutschland gegenüber den anderen Mitgliedstaaten der EG abgenommen, gegebenenfalls alle auf einmal oder in welchen Etappen?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Herr Kollege Becker, der Abbau der Zoll-Douane-Schilder an den Binnengrenzen der EG-Mitgliedstaaten sollte gemeinsam mit den Partnern erfolgen. Da zur Zeit an den EG-Binnengrenzen noch, wenn auch nur stichprobenweise, Personen- und Warenkontrollen stattfinden, existiert gegenwärtig auch noch kein gemeinschaftlich vereinbarter Zeitplan für den Abbau der von Ihnen angesprochenen Schilder. Die Bundesregierung unterstützt alle Bestrebungen, den Schilderwald an den EG-Binnengrenzen zulichten. Sie wird sich in Brüssel für den unverzüglichen Abbau dieser Schilder einsetzen, wenn die dafür notwendigen Voraussetzungen an den EG-Binnengrenzen gegeben sein werden.
Zusatzfrage des Abgeordneten Becker.
Herr Staatssekretär, berücksichtigt die Bundesregierung dabei die besonderen Initiativen des Europa-Abgeordneten Rogalla?
Herr Kollege, es gibt eine ganze Reihe von Initiativen in diesem Bereich. Wir haben in diesem Hause ebenfalls eine Europakommission, die sich aus Mitgliedern aller Fraktionen zusammensetzt. Alle diese Vorschläge werden nicht nur gesammelt, sondern tatsächlich beraten. Ich erwarte eigentlich, daß wir zu einem vernünftigen Konsens kommen.
Weitere Zusatzfrage? - Keine. Dann kommt als Zusatzfrage eine Frage des Abgeordneten Duve.
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, daß es vielleicht schon ein Beitrag zu dem von Ihnen erwähnten Abbau der Schilder ist, wenn in der uns vorliegenden Drucksache das Wort „Douane" um einen Buchstaben verkürzt worden ist?
Herr Kollege, ich weiß nicht, wie viele unserer Mitbürger darauf tatsächlich achten. Ich weiß nicht, wie viele Mitbürger sich vielleicht eher darum kümmern, ob sie kontrolliert werden und vielleicht Zoll nachzahlen müssen.
Ich möchte nur darauf hinweisen, daß es der Buchstabe „o" gewesen ist, der gefehlt hat. - Wir kommen zur Frage 80 des Herrn Abgeordneten Becker:
Welche Änderungen von Rechtsvorschriften hat die Bundesregierung im Vorfeld dieser europäischen Maßnahme vorgenommen?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Herr Kollege, Sie fragen nach den Änderungen der Rechtsvorschriften, die die Bundesregierung eventuell bereits vorgenommen habe. Dazu gibt es eine ganz kurze Antwort: Bis jetzt keine!
({0})
Keine Zusatzfrage.
Vizepräsident Westphal
Meine Damen und Herren, wir kommen zur Frage 81 des Abgeordneten Stockleben:
Bis wann rechnet die Bundesregierung mit der Fertigstellung des Gesamtausbaus des Mittellandkanals?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Herr Kollege, die Bundesregierung geht davon aus, daß die gegenwärtig zu etwa zu 55% fertiggestellten Ausbauarbeiten am Mittellandkanal nicht vor Ende der 90er Jahre vollendet sein werden. Restarbeiten werden vermutlich sogar noch einige Jahre länger benötigen.
Zusatzfrage des Abgeordneten Stockleben.
Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung die Auffassung der Industrie- und Handelskammer Braunschweig, daß es dann wahrscheinlich erst im Jahre 2000 oder danach zur Fertigstellung dieses Teilstückes käme und dann der Ausbau fast 35 Jahre dauern würde? Dies ist doch fast skandalös, wenn man bedenkt, daß 1,5 Milliarden DM investiert sind, die nicht zum Tragen kommen. Wäre die Bundesregierung nicht angesichts dieser Tatsache bereit, zumindest die im Genehmigungsverfahren bereits abgeschlossenen Teilstücke in Angriff zu nehmen?
Herr Kollege, Sie wissen wahrscheinlich aus entsprechenden Veröffentlichungen zum Haushalt, daß sich die Bundesregierung darum bemüht, die Investitionsmittel auch im Wasserstraßenbau zu erhöhen.
Der von Ihnen angesprochene Zeitraum ist sehr lang; hier teile ich also Ihre Meinung. Allerdings geht es jetzt darum, daß der Kanal tatsächlich verbessert wird. Dies wird als eine sogenannte Neumaßnahme angesehen. Wenn hier eine Ausweitung des Kanals für 1 350-Tonnen-Schiffe vorgenommen wird, dann ist das eine solche Verbesserung, daß man hier sicherlich nicht den gesamten Bauzeitraum zusammenschieben sollte.
Darüber hinaus bemüht sich das Land Niedersachsen, vorzufinanzieren. Ich muß Ihnen allerdings sagen: Wenn diese Vorfinanzierungsmaßnahmen durchgesetzt sind, dann werden wir Mühe haben, bei weiteren Maßnahmen die Baureife zu erzielen. Dies ist im Augenblick mein Informationsstand.
Herr Abgeordneter Stockleben zu einer weiteren Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, es ist durchaus so, daß hinreichend Streckenabschnitte auf dem Mittellandkanal in der Vorplanung so weit gediehen sind, daß mit dem weiteren Ausbau begonnen werden könnte. Ist nicht angesichts dieser Tatsache ein Handeln der Bundesregierung im Zusammenwirken mit dem Land Niedersachsen, so wie es auch von Nordrhein-Westfalen her geschehen ist, zwingend notwendig, um die bereits getätigten Investitionen auch sinnvoll zu nutzen?
Herr Kollege, ,beim Ausbau des Mittellandkanals geht es um die nicht ganz geringe Summe - Preisstand 1980 - von 3,103 Milliarden DM. Wir sind willens, hier auch in der Zukunft Erhebliches zu leisten. Wir sind auch bemüht, den Investitionsanteil im Verkehrshaushalt aufzustocken. Wir sind aber im Augenblick z. B. nicht in der Lage, bei der gemeinsamen Finanzierung von Bund und Land dem Land Niedersachsen zu folgen, das nach meiner Kenntnis 80 Millionen DM im Vorgriff investieren will.
Wir werden uns darum bemühen, den Ausbau des Mittellandkanals zu fördern und - sinnvollerweise - dort anzusetzen, wo ein Verkehrswert am schnellsten erzielbar ist. Aber ich kann über das, was im Augenblick in der Haushaltsplanung, in der mittelfristigen Finanzplanung ist, nicht hinausgehen.
Wir kommen zur Frage 82 des Abgeordneten Stockleben:
Hält die Bundesregierung es nicht für geboten, angesichts der Standortverschlechterung des mittleren Niedersachsens die notwendigen Finanzmittel bereitzustellen und wie in Nordrhein-Westfalen über eine entsprechende Ergänzung zum Regierungsabkommen von 1965 den Ausbau des Mittellandkanals zu beschleunigen?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Herr Kollege Stockleben, mit Blick auf den derzeitigen Stand des Ausbaus des Mittellandkanals kann nicht von einer generellen Standortverschlechterung des mittleren Niedersachsens gesprochen werden. Die Bundesregierung bemüht sich im Rahmen der Möglichkeiten des Gesamtplafonds des Wasserstraßeninvestitionshaushalts um eine Steigerung - ich habe das gerade schon gesagt - der Investitionsraten für den Kanal. Die Finanzplanung des Bundeshaushalts berücksichtigt dies.
Die Beschleunigung der Fertigstellung ist aber nicht nur von den zur Verfügung gestellten Finanzierungsmitteln, sondern auch von den zunehmend schwierigeren und zeitaufwendigeren Planfeststellungsverfahren abhängig. Der hier vorhandene Vorlauf wird durch die von Niedersachsen für das Jahr 1985 und 1986 geplante Erhöhung seines Finanzierungsbeitrags um 80 Millionen DM aufgezehrt; ich habe vorhin bereits in der Antwort auf eine Zusatzfrage darauf hingewiesen. Einer Ergänzung des Regierungsabkommens von 1965 bedarf es indes nicht. Mit dem Land Niedersachsen besteht hierüber Einvernehmen.
Zusatzfrage des Abgeordneten Stockleben.
Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung nicht die Auffassung der Industrie- und Handelskammer Braunschweig, die da sagt: Die Standortverschlechterung wird um so deutlicher im Vergleich zu anderen Wirtschaftsräumen, z. B. im Vergleich zum östlichen Ruhrgebiet, wo das dortige westdeutsche Kanalsystem bereits für Europa-Schiffe befahrbar ist und Bestrebungen im Gange sind, daß dort noch größere Einheiten verkehren können?
Herr Kollege, unabhängig von meiner vorherigen Antwort, in der ich festgestellt habe, daß es eine generelle Standortverschlechterung nicht gebe, muß ich sagen, daß es
- angesichts der Relativität einer solchen Aussage
- selbstverständlich von Bedeutung ist, ob eine Region eine bessere Infrastruktur erhält, während die andere Region darauf noch warten muß. Hier kann es in der Tat Verschiebungen geben.
Zusatzfrage des Abgeordneten Stockleben.
