Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 9/21/1984

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Meine Damen und Herren! Die Sitzung ist eröffnet. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die verbundene Tagesordnung um die Zusatzpunkte - Beschlußempfehlungen des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung - erweitert werden, die unter den Ziffern 2 bis 14 der Ihnen vorliegenden Liste der Zusatzpunkte aufgeführt sind. Diese Zusatzpunkte sollen heute um 9 Uhr aufgerufen werden. Ist das Haus mit dieser Regelung einverstanden? - Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf: Fragestunde - Drucksache 10/1979 Zunächst rufe ich den Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Höpfinger zur Verfügung. Ich rufe die Frage 25 des Abgeordneten Schreiner auf. - Der Abgeordnete ist nicht im Saal. Der Fragesteller der Fragen 26 und 27, Frau Abgeordnete Steinhauer, hat um schriftliche Beantwortung gebeten. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Ich rufe die Frage 28 des Abgeordneten Dr. Hupka auf: Ist die Bundesregierung bereit, die Sprachförderung für Aussiedler schon deswegen auf den Zeitraum von zwölf Monaten zu erweitern, weil die Deutschkenntnisse der jetzt aus Ostdeutschland jenseits von Oder und Neiße zu uns kommenden Aussiedler auf Grund der zwangsweisen Polonisierung immer schlechter werden?

Stefan Höpfinger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000926

Herr Kollege Dr. Hupka, es ist richtig, daß die Deutschkenntnisse der heute in die Bundesrepublik Deutschland kommenden Aussiedler aus Osteuropa im Vergleich zu denen der Aussiedler früherer Jahre im Durchschnitt geringer sind. Die Bundesregierung prüft daher, welche Maßnahmen erforderlich sind, um den mit der Sprachförderung angestrebten Beitrag zur gesellschaftlichen und beruflichen Integration auch der heute einreisenden Aussiedler zu sichern. In diese Prüfung ist auch die Frage einbezogen, ob der Höchstförderungszeitraum nach der Sprachförderungsverordnung von acht Monaten auf zwölf Monate zu verlängern ist und wie die daraus entstehenden Mehrkosten gedeckt werden können.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine Zusatzfrage, bitte sehr.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ist der Bundesregierung die Dringlichkeit dieses Problems bekannt, denn 50 % derer, die in Friedland als Aussiedler aus Ostdeutschland registriert werden, kommen ohne j egli-che deutsche Sprachkenntnisse zu uns?

Stefan Höpfinger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000926

Herr Kollege Dr. Hupka, der Bundesregierung ist die Dringlichkeit dieses Problems sehr wohl bekannt. Darum wird diese Frage auch mit Blick auf den Haushaltsansatz 1985 in dieser Hinsicht geprüft.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine weitere Zusatzfrage, bitte.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Besteht bei der Prüfung die Chance, daß man den Sprachförderungskurs auf zwölf Monate erweitert? Auf der einen Seite kommen ja leider weniger Aussiedler aus diesen Gebieten zu uns, auf der anderen Seite wird die Sprachsituation auf Grund der zwangsweisen Polonisierung immer schlechter.

Stefan Höpfinger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000926

Gerade wegen der von Ihnen angesprochenen Situation, Herr Kollege Dr. Hupka, wird diese Frage der Ausweitung auf zwölf Monate ganz besonders geprüft.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Sielaff. Bitte sehr.

Horst Sielaff (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002172, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, empfindet die Bundesregierung Art, Form und auch die Auswahl der Begriffe in dieser Fragestellung nicht als gegen die Ostverträge, gegen den Geist der Ostverträge und auch gegen die Aussage des Bundeskanzlers gerichtet, daß er die Aussöhnung mit Polen will?

Stefan Höpfinger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000926

Herr Kollege Sielaff, Ihre Vermutung trifft nicht zu. ({0}) Hier geht es vielmehr um die Hilfe für Spätaussiedler, die in die Bundesrepublik kommen. Ihnen soll auf schnellstem Wege geholfen werden, um sie bei uns zu integrieren. ({1})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Klejdzinski.

Dr. Karl Heinz Klejdzinski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001124, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung der Auffassung, daß es zutrifft - was die Frage beinhaltet -, daß beispielsweise eine zwangsweise Polonisierung die Ursache der mangelnden Sprachkenntnisse ist? ({0})

Stefan Höpfinger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000926

Wenn es zutrifft - und es ist so, wie Kollege Dr. Hupka sagt -, daß immer mehr Aussiedler kommen, die der deutschen Sprache nicht mehr mächtig sind, dann ist es wohl richtig, wenn die Bundesregierung darauf abzielt, diesen Menschen schnellstmöglich zu helfen. ({0})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Sperling.

Dr. Dietrich Sperling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002196, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, macht sich die Bundesregierung wirklich die Ursachenbehauptung des Herrn Hupka für die mangelnden Sprachkenntnisse der kommenden Aussiedler zu eigen?

Stefan Höpfinger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000926

Herr Kollege, es geht meines Erachtens darum, wie den Spätaussiedlern geholfen werden kann. Auf diese Frage hat die Bundesregierung hier geantwortet.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Blunck.

Lieselott Blunck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000207, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, darf ich davon ausgehen, daß Sie der deutschen Sprache kundig sind, daß Sie die Frage gelesen haben und auch wissen, was zwangsweise Polonisierung bedeutet? Und dann bitte ich, noch einmal auf die Frage -

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Frau Abgeordnete, darf ich Sie unterbrechen. Wertungen dürfen in den Fragen nicht enthalten sein. Ich bitte, Ihre Frage zu stellen.

Lieselott Blunck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000207, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich habe eine Frage gestellt.

Stefan Höpfinger (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000926

Verehrte Frau Kollegin, in der Fragestellung geht es darum, wie den Spätaussiedlern, die der deutschen Sprache nicht mehr mächtig sind, geholfen werden kann. Diese Frage hat die Bundesregierung dahin gehend beantwortet, daß man prüfen werde, ob die Sprachförderung von acht auf zwölf Monate ausgedehnt werden kann. Ich glaube, daß damit diesem Personenkreis am besten geholfen ist. ({0})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Keine weiteren Zusatzfragen mehr. - Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Staatsminister Vogel zur Verfügung. Ich rufe die Frage 1 des Herrn Abgeordneten Vahlberg auf: Kann die Bundesregierung Presseberichte bestätigen, wonach die Kabinettsitzung vom 22. August 1984 nur von vier Bundesministern besucht wurde, und ist sie in der Lage, das Parlament über den Verbleib der restlichen 13 Mitglieder des Kabinetts im einzelnen aufzuklären?

Not found (Gast)

Herr Kollege, Ihre Frage beantworte ich wie folgt: An der Sitzung des Bundeskabinetts am 22. August 1984 haben vier Bundesminister teilgenommen. Die anderen Ressorts waren durch Parlamentarische Staatssekretäre oder Staatssekretäre vertreten, wie es die Geschäftsordnung der Bundesregierung vorsieht. Von den übrigen Ministern waren zwei auf Dienstreisen im Ausland, einer auf einer Reise in die DDR, einer erkrankt. Der Bundeskanzler und acht Minister waren im Erholungsurlaub. Dies ist angesichts der Tatsache, daß es sich um den Ferienmonat August handelte, eine Normalität. Ebenso normal ist, daß für den Fall mangelnder Beschlußfähigkeit des Kabinetts an die Stelle der formellen Beschlußfassung im Kabinett das Umlaufverfahren tritt. So sieht es jedenfalls die Geschäftsordnung der Bundesregierung vor. Entsprechend ist auch bei den Gesetzentwürfen verfahren worden, die auf der Tagesordnung des 22. August 1984 standen. Es ist bemerkenswert, daß ein von der Geschäftsordnung der Bundesregierung ausdrücklich vorgesehenes Verfahren, das seit vielen Jahren Teil der praktischen Regierungsarbeit ist, zum Gegenstand einer parlamentarischen Anfrage gemacht wird. Dies ist um so weniger verständlich, als es sich hier um ein Verfahren handelt, das frühere Bundesregierungen, die von Mitgliedern Ihrer Fraktion, Herr Kollege, gebildet wurden, ausgiebig und mit großer Selbstverständlichkeit praktiziert haben. Immerhin hat die Regierung Schmidt in den Jahren 1980 bis 1982 28mal in beschlußunfähiger Form getagt, zum Teil in Präsenz nur eines einzigen Bundesministers. Die Regierung von Bundeskanzler Helmut Kohl hat nicht die Absicht, diesem Rekord nachzueifern. ({0})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Westphal.

Heinz Westphal (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002489, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatsminister, hat die Bundesregierung, nachdem die Beschlüsse in das schriftliche Verfahren gegeben worden waren, geprüft, wie viele von den Parlamentarischen Staatssekretären „i. V." - in Vertretung - für ihren Minister unterschrieben haben, weil das nach der Geschäftsordnung möglich ist und sie dann Stimmrecht für ihre Minister haben?

Not found (Gast)

Herr Kollege Westphal, Sie sind doch kundig genug. Sie können davon ausgehen, daß der Beschluß des Bundeskabinetts in gehöriger Form zustande gekommen ist. ({0})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Sperling.

Dr. Dietrich Sperling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002196, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatsminister, würde nicht eine Nachprüfung der Tagesordnungen der Kabinettssitzungen aus der Vergangenheit und der Kabinettssitzung, die heute in Frage steht, ergeben, daß damals die Punkte auf der Tagesordnung zumindest nicht von der Bedeutsamkeit für zentrale Themen der jeweiligen Zeit waren, wie das in dieser Kabinettssitzung der Fall war?

Not found (Gast)

Herr Kollege Sperling, ich habe mir angesehen, wie die Tagesordnungen der Kabinettssitzungen ausgesehen haben, in denen bei früheren Bundesregierungen die Zahl der Bundesminister zum Teil erheblich geringer war als die Anzahl der Bundesminister, die in dieser Sitzung anwesend waren. So wurden etwa am 22. Oktober 1980 wichtige Probleme der Eisen- und Stahlindustrie im Bundeskabinett behandelt. Ich will gerne noch einmal in meinen Unterlagen nachschauen, wie viele Bundesminister am 22. Oktober 1980 anwesend waren. - Es waren fünf Bundesminister anwesend. Die übrigen wurden vertreten. Das heißt also, daß es auch bei dem Gegenstand damals nicht mehr waren. Das könnte ich auf andere Gegenstände ausdehnen. Sie dürfen also sicher sein, daß sich die Bundesregierung hier nicht anders verhalten hat, als sich auch frühere Bundesregierungen verhalten haben.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe die Frage 2 des Abgeordneten Schwenninger auf. - Der Abgeordnete Schwenninger ist nicht im Saal. Ich danke Ihnen, Herr Staatsminister. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Würzbach zur Verfügung. Ich rufe die Frage 29 der Frau Abgeordneten Roitzsch ({0}) auf: Ist die Bundesregierung bereit, die Versetzungszeiträume von Berufssoldaten auf fünf bis sechs Jahre zu erweitern?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Frau Kollegin Roitzsch, Personalveränderungen sind aus dienstlichen, aber auch aus persönlichen Gründen erforderlich; dienstlich, um freie Dienstposten optimal zu besetzen und dabei auch den Verwendungsaufbau des jeweiligen Soldaten zu berücksichtigen. Da wir in der Bundeswehr über keine Personalreserve verfügen, muß jeder ausscheidende Soldat durch einen dann versetzt werden müssenden ersetzt werden. Die Festlegung einer sogenannten Mindeststehzeit, wie Sie sie fordern, von fünf oder sechs Jahren würde eine den dienstlichen Erfordernissen entsprechende Nachbesetzung frei werdender Dienstposten wie auch das zeitgerechte Durchlaufen von Ausbildungsabschnitten - ich nenne z. B. das Studium oder auch andere Aufbauverwendungen wie den Generalstabsdienst - nicht mehr gewährleisten und damit letztendlich die Einsatzbereitschaft der Streitkräfte mindern. Wir versuchen aber dennoch, besonders bei verheirateten Soldaten, die persönlichen Belange soweit wie irgend möglich zu berücksichtigen.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine Zusatzfrage, bitte sehr.

Ingrid Roitzsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001877, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, haben Sie genaue Zahlen über die Versetzungszeiträume bei den Offizieren und bei den Soldaten? Würzbach, Parl Staatssekretär: Es gibt genaue Zahlen. Es hat den Bundestag viele Male beschäftigt, wie viele Offiziere pro Jahr überhaupt versetzt werden. Dies ist hier mehrfach behandelt worden. Ich habe, bezogen auf Ihre Frage, Zahlen heraussuchen lassen, die ausdrücken, daß im Augenblick bereits 77 % der Berufsunteroffiziere und 68 % der Offiziere des militärfachlichen Dienstes, aber nur etwa 38 % der Stabsoffiziere länger als fünf Jahre im jeweiligen Standort Dienst tun können.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine weitere Zusatzfrage, bitte sehr.

Ingrid Roitzsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001877, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, sind denn überhaupt einmal Überlegungen angestellt worden, ob man nicht zumindest auf Wunsch einzelner Soldaten die Versetzungszeiträume aus familiären Gründen - dort, wo es, wie Sie sagen, auch von der Ausbildung her möglich wäre - verlängern kann?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Frau Kollegin, immer wieder. Die Personalabteilung führt mit jedem Offizier, besonders dann, wenn er aus persönlichen Belangen - Berufstätigkeit der Frau, besondere Situation der Kinder in der Schule oder aus anderen Gründen - darum nachsucht ausführliche Personalgespräche und sucht nach Wegen, die beiden Dinge, die ich eingangs erläuterte, miteinander in Übereinstimmung zu bringen.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Klejdzinski.

Dr. Karl Heinz Klejdzinski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001124, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Könnte man sich, auch wenn es wegen der Einsatzbereitschaft usw. notwendig ist, diese Besetzungen in dieser Form vorzunehmen, aber nicht vorstellen, daß die Personalplanung so sein könnte, daß man zumindest die Beteiligten frühzeitig über ihren Versetzungstermin und den Ort, an den sie versetzt werden, unterrichten würde, so daß es im einzelnen nicht mehr vorkommt, daß jemand vier Wochen vorher nicht weiß, wohin er versetzt wird?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege, dies kann man sich nicht nur vorstellen, sondern dies erfolgt unter unserer Verantwortung noch regelmäßiger als unter der unseres Vorgängers. Die vier Wochen, die Sie schildern, können nur eine absolute Ausnahme und von mir dadurch zu erklären sein, daß irgendwo durch einen Unfall oder durch sonst etwas ein Dienstposten sofort besetzt werden mußte, wodurch kurzfristig eine Kettenreaktion in Gang kam.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Keine weiteren Zusatzfragen mehr. Ich rufe die Frage 30 der Frau Abgeordneten Roitzsch ({0}) auf: Teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß dadurch die Belastungen der Soldatenfamilien in der Berufsausübung der Ehefrauen und der schulischen Ausbildung der Kinder gemindert und die anfallenden Umzugskosten für die Bundesregierung verringert werden könnten?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Kurze sogenannte Stehzeiten in den Standorten belasten ohne Zweifel - das kann überhaupt nicht geleugnet werden - die Soldatenfamilien. Es ist daher eine ständige Aufgabe der Personalführung, einen Ausgleich zwischen den dienstlichen Belangen und den schutzwürdigen Interessen des Soldaten und seiner Familie zu suchen. Mit einer festgelegten Stehzeit läßt sich jedoch dieses im Beruf des Soldaten begründete Spannungsverhältnis, von dem ich vorhin sprach, nicht lösen. Ich habe bei den ersten beiden Fragen auf das Umfeld hingewiesen, wo es nun leider Grenzen gibt.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine Zusatzfrage, bitte sehr.

Ingrid Roitzsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001877, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, hat sich die Bundesregierung einmal Gedanken gemacht, daß gerade die Ehefrauen von Soldaten erheblich benachteiligt sind, und hat man dabei erwogen, daß z. B. die Ehefrauen, die den Lehrerberuf haben, bei einer Versetzung dann bevorzugt in den jeweiligen Bundesländern wieder eingestellt werden?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Frau Kollegin, diese Fälle beschäftigen die Personalabteilung immer wieder. Die spektakulärsten Fälle, die in der Öffentlichkeit behandelt werden, sind sicherlich jene, wo die Frau Lehrerin ist. Übrigens sind sehr viele Offiziere mit Lehrerinnen verheiratet. Aber diese Fälle sind - so möchte ich einmal sagen - nicht die tragischsten; denn es ist genauso ein Problem, der Ehefrau, die irgendwo eine Halbtagstätigkeit in was weiß ich welchem Beruf ausübt - eben keine Lehrertätigkeit -, bei einer Versetzung eine ähnliche Tätigkeit zu verschaffen. Das wird auch mit berücksichtigt. Wir ziehen nicht nur die Akte des Offiziers heraus - was kann er, was könnte er, können wir ihn nehmen? -, sondern das ganze Umfeld, die Situation seiner Familie, seiner Kinder, der Beruf der Frau, wird mit berücksichtigt.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine weitere Zusatzfrage, bitte sehr.

Ingrid Roitzsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001877, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, da wir jetzt bei den Kindern sind: Ist sichergestellt, daß die Versetzungen zum Ende eines Schuljahres erfolgen?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

In der Regel ist das sichergestellt. Wenn allerdings bestimmte Posten um der Einsatzfähigkeit der Streitkräfte willen sofort besetzt werden müssen, muß mit den Offizieren ein Personalgespräch geführt, muß ein Weg gefunden werden - dabei legen wir oft genug die Umzugs-, die Trennungsgeldbestimmungen und ähnliches großzügig aus -, um zu erreichen, daß der Ehemann möglicherweise ein Viertel- und, wenn es sein muß, auch ein halbes Jahr vor dem Nachzug seiner Familie den Dienst an einem anderen Ort übernimmt. Hier geschieht nichts ohne Berücksichtigung der persönlichen Belange.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Klejdzinski.

Dr. Karl Heinz Klejdzinski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001124, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, in der vorigen Antwort hatten Sie von der absoluten Ausnahme gesprochen, wobei ich das nicht so recht verstehe. Dennoch frage ich Sie im Zusammenhang mit dieser Frage: Wie erklären Sie sich, daß sich gerade neuerdings Soldaten in vermehrtem Umfang an Mitglieder des Verteidungsausschusses wenden, weil sie u. a. auch die berufliche Ausbildung ihrer Kinder planen und organisieren müssen und der Lehrstellenmarkt so dünn ist? Da sich die Kinder von Soldaten nicht frühzeitig genug bewerben können, sind gerade sie erheblich benachteiligt.

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Ich habe keinen Hinweis darauf, Herr Kollege, daß in der letzten Zeit solche Eingaben in vermehrtem Umfang gemacht worden sind. ({0})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Keine weiteren Zusatzfragen. Der Fragesteller der Fragen 31 und 32, der Abgeordnete Krizsan, hat um schriftliche Beantwortung gebeten. Die Anworten werden als Anlagen abgedruckt. Ich rufe die Frage 33 des Abgeordneten Sielaff auf: Hat sich die Meinung der Bundesregierung in den letzten Monaten in bezug auf die Anmietung von Sportflugplätzen als Alternative zum Bau von Ausweich- bzw. Notlandeplätzen Deutscher Bundestag - 1'0. Wahlperiode - 86. Sitzung. Bohn, Freitag, den 21. September 1984 6271 Vizepräsident Wurbs auf Bundesautobahnen für Flugzeuge der Luftwaffe und der Marine dahin gehend geändert, daß das Bundesverteidigungsministerium nun doch bereit ist, verstärkt angemietete Sportplätze zu nutzen?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege, die Überlebensfähigkeit unserer Luftstreitkräfte im Verteidigungsfall erfordert den Bau von Ausweichlandeplätzen. Als Alternative für Ausweichlandeplätze auf Bundesautobahnen können auch geeignete Zivilflughäfen vorgesehen werden. Dazu ist es notwendig, daß folgende Bedingungen erfüllt werden: erstens Eignung für den militärischen Bedarf; zweitens etwa vergleichbare Kosten beim Ausbau eines Ausweichlandeplatzes; drittens muß der Ausbau im etwa gleichen Zeitraum wie der des geplanten Ausweichlandeplatzes möglich sein. Die Eignung nach den eben genannten Kriterien, muß im Einzelfall geprüft werden.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine Zusatzfrage, bitte sehr.

Horst Sielaff (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002172, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung jetzt anderer Meinung als im April dieses Jahres, als Sie auf eine entsprechende Frage von mir antworteten: „Konkrete Planungen für die Anmietung von Sportflugplätzen als Alternative zum Bau von Notlandeplätzen bestehen nicht."?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege, in jedem Einzelfall muß abgewogen werden, wobei die eben grob skizzierten drei Kriterien zugrunde gelegt werden. Wenn diese Kriterien erfüllt sind, d. h. wenn der Bedarf so oder so sichergestellt ist, wird sich die Bundesregierung für die eine oder andere Möglichkeit entscheiden, wobei sie sich beweglich zeigen wird.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine weitere Zusatzfrage, bitte.

Horst Sielaff (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002172, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, können Sie mir dann Beispiele nennen, wo Sie welche Aktivitäten unternommen haben, um die Möglichkeit zu nutzen, Sportflugplätze zu nutzen, statt Notlandeplätze auf Autobahnen zu bauen?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Ich könnte Ihnen einen ganzen Katalog nennen. In jedem Einzelfall sind Einzelgespräche geführt worden - die jeweils beteiligten kommunalen oder Landesbehörden haben oft Angebote gemacht und die Diskussion geradezu gesucht -, um herauszufinden, ob ein Notlandeplatz auf der Autobahn erforderlich ist oder ein Ausweichen auf einen Sportflugplatz möglich ist. Maßgebend bei dieser Entscheidung waren stets die drei genannten Kriterien.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Keine Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 34 des Abgeordneten Sielaff auf: Hat sich eine Ersatzlösung für den Notlandeplatz an der A 63 bei Morschheim gefunden, und wird das Bundesverteidigungsministerium die Forderung des Baus eines Notlandeplatzes im Planfeststellungsverfahren nunmehr zurückziehen ({0})?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Mit Schreiben vom Juli dieses Jahres hat der Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz eine Alternative für den geplanten Ausweichlandeplatz bei Morschheim angeboten. Die Prüfung hat ergeben, daß dieser Flugplatz bei Verlängerung der Startbahn aus militärischer Sicht geeignet wäre. Sollte das Land bereit sein, die zusätzlichen Kosten und die Geländebeschaffung zu übernehmen, und der Ausbau des Flugplatzes sichergestellt werden, wird die Bundeswehr auf den geplanten Ausweichlandeplatz Morschheim verzichten können. Ein entsprechendes Angebot wurde Anfang September 1984 durch unser Ministerium unterbreitet.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Zusatzfrage, bitte.

Horst Sielaff (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002172, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, hat die Landesregierung von Rheinland-Pfalz signalisiert, daß sie bereit ist, diese Kosten zu übernehmen?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege, diese Verhandlungen laufen. Es wäre. töricht von mir - ich bin sicher, auch töricht vom Interesse der diese Verhandlungen führenden Kommunal- und Landespolitiker her -, wenn ich während des Laufens der Verhandlungen, bevor wir wissen, wer bis zu welcher Möglichkeit bei diesen drei Kriterien bereit ist zu gehen, hier Dinge öffentlich unterbreitete.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Letzte Zusatzfrage.

Horst Sielaff (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002172, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, den Abgeordneten des Wahlkreises, damit sie auf dem Stand der Verhandlungen bleiben, mitzuteilen, wenn sich dort etwas ereignet?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege, jederzeit, natürlich, wobei ich davon ausgehe, daß der oder die Abgeordneten des Wahlkreises über die Verhandlungspositionen unseres Partners möglicherweise eher und früher und umfassender informiert sind, als wir es beim Beginn der Verhandlungen sind.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Klejdzinski.

Dr. Karl Heinz Klejdzinski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001124, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, liegt der Verhandlungsstand nicht so, daß möglicherweise Sie, den Sie angesprochen haben, in erster Linie in Form eines Gespräches informiert haben?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege, ich weiß nicht, worauf sich Ihre Vermutungen und damit die Frage bezieht.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Zusatzfrage des Abgeordneten Heistermann.

Dieter Heistermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000854, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, kann ich denn davon ausgehen, daß Sie selbst ein Bemühen anstellen werden, den Abgeordneten Sielaff frühzeitig und umfassend zu informieren?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Darüber habe ich Ihren Kollegen eben eine klare Antwort gegeben.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Keine weiteren Zusatzfragen. Die Fragesteller der Fragen 35 und 36, der Abgeordneten Voigt ({0}) ({1}), 37 und 38, der Abgeordneten Bamberg ({2}), haben um schriftliche Beantwortung gebeten. ({3}) - Die Sache ist etwas kompliziert. Ursprünglich stand hier: schriftliche Beantwortung. Heute morgen wurde mir mitgeteilt: mündliche Beantwortung. ({4}) Nun ist der Beantworter der Fragen auf die mündliche Beantwortung nicht eingestellt, wie mir hier gesagt wurde, ({5}) weil er davon ausgehen mußte, daß die Fragen schriftlich beantwortet werden sollten. Es wurde mir eben seitens des Geschäftsführers signalisiert, daß es bei der schriftlichen Beantwortung bleibt. So ist der Tatbestand. ({6}) Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Dann rufe ich die Frage 39 der Frau Abgeordneten Dr. Skarpelis-Sperk auf. - Sie ist wohl nicht im Saal. Für die Fragen 39 und 40 wird also nach den Richtlinien für die Fragestunde verfahren. Ich rufe die Frage 41 des Abgeordneten Heistermann auf: Kann die Bundesregierung darüber Auskunft geben, welche Baumaßnahmen auf dem Flugplatz und Gelände der Hobart Barracks in Detmold zur Zeit durchgeführt oder demnächst verwirklicht werden, und welchen Aufgaben dienen sie?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege Heistermann, auf dem Gelände des Hubschrauberlandeplatzes lassen die britischen Streitkräfte für die dort stationierten Hubschrauber zur Zeit Baumaßnahmen durchführen, die der Verbesserung des Flugbetriebes in technischer und sicherheitsmäßiger Hinsicht, der Anpassung der Infrastruktur an moderne Hubschraubertypen sowie dem Schutz des Materials dienen sollen.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Zusatzfrage, bitte sehr.

Dieter Heistermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000854, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, welche Maßnahmen die Bundesregierung bzw. die zuständigen Bauabteilungen . ergriffen haben, um die zusätzliche Lärmbelästigung zu mindern, und welche Möglichkeiten insbesondere für Wohngebiete geplant sind?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Wegen der sehr geringen Flugbewegungen dort, Herr Kollege, sind besondere Lärmschutzmaßnahmen nicht geplant. Sie sind auch, aus den Akten ersichtlich, von keiner Stelle gefordert worden, auch von der Bevölkerung nicht, weil diese Flugbewegungen dort nur in einer sehr geringen Zahl vorgenommen werden.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Weitere Zusatzfrage.

Dieter Heistermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000854, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wie erklären Sie sich denn, daß es dort eine Bürgerinitiative gibt, die sich „Aktion gegen den militärischen Fluglärm" nennt? Wie bringen Sie das mit Ihrer eben gegebenen Antwort in Übereinstimmung?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege, ich sehe da überhaupt keinen Widerspruch. Wenn diese Gruppe, die sich wohl aus 15 oder 20 und nicht mehr als 25 Bürgern zusammensetzt, die sich jüngst zusammengeschlossen haben, jetzt eine solche Forderung erhebt, widerspricht das überhaupt nicht dem, was ich Ihnen aus der Aktenlage bezüglich Anträgen aus dem kommunalen Bereich hier eben gesagt habe.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Klejdzinski.

Dr. Karl Heinz Klejdzinski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001124, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, Sie sagen, aus der Bevölkerung seien keine Hinweise gekommen. Ist es denn nicht so, daß in einem solchen Verfahren, wenn also eine befreundete Schutzmacht baut - insbesondere auf einem Territorium, das der normalen öffentlichen Verwaltung entzogen ist -, daß die rechtlichen Anhörungsverfahren, die sonst stattfinden, in diesem Falle nicht stattfinden?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege, diese Dinge sind ja gesetzlich alle sehr klar festgeschrieben. Es bestand nach unserer wie auch nach der Auffassung der Landesregierung kein Anlaß, irgendwelche Anhörungsverfahren nach dem Luftverkehrsgesetz durchzuführen.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Blunck.

Lieselott Blunck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000207, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wie kommt es, daß Sie die genaue Stärke der Bürgerinitiative darlegen können, und würden Sie mir vielleicht mitteilen, mit welchen Observierungsmaßnahmen diese eventuell zu rechnen hat?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Lassen wir den zweiten Scherz von Ihnen einmal weg und kommen zum Ernst Ihrer Frage, den ich bei Ihrem ersten Teil voraussetze: weil Sie als Kollegen im Parlament von der Bundesregierung und den für sie antwortenden Staatssekretären mit Recht verlangen, daß Sie sich beim Einreichen einer solchen Frage eines Kollegen gut vorbereiten und auch über solche Dinge durch Rückkoppelung in den regionalen Bereich informiert sind.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe die Frage 42 des Abgeordneten Heistermann auf: Vizepräsident Wurbs Wie stellt die Bundesregierung sicher, daß die Sorgen und Ängste Detmolder Bürger über zusätzliche Lärmbelästigungen durch Stationierung weiterer Hubschrauber ernstgenommen und eine frühzeitige und bessere Information der betroffenen Bürger über beabsichtigte Maßnahmen durch die zuständigen Behörden vorgenommen wird?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Mit der durch die Umstrukturierung ihrer Heeresfliegerverbände bedingten Erhöhung der Zahl der in Detmold stationierten Hubschrauber von 30 auf 36, Herr Kollege, wird keine nennenswerte Erhöhung der Lärmbelästigung für die Bevölkerung verbunden sein. Beim Flugbetrieb wird besondere Rücksicht auf die Bevölkerung genommen. Die Flugrouten sind abgestimmt. An Wochenenden und Feiertagen findet in der Regel kein Flugbetrieb statt. Nachtübungen werden auf ein Mindestmaß beschränkt. Der Bürgermeister der Stadt Detmold ist über die von den britischen Streitkräften beabsichtigten Maßnahmen bereits mit Schreiben vom Oktober 1979 unterrichtet und gebeten worden, bei der Bevölkerung und den Gremien um Verständnis zu bitten. Im übrigen tritt in Detmold in regelmäßigen Abständen - ich möchte fast sagen: mustergültig - ein deutsch-britischer Gesprächskreis, u. a. mit Vertretern der Stadt, zusammen, in dem Maßnahmen der britischen Streitkräfte und ihre Auswirkungen auf die Bevölkerung erörtert und Regelungen zur Verringerung davon ausgehender Belastungen abgestimmt werden. Dies geschieht seit vielen Jahren in einer großen Harmonie.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Zusatzfrage, bitte.

Dieter Heistermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000854, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ich habe gefragt: Wie stellt die Bundesregierung sicher, daß ...? Darf ich davon ausgehen, daß der Bürgermeister - ich bitte, den Schriftverkehr, der Ihnen j a vorliegt, noch einmal nachzulesen - erst auf Anfrage darüber unterrichtet worden ist, was dort beabsichtigt wurde? Meine Frage also: Wie stellt die Bundesregierung sicher, daß die Bevölkerung bei solchen militärischen Anlagen frühzeitig und umfassend informiert wird?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Also, Herr Kollege, da wollen wir doch einmal im Kalender nachrechnen: Die Unterrichtung erfolgte im Oktober 1979, die Maßnahme kommt jetzt in die Durchführung. - Ist dies nicht frühzeitig?

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Zusatzfrage.

Dieter Heistermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000854, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist es richtig, wenn ich davon ausgehe, daß die Bundesregierung nicht sicherstellt, daß zwischen dem Bedarfsträger einerseits, nämlich den britischen Truppen, und der deutschen Bevölkerung andererseits eine frühzeitige Information stattfindet? Ich bitte noch einmal zu beachten, daß 1979 beantragt worden ist und jetzt mit den Baumaßnahmen begonnen wurde. Setzen Sie also voraus, daß die Bevölkerung über diesen Zeitraum hinweg im Auge behält, was sich dort an Baumaßnahmen vollzieht?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Ich stelle erst noch einmal fest, daß die Information - auch gesetzlich vorgeschrieben - frühzeitigst eingeleitet worden ist. Ich gehe davon aus, daß über diese Maßnahme informierte Kommunalpolitiker aller Ebenen, in der Stadt und in dem Kreis, und auch darüber hinaus die Landtags- und Bundestagsabgeordneten, wenn sie die Veränderungen für so gravierend halten, in einem ständigen Dialog zu den Verwaltungen und über diese zu den Bürgern sind, Herr Kollege. Dies wird auch hier so gewesen sein. Ich sage sogar: Es ist so gewesen. Da die Bürger, sehr gründlich sehend, was da geplant wird, nämlich fast nichts, die Einschätzung hatten, dieser Sache ruhig entgegensehen zu können, ist das eine Situation, von der ich eigentlich wünschte, daß Sie sie wie ich beurteilen.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Klejdzinski. ({0})

Dr. Karl Heinz Klejdzinski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001124, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, indem Sie sagen, oder behaupten, es werden nur geringe Flugbewegungen sein, will ich Ihnen nicht unterstellen, daß Sie über hellseherische Fähigkeiten verfügen. Meine Frage geht dahin: Welche Lärmbelästigung tritt auf, wenn beispielsweise Außenlandungen der Harrier stattfinden, und können Sie solche Außenlandungen grundsätzlich ausschließen?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege, ich weiß nicht, ob Sie über diesen Einzelpunkt von der Region her genauere Informationen haben. Es handelt sich um einen Heeresfliegerverband, ({0}) der in der Regel wohl über keine Harrier verfügt. ({1}) Da Sie am Anfang auf Flugbewegungen hinwiesen und mir hier irgendwelche Visionen unterstellten, will ich Ihnen die Zahlen noch einmal sagen. Es sind auf diesem Landeplatz, über den wir reden, bisher an 25 Tagen im Monat pro Flugtag rund 21 Flugbewegungen - je zur Hälfte aus Starts und je zur Hälfte aus Landungen bestehend - vorgenommen worden. Bei dieser Zahl, die wir erhöhen wollen, wird sich dies, bezogen auf diese Flugmodelle, geringfügigst erhöhen.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Zusatzfrage des Abgeordneten Vahlberg.

