Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Vor Eintritt in die Tagesordnung habe ich folgende Mitteilung zu machen. Nach einer Vereinbarung im Altestenrat soll die verbundene Tagesordnung um den Zusatzpunkt Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Entlassung des Bundesministers für Wirtschaft - Drucksache 10/798 - ergänzt werden. Ist das Haus damit einverstanden? - Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen.
Dann rufe ich zunächst diesen Zusatzpunkt auf:
Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Entlassung des Bundesministers für Wirtschaft
- Drucksache 10/798 Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Zur Begründung hat das Wort der Herr Abgeordnete Dr. Vogel.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Strafverfahren gegen Bundesminister Graf Lambsdorff hat in der bisherigen Haushaltsdebatte eine erhebliche Rolle gespielt. Das ist nicht verwunderlich. Immerhin ist es das erste Mal in der Geschichte der Bundesrepublik, daß ein Bundesminister unter der Anklage der Bestechlichkeit steht.
Sie, Herr Bundeskanzler, haben versucht, diese Diskussion auf ein Nebengleis zu lenken. Sie haben Angriffe gegen die Strafverfolgungsbehörden gerichtet. Darauf werden Ihnen die dafür Zuständigen die gebührenden Antworten geben.
Sie, Herr Bundeskanzler, und andere Redner der Koalition, insbesondere Herr Bundesminister Genscher, haben sich sodann des langen und breiten dazu geäußert, ob ihnen die Anklage begründet erscheint, ob Graf Lambsdorff schuldig oder unschuldig ist. Herr Bundeskanzler, das ist nicht Ihres Amtes. Das ist allein Sache der Gerichte.
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Sie mischen sich genauso in die Kompetenz der Gerichte ein wie die, die Sie deshalb so heftig kritisieren und die für sich immerhin in Anspruch nehmen können, daß sie die Öffentlichkeit auf Verstrikkungen aufmerksam gemacht haben, aus denen
sich die Parteien aus eigener Kraft über lange Zeit nicht haben lösen können. Was Sie tun, Herr Bundeskanzler, entbehrt jeder Rechtfertigung. Es ist schlimmer als das, was Sie kritisieren,
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weil Sie sich in amtlicher Eigenschaft, weil Sie sich unter Mißbrauch Ihrer Regierungsämter an die Stelle des Gerichts setzen wollen. Das ist mit der Gewaltenteilung unvereinbar.
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Wir tun das nicht.
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Wir respektieren die Zuständigkeit der dritten Gewalt.
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Wir sagen kein Wort dazu, ob Graf Lambsdorff schuldig oder unschuldig ist. Ich wiederhole: Wir halten es für durchaus möglich, daß die Anklage nicht zugelassen wird oder das Verfahren mit Freispruch endet. Ja, ich füge hinzu:
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Wir hoffen es sogar, schon um des Ansehens unseres Staatswesens willen.
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Wir sagen etwas ganz anderes. Wir sagen: Wer unter der Anklage der Bestechlichkeit steht, würde als Beamter sofort des Dienstes enthoben.
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Das ist eine Selbstverständlichkeit für jeden, der im öffentlichen Dienst steht. Für einen Bundesminister müßten eher strengere Maßstäbe, zumindest aber dieselben Maßstäbe gelten.
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Er kann nicht länger im Amt bleiben, und zwar ganz gleich, wie die Anklage im einzelnen begründet ist. Ein angeklagter Bundesminister kann nicht im Amt bleiben, weil das mit unserer politischen Ordnung unvereinbar ist. Er kann nicht im Amt bleiben, weil dadurch das internationale Ansehen der Bundesrepublik Deutschland beschädigt wird. Er kann nicht im Amt bleiben, weil er seine Kraft nicht mehr in dem notwendigen Umfang seinem Ressort widmen kann. Er kann nicht im Amt bleiben, weil er seinen Untergebenen und Gesprächspartnern gegenüber befangen erscheint. Er kann nicht im Amt bleiben, weil der Respekt vor der Integrität unseres parlamentarischen Rechtsstaats seinen Rücktritt verlangt.
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Von den preußischen Tugenden, die einige von Ihnen beständig im Munde führen, völlig zu schweigen.
Ich bedauere, Graf Lambsdorff, daß Sie den befreienden Entschluß nicht selbst gefaßt haben. Wir hoffen jetzt, daß Sie Ihren Rücktritt erklären, wenn Sie in die Anklageschrift Einsicht genommen haben. Sie selbst haben dies in Ihren Erklärungen nicht ausgeschlossen. Unser Antrag nimmt darauf Rücksicht. Er fordert Ihre Entlassung deshalb für den Fall, daß Sie nach Einsichtnahme in die Anklageschrift nicht selbst zurücktreten.
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Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir respektieren mit dieser Fassung unseres Antrags die Position, die nicht nur der Betroffene, sondern auch der Bundeskanzler vorgestern in diesem Hause vertreten hat. Ich sage: Wir respektieren sie; wir teilen sie nicht, wir halten sie sogar für bedenklich und für den Betroffenen für abträglich. Gibt es denn, Herr Bundeskanzler, eine stärkere Vorverurteilung, als wenn Sie zunächst sagen, ob der Minister im Amt bleiben könne, hänge vom Inhalt der Anklageschrift ab, und wenn Sie ihn dann nach Würdigung der Anklageschrift, also der konkreten Tatvorwürfe und der Beweismittel, entlassen? Eine stärkere Vorverurteilung ist doch gar nicht möglich.
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Herr Bundeskanzler, Sie haben sich mit dem, was Sie von dieser Stelle aus erklärt haben, in eine schlimme Sackgasse manövriert. Sie haben Schaden gemehrt, wo es Ihre Pflicht gewesen wäre, durch rechtzeitiges Handeln Schaden abzuwenden.
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Wir begeben uns nicht auf dieses Glatteis. Für uns ist im jetzigen Zeitpunkt allein die Tatsache der Anklage maßgebend, nicht ihr Inhalt.
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Unser Antrag achtet die durch die Gewaltenteilung gezogenen Grenzen. Unser Antrag bringt zum Ausdruck, daß es aus politischen Gründen nicht angeht, gleichzeitig Bundesminister zu sein und unter schwerer Anklage zu stehen. Die Zustimmung zu diesem Antrag, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist ein Gebot parlamentarischer und staatspolitischer Selbstachtung.
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Jeder einzelne von Ihnen, meine Damen und Herren, ist gefordert, sich zu entscheiden.
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Sie sind gefordert, sich zu entscheiden zwischen der Loyalität gegenüber einem - aus welchen Gründen auch immer - in Bedrängnis geratenen Freund und der Loyalität gegenüber einem passiv gebliebenen Bundeskanzler einerseits und der Loyalität gegenüber den Staatsnotwendigkeiten und dem Gemeinwohl andererseits.
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Sie sollten sich für das Gemeinwohl entscheiden.
Wenn Ihnen trotzdem noch Zweifel bleiben, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, dann fragen Sie sich, wie wohl ein Thomas Dehler, ein Theodor Heuss, ein Hermann Ehlers an Ihrer Stelle heute entscheiden würde.
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Bedenken Sie bitte: Nicht die Fraktionen, jeder einzelne von Ihnen ist gefordert in seiner ganz persönlichen Verantwortung.
Ich danke Ihnen.
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Ich eröffne die Aussprache. Meine Damen und Herren, es ist vereinbart, über diesen Antrag nach Beendigung der Aussprache zu den Tagungsordnungspunkten V und IX abzustimmen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Professor Mikat.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Natürlich ist es das gute Recht der Antragsteller, wann immer sie wollen, einen solchen Antrag zu stellen.
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Aber eine ganz andere Frage ist, ob die Antragsteller auch gut beraten sind, wenn sie sich mit einem solchen Antrag auch nur in die Nähe derjenigen begeben, die seit Jahr und Tag ein schwebendes Ermittlungsverfahren zum Anlaß einer geradezu beispiellosen Kampagne genommen haben.
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Das Parlament tut gut daran, wenn es auch nur jeden Anschein einer Vorverurteilung meidet, und da es an Vorverurteilungen jeglicher Art in diesen
Tagen nicht mangelt, muß ein solcher Antrag, mögen die Antragsteller es wollen oder nicht, mögen sie sich dessen bewußt sein oder nicht, geradezu zwangsläufig in den Kontext bereits erfolgter Vorverurteilungen geraten.
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Der Rechtsgrundsatz, daß vor dem Richterspruch keiner für schuldig erklärt werden darf, wird so oft verletzt,
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daß es an der Zeit ist, durch unser Nein zu ihrem Antrag gleichzeitig deutlich zu machen, daß das Parlament auch Wahrer dieses Rechtsgrundsatzes ist.
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Es mag sein, Sie halten Ihren Antrag zu diesem Zeitpunkt für opportun. Und manche Zeichen sprechen dafür, daß Sie sich mit Ihrer Rolle als Opposition zugleich auf die Jagd nach der Opportunität begeben haben.
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Wer Opportunismus für den Komparativ von Opposition hält, der irrt sich.
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Erst vor zwei Tagen, am vergangenen Mittwoch, haben Sie, Herr Dr. Vogel, die mit Ihrem Antrag verfolgte Forderung von dieser Stelle aus bereits gestellt. Der Bundeskanzler hat Ihnen überzeugend geantwortet.
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Der Bundeskanzler hat - das will ich hier ausdrücklich feststellen - das Prinzip der Gewaltenteilung nicht tangiert. Es ist grotesk, ihm das zu unterstellen.
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Es ist grotesk, dem Bundeskanzler zu unterstellen, er habe in die Kompetenz einer Ermittlungsbehörde oder eines Gerichts eingegriffen. Der Bundeskanzler tut doch wohl nicht mehr als seine Pflicht, seine politische und seine menschliche Pflicht, wenn er wenigstens bis zur Zustellung der Anklageschrift wartet. Und wie auch der Bundeskanzler entscheidet, wir sind sicher, Herr Dr. Vogel, er entscheidet pflichtgemäß, unter Abwägung der Umstände, unter Wahrung der Kompetenzen. Wir lehnen Ihren Vorwurf, der Bundeskanzler habe das Prinzip der Gewaltenteilung verletzt - ein ungeheuerlicher Vorwurf - mit Nachdruck ab.
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Herr Dr. Vogel, Sie sind ein viel zu guter Jurist, als daß Sie nicht wüßten - ({10})
- Ja, meine Damen und Herren, da begebe ich mich zu Ihnen in einen Dissens: Ich schätze Herrn Dr. Vogel, auch wenn ich vielfach anderer Meinung bin, als einen vortrefflichen Juristen, wenn auch unsere Meinungen divergieren.
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Aber genau vor diesem Hintergrund ist das so schlimm. Sie wissen doch, Herr Dr. Vogel, was es bedeutet, einem Bundeskanzler oder sonst jemandem Verletzung eines Fundamentalprinzips unserer parlamentarischen Demokratie vorzuwerfen.
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Herr Dr. Vogel, Sie haben hier Ihre Forderung bereits erhoben. Heute aber wollen Sie mehr als nur einen Appell. Heute wollen Sie einen förmlichen Beschluß des Parlaments. Das käme, würde das Parlament Ihnen folgen, wie Ihr Antrag selbst in die Nähe der Vorverurteilungen. Wir lehnen das ab.
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Vor einiger Zeit stellten Sie ähnliche Anträge gegen die Bundesminister Zimmermann und Geißler. Wäre das Parlament Ihren Anträgen gefolgt, was hätte es dann anderes getan, als ein Urteil zu fällen? Das hatten Sie damals ja schließlich auch begehrt: ein politisches Urteil. Nun sagen Sie heute, mit Ihrem Antrag - Sie haben das ja ausgeführt - wollten Sie ausdrücklich kein Urteil fällen. Doch so, wie die Dinge nun einmal liegen, muß Ihrem Antrag dennoch diese Wirkung beigemessen werden. Wir lehnen das ab.
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Hier kann es nicht darum gehen - hoffentlich -, alte Rechnungen zu begleichen. Natürlich weiß ich, daß aus dem Zusammenbruch der sozial-liberalen Koalition bei Ihnen noch einige Posten offen sind. Hier geht es einzig und allein darum, daß wir das Maß an Emotionen, das in der Öffentlichkeit die Ermittlungsaufgaben der Staatsanwaltschaft begleitet hat, nicht seitens des Parlaments noch vergrößern.
In der bisherigen öffentlichen Diskussion - das übersehe ich nicht - wurde das Beispiel des kleinen Kassierers bemüht,
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der bis zum Abschluß eines Verfahrens von seinen Aufgaben entbunden würde, liefe gegen ihn ein Ermittlungsverfahren. Wer dieses Beispiel bemüht, gleich, ob er von einem großen oder kleinem Kassierer spricht, verkennt die Ebenen. Über den in Rede stehenden Kassierer befindet kein Parlament, also kein Verfassungsorgan. Dem Verfassungsorgan Parlament ist in besonderer Weise - das
möchte ich noch einmal betonen - der Grundsatz der Unschuldsvermutung anheimgegeben. Das Parlament kann die Immunität aufheben. Es hat sie in diesem Fall ja auch aufgehoben, um ein Verfahren zu ermöglichen.
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Dann aber sollte es kluge Selbstbescheidung üben und den Beteiligten Abwägung und Entscheidung ihrer Schritte überlassen. Das ist nicht zuletzt auch eine Frage der Selbstdisziplin.
Niemand nimmt richterliche Entscheidung und Urteilsspruch vorweg, wenn er - wie jüngst in dankenswerter Weise Herr Kollege Schmude von Ihrer Fraktion - die persönliche Integrität des Grafen Lambsdorff nachdrücklich bekräftigt.
Persönliche Integrität, das ist ein leicht verletzbares Gut. Sie ist in diesem Komplex in unseren Tagen zu oft angegriffen und nach vielen Richtungen hin - wohlgemerkt: nach vielen Richtungen hin, nicht nur in Richtung auf Graf Lambsdorff - verletzt worden.
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So nehmen wir denn Ihren Antrag auch zum Anlaß, die persönliche Integrität von Graf Lambsdorff ausdrücklich zu bekräftigen.
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Sie mögen einwenden, Ihr Antrag stelle diese nicht in Frage. Sie müssen sich entgegenhalten lassen Umfeld und Klima, denen Ihr Antrag zwangsläufig nicht entrinnen kann.
Entscheidungen, auch und gerade Entscheidungen über diesen Antrag, finden immer in einem bestimmten Klima, in einem bestimmten Umfeld statt.
Zum Umfeld dieses Antrags - darüber gibt es keinen Streit - gehören Vorverurteilungen ebenso wie emotionsgeladene Wertungen. Darum lehnen wir Ihren Antrag ab, nicht weil es ein Antrag der Opposition ist, sondern weil wir davon überzeugt sind, daß der Sache, um die es eigentlich geht, mit diesem Antrag kein guter Dienst erwiesen wird.
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Das Wort hat der Herr Abgeordnete Krizsan.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In den letzten Tagen ist hier und in der Öffentlichkeit von seiten der Regierungsparteien viel von Vorverurteilung die Rede gewesen. Von dem Generalsekretär der CSU wurde sogar schon der Eindruck erweckt, Graf Lambsdorff sei in die Hände einer terroristischen Vereinigung mit Sitz in Düsseldorf gefallen.
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Unabhängig von dieser Entgleisung Tandlers müssen wir GRÜNEN dennoch zugeben, daß wir uns über das frisch erwachte Rechtsbewußtsein der Regierungsparteien freuen, das ja in der Tat ein Novum ist.
Die „Frankfurter Rundschau" vom gestrigen Tage hat dankenswerterweise auf einen Fall von massenhafter Vorverurteilung im Zusammenhang mit der Verfolgung der Baader/Meinhof-Gruppe hingewiesen, die gegen mehrere Strafverteidiger und unbescholtene Personen geführt wurde. Es kommt gleich genauer.
({1})
Eine gerichtliche Klärung konnte damals nicht erreicht werden, weil der damalige Bundesinnenminister Genscher und der damalige Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Herr Kohl, wichtige Aussagegenehmigungen verweigerten. Den gleichen Einsatz bei der Bekämpfung dieser Vorverurteilung seitens dieser Herren hätten wir schon damals sehr gerne gesehen.
Wir nehmen die Ablehnung von Vorverurteilungen seitens der Regierungsparteien zur Kenntnis und werden sie in Zukunft an Ihren Einlassungen in diesem Fall messen.
Wir GRÜNEN werden dem Antrag der SPD auf sofortige Entlassung des Bundeswirtschaftsministers Lambsdorff zustimmen.
({2})
Wir halten es für mit dem Wohle des Staates nicht vereinbar,
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daß der Bundeswirtschaftsminister von seiner politischen Hauptaufgabe, der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, durch die ständige Belastung mit Ermittlungen, Vernehmungen usw. abgehalten wird.
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Wir halten es für das Ansehen dieses Parlaments in der Öffentlichkeit nicht für förderlich,
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daß nach einer Reihe zwiespältiger Entscheidungen -({6})
- hören Sie doch mal zu; ich erinnere hier an die Parteienfinanzierung, die Diätenerhöhung - das Parlament auch noch mit dem Ruch der Korruption belastet wird.
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Wir halten es für das Ansehen der Bundesrepublik im Ausland für katastrophal,
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wenn über ein Mitglied der Bundesregierung behauptet werden darf,
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es habe unklare Geschäfte mit einem Industriekonzern betrieben.
Es geht hier doch nicht um die strafrechtlichen Aspekte, sondern um die politische Verantwortung in dieser Angelegenheit.
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Wir halten die nur durch einen Zufall nach außen gedrungene Flick-Affäre für einen entscheidenden Einschnitt in der Nachkriegsgeschichte der Bundesrepublik, da noch niemals die Verflechtung zwischen Staat und Wirtschaft in diesem Ausmaß deutlich wurde. Wir halten es für moralisch verkommen, einerseits immer wieder auf die Würde dieses Hauses hinzuweisen und sie bereits als gefährdet anzusehen, wenn von seiten der GRÜNEN Bilder von Hiroshima gezeigt werden, andererseits aber einen unter Anklage stehenden Minister als mit dieser Würde vereinbar zu anzusehen.
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- Hören Sie doch erst mal zu und reden Sie dann!
Herr Abgeordneter Klein, ich bitte um Zurückhaltung.
Meine Damen und Herren, lassen Sie die Würde des Hauses nicht zu einer hohlen Phrase Ihrer Sonntagsreden verkümmern,
({0})
sondern sorgen Sie dafür, daß dieser Begriff mit Substanz angefüllt wird. Lassen Sie sich doch bitte nicht als Stimmvieh der Regierung mißbrauchen!
({1})
Folgen Sie lieber den dringlichen Appellen auch Ihnen nahestehender Kreise!
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Lassen Sie uns doch nicht das letzte bißchen Würde, die dieses Hohe Haus noch hat, völlig zerstören!
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Stimmen Sie für die Entlassung des Bundeswirtschaftsministers!
Danke.
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Das Wort hat der Abgeordnete Mischnick.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In den letzten Tagen ist über den Punkt, über den wir hier zu diskutieren haben, viel gesagt, aber auch viel Qualm verbreitet worden. Tatsache ist, daß ein Ermittlungsverfahren laut Beschluß der Staatsanwaltschaft in Bonn seit dem 14. Januar 1982 läuft und nunmehr abgeschlossen ist, daß aber das Ergebnis noch nicht dem Beschuldigten im Wortlaut bis zu dieser Stunde zur Kenntnis gekommen ist.
({0})
Tatsache ist, daß bis heute deshalb von dem Beschuldigten eine Wertung nicht erfolgen konnte.
({1})
Tatsache ist, daß im Gegensatz zu den täglich überall in der Bundesrepublik Deutschland laufenden Ermittlungsverfahren bei diesem Verfahren immer wieder Teile der Ermittlungen, Teile der Aussagen in die Öffentlichkeit gelangten und in verschiedenen Zeitschriften nachzulesen sind.
Tatsache ist, daß - in einem Buch zusammengefaßt - diese „Sickerprodukte" kurz nach der Pressekonferenz der Staatsanwälte
({2})
käuflich zu erwerben sind. Tatsache ist, daß der Wortlaut von Vernehmungen auch von Kollegen dieses Hauses in diesem Buch nachgelesen werden kann.
Tatsache ist, daß sich ein Untersuchungsausschuß des nordrhein-westfälischen Landtags mit den undichten Stellen befaßte. Wie meistens bei solchen Untersuchungen ist ein klares Ergebnis nicht zustande gekommen.
Tatsache ist, daß das zuständige Justizministerium in Nordrhein-Westfalen es nach diesen Erfahrungen mit undichten Stellen im Ermittlungsablauf, wie das bisher bei keinem Ermittlungsverfahren in der Bundesrepublik Deutschland zu beobachten war, nicht für notwendig hielt, wenigstens nach Abschluß der Ermittlungen Vorsorge zu treffen. Warum hat das nordrhein-westfälische Justizministerium nicht sichergestellt, daß die Pressekonferenz der Staatsanwälte erst nach Zustellung der Anklageschrift an alle Beschuldigten stattfand?
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Ich kann mir nicht vorstellen, daß das Justizministerium in Düsseldorf von der Absicht der Abhaltung einer Pressekonferenz nicht unterrichtet worden ist.
({4})
Ich kritisiere, daß sich das zuständige Ministerium trotz aller Erfahrungen der letzten Monate nicht rechtzeitig eingeschaltet hat, nicht - um dieser Deutung vorzubeugen - um das Ermittlungsverfahren zu beeinflussen, sondern um Schaden von der Justiz abzuwenden, der durch den Zeitpunkt und die Art der öffentlichen Darstellung entstanden ist.
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Dies ist nicht die Bewertung, wie wir hier mehrfach gehört haben, wie ich wiederhole, der politischen Freunde von Graf Lambsdorff allein, sondern das entspricht genau der Bewertung eines hessischen Generalstaatsanwaltes, seines Stellvertreters und eines weiteren leitenden Staatsanwalts. Ich setze mich nicht mit den Staatsanwälten auseinander, sondern ich setze mich mit der auf sichtführenden Ministerin auseinander. Sie hat leider keine Gelegenheit genommen, als Bundesratsmitglied zu diesen Fragen in den letzten Tagen hier Stellung zu nehmen.
({6})
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Tatsache ist, daß wir als Parlamentarier nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht haben, diese, wie ich meine, schlimmen Erfahrungen zu diskutieren, damit sie nicht zum Normalfall und damit in Zukunft zum Schaden aller Angeschuldigten
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werden können. Dies festzustellen ist kein unzulässiger Eingriff in unser Rechtssystem, sondern es dient der Bewahrung unseres Rechtssystems, damit die kritisierte Art nicht zum Regelfall des Vorgehens für die Zukunft wird.
({8})
Tatsache ist aber auch, daß aus der Niederschrift und den Berichten über die Pressekonferenz der Staatsanwälte hervorgeht, daß die Staatsanwaltschaft also nicht davon ausgehe, daß diese Vorteile Einfluß genommen hätten, sondern lediglich davon, daß sie hätten Einfluß nehmen können; dies sei ganz entscheidend.
Weiter müsse betont werden, daß nicht davon ausgegangen werden könne, daß mit den qualifizierenden Momenten zwangsläufig auch eine Pflichtwidrigkeit der Angeschuldigten angenommen worden sei. - Ich betone dies alles, weil diese Teile, die ich jetzt bringe, kaum in irgendeiner Veröffentlichung zu lesen waren. ({9})
Man habe keine Anhaltspunkte dafür, daß es sich bei den Zuwendungen um Vorteile gehandelt habe, die von den Betroffenen in die eigene Tasche geleitet worden seien. Die Staatsanwaltschaft gehe überhaupt nicht von einem eigennützigen Verhalten aus; es sei auch zu keiner Zeit erwogen worden, dies zu unterstellen. Die Staatsanwaltschaft sei nicht von einem pflichtwidrigen Verhalten der Amtsträger ausgegangen; anderenfalls hätte man die Geschehnisse auch unter anderen Gesichtspunkten gewürdigt. Die Staatsanwaltschaft gehe - auf Zusatzfragen - nicht davon aus, daß die Gelder eigennützig verwandt worden seien. Man lege sehr großen Wert auf die Feststellung, daß die Angeschuldigten jedes Verschulden bestreiten; insbesondere werde bestritten, daß man irgendwelches Geld entgegengenommen habe. Wenn man schon versucht, über das, was in der Pressekonferenz gesagt worden ist, Urteile oder Vorurteile zu bilden, sollte man alle Punkte, die dort festgestellt worden sind, zur eigenen Urteilsbildung mit einbeziehen.
Tatsache ist, daß der Bundesminister für Wirtschaft, Graf Lambsdorff, immer erklärt hat, daß er nach Kenntnis der Anklageschrift mit dem Bundeskanzler und mit dem Vorsitzenden der Freien Demokraten, Hans-Dietrich Genscher, über seine und seiner Anwälte Bewertung sprechen wird und danach seine Entscheidungen treffen wird. Dies gilt für jedes Stadium des Verfahrens.
({10})
Da dies nie unklar war, ist Ihr Antrag völlig überflüssig.
({11}) Er wird von uns abgelehnt.
Wir kennen Graf Lambsdorff als einen aufrechten Mann, der zu seinem Wort, zu seiner Sache steht. Glauben Sie ernstlich, daß ein Mann, der sich schuldig fühlen würde, in diesem Parlament seine Sache, seine Wirtschaftspolitik mit dieser Energie und Überzeugungskraft vertreten könnte? Das kann nur ein Mensch, der innerlich von seiner Unschuld überzeugt ist.
({12})
Unser Grundsatz, nur Gerichte entscheiden über Schuld und Unschuld, nicht Presse, nicht Ankläger, auch nicht Mehrheitsverhältnisse von Parlamenten, wird von uns jederzeit und gegenüber jedermann durchgehalten,
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wie in der Vergangenheit so heute, so auch in Zukunft. Wir Freien Demokraten stehen zu unserer liberalen Rechtsauffassung ohne Rücksicht auf die Person,
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ganz gleich, zu wem sie gehören, ganz gleich, ob sie in Opposition oder Regierung sind. Für uns gilt der Mensch, der hier im Vordergrund steht, und zu dem stehen wir.
({15})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht mehr vor. Ich schließe die Aussprache.
Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, muß ich mich mit einem Zwischenruf befassen, der unter dem Vorsitz des Herrn VizepräsidenVizepräsident Stücklen
ten Westphal gefallen und hier noch zu behandeln ist.
Der Herr Abgeordnete Conradi, hat auf ein Mitglied des Hauses bezogen, den Zwischenruf gemacht: „Arroganter Schnösel".
({0})
Ich rufe Sie, Herr Abgeordneter Conradi, zur Ordnung.
({1})
Ich rufe die Tagesordnungspunkte IV a und b auf:
a) Beratung der Sammelübersicht 17 des Petitionsausschusses ({2}) über Anträge zu Petitionen
- Drucksache 10/667 -
b) Beratung der Sammelübersicht 18 des Petitionsausschusses ({3}) über Anträge zu Petitionen
- Drucksache 10/703 Wird das Wort hierzu gewünscht'? - Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer den Beschlußempfehlungen des Petitionsausschusses, die in den Sammelübersichten 17 und 18 enthaltenen Anträge anzunehmen, zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Diese Übersichten sind mit Stimmenthaltungen aus dem Bereich der GRÜNEN angenommen.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte V bis IX auf:
V. Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1984 ({4})
- Drucksachen 10/280, 10/534, 10/631 bis 10/659 VI. Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen zur Entlastung der öffentlichen Haushalte und zur Stabilisierung der Finanzentwicklung in der Rentenversicherung sowie über die Verlängerung der Investitionshilfeabgabe ({5})
- Drucksachen 10/335, 10/347, 10/690 VII. Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und zur Einschränkung von steuerlichen Vorteilen ({6})
- Drucksache 10/336, 10/345, 10/348, 10/686 VIII. Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer durch Kapitalbeteiligungen ({7})
- Drucksachen 10/337, 10/349, 10/724 IX. Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über eine Investitionszulage für Investitionen in der Eisen-und Stahlindustrie ({8})
- Drucksachen 10/338, 10/346, 10/350, 10/677 Zusammen mit diesen Gesetzentwürfen liegen Ihnen Entschließungsanträge auf folgenden Drucksachen vor: 10/738 ({9}), 10/741 ({10}), 10/746, 10/752, 10/753, 10/760, 10/768, 10/772 und 10/793.
Meine Damen und Herren, nach einer Vereinbarung im Ältestenrat ist eine gemeinsame Beratung der Tagesordnungspunkte V bis IX und eine Aussprache von vier Stunden vorgesehen. Ist das Haus damit einverstanden? - Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Es ist damit so beschlossen.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Apel.
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Meine sehr verehrten Damen und Herren, darf ich bitten, daß die Damen und Herren, die hier im Plenum sind, ihre Plätze einnehmen. Ich hoffe, daß wir diese vier Stunden mit dem der Situation der Haushaltsberatung angemessenen Ernst in aller Ruhe debattieren.
Bitte sehr, Herr Abgeordneter Apel.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Konjunkturhimmel für 1984 hellt sich auf, zumindest auf dem Papier. Die Gutachter, die Bundesbank, die Bundesregierung melden uns für 1984 verbesserte wirtschaftliche Erwartungen. Wir Sozialdemokraten wünschen eine kräftige Belebung der Wirtschaftstätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland. Es wäre wichtig, wenn der wirtschaftliche Aufschwungprozeß weltweit vorankommen würde und die Armut in der Dritten Welt wenigstens nicht weiter zunähme.
({0})
Wir befürchten jedoch - und dafür gibt es gute Gründe -, daß es sich bei diesen Prognosen um Zweckoptimismus handelt. Aber, meine Damen und Herren, ich werde mich in der dritten Lesung mit diesem Streit nicht aufhalten. Die Bundesregierung erklärt die prognostizierte Entwicklung als Ergebnis ihrer Politik. Herr Dr. Stoltenberg hat gestern gesagt, man werde im Jahre 1984 die Früchte der Politik ernten. Im übrigen eine Fußnote, Herr Dr. Stoltenberg: An ihren Früchten wird man Sie erkennen, insbesondere bei der unsozialen Umverteilungspolitik Ihrer Koalition.
