Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren, die Tagesordnung der heutigen Sitzung des Deutschen Bundestages wird gemäß Nr. 2 b der Anlage 5 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages auf Verlangen der Fraktion DIE GRÜNEN um eine Aktuelle Stunde zu dem Thema „Auswirkungen der Vorschläge der EG-Kommission auf die Lage milchproduzierender Betriebe in der Bundesrepublik Deutschland" ergänzt. Einer interfraktionellen Vereinbarung entsprechend wird dieser Zeitpunkt im Anschluß an die Fragestunde, also um 14.30 Uhr, aufgerufen.
Ich rufe jetzt Punkt 1 der Tagesordnung auf:
Fragestunde
- Drucksache 10/457 Wir kommen zunächst zum Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen. Der Herr Parlamentarische Staatssekretär Rawe steht zur Beantwortung zur Verfügung.
Ich rufe Frage 1 des Herrn Abgeordneten Schreiner auf:
Wie viele Ausbildungsplätze, insbesondere für Mädchen, könnten bei der Deutschen Bundespost mehr geschaffen werden, wenn die derzeitige Kurzausbildung von Mädchen für bestimmte Aufgabengebiete des Fernmelde-, Büro-, Postscheck- und Postsparkassendienstes durch eine anerkannte Berufsausbildung als „Verwaltungsangestellte({0})" ersetzt würde?
Herr Kollege Schreiner, grundsätzlich entsteht durch eine Änderung des Rechtsverhältnisses der Ausbildung kein höherer Nachwuchsbedarf in den genannten Aufgabenbereichen.
Eine Zusatzfrage.
Ich würde ganz gern wissen, welche qualifizierten Ausbildungsplätze im Falle einer Umwandlung entstehen würden.
Herr Kollege, diese Frage kann ich Ihnen zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht beantworten. Sie wissen, daß die
früheren Unternehmensleitungen der Deutschen Bundespost die Zusage gegeben haben, gegebenenfalls auch nach dem Berufsbildungsgesetz auszubilden. Die neue Unternehmensleitung hat eine entsprechende Prüfung eingeleitet. Sie wissen, daß dabei der Bundesminister des Innern zu beteiligen ist. Die Prüfungen sind noch nicht abgeschlossen.
Die zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schreiner.
Herr Staatssekretär, könnte man auf Grund der Lehrstellengarantie davon ausgehen, daß diese Prüfung innerhalb kürzester Zeit abgeschlossen werden wird, und, wenn ja, wann ist damit zu rechnen?
Herr Kollege, ich bitte um Verständnis dafür, daß ich hier bezüglich der Mitwirkung des Bundesministers des Innern keine Ausführungen machen will. Aber ich möchte deutlich darauf hinweisen, daß es nicht nur darauf ankommt, daß die Bundesregierung hier sehr schnell zu einer Entscheidung kommt; vielmehr bedeutet es, wie Sie wissen, auch einen erheblichen Vorlauf an Zeit, wenn man die Ausbildung für ein neues Berufsbild einführen will.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Paterna.
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß der Kollege Schreiner nach der Zahl zusätzlicher Ausbildungsplätze gefragt hat, während Sie mit Bezug auf den Nachwuchsbedarf geantwortet haben, was zwei verschiedene Dinge sind, und wären Sie in der Lage, uns zu schildern, in welchen Punkten im einzelnen es unterschiedliche Bewertungen zwischen dem Postministerium auf der einen und dem Innenministerium auf der anderen Seite gibt?
Herr Kollege Paterna, ich kann Ihnen das nicht bestätigen, denn ich glaube, wir müssen bei der Ausbildung, die im Bereich der Deutschen Bundespost stattfindet, zwischen solchen Ausbildungen, die einen postspezifischen Charakter haben, und anderen Ausbildungen - z. B. im Fernmeldebereich - unterscheiden. Sie
werden verstehen, daß wir Wert darauf legen müssen, diese Unterscheidung schon deswegen vorzunehmen, weil ja alle, die bei uns ausgebildet werden, auch den Wunsch haben, im Bereich der Deutschen Bundespost zu bleiben. Diejenigen, die eine postspezifische Ausbildung erhalten, haben es nachher wesentlich schwerer, am Arbeitsmarkt unterzukommen. Ich denke, wir sind uns im Prinzip darüber einig, daß es wohl nicht so sein kann, daß wir nur ausbilden und daß die Leute bei uns nachher keinen Arbeitsplatz finden können.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe Frage 2 des Herrn Abgeordneten Paterna auf:
Wird die Bundesregierung der Deutschen Bundespost auferlegen, bei Werbemaßnahmen für den Anschluß an Breitbandverteilnetze Mietern und Hauseigentümern alle tatsächlich mit der Nutzung solcher Anschlüsse verbundenen Kosten darzustellen und das Prinzip der Freiwilligkeit durch Aufklärung über die einzelfallbezogene Rechtslage zu gewährleisten?
Herr Kollege Paterna, Sie und ich wissen - und die Bundesregierung vertritt ausdrücklich diese Auffassung -, daß die Deutsche Bundespost ein Dienstleistungsunternehmen ist, das sich zufriedene Kunden wünscht. Und dann ist es selbstverständlich, daß die Deutsche Bundespost in ihrem Werbematerial neben den Vorzügen eines Anschlusses an ihr Breitbandverteilnetz auch die entsprechenden Gebühren in aller Deutlichkeit nennt. Dabei wird auch darauf hingewiesen, daß die weitere Verkabelung vom Kabelanschluß bis zur Wohnung im Auftrag und auf Rechnung des Teilnehmers von privaten Gewerbetreibenden auszuführen ist. Das Prinzip der Freiwilligkeit mögen Sie deutlich daran erkennen, daß es notwendig ist, einen Antrag zu stellen, um an dieses Netz angeschlossen zu werden.
Jetzt haben Sie eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, welche Informationen gibt denn die Bundespost über die etwaige Höhe der Kosten für die Hausverkabelung und über zusätzliche Kosten, die dem Teilnehmer dann entstehen, wenn er über kein nachbarkanalfähiges Fernsehgerät verfügt, also zum Empfang von mehr als sechs angebotenen Programmen Zusatzgeräte wie Konverter oder dergleichen braucht?
Soweit zusätzliche Kosten für das Heranführen neuer Programme entstehen, wissen Sie, daß das in der 23. Änderung der Fernmeldeordnung geregelt ist. Im übrigen weisen wir bei allen unseren Beratungen darauf hin, was der zusätzliche Anschluß kosten kann. Ich bitte nur um Verständnis, daß ich das hier nicht quantifizieren kann, weil die Gesamtkosten natürlich außerordentlich unterschiedlich sind, je nachdem Sie innerhalb eines Einfamilienhauses installieren oder ob Sie das in einem großen Wohnblock machen.
Zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Paterna.
Herr Staatssekretär, informiert die Deutsche Bundespost auch über die Tatsache, daß die Kosten für die hausinterne Verkabelung nicht auf die Mieter umlagefähig sind, und zwar weder im Bestand an Sozialmietwohnungen - nach der 2. Berechnungsverordnung - noch im Bestand an frei finanzierten Mietwohnungen - nach BGB oder Miethöhegesetz?
Die Frage, ob das um-lagefähig ist oder nicht, kann ich im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beantworten. Ich will Ihnen aber gerne zusagen, daß wir prüfen werden, inwieweit wir dies in die Unterrichtung unserer Kunden aufnehmen können.
Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Reetz.
Herr Staatssekretär, die Frage lautet doch eigentlich: „Wird die Bundesregierung der Deutschen Bundespost auferlegen ...". Sie haben nur direkt geantwortet, daß die Deutsche Bundespost als Dienstleistungsunternehmen informieren werde. Ich frage nun, ob die Bundesregierung der Deutschen Bundespost auch auferlegt oder auferlegt hat, außer den Informationen über die Kosten auch Informationen über die sozialen und soziologischen Folgen der Breitbandverkabelung und ihrer Nutzung zu geben.
Frau Kollegin, die Bundesregierung braucht, wenn sich die Deutsche Bundespost im Sinne der Anfrage des Kollegen Paterna um eine vollkommene Unterrichtung ihrer Kunden bemüht, nicht zusätzlich darauf Bedacht zu nehmen.
Was den zweiten Teil Ihrer Frage angeht, gibt es nicht nur in diesem Hause, sondern auch außerhalb sehr unterschiedliche Auffassungen. Die Auffassung der Bundesregierung in dieser Frage wird sich möglicherweise von der Ihren sehr unterscheiden. Ich weiß nicht, ob wir als Bundesregierung verpflichtet sind, unbedingt Ihre Auffassung den Kunden mitzuteilen.
Keine weiteren Zusatzfragen. - Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft. Die Fragen 3 der Frau Abgeordneten Weyel und 4 des Herrn Abgeordneten Pauli werden auf Grund Nr. 2 Abs. 2 der Richtlinien für die Fragestunde schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Die Fragen 5 und 6 des Herrn Abgeordneten Müller ({0}) werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen. Die FraVizepräsident Frau Renger
gen 7 und 8 des Herrn Abgeordneten Böhm ({1}) werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Dr. Klein zur Verfügung. Die Fragen 46 und 47 des Herrn Abgeordneten Dr. Sperling werden auf Wunsch schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 48 des Herrn Abgeordneten Paterna auf:
Welche Auffassung vertritt die Bundesregierung zu der Frage, ob Kosten für Hausverkabelungen zum Anschluß an Breitbandverteilnetze im freien und im sozialen Wohnungsbau auf nicht anschlußwillige Mieter umlagefähig sind?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Herr Kollege Paterna, ob die in der Frage angesprochenen Kosten auf die Mieter umgelegt werden können, hängt nach den maßgebenden Rechtsvorschriften davon ab, ob ein Anschluß an ein Breitbandverteilnetz geeignet ist, den Gebrauchswert der Mietsache nachhaltig zu erhöhen. Dies entscheidet sich allein nach objektiven Kriterien; auf die individuelle Bewertung durch den einzelnen Mieter oder Vermieter kommt es dabei nicht an.
Im übrigen sind mit dieser Frage die Privatrechtsbeziehungen zwischen Vermieter und Mieter angesprochen. Die aus Privatrechtsverhältnissen für die Beteiligten folgenden Rechte und Pflichten können verbindlich nur von den Zivilgerichten bestimmt werden. Legen diese, wie eingangs ausgeführt, die objektivierten Interessen und Anschauungen eines unvoreingenommenen Durchschnittsmieters zugrunde, dann werden sie eine Gebrauchswerthöhung wohl - das ist eine Vermutung der Bundesregierung - von der durch einen Kabelanschluß erreichbaren Erweiterung der Programmvielfalt über die ortsüblichen Programme hinaus oder aber davon abhängig machen, ob der Anschluß zu einer erheblichen Verbesserung der - etwa bisher durch Abschattungen beeinträchtigten - Empfangsqualität führt.
Die Frage der Umlagefähigkeit kann somit vorerst noch nicht generell bejaht oder verneint werden. Eine generalisierende Aussage könnte erst am Ende eines zur Zeit laufenden Klärungsprozesses stehen. Bis dahin wird eine auf den Einzelfall bezogene Betrachtungsweise angebracht sein.
Zusatzfrage des Abgeordneten Paterna.
Herr Staatssekretär, wenn ich Ihrer Antwort entnehmen darf, daß die Rechtslage unsicher ist, würden Sie mir dann zustimmen, wenn ich sage, die Bundesregierung sollte hier von sich aus für eine entsprechende Klarstellung in der Interpretation des § 541 BGB, des Miethöhegesetzes und der 2. Berechnungsverordnung - das sind ja wohl die einschlägigen rechtlichen Grundlagen sorgen, hier also eine politische Willensbildung und gegebenenfalls eine gesetzliche Klarstellung veranlassen, statt dies dem Rechtsweg zu überlassen?
Herr Kollege Paterna, ich kann der in Ihrer Frage implizit enthaltenen Feststellung nicht zustimmen, daß es sich hier um eine Rechtsunsicherheit handle. Es handelt sich hier um einen neuen Fall, der unter eine seit längerem geltende Rechtsnorm subsumiert werden muß. Und wie in jedem anderen Fall - übrigens auch in dem Fall, daß wir uns zur Einbringung eines neuen Gesetzes entschlössen - bedürfte die Rechtsprechung einer gewissen Zeit, um mit einem neuen Phänomen fertigzuwerden.
Aus diesen Gründen sehen wir zur Zeit keinen Anlaß zu gesetzgeberischen Maßnahmen. Wir vertrauen vielmehr darauf, daß im Lauf der Zeit die Überzeugung von dem Nutzen und den Vorteilen, die der Anschluß an ein Breitbandkabelnetz bietet, sich allgemein verbreitet.
Die zweite Zusatzfrage des Abgeordneten Paterna.
Herr Staatssekretär, könnten Sie mir dann wenigstens bezüglich des sozialen Mietwohnungsbestands zustimmen, daß die 2. Berechnungsverordnung keine Grundlage für eine Umlage der Kosten einer hausinternen Verkabelung bei Anschlüssen an solche Breitbandnetze bietet? Und wenn nein: Sind Sie bereit, mir zu erklären, wie man die 2. Berechnungsverordnung, Anlage 3, interpretieren müßte, um eine solche Umlagefähigkeit zu begründen?
Dr. Klein, Parl Staatssekretär: Herr Kollege Paterna, ich kann diese Frage deshalb nicht beantworten, weil auch sie zur Entscheidung der ordentlichen Gerichte steht. Ich würde Ihnen aber durch die Äußerung der persönlichen Auffassung entgegenkommen, daß diese Berechnungsverordnung derzeit möglicherweise keine Rechtsgrundlage für eine entsprechende Anpassung der Miethöhe bietet. Innerhalb der Bundesregierung wird aber erwogen, diese Berechnungsverordnung entsprechend zu ändern.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie auf. Der Herr Parlamentarische Staatssekretär Dr. Probst steht zur Beantwortung zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 20 der Frau Abgeordneten Dr. Hickel auf:
Welche Konsequenzen gedenkt die Bundesregierung aus dem neuerdings erstellten Gutachten über die Struktur der Gesellschaft für Biotechnologische Forschung in Braunschweig-Stöckheim im Hinblick auf die wissenschaftliche Mitbestimmung der Mitarbeiter({0}) im Rahmen des Wissenschaftlich-Technischen Rates zu ziehen?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.
Dr. Probst, Parlamentarischer Staatsekretär beim Bundesminister für Forschung und Technologie:
Frau Präsidentin, wenn Sie es gestatten, möchte ich die Fragen 20 und 21 wegen des engen Sachzusammenhangs gemeinsam beantworten.
Wenn die Fragestellerin einverstanden ist.
({0})
Sie haben dann vier Zusatzfragen.
Ich rufe also auch die Frage 21 der Frau Abgeordneten Dr. Hickel auf:
Welche Haltung gedenkt die Bundesregierung in der Frage der inhaltlich-wissenschaftlichen Mitbestimmung der Mitarbeiter({1}) im Aufsichtsrat der Gesellschaft für Biotechnologische Forschung in Braunschweig-Stöckheim einzunehmen?
Auf Grund einer nur teilweise positiven Beurteilung von Qualität und Leistung der institutionell geförderten biotechnologischen Großforschung durch eine Gutachter-kommission prüft die Bundesregierung zur Zeit, durch welche Maßnahmen Struktur und Arbeitsweise der Gesellschaft für Biotechnologische Forschung mbH ({0}) so verbessert werden können, daß im Ergebnis qualitativ hochstehende und international beachtenswerte Forschungsergebnisse erzielt werden und die GBF endlich den wichtigen Platz in der biotechnologischen Forschungslandschaft der Bundesrepublik einnimmt, der ihr auf Grund ihres apparativen Potentials, z. b. des Biotechnikums, beizumessen ist.
Dieses Ziel kann nur durch ein ganzes Bündel von aufeinander abgestimmten Maßnahmen erreicht werden. Dabei müssen in die Überlegungen Forschungsaspekte ebenso einbezogen werden wie organisatorische und strukturelle Gesichtspunkte.
Soweit es die wissenschaftliche Mitwirkung betrifft, läßt sich das Bundesministerium für Forschung und Technologie von der allgemeinen Überlegung leiten, daß Maßnahmen für eine dringend erforderliche Effizienzsteigerung getroffen werden, ohne dabei die Mitwirkung prinzipiell in Frage zu stellen. Das Verfahren der Mitwirkung muß aber sowohl unter Rückgriff auf Bewährtes als auch durch Beseitigung von Schwachstellen, die insbesondere bei der Zusammenarbeit zwischen den Organen der GBF bisher vorhanden waren, überdacht werden.
Notwendig ist erstens, die wissenschaftliche Fachkompetenz des Aufsichtsrates zu verbreitern, zweitens, die Entscheidungskompetenz der Geschäftsführung zu stärken und sie von ineffektiven Abstimmungszwängen zu entlasten, sowie drittens, dem Erörterungsbedarf der Geschäftsführung auf der einen und der Mitarbeiter auf der anderen Seite in geeigneter Weise Rechnung zu tragen.
Die Meinungsbildung hierüber ist noch in vollem Gange. Die Bundesregierung wird eine abschließende Stellungnahme erst in einigen Wochen abgeben können.
Das Wort für eine Zusatzfrage hat die Frau Abgeordnete Dr. Hickel.
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß noch in diesem Monat das Gutachten, das Ihren Ausführungen zugrunde liegt, Grundlage für einen Beschluß im Aufsichtsrat der GBF sein soll, mit dem die Mitwirkung der Wissenschaftler eindeutig beseitigt wird?
Das kann ich Ihnen nicht bestätigen; ich bin davon nicht informiert.
Sie haben das Wort zu einer weiteren Zusatzfrage.
Sie sprachen von einem Bündel von Maßnahmen, die Sie ergreifen wollen, und von einem breiten Prozeß der Meinungsbildung in Ihrem Ministerium. Würden Sie mir zugeben, daß die Erstellung eines einzigen Gutachtens mit sehr tendenziös ausgewählten Gutachtern dazu nicht genügt?
Ein Gutachten ist selbstverständlich eine wichtige Grundlage. Komplizierte wissenschaftlich-technologische Zusammenhänge kann man j a nicht ohne Sachverstand beurteilen. Ich muß allerdings Ihre Unterstellung zurückweisen, es handele sich hier um eine einseitig ausgesuchte Gutachterkommission. In ihr ist in der Gesamtschau eine sehr bedeutende Fachkompetenz der Bundesrepublik Deutschland vertreten.
Weitere Zusatzfragen? - Sie haben noch zwei, Frau Kollegin.
Bitte, Sie haben das Wort.
Darf ich Ihren Ausführungen entnehmen, daß Sie ein weiteres Gutachtergremium bestellen wollen, das die Befragung in der GBF fortsetzt, und daß insbesondere auch andere Persönlichkeiten befragt werden als die, die bisher befragt worden sind?
Sie dürfen mir eine Menge unterstellen, das aber nicht, Frau Kollegin.
Bitte sehr, Frau Kollegin, Sie haben das Wort zu Ihrer letzten Zusatzfrage.
Ist Ihnen bekannt, daß in der GBF selber bei weiten Teilen der Belegschaft die Ansicht besteht, die Schlußfolgerungen, die bezüglich der Mitsprache von Wissenschaftlern in den Gutachten gezogen werden, seien vollkommen ungerechtfertigt?
Daß ein Gutachten und Aussagen von Betroffenen Bewertungen erfahren, ist ein allgemein üblicher Zustand. Das kann aber nicht daran vorbeiführen, daß eine Regierung - in diesem Falle der Bundesminister für Forschung und Technologie - eine vernünftige Organisation und eine vernünftige Regelung des Bereiches suchen muß.
Es gibt keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 22 des Abgeordneten Klose auf, den ich allerdings nicht im Saale sehe. Deshalb wird diese Frage nicht beantwortet. - Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Spranger zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 41 des Herrn Abgeordneten Berschkeit auf:
Liegen der Bundesregierung aus dem Vorhaben des seit 1979 laufenden Programms zur Förderung von Investitionen auf dem Gebiet der Luftreinhaltung bei Altanlagen bereits Erkenntnisse vor, die den Schluß zulassen, daß auf diese Weise gleichzeitig eine notwendige Verminderung von Schadstoffemissionen, insbesondere an Schwefeldioxid, Stickoxiden und Schwermetallen bewirkt wird?