Jürgen Vahlberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002361, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, habe ich Sie richtig verstanden, daß Sie in dieser Angelegenheit pausenlos damit beschäftigt sind, fast nichts zu planen? ({0})

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Da haben Sie mich nicht richtig verstanden. Ich weiß auch nicht, worauf Sie es zurückführen, daß Sie mich so verstehen.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Zusatzfrage des Abgeordneten Kastning.

Ernst Kastning (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001070, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, da Sie soeben ausgeführt haben, das Heer verfüge nicht über den Flugzeugtyp Harrier, frage ich Sie, ob Ihnen als verantwortlichem Mann auf der Hardthöhe nicht bekannt ist, daß die Luftwaffe zu Übungszwecken gelegentlich auch Heeresflugplätze anfliegt.

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Dies ist uns bekannt.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Herr Abgeordneter Kolbow, wollen Sie eine Zusatzfrage stellen? - Bitte sehr.

Walter Kolbow (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001175, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Danke, Herr Präsident. - In freundschaftlicher Verbundenheit mit meinem Kollegen Heistermann, Herr Staatssekretär, möchte ich fragen, was die Bevölkerung denn aus der Errichtung, dem Einbau von Betonplatten auf diesem Flugplatz, die sichtbar sind, schließen soll.

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Ich nenne Ihnen einmal einige Maßnahmen, die wir dort durchführen: Es wird der Kontrollturm neu gebaut; es werden zwei Luftfahrzeughallen gebaut, eine andere wird neu instandgesetzt; es wird eine Abstellfläche für Hubschrauber - vielleicht ist es das, wonach Sie soeben gefragt haben - gebaut; es werden Versorgungseinrichtungen wie Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung, Heizungen und einige Straßen repariert. Mein Eindruck nach Gesprächen mit kommunalen Vertretern, meine daraus resultierende Kenntnis ist es, daß die Bevölkerung dies - entgegen manchem Eindruck, der hier augenscheinlich entsteht; ich weiß nicht, ob er entstehen sollte - ganz ruhig, gelassen und mit viel Verständnis sieht.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Keine weiteren Wortmeldungen mehr. Ich rufe die Frage 43 des Abgeordneten Schmitt ({0}) auf: Welches Ergebnis hatten die in der Öffentlichkeit angekündigten Gespräche des Bundesministers der Verteidigung „auf höchster Ebene" in Washington über alternative Standorte für die Hubschrauberstationierung in WiesbadenErbenheim?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Die Streitkräfte der Vereinigten Staaten verstehen und unterstützen das Anliegen der Bundesregierung, die für Wiesbaden-Erbenheim vorgesehenen Luftfahrzeuge zum Teil in. anderen Standorten zu stationieren.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Zusatzfrage? - Bitte.

Rudi Schmitt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002032, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, sind nach der Ankündigung des Wiesbadener Oberbürgermeisters, Herrn Dr. Jentsch, diese Fragen in den letzten Gesprächen des Bundesverteidigungsministeriums in Washington erörtert worden?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Der Verteidigungsminister hat hierüber mit seinem Kollegen in Amerika gesprochen. Er wird diese Angelegenheit noch in diesem Monat auch mit General Otis detaillierter besprechen.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Weitere Zusatzfrage, bitte.

Rudi Schmitt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002032, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Konnte der Bundesverteidigungsminister auch auf die Besorgnisse, Befürchtungen und Bedenken der beiden Kommunalparlamente von Wiesbaden und Mainz hinweisen, und hat er die Gesichtspunkte des Umweltschutzes und der Belastung der Rhein-Main-Region angemessen vorgetragen?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Diese Bedenken, die zwar nicht im Detail, aber generell auch für andere, ähnliche Bereiche gelten, lagen dem Gespräch des Ministers zugrunde.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Sperling.

Dr. Dietrich Sperling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002196, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist dem Verteidigungsminister klar, daß in dem betroffenen Raum für diese Luftfahrzeuge eigentlich gar kein vernünftiger Platz zu finden ist, ohne die Interessen der Bevölkerung zu beeinträchtigen, und daß darum eine viel deutlicher auf Entspannung und Abrüstung gezielte Außenpolitik nötig wäre, um solche Belastungen von unserer Bevölkerung fernzuhalten?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege, es gibt doch zwischen den Kollegen in den verschiedenen Fraktionen überhaupt keinen Streit darüber, daß die Erhaltung der Sicherheit auf der einen und das stramme Bemühen um Abrüstung auf der anderen Seite zwei Ziele sind, die wir verfolgen. Dennoch muß alles getan werden - auch um Abrüstung zu ermöglichen, um am Verhandlungstisch etwas abzutrotzen -, damit die Streitkräfte einsatzfähig sind. Dazu gehört - ich sage: leider -, daß Panzer fahren und Flugzeuge fliegen, und dies bedeutet Beeinträchtigung für die Bevölkerung.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Blunck.

Lieselott Blunck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000207, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wie habe ich Ihre eben gebrauchte Formulierung mit dem „strammen Bemühen" zu verstehen?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

So, daß wir alle miteinander möglichst geschlossen Abrüstungsbemühungen unterstützen, die der Westen am Verhandlungstisch mit dem Osten betreibt, und daß wir uns dort nicht gegenseitig lähmen, Frau Kollegin.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe die Frage 44 des Abgeordneten Schmitt ({0}) auf: Trifft es zu, daß die bisher von der Bundesregierung angebotenen Alternativstandorte von den US-Streitkräften nicht akzeptiert worden sind, und ist die Bundesregierung bereit, im Interesse der Bevölkerung von Mainz und Wiesbaden durch geeignete Maßnahmen für die Infrastruktur der vorVizepräsident Wurbs geschlagenen Alternativstandorte die US-Streitkräfte zur Änderung ihrer Stationierungspläne für Wiesbaden-Erbenheim zu bewegen?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

In den Monaten Juli bis Oktober werden die amerikanischen Streitkräfte unter Beteiligung unseres Ministeriums eine Reihe von Flugplätzen besichtigt haben - einige sind bereits besichtigt -, um diese auf grundsätzliche Eignung zur Unterbringung zusätzlicher Luftfahrzeuge zu prüfen. Eine endgültige Stellungnahme der Streitkräfte der Vereinigten Staaten setzt umfangreiche Detailuntersuchungen voraus; diese sind eingeleitet.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine Zusatzfrage? - Bitte sehr.

Rudi Schmitt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002032, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wie bewerten Sie ein Schreiben des Department of Army an den Congressman Dickinson, in dem u. a. festgestellt wird, bis heute hätten die zuständigen Stellen in der Bundesrepublik keine brauchbaren Alternativen aufgezeigt?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Ich würde dieses Schreiben bewerten, wenn mir das vollständige Schreiben und nicht nur der von Ihnen vorgetragene Auszug vorläge. Aber nach dem einen Satz zu urteilen, den Sie ansprechen, geht dieses Schreiben an dem augenblicklichen Tatbestand, wie ich ihn beschrieben habe, überhaupt nicht vorbei. Wir werden die gründliche Überprüfung möglicher Alternativen erst zu dem Ihnen vorhin genannten Zeitpunkt abgeschlossen haben, und erst dann kann konkret gesagt werden, wohin möglicherweise wie viele Flugzeuge verlegt werden können.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine weitere Zusatzfrage, bitte.

Rudi Schmitt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002032, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, ernsthafte Alternativen von seiten der Bundesrepublik in Erwägung zu ziehen und den Zusagen des Bundesverteidigungsministers, daß eine Stationierung in Erbenheim nicht erforderlich wird, zu entsprechen?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege, von „generell nicht" hat niemand gesprochen, aber es gibt das ernsthafte Bemühen - deshalb ist dies bis auf die Ebene zwischen Minister und Minister gehoben worden -, einen Weg zu finden, dort weniger als geplant und statt dessen woanders zu stationieren.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Sperling.

Dr. Dietrich Sperling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002196, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, würden Sie einmal Kontakt mit dem Bundesminister für Raumordnung aufnehmen, um herauszubekommen, ob für die vorgesehenen Übungsbereiche der in Wiesbaden-Erbenheim zu stationierenden Luftfahrzeuge überhaupt noch Standorte vorhanden sein können, von denen nicht die gleiche Belastung für gleiche Bevölkerungsgruppen ausgeht?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege, Sie werden auch auf Grund Ihrer früheren Tätigkeit Kenntnis davon haben, daß bei solchen Entscheidungen Verbindung zwischen vielen Ministerien nicht nur auf Grund irgendwelcher Anregungen aufgenommen wird, sondern auch weil das vorgeschrieben ist, und vorgeschrieben ist es, weil es vernünftig ist. Wir sind in diesen Gesprächen.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe die Frage 45 des Abgeordneten Dr. Freiherr Spies von Büllesheim auf: Hält die Bundesregierung es für notwendig, verstärkte Bemühungen zu unternehmen, um Angehörige ausländischer Streitkräfte und ihre Familien während ihres Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland mit unserem Land vertraut zu machen ({0}), und welche finanziellen Mittel stehen für solche Bemühungen zur Verfügung?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege Spies von Büllesheim, die Bundesregierung hat zahlreiche Vorhaben gefördert, die zum Ziel haben, Angehörige der alliierten Streitkräfte - nicht nur, aber besonders der Amerikaner - und deren Familien während ihres Aufenthaltes in Deutschland mit unserem Land vertraut zu machen. Unter anderem wurden gefördert: jährlich acht bis zehn Seminare für alliierte Offiziere, verschiedene Zeitschriften, z. B. die Zeitschrift des Verbandes des DeutschAmerikanischen Clubs; aus dem Einzelplan 05 der Auslandsabteilung des Presseamtes zur Verfügung gestellte Mittel wurden eingesetzt, um Seminare für Lehrer der alliierten Schulen mit jährlich über 600 Teilnehmern zu fördern; ferner wurde Informationsmaterial über unsere Bundesrepublik in verschiedener Form für die verschiedenen Adressatengruppen der Amerikaner bereitgestellt. Auch aus Mitteln des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit werden Fortbildungsveranstaltungen mit dem Ziel durchgeführt, junge Deutsche und Amerikaner oder andere Alliierte zu gemeinsamen Aktivitäten zusammenzuführen. Die Bundesregierung ist vor dem Hintergrund der Größe dieser Aufgabe und der darin bestehenden Herausforderung allerdings der Meinung, daß dies fortgeführt und, wo immer möglich, noch verstärkt werden muß. Dies kann aber nur durch starke Unterstützung vieler privater ehrenamtlicher Gruppen, Organisationen und Zusammenschlüsse geschehen.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine Zusatzfrage? - Bitte sehr.

Not found (Mitglied des Bundestages)

, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung der Auffassung, daß diese Bemühungen auch deswegen verstärkt werden müssen, weil angesichts der vielen Demonstrationen vor Kasernentoren und der sonstigen Aktionen im militärischen Bereich ausländische Streitkräfte, die zu unserem Schutz hier in der Bundesrepublik sind, sonst den Eindruck gewinnen müßten, in Feindesland zu sein?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Ich bin ganz sicher, würden wir diese Kontakte nach beiden Seiten hin noch intensiver ausbauen können, daß unsere Bevölkerung besser über den Auftrag und die Notwendigkeit, im Bündnis miteinander zu stehen, informiert wäre und umgekehrt die alliierten Soldaten wie aber auch deren Familien unsere Vorstellungen noch intensiver kennten, so daß es weniger, möglichst gar nicht zu ähnlichen Ausschreitungen käme.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine weitere Zusatzfrage bitte.

Not found (Mitglied des Bundestages)

, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist Ihnen etwas darüber bekannt, ob die von Ihnen gerade genannten Programme auch ausgenutzt worden sind, oder sind da etwa in der Vergangenheit Mittel übriggeblieben?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege, überall, wo Programme liegenbleiben, hängt es natürlich davon ab, die Sache wieder lebendig zu machen. Im Haushaltsplan bereitgestelltes Geld macht es nicht. Hier lehrt die Erfahrung, wenn die kommunalen Vertreter wechseln, wenn, was leider sehr häufig und sehr schnell bei den Amerikanern der Fall ist, die Kommandeure und Chefs wechseln - sie wechseln fast alle zwei Jahre -, dann kann es zuweilen vorkommen, daß eine solche Zweibahnstraße der Partnerschaft erlahmt. Um dies in Gang zu bringen, bedarf es dann aber einer Anlaufphase. Völlig darnieder liegt dies nirgendwo. Ich habe in Vorbereitung auf Ihre Frage zwei Seiten - der Herr Präsident würde sagen, ich solle mich kürzer fassen; ich will sie nicht vortragen, ich leite sie Ihnen zu - herausgezogen, wo auch die Zahlen der Soldaten, die Jahr für Jahr ausgetauscht werden, aufgelistet sind. Es ist schon eine stolze Bilanz. Ich sage aber noch einmal, wir müssen sie noch verbessern und bedürfen da der Hilfe vieler.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Sperling.

Dr. Dietrich Sperling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002196, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, da es um den Besuch bedeutsamer Orte deutscher Geschichte geht, darf ich fragen, ob Sie in ein solches Programm auch einbeziehen wollen Langemarck, Potsdam, Erfurt, Dresden, Leipzig, Ost-Berlin, Frankfurt/Oder, Stettin und was immer Sie noch mögen.

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Was meinen Sie, wie schön dies wäre, ({0}) wenn wir Soldaten, die hier bei uns stationiert sind, möglicherweise begleitet durch unsere eigenen, über eine Grenze, die keine mehr ist, dorthin führen könnten.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Lowack.

Ortwin Lowack (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001379, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, eine der Hauptbarrieren im Austausch und in der Begegnung zwischen Mitgliedern der Streitkräfte und Deutschen ist das fehlende Verständnis, ist die Sprachbarriere. Gibt es irgendwelche Möglichkeiten für die Bundesregierung, daß auch Mittel zur Verfügung gestellt werden, um zu beeinflussen, daß auf der einen Seite Mitglieder der ausländischen Streitkräfte die deutsche Sprache lernen und andererseits Deutsche vielleicht noch mehr an die englische Sprache bzw. an Sprachen der NATO herangeführt werden?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege, überall, wo Soldaten mit Soldaten zusammenkommen, besteht diese Barriere nahezu nicht. Denn die deutschen Soldaten können sich alle ab einer bestimmten Bildungsstufe, von der Realschule angefangen, nahezu fließend, zumindest so, daß es ausreicht, in englisch ausdrücken, von uns aus gesehen. Die Amerikaner selbst bereiten in einem sehr intensiven Programm ihre Soldaten auch durch Sprachkurse vor, bevor sie nach Deutschland versetzt werden. Das Problem sind die Familien, der Kontakt von Familie zu Familie, wo diese Ausbildung nicht durchlaufen wurde. Hier versuchen die Amerikaner auch durch Angebote - das kann nicht befohlen werden - das zu verbessern. Die Barriere der Sprache ist nicht so hoch und ist nicht die Barriere, die hier die Grenzen setzt, um miteinander in Kontakt zu kommen.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Keine weitere Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 46 des Herrn Abgeordneten Dr. Freiherr Spies von Büllesheim auf: Ist das Bundesministerium der Verteidigung bereit und in der Lage, durch die Gestellung von Bussen und einfachen Unterbringungsmöglichkeiten oder auf andere Weise gemeinsame Fahrten von Angehörigen ausländischer Streitkräfte mit Deutschen an bedeutsame Orte deutscher Geschichte zu unterstützen?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Die Bundesregierung hält Veranstaltungen für begrüßenswert, die das Ziel haben, Angehörige der alliierten Streitkräfte während ihres Aufenthalts in Deutschland mit unserem Land vertraut zu machen. Daher werden wir wohlwollend prüfen, ob den Teilnehmern solcher Fahrten zur Unterstützung Unterkünfte oder auch Fahrzeuge der Bundeswehr zur Verfügung gestellt werden können.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine Zusatzfrage.

Not found (Mitglied des Bundestages)

, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, darf ich die mir zustehende Zusatzfrage dazu nutzen, zu fragen, ob Sie mir die Unterlagen, die Sie bei sich haben, aber hier nicht vorgelesen haben, zustellen werden.

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Dies werde ich tun und ich werde sie der Frage zufügen.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Keine Zusatzfrage. Vizepräsident Wurbs Der Fragesteller der Frage 47, Herr Abgeordneter Austermann, hat um schriftliche Beantwortung gebeten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Danke sehr, Herr Staatssekretär. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit auf. Sämtliche Fragesteller haben um schriftliche Beantwortung gebeten. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Ich rufe dann den Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr auf. Dafür steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Schulte zur Verfügung. Ich rufe die Frage 57 der Frau Abgeordneten Blunck auf: Welche Vorkehrungen wird die Bundesregierung für den Fall treffen, daß aus dem Wrack des im Ärmelkanal liegenden französischen Frachters die mit Atommüll gefüllten Fässer austreten und auf die deutsche Nordseeküste zuzutreiben drohen?

Manfred Schulte (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002101

Frau Kollegin, Vorkehrungen der Bundesregierung für den Fall des Austritts von Uranhexafluoridbehältern, UF6, aus dem vor der belgischen Küste gesunkenen Frachter „Mont Louis" zum Schutz der deutschen Nordseeküste sind nach gegenwärtiger Lage der Dinge am Unfallort nicht zu treffen. Diese Beurteilung ergibt sich aus den vorliegenden, nach den Vereinbarungen des Bonn-Abkommens für die Zusammenarbeit bei Verschmutzungen der Nordsee durch 01 übermittelten Lageberichten durch die zuständigen belgischen Behörden und den Stellungnahmen der für den Themenkomplex „Gefährliche Güter" zuständigen deutschen Fachbehörden. Die Gefahr des Vertreibens von UF6-Behältern in deutsche Küstengewässer besteht nicht, weil das Gesamtgewicht dieser Behälter je 10 t schwerer als das verdrängte Seewasser ist, daher der erforderliche Auftrieb fehlt und ein weiträumiges Vertreiben nach bisherigen Erkenntnissen und Messungen unmöglich erscheint.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine Zusatzfrage, bitte sehr.

Lieselott Blunck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000207, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß diese Fässer auch kaputtgehen können und daß dann die Annahme, die Sie vorgebracht haben, daß keine Gefährdung vorhanden ist, nicht mehr richtig ist?

Manfred Schulte (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002101

Eine Reihe von Experten, darunter auch einige im Bundesministerium für Verkehr, haben sich darüber Gedanken gemacht und sind zu dem Ergebnis gekommen, daß auch für den Fall des Kaputtgehens eine Gefahr für unsere Küste nicht besteht. Wir werden aber trotzdem nach Auswertung des Unfalls ganz exakt prüfen, ob es notwendig ist, zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Ich rufe die Frage 58 der Frau Abgeordneten Blunck auf: Werden seitens der Bundesregierung in diesem Fall auch besondere Maßnahmen zum Schutz der deutschen Fischerei ins Auge gefaßt, und wenn ja, welche?

Manfred Schulte (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002101

Frau Kollegin, eine besondere Gefahrensituation für die deutsche Fischerei besteht durch die gegenwärtige Lage am Unfallort nicht. Sollte sich jedoch diese Lage durch Freisetzung von Schadstoffen in einem Maße ändern, daß Risiken für die deutsche Fischerei befürchtet werden müssen, kann diese unverzüglich auch überregional durch bestehende Meldewege gewarnt werden. Im übrigen verweise ich auf meine Antwort auf Ihre vorherige Zusatzfrage.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine Zusatzfrage, bitte sehr.

Lieselott Blunck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000207, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist Ihnen die Rundfunkmeldung unmittelbar nach dem Sinken des Schiffes bekannt, wo die Fischer aufgefordert wurden, die entsprechenden Fässer, wenn sie in ihre Netze gingen, über Bord zu werfen, und was halten Sie von dieser Aufforderung?

Manfred Schulte (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002101

Frau Kollegin, mir ist diese Meldung nicht bekannt, und ich möchte die Meldung im Wortlaut haben, um eine seriöse Antwort geben zu können. Ich gehe dieser Frage aber gern nach.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine weitere Zusatzfrage.

Lieselott Blunck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000207, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, können Sie mir die Vorkehrungen, die eigentlich getroffen werden müßten, jetzt nennen?

Manfred Schulte (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002101

Ich habe Ihnen gesagt, daß eine Gefahr für deutsche Küstengewässer und damit für die Fischerei in diesem Gebiet nicht besteht. Es geht deswegen im Augenblick lediglich darum, daß sichergestellt sein muß, daß frühzeitig für den Fall gewarnt wird, daß eine Gefahr kommt. Ich habe vorher in meinen Antworten gesagt, daß eine solche Gefahr nicht zu erwarten ist.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Sielaff.

Horst Sielaff (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002172, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, müßten nicht konkrete Vorkehrungen bereits vorher getroffen werden, und müßte nicht bekannt sein, was man tut, wenn dieser oder jener Fall eintritt?

Manfred Schulte (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002101

Herr Kollege, der Transport solcher Güter ist in verschiedenen Abkommen geregelt und wird international gleich betrieben. Es geht hier auch um eine besondere Verpackung solcher Güter. Es ist sichergestellt, daß nichts passieren kann. Wir werden dennoch nach der Auswertung des Unfalls weitere Überlegungen anstellen. ({0})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Keine weitere Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 59 der Frau Abgeordneten Geiger auf: Vizepräsident Wurbs Welche Einsparungen verspricht sich die Bundesregierung durch die Einstellung des Schienenhalts in der Gemeinde Farchant, nachdem der Bahnhof Farchant nach wie vor mit denselben Personen besetzt ist?

Manfred Schulte (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002101

Frau Kollegin, nach Mitteilung der Deutschen Bundesbahn muß die Auflassung der Personenzughalte in Farchant im Gesamtzusammenhang der Reisezugbedienung auf der Strecke München-Mittenwald gesehen werden. Mit Einführung einer eilzugmäßigen Bedienung soll vorrangig eine Attraktivitätssteigerung auf dieser Strecke erreicht werden. Neben den erzielbaren Einsparungen - das sind Vorhaltungskosten für die Infrastruktur, Entfall von Zügen durch bessere Umlaufgestaltung, Vermeidung von Neuinvestitionen für die Reisendensicherung - erwartet die Deutsche Bundesbahn hierdurch einen Verkehrszuwachs und damit eine Verbesserung ihres Wirtschaftsergebnisses.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Zusatzfrage, bitte sehr.

Michaela Geiger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000649, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, glauben Sie wirklich, daß es von der Bevölkerung verstanden wird, wenn dasselbe Bahnhofspersonal noch da ist, aber nur noch Schrankenwärterfunktionen ausübt?

Manfred Schulte (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002101

Frau Kollegin, wir hatten j a über diese Frage bereits ein Gespräch im Verkehrsministerium. Wir sind auch dieser Frage nachgegangen. Wäre die Gesamtkonzeption für die Eilzug- und für die ersatzweise Busbedienung auch unter Beibehaltung dieses Bahnhofs möglich gewesen, dann hätten wir uns noch mehr dafür eingesetzt, daß dieser Bahnhof bestehen bleibt. Ich gehe jedoch davon aus, daß der Schrankenwärter in der Zukunft einen Arbeitsplatz erhalten kann, wenn die Schranken an dieser Stelle nicht mehr bestehen.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Weitere Zusatzfrage.

Michaela Geiger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000649, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, glauben Sie nicht, daß die Bevölkerung es für einen Schildbürgerstreich halten könnte, wenn der Zug zwar wegen des Begegnungsverkehrs halten muß, aber die Menschen dort nicht ein- und aussteigen dürfen?

Manfred Schulte (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002101

Frau Kollegin, wir sind dieser Frage nach unserem Gespräch nachgegangen. Ich muß Ihnen einräumen, daß eine ganze Reihe von Fragen oder von Punkten der Kritik in diesem Fall offen sind, und zwar ganz einfach deswegen, weil die Technik an dieser Stelle nicht so ist, daß jedermann sofort die neue Maßnahme versteht. ({0}) Umgekehrt standen aber die Deutsche Bundesbahn und die regionale Omnibusgesellschaft vor der Frage, ob das Gesamtkonzept gehalten werden kann, wenn man an einem Bahnhof weiter ein- und aussteigen kann. Die Frage kam auf: Was machen alle anderen Bahnhöfe? Sie haben sich ja auch als Abgeordnete dieses Raumes dafür eingesetzt, daß nicht nur der Bahnhof Farchant aufrechterhalten bleibt. Es bestand also für die Deutsche Bundesbahn die Gefahr, daß, wenn man eine Ausnahme macht, die eilzugmäßige Bedienung, der Stundentakt auf dieser Strecke und damit die Attraktivitätssteigerung entfallen und außerdem das Omnibusangebot nicht so ausgebaut werden kann, wie dies eigentlich gewünscht wurde.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Sperling.

Dr. Dietrich Sperling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002196, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, läßt sich Ihre Einlassung, daß die Technik dort nicht so sei, daß die Bevölkerung das alles versteht, als ein Bemühen Ihrerseits interpretieren, dem Kollegen Schwarz-Schilling eine zusätzliche Begründung zu geben, warum dieser Raum ganz schnell und dringend verkabelt werden muß - mit einem entsprechenden Aufklärungsprogramm für die Bevölkerung, damit die Fragen von Frau Geiger dort befriedigend geklärt werden können?

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Ich glaube, Herr Abgeordneter, die Frage steht nicht in einem ursächlichen Zusammenhang mit der ursprünglichen Frage. ({0}) Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe die Frage 60 der Abgeordneten Frau Geiger auf: Ist der Bundesregierung bekannt, daß den Kunden im Bahnhof Farchant keine Fahrkarten verkauft, keine Zugauskünfte und Informationen mehr gegeben werden und daß die neu eingesetzten RVO-Linienverbindungen nicht reibungslos arbeiten?

Not found (Staatssekretär:in)

Frau Kollegin, der von Ihnen angesprochene Sachverhalt ist der Bundesregierung bekannt. Nachdem der Bahnhof Farchant für den Personenverkehr geschlossen worden ist, besteht auch kein Bedarf mehr, dort Eisenbahnfahrkarten zu verkaufen bzw. Reisezugauskünfte zu erteilen. Dies klingt eigentlich ganz logisch. Das kann im unmittelbar benachbarten Bahnhof Garmisch-Partenkirchen geschehen. Die Busdienste der RVO, des Regionalverkehrs Oberbayern, nach denen Sie ebenfalls gefragt haben, laufen nach unseren Informationen in aller Regel ohne Schwierigkeiten. Wenn Sie andere Informationen haben, wäre ich dankbar, wenn Sie mir diese übermittelten.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Zusatzfrage, bitte sehr.

Michaela Geiger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000649, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß es für den ersten Morgenzug um 5.15 Uhr keinerlei Busverbindung nach Oberau und Garmisch-Partenkirchen gibt - das sind die nächsten Haltepunkte, wo man zusteigen könnte - und die RVO-Busse bei geringfügigFrau Geiger sten Verspätungen, schon bei zwei Minuten, nicht auf die ankommenden Zuggäste warten?

Manfred Schulte (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002101

Frau Kollegin, dies war uns bisher nicht bekannt. Ich bin dankbar, daß Sie diese Aufklärung geben. Wir werden dieser Frage nachgehen.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Zweite Zusatzfrage, bitte sehr.

Michaela Geiger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000649, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, kann die Gemeinde Farchant damit rechnen, daß die etwas unverständliche Entscheidung der Bundesbahn, den Farchanter Bahnhof zu schließen, neu überdacht wird und der Bahnhof auch wegen der in diesem Gebiet hoffnungslos überlasteten Bundesstraße 2 wieder eröffnet wird?

Manfred Schulte (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002101

Frau Kollegin, davon können Sie nicht ausgehen. Sonst hätte ja die Deutsche Bundesbahn diesen Bahnhof nicht gerade geschlossen. ({0}) Sollte sich allerdings herausstellen, daß der Stundentakt wider Erwarten nicht angenommen wird und daß der Omnibusverkehr nicht richtig organisiert werden kann, müßten neue Überlegungen angestellt werden. Aber wir sind heute nicht in einer Situation, daß dies bereits notwendig wäre.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Zusatzfrage des Abgeordneten Lambinus.

Uwe Lambinus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001271, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wenn ich Sie richtig verstanden habe, ist der Bahnhof Far-chant jetzt personell so ausgestattet wie vor seiner Schließung; dennoch erhalten die Kunden der Deutschen Bundesbahn dort keine Fahrkarten und Fahrplanauskünfte mehr. Können Sie mir vielleicht sagen, wie dieses Verhalten der Deutschen Bundesbahn mit den Zielen der Bundesbahn in Übereinstimmung zu bringen ist, bürgernah und kundenfreundlich zu sein?

Manfred Schulte (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002101

Herr Kollege, wir haben uns um diese Frage sehr intensiv bemüht. Daß ein Bundesbahnbediensteter dort noch tätig ist, liegt an der Tatsache, daß es dort eine Schranke gibt. Es gibt sicher einen Unterschied zwischen der Deutschen Bundesbahn als Großunternehmen und einem mittelständischen Betrieb. Es gibt auch Vorschriften dafür, was ein einzelner Bediensteter zu tun hat. Daß der Bahnhof geschlossen wurde, liegt aber nicht nur an der Frage, was man konkret an diesen Bahnhof einsparen kann, sondern daran, daß man einen Stundentakt, einen Eilzugverkehr von und nach München einrichten wollte, und auch daran, daß man die Busdienste so gestalten wollte, daß sie sich einigermaßen rentieren und eine vernünftige Versorgung der Bevölkerung im öffentlichen Personennahverkehr sichergestellt ist.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Sperling.

Dr. Dietrich Sperling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002196, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, meinen Eindruck entgegenzunehmen, daß überhaupt nicht an einem intensiven bürokratischen Bemühen, sondern nur an vernünftigen Ergebnissen für den Bürger zu zweifeln ist?

Manfred Schulte (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002101

Herr Kollege, ich habe vorhin bereits eingeräumt, daß die Gestaltung dieses Einzelfalls nicht für jedermann von vornherein verständlich ist. Aus diesem Grund habe ich mich persönlich in dieser Frage eingesetzt, noch bevor der Bahnhof geschlossen wurde. Es ging dann allerdings - und das sage ich jetzt zum dritten Mal - um die Frage: Wie kann man einen Stundentakt im Eilzugverkehr einführen, und wie kann man den Omnibus so attraktiv machen, daß die Bedienung auch in der Zukunft gesichert ist? Nach der Abwägung dieser Fragen wurde von der Deutschen Bundesbahn so entschieden.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Keine weitere Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 61 des Abgeordneten Kastning auf: Ab wann kann mit dem Einsatz rollstuhlgerechter Wagen bei der Deutschen Bundesbahn mindestens bei einigen täglichen Zugverbindungen im Schienennahverkehr und Schienenregionalverkehr außerhalb von S-Bahnbereichen auf Strecken mit nennenswerter Nutzung durch Rollstuhlfahrer gerechnet werden? Bitte sehr, Herr Staatssekretär.

Manfred Schulte (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002101

Herr Kollege, wegen des Sachzusammenhangs möchte ich Ihre Fragen 61 und 62 zusammen beantworten, wenn Sie damit einverstanden sind.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Sind Sie damit einverstanden, Herr Abgeordneter?

Ernst Kastning (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001070, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ja.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Gut. Ich rufe auch die Frage 62 des Abgeordneten Kastning auf: Welche Absichten bestehen bei der Deutschen Bundesbahn, neben der eigentlichen Beförderung von Rollstuhlfahrern auch das Problem des Ein- und Aussteigens dieser Fahrgäste technisch zufriedenstellender als bisher und nicht nur auf Großbahnhöfen zu lösen?