({1})
Der Bundesregierung sind die internationalen Risiken für den Fortgang der Wirtschaftsentwicklung bekannt: das weiterhin überhöhte Zinsniveau, die Krise der internationalen Verschuldung, die ge3268
fahren wachsenden Protektionismus. Die Bundesregierung kennt die nationalen Problemfelder. Sie hat das zentrale Problemfeld selbst geschaffen, indem sie im nächsten Jahr wirksame kaufkräftige Nachfrage rigoros wegstreicht. Sie kennt die schweren Verwerfungen bei Kohle, Stahl, Werften, die anhaltende Arbeitslosigkeit, die Unsicherheit bei der weiteren Entwicklung der privaten Investitionen, und die Bundesregierung ist maßgeblich mitverantwortlich für den Zusammenbruch der gemeindlichen Investitionen.
({2})
Meine Damen und Herren, nun ist die Bundesregierung in der Verpflichtung, im Obligo. Die Bundesregierung, Herr Dr. Stoltenberg, muß nun das an Wirtschaftsaufschwung bringen, was sie in diesen Tagen selbst triumphierend verkündet hat. Sie kann sich nicht im Laufe des kommenden Jahres auf die Ausrede zurückziehen, nun sei doch alles ganz anders gekommen. Die Fakten und die Risiken sind bekannt. Wenn die Bundesregierung dennoch nicht handelt, trägt sie die Verantwortung. Gesundbeten kann aktive Wirtschafts- und Finanzpolitik nicht ersetzen.
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Meine Damen, meine Herren, wir alle zusammen dürfen vor allem die großen Risiken nicht übersehen, die sich für unser Land aus der weltweiten Krise ergeben, die durch die Überschuldung vieler Länder entsteht. Die internationalen Institutionen weisen darauf hin, daß die Industrieländer Jahr für Jahr mindestens ein wirtschaftliches Wachstum von real 2,5 % haben müssen und daß die Industrieländer den Entwicklungsländern ihre Märkte öffnen müssen. Ferner sagen die Experten, daß die Zinsen weltweit deutlich sinken müssen.
Da habe ich allerdings große Zweifel, ob wir diese Bedingungen zur Eindämmung der weltweiten Verschuldungskrise so ohne weiteres als gegeben ansehen dürfen. Im Gegenteil, die unvernünftige US-Haushaltspolitik wird auch weit über das Jahr 1984 hinaus das internationale Zinsniveau hochhalten. Deswegen muß die Bundesregierung, muß der Bundesminister der Finanzen viel entschiedener als bisher auf eine Änderung dieser folgenschweren und verfehlten US-Politik drängen.
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Nun werden Sie, meine Damen, meine Herren, fragen: Was können wir denn tun? Herr Dr. Stoltenberg, lesen Sie die „Financial Times" von heute morgen; dort wird eine Unterhausdebatte wiedergegeben. Da können Sie nachlesen, wie die britische Premierministerin, Frau Thatcher, mit aller Härte und mit aller Deutlichkeit die US-Politik kritisiert und für die fehlende Investitionsbereitschaft in ihrem Land, die durch den Abzug von Sparkapital aus England in die USA zur Finanzierung einer verfehlten Überrüstungspolitik verursacht wird, verantwortlich macht. Sagen Sie hier Ähnliches, und Sie tun Ihre Pflicht!
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Meine Damen und Herren, vor allen Dingen braucht die Weltwirtschaft Vertrauen. Der Zusammenbruch einer deutschen Privatbank, der SMHBank, hat beträchtliche nationale und internationale Besorgnisse ausgelöst. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion fordert deswegen den Bundesfinanzminister auf, endlich - endlich! - sein Versprechen einzulösen und dem Parlament ohne Zeitverzug eine Novelle zum Kreditwesengesetz vorzulegen.
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Dabei müssen die Konsequenzen aus dem letzten Bankenkrach voll berücksichtigt werden.
Herr Dr. Stoltenberg, die SPD-Bundestagsfraktion sichert Ihnen eine schnelle und sachgerechte Beratung zu, denn wir können uns in dieser nervösen Zeit keinen Schwund des Vertrauens in unser Kreditgewerbe leisten.
Es wird wahrscheinlich ein bescheidenes Wirtschaftswachstum geben. Aber wird es zu einem selbsttragenden Aufschwung kommen? Hat die Bundesregierung für diesen selbsttragenden Aufschwung die nötigen Daten gesetzt? Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion kommt zu dem Ergebnis, daß sie das nicht getan hat. Der Bundesregierung fehlt doch - dies wurde in den Debatten in der zweiten Lesung deutlich - jede Vorstellung davon, wie es weitergehen soll.
Sie selbst, Herr Dr. Stoltenberg, rechnen doch im Finanzplan des Bundes von 1983 bis 1987 mit einer anhaltend hohen Massenarbeitslosigkeit von weit mehr als 2 Millionen Menschen. Damit wird doch deutlich, vor welcher Herausforderung unser Land steht. Die wirtschaftspolitische Debatte in diesem Lande ist doch schon so degeneriert, daß bereits eine geringere Zunahme der Arbeitslosigkeit als Wende, als großer Sieg der Wirtschafts- und Finanzpolitik, gefeiert wird.
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Mit Wende und mit aktiver Wirtschaftspolitik hat das allerdings überhaupt nichts zu tun.
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Hans Mundorf bezeichnet das im „Handelsblatt" so - ich zitiere -:
Wer einen toten Fuchs gefunden hat und ihm das Fell abzieht, muß deswegen noch kein großer Jäger sein.
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Hans Mundorf fährt fort:
Man stelle sich vor, die amerikanische Konjunktur wäre nicht angesprungen. Die OPEC-Länder befänden sich nicht in dem jetzigen desolaten Zustand und könnten die Erdölpreise
erhöhen. Die internationale Zinsentwicklung wäre weiterhin ungünstig verlaufen. Dann gäbe es auch nicht die zu erwartenden Konjunkturkeime in der Bundesrepublik.
- und Mundorf sagt -: Wende hin, Wende her.
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Das Urteil der wirtschaftswissenschaftlichen Institute ergänzt doch diese Analyse. Sie weisen darauf hin, daß in diesem Jahre eine überreichliche Geldversorgung durch die Bundesbank gewährleistet wurde. Die Sachverständigen weisen darauf hin, daß jetzt die Investitionszulage wirksam wird, die die sozialliberale Koalition beschlossen hat. Sie weisen darauf hin, daß das zeitlich begrenzte Wohnungsbauprogramm wirksam ist. Nur, meine Damen und Herren: Diese Elemente des Anstoßes - um auf den Zwischenruf einzugehen - verlieren zwangsläufig an Wirkung. Neue Daten setzt die Bundesregierung nicht, um die bescheidenen Ansätze wirtschaftlicher Besserung zu stabilisieren und zu stärken.
Nach der gestrigen Rede von Herrn Dr. Stoltenberg habe ich auch den Eindruck, daß Selbstgerechtigkeit und tatenloses Hoffen auf bessere Zeiten an die Stelle aktiver Wirtschafts- und Finanzpolitik treten.
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Wir Sozialdemokraten wissen, daß die Haushaltskonsolidierung unabdingbar ist. Herr Dr. Stoltenberg, Sie sollten aufhören, wider besseres Wissen zu behaupten - so gestern geschehen -, die Sozialdemokraten wollten die Beschäftigung in diesem Lande durch neues Schuldenmachen bessern.
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Dies ist unwahr. Sie haben gestern die Unwahrheit gesagt.
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Herr Abgeordneter Apel, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Glos? - Bitte.
Herr Dr. Apel, wären Sie bereit, dem Haus in dem Zusammenhang einmal darzulegen, bei welcher Bundesverschuldung Sie als Finanzminister Ihr Amt angetreten haben und bei welcher Bundesverschuldung Sie Ihr Amt wieder abgegeben haben?
({0})
Herr Glos, ich weiß zwar nicht, was die Frage mit meiner Aussage zu tun hat, aber ich will Ihnen gern eine Antwort geben: Von 1974 bis 1978, in Jahren einer tiefen Rezession, habe ich niemals so viel Schulden gemacht wie Herr Dr. Stoltenberg in diesem Jahre.
({0})
Meine Damen und Herren, durch die Politik der Finanzminister Matthöfer und Lahnstein zum Abbau struktureller Haushaltsdefizite - das können Sie hier nicht bestreiten; das schreiben Sie in Ihren eigenen Berichten -, können im Bundeshaushalt 1984 20 Milliarden DM eingespart werden. Aber - das unterscheidet uns von Ihnen - die Konsolidierung der Staatsausgaben muß in die jeweilige konjunkturelle Lage eingepaßt sein.
({1}) Sie muß längerfristig angelegt sein.
Die von der Bundesregierung vorgesehene Haushaltskonsolidierung wird die konjunkturelle Entwicklung im nächsten Jahre bremsen. Dies sagen alle Sachverständigen; dies können Sie nicht bestreiten. Das ist im übrigen ein Grund, warum wir diese Politik ablehnen.
Entscheidender aber ist, daß Sie die Lasten ungleich verteilen,
({2})
daß Sie den elementarsten Gesetzen sozialer Gerechtigkeit zuwiderhandeln. Dies ist der entscheidende Grund für die sozialdemokratische Bundestagsfraktion, warum wir uns Ihrer Politik widersetzen müssen.
({3})
Im übrigen, Herr Dr. Stoltenberg - ich wende mich auch an die Finanzpolitiker der CDU/CSU -: Wenn Sie so stolz darauf sind und feiern, daß Sie die Nettokreditaufnahme für 1984 gegenüber dem Haushaltsentwurf, der vor einigen Monaten eingebracht wurde, absenken konnten, dann bleibt doch festzustellen, wie das zustande gekommen ist.
Sie haben sich weitere 2,5 Milliarden DM aus der Kasse der Deutschen Bundesbank geholt, und für 700 Millionen DM haben Sie einen Teil der VEBA verscherbelt. Also, ich bitte Sie, diese Art weiterer Haushaltskonsolidierung bietet doch keinen Anlaß zur Selbstzufriedenheit, im Gegenteil.
({4})
Schauen wir uns den vorliegenden Entwurf des Bundeshaushalts 1984 in einzelnen Positionen einmal genauer an: Sie beabsichtigen eine Nettokreditaufnahme von 33,6 Milliarden DM. Aber vergessen Sie bitte nicht: Sie liegt auch deshalb nicht höher, weil die Koalition die Hilfen für Kohle, für Stahl und für die Werften so begrenzt, daß zusätzliche Einbrüche in der Beschäftigung in diesen Branchen unvermeidlich sind.
({5})
Doch Sie verweigern ja nicht nur Hilfe zur Selbsthilfe, es fehlen Ihnen die wirtschaftspolitischen
Konzepte, um die Rahmenbedingungen für die Zukunft,
({6})
vor allem in unserer Stahlindustrie, so zu verbessern, daß wir nicht von unfairem Subventionswettbewerb unserer Nachbarn erschlagen werden.
({7})
Mein Kollege Hajo Hoffmann und andere haben den Schrumpfplan der Bundesregierung für die Deutsche Bundesbahn bereits kritisch gewürdigt. Wir lehnen diese Art von negativer Sanierung ohne Perspektive ab.
({8})
Im übrigen, Herr Dr. Stoltenberg, sind wir uns da mit der bayerischen Landesregierung einig; denn Herr Dollinger hat einige Probleme bekommen, als er wegen dieses Plans nach Bayern zitiert wurde.
({9})
Vor allem kann aber - und das ist das Entscheidende - die Bundesregierung doch nicht den Vorstand der Deutschen Bundesbahn im Regen stehen lassen, ihm die schwierige Aufgabe der Konsolidierung der Bahn überlassen und gleichzeitig der Deutschen Bundesbahn mitteilen, über zusätzliche Finanzen, insbesondere für den Weiterbau der dringend erforderlichen Neubaustrecken, und über weitere finanzielle Hilfen für die Bahn werde erst im Zusammenhang mit dem Bundeshaushalt 1985 entschieden.
Man kann also auch dadurch die Nettokreditaufnahme des Jahres 1984 drücken, daß man Ansprüche an den Bundeshaushalt 1984 in künftige Jahre verschiebt.
({10})
Das ist nicht seriös, Herr Dr. Stoltenberg.
({11})
Wir Sozialdemokraten sagen Ihnen und den Verkehrspolitikern der Koalition: Die Bahn hat keine gute Zukunft, wenn an die Stelle rationaler Verkehrspolitik der finanzpolitische Verschiebebahnhof tritt.
({12})
Der Athener Gipfel liegt hinter uns. Ergebnisse hat es nicht gegeben. Erstaunt darüber sind wir nicht. Aber wie soll es nun weitergehen? Welche Konzepte hat die Bundesregierung zur Rettung der Europäischen Gemeinschaft? Werden wir nicht am Ende gezwungen sein, zu zahlen, auch deswegen, weil die Bundesregierung ihre Führungsaufgabe im Bereich der EG-Agrarpolitik nicht wahrnimmt?
({13})
Mich hat es schon einigermaßen erstaunt, was Sie, Herr Kiechle, gestern abend spät hier zur Agrarpolitik gesagt haben.
({14})
Der Bundeskanzler hat nach dem Athener Gipfel mit fröhlicher Offenheit zugegeben, daß ihm die Probleme auf dem Gipfel über den Kopf gewachsen seien.
({15})
„Le Monde" berichtet in der gestrigen Ausgabe, daß Kanzler Kohl in Athen keine gute Figur gemacht habe. Und „Le Monde" fügt hinzu, daß die Beobachter der Konferenz der Meinung seien, daß sich die Dinge anders entwickelt hätten, wenn Helmut Schmidt mit seiner Autorität und seiner Kompetenz unser Land vertreten hätte.
({16})
Aber sei es, wie es sei: Die Bundesregierung muß sich entscheiden. Sie wird entweder zum Zahlmeister, oder sie muß handeln und in Europa politische Führung übernehmen. Sonst türmt sich doch für Sie, Herr Dr. Stoltenberg, für 1984, spätestens für die folgenden Jahre, ein gewaltiges Haushaltsrisiko auf. Wir erwarten deshalb von der Bundesregierung, daß sie auch künftig eine Anhebung der Mehrwertsteuerzahlungen nach Brüssel so lange verweigert, bis Brüssel seine EG-Agrarpolitik grundlegend revidiert hat.
({17})
Herr Dr. Stoltenberg, Sie können auf unsere Unterstützung rechnen, wenn Sie fest bleiben. Sie wissen genauso gut wie ich, daß allein die Vorschläge der EG-Kommission, den EG-Mehrwertsteueranteil auf 1,4 Prozentpunkte zu erhöhen, den Bundeshaushalt jährlich um zusätzlich 4 Milliarden DM belasten würde.
Die Sachverständigen erwarten von der Bundesregierung, daß sie negativen Tendenzen für unsere Konjunkturentwicklung aus der überzogenen Haushaltskonsolidierung des Jahres 1984 durch überzeugende Perspektiven ihres wirtschafts- und finanzpolitischen Handelns überwindet. Die Sachverständigen sagen damit: Vertrauen auf die Zukunft soll wirtschaftliche Schwierigkeiten und ausfallende kaufkräftige Nachfrage im Jahre 1984 ausgleichen.
({18})
Wir fragen uns: Verfügt die Bundesregierung über
diese überzeugenden Perspektiven? Weiß sie, was
sie will? Ist es ihr klar, wohin die Reise gehen soll?
({19})
- Bei genauem Hinsehen, Herr Dr. Dregger, kommen wir zu der Überzeugung, daß nichts klar ist. Es
ist nur eines klar, nämlich daß die kleinen Leute die Zeche der Anpassung bezahlen sollen.
({20})
Herr Dr. Dregger, wie soll denn die Finanzpolitik über 1984 hinaus entwickelt werden?
Welche Antworten gibt die Bundesregierung zur Steuerpolitik? Wie sollen die zunehmenden Schwierigkeiten bei den Gemeindefinanzen überwunden werden? Welche Vorstellungen hat die Bundesregierung beim Abbau der Subventionen, bei der Neustrukturierung der Staatsausgaben? Welchen Zielen soll die Privatisierung des Bundesvermögens dienen? Das sind Fragen, die über das Jahr 1984 hinaus für die weitere wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes von zentraler Bedeutung sind. Antworten bleiben aus. Die Finanzpolitik dieser Regierung wird zu einem Verschiebebahnhof dringend gebotener Entscheidungen. Damit geht es dann auch um die Kompetenz und um die Kompetenzen des Bundesfinanzministers.
Lassen Sie mich die Fragen und Positionen im einzelnen betrachten. Ich beginne mit der Frage der Lohn- und Einkommensteuersenkung. Die Bundesregierung will den Bundeshaushalt konsolidieren. Die Nettokreditaufnahme im Jahre 1986 soll auf 27,6 Milliarden DM begrenzt werden. Wir fragen den Bundesminister der Finanzen, wie er sich zur Forderung des Präsidiums der FDP vom 24. November 1983 stellt, daß die Tarifreform für die Lohn-und Einkommensteuer bereits zum 1. Januar 1986 in Kraft treten soll. Herr Dr. Stoltenberg, Ihnen wird sicherlich nicht entgangen sein, daß der bayerische Finanzminister - auch im Namen der Staatsregierung und der CSU - diese Forderung der FDP ausdrücklich unterstützt hat. Die daraus für den Haushalt entstehende Problematik wird mit dem lapidaren Satz abgetan: Das Geld ist in den Händen der Bürger und der Wirtschaft besser aufgehoben als beim Staat. - Es wird hinzugefügt: Wenn die Nettokreditaufnahme etwas erhöht werden müsse, müsse man das hinnehmen. So die FDP und ihr Wirtschaftsminister. Jawohl, Herr Hoppe, dies ist die Begründung Ihres Parteipräsidiums gewesen. Man kann nicht dort so beschließen und die Dinge hier anschließend etwas verniedlichen und relativieren. So kann man Politik nicht machen, wenn man glaubwürdig bleiben will.
({21})
Herr Stoltenberg, Sie haben gestern eine klare Absage an diese Forderungen aus Bayern und von der FDP vermissen lassen. Das schwächt den Anspruch, der Haushaltskonsolidierung Vorrang zu geben. So sind wir doch weiterhin in der Gefahr, daß die mittelfristige Finanzplanung des Bundes durch den Koalitionspartner FDP und durch Querschüsse aus Bayern zur Makulatur wird. Wir fordern Sie auf, heute noch Klarheit zu schaffen: Wann wollen Sie die Lohn- und Einkommensteuer senken? Wieviel darf diese Operation kosten? 20 Milliarden DM Einnahmeausfall sind ja wohl das mindeste. Soll - diese Fragen stellen sich im Zusammenhang mit der Finanzierung - bei dieser Tarifreform die Nettokreditaufnahme von Bund, Ländern und Gemeinden auf neue Rekordhöhen emporschnellen? Wollen Sie, Herr Dr. Stoltenberg, etwa erneut die Mehrwertsteuer erhöhen? Sie haben das gestern in Ihren Bemerkungen vor dem Deutschen Bundestag zumindest nicht ausgeschlossen.
Wir halten allerdings folgendes fest. In dieser Woche, am 6. Dezember 1983, hat Ihr Staatssekretär Dr. Häfele, der allerdings für rasante steuerpolitische Wendemanöver bekannt ist, jede Mehrwertsteuererhöhung zur Finanzierung der Lohn- und Einkommensteuersenkung ausgeschlossen. An dieser Aussage, Herr Dr. Stoltenberg, werden wir Sie festhalten, auch wenn wir mit Bedauern feststellen, daß andere so für Sie Daten setzen und Ihren eigenen Handlungsspielraum einschränken.
({22})
Wir Sozialdemokraten erkennen die Notwendigkeit, den Steuerzahlern entgegenzukommen. Deshalb fordern wir die Bundesregierung auch auf, endlich bei sich selbst Klarheit zu schaffen. Aber eines ist für uns unabdingbar: CDU/CSU und FDP haben durch massive Erhöhungen der Abgaben zur Sozialversicherung - allein dreimal in zwölf Monaten ({23})
die kleinen und mittleren Einkommen über Gebühr belastet. Deshalb müssen diese bei einer Lohnsteuerreform steuerlich ganz besonders entlastet werden.
({24})
Die Bundesregierung, Herr Dr. Stoltenberg, muß auch Klarheit schaffen, ob sie die Unternehmensteuern noch weiter abbauen will. Ministerpräsident Albrecht - nicht irgendwer, der irgendwelche Papiere schreibt - hat doch über die von Ihnen bereits heute zu beschließende massive Absenkung der Gewerbesteuer und Vermögensteuer hinaus eine weitere Senkung der Unternehmensteuern um 20 % gefordert. Ich weiß, andere Politiker der Union widersprechen ihm. Sie sagen, die Senkung der Lohn- und Einkommensteuer sei vorrangig. Aber ich frage mich dennoch: Was gilt? Denn Herr Dr. Dregger, der Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU, hat am Ende der parlamentarischen Sommerpause, also vor kurzem, folgendes erklärt - ich zitiere wörtlich; Sie, Herr Dr. Dregger -:
Die Unternehmen müssen steuerlich entlastet werden, um ihre Investitionsfähigkeit und -bereitschaft zu erhöhen.
({25})
Aber nun kommt der entscheidende Satz:
Der mit Korrekturen bei der Gewerbe- und Vermögensteuer eingeschlagene Weg muß fortgesetzt werden.
({26})
Das heißt, der Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU sagt hier eindeutig, daß dieser Weg fortgesetzt werden müsse.
({27})
- Herr Dr. Dregger, wenn Sie alle drei Tage etwas Neues sagen,
({28})
ist es mir nicht möglich, Ihren Kurskorrekturen zu folgen. Nur, das, was Sie zu Beginn der Sommerpause quasi als Marschbefehl für die nächste Zeit an alle Mitglieder Ihrer Fraktion gesandt haben, spricht eine klare Sprache.
({29})
Wenn Sie heute sagen, Sie seien zu besseren Einsichten gekommen, ist das ja in Ordnung.
({30})
Der Finanzminister - so habe ich ihn verstanden
- hat gestern im Deutschen Bundestag der Lohn-und Einkommensteuer Vorrang eingeräumt.
({31})
Herr Finanzminister, wir verstehen das so, daß Sie keine weiteren Senkungen der Unternehmensteuern in dieser Legislaturperiode vorhaben. Sie haben allerdings zu einem früheren Zeitpunkt in einem Interview diese Zusage nur für 1984 gegeben. Wir erwarten, Herr Dr. Stoltenberg, noch heute in dieser Debatte auch insoweit Klarheit und keine finanzpolitischen Orakel.
Im übrigen ist die Position der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion eindeutig. Wir lehnen die von der Koalition vorgeschlagene Senkung der Vermögensteuer und die vielfältigen, nach dem Gießkannenprinzip beschlossenen Abschreibungserleichterungen ab.
({32})
Sie sind eben kein Beitrag zur Konjunkturstabilisierung. Sie sind ein Beitrag zur steuerlichen Ungleichgewichtung, die sich nur noch verstärkt. Dazu einige wenige Zahlen.
Die typischen Unternehmensteuern - Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, Vermögensteuer - machten 1952 noch 26 % des Steueraufkommens aus. Heute sind es gerade noch 14 %. Die Lohnsteuer erbrachte 1952 11 %; heute bringt sie 33 %.
({33})
- Dieses ist unsere gemeinsame Politik. Ich stelle dies fest. Aber damit muß doch klar sein, daß dieser Weg nicht weiter beschritten werden kann.
({34})
Herr Kollege Eigen, wir kommen doch langsam in die merkwürdige Situation, daß der Ertrag der typischen Unternehmensteuern sich immer mehr der Summe nähert, die die Unternehmen als Steuersubventionen oder als direkte Subventionen vom Staat erhalten. Dies ist doch eine unmögliche Situation. Dieser Weg muß gestoppt werden.
({35})
Wir lehnen deshalb die Senkung der Unternehmensteuern ab. Diese Steuergeschenke veranlassen doch keinen Unternehmer zum Investieren, erst recht nicht zur Schaffung neuer Arbeitsplätze.
({36})
Die Bundesregierung macht hier nur eines: sie verschenkt Einnahmen der öffentlichen Hände, milde Gaben treten an die Stelle zielgerichteter Steuerpolitik.
({37})
Vor wenigen Tagen, am 24. November dieses Jahres, hat der Präsident des Deutschen Städtetags darauf aufmerksam gemacht, in welch großen Schwierigkeiten sich Städte und Gemeinden insbesondere in Nord- und Westdeutschland befinden. Wir können doch nicht daran vorbeisehen, daß die Investitionen der Gemeinden seit 1980 real um mehr als ein Drittel zurückgegangen sind. Da die Gemeinden etwa 70% aller öffentlichen Investitionen vornehmen, hat das verheerende Wirkungen für die Beschäftigung im Tiefbau und im Hochbau. Günther Herion, der Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, spricht von einem bedrohlichen Auftragsmangel bei den Unternehmen, die von öffentlichen Auftraggebern abhängig sind. Er fügt hinzu: Beim Tiefbau wird die Situation inzwischen lebensbedrohend.
Deswegen brauchen die Gemeinden eine Verstärkung ihrer Finanzkraft. Sie haben einen Anspruch darauf, daß die Bundesregierung ihnen die Steuerausfälle erstattet, die durch die Steuersenkungen der Bundesregierung, insbesondere bei der Gewerbesteuer, aber indirekt auch bei der Vermögensteuer, entstehen.
({38})
Meine Damen und Herren von der Koalition, Sie treffen die Gemeinden ja von einer zweiten Seite. Durch die skandalöse Absenkung der sozialen Leistungen durch Ihre Beschlüsse explodieren die Ausgaben für die Sozialhilfe bei den Gemeinden.
({39})
Unwidersprochen hat der Deutsche Städtetag in der Anhörung des Haushaltsausschusses zum Steuerentlastungsgesetz 1984 darauf hingewiesen, daß die unmittelbaren Steuerverluste bei den Gemeinden - nur die unmittelbaren! - durch die törichte Steuersenkungspolitik dieser Koalition 1984 eine halbe Milliarde ausmachen werden, mit schnell steigender Tendenz in den nächsten Jahren.
Das muß doch riesige Löcher in die Gemeindefinanzen reißen, das muß doch den Aufschwung behindern, das muß doch zu einer weiteren Einschränkung sozialer Leistungen bei den Gemeinden führen!
Herr Dr. Stoltenberg, ich fordere Sie auf, Ihr Versprechen zu halten und die von Ihnen bewirkten Steuerausfälle bei Ländern und Gemeinden voll auszugleichen.
({40})
Die Bundesregierung muß handeln. Herr Dr. Stoltenberg, wo ist denn das Konzept der Bundesregierung zur Sanierung der Gemeindefinanzen? Die SPD hat ihr Konzept vorgelegt. Wir wollen die Gewerbesteuer so reparieren, daß die Gemeinden so lange mit ihr leben können, bis ein neuer Ansatz für die Gemeindefinanzen gefunden ist. Wir wollen die Finanzausstattung der Gemeinden so verbessern, daß die öffentlichen Investitionen wieder flott werden. Wir wollen die vom Wissenschaftlichen Beirat des Finanzministers empfohlene und vom Sachverständigenrat geforderte Wertschöpfungsteuer durch eine Sonderkommission auf ihre Verwendbarkeit für die notwendige Gemeindefinanzreform prüfen lassen. Wann wird die Bundesregierung über ihre Vorstellungen sprechen'? Wie beurteilt der Bundesminister der Finanzen die Empfehlung seines eigenen Wissenschaftlichen Beirats, die Wert-schöpfungsteuer einzuführen'?
({41})
Wie steht der Bundesminister der Finanzen zur Empfehlung des Sachverständigenrates, die Wertchöpfungsteuer einzuführen? - Der Bundesfinanzminister schweigt. Er spielt die Schwierigkeiten und die kritische Lage der Gemeindefinanzen herunter. Er ersetzt Politik durch Lyrik. Herr Dr. Stoltenberg, mit einer konstruktiven, in die Zukunft weisenden Finanzpolitik hat dieses Verhalten aber auch überhaupt nichts zu tun.
({42})
Die Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Zwangsanleihe wachsen von Woche zu Woche. Mit schöner Regelmäßigkeit ruft ein Finanzsenat nach dem anderen wegen dieses, wie es Heinz Heck in der „Welt" schreibt, „Bonner Wendebalgs"
({43})
das Verfassungsgericht an.
Herr Dr. Stoltenberg, Beratungen der Koalition haben doch bewiesen, daß es möglich sein müßte, an die Stelle der Zwangsanleihe eine Ergänzungsabgabe zu setzen. Nur so können Sie diesen Steuerbastard endgültig aus der Welt schaffen. Rund 500 Millionen DM bringt diese Zwangsanleihe im Jahre 1983. Das ist doch kein Betrag, Herr Dr. Stoltenberg, der Sie besonders zufrieden machen kann. Sie laufen aber ein politisches Risiko. Warum widersetzen Sie sich einer Ergänzungsabgabe an Stelle einer Zwangsanleihe? Wollen Sie, Herr Dr. Stoltenberg, Ihre finanzpolitische Seriosität für einen Koalitionskompromiß aufs Spiel setzen, der doch nur folgendes bewirkt: Er strapaziert Ihre Finanzbeamten über Gebühr. Er ist ein Beitrag zu weiterer Bürokratisierung.
({44})
Er zeigt die ganze Ungerechtigkeit christdemokratisch-liberaler Steuerpolitik mit aller Deutlichkeit.
({45})
- Ich hätte das nicht verstanden, sagen Sie. Da kann ich Ihnen nur eines sagen: Die gutverdienenden Arbeitnehmer zahlen diese Zwangsanleihe, und die Selbständigen und die Unternehmen können sich mit Leichtigkeit, z. B. dadurch, daß sie sich einen Audi 80 auf Firmenkosten kaufen, von dieser Zwangsanleihe befreien. Dies nennen Sie steuerliche Gerechtigkeit! Dies wirft ein Schlaglicht auf Ihre Politik.
({46})
Herr Dr. Stoltenberg, warum folgen Sie denn nicht den Sachargumenten? Warum wollen Sie statt dessen eine Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, das Ihnen finanzpolitische Unseriosität und Ungerechtigkeit in der Gleichbehandlung von Steuerpflichtigen bescheinigen wird? Herr Dr. Stoltenberg, Rechthaberei oder Angst vor politischen Mitspielern in der Koalition kann doch nicht an die Stelle besserer steuerpolitischer Einsicht treten.
Wir Sozialdemokraten waren von Anbeginn an für eine Ergänzungsabgabe, die für eine begrenzte Zahl von Jahren erhoben wird, die ein echtes Opfer der Besserverdienenden darstellt und die insbesondere - das ist doch wichtig - die Möglichkeiten zur Finanzierung von Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit bereitstellt.