Wäre die Bundesregierung in Anbetracht der Lage dieses Wirtschaftsraumes - es handelt sich überwiegend um Zonenrandgebiet
- bereit, zusätzliche Mittel aus dem Zonenrandprogramm dort für diese Aufgabe bereitzustellen?
Herr Kollege, ich bin im Augenblick überfragt, ob es möglich ist, Zonenrandmittel für den Mittellandkanal bereitzustellen, aber ich mache mich da gerne sachkundig und lasse Sie dies wissen. Wenn es möglich ist, daß der Bundesminister für Verkehr an anderen Töpfen teilhat, wird er sich diesen Möglichkeiten nicht verschließen.
Wir kommen zur Frage 83 des Abgeordneten Schemken:
Stimmen die Veröffentlichungen der Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands ({0}), wonach ab September 1985 mehr als 2 500 Ausbildungsplätze im Bundesbahnunternehmen nicht mehr besetzt werden sollen?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Herr Kollege Schemken, eine solche Aussage kann nicht bestätigt werden. Es ist damit zu rechnen, daß das Bundeskabinett im Frühjahr 1985 wie in den Vorjahren wieder über eine Lösung diskutieren wird, um die wegen des geringeren Eigenbedarfs der Deutschen Bundesbahn frei bleibenden Ausbildungsplätze zu Lasten des Bundeshaushalts zu besetzen.
Zusatzfrage des Abgeordneten Schemken.
Herr Staatssekretär, teilen Sie mit mir die Auffassung, daß eine solche Verlautbarung von seiten der Gewerkschaft unverantwortlich ist, weil damit der Appell der Bundesregierung auf Bereitstellung weiterer Arbeitsplätze, auch an die Privatwirtschaft, unterlaufen wird?
Herr Kollege Schemken, die Bundesregierung hat sich bemüht, alle bestehenden Ausbildungsplätze zu besetzen. Sie ist auch bereit, der Bundesbahn die Kosten zu erstatten, die dadurch entstehen, daß sie über den Eigenbedarf hinaus ausbildet. Ich gehe eigentlich davon aus, daß jeder, dem es um dieses Problem ernst ist, diese Maßnahme begrüßt. Ich gehe auch davon aus, daß die Eisenbahner dies tun. Selbst wenn man nicht unbedingt Dankadressen erwartet, könnte ich mir doch vorstellen, daß man zunächst einmal darüber spricht, was in diesem Jahr geleistet worden ist, und daß man möglicherweise problematisiert, was im nächsten Jahr kommen kann; und dann muß beraten werden. Aber ich glaube, eine falsche Angstmacherei sollte nicht betrieben werden. Dafür sind die Taten der Bundesregierung gerade in dieser Hinsicht in den letzten Jahren ausreichend.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Sperling.
Herr Staatssekretär, glauben Sie nicht, daß es der Bundesregierung besser anstünde, schon vor kommendem März oder Frühjahr darüber zu beraten, nach dem Motto: Doppelt gibt, wer schneller gibt?
Herr Kollege, dieser Grundsatz mag in vielen Lebenslagen angemessen sein. Nur hat es wahrscheinlich keinen Sinn, zu geben, bevor das Ausbildungsjahr beginnt.
Wir haben gerade erst beschlossen - und zwar im Rahmen der Haushaltsberatungen -, daß für das nächste Ausbildungsjahr beschlossen wird. Wir sehen die Problematik, die angesichts des damals vorhandenen Geburtenüberschusses auf uns zukommt. Ich glaube, wir haben durch die Beschlüsse aus den vergangenen Jahren gezeigt, daß wir willens sind zu helfen. Wir sind hier in einer guten Tradition. Ich habe eigentlich nicht die Absicht, von meiner Aussage ganz am Anfang abzugehen, daß wir auch im nächsten Jahr darüber wieder beraten werden.
Zusatzfrage des Abgeordneten Kuhlwein.
Herr Staatssekretär, hält die Bundesregierung es im Interesse der Ausbildungs-platzsuchenden nicht vielleicht auch für hilfreich, wenn die Gewerkschaft der Eisenbahner rechtzeitig darauf hinweist, daß durch einen Beschluß des Vorstands der Deutschen Bundesbahn erneut Ausbildungsplätze vernichtet werden könnten?
Ich halte es für hilfreich, wenn man versucht, dem betroffenen Personenkreis zu helfen. Dazu ist es sicherlich notwendig, daß richtig - in der richtigen Form, in der richtigen Tonart - auch problematisiert wird.
Ich darf allerdings dazusagen: Uns sind die Geburtenzahlen und die Zahl derer, die aus der Schule kommen, bekannt. Sonst hätten wir nicht bereits in diesem Jahr gehandelt.
Zusatzfrage des Abgeordneten Duve.
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, diesem Hohen Hause die von Ihnen eben geforderte Tonart einmal vorzupfeifen?
({0})
Herr Kollege, ich weiß nicht, ob Sie da der richtige Ansprechpartner
sind; denn Sie sind ja Schriftsteller und nicht Musikant.
({0})
Das muß hier erlaubt sein.
Zusatzfrage des Abgeordneten Weisskirchen ({0}).
Herr Staatssekretär, nachdem Sie eben die Taten der Bundesregierung im Blick auf die Entspannung im Ausbildungsmarkt gelobt haben: Müssen Sie nicht zur Kenntnis nehmen, daß die Garantieerklärung, die der Bundeskanzler vor den Wahlen abgegeben hat, für jeden sei seine Lehrstelle da, gebrochen worden ist, und können Sie im Lichte dieser Tatsache eigentlich die Bundesregierung noch loben?
Dr. Schulte, Pari. Staatssekretär: Herr Kollege, über die Frage nach den Lehrstellen allgemeiner Art hat dieses Hohe Haus ja mehrfach diskutiert. Ich sehe hier den Kollegen Pfeifer sitzen, der dazu sicherlich noch vieles mehr aussagen könnte. Ich habe gar nicht die Absicht, da auf die Vergangenheit zurückzugehen. Was den Bundesminister für Verkehr angeht, hat dieser alles getan, um nicht besetzte Ausbildungsplätze zu füllen, und er zahlt der Deutschen Bundesbahn all die Kosten, die dadurch entstehen, daß Lehrlinge eingestellt werden, die man eigentlich gar nicht bräuchte, wenn es nur nach betriebswirtschaftlichen Kriterien geht.
({0})
Zusatzfrage des Abgeordneten Jansen.
Herr Staatssekretär, hatte ich Sie am Anfang richtig verstanden, daß diese Situation bei der Bundesbahn damit zusammenhängt, daß die Bundesregierung Zielvorgaben für die Produktivität der Bahn und den damit verbundenen erheblichen Stellenabbau gegeben hat und daß, davon abgeleitet, jetzt auch ein bedeutend verminderter Ausbildungsbedarf besteht?
Herr Kollege, Sie kennen wahrscheinlich die Planungen des Vorstandes der Deutschen Bundesbahn, die zu einem Teil auch Eingang in die Leitlinien der Bundesregierung für eine Eisenbahnpolitik gefunden haben. Dabei wird davon ausgegangen, daß der Personalbestand der Deutschen Bundesbahn weiter sinken muß. Davon macht die Bundesbahn auch abhängig, wieviel junge Menschen sie auf Dauer einstellen will. Da wir aber der Ansicht sind, daß wir angesichts der großen Zahl derer, die jetzt aus der Schule kommen, in einer besonderen Situation sind, sagen wir zur Bundesbahn: Füllt alle Ausbildungsplätze auf, wir bezahlen sogar dafür! Ich kann mir nicht vorstellen, was man darüber hinaus noch tun könnte, wenn man schon zu 100 % erfüllt. Wenn es keinen freien Ausbildungsplatz gibt, dann weiß ich nicht, was Sie darüber hinaus eigentlich noch fordern.
Zusatzfrage des Abgeordneten Becker ({0}).
Herr Staatssekretär, nach Ihren Antworten darf ich Sie noch einmal fragen: Halten Sie an dem Konzept fest, das Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre die damalige sozialliberale Bundesregierung eingeführt hat, daß über den Nachwuchsbedarf hinaus in beiden Bereichen - bei Post und Bahn - alle Ausbildungsplätze, die zur Verfügung stehen, für Ausbildungssuchende auch tatsächlich herangezogen werden?
Herr Kollege Becker, ich kann mich jetzt nur wiederholen; ich bitte um Nachsicht. Seitdem wir über diese Fragen zu beraten haben, haben wir jedes Mal den Beschluß gefaßt, daß alle Ausbildungsplätze bei der Deutschen Bundesbahn - und nur für diese kann ich sprechen - besetzt werden.
Wir kommen zu Frage 84 des Abgeordneten Schemken:
Hält die Bundesregierung diese Entscheidung des Vorstandes der Deutschen Bundesbahn im Hinblick auf die sicher auch im Jahre 1985 angespannte Ausbildungsplatzsituation zum Zeitpunkt September 1985 für richtig?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Herr Kollege Schemken, es ist davon auszugehen - ich muß mich jetzt leider nochmals wiederholen -, daß alle zur Verfügung stehenden Ausbildungsplätze besetzt werden. Die Bundesregierung begrüßt die Bereitschaft des Vorstandes der Deutschen Bundesbahn, auch im kommenden Jahr einen wichtigen Beitrag zur Förderung der Ausbildungspolitik zu leisten. Wir werden zum rechten Zeitpunkt auch innerhalb der Bundesregierung darüber beraten.
