Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe das Vergnügen, den Clubobmann der Freiheitlichen Abgeordneten im österreichischen Nationalrat, Herrn Friedrich Peter, zu begrüßen, der auf der Tribüne Platz genommen hat.
({0})
Ich wünsche Ihnen einen guten Aufenthalt bei uns.
Für den aus dem Programmbeirat der Deutschen Bundespost ausscheidenden Abgeordneten Erhard ({1}) hat die Fraktion der CDU/CSU
I den Abgeordneten Dr. Köhler ({2}) benannt. Erhebt sich dagegen Widerspruch? - Das ist nicht der Fall. Dann ist der Abgeordnete Dr. Köhler ({3}) als Mitglied des Programmbeirats der Deutschen Bundespost vorgeschlagen.
Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Entscheidung in der Angelegenheit des Bundesministers der Verteidigung
- Drucksache 10/956 Interfraktionell ist auf Grund des genannten Antrags vereinbart worden, zu diesem Thema einen Bericht des Bundeskanzlers entgegenzunehmen und für die Aussprache zweieinhalb Stunden vorzusehen. Auch mit der Zeit ist das Haus einverstanden. - Dann ist das so beschlossen.
Als erster Redner hat zur Begründung der Herr Abgeordnete Jahn ({4}) das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Jahr 1984 hat mit einer schweren Beschädigung unseres Staates begonnen.
({0})
Seit Anfang Januar haben von Tag zu Tag neue bedrückende Enthüllungen eine Personalentscheidung des Bundesministers der Verteidigung Wörner als falsch und verantwortungslos offenbart.
({1})
Damit nicht genug: Schon als längst feststand, daß diese Entscheidung nicht aufrechterhalten werden konnte, versuchte dieser Minister weiter, sie nachträglich mit geradezu unglaublichen Mitteln zu rechtfertigen. Kopflos und blindlings griff er nach jedem vermeintlichen Strohhalm. Er mißbrauchte sein Amt als Bundesminister, um sich wie eine Art Detektiv aufzuführen.
({2})
Er scheute nicht davor zurück, einen Zeugen auf Kosten der Steuerzahler aus dem Ausland einfliegen zu lassen, der wegen der gleichartigen Verleumdung des Außenministers eines anderen Landes bereits vorbestraft war.
({3})
Er suchte nur nach Belastungen; aber für ein Gespräch mit dem betroffenen General hatte er keine Zeit.
Mit seinen Fehlentscheidungen und seinem anschließenden Verhalten hat der Bundesminister der Verteidigung einen Bürger in seinen Menschenrechten und in seiner Ehre schwer verletzt. Als Vorgesetzter hat er einem ihm anvertrauten Soldaten Fürsorge und Kameradschaft versagt.
({4})
Ihnen, Herr Bundeskanzler, muß an dieser Stelle in Erinnerung gerufen werden, was Sie am 26. Januar 1978 als damaliger Vorsitzender der Opposition im Bundestag gesagt haben:
({5})
Wenn ein Bundesminister für sein Amt Autorität und Vertrauen braucht, dann ist es der Bundesminister der Verteidigung. Er ist mehr als jeder andere auf Autorität angewiesen, und Autorität ist immer die Autorität des Amtes und die Autorität der Person.
({6}) Herr Kohl fuhr fort:
Haben Sie einmal überlegt ..., was ein Kompanieführer von 28, 29 Jahren ... denken soll, wenn er dieses ... Beispiel sieht?
({7})
Jahn ({8})
Herr Bundeskanzler,
- so damals immer noch Herr Dr. Kohl wie wollen Sie mit einem solchen Verteidigungsminister draußen und innen in der Bundesrepublik um Vertrauen werben'?
- So der Abgeordnete Dr. Kohl im Jahre 1978.
({9})
Ich frage heute: Herr Bundeskanzler Dr. Kohl, wie ernst nehmen Sie Ihre eigenen Grundsätze?
({10})
Sie haben der Form nach in der vergangenen Woche veranlaßt, daß die unhaltbare Entscheidung Ihres Ministers aufgehoben wurde. Dem betroffenen General Dr. Kießling wurde äußerlich Genugtuung zuteil. Aber den Verteidigungsminister, der dabei Autorität und Vertrauen verwirkt hat, behalten Sie im Amt. Dazu erklären Sie, der Minister habe Fehler eingeräumt. Er bedauere das. Sie auch. Doch den angebotenen Rücktritt des Ministers hätten Sie „aus guten Gründen", wie Sie sagen, nicht angenommen.
({11})
Kennen Sie unser Grundgesetz nicht, Herr Bundeskanzler? Ein ernstgemeintes Rücktrittsbegehren müssen Sie annehmen!
({12})
Oder war das nur ein Angebot mit Augenzwinkern zur Täuschung der Öffentlichkeit?
({13})
Mit diesem Vorgehen und mit dieser Entscheidung sind Sie Ihrer Verantwortung gegenüber unserem Staat, gegenüber jedem einzelnen Bürger, gegenüber jedem einzelnen Soldaten der Bundeswehr nicht gerecht geworden.
({14})
Sie haben nicht nur sich, sondern unseren Staat dem weltweiten Gespött überantwortet.
({15})
Auf diese Weise mögen Sie Schwierigkeiten Ihrer Koalition umgehen. So mögen Sie glauben, dem Nutzen der CDU, deren Vorsitzender Sie sind, zu dienen. So haben Sie schließlich gedacht, am besten aus der Sache herauszukommen.
Für die Bundesrepublik Deutschland ist diese Entscheidung verhängnisvoll. Für die Bürger unseres Staates bleibt die bedrückende Erfahrung, welch unerhörtes Maß an Verachtung vor dem Recht und der Würde eines einzelnen sich ein Mitglied Ihrer Regierung erlauben darf.
({16})
Für die Bundeswehr bleibt Ihre Entscheidung eine Belastung, deren Folgen nicht abzusehen sind. Der Vorgesetzte wird nicht mehr zur Verantwortung gezogen. Es genügt, daß er einen Fehler eingesteht. So werden Sie außerstande sein, andere an dieser Affäre Beteiligte zur Rechenschaft zu ziehen, es sei denn, Sie erklären das böse Sprichwort zum Leitsatz Ihres Handelns für diesen Staat „Die Kleinen hängt man, die Großen läßt man laufen!".
({17})
Flüchten Sie jetzt nicht in jene abgegriffene Formel, der Minister habe in seiner kurzen Amtszeit noch nicht die Zeit gefunden, seine personellen Vorstellungen zu verwirklichen. Das ist unwahr. In den - gerade in dieser Affäre - wesentlichen Positionen sitzen längst von ihm berufene Männer seines Vertrauens.
Im übrigen ist es einfach schäbig, die Pflichttreue von Beamten und Soldaten durch Fragen nach ihrem Parteibuch anzuzweifeln.
({18})
Die schwer belastenden Verhaltensweisen Ihres Ministers und Ihre Entscheidung, Herr Bundeskanzler, erfordern eine klare Darstellung vor dem Deutschen Bundestag. Unser Antrag auf Ihren Bericht enthält aber auch die Aufforderung, auf weitere drängende Fragen zu antworten. Vor allem hat der Deutsche Bundestag ein Recht, zu erfahren, wann und wie Sie an den Vorgängen um Ihren Verteidigungsminister selbst beteiligt waren, wann und wie Sie gehandelt haben oder auch nicht.
Schon vor Wochen haben Sie wiederholt versprochen, alle Fragen würden uneingeschränkt und rückhaltlos geklärt. Dieses Versprechen haben Sie bis heute nicht eingelöst. Ihr Verteidigungsminister hat es genausowenig getan. Das zwingt uns, am Untersuchungsausschuß festzuhalten.
({19})
Warum haben Sie nicht durch Offenheit und Wahrhaftigkeit eine andere Lösung möglich gemacht?
({20})
Sie haben Fehler zugestanden, aber Sie sagen nicht, wer wann welche Fehler begangen hat. Im Gegenteil! Nach Ihrer Entscheidung, Bundesminister Wörner im Amt zu behalten, haben Sie in den öffentlichen Darstellungen den Anschein erweckt, Sie hätten eigentlich mit der Sache gar nichts zu tun gehabt. Für alles, was sich bis zur Rückkehr von Ihrer Israel-Reise ereignet habe, seien andere, jedenfalls aber nicht Sie, verantwortlich. Erst nach Ihrer Rückkehr Ende Januar seien Sie mit der Sache befaßt worden und hätten dann entschieden. Dieser von Ihnen vermittelte Eindruck soll offenbar Ihre Verantwortung, die Sie von Anfang gehabt haben, im Nebel verschwinden lassen oder verschleiern.
({21})
Jahn ({22})
Wir fordern Sie auf, Herr Bundeskanzler: Sagen Sie wenigstens heute vor dem Deutschen Bundestag die ganze Wahrheit ohne Wenn und Aber!
({23})
Bekennen Sie sich zu Ihrer Verantwortung als Bundeskanzler! Machen Sie klar, daß nicht nur Ihr Minister Verantwortung für einen schmählichen Vorgang Ihrer Regierung trägt! Sie selbst waren dabei. Sie selbst haben daran mitgewirkt. Sie selbst haben durch eigenes Tun Verantwortung auf sich geladen - und wenn Sie auf weiten Strecken nur dadurch gehandelt haben, daß Sie nichts getan haben, nicht Einhalt geboten haben, als es längst fällig und nötig war.
({24})
Herr Bundeskanzler, was ist zwischen Ihnen und dem Bundesminister der Verteidigung im Dezember 1983 besprochen worden,
({25})
als er Sie von der geplanten Entlassung des stellvertretenden NATO-Oberbefehlshabers General Dr. Kießling unterrichtet hat? Wie haben Sie sich Gewißheit verschafft, daß es dabei mit rechten Dingen zuging?
({26})
Haben Sie Ihre Richtlinienkompetenz als Bundeskanzler im Hinblick auf die Stellung der Bundesrepublik Deutschland im Bündnis, im Blick auf die Verbündeten bedacht und von ihr Gebrauch gemacht? Haben Sie die Verantwortung gegenüber dem Bundespräsidenten bedacht, als Sie der Entscheidung Ihres Ministers zugestimmt haben? Oder haben Sie einfach die unhaltbaren Anwürfe, auf die sich Ihr Minister berief, übernommen? Hat Ihr Minister Ihnen offen dargelegt, daß und warum er sich über das Ehrenwort eines Bürgers hinweggesetzt hat?
({27})
Hat Ihr Minister Ihnen begründet, weshalb er eine klare Verabredung mit einem der ranghöchsten Soldaten der Bundeswehr einseitig aufgekündigt hat? Haben Sie, gestützt auf Ihre Richtlinienkompetenz, von Ihrem Verteidigungsminister Rechenschaft verlangt, als in der Öffentlichkeit immer stärkere und zunehmend größere Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung laut wurden? Haben Sie denn kein Gespür dafür gehabt, daß die Aufmerksamkeit und zunehmende Unruhe in der Öffentlichkeit, in Presse, Rundfunk und Fernsehen, nur die besorgten Fragen vieler Bürger und deren natürliches Gefühl für Anstand wiedergaben?
({28})
Haben Sie Ihren Minister nach den Gründen dafür gefragt, weshalb er die Grundlage seiner Entscheidung, nämlich § 50 Soldatengesetz, verlassen hat? Danach hätte er nicht begründen müssen, allerdings auch keine Andeutungen geben oder geben lassen dürfen. Haben Sie von ihm Aufklärung verlangt, warum er die unter der Hand weitergegebenen schamlosen Verdächtigungen über General Dr. Kießling aus seinem Ministerium zugelassen hat?
Am 18. und 19. Januar 1984 hat hier im Bundestag die Parlamentarische Kontrollkommission für die Nachrichtendienste in viele Stunden währenden Anhörungen mühsam den vollen Sachverhalt aufgedeckt. Ihr Minister, aber vor allem Ihr Chef des Bundeskanzleramts, Ihr Vertrauter, der Staatssekretär Professor Dr. Schreckenberger, saßen dabei. Wie die Mitglieder dieser Kommission mußten sie die niederschmetternden Unzulänglichkeiten und die schweren Fehler und Fälschungen erkennen, auf die sich die Entscheidung des Ministers gründete. Hat der Chef des Bundeskanzleramts Sie unverzüglich unterrichtet? Warum haben Sie nicht spätestens dann von Ihrer Richtlinienkompetenz Gebrauch gemacht?
({29})
Warum, Herr Bundeskanzler, haben Sie zugelassen und gebilligt, daß Ihr Staatssekretär Schreckenberger nahezu zeitgleich an den Veranstaltungen Ihres Verteidigungsministers teilgenommen hat, in denen er sich auf der Hardthöhe mit angeblichen Zeugen traf, die aus jenem Lebensbereich kamen, der nach Auffassung des Herrn Wörner ein Sicherheitsrisiko ist?
({30})
Wie denken Sie eigentlich heute über den verwegenen Unsinn, der es den Juristen Schreckenberger fertigbringen ließ, diesen Aussagen eine schwere Belastung des Generals zu entnehmen und gleichzeitig gegen die Glaubwürdigkeit dieser Zeugen Bedenken anzumelden?
({31})
Am 20. Januar 1984 hat Ihr Regierungssprecher, Staatssekretär Boenisch, öffentlich berichtet, Sie seien laufend unterrichtet und hätten auch Einsicht in Akten genommen.
({32})
Danach wußten Sie also bereits damals, daß Ihr Minister eine Entscheidung getrofffen hatte, die jeder Grundlage entbehrt. Wie erklären Sie, daß Sie vor Ihrer Reise nicht gehandelt haben und dem menschenverachtenden Treiben gegen den betroffenen Bürger Dr. Kießling entgegengetreten sind?
({33})
Haben Sie dann nicht wenigstens während Ihrer Reise in Israel erkannt, wie groß die Erschütterung über das Vorgehen Ihres Ministers war, wenn sie Ihnen sogar dorthin folgte? Warum haben Sie nicht wenigstens dann Ihre Richtlinienkompetenz benutzt und Einhalt geboten?
Jahn ({34})
Und, Herr Bundeskanzler, was stand denn in den Akten, die Ihnen nach Ihrer Rückkehr vorgelegt wurden, an neuen Erkenntnissen und Einsichten?
({35})
Welche Tatsachen, die Sie nicht schon vor Ihrer Reise kannten, haben Sie veranlaßt, sich dann endlich Ihrer Richtlinienkompetenz zu erinnern und in einer vollständigen Kehrtwendung sich in Widerspruch zu Ihrer wochenlangen Untätigkeit zu setzen?
({36})
Haben Sie in den vergangenen Wochen den Schaden bedacht, den Sie gemeinsam mit Ihrem Verteidigungsminister angerichtet haben?
Sie sind mit dem hohen Anspruch der politischmoralischen Erneuerung angetreten.
({37}) Daran müssen Sie sich messen lassen.
({38})
Was immer Sie darunter verstanden wissen wollen, so viel steht heute fest: Hätten Sie die Maßstäbe für politisch verantwortliches Handeln Ihrer Vorgänger im Amt und früherer Verteidigungsminister auch für sich gelten lassen, dann wäre den Gepflogenheiten der parlamentarischen Demokratie, der politischen Kultur und dem Ansehen unseres Staates ein Dienst erwiesen worden.
({39})
Aus dem hohen Anspruch ist hohler Mißbrauch geworden.
({40})
Ein sozialdemokratischer Verteidigungsminister hat vor wenigen Jahren Verantwortung für Dinge übernommen, mit denen er überhaupt nichts zu tun hatte. Er trat zurück, weil sie unter seiner Amtsführung geschah. Ihr Minister Wörner übernimmt nicht einmal die Verantwortung für sein eigenes unmittelbares Handeln.
({41})
Sind Sie sich darüber im klaren, wie sehr Ihre Entscheidung, Bundesminister Wörner im Amt zu belassen, unserer im Grundgesetz verfaßten Ordnung zuwiderläuft?
({42})
Notwendig bleibt ein neuer Anfang mit einem neuen Minister, der den in der Wehrverfassung sorgfältig erarbeiteten und gesicherten Primat der Politik gegenüber der Bundeswehr glaubhaft vertreten kann.
({43})
Dieser Vorrang der Politik ist in unserem Grundgesetz fest verankert. Aber er darf von den politisch Verantwortlichen nicht nur eingefordert werden, sondern er erfordert auch Glaubwürdigkeit und Loyalität von ihnen selbst.
Herr Wörner hat durch sein Fehlverhalten jegliche Autorität verspielt.
({44})
Herr Wörner wird nicht mehr in der Lage sein, gegenüber den Soldaten der Bundeswehr die gesetzliche Pflicht zur Kameradschaft geltend zu machen. Dazu hat er selbst diese Pflicht als Vorgesetzter zu gröblich mißachtet.
({45})
Wer soll Vertrauen in einen Minister haben, daß er in schwierigen Zeiten kühlen Kopf behält, wenn er nicht einmal ein Personalproblem besonnen lösen kann?
({46})
Jeden Bürger muß Sorge, ja Angst befallen bei dem Gedanken, ein derart haltloser Minister der Verteidigung müsse einmal Verantwortung von viel größerem Gewicht tragen.
({47})
Und wie, Herr Bundeskanzler, wollen Sie mit Ihrer Entscheidung dem Verhältnis der jungen Menschen zur Bundeswehr gerecht werden? Ihr unbegreifliches und uneinsichtiges Festhalten an dem von Ihnen berufenen Minister begünstigt zynische Fragen: Darf bei uns Unrecht gedeihen, ohne daß man dafür zur Verantwortung gezogen wird? Fördert persönliches Versagen die Karriere?
({48})
Darf die Hoffnung der jungen Menschen auf Vertrauen, Glaubwürdigkeit und Charaktertreue so sehr durch den Willen zum Erhalt der Macht um jeden Preis enttäuscht werden?
({49})
Und schließlich, Herr Bundeskanzler, ein eher persönliches Wort.
({50})
Die Affäre hat viele Menschen betroffen gemacht. Die unerläßlichen Untersuchungen des Verteidigungsausschusses - Sie haben selbst darauf verwiesen - werden noch mehr Besorgnis über die Fähigkeit des Staatsapparates auslösen, den Menschenrechten des einzelnen Bürgers gerecht zu werden.
({51})
Wollen Sie, Herr Bundeskanzler, Ihr in diesem Zusammenhang geradezu furchtbares Wort, mit dem Sie in der Pressekonferenz vom 1. Februar 1984 ernste und besorgte Fragen wegwischen wollten, nicht in Ordnung bringen? Ich meine den Satz: „Wir lieben das Leben, und wir lieben auch die Lebensfreude, und wir lassen sie uns nicht vergällen." Herr Bundeskanzler, so redet man doch nicht daher, wenn es um das Schicksal von Menschen geht!
({52})
Jahn ({53})
Herr Bundeskanzler, war denn da nicht über die Verantwortung im Amt hinaus auch persönliche Schuld?
({54})
Warum fehlt in allen Ihren und Ihres Ministers Erklärungen das eine Wort „Entschuldigung"?
Sie müssen die Folgen Ihrer Entscheidung tragen, aber wir alle, unser Staat, unsere Bundeswehr, müssen unter ehrlichen und glaubwürdigen Bedingungen leben können. Nehmen Sie die Belastungen, die Sie unserem Gemeinwesen zugemutet haben, ihm wenigstens heute mit einem durch Wahrhaftigkeit befreienden Wort wieder ab.
({55})
Sie haben hier mit Ihrem Amtsvorgänger häufig über den Auftrag zur geistigen Führung gestritten, oft selbstgerecht und überheblich. Aber der Bundeskanzler Helmut Schmidt hat am 12. März 1981 gesagt:
Der Politiker trägt nicht nur Verantwortung für seine guten Vorsätze oder seine gute Gesinnung, sondern vor allem trägt er Verantwortung für die Folgen seines Handelns oder Unterlassens.
({56})
Diese Einsicht sollte Ihre Antwort bestimmen, die wir von Ihnen jetzt erwarten.
({57})
Meine Damen und Herren, ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Herr Bundeskanzler.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Jahn, zunächst einmal zum Ablauf dieser Debatte und zum Thema „Parlamentarischer Untersuchungsausschuß". Ich gehe nach dem, was ich gestern abend über die Vereinbarung zwischen den Fraktionen gehört habe, davon aus, daß der Untersuchungsausschuß die gestern vorgelegten Beweisanträge gemeinsam zum Beschluß erhebt.
({0})
- Entschuldigung, Sie werden noch eine Antwort ertragen, wenn Sie mich fragen!
({1})
Wenn Sie das nicht mehr ertragen, ist das Ihr Problem. Ich beantworte die Fragen, wie ich es für richtig halte.
({2})
Ich gehe davon aus, daß Fragen über Aktenlage und eine Summe anderer Details in öffentlicher Sitzung des zuständigen Untersuchungsausschusses mir und anderen gestellt werden. Wir werden sie selbstverständlich in öffentlicher Sitzung bis ins
Detail, wann wo was war, beantworten. Nur ist das heute mit Sicherheit nicht das Thema. Sie haben auch Ihre Rede so nicht aufgebaut, Herr Kollege Jahn.
Ich will auf die persönlichen Wertungen, die Sie, Herr Kollege Jahn, vorgenommen haben, von mir aus hier keine Reaktionen zeigen.
({3})
Ich bekenne mich zu meiner Verantwortung, meine Damen und Herren. Wenn ich den in Ihrem Sinne einfachen Weg gewählt hätte, hätte ich klar und deutlich erklärt: Ich stelle mich in dieser schwierigen Lage nicht zum Bundesverteidigungsminister Manfred Wörner.
({4})
Sie sollten doch einfach zur Kenntnis nehmen, daß - bei allem Verständnis für die Lage der Opposition in dieser parlamentarischen Auseinandersetzung - Sie, Herr Kollege Jahn, hier doch nicht solche Äußerungen machen sollten, es sei persönliche Schuld und es sei eine Beleidigung, wenn ich in einem Zusammenhang in einer Pressekonferenz in Rede und Gegenrede sehr konkret erwähnt habe - ich zitiere das, was Sie gesagt haben -: Wir lieben die Lebensfreude, und wir lassen sie uns nicht vergällen. Dann müssen Sie den Zusammenhang herstellen. Jetzt frage ich Sie wirklich: Was hat dieses Zitat mit dem Gegenstand unserer heutigen Debatte zu tun?
({5})
Wenn ich den Herrn Abgeordneten Professor Dr. Ehmke hier vor mir sehe und von dem Herr Abgeordneten Jahn die Ermahnung höre, wir alle sollten die Pflichttreue von Beamten und Soldaten vom Parteibuch fernhalten, dann frage ich mich: In welcher Bundesrepublik haben Sie denn zwischen 1970 und 1980 gelebt?
({6})
Ich höre von Ihnen, Herr Abgeordneter Jahn: „Erhalt der Macht um jeden Preis". Dann betrachten Sie doch einmal den Ablauf des Jahres 1982, dann betrachten Sie doch einmal Ihre Äußerungen zur Debatte über die NATO-Nachrüstung, als Ihr Parteivorsitzender sagte: Nur wegen der Koalition haben wir die bisherige Position bezogen!
({7})
Und Sie sprechen heute hier zu uns, es ginge um den blanken Machterhalt!
({8})
Herr Abgeordneter Jahn, seien Sie ganz unbesorgt. Ich nehme für mich wie auch Sie für sich in Anspruch, daß alles das, was wir politisch tun, auch vor unseren Wählern, vor unseren Mitbürgern und nicht zuletzt vor unseren jungen Mitbürgern gerechtfertigt werden muß. Sie mögen zu ganz anderen Ergebnissen kommen; das ist wirklich Ihr gutes Recht. Aber dann sagen Sie doch bitte nicht in dieser Art von melodramatischer Aufführung, die Sie
gezeigt haben, andere bedächten das ihrerseits nicht. Dann reden Sie nicht so, als sei die ganze Wahrheit nicht zutage gekommen.
Wir können das ja jetzt in den nächsten Tagen und Wochen bis ins Detail im parlamentarischen Untersuchungsausschuß austragen.
({9})
Mein Interesse ist, daß die ganze Wahrheit zutage kommt.
({10})
Angesichts dieser Art und Weise der Argumentation bin ich einmal gespannt, Herr Abgeordneter Jahn, wie am Ende Ihre These aussehen wird, daß Sie die Ehre eines Mitbürgers, daß Sie die Bundeswehr schützen wollten.
({11})
Ich will aber zu dem Punkt, der uns heute beschäftigt, meine Ausführungen machen und nicht zu den Äußerungen des Kollegen Jahn. Ich habe nach der Rückkehr von meiner Israel-Reise nach sorgfältiger Prüfung der Unterlagen und in Ausübung meiner Richtlinienkompetenz, Herr Kollege Jahn, zwei Entscheidungen getroffen: erstens, daß General a. D. Dr. Günter Kießling unverzüglich rehabilitiert wird; zweitens, daß ich den mir angebotenen Rücktritt des Kollegen Dr. Wörner nicht angenommen habe.