({47})
Herr Dr. Stoltenberg, wir stehen auch heute noch zu dieser Position. Wir bieten Ihnen unsere Unterstützung an, falls Sie Ihre verfehlte Politik korrigieren wollen, ehe Sie das Verfassungsgericht dazu zwingt.
({48})
Nach dem von der Bundesregierung vorgelegten Subventionsbericht war klar, daß die Koalition einmal mehr ein in ihrer Oppositionszeit gegebenes Versprechen eines massiven Subventionsabbaus aufgeben würde. Sie drehen den Spieß jetzt einfach um.
({49})
Herr Dr. Dregger macht das ganz deutlich. Herr Dr. Dregger am 9. November 1983:
Wer künftig Kritik an Subventionen üben will, muß schon genau sagen, welche Subventionen er meint.
Das gilt auch für Wirtschaftsverbände, die wirtschaftswissenschaftliche Institute und andere Institutionen.
Das ist doch unglaublich: So einfach ist das!
({50})
So nehmen Sie Ihre finanzpolitische Führungsaufgabe wahr! So gehen Sie mit eigenen Versprechungen um, die Sie noch vor 15 Monaten gegeben haben!
({51})
Sie werden uns mit dieser Ihrer Haltung nicht beeindrucken. Wir werden auch weiterhin nachdrücklich fordern, die vielen ungerechtfertigten Steuersubventionen abzubauen.
({52})
- Da sind Sie genau bei dem Thema. Sind Sie Regierung, oder sind Sie nicht Regierung, Herr Carstens? Sie müssen jetzt zu Ihren eigenen Versprechungen stehen. Sie müssen handeln. Dazu sind Sie gewählt und aufgefordert worden.
({53})
Meine Damen und Herren, es kommt noch sehr viel besser.
({54})
In dem Bericht der CDU/CSU-Fraktion zu den Subventionen vom 9. November 1983, in dem Sie sich gegen den Abbau von Steuervergünstigungen aussprechen, verwenden Sie dazu folgendes Argument: Man dürfe Steuervergünstigungen nicht abbauen, weil dann auch die gesamtwirtschaftliche Steuerbelastung steige. Das ist eine sonderbare Argumentation, die allerdings bei der Erhöhung der Mehrwertsteuer zur Mitte des Jahres 1983 zu Lasten aller Verbraucher anscheinend keine Rolle gespielt hat.
({55})
Aber nun wird es ernst, Herr Friedmann. Ich lese in demselben Papier, daß die CDU/CSU den Steuersubventionen an den Kragen will.
({56})
In diesem Papier steht, durch den Abbau der Steuersubventionen solle „ein bedeutender Finanzbeitrag" für die versprochene Lohn- und Einkommensteuerreform erbracht werden. Diesem Versprechen und seiner Einlösung sehen wir mit großem Interesse entgegen.
({57})
Nur, Herr Dr. Friedmann, damit wir uns nicht falsch verstehen: Ein bedeutender Finanzierungsbeitrag zu einer Lohn- und Einkommensteuerreform, die 20 Milliarden DM kosten soll, heißt ja
wohl, daß Sie Steuersubventionen in vielfacher Milliardenhöhe abbauen wollen.
({58})
Das wollen wir dann sehen. - Wenn Sie dazu nikken, freue ich mich schon darauf und sehe Ihrer Tapferkeit mit Glückseligkeit entgegen. Dies wird spaßig werden.
({59})
Herr Dr. Stoltenberg, Sie haben gestern ähnlich argumentiert. Sie haben gesagt, auch Sie wollten die Steuersubventionen abbauen, um damit die Tarifreform bei Lohn- und Einkommensteuer mitfinanzieren zu können. Herr Dr. Stoltenberg, Sie werden nicht viel Zeit haben zu handeln. Schon im nächsten Jahr wollen Sie uns ja sagen, wie es mit Ihren Vorstellungen zur Tarifreform aussieht. Da sagen wir Sozialdemokraten Ihnen ganz kühl: Wir verlangen von Ihnen nicht nur präzise Vorstellungen, wie die Lohn- und Einkommensteuerreform aussehen soll; wir verlangen von Ihnen auch, daß Sie sagen, wann sie in Kraft treten wird. Aber vor allem verlangen wir von Ihnen, daß sie uns im nächsten Jahr sagen, wie Sie diese Lohn- und Einkommensteuerreform finanzieren wollen.
({60})
Die Bundesregierung will einen Teil des Bundesvermögens privatisieren.
({61})
Der Bundesfinanzminister verwendet den Erlös von 700 Millionen DM der Teilprivatisierung der VEBA zur Haushaltskonsolidierung.
({62})
Die Ideologie zu diesem Schritt kommt von dem Staatssekretär Tietmeyer im Bundesfinanzministerium. Herr Tietmeyer begründet die Teilprivatisierung der VEBA mit dem vom Herrn Bundeskanzler Kohl in seiner Regierungserklärung angekündigten Programm zur Erneuerung der Sozialen Marktwirtschaft. Nun hätten wir bei Gelegenheit dieses Programm gern einmal gesehen. Vielleicht könnten Sie, Herr Bundeskanzler, im Vorgriff auf dieses Programm zur Erneuerung der Sozialen Marktwirtschaft Ihrem Landwirtschaftsminister in den Arm fallen. Er ist doch dabei, die letzten marktwirtschaftlichen Elemente aus der EG-Agrarpolitik her-auszuboxen. Er will, so habe ich das gestern verstanden, den Milchmarkt mit einem System einzelbetrieblicher Kontingentierungen überziehen.
({63})
Und das sage ich Ihnen: Das ist eine Horrorperspektive für jeden, der es mit Europa gut meint, eine Horrorperspektive für jeden, der Entbürokratisierung betreiben will.
({64})
Der Landwirtschaftsminister sollte sich im übrigen
kritisch auseinandersetzen mit dem gerade in dieDr. Apel
sen Tagen erschienenen Gutachten seines eigenen wirtschaftlichen Beirats, des Beirats des Landwirtschaftsministeriums, der mit Nachdruck und aller Entschiedenheit diese Art von Kontingentierung der EG-Agrarpolitik ablehnt. Das wird dann alles noch viel teurer und noch viel komplizierter. Ich warne Sie vor diesem Schritt.
Aber um auf die VEBA zurückzukommen. Mit der Erneuerung der Sozialen Marktwirtschaft hat das doch beileibe nichts zu tun. Das einzige, womit es etwas zu tun hat, ist dies: Mit dieser Privatisierung berühren Sie negativ nationale deutsche Interessen.
({65})
Vor einem Jahrzehnt war es unser Ziel, einen deutschen Mineralölkonzern zur Sicherung unserer Rohölversorgung zu schaffen, um auch den deutschen Markt, der ansonsten doch von internationalen Mineralölkonzernen beherrscht wird, etwas freier zu machen. Graf Lambsdorff hat am 10. Januar 1974, also vor fast zehn Jahren, dazu im Tagesdienst der FDP gesagt - ich zitiere -:
Nur durch die Zusammenfassung der zersplitterten nationalen Mineralölinteressen kann unsere Nachfragepotenz und damit unsere Marktstellung im internationalen Geschäft gestärkt werden.
Uwe Jens hat damals für unsere Fraktion hinzugefügt:
Es ist unbedingt notwendig, daß der Bund an dem deutschen Mineralölunternehmen mit mindestens 50% beteiligt ist.
Ich gebe zu: Wir haben dieses Ziel nicht ganz erreicht. Aber wir alle wissen doch, welche segensreiche Wirkung die VEBA in der schwierigen Zeit der Mineralölknappheit für unser Land gespielt hat.
Nun wird die VEBA teilprivatisiert.
({66})
Herr Dr. Stoltenberg, welches Ziel verfolgen Sie dabei? Wollen Sie die energiepolitische Zielsetzung aufgeben, die uns vor einem Jahrzehnt zu diesem Schritt unter Einsatz beträchtlicher Bundesmittel gebracht hat? Wollen Sie auch künftig Bundesunternehmen zur Haushaltskonsolidierung verscherbeln?
({67})
Oder haben Sie ein Konzept, ein Konzept, das weiter trägt als die ideologischen Floskeln, die uns Ihr Staatssekretär angedient hat?
Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion fordert die Bundesregierung auf, dem Bundestag ihr Konzept für die Zukunft der Bundesunternehmen vorzulegen.
({68})
Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion unterstreicht: Öffentliche Unternehmungen müssen in unserer Wirtschaftsordnung auch künftig ihre wichtige Rolle spielen können.
({69})
Ich fasse zusammen. Dieser Haushalt gibt auf die drängenden Fragen unserer Zeit keine Antwort.
({70})
Die Wirtschaftspolitik und die Finanzpolitik überlassen die drängenden Strukturprobleme in den Krisenbranchen sich selbst. Wir alle werden das teuer bezahlen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
({71})
Dieser Bundeshaushalt setzt die unsoziale Umverteilungspolitik der Koalition fort.
({72})
Steuersenkungen werden einseitig und wirtschaftlich sinnlos dem Unternehmensbereich gewährt und von den Konsumenten über die Erhöhung der Mehrwertsteuer finanziert.
({73})
Länder und Gemeinden leiden unter diesen Steuergeschenken des Bundes. Weil der Bund die bei ihnen anfallenden Steuerausfälle nur unzureichend ausgleicht, streichen die Gemeinden ihre kommunalen Investitionen rigoros zusammen. Tiefbau und Hochbau tragen Konsequenzen. Das trifft damit auch die weitere Entwicklung unserer Konjunktur.
({74})
Herr Dr. Stoltenberg, unsere Schlußfolgerung: Viel Stückwerk, wenig Perspektive. Dieser Haushalt ist kein Beitrag zur Überwindung der strukturellen Probleme unseres Landes. Er ist kein Beitrag, um unserem Land eine bessere wirtschaftliche Perspektive zu eröffnen.
({75})
Aber, Herr Dr. Stoltenberg, wohin will die Finanzpolitik des Bundes überhaupt steuern?
({76})
Auf die drängenden Fragen gibt es keine Antwort. Wo sind die Stetigkeit und die Verläßlichkeit, von der Sie gestern gesprochen haben?
({77})
Diese Finanzpolitik ist ohne Profil. Sie laviert von einem Problem zum anderen. Die Koalition spricht mit vielen Zungen; klare Ziele und Handlungsanweisungen fehlen.
({78})
Wie soll eigentlich Vertrauen in die Wirtschafts-und Finanzpolitik entstehen, wenn der Bundesfinanzminister keine Führung übernimmt und in der Koalition jeder etwas anderes verspricht und ankündigt?
({79})
Auch deshalb werden wir diesem Haushalt nicht zustimmen können. Er ist im übrigen ein Spiegelbild des Zustandes, in dem sich diese Koalition befindet.
({80})
Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Mehrheit, hat auf die drängenden Fragen der Arbeitslosigkeit, insbesondere der Jugendarbeitslosigkeit, ihre Antwort gegeben.
({81})
Wir haben unsere Antwort auf die Frage der Schwierigkeiten bei den Gemeindefinanzen gegeben.
({82})
Unsere Vorstellungen zur Steuerpolitik sind deutlich und praktikabel.
({83})
Wir geben schlüssige Antworten zur Haushaltspolitik des Bundes. Unsere Anträge, die wir in der zweiten Lesung gestellt haben, waren und sind solide finanziert.
({84})
Wir nehmen unsere Aufgabe als Oppositionspartei ernst.
({85})
Meine Damen und Herren, es ist Ihr gutes Recht, unsere Alternativen abzulehnen und zurückzuweisen.
({86})
Die Pflicht ist es dann aber auch, eigene Vorschläge zu machen und insbesondere zu handeln.
({87})
Darauf haben auch unsere Handelspartner weltweit einen Anspruch.
({88})
Denn die wirtschaftliche Entwicklung weltweit wird auch von der Finanzpolitik der Bundesrepublik Deutschland mitbestimmt. Vor allem aber warten unsere Bürger darauf, von Ihnen zu erfahren, wohin die Reise gehen soll, wie Sie die drängenden Probleme unseres Landes anpacken und lösen wollen.
({89})
Mit dem Bundeshaushalt 1984 und der mittelfristigen Finanzplanung geben Sie diese Antwort nicht. Deswegen wird die sozialdemokratische Bundestagsfraktion den Entwurf des Bundeshaushaltes 1984 in dritter Lesung ablehnen.
Schönen Dank.
({90})
Das Wort hat Herr Abgeordnete Dr. Schäuble.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Apel, es ist für Sie nicht ganz leicht, hier zu reden; wir haben das alle gespürt. Sie sagen, Ihre Antworten auf die drängenden Fragen unserer Zeit seien klar. Nun, die Wahrheit ist ja wohl die, daß Sie die Probleme geschaffen haben und daß wir mit diesem Haushalt und mit diesen Begleitgesetzen die Antworten auf die Fragen, die Ihre Erblast uns hinterläßt, hier in diesen Tagen vorgelegt haben.
({0})
Wir haben, meine sehr geehrten Damen und Herren, nun eine drei Tage lange Debatte hinter uns. Die dritte Lesung des Haushalts und der Begleitgesetze bietet vielleicht Anlaß, ein bißchen die Bilanz dieser Debatte zu ziehen und nach der Hektik - der teilweisen Hektik - der vergangenen Tage die politischen Argumente noch einmal etwas ruhiger zu wägen. Ich will den Tonfall, Herr Apel, dessen Sie sich in weiten Teilen bedient haben, hier gern aufnehmen.
Wir wollen, soweit wir können, doch noch einmal objektiv fragen: Wie ist denn - nach der Debatte dieser Woche - der Stand der wirtschaftlichen Entwicklung? Welches sind die gegenseitigen Argumente? Wo - vielleicht - finden wir Gemeinsamkeiten? Wo muß der eine oder der andere seinen Standpunkt überdenken, wo müssen wir die Auseinandersetzung fortführen?
Das meiste von dem, was Sie vorgetragen haben, war nicht ganz neu. Doch finde ich, daß wir in den Reden der Opposition, der SPD-Fraktion, in dieser Woche eine gewisse Akzentverschiebung feststellen konnten. Sie werfen uns, wenn ich das richtig verstanden habe, im Gegensatz zu früher nicht mehr vor, daß wir den finanzpolitischen Kurs der Konsolidierung nicht ernsthaft, konsequent und erfolgreich betreiben würden. Sie haben uns bis in den Sommer hinein - Herr Apel, bei Ihnen ist das noch ein bißchen durchgeklungen, aber auch in Ihrer Argumentation war es nicht tragend - gleichzeitig vorgeworfen, wir würden zuviel sparen und zuviel Schulden machen. Jetzt konzentrieren Sie - das ist immerhin ein Ansatz zu mehr Folgerichtigkeit - Ihre Angriffe auf die Sparpolitik.
Für mich am deutlichsten hat das der Kollege Wieczorek gestern ausgeführt, der gesagt hat: Die
Rückführung der Neuverschuldung in den vier Jahren dieser Legislaturperiode um 30 Milliarden DM, die wir vorhaben - bis jetzt sind wir auf dem richtigen Weg dorthin -, sei mit den Erfordernissen einer wachsenden Volkswirtschaft nicht zu vereinbaren. Die Sozialdemokraten meinen, eine zurückhaltende Ausgabenpolitik der öffentlichen Hand entziehe Nachfrage und schade dem Konjunkturverlauf, der durch kreditfinanzierte staatliche Nachfrage gestützt werden müsse.
Nun haben Sie, Herr Apel, gesagt, es sei unwahr, daß die Sozialdemokraten Beschäftigungsprogramme durch Schulden finanzieren wollten. Sie müßten eigentlich Ihre eigene Politik noch kennen; genau dies haben Sie getan, und genau dies haben Sie auch in Ihren Programmen wieder vorgelegt. Im übrigen, Herr Kollege Apel, will ich gleich auch hinzufügen: Im Grunde ist es fast zweitrangig, ob Sie staatliche Ausgaben durch Schuldaufnahmen oder durch Steuereinnahmen finanzieren. Nach unserer Überzeugung müssen wir den Staatsanteil insgesamt zurückfahren, und deswegen müssen wir bei den Ausgaben ansetzen, wenn wir zur Konsolidierung der Haushalte kommen wollen.
({1})
Herr Abgeordneter Schäuble, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Apel?
Bitte sehr.
Herr Kollege, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, daß a) in Ihrer eigenen Fraktion der Weg zur Ergänzungsabgabe gegangen werden sollte - Herr Stoltenberg hat sich dem dann widersetzt, und insofern sind wir hier im selben Boot -, und sind Sie b) bereit, zur Kenntnis zu nehmen, daß der zentrale Teil der Finanzierung von zusätzlicher Beschäftigung, den wir wollen, aus der Ablehnung der Senkung der Unternehmenssteuern kommt, und sind Sie bereit, mit mir darin übereinzustimmen, daß Sie hier 3,5 Milliarden DM sinnlos verpulvern?
({0})
Herr Kollege Apel, zunächst einmal will ich noch einmal wiederholen, was ich gesagt habe. Sie und Ihre Nachfolger im Amt des Finanzministers haben Beschäftigungsprogramme durch Schulden finanziert, an den Folgen leiden wir, und dies prägt diese Haushaltsdebatte.
({0})
- Ich habe sozialdemokratische Politik beschrieben, und Sie selbst haben gesagt, man sollte nicht an den Worten, sondern an den Taten messen. Sie müssen wir an Ihren Taten messen, und wir leiden unter den Folgen Ihrer Taten.
({1})
Zum zweiten haben wir natürlich in der Union und in der Koalition einen Diskussionsprozeß gehabt, und zwar vor und nach der Bundestagswahl, und diesen Diskussionsprozeß haben wir, wie sich das gehört, auch in der Öffentlichkeit klargemacht, und das Ergebnis dieser Diskussion haben wir nach der Bundestagswahl vorgelegt. An diesem Ergebnis halten wir fest. Ich komme auf die Frage der Zwangsanleihe und auf das, was Sie dazu vorgetragen haben, noch im Zusammenhang zurück.
Drittens. Wenn ich sehe, was Sie an Beschäftigungsprogrammen fordern, dann kann es wohl nicht wahr sein, daß Sie mit den 4 Milliarden DM, die wir an Steuerentlastungen in den Haushaltsbegleitgesetzen 1983 und 1984 insgesamt beschlossen haben, das finanzieren wollen, was Sie an Beschäftigungsprogrammen vorschlagen. Sie haben das Rechnen offenbar immer noch nicht gelernt. Schauen Sie sich Ihre eigenen Papiere an!
({2})
Herr Abgeordneter, gestatten Sie noch eine Zusatzfrage?
({0})
Herr Präsident, ich möchte in meinen Ausführungen fortfahren. Auch der Kollege Apel hatte ausreichend Gelegenheit, seinen Standpunkt vorzutragen. Ich will in aller Ruhe die gegenseitigen Standpunkte einander gegenüberstellen.
Ich sage es noch einmal: Unsere Überzeugung ist es, daß wir bei Wahrung sozialer Gerechtigkeit Freiräume für private Initiativen und Leistungsanreize geben müssen und daß wir durch weniger Staatsanteil und weniger öffentliche Ausgaben mehr private Nachfrage nach Konsum- und nach Investitionsgütern anregen. Ich gebe zu, die Alternativen sind - das ist notwendig, wenn man sie auf den Kern zurückführen will - vereinfacht, aber das ist der Kern unseres finanzpolitischen Streits. Wir werden diesen Streit fortführen müssen.
Wir müssen aber natürlich bei dieser Diskussion auch die Erfahrungen aus Vergangenheit und Gegenwart einbeziehen. Herr Kollege Apel, Sie sind ein besonders ausgewiesener Vertreter in falschen Prognosen. Finanzminister Stoltenberg hat dies gestern noch einmal eindrucksvoll dargelegt. Ich will das gar nicht wiederholen. Ich will heute morgen nicht Salz in Ihre Wunden streuen. Im nachhinein können Sie doch aber nicht bestreiten, daß Ihre Argumentation aus dem Frühjahr und Ihre Argumentation heute durch die Entwicklung im Jahre 1983 jedenfalls nicht bestätigt wird.
({0})
Wir haben doch, genau wie wir das für 1984 vorsehen, auch im Jahre 1983 die Nettokreditaufnahme deutlich zurückgeführt. Wir haben trotzdem - und das spricht gegen Ihre These, daß eine Rückführung der Neuverschuldung die konjunkturelle Entwicklung bremse, was Sie für 1984 wieder voraussagen, was Sie zu Unrecht für 1983 vorausgesagt haben -, wir haben nicht nur trotzdem, wir haben deswegen eine konjunkturelle Bewegung im Jahre
1983 gehabt, die zunächst - und das spricht nun ganz zugespitzt gegen Ihre These - vor allem von der privaten Konsumnachfrage getragen war. Dies zeigt, daß eine solide Finanzpolitik die Inflations-und die Zinsraten senkt und dadurch reale Kaufkraft freisetzt und daß eine solide Finanzpolitik, zu der Sie nicht fähig waren, Grundlage für Vertrauen der Bürger und damit für private Kauf- und Investitionsentscheidungen ist.
({1})
Im übrigen können wir - Herr Apel, das kann Ihnen nicht erspart werden - einen vorläufigen Vergleich ziehen. Sie sind ja nicht ganz im Stande der Unschuld. Sie haben 13 Jahre hier regiert; wir regieren seit 15 Monaten. Nun wollen wir das einmal in aller Ruhe vergleichen. Sie haben nur Inflationsraten verursacht.
({2})
- Bei Ihnen waren immer andere schuld, Herr Spöri. Deswegen ist es gut, daß Sie abgelöst sind, daß wir eine Regierung haben, die die Verantwortung für das, was hier zu entscheiden ist, selbst übernimmt.
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Sie haben mit Ihrer Politik hohe Inflationsraten verursacht, die Zinsen in die Höhe getrieben, die Staatsfinanzen zerrüttet. Die Folge davon waren wirtschaftlicher Rückgang und am Ende Massenarbeitslosigkeit.
Ich will auch noch einmal in aller Deutlichkeit sagen: Es ist eben unbestreitbar richtig, daß die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt ein Spätindikator der wirtschaftlichen Entwicklung ist. Erst geht es mit den Finanzen, dann mit der Wirtschaft und am Ende mit der Beschäftigung bergab. 1972 haben Sie im Wahlkampf den törichten Satz gesagt: „Lieber 5% Inflation als 5% Arbeitslosigkeit", obwohl Sie mit Ihrer Inflationspolitik die Ursache für die Arbeitslosigkeit gelegt haben. Dies, Herr Kollege Apel, ist natürlich auch der Grund, warum wir bei allen Erfolgen, die sich jetzt abzeichnen, eine noch lange nicht befriedigende Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt haben.
({4})
- Wenn Sie in Ihren Ortsvereinen so reden würden, sähe es um Ihre Partei besser aus. Das macht uns große Sorgen.
Es führt kein Weg daran vorbei, daß wir über eine Konsolidierung der Finanzen die Wirtschaft wieder in Ordnung bringen und daß als Folge eines wirtschaftlichen Aufschwungs sich dann auch die Lage auf dem Arbeitsmarkt wieder verbessert.
Nun vergleiche ich mit den Ergebnissen Ihrer Regierungszeit, was wir in der Koalition der Mitte unter Bundeskanzler Helmut Kohl in 15 Monaten Regierungszeit entscheidend verändert haben. Ich füge hinzu, wir haben gehalten, was wir versprochen haben. Wir haben zugesagt, die Staatsverschuldung einzudämmen. Das ist geschehen. Während Sie 1983 noch 55 Milliarden DM Schulden aufnehmen wollten, wenn ich den Bundesbankgewinn einbeziehe, haben wir diese Summe jetzt auf 37 Milliarden DM im Vollzug des Haushalts 1983 gesenkt, und wir werden, wie dieser Haushalt, den wir heute verabschieden, zeigt, im Jahre 1984 auf 33,6 Milliarden DM kommen.
Wir haben zugesagt, durch eine sparsame Haushaltspolitik die Zinsentwicklung zu entspannen. Das ist geschehen. Herr Kollege Apel, Sie haben gefragt: Was tun Sie, um uns von den US-Zinsen abzukoppeln? Wir machen eine solide Finanzpolitik und haben uns damit von den US-Zinsen ein Stück weit abgekoppelt.
({5})
Reden hilft doch nicht, handeln muß man! Wir haben den Zinssatz, der am Ende Ihrer Regierungszeit über 10 % lag, auf 8 % gesenkt und haben damit Wirtschaft und Verbraucher um 16 Milliarden DM Kaufkraft entlastet.
Meine Damen und Herren, wir haben zugesagt, die Inflationsspirale zu brechen. Das ist geschehen. Die Geldentwertung liegt heute bei 2,6%. Sie lag noch vor einem Jahr bei 5,6%. Mit dieser Senkung der Inflationsrate haben wir die reale Kaufkraft der Verbraucher in diesem Jahr um rund 30 Milliarden DM verbessert.
Wir haben zugesagt, den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit energisch voranzutreiben. Auch das ist geschehen. Erstmals seit Jahren sinkt die saisonbereinigte Arbeitslosigkeit.
Herr Apel, Sie haben in Ihrer Rede gesagt, es sei - wie haben Sie sich ausgedrückt? - deprimierend für die wirtschaftspolitische Diskussion, wenn man eine Trendwende in der Entwicklung am Arbeitsmarkt schon als Erfolg bezeichne.
({6})
- Herr Kollege Apel, niemand von uns bestreitet doch, daß die Arbeitslosigkeit das bedrückendste Problem ist, das sich aus den Folgen Ihrer verfehlten Politik ergibt.
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Deswegen sind wir natürlich stolz und glücklich, weil sich Erfolge abzeichnen. Die Lösung des Problems wird noch Jahre dauern, aber der Trend ist gebrochen!
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Es geht wieder aufwärts, und man kann doch nicht so zynisch sein, zu sagen, die 80000, die wir jetzt wieder zusätzlich in Beschäftigung gebracht haben, seien nichts. Das sind 80 000 Menschen, das sind 80 000 Familien, und wir sind froh darüber, daß wir statt großer Mißerfolge nun langsam kleine Erfolge im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit haben.
Eines will ich hinzufügen, weil das gestern eine Rolle gespielt hat: Der Sachverständigenrat sagt in seinem Gutachten, daß im Jahre 1984 auch das Potential an Erwerbspersonen erstmals wieder steiDr. Schäuble
gern wird. Wir werden im Jahre 1984 nicht nur einen Rückgang der Arbeitslosigkeit, sondern auch eine Zunahme der Beschäftigtenzahl haben.
Wir haben zugesagt, das Ausbildungsplatzangebot drastisch zu erhöhen. Meine Damen und Herren, das ist geschehen. 46 000 zusätzliche Ausbildungsplätze wurden geschaffen.
Wir haben zugesagt, den Investitionsanteil am Bundeshaushalt wieder zu verstärken. Herr Kollege Apel, es ist geschehen! In den Jahren 1981 und 1982 lag die Investitionsrate in den von Ihrer Regierung verantworteten Haushalten noch bei 13,1 %. Wir haben sie 1983 auf 13,2% und 1984 auf 13,7 gesteigert. Das sind kleine Schritte, aber wir müssen mit kleinen, realistischen Schritten anfangen und in die richtige Richtung gehen.
Wir haben zugesagt, die Investitionen in der privaten Wirtschaft zu fördern. Das ist geschehen. In der Grundstoff- und Produktionsgüterindustrie waren die Aufträge im September 1983 um 14,2% höher als im Vergleichsmonat des Vorjahres.
({9})
In der Investitionsgüterindustrie - die Investitionsgüterindustrie kommt nach der Konsumgüterindustrie; Herr Apel, das können Sie in Ihrem eigenen Buch nachlesen, denn dazu haben Sie 1975 das Richtige geschrieben - ist im September ein Zuwachs von 6,2 % gegenüber dem entsprechenden Vorjahresmonat zu verzeichnen gewesen.
Wir haben zugesagt, die Bauwirtschaft anzukurbeln. Jedermann weiß: Das ist geschehen.
({10})
- Herr Kollege Spöri, wenn wir den Anteil der öffentlichen Investitionen in dem von uns zu verantwortenden Haushalt steigern, tun wir eben auch etwas für den Tiefbau. Wir würden gern mehr tun! Wenn Sie uns nicht so entsetzliche Probleme und Schulden hinterlassen hätten, hätten wir schon mehr getan.
({11})
Wir tun das Menschenmögliche!
({12})
- Ich muß schon sagen, dafür, daß die sozialdemokratische Fraktion noch nicht einmal mit zehn Abgeordneten hier im Plenarsaal vertreten ist, verursacht sie doch eine erhebliche Belebung.
({13})
- Ja, das ist wahr! Aber, Herr Kollege, wenn es nach der Qualität geht, müssen Sie ganz still sein.
Herr Kollege Apel, Ihr verehrter Herr Fraktionsvorsitzender - vielleicht können Sie es ihm sagen
- hat es ja mit der Führungskraft gehabt. Ich finde, ein Fraktionsvorsitzender sollte seine Führungskraft auch ein klein wenig auf die eigene Fraktion richten und an ihr erproben. Wenn ich mir die Präsenz der SPD an diesen dreieinhalb Tagen anschaue, muß ich schon sagen, es sieht schlimm aus um die Sozialdemokratische Partei und ihre Bundestagsfraktion.
({14})
- Ja, j a, Sie hören es nicht gern. Neun sind Sie im Moment, neun sozialdemokratische Bundestagsabgeordnete sind anwesend!
({15}) Man muß es hier einmal sagen!
({16})
- Ja, ja, Sie hören es nicht gern. Wenn Sie so schreien, sage ich es noch einmal.
({17})
- Herr Präsident, ich muß noch einmal ausdrücklich meinen Respekt bezeugen: Daß neun sozialdemokratische Abgeordnete einen solchen Lärm veranstalten können, ist angesichts Ihrer geringen Präsenz eine beachtliche akustische Leistung.
({18})
Sie wollen ja nicht gern, daß ich mit der Aufzählung dessen, was wir alles versprochen und gehalten haben, fortfahre, aber ich will es trotzdem tun.
Wir haben zugesagt - Sie haben das ja im Wahlkampf vor dem 6. März ungeheuer diffamiert -, den Wohnungsmarkt durch ein neues Mietrecht zu entspannen. Dies ist geschehen, und zwar ohne die von der Sozialdemokratischen Partei vorhergesagten Mietsprünge. Die Erhöhungen auf dem freien Wohnungsmarkt liegen im Jahre 1983 im Durchschnitt bei 5%; sie bewegen sich damit genau im Schnitt der zurückliegenden Jahre.