Herr Kollege Berschkeit, Ihre Frage ist bereits heute, d. h. vor Abschluß des Programms, mit einem klaren Ja zu beantworten.
Eine Bilanz kann noch nicht vorgelegt werden, weil erst ein Teil der Vorhaben vollständig abgeschlossen ist. Da vornehmlich Maßnahmen an den Altanlagen gefördert werden, bei denen der Unterschied zwischen den tatsächlichen Emissionen und den Emissionen, die sich nach dem heutigen Stand der Technik ergeben, besonders groß ist, kann die Verminderung der Emissionen im Einzelfall erheblich sein. Im Fall eines Heizkraftwerkes in Berlin beträgt die Verminderung der S02-Emissionen stündlich fast 1 500 Kilogramm; das sind mehr als 50 %. Bei einer Zellstoffabrik - PWA Waldorf in Mannheim - werden die S02-Emissionen von 100 Kilogramm je Stunde auf etwas mehr als 100 Gramm je Stunde vermindert.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Berschkeit.
Dann darf ich wohl annehmen, Herr Staatssekretär, daß Sie mir die Frage, ob die Bundesregierung dieses Programm weiterführen möchte, nicht werden beantworten können?
Herr Kollege, man wird dieses Programm erst einmal abwickeln und dann entscheiden, ob eine Fortführung dieses Programms - vor allem auch in welcher Form und mit welchen Mitteln - möglich, sinnvoll und notwendig erscheint.
Haben Sie noch eine Zusatzfrage? - Keine weitere Zusatzfrage.
Dann rufe ich die Frage 42 des Herrn Abgeordneten Berschkeit auf:
Wieviel der für das angesprochene Programm insgesamt vorgesehenen Fördermittel in Höhe von 560 Millionen DM konnten bisher mit welchem Gesamtinvestitionsvolumen vergeben werden?
Herr Kollege Berschkeit, bisher wurden Zuwendungsmittel in Höhe von 361 Millionen DM für 159 Projekte vergeben.
Das damit insgesamt ausgelöste Investitionsvolumen beträgt rund 1 Milliarde DM.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Berschkeit.
Auch hier muß ich, Bezug nehmend auf Ihre erste Antwort, wohl feststellen, daß Sie mir nicht sagen können, ob Sie die Mittel aufstocken werden?
Herr Kollege Berschkeit, in der augenblicklichen Situation, in der das Programm noch läuft und das Ergebnis abgewartet werden muß, wird auch eine Überprüfung erforderlich sein, ob der Ertrag den Aufwand rechtfertigt bzw. ob die Zielsetzung es notwendig macht, dieses Programm fortzuschreiben. Es lassen sich daher Entscheidungen in der von Ihnen erbetenen Form natürlich noch nicht treffen.
Zweite Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, können Sie mir wenigstens annähernd sagen, wann Sie in der Lage sein werden, eine entsprechende Auskunft zu erteilen?
Herr Kollege Berschkeit, Sie wissen, daß die Bundesregierung der Luftreinhaltepolitik eine hohe Priorität beimißt. Entsprechend dieser Grundsatzentscheidung werden Entscheidungen auch in diesem Bereich so bald wie möglich fallen.
Keine weitere Zusatzfrage.
Die Frage 43 wird auf Wunsch des Fragestellers, des Abgeordneten Immer ({0}), schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Die Fragen 44 und 45 sind vom Fragesteller, dem Abgeordneten Brück, zurückgezogen worden.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir kommen nunmehr zum Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Dr. Häfele zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 49 des Herrn Abgeordneten Stahl ({1}) auf:
Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung und wie beurteilt sie die Vorgänge über das Ausmaß der Verlagerung von Betrieben oder Betriebsteilen und der damit verbundenen Arbeitsplatzvernichtung in der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit dem Berlin-Förderungsgesetz, die nur aus steuerlichen Gründen vorgenommen werden?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.
Herr Kollege Stahl, ich darf Ihre Frage 49 so beantworten: Der Bundesregierung und
auch dem Senat in Berlin liegen keine greifbaren Erkenntnisse darüber vor, inwieweit Betriebsverlagerungen nach Berlin mit Einsparungen von Arbeitsplätzen an anderen Orten verbunden sind und welche Beweggründe vor allem für derartige Verlagerungen ausschlaggebend sein könnten. Solche Beweggründe dürften sich im allgemeinen auch kaum feststellen lassen, da in die betriebliche Standortwahlentscheidung eine Vielzahl von Gründen eingeht.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.
Herr Staatssekretär, würden Sie mir angesichts der Tatsache, daß hier in diesem Bereich noch keine Erkenntnisse vorliegen, beipflichten, daß es notwendig wäre, hier einmal verstärkt zu recherchieren, weil dies nach den vorhandenen Verlautbarungen, über die auch in der Presse des öfteren berichtet wird, doch ein Punkt ist, der ernst zu nehmen ist?
Zweifellos ist diese Frage ernst zu nehmen. Aber Sie wissen auch, daß es wirklich schwierig ist, bei der Vielzahl der Beweggründe diese auseinanderzudividieren: Ist es nur der steuerliche Anreiz? Welche anderen Motive sind es? Nun muß man sagen - das hängt allerdings schon mit Ihrer zweiten Frage zusammen -, bis zu einem gewissen Grad ist es der Sinn jeder Regionalpolitik, jeder steuerlichen Förderung, auch in der Berlin-Politik, Anreize für neue Arbeitsplätze zu schaffen mit der nicht ausschließbaren Folge, daß irgendwo anders dann vielleicht Arbeitsplätze wegfallen können. Das folgt aus dem Sinn einer solchen Förderung.
Zweite Frage.
Herr Staatssekretär, da kann ich Ihnen nicht beipflichten, daß dies der Sinn der Förderung ist. Unbestritten ist ja wohl, daß Sinn der Berlin-Förderung war, mehr Betriebe nach Berlin zu holen. Aber ist es denn nicht auch notwendig, stärkere Überprüfungen vorzunehmen, da es hier auch um Teilverlagerungen geht, wo Arbeitnehmer im Bundesgebiet in die Arbeitslosigkeit entlassen werden? Das ist doch der entscheidende Punkt, der bedacht werden sollte. Glauben Sie nicht, daß die Berlin-Förderung unter diesem Gesichtspunkt einmal ernsthafter von Ihnen überprüft werden sollte?
Die Berlinförderung wird ständig überprüft. Aber ich wiederhole: Wenn durch Anreize irgendwo zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden und dadurch Verlagerungen eintreten, ist leider eine gewisse Folge, daß dort eben weniger Arbeitsplätze zur Verfügung stehen, als vorher waren, und dafür neue an einem erwünschten Ort entstehen.
Ich rufe die Frage 50 des Abgeordneten Stahl auf:
Ist die Bundesregierung der Meinung, daß das Gesetz einer Ergänzung bedarf, um eine reine Verlagerung von Arbeitsplätzen aus steuerlichen Gesichtspunkten, deren Kosten der Gesamtvolkswirtschaft anheimfallen, auf neue Innovationen von Technologien und Produkten und die damit verbundene Schaffung von neuen Arbeitsplätzen beschränkt werden sollte?
Ich darf Ihre zweite Frage, Herr Stahl, beantworten. Die Bundesregierung teilt die Ansicht, daß der Schaffung höherwertiger Arbeitsplätze, zu denen auch solche im Bereich neuer Technologien gehören, für Berlin besondere Bedeutung zukommt. Diesem Ziel diente auch die Änderung der umsatzsteuerlichen Herstellerpräferenzen durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Berlin-Förderungsgesetzes vom 22. Dezember 1982, das mit den Stimmen aller Fraktionen hier verabschiedet wurde. Diese Umgestaltung wird zu Präferenzeinbußen bei jenen Unternehmen führen, die in Berlin nur wenig Wertschöpfung schaffen. Sie vermindert damit deutlich Anreize für solche Unternehmen, Betriebe nach Berlin zu verlagern, und trägt damit zu einer Steigerung der Wirksamkeit der eingesetzten Mittel bei.
Die Bundesregierung sieht zur Zeit keine Veranlassung, eine erneute Änderung des Berlin-Förderungsgesetzes anzustreben. Sie wird aber auch in Zukunft alle Entwicklungen im Bereich der Berlinförderung sorgfältig beobachten. Soweit ungünstige Entwicklungen von beachtlichem Ausmaß auftreten, wird die Bundesregierung rechtzeitig alle notwendigen Schritte einleiten.
Im übrigen ist es Ziel nicht nur der Berlinförderung, sondern der gesamten regionalen Wirtschaftsförderung im Bundesgebiet, durch die Gewährung von Finanzierungshilfen, sei es durch Steuervergünstigungen, sei es durch Zuschüsse aus Haushaltsmitteln, Standortwahlentscheidungen zugunsten der Fördergebiete zu beeinflussen. Die Förderung von Betriebsverlagerungen ist dabei notgedrungen fester Bestandteil der regionalen Wirtschaftsförderung.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Stahl.
Herr Staatssekretär, es ist richtig, daß dies fester Bestandteil der regionalen Wirtschaftsförderung ist. Aber in diesem Gesetz ist doch auch festgelegt - die Ausnahme ist hier Berlin -, daß bei einer Verlagerung von Betrieben die jeweilige Landesregierung gehört wird. Glauben Sie nicht, daß es zweckmäßig ist, dies auch auf das Berlinförderungsgesetz zu erweitern, um Mißbräuche, die vorkommen können, auszuschalten?
Die Behörden, die das Gesetz anwenden, müssen sich nicht an den klaren Wortlaut des Gesetzes halten. Wenn zusätzliche Arbeitsplätze unter der Bedingung des Berlinförderungsgesetzes in Berlin entstehen, ist es klar, daß die Berliner dafür dankbar sind. Dann muß dem nach dem Gesetz Rechnung getragen werden.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, habe ich Sie jetzt richtig so verstanden, daß Sie sagen, daß sich die Behörden nicht immer an den Wortlaut des Gesetzes bezüglich der Berlinförderung halten müssen? Konkret gefragt: Kann ich davon ausgehen, daß bei Verlagerung von Betrieben, die im Bundesgebiet schon von der regionalen Wirtschaftsförderung Nutzen ziehen oder in diesem Bereich mit beheimatet sind, was den Geltungsbereich des Gesetzes zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur anbetrifft, Sie als Bundesregierung es vertreten oder für notwendig halten, daß bei der jeweiligen Regierung des Landes, in dem ein Betrieb oder Teile davon verlegt werden, rückgefragt wird?
Herr Kollege Stahl, solche Kontakte finden natürlich in der Lebenswirklichkeit ständig statt. Aber selbstverständlich halten sich die Behörden wie auch die Bundesregierung an das Berlinförderungsgesetz.
Keine weitere Zusatzfrage.
({0})
- Augenblick, Sie hatten doch, wenn meine Aufzeichnungen richtig sind, zwei umfängliche Zusatzfragen gestellt. Sie haben keine Zusatzfragen mehr.
({1})
- Habe ich mich verzählt? - Nein. Es tut mir leid, Herr Stahl. Herr Krizsan, haben Sie jetzt eine Zusatzfrage dazu? - Nein. Dann rufe ich die Frage 51 des Herrn Abgeordneten Krizsan auf:
Wann gedenkt die Bundesregierung, durch Gesetz entsprechend Artikel 2 I BewÄndG 1965 den Zeitpunkt einer neuen Hauptfeststellung der Einheitswerte des Grundbesitzes zu bestimmen?
Herr Krizsan, Ihre Frage darf ich so beantworten: An einer Neubewertung des Grundbesitzes wird vom Bundesfinanzministerium seit Jahren in enger Zusammenarbeit mit den Länderfinanzministerien gearbeitet. Der Bundesminister der Finanzen hat die Finanzminister der Länder um Stellungnahme zu diesem schwierigen Fragenbereich gebeten. Für den Bundesfinanzminister ist die Kenntnis der Auffassung der Länder von großer Bedeutung, weil eine Neubewertung vor allem für die Länderfinanzverwaltungen mit erheblichem sachlichen und personellen Aufwand verbunden wäre. Die Bundesregierung wird sich erst im Anschluß an diesen Meinungsaustausch mit den mit einer Neubewertung des Grundbesitzes zusammenhängenden Fragen befassen.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Krizsan.
Herr Staatssekretär, was plant die Bundesregierung, um für den Zeitraum bis zu der von Ihnen angesprochenen neuen Hauptfeststellung die durch unterschiedliche Wertsteigerungen der Grundstücke entstandenen Ungerechtigkeiten zu beheben?
Wir können hier keine Zwischenlösungen treffen, sondern die Frage, wie es mit der Bewertung weitergeht, muß endgültig geklärt werden.
Haben Sie noch eine Zusatzfrage? - Bitte, Herr Krizsan.
Dann wäre die Frage zu stellen: Ist daran gedacht, das Bewertungsverfahren im allgemeinen zu verändern?
Wir haben vor allem das Problem, daß hier eine riesige neue Bürokratie entsteht. Das ist es, was uns Sorge macht. Deswegen bemühen wir uns, dieses schwierige Problem möglichst ohne eine riesige Bürokratie zu bewältigen. Aber das bleibt schwierig.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Lambinus.
Herr Staatssekretär, wie hoch schätzt die Bundesregierung die Diskrepanz zwischen Einheitswert und Verkehrswert im Jahre 1983 im Vergleich zu 1965?
Herr Kollege, ich will nicht formell ausweichen. Aber diese Frage hat mit der ursprünglichen Frage, wann eine Neubewertung kommt, nichts zu tun.
({0})
Wenn die Frage nicht beantwortet werden kann, können wir daran nichts ändern, auch wenn sie in den Bereich hineingehören sollte.
Dann rufe ich die Frage 52 des Herrn Abgeordneten Dr. Kübler auf:
Wie bewertet die Bundesregierung die Ergebnisse der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds ({0}) in Washington, und in welchen Punkten stimmen die Haltung der Bundesrepublik Deutschland und der USA nicht überein?
Herr Kollege Dr. Kübler, auf Ihre erste Frage darf ich Ihnen folgende Antwort geben: Erstens. Das Ergebnis der Jahresversammlung ist insgesamt zufriedenstellend. Trotz unterschiedlicher Interessen der Ländergruppen in einzelnen Fragen bestand volle, auch von der Bundesregierung geteilte Übereinstimmung in folgenden Punkten: Die angelaufene weltwirtschaftliche Erholung muß durch zurückhaltende Geldversorgung, Sanierung der öffentlichen Haushalte und Abwehr protektionistischer Bestrebungen in ein dauerhaftes, nichtinflationäres Wachstum übergeleitet werden.
Die internationalen Schuldenprobleme können nur durch ein weiterhin enges Zusammenarbeiten von Gläubiger- und Schuldnerländern, Banken und internationalen Organisationen überwunden werden. Offene Märkte und neues Wachstum der Weltwirtschaft müssen die notwendigen Eigenanstrengungen der Schuldnerländer unterstützen.
Eine bedeutsame Aufgabe bei der Lösung der internationalen Schuldenprobleme hat weiterhin der Internationale Währungsfonds ({0}): auf Grund seiner Kredite an Länder in Zahlungsschwierigkeiten, vor allem aber auf Grund der wirtschatlichen Stabilisierungsprogramme, von denen er seine Kredite abhängig macht.
Zweitens. In allen Themen der Jahresversammlung - der Beurteilung der weltwirtschaftlichen Lage, der wirtschaftspolitischen Strategie und der Rolle des Internationalen Währungsfonds - stimmen die Bundesregierung und die Regierung der Vereinigten Staaten überein. Die Bundesregierung begrüßt insbesondere den Nachdruck, mit dem sich Präsident Reagan für die Zustimmung des amerikanischen Kongresses zur Quotenerhöhung eingesetzt hat.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Kübler.
Herr Staatssekretär Dr. Häfele, treffen Meldungen zu, daß offensichtlich nicht in ausreichender Weise ordentlich verhandelt worden sei, weil jetzt schon der Text interpretierungsbedürftig sei und die ausgearbeiteten Texte eine ganze Reihe von Fragen zu sehr offen ließen?
Herr Kollege Dr. Kübler, diese Meldungen treffen nicht zu. Ich selbst konnte bei der Konferenz dabei sein. Sie glauben nicht, wie intensiv die Bemühungen unseres Bundesfinanzministers Dr. Stoltenberg waren, hier zu einer vernünftigen konstruktiven Lösung zu kommen. Man kann sogar soweit gehen zu sagen: Bei einer entscheidenden Sitzung in einer Nacht wäre vielleicht ohne unser Mitwirken die Konferenz gar nicht erfolgreich gewesen. Ich will das nicht behaupten, aber Außenstehende hatten diesen Eindruck.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär Dr. Häfele, trifft es zu, daß alles, was vereinbart worden ist, unter dem Vorbehalt der achten Quotenaufstokkung steht, und was ist für den Fall vorgesorgt worden, daß diese Quotenaufstockung nicht erfolgt?
Sie haben völlig recht. Es ist jetzt das Allerwichtigste, daß die Beschlüsse im amerikanischen Parlament zustande kommen. Ohne diese Quotenerhöhung sieht es nicht gut aus. Die Konferenz hat sich so verständigt, daß wir für diesen Fall am besten jetzt noch keine öffentlichen Erklärungen abgeben. Sonst würden wir nur Düsternis verbreiten. Wir hoffen, daß die Lösung jetzt bald kommt.
Herr Abgeordneter Schlatter, eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, würden Sie im Hinblick auf die Ausführungen, die Sie gerade gemacht haben, daß es vor allen Dingen dem Bundesfinanzminister zu verdanken sei, daß Regelungen zustande gekommen sind, Ihre Äußerungen in
einer der letzten Fragestunden aufrechterhalten, daß die Konditionierungsproblematik im wesentlichen Sache des IWF und der Weltbank selbst seien und ein Einfluß auf die Konditionen von hier aus durch die Bundesregierung nicht ausgeübt werden könne?
Hier besteht ein Mißverständnis. Wir müssen unterscheiden zwischen den Krediten, die der Internationale Währungsfonds mit den Auflagen im Einzelfall gibt - das entscheiden die Direktoren - und der Frage der Quotenerhöhung und des erweiterten Zugangs, damit es überhaupt weitergeht. Dazu gehört ebenso die Frage, die Amerikaner zu veranlassen, daß sie endlich verabschieden. Da kann ich Ihnen versichern, daß hier das Mitwirken unseres Bundesfinanzministers Dr. Stoltenberg sehr, sehr maßgeblich war.
Ich rufe die Frage 53 des Herrn Abgeordneten Dr. Kübler auf:
Sieht die Bundesregierung nicht schädliche Widersprüche zwischen den Bemühungen der Weltbank, der für die Finanzierung von Entwicklungsprojekten zuständigen Schwesterorganisation des IWF und den neuen restriktiven Maßnahmen des IWF, insbesondere werden die geforderten Restriktionen des IWF nicht die Entwicklung der Länder um Jahre zurückwerfen, als daß sie zu einer Gesundung der Volkswirtschaften führen?
Herr Dr. Kübler, Ihre zweite Frage darf ich so beantworten: Die auf der Jahresversammlung im Interimsausschuß des Internationalen Währungsfonds getroffenen Vereinbarungen über die künftige Ausleihepolitik des Internationalen Währungsfonds sind nicht restriktiv. Sie sollen den Internationalen Währungsfonds im Gegenteil in die Lage versetzen, weiterhin mit erheblichen Krediten seinen Mitgliedsländern zu helfen, ihre wirtschaftlichen Ungleichgewichte geordnet zu überwinden und die Grundlage für dauerhaften Wachstums- und Entwicklungsfortschritt zu sichern.
Es wurde deshalb vereinbart, die Politik des „Erweiterten Zugangs" zu den Krediten des Fonds zunächst für 1984 fortzusetzen.
Der Erweiterte Zugang ist 1981 als Antwort auf die nach dem zweiten Ölschock zunächst wiederaufgerissenen weltweiten Leistungsbilanzungleichgewichte eingeführt worden. Er war von vornherein bis zum Inkrafttreten der für Ende dieses Jahres vorgesehenen Erhöhung der Mitgliederquoten des IWF befristet.