({12})
Herr Kollege Jahn, bei allen Kontroversen kann ich nicht verstehen, daß Sie nach einer Erklärung von Manfred Wörner und von mir, Manfred Wörner habe mir mündlich und schriftlich seinen Rücktritt angeboten, das als ein augenzwinkerndes Rücktrittsangebot darstellen. Sie müssen doch zugeben - einfach aus der Logik der öffentlichen Meinung -, daß es mir sehr viel leichter gefallen wäre, den Intentionen nachzukommen, die Sie heute vorgetragen haben.
({13})
Wer gibt Ihnen denn eigentlich das Recht, ein Rücktrittsangebot eines Bundesministers in dieser Weise zu bezweifeln und gleichzeitig in diesem Zusammenhang unentwegt von Wahrheit und Ehrhaftigkeit zu sprechen?
({14})
Ich habe diese beiden Entscheidungen aus meiner Verantwortung getroffen.
({15})
Ich habe da auch keine Probleme mit der Koalition. Sie haben offensichtlich noch falsche Vorstellungen auf Grund Ihrer Koalitionserlebnisse. Ich bin glücklicherweise nicht in dieser Lage. Diese Koalition
steht auch in diesem Punkt mit allen ihren Stimmen.
({16})
Nach meiner Rückkehr haben mir ein intensives Gespräch, das Studium der Unterlagen und die Behandlung der Angelegenheit gezeigt, Herr Abgeordneter Jahn, daß ein ausreichender Beweis, der ein Sicherheitsrisiko von seiten des Generals Dr. Kießling belegen und damit die Grundlage bieten konnte, General Dr. Günter Kießling in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen, nicht gegeben war. Ich hatte dabei zu berücksichtigen - ich hoffe, in diesem Punkt stimmen wir überein -, daß die Ehre eines Mitbürgers, die unter den gegebenen Umständen erheblich berührt war, als unangetastet gilt, solange dem nicht zwingende Beweise entgegenstehen.
Wenn Sie sich noch einmal an das Datum zurückerinnern, Herr Kollege Jahn, werden Sie ja wissen, daß die zwei wichtigen Sitzungen in diesem Zusammenhang am Donnerstag und Freitag unmittelbar vor meiner Abreise nach Israel stattfanden.
Der Bundesminister der Verteidigung hatte sich bei seiner Entscheidung, beim Bundespräsidenten die Versetzung des Generals in den einstweiligen Ruhestand zum 31. Dezember 1983 zu beantragen, auf die Berichte des für die Sicherheit der Bundeswehr zuständigen Amtes vom 6. Dezember 1983
({17})
und die Vorlage des für die Sicherheit verantwortlichen Staatssekretärs vom 8. Dezember 1983 gestützt.
({18})
Der Bundesminister ist davon ausgegangen, daß Erkenntnisse vorlagen, welche die Entscheidung im Interesse der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zwingend notwendig machten.
Im weiteren Verlauf der Vorgänge hat sich für den Bundesminister der Verteidigung ergeben, daß die vorliegenden Berichte Angaben enthielten, die teils unzutreffend waren und teils Anlaß zu Zweifeln gaben. Dies hat Herr Wörner mir vorgetragen. Er hat mir erklärt, daß bei der Behandlung des Falles Fehler geschehen seien, daß er für diese Fehler die politische Verantwortung trage. Er hat sich übrigens, wie Sie wissen, dafür öffentlich entschuldigt - auch da stimmt nicht, was Sie hier gesagt haben - und erklärt, daß er auch für die Umstände verantwortlich sei, die auf Fehler in seinem Ressort zurückzuführen seien.
In diesem Zusammenhang hat er mir seinen Rücktritt angeboten. Herr Abgeordneter Jahn, Sie dürfen davon ausgehen, daß ich das Grundgesetz kenne und auch das mir zustehende Recht, ein solches Rücktrittsangebot anzunehmen oder nicht.
Ich habe den Herrn Bundespräsidenten über den vorliegenden Sachverhalt unterrichtet. Danach traf ich die eingangs erwähnten Entscheidungen. Bundesminister Dr. Wörner teilte General Dr. Kießling die Absicht der Rehabilitierung und ihre VoraussetBundeskanzler Dr. Kohl
zung im Schreiben vom 1. Februar 1984 mit. Er unterrichtete ihn davon, daß er unverzüglich den Bundespräsidenten bitten werde, Herrn Dr. Kießling erneut zum General zu ernennen und dadurch die Entscheidung vom 19. Dezember 1983 aufzuheben. Dies ist inzwischen, wie Sie wissen, erfolgt.
Herr General Dr. Kießling hat seinerseits öffentlich zum Ausdruck gebracht, daß er, Dr. Kießling, dem Minister nie einen persönlichen Vorwurf gemacht habe.
({19})
Der General hat um seine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand zum 31. März 1984 gebeten, und der Herr Bundespräsident hat einem entsprechenden Antrag des Bundesministers der Verteidigung im Hinblick auf die besonderen Umstände entsprochen.
({20})
Herr Abgeordneter Jahn, bei meiner Entscheidung hatte ich die Interessen der Bundesrepublik Deutschland, die persönlichen Interessen und die persönliche Ehre des Generals zu berücksichtigen und selbstverständlich auch die Interessen der Bundeswehr. Meine Entscheidung war und ist getragen von dem Bemühen, gerade diesen Erwägungen gerecht zu werden. Da schlüssige Erkenntnisse, daß das Verhalten des Generals die Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt hat, nicht vorgelegt werden konnten, war das Notwendige zu veranlassen, um General Dr. Kießling voll zu rehabilitieren.
({21})
Im Interesse von Dr. Kießling habe ich nicht den Abschluß der von ihm eingeleiteten gerichtlichen Verfahren abgewartet. Ich gehe jedoch davon aus, daß in geeigneter Form alle Fehlerquellen - auch diejenigen, die nicht erst seit Monaten festzustellen sind, sondern schon Jahre zurückliegen ({22})
im Interesse unserer Sicherheit und des Vertrauens in die rechtsstaatliche Praxis der Sicherheitsorgane der Bundeswehr aufgeklärt werden.
Meine Damen und Herren, wenn wir von Aufklärung sprechen, so wird, denke ich, sowohl der Verteidigungsausschuß als auch die Parlamentarische Kontrollkommission, die ja eigens in diesem Sinne vom Gesetzgeber einmal geschaffen wurde, die nötigen Möglichkeiten haben - wir werden als Regierung das alles unterstützen -, zu diesem Punkt ein sehr offenes Gespräch miteinander zu führen. Nur, Herr Abgeordneter Jahn, es gibt niemanden in der Regierung - und schon gar nicht ist dies meine Politik -, der sich nach jenem Satz verhielte, den Sie ebenfalls unterstellt haben, und nach dem Motto verfahren würde: Die Kleinen hängt man, und die Großen läßt man laufen.
({23})
- Aber, meine Damen und Herren, Sie wissen doch ganz genau, daß das einfach nicht stimmt.
({24})
Sie behaupten hier Dinge, von denen Sie genau wissen, daß sie nicht stimmen, aber es soll nach dem Motto verfahren werden: Wenn man es nur lange genug immer wieder vorhält, wird schon irgend etwas hängenbleiben.
Ich bin überzeugt - ich will dies noch einmal sagen -, daß es bei der vorgefundenen Sachlage auch im Interesse der Bundeswehr lag, General Dr. Kießling unverzüglich zu rehabilitieren. General Dr. Kießling hat durch den Schriftwechsel mit Bundesminister Dr. Wörner vom 1. Februar 1984 und durch seine öffentlichen Äußerungen sein Vertrauen in die Führung der Bundeswehr zum Ausdruck gebracht.
Meine Damen und Herren, ich will noch einmal zusammenfassen: Ich habe das Rücktrittsangebot des Bundesministers der Verteidigung aus wohlerwogenen Gründen nicht angenommen. Manfred Wörner - das wissen Sie sehr genau, Herr Kollege Jahn - genießt im In- und Ausland als engagierter und kenntnisreicher Verteidigungsminister hohes Ansehen.
({25})
Er genießt, Herr Abgeordneter Jahn, auch und gerade in der Bundeswehr besonders hohes Ansehen.
({26})
Wenn Sie sich, nachdem Sie hier schon die vox populi anmaßend zitiert haben, in diesen Tagen in der Bundeswehr umhören, und zwar im Bereich der Rekruten, im Bereich der Wehrpflichtigen, im Bereich der Unteroffiziere, der Stabsoffiziere - -({27})
- In der Tat, Herr Kollege, habe ich den Vorteil, daß ich über Bundeswehrfragen auch mit meinen eigenen Söhnen sprechen kann, in der Tat!
({28})
Ich denke, es ist sehr gut, wenn man das kann, weil das eine sehr überzeugende Möglichkeit der Realisierung von Nachrichten bedeutet.
({29})
Es steht fest, daß der Bundesminister der Verteidigung in der Bundeswehr hohes Ansehen genießt und daß es - Herr Abgeordneter Jahn, das ist eben ein Punkt, der für Sie schwer begreiflich ist - gerade für seine persönliche Autorität von Wichtigkeit ist, daß sich dieser Mann seinen Fehlern gestellt hat, daß er sie zugegeben, nicht abgestritten hat, wie das sonst in der Politik häufig üblich ist.
({30})
Ich bin überzeugt, daß Manfred Wörner in Zukunft - gerade nach diesen Erfahrungen - beson3686
ders gute Arbeit für unsere Bundeswehr leisten wird.
({31})
- Herr Kollege, der Zwischenruf verdient es, hier aufgenommen zu werden. Ich will hier vor dem Forum wiederholen, was Sie gesagt haben. Als ich sagte, daß er sich besondere Verdienste erworben hat, daß er besonders engagiert ist, daß er im Amt geblieben ist und daß er seine Autorität wahrnehmen will, sagten Sie „gezwungenermaßen". Was für ein Menschenbild ist es eigentlich,
({32})
das hier bei Ihnen offenbar wird?
({33})
Sie stellen sich hier hin und reden von der Würde des Menschen!
({34})
Der Bundesminister Manfred Wörner als Politiker kann von Ihnen bekämpft werden, aber die Art und Weise, wie Sie im Menschlichen mit ihm umgehen, spricht für sich und gegen Ihre Thesen von Menschlichkeit.
({35})
Meine Damen und Herren, ich sagte schon, die von mir getroffene und nach der Verfassung von mir allein zu verantwortende Entscheidung in dieser Frage läßt selbstverständlich nicht nur Kritik zu, sondern beinhaltet für mich auch jedes Verständnis für eine entgegengesetzte Position. Ich plädiere nur nachdrücklich dafür, daß man dann auch die Gründe würdigt, die zu meiner Entscheidung geführt haben. Meine Entscheidung schmälert nicht die politische Verantwortung, die ein Minister gemäß der Verfassung trägt. Zur Fähigkeit, Verantwortung zu tragen, gehört auch die Fähigkeit, eigene Fehler zu erkennen, sie einzugestehen und sie aus eigener Kraft zu korrigieren.
Meine Damen und Herren, im Blick auf die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland und auf alle Bundesregierungen, die bisher im Amt waren, füge ich hinzu: Diese Haltung ehrt gerade auch den Minister Manfred Wörner.
({36})
Es ehrt ihn, daß er bereit ist, sich seiner Aufgabe auch in Zukunft zu stellen.
Ich selber habe mich im übrigen - das wird Ihnen natürlich noch weniger gefallen, aber es ist für mich ein wichtiges Argument - bei meiner Entscheidung auch von der für mich selbstverständlichen Solidarität zu einem Mitglied meiner Regierung, das ein besonders schwieriges Amt wahrnimmt, leiten lassen. Angesichts der großen Probleme, die diese Bundesregierung zu bewältigen hat, ist diese Kraft gemeinsamer Solidarität eine wichtige Kraft zur Bewältigung der Zukunft.
({37})
Meine Damen und Herren, das Wort hat der Abgeordnete Brandt.
({0})
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das immer noch alle anderen überragende Dichterpaar - nicht nur deutscher Zunge - hat einmal einen Rat gegeben, der dem Herrn Bundeskanzler widersprüchlich erscheinen wird und dessen zweite Zeile ihm auch nicht hilfreich erscheinen kann. Dort heißt es:
Man soll nicht lachen, sich nicht von den Leuten trennen.
Bei Goethe und Schiller geht es im fünften Teil der „Zahmen Xenien" so weiter:
Sie wollen alle machen, was sie nicht können.
({0}) Also im Zusammenhang:
Man soll nicht lachen, sich nicht von den Leuten trennen. Sie wollen alle machen, was sie nicht können.
Wenn ich das im Zusammenhang wiederhole, bitte ich davon auszugehen, erstens, daß ich mich hier heute nicht einfach nur als einen verstehe, der Opposition zu machen hat, und, zweitens, daß ich mir auch in einer ernsten Debatte den Sinn für Humor nicht mehr ganz nehmen lassen möchte.
Aber ich kann beim besten Willen nicht erkennen, Herr Bundeskanzler, daß Sie auf die von Herrn Jahn in der Begründung des Antrages der SPD gestellten Fragen auch nur einigermaßen befriedigend geantwortet hätten.
({1})
Vor allem, Herr Bundeskanzler, haben wir nicht gehört, was Sie eigentlich daran gehindert hat, früher und anders tätig zu werden, obwohl Sie doch in den Wochen vor der Israel-Reise über den Vorgang eingehend unterrichtet waren oder hätten sein müssen.
Was heißt hier übrigens Opposition? Zum einen zeigt der Gegenstand, mit dem wir uns heute befassen, wie wichtig es ist, daß das Parlament insgesamt der Regierung auf die Finger guckt.
({2})
Zum anderen ist es aber nicht so, daß die Zahl derer, die dem Ablauf der Affäre um den Verteidigungsminister mit Unbehagen und Unmut gefolgt sind, auf die Mitglieder und Anhänger der Opposition begrenzt geblieben wäre.
({3})
Die Fragen, die Mitbürgerinnen und Mitbürger aus allen Schichten stellen, die besorgten Briefe, die sie schreiben - doch nicht nur uns, auch Ihnen -, die Zeitungskommentare, die nicht nur wir, die auch Sie zur Kenntnis nehmen, lehren uns, daß die Beurteilung dieser Affäre nun wirklich nicht entlang der Linie verläuft, die hier die die Regierung stützende Koalition und dort die zur Kritik verpflichtete Opposition voneinander trennt.
Kommt hinzu, was uns bei allem Streit ohnehin miteinander anvertraut ist. Die Bundeswehr - wie der öffentliche Dienst insgesamt - gehört weder einer Regierung noch einer jeweiligen Mehrheit.
({4})
Unsere Streitkräfte sind dazu da, im Rahmen des westlichen Bündnisses dem äußeren Schutz dieses Staates und seiner Bürger zu dienen. Dazu stehen wir. Und deshalb sagen wir das, was wir hier aus gegebenem Anlaß vorzubringen haben, zugleich im Interesse der Bundeswehr.
Ich habe also nicht vor, mich auf eine Oppositionsrede zu beschränken. Eher hätte ich zu beklagen, wenn wir von der SPD heute allein einiges zu artikulieren hätten und allein mit vorzubringen hätten, was eigentlich aus konservativer Grundüberzeugung von anderen zu sagen wäre,
({5})
zu sagen wäre zum Thema Ehre im allgemeinen, zur Offiziersehre im besonderen und außerdem noch zu Ehrenerklärungen. In der Affäre, mit der wir uns heute zu befassen haben, sind, so fürchte ich, diese Themen und Begriffe gebogen und gewendet worden, bis Karikaturen davon übrigblieben.
({6})
Herr Bundeskanzler, es müßte Ihnen zu denken gegeben haben, welchen Heiterkeitserfolg, nein, -rekord Sie heute vor einer Woche vor der Bundespressekonferenz erzielten, ein Gelächter, das erst durch das Radio, dann durch das Fernsehen in Millionen Wohnungen drang, bis in den letzten Winkel unseres Landes.
({7})
Mancher hat gefragt, ob es die Aufgabe des Bundeskanzlers sein konnte, Briefe zu verlesen, die, einem außergerichtlichen Vergleich doch nicht unähnlich, unter juristischen Gesichtspunkten abgefaßt waren und deshalb wohl doch noch nicht die volle und reine Wahrheit, die volle und reine Wahrheit widerspiegeln konnten.
({8})
Der Kanzler hat sich fragen lassen müssen, warum er sich zum Regisseur einer als peinlich empfundenen Inszenierung gemacht habe.
Die so oder ähnlich kommentierten, das sind doch nicht Journalistenkommentatoren, die Ihnen, Herr Bundeskanzler, überwiegend ablehnend gegenüberstehen. Aber bei dem Satz, zu keinem Zeitpunkt sei die Ehre des Generals in Frage gestellt gewesen, fiel es schwer, wie es hieß, nicht zynisch zu werden.
({9})
Einige waren entsetzt angesichts des Unterangebots an Wahrhaftigkeit,
({10})
mit dem sie sich abgespeist fanden. Es wurde gefragt, was eigentlich eine Ehrenerklärung wert sein soll, die unter dem Druck des Bundeskanzlers abgegeben wurde. Wie eine Handelsware sei die Ehre in Briefen und Presseerklärungen auf den Markt geworfen worden, ganz zu schweigen, Herr Bundeskanzler, von dem deutlichen, für die Regierung nicht angenehmen Hinweis auf die Peinlichkeit, die dem Staatsoberhaupt zugemutet wurde.
({11})
Ich hätte mir diesen Satz geschenkt, wenn Sie nicht selbst, Herr Bundeskanzler, eben den Herrn Bundespräsidenten in Ihre Darlegung einbezogen hätten.
({12})
Herr Genscher hat den Gerechtigkeitssinn des Bundeskanzlers gelobt. Nun gut.
({13})
Mit vielen Bürgern im Lande erlaube ich mir doch noch ein paar Fragen zu stellen. Erstens: Weshalb die Berufung auf Gerechtigkeit, wo es sich doch nach Meinung sehr vieler darum handelte, unangenehme Dinge unter den Teppich zu kehren?
({14})
Und warum das dann auch noch als Staatskunst ausgeben?
({15})
Zweitens: Gerechtigkeit ist doch wohl gegenüber jedermann zu üben. Aber nicht einmal jeder Offizier oder Beamte kann damit rechnen, in einer für ihn schwierigen Situation dann doch eine ihm noch so relativ günstige Konstellation wie im hier zur Erörterung stehenden Fall vorzufinden, wenn er in die Maschen eines, wie sich zeigt, zuweilen erschrekkend unzulänglichen Nachrichtendienstes geraten ist.
({16})
Und was ist mit einem einfachen Bürger, der zum Beispiel ohne Interesse und Bedeutung dafür ist, ob jemand aus der bayerischen Landeshauptstadt zu kommen droht, der die regierenden Bonner Kreise stören könnte?
({17})
Damit wir uns nicht mißverstehen: ich laste der gegenwärtigen Regierung nicht an, was über den hier zur Erörterung stehenden Fall hinaus- oder hinter ihn zurückreicht, sondern ich meine, Herr Kollege Genscher und andere von liberaler Überzeugung durchdrungene Träger öffentlicher Verantwortung müßten sich um den Schutz einzelner Bürger vor nicht hinreichend qualifizierten Sektionen von womöglich auch noch zu Übermut neigen3688
den Nachrichtendiensten - deutschen oder ausländischen - mit großem Ernst bemühen.
({18})
In den Vereinigten Staaten gibt es einen Privacy Act. Gestützt auf eine ähnliche Rechtsgrundlage hätte der verdächtige General, aber auch ein Bürger ohne Rang, die Möglichkeit gehabt - ich sage nicht, die Garantie -, an das heranzukommen, was über oder gegen ihn zusammengetragen worden war.
Liberal gesinnte Träger öffentlicher Verantwortung hätten, unabhängig von der Parteizugehörigkeit, im besonderen die Aufgabe, gegen die Heuchelei anzugehen, mit der ein von dem der Mehrheit abweichendes Sexualverhalten bedacht wird.
({19})
Damit hätten sich doch auch schon gar nicht diejenigen abfinden dürfen, die wie die Kollegen aus der FDP-Führung noch 1980 eine weiterreichende Liberalisierung der Strafgesetzgebung zu einem vorrangig wichtigen Gegenstand von Koalitionsverhandlungen machten.
({20})
Herr Bundesminister Genscher, was haben Sie denn eigentlich vernehmlich gesagt zu den verschwommenen Sprüchen vom undefinierten Sicherheitsrisiko, definiert höchstens, wie es so dann immer wieder hieß, durch eine Neigung dieser Art? Ich stimme jener Frankfurter Zeitung zu - ich meine nicht die FAZ -, die schrieb: Jedem, der den alten § 175 für ein Relikt aus Zeiten vor der Aufklärung gehalten habe, werde von manchen neuerdings das Recht abgesprochen, als das kochte, jedenfalls etwas zur Verteidigung eines beschuldigten Bürgers - in diesem Fall, eines Generals - zu sagen, als ob derjenige, der Homosexualität nicht für eine Straftat halte, damit auch das kriminelle Strichjungenmilieu salonfähig gemacht habe. Es kann doch wohl keinen Zweifel daran geben, daß man, und zwar parteiübergreifend, gegenüber solcher Einstellung nur Widerwillen, ja, Abscheu empfinden kann, daß man dieses, wie ich meine, gerechte Empfinden nicht der Opportunität jeweiliger politischer Konstellation überlassen darf.
({21})
Herr Bundeskanzler, Ihnen ist aus gutem Grund die Frage gestellt worden, wie Sie es mit dem Mißverhältnis zwischen Anspruch und Wirklichkeit halten, nachdem Sie so etwas wie eine geistig-moralische Erneuerung versprochen hatten.
({22})
Die Methoden, wie sie Herr Wörner geduldet und geübt hat, passen zu dem Anspruch auf moralische Wende und geistige Führung wie der falsche Deckel zum falschen Topf.
({23})
Es gibt auch solche, Herr Bundeskanzler, die mit amüsiertem Interesse zur Kenntnis nehmen, daß Sie sich besonders nachhaltig und nachwirkend
durch die Jungsozialisten-Parole „Stoppt Strauß" beeindrucken lassen.
({24})
Ich habe mir diese Juso-Parole, zumal vor der Wahl 1980, durchaus zu eigen machen können; aber als Beweis für Staatskunst reicht sie doch wohl nicht aus, Herr Bundeskanzler.
({25})
Da muß schon mehr her als der sperrige Kleistertopf aus der vorigen Woche.
Nicht wenige von uns erinnern sich daran, wie und mit welchen Argumenten Sie, Herr Bundeskanzler, hier seinerzeit gegen den Verteidigungsminister Georg Leber auftrumpften.
({26})
Dabei wissen mittlerweile sogar politische Klippschüler,
({27})
worum es sich damals handelte und womit man es heute zu tun hat. Verschiedentlich ist der Gegensatz in erlaubter Kürze zusammengefaßt worden, den ich in sachlicher Übereinstimmung mit meinem Freund Gerhard Jahn noch einmal so beschreibe: Georg Leber, vom damaligen Oppositionsführer mit Gift und Galle bedacht, übernahm die politische Verantwortung für Fehler, die andere ohne sein Wissen gemacht hatten, und er ging. - Der Bundeskanzler Kohl bestätigt den gegenwärtigen Verteidigungsminister ausdrücklich im Amt, obwohl Herr Wörner persönlich schwere Fehler gemacht hat, die er dann auch zu verantworten hätte.
({28})
Herr Kollege Jahn hat heute morgen daran erinnert, daß Sie, Herr Bundeskanzler, damals am 26. Januar 1978 als Oppositionsführer davon sprachen, hier werde die Demontage der Autorität unseres Staates vorgeführt. Heute, wo der übersteigerte Vorwurf auf Sie zurückfallen könnte, befinden Sie sich auf dem Weg einer beschwichtigenden Verniedlichung
({29})
und haben im Grunde - für den, der genau zugehört hat - auf Freispruch mangels Beweis plädiert. Damals sagten Sie, wenn ein Bundesminister für sein Amt Autorität und Vertrauen brauche, dann sei es der Bundesminister der Verteidigung. Sie sprachen von einem Schauspiel, das in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ohne Beispiel sei. Heute sind Sie von all diesen Worten eingeholt worden, ohne daß Sie es wahrhaben wollen.
({30})
Herr Bundeskanzler Kohl, auch und gerade nach dem, was Sie vor mir gesagt haben: Sie wären gut beraten gewesen, Herrn Wörners Rücktrittsgesuch anzunehmen.
({31})
Herr Bundeskanzler, Professor Dr. Erwin Stein, nicht Sozialdemokrat, wie wir wissen, ein erfahrener Jurist in Fragen, um die es hier geht, sagt unter Hinweis auf die gewichtigsten Kommentare zum Grundgesetz in einem Brief an einen Kollegen hier im Hause wörtlich:
Sie ersehen einmal daraus, daß der Bundeskanzler verpflichtet ist, einem ernstgemeinten Rücktrittsgesuch eines Bundesministers zu entsprechen. Sodann erscheinen die Ausführungen über die Ministerverantwortlichkeit von Bedeutung.
Das ist übrigens aus meiner Sicht ein weiteres Zeichen dafür, daß wir es hier nicht mit einer klassischen Auseinandersetzung zwischen Opposition und Mehrheit zu tun haben, sondern daß die Dinge weiterreichen.