Manfred Schulte (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002101

Die Deutsche Bundesbahn unternimmt seit langem Anstrengungen, im Rahmen eines kundenfreundlichen Angebotes auch den behinderten Fahrgästen das Reisen durch eine besondere Gestaltung von Anlagen und Fahrzeugen zu erleichtern. Sie hat bisher schon folgende behindertenfreundliche Maßnahmen im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel durchgeführt: Verbesserungen der Zu- und Abgänge im Bahnhofsbereich sowie Bahnsteigerhöhungen, Bau von Behinderten-Toiletten, Erprobung von Einstieghilfen, Verbreiterung der Türen und Vergrößerung der Einstiegräume in den Fahrzeugen, Einführung von eisenbahngerechten Rollstühlen, Einleitung der Beschaffung behindertenfreundlicher IC-Reisezugwagen. Die Deutsche Bundesbahn prüft außerdem im Zusammenhang mit der Beschaffung von behindertenfreundlichen IC-Großraumwagen - die die Be6280 nutzung aller IC-Verbindungen für behinderte Fahrgäste wesentlich verbessern wird -, wie das Problem des Ein- und Aussteigens auf den 48 Bahnhöfen des IC-Netzes zufriedenstellend gelöst werden kann. Die Untersuchungen umfassen bauliche und personelle Voraussetzungen sowie die Konstruktion maschineller Einstieghilfen. Eine generelle Ausweitung dieser Maßnahmen auf den Nah- und Regionalverkehr bis 50 km Reiseentfernung, in dem jährlich nahezu 1 Milliarde Reisende - das sind 85 % aller Reisenden - befördert werden, ist wegen der dort nicht optimalen Zugangs- und Bahnsteigverhältnisse und des derzeit nicht uneingeschränkt geeigneten Wagenmaterials nur langfristig und mit hohem Mittelaufwand im Rahmen von Neuinvestitionen zu realisieren.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Zusatzfrage, bitte sehr, Herr Abgeordneter Kastning.

Ernst Kastning (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001070, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist Ihnen eigentlich entgangen, daß ich in meinen Fragen nach bestimmten Strecken im Regionalverkehr gefragt habe und nicht nach dem Intercity-Bereich? Was Sie sagten, war mir alles bekannt. Stimmen Sie mit mir überein, daß die derzeitige Beförderung von an den Rollstuhl gebundenen Personen auf Strecken von 50 km im Gepäckwagen - auch im Winter! - Viehtransporten ähnlichen Bedingungen gleichkommt?

Manfred Schulte (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002101

Herr Kollege, die Deutsche Bundesbahn weiß, daß die bisherige Ausstattung ihrer Infrastruktur gerade in dieser Frage nicht befriedigend ist. Es hängt allerdings davon ab, welche zusätzlichen Möglichkeiten durch Mittelbereitstellung gefunden werden können. Ich habe Ihnen gesagt, daß gerade im Nahverkehr 85 % des Verkehrs abgewickelt werden. Schon aus dieser Prozentzahl können Sie ablesen, wie hoch der Mittelaufwand sein wird. ({0})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Es ist mir leider nicht mehr möglich, noch Fragen zuzulassen. Der Rest der Fragen wird schriftlich beantwortet. Meine Damen und Herren, wir sind damit am Ende der Fragestunde angelangt. Ich rufe die Zusatzpunkte 2 bis 14 auf: 2. Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung ({0}) Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Deutschen Bundestages - Drucksache 10/1972 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Kübler 3. Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung ({1}) Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Deutschen Bundestages - Drucksache 10/1992 Berichterstatter: Abgeordneter Sauter ({2}) 4. Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung ({3}) Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Deutschen Bundestages - Drucksache 10/1993 Berichterstatter: Abgeordneter Sauter ({4}) 5. Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung ({5}) Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Deutschen Bundestages - Drucksache 10/1994 Berichterstatter: Abgeordneter Sauter ({6}) 6. Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung ({7}) Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Deutschen Bundestages - Drucksache 10/1995 Berichterstatter: Abgeordnete Buschbom Dr. Schwenk ({8}) 7. Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung ({9}) Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Deutschen Bundestages - Drucksache 10/1996 Berichterstatter: Abgeordnete Buschbom Dr. Schwenk ({10}) 8. Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung ({11}) Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Deutschen Bundestages - Drucksache 10/1997 Berichterstatter: Abgeordnete Buschbom Dr. Schwenk ({12}) 9. Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung ({13}) Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Deutschen Bundestages - Drucksache 10/1998

Not found (Mitglied des Präsidiums)

Abgeordnete Buschbom Dr. Schwenk ({0}) 10. Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung ({1}) Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Deutschen Bundestages - Drucksache 10/1999 Berichterstatter: Abgeordnete Buschbom Dr. Schwenk ({2}) 11. Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung ({3}) Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Deutschen Bundestages - Drucksache 10/2000 Berichterstatter: Abgeordnete Buschbom Dr. Schwenk ({4}) 12. Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung ({5}) Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Deutschen Bundestages - Drucksache 10/2001 Berichterstatter: Abgeordnete Buschbom Dr. Schwenk ({6}) 13. Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung ({7}) Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Deutschen Bundestages - Drucksache 10/2002 Berichterstatter: Abgeordnete Buschbom Dr. Schwenk ({8}) 14. Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung ({9}) Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Deutschen Bundestages - Drucksache 10/2003 Berichterstatter: Abgeordneter Buschbom Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung. Wer den Beschlußempfehlungen des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung auf den Drucksachen 10/1972 und 10/1992 bis 10/2003 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. - Gegenstimmen! - Enthaltungen? - Die Beschlußempfehlungen des Ausschusses sind angenommen. Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf: Beratung des Berichts des Rechtsausschusses gemäß § 62 Abs. 2 der Geschäftsordnung zu dem von den Abgeordneten Bachmeier, Buschfort, Dreßler, Egert, Dr. Emmerlich, Fischer ({10}), Glombig, Heyenn, Kirschner, Klein ({11}), Dr. Kübler, Lambinus, Lutz, Peter ({12}), Reimann, Schmidt ({13}), Schreiner, Schröder ({14}), Dr. Schwenk ({15}), Frau Steinhauer, Stiegler, Urbaniak, Weinhofer, von der Wiesche, Dr. de With und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Konkursordnung - Drucksachen 10/81, 10/1968 Meine Damen und Herren, im Ältestenrat ist für die Aussprache ein Beitrag bis zu fünf Minuten für jede Fraktion vereinbart worden. Sind Sie mit dieser Regelung einverstanden? - Das ist der Fall. Wird das Wort zur Berichterstattung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Bachmaier.

Hermann Bachmaier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000072, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben diese Debatte nicht zuletzt deshalb gefordert, um auch vor der Öffentlichkeit auf ein brennendes Problem hinzuweisen und um klarzumachen, wer daran schuld ist, daß dieses Problem nicht schon längst vom Tisch ist. Es geht um den Schutz der Arbeitnehmer, die ihren Arbeitsplatz verlieren, weil der Betrieb Konkurs macht. Zunächst einmal gab es hier klare Orientierungsdaten. Nach einer Grundsatzentscheidung des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahre 1978 stand nämlich fest, auch und gerade im Konkurs ist es möglich, Sozialpläne zu vereinbaren und darin zur Milderung der schlimmsten sozialen Härten Abfindungszahlungen an die entlassenen Arbeitnehmer vorzusehen. Diese Zahlungen sollten, so das Bundesarbeitsgericht, vorrangig abgewickelt werden. Die Praxis konnte mit diesen Vorgaben gut leben. Beide Seiten wußten, woran sie waren. Die Arbeitnehmer mußten nicht ins Blaue hinein Kündigungsschutzklagen erheben und damit die Arbeitsgerichte zusätzlich belasten. Der Konkursverwalter hatte auch klare Daten, die er in ein Sanierungskonzept für überlebensfähige Betriebe einsetzen konnte. Wie notwendig eine gesetzliche Absicherung dieses praktikablen Konzepts ist, wurde allen deutlich, als das Bundesverfassungsgericht letztes Jahr die vom Bundesarbeitsgericht vorgenommene Rechtsfortbildung für unzulässig erklärte. Unser entsprechender Gesetzentwurf lag zu diesem Zeitpunkt schon ein halbes Jahr auf dem Tisch. Nach dem Spruch des Bundesverfassungsgerichtes mußten sich die Arbeitnehmer mit ihren Sozialplanansprüchen ganz am Ende der Schlange einreihen. Sie mußten feststellen, daß ihre Forderungen nicht einmal mehr das Papier wert waren, auf dem sie standen. Sie mußten die Erfahrung machen, daß gerade im Konkurs der Satz „Den Letzten beißen die Hun6282 de" bittere Wahrheit ist. Wenn man hinten ansteht, bekommt man im Durchschnitt nicht einmal 3 % von dem, was man eigentlich beanspruchen könnte. Das Bundesverfassungsgericht hat übrigens nur festgestellt, daß es nicht Sache der Gerichte sein dürfe, ohne entsprechende Gesetzesänderung einen Sozialplananspruch dort in die hundert Jahre alte Konkursordnung einzubauen, wo er nach seiner sozialen Bedeutung hingehört. Dieser Schritt, so sagt das Bundesverfassungsgericht, stehe nur dem Gesetzgeber zu. Das Parlament, wir also, dürfen durchaus das festschreiben, was das Bundesarbeitsgericht 1978 entschieden hat und was sich als praktikabel erwiesen hat. Natürlich muß der gute Wille vorhanden sein, entsprechend zu handeln und etwas für die Arbeitnehmer zu tun. In diesem Punkt muß man doch wohl, was Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, und was insbesondere Sie, Herr Minister Engelhard, betrifft, ganz erhebliche Zweifel anmelden. ({0}) Wenn bei Ihnen wirklich der gute Wille da wäre und wenn Sie wirklich etwas für den sozialen Schutz der Arbeitnehmer tun wollten, hätten Sie nicht so lange mit ständig wechselnden Begründungen auf Zeit gespielt, ({1}) dann hätten Sie spätestens nach dem Anhörungsverfahren, das auf unsere Veranlassung im Frühjahr dieses Jahres stattgefunden hatte, sagen können: Jawohl, die Sache ist auch unser Anliegen. Wir machen da mit. - So hätten Sie etwas für die Kontinuität und auch die Rechtssicherheit getan. ({2}) Was tun Sie statt dessen? Sie lassen den Justizminister ein mageres Alternativmodell ausarbeiten und Zahlenspielereien anstellen, mit denen nachgewiesen werden soll, daß Ihr Alternativmodell letztlich doch zu ähnlichen Ergebnissen komme wie die frühere Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes. Wenn Ihre Zahlenspielereien aber wirklich stimmen - Zweifel sind nach unserer Ansicht hier angebracht - und wenn Ihr Modell tatsächlich dasselbe bringt wie die frühere BAG-Rechtsprechung, warum machen Sie dann nicht bei unserem Vorschlag mit? Mir hat bisher noch keiner erklären können, warum die kontinuierliche Fortsetzung der bisherigen Praxis, die sich nach der früheren Grundsatzentscheidung des Bundesarbeitsgerichts entwickelt hatte, nun auf einmal durch ein kompliziertes, vollkommen anders angelegtes Modell ersetzt werden soll, ein Modell, das nur bis zum Inkrafttreten der Insolvenzrechtsreform gelten soll. Bei Ihrem Modell gibt es eine ganze Reihe völlig ungeklärter Probleme. Gerade CDU-regierte Länder haben darauf bei der Beratung im Unterausschuß des Bundesrates hingewiesen. Nur eines dieser Probleme sei hier am Schluß kurz erwähnt. Die Länder fragen zum Beispiel: Wie kann sichergestellt werden, daß auf die Forderungen aus einem Sozialplan möglichst umgehend Abschlagszahlungen geleistet werden? Die Länder befürchten, daß bei dem Engelhardschen Modell die Auszahlung von Leistungen zunächst weitgehend blockiert wird. - Alle diese Fragen, alle diese Probleme gibt es nicht, wenn Sie unserem Vorschlag folgen und das zum Gesetz machen, was sich in jahrelanger, vom Bundesarbeitsgericht bestätigter Praxis bewährt hatte. Danke sehr. ({3})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Das Wort hat der Abgeordnete Eylmann.

Horst Eylmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000508, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Bachmaier, ich muß Sie btten, mit mir gemeinsam einen kurzen Blick zurück zu tun, um einige Tatsachen zurechtzurücken: 1972 Betriebsverfassungsgesetz. Kurz danach wurde bereits streitig, ob die Regelung über den Sozialplan auch im Konkursfall gilt. 1974 entschied das BAG: Jawohl, Sozialpläne müssen auch im Konkurs aufgestellt werden. Dann wurde sofort streitig, mit welcher Rangstelle diese Ansprüche zu befriedigen seien. Weder die SPD-Fraktion noch der damals von Ihnen gestellte Justizminister haben in den folgenden Jahren irgend etwas unternommen, um diese Unklarheit zu beseitigen. Ende 1978 Beschluß des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts: absolute erste Rangstelle für Sozialplanansprüche. Die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese Entscheidung, schon aus dem Gleichheitsgrundsatz heraus, lagen auf der Hand. Alsbald wurden Verfassungsbeschwerden eingelegt. Immer noch absolutes Nichtstun auf seiten der SPD und der von Ihnen gestellten Justizminister. ({0}) Sie haben nichts getan, um diese Unklarheit zu beseitigen. ({1}) Erst Ende 1982, kurz vor Toresschluß der 9. Legislaturperiode, sind Sie mit einem Gesetzentwurf gekommen. Den haben Sie dann in der 10. Legislaturperiode im Mai vergangenen Jahres, wiederholt, kurz bevor die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bekannt wurde. Das war nun nicht ein sehr freundlicher Zug gegenüber dem Bundesverfassungsgericht; denn Sie wollten die Entscheidung, die Sie befürchteten, damit konterkarieren. Dann kam die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Oktober. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts wurde aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Erst am 30. April dieses Jahres hat dann das Bundesarbeitsgericht endgültig entschieden: letzte Rangstelle. Noch nicht einmal vier Monate nach dieser Entscheidung, hat Ende August die jetzige Bundesregierung ihren Gesetzentwurf auf den Tisch gelegt. Was Sie in den zehn Jahren nicht geschafft haben, haben wir in vier Monaten geschafft. Da, Herr Kollege Bachmaier, gehört dann schon ein erheblicher Mut dazu, der Bundesregierung Untätigkeit vorzuwerfen. ({2}) - Das ist kein Unsinn. Die genannten Daten können Sie j a nachvollziehen. Ich will Ihnen ein Weiteres sagen: Ihr Entwurf hat nicht die geringste Chance der Verwirklichung, und zwar aus der Sache heraus. Wenn Sie die Insolvenzrechtsreform wollen, wenn Sie das Ergebnis des Hearings aufgenommen haben, dann wissen Sie doch, daß es völlig unmögich ist und eine ganz eindeutige Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes wäre, ({3}) allein den Abfindungsansprüchen aus dem Sozialplan den ersten Rang einzuräumen. Sie vergessen insbesondere, daß das doch nicht zu Lasten des Arbeitgebers, des Unternehmers geht, sondern zu Lasten der anderen Konkursgläubiger, und das sind zum Teil auch kleine Leute und Handwerker, die durch große Konkurse in Schwierigkeiten kommen. Bedenken Sie bitte einmal: In 16 % aller KonkursSozialpläne werden 95 bis 100 % der freien Masse aufgezehrt, bei 32 % sind es noch 55 % der freien Masse, die durch die Abfindungsansprüche aufgezehrt werden. Das ist doch ein unhaltbarer Zustand. Sie sollen auch einmal einen Blick über die Grenzen werfen. In Österreich ist 1982 eine Insolvenzrechtsreform in Kraft getreten - das sind ja Ihre Parteifreunde, die das gemacht haben -, die alle Vorrechte beseitigt hat. Wir müssen doch bei der Insolvenzrechtsreform zurückkommen zu dem Grundsatz par conditio creditorum, die Gläubiger müssen gleichbehandelt werden. Den jetzt vorliegenden Entwurf der Bundesregierung - wir werden noch darüber reden -, ({4}) werden wir sorgfältig prüfen. Er scheint mir an der äußersten Grenze dessen zu liegen, was wir noch machen können, ohne die Reform zu präjudizieren. Wir werden jedenfalls noch in diesem Jahre zu einer gesetzlichen Regelung kommen. Wir werden damit für die betroffenen Arbeitnehmer die Sicherheit und Klarheit der Rechtslage schaffen, die Sie in den Jahren Ihrer Regierungsverantwortung nicht erreicht haben. ({5})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Das Wort hat der Abgeordnete Kleinert.

Detlef Kleinert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001121, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Ich möchte nur ganz kurz unsere dringende Hoffnung zum Ausdruck bringen, daß das, was wir heute tun, einer viel wichtigeren Aufgabe nicht entgegenläuft, nämlich ein wirklich umfassendes, vernünftiges neues Insolvenzrecht zu schaffen. Es ist sehr bedenklich, so meine ich, daß wir hier einen einzelnen Punkt herausnehmen und für eine Gruppe von Beteiligten, die sicherlich sehr wichtig ist - das bestreiten wir überhaupt nicht -, nämlich für die Arbeitnehmer, eine Vorabregelung treffen, die sich hinterher als nachteilig erweisen könnte, wenn man bei den weiteren Beratungen auf Grund der Ergebnisse einer Kommission, die ihren Bericht überhaupt noch nicht abgeliefert hat, erkennt, welche anderen Gruppen auch sehr berechtigte Ansprüche haben. Das Allerwichtigste insbesondere im Interesse der Arbeitnehmer muß doch wohl sein, daß mehr Betriebe als bisher, wenn sie in Zahlungsschwierigkeiten geraten, auch erhalten bleiben. ({0}) Dies kann nicht dadurch gefährdet werden, daß die eine oder die andere Gruppe zuviel aus dieser Masse vorab zugebilligt bekommt. Ich denke ja übrigens an ganz andere als die Arbeitnehmer, die sicherlich das Recht haben, als erste an dem, was schließlich etwa noch da ist, angemessen beteiligt zu werden. Ich denke z. B. auch daran, daß es möglich ist, durch Gnadenerweise von hoher und höchster Hand, nämlich von Inspektoren und Oberregierungsräten, lange Zeit hindurch erhebliche Steuern zu stunden, um dem Unternehmen zu helfen - mit wenig Einsicht in die betrieblichen Notwendigkeiten -, und anschließend zuzugreifen, d. h. sich auf das bevorrechtigte Zugriffsvermögen des Staates die ganze Zeit zu verlassen und damit allen anderen Gläubigern einschließlich den Arbeitnehmern den Rest, der da etwa noch an Barem ist, wegzunehmen. Das alles im Zusammenhang zu regeln ist unsere Aufgabe. Wir haben zu unserem großen Bedauern gehört, daß es nicht möglich sein wird, in dieser Legislaturperiode zu einem abschließenden Ergebnis der Reform im ganzen zu kommen. Wir hoffen immer noch, daß sich daran etwas ändern könnte, wenn die Kommission ihren Bericht abgeliefert hat und das Ergebnis auch in unseren Kreisen diskutiert und im Justizministerium aufbereitet werden kann. Aber wir bitten dringend darum, im ganzen zu einer Lösung zu kommen. Wir hoffen sehr, daß niemand glaubt, es sollten jetzt mit einer bevorrechtigten Regelung Besitzstände geschaffen werden. In diesem Zusammenhang habe ich dann allerdings noch eine Anmerkung zu machen. Ich weiß wirklich nicht, warum sich dieses Haus - wir hatten ja gestern eine sehr zu Herzen gehende Selbstverständnisdebatte - in seinem Selbstverständnis nicht in etwas anderer Weise mit den Gerichten auseinandersetzt, als das der Fall ist. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts, das uns in dieser Frage zum Handeln gezwungen hat, war längst überfällig. Es sollte nicht dazu führen, daß man jetzt den Schwarzen Peter hin und her schiebt und sagt, das Parlament habe ja geschwiegen und deshalb sei ein Urteil erforderlich gewesen. Vielmehr sollte dieses Urteil dazu führen, daß wir einerseits beizeiten handeln, andererseits aber auch darauf dringen - das Kleinert ({1}) sage ich in diesem Zusammenhang mit großem Nachdruck -, daß vom Gericht nicht eine Lücke, die bewußt offengelassen wird, nicht gefüllt wird, wenn gesetzliches Handeln geboten ist. ({2}) Es gibt nämlich einige Tatbestände, die vom Gesetzgeber nicht geregelt worden sind, weil er das einfach nicht will. Das ist noch lange kein Grund, doch immer wieder im Zusammenhang mit Fragen eine Regelung zu versuchen, von denen das Bundesverfassungsgericht sagt, hier dürfe das Gericht nichts regeln. Unseren Teil der Verantwortung müssen wir stärker sehen. Aber andere sollten sich bei dieser Gelegenheit auch nicht unnützerweise einen Bruch heben, so wie es das Bundesarbeitsgericht eindeutig getan hat. Ich danke Ihnen. ({3})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Das Wort hat der Bundesminister der Justiz.

Hans A. Engelhard (Minister:in)

Politiker ID: 11000472

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich begrüße die heutige Aussprache; denn § 62 Abs. 2 Satz 2 der Geschäftsordnung des Bundestages ist ja ein heilsames Instrument der Selbstvergewisserung und der Selbstkontrolle des Parlaments sowie ein Stück der Kontrolle der Regierung. Ich begrüße die Aussprache auch deshalb, weil sie Gelegenheit gibt, einiges, was in der Vergangenheit so lautstark angesprochen worden ist, doch noch einmal in die Erinnerung zurückzurufen. Mich hat es doch beträchtlich gewundert, daß Herr Kollege Bachmaier es heute dabei hat bewenden lassen, noch einmal zu betonen, wie schön und allein richtig der SPD-Entwurf sei, und alles, was er vorher während der Sommerpause in der Presse lautstark verlautbart hat, mit fast keinem Wort angesprochen hat. Worum geht es in der Sache? In der Sache geht es darum, daß dem Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages ein Entwurf der SPD vorliegt, der noch nicht als Gesetz beschlossen worden ist, und dies, obwohl es bereits drei Anläufe gegeben hat, einmal im Bundesrat und zweimal im Deutschen Bundestag. Nur stellt sich die Frage, was eigentlich die Alternative zu diesem Antrag der SPD ist. Die in der Sache einzig richtige Alternative wäre die Ablehnung des Antrags gewesen. Es stellt sich die Frage, ob dieses Verfahren der Opposition lieber gewesen wäre. Denn in der Sache kann dieser Antrag nicht Gesetz werden, weil er dem Anliegen in keiner Weise förderlich ist. Sie wollen mit Ihrem Antrag beim Konkurs des Arbeitgebers Sozialplanforderungen ein uneingeschränktes Supervorrecht einräumen. Eine solche Lösung begegnet - wenn man sich sehr vorsichtig ausdrückt - schwerwiegenden verfassungsrechtlichen Zweifeln. Schließlich ist Ihr Vorschlag auch in keiner Weise mit dem vereinbar, was schon unter einem SPD-Justizminister auf den Weg gebracht worden war und wohl hoffentlich unser aller Zustimmung hat, nämlich der vorgesehenen Reform des Insolvenzrechts. Denn wie soll man etwa von Mobiliarsicherheitsgläubigern - um nur eine Gruppe herauszugreifen - erwarten können, daß sie innerhalb dieser Reform gewisse Opfer bringen, daß sie ihrerseits Verfahrensbeiträge leisten, wenn auf der anderen Seite unter Umständen die Gefahr besteht, daß die gesamte vorhandene Masse von dem aufgezehrt wird, was Sozialpläne beanspruchen? Nein, da machen Sie es sich etwas einfach. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts war ja eine offensichtliche Notgeburt. Das Bundesarbeitsgericht hat dies auch selbst eingeräumt.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten de With?

Hans A. Engelhard (Minister:in)

Politiker ID: 11000472

Ich bitte darum.

Dr. Hans With (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002536, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, sind Sie bereit einzuräumen, daß Sie bis zu dem von der SPD-Fraktion beantragten Anhörungsverfahren im Rechtsausschuß stets gesagt haben, es bedürfe ja überhaupt keiner Zwischenregelung, denn man könne zuwarten, bis die Gesamtreform komme - die wahrscheinlich erst 1990 kommen wird -, und daß Sie erst durch einen gemeinsamen Beschluß des Rechtsausschusses nach dem Anhörungsverfahren gezwungen wurden, einen Gesetzentwurf vorzulegen? ({0})

Hans A. Engelhard (Minister:in)

Politiker ID: 11000472

Herr de With, hier trügt Sie Ihre Erinnerung - um mich nicht anders ausdrücken zu müssen. Ich habe zu keinem Zeitpunkt gesagt, daß dies bis zur Gesamtreform Zeit habe. Denn mir ist wie Ihnen sehr wohl bewußt, daß dies bei aller Beschleunigung noch eine ganze Reihe von Jahren dauern kann. Wir alle wissen - darin sind wir uns ja einig -, daß das nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und durch die dadurch veranlaßte neueste Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sozial natürlich völlig unvertretbar wäre und das, was im Konkursfalle den Arbeitnehmern für den Sozialplan verbliebe, wirklich das Papier kaum wert wäre, auf das dieser Sozialplan vorher gepinselt worden ist. Ich habe eine solche Äußerung nie getan, sondern zu einem sehr frühen Zeitpunkt gesagt, daß hier eine Zwischenlösung gefunden werden muß. Und die haben wir gefunden. Ich komme zum Thema zurück und sage, daß sich die Bundesregierung aus den geschilderten Gründen darangemacht hat, eine Zwischenlösung zu finden. Es hat mittlerweile, wie Sie zu Recht erwähnen, am 27. Juni, mit der Bitte, dies bis zum 15. August zu erledigen, der Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages um einen abgestimmten Entwurf gebeten. Ich sage Ihnen für die Bundesregierung, daß wir unsere Aufgaben gemacht haben. Bereits am 5. Juli hat von meiner Seite her das entscheidende Gespräch mit Herrn Bundesminister Blüm stattgefunden, in dem eine Einigung in dieser schwierigen Frage erzielt worden ist. Aber dann kam die Schwierigkeit, im einzelnen noch alle Detailabstimmungen vorzunehmen und die Sache im Kabinett zu behandeln. So ist eine Verspätung von sage und schreibe 13 Tagen eingetreten. Dies war von Ihrer Seite, Herr Bachmaier, Anlaß, ({0}) von einer kaltschnäuzigen Mißachtung eines Parlamentsbeschlusses und von einigem mehr in dieser Richtung zu sprechen. ({1}) Ob dies das richtige Verständnis vom Umgang miteinander ist, möchte ich füglich bezweifeln - um hier schärfere Worte zu vermeiden. Sie wollten das heute nicht fortsetzen. Machen Sie es sich nicht zu einfach, Herr Kollege? Ich spreche es an, weil es vielleicht ganz gut ist, wenn auch viele- Arbeitnehmer draußen erfahren, wie man in solchen Situationen vordergründig zu ihren Gunsten auf den Putz haut, während man, wenn es um die Sache geht, hier plötzlich ungemein freundlich ist. Man erkennt nämlich, daß in der Sache das, was jetzt mit sage und schreibe 13tägiger Verspätung - bei gleichzeitiger Entschuldigung für diese Verspätung - von der Bundesregierung dem Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages übermittelt worden ist, eine richtige Lösung ist, eine Lösung, die auch schon in der Öffentlichkeit eine durchaus freundliche Aufnahme gefunden hat. Sie alle sind sehr herzlich eingeladen, dazu beizutragen, daß diese Lösung rechtzeitig zum 1. Januar 1985 im Interesse der Arbeitnehmer Gesetz wird. ({2})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache. Ich stelle fest, daß das Haus den Bericht gemäß § 62 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung, den der Rechtsausschuß auf Drucksache 10/1968 erstattet hat, zur Kenntnis genommen hat. Ich rufe Tagesordnungspunkt 10 auf: Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Doss, Dr.-Ing. Kansy, Hauser ({0}), Dr. Faltlhauser, Dr. Kunz ({1}), Pohlmann, Kraus, Dr.-Ing. Oldenstädt, Müller ({2}), Sauer ({3}), Dr. Czaja, Gattermann, Grünbeck, Cronenberg ({4}), Dr. Haussmann, Dr.-Ing. Laermann, Wurbs, Wolfgramm ({5}) und der Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen - Drucksache 10/543 ({6}) - Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau ({7}) - Drucksache 10/1562 Berichterstatter: Abgeordnete Conradi Dr.-Ing. Kansy ({8}) Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Abgeordneten Conradi, Waltemathe, Müntefering, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD auf Drucksache 10/1990 vor. Meine Damen und Herren, im Ältestenrat ist für die Aussprache ein Beitrag bis zu zehn Minuten für jede Fraktion vereinbart worden. Sind Sie mit die-1 ser Regelung einverstanden? - Ich sehe keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Wird das Wort zur Berichterstattung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. - Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Kansy.