({19})
Wir haben zugesagt, private Existenzgründungen zu fördern. Auch dies ist geschehen. Bei der Lastenausgleichsbank gingen von Januar bis Oktober dieses Jahres zirka 17 000 Anträge auf ERP-Mittel und 10 000 Anträge auf Eigenkapitalhilfe ein. Die Zahl der gründungswilligen Antragsteller stieg gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum um 50%. Bis Oktober wurden 13 000 Anträge bewilligt; das ist ein absoluter Rekord in unserer Wirtschaftsgeschichte. Zum Vergleich: 1975 waren es 3 345 Neugründungen, 1970 1 770 Neugründungen. Damit wird ein Investitionsvolumen von zirka 3 Milliarden DM unterstützt. Dies schafft gesicherte, dauerhafte Arbeitsplätze in einer Größenordnung von mindestens 85 000. Das ist doch ein Erfolg.
({20})
Wir haben zugesagt, die Renten zu sichern. Das ist geschehen. Heute muß sich niemand um die Zukunft seiner Rente sorgen. Die Renten sind wieder sicher geworden, ohne - auch das muß man einmal sagen - daß die Rentner stärker als in den letzten fünf Jahren der SPD-Regierung belastet worden
wären. Sie haben ja mit Ihrer Inflationspolitik dazu beigetragen, daß das Realeinkommen der Rentner im Schnitt der letzten fünf Jahre Ihrer Regierungszeit jährlich um 0,6 % gesunken ist. Das muß auch gesagt werden, wenn Sie unsere Politik zur Sicherung der Rentenfinanzen hier so diffamieren.
Wir haben zugesagt, den Umweltschutz nach Jahren der Untätigkeit endlich massiv zu fördern. Das ist geschehen. TA Luft, Großfeuerungsanlagen-Verordnung, Festlegung des Termins der Einführung bleifreien Benzins sind nur einige Stichworte. Eine Fülle von Maßnahmen auf Bundes- und europäischer Ebene zur Reinhaltung von Luft, Boden, Wasser und Grundwasser wurden eingeleitet und teilweise schon abgeschlossen.
Meine Damen und Herren, wir haben den Aufschwung versprochen. Auch das ist geschehen. Das Bruttosozialprodukt steigt wieder: nach Rückgängen in den Jahren 1981 und 1982 1983 erstmals wieder um über 1 % und nach allen Schätzungen - Herr Apel, Sie haben dem wenigstens nicht widersprochen - 1984 um 2,5 bis 3 %.
({21})
Das ist bescheiden gegenüber den Zuwachsraten der 60er Jahre, aber es ist ein Sprung gegenüber dem Ergebnis Ihrer sozialdemokratischen Politik.
Meine Damen und Herren, die Bilanz ließe sich fortsetzen. Ich nenne nur einige Stichworte: Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand, Leistungsbilanzüberschuß. Im Jahre 1983 hatten wir ein Plus von 10 Milliarden DM, 1980 ein Minus von 28 Milliarden DM.
Ich nenne die Rückführung der Kurzarbeit, die Rückführung der Jugendarbeitslosigkeit. - Herr Apel, dazu gibt es auch so eine Prognose von Ihnen. In Ihrer ominösen Rede im Oktober letzten Jahres haben Sie vorhergesagt - ich habe das Zitat da; ich sage es zu Ihrer Warnung -, daß die Jugendarbeitslosigkeit steigen werde. Sie ist gesunken. Sie werden immer von der Wirklichkeit widerlegt.
({22})
Ich nenne als Stichwort für unsere Erfolge auch das Thema Privatisierung. Ich muß schon sagen: Mir ist völlig unverständlich, daß Sie wiederholt - es ist Ihnen nicht etwa nur einmal herausgerutscht; das kann jedem passieren - und offenbar bewußt Privatisierung mit dem Wort „verscherbeln" bezeichnet haben. Herr Apel, das ist eine Verantwortungslosigkeit, bei der es mir wirklich kalt den Rükken 'rauf- und 'runterläuft.
({23})
Ich könnte die Aufzählung noch eine halbe Stunde fortsetzen, aber die Punkte, die ich genannt habe - sie sind durch Zahlen und Fakten Punkt für Punkt und Komma für Komma belegt -, beweisen: Die Koalition der Mitte hat in den vergangenen 14 Monaten unter Beweis gestellt, daß sie hält, was sie verspricht. Das ist der entscheidende Unterschied zu Ihnen.
({24})
Sie haben doch Jahr für Jahr, immer wieder, erfahren müssen, wie Ihre Taten hinter Ihren Ankündigungen zurückgeblieben sind.
({25})
In den letzten Jahren Ihrer Regierung hatten Sie doch jede realistische Haushaltspolitik aufgegeben. Im Januar 1981 gingen Sie von einer Staatsverschuldung für das Jahr in Höhe von 27,4 Milliarden DM aus, im Frühsommer erhöhten Sie dann auf 33,8 Milliarden DM, am Ende waren es 37,4 Milliarden DM. Im Jahre 1982 begannen Sie bei 26,8 Milliarden DM, erhöhten auf 33,9 Milliarden DM, und schließlich wurden es 40 Milliarden DM. Sie hatten sich wohl so auf unsolide Haushalte eingestellt, Herr Apel, daß Sie im April 1983 dann meinten, es müsse wieder einen Nachtragshaushalt geben. Aber Sie hatten übersehen, daß inzwischen eine neue Regierung da war. Wir haben, im Gegensatz zu Ihrer Politik, nicht nur keinen Nachtragshaushalt gebracht, sondern die geplante Neuverschuldung sogar noch um 2 Milliarden DM zurückführen können. Dies zeigt doch, was ein solide Politik ist.
({26})
Herr Kollege Apel, Sie haben nun Ihren früheren Kanzler erwähnt und überlegt, was gewesen wäre, wenn er in Athen gewesen wäre. - Also, die Rolle von Herrn Schmidt in der Europäischen Gemeinschaft ist doch nun hinlänglich bekannt. Im übrigen, wenn Sie ihn so sehr vermissen: Warum, um Himmels willen, haben Sie ihn denn gestürzt? Denn es ist doch inzwischen erwiesen, daß es die sozialdemokratische Fraktion war, die den Kanzler Schmidt gestürzt hat.
({27})
- Wir haben es doch vor 14 Tagen hier erlebt. Das können Sie doch nun wirklich nicht bestreiten. Dabei gebe ich allerdings zu, daß Sie, Herr Apel, bei der Minderheit von etwas mehr als 10 % in Ihrer Fraktion waren. Dafür haben Sie einen gewissen Respekt verdient.
Aber da Sie so nostalgische Erinnerungen an Helmut Schmidt haben, will ich Ihnen noch einmal zitieren, was er am 22. Juni vergangenen Jahres vor der SPD-Fraktion deutlich gemacht hat. Er hat gesagt:
In diesen 12 Jahren sozialdemokratischer Regierungszeit ist die Zahl der Arbeitsplätze von 26,7 Millionen gefallen auf 25,4 um 1,3 Millionen, und gleichzeitig die Arbeitslosigkeit von praktisch 0 auf 1,8 Millionen gestiegen.
Dies ist die Bilanz Ihrer sozialdemokratischen Regierungspolitik. Und deswegen haben Sie kein Recht, uns vorzuwerfen, wir würden nicht alles Menschenmögliche unternehmen, um die Arbeitslosigkeit zu überwinden, und jetzt ungeduldig zu werden, wo wir doch immer gesagt haben, es werde Jahre dauern, Jahre und Jahre, bis wir diese schweDr. Schäuble
ren Schäden endgültig beseitigt und die Trümmer weggeräumt haben.
({28})
Sie haben in jedem Wahlkampf versprochen, die Arbeitsplätze sicher zu halten. Und von Wahl zu Wahl ist das Problem tragischer geworden. Ich weiß - und wir haben das in diesen Tagen deutlich gesagt -: Wir haben noch lange nicht alle Probleme gelöst. Wir sind, meine Damen und Herren, noch nicht über den Berg. Es bedarf noch eines langen Atems, eisernen Sparwillens und großer Durchsetzungskraft, um diesen Kurs erfolgreich durchzuziehen. Herr Finanzminister, Sie können sich darauf verlassen, daß die CDU/CSU-Bundestagsfraktion Sie bei diesem Kurs unterstützen wird und daß wir an diesem Kurs eisern festhalten werden.
({29})
Wir können, in aller Bescheidenheit und in dem Bewußtsein der schweren Probleme, die noch vor uns liegen, auch sagen:
({30})
Der vorgelegte Haushalt ist Ausdruck der konsequenten Konsolidierunspolitik dieser Regierung. Er verstärkt die Fundamente, auf denen die wirtschaftliche Zukunft unseres Landes aufgebaut werden muß. Wir benötigen dieses Fundament dringend, um die Aufgaben, die sich uns in der Zukunft stellen, zu meistern. Die dringendste ist die Beseitigung der Arbeitslosigkeit. Wir brauchen eine wirtschaftliche Belebung. Wir wissen - das ist kein Widerspruch -, daß wir mit wirtschaftlichem Aufschwung allein die Arbeitslosigkeit in diesem Jahrzehnt nicht werden beseitigen können. Aber ohne wirtschaftlichen Aufschwung, Herr Apel, ist es ganz hoffnungslos. Ohne wirtschaftlichen Aufschwung geht überhaupt nichts. Und deswegen ist es schon ein Erfolg, daß wir Ihre Politik des wirtschaftlichen Rückschritts in eine Politik des wirtschaftlichen Aufschwungs verändert haben.
({31})
Und damit gewinnen wir die Voraussetzungen für die weiteren Maßnahmen.
Wir werden im Januar in diesem Hause den Gesetzentwurf lesen, der den Tarifpartnern die Möglichkeit eröffnet, eine Vorruhestandsregelung einzuführen.
({32})
Wir brauchen diese Maßnahmen zusätzlich, um die Arbeitslosigkeit Schritt für Schritt abzubauen. Wir müssen die Möglichkeiten, auch unter Einsatz modernster Technologie mehr Flexibilität für mehr Teilzeitarbeitsplätze zu schaffen, stärker als bisher nutzen. Meine Damen und Herren, wir wissen aus Umfragen, daß über eine Million Beschäftigte an Stelle eines Vollzeitarbeitsplatzes gerne einen Teilzeitarbeitsplatz hätten. Lassen Sie uns alle unsere Anstrengungen darauf konzentrieren, daß dies möglich wird. Wir müssen, um mehr Beschäftigung
zu erreichen, die zu hohe Belastung der Arbeit mit Lohnnebenkosten, mit Steuern und Abgaben senken.
Herr Kollege Apel, Sie haben hier einen ungeheuren Popanz aufgebaut. Es gibt überhaupt keinen Zweifel - niemand hat das klarer als der Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion gesagt -, daß für uns die Priorität bei der Reform des Lohn- und Einkommensteuertarifs liegt. Bauen Sie doch hier keine Pappkameraden auf! Daran gibt es überhaupt keinen Zweifel. Der Finanzminister hat gestern - er war ehrlich - ganz deutlich gesagt: Man kann nicht alles an einem Tag entscheiden. Man wird die Entscheidungen seriös vorberaten und vordiskutieren müssen. Wir lassen uns von Ihnen nicht unter einen Zeitdruck setzen, unter dem dann die Qualität der Entscheidungen leidet.
({33})
- Herr Spöri, seien Sie doch einmal ruhig! Sie sehen doch, wie erkältet ich bin. Nehmen Sie doch ein bißchen Rücksicht!
({34})
Wir werden uns von Ihnen nicht unter einen falschen Termindruck setzen lassen. Für uns hat die Richtigkeit der Entscheidung Vorrang. Der Finanzminister hat gestern in aller Deutlichkeit gesagt: Wir werden in der ersten Hälfte des Jahres 1984 über das Volumen und den Zeitpunkt des Inkrafttretens einer Reform des Lohn- und Einkommensteuertarifs entscheiden.
({35})
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Nein, der Herr Spöri hat mich so gestört, daß er jetzt nicht das Wort zu einer Zwischenfrage bekommt.
({0})
Herr Kollege Apel, Sie haben die Situation der Gemeindefinanzen angesprochen. Sie haben davon gesprochen, daß die Gemeindehaushalte durch explodierende Sozialausgaben belastet sind. Das ist richtig. Sie sollten doch aber bei der Frage der Belastung der öffentlichen Haushalte durch die explodierenden Sozialausgaben nicht übersehen, daß auch diese explodierenden Sozialausgaben zum überwiegenden Teil eine Folge der von Ihnen verursachten Massenarbeitslosigkeit sind.
({1})
Die Begleitgesetze zum Haushalt 1984 beinhalten ja eine Reihe von gesetzlichen Maßnahmen - genau, wie es schon in den Begleitgesetzen zum Haushalt 1983 der Fall war -, mit denen wir die Gemeindehaushalte von Ausgaben entlasten. Meine Damen und Herren, ich sage auch dieses: Auch die Problematik der kommunalen Haushalte wird nicht in erster Linie durch eine Erhöhung der Einnahmen,
sondern nur durch eine Begrenzung der Ausgaben zu lösen sein.
({2})
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir über das Thema der Arbeitszeit und über das Thema der Rückgewinnung der Vollbeschäftigung miteinander nachdenken, müssen wir, wie ich glaube, noch einmal über den Satz des ersten sozialdemokratischen Bundeskanzlers Brandt reden, der ja eine staatliche Vollbeschäftigungsgarantie abgegeben hat. Ich glaube, daß wir den Irrsinn dieser staatlichen Vollbeschäftigungsgarantie beseitigen müssen. Der Staat kann in einer Sozialen Marktwirtschaft Vollbeschäftigung nicht garantieren. Der Staat kann den Tarifpartnern Mitverantwortung für die Vollbeschäftigung nicht abnehmen. Dies gilt für die Frage der Arbeitszeit genauso wie für die Frage der Lohnpolitik.
({3})
Wenn wir gegen Ende dieser langen Haushaltsdebatte darüber nachdenken, wo die Unterschiede zwischen Koalition und Opposition liegen und wo die Notwendigkeit zur Gemeinsamkeit besteht, dann sollten Sie, Herr Kollege Apel und meine Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion, doch einmal darüber nachdenken, ob es nicht einen Grundkonsens zwischen den großen Fraktionen dieses Hauses geben sollte, und zwar dahin gehend, an die Tarifpartner gemeinsam zu appellieren, ihre Verantwortung für die Rückgewinnung der Vollbeschäftigung wahrzunehmen, nicht aber Klassenkampf zu predigen, sondern vielmehr bei unserem Bemühen um mehr Partnerschaft mitzumachen.
({4})
Wir haben unsere Politik auf Gemeinsamkeit angelegt. Wir sagen nicht - wie es ein früherer Vorsitzender Ihrer Fraktion gesagt hat -, wir brauchten die Opposition nicht. Wir brauchen die Opposition. Für das Vertrauen, für die Berechenbarkeit und Verläßlichkeit der Politik der Bundesrepublik Deutschland ist es wichtig, daß es eine demokratische Alternative gibt, ohne daß bei dieser Alternative die Beständigkeit völlig verlorenginge. Das gilt in der Außenpolitik so sehr wie etwa in der Wirtschaftspolitik für das Investitionsklima.
({5})
Demokratie ist Herrschaft auf Zeit. Sie beinhaltet damit die Möglicheit des Wechsels. Wer langfristige Investitionsentscheidungen zu treffen hat, braucht Vertrauen. Er braucht das Vertrauen, daß die Rahmenbedingungen auch dann noch investitionsfreundlich bleiben, wenn es zu einem demokratischen Wechsel kommen sollte. Wir haben aus der britischen Geschichte doch erlebt, wie das Investitionsklima zerstört wird, wenn alle vier Jahre das Gegenteil betrieben wird. Deswegen appelliere ich an die Sozialdemokraten, auch in der Wirtschaftspolitik zu einem gemeinsamen Grundkonsens zurückzukehren.
Ein gemeinsamer Grundkonsens der großen demokratischen Parteien wird auch die Solidarität der Tarifpartner fördern. Und wir brauchen Gemeinsamkeit auch wieder in den Grundfragen der Außenpolitik.
Die Bundesrepublik Deutschland ist unter dem Bundeskanzler Helmut Kohl wieder ein verläßlicher Freund für den Westen und ein berechenbarer Partner für den Osten geworden.
({6})
Das Vertrauen in die Bundesrepublik Deutschland ist wiederhergestellt. Aber es gibt Zweifel, was im Falle eines demokratischen Wechsels in der Bundesregierung geschehen würde. Daran knüpfen sich bei manchen vielfach auch Hoffnungen, aber es knüpfen sich daran eben auch viele Besorgnisse bei unseren Freunden.
Ich habe in den Tagen der leidenschaftlichen Debatten noch einmal die Rede nachgelesen, die Herbert Wehner am 30. Juni 1960 an dieser Stelle gehalten hat. Ich finde, Sie alle von der sozialdemokratischen Fraktion sollten sich in der bevorstehenden Weihnachtspause die Muße nehmen, mit allem Ernst noch einmal nachzulesen, was damals Wehner über die Notwendigkeit eines Grundkonsens in den Fragen der nationalen Sicherheit und der Außen- und Sicherheitspolitik gesagt hat.
Die deutschen Sozialdemokraten haben sich in den letzten Wochen mit rasanter Geschwindigkeit von den Grundlagen gemeinsamer Außenpolitik verabschiedet. Das mag sie zwar - das ist dann parteipolitisch für uns vielleicht gar nicht schlecht - von der Regierungsverantwortung noch für lange Zeit fernhalten. Aber es erfüllt alle, die an das Ganze denken, mit Sorge. Es beeinträchtigt Vertrauen im In- und Ausland. Und, meine Damen und Herren von der Koalition, es erhöht unsere Verantwortung. Ich sage das überhaupt nicht triumphierend, sondern eher nachdenklich und besorgt: Es gibt zur Koalition der Mitte derzeit keine verantwortbare demokratische Alternative.
({7})
Ich sage es auch ganz leise an uns selbst: Jeder in unseren eigenen Reihen, meine Freunde, muß daran denken und muß das bei allem, was wir tun was wir reden, beherzigen. Wir tragen eine schwere Last.
({8})
- Herr Kollege Apel, ich möchte keine Zwischenfrage mehr zulassen.
Das Schlimmste an der Erblast, die Sie uns hinterlassen haben, ist, daß Sie unser Volk daran gewöhnen wollten, scheinbar bequeme Auswege zu gehen.
({9})
Herr Abgeordneter Schäuble, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Apel?
Nein. - Sie wollten unser Volk verführen, scheinbar bequeme Auswege zu gehen, die es nicht gibt.
({0})
Der Ohne-mich-Standpunkt hat weder in der Außen- und Sicherheitspolitik noch in der Wirtschafts-, Innen-, Finanz- und Sozialpolitik Zukunft. Wir müssen der Versuchung und Verführung zur Bequemlichkeit entraten. Ohne Wachsamkeit und Verteidigungsbereitschaft bewahren wir weder Frieden noch Freiheit. Ohne Fleiß,
({1})
Tüchtigkeit und Leistungsbereitschaft schaffen wir weder wirtschaftlichen Wohlstand noch soziale Gerechtigkeit. Auch wenn wir Grund zur Zuversicht haben: Wir wissen um die schwere Last, statt bequemen Ausweichens unseren Bürgern wieder die Wahrheit sagen zu müssen und nicht nur von Rechten, sondern auch von Pflichten zu reden. Wir wissen um unsere Verantwortung.
Die Bilanz dieser Haushaltswoche zeigt: Wir sind auf dem richtigen Weg. Es gibt Rückschläge. Athen war sicher kein besonderer Erfolg in diesen Tagen. Es wird auch in Zukunft Rückschläge geben. Wir sind nicht davor gefeit, Fehler zu machen. Wir sind Menschen, und Menschen irren. Aber nur derjenige, der gar nichts tut, macht keine Fehler.
Niemand - Herr Apel, Sie schon gar nicht - weiß genau, was die Zukunft bringt. Trotzdem, meine Damen und Herren, müssen wir unser Bestes tun. Wir haben Grund zur Zuversicht. Erfolge zeichnen sich ab. Es geht aufwärts. Wir ruhen uns nicht aus, aber wir schöpfen daraus die Kraft, diesen Weg fortzugehen.
({2})
Unsere Partner in aller Welt, in Ost und West, in Süd und Nord, wissen, daß sie sich auf uns verlassen können. Unser Volk faßt Vertrauen.
({3})
Wir werden dieses Vertrauen nicht enttäuschen.
Die Koalition der Mitte wird ihren Beitrag für einen sicheren Frieden in Freiheit leisten. Wir werden für wirtschaftlichen Aufschwung und soziale Gerechtigkeit sorgen.
Unsere Bürger wissen, daß sie sich auf Helmut Kohl, seine Regierung und die Koalition der Mitte verlassen können. Deshalb, Herr Bundeskanzler, stimmen wir Ihrem Haushalt zu.
({4})
Bevor ich das Wort weitergebe, möchte ich mitteilen, daß sich eine Sitzung des Ältestenrates im Anschluß an diese Sitzung als notwendig erwiesen hat.
Das Wort hat der Abgeordnete Burgmann.
Meine Damen und Herren! Liebe Freundinnen und Freunde! Wenn ich heute hier die Haushaltsdebatte noch einmal zusammenfasse, tue ich das vor allem auch in Vertretung meines erkrankten Freundes Hans Verheyen, der in den letzten drei Monaten im Haushaltsausschuß sehr' intensiv an diesem Haushalt mitgearbeitet hat.
Er hat mich gebeten, zu Beginn meines Beitrags darauf hinzuweisen, daß es ihn doch sehr gefreut hat, daß im Haushaltsausschuß eine menschlich relativ erfreuliche Atmosphäre geherrscht hat. Auf der anderen Seite hat er sehr kritisch gesagt, daß es politisch eigentlich keine Berührungspunkte gegeben hat, daß es politisch nicht möglich war, für unsere Vorschläge und Anträge, die wir eingebracht haben, bei ihrer Behandlung auch Unterstützung zu finden.
({0})
Ich habe das selber erlebt, teilweise als stellvertretendes Mitglied, vor allem aber auch im Wirtschaftsausschuß, wo wir ganze zwei halbe Tage Zeit hatten, den politisch so wichtigen Haushalt des Wirtschaftsministeriums zu debattieren.
({1})
Wir hatten zwei halbe Tage Zeit für einen Haushalt, der ganz wesentliche wirtschaftliche Perspektiven eröffnen sollte. Nachdem wir festgestellt haben, daß dieser Haushalt im wesentlichen eine Fortschreibung des bisherigen, von der Verwaltung erstellten Haushalts ist, haben wir versucht, etwas Perspektive hineinzubringen, indem wir den Antrag gestellt haben, mit 5 Milliarden DM eine langfristige Energieversorgung für die Bundesrepublik sicherzustellen. Wir haben erleben müssen, daß es darüber kaum eine ernsthafte Debatte gegeben hat. Selbst die SPD, die sich auf der anderen Seite für ein Beschäftigungsprogramm eingesetzt hat, hat sehr wenig konkret darüber diskutiert.
Das geschah, obwohl wir in unseren Diskussionsbeiträgen verdeutlicht haben, daß diese 5 Milliarden DM nicht nur dazu beitrügen, durch eine langfristige Energieversorgung langfristig Importe von Öl und Gas einzusparen und dadurch die Volkswirtschaft zu entlasten, sondern auch einen ganz entscheidenden Beitrag zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit leisten könnten. All diese Argumente gingen unter.
Wenn man sagt, wir hätten mit diesen 5 Milliarden DM vielleicht zu hoch gegriffen, dann möchte ich nur ein anders Beispiel nennen: Selbst die 300 000 DM, die wir beantragt haben, um eine Studie „Arbeiten in einer ökologisch orientierten Wirtschaft" vom Öko-Institut in Freiburg zu unterstützen - eine Studie, die uns sicher sehr viel wichtigere Erkenntnisse gebracht hätte als das Sachverständigengutachten -, waren nicht da. Sie wurden ja gestern von diesem Hause abgelehnt, obwohl gleichzeitig 39 Millionen DM für die wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsinstitute bereitgestellt werden, die uns von Jahr zu Jahr mit falschen Prognosen bedienen. Ich habe das auch beim Haushalt des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung erlebt, der gestern sehr heiß debattiert und dann
leider auch in unveränderter Form verabschiedet wurde.
Ich bin vor allem über die Ignoranz erschüttert, mit der sich gestern Herr Blüm über die Not der Arbeitslosen, und über die Probleme, die für die Betroffenen mit Senkung der Arbeitslosenhilfe und der Sozialhilfe verbunden sind, geäußert hat. Ich bitte Sie, Herr Blüm, gehen Sie einmal in die Arbeitsloseninitiativen hinein, und hören Sie sich vor Ort an, welche konkreten Probleme da bestehen, mit welchen Sorgen sich die Menschen auseinandersetzen müssen.
({2})
Ich bitte Sie, Herr Blüm, der Sie jetzt nicht da sein können: Lesen Sie im Protokoll einmal nach, was ich dazu sage. Reden Sie einmal mit den Rehabilitanden, jenen Menschen, die nach schwerer Krankheit und Unfällen wieder neuen Mut fassen, Leistungen mit dem Ziel erbringen, einen neuen Beruf zu erlernen, um in diesem anstrengenden Berufsleben wieder tätig zu werden, und die Sie jetzt teilweise so beschneiden, daß es für sie finanziell unmöglich wird, diese Rehabilitation noch wahrzunehmen.
Da behauptet die Bundesregierung immer wieder - Herr Blüm gestern und Herr Dregger vorgestern -: Leistung muß sich wieder lohnen. Diese Menschen bringen Leistung. Und wie lohnen Sie diese Leistung'? Indem Sie ihnen die Unterstützung kürzen.
({3})
Das ist die Kritik an dem Vorgehen. Wir kritisieren nicht, daß versucht wird, einzusparen, sondern daß Sie gerade bei denen sparen, die am schwächsten sind und es am nötigsten hätten, von uns unterstützt zu werden.
({4})
Diese Heuchelei gipfelt dann in der Demagogie, die Herr Blüm gestern vorgestellt hat, indem er das vorgezogene Altersruhegeld gar noch als Geschenk für die Kriegsgeneration anpreist. Das ist doch wohl der Gipfel!
({5})
Bei diesen Maßnahmen geht es letzten Endes doch nur darum, das Bemühen der Gewerkschaften um Arbeitszeitverkürzung durch eine solche schwache Regelung zu unterlaufen. Dem müssen wir uns widersetzen.
({6})
Wir glauben, daß man für die Generation, die diesen Krieg erlebt hat, an anderer Stelle ansetzen muß. Ich sehe an erster Stelle den Rüstungshaushalt,
({7})
einen Haushalt, der sich dadurch auszeichnet, daß er gegenüber vielen anderen nur unbedeutend von Kürzungen betroffen ist und in der Gesamtsumme ganz deutlich wächst.
Es ist fast selbstverständlich, daß sämtliche GRÜNEN-Kürzungsvorschläge abgelehnt wurden. Selbst die lächerlichen Vorschläge, die die SPD unterbreitet hat, fanden gestern keine Zustimmung bei der Haushaltsabstimmung.
({8})
Dagegen hat gestern Herr Dr. Friedmann sehr starke Worte gebraucht: Ein Volk, das etwas auf sich hält, muß auch bereit sein, sich zu verteidigen. Weiter hat er fortgeführt: Was nützt der Sozialstaat, wenn die Kosaken kommen?
({9})
- Das hat er gesagt. Er hat sich, indem er es zitiert hat, damit ja irgendwie identifiziert.
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Mich haben diese Worte an eine sehr traurige Vergangenheit erinnert. So etwas haben wir zu wilhelminischen Zeiten geredet, aber nicht mehr nach zwei verlorenen Kriegen. Ich meine, wir sollten da schlauer geworden sein.
({11})
Aber Herr Wörner hat ja in seinem Beitrag zum Verteidigungshaushalt auch deutlich gemacht, welche Zielsetzung diese Konsolidierungspolitik hat, indem er ausführte: Wir brauchen den Wirtschaftsaufschwung, den wir mit den Sozialkürzungen erkaufen wollen, um die Rüstung finanzieren zu können. Hier wird die Finanzpolitik, die dahintersteckt, deutlich: Kürzungen der Sozialleistungen, damit der Rüstungshaushalt weiter steigen kann.
({12})
Ich möchte behaupten, daß Sie damit keine Sicherheit schaffen, sondern damit die Kriegsgefahr erhöht wird und die Wirtschaft und der innere Friede zerstört werden.
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- Das ist Ihre Argumentation.
Ich möchte noch sagen, daß nicht nur diese sehr weitreichenden Anträge, die wir gestellt haben, abgelehnt wurden, sondern daß selbst kleine teilweise auch humanitäre Anträge - ich möchte fast sagen: Bitten - nicht unterstützt wurden, weder im Haushaltsausschuß noch hier.
Es wurde beispielsweise von den GRÜNEN 1 Millionen DM für die iranischen Studenten beantragt, die von Khomeini nicht mehr gefördert werden. Selbst Herr Möllemann hat diesen Antrag unterstützt. Aber im Haushaltsausschuß fand er keine Mehrheit.
Wir beantragten nur 1 Million DM zur Verlängerung der Verträge der Entwicklungshelfer. Auch dies wurde von der CDU/CSU ähnlich wie die Frage der iranischen Studenten durchaus verständnisvoll
diskutiert. Es hatte den Anschein, als sei es möglich, dafür eine Mehrheit zu bekommen. Aber bei der Abstimmung stand die Fraktion der CDU/CSU - hier zitiere ich Herrn Carstens - geschlossen „wie ein Mann". Ich finde das peinlich. Ich würde das nicht mit solch stolz geschwellter Brust sagen, wie Sie, Herr Carstens, das gestern gesagt haben. Ist es wirklich ein Grund, stolz zu sein, wenn Sie so unter Ausschaltung des Gewissens die schlimmsten sozialen Kürzungen beschließen und mit Fraktionszwang vernünftige Entscheidungen überdecken?