Das Rücktrittsgesuch, wenn es denn ernstgemeint gewesen wäre, hätten Sie annehmen sollen. So hat es Ihnen eine nahezu einheitliche veröffentlichte Meinung empfohlen, nachdem Sie sich statt dessen vorgenommen hatten, die unappetitlichen Vorgänge der letzten Wochen unter den Teppich zu kehren. Ob Strauß oder Spiegel - was Recht ist, muß Recht bleiben.
({32})
Davon ist auch mit Presseschelte nichts wegzubringen. So will ich denn wiederholen, was Anfang der Woche für viele in der Bundesrepublik so zu lesen stand:
Was ist das für eine Wende, wenn nicht einmal der, der Verantwortung trägt, auch die Konsequenzen zieht aus seinem Versagen?
({33})
Es kann ja wohl nicht wahr sein, Herr Bundeskanzler, daß andere für Fehler geradestehen sollen, die der Minister Wörner nicht nur politisch zu verantworten hat, sondern die im Verlauf der Affäre zu einem nicht geringen Teil auf sein eigenes Konto gehen.
({34})
Wer hat denn mit wem zusammengesessen? Wer hat denn wen - noch dazu auf Staatskosten - einfliegen lassen? Wer hat bis in die letzten Tage vor Ihrer Entscheidung hinter wem herschnüffeln lassen?
Wenn es nach der Meinung von Bundeskanzler Kohl für eine Entschuldigung genügt, Fehler einzusehen, dann darf man Fehler eines Ministers jedenfalls nicht auf diesem nachgeordnete Stellen abwälzen wollen.
({35})
Man darf fragen, welche Maßstäbe von jetzt an überhaupt noch angelegt werden sollen, um einem Minister den Rücktritt zu ermöglichen.
({36})
Herr Wörner hat sich im Laufe der Jahre nicht gerade durch übertriebene Bescheidenheit ausgezeichnet. Er ist eher durch ein reichlich forsches, nicht selten als arrogant empfundenes Auftreten bekanntgeworden, bis hin zu dem großsprecherischen Satz, daß er die Bundeswehr aus den Schlagzeilen der Presse herausgebracht habe.
({37})
Nun muß sich Herr Wörner in ernst zu nehmenden Kommentaren vorhalten lassen, daß er zum Selbstverteidigungsminister geworden sei,
({38})
zum Opfer seiner Selbstgerechtigkeit.
Marion Gräfin Dönhoff sagte heute vor einer Woche im Rundfunk, erst greife er freudig eine unbewiesene Anschwärzung auf, weil dadurch das unliebsame Thema Brüssel - hören Sie bitte, Herr Bundeskanzler - vom Tisch komme; dann aber, wenn es an die eigene Haut gehe, werde der Betreffende großartig rehabilitiert.
Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, die Sie sich auf eine ehrenwerte konservative Grundhaltung stützen: Sie haben doch auch gelesen, was in Ihnen unverdächtigen Zeitungen wie im „Rheinischen Merkur/Christ und Welt" oder der „Deutschen Tagespost" zu lesen war, im zweiten Fall übrigens mit Herrn Weinsteins bohrender Frage, wer wohl eigentlich dem amerikanischen Oberbefehlshaber der NATO in Brüssel die verdächtigenden Informationen über seinen deutschen Stellvertreter zugespielt habe. Oberst Weinstein weiß schon, weshalb er eine solche Frage stellt.
Festzustellen bleibt: Erstens. Bundesminister Wörner war nicht fähig, ein Problem seines Ressorts selbständig zu lösen - selbständig zu lösen -, aber er hatte und hätte doch sein Ressort selbständig zu verantworten.
Zweitens. Der Bundeskanzler hat eine Regelung getroffen, allerdings um den Preis - wenn wir die eigene veröffentlichte Meinung beiseite lassen - eines verheerenden internationalen Echos, das dem Ansehen unserer Bundesrepublik Schaden zugefügt hat.
({39})
Drittens. Herr Bundeskanzler, wenn oben - jetzt greife ich den Gedanken von Jahn auf, gegen den Sie polemisiert haben - die Einsicht in Fehler vor Konsequenzen schützt, darf doch wohl darunter nicht mit anderen Maßstäben gemessen werden.
({40})
Natürlich ist immer gefragt worden: Wie würde jemand, der sich so vergaloppiert, eine wirkliche Krise meistern? Da hilft es dann nicht viel, wenn Herr Dregger öffentlich daran erinnert, daß der Oberbefehl im Verteidigungsfall ohnehin auf den Bundeskanzler übergehe.
({41})
Schmeichelhaft für Herrn Wörner war das nun ganz gewiß nicht.
({42})
Ich sage mit dem Kommentator der „ZEIT" aus der vorigen Woche - in dieser Woche habe ich diese Zeitung noch nicht gelesen -: „Ein Verteidigungsminister, der sein Ressort zum Panikorchester macht, ist fehl am Platz."
({43})
Das hätte sich auch der Bundeskanzler sagen sollen. Er hätte die kaum entschuldbare Fahrlässigkeit ebensowenig durchgehen lassen dürfen wie die nachträgliche panische Suche nach Belastungszeugen.
Dabei haben die Medien den Peinlichkeiten und Angstreaktionen der letzten Wochen natürlich weit mehr Aufmerksamkeit gewidmet als den Gefahren, die abwehren zu helfen die Bundeswehr dasein soll. Die sonst beschworene Gefahr aus dem Osten schien plötzlich abhanden gekommen zu sein. Die Gefahren, die aus dem weltweiten Wettrüsten erwachsen, möchten manche sich j a ohnehin nicht so gern eingestehen. Und so waren wir erst einmal einem anderen Überfall ausgesetzt: einem weltweiten west-östlichen Feixen auf Kosten der Bundesrepublik und ihrer Bundeswehr.
({44})
Das haben die Bundesrepublik und die Bundeswehr nicht verdient.
({45})
Auch eine Regierung des teils fröhlichen, teils angestrengten Lächelns kann dessen nicht froh werden.
({46})
Herr Bundeskanzler, meine Damen und Herren aus den Regierungsparteien, Sie werden wohl der Entscheidung nicht froh, die Sie getroffen haben oder die für Sie getroffen worden ist. Ich vermute, diese Entscheidung tut nicht einmal dem Verteidigungsminister, mit Sicherheit aber nicht der Bundeswehr einen Gefallen. Wie soll Ihr Verteidigungsminister, Herr Bundeskanzler, vor diesem Hintergrund unsere Interessen im Bündnis wirklich wirksam vertreten können?
({47})
Wie soll er in die nationale und internationale Debatte, die die NATO-Strategie weiterzuentwickeln hat, wirklich unbeschwert eingreifen können? Wie soll er übrigens vor diesem Hintergrund die personellen und materiellen Probleme der Bundeswehr lösen können?
Nicht wenige von Ihnen, verehrte Kolleginnen und Kollegen aus den Koalitionsfraktionen, werden verstehen, weshalb wir Sozialdemokraten mit Nachdruck widersprechen, wenn zugedeckt oder verniedlicht werden soll, was aufzuklären und auszuräumen im wohlverstandenen Interesse unseres Staates liegt.
({48})
Das Wort hat der Abgeordnete Rühe.
({0})
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Bundeskanzler hat in Ausübung seiner Richtlinienkompetenz entschieden, General Kießling zu rehabilitieren und Bundesverteidigungsminister Manfred Wörner im Amt zu belassen. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion unterstützt diese Entscheidung.
({0})
Mit seiner Entscheidung hat Bundeskanzler Kohl sicher nicht den einfachen Weg gewählt, um diese Angelegenheit zu beenden. Er hat sich nicht einem verbreiteten Meinungstrend gebeugt. Aber gerade die Tatsache, daß der Bundeskanzler eben nicht eine vorgefertigte Meinung übernommen, sondern aus seiner eigenen Verantwortung anders entschieden hat, unterstreicht seine politische Stärke und Handlungskompetenz.
({1})
Keine Frage: Wer auf eine mediengerechte Dramaturgie des Falls mit einem Ministersturz als krönendem Abschluß gesetzt hat, der muß sich enttäuscht fühlen. Besonders enttäuscht ist verständlicherweise die Opposition. Denn sie hat es nicht geschafft, einen wichtigen Minister aus dem Kabinett Kohl herauszubrechen.
({2})
Sie verbirgt jetzt ihre Enttäuschung hinter einem Schwall doch auch sehr weit überzogener verbaler Angriffe. Aber Rhetorik und Emotionen sind nun wirklich die falschen Grundlagen für politische Entscheidungen. Von ihnen hat sich der Bundeskanzler mit Recht nicht leiten lassen.
({3})
Seine Entscheidung gründet sich vielmehr auf eine sorgfältige Güterabwägung.
({4})
Sie richtete sich auf eine Lösung, die allen Beteiligten gerecht wird. Das heißt, oberster Maßstab der Entscheidung war das Bestreben, entsprechend dem Amtseid Gerechtigkeit gegen jedermann zu üben, gegenüber General Kießling ebenso wie gegenüber Minister Wörner. In erster Linie ging es selbstverständlich darum, die Ehre des Generals
wiederherzustellen. Dies ist in gebührender Weise geschehen. Doch dafür bedurfte es nicht, wie offenbar manche meinen, eines rituellen Opfers; dies um so weniger, als General Kießling dem Verteidigungsminister bescheinigt, er habe ihm persönlich nie einen Vorwurf zu machen gehabt. Nein; das rituelle Opfer, nämlich den Kopf des Ministers, haben ganz andere verlangt, wobei die dafür vorgebrachten Gründe durchaus nicht immer mit den wahren Motiven übereinstimmen dürften.
({5})
Ich habe keineswegs vor, diesen Fall, der uns beschäftigt, zu beschönigen.
({6})
Es geht kein Weg an der Tatsache vorbei, daß auf der Hardthöhe Fehler gemacht worden sind.
({7})
Wer wollte das bestreiten? Das ist im übrigen ja auch freimütig eingestanden worden.
({8})
Herr Kollege Brandt, Sie haben zu Recht gesagt, daß die Kritik sich nicht auf die Opposition und ihre Anhänger im Land beschränkt hat. Das ist richtig. Kritik in Form von Selbstkritik hat es ja doch auch von den Betroffenen gegeben. Und Selbstkritik hat es in den vergangenen Jahren in der deutschen Politik eher zuwenig als zuviel gegeben. Das gehört auch zu einer Würdigung.
({9})
Aber wer ein gerechtes Urteil fällen will, der darf nicht nur jene Teile eines Vorgangs herausgreifen und sozusagen verselbständigen, die Anlaß zu Kritik geben. Notwendig und ein Gebot der Fairneß ist es vielmehr, die Dinge im Zusammenhang zu sehen und besonders das Gesamtverhalten des Ministers zu würdigen.
Wenn man dies tut, muß man feststellen:
Erstens. Die dienstliche Maßnahme des Verteidigungsministers, nämlich die vorzeitige Pensionierung von General Kießling im Dezember 1983, war nach dem damaligen Erkenntnisstand des Ministers nicht zu beanstanden. Der Minister war gezwungen, um der Sicherheitsinteressen unseres Landes willen zu handeln.
({10})
Auch General Kießling selber, der Betroffene also, konzediert dies ausdrücklich in seinem Schreiben. Darüber sollten Sie sich nicht hinwegsetzen.
({11})
Zweitens. Dem Bundesverteidigungsminister wird vorgeworfen, daß er sich auf die entsprechenden Vorlagen seines Hauses zu gutgläubig verlassen hat. Natürlich sind wir heute, also hinterher, alle klüger. Heute wissen wir, daß die entscheidende Vorlage auf sachlich unrichtigen Behauptungen beruhte. Aber macht man es sich nicht zu
leicht, wenn man dem Minister im nachhinein vorhält, er hätte größere Reserve gegenüber den Vorlagen seines Hauses zeigen müssen? Tatsache ist doch, meine Damen und Herren - Sie haben ja schließlich 13 Jahre regiert und sollten sich daran noch erinnern können -: Jeder Minister, jeder Amtschef, auch jeder Fraktionsvorsitzende ist auf die sachliche Zuarbeit seines Apparates angewiesen. Er muß sich grundsätzlich darauf verlassen können, daß er zutreffend informiert wird. Andernfalls wäre ein Minister überhaupt nicht arbeitsfähig.
({12})
Wir alle wissen, daß dies so ist. Wer dies nicht auch für Manfred Wörner gelten lassen will, tritt in der Pose des Pharisäers auf, und das ist eine unglaubwürdige Pose.
({13})
Drittens. Um das Verhalten des Ministers gerecht zu würdigen, darf man nicht nur sein objektives Handeln betrachten. Vielmehr muß man auch seine subjektiven Motive, seine Absichten mitberücksichtigen, von denen er sich leiten ließ. Es spricht nicht für Sie, daß Sie nicht bereit sind, die subjektiven Motive eines Menschen zu berücksichtigen, und damit so tun, als ob es Ihnen völlig gleichgültig sei, aus welchen Motiven heraus ein Politiker handelt. Das entspricht nicht dem Gebot der Fairneß und Gerechtigkeit.
Die Absicht von Minister Wörner - ich sage das noch einmal - war eindeutig die, Schaden von der Bundeswehr und von unserem Land abzuwenden, und zwar unter größtmöglicher Schonung
({14})
des Betroffenen. Niemand kann dem widersprechen, daß dies seine Absicht war. Daß es ihm wirklich darum ging, die persönlichen Interessen auch von General Kießling zu wahren, beweist allein schon die einvernehmliche Regelung, die im September des letzten Jahres zwischen dem Minister und dem General getroffen worden ist.
Daß es im weiteren Verlauf der Angelegenheit anders kam, daß die Person von General Kießling in die Schlagzeilen geriet, bedauert niemand mehr als der Bundesverteidigungsminister. Die persönlichen Kränkungen, die Herrn Kießling dabei zugefügt worden sind,
({15})
eine Rufschädigung des Generals hat Minister Wörner wahrhaftig nicht gewollt.
({16})
Er hat, so meine ich, ein Recht darauf, daß man seine guten Motive anerkennt, auch wenn sie dann von der Lawine der Ereignisse überrollt worden sind.
({17})
Viertens. Zur Gesamtwürdigung des Verhaltens des Ministers gehört schließlich auch, daß er sich zu den Fehlern, die gemacht worden sind - ich habe das schon gesagt -, bekannt hat. Dies ist, betrachtet man die in der Politik gängige Rechthaberei, von der wir alle nicht frei sind, nicht so selbstverständlich. Ich finde, das sollte auch von der Opposition gewürdigt werden. Er hat mit seinem Rücktrittsgesuch die politische Verantwortung für Fehlverhalten - von wem auch immer - übernommen. Er war bereit, daraus die persönlichen Konsequenzen zu ziehen. Er hat auch nicht gezögert, General Kießling ohne Wenn und Aber zu rehabilitieren, nachdem sich die gegen ihn erhobenen Verdächtigungen als haltlos herausgestellt hatten.
Ich möchte an dieser Stelle namens der CDU/ CSU-Fraktion ein Wort an General Dr. Kießling richten.
({18})
- Wenn Sie mit einer solchen Haltung an die Sache herangehen, sagt das, glaube ich, sehr viel über Sie.
({19})
Aber ich muß die SPD-Fraktion in Schutz nehmen. Denn ich bin ganz sicher, daß Sie im Augenblick nicht der Sprecher dieser Fraktion gewesen sind.
({20})
Wir bedauern, daß Sie, General Kießling, schwere Kränkungen erfahren haben. Wir freuen uns, daß Ihnen Genugtuung geschehen ist. Wir wünschen Ihnen, daß Sie über die schweren Wochen bald hinwegkommen mögen.
({21})
Fünftens. Nicht zuletzt gehört in den Rahmen einer Gesamtwürdigung auch die Tatsache, daß Manfred Wörner eine große fachliche Kompetenz für seinen Aufgabenbereich besitzt, eine Kompetenz, die gerade auch im Bündnis hoch geschätzt wird und die selbst von seinen politischen Gegnern hier im Lande - jedenfalls bis zum Dezember letzten Jahres - immer anerkannt worden ist. Ein solcher Gesichtspunkt sollte nicht leichthin beiseite geschoben werden. Denn schließlich erwarten die Bürger von einem Verteidigungsminister vor allem anderen, daß er ein kompetenter Fachmann für die Sicherheit und Verteidigung unseres Landes ist.
({22})
Auch unter diesem Gesichtspunkt hat der Bundeskanzler die richtige Entscheidung getroffen, Manfred Wörner im Amt zu halten, damit er weiterhin seine unbestritten hohen fachlichen Qualitäten im Interesse der Bundeswehr, im Interesse unseres Landes und im Interesse unseres Bündnisses nutzbringend einsetzen kann. Herr Kollege Brandt, wir haben keinen Zweifel daran, daß ihm das auch in Zukunft möglich sein wird.
({23})
Der Bundesverteidigungsminister weiß sich in der Pflicht, auch unter erschwerten Bedingungen seiner Aufgabe gerecht zu werden. Wo Irritationen entstanden sind, wird er sie ausräumen. Wo Vertrauen gestört ist, wird er es wiederherstellen. Wir werden ihn in seinem schweren Amt auch künftig im Interesse der Sache kollegial unterstützen.
({24})
Meine Damen und Herren, die CDU/CSU-Fraktion geht davon aus, daß jetzt im Bundesverteidigungsministerium die notwendigen Maßnahmen ergriffen werden, die Vorfälle wie diesen vermeiden helfen. Dabei geht es nicht um Köpferollen,
({25})
sondern es müssen sachliche Maßnahmen getroffen werden, damit sich ein solcher Vorfall nicht wiederholen kann, Herr Ehmke.
({26})
Es geht also darum, bestehende Mängel zu beseitigen, eine wirksamere Organisation von Teilen des Apparats zu erreichen und insgesamt der Amtsspitze bessere Kontrollmöglichkeiten zu geben.
({27})
Sie wissen, wie hier zu Recht hervorgehoben wird, daß die Struktur des Bundesverteidigungsministeriums nicht nach dem 1. Oktober 1982 entstanden ist. Insofern sollten Sie sich der Aufgabe nicht entziehen, an der Reform dessen mitzuwirken, was Sie selbst herbeigeführt haben, Herr Ehmke.
({28})
Eine wesentliche Maßnahme wird die Verbesserung der Aufgabenerfüllung im Militärischen Abschirmdienst sein. Ich warne aber davor, den MAD, wie es jetzt zum Teil geschieht, mit pauschalen Angriffen zu überziehen. Kollektive Schuldzuweisungen soll und darf es auch hier nicht geben. Dies ist weder in der aktuellen Angelegenheit angebracht, noch wird damit dem MAD geholfen.
Es sind in der Tat zum Teil gravierende Fehler, vor allem auf der Arbeitsebene, gemacht worden. Aber vergessen wir darüber nicht, daß wir diesen Dienst zur Abwehr der vielfältigen Versuche von Spionage und Versuche, die Sicherheit der Bundeswehr zu gefährden, brauchen. Der MAD leistet hierbei eine unverzichtbare Arbeit.
({29})
Was jetzt erreicht werden muß, ist, die Effizienz des Militärischen Abschirmdienstes zu stärken. Damit würde zugleich sein Ansehen in der Öffentlichkeit verbessert werden. Deshalb verbietet es sich geradezu, die vorhandenen Mängel zu parteipolitischer Profilierung ausnutzen zu wollen, einmal ganz davon abgesehen, daß aus der längeren Regierungszeit der Sozialdemokraten ein wesentlicher
Teil der politischen Verantwortung dafür, daß dieser Dienst bisher nicht aus den negativen Schlagzeilen herausgekommen ist, Sie treffen muß.
({30})
Aber ich will gar nicht zurückblicken, sondern nach vorn. Uns allen in diesem Hause sollte daran gelegen sein, sachlich und vorurteilsfrei zu prüfen, welche Maßnahmen zur Verbesserung der Aufgabenerfüllung im MAD jetzt nötig sind.
Die CDU/CSU begrüßt es deshalb, daß der Bundesverteidigungsminister Wörner am 25. Januar eine unabhängige Kommission zur Überprüfung der Bewertung der Arbeit des MAD eingesetzt hat. Diese mit anerkannten Persönlichkeiten besetzte Kommission hat insbesondere die Strukturen und die Arbeitsabläufe des MAD sowie die Rechtsgrundlage für seine Arbeit zu prüfen. Das betrifft auch die Zusammenarbeit mit anderen Behörden und anderen Nachrichtendiensten. Diese unabhängige Kommission hat darüber hinaus den Auftrag, Verbesserungsvorschläge für die Auftragserfüllung des MAD und für eine sachgerechte Aufgabenüberwachung zu erarbeiten. Ein wesentlicher Punkt scheint mir dabei zu sein, daß der MAD vor allem in der Truppe wieder mehr Ansehen und Rückhalt gewinnt. Nur so kann auch das Problem einer geeigneten Personalausstattung dieses Dienstes gelöst werden.
Lassen Sie mich an Ausführungen des ehemaligen Richters am Bundesverfassungsgericht Martin Hirsch anknüpfen
({31})
- ein führender Sozialdemokrat; wie können Sie denn da von „Nebenkriegsschauplätzen" reden, Herr Klejdzinski? -:
({32})
Wo es um die Sicherheit unseres Landes geht, sind die Besten gerade gut genug. Das gilt auch für die Nachrichtendienste, auch für den MAD.
({33})
Der Sozialdemokrat Martin Hirsch hat doch recht. Wir brauchen für diese sensiblen Einrichtungen hochqualifizierte Mitarbeiter.
({34})
- Herr Ehmke, wenn Sie über Sensibilität sprechen, kann ich nur sagen: Sie haben in Ihrem politischen Leben Entscheidungen gefällt, die man mit einiger Zurückhaltung auch noch heute als bizarr und wenig sensibel bezeichnen kann.
({35})
Sie sind in der Bundesrepublik zwar bekannt, aber bestimmt nicht wegen Ihrer Sensibilität.
({36})
Aber zurück zu Herrn Hirsch, weil das viel wichtiger ist als diese Nebenbemerkung von Herrn Ehmke. Wir brauchen für die Nachrichtendienste die besten Mitarbeiter, hochqualifizierte Mitarbeiter, die mit Professionalität und Engagement diese schwierige Aufgabe erfolgreich wahrnehmen können.
({37})
Vielleicht läßt sich auf diese Weise auch die verbreitete Meinung korrigieren, hier handle es sich um eine etwas anrüchige Tätigkeit. Gutes Personal ist eine Grundvoraussetzung für eine gute Arbeit der Dienste, die Pannen und Skandale vermeiden hilft.
Hierzu wie auch zu Fragen der Aufgabenregelung, der Kompetenzzuweisung und einer besseren Ausbildung des Personals des Militärischen Abschirmdienstes wird die unabhängige Kommission ihren Bericht erstellen. Dieser Bericht sollte dann in dem dafür geeigneten Gremium des Bundestages, d. h. der Parlamentarischen Kontrollkommission - in der ja auch Sie von der Opposition mitwirken -,
({38})
sorgfältig geprüft werden, um dann die notwendigen Schlüsse daraus zu ziehen. Die Parlamentarische Kontrollkommission ist für die parlamentarische Behandlung dieses Fragenkomplexes ein geradezu maßgeschneidertes Gremium;
({39})
denn nach dem entsprechenden Gesetz, das wir alle verabschiedet haben, sollte sie der Ort sein, wo die parlamentarische Kontrolle über die Nachrichtendienste, darunter auch den MAD, ausgeübt wird. In diese Kontrolle bezieht das Gesetz nach dem Wortlaut ausdrücklich auch „Vorgänge von besonderer Bedeutung" ein. Und mit einem solchen haben wir es hier in der Tat zu tun.
Wir sollten uns auch darüber im klaren sein, daß die parlamentarische Kontrolle der Regierung im Bereich der Nachrichtendienste nirgendwo wirksamer erfolgen kann als in den geheimen Beratungen der Parlamentarischen Kontrollkommission. Hier können alle Fakten auf den Tisch gelegt werden, hier kann ungeschützt zur Sache geredet werden,
({40})
hier kann offen Kritik geübt werden, und hier können gemeinsam operative Maßnahmen erörtert werden. Das alles läßt sich nicht auf dem offenen Markt austragen, ganz abgesehen davon, daß Nachrichtendienste ohnehin ein denkbar ungeeignetes Objekt für öffentliche Diskussionen sind.
Herr Brandt, Sie haben gesagt, es gehe um den Schutz des einfachen Bürgers vor übermütigen Nachrichtendiensten. Ich kann Ihnen nur sagen: Wo immer eine solche Gefahr besteht und so etwas vorgekommen ist, finden Sie unsere Unterstützung. Lassen Sie uns in der Parlamentarischen Kontrollkommission gemeinsam an die Arbeit gehen, um die nötigen Beschlüsse zu fassen, die für die Sicherheit unseres Staates erforderlich sind.
Der Anlaß der heutigen Debatte bedeutet für die Opposition sicher eine große Verlockung, insbesondere Kritik zu äußern am Verteidigungsminister, am Bundeskanzler, an der Regierungskoalition überhaupt. Man muß dafür angesichts der sonstigen Themenarmut, vor der Sie stehen, auch ein gewisses Verständnis aufbringen.