Zusatzfrage des Abgeordneten Schemken.
Ist es richtig, daß dann festzustellen ist, daß diese Bundesregierung in der Tat, wie es in den letzten zwei Jahren geschehen ist, mehr Ausbildungsplätze sowohl bei der Bundesbahn als auch - weil danach auch gefragt wurde - im Post- und Fernmeldewesen zur Verfügung stellt und daß dies sicherlich einige Tausend mehr sind als zu Zeiten der sozialliberalen Koalition?
({0})
Herr Kollege, ich will dazu bloß eine Zahl sagen; das hat j a in anderen Debatten schon eine Rolle gespielt. 1984 hat es 2 300 zusätzliche Ausbildungsverträge bei der Deutschen Bundesbahn in gewerblich-technischen Berufen und 1 000 zusätzliche Ausbildungsverträge im kaufmännischen Bereich gegeben.
({0})
Dies gilt allein für die Bundesbahn. Ich glaube, das ist ein Wort.
Keine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Schemken? Dann komme
Vizepräsident Westphal
ich zu einer Zusatzfrage des Abgeordneten Becker ({0}).
Herr Staatssekretär, würden Sie noch einmal sagen, wieviel Ausbildungsplätze nach 1982 bei der Bundesbahn gegenüber der Zeit vorher zusätzlich zur Verfügung gestellt worden sind?
Herr Kollege, das müßte ich Ihnen schriftlich nachreichen.
({0})
Zusatzfrage des Abgeordneten Kuhlwein.
Herr Staatssekretär, nachdem Sie auf die grandiosen Ausbauleistungen in den bundeseigenen Unternehmen bei den Ausbildungsplätzen hingewiesen haben, sind Sie bereit, zu bestätigen, daß das Defizit an Ausbildungsplätzen heute - ich meine, am 30. September dieses Jahres - ungefähr dreimal so groß ist wie im letzten Jahr der sozialliberalen Koalition?
({0})
Herr Kollege, nach mir wird der Kollege Pfeifer an dieser Regierungsbank sicherlich Rede und Antwort stehen. Vielleicht können Sie ihm diese Frage noch einmal stellen. Aus meiner Kenntnis kann ich Ihnen sagen, daß es sicherlich Veränderungen der Zahl derer gegeben hat, die einen Ausbildungsplatz suchen. Ich würde Sie doch bitten, dies bei all Ihren Äußerungen und Wertungen mit zu berücksichtigen.
Was meinen Verantwortungsbereich angeht, so haben wir alle Ausbildungsplätze besetzt. Mehr als das kann vernünftigerweise niemand verlangen.
({0})
Wir sind am Ende des Geschäftsbereichs des Bundesministers für Verkehr. Ich danke dem Staatssekretär Dr. Schulte für die Beantwortung der Fragen.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie. Zur Beantwortung der Fragen steht uns der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Probst zur Verfügung.
Die Fragen 7 und 8 des Abgeordneten Catenhusen sollen schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Wir kommen zur Frage 9 des Abgeordneten Schwenninger.
Kann die Bundesregierung die Angaben der Firma MBB bestätigen, daß MBB für die SONDA-IV-Rakete Ventile für Sekundäreinspritzung gefertigt und darüber hinaus Tests und Ingenieurtätigkeiten auf dem Regelungssektor durchgeführt hat ({0})?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Herr Präsident, wenn Sie einverstanden sind, würde ich die
Fragen 9 und 10 gern im Zusammenhang beantworten.
({0})
Er ist einverstanden.
Dann rufe ich auch die Frage 10 des Abgeordneten Schwenninger auf:
Welche bundesdeutschen Firmen und Institutionen sind nach Erkenntnis der Bundesregierung an der Zusammenarbeit mit Brasilien auf dem Gebiet der Raketentechnik beteiligt?
Herr Kollege Schwenninger, die Bundesregierung ist über Einzelheiten der privatwirtschaftlichen Auftragsarbeiten der Firma MBB für Brasilien nicht unterrichtet.
Träger der von der Bundesregierung auf Grund des Regierungsabkommens vom 12. August 1969 und der Einzelvereinbarung vom 18. November 1971 zwischen CTA und DFVLR geförderten Zusammenarbeit bei der Weltraumforschung für ausschließlich friedliche Zwecke ist die DFVLR. Das MaxPlanck-Institut für extraterrestrische Physik beteiligt sich an Höhenforschungsraketenexperimenten. Ferner ist der Bundesregierung bekannt, daß das deutsche Luft- und Raumfahrtunternehmen MBB auf privatwirtschaftlicher Basis Auftragsarbeiten auf diesem Gebiet für die brasilianische Seite durchgeführt hat. Weitere deutsche Firmen und Institutionen, die an dieser Zusammenarbeit beteiligt wären, sind der Bundesregierung nicht bekannt.
Zusatzfrage des Abgeordneten Schwenninger.
Herr Staatssekretär, für welche Zwecke benötigt Brasilien nach Ihrer Ansicht dann die SONDA-Rakete?
Für friedliche Zwecke.
({0})
Also z. B. auch im Umweltschutz, in der Ökologie, zur Erforschung der ökologischen Bedingungen im Amazonas usw.?
Alle Bereiche der Forschung und der friedlichen Nutzung.
Herr Staatssekretär, finden Sie -
Augenblick! - Ich will nur darauf hinweisen, damit Sie hier die Buchhaltung sehen: Jetzt kommt Ihre dritte Zusatzfrage.
Auch so; Sie haben gut aufgepaßt.
Sie haben vier Zusatzfragen.
Wenn Sie mir eine dritte zugestehen, dann will ich gleich fragen. - Daß ich
vier Zusatzfragen habe, wußte ich gar nicht. - Herr Staatssekretär, finden Sie nicht, daß in Brasilien, insbesondere in der Umgebung von Filialen bundesdeutscher Chemiefirmen, das bloße Auge reicht, um die Naturzerstörung sehen zu können, und dafür Raketen wirklich nicht benötigt werden?
Da ich Ihre politische Auffassung nicht vertreten kann, bin ich nicht Ihrer Meinung.
Letzte Zusatzfrage des Abgeordneten Schwenninger.
Herr Staatssekretär, kann die Bundesregierung ausschließen, daß die nichtstaatlichen Institutionen und Firmen mit Brasilien in militärischen Bereichen der Raketentechnologie kooperieren?
Wie soll die Bundesregierung ausschließen können, daß irgendwelche technischen Mittel, die von irgendwoher gekauft werden, auch im Bereiche der Wehrtechnik eingesetzt werden?
({0})
Zusatzfrage des Abgeordneten Klejdzinski.
Herr Staatssekretär, kann ich, nachdem Sie sagen, der Bundesregierung ist dies oder jenes nicht bekannt, zumindest davon ausgehen, daß Sie a) selbst lesen oder b) lesen lassen, was in den internationalen Veröffentlichungen, beispielsweise in der „Internationalen Wehrrevue" oder in „Aviation Week & Space Technology", über solche Zusammenarbeit zu lesen ist, und kann ich davon ausgehen, daß Sie im Rahmen Ihres Amtsauftrages verpflichtet sind, Verstößen, die sich durch solche Pressemitteilungen zumindest vermuten lassen, nachgehen?
Wenn Verstöße vorgekommen wären, dann wäre die Bundesregierung, in diesem Fall wohl der Bundesminister für Wirtschaft, selbstverständlich verpflichtet, dem nachzugehen und auch zu ahnden; denn im Zweifelsfall sind ja Exporte von Technologien, die für die Wehrtechnik gedacht sind, genehmigungsbedürftig.
Sie hätten noch eine zweite Zusatzfrage. Aber ich wäre dankbar, wenn sie ein bißchen kürzer gefaßt würde.
Herr Staatssekretär, dann frage ich Sie noch einmal, bezogen auf meine erste Frage, die Sie mir nicht beantwortet haben, ob Sie die Fachliteratur auf diesem Gebiet lesen lassen oder möglicherweise selber lesen.
Ja.
Parl. Staatssekretär: Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Duve.
Herr Staatssekretär, halten Sie es angesichts des auch militärischen Wettlaufs um den
Weltraum nicht für etwas leichtfertig, in dieser lokkeren Art den Begriff „friedlich" dem Hohen Hause immer undifferenziert zu präsentieren, wenn Abgeordnete sehr, sehr ernste und ernstgemeinte Fragen stellen?
Gehen Sie davon aus, daß die Bundesregierung diese Frage mindestens so ernst betrachtet, wie auch Sie das tun.
({0})
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Weisskirchen.
Herr Staatssekretär, nachdem Sie eben bestätigt haben, daß zumindest eine - lassen Sie es mich einmal so bezeichnen - wehrtechnische Ausbeutung dieser Technologie denkbar ist, frage ich: Würden Sie die Auffassung teilen, daß sich Höhenforschungsraketen schon wegen ihrer kurzen Einsatzzeit zur Erlangung neuer Erkenntnisse auf den Gebieten der Telekommunikation und über weitere friedliche Einsatzmöglichkeiten sehr viel eher eignen, und würden Sie, wenn das so ist, alles daransetzen und politisch dafür sorgen, daß den Bedenken, die Sie selber formuliert haben, daß also wehrtechnische Ausbeutung möglich sein könnte, von Ihnen auf jeden Fall und in jeder Weise durch einen Stopp Rechnung getragen wird?