Dr. - Ing. Dietmar Kansy (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001064, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenige Stunden nach der berühmten Selbstverständnisdebatte haben wir es hier mit einem Thema zu tun, bei dem ich sicher bin, daß noch nicht einmal die anwesenden Kollegen genau wissen, worüber wir reden. Das ist ein typischer Fall, der uns zu der Überlegung Anlaß geben sollte, ob so etwas im Plenum behandelt werden muß. ({0}) Im übrigen kann ich mir eine Bemerkung nicht verkneifen. Herr Minister Engelhard, wenn sich die Fraktionen wie beim letzten Tagesordnungspunkt zu konzentrieren versuchen und sich auf fünf Minuten beschränken - z. B. wurde von der CDU/CSU und der SPD, die zusammen rund 450 Abgeordnete haben, insgesamt zehn Minuten gesprochen -, dann bedeutet das sicherlich nicht, daß die Bundesregierung längere Ausführungen machen sollte; denn sonst hat die Konzentration ja wohl wenig Sinn. ({1}) Noch eine Vorbemerkung statt Berichterstattung: In der Drucksache 10/1562 ist ein Fehler. In der letzten Zeile auf der ersten Seite muß es heißen: „24. Juni 1982" und nicht „20. Oktober 1981". Meine Damen und Herren, wir haben nun lange gerungen, ({2}) mehrere Jahre, einerseits dem berechtigten Anliegen von freiberuflichen Architekten und Ingenieuren, andererseits aber auch dem Anspruch der Bürger und dem Anspruch vieler öffentlicher Auftraggeber gerecht zu werden, ein vernünftiges Verhältnis zwischen aufgewandten Kosten im Bereich von Ingenieurleistungen und der Arbeit dieser freiberuflichen Ingenieure und Architekten zu finden. Ich freue mich deswegen, daß wir nun endlich so weit sind. Ich möchte ein kurzes Dankeswort an die verschiedenen Bundesministerien, an die Länderministerien, an die kommunalen Spitzenverbände richten, aber auch an die Fachverbände, die uns beratend zur Seite gestanden haben, insbesondere die Bundesarchitektenkammer und der Verband Beratender Ingenieure. Letzterer hatte übrigens die schwierige Doppelaufgabe zu bewältigen, einerseits die zügige Verabschiedung dieses Gesetzentwurfs zu unterstützen, es andererseits jedoch zu ermöglichen, daß die 1980 im Bundesrat steckengebliebene HOAI-Novelle wieder flottgemacht wird. Hier gab es ja große Widerstände, das gleichzeitig zu tun. Obwohl diese Honorarordnung nur Angelegenheit der Bundesregierung und der Bundesländer ist, weil es eine Ordnung und kein Gesetz ist, möchte ich hier noch einmal feststellen, daß damit die längst überfällige Verordnung zu ganz wesentlichen ingenieurtechnischen Bereichen jetzt auch unter Dach und Fach gebracht wurde. Dabei weiß ich, daß einige Ingenieure im Bereich des Wasser- und Straßenbaus nicht ganz zufrieden sind, weil die Vergütungssätze dieser neuen Ordnung unter denen liegen, die vorher in der LAWA und der LHO Gültigkeit hatten. Deswegen möchte ich von diesem Pult des Deutschen Bundestages aus insbesondere die öffentlichen Auftraggeber in diesem Bereich noch einmal ansprechen. Vielfach ist nicht mehr der Mittelwert zwischen Höchst- und Mindestsätzen der Ausgangspunkt beim Aushandeln des Honorars. ({3}) Der Mittelwert war aber eindeutiger Wille des Gesetzgebers gewesen. Viele öffentliche Auftraggeber gehen aber mehr oder weniger davon aus, daß der Mindestsatz der HOAI der Regelsatz der HOAI ist ({4}) und unterlaufen damit über ihre Vertragsmuster bewußt oder unbewußt den Willen des Gesetzgebers bzw. des Verordnungsgebers. Ich bedaure außerordentlich, daß z. B. auch in einem vom Bundesminister für Verkehr vorgelegten Handbuch für Ingenieuraufträge im Straßen- und Brückenbau der Preiswettbewerb über Ausschreibung praktisch wieder von hinten herum eingeführt wird, obwohl es unser Wille ist, daß freie Berufe dem Preiswettbewerb eben nicht unterliegen. ({5}) Meine Kollegen, es steht hier etwas mehr als einige Prozente Honorar auf dem Spiel. Der freiberufliche Techniker, der zunehmend zu einer Ausnahme wird, der zwischen den Riesenwirtschaftsverbänden auf der einen Seite und dem öffentlichen Dienst auf der anderen Seite steht, findet im Grunde kein Verständnis mehr für sein Berufsethos, für seine ganz spezifische Situation. Damit reden wir nicht nur über eine Honorarordnung und nicht nur über Architekten und Ingenieure, sondern wir reden im Grunde über die Zukunft der freien geistigen Berufe; der Bundeskanzler würde sagen: in diesem unserem Lande. ({6}) - Der Rechtsanwalt freut sich; auch er ist Freiberufler. - Ich meine, daß nur ein angemessenes Honorar es ermöglicht, in fachlicher, aber auch in kultureller Redlichkeit - unabhängig vom Verkaufsdruck der Industrie und vom Zeitdruck, den ein unzureichendes Honorar verursachen kann - die bestmögliche Lösung zu finden. Herr Kollege Schily und andere Kollegen, wie in der Gesundheits- oder in der Rechtspflege dient die Honorarordnung für freiberufliche Techniker in vielen Bereichen - in zunehmend wichtigen Bereichen, z. B. auf dem Gebiet des Umweltschutzes, auf dem der Techniker tätig ist - der Qualitätssicherung. Ich finde es außerordentlich bedauerlich, daß freiberufliche Architekten und Ingenieure für dieses Anliegen bei vielen privaten Auftraggebern oft mehr Verständnis finden als in weiten Bereichen der öffentlichen Hand. ({7}) Hier gerät .der Freiberufler im Grunde in die Zange zweier Denkansätze: Dem einen paßt die Richtung der wirtschaftlichen und geistigen Unabhängigkeit wenig in den Kram, und der andere ruft nach Marktwirtschaft, ohne im Traum daran zu denken, seinen Arzt oder Rechtsanwalt ebenfalls durch Ausschreibung auszusuchen. Vor diesem Hintergrund ist im Grunde auch der Gesetzesantrag von CDU/CSU und FDP zu verstehen. Er wurde notwendig, nachdem das Bundesverfassungsgericht die HOAI insoweit für nichtig erklärt hatte, als sie die Unterschreitbarkeit der Mindestsätze auf Ausnahmefälle beschränkte. Damit war eine allgemeine Unterschreitung der Mindestsätze möglich. Eine Honorarordnung, deren Mindestsätze grundsätzlich unterschritten werden können, hat ({8}) geringen Wert. Mit dem Gesetzentwurf der CDU/CSU sollte die Unterschreitung zunächst einmal auf die Ausnahmefälle beschränkt werden, in denen die Leistung mit außergewöhnlich geringem Aufwand verbunden ist. Wir haben dann im Ausschuß eine andere Lösung gefunden und einstimmig beschlossen, nach der die Mindestsätze in Ausnahmefällen durch schriftliche Vereinbarung unterschritten werden können. Damit wird die notwendige Ermächtigungsnorm für § 4 Abs. 2 der HOAI geschaffen. Die SPD-Fraktion hat nun, Herr Kollege Conradi, im Ausschuß ergänzend beantragt - wir haben den entsprechenden Änderungsantrag auch hier auf den Tischen liegen -, das Gesetz zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen um einen Paragraphen zu erweitern. Dort sollte klargestellt werden, daß die Gemeinden nicht dem Verbot - das wir j a aus gutem Grunde erlassen haben Dr.-Ing. Kansy unterliegen, Grundstücksveräußerungen mit Architektenleistungen zu koppeln. Die Gemeinden sollen diesem Koppelungsverbot dann nicht unterliegen, wenn sie die Erwerber von Grundstücken nach einem Planungswettbewerb verpflichten, einen der Preisträger des Wettbewerbes mit der Durchführung der Architektenleistungen zu beauftragen. Die CDU/CSU sieht zwar - Herr Conradi, Sie wissen es - in dem Bestreben der Gemeinden, bei Planungswettbewerben die Bebauung entsprechend der Planung der Preisträger sicherzustellen, ein verständliches Anliegen, ist jedoch der Meinung, daß insbesondere die Ausweitung auf andere Institutionen die Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung innerhalb der Planungsberufe in sich trägt. Wir werden also auch hier im Plenum diesen Änderungsantrag ablehnen. Im Namen der Antragsteller CDU/CSU und FDP bitte ich jedoch Sie alle, diesem Gesetzentwurf nunmehr zuzustimmen, damit sichergestellt wird, daß das Hauptziel erreicht wird: daß der von uns gewollte Qualitätswettbewerb bei Architekten und Ingenieuren nicht durch einen ungezügelten Preiswettbewerb ersetzt wird. Ich danke Ihnen. ({9})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Conradi.

Peter Conradi (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000335, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese Debatte gehört - das zeigt auch die Präsenz im Plenum - eigentlich nicht hierher. Darüber haben wir gestern gesprochen. Auf der anderen Seite wollen wir nach der Beratung dieses Gesetzes ja den betroffenen Architekten, den Bauherren, den Verbänden und den Kammern - allen, die damit zu tun haben - etwas mitteilen, und das können wir nur in einer öffentlichen Sitzung. Deshalb möchte ich hier den Vorschlag wiederholen: Lassen Sie uns öffentliche Ausschußsitzungen einrichten - nicht für alle Ausschußsitzungen -, damit wir dort der Öffentlichkeit mitteilen können, was sie wissen muß, und damit das Plenum entlasten. ({0}) - Herr Schily, Sie wollten die Ausschußsitzungen insgesamt öffentlich machen, und wir wollen am Ende einer Gesetzesberatung eine öffentliche Sitzung. Wir können einander einen Schritt entgegenkommen, und dann wird das ganz schnell gehen, wenn die Kollegen von der Union und der FDP auch mitmachen. Worum geht es hier? Hier geht es darum, ob Mindestsätze einer Honorarordnung unterschritten werden dürfen oder nicht. Der Bundestag hat 1971 beschlossen, sie dürfen nicht unterschritten werden, und die Regierung, d. h. die Regierungen, der Bundesrat haben damals gesagt, sie dürfen allgemein unterschritten werden. Insoweit war die Konfliktlage hier nicht Opposition/Koalition, sondern Parlament/Regierungen. Die Regierungen wollen die Architekten, weil die Regierungen ja auch Bauherren sind, in ihren Honoraren ordentlich drücken und dafür die Mindestsätze frei unterschreitbar machen. Da war die Bundesregierung - egal welcher Couleur - gleicher Meinung wie die Landesregierungen. Wir, das Parlament, waren der Meinung, wenn schon eine Honorarordnung, dann soll sie „unten dicht" sein; denn eine „unten offene" Honorarordnung macht keinen Sinn. Damals ist Gesetz geworden, was der Bundesrat uns auf's Auge gedrückt hat, nämlich eine Honorarordnung, die „unten offen" sein sollte. Die hat das Bundesverfassungsgericht in diesem Punkt aufgehoben. Denn die Bundesregierung hatte hineingeschrieben „in Ausnahmefällen", und das stand ja nicht im Gesetz. Heute wollen wir das heilen und sagen im Gesetz: „In Ausnahmefällen können die Mindestsätze der Honorarordnung unterschritten werden." Da gab es wieder Streit zwischen den Regierungen und uns, weil wir Parlamentarier - und das ging durch alle Fraktionen - der Meinung waren, die Worte „in Ausnahmefällen" seien unsinnig. So kann man nicht Gesetze machen, daß man das hineinschreibt, und nicht sagt, was Ausnahmen sind, und es damit den Richtern überläßt, zu entscheiden, worum es geht. Die Bundesregierung und die Länderregierungen haben sich erbittert dagegen gewehrt, daß wir in das Gesetz hineinschrieben, welcher Art denn diese Ausnahmefälle sind. Nun wollen wir es hier doch wenigstens in der Debatte sagen: Wir, die das Gesetz bearbeitet haben, sehen nur zwei Ausnahmefälle, in denen die Mindesthonorare unterschritten werden können. Der eine ist, wenn es sich um Leistungen mit außergewöhnlich geringem Umfang handelt. Der andere ist, wenn der Architekt für nahe Verwandte plant und baut. Das Problem ist ja nicht der Bauherr mit dem kleinen Häuschen, der hier im Parlament so häufig beschworene „kleine Mann"; da findet man immer eine vernünftige Regelung. Das Problem ist doch die Gemeinde, die sagt: Wir haben jetzt kein Geld mehr, mach es ein bißchen billiger. Das ist kein Ausnahmefall. Das Problem ist die kirchliche Organisation oder der Bürger- oder Schützenverein, der sagt: Unter Freunden, komm, du kriegst den Auftrag, aber ein bißchen runter mit dem Honorar. Dies sind alles keine Ausnahmefälle. Das wollen wir hier deutlich festhalten. Das steht nicht im Gesetz. Das hat die Regierung verhindert. Aber sagen dürfen wir es ja noch. ({1}) - In der Berichterstattung steht es auch, Herr Kansy. Nun ein Wort zu den freiberuflichen Architekten: Die freiberuflichen Architekten bekommen hier nach dem Willen des Gesetzgebers eine wasserdichte Honorarregelung, weil wir bei ihnen nicht den Preiswettbewerb, sondern den Leistungswettbewerb wünschen. Ich appelliere an Sie, geben Sie Ihren angestellten Kollegen auch wasserdichte, durch Tarifverträge gesicherte Gehälter, damit auch dort der Leistungswettbewerb entscheidet und nicht die Frage, wer es am billigsten macht. Was Sie für sich als recht und billig ansehen, das sollten Sie auch Ihren angestellten Kollegen zubilligen. Ein Wort an den Auftraggeber öffentliche Hand: Der Gesetzgeber will in der Honorarordnung Höchst- und Mindestsätze. Da steht nirgendwo, daß der Mindestsatz der Regelsatz ist. Und ich sage hier sehr deutlich: jede Gemeinde, jede Oberfinanzdirektion, auch jeder Rechnungshof, der behauptet, die Mindestsätze der Honorarordnung seien die Regelsätze, handelt nicht entsprechend dem Gesetz. Wir haben festgelegt, daß in jedem Einzelfall die berechtigten Interessen des Architekten an einem auskömmlichen Honorar für eine solide Planung und die berechtigten Interessen des Bauherrn abzuwägen sind und daß in jedem Einzelfall ein Honorar zwischen dem Mindest- und dem Höchstsatz gefunden werden muß. Das Mindesthonorar ist nicht das, was dabei automatisch unten herauskommen muß. In der Praxis ist der Architekt beim Aushandeln des Honorars am kürzeren Hebel. Da sagt die Oberfinanzdirektion: Da gibt es doch viele, die würden es zum Mindestsatz machen; der soll sich nicht so anstellen. Ich will hier meinen Vorschlag wiederholen: Die Architektenkammern sollten sich darum bemühen, gemeinsam mit der öffentlichen Hand Schiedsstellen einzurichten, damit diese in Streitfällen über die Höhe des Honorars entscheiden. Denn ich halte es für unwürdig, ich halte es auch nicht für dem Gesetz entsprechend, daß die öffentliche Hand als quasi-monopolistischer Auftraggeber der Architekten die Honorare diktiert. Nun komme ich zu unserem Änderungsantrag. Wir haben in demselben Architektengesetz 1971 einstimmig beschlossen, daß die freiberuflichen Architekten nicht mit Grundstücken handeln dürfen, weil das nicht ihrer Berufs- und Standesauffassung entspricht - sonst wären sie j a gewerbliche Architekten -, daß also freiberufliche Architekten nicht ein Grundstück verkaufen und das mit der Auflage koppeln dürfen: Du Käufer mußt dann auch bei mir, dem Architekten, bauen. Niemand hat damals daran gedacht, dieses Koppelungsverbot auf die Gemeinden auszudehnen. Der Antrag eines Unionskollegen, das Koppelungsverbot auf Bauträger auszudehnen, ist damals ausdrücklich von uns allen abgelehnt worden. Nun sagt der Bundesgerichtshof: Was bisher möglich war, ist nicht mehr zulässig: Eine Gemeinde soll nicht mehr für ihre Grundstücke einen Architektenwettbewerb ausschreiben können und dann hinterher sagen können: Wir geben die Grundstücke an private Bauherren ab, womöglich nach sozialen Grundsätzen, d. h. an Familien mit Kindern; die Käufer müssen dann allerdings mit einem der Preisträger dieses Wettbewerbs bauen. Was jedem Bauträger, jedem Bauunternehmer erlaubt ist, will der Bundesgerichtshof den Gemeinden nicht mehr erlauben. Ich halte das für absurd. Deshalb wollen wir, daß der Gesetzgeber hier klarstellt: Das Koppelungsverbot gilt nicht für Gemeinden, für Gemeindeverbände und für die Träger, die in ihrem Einvernehmen handeln, wenn es einen Architektenwettbewerb gegeben hat und wenn die Gemeinde dann die Bauherren, die Käufer auf die Preisträger dieses Wettbewerbs verpflichtet. Die kommunalen Spitzenverbände sind dafür, die Gemeinden sind dafür, die Fachleute der Länder in der ARGE-Bau sind dafür, die Architekten halten es für vernünftig, denn mehr Wettbewerber heißt ja auch mehr Planung, nur die Bundesregierung - genauer: die Bürokraten der Bundesregierung, nicht die politische Führung - hat Bedenken. Das sind die üblichen Beamtenbedenken: Da könnte ja jeder, das Verbot wird aufgeweicht, der Text sei nicht ausgereift. Das ist das typische Bürokratiegeschwätz. Sie, die Union, reden von Entbürokratisierung, aber wenn man einmal so eine Sache hat, wo das Parlament Entbürokratisierung machen könnte, dann kneifen Sie vor Ihren eigenen Ministerialbürokraten. Sache ist: Wir, der Gesetzgeber, haben das Koppelungsverbot nicht für die Gemeinden bestimmt. Das hat der Bundesgerichtshof so beschlossen, und deswegen sollten wir hier klarstellen, daß wir das anderes gemeint haben und anders wollen. Es ist eine Frage unserer Selbstachtung, ob wir zulassen, daß Bürokraten und Richter bestimmen, was Sache ist, oder ob wir das hier im Interesse der Gemeinden, im Interesse der Architekten und im Interesse der Bauherren in Ordnung bringen. Wenn andere bestimmen, was Sache ist, dürfen wir uns nicht wundern, wenn das Volk keine so hohe Meinung von der Volksvertretung hat. Deswegen bitte ich Sie, unserem Änderungsantrag zuzustimmen. ({2})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Sauermilch.

Walter Sauermilch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001923, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Präsident und - ich muß leider wieder einmal sagen - leeres Haus! ({0}) In einer Lokalzeitung habe ich die eher beiläufige Mitteilung gelesen, daß ein Jäger im Wald versehentlich einen Architekten erschossen hat. ({1}) Als Begründung gab der Jäger an, er habe den Architekten für ein Wildschwein gehalten. ({2}) Die Vermutung liegt nahe - deswegen berichte ich das hier -, daß sich dieser Architekt in Ermangelung von Aufträgen auf Nahrungssuche befunden hat. ({3}) Beeren, Blätter und hier und da ein mit Schwermetall angereicherter Pilz können über eine gewisse Zeit Bestandteil des Überlebenstrainings jener ArSauermilch chiteken sein, die immer noch glauben, daß dieser Berufsstand eine eigene Ethik zu verlieren habe. ({4}) - Das sei, Herr Conradi, deswegen betont, weil ich auch die anderen kenne, die Makler-Architekten und die Leisetreter, die z. B. in Form von sogenannten Bauherrenmodellen den von mir hier jetzt mal etwas scherzhaft so bezeichneten neuen Baustil der Neo-eklekto-Opportunismus zelebrieren ({5}) oder, wie manche das nennen, die „Neue Niedlichkeit", ({6}) oder die auf raffinierte Weise trotz Koppelungsverbots mit Gemeinderäten und Baulöwen an Biertischen eine Grundstückspolitik eigener Art betreiben, die sich jeglicher sozialen Kontrolle enzieht ({7}) und nur gelegentlich, wenn auch fast immer zu spät, in ihrer ganzen Dimension ruchbar wird. In der Bundesrepublik fristen zur Zeit über 30 000 freischaffende Architekten und über 60 000 Architekten insgesamt ihr kärgliches Dasein; so eine Statistik der Architektenkammern. Abgesehen von einigen wenigen Gutverdienenden müssen wir in der Tat von einem kärglichen Dasein sprechen, wenn wir dabei bedenken, daß nach Angaben der Bundesanstalt für Arbeit etwa 600 offenen Stellen annähernd 6 000 arbeitslose Architekten und Bauingenieure gegenüberstehen. Hinzu kommt eine beachtliche Dunkelziffer durch Selbstausbeutung, meine Damen und Herren, und versteckte Arbeitslosigkeit bei den freischaffenden Architekten. Dies ist eine ernste Realität. Es ist meiner Ansicht nach der düstere Hintergrund für das, was wir hier, wenigstens was die Honorarordnung betrifft, zu bereinigen haben. Worum es geht, ist klar; es wurde schon von meinen Kollegen Vorrednern beschrieben. Übrigens, was die Kollegen betrifft: In diesem Hohen Hause sitzen über 200 Rechts-, Staats- und Wirtschaftswissenschaftler, Politologen und Pädagogen - weit überwiegend Beamte -, dagegen 2 - in Worten: zwei - freischaffende Architekten. Das ist kein Zufall und sollte uns nebenbei zu denken geben. ({8}) Es gilt, den Mißstand des ruinösen Honorarunterbietungswettbewerbs der Architekten wenigstens zu begrenzen, wenn er schon auf Grund der sozial blinden kapitalistischen Marktwirtschaft nicht ganz auszuschließen ist. Wie sehr diese Notwendigkeit aus dem Leben gegriffen ist, das möchte ich hier kurz an drei Beispielen aus einer Dokumentation belegen. Da schreibt eine Stadt A an Architekten - ich zitiere hier auszugsweise -: Die Stadt erwartet insbesondere Angaben darüber, in welcher Höhe Sie bereit sind, die jeweiligen Mindestsätze der in Frage kommenden Honorartafeln zu § 17, 1 HOAI in Prozenten ausgedrückt zu unterschreiten. Die Stadt B schrieb: Sehr geehrte Damen und Herren! Das Problem, ein Bürgerhaus für den Ortsteil C in der Gemeinde D auf dem Gelände ... zu bauen, beschäftigt die gemeindlichen Gremien seit mehreren Jahren. Es wurde beschlossen, daß der Gemeindevorstand die in B ansässigen Architekten und die Firma X auffordert, kostenlos Konzepte mit Bedarfsanalyse und Finanzierungskonzept für die Bebauung des Brückenmühlengeländes unter Berücksichtigung des Baus eines Bürgerhauses bis zum 30.4. vorzulegen. Ein letztes Beispiel. Es schreibt der evangelische Oberkirchenrat der Stadt Soundso an den Bund Deutscher Baumeister - auch hier zitiere ich ein kleines Stückchen auszugsweise -: Wir sind allerdings über die Initiative Ihres Mitglieds etwas überrascht, da auch er in jüngster Zeit bei mehreren kirchlichen Projekten mit Aufträgen angemessen berücksichtigt wurde. In einer Zeit wirtschaftlicher Schwierigkeiten sind auch wir gezwungen, die verfügbaren Mittel verantwortungsvoll einzusetzen. Dabei sind wir den jeweiligen Auftragnehmern dankbar, sowohl - jetzt hören Sie bitte einmal genau zu wenn sie Leistungen gegebenenfalls mit einem Nachlaß anstelle einer Spende erbringen als auch eine Geldspende machen oder gar völlig unentgeltlich tätig werden. Soweit die Kirche. ({9}) Dieser grotesken Einmaligkeit der Mißachtung eines Berufsstands steht die Merkwürdigkeit gegenüber, daß andere Freiberufler wie die Zahnärzte und Ärzte mit über 200 000 DM bzw. 170 000 DM pro Jahr zu den Spitzenverdienern in dieser Republik gehören. Die Rechtsanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater brauchen mit über 100 000 DM pro Jahr auch nicht gerade auf Beerensuche zu gehen. ({10}) Aber wer hat schon erlebt, daß ein Ärzteteam nächtelang an einem Wettbewerb für die eleganteste Blinddarmoperation gearbeitet hätte, wobei noch nicht einmal feststand, ob es überhaupt den Auftrag dafür erhalten würde? Architekten haben es ohnehin schwer. Neben den Problemen mit knallharten Vertragsbedingungen der großen Auftraggeber - Wohnungsbaugesellschaften, Versicherungen und Industrie - haben sie sich gegen die De-facto-Planungsmonopole von Kommunen bezüglich der Flächennutzungs- und Bebauungsplanung, gegen Schwarzarbeit von Beamten und Angestellten in diesen Bauämtern, ge6290 gen die Planung und Bauleitung von Hochbauten durch die Bauämter und gegen die Bürokratie insgesamt besonders stark zu wehren. Sicher tragen die Architekten ein gerüttelt Maß an Verantwortung für so manche Scheußlichkeit der gebauten Umwelt selber. ({11}) Leider muß man aber auch feststellen, daß Architekten oftmals zu Unrecht bezichtigt werden, wenn z. B. überzogene Verdichtungsziffern für ein Baugrundstück von einem ehrgeizigen Gemeinderat oder von einem mächtigen Unternehmer vor Beginn der Planung programmiert werden oder wenn die Gestaltung von Kaufleuten vorgegeben wird oder wenn die Vorschriften des sogenannten Sozialen Wohnungsbaus und überspitzte technische Normen die soziale Qualität verhindern. Es ist nicht zu verkennen, daß es Bestrebungen gibt, die Architekten so weit zu demütigen, bis sie steuerlich, rechtlich und gesellschaftspolitisch nur noch die Funktion von systemimmanenten unternehmerischen Rädchen im geölten Wachstumsgetriebe dieser rücksichtslosen, unsozialen sogenannten Marktwirtschaft sind. Das Ergebnis wären die Fortsetzung und Verschlimmerung des Verfalls unserer gesamten gebauten städtischen und ländlichen Kultur und die weitere Zerstörung unserer sozialen Grundlagen. Dagegen stellt das Berufsethos der Architekten eine Selbstverpflichtung zu sozial und kulturell verantwortungsbewußtem Handeln dar, das nur möglich ist, wenn ein Existenzminimum gesichert wird. Nichts anderes soll hier erfolgen. Wir stimmen daher der Empfehlung des 16. Ausschusses zu. Erlauben Sie mir zwei Schlußbemerkungen. Die erste betrifft die von der SPD in diesem Zusammenhang verlangte Lockerung des Koppelungsverbots von Architektenleistung und Grundstücksgeschäfts. Damit wird aus meiner Sicht ein äußerst schwieriger Wirkungszusammenhang angesprochen, der im Interesse einer schnellen Regelung der Mindestsatzproblematik getrennt, Herr Conradi, behandelt werden sollte. ({12}) Zweitens, und damit abschließend, möchte ich alle, auch die Architekten, in diesem unserem Lande bitten, zu erkennen und zu berücksichtigen, daß die künftigen Planungen unserer gebauten Umwelt in einem viel höheren Maße als bisher die Interessen aller Menschen und der gesamten Natur berücksichtigen müssen. Ökologisch orientiertes Bauen ist eine schwierige, für viele neue, für alle notwendige Aufgabe, die zusätzlich zu leisten ist. Leisten müssen sie vor allem die Architekten. Das können sie aber nur, wenn wir diese ihre Aufgabe ideell und materiell respektieren. - Ich danke Ihnen. ({13})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Das Wort hat der Abgeordnete Beckmann.

Klaus Beckmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000133, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Ich bitte, Herr Präsident, sehr um Vergebung, daß ich als Nicht-Architekt jetzt nach den beiden beruflich zutändigen Kollegen ({0}) einige Anmerkungen zur Neuregelung der Honorarordnung für Ingenieure und Architekten mache. Der heute zur Entscheidung anstehende Gesetzentwurf ist von uns eingebracht worden, um einen für die betroffenen Berufsgruppen der Architekten und Ingenieure wie auch für die Gesamtgesellschaft unguten Zustand zu beenden, nämlich den Zustand, daß in einer geltenden Gebührenordnung die dort festgelegten Untergrenzen keinerlei Verbindlichkeit besitzen und jederzeit unterschritten werden können. Dieser Zustand, der ja durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1981 entstanden ist, hat die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure ad absurdum geführt, wertlos gemacht und uns als Gesetzgeber zum Handeln verpflichtet. Meine Damen und Herren, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf kommt das Parlament diesem Auftrag nach. Künftig wird wieder Klarheit darüber herrschen, daß die in der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure festgelegten Untergrenzen, die sogenannten Mindestsätze, nur in Ausnahmefällen unterschritten werden dürfen. So hatte das der Bundestag schon 1971 festgelegt. Das Mindesthonorar der betroffenen Berufsgruppen ist damit endlich wieder garantiert. Die Honorarordnung kann ihren eigentlichen Zweck wieder erfüllen. Auch die Gefahr eines ruinösen Preiswettbewerbs, der mit Sicherheit zu Qualitätseinbußen führen müßte, ist gebannt. Gerade im Baubereich, so meine ich, muß die Planungsqualität gewährleistet sein. Der Spruch „wer billig plant, baut teuer", hat insofern seine volle Berechtigung. Kostensparendes Bauen mit unterbezahlten Architekten kann sich sehr schnell ins Gegenteil verkehren. Meine Damen und Herren, wir wollen statt dessen einen Qualitätswettbewerb mit der Rückendekkung einer gesicherten Preisbasis. Die kreativen Leistungen der Architekten und Ingenieure sollen ohne unangemessenen Preisdruck zur Entfaltung kommen können. Mit der vorliegenden Gesetzesänderung wird ein solcher Qualitätswettbewerb wieder möglich. Sie trägt auch dazu bei, daß der konstruktive Geist der Architekten und Ingenieure in die Qualität der Planung und Ausführung von Bauvorhaben wieder in angemessener Weise einfließen kann. Der Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau hat sich einstimmig dafür ausgesprochen, den ursprünglichen Gesetzentwurf insoweit zu ändern, als es nur noch heißen soll, daß die Mindestsätze in Ausnahmefällen unterschritten werden können. Auf die ursprünglich vorgesehene Spezifizierung dieser Ausnahmen - darauf wurde eben schon hingewiesen - wurde verzichtet. Es hieß urBeckmann sprünglich: wenn Leistungen mit außergewöhnlich geringem Aufwand verbunden sind. Wir sind in diesem Punkt zu der Erkenntnis gekommen, daß diese Spezifizierung zu eng gefaßt wäre. Die jetzt vorgeschlagene Formulierung ermöglicht ein Unterschreiten der Mindestsätze - etwa unter Verwandten - auch bei anderen als außergewöhnlich geringen Vorhaben, ohne daß damit die generelle Gültigkeit der Untergrenzen in Frage gestellt wäre. Im Bewußtsein der Dringlichkeit der Neuabsicherung von Mindestsätzen hat der Ausschuß auch darauf verzichtet, den Gesetzentwurf mit Themenerweiterungen zu belasten. Die Lockerung des Koppelungsverbots, die die SPD hier wieder beantragt, wäre zum jetzigen Zeitpunkt aus unserer Sicht jedenfalls eine Überfrachtung des Gesetzes. Dieses wichtige Thema muß, wenn wir zu einer gewissen Aufweichung kommen wollen, noch weiter beraten werden. Dafür brauchen wir aber Zeit. Wir waren uns Gott sei Dank darüber einig, daß der vorliegende Entwurf ohne Zeitverzögerung Gültigkeit erlangen muß. Wir kommen damit einer Verpflichtung gegenüber den betroffenen Berufsgruppen nach und leisten auch einen Beitrag dazu, daß im Baubereich im freien Wettbewerb Qualität geschaffen werden kann. Damit ist auch ein altes Anliegen der FDP-Fraktion erfüllt. Wir geben gerne und überzeugt unsere Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf. Vielen Dank. ({1}) ({2})

Dr. Rainer Barzel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000102

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Einzelberatung und zur Abstimmung. Ich rufe Art. 1 in der Ausschußfassung auf. Hierzu liegt Ihnen auf Drucksache 10/1990 ein Änderungsantrag der Abgeordneten Conradi, Waltemathe, Müntefering und weiterer Abgeordneter der Fraktion der SPD vor. Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das zweite war die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt. Wer Art. 1 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Keine Gegenstimmen und Enthaltungen. Ich stelle fest, daß die Vorschriften in der Ausschußfassung angenommen worden sind. Ich rufe die Art. 2 und 3 sowie Einleitung und Überschrift in der Ausschußfassung auf. Wer den aufgerufenen Vorschriften zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Keine Gegenstimmen und Enthaltungen. Damit sind die Vorschriften angenommen. Die zweite Beratung ist abgeschlossen. Wir treten in die dritte Beratung ein und kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Wer ist dagegen? - Niemand. Enthaltungen? - Auch keine. Der Gesetzentwurf ist damit angenommen. Ich rufe die Punkte 11 a) und 11 b) der Tagesordnung auf: 11. a) Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Jugendarbeitsschutzgesetzes - Drucksache 10/340 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung ({0}) - Drucksache 10/2012 Berichterstatter: Abgeordneter Reimann ({1}) b) Zweite Beratung des von dem Abgeordneten Dr. Jannsen und der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Jugendarbeitsschutzgesetzes und des Berufsbildungsgesetzes - Drucksache 10/1128 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung ({2}) - Drucksache 10/2012 Berichterstatter: Abgeordneter Reimann ({3}) Wünscht der Berichterstatter das Wort? - Das ist nicht der Fall. ({4}) Meine Damen, meine Herren, es ist noch nachzutragen, daß Ihnen hierzu zwei Änderungsanträge auf den Drucksachen 10/2013 und 10/2014 vorliegen. Nach einer Vereinbarung im Ältestenrat ist eine gemeinsame Beratung dieser Tagesordnungspunkte und eine Aussprache von bis zu zwei Stunden Dauer vorgesehen. Ich bitte, diese Zeit einzuhalten. - Kein Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Seehofer.