Vor diesem Hintergrund bedeuten die Vereinbarungen im Interimsausschuß keine Einschränkung, sondern eher eine Ausweitung der Kreditvergabe, die der schwierigen Lage auf den internationalen Finanzmärkten Rechnung trägt. Bei dementsprechend hohem äußeren Finanzierungsbedarf und energischen Anpassungsanstrengungen können die Mitgliedsländer auch im nächsten Jahr absolut wenigstens soviel wie bisher an Krediten erhalten. Im übrigen ist der IWF verpflichtet, bei den wirtschaftspolitischen Bedingungen, die er an seine Kredite knüpft, die besonderen Verhältnisse jedes
Kreditnehmerlandes gebührend zu berücksichtigen.
Auch für den IWF gilt jedoch, daß er bei seinen Ausleihungen im Rahmen seiner Mittel bleiben und sein eigenes finanzielles Gleichgewicht erhalten muß.
Die Finanzierbarkeit des Erweiterten Zugangs hängt jetzt entscheidend davon ab, daß die im Frühjahr beschlossene Erhöhung der Eigenmittel des IWF, d. h. der Mitgliederquoten, und seiner Fremdmittel termingerecht noch in diesem Jahr in Kraft tritt. Die Bundesrepublik ist bereit, der Erhöhung ihrer finanziellen Beiträge zum IWF jederzeit zuzustimmen.
Es ist jedoch wichtig, daß auch andere große Mitgliedsländer, vor allem die USA, jetzt bald zustimmen.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kübler.
Herr Staatssekretär Dr. Häfele, wenn Sie sagen, daß dieses Jahr keine Restriktionen erfolgt seien, kann man davon ausgehen, daß dies nicht eine einmalige Sache ist, sondern daß man damit rechnen kann, daß eine Restriktionspolitik in der Tendenz nicht erfolgen wird?
Zunächst hat man sich mühsam genug auf ein weiteres Jahr verständigt. Die Frage, wie es nach einem Jahr weitergeht, wird Inhalt der nächsten Konferenz sein.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär Dr. Häfele, wird bei der Vergabe zwischen politisch genehmen und politisch nicht genehmen Ländern unterschieden?
Überhaupt nicht. Es ist ja gerade der Sinn des Internationalen Währungsfonds, nicht etwa nach Belieben, nach politischem Urteil oder gar nach Ideologie zu entscheiden. Er funktioniert ja Gott sei Dank auch, weil nicht ideologisch entschieden wird, sondern um die Zahlungsbilanzungleichgewichte, die den ganzen Welthandel schädigen, im Interesse des gesamten Welthandels und damit natürlich auch in unserem Interesse als einem Exportland zu überwinden.
Es gibt keine weiteren Zusatzfragen. Die Fragen 54 und 55 des Herrn Abgeordneten Dr. Bugl werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Grüner zur Verfügung.
Die Fragen 56 und 57 des Herrn Abgeordneten Schulze ({0}) werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich komme zur Frage 58 des Herrn Abgeordneten Dr. Hirsch. - Der Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage wird nicht beantwortet.
Ich komme zu den Fragen 59 und 60 des Herrn Abgeordneten Reimann. - Der Abgeordnete ist ebenfalls nicht im Saal. Auch diese Fragen werden nicht beantwortet.
Ich rufe die Frage 61 der Abgeordneten Frau Simonis auf:
Treffen Berichte zu ({1}), daß von den 7 000 Anträgen, die 1982 auf Zuteilung von „Zuschüssen zu Personalaufwendungen im Forschungs- und Entwicklungsbereich kleiner und mittlerer Unternehmen" gestellt wurden, ca. 1 000 auf Grund von Aktivitäten von Unternehmensberatern gestellt wurden, wobei allein die Firma Filix 400 Aufträge initiierte, und kann die Bundesregierung bejahendenfalls bestätigen, daß diese Berater 35 v. H. Berater- ({2})Honorar der Zuweisung im ersten Jahr, 12 v. H. in den folgenden Jahren auch dann kassieren, wenn die Unternehmer die Anträge selber formulieren und ausarbeiten, bzw. ein Ausfallhonorar bekommen, wenn keine Anträge gestellt werden?
Frau Kollegin, die Darstellung des Sachverhalts im Septemberheft 1983 des „MANAGER-Magazins" trifft in wesentlichen Teilen zu, nicht jedoch die dort vorgenommene Beurteilung. Nach Schätzungen der Arbeitsgemeinschaft Industrieller Forschungsvereinigungen haben 1982 rund 1 000 Unternehmen für die Antragstellung beim Personalkostenzuschußprogramm für Forschungs-und Entwicklungsarbeiten Beraterhilfe in Anspruch genommen. Die große Mehrheit der rund 7 000 Antragsteller ist jedoch ohne Beraterhilfe ausgekommen.
Die überwiegende Zahl der geförderten Unternehmen haben auch bei einer Umfrage erklärt, daß die Antragstellung keine besonderen Schwierigkeiten bereitet und keinen unvertretbaren Aufwand mit sich bringt.
Die Tätigkeit von Innovations- und Förderberatern wird von der Bundesregierung grundsätzlich begrüßt, weil sie die Antragsunterlagen verbessert und darüber hinaus dazu beiträgt, Informationen über das Forschungs- und Entwicklungsgeschehen zu verbreiten und dabei Kenntnisse zu vermitteln, die innovativ tätigen Unternehmen nützlich sein können.
Nach den Feststellungen der Arbeitsgemeinschaft Industrieller Forschungsvereinigungen überschreiten die Honorarvereinbarungen der meisten Beratungsfirmen im Durchschnitt 5 % der Fördersumme nicht. Der Bundesregierung ist kein Beratungsunternehmen bekannt, das sich eine ähnlich hohe Erfolgsbeteiligung zusichern läßt wie die Firma Filix. Filix verlangt im ersten Antragsjahr 30 v. H., im zweiten Jahr 15 v. H. der Fördersumme.
Die Inanspruchnahme von Beratern und die Vereinbarungen über deren Honorierung sind grundsätzlich Sache der Unternehmen. Das Bundeswirtschaftsministerium hat die Firma Filix mit Schreiben vom 19. Juli 1983 gebeten, nicht weiter Unrichtigkeiten über das Personalkostenzuschußprogramm zu verbreiten. Der Leser des Informationsblatts der Firma Filix mußte z. B. den Eindruck ge1800
winnen, als würden die Mittel nach einem „Windhundverfahren" zugeteilt. Vorher schon hatte die AIF zur Frage der Notwendigkeit von Beratung bei der Antragstellung und zur Angemessenheit der Beraterhonorare in einem kritischen Artikel Stellung genommen, in dem unter der Überschrift „Ist teurer Rat gut?" folgendes wörtlich gesagt wird:
Daß im übrigen der Zweck der Förderung verfehlt ist, wenn 30 % der Summe, mit der die Erneuerungskräfte eines Unternehmens gestärkt werden sollen, von demjenigen vereinnahmt werden, der oft genug nur den Antrag ins Reine schreibt, liegt auf der Hand. Fast in allen anderen Berufsständen ist zu beobachten, daß die Besten eines Fachbereichs leistungsgerechte und nicht überzogenen Entgelte verlangen. Auch guter Rat muß nicht zu teuer sein.
Dieser Auffassung stimmt die Bundesregierung zu.
Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Simonis.
Herr Staatssekretär, es klang ja sehr schön, was Sie soeben gesagt haben. Meiner Frage können Sie auch nicht entnehmen, daß ich etwas gegen die dort eingeschalteten Berater hätte; meine Frage bezog sich zunächst einmal auf die genannte Firma. Meine Frage ist: Sollte ein Antrag, der von dieser Firma gestellt wird, nicht von vornherein aus der Bezuschussung herausgenommen werden, und sollte man das betroffene Unternehmen nicht bitten, sich einen anderen Berater zu nehmen?
Daran schließt sich meine zweite Frage an: Entsteht nicht durch die prozentuale Beteiligung am „Erfolg" die Gefahr, daß Mitnahmeeffekte eintreten, derart, daß sich das eigene Honorar rechnet?
Frau Kollegin, die öffentliche Erörterung dieses Vorgangs im „MANAGER-Magazin" und heute hier in der Fragestunde des Deutschen Bundestages ist sicher eine ausreichende Qualifizierung des Vorgehens dieser Firma. Weitere rechtlich denkbare Schritte kommen nach Meinung der Bundesregierung aus Rechtsgründen nicht in Frage. Ich gehe jedoch davon aus, daß die Qualifizierung des Vorgehens dieser Firma in der Öffentlichkeit ihre Wirkung nicht verfehlen wird.
Frau Simonis, Sie haben mich freundlicherweise darauf aufmerksam gemacht, daß Sie bereits zwei Fragen gestellt haben. Vielen Dank.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Stahl, bitte.
Herr Staatssekretär, kann man denn nicht irgendwie ausschalten, daß derartig hohe Honorarforderungen überhaupt gestellt werden, denn meines Wissens gibt es eine Regelung, nach der derartige Wirtschaftsprüfer und -berater nicht mit solch hohen Prozentsätzen rechnen dürfen, z. B. für die Beratung oder für die Antragstellung?
Herr Kollege, es besteht kein schutzwürdiges Interesse. Hier handelt es sich um Unternehmer, die selbständig zu entscheiden wissen und im allgemeinen auch nicht so unerfahren sind, daß sie überzogene Honorare bezahlen. Von daher meine ich, es besteht kein Anlaß, hier weitergehende Schritte zu erwägen; denn in Wahrheit ist ja ein überzogenes Beraterhonorar ein unmittelbarer Griff in die Tasche des Unternehmers selbst. Ich habe nicht den Eindruck, daß unsere Unternehmer hier schutzbedürftig wären.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Laermann.
Herr Staatssekretär, könnte man aus der bedauerlicherweise eingetretenen Entwicklung, Anträge auf Forschungsförderung nicht nur bei der Personalkostenzulage, sondern ganz allgemein gegen Erfolgshonorar zu bearbeiten, nicht die Schlußfolgerung ziehen, daß es notwendig ist, den bürokratischen Aufwand für das Antrags-, Vergabe- und Abrechnungsverfahren so zu reduzieren, daß jeder Unternehmer es ohne zusätzliche Beratung durchführen kann?
Das ist sicher richtig, Herr Kollege, aber gerade in unserem Personalkostenzuschußprogramm haben wir nun wirklich übereinstimmend von den Unternehmen gehört - ich selber habe dieses Lob in zahlreichen Veranstaltungen unaufgefordert ausgesprochen bekommen -, daß wir hier ein Verfahren gewählt haben, das unbürokratisch ist, das aber einen gewissen Aufwand verursacht, jedoch normalerweise von einem Unternehmen auch ohne Hilfe durchgezogen werden kann.
Ich meine, daß solche Vorgänge, wie sie hier geschildert werden, generell die Gefahr in sich tragen, die Notwendigkeit der Tätigkeit der Berater in Frage zu stellen. Ich betone noch einmal, daß ich angesichts der Kompliziertheit unseres Wirtschafts-, Gesellschafts- und auch Fördersystems den Berater generell für notwendig halte. Einzelfälle dieser Art legen kein generalisierendes Urteil negativer Art nahe, auch nicht, was die Notwendigkeit der Inanspruchnahme von Beratern betrifft.
Eine weitere Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Blunck.
Herr Staatssekretär, ist sichergestellt, daß die Firma Filix die einzige Firma ist, die in dieser Form Gelder kassiert, für die sie keinerlei Arbeit leistet?
Das kann ich natürlich nicht garantieren, aber ich glaube, daß durch die breite öffentliche Diskussion dieser Frage der Aufmerksamkeitsgrad bei den Unternehmen und bei allen, die damit zu tun haben, außerordentlich gewachsen ist. Wir sind von daher zuversichtlich, daß sich der Wettbewerb der Berater in dieser Frage untereinander zusätzlich verschärfen wird.
Ich rufe Frage 62 des Herrn Abgeordneten Schlatter auf:
Vizepräsident Frau Renger
Kann die Bundesregierung Angaben darüber machen, wie sich die zunehmende Verarbeitung von Rohöl durch die erdölfördernden Länder auf Kapazitäten und Arbeitsplätze der in der Rheinschiene ansässigen chemischen Industrie auswirken werden?
Der Bundesregierung ist bekannt, daß sich die erdölfördernden Länder insbesondere im arabischen Raum darum bemühen, nicht nur Rohöl zu liefern, sondern auch Verarbeitungskapazitäten in den ersten Stufen der chemischen Produktion zu errichten. Darüber, in welchem Umfang die erzeugten chemischen Grundprodukte für den heimischen Verbrauch oder den Export in andere Länder und dabei speziell in die Bundesrepublik bestimmt sind, liegen keine verläßlichen Angaben vor. Die künftige Entwicklung läßt sich daher für die Bundesregierung nur schwer beurteilen. Bislang haben sich aber keine gravierenden Auswirkungen auf die deutsche chemische Industrie ergeben. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit dieser Industrie spiegelt sich darin wieder, daß sie in den letzten Jahren weltweit einen Ausfuhrüberschuß von jährlich mehr als 20 Milliarden DM erzielen konnte.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schlatter.
Wenn Sie feststellen, daß es bisher keine gravierenden Auswirkungen gegeben habe: Wie erklären Sie sich, daß in den Raffinerien - also der ersten Verarbeitungsstufe - die Auslastung in der Zeit von 1980 bis zum ersten Halbjahr 1983 von 64 auf 59 % gesunken ist?
Die Entwicklung der Raffineriekapazität und ihrer Auslastung hängt in erster Linie mit dem Rückläufigen Verbrauch zusammen, der auch eine Konsequenz der enorm gestiegenen Preise und natürlich auch gestiegener Importe, bedingt durch nicht ausgelastete Raffineriekapazitäten, ist, die die Herstellung von Produkten nicht in jeder Raffinerie im Inland noch kostengünstig möglich macht.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schlatter.
Würden Sie denn die Prognose teilen, die vor wenigen Tagen veröffentlicht worden ist, daß bei der Auslastung der verbliebenen Kapazitäten trotz rapidem Abbau keine verstärkte Zunahme zu erwarten ist?
Es ist sehr schwer, eine Prognose zu stellen, weil sie ganz entscheidend von der Preisentwicklung abhängt. Für eine Prognose der Entwicklung auf diesem Sektor wird maßgeblich sein, welche Annahme Sie für die Preisentwicklung treffen. Ich möchte mich deshalb nicht auf eine Prognose einlassen.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe Frage 63 des Herrn Abgeordneten Schlatter auf:
Welche Maßnahmen zur Sicherung von Arbeitsplätzen bei der betroffenen heimischen Industrie plant die Bundesregierung bzw. werden von ihr empfohlen?
Die Bundesregierung ist allgemein darum bemüht, die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft zu verbessern. Spezielle Maßnahmen zugunsten der heimischen chemischen Industrie plant sie nicht. Die Lage dieser Industrie, die gerade in jüngster Zeit einen spürbaren Aufwärtstrend zu verzeichnen hat, macht solche Maßnahmen auch nicht erforderlich. Die Bundesregierung geht davon aus, daß sich die deutsche chemische Industrie ständig darum bemüht, ihre Wettbewerbsfähigkeit durch verstärkte Herstellung sogenannter „intelligenter", forschungsintensiver, hochveredelter Produkte weiter zu verbessern. Der hohe Forschungsaufwand der chemischen Industrie und der ausgezeichnete Ausbildungsstand ihrer Mitarbeiter bieten hierfür sicher günstige Voraussetzungen.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schlatter.
Lassen Sie mich, da Sie die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der in der Frage angesprochenen Industrie hervorheben, einmal gezielt zu dem Problem eines Unternehmens fragen, nämlich der Hoechster Tochter Union Kraftstoff: Was für eine Prognose würden Sie in dem Zusammenhang wagen? Ist dieses Unternehmen so leistungsfähig, daß dort ein Abbau von Arbeitsplätzen nicht droht?
Herr Kollege, ich will keine Prognose zu der Entwicklung irgendeines Unternehmens abgeben. Dazu fehlen mir wirklich die Detailkenntnisse. Hätte ich sie, würde ich mich wahrscheinlich um einen Vorstandsposten in diesem Unternehmen bewerben.
Noch eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schlatter.
Im Zusammenhang mit dem Unternehmen, das ich gerade genannt habe, gibt es eine Diskussion über Pläne eines verstärkten Kapitalengagements kuwaitischer Anleger. Würden Sie das als eine geeignete Maßnahme betrachten, Arbeitsplätze zu sichern?
Herr Kollege, ich bitte um Verständnis, daß ich hier nicht Unternehmensstrategien bewerten kann.
Dann nehmen Sie die Frage bitte generell: Würden Sie es als eine zur Sicherung von Arbeitsplätzen in diesem Industriezweig geeignete Maßnahme bewerten, wenn es aus dem arabischen Raum verstärkt Kapitalanleger gäbe, die sich dort engagieren?
Generell ist jede Verstärkung der Kapitalbasis und damit des Ausbaus der Eigenkapitalbasis eines Unternehmens ohne jeden Zweifel eine Verstärkung der Wettbewerbsfähigkeit und eine zusätzliche Sicherung ge1802
gen die Risiken, die der Wettbewerb mit sich bringt.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Lennartz.
Herr Staatssekretär, liegen Ihnen Zahlen darüber vor, inwieweit in den Jahren von 1980 an Arbeitsplätze im Bereich der chemischen Industrie verlorengegangen sind?
Nein, Herr Kollege, ich habe diese Zahlen nicht zur Hand. Ich werde sie Ihnen gern zuschicken, falls wir sie im Ministerium haben. Ich kann Ihre Frage nicht aus dem Gedächtnis beantworten.
Ich rufe jetzt die Frage 64 des Herrn Abgeordneten Lennartz auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die erdölexportierenden Länder - vor allem des arabischen Raums - mehr und mehr die erste Erdölverarbeitungsstufe selbst übernehmen und dafür unter anderem industrielle Anlagen aus der Bundesrepublik Deutschland nutzen?
Ich würde diese Frage gern gemeinsam mit der Frage 65 beantworten, wenn ich darf.
Ich rufe dann auch die Frage 65 des Herrn Abgeordneten Lennartz auf:
Kann die Bundesregierung einschätzen, in welchem Zeitraum auch die weiteren Verarbeitungsstufen für Erdöl von den erdölfördernden Ländern übernommen werden, und welche Auswirkungen diese Entwicklung auf Kapazitäten der heimischen erdölverarbeitenden Industrie in den nächsten Jahren haben wird?
Es ist der Bundesregierung bekannt, daß vor allem einige Förderländer des arabischen Raumes in den letzten Jahren ihre Rohölverarbeitungskapazitäten beträchtlich ausgebaut haben. Bei den neueren Raffinerien handelt es sich teilweise um hochmoderne Anlagen mit einem hohen Anteil an Nachverarbeitungskapazitäten, die eine flexible Anpassung an die Markterfordernisse ermöglichen. Diese Entwicklung ist noch nicht zum Abschluß gekommen.
Besonders hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang die Länder Saudi-Arabien, Kuwait, Libyen und Algerien, deren Raffinerieausbaupläne nicht nur die Deckung des eigenen Bedarfs, sondern darüber hinaus beträchtliche Exporte von Fertigerzeugnissen vorsehen. Nach neuesten Studien könnten etwa ab 1985 rund 60 bis 70 Millionen Tonnen jährlich aus den genannten arabischen Ländern für den Export zur Verfügung stehen. Ein Teil dieser Exporte dürfte in Ländern der Dritten Welt abgesetzt werden, für die ein steigender Mineralölbedarf prognostiziert wird. Der größte Anteil wird jedoch auf die japanischen, US-amerikanischen und europäischen Märkte drängen.
Die vorliegenden Prognosen über den Ausbau der Raffineriekapazitäten in den erdölfördernden Ländern sind mit erheblichen Unsicherheiten behaftet, die sich vor allem aus der zur Zeit angespannten
Finanzsituation der meisten dieser Länder und der nachlassenden Nachfrage nach Mineralölprodukten bei hohen Raffinerieüberkapazitäten in den wesentlichen Verbraucherländern ergeben.
Welche Auswirkungen der vermutliche Anstieg der Produktenexporte aus diesen Ländern auf den Markt der Bundesrepublik Deutschland haben wird, ist schwer abzuschätzen. Dies wird insbesondere von der weiteren Entwicklung des Mineralölverbrauchs, dem derzeitigen Anpassungsprozeß im Raffineriebereich, aber auch davon abhängen, ob Produktenexporte dieser Länder nicht zu Lasten anderer Lieferländer gehen.