Ja.
Damit sind wir am Ende des Geschäftsbereichs des Bundesministers für Forschung und Technologie. Ich danke dem Parlamentarischen Staatssekretär Dr. Probst für die Beantwortung der Fragen.
Wir kommen zu dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft. Zur Beantwortung der Fragen steht uns der Parlamentarische Staatssekretär Pfeifer zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 11 des Abgeordneten Vogelsang auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung das sogenannte Kammermodell, durch das auch solche Betriebe an den Kosten der betrieblichen Berufsausbildung beteiligt werden sollen, die nicht ausbilden?
Herr Kollege Vogelsang, die Bundesregierung sieht sich durch die nochmalige Steigerung des Angebots an Ausbildungsplätzen und der Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverhältnisse in ihrer Auffassung bestätigt, daß die betriebliche Berufsausbildung ohne reglementierende Eingriffe einer Umlagefinanzierung in der Lage ist, flexibel und schnell die Veränderungen in der Nachfrage nach Ausbildungsplätzen zu bewältigen. Sie ist der Meinung, daß jede Form einer allgemeinen Berufsbildungsabgabe, wie sie auch im sogenannten Kammermodell vorgesehen werden müßte, die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe gefährden würde. Darüber hinaus würden
solche Abgaben- und Umlagesysteme den wirtschaftlichen Gesundungsprozeß stören und von daher weitere negative Einflüsse auf das Ausbildungsplatzangebot haben.
Bei allen Vorschlägen, die Ausbildungskosten umzuverteilen, wird nämlich übersehen, daß es die ausbildenden Betriebe selber wären, die den überwiegenden Teil der Abgabe zu zahlen hätten - denn etwa 80 % der Beschäftigten arbeiten in ausbildenden Betrieben, Praxen und Einrichtungen -, daß sich viele Betriebe durch die Zahlung der Abgabe von der Verantwortung für eine Ausbildung entbunden fühlen könnten, daß die Mittel weit überwiegend für Leistungen eingesetzt werden müßten, die auch ohne Umlage erbracht würden, und daß dies alles mit einem erheblichen zusätzlichen bürokratischen Aufwand verbunden wäre.
Um dies alles zu vermeiden, wird die Bundesregierung an der bewährten einzelbetrieblichen Finanzierung der beruflichen Bildung festhalten. Dem widerspricht es nicht, wenn einzelne Kammern Sonderumlagen zum Ausgleich der Kosten für die überbetriebliche Ausbildung zwischen ausbildenden und nichtausbildenden Unternehmen eines Kammerbezirks einführen. Diese Regelungen halten sich in den engen Grenzen der Finanzierung spezieller Belastungen durch überbetriebliche Ausbildung. Weitergehende Kammerumlagen müßten im übrigen auf Dauer zu kammerübergreifenden Finanzierungsfonds führen, weil sonst die unterschiedliche Leistungsfähigkeit der einzelnen Kammern, aber auch die unterschiedlichen regionalen und branchenmäßigen Zuständigkeiten zu völlig unausgeglichenen Entwicklungen führen müßten.
Diese Gründe sind bereits vielfach erörtert und von der vorherigen Bundesregierung in der Bundestagsdrucksache 9/1934 im August 1982 im einzelnen dargelegt worden.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Vogelsang.
Herr Staatssekretär, wenn Sie schon bei einem Mangel an Ausbildungsplätzen der Auffassung sind, daß durch Geld zusätzliche Ausbildungsplätze gegeben werden können, warum meinen Sie dann, daß das nur durch Steuergelder und nicht durch Umlagefinanzierungen geschehen kann?
Herr Kollege Vogelsang, wir haben keine betrieblichen Ausbildungsplätze aus Steuergeldern finanziert. Wie Sie wissen, wird aus dem Etat des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft lediglich das Programm zur Förderung der Berufsausbildung benachteiligter Jugendlicher finanziert.
({0})
Zusatzfrage des Abgeordneten Vogelsang.
Herr Staatssekretär, es führt doch kein Weg daran vorbei, daß auch diese Mittel letztlich als eine Subvention dieses dualen Systems betrachtet werden können.
Nein, Herr Kollege Vogelsang, dies ist keine Subventionierung betrieblicher Ausbildungsplätze, sondern dies ist ein Programm, das auf der einen Seite überbetriebliche Ausbildungsplätze bzw. außerbetriebliche Ausbildungsplätze finanziert und auf der anderen Seite Betrieben hilft, die Maßnahmen zugunsten von benachteiligten Jugendlichen durchzuführen, die notwendig sind, damit diese Jugendlichen überhaupt ausgebildet werden können. Es ist also eine Hilfe zugunsten benachteiligter Jugendlicher.
Zusatzfrage des Abgeordneten Kuhlwein.
Herr Staatssekretär, haben wir wenigstens in der einen Frage noch Konsens zwischen den Parteien dieses Hauses, nämlich der Frage, daß auch entsprechend dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Dezember 1980 die betriebliche Berufsausbildung - und damit auch ihre Finanzierung - für alle Jugendlichen, die einen Ausbildungsplatz suchen, Aufgabe der Arbeitgeber ist?
Herr Kollege Kuhlwein, die Bundesregierung hat sich im vergangenen Jahr und in diesem Jahr mit großem Nachdruck darum bemüht, daß von seiten des Handwerks, von seiten des Handels, von seiten der Industrie, von seiten der freien Berufe, von seiten der Landwirtschaft, also von seiten der Wirtschaft, zusätzliche Ausbildungsbereitschaft angeboten wird. Ich kann nur sagen, daß auch im Jahre 1984 diese Anstrengungen zu einem Ergebnis geführt haben, das sich sehen lassen kann. Ich kann deswegen nicht erkennen, in welchem Punkt hier zwischen uns Meinungsverschiedenheiten bestehen sollen.
({0})
Zusatzfrage des Abgeordneten Berger.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mit der Auffassung, daß außerbetriebliche oder auch betriebliche Sondermaßnahmen, wie sie beispielsweise durch verschiedene Bundesländer getroffen worden sind, auch in Zukunft diesen sehr schwierigen Markt entlasten helfen können?
Das ist in der Tat richtig.
Zusatzfrage des Abgeordneten Weisskirchen.
Herr Staatssekretär, Sie wissen doch genauso gut wie wir, daß es eine Reihe von Tarifverträgen gibt, die die Vollkosten im Rahmen der beiden Tarifparteien, d. h. also auch von den Arbeitgebern, übernehmen. Habe ich denn dann ihre Erklärung gegen Umlagen so verstanden, daß Sie alle Formen von Umlagen, die es
Weisskirchen ({0})
gibt, völlig ablehnen? Wenn das richtig ist, würden Sie denn dann Ihrem Herrn Kollegen Minister Dr. Blüm deutlich machen, daß das Schwerbehindertengesetz endlich zu Fall gebracht werden soll?
Herr Kollege Weisskirchen, hier ist konkret nach dem Kammermodell mit der Umlagefinanzierung gefragt worden, die das voraussetzen würde. Hierzu habe ich Position bezogen.
Zusatzfrage der Abgeordnete Frau Steinhauer.
Herr Staatssekretär, können Sie sich vorstellen, daß es bei der Frage des Kollegen Vogelsang lediglich um das von Ihnen ja auch erwähnte Kammermodell geht, um die Betriebe, die nicht ausbilden, an der Finanzierung der Berufsausbildung zu beteiligen?
Frau Kollegin, ich möchte zunächst noch einmal sagen, daß die Bemühungen, zusätzliche Betriebe für die Berufsausbildung zu gewinnen, von der Bundesregierung in diesem und im vergangenen Jahr mit teilweise gutem Erfolg unternommen worden sind und daß es uns in der Tat gelungen ist, zusätzliche Betriebe für die Ausbildung zu gewinnen. Das ist unser Ziel auch für die Zukunft. Aber ich bin eben nicht überzeugt, daß ein solches Umlagemodell, wie es mit dem Kammermodell vorgeschlagen würde, dafür ein Beitrag ist. Denn die vorgeschlagene Kammerumlage müßte an diese Bruttolohn- und Gehaltssumme anknüpfen. Das würde bedeuten, daß überwiegend die Betriebe zusätzlich belastet würden, die im Augenblick ohnehin Ausbildungslasten tragen.
({0})
Es würde zum zweiten bedeuten, daß sich die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe, die bisher nicht ausbilden, nicht erhöhen, sondern daß sie eher beeinträchtigt würde. Denn die bisher nicht ausbildenden Unternehmen würden es -, das zeigen vor allem auch die Erfahrungen im Ausland -, wahrscheinlich vorziehen, sich von der Ausbildung durch die Zahlung einer Umlage freizukaufen. Daran können wir ja kein Interesse haben.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Büchner ({0}).
Herr Staatssekretär, muß man aus Ihren bisherigen Antworten schließen, daß die Bundesregierung damit zufrieden ist, daß sich Betriebe, die überhaupt nicht oder wesentlich unter ihrem eigenen Bedarf ausbilden, auch zukünftig nicht an der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe der Ausbildungsfinanzierung beteiligen?