Horst Seehofer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002140, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Jugendarbeitsschutzgesetz wurde 1976 mit Zustimmung aller Fraktionen dieses Hauses verabschiedet. Nun kann die damalige Übereinstimmung nicht bedeuten, daß das Gesetz auf Dauer nicht mehr verändert werden dürfte; denn Gesetze werden nicht für die Ewigkeit gemacht, sondern sie sind Antworten auf die Fragen unserer Zeit. Deshalb müssen auch Gesetze, die man einstimmig verabschiedet hat, dann, wenn neue Herausforderungen gegeben sind, weiterentwickelt werden. Es kann keine Frage sein, daß sich die Vorschriften aus dem Jahre 1976 in einigen Punkten nicht bewährt haben. Es ist auch keine Frage, daß einige Bestimmungen dieses Gesetzes den Wünschen der Jugendlichen nicht mehr entsprechen. ({0}) Es hat aber keinen Sinn, wenn man Vorschriften aufrechterhält, die der Lebensrealität nicht mehr entsprechen, die in einigen Punkten mehr schaden als schützen und bei denen die Ausnahme in vielen Fällen zur Regel geworden ist. Meine Damen und Herren, die Politik hat einfach die Pflicht, aus dieser Erfahrung zu lernen, die Konsequenzen zu ziehen. Wir müssen auch die Kraft aufbringen, auf neue Fragen neue Antworten zu finden. Kernstück dieses Gesetzentwurfs ist der Gesundheitsschutz. Jugendliche können einfach gesundheitlich nicht in derselben Weise belastet werden wie erwachsene Arbeitnehmer. Daher hat für uns die Gesundheit Vorrang vor betrieblichen Bedürfnissen. Dies ist der Maßstab, an dem sich diese Gesetzgebung auszurichten hat. Nicht nur der Verband der Deutschen Werks- und Betriebsärzte, aber vor allen Dingen dieser Verband, hat in seiner Stellungnahme festgestellt, daß durch die Änderungen, die wir vorgesehen haben, gesundheitliche Schäden oder Störungen für die Jugendlichen nicht zu befürchten sind. In der Diskussion muß man immer wieder darauf hinweisen, daß wir im übrigen die gesundheitliche Betreuung der Jugendlichen im Betrieb in keiner Weise antasten, daß dieses Kernstück der Reform von 1976 unverändert im Gesetz verankert bleiben soll. ({1}) Es kann also keine Rede davon sein, daß der notwendige Gesundheitsschutz der Jugendlichen demontiert wird. ({2}) In der öffentlichen Diskussion wird oft der Eindruck erweckt, als ginge es um eine totale Aufhebung des Jugendarbeitsschutzes. Der Schutz wird nicht aufgehoben, er wird nur praxisnäher gestaltet. Es ist weder beabsichtigt, die Arbeitszeit für die Jugendlichen zu verlängern, noch ist beabsichtigt, irgendeine Ruhepause zu verkürzen. ({3}) Es bleibt auch künftig bei dem Grundsatz, daß Jugendliche nicht länger als acht Stunden am Tag und 40 Stunden in der Woche beschäftigt werden dürfen. Lediglich die Verteilungsmöglichkeiten dieser Arbeitszeit sollen praxisnäher, flexibler gestaltet werden. Wir wollen, daß das Gesetz einfach etwas lebensnäher wird, weil manches, was jetzt darin steht, lebensfremd ist. Es ist unredlich, davon zu reden, daß wir heute eine Demontage des Jugendarbeitsschutzes machen würden. ({4}) Wir wollen den Jugendarbeitsschutz auf eine realistische Grundlage stellen. ({5}) Wenn man sich einmal objektiv die Bestimmungen anschaut, die geändert werden sollen, muß man feststellen, daß alle Vorschriften, im Interesse der Jugendlichen geändert werden sollen, ({6}) um ihre Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten zu verbessern. Es ist einfach absurd, ({7}) wenn man jetzt in der öffentlichen Diskussion - vor allem tut dies die SPD - so tut, als würden wir heute ein Gesetz machen, das nur den Unternehmern dient und gegen die Jugendlichen gerichtet ist. ({8}) Ich möchte Ihnen an einigen Beispielen verdeutlichen, daß das nicht graue Theorie ist, sondern daß alles, was wir machen, im Sinne der Jugendlichen ist und oft auch ihren Wünschen entspricht. ({9}) - Herr Kollege Lutz, immer mehr Betriebe gehen dazu über - das können Sie doch nicht bestreiten -, am Freitag die Arbeitszeit zu verkürzen und so das Wochenende zu verlängern. Damit die Arbeitszeit eingeholt wird, verlängern sie an den übrigen Werktagen der Woche die Arbeitszeit. Dies geschieht nicht auf Grund der Interessen der Unternehmer, sondern dies geht auf die Wünsche der Arbeitnehmer zurück. Bisher waren die Jugendlichen aber von dieser Möglichkeit ausgeschlossen. Wenn sie jeden Tag nur acht Stunden arbeiten dürfen, dann müssen sie am Freitag länger als bis zum Mittag arbeiten, damit sie insgesamt ihre 40 Stunden zusammenbringen. ({10}) Wir wollen jetzt die Möglichkeit einführen, daß ein Jugendlicher täglich auch 81/2 Stunden arbeiten kann, wenn er in derselben Woche an einem anderen Werktag entsprechend kürzer arbeitet. Insgesamt bleibt es also bei der 40-Stunden-Woche. Ich frage Sie: Warum soll dies nicht möglich sein, wenn wir das gleiche Prinzip jetzt schon im Gesetz haSeehofer ben? Wenn beispielsweise der Donnerstag ein Feiertag ist, wird deswegen am Freitag nicht gearbeitet, um eine längere zusammenhängende Freizeit zu haben. Wir haben jetzt schon im Gesetz die Möglichkeit - das wurde 1976 mit Zustimmung der SPD eingeführt -, daß man dann an anderen Werktagen länger als acht Stunden arbeitet - auch Jugendliche -, um diese längere zusammenhängende Freizeit, die auch den Freitag einschließt, zu haben. Ich frage also noch einmal: Warum soll das jetzt nicht gehen, wenn das Prinzip im Gesetz seit 1976 verankert ist? Es ist ein Wunsch der Jugendlichen, daß wir das tun. ({11}) - Der Wunsch der Jugendlichen ist, daß sie am Freitagmittag genauso wie die Erwachsenen aufhören können, Herr Kollege. Es ist auch der Wunsch der Jugendlichen, daß sie aus diesem Grund von Montag bis Freitag 8 1/2 Stunden arbeiten dürfen. ({12}) Herr Kollege Lutz, Sie schreien immer sehr laut; aber wenn es um Alternativen geht, sind Sie sehr leise. ({13}) Das zeigt eigentlich auch, wie weit Sie schon von denen weg sind, die draußen arbeiten. Es ist reine Theorie, was Sie hier verbreiten. ({14}) Ein zweiter Punkt, der verdeutlicht, daß es um die Interessen der Jugendlichen geht: Jetzt ist im Gesetz als zulässiger Arbeitsbeginn für Jugendliche grundsätzlich 7 Uhr vorgesehen. Das widerspricht in der Praxis, in vielen Berufen oft dem Arbeitsrhythmus. ({15}) Deshalb haben auch Sie, meine Damen und Herren von der SPD, 1976 in vielen Fällen Möglichkeiten eingeräumt, daß Jugendliche bereits um sechs Uhr beginnen können, weil Sie damals schon gewußt haben, daß sich die starre Regelung sieben Uhr nicht durchhalten läßt. Sie haben eine Menge von Ausnahmemöglichkeiten geschaffen. Diese Ausnahmemöglichkeiten, die Sie 1976 in das Gesetz geschrieben haben, haben in der Praxis zu kuriosen Zuständen geführt. Ich möchte nur wenige Beispiele nennen. Ist es richtig, daß ein sechzehnjähriger Jungarbeiter jetzt um sechs Uhr beginnen darf, der gleichaltrige Lehrling aber erst um sieben Uhr beginnen darf? Ist der sechzehnjährige Jungarbeiter anders zu schützen als der sechzehnjährige Lehrling? Ist das richtig? Ich frage Sie: Muß es sein, daß dann, wenn Jugendliche in Fahrgemeinschaften mit Erwachsenen zur Arbeit fahren, weil es die Beförderungsmöglichkeiten erfordern, der Erwachsene um sechs Uhr beginnt, während der Jugendliche im Warteraum noch eine Stunde wartet, bis er um sieben Uhr beginnen darf? Ist das praxisnah? Dafür gibt es doch keine vernünftige Begründung. Deshalb muß das geändert werden. ({16}) Wir wollen deshalb den Arbeitsbeginn für die Jugendlichen grundsätzlich von sieben Uhr auf sechs Uhr vorverlegen. ({17}) Wohlgemerkt, Herr Kollege Lutz - wenn Sie das einmal lesen -, wir verordnen damit nicht, daß der Jugendliche um sechs Uhr beginnen muß. Wir lassen das nur zu. ({18}) Darin unterscheiden wir uns von Ihnen ganz grundlegend. Sie wollen nämlich den Jugendlichen reglementieren und bevormunden. Wir wollen ihm dagegen nur die Möglichkeit einräumen. ({19}) Ein drittes Beispiel: Von diesem Grundsatz der Sechs-Uhr-Grenze werden bestimmte Ausnahmen zugelassen. Auch das ist nichts Neues. Das steht schon seit 1976 im Gesetz. Auch Sie haben damals Ausnahmen von der Sieben-Uhr-Arbeitsgrenze zugelassen, und zwar nicht nur auf sechs Uhr, sondern auch auf fünf Uhr. ({20}) Das hat auch den Erfordernissen der Praxis entsprochen. In der Öffentlichkeit wird jetzt besonders die Regelung diskutiert, nach der Jugendliche künftig, wenn sie siebzehn Jahre alt sind, in Bäckereien ab vier Uhr ausgebildet werden dürfen. Ich möchte darauf hinweisen, daß die Grenze bisher fünf Uhr ist. Der Arbeitsbeginn soll also um eine Stunde vorverlegt werden. ({21}) Das ist also besonders diskutiert worden. Ich frage Sie aber auch hier: Ausbildungsverträge werden doch geschlossen, um jemanden auszubilden. Es macht doch auf Dauer keinen Sinn, Jugendliche erst dann in den Betrieb zu lassen, wenn die wesentlichen Tätigkeiten bereits erledigt sind, wenn die Semmeln, die hergestellt werden sollen, bereits verkauft sind. ({22}) Wenn jetzt die Vier-Uhr-Grenze eingeführt wird - ich betone: nicht für alle Jugendlichen, da Sie draußen den Eindruck erwecken, als würden wir verordnen, alle Jugendlichen müßten um vier Uhr beginnen; wir schaffen diese Möglichkeit nur für siebzehnjährige Bäckerlehrlinge, weil es die Ausbildung erfordert -, ({23}) sieht es so aus, daß der Fünfzehnjährige in der Bäkkerei um sechs Uhr, der Sechzehnjährige um fünf Uhr und der Siebzehnjährige um vier Uhr beginnen kann. Ich meine, daß es auch ein Ziel der Ausbildung ist, den Jugendlichen allmählich in Stufen an die Arbeitszeit heranzuführen, die ihn ohnehin erwartet, wenn er volljährig ist. ({24}) Im übrigen ist es ja so: Wir haben eine umfassende Anhörung zu dem Gesetzentwurf durchgeführt. Da dieses Argument ja immer wieder kommt - wie sollen die Jugendlichen denn eigentlich um vier Uhr die Arbeitsstelle erreichen? -, ({25}) möchte ich an dieser Stelle dazu auch einmal etwas sagen. Die Sachverständigen haben in der Anhörung übereinstimmend gesagt, in aller Regel sei es so, daß auszubildende Bäckerlehrlinge in der näheren Umgebung ihrer Ausbildungsstelle wohnen. Wenn Sie einmal die Leute fragen, die damit zu tun haben - wir haben j a einen Bäckermeister unter uns, der im übrigen gesundheitlich offensichtlich nicht besonders geschädigt wurde, als er noch um zwei Uhr seine Semmeln gebacken hat -, ({26}) werden Sie feststellen, daß das weitgehend der Realität entspricht: 90% wohnen in der näheren Umgebung. Sie können doch mit dem Jugendarbeitsschutzgesetz nicht das Problem lösen, wie man zur Arbeit kommt. Sie können den Arbeitszeitbeginn festlegen, wie immer Sie wollen: Die Vielfalt der beruflichen Anforderungen, die unterschiedliche Bedienung durch den Personennahverkehr in ländlichen Räumen, in Ballungsräumen würden immer wieder dazu führen, daß Schwierigkeiten auftreten. Das können Sie nie deckungsgleich machen. Aber eines steht fest. Je stärker sich der Gesetzgeber unter Beachtung des Gesundheitsschutzes bemüht, den Arbeitsbeginn für Jugendliche mit dem der Erwachsenen in Gleichklang zu bringen, desto größer ist die Chance des Jugendlichen, den Arbeitsplatz leicht zu erreichen. Denn die Verkehrsströme richten sich natürlich danach, wann die meisten Leute zur Arbeit gehen. ({27}) Das ist also auch im Sinne der Jugendlichen. Jetzt nenne ich Ihnen einen vierten Punkt. Sie setzen das Schlagwort in die Runde, durch die Tariföffnungsklausel würden der 9-Stunden-Tag und die 44-Stunden-Woche geschaffen. Die Einführung der Tariföffnungsklausel ist sicher eine wichtige Neuerung. Wir wollen damit Vorfahrt für die Tarifvertragsparteien schaffen. Die wöchentliche und die tägliche Arbeitszeit soll unter bestimmten Voraussetzungen, die im Gesetz klar festgelegt sind, von den Tarifvertragsparteien verändert werden können, damit nicht jedesmal, wenn es die Lebensumstände in der Praxis erfordern, der Gesetzgeber wieder auf den Plan gerufen ist. Ich meine, wer immer so groß von der Tarifhoheit spricht, der müßte hier eigentlich zustimmen, denn die Regelung beinhaltet absolute Vorfahrt für die Tarifvertragsparteien. Vorfahrt für die Tarifvertragsparteien bedeutet: Regelungen, die der Praxis mehr entsprechen, als wir sie hier im Deutschen Bundestag per Gesetz machen können. Es ist ja nicht so, daß das ein Blankoscheck für die Tarifvertragsparteien ist. Wir legen dafür ganz bestimmte Voraussetzungen fest. Da immer das Argument mit dem 9-Stunden-Tag und der 44-Stunden-Woche kommt: Wir wollen den Tarifvertragsparteien die Möglichkeit einräumen, per Tarifvertrag - zu dem übrigens j a zwei Unterschriften gehören, auch die der Gewerkschaft - in der Tat zu vereinbaren, daß man in der Woche 44 Stunden arbeiten kann. Aber wir stellen auch wesentliche Bedingungen dazu, einmal die Bedingung des Gesundheitsschutzes und zum zweiten diese: Wenn der Jugendliche in einer Woche vier Stunden über die Regelarbeitszeit hinaus arbeitet, dann muß er innerhalb eines Ausgleichszeitraums von zwei Monaten eine durchschnittliche Arbeitszeit von 40 Stunden in der Woche erreichen, d. h. er muß an anderen Tagen kürzer arbeiten. Es bleibt also die durchschnittliche Regelarbeitszeit erhalten, allerdings gestreckt auf einen Zeitraum von zwei Monaten. Da kann mir doch niemand erzählen, daß dies gesundheitsschädigend sei. Ich möchte noch einmal betonen: Es gehört auch die Unterschrift der Gewerkschaft dazu. Wir wollen nur die Möglichkeit einräumen, daß hier praxisnäher operiert werden kann. Die Notwendigkeit der Gesetzesänderung wird oft in Frage gestellt mit der Behauptung: Wir haben doch seit 1976 mehr Ausbildungsplätze bekommen; deshalb brauchen wir das Gesetz nicht zu ändern, denn es kann doch keine Rede davon sein, daß hier irgendwelche ausbildungshemmenden Vorschriften vorhanden sind. Es ist richtig, daß die Zahl der Ausbildungsplätze gestiegen ist. Deshalb möchte ich mich hier an dieser Stelle bei denen bedanken, die trotz der ungünstigen gesetzlichen Rahmenbedingungen Verantwortung gezeigt haben ({28}) und zusätzliche Ausbildungsplätze geschaffen haben. ({29}) Meine Damen und Herren, unbestritten ist aber auch, daß die Zahl der Ausbildungsplätze zu knapp ist, übrigens nicht erst, seitdem wir an der Regierung sind. Sie waren auch vorher schon zu knapp. Es hat auch in besten wirtschaftlichen Zeiten immer die Situation gegeben, daß nicht alle Jugendlichen in einen Ausbildungsplatz vermittelt werden konnten. Ich möchte hier nicht näher auf die Gründe eingehen. Aber gerade die Tatsache, daß Sie jetzt sagen: Es gibt jetzt doch mehr Ausbildungsplätze!, zeigt doch Ihre typische einseitige Betrachtungsweise. Sie denken nur an die, die einen Ausbildungsplatz erhalten haben, und nicht an die, die keinen erhalten haben. Wir wollen das Gesetz doch aber nicht nur für die machen, die jetzt in Arbeit sind, sondern wir wollen das Gesetz auch für die machen, die Arbeit finden wollen. ({30}) Denn der beste Jugendarbeitsschutz nützt doch nichts, wenn die Jugendlichen nichts zu arbeiten haben. Da bin ich der festen Überzeugung, daß dies, wenn auch nur ein kleiner - wir müssen alle Möglichkeiten ausschöpfen -, so doch ein Beitrag dazu ist, daß noch mehr Jugendliche in Ausbildungsplätze vermittelt werden können. Wir können uns nicht damit zufriedengeben, daß es in den letzten Jahren viel mehr Arbeitsplätze als 1976 gegeben hat. Wir müssen immer überlegen, wie auch diejenigen, die noch nicht untergebracht sind, einen Ausbildungsplatz erhalten können. Ich möchte noch auf ein Problem hinweisen. Es gibt immer mehr Auszubildende, die älter als 18 Jahre sind. Beim Volkswagenwerk sind von 4 000 Auszubildenden 50% bereits älter als 18 Jahre. ({31}) Jetzt muß man sehen, daß die Jugendlichen bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz natürlich in Konkurrenz zu denen treten, die über 18 Jahre sind. Für diejenigen, die über 18 Jahre sind, gelten keine einschränkenden Bestimmungen, während für die Jugendlichen die einschränkenden Bestimmungen gelten. Das Problem wird sich noch dadurch verschärfen - das ist schon sehr klar -, daß immer mehr vollj ährige Abiturienten nicht studieren wollen, sondern gleich nach einem Ausbildungsplatz suchen. ({32}) Der Abiturient über 18 Jahre ist in seinen Beschäftigungsmöglichkeiten frei. Für ihn gilt kein Jugendarbeitsschutz. Jetzt stellen Sie sich einmal den Abiturienten vor, der in Konkurrenz mit dem Jugendlichen von 16 Jahren tritt. Für den 16jährigen gilt: Er darf erst dann und dann anfangen. Da ist es doch ganz logisch, daß der Abiturient mehr Startvorteile hat. Gerade aus dieser Sicht ist es auch Schutz der Jugendlichen, wenn man unnötige Bremsklötze bei der Einstellung wegräumt, damit die Jugendlichen wieder echte Chancen haben, eingestellt zu werden. ({33}) Die Änderung des Gesetzes ist im Sinne der Jugendlichen. Es ist höchste Zeit, daß wir das Durcheinander von Ausnahmen, Hemmnissen und Regeln für die Beschäftigung von Jugendlichen beseitigen. Meine Damen und Herren, wir von der CDU/CSU treten für einen Jugendarbeitsschutz ein, der praxisnah und nicht lebensfremd ist. Wir treten vor allem für einen Jugendschutz ein, der die Jugend schützt, aber nicht bevormundet. Sie wollen die Jugend ja in Wirklichkeit nicht schützen, Sie wollen sie reglementieren und bevormunden. Das unterscheidet uns. ({34}) Deshalb stimmen wir den vorgeschlagenen Änderungen zu. ({35})

Dr. Rainer Barzel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000102

Das Wort hat Herr Abgeordneter Reimann.

Manfred Reimann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001805, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und meine Herren! Zunächst möchte ich mich beim Präsidenten bedanken, daß er mir noch die Möglichkeit gibt, als Berichterstatter eine kurze Erklärung abzugeben. Die Erklärung lautet: Die Formulierung der Problemdarstellung in meinem Bericht Drucksache 10/2012 bedarf der Verdeutlichung. Nach Auffassung der Mehrheit im Ausschuß und des Atragstellers Bundesrat führte das Gesetz von 1976 zu Schwierigkeiten. Die Minderheit hat sich dieser Meinung zu keiner Zeit angeschlossen und die geplante Novellierung stets abgelehnt. Dankeschön, Herr Präsident. Jetzt beginnt meine Redezeit. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Jugendarbeitsschutzgesetz wurde 1976 fast einstimmig von allen Parteien in diesem Parlament verabschiedet. Damals wurde es von allen Beteiligten, insbesondere von den Arbeitsmedizinern, als notwendig angesehen, um die Gesundheit Jugendlicher in der Arbeitswelt mehr zu schützen. Der CDUAbgeordnete Blüm und heutige Bundesarbeitsminister pries das Jugendarbeitsschutzgesetz sogar als Schritt zur Humanisierung der Arbeitswelt. ({0}) Heute soll das nicht mehr gelten, weil das Gesetz angeblich Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten Jugendlicher beeinträchtigt. Das ist die sanftere Umschreibung für die bei der CDU so häufig gebrachte Behauptung, ausbildungshemmende Vorschriften, die sich auch im Bundesratsentwurf befinden, müßten abgebaut werden. Damit wird der Eindruck erweckt, als trage das Jugendarbeitsschutzgesetz zur Arbeitslosigkeit Jugendlicher bei. ({1}) Diese Begründung ist nicht stichhaltigt. Sie läßt sich auch leicht widerlegen. Dazu braucht man sich nur an den enormen Zuwachs an Ausbildungsplätzen in den betroffenen Branchen zu erinnern. Nach Auffassung der SPD-Bundestagsopposition sind die geplanten Verschlechterungen sachlich nicht gerechtfertigt. Das Jugendarbeitsschutzgesetz von 1976 kann nach wie vor seine volle Gültigkeit beanspruchen. ({2}) Wenn man Ihre Begründungen für die Novellierung genauer betrachtet - und dazu braucht man keine Lupe -, so entpuppen sie sich allesamt als falsche Etikettierung. ({3}) Sie benutzen ein leicht durchschaubares Deckmäntelchen, um Ihre einseitigen Interessen zugunsten der Arbeitgeber zu kaschieren. ({4}) Denn die geplanten massiven Verschlechterungen bedeuten nichts anderes als größeren zeitlichen Arbeitseinsatz von Jugendlichen sowie stärkere Belastungen. Beispielsweise behaupten Sie, die Verschlechterungen dienten Erfordernissen der Berufsausbildung, und der Gesundheitsschutz bleibe sichergestellt, Herr Seehofer. ({5}): So ist es!) An einzelnen Gesetzesparagraphen werde ich noch begründen, daß das unzutreffend ist und daß Sie Etikettenschwindel betreiben, so wie meine Kollegin Anke Fuchs und der DGB es bereits zum Ausdruck gebracht haben. Meine Fraktion sieht in Ihren Gesetzesverschlechterungen - das wird Sie jetzt auf die Palme bringen - folgende Intentionen: Einer der wesentlichen Punkte ist, das Sie die Legalisierung einer nicht geringen Zahl von Rechtsverstößen in der Praxis vornehmen wollen. ({6}) Die Gewerbeaufsichtsämter stellten jährlich mehr als 50 000 Verstöße gegen das Gesetz fest. ({7})

Dr. Rainer Barzel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000102

Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Vogt ({0})?

Manfred Reimann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001805, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Nein, jetzt bitte nicht. - Die Dunkelziffer liegt aber mit Sicherheit um ein Vielfaches höher. ({0}) Die in dieser Woche in den Medien bekanntgewordene Studie des DGB, der Befragungen von 1 500 Schülern in Hessen zugrunde liegen, ({1}) bestätigt die Häufigkeit dieser Rechtsverstöße. - Es spricht nicht gerade für Sie, daß Sie nicht mehr akzeptieren, daß auch dort demokratische Untersuchungen möglich sind. ({2}) Beispielsweise arbeiten rund ein Viertel der befragten Jugendlichen mehr als 44 Wochenstunden, 8 % arbeiten sogar mehr als 50 Wochenstunden. Eine Legalisierung dieser Gesetzesverstöße käme einer Amnestie gleich, ähnlich wie Sie es ja schon bei den Parteispenden vorhatten. ({3}) Sie betreiben damit eine höchst unseriöse Politik auf dem Rücken junger Menschen. Das Arbeitsplatzrisiko verlagern Sie damit ausschließlich auf Jugendliche, Sie verlagern es auf die sozial Schwachen in diesem Lande. ({4}) Schließlich ist die Floskel, es diene der Ausbildung, beliebig dehnbar. ({5}) Es besteht die Befürchtung, daß die Verlagerung der Arbeitszeit - und jetzt reize ich Sie - auch auf weitere Berufsgruppen ausgedehnt werden kann, ({6}) z. B. auf den Chemiefacharbeiter, der dann ab dem 17. Lebensjahr auch eine Zwölf-Stunden-Schicht absolvieren müßte, weil es angeblich der Ausbildung und den Ausbildungsplätzen dient. ({7}) Von diesem Gesetz, meine Damen und meine Herren, werden - einmal hochgerechnet, bezogen auf zwei Jahrgänge - insgesamt 1,5 Millionen bis 2 Millionen junger Menschen betroffen sein. Dies ist im Verhältnis zu den Erwerbstätigen schon eine beachtliche gesellschaftliche Gruppe; denn es sind immerhin 10 %. Diese 10 % kommen für die Verstöße in Betracht, die die Gewerbeaufsicht jährlich feststellt. Sicherlich sind das nicht alle, die morgens um 4 Uhr zu arbeiten beginnen sollen. ({8}) - Aber immerhin, Herr Seehofer: Es ist nicht uninteressant - um Ihnen diese Zahl zu nennen -, daß es immerhin über 10000 junge Menschen sind, denen Sie zumuten, morgens um 3 Uhr aufzustehen, um um 4 Uhr am Arbeitsplatz zu sein. ({9}) Ich gebe Ihnen zu bedenken: Haben Sie sich wirklich überlegt, wie lange Ihre geplanten Verschlechterungen gelten sollen, zumal in absehbarer Zeit die geburtenschwachen Jahrgänge zur Ausbildung anstehen? Ich habe diesbezüglich erhebliche Bedenken. Jetzt, bei der hohen Ausbildungsnachfrage, lassen sich die dominant betriebswirtschaftlich ausgerichteten Ziele erreichen, später aber kehren sie sich für bestimmte Branchen höchstwahrscheinlich ins Negative um, deren Nachteile - wie früher -, etwa früher Arbeitsbeginn oder längere Arbeitszeiten, in der Ausbildungsnot eben eher hingenommen und geschluckt werden. ({10}) I Ich meine, Ihre Gesetzesintention ist auch aus diesem Grunde nicht seriös genug, wie die nahe Zukunft zeigen wird. Auszubildende mit mehr Berufschancen werden solche Ausbildungsverträge, nach denen sie um 4 Uhr in den Betrieb müssen, nicht mehr unterschreiben. Was machen Sie dann? Welche Gesetzesänderung werden Sie dann vornehmen, falls Sie dann noch an der Regierung sind? Zum zweiten befürchtet meine Fraktion schwere Gesundheitsschäden mit Spätfolgen für die betroffenen Jugendlichen. Sie stützt sich dabei auf die Sachverständigenaussagen in der Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zum Jugendarbeitsschutzgesetz am 27. Juni 1984 und auch auf zahlreiche Untersuchungen zur Schichtarbeit. Ich zitiere, was der Sachverständige Professor Dr. Dr. Rutenfranz erklärte: ({11}) Wer um 4 Uhr anfangen muß, müßte um 19 Uhr zu Bett gehen. Das ist unrealistisch. Wenn jemand mit 18 Jahren um diese Zeit beginnen muß, wird er vielleicht nur sechs Stunden schlafen ... ({12}) Der Sachverständige Dr. Marschall bezeichnete ebenfalls den Arbeitsbeginn um 4 Uhr als unphysiologische Zeit.

Dr. Rainer Barzel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000102

Herr Abgeordneter, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Hinsken?

Manfred Reimann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001805, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Nein. - In gleicher Weise äußerte sich die Sachverständige Frau Dr. Zilken. Von ihr wurden die gesundheitlichen Beeinträchtigungen mit Spätfolgen durch das Schlafdefizit bestätigt, und sie kam zu dem Ergebnis, daß man weder den Frühbeginn vorsehen noch die Arbeitszeit verlängern sollte. Hinzu kommt, daß der Jugendliche im Grunde genommen gegen seinen eigenen Biorhythmus angeht. ({0}) Auch wenn Sie von der CDU wiederholt versuchen zu stören - ({1}) - Sie können Zwischenrufe machen, soviel Sie wollen; das bringt mich nicht aus dem Konzept. ({2}) Die CDU versucht, die Ergebnisse der öffentlichen Anhörung in ihrem Sinne zu interpretieren. Aber ihre Interpretation wird durch diese Zitate widerlegt. ({3}) Schließlich und endlich ist daraus zu folgern, daß Sie eindeutige wissenschaftliche Erkenntnisse außer acht lassen und daß Ihre ideologischen Ziele offenbar Vorrang haben. Deshalb regen Sie sich bei Ihren Zwischenrufen auch immer so auf. ({4}) Weil Sie die Gesetzesänderung wollen müssen, ist Ihre gesamte Argumentation so aufgebaut, daß die von Ihnen gewollten Änderungen keine Gefahr für junge Menschen darstellen. Aber das wird auch durch Ihr ständiges Behaupten nicht wahrer. Wir machen hier ganz deutlich, daß wir die Gesundheitsgefahren sehen. Von den Sachverständigen wurden wir bestätigt. Allein schon deshalb sind wir zur Ablehnung verpflichtet, ({5}) insbesondere was die Vorverlegung des Arbeitsbeginns auf 4 Uhr anlangt. Drittens erbringen Sie durch Ihre dominant betriebswirtschaftlich ausgerichtete Position den Beweis dafür, daß die von Ihnen so sehr angepriesene Familienpolitik gar nicht den Rang einnimmt, den Sie immer wieder behaupten. ({6}) Denn die Abschaffung des Verbots der Nachtarbeit - darum geht es beim Arbeitsbeginn um 4 Uhr -, die Ausdehnung der Schichtzeiten und die Zulassung der Beschäftigung an Samstagen und Sonntagen hindern die Jugendlichen daran, sich sozial zu entfalten. Darunter müssen die Lebensbeziehungen in der Familie und im Freundeskreis zwangsläufig leiden. Viertens. Dadurch, daß der Jugendliche länger arbeiten muß, gibt es in der Regel auch negative Beschäftigungseffekte. Aber im Grunde genommen müßte uns unsere Jugend zu wichtig sein, als daß wir sie als Rechengröße zwischen Gewinn und Verlust einordnen. ({7}) Fünftens besteht - hier wird meines Erachtens der Pferdefuß des Gesetzesvorhabens überhaupt deutlich - in den beabsichtigten §§ 21 a und b, also in der Tariföffnungsklausel und in der Ermächtigung des Bundesarbeitsministers, der Hebel, um den gesamten Jugendarbeitsschutz weiter aus den Angeln zu heben. Die „Sozialpolitischen Informationen" des Bundesministers vom 8. März dieses Jahres bezogen sich auf die Tariföffnungsklausel. Mit dieser Gewichtung des § 21 a werden Taktik und Strategie Ihrer eigentlichen Gesetzesabsicht offen zugegeben. Auch wird hier deutlich, was die Regierungsparteien unter Flexibilisierung verstehen, ({8}) nämlich größere Arbeitsbelastung, möglichst auch Wochenendarbeit ({9}) und mehr Druck auf Jugendliche. Meine Damen und Herren, das geplante Jugendarbeitsschutzgesetz reiht sich somit in die Gesetzesvorhaben ein, die den Abbau von Gesundheits- und Arbeitsschutzrechten beinhalten. Sie wollen das Rad der Geschichte zurückdrehen. Die Reise in den Unternehmerstaat hat schon begonnen; das ist nur die zweite Fortsetzung dieser Reise. ({10}) Im einzelnen hält meine Fraktion die Tariföffnungsklausel aus folgenden Gründen für fehl am Platz. Sie widerspricht dem Sinn der Tarifverträge, weil Jugendarbeits- und -gesundheitsschutz in die Hand des Gesetzgebers gehören, um die Einheitlichkeit zu wahren. ({11}) Eine Abkehr von dieser Meinung könnte bedeuten, daß die Regierung den Gesundheitsschutz von Jugendlichen nicht mehr sonderlich ernst nimmt. Durch die Tariföffnungsklausel droht das Jugendarbeitsschutzgesetz aber zu einem löchrigen Käse zu werden. Hier darf ich den Arbeitsminister an die Diskussion erinnern, die ich mit ihm bereits im Ausschuß am 19. September 1984 geführt habe. Der Jugendarbeits- und -gesundheitsschutz darf nicht zur Manövriermasse von Tarifverhandlungen gemacht werden. Dort hat der Minister ausdrücklich zugestimmt. Wir wollen hoffen, daß er diesmal dabei bleibt. Der Weg zu Verschlechterungen kann aber auch aus einem anderen Grunde vorprogrammiert sein, wenn nämlich - Herr Seehofer, hören Sie zu - die Handwerker, die, wie von Ihnen zitiert, zwei Drittel aller Jugendlichen ausbilden, wofür auch wir uns bedanken und wofür auch wir Anerkennung zollen, ({12}) die Möglichkeit in Anspruch nehmen, das Jugendarbeitsschutzgesetz, so wie Sie es jetzt haben wollen, auch anwenden. Des weiteren greift die Ermächtigung für den Bundesarbeitsminister weit in die Kompetenz des Gesetzgebers ein, was wiederum eine Schwächung dieses Parlamentes bedeuten wird, über dessen Selbstverständnis wir gestern so viele Stunden diskutiert haben. ({13}) Danach kann er mit Zustimmung des Bundesrates Ausnahmevorschriften erlassen, die unter anderem die Dauer der Arbeitszeit, die Ruhepausen, die Schichtzeiten, die Samstags- und Sonntagsarbeit betreffen. Dadurch kann er den gesamten Jugendarbeitsschutz verändern. Schlimmer noch, dadurch ist die Möglichkeit gegeben, das gesamte Gesetz erneut aus den Angeln zu heben. Auf folgende Gesetzesänderungen möchte ich im einzelnen eingehen. § 9 sieht die Freistellung an nur noch einem Berufsschultag in der Woche nach dem Berufsschulunterricht vor. Mit Belangen der betrieblichen Ausbildung hat diese Verschlechterung nichts zu tun. ({14}) Die heutige Regelung ist dagegen nach Auffassung meiner Fraktion vernünftiger und bietet die Möglichkeit zur Aufarbeitung und Nacharbeit des Lernstoffes. ({15}) § 12 beinhaltet die Ausdehnung der täglichen Schichtzeit auf elf Stunden analog zum Gaststättengewerbe für die Landwirtschaft, die Tierhaltung, Bau- und Montagestellen. Praktisch bedeutet das eine erhebliche Mehrbelastung betroffener Jugendlicher und widerspricht den arbeitsmedizinischen Erkenntnissen, daß junge heranwachsende Menschen während des Wachstums weit weniger körperlich belastet werden dürfen als Erwachsene. Der § 14 sieht im allgemeinen die Verlegung des Arbeitsbeginns von 7 auf 6 Uhr vor. Zum einen sprechen dagegen die erwähnten befürchteten Gesundheitsschäden angesichts der Einschränkung der Nachtruhe. Zum anderen müßten Siebzehnjährige bei einem Arbeitsbeginn um 4 Uhr mindestens zwischen 2 und 3 Uhr aufstehen. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln hapert es zu dieser Zeit. Die Benutzung privater Fahrzeuge wie Fahrrad oder Moped bedeutet dagegen eine erhöhte Unfallgefahr bei schlechter Witterung ({16}) und dementsprechend eine erhöhte Unfallgefahr am Arbeitsplatz wegen Konzentrationsmangels. ({17}) Sie haben sich doch schon aufgeregt, daß Sie einmal in eine Bundestagsausschußsitzung morgens um 4 Uhr mußten; was wäre nur, wenn Sie das jeden Tag machen müßten. ({18}) Des weiteren ist mit einer Qualitätsminderung der Ausbildung in den Arbeitsstunden zu rechnen. Bezeichnend sind die Absätze 2 und 3 des § 14. Hier spricht die Bundesregierung nicht einmal mehr von Ausbildung, sondern nur noch von Beschäftigung. Damit entlarvt sich ihre Absicht selbst. Es geht hier nicht mehr um die Qualität der Ausbildung, sondern um den Wegfall gesetzlicher Hindernisse für den ungehinderten Arbeitseinsatz Jugendlicher. Es ist höchst zweifelhaft, ob diese Verschlechterungen zu einem größeren Angebot an Ausbildungsplätzen führen. Der § 16 enthält die Beschäftigung von Jugendlichen an Samstagen in Reparaturwerkstätten für Kraftfahrzeuge. Der eigentliche Grund ist die Einrichtung von Bereitschaftsdiensten rund um die Uhr. Warum eine Autoreparatur gerade am Samstag ein besonderer Beitrag zur Verbesserung der Qualität der Ausbildung sein soll, ist für mich unbegreifbar. ({19}) Die Folge wird sein, daß Arbeitszeit und Freizeit am Wochenende zerstückelt werden, und das ist dann Ihre Familienpolitik. ({20}) Zu § 17: Zum einen wird die Festsetzung der Schichtarbeit auf 10 Stunden, die im Falle geleisteter Sonntagsarbeit gilt, beseitigt, zum anderen soll auf die Pflicht zur Anzeige beim Gewerbeaufsichtsamt verzichtet werden. Meine Damen und Herren, ich möchte zum Schluß kommen. ({21}) - Ich weiß, Sie können das manchmal nicht ertragen, aber dafür sitzen Sie in der ersten Reihe. ({22}) Für jeden wird erkennbar, daß die Reise in den Unternehmerstaat gehen soll. Nichts anderes verbirgt sich hinter der Floskel vom Abbau bürokratischer Hemmnisse. Insgesamt und abschließend bleibt nur festzustellen: Die Interessen Jugendlicher und die Fürsorgepflicht des Staates für die Gesundheit von jungen Arbeitnehmern werden von der Bundesregierung mit Füßen getreten. Die vorgesehenen massiven Verschlechterungen stehen im Widerspruch zu den Aussagen der Bundesregierung, das Wohl junger Menschen und ihrer Familien zu fördern. Lassen Sie das mal auf sich einwirken, bevor Sie zur namentlichen Abstimmung schreiten! ({23})