({41})
- Verständnis habe ich gesagt, nicht Einverständnis. - Dennoch möchte ich mich sehr nachdrücklich auch an die Opposition - und damit meine ich speziell die Sozialdemokraten - wenden und an sie appellieren, sich bei aller Lust an der Kritik auch ihrer Verantwortung bewußt zu sein.
Sie haben, meine Damen und Herren von der SPD, für sich den Anspruch erhoben, für die Rehabilitierung General Kießlings einzutreten. Sie haben das getan, und das ehrt Sie.
({42})
- Und erreicht durch das, was die Regierung dann letztlich entschieden hat. Aber, Herr Klejdzinski, jetzt kommt es darauf an, daß Sie auch konsequent dazu stehen und beweisen, daß dies wirklich Ihr entscheidendes Ziel war: die Rehabilitierung des Generals Kießling herbeizuführen, und daß Sie jetzt auch der Versuchung, für die man manches Verständnis haben mag, aus parteipolitischem Kalkül heraus durch Ihr Verhalten im Untersuchungsausschuß die Dinge wieder so ins Rampenlicht zu bringen, daß vor allem General Kießling darunter zu leiden hat, widerstehen. Hier liegt eine entscheidende Verantwortung von Ihnen. Wenn Sie also den parlamentarischen Untersuchungsausschuß fortsetzen wollen, stehen Sie in der Verantwortung, daß dadurch die Person General Kießlings nicht erneut in die Schlagzeilen gerät. Wir werden Sie an Ihrem eigenen Anspruch messen.
Damit es kein Mißverständnis gibt, Herr Kollege Brandt: Von uns soll überhaupt nichts unter den Teppich gekehrt werden. Ich gehe davon aus, daß Sie unseren Versuch, Herrn Kießling jetzt vor weiteren Schlagzeilen zu schützen, nicht mit dem Wort bezeichnen, wir wollten etwas unter den Teppich kehren. Im übrigen stehen wir bereit, alles aufzuklären, und sind bereit, auf alle Fragen eine Antwort zu geben. Wir wollen nichts unter den Teppich kehren, sondern zu einer verantwortungsbewußten Klärung der Sachverhalte beitragen.
Zu Ihrer Verantwortung gegenüber der Bundeswehr, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, darf ich einmal in Klammern und, wie ich hoffe, ganz unpolemisch sagen: Ich hätte mir gewünscht - nicht im Hinblick auf die Sprecher -, daß der eine oder andere von den sozialdemokratischen Kollegen seine Verantwortung für die Bundeswehr vielleicht schon früher und auch in anderen Situationen entdeckt hätte,
({43})
z. B. in der Situation, in der sich sozialdemokratische Abgeordnete an Blockaden von Kasernen beteiligt haben. Auch dort wäre sicherlich ein Anlaß
gewesen, über die Verantwortung gegenüber der Bundeswehr nachzudenken und einzugreifen.
({44})
- Ich vergleiche das überhaupt nicht, Herr Ehmke. Ich habe ja gesagt: Ich versuche, unpolemisch zu sein.
({45})
Ich will nur sagen: Wir nehmen Sie beim Wort. Die Verantwortung gegenüber der Bundeswehr mögen Sie bitte nicht nur in diesem Fall deutlich machen, sondern auch generell im Hinblick auf die Funktion und die Bedeutung der Bundeswehr für unsere Sicherheit.
({46})
Ihrer Verantwortung gegenüber der Bundeswehr können Sie dadurch gerecht werden, daß Sie den aktuellen Vorgang zum Anlaß nehmen, sich über künftige Verbesserungen Gedanken zu machen. Wir laden Sie ein - ich habe das konkretisiert am Beispiel der Parlamentarischen Kontrollkommission -, dies gemeinsam mit uns zu tun und dabei die Möglichkeiten des Parlaments in sachlicher und konstruktiver Weise zu nutzen.
Schönen Dank.
({47})
Meine Damen und Herren, das Wort hat der Herr Abgeordnete Fischer ({0}).
({1})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
({0})
- Entschuldigung.
Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Wörner, dies sind schwere Wochen für Sie gewesen, an die Sie sicherlich noch lange Zeit in Ihrem Leben zurückdenken werden. So oder ähnlich sprach Seine Barmherzigkeit der Bundeskanzler, als er vor einer mühsam um Fassung ringenden Journalistenschar Ihre Nichtentlassung verkündete.
Wohl wahr: der Denkwürdigkeiten sind hier viele. Da meldet ein Beamter im Verteidigungsministerium, er habe davon gehört, daß man den stellvertretenden Oberbefehlshaber der NATO im nämlichen Hauptquartier händchenhaltend habe einherspazieren sehen. Dies war die Feindlage, auf deren Hintergrund der Militärische Abschirmdienst zur Lagebeurteilung und weiteren Ermittlung schritt. Flugs stießen die Späher im Waffenrock auf ein schwerwiegendes Indiz. Der fragliche General war unverheiratet, der einzige unverheiratete General in der Bundeswehr! Dies war für sich genommen schon verdächtig, vor allem, wenn man Herrn Dreggers Brandreden über die aussterbende deutsche Nation noch in den Ohren hatte. Wenn so einer im
Fischer ({1})
Allerheiligsten der westlichen Sicherheit auch noch Händchen hält, dann gilt für den MAD - ganz logo -: Gefahr im Verzuge. So wurde man weiter fündig. Ein Militärarzt, bei dem sich General Kießling vor Jahren zu einer Untersuchung aufgehalten hatte, berichtete von einem sich selbst öffnenden Bademantel und der Manipulation am Genital. Man kann sich vorstellen, wie diese gefährliche Nachricht bei den Jungs von der Sicherheit eingeschlagen hat. Das Mysterium des Bademantels, die fehlende Heiratsurkunde und das Gerücht vom Händchenhalten weisen eindeutig die Richtung.
Wie schon so oft, wenn es in Bonn hoch her und dabei um die Staatssicherheit ging, so führte auch diesmal die schlüpfrige Spur nach Köln, nämlich ins „Tom-Tom" und ins „Café Wüsten". Nunmehr war Amtshilfe angezeigt.
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Auf dem kurzen Dienstweg, sozusagen von Mann zu Mann,
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tarnte sich ein Feldwebel des MAD als Oberstleutnant und suchte und fand Beistand bei einem Kölner Kriminalbeamten. Der erhielt Kießlings Bild und wurde in den gegenwärtig weltberühmten Lokalitäten zeugenfündig. Ja, ja, hieß es, der General sei hier mehrmals bedient worden.
Nun war alles klar, und es mußte schnellstens gehandelt werden; denn ein schwuler Viersternegeneral war zumindest ein Sicherheitsrisiko, wenn nicht gar eine Schande für die Bundeswehr, ein Anschlag auf die sittlich-moralischen Grundlagen unserer Demokratie.
Das Sicherheitsrisiko sah man auf dem Bonner Feldherrnhügel gewiß nicht nur wegen möglicher Erpreßbarkeit; denn folgt man den veröffentlichten Gerüchten aus dem NATO-Hauptquartier, so hätte der arme General Kießling eh nicht mehr zu berichten gehabt als von den teuflischen Launen und Intrigen des Oberkommandierenden gegen seine Person. Von allem anderen, so liest man, wurde er ja mit Bedacht ferngehalten.
Nein, das wichtigere Sicherheitsrisiko lag wohl in der Gefährdung der Abschreckungsdoktrin. Wie hätte man denn dagestanden vor dem Warschauer Pakt - mit einem schwulen stellvertretenden Oberkommandierenden? Hätten die Russen da noch an die Abschreckung geglaubt?
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Für Manfred Wörner galt es nun zu handeln. General Kießling sollte im gegenseitigen Einvernehmen zum 31. März 1984 aus dem Amte scheiden und bis dahin krank machen. Dies hätte jedoch für die NATO ein dreimonatiges „Fenster der Verwundbarkeit" bedeutet,
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und dies auch noch zur Zeit der beginnenden Stationierung der neuen amerikanischen Mittelstreckenraketen. Nein, ein verantwortungsbewußter Verteidigungsminister, der zudem die Bundeswehr aus den Schlagzeilen herausgebracht hatte, mußte da entscheiden; er mußte sofort handeln.
General Kießling wurde zum 31. Dezember 1983 aus dem Dienst entlassen, ganz ohne das übliche Zeremoniell. Anzumerken bleibt, daß der Bundeskanzler von Anbeginn in diese gefährliche Staatsaffäre eingeweiht worden war.
Was dann folgte, spottet allerdings jeder Beschreibung. Es ist ein Lehrstück für die politische Wirkung von Gerücht und Vorurteil, ein widerwärtiges Schmierenstück vom Biedermann und seiner Machtgeilheit. Wir GRÜNEN sind keineswegs vom vorzeitigen Rücktritt eines Viersternegenerals erschüttert. Wenn es nach uns ginge, würden wir der Generalität weltweit den vorzeitigen Ruhestand gönnen; das wäre ein Segen für uns alle.
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Etwas ganz anderes ist jedoch, wie Herr Wörner und sein Panikorchester auf der Hardthöhe den Menschen Günter Kießling öffentlich und moralisch fertigzumachen versuchten, als sie politisch unter Beweisdruck gerieten. Da sickerten unablässig die giftigsten Gerüchte über den General aus dem Verteidigungsministerium. Im Bundestag stellte sich dann Herr Wörner hin und verlautbarte in seiner unvergleichlichen Art, er habe nie etwas gesagt. Nein, er nicht! Die Jauchekübel ließ er andere bedienen.
Als der Vorwurf der Homosexualität nicht mehr zu halten war - wobei zu fragen bleibt, was daran ein Vorwurf sein kann -, hieß es plötzlich, General Kießling sei auffallend lange und häufig krank gewesen, er habe sich beim BND falsche Papiere besorgt und sei mehrmals nach West-Berlin gereist. Noch in der Aktuellen Stunde im Deutschen Bundestag zur vorliegenden Sache machten die Kläffer von den Hinterbänken der Unionsfraktion aus dem dortigen Grab von Günter Kießlings Eltern einen toten Briefkasten und aus Kießling selbst einen möglichen Superspion.
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Als auch solcher Rufmord nicht mehr verfing, ging der Minister mit falschem Bart selbst auf Zeugensuche.
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Schließlich flog man den Schwindler nebst seinen Tonbändern aus der Schweiz ein.
Ob Günter Kießling homosexuell war oder nicht, er mußte es jetzt sein! Ob er erpreßbar war oder nicht, er mußte es jetzt sein! Ob er eine Gefahr war oder nicht, er mußte es jetzt sein! Dies waren fortan die primitiven Imperative der Machterhaltung, gemäß denen Manfred Wörner und seine Kamarilla handelten. Hier wurde die öffentlich ins Werk gesetzte moralische Hinrichtung eines Mannes ver3696
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sucht, um einen wehrverliebten Minister im Amt zu halten,
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und Günter Kießling kann von Glück sagen, daß er es dabei mit solchen Flaschen zu tun hatte.
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Anderen und woanders ist eine solche Schändlichkeit gelungen.
Er bleibt uns jetzt also erhalten der Herr Wörner,
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wenn auch nach mißlungener Verteidigung und durch einen allerhöchsten Gnadenakt. Er bleibt unser oberster Befehlshaber in Friedenszeiten. Und es wäre auch ein wahrer Jammer gewesen, wenn man ihm sein milliardenschweres Kriegsspielzeug weggenommen hätte. Schließlich hat sich keiner seiner Vorgänger so sehr auf dieses Amt gefreut und so stolz kommandiert wie Manfred Wörner. Er ist richtig vernarrt in die Bundeswehr und alles Militärische. Und so jemand verfällt leicht in Erregung, wenn er klingendes Spiel und Gesang aus den rauhen Kehlen dieser Männergemeinschaft vernimmt
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oder zum ohrenbetäubenden Gebrüll seines Nachbrenners mit einem Starfighter in den stahlblauen NATO-Himmel abhebt.
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Daß so jemand über Krieg und Frieden, über das Schicksal von Millionen von Menschen mitzuentscheiden hat, das darf doch nicht wahr sein. So ist es aber, trotz der Tröstungen von Herrn Dregger.
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Was haben Sie uns, Herr Verteidigungsminister, der „sogenannten Friedensbewegung", wie Sie zu sagen belieben, nicht alles über klagende und anklagende Reden über die Notwendigkeit weiterer Aufrüstung gehalten. Nur wenn wir aufrüsten, werden wir abrüsten - so lautete die abstruse Quintessenz Ihrer Reden. Auf den Knien wollten Sie von Ihrem Wahlkreis nach Bonn rutschen, wenn die Russen ihre Raketen verschrotteten. Nun erweist es sich, daß es mit Ihrer Rutschfestigkeit nicht weit her ist.
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Doppelt und dreifach geleimt kleben Sie an Ihrem Ministersessel. Und die Ironie dieser politischen Farce löst sich letztendlich dahin auf, daß der Minister Wörner, gewollt oder nicht, fast das Opfer seiner amerikanischen Freunde geworden wäre; denn die Spur des Gerüchts über General Kießling führt unzweideutig in die Umgebung des NATO-Oberbefehlshabers.
Betrachten wir anschließend noch den Schaden, welchen diese Politklamotte hinterläßt. Des Generals Ehre ist wiederhergestellt, wie man so schön sagt. Der Verteidigungsminister verharrt, wenn auch demoliert, in seiner schweren Pflicht. Einige nachgeordnete Köpfe werden rollen. Und Helmut Kohl hat schließlich tapfer entschieden.
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Was bleibt, ist jener seltsame Vorwurf der Homosexualität, daß Homosexualität zu Erpreßbarkeit führen könnte und mithin ein Sicherheitsrisiko wäre. Was bleibt, ist der erschreckende Nachhall einer Moral in Regierung, Militär und Teilen der Öffentlichkeit, welche die gleichgeschlechtliche Liebe von Männern immer noch - oder besser: vielleicht schon wieder - in die Grauzone moralischer Anstößigkeit und sicherheitsbedingter Gefährlichkeit abzudrängen versucht.
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Summiert man die seltsamen Argumente der Regierung zu diesem Thema, so geht die Bundeswehr schrecklichen Zeiten entgegen; denn wenn die Pläne von der „Frau am Gewehr" Wirklichkeit werden, dann verschwinden die Grenzen der Erpreßbarkeit im Unendlichen.
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Die heterosexuelle Generalität wäre gut beraten, wenn sie beizeiten in sichere Verteidigungspositionen einrückte. Viel Unruhe wird es da geben in der Truppe, in jener Männergemeinschaft, von welcher der verehrte Kollege Würzbach immer so schön zu sprechen weiß, daß selbst einem Ungedienten wie mir ganz warm ums Herz dabei wird.
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Merkt denn da keiner von den regierenden Saubermännern, welche moralische Verheerung diese Affäre vor allem für Homosexuelle hinterlassen wird? Kein Wort der Entschuldigung? Keine Ehrenerklärung?
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In den KZ von Nazi-Deutschland wurden Zehntausende von Homosexuellen ermordet, Hunderttausende geqäult und eingesperrt - gemäß jenem unseligen § 175. Die teilweise Aufhebung dieses Paragraphen war eine große zivilisatorische Leistung der bundesrepublikanischen Demokratie; seine endgültige Streichung steht noch an.
Auch gibt es da eine weitere Bringschuld: die materielle Entschädigung der überlebenden Opfer mit dem „Rosa Winkel" und die historische Würdigung des Leids der Homosexuellen in den Konzentrationslagern des Dritten Reiches.
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Hätte man uns doch gleich gesagt, was diese Koalition der Mitte unter geistig-moralischer Erneuerung versteht. Wer von uns hätte sich jemals dieses
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pfälzische Gesamtkunstwerk vorzustellen vermocht, welches in barocker Opulenz so langsam versumpft?
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Da erklärte der Staatsmann Helmut Kohl einmal gewichtig, daß die Ultima ratio aller westdeutschen Staatsräson das Bündnis sei. Daß er damit Franz Josef Strauß und seine CSU meinte, ist mir damals leider entgangen. Die Angst vor dem Bayern entpuppt sich als Ultima ratio dieser Regierung, und mittlerweile scheint fast alles erträglich zu werden in Bonn, wenn nur die Kabinettsrunde geschlossen und Strauß in München bleibt. Wenn einer aus dieser Riege fällt, dann fallen andere mit, so lautet die Kohlsche Dominotheorie über die Regierung der Wende.
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Und so tagt da mittlerweile ein veritables Wachsfigurenkabinett des Dr. Kohl: Wörner und sein Sicherheitsrisiko, der Graf mit seinen versunkenen Schätzen, ein piepsender Laokoon als Postminister, von der Gruselabteilung Geißler und Zimmermann ganz zu schweigen. Hauptsache, Strauß bleibt in München. Ich bin fast schon versucht, die Kollegen von der CSU aufzufordern, uns diesen Auftritt nicht länger vorzuenthalten. Der christliche Real-Surrealismus zu Bonn würde damit wohl seinen unüberbietbaren Höhepunkt erreichen.
Man weiß nicht, ob man angesichts dieses christdemokratischen Sittengemäldes lachen oder weinen soll. Die bloße Machterhaltung tarnt sich hier als Schmiere, und auf der Strecke bleibt die politische Moral. Man täusche sich nicht, die langfristigen Folgen durch diesen Verlust werden schlimmer sein, als es jene glauben, die allein auf das Beharrungsvermögen eines niedergelassenen Hinterteils vertrauen. So sei es also, am 31. März wird der General Kießling in allen wiederhergestellten Ehren und unter klingendem Spiel mit einem Großen Zapfenstreich - welch Worte in dieser Affäre! - von seinem Verteidigungsminister Manfred Wörner verabschiedet werden, und die Augen werden tränen, wenn dann jener obligatorische Choral aus dem 18. Jahrhundert ertönt: „Ich bete an die Macht der Liebe." - Vielen Dank.
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Das Wort hat der Abgeordnete Ronneburger.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin bisher davon ausgegangen, daß es für jedes Mitglied dieses Hohen Hauses möglicherweise einen schmalen Grat geben kann zwischen der Rücksicht auf Menschenwürde, Takt und Anstand und dem, was man politisch zu erreichen hofft. Daß man sich von diesen Begriffen Menschenwürde, Anstand und Takt auch auf einer breiten Straße von dem Ausmaß einer vielspurigen Autobahn entfernen kann und mit dem gleichen
Tempo, dafür haben wir so eben, Herr Kollege Fischer, ein deutliches Beispiel erlebt.
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Meine Damen und Herren, wir befinden uns am Ende des Abschnitts einer Affäre, die über weite Strecken der öffentlichen Diskussion einen bedauerlichen Mangel an Würde offenbarte,
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menschliche Belastungen und Fehler herbeigeführt hat. Und ich füge hinzu, wir sind an einem Punkt, an dem wir feststellen müssen, daß es bisher nur Opfer gegeben hat und keine Sieger.
Betroffenheit mußte eine Reihe von Abläufen auslösen. Erstens: Apparate arbeiteten ohne klare Abgrenzungen oder nach Regeln, Herr Kollege Jahn, die - seit langen Jahren unverändert - einen einzelnen in den Zustand der Isolation und Bedrängnis versetzten. Und ich kann an dieser Stelle nur hinzufügen: das, was meine Fraktion seit langen Jahren verfolgt, eine klare Regelung der Amtshilfe, erweist sich nach diesem Vorgang als um so notwendiger.
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Zweitens: Die rechtlich gesicherten Entscheidungen beruhten auf Sicherheitsrichtlinien aus dem Jahre 1971 - Herr Kollege Brandt, darf ich daran erinnern -, die allerdings der Entwicklung des Rechts und des Rechtsempfindens nicht entsprachen.
Drittens: Eine Minderheit, die in den vergangenen Jahren aus Vorurteilen gelöst zu sein schien, geriet damit erneut in einen Zustand der Diffamierung. Der Vorgang wird daher auch Anlaß sein, darüber nachzudenken, wie wir endlich eine gesellschaftliche Akzeptanz von Minderheiten erreichen, die die Fiktion der Erpreßbarkeit für Angehörige einer solchen Minderheit auflöst.
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Der jetzige Zustand ist für liberales Rechts- und Selbstverständnis kaum erträglich.
Eines, meine sehr verehrten Damen und Herren, jedoch geschah erfreulicherweise nicht: die Stellung der Bundeswehr in unserer Gesellschaft und ihr Ansehen wurden trotz vieler Unkenrufe nicht tangiert.
Herr Kollege Ronneburger, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Penner?
Bitte sehr.
Herr Kollege Ronneburger, Sie haben gesagt, daß der Rechtszustand für die FDP unerträglich sei. Wenn ich mich recht erinnere, haben Sie nach einer Information, die Ihnen der Bundesverteidigungsminister mit den anderen - auch den anderen Obleuten - im Verteidigungsausschuß gegeben hat, gesagt, Sie würden nach Kenntnisnahme der Information die Entscheidung des Verteidigungsministers, sich von General Kießling zu lösen, billigen. Wie stehen Sie jetzt zu dieser
Ihrer Meinung, die Sie vor einem Fernsehpublikum von Millionen geäußert haben?
Ich habe, Herr Kollege Penner, vom Rechtssystem gesprochen, dies in einem ganz bestimmten Zusammenhang. Ich muß Sie in Antwort auf Ihre Frage daran erinnern, daß die Sicherheitsrichtlinien der Bundesregierung, die eine bestimmte Veranlagung als Sicherheitsrisiko darstellen und bereits den Verdacht einer solchen als ausreichend zum Handeln bezeichnen, 1971 beschlossen worden sind, also auch unter Ihrer Mitwirkung. Und genau dies wird man ja wohl ändern müssen.
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Gestatten Sie noch eine zweite Zwischenfrage?
Ich bitte um Entschuldigung, Herr Präsident. Meine Zeit ist auch begrenzt, Herr Kollege. Ich bin zu jeder Unterhaltung über diese Fragen gerne bereit. Wir werden dazu ja noch Gelegenheit genug haben.
Wenn ich gesagt habe, Stellung und Ansehen der Bundeswehr seien nicht tangiert worden, so gilt dafür vor allen Dingen Dank und Anerkennung den Angehörigen der Bundeswehr aller Dienstgrade, die zu keinem Zeitpunkt des gesamten Ablaufs den Primat der Politik, Herr Kollege Jahn, in diesem Zusammenhang in Frage gestellt haben. Auch dafür sollte der Dank im Rückblick auf historische Ereignisse ausdrücklich ausgesprochen werden.
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Dennoch aber gibt der Vorgang uns in der Regierung, im Parlament - und dies nicht nur im Untersuchungsausschuß - reichlich Anlaß zum gründlichen Nachdenken und zum entschiedenen Handeln. Wiederholen - da stimme ich Ihnen zu, Herr Kollege Rühe - darf sich dies alles nicht.
Es ist eine Art Agreement abgeschlossen worden mit einem Rest Unbehagen auf jeder Seite, aber auch mit dem unbefriedigt gelassenen Bedürfnis unbeteiligter Dritter nach vermeintlich glatten Lösungen. General Kießling ist zwar wieder im Amt, rehabilitiert, und dennoch, die zähen Kletten des Gerüchts sind nicht ganz beseitigt. Es muß an diesem Tage fraglich bleiben, ob eine Nachbesserung in dieser Richtung möglich sein wird.
Manfred Wörner ist im Amt des Verteidigungsministers und wird darin bleiben, doch die Bewältigung der Affäre hat Spuren hinterlassen, vor allem deswegen, weil sein Handeln - und ich füge hinzu, auch das fehlerhafte - motiviert war von dem guten Willen, Schaden von denen fernzuhalten, für die er Verantwortung trägt. Es wird die Aufgabe des Bundesministers der Verteidigung sein, Vertrauen in der Bundeswehr und in der Öffentlichkeit zu bewahren oder zurückzugewinnen. Das kann er tun als einer, der in einer unbestreitbar schwierigen Situation gehandelt hat, sich möglicher Fehler und
Irrtümer bewußt war und diese auch heute nicht verschweigt.
Ich will diesen Vorgang nicht mit der klassischen Konstellation der antiken Tragödie vergleichen, obwohl es, abgesehen vom Ausgang, frapierende Ähnlichkeiten gibt.
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Ich möchte, Herr Kollege Horn, in diesem Zusammenhang nur einen Gedanken aufgreifen, den Helmut Schmidt - zwar aus anderem Anlaß - geäußert hat, um einen Anstoß zum Nachdenken zu geben. Helmut Schmidt sagte in einer Rede am 23. Juni 1977 - ich zitiere -:
Eine wichtige These, die Professor Hirschmann nicht aus seinem eigenen Kopf schöpft, sondern aus dem gesicherten Bestande der Moraltheologie seiner Kirche, enthielt den Hinweis auf die Lehre vom irrenden Gewissen, das den gleichen Respekt und die gleiche Unverletzlichkeit als Gewissen beanspruchen darf wie das Gewissen desjenigen, dessen Entscheidung Sie für richtig halten.
Mit „Sie" meinte Schmidt damals diejenigen, die als einzig richtige Entscheidung die für den Wehrdienst ansahen; aber meine Adressaten für diese Bemerkung sind heute diejenigen, die in der vermeintlichen Gunst der Stunde Gelegenheit genommen haben, das eine Opfer zu benutzen, ein anderes vorzuführen.