Pfeifer, Parl Staatssekretär: Nein, Herr Kollege Büchner, das können Sie daraus nicht schließen. Die Bundesregierung hat mehrfach betont - auch ich habe das hier in der Fragestunde mehrfach getan -, daß Betriebe, die nicht ausbilden, obwohl sie ausbilden könnten, sich unsolidarisch verhalten, und zwar sowohl unsolidarisch gegenüber ausbildenden Betrieben als auch unsolidarisch gegenüber der jungen Generation. Aber ich bin nicht davon überzeugt, daß das Kammermodell ein geeignetes Instrument ist, um zusätzliche Ausbildungsbereitschaft bei den Betrieben zu entwickeln. Das ist die Aussage, um die es mir geht.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Schmitt ({0}).
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß auch aus der Wirtschaft solche Vorschläge gemacht werden, die darauf abzielen, daß die Betriebe, die keine entsprechenden Ausbildungskapazitäten schaffen, zugunsten derer belastet werden, die weit über ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit hinaus Ausbildungsplätze geschaffen haben, und sind Sie nicht der Meinung, daß auf Grund der Ausbildungsplatznot auch besondere Entscheidungen getroffen und neue Wege gegangen werden müssen, um den noch wartenden Auszubildenden einen Ausbildungsplatz zu sichern?
Ich teile Ihre Auffassung, daß alles unternommen werden muß, um ein ausreichendes Ausbildungsplatzangebot zu sichern. Ich bin aber eben nicht davon überzeugt - ich wiederhole das -, daß das hier zur Diskussion stehende Kammermodell ein geeignetes Instrument dafür ist. Ich habe eben begründet, warum ich der Meinung bin, daß es eher negative Auswirkungen hätte.
Daß diese Vorschläge auch in der Wirtschaft immer wieder diskutiert worden sind und diskutiert werden, ist in der Tat richtig. Ich darf Sie aber nochmals daran erinnern, daß hierzu auch schon die vorherige Bundesregierung im August 1982 eine Stellungnahme abgegeben hat. Auf diese Stellungnahme möchte ich Sie nochmals hinweisen.
Wir kommen zur Frage 12 des Abgeordneten Weisskirchen ({0}):
Wie hoch sind nach Erkenntnissen der Bundesregierung die durchschnittlichen Kosten der Ausbildung im dualen System für die Ausbildungsbetriebe?
Herr Kollege Weisskirchen, nach einer Erhebung des Bundesinstituts für Berufsbildung betrugen die Bruttokosten der Ausbildung über alle Berufe im Jahre 1980 17 043 DM pro Auszubildenden und Jahr. Dem standen von den Auszubildenden erwirtschaftete Erträge in Höhe von 6 754 DM gegenüber. Zieht man diese ab, so ergeben sich für die Ausbildungsbetriebe im Durchschnitt Nettokosten in Höhe von 10 289 DM pro Auszubildenden und Jahr. Für die Betriebe der Industrie und des Handels sind durchschnittliche Nettokosten von 12 447 DM pro Auszubildenden und Jahr errechnet worden. Der Vergleichswert für Betriebe des Handwerks liegt bei 7 949 DM.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Weisskirchen.
Herr Staatssekretär, wir erleben ja gegenwärtig, daß in bestimmten Handwerkerberufen ein relativ starker Ausbildungsboom stattfindet, beispielsweise bei Metzgern, bei Bäckern, bei Friseuren usw. Wären Sie bereit, einmal darzulegen, welche gesellschaftlichen Kosten dadurch entstehen, daß solche jungen Menschen, die diese Berufe erlernt haben, nicht in den Arbeitsmarkt kommen, und welche zusätzlichen Umschulungskosten nach Ihrer Auffassung dadurch entstehen, daß an dieser Stelle fehlausgebildet worden ist?
Herr Kollege Weisskirchen, ich habe hier durchschnittliche Werte, die das Bundesinstitut für Berufsbildung ermittelt hat, genannt. Ich bin nicht in der Lage, dies jetzt auf einzelne Berufe aufzuschlüsseln. Wahr ist aber, daß dadurch ganz erhebliche Kosten entstehen. Auf der anderen Seite möchte ich aber darauf hinweisen, daß bisher Konsens darüber bestanden hat, daß wir darauf drängen müssen, daß den Jugendlichen auch über den Bedarf des einzelnen Betriebes oder über den Bedarf der Wirtschaft hinaus Ausbildungsplätze angeboten werden, weil ausgebildete Jugendliche eben eher eine Berufschance haben als Jugendliche, die über keine abgeschlossene Ausbildung verfügen. Außerdem darf ich Sie darauf hinweisen, daß beispielsweise auch im universitären Bereich - übrigens trotz vielfacher Warnungen, die es hier schon in den 70er Jahren gegeben hat - in vielen Bereichen weit über den Bedarf der Berufswelt hinaus ausgebildet worden ist und wir dennoch an der Politik festhalten, die Hochschulen offenzuhalten, weil wir den Jugendlichen eben eine Ausbildungschance eröffnen müssen und weil alle Bildungsinstitutionen ihren Beitrag dazu leisten müssen.
Zusatzfrage des Abgeordneten Weisskirchen.
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, nachdem Sie schon über die betriebswirtschaftlichen Nettokosten der Ausbildung gesprochen haben, einmal die betriebswirtschaftliche Differenz zwischen den Ausbildungskosten und den Kosten, die ein Facharbeiter verursacht, zu erläutern, und ziehen Sie daraus Konsequenzen für die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe?
Ich bin gern bereit, auch dieses Thema beispielsweise im Bundestagsausschuß für Bildung und Wissenschaft im einzelnen zu erläutern. Ich bin allerdings nicht der Meinung, daß diese Kosten etwas an der Grundaussage der Bundesregierung ändern können, daß wir ein Kammermodell ablehnen.
Zusatzfrage des Abgeordneten Kuhlwein.
Herr Staatssekretär, können Sie dem Hohen Hause erklären, was Sie einem Handwerksbetrieb sagen, dem Sie nahelegen, über den eigenen Bedarf hinaus für den Markt auszubilden - was nach Ihren eigenen statistischen Angaben 8 000 DM netto im Jahr kostet -, warum er das tun soll, wenn sein Nachbar oder Konkurrent dies nicht tut und sich damit finanziell einen Wettbewerbsvorteil verschafft, der sehr schnell enorme Größenordnungen annehmen kann?
({0})
Ich habe große Zweifel, ob sich ein Betrieb, der den eigenen Nachwuchs nicht ausbildet, dadurch wirklich einen Wettbewerbsvorteil verschafft.
({0})
Denn man muß doch einmal in aller Deutlichkeit sagen, daß Betriebe, die ausbilden - wenn sie über den eigenen Bedarf hinaus ausbilden, gilt das genauso -, letztlich damit etwas zur Sicherung der Nachwuchssituation generell und zur Stärkung des eigenen Betriebs tun. Das kann man nicht alles in Mark und Pfennig ausrechnen und dann zueinander in Bezug setzen.
Zusatzfrage des Abgeordneten Berger.
Herr Staatssekretär, würden Sie mir darin zustimmen, daß eigentlich niemand in der Lage sein kann, den Bedarf für die Zukunft exakt vorauszuberechnen, und würden Sie mir folgen, wenn ich sage, daß die Bundesregierung deshalb daran interessiert sein müßte, daß auch weiterhin Bäcker und Metzger Lehrlinge ausbilden, weil diese, wenn sie tüchtige Handwerker werden, auf jeden Fall eine gute Lebenschance haben?
Es ist in der Tat richtig, daß jede Bedarfsprognose, wenn man sie über einen mittelfristigen Zeitraum vollzieht, ihre Problematik hat und daß deswegen sehr genau überlegt werden muß, ob man auf Bedarfsprognosen allein bildungspolitische Entscheidungen ausrichtet.
Hinzu kommt ein Zweites: Im Augenblick haben wir eine große Zahl von Jugendlichen, die Ausbildungsplätze nachsuchen. In wenigen Jahren werden wir eine andere Situation haben. Wenn die geburtenschwächeren Jahrgänge auf den Ausbildungsmarkt kommen, werden wesentlich weniger Jugendliche Ausbildungsplätze nachsuchen. Dann wird das, was der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks die Ausbildung auf Vorrat genannt hat, seine Wirkung zeigen. Auch aus diesem Grunde ist es richtig, daß im Augenblick mehr Jugendliche ausgebildet werden, als der Betrieb am Ende der Ausbildung einstellen kann. Denn dies liegt letztlich auch im Interesse der mittelfristigen Bedarfssicherung.
Zusatzfrage des Abgeordneten Reimann.
Herr Staatssekretär, es ist einleuchtend und richtig, daß Betriebe über den betrieblichen Bedarf hinaus ausbilden. Das wird von allen Parteien in diesem Hause begrüßt. Aber Sie sagen auch, daß es sinnvoll ist, über den gesellschaftlichen Bedarf hinaus auszubilden. Können
Sie mir Auskunft geben, worin der Sinn liegt, über den gesellschaftlichen Bedarf hinaus auszubilden, und was mit den Kosten wird, die die Gesellschaft dafür zu zahlen hat?