Der weitere Ausbau der Raffineriekapazitäten in den Förderländern wird jedoch in die Überlegungen zur Anpassung der heimischen Raffineriekapazitäten mit einzubeziehen sein. Am Ausbau der Raffineriekapazität im arabischen Raum sind deutsche Anlagenbauer nur in geringem Umfang beteiligt. Die Raffinerieanlagen sind unseres Wissens vor allem von US-amerikanischen und japanischen Ingenieurfirmen erstellt worden.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Lennartz.
Herr Staatssekretär, Sie erwähnten eben, daß zirka 60 Millionen Tonnen verarbeitet werden. Ist Ihnen bekannt, ob die Erzeugnisse aus dem arabischen Raum und aus der Bundesrepublik Deutschland eventuell deckungsgleich sind? Inwieweit sehen Sie auf Grund der kurzen Entfernung von Förderungsstätte und Produktionsstätte eine Benachteiligung im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft?
Herr Kollege, ich habe bei der Nennung der Zahl von 60 bis 70 Millionen Tonnen von Möglichkeiten ab 1985 gesprochen, die neuesten Studien zugrunde gelegt werden, und gleichzeitig auf die Unsicherheiten hingewiesen. Im übrigen habe ich deutlich gemacht, daß die Auswirkungen solcher Exporte und ihre Bewertung auf dem deutschen Markt mit sehr vielen Unsicherheiten verknüpft sind, die eine zuverlässige Bewertung zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich machen.
Weitere Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, dann will ich von unseren Exporten sprechen. Inwieweit wird denn unsere chemische Industrie durch die Erzeugung im arabischen Raum und den dortigen Export in andere Länder benachteiligt?
Unsere chemische Industrie und unsere gesamte Industrie wird durch den Aufbau eigener Exportindustrien in allen Ländern der Welt, insbesondere in den Entwicklungsländern, zu einem ständigen Anpassungsprozeß gezwungen. Allerdings besagen die bisherigen Erfahrungen auch, daß unsere Exporte um so größer sind, je industriell entwickelter diese Länder sind, so daß ich generell keine Benachteiligung unserer Industrie erwarte, allerdings einen ganz erheblichen AnParl. Staatssekretär Grüner
passungsdruck, den wir ja in allen Bereichen auszuhalten haben.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie bitten, mir den Begriff Anpassungsdruck insoweit zu erläutern, daß Sie mir sagen, ob Sie darunter auch das Vernichten von Arbeitsplätzen verstehen?
Herr Kollege, ich meine damit, daß wir aus vielen Ländern Produkte nach Deutschland importieren, die - die Bedürfnisse des Verbrauchers durchaus erfüllend - sehr viel billiger sind als diejenigen, die hier produziert werden könnten. Das bedeutet, wie wir seit Jahrzehnten beobachten können, daß Produkte, die in der Vergangenheit bei uns hergestellt worden sind, hier nicht mehr hergestellt werden können. Das meine ich mit „Anpassungsdruck". Das bedeutet für eine hochtechnologisch ausgerichtete, mit hohen Löhnen arbeitende Industrie den Zwang, Produkte zu produzieren, die auf dem Weltmarkt Bestand haben.
Noch eine Zusatzfrage? - Bitte, Herr Kollege.
Die vierte Zusatzfrage: Herr Staatssekretär, ich gehe davon aus, daß Sie darüber informiert sind, daß das Scheichtum Kuwait an der Hoechst AG, Standort Frankfurt, beteiligt ist, daß diese Hoechst AG gleichzeitig mit einem Anteil von 25 % an der Union Kraftstoff in Wesseling beteiligt ist, daß die restlichen 75 % von dem Unternehmen Rheinbraun gehalten werden, daß dieses Unternehmen Rheinbraun -
Eine Frage!
Ich frage: Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt ... Insoweit, Frau Präsidentin, habe ich eine Frage gestellt.
Herzlichsten Dank für die Korrektur!
Ist Ihnen bekannt, daß von seiten des Bundesforschungsministeriums erhebliche Beträge - weit über 100 Millionen DM - der Firma Rheinbraun zur Verfügung gestellt worden sind, damit im Bereich der Hydrierung von Braunkohle Ergebnisse erzielt werden, und daß das Erzeugnis dann wiederum der Union Kraftstoff zur Verfügung gestellt wird, damit daraus Methanol hergestellt wird, und ist Ihnen bekannt, daß im Monat Dezember -
Bei aller Freundschaft: Jetzt müssen Sie mit der kurzen Zusatzfrage zum Schluß kommen.
Herr Staatssekretär, können Sie davon ausgehen, daß die Beteiligung der Kuwaitis nicht zu einem negativen Ergebnis für das Beibehalten des Standortes Wesseling zur Erzeugung von Methanol führen wird?
Herr Kollege, Sie haben sehr viele Detailfragen gestellt, und ich möchte hier keine Bewertung vornehmen, weil mir z. B. die Kapitalbeteiligungsverhältnisse, die geschildert worden sind, nicht präsent sind; deshalb kann ich das nicht bestätigen. Ich bin jedenfalls sicher, daß kein deutsches Unternehmen eine Kapitalbeteiligung aufnimmt, wenn es sich davon nicht Vorteile gerade auch für den deutschen Standort verspricht.
Eine Zusatzfrage? - Herr Professor, Sie haben das Wort.
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß nach den bisherigen Erkenntnissen in Kuwait keine Braunkohlenvorräte vorkommen und daß die Hydrierung der Braunkohle zur Methanolerzeugung zweckmäßigerweise dort geschieht, wo sich die Braunkohlelagerstätten befinden?
({0})
Ich glaube, es erübrigt sich eine Bestätigung, Herr Kollege.
Vielen Dank!
Ich rufe Frage 66 des Herrn Abgeordneten Dr. Göhner auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die wachsenden Dumping-Importe bei Möbeln aus der DDR und anderen Ostblockländern im Zusammenhang mit dem gesamten Osthandel, und welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung gegen derartige Dumping-Praktiken zu unternehmen?
Abgesehen von den Bezügen aus der DDR und geringen Importen aus Rumänien spielen Möbel aus dem Ostblock auf dem westdeutschen Markt kaum eine Rolle. Was die DDR betrifft, so sind in der Vergangenheit insbesondere bei Polstermöbeln wachsende Bezüge zu Niedrigpreisen beobachtet worden. Das Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft hat bereits im vergangenen Jahr ein Preispüfungsverfahren durchgeführt, das zu dem Ergebnis kam, daß den hiesigen Polstermöbelherstellern durch die Niedrigpreise der DDR ein erheblicher Schaden droht. Auf die daraufhin getroffenen handelspolitischen Gegenmaßnahmen möchte ich gern bei der Beantwortung der nächsten Frage eingehen.
Bei Möbelimporten aus den übrigen Ostblockstaaten sind der Bundesregierung keine Dumpingpreise bekannt; auch wurden bisher seitens der Wirtschaft keine Anträge auf Einleitung von Preis-prüfungs- bzw. Antidumpingverfahren gestellt.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Göhner.
Herr Staatssekretär, da Sie davon ausgehen, daß die Einfuhren von Möbeln aus der DDR auf dem hiesigen Markt nur eine geringe Rolle spielen, darf ich Sie fragen, ob Ihnen bekannt ist, daß bei bestimmten Möbelarten, insbesondere bei einfachen Möbeln wie beispielsweise
Kleinmöbeln, Schreibtischen und auch bestimmten Arten von Polstermöbeln, im letzten halben Jahr die Einfuhren im Vergleich zu den Importen des Vorjahres um über ein Drittel gestiegen sind.
Herr Kollege, das ist ein Mißverständnis. Ich habe in der Antwort auf die erste Frage nur die Importe aus Ostblockländern behandelt. Speziell die Importe aus der DDR sollten wir in Verbindung mit der zweiten Frage besprechen.
Mir scheint, es ist am besten, die beiden Fragen zusammenzufassen. Wenn dann die entsprechenden Zusatzfragen gestellt werden, kommen wir, wie ich glaube, zurecht.
Ja, das wäre sinnvoll.
Dann rufe ich zusätzlich Frage 67 des Abgeordneten Dr. Göhner auf:
Welche Resultate haben die Anti-Dumping- oder Preisprüfungsverfahren des Bundesamtes für gewerbliche Wirtschaft beim Import von DDR-Möbeln bisher erbracht, und welche Wirkung zeigt die Einzelgenehmigungspflicht beim Import von Polstermöbeln?
Auf Grund des Ergebnisses des vom Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft durchgeführten Preisprüfungsverfahrens wurden zum Schutz der bundesdeutschen Polstermöbelindustrie folgende Maßnahmen ergriffen: Erstens. Die Bezüge von Polstermöbeln wurden aus der allgemeinen Genehmigung herausgenommen und in Einzelgenehmigungspflicht und damit zugleich in ein besonderes Überwachungsverfahren übergeführt. - Ich spreche jetzt nur von der DDR.
Zweitens. Das Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft wurde angewiesen, Bezugsanträge abzulehnen, wenn die DDR-Preise die hiesigen Herstellerpreise erheblich unterschreiten.
Drittens. In Abstimmung mit der Möbelindustrie, dem Möbelhandel und der DDR werden die Bezüge des laufenden Jahres auf einen Wert begrenzt, der nur geringfügig über dem Wert des Jahres 1982 liegt.
Die Wirkung dieser Maßnahmen läßt sich an der bisherigen Bezugsentwicklung beurteilen: Im ersten Halbjahr 1983 lagen die Bezüge von Polstermöbeln zwar noch mit 68 Millionen Verrechnungseinheiten um 12 % über dem vergleichbaren Vorjahreswert. Diese Wertsteigerung beruht aber lediglich zu 3 % auf Mengenzuwachs, dagegen zu 9 % auf einer Erhöhung der DDR-Preise. Dies zeigt, daß die von uns getroffenen Maßnahmen auch in der DDR Signalwirkung hatten.
Jetzt eine Zusatzfrage, Herr Dr. Göhner.
Herr Staatssekretär, da Sie, wie Sie soeben ausführten, im Hinblick auf das Preisprüfungsverfahren angewiesen haben, daß im Einzelfall die Preise auch daraufhin zu überprüfen
sind, ob Dumping vorliegt, möchte ich Sie fragen, ob bei den Überprüfungen in diesem Jahr solche Fälle bekanntgeworden sind.
Bisher, Herr Kollege, ist dem Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft kein Vertrag mit marktschädigenden Preisen vorgelegt worden. Es bleibt aber bei den eingeleiteten Maßnahmen, die ich hier geschildert habe, mit der skizzierten Wirkung.
Weitere Zusatzfrage, Herr Dr. Göhner.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, wie die Nachbarländer, beispielsweise Frankreich, die die gleichen Probleme haben, auf diese Importe zu Dumping-Preisen reagieren?
Herr Kollege, das ist mir bekannt. Aber auch wir haben ein abgesichertes Verfahren für die Gestaltung unseres Verhältnisses zu Zentralverwaltungswirtschaften. Es ist im Zusammenleben zwischen marktwirtschaftlichen Ordnungen und zentralverwaltungswirtschaftlichen Ordnungen - um das einmal im VolkswirteDeutsch auszudrücken - ein besonderes Reglement erforderlich, das auch, wie ich gerne zugeben will, seine Schwierigkeiten hat.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Cronenberg.
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß unter Berücksichtigung der Einhaltung der von Ihnen geschilderten Dumping-Vorschriften insgesamt die Einkäufer verpflichtet sind, zu billigsten Konditionen einzukaufen, und daß das insgesamt auch im volkswirtschaftlichen Interesse der Bundesrepublik liegt, weil die Exporte, insbesondere an höherwertigen Wirtschaftsgütern, in den Ostblock und so auch die DDR um so vieles größer sind als die Importe von dort und diese Importe damit sozusagen eine Quelle für die Finanzierung des Exports hochwertiger Technologien sind?
Das ist richtig, Herr Kollege. Wir haben in allen Handelsbeziehungen das Grundprinzip „Wer ausatmet, muß auch einatmen", d. h. „Wer exportieren will, muß auch importieren". Von daher sind wir auch an der Steigerung der Lieferfähigkeit der DDR interessiert, allerdings nicht zu Bedingungen, die eine wirtschaftliche Schädigung so bedeutender Industriezweige wie des der Polstermöbelindustrie darstellen.
Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Blunck.
Herr Staatssekretär, Sie haben sehr eindeutig ausgeführt, daß die Abstimmung mit der Möbelindustrie, mit den Händlern und den Handwerkern und dann mit der DDR erfolgt sei. Gehe ich recht in der Annahme, daß die Abstimmung nicht mit den Verbrauchern oder Verbraucherschutzorganisationen erfolgt ist?
Ja, Frau Kollegin, das ist richtig. Es geht hier um die Frage, wie denn Preisvergleiche im Einzelfall überhaupt durchzuführen sind; bei Möbeln ist dies sicher ganz besonders schwierig. Diese Frage müssen wir mit den beteiligten Industriekreisen und Händlerkreisen besprechen, die allein über den Sachverstand verfügen. Die andere, wohl Ihnen vorschwebende Wirkung, daß wir in den Verhandlungen mit der DDR auf Preisanhebungen hinwirken, hat für den Verbraucher im Einzelfall natürlich auch Nachteile, wobei die Frage, wer von den niedrigen Preisen bei der Einfuhr profitiert, damit nicht abschließend beantwortet ist. Diese Gewinne können natürlich auch beim Handel oder bei Industriellen, die selber Möbel importieren, hängenbleiben. Damit ist also nicht unbedingt ein ungünstigerer Einkauf für die Verbraucher verbunden.
Zweite Frage, Frau Abgeordnete Blunck.
Herr Staatssekretär, darf ich Ihre Ausführungen so verstehen, daß Sie dem Verbraucher, d. h. demjenigen, der die Möbel benutzt, keinen Sachverstand zubilligen?
In diesem Zusammenhang, Frau Kollegin, ja. Leider ist keiner von uns in der Lage, ein Polstermöbel im Vergleich mit anderen Polstermöbeln zuverlässig zu beurteilen und daraus Schlußfolgerungen zu ziehen. Deshalb bedarf es eben des in langjähriger Produktionserfahrung gesammelten Sachverstands, um solche Fragen, die schwer genug auch in solchen Fällen zu beantworten sind, zu lösen.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 68 des Abgeordneten Austermann auf. - Nicht da? - Dann trifft für diese Frage dasselbe zu wie für Frage 69: Beide werden nicht schriftlich beantwortet, weil der Abgeordnete nicht im Saal ist.
Die Fragen 70 und 71 des Abgeordneten Hinsken werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 72 des Abgeordneten Stockleben auf. - Auch ihn sehe ich nicht. Diese Frage wird nicht schriftlich beantwortet. Dasselbe gilt für die Frage 73 des Abgeordneten Stockleben.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung auf. Zur Beantwortung steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Vogt zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 74 des Abgeordneten Eylmann auf:
Teilt die Bundesregierung die im Handwerk vielfach vertretene Auffassung, daß unterschiedliche Beschäftigungsgrenzen in Gesetzen und Verordnungen ({0}) juristisch nicht vorgebildete Betriebsinhaber vor große Schwierigkeiten bei der Beachtung gesetzlicher Vorschriften stellt?
Herr Staatssekretär, bitte.
Vogt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung: Herr Abgeordneter, ich bitte, die Fragen 74 und 75 gemeinsam beantworten zu dürfen.
({1})
Ich rufe die Frage 75 des Abgeordneten Eylmann auf:
Sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, hier zu einer Rechtsvereinheitlichung ({0}) zu kommen?
Die Bundesregierung hat Verständnis für das Unbehagen kleinerer Handwerksbetriebe, wenn in Gesetzen und Verordnungen unterschiedliche Beschäftigungsgrenzen gelten und Auszubildende einmal mitgezählt werden, ein anderes Mal nicht.
Diese Beschäftigungsgrenzen verfolgen jedoch unterschiedliche Zielsetzungen und wirken sich teils belastend, teils begünstigend auf den Betrieb aus. Deshalb ist eine pauschale Rechtsvereinheitlichung problematisch.
Sofern Beschäftigungsgrenzen von den Betrieben als ausbildungshemmend empfunden werden, hat die Bundesregierung bereits durch Kabinettbeschluß vom 28. September 1983 erklärt, solche Hemmnisse zu beseitigen. Dies betrifft insbesondere die Beschäftigungsgrenzen im Schwerbehindertengesetz.
So soll das Schwerbehindertengesetz dahin abgeändert werden, daß Ausbildungsplätze nicht mehr bei der Berechnung des Beginns der Beschäftigungspflicht und der Zahl der Pflichtplätze mitgezählt werden. Hier soll es aber bei der Beschränkung der Beschäftigungspflicht auf Betriebe mit 16 und mehr Beschäftigten bleiben, weil sonst die Zahl der zur Verfügung stehenden Pflichtplätze für Schwerbehinderte zu sehr eingeschränkt würde.
Im Lohnfortzahlungsgesetz - § 10 - dagegen sollen Auszubildende in Betrieben mit bis zu 20 Arbeitnehmern künftig in das Ausgleichsverfahren einbezogen werden. Dadurch werden Kleinbetriebe finanziell entlastet und wird ein Ausbildungshemmnis beseitigt.
Die Vorschrift im Kündigungsschutzgesetz - § 17 Abs. 1 Nr. 1 -, nach der Betriebe von 20 Arbeitnehmern an - Auszubildende eingeschlossen - Entlassungen einer größeren Arbeitnehmerzahl anzeigen müssen, kann nicht geändert werden, weil sie auf einer EG-Richtlinie beruht.
Auch ist eine Änderung des § 719 der Reichsversicherungsordnung nicht beabsichtigt. Diese Vorschrift fordert die Bestellung von Sicherheitsbeauftragten in Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten. Da gerade Auszubildende auf Grund ihrer geringen Erfahrung mindestens ebenso wie andere
Arbeitnehmer unfallgefährdet sind, ist es voll gerechtfertigt, sie in diesem Fall mitzuzählen.
Die von Ihnen beispielhaft genannten Beschäftigungsgrenzen verdeutlichen die Problematik einer an sich wünschenswerten Rechtsvereinheitlichung. Trotzdem prüft die Bundesregierung zur Zeit Möglichkeiten, ob zumindest für einige Bereiche eine Rechtsvereinheitlichung möglich ist.
Zusatzfragen, bitte schön.
({0})
- Keine Zusatzfrage. Sonstige Zusatzfragen zu den beiden Fragen? - Das ist nicht der Fall.
Die Frage 76 des Abgeordneten Stiegler wird aufgerufen. - Er ist nicht anwesend. Sie wird nicht schriftlich beantwortet. Dasselbe gilt für die Frage 77 des Abgeordneten Stiegler.
Ich rufe die Frage 78 des Abgeordneten von Schmude auf.
({1})
- Das ist nicht gut. Diese Frage wird nicht beantwortet.
Die Frage 79 des Abgeordneten Catenhusen wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe Frage 80 des Abgeordneten Kirschner auf - er ist im Saal -:
Wie lange ist die durchschnittliche Bearbeitungsdauer von der Antragstellung bis zur Auszahlung von Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosenhilfe bei der Arbeitsverwaltung?
Herr Kollege, die Bundesanstalt für Arbeit hat für Anträge auf Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe eine durchschnittliche Bearbeitungszeit von zwei Wochen ermittelt. Sie versteht hierunter den Zeitraum von der Abgabe der Antragsunterlagen, die eine Entscheidung zumindest dem Grunde nach ermöglichen, bis zur Entscheidung über den Antrag. Hinzu kommt dann noch die Zeit bis zur Gutschrift der Leistung auf dem Konto des Arbeitslosen. In aller Regel kann der Arbeitslose spätestens eine Woche nach der Entscheidung über das Arbeitslosengeld oder die Arbeitslosenhilfe verfügen. In dringenden Fällen wird die Leistung bar gezahlt.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kirschner.
Herr Staatssekretär, kann ich aus Ihrer Antwort schließen, daß dies nur gilt, wenn der Antrag vollständig ausgefüllt ist? Was geschieht, oder was tut die Arbeitsverwaltung aber, um das Antragsverfahren abzukürzen in den Fällen, in denen die Anträge vielleicht nicht vollständig ausgefüllt sind?