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Nun zur Frage der Ökologie, von der in dieser ganzen Haushaltsdebatte relativ wenig die Rede war. Nicht einmal 8 Millionen DM waren bereitzustellen für eine Kommission für Bodenschutz,
({15})
obwohl der Bund Naturschutz vorgestellt hat, welche Probleme durch die Vergiftung des Bodens auf uns zukommen. Nicht einmal 8 'Millionen DM waren für Präventivmaßnahmen für das Nordseewatt bereitzustellen.
Wenn in diesem Haushalt nach sorgsamem Überprüfen vielleicht insgesamt 60 Millionen DM für Maßnahmen gegen das Waldsterben zusammenzukratzen sind, dann stehen sie einem Haushalt von 260 Milliarden DM gegenüber. Das ist ein Anteil von nicht einmal 0,4 Promille.
Meine Damen und Herren, der Ökologie ist nicht damit gedient, daß man hier davon redet, und auch nicht damit, daß man in irgendeinem Haushalt ein paar Millionen dafür bereitstellt, sondern Ökologie muß sich praktisch als Aufgabe durch jeden Einzelplan in diesem Haushalt ziehen.
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Statt dessen finden wir weitere Mittel zur Zerstörung. Mittel werden ausgegeben zur Förderung der Atomkraft, der Gentechnologie, für die Entwicklung von Bioäthanol, für Tierversuche und ähnliche Maßnahmen.
Vorhin ist von den Problemen gesprochen worden, die vor uns liegen. Da möchte ich einmal fragen: Was sind denn eigentlich die Herausforderungen und die Probleme, die sich für uns heute und insbesondere im nächsten Jahr stellen? Da haben wir die Arbeitslosigkeit, das Problem der sozialen Sicherheit. Da haben wir vor allem die Umweltzerstörung, die uns gerade in den letzten Monaten durch die erschreckende Zunahme des Waldsterbens droht. Wir haben die Frage des Friedens, des Hungers und des Massensterbens in der Dritten Welt.
Dann müssen wir zum Schluß dieser Debatte fragen: Was hat der Haushalt 1984 darauf für Antworten? Daran müssen wir diesen Haushalt messen.
Ich muß feststellen, daß uns keine Maßnahme, kein Titel, der in diesem Haushalt vorgesehen ist, versichern kann, daß im nächsten Jahr mehr Arbeitsplätze geschaffen werden, daß ausreichende Mittel für den Umweltschutz bereitgestellt worden sind. Im Gegenteil, es sind mehr Ausgaben zur Zerstörung unserer Umwelt vorgesehen.
Das Versprechen „Frieden schaffen mit weniger Waffen" wird von diesem Haushalt Lügen gestraft. Denn in diesem Haushalt ist mehr Geld und sind mehr Waffen vorgesehen. In diesem Haushalt ist ebenfalls ein weiteres Wachstum vorgeplant, das auf Kosten der Dritten Welt gehen wird.
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Die Regierung rechtfertigt diese Politik mit der Haushaltskonsolidierung, als sei dies das oberste Ziel. Herr Stoltenberg hat es gestern damit begründet, daß die Lasten nicht auf Kosten der kommenden Generation gehen dürften.
Meine Damen und Herren, wir möchten nicht der Staatsverschuldung das Wort reden. Aber eines möchten wir doch einmal deutlich sagen. Das Waldsterben, die Vernichtung unserer Umwelt, die Atomraketen sind eine sehr viel größere Katastrophe und Hypothek für unsere Kinder als u. U. irgendwelche finanziellen Schulden.
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Das Waldsterben kümmert sich nicht um die Haushaltskonsolidierung. Daher gehen die Vorschläge des Herrn Stoltenberg an den eigentlichen Problemen vorbei.
Wir müssen feststellen, daß die Vorschläge, die hier gemacht worden sind, letzten Endes nur darauf hinauslaufen, die bisherige Politik fortzuschreiben mit noch mehr Zerstörung, mit noch mehr Industrialisierung und mit noch mehr Wachstum. Und selbst wenn es Ihnen gelingen sollte, mit Wachstum mehr Arbeitsplätze zu schaffen, ist es problematisch, wenn es auf Kosten unserer Umwelt geht. Wir meinen, daß die Herausforderung heute gerade darin liegt, ohne Wachstum die Arbeitslosigkeit zu beseitigen und gleichzeitig die Umwelt zu schützen. Das ist die Herausforderung, vor der wir stehen und die in diesem Haushalt nicht gelöst worden ist.
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In diesem Haushalt sind falsche Ziele gesteckt. Daran haben all diese Debatten und all diese Auseinandersetzungen in den letzten Tagen nichts geändert. Keines der großen .Probleme, die vor uns stehen, ist in diesem Haushalt gelöst. Im Gegenteil, zum Teil werden sie erheblich verschlimmert.
Am Ende des Jahres, in dieser letzten Debatte, kann ich nur bedauernd feststellen: Der Haushalt 1984 verheißt kein gutes neues Jahr. Die GRÜNEN müssen diesen Haushalt deshalb ablehnen.
Wir können auf Grund der Erfahrungen, die wir gemacht haben, die außerparlamentarischen Gruppen nur bitten, sich nicht auf dieses Parlament zu verlassen, sondern ihre Arbeit, ihre Initiativen zu verstärken. Die Veränderung geht nicht von diesem Haushalt und nicht von diesem Parlament aus. Aber die GRÜNEN werden sich im nächsten Jahr bemühen, auch ein bißchen von der Veränderung, von den neuen Ideen, die draußen, vor diesem Parlament, sind, hier einzutragen.
Abschließend möchte ich nur noch feststellen, vor
allem für das neue Jahr 1984: Wir wollen keine Atomraketen in der Bundesrepublik!
({20})
Das Wort hat der Abgeordnete Hoppe.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst dem erkrankten Kollegen Verheyen alle guten Wünsche zur Besserung übermitteln.
({0})
Ich bin sicher: Ich darf das auch für alle Kollegen des Haushaltsausschusses besonders herzlich tun.
In Haushaltsdebatten muß ein Freier Demokrat - so habe ich es schon einmal formuliert - sehr beklommen ans Pult treten. Nach der sehr stark auf Betrachtung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft abgestimmten Rede des Kollegen Schäuble bin ich insofern besonders beklommen, als ich hier als Erblasser und Erbe zugleich stehe.
({1})
Und doch hat uns der Alltag der Wirtschafts- und Finanzpolitik wieder eingeholt. Die Auseinandersetzungen um die richtige Strategie zur Stabilisierung des Aufschwungs und zur dauerhaften Gesundung der Staatsfinanzen sind wieder in den Vordergrund getreten. Leider reden die Kontrahenten an- einander vorbei. Trotz der doch überhaupt nicht zu leugnenden Besserung der Wirtschafts-, Haushaltsund Arbeitsmarktlage kann die Opposition die Argumente und Maßnahmen der Koalition weiterhin nicht verstehen oder will sie nicht verstehen.
({2})
Es ist wie in der Rekrutenkompanie. Da hatte ich einen Hauptmann, der sagte immer: Hauptwachtmeister, schreiben Sie den Mann auf, der gibt sich bewußt Mühe, den Kopf schief zu halten. Dabei ist es ja nicht so, daß die Bundesregierung ihren Ruhm lauthals verkündet, wie Herr Kollege Apel hier gemeint hat. Für Verkündigungen sind j a ganz andere zuständig, nämlich die Prediger. Aber was hat die Bundesregierung denn getan? Sie hat sich bislang nur auf Äußerungen jener bezogen, die unsere Politik von außen beurteilen,
({3})
und zwar Bundesbank und Sachverständigenrat. Sie verweist dann auf die wirtschaftlichen Indikatoren: Preissteigerungsrate, Anstieg des Bruttosozialprodukts und Stopp des Anstiegs der Arbeitslosigkeit.
Meine Damen und Herren, trotz der überhaupt nicht zu leugnenden Verbesserung sind wir immer wieder bei den kontroversen Diskussionen - und das mit den alten Positionen. Sie erinnern in ihrer Grundsätzlichkeit sehr an die Auseinandersetzungen in den Anfangsjahren unseres Staates. Walter Kannengießer hat dies in der FAZ vom 12. September 1983 so formuliert: Die eine Seite
... setzt auf das Ordnungssystem der Sozialen Marktwirtschaft, also auf eine Politik der Mobilisierung der privaten Initiative und Verantwortung. - Ohne Konsolidierung der Staats-und Sozialfinanzen geht das nicht!
({4})
- Herr Apel, darf ich das Zitat erst zu Ende bringen?
({5})
- Danke. Auf der anderen Seite steht die von den Sozialdemokraten und den GRÜNEN formulierte Politik, die den Staatsanteil noch höher treiben, den Dirigismus vermehren, die Verschuldung und Abgabenlast erhöhen ... würde.
Wie in den 50er Jahren setzen die Sozialdemokraten auch heute auf gezielte Eingriffe des Staates.
Herr Kollege Apel.
Herr Kollege Hoppe, wenn Sie die Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft für Ihre Koalition als Leitmotiv in Anspruch nehmen wollen, dann werden Sie mir sicherlich zustimmen, daß es dringend geboten ist, daß die Bundesregierung
- insbesondere ihr Bundeslandwirtschaftsminister
- von den Versuchen abläßt, in Brüssel einen alles tötenden Protektionismus und Dirigismus einzuführen, und daß es hier ein Exerzierfeld für sie gäbe, marktwirtschaftliche Belege und Nachweise für aktives Tun abzugeben.
({0})
Herr Kollege Apel, ich bin Ihnen in der Tat für die Ermutigung dankbar, dem Protektionismus nicht Raum zu geben. Unsere Volkswirtschaft kann ihn am allerwenigsten vertragen.
({0})
- Wir können das fortsetzen, Herr Kollege Apel;
({1})
ich habe nichts dagegen. Nur, da wir uns ja an anderer Stelle ausreichend und ausführlich unterhalten, finde ich es gegenüber den Kollegen wenig rücksichtsvoll.
({2})
- Nein, ich werde das nicht tun. Ich stehe Ihnen zur Verfügung, Herr Kollege Apel,
({3})
auch wenn das zu Lasten Ihrer Kollegen und aller hier im Saal geht.
Erlauben Sie noch eine Zwischenfrage?
({0})
Präsident Dr. Barzel
- Verzeihen Sie! Sie haben noch nicht das Wort. Jetzt erteile ich es Ihnen, Herr Kollege Apel.
Vielen Dank, Herr Präsident.
({0})
Meine Damen und Herren, eine Sekunde. Wir haben uns im Ältestenrat darauf verständigt, den amtierenden Präsidenten weder mit Mißfallens- noch mit Beifallsbekundungen zu belegen. Ich möchte das ganze Haus gerne bitten, diesen guten Vorsatz in der letzten Sitzung dieses Jahres, für die letzten Stunden dieses parlamentarischen Jahres, nach Kräften zu beherzigen.
Ich danke Ihnen.
Herr Kollege Hoppe, Sie haben soeben gesagt,
({0})
die Sozialdemokratie wolle - im Gegensatz zur Koalition - mit höheren Abgabelasten arbeiten: Ist Ihnen entgangen, daß die Koalition in den letzten zwölf Monaten die Sozialabgaben dreimal, und zwar zum 1. Januar 1983, zum 1. September 1983 und jetzt zum 1. Januar 1984, kräftig erhöht hat? Ist Ihnen entgangen, daß die Mehrwertsteuer zur Mitte des Jahres erhöht worden ist?
({1})
Und ist Ihnen entgangen, daß Sie die Staats- und Abgabenquote in diesen zwölf Monaten beträchtlich angehoben haben?
Herr Apel, ich habe das keinesfalls übersehen. Es sind noch immer Empfehlungen, Mittel und Methoden, die wir gemeinsam praktiziert haben, bei denen wir gemeinsam schon festgestellt haben, daß es so nicht weitergehen kann. Ich sage Ihnen, daß bei dem schwierigen Übergang, was die Abgaben im Bereich unserer Sozialleistungen angeht, in der Tat ein völliger Verzicht auf diese Methodik und diese Belastung noch nicht möglich ist. Aber die Umkehr auf den richtigen Weg ist gemacht.
({0})
Meine Damen und Herren, wer von Staatseingriffen redet, den frage ich immer: Kann man denn die Überlegenheit, die Japan bei der Produktion von Video-Geräten, Mikrochips, Kleincomputern und Robotern erlangt hat, durch mehr Staatsausgaben bekämpfen? Können wir dem so begegnen? Können wir dem im Sinne der Verbesserung unserer Volkswirtschaft beikommen? Kann man die dauerhaft verringerte Nachfrage nach Stahl, nach Schiffsneubauten durch Beschäftigungsprogramme kompensieren?
Das sind und bleiben Illusionen. Beschäftigungsprogramme, selbst wenn sie eine begrüßenswerte umweltpolitische Komponente als Zielsetzung haben, können bestenfalls vorübergehend Linderung bringen. Sind die Wirkungen solcher Programme verpufft, tritt die Krise noch stärker zutage. Dies zeigen die Erfahrungen, die wir seit der ersten Ölkrise mit öffentlichen Ausgabenprogrammen gemacht haben. Anstoßwirkungen für einen sich selbst tragenden, dauerhaften und nachhaltigen Aufschwung sind davon nicht ausgegangen.
Die Opposition scheint mir aber bis heute nicht bereit zu sein, die notwendigen Konsequenzen daraus zu ziehen. Nichts kann sie offenbar davon abbringen, teures Lehrgeld zweimal bezahlen zu wollen. Doch beinahe der gesamte wirtschaftliche Sachverstand sagt uns: Statt direkter Staatsinterventionen muß eine auf Dauer angelegte Stärkung unserer Betriebe herbeigeführt werden. Sie müssen im internationalen Wettbewerb mithalten können. Ihre Ertragskraft muß steigen.
Die Bundesbank hat es in ihrem September-Bericht so formuliert:
Erst wenn die über lange Jahre geschwächte Ertragskraft der Unternehmen nachhaltig gestärkt und auch die Eigenkapitalbasis wieder verbessert ist, werden jene Rahmenbedingungen gesichert sein, die dauerhaft mehr Wirtschaftswachstum erlauben und mehr Beschäftigungsmöglichkeiten bieten.
({1})
Doch, verehrte Frau Kollegin, hat die Bundesbank dann im November ergänzend dazu feststellen müssen, daß die Eigenkapitalquote der deutschen Wirtschaft im Jahre 1982 weiter auf 18,5 % abgesunken ist. So dünn war die Eigenkapitaldecke seit 1965, seitdem die Bundesbank überhaupt diese Untersuchungen anstellt, noch nie. Meine Damen und Herren, dies macht es nur um so dringlicher, die langfristige Auszehrung des Eigenkapitals endgültig zu stoppen und umzukehren.
({2})
„Wirtschaft und Fabriken sind der Nerv aller Staatsangelegenheiten. Sie müssen dauerhaft unterstützt werden", sagte schon der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. im Jahre 1722. Ihm gelang immerhin das Kunststück, einen fast bankrotten Staat innerhalb von neun Jahren zu sanieren.
({3})
Meine Damen und Herren, die durch Fakten untermauerte These des Sachverständigenrats, die Konsolidierungspolitik sei kein Hindernis für die wirtschaftliche Erholung, ja, sie fördere sie sogar, bestärkt uns jedenfalls darin, neben der Verbesserung der allgemeinen wirtschaftlichen Rahmendaten weiter einen konsequenten Sparkurs zu fahren. Solange das strukturelle Defizit noch nicht beseitigt ist, wird man uns Überkonsolidierung nicht vorwerfen können. Nein, es hilft nichts, die Roßkur muß durchgestanden werden.
({4})
Herr Abgeordneter Hoppe, gestatten Sie eine Zwischenfrage? - Keine Zwischenfrage.
Deshalb ist auch der Feststellung des Finanzplanungsrats vom 2. Dezember 1983 - das ist also taufrisch - vollinhaltlich beizupflichten:
Das Finanzierungsdefizit des öffentlichen Gesamthaushalts ist noch zu hoch. Für 1984 und die Folgejahre ist daher eine Beibehaltung des vom Finanzplanungsrat in seinen letzten Sitzungen bekräftigten finanzpolitischen Kurses erforderlich. Um das Ziel eines weiteren Abbaus der staatlichen Neuverschuldung in den kommenden Jahren zu erreichen, sollte daher das Wachstum der Staatsausgaben auf höchstens 3 % begrenzt werden.
Für den Etat 1984 haben wir uns daran gehalten. Trotz erheblicher Zusatzanforderungen unserer Sorgenkinder Kohle und Stahl und der Bürgschaftsverpflichtungen konnten wir den Ausgabenzuwachs gegenüber dem Entwurf von 1,8 auf 1,6% senken. Ein beachtlicher Konsolidierungseffekt ist die Folge. Das bringt uns zum erstenmal seit 1980 wieder in den verfassungsmäßigen Korridor des Art. 115 Grundgesetz.
Meine Damen und Herren, wir verkennen dabei allerdings nicht, daß dieses Ergebnis nur möglich war, weil sich die Bundesbank erneut als Blutspender betätigt hat. Solange wir den Verfassungsrahmen des Art. 115 nur mit Hilfe dieser Blutzufuhr erreichen, kann die Konsolidierungsaufgabe nicht als abgeschlossen angesehen werden.
({0})
Die Schwachstelle dieses Haushalts ist aber - wer wollte es bestreiten - der unzureichende Subventionsabbau. Die Einschränkung der Steuervorteile beim Bauherrenmodell und die Konzentration der Kfz-Steuer-Vergünstigungen auf wirklich Schwerbehinderte reichen nicht aus, um an dieser Front Erfolgserlebnisse zu vermitteln. Wir Freien Demokraten waren bereit, schon mit dem Haushalt 1984 Steuersubventionen in einem Volumen von über 1 Milliarde abzubauen. Und wir erklären schon jetzt unsere Bereitschaft, zum frühestmöglichen Zeitpunkt einen neuen Anlauf zu einem spürbaren Subventionsabbau zu nehmen.
({1})
Wir haben dazu konkrete Vorschläge zur Einschränkung von Steuervergünstigungen in einer Größenordnung von weiteren 3 Milliarden DM vorgelegt. Eingedenk der schlechten Erfahrungen in der Vergangenheit möchte ich den an dieser Front sowieso sehr engen Handlungsspielraum nicht für die Zukunft noch dadurch einschränken, daß ich heute Roß und Reiter hier nenne. Dies würde nämlich den Reifeprozeß des Subventionsabbaus unweigerlich stören, weil es die Interessenten, Fürsorger und Lobbyisten auf den Plan riefe.
Neben der Verpflichtung zum Subventionsabbau müssen endlich wenigstens die zeitliche Begrenzung aller Subventionen, ihre degressive Ausgestaltung und, wo immer dies möglich ist, eine Umstellung von Zuschüssen auf Darlehen zum Inhalt einer revidierten Subventionspolitik werden.
({2})
Denn, meine Damen und Herren, bereits seit 1975, als sich der Bundesrechnungshof dieses Themas annahm und die Zuwendungsempfänger kritisch unter die Lupe nahm, wissen wir, daß sich nicht nur das Gesetz und Recht wie eine ewige Krankheit forterben, sondern auch gewisse Zuwendungen und Subventionen nur als chronische Erkrankung des Bundeshaushalts zu verstehen sind. Durch den „Rasenmäher"-Vorschlag des Deutschen Industrie- und Handelstages, alle Subventionen um einen bestimmten Prozentsatz - 5 oder 10 % - zu kürzen, sind wir denn j a wohl alle noch einmal gemahnt worden, hier endlich an die Arbeit zu gehen. Wir haben aber einsehen müssen, daß eine lineare Kürzung aller Subventionen sachlich nicht vertretbar ist. Z. B. im Stahlbereich oder bei den Werften kann man so nicht kürzen. Und eine Absenkung von investitionsfördernden Subventionen ist jetzt nur schwer vertretbar. Aber diese Einsicht darf uns nicht den Blick auf die ganze Subventionslandschaft verbauen. Subventionen sollten in erster Linie und vor allen Dingen Arbeitsplätze schaffen und sie sichern helfen. Als „Sterbehilfe" sind sie herausgeschmissenes Geld, das uns an anderer Stelle fehlt.
({3})
Meine Damen und Herren, beim Haushalt 1984 und seinen Begleitgesetzen haben wir uns - jedenfalls in der Koalition - nicht mehr nur auf die eigene „gute Nase" verlassen. In unserer Finanzpolitik und in den Haushaltsansätzen spiegelt sich die Wirklichkeit wider. Und die Menschen in unserem Lande haben begriffen, daß es den Arbeitnehmern nicht gutgehen kann, wenn es ihren Betrieben schlechtgeht.
({4})
Sie sehen, daß sich die Dinge allmählich zum Besseren wenden.
Voraussetzung dafür und für eine Fortführung der durch diese Wirkungen erkennbar gewordenen Politik ist jetzt Geradlinigkeit. Im Finanz- und Haushaltsbereich heißt das, die Defizite weiter konsequent abzubauen und die steuerlichen Rahmenbedingungen für Investitionen weiter zu verbessern. In der Geldpolitik sind maßvolle Zinsen investitionsentscheidend. Für eine Investitionsbelebung ist darüber hinaus die Beseitigung der Investitionshemmnisse in Gesetzgebung und Verwaltung geboten. Hier heißt das Schlagwort „Entbürokratisierung" oder, vielleicht besser, „Entrümpelung".
({5})
Schließlich sollten in der Lohnpolitik die maßvollen Tarifabschlüsse des Jahres 1983 für einen mittelfristigen Zeitraum Modellcharakter haben.
Meine Damen und Herren, vor allen Dingen - damit, lieber Rudi Walther, kommen Sie jetzt auf Ihre Kosten - sollten wir aber nicht jene bitteren Wahrheiten ignorieren, die Helmut Schmidt am 22. Juni 1982 vor der SPD-Fraktion beim Namen nannte. Dort hieß es:
Wir können die Nettokreditaufnahme nicht weiter erhöhen, weil wir begriffen haben, daß die Zinsen nicht steigen dürfen. Das weitere Herunterfahren der öffentlichen Investitionen kann man auch nicht verantworten; ebenso nicht eine stärkere Belastung der Arbeitnehmer. Bleibt als Fazit: Die bisherige Steigerung der Sozialausgaben und Leistungen kann nicht mehr so fortgesetzt werden; umgekehrt: Der Zuwachs muß gebremst werden.
({6})
Diese Erkenntnisse dürfen wir nicht vernachlässigen, wenn es gilt, jetzt konsequente Konsolidierungspolitik zu betreiben. Wir stehen vor der Aufgabe, grundlegende Strukturveränderungen zu meistern. Und wir haben die daraus resultierenden Risiken für jeden einzelnen zu bewältigen.
Meine Damen und Herren, diese Situation verlangt eine gemeinsame Kraftanstrengung von Wirtschaft und Politik. Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Gewerkschaften und Verbände werden diese Aufgabe mit den Verantwortlichen in Regierung und Parteien nur in einer Solidargemeinschaft lösen können.
({7})
Eine Frontenbildung in unserem Lande, eine Polarisierung der politischen Kräfte würde die Lösung erschweren oder sie gar auf unwiederbringliche Zeit hinausschieben. Lassen wir es dazu nicht kommen, denn sonst könnte eines Tages sogar der Arbeitsfrieden, auf den wir heute alle noch so stolz sind, gestört sein. Geben wir dem Pakt der Vernunft eine Chance. Wenn ich sehe, daß es über die Parteigrenzen hinweg in der sachlichen Arbeit aber das noch gibt, was die Politik heute und auch morgen dringend braucht, nämlich Freundschaft und Zuwendung, wie dies im Haushaltsausschuß zu erfahren ist, dann habe ich die Hoffnung, daß wir das auch in unserem Lande bewerkstelligen können.
({8})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Jannsen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Haushalt für das Jahr 1984 hat, so haben wir von der Regierungskoalition erfahren, die Aufgabe, die sich etwa als Fernhaltung der Krisen in der Welt von den Unternehmen der Bundesrepublik, also als Reduzierung der Krisenwirkungen im Inland, beschreiben läßt. Er hat weiter die Aufgabe, Optimismus zu verbreiten, ohne daß jemand sagen könnte, Optimismus sei bereits Politik.
({0})
Herr Schäuble hat vorhin erklärt, dieser Haushalt sei Ausdruck einer konsequenten Konsolidierungspolitik. Ich glaube, daß das stimmt. Herr Hoppe hat sich ähnlich geäußert, indem er von einer Stabilisierung des Aufschwungs gesprochen hat. Der Kollege Hoss hat gestern zur Stabilisierung und Konsolidierung einer Wirtschaft erklärt, wie aggressiv der Charakter der industriellen Kultur und Produktion in dieser Gesellschaft ist. Dieser Haushalt wird die Krisen, die das industrielle System verursacht hat, nicht beseitigen und nicht lösen können.
Ich will in wenigen Stichworten die vier Hauptkrisen, die zur Zeit die Welt bewegen, nennen.
Die meiner Meinung nach wichtigste Krise ist die Krise der internationalen Zerstörung der Arbeit. Die Zerstörung der Arbeit begann und geht auch heute noch ganz stark in den Ländern der Dritten Welt weiter. Sie führt hin zum Welthunger. 15 Millionen Kinder verhungern jährlich, meldet die „Frankfurter Rundschau" heute. Sie geht weiter in der Technologieentwicklung der Machteliten hier bei uns, in den USA und anderen sogenannten entwickelten Ländern. Sie endet hier bei der Arbeitslosigkeit.
Der zweite Bereich internationaler Krisen ist der der Zerstörung der Natur, hier, wie außerhalb Europas, zu Lande, zu Meere und in der Luft. Die Ursachen sind bekannt: Die Technologie, die wir hier haben, das industrielle System, zerstört Natur durch Rohstoffausbeutung, Energietransfer, Umweltbelastung, Boden-, Wasser- und Luftbelastung mit den Folgewirkungen. Das sind Zerstörungen, die ungeheure Ausmaße ereichen werden und in Teilen schon erreicht haben. Wir kennen das aus der Bundesrepublik und auch weltweit, mindestens seit der Studie „GLOBAL 2000", dem Bericht an den Präsidenten der Vereinigten Staaten.
Die dritte Krise ist die Krise der Verwertung des Kapitals, die Krise, die sich in dem internationalen Zins- und Schuldenverkehr deutlich ausdrückt: hohe Verschuldung all überall, hohe Zinsen in den USA, auch hier noch, Kapitalbewegungen mit der Konzentration in den USA. Die Folge ist eine Verpulverung des Kapitals - weil es anders nicht mehr geht - in Rüstungsbereichen, der Beginn der Rüstungs-und-Kapital-Spirale in den USA, Haushaltsdefizite usw.
Die Entwicklung dieser aggressiven Industrie führt letzten Endes zur dritten Krise, zur Krise der Verteilung der Welt.
({1})
Die Krise der Verteilung der Welt haben wir vor zwei Wochen hier diskutiert. Sie führt zu aggressiven Handlungen gegenüber Menschen, gegenüber der Erde, zum Aufbau eines aggressiven Potentials, was wir so nicht mitmachen können.
({2})
Herr Dregger selber hat hier erläutert, daß diese Aggression, diese Aggressivität des Systems notwendig sei, weil doch - und das ist am 21. November dieses Jahres hier gesagt worden - die Länder des Westens existenziell auf die Energie- und Rohstoffzufuhren aus anderen Erdteilen angewiesen seien. Wenn diese sich weigern, wird die Aggressivität möglicherweise - zum Teil haben wir es
in Grenada erlebt, zum Teil befürchten wir es in Nicaragua - in Aggression umschlagen.
({3})
- Herr Dregger, wenn Sie nur Tatsachen beschreiben und nicht bereit sind, darüber nachzudenken und die Konsequenzen von Entwicklungen mit uns zu diskutieren, dann tut es mir leid. Tatsachen alleine vorzutragen ist noch keine Politik.
({4})
Jedenfalls stellt sich die Situation nach der Vorlage des Haushalts, der in wenigen Minuten hier verabschiedet werden wird, so dar, daß die soziale Chirurgie der Koalition den Kranken, die deutsche und die Weltwirtschaft, nicht heilen wird. Sie wird vielleicht bis hin zu einer Phase der Rekonvaleszenz, wie Herr Stoltenberg das genannt hat, führen; aber ich glaube, die Chirurgie ist nicht das richtige Instrument. Man sollte vielleicht ernsthaft darüber nachdenken - und das meine ich jetzt nicht als Scherz -, ob - um im Bild zu bleiben - nicht einmal Akupunktur ein sinnvoller Versuch wäre,
({5})
um, wie es Herr Kollege Hoss bereits gestern angedeutet hatte, den weichen Weg einer Entwicklung vorzubereiten, der dadurch bestimmt sein kann, daß wir beginnen, selber die Zerstörung unserer Fähigkeiten, die die Industriegesellschaft hervorgebracht hat, aufzuheben, indem wir selber tätig werden, indem wir Abhängigkeiten, in denen wir uns befinden, abbauen, indem wir unsere eigene Lebenswirklichkeit gestalten und sie nicht verdammt, verteufelt und verfolgt, in die Schattenwirtschaft hinein getrieben sehen. Diese Schattenwirtschaft ist ein Teil der selbständigen Tätigkeit der Menschen für sich, ihre Freunde, ihre Umgebung.
({6})
Dieser Weg, Herr Schäuble, ist mit Sicherheit kein einfacher und bequemer Weg, sondern dieser Weg ist ein harter, anstrengender und arbeitsreicher Weg.
Da Sie unsere sämtlichen Anträge, die ein Versuch waren, einige Punkte dieses Weges zu beschreiben, abgelehnt haben, werden Sie verstehen können, daß wir der Haushaltsvorlage insgesamt nicht zustimmen können.
({7})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Riedl.
Dr. Riedl ({0}): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die dritte Lesung eines so großen Gesetzeswerkes wie des Bundeshaushaltes 1984 und der Begleitgesetze gibt nochmals Gelegenheit - ich freue mich, daß sich heute vormittag, von dem etwas turbulenten Auftakt abgesehen, alle Fraktionssprecher sehr bemüht haben, die schwerwiegenden finanz- und wirtschaftspolitischen Probleme hier in großer Sachlichkeit zu erörtern -, in aller Kürze zusammenzufassen und den Blick vielleicht auch ein wenig in die Zukunft zu richten.
Ich glaube, daß die Koalition von FDP, CDU und CSU in diesen vier Tagen klargelegt hat, daß ihre Politik - die Wirtschaftspolitik, die Finanzpolitik und die Haushaltspolitik - darauf gerichtet ist, Wirtschaft und Verbrauchern wieder Mut zu machen, ihnen das verlorengegangene Vertrauen zurückzugeben, die bedrückend hohe Arbeitslosigkeit schrittweise - das ist ein sehr schwerer Weg - zu verringern und die öffentlichen Finanzen allmählich wieder in Ordnung zu bringen.