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Die Freien Demokraten haben sich an dieser Form der öffentlichen Diskussion nicht beteiligt.
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Im Gegenteil, wir haben immer wieder appelliert, Herr Kollege Ehmke, keinen größeren Schaden anzurichten,
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als wir gemeinsam wiedergutzumachen in der Lage sind. Dieser Appell ist vielerorts nicht gehört worden; politische Gründe und Zielrichtungen wogen wohl schwerer. Das eklatante Beispiel, das wir heute in der Rede des Kollegen Fischer gehört haben, kann dabei außer Ansatz bleiben.
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Für die FDP-Fraktion habe ich hier an dieser Stelle in der Aktuellen Stunde am 20. Januar 1984, soweit es die Redezeit zuließ, unsere Haltung, unsere Betroffenheit über die Entwicklung der Angelegenheit, über die wir sprechen, formuliert. Beim Nachlesen des Protokolls, Herr Kollege Ehmke, bin ich auf einen Zwischenruf von Ihnen gestoßen, den ich damals von hier nicht gehört habe. Auf meine Ausführungen über die Sicherheitsrichtlinien haben Sie einen Zwischenruf zum „Rechtsverständnis von Liberalen" gemacht. Hätte ich es damals geRonneburger
hört, hätte ich mich damals veranlaßt gesehen, auf eine solche Äußerung eines deutschen Rechtsprofessors einzugehen. Denn mich würde schon interessieren, Herr Kollege Ehmke, wie das Rechtsverständnis eines Dr. jur. und Lehrers für öffentliches Recht und ehemaligen Regierungsmitglieds einerseits die strikte Einhaltung von Richtlinien bewertet, an deren Erstellung er selbst beteiligt war, und andererseits das Verhalten seiner eigenen Fraktion, die einem Verteidigungsminister die Entscheidung auf Grund eben dieser Richtlinien zum Vorwurf macht.
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- Auf eine Erläuterung dieses Rechtsverständnisses bin ich allerdings neugierig und lasse deswegen
- ich bitte um Entschuldigung, Herr Präsident - Ihre Zwischenfrage gern zu.
Herr Abgeordneter Ehmke, bitte.
Schönen Dank. - Herr Kollege Ronneburger, selbst dem Nicht-Juristen ist bekannt, daß ein Unterschied zwischen der Frage besteht, ob man eine Richtlinie billigt oder ob man die Tatsachen sorgfältig untersucht, auf Grund deren die Richtlinie angewandt werden kann.
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Nehmen Sie bitte zur Kenntnis - ({1})
Würden Sie bitte zur Kenntnis nehmen, daß diese Richtlinie hier auf einer völlig unzulänglichen, ja teilweise gefälschten, sogenannten Tatsachenbasis angewandt worden ist?
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Herr Kollege Ehmke, es tut mir leid, aber mit Ihrer Zwischenfrage lenken Sie von dem ab, was Inhalt Ihres Zwischenrufs war.
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Sie haben damals keinen Zwischenruf zu der Frage gemacht, ob die Unterlagen zutreffend, ausreichend oder was auch immer gewesen sind. Sie haben einen Zwischenruf zum Rechtsverständnis der Liberalen gemacht, und dieses Rechtsverständnis gründet sich allerdings auf das, was in unserem Staat geltendes und anzuwendendes Recht ist,
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und man muß auch dem Bundesverteidigungsminister unterstellen, daß er dazu verpflichtet ist.
Lassen Sie noch eine Zwischenfrage zu?
Herr Ehmke, ich bitte um Entschuldigung. Wir sollten nachher darüber sprechen, denn meine Zeit geht zu Ende.
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- Bitte!
Eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Ehmke.
Herr Kollege Ronneburger, könnten wir uns darauf verständigen, daß zur liberalen Rechtsanwendung nicht nur die Anwendung des richtigen Rechts gehört, sondern auch die Anwendung auf Grund von wirklich festgestellten Tatsachen und nicht auf Grund von Verdächtigungen und Vermutungen?
Zum liberalen Rechtsverständnis gehört vor allen Dingen, Herr Kollege Ehmke - und daran sollten Sie in Ihrer Fraktion denken -, eine Weiterentwicklung des geltenden Rechts im Sinne dessen, was unserem Staat, seinen Bürgern und unserer inneren Überzeugung gerecht wird. Darüber hätten Sie in der Zeit der sozialliberalen Koalition vielleicht etwas intensiver nachdenken sollen, als es geschehen ist.
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Meine Damen und Herren, zu Beginn meiner Ausführungen habe ich davon gesprochen, daß wir am Ende eines Abschnitts in dieser Affäre stehen, der mit der Entscheidung des Bundeskanzlers beendet wurde. Ich muß hier doch noch einmal sagen: mit einer Entscheidung, die nicht den Weg des geringsten Widerstands ging. Auch diejenigen, die diese Entscheidung kritisieren, können ja wohl nicht bestreiten, daß sie keineswegs eine bequeme Lösung war und daß sie jedenfalls die Möglichkeit gibt, nach vorn zu gehen.
Aber diese Entscheidung beendet nur einen ersten Abschnitt, nur eine Dimension der Angelegenheit. Wir alle sind Zeuge eines Falles geworden, der noch weitere Dimensionen aufzeigt, deren Behandlung keineswegs abgeschlossen ist. Wir sind Zeuge der fatalen Auswirkungen dessen geworden, was wir „Gerücht" nennen. Ist es nicht so, daß sich jeder von uns eigentlich nur vor dem Augenblick fürchten kann, da er selbst Gegenstand eines Gerüchts werden könnte?
Das sollte nicht nur hier im Hause Anlaß sein, darüber nachzudenken, wie man mit sogenannten Erkenntnissen umgeht; denn die in diesem Vorgang für den General Dr. Kießling besonders schwer zu ertragenden Informationen - richtiger gesagt: Indiskretionen oder Vermutungen - kamen ja keineswegs nur aus nicht identifizierbaren Quellen. Sie wurden gegen den Bundesminister der Verteidigung auch dann verwandt, wenn sie keineswegs dem berechtigten Interesse des Betroffenen dienten.
Die leidige Angelegenheit, mit der wir uns beschäftigen, hat aber noch mehr offene Fragen hinterlassen, Fragen, die in kürzerer Zeit beantwortet werden müssen. Es ist zu klären, wie die Fehler, die gemacht wurden, entstehen konnten und wie sie in Zukunft zu vermeiden sind. Wir haben ein Interesse an der lückenlosen Aufklärung dieser Vorgänge und werden daran nach besten Kräften mitwirken. Es gibt einen Untersuchungsausschuß, in dem die notwendige Aufklärung erfolgen kann. Ich hoffe
nur - und sage dies ganz betont -, daß das in Zukunft so erfolgt, daß es ohne neuerliche unwürdige Indiskretionen geschieht und ohne daß die Rehabilitierung eines Menschen nachträglich durch öffentliche Erörterungen in Frage gestellt wird.
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Sachlich geeigneter und ohne diese aufgezeigte Gefahr wäre die Parlamentarische Kontrollkommission. Es läge im übrigen aber nach meiner Überzeugung im Interesse des Parlaments, diese Aufklärung eben auch, wenn die Minderheit von ihrem selbstverständlichen Recht Gebrauch macht, vom Untersuchungsausschuß vornehmen zu lassen.
Lassen Sie mich abschließend einige wenige Worte zu einem anderen Komplex sagen. Es hat in den letzten Wochen auch Mitglieder dieses Hauses gegeben, die meinten, die Presse und andere Medien schelten zu müssen wegen ihrer - manchmal auch reißerisch aufgemachten - Berichterstattung. Ich habe mich daran nicht beteiligt und werde mich auch heute daran nicht beteiligen. Die Notwendigkeit der Mitwirkung einer freien Presse in diesem Lande ist, abgesehen von einigen nun wirklich sehr bedauerlichen Entgleisungen, gerade auch in diesem Fall deutlich geworden. Mit staatlicher Einheitspresse gäbe es keine Skandale.
Ich habe in diesem Zusammenhang mit Interesse das Essay von Professor Karl Otto Hondrich im „Spiegel" dieser Woche gelesen, der dort schreibt:
Es ist die Funktion von Skandalen, daß sie, über unser unstillbares Interesse an persönlichen Schicksalen, zur Reflexion und Reformierung von Handlungsrichtlinien hinführen. Sie beschleunigen auch das Ausstanzen von Normen aus der Grauzone des Ungeregelten.
In der Hoffnung und in der Zuversicht, daß seine Einschätzung zutrifft, werden wir uns dem mit der gebotenen Sorgfalt widmen und im übrigen im Verteidigungsausschuß des Bundestages - in Zusammenarbeit mit Ihnen, Herr Wörner - auch den Aufgaben nachgehen, die neben dieser Affäre dringend der Lösung bedürfen.
Ich danke Ihnen.
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Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir zu diesem Tagesordnungspunkt nicht vor.
Ich unterbreche die Sitzung bis zum Beginn der Fragestunde um 13 Uhr.
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Die Sitzung ist wieder eröffnet.
Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf: Fragestunde
- Drucksache 10/957 Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. von Geldern zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 1 des Abgeordneten Catenhusen auf:
Erkennt die Bundesregierung an, daß pflanzliche genetische Ressourcen Bestandteil des gemeinsamen Erbes der Menschheit sind, und unterstützt sie deshalb die 1981 von der FAO gefaßte Entschließung, die eine verbindliche Konvention über den Austausch von pflanzlichen genetischen Ressourcen und die Schaffung eines Systems international kontrollierter Genbanken fordert?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Herr Kollege Catenhusen, die Bundesregierung hat die Gefahren des Verlustes genetischer Ressourcen bereits zu einem frühen Zeitpunkt erkannt und deshalb schon 1970 im Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft eine Genbank eingerichtet. Derzeit sind in dem genannten Institut ca. 45 000 Samenmuster eingelagert. Im Rahmen der verfügbaren Mengen werden Teile der eingelagerten Muster ohne Einschränkung an andere Genbanken, Forschungseinrichtungen oder Pflanzenzüchter abgegeben, soweit diese ihrerseits bereit sind, andere Muster, Evaluierungsergebnisse oder Teile des aus dem überlassenen Musterteil vermehrten Saatgutes unserer Genbank zur Verfügung zu stellen.
Seit 1975 fördert die Bundesregierung die Arbeiten des International Board for Plant Genetic Resources, einer Institution, die bereits ein auf Koordination und internationale Zusammenarbeit gestütztes weltweites Verbundsystem von Genbanken aufgebaut hat. Im Rahmen der Entwicklungshilfe fördert die Bundesregierung außerdem Genbankprojekte in Äthiopien, Costa Rica und neuerdings in Kenia.
Entsprechend diesen vielfältigen nationalen Maßnahmen hat die Bundesregierung auch die in Ihrer Frage angesprochene Entschließung der 21. FAO-Konferenz mitgetragen; in den anschließenden Beratungen der FAO zur Umsetzung dieser Entschließung in die Praxis hat sich die Bundesregierung vordringlich für eine Verbesserung der bestehenden internationalen Zusammenarbeit eingesetzt.
Zusatzfrage. Bitte.
Herr Staatssekretär, sieht es die Bundesregierung auch als ihre Aufgabe an, sich an der internationalen Unterstützung für die Schaffung von Schutzzonen in Gebieten zu beteiligen, in denen ein besonders artenreiches genetisches Pflanzenmaterial in der Dritten Welt vorhanden ist, das vor allem aus bisher ungenutzten Arten oder aus Wildarten kultivierter Nutzpflanzen besteht?
Soweit dies im Rahmen der genannten internationalen Zusammenarbeit als ein gemeinsames Ziel anerkannt ist, werden wir uns sicher auch daran beteiligen.
Weitere Zusatzfrage.
Teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß im Nord-Süd-Verhältnis nicht nur bei der Nutzung der Rohstoffe der Länder der Dritten Welt durch die Industriestaaten, sondern auch bei der Ausnutzung pflanzlichen Erbguts, des genetischen Reichtums der Dritten Welt, durch Industriestaaten ungerechte Terms of trade bestehen, und welche Initiativen wird die Bundesregierung ergreifen, um diese Terms of trade in der Nutzung pflanzlichen Erbguts zu ändern?
Herr Kollege, ich habe auf die als erfreulich zu bezeichnende internationale Zusammenarbeit, die wir in vollem Umfang praktizieren, hingewiesen und kann mir deshalb Ihre Bewertung und die daraus abgeleiteten Handlungsnotwendigkeiten nicht zu eigen machen.
Keine weitere Zusatzfrage.
Die Frage 2 des Herrn Abgeordneten Müller ({0}) soll auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet werden. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Damit ist dieser Geschäftsbereich bereits abgeschlossen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen auf. Zur Beantwortung der Fragen steht uns Herr Staatssekretär Rehlinger zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 3 des Herrn Abgeordneten Dr. Hupka auf:
Welche Filme über Ostdeutschland und die Vertreibung der Deutschen aus ihrer Heimat werden vom Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen über das Gesamtdeutsche Institut zum Abruf angeboten?
Herr Abgeordneter Dr. Hupka, das dem Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen nachgeordnete Gesamtdeutsche Institut - Bundesanstalt für gesamtdeutsche Aufgaben - bietet in seinem Filmkatalog zu den in der Frage angesprochenen Themenbereichen zur Zeit über die Landesfilmdienste, Landesbildstellen und die Landeszentralen für politische Bildung folgende Filme an: erstens „Europäische Tragödie", ein Dokumentarfilm von 40 Minuten Länge; zweitens „Reise in die Erinnerung", ein Dokumentarfilm von 38 Minuten Länge; drittens „Bumerang", ein Spielfilm von 83 Minuten Länge.
Der Filmkatalog des Gesamtdeutschen Instituts umfaßt Filme, die vom Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen für den umfassenden Einsatz in der Informations- und Bildungsarbeit in der Deutschlandpolitik in besonderer Weise empfohlen werden.
Auf Einzelfragen stehen dazu im Filmarchiv des Gesamtdeutschen Instituts etwa weitere 50 Titel zu dem Thema zur Verfügung. In der Mehrzahl handelt es sich hierbei um Städte- und Landschaftsporträts aus den Vertreibungsgebieten.
Das Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen wird auch künftig geeignete Filme zu der angesprochenen Thematik in sein Angebot für die Bildungs- und Informationsarbeit in der Deutschlandpolitik aufnehmen.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, wie eng ist die Zusammenarbeit zwischen Ihnen und dem Gesamtdeutschen Institut einerseits, mit der ARD andererseits? Ich nenne hier in diesem Zusammenhang den Film „Flucht und Vertreibung", der vor drei Jahren vom Bayerischen Fernsehen ausgestrahlt worden ist. Besteht die Möglichkeit, Filme dieser Art zu erwerben, zumal die Titel, die Sie genannt haben, schon etwas älteren Datums sind?
Die Beziehungen zwischen dem Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen und dem Gesamtdeutschen Institut ergeben sich aus der Rechtsstellung dieses Instituts. Das Gesamtdeutsche Institut ist eine nachgeordnete, weisungsgebundene Behörde des Bundesministeriums für innerdeutsche Beziehungen.
Wir bemühen uns, das vorhandene Angebot zu aktualisieren. Ich darf Ihnen mitteilen, daß wir zur Zeit mit dem ZDF in Verhandlungen stehen, eine zweiteilige Fernsehdokumentation über die Integration und das Schaffen der Vertriebenen zu verwirklichen. Es ist beabsichtigt, diese Produktion zu fördern und sie dann für nichtgewerbliche Zwecke anzukaufen.
Weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ich greife meine erste Zusatzfrage noch einmal auf und frage: Besteht die Möglichkeit - ganz konkret -, den Film „Flucht und Vertreibung" in Ihr Programm mit aufzunehmen, und besteht, da Sie neuere Produktionen angesprochen haben, die Sie anvisieren, vielleicht auch einmal die Möglichkeit, einen Film über Kreisau zu drehen, das bekanntlich in Schlesien liegt? Aktueller Anlaß dazu könnte die 40. Wiederkehr des 20. Juli sein.
Grundsätzlich möchte ich Ihre Frage bejahen. Mehr kann ich allerdings dazu jetzt nicht sagen, weil man erst in der Lage sein muß, den dafür erforderlichen finanziellen Aufwand zu übersehen.
Weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Sauer.
Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß das bisher spärliche Angebot des Gesamtdeutschen Instituts in diesem Bereich - andere Filme sind herausgenommen worden - für Schulen, Verbände und die in der politischen Bildungsarbeit stehenden Organisationen deshalb unattraktiv ist, weil diese Filme erstens überaltert und zweitens größtenteils noch in Schwarzweiß gedreht worden sind?
Die von mir genannten Filme stammen aus folgenden Jahren: „Europäische Tragödie" aus dem Jahre 1965, „Reise in die Erinnerung" aus dem Jahre 1971, „Bumerang" aus dem Jahre 1966. Ich habe in Beantwortung der Zusatzfrage schon gesagt, daß wir dabei sind, das Angebot durch Neuankauf, durch Unterstützung anderer Produktionen, speziell auch im Hinblick auf das von Herrn Dr. Hupka angesprochene Thema, zu erweitern.
Weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Professor Jannsen.
Herr Staatssekretär, sind Sie in der Lage, uns mitzuteilen, worauf sich die Bundesregierung stützt, wenn sie davon spricht, daß es sich um geeignete Filme handelt, welche Kriterien liegen der „Eignung" zugrunde?
Die Eignung ist dann gegeben, wenn diese Filme in der Sachdarstellung objektiv sind und in der deutschlandpolitischen Bildungsarbeit als sachliches Unterrichtsmaterial bzw. als Hilfe und Ergänzung für die Referenten in diesem Bereich eingesetzt werden können.
Weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Krizsan.
Herr Staatssekretär, halten Sie es für eine objektive Sachdarstellung, wenn in der Ausgangsfrage des Abgeordneten Hupka von „Ostdeutschland" gesprochen wird?
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Ja.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Dann rufe ich den Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung auf. Zur Beantwortung der Fragen steht uns Herr Parlamentarischer Staatssekretär Würzbach zur Verfügung.
Die Frage 6 der Frau Abgeordneten Dr. Vollmer wird nach den Richtlinien für die Fragestunde jetzt nicht behandelt.
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- Weil sie heute schon in der Debatte behandelt worden ist. Sie wird schriftlich beantwortet. Die schriftliche Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 4 des Herrn Abgeordneten Würtz auf:
Teilt der Bundesminister der Verteidigung, Dr. Wörner, die pauschale Kritik des Regierungssprechers Boenisch am Militärischen Abschirmdienst und dem Verteidigungsministerium?
Herr Präsident! Herr Kollege Würtz, der Bundesminister der Verteidigung wendet sich gegen jede Art pauschaler Kritik. Sie ist weder gerechtfertigt noch der Sache nützlich. An diesen Grundsatz hält sich auch der Regierungssprecher, Herr Staatssekretär Peter Boenisch. Der Bundesminister der Verteidigung hält es jedoch für zweckmäßig und notwendig, zu prüfen, ob die bestehenden Grundlagen und Verfahren für die Erfüllung der dem MAD übertragenen Aufgaben noch den tatsächlichen Erfordernissen entsprechen. Hierzu wurde, wie Sie bereits informiert sind, eine unabhängige Kommission unter Vorsitz des früheren Ministers Hermann Höcherl gebildet, die ihre Arbeit in Kürze aufnehmen wird. Bis spätestens zum Jahresende - wir hoffen jedoch: erheblich früher - ist der Abschluß dieser Überprüfung mit einem umfassenden Bericht zu erwarten. Aus diesem Bericht werden die erforderlichen Schlußfolgerungen gezogen.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, darf ich dann Ihre Antwort so verstehen, daß Sie den Artikel, der hier in meiner Hand ist, erschienen am 22. Januar 1984 in der Bild-Zeitung - mit einer pauschalen Kritik -, zurückweisen?
Herr Kollege Würtz, in dem Artikel vom 22. Januar in „Bild am Sonntag" steht in Anführungsstrichen, als wörtliches Zitat kenntlich gemacht: „Bei einem Dienst, der ..." - dann kommt eine Passage, in der auf Schwierigkeiten hingewiesen wird - „kann nicht alles in Ordnung sein!" Leider haben wir alle miteinander, egal, auf welcher Seite wir hier sitzen, feststellen müssen, daß dies an einigen Stellen - Peter Boenisch sagt: „nicht alles" - leider der Fall ist.
Noch eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, es heißt dann weiter: „Die Bürokratie der Hardthöhe hat so tüchtigen und herausragenden Politikern wie Strauß, Leber, Apel und nun auch Wörner Schwierigkeiten gemacht. Das kann nicht nur an den Ministern liegen." Würden Sie das nicht als eine pauschale Kritik der Bürokratie auf der Hardthöhe ansehen?
Herr Kollege Würtz, nein. Sie haben die Passage so zitiert, wie sie auch mir vorliegt. Hier steht „nicht nur". Die Schwachstellen in der Organisation und vielleicht hier und da auch in der Funktion und mancher Person gilt es herauszufinden. Die können nicht geleugnet werden. Ich habe eine Fülle von Zitaten, Herr Kollege Würtz, wo gerade der Staatssekretär Peter Boenisch - z. B. in der Pressekonferenz am 23. Januar -, genau gefragt von Journalisten, deutlich formuliert, daß es ungerechtfertigt, daß es voreilig, daß es unzutreffend, daß es nicht hilfreich wäre, wenn hier vorverurteilt und pauschale Kritik geübt würde. Dies war nicht die Absicht des Staatssekretärs.
Weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordnete Hoffmann ({0}).
Herr Staatssekretär, da ich jetzt überhaupt nicht mehr verstehe, was
Sie für Antworten geben, möchte ich doch noch einmal auf den Kern der Frage zurückkommen und Sie fragen: Wie interpretieren Sie die Aussage von Herrn Boenisch in dieser Richtung? Hat die dann gar nichts mehr zu sagen?
Herr Kollege, ich habe hier nichts zu interpretieren. Ich habe sehr klar auch das vom Kollegen Würtz angezogene Zitat beantwortet. Hier sind auf Fehlverhalten in bestimmten Einzelfunktionen Hinweise gegeben worden vorbehaltlich einer gründlichen Untersuchung, die inzwischen eingeleitet ist.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Penner.
Herr Kollege Würzbach, trifft es zu, daß der jetzige Leiter des MAD, General Behrendt, von Bundesminister Wörner berufen worden ist, und legt eine solche Berufung nicht ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen dem Berufenden und dem Berufenen nahe?
Die Berufung eines jeden Offiziers wie Beamten in Dienstgradbereiche, besonders in dieser Art als General, egal, in welche Funktion, verlangt ein besonderes Zutrauen und Vertrauen. Ich bin nicht gewillt, Kollege Penner, in Einzelerörterungen bezüglich bestimmter Personen in bestimmten Funktionen hier einzutreten.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jungmann, bitte.
Herr Staatssekretär, bestätigen Sie denn, wenn Sie nicht interpretieren und bewerten wollen, daß Herr Behrendt von Minister Wörner berufen worden ist?
Jeder General und Admiral wird von dem zuständigen Minister, in diesem Fall dem Verteidigungsminister berufen. Noch einmal darauf hinweisend, daß ich nicht gewillt bin - die Frage gibt dazu auch nicht den Aufhänger -, hier in einzelne Personalentscheidungen einzutreten, möchte ich sagen, daß das, wonach Sie fragen, für alle Chefs des MAD gilt. Ich könnte Ihnen gerne die Reihe der Namen nennen und daran interessante Überlegungen anknüpfen. Hier gibt es die berufene Kommission, hier gibt es den tagenden Ausschuß, den zuständigen Verteidigungsausschuß, der das in Ruhe, gründlich und umfassend erörtern kann.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jansen.
Um es zu konkretisieren, Herr Staatssekretär Würzbach: Ist Herr Behrendt während der Amtszeit von Minister Wörner berufen worden?
So wie der Kollege Penner das schon bei der Frage, die er gestellt hat, wußte, ist das natürlich der Fall.
Keine weiteren Zusatzfragen. - Ich rufe die Frage 5 der Frau Abgeordneten Reetz auf:
Werden von der Bundesregierung Zeitschriften - insbesondere der Verlagsgruppe Mönch - gefördert, die in englischer und spanischer Sprache für Waffen und Rüstungsmaterialien aus bundesdeutscher Produktion werben, und wie beurteilt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang exportorientierte Fachmessen wie die Kriegselektronik-Ausstellung MEDE bzw. IDEE, die als EWSEC in Brüssel 1983 stattfand?
Von der Bundesregierung werden die in der Fragestellung genannten Zeitschriften der Verlagsgruppe Mönch nicht gefördert.
Die von Ihnen genannte Ausstellung von militärischem elektronischem Gerät wird von einer privaten Firma durchgeführt, die derartige Veranstaltungen kommerziell betreibt. Es ist damit zu rechnen, daß sich unter den Besuchern auch Angehörige von Ostblockstaaten befinden, die durch eigene Fachkenntnisse durchaus in der Lage sind, sich einen Überblick über die neueste Entwicklung auf dem Gebiet der Verteidigungselektronik zu verschaffen.