Dr. Rainer Barzel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000102

Das Wort hat der Abgeordnete Cronenberg.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000342, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich hoffe, ich muß mich nicht beim Kollegen Reimann entschuldigen, daß ein so verteufelungswerter Unternehmer nun nach ihm spricht. ({0}) Nach der gestrigen Debatte, Herr Kollege Reimann, hätte ich eigentlich erwartet, daß ein Teil der von allen Fraktionen vorgetragenen Wünsche und Ermahnungen, insbesondere Mahnungen der Kollegin Frau Dr. Hamm-Brücher, dem politischen Kontrahenten nicht Böses zu unterstellen, ein wenig längere Wirkung gehabt hätte als, wenn ich es richtig sehe, 24 Stunden. ({1}) Es ist von allen Fraktionen gestern hier dankenswerterweise festgestellt worden, daß man den politischen Gegnern nicht böse Absichten oder Abhängigkeit von anderen unterstellen sollte. Sie können versichert sein, daß die Koalitionsfraktionen die Novellierung dieses Gesetzes nicht vornehmen, um irgendwelchen Unternehmern zu gefallen, ({2}) ganz sicher nicht, um diesen vielbeschworenen Unternehmerstaat zu begründen, sondern in der sicheren Gewißheit, für die Auszubildenden etwas Vernünftiges zu tun. ({3}) Die einstimmige Verabschiedung des Gesetzes von 1976, die Sie dankenswerterweise hier erwähnt haben, ist doch kein Beweis für die dauerhafte Richtigkeit dieser Regelung. Ich kenne manche einstimmig verabschiedeten Gesetze, die sich auf Grund gesellschaftlicher Veränderungen und neuer Erkenntnisse als durchaus novellierungsbedürftig herausgestellt haben. ({4}) Ich meine, Kollege Egert, dem Fortschritt verpflichtete Sozialdemokraten sollten nicht gegen sinnvolle Verbesserungen eintreten. ({5}) Außerdem, verehrte Kollegen, ich möchte noch darauf hinweisen, daß ein erheblicher Teil, Herr Kollege Reimann, der von Ihnen vorgetragenen Vorwürfe nicht zutreffend sind. Dies meine ich sehr ernst. ({6}) Sie berufen sich auf die DGB-Studie zum Jugendarbeitsschutzgesetz und erklären hier dem Plenum: 39 % der befragten Auszubildenden erhalten keinerlei Ausgleich für geleistete Überstunden, und Sie sagen weiter: Ihr bösen Leute wollt das Gesetz ändern. ({7}) Sie haben verschiedene Vorwürfe erhoben. ({8}) Sie sagen, wir würden eine Amnestie für Gesetzesverstöße machen. ({9}) - Irrtum, Euer Ehren. ({10}) Diese von Ihnen auf Grund der Befragung, über deren Qualität ich mich nicht äußern kann, weil ich sie nicht im einzelnen kenne, vorgetragenen Vorwürfe sind deswegen im Sinne dieses blödsinnigen Amnestievorwurfs kein seriöser Beitrag; denn genau die Punkte, wo von diesen Jugendlichen Kritik geübt worden ist, werden in diesem Gesetz nicht geändert. ({11}) Das ist doch der entscheidende Punkt. Sie malen den bösen Unternehmer an die Wand, der angeblich gegen etwas verstößt, sagen „Ihr ändert das Gesetz!", verschweigen aber, daß in den Punkten, in Cronenberg ({12}) denen der Vorwurf erhoben wird, eben keine Änderungen vorgenommen werden. ({13}) Ich habe den Eindruck, Kollege Reimann, ein wenig Nachhilfeunterricht - möglicherweise beim DGB; da ist es billiger - wären in dieser Frage für Sie und für die Seriosität Ihrer Argumentation nicht schlecht. Dasselbe gilt für den Vorwurf, jeder fünfte Auszubildende werde am regelmäßigen Berufsschulbesuch gehindert. Das ist nicht so. Es wird lediglich das Verbot der Beschäftigung im Anschluß an den Berufsschulbesuch auf einen Tag in der Woche beschränkt. Ferner ist die Rede davon, daß ein Arzt bei mehr als der Hälfte der Auszubildenden, in einer Untersuchung gesundheitliche Mängel festgestellt hat. Es wird behauptet, die gesundheitlichen Gründe würden nicht mehr berücksichtigt. Irrtum, Euer Ehren: Die Vorschriften über arbeitsmedizinische Untersuchungen werden überhaupt nicht geändert. Es gibt sicher Gründe, gegen das Gesetz die diskutabel sind. Aber die von Kollegen Reimann in diesem Zusammenhang vorgetragenen Vorwürfe sind mit Sicherheit als unzutreffend zu bezeichnen. ({14}) Sie haben Gelegenheit, Herr Kollege Reimann, einer zeitgerechten und sinnvollen Verbesserung des Jugendarbeitsschutzgesetzes heute zuzustimmen. ({15}) - Nein, das ist keine Verschlechterung, das ist eine Verbesserung im Sinne der Schaffung von Ausbildungsplätzen. ({16}) Nehmen Sie mir dies, Frau Kollegin Fuchs, ab. Lassen Sie mich noch betonen: Der Schutz der Jugendlichen vor gesundheitlicher Gefährdung und Überforderung - das ist das Ziel eines jeden Jugendarbeitsschutzes - wird nicht vermindert. ({17}) Der vorliegende Gesetzentwurf wird nach Auffassung der FDP diesen richtigen und notwendigen Vorstellungen voll gerecht. ({18}) Woraus zieht dieser Gesetzentwurf Konsequenzen? Kollege Seehofer hat schon darauf hingewiesen; deswegen kann ich einiges jetzt kürzer machen. Der Gesetzentwurf zieht die Konsequenz daraus, daß über die Hälfte der Auszubildenden inzwischen älter als 18 Jahre sind. Der Anteil der jugendlichen Arbeitnehmer, die körperlich leistungsfähig sind, nimmt zu. Der Gesetzentwurf zieht auch die Konsequenz aus der Tatsache, daß ein Teil der bestehenden Vorschriften aus gesundheitlichen Gründen nicht geboten ist. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf das Hearing. Der Gesetzentwurf zieht ferner die Konsequenz aus der Tatsache, daß die jetzigen Vorschriften weitestgehend und häufig an den Vorstellungen und Wünschen der Jugendlichen ebenso vorbeigehen wie an den Notwendigkeiten der betrieblichen Praxis. Ich will noch einmal kurz zusammenfassen. Kernpunkte der Neuregelung sind: Änderung der Arbeitszeitvorschriften im Sinne einer Verlängerung der täglichen Arbeitszeit von acht auf achteinhalb Stunden ohne Veränderung der Gesamtarbeitszeit; Vorverlegung des Arbeitsbeginns auf sechs Uhr; Gleichstellung von jugendlichen Auszubildenden und Jungarbeitern - da müßte die SPD eigentlich Beifall klatschen -; Änderungen bei Arbeitsbeginn und -ende in mehrschichtig arbeitenden Betrieben; Verbesserung der Möglichkeit der Tarifpartner, entsprechend den Notwendigkeiten und Besonderheiten der einzelnen Branchen andere Arbeitszeitregelungen zu vereinbaren, mehr Flexibilität, mehr Betriebsbezogenheit, mehr Einsatz von Betriebsräten auch bei diesen Fragen. Hier wird - ich muß schon fast sagen ..., aber nach den Diskussionen von gestern verkneife ich es mir; ich hätte an sich gern gesagt: böswillig ({19}) der Eindruck erweckt, als wenn böse Frühkapitalisten aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts ({20}) Jugendliche ausbeuten wollten, bis - wie man bei uns zu Hause sagt - die Schwarte kracht. Dies ist in der Tat Unsinn und widerspricht wirklich der unternehmerischen Realität. Der überwiegende Teil insbesondere der mittleren und kleineren Unternehmen gibt sich Mühe bei der Ausbildung ihrer Jugendlichen und sorgt sich auch um ihren Gesundheitsschutz. Durch solche pauschalierten Vorwürfe werden alle diese Leute diskriminiert. ({21}) Ich weiß doch, daß das nicht Ihre Meinung ist. Sie wissen doch genausogut, wie es ist; und ich weiß das doch auch. Das ist doch ein Zerrbild des Unternehmers, was hier geschildert wird, das den Realitäten - nun sage ich mit Überzeugung: Gott sei Dank - nicht entspricht. Die Jugend-Enquete des Deutschen Bundestages hat mit Zustimmung aller Fraktionen deutlich gemacht, wie notwendig es ist, daß Jugendliche nach ihrem Schulabschluß nicht in die Hoffnungslosigkeit der Arbeitslosigkeit gestoßen werden. Wenn es uns mit dieser Novellierung gelingt, daß mehr solcher Ausbildungsplätze geschaffen werden und daß durch den Abbau von Ausbildungsverhinderungsvorschriften mehr Jugendliche eingestellt werden, ist das doch eine wirklich lobenswerte Tat. Ich weise noch einmal darauf hin, daß die arbeitsmedizinischen Sachverständigen in dem Hearing dargelegt haben, daß bei einem Arbeitsbeginn um Cronenberg ({22}) 6 Uhr keine gesundheitliche Gefährdung der Jugendlichen - ({23}) - Ich lasse eine Zwischenfrage gleich zu, möchte aber vorher eine Bemerkung dazu machen. Lassen Sie mich erst meinen Gedanken zu Ende bringen. - Also, die Arbeitsmediziner haben festgestellt: Der Beginn um 6 Uhr ist unschädlich. Meine Freunde aus der sozialdemokratischen Fraktion, ich möchte eigentlich ganz gern daran erinnern, daß auch in der Diskussion 1976 der DGB, der zugegebenermaßen erhebliche andere Wünsch hatte, in der Frage des Arbeitsbeginns um 6 Uhr genau diese Auffassung vertreten hat. Es ist ja nicht alles Blödsinn, was der DGB so von sich gibt. ({24})

Dr. Rainer Barzel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000102

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dreßler?

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000342, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ich würde Ihnen eigentlich gern eine Zwischenfrage erlauben. Aber ich würde es noch mehr begrüßen, wenn die Zwischenfrage von dem Kollegen Reimann käme, damit er ein bißchen das Gefühl bekommt: Zwischenfragen stellen und zulassen ist in der parlamentarischen Debatte recht sinnvoll. Er hat es eben nämlich immer abgelehnt. ({0}) Wenn Sie sich darauf verständigen könnten wer fragt, wäre ich dankbar. Wenn nicht, sei Ihnen die Zwischenfrage selbstverständlich gestattet.

Dr. Rainer Barzel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000102

Herr Abgeordneter Dreßler.

Rudolf Dreßler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000420, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich weiß nicht, ob der Kollege Reimann zur Zeit ein Bedürfnis hat. Aber ich habe eines. ({0})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000342, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Na, da werden wir auf die Bedürfnislage des Kollegen Reimann Rücksicht nehmen.

Rudolf Dreßler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000420, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Cronenberg, Sie haben soeben die bestehenden Vorschriften des Jugendarbeitsschutzgesetzes ausbildungshemmend genannt und in diesem Zusammenhang erklärt, daß Sie jetzt diese ausbildungshemmenden Vorschriften sozusagen - ich sage es mit meinen Worten - in fördernde zu ändern gedenken. ({0}) Könnten Sie mir denn erklären: Wenn das alles so ausbildungshemmend war -

Dr. Rainer Barzel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000102

Die Zwischenfrage muß kurz sein, Herr Kollege Dreßler! Das ist bisher noch keine Frage!

Rudolf Dreßler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000420, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wenn das alles so ausbildungshemmend war, wieso haben sich dann bei den Bäckern die Ausbildungsplätze mehr als verdreifacht? ({0})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000342, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Zunächst bin ich Ihnen außerordentlich dankbar, daß Sie mich in Ihrer Frage richtig interpretieren, daß es in der Tat unser Bemühen ist, Ausbildungsplätze zu fördern. Zu der Frage der Bäcker hat sich der Kollege Seehofer schon ausgiebig geäußert. ({0}) Um es noch mal zu sagen: Wir sind dem Bäckerhandwerk für die Ausbildungsbereitschaft dankbar, auch wenn es über Bedarf ausbildet. In dieser Frage geht es aber auch um die Verbesserung der Qualität der Ausbildung. ({1}) Es ist doch deutlich geworden und überzeugend nachgewiesen worden, daß - und das muß betont werden, weil draußen ein falscher Eindruck erweckt wird - Siebzehnjährige, also im letzten Lehrjahr, mindestens während eines Ausbildungsjahres, die Chance haben sollten, den gesamten Ablauf der Herstellung von Brot und Brötchen erleben zu dürfen - nicht: zu müssen, zu dürfen. ({2}) Das kann doch im Sinn der Ausbildung nicht schädlich sein. Im Gegenteil, damit auch ihre Kinder gutes Brot und frische Brötchen von anständig ausgebildeten Bäckern bekommen, ist das positiv zu bewerten. ({3}) Außerdem ist niemand gezwungen, Bäcker zu werden. Wenn das so eine Katastrophe ist, dann möchte ich umgekehrt sagen: Daß so viele bereit sind, eine Lehre, Verzeihung: eine Ausbildung im Bäckerhandwerk anzustreben, ist doch offensichtlich auch damit verbunden, daß sie bereit sind, morgens dann als Geselle oder Meister so früh ihre Arbeit zu leisten - möglicherweise auch, weil sie einen angenehmen Nachmittag haben wollen.

Dr. Rainer Barzel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000102

Herr Abgeordneter, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Kirschner?

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000342, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Tja, Herr Präsident - - Ja. Aber bitte ganz kurz.

Klaus Kirschner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001102, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Cronenberg, darf ich noch mal zur Frage des Kollegen Dreßler kommen. Halten Sie auf Grund der auch Ihnen bekannten gestiegenen Zahlen im Bäckereihandwerk die Vorschriften, die wir bisher im Jugendarbeitsschutzgesetz haben, für ausbildungshemmend?

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000342, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Hochverehrter Herr Kollege Kirschner, wenn ich sie nicht für verbesserungswürdig hielte, stünde ich nicht hier und Cronenberg ({0}) versuchte, Ihnen das zu erklären. Dann hätte ich mir die ganze Arbeit gespart. ({1}) In der Anhörung ist auch darauf hingewiesen worden, und zwar von Vertretern der ÖTV, daß öffentliche Arbeitgeber wegen fehlender klarer Regelungen und um Schwierigkeiten zu vermeiden, Bewerber unter 18 Jahren nicht eingestellt haben. Ich meine, das ist ein zu beachtender Hinweis und ein Grund, die Novellierung vorzunehmen. Zur Verkürzung der Debatte möchte ich jetzt zum Schluß kommen: Nach liberaler Auffassung ist es sinnvoll, unterschiedliche Behandlung von jugendlichen Auszubildenden und gleichaltrigen Jungarbeitern abzubauen. Hier erwarte ich Zustimmung von der SPD. Sie kann einfach gar nicht anderer Auffassung sein. Wer wie die Gewerkschaften für mehr Mitbestimmung und Demokratie in der Wirtschaft eintritt und dieses fordert - das halte ich in bestimmten Bereichen auch für richtig -, muß auch bereit sein, mehr Verantwortung zu übernehmen. Deswegen ist die Tariföffnungsklausel sinnvoll, vernünftig und richtig. ({2}) Die Sozialpartner haben mehr Spielraum, betriebsgerechte Vereinbarungen zu treffen. Dagegen kann sich also niemand wehren. Mich stimmt aber noch eine Frage - wenn vielleicht auch nur eine Randfrage -, die von der SPD aufgeworfen worden ist, außerordentlich bedenklich: Die SPD-Opposition ist nicht bereit, der sich aus der Verfassung ergebenden Sonderregelung für die Kirchen Rechnung zu tragen. Wenn ich den Regelungsfeteschisten Egon Lutz sehe, muß ich fragen: Wollt ihr wirklich zum Schluß eine Arbeitszeitordnung für Priester und Nonnen, oder was ist der Hintergrund dafür, daß hier Sonderregelungen nicht anerkannt werden? Vielleicht kann man darüber einmal in Ruhe nachdenken. Zusammenfassend: Erstens. Der gesundheitliche Kern des Jugendarbeitsschutzgesetzes wird nicht gefährdet und bleibt auch weiterhin eine Aufgabe des Staates. Zweitens. Die Tarifvertragsparteien sind gefordert, verstärkt den besonderen Problemen der verschiedenen Branchen in bezug auf den Jugendarbeitsschutz Rechnung zu tragen. Jugendarbeitsschutz wird dadurch nicht zur Disposition gestellt. Drittens. Die Möglichkeiten des veränderten Arbeitszeitbeginns und -endes entsprechen auch den Wünschen der Jugendlichen und tragen zum Abbau bestehender Friktionen zwischen der Arbeitszeit Erwachsener und Jugendlicher bei. Mit den verbesserten Vorausetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld für Saisonarbeiter wird für diesen Personenkreis eine sinnvolle Regelung geschaffen. Die SPD-Opposition schießt mit ihrem Antrag wieder einmal über das Ziel hinaus. Sie verdrängt - jetzt kommt ein häßliches Wort - das Arbeitsförderungskonsolidierungsgesetz, das wir einmal gemeinsam verabschiedet haben. Es war und ist ein gemeinsamer Erfolg unserer Politik, zu dem Sie sich bekennen sollten. ({3}) Die SPD schießt über das Ziel hinaus; denn die Einsparungen werden zum Teil zurückgenommen. Insgesamt bitte ich die Kollegen, wenn sie dem Gesetz schon nicht zustimmen, es zumindest unter Berücksichtigung dieser Überlegungen objektiv zu würdigen. Dafür bedanke ich mich sehr herzlich. ({4})

Dr. Rainer Barzel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000102

Das Wort hat der Herr Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung.

Dr. Norbert Blüm (Minister:in)

Politiker ID: 11000204

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe mit großer Aufmerksamkeit die Debatte verfolgt und mit großer Verwunderung den Kollegen Reimann gehört. Über welches Jugendarbeitsschutzgesetz spricht er eigentlich? Alle Verstöße, die er angeklagt hat, bleiben auch weiterhin Verstöße. Niemand darf 50 Stunden arbeiten, auch nicht nach dem neuen Jugendarbeitsschutzgesetz. Es muß jeder in die Berufsschule gehen. Er darf daran nicht gehindert werden, auch nach dem neuen Jugendarbeitsschutzgesetz nicht. Gesundheitliche Untersuchungen bleiben. Wir können hier doch nicht eine Phantomdiskussion führen. Offenbar sind wieder die sozialdemokratischen Nebelwerferkompanien unterwegs. Ich habe hier eine taufrische Pressemeldung. Frau Fuchs verkündet als großen sozialdemokratischen Erfolg, daß die jungen Arbeitslosen jetzt wieder in die Krankenversicherung einbezogen werden sollen. ({0}) Frau Fuchs, Sie könnten das gar nicht als Erfolg feiern, wenn Sie in Ihrer Regierungszeit diese jungen Arbeitslosen nicht aus der Krankenversicherung herausgeschmissen hätten. ({1}) Sie können doch nicht erst ein Haus einreißen und sich anschließend als Baumeister feiern lassen. ({2})

Dr. Rainer Barzel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000102

Herr Bundesminister, erlauben Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Fuchs [Köln]?)

Dr. Norbert Blüm (Minister:in)

Politiker ID: 11000204

Gleich, Frau Fuchs, um einen Dialog zu ermöglichen. - Frau Fuchs, was würden Sie eigentlich zu jemandem sagen, der das Geld, das er aus der Ladenkasse genommen hat, zurückbringt? Würden Sie den als Spender feiern? ({0}) Bitte schön.

Dr. Rainer Barzel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000102

Frau Fuchs.

Anke Fuchs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000611, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Bundesminister, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, daß die SPD-Bundestagsfraktion vor der Initiative der Bundesregierung einen Gesetzentwurf eingebracht hat, der diese Reparatur möglich gemacht hat? Und darf ich Sie fragen, warum Sie nicht gleich einer Veränderung zugestimmt haben. Dann wären die jungen Leute nicht so lange ohne Krankenversicherungsschutz geblieben.

Dr. Norbert Blüm (Minister:in)

Politiker ID: 11000204

So schnell sind wir mit der Beseitigung der Trümmer nicht, die Sie uns hinterlassen haben. ({0}) Würden Sie uns bestätigen, daß Sie jenen Zustand herbeigeführt haben, den wir jetzt mit Ihnen - ich bedanke mich - korrigieren werden? ({1}) Nun zur Sache. Es bleibt dabei: Das teuerste Gut der Arbeitnehmer ist die Gesundheit. Die wichtigste Ausstattung für den jungen Arbeitnehmer ist seine Gesundheit. Deshalb bleibt es bei den Beschäftigungsverboten bei gefährlicher Arbeit. Es bleibt beim Verbot der Kinderarbeit. Es bleibt bei der menschengerechten Gestaltung der Arbeit. Es bleibt bei der gesundheitlichen Betreuung. Im Mittelpunkt des Jugendarbeitsschutzes steht die Gesundheit. Das ist die Aufgabe des Gesetzgebers. Verändert werden Arbeitszeitregelungen, die offenbar nur mit Hilfe von tausend Ausnahmen praktikabel waren. Jetzt frage ich Sie: Was ist eigentlich ein Gesetz wert, das nur funktioniert, wenn es tausend Ausnahmen begleiten? Was ist das für ein Gesetzgeber, der mehr Ausnahmen ermöglicht, als er Normalregeln geschaffen hat? Ein solches Gesetz dementiert sich selber. Ein solches Gesetz schafft nicht Klarheit, sondern Verwirrung. In der Tat, wir bleiben bei einer Arbeitszeitregelung, bei der wir auf Kooperation angewiesen sind. Herr Kollege Reimann, das gleiche hat der Abgeordnete Blüm 1976 gesagt. Wir sollten uns von dem Ehrgeiz zurückhalten, daß der Gesetzgeber alles regeln könne und müsse. ({2}) Er kann es nämlich viel weniger gut als die Tarif- und Betriebspartner. Wir brauchen eine neue Kooperation. Der Gesetzgeber kann Uniformen verpassen. Wir brauchen jedoch keine Uniformen, sondern wir müssen der Vielfalt höchst unterschiedlicher Bedingungen gerecht werden. Deshalb sollte sich der Gesetzgeber auf die Rahmenregelungen konzentrieren. Die Tarifpartner sollten diesen Rahmen ausfüllen, ihrer Branche, ihren Voraussetzungen entsprechend. Und der Betrieb sollte sie anwenden. Das schafft neue Spielräume für die Tarifpartner. Wie Sie diese neue Verantwortung als Marsch in den Unternehmerstaat bezeichnen können, das bleibt Ihr Betriebsgeheimnis; denn wenn wir den Tarifpartnern neue Verantwortung geben, wird Tarifpartnerschaft effektiv. Das Mitspielen auf der Tribüne ist allzu bequem. Es gibt doch auch Leute, die auf den Tribünen ganze Fußballspiele gewinnen. Wir brauchen mehr Mitspieler. Sozialpartnerschaft ist nicht Tribünengesellschaft. ({3}) Sozialpartnerschaft heißt mehr Verantwortung. Im übrigen: Wir kehren hier zu demokratischen Traditionen zurück. Wir schütteln die autoritäre Erbschaft aus der Nazi-Zeit aus den Kleidern und kehren zu Regelungen zurück, wie sie in der Weimarer Zeit üblich waren. ({4}) - Bitte, Herr Kollege.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001274, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, Ihr Stichwort „Tribüne" veranlaßt mich zu dieser Zwischenfrage. Würden Sie mir zustimmen, daß die „erdrükkende" Besetzung der Pressetribüne in einem bemerkenswerten Mißverhältnis zu der Bedeutung steht, die Journalisten der Verabschiedung dieses Gesetzentwurfes bislang immer zugemessen haben, und wahrscheinlich auch zu ihrer Berichterstattung über die unbefriedigende Präsenz der Abgeordneten bei der Verabschiedung dieses Gesetzes? ({0})

Dr. Norbert Blüm (Minister:in)

Politiker ID: 11000204

Herr Kollege, gestatten Sie es mir, daß ich mich einer Pressezensur enthalte. ({0}) Lassen Sie mich - Herr Kollege Seehofer hat es schon getan, Herr Kollege Cronenberg auch - auf ein paar Ungereimtheiten des geltenden Gesetzes hinweisen. Da es um Gesundheitsschutz geht: Können Sie mir erklären, verehrte Kollegen, warum der 16jährige Lehrling erst um 7 Uhr mit der Arbeit beginnen darf und sein altersgleicher Kamerad, der Jungarbeiter ist, schon um 6 Uhr? Wenn es um Gesundheit geht, dann kann es keinen Unterschied machen, ob der eine einen Lehrvertrag hat und der andere einen Arbeitsvertrag. Wieso beginnt der eine um 6 Uhr und der andere um 7 Uhr? ({1}) - Das würde, Frau Kollegin Fuchs, dazu führen, daß sie zwar mit den gleichen Bussen wie ihre älteren Kollegen zur Firma fahren, aber dann im Wartesaal sitzen, bis sie eine Stunde später anfangen dürfen. Was daran Praxis ist, habe ich nie kapiert. Lassen Sie mich noch einmal auf eines hinweisen. Ich glaube, das Erfolgsgeheimnis unseres Systems der beruflichen Bildung, der Lehrlingsausbildung, besteht in dem pädagogischen Grundsatz: Lernen durch Mitarbeit, Lernen durch Praxis. Ich finde, das ist auch ein Stück Chancengleichheit für jene jungen Mitbürger, die die Welt mit der Hand begreifen lernen. Das ist genausoviel wert wie über die Theorie und die Schule den Zugang zur Bildung zu finden. Das ist auch Chancengleichheit und Gerechtigkeit. ({2}) Wenn allerdings „Lernen durch Mitarbeit" der Grundsatz unserer Lehrlingsausbildung ist, dann kann es nicht einen verschiedenen Arbeitsrhythmus geben zwischen denjenigen, die außerhalb der Ausbildung sind, und denjenigen, die in der Ausbildung stehen. Wenn die Maurerkolonne morgens um 6 Uhr beginnt, können die Lehrlinge nicht um 7 Uhr mit dem Taxi nachgeschickt werden. Das ist weltfremd. ({3}) Die Gefahr ist nämlich, daß das Taxi gar nicht zu fahren braucht, denn die Lehrlinge werden nicht eingestellt. Das ist das Ergebnis einer solchen Regelung. Und im Krankenhaus! Wer im Krankenhaus etwas lernen will, muß halt kommen, wenn die Kranken aufwachen. Der kann nicht erst beginnen, wenn die Kranken schon im zweiten Schlaf sind. Und wer Tierpfleger werden will! Sie werden es nicht schaffen, daß die Tiere ihr Erwachen nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz richten. Die werden wach, wenn sie wach werden wollen. ({4}) - Das ist nicht Kaspertheater, das ist die Wirklichkeit.

Dr. Rainer Barzel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000102

Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Kirschner?

Dr. Norbert Blüm (Minister:in)

Politiker ID: 11000204

Bitte, Herr Kollege.

Klaus Kirschner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001102, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, darf ich Sie fragen, wie Sie zu folgenden Sätzen stehen: Ich sehe keinerlei Veranlassung, einer eventuellen Verschlechterung des Jugendarbeitsschutzgesetzes zuzustimmen. Ich werde mich deshalb überall, wo darüber diskutiert wird, gegen solche Initiativen stellen. Es gibt keinen Grund, das Gesetz zu verändern, der nicht schon bekanntgewesen wäre, als das Gesetz beschlossen wurde. Wie stehen Sie heute zu diesen Sätzen, die Sie im September 1977 an die Gewerkschaft NGG in Baden-Württemberg geschrieben haben?

Dr. Norbert Blüm (Minister:in)

Politiker ID: 11000204

Uneingeschränkt stehe ich zu diesen Sätzen. Es ist keine Verschlechterung, was wir betreiben; wir machen Jugendarbeitsschutz überhaupt erst praktikabel. Das ist eine Verbesserung des Jugendarbeitsschutzgesetzes. ({0}) Bleiben wir bei dem Beispiel, Herr Kollege. Ist es eine Verschlechterung oder ist es eine Verbesserung, wenn auch die Jugendlichen Freitag mittags früher in das Wochenende gehen können, weil sie die vier Tage vorher wie ihre erwachsenen Kollegen eine halbe Stunde länger gearbeitet haben? Ist das eine Verbesserung oder eine Verschlechterung? Für mich ist das eine Verbesserung, denn die Jugendlichen wollen das selber. Wollen Sie der Obermeister der Jugendlichen sein? Ich nicht. ({1}) Die wollen freitags früher aus dem Betrieb, wenn es geht, und dafür vier Tage vorher eine halbe Stunde mehr arbeiten. Ich habe etwas gegen die Arroganz von Leuten, die immer meinen, sie müßten den Mitmenschen vorschreiben, wie ihr Glück aussieht. Das wissen die jungen Leute selber. ({2}) Wir brauchen bei der Ausbildung auch unkonventionelle Lösungen, gerade in einer Zeit, in der Ausbildungsplätze knapp sind. Möglicherweise müssen Ausbildungsplätze geteilt werden, d. h. auf einen Ausbildungsplatz zwei Lehrlinge. Nur darf dazu der Zeitrahmen nicht so eng sein, daß man solche unkonventionellen Wege nicht gehen kann. Lassen Sie mich noch ein paar Bemerkungen zu der neuen Symbolfigur des Jugendarbeitsschutzes machen, dem Bäckerlehrling. Das scheint die neue Lieblingsgestalt der sozialdemokratischen Ängste um den Jugendarbeitsschutz zu werden. Für mich ist es mehr der Offenbarungseid, wie weit Sie sich schon von der Wirklichkeit abgehoben haben. ({3}) Ich will doch einmal feststellen: Brötchenzeit ist Frühstückszeit. Es könnte j a sein, daß manche, die um 8 Uhr zur Demonstration gehen, um 7 Uhr gefrühstückt haben, und zwar mit Brötchen. ({4}) Vielleicht gehen sie zu einer Demonstration für den Bäckerlehrling. ({5}) Ich sehe nicht ein, wie man das Backen lernen soll, wenn der Backvorgang schon abgeschlossen ist. Was wollen wir denn? Lassen wir doch einmal die Kirche im Dorf. Der Fünfzehnjährige soll um sechs Uhr beginnen können, der Sechzehnjährige um fünf Uhr und der Siebzehnjährige um vier Uhr. Der Achtzehnjährige soll nach Ihrem Willen auch um vier Uhr beginnen können. Der ganze Unterschied, dieser ganze weltanschauliche Graben besteht in einem Jahr und einer Stunde. Meine Damen und Herren, wenn Sie keine größeren Sorgen um die Jugend haben als diese Stunde und dieses Jahr, steht es wirklich sehr gut um unsere Republik. ({6}) Ich finde, es ist auch ein Stück Lebenswirklichkeit, wenn man sich Schritt für Schritt einem Arbeitsrhythmus nähert, der ein Lebensrhythmus ist. Der Lebensrhythmus des Bäckers ist sicherlich anders als beispielsweise der Lebensrhythmus des Abgeordneten. Ich würde gerne um zwölf Uhr Feierabend machen - das geht aber nicht, weil ich um zwanzig Uhr noch eine Versammlung zu bestreiten habe - und dafür dann um vier Uhr aufstehen.