Den Begriff „gesellschaftlicher Bedarf" habe ich nicht benutzt. Aber ich möchte an meine Antwort auf eine Zusatzfrage erinnern, in der ich zum Ausdruck gebracht habe, daß es immer noch richtiger ist, Jugendliche auszubilden, selbst wenn sie nach der Ausbildung nicht sofort im erwählten Beruf oder auch gar nicht im erwählten Beruf übernommen werden können, als diese Jugendlichen überhaupt nicht auszubilden. Denn ohne Ausbildung haben sie mit Sicherheit keine gute Berufschance;
({0})
mit einer Ausbildung haben sie eine Berufschance, selbst wenn es nicht der erwählte Beruf ist.
Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Klejdzinski.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß die öffentliche Hand und damit auch die Bundesregierung und von ihr abhängige Unternehmen Aufträge in erster Linie an solche Firmen geben sollten, die gleichzeitig bereit sind, Ausbildungsplätze bereitzustellen und junge Menschen auszubilden?
Herr Abgeordneter Klejdzinski, der Zusammenhang mit dieser Frage eines hier oft behandelten Bereichs ist nicht erkennbar. Ich muß also zu dem nächsten Frager kommen. So interessant Ihre Frage ist: Sie hängt nicht mit der zusammen, zu der wir gerade Zusatzfragen stellen.
Die Abgeordnete Frau Steinhauer ist zu einer Zusatzfrage dran.
Herr Staatssekretär, wenn Sie soeben gesagt haben, daß der Handwerksmeister, der über seinen Bedarf hinaus ausbildet, also zusätzliche Kosten übernimmt, keine Wettbewerbsnachteile in Kauf nimmt, wollen Sie damit zum Ausdruck bringen, daß der Handwerksmeister nicht rechnen kann?
Ich habe meine Position hier begründet und habe ausdrücklich gesagt, daß eben nicht immer alles in Mark und Pfennig zum Ausdruck kommen kann.
Zusatzfrage des Abgeordneten Carstensen.
Herr Staatssekretär, halten Sie es genauso wie ich für problematisch, daß man überhaupt die Kosten der Ausbildung in Mark und Pfennig und die Problematik der Wettbewerbsverzerrung hier in den Raum stellt, und sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß die Ausbildung an sich auch schon etwas wert ist?
({0})
Herr Kollege, ich habe in der Antwort auf eine Zusatzfrage ausdrücklich auf diesen Aspekt hingewiesen. Auf der anderen Seite habe ich diese Zahlen hier im einzelnen dargestellt, weil dies auf Grund der gestellten Frage eben notwendig gewesen ist.
Wir kommen zur Frage 13 der Abgeordneten Frau Odendahl:
Ist der Bundesregierung bekannt, wieviel Prozent der Betriebe im Industrie- und Handelskammer- und Handwerkskammerbereich sich in den Jahren 1982 bis 1984 an der Ausbildung im dualen System beteiligt haben, und wie hoch ist nach Ansicht der Bundesregierung die Ausbildungsreserve?
Frau Kollegin Odendahl, durch eine Gegenüberstellung des prozentualen Anteils der ausbildenden Betriebe und des Anteils der nichtausbildenden Betriebe entsteht kein zutreffendes Bild über die tatsächlichen Ausbildungsleistungen von Handwerk, Handel und Industrie. Viel aussagekräftiger ist die Feststellung, daß die Betriebe, in denen insgesamt ca. 80 % der Berufstätigen beschäftigt sind, zugleich Ausbildungsbetriebe sind und daß die nicht ausbildenden Betriebe nur 20 % der Berufstätigen beschäftigen.
Dies vorausgeschickt habend, antworte ich auf Ihre Frage:
Nach Auskunft des Deutschen Industrie- und Handelstages betrug die Zahl der Ausbildungsbetriebe 1983 im Bereich von Industrie und Handel 152 302. Zu diesem Zeitpunkt betrug die Zahl der ins Handelsregister eingetragenen Firmen insgesamt 595 800. 1983 haben also im Bereich von Industrie und Handel 25,6 % aller Handelsregisterfirmen ausgebildet, 1982 waren es 25,2 %. Für das Jahr 1984 liegen noch keine Zahlen vor. Ich halte es allerdings für unmöglich, aus diesen Zahlen irgendwelche konkreten Schlußfolgerungen über die Ausbildungsreserven abzuleiten, denn viele der nichtausbildenden Betriebe kommen beispielsweise auf Grund ihrer besonderen Situation für die Ausbildung nicht in Frage.
Die Zahl der Ausbildungsbetriebe im Handwerkskammerbereich betrug 1983 nach Mitteilung des Deutschen Handwerkskammertages 243 483. Dies bedeutet, daß sich 49,5 % der 492 100 vollhandwerklichen Betriebe an der Ausbildung im dualen System beteiligt haben; 1982 waren es 48,7 %. Auch im Handwerksbereich liegen für das Jahr 1984 noch keine Zahlen vor.
Die Bemühungen, bisher nicht ausbildende Betriebe für die Ausbildung zu gewinnen, müssen sich auf die kleineren und mittleren Betriebe konzentrieren. Großbetriebe, die überhaupt nicht ausbilden, gibt es praktisch nicht. So hat eine vom Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung im Frühjahr 1983 durchgeführte Repräsentativbefragung u. a. ergeben, daß in der Industrie 100% der Betriebe mit mehr als 1 000 Beschäftigten ausbilden. Wie sich auch 1984 gezeigt hat, bestehen immer noch Möglichkeiten, zusätzliche Betriebe für die Ausbildung zu motivieren. Eine Quantifizierung der noch vorhandenen Reserven ist allerdings nicht möglich.
Die verfügbaren Daten über die Beteiligung der Betriebe an der Ausbildung kennzeichnen das hohe Engagement des Beschäftigungssystems für die betriebliche Berufsausbildung; denn mit annähernd 500 000 ausbildenden Betrieben, Praxen und Einrichtungen beteiligt sich bereits der weit überwiegende Teil der für die Ausbildung geeigneten Arbeitsstätten.
Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Odendahl.
Herr Staatssekretär, durch welche konkreten Maßnahmen will die Bundesregierung die zweifellos nach den jetzt vorliegenden Zahlen noch vorhandenen Ausbildungsreserven aktivieren?
Frau Kollegin Odendahl, Sie wissen, daß wir beispielsweise im Jahre 1984 damit begonnen haben, gerade im Handwerksbereich eine Aktion des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks zu unterstützen, die darauf abgezielt hat, daß ältere Handwerksmeister, die nicht mehr im Beruf tätig sind, die Betriebe aufgesucht haben, um zusätzliche Ausbildungsbereitschaft zu wecken, und daß diese Aktion in einigen Regionen einen ganz guten Erfolg gehabt hat.
Zusatzfrage des Abgeordneten Weisskirchen.
Herr Staatssekretär, nachdem Sie die Zahlen schon dargelegt haben, werden Sie doch auch bestätigen können, daß es innerhalb der verschiedenen Bereiche eine äußerst unterschiedliche Entwicklung gibt - ich nenne einmal zwei Beispiele -, daß innerhalb des Handwerksbereiches - ({0})
Herr Kollege Weisskirchen, ich muß Sie unterbrechen. Es geht um kurze Fragen.
Pardon.
Ich frage Sie, ob Sie mir bestätigen können, daß es erhebliche Unterschiede innerhalb der verschiedenen Bereiche gibt, beispielsweise zwischen den Bäckern auf der einen und anderen Handwerksberufen auf der anderen Seite oder sogar innerhalb der Automobilindustrie zwischen vergleichbaren Betrieben. Wie wollen Sie zu einer Lösung kommen, die diese Unterschiede gerecht ausgleicht?
({0})
Ich möchte zunächst einmal sagen: Wir sind an einer Lösung interessiert. Ich glaube, es gibt keine Meinungsverschiedenheiten, daß wir uns darauf konzentrieren sollten, zusätzliche Ausbildungsplätze zu gewinnen. Ich trete für jede Maßnahme ein, die ein brauchbares Instrument ist, um zusätzliche Ausbildungsbereitschaft zu gewinnen.
Ich habe in der Fragestunde, vor allem auf die erste der mir gestellten Fragen, im einzelnen dargelegt, warum ich meine, daß der von Ihnen jetzt favorisierte Weg nicht dazu führen wird, daß wir zusätzliche Ausbildungsplätze gewinnen, sondern eher dazu, daß vorhandene Ausbildungsbereitschaft negativ beeinflußt wird.
Herr Präsident, wenn ich dies zu den Anteilen derjenigen, die ausbilden, und derjenigen, die nicht ausbilden, noch sagen darf: Man kann nicht übersehen, daß es eine ganze Reihe von Betrieben gibt, die nicht für die Ausbildung in Betracht kommen, z. B. weil die Größe des Geschäftsbetriebs, die Einseitigkeit des Warensortiments, die Spezialisierung der Produktion, die Art der Produkte, die personelle Besetzung den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprechen. Wir können doch jetzt nicht anfangen, Betriebe, die nicht ausbilden können, noch zusätzlich zu belasten. Ich würde das in der gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation auch für falsch halten.