Herr Kollege, wenn die Antragsunterlagen nicht vollständig sind, sind Nachfragen beim Antragsteller erforderlich. Geht aber aus den Unterlagen hervor, daß der Antragsteiler dem Grunde nach eine Leistung beanspruchen darf, dann wird ihm vorher schon, bevor der Antrag voll bearbeitet ist, eine Leistung gezahlt.
Eine weitere Zusatzfrage hat der Abgeordnete Kirschner.
Herr Staatssekretär, gibt es Unterschiede in der Bearbeitungsdauer bei den einzelnen Landesarbeitsämtern? Wenn ja, können Sie einmal sagen, welche Gründe es dafür gibt?
Herr Kollege, ich kann Ihnen jetzt nur sagen, daß die durchschnittliche Bearbeitungsdauer, wie in der Antwort hervorgehoben, zwei Wochen beträgt. Eine durchschnittliche Bearbeitungsdauer sagt natürlich nichts über den Einzelfall aus. Es kann wesentlich schneller gehen, aber die Bearbeitung kann sich mangels vollständiger Unterlagen auch längere Zeit hinziehen.
Ich habe - außer vielleicht in dem Fall des Arbeitsamtes Berlin - keine Übersicht über unterschiedliche Bearbeitungszeiten.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Schmidt ({0}).
Herr Staatssekretär, ich habe doch noch eine Frage dazu, denn solche Durchschnittszahlen sind ja immer sehr irreführend: Können Sie sagen, welches die längste Bearbeitungsdauer und welches die kürzeste ist?
Ich bin sehr gerne bereit, Ihnen diese Frage schriftlich zu beantworten. Ich habe keine Zahlen vorliegen. Sie müssen hier aber mitberücksichtigen, daß zwischen Antragstellung und Überweisung eines Betrages auf das Konto des Arbeitslosen nicht nur Bearbeitungsvorgänge durch die Arbeitsverwaltung erforderlich sind, sondern daß sich natürlich Überweisungen auch aus anderen Gründen verzögern können. Aber - wie gesagt - ich bin gern bereit, diese Frage aufzugreifen und, wenn uns Unterlagen zur Verfügung stehen sollten, sie Ihnen zu beantworten, bzw. wir werden bei der Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg nachfragen.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Reetz.
Herr Staatssekretär, hält es die Bundesregierung für gerechtfertigt, daß die Kommunen, die ja im Verzögerungsfalle eintreten müssen, dadurch einen Zinsverlust für die eingesetzten Gelder erleiden?
Ja, das hält die Bundesregierung für gerechtfertigt.
({0})
Dazu gibt es keine weitere Zusatzfrage mehr.
Vizepräsident Frau Renger
Die Fragen 81 und 82 des Herrn Abgeordneten Gilges werden nicht beantwortet, da der Abgeordnete nicht im Saal ist.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe auf den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung. Der Parlamentarische Staatssekretär Würzbach steht zur Beantwortung zur Verfügung.
Herr Staatssekretär, die Fragen 83 bis 88 der Abgeordneten Gerstl ({0}), Frau Matthäus-Maier und Heistermann werden zurückgezogen, so daß ich jetzt zur Frage 89 des Herrn Abgeordneten Schöfberger komme:
Warum und zu welchen Kosten überträgt die Bundeswehr ihre eigene Sicherung und Bewachung Unternehmen des privaten Bewachungsgewerbes?
Herr Kollege Schöfberger, die Wachkapazität der Truppe wird durch die Erfordernisse der Einsatzbereitschaft und der Ausbildung begrenzt. Daher können nur etwa 60 % der anfallenden Wachaufgaben durch Soldaten wahrgenommen werden. Dieser Anteil liegt im Rahmen der im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen und dem Bundesrechnungshof festgelegten Wachbelastung. Eine höhere Wachbelastung würde wegen der Belastung der Wachhabenden und hier besonders der jungen Unteroffiziere die angespannte Personallage im Unteroffizierkorps noch verschärfen. Zudem ist in einer Reihe von Depotstandorten keine Truppe stationiert. Es muß hinzugefügt werden: Die nicht von Soldaten wahrzunehmenden Wachaufgaben sind überwiegend gewerblichen Bewachungsunternehmen - 71, einem geringen Teil zivilem Wachpersonal im Dienste der Bundeswehr - übertragen worden.
Die Kosten der gewerblichen Bewachung haben 1982 rund 301 Millionen DM betragen. Sie liegen je Wachplatz erheblich unter den Kosten für das zivile Wachpersonal im Dienste der Bundeswehr.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schöfberger.
Herr Staatssekretär, kennen Sie eine der Bundeswehr vergleichbare Armee in der Welt oder - eingegrenzt - in der NATO, die sich privat bewachen läßt?
Aber, Herr Kollege, eine ganze Reihe Armeen, u. a. die Armeen der Alliierten hier bei uns, verfahren ähnlich.
Noch eine Zusatzfrage? - Bitte.
Wie ist es um die Sicherheit der bewachten Anlagen und der bewachten Truppenteile bestellt, wenn diese Bewachung vorwiegend durch schlecht ausgebildete und nahezu nicht ausgerüstete Pensionisten erfolgt?
Herr Kollege, ich lade Sie gern einmal ein, sich persönlich einen Eindruck von der Ausbildung, der Belastbarkeit und dem Aufmerksamkeitsgrad der Wachmänner zu verschaffen, die diese Unternehmen der Bundeswehr zur Verfügung stellen. Da deckt sich nichts mit dem, was in Ihrer Frage hier soeben deutlich geworden ist.
({0})
Keine weitere Zusatzfrage.
Die Frage 90 ist vom Fragesteller, dem Abgeordneten Dr. Enders, zurückgezogen worden.
Die Frage 91 wird auf Wunsch des Fragestellers, des Abgeordneten Hauser ({0}), schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Wir kommen nun zur Frage 92 des Herrn Abgeordneten Jäger ({1}):
Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Art und Wirkungsweise der von der UdSSR gebauten sogenannten Bio-Bombe, und treffen Pressemeldungen zu, daß bereits acht Bio-Kampfstoff-Fabriken in der Sowjetunion festgestellt worden sind?
Herr Kollege Jäger, der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse über die Herstellung von sogenannte BioBomben in der Sowjetunion vor. Es ist jedoch davon auszugehen, daß die Sowjetunion über die Technologie zur Produktion von biologischen Kampfstoffen und entsprechenden Verbringungsmitteln verfügt, um diese kurzfristig herzustellen und einsetzen zu können. Spezielle, bereits jetzt aktive Fabriken für biologische Kampfstoffe sind nicht bekannt.
Herr Kollege, bitte.
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung etwas darüber bekannt, ob es bereits - im Zusammenhang mit Meldungen, die es von verschiedenen Kriegsschauplätzen im Osten schon gegeben hat und in denen von der Erprobung biologischer Waffen die Rede war - vorbereitende Maßnahmen für die Fertigstellung solcher Waffen in der Sowjetunion gibt?
Herr Kollege, es ist nichts Konkretes bekannt. Es wird zwar vermutet, daß man's kann, aber es gibt keine Anzeichen, die nach gründlicher Überprüfung darauf hindeuten, daß die Sowjetunion dies tut. Die Geschehnisse, auf die Sie hinweisen, sind j a, wie verschiedene Kommissionen berichteten, nicht auf den Einsatz biologischer, sondern auf den Einsatz chemischer Waffen zurückzuführen.
Frau Schoppe, eine Zusatzfrage.
Hält die Bundesregierung die eventuelle Produktion von Bio-Bomben in der UdSSR für gefährlicher als die Giftgaslagerung in der BRD?
Frau Kollegin, mit „BRD" meinen Sie vielleicht unsere Bundesrepublik Deutschland - damit wir uns in der Antwort richtig verstehen. Der Westen hat mit der Sowjetunion ein Abkommen, daß biologische Waffen nicht produziert und nicht gelagert werden. Das hat sowohl Amerika wie die Sowjetunion verifiziert. Wenn eine Seite jetzt begänne, nicht nur das Abkommen zu brechen, sondern eine neue Kategorie schlimmer Vernichtungswaffen aufzubauen, dann hielten wir dies in der Tat für einen ganz gefährlichen Schritt.
Ich rufe die Frage 93 des Abgeordneten Krizsan auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß am 26. September 1983 infolge von Fehlschüssen vom NATO-Truppenübungsplatz Bergen fünf bis sechs 20 Millimeter Übungsgeschosse in das sechs Kilometer entfernte Winsen/Aller einschlugen, und was gedenkt die Bundesregierung gegen diese immer wieder vorkommende Gefährdung der Anwohner von Truppenübungsplätzen zu tun?
Es trifft zu, daß am 26. September dieses Jahres Übungsgeschosse des Kalibers 20 mm bei Winsen an der Aller auf nichtmilitärisches Gelände gefallen sind. Personenoder Sachschäden sind - ich füge deutlich hinzu: glücklicherweise - nicht eingetreten. Bei den verwendeten Übungsgeschossen handelt es sich um leichte Projektile, die keinen Zünder besitzen, nicht explosiv sind und keine Splitterwirkung haben.
Vorfälle mit Waffen und Munition werden in der Bundeswehr mit großer Sorgfalt untersucht. So sind auch im vorliegenden Fall die erforderlichen Maßnahmen unverzüglich getroffen worden. Polizei und Staatsanwaltschaft sind eingeschaltet, die disziplinaren Ermittlungen eingeleitet worden. Nach dem gegenwärtigen - das möchte ich betonen - Stand der Ermittlungen liegen die Ursachen des Vorfalls wahrscheinlich in menschlichem Fehlverhalten begründet.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Krizsan.
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, daß ich bereits im Juli eine entsprechende Frage gestellt habe, als auch ein Fehlschuß auf Grund von menschlichem Versagen, wie Sie sagen, in der Nähe von bewohntem Gebiet einschlug?
Herr Kollege, ich nehme das nicht nur zur Kenntnis, sondern die Bundeswehr nimmt dies in der politischen wie der militärischen Führung zum Anlaß, bestehende Sicherheitsbestimmungen immer wieder neu zu überprüfen und so zu verschärfen, daß solche Dinge möglichst ausgeschlossen sind. Nur, wo 500 000 Soldaten, Menschen, mit Material und Technik umgehen, können Sie bei aller Sorgfalt und bei allen genauen Vorschriften und bei Überwachung dieser leider, wie in anderen Bereichen, menschliches Versagen, menschliches Fehlverhalten nicht hundertprozentig ausschalten.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Krizsan.
Herr Staatssekretär, wäre die Bundesregierung bereit, die Schießübungen generell einzuschränken, um die permanente Belästigung, nicht nur akustisch, sondern auch, wie hier zu sehen, durch Geschosse, zu verhindern?
Die Bundesregierung hat, seit es die Bundeswehr gibt, Schießübungen so weit wie möglich eingeschränkt. Ganz darauf verzichten kann sie nicht.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Reetz.
Sie haben soeben von 500 000 Soldaten gesprochen und dabei die wahrscheinlich weit über eine Million Menschen unerwähnt gelassen, die in der Nähe dieser Plätze wohnen. Sie haben in der letzten Fragestunde von menschenleeren Räumen erzählt, wo Flugübungen stattfinden können. Warum finden da nicht diese Schießübungen statt?
Frau Kollegin, ich erinnere mich lebhaft an Ihre Frage - es ging damals um den Tiefflug - und daran, wie Sie dann quittierten, daß z. B. die Weite Amerikas, aber auch Gegenden in der Türkei, in Portugal oder in Italien, wo wir fliegen, anders zu gewichten sind. 500 000 Soldaten habe ich erwähnt, weil Ihr Kollege nach den Aktiven, die das Schießen betreiben, gefragt hatte, und das sind die 500 000 Soldaten und nicht die Bevölkerung drumherum.
Wir versuchen mit Erfolg, auch bei Schießübungen, so viel wie möglich ins Ausland zu verlagern, und haben hier glücklicherweise das Verständnis der Bevölkerung vieler NATO-Staaten. Nur, hier kann man nicht alles verlagern. Ich könnte Ihnen aufzählen, ähnlich wie bei den Flugzeugen damals, in welchen europäischen und außereuropäischen Ländern wir auch schießen. Aber einiges muß im eigenen Land, hier vor der Haustür, auf unseren Übungsplätzen, in der Nähe der Kasernen gemacht werden.
Ich rufe die Frage 94 der Frau Abgeordneten Reetz auf:
Welche Notwendigkeit besteht für die Bundesrepublik Deutschland, die laut Auskunft des Pressesprechers des Wehrbereichskommandos V der Bauherr ist, für den Neubau einer Standortmunitionsniederlage - wie es der Pressesprecher nennt - südlich des Autobahnzubringers RheinauAchern, obwohl die in Achern stationierten Einheiten Transporteinheiten sind?
In jedem Standort der Bundeswehr bei uns in der Bundesrepublik Deutschland, so auch in Achern, sind zur Wiederherstellung der Verteidigungsfähigkeit und der Einsatzbereitschaft Standortmunitionsniederlagen zu errichten. Im Hinblick auf diese Ziele ist die Errichtung solcher Standortmunitionsniederlagen vom
Einsatzauftrag der örtlichen Verbände und Einheiten unabhängig.
Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Reetz.
Herr Staatssekretär, es handelt sich doch um eine zusätzliche, neue Einrichtung; denn die Transporteinheiten sind ja schon lange in Achern. Bedeutet das also, daß entweder neue Transportmöglichkeiten für Einheiten an anderen Orten in der weiteren Umgebung geschaffen werden müssen oder daß diese Transporteinheit zusätzlich mit Waffen ausgerüstet wird?
Das bedeutet einmal, daß auch solche Soldaten, die in einem möglichen Spannungs- oder Ernstfall von dort mitversorgt werden müssen, auch mit Munition versorgt werden müssen.
({0})
Es bedeutet zum anderen, daß in der Fernplanung der Bundeswehr dort noch eine geringe personelle Aufstockung eingeplant ist und sich im Augenblick auf diesem Gebiet eine parallele Planung vollzieht.
Eine weitere Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Reetz.
Warum wurden dort nicht sowohl die Gemeindevertreter als auch die Bevölkerung ausführlich über dieses Vorhaben unterrichtet? Sie sind vor allem deshalb beunruhigt, weil jetzt auch noch Umzäunungen um diese Munitionshügel errichtet werden.
Frau Kollegin, ich meine, die Bevölkerung müßte beunruhigt sein, wenn keine Zäune um Munitionsanlagen gezogen würden. Dazu gehört eine vernünftige Umzäunung und Bewachung.
({0})
Ich habe bei Gesprächen mit Bürgern, Bürgermeistern und kommunalen Vertretern häufig den Eindruck, daß die Verunsicherung von ganz Bestimmten, daran Interessierten in der Region augenscheinlich künstlich erzeugt wird, aber in der Bevölkerung, auch in der Nachbarschaft solcher Anlagen, nicht besteht.
({1})
Jeder Bürgermeister - und entsprechend die Gremien in den Kreisen und Kommunen - ist über die Baumaßnahmen, die wir vornehmen, in einer frühen Vorphase informiert. Wir haben hier vor wenigen Wochen die Informationspflicht der Bundesregierung gegenüber den Ländern, den Kommunen, den Kreisen und damit den Bürgern sehr gründlich abgehandelt.
Ich danke Herrn Staatssekretär Würzbach für die Beantwortung der Fragen.
Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende der Fragestunde. Die anderen Fragen werden in der morgigen Fragestunde aufgerufen.
Meine Damen und Herren, die Fraktion der GRÜNEN hat gemäß Nr. 1 Buchst. c der Anlage 5 unserer Geschäftsordnung eine
Aktuelle Stunde
zum Thema „Auswirkungen der Vorschläge der EG-Kommission auf die Lage milchproduzierender Betriebe in der Bundesrepublik Deutschland" verlangt. Ich eröffne dazu die Aussprache. Das Wort hat Frau Abgeordnete Vollmer.
„Laß uns ein Geschäft aufmachen," sagte das Huhn zum Schwein, „ich liefere die Eier und du die Koteletts". Dies, Herr Präsident, meine Damen und Herren, ist offensichtlich das Motto, mit dem die EG-Kommission angetreten ist, um die Probleme auf dem europäischen Milchmarkt auf mörderische Art und Weise zu lösen. Die Koteletts zum Abschluß des Geschäfts sollen dabei die Klein- und Mittelbetriebe liefern, die es bei uns und anderswo trotz der EG-Agrarpolitik der letzten Jahrzehnte immer noch gibt.
Was ist das Problem? Es gibt heute als Ergebnis der EG-Agrarpolitik zuviel Milch auf dem Agrarmarkt, und die Subventionierung dieser Milch ist inzwischen zu teuer geworden. Die Subventionen sind vorrangig bei den genossenschaftlichen Großmolkereien angekommen, die mit unbegrenzter Abnahmegarantie die Milch verpulvert und die Butter gelagert und vermarktet haben. In diesem Bereich sind nachweisbar auch die größten Mengenzuwächse feststellbar. Gleichzeitig wurden landwirtschaftliche Betriebe gezielt ins Wachstum gebracht, um immer mehr Milch immer rationeller zu produzieren. Der Geldsegen aus Brüssel ist also in sehr gezielten Strömen geflossen.
Jetzt, da diese Politik Milliardenbeträge verschlingt, heißt es wieder: Alle für wenige. Alle Bauern, auch die, die gerade nicht oder kaum zur Steigerung der Milchpulver- und Butterberge beigetragen haben, sollen zur Kasse gebeten werden.
Unsere Schlußfolgerung daraus lautet zum ersten: Die EG-Kommission beseitigt mit ihren Vorschlägen nicht die Ursache der Finanz- und Überschußprobleme, sondern verteilt die Lasten nur auf die Betriebe um, die sowieso schon auf der Verliererseite stehen.
Zum zweiten. Die vorgesehene Quotenregelung ist der sichere Ruin für einen großen Teil der Kleinbetriebe in der Bundesrepublik, insbesondere in den benachteiligten Gebieten. Die Kommission schlägt vor, pro Molkerei oder pro Bauernhof die Quote festzuschreiben, die der Betrieb im Jahre 1981 geliefert hat. Nur hierfür soll es den garantierten Preis geben. Darüber hinaus wird der Preis radikal gesenkt.
Schon 1981 aber konnte ein Viertel aller Betriebe kein Einkommen mehr erarbeiten. Diese Betriebe sollen also auf Dauer auf einem Niveau festgeschrieben werden, wo sie schon deutlich von der Substanz leben mußten. Bisher versuchte der Bauer
in schlechten Jahren folgendes: erstens Gürtel enger schnallen, Lebensstandard noch weiter einschränken; zweitens um ein bis zwei Kühe aufstokken, natürlich alles aus eigener Kraft; oder drittens Milchleistung durch noch bessere Zucht und noch sorgfältigere Fütterung verbessern.
Genau das soll er jetzt nicht mehr dürfen. Jetzt müßte er zu der nächsten Kuh auch das Kontingent und womöglich die Fläche zuerwerben, was er nicht bezahlen kann. Das Ergebnis wird sein: Die Kleinbetriebe müssen aufgeben, wenn die Grenze des Substanzverlustes erreicht ist, ob sie wollen oder nicht.
Die Kommission - ich sage das ganz deutlich - will dieses Ausscheiden von Kleinbetrieben, damit die großen deren Kontingente aufkaufen können. Wenn nämlich diese zähen Kleinbetriebe nicht aus der Produktion herausgedrängt werden, kann es keine Mengenausweitung zugunsten der Wachstums- und Förderbetriebe mehr geben.
Zum dritten - besonders wichtig -: Die Vorschläge der EG-Kommission regeln gerade nicht die Überschußproduktion, wie sie versprechen, sondern einzig und allein deren Kosten. Das große Rätselraten bei der Mengenregulierung war ja: Was machen eigentlich die Genossenschaften mit ihren aufgeblähten Produktionsapparaten, wenn die Milch wirklich weniger würde? Die Lösung: Die Milch wird nach den vorgesehenen Vorschlägen gar nicht weniger; sie wird alles in allem nur erheblich billiger - auf Kosten der Bauern. Genau das ist die Lehre aus der Kontingentierung bei Zuckerrüben. Die Wachstumsbetriebe werden über ihr Kontingent hinaus Milch liefern - in der Spekulation auf die Neuverteilung der Anteile nach drei bis fünf Jahren. Die Klein- und Mittelbetriebe werden, solange sie können, auch weiter Milch liefern, weil es gar nicht anders geht. Sie, die die höchsten Kosten und die härteste Arbeit haben, verlieren dann aber 30 bis 40 Pf gegenüber ihren tatsächlichen Produktionskosten, während die Großen gerade 15 Pf zuschießen, und dies auf Zukunft.