Das Verteidigungsministerium verhält sich allen Ausstellungen dieser Art gegenüber stets mit äußerster Zurückhaltung. Deutschen Firmen, die sich in der Vergangenheit an solchen Veranstaltungen beteiligen wollten, ist aufgegeben worden, streng darauf zu achten, daß in den Ausstellungsstücken und Vorträgen keinerlei sicherheitsrelevante Erkenntnisse enthalten sein dürfen, die im Rahmen von Bundeswehraufträgen gewonnen wurden.
In diesem Zusammenhang wurde bereits eine Frage Ihres Kollegen Schwenninger vom 11. Mai 1983 dahin gehend beantwortet, daß die Bundesregierung keinerlei finanzielle Zuschüsse oder Beihilfen deutschen Firmen zugesagt hatte, die sich an der Ausstellung in Brüssel im September 1983 beteiligt hatten.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Gilt der erste Teil Ihrer Antwort auch für andere Verlagsgruppen, d. h, nicht nur für die Gruppe Mönch, die ich genannt habe, oder auch für andere Anzeigen z. B. der Firmen Messerschmidt-Blohm-Bölkow, Diehl und weiterer?
Wir fördern keinerlei Zeitschriften dieser Art. Es gibt hier auch keine - und seien sie noch so gering - Unterschiede zwischen der Praxis der Regierung vorher und unserer.
Keine weiteren Zusatzfragen. - Damit ist der Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung abgeschlossen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit auf. Hier sollen alle Fragen auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet werden, also die Fragen 7 des Abgeordneten Schreiner, 8 des Abgeordneten Dr. Schmude, 9 des Abgeordneten Müller ({0}), 10 der Abgeordneten Frau Schoppe und 11 des
Vizepräsident Stücklen
Abgeordneten Dr. Hoffacker. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr auf. Zur Beantwortung der Fragen steht uns der Herr Parlamentarische Staatssekretär Dr. Schulte zur Verfügung.
Die Fragen 12 und 13 des Abgeordneten Ganz ({1}), 14 und 15 des Abgeordneten Dr. Mertens ({2}), 16 und 17 des Abgeordneten Löffler sowie 18 und 19 des Abgeordneten Dr. Bugl sollen auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 20 des Herr Abgeordneten Dr. Göhner auf:
Sieht die Bundesregierung noch eine Möglichkeit, entsprechend einer früheren Zusage der Autoindustrie diese zu veranlassen, freiwillig die Abgasschadstoffwerte der Autotypen ebenso wie den Kraftstoffverbrauch offenzulegen, und ist die Bundesregierung entgegen ihrer bisherigen Auffassung bereit, anderenfalls eine gesetzliche Verpflichtung der Autohersteller zur Veröffentlichung der Abgasschadstoffwerte zu schaffen, zumal auch nach dem 1. Januar 1986 die im Verkehr befindlichen alten Personenkraftwagen-Typen höchst unterschiedliche Abgasschadstoffwerte aufweisen werden?
Herr Kollege, ich beziehe mich auf Ihre am 24. November 1983 beantwortete Frage 55, die denselben Sachverhalt betraf, und beantworte Ihre heutige Frage mit Nein.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, sehen Sie nicht die Notwendigkeit einer Information der Verbraucher und Nachfrager nach Pkw über die Abgaswerte von Autos hinsichtlich der Tatsache, daß zum einen auch nach Einführung des bleifreien Benzins die mit Katalysator ausgerüsteten Pkw nach wie vor unterschiedliche Abgaswerte aufweisen werden und zum zweiten die älteren Pkw, die also noch nicht mit Katalysatoren ausgerüstet sein werden, dann nach wie vor höchst unterschiedliche Abgaswerte haben werden?
Herr Kollege, es geht einmal um die rechtliche Frage, ob die Fahrzeughersteller, die eine Betriebserlaubnis haben, dazu verpflichtet werden können, die Schadstoffwerte zu veröffentlichen. Zweitens muß ich sagen, daß wir die sehr strengen amerikanischen Schadstoffgrenzwerte übernehmen, daß sich also für neue Fahrzeuge dieses Problem nicht stellt. Dann haben Sie die im Verkehr befindlichen Fahrzeuge angesprochen. Wir beraten zur Zeit darüber, ob und wie oft eine Kontrolle durchgeführt werden soll.
Weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, da Sie den ersten Teil meiner Frage nicht beantwortet haben, darf ich noch einmal fragen, ob nicht hinsichtlich der Tatsache, daß die mit Katalysatoren ausgerüsteten Pkw nach wie vor höchst unterschiedliche Abgaswerte haben werden, eine Information der Verbraucher sinnvoll ist, und würden
Sie es nicht auch im Hinblick auf Lärmemissionen für ein umweltpolitisches Gebot der Stunde halten, die Autoindustrie zu derartigen freiwilligen Informationen zu veranlassen?
Herr Kollege, ich gehe davon aus, daß eine Kontrolle der im Verkehr befindlichen Fahrzeuge wirkungsvoll sein wird. Ich glaube nicht, daß es viel bringen würde, würden im nachhinein Werte von Neuwagen veröffentlicht, die nachher, wegen des Gebrauchs des Fahrzeuges, nicht mehr stimmten.
Was den Lärm angeht: Das war in Ihrer Frage nicht enthalten. Ich müßte dieser Frage nachgehen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ehmke ({0}), bitte sehr.
Herr Staatssekretär, nachdem Sie eben die amerikanischen Abgastests für den Fall, daß Katalysatoren in Neuwagen eingebaut werden, genannt hatten: Ist Ihnen bekannt, daß für amerikanische Autobahnen eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf etwa 88 km/h besteht, daß die amerikanischen Tests deshalb nur für solche Geschwindigkeiten ausgelegt sind und daß es für die Bundesrepublik Deutschland erforderlich wäre, neue Testzyklen festzulegen, die auch höhere Geschwindigkeiten in die Prüfung einbeziehen?
Es gab darüber eine Reihe von Diskussionen. Aber auf Grund einer gründlichen Untersuchung ist die Festlegung so erfolgt, wie ich es gerade genannt habe.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 21 des Herrn Abgeordneten Kuhlwein auf:
Trifft es zu, daß der Vorstand der Deutschen Bundesbahn beschlossen hat, in diesem Jahr nur 1 705 Auszubildende einzustellen und 2 300 Ausbildungsplätze ungenutzt zu lassen, und ist die Bundesregierung bereit, diese Plätze - etwa im Rahmen eines Sonderprogramms - zu finanzieren und damit das Angebot an Ausbildungsplätzen in den bundeseigenen Unternehmen wenigstens stabil zu halten?
Die Bundesregierung prüft die Möglichkeiten, auch für 1984 bei der Deutschen Bundesbahn für den Eigenbedarf nicht benötigte Ausbildungsplätze für Ausbildungen nach dem Berufsbildungsgesetz zur Verfügung zu stellen. Die Überlegungen über die Besetzung der von der Deutschen Bundesbahn für den Eigenbedarf nicht benötigten Ausbildungsplätze sind jedoch noch nicht abgeschlossen. Die Bundesregierung geht davon aus, daß auch im Jahre 1984 eine Regelung getroffen werden wird, die den Belangen der Deutschen Bundesbahn und den bildungs- und arbeitsmarktpolitischen Zielsetzungen der Bundesregierung gleichermaßen gerecht wird.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, darf man Ihre Ankündigung so verstehen, daß die BundesreKuhlwein
gierung mit dem ernst machen will, was im Entwurf des Berufsbildungsberichts für 1984 steht, nämlich daß der Bund in dem Bereich, wo er über Ausbildungsplätze verfügt, auf jeden Fall mit gutem Beispiel vorangehen und auch über den eigenen Bedarf hinaus ausbilden wird?
So ist es, Herr Kollege.
Weitere Zusatzfrage.
Wann, Herr Staatssekretär, wird die von Ihnen angekündigte Prüfung abgeschlossen sein, damit diejenigen, die einen Ausbildungsplatz suchen, auch eine Chance bekommen, sich um einen solchen Ausbildungsplatz bei der Deutschen Bundesbahn zu bewerben?
Noch in diesem Monat finden weitere Gespräche zwischen den beteiligten Ressorts statt. Der Bundesminister für Verkehr wird diese Gespräche in dem von Ihnen angesprochenen Sinn fördern. Ob allerdings bereits in der nächsten Gesprächsrunde ein Ergebnis erzielt werden kann, vermag ich heute noch nicht zu sagen.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hoffmann ({0}).
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, sofort nach Abschluß dieser Gespräche uns nicht nur das globale Ergebnis, sondern auch eine Aufschlüsselung der Zahlen nach Regionen mitzuteilen?
Soweit dies nach diesen Gesprächen bereits möglich ist, gerne, Herr Kollege. Nur erwarte ich, daß zunächst einmal die globalen Zahlen und die Finanzierung festgelegt werden. Dann muß mit der Deutschen Bundesbahn darüber gesprochen werden, wo diese Ausbildungsplätze tatsächlich gefördert werden. Ich bin gerne bereit, alle Informationen zu diesem Punkt sobald wie möglich zuzustellen.
Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Reetz.
Können Sie mir nicht erklären, ob es nicht möglich ist, den Interessen der Bundesregierung und der Deutschen Bundesbahn gleichermaßen gerecht zu werden? Denn die Bundesregierung ist ja daran interessiert, möglichst allen Jugendlichen einen Ausbildungsplatz zu verschaffen, während die Bundesbahn ja doch wohl nur diejenigen ausbilden will, die sie ausbildungsgerecht einstellen kann.
Es geht um die Frage der Finanzierung zusätzlicher Ausbildungsplätze. Deswegen muß mit anderen Ressorts darüber verhandelt werden. Der Bundesminister für Verkehr als ein Mitglied der Bundesregierung fördert die Ziele der Bundesregierung, möglichst viele Ausbildungsplätze zu schaffen. Ich gehe davon aus, daß
dies in den anderen Ressorts genauso stattfindet, so daß ich einem positiven Ergebnis entgegensehe.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe auf die Frage 22 des Herrn Abgeordneten Drabiniok:
Ist die Bundesregierung der Ansicht, daß die deutsche Bundesbahn ({0}) mit der Entlassung bzw. Nichtübernahme von 2 800 Auszubildenden, die im Laufe dieses Jahres ihre Ausbildung bei der DB abschließen, den Grundsätzen der Politik der Bundesrepublik Deutschland - vor allem der Sozialpolitik - Rechnung trägt?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.
Es ist richtig, daß die Deutsche Bundesbahn von 3500 Auszubildenden in Berufen nach dem Berufsbildungsgesetz mit Rücksicht auf ihren Personalbedarf nur 700 in ein Beschäftigungsverhältnis übernehmen kann. Daneben werden aber im Rahmen rechtlicher Verpflichtungen noch 700 Beamtenanwärter und 800 Junggehilfen nach Ausbildungsabschluß als Dienstkräfte übernommen. Insgesamt will die Deutsche Bundesbahn somit 2 200 Nachwuchskräfte - das sind 44 % von den insgesamt 5 000 Ausbildungsabschlüssen - in ein Beschäftigungsverhältnis übernehmen. Angesichts des bereits vorhandenen Personalmehrbestandes von zirka 15 000 Personen muß diese arbeitsmarktwirksame Übernahmequote als durchaus nennenswert bezeichnet werden. Kein Unternehmen kann allerdings auf Dauer Arbeitskräfte beschäftigen, für die es keine Arbeit hat.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, aus welchen Gründen wird denn die Bundesbahn diese Auszubildenden nicht übernehmen, wenn man bedenkt, daß langfristig der Bestand an erfahrenen Bahnarbeitern rückläufig sein wird, wir auch geburtenschwache Jahrgänge haben werden und so also hier ein Mangel an ausgebildeten Fachkräften entstehen wird?
Ich gehe davon aus, daß die Deutsche Bundesbahn in ihrer Personalplanung, für die sie zuständig ist, sehr genau den Altersaufbau und den Erfahrungsschatz der Mitarbeiter auch für die zukünftigen Planungen berücksichtigen wird. Nur habe ich in meiner ersten Antwort gesagt, daß wir im Augenblick bei der Deutschen Bundesbahn sehr viele Mitarbeiter haben, für die es keine Arbeit gibt. Sie wissen ja aus Ihrer Arbeit im Verkehrsausschuß ganz besonders, wie sich die finanzielle Situation der Deutschen Bundesbahn entwickelt hat.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, kann die Bundesregierung bestätigen, daß diese Gründe, die Sie eben für die Deutsche Bundesbahn angeführt haben, gleichfalls für Großunternehmen der Privatwirtschaft gelten, so daß die Nichtübernahme eine negative Signalwirkung für die gesamte Wirtschaft darstellt?
Ich kenne kein privates Unternehmen, das 32 Milliarden DM Schulden hat.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Kuhlwein.
Herr Staatssekretär, wäre es, da die Ausbildungskapazitäten bei der Bundesbahn offensichtlich größer als die für den eigenen Bedarf und für die eigene Personalplanung erforderlichen sind, nicht sinnvoll, wenn die Bundesbahn statt der Ausbildung in Laufbahnberufen stärker als bisher zur Ausbildung in Berufen nach dem Berufsbildungsgesetz überginge?
Ich glaube, daß die Deutsche Bundesbahn beides machen muß. Ich bin schon gefragt worden, wie es mit Ausbildungsplätzen nach dem Berufsbildungsgesetz aussieht. Wir haben die Zahlen der verfügbaren Plätze. Wir werden sicherlich ein Ergebnis anstreben, das so aussieht, daß alle Ausbildungsplätze - auch in dem Bereich, den Sie angesprochen haben - tatsächlich besetzt werden.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Pfeffermann.
Herr Staatssekretär, trifft es nicht zu, daß die Auszubildenden, die jetzt nicht übernommen werden können, weil keine Arbeitsplätze bei der Deutschen Bundesbahn zur Verfügung stehen, ausschließlich in Ausbildungsberufen nach dem Berufsbildungsgesetz ausgebildet worden sind und deswegen durchaus eine Chance haben, in anderen Berufen einen Einstieg zu finden?
Wir gehen davon aus, daß die Ausbildung bei der Deutschen Bundesbahn hervorragend ist und deswegen auch Chancen außerhalb dieses Unternehmens bestehen.
Eine weitere Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, gilt diese Antwort auch für die bei der Bundesbahn ausgebildeten Kaufleute im Eisenbahn- und Schienendienst, KiES?
Dies war eine Extralaufbahn, von der ich gerade nicht gesprochen habe. Diese Laufbahn ist nicht mehr für Neubewerber offen.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 23 des gleichen Abgeordneten auf.
Ist die Bundesregierung bereit, über den von der Deutschen Bundesbahn ({0}) im Eigenbedarf bereitgestellten 1 705 Ausbildungsplätzen hinaus im Rahmen eines Sonderprogramms auch in diesem Jahr durch die Finanzierung von rund 2 300 Ausbildungsplätzen mit dazu beizutragen, daß die volle Ausbildungskapazität bei der DB ausgeschöpft wird?
Die Bundesregierung prüft die Möglichkeiten, auch 1984 bei der Deutschen Bundesbahn für den Eigenbedarf nicht benötigte Ausbildungsplätze für Ausbildungen nach dem Berufsbildungsgesetz zur Verfügung zu stellen. Die Überlegungen - wir haben vorher in der Antwort auf die Zusatzfragen bereits darüber gesprochen - über die Besetzung der von der Bundesbahn für den Eigenbedarf nicht benötigten Ausbildungsplätze sind noch nicht abgeschlossen. Im übrigen darf ich auf die vorherige Frage und die Antwort verweisen.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, wieviel Arbeitsplätze würden bei der Deutschen Bundesbahn in diesem Jahr abgebaut, selbst wenn alle auslernenden Auszubildenden dieses Jahres übernommen würden?
Herr Kollege, so schnell kann ich nicht rechnen.
Die Frage ist akustisch nicht verstanden worden - oder?
({0})
Herr Präsident, ich habe gesagt, so schnell könne ich nicht rechnen.
Haben Sie noch eine Zusatzfrage? - Bitte.
Herr Staatssekretär, dann habe ich lediglich die Frage, ob Sie mir die Zahlen zugänglich machen können, wenn Sie es ausgerechnet haben.
Sehr gerne.
({0})
Weitere Zusatzf rage, bitte.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß die berechtigte Forderung, über den Bedarf hinaus auszubilden, konterkariert wird, wenn, wie in der vorherigen Frage beklagt worden ist, die über den Bedarf hinaus Ausgebildeten nicht sofort und automatisch übernommen werden?
Daß es hier einen Zusammenhang gibt, kann wohl niemand abstreiten.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe Frage 24 des Herrn Abgeordneten Lutz auf:
Vizepräsident Stücklen
Kann die Bundesregierung bestätigen, daß nach internen Überlegungen des DB-Vorstandes Streckenstillegungen vor allem in Bayern und speziell im Grenzrandgebiet, die bisher aus politischen Gründen als tabu galten, durchgeführt werden sollen?
Herr Kollege, die Antwort ist nein. Es gibt keine Festlegung über den Umfang von Streckenstillegungen, weder in der Bundesregierung noch als konkretes Programm der Deutschen Bundesbahn. Sofern die DB für eine Strecke die Entbindung von der Betriebspflicht anstrebt, hat sie zunächst das vorgeschriebene gesetzliche Verfahren durchzuführen. Ob bei unwirtschaftlichem Verkehrsaufkommen die Schienenbedienung einer Strecke zur Diskussion gestellt werden soll, wird auch weiterhin nach Prüfung im Einzelf all entschieden werden.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, kann ich Ihre Antwort so verstehen, daß Sie auch nicht mehr wissen als Ihr Minister, der nach Presseveröffentlichungen gesagt hat, er wisse von nichts?
Ich kann Ihnen sagen, daß es eine Streckenkarte für Stillegungen im Bundesministerium für Verkehr unter der neuen Regierung nicht gibt. Es sind allerdings im Haus eine Reihe von Karten verteilt worden, z. B. eine Karte aus dem Jahre 1979. Diese Verteilung hat ein Kollege Ihrer Fraktion übernommen, und er hat davor gewarnt, die neue Regierung könne das gleiche tun. Dies ist nicht der Fall.
Weitere Zusatzfrage.
Ich finde es sehr aufmerksam, Herr Staatssekretär, daß Sie Fragen beantworten, die ich nicht stelle. Ich habe Sie gefragt: Welche Strecken werden in Bayern stillgelegt, und was wissen Sie und was weiß Ihr Minister davon?
Wenn Sie sich das gesetzliche Verfahren ansehen, werden Sie feststellen, daß zunächst die Organe der Deutschen Bundesbahn gefordert sind. Eine ganze Reihe von Strecken befinden sich bereits im Verfahren. Diese Strecken sind bekannt, und sie sind auch für Sie abrufbar. Ob, wann und wieviel neue Strecken die Bundesbahn vorlegen wird, ist uns nicht bekannt.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hoffmann ({0}).
Herr Staatssekretär, da sich die Frage meines Kollegen Lutz besonders auf Bayern bezieht, möchte ich Sie fragen, ob von Ihnen der Brief, den der Ministerpräsident Bayerns in diesem Zusammenhang an den Finanzminister geschrieben hat, zur Kenntnis genommen worden ist und ob Sie dem Finanzminister auch eine Fachstellungnahme Ihres Hauses übermittelt haben und, wenn ja, wie die aussieht.
Herr Kollege, da müßte ich erst nachprüfen. Ich habe dies im Geschäftsgang nicht gesehen.
Herr Abgeordneter Hoffmann, die Zusatzfrage, die Sie gestellt haben, geht auch weit über die Frage 24 des Herrn Abgeordneten Lutz hinaus.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Peter ({0}).
Herr Staatssekretär, mit Bezug auf Ihre Aussage, daß beabsichtigte Strekkenstillegungen im Einzelfall geprüft werden, möchte ich Sie fragen: Ist für diese Entscheidung u. a. auch ein Kriterium, ob eine Strecke der Bundesbahn bei regionalen Verkehrskonzepten einen konkreten Stellenwert hat?
Die Prüfung im Einzelfall setzt voraus, daß alle Aspekte, die z. B. für die Raumordnung wichtig sind, geprüft werden. Das von Ihnen angesprochene Beispiel fällt also darunter. Wenn wir z. B. über eine Strecke im Zonenrandgebiet zu entscheiden haben, dann werden, nachdem das ganze übrige Verfahren schon abgelaufen ist, auf Bundesebene neun Ressorts eingeschaltet, darunter auch der Raumordnungsminister, der Innenminister, der Innerdeutsche Minister, der Landwirtschaftsminister, um nur ein paar zu nennen.
Eine weitere Zusatzfrage, bitte, Herr Abgeordneter Drabiniok.
Herr Staatssekretär, habe ich Sie gerade richtig verstanden, daß speziell die Strecken, die in Bayern stillgelegt werden sollen, abrufbar seien ...
Nein.
Das ist aber gerade aus dieser Antwort hervorgegangen.
Herr Abgeordneter, stellen Sie Ihre Frage.
... und daß es einen Grund dafür gibt, daß Sie diese Strecken, die stillgelegt werden sollen, nicht nennen, nämlich den, daß wir in Kürze in Bayern Kommunalwahlen haben?
Ich sehe diesen Zusammenhang nicht, denn bei den Strecken, die ich angesprochen habe - das sind Strecken, die bereits im Verfahren sind -, gibt es eine ganze Reihe, für die das Verfahren noch in der Zeit der alten Bundesregierung eingeleitet wurde. Schon aus diesem Grund nehme ich an, daß der Zusammenhang, den Sie konstruieren wollen, nicht bestehen kann.
Im übrigen habe ich in puncto Abrufbarkeit nur die Strecken gemeint, für die der Vorstand für jedermann nachprüfbar das Verfahren bereits eingeleitet hat.
Weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Krizsan.
Herr Staatssekretär, Sie haben eben in einer Antwort die Ministerien aufgezählt, die bei einer Streckenstillegung befragt werden. Ich möchte da noch einmal nachhaken und Sie fragen:
Wird denn bei Streckenstillegung besonders in Bayern nach ökonomischen oder - zukunftsorientiert - nach ökologischen Gesichtspunkten verfahren?
Es gelten überall dieselben Grundsätze.
Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Enders.
Herr Staatssekretär, wie beurteilt die Bundesregierung die beabsichtigten Strekkenstillegungen in Hessen, und zwar die Strecken in Osthessen mit dem Ausgangspunkt Fulda, d. h. von Fulda nach Gersfeld und nach Wüstensachsen und in die Dörfer, die unmittelbar im grenznahen Bereich liegen?
Herr Abgeordneter Enders, ich habe schon bei Herrn Abgeordneten Hoffmann ({0}) darauf hingewiesen, daß hier nach den bayerischen Strecken gefragt ist. Wenn generell nach Streckenstillegungen gefragt worden wäre, könnten sich im Rahmen von Zusatzfragen hier gewissermaßen alle Länder beteiligen. Herr Parlamentarischer Staatssekretär, ich entbinde Sie von der Beantwortung.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Lambinus.
Herr Staatssekretär, können Sie mir in etwa sagen, wie viele Streckenkilometer in Bayern nach dem Bahnkonzept der Bundesregierung vom 23. November 1983 stillgelegt werden müßten?
Sie können mich hundertmal danach fragen, Herr Kollege. Wenn in diesem Konzept aber keine Zahl, keine Kilometerzahl, keine Streckenkarte enthalten ist, kann ich Ihnen eine solche Zahl auch nicht nennen.
({0})
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 25 des Herrn Abgeordneten Lutz auf:
Ist die Bundesregierung damit einverstanden, daß der Bahnvorstand plant, noch mehr Dienststellen, Ämter, Direktionen und zentrale DB-Stellen aufzulösen?
Bereits in der Vergangenheit wurde neben anderen Maßnahmen auch eine Konzentration des Unternehmens Deutsche Bundesbahn als notwendig erachtet. Durch zahlreiche Einzelmaßnahmen hat die Deutsche Bundesbahn im Bereich der Bundesbahndirektionen, Ämter und Dienststellen zur Kostensenkung beigetragen. Nach den vom Bundeskabinett am 23. November 1983 beschlossenen Leitlinien zur Konsolidierung der DB hat sie u. a ihre Organisation durch verstärkte Bildung von resultatsverantwortlichen Bereichen nach den Zielen der Wirtschaftlichkeit und der Zusammenführung von Aufgabe, Kompetenz und Verantwortlichkeit weiterzuentwickeln. Im Hinblick auf dieses Gesamtziel werden nach Mitteilung der Deutschen Bundesbahn auch in Zukunft Dienststellen und Ämter im notwendigen Umfang zu effizienten Organisationseinheiten zusammengefaßt werden. Eine Auflösung von weiteren Bundesbahndirektionen ist gegenwärtig nicht beabsichtigt.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Ich darf meine Frage mit der Bewunderung für Ihre Sprachschöpfung der „resultatsverantwortlichen Bereiche" beginnen. Könnten Sie meine Neugier, welche Ämter denn nun stillgelegt werden, etwa zahlenmäßig befriedigen; wie würden Sie Bahnpolitik betreiben wollen, ohne das zu wissen?