Dr. Rainer Barzel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000102

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Jung?

Dr. Norbert Blüm (Minister:in)

Politiker ID: 11000204

Bitte schön.

Wilhelm Jung (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001041, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, würden Sie mir zustimmen, daß wir im Deutschen Bundestag besser daran täten, die Jugend am Abend vor schädlichen Einflüssen zu schützen als am Morgen vor der Arbeit in der Backstube? ({0})

Dr. Norbert Blüm (Minister:in)

Politiker ID: 11000204

Ich stimme Ihnen gerne zu, Herr Kollege. Ich sehe auch einen gewissen Widerspruch in der Politik der Sozialdemokraten. Sozialdemokratische Bildungspolitik hat unter anderem zu jenen zentralen Schulen, Gesamtschulen, geführt, die es manchem Zehnjährigen abverlangen, um halb sechs aufzustehen, damit er um acht Uhr in der Schule ist. ({0}) Soviel Gesundheitsschaden, wie diese Schulwege bei den Kindern verursachen, kann der ganze Jugendarbeitsschutz nicht verhindern, kann ich nur sagen. Das ist das Ergebnis einer GEW-Ideologie, die hier auch einmal zur Sprache gebracht werden muß. Ich glaube in der Tat, daß sich die Gefahrenzonen verlagert haben, auch die Gefahrenzonen für die Gesundheit der Jugendlichen. Das fängt bei der Disco an und hört bei den langen Schulwegen auf. Das zeigt die Gefahren, die Sie selber aufgezeigt haben. Ich will es kurz machen. Ich bleibe dabei: Dies ist eine Verbesserung des Jugendarbeitsschutzgesetzes. Dieses Gesetz ist praktikabel. Es ist ein Jugendarbeitsschutzgesetz, das die Jugendlichen bei der Arbeit schützt, und es ist nicht ein Schutzgesetz gegen die Arbeit. Davon hätten die Jugendlichen nichts. ({1}) Ich bleibe dabei, daß der Gesetzgeber verpflichtet ist, Gesetze nicht für die Ideologen, nicht für das Wolkenkuckucksheim zu machen, sondern für hier und heute. In dem Sinne ist unser Jugendarbeitsschutzgesetz eine Verbesserung. ({2})

Dr. Rainer Barzel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000102

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Potthast.

Gabriele Potthast (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001741, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Guten Morgen, Herr Präsident, Herr Minister! Guten Morgen, meine Damen und Herren Abgeordnete! ({0}) Guten Tag, liebe Lehrlinge. Denn während wir seit knapp dreieinhalb Stunden in diesem Hohen Haus tagen, werden demnächst siebzehnjährige Bäckerlehrlinge um diese Uhrzeit bereits seit neuneinhalb Stunden auf den Beinen sein. ({1}) Entsprechend dem Willen der Mehrheit des Hohen Hauses soll das derzeit geltende Jugendarbeitsschutzgesetz aus dem Jahre 1976 dahin gehend geändert werden, daß nach Verkündung dieses Gesetzes siebzehnjährige Jugendliche in Bäckereien ab vier Uhr beschäftigt werden dürfen. Das bedeutet im Klartext, daß sie zwischen zwei und drei Uhr morgens aufstehen müssen. Arbeitsmedizinische Untersuchungen aus den 50er Jahren haben ergeben, daß Nachtarbeit für erwachsene Beschäftigte im Bäckerhandwerk äußerst gesundheitsschädlich ist. Um wieviel mehr muß das eigentlich für Jugendliche gelten? ({2})

Dr. Rainer Barzel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000102

Erlauben Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Hinsken?

Gabriele Potthast (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001741, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Außerdem hat Herr Blüm die Frage immer noch nicht geklärt, wie die Bundesregierung das kleine, leidlich technische Problem zu lösen gedenkt, wie die Jugendlichen, sofern sie kein eigenes Fahrzeug besitzen, überhaupt pünktlich zu den Ausbildungsstätten kommen sollen, da um diese Zeit kaum öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung stehen, selbst in Bonn nicht.

Dr. Rainer Barzel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000102

Frau Abgeordnete, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Hinsken?

Gabriele Potthast (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001741, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich habe nur eine begrenzte Redezeit zur Verfügung ({0}) und möchte deshalb gerne darauf verzichten. Wie Sie wissen, ist Bonn eine Weltstadt. Ein im Bäckerhandwerk auszubildender Lehrling hätte keine Chance, pünktlich an der Ausbildungsstätte anzukommen, wenn er beispielsweise in GrauRheindorf wohnt und in Bad Godesberg ausgebildet wird. In Berlin - so ergeben zumindest Recherchen des DGB-Landesbezirks - müßte ein Jugendlicher aus Spandau, der bei einem großen Brothersteller in der Neuköllnschen Allee ausgebildet wird, bereits um 2.17 Uhr seinen Bus besteigen, um pünktlich um 4.00 Uhr am Arbeitsplatz anzukommen, ganz zu schweigen von den Schwierigkeiten, die Jugendliche im ländlichen Raum bekommen werden. ({1}) Auf meine diesbezügliche Frage im Ausschuß gab mir Herr Blüm lapidar die Antwort, der Lehrling könne j a zum Bäckermeister ziehen. Herr Blüm, wie verträgt sich eigentlich so eine Antwort mit den sonst geäußerten familienpolitischen Ansichten Ihrer Fraktion? Wenn Sie, verehrte Kollegen und Kol6306 leginnen der CDU/CSU-Fraktion, vorher bei dem Hinweis des Kollegen Reimann, daß das Wegeunfallrisiko sich vergrößere, gelacht haben, zeigt das eigentlich nur, daß Sie jedenfalls schon lange nicht mehr mit dem Fahrrad gefahren sind. ({2}) Übrigens, Herr Lammert: Vielleicht hat die weitgehende Abwesenheit der Presse auch etwas damit zu tun, daß im Grunde fast alle Argumente ausgetauscht sind und daß von vornherein feststeht, daß Sie sich von unseren - meiner Ansicht nach besseren - Argumenten nicht überzeugen lassen. ({3}) Der vorliegende Gesetzentwurf zur Änderung des seit acht Jahren gültigen Jugendarbeitsschutzgesetzes soll laut Begründung sogenannte ausbildungshemmende Regelungen abbauen und die Bereitschaft der Arbeitgeber verbessern, zusätzliche Ausbildungsplätze anzubieten. Wir GRÜNEN sehen - ebenso wie die Gewerkschaften - überhaupt keinen Handlungsbedarf für eine Gesetzesänderung im Sinne der Fraktionen der Regierungskoalition. Denn wenn wir uns die einzelnen Maßnahmen einmal genauer ansehen, dann bieten sie an keinem einzigen Punkt die Möglichkeit zu einer verbesserten Ausbildung, sondern dienen einzig und allein dem Zweck, Jugendliche als Arbeitskräfte für die Betriebe verfügbarer zu machen. ({4}) Die vorgesehenen Änderungen wie beispielsweise Verlängerung der täglichen Arbeitszeit von 8 auf 81/2 Stunden, wenn sie an anderen Tagen entsprechend auf weniger als 8 Stunden verkürzt wird, z. B. bei der 41/2-Tage-Woche, oder die Verlängerung der Schichtzeit in der Landwirtschaft und Tierhaltung sowie auf Bau- und Montagestellen von 10 auf 11 Stunden oder die Verlegung des zulässigen Arbeitsbeginns von derzeit sieben auf sechs Uhr für Siebzehnjährige, in Bäckereien von fünf auf vier Uhr, oder die Gleichstellung von jugendlichen Auszubildenden und Jungarbeitern beim Arbeitsbeginn und beim Arbeitsende in mehrschichtigen Betrieben - was ja im übrigen Nachtarbeit für Jugendliche bedeutet - oder die Zulassung der Beschäftigung an Samstagen in Reparaturwerkstätten für Kraftfahrzeuge, all diese vorgesehenen Änderungen bedeuten eine Verschlechterung des Jugendarbeitsschutzes. Daran führt keine noch so ausgefeilte Rhetorik und Polemik vorbei. ({5}) Mit diesen Änderungen wird dann aber das Grundanliegen des Jugendarbeitsschutzes in Frage gestellt. Denn als ausbildungshemmend gelten demnach Regelungen, die einen Gesundheitsschutz für Jugendliche garantieren sollen. Im Interesse einer sachgerechten Ausbildung halten wir jedenfalls diese Verschlechterung des Jugendarbeitsschutzgesetzes für skandalös. Denn sie dient weniger der Verbesserung einer praxisnahen Ausbildung, als daß sie den Unternehmern zu billigen Arbeitskräften verhilft. ({6}) Einmal abgesehen davon, daß hier der Gesundheitsschutz wirtschaftlichen Aspekten untergeordnet werden soll und darüber hinaus möglicherweise zur Manövriermasse bei Tarifverhandlungen wird, was durch die Tariföffnungsklausel möglich wird, stellen die vorgeschlagenen Einschränkungen einen massiven Eingriff in die Entfaltungsmöglichkeiten von Jugendlichen in den kulturellen und politischen Bereichen dar. Jugendliche müßten bei einem Arbeitsbeginn von 6.00 oder gar 4.00 Uhr morgens weitgehend auf kulturelle und politische Interessen während der Woche verzichten, wollten sie nicht ständig in den Zustand eines permanenten Schlafdefizits kommen. Ein Sachverständiger hat es den Kollegen vom Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung während der Anhörung vorgerechnet, daß unter Berücksichtigung der Wegezeit, der Zeit für Waschen, Anziehen und Frühstücken sowie eines achtstündigen Schlafs ein Jugendlicher, dessen Arbeit um sechs Uhr beginnt, um 20.45 Uhr schlafen gehen müßte, ganz zu schweigen von einem Arbeitsbeginn um vier Uhr, der die Schlafenszeit um zwei Stunden vorverlegen würde, also auf 18.45 Uhr. Einen 17jährigen um 18.45 Uhr ins Bett zu schicken, dazu wird die elterliche Autorität wohl kaum ausreichen. ({7}) Wir befürchten entsprechend, daß die Gefahr eines Schlafdefizits nicht auszuschließen ist. Damit steigt auch die Gefahr von Unfällen am Arbeitsplatz infolge von Übermüdung und Konzentrationsschwierigkeiten. Außerdem ist es überhaupt nicht einzusehen, daß Jugendliche um 2 oder 3 Uhr morgens aus dem Bett geprügelt werden sollen, also um eine Zeit, wo Sie in der Regel erst hineinfallen, vor Müdigkeit oder aus welchen Gründen auch immer, um eine Zeit, wo anständige Menschen noch schlafen, nur weil einige Leute in dieser Republik meinen, daß sie um sieben Uhr frische Brötchen haben müßten. ({8}) Wer um diese Zeit, um sieben Uhr, frische Brötchen haben will, soll sich gefälligst selber hinstellen und welche backen. ({9}) Ein Frühstückskorb mit gesundem, vollwertigem Vollkornbrot tut es aber auch. Wir halten es jedenfalls für bedenklich, wenn sich die Ausbildung an der Organisation des Betriebs orientieren muß. Vielmehr sollten Betriebe eine angemessene Ausbildung organisieren. Die inzwischen achtjährige Ausbildungspraxis hat doch bewiesen, daß es möglich ist, innerhalb des bislang gültigen Arbeitszeitrahmens qualifizierten NachFrau Potthast wuchs heranzubilden. Sonst hätten wir seit acht Jahren keine ausgebildeten Bäcker mehr. Die in der Begründung des Gesetzentwurfs implizit enthaltene Unterstellung, es sei nicht möglich, für eine qualifizierte Ausbildung unter den bislang gültigen Bestimmungen zu sorgen, ist eine Beleidigung für das gesamte Handwerk. Unglaubwürdig ist auch die Begründung, mit der geplanten Änderung der Freistellungsregelung für den Berufsschulbesuch die Ausbildung verbessern zu wollen. Denn damit, daß ein Jugendlicher erst nach mehr als fünf Unterrichtsstunden, d. h. nach sechs Unterrichtsstunden, von der betrieblichen Arbeitszeit freigestellt werden soll, wird die Notwendigkeit geleugnet, daß der Unterrichtsstoff nachzuarbeiten ist. Das aber wird unweigerlich zu einem Theoriedefizit führen. In diesem Zusammenhang ist unser Gesetzentwurf zur Änderung des Jugendarbeitsschutzgesetzes und des Berufsbildungsgesetzes zu erwähnen, mit dem wir auf die bisher gesetzlich nicht festgelegte Freistellung von Berufsschülern für die Mitarbeit in der Schülerverwaltung reagieren. In dem Bericht der Enquetekommission des Deutschen Bundestages „Jugendprotest im demokratischen Staat" wird die Notwendigkeit der Beteiligung Jugendlicher an Entscheidungsprozessen formuliert. Wie die Deutsche Angestelltengewerkschaft in einer Stellungnahme zu diesem Gesetzentwurf richtigerweise festgestellt hat, wird mit der vorgeschlagenen Regelung dafür ein wichtiger Grundstein gelegt. Die Änderungen zum Jugendarbeitsschutzgesetz, wie sie von der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion hier vorgelegt worden sind, ordnen sich ein in einer Reihe von Gesetzesinitiativen, die entweder schon verabschiedet worden sind oder erst noch verabschiedet werden sollen. Es sind Gesetzesinitiativen, die alle die gleiche politische Tendenz haben und nach meiner Meinung auch nicht getrennt gesehen werden dürfen. ({10}) Ich komme zum Schluß. Ich denke dabei an die Vorruhestandsregelung, an die Veränderung der Arbeitszeitordnung, die Aufweichung der Überstundenregelung, die kapazitätsorientierte variable Arbeitszeit, Job-sharing, Verschlechterung des Frauenarbeitsschutzes usw. usw. All diese Initiativen reihen sich in ein Paket ein, das unter dem Stichwort „Flexibilisierung" läuft und den Arbeitnehmern angeblich mehr Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung lassen soll. ({11}) - Letzter Satz: Tatsächlich aber tragen diese Maßnahmen dazu bei, daß die Arbeitszeiten an einen immer schneller und inhumaner werdenden Produktionsrhythmus angepaßt werden infolge einer zunehmenden Technisierung des Erwerbsarbeitsplatzes. Das heißt -

Dr. Rainer Barzel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000102

Das ist aber nicht nur ein Satz, Frau Potthast.

Gabriele Potthast (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001741, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Gerade noch ein Satz!

Dr. Rainer Barzel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000102

Das haben wir schon ein paarmal gehabt. Ich bitte Sie jetzt, nur noch einen Satz zu sprechen. Dann ist Schluß.

Gabriele Potthast (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001741, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Das heißt, der Mensch muß sich dem Rhythmus der Maschinen angleichen, muß sich auf Abruf zur Verfügung halten, muß leicht austauschbar sein, wird also zum Objekt einer Verschleißproduktion, die nicht nur Rohstoffe sinnlos verschwendet, sondern den Menschen gleich dazu. Danke. ({0})

Dr. Rainer Barzel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000102

Das Wort hat der Abgeordnete Schreiner.

Ottmar Schreiner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002073, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe dem Herrn Bundesarbeitsminister - wie immer - sehr sorgfältig zugehört. ({0}) Inzwischen verdichtet sich bei mir der Eindruck, Herr Minister, daß Sie nicht nur ein getrübtes, sondern ein massiv gestörtes Verhältnis zur Wahrheit haben. ({1}) Sie haben begonnen mit der Ausführung: Verstöße, die bislang Verstöße gewesen sind, bleiben auch nach der Novellierung Verstöße. Das ist falsch, das ist schlicht und einfach falsch. Man kann am Beispiel der Bäcker - aber auch an anderen Beispielen, etwa an Hand des Untersuchungsberichts des Deutschen Gewerkschaftsbundes - deutlich machen, daß - unter Vorwegnahme der geplanten Novellierung - zahlreiche Verstöße bei den Bäckern jetzt schon zu beobachten sind. Junge Leute müssen um 4 Uhr „antanzen", gewissermaßen unter Vorwegnahme der von Ihnen beabsichtigten Änderungen.

Dr. Rainer Barzel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000102

Herr Abgeordneter, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Blüm? - Herr Blüm.

Dr. Norbert Blüm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000204, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Schreiner, würden Sie die Güte haben - Schreiner ({0}): Die habe ich. ({1})

Dr. Norbert Blüm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000204, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

- -, mit Ihren Zensuren etwas vorsichtiger zu sein?

Ottmar Schreiner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002073, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Also, Sie sind doch der Oberzensor dieses Parlaments. So wie Sie soeben mit Frau Fuchs umgesprungen sind, ist das ein mittlerer Skandal. ({0})

Dr. Norbert Blüm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000204, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Würden Sie bestätigen, daß ich dem Kollegen Reimann geantwortet habe, dabei auf jene Verstöße eingegangen bin, die er - in Übereinstimmung mit dem DGB - als die Hauptverstöße gegen das geltende Jugendarbeitsschutzgesetz bezeichnet hat, und gesagt habe, diese Verstöße blieben weiterhin Verstöße? Können Sie das bestätigen?

Ottmar Schreiner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002073, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich kann das insoweit nicht bestätigen, als sich der Kollege Reimann ausdrücklich auf die Untersuchungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes bezogen hat und diese Untersuchungen nachweislich zum Ergebnis haben, daß im Bäkkerbereich, aber auch in etlichen anderen Bereichen genau schon das praktiziert wird, was Sie ins Gesetz hineinzuschreiben wünschen; das ist der Punkt. ({0})

Dr. Rainer Barzel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000102

Erlauben Sie noch eine Zwischenfrage des Abgeordneten Blüm?

Ottmar Schreiner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002073, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich möchte jetzt doch ein paar Sätze im Zusammenhang vortragen. Ich werde Ihnen vermutlich ohnehin noch hinreichend Gelegenheit zu weiteren Nachfragen geben. ({0}) Ich möchte nun auf den Kern des Gesetzes zu sprechen kommen, da die wesentlichen Kritikpunkte vom Kollegen Reimann bereits vorgetragen worden sind. Der Kern dieses Gesetzes, Herr Blüm und liebe Kolleginnen und Kollegen von der Regierungskoalition, ist die Frage, ob wir den Gesundheitsschutz der jungen Menschen beeinträchtigen. ({1}) - Wenn das schon gesagt worden ist, muß es deshalb wiederholt werden, damit Wahrheiten auch Wahrheiten bleiben. - Sie haben in der langen Anhörung des Ausschusses - ich bitte, jetzt wirklich zuzuhören, weil es um den entscheidenden Punkt geht - nicht einen einzigen Arbeitsmediziner hören können, der Ihnen eine Unbedenklichkeitsbescheinigung, bezogen auf die gesundheitlichen Auswirkungen der jungen Leute, gegeben hätte - nicht einen! ({2}) Es gilt als große liberaldemokratische Errungenschaft vor Gericht der Satz: Im Zweifel für den Angeklagten. Wenn man diesen Satz auf die Arbeitnehmer, die jungen Arbeitnehmer, die Auszubildenden übertrüge, müßte er lauten: Im Zweifel für den Gesundheitsschutz der Kollegen in den Betrieben. ({3}) Das, was Sie machen, ist genau das Gegenteil.

Dr. Rainer Barzel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000102

Erlauben Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Hinsken?

Ottmar Schreiner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002073, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich führe den Satz noch zu Ende. Trotz einer gänzlich ungesicherten medizinischen Erkenntnislage handeln Sie gegen die Aussage der Arbeitsmediziner, die ausdrücklich feststellen: Wir können nicht sagen, daß sich diese Gesetzesänderungen im gesundheitlichen Bereich der Jugendlichen nicht doch außerordentlich schädigend auswirken. ({0})

Dr. Rainer Barzel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000102

Herr Kollege Hinsken.

Ernst Hinsken (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000906, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Schreiner, können Sie mir einen einzigen Jugendlichen nennen, der durch das frühe Aufstehen körperlich geschädigt wurde, und sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, daß ich hier viel, viel eher aufstehen mußte und mich momentan sehr, sehr gesund fühle? ({0})

Ottmar Schreiner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002073, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich kann Ihnen nur sagen, ich habe mich in dieser Woche ganz schön beeinträchtigt gefühlt, weil ich am Mittwochmorgen um 4 Uhr auf der Matte sein sollte, ({0}) aber erst um halb 5 - ({1}) - Natürlich hatten wir es beantragt! Ich habe durch diese Frühübung mehr vom Jugendarbeitsschutz kapiert als durch all das, was man darüber nachlesen kann. Ich habe mich zwei Tage beeinträchtigt gefühlt! ({2}) Ich will Ihnen eines sagen, da ich aus einem ländlichen Wahlkreis komme: Ich kenne junge Leute, die Anfahrtswege von 30 km haben. Wenn die um 4 Uhr anfangen sollen, müssen sie nachts um 1 Uhr raus. Mir kann doch keiner weismachen wollen, dies bliebe ohne Auswirkungen auf die gesundheitliche Lage der jungen Menschen! ({3}) Ich werde Ihnen das an Hand einer Reihe von Zahlen gleich dokumentieren; es wird noch ein bißchen härter kommen.

Dr. Rainer Barzel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000102

Herr Kollege, gestatten Sie Zwischenfragen von Herrn Hinsken und Herrn George?

Ottmar Schreiner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002073, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Bitte schön!

Dr. Rainer Barzel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000102

Herr George!

Dr. Haimo George (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000662, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Schreiner, sind Sie bereit, zuzugeben, daß Ihr Biorhythmus etwas weniger gestört war als der Biorhythmus von uns, weil Sie eine Stunde später zur Sitzung kamen? ({0})

Ottmar Schreiner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002073, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Nein. Ich habe das ja eben ausdrücklich gesagt: Ich kam eine gute halbe Stunde später, weil ich ganz erhebliche Probleme hatte, ({0}) mich auf diesen Rhythmus zu bringen. Insoweit stimme ich Ihnen völlig zu, Herr Kollege George, und herzlichen Glückwunsch, daß Sie offenkundig einen stärkeren Wecker haben als ich. ({1}) - Okay, zum Bäcker wäre ich möglicherweise nicht geeignet, aber meine Brötchen brauchen Sie ja auch nicht zu essen. Aber nun zur Sache zurück. Für mich ist - um es nochmals zu betonen - der entscheidende Punkt: im Zweifel für die Gesundheit der Arbeitnehmer. ({2}) Sie handeln genau umgekehrt. ({3}): Nein, das ist nicht wahr!) Der zweite Gesichtspunkt, um den es geht: Das Jugendarbeitsschutzgesetz in seiner Fassung von 1976 ist damals auch von Ihnen mitgetragen worden. Ich könnte den Kollegen Blüm zitieren, wie er damals das Gesetz als Beitrag zur Humanisierung des Arbeitslebens usw. usf. abgefeiert hat. Der Kollege Blüm hat in der Opposition häufig anders gesproche als heute in der Regierung, aber das ist sein Problem. Der Punkt ist, daß das Jugendarbeitschutzgesetz eines der wenigen Gesetze ist, durch die vorbeugende Sozialpolitik praktiziert worden ist. Vorbeugende Sozialpolitik will verhindern, daß die Sozialpolitiker zur Reparaturkolonne bei Auswirkungen von inhumanen Produktionsprozessen werden. Das sind wir jetzt! Damals haben wir gesagt: Laßt uns mit dazu beitragen, daß die Gesundheit der Menschen bewahrt bleibt. Wer dieses Gesetz abändert, fällt weit in eine sozialpolitische Diskussion zurück, die das Wort vom vorbeugenden sozialpolitischen Schutz nicht mehr wahrnehmen will. ({4}) Im übrigen haben wir nie gesagt, daß wir die jungen Leute mit Samthandschuhen anfassen wollten, daß wir sie mit Sänften durch eine nicht vorhandene Idylle tragen wollten. Das ist nicht der Punkt! Nun einige Zahlen zu der Frage, ob es nicht wirklich notwendig wäre, darüber zu debattieren, wie wir vorbeugende Sozialpolitik weiter ausbauen können, statt die vorhandenen kleinen Ansätze wieder gegen Null zu bringen.

Dr. Rainer Barzel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000102

Erlauben Sie eine Zwischenfrage des Abgeordenten Vogt [Düren)?

Ottmar Schreiner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002073, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Die krempeln mir mit den Zwischenfragen die ganze Rede um!

Dr. Rainer Barzel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000102

Aber ich habe das Gefühl, es hilft Ihnen, Herr Kollege. - Bitte.

Wolfgang Vogt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002384, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Schreiner, würden Sie mir darin zustimmen, daß die Vorschriften über die arbeitsmedizinischen Untersuchungen im Rahmen dieses Gesetzes überhaupt nicht geändert werden, ({0}) abgesehen von der Frist, daß vor Aufnahme der Beschäftigung die erste Untersuchung 14 Monate -

Dr. Rainer Barzel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000102

Herr Kollege Egert, Die Debatte wird vom Präsidenten geleitet, nicht von Ihnen.

Wolfgang Vogt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002384, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Geben Sie zu, daß deshalb Behauptungen, die Sie jetzt gerade aufgestellt haben, unwahr sind? ({0})

Ottmar Schreiner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002073, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich kann Ihnen überhaupt nicht zustimmen. Ich kann Ihnen ganz im Gegenteil einige Zahlen ins Gedächtnis rufen, die Ihnen bei Ihrer Arbeit als Parlamentarischer Staatssekretär im Arbeitsministerium hilfreich sein könnten, wenn es darum geht, über den verstärkten Ausbau von vorbeugendem Gesundheitsschutz nachzudenken. ({0}) Ich will Ihnen dazu einige Zahlen geben. Alle zwei Stunden stirbt in der Bundesrepublik Deutschland ein Mensch durch einen Arbeitsunfall. Alle sieben Minuten ereignet sich in der Bundesrepublik Deutschland ein schwerer Arbeitsunfall. ({1}) Der gesundheitliche Verschleiß der Arbeitnehmerschaft in der Bundesrepublik Deutschland wächst von Tag zu Tag. Das sehen Sie am Indiz der steigenden Frühinvaliditätsquote. Die Reparaturen, die allein durch arbeitsbedingte Unfälle und gesundheitliche Beeinträchtigungen hervorgerufen werden, kosten in der Bundesrepublik Deutschland jährlich rund 30 Milliarden DM, 30 Milliarden mit wachsender Tendenz! Wer also vor diesem, wenn man so will, menschlichen Horrorhintergrund an die wenigen vorhandenen Ansätze zum vorbeugenden Gesundheitsschutz herangeht, der versündigt sich zu Lasten der Gesundheit der arbeitenden Menschen. ({2}) Und ich sage Ihnen noch eines: Sie tauschen das Linsengericht von paar Mark mehr Gewinn im Betrieb - das ist der entscheidende Punkt - gegen das hohe Gut der Gesundheit der jungen Leute ein. Das ist der Kernvorwurf, um den es bei dieser Debatte geht. ({3})

Dr. Rainer Barzel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000102

Herr Abgeordneter, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Abgeordenten Urbaniak.

Hans Eberhard Urbaniak (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002360, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Schreiner, können Sie mir bestätigen, daß insbesondere Professor Rutenfranz in der Anhörung sich klipp und klar gegen den Arbeitsbeginn um 4 Uhr aus gesundheitlichen Gründen für die jungen Leute geäußert hat und die Konzentration auf vier bzw. viereinhalb Tage ebenfalls aus gesundheitlichen Gründen abgelehnt hat?

Ottmar Schreiner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002073, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Urbaniak, das kann ich gerne bestätigen. ({0}) - Eine solche Zwischenfrage ist natürlich schon wichtig, damit Sie das auch zur Kenntnis nehmen können, weil ich das bisher nicht vorgetragen habe. ({1}) Ich will noch eine Bemerkung dazu machen, unabhängig von der humanen, der menschlichen Seite dieses Aspektes. Wenn es uns nicht gelingt, über vorbeugende Sozialpolitik hier ein paar Schritte weiter voranzukommen, anstatt in alte Zeiten zurückzufallen, steuern Sie die sozialen Sicherungssysteme in den Bankrott, weil das nicht mehr zu bezahlen ist. Wir debattieren alle Tage lang im Sozialausschuß über die Finanzprobleme der einzelnen sozialen Sicherungssysteme. Das, was Sie am Beispiel des Jugendarbeitsschutzgesetzes betreiben, bedeutet im Ergebnis, die sozialen Sicherungssysteme noch wesentlich schneller, als dies sonst zu erwarten gewesen wäre, in eine ganz schwierige finanzielle Situation hineinzubringen. Lassen Sie mich zum Schluß nur noch fragen, wen Sie bei Ihrer Argumentation, Herr Minister, aus dem gesellschaftlichen Raum auf Ihrer Seite haben. Sie finden bislang keinen einzigen Gewerkschafter, Sie finden bislang keinen einzigen Vertreter der beiden großen Kirchen, der Ihnen in diesen Fragen zustimmen würde. Ich könnte Ihnen seitenlang Zitate vorlesen, die meine Auffassung bestätigen; ich erspare mir das. Ich will Ihnen am Schluß aber ein Zitat nicht vorenthalten: Das besonders Bedrückende dabei ist, daß hier offenbar der Arbeitgeberabsicht Vorschub geleistet wird, die schwierige Situation der Jugend auszunutzen. Diese Notlage ist davon gekennzeichnet, daß nicht mehr tägliche Anfangszeiten, sondern Ängste, einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz zu finden, im Vordergrund stehen. Das ist nicht mein Satz, aber es könnte mein Satz hier sein. Und ich sage Ihnen noch einen zweiten Satz: Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit sieht die Wirtschaftslobby ihre Zeit für gekommen, zu Angriffen auf alle Arbeitsschutzgesetze zu blasen. Das ist auch nicht mein Satz, aber es könnte meiner sein. Und wissen Sie, von wem diese Sätze sind, von Ihrem eigenen Jugendleiter, Herr Blüm, nämlich dem Bundesvorsitzenden der jungen Arbeitnehmerschaft in den CDU-Sozialausschüssen in einem Interview mit der „Welt der Arbeit" von vorgestern. ({2}) Ich könnte Ihnen diese Zitate erweitern. Der hat eine ganze Reihe von weiteren Erkenntnissen vorgetragen. Er hat z. B. gesagt - da er Sie namentlich nennt, möchte ich Ihnen dies auch noch zur Kenntnis bringen, dann brauchen Sie nicht zu fragen -: Als der Bundestag 1976 bei nur einer Gegenstimme das Jugendarbeitsschutzgesetz verabschiedete, wurde es von Vertretern aller Parteien als sozialpoliticher Erfolg gefeiert. Der Arbeitnehmerrepräsentant der CDU, Norbert Blüm, stellte damals im deutschen Parlament fest: „Wir sind heute bei der Verabschiedung dieses Gesetzes ein Stück auf dem Weg zur Humanisierung der Arbeitswelt vorwärtsgekommen." Und jetzt wieder Ihr Jugendvertreter als Kommentar zu Ihrem Satz: Gerade auch diese Aussage steht im klaren Widerspruch zum gegenwärtigen Gesetzentwurf. ({3}) Herr Kollege Blüm, wenn Sie auf dem Pfad der Tugend geblieben wären, wenn Sie auf dem Pfad der Humanisierung geblieben wären, dann hätten Sie heute hier keine Verleumdungsrede, kein Spektakel gegen Sozialdemokraten organisieren dürfen, sondern sich hier vor die jungen Leute stellen sollen und zugeben sollen, daß Sie im Kabinett schlicht eine Niederlage erlitten haben. ({4})

Dr. Rainer Barzel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000102

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kolb. ({0})

Elmar Kolb (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001170, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich meinte nach der Debatte gestern, daß wir vielleicht auch mit ein bißchen mehr Fröhlichkeit und Humanität hier argumentieren und nicht so als bissige Terrier. Kollege Reimann, ich kenne Sie persönlich, und deswegen war ich sehr überrascht, daß Sie so - ich weiß nicht, wer Ihnen die Rede geschrieben hat ({0}) aggressiv waren. Sie gehören j a Gott sei Dank noch zu denen ({1}) - Lieber Kollege Egert, der Kollege Reimann hat eine Lehre gemacht. Ich habe im Handbuch nichts darüber gefunden, daß Sie etwas Ähnliches taten. Ich habe das auch nicht beim Herrn Schreiner gefunden. Wir sollten aufhören, daß immer Leute von Farben reden wie die Blinden, die sie nicht kennen. Lassen Sie doch Ihre Leute sprechen, die aktiv sind! ({2}) - Entschuldigen Sie, ich habe im Gegensatz zu Ihnen eine kaufmännische Lehre gemacht, ich habe ein Praktikum als Maschinenschlosser gemacht und ich kenne Arbeit sehr praktisch. (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Haben Sie die Prüfung bestanden? Weil Sie den Bäcker zitierten, gestatten Sie mir folgende Worte. Im Hearing sagte Dr. Marschall, der Betriebsarzt von VW: Allerdings haben Bäcker, die wir bei VW übernommen haben, keine gesundheitlichen Störungen gezeigt, die in irgendeiner Weise mit dem Schlafdefizit zusammenhingen. ({3}) Dann schreibt der Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte: Grundsätzlich kann festgestellt werden, daß gesundheitliche ernsthafte Schäden oder Störungen, die in Schäden übergehen können, durch die vorgesehenen Änderungen der Arbeitszeitvorschrift voraussichtlich nicht zu erwarten sind. Meine sehr verehrten Damen und Herren, als ich Sie hier heute habe argumentieren hören, habe ich geglaubt, das sei eine Versammlung von Greisen, weil Sie schon so lange der Jugend entronnen sind und wohl daher nicht mehr wissen, was Sie in der Jugendzeit leisten konnten. ({4}) - Ach, lieber Kollege Immer, von Ihnen kommen immer die unqualifizierten Zwischenrufe. Anscheinend sind Sie in der Jugend nicht fähig gewesen, das zu tun. Ich kann mich noch gut an meine Jugendzeit erinnern, daß das ging. Jetzt gestatten Sie mir auch mal eine Frage an uns - ich habe vorhin den Kollegen Buschfort gesehen -: Haben wir eigentlich zur Kenntnis genommen, daß Schüler heute eine weitaus längere Arbeitszeit haben, als sie heute vom normalen Arbeitnehmer gefordert wird, daß Schüler im ländlichen Raum stellenweise bis zu 12 Stunden unterwegs sind, und zwar mit einer Selbstverständlichkeit? Haben wir zur Kenntnis genommen, daß im Sport - ich denke an Turner und Turnerinnen - Jugendliche Leistungen vollbringen, über die wir uns nur wundern können? ({5}) Da können wir uns nur wundern. Sie tun so, als ob diese Generation bis zum 18. Lebensjahr exakt geschützt werden müsse und dann von diesem Tag an, wo sie 18 Jahre alt ist, diesen Schutz nicht mehr nötig hat. Jetzt eine Frage an Sie von der SPD. Ich stelle fest, daß Sie immer weniger Vertrauen zu Ihren Betriebsräten haben. Ihre Betriebsräte haben doch in den einzelnen Betrieben z. B. Montag bis Donnerstag 9 Stunden vereinbart, um am Freitagmittag um 12 Uhr Schluß zu machen. Dort kamen die Gewerbeaufsichtsämter und haben gesagt: Das geht nicht, es dürfen nur 8 Stunden sein. Wenn du den Lehrling von Montag bis Donnerstag 9 Stunden arbeiten läßt, zahlst du Strafe. Wie ist es denn, wenn die Lehrlinge selbst den Wunsch haben? Frau Kollegin Potthast, Sie haben vorhin vom Bäckerhandwerk gesprochen. Das Bäckerhandwerk geht bis ins Mittelalter zurück. ({6}) Wir haben im letzten Jahrhundert überhaupt keine Verkehrsprobleme gekannt. Die haben hervorragend funktioniert. ({7}) - Herr Kollege Immer, ich habe Verständnis dafür, daß Sie die Bäcker nicht kennen. Wir haben fünf in der Fraktion. Wenn Sie einen hätten, dann wüßten Sie, über was Sie reden. ({8}) Kollege Reimann, ich möchte auch zurückweisen, daß es hier eine Legalisierung gebe. Es gibt keine Legalisierung, sondern es gibt exakt die Anpassung an die betrieblichen Abläufe. Ich komme aus der Baubranche, und dort wollen die Mitarbeiter im Sommer manchmal um 6 Uhr anfangen, weil sie dann, wenn es warm ist, um 14 Uhr Schluß machen können. Nach Ihrer Vorstellung ginge das nicht, sondern der Lehrling arbeitet dann extra, während die anderen schon nach Hause gegangen sind. ({9}) - Herr Kollege Reimann, bitte.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Herr Abgeordneter Reimann, Sie haben das Wort zu einer Zwischenfrage.