Eine solche Mengenregulierung ohne Stützungsmaßnahmen für die Kleinbetriebe ist nichts anderes als ein aggressives Verdrängungs- und Enteignungskonzept.
({0})
Es macht die kleinen Milchbetriebe kaputt und damit das Herz unserer bäuerlichen Landwirtschaft.
Frau Kollegin Vollmer, Ihre Redezeit ist abgelaufen.
Ich frage den Herrn Minister Kiechle, der so klug oder so bauernschlau war, seine Vorschläge bisher nicht auf den Tisch dieses Hauses zu legen - er muß jetzt die Feuerprobe bestehen für die Bauern aus seiner Heimat -, was er denn tun will, um diese Feuerprobe zu bestehen.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Susset.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Dr. Vollmer, Sie haben heute wieder, wie schon bei der Agrardebatte, das Problem der genossenschaftlichen Großmolkereien und ähnliches angesprochen. Nur habe ich nicht gehört, wie Sie Ihrerseits die Lage der milchproduzierenden Betriebe zu verbessern gedenken.
({0})
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir heute in die Zeitung sehen, können wir Schlagzeilen folgender Art lesen: „Warnschuß", „Brüssel setzt Europaparlament unter Druck", „Der EG gehen bald die Geldmittel aus". Auch in den Presseerklärungen, die von der SPD herausgegeben werden. wird heute alles kritisiert, was seitens der Kommission und seitens der Bundesregierung vorgeschlagen wird. Aber die SPD hat nichts getan, als sie den Kanzler stellte, als lange über die Agrarpolitik der EG zu lamentieren. Dabei ist nichts Konkretes herausgekommen.
Bundeskanzler Kohl hat als Vorsitzender des Europäischen Rats in Stuttgart die Kommission aufgefordert, konkrete Pläne zu unterbreiten. Die Kommission hat diese Vorschläge unterbreitet. nicht alles, was in diesem Dokument steht, findet die volle Unterstützung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Aber die von der Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen zur Lösung des äußerst dringlich gewordenen Überschußproblems auf dem Milchmarks werden von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Grundsätzlichen unterstützt.
In Anbetracht der gegenwärtigen Probleme sind schnell wirksame Maßnahmen notwendig, um die milchviehhaltenden Betriebe und deren Lage einigermaßen in Ordnung zu halten. Das Quotensystem verspricht eine rasche Wirkung und erscheint uns am ehesten konsensfähig.
Wir wissen, daß es schwierig ist, alles auf einen Nenner zu bringen. Aber wenn es uns gelingt, den Bestrebungen einiger Mitgliedstaaten, die Probleme zu verschärfen, um eine Ausweitung des EGFinanzrahmens zu erzwingen - auch hierzu gibt es heute Pressemeldungen -, entgegenzutreten, ist wie ich glaube, ein Kompromiß möglich.
Für uns gilt nach wie vor der Beschluß der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion, daß wir über eine Ausweitung des Finanzrahmens erst bei einer Erweiterung der Gemeinschaft nachdenken. Daß heißt für uns, daß, wenn wir die Zahlungsunfähigkeit der EG verhindern wollen, das Problem der Milchmarkt überschüsse schnell geregelt werden muß.
({1})
Die gegenwärtige Situation auf dem europäischen Milchmarkt ist gekennzeichnet durch eine zunehmende Erzeugung, der keine entsprechende Nachfragesteigerung gegenübersteht.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion - wir haber das in einem langen Gespräch mit dem Minster in
Berlin zum Ausdruck gebracht - unterstützt hier die Haltung der Bundesregieung, damit unsere Betriebe auf Dauer eine Sicherung haben. Wir bitten jedoch, daß bei Einführung einer Quotenregelung auf eine Befristung gedrängt wird, damit dann über ein langfristiges Konzept der Milchmarktordnung nachgedacht werden kann.
In die Diskussion muß eingebracht werden, wie zusätzliche Kapazitäten besonders in Ackerbaustandorten abgebaut werden können, damit unsere Landwirte in Grünlandgebieten - sie sind einfach auf die Milchproduktion angewiesen - ihre Möglichkeiten haben.
Deshalb bitten wir die Bundesregierung, alles in ihren Möglichkeiten Stehende zu tun, damit der flächengebundenen Milcherzeugung in der Europäischen Gemeinschaft ein Wettbewerbsvorteil gegenüber der flächenunabhängigen Erzeugung eingeräumt wird. Dies ist im Interesse der milchviehhaltenden Landwirtschaft dringend erforderlich. Die Landwirtschaft und die Verbraucher können sich in dieser Frage auf die CDU/CSU verlassen.
({2})
Das Wort hat der Abgeordneter Müller ({0}).
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Susset, wenn Sie die Pressemeldungen von heute lesen, dann können Sie sie drehen und wenden, wie Sie wollen, eines ist sicher: Die EG steht wegen der Finanzierung des Agrarmarkts in einer tiefen, schweren Krise.
Ich möchte hinzufügen: Es ist ein Trauerspiel ersten Ranges, was sich in dieser Situation Außen-, Finanz- und Agrarminister leisten. Sie treffen sich zwar fast jede Woche, aber das Ergebnis war bisher gleich null. Williamsburg, Stuttgart, Athen - überall nur Fehlanzeigen!
({0})
Die Bundesregierung, meine sehr verehrten Damen und Herren, trägt eine gehörige Portion Schuld an dieser Entwicklung.
({1})
Herr Bundesminister Kiechle preist zwar überall, so wie Sie gerade auch, Herr Kollege Susset, sein Modell der Milchquotierung an. Aber selbst zu Hause finden Sie doch kaum Unterstützung. Die CDU/CSU-regierten Bundesländer sind nur halbherzig dabei. Das wissen Sie genausogut wie ich.
({2})
Bei jeder Gelegenheit machen sie doch deutlich, daß sie von seinen Plänen im Grunde genommen überhaupt nichts halten. Schauen Sie sich doch an, was bisher in den Ausschüssen und Unterausschüssen beschlossen und gesagt worden ist. Sie wissen doch, was Sie alles tun müssen, um zu versuchen,
wenigstens einige bei der Stange zu halten, Herr Kollege Susset.
({3})
Die FDP, Ihr Koalitionspartner, hält zwar auch nichts davon, aber seit der letzten Wahl ist sie auf agrarpolitische Tauchstation gegangen.
({4})
Sie wissen genau so gut wie ich: Auch in der Landwirtschaft wächst die Unruhe.
({5})
Ehe überhaupt die Quotenregelung eingeführt ist, wird schon erbittert darüber gestritten, und zwar zu Recht; denn die Ungerechtigkeiten springen förmlich ins Auge.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Koalition, wie wollen Sie den Landwirten klarmachen, daß in Zukunft gleich große Betriebe unterschiedliche Mengen Milch zu garantierten Preisen produzieren dürfen? Kein Landwirt wird die Milchproduktion aufgeben, selbst wenn er Alternativen hat, es sei denn, er bekäme für die Quoten einen guten Preis. Das bedeutet aber: Dem Quotenschacher wäre Tür und Tor geöffnet. Gewinner, Herr Kollege Susset, wären doch sicher nicht die bäuerlichen Familienbetriebe, und die tüchtigen Landwirte wären benachteiligt.
Kein Wunder, daß die Milchproduzenten schon jetzt versuchen, ihre Ausgangsposition durch kräftige Ausdehnung der Produktion möglichst günstig zu gestalten. Der Anstieg der Milchproduktion und damit auch der Anstieg der Interventionsmengen sind mit eine Folge Ihres dauernden Geredes über die Einführung von Quoten. Deswegen sagen wir: Brüssel muß endlich klare Entscheidungen treffen. Die Landwirte müssen auch endlich wissen, was auf sie zukommt.
Wir sind für eine restriktive Preispolitik,
({6})
die über längere Zeit durchgehalten werden muß. Wenn Sie so fleißig wären wie wir und immer die Vorschläge der anderen Seite lesen würden, dann wüßten Sie, was wir in den letzten Jahren vorgeschlagen haben, dann würden Sie unser Konzept kennen. Aber das haben Sie leider nicht getan.
({7})
Wir sind für eine Lockerung der Interventionsmechanismen, weil es keine unbegrenzte Preis- und Absatzgarantie mehr geben kann. Wir sind aber für eine Beibehaltung der Drittlandsregelung; das wissen Sie auch. Wir sind für eine Erhöhung der Erzeugerabgabe, und zwar unter Berücksichtigung der benachteiligten Gebiete, der kleinen Vollerwerbsbetriebe und auch der bodenabhängigen Produk1812
Müller ({8})
tion. Wir wollen nicht, daß kleine und mittlere Betriebe zur Aufgabe gezwungen werden.
({9})
Herr Minister und meine Damen und Herren von der Koalition, sorgen Sie deshalb endlich für eine sozial gerechtere Staffelung der Bundesmittel in der Altershilfe für Landwirte. Das wäre eine wirkliche Hilfe für kleine und mittlere Betriebe. Aber wir sehen: Die von Ihnen vielbeschworenen bäuerlichen Familienbetriebe werden, wenn sich Ihre Methode durchsetzt, wahrscheinlich wieder einmal auf der Strecke bleiben.
({10})
Das Wort hat der Abgeordnete Bredehorn.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich begrüße es ganz außerordentlich, daß wir in dieser Aktuellen Stunde einmal die Gelegenheit haben, die Auswirkungen der Vorschläge der EG-Kommission auf die bäuerliche Landwirtschaft zu diskutieren. Es geht hier um die fundamentale Entscheidung, ob auch zukünftig der bäuerliche Betrieb Leitbild unserer Agrarpolitik bleiben soll.
In Art. 39 der Römischen Verträge sind als Ziele der EG-Agrarpolitik formuliert: erstens die sichere Versorgung mit qualitativ hochwertigen Nahrungsmitteln zu angemessenen Preisen, zweitens die Teilnahme der Landwirtschaft an der allgemeinen Einkommensentwicklung und drittens die Erhaltung der bäuerlichen Agrarstruktur und damit die Erhaltung möglichst vieler selbständiger Existenzen.
Diese Agrarpolitik war erfolgreich, wie zwei Beispiele beweisen. 1969 gab ein Vier-Personen-Haushalt von seinem Einkommen 23,4 % für Nahrungsmittel aus, im Jahre 1982 waren es noch 19 %. Im Jahre 1969 betrug das landwirtschaftliche Durchschnittseinkommen 12 150 DM je Familienarbeitskraft, im Jahre 1982 betrug es 24 000 DM je Familienarbeitskraft.
Für die große Mehrheit der bäuerlichen Familienbetriebe hat die Milchproduktion existentielle Bedeutung. Darum war es politisch richtig und gewollt, durch ein Interventionspreissystem für Butter und Magermilch diesen bäuerlichen Betrieben ein gewisses Einkommen zu ermöglichen. Unsere augenblicklichen Finanzschwierigkeiten - im Jahre 1982 kostete der Milchmarkt über 8 Milliarden DM, und es ist zu befürchten, daß diese Summe 1983 12 Milliarden DM erreichen wird - rühren daher, daß wir diese Interventionspreise unbeschränkt, für jede Menge garantieren. Das kommt sicher daher, daß wir uns vor über 20 Jahren in einer Mangelsituation befanden, während wir jetzt eine Überschußproduktion zu bewältigen haben, die in diesem Jahr über 120 % erreichen wird, d. h. jeder sechste Liter Milch ist auf dem EG-Markt nicht zu verkaufen.
Die von der EG-Kommission gestellte Analyse der derzeitigen schwierigen Situation, welche von stagnierendem Verbrauch an hochwertigen Nahrungsmitteln und einer auf Hochtouren laufenden Agrarproduktion ausgeht, und durch entsprechenden Zustrom an Substituten noch verschärft wird, ist sicher richtig. Wenn das System der Agrarmarktordnung nicht schweren Schaden nehmen soll, sind Korrekturen der EG-Agrarpolitik unumgänglich.
Leitbild der europäischen Agrarpolitik muß aus der Sicht der FDP-Fraktion aber der bäuerliche Familienbetrieb sein und bleiben, sowohl aus gesellschaftspolitischen und ökologischen wie aus Arbeitsmarktgründen.
Wir haben als FDP-Fraktion die Position unseres Bundesministers Kiechle zur Kenntnis genommen. Wir akzeptieren auch die Suche nach dem Kompromiß in Brüssel und Athen und wo auch immer und wie schwierig es ist. Nur, meine Damen und Herren von der Opposition, sind wir nicht auf Tauchstation gegangen, wie Sie uns vorwerfen. Ich werde die Position der FDP hier noch einmal ganz deutlich darstellen. Das bedeutet, die bäuerlichen Familienbetriebe nicht über den Preisdruck kaputtzumachen; das wollen Sie aber.
({0})
Bevor ich zur Wertung der Kommissionsvorschläge komme, möchte ich einmal darstellen, wo die Überschußmengen produziert werden. In der Bundesrepublik Deutschland haben wir einen Durchschnittskuhbestand je Betrieb von 16 Kühen. In der EG haben 77 % der Milchviehbetriebe bis zu 20 Kühe und erzeugen damit 30 % der Milch. Das heißt also, 70 % der gesamten Milch in der EG werden von nur 23 % der Betriebe mit mehr als 20 Kühen erzeugt.
({1})
Daher ist die von der EG-Kommission vorgeschlagene Quotenregelung oder Kontingentierung der Milchmenge zur Eindämmung der Überschußproduktion nach meiner Auffassung mehr als ein Schritt in die falsche Richtung. Die Verwirklichung derartiger Pläne ist das Ende jeglicher Marktwirtschaft, verhindert für die nächsten Jahre jeglichen Strukturwandel, führt zu mehr Dirigismus und Bürokratie und trägt in keiner Weise der sozialen Komponente des staatlich garantierten Milchpreises Rechnung.
Die Kontingentierung führt nach meiner Auffassung zur Existenzgefährdung einer Vielzahl klein-und mittelbäuerlicher Betriebe,
({2})
denen durch die Vergabe von Quoten jede Chance auf Entwicklung genommen wird. Tatsache ist doch, daß durch die geplante Quotenregelung für bereits bestehende größere Milchviehbetriebe auch in Zukunft die Absatz- und Preisgarantie für die bisher produzierte Milchmenge erhalten bleibt, hingegen haben kleinere Betriebe keine Chance, ihre
steigenden Betriebskosten über eine Erhöhung ihrer Milchproduktion aufzufangen und ihren Einkommensstandard zu erhalten. Daher ist dieser Vorschlag nicht nur unsozial, sondern auch politisch gegenüber den Bürgern und Steuerzahlern nicht zu verantworten.
Ich wende mich ganz entschieden gegen jeden Versuch, der Öffentlichkeit die Quotenregelung als Schutz für kleinere und mittlere bäuerliche Betriebe zu verkaufen. Genau das Gegenteil ist der Fall.
In der schwierigen Situation auf dem Milchmarkt ist heute mehr denn je auch die Solidarität innerhalb des Berufsstandes gefordert.
Herr Kollege Bredehorn, Ihre Redezeit ist abgelaufen.
Ich komme sofort zum Schluß. - Deshalb möchte ich heute noch einmal an den Deutschen Bauernverband appellieren, das Quotenmodell der EG-Kommission kritischer zu sehen und den Überlegungen in Richtung einer differenzierten Mitverantwortung, wie sie die FDP bereits seit 1979 vorschlägt, größere Aufmerksamkeit zu widmen. Ich kann leider jetzt nicht mehr dazu kommen, dies in Einzelheiten darzustellen. Aber Sie kennen diesen Beschluß. Diese Vorschläge liegen seit 1979 auf dem Tisch. Ich stelle sie Ihnen gerne zur Verfügung.
({0})
Das Wort hat Herr Bundesminister Kiechle.
({0})
Fragen Sie ihn doch selber!
Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man sollte bei dem Ernst der Lage, bezogen auf die Finanzierbarkeit der Europäischen Gemeinschaft und hier wiederum bezogen auf die Agrarmarktkosten, hier nicht irgendwelche taktischen Ausführungen oder Spielchen machen. Ich werde deswegen darauf verzichten.
Ich will Ihnen folgendes sagen. Wenn wir nichts tun - das, was bisher geschehen ist, ist das Ergebnis der Politik der letzten zehn oder 15 Jahre,
({0})
nicht der letzten drei Monate -, wird diese Milchmarktordnung ab dem Jahre 1984 nicht mehr finanzierbar sein. Dann brauchen Sie sich weder über kleine noch über mittlere noch über große milcherzeugende Betriebe zu unterhalten, auch nicht über deren Wachstumschancen. Ein Zusammenbruch der Milchmarktordnung bedeutet nämlich eine Milchpreissenkung um rund 20 Pf. Dies zu verhindern, sind wir angetreten. Wir haben zusammen mit der Kommission, was schon schwierig genug
war, versucht, Konzepte zu entwickeln. Wir streiten jetzt mit neun anderen Ländern darum, eine Lösung zu finden, die diesen Zusammenbruch verhindert. Alles andere hat dahinter zurückzustehen.
({1})
Man kann bei der jetzt diskutierten Lösung, die Sie Quotenlösung nennen, auch nicht einfach die Nachteile den Vorteilen gegenüberstellen, die man auf anderen Lösungsebenen hat. Man muß dann Vor-und Nachteile der Quotenlösung und Vor- und Nachteile einer Mitverantwortungsabgabe oder einer Preissenkungstheorie jeweils als geschlossenes Konzept einander gegenüberstellen. Dann kommt man zu wahrheitsgemäßen und richtigen Schlüssen, sonst zu falschen.
Was die Kommission auf dem Milchsektor vorgeschlagen hat, ist ein Modell, das ich hier ganz deutlich Garantiemengenmodell nennen möchte. Es ist keineswegs ein Quoten- oder gar ein Kontingentierungsmodell, wie viele sagen. Denn jeder kann selbstverständlich so viel produzieren, wie er will. Die Garantiemenge der Marktordnung wird allerdings auf eine bestimmte Menge beschränkt. Die Kommission hat vorgeschlagen, vom Jahr 1981 plus 1 % auszugehen. Darüber wird noch zu reden sein. Die Kommission hat zuwenig für Härteregelungen vorgesehen. Wir werden solche Härteregelungen ausfeilen. Aber wir sind mit der Kommission der Meinung, daß die Milchmenge des Jahres 1981 plus 1 % - das sind 97 Millionen Tonnen - in etwa finanzierbar wäre, bei einem Eigenverbrauch von rund 90 bis 91 Millionen Tonnen, während die 105 Millionen Tonnen, die Ende dieses Jahres als Produktionsmenge vorhanden sind, nicht mehr finanzierbar sind.
Wer den Bauern Geld aus der Tasche ziehen will, sei es nun gestaffelt oder nicht gestaffelt, muß erst einmal eine Staffel vorlegen und sagen: So sieht sie aus;
({2})
für 50 000 kg soviel, für 100 000 kg soviel, für 150 000 kg soviel. Wer dies unterläßt, mit dem kann man nicht diskutieren; der macht keine seriösen Vorschläge.
({3})
Wenn jemand nicht weiß, worüber er redet, kann er sich hier durchaus sachlich erkundigen. Ich erteile ihm gern Nachhilfeunterricht, um es ganz deutlich zu sagen.
({4})
- Ja, gut. Wenn er das nicht will, kann er sich selbst erkundigen. Es gibt genügend schriftliches Material. Wenn er aber nicht bereit ist, zu sagen, so und nicht anders, ist das kein Vorschlag.
Der nächste Punkt. Wer den Bauern Geld aus der Tasche ziehen will, linear oder gestaffelt, muß dafür erst einmal eine Einigung unter zehn Mitgliedstaaten finden. Es wird ihm schon schwer genug fallen, innerhalb Deutschlands eine Einigung zu finden. Über verschiedene Meinungen bei der Diskussion eines solchen Modells sozusagen nach dem Motto
„die wissen nicht, was sie sind" herzufallen ist nicht ganz seriös. Es ist zwar politisch erlaubt, aber bei einer solch schwierigen Materie nicht ganz seriös.