Es gibt nach dem Bundesbahngesetz eine klare Trennung der Verantwortlichkeiten: auf der einen Seite Verkehrspolitik in Bonn, auf der anderen Seite den Auftrag der Deutschen Bundesbahn, das Unternehmen wie ein Wirtschaftsunternehmen zu führen. Das, was Sie angesprochen haben, liegt im Verantwortungsbereich der DB und ihrer Organe. Es gibt nur ganz wenige Genehmigungsvorbehalte seitens des Bundesministers für Verkehr. Da bei der Deutschen Bundesbahn viele solcher Maßnahmen erst in der Planung sind, können wir nicht einmal wissen, um was es sich im einzelnen handelt. Ich habe aber, nachdem in Ihrer Frage die Bundesbahndirektionen angesprochen waren und hier eine Genehmigungspflicht seitens des Bundes besteht, zu dieser Frage extra nachgefragt. Wir haben Zahlen aus der Vergangenheit. Diese werden Sie vielleicht interessieren
({0})
und vielleicht auch die Diskussion etwas entspannen. Ich nenne nur zwei Zahlen: Wir hatten im Jahre 1957 noch 2 155 Bahnhöfe. Heute haben wir noch 559.
Noch eine Zusatzfrage.
Ja, Herr Präsident, wenn Sie erlauben.
Allzu großzügig bin ich nicht, Herr Abgeordneter Lutz, denn Sie fragen sehr persönlich. Fragen Sie etwas kräftiger in der Sache!
Ich frage in der Sache kräftig: Wie will der Minister Bahnpolitik machen, wenn er offensichtlich nichts weiß, weil ihm das Bahngesetz offenbar die Kommunikation verwehrt? Ich würde informative Kanäle bevorzugen. Herr Staatssekretär, halten Sie es auch mit informativen Kanälen, damit Sie dem Parlament dann Antwort geben können?
Herr Kollege, Sie übersehen das Bundesbahngesetz, dem Sie bisher ja nie widersprochen haben. Dort ist ganz eindeutig eine Trennung zwischen Verkehrspolitik - beParl. Staatssekretär Dr. Schulte
stimmten Vorgaben, gemeinwirtschaftlichen Aufträgen - auf der einen Seite und dem, was das Unternehmen selber zu tun hat, auf der anderen Seite vorgesehen. Ich nehme j a nicht an, daß Sie vom Bundesminister für Verkehr auch verlangen, daß er den Fahrplan in Ihrem Wahlkreis gestaltet.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Peter ({0}).
Herr Staatssekretär, berücksichtigen Sie bei Ihren Entscheidungen die Auswirkungen von Streckenstillegungen auf den Bestand von Bundesbahndienststellen wie beispielsweise Ausbesserungswerken?
Da es sich bei den Ausbesserungswerken um einen Fall des Genehmigungsvorbehalts handelt, müssen wir diese Frage mit überprüfen.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Lambinus.
Herr Staatssekretär, nachdem Sie immer wieder auf die Eigenverantwortung der Bundesbahn auf Grund des Bundesbahngesetzes hingewiesen haben, darf ich Sie fragen, welche konkrete Wirkung das Bahnkonzept der Bundesregierung vom 23. November 1983 in Anbetracht der Antworten, die Sie bisher gegeben haben, denn eigentlich hat.
Die Deutsche Bundesbahn hat uns unternehmenspolitische Ziele übermittelt, die wir gebilligt haben. Wir haben unsererseits ein paar Leitlinien aufgestellt, die für die Bundesbahn neu sind. Wir haben auch Leitlinien bestätigt, z. B. den gemeinwirtschaftlichen Auftrag im öffentlichen Personennahverkehr. Wir haben auf die finanzielle Begrenzung infolge der bisher eingetretenen Kostenexplosion in Verkehrsverbünden und auf ähnliches hingewiesen.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Jannsen.
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir in meiner Annahme zu, daß die Rationalisierungs- und Einschränkungsbemühungen der Deutschen Bundesbahn und der Bundesregierung nach dem Konzept von November 1983 Auswirkungen auf die Übernahme von Ausgebildeten der Deutschen Bundesbahn und auf die Anzahl der Ausbildungsplätze haben?
Dies war vorhin bereits Gegenstand von Fragen und Antworten.
({0})
Herr Abgeordneter, der Herr Parlamentarische Staatssekretär hat auf die Beantwortung von vorhin hingewiesen. Das ist eine ausreichende Antwort.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 26 des Abgeordneten Gerstl ({0}) auf:
Wie steht die Bundesregierung zur Absicht des Vorstandes der Deutschen Bundesbahn, weitere Bundesbahndirektionen, darunter auch bayerische, aufzulösen?
Herr Kollege, nach Mitteilung des Vorstands der Deutschen Bundesbahn bestehen gegenwärtig keine konkreten Überlegungen zur Auflösung von Bundesbahndirektionen. Ich habe das vorhin in anderem Zusammenhang bereits gesagt.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie fragen, wie ich das „gegenwärtig" verstehen darf? Ist das eine Augenblicksaufnahme, oder gilt das für mehrere Jahre?
Wenn Sie genau zugehört haben, wissen Sie, daß dies heißt: Gegenwärtig bestehen keine konkreten Überlegungen. Wir haben bei der Deutschen Bundesbahn nachgefragt, was sie sich auf Grund ihrer Wirtschafts- und Finanzlage in zwei oder in zehn Jahren einfallen läßt bzw. einfallen lassen muß. Das ist möglicherweise den Herren in Frankfurt selber noch nicht bekannt.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, darf ich Ihrer Antwort entnehmen, daß Sie nicht ausschließen können, daß innerhalb von zwei Jahren derartige Überlegungen neu aufkommen können?
Herr Kollege, theoretisch ist es möglich, daß es in Zukunft weniger sind. Aber theoretisch ist es genauso möglich, daß noch neue dazukommen.
Eine weitere Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, der Begriff „gegenwärtig", der schon einmal angesprochen worden ist, interessiert mich jetzt. Ich frage deshalb, ob der Begriff „gegenwärtig" bis zum 25. März 1984 reicht, dem Kommunalwahltermin in Bayern.
Davon gehe ich nicht aus.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 27 des Abgeordneten Gerstl ({0}) auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Deutsche Bundesbahn auch Einschränkungen in ihrem Sozialzweig, z. B. durch Auflösung der Sozialverwaltung Süd in Rosenheim, plant, und ist die Bundesregierung bereit, dies zu verhindern?
Nach Mitteilung des Vorstands der Deutschen Bundesbahn ist zur Zeit nicht geplant, die Sozialverwaltung Süd in Rosenheim oder eine andere Sozialverwaltung aufzulösen. Hier geht es im Grunde genommen um die3710
selbe Trennung der Verantwortlichkeiten, über die wir jetzt seit 20 Minuten diskutieren.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, sind Ihnen die Gutachten des Bundesrechnungshofs in dieser Frage bekannt, und ist die Verwaltung der Deutschen Bundesbahn nicht beauftragt, in dieser Richtung Überlegungen anzustellen?
Herr Kollege, ganz konkret auf Grund Ihrer Frage ist mir seitens der Bundesbahn die Mitteilung zugegangen, daß die Befürchtungen zur Auflösung der Sozialverwaltung Rosenheim unbegründet sind und daß sie durch noch nicht abgeschlossene Überlegungen zur Errichtung eines Neubaus auf DB-Gelände entstanden sein könnten. Für diesen Fall wäre vorgesehen, daß die Sozialverwaltung Süd in das neue Gebäude umzieht, aber nicht den Ort wechselt.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Catenhusen, bitte.
Können Sie eine solche relativ klare Aussage auch für die Weiterexistenz der Sozialverwaltung Nord in Münster machen?
({0})
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, danach ist in der Ausgangsfrage nicht gefragt. Vielleicht können Sie dem Herr Abgeordneten Catenhusen bei Gelegenheit eine schriftliche Antwort geben.
({0})
Ich bin gerne bereit, Ihnen dazu eine Nachricht zukommen zu lassen, ich muß aber wegen der Verantwortung erst den Vorstand der DB anschreiben.
({0})
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 28 des Herrn Abgeordneten Weinhofer auf:
Ist die Bundesregierung bereit, auf eine prinzipielle Neuordnung der dem Bund und der Bahn zuzuweisenden Verantwortung für Aufgabenerfüllung und Aufgabenfinanzierung hinzuwirken, die z. B. auf der Grundlage einer Trennungsrechnung gesucht werden kann, welche die unterschiedlichen Aufgabencharaktere berücksichtigt, die die Deutsche Bundesbahn zu erfüllen hat mit der Vorhaltung eines bundesweiten Schienennetzes, mit der Erstellung öffentlicher Verkehrsangebote, für die gemeinwirtschaftliche Bindungen Wesensmerkmal sind, und mit der Produktion von Verkehrsleistungen, die bei kostendeckenden Preisen zu rechtfertigen wären?
Die Bundesregierung hat die Fragen einer Aufgabenteilung zwischen dem Bund und der Deutschen Bundesbahn auf der Grundlage einer Trennungsrechnung eingehend geprüft. Die Untersuchungen haben ergeben,
daß solche Vorschläge nicht realisiert werden sollten.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, welche politischen Schlußfolgerungen ziehen Sie denn dann daraus?
Diesselben wie die alte Bundesregierung, die bereits im Jahre 1979 die Trennungsrechnung für die DB abgelehnt hat.
Haben Sie noch eine Zusatzfrage?
({0})
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Drabiniok. - Bitte.
Herr Staatssekretär, welche Gründe kann die jetzige Bundesregierung gegen die Trennungsrechnung anführen, da die CDU/ CSU, als sie noch in der Opposition war, durch den Abgeordneten Jobst selber häufig auf diese Trennungsrechnung gepocht hat, d. h. diese Trennungsrechnung eingeführt wissen wollte?
Herr Kollege, es geht j a hier z. B. um die Frage, ob der Verkehrsweg durch den Bund zur Verfügung gestellt wird, wie dies bei den Straßen der Fall ist. Hier gibt es gewichtige Unterschiede zwischen dem Verbundunternehmen DB und einem Autofahrer, der auf die Autobahn fährt. Würde die DB z. B. zur Verbesserung ihres Angebots auf irgendeiner Strecke sagen: Wir fangen jetzt mit Intercity-Verkehr an, dann würde diese Entscheidung notwendig auch Investitionen auf dieser Strecke nach sich ziehen. Vergleichbares ist im Autoverkehr nicht der Fall.
Daneben ist es so, daß die Trennungsrechnung, die die Bundesbahn durchführt, letztendlich bedeuten würde, daß sie nur noch 40 % ihres heutigen Verantwortungsbereichs tatsächlich gestalten könnte. Dies halten wir für nicht richtig. Weiterhin muß man sehen, daß die Leistungen des Bundes an die DB durch eine solche Trennungsrechnung nicht vermindert würden.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hoffmann ({0}).
Herr Staatssekretär, ich beziehe mich auf die von Ihnen vorgenommene negative Bescheidung der Frage des Kollegen Weinhofer bezüglich einer Trennungsrechnung. Sind Sie sich darüber im klaren, daß Sie damit der Mehrheit des Verkehrsausschusses widersprechen?
Nein.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 29 des Herrn Abgeordneten Weinhofer auf:
Vizepräsident Stücklen
Ist es der Bundesregierung möglich und wenn ja, in welchem zeitlichen Rahmen, Finanzierungsgrundsätze auszuarbeiten, die § 28 Abs. 2 des Bundesbahngesetzes dem Grundgedanken der Trennungsrechnung folgend, die Finanzierung des bundeseigenen Schienenverkehrs sowohl für die Deutsche Bundesbahn, als auch für die Haushaltspolitik berechenbarer machen?
Zu dem von Ihnen angesprochenen Problem hat die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Große Anfrage der CDU/CSU und FDP vom 24. November 1983, Drucksache 10/672, unter den Ziffern 11 und 13 Stellung genommen. Der Kernpunkt der Aussage lautet: Wegen der Probleme einer Verbundproduktion mit großer Leistungsvielfalt und wegen der erheblichen gegenseitigen Abhängigkeiten von Entscheidungen in den Bereichen Betrieb und Fahrweg würde eine Auflösung der Gesamtverantwortung für das Unternehmen nicht zu einer Verringerung der Bundesleistungen führen. Hinsichtlich der geschilderten Problematik verweise ich im übrigen auch auf die Bemerkungen des Bundesrechnungshofes zur Trennungsrechnung. Das ist enthalten in der Bundestagsdrucksache 10/574 vom 8. November 1983.
Die Haushaltsgesetze und die vom Vorstand der Deutschen Bundesbahn vorgelegten Wirtschaftspläne für die DB stellen sicher, daß sie die erforderlichen Mittel zur Erfüllung ihrer Aufgaben bekommt.
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 30 des Herrn Abgeordneten Amling auf:
Durch welche Maßnahmen kommt die Bundesregierung der Forderung des bayerischen Wirtschaftsministers vom 12. Januar 1982 nach, daß die wegen ständiger Fahrplanausdünnungen und weitgehendem Verzicht auf Erhaltungsinvestitionen bei Nebenstrecken massiv gefährdete Flächenbedienung durch die Deutsche Bundesbahn im Personen- und Güterverkehr aufrechterhalten werden muß?
Herr Kollege, ich gehe bei der Antwort davon aus, daß das Schreiben des bayerischen Wirtschaftsministers vom 12. Januar 1984 gemeint ist.
Der Bund steht nach wie vor zum Engagement der Deutschen Bundesbahn im öffentlichen Personennahverkehr sowie zu einer konstruktiven Zusammenarbeit der Deutschen Bundesbahn mit anderen Verkehrsunternehmen auf diesem Gebiet. Die Leitlinien der Bundesregierung zur Konsolidierung der Deutschen Bundesbahn geben für den Schienenpersonennahverkehr außerhalb der Verkehrsballungsräume wichtige Hinweise für das Ziel einer angemessenen Verkehrsbedienung: Die Deutsche Bundesbahn bleibt präsent; Bedienung auf der Schiene, mit dem Bus oder in einer Kombination von beiden, bedarfsgerechte Verkehrsbedienung unter Berücksichtigung besonderer Merkmale wie Straßenverhältnisse, Übergang Schiene/Straße, Gepäckbeförderung sowie Fahrplan- und Tarifgestaltung; außerdem soll im Einzelfall entschieden werden; ich habe das vorher bereits gesagt.
Gemäß der gesetzlichen Regelung liegen die Bestimmung der notwendigen Einzelmaßnahmen und
die Festlegung der Prioritäten zur Anpassung der DB in allen Leistungsbereichen grundsätzlich in der Kompetenz der Unternehmensorgane.
Zusatzfrage?
Da Ihre Antwort im Protokoll stehen wird, keine Zusatzfrage von mir.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Lambinus.
Herr Staatssekretär, muß ich Ihrer Antwort also entnehmen, daß die Forderungen des bayerischen Wirtschaftsministers vom 12. Januar dieses Jahres überflüssig waren?
Es ist ganz natürlich - dies gilt für jeden Wirtschaftsminister eines Landes -, daß danach gefragt wird und auch die Sorge besteht,
({0})
daß in der Zukunft infrastrukturelle Einrichtungen nicht mehr so zur Verfügung stehen könnten. Wir haben bereits in unseren Leitlinien eine Antwort darauf gegeben. Sie lautet: Die DB bleibt in der Fläche präsent.
({1})
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hoffmann ({0}).
Herr Staatssekretär, da ich annehme, daß Sie sich bezüglich dieses Satzes jetzt doch selbst etwas auf die Schippe genommen haben, möchte ich Sie einmal fragen, ob Sie wirklich nicht zur Kenntnis genommen haben, daß außer dem bayerischen Wirtschaftsminister auch der bayerische Ministerpräsident in dieser Richtung sehr deutlich an die Bundesregierung herangetreten ist,
({0})
und welche Antwort Sie denn da gefunden haben.
Ich habe dies sehr wohl zur Kenntnis genommen. Da gibt es Passagen, in denen herbe Kritik geäußert wird, indem ausgeführt wird, daß das, was die alte Regierung gemacht habe, von der neuen möglicherweise fortgeführt werden könnte.
Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe die Frage - -({0})
- Ich bitte die Abgeordneten, die Fragen stellen wollen, sich rechtzeitig ans Mikrophon zu begeben, denn dann kann ich sie auch rechtzeitig zu einer Frage aufrufen. Sonst könnte ja der Eindruck entstehen, als würden wir hier oben schlafen. Wir passen schon gut auf! - Bitte, Herr Abgeordneter.
Es tut mir leid; ich möchte Sie nicht in den Verdacht bringen, daß Sie schlafen.
Herr Staatssekretär, in dem Brief, den Sie gerade selbst angesprochen haben, der vom Ministerpräsidenten Bayerns kommt, in dem er mit Kraftausdrücken das Bahnkonzept des Verkehrsministers kritisiert - ich werde es mir verkneifen, das vor der Öffentlichkeit zu sagen -, in dem der Ministerpräsident allerdings -
Bitte, Herr Abgeordneter, kommen Sie zu der Frage, die Sie stellen wollen.
Gut. Die Frage ist die, ob die Bundesregierung der Auffassung ist, daß die Kritik des Ministerpräsidenten am Bahnkonzept der Bundesregierung berechtigt ist, und ob sie bestätigen kann, daß der Ministerpräsident Bayerns Teile unseres Novellierungsvorschlags zum Bundesbahngesetz übernommen hat.
Es gibt einen natürlichen Interessengegensatz zwischen dem, der bezahlt, und dem, der erhält. Diesen Gegensatz müssen wir aufzulösen versuchen. Ich glaube, daß unser Bahnkonzept dazu auch gute Ansätze und Lösungsvorschläge bietet.
Weitere Zusatzfragen? - Bitte, Herr Abgeordneter Heyenn.
Herr Staatssekretär, wenn sich der bayerische Ministerpräsident, weil die bayerische Staatsregierung befürchtet, daß die Flächenbedienung nicht mehr aufrechterhalten werden kann, direkt an den Herrn Bundeskanzler wendet, kann dann daraus geschlossen werden, daß die bayerische Staatsregierung und der Bundeskanzler gemeinsam den Verkehrsminister für inkompetent halten?
({0})
Herr Kollege, Sie haben wahrscheinlich übersehen, daß der Brief an den Bundesminister der Finanzen gerichtet war und sich ganz konkret um finanzpolitische Fragen kümmert.
Ich rufe die Frage 31 des Abgeordneten Amling auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, welche Maßnahmen die Deutsche Bundesbahn im einzelnen anstrebt, um dem Auftrag des Bahnkonzeptes der Bundesregierung vom 23. November 1983 nachzukommen, die notwendigen Einzelmaßnahmen und die Festlegung der Prioritäten grundsätzlich in die Kompetenz des Bahnvorstandes zu legen?
({0})
- Wenn Sie erst mal auf die Zusatzfrage verzichten, dann kann es nicht in Ihrem Belieben stehen, den Verzicht zurückzunehmen und zu erwarten, daß der Präsident das berücksichtigt. Ich habe die neue Frage aufgerufen.
Herr Kollege, die Bundesregierung hat in den Leitlinien zur Konsolidierung der Deutschen Bundesbahn die gesetzlich festgelegte unternehmerische Verantwortung der
Deutschen Bundesbahn hervorgehoben und darauf hingewiesen, daß die Bestimmung der dazu notwendigen Einzelmaßnahmen und die Festlegung der Prioritäten grundsätzlich in der Kompetenz der Unternehmensorgane liegen. Ich muß das jetzt leider, Herr Präsident, zum vierten oder fünften Mal hier sagen.
Zur Erreichung seiner unternehmensbezogenen Vorstellungen hält der Vorstand eine Vielzahl von kurz- und mittelfristigen Anpassungsmaßnahmen für notwendig, die sich auf alle Bereiche erstrecken und jeweils von der Deutschen Bundesbahn im Einzelfall entschieden werden.
Zusatzfrage. Bitte.
Ich wollte eigentlich fragen, Herr Staatssekretär, ob Sie nicht meinen, daß die Aktivitäten des bayerischen Ministerpräsidenten und bayerischen Wirtschaftsministers in all diesen Fragen doch mit dem 18. März 1984 zu tun haben, an dem in Bayern Kommunalwahlen stattfinden?
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, auf eine solche Frage brauchen Sie nicht zu antworten.
({0})
Ich würde es, Herr Präsident, trotzdem gern tun, weil es auch lange, ehe dieser Wahltermin vor der Tür stand, eindeutige Meinungsäußerungen des bayerischen Ministerpräsidenten und seines Wirtschaftsministers gegeben hat.
Eine weitere Zusatzfrage? - Nein.
Die Fragen 32 und 33 des Abgeordneten Bamberg werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Dasselbe gilt für die Fragen 34 und 35 des Abgeordneten Stutzer.
Die Frage 36 des Abgeordneten Bindig wird auf Grund Nr. 2 Abs. 2 der Richtlinien für die Fragestunde schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Damit ist dieser Geschäftsbereich abgeschlossen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen auf. Zur Beantwortung steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Rawe zur Verfügung.
Die Fragen 37 und 38 des Abgeordneten Riedl ({0}) sollen auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 39 des Abgeordneten Dr. Hirsch auf:
Vizepräsident Stücklen
Hält die Bundesregierung an ihrer Absicht fest, durch eine Verordnung zur Änderung wohnungsrechtlicher Vorschriften dem Vermieter die Möglichkeit zu geben, die Betriebskosten einer Kabelverteilanlage und dementsprechend auch die Grundgebühr für den Mieter auch dann umzulegen, wenn der bisherige Fernsehempfang ausreichend ist und der Mieter ausdrücklich den Anschluß an die Verkabelung ablehnt, und hält die Bundesregierung es nicht für besser, eine Lösung anzustreben, nach der jeder Mieter - wie bei einem Telefonanschluß - selbst darüber entscheiden kann, ob er sich mit den entsprechenden Anschlußkosten und den Grundgebühren belasten will oder nicht?
Herr Kollege Dr. Hirsch, die Bundesregierung hält an den im Entwurf einer Verordnung zur Änderung wohnungsrechtlicher Vorschriften vorgesehenen Regelungen über die Umlegung der Betriebskosten für den Kabelanschluß fest. Diese Regelungen enthalten keinen Anschlußzwang für den Mieter. Soweit der Kabelanschluß und die Hausverteilanlage nicht als wohnwertverbessernde Modernisierungsmaßnahmen anerkannt werden - die einschlägige Rechtsprechung ist hier uneinheitlich -, ist der Mieter berechtigt, den Anschluß seiner Wohnung abzulehnen. Ein Anschlußzwang für den Mieter besteht auch dann nicht, wenn der Vermieter mit einer einheitlichen Baumaßnahme seine Hausverteilanlage installiert hat. Auf Wunsch des Mieters können die in seiner Wohnung befindlichen Breitbandsteckdosen abgeklemmt oder verplombt werden. Dann fällt die monatliche Fernmeldegebühr von 6 DM für den Vermieter nicht an und darf von ihm auch nicht als Betriebskosten umgelegt werden.
Neben dem geschilderten Vermieteranschluß, der die Ursache für die Betriebskostenumlegung auf den Mieter ist, gibt es seit dem 1. Juli 1983 auch den Mieteranschluß. Hier trägt der Mieter die Installationskosten und die Fernmeldegebühren selbst. Der Mieteranschluß ist noch selten. Die Deutsche Bundespost überläßt es ihren Kunden, für welche Anschlußart sie sich entscheiden wollen.
Beim Telefon legt die Bundespost das Kabel durch eigene Kräfte oder durch Auftragnehmer stets bis in die Wohnung; sie kann also immer ein Teilnehmerverhältnis zum Mieter begründen. Dagegen endet das postalische Breitbandnetz am sogenannten Übergabepunkt - der liegt entweder im Keller oder aber, was auch möglich ist, im öffentlichen Weg -, während die Hausverkabelung zugunsten einer den Mittelstand fördernden Politik dem privaten Elektrohandwerk, wie Sie sicherlich auch wissen, überlassen worden ist.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, würden Sie mir bitte noch einmal sagen, und zwar so, daß auch ein normaler Mensch wie ich in der Lage ist, das zu verstehen, welche Kosten nach der Vorstellung der Bundesregierung auch von den Mietern getragen werden sollen - über Gebühren oder über andere, nichtsteuerliche Maßnahmen -, die eine Verkabelung für die Wohnung, in der sie wohnen, selber nicht haben wollen.
Nach dem gegenwärtigen Stand nur diejenigen Kosten, die als sogenannte Betriebskosten, wie ich das vorhin dargelegt habe, anfallen. Wenn sich also ein Mieter nicht anschließen lassen will - wir gehen ja nicht von einem Anschlußzwang aus -, dann entfällt die Fernmeldegebühr. Es kann dann höchstens noch die wirklich gering zu veranschlagende sonstige Unterhaltungskostengebühr - die wird im allgemeinen mit 1 DM angesetzt - umgelegt werden. Das ist aber nicht neu, sondern das war bei den Gemeinschaftsantennenanlagen alter Art auch schon Rechtszustand.
Weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, halten Sie es nicht für ungerecht, wenn Leute, die an einer Veranstaltung nicht teilnehmen wollen - anders als über Steuern -, gezwungen werden, einen Teil der Kosten zu übernehmen, von denen sie nichts haben, und ist der richtige Weg eben nicht der, den Sie als nur vereinzelt gangbar darstellen, nämlich über Teilnehmeranschlüsse nur diejenigen mit den Kosten und mit den Gebühren zu belasten, die an der Veranstaltung teilnehmen, also verkabelt werden wollen?
Ich habe gerade versucht, Ihnen klarzumachen, Herr Kollege Dr. Hirsch, daß dies ja auch so der Fall ist. Wir wollen keinen Anschlußzwang. Und wenn es keinen Anschlußzwang gibt, gibt es auch keine Überwälzung von Fernmeldegebühren.
({0})
- Entschuldigung, wenn ein Mieter eine Wohnung bezieht, in der der Vermieter vorher schon einen Anschluß gelegt hat, dann können wir den Vermieter nach der geltenden Rechtsordnung nicht zwingen, das nicht umzulegen, was er nach altem Recht schon umlegen durfte.
Eine weitere Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Reetz.
Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, ob ein Mieter, der in der von Ihnen soeben geschilderten Situation ist - er will den Anschluß zwar nicht, aber der Anschluß ist schon vorhanden -, das Recht hat, eine Antenne aufs Dach zu setzen, weil er seine Fernsehprogramme lieber über Antenne empfangen will?
Gnädige Frau, das hängt vom Mietverhältnis ab; das kann die Deutsche Bundespost nicht entscheiden.
Keine weiteren Zusatzfragen. Damit ist dieser Geschäftsbereich abgeschlossen.
Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau. Zur Beantwortung der Fragen steht uns Herr Staatssekretär von Loewenich zur Verfügung.
Vizepräsident Stücklen
Ich rufe die Frage 40 des Herrn Abgeordneten Dr. Hirsch auf:
Sind der Bundesregierung Bestrebungen von Gemeinden oder Bundesländern bekannt, auf der Grundlage der Landesbauordnungen oder anderen Rechtsgrundlagen, Antennenverbote zu verhängen oder den Erlaß von Antennenverboten zu erleichtern, um auf diese Weise einen Druck auf den Anschluß von Kabelanlagen auszuüben?
von Loewenich, Staatssekretär im Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau: Herr Abgeordneter, der Bundesregierung sind keine Bestrebungen von Gemeinden oder Bundesländern bekannt, auf der Grundlage der Landesbauordnungen Antennenverbote zu verhängen oder den Erlaß von Antennenverboten zu erleichtern, um auf diese Weise einen Druck auf den Anschluß an Kabelanlagen auszuüben.
Auf der Grundlage von Landesbauordnungen allein können Antennenverbote nicht verhängt werden. Die Gemeinden können allerdings nach Landesrecht durch Satzungen örtliche Bauvorschriften über die äußere Gestaltung baulicher Anlagen erlassen und damit auch besondere Regelungen über Antennen treffen. Solche örtlichen Bauvorschriften dienen der Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes. Die örtlichen Bauvorschriften beziehen sich in der Regel auf besonders schutzwürdige Gebiete und sind nicht dazu bestimmt, einen Anschlußzwang an Kabelanlagen zu begründen. Sie müssen selbstverständlich in jedem Fall dem besonders hohen Rang der grundrechtlich gewährleisteten Informationsfreiheit des einzelnen Rechnung tragen. Das bedeutet: Wenn eine Gemeinde aus gestalterischen Gründen - z. B. zur Erhaltung eines mittelalterlichen Stadtbildes - ein Antennenverbot anordnen will, muß sie sicherstellen, daß die Einwohner die Möglichkeit haben, die ortsüblichen Fernseh- und Rundfunkprogramme auf andere Weise und ohne unzumutbare Belastung zu empfangen.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, stimmt die Bundesregierung mit mir darin überein, daß Antennenverbote tatsächlich einen Zwang zum Anschluß an Kabel bedeuten würden?
von Loewenich, Staatssekretär: Antennenverbote bedeuten den Zwang zum Anschluß an ein Kabel. Es kann sich aber auch um ein örtliches Kabel handeln, Herr Abgeordneter - z. B. bei einer Berglage -, das nur die geläufigen Programme dem Einwohner zuführt.
Also mit anderen Worten: Ja.
Die zweite Frage: Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, uns darüber zu berichten, in welchem Umfang und in welchen Fällen im Laufe der letzten sechs Monate von Gemeinden Antennenverbote neu beschlossen worden sind?
von Loewenich, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, ich kann diese Frage im Augenblick nicht beantworten. Ich bin aber bereit Sie zu unterrichten.
Weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Pfeffermann.
Herr Staatssekretär, wären Sie dann auch bereit, in diesem Zusammenhang zu überprüfen, in welchen Gemeinden in der Vergangenheit durch Satzungsbeschluß solche Antennenverbote bewirkt worden sind - für Satzungsentwürfe und -beschlüsse der entsprechenden städtischen Gremien kommen Städte wie Darmstadt und andere in Frage -, damit der Hintergrund der Frage des Kollegen Hirsch deutlich wird, die wohl darauf abzielt, ob dies eine neuartige Entwicklung ist oder ob Satzungsbeschlüsse dieser Art auch schon in der Vergangenheit gängige Praxis gewesen sind?
von Loewenich, Staatssekretär: Wir sind dazu bereit.
Weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Krizsan.
Herr Staatssekretär, sind Ihnen Pläne der Wirtschaftsministerin Frau Breuel aus Niedersachsen über ein Antennenverbot bekannt?
von Loewenich, Staatssekretär: Nein.
Eine weitere Zusatzfrage, bitte sehr, Frau Abgeordnete Reetz.
Wie weit ist ein Antennenverbot überhaupt mit dem Grundrecht auf Information vertretbar?
von Loewenich, Staatssekretär: Frau Abgeordnete, ich habe in meiner Antwort gerade darauf hingewiesen, daß bei jedem etwaigen Antennenverbot dem Grundrecht auf Informationsfreiheit eine ganz besondere Bedeutung beizumessen ist und daß ein Antennenverbot nur in Frage kommen kann, wenn in anderer Weise sichergestellt wird, daß der Betroffene in zumutbarer Weise die geläufigen Programme empfangen kann.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 41 des Herrn Abgeordneten Dr. Schöfberger auf:
Trifft es zu, daß die Bundesregierung Äußerungen des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau zufolge im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus nur noch Eigentumsmaßnahmen, jedoch nicht mehr den Bau von Mietwohnungen fördern will, „weil der Wohnungsmarkt im wesentlichen ausgeglichen" sei, und gilt diese Absicht auch für Großstädte mit nach wie vor gesteigertem Wohnungsbedarf, wie z. B. für München'?
von Loewenich, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, gestatten Sie, daß ich die nächste Frage gleich mit beantworte?
({0})
Dann rufe ich auch die Frage 42 des Abgeordneten Dr. Schöfberger auf:
Sieht die Bundesregierung demnach das Schreiben des Münchner Oberbürgermeisters an den Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau ({0}) als Ausdruck einer unbegründeten Sorge an, oder hat dieses Schreiben die Bundesregierung zu einer Revision ihrer Absichten veranlaßt?
von Loewenich, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, dem Bundesminister für Raumordnung, Raumwesen und Städtebau ist die besondere Wohnungsmarktsituation in München bekannt. Er stimmt mit dem Münchener Oberbürgermeister darin überein, daß in Städten und Gebieten mit einer der Situation in München vergleichbaren Wohnungsversorgungslage die Förderung von Sozialmietwohnungen weiterhin notwendig ist. Sie ist notwendig, um bestimmte, am Markt benachteiligte Zielgruppen mit familiengerechten Wohnungen zu versorgen oder einen Beitrag zur Erhaltung und Verbesserung innerstädtischer Wohngebiete zu leisten.
Diesen Gebieten mit besonderer Attraktivität und einem auch derzeit noch festzustellenden Zuzug von Bewohnern stehen allerdings andere Teile unseres Landes mit ausgeglichenen Wohnungsmärkten gegenüber. In ihnen kommt es zu Wohnungsleerständen und Vermietungsproblemen, die sich keineswegs auf die teuersten Neubaubestände beschränken.
Auf der anderen Seite besteht auch in diesen Gebieten noch eine erhebliche Nachfrage nach Wohnungseigentum insbesondere in Form von Familienheimen.
Die künftige Wohnungspolitik muß diesen unterschiedlichen Anforderungen in den Wohnungsteilmärkten gerecht werden, um Fehlinvestitionen zu vermeiden und gleichzeitig die soziale Treffsicherheit ihrer Maßnahmen zu verstärken. Dieser unterschiedlichen Nachfrage muß auch eine flexible Förderungspraxis entsprechen. Der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau strebt daher in enger Abstimmung mit den beteiligten Ländern an, daß die für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung stehenden Mittel des Bundes - nach der mittelfristigen Finanzplanung sind es in den nächsten Jahren jährlich noch 1,07 Milliarden DM - grundsätzlich nur noch für die Förderung von Eigentumsmaßnahmen eingesetzt werden.
Dabei geht der Minister davon aus, daß die Länder mit ihren eigenen komplementären Mitteln für den sozialen Wohnungsbau weiterhin Sozialmietwohnungen dort und in dem Umfang fördern, wo das auf Grund der Wohnungsmarktlage geboten ist.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, habe ich Sie richtig verstanden, daß es auch für die von Ihnen angesprochenen Großstädte wie München mit einem erhöhten Sozialwohnungsbedarf in Zukunft keine Förderungsmittel des Bundes mehr geben wird, obwohl in einer solchen Großstadt wie München 8 000 wohnungssuchende Familien auf Dringlichkeitsstufe 1, als ausgesprochene Notfälle, gemeldet sind?
von Loewenich, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, Sie wissen daß die Finanzhilfen - es handelt sich hier um Finanzhilfen des Bundes nach Art. 104a Abs. 4 des Grundgesetzes - den Ländern gegeben werden und daß die Voraussetzung für diese Gewährung der Finanzhilfen Verwaltungsvereinbarungen mit den Ländern sind. Die Länder entscheiden darüber, wie die Mittel, die ihnen zugewiesen sind, und ihre eigenen Mittel verwendet werden. Darum habe ich gesagt: Der Bundesbauminister strebt eine solche Regelung an.
Eine weitere Zusatzfrage.
Hat der Bundesbauminister oder hat die Bundesregierung bereits eine Zusage des Freistaates Bayern, wonach dieser einspringt, um die ausfallenden Bundesmittel für den sozialen Mietwohnungsbau auszugleichen?
von Loewenich, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, die Verhandlungen mit den Ländern haben erst begonnen. Eine Zusage hat die Bundesregierung noch nicht.
Eine weitere Zusatzfrage.
Wie kann der Bundesbauminister angesichts Ihrer jetzigen differenzierten Stellungnahme zu diesem Problem unter besonderer Berücksichtigung der Großstädte ausgerechnet bei einer Presseeröffnung in München von der Einstellung der Bundesförderung für den sozialen Mietwohnungsbau gänzlich undifferenziert sprechen und damit viele Tausende von Wohnungssuchenden vor den Kopf schlagen und sie in Sorge stürzen?
von Loewenich, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, ich habe an dieser Veranstaltung nicht teilgenommen. Ich kenne das Manuskript der Rede, ich weiß aber nicht, ob sich der Bundesbauminister daran gehalten hat. Die Presseberichte mögen möglicherweise irreführend gewesen sein. Deswegen bin ich dankbar, daß ich heute klarstellen konnte, wie der Tatbestand wirklich ist.
Sie haben noch eine Zusatzf rage.
Haben Sie auch den Brief des Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt München in dem heutigen Sinne beantwortet, und sind Sie bereit, mir als Münchener Abgeordneten diese Antwort in Abdruck zuzuleiten?
von Loewenich, Staatssekretär: Das trifft zu, Herr Abgeordneter. Bundesminister Schneider hat den Brief in dem Sinn beantwortet, wie ich die Antwort heute gegeben habe. Ich bin gern bereit, Ihnen einen Abdruck des Briefes zukommen zu lassen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Sperling.
Herr Staatssekretär, bedeutet Ihre Antwort in bezug auf München, daß für einkommensschwache Münchener Bürger einerseits der Erwerb bzw. der Bau eines Eigenheims nicht
möglich ist, andererseits der Bau preisgünstiger Mietwohnungen aus Bundessicht nicht mehr in der Verantwortung des Bundes liegt, vielmehr die Stadt München mit ihren einkommensschwachen Bürgern alleine gelassen wird?
von Loewenich, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, ich habe vorhin schon darauf hingewiesen, daß der Bund den Ländern die Finanzhilfen zur Verfügung stellt und daß über den Einsatz der Finanzhilfen allein die Länder zu entscheiden haben.
Eine weitere Zusatzfrage, bitte.
Darf ich wenigstens davon ausgehen, Herr Staatssekretär, daß die einkommensschwachen Bürger Münchens durch die Wohngeldpolitik des Bundes nicht noch einmal in Nachteil gesetzt werden, nämlich falls der Bund und das Land Bayern den einkommensschwachen Bürgern Münchens nicht helfen, sondern dies alles der Stadt München überlassen? Wird es also für das was Bund und Land den Bürgern möglicherweise antun, einen Ausgleich durch die Wohngeldpolitik geben?
von Loewenich, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, die Wohngeldpolitik ist nicht Gegenstand der Frage gewesen. Ich kann hier nur sagen, daß sich die Bundesregierung selbstverständlich Gedanken darüber macht, wann die nächste Anhebung des Wohngeldes notwendig ist.
Weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Lambinus.
Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung angesichts der dargestellten Pläne bedacht, daß in den nächsten Jahren für besonders viele Mietwohnungen die achtjährige Nachwirkungsfrist auslaufen und dadurch das Angebot an sozialen Mietwohnungen zurückgehen wird?
von Loewenich, Staatssekretär: Der Bundesbauminister hat selbstverständlich die Entwicklung des Marktes bei den Mietwohnungen bedacht. Er sieht die Tatsache, daß in den kommenden Jahren Bestände an Sozialwohnungen aus der Bindung herauswachsen. Er sieht aber auch, daß in weiten Teilen unseres Landes schon Vermietungsschwierigkeiten und Leerstände auch bei sozialen Mietwohnungen bestehen.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 43 des Herrn Abgeordneten Sperling auf:
Auf welchen Untersuchungen und Informationen beruht die vom Parlamentarischen Staatssekretär Dr. Jahn genannte Zahl eines durch das derzeitige Baurecht behinderten Investitionsvolumens von 200 Millionen DM?
von Loewenich, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, darf ich auch hier die beiden von Ihnen gestellten Fragen zusammen beantworten?
Gern, Herr Staatssekretär.
Dann rufe ich auch die Frage 44 des Herrn Abgeordneten Dr. Sperling auf:
Hält es die Bundesregierung angesichts dieser gewaltigen Summe für vertretbar, erst 1986 den Entwurf für ein neues, diese Investitionen erleichterndes Baugesetzbuch, vorzulegen?
Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, Herr Dr. Jahn, hat in einer Rede auf dem 3. Internationalen Bau-Kongreß am 20. Januar 1984 darauf hingewiesen, daß sich das jährliche Investitionsvolumen der gesamten Bauwirtschaft auf über 200 Milliarden DM beläuft.
200 Millionen DM?
von Loewenich, Staatssekretär: „200 Milliarden DM" ist schon richtig.
({0})
Er hat angesichts dieses Volumens die Bedeutung einer Vereinfachung des öffentlichen Baurechts auch im volkswirtschaftlichen Sinn betont. Die Ihren Fragen zugrunde liegende Annahme, es handle sich bei diesem Volumen um einen durch das Baurecht verursachten Investitionsstau, ist also nicht zutreffend.
Herr Abgeordneter Sperling, dann muß es in Ihrer Frage auch nicht „Millionen", sondern „Milliarden" heißen. Das ist ein Druckfehler.
Richtig. Der Unterschied sind aber nur Nullen. Und wir können uns nicht ganz einigen, wo die sind.
Nullen werden sehr bedeutungsvoll, wenn eine 1 oder eine andere Ziffer davorsteht.
Es sind also 200 Milliarden DM. - Die Frage ist, ob der Parlamentarische Staatssekretär Jahn das Bundesbaugesetz, das Städtebauförderungsgesetz als Gesetze gesehen hat, hinsichtlich derer es bei der Investitionsneigung Probleme geben kann, und Herr Staatssekretär, habe ich Sie richtig verstanden, daß das gar nicht so, wie es die Presse, z. B. die „Bonner Rundschau", wiedergegeben hat, gemeint war?
von Loewenich, Staatssekretär: Ich weiß nicht, Herr Abgeordneter, was die „Bonner Rundschau" berichtet hat. Aber selbstverständlich geht die Bundesregierung bei ihren Bestrebungen zur Schaffung eines neuen Baugesetzes und zur Verwaltungsvereinfachung im Baurecht überhaupt davon aus, daß dies ein Beitrag dazu ist, das Bauen einfacher und schneller zu machen und mögliche Staus zu beseitigen.
Weitere Zusatzf rage, bitte.
Herr Staatssekretär, warum wählt dann, wenn es darum geht, das Bauen einfacher und schneller zu machen, die Bundesregierung ein Gesetzgebungsverfahren, das so lange dauert, daß erst 1986 mit einem Entwurf zu rechnen ist, der dann Jahre später in Kraft treten könnte?
von Loewenich, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, das Vorhaben, ein einheitliches Baugesetzbuch zu schaffen, ist, wie Sie sicher wissen, ein schwieriges und mit Sorgfalt durchzuführendes Vorhaben. Die Bundesregierung wird den Entwurf eines Baugesetzbuches so schnell wie möglich vorlegen. Sie ist sich bei ihren Arbeiten aber auch bewußt, daß unter der erwünschten Beschleunigung die nötige Sorgfalt der Arbeiten nicht leiden darf.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Dann rufe ich die Frage 45 des Herrn Abgeordneten Sauermilch auf. - Er ist nicht im Saal. Die Frage wird entsprechend der Festlegung in unserer Geschäftsordnung behandelt.
Damit sind die Fragen aus Ihrem Geschäftsbereich abgeschlossen.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie. Zur Beantwortung der Fragen steht uns der Herr Parlamentarische Staatssekretär Dr. Probst zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 46 des Herrn Abgeordneten Dr. Ehmke ({0}) auf:
Wie hoch sind die in- und ausländischen Lizenzeinnahmen, die das Kernforschungszentrum Karlsruhe bislang insgesamt aus seinen für das Trenndüsenverfahren laufenden Schutzrechten erzielte'?
Ich beantworte Ihre Frage wie folgt. Das Kernforschungszentrum Karlsruhe hat bisher aus seinen für das Trenndüsenverfahren laufenden Schutzrechten Lizenzeinnahmen in Höhe von 5,2 Millionen DM erzielt.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß nach 25jähriger intensiver Forschungs- und Entwicklungsarbeit dieses Trenndüsenverfahren nunmehr als ausgereiftes und erprobtes Verfahren zu bezeichnen ist?
Das Trenndüsenverfahren ist selbstverständlich heute ein voll einsatzfähiges Verfahren. Das bedeutet aber nicht, daß nicht in Detailbereichen weitere Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zu leisten sind.
Eine weitere Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, inwieweit die Republik Südafrika das sogenannte HelikonVerfahren - das ist ein ähnliches Verfahren wie
das Trenndüsenverfahren - anwendet und ob dieses Verfahren von deutschen Technikern oder mit deutscher Hilfe entwickelt worden ist?
Ich weiß nicht, in welchem Zusammenhang das mit den Lizenzeinnahmen von Karlsruhe steht. Aber mir ist das aus dem Stand nicht bekannt. Ich bin gerne bereit, Ihnen hierfür eine Information zukommen zu lassen, Herr Kollege Ehmke.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Dann rufe ich auf die Frage 47 des Herrn Abgeordneten Dr. Ehmke:
Welche Personal- und Sachmittel erhielt das Kernforschungszentrum Karlsruhe bisher insgesamt im Forschungs-und Entwicklungsetat für das Trenndüsenprojekt, und welche Förderungsmittel wurden bisher insgesamt an den Lizenznehmer STEAG vergeben'?
Das Kernforschungszentrum Karlsruhe hat bisher rund 150 Millionen DM für die Entwicklung des Trenndüsenverfahrens aufgewandt. Die STEAG AG hat keine Fördermittel des Bundesministeriums für Forschung und Technologie für ihre Beteiligung an der Weiterentwicklung des Trenndüsenverfahrens erhalten.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß der Leiter der Entwicklung für dieses Projekt im Kernforschungszentrum Karlsruhe, Herr Professor Becker, über den veranschlagten Etat im Kernforschungszentrum hinaus erhebliche Zusatzmittel mit der Begründung verlangt hat, daß sonst die Erfüllung des deutsch-brasilianischen Vertrages nicht gewährleistet werden könne?
Herr Kollege, auch diese Frage geht weit über die hier gestellte Frage hinaus. Aber ich bin gerne bereit, Ihnen auch diese Frage schriftlich zu beantworten.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe auf die Frage 48 des Herrn Abgeordneten Catenhusen. Der Herr Abgeordnete ist nicht mehr im Saal. Es wird entsprechend der Geschäftsordnung verfahren.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Pfeifer zur Verfügung. Wir haben noch ein paar Minuten Zeit. Bitte, kurze Fragen, kurze Antworten.
Zunächst die Frage 49 der Frau Abgeordneten Weyel:
Ist die Bundesregierung in der Lage dafür zu sorgen, daß zum jetzigen Zeitpunkt ein vollständiges Angebot aller Ausbildungsplätze im öffentlichen Bereich einschließlich Bahn und Post für das Ausbildungsjahr 1984/1985 vorliegt, damit Jugendliche die Möglichkeit haben, sich frühzeitig für die
Vizepräsident Stücklen
Annahme eines Ausbildungsplatzes zu entscheiden, wie es Frau Bundesminister Dr. Wilms in ihrer Rede am 19. Januar 1984 gefordert hat?
Frau Kollegin Weyel, der überwiegende Teil der in Betrieben und Einrichtungen des Bundes verfügbaren Ausbildungsplätze ist bereits zur Besetzung angeboten. Darüber hinaus wird geprüft, ob die bei der Bundesbahn für den eigenen Nachwuchsbedarf nicht benötigten Ausbildungsplätze gesichert werden können. Auch in anderen Ressortbereichen, z. B. bei der Bundespost und im Verteidigungsbereich, werden Steigerungsmöglichkeiten der Ausbildungsangebote geprüft. Das Bundeskabinett wird sich am 29. Februar mit der Ausbildungsleistung des Bundes im Ausbildungsjahr 1984/85 befassen. Ich gehe davon aus, daß danach eine vollständige Übersicht über die verfügbaren Ausbildungsplätze vorgelegt werden kann. Die Jugendlichen können also ihre Entscheidungen ausreichend frühzeitig vor Beginn des Ausbildungsjahres 1984 treffen. Im übrigen hat der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft den Mitgliedern des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft des Deutschen Bundestages am 25. Januar 1984 eine Übersicht über die Ausbildungsleistungen des Bundes zugesagt. Sie wird voraussichtlich im März dieses Jahres vorliegen.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß von den vorhandenen Ausbildungsplätzen, vor allen Dingen bei Post und Bahn, zur Zeit erst 10 % zur Wiederbesetzung freigegeben sind, und gedenken Sie, in dieser Hinsicht tätig zu werden?
Das hat in der Fragestunde schon bei der Behandlung des Geschäftsbereichs des Bundesministers für Verkehr eine Rolle gespielt. Ich möchte nochmals darauf hinweisen, daß nach den Kabinettsberatungen am 29. Februar das Angebot hier mit Sicherheit breiter dargestellt werden kann.
Noch eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, Sie haben ja gesehen, daß ich meine Frage auf die Ausführungen von Frau Dr. Wilms in der letzten Debatte gestützt habe. Ist Ihnen bekannt, daß sehr viele Jugendliche bereits zugesagte Lehrstellen deswegen nicht absagen, weil sie die eigentliche, von Ihnen gewünschte Lehrstelle noch nicht zugesagt bekommen haben, und daß dies vor allem im öffentlichen Dienst auftritt, weil dort die Zusagen meistens erst im Juni gegeben werden, und daß deshalb viele Jugendliche aus Erfahrung und wohlwissend, daß die Zusage fraglich ist, so lange andere Lehrstellen blockieren?
Solche Fälle sind in der Tat bekannt. Wir bemühen uns nicht zuletzt deshalb darum, in diesem Jahr das Ausbildungsangebot früher im einzelnen unterbreiten zu können.
Letzte Zusatzfrage. Bitte.
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, daß es für das Kabinett und die Vorstände der Bundesunternehmen sinnvoll wäre, sich eine Sendung von Hans Rosenthal anzuschauen, in der das Wort „Dalli-Dalli" vorkommt?
Herr Kollege Sperling, diese Kritik kann ich nicht akzeptieren. Die Bundesregierung behandelt am 29. Februar den Berufsbildungsbericht. Das ist der richtige Ort, um die Frage zu klären.
Wir sind am Ende der Fragestunde.
Ich berufe die nächste Sitzung für Donnerstag, den 9. Februar 1984, 9 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.