Zusatzfrage des Abgeordneten Kuhlwein.
Herr Staatsekretär, würden Sie bestätigen, daß die von Ihnen wegen ihrer Ausbildungsbereitschaft und Beteiligung an der Ausbildung gelobten Großbetriebe eine sehr viel niedrigere Ausbildungsquote als der Durchschnitt haben und daß deswegen dort eine Aufstockung der Ausbildung auf eine Quote in der Größenordnung von 7 bis 8 % durchaus erforderlich wäre? Das gilt z. B. auch für einige große und bekannte Unternehmen der Automobilindustrie.
Ich möchte mich hier erstens nicht auf eine Diskussion über die Quote einlassen. Ich möchte zum zweiten darauf hinweisen, daß auch hier das Bild sehr viel differenzierter ist, als es in Ihrer Frage zum Ausdruck gekommen ist. Richtig ist, daß wir uns darum bemühen und bemüht haben, daß auch in den großen Betrieben zusätzliche Ausbildungsplätze bereitgestellt werden. Wir haben gerade im Jahre 1984 eine Reihe von, wie ich meine, doch eindrucksvollen Beispielen dafür, daß hier nochmals zusätzliche Ausbildungsplätze angeboten worden sind.
Zusatzfrage des Abgeordneten Berger.
Herr Staatssekretär, kann ich Ihrer Antwort entnehmen, daß 1983/84 - und damit also auch heute - nicht nur insgesamt wesentlich mehr Ausbildungsplätze als in den Jahren zuvor bereitgestellt worden sind, sondern daß sich auch insgesamt mehr Betriebe an dieser gesellschaftlich so wichtigen Aufgabe beteiligen?
Für das Jahr 1984 ist festzuhalten, daß die Zahl der angebotenen Ausbildungsplätze eine absolute Rekordzahl darstellt. Es sind über 720 000 Ausbildungsplätze angeboten worden. Für das Jahr 1984 ist weiter festzuhalten, daß
eine große Zahl von Betrieben zusätzlich, neu für die Ausbildung gewonnen werden konnte.
({0})
- Ich habe soeben in der Antwort auf die Frage der Frau Kollegin Odendahl gesagt, daß genaue Zahlen nicht vorliegen, aber unbestritten ist, daß zusätzliche Betriebe gewonnen worden sind. Das Jahr 1984 ist das Ausbildungsjahr mit dem absoluten Ausbildungsrekord.
Zusatzfrage des Abgeordneten Stahl ({0}).
Herr Staatssekretär, wie beurteilt die Bundesregierung die Maßnahme einzelner Kommunen, ab Mitte September Unternehmen, die einen zusätzlichen Ausbildungsplatz schaffen, monatlich etwa 250 bis 300 DM zur Verfügung zu stellen, unter dem Gesichtspunkt der Schaffung von Ausbildungsplätzen im nächsten Jahr?
Herr Kollege, dazu möchte ich sagen, daß wir bisher in keinem Fall Stellung genommen haben zu Entscheidungen, die in den Ländern oder in den Gemeinden getroffen worden sind, um aus der regionalen Situation heraus zusätzliche Ausbildungsplätze zu schaffen. Wir haben diese Aktionen in keinem Fall mit irgendeinem negativen Kommentar versehen. Jede Anstrengung vor Ort, um zusätzliche Ausbildungsplätze zu ermöglichen - und daran haben sich auch die Kommunen beteiligt -, wird von uns ausdrücklich unterstützt und begrüßt.
Zusatzfrage des Abgeordneten Kastning.
Herr Staatssekretär, da Sie festgestellt haben, daß im Handwerk zu 50 % ausgebildet wird - damit also zu 50 % nicht ausgebildet wird -, zugleich aber auf mögliche mangelnde Produktionsbreite bei Betrieben hinweisen: trifft Ihre Aussage auch für das Handwerk zu, oder wollen Sie sie für die Handwerksbetriebe, die automatisch die Ausbildungsberechtigung haben, in Frage stellen?
Nein, ich wollte das ausdrücklich auf den Bereich von Handel und Industrie bezogen wissen.
Zusatzfrage des Abgeordneten Büchner.
Herr Staatssekretär, betrachten Sie es denn in der Tat als den Gipfel regierungspolitischer Weisheit, daß Sie Ihre Aktionen, mehr Ausbildungsplätze bereitzustellen, schwerpunktmäßig auf das Handwerk ausrichten, das ohnehin schon relativ hohe Ausbildungsplatzzahlen hat, während Sie weiterhin hilflos vor den erheblichen Ausbildungsdefiziten in den anderen Bereichen stehen?
Also, Herr Kollege Büchner, wir haben das in den Jahren 1983 und 1984 auf alle Bereiche ausgedehnt. Ich bin auch nicht der Meinung, daß das Ausdruck von Hilflosigkeit oder Ausdruck nicht ausreichend erfolgreichen Handelns ist. Ich möchte nochmals daran erinnern, daß im Jahre 1984 70 000 Ausbildungsplätze mehr angeboten werden als im September 1982. und zwar betriebliche Ausbildungsplätze. Ich finde, wenn sich in einem Zeitraum von zwei Jahren das Angebot an betrieblichen Ausbildungsplätzen um 70 000 erhöht, dann ist das doch nicht Ausdruck von Hilflosigkeit, sondern Ausdruck einer ausgesprochen erfolgreichen Politik in diesem Bereich.
({0})
Zusatzfrage des Abgeordneten Klejdzinski.
Herr Staatssekretär, habe ich Sie richtig verstanden, daß Sie vorhin begrüßt haben, daß einzelne Kommunen bereit sind, Gelder bereitzustellen, wenn einzelne Unternehmen Lehrstellen einrichten, und darf ich Sie fragen, wie Sie dann die Auffassung der Handwerkskammern verstehen, die sagen, daß dieses genau das Gegenteil bewirke, insbesondere bezogen auf das nächste Jahr, da dann möglicherweise alle warten, bis Gelder gezahlt werden?
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Herr Kollege, ich habe bewußt nicht zu konkreten Einzelfällen Stellung genommen. Ich kenne sie ja nicht. Ich habe vielmehr zum Ausdruck gebracht, daß dort, wo im kommunalen Bereich vor Ort Anstrengungen unternommen werden, um zusätzliche Ausbildungsplätze zu gewinnen, dies von uns positiv bewertet wird. Wenn es so sein sollte, daß vor Ort zusätzliche Maßnahmen im kommunalen Bereich ergriffen worden sind, die dann zum Ergebnis hätten, daß im betrieblichen Bereich Ausbildungsplätze, die hätten entstehen können, nicht entstehen oder Ausbildungsbereitschaft negativ beeinflußt worden wäre, würde das natürlich der Politik, die wir verfolgen, nicht entsprechen.
Wir kommen zur Frage 14 des Abgeordneten Kuhlwein:
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, eine gerechtere Verteilung der Kosten zwischen Ausbildungsbetrieben und solchen, die nicht ausbilden, zu erreichen?
Herr Kollege Kuhlwein, die Bundesregierung wird an der bewährten einzelbetrieblichen Finanzierung der Berufsausbildung festhalten. Der überwiegende Teil der geeigneten Betriebe, Praxen und sonstigen Einrichtungen des Beschäftigungssystems beteiligt sich bereits an der Ausbildung und trägt damit die auf die jeweilige Ausbildungsleistung entfallenden Kosten. Die Steigerung der Ausbildungsangebote auf über 720 000 in 1984, zu der die subsidiären Maßnahmen des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Bundesanstalt für Arbeit beigetragen haben, wäre nach meiner Überzeugung bei einer Änderung des Finanzierungssystems nicht erreicht worden. Im
übrigen verweise ich auf meine bisherigen Antworten in dieser Fragestunde.
Zusatzfrage des Abgeordneten Kuhlwein.
Herr Staatssekretär, ich darf Sie also so verstehen, daß Sie in dem bestehenden System, wo viele Betriebe mit hohen Kosten gut oder weniger gut ausbilden und andere diese Kosten der Berufsausbildung nicht tragen, aber hinterher die Arbeitskräfte beschäftigen oder auch nicht beschäftigen, keine Ungerechtigkeiten sehen?
Herr Kollege Kuhlwein, ich habe doch eben auf mehrere Zusatzfragen hin zum Ausdruck gebracht, daß ich der Meinung bin, daß sich Betriebe, die nicht ausbilden, obwohl sie ausbilden könnten, unsolidarisch verhalten.
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Nur, ich bin nicht der Meinung, daß das von Ihnen angestrebte Instrument ein geeignetes Instrument ist, um zusätzliche Betriebe für die Ausbildung zu gewinnen.
Zusatzfrage des Abgeordneten Kuhlwein.
Herr Staatssekretär, welchen erfolgversprechenden Weg kann uns denn dann die Bundesregierung weisen, die bisher nicht ausbildenden Betriebe, die aber zur Ausbildung fähig wären, auch wirklich zur Ausbildung heranzuziehen?