Ich wiederhole: Wer glaubt, den Bauern über eine Abgabe Geld aus der Tasche nehmen zu können, um dann das zu finanzieren, was sie vorher durch Arbeit und Betriebsmittelaufwand für einen Absatz erzeugt haben, der nicht einmal mehr die Hälfte dessen bringt, was die Betriebskosten ausmacht, der möge mir einmal erklären, was daran sozial, ökonomisch sinnvoll oder sonst irgend etwas sein soll. Der handelt wie jemand, der einem Maurer erlaubt, statt 40 Stunden 42 Stunden zu arbeiten, wenn er für die zwei zusätzlichen Stunden 5 DM pro Stunde mitbringt.
Ich bin nicht bereit, einer solchen Politik auch nur im entferntesten zuzustimmen.
({5})
Wer Preise senken will, um Mengenprobleme zu lösen, der möge hierher gehen, Herr Kollege Müller, und sagen, um wieviel Prozent er den Milchpreis senken will, damit sich das Mengenproblem lösen läßt. Er hört zwar im Augenblick nicht zu, aber es ist natürlich auch schwieriger, Zahlen vorzulegen, als nur Behauptungen aufzustellen.
({6})
Um über Preissenkungen Mengen zu regulieren, ist selbst nach dem Kommissionsvorschlag eine Preissenkung in der Größenordnung von mindestens 12 % nötig. Wem wollen Sie eigentlich diese 12 % abziehen? Die Preissenkung muß sich auf die gesamte Menge beziehen.
({7})
- So ist es. Wo bleibt die Soziale Marktwirtschaft? Sie hat das Beifügungswort „sozial". Es ist deswegen begründet, weil auf die sozial Schwachen Rücksicht zu nehmen ist.
Deswegen habe ich mich dazu als dem kleinsten der möglichen Übel entschlossen - die Bundesregierung hat sich ebenfalls dazu entschlossen, da gibt es keine Meinungsverschiedenheiten, weder im Kabinett noch sonstwo -, ein Modell zu unterstützen, das die Garantiemengen beläßt, das diese Garantiemengen allerdings gleichzeitig um der Finanzierbarkeit willen begrenzt. Von einem solchen Modell der begrenzten Garantiemengen profitieren gerade diejenigen am meisten, die nicht den Vorteil der nahen Küste, die nicht den Vorteil der nahen Schiffe, die nicht direkt den Vorteil des Weltmarktpreises für Substitute haben, sondern ihn höchstens noch über lange Bahntransporte hin und mit dem Fertigprodukt zurück nutzen könnten oder können, weil es nämlich wenigstens den Besitzstand des Jahres 1981 plus 1 % - so ist der Diskussionsstand, es ist noch keineswegs ein Beschluß - garantiert. Eine solche Garantie in einer Lage für die kleinen, die mittleren Betriebe einzuführen, in der die Europäische Gemeinschaft zwar zahlen kann, aber für zehn Tage die Vorauszahlungen für Erstattungen und Beihilfen einstellen muß, weil sie warten muß, bis der Nachtragshaushalt bewilligt ist, halte ich im
Augenblick für das einzig Richtige. Es ist auch deswegen ein Schutz für die kleinen und mittleren Betriebe und für diejenigen, die auf eigenem Grund und Boden produzieren, weil an dem Tag, an dem eine solche Garantiemenge festgelegt ist, selbstverständlich die Produktion aus zugekauften - selbst aus zu Weltmarktpreisen zugekauften - Futtermitteln völlig uninteressant und nicht mehr möglich ist. Dieser Schutz ist nur auf diese Art und Weise und über kein anderes Modell herbeiführbar.
Derjenige, der hier behauptet, man wolle wieder Kleine übers Ohr hauen und Große schonen, weiß nicht, wovon er redet. Meine Damen und Herren, wenn die SPD restriktive Preispolitik über mehrere Jahre, Lockerung der Interventionen und gleichzeitig noch Erhöhung der Mitverantwortungsabgabe vorschlägt, kann sich jeder Landwirt, der das Einmaleins beherrscht, ausrechnen, wozu dies führt. Unser Modell führt wenigstens zur Sanierung, und zwar über die Menge, nicht über den Preisdruck. - Ich danke Ihnen.
({8})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Oostergetelo.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Aktuelle Stunde zur Frage der Auswirkungen der geplanten Quotierungsregelungen für den Milchbereich steht unter einem besonderen Stern. In dieser Woche ist die Reformbedürftigkeit der EG durch die Aussage des Agrarkommissars Dalsager dokumentiert worden, daß die Zahlungen für den Agrarmarkt eingestellt werden müssen. Wenn das auch inzwischen widerrufen worden ist, so wird doch deutlich, wie weit die EG und der gemeinsame Agrarmarkt schon heruntergekommen sind. Als Hans-Jochen Vogel das in diesem Frühjahr in Brüssel und dann für unsere Fraktion hier im Bundestag gesagt hat, haben die Kollegen der Union noch gelächelt und von „Unkenntnis" geredet.
({0})
- Selten, Herr Kollege, sind solche dummen Anmerkungen und Sprüche von Politikern, die es besser wissen müßten, so schnell entlarvt worden.
Die Überproduktion muß weg. Das ist heute schon Konsens. Das können wir doch gemeinsam festhalten. Die Kosten in Höhe von 32,4 Millionen DM täglich für die Milchmarktordnung sind nicht mehr zu tragen und bringen der Landwirtschaft, gemessen am Aufkommen, immer weniger.
Aber heute geht es um die Kommissionsvorschläge und um die Quotierungsregelung. Auch wenn man die Gesamtvorschläge für diskussionswürdig hält, muß man zu diesem Einzelpunkt auf jeden Fall nein sagen.
Herr Bundesminister, ich frage Sie: Was reitet Sie eigentlich, daß Sie diesen Einzelvorschlag so als Ihr Programm herausstellen und überall im Lande für ein Quotierungssystem werben? Ist der deutsche Bundeslandwirtschaftsminister wirklich von der
Überlegenheit dieser Quotierung überzeugt? Was ist das für ein Politikverständnis?
({1})
Wie deckt es sich mit der Pflicht unseres Bundesministers, wenn er nicht Regelungen propagiert, die den Nutzen der ihm Anvertrauten mehren und Schaden von ihnen wenden, sondern Maßnahmen, die besonders den deutschen Landwirten schaden, EG-weit aber vermeintlich konsensfähig sind?
({2})
- Nein, Freunde, im statistischen Durchschnitt bedeutet schon der heutige Vorschlag ein Minus von 4 %. Werfen Sie das bitte nicht anderen vor. Dies ist schon ein Weniger.
Was bedeutet die Quotierung? Sie bedeutet in der Umsetzung nichts anderes als eine Bürokratie, einen riesigen Verwaltungsaufwand. Wollen Sie wirklich in jedem Kuhstall einen Bürokraten, möglichst noch mit juristischen Vorkenntnissen, installieren? Dies hat mit freier bäuerlicher Landwirtschaft nichts zu tun. Dies ist Planwirtschaft, die Sie immer abgelehnt haben.
({3})
Herr Kiechle, lassen Sie mich als Bauer sagen, was das aus meiner Sicht für die bäuerliche Landwirtschaft bedeutet: Die himmelschreiende Einkommensdisparität wird zementiert.
({4})
Wir sind uns doch einig, daß sie zuwenig bekommt. Hier schreiben Sie etwas fest. Von denen, die von der Substanz leben, wird heute gesagt: Ihr habt keine Chance. Sie können nur noch warten, bis sie dann den Bankrott anmelden müssen.
({5})
Hofnachfolger, Herr Kollege, die nicht einen mit Vermögen gesegneten Vater haben, haben bei Ihrem Quotierungssystem überhaupt keine Chance mehr. Sagen Sie doch einmal unseren Junglandwirten, wie das aussieht.
({6})
- Regen Sie sich doch nicht so auf, wenn ich Ihnen das sage, was Ihnen Ihre eigenen Berufsverbände in den Versammlungen sagen.
({7})
Was haben die Leute denn für eine Chance in Grünlandgebieten? Hier schreiben Sie etwas fest, aber hier wollen Sie nicht erweitern. Dies gilt für Länder und Regionen gleichermaßen.
Herr Bundesminister, meine holländischen Freunde, habe ich mir sagen lassen, haben nichts dagegen, daß Sie dort zum Ehrenbürger ernannt werden; denn die bekommen das, was sie schon an Produktionshöhe haben, auch noch festgeschrieben.
Meine Forderung an Sie lautet: Lassen Sie die Quotierung fallen. Nutzen Sie das Angebot der SPD zu einer echten Reform der EG-Agrarordnungen. Machen Sie endlich eine Politik aus einem Guß.
({8})
Stoppen Sie die Förderung der Boxenlaufställe und damit auch die Steigerung der Milchproduktion. Das hat mein Kollege, Herr Müller, schon gesagt. Stoppen Sie die Produktionsausweitungen. Bestrafen Sie nicht Betriebe, die die unsinnige Steigerung der Produktion nicht mitgemacht haben.
({9})
Sie werden doch durch Ihre Maßnahmen für ihr vernünftiges Verhalten auch noch bestraft. Auch kurzfristig gibt es bessere Maßnahmen zur Produktionsbeschränkung. Eine Schaffung von mitverantwortlichen Abgaben und deren Staffelung ist die Lösung.
({10})
Sie würde für Klein- und Mittelbetriebe mehrere Vorteile bringen und die Negativa einer Quotierung, die für unsere freie bäuerliche Landwirtschaft den Todesstoß bedeutet, ausschließen. Eine Regelung, die den Klein- und Mittelbetrieben hilft und den bodenabhängig produzierenden Familienbetrieb sichert, würde die SPD mittragen, eine Quotierung nicht. - Vielen Dank.
({11})
Das Wort hat der Abgeordnete Brunner.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Dr. Vollmer, ich begrüße an sich Ihre Fürsorge für unsere kleinen und mittleren Milchbauern. Aber eines in Ihren Ausführungen kann ich leider Gottes nicht verstehen, nämlich, warum Sie gleichzeitig die schärfsten Pfeile auf die Genossenschaften abschießen, obwohl Sie, wenn Sie sich mit der Materie befaßt haben, wissen müßten, daß gerade die Genossenschaften für die kleinen und mittleren da sind, um deren zersplittertes Angebot zusammenzufassen und so zweckentsprechend und gewinnbringend dem Markt zuzuführen. Das möchte ich deutlich festgestellt haben.
({0})
Herr Kollege Müller, sie sind doch sicher mit mir der Meinung, daß es hier nicht nur um die deutsche Milchwirtschaft geht, daß die deutsche Milchwirtschaft nicht der alleinige Verursacher der Überschüsse in der EG ist, sondern daß es um die Milchwirtschaft in der gesamten Europäischen Gemeinschaft geht.
({1})
Und wenn unser deutscher Landwirtschaftsminister, Ignaz Kiechle - und ich möchte das deutlich unterstreichen -, in seinem hohen Verantwortungsbewußtsein als erster ernsthafte Vorschläge
zur Regulierung dieses durch Überangebot gekennzeichneten Marktes macht, der nach Aussagen von Fachleuten - ich bin mit meiner Ausdrucksweise sehr vorsichtig - angeblich nicht mehr finanzierbar ist, wird er hier ausgerechnet von Ihnen, Herr Müller gerügt. Ich meine, Sie haben lange Zeit gehabt - 13 Jahre lang haben Sie doch die Politik der Bundesrepublik maßgeblich mitgestaltet -, sich einfallen zu lassen, was man hier Entscheidendes, zugleich für die Bauern noch Erträgliches tun kann, um diesen Markt zu regulieren.
Natürlich gibt es im nationalen Bereich in dieser Frage unterschiedliche Meinungen und verschiedene Vorschläge. Aber wir sind Demokraten genug, um zu einem vernünftigen Ergebnis in dieser Frage zu kommen. Und darauf können Sie sich verlassen, daß uns das gemeinsam mit den Regierungsfraktionen und der Bundesregierung, besonders mit dem Bundeslandwirtschaftsminister Ignaz Kiechle, gelingt. Voraussetzung ist aber immer, daß der Vorschlag - darüber müssen wir uns bei allen gegensätzlichen Meinungen im klaren sein - allgemein konsensfähig ist.
Ich stelle hier klar und deutlich fest: Was heute früh aus der Athener Sitzung an Informationen zu uns gedrungen ist, deutet darauf hin, daß wir zur Zeit in Europa offensichtlich drei Optionen in dieser Richtung haben. Die Engländer treten für eine Preissenkung und die Franzosen für eine sogenannte gestaffelte Mitverantwortungsabgabe ein; und auch wir Deutsche haben zusammen mit den Holländern natürlich eine Ausrichtung und Meinung dazu. Hier gilt es nun, herauszufinden, was konsensfähig ist.
Wir haben auf die Beteiligten Rücksicht zu nehmen. Das sind vordergründig unsere milchproduzierenden Landwirte, aber auch andere. Da schließe ich mich den Ausführungen der Agrarministerkonferenz an, die am 22. und 23. September in Glücksburg stattgefunden hat. Ich zitiere wörtlich:
Die Agrarministerkonferenz ist der Auffassung, daß das zunehmende Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Milchmarkt dringend abgebaut werden muß.
Darüber gibt es keinen Zweifel. Es geht nur um den Weg.
Weiter wird hier von der Funktionsfähigkeit der Milchmarktordnung gesprochen, die der Landwirtschaft und dem Verbraucher gleichzeitig dient. Meine Herrschaften, auch das sollten wir einmal ansprechen. Es ist durchaus nicht so, daß - ich darf das hier einmal sagen - alle Subventionen ausschließlich der Landwirtschaft dienen. Wie wären denn die Verbraucherpreise, wenn sie nicht über die Subventionen einigermaßen geregelt würden? Die Agrarministerkonferenz ist auf jeden Fall der Meinung, daß man eine entsprechende Regelung finden muß. Sie tendiert zur Quotenregelung, weil, wie hier deutlich gesagt wird, wahrscheinlich nur sie auf EG-Ebene konsensfähig sein wird. Es kommt allerdings auch darauf an, bei der Ausgestaltung einer derartigen Regelung zu berücksichtigen, daß der Vertrauensschutz für alle, die in den letzten Jahren investiert haben, gewahrt bleibt und daß es dazu einer entsprechenden sozialen Komponente und einer sozial ausgewogenen und praktikablen Lösung bedarf.
Danke schön.
({2})
Das Wort hat der Abgeordnete Paintner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich sage zunächst dem Bundeslandwirtschaftsminister Kiechle Dank und Anerkennung für sein Verhalten in Athen. Gerade wir, die wir ja in der letzten Regierung auch den Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gestellt haben,
({0})
können uns ein gutes Bild davon machen, wie schwierig dort die Verhandlungen sind. Wir haben wohl alle miteinander, Opposition wie Regierung, eine große Bewährungsprobe vor uns. Ich möchte unseren Minister Kiechle heute schon alles Gute bei der Meisterung dieser Situation wünschen und ihm von dieser Stelle aus sagen, daß er sich auf die Liberalen verlassen kann.
({1})
Ich möchte nun gleich ein Wort zu dem verlieren, was die Rednerin der GRÜNEN gesagt hat, wonach der Geldsegen oder - das ist beinahe besser gesagt - der Goldsegen für die Bauern aus Brüssel sehr lange angehalten hat und nun vor dem Stopp steht. Verehrte gnädige Frau, ich kann dazu nur sagen: Gehen Sie einmal in einen landwirtschaftlichen Betrieb, leiten Sie ihn und leben Sie davon, dann werden Sie sehen, wo der Geldsegen herkommt und ob er aus Brüssel kommt.
({2})
Die FDP-Fraktion hat seit langem darauf hingewiesen, wie schwierig das ist. Wir haben bei den maßgeblichen Abstimmungen hier im Deutschen Bundestag gegen die Ein-Prozent-Mehrwertsteuerregelung gestimmt, weil wir überzeugt waren, daß dies auf die Dauer so nicht haltbar war,
({3})
und zwar nicht, weil wir nicht sparen wollten, sondern weil wir überzeugt sind, daß es so auf die Dauer wahrscheinlich nicht geht. Wo war damals die SPD? Die gleiche Frage möchte ich auch an die anderen Fraktionen richten. Es ging um die Sorge, daß unser Land eine gute Landwirtschaft braucht, und es ging um die Ernährungssicherung und die Erhaltung der Kulturlandschaft, die in jedem Volk den richtigen Stellenwert haben müssen, so wie das bei uns auch der Fall ist. Ich habe immer wieder darauf hingewiesen, daß unsere Bürger vorbereitet werden sollen auf die Frage, was ihnen die Ernährungssicherung und die Erhaltung der Kulturlandschaft Wert sind. Wir haben dies getan. Wir haben
bereits 1979 über die Milchsituation gesprochen. Wir haben Beschlüsse gefaßt, wir haben damals ein Konzept entwickelt, das sicherlich in einen Kompromiß beim Streit um die Sache einfließen kann, der in der heutigen Situation durchgesetzt werden muß.
Sie wissen alle, daß in den letzten zehn Jahren die Milcherzeugung in der EG um 23 % gestiegen ist, während der Verbrauch nur um 6 % zunahm. Im Jahre 1982 betrug der Zuwachs in der EG 3,7 % und in den ersten fünf Monaten dieses Jahres schon 6,5 %. Ich glaube, hier ist die Herausforderung begründet, daß etwas geschehen muß. Es kann nicht mehr darum gehen, daß wir diese Sache im Streit bewältigen wollen, sondern ich meine, wir müssen miteinander Wege suchen, die schnell gangbar sind, weil sonst dieser Milchmarkt total zerstört wird und am Boden liegt.
({4})
Uns kann eben nicht daran gelegen sein, daß die Milchmarktordnung dann nicht mehr besteht. Wir wollen den bäuerlichen Familienbetrieb, wir wollen eine gesunde bäuerliche Landwirtschaft. Wir sind aufgerufen, sie zu erhalten. Ich bin voller Hoffnung, daß diese Regierung mit Minister Kiechle und den Staatssekretären Gallus und von Geldern dies bewältigt.
({5})
Das Wort hat der Abgeordnete Immer ({0}).
({1})
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Aktuelle Stunde unterscheidet sich von früheren Aktuellen Stunden, die wir z. B. bei Stahl und Schiffbau in den letzten Wochen gehabt haben, dadurch, daß es nicht um eine Unternehmenskrise geht, sondern es geht - wir haben es heute Nacht ja gehört - sozusagen um den Bankrott eines staatlich verordneten Systems. Wir sollten uns hier nichts in die Tasche lügen: In der Geschichte dieser Bundesrepublik und dieser Europäischen Gemeinschaft hat der eine oder andere von uns mehr oder weniger an diesem System herumgebastelt, ohne zu einer Form zu kommen, die wirklich das zunächst löst, was gelöst werden muß.
Wir wissen, daß es Warnungen hinsichtlich des Bereichs Milch schon lange gibt. Wir haben gewarnt und uns im Ausschuß über die verstärkte Konkurrenz auf dem Weltmarkt unterhalten. Wir haben darüber gesprochen, daß unser größter Handelspartner und Freund eine Offensive auf dem Weltmarkt unternommen hat, uns gleichzeitig mit Futtermitteln überschüttet und uns für den Fall, daß wir sie nicht nähmen, vielleicht sogar Sanktionen für unsere Exporte androht. Bundesminister Kiechle hat ein Konzept parat, über das man streiten kann: Bundesminister Kiechle hält, was er nicht verspricht. Denn diejenigen, die er schützen will,
schützt er nicht. Diejenigen, die nun nicht so gut zu behandeln er vorgibt, schützt er.
({0})
Zur Quotenregelung: Herr Brunner, Sie haben keine Änderung verlangt, solange Geld in der Kasse war. Als wir uns darum bemühten, die Mitverantwortungsabgabe mindestens so zu lassen, wie sie war, haben Sie Anträge im Ausschuß gestellt, sie zu senken. Jetzt sieht das völlig anders aus. Wir haben damals gesagt: Paßt auf, das kommt noch auf euch zu.