({1})
Meine sehr verehrten Damen und Herren, daraus resultiert, als wichtigste Aufgabe der Finanzpolitik von heute die Konsolidierung der öffentlichen Finanzen zu sehen. Herr Kollege Apel, es darf zwischen Ihnen und uns überhaupt keinen Streit darüber geben - darin stimme ich Ihnen insofern völlig zu -: Der Weg hierzu ist ein außerordentlich steiniger, dorniger und schwerer Weg. Bundesfinanzminister Dr. Gerhard Stoltenberg hat deshalb völlig recht: Wir haben erst den ersten Schritt getan, und es müssen noch viele, viele vernünftige Schritte folgen. Nicht Kurzatmigkeit, sondern ein langer Atem, eine gute Kondition und ein klarer Blick für die vernünftige Politik sind die Aufgaben der nächsten Monate und Jahre.
({2})
Als ehemaliger Finanzminister, Herr Kollege Apel, werden Sie mir sicherlich nicht widersprechen, wenn ich sage, daß wir das Ergebnis, das wir dem deutschen Volke heute hier mit der Schlußabstimmung vorlegen, einer äußersten Ausgabendisziplin aller verantwortlichen Politiker und Parlamentarier in Bundesregierung und Bundestag zu verdanken haben.
({3})
Erst nach einer Reihe von weiteren Jahren konsequenter Sparsamkeit können wir wieder mit finanzpolitischen Handlungsspielräumen rechnen, die wir ganz einfach nicht mehr haben und die wir in den letzten 13 Jahren verloren haben.
Es bleibt - ich will dies hier gar nicht verschweigen; Haushaltspolitik muß auch ehrlich gemacht werden - in der Tat noch viel zu tun. Ich möchte dies an ein paar Beispielen verdeutlichen. Trotz der von uns seit dem 1. Oktober 1982 eingeleiteten Maßnahmen wird die Zinsbelastung im Bundeshaushalt weiter ansteigen: von 10,5% der Ausgaben in diesem Jahr auf fast 13 % im Jahre 1987. Das sind zusätzlich 9 Milliarden DM, die uns an anderen Stellen fehlen.
({4})
Wir haben die Zinsbelastung im Bundeshaushalt
längst noch nicht zufriedenstellend gelöst. Das sind
Zahlen, die in der mittelfristigen Finanzplanung
Dr. Riedl ({5})
enthalten sind und die wir heute zur Kenntnis nehmen.
Auch wäre es völlig falsch - darauf haben der Kolloge Hoppe, der Bundesfinanzminister und andere in diesen Tagen zu Recht hingewiesen -, den Bundesbankgewinn als Dauereinnahme zu betrachten. Ohne Einrechnung der Bundesbankablieferung - das sage ich an alle, die mit Blick auf das nächste Jahr vielleicht schon wieder mit dem Gedanken spielen, den Ausgaberahmen des Bundes vielleicht zu erhöhen - haben wir immer noch eine Dekkungslücke im Bundeshaushalt von über 40 Milliarden DM.
({6})
Daß wir bei den Anstrengungen zur Konsolidierung nicht nachlassen dürfen, ergibt sich auch aus den bekannten Risiken für den Bundeshaushalt: die EG, Kohle, Stahl, Werften, Bürgschaften. Was im Nahen Osten mit seinen möglichen Wirkungen auf diesen Haushalt geschieht, weiß heute im Prinzip noch niemand. All das kann, wenn es ausufert, unseren Konsolidierungskurs gefährden.
Herr Kollege Hoppe, Sie haben mir eben aus der Seele geredet, als Sie von den - ({7})
- Ein Liberaler kann auch aus der Seele reden, nicht nur ein Konservativer. Das geht schon. Sie, meine Damen und Herren von der SPD, wissen das alle. Er lag Ihnen aber meistens auf der Seele und hat Ihnen weniger nach dem Mund als nach der Seele gesprochen. Das weiß ich schon.
({8})
Herr Kollege Hoppe, was ich immer noch nicht ganz begreife, obwohl es mir intellektuell fast klar ist,
({9})
ist, daß uns in Deutschland nicht gelingt, was den Schweizern gelungen ist, nämlich in einem Gesetz festzulegen - mit ganz vernünftigen, aber eng begrenzten Ausnahmen, z. B. für die Subventionen der Schweizer Bergbauern -, die Subventionen um einen bestimmten linearen Satz zurückzuführen. Ich begreife das nicht.
({10})
Natürlich ist der Widerstand gegen solche Vorhaben sehr groß. Aber die Entscheidung müssen wir Politiker treffen.
({11})
Die Verantwortung müssen wir Politiker tragen. Wir können den Schwarzen Peter letztlich nicht den Subventionsempfängern zuschieben; denn daß die gern alles kassieren, Herr Wieczorek, wissen wir aus langjähriger Erfahrung im Haushaltsausschuß.
({12})
An den Subventionsabbau - ich freue mich, daß
mein sehr verehrter Fraktionsvorsitzender, Herr
Dr. Dregger, hierbei lebhaft mit dem Kopf genickt
und ihn nicht etwa geschüttelt hat - würde ich in
den nächsten Monaten mit Ihrer Hilfe und hoffentlich auch mit Unterstützung von der Sozialdemokratie gerne noch einmal heftiger herangehen.
({13})
Richtig ist auch - da streiten wir gar nicht, Herr Kollege Apel -, daß Haushaltsdisziplin an den nationalen Grenzen nicht haltmachen darf. Ich habe mich sehr gefreut, daß unser Bundeskanzler Helmut Kohl klar und deutlich gesagt hat: Wenn man dem deutschen Steuerzahler, dem deutschen Bürger im eigenen Land Opfer zumutet, um den Staatshaushalt zu sanieren, muß man das gleiche auch in Europa verlangen dürfen. Da hat er völlig recht.
({14})
Haushaltsbelastungen werden sich auch aus einer Tarifreform ergeben. Wir haben ja in diesen Tagen über dieses Thema sehr lang und sehr breit geredet. Wenn Sie aber, Herr Kollege Apel, heute nochmals das Thema des Zeitpunktes des Inkrafttretens der Steuerentlastung angesprochen und die Frage gestellt haben: Hat die Konsolidierung oder die Reform des Tarifs den Vorrang?, dann, glaube ich, ist das doch mehr Ausdruck dessen, daß Sie die Debatte nicht verfolgt haben, daß Sie vielleicht davon leben wollen, daß es in der Koalition angeblich unterschiedliche Positionen gibt. Da hätten Sie am Mittwoch oder Donnerstag hier sein müssen - vielleicht waren Sie auch hier; ich will Ihnen das gar nicht vorwerfen -; denn diese Frage hat die FDP am Mittwoch und am Donnerstag in diesem Hohen Haus aus der Welt geschafft.
Unser Kollege Hoppe hat sich am Mittwoch mit großer Ausführlichkeit mit diesem Thema befaßt und die jetzige Koalition auf Grund seiner sicherlich sehr reichen Erfahrungen mit der früheren Koalition ermahnt, sich selbst vor größeren Schäden zu bewahren. Am Donnerstag hat Graf Lambsdorff hinzugefügt: Es gilt, wir werden die Konsolidierung nicht durch voreilige Steuerentlastungen gefährden. Dies ist auch der Wille der CDU/CSU-Fraktion, den unser Fraktionsvorsitzender auch in dieser Debatte deutlich zum Ausdruck gebracht hat.
({15})
Meine Damen und Herren, schließlich haben wir auch noch die Aufgaben der langfristigen Sicherung der Rentenfinanzen vor uns. Die von uns ergriffenen Sofortmaßnahmen sichern mittelfristig die Zahlungsfähigkeit der Rentenfinanzen gewiß. Langfristig aber geht es darum, den Generationenvertrag zu sichern, ohne daß die Abgabenbelastung in unzumutbarer Weise angetastet wird.
Der Kollege Schäuble hat heute in einer ausgezeichneten Rede die Erfolge unserer Politik zusammengefaßt. Ich kann mir das deshalb ersparen. Ich möchte aber, anschließend an die Rede meines Kollegen Schäuble, hier sagen, daß die ersten sichtbaren und erfreulichen Erfolge unserer Politik kein Grund sind, in unseren Anstrengungen um die Gesundung der Finanzen und der Wirtschaft nachzu3292
Dr. Riedl ({16})
lassen. Der finanzpolitische Kurs der Bundesregierung ist mittelfristig ausgerichtet, und er ist erfreulicherweise auch abgestimmt.
Der Bund erfährt die Unterstützung seines Kurses durch Länder und Gemeinden. In das Klagelied von heute vormittag wegen der Finanzlage der Gemeinden ist überhaupt nicht einzustimmen. Die Gemeinden profitieren heute schon überproportional positiv von dem, was Helmut Kohl und seine Regierung ab 1. Oktober 1982 eingeleitet haben.
({17})
- Nein, nicht fiskalpolitisch. Herr Kollege Wolfram, reden Sie mit den Oberbürgermeistern und den Stadtkämmerern.
({18})
Die beglückwünschen uns serienweise zu den gesetzlichen Entscheidungen, die wir hier im Deutschen Bundestag treffen. Das kann ich Ihnen aus meiner Erfahrung sagen.
({19})
Der Finanzplanungsrat von Bund, Ländern und Gemeinden hat Einigkeit darüber erzielt, daß die Konsolidierung Vorrang hat, die konsumtiven Ausgaben weiter eingeschränkt werden müssen und der Ausgabenzuwachs jährlich bei etwa 3 % liegen soll. Die sozialen Sicherungssysteme und die Europäische Gemeinschaft - dies habe ich schon gesagt - müssen konsolidiert werden. Die Steuer- und Abgabenbelastung muß mittelfristig begrenzt werden.
Der Staat allein, meine sehr verehrten Damen und Herren, wäre aber mit der Lösung der schwierigen wirtschaftlichen Probleme überfordert. Ich möchte das unterstützen, was heute verschiedene Redner schon gesagt haben: Wir brauchen das Zusammenwirken aller am Wirtschaftsprozeß Beteiligten in der Geldpolitik, in der Tarifpolitik ebenso wie in der staatlichen Wirtschafts- und Finanzpolitik.
Mit Befriedigung können wir feststellen, daß heute - das war j a nicht immer so - Geld- und Finanzpolitik wieder völlig konform gehen. Wir haben - auch dies darf ich mit einem Satz anschneiden - die Kontroversen zwischen der früheren Bundesregierung und der damaligen Führung der Deutschen Bundesbank noch gut im Ohr.
Eine entscheidende Rolle kommt im nächsten Jahr der Lohnpolitik zu. Auch die Lohnpolitik muß dazu beitragen, die Beschäftigungsprobleme zu vermindern.
({20})
Ich würde mich sehr freuen, wenn der Appell an eine große Gemeinsamkeit, an ein großes solidarisches Vorgehen Erfolg hätte. Sie haben die besten Kontakte zum Deutschen Gewerkschaftsbund und seinen Einzelgewerkschaften. Wenn Sie es ernst meinen mit der Konsolidierung der Staatsfinanzen, wenn Sie es ernst meinen mit der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft, und wenn Sie es ernst meinen mit dem Abbau der Arbeitslosigkeit und der Sicherung von Arbeitsplätzen, dann reden Sie mit Ihren Freunden in den Gewerkschaften im positiven Sinne und nicht im negativen, im parteipolitischen Sinne, meine Damen und Herren.
({21})
Gewerkschaften und Arbeitgeber - ich sage das mit allem Bedacht, aber auch mit allem Nachdruck - sind aufgefordert, die bisherige Lohnlinie nicht zu verlassen und auch im Jahre 1984 durch situationsgerechte Tarifabschlüsse zur Verminderung der Beschäftigungsprobleme beizutragen.
({22})
Auch die Entscheidungen über Arbeitszeitverkürzungen liegen vor allem in den Händen der Tarifpartner. Wir vom Deutschen Bundestag können hier nur helfend mitwirken.
Arbeitszeitverkürzungen können in der Tat zur Entlastung des Arbeitsmarktes beitragen. Entscheidend sind jedoch die Art der Ausgestaltung, das Tempo und die Finanzierung. Hier läßt der Sachverständigenrat - man kann es gar nicht oft genug wiederholen - keinen Zweifel: Wenn es zu Kostensteigerungen kommt, kann man nicht ausschließen, daß die Beschäftigungswirkungen negativ werden.
Es ist in dieser Stunde auch sicherlich - in knapper Form - angebracht, den Blick etwas weiter als nur in das Jahr 1984 hinein zu werfen. Wir werden im Jahr 1984 aller Voraussicht nach mindestens mit den Haushaltszahlen abschließen können, die wir heute beschließen, weil alle wichtigen wirtschaftlichen Indikatoren für 1984 eine weitere positive Entwicklung versprechen und nicht nach unten weisen.
Im Jahre 1984 werden dann aber sehr bald die Weichen für 1985 zu stellen sein. Aus der Sicht der Haushaltspolitiker dieser Koalition können wir unserer Regierung und unseren Fraktionen dazu nur folgendes empfehlen.
Erstens. Wir müssen im Haushalt für 1985 mit dem erfolgreich gewonnenen Abbau der Nettokreditaufnahme fortfahren. Die Eckdaten der mittelfristigen Finanzplanung hierzu müssen nicht nur eingehalten, sondern wegen der nach wie vor eklatant hohen Zinsbelastung für den Schuldendienst des Bundes nach Möglichkeit noch unterschritten werden. Deshalb wäre es mehr als wünschenswert - Herr Bundesfinanzminister, ich darf Sie heute schon der Unterstützung der Koalitionsfraktion im Haushaltsausschuß und, so hoffe ich, auch der Kollegen der gesamten Fraktion versichern -, wenn wir schon für 1985 bei der Nettokreditaufnahme mit einer Zahl unter 30 Milliarden DM abschließen könnten oder wenn wir, Manfred Carstens, wie es neulich von uns gesagt wurde, endlich einmal wieder eine Zwei als erste Ziffer der Zahlenangabe der Nettokreditaufnahme schreiben könnten.
Zweitens. Dies erfordert, daß sich neue Anforderungen an den Bundeshaushalt - insbesondere Ausgabenwünsche der Ressorts, aber auch der Abgeordneten aller Fraktionen dieses Hohen Hauses
Dr. Riedl ({23})
- in ähnlich engen Grenzen halten müssen wie schon in diesem Haushalt. Für Begehrlichkeiten, die auch in dieser Debatte zum Teil bereits wieder zu hören waren und aufflackerten, wird es auch bei den kommenden Haushaltsberatungen für 1985 keinen Platz geben.
({24})
Drittens. Dies gilt um so mehr, wenn wir den Vorschlag des Bundeskanzlers akzeptieren - wir müssen ihn akzeptieren -, daß der entscheidende Schritt gegen die Massenarbeitslosigkeit in unserem Land über die Förderung der zukunftsträchtigen Bereiche unserer Volkswirtschaft und insbesondere durch die Förderung neuer Existenzen zu erfolgen hat. Wir werden alle auch deshalb darauf zu achten haben, daß für den Haushalt 1985 die Haushaltsdisziplin streng eingehalten wird, weil wir - wie schon gesagt - Vorsorge für eine umfassende Steuerentlastung treffen wollen und müssen und weil wir unsere Rentenfinanzen langfristig auf eine dauerhafte, unabhängige, sichere Stufe stellen wollen.
({25})
Die Neuorientierung unserer Politik erfordert schrittweises und konsequentes Handeln über Jahre hinweg. Nicht Hektik, sondern Stetigkeit und Berechenbarkeit schaffen wieder Vertrauen.
Wir sind zuversichtlich - damit darf ich als Schlußredner meiner Fraktion an die Worte anknüpfen, die der erste Redner unserer Fraktion, unser Fraktionsvorsitzender Dr. Dregger, gefunden hat -, daß wir bis 1987 ein gutes Stück auf dem Weg der Gesundung der öffentlichen Finanzen und der sozialen Sicherungssysteme, der Bewältigung der Strukturprobleme in der Wirtschaft und der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit vorangekommen sein werden.
Wir haben den Auftrag der Wähler. Danach, meine sehr verehrten Damen und Herren und liebe Bürger draußen im Lande, werden wir handeln. Meine Fraktion wird deshalb in der Schlußabstimmung in wenigen Minuten den vorgelegten Gesetzentwürfen zustimmen.
Ich bedanke mich.
({26})
Das Wort hat der Abgeordnete Walther.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich verstehe, daß um diese Uhrzeit jeder, der dieses Rednerpult betritt, mit wenig Sympathie empfangen wird.
({0})
Aber ich bitte um Verständnis dafür, nachdem in
diesen vier Tagen soviele Redner an dieses Pult
getreten sind, die ich in den letzten Monaten im
Haushaltsausschuß nie gesehen habe, daß zumindest der Vorsitzende des Haushaltsausschusses hier noch einige Bemerkungen nicht nur für den gesamten Ausschuß, sondern auch für seine Fraktion machen möchte.
({1})
Ich muß zunächst - ich vermute, im Namen des gesamten Ausschusses - den unerträglichen Zeitdruck erneut beklagen, unter dem vor allem die Mitglieder des Haushaltsausschusses, aber auch derjenigen Fachausschüsse standen, die die umfänglichen und schwierigen Haushaltsbegleitgesetze zu beraten und mitzuberaten hatten. Niemand kann heute guten Gewissens von sorgfältigen, von jeden Fehler ausschließenden Beratungen sprechen. Ich kann nur unbeschadet politisch unterschiedlicher Bewertungen der geplanten Maßnahmen hoffen, daß niemandem, vor allem von der parlamentarischen Mehrheit, dabei schwerwiegende ungewollte Fehler unterlaufen sind.
({2})
- Ja, Frau Kollegin Berger; Sie wissen also, daß uns in den vergangenen Jahren der eine oder andere Fehler wegen der Eile unterlaufen ist.
Wir müssen uns bewußt sein, daß bei allem, was hier beschlossen werden soll, menschliche Schicksale in zum Teil unerhörtem Ausmaß betroffen werden.
Der Haushaltsausschuß hat in insgesamt 115 Beratungsstunden, in 15 Sitzungen, von denen viele über 10 Stunden ohne Unterbrechung dauerten,
({3})
den Haushalt 1984 und die Haushaltsbegleitgesetze beraten. Dazu kamen unzählige Stunden der Vorbereitung in den einzelnen Gruppen der Fraktionen. Die physische und psychische Belastung war in diesen Wochen ungeheuer. Ich bitte daher um Verständnis, wenn ich allen Kolleginnen und Kollegen dafür Dank sage, daß sie es mir ermöglicht haben, die Beratungen so zu steuern, daß wir rechtzeitig bis zum 1. Dezember fertig werden konnten. Ich bitte um Verständnis, daß ich - namentlich - stellvertretend für alle beteiligten Kolleginnen und Kollegen die Obleute Manfred Carstens, Helmut Wieczorek, Hans-Günther Hoppe und Hubert Kleinert nenne
({4})
und mich auch bei Ihnen, Herr Kollege Dr. Riedl, als meinem Stellvertreter sehr herzlich bedanke.
Ich möchte meinen Dank auch an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unseres Ausschußsekretariats und der Sekretariate der anderen Ausschüsse richten;
({5})
denn sie haben durch intensive Vor- und Nachbereitung dafür gesorgt, daß die Beschlüsse rechtzeitig auf dem Tisch liegen konnten.
In diesen Dank will ich alle Mitarbeiter der Bundestagsverwaltung einschließen, insonderheit der Bundestagsdruckerei, die schnell gearbeitet haben.
({6})
In diesen Dank schließe ich auch die Mitarbeiter des Finanzministeriums und der Fachministerien ein, ohne deren Hilfe wir ebenfalls nicht hätten fertig werden können.
({7})
Trotzdem muß ich hier offen bekennen - ich denke, auch dem wird niemand widersprechen -, daß viele Beratungen im Schweinsgalopp vorgenommen werden mußten.
({8})
- Jawohl, genau, Frau Kollegin Berger. - Dies entspricht nach meinem Verständnis nicht unserer Verantwortung gegenüber unseren Bürgern, vor allem nicht gegenüber den Steuerzahlern.
({9})
Das, was ich beklage, ist nicht Folge von bösem Willen von irgend jemandem, sondern von objektiven Gegebenheiten. Den Beginn unserer Beratungen bestimmt praktisch der Ferienkalender der Kultusministerkonferenz - d. h., vor Anfang September geht es nicht los -, das Ende das Grundgesetz, das uns vorschreibt, daß das Haushaltsgesetz vor dem 31. Dezember im Bundesgesetzblatt zu stehen habe, und darüber hinaus dem Bundesrat eine - zu Recht übrigens - dreiwöchige Beratungsfrist für unsere Beschlüsse zubilligt; d. h., wir müssen immer bis Ende November fertig werden. Ich möchte deshalb an dieser Stelle, weil diese objektive Sachlage uns jedes Jahr in diesen Zeitdruck bringen muß, meine Anregung an alle Fraktionsspitzen, aber auch an den Herrn Bundesfinanzminister öffentlich wiederholen, darüber nachzudenken, wie wir das Grundgesetz so moderieren, daß dabei eine etwa vier Wochen längere Beratungszeit herauskommt. Denn dies kann der Qualität unserer Beschlüsse nur zugute kommen.
({10})
Für meine Fraktion möchte ich noch einige Schlußbemerkungen machen.
Ich hätte mich gern, zunächst bezugnehmend auf einen Vorgang von heute nacht, an den Kollegen Schily gewandt. Aber der ist nicht im Saal. Vielleicht, Herr Kollege Kleinert, können Sie es ihm wiedergeben.
({11})
Gestern hat der Pressesprecher der GRÜNEN im
Bundestag - Heinz Suhr, lese ich - behauptet, den
GRÜNEN werde durch die anderen Fraktionen des
Bundestages die Teilnahme am Unterausschuß des Haushaltsausschusses verwehrt. Nun nehme ich nicht so tragisch, Herr Kollege Kleinert, was Pressesprecher sagen. Von Herrn Boenisch wissen wir j a auch, daß er nicht immer die Wahrheit sagen kann.
({12})
Aber nachdem wir heute nacht hier durch meinen Redebeitrag und durch Abstimmungsverhalten deutlich gemacht haben, wie wir in dieser Frage stehen, hat der Kollege Schily heute morgen in einem Interview des Westdeutschen Rundfunks wieder so getan, als hätten alle - ich benutze jetzt sein Schimpfwort - „etablierten Parteien" den Versuch unternommen, die Grünen auszuschließen.
({13})
Ich nehme das dem Herrn Kollegen Schily persönlich sehr übel. Ich meine das sehr ernst, Herr Kollege Kleinert. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie ihm das ausrichten könnten und wenn er Gelegenheit fände, dies zurechtzurücken.
({14})
Nun komme ich zu dem sehr verehrten Herrn Kollegen Schäuble. Herr Kollege Schäuble, Sie haben an einigen Stellen Ihrer Rede einen Appell an Gemeinsamkeiten der großen Fraktionen gerichtet. Ich will das gern positiv aufnehmen. Nur, als ich vor einem Jahr hier für meine Fraktion, in anderer Funktion sprechend, das Angebot gemacht habe, wir seien bereit, viel von dem, was uns eigentlich gegen den Strich geht, mitzutragen, wenn Sie bereit seien, zumindest einen Teil unserer Beschäftigungsinitiativen mitzutragen, haben Sie dies mit Hohnlachen abgelehnt. An dieser Stelle gab es laut Protokoll noch den vereinzelten Beifall des Abgeordneten Hoppe.
({15}) - Doch, das stimmt.
Zweitens, Herr Kollege Schäuble: Wenn ich richtig gehört habe - aber Sie können das gleich berichtigen -, haben Sie zum Schluß Ihrer Ausführungen die unerträgliche Behauptung aufgestellt, in diesem Parlament gebe es keine demokratische Alternative. Wenn das anders gemeint sein sollte, gebe ich Ihnen gern Gelegenheit zu einer Zwischenfrage, Herr Kollege Schäuble. Aber der Herr Präsident hat zu entscheiden.
Erlauben Sie eine Zwischenfrage?
Bitte schön, Herr Präsident.
Bitte schön, Herr Kollege Dr. Schäuble.
Herr Kollege Walther, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, daß ich, ohne daß ich das Protokoll jetzt schon kenne, jedenfalls sagen wollte, daß es angesichts Ihres, wie ich finde, falschen wirtschaftspolitischen und sicherDr. Schäuble
heitspolitischen Kurses keine demokratisch verantwortbare Alternative in diesem Hause gibt?
({0})
Herr Kollege Schäuble, ich nehme diese Relativierung zur Kenntnis. Ich finde sie gleichwohl schlimm.
({0})
Ich wollte Ihnen sagen, Herr Kollege Schäuble: Auch an anderer Stelle Ihrer Rede hatte ich das Gefühl, als wollten Sie hier von diesem Pult in einen Wettstreit mit Ihrem Generalsekretär Geißler eintreten.
({1})
Deshalb benutze ich hier die Gelegenheit, zu sagen: Wie immer dieser Haushalt in der Zukunft sein mag, solange der Herr Generalsekretär Geißler, der im Nebenamt Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit ist und dort auch Personal- und Sachmittel für die Arbeit des Adenauer-Hauses in Anspruch nimmt, seine unverschämten Verdächtigungen gegenüber meinen politischen Freunden nicht zurücknimmt und der Herr Bundeskanzler sich nicht davon distanziert, werden Sie es mit unserer Zustimmung immer schwer haben, weil das grundsätzliche Fragen der politischen Kultur sind, die uns hier ganz entscheidend voneinander trennen.
({2})
Nun, die veranschlagte Nettoneuverschuldung, von der Sie in diesen Tagen voll Stolz gesagt haben, daß sie abgesenkt werden konnte - es ist darauf hingewiesen worden -, sinkt im wesentlichen durch eine sehr viel höhere Inanspruchnahme des Bundesbankgewinns. - Lieber Kollege Carstens, auch Sie haben das gestern hier stolz verkündet.
Nun muß ich mal gucken, ob der Herr Parlamentarische Staatssekretär Häfele im Saal ist. Denn ich muß ihn zitieren. Er hat gesagt
({3})
- ah ja -, die Veranschlagung des Bundesbankgewinns sei - so Originalton Häfele - haushaltspolitisch sogar noch schlimmer als eine Neuverschuldung und werde eine immer größere Gefahr.
({4})
Herr Bundesfinanzminister, Sie werden hier nach mir reden; ich bitte Sie herzlich, diesen Widerspruch aufzuklären.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine weitere Senkung der Nettokreditaufnahme kommt dadurch zustande, daß Sie einen erheblichen Eigentümeranteil des Bundes an einem florierenden Energiekonzern, der VEBA, schlicht und einfach - ich wiederhole dieses Wort, Herr Kollege Schäuble - gezielt verscherbeln wollen. Ich sage auch warum. Das bringt dem Bundeshaushalt fast nur eine einmalige Entlastung. Für die Folgejahre, wenn Sie die zurückgehende Gewinnabführung und die geringeren Zinsen gegeneinander rechnen, bringt das nur eine Entlastung um 25 Millionen DM. Auf der anderen Seite vermindern Sie damit aber den Einfluß des Bundes auf die Geschäftspolitik eines Unternehmens, das auf dem Energiesektor durchaus eine strategisch wichtige Stellung einnimmt, auf eine nicht zu verantwortende Art und Weise.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir alle wissen, daß auf dem Energiemarkt kein tatsächlicher Markt stattfindet. Deshalb ist ein Energiekonzern, auf den die Bundesregierung nachhaltigen Einfluß ausüben kann, ein dringend notwendiges Regulativ.
Herr Abgeordneter, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Schily?
Einen Moment, Herr Präsident. - Teilausstieg aus diesem Konzern bedeutet daher auch Teilverzicht auf eine aktive Energiepolitik, meine Damen und Herren ({0})
und dies alles wegen einer - ich muß es leider so sagen - verklemmten Privatisierungsideologie.
Bitte schön, Herr Kollege Schily.
Herr Abgeordneter Schily.
Herr Kollege Walther, ich bitte um Entschuldigung, daß ich den ersten Teil Ihrer Rede nicht mit anhören konnte. - Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, daß ich vielleicht schon einen ein bißchen zu freundlichen Eindruck von der SPD gewonnen habe, so daß ich sie nicht mehr zum Kreis der etablierten Parteien gerechnet habe? Wenn ich also in dem Interview heute morgen den Ausdruck „etablierte Parteien" gewählt habe, habe ich selbstverständlich die Regierungsparteien gemeint. In diesem Sinne sind meine Äußerungen zu verstehen, und ich bitte, das zur Kenntnis zu nehmen.
({0})
Herr Kollege Schily, ich nehme das natürlich zur Kenntnis und erkenne an, daß Sie als erfahrener Strafverteidiger auch der Fähigkeit der Rabulistik mächtig sind. Aber ich bin Ihnen für diese Erklärung - sie kommt ja ins Protokoll - dankbar. Wir werden bei anderer Gelegenheit vielleicht noch die Chance haben, an dieser Ecke noch ein bißchen weiter zu diskutieren.
Übrigens, meine Damen und Herren, was die Frivatisierungsideologie anlangt: Der Hinweis auf die Münchmeyer-Bank zeigt j a, daß Private es auch nicht immer besser können als die öffentlichen Hände.
Eine weitere Senkung der Nettokreditaufnahme glauben Sie durch den Wunderglauben an die Null-Runde im öffentlichen Dienst verantworten zu können. Nun, meine Damen und Herren, Sie widerlegen sich selber. Die Bundesregierung legt ihren Planungen, ihren Rahmendaten für das Jahr 1984 eine Steigerung der Bruttolohnsumme um 3,4% zugrunde. Wenn sie selber an die Null-Runde glaubt, dann bedeutete dies für die übrige Wirtschaft eine Steige3296
rung der Lohnsumme um 4 % bis 5 %. Da ich nicht annehmen kann - auch angesichts des Appells des Kollegen Dr. Riedl -, daß Sie an solche Lohnerhöhungen glauben, kann ich nur davon ausgehen, daß Sie nicht an die Null-Runde glauben. Aber Sie müssen sich entscheiden, woran Sie denn eigentlich glauben. Denn wenn Sie an die Null-Runde glauben, dann stimmt Norbert Blüms Rentenkasse nicht mehr; dann hat er nämlich weniger Einnahmen, und auch der Herr Stingl in Nürnberg hat weniger Einnahmen; dann müssen Sie da höhere Zuschüsse gewähren. Das Ganze ist ein Null-Summen-Spiel, Herr Kollege Carstens: Entweder stimmt die Null-Runde, dann stimmt Herrn Blüms Rentenkasse nicht, oder Sie glauben nicht an die Null-Runde, dann stimmt Ihre Nettokreditaufnahme nicht.