Manfred Reimann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001805, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Kolb, ich frage Sie: Stimmen Sie mir zu, daß ich in meiner Rede im Zusammenhang mit den über 50 000 Verstößen ausschließlich von Feststellungen der Gewerbeaufsichtsämter, also staatlicher Behörden, gesprochen habe?

Elmar Kolb (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001170, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Genau, Herr Kollege Reimann. ({0}) Herr Kollege Reimann, wir haben gesagt: In Zukunft kann der Lehrling seine 40 Stunden in der Woche nach den betrieblichen Notwendigkeiten gestalten. Das halte ich für gut. Es wurde auch die Berufsschule kritisiert. Wir in Wangen haben folgende Regelung: eine Woche zwei Tage Berufsschulunterricht, eine Woche einen Tag. Was steht dem eigentlich entgegen, wenn die Leh6312 rerschaft den Unterricht vernünftig einteilt? In Friedrichshafen hat man es anders gemacht: Da hat man an einem Tag eine Leerstunde laufenlassen, damit anschließend der ganze Tag frei ist. ({1}) Es wurde gesagt, der Lehrling werde ausgebeutet. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich wäre dankbar gewesen, wenn die DGB-Jugend nicht nur dieses Flugblatt „Ausbeutung statt Ausbildung - nein danke" hergestellt, sondern auch einmal gesagt hätte: Wir, die DGB-Jugend, haben bei unserem Vorstand durchgesetzt, daß in den einzelnen Betrieben des DGB wesentlich mehr Ausbildungsplätze für Jugendliche geschaffen werden, damit wir dort so arbeiten können, wie wir möchten. Da sehe ich aber eine Fehlanzeige. Ich habe mir sagen lassen, daß der DGB und seine Organisationen in bezug auf die Ausbildung von Lehrlingen nicht besonders stark sind. Auch das muß man in diesem Zusammenhang einmal sagen. ({2}) Herr Kollege Reimann, Sie haben gesagt, in ein paar Jahren werde das auf uns zurückschlagen, wenn die geburtenschwachen Jahrgänge nachrükken. Zweifeln Sie eigentlich so an der Sozialen Marktwirtschaft, daß Angebot und Nachfrage den Preis bestimmen? Wenn dies so kommt, wie Sie sagen, dann - ich weiß dies - wird entweder der Preis dessen, der diese Arbeit ausführt, höher werden - damit werden die Brötchen für den Kollegen Lutz teurer, wenn er sie morgens haben will -, oder es gibt sie nicht mehr. Herr Kollege Reimann, Sie sprechen immer die Gesundheit an. Das gilt doch für einen kleinen Prozentsatz, der dies freiwillig tut. Wer bisher Bäcker wurde, wußte, daß dies ein Beruf ist, bei dem er vor der normalen Zeit seine Sachen herstellt, damit er sie verkaufen kann. Sie können natürlich dafür eintreten, in Zukunft das Frühstück in die Abendstunden zu verlegen und das Abendessen zum Frühstück zu machen. Wenn wir diese Veränderung vornehmen - gut; aber ob uns das gefällt, das ist eine ganz andere Angelegenheit. Gestatten Sie mir noch folgende Bemerkung; der Kollege Lammert hat dieses Thema schon angesprochen. Anscheinend hat die Presse einen andere Arbeitsrhythmus als das Parlament. Ich weiß, daß die Journalisten das, was morgen in der Zeitung stehen soll, jetzt schon geschrieben haben sollten. Deswegen interessiert es sie nicht, was wir jetzt hier sagen. Aber sie werden sicher wieder einmal feststellen, daß der Saal nicht so gefüllt ist. Dabei arbeiten wir, wenn sie schon nicht mehr arbeiten. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, daß immer sehr unterschiedlich argumentiert wird. In vielen Ausführungen kam das zu kurz, was die jungen Menschen eigentlich wollen. Von der Kollegin Potthast wurde gesagt, die Unternehmen suchten sich billige Arbeitskräfte. Frau Kollegin, ich weiß nicht, in welchem Umfang Sie Betriebswirtschaftler in Ihren Reihen haben. Lehrlinge sind im ersten und zweiten Lehrj ahr immer ein Zuschuß für den Betrieb. ({3}) Im dritten Lehrjahr haben die Lehrlinge langsam Fähigkeiten erworben und können das Gelernte umsetzen. Allerdings holen sie dann nicht mehr ein, was sie in den ersten zwei Jahren mehr gekostet haben.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Herr Abgeordneter Kolb, ich möchte Sie einen Moment zu Ihren Gunsten unterbrechen. Meine Damen und Herren - ich spreche insbesondere die Kollegen an, die zu spät zu dieser Debatte gekommen sind und die Absicht haben, an der Abstimmung teilzunehmen -, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie die interessante Debatte, die hier läuft, nicht stören, sondern Platz nehmen würden. ({0}) Herr Kolb, Sie haben das Wort.

Elmar Kolb (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001170, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich meine - auch Sie haben das ein paarmal gesagt, und es ist richtig -, das Handwerk und die kleinen Betriebe haben junge Menschen überproportional eingestellt, und manche haben es getan, indem sie sagten: Nehmt in Zukunft ein bißchen auf den Ablauf im Betrieb Rücksicht, und zwar so, wie es ist; die Arbeitszeitordnung und dergleichen wollen wir einhalten; aber laßt sie uns bitte so gestalten, wie es notwendig ist. Und hier muß ich eine kritische Frage an die richten, die sagen, nicht jeder bekomme einen Arbeitsplatz. Haben wir eigentlich einmal überlegt, ob alle für den Arbeitsplatz, den sie haben wollen, die Voraussetzungen erfüllen? Ich weiß auf jeden Fall: Wenn meine Eltern gewollt hätten, daß ich Sänger werde, wäre ich es nicht geworden. Der Kollege Günther hätte das geschafft. ({0}) Deswegen sollten wir diese Debatte zum Anlaß nehmen, gerade auf Grund unserer gestrigen Diskussion etwas kritisch in zwei Jahren nachzufragen, ob das eingetroffen ist, was Sie befürchten, oder ob wir dadurch, daß der Jugendarbeitsschutz flexibler geworden ist, wieder dahin gekommen sind, betriebliche Abläufe zu rechtfertigen. Deshalb ist dieser Gesetzentwurf, der von den Koalitionsfraktionen getragen wird, ein guter Gesetzentwurf. Er hat die Rechte nicht verschlimmert. Ich weiß, Herr Kollege Lutz, Sie werden gleich genau das Gegenteil behaupten. Sie haben ja auch gesagt, alles in Ihren Kräften stehende würden sie dazu beitragen, um das zu verhindern. Auch das nehmen wir zur Kenntnis. Wir haben gesagt: Wir werden das durchziehen, weil wir es für richtig halten. Meine Damen und Herren, ich bitte Sie: Überprüfen wir in zwei Jahren, was daraus geworden ist; und vollziehen Sie dann das nach, was Ihr Fraktionsvorsitzender gestern hier gesagt hat, nämlich: Wenn wir neue Erkenntnisse gewonnen haben, dann sollen wir auch so frei sein, zuzugeben, daß wir uns geirrt haben. Wir haben festgestellt, daß unser Vorschlag von 1976 in seiner ganzen Form nicht das Gelbe vom Ei war, sondern etwas nachgebessert werden mußte. Wir haben das getan. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. ({1})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Bevor ich dem nächsten Redner das Wort gebe, bitte ich noch einmal, daß die Kollegen, die jetzt zur Abstimmung hierher gekommen sind, dies auch wirklich so betrachten, daß sie zur Abstimmung gekommen sind und nicht zur Störung der Debatte. Ich wäre dankbar, wenn Platz genommen würde und die Gespräche draußen geführt würden. ({0}) Jetzt hat der Abgeordnete Lutz das Wort. Wir haben noch zwei Redner in dieser Debatte.

Egon Lutz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001399, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sprache ist mitunter verräterisch. Der Kollege Kolb hat gesagt: Sie werden das durchziehen. Ja, das werden Sie wohl tun. Diese Debatte neigt sich dem Ende zu, die Debatte um ein Gesetz zu Lasten der deutschen Jugend. ({0}) In dieser Debatte kann man nicht fröhlich sein, kann man keine fröhlichen Worte finden. Vorhin hat der Arbeitsminister mit jener charmanten Unverfrorenheit, die man an ihm schätzen gelernt hat, das Ganze als Gesetz zur Eröffnung neuer Berufschancen für junge Menschen gefeiert. Es wird immer noch einige geben, die ihm dabei auf den Leim gehen. Die Jugendlichen, die die Folgen dieses Gesetzes erdulden müssen, werden das nicht sein. Wir hätten Ihnen heute gern die Möglichkeit verschafft, durch Sitzungsbeginn um 4 Uhr früh nachzuvollziehen, was Sie den jungen angehenden Bäkkern zumuten. ({1}) Als ich einen entsprechenden Antrag im Ausschuß stellte, erstmals so einen Vier-Uhr-früh-Beginn erleben zu dürfen, schlug mir seitens der Koalition blanker Haß entgegen. ({2}) Niemand von Ihnen wollte sich das zumuten lassen, was Sie den Bäckern, was Sie den Jugendlichen in diesem Land zumuten. Wenn Abgeordnete ein Schlafdefizit haben, dann - so wurde argumentiert - ist die Demokratie in Gefahr. Wenn Siebzehnjährige um 3 Uhr aus den Federn gescheucht werden, ist sie es nicht. Das ist nun wirklich eine Moral, die man nur zynisch nennen kann. ({3}) Der Arbeitsminister hat erklärt: andere haben es auch gesagt, z. B. der Kollege Seehofer -, daß die neuen Arbeitszeiten nicht Pflicht seien, sondern zwischen den Tarifvertragsparteien oder mit den Jugendlichen ausgehandelt werden müßten. Das ist Infamie. Das ist keine Argumentation mehr. Welche Chance hat ein Jugendlicher bei 3 Millionen Arbeitslosen in diesem Lande, seinen Standpunkt bei der Verhandlung über Lage und Verteilung der Arbeitszeit durchzusetzen?! ({4}) - Ich werde sehr kurz reden, um die Kollegen nicht zu strapazieren. Ich sage Ihnen, Sie sollten sich schämen. Sie schaffen mit diesem Gesetz, das behaupte ich, keinen einzigen neuen Ausbildungsplatz, aber Sie versündigen sich an der nachwachsenden Generation. Man wird und man muß Ihnen dieses Gesetz um die Ohren schlagen. Es wird hoffentlich schon in der nächsten Legislaturperiode bei anderen Mehrheiten von diesem Hause wieder geändert werden. ({5}) Der Arbeitsminister, der heute sein Machwerk rhetorisch abgefeiert hat, ist meiner tiefen Überzeugung nach ein trauriges Beispiel der neuen Art von Gewissen, die sich in der Politik in diesem Lande seit der Wende eingeschlichen hat. ({6}) Heute und hier wird Schindluder mit dem Jugendarbeitsschutzgesetz getrieben. Heute und hier wird mit diesem Gesetz der Gesundheit der deutschen arbeitenden Jugend schwerer Schaden zugefügt. Heute und hier wird das Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes auf das Übelste verletzt. Das alles geschieht in diesem unserem Hause. Ich schäme mich für diese Vorgang. ({7}) - Ich schäme mich dieses Vorgangs. ({8}) Ich bin dankbar, daß ich namens meiner Fraktion in der Schlußabstimmung namentliche Abstimmung über dieses üble Bubenstück beantragen darf. ({9})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Herr Abgeordneter Lutz, Ihr drittletztes Wort war nicht parlamentarisch. Ich weise es zurück. Vizepräsident Westphal Das Wort hat der Herr Abgeordnete Eimer.

Norbert Eimer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000458, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will es sehr kurz machen. Auch ich glaube, daß mein Vorredner wohl vergessen hatte, was gestern bei der Debatte gesagt worden ist. Ich habe den Eindruck, diese Debatte hat sich festgebissen an einer Frage, nämlich an der Frage der Arbeitszeit für Lehrlinge im Bäckereibetrieb. Es geht wirklich nur um eine Stunde und um ein Jahr. ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Herr Kollege Eimer, ich möchte Ihnen Ruhe für Ihre vier Minuten Redezeit schaffen. - Meine Damen, meine Herren, ich bitte Sie wirklich. Wir haben noch vier Minuten in dieser Debatte vor uns. Die Kollegen, die an der Debatte teilgenommen haben, können erwarten, daß die anderen darauf Rücksicht nehmen. ({0})

Norbert Eimer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000458, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ich habe mich deshalb noch einmal zu Wort gemeldet, weil bei dieser Debatte, so glaube ich, etwas vergessen worden ist. Um 4 Uhr früh anfangen zu müssen, ist sicher für alle eine Plage, für den einen mehr, für den anderen weniger. Ich habe zwei Söhne. Der eine liest um 4 Uhr früh Bücher, und der andere ist ein Langschläfer. Er wäre für den Bäckerberuf völlig ungeeignet. Es kommt auf den einzelnen Menschen an. Ein Langschläfer wird sich für den Bäckerberuf nicht eignen. Die Entscheidung, ob jemand für einen Beruf geeignet ist oder nicht, wird auch in Zukunft der einzelne treffen. Er wird sich von dem Arzt beraten lassen müssen, wie das vorgesehen worden ist. Der Kern des Gesundheitsschutzes wird in diesem Gesetz nicht angetastet. ({0}) Ich möchte nochmals betonen: Um 4 Uhr früh anzufangen, ist sicher für die meisten eine Plage. Aber, meine Damen und Herren von der Opposition, Sie stilisieren diese Plage zum Gesundheitsschaden hoch. Das ist das eigentlich Gefährliche, weil dadurch nämlich der Eindruck erweckt wird, als ob unser Lebensstandard ohne Mühe und ohne Plage erhalten werden könne. Ich meine, das ist gefährlich, weil wir damit jungen Leuten eine Welt vorgaukeln, die es in Wirklichkeit nicht gibt. Wir müssen jungen Leuten sagen, daß es ohne Arbeit, ohne Mühe, ohne Plage nicht geht. Vielen Dank. ({1})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe deshalb diese Aussprache. Wir kommen zuerst zur Einzelberatung und Abstimmung über Punkt 11 a der Tagesordnung. Ich rufe die Art. 1 und 1 a in der Ausschußfassung auf. Wer den aufgerufenen Vorschriften zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Die aufgerufenen Vorschriften sind angenommen. Meine Damen und Herren, ich möchte nun Ihre Aufmerksamkeit auf die beiden vorliegenden Anderungsanträge lenken. Der interfraktionelle Änderungsantrag auf Drucksache 10/2014 beinhaltet unter Nr. 1 die Einführung der neuen Art. 1 b und 1 c, wobei die Art. 1 b und 1 c der Ausschußfassung dann Art. 1 d und 1 e werden sollen. Ferner wird unter Nr. 2 dieses Änderungsantrages eine Änderung des Art. 3 in der Ausschußfassung beantragt. Der Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 10/2013 sieht eine Änderung des Art. 1 b der Ausschußfassung vor. Ich rufe deshalb zunächst die Nr. 1 des interfraktionellen Änderungsantrages auf Drucksache 10/2014 zur Abstimmung auf. Wer dieser Nr. 1 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Das ist einstimmig angenommen worden. Ich rufe Art. l b in der Ausschußfassung auf. Hierzu liegt auf Drucksache 10/2013 der bereits genannte Änderungsantrag der Fraktion der SPD vor. Wer dem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit Mehrheit abgelehnt. Wer Art. 1 b in der Ausschußfassung unter Berücksichtigung der vorhin beschlossenen neuen Numerierung zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Die aufgerufene Vorschrift ist in der Ausschußfassung mit Mehrheit angenommen. Ich rufe die Art. 1 c und 2 in der Ausschußfassung auf. Wer den aufgerufenen Vorschriften zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Bei einigen Gegenstimmen sind die aufgerufenen Vorschriften angenommen. Ich rufe Art. 3 in der Ausschußfassung auf. Hierzu wird unter Nr. 2 des bereits genannten interfraktionellen Änderungsantrages auf Drucksache 10/2014 eine Änderung beantragt. Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Dann ist dieser Änderungsantrag einstimmig angenommen worden. Wer Art. 3 in der Ausschußfassung mit der soeben beschlossenen Änderung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Bei einer großen Anzahl von Enthaltungen ist diese Vorschrift angenommen. Es bleibt noch über Einleitung und Überschrift abzustimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Mit der vorhin festgestellten Mehrheit sind Einleitung und Überschrift angeDeutscher Bundestag -- 10. Wahlperiode Vizepräsident Westphal nommen. - Damit ist die zweite Beratung abgeschlossen. Nach Annahme von Änderungsanträgen in der zweiten Beratung darf ich nach § 84 Buchstabe b unserer Geschäftsordnung die dritte Beratung nur dann unmittelbar anschließen, wenn auf Antrag einer Fraktion oder fünf vom Hundert der Mitglieder des Bundestages zwei Drittel der anwesenden. Mitglieder dies beschließen. Ein Antrag, die dritte Beratung jetzt unmittelbar anzuschließen, ist fristgerecht gestellt worden. Sind Sie damit einverstanden, sofort in die dritte Beratung einzutreten? Diejenigen, die dafür sind, bitte ich um ein Handzeichen. - Das ist eindeutig als Zweidrittelmehrheit zu erkennen. Dann ist das mit der erforderlichen Mehrheit so beschlossen. Wir treten in die dritte Beratung ein und kommen zur Schlußabstimmung. Die Fraktion der SPD verlangt gemäß § 52 unserer Geschäftsordnung namentliche Abstimmung. Wer dem Gesetz als Ganzem zuzustimmen wünscht, bitte ich, die Abstimmungskarte mit „Ja", wer dagegen zu stimmen wünscht oder sich enthalten will, den bitte ich, die entsprechende Abstimmungskarte in die aufgestellten Urnen zu legen. Ich eröffne die namentliche Abstimmung. Ist noch ein Abgeordneter im Saal, der seine Stimme noch nicht abgegeben hat und das zu tun wünscht? ({0}) Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme abzugeben wünscht? - Ich stelle fest: Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Abstimmung und bitte die Schriftführer mit der Auszählung zu beginnen. Meine Damen und Herren, wir haben noch einen Gesetzentwurf zur gleichen Materie. Den kann ich wohl oder übel erst danach zur Behandlung stellen. Ich kann, wenn ich Ihr Einverständnis habe, die Punkte 12 a und 12 b der Tagesordnung aufrufen, über die keine Debatte stattfinden wird. ({1}) - Ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit für die Behandlung der Punkte 12 a und 12 b, die ich hiermit aufrufe - ich komme nachher zu den anderen Punkten der Tagesordnung zurück -: Beratung der Sammelübersicht 41 des Petitionsausschusses ({2}) über Anträge zu Petitionen - Drucksache 10/1961 Beratung der Sammelübersicht 42 des Petitionsausschusses ({3}) über Anträge zu Petitionen - Drucksache 10/1965 - Das Wort dazu wird nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung. ({4}) - Ich bitte die Kollegen um Aufmerksamkeit für eine Abstimmung. - Wer den Beschlußempfehlungen des Petitionsausschusses, die in den Sammelübersichten 41 und 42 enthaltenen Anträge anzunehmen, zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Dann ist das bei einer Enthaltung so angenommen auf der Basis der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses. Wir müssen nach der Auszählung zum Punkt 11 b der Tagesordnung zurückkehren. Meine Damen und Herren, ich gebe das von den Schriftführern ermittelte Ergebnis der Schlußabstimmung über den vom Bundesrat eingebrachten Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Jugendarbeitsschutzgesetzes bekannt - Drucksachen 10/340 und 10/2012. Von den voll stimmberechtigten Mitgliedern des Hauses haben 421 ihre Stimme abgegeben. Darunter waren keine ungültigen Stimmen. Mit Ja haben 232, mit Nein 189 Abgeordnete gestimmt. Keine Enthaltung. Von den 19 Berliner Abgeordneten haben alle ihre Stimme abgegeben. Keine ungültigen Stimmen. Mit Ja haben 10, mit Nein 9 Berliner Abgeordnete gestimmt. Keine Enthaltung. Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen 413 und 19 Berliner Abgeordnete; davon ja: 232 und 10 Berliner Abgeordnete nein: 181 und 9 Berliner Abgeordnete Ja CDU/CSU Dr. Abelein Dr. Althammer Frau Augustin Austermann Bayha Dr. Becker ({5}) Berger Biehle Dr. Blank Dr. Blüm Böhm ({6}) Dr. Bötsch Bohl Bohlsen Borchert Braun Breuer Broll Brunner Bühler ({7}) Dr. Bugl Carstens ({8}) Carstensen ({9}) Clemens Conrad ({10}) Dr. Czaja Dr. Daniels Daweke Frau Dempwolf Dörflinger Dr. Dollinger Doss Dr. Dregger Echternach Ehrbar Eigen Engelsberger Erhard ({11}) Eylmann Dr. Faltlhauser Fellner Frau Fischer Fischer ({12}) Francke ({13}) Dr. Friedmann Ganz ({14}) Frau Geiger Dr. Geißler Dr. von Geldern Gerlach ({15}) Gerstein Gerster ({16}) Glos Dr. Göhner Götzer Günther von Hammerstein Hanz ({17}) Hauser ({18}) Hedrich Freiherr Heereman von Zuydtwyck Frau Dr. Hellwig Helmrich Dr. Hennig Vizepräsident Westphal Herkenrath Hinrichs Höffkes Dr. Hoffacker Dr. Hornhues Hornung Frau Hürland Dr. Hüsch Graf Huyn Jäger ({19}) Jagoda Dr. Jahn ({20}) Dr. Jobst Jung ({21}) Dr.-Ing. Kansy Frau Karwatzki Klein ({22}) Dr. Köhler ({23}) Dr. Köhler ({24}) Kolb Kraus Krey Kroll-Schlüter Frau Krohne-Appuhn Dr. Kronenberg Dr. Kunz ({25}) Lamers Dr. Lammert Landré Dr. Langner Lattmann Dr. Laufs Lenzer Link ({26}) Linsmeier Lintner Dr. Lippold Löher Lohmann ({27}) Louven Maaß Frau Männle Magin Marschewski Dr. Marx Dr. Mertes ({28}) Metz Dr. Meyer zu Bentrup Michels Dr. Mikat Dr. Miltner Milz Müller ({29}) Müller ({30}) Nelle Frau Dr. Neumeister Niegel Dr.-Ing. Oldenstädt Dr. Olderog Pesch Petersen Pfeffermann Pfeifer Dr. Pinger Pohlmann Dr. Pohlmeier Dr. Probst Rawe Reddemann Regenspurger Repnik Dr. Riedl ({31}) Dr. Riesenhuber Rode ({32}) Frau Rönsch Frau Roitzsch ({33}) Dr. Rose Rühe Ruf Sauer ({34}) Sauter ({35}) Sauter ({36}) Dr. Schäuble Schartz ({37}) Schemken Scheu Schlottmann Schmidbauer Schmitz ({38}) Schneider ({39}) Dr. Schneider ({40}) Freiherr von Schorlemer Schreiber Dr. Schroeder ({41}) Dr. Schulte ({42}) Schwarz Dr. Schwörer Seehofer Seesing Seiters Dr. Sprung Dr. Stavenhagen Dr. Stercken Stockhausen Strube Stücklen Stutzer Susset Tillmann Dr. Todenhöfer Uldall Dr. Unland Frau Verhülsdonk Vogel ({43}) Vogt ({44}) Dr. Voss Dr. Waffenschmidt Graf von Waldburg-Zeil Dr. Warrikoff Weirich Weiß Werner Frau Dr. Wex Frau Will-Feld Frau Dr. Wilms Wilz Wimmer ({45}) Windelen Frau Dr. Wisniewski Wissmann Dr. Wittmann Dr. Wörner Würzbach Dr. Wulff Zierer Zink Berliner Abgeordnete Boroffka Buschbom Dolata Feilcke Dr. Hackel Kalisch Dr. h. c. Lorenz Schulze ({46}) Straßmeir FDP Frau Dr. AdamSchwaetzer Baum Beckmann Bredehorn Cronenberg ({47}) Eimer ({48}) Dr. Feldmann Gallus Gattermann Genscher Grüner Frau Dr. Hamm-Brücher Dr. Hirsch Kleinert ({49}) Kohn Dr.-Ing. Laermann Mischnick Neuhausen Paintner Ronneburger Schäfer ({50}) Frau Seiler-Albring Wolfgramm ({51}) Berliner Abgeordneter Hoppe DIE GRÜNEN Vogt ({52}) fraktionslos Bastian Nein SPD Amling Antretter Bahr Bamberg Becker ({53}) Bernrath Berschkeit Bindig Brandt Brück Büchler ({54}) Dr. von Bülow Buschfort Catenhusen Collet Conradi Dr. Corterier Curdt Frau Dr. Däubler-Gmelin Daubertshäuser Delorme Dr. Ehmke ({55}) Dr. Emmerlich Dr. Enders Esters Ewen Fiebig Fischer ({56}) Fischer ({57}) Frau Fuchs ({58}) Frau Fuchs ({59}) Gansel Gerstl ({60}) Gilges Glombig Dr. Glotz Grunenberg Dr. Haack Haar Haase ({61}) Haehser Hansen ({62}) Frau Dr. Hartenstein Dr. Hauchler Hauck Dr. Hauff Heistermann Herterich Hettling Heyenn Hiller ({63}) Dr. Holtz Horn Frau Huber Huonker Ibrügger Immer ({64}) Jahn ({65}) Jansen Dr. Jens Jung ({66}) Junghans Jungmann Kastning Kiehm Kirschner Kisslinger Klein ({67}) Klose Kretkowski Kühbacher Kuhlwein Lambinus Lennartz Leonhart Frau Dr. Lepsius Liedtke Lohmann ({68}) Frau Dr. Martiny-Glotz Matthöfer Meininghaus Menzel Dr. Mertens ({69}) Müller ({70}) Müller ({71}) Dr. Müller-Emmert Müntefering Nagel Nehm Neumann ({72}) Dr. Nöbel Frau Odendahl Oostergetelo Paterna Pauli Pfuhl Poß Purps Rappe ({73}) Reimann Reschke Reuter Rohde ({74}) Roth Sander Schäfer ({75}) Schanz Dr. Scheer Schlaga Schlatter Schluckebier Frau Schmedt ({76}) Schmidt ({77}) Frau Schmidt ({78}) Schmidt ({79}) Schmitt ({80}) Dr. Schmude Dr. Schöfberger Schreiner Vizepräsident Westphal Schulte ({81}) Dr. Schwenk ({82}) Sielaff Sieler Frau Dr. Skarpelis-Sperk Dr. Soell Dr. Spöri Steiner Frau Steinhauer Stiegler Dr. Struck Frau Terborg Frau Dr. Timm Frau Traupe Urbaniak Vahlberg Vogelsang Voigt ({83}) Vosen Waltemathe Walther Weinhofer Weisskirchen ({84}) Dr. Wernitz Westphal Frau Weyel Wieczorek ({85}) von der Wiesche Wimmer ({86}) Wischnewski Wolfram ({87}) Würtz Zeitler Frau Zutt Berliner Abgeordnete Dr. Diederich ({88}) Egert Heimann Löffler Frau Luuk Dr. Mitzscherling Stobbe Dr. Vogel DIE GRÜNEN Frau Dr. Bard Frau Beck-Oberdorf Burgmann Drabiniok Dr. Ehmke ({89}) Fischer ({90}) Frau Gottwald Frau Dr. Hickel Horacek Hoss Dr. Jannsen Frau Nickels Frau Potthast Reents Frau Reetz Schily Schwenninger Verheyen ({91}) Frau Dr. Vollmer Berliner Abgeordneter Schneider ({92}) Damit ist das Gesetz angenommen. ({93}) Wir kommen jetzt zur Einzelberatung und Abstimmung über den Gesetzentwurf zu Tagesordnungspunkt 11 b, den wir bereits debattiert haben. Der Ausschuß empfiehlt unter Nr. 2 der Beschlußempfehlung, diesen Gesetzentwurf abzulehnen. Ich rufe Art. 1 bis 4 sowie Einleitung und Überschrift auf. Wer den aufgerufenen Vorschriften zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Damit ist der Gesetzentwurf in zweiter Beratung abgelehnt. Nach § 83 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung unterbleibt jede weitere Beratung. Meine Damen und Herren, wir sind damit am Schluß unserer Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 3. Oktober 1984, 9 Uhr. Wie Sie wissen, ist das der Tag, an dem die jungen Menschen zu uns kommen. Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende. Die Sitzung ist geschlossen.