({1})
Das Modell der Quotenregelung begünstigt diejenigen, die ihre Kapazitäten mit Hilfe des Staates rechtzeitig ausgeweitet haben. Sie haben Steuermittel bekommen, sind schnell vorne gewesen. Sie sind diejenigen, die dann auch prima herauskommen.
({2})
Sie brauchen vor dem Stichtag oder dem Stichjahr keine Angst zu haben. Aber den letzten beißen die Hunde, Herr Susset. Das ist j a die Globalstrategie dieser Regierung: Die Kleinen sollen mit ihrem Anspruchsdenken endlich aufhören, damit die Großen machen können, was sie wollen.
({3})
Wie sagte Kiechle in einem Interview in der „Deutschen Milchwirtschaft"? Ich zitiere:
Ein Bauer braucht ja nicht so viel zu verdienen wie ein Ministerialdirektor.
Er kann ruhig bescheiden bleiben. Ihm muß nicht die Chance eröffnet werden, durch Kapazitätsausweitung bessergestellt zu sein.
({4})
Das Rezept der GRÜNEN, nämlich die Einführung gestaffelter Preise, kann so nicht übernommen werden. Denn wie kommen wir dazu, etwa von Sizilien über die Bundesrepublik bis nach Irland die Mindestkosten zu errechnen? Das würde bedeuten, daß unsere Kleinbauern in der Eifel, im Hunsrück, im Westerwald oder im Geestgebiet an der untersten Stufe der Preisgewährung rangieren würden.
Herr Kiechle will sodann die Bestandsgrößen gleichsam zementieren. Dabei müßte er wissen, daß der Strukturwandel nicht einfach gestoppt werden kann. Übrigens: Was soll dann noch der Agrarkredit, wenn man damit nicht mehr Kapazitäten ausweitet? Denn wo gibt es noch einen Bereich, der keinen Überschuß produziert? Das gilt insbesondere, meine Damen und Herren, für die Grünlandgebiete von der Marsch bis in den Bayerischen Wald. Eine Erhöhung der Arbeitsproduktivität, also Erhöhung der Kapazitäten je Arbeitskraft, ist bei steigenden Kosten eben notwendig.
Ich möchte zum Schluß nur noch bemerken: Herr Kohl hat auf dem Deutschen Bauerntag goldene Worte zur Erhaltung des bäuerlichen Betriebes ge1818
Immer ({5})
funden. Es war ein eigentümliches Gold: Immer dann, wenn man es in bare Münze ummünzen will, verwandelt es sich bestenfalls in Katzengold, besser gesagt: in Blech. Wie hieß es doch im Kommentar des Südwestfunks Mainz gestern abend zur Quotenregelung, Herr Kiechle? „Kiechles Konzept ist kümmerlich." - Ich bedanke mich.
({6})
Das Wort hat der Abgeordnete Eigen.
({0})
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Dr. Vollmer, wir alle, die wir uns im Bundestag redlich bemühen, in einer sehr schwierigen Situation die besten Lösungen zu erarbeiten, begrüßen es, wenn Sie hier sagen, daß die klein- und mittelbäuerlichen Betriebe, die Familienbetriebe Ihnen besonders am Herzen liegen; das ist bei uns genauso. Nur, Ihre Schlußfolgerung daraus, daß die Lösung, die unser Bundesminister hier vorschlägt, die kleinen und mittleren Betriebe zugunsten der großen besonders bedrängen würde, ist genau falsch. Die großen Wachstumsbetriebe sind diejenigen, die bei einer Beschränkung der Garantiemenge an Milch die größten Verluste hinnehmen müssen. So ist die Wirklichkeit. Sie haben sich ein völlig falsches Feld für Ihre etwas polemischen, klassenkämpferischen Aussagen zur Agrarpolitik gesucht. Ich wundere mich sehr, wie unterschiedlich Ihr Verhalten im Ausschuß und hier im Bundestag ist. Wenn ich auch weiß, daß man hier etwas polemischer und emotionaler sein kann, sollte man dennoch bei den Fakten bleiben, die man im Ausschuß gemeinsam erarbeitet hat.
({0})
Meine Herren von der SPD, wir alle kennen Ihr Konzept. Nur vertuschen Sie das mit Aussagen wie „gestaffelte Mitverantwortungsabgabe" und ähnlichem. Sie haben ein ganz klares Konzept; sagen Sie das hier. Das ist das Apel-Papier, von Herrn Dohnanyi nach Brüssel gebracht, von der Kommission zum Teil übernommen, von Herrn Vogel in der Antwort auf die Regierungserklärung von Herrn Bundeskanzler Kohl fortgesetzt. Sie wollen die Agrarpreise senken, und zwar wesentlich, und Sie wollen alle Mengenprobleme über sinkende Agrarpreise regeln, und das führt zu folgendem:
Erstens. Das Einkommen der Landwirte sinkt noch weiter; es liegt schon 30 % unter dem Durchschnitt der Arbeitnehmer.
Zweitens. Sie bekommen eine weitere Landflucht, eine weitere hohe Zahl an Arbeitslosen. Diesen Strukturwandel der Landwirtschaft, den Sie mit Preissenkungen erzwingen, können Sie mit nichts auffangen. Der Weg muß also falsch sein.
Nun einige Worte zu den verschiedenen Vorschlägen, die die Kommission gemacht hat. Die Kommission sagt, wenn wir mit Preissenkung Mengen regulieren wollen, müssen wir das in einer Höhe tun, die kein Mensch verantworten kann.
Gestaffelte Mitverantwortungsabgabe ist ein außerordentlich schwieriges Problem. Sie dürfen nämlich nicht von Null bis 60 gehen und die auslassen; dann haben Sie diejenigen Landwirte gefördert, die außerhalb der Landwirtschaft ein volles Einkommen haben. Sie müssen in Wirklichkeit zwischen 60 000 und 150 000 die Landwirte von der Mitverantwortungsabgabe befreien und dazwischen die kleinen und die ganz großen belasten. Kriegen Sie das mal so hin, daß das ein Mensch begreifen und für sinnvoll halten kann. Deswegen geht die gestaffelte Mitverantwortungsabgabe nicht.
Es bleibt also die Garantiemenge - man sagt im allgemeinen Quotenregelung -, die zwei Dinge sicherstellt:
Erstens ist sie von allen drei Vorschlägen das kleinere Übel. Kein Mensch liebt diese Regelung. Damit kein falscher Eindruck entsteht: Es ist das geringste von drei Übeln.
Zweitens - und das ist das Entscheidende für mich -: Mit dieser Regelung können Sie das Übel an der Wurzel packen und die Überproduktion schnell auf das vernünftige Maß abbauen. Wenn wir tatsächlich dem Kommissionsvorschlag mit 81 plus 1 folgen, verbunden mit einer Nichtvermarktungsprämie, über die man nachdenken muß, wie man sie ausgestalten soll, verbunden mit bestimmten Ausnahmeregelungen, in denen man sicher schon seine Fürsorge für diejenigen, die gerade investiert haben, zum Ausdruck bringen muß, wo man auch Junglandwirten helfen muß, dann ist das eine Lösung, die zwar nicht gut ist, mit der man aber am ehesten leben kann.
Den Landwirten draußen möchte ich sagen, wir haben uns Mühe gegeben, in vielen Klausurtagungen den Weg zu finden, der unsere Bauern am geringsten belastet und der dennoch zu dem Ziel führt, daß wir von der Überproduktion wegkommen und damit wieder die Möglichkeit eröffnen, eine aktive Preispolitik durchzuführen. Wir werden jedenfalls Bundeskanzler Kiechle - - Bundesminister Kiechle - das war eine dolle Beförderung, Ignaz! ({1})
bei seinen Bemühungen in aller Konsequenz und Sorgfalt in den Beratungen helfen, daß wir in der gesamten EG-Agrarpolitik das Richtige tun.
Herr Abgeordneter Eigen, Ihre Redezeit ist abgelaufen.
Vor allen Dingen müssen wir dann aber dafür sorgen, daß auch die anderen Bereiche der Finanzierung in der europäischen Agrarpolitik - Entwicklungshilfe, Verbrauchersubvention - in die Debatte eingeführt werden und nicht nur die Landwirte die Kosten der EG-Finanzierung zu tragen haben.
({0})
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Zutt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Diskussion hat gezeigt, daß wir bereits über Einzelheiten von Vorschlägen sprechen, die noch nicht über das Stadium von Vorschlägen an gewisse Gremien hinausgegangen sind
({0})
- Moment, ganz ruhig, bis ich meinen Satz zu Ende habe -, ohne daß wir bisher in irgendeinem Gremium - weder hier, noch im Europäischen Rat, noch im Europäischen Parlament - über diese Vorschläge der EG-Kommission gesprochen oder gar Beschlüsse gefaßt haben. Wir sind daher der Ansicht, daß diese Diskussion heute verfrüht ist, um nicht zu sagen: falsch geführt wird.
Herr Kiechle und mehrere Vertreter der Bundesregierung haben hier deutlich gesagt, die Politik der letzten zehn bis 15 Jahre habe eben zu diesen Oberschüssen geführt und Sie hätten heute dieses Erbe anzutreten.
({1})
Lieber Herr Kiechle, bei aller Wertschätzung, Sie wissen so gut wie ich, der dramatische Anstieg bei Magermilchpulver und Butter hat sich in den letzten Monaten ergeben. Anders könnte ich den Appell des Agrarkommissars heute nicht verstehen, daß er erst einmal alle Vorauszahlungen für den November blockiert hat, bis es zu einer Lösung gekommen ist.
Nun haben wir hier viel über die Überschüsse gehört, über die Lage der EG-Finanzen, wie sie im Moment besteht. Wir haben auch Glaubensbekenntnisse zu den kleinen und mittleren Betrieben gehört, zugegeben. Aber diese sind es sicher nicht, die zu der Milchüberschußproduktion beitragen, sondern das sind die anderen.
({2})
Bevor wir uns hier über die Details unterhalten, sollte sich der Bundestag noch einmal an seine alten Beschlüsse erinnern und an der 1-%-Mehrwertsteuer-Grenze als Aufkommen bei den EG-Finanzen festhalten. Bevor es zu einer Erhöhung kommt, müssen Maßnahmen getroffen werden, die die Überschußproduktion begrenzen.
({3})
Zu den Vorschlägen der EG-Kommission gehört auch eine spätere Anhebung auf möglicherweise 1,4 % der Mehrwertsteuer. Es wäre schlimm, und wir alle hier gehörten zum Teufel gejagt, wenn wir es nicht fertigbrächten, so lange an der 1-%-Mehrwertsteuer-Grenze festzuhalten, bis die Überschüsse eingedämmt sind - nicht umgekehrt.
({4})
Das Wort hat der Abgeordnete Schartz ({0}).
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Debatte ist das Ergebnis einer Fehlentwicklung in der europäischen Agrarpolitik. Ich glaube, dies muß man heute feststellen. Ich möchte diese Debatte nicht benutzen, um in einer kurzen Rede Zuordnungen der Schuld an dieser Fehlentwicklung darzulegen. Ich meine, diese Fehlentwicklung der europäischen Agrarpolitik ist letztendlich darin begründet, daß wir alle, die Politiker, es zugelassen haben, daß der Produktionsfaktor Grund und Boden in weiten Bereichen der agrarischen Veredlungsproduktion durch den Produktionsfaktor Kapital ersetzt worden ist.
Wenn ich höre, daß sich hier eigentlich jeder Redner für die Erhaltung des bäuerlichen Familienbetriebes ausspricht, dann meine ich, ich sollte ganz deutlich sagen: Eine Reform der europäischen Agrarpolitik - auch in Einzel- und Teilbereichen wie bei der Milch, über die wir heute reden - kann nur dann eine gute Reform sein, wenn es uns gelingt, den Vorrang der Landbewirtschaftung wieder als Ziel der europäischen Agrarpolitik herauszustellen, und wenn wir ernst machen mit unserer Vorstellung, daß Agrarwirtschaft letztendlich im bäuerlichen Familienbetrieb begründet ist.
Hier will ich ein Wort zu dem sagen, was die hochgeschätzten Kollegen der SPD hier eben vorgetragen haben. Meine sehr geehrten Kollegen, es ist nicht richtig, wenn Sie unter dem Oberbegriff „Schutz des bäuerlichen Familienbetriebes" eine Absenkung der Garantiepreise fordern. Wenn die Preise abgesenkt werden, kann das nur dazu führen, daß die Betriebe mit hohen Fixkosten, die Betriebe, die von einer kleinen Produktion die Familie ernähren müssen, zuerst aus der Produktion ausscheiden
({0})
und daß die Betriebe, die das Netz der Marktordnung belasten, die hohe Produktionen haben, ihre Fixkosten auf diese hohe Produktion abwälzen können. Solche Betriebe werden überleben, wenn das Konzept der SPD, wie Sie es heute hier vorgetragen haben - Preissenkung -, durchgesetzt wird.
({1})
Wenn wir wahrhaftig sein wollen in unserer Vorstellung, den Familienbetrieb zu schützen, dann muß die Marktordnung als Schutz für die kleineren Betriebe erhalten werden. Jede andere Politik tötet die kleinen Betriebe und läßt die großen am Leben. Das ist die Auswirkung dessen, was Sie hier eben vorgetragen haben.
Meine Damen, meine Herren, wir sollten deutlich machen, daß alle Parteien in diesem Deutschen Bundestag letztendlich eine Neuorientierung wollen. Die Agrarproduktion muß mehr an den Boden gebunden werden.
({2})
Ich bin mir darüber im klaren, daß dies nicht in einem kurzen Verfahren möglich ist.
Ich könnte mir die Neuordnung des Milchmarktes so vorstellen, daß wir zuerst einmal dafür sor1820
Schartz ({3})
gen, daß Zuwächse unterbleiben, daß wir zuerst einmal dafür sorgen, daß wir eine finanzierbare Menge schaffen, und daß wir in der Zeit, in der das geschieht - das wird für alle Betriebstypen eine bittere Zeit sein -, Überlegungen anstellen, wie wir ein langfristig richtiges Konzept für die Erhaltung der bäuerlichen Familienbetriebe schaffen.
Ich brauche über die Bedeutung dieses Betriebstyps hier nichts zu sagen. Ich bin davon überzeugt, daß jedermann in unserem Lande weiß: Ohne den bäuerlichen Familienbetrieb ist nicht nur die Stabilität der Ernährung nicht zu sichern, sondern auch die Besiedlung des ländlichen Raumes nicht aufrechtzuerhalten. Deswegen plädiere ich dafür, nicht diesen parteipolitisch motivierten Streit zu führen, was richtig wäre, sondern in der letzten Konsequenz an den Bedürfnissen des Familienbetriebs ausgerichtet ein neues Konzept für den Agrarmarkt und auch für den Milchmarkt zu schaffen. - Ich bedanke mich.
({4})
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Vollmer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte jetzt auch ausdrücklich den Abgeordneten Heereman begrüßen, der eine halbe Stunde zu spät kam, um hier die Interessen der bäuerlichen Betriebe schweigend zu vertreten, während der Minister Kiechle pünktlich aus Athen zurück war.
({0})
Herr Minister Kiechle, wir stellen in der augenblicklichen, für die Bauern höchst gefährlichen Situation an Sie folgende Forderungen.
Erstens. Setzen Sie sich ein für eine nationale Festsetzung der Quoten, wobei jedes Land dann selbst bestimmen kann, wie es intern den Milchmarkt regeln will! Lassen Sie die Chance offen, daß wir die Probleme hier vor Ort lösen können!
Zweitens. Zur Mengenregulierung: Der Preisabschlag für übergelieferte Milch muß bei den Betrieben erfolgen, die große Mengen geliefert haben, also erst ab Beständen von 35 bis 40 Kühen oder von 150 000 bis 200 000 kg Milch. Rechnen Sie das durch! Damit bekommen Sie die Mengen in den Griff.
Drittens. Es muß jetzt erst recht eine Einkommenssicherung für die kleinen Betriebe geben, und zwar über den Preis. Gleiche Preise sind bei den unterschiedlichen natürlichen Bedingungen der bäuerlichen Betriebe, die nicht an der Fähigkeit des Betriebsleiters liegen, ungerechte Preise.
Wir fordern eine deutliche, eine spürbare Preisanhebung für die Grundquote der Milchproduktion, also für die Quote bis zu 60 000 kg Milch. Der Preis für diese Menge muß den errechenbaren durchschnittlichen Produktionskosten der Kleinbetriebe entsprechen. Wir fordern für diese untere Quote 90 Pfennig.
Auf solche Art gestaffelte Preise bieten bei der jetzigen Lage auf dem Milchmarkt die einzige Chance, daß diejenigen, die von der Milch leben müssen, weil sie keine Alternative haben, auch wirklich davon leben können. Diese Regelung ist einfach, sozial gerecht und erspart Milliardenbeträge.
({1})
Das Wort hat der Abgeordnete Hornung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich komme aus einem Gebiet, in dem nahezu nur die Milchproduktion möglich ist. Daher kann man dort nicht so einfach über dieses Problem reden, wie es manche in diesem Hause tun.
Ich sage Ihnen: Die Marktordnung ist das notwendigste Kriterium, das erhalten bleiben muß, um die Sicherheit unserer bäuerlichen Familien zu gewährleisten. Es ist notwendig, daß wir das Angebot, d. h. die Produktion, wieder dem Verbrauch anpassen. Erst dann haben wir eine Chance, daß sich eine positive Preisentwicklung einstellt.
Wie kann das geschehen? Es kann nicht, wie es eine Gruppe hier in diesem Hause meint, mit agrarpolitischen Träumen geschehen, auch nicht, wie eine Seite dieses Hauses meint, durch eine Preissenkung.
Die EG sagt: Es müßte eine lineare Senkung um 12 % erfolgen, um auf das Niveau einer verkäuflichen Produktion zu kommen. Das würde bei einer differenzierten Mitverantwortung bedeuten, daß in den Spitzenbereichen, und zwar bereits ab 150 000 kg Milch, 25 % und mehr abgezogen werden müßten. Das ist die Situation, in die Sie die Betriebe mit dem System der einzelbetrieblichen Förderung manövriert haben. Dadurch wurden die Bauern gezwungen, 50 oder 60 Kühe zu halten. Genau diese Entwicklung würden Sie jetzt wieder zerstören.
Sehen wir uns auf der anderen Seite an, wie es in den benachteiligten Gebieten beispielsweise von Baden-Württemberg war. Dort wurde die Produktion nicht mitgemacht; die Zuwachsraten waren geringer. Deswegen ist es notwendig, daß wir gerade für solche Betriebe eine soziale Komponente einführen, z. B. durch eine Fortschreibung und Weiterentwicklung des Bergbauernprogramms.
Wir wissen zwar auch, daß eine Quote zunächst keine Fortschreibung in der Produktion bedeutet. Aber wir wissen, daß der Preis und damit das, was bisher erreicht wurde, garantiert ist.
Wenn Sie von einer positiven Entwicklung sprechen, sage ich Ihnen folgendes. Wir haben in der Landwirtschaft seit sechs Jahren keine realen Zuwachsraten mehr. Das ist die Folge Ihrer Politik, die Sie weiter betreiben wollen. Die Regelung, die Quote an die Fläche zu binden, hätte hier durchaus eine Chance. Wenn ich sehe, daß die Landwirtschaft in der öffentlichen Diskussion immer wieder im Kreuzfeuer steht, dann muß ich darauf hinweisen,
daß die EG mittlerweile der größte Nahrungsmittelimporteur der Welt geworden ist. Die Handelsbeziehungen, die wir aus Gründen unterhalten, die hier nicht zu vertreten sind, bedeuten, daß wir Milch importieren, nämlich über Sojaschrot. Diese Milch muß auch abgesetzt werden. Auch deswegen ist es wichtig, daß wir die Milchproduktion etwas mehr an die Fläche binden. Hier hat die Quote eine Chance.
Die Aufhebung der Intervention wäre verheerend. Sie käme einem Preiszusammenbruch gleich. Deshalb ist es notwendig, Wege aufzuzeigen, wie die Magermilch in die Fütterung einbezogen werden kann.
({0})
Ich bin überzeugt, daß dann die Landbewirtschaftung und die bäuerlichen Familien eine Zukunftschance haben.
({1})
Meine Damen und Herren, die Aktuelle Stunde ist beendet. Wir sind auch am Ende unserer heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages für morgen, Donnerstag, den 13. Oktober 1983, 9 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.