({0})
Sie wissen: 1 % Lohnerhöhung bedeutet etwa 350 Millionen DM Belastung für den Bundeshaushalt mehr. Ich sage Ihnen jetzt schon voraus, daß Sie an dieser Stelle mindestens eine halbe Milliarde DM drauflegen müssen,
({1})
zumal schon Ihre jetzigen Berechnungen nicht stimmen, meine Damen und Herren.
({2})
Eine weitere Senkung der Nettokreditaufnahme suchen Sie dadurch zu erreichen, daß Sie bei der Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg - ich rechne jetzt einmal netto - mehr als 900 Millionen DM - übrigens gegen den Rat von Norbert Blüm und Josef Stingl - herausstreichen. Sie gehen dabei von niedrigen Arbeitslosenzahlen aus - okay, wenn sie eintreffen, sind wir alle glücklich -, aber - das ist der eigentliche Kritikpunkt - Sie gehen auch von einer noch niedrigeren Empfängerquote aus. Norbert Blüm hat Ihnen im Haushaltsausschuß vorgerechnet, daß die Arbeitslosen aus den Krisenbranchen, die demnächst vor den Türen der Arbeitsämter stehen, alle voll anspruchsberechtigt sind und die Empfängerquote von daher eher ansteigen als absinken wird. Hätten Sie sich anders verhalten - ich verstehe das ja -, hätten Sie selber dokumentiert, daß der Aufschwung, von dem Sie in diesen vier Tagen mit Ihrem Wunderglauben geredet haben, so gar nicht eintreffen kann.
({3})
Meine Damen und Herren, wir haben im Haushaltsausschuß über zwei volle Tage eine Anhörung gehabt, die sehr interessant war. Ich denke, es waren für alle Seiten im Haushaltsausschuß Lehrstunden darüber, wie Wirtschaftswissenschaft in diesem unserem Lande gehandhabt wird und wie unsicher eigentlich Wirtschaftsprognosen für die Zukunft sind.
Graf Lambsdorff hat auch in der früheren Regierung seine eigenen Probleme mit den Voraussagen der Sachverständigen gehabt. Ich erinnere nur an das Jahr 1982, als die Sachverständigen einen realen Zuwachs von 3% vorausgesagt hatten und Graf
Lambsdorff sich dem anschloß. Der Finanzminister Lahnstein hat dann einen Haushalt auf der Basis dieser Voraussagen gemacht, und nach wenigen Monaten stimmte das nicht, weil sich die Sachverständigen leider geirrt hatten.
({4})
Deshalb kann ich Ihnen nur raten, meine Damen und Herren von der Koalitionsmehrheit, diesem Wunderglauben nicht anzuhängen.
Ich habe den Eindruck, weil Konjunktur auch ein Stück Psychologie ist, wie ich gerne zugebe, daß Sie hier eine konzertierte psychologische Kampagne in Gang gesetzt haben, um den Aufschwung herbeizureden, die sich aus den realistischen Zahlen nicht herleiten läßt. Das erinnert mich übrigens an die Kampagne von Frau Noelle-Neumann vor dem 6. März, wie sie durch angeblich demoskopisch gesicherte Zahlen die Wählermeinung beeinflußt hat, übrigens vom Bundespresseamt bezahlt.
Wer im Haushaltsausschuß genau zugehört hat, der weiß, daß alle Sachverständigen, einschließlich derer, auf die sich die Bundesregierung besonders gern beruft, gesagt haben, ein Aufschwung sei nicht in Sicht, sondern höchstens eine leichte Belebung.
({5})
Alle, inklusive der Bundesbank, die mit ihrem Wunderglauben am weitesten gediehen ist, Herr Schlesinger, haben uns gesagt: Wie es ab Mitte 1984 oder gar 1985 weitergeht, weiß kein Mensch. Ich kann das zitieren, aber aus Zeitgründen verzichte ich darauf. Im Gegenteil gibt es eine Reihe von Sachverständigen, die uns gesagt haben: Ab Mitte 1984 geht es wieder bergab.
In diesem Zusammenhang muß ich wieder darauf hinweisen, daß uns alle Sachverständigen, inklusive der Kieler und woher sie alle kamen, wie konservativ sie immer gewesen sein mögen, bestätigt haben, daß von diesem Haushalt nachfragedämpfende Wirkungen ausgehen. Sie haben nur gemeint, dies werde durch Optimismus und andere Einflüsse überspielt, so daß unter dem Strich trotz gesunkener Masseneinkommen, trotz gesunkener Nachfrage zum Schluß doch ein Aufschwung herauskäme.
({6})
Dies ist ein Wunderglaube.
Wer die „Wirtschaftswoche" von vor 14 Tagen, die in diesen Tagen hier schon so oft zitiert worden ist, noch einmal genau nachliest, kann feststellen, daß sich die Rechenwerke der Sachverständigen gegenseitig so widersprechen, daß - so sagt die Wirtschaftswoche - dieses Rechenwerk auf politischen Vorgaben beruhe. Das steht wörtlich darin. Die „Wirtschaftswoche" sagt, der Aufschwung solle herbeigerechnet werden.
Meine Damen und Herren, worauf beruht Ihr Wunderglaube? Er beruht auf der Annahme, daß, wenn Sie Unternehmungen Steuergeschenke maWalther
chen, diese das Geld nehmen würden, um zu investieren, aus den Investitionen entstehe Massenkaufkraft usw. Sie kennen diese ganze theoretische Kette. Ich muß Ihnen sagen: In der Zeit der sozialliberalen Koalition von 1977 bis 1982 haben wir einschließlich der Investitionszulage eine Reihe von die Unternehmen entlastenden Steuergesetzen gemacht mit einer Gesamtsumme von 17 Milliarden DM Entlastungen. Sie haben im letzten Jahr noch 2 Milliarden DM hinzugetan, und Sie wollen im kommenden Jahr bei der Vermögensteuer und anderen Dingen noch ein paar Milliarden DM hinzutun. Das heißt, 17 plus 2 Milliarden DM, 19 Milliarden DM sind schon jetzt den Unternehmern zurückgegeben worden. Und wie sieht es mit der Investitionsquote aus? Überhaupt kein realer Anstieg mit Ausnahme des ersten Halbjahres, als Folge der von uns gemeinsam beschlossenen Investitionszulage, Herr Kollege Hoppe, gegen die die damalige Opposition hier in diesem Saal polemisiert hatte. Das haben uns alle Sachverständigen gesagt.
Nun frage ich: Wenn die 19 Milliarden DM der letzten Jahre zur Förderung von Investitionen nie für die Investitionen eingesetzt wurden, warum sollen sie ausgerechnet im Jahre 1984 zu mehr Investitionen führen?
Selbst die Bundesbank - ich sage noch einmal: deren Heilsglaube besonders groß und hoch entwikkelt ist - sagt folgendes: Im nächsten Jahr wird die Sparquote vermutlich nicht höher sein - und in diesem Jahr ist sie ja schon relativ niedrig - als im Jahre 1983, aber, sagt sie, die Struktur der Sparquote wird sich verändern. Es wird eine geringere private Sparquote geben und eine höhere Sparquote der Unternehmungen. Das heißt, die Bundesbank selbst sagt, die Betriebe werden die ersparten Steuern eben nicht in Investitionen umsetzen, sondern in Geldvermögen anlegen. Das ist die konkrete Aussage der Deutschen Bundesbank. Wenn Sie meinen, daß sich daraus ein selbsttragender Aufschwung ableiten ließe, da muß ich Sie wirklich enttäuschen.
({7})
Dann werden Sie durch die eigenen Zahlen, die Ihre Theorie bestätigen sollen, nicht untermauert, Herr Kollege Dr. Stavenhagen.
Das hat j a auch seinen Grund. Alle Zahlen, die der Bundeswirtschaftsminister liefert, sagen ja aus, daß die Kapazität in der deutschen Wirtschaft nach wie vor deutlich unterausgelastet ist. Es ist doch logisch, daß unterausgelastete Kapazitäten nicht zur Erweiterung von Kapazitäten führen, bestenfalls zu Rationalisierungsinvestitionen, aber nicht zu Erweiterungsinvestitionen. Das kann Ihnen jeder wirtschaftspolitische Fachmann sagen.
Von daher ist dieser Haushalt ohne jede Perspektive. Er ist sozial ungerecht. Ich möchte den Kollegen Norbert Blüm ansprechen. Herr Bundesminister, ich möchte Sie als Gewerkschaftskollege ansprechen. Ihr Fraktionsvorsitzender sagt immer mit
Stolz, Sie seien der promovierte Opel-Arbeiter. Mein Eindruck nach Ihrer Rede von gestern ist, daß der Weg vom Opel-Arbeiter bis zum Ministerschreibtisch ein sehr langer mit erheblichem Bewußtseinswandel gewesen ist.
({8})
Meine Damen und Herren, wenn ich Sie richtig verstanden habe, müßten doch die Armen in diesem unserem Lande dieser Regierung dankbar sein dafür, daß ihnen Geld genommen wird, weil sie auf diese Art und Weise mit dazu beitragen, daß der ominöse Aufschwung kommt.
({9})
Wenn das aber so wäre, wenn diese Ideologie stimmte, warum kann diese Ideologie nicht auch dann stimmen, wenn man den Reichen etwas Geld wegnimmt? Warum denn immer bei den Ärmeren, wie das bei Ihnen geschieht?
({10})
Nein, meine Damen und Herren, dieser Haushalt hat keine Perspektive. Real steigt die Investitionsquote nicht. Ich will Ihnen noch ein Beispiel geben. Da hat doch die Bundesbank in dem Hearing im Haushaltsausschuß in der Tat behauptet, sie vermute, daß im nächsten Jahr die öffentlichen Investitionen real um 3 % steigen würden. Auf unsere Nachfrage, bei wem denn, kam keine Antwort. Mit dem Bundeshaushalt kommt keine reale Steigerung, denn BAföG und Gewährleistungszuwächse sind ja wohl keine Investitionen. Von den Ländern kommt kein Zuwachs, und die Vertreter der Gemeinden haben uns im Haushaltsausschuß gesagt, sie erwarteten eine reale Schrumpfung der öffentlichen Investitionen bei den Gemeinden um 10 %. Wo dann real 3 % plus bei den öffentlichen Haushalten herauskommen sollen, das ist wirklich mehr als dubios und zeigt die ganze Merkwürdigkeit der Annahmen, auf die sich die Rechenwerke beziehen, über die heute morgen und gestern und vorgestern in Aufschwungeuphorie geredet worden ist.
Herr Kollege Dr. Riedl, ich will auch Ihrem bayerischen Ministerpräsidenten recht geben, der gesagt hat, bei dieser Bundesregierung finde keine Industriepolitik statt. Dies ist wahr. In diesem Haushalt finden sich nicht im entferntesten Ansätze für eine fortschrittliche, für eine auf die Zukunft gerichtete Industriepolitik.
({11})
Herr Kollege Dr. Stavenhagen, Sie sind doch im Haushaltsausschuß Berichterstatter in dem Bereich. Sie müsen auch Fehlanzeige melden, wenn ich frage: Wo gibt es in diesem Haushalt auch nur im entferntesten Ansätze für eine zukunftsgerichtete Industriepolitik?
({12})
Nein, meine Damen und Herren, dieser Haushalt ist sozial ungerecht, dieser Haushalt vermittelt
keine Perspektive. Die Sozialdemokraten lehnen diesen Haushalt auch deshalb ab und dokumentieren dies, indem sie nachher bei der namentlichen Abstimmung mit Nein stimmen.
Vielen Dank.
({13})
Das Wort hat der Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die mehrtägige Debatte zum Bundeshaushalt 1984 und zu den Begleitgesetzen steht unmittelbar vor dem Abschluß. Ich möchte nach gutem Brauch noch zu einigen Punkten dieser Diskussion Stellung nehmen, aber ich werde das auch ein bißchen mit dem Blick auf die Geschäftslage des Hohen Hauses und auf die mir bekannten weiteren Termine des heutigen Tages tun.
Nach den Stellungnahmen der Fraktionen erwarte ich, daß der Deutsche Bundestag die Vorlagen in der Fassung der Ausschußberichte verabschieden wird. Ich rechne auch damit, daß die Vorlagen am 16. Dezember die Zustimmung des Bundesrates finden werden, dem wir wichtige Beiträge zu unseren Beratungen verdanken. So können wir davon ausgehen, daß die Vorlagen und der Haushalt fristgerecht in Kraft treten.
Jeder wird verstehen, daß ich dies mit großer Befriedigung verzeichne. Ich danke allen, die daran mitgewirkt haben. Dieser Dank gilt insbesondere den Mitgliedern des federführenden Haushaltsausschusses und dessen Vorsitzenden, dem Herrn Kollegen Walther.
({0})
Ich unterstreiche mit ihm den gemeinsamen Dank auch an die Mitarbeiter des Bundesministeriums der Finanzen und der Bundestagsverwaltung, die maßgeblich an diesem Ergebnis beteiligt waren.
Meine Damen und Herren, in der parlamentarischen Auseinandersetzung sind natürlich noch einmal grundlegende Unterschiede zwischen den Auffassungen der Fraktionen sichtbar geworden und ausgetragen worden. Es wäre reizvoll, davon heute morgen noch einiges aufzunehmen; aus den eingangs genannten Gründen muß ich mich aber konzentrieren.
Herr Kollege Walther, was mich an Ihrem Beitrag nachdenklich gestimmt hat, ist insbesondere das vollkommen veränderte Verhältnis der Sozialdemokratischen Partei zur wissenschaftlichen Prognose.
({1})
1970 gingen Ihren Freunde von der Planbarkeit der Prozesse über 10, 15 Jahre aus.
({2})
Mitte der 70er Jahre haben Sie sich um einen
„Orientierungsrahmen" bis 1985 bemüht. Die erkennbaren Enttäuschungen sollten aber nicht zu
dem Maß an - ich darf das so sagen - Geringschätzung ernsthafter Beiträge der Wissenschaftler auch in der Konjunkturdiskussion führen, das in einigen Ihrer Bemerkungen angeklungen ist.
({3})
Ein anderer erhellender Vorgang war heute morgen der kurze Wortwechsel zum Thema „etablierte Parteien". Hier wird der Unsinn allmählich zur Methode, meine Damen und Herren. Das muß ich hier für jeden, der den Wortwechsel und die Interpretation von Herrn Schily gehört hat, ganz klar sagen. Wir sollten doch mit der deutschen Sprache etwas sorgfältiger umgehen.
({4})
In dem Moment, in dem eine Partei sich gegründet hat und gemäß den Anforderungen des Parteiengesetzes mit Kandidaten zu demokratischen Wahlen antritt, ist sie im Sinne des Wortes eine etablierte Partei. Nichts anderes kann man ernsthaft sagen!
({5})
Hier nun zwischen etablierten Parteien erster Qualität - das ist neuerdings die Koalition - und zweiter Qualität - das ist die SPD - und Parteien dritter Qualität zu unterscheiden, scheint mir wirklich nicht ernsthaft zu sein, wenn wir versuchen - und das sollte man bei einem Rechtswissenschaftler doch eigentlich unterstellen, Herr Schily -, in vernünftiger Sprache miteinander zu reden.
Aber ich will zur Debatte zurückkommen und sagen, daß sie uns nach meiner Einschätzung geholfen hat, zentrale Probleme der künftigen Politik - auch über den Bereich des Haushalts hinaus - deutlicher zu beschreiben, in der Diskussion herauszuarbeiten und Wechselwirkungen besser zu verstehen.
Einig sind sich ja Regierung und Opposition in der Formulierung wichtiger Aufgaben. Die Wiedergesundung unserer Wirtschaft, die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, die Gesundung der sozialen Sicherungssysteme, die Wiedergewinnung wirtschaftlicher Dynamik und die notwendige Verbindung mit einem wirksameren ökologischen Ordnungsrahmen sind über die Tage und Meinungen hinweg zentrale Punkte der Debatte gewesen. Dies wird in diesem Hohen Hause sicher so bleiben.
Für mich hat die Diskussion im Für und Wider der Argumente die Vordringlichkeit eines konsequenten Kurses zum weiteren Abbau der Neuverschuldung und auch zur Umschichtung, zur Verbesserung der Struktur des Haushalts bestätigt. Herr Kollege Hoppe, Herr Kollege Riedl, Herr Kollege Schäuble, ich bin Ihnen und allen, die das von seiten der Koalition noch einmal unterstrichen haben, dafür dankbar.
Gerade der Zweifel der sozialdemokratischen Opposition an der Dauerhaftigkeit des wirtschaftlichen Aufschwungs müßte auch sie zu entsprechenden Konsequenzen führen. Vielleicht wird das ein Lernprozeß, dessen Zwischenstation wir im nächsten Jahr in weiteren Debatten registrieren können.
Sparsamkeit in der Haushaltspolitik ist für uns kein Selbstzweck, sondern die Voraussetzung, bessere Bedingungen für die Gesundung und Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaft und eine nachhaltige Trendwende auf dem Arbeitsmarkt zu schaffen. Der Staat zieht sich damit j a auch nicht aus der Verantwortung zurück, aber wir erkennen nach manchen enttäuschenden Erfahrungen früherer Jahre, daß die Grenzen staatlicher Administration und Intervention neu bestimmt werden müssen. Ein Staat, der sich übernimmt und die Kräfte seiner steuerzahlenden Bürger und seiner Betriebe überfordert, würde in der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik schließlich handlungsunfähig werden. Das ist eine Konsequenz, die ich aus den 70er Jahren ziehe.
Herr Kollege Apel, es ist das klassische Recht der Opposition, aus politischen Gründen nicht nur den Gesamtetat, sondern auch viele Einzelpläne abzulehnen. Daß Sie freilich gestern bei der öffentlichen Abstimmung hier auch den Einzelplan 32 in zweiter Lesung abgelehnt haben, hat mich doch sehr überrascht; denn Sie sollten doch mindestens sicherstellen, daß die Bundesregierung die Zinsen und die Tilgung für die von Ihnen gemachten Schulden ordnungsgemäß vornehmen kann.
({6})
Das ist doch eine staatspolitische Anforderung, die wir an Sie richten dürfen.
Sie haben soeben so etwas in freier Rede gesagt: Ich habe niemals so viel Schulden gemacht wie Stoltenberg in diesem Jahr. - Also, Herr Apel, daraufhin habe ich mir die Zahlen noch einmal angeschaut. Ich will dies doch noch einmal deutlich machen, weil man j a der Legendenbildung im Interesse der historischen Wahrhaftigkeit vorbeugen muß.
({7})
Es gab einen Bundesfinanzminister Fritz Schäffer, der schied 1957 mit einem Haushalt aus dem Amt, in dem überhaupt keine Schulden gemacht wurden, sondern in dem Schulden in der Größenordnung von 500 Millionen DM getilgt wurden. Es gab einen Finanzminster Franz Josef Strauß, der schied 1969 aus dem Amt ohne eine Mark Nettokreditaufnahme. 1974 - ich raffe jetzt etwas -, Herr Kollege Apel, kamen Sie ins Amt mit einer j ährlichen Neuverschuldung von 9,5 Milliarden DM. Sie stieg - sicher unter dem Vorzeichen einer Rezession; das ist richtig - binnen eines Jahres auf 29,9 Milliarden DM.
({8})
In der Zeit der Belebung und der Verbesserung der wirtschaftlichen Lage, die folgte, haben Sie den verhängnisvollen Fehler begangen, die Nettokreditaufnahme trotz günstiger Bedingungen bis 1978 nur auf 25,9 Milliarden DM abzusenken. Das war einer der schweren Fehler; denn damit war die Krise in der Phase einer neuen Stagnation nach 1980 vorprogrammiert.
({9})
So haben wir erlebt, daß die Neuverschuldung des Bundes 1981 auf 37,4 Milliarden DM emporschnellte. Sie betrug 1982 37,2 Milliarden DM. Sie wäre infolge der dramatischen Wirkungen der Rezession und der Arbeitslosigkeit in diesem Jahr auf mindestens 50 Milliarden DM angestiegen, wenn wir nicht den Kurswechsel herbeigeführt hätten. Sie wird, Herr Kollege Apel, nach meiner Schätzung auch schon in diesem Jahr unter den Werten der letzten Jahre liegen. Die Trendwende ist erreicht, und wir wollen diesen Kurs der Konsolidierung konsequent fortsetzen.
({10})
Das ist in wenigen Daten ein Stück Geschichte der Haushalts- und Finanzpolitik. Ich rate etwas zur Vorsicht.
Herr Kollege Walther, wir werden den Bundesbankgewinn schrittweise zurückführen. Das ist auch eine Konsequenz kritischer Äußerungen früherer Jahre. Sie haben hier eine Äußerung von Herrn Kollegen Häfele zitiert.
Die Struktur unseres Haushalts weiter zu verbessern, bleibt ein Thema der nächsten Jahre. Mehr Zukunftsvorsorge über die Entwicklung der Investitionsquote hinaus heißt hier die zentrale Aufgabe. Forschung, Technologie, bessere Rahmenbedingungen für Existenzgründungen und Betriebserweiterungen, Umweltschutz, Familienpolitik sind einige der wichtigsten Stichworte.
Aber, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, nicht alles muß über die öffentlichen Haushalte geschehen. Steuerentlastungen können in einigen dieser Bereiche von noch größerer Wirkung sein. Wir glauben nicht an Umverteilung als das einzige Instrument zur Lösung politischer und sozialer Aufgaben in unserem Lande.
({11})
Ich will noch einmal hervorheben, daß wir im Finanzplanungsrat zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zu gewichtigen gemeinsamen Resultaten gekommen sind. Das gilt für den Vorrang der Konsolidierung ebenso wie für das Ziel einer deutlichen Ausgabenbegrenzung auch in der mittelfristigen Finanzplanung. Diese Konsolidierung, Herr Apel - ich muß Ihnen das sagen -, führt doch bei der Gesamtheit der Länder und Gemeinden zu einem noch rascheren Abbau der Defizite als beim Bund, dessen Ausgangssituation 1982 wesentlich ungünstiger war.
Ich habe mit großer Verblüffung gehört, was Sie hier in bewegten, dramatischen Worten über die Wirkung unserer Politik auf die Gemeindefinanzen gesagt haben. Ich habe noch einmal die im Finanzplanungsrat abgestimmten Zahlen kurz zur Hand genommen. Sie ergeben für die Gemeinden folgende Bilanz: 1981 hatten die Gemeinden einen Finanzierungssaldo - also einen Fehlbetrag, um das verständlich zu sagen - in ihren Haushalten von über 10 Milliarden DM. 1982 waren es 7,5 Milliarden, 1983 sind es 3 Milliarden DM, und im nächsten
Jahr werden es 1,5 Milliarden DM sein - in abgestimmten Zahlen.
({12})
Ich frage mich wirklich, woher Sie, die Sie in den für Gemeinden schwierigen Jahren Ihre Ohren taub gehalten haben, bei diesem Trend den Mut nehmen, heute hier vor dem Deutschen Bundestag als die großen Sprecher für die kommunalen Belange aufzutreten.
({13})
Meine Damen und Herren, es ist ein ernstes Problem - das ist wahr -, daß die kommunalen Investitionen so zurückgegangen sind, ein Einbruch, der 1980 dramatisch einsetzte und dessen Folgen Sie uns nicht anlasten sollten. Nach meiner Überzeugung ist ein Anstieg der kommunalen Investitionen begründet und richtig
({14})
- aus der erwähnten deutlichen Reduzierung der Neuverschuldung und höheren Steuereinnahmen, auch durch unsere Entscheidung hinsichtlich der Verlagerung der Mehrwertsteuer -, auch wenn zu Recht die Folgekosten heute sorgfältiger und kritischer kalkuliert werden als in der Vergangenheit. Wichtige Felder sind hier eine vorausschauende Gewerbepolitik, Umweltschutzvorhaben, aber auch Vorhaben der Stadt- und Dorferneuerung, die vom Bund übrigens mit steigenden Mitteln gefördert werden.
Meine Damen und Herren, ich möchte in diesem Zusammenhang noch einige Minuten auf die Fragen der Finanzpolitik der kommenden Jahre eingehen, die meine Vorredner kritisch angesprochen haben. In der Aussprache sind unsere steuerpolitischen Zielsetzungen und auch der Zeitplan für die Entscheidungen dargelegt worden. Ich brauche dem, Herr Kollege Apel, was ich gestern dazu gesagt habe, nichts Neues hinzuzufügen. Ich beziehe mich ausdrücklich auf meine Ausführungen und die der Kollegen der Koalition. Und wenn Sie da weiterhin Klarheit vermissen, dann will ich Ihnen sagen: Schwerwiegende Entscheidungen müssen Zug um Zug nach einem vernünftigen Plan des Vorgehens diskutiert und getroffen werden. Ihr Fraktionsvorsitzender hat doch Nachdenklichkeit, Diskussionsfähigkeit und die Fähigkeit zur Analyse hier in einer Grundsatzrede als Maßstäbe erfolgreicher Politik gepriesen. Wir nehmen das für uns in Anspruch, auch für die Art, wie wir schwere Entscheidungen für die nächste Phase vorbereiten.
({15})
Mir liegt aber daran, einen Grundsatz zu betonen. Wir müssen dem Gesichtspunkt der besseren Überschaubarkeit des Steuerrechts einen eindeutigeren Vorrang einräumen, als das in der Vergangenheit geschah. Die Erfahrungen der Praxis zeigen uns - ich würde das gern auch bedeutenden Außenpolitikern hier sagen, verehrter Kollege, und wäre daher für das Gehör dankbar -, daß eine immer weitergehende Komplizierung durch den Anspruch der Würdigung von Gruppenbelangen und Einzelfällen dem Grundsatz der Gerechtigkeit im Steuerrecht zunehmend Abbruch getan hat.
Unsere Politik ist durch eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit von Bundesregierung und Bundesbank bestimmt. Auch wir sehen im Abbau des amerikanischen Haushaltsdefizits -
Meine Damen und Herren, ich bitte doch um Aufmerksamkeit.
({0})
Ich halte es für einen guten parlamentarischen Brauch - ich sage das den Kollegen, die eben erst in den Saal gekommen sind -, einige Argumente der Oppositionssprecher noch kurz abschließend zu behandeln. Ich wäre deshalb für Verständnis dankbar, wenn ich dies noch ein paar Minuten lang tue.
({0})
Meine Damen und Herren, auch wir sehen in dem Abbau des amerikanischen Haushaltsdefizits eine wichtige Voraussetzung für ein wieder günstigeres Zinsniveau. Herr Kollege Apel, wir brauchen nicht die Ermahnungen, darüber offen und kritisch mit den amerikanischen Partnern zu reden. Wir tun das, und wir werden das weiter tun. Wir haben aber letzten Endes ebensowenig bestimmenden Einfluß auf die autonomen Entscheidungen des amerikanischen Kongresses, wie Sie einer amerikanischen Regierung Einfluß auf die autonomen Entscheidungen des Deutschen Bundestages zubilligen.
({1})
Wenn unsere eigenen Fehlbeträge im Etat im Tempo der Vergangenheit weiter wachsen würden, wäre jede Chance auf Zinssenkung zunichte gemacht. Der ökonomische Sinn des Defizitabbaus liegt j a darin, daß die Kapitalmärkte entlastet werden. Mit Geldschöpfung können wir die Zinsen nicht senken, sondern im Ergebnis nur die Inflation anheizen. Wir haben allen Grund, den Stabilitätskurs der Bundesbank gemeinsam zu unterstützen. Die Politik der Bundesbank sichert die Fundamente unseres Geldwertes. Das ist ein Kapital, um das uns viele jenseits unserer Grenzen beneiden.
({2})
Ich bin auch zuversichtlich, daß die innere Stärke der Deutschen Mark auf den internationalen Finanzmärkten mehr und mehr zur Kenntnis genommen wird. Ich halte Zinspessimismus nicht für angebracht.
Ein gesundes Geldwesen beruht auch auf dem Vertrauen der Einleger und Kunden in ihre Bank. Auch hier sind wir in der Bundesrepublik in einer guten Situation. Dieses Vertrauen ist vorhanden. Dennoch haben jüngste Ereignisse deutlich gemacht, daß wir aus dem raschen Wachstum und der Internationalisierung der Kreditmärkte sowie den Kapitalverfléchtungen in der Kreditwirtschaft Konsequenzen ziehen müssen.
Herr Kollege Apel, wir werden, so wie wir es schon vor Monaten angekündigt haben, Anfang nächsten Jahres Bundesrat und Bundestag den GeBundesminister Dr. Stoltenberg
setzentwurf zur Novellierung des Kreditwesengesetzes vorlegen,
({3})
einen Entwurf, der auf jahrelange Vorarbeiten zurückgeht. Wir konzentrieren uns darauf, den Konsolidierungskreis zu erweitern und die Kreditvergabe der Banken wieder in ein besseres Verhältnis zu den haftenden Eigenmitteln zu bringen. Ein engerer Eigenkapitalbegriff erscheint hierfür der richtige Ansatz. Dies ist auch für den Faktor „Vertrauen" in unserem hochentwickelten Geldwesen von besonderem Gewicht. Mehr Transparenz im internationalen Kreditgeschäft unserer Banken ist notwendig.
Schließlich will ich, weil Sie dies kritisch angesprochen haben, noch einige Sätze zur Beteiligungspolitik des Bundes sagen. Es ist nicht einzusehen, warum der Staat in Wirtschaftsbereichen als Unternehmer auftritt, in denen private Anbieter ebenfalls erfolgreich die wirtschaftliche Aufgabe wahrnehmen können.
({4})
Wir vertrauen auch hier auf Initiative, auf schöpferische Ideen und Kräfte der Menschen und wollen deshalb mehr Freiraum dafür schaffen. Unsere Entscheidung, den Bundesanteil an der VEBA zu verkleinern, ist ein erster Schritt.