Dazu möchte ich sagen, daß ich auf die Frage der Frau Kollegin Odendahl Zahlen bekanntgegeben habe, die deutlich machen, daß sowohl in Handel und Industrie als auch im Bereich des Handwerks der Anteil der ausbildenden Betriebe 1984 höher ist als 1983. Zum zweiten möchte ich noch einmal darauf hinweisen, daß im Herbst 1984 70 000 betriebliche Ausbildungsplätze mehr angeboten worden sind als im Herbst 1982. Das macht doch deutlich, daß es auf dem Weg, den wir beschritten haben, also ohne das Instrument einer Ausbildungsabgabe und einer anschließenden Umlage einzusetzen, möglich ist, zusätzliche Ausbildungsplätze und zusätzliche Ausbildungsbereitschaft zu gewinnen.
Meine Damen und Herren, ich lasse noch zwei Zusatzfragen zu. Das Thema ist wirklich ausgereizt. Andere Kollegen warten darauf, mit ihren Bereichen dranzukommen.
Der Abgeordnete Stahl hat noch eine Zusatzfrage, dann der Abgeordnete Berger.
Herr Staatssekretär, nun sagen viele Betriebe aus der Wirtschaft und auch Betriebe aus dem Handwerk, daß sie es in dieser Situation als ungerecht empfinden, daß keine Umlagefinanzierung vorhanden sei, weil dies die Betriebe, die sehr stark ausbilden, wettbewerbsmäßig benachteilige. Wie wollen Sie dieses Problem lösen?
Ich habe hier, was die Frage des solidarischen Verhaltens angeht, die Position der Bundesregierung soeben noch einmal deutlich gemacht. Ich denke, daß wir doch in dem Ziel einig sind, daß wir alle Maßnahmen, die wir ergreifen, so anlegen müssen, daß zusätzliche betriebliche Ausbildungsplätze entstehen. Sie können doch nicht erwarten, daß die Bundesregierung hier Maßnahmen ergreift, die nach unserer Überzeugung nicht zusätzliche Ausbildungsbereitschaft und mehr Ausbildungsplätze, sondern eher das Gegenteil zum Ergebnis hätten. Das ist doch die Frage, die hier im Vordergrund steht.
Zusatzfrage des Abgeordneten Berger.
Herr Staatssekretär, läßt sich die Bundesregierung etwa auch von den Erfahrungen leiten, die wir mit dem Berufsbildungsgesetz der 70er Jahre gemacht haben, in dem eine solche Umlagefinanzierung vorgesehen war, die die damalige Bundesregierung aber nie in Anspruch genommen hat, obwohl die Voraussetzungen dafür nach dem Gesetz gegeben waren? Letztendlich mußte dieses Gesetz als verfassungswidrig verworfen werden.
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Herr Kollege Berger, das Bundesverfassungsgericht hat dieses Gesetz aus Gründen aufgehoben, die wohl im Gesetzgebungsverfahren liegen.
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Aber die CDU/CSU-Bundestagsfraktion bzw. die Union hat auch damals mit Entschiedenheit den Standpunkt vertreten, den ich heute hier für die Bundesregierung wiederhole, nämlich daß die Anwendung dieser Umlage eher negative Folgen für das Ausbildungsplatzangebot hätte. Es ist zutreffend, daß die damalige Bundesregierung diese Umlage-Regelung nicht in Kraft gesetzt hat, obwohl die Möglichkeit dazu nach der damals vorhandenen gesetzlichen Situation, so wie die damalige Bundesregierung das gesehen hat, bestanden hätte.
Ich möchte darüber hinaus noch einmal sagen: Wie problematisch eine solche Umlagefinanzierung wäre - ich finde, das sollte doch auch den Kolleginnen und Kollegen der SPD-Bundestagsfraktion zu denken geben -, ergibt sich doch aus dem Bericht, den die Bundesregierung, Herr Kollege Kuhlwein, dem Parlament hierzu im August 1982 vorgelegt hat. In diesem Bericht ist doch auch sichtbar geworden, daß die damalige Bundesregierung - ich drücke mich jetzt vorsichtig aus - einem solchen Unternehmen mit größter Skepsis gegenübergestanden hat. Insofern hat sich in meinen Augen bei Ihnen in der Zeit von August 1982 bis jetzt offensichtlich ein Meinungswandel vollzogen, den wir allerdings nicht mitmachen werden.
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Meine Damen und Herren, dies war jetzt ein bißchen schwierig; wir haben diese Debatte sehr ausführlich geführt.
Mir ist es jetzt sehr unangenehm, noch einen neuen Geschäftsbereich aufzurufen und da nur noch eine Frage zulassen zu können. Dies macht uns allen deutlich, daß wir mit der Zeit zukünftig ein bißchen mehr haushalten müssen. Denn auch die anderen Kollegen haben ein Fragerecht und möchten dies gerne ausüben.
Ich rufe nunmehr den Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern auf. Zur Beantwortung der Fragen steht uns freundlicherweise Herr Parlamentarischer Staatssekretär Spranger zur Verfügung.
Aufgerufen ist zunächst die Frage 21 des Abgeordneten Schmitt ({0}):
Ist die Bundesregierung bereit, die Richtlinien für den Sonderurlaub für Beamte und Richter ({1}), die auch für Zivildienstleistende angewandt werden, so zu verändern, daß die Teilnahme an Seminaren wie „Aus der Geschichte lernen", das die Bundeszentrale für politische Bildung als förderungswürdig anerkannt hat, künftig möglich wird?
Herr Kollege Schmitt, nach § 7 Satz 1 Nr. 3 der Verordnung über Sonderurlaub für Bundesbeamte und Richter im Bundesdienst in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1980 kann für die Teilnahme an förderungswürdigen, staatspolitischen Bildungsveranstaltungen Urlaub unter Fortzahlung der Besoldung gewährt werden, wenn dienstliche Gründe nicht entgegenstehen. Wird die Veranstaltung nicht von einer staatlichen Stelle durchgeführt, muß die Förderungswürdigkeit von der zuständigen obersten Bundesbehörde anerkannt worden sein. Nach den hierzu ergangenen Durchführungsrichtlinien vom 20. Oktober 1965 entscheidet in der Regel die Bundeszentrale für politische Bildung im Auftrag des Bundesministers des Innern über die Förderungswürdigkeit.
Die Gewährung von Sonderurlaub für Veranstaltungen wie das in Ihrer Frage erwähnte Seminar, die von der Bundeszentrale für politische Bildung als förderungswürdig anerkannt worden sind, ist also bereits nach geltendem Recht möglich. Einer Änderung der Sonderurlaubsverordnung bedarf es nicht.
Zusatzfrage des Abgeordneten Schmitt.
Herr Staatssekretär, würden Sie dann das Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit dahingehend informieren, da nämlich das Bundesamt für Zivildienst den Urlaubsantrag eines Zivildienstleistenden unter Bezugnahme auch auf diese Bestimmungen abgelehnt hat, und zwar mit der Begründung:
Aus dem Wortlaut ergibt sich, daß hier das politische und soziologische Umfeld des Zivildienstleistenden gemeint ist, und zwar seine Gesellschaftsordnung. Es muß sich um eine Veranstaltung handeln, die der Erfahrung und
Bewußtseinsbildung des Zivildienstleistenden förderlich ist für eine Umgebung, in der er seine sozialen Wurzeln hat. Andere Veranstaltungen, insbesondere in Ländern mit anderer Gesellschaftsordnung, dürfen nicht berücksichtigt werden.
Muß der betroffene Zivildienstleistende diese Entscheidung des Bundesamtes für Zivildienst nicht als eine Brüskierung ansehen, wenn ein Seminar wie „Aus der Geschichte lernen" - Auschwitz und die Bewältigung dieser schlimmsten deutschen Vergangenheit - nicht zu einem Sonderurlaub führen kann?
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Ich bin gerne bereit, diese Informationen weiterzuleiten. Aber ich kenne den Einzelfall jetzt nicht. Möglicherweise ist der entsprechende Antrag, der erforderlich ist, nicht rechtzeitig gestellt worden, so daß die Verbescheidung auch nicht rechtzeitig erfolgen konnte.
Weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Schmitt.
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, sich mit Ihren zuständigen Ministerkollegen in Verbindung zu setzen, und räumen Sie ein, daß eine solche Entscheidungspraxis bei der jungen Generation, die sich um die Aufarbeitung der deutschen Vergangenheit persönlich ernsthaft bemüht, und darüber hinaus bei unseren jüdischen Mitbürgern und im Ausland kein Verständnis finden kann?
Ich sagte schon, ich kenne den Einzelfall nicht. Ich würde auch auf Grund der Schilderungen jetzt nicht zu einer Verurteilung eines Sachverhalts kommen können, der mir nicht bekannt ist. Aber ich bin gerne bereit, den Sachverhalt überprüfen zu lassen.
Ich rufe Frage 22 des Abgeordneten Dr. Enders auf. - Der Abgeordnete ist nicht im Raum. Diese Frage und die Frage 23 des Abgeordneten Dr. Enders werden nach der Geschäftsordnung behandelt.
Ich rufe die Fragen 24 und 25 auf. Der Fragesteller, der Abgeordnete Carstensen ({0}), hat um schriftliche Beantwortung gebeten. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Wir sind am Ende des für die Fragestunde vorgesehenen Zeitraumes. Es tut mir leid, mehr Fragen kann ich nicht aufrufen.
Ich danke Herrn Staatssekretär Spranger für die Beantwortung der Fragen.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages für Donnerstag, den 8. November 1984, 9 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.