Herr Kollege Apel, Sie haben gesagt, wir wollten einen großen Mineralölkonzern schaffen. Dann haben Sie hinzugefügt: „Wir haben diese Absicht allerdings nie völlig verwirklichen können, und dennoch hat die VEBA in der schwierigen Zeit der Mineralölknappheit eine wichtige Rolle gespielt." Die VEBA wird auch mit der verringerten, aber bestehenden Beteiligung des Bundes weiterhin eine wichtige Rolle in der deutschen Wirtschaft und auch im Rahmen der Sicherung der Energie für unsere Bevölkerung spielen können. Aber für die Bundesbeteiligungen müssen natürlich Grundsätze der Rentabilität und Wirtschaftlichkeit gelten.
Wir wollen im nächsten Jahr ein umfassenderes Konzept für weitere sinnvolle Privatisierungen vorlegen. Wir werden das so ausgestalten, daß es auch der breiteren Vermögensbildung, insbesondere bei Arbeitnehmern, dient.
({5})
Staatsunternehmen können nicht auf Dauer Subventionsempfänger der Steuerzahler sein.
Die Steuerpolitik - wir haben es ausführlich begründet - dient auch der Verstärkung der eigenen Kapitalausstattung der Unternehmen und damit ihrer Investitionsfähigkeit. Auch andere Schritte sind in diesem Zusammenhang geboten. Ich hebe hervor: Schaffung eines zweiten Aktienmarktes, auf dem Anteile auch von solchen Unternehmen gehandelt werden können, die von ihren Voraussetzungen her an den bestehenden Börsen nicht zugelassen sind, sowie bessere Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungsgesellschaften und Existenzgründungen. Auf die Bedeutung des erweiterten Rahmens der Vermögensbildung für diese Politik ist hingewiesen worden.
Meine Damen und Herren, Bundestag und Bundesrat können in der Finanz- und Haushaltspolitik dieses Jahres auf eine erfolgreiche Arbeit zurückblicken. Der Haushalt 1984 und die Begleitgesetze werden uns auf dem Weg zur Gesundung entscheidend voranbringen.
({6})
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zu zahlreichen Abstimmungen. Unter den Abstimmungen sind zwei namentliche Abstimmungen. Aber auch nach der zweiten namentlichen Abstimmung gibt es wichtige weitere Abstimmungen. Wenn Sie einverstanden sind - und nur dann -, könnten wir uns hier oben damit einverstanden erklären, daß wir andere Abstimmungen während der Auszählung der namentlichen Abstimmung durchführen.
({0})
- Ich stelle fest, daß Sie einverstanden sind.
Ich rufe zunächst den Zusatzpunkt Antrag der Fraktion der SPD: Entlassung des Bundesministers für Wirtschaft - Drucksache 10/798 - zur Abstimmung auf. Hierzu ist namentliche Abstimmung verlangt worden. Ich eröffne die namentliche Abstimmung.
Meine Damen und Herren, haben Sie alle Gelegenheit gehabt, sich an der namentlichen Abstimmung zu beteiligen? - Noch nicht. Danke schön.
Meine Damen und Herren, ich frage erneut, ob Sie alle Gelegenheit hatten, an der namentlichen Abstimmung teilzunehmen. Ich würde Sie dann gern bitten, wieder Platz zu nehmen, weil allein dies das verabredete Verfahren ermöglicht. - Alle hatten Gelegenheit, sich an der Abstimmung zu beteiligen.
Meine Damen und Herren, ich schließe die namentliche Abstimmung und bitte, mit der Auszählung zu beginnen.
Ich rufe den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Haushaltsbegleitgesetzes 1984, Drucksachen 10/335, 10/347 und 10/690, zur Schlußabstimmung auf. Wer dem Gesetz als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Das Gesetz ist angenommen.
Es ist noch über eine Beschlußempfehlung des Ausschusses abzustimmen. Der Ausschuß empfiehlt auf Drucksache 10/690 unter Nr. 2 die Annahme einer Entschließung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Die Entschließung ist angenommen.
Zu dem Haushaltsbegleitgesetz liegt ein weiterer Entschließungsantrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 10/760 vor. Wer diesem Entschließungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Entschließungsantrag ist abgelehnt.
Präsident Dr. Barzel
Ich rufe nunmehr den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Steuerentlastungsgesetzes 1984, Drucksachen 10/336, 10/345, 10/348 und 10/686, zur Schlußabstimmung auf. Wer diesem Gesetz als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Das Gesetz ist angenommen.
Auch hier ist noch über eine Beschlußempfehlung des Ausschusses abzustimmen. Der Finanzausschuß empfiehlt auf Drucksache 10/686 unter Nr. 2 die Annahme einer Entschließung. Wer ihr zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Die Entschließung ist angenommen.
Zu dem Steuerentlastungsgesetz 1984 liegt Ihnen ein Entschließungsantrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 10/772 vor. Wer diesem Entschließungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Dieser Antrag ist abgelehnt.
Ich rufe jetzt den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Vermögensbeteiligungsgesetzes, Drucksachen 10/337, 10/349 und 10/724, zur Schlußabstimmung auf. Wer diesem Gesetz als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Wer will sich enthalten? - Das Gesetz ist angenommen.
Zum Vermögensbeteiligungsgesetz liegt ein Entschließungsantrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 10/768 vor. Wer diesem Entschließungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Entschließungsantrag ist abgelehnt.
Ich rufe nunmehr den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Stahlinvestitionszulagen-Änderungsgesetzes, Drucksachen 10/338, 10/346, 10/350 und 10/677, zur Schlußabstimmung auf. Wer diesem Gesetz zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das Gesetz ist angenommen.
Es ist noch abzustimmen über eine Beschlußempfehlung des Ausschusses. Der Finanzausschuß empfiehlt auf Drucksache 10/677 unter Nr. 2 die Annahme einer Entschließung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Die Entschließung ist angenommen.
Meine Damen und Herren, wir kommen im Moment nicht weiter. Als nächstes ist die Schlußabstimmung über das Haushaltsgesetz in namentlicher Abstimmung fällig. Ich erwarte in wenigen Minuten das Ergebnis der ersten namentlichen Abstimmung und danke für die Teilnahme an diesem Experiment, das uns doch sehr viel Zeit erspart hat.
({1})
Ich will die Sitzung bis zum Eintreffen des Ergebnisses der ersten namentlichen Abstimmung nicht unterbrechen.
Meine Damen und Herren, das von den Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Antrag der SPD auf der bekannten Drucksache: abgegebene Stimmen 478; davon ungültige Stimmen keine; mit Ja haben 196 Abgeordnete gestimmt; mit Nein haben 274 Abgeordnete gestimmt.
({2}) Es gab 8 Enthaltungen.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen 478; davon
j a: 196 Abgeordnete
nein: 274 Abgeordnete
enthalten: 8 Abgeordnete
Ja
SPD
Amling
Antretter Dr. Apel
Bachmaier Bahr
Bamberg
Becker ({3}) Berschkeit
Bindig
Frau Blunck Brandt
Brosi
Brück
Buckpesch Buehler ({4})
Büchner ({5})
Dr. von Bülow
Buschfort Catenhusen Conradi
Curdt
Frau Dr. Czempiel
Frau Dr. Däubler-Gmelin Daubertshäuser
Delorme
Dr. Diederich ({6}) Dreßler
Duve
Egert
Dr. Ehmke ({7})
Dr. Ehrenberg
Dr. Emmerlich
Dr. Enders Esters
Ewen
Fiebig
Fischer ({8}) Fischer ({9})
Frau Fuchs ({10})
Frau Fuchs ({11})
Gansel
Gerstl ({12})
Glombig
Gobrecht
Grunenberg Dr. Haack Haar
Frau Dr. Hartenstein
Dr. Hauchler Hauck
Dr. Hauff Heimann Heistermann
Herterich Hettling Heyenn
Hiller ({13}) Hoffmann ({14}) Dr. Holtz
Horn
Huonker Ibrügger Jahn ({15})
Jansen
Jaunich
Dr. Jens
Jung ({16}) Junghans Jungmann Kastning
Kiehm
Kirschner Kisslinger Klein ({17})
Dr. Klejdzinski
Klose
Kolbow
Kretkowski Kühbacher Kuhlwein Lambinus Lennartz Leonhart Liedtke
Löffler
Lohmann ({18})
Lutz
Frau Luuk
Frau Dr. Martiny-Glotz Frau Matthäus-Maier Meininghaus
Menzel
Dr. Mertens ({19}) Müller ({20}) Müller ({21})
Dr. Müller-Emmert Müntefering
Nagel
Nehm
Neumann ({22}) Dr. Nöbel
Frau Odendahl Oostergetelo
Paterna
Dr. Penner Peter ({23})
Pfuhl
Polkehn
Porzner
Poß
Präsident Dr. Barzel
Purps
Rappe ({24}) Reimann
Frau Renger Reschke
Reuschenbach
Reuter
Rohde ({25})
Roth
Schäfer ({26}) Schanz
Schlaga
Schlatter Schluckebier
Dr. Schmidt ({27}) Schmidt ({28})
Frau Schmidt ({29})
Schmidt ({30}) Schmitt ({31})
Dr. Schmude Dr. Schöfberger
Schröder ({32}) Schröer ({33}) Schulte ({34})
Dr. Schwenk ({35}) Sielaff
Sieler
Frau Simonis
Frau Dr. Skarpelis-Sperk Dr. Soell
Dr. Sperling Dr. Spöri
Stahl ({36})
Dr. Steger Steiner
Frau Steinhauer
Stiegler
Stobbe
Dr. Struck Frau Terborg
Tietjen
Frau Dr. Timm Toetemeyer Frau Traupe Urbaniak Vahlberg Verheugen
Dr. Vogel Vogelsang Vosen
Waltemathe Walther
Wartenberg ({37}) Weinhofer
Weisskirchen ({38}) Dr. Wernitz
Westphal Frau Weyel
Wieczorek ({39}) Wiefel
von der Wiesche
Dr. de With Würtz
Zander
Zeitler
Frau Zutt
DIE GRÜNEN
Frau Dr. Bard
Bastian
Frau Beck-Oberdorf Drabiniok
Frau Gottwald
Frau Dr. Hickel
Horacek
Hoss
Frau Kelly
Kleinert ({40})
Frau Nickels
Reents
Schneider ({41}) Frau Schoppe Schwenninger Stratmann
Frau Dr. Vollmer
Nein
CDU/CSU
Dr. Abelein
Dr. Althammer Austermann
Dr. Barzel Bayha
Dr. Becker ({42}) Berger
Frau Berger ({43}) Biehle
Dr. Blank Dr. Blens Dr. Blüm Böhm ({44})
Dr. Bötsch Bohl
Bohlsen Borchert Boroffka Braun
Breuer
Broll
Brunner
Bühler ({45})
Dr. Bugl Buschbom Carstens ({46}) Carstensen
({47})
Clemens
Conrad ({48}) Dr. Czaja
Dr. Daniels
Daweke Deres
Dörflinger Dolata
Dr. Dollinger
Doss
Dr. Dregger
Ehrbar
Eigen
Engelsberger
Erhard
({49}) Eylmann
Dr. Faltlhauser
Feilcke
Fellner
Frau Fischer
Fischer ({50}) Franke
Dr. Friedmann
Ganz ({51})
Frau Geiger
Dr. Geißler
Dr. von Geldern
Dr. George
Gerlach ({52}) Gerstein
Gerster ({53})
Dr. Göhner
Dr. Götz Günther Dr. Hackel
Dr. Häfele Hanz ({54}) Hartmann
Haungs
Hauser ({55}) Hauser ({56}) Hedrich
Freiherr Heereman
von Zuydtwyck
Frau Dr. Hellwig Helmrich
Dr. Hennig
Herkenrath
Hinrichs Hinsken Höffkes Höpfinger
Dr. Hoffacker
Frau Hoffmann ({57}) Dr. Hornhues
Hornung
Frau Hürland
Dr. Hüsch
Dr. Hupka
Graf Huyn
Jäger ({58})
Jagoda
Dr. Jahn ({59})
Dr. Jenninger
Dr. Jobst
Jung ({60})
Kalisch Dr.-Ing. Kansy
Frau Karwatzki
Keller
Kiechle Kittelmann
Dr. Klein ({61}) Klein ({62})
Dr. Köhler ({63}) Dr. Köhler ({64}) Dr. Kohl
Kolb
Kraus
Dr. Kreile
Krey
Kroll-Schlüter
Frau Krone-Appuhn
Dr. Kronenberg
Dr. Kunz ({65}) Lamers
Dr. Lammert
Landré
Dr. Langner
Lattmann
Dr. Laufs
Dr. Lenz ({66}) Lenzer
Link ({67})
Link ({68}) Linsmeier
Lintner
Dr. Lippold
Löher
Lohmann ({69}) Louven
Lowack Maaß
Frau Männle
Magin Marschewski
Dr. Marx
Dr. Mertes ({70}) Metz
Dr. Meyer zu Bentrup Michels
Dr. Miltner
Milz
Dr. Möller
Müller ({71}) Müller ({72})
Müller ({73}) Nelle
Frau Dr. Neumeister Niegel
Dr.-Ing. Oldenstädt
Dr. Olderog Pesch
Petersen Pfeffermann Pfeifer
Dr. Pinger Pohlmann Dr. Pohlmeier
Dr. Probst Rawe
Reddemann Repnik
Dr. Riedl ({74})
Dr. Riesenhuber
Rode ({75})
Frau Rönsch
Frau Roitzsch ({76})
Dr. Rose Rossmanith Roth ({77})
Rühe
Ruf
Sauer ({78})
Sauer ({79})
Saurin
Sauter ({80}) Sauter ({81})
Schartz ({82}) Schemken Scheu
Schlottmann Schmidbauer
Schmitz ({83}) Schneider
({84})
Dr. Schneider ({85}) Freiherr von Schorlemer Schreiber
Dr. Schroeder ({86}) Schröder ({87}) Schulhoff
Dr. Schulte
({88}) Schulze ({89}) Schwarz
Dr. Schwarz-Schilling Dr. Schwörer
Seehofer Seesing
Seiters
Dr. Freiherr
Spies von Büllesheim Spilker
Spranger Dr. Sprung Graf Stauffenberg
Dr. Stavenhagen
Dr. Stercken
Dr. Stoltenberg Straßmeir Strube
Stücklen Stutzer
Susset
Tillmann
Dr. Todenhöfer
Uldall
Dr. Unland
Frau Verhülsdonk
Vogel ({90})
Vogt ({91})
Dr. Voss
Dr. Waffenschmidt
Dr. Waigel
Graf von Waldburg-Zeil Dr. Warnke
Präsident Dr. Barzel
Dr. Warrikoff
Dr. von Wartenberg
Weirich
Weiß
Werner
Frau Will-Feld Frau Dr. Wilms Wilz
Wimmer ({92}) Windelen
Frau Dr. Wisniewski Wissmann
Dr. Wittmann Dr. Wörner
Würzbach
Dr. Wulff
Zierer
Dr. Zimmermann
Zink
FDP
Frau Dr. Adam-Schwaetzer Baum
Beckmann
Bredehorn
Eimer ({93}) Engelhard
Dr. Feldmann Gallus
Gattermann Genscher
Grüner
Frau Dr. Hamm-Brücher
Dr. Haussmann Dr. Hirsch
Hoffie
Kleinert ({94})
Kohn
Dr.-Ing. Laermann
Dr. Graf Lambsdorff Mischnick
Möllemann Neuhausen Paintner
Ronneburger Dr. Rumpf Schäfer ({95})
Frau Seiler-Albring
Dr. Solms Dr. Weng
Wolfgramm ({96}) Wurbs
Enthalten
SPD
Bernrath
Franke ({97}) Matthöfer
Wolfram
({98})
DIE GRÜNEN
Burgmann Frau Potthast Frau Reetz
Vogt ({99})
Damit ist der Antrag abgelehnt.
({100})
- Ich bitte Platz zu nehmen, damit wir in unserer Arbeit fortfahren können.
Wir kommen jetzt zur Schlußabstimmung über den Entwurf des Haushaltsgesetzes 1984, Drucksachen 10/280, 10/534, 10/631 bis 10/659.
Hierzu ist namentliche Abstimmung verlangt worden. Ich weise darauf hin, daß es nach der namentlichen Abstimmung noch eine Reihe weiterer Abstimmungen gibt.
Ich eröffne die namentliche Abstimmung.
Ich frage zum ersten Mal, ob alle Mitglieder des Bundestages Gelegenheit hatten, sich an der Abstimmung zu beteiligen. - Das ist nicht der Fall.
Ich frage erneut, ob alle Kolleginnen und Kollegen Gelegenheit hatten. - Das ist nicht der Fall.
Ich frage zum wiederholten Male, ob alle Gelegenheit hatten, sich an der Abstimmung zu beteiligen. - Ich sehe an den Urnen keinen Widerspruch. Ich schließe diese Abstimmung und bitte die Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen.
Ich bitte Sie alle, wieder Platz zu nehmen, damit wir fortfahren können.
Meine Damen und Herren, ich bitte, Platz zu nehmen. - Meine Damen und Herren, ich würde gern entsprechend unserer Verabredung fortfahren, noch ausstehende Abstimmungen durchzuführen. Wir machen hier eine Sitzung und nicht eine Stehung, wenn's möglich ist -. Das gilt auch für Kollegen, die uns leider bald verlassen werden.
Es ist zunächst noch über eine Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses abzustimmen. Der Ausschuß empfiehlt auf Drucksache 10/658 unter Buchstabe b die Annahme von zwei Entschließungen.
Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Die Entschließungen sind angenommen.
Zum Haushaltsgesetz 1984 liegen sechs Entschließungsanträge auf den Drucksachen 10/753, 10/746, 10/752, 10/741 ({101}), 10/793 und 10/738 ({102}) vor.
Ich habe Ihnen mitzuteilen, daß der Entschließungsantrag der Fraktion DIE GRÜNEN auf der Drucksache 10/738 ({103}) zurückgezogen wurde. Die Abstimmung entfällt.
Ich rufe zuerst den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zum Einzelplan 05 - Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts - auf Drucksache 10/753 auf. Wer diesem Entschließungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Entschließungsantrag ist abgelehnt.
Ich rufe den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zum Einzelplan 06 - Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern - auf Drucksache 10/ 746 auf. Wer diesem Entschließungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen zum Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zum Einzelplan 09 - Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft - auf Drucksache 10/752. Wer dem Entschließungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Entschließungsantrag ist abgelehnt.
Ich rufe die Entschließungsanträge der Abgeordneten Frau Gottwald und der Fraktion DIE GRÜNEN auf Drucksache 10/741 ({104}) und der Fraktion der SPD auf Drucksache 10/793 zum Einzelplan 23 - Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit - auf.
Wir stimmen zuerst über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Frau Gottwald und der Fraktion DIE GRÜNEN ab.
Wer diesem Entschließungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Entschließungsantrag ist abgelehnt.
Ich rufe den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD auf, den ich soeben genannt habe. Wer diesem Entschließungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Entschließungsantrag ist abgelehnt.
Präsident Dr. Barzel
Meine Damen und Herren, ich empfehle Ihnen, wir machen es wie soeben. Wir warten vielleicht noch ein paar Minuten auf das Ergebnis der Abstimmung, und dann werden wir auch bald zum Ende kommen.
Meine Damen und Herren, ich gebe Ihnen das von den Schriftführern ermittelte Ergebnis der letzten namentlichen Abstimmung bekannt: Von den voll stimmberechtigten Mitgliedern des Bundestages haben 458 Mitglieder ihre Stimme abgegeben. Von diesen haben 261 mit Ja und 197 mit Nein gestimmt; Enthaltungen: keine.
21 Berliner Abgeordnete haben ihre Stimme abgegeben. Davon haben 11 mit Ja und 10 mit Nein gestimmt.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen 458 und 21 Berliner Abgeordnete; davon
ja: 261 und 11 Berliner Abgeordnete
nein: 197 und 10 Berliner Abgeordnete
Ja
CDU/CSU
Dr. Abelein
Dr. Althammer Austermann
Bayha
Dr. Becker ({105}) Berger
Biehle
Dr. Blank
Dr. Blens
Dr. Blüm
Böhm ({106}) Dr. Bötsch
Bohl
Bohlsen Borchert Braun Breuer Broll
Brunner
Bühler ({107})
Dr. Bugl
Carstens ({108}) Carstensen
({109}) Clemens
Conrad ({110}) Dr. Czaja
Dr. Daniels
Daweke Deres
Dörflinger
Dr. Dollinger
Doss
Dr. Dregger
Ehrbar Eigen
Engelsberger
Erhard
({111}) Eylmann
Dr. Faltlhauser Fellner
Frau Fischer
Fischer ({112}) Franke
Dr. Friedmann Ganz ({113}) Frau Geiger
Dr. Geißler
Dr. von Geldern Dr. George
Gerlach ({114}) Gerstein
Gerster ({115}) Glos
Dr. Göhner
Dr. Götz
Günther
Dr. Häfele
Hanz ({116}) Hartmann
Haungs
Hauser ({117}) Hauser ({118}) Hedrich
Freiherr Heereman
von Zuydtwyck Frau Dr. Hellwig Helmrich
Dr. Hennig Herkenrath
Hinrichs
Hinsken
Höffkes
Höpfinger
Dr. Hoffacker
Frau Hoffmann (Soltau Dr. Hornhues
Hornung
Frau Hürland Dr. Hüsch
Dr. Hupka
Graf Huyn
Jäger ({119}) Jagoda
Dr. Jahn ({120}) Dr. Jenninger
Dr. Jobst
Jung ({121}) Dr.-Ing. Kansy Frau Karwatzki Keller
Kiechle
Dr. Klein ({122}) Klein ({123})
Dr. Köhler ({124}) Dr. Köhler ({125}) Dr. Kohl
Kolb
Kraus
Dr. Kreile
Krey
Kroll-Schlüter
Frau Krone-Appuhn
Dr. Kronenberg Dr. Kunz ({126}) Lamers
Dr. Lammert Landré
Dr. Langner Lattmann
Dr. Laufs
Dr. Lenz ({127}) Lenzer
Link ({128}) Link ({129}) Linsmeier
Lintner
Dr. Lippold
Löher
Lohmann ({130}) Louven
Lowack
Maaß
Frau Männle Magin
Marschewski Dr. Marx
Dr. Mertes ({131}) Metz
Dr. Meyer zu Bentrup Michels
Dr. Miltner
Milz
Dr. Möller
Müller ({132}) Müller ({133}) Müller ({134})
Nelle
Frau Dr. Neumeister Niegel
Dr.-Ing. Oldenstädt
Dr. Olderog
Pesch
Petersen
Pfeffermann Pfeifer
Dr. Pinger
Pohlmann
Dr. Pohlmeier Dr. Probst
Rawe
Reddemann Repnik
Dr. Riedl ({135})
Dr. Riesenhuber Rode ({136}) Frau Rönsch Frau Roitzsch
({137}) Dr. Rose
Rossmanith Roth ({138}) Rühe
Ruf
Sauer ({139})
Sauer ({140}) Saurin
Sauter ({141}) Sauter ({142}) Dr. Schäuble
Schartz ({143}) Scheu
Schlottmann Schmidbauer Schmitz ({144})
Schneider ({145})
Dr. Schneider ({146}) Freiherr von Schorlemer Schreiber
Dr. Schroeder ({147}) Schröder ({148}) Schulhoff
Dr. Schulte
({149}) Schwarz
Dr. Schwarz-Schilling
Dr. Schwörer Seehofer
Seesing
Seiters
Dr. Freiherr
Spies von Büllesheim Spilker
Spranger
Dr. Sprung
Graf Stauffenberg
Dr. Stavenhagen
Dr. Stercken Dr. Stoltenberg
Strube
Stutzer
Susset
Tillmann
Dr. Todenhöfer
Uldall
Dr. Unland
Frau Verhülsdonk
Vogel ({150})
Vogt ({151}) Dr. Voss
Dr. Waffenschmidt
Dr. Waigel
Graf von Waldburg-Zeil Dr. Warnke
Dr. Warrikoff
Dr. von Wartenberg Weirich
Weiß
Werner
Frau Will-Feld
Frau Dr. Wilms
Wilz
Wimmer ({152}) Windelen
Frau Dr. Wisniewski Wissmann
Dr. Wittmann
Dr. Wörner Würzbach Dr. Wulff
Zierer
Dr. Zimmermann
Zink
Berliner Abgeordnete
Frau Berger ({153}) Boroffka
Buschbom Dolata
Feilcke
Dr. Hackel Kalisch
Kittelmann Schulze ({154}) Straßmeir
FDP
Frau Dr. AdamSchwaetzer
Baum
Beckmann Bredehorn Eimer ({155})
Präsident Dr. Barzel
Engelhard
Dr. Feldmann Gallus
Gattermann Genscher Grüner
Frau Dr. Hamm-Brücher Dr. Haussmann
Dr. Hirsch Hoffie
Kohn
Dr.-Ing. Laermann
Dr. Graf Lambsdorff Mischnick
Möllemann Neuhausen Paintner
Ronneburger Dr. Rumpf Schäfer ({156})
Frau Seiler-Albring
Dr. Solms Dr. Weng
Wolfgramm ({157}) Wurbs
Berliner Abgeordneter Hoppe
Nein SPD
Amling
Antretter Dr. Apel
Bachmaier Bahr
Bamberg
Becker ({158}) Bernrath
Berschkeit Bindig
Frau Blunck Brandt
Brosi
Brück
Buckpesch Büchler ({159})
Büchner ({160})
Dr. von Bülow
Buschfort Catenhusen Collet
Conradi
Curdt
Frau Dr. Czempiel
Frau Dr. Däubler-Gmelin Daubertshäuser
Delorme
Dreßler
Duve
Dr. Ehmke ({161})
Dr. Ehrenberg
Dr. Emmerlich
Dr. Enders Esters
Ewen
Fiebig
Fischer ({162}) Fischer ({163}) Franke ({164})
Frau Fuchs ({165})
Frau Fuchs ({166})
Gansel
Gerstl ({167})
Glombig
Gobrecht
Grunenberg Dr. Haack
Haar
Frau Dr. Hartenstein
Dr. Hauchler
Hauck
Dr. Hauff Heistermann
Herterich Hettling Heyenn
Hiller ({168}) Hoffmann ({169}) Dr. Holtz
Horn
Frau Huber
Huonker Ibrügger Jahn ({170})
Jansen
Jaunich Dr. Jens
Jung ({171}) Junghans Jungmann Kastning
Kiehm
Kirschner Kisslinger Klein ({172})
Dr. Klejdzinski
Klose
Kolbow
Kretkowski Kühbacher Kuhlwein Lambinus Lennartz Leonhart Liedtke
Lohmann ({173})
Lutz
Frau Dr. Martiny-Glotz Frau Matthäus-Maier Matthöfer
Meininghaus
Menzel
Dr. Mertens ({174}) Müller ({175}) Müller ({176})
Dr. Müller-Emmert Müntefering
Nagel
Nehm
Neumann ({177}) Dr. Nöbel
Frau Odendahl Oostergetelo
Paterna
Dr. Penner Peter ({178})
Pfuhl
Polkehn Porzner Poß
Purps
Rappe ({179}) Reimann
Frau Renger
Reschke Reuschenbach
Reuter
Rohde ({180})
Roth
Schäfer ({181}) Schanz
Schlaga Schlatter Schluckebier
Dr. Schmidt ({182}) Schmidt ({183})
Frau Schmidt ({184})
Schmidt ({185})
Schmitt ({186})
Dr. Schmude
Dr. Schöfberger Schröder ({187}) Schröer ({188}) Schulte ({189})
Dr. Schwenk ({190}) Sielaff
Sieler
Frau Simonis
Frau Dr. Skarpelis-Sperk Dr. Soell
Dr. Sperling Dr. Spöri
Stahl ({191})
Dr. Steger Steiner
Frau Steinhauer
Stiegler
Dr. Struck Frau Terborg
Tietjen
Frau Dr. Timm Toetemeyer Frau Traupe Urbaniak Vahlberg Verheugen Vogelsang Vosen
Waltemathe Walther
Weinhofer
Weisskirchen ({192}) Dr. Wernitz
Westphal Frau Weyel
Wieczorek ({193}) Wiefel
von der Wiesche
Dr. de With Wolfram
({194}) Würtz
Zander
Zeitler Frau Zutt
Berliner Abgeordnete
Dr. Diederich ({195}) Egert
Heimann Löffler
Frau Luuk
Dr. Mitzscherling Stobbe
Dr. Vogel Wartenberg ({196})
DIE GRÜNEN
Frau Dr. Bard
Bastian
Frau Beck-Oberdorf Burgmann Drabiniok
Frau Gottwald
Frau Dr. Hickel Horacek
Hoss
Dr. Jannsen Frau Kelly
Kleinert ({197}) Krizsan
Frau Nickels Frau Potthast
Reents
Frau Reetz Schily
Frau Schoppe Schwenninger Stratmann
Vogt ({198}) Frau Dr. Vollmer
Berliner Abgeordneter Schneider ({199})
Meine Damen und Herren, damit ist dieses Gesetz angenommen.
Meine Damen und Herren, ich würde gern noch um eine Minute Aufmerksamkeit bitten. - Am Ende des parlamentarischen Teils dieses Jahres möchte ich zunächst uns allen im neuen Jahr, wenn Sie mir dies erlauben, kürzere und freiere Reden, weniger verbundene Debatten und freundliche Fröhlichkeit für uns alle wünschen, meine Damen und Herren.
({200})
Ich würde mich besonders freuen - ich glaube, Sie alle und alle in Deutschland -, wenn es im nächsten Jahr den Versuch einer Belagerung des Deutschen Bundestages nicht wieder geben würde.
({201})
Dies war ein Jahr besonderer politischer und parlamentarischer Herausforderungen; ich danke Ihnen allen. Ich danke unseren Mitarbeitern, unseren kritischen Beobachtern und Begleitern, aber auch den Ordnungskräften, die die Freiheit unserer Entscheidung zu Hause wie hier zu sichern wußten.
({202})
Präsident Dr. Barzel
So wünsche ich Ihnen, meine Damen und Herren, den Genannten, Ihren Familien, aber auch unserem ganzen Volk, dem wir dienen und vor dem wir uns gewissenhaft verantworten, von Herzen gnadenreiche Weihnachten und ein gesegnetes neues Jahr in Frieden und in Freiheit. Zu meinem Bedauern muß ich den Ältestenrat noch bitten, gleich zu einer Sitzung zusammenzutreten.
Ich berufe den Deutschen Bundestag auf den 18. Januar 1984, 13 Uhr ein und schließe die Sitzung.